Dienen lernen, um zu herrschen: Höfische Erziehung im ausgehenden Mittelalter (1450-1550) 3050049111, 9783050049113, 9783050056050

An mittelalterlichen Höfen wurden Fürstenkinder stets in Gemeinschaft mit jungen Adligen erzogen und ausgebildet. Bisher

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Dienen lernen, um zu herrschen: Höfische Erziehung im ausgehenden Mittelalter (1450-1550)
 3050049111, 9783050049113, 9783050056050

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Gerrit Deutschländer Dienen lernen, um zu herrschen

Hallische Beiträge zur Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit Band 6

Herausgegeben von Andreas Ranft und Andreas Pečar

Gerrit Deutschländer

Dienen lernen, um zu herrschen Höfische Erziehung im ausgehenden Mittelalter (1450–1550)

Akademie Verlag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2012 Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe www.akademie-verlag.de Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der Oldenbourg Gruppe. Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Einbandgestaltung: Entwurf hauser lacour Druck und Bindung: Beltz Bad Langensalza GmbH Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706 ISBN 978-3-05-004911-3 eISBN 978-3-05-005605-0

Inhaltsverzeichnis

Vorwort I. II.

III.

IV.

7

Einführung: Erziehung und Bildung bei Hofe

11

Quellensuche zwischen Herrscherlob und Hofesschelte

35

1.

Höfische Literatur: Erziehung und Begabung

35

2.

Fürstenspiegel: Tugendlehren und Ratgeber

39

3.

Lebensbeschreibungen: Neue Vorbilder für den Adel

45

4.

Briefe: Endlich Selbstzeugnisse?

52

5.

Sachquellen: Ein unverstellter Blick?

57

Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

67

1.

Junge Menschen am Hof

67

2.

Höfische Erzieher

79

2.1. Der Fürst und die Fürstin

79

2.2. Ammen, Kindermädchen und Narren

84

2.3. Hofmeister, Hofmeisterinnen und Lehrer

87

3.

Grundlagen der Unterweisung

97

4.

Zwischen Hof und Universität

103

Höfische Erziehung um 1500: Das Beispiel der Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner

111

1.

Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner im mitteldeutschen Raum

113

2.

Vereinzelte Nachrichten bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts

116

3.

Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

127

V.

3.1. Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg (1474–1530)

128

3.2. Herzogin Zdena von Sachsen, geb. von Podiebrad (1449-1510)

141

3.3. Herzogin Margarethe von Sachsen, geb. von Österreich (1416/1417–1486)

153

3.4. Markgräfin Anna von Brandenburg, geb. von Sachsen (1437–1512)

156

3.5. Markgraf Albrecht von Brandenburg (1414–1486)

159

4.

Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

171

5.

Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg (1484–1535)

186

6.

An geistlichen Höfen und Universitäten

222

7.

Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen (1471–1539)

260

8.

Am Hof der Herzöge Friedrich III. (1463–1525) und Johann (1468–1532) von Sachsen

292

9.

Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

309

10. Zusammenfassung und Ausblick

328

Schluss

335

Quellenanhang

343

Quellen- und Literaturverzeichnis

375

Register der Orts- und Personennamen

433

Vorwort

Es ist keine Frage der Höflichkeit, sondern ein ureigenes Anliegen des Verfassers, zu Beginn seines Buches auf die Zusammenhänge hinzuweisen, in denen es entstanden ist, und all denen zu danken, ohne deren Unterstützung es nicht zu Stande gekommen wäre. Die vorliegende Untersuchung wurde im Jahr 2009 von der Philosophischen Fakultät I der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Dissertation angenommen. Für den Druck wurde sie geringfügig überarbeitet. Ihre Entstehung verdankt sie der Anregung durch Andreas Ranft in Halle, der wusste, wie erkenntnisfördernd, aber auch wie schwierig es sein würde, sich mit der höfischen Erziehung des ausgehenden Mittelalters zu beschäftigen und neue Quellen für dieses Thema zu erschließen. Er hat mir diese Arbeit zugetraut, mich mit großem Wohlwollen begleitet und mir Rat und Hilfe gewährt. Dafür bin ich ihm überaus dankbar. Danken möchte ich ebenso Klaus Krüger in Halle, der das Zweitgutachten erstellt hat. Mein Dissertationsprojekt habe ich zu einer Zeit begonnen, als Handschriften und ältere Drucke wie bei Generationen zuvor in einen Lesesaal bestellt und während der Öffnungszeiten durchgearbeitet werden mussten, um an den mitunter winzigen Beleg zu gelangen, der sich heute sekundenschnell im weltweiten Netz finden lässt. Die Digitalisierung von Büchern und Handschriften ist seither weit fortgeschritten und hat die Arbeitsweise der Historiker verändert. Doch nach wie vor kommt es auf Spürsinn, Ausdauer und die richtigen Fragen an, um Zusammenhänge erfassen zu können. Und nach wie vor braucht der Historiker den Austausch mit Menschen, die einen anderen Blick auf seine Ergebnisse haben. Dank gebührt daher Alexander Lehmann, Vera Tamme und Benjamin Weidemann, die meine Darstellung in deren unterschiedlichen Reifestadien auf Fehler durchgesehen haben. Aufmerksam gelesen haben den Text auch Jan Brademann, Michael Hecht, Matthias Meinhardt und Stephan Selzer. Ihnen danke ich für wertvolle Hinweise und Anregungen und bitte sie gleichzeitig um Nachsicht, wenn ich nicht alle davon habe aufnehmen und umsetzen können. Mein besonderer Dank gilt schließlich meiner Familie und all den Freunden, die mich wenn nötig aufgerichtet und angespornt und mich auf dem langen Weg nie im Stich gelassen haben. Ihnen allen sei dieses Buch gewidmet. Hamburg, im Winter 2012

Arma et litterae

9

Abb. 1 Geistlicher und Ritter wie Taube und Falke Illustration in einer Sammelhandschrift, vornehmlich mit Schriften des Bernhard von Clairvaux, Anfang 13. Jahrhundert. Heiligenkreuz, Stiftsbibliothek, Cod. 226, Bl. 129v. Beschriftung: ecce in eadem pertica sedent accipiter et columba haec pertica est regularis vita. clericus et miles contemplativa vita et vita activa am linken Rand: paries sanctarum cogitationum am rechten Rand: paries bonorum operum

Abb. 2 Kampf zwischen Ritter und Gelehrtem Kupferstich von Jacob van der Heyden (1573–1645), in: Pugillus facetiarum iconographicarum […], Straßburg 1608. Wolfenbüttel, Herzog-AugustBibliothek, Pc 105.

Virtutem coluisse iuvat nam vincere virtus vim solet et plures nobilitare viros.

Die feder klug durch scharf verstandt wirft mangen starcken held in sand.

10

Abb. 3: „Die Ermahnung“ „Meister des Hausbuchs“, Federzeichnung, Ende 15. Jahrhundert Berlin, Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 4291. Ein vornehmer Herr mit Kopfbedeckung und Hermelinmantel tritt an zwei Jünglinge heran und legt väterlich seine Hände auf ihre Schultern. Kleidung und Haartracht erinnern an niederländische Vorbilder. Dargestellt ist vermutlich ein Vater, der seine beiden Söhne ermahnt oder verabschiedet.

I.

Einführung: Erziehung und Bildung bei Hofe

„Glaube nur nicht, bei Hofe einen keuschen, nüchternen, ehrfürchtigen und wohlerzogenen Jüngling zu finden.“1 So heißt es in einem Brieftraktat, den Enea Silvio Piccolomini (1405–1464) Ende November 1444 an Johann von Eich (gest. 1464), den späteren Bischof von Eichstätt, richtete und in dem er über die verwerflichen und für die Jugend schädlichen Zustände an den europäischen Fürstenhöfen klagt. Piccolomini, damals Schreiber in der kaiserlichen Kanzlei, dankt Gott, dass er nicht eher in den Fürstendienst getreten sei, als dass er bei seinen Eltern eine Erziehung durchlaufen hatte, die ihn gegen alle Anfechtungen gewappnet sein ließ. Sein Vater, so schrieb er, habe seine Jugendjahre am Hofe des Herzogs von Mailand verbracht und sich schließlich angewidert zurückgezogen, um ein friedvolles Leben führen zu können.2 Bei Hofe, stimmt Enea seinem Vater zu, lerne die Jugend nur Niedertracht und Schändlichkeit. Fast zweihundert Jahre später klagte auch der schlesische Ritter Friedrich von Logau (1605– 1655) darüber, dass jeder anständige und offenherzige Mensch bei Hofe verdorben würde, da er gezwungen sei, der Herrschaft nach dem Munde zu reden und sich in die höfische Ordnung einzufügen.3 Wenn die Fürstenhöfe ab der Mitte des 15. Jahrhunderts tatsächlich nur noch Orte der Niedertracht waren, welchen Sinn hat es dann, sich mit der höfischen Erziehung im ausgehenden Mittelalter zu beschäftigen? War nicht die Epoche der ritterlich-höfischen Kultur vorüber, die „in der Geschichte der Erziehung des Menschengeschlechts eine wichtige Stufe markiert“4 hat? Kritik am Hofleben und Klagen über Hofleute hat es

1

2 3 4

MELL, Briefe, Nr. 36, S. 234, bzw. WOLKAN, Briefwechsel, Bd. 1, Nr. 166, S. 484 (1444 November 30): Nec te putes adolescentem pudicum, sobrium, verecundum ac bene moratum apud principes invenire. Siehe zu Piccolominis Hofkritik: KIESEL, Bei Hof, S. 31–38; zu seiner Rolle als Erzieher: ARNOLD, Enea Silvio; KAHL, Lehrjahre, S. 48–55. MELL, Briefe, Nr. 36, S. 199, bzw. WOLKAN, Briefwechsel, Bd. 1, Nr. 166, S. 454. Siehe dazu auch BUYKEN, Jugendjahre, S. 5. Logau, Sinn-Getichte, III,1,33; SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 191. Siehe zu den hofkritischen Gedichten Friedrich von Logaus: WIECKENBERG, Herrscherlob und Hofkritik, S. 70–72. FLECKENSTEIN, Über Ritter, S. 11*.

12

I. Einführung

stets gegeben, vor allem von geistlicher Seite,5 aber trotz ablehnender Haltung, gehen sowohl Piccolomini als auch der schlesische Ritter davon aus, dass ein junger Mensch bei Hofe etwas lernt, dass ihn das Hofleben prägt und zwingt, seinen Platz zu finden und zu behaupten. Genau das ist ein Grund, den spätmittelalterlichen Fürstenhof als Ort der Adelserziehung in den Blick zu nehmen, unbeeindruckt von aller Hofesschelte. Gerade weil das höfische Umfeld so stark auf den Adel wirkte, wurden die sittlichen Zustände dort aufmerksam beobachtet. Piccolomini selbst hat mit seinen Schriften versucht, auf die Fürsten Einfluss zu nehmen, um Tugend und Bildung bei Hofe zu heben.6 Um 1500 konnten selbst diejenigen, die nach humanistischer Bildung dürsteten und das höfische Treiben eigentlich meiden wollten, der Anziehungskraft der Höfe kaum widerstehen. Den Ritter Ulrich von Hutten (1488–1523), der im Kloster erzogen worden war und der mehrere Universitäten besucht hatte,7 drängte es, das Hofleben kennen zu lernen, obwohl er anderen davon abgeraten hatte.8 Dafür musste er sich gegenüber dem befreundeten Humanisten Willibald Pirckheimer (1470–1530) rechtfertigen, doch war er der festen Überzeugung, mit anderen Höflingen um die Gunst des Fürsten wetteifern und dennoch gelehrten Studien nachgehen zu können. Mit all den aufgeblasenen Höflingen, all den dünkelhaften Adligen und halbgebildeten Juristen und Theologen, wollte er es gern aufnehmen.9 Wenn ohnehin überall Unruhe und Bekümmernis herrschten, dann schien ihm der Fürstenhof im Vergleich zur Ritterburg auf dem Lande sogar der bessere Ort zu sein, zumal durch den Dienst sein Auskommen gesichert war. Am Hof des Erzbischofs von Mainz, wo er seit September 1517 als Ratgeber zur Verfügung stand, hatte Ulrich von Hutten tatsächlich genügend Freiraum, sich schriftstellerisch zu betätigen. Während des Augsburger Reichstags verfasste er ein bissiges Streitgespräch über das Für und Wider des Hoflebens, das später im Druck weite Verbreitung fand.10 Seinem Freund Pirckheimer gestand er, wie mühsam es für ihn gewesen war, sich für den Hofdienst standesgemäß zu kleiden und auszurüsten, die „höfische Zucht in sich aufzunehmen“ und die Hofbräuche zu erlernen.11 Eine derartige 5 6 7 8

9

10 11

Siehe UHLIG, Hofkritik; BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 2, S. 583–594; SCHREINER, Herausforderung; SZABÓ, Hof; SCHNELL, Hofliteratur. SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 8 f., S. 63–65; BUCK, Humanistische Bildung. HOLBORN, Hutten, S. 13–31; GRIMM, Lehrjahre; LEINEWEBER, Hutten. Ulrich von Hutten an Willibald Pirckheimer, BÖCKING, Schriften, Bd. 1, Nr. 90, S. 195 (1518 Oktober 25): Experiar tamen eam quam aliis ipse fugiendam scribo aulam. Der gesamte Brief ist übersetzt bei TRILLITZSCH, Renaissancehumanismus, S. 450–480, und DERS., Brief, S. 212–229. Vgl. KÜHLMANN, Rollenprobleme; RANFT, Adel, Hof und Residenz, S. 68 f.; MERTENS, Preis. BÖCKING, Schriften, Bd. 1, Nr. 90, S. 210 f.: Et istos tecum rideam fastu et superbia tumentes aulicos, illos pictura tenus nobiles, illos librorum strue exultantes iureconsultos, illos qui se in nugis admirantur, theologistas. Vgl. MERTENS, Preis, S.139 f. Hutten, Aula dialogus. Dort (S. 70/71) wird es als töricht bezeichnet, seine Kinder zur Erziehung an einen Hof zu geben. BÖCKING, Schriften, Bd. 1, Nr. 90, S. 206: At habuit hic annus multum curae ac sollicitudinis, dum me vestio, dum exorno, dum ceremonias aulicas edisco, et curialem disciplinam imbibo.

13 Anpassungsleistung mochte er nicht noch einmal aufbringen. Als er 1520 Aussichten hatte, entweder an den Hof des Bischofs von Bamberg oder an den des Erzherzogs von Österreich zu wechseln, bat er seinen Vetter Bernhard, für ihn auch in der Heimat nach einer geeigneten Stelle Ausschau zu halten, damit er sich nicht an fremde Sitten gewöhnen müsse.12 Der Fürstenhof war ein vielschichtiges Herrschafts- und Sozialgebilde, in dessen Mittelpunkt die Figur des Fürsten stand.13 Im Fürstendienst erfüllten vornehmlich adlige Personen zahlreiche administrative und zeremonielle Aufgaben. Bereits im hohen Mittelalter hatten sich bestimmte Umgangsformen herausgebildet, durch welche sich die adlige Welt des Hofes von den übrigen Lebenswelten sichtbar abheben sollte.14 Diese Umgangsformen mussten mühsam erlernt und eingeübt werden; und dennoch behielt der Hof seine Anziehungskraft auf adlige wie nichtadlige Gruppen. Vergeblich warnte etwa der alte Helmbrecht seinen bäuerlich erzogenen Sohn, ein Leben bei Hofe anzustreben, weil die höfische Lebensart zu hart sei für alle, die nicht von frühester Kindheit daran gewöhnt wären.15 Um die höfischen Sitten zu erlernen, bedurfte es der Vermittlung durch Eingeweihte. Wer „unhöflich“ auftrat, lief Gefahr ins Abseits zu geraten. Als der Abt von Fulda auf dem kaiserlichen Hoftag des Jahres 1242 über den böhmischen König spottete, soll ein Ritter hervorgetreten sein und dem Abt seine schlechte Erziehung vorgeworfen haben: Ich sehe wol, das du nicht hast gehabt einen weysen czuchtmeyster, wen er hat dich nicht gelart, wie du vor erbern leüten scholt geparen.16 Bis ins 16. Jahrhundert bezeichnete der Begriff „Zucht“ vor allem das Verhalten, das die höfische Erziehung gebot. Erst später stand er allgemein für „Anstand“ und „gutes Benehmen“.17 Die höfische Zucht galt als wesentliches Erkennungsmerkmal des Adels, denn kostbare Kleider und eine Vielzahl von Knechten konnten sich auch Betrüger und Hochstapler zulegen und zum Beweis ihrer adligen Herkunft gefälschte Dokumente vorweisen.18 Höfische Umgangsformen mussten von Kindheit an erlernt und im hochadligen Umfeld vervollkommnet werden. Gleichwohl blieben sie nicht auf dieses Um12

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SZAMATÓLSKI, Deutsche Schriften, Nachlese Nr. 1, S. 126 (1520 April 12): Und bitte, ir w=llet in mittler zceyt umbsehen und gedencken, ab hie zců land etwas vor mich sey, off das ich mich nit in eyner fremden art indtschlagen d=rff. Vgl. Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 66 f.; HIRSCHBIEGEL, Soziales System, S. 12; WINTERLING, Versuch, bes. S. 13; EWERT/HILSENITZ, Hof, S. 15; PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Begriffe, bes. S. 14. Konrad von Haslau, Jüngling, S. 555, Vers 5 f.: bî zuht di edeln man ie kande: unzuht ist noch gebiurisch schande; S. 551, Vers 44: unzuht diu heizt unedellich. Wernher der Gartenaere, Meier Helmbrecht, S. 9, Vers 242–246: Lieber sun, nû erwinde | hinz hove dîner verte. | die hovewîse ist herte | den die ir von kindes lit | habent niht gevolget mit. WENZEL, Hören und Sehen, S. 18. Pehemische cronica, Kap. 57, S. 289. GRIMM, Wörterbuch, Bd. 32, Sp. 262 f. Vgl. Matthias von Kemnat, Chronik, Kap. 100, S. 105.

14

I. Einführung

feld beschränkt. Wer sich bei Hofe angemessen benehmen wolle, der solle auch daheim darauf achten, nie etwas Unhöfisches zu tun, heißt es bereits im „Wälschen Gast“ des Thomasin von Zerklaere (gest. 1238).19 In der höfischen Dichtung wird der fürstliche Hof als eine Gesellschaft beschrieben, die nach Vollkommenheit strebt und dadurch auf ihre Außenwelt wirkt. Seit dem 15. Jahrhundert verlangten Fürstenspiegel und fürstliche Hofordnungen von allen Hofdienern, entsprechende Umgangsformen anzunehmen.20 Der Humanist und Prinzenerzieher Konrad Heresbach (1496–1576) brachte es um 1570 auf die Formel: „Wie der Fürst, so das Volk. Das leuchtende Vorbild der Fürsten ahmen die Adligen nach, das der Adligen die Bürger und schließlich auch die Bauern.“21 Der Fürstenhof wurde als Abbild der Welt verstanden, die sich selbst als eine Hofhaltung Gottes begreifen ließ.22 Die Erziehung bei Hofe diente also dazu, sich in der Ordnung dieser Welt zurechtzufinden, darin den eigenen Platz einzunehmen und jeden Menschen entsprechend seinem Stand und seinem Wesen zu behandeln. Der Fürstenhof muss als die wichtigste Erziehungsstätte des Adels in Mittelalter und Früher Neuzeit verstanden werden. Längst ist erkannt worden, dass die Erziehung von Adligen stets gemeinschaftlich am Sitz eines Edelmannes oder am Hofe eines Fürsten erfolgte und dass Fürstenkinder stets gemeinsam mit Kindern des Adels erzogen wurden.23 Bereits die Langobardenherrscher schickten ihre Söhne zur Erziehung an fremde Höfe, wo sie mit anderen Adelskindern aufwachsen und wetteifern sollten.24 In der „Historia Welforum“, die um 1170 am Hofe des Herzogs Welf VI. (gest. 1191) verfasst wurde, ist die Rede davon, dass die vornehmsten Edelleute ihre Söhne an den Hof gegeben hätten.25 Nun kann es freilich nicht darum gehen, an historischen Fürstenhöfen nach „wohlerzogenen Jünglingen“ zu suchen. Von Belang sind vielmehr Fragen danach, wie sich der Adel, der hohe wie der niedere, durch höfische Erziehung und Bildung als Stand behauptete und gegen andere Gruppen abgrenzte, aber auch wie sich die Höfe gegenüber Bildungsanforderungen verhielten, die von außen herangetragen wurden. 19 20

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Thomasin von Zerklaere, Wälscher Gast, S. 18, Vers 653–658; WENZEL, Hören und Sehen, S. 18. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 21, S. 271: Der fursten dyner sullen haben edele unde hofeliche seten, als das sie behalden die czirheit des hoffs unde eyn erlich wesin. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 3, Kap. 19, S. 395. Heresbach, De educandis: Qualis princeps, talis populus. Principum luxum imitantur nobiles, nobilium cives, atque etiam rustici. Zit. nach HAMMERSTEIN, Fürstenerziehung, S. 182. Siehe zu Heresbachs Fürstenspiegel: SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 39, S. 118–121. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 3, Kap. 17, S. 390; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 20, S. 271. SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 182 f.; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 3 f.; SCHARFENORT, Pagen, S. 1; NITSCHKE, Beobachtungen, S. 268, und jüngst PARAVICINI, Erziehung, S. 13. Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, Buch 4, Kap. 37, S. 129; GUILHIERMOZ, Essai, S. 404; KEEN, Rittertum, S. 104 und 108. Historia Welforum, Kap. 14, S. 22; BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 2, S. 433 f.; DERS., Höfischer Körper, S. 69.

15 Obwohl diese Fragen im Schnittfeld vieler Forschungsrichtungen liegen, ist ihnen bis vor kurzem vergleichsweise selten nachgegangen worden,26 nachdem noch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Vorbild der Adelserziehung für andere Stände diskutiert worden war.27 Untersuchungen zur Bildung des niederen Adels gibt es meist erst für die Zeit ab der Mitte des 16. Jahrhunderts.28 Auch aus Sicht der Sprach- und Literaturwissenschaften besteht erheblicher Forschungsbedarf,29 obwohl das bisherige Wissen über höfische Erziehung zum großen Teil auf dem beruht, was aus Werken der höfischen Literatur hervorgeht,30 oder aus Abhandlungen, die ein Bildungsideal entwerfen.31 Ältere Darstellungen erschöpfen sich häufig in der Zusammenstellung dessen, was Versepen, Romane, Traktate und Chroniken erkennen lassen und beschränken sich dabei zumeist auf die „Blütezeit“ der höfischen Kultur im hohen Mittelalter.32 Die Frage nach dem Wirklichkeitsbezug dieser Schilderungen blieb meist offen, wird in jünge26

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Siehe den Überblick zur Adelserziehung bis 1500 in: Lexikon des Mittelalters, Bd. 3, Sp. 2199 f.; KRUPPA, Bildung, bietet einen Abriss zur Bildung des Adels vom 12. bis 14. Jahrhundert in Nordund Mitteldeutschland. Unmittelbar auf die höfische Erziehung zielt FENSKE, Knappe, der sich vorwiegend auf nordwesteuropäische Quellen des 11. bis 13. Jahrhunderts stützt. LYON, Fathers, betont mit Blick auf das 11. Jahrhundert die Bedeutung des Vater-Sohn-Verhältnisses in der Erziehung, mit der Begründung dass die Weitergabe von Herrschaftswissen sonst kaum zu erklären sei. Die ungedruckte Dissertation von MÄRZ, Entwicklung, bezieht sich vor allem auf England, Frankreich und Italien in Hochmittelalter und Früher Neuzeit und ist hinsichtlich der Quellenbelege mangelhaft. SCHMID, Encyklopädie, Bd. 1, S. 36–50. GUTTENBERG, Einblicke, bes. S. 69 f.; HEISS, Bildungsverhalten; CONRADS, Tradition; FOUQUET, Bemerkungen. Siehe für Dänemark: ANDERSEN, Opfostring; England: HEXTER, Education; Frankreich: MOTLEY, Aristocrat. BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 2, S. 433; DERS., Höfischer Körper, S. 67 f. Grundlegend LIMMER, Bildungszustände, S. 7–30 (Fürsten und Adel, Ritter und Hofleute) und S. 66–81 (Frauen); BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 2, S. 433–438 und 470–483; DERS., Höfischer Körper; WENZEL, Hören und Sehen, S. 128–192. Einzelaspekte behandeln GEERING, Kindheit; SCHNEIDER, Erziehergestalten; FEILZER, Jugend; COSMAN, Education; MUNDHENK, Winsbecke; ASHCROFT, Höfische Sozialisation; JAVOR-BRIŠKI, Bildung. Siehe auch die Abhandlungen zu den Werken der lehrhaften Literatur des Mittelalters: SOWINSKI, Lehrhafte Dichtung, und BOESCH, Lehrhafte Literatur; LÄHNEMANN/LINDEN, Dichtung und Didaxe. Wichtige Texte aus der deutschen Literatur sind zusammengestellt bei ARENTZEN/RUBERG, Ritteridee, S. 87–121. Siehe zu den Fürstenspiegeln des hohen und späten Mittelalters: BERGES, Fürstenspiegel, sowie SINGER, Fürstenspiegel, mit einem Verzeichnis der in Deutschland von 1400 bis 1600 entstandenen Fürstenspiegel (S. 51–144) und vier ausführlichen Interpretationen. BORN, Perfect Prince, und HEIM, Fürstenerziehung, bringen Inhaltsangaben ausgewählter Abhandlungen des 13./14. bzw. 16. Jahrhunderts. Auf Erziehungstraktate und -instruktionen beziehen sich BARTH, Jungfrauenzucht, und TÖBBICKE, Höfische Erziehung. RUST, Erziehung; TETZNER, Erziehung; HENNE AM RHYN, Rittertum, S. 51–58; MEYER, Jugenderziehung. Sehr ausführlich und mit vielen Quellenbelegen SCHULTZ, Höfisches Leben, Bd. 1, S. 108–167, der an anderer Stelle versuchte, die Erziehung an den Fürstenhöfen der Erziehung in Bürgerhäusern gegenüberzustellen. SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 183–218.

16

I. Einführung

rer Zeit aber verstärkt in den Blick genommen. Berührt werden Aspekte der Adelserziehung in jüngeren Darstellungen zur Geschichte der Kindheit, Jugend und Familie,33 zur Geschichte des geistigen Lebens an einzelnen Höfen,34 oder zur adligen Hofesreise.35 Allgemeine Überblickswerke zur Geschichte der Erziehung und Bildung befassen sich hingegen vornehmlich mit der Geschichte des Schulwesens und des gelehrten Unterrichts.36 Dass die Höfe neben Klöstern, Universitäten und Schulen ebenfalls Orte der Erziehung und der Wissensvermittlung waren, fand nur selten gebührende Beachtung.37 Die Erziehung des Adels hat jedoch einen Rahmen, einen Ort und einen Bezugspunkt, der klar auszumachen ist: den Fürstenhof, der im Spätmittelalter ortsfester wird, ohne den Charakter eines Personenverbandes zu verlieren.38 Im Jahre 2000 hat die Residenzenkommission der Göttinger Akademie der Wissenschaften daher eine Tagung zum Thema „Erziehung und Bildung bei Hofe“ veranstaltet, die offene Frage- und Problemhorizonte aufgezeigt und neue Anstöße gegeben hat.39 So wurde deutlich, dass die Fürstenerziehung nicht als Sonderfall, sondern als Kernfall höfischer Erziehung gelten muss. Zu begründen ist dies nicht mit der weitaus besseren Überlieferung, sondern damit, dass Fürsten stets gemeinsam mit jungen Adligen erzogen wurden, so dass adlige Erziehung im Umkreis eines jungen Fürsten in besonderer Weise sichtbar wird. Ob diese Adligen die „natürlichen Ratgeber“ des künftigen Herrschers sind, die sich auch später in seiner engsten Umgebung finden, wird oft angenommen, bedürfte aber einer Überprüfung an historischen Beispielen.

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WINTER, Kindheit; DUBY, „Jugend“; PARMENTIER, Höfische Jugend; SHAHAR, Kindheit, S. 238– 256; FASS, Encyclopaedia, Bd. 1, S. 68 f. Siehe für die Zeit ab etwa 1500 SEIPEL, Prinzenrolle, S. 19–48. Durchaus anregend ist die knappe Darstellung bei TUCHMAN, Spiegel, S. 56–76 (Jugend und Rittertum). Siehe bereits NIESE, Geschichte, S. 497–503, mit Vermutungen über Jugend und Bildung Kaiser Friedrichs II. Zum Innsbrucker Hof: HAMMER, Literarische Beziehungen; zum Heidelberger Hof: BACKES, Literarisches Leben, S. 77–97, und zum Hof Kaiser Maximilians I.: MÜLLER, Gedechtnus. Bei PIETZSCH, Quellen und Forschungen, findet sich S. 36–65 eine Zusammenstellung von Quellenzeugnissen über „Die pfälzischen Wittelsbacher als Mäzene, ihre Bildung, ihre persönlichen Beziehungen zur Musik und die Quellen zur Musikpflege an ihrem Hof“. PARAVICINI, Heidenfahrt; BABEL/PARAVICINI, Grand Tour, darin vor allem RANFT, Hofesreise. PAULSEN, Gelehrter Unterricht; KÄMMEL, Deutsches Schulwesen; HAMMERSTEIN, Handbuch, Bd. 1. Auf die ritterliche Erziehung wird gelegentlich eingegangen, aber wiederum allein auf Grundlage der höfischen Literatur und mit Beschränkung auf das 12. und 13. Jahrhundert. Siehe etwa GÜNTHER, Geschichte, S. 52–56; DOLCH, Lehrplan, S. 127–135; BALLAUF, Pädagogik, Bd. 1, S. 437–444. KINTZINGER, Wissen, S. 176–188, widmet dem „Wissen des Königs und der Erziehung des Adels“ ein eigenes Kapitel. HAMMERSTEIN, Bildung und Wissenschaft, S. 15, stellt für das 15. Jahrhundert kurzerhand fest, dass die Höfe „neben Universitäten und Schulen hinfort ihrerseits Orte der Ausbildung, der Bildungs- und Wissensvermittlung“ waren. Vgl. PARAVICINI, Kultur, S. 66; RANFT, Adel, Hof und Residenz, S. 67 und 73. PARAVICINI/WETTLAUFER, Erziehung.

17 Die Kinder eines Fürsten sollten so erzogen werden, dass sie denen, über die sie einmal herrschen würden, ein Beispiel an Tugend gaben. Von Anfang an sollten sie sich ernsthafter und beherrschter verhalten als die anderen.40 Wenn ein Fürst also Kinder hatte, die zusammen mit jungen Adligen aufwachsen, spielen und lernen sollten, ergab sich gewissermaßen eine besondere Erziehungssituation. Unabhängig von diesem Kernfall höfischer Erziehung lebten an einem Hof jedoch zu jeder Zeit junge Adlige. Je nach Größe der Hofhaltung waren dem Fürsten und seiner Gemahlin eine bestimmte Anzahl Edelknaben41 zugeordnet, der Fürstin außerdem unverheiratete Hofdamen, die standesgemäße Dienste verrichteten und dadurch höfische Umgangsformen lernten. Darüber hinaus hatte jeder, der ein höheres Hofamt bekleidete einen oder mehrere Jungen, die ihm aufwarteten. Der mittelalterliche Hof war eben kein bloßer Verwaltungsapparat, sondern ein lebendiger Personenverband, der stets auch junge Menschen einschloss, die nach und nach in ihre Aufgaben hineinwachsen sollten. Was die Erziehung an Fürstenhöfen anlangt, so fehlen für den deutschsprachigen Raum Untersuchungen, wie es sie für die Erziehung am englischen Königshof und an den Höfen der Herzöge von Burgund oder Savoyen gibt.42 Dabei entstanden bereits um 1900 Untersuchungen zum Erziehungswesen einzelner Fürstenhäuser des Reichs, die verstreutes Quellenmaterial zusammenführten, aber nicht immer kritisch genug würdigten und sich vornehmlich mit den zur Regierung gelangten Personen beschäftigten.43 Abgesehen von meist knappen Bemerkungen in Biographien, gibt es einige Arbeiten zu den frühen Lebensjahren einzelner Fürsten des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, die aber

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STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 9, S. 260, und Kap. 12, S. 263. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 1, S. 288 und Kap. 10, S. 316. Im Folgenden wird stets von „Edelknaben“ oder „Jungen“ die Rede sein, denn die Bezeichnung „Page“ taucht in deutschsprachigen Quellen nicht vor dem 17. Jahrhundert auf. Im anglonormannischen und romanischen Raum waren die Bezeichnungen paige, page oder lateinisch pagius, die wahrscheinlich auf das griechische Wort für „Knabe“ zurückgehen, seit dem 13. und 14. Jahrhundert gebräuchlich. STRANTZ, Geschichte, S. 142; SCHARFENORT, Pagen, S. 1 f.; TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 8, Anm. 19; BISCHOF, Erziehung, S. 67 f. England: ORME, Childhood; CARLSON, Royal Tutors; REITEMEIER, Adels- und Prinzenerziehung. Burgund: SOMMÉ, Nobles, und mit Blick auf die Ausbildung von Geschlechterrollen BISCHOF, Erziehung. Savoyen: BLANCARDI, Princes, mit Blick auf die Organisation des Prinzenhofes und umfangreichem Quellenanhang. 2008 wurde die Erziehung und Ausbildung deutscher Reichsfürsten des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit im Rahmen einer Greifswalder Staatsexamensarbeit unter systematischem Zugriff behandelt: MÜSEGADES, Erziehung. SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher; DERS., Pfälzische Wittelsbacher; SCHUSTER/WAGNER, Jugend; RICHTER, Erziehungswesen. Siehe zum Gesamtvorhaben und den dabei aufgetretenen Problemen: [Anonym], Zur Geschichte. Bezeichnend ist auch die 2008 neu aufgelegte Arbeit des Berliner Pädagogikprofessors Wilhelm Münch (1843–1912), die theoretische Schriften zur Fürstenerziehung heranzieht und selbst als eine Art Fürstenspiegel angelegt ist. MÜNCH, Gedanken.

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kaum das höfische Umfeld der Erziehung im Blick haben.44 Oftmals wird die Erziehung eines Fürsten vom Ende seines Lebens her betrachtet, vor dem Hintergrund seiner Leistungen und Erfolge bzw. Fehlleistungen und Misserfolge. Obwohl es beispielsweise keinerlei Nachrichten über die Erziehung des ersten hohenzollerischen Kurfürsten von Brandenburg gibt, wurden diesem ungewöhnliche Geistesgaben und Kenntnisse nachgesagt; wurde bei ihm auf einen Jugendunterricht geschlossen, der umfassender als der seiner Standesgenossen gewesen sein soll.45 Gern dienten prägende Ereignisse in der Kindheit als Erklärung für späteres politisches Handeln, selbst wenn es keine verlässlichen Aussagen darüber gibt. So wurde der frühe Verlust der Eltern für den angeblichen Wankelmut des Luthergegners Albrecht von Brandenburg verantwortlich gemacht, dem gleichzeitig aber auch Lerneifer und Kenntnisreichtum bescheinigt wurden.46 Das unentschlossene und weichliche Wesen der Herzöge Christoph (1537–1592) und Karl (1540–1610) von Mecklenburg wurde der ängstlichen Mutter angelastet, die beide nach dem Tod ihres Gemahls verzärtelt haben soll.47 Der Wunsch, bedeutende Herrscher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit in ihrer Entwicklung zu beobachten, war zwar groß,48 doch oft konnten moderne Biographen nur bedauern, dass kaum Nachrichten überliefert sind, die Auskunft über Veranlagung und charakterliche Prägung in Kindheit und Jugend geben könnten.49 Zudem hält nicht jede der ohnehin spärlichen Nachrichten einer kritischen Prüfung stand. Ein Chronist der Stadt Hof behauptete am Ende des 16. Jahrhunderts zum Beispiel, Burggraf Friedrich V. von Nürnberg (gest. 1398) hätte eine schöne Handschrift gehabt, mit eigener Hand deutsch und lateinisch geschrieben und sogar selbst Urkunden ausgestellt.50 Kein Schriftstück ist jedoch erhalten, das geeignet wäre, diese Behauptung zu bestätigen. Sein Enkel Kurfürst Johann von Brandenburg (1455–1499) bekam im 16. Jahrhundert

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WASSMANSDORFF, Erziehung; FICHTENAU, Maximilian; BAYER, Jugendzeit; WAGNER, Jugendzeit; FRIEDLÄNDER, Jugendzeit; WÄSCHKE, Jugendjahre; SCHENK ZU SCHWEINSBERG, Jugendzeit; IßLEIB, Jugend. Einen neuen Blick auf die Jugendjahre Charles I. von Burgund versucht OSCHEMA, Jugend. Zur Erziehung und Bildung des späteren Kaisers Karl V. liegt mittlerweile eine umfangreiche Studie vor, in der sowohl familiäre Besonderheiten und Gewohnheiten als auch das höfische Umfeld berücksichtigt sind: KAHL, Lehrjahre. Siehe zur Erziehung der Habsburger seit Maximilian I. jetzt auch WEISS, Herrschaft. FRANKLIN, Politik, S. 14; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 15 f. HENNES, Albrecht, S. 1. LISCH, Anna, S. 19. So meinte etwa BAUER, Anfänge Ferdinands, S. 1: König Ferdinand I. „zu schildern, ohne seine Kindheit, ohne seinen ersten Regierungsanläufen gerecht zu werden, hieße ein Standbild setzen, dem es an dem Sockel gebricht.“ Zum Beispiel LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 51. Widmann, Chronik, S. 52 f.; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 18.

19 den schmeichelhaften Beinamen Cicero,51 was selbst die borussische Geschichtsschreibung nicht nachvollziehen konnte.52 Mit Blick auf die Fürstenerziehung im Alten Reich gibt es bislang nur wenige richtungsweisende Überlegungen. Doch immerhin hat Herbert Grundmann gezeigt, dass Königen und Fürsten nicht immer im gleichen Maße abverlangt wurde, sich der lateinischen Schriftkultur zu öffnen, welche lange Zeit den Geistlichen vorbehalten war.53 Für den Adel, der sich als kämpfender und herrschender Stand begriff, waren andere Fähigkeiten und Kenntnisse wichtiger. Erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts setzte sich die Forderung durch, dass Landesherren schriftkundig sein müssen, um sich das in Büchern gespeicherte Wissen selbständig aneignen zu können. Die Ausweitung fürstlicher Herrschaft zur Landesherrschaft und die zunehmende Verschriftlichung der Verwaltung dürften dabei eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben. Für das 15. Jahrhundert ist in der jüngeren Forschung von einer regelrechten „Literatur- und Bildungsexplosion“ die Rede, da die Zahl der Texte, die Wissen vermitteln und zugänglich machen, in jener Zeit schlagartig angewachsen ist.54 Dieser Ausweitung der Schriftkultur konnten sich auch die Fürstenhöfe nicht entziehen, doch fanden humanistische Bildungsideale, wie Laetitia Boehm festgestellt hat, um 1500 meist nur in abgewandelter Form Zugang.55 Notker Hammerstein hat wenig später zu zeigen versucht, wie humanistische Vorstellungen dann im Laufe des 16. Jahrhunderts tatsächlich Einfluss auf die Fürstenerziehung gewannen.56 Alle diese Untersuchungen stützen sich hauptsächlich auf erzählende Quellen oder theoretische Schriften. Um Erziehung und Bildung bei Hofe darüber hinaus verstehen zu können, müssen gut dokumentierte Beispiele in den Blick genommen werden, die sich im jeweiligen Zusammenhang betrachten lassen, auch wenn sich das Feld höfischer Erziehung auf diese Weise kaum allumfassend darstellen lässt. Zu vielfältig sind die jeweiligen Umstände, zu unterschiedlich die beteiligten Personen. Die vorliegende Untersuchung wird also nicht das fehlende Nachschlagewerk zur höfischen Erziehung für den deutschsprachigen Raum liefern, sondern einzelne Fragen an historischen Beispielen und im jeweiligen Kontext behandeln. Für den Hauptteil wurden dazu drei Herrscherhäuser gewählt, die miteinander in enger Beziehung standen: Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner. Die Untersuchung beschränkt sich auf den Zeitraum zwischen 1450 und 1550, in dem das Lesen und das Schreiben und humanistische Bil-

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BRUNN, Catalogus, S. 44. WAGNER, Kurfürst Johann. GRUNDMANN, Litteratus – illitteratus. DICKERHOF, Studien, Vorwort S. 7. BOEHM, Konservativismus. HAMMERSTEIN, Fürstenerziehung, S. 177: „Die Praxis wurde tatsächlich in diesem Sinne umgestaltet.“ Vgl. DERS., Hessen-Homburg; DERS., Hessen-Darmstadt.

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I. Einführung

dungsideale gewissermaßen hoffähig geworden sind.57 Schriftquellen fließen in dieser Zeit reichlicher, denn ohne Schriftquellen sind Erziehung und Bildung bei Hofe einer verstehenden Betrachtung weitgehend entzogen. Bei der Untersuchung der jeweiligen Beispiele geht es weder darum, die Zweckmäßigkeit oder den Erfolg der Erziehung zu beurteilen, noch alle Nachrichten zusammenzutragen, die sich aufspüren lassen. Vielmehr geht es darum zu ergründen, worauf besonderer Wert gelegt wurde, welche Inhalte berücksichtigt und wie Entscheidungen über den Bildungsweg getroffen wurden. Erziehung und Bildung erfüllen nicht allein den Zweck, Wissensbestände an die nächste Generation weiterzugeben,58 sondern sind umfassende Vorgänge, in denen der gesamte Mensch geformt werden soll.59 Im Rahmen einer Untersuchung, die geschichtliche Beispiele in den Blick nehmen will, die nur ausschnitthaft dokumentiert sind, können diese Vorgänge aber nicht umfassend abgebildet werden. Aus diesem Grund wird auch nicht von höfischer Sozialisation die Rede sein, sondern der Bezeichnung höfische Erziehung und dem Begriffspaar Erziehung und Bildung der Vorzug gegeben. Nebeneinander gebraucht, setzen die Begriffe Erziehung und Bildung sozusagen zwei Eckpfeiler, von denen der eine das Erlernen von Regeln und Umgangsformen betont, der andere den Erwerb eines Vorrates an Wissen. Damit kommt zum Ausdruck, dass beides nötig ist, um sich in der Gesellschaft von Menschen zurechtzufinden. Der Begriff Erziehung betont die bewusste Beeinflussung durch Andere; die Aneignung von Wissensbeständen erfordert Aufgeschlossenheit und Mitarbeit. Genau dies kann für den gewählten Untersuchungszeitraum in den Blick genommen werden: die bewusste erzieherische Einflussnahme und die Auseinandersetzung mit Bildungsanforderungen. In jeden Adligen wurden von Geburt an bestimmte Erwartungen gesetzt. Er war dazu bestimmt, Herrschaft auszuüben oder an Herrschaft teilzuhaben. Dazu sollte er wehrhaft und klug sein, sich aber auch tugendhaft, ehrenvoll und seinem Stand entsprechend zu verhalten wissen. Da es jungen Menschen aber an Einsicht und Vernunft mangelte, so die Vorstellung der Zeit, mussten sie erst auf den Pfad der Tugend gebracht werden.60 Dies erklärte die Notwendigkeit der Erziehung. Behauptete aber nicht der Adel eine besondere Veranlagung zur Tugend zu haben? Die Frage, ob Adel gleichsam im Blut, in der Tat oder im Kopf liegt, ist eine alte und viel erörterte.61 Um 1500 ist sie ein Ausgangspunkt für diejenigen, die vom Adel mit Nachdruck einfordern, sich gelehrter Bildung zu öffnen. Der Humanist Jakob Wimpfeling (1450–1528) übereignete dem Ritter 57 58 59

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Vgl. BOEHM, Konservativität, S. 91. Vgl. FREYER, Wurzeln. Vgl. SMOLINSKY, Kirchenreform, S. 36: Bildung soll „nicht allein auf die Schule und die Universitäten bezogen, sondern als intellektueller, umfassender Lehr- und Lernprozeß verstanden werden, durch den der religiöse Mensch geformt wird.“ Adelserziehung spielt allerdings auch bei Smolinsky keine Rolle. Siehe schon Konrad von Haslau, Jüngling, S. 580, Vers 1027–1030: Klein ist des kindes wîsheit, und daz ez nâch tugenden reit: sô nimt ez diu Sælde in ir pflege und bringet ez ûf der tugende wege. Siehe SCHMITZ, Blutsadel; HONEMANN, Aspekte.

21 Friedrich von Dalberg (gest. 1516), dem Bruder und Kämmerer des Bischofs von Worms, im Jahre 1497 die Abschrift einer kurz zuvor wiedergefundenen Abhandlung des Lupold von Bebenburg (gest. 1363) über die Frömmigkeit deutscher Fürsten, und zwar weil er meinte, Friedrich von Dalberg als edel, tugendhaft und wissbegierig erkannt zu haben.62 Mit ähnlicher Begründung hatte Lupold von Bebenburg seine Schrift dereinst dem Kurfürsten Rudolf von Sachsen (gest. 1356) gewidmet. Wimpfeling legte in seiner Vorrede Wert darauf, dass der von ihm Bewidmete zwar adlig von Geburt war, es in Wirklichkeit aber allein die Tugend war, die ihn zum Edelmann machte. Von seinen Eltern habe er nämlich nur Leib und Erbe bekommen, nicht aber die Tugend, da diese nicht zu vererben sei. Also sei auch der Adel nicht erblich, denn Adel entspringe nicht dem Leib, sondern dem Geist und edel sei nur der, den seine eigene Tugend adelt. Dennoch verneinte Wimpfeling nicht, dass Tugend durch Gott verliehen wird. Aber warum wollte er den Ritter dann ermahnen? Nun, der Pfad der Tugend ist steinig, um ihn zu beschreiten und nicht wieder zu verlassen, bedarf es leuchtender Vorbilder, und genau diese Vorbilder sollte die überreichte Schrift liefern. Erziehung, das ist eine Sache mit ungewissem Ausgang. Wimpfeling stellt hierzu lediglich fest, dass ein Sohn seinen Vater wohl an Tugend übertreffen kann, dass aber selbst Kinder tugendhafter Eltern missraten können.63 Die Herzogin Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg (1510–1558) hoffte zum Beispiel lange darauf, dass Gott ihren Sohn Erich (1528–1584), der sich ihr oft widersetzte, auf den rechten Weg zurückführen würde, denn im Grunde genommen hielt sie ihren Jungen für fromm und unschuldig, fehlgeleitet allein durch schlechte Ratgeber.64 Als sie jedoch merkte, dass Erich trotz ihrer Ermahnungen uneinsichtig blieb, machte sie ihrem Herzen Luft: Got seis geklaget, daß ich ein sulch ubel geraten kind jhe geboren habe.65 Vor allem die ritterlich-höfische Dichtung kennt Fälle, in denen auch adlige Kinder als verzogen und nicht mehr erziehbar galten. Konrad von Haslau spricht um 1280 von einem Mann, dem der Zuchtmeister seines Sohnes gestehen muss, dass „Hilfe und Lehre an diesem verloren“ seien, weil er jedermann und auch sich selbst belüge.66 Er unterscheidet drei Arten von Kindern, die als verdorben gelten müssen:67 diejenigen, denen 62

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Lupold von Bebenburg, Germanorum veterum principum zelus et fervor in christianam religionem deique ministros, Basel 1497; ZAPF, Johann von Dalberg, S. 27, mit Abdruck der Widmung S. 159– 164; DRÜCKE, Humanistische Laienbildung, S. 25. In der Übersetzung des Fürsten Magnus von Anhalt lautet diese Passage: Oft sicht der vater im son dy clarheit, dy er nicht gehabt, und widderumme mißraten dy kinder und folgen den elden nicht in iren togenden. HOSÄUS, Hendele, S. 10. Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg, geb. von Brandenburg, an Dr. Joachim Mörlin, KOCH, Briefe, Nr. 4, S. 235 (1546 April 20); Nr. 26, S. 253 f. (1549 April 14); Nr. 30, S. 257 f. (1549 [Mai]); Nr. 39, S. 264 (1549 Dezember 31). KOCH, Briefe, Nr. 81, S. 139 (1551). Konrad von Haslau, Jüngling, S. 572–574, Vers 741–800. Ebd., S. 582–584, Vers 1097–1228.

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immer ihr Wille gelassen wird und die verhätschelt werden; diejenigen, die in Armut aufwachsen und durch ihre Not zur Unzucht verleitet werden, und diejenigen, die zu unrecht geschlagen werden. Die letzte Gruppe verweist auf die Bedeutung, die verständigen „Zuchtmeistern“ zukommt. In der Chronik der Grafen von Zimmern heißt es über den späteren Kaiser Maximilian I., er habe anfangs einen „langsamen Verstand“ gehabt und sei ungelehrig gewesen. Da sein Zuchtmeister aber wenig einfühlsam war, sei Maximilian die Lust am Lernen gänzlich genommen worden.68 Ähnliches hatte der Wiener Humanist Johannes Cuspinianus (1473–1529) über Maximilians Lehrmeister Peter Engelbrecht (gest. 1491)69 berichtet: Wäre Maximilian in der Jugend vernünftig unterrichtet worden, hätte er in kürzester Zeit alle Wissenschaften erlernt. Die Fähigkeiten dazu habe er gehabt, wie sich daran erkennen ließe, dass er trotz anfänglicher Sprechschwierigkeiten später mehrere Sprachen beherrschte.70 Wieder anders gewendet stellt sich dieser Fall in den Fragmenten einer lateinischen Lebensbeschreibung Maximilians dar. Hier erträgt der junge Erzherzog geduldig den Lateinunterricht seines Lehrers, um nach seiner Vermählung all das zu lernen, was ihm nützlicher scheint, woran er aber gehindert worden war: lebendige Sprachen, Jagen, Waffenhandwerk und geheime Künste.71 Was bleibt, sind jedoch gegensätzliche Auffassungen, die der fürstliche Schüler und sein Lehrmeister vertraten. Für geistliche Autoren ließ sich Bildung allein an der Kenntnis der lateinischen Sprache messen, denn diese bot den Zugang zum unermesslichen Wissensschatz des Altertums, zu den Werken der philosophischen und theologischen Autoritäten. Alle Weisheit, die Gott den Menschen offenbart hatte, war an Schrift gebunden. Dies betonte auch der Verfasser eines bayrischen Fürstenspiegels im 15. Jahrhundert.72 Ohne Bücher zu lesen, könne niemand weise werden, wenngleich derselbe Verfasser einräumte, dass Weisheit auch durch göttliche Eingebung und mit Hilfe von Lehrmeistern zu erlangen sei.73 War dies ein Zugeständnis an die vielfach beklagte Leseunlust des Adels?

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Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 5: Dann als er [d. i. Maximilian] anfangs ain langsamen verstandt und gar ungelirnig gewest, ist er durch das boldern seines zuchtmaisters von studiis also deterrirt worden, das er von allem studieren gelassen. GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 156 f. Cuspinianus, De Caesaribus, S. 485; WIESFLECKER-FRIEDHUBER, Quellen, S. 33 f. Vgl. FICHTENAU, Lehrbücher, S. 6; WIESFLECKER, Maximilian, Bd. 1, S. 73 f. SCHULTZ, Fragmente, S. 425, bzw. WIESFLECKER-FRIEDHUBER, Quellen, S. 34 f. Vgl. auch Grünpeck, Historia, S. 82 f., bzw. Geschichte, Kap. 24, S. 40. BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, Buch 1, Kap. 30, S. 96: Mercket: all weißhait ist verfangen und mit geschrifft begriffen. BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, Buch 1, Kap. 30, S. 96: On pücher lesen oder maister hören kan nyemant ordenlich weis werden, nur gottes geist won in im, der yedem gibt als er wil. Vgl. WOTKE, Moralitates Caroli, S. 61: Non recte agit, qui quaerit sapientiam non legendo et non laborat studens in eadem adquirende.

23 Eine heute sehr bekannte Federzeichnung des 13. Jahrhunderts stellt vita contemplativa des Geistlichen und vita activa des Ritters gegenüber.74 Attribut des einen ist das Buch; Reitpferd und Jagdfalke sind die Attribute des anderen. Geistlichkeit und Adel werden als zwei unterschiedliche Lebensformen aufgefasst, die nebeneinander bestanden, wenngleich sie gerade an den Fürstenhöfen vielfach in Beziehung traten.75 Im 13. Jahrhundert wurde vom Adel jedenfalls noch nicht gefordert, dass er schriftkundig war, was sich nicht zuletzt darin zeigte, dass besonders hervorgehoben wurde, wenn sich ein Herrscher oder gar ein einfacher Ritter der Schriftkultur geöffnet hatte, ganz gleich, wie gering diese Öffnung auch immer gewesen sein mag.76 Wenn geistliche Verfasser verschiedenen Fürsten ein gewisses Maß an gelehrter Bildung bescheinigten, wird dies in vielen Fällen bedeuten, dass diese Fürsten die Gelehrsamkeit an ihren Höfen förderten und Gelehrten freundlich gegenüber standen.77 Aus der Masse der Fürsten ragten auch im Spätmittelalter noch immer nur wenige hervor, die sich gelehrte Bildung aneigneten. Nach dem Tode Kaiser Karls IV. (1316–1378), der mehrere Sprachen beherrscht und Beziehungen zu namhaften Gelehrten seiner Zeit gepflegt hatte, soll der greise Kurfürst Ruprecht I. von Pfalz (1309–1390) mit Bedauern festgestellt haben, wie ungebildet er selbst war.78 Die Zeitgenossen lobten indes seine Hofkultur, seine Herrlichkeit und seine Tugend.79 Pfalzgraf Friedrich I. (1425–1476) wurde hingegen gerühmt, weil er gelehrte Bildung und ritterliche Wesensart vereint habe.80 Eine völlig anderes Bild als die Federzeichnung des 13. Jahrhunderts vermittelt eine Darstellung, die aus dem Stammbuch eines adligen Universitätsstudenten um 1600 stammt.81 Sie zeigt einen Ritter und einen Gelehrten im Zweikampf zu Pferde, nicht auf dem Turnierplatz, sondern auf dem Schlachtfeld! Der Gelehrte mit seiner Schreibfeder 74

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Stiftsbibliothek Heiligenkreuz, Cod. 226, fol. 129v. Siehe Abb. 1, S. 9. Die Gegenüberstellung von arma und litterae wird für die Zeit vom 12. bis zum 17. Jahrhundert nachvollzogen von BUCK, Topos. Siehe zur Frage der Entstehung höfischer Kultur aus der Zusammenführung geistlicher und ritterlicher Elemente: FLECKENSTEIN, Miles und clericus, bes. S. 325; KRÜGER, „Verhöflichter Krieger“. Vgl. PARAVICINI, Kultur, S. 19–28, der die höfische Kultur als Ergebnis mehrerer Wandlungsprozesse im 12. Jahrhundert begreift. Zahlreiche Beispiele bei GRUNDMANN, Litteratus – illitteratus, und bei SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher. Vgl. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 11. Kurfürst Ruprecht I. von der Pfalz an König Charles V. von Frankreich (1338–1380), Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe Bd. 1, Nr. 149, S. 263 ([1379] Oktober 10): Quia sola materna lingua utimur et simplex laicus sumus et literas ignoramus. HÄUSSER, Geschichte, Bd. 1, S. 191; PIETZSCH, Quellen und Forschungen, S. 36. GRUNDMANN, Litteratus – illiteratus, S. 65; MIETHKE, Studieren, S. 486. Elhen von Wolfhagen, Limburger Chronik, Kap. 39, S. 44. Vgl. Beheim, Reimchronik; FEESER, Friedrich, S. 13–15; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 13. Siehe Abb. 2, S. 9.

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trägt den Sieg davon, denn der Ritter in seiner Rüstung hat die Lanze bereits verloren. Feder und Verstand werfen ihn aus dem Sattel, wie auch die Bildunterschrift zum Ausdruck bringt. Deutlicher kann die Aufforderung, sich gelehrte Bildung anzueignen kaum ausfallen. In diesem Falle kam sie nicht einmal von nichtadligen Gelehrten, sondern von einem Standesgenossen: Virtutem coluisse iuvat nam vincere virtus vim solet et plures nobilitare viros, war der Wahlspruch des Grafen Wolfgang Georg von Khevenhüller (gest. 1614) aus Kärnten, als er 1606 in Straßburg studierte.82 Bereits im späten Mittelalter war die Grenze zwischen geistlicher und adliger Lebensführung vielfach durchbrochen, doch häufig in der Weise, dass Klöster, Domkapitel und Bischofshöfe von adliger Lebensweise erfasst wurden. Papst Nikolaus IV. (1227–1292) hatte sich noch geweigert, Ludwig (1269–1296), den jüngsten Sohn des Herzogs Heinrich XIII. von Bayern (1235–1290), als Erzbischof von Salzburg zu bestätigen, nachdem eine päpstliche Gesandtschaft herausgefunden hatte, dass der Zwanzigjährige keine gelehrte Bildung besaß und seine Zeit am Landshuter Hof mit ritterlichen Übungen verbrachte.83 Über Johann von Schlabrendorf (gest. 1520), der 1501 zum Bischof von Havelberg gewählt wurde, heißt es, er sei „halb Ritter, halb Mönch“ gewesen,84 und Graf Poppo von Henneberg (1512–1574), der im Kloster Fulda erzogen worden war, mit zehn Jahren Domherr in Würzburg wurde und danach in Mainz und Freiburg im Breisgau studiert hatte, geriet 1541 auf der Jagd mit dem Grafen Philipp von Hohenlohe (1492–1541), ebenfalls ein Würzburger Domherr, in heftigen Streit, der zu einem Zweikampf führte, bei dem Philipp tödlich verwundet wurde.85 Ziel der humanistischen Gelehrten war freilich nicht die Aristokratisierung der Geistlichkeit, sondern der gelehrte Fürst, der princeps litteratus. Dieses Ziel legte Enea Silvio Piccolomini 1443 dem jungen Erzherzog Siegmund von Österreich (1427–1496) in einem Brief nahe. Obgleich sein Brief an einen bestimmten Empfänger gerichtet war, sollte er weite Kreise erreichen, und tatsächlich ist er nicht nur in zahlreichen Handschriften überliefert, sondern ab 1481 mehrfach gedruckt worden.86 Unter den vielen Vorzügen, die auch andere Zeitgenossen an Erzherzog Siegmund priesen, stellte Piccolomini vor allem die Vorliebe für die lateinische Sprache heraus, weil diese unter den

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RÁDIES, Stammbücher, S. 131. Siehe zur Familie Khevenhüller: CZERWENKA, Khevenhüller. Mönch Wolfgang an den Bischof von Regensburg. WINCKLER, Anecdota, Bd. 1, S. 175; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 15 f. CDB 1, Bd. 2, S. 421. Schlabrendorf hatte ab 1491 in Bologna studiert und erscheint 1498 erstmals als Rat des Kurfürsten Johann von Brandenburg. FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 240; KNOD, Index, Nr. 3327, S. 492; CDB Suppl., Nr. 28, S. 378 (1498 Oktober 22). Spangenberg, Hennebergische Chronica; SCHULTES, Diplomatische Geschichte, Teil 2, S. 185 f.; HAVEMANN, Elisabeth, S. 72 f.; AMRHEIN, Reihenfolge, Abt. 2, Nr. 1124, S. 115 und Nr. 1138, S. 120. Graf Poppo von Henneberg bekannte sich später zum evangelischen Glauben und heiratete 1546 die verwitwete Herzogin Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg (1510–1558). VOIGT, Briefe des Aeneas, S. 9.

25 Prinzen gleichen Alters nicht allzu oft vorkäme.87 Piccolomini selbst hatte allgemein behauptet, dass die Deutschen früher reiten als reden lernten.88 Ulrich von Hutten und Johannes Trithemius (1462–1516) priesen den 1515 verstorbenen Mainzer Hofmarschall Eitelwolf vom Stein (gest. 1515) als Freund der Gelehrten, der als erster und einziger unter seinen deutschen Standesgenossen versucht habe, gelehrte Studien und Verwaltungsarbeit zu vereinen. Kurz zuvor hatte Hutten darüber geklagt, die deutschen Ritter würden jeden Ritterbürtigen verachten, der sich literarischen Studien zuwende. Eitelwolf zähle hingegen zu den wenigen, die Kriegsdienst und Gelehrsamkeit miteinander zu verbinden wüssten.89 Merkwürdig nur, dass sich von dem so hoch Gerühmten kaum Schriften erhalten haben.90 Wenn Humanisten einen Adligen oder einen Fürsten wegen seiner Gelehrsamkeit priesen, war dies wohl zunächst als Aufforderung zu verstehen, es ihm gleich zu tun. Manchmal galt das Lob des Fürsten auch den gelehrten Erziehern, die diesen Erfolg herbeigeführt hatten. So im Falle des Herzogs Ernst von Bayern (1500–1560), der von Johannes Aventinus (1477–1534) unterrichtet worden war. Seine Gelehrsamkeit, die angeblich auch Erasmus von Rotterdam aufgefallen war, lobte der Humanist Urbanus Rhegius (1489–1541) ausgerechnet in einem Schreiben an Aventinus, den er als praeceptor optimus anredete.91 Der Fürst erscheint hier als Aushängeschild humanistischer Bildung, später als deren Förderer. Als scheidender Rektor der Universität Ingolstadt hielt der Herzog eine Abschiedsrede, in der er den Wert der Bildung für die Fürsten zu zeigen versuchte und dabei auf Alexander den Großen, Caesar, Karl den Großen, Ludwig den Bayern und zuletzt auf Kaiser Maximilian verwies.92 Die bayrische Jugend und ihre Lehrer hatte er zuvor aufgefordert, die lateinische Grammatik seines Präzeptors Aventinus zu benutzen.93 Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffte noch um 1500 eine große Lücke. Der alte Spruch, den viele Geistliche im Mund führten, dass ein ungebildeter König wie ein

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MELL, Briefe, Nr. 18, S. 79, bzw. WOLKAN, Briefwechsel, Nr. 99, S. 224 f. (1443 Dezember 5). Piccolomini, De moribus Germaniae, S. 1058: Nati in Germania pueri prius equitare quam loqui discunt. Ulrich von Hutten an den Bamberger und Würzburger Domherrn Jakob Fuchs, BÖCKING, Opera, Bd. 1, Nr. 26, S. 40–45 (1515 Juni 13), und Vorrede zum Panegyricus auf den ersten Einzug des Erzbischofs Albrecht von Mainz, ebd., Nr. 22, S. 36 (Anfang 1515); Trithemius, Catalogus, Bl. 171; MAY, Albrecht, Bd. 1, Beilage 4, S. 11*–19*; FALK, Hofmarschall, S. 878–881 und 877; WALTER, Albrecht, S. 67. FALK, Hofmarschall, S. 890, 891 und 893 f. Mag. Urbanus Rhegius an Mag. Johannes Aventinus, Aventinus, Briefwechsel, S. 578 (1516 Oktober 28); SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 34, Anm. 2. Aventinus, Briefwechsel, S. 576 f. (1516 Oktober 18); SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 33. Aventinus, Briefwechsel, S. 575 f.; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 33 f.; SCHMID, Aventinus, S. 17. Siehe zu Aventins grammatischen Schriften: MÜLLER, Quellenschriften, S. 261–268.

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I. Einführung

gekrönter Esel sei, wurde bei Hofe erst spät aufgegriffen.94 Markgraf Joachim II. von Brandenburg (1505–1571), gilt als der erste Fürst, der ihn seinem eigenen Sohn vorgehalten hat.95 Immer gab es jedoch auch Stimmen, die davor warnten, Fürsten wie Gelehrte erziehen zu wollen.96 Manch Geistlicher gestand ein, dass Herrscher anderes zu leisten hätten, als zu lesen und zu schreiben, und manch Adliger sah die Hinwendung eines Fürsten zu gelehrten Studien gar als Abkehr vom Rittertum. Herzog Albrecht IV. von Bayern (1447–1508), der in seiner Jugend in Italien studiert hatte, soll von einem Ritter, der lieber Albrechts abenteuerlustigen Bruder Christoph (1449–1493) als regierenden Fürsten gesehen hätte, verächtlich als Scholar oder Schreiber bezeichnet worden sein.97 Über Kurfürst Johann von Sachsen (1468–1532) wird berichtet, er habe einen Adligen streng zurecht gewiesen, der ihm geraten hatte, seine Söhne nicht zu Studenten oder Schreibern ausbilden, sondern besser in den ritterlichen Künsten unterweisen zu lassen. Die Antwort, die ihm der Kurfürst gegeben haben soll, entsprach dem Wunsch eines jeden Gelehrten: Reiten und Jagen lernt ein Fürst fast von alleine; um aber gottgefällig leben und herrschen zu können, dazu braucht er gelehrte Leute und Bücher.98 Der Kurfürst selbst soll fleißig in der Bibel gelesen oder aber seine Tochter Maria (1516– 1583) bzw. seine Edelknaben daraus vorlesen lassen haben.99 Vor allem der niedere Adel, heißt es immer wieder, sträubte sich gegen gelehrte Bildung. Obwohl die Knechte und Mägde des Ritters Kilian von Berlichingen schon früh beobachtet haben wollen, dass dessen Sohn Gottfried (gest. 1562) zu einem kriegs und reuttersman gerathen würde,100 sollte dieser nach dem Willen des Vaters die Schule besuchen. Ohne Lust lernte er immerhin Lesen und Schreiben, bevor er nach einem Jahr zu seinem Onkel kam, der ihn endlich in die ritterlichen Künste einführte, aber schon 1497 starb. Im Jahr darauf starb auch der Vater. Auf sich allein gestellt ging Gottfried

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Die sprichwörtlich gewordene Wendung rex illiteratus asinus coronatus geht auf Johannes von Salisbury (gest. 1180) zurück. Policraticus, Buch 4, Kap. 6, S. 251. 95 HILDESHEIM, Narratio, S. 5; LEUTINGER, Opera, Teil 2, S. 1334; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 337; HEINRICH, Kurfürst Joachim, S. 349; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 24. 96 SCHMID, Geschichte der Erziehung, Bd. 2, Abt. 2, S. 49 f. 97 Sunthemius, Familia ducum Bavariae, S. 571: dominum Albertum scolarem seu scriptorem vocavit et voluit ejus fratrem Christofferum pro principe habere. Vgl. SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick, S. 27; BOEHM, Regentenerziehung, S. 65; BACKES, Literarisches Leben, S. 78. Siehe auch den Streit um den Lateinunterricht des Herzogs Ulrich von Württemberg (1487–1550). HEYD, Ulrich, S. 91. 98 Pfefferkorn, Landgrafschaft Thüringen, S. 172: Es lernet sich selber wol, wie man zwey Beine über ein Pferd hängen und einen Haasen fangen sol, das können auch meine Reuters-Jungen. Aber wie man gottfellig leben, christlich regieren, auch Land und Leuten löblich vorstehen sol, darzu bedarf ich und meine Söhne nebst Gottes Geist und Gnade gelehrte Leute und Bücher. Siehe auch MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 22; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 133. 99 Pfefferkorn, Landgrafschaft Thüringen, S. 172. 100 ULMSCHNEIDER, Götz von Berlichingen, S. 34.

27 an den Hof des Markgrafen Friedrich von Brandenburg (1460–1536), wo er bald Gelegenheit bekam, sich im Kampf zu beweisen.101 Schreiben, so dachten um 1500 noch viele Adlige, das ist eine mühselige Arbeit, die besser von geschulten Männern ausgeführt werden solle. Alle Welt stöhnte unter der Last des Schreibens, denn in der Jugend ist die Hand ungeübt, es kostet Zeit, die Feder sauber zu führen und irgendwann macht das Alter das Schreiben doppelt schwer. Es ist gut, wenn ein Fürst lesen kann und Latein beherrscht, doch wenn er darüber nicht mit seinen Dienern und seinen Untertanen umzugehen weiß, hat er verloren. Zum Glück verfügte ein Fürst über Möglichkeiten, weise zu erscheinen, ohne sich selbst mühen zu müssen, da er die Dienste gelehrter Männer in Anspruch nehmen konnte. Bei der Pflege persönlicher Beziehungen, die für den Adel von großer Wichtigkeit waren, kam eigenhändigen Briefen jedoch zunehmende Bedeutung zu.102 Hierbei ging es freilich nicht um stilvolles Schreiben, sondern um die Aufmerksamkeit. Davon zeugen die vielfältigen Entschuldigungen, dass überhaupt nicht, nicht eigenhändig oder in schlechter Weise geschrieben wurde. Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg (1463–1514) bat den Erzbischof von Magdeburg zu verzeihen, dass seine Gemahlin ihm nicht geschrieben habe, da sie an Fieber gelitten hätte.103 In anderen Fällen wurde auf dringende Geschäfte, Zeitnot, schlechte Lichtverhältnisse oder fehlendes Schreibgerät verwiesen.104 Wenn Fürsten um Nachsicht baten, dass ihre Handschrift schwer lesbar sei, lag dies allerdings nicht allein daran, dass sie ungeübt im Umgang mit der Feder waren. Vielfach hinderten sie tatsächlich körperliche Gebrechen, Krankheit oder große Eile. Herzog Wilhelm III. von Sachsen (1425–1482) entschuldigte sich beim Erzbischof von Magdeburg mit der Begründung, er habe sich bei einem Turnier den Finger verstaucht.105 Ritterliche Kampfesübungen und Schreiberei ließen sich offensichtlich nur schwer miteinander vereinbaren.106 Wie etwa hätte Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1463–1525) eigenhändig schreiben sollen, als er 1494 im Turnier 101

Ebd., S. 53–60. Vgl. NOLTE, Eigenhändige Briefe. 103 LHASA Magdeburg, Rep. A 1, Tit. XV, Nr. 182, Bl. 7r (1512 Juni 28): E. l. wollen meine lieben gemalen entschuldigt haben, [das] sie e. l. nit screibt, den ire l. ist eyn zeit ethwas fiberisch gewest, bit darum gleich mir dise ding zu furdern mit erbitung irs gebets. 104 Vgl. NOLTE, Eigenhändige Briefe, S. 195; LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 14r (1524 September 7): Es lest e. l. graf Joachim sein dinst sagen und sich gegen e. l. zw entschuldigen lassen, das er nicht geschrieben hat. Er ist vorhindert auß gescheffeten, wie e. l. wol wyssen, und hat kein gute feder gehabt. 105 LHASA Magdeburg, Rep. A 1, Tit. XXIII, Nr. 421, Bl. 27r ([1457 März 8], Beizettel): Uwer liebe wulle auch nicht vor unbillen nehmen, das wir uch nicht mit unserer eigen handt schrieben, wann wir itzund eyn hoff und stechen habin gehabt, in demselbigen stechen wir entpfangen haben, das uns etwas entbricht an eynem finger, dadurch wir uch nicht selbs geschrieben mogen. 106 Vgl. auch das Schreiben des Pfalzgrafen Friedrich I. an Herzog Ludwig IX. von Bayern (1417– 1479) aus dem Felde, MENZEL, Regesten, Nr. 103, S. 299 (1458 Juni 26). 102

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I. Einführung

verletzt wurde und ein arm etlich tag in eym tuch am halse tragen muste?107 Auf eine körperliche Beeinträchtigung und nicht auf eine allgemeine Schreibschwäche bezog es sich daher vermutlich auch, als er seinen Vetter Georg von Sachsen zu entschuldigen bat, dass er nicht mit eigener Hand geschrieben hatte, weil er noch ain bosser schreyber sei.108 Schwachheit und Krankheit waren auch bei Fürstinnen der häufigste Entschuldigungsgrund, nicht eigenhändig zu schreiben,109 doch finden sich hier auch Belege für die Angst, durch eine ungeübte Hand und einen unbeholfenen Schreibstil zum Gespött zu werden.110 Unter den weltlichen Adligen setzte sich die Schriftkundigkeit erst spät durch, weswegen Ausnahmen immer wieder besonders hervorstechen. Die Mehrzahl der Schreibkundigen bediente sich der Schrift vor allem, um ihren Geschäften nachzugehen. Die von Ludwig von Eyb dem Älteren (1417–1502) verfassten Schriften lassen nichts von planmäßig betriebenen Studien oder der Aufnahme humanistischen Gedankenguts erkennen.111 In den „Reisen nach der Ritterschaft“ des Georg von Ehingen (1428– 1508), die als älteste Autobiographie eines niederen Adligen im Alten Reich gelten, finden sich Darstellungsmuster und Stilmittel, die auf eine frühhumanistische Bildung des Verfassers hinweisen könnten.112 Allerdings ist nicht restlos zu klären, ob und in welcher Form der schwäbische Ritter sein Werk selbst verfasst hat, da dieses nicht in der Originalhandschrift, sondern nur in drei Abschriften aus dem 16. Jahrhundert überliefert ist.113 Die Abschreiber sind unbekannt, können den Text aber stilistisch überformt haben. Zum anderen geht aus der Erzählung nicht hervor, wie Georg zu dieser Bildung gelangt sein soll. Vermutet werden Berührungen mit entsprechendem Gedankengut an den Höfen in Innsbruck und Rottenburg am Neckar, wo Georg sich aufhielt und wo tatsächlich Beziehungen zu italienischen und deutschen Humanisten unterhalten wurden, für die Georg anscheinend jedoch wenig Interesse zeigte. Die Beschreibung seines Lebens folgt in vielen Dingen dem Vorbild eines Ritterromans. Georg tritt als Mann des Schwertes und nicht der Feder auf, und genau hierin wollte er anderen ein Vorbild sein. 107

REITZENSTEIN, Tagebuch, S. 131 (1494 August). SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 50r [1519]. Vgl. KIRN, Friedrich, S. 8. Siehe auch Kurfürst Albrecht von Brandenburg an seinen Sohn Johann, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 837, S. 146 (1482 Januar 31): Wir hetten es gern selber geschriben, so vermogen wirs an unsern henden nicht, so ist auch unser schrift als bos, das irs nit gelesen mocht. Vgl. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 112 f.; BOEHM, Konservativismus, S. 81, Anm. 58. 109 Herzogin Katharina von Sachsen (1487–1561) ließ etwa ihre Tochter Sibylle (1515–1592) für sich schreiben, weil sie vor Kopfschmerzen nicht im Stande war, die Feder selbst zu führen. SEIDEMANN, Jacob Schenk, S. 120 (1536 November 14); RICHTER, Erziehungswesen, S. 18. 110 VOIGT, Hofleben, S. 226–228. 111 WERMINGHOFF, Ludwig von Eyb, S. 63; THUMSER, Chronist, S. 157. 112 SCHMIDT, Georg von Ehingen, S. 175–185. 113 Vgl. PARAVICINI, Reiseberichte, Teil 1, Nr. 52, S. 128. 108

29 Die Einstellung des Adels zum Buch ist im Gegensatz zum geistlichen, bürgerlichen und allgemeinen Leseverhalten wenig erforscht.114 Untersuchungen gibt es vor allem für fürstliche Bibliotheken, die später den Grundstock für die großen öffentlichen Bibliotheken bildeten.115 Dennoch zeichnet sich ab, dass die Bildungsferne des Adels im Laufe des 16. Jahrhunderts deutlich abnahm. Ein Gesamtbild zu erkennen wird vor allem dadurch erschwert, dass adlige Bibliotheken zahlreichen Veränderungen ausgesetzt waren, da die einzelnen Generationen unterschiedliches Interesse für Bücher aufbringen. Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg (1398–1440) hinterließ seinen Söhnen eine Sammlung deutscher Bücher, die nicht aufgeteilt, sondern in einer Stadt oder in einem Kloster aufbewahrt werden sollte. Jeder Sohn hatte das Recht, bei Bedarf Bücher zu entleihen und abschreiben zu lassen.116 Von Friedrichs jüngerem Sohn Albrecht (1414–1486) heißt es zwar, er habe sich nicht für gelehrte Studien begeistern können,117 doch griff auch er auf Buchwissen zurück. Als er zum Feldzug gegen den Herzog von Burgund aufbrach, sandte ihm seine Gemahlin Anna (1436–1512) ein Büchlein, das vom Kriegshandwerk handelte. Die Kurfürstin hatte es vor einiger Zeit in Verwahrung genommen und in einer Schublade wiedergefunden. Da sie erkennen konnte, dass es von Wagenburgen handelte, war sie der Meinung, es könne ihrem Gemahl nützlich sein.118 Anna von Brandenburg kannte also Bücher ihres Mannes und nahm sie gelegentlich selbst zur Hand. Herzogin Margarethe von Braunschweig und Lüneburg (1364–1442) hatte ihrem Bruder 1430 neben anderen Gegenständen ebenfalls mehrere Bücher zugesandt, darunter ein schachtaffelnbuch und sexternen von rechtbuchir. Diese hatte sie gemeinsam mit ihrem Kaplan ausgewählt.119 Es gibt Fälle, wo der Buchbestand eines Adelshauses nach 1500 schlagartig anwuchs. Im Nachlassverzeichnis des fränkischen Grafen Wolfgang I. von Castell (1482– 1546) waren überhaupt keine Bücher aufgeführt.120 Graf Heinrich IV. (1525–1595), der 114

Wegbereitend sind die Arbeiten von BRUNNER, Adelsbibliotheken; PLETICHA, Adel und Buch; SPIEß, Gebrauch, und REINLE, Spurensuche, die vor allem den Adel im Süden des Alten Reichs in den Blick nehmen. 115 PLETICHA, Adel und Buch, S. 5. Siehe zu den Anfängen der anhaltischen, wettinischen, hohenzollerischen und habsburgischen Büchersammlungen: HAEBLER, Bibliophilen; LIPPERT, Bibliothekskatalog; BAUER, Kurfürst; SCHUHMANN, Ansbacher Bibliotheken; LHOTSKY, Bibliothek; GOTTLIEB, Büchersammlung; sowie zum Buchbesitz und zu den literarischen Interessen am württembergischen Hof des 15. Jahrhunderts: HEINZER, Heinrich, und HONEMANN, Literatur. 116 CDB 3, Bd. 1, Nr. 141, S. 231 (1437 Juni 7); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, S. 137, Anm. 7; SCHULZE, Hausgesetze, Bd. 3, S. 666; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 17, mit Anlage Nr. 1, S. 515. 117 SCHUHMANN, Ansbacher Bibliotheken, S. 76; PLETICHA, Adel und Buch, S. 17. 118 CDB 3, Bd. 2, Nr. 120, S. 154; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 179, S. 127 f. ([1474] Dezember 18); ARNOLD, Briefe, S. 134. 119 STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 35, S. 29 ([1430] Januar 22). Die Gegenstände wurden aufgezählt, weil der Bote unterwegs ausgeraubt worden war. 120 Auch in den Hausverträgen des 15. und 16. Jahrhunderts wird keine Bibliothek erwähnt. BARFUß, Hausverträge; PLETICHA, Adel und Buch, S. 106, Anm. 8 und S. 104, Anm. 1.

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I. Einführung

in Italien studiert hatte, traf in seinem Testament dagegen Vorsorge für eine beachtliche Büchersammlung, die er bis dahin zusammengetragen haben muss.121 Die fein gebundenen Bücher sollten in einer Stube in einem guten Behältnis aufbewahrt werden und vom jeweiligen Familienoberhaupt so gebraucht und verwahrt werden, dass sie keinen Schaden nähmen. Bücher waren an seinem Hof demnach in ständigem Gebrauch. Seinen Bediensteten soll er Geschichtsbücher zu lesen gegeben haben, damit sie ihn bei Tisch angeregt unterhalten und nicht langweilen würden.122 Als Maß gelehrter Bildung galten nicht nur der Gebrauch der Schrift und des Buches sondern auch die Kenntnis fremder Sprachen. Piccolomini hielt das Lernen der lateinischen Sprache für unabdingbar, nicht weil diese ein universales Verständigungsmittel oder einen Schlüssel zu anderen Sprachen darstellte, sondern weil sie den Zugang zur überreichen Gedankenwelt der antiken und kirchlichen Schriftsteller öffnete.123 Es genügte ihm daher nicht, wenn Adlige lediglich einige Grundkenntnisse erwarben. Bei politischen Verhandlungen schien es ohnehin vorteilhafter, die jeweilige Landessprache zu beherrschen.124 Adlige Sprachmittler, die diese Fähigkeit besaßen, waren jedenfalls sehr begehrt. So wurde Sebastian von Wallenrode, der in Diensten des Kurfürsten von Brandenburg stand, als Unterhändler geschätzt, weil er ungarisch, böhmisch und deutsch sprach.125 Pfalzgraf Ludwig V. (1478–1544) wurde 1502 an den Hof des Königs von Frankreich geschickt, um die französische Sprache zu lernen, doch soll er sich dort zurückgezogen und ausschließlich mit seinen Landsleuten Umgang gepflegt haben.126 Hier erwies es sich als Hindernis, dass er gemeinsam mit adligen Gefährten an den fremden Hof gekommen war, denn die bloße Anwesenheit am Hofe reichte offensichtlich nicht aus, um Sprache und Sitten kennen zu lernen. Die Vorteile, die es für die Herrschaft brachte, mehrere Sprachen zu verstehen, waren jedoch weit ins Bewusstsein vorgedrungen. Kaiser Karl IV. war überzeugt, dass ein Herrscher die Sprachen seiner Untertanen wenigstens ansatzweise beherrschen müsse. Dies sollte nicht nur für Kaiser und Könige, sondern auch für die Kurfürsten verbindlich sein und so wurde im letzten Kapitel der Goldenen Bulle festgehalten, dass Kurprinzen vom siebten bis zum vierzehnten Lebensjahr in fremden Sprachen unterrichtet werden sollten, entweder durch einen geeigneten Lehrer oder indem sie an Orte ge121

PLETICHA, Adel und Buch, S. 113. SPERL, Castell, S. 200; PLETICHA, Adel und Buch, S. 112. 123 MELL, Briefe, Nr. 18, S. 81, bzw. WOLKAN, Briefwechsel, Bd. 1, Nr. 99, S. 226 (1443 Dezember 5). 124 Siehe RICHTER, Kommunikationsprobleme. Bei den Heiratsverhandlungen zwischen dem Herzog von Pommern und dem König von Polen, die 1479 auf Latein geführt wurden, soll es zu so großen Missverständnissen gekommen sein, dass sich der Pommernherzog gänzlich vom Gebrauch der lateinischen Sprache abwandte. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 11, S. 215. 125 Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Erzbischof Adolf von Mainz (gest. 1475), PRIEBATSCH, Correspondenz, Nr. 586, S. 516 (1473 Juni 27). 126 HÄUSSER, Geschichte, Bd. 1, S. 503; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 18 f. 122

31 schickt würden, wo sie diese Sprachen erlernen konnten.127 Bereits Kaiser Sigismund (1368–1437), Karls jüngerer Sohn, soll allerdings beklagt haben, dass kaum ein Kurfürst diese Verpflichtung erfüllte.128 Karl selbst behauptete, durch göttliche Gnade fünf Sprachen sprechen und schreiben zu können.129 Tschechisch und Deutsch hatte er wahrscheinlich am elterlichen Hof, Französisch und Latein am Pariser Königshof und Italienisch während seiner Statthalterschaft in Oberitalien gelernt. Sein älterer Sohn Wenzel (1361–1419) soll neben Latein auch Deutsch, Ungarisch und Tschechisch verstanden haben.130 Für Erzherzog Maximilian ist im „Weißkönig“ beschrieben und bildlich dargestellt, bei welcher Gelegenheit er die Sprachen gelernt haben will, die in seinem Reich gesprochen wurden, alsdann ainem jeden kunig not thuet, seiner underthanen sprach zu kundten:131 Latein übt er als Junge bei einem strengen Lehrer ein, lernt gleichzeitig aber heimlich Tschechisch und Slowenisch von einem Bauern, der Lebensmittel an den Hof liefert.132 Französisch lernt er von seiner burgundischen Gemahlin, der er im Gegenzug die deutsche Sprache beibringt; Flämisch von einer „alten Fürstin“, die mit ihm bei Hof Gespräche führen will; Englisch lernt er von Bogenschützen, an deren Schießübungen er sich beteiligt; Spanisch aus Briefen und von Boten; Italienisch schließlich auf Kriegszügen von gepanzerten Reitern.133 Obwohl in dieser Darstellung eingeräumt wird, dass Maximilian die meisten dieser Sprachen nur soweit beherrschte, um sie einigermaßen sprechen und verstehen zu können, wird der Nutzen dieser Kenntnisse sofort vor Augen geführt: Allen Hauptleuten seines Heeres kann der König Befehle in ihrer Muttersprache erteilen.134 Maximilan gibt sich damit den Anschein, wie kein zweiter dem Anspruch gerecht zu werden, der in der Goldenen Bulle Karls IV. erhoben worden war.135

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Goldene Bulle, Kap. 31. Wimpfeling, Epitome, Kap. 56, S. 61; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 19. Vgl. WAGNER, Sprachfertigkeiten. 129 Vita Caroli Quarti, Kap. 8. 130 Peter von Zittau, Kap. 84, S. 106. 131 Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 117. 132 Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 74 mit Abb. 19. Bei Cuspinianus, De caesaribus, S. 485, ist außerdem von zwei slowenischen Edelknaben die Rede: Didicit quoque artem Slavonicam ab uno rustico faceto et duobus suis pueris nobilibus ex Slavonica. WIESFLECKER-FRIEDHUBER, Quellen, S. 34. Später befand sich in Maximilians Besitz ein dreispaltiges Verzeichnis mit lateinischen, deutschen und tschechischen Vokabeln. Es wurde allerdings erst im Jahre 1489 von einem Schreiber angefertigt, der die deutsche Sprache nur wenig beherrschte. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2868; SEIPEL, Prinzenrolle, Kat.-Nr. 1.5, S. 27 f. Ausführlich untersucht von PAUSCH, Vokabulare, S. 51–59. 133 Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 117–121 mit Abb. 52–54. 134 Ebd., S. 122 mit Abb. 55. 135 FICHTENAU, Sprache, hat versucht, Maximilians Sprachkenntnisse an dessen eigenhändigen Schreiben zu überprüfen. 128

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I. Einführung

Schriftkundigkeit und Sprachkenntnisse sind ein wichtiger Hinweis auf gelehrte Bildung und ihr Vordringen, doch können sie nicht das einzige Maß höfischer Erziehung sein. Lese- und Schreibfähigkeiten waren weder zwingend nötig, um herrschen zu können, noch um Freude an höfischer Dichtung zu empfinden.136 Drei Möglichkeiten gab es, dass ein adliger Herrscher an Wissen gelangte, um Entscheidungen zu treffen: Er hatte es entweder selbst gelernt, hatte Zugriff auf Bücher, in denen er nachlesen konnte, oder er hatte Menschen in seiner Nähe, die ihm mit ihrem Rat zur Seite standen. Alle drei Möglichkeiten, an Wissen zu gelangen, bestanden nebeneinander. Die Idealvorstellung war zwar, dass sich ein Fürst umfassende Kenntnisse aneignete, doch mit dem Rat verständiger Leute ließ sich auch mit weit weniger regieren. In manchen Augen hinderte selbst geistige Schwäche nicht, die Herrschaft zu übernehmen, denn zu stark waren dynastische Vorstellungen. In einem Schreiben an Kaiser Maximilian behauptete Landgräfin Anna von Hessen (1460–1520) im Jahre 1512, ihr kranker Gemahl, Landgraf Wilhelm der Ältere (1466–1515), sei durchaus fähig, die Regentschaft für seinen minderjährigen Neffen Philipp zu führen.137 Sie begründete dies damit, dass ihr Gemahl offen sei für den Rat verständiger Leute, bei Kräften sei, täglich die Messe höre, das heilige Sakrament empfinge, regelmäßig beichte und niemandem Leid zufüge. Demnach sollte es reichen, wenn ein Fürst rüstig und fromm war und sich von sachkundigen Ratgebern leiten ließ. Dem Kaiser genügte dies allerdings nicht. Er setzte die wettinischen Herzöge von Sachsen als Vormünder des jungen Landgrafen ein.138 Die Vielzahl der Schriften, die um die Bildung des Adels und der Fürsten entstanden sind, zeugen von einem Jahrhunderte währenden Widerstreit gegensätzlicher Auffassungen, der um 1500 noch keineswegs entschieden war. Die große Bildungsbewegung des Humanismus, die im 14. Jahrhundert eingesetzt hatte und sich auf die Schriften des Altertums besann, erhob einen Bildungsanspruch, dem sich die Höfe nicht auf Dauer verschließen konnten, der aber mit überkommenen Vorstellungen in Einklang gebracht werden musste. Am Ende freilich lasen und schrieben sowohl Ritter als auch Fürsten, ohne auf Pferd, Jagdhund und Schwert zu verzichten. Wenn ein fürst die lateinisch sprache lernet und studiret, so fürchten die vom adel und rechte, er werde inen zu gelert und zu klug und sagen, box marter etc., was will e. f. g. ein schreiber werden, e. g. müssen ein regierender fürst werden, müssen weltliche hendel lernen und was zur reuterey und zum kriege gehört, damit land und leute geschützt und erhalten werden etc. – 139 Das ist ein narr bleiben, den wir mögen mit der nasen umbher füren, wie einen behr. Martin Luther 136

BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 2, S. 607 f.; BOEHM, Erziehungs- und Bildungswesen, S. 144 und 152; BACKES, Literarisches Leben, S. 79 f. 137 GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, S. 159, Anm. 1 (1512 August 9). 138 Ebd., S. 160. 139 Aurifaber, Tischreden, Bl. 554r. Vgl. Luther, Tischreden, Bd. 6, Nr. 7009, S. 324.

Pontus und Sidonia

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Vor dem Hintergrund der iberischen Rückeroberung erlangte die Geschichte von Pontus und Sidonia im 15. Jahrhundert große Beliebtheit in Westeuropa: Als das Königreich Galicia von Muslimen unterworfen wird, können der Königssohn Pontus und dreizehn weitere vornehme Kinder nach Britannia entkommen. Pontus wächst am Hof des Königs Haguel auf und gewinnt die Königstochter Sidonia für sich. Heiraten kann er sie aber erst, nachdem er zahlreiche Abenteuer und höfische Machenschaften durchgestanden und das Königreich seines Vaters zurückerobert hat. Dem Adel werden mit dieser ansprechenden Geschichte ritterliche Tugenden und seine Aufgabe als Beschützer der Christenheit vor Augen geführt. Die in der Heidelberger Universitätsbibliothek aufbewahrte Handschrift des Prosaromans wurde wahrscheinlich um 1475 für Gräfin Margarethe von Württemberg (1420-1479) in der schwäbischen Werkstatt des Ludwig Henfflin angefertigt. Sie enthält insgesamt 131 farbige Abbildungen, während der Text stark gekürzt ist. Abb. 4 Entscheidung über die Erziehung der Kinder Kolorierte Federzeichnung, um 1475. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 142, Bl. 10v. Bildüberschrift: Wie der marschalck die xiiii kinder dem kunige von Brytanien brocht und er sy sienen landes herren gab zuo ziehen und gab Pontus dem marschalck. Der König von Britannia entscheidet, welcher der vierzehn Knaben, die aus Galicia fliehen konnten, bei welchem seiner Lehnsleute erzogen werden soll. Der Königssohn Pontus, der in allen Illustrationen der Handschrift an seiner Krone zu erkennen ist, kommt in die Obhut des königlichen Marschalls, der ihn durch die besten Lehrmeister unterrichten lässt.

Abb. 5 Wettstreit der Knaben Kolorierte Federzeichnung, um 1475. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 142, Bl. 11v. Bildüberschrift: Wie die xiiii kinder für den kunig brocht zü besehen, welcher under in den tugentrichest were an stechen, an fechten, an ringen, springen und ander ritterschaft und Pontus ir aller meister was. Pontus ringt mir einem seiner Gefährten vor den Augen des Königs, des Marschalls und weiterer Mitglieder des Hofes und erweist sich unter allen Edelknaben am geschicktesten.

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Willehalm von Orlens

Abb. 6: Übergabe Willehalms zur Erziehung Buchillustration zum „Willehalm von Orlens“ des Rudolf von Ems (13. Jh.). Kolorierte Federzeichnung, sog. Elsässische Werkstatt von 1418. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 323, Bl. 49v. Überschrift: Hie soll der kunig von Franckenrich des kindelein geben den herczogen von Brabant.

Das im 13. Jahrhundert verfasste deutschsprachige Versepos „Willehalm von Orlens“ ist in 45 mittelalterlichen Handschriften überliefert, von denen fünf bebildert sind: Willehalms Vater wird in einem Grenzstreit durch Herzog Jofrit von Brabant getötet, woraufhin seine Mutter vor Trauer stirbt. Zur Sühne übergibt der König von Frankreich den Waisenjungen als Zögling an eben jenen Herzog Jofrit. Ab dem zwölften Lebensjahr setzt Willehalm seine Erziehung am Hof des englischen Königs fort. Bevor er die englische Königstochter Amelie heiraten kann, muss er sich als Ritter und im Unglück bewähren. Am Ende überträgt ihm Herzog Jofrit seine Herrschaft und tritt ins Kloster ein. Seine Söhne benennt Willehalm nach dem leiblichen Vater und dem ersten Ziehvater: Willehalm und Jofrit.

II. Quellensuche zwischen Herrscherlob und Hofesschelte

1. Höfische Literatur: Erziehung und Begabung Mit dem Sozialgebilde des Hofes waren nicht allein bestimmte Formen der Herrschaftsorganisation und eine eigene Lebensart verbunden, sondern auch neue Literaturformen.140 Es war der Hof, an dem tugendhafte Helden gepriesen und kühne Taten besungen wurden, damit der Adel ihnen nacheifern würde. Gerade durch die Dichtkunst, die sich an eine höfische Zuhörerschaft und später auch Leserschaft richtete, erscheint der Hof als Ort der Erziehung, und zwar als ein Ort lebenslanger Erziehung, denn die Zeit der Kindheit und Jugend ritterlicher Helden findet in literarischen Werken oft weniger Beachtung als die Zeit der Abenteuer und der Bewährung. Die höfische Tugendlehre wurde daneben in gereimten Lehrgesprächen entfaltet, am umfassendsten im „Welschen Gast“ des Thomasin von Zerklaere.141 Nahezu alle Werke der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Literatur verfolgten eine lehrhafte Absicht, denn die Vorstellung einer zweckfreien Sprachkunst geht erst auf das 18. Jahrhundert zurück.142 Groß ist die Vielfalt der Gattungen, in denen Wissensinhalte und Lebensregeln vermittelt werden sollten. Immer wieder wird geschildert, welche Gefahren auf dem Weg zu Tugend und Weisheit lauern, und vorgeführt, welche Verhaltensweisen zu meiden und welche nachzuahmen sind. Dies spielte gewiss eine große Rolle bei der Verbreitung des höfischen Ideals, doch ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen Literatur und Erziehungswirklichkeit bei Hofe nicht leicht zu beantworten. In jedem Fall wirkten die im 12. und 13. Jahrhundert entstandenen Werke fort, denn die Mehrzahl der überlieferten Handschriften stammt aus dem Spätmittelalter.143 Das von Kaiser Maximilian in Auftrag gegebene „Ambraser Heldenbuch“ enthält hochmittelalterliche Texte, die heute allein in dieser Handschrift überliefert sind.144 Um 1500 gab es eine Renaissance der höfischen Literatur, und obwohl sich die Lebenswelt 140 141 142 143 144

Vgl. SCHREINER, Herausforderung, S. 88. Thomasin, Wälscher Gast; Verfasserlexikon, Bd. 10, Sp. 896–902. SOWINSIKI, Lehrhafte Dichtung, S. 1. Siehe dazu BECKER, Handschriften. UNTERKIRCHNER, Ambraser Heldenbuch; Verfasserlexikon, Bd. 1, Sp. 323–327.

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II. Quellensuche

mittlerweile in vielen Dingen von der des Hochmittelalters unterschied, musste der Widerspruch zwischen Dichtung und Wahrheit deshalb nicht größer geworden sein. Vielmehr ist der gleiche Wunsch erkennbar, mit beispielhaften und zugleich unterhaltsamen Geschichten auf menschliche Verhaltensweisen einzuwirken, Untugenden zu geißeln und Tugenden zu loben. Vor diesem Hintergrund ist besser zu verstehen, warum Michel Beheim (gest. 1474/1478) in einem gereimten Loblied auf Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz (1424–1476) gewissermaßen den idealen Erziehungsgang eines spätmittelalterlichen Fürsten entwirft:145 Der Unterricht beginnt, sobald der Junge das Laufen gelernt hat. Als er etwas größer ist, werden Zuchtmeister für ihn bestellt: die besten in dem lande, so man sie irgen fande.146 Namentlich hervorgehoben wird Magister Johann Ernst, der sich durch Fleiß, Vernunft und Kenntnisse in den Sieben Freien Künsten und der Theologie auszeichnet. Zusammen mit seinen Brüdern lernt Friedrich zuerst das Alphabet, dann folgt die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift und den Geschichtsbüchern. Aber noch bevor Friedrich zum Mann gereift ist, wird er der Wissenschaften überdrüssig und spürt in sich den Drang zum ritterlichen Kampf und zur Herrschaft. Seine Zuchtmeister erziehen ihn jedoch weiterhin zu Umsicht und Bedacht. Als junger Mann übertrifft der Prinz dann alle Gleichaltrigen an Kraft, Geschicklichkeit und Tugend. Er liebt die Wahrheit und verabscheut die Lüge, ist niemals müßig, gibt sich stets demütig, ist schön aber nicht eitel und vermeidet unhöfische Gesten und laute Worte. Er liebt es, im Turnier die Gunst der Damen zu erlangen, geht auf Jagd, zähmt wilde Pferde und bleibt im Zweikampf wie im Schachspiel unbezwungen. Dass Friedrich zur Herrschaft bestimmt ist, wird von Beheim auch mit der Geschichte von einem wilden Löwen verdeutlicht, der sich, aus seinem Käfig freigelassen, untertänig an den Fürsten schmiegt. Kurzum: Friedrich zeigt sich allseits begabt und geübt, denn er ist zur Herrschaft geboren und auserkoren.147 Als Erwachsener verfügt er neben seiner Kraft, seinem Mut und seiner fürstlichen Tugend über Kenntnisse in der Rechenkunst, der Geometrie und der Astronomie, begeistert sich für Alchemie und Bergbau und lauscht begierig, wenn Geschichten und Gedichte vorgetragen werden. Musik hört er nicht nur gern, sondern singt selbst, beherrscht das Saitenspiel und will alles über die Kunst der Noten wissen. Am Anfang der Reimchronik lässt sich noch verfolgen, wie Friedrich lernt und reift, bevor er dann als nahezu vollkommener Herrscher besungen wird. Seine Wandlung vom Kind zum Mann wird mehrfach angesprochen, sowohl im Hinblick auf den Charakter als auch auf die äußere Erscheinung. Körperliche und geistige Fähigkeiten stehen dabei gleichrangig nebeneinander. Es gibt sogar den Hinweis, dass ritterliche Übungen

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Beheim, Reimchronik, Strophe 25–99, S. 7–20; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Urkunden S. 253–256. Siehe dazu WASSMANNSDORFF, Erziehung. Beheim, Reimchronik, Strophe 27, S. 8. Ebd., Strophe 44, S. 10.

1. Höfische Literatur

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theoretisch begleitet waren.148 Was Friedrichs Tugend angeht, so übertrifft er darin alle Erwartungen. Im Essen und Trinken hält er nicht nur Maß, sondern achtet auf eine gesunde Ernährung.149 Den Starrsinn, den ihm einige nachsagen, legt Beheim als Unbeirrbarkeit und somit ebenfalls als Tugend aus und hebt an anderer Stelle hervor, dass Friedrich zu jeder Zeit fromme und verständige Räte um sich scharte.150 Gleichwohl wird es bösen Ratgebern angelastet, wenn er jemals Unrecht getan haben sollte.151 Eine ähnlich vollkommene Erziehung und Ausbildung durchläuft in der literarischen Umsetzung auch Kaiser Maximilian. Im „Weißkönig“, der 1513 entstand, aber erst nach seiner Wiederentdeckung im 18. Jahrhundert mit den ursprünglich vorgesehenen Holzschnitten zum Druck gebracht wurde, ist jeder Abschnitt der Erziehung in einzigartiger Ausführlichkeit geschildert, von der Geburt unter einem günstigen Stern bis zur Bewährung im Kampf.152 Der künftige Kaiser erweist sich in allen Dingen geschickter als seine adligen Mitschüler und lernt aus aigner bewegung zu schreiben, wiewol ime nit not was, sondere gute schrifft zu lernen.153 Alle nützlichen Wissensgebiete, Sprachen und Fähigkeiten eignet er sich innerhalb kürzester Zeit an und wird zum unerreichbaren Vorbild an Tugend und Weisheit. Hier geht es nicht mehr allein darum, zur Nachahmung aufzufordern, hier ist Ziel, die Erhabenheit eines Kaisers zu zeigen. Die gleiche Absicht, wenngleich zurückhaltender, verfolgt die ebenfalls bebilderte Lebensbeschreibung Maximilians aus der Feder des Joseph Grünpeck.154 Im „Weißkönig“ ist die Schilderung derart überzogen, dass man sie für eine Erwiderung halten könnte auf die Forderungen der Humanisten nach einem allseits gebildeten Herrscher:155 Seht, in einem Königssohn sind alle Fähigkeiten bereits vorhanden, die Lehrer müssen sie nur wecken! Die Loblieder auf den Pfalzgrafen und den Kaiser verweisen damit auf eine Möglichkeit, wie sich Bildungsansprüchen begegnen ließ, die seitens der Gelehrtenwelt immer lautstärker an die Höfe herangetragen wurden, ohne sie tatsächlich zu erfüllen. Die Frage der besonderen Begabung des Herrschers und des Adels ist ein altes Thema der höfischen Dichtung. Sichtbar wird sie in der literarischen Auseinandersetzung 148

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Beheim, Reimchronik, Strophe 66, S. 14: Als dirr wyl vergieng ettwa vil, do lernet der furst ritterspil und ander ubung in der ziit, di da gehoren zu dem strit und auch ernstlichen sachen, wie man die ding sol machen. Ebd., Strophe 106 f., S. 21. Ebd., Strophe 104, S. 20; 138, S. 26 und 303–323, S. 54–58. Ebd., Strophe 137, S. 26. Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 55 ff. Siehe zum Bildungsprogramm die Bemerkungen bei TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 140 f. Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 62. Grünpeck, Historia bzw. Geschichte. Vgl. MISCH, Stilisierung, S. 454; BURGER, Selbststilisierung, S. 32. Die Teile des „Weißkönigs“ über Maximilians Erziehung gelten als eigener Entwurf des Schreibers Marx Treitzsaurwein. PESENDORFER, Weißkunig, S. 52–65; BURGER, Selbststilisierung, S. 38; TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 129.

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II. Quellensuche

mit der Frage, ob und wie die Erziehung eines Adligen erfolgen kann, wenn er durch widrige Umstände seine Eltern verloren hat oder aus der höfischen Lebenswelt herausgerissen ist. Dieses Motiv begegnet bereits in dem althochdeutschen Ludwigslied, das den ruhmreichen Sieg des westfränkischen Königs Ludwig III. (gest. 882) über ein normannisches Heer im August 881 verherrlicht und kurz nach diesem Ereignis am königlichen Hof entstanden sein dürfte. Nachdem Ludwig im Kindesalter den Vater verloren hat, wird Gott sein Lehrmeister, der ihn führt und ihm Tugend und Herrschaft verleiht.156 Um Ludwigs Königtum von Gott herzuleiten, wird die Erziehung durch Menschen nahezu ausgeblendet. In der um 1235 erstmals aufgezeichneten Gudrunsage wird der junge Hagen ausgerechnet in dem Augenblick, als er die Obhut der Frauen verlassen hat und den Umgang mit Waffen erlernen soll, von einem Greifen entführt und auf eine einsame Insel verschleppt.157 Da auf dieser Insel nur Frauen leben und es keine Ritter gibt, kann er seine ritterliche Ausbildung nicht beginnen. Als er aber in der Nähe eines gestrandeten Kreuzfahrerschiffes nach Essbarem sucht, findet er einen toten Ritter, legt sich dessen Rüstung an, kann danach den Greifen töten und endlich an den väterlichen Hof zurückkehren, wo er seine Ausbildung abschließt. Diese Geschichte legt nahe, dass es möglich ist, sich bis zu einem gewissen Maße selbst zu erziehen. Anstatt von ritterlichen Helden, lernt Hagen etwa von den wilden Tieren schnell und geschickt zu sein, nimmt sich die Vorbilder, die ihm in seiner Umgebung zur Verfügung stehen. Bereits Chrétien de Troyes (gest. 1190), der französische Begründer des höfischen Versromans, hatte die Vorstellung befördert, dass wahres Rittertum nicht allein an den Hof gebunden, sondern überall gegenwärtig ist. In seinem Lanzelot-Roman wird der Held etwa durch die Frau vom See in die Aufgaben eines Ritters eingewiesen.158 Es ist demnach möglich, außerhalb der höfischen Lebenswelt die Fähigkeiten zu erwerben, die einen Adligen ausmachen, freilich nur, wenn man von edlem Geblüt ist und wenn Gott es so will.159 Allerdings, und das ist entscheidend, müssen diese Fähigkeiten bei Hofe anerkannt und bestätigt werden. Der Hof wird somit als Bezugsort adeliger Erziehung nicht in Frage gestellt, denn letztlich entschied die Hofgesellschaft, wer zu ihr gehörte und wer nicht. Die Werke der höfischen Literatur zeichnet aus, dass sie der Welt des Hofes und des Adels nahe stehen, und deren Vorstellungen spiegeln, auch wenn sie Dinge überhöhen und Wunschbilder entwerfen. Auch Verfasser, die wie Gottfried von Straßburg 156

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BRAUNE/HELM/EBBINGHAUS, Althochdeutsches Lesebuch, Nr. 36, S. 136–138, hier S. 136, Vers 3 f.: Kind uuarth her faterl@s. Thes uuarth imo s$r buoz: | Hol@da inan truht0n. Magaczogo uuarth her s0n. Vgl. 2 Könige 7, 14 f. Siehe auch Verfasserlexikon, Bd. 5, Sp. 1036–1039; HAUBRICHS, Anfänge, S. 175–178; KARTSCHOKE, Literatur, S. 169–172. BARTSCH/STACKMANN, Kudrun, Strophe 24 ff. KEEN, Rittertum, S. 126 f. Vgl. ZELLMANN, Lanzelet. Vgl. SCHMITT, Poetik, S. 72.

1. Höfische Literatur

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(gest. um 1215) einen geistlichen Hintergrund hatten, wussten um die Ansprüche des Hofes. In seinem „Tristan“ gab Gottfried zu verstehen, er wolle lieber weniger berichten, als eine Sprache gebrauchen, die dem Hof nicht gerecht wird.160 Damit versuchte er das Wohlwollen seiner Zuhörerschaft zu gewinnen, denn die höfische Lebensart drückte sich nicht nur in verfeinerten Sitten, sondern auch in einer vollendeten Sprache aus.161 Die Literatur war ein wichtiges Medium, um den höfischen Stil herauszubilden und zu verbreiten.162 Vermutlich bestand dabei eine enge Verbindung zu der Gruppe junger Ritter, die ihre militärische Ausbildung abgeschlossen hatten, sich auf Brautschau befanden und dabei versuchten, den Eindruck eines vollkommenen Ritters zu machen.163 Die Frage nach dem Einfluss der Literatur auf das Verhalten des Adels ist immer wieder gestellt worden. Am burgundischen Hof des Spätmittelalters finden sich Spuren literarischer Texte in politischen Programmen und Reden wieder.164 Wenn sich die Lektüre auch nicht unmittelbar auf die Kriegstechnik auswirkte, so doch auf individuelle Verhaltensweisen.165 In diesem Zusammenhang ist zurecht darauf hingewiesen worden, dass das Verhältnis zwischen Literatur und Lebenswirklichkeit nicht allein darin besteht, in welchem Maße der Adel in seinem Verhalten entsprechenden Anweisungen folgte, sondern ebenso darin, dass Handlungen an den literarischen Diskurs rückgebunden wurden.166 Jede Handlung lässt sich an einem Ideal messen, zum Beispiel an dem der Heldenhaftigkeit. Wichtiger als die eigentliche Tat wird deren Bewertung, wichtiger als die handelnde Person, wird deren Ansehen und Ruf. Die Selbstinszenierung, die Wahrung des Scheins, „so tun als ob“, waren wichtige Mittel, um den Stand und die Herrschaft zu erhalten, wie nicht erst ein Niccoló Machiavelli (1469–1527) lehren musste.167

2. Fürstenspiegel: Tugendlehren und Ratgeber Als klassische Quelle dafür, welche Auffassungen im Mittelalter von der idealen Erziehung und Bildung eines Herrschers vertreten wurden, können neben den Werken der Dichtkunst, all die Schriften gelten, die unter der Bezeichnung Fürstenspiegel zusammengefasst werden. Anliegen dieser meist von Geistlichen verfassten Abhandlungen ist es, deutlich zu machen, dass sich gerechte Herrschaft auf Tugend und Weisheit stützen 160 161 162 163 164 165 166 167

Tristan, Vers 7950 ff.; WENZEL, Hören und Sehen, S. 18. Siehe zum Tristan-Roman: Verfasserlexikon, Bd. 3, Sp. 153–167. BUMKE, Höfischer Körper, S. 72–80. Vgl. JAEGER, Courtliness, S. 14. Vgl. PARMENTIER, Höfische Jugend, S. 194 f. STERCHI, Lob und Tadel, S. 19. VALE, War and Chivalry, S. 32. Vgl. STERCHI, Lob und Tadel, S. 19 f. Siehe dazu HOEGES, Machiavelli, S. 183–198.

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II. Quellensuche

muss.168 Solche Abhandlungen sind in beträchtlicher Zahl überliefert und bisher vor allem als literarische Gattung, sprachgeschichtlich oder im Kontext der politischen Ideengeschichte untersucht worden.169 Der am weitesten verbreitete Fürstenspiegel des Mittelalters ist der Traktat „De regimine principum“ des Aegidius Romanus (gest. 1316), von dem die meisten späteren Fürstenspiegel abhängig sind. Der erste „gewachsene“ Fürstenspiegel in deutscher Sprache, der zwar ebenfalls Abhängigkeiten von Aegidius aufweist, ist eine „Fürstenregel“ aus der Zeit um 1400, die in immerhin elf Handschriften überliefert ist.170 Zum Vergleich: Der Traktat des Aegidius ist in ungefähr 350 mittelalterlichen Handschriften erhalten, nachdem er zwischen 1277 und 1279 im Auftrag Philippes III. von Frankreich (1245–1285) entstanden war.171 Als erster mittelalterlicher Fürstenspiegelautor setzte sich Aegidius, Schüler des Thomas von Aquin, gezielt mit der aristotelischen Moralphilosophie auseinander, um sie für politische Zwecke fruchtbar zu machen. Denn wie Aristoteles sah er sich vor das Problem gestellt, dass sich der wahre Charakter eines Menschen erst zeigt, wenn er Macht ausüben kann.172 In drei Büchern behandelte er zunächst das Verhalten des Individuums, danach Familie, Ehe, Haushaltung und Kindererziehung und schließlich die Führung eines Staates in Kriegs- und Friedenszeiten. Das Werk wurde in Paris und an anderen europäischen Hochschulen gelesen, war aber ausdrücklich auch an ein weltliches Publikum gerichtet.173 Es verkündete einen allumfassenden Bildungsanspruch, denn idealerweise sollte jedermann nach solch hoher Tugend und Bildung streben, dass er ein Königreich oder Fürstentum hätte regieren können. Fürstenspiegel richten sich zuerst an die Herrscher, um auf die Spitze der Gesellschaft und gleichsam von oben herab auf sie als Ganzes einzuwirken. Was aber der Belehrung derjenigen diente, die nach göttlichem Willen herrschaftliche Verantwortung trugen, sollte als Leitbild für jeden Christenmenschen verstanden werden.174 Wegen der Morallehre, die sich hier entfaltete und die allgemeine Gültigkeit beanspruchte, wurden Fürstenspiegel in die Volkssprachen übertragen und fanden auch außerhalb der eigentlichen Zielgruppe in nichtadeligen Kreisen 168 169

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MENZEL, Katherina divina, S. 73 (Buch 1, Teil 1, Kap. 1): Daz ende der lere disses buches ist, daz man toguntsam und selig werde. Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, Sp. 1040–1058. Als Zeugnisse pragmatischer Schriftlichkeit wurden ausgewählte englische Fürstenspiegel untersucht von GRAßNICK, Ratgeber, mit Ausführungen zur Gattung, S. 39–44. SIGNORI, Schädliche Geschichte(n), hat auf kritische Haltungen zur Lehrhaftigkeit historischer Stoffe in spätmittelalterlichen Fürstenspiegeln hingewiesen. Unter dem Aspekt der Hof-Theorie hat sich zuletzt MÜLLER, Fürstenhof, den Fürstenspiegeln der Renaissance gewidmet. SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 1a, S. 51 f. Siehe zur Verbreitung BRIGGS, Giles. Aristoteles, Ethik, Buch 5. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 1, Teil 1, Kap. 14, S. 40: Principatus virum ostendit; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 1, Kap. 1, S. 234: Die gewalt irczeigt den man. Vgl. Aegidius, De regimine, Prolog. Vgl. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 199.

2. Fürstenspiegel

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Verbreitung.175 Nach Tugend zu streben stand jedem Menschen an, für diejenigen aber, die Herrschaft tragen sollten, war es eine Verpflichtung.176 Wenn Fürstenspiegel von den Herrschenden aber nicht nur Tugend, sondern auch gelehrte Bildung verlangen, erheben sie einen Anspruch, der nicht aus der höfischen Gesellschaft erwachsen ist, sondern der an sie herangetragen wurde. Um diesen Anspruch durchzusetzen richten sie sich zuerst an bereits regierende Fürsten. Sie verstehen sich eher als Ratgeber des gegenwärtigen denn als Lehrbücher des künftigen Herrschers, auch wenn sich solche Abhandlungen im Besitz von Prinzen nachweisen lassen. Die Erziehung der Nachkommen spielt in ihnen zwar keine unwesentliche Rolle, gehört aber zu einer Vielzahl von Aufgaben, für die ein weiser und kluger Herrscher Sorge zu tragen hat. Verlässliche Aussagen darüber, ob und in welcher Weise diese Bücher im Erziehungsalltag bei Hofe benutzt wurden, lassen sich kaum treffen, wenn es keine deutlichen Benutzungsspuren oder handschriftlichen Eintragungen gibt. Dennoch wäre es sicher falsch zu behaupten, sie hätten vor allem repräsentativen Charakter gehabt. Dagegen sprechen die Übersetzungen, die angefertigt wurden, um einen Zugang in der Gebrauchssprache zu ermöglichen. Dagegen spricht ebenso, dass die in Fürstenspiegeln vertretenen Auffassungen auch in Briefen begegnen.177 Obwohl Übersetzungen ebenfalls Idealbilder vermitteln, sind sie gleichzeitig Bearbeitungen, die ein Stück näher an die Wirklichkeit der Fürstenerziehung heranführen können. Der Traktat des Aegidius ist im Mittelalter mehrfach übersetzt und bearbeitet worden. Für Westeuropa war dabei die französische Übersetzung des Henri de Gauchy (um 1282) maßgebend, die als Vorlage für weitere Bearbeitungen diente und auf den Britischen Inseln auch durch die mittelenglische Übersetzung des John Trevisa (1326– 1412) nicht verdrängt werden konnte.178 Für den deutschen Sprachraum gibt es keine solche Leitübersetzung. Bisher konnten insgesamt sechs deutsche Übertragungen und Bearbeitungen des Aegidiustextes nachgewiesen werden, die Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts unabhängig voneinander entstanden, in mehreren Abschriften überliefert und weit über den deutschen Sprachraum verteilt sind.179 Die letzte erhaltene Abschrift stammt aus dem Jahr 1501. Entstehungszeit, Auftraggeberschaft und Adressatenkreis der jeweiligen Handschriften lassen sich allerdings in den wenigsten Fällen eindeutig klären.

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BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, S. 9. FRANZ, Tugenden und Laster, S. 93 f.; BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, S. 9. Siehe etwa unten S. 135 f. BERGES, Fürstenspiegel, S. 322 f. Verfasserlexikon, Bd. 2, Sp. 1023–1026; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 197 f. Ediert sind die niederrheinische und oberdeutsche sowie zwei mitteldeutsche Bearbeitungen: MANTE, Aegidius Romanus; MCMAHON, Ordnung der Fürsten; MENZEL, Katherina divina; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat.

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II. Quellensuche

Die Verfasser von Fürstenspiegeln wollen vor Augen führen, dass Herrschaft an die göttliche Gewalt gebunden sein muss und dem Gemeinwohl zu dienen hat. Sie bleiben dabei meist auf einer theoretischen Ebene und beziehen sich auf Beispiele aus der Heiligen Schrift und aus dem Altertum, für die ewige Gültigkeit angenommen wurde.180 In dem Fürstenspiegel, den Levold von Northof (1279–1359) als Einleitung seiner lateinischen Chronik der Grafen von der Mark verfasste, finden sich erstmals auch Ratschläge mit deutlichem Bezug zur Herrschaftspraxis.181 Bereits die Verbindung von dynastischer Geschichtsschreibung und Fürstenspiegel zeigt stärkeren lebensweltlichen Bezug. Der ritterbürtige Chronist hatte in Erfurt und Avignon studiert und war politischer Berater des Bischofs von Lüttich, einem Grafen von der Mark, gewesen, bevor er zum Erzieher am gräflichen Hof bestellt wurde. Aus dieser Tätigkeit heraus entstand 1357/1358 sein Fürstenspiegel, der sowohl Empfehlungen für die Grafen als auch für deren Lehnsleute enthält, denn Levold war überzeugt, das Wohl des Landes liege auch in der Verantwortung des Adels. Da sich Landesherrschaft auf den Adel stützte, musste der Adel ebenso verpflichtet werden, zuerst an den Nutzen von Land und Leuten zu denken. Viele Empfehlungen der Fürstenspiegelautoren beruhen auf der Grundvorstellung, dass ein Fürst unangefochten bleibt, wenn er gottgefällig herrscht, wenn seine Herrschaft dazu dient, Sittsamkeit, Wohlstand und Gerechtigkeit zu sichern. Niemand hätte freilich lernen können, wie Land und Leute erfolgreich zu regieren waren, selbst wenn er seinen Fürstenspiegel von der ersten bis zur letzten Seite auswendig beherrschte. Hierzu gehörte Übung, aber auch das Wissen der Väter und der erfahrenen Amtsträger. Selten enthalten Fürstenspiegel Hinweise auf solches Herrschaftswissen, das üblicherweise nicht der Schrift anvertraut wurde. Von besonderem Gewicht sind daher einige Ratschläge von Fürstenspiegelautoren, die wiederum dazu dienen, den Schein gerechter und tugendhafter Herrschaft aufrechtzuerhalten. Schon der junge Parzival des Wolfram von Eschenbach hatte gesagt bekommen, keine törichten Fragen zu stellen,182 und auch die Fürstenspiegel des 15. Jahrhunderts raten zur Vorsicht gegenüber den Untergebenen und zu bedächtigem Auftreten in allen Lebenslagen. Leichtfertige Reden und Übermut war den Kindern bei Hofe frühzeitig abzugewöhnen.183 In einer bayerischen Fürstenspiegelkompilation heißt es, ein Fürst solle nur reden, wenn dies nötig und nützlich ist, da vieles Reden Schmach bringe, stilles Zuhören die Leute aber ehrfürchtig mache.184 180 181 182 183 184

Vgl. Cario, Chronica, [Bl. 4v]: Welt bleibt welt, darümb bleiben auch gleiche hendel inn der welt, obschon die personen absterben. Northof, Chronik. Vgl. Verfasserlexikon, Bd. 5, Sp. 742–746; SCHELER, Levold von Northof; RÖSENER, Fürstenhöfe, S. 35–40. Wolfram, Parzival, 171, 17: Irn sult niht vil gevrâgen. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 10, S. 215–317; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 12, S. 263. BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, Buch 1, Kap. 21, S. 92: Mercket: vil red pringet versmäch und sünde, aber still dägen macht die lewt fürchten.

2. Fürstenspiegel

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Die Worte des Fürsten sollten daher stets wohlbedacht, gottgefällig und schicklich sein. Er sollte möglichst nicht laut schimpfen oder heimlich raunen. Neben der Forderung nach Gottgefälligkeit ist hier eine Forderung nach Selbstbeherrschung zu erkennen, denn beide Eigenschaften lassen einen Fürsten als guten Herrscher erscheinen. Daher sollte ein Fürst möglichst nie in Zorn geraten und Reue zeigen, wenn er es doch getan hatte.185 Gefährlich war es hingegen, wenn der Fürst furchtsam, zu leichtfertig oder zu ernst wirkte oder vergaß, sich klug und sittsam zu verhalten – „sich klug zu stellen“, wie es einmal ausdrücklich heißt.186 Obwohl es ansonsten unausgesprochen bleibt, vermittelten solche Ratschläge, wie sehr es darauf ankam, den Schein zu wahren, um Herrschaft zu sichern. Ein Fürst sollte sich, so oft es nur ginge, der Hilfe anderer bedienen, indem er etwa kluge und gut ausgebildete Schreiber in seine Kanzlei aufnahm, die in der Lage waren, seinen Willen zu erkennen und in „süße Worte“ zu fassen. Sie waren gleichsam des Fürsten „wohl polierter Mund“ und sorgten dafür, dass sein Ruf nicht durch einfältige Rede geschädigt wurde.187 Mit diesem Rat wurden freilich auch die Dienste gelehrter Männer empfohlen. Das sichere Auftreten gegenüber Dienern und Untergebenen gehörte zum Herrschaftswissen schlechthin. Auch hier geben Fürstenspiegelautoren des Spätmittelalters praktische Hinweise. Der Fürst sollte sich von seinen Dienern weder fernhalten noch zu vertraut mit ihnen umgehen, sondern es so handhaben, dass sie ihn stets in Würden halten.188 Er sollte vertrauliche Dinge nur denjenigen mitteilen, die ihm aus Liebe dienten und die ihre Treue, Klugheit und Verschwiegenheit unter Beweis gestellt hätten, niemals aber denjenigen, die ihm dienten, weil sie von ihm abhängig waren.189 Obgleich es hieß, dass Schweigsamkeit einem Fürsten gut anstehe, sollte er mit klugen Männern viel und gern reden und sie oft um Rat fragen.190 Der Umgang mit Ratgebern ist ein Gegenstand, der immer wieder besonders ausführlich erörtert wurde, womit vielleicht einem wachsenden Misstrauen seitens der Herrschenden begegnet wurde. Niemals sollte der Fürst bloß einem einzigen Ratgeber glauben, ganz gleich wie weise dieser sein 185 186

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Ebd., Kap. 18, S. 91. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 21, S. 272: Die persona des fursten sal nicht irschynen alczu ernst, sunder erber unde gutig; Buch 3, Kap. 3, S. 276: Das her sich nicht erczeyge alczu forchtesam adder zcu ernste nach alczu gemeyne sich mache, sunder sich stelle kluglich unde swerer seten unde sy nicht leichtfertig. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 3, Kap. 19, S. 397 und Buch 3, Teil 2, Kap. 9, S. 474. BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, Buch 1, Kap. 19, S. 91: Des fursten ere und gut stet auf seiner haymlichkeit schreyber, die sind sein wol polirter mund, von den allzeit mit süssen worten gemessen weißhait dringet. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 3, Kap. 19, S. 395–398; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 21, S. 271 f. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 3, Kap. 19, S. 397 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 21, S. 272. BRINKHUS, Fürstenspiegelkompilation, Buch 1, Kap. 18, S. 90 f.

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II. Quellensuche

mochte, immer sollte er mehrere Meinungen anhören und abwägen und sich dabei vor Schmeichlern in Acht nehmen.191 In der Zeit des Humanismus erlebte die Fürstenspiegelliteratur einen neuerlichen Aufschwung.192 In seiner „Institutio principis christiani“, die 1516 im Druck erschien, warnte Erasmus von Rotterdam ebenso vor Schmeichlern, versuchte die Fürsten aber vor allem zu überzeugen, sich nicht bloß den Anschein gelehrter Bildung und Tugend zu geben.193 Sein Fürstenspiegel fand unmittelbar nach dem Erscheinen Verwendung am kurpfälzischen Hof. Der Hofmeister der Pfalzgrafen Ottheinrich und Philipp, Hieronymus von Croaria (gest. 1527), regte seinen ehemaligen Schüler Magister Lienhard Reicher an, diese Schrift ins Deutsche zu übersetzen.194 Am kursächsischen Hof fertigte im Jahre 1520 auch Georg Spalatin (1484–1545) eine Übersetzung an, die er dem damals elfjährigen Fürsten Joachim von Anhalt widmete.195 Die rasche Verbreitung dieses Fürstenspiegels machte weitere Abhandlungen dieser Art keinesfalls überflüssig, wobei ein zunehmendes Bedürfnis nach Schriften zu beobachten ist, die auf ein bestimmtes Herrscherhaus zugeschnitten waren. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts treten auch Personen fürstlichen Standes als Verfasser in Erscheinung. Herzogin Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg (1510–1558), eine Tochter des Markgrafen von Brandenburg, schrieb 1545 eine umfangreiche Anweisung für ihren Sohn Erich II. (1528–1585), die dieser sorgsam aufbewahren sollte.196 Hier ging es zum einen darum, alte Herrschaftsauffassungen mit evangelischen Überzeugungen zu verbinden, aber nicht zuletzt auch um individuelle Anpassungen.

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Aegidius, De regimine, Buch 3, Teil 2, Kap. 17, S. 497–499; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 3, Kap. 6, S. 280. Siehe dazu OSCHEMA, Vertrauen. SINGER, Fürstenspiegel. Erasmus, Institutio, Kap. 1 f. Die Bildungsauffassungen des Erasmus von Rotterdam sind vielfach untersucht worden. An dieser Stelle soll daher nur auf RIBHEGGE, Erasmus, verwiesen werden, wo insbesondere die Verbindungen des Gelehrten zur höfischen Welt berücksichtigt sind. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 125, Bl. 12r–104r. HERDING, Deutsche Gestalt, S. 535, Anm. 2a. VOLZ, Bibliographie, Nr. 6, S. 92; HERDING, Deutsche Gestalte, S. 538, mit Anm. 13. Für die Söhne des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen übersetzte Spalatin 1538 hingegen den deutschen Fürstenspiegel des Urban Rieger (1489–1541) ins Lateinische. SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 20a/b, S. 82–84. TSCHACKERT, Herzogin Elisabeth, S. 22–44; SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 27, S. 93–95; TÖBBICKE, Höfische Erziehung, S. 20–23; HAVEMANN, Elisabeth, S. 66–70; SCHUSTER, Lebensabriß, S. 243. Am Hofe der Herzogin wurden seit 1537 Anna und Georg von Mecklenburg erzogen. LISCH, Anna, S. 18 f. Aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammen weitere Fürstenspiegel, Übersetzungen und Ermahnungen aus der Feder hochadliger Frauen und Männer. Siehe SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 36, S. 114 f.; Nr. 45a, S. 127 f.; Nr. 48b, S. 132 f. und Nr. 52, S. 138 f.; TÖBBICKE, Höfische Erziehung, S. 23 f.

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3. Lebensbeschreibungen: Neue Vorbilder für den Adel Am Schicksal der Helden vergangener Zeiten ließ sich ablesen, welche Einstellungen und Verhaltensweisen vorbildhaft waren, doch anscheinend wuchs das Bedürfnis, diese alten Helden näher an die Gegenwart zu holen. Diesem Bedürfnis kam einerseits die Bearbeitung literarischer Stoffe entgegen, andererseits die Abfassung von Lebensbeschreibungen. Letztere wurden der Hofgesellschaft ausdrücklich zur Lektüre empfohlen.197 Am Geschick von Menschen, die der eigenen Zeit näher standen, ließ sich prüfen, ob es möglich war, auch unter veränderten Bedingungen, dem Beispiel der Alten zu folgen. In seinen lateinischen Begleitversen für die deutsche Bearbeitung der Pegauer Annalen stellte der ehemalige sächsische Prinzenerzieher Alexius Crossner (gest. 1534) den Grafen Wiprecht von Groitzsch (gest. 1124) im Jahre 1521 ausdrücklich über antike Helden wie Achilles, Hannibal oder Caesar und forderte dazu auf, zuerst den tugendhaften Männern der eigenen Vergangenheit nachzueifern.198 Ungefähr zur gleichen Zeit beschrieb Georg Spalatin das Leben des Kurfürsten Friedrich III. von Sachsen, um gelebter Tugendhaftigkeit ein Denkmal zu setzen.199 Der Kurfürst wird hier als friedliebend, fromm und gottesfürchtig, geschickt und weise, milde, mitfühlend, geduldig und ehrlich dargestellt. Wie Kaiser Maximilian weiß er mit der Drechselbank umzugehen – ein damals beliebtes Sinnbild für die Regierungskunst. Der Fürst erscheint als ein einziges Vorbild an Bildung, Geschicklichkeit und Tugend, und zwar für seine Herrschaftsnachfolger, für den Adel und für die Untertanen. Sein Leben wird so gedeutet, dass es dem Ideal der Zeit nahe kommt. Gleiches geschieht auch in Lebensbeschreibungen niederer Adliger, die um 1500 entstanden sind und zum Teil autobiographische Züge haben. Durch sie ist es möglich, sozusagen von unten auf die Welt der Fürstenhöfe zu blicken. Von besonderem Wert sind sie für die Frage nach der höfischen Erziehung des ausgehenden Mittelalters, wenn sie Bereiche berücksichtigen, die sich in anderen Quellen kaum niedergeschlagen haben: die Jahre der Kindheit und Jugend, die geistige Welt und das Selbstverständnis des Adels.200 Entsprechende Aussagen sind allerdings äußerst selten, wie auch die überlieferten Lebensbeschreibungen, die meistenteils aus dem süd- und südwestdeutschen Sprachraum stammen. Ausführlich wird die Zeit der Bewährung und der Herrschaft beschrieben, nicht aber die Zeit des Heranwachsens, denn diese war eine Zeit der Unvollkommenheit. Wild- und Rheingraf Johann V. (1436–1495) spricht in den Aufzeichnungen über sein Leben lediglich an, wie er in der Kriegskunst unterwiesen wurde, verliert aber kaum ein Wort über seine Erziehung am Hof des Bi197 198 199 200

Aegidius, De regimine, Buch 3, Teil 2, Kap. 20. Der Lebensbeschreibung als „Sonderform adliger Erziehung“ widmet sich ZELLMANN, Lanzelet, S. 123–136. CLEMEN, Alexius Chrosner, S. 3. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1. Vgl. ULMSCHNEIDER, Götz von Berlichingen, S. 19.

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II. Quellensuche

schofs von Verdun.201 Immerhin ist zu erfahren, dass er bis zum Alter von dreizehn Jahren im Haus des Vaters erzogen wurde, der ihn 1450 an jenen geistlichen Hof schickte. Im Dienst mehrerer Herren erprobte sich Johann danach im Kampf. Insgesamt sind die Angaben des Grafen nüchtern und knapp und lassen offen, zu welchem Zweck er sie überhaupt niedergeschrieben hat.202 In anderen Lebensbeschreibungen wird hingegen deutlich gesagt, dass sie der Belehrung nachfolgender Generationen dienen sollten. Der kroatische Edelmann Andreas von Lappitz (gest. 1506) verfasste seine teilweise erhaltene Familienchronik und Lebensbeschreibung in deutscher Sprache zu einem unterricht mein khindern, nahmlich mein söhnen, daß sie doch wissen, was wunders und unglaublicher handl ist beschehen bey meinen zeiten.203 Er wollte seinen Kindern, fünf Söhnen und sechs Töchtern, ein Beispiel geben, wie sie in einer Zeit des Wandels zurecht kommen konnten, in einer Zeit, in der es neue Herausforderungen zu meistern galt. Der erhaltene Teil der Lebensbeschreibung setzt mit seinem zehnten Lebensjahr ein, als ihn der Vater in die Obhut eines steiermärkischen Adligen gab, auf dessen vornehme Abkunft besonders hingewiesen wird.204 Obwohl Andreas mehr als zehn Jahre als Knappe bei diesem Herrn von Wildhaus blieb, berichtet er keine Einzelheiten aus jener Zeit. Zu erfahren ist nur, dass er die deutsche Sprache erlernte. Ausführlich schildert er dagegen seine Teilnahme am Zug zur Kaiserkrönung Friedrichs III. in Rom im Jahre 1452, wo er gemeinsam mit anderen Knappen des kaiserlichen Gefolges den Ritterschlag empfing. Im Vorfeld war ihnen eine Stunde lang vorgetragen worden, wie sich ein Ritter zu verhalten habe. Während er selbst vor allem die militärischen und religiösen Tugenden eines Ritters verinnerlicht hatte, bezeichnet er viele seiner Gefährten als des Ritterschlags unwürdig. Dazu war für ihn neben der Tugend auch die adlige Herkunft zwingend notwendig.205 Romzug und Ritterschlag stehen nicht nur im Mittelpunkt seiner Erzählung, sondern waren ein wichtiges Ziel seiner Jugend. Aus Sorge, sein Herr könnte ihn nicht mitnehmen, hatte er seinen eigenen Dienst mit größtem Eifer versehen und sogar einen anderen Diener mit Geschenken bestochen. Sein erfolgreicher Werdegang, seine Erlebnisse und die Ereignisse seiner Zeit waren es, die ihn veranlassten, seinen Lebensweg rückblickend in schriftlicher Form festzuhalten, nachdem er den Herrensitz Lappitz erworben hatte, wo er mit seiner Familie dann lebte.206 Sein Beispiel sollte seinen Kindern allzeit Vorbild und Richtschnur des Handelns sein, wobei er ihnen vor allem die Treue zum Kaiser ans Herz legte. 201 202 203

204 205 206

HERRMANN, Aufzeichnungen, S. 342 und 348. Ebd., S. 341. WURMBRANDT-STUPPACH, Collectanea, S. 63–68, hier S. 68. Der dort wiedergegebene Text beruht auf der nicht mehr auffindbaren Originalhandschrift. Vgl. zur Entstehung und zum Charakter der Autobiographie TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 91–98. WURMBRANDT-STUPPACH, Collectanea, S. 62. Ebd., S. 64. TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 91.

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Der böhmische Adlige Christoph von Thein (1453–1520) schrieb seine Lebensgeschichte nieder, um seinen Kindern zu beweisen, dass er seinen Besitz ehrlich erworben hatte;207 dass er im Gegensatz zu anderen Standesgenossen, alten Werten treu geblieben war. Auf diese Werte wollte er auch seine Söhne verpflichten. Wie er sollten sie nur ehrenvolle Dienste übernehmen, die Gerechtigkeit und ebenso die Wahrheit lieben und fördern, armen und frommen Leuten stets behilflich sein, um den Namen der Familie nicht zu entehren. Eine Anweisung, wie sie im Einzelfall zu handeln hätten, gab er ihnen freilich nicht. Der einzige Rat, den er geben wollte, war der, dass es hilft, wenn man in der Not Gott und seine Heiligen anfleht.208 Nie bezieht er Stellung zu dem, was ihm widerfahren ist, sondern verzeichnet lediglich, bei wem er Dienst getan hat, welche Ehrengeschenke er bekommen, welchen Besitz er hinzugewonnen, welche Stiftungen er gemacht und welche Baumaßnahmen er ausführen lassen hat, seit er den väterlichen Hof im Alter von achtzehn Jahren verließ. Über seine Erziehung und sein Jugendleben verliert er kein Wort. Nur einmal ist zu ahnen, dass er wohl bedauerte, nicht schlau genug gewesen zu sein, um aus dem Dienst am Hofe Kaiser Friedrichs III., den er seit 1477 versah, größeren Nutzen gezogen zu haben.209 In Diensten des Kaisers und der Fürsten des Reichs war Christoph von Thein gleichwohl zu hohem Ansehen gelangt, und seine Nachkommen sollten ihm hierin nacheifern. Auch in der Beschreibung der Geschichten und Taten des Ritters Wilwolt von Schaumberg (um 1450–1510), die mit dessen Heirat endet, liegt das Hauptaugenmerk auf der Zeit der Bewährung im Fürstendienst.210 Der Verfasser, Ludwig von Eyb der Jüngere (1450–1521), wollte jungen Adligen ein beispielhaftes Leben vor Augen halten.211 Nicht umsonst wird Wilwolt als ein Ritter bezeichnet, der es wert gewesen wäre, in die Tafelrunde des Königs Artus aufgenommen zu werden.212 Ja, die neuen Helden können sich mit den alten messen! Was Wilwolts Jugendjahre betrifft, so ist aus seiner Lebensbeschreibung nur zu erfahren, dass er vom Vater für eine militärische Ausbildung vorgesehen war und bei dem Grafen Rudolf von Sulz (gest. 1487) erzogen wurde, der zu den Räten des Erzherzogs Siegmund von Österreich gehörte. Besonders hervorgehoben wird, dass der Graf am kaiserlichen Hofe ein solches Ansehen genoss, dass zwischen den kaiserlichen und seinen Edelknaben kein Unterschied gemacht wurde.213 207

208 209 210 211 212 213

Thein, Selbstbiographie, S. 114: Undt schreibe auch diese kleine meinung mir nicht zum ruhm oder edelkeit, allein ob meine kinder undt söhne, so die gott leben ließ, nach mir anzeigung finden, das ich mich gueter ehrlicher dinst gebraucht undt geflissen undt weit gesucht hab, undt nicht mit schiessen, rauben, blacken und pößlich mein vermögen, woll sie klein ist, uberkomen hab. Thein, Selbstbiographie, S. 117. Ebd., S. 113: Die kayserlich may. haben mich auch in viel andern sach gebrauchet undt ich was des verstantes nicht, daß ich mir daß nutz hett konnen machen. Zu dieser Lebensbeschreibung zusammenfassend RABELER, Lebensformen, S. 65–76. Vgl. BOOCKMANN, Abenteuer, S. 107; WENZEL, Rittertum. KELLER, Geschichten, S. 202. KELLER, Geschichten, S. 7; RABELER, Lebensformen, S. 101–104.

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II. Quellensuche

Obwohl Ludwig von Eyb in seiner Vorrede über den „Bildungsnotstand“ des Adels klagt, zeichnet er doch das Leben eines Adligen nach, der vor allem in ritterlichen Abenteuern geformt wird.214 Nicht um gelehrte Bildung anzustreben, sollte dieser Lebensbericht also gelesen werden, sondern damit wahres Rittertum nicht in Vergessenheit geriete.215 Ausführlichere Angaben zu seiner Erziehung macht Graf Eberhard XII. von Erbach (1511–1564) in seinen autobiographischen Aufzeichnungen, deren Urschrift verloren ist.216 Auch ihm geht es vor allem um den Werdegang und weniger um Erziehungsinhalte oder gar den Erziehungsalltag. Bis zum siebten Lebensjahr wuchs er im Frauenzimmer des Schlosses Fürstenau auf und erlernte bei seiner Mutter das Lesen. Dann wurde er dem Hofmeister Johann Schoeneck überantwortet, welcher ihn ein Jahr lang treulich zu aller gottesfurcht, zucht und lehr gezogen.217 Bis hierher ist keine Rede davon, dass er gemeinsam mit Gleichaltrigen erzogen wurde. Bald aber wurde er nach Heidelberg an den Hof der Familie Landschad von Steinach geschickt und einem Johann Marquardt anvertraut, so dazumal der jungen Landschaden und anderer von adel zuchtmeister war. Dass hier mehrere Söhne des Adels zur gleichen Zeit erzogen wurden, war dem Grafensohn wichtig. In Gemeinschaft mit den andern jungen vom adel fing er an zu lernen. Als die politische Lage unruhiger wurde und zu allem Unglück eine Seuche ausbrach, ließen die Väter ihre Söhne sämtlich heimholen, so dass sich die bisherige Schulsituation auflöste. Eberhard, der selbst erkrankte, kehrte in Begleitung des Zuchtmeisters Marquardt nach Fürstenau zurück. 1526 begleitete Marquardt ihn zum Studium nach Padua. Oft waren es unvorhersehbare Umstände, die das Ende der Ausbildung bei Hofe herbeiführten und dazu zwangen, andere Möglichkeiten zu nutzen. Der schlimmste Fall trat ein, wenn der Fürst oder die Fürsten starben und Edelknaben bzw. Hofjungfrauen zurück zu ihren Eltern geschickt wurden. Der Ritter Georg von Ehingen (1428–1508) behauptete hingegen, selbst über die Dauer seines Hofaufenthaltes entschieden zu haben. Seine Lebensbeschreibung bietet eine bemerkenswerte Sicht auf die höfische Erziehung.218 Als Junge kam er 1446 an den Innsbrucker Hof, um der aus Schottland stammenden Gemahlin des Erzherzogs Siegmund zu dienen. Nach etlichen Jahren fasste er den Entschluss, Innsbruck zu verlassen. Als Grund gibt er an, dass er sich seiner männlichen Stärke bewusst geworden und zur Überzeugung gelangt sei, er müsse einen 214 215 216

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KELLER, Geschichten, S. 2; BOOCKMANN, Abenteuer, S. 108. Siehe zur Schriftlichkeit als Erinnerungsmedium bei Ludwig von Eyb: KRIEB, Schriftlichkeit. Längere Auszüge aus der eigenhändigen Lebensbeschreibung finden sich bei SCHNEIDER, StammTafel, Satz 2, Nr. 98,1, S. 168–172. Außer der Lebensbeschreibung sind auch väterliche Ermahnungen überliefert, die auf Wunsch von Eberhards Sohn schriftlich festhalten wurden. SCHNEIDER, Stamm-Tafel, Satz 2, Nr. 245, S. 490; SIMON, Geschichte, S. 393. SCHNEIDER, Stamm-Tafel, Satz 2, Nr. 98,1, S. 169. Ehingen, Reisen. Vgl. zum Folgenden auch BOOCKMANN, Abenteuer, S. 123–125; BISCHOF, Erziehung, S. 189–192.

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Hof finden, an dem er sich als Ritter betätigen könne, anstelle die Tage mit unritterlichen Beschäftigungen zu verbringen.219 Also ging er 1452/1453 an den Rottenburger Hof des Herzogs Albrecht von Bayern (1401–1460). Nachdem er dort eine zeitlang als einfacher Reiter gedient hatte, wollte es der Zufall, dass sich sein ehemaliger Fürst zu Besuch ankündigte. Dies bereitete ihm Sorge, denn er fürchtete schlecht dazustehen, weil er keine höhere Stellung erlangt hatte. Mit dem Rat seines Vaters und durch eigene Geschicklichkeit will er es geschafft haben, zum vornehmsten Kammerdiener des bayrischen Herzogs aufzusteigen. Durch diese Schilderung wird zum einen erkennbar, welch Wettbewerb unter den jungen Adligen bei Hofe herrschte und wie wichtig die Nähe zum Fürsten war; zum anderen aber, wie wichtig die Beziehungen zur eigenen Familie blieben. Georgs Vater war mit Rat behilflich, obwohl er das Hofleben kritisch sah, denn er vertrat die Meinung, jugendliche Fürsten seien oft im Glauben, es würde sich die ganze Welt um sie drehen.220 Kann Georgs Einschätzung zutreffen, es habe am Innsbrucker Hof kein ritterliches Betätigungsfeld für ihn gegeben? Siegmunds Hof ist in der Tat vornehmlich für seine Prachtentfaltung und die Förderung der Künste bekannt.221 Obwohl der Erzherzog keine erbberechtigten Nachkommen hatte, gab es dort aber außer den Edelknaben auch hochadlige Zöglinge. Derselbe Herzog von Bayern, in dessen Dienst Georg von Ehingen wechselte, soll einen seiner Söhne dort erziehen lassen haben, der sich später durch sein kriegerisches Wesen hervorgetan hat.222 Es scheint, als habe Georg Innsbruck verlassen, weil der Wettbewerb unter den jungen Adligen zu groß war und er glaubte, andernorts bessere Aussichten zu haben, sich im Hofdienst zu bewähren. Georg von Ehingens Bildungsweg gilt neben dem des Gottfried von Berlichingen als repräsentativ für die höfische Erziehung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.223 Adlige Lebensbeschreibungen geben jedoch meist nur Auskunft über den Rahmen und die Orte der Erziehung, aber kaum über den Alltag, geschweige denn über Erziehungsinhalte. Etwas aufschlussreicher ist die Chronik der Herren und späteren Grafen von Zimmern, die von derben Späßen bei Hofe berichtet, aber ebenso von Fürsorglichkeit in der Kindererziehung. So tadelt der Verfasser eine Kindermagd, die das ihr anvertraute Töchterchen nachlässig behandelt habe.224 Über Gottfried Werner von Zimmern (1484– 1554) wird knapp berichtet, er habe in seiner Jugend an den Höfen des Herzogs von 219

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Ehingen, Reisen, S. 7: Und aber als ich auffwuochs zuo den manbaren jaren, und meiner sterkin befand, beduchte mich mir basz anzuostend, zuo ainem arbätsamen fürsten zuo kumen, mich in ritterlichen handlungen zuo gebruchen, und alle ritterspil zuo lernen, dann also in der ruow und wollust zuo Yszpruck zu verligen. Ebd., S. 8. Siehe zur Rolle des Vaters: SCHMIDT, Georg von Ehingen, S. 94–101. Siehe SCHÖNHERR, Kunstbestrebungen; HAMMER, Literarische Beziehungen; ORTWEIN, Innsbrucker Hof; ASSION, Hof; BAUM, Sigmund; HAHN, Hof; DERS., Literarisches Leben. Sunthemius, Familia, S. 572; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 24. FENSKE, Knappe, S. 88 f.; LEIBETSEDER, Adlige Pagen, S. 611 f. Zimmerische Chronik, Bd. 2, S. 557.

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II. Quellensuche

Bayern-Landshut, des Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und des Landgrafen von Hessen gedient. Zuletzt war er einige Zeit am württembergischen Hof, wo er ein lehrhaftes Gedicht schrieb, das allerlei Verhaltensregeln beinhaltet und deshalb vom Verfasser der Chronik vollständig mitgeteilt wird.225 Die Aufforderung, sich auch gelehrte Bildung anzueignen wird in eine Geschichte gekleidet: Als Gottfried Besuch durch den Grafen Christoph von Werdenberg (gest. 1535) erhält, fragt dieser ihn und den Edelknaben Wolf Gremlich, was sie beide denn gelernt hätten. Da die jungen Männer hierauf nichts zu antworten wissen, tadelt er den von Zimmern mit heftigen Worten, dass er und seine Knaben so ungebildet seien. Diese Begebenheit nimmt Gottfried Werner zwei Jahre später zum Anlass, seinen Neffen zum Studium nach Freiburg zu schicken und ihn dafür mit standesgemäßer Kleidung, einem ungefähr gleichaltrigen Diener und einem Präzeptor zu versehen. Als der Präzeptor an einer Seuche stirbt, kommen der junge Herr und sein Edelknabe in die Obhut eines Priesters, der sie in ein Kloster bringen lässt, wo nun aber der Edelknabe erkrankt und stirbt.226 Über Wilhelm Werner von Zimmern (1485–1575) wird berichtet,227 dass er bereits mit vier Jahren seine Eltern verlassen musste, um im rhätischen Ortenstein am Hof des kinderlosen Grafen Georg von Werdenberg (gest. 1504) aufzuwachsen. Nach dem Tod dieses Ziehvaters, kehrt er zunächst zurück zu seiner Mutter, kommt dann aber an den württembergischen Hof, wo er gemeinsam mit Herzog Ulrich (1487–1550) und anderen jungen Adligen unterrichtet wird. Noch im selben Jahr soll er dem Bericht zufolge an die Universität Tübingen gegangen sein, wo er jedoch schon 1499 eingeschrieben war.228 1506 bis 1509 studierte er dann in Freiburg.229 Auf seine häusliche Erziehung folgte also der kurze Aufenthalt an einem Fürstenhof und im Anschluss daran, als der junge Herr ain wenig erwachsen war, der Universitätsbesuch. Sowohl bei Hofe als auch an der Universität war er einem Präzeptor anvertraut.230 Was und wie er lernte, wird nicht erzählt, außer dass er die Fähigkeit erwarb, eigenständig lateinische Reden zu verfassen und vorzutragen.231 Ausführlichere Angaben gibt es schließlich zu Gottfried Christoph von Zimmern (1524–1570), der als Knabe bei seinem Onkel aufwuchs. Dieser Onkel begegnet auf der Jagd dem bereits erwähnten Grafen Christoph von Werdenberg, der einen Stiefsohn im 225 226 227 228 229 230

231

Ebd., Bd. 4, S. 308–310. Es beginnt mit dem Vers Merk! Ich will dir ain ler geben, wie du dich sollt halten in deim leben. Ebd., Bd. 3, S. 253 f. Ebd., Bd. 3, S. 1 f.; SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 189. HERMELINK, Matrikeln, Bd. 1, S. 124. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 1–20; MEYER, Matrikel, Bd. 1, S. 159. Auf den Magister Adam folgten in Tübingen Andreas Drostel und in Freiburg zunächst Magister Nikolaus Knobloch und schließlich Dr. Georg Northofer (1454–1509), Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 4, 10, 13 und 16. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 10. Überliefert sind lediglich zwei deutsche Gedichte, die er in späterer Zeit verfasste. Ebd., Bd. 4, S. 331–346.

3. Lebensbeschreibungen

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gleichen Alter hat, mit dem der junge von Zimmern dann gemeinsam erzogen werden soll.232 Bei einer zufälligen Begegnung wurde hier also über den Ort der Erziehung entschieden, denn offensichtlich bestanden bereits enge Beziehungen zu den Grafen von Werdenberg. Der ältere Bruder, Johann Christoph, der eine Domherrenstelle anstrebte, wuchs zunächst bei seinem Vater und seinem Onkel auf, bevor er zu einem Konstanzer Domherrn kam, der ihn und einen zweiten jungen Adligen unterrichtete.233 Der jüngere Bruder, Froben Christoph, wurde bis zum zwölften Lebensjahr bei Philipp Echter von Mespelbronn dem Älteren und seiner Gemahlin erzogen und von einem gelehrten Priester unterrichtet. Gemeinsam bezogen Johann und Froben 1531 die Universität Tübingen,234 um bereits nach zehn Monaten von ihrem Vater nach Straßburg geschickt zu werden, wo der knapp fünfzehnjährige Johann seine Domherrenstelle bekommen hatte und wo die jungen Herrn ihre Studien bei ihrem Schwager Otto von Henneberg und dem Straßburger Domdechanten Thomas von Reineck fortsetzten. Auf die Erziehung bei Verwandten folgte demnach ein kurzer Universitätsbesuch und die Verlagerung der Studien in ein adliges Umfeld. Sowohl an der Universität als auch im Domkapitel wurde der jüngere Bruder anscheinend mitunterrichtet, um Kosten zu sparen. Nach zwei Jahren zogen beide in das französische Bourges, wo sie wiederum zwei Jahre weilten.235 Überblickt man die hier zusammengestellten Nachrichten zur Erziehung der Grafen von Zimmern, fällt auf, wie sehr der Bildungsweg durch unvorhergesehene Umstände beeinflusst werden und dass höfische und akademische Ausbildung einander abwechseln und ergänzen konnten. Der Chronist kommt allgemein zu dem Schluss, wie gut es sei, das die jungen von erbarn, gotzförchtigen preceptoren und hofmaistern uferzogen und gelernet werden; dann wie man sprucht, was in der jugendt gewonet, das behangt und bleibt merthails im alter.236 Adlige Lebensbeschreibungen der Zeit um 1500 schildern den Werdegang junger Edelleute im Zusammenhang mit den jeweiligen Lebensumständen. Sie schaffen Vorbilder aus dem eigenen Geschlecht, um erzieherisch zu wirken. Gleichzeitig sind sie das Ergebnis einer Entwicklung, in der sich der Adel der Schriftkultur öffnete. Jahrhunderte hatte es genügt, das Wissen über die Ahnen und die Familiengeschichte mündlich weiterzugeben. Ein Adliger wie Christoph von Thein wollte sich jedoch absichern, wan sonst offt ein ting in kurzen jahren durch absterben der leuth vergessen wirdt.237

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Ebd., Bd. 3, S. 251, Ebd., Bd. 3, S. 204 f.; SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 190. HERMELINK, Matrikeln, Bd. 1, S. 270 (nach der Zimmerischen Chronik, Bd. 3, S. 138 f.). Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 213–215. Zimmerische Chronik, Bd. 2, S. 419. Thein, Selbstbiographie, S. 123.

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II. Quellensuche

4. Briefe: Endlich Selbstzeugnisse? Seit mit dem Papier ein preiswerter Beschreibstoff zur Verfügung stand, dem man auch alltägliche und gewöhnliche Dinge anvertrauen konnte, nahm der Briefverkehr in Europa zu, einhergehend mit einem Anstieg der Lese- und Schreibfähigkeit in Adel und Stadtbürgertum und einer Ausweitung des Botenwesens. Gerade adlige Frauen nutzten die Möglichkeiten des Briefwechsels, um Nachrichten und Gedanken auszutauschen. Nachdem solche Frauenbriefe lange Zeit als belanglos galten,238 werden sie in der jüngeren Forschung verstärkt herangezogen, um Auskünfte über das Beziehungsgeflecht der Briefschreiberinnen zu gewinnen.239 Ungehinderte Einblicke in „Gefühlswelten“ ermöglichen aber selbst eigenhändig geschriebene Briefe nicht, denn auch Briefe höchst privaten Inhalts wahrten in Anrede und Stil standesgemäßen Abstand, wenngleich in abgeschwächter Form.240 Streng vertrauliche Nachrichten stehen mitunter jedoch auf den Beizetteln, die dem eigentlichen Brief beigefügt wurden, meist nach dem Lesen vernichtet werden sollten und sich daher nur in Ausnahmefällen erhalten haben. Selbst wenn Adlige lesen und schreiben konnten, ließen sie sich weiterhin Briefe vorlesen oder griffen auf geschulte Schreiber zurück, wenn ihnen der Umgang mit der Feder zu mühsam erschien. Kurfürst Albrecht von Brandenburg forderte seine zweite Gemahlin Anna auf, ihre vertraulichen Briefe stets mit eigener Hand an ihn zu schreiben.241 Sie kam dieser Aufforderung zwar nach, fühlte sich aber unsicher, ob Albrecht ihre Handschrift auch lesen könne. Manch persönlichen Brief ließ sie daher von einem Schreiber ausfertigen, wobei sie versichern ließ, dass dieser nichts geschrieben oder hinzugefügt habe, das ihm nicht gesagt worden wäre.242 In anderen Fällen ließ sie Hofjungfrauen für sich schreiben.243 Wenn sich Briefe erhalten haben, die zwischen adligen Eheleuten gewechselt wurden, finden sich regelmäßig allgemeine Bemerkungen über das Befinden der Kinder, die trotz aller Floskelhaftigkeit von der Sorge um deren Wohlergehen zeugen. Fragen der Erziehung werden allerdings kaum erörtert. Meist bleibt es bei allgemeinen Aufforderungen, die Kinder zu Gehorsam, Gottesfurcht und Lerneifer anzuhalten. Fragen der 238 239

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VOIGT, Hofleben, S. 232; GUTTENBERG, Einblicke, S. 79. Siehe NOLTE, Eigenhändige Briefe, S. 182 f. Verwiesen werden kann auf die folgenden jüngeren Arbeiten und Vorhaben: WALSH, Überlegungen; DIES., Korrespondenz; BASTL, Briefe; NOLTE, Beziehungsgeflechte; DIES., Eigenhändige Briefe, S. 182 f.; DIES., Familie, mit methodischen Überlegungen, S. 16–20 und 34–38; ROGGE, Familienkorrespondenz; FENDRICH, Beziehung. Vgl. VOIGT, Hofleben, S. 230 f.; NOLTE, Eigenhändige Briefe, S. 187; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 208 f.; FENDRICH, Beziehung, S. 115–121; HEROLD, Aufenthalt, S. 219–232. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 181, S. 128 f. (1474 [Dezember 26]); ARNOLD, Briefe, S. 135. Siehe zu dem vertraulichen Briefwechsel zwischen Albrecht und seiner Gemahlin Anna die unterschiedlichen Bewertungen durch MORAW, Harem, und NOLTE, Kommunikation. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 189, S. 133 ([1475] Februar 12); ARNOLD, Briefe, S. 136. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 191, S. 135 f. ([1475] Februar 23); ARNOLD, Briefe, S. 137.

4. Briefe

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Erziehung wurden in der Regel mündlich abgesprochen und aus der Ferne lediglich in Erinnerung gerufen. Einige Briefe enthalten den Hinweis darauf, dass die Dinge unter vier Augen vereinbart werden müssen, weil „sie sich nicht schreiben lassen“.244 Manches wurde daher nur durch besondere Umstände dem Papier anvertraut. Hätte die Kurfürstenwitwe Margarethe von Sachsen bei ihrem Besuch in Zwickau nicht vergessen, ihren Sohn zu fragen, ob dieser seine Kinder über Pfingsten zu ihr schicken würde, hätte sie keinen Brief geschrieben.245 Sowohl die Briefe zwischen Eheleuten als auch zwischen Eltern und Kindern lassen eher Rückschlüsse auf Rollenverhalten und Erwartungshaltungen zu als auf „echte Gefühle“. Dennoch macht es gewiss einen Unterschied, ob Eltern ihren Kindern einige wenige pflichtbewusste Briefe schrieben und ebensolche erhielten, oder ob sich ein umfangreicher Briefwechsel entwickelte wie bei Kurfürst Albrecht von Brandenburg oder Margarethe von Anhalt.246 Festzuhalten bleibt, dass der eigenhändige Brief seit dem 15. Jahrhundert an Bedeutung gewann, wenn es galt, vertrauliche Dinge auszutauschen, was anscheinend auch mit einem wachsenden Misstrauen gegenüber Boten und anderen Bediensteten zusammenhing. Fürst Georg III. von Anhalt gab seiner Mutter zu verstehen, dass ihm eine einzige Zeile von ihr lieber sei als die Berichte vieler Boten, da diese nicht immer das übermitteln würden, was ihnen aufgetragen worden war.247 Wenn ihr das Schreiben zu beschwerlich schien, sollte sie ihre Briefe wenigestens selbst unterschreiben, um ihm die Freude zu machen, ihre Handschrift zu sehen.248 Als er seinen Bruder Johann mit Nachrichten an die Mutter sandte, bezeichnete er ihn als einen „lebendigen Brief“, den ein geschriebener Brief nicht übertreffen könne.249 Eigenhändige Briefe konnten in ihrer Vertraulichkeit demnach nur durch das Gespräch unter vier Augen übertroffen werden.250 Wieweit kann man jedoch Aussagen über Bildung und Erziehung trauen, die sich in fürstlichen Schreiben finden, die einen offiziellen Charakter tragen? „Fürstenbriefe muss man zweimal lesen, weil sie mit Bedacht geschrieben sind“, soll Kurfürst Friedrich III. von Sachsen gesagt haben.251 Besondere Vorsicht ist geboten, wenn es sich um Briefe handelt, die der Brautwerbung dienten. Markgraf Albrecht von Brandenburg bezeichnete Margarethe, die Tochter seines Bruders Friedrich, im Jahre 1469 als 244 245

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Fürstin Margarethe von Anhalt an ihren Sohn Joachim [!], LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 19v (1529 März 4). SächsHStA Dresden, Loc. 4242, Bl. 111r (1474 Mai 19): Wir hatten uns in unser gemute, do wir iczunder bey uwer liebe zcu Zcwickaw warnn, gefasset, uwer liebe zcu bitten umb uwer liebe sone, hertzog Friderichen unde hertzogen Hansen, das uns dann auß gedechtnis entgangen ist. Siehe dazu unten Kap. IV.3.1 und IV.3.5. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 65v (1525 Juni 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 61v (1527 August 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 5, Bl. 13r (1528 Dezember 1). Vgl. FOUQUET, Fürsten, S. 191 f. Pfefferkorn, Geschichte Thüringens, S. 166; KRUMHAAR, Mansfeld, S. 53.

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II. Quellensuche

„wohlgezogen, höflich und säuberlich“,252 zu einem Zeitpunkt als die Aussicht bestand, sie mit dem König von Ungarn verheiraten zu können. Solchen Briefen trauten wohl selbst die Empfänger kaum. 1549 pries die Herzogin Elisabeth von Braunschweig und Lüneburg ihre Tochter Anna Maria (1532–1568), die sie mit dem verwitweten Herzog Albrecht von Preußen verheiraten wollte, als einen fröhlichen Menschen und stellte besonders heraus, wie gut das Fräulein auf dem Clavichord spielen könne.253 Von anderer Seite war dem Herzog dagegen zugetragen worden, das Fräulein wäre streitsüchtig und würde eine schlechte Stiefmutter für seine Tochter aus erster Ehe abgeben.254 Die Heirat kam dennoch zu Stande, aber nach der Geburt des ersten Kindes war tatsächlich von jähzornigen Anwandlungen der Mutter zu hören.255 Ein ganz anderer Fall sind Ermahnungsbriefe an junge Fürsten, seien sie von deren Vätern oder Müttern, von Geistlichen oder Gelehrten verfasst. Sie lesen sich vielfach wie Fürstenspiegel und waren mitunter für einen weiteren Leserkreis bestimmt.256 Mit ihnen kamen die Verfasser oder Auftraggeber ihrer Pflicht nach, durch stete Ermahnung auf den Pfad der Tugend zu verweisen. Als Zeugnisse elterlicher Fürsorge und Ratgeber für anständiges Benehmen hatten sie gute Aussichten für längere Zeit aufgehoben zu werden. Fürst Georg III. von Anhalt hielt die Ermahnungsschreiben seiner Mutter sogar für wertvoller als das kunstvollste Bildnis von ihr, denn er meinte, die Schreiben bewahrten nicht bloß ihr äußerliches Abbild, sondern ihr Gemüt und ihr Herz.257 Es haben sich aber auch Briefe erhalten, in denen adlige Kinder wegen ihrer Fehltritte getadelt werden. Mit scharfen Worten wies 1477 Graf Ulrich von Württemberg (1413–1480) seinen Sohn Eberhard (1447–1504) zurecht, der am burgundischen Hof erzogen worden war.258 Den Anlass hatte Eberhard gegeben, weil er den Grafen von Hohenlohe und dessen Diener und Knechte geschmäht und verachtet hatte, und das obwohl der von Hohenlohe zusammen mit ihm erzogen und 1476 mit seiner Schwester verheiratet worden war. Graf Ulrich warf seinem Sohn außerdem vor, Räte, Diener und Knechte anzunehmen, die ihm, dem Vater, in keiner Weise verbunden seien. Der Brief 252 253 254 255 256

257 258

CDB 3, Bd. 1, Nr. 356, S. 503 (1469 April 3); SELLO, Katharina, S. 181. MENGEL, Fürstenbriefwechsel, Nr. 29, S. 40 (1549 August 17) und Nr. 20, S. 28 (1549 Mai 4). Siehe auch NOLTE, Körperlichkeit, S. 75 f. MENGEL, Fürstenbriefwechsel, Nr. 14a, S. 16 (1549 [Februar]). Vgl. auch Nr. 17, S. 24 f. (1549 März 20) und Nr. 20, S. 27 (1549 Mai 4). MENGEL, Fürstenbriefwechsel, Nr. 145, S. 142–147 (1551 [Anfang August]). Siehe die Brieftraktate, die Enea Silvio Piccolomini und Domenico de’Domenichi (1416–1478), Bischof von Brescia, an die Erzherzöge Siegmund und Maximilian von Österreich richteten: WOLKAN, Briefwechsel, Nr. 99, S. 222–236, bzw. MELL, Briefe, Nr. 18, S. 76–94 (1443 Dezember 5) und JEDIN, Prinzenspiegel (1472 Juni 30). Siehe dazu SINGER, Fürstenspiegel, Nr. 8 und 13, S. 63 f. und 71 f.; BUCK, Humanistische Bildung. Fürst Georg III. von Anhalt an seine Mutter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 18r (1526 Januar 13). STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 262, S. 181–184 (1477 [ca. Oktober 6], Abschrift); STÄLIN, Geschichte, Bd. 3, S. 556; FOUQUET, Fürsten, S. 182–186.

4. Briefe

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geriet zu einer einzigen Abrechnung mit Eberhards Verhalten, weil sich dieser vom Heidelberger Hof entfernt hatte, als dort fürstliche Gäste eintrafen, die Messe nicht gehört hatte, nicht zum Turnier erschienen, sondern plündernd umhergezogen war und weil er allgemein ein verschwenderisches und lasterhaftes Leben führte. Für die Verfehlungen seines Sohnes gab sich der Vater selbst die Schuld. Er war es gewesen, der ihm stets den Willen gelassen und ihm jeden Wunsch gewährt hatte. Die Frage nach den Ursachen für Eberhards Fehlverhalten muss hier nicht weiter verfolgt werden. Wichtig ist, dass der Brief des Vaters offenbar am Ende einer ganzen Reihe von Ermahnungen steht. Bereits im Vorfeld hatte Eberhard vor Zeugen, nämlich in Gegenwart eines Verwandten und seiner Hofräte, versichern müssen, sich künftig nach dem Willen des Vaters zu richten. Auch Graf Wilhelm von Henneberg (1478–1559) schickte seinem Sohn Christoph im Jahre 1531 seine beiden Ermahnungsbriefe als letzte Warnung: Wenn Christoph durch seine gottlose Lebensführung die Pfründe als Würzburger Domherr verlieren würde, bliebe ihm die Rückkehr an den väterlichen Hof versagt. Die väterlichen Schreiben sollte er mehrmals lesen, um sich bewusst zu machen, dass der Vater nicht länger gewillt sei, die Fehltritte als Jugendsünden zu dulden.259 Schwere Vorwürfe brachte 1547 schließlich Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554) gegen seinen ältesten Sohn vor, allerdings in einem Schreiben an die Hofräte.260 Anstatt sich in der Abwesenheit des Vaters zu bewähren, hatte der junge Fürst seine Zeit nicht nur mit dem Glückspiel verbracht, sondern dabei auch noch betrogen. Schlimme Klagen seien darüber zu hören, wie er leichtfertige Reden führe, fluche, übermäßig trinke, sich gegenüber Dienern und selbst Fremden ungebührlich benehme und sich von den Erziehern nichts sagen ließe. Der Kurfürst wies deshalb seine Räte an, den Prinzen streng zurechtzuweisen, in Wittenberg festzuhalten und zu zwingen, sein leichtfertiges und unfürstliches Verhalten zu ändern. Außerdem gab er dem jungen Fürsten einen Hofmeister, Heinrich von Einsiedel, dem in allen Dingen Folge zu leisten war. Erst wenn der Sohn sich gebessert habe, dürfe er um einen anderen Hofmeister bitten. Obendrein forderte der Kurfürst eine schriftliche Entschuldigung. Ob diese jemals abgesendet wurde, ist nicht sicher, da der Sohn darum bitten ließ, sich vor seinem Vater persönlich rechtfertigen und verantworten zu dürfen.261 In dem Schreiben an die Räte zeigte sich der sächsische Kurfürst schmerzlich berührt über das Betragen seines Sohnes, das er nicht für möglich gehalten hätte. Damit sich die Verfehlungen nicht zu schlechten Angewohnheiten verfestigten, sah er sich gezwungen, 259 260

261

Graf Wilhelm IV. von Henneberg an seinen Sohn Christoph, SCHULTES, Diplomatische Geschichte, Teil 2, S. 183 (1531 Mai 9 und Juli 23). Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an die Räte Dr. Gregor Brück, Dietrich von Starschedel und Erasmus Spiegel. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 1, S. 177–179 [1547 Anfang März]. Siehe Quellenanhang Nr. 29. Siehe das Schreiben der Räte an Kurfürst Johann Friedrich. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 2, S. 179 f. (1547 März 8). Siehe Quellenanhang Nr. 30.

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II. Quellensuche

hart und notfalls noch härter durchzugreifen.262 Ja, er drohte, sich gegen seinen Sohn als einem ungehorsamen sone dermassen zu ertzaigen, das er unsern ungefallen vermercken und empfinden solte.263 Als er kurze Zeit darauf eine strenge Erziehungsvorschrift für seinen Sohn und dessen jüngeren Bruder erließ,264 dürfte dies allerdings weniger dem Verhalten der jungen Fürsten geschuldet gewesen sein als der Tatsache, dass er im Schmalkaldischen Krieg zum Gefangenen des Kaisers geworden war, die Kurwürde und damit einen Teil seines Territoriums verloren hatte. Durch seine Abwesenheit auf unbestimmte Zeit und die Beschränkung der Einkünfte war es erforderlich zu regeln, wie die Prinzen in Weimar leben und lernen sollten. Neben Verhaltensmaßregeln enthält seine Erziehungsvorschrift zahlreiche Bestimmungen zur Kostenbeschränkung. So benötigten die Prinzen die Zustimmung der Räte, um Zugriff auf die ihnen zugewiesenen Einkünfte zu haben. Ohne Wissen des Vaters durften sie keine Diener anstellen, keine Adligen an den Hof ziehen, weder Geschenke annehmen noch machen, noch Feste ausrichten. Ausdrücklich verboten war es ihnen, übermäßig zu trinken, Gott zu lästern und das Frauenzimmer ohne Erlaubnis ihrer Mutter zu betreten. Das Glücksspiel, das zuvor den Zorn des Vaters erregt hatte, war ihnen als fürstliche Ergötzung erlaubt, doch sollten sie nicht in der Nacht und nicht mit den gemeinen Dienern spielen. Die Räte, insbesondere der Hofmeister, wurden verpflichtet, Verstöße gegen die Erziehungsvorschrift und gegen die allgemeine Hofordnung schriftlich zu melden. Besonders wichtig schien dem Vater die brüderliche Eintracht. Diese zu wahren forderte er gleich im ersten Artikel, in dem er den älteren Bruder verpflichtete, den jüngeren zu ermahnen. Um die Eintracht zu fördern und nach außen zu zeigen, sollten die Prinzen ein Schlafgemach teilen, sich nach dem Abendessen gemeinsam im Garten aufhalten, so wie dies ihre Vorfahren bereits getan hätten, und überhaupt bei allen Gelegenheiten gemeinsam auftreten. Was ihre Ausbildung anging, so hatte der Vater festgelegt, dass sie jeden zweiten Tag die Predigt hören, jeden Nachmittag an den Sitzungen der Hofräte teilnehmen und jeden Sonntagvormittag und Donnerstagnachmittag Latein üben sollten, auf der Grundlage des Evangeliums und lateinischer Geschichtsbücher, die ihnen der Präzeptor lateinisch auszulegen und zu erklären hatte. Erziehungsvorschriften dieser Art scheinen erlassen worden zu sein, wenn der Fürst die Erziehung bei Hofe nicht selbst beaufsichtigen konnte. Durch sie wurden Rahmenbedingungen geregelt, Lehrinhalte aber nur allgemein vorgegeben.

262 263 264

BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 1, S. 177. Siehe Quellenanhang Nr. 29. Ebd., S. 178. Gedruckt bei BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 3, S. 180–186. Hiernach das Folgende.

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5. Sachquellen: Ein unverstellter Blick? Vorschriften für Lehrer und Erzieher sind im deutschsprachigen Raum erst aus der Mitte des 16. Jahrhunderts in größerem Umfang erhalten.265 Ein Lehrer des französischen Thronfolgers erhielt hingegen bereits 1429 schriftliche Anweisungen, wie er sich zu verhalten hatte.266 Was die Inhalte des Unterrichts anging, so wurde ihm lediglich vorgeschrieben, dass er vor allem Bücher in französischer Sprache benutzen und zur rechten Zeit belehrende Fabeln bereit haben sollte. Außer den Zehn Geboten sollte er seinem Zögling ausdrücklich die Namen, Bilder und Lebensgeschichten der Heiligen beibringen. Abgesehen von diesen Vorgaben war der Erzieher anscheinend frei in der Wahl der Inhalte und der Gestaltung des Unterrichts. Durch seine geistliche Ausbildung war freilich dennoch weitgehend festgelegt, was für lernenswert erachtet wurde. Die Bestallungsurkunde für den Humanisten Johannes Reuchlin (1455–1522), der 1497 als Prinzenerzieher an den Heidelberger Hof gerufen wurde, zählt zu den ältesten überlieferten Stücken dieser Art.267 Aus ihr geht hervor, dass Reuchlin die Aufsicht über zwei andere Lehrmeister der pfälzischen Fürstensöhne führen,268 dem Kurfürsten als Ratgeber zur Verfügung stehen und einen Jahrsold in Höhe von 100 Gulden bekommen sollte. Bezüglich der Lehrinhalte finden sich ebenfalls nur allgemeine Angaben, so dass wenig über den eigentlichen Unterricht zu erfahren ist. Ausführliche Mitteilungen darüber macht erst ein späterer Biograph des fürstlichen Zöglings, der diesen freilich als in allen Fächern gleichermaßen begabt hinstellt.269 Wie sieht es mit anderem Verwaltungsschriftgut aus? Verträge des 15. und frühen 16. Jahrhunderts enthalten zwar unzählige Festlegungen darüber, wie für den standesgemäßen Unterhalt einer Fürstentochter am Hofe ihres künftigen Gemahls zu sorgen war und wie ihre Versorgung im Falle der Witwenschaft aufrechterhalten werden sollte, 265

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SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 360; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 16 f.; SINGER, Fürstenspiegel, S. 5. Frühe Instruktionen sind gedruckt bei SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Urkunden, S. 3 f.; WEHRMANN, Erziehung, S. 268–270; BECK (wie Anm. 264); FELGEL, Instruktion; DERS., Hofmeister-Instruktion. Siehe zu den Instruktionen ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts TÖBBICKE, Höfische Erziehung, S. 54–84. Anweisung für Magister Johannes Major, Lehrer des künftigen Königs Louis XI. von Frankreich (1423–1483). Gerson, Opera, Bd. 3, S. 235–237, bzw. Gerson, Pädagogische Schriften, S. 148– 151 (1429). SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Urkunde Nr. 1, S. 5 f. (1497 Dezember 31). In die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts führt der Anstellungsvertrag des Magisters Christoph Schiele (gest. 1578), der die Studien des jungen Adligen Matthias Borcke leiten sollte. SELLO, Geschichtsquellen, Bd. 3, Teil 1, bzw. WEHRMANN, Vertrag (1577 April 16). Als Lehrer des späteren Kurfürsten Friedrich II. von der Pfalz (1482–1556) werden Adam Werner von Themar (gest. 1537) und Jodocus Gallus vermutet. PIETZSCH, Quellen und Forschungen, S. 44. Leodius, Annalium, S. 21; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 17, mit Anm. 2; HÄUSSER, Geschichte, Bd. 1, S. 505.

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II. Quellensuche

in der Regel aber keine Bestimmungen über die Erziehung. Vormundschaftsverträge dienten ebenfalls dazu, minderjährige Adlige materiell sicherzustellen und vor unerwünschten Einflussnahmen zu schützen. Der Erzbischof von Mainz und der Landgraf von Hessen bestimmten 1490 immerhin, dass dem vaterlosen Grafen Ludwig von Nassau-Saarbrücken (gest. 1523) ein ehrbarer Mann bestellt werde, der ihm gute Sitten, Schreiben, Lesen und Latein beibringen sollte. Außerdem standen ihm Edelknaben und Knechte zu. Dass er zum Ritter ausgebildet werden sollte, verstand sich von selbst und bedurfte keiner Erwähnung. Was die Lateinkenntnisse angeht, so ist lediglich die Rede davon, diese Sprache verstehen zu können, nicht aber sich in ihr auszudrücken.270 Um der Unordnung entgegenzuwirken, die junge, unerfahrene Menschen bei Hofe erzeugten, wurden mitunter Verhaltensmaßregeln erlassen.271 Entsprechende Verordnungen vermitteln eine Vorstellung, wie das Leben bei Hofe ablaufen sollte.272 Am Landshuter Hof gab es 1576 ein Regelwerk, das ausschließlich die Belange der Edelknaben betraf.273 Neben den Bestimmungen, die das Leben am Haupthof regelten, gab es Bestimmungen, die entweder das Frauenzimmer oder den Hofstaat minderjähriger bzw. noch nicht regierender Fürsten betrafen.274 Sind diese Bestimmungen gesondert erlassen, handelt es sich um eine eigene Ausprägung der Hofordnung.275 Der Frauenoder Prinzenhof wird dadurch als eine eigene Lebenswelt abgegrenzt, die dem Haupthof untergeordnet war. Solche Ordnungen verzeichnen mitunter das Personal, das für die Betreuung und Erziehung von Kindern zuständig war. Aus der ältesten Tiroler Hofordnung sind etwa die Namen des Zuchtmeisters, der Kindermädchen und des Stubenheizers zu erfahren, die Erzherzog Siegmund von Österreich zugewiesen waren, über dessen Kindheit ansonsten wenig bekannt ist.276

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HessHStA Wiesbaden, Abt. 170, II (Abschrift, 18. Jahrhundert); Landgrafen-Regesten online (http://lgr.online.uni-marburg.de), Nr. 8351 (1490 Juni 24). Siehe zum Hintergrund RUPPERSBERG, Geschichte, S. 232. Regelungen zur Aufnahme eines Rittersohnes am Hof des Grafen von Flandern finden sich bereits 1285 in einem Rentenlehnvertrag. LYON, Fief, S. 185; KRÜGER, Rittertum, S. 307. STREICH, Lebensbedingungen, S. 60; WIDDER, Amberger Hof, S. 289. Vgl. BOJCOV, Sitten, S. 247. SCHMIDT, Edelknabenordnung (1576 März 4); DOTTERWEICH, Maximilian, S. 154. Siehe die Hofordnungen für den jungen Landgrafen Philipp I. von Hessen (1504–1567) und den jungen Markgrafen Philipp I. von Baden (1479–1533) bei KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 84–87 und S. 106–110 (1501). Aus späterer Zeit stammt die vormundschaftliche Hofordnung für den Studienaufenthalt der Herzogs Friedrich Wilhelm I. von Sachsen (1562–1602) in Jena, PISCHEL, Hofordnung (1573 September 19). WIDDER, Amberger Hof, S. 275. TLA Innsbruck, Cod. 208a, Bl. 56v [um 1430]: Item Thoman, hertzog Sigmunds mauntzog, Gred, die klain Gred, Oswald haitzer. Zit nach. BOJCOV, Sitten, S. 249, Anm. 47. Die Bezeichnung mauntzog ist sicher als magezoge, „Erzieher“, zu verstehen. BENECKE/MÜLLER/ZARNCKE, Wörterbuch, Bd. 4, S. 935. Siehe zu Siegmunds Kindheit: BAUM, Sigmund, S. 64.

7. Sachquellen

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Gebrauchsgegenstände aus dem Erziehungsalltag bei Hofe haben sich nur selten erhalten. Überliefert sind einige Spielzeuggegenstände, darunter Reiterfiguren und Puppen, deren Gebrauch in gleichzeitigen Bildquellen zu sehen ist.277 Sowohl in literarischen als auch in bildlichen Darstellungen diente Spielzeug dazu, die Kindlichkeit der betreffenden Personen zu kennzeichnen, wobei Mädchen häufig eine Puppe und Jungen ein Steckenpferd zugeordnet bekamen.278 In seiner Bedeutung für den Adel ist bislang vor allem das Schachspiel untersucht worden.279 Lange bevor die Humanisten den pädagogischen Wert des Kinderspiels erkannten, hatten sich auch Verfasser wie Aegidius Romanus, Konrad von Megenberg oder Enea Silvio Piccolomini mit Fragen des Spielens auseinander gesetzt. Während Glücksspiele zu verdammen waren, weil sie zum Betrug verführten, waren alle Spiele zu empfehlen, die sich eigneten, Trägheit und Langeweile zu verhindern.280 Die Zeit mit maßvollem Spiel und Kurzweil zu vertreiben sollte verhindern, dass Menschen auf unzüchtige und böse Gedanken kamen.281 Aus dem gleichen Grunde sollten Hofjungfrauen im Übrigen nähen, spinnen oder sticken.282 Vor dem Hintergrund, dass vor allem Karten- und Würfelspiele auf Ablehnung stießen, stellt das „Ambraser Hofämterspiel“ eine Besonderheit dar. Die farbigen Spielkarten, die vermutlich um 1455 für den minderjährigen König Ladislaus V. von Ungarn und Böhmen (1440–1457) angefertigt wurden,283 verbinden Glücksspiel und Zeitvertreib mit dem Erwerb von Wissen. Zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Kartenwerte sind nach König und Königin verschiedene Amtsträger wie Hofmeister, Marschall und Schenk sowie Hofhandwerker und Narren abgebildet, so dass diejenigen, die sich mit diesen Karten die Zeit vertrieben, stets die Rangordnung eines Hofes vor Augen hatten. Überreste aus dem Unterrichtsalltag, insbesondere Schreib- und Übungshefte junger Fürsten sind äußerst rar. Erst seit der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden sie häufiger bewahrt.284 Das Büchlein, das Kaiser Maximilian als Junge für seine Schreibübungen 277 278 279 280 281 282

283 284

GROSZ, Ritterlich Spielzeug; SEIPEL, Prinzenrolle, Kat.-Nr. 1.7, S. 31, 3.12 und 3.13, S. 91–93. RETTER, Funktion, S. 67. Bemerkungen über das Kinderspiel in der mittelalterlichen Literatur wurden bereits ausgewertet von ZINGERLE, Kinderspiel, und GRAY, Bild. Einen Zugang zur umfangreichen Schachliteratur bietet MÜLLER, Adelsspiel. RETTER, Funktion, S. 76–79. Siehe dazu ausführlich SCHWERD, Wert, Teil 1, und ARNOLD, Kind und Gesellschaft. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 12, S. 322; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 14, S. 264. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 20, S. 343 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 17, S. 268. Vgl. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 175, S. 125 (1474 August 15). Vgl. RAGG, Hofämterspiel, mit Erläuterungen im Begleitheft. Siehe auch die Beschreibung der Karten durch HARTMANN EDLER VON FRANZENSHULD, Höfisches Kartenspiel. Arbeitsbücher der sächsischen Prinzen aus dem 16. und 17. Jahrhundert sind beschrieben bei SCHNORR VON CAROLSFELD, Katalog, Bd. 1, S. 298–329, 435–438, 443, 449 und 459; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 6. In Dessau werden Handschriften mit deutsch-lateinischen Wörter- und Spruchsammlungen sowie lateinische Stilübungen aus dem Besitz der Fürsten Joachim Ernst

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II. Quellensuche

benutzt hatte, ging nach wenigen Jahren verloren. Erfolglos hatte er später im Frauenzimmer der Innsbrucker Burg danach suchen lassen.285 Bei seinen Lehrbüchern, die aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhalten sind, handelt es sich um aufwendig gestaltete Schauexemplare.286 Im täglichen Unterricht dürfte Maximilian Papierheftchen mit lateinischen Fragen und Antworten benutzt haben, die sein erster Lehrer Jakob Fladnitzer (gest. 1466) zusammengestellt hat, wenngleich das in Wien aufbewahrte Exemplar als eine Fälschung des 19. Jahrhunderts gilt.287 Textsammlungen, die von Prinzenerziehern für den unmittelbaren Gebrauch angefertigt wurden, verdienen besondere Aufmerksamkeit. Ulrich Greimholt von Weilheim (1413–1495), Lehrer der Söhne des bayrischen Herzogs Albrecht (1401–1460),288 stellte 1452, also in dem Jahr, in dem er seine Stelle bei Hofe antrat, eine Reihe pädagogischer Schriften zusammen.289 Neben zwei Kommentaren zu den Sprüchen des Cato enthält seine Sammlung einen Auszug aus der Geschichte von Barlaam und Josaphat,290 Piccolominis Abhandlung über die Fürstenerziehung und Auszüge aus dem Traktat „De regimine principum“ des Aegidius Romanus. Aus dem Besitz der fränkischen Hohenzollern ist eine Elementargrammatik überliefert, die von Johann Greußer aus Rothenburg ob der Tauber erarbeitet und 1493 gedruckt wurde. Insgesamt haben sich drei Druckausgaben davon erhalten, darunter das Widmungsexemplar des Verfassers, das zahlreiche Gebrauchsspuren aufweist.291 In Göttingen wird ferner eine Handschrift aufbewahrt, die zwischen 1474 und 1494 auf der Cadolzburg entstanden ist und mehrere lateinische Unterrichtstexte enthält: Auszüge aus Terenz, Sallust, Horaz und anderen Schriftstellern des Altertums.292 Solche Werke

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(1536–1586) und Bernhard (1540–1570) von Anhalt aufbewahrt. Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg 201.8°–204.8°; HAEBLER, Bibliophilen, S. 78, 81 f. und 91. ZIMERMAN, Regesten, Nr. 219, S. 38 (1500 Dezember 30); GOTTLIEB, Büchersammlung, S. 30 f.; FICHTENAU, Maximilian, S. 28. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2289, 2368 und s. n. 2617, ausführlich behandelt von FICHTENAU, Schulbücher; DERS., Lehrbücher. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 15096. Dazu ZAPPERT, Jugendunterricht; FICHTENAU, Maximilian, S. 13; DERS., Fälschung, S. 465; WIESFLECKER, Maximilian, S. 74. Greimholt kam aus dem Kloster Andechs, in das Albrechts zweiter Sohn Ernst(1438–1460) gegeben worden war, an den Hof. Als sein Nachfolger oder bereits an seiner Seite wirkte ein Jodocus Breitschedel. Monumenta Boica, Bd. 15, S. 523 (Nekrolog des Klosters Seligental). SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 22. München, Bayerische Staatsbibliothek, Cod. lat. Mon. 19651; HALM/LAUBMANN/MAYER, Catalogus, Bd. 3,2, S. 264 f.; SCHMID, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 22. Verfasserlexikon, Bd. 8, Sp. 322–345 (Rudolf von Ems). Johann Greußer, Opusculum artis grammaticae introductorium, [Nürnberg 1494]; HAIN, Repertorium, Bd. 1, Teil 2, S. 524, Nr. 8054; WAGNER/SCHUSTER, Grammatik; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 259 f.; SHEVCHENKO, Anthropologie, S. 219. Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Cod. MS Lüneburg 2; Handschriften in Göttingen, Bd. 2, S. 493–499; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 260 f.; SHEVCHENKO, Anthropologie, S. 219.

7. Sachquellen

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vermitteln einen Eindruck, welche Hilfsmittel für die Prinzenerziehung zur Verfügung standen und welcher Stoff vermittelt wurde.293 Johannes Aventinus verfasste in seiner Stellung als Prinzenerzieher am bayrischen Hof sowohl ein Latein- als auch ein Musiklehrbuch, die anschließend im Druck erschienen.294 Der Musikunterricht gehörte um 1500 zum festen Bestandteil der Herrscherausbildung, auch wenn er nicht unmittelbar zur Regierungskunst gezählt wurde. Im Anschluss an Aristoteles hatte vor allem Enea Silvio Piccolomini auf die Rolle der Musik für die sittliche Vervollkommnung des Menschen hingewiesen.295 Zudem galt die Musik als ein Mittel gegen Schwermut. Aventins Lateinbuch stützte sich zwar auf ältere Vorläufer, war aber erstmals angelegt für Lernende mit deutscher Muttersprache. In seinem Hauskalender hielt Aventin seit 1509 mit knappen Worten wichtige Begebenheiten und Beobachtungen, manchmal auch nur seinen Aufenthaltsort, fest. In jenem Jahr vermerkte er auch, dass er zum Präzeptor der Prinzen Ludwig und Ernst von Bayern berufen wurde und diese in Burghausen unterrichtete.296 Aus den laufenden Eintragungen geht hervor, dass er zeitweise allein oder gemeinsam mit seinen Zöglingen nach München und Landshut reiste. Der Unterrichtsalltag lässt sich allerdings kaum fassen, bis auf den Umstand, dass er durch Zeiten des Mahls und des Gebets unterteilt war.297 Für den Monat Mai 1513 gibt es einige schwer lesbare Aufzeichnungen darüber, dass Schriften des Aristoteles behandelt wurden.298 In jenem Jahr unterrichtete Aventin allerdings nur noch den Prinzen Ernst, der weiterhin für die geistliche Laufbahn vorbereitet wurde und den er 1515 und 1516 zum Studium nach Italien bzw. nach Ingolstadt begleitete.299 Zur Anwendung kamen freilich nicht nur Sprachlehrbücher und Textsammlungen, sondern auch Chroniken, Rechtsbücher und Fachbücher über die Jagd oder die Kriegskunst. Von den letzteren haben die Fechtbücher bislang die größte Aufmerksamkeit bekommen.300 Nirgends ist der Siegeszug des Buches als Wissensspeicher besser zu erkennen, als an der Tatsache, dass selbst Fechtmeister ihre lange Zeit nur persönlich 293 294 295 296

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Beide Werke sind ausführlich besprochen bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 517–531. Kritische Ausgaben in: Aventinus, Werke, Bd. 1, S. 373–580 und S. 581–602. Vgl. SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 31 f.; SCHMID, Aventinus, S. 17–19. Aristoteles, Politik, Buch 8, Kap. 5–7; Piccolomini, De liberorum educatione, S. 989 f. Aventinus, Werke, Bd. 6, S. 1–51, hier S. 13 f. (1509). Aventins Hauskalender enthält Eintragungen aus dem Zeitraum von 1499 bis 1531, doch sind die Ereignisse der Jahre vor 1509 nachträglich aus dem Gedächtnis aufgeschrieben. Siehe SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 30. Mehr lässt auch die Hofordnung von 1509 nicht erkennen. LILIEN, Auszug, S. 435; SCHMID, Aventinus, S. 14 f. Aventinus, Werke, Bd. 6, S. 26 (1513 Mai 1, 6 und 8). Oder vermerkte Aventin hier seine eigenen Studien? Vgl. ebd., S. 32 (1519 April 4). NEUDEGGER, Personaletats, S. 87; SCHMID, Aventinus, S. 15. WIERSCHIN, Kunst; HILS, Kunst; DERS., Handschriften.

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II. Quellensuche

weitergegebenen Kenntnisse zu Papier brachten. Ältere Handschriften bringen lediglich einen Text, doch bald entstanden auch Bilderhandschriften.301 Die Anschaffung von Lehrbüchern taucht manchmal in Hofrechnungen auf, am häufigsten die überall gebräuchlichen Lateinbücher, die „Ars de octo partibus orationis“ des Aelius Donatus, das „Doctrinale puerorum“ von Alexander de Villadei und die „Summulae logicales“ von Petrus Hispanus. In Hofrechnungen finden sich außerdem Angaben über die Entlohnung von Zuchtmeistern und Präzeptoren und die Anschaffung von Spielzeug. Erschwert wird die Auswertung solcher Quellen aber nicht allein durch die lückenhafte und oftmals zufällige Überlieferung, sondern vor allem dadurch, dass die Angaben nicht immer vollständig oder bestimmte Teile der Hofhaltung ausgenommen sind.302 Aus Inventaren des 16. Jahrhunderts ist unter Umständen zu erfahren, wie die Gemächer eingerichtet waren, in denen Fürstenkinder lebten. Interessant sind hier vor allem Hinweise auf die Ausstattung mit Bilderschmuck. In der jungen herrn stuben des Schlosses Hartenfels in Torgau befanden sich 1547 bei der Übergabe an Herzog Moritz von Sachsen insgesamt sieben Bildnisse von Fürsten, Grafen und Herren, eine Ansicht von Wolfenbüttel und sechs biblische Darstellungen, aber auch ain tafel, dorauf etlich fechter.303 Auch wenn sich hier kein vollständiges Bildprogramm erkennen lässt, so umrahmten die genannten Darstellungen doch die Lebenswelt der sächsischen Prinzen: Dynastie, Glaube und ritterliche Lebensart. Zahlreiche Fabel- und Historienbilder sowie Fürstenbildnisse sollen nach einer Beschreibung des Jahres 1508 auch die Räume des Wittenberger Schlosses geschmückt haben.304 In der Aufzählung des humanistisch gebildeten Verfassers scheint ein Bildprogramm auf, das sich um Tugenden und Laster dreht, aber kaum einen tatsächlichen Zustand als vielmehr die Vorstellungen einer vorbildlichen Schlossausstattung widerspiegeln dürfte.305 Der Raum sollte den Menschen belehren.306 Das wird deutlich. In der Reformationszeit wird der Schlossbau geradezu ein „in Stein gesetzter Fürstenspiegel“.307 Die Raumgestaltung, ob in Schlosskirche, 301

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Siehe etwa das dem Pfalzgrafen Ludwig gewidmete Fechtbuch des Paul Kal, München, Bayerische Staatsbibliothek, Cod. germ. Mon. 1507 [vor 1479]. SCHNEIDER, Handschriften, Bd. 5,6, S. 190–192. In einer Auflistung des Amtpersonals der Burg Leisnig aus der Zeit um 1450, als sich dort die Töchter des sächsischen Kurfürsten aufhielten, ist ausdrücklich vermerkt: Czu mercken, das die freuchen mit den yren, die bey in sin, hirin nicht geczogen sin. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 110, Bl. 7v; STREICH, Lebensbedingungen, S. 61, Anm. 67. MARX/VÖTSCH, Schlossinventar, S. 261; MARX, Kunst und Repräsentation, S. 22. Siehe zur Raumnutzung im Torgauer Schloss in der Mitte des 16. Jahrhunderts, HOPPE, Schloßbau, S. 137– 238. Meinhardi, Dialogus, bzw. TREU, Meinhardi, Kap. 8. Vgl. BIERENDE, Cranach, S. 179 f. Siehe zu den Malereien des Schlosses Runkelstein in Tirol im Zusammenhang mit der Erziehung Maximilians I.: MÜLLER, Kaiser Maximilian I.; DIETL, Bilder. FREITAG, Familienbewußtsein, S. 225.

7. Sachquellen

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Hofstube oder Schlosshof, begleitete die höfische Unterweisung, ohne dass die Wirkungen genau zu messen wären. Im Torgauer Schlossinventar sind auch die Räume des jüngsten Prinzen berücksichtigt. In ihnen befanden sich unter anderem zwei Clavichorde, der Harnisch und ein hölzernes Pferd.308 An den Wänden hingen bis 1547 zwei Bilder mit biblischen Darstellungen, eine Stadtansicht und zwei Bildnisse des Fürstenkindes selbst. Solche Kinderbildnisse waren an deutschen Fürstenhöfen erstmals um 1500 in Auftrag gegeben worden. Die Ursache dafür wurde darin gesehen, dass Prinzen und Prinzessinnen zu jener Zeit bereits in sehr jungen Jahren Heiratsverbindungen eingehen mussten.309 In der Hoffnung, standesgemäße Heiratspartner zu finden, wurden daher Bildnisse angefertigt und an fremden Höfen gezeigt. Doch sicher gab es neben den politischen und repräsentativen auch emotionale Gründe, fürstliche Kinder malen zu lassen. In einer Zeit, in der auch die höfische Gesellschaft ständig durch Krankheiten bedroht war, in der Fürstenkinder bewusst vom Haupthof getrennt lebten, um sie keiner Gefahr auszusetzen,310 werden die fürstlichen Verwandten sich nach lebensnahen Bildnissen gesehnt haben, nachdem sich die porträthafte Darstellung gegen die lange vorherrschende Darstellung von Typen durchgesetzt hatte. Margarethe von Österreich (1480–1530), Tochter Kaiser Maximilians, besaß, wie aus erhaltenen Inventaren hervorgeht, außerordentlich viele Bildnisse von verwandten und bekannten Fürsten, darunter zahlreiche Kinder.311 Außer mit Kunstsinn lässt sich die Sammelleidenschaft der selbst kinderlos gebliebenen Erzherzogin nur mit der Zuneigung erklären, die sie zu ihren Nichten und Neffen empfand. Vor allem die Einzelbildnisse, die miteinander verbunden wurden oder Bildtafeln, die mehrere Kinder zeigen, dürften nicht allein für den Heiratsmarkt bestimmt gewesen sein.312 Um 1500 ließen sich Fürstenfamilien auch als Heilige Sippe darstellen, vornehmlich durch niederländische Maler und die Cranach-Werkstatt. Dieses Bildmotiv, das zu Beginn des 15. Jahrhunderts aufkam, ermöglichte es, das familiäre Umfeld eines Fürsten lebensnah abzubilden und religiös zu überhöhen.313 Es diente der dynastischen Erinnerung und machte verwandtschaftliche Bindungen sichtbar. Besonders die Cranachbilder zeigen gleichzeitig unverkennbare Szenen aus dem höfischen Erziehungsalltag. Bereits

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MARX/VÖTSCH, Schlossinventar, S. 263. GLÜCK, Kinderbildnisse, S. 231 f. NOLTE, Körperlichkeit, S. 56; DIES., Familie, Hof und Herrschaft, S. 213–215. Siehe das Inventar von 1516 bei LEGLAY, Correspondance, Bd. 2, S. 479–484; ausgewertet von GLÜCK, Kinderbildnisse. Die meisten dieser Gemälde sind heute verloren. Vgl. GLÜCK, Kinderbildnisse, S. 233; ULBRICHT, Einstellungswandel, S. 178–183. Im Originalrahmen erhalten sind die verbundenen Bildtafeln des zweieinhalbjährigen Erzherzogs Karl von Österreich (1500–1558) und seiner Schwestern Eleonore (1498–1558) und Isabella (1501–1526) im Kunsthistorischen Museum Wien (Inv.-Nr. 4452). SEIPEL, Prinzenrolle, Kat.-Nr. 1.7, S. 30–32. SCHULTZ, Iconographische Studien, Sp. 318; MAYER, Bernhard Strigel, S. 10.

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II. Quellensuche

in der älteren Buchmalerei gibt es eine Reihe von Szenen, die in den Zusammenhang höfischer Erziehung gehören, aber noch nicht zielgerichtet ausgewertet sind.314 Die Quellen über die Erziehung am Fürstenhof fließen reichlicher, je mehr sich das Idealbild des Fürsten weg vom kriegerisch-kämpfenden, hin zum friedlich-haushaltenden Herrscher wandelte.315 Die Geldnot, durch die sich die deutschen Fürsten seit dem 15. Jahrhundert bedrängt sahen, hatte zur Folge, dass bei Hofe mehr gerechnet werden musste. Das „Handbüchlein zur Haushaltung“ des Fürsten Magnus von Anhalt aus dem Jahre 1484, das die anhaltischen Fürsten noch bis weit ins 16. Jahrhundert zu Rate zogen, weist in diese Richtung.316 Für den Zeitraum zwischen 1450 und 1550 steigen die Aussichten, den Quellen, die ein Bildungsideal entwerfen, auch Quellen gegenüberstellen zu können, die näher an den Alltag höfischer Erziehung heranführen. Neben Rechnungen und Erziehungsvorschriften gehören dazu vor allem persönliche Briefe, die leider nur zu einem geringen Teil gedruckt vorliegen und noch längst nicht in der Weise erschlossen sind, wie es zu wünschen wäre. Das eigentliche Unterrichtsgeschehen oder all das, was durch Zuschauen und Nachahmen erlernt wurde, wird sich quellenmäßig zwar kaum fassen lassen, doch ist es in jedem Fall ratsam, eine Untersuchung auf die Grundlage unterschiedlicher Quellen zu stellen, um nicht länger nur hochbegabte Fürsten, dünkelhafte Höflinge und ungehobelte Rittersleute vorgeführt zu bekommen.

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Ansätze finden sich bei ALT, Bilderatlas, Bd. 1, S. 146–161; PASTOUREAU, Embleme; KECK, Bildgeschichte. Vgl. SPANGENBERG, Territorialwirtschaft, S. 82 f. LHASA Dessau, GAR III, 233, 1. 2; SCHRECKER, Beamtentum, S. 110 und 116 f.; SPECHT, Amtsregister, Teil 1, Einleitung S. 14.

Lernen aus Büchern

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Abb. 7 Unterricht der weltlichen Kurfürsten Illustration zum 31. Kapitel der Goldenen Bulle in der Handschrift für König Wenzel, um 1400. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 338, Bl. 46rb. Die Miniatur zeigt einen geistlichen Lehrer, der vier Knaben unterrichtet, die jeder ein aufgeschlagenes Buch in Händen halten und darin lesen. Eine handschriftliche Anweisung für den Illuminator am rechten Rand der Seite lautet: hic docentur filii electorum diversa ydyomata. Dargestellt ist also, wie die Söhne der weltlichen Kurfürsten die wichtigsten Sprachen lernen, die im Reich gesprochen werden, so wie dies im 31. Kapitel der Goldenen Bulle gefordert wird.

Abb. 8 Erzherzog Maximilian von Österreich lernt lesen Anfangsseite aus dem Lehrbuch, das der Wiener Bürger Stephan Heuner 1466 für den Erzherzog Maximilian als Geschenk anfertigen ließ. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2368, Bl. 2r. Die Initialminiatur zeigt einen Knaben, der gemeinsam mit seinem geistlichen Lehrer in einem Buch liest. Die reich illuminierte Buchseite beginnt mit dem Alphabet und dem Vaterunser in lateinischer Sprache.

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Lehrer und Schüler bei Hofe

Abb. 9: Aristoteles als Lehrer Alexanders Miniatur des Meisters François in einer französischen Übersetzung von „De civitate dei“ (Buch 8, Kap. 12), um 1480. Das Werk des Augustinus wurde von Raoul de Presles für Jacques d’Armagnac (gest. 1477), Herzog von Nemours, und Philippe de Commines (1447– 1511) übersetzt. Den Haag, Museum MeermannoWestreenianum, 10 A 11, Bl. 377v. Alexander von Makedonien ist durch Körpergröße, Kleidung und Krone als jugendlicher König gekennzeichnet. Aristoteles sitzt zum Zeichen seiner Lehrautorität in einer Kathedra, trägt aber einen Turban, der ihn als „heidnischen Meister“ ausweist.

Abb. 11: Der weise Mann und das Kind Illustration zum „Wälschen Gast“ des Thomasin von Zerklaere (gest. 1238), 1460. Dresden, Sächsische Landesbibliothek, Mscr. Dresd. M.67, Bl. 9vb. Beschriftung: Das kint: Secht ir das maister. – Der weisman: Ich sihe es wol.

Abb. 10: Adliger Schüler mit Lehrer Holzschnitt aus: Robertus de Euromodio, Cato moralissimus, Deventer 1497. Die Darstellung stammt aus einer gedruckten Ausgabe der Sprüche des Cato, die das gesamte Mittelalter hindurch für den lateinischen Elementarunterricht genutzt wurden. Der links im Bild zu sehende Schüler ist durch Körperhaltung, Kleidung und Schwert als Angehöriger des Adelsstandes ausgewiesen.

III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

1. Junge Menschen am Hof Als der spätere Kurfürst Friedrich III. von Sachsen seinen ersten öffentlichen Turnierkampf bestritt, soll eine alte Frau gerufen haben: Ach, was zeihen sie das jung kind.317 Während sich also der junge Fürst kampfbereit fühlte, hielt ihn die Zuschauerin, die vielleicht nur aussprach, was auch andere dachten, für zu jung. Dieser Vorfall soll Friedrich sehr verdrossen haben. Er deutet darauf hin, dass das Alter eines Fürsten von Belang war und dass die Entwicklung eines jungen Adligen aufmerksam verfolgt wurde. Wie alt Friedrich zu diesem Zeitpunkt war, wird nicht mitgeteilt. Er könnte sechzehn Jahre oder bereits älter gewesen sein.318 Der Begriff „Kind“ war um 1500 recht vielschichtig. In der Regel bezeichnete er zwar einen Mann oder eine Frau in jungen Jahren, doch war das Alter allein nicht entscheidend. Selbst nach dem Ritterschlag oder nach der Hochzeit konnten junge Männer noch als Kinder bezeichnet werden. Auch die adligen Jungfrauen im Dienste der Fürsten und die jungen Edelleute im Gefolge der Fürsten und Ritter wurden Kinder genannt.319 Kinder waren demnach all jene, die nicht im vollen Umfang für ihr Handeln verantwortlich waren. Dass der Mensch verschiedene Lebensphasen durchläuft und die Kindheit in ein Jugendalter übergeht, war fest im Bewusstsein verankert. Nach dem Vorbild des Altertums teilte man auch im Mittelalter die Jahre des Heranreifens in Kindesalter (infantia), Knabenalter (pueritia) und Jugendalter (adolescentia), in denen mit jungen Menschen unterschiedlich umgegangen werden musste. Theoretisch umfassten diese drei Altersstufen jeweils sieben Jahre, doch war dies nur eine allgemeine Richtschnur, denn allzu

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NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 52 und 23. Friedrichs Onkel Herzog Albrecht von Sachsen nahm mit sechzehn Jahren an einem Turnier in Pirna teil, bei dem er sich ernsthafte Verletzungen zuzog. Monachus Pirnensis, Sp. 1449; LANGENN, Albrecht, S. 12 f. GRIMM, Wörterbuch, Bd. 11, Sp. 711.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

offensichtlich war es, dass die Entwicklung unterschiedlich schnell verlaufen konnte.320 Verfasser pädagogischer Schriften forderten früh, die Unterweisung an das jeweilige Alter und die spätere Aufgabe anzupassen.321 Insbesondere humanistische Autoren machten sich für eine kindgemäße Erziehung stark.322 Aus der Feder des fränkischen Ritters Hieronymus Schenck von Siemau (gest. 1527) stammt ein Erziehungstraktat, das von solchen Vorstellungen durchdrungen ist.323 In seiner „Kinderzucht“ empfiehlt er bei der Erziehung geduldig und sanftmütig zu sein und die Ausbildung von Leib und Seele gleichermaßen zu fördern. Der Titelholzschnitt zeigt den Verfasser in Rüstung kniend und die Hände zum Gebet gefaltet. Helm und Schild hat er abgelegt, doch sein Schwert ist noch immer umgegürtet.324 Welch Bild eines wehrhaften und demütigen Ritters, der junge Adlige behutsam an ihre Aufgaben heranführen will. In der Forschung wurde einige Zeit davon ausgegangen, im Mittelalter seien Kleinkinder und Heranwachsende, entweder sich selbst überlassen oder sofort in die Welt der Erwachsenen einbezogen gewesen. Die Abgrenzung der Welt der Kindheit von der Welt der Erwachsenen galt als eine Errungenschaft der Neuzeit, ja selbst die Liebe der Mutter zu ihren Kleinkindern.325 Diese Vorstellungen sind mittlerweile widerlegt,326 insbesondere für die Welt des Adels und des Hofes.327 Bis zum siebten Lebensjahr lebten adlige Kinder im Frauenzimmer, wo auf ihre kindlichen Bedürfnisse Rücksicht genommen wurde. Mit dem Erreichen des Knabenalters oder wenn ein Kind für geschickt befunden wurde, sollte es einerseits stärker körperlich gefordert und andererseits auf den Weg der Tugend gebracht werden.328 Gleichzeitig wurde betont, wie wichtig es sei, Kinder so früh wie möglich zu erziehen, wenn sie noch biegsam seien und ohne Weiteres glauben, was ihre Erzieher ihnen sagen.329 Auch nach dem Erreichen der Volljährigkeit, meist mit dem 21. Lebensjahr, befand sich ein Mensch in einem jugendlichen Alter (juventus). Dieses galt noch immer als 320

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Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 16, S. 331; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 16, S. 267. Siehe zu den Lebensaltern FEILZER, Jugend, S. 120–123; SHAHAR, Kindheit, S. 21–31 und 209–224; PASTOUREAU, Embleme, S. 396–299. LIMMER, Bildungsszustände, S. 13. Erasmus, Institutio, Kap. 1, S. 126–129 und S. 224–227, oder Agricola, Libellus. Siehe PINTHER, „Kinderzucht“, und BRUNNER/SCHMIDT, Löwenhof, S. 98. Abbildung in: MARX/KLUTH, Glaube und Macht, Kat.-Nr. 584, S. 346. SHORTER, Wandel, S. 256: „Die Mutterliebe zu Kleinkindern ist eine Erfindung der Moderne.“ Dagegen schon GUTTENBERG, Einblicke, S. 68: „Von all den Muttertränen berichtet freilich kein Aktenpapier.“ Differenzierter auch TUCHMAN, Spiegel, S. 56 f. ULBRICHT, Einstellungswandel, bes. S. 159–161; ARNOLD, Einstellung; DERS., Kindheit; DERS., Familie, S. 140; CLASSEN, Consequences. WARD, Noblewomen, S. 107. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 16, S. 331 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 16, S. 267. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 5 f., S. 298–303; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 10, S. 260 f.

1. Junge Menschen am Hof

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Zeit der Unvollkommenheit, was in politischen Auseinandersetzungen als Argument gebraucht werden konnte. Kurfürst Joachim von Brandenburg und sein Bruder Albrecht führten Streitigkeiten, die zwischen ihnen entstanden waren auf unbedacht der jugend und ander beweglichkeit zurück.330 Ihr Großvater Albrecht hatte seinen 27jährigen Sohn Johann 1482 für zu unerfahren gehalten, um für sich selbst entscheiden zu können, und auf die langjährige Erfahrung verwiesen, die er selbst hatte.331 Bei Verhandlungen um die Bewilligung einer Vermögenssteuer auf dem Landtag in Weimar gab Graf Heinrich XXXI. von Schwarzburg (1473–1528) zu verstehen, er wäre ein junger Graf und kaum erfahren, weswegen er sich noch einmal mit seinem Vetter unterreden wolle. Dies wurde allerdings als Hinhalteversuch gewertet und mit der Begründung abgelehnt, er habe bereits genügend Zeit zur Rücksprache gehabt.332 Als sich die höfische Kultur voll entfaltet hatte, befanden sich an einem fürstlichen Hof zu jeder Zeit mehrere Edelknaben, die ihren Dienst verrichteten und dadurch an die höfische Lebensweise herangeführt werden sollten, und die zum Teil auch unterrichtet wurden. Bereits im 13. Jahrhundert zeichnete sich ein königlicher Hof dadurch aus, dass es dort besonders viele Edelknaben gab, und die Fürsten eiferten dem königlichen Vorbild nach. Gottfried von Berlichingen schätzte, dass es am Hof des Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Ansbach (1460–1536) um 1500 etwa sechzig bis siebzig Edelknaben gab.333 Der Markgraf hatte immerhin neun Söhne. Graf Ulrich V. von Württemberg (1413–1480) warf seinem etwa dreißigjährigen Sohn Eberhard (1447– 1504) vor, mehr Edelknaben und mehr Bedienstete zu haben als der Vater, obwohl er noch nicht zur Herrschaft gelangt war.334 Die Edelknaben zählten zum persönlichen Gefolge des Fürsten bzw. Fürstensohns und hoben sich durch ihre Kleidung von den einfachen Knechten ab.335 Wahrscheinlich schliefen sie zum Teil bis ins 16. Jahrhundert im Gemach ihrer Herrschaft bzw. in unmittelbarer Nähe.336 Mitunter wählte der Fürst aus der Gruppe der Edelknaben auch 330 331

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CDB 3, Bd. 3, Nr. 184, S. 213 (1512 August 22). PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 834, S. 142 (1482 Januar 30): Ir must solch poppen einem fürhalten, der nit groe im part wer und mer gesehen und gehort hett dann ir. Vgl. Albrechts Schreiben vom selben Tag an den Bischof von Lebus, CDB 3, Bd. 2, Nr. 224, S. 276; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, S. 143, Anm. 2. BURKHARDT, Ernestinische Landtagsakten, Bd. 1, Nr. 43 (1495 Juli 20). ULMSCHNEIDER, Götz von Berlichingen, S. 39. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 262, S. 183 (1477 [ca. Oktober 6], Abschrift): Du hast din aigen rett, du hast din aigenn diener unnd hast ain aigen tischdiener unnd hast funff oder sechs edler knaben. Nu han ich ye nit me, wenn minen lannthofmaister Wolffen von Tachennhusen, Conrat vonn Dierberg und funff edler knaben. STREICH, Reiseherrschaft, S. 443; BISCHOF, Erziehung, S. 75. Siehe zur Einkleidung der Edelknaben von Maximilians Gemahlin: Regesta Imperii, Abt. 14, Bd. 2, Nr. 6175 (1498 Mai 16) und 8882 (1498 September 5). Hofordnung des Herzogs Georg von Sachsen, GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 6, S. 495 [1502]: Unnd unnser diener, so uff unnser person bescheyden sein, sollen allezceit in un-

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

eine bestimmte Anzahl aus, denen diese besondere Ehre zuteil wurde.337 Sie gehörten dann zu den wenigen Personen, die auch in Abwesenheit des Fürsten dessen Gemach betreten durften.338 Zugang zum familiären Bereich des Fürsten hatten daneben nur die adligen Kammerjunker. Nach einer wettinischen Hofordnung aus der Zeit um 1480 hatte der Kammermeister darauf zu achten, dass außer dem Kammerjunker niemand sonst in das fürstliche Gemach gelangte.339 Edelknaben hatten unterschiedliche Dienste zu verrichten. Zu ihren Hauptaufgaben zählte es, dem Fürsten oder der Fürstin aufzuwarten und sie bei Tisch zu bedienen.340 Sie begleiteten den Fürsten auf die Jagd und nahmen an Turnieren teil, übernahmen vertrauliche Botengänge und andere kleinere Aufträge, folgten ihrem Herrn aber auch in die Schlacht.341 Ende des 16. Jahrhundert waren sie zudem für Ordnung und Sauberkeit zuständig.342 Ihre ständische Herkunft ist nur schwer zu ermitteln, da in den Quellen, das heißt vor allem in Hofordnungen, Hofrechnungen und Briefen, meist keine vollständigen Namen genannt werden.343 Von den Edelknaben des jungen Erzherzogs Maximilian sind siebzehn namentlich bekannt, weil Kaiser Friedrich ihnen und ihrem Schulmeister Ulrich Ros im Jahre 1467 eine monatliche Zahlung gewährte.344 Sie stammten überwiegend aus den habsburgischen Ländern, doch befanden sich unter ihnen auch ein Graf von Mühlingen, der also aus einem Gebiet an der mittleren Elbe

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serm gemach, darynne wir sein, ader darvor uff uns wartten unnd an unnsers hoffmarschalks lawbe nicht von dannen gehen. Vgl. dazu STREICH, Reiseherrschaft, S. 508. Siehe auch CDB 2, Bd. 2, Nr. 77, S. 92 f. [1470/1473] und NOLTE, Markgräfliche Familie, S. 157 f. Entwurf einer hessischen Hofordnung, um 1530, GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 1, S. 169: 10 edelknaben in die chammer und in marstall, aus denen mage der furst in die chammer nehmen 4 und die andern im stall lassen. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 228 (Hofordnung des Markgrafen Friedrich des Älteren von Brandenburg-Ansbach, 1512): Und in meins gn. Herrn gemach soll itzo in seiner gn. abwesen nymandts dann der Schuster und die edeln knaben in seiner gn. gemach gelassen werden. KERN, Hofordnungen, Bd. 1, S. 235 (um 1480). Vgl. zu den Landgrafen von Hessen und den Herzögen von Braunschweig und Lüneburg: KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 86 (1513) und S. 1 (um 1515). Monumenta Wittelsbacensia, Bd. 2, Nr. 198, S. 57 (Bayerische Hofordnung von 1294); BUCHNER, Quellen, S. 402 (1474); KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 27 f. (Hofordnung des Herzogs Albrecht von Sachsen, [zwischen 1486 und 1490]; MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 516; STREICH, Reiseherrschaft, S. 179 und 444 f. Siehe zur Datierung der Hofordnung RABELER, Lebensformen, Anhang Nr. 21, S. 469–472. 1502 durfte Kaiser Maximilians Gemahlin Bianca Maria nur einen ihrer Edelknaben behalten, während die anderen zum Kriegsvolk gerufen wurden. Regesta Imperii, Abt. 14, Bd. 4, Nr. 16435 (1502 Mai 7). Im Krieg dienten Edelknaben unter anderem als Überbringer von Unterwerfungsangeboten. Regesta Imperii, Abt. 14, Bd. 4, Nr. 19231 (1504 Oktober 17). So etwa am kursächsischen, mecklenburgischen und pommerschen Hof: PISCHEL, Hofordnung, S. 125 (1573); KERN, Hofordnungen, Bd. 1, S. 235 (1574) und ebd. S. 127 (1575). Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 443. CHMEL, Regesta, Bd. 2, Nr. 5207, S. 525 (1467 Oktober 7).

1. Junge Menschen am Hof

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kam, und ein nichtadliger Junge.345 In Maximilians Lebensbeschreibungen spielen die Namen der Edelknaben keine Rolle, sondern es heißt lediglich, er habe in der Kindheit auch mit nichtadligen Altersgenossen (coetanei pueri etiam ignobiles) gespielt, für den Lese- und Schreibunterricht seien ihm aber vornehme Knaben (nobiles pueri) zugesellt worden.346 In England war es bereits im 15. Jahrhundert üblich, dass Bürgerliche an den Höfen erzogen wurden – gegen eine entsprechende Bezahlung.347 Auch an deutschen Höfen konnte einem Fürst als Edelknabe dienen, wer entweder von edler Herkunft oder aber besonders geeignet war. So wünschte der junge Markgraf Philipp I. von Baden (1479–1533) im Jahre 1501 einen edlen oder andern geschickten knaben, der ihm täglich aufwarten sollte.348 Hatte ein Herrscher minderjährige Söhne, so war dies eine Zeit, in der besonderes Augenmerk auf die Erziehung gelegt wurde. Dazu gehörte ganz selbstverständlich, dass der junge Fürst Edelknaben zugewiesen bekam. In Bezug auf Erzherzog Maximilian wird deutlich gesagt, dass ihm diese Edelknaben zugeordnet waren, mit sampt ime zu lernen, und auf ine zu warten.349 Ähnlich lautet es auch für Graf Ulrich von Württemberg.350 Aus einer bayrischen Hofordnung des Jahres 1514 geht hervor, dass dem Zimmer des jungen Herzogs Ernst von Bayern (1500–1560) der Hofmeister Erhard Muckenthaler, der Präzeptor Magister Johann Müller, ein Türhüter, sieben Edelknaben mit ihrem eigenen Erzieher, ein Kämmerer und einige Diener zugeordnet waren.351 Da die Edelknaben hier einen zusätzlichen Erzieher hatten, stellt sich die Frage, wie sehr der Fürstensohn im Unterricht überhaupt in die Gruppe der Edelknaben eingebunden war. Joseph Grünpeck schreibt über Erzherzog Maximilian, dieser habe sich zunächst im Kinderspiel mit seinen Altersgenossen gemessen und dabei nicht nur das größte Geschick, sondern auch besonderen Ehrgeiz gezeigt, wie sein Vater mit Freude verfolgte.352 Im gemeinsamen Unterricht mit den Edelknaben sticht Grünpecks Maximilian dann ebenfalls durch Auffassungsgabe und Lerneifer heraus, wobei der Verfasser nicht 345 346

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BERGMANN, Erzherzog Maximilian, S. 69 f. und S. 84–86; WIESFLECKER, Maximilian, Bd. 1, S. 73. Grünpeck, Historia, S. 80 und S. 82, bzw. Geschichte, Kap. 20 und 23, S. 36 und 39. Bei Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 58 f., sind es von Anfang an die edelsten und geschicktesten Knaben. Vgl. FICHTENAU, Lehrbücher, S. 7. John Palmer schrieb im Sommer 1444 an seine Mutter Sybil, dass der Gemahl seiner Großmutter die Vormundschaft über ihn übernommen und dem Earl John von Oxford eine beträchtliche Summe Geldes für seine Erziehung gegeben hatte. CARPENTER, Armburgh Papers, S. 184 f.; ARNOLD, Briefe, S. 86 f. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 106 (Hofordnung für Markgraf Philipp I. von Baden, 1501). Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 60. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 4, wo zwölf Gefährten namentlich benannt sind. NEUDEGGER, Personaletats, S. 87; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 28, Anm. 5 und S. 31. Muckenthaler hatte das Hofmeisteramt seit 1504 inne. Magister Johann Müller aus Landsberg war gelehrter Theologe und später Pfarrer und geistlicher Rat. Grünpeck, Historia, S. 80 f., bzw. Geschichte, Kap. 20, S. 36.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

verschweigt, dass einige erzählen, der Erzherzog habe seine Mitschüler Dummköpfe und Tölpel genannt, wenn sie beim Lernen nicht mit ihm mithalten konnten.353 Im „Weißkönig“ ist von solchem Verhalten keine Rede, stattdessen wird behauptet, Maximilian habe stets Frieden unter seinen Edelknaben gestiftet.354 Aus diesen offenkundig zurechtgerückten Schilderungen wird immerhin deutlich, dass der junge Fürst unter den Edelknaben eine bevorzugte Stellung einnehmen sollte. Eine Abbildung zum „Weißkönig“ zeigt den Erzherzog wie er gemeinsam mit drei weiteren Knaben in einem Raum unterrichtet wird.355 Alle vier halten sie ihr eigenes Buch in den Händen, doch Maximilian sitzt von den anderen getrennt auf einer Bank, in unmittelbarer Nähe zum Lehrmeister, der ihm besondere Aufmerksamkeit schenkt. Dieses Bild führt vor Augen, dass die Erziehung des Fürstensohns zwar in einer Gruppe erfolgte, der Fürst aber im Mittelpunkt stand, wenngleich die besondere Zuwendung des Lehrmeisters nicht so recht zu Maximilians stets betonter Begabung passen mag. In der Gruppe der Edelknaben deutete sich zweifellos der künftige Hof des Herrschers an.356 Sichtbar wird dies auch daran, dass die Söhne von hohen Adligen in der Regel eigene Edelknaben mitnahmen, wenn sie zur Erziehung an einen fremden Hof geschickt wurden.357 Laetitia Boehm hat das Verhältnis von Fürstensohn und Edelknaben auf die Formel gebracht: „Die einen lernen dienen, die anderen herrschen.“358 Doch beschreibt diese Formel das Verhältnis nur unvollständig. Zum einen schuldete auch der Fürstensohn seinen Eltern und denjenigen, die in deren Auftrag seine Erziehung beaufsichtigten Gehorsam. Genau wie die Edelknaben hatte er Anweisungen zu befolgen und bei festlichen Gelegenheiten ehrenvolle Dienste zu verrichten. Zum anderen war die Erziehung in der Gruppe darauf angelegt, miteinander zu wetteifern. In der Gruppe musste sich der Fürstensohn erst behaupten lernen. Die nachträgliche Stilisierung Maximilians scheint gerade auf einen Mangel an Durchsetzungskraft in der Jugend hinzuweisen. Zum dritten gab es die Vorstellung, dass ein Adliger dienen lernen muss, um gerecht herrschen zu können, denn Gehorsam kann nur verlangen, wer selbst gelernt hat zu gehorchen.359 Dies galt im Grundsatz sowohl für die Edelknaben wie für den Fürstensohn, wenngleich es Abstufungen gab, welche Dienste ehrenvoll und zumutbar waren. Deutlich wird dieser Grundsatz, wenn Fürstensöhne zur Erziehung an andere Höfe geschickt wurden. Markgraf Albrecht von Brandenburg ließ 1469 keinen Zweifel daran, dass sein Sohn Johann nicht als Fürst, sondern als Diener und Edelknabe am 353 354 355 356 357 358 359

Grünpeck, Historia, S. 82: Produnt, eum devictos coram magistro commilitones rudes et ignaros frequenter appellasse verbisque gravissime increpuisse, bzw. Geschichte, Kap. 23, S. 39. Treitzsaurwein, Weißkunig, S. 59. Ebd., Abb. 11. Siehe Abb. 13, S. 109. „Hofstaat im Kleinen“ nennen es KRÜGER, Rittertum, S. 307, und BOEHM, Konservativismus, S. 82. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 432. BOEHM, Konservativismus, S. 82. SCHARFENORT, Pagen, S. 5.

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Berliner Hof weilte. Albrechts Bruder sollte den Jungen daher auch als Knaben und nicht als Fürsten behandeln.360 Zu betonen ist an dieser Stelle, dass Johann nicht etwa ein nachgeborener Sohn, sondern der Herrschaftsnachfolger war. Dadurch, dass er bei seinem Onkel erzogen wurde, blieb ihm allerdings erspart, einem fremden Herrn dienen zu müssen. Während Edelknaben sowohl dem Fürsten, seinen Söhnen und der Fürstin zugeordnet waren, dienten Hofjungfrauen vornehmlich den weiblichen Mitgliedern der Fürstenfamilie. Sie halfen ihnen nicht nur beim Ankleiden und anderen Verrichtungen, sondern führten ebenfalls vertrauliche Botengänge aus.361 Auch bei ihnen findet sich also die Verbindung von Dienst und Erziehung. Im Frauenzimmer wurden sie durch die Hofmeisterin und ältere Damen in feinen Sitten und Handarbeiten, aber auch im Lesen und Schreiben unterwiesen. Die meisten Hofjungfrauen stammten aus dem eingesessenen Adel. Die Gräfin Anna von Katzenelnbogen (gest. 1439) nahm um 1410 aber auch die verwaiste Tochter eines Frankfurter Bürgers an ihren Hof, um sie zu einer mayde zu ziehin.362 Dabei ist jedoch nicht klar, ob die junge Frau als einfache Magd oder im Frauenzimmer dienen sollte. In jedem Fall erhob aber die Tante des Mädchens Einspruch und bemühte sich mit Hilfe des Frankfurter Rates um die Rückkehr ihrer Nichte, denn die Entscheidung über deren Lebensweg wollten allein die Vormünder treffen.363 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es im Reich Bemühungen, die Zahl der Edelknaben einzuschränken. In einer Hofordnung, die 1470 für Erzherzog Siegmund von Österreich (1427–1496) angefertigt wurde, findet sich die Empfehlung, von den Edelknaben nur die beiden auszuwählen, die am gefälligsten waren, die übrigen aber wegzuschicken. Der Herzog stimmte diesem Vorschlag offenbar zu und entschied sich für zwei Jungen, deren Namen in der Hofordnung vermerkt wurden.364 Ganz anders Markgraf Friedrich von Brandenburg-Ansbach: Dieser versicherte 1512, die Zahl der Edelknaben seiner Söhne nicht verringern zu wollen, weil er wusste, wie wichtig diese Einrichtung für den Adel war.365 Eine schwer zu fassende, weil uneinheitliche Gruppe stellten auch die Hofjunker dar. Einige von ihnen waren bereits als Edelknaben an den Fürstenhof gekommen, andere kamen erst später hinzu. Oft waren sie dem Fürsten zugeordnet, gewissermaßen als 360 361

362 363 364 365

HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 90, S. 189 (1469 März 3). Siehe zu den Aufgaben der Hofjungfrauen am Innsbrucker Hof um 1484: BOJCOV, Zum Frauenzimmer, S. 204–211. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 46: 10 fl. junckfraw Claren ym frawenzcymer zu bottenbrot, das sie m. g. h. des jungen frawleins halben bericht. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 510, S. 342 ([ca. 1410] Juli). Ebd., Nr. 511, S. 342 f. ([ca. 1410] Juli). TLA Innsbruck, Cod. 208, Bl. 26–28; BOJCOV, Sitten, S. 246, Anm. 23. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 228 (Hofordnung des Markgrafen Friedrich von BrandenburgAnsbach, 1512): Doch will mein gnediger her, als vil der edeln knaben jetzo bei den jungen herrn sein, der kein endrung machen, nachdem sein fürstlich gnad des adels aufenthalt und spital ist. Vgl. NOLTE, Familie, Hof und Herrschaft, S. 217 f.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Kammerdiener oder Leibgarde. Sie standen eine Stufe über den Edelknaben, wurden aber noch nicht als Herren bezeichnet.366 Im Gegensatz zu anderen Hofdienern sollten sie keinen Sold erhalten,367 was jedoch nicht heißen muss, dass diese unverheirateten jungen Männer ein „adeliges Hofproletariat“ darstellten.368 Vielmehr befanden sie sich in Wartestellung bis ihnen Ämter oder militärische Aufgaben zugewiesen wurden.369 Zu jung, um ein Hofamt zu erhalten, zu alt, um mit den Edelknaben erzogen zu werden, aber immer noch Lernende, beteiligten sie sich an Turnieren und Jagdvergnügen, verwahrten Briefe und Wertgegenstände, überbrachten vertrauliche Botschaften, übernahmen den Geleitschutz oder überwachten die Eintreibung von Geldern.370 So nahmen sie bereits Aufgaben wahr, die eng mit der Ausübung von Herrschaft verbunden waren. Verantwortung trugen sie auch, wenn sie herangezogen wurden, die Edelknaben zu beaufsichtigen, und darauf zu achten hatten, dass diese sauber gekleidet waren und die höfischen Umgangsformen lernten.371 Wie die Edelknaben unterschieden sich die Hofjunker durch ihre Nähe zum Herrn, denn es war ein Unterschied ob ein Adliger als Kammerjunker oder als einfacher Reiter diente. Die Stellung des Kammerjunkers war dem Adel vorbehalten und entwickelte sich im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer Ehrenstellung, während die eigentlichen Dienste um die Person des Fürsten zunehmend durch untergeordnete Kammerdiener oder Kammerknechte verrichtet wurden.372 Die Erziehung der unehelichen Kinder des Adels lässt sich quellenmäßig noch schlechter fassen als die der erbberechtigten Abkömmlinge, doch wo sie beobachtet werden kann, bieten sich wichtige Einblicke. Allgemein gilt, dass diese Kinder vor allem in einer geistlichen oder militärischen Laufbahn eine Möglichkeit fanden, sich selbst zu behaupten.373 Johann von Moosburg (gest. 1409), der außereheliche Sohn des Herzogs Stephan III. von Bayern (1337–1413), der 1381 Dompropst zu Freising und drei Jahre später Bischof von Regensburg wurde, studierte in Bologna Theologie und Kirchenrecht.374 Johann Grünwalder (gest. 1452), Sohn des bayrischen Herzogs Jo366 367

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Vgl. Peter THORAU, Art. Junker, in: Lexikon des Mittelalters 5 (1999), Sp. 811. KOTELMANN, Finanzen, S. 14. Im Jahre 1479 wurde der pommersche Hof mit Hilfe des Hofmeisters Werner von der Schulenburg und des Kanzlers Jürgen Kleist neu geordnet. Beide empfahlen dem Fürsten, er solle nicht so sehr junge gesellen, sonder fulkhomen erwachsene lewte von adel, die sich anderswor in dinsten und kriegen versucht hetten, annehmen und denselben auch Sold geben, domit sie seine diener und nicht seine juncker weren. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 11, S. 185 f. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 433, gegen PLODECK, Hofstruktur, S. 60. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 429. Vgl. GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 1, S. 168–172; STREICH, Reiseherrschaft, S. 435 f. Stettiner Hofordnung von 1560, TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 8, Anm. 19. GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 1, S. 170 f. Vgl. SCHMUGGE, Kirche, Kinder, Karrieren; zum Hochadel bes. S. 227–241. FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 140 f. und 395; KNOD, Index, Nr. 173, S. 26 f.; MEICHELBECK, Historia episcoporum Frisingensium, Bd. 2, S. 240; RIEZLER, Geschichte Bayerns, Bd. 3, S. 111; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 19; GATZ, Bischöfe 1198–1448, S. 633 f.

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hann II. (1341–1397) mit einer Münchner Schneiderstochter, wurde später zum Bischof von Freising gewählt.375 Benannt nach seinem Geburtsort, dem Jagdschloss Grünwald bei München, dürfte er dort auch die ersten Jahre der Kindheit verbracht haben, bevor er im Kloster Indersdorf erzogen wurde. Oftmals erhielten uneheliche Fürstenkinder eine gründliche Ausbildung, denn dadurch stiegen ihre Aussichten trotz des „Geburtsfehlers“ Karriere zu machen. Dennoch wurde diesen Kindern mehr abverlangt als den erbberechtigten Nachkommen. Ludwig von Riggershofen, ein unehelicher Sohn Ludwigs des Bayern (1281/1282–1347), bekam die Burg Riggershofen von seinem Vater nicht allein aus väterlicher Gnade und Treue verliehen, sondern vor allem wegen seiner geleisteten Kriegsdienste.376 Offensichtlich bedurfte es einer besonderen Begründung. Herzog Philippe III. von Burgund (1396–1467) gab seinen drei unehelichen Söhnen einen Erzieher, der als maistre des bastards de monseigneur bezeichnet wurde. Dieser Antoine Haneron (gest. 1490) wurde später auch mit der geistlichen Erziehung des Erbprinzen Karl (1433–1477) beauftragt.377 Von den außerehelichen Söhnen des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz (1425–1476), Friedrich und Ludwig, heißt es ausdrücklich, sie seien in allen dugenten ertzogen von jugent uff und mit grosser forcht zu der lernung gehalten worden.378 Als der Pfalzgraf 1471 von einem Kriegszug heimkehrte, empfingen sie ihn mit einem lateinischen Lobgedicht.379 Es scheint üblich gewesen zu sein, dass uneheliche Adelskinder einige Zeit am Hofe ihrer Väter verbrachten, auch wenn sie die geistliche Laufbahn einschlagen sollten. Herzogin Elisabeth von Bayern (gest. nach 1439), die selbst nicht ehelich geboren war, bat ihren Schwager Herzog Wilhelm III. (1375–1435) im Jahre 1433, ihrem unehelichen Neffen, Dietrich von der Mark, ein geistliches Lehen in Köln oder Maastricht zu besorgen und ihn solange an seinen Hof zu nehmen.380 Herzog Adolf von Jülich und Berg (gest. 1437) bekundete, dass er seinen unehelichen Sohn gern einige Zeit bei sich gehabt hätte, wenn er nur früher von dessen Existenz gewusst hätte.381 Erzherzog Siegmund von Österreich (1427–1496) ließ seine nicht ehelich geborenen Söhne standes-

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381

KNOD, Index, S. 26 f.; KÖNIGER, Johann III. Grünwalder; MEUTHEN, Johann Grünwalder; GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 246 f. ÖFELE, Rerum Boicarum scriptores, Teil 2, S. 174 f. (1332 November 15). STEIN, Un diplomate; KRUSE, Hof, S. 169 f.; SCHMUGGE, Kirche, Kinder, Karrieren, S. 228. Matthias von Kemnat, Chronik, Kap. 86, S. 69; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 15. Ebd. Herzogin Elisabeth von Bayern an Herzog Wilhelm von Bayern, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Nr. 42, S. 34 ([1433] Januar 4) und Nr. 44, S. 36 ([1433] Juni 4): […] und in so lang pey eur lieb behalten wil, piz daz im gehulfen werd. Kaplan Tibrant an Herzog Adolf von Jülich und Berg, PAULS, Übersendung, S. 82, und danach STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 46, S. 38 (1434 Juni 23): […] hadde he gheweten, dat tet also waer gheweest, hi soude bi ju ghebleven hebben een wijl tiits.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

gemäß versorgen382 und in den Dienst fremder Herren schicken, doch nicht um sie vom Hof zu entfernen,383 sondern um ihnen ein Fortkommen im Hofdienst zu ermöglichen. Diejenigen, die noch nicht versorgt waren, sollten, wie es in einer Hofordnung allgemein heißt, in ehrbare Dienste gebracht werden, damit sie etwas sehen und lernen konnten, und so lange mit Geld bezuschusst werden wie es nötig war.384 Im höfischen Umfeld war der Makel der unehelichen Geburt erträglicher,385 auch wenn es König Maximilian 1494 ablehnte, sich für Siegmunds Söhne Hieronymus und Konrad einzusetzen.386 Der unverheiratete Kurfürst Friedrich III. von Sachsen pflegte an seinem Hof engen Umgang mit seinen Söhnen,387 während bei den brandenburgischen Kurfürsten lediglich zu beobachten ist, wie sie die aus ihren Liebschaften hervorgangenen Kinder durch Einkünfte absicherten.388 Fürstenkinder wuchsen in der Regel zunächst am Hof ihrer Eltern auf. Seit dem 15. Jahrhundert ist allerdings häufiger zu beobachten, dass Prinzen ab einem bestimmten Alter vom Haupthof getrennt wurden.389 Wahrscheinlich geschah dies, um sie vor Seuchen und anderen Gefahren für Leib und Leben zu schützen.390 Unklar ist indes, aus welchem Grund der junge Herzog Ludwig von Bayern (1417–1479) bis zu seiner Verheiratung auf dem Schloss Burghausen in strenger Zucht gehalten wurde.391 Er selbst hatte Gerüchte gehört, der Vater wolle ihn vom Hofe fernhalten.392 Ludwigs Sohn Georg (1455–1503) wurde bis zum zwölften Lebensjahr aber ebenfalls in Burghausen

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TLA Innsbruck, Cod. 113, Bl. 87v (1488); BOJCOV, Sitten, S. 274, Anm. 229. So die Deutung von BOJCOV, Sitten, S. 274. TLA Innsbruck, Cod. 113, Bl. 118 (1488): Meins gn. herrn sun. Welche versehen sein sullen heim reyten. Die andern sol man in erber dinst furdern, damit sy ettwas sechen und lernen, und ob not ist, in jerlich ein zuprise geben. Zit. nach BOJCOV, Sitten, S. 274, Anm. 230. Vgl. auch JÄGER, Landständische Verfassung, Bd. 2,2, S. 335, Anm. 3. Auf die Bedeutung des sozialen Umfeldes verweist auch HESSE, Vorgezeichnete Karriere, bes. S. 291 f. Sigmunds Anfrage bei BÖHMER, Regesta Imperii, Abt. 14, Bd. 1, Nr. 2942 (1494 März 4) und Maximilians Antwort bei KRAUS, Charakteristik, Nr. 48, S. 51 (1494 März 11). Vgl. BOJCOV, Sitten, S. 274, Anm. 230; WIDDER, Skandalgeschichten, S. 58. Siehe dazu unten S. 295. SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 210 und 214; Bd. 4, S. 87 und 96–98. Vgl. STREICH, Lebensbedingungen, S. 61. NOLTE, Markgräfliche Familie, S. 156 und 163; DIES., Körperlichkeit, S. 56; DIES., Familie, Hof und Herrschaft, S. 214 f. Aventinus, Annales, Buch 7, Kap. 26, S. 527, bzw. Ders., Bayerische Chronik, Bd. 2, Buch 8, Kap. 126, S. 590 f.: Ist bis in das dreiunddreissigist jar zu Burkhausen im frauenzimmer bei der mueter erzogen worden, hat viel gelitten, grossen mangel an gelt, claidern und pferden gehabt. Ähnlich Ebran von Wildenberg, Chronik, S. 151. Vgl. dazu KLUCKHOHN, Ludwig, S. 29 f., 261 und 383; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 20. Herzog Ludwig von Bayern an Kurfürst Albrecht von Brandenburg, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 62, S. 46 f. (1447 Februar 15); FOUQUET, Fürsten, S. 187 f.

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erzogen, bevor er an den väterlichen Hof zurückkam.393 Möglicherweise handelt es sich hier um eine Gewohnheit, denn auch die Söhne des Herzogs Albrecht IV. (1447–1508) nahmen dort ihren Prinzenwohnsitz. Dahinter kann tatsächlich die Absicht gestanden haben, die Söhne für einige Zeit vom aufregenden Hofleben fernzuhalten. Herzog Albrecht III. von Bayern (1401–1460), soll sogar kurzzeitig überlegt haben, alle seine Söhne im Kloster Andechs erziehen zu lassen, das sy nit also pey der welt aufgezogen werden.394 Zur Ausführung gelangte dieser fromme Wunsch allerdings nicht. Als Orte höfischer Erziehung kamen sowohl weltliche als auch geistliche Höfe in Frage. Kurfürst Philipp von der Pfalz (1448–1508) schickte seine Söhne Ludwig (1478– 1544) und Friedrich (1482–1556) im jugendlichen Alter an die Höfe des Römischen Königs bzw. des Herzogs von Burgund. Seine jüngeren Söhne Heinrich (1486–1552) und Wolfgang (1494–1558) kamen 1506 gemeinsam an den erzbischöflichen Hof in Mainz, um eine geistliche Erziehung zu erhalten.395 Diese Trennung war aber nicht zwingend, denn an geistlichen Höfen war eine ritterliche Ausbildung ebenso möglich. Auch dort gab es Hofämter, die von weltlichen Adligen ausgefüllt wurden, und ritterliche Burgbesatzungen, die sich im Kampf übten.396 Pfalzgraf Friedrich III. (geb. 1515) lebte und lernte nacheinander am herzoglichen Hof in Nancy, am bischöflichen in Lüttich, am königlichen in Paris und am kaiserlichen in Brüssel. Der Hof des Deutschen Ordens in Preußen, der geistliche und weltliche Sphäre in besonderer Weise miteinander verband, zog ebenfalls unzählige junge Adlige an.397 Von größter Anziehungskraft waren freilich die Königshöfe. Dass es Heinrich dem Löwen (gest. 1195) gelungen war, einen jungen Edelmann an den Hof des französischen Königs zu schicken, fand in der Geschichtsschreibung besondere Erwähnung.398 Über die Bemühungen, einen der Söhne des Markgrafen Christoph I. von Baden (1453– 1527) in Paris unterzubringen, ist Näheres aus einem Brief zu erfahren, den ein Unterhändler 1484 an den Markgrafen sandte.399 Herzogin Anne von Bourbon (1460/1461– 1522), Tochter des französischen Königs, hatte sich bereit erklärt, einen der Markgrafensöhne als Edelknaben aufzunehmen. Die Wahl fiel auf Bernhard (1474–1536), von dem der Vater glaubte, er würde am besten die Gunst des französischen Königs erlangen. Der ältere Sohn, Jakob (1471–1511), sollte hingegen mit einer geistlichen Pfründe versorgt werden, vielleicht sogar mit einem Bistum. Durch den Bischof von Metz bekam Markgraf Bernhard einen französischen Edelmann gestellt, der ihm aufzuwarten, 393 394 395 396

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SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 21. WESTENRIEDER, Beyträge, Bd. 5, S. 48; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 23. KLUCKHOHN, Friedrich, S. 3–5; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 27 f. Markgraf Friedrich von Brandenburg ersuchte den Bischof von Würzburg, ihm für ein Turnier, das er in Neustadt an der Aisch ausrichten wollte, alle Hofdiener zu schicken, die ritterspiel treiben. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, zu Nr. 357, S. 204 [1484]. Siehe JÄHNIG, Edelleute. PRUTZ, Kaiser Friedrich, Bd. 3, S. 388; TETZNER, Wissenschaftliche Bildung, S. 24. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 385, S. 259–264 (1484 August 13).

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

ihn zu unterrichten und ihm die höfischen Sitten beizubringen hatte. Von den jungen Edelleuten, die bisher an Bernhards Seite gedient hatten, sollten nur diejenigen nach Frankreich mitziehen, die am fremden Hofe von Nutzen sein konnten. Dem Unterhändler schienen die Junker Reinhart von Windeck, Hans von Berwangen und Erhart Dürlinger geeignet, doch blieb die Auswahl dem alten Markgrafen überlassen. Dieser musste allerdings noch davon überzeugt werden, dass sein Sohn nicht unmittelbar am französischen Königshof erzogen wurde. Eine Erziehung unter der Obhut des Herzogs von Bourbon, der als Schwager des Königs und als Reichsmarschall ständig in der Umgebung des Königs weile, käme aber einer Erziehung am Königshof gleich, meinte der Unterhändler. Wann die höfische Erziehung ihren Abschluss fand, hing vom Willen des Vaters oder des Vormunds sowie von den Aufgaben ab, die ein Herrschersohn zu übernehmen hatte. Landgraf Wilhelm II. von Hessen (1469–1509) verfügte, dass sein Sohn Philipp erst mit dem achtzehnten Lebensjahr mündig sein, aber bereits ab einem Alter von sechzehn Jahren zu Ratssitzungen und Verhandlungen herangezogen werden sollte.400 Einen gewissen Einschnitt gab es meist mit der Verehelichung, die mit der Begründung einer eigenen Hofhaltung verbunden war. Wenn es keine ausführlichen Hofrechnungen, Briefe oder Lebensbeschreibungen gibt, ist der Aufenthalt junger Adliger bei Hofe nur schwer zu verfolgen. Meist handelt es sich um zufällige Nachrichten. Nachdem Kaiser Maximilian den Herzog Ulrich von Württemberg 1503 belehnt hatte, obwohl dieser erst sechzehn Jahre alt war, wies er darauf hin, der Herzog habe einige Zeit am kaiserlichen Hof gedient und sich wie ein gehorsamer Fürst verhalten.401 Dies schien offenbar als Begründung dafür nötig, dass der Herzog vor dem Erreichen der Volljährigkeit aus der Vormundschaft entlassen wurde. Am Ende des 16. Jahrhunderts war es noch immer eine Seltenheit, wenn Edelknaben gewissermaßen ein Dienstzeugnis bekamen. Johann von Ossenbroch, Haushofmeister in Jülich, bat den bayrischen Herzog 1583 schriftlich zu bestätigen, dass er mit seinem Sohn Johann dem Jüngeren, der drei Jahre am Münchner Hof als Edelknabe gedient hatte, zufrieden gewesen war.402

400 401 402

GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, Nr. 1, S. 2–13, hier Art. 35, S. 10. SATTLER, Geschichte, Bd. 1, Beilage 29, S. 86 (1503 Juni 16); Regesta Imperii, Abt. 14, Teil 4, Nr. 17372; WIESFLECKER, Kaiser Maximilian, Bd. 5, S. 14–16. Johann von Ossenbroch an den bayrischen Frauenhofmeister Hans Jakob von Dandorf, LOSSEN, Verheiratung, Nr. 13, S. 46 f. (1583 Januar 15). Der Herzog hatte den einzigen Sohn des Hofmeisters bereits an den Hof in Mantua vermittelt. Von dort wurde der Junge bald an den bayrischen Hof zurückgerufen, weil er krank geworden war und der Vater befürchtete, seinen einzigen Erben zu verlieren. Ebd., S. 2 mit Anm. 2. Siehe zu denen von Ossenbroch OPPENHOFF, Räte, S. 134.

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2. Höfische Erzieher 2.1. Der Fürst und die Fürstin Nach christlichem Verständnis ist der Vater das Haupt der Familie, die von ihm geführt wird und für die er Lehrer, Erzieher und Vorbild im Glauben ist.403 Die Zeugung eines Kindes verpflichtet den Vater zu dessen Erziehung.404 Aus natürlicher Liebe sollte er auf seine Kinder achten.405 Markgraf Albrecht von Brandenburg mahnte daher seinen Bruder Friedrich, Gefahr für Leib und Leben zu meiden, solange seine Kinder noch jung und unerzogen seien.406 Herzog Ernst von Bayern (1373–1438) forderte seinen Sohn Albrecht (1401–1460) im Jahre 1435 auf, alle Sorgen an niemanden anderen als an ihn heranzutragen, denn solange er sich als gehorsamer Sohn erweise, würde er jederzeit väterlichen Rat erhalten.407 Eltern und Kinder sollten einander in gegenseitiger Liebe verbunden sein. Gefühlsmäßige Bindungen hatten also Platz bei Hofe. Der sächsische Amtmann Nikolaus Pflug (gest. 1482) schrieb 1471 an Herzog Albrecht von Sachsen, er würde sich nach neuen Nachrichten sehnen wie die jungen Kinder nach ihrer Mutter.408 Aus Briefen geht deutlich hervor, dass adlige Mütter und vor allem Großmütter ein inniges Verhältnis zu ihren Kindern und Enkelkindern pflegten.409 Die Vielzahl der Kinder, die Schwierigkeiten der Geburt und die hohe Kindersterblichkeit führten keineswegs zu einer allgemeinen Abstumpfung. Der Tod eines Kindes machte fürstliche Väter und Mütter durchaus betroffen.410 Um aber nicht in Schwermut zu verfallen, die anfällig für Krankheiten mache und die Ausübung der Herrschaft behindere, sollte die Trauer möglichst schnell überwunden und der Verlust als Wille Gottes hinge403 404

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Genesis 12,1 und 24,2 ff.; Exodus 21,7; Deuteronomium 23,7; Jesaja 38,19 und 51,2; Sprüche 23,22; Johannes 8,38 ff. Raymund von Pennaforte, Summa de poenitentia et matrimonia, Rom 1603: in prole hoc intellegitur non tantum procreatio prolis, set etiam educatio. Zit. nach ZWICK, Vormoderne, S. 40. MENZEL, Katherina divina, Buch 2, Teil 2, Kap. 1, S. 185: Den vetern geburt, das sie sorgenfeltig sein kegin iren sonen. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 1, S. 289; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 9, S. 260. CDB 3, Bd. 1, Nr. 250, S. 369 (1464 Dezember) und Nr. 333, S. 475 (1468 März 1); RIEDEL, Krankheitszustand, S. 206; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 174; NOLTE, Körperlichkeit, S. 51. Herzog Ernst von Bayern an seinen Sohn Albrecht, STEINHAUSEN, Privatriefe, Bd. 1, Nr. 47, S. 38 f. (1435 Mai 20). SächsHStA Dresden, Loc. 4343, Teil 1, Bl. 16r ([1471 Mai 8], Beizettel): Auch gnediger herre, so uwern gnaden nwe zcytunge qweme, bitten wir uwern gnaden gar demuttiglichen, uwern gnade wolle unns ane schrifft nicht lassen, wenne wir unns darnach senen unnd hoffen als die jungen kinder nach yrer muttern. BOEHM, Anna, S. 81, 88 f. und 92–96; WARD, Noblewomen, S. 100 f.; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 233. GUTTENBERG, Einblicke, S. 68 f.; NOLTE, Körperlichkeit, S. 80 f.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

nommen werden.411 Trotz politischer und dynastischer Zwänge gab es in den ehelichen Beziehungen vielfach Fürsorge, Herzlichkeit und Zuneigung. Es ist von Fürsten zu hören, die ihren Frauen kurz vor der Niederkunft nicht von der Seite weichen wollten und deshalb anstehende Reisen verschoben und sogar die Teilnahme an großen Festlichkeiten absagten.412 Für das Wohl ihrer Kinder, brachte sich manche Fürstin selbst in Gefahr. Als die beiden jungen Markgrafen Joachim und Johann von Brandenburg im Jahre 1523 den König von Dänemark und seine Gemahlin feierlich nach Berlin einholten, wurde Johann von seinem Pferd abgeworfen und blieb im Steigbügel hängen. Aus Sorge sprang seine Mutter überstürzt von ihrem Pferd, verfing sich im Sattel und wäre beinahe erstickt.413 Da ein Fürst idealerweise über mehr Weisheit und Vernunft als andere verfügen sollte, stand es ihm an, größeren Fleiß auf die Erziehung seiner Kinder zu verwenden, damit diese ebenfalls tugendsamer würden als jene, über die sie einmal herrschen sollen.414 Die Sorge für die Erziehung beschränkte sich freilich nicht darauf, dass der Vater den Kindern eine Reihe von Verhaltensregeln gab, die sie befolgen mussten, um den Pfad der Tugend zu beschreiten. Dieser Eindruck kann durch Fürstenspiegel und durch Geschichtswerke entstehen, in denen von Herrschern berichtet wird, welche die Grundsätze ihrer Herrschaft auf einmal an ihre Nachkommen weitergeben. In Wirklichkeit erfolgte das Lernen Schritt für Schritt. So wie der Fürst Sorge für die Erziehung seiner eigenen Kinder tragen sollte, so hatte er die Aufsicht zu führen über die jungen Adligen, die an seinem Hofe lebten und lernten. Außerdem sorgte er für die materielle und rechtliche Absicherung ihres Aufenthalts. Dies ergab sich nicht allein aus verwandtschaftlichem Pflichtgefühl, obgleich die Vorstellungen dadurch geleitet wurden. 1421 versicherte etwa Michael Küchenmeister von Sternberg (1370–1423), Hochmeister des Deutschen Ordens, den meißnischen Fürsprechern des Peter von Schönberg, den er eines Vergehens wegen aus seinen Diensten entlassen musste, er habe den jungen Ritter zu einem geachteten Mann machen wollen und bei Hofe wie einen seiner Verwandten behandelt.415 Als Herzog Johann Friedrich von Sachsen vom Tod seines Amtmannes Johann von Metzsch erfuhr, traf er Bestimmungen über die Absicherung der Witwe und verfügte, dass der älteste 411 412 413 414 415

NOLTE, Körperlichkeit, S. 74 f., mit Quellenbelegen. NOLTE, Körperlichkeit, S. 84. Hafftitz, Microcronicon Marchicum, S. 88. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 2, S. 289 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 9, S. 260. Hochmeister Michael Küchenmeister von Sternberg an Markgraf Friedrich von Meißen und mehrere seiner Räte und Ritter (1421 Februar 25), gedruckt bei FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. A, S. 140: Wir liepten en mit sulchen truwen, das wir einen geachten man us em zu machen arbeiteten. Were er der gebort uns der neheste gewest, wir hetten en erbarlicher und liplicher nicht gehalten mocht, als wir taten. Peter von Schönberg war der Sohn des Hofmeisters Siegfried (gest. vor 1438).

2. Höfische Erzieher

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Sohn seines Getreuen an den Hof genommen und zusammen mit dem jüngsten Prinzen Johann Friedrich III. (1538–1565) erzogen würde.416 Erzbischof Siegmund von Magdeburg versprach 1564 der Witwe seines verstorbenen Kammerdieners, dass er ihren Bruder auf seine Kosten am Hofe erziehen lassen wollte.417 Waren die Eltern frühzeitig verstorben, kümmerten sich in der Regel Verwandte oder andere nahestehende Personen um die nachgelassenen Kinder. Herzog Ernst von Bayern vereinbarte nach dem Tode seines Bruders mit seiner Schwägerin, dass deren einjähriger Sohn die folgenden vier Jahre an seinem Hof in München erzogen werden würde.418 Danach sollte eine neue Einigung erfolgen. Einfluss auf die Erziehung von Verwandten zu nehmen, war im dynastischen Interesse. Hoch wurde Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz gelobt, dass er sich nach dem Tod seines Bruders verpflichtete, dessen knapp einjährigen Sohn Philipp zum Nachfolger zu erziehen und selbst ehelos zu bleiben.419 Innerfamiliäre Gegensätze konnten hingegen schwerwiegende Folgen haben. Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach übernahm 1527, nach dem Tod seines Bruders Kasimir, die Vormundschaft über seinen Neffen Albrecht, so wie es der Familienvertrag von 1507 forderte.420 Markgraf Kasimir hatte die Vormundschaft auf dem Sterbebett jedoch aus religionspolitischen Gründen dem Bruder des Kaisers übertragen. Georg, der bis 1539 keinen eigenen männlichen Nachkommen hatte, nahm den Jungen zu sich, um ihn dem Einfluss der Habsburger zu entziehen. Albrechts Mutter zog sich indessen auf ihren Witwensitz in Neustadt an der Aisch zurück und kehrte dann an den Hof ihres Vaters heim, ohne sich um die Erziehung ihres Sohnes zu kümmern. Aber auch Georg beschränkte die Ausbildung des Jungen auf ein Mindestmaß.421 Der Plan eines Universitätsstudiums wurde offenbar aus Kostengründen fallengelassen.422Auf Anweisung des Onkels wurde Albrecht zwar ganz im Geist des Luthertums erzogen, doch wuchs er nicht in der Ansbacher Residenz, sondern auf der Plassenburg auf. Das Fehlen einer familiären Bezugsperson, wird maßgeblich für sein späteres Verhalten verantwortlich gemacht.423 Der Junge entwickelte sich zu einem ungestümen 416 417 418

419 420 421 422

423

MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 614 (1549 Juli 3). Stadtarchiv Halle, Urkundenabteilung, Nr. 415 (1564 Oktober 27). Ernst verpflichtete sich in demselben Vertrag, die sechs Hofjungfrauen seiner Schwägerin auszustatten, sobald diese heiraten würden. Specimen diplomatarii Boioarici, S. 223 (1436 Mai 11); SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 23. Beheim, Reimchronik, Strophe 187–206, S. 34–37 und 888 f., S. 155. SEYBOTH, Markgrafentümer, S. 410. Siehe zu Albrechts Jugend und Erziehung: VOIGT, Albrecht Alcibiades, Bd. 1, S. 30–51; KNEITZ, Albrecht Alcibiades, S. 26–29; SICKEN, Albrecht Alcibiades, S. 131–134. Herzog Albrecht von Preußen riet Markgraf Georg, seinem Bruder, davon ab, den Neffen in Krakau studieren zu lassen und empfahl ein Studium in Wittenberg, wozu es aber ebenfalls nicht kam. SOMMERFELDT, Beziehungen, S. 107 (1538 Dezember 27); VOIGT, Albrecht Alcibiades, Bd. 1, S. 45–49. SICKEN, Albrecht Alcibiades, S. 132; SEYBOTH, Markgraf Georg, S. 64.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Mann und drängte 1541, kaum dass er die Volljährigkeit erlangt hatte, seinen Onkel zu einer Landesteilung.424 1539 war Georg doch noch ein männlicher Nachkomme geboren worden, wodurch sich Albrechts Aussichten erheblich verschlechtert hatten. Entscheidend für das Auftreten gegenüber seinem Onkel dürfte daher sein Wille zur eigenständigen Herrschaft gewesen sein. Die erzieherische Rolle der fürstlichen Mütter wird meist erst in der Abwesenheit des Gemahls und stärker noch im Falle der Witwenschaft in schriftlichen Quellen greifbar.425 Nicht allein durch ihre Bindung an Ehemänner und Söhne beeinflussten Frauen herrschaftliche Entscheidungen, vielfach hatten sie unmittelbar teil an der Ausübung von Herrschaft, wenn sie die Dienerschaft befehligten und in der Abwesenheit ihres Gemahls dem Hof vorstanden. Als Witwen hatten sie Gelegenheit, politische Entscheidungen zu treffen und in Vormundschaft für minderjährige Söhne übten sie auch landesherrliche Rechte aus. Formal konnten sie zwar nicht ohne einen Vormund handeln, vor allem was militärische Dinge anlangte, doch mussten sie über ein gewisses Maß an Herrschaftswissen verfügen. Ein verantwortungsvoller Fürst tat gut daran, dass seine Ehefrau und seine Töchter eine Vorstellung davon hatten, nach welchen Grundsätzen er Land und Leute regierte, jedenfalls mussten sie in irgendeiner Weise darauf vorbereitet sein, im Notfall herrschaftliche Aufgaben wahrnehmen zu können. In keinem Fürstenspiegel war jedoch zu lesen, wie sie diese Aufgaben bewältigen konnten.426 Erörtert wurde vielmehr die Frage, ob ein Fürst den Rat seiner Frau annehmen soll, wo doch der Rat der Frauen als unvollkommen galt, weil er angeblich ohne langes Abwägen zu Stande käme und Frauen viel zu weichherzig, zu redselig und zu anfällig für Schmeicheleien wären.427 Da aber ein unvollkommener Rat besser sei als gar keiner, könne der Fürst in der Not auch den Rat seiner Frau annehmen, lautete die Empfehlung. Geheimnisse sollte er aber nur anvertrauen, wenn er seine Frau lange genug kannte und für klug und verschwiegen befunden hätte.428 In der Theorie verfolgte die Erziehung der Frauen das Ziel, sie auf ihre Rolle als Ehefrauen vorzubereiten.429 Fürstenspiegelautoren gingen davon aus, dass Frauen von kindlichem Gemüt seien und weniger vernunftbegabt als Männer, lobten aber ihre sittlichen Vorzüge, nämlich Güte, Barmherzigkeit und auch die natürliche Scham.430 424 425

426 427 428 429 430

SEYBOTH, Reichspolitik, S. 78 f. Siehe für das Hochmittelalter: ELPERS, Regieren; DIES., Phänomen; für die Frühe Neuzeit: SCHATTKOWSKY, Witwenschaft, hier vor allem die biographische Skizze zu Anna von Nassau (um 1440–1514). Vgl. KÖLZER, Königtum Minderjähriger, S. 321. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 23 f., S. 283 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 8, S. 258 f. Ebd. BARTH, Jungfrauenzucht, S. 48–61. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 18 f., S. 270–273; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 5, S. 256 f.

2. Höfische Erzieher

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Gleichzeitig warnten sie die Fürsten jedoch vor schamlosen Weibern und den schlechten Eigenschaften der Frauen, nämlich Habsucht und Streitsucht, Weichherzigkeit und Wankelmut, deretwegen eine Frau immerfort zu Keuschheit und Mäßigkeit angehalten werden müsse. Für die Erziehung der Töchter lautete der Rat, sie vor dem Umgang mit Leuten zu schützen, welche sie auf unzüchtige Gedanken bringen könnten. In der Chronistik findet sich das Motiv der herrschsüchtigen Fürstin, die ihre Kinder vernachlässigt. Über die Herzogin Sophia von Pommern (um 1435–1497)431 berichtet der pommersche Chronist Thomas Kantzow (gest. 1542), sie habe sich nicht um die Erziehung ihrer Kinder gekümmert.432 Nachdem ihr Gemahl Erich II. (um 1425–1474) seine Familie während des Krieges gegen den Markgrafen von Brandenburg nach Rügenwalde in Sicherheit gebracht hatte, soll sie sich dem Hofmeister Johann Massow zugewandt haben. Bis zum Tode des Herzogs Erich, der angeblich aus Gram über die Untreue seiner Frau starb, lebte das Fürstenpaar getrennt.433 Während Sophia in Rügenwalde Hof hielt, soll sie ihre Söhne Bogislaw (1454–1523) und Kasimir (1455– 1474) derart vernachlässigt haben, dass diese hungrig und in zerrissenen Kleidern umherlaufen mussten, sich auf den Straßen mit Bürgerkindern rauften und alles andere als höfische Sitten erlernten. Der Bauer Johann Lange, der als ein verständiger und einigermaßen wohlhabender Mann beschrieben wird, soll sich schließlich des verwahrlosten Herzogs Bogislaw angenommen haben, und zwar weil er in dem Jungen noch einen Rest adeligen Gemüts erkannt hatte. Mit seiner Hilfe wurden beide Fürstensöhne standesgemäß eingekleidet. Nach dem Tode ihres Gemahls soll Sophia ihren Söhnen dann aus Herrschsucht nach dem Leben getrachtet haben. Kasimir kam um, doch Bogislaw entging dem Giftanschlag und floh auf Anraten des Bauern Lange zu seinem kinderlosen Onkel Herzog Wratislaw (gest. 1478) nach Stettin. Dieser gab ihm Schwert und Rüstung, damit er der Mutter die Herrschaft entreißen könne. Beim Anmarsch ihres Sohnes floh Sophia mit ihren Wertsachen und dem Hofmeister nach Danzig. Bogislaw musste seine Herrschaft zwar bald gegen äußere Feinde verteidigen, doch später unterhielt er einen so glanzvollen Hof, dass dieser vor khönig Arthus hoff gehalten wart.434 Diese Jugendgeschichte, die vermutlich auf volkstümliche Erzählungen zurückging, war ganz nach dem Geschmack des Chronisten. Ein Herzogssohn, der sich trotz sträflicher Vernachlässigung in der Kindheit zur Herrschaft emporschwang, war der beste Beweis dafür, dass erhaltung und gedeyen der herschafft nicht an menschen fürnehmen oder practiken, sonder allein aus gots willen und gewalt stehet.435 Bogislaw war dem431 432

433 434 435

Siehe zu ihrer Lebensgeschichte WEHRMANN, Herzogin Sophia, S. 135–143. Das Folgende nach Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 10, S. 151 f. und Buch 11, S. 156–162. Vgl. BARTHOLD, Rügen und Pommern, Teil 4, Bd. 1, S. 363–368; WEHRMANN, Pommern, Bd. 1, S. 227 f. Wahrscheinlicher ist, dass Erich an einer Seuche starb. WEHRMANN, Herzogin Sohia, S. 142. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 11, S. 189. Vgl. SCHMIDT, Schulenburg, Teil 2, S. 108. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 11, S. 155.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

nach zur Herrschaft bestimmt gewesen. Bei Raufereien mit Bürgerkindern, so heißt es, habe er sich besser zu behaupten gewusst als sein Bruder Kasimir. Er war vorsichtig genug, dem Giftanschlag seiner Mutter zu entkommen, und folgte dem Rat des rechtschaffenen Bauern, der letztlich dafür sorgte, dass die Herrschaftsordnung nicht aus den Fugen geriet. Das edle Gemüt des Herzogssohns war so unerschütterlich, dass er sich 1485 mit seiner Mutter Sophia versöhnte, weil sie immerhin seine Mutter war, die er zu ehren hatte.436 Die Geschichte, die ohnehin wenig glaubhaft scheint, lässt sich durch urkundliche Zeugnisse widerlegen.437 Dennoch fand sie weite Verbreitung, nicht zuletzt weil sie den Glauben nährte, dass Edelmut und Tugend eines Fürsten angeboren sind und zur gerechten Herrschaft führen. Der Chronist selbst beruft sich auf die Erzählungen der Alten und beansprucht besondere Glaubwürdigkeit, indem er sich unvoreingenommen gibt und die Laster des Herzogs nicht verschweigt.438 Tatsächlich aber geschieht durch seine Darstellung nicht nur der Herzogin Sophia unrecht, sondern sie entstellt auch die Geschichte der Erziehung und der Herrschaftsübernahme des Herzogs Bogislaw. Es ist anzunehmen, dass sowohl Bogislaw als auch Kasimir eine zeitlang am polnischen Königshof erzogen wurden. Bereits 1466 fragte Herzog Erich beim König von Polen an, ob Bogislaw als Diener aufgenommen werden könne.439 Jan Długosz, der als einziger Chronist davon zu berichten weiß, war 1467 zum Präzeptor der Königssöhne bestellt worden440 und könnte auch die pommerschen Herzogssöhne unterrichtet haben. Unglaubwürdig ist ferner die Geschichte vom gewaltsamen Herrschaftsantritt, denn noch zu Lebzeiten des Vaters war Bogislaw an der Herrschaft beteiligt worden, um die Nachfolge abzusichern.441

2.2. Ammen, Kindermädchen und Narren Im Zusammenhang mit Geburt und frühkindlicher Erziehung tauchen am Hofe verschiedene Personen auf, die sich in ihrer Individualität kaum fassen lassen, die aber Einfluss auf die Entwicklung junger Adliger ausübten. Ammen und Kindermädchen galten als diejenigen, die neben Spielgefährten die besten Auskünfte über die frühen Lebensjahre und die Eigenarten eines Fürsten zu geben wussten.442 Das lässt nicht nur auf einige Vertrautheit zwischen den adligen Zöglingen und diesen meist nichtadligen 436 437 438 439

440 441 442

Ebd., S. 198 f. Siehe dazu ausführlich WEHRMANN, Herzogin Sophia. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 13, S. 323–325. Długosz, Annales, Buch 12,2, S. 150 (1466): […] rogans, ut filium suum natu maiorem filiis suis serviturum coniungeret; BARTHOLD, Rügen und Pommern, Teil 4, Bd. 1, S. 369; WEHRMANN, Herzogin Sophia, S. 145. Długosz, Annales, Buch 12,2, S. 195 (1467). WEHRMANN, Herzogin Sophia, S. 146. Vgl. Grünpeck, Historia, S. 78, bzw. Geschichte, Kap. 16, S. 32.

2. Höfische Erzieher

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Frauen sondern auch auf deren dauerhafte Bindung an den Hof schließen. Als Ammen wurden sowohl die Frauen bezeichnet, die bei der Geburt behilflich waren, als auch diejenigen, die das Stillen oder die frühe Kinderbetreuung übernahmen.443 In einer Zeit hoher Kindersterblichkeit wurden ihre Dienste bei Hofe außerordentlich geschätzt.444 Kurfürst Albrecht von Brandenburg schickte seiner Schwiegertochter Margarethe im Jahre 1480 eine offenbar bewährte Hebamme aus Franken nach Berlin.445 Die Herzogin Anna von Mecklenburg, eine geborene Markgräfin von Brandenburg, wendete sich im Oktober 1526 an den Rat von Berlin mit der Bitte, ihr eine Hebamme zu entsenden.446 In der Regel dürften Geburtshelferinnen, Säugammen und Kindermädchen aber aus dem engeren Umkreis des Hofes gestammt haben.447 Im Diensteid für eine Säugamme am Hof des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg wird auf mehrere Aufgaben verwiesen, die sie für die Fürstin zu erfüllen hätte. Ausdrücklich erwähnt wird aber nur das Kochen.448 Fürstenspiegel raten, als Säugammen nur solche Frauen zu wählen, die gesund und wohlgestaltet waren, da die Entwicklung des Kindes von ihrer Nahrung abhing.449 Eine Amme musste freilich auch anderen Anforderungen genügen, wenn sie die Kinder nicht nur stillte, sondern auch mit ihnen spielte, die ersten Worte mit ihnen sprach und ihnen Grundwerte beibrachte. Einfältig durfte sie jedenfalls nicht sein, sollten die adligen Kinder nicht durch „Ammenmärchen“ auf einen falschen Weg geführt werden.450 Obwohl es kaum einen Beleg dafür gibt, werden einige Ammen sogar Grundkenntnisse im Lesen und Schreiben vermittelt haben, bevor ihre Schützlinge gelehrten Erziehern anvertraut wurden. Im Altertum hatte es jedenfalls zu den Pflichten einer Amme gehört, das Alphabet und das Lesen zu lehren.451 443 444

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450 451

Siehe zur Rolle von Ammen allgemein: SHAHAR, Kindheit, S. 69–91. Herzogin Zdena von Sachsen, die am 24. Juli 1468 eine Tochter zur Welt gebracht hatte, wies den Vogt von Dresden einen Monat später an, ihrer Amme einen Lammpelz zu besorgen, SächsHStA Dresden, Loc. 4343, Teil 1, Bl. 7 (1468 August 20); LANGENN, Albrecht, S. 475; RICHTER, Erziehungswesen, S. 5. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 678, S. 625 (1480 Juli 13); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 322, S. 218, und CDB 3, Bd. 2, Nr. 204, S. 255 (1480 August 2); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, zu Nr. 678, S. 626; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 324, S. 219. Die Bestellung von Ammen betrifft auch BURKHART, Buech, Nr. 1, S. 5 (1471 November 9); Nr. 114, S. 199 f. (1472 [Anfang September]) und Nr. 131, S. 223 (1472 November 18). VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, Nr. 373, S. 478 (1526 Oktober 15); FIDICIN, Beiträge, Teil 3, Nr. 630, S. 357; HUCH, Regesten, Nr. 181, S. 106. Vgl. REITEMEIER, Prinzenerziehung, S. 66, für England. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 447 [um 1505]. Marullus, Institutiones, S. 24–29; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 15, S. 266: […] wenne die nerunge, die daz kynt nympt van der ammen, dut gar vil zcu der schickunge des kindes. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 15, S. 328. Erasmus, Institutio, Kap. 1, S. 120/121. Quintilian, Institutio oratoria, Buch 1, Kap. 1, Vers 4; ARNOLD, Kind und Gesellschaft, S. 171.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Ein Inventar des Ansbacher Hofes von 1471 gibt Auskunft über eine fürstliche „Kinderstube“.452 Siegmund, Sibylle und ein weiteres „junges Fräulein“ schliefen gemeinsam mit den Kinderfrauen in der Jungfräuleinkammer. Das Kinderbett der jüngsten Tochter stand noch in der Kammer der Fürstin, wo diese gemeinsam mit ihren Hofdamen und der Hofmeisterin schlief. Daneben gab es jeweils eine Kammer für den Fürsten, den Hofmeister, die jungen Herren und für deren Knaben. Im Frauenzimmer, und damit in der Umgebung junger Fürsten, befanden sich häufig auch Narren oder „Zwerge“, wobei die Letzteren in ähnlicher Weise wie die Edelknaben ihren Dienst verrichteten.453 Die Töchter des Markgrafen Kasimir von Brandenburg wurden von einem Zwerg im Lesen und Schreiben unterrichtet.454 Die Landgräfin Barbara von Leuchtenberg bat Herzog Albrecht von Preußen 1548, ihr einen Zwerg zu schicken, den sie wie ihr eigenes Kind behandeln wollte.455 1502 lebten bei der Herzogin Barbara von Sachsen (1473–1534) Narren beiderlei Geschlechts, neben der Hofmeisterin, den Jungfrauen, den Edelknaben, einigen Bediensteten und dem Kindermädchen des knapp vierjährigen Herzogs Johann (geb. 1498).456 Narren dienten zunächst der Belustigung und dem Zeitvertreib, erfüllten aber auch eine erzieherische Aufgabe. Am Hofe des Herzogs Albrecht von Sachsen wurden sie scherzhaft als Ritter oder lustige Räte bezeichnet.457 Seit längerem ist bekannt, dass Narren ebenso an die Höfe geholt wurden, um zu warnen und zu mahnen.458 Mit derben Späßen legten sie den Finger in die Wunden menschlicher Schwächen. Das Aufkommen der sogenannten künstlichen Narren, die ihre närrische Einfalt nur spielten, muss gerade als Ausdruck einer wachsenden Bedeutung dieser Aufgabe gesehen werden und nicht als Ausdruck des Verlangens nach mehr Zerstreuung. Am Hof des Erzbischofs von Magdeburg gab es 1536 einen solchen künstlichen Narren, der gelegentlich in Ritterrüstung auftrat und angeblich einen 452

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CDB 3, Bd. 2, Nr. 51, S. 47–50 (1471 Oktober 4); NOLTE, Markgräfliche Familie, S. 163; DIES, Familie, Hof und Herrschaft, S. 215 f. Siehe auch PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, zu Nr. 743, S. 60 (1481 Mai 21). FLÖGEL, Hofnarren, S. 506; NICK, Hof- und Volksnarren, Bd. 1, S. 587. Vgl. VOIGT, Hofleben, S. 116–118. Siehe zu den Narren und Zwergen an europäischen Höfen zusammenfassend PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Begriffe, S. 65–74. NOLTE, Familie, Hof und Herrschaft, S. 218 und 223. VOIGT, Hofleben, S. 117. GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 6, S. 491 [1502]: In meyner g. frawen frawenczymer verordennt: die hoffmeysterin, 8 erbar junckfraw, 1 gurteljunckfraw, 1 der hoffmeysterin junckfraw, 1 kochin, 1 hertzog Hansen maydt, 4 jungen, 1 thorknecht, 1 jungkfrawknecht, 1 stubenheyßer, die Voytin ein nerrin, 1 narren. Narren und Zwerge gab es auch im Umfeld der sächsischen Herzoginnen Margarethe (1416–1486), Katharina (1477–1561) und Margarethe (1494– 1521) und der brandenburgischen Markgräfin Barbara (1464–1515), STREICH, Frauenhof, S. 260; WEBER, Lebensgeschichte, S. 24; FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 39 f. (1514/1515); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1148, S. 481 f. (1485). LANGENN, Herzog Albrecht, S. 464 f. MEZGER, Hofnarren, S. 35–52.

2. Höfische Erzieher

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akademischen Grad besaß. Er führte einerseits Streitgespräche mit Geistlichen, andererseits trieb er Scherze mit jungen Adligen. Einen Hofjunker verspottete er solange bis dieser gewalttätig wurde.459 Vor dem Hintergrund, dass Selbstbeherrschung als eine wichtige Voraussetzung für die Ausübung adliger Herrschaft aufgefasst wurde, handelt es sich hier nicht um übermütiges Treiben, sondern um eine Prüfung in Selbstbeherrschung. Hofnarren, die über geheimes Wissen zu verfügen schienen, mahnten zu Vorsicht und Bedacht. Herzog Georg von Sachsen erinnerte sich an einen Narren, der aus dem Fenster gesprungen war, um zwei jungen Rittern zu entgehen. Nach geglückter Landung soll der Narr davor gewarnt haben, ihm hinterher zuspringen: Ir jungen hern, seet auch vor, ir wiszt der schliche nicht.460 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurden solche Anekdoten über Hofnarren gesammelt und zum Druck gebracht, womit sie über den Kreis der höfischen Gesellschaft hinaus wirksam werden konnten.461

2.3. Hofmeister, Hofmeisterinnen und Lehrer Im Laufe des Mittelalters gewannen die Hofmeister, die ursprünglich für die fürstliche Hofhaltung Sorge trugen, mehr und mehr Bedeutung im höfischen Erziehungswesen.462 Der Fürst sollte einen Hofmeister einsetzen, damit der gancz hof in gut zucht sey und ein auffsehen hab auff sein adelichs tugendtlichs leben.463 Die Verwendung des Titels Hofmeister bzw. magister curiae ist allerdings uneinheitlich. Diejenigen, die ihn führten, nahmen unterschiedliche Aufgaben wahr. Mitunter führten ihn mehrere Personen gleichzeitig, was auf unterschiedliche Rangstufen schließen lässt. Im Spätmittelalter kam es häufig zu einer Trennung von Landhofmeister und Haushofmeister, wobei der eine mit der Landsverwaltung und der andere mit der fürstlichen Hofhaltung betraut war. Dass der Haushofmeister erzieherische Aufgaben wahrnahm, rührte daher, dass er das Hofgesinde, das heißt alle Angehörigen des fürstlichen Haushalts, zu beaufsichtigen 459

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SächHStA Dresden, Loc. 8498/14, Bl. 48r f. Vgl. SCHOLZ, Residenz, S. 97 f. Eine ähnliche Szene findet sich übrigens in der „Utopia“ des Thomas Morus (gest. 1535), der selbst am Hofe eines Erzbischofs erzogen worden war. Er schreibt von einem Geistlichen, der die Beherrschung verliert, als ein Narr Witze über Priester und Mönche reißt. Der Erzbischof gibt dem Narren darauf einen Wink, sich zu entfernen, denn der Fürst bestimmt, wie weit die Späße an seinem Hofe gehen dürfen. Thomas Morus, Utopia, Buch 1, S. 38–40. Herzog Georg von Sachsen an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, gedruckt in: Archiv für Sächsische Geschichte N.F. 4 (1878), S. 99 f. (1534 Juli 14). Büttner, Historien. Vgl. zur Druck- und Textgeschichte dieses Buches zusammenfassend SCHMITZ, Volksbuch, S. 271–274; DERS., Hofnarrenwesen. SEELIGER, Hofmeisteramt; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 15, Anm. 1; ŽOLGER, Hofstaat, S. 16–25. Eine jüngere Arbeit zur Entwicklung des Hofmeisteramts im Spätmittelalter fehlt. Erst für das 17. und 18. Jahrhundert liegt eine Darstellung und umfangreiche Sammlung von Quellentexten vor, in der allerdings die Kontinuität der europäischen Adelserziehung stark betont wird. FERTIG, Hofmeister. GEHR, Fürstenlehren, S. 13.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

hatte und gemeinsam mit dem Hofmarschall Vergehen bestrafte.464 Diese Strafgewalt ist sicher ein Grund für den schlechten Ruf mancher Hofmeister. Der spätere Kaiser Friedrich III. bezeichnete den Innsbrucker Hofmeister Konrad von Kraig (gest. 1446) in seinem Notizbuch als einen bösen Mann, der ihn geschmäht und hart zurechtgewiesen hätte.465 Die Aufsicht über den Hofstaat der Fürstin führte ein Frauenhofmeister, der meist auch Aufgaben als fürstlicher Rat zu erfüllen hatte.466 Seit dem 14. Jahrhundert sind im Frauenzimmer auch adlige Hofmeisterinnen nachweisbar.467 Die Hofmeisterin wachte darüber, dass Anstand und höfische Sitte gewahrt blieben und Streitigkeiten unter den Hofjungfrauen geschlichtet wurden.468 Gemeinsam mit dem Hofmeister verwehrte sie all denen den Zutritt zum Frauenzimmer, die sich ungebührlich verhielten, achtete darauf, dass die Hofjungfrauen nicht müßig gingen, und überwachte ein- und ausgehende Briefe.469 Der Hofmeisterin kam somit eine wesentliche erzieherische Aufgabe bei Hofe zu, auch wenn sie dem Frauenhofmeister unterstellt waren. Da fürstliche Kinder unabhängig von ihrem Geschlecht zunächst im Frauenzimmer aufwuchsen, ist anzunehmen, dass Frauenhofmeister bzw. Hofmeisterin einigen Anteil an ihrer Erziehung hatten. Nach der Tischordnung des Herzogs Albrecht von Sachsen sollte zum Beispiel die Hofmeisterin am Tische der Herzogin sitzen und gemeinsam mit deren Söhnen speisen.470

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Bei Niederadligen war es der Burgvogt, der über die Knechte zu wachen hatte. Vgl. Eitelhans von Stoffeln an Bilgrin von Reischach, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 565, S. 383 f. (1476 September 17). CHMEL, Kaiser Friedrich IV., Bd. 1, Beilage Nr. 30, S. 579; LHOTSKY, AEIOV, S. 201. Vgl. BOJCOV, Sitten, S. 252. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 7; STREICH, Reiseherrschaft, S. 152 f. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 475; SEELIGER, Hofmeisteramt, S. 45, mit Quellenbelegen. SEELIGER, Hofmeisteramt, S. 46 f.; HINTZE, Hof- und Landesverwaltung, S. 212 f. Konrad von Megenberg beschreibt die Aufgaben der Hofmeisterin in seiner Ökonomik, Buch 1, S. 259, folgendermaßen: Magistra curie auctoritatem habet regendi omnes palesticas puellas, quia magistra est omnium puellarum, nutrix eciam, ut sic expedit, omnium virtutem. Nutriat igitur pia doctrix et magistra teneas puellas in omnium facesia morum, quibus decencia pingi poterit mulieribus venustatis, quia femella sine moribus veraciter est bimonstruosa. Auch in Hofordnungen des 15. und 16. Jahrhunderts werden die Aufgaben von Hofmeisterinnen benannt: KLUCKHOHN, Ludwig, S. 314 f. (bayrische Hofordnung von 1463); WIDDER, Amberger Hof, S. 303 f. (kurpfälzische Hofordnung von 1474, Hofmeisterinneneid); CHMEL, Aktenstücke, Bd. 2, Nr. 166 f., S. 526 (1478 März 2); TLA Innsbruck, Cod. 56, Bl. 89v (Tiroler Hofordnung von 1482); KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 36 f. (Frauenzimmerordnung des Herzogs Moritz von Sachsen von 1541). Hoforordnung der Herzoginwitwe Katharina von Sachsen (1560), TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 29 f. mit Anm. 68; VOIGT, Hofleben, S. 111. STREICH, Reiseherrschaft, S. 447.

2. Höfische Erzieher

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Spätestens im 14. Jahrhundert bildete sich das Amt eines Prinzenhofmeisters heraus.471 Dieser beaufsichtigte nicht nur die Kammerdiener, sondern leitete auch die Erziehung der Fürstensöhne und ihrer Edelknaben, denen er außerhalb der Unterrichtsstunden Zucht und gute Sitten beizubringen hatte.472 Erzherzog Friedrich von Österreich (1382–1439) verfügte kurz vor dem Tod, seinem jungen Sohn Siegmund (geb. 1427) ain edlen gestanndnen mann zuegeben, der darzue fueget unnd uber die anndern, so bei ihme seind, als ain hofmaister dienen und ihnen außerhalb der schuel manzucht unnd guet siten lernen sollte.473 Als Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz seinen 22jährigen Sohn Ludwig Ende 1500 an den Hof des Römischen Königs schickte, wies er ihm ebenfalls einen Hofmeister zu, der ausdrücklich darauf achten sollte, dass sich Ludwig geschickt, recht unnd woll halt, als ime gebürt.474 Prinzenhofmeister mussten vertrauenswürdig, aber auch durchsetzungsfähig sein. Der Hofmeister des zweijährigen Herzogs Ludwig II. von Bayern war gleichzeitig der Beichtvater der Mutter, wurde allerdings als ein herrschsüchtiger Mann beschrieben, der sich in Regierungsgeschäfte eingemischt habe.475 Die Anstellung des Prinzenhofmeisters erfolgte nach dem Willen des Vaters oder Vormunds. Graf Ulrich von Württemberg wies seinen Sohn Eberhard daher streng zurecht, als dieser ohne sein Wissen einen neuen Hofmeister, Dietrich von Weiler, angenommen hatte.476 Auch Herzog Johann Friedrich von Sachsen teilte seinem ungehorsamen Sohn einen Mann als Hofmeister zu, der nicht abgelehnt werden durfte.477 Hofmeister und Hofmeisterinnen vermittelten höfisches Wissen vor allem im Alltag und bei festlichen Gelegenheiten. Gelehrtes Wissen wurde hingegen zu festgelegten Zeiten durch geistlich ausgebildete Männer vermittelt. In schriftlichen Quellen werden diese Lehrer bei Hofe unterschiedlich benannt, ohne dass zu ersehen ist, ob damit auch unterschiedliche Aufgabenbereiche verbunden waren. Die älteste deutsche Bezeichnung magezoge und das häufig gebrauchte „Zuchtmeister“ legen den Schwerpunkt auf die Sittenstrenge.478 Bezeichnungen wie praeceptor, paedagogus oder einfach magister setzten sich in der Zeit des Humanismus durch und verweisen auf den akademischen Hintergrund der Lehrer. Die geistlichen Lehrer gelten gemeinhin als die eigentlichen Prinzenerzieher, doch waren sie in der Regel dem Hofmeister untergeordnet, selbst 471 472 473 474 475 476 477 478

Prinzenhofmeister sind angeblich bereits für die Söhne Ludwigs des Bayern bezeugt. SEELIGER, Hofmeisteramt, S. 39. SEELIGER, Hofmeisteramt, S. 45. BRANDIS, Landeshauptleute, S. 227 (1439 Juli 25); SEELIGER, Hofmeisteramt, S. 45. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Instruktion Nr. 2, S. 8 (1500 Dezember 21). BUCHNER, Geschichte von Bayern, Bd. 5, S. 75; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 11, Anm. 1. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 262, S. 181 (1477 [ca. Oktober 6]). BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 1, S. 179 (1547 [Anfang März]). Siehe Quellenanhang Nr. 29. MÜLLER/ZARNCKE, Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Bd. 2, S. 124 und Bd. 4, S. 935.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

wenn mancher von ihnen darüber entscheiden konnte, wann sein adliger Zögling vom Unterricht entbunden war, um an ritterlichen Übungen oder an Jagdvergnügungen teilzunehmen.479 Es ist bislang schwer möglich, ein rechtes Bild davon zu gewinnen, welche Stellung diese geistlichen Lehrer bei Hofe wirklich einnahmen.480 Zwar sind zahlreiche namhafte Männer bekannt, die einige Zeit Prinzen unterrichtet haben, Berühmtheit haben sie zumeist jedoch erst durch ihre schriftstellerischen Leistungen erlangt. Darstellungen, die sich ausschließlich mit der aktiven Zeit eines Hoflehrers beschäftigen sind jedoch selten. Johannes Aventinus wurde 1509 zum Erzieher der nachgeborenen Söhne des Herzogs Albrecht IV. von Bayern bestellt, obwohl er sich einen Ruf an die Ingolstädter Universität erhofft hatte.481 Der Nachwelt blieb er vornehmlich als Hofhistoriograph im Gedächtnis. Bei Hofe fanden gelehrte Männer vielseitige Verwendung und waren nicht auf einzelne Fachgebiete beschränkt, sondern zunächst für alles zuständig, was „das Wissen“ anlangte. Besondere Qualifikationen erwarben sie vielfach erst, während sie die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllten.482 Als Johannes Reuchlin Ende 1497 zum „obersten Zuchtmeister“ am Heidelberger Hof bestellt wurde, bekam er nicht nur Jahrsold sondern auch ein Hofkleid wie die anderen Doktoren zugesichert.483 Das heißt, er unterschied sich in seiner Kleidung nicht von den anderen Hofgelehrten. Behauptungen, ein Herrscher sei von den besten Lehrern seiner Zeit unterrichtet worden und dabei äußerst begabt und wissbegierig gewesen, gerieten schnell zum Topos. Außerdem bestehen Zweifel, ob jeder, der Abhandlungen über die Fürstenerziehung schrieb auch tatsächlich bei Hofe unterrichtete. Selbst wenn die Namen von geistlichen Lehrern gesichert sind, bleibt ihre Erziehungstätigkeit weitgehend im Dunkeln.484 Äußerungen über das Verhältnis von Lehrern und Schülern sind nicht nur selten, sondern auch schwer zu beurteilen. Kaiser Maximilian soll über seinen einstigen Lehrer Peter Engelbrecht gesagt haben, er würde ihn, wenn dieser noch lebte, so behandeln, dass er seine Art zu unterrichten bereuen würde. Grundsätzlich hätten Schüler 479 480 481 482

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Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 9. SCHMID, Aventinus, S. 13, zählt Prinzenerzieher zu den „ranghöchsten Beamten“ an einem Renaissancehof. Aventinus, Werke, Bd. 6, S. 12 (1509); SCHMID, Aventinus, S. 11. Vgl. MÜLLER, Gedechntnus, S. 55. Bereits die Hofgeistlichen des Hochmittelalters nahmen verschiedene Aufgaben war, unter anderem als Prinzenerzieher. Vgl. BUMKE, Höfische Kultur, Bd. 1, S. 76. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Instruktion Nr. 1, S. 6 (1497 Dezember 31). Für die ottonischen Herrscher wird davon ausgegangen, dass ihre geistlichen Lehrer adliger Abkunft waren und hohe kirchliche Ämter bekleideten, wenngleich vieles darüber Vermutung bleibt. Für Otto III. (980–1002) wird zudem ein sächsischer Graf genannt, der ihm den Umgang mit Waffen beigebracht haben soll. Vgl. FLECKENSTEIN, Königshof; AHLFELD, Erziehung; DERS., Gregor von Burtscheid; BÖHMER, Regesta Imperii, Abt. 2, Bd. 3, Nr. 997b; ALTHOFF, Vormundschaft, S. 281.

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zwar ihren Lehrern viel zu verdanken, ungebildete Lehrer aber verdienten harte Strafen, weil sie kostbare Lebenszeit vertun, indem sie Dinge lehren, die man später mit Mühe wieder vergessen muss. Der Humanist Johannes Cuspinianus (1473–1529) will diese Worte selbst aus dem Mund des Kaisers vernommen haben, berichtet aber als einziger davon.485 Immerhin bekräftigte er damit die neu erhobene Forderung nach Lehrern, die ihren Schülern das Wissen nicht „eintrichtern“, sondern auf behutsame Weise nahe bringen. Als schlechtes Beispiel wird allein Peter Engelbrecht, später der erste Bischof von Wiener Neustadt, aus der Vielzahl der Lehrer herausgehoben, die Maximilian nacheinander und nebeneinander unterrichtet haben.486 Knappe Einschätzungen von Erziehern am württembergischen Hof bietet die Zimmerische Chronik. Ein Magister Adam wird als ein zwar frommer Mann, aber von grobem Holz bezeichnet.487 Der Landhofmeister Johann Caspar von Bubenhofen soll ein schlechter Zuchtmeister gewesen sein, weil er selbst eine allzu strenge Erziehung erlebt hatte. Sein eigener Präzeptor soll Fehler und Vergehen der adligen Zöglinge bestraft haben, indem der Betroffene ein Stück Holz umgebunden bekam und bei Hofe vorgeführt wurde. Von dieser ehrverletzenden Strafe war angeblich auch der junge Graf Heinrich von Württemberg (1448–1519) nicht ausgenommen.488 Festzuhalten ist, dass geistliche Lehrer bei Hofe neben anderen Erziehern tätig waren, wobei vor allem der Hofmeister als Zuchtmeister und Tugendwächter auftrat. Für die körperliche Ertüchtigung und die Übungen im Umgang mit den Waffen gab es weitere Lehrer, etwa Ringmeister und Fechtmeister. Bei ihnen konnte es sich entweder um erfahrene Ritter oder auch um Spezialisten nichtadliger Herkunft handeln. Letztere standen anscheinend in einer weniger festen Beziehung zum Hof.489 Ihre Dienste wurden aber geschätzt. Graf Gottfried von Reichenbach gab einem Fechtmeister 1250 ein Lehen, damit dieser niemals die Feinde der Grafenfamilie unterrichten würde.490 Eine solche Absicherung war bei geistlichen Lehrern sicher nicht üblich. Kaiser Friedrich III. nahm in Nürnberg 1474 einen Fechtmeister zum Diener an, der die Erlaubnis bekam, das kaiserliche Wappen zu tragen. Ob es dieser Mann war, der dem Erzherzog Maximilian und seinen Edelknaben Fechtunterricht erteilte, lässt sich allerdings nur vermuten.491 485 486 487 488 489 490

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Cuspinianus, De caesaribus, S. 485; WIESFLECKER-FRIEDHUBER, Quellen, S. 33 f. Siehe zu den übrigen Lehrern BERGMANN, Erzherzog Maximilian, S. 67–69. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 4: magister Adam N., war ain priester und gleichwol ein fromer man, aber ain grobs helzle. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 4. Vgl. KRÜGER, Rittertum, S. 311, nach der „Ökonomik“ des Konrad von Megenberg. WENCK, Hessische Landesgeschichte, Bd. 3, Urkundenbuch, Nr. 134, S. 122 (1250 November 27): ut nunquam aliquem artem suam instruat, qui contra nos vel nostram familiam sit pugnaturus. LIMMER, Bildungszustände, S. 18, Anm. 58. CHMEL, Regesta, Bd. 3, Nr. 6847, S. 95 (1474 März 14); BERGMANN, Erzherzog Maximilian, S. 69.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Die Anforderungen, die an Prinzenerzieher zu stellen waren, sind in vielen Fürstenspiegeln angesprochen. Wer Adlige erziehen sollte, der musste in weltlichen Dingen erfahren, weise und tugendhaft sein, sollte den Lernstoff klar vermitteln können und ein sittliches Vorbild geben.492 Schlechte Erzieher, so war man sich sicher, würden den besten Edelmann verderben.493 Um seinen Zögling auf den Weg der Tugend zu bringen, sollte er beobachten, welches die besonderen Neigungen und Veranlagungen des Kindes waren.494 Trotz dieser hohen Anforderungen fiel die Besoldung von Prinzenerziehern und Hofmeistern recht unterschiedlich aus, selbst wenn sie in den Diensten desselben Fürsten standen. Johann von Morssheim, der 1500 als Hofmeister des Pfalzgrafen Ludwig eingestellt wurde, bekam neben Hofkleid und Hofspeisung 120 Gulden im Jahr,495 Johannes Reuchlin 1497 immerhin 100 Gulden,496 während Johannes Aventinus 1509 in Burghausen nur 60 Gulden erhielt.497 Johannes Oekolampadius bekam als Lehrer der pfälzischen Fürstensöhne am Mainzer Hof lediglich 18 Gulden,498 Alexander Wagner, Zuchtmeister der Pfalzgrafen Ottheinrich und Philipp, immerhin schon 25 Gulden, doch erhielt Hieronymus von Croaria als Hofmeister derselben Prinzen das Sechsfache.499 Auch Wagners Nachfolger, Matthias Alber, bekam 15 Gulden mehr.500 Die Besoldungsunterschiede zwischen Lehrern und Hofmeistern kamen vor allem dadurch zu Stande, dass die akademisch ausgebildeten Lehrmeister vielfach Einkünfte aus geistlichen Pfründen hatten und zahlreiche Vergünstigungen genossen, wie freie Wohnung, Kost und Kleidung. Zwischen dem Erzieher und seinem adligem Zögling bestand im Idealfall nicht nur ein Verhältnis des Vertrauens, sondern der Treue. Dies verdeutlicht eine Begebenheit, die sich am ottonischen Kaiserhof zugetragen haben soll. Sie wurde zwischen 1260 und 1275 nach einer unbekannten lateinischen Quelle bearbeitet und fand auch Eingang in spätere Chroniken:501 Der Herzog von Schwaben hatte seinen einzigen Sohn und Erben in den Dienst Kaiser Ottos gegeben und ihm als Zuchtmeister den Ritter Heinrich von Kempten an die Seite gestellt. In kindlicher Unbefangenheit ging der Knabe einmal zur 492 493 494 495 496 497 498 499 500 501

Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 9, S. 311–313; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 11, S. 262. Freidank, Bescheidenheit, 49,17: Swâ schalke magezogen sint, dâ verderbent edeliu kint. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 16, S. 331–333; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 16, S. 267. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Instruktion Nr. 2, S. 8 (1500 Dezember 21) und Überblick, S. 18. Ebd., Instruktion Nr. 1, S. 5 f. (1497 Dezember 31). SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überblick S. 29. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 20 und Instruktion Nr. 5, S. 12 (1506 Februar 14). Ebd., Überblick S. 21 und Instruktion Nr. 6, S. 13 (1512 Mai 30) und Nr. 7, S. 15 (1516 Februar 22). Ebd., Überblick S. 22 und Instruktion Nr. 8, S. 16 (1519 Mai 11). Konrad von Würzburg, Otte mit dem Barte; Lehman, Chronica, S. 343.

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kaiserlichen Tafel und brach sich ein Stück weißes Brot ab, was den kaiserlichen Truchsess, der die Aufsicht über die Tafel führte, so zornig machte, dass er dem Jungen mit seinem Stab auf den Kopf schlug bis das Blut strömte, das Kind zu Boden sank und in Tränen ausbrach. Als der Zuchtmeister den Truchsess deswegen zur Rede stellte, entgegnete dieser, es wäre sein Amt, unhöfisches Verhalten abzuwehren. Darüber geriet nun der Zuchtmeister in Wut und schlug dem kaiserlichen Amtsträger den Schädel ein. Als der Kaiser auf Rache sann, ergriff der Zuchtmeister ihn beim Barte, bedrohte ihn mit dem Messer und erzwang die unbehelligte Rückkehr nach Schwaben. Auf Bitten seines Lehnsherrn eilte er Jahre später unerkannt dem kaiserlichen Heer zu Hilfe, errettete Otto aus einem Hinterhalt und gewann auf diese Weise dessen Gunst zurück. Das Schicksal des einstigen Zöglings bleibt hingegen im Dunkeln, denn Thema dieser Geschichte ist die Treue des Zuchtmeisters. Der junge Schwabenherzog wird in dieser Geschichte als ein schönes Kind beschrieben; sein Griff nach der gedeckten Tafel damit entschuldigt, dass alle Kinder gern in hübsche Sachen beißen. Der Truchsess tritt hingegen unnachsichtig hart auf und straft das Kind ohne Erbarmen. Er, der von Amts wegen auf die Einhaltung höfischer Sitten acht gibt, handelt sich damit den Vorwurf ein, seine eigene ritterliche Erziehung vergessen zu haben: Waz habet ir nû gerochen, daz ir hât zerbrochen iuwer ritterlichen zuht, daz ir eins edelen fürsten fruht als übelîche habet geslagen?502 Kaiser Maximilian nahm es seinem Lateinlehrer ebenfalls lange übel, dass dieser ihm eine Ohrfeige gegeben hatte, nicht als Strafe, sondern aus Empörung. Der Lehrer war durch einen Blitzschlag in Schrecken geraten und Maximilian hatte über ihn gelacht.503 Den Zorn an einem Knaben auszulassen, stand einem Lehrer gewiss nicht zu,504 dennoch lässt sich die hiermit aufgeworfene Frage, ob adlige Kinder bei Hofe körperlich gezüchtigt wurden, nicht allgemeingültig beantworten. Der unbekannte Verfasser eines mitteldeutschen Fürstenspiegels von 1435 redet ausdrücklich von bequemlicher strafunge und von Bestrafung nur im Zusammenhang mit Belehrung.505 Auffällig ist, dass in Lehrer-Schüler-Darstellungen aus dem höfischen Zusammenhang häufig auf die Rute als Attribut des Lehrers verzichtet wird.506 Höfische Erziehung sollte sich zuerst auf Belehrung und Ermahnung durch vorbildhafte oder abschreckende Beispiele und

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Konrad von Würzburg, Otte mit dem Barte, Vers 107–111 (S. 52 f.). SCHULTZ, Fragmente, S. 424; TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 115. Bei Grünpeck, Historia, S. 83, bzw. Geschichte, Kap. 24, S. 40, ist von angedrohten Schlägen die Rede. Vgl. WIESFLECKER, Maximilian, Bd. 1, S. 75. Konrad von Haslau, Jüngling, S. 584, Vers 1188–1192: Swelch meizoge ist sô bedrozzen, daz er sîn selbes zorn richet und sich mit scheltworten versprichet, der hât sîn zuht dâ mite verlorn, und wær vil bezzer verborn. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 10, S. 261. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 6, S. 302. Siehe Abb. 7–13, S. 65 f. und 109.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

nicht auf die Strafgewalt des Lehrers stützen.507 Johannes Hausschein alias Oekolampadius (1482–1531) bekam bei seiner Indienstnahme als Zuchtmeister jedenfalls keine Strafgewalt über die jungen Pfalzgrafen erteilt. Wenn diese sich falsch verhielten, sollte er sie guttlich davon wysenn, und ob das nit verfieng, etwas herter zuredenn, und falls das nicht half, dem Fürsten oder seinem Statthalter Bericht erstatten.508 Am Ansbacher Hof durfte der Zuchtmeister seine jungen Herren und auch deren Edelknaben nur in einer Weise strafen, die angemessen war.509 Kurfürst Albrecht von Brandenburg setzte Wut und Zorn gezielt ein, um den Adel zu erziehen und wusste, dass es auf das rechte Verhältnis von Zorn und Sanftmut, Strenge und Milde ankam.510 Fürsten, wie Markgraf Friedrich der Ältere von BrandenburgAnsbach oder Herzog Ulrich von Württemberg aber, die Frau und Kinder, Räte und Diener misshandelten, wurden dafür zur Verantwortung gezogen.511 Zwischen der Ermahnung und der Züchtigung gab es außerdem weitere Formen der Bestrafung, wie Gefängnishaft oder Entzug der Gunst. Besonders schwer wogen solche Strafen, wenn sie nicht im Verborgenen, sondern im Frauenzimmer oder in der Hofstube vor den Augen anderer erfolgte.512 Da die körperliche Unversehrtheit eines Adligen von Bedeutung war, gab es auch im nichtfürstlichen Adel Zurückhaltung bei der Prügelstrafe.513 Als Wilhelm Werner von Zimmern 1504 die Universität Tübingen bezog und seinem Präzeptor vorgestellt wurde, fragte dieser, ob er den Jungen züchtigen dürfe, wenn er es verdiene. Er bekam jedoch die klare Anweisung, den jungen Herrn nicht zu schlagen.514 Andere Adlige spürten hingegen die Rute, weil es ihre Väter zugelassen hatten.515 Allerdings scheinen sich die Verhältnisse im Verlauf des 16. Jahrhunderts geändert zu haben.516 König Ferdinand gab dem Hofmeister seines jüngsten Sohnes Karl 1550 die Erlaubnis, den Jungen mit

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Vgl. TÖBBICKE, Höfische Erziehung, S. 107–113. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Instruktion Nr. 5, S. 11 (1506 Februar 18). Ähnlich in den Bestallungen von Alexander Wagner und Matthias Alber, ebd. Nr. 6 und 8, S. 13 und 16 (1512 Mai 20 und 1519 Mai 11). BAADER, Eid und Bestallung, Sp. 268: Item das er gegen der herschafft unnd irn gnaden edeln knaben nicht ander straf fürnem, dan als solche mit vernunfft zustet. Siehe Quellenanhang Nr. 9. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an seine Räte in Ansbach, BURKHARDT, Buech, Nr. 25, S. 56 (1472 Februar 22): Aber die fursten sullen zurnen, doch nit allwegen. So sich der adel erkennen wil abtrag und undertenigkeit, sullen sich die fursten adellicher tugent gebrauchen und nicht allwegen gestrengigkeit durch trostung der macht. SAUTER, Herzogin Sabine; SEYBOTH, Markgrafentümer, S. 419 f. Vgl. dazu ROGGE, Geschlechterkonflikte, S. 497 f.; NOLTE, Körperlichkeit, S. 87 f. Siehe Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 5. GÜNTHER, Geschichte, S. 55; NOLTE, Körperlichkeit, S. 88. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 10. Vgl. ebd., S. 16. Vgl. die Beobachtungen bei ARIÈS, Kindheit, S. 365–375.

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der Rute zu schlagen.517 Nach einer Stettiner Hofordnung von 1560 sollten Edelknaben, die sich etwas hatten zu Schulden kommen lassen, von den Hofjunkern ins Bad geführt und mit der Rute gezüchtigt werden.518 Auch am französischen Königshof wurden 1583 Edelknaben und Hausdiener gezüchtigt.519 Am kursächsischen Hof gab es Ende des 16. Jahrhunderts ein „Schwarzes Register“ mit Bildern, die drastische Strafen zeigen, doch ist anzunehmen, dass diese Strafen nicht tatsächlich zur Anwendung kamen, sondern die Bilder lediglich zur Abschreckung eingesetzt wurden.520 Bei Hofe waren adlige Kinder ihren Erziehern anvertraut und sollten von diesen beschützt werden. Dies wird deutlich im Zusammenhang mit dem sächsischen Prinzenraub des Jahres 1455. Dass es dem adligen Fehdeführer Konrad von Kaufungen gelang, die sächsischen Kurprinzen Ernst und Albrecht aus Schloss Altenburg zu entführen, erregte großes Aufsehen, was sich nicht zuletzt darin zeigt, dass die Begebenheit in Hartmann Schedels Weltchronik berücksichtigt ist.521 Zum Glück für den Kurfürsten wurden die Entführer gefasst und die Prinzen gerettet. Enea Silvio Piccolomini scheint als erster verbreitet zu haben, einer der Prinzenerzieher (paedagogus) habe mit den Räubern unter einer Decke gesteckt.522 In der Schedelschen Weltchronik wird der Zuchtmeister beschuldigt, Konrad von Kaufungen gemeldet zu haben, wann die Gelegenheit günstig war, die Fürstensöhne des Nachts zu entführen. Da bei den sächsischen Geschichtsschreibern des 15. und 16. Jahrhunderts davon allerdings nichts zu lesen ist, wies Petrus Albinus (1543–1598), Rektor der Fürstenschule zu Meißen, diese Behauptungen zurück.523 Er machte für das Gelingen der Schandtat die Nachlässigkeit aller Hofleute verantwortlich, die meistes teils ihrem ampt nicht trewlich nachgelebt hatten.524 Hofmeister der Prinzen soll in der fraglichen Zeit Graf Günther von Barby gewe517 518

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BUCHHOLTZ, Regierung, Bd. 8, S. 737; MAILÁTH, Kaiserstaat, Bd. 2, S. 192 (1550 September 10). KERN, Hofordnungen, Bd. 1, S. 105 (Gutachten über eine zu erlassende pommersche Hofordnung, 1559); TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 8, Anm. 19. Vgl. KERN, Hofordnungen, Bd. 1, S. 94 (Frauenzimmerordnung des Herzogs Albrecht von Preußen, [um 1560]). ARIÈS, Kindheit, S. 373. Vgl. DISTEL, Prinzenerziehung, S. 70 f.; BACH, Beitrag; REIMANN, Prinzenerziehung, S. 67–69; RICHTER, Erziehungswesen, S. 165; TÖBBICKE, Höfische Erziehung, S. 112. Schedel, Weltchronik, Bl. 279v. Siehe zum Prinzenraub und zu den literarischen Bearbeitungen des Themas seit dem 16. Jahrhundert die Beiträge bei EMIG, Altenburger Prinzenraub, sowie SCHIRMER, Prinzenraub. Piccolomini, De Europa, Kap. 32, S. 424: In arce duo Frederici adolescentes Ernestus et Albertus educabantur. Huc Conradus in tempesta nocte magnis itineribus cum paucis comitibus contendit et admotis scalis prodente paedagogo arcem ingressus, dormientes adolescentulos in cubili comprehendit. Danach Schedel, Weltchronik, Bl. 279v und Münster, Cosmographei, S. 849: […] durch verreterei des zuchtmeisters der jungen herren. Vgl. KOCH, Klarlegung, S. 6. Albinus, Chronica, S. 268: Es ist aber hievon nichts in den Meyßnischen Annalibus geschrieben, noch sonst im lande bewust. Vgl. die Schilderungen bei Cammermeister, Chronik, Kap. 78, S. 152 f.; Fabricius, Origines, S. 770–773, und Pucheler, Res Misnicae, Sp. 428. Albinus, Chronica, S. 269.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

sen sein, dessen Sohn Ottokar zusammen mit den Prinzen erzogen wurde.525 Diesen jungen Grafensohn sollen die Entführer sogar zuerst ergriffen haben und zurückgekehrt sein, nachdem sie ihren Irrtum bemerkt hatten.526 In dem Ereignisbericht aus der Feder des Ritters Wenzel Wetzel, der damals zum Prinzenhof gehörte und die Tat unmittelbar miterlebt haben kann, findet sich von all diesen Ausschmückungen und Anschuldigungen nichts.527 Wetzel ist für das Jahr 1450 als Zuchtmeister bezeugt und gehörte noch 1458 zum ständigen Gefolge des Kurfürsten und seiner Söhne.528 Es ist auch nichts darüber bekannt, dass der Kurfürst nach dem Prinzenraub einen Erzieher seiner Söhne zur Rechenschaft gezogen hätte, während Konrad von Kaufungen mit voller Härte bestraft wurde. Für die Außenwelt blieb es offenbar dennoch naheliegend, dass die Entführer nicht ohne Helfer aus der unmittelbaren Umgebung der Prinzen in deren Gemach hatten eindringen können. Die Kinderstube eines Fürstenhofes war ein Bereich, der besonders geschützt sein musste. Das wird auch dadurch deutlich, dass Ammen, Hofmeisterinnen und Hofmeister, Prinzenerzieher und andere in der unmittelbaren Umgebung der Fürstenfamilie einen Diensteid zu leisten hatten.529 Der Hofmeister des jungen Markgrafen Johann von Brandenburg wurde dadurch zu Treue und Gehorsam, zur Ehrlichkeit im Umgang mit Geld und zur Verschwiegenheit bis in den Tod verpflichtet.530 Bei den pfälzischen Kurfürsten wurden solche Eidesleistungen in den Bestallungsurkunden festgehalten.531 Die fränkischen Hohenzollern ließen 1486 ein Buch anlegen, in das Eidesformeln eingetragen wurden, die offenbar schon länger gebräuchlich waren.532 Den darin festgehaltenen

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Albinus, Chronica, S. 267 f.; RICHTER, Erziehungswesen, S. 1. Graf Günther von Barby taucht in der Liste der wichtigsten wettinischen Hofbeamten nicht auf. STREICH, Reiseherrschaft, Anhang 2, S. 599 f. Boiemus, Vita Alberti, S. 7; LANGENN, Albrecht, S. 24; RICHTER, Erziehungswesen, S. 2. Bei Ursinus, Chronicon Thuringiae, Sp. 1333, wird der Graf von Barby nicht erwähnt, dafür aber gibt es einen Schreiber, der in der Kammer der Prinzen schläft und von den Entführern überwältigt und gefesselt wird. Der Bericht findet sich in einer den Prinzen gewidmeten Handschrift des „Communiloquium“ von Johannes Galen. SCHMIDT, Gleichzeitiger Bericht; STREICH, Reiseherrschaft, S. 456 f. SächsHStA Dresden, Kop. 45, Bl. 190r; STREICH, Reiseherrschaft, S. 456 f.; DIES., Aachenfahrt, S. 39. Wahrscheinlich war Wenzel Wetzel bereits 1443 Torwärter am Hofe des Kurfürsten. Vgl. SCHMIDT, Urkundenbuch, Nr. 103, S. 70 (1443 Juli 3). Vgl. VOIGT, Hofleben, S. 114–116; BOJCOV, Zum Frauenzimmer, S. 203 f. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 182. Verschwiegenheit musste auch der Schenk geloben, der 1505 eingestellt wurde, um die Kurfürstin und ihre Kinder Tag für Tag zu versorgen, CDB 3, Bd. 3, Nr. 150, S. 177 (1505). Vgl. die Bestallungsurkunden bei SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Urkunden, aus der Zeit von 1497 bis 1734. Zum Teil gedruckt: WAGNER, Eidbuch. Vgl. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 179.

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Eid musste am 3. September 1498 auch Magister Ulrich Seger schwören.533 Im Kern ging es hier allerdings darum, dass sich der Prinzenerzieher nach dem Willen der Herrschaft zu richten hatte.534 Das heißt nicht, dass er sich von seinem adligen Zögling sagen lassen musste, was dieser lernen wollte, sondern, dass der Fürst die Lehrinhalte vorgab. Außerdem wurde der Prinzenerzieher verpflichtet, auf Kleidung, Bettzeug, Essen und Trinken seines Zöglings zu achten. In der Anweisung für den Lehrer des späteren Königs Louis XI. von Frankreich (1423–1483) heißt es, der Lehrer solle dem jungen Thronfolger dienen, weil er dadurch Gott dient.535 Um den künftigen Herrscher zu Tugend und Weisheit zu führen, muss der Lehrer Gott um Hilfe bitten, denn ohne göttliche Hilfe müht er sich vergeblich. Um seine Aufgabe zu erfüllen, soll er auch die Unterstützung der Höflinge suchen, diesen aber keine Befehle erteilen, sondern sie mit freundlichen Worten gewinnen und ihren Rat sorgfältig abwägen. Den Unterricht soll er so gestalten, dass der Thronfolger keine Abneigung gegen ihn und gegen die Wissenschaften entwickelt, sondern vielmehr so, dass seine Wissbegierde geweckt wird. Deshalb soll der Lehrer dem königlichen Schüler weder zürnen noch schmeicheln und in allem sanftmütig und nachsichtig sein.

3. Grundlagen der Unterweisung Auch bei Hofe begann alle Erziehung mit der Vermittlung des christlichen Glaubens. Fürstenkinder lernten die Sakramente und die wichtigsten Gebete aufzusagen, lernten aber auch demütig und mildtätig zu sein.536 Da die Seele für edler als der Leib gehalten wurde, kam der Erziehung zur Tugend und Frömmigkeit die größte Aufmerksamkeit zu, doch sollten die Eltern Sorge tragen, dass Körper und Geist ihrer Kinder gleichermaßen gebildet würden.537 Obwohl in Fürstenspiegeln einzelne Bücher empfohlen werden, war damit noch kein Unterrichtsprogramm vorgegeben. Auch von Seiten der Eltern fehlen genaue Vorgaben. Erst aus dem beginnenden 16. Jahrhunderts sind Anweisungen erhalten, wie Erziehung und Unterweisung bei Hofe abzulaufen hatten. Aus dem Jahr 1526 stammt die Erziehungsordnung für den jungen Herzog Philipp I. von Pommern (1515– 1560), der in Heidelberg unter der Aufsicht seines Großonkels Ludwig V. von der Pfalz

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BAADER, Eid und Bestallung, Sp. 268; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 451. Siehe Quellenanhang Nr. 9. BAADER, Eid und Bestallung, Sp. 268; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 179 f. Siehe Quellenanhang Nr. 9. Gerson, Opera, Bd. 3, S. 235–237; Gerson, Pädagogische Schriften, S. 148–151 (1429). Vgl. etwa zu Ludwig dem Bayern: BÖHMER, Vita Ludovici, S. 160; SCHMIDT, Bayerische Wittelsbacher, Überlick S. 13. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 6, S. 301–303; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 10, S. 261.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

(1478–1544) erzogen wurde.538 1527 kam er im Alter von zwölf Jahren dorthin und blieb fünf Jahre, bis zum Tod seines Vaters.539 Die Erziehungsordnung wurde demnach bereits in Vorbereitung dieses Aufenthalts durch den Vater erlassen. Sie sah folgenden Tagesablauf vor: Der junge Fürst sollte jeden Tag früh aufstehen, im Sommer noch vor sechs Uhr und im Winter eine Stunde später. Er sollte sich anziehen, kämmen lassen und waschen, sein Morgengebet sprechen und eine Stunde lernen. Dann sollte er eine Suppe essen, die Predigt hören und an der heiligen Messe teilnehmen. Hiernach war die Mittagsmahlzeit vorgesehen. Anschließend folgten zwei volle Stunden Unterricht, die durch die Verabreichung eines Erfrischungsgetränks unterbrochen waren. Die Zeit bis zum Abendessen hatte der Fürst dann zur freien Verfügung, um sein kurtzweil zu suchen. Nach dem Abendessen sollte er eine Viertelstunde Latein oder was ihm gefiel (sunst was lustigs) lernen. Bevor er zu Bett ging, was im Sommer um neun Uhr abends und im Winter eine Stunde früher sein sollte, nahm er noch einen Schlaftrunk. Der hier geschilderte Ablauf lässt erkennen, worauf im Unterrichtsalltag bei Hofe zu achten war: Ausübung der Religion, regelmäßige Einnahme der Mahlzeiten, standesgemäße Kleidung, Zeit für Spiel, Kurzweil und Körperpflege. Bis hierher könnte man meinen, dass dem Lateinunterricht wenig Platz eingeräumt wurde, doch dem war nicht so, wie weitere Punkte der Erziehungsordnung zeigen, die auf Lehrinhalte abzielten. Die erste Unterrichtsstunde sollte der lateinischen Grammatik gewidmet sein, die zweite den Moralisten, die dritte der Philosophie, der Rhetorik oder der Geschichte. Für das Lernen von Vokabeln war zwar nur eine Viertelstunde vorgesehen, doch sollten der Fürstensohn und seine Edelknaben möglichst in allen Unterrichtsstunden lateinisch und nicht deutsch sprechen – damit sie des latins gewanten oder schweigen mussten. Die Formulierung zeigt, dass der Lateinunterricht auch der Disziplinierung diente. Die Edelknaben sollten dem Fürsten ein Beispiel sein, und zwar nicht allein diejenigen, die am Unterricht teilnahmen, sondern auch diejenigen, die sonst mit ihm Umgang pflegten. Hofmeister und Zuchtmeister durften die Edelknaben bestrafen, wenn diese sich ungehorsam zeigten, den jungen Fürsten durften sie aber ausdrücklich nur mit Worten zurechtweisen. Härtere Strafen konnte nur der Fürst oder sein Kanzler anordnen. Wenn ein Unterrichtsbüchlein ausgelesen war, so war es die Aufgabe des Zuchtmeisters, dies dem Fürsten oder dem Kanzler anzuzeigen, damit sie ein neues Buch für den Unterricht bestimmten. Der Fürst gab im Alltag also Unterrichtsinhalte vor, während die Erziehungsordnung nur den äußeren Rahmen setzte. Schriftlich festgehalten war andererseits, dass dem jungen Fürsten ein- bis zweimal die Woche der Kopf gewaschen wurde, dass er Gelegenheit haben musste zu baden, dass er angemessen gekleidet und ausreichend verpflegt wurde. Übermäßigkeit im Essen und Trinken sollte aber vermieden werden. 538

WEHRMANN, Erziehung, S. 268–270. Vgl. HÄUSSER, Geschichte, Bd. 1, S. 587 f. und SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick, S. 20. 539 Wedel, Hausbuch, S. 91.

3. Grundlagen der Unterweisung

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Ob und wie all diese Regeln im Einzelnen befolgt wurden, lässt sich nicht überprüfen. Am Schluss der Ordnung wurde festgehalten, dass sich der Schulmeister ebenfalls danach richten sollte. Für den pommerschen Herzog wurde demnach erst in Heidelberg ein Lehrer angestellt, während der Hofmeister aus Pommern mitgekommen war. Herzog Philipp von Pommern hat später für seine eigenen Söhne eine Vielzahl von Instruktionen, Studienordnungen und Unterrichtsplänen ausarbeiten lassen, die sich jedoch erheblich von der hier vorgestellten Erziehungsordnung unterscheiden.540 Mit ihr ist daher vermutlich ein Tagesablauf zu greifen, der noch ganz den Vorstellungen entsprach, wie sie sich im 15. Jahrhundert durchgesetzt hatten.541 Die Tatsache, dass die gesamte Zeit verplant war, lässt allerdings Zweifel aufkommen, ob sich die Vorgaben immer einhalten ließen, zumal keineswegs alle Bereiche des höfischen Unterrichts berücksichtigt waren. Wie und wann der Umgang mit Waffen, das Reiten und Jagen oder höfische Sitten und Gebräuche erlernt werden sollten, bleibt offen. Die Erziehungsordnung gab entweder nur eine allgemeine Richtschnur vor oder bezog sich auf einen Zeitraum, in dem der gelehrte Unterricht intensiv betrieben wurde. In jedem Fall zielte sie darauf ab, eine Art der Unterweisung zu stärken, die sich auf Bücher stützte. Eine Grundform des Lernens ist dabei deutlich zu erkennen: das stetige Einüben und Wiederholen. Das Lernen höfischer Sitten war auch um 1500 noch „Lernen im Vollzug“ unter der Aufsicht des Hofmeisters und anderer Amtsträger. Dass in einer Erziehungsordnung, die vornehmlich den gelehrten Unterricht betraf, auch Vorschriften zur Körperpflege gemacht wurden, zeigt dagegen den besonderen Stellenwert, den die Gesunderhaltung hatte. Die körperliche Verfassung eines künftigen oder bereits regierenden Herrschers war von politischer Bedeutung.542 Körperpflege gehörte aber ebenso zur „höfischen Zucht“ und war damit ein Standesmerkmal des Adels.543 Ein gepflegter und tüchtiger Körper sollte Adligkeit und die Fähigkeit zur Herrschaft nach außen hin sichtbar machen,544 allerdings ohne in Eitelkeit und Selbstverliebtheit zu verfallen.545 Durch gesunde Ernährung und regelmäßige Übungen, konnte der junge Adlige seinen Körper stärken. Am Berliner Hof traf der Kurfürst 1509 Vorkehrungen für die Wundversor540 541

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WEHRMANN, Erziehung, S. 271. Die Instruktion von 1526 deckt sich im Wesentlichen mit dem Tagesablauf eines jungen Fürsten, wie ihn Johann Fischart (gest. 1591) in seiner „Geschichtsklitterung“ von 1575 in überzogener Weise dargestellt hat. Fischart, Geschichtsklitterung, Kap. 18, S. 214–217; SCHULTZ, Häusliches Leben, S. 185 f. Vgl. dazu KELLNER, Spiel. Siehe dazu die epochenübergreifende Darstellung von KÖRTGEN, Gesundheit des Fürsten. Konrad von Haslau, Jüngling, S. 551, Vers 62–64: Lernet zuht, ir kint; daz ist iu guot. Twaht die hend, snîdt hâr und negel abe, daz iuch zuht von ir brieve iht schabe; zur Haartracht auch die Verse 67–90. Siehe BUMKE, Höfischer Körper, S. 95–98; NOLTE, Körperlichkeit. Beheim, Reimchronik, Strophe 92, S. 18: der zird seins libs er wenig acht, dann zu der ziit, so es het fFg, kunt er sich wol zierlich genFg vor andern herrn balieren, subtilichen zieren.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

gung und Reinlichkeit der Edelknaben, die seiner Gemahlin und seinem Bruder dienten. Dazu bestellte er einen Wundarzt, der die Knaben zweimal in der Woche waschen sollte und im Gegenzug das Recht des ersten Verbands in Berlin und Cölln verliehen bekam.546 Gutes Benehmen wurde bereits als die Eigenschaft benannt, die den Adel von anderen Ständen unterscheiden sollte und durch eine höfische Erziehung zu erwerben war. Empfehlungen dazu finden sich vor allem in Tischzuchten, deren Wirkung mitunter auch darin bestand, dass sie gerade das Gegenbild guten Benehmens entwarfen.547 Bereits aus dem 13. Jahrhundert stammt ein Lehrgedicht des Konrad von Haslau, das sich unmittelbar an Edelknaben richtete, die bei Hofe ihren Dienst versahen, um standesgemäße Verhaltensweisen einzuüben. Sie sollten, wie es heißt, den Mund geschlossen halten, wenn sie jemandem zuhörten, und beim Sprechen nicht wild mit Händen und Füßen gestikulieren.548 Beim Tischdienst, kam es darauf an, den gebotenen Abstand zu halten und auf die Wünsche des Herrn zu achten, der wiederum aufgefordert wurde, die Edelknaben, die Speisen und Getränke auftrugen oder Leuchter hielten, nicht zu lange stehen zu lassen.549 Der Dienst sollte eben keine Knechtschaft sein, sondern dazu dienen, die Sitten zu verfeinern. Entsprechend tadelte Konrad von Haslau diejenigen Adligen, die nur ihren Aufstieg bei Hofe verfolgten, sich anbiederten und in den Vordergrund drängten,550 die ihren Dienst nur dann mit Eifer verrichteten, wenn es der Herr sah.551 Beim Auftragen und Vorschneiden von Speisen ließen sich höfische Erziehung und Gesittung besonders gut unter Beweis stellen. Auch Gottfried von Berlichingen hatte am Ansbacher Hof die Aufgabe, dem Markgrafen Friedrich bei Tisch aufzuwarten und war den polnischen Edelknaben der Markgräfin Sophia zugewiesen worden, damit er etwas bey denselbigen lernen möge.552 Während des Tischdienstes kam es jedoch einmal zu Handgreiflichkeiten mit einem Edelknaben, dem Gottfried durch eine unachtsame Bewegung die fein zurecht gemachten Haare zerzaust hatte. Der so Geschädigte ging sofort mit dem Brotmesser auf Gottfried los, der wiederum heftig mit seinem Degen zurück schlug. Auf Betreiben der Markgräfin wurde Gottfried daraufhin einge546

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CDB 3, Bd. 3, Nr. 172, S. 197 f. (1509 Februar 2); VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, Nr. 322, S. 467; FIDICIN, Beiträge, Teil 3, Nr. 610, S. 352; HUCH, Regesten, Nr. 61, S. 71; NOLTE, Körperlichkeit, S. 55. 1522 wurde dieses Recht neu vergeben: CDB 3, Bd. 3, Nr. 231, S. 272 (hier zu 1518); HUCH, Regesten, Nr. 153, S. 98. THORNTON, Tischzuchten; WINKLER, Tischzuchten; VOIGT, Forschungen; BUMKE, Höfischer Körper, S. 90–95. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 13, S. 323 f.; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 14, S. 265. Konrad von Haslau, Jüngling, S. 569 f., Vers 627–676. Ebd., S. 554, Vers 125–138. Konrad von Haslau, Jüngling, S. 555, Vers 191–202. ULMSCHNEIDER, Götz von Berlichingen, S. 38.

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sperrt, aber kurze Zeit später heimlich freigelassen, nachdem sich die Markgrafensöhne für ihn verwendet hatten. Die Sache wurde schließlich vor den Hofräten verhandelt, die den von Berlichingen für unschuldig erklärten und seine Ehre wiederherstellten.553 Beide Edelknaben hatten freilich die Selbstbeherrschung verloren und damit gegen einen wichtigen Grundsatz höfischer Erziehung verstoßen, doch Gottfried deutete diesen Vorfall allein unter dem Aspekt der Ehre. Selbstbeherrschung galt seit dem Altertum als das Geheimnis der verantwortungsvollen Herrschaft.554 Im Hofdienst sollten junge Adlige daher feine Sitten und Zurückhaltung lernen, doch musste dies stets mit ihren Vorstellungen von Ehre vereinbar sein. Ein Graf von Gleichen ließ bei der Verrichtung seines Hofdienstes für Katharina von Sachsen das Trinkgeschirr fallen, weil ihn die Herzogin, die aus dem niederen Adel stammte, zu lange ohne Beachtung stehen gelassen hatte.555 Das Streben nach Selbstbeherrschung, nach Affektkontrolle, wie es von Norbert Elias beschrieben wurde, ist dennoch ein wesentlicher Kern höfischer Erziehung. Die Wandlung des Adligen vom Krieger zum Höfling erfuhr im 15. und 16. Jahrhundert eine Beschleunigung,556 doch ist dieser Vorgang zu jener Zeit noch immer ein ständiges Ringen. Die Frage der Selbstbeherrschung führt zu einer historischen Figur, die in Abhandlungen über Fürstenerziehung immer wieder als Beispiel auftaucht: König Alexander von Makedonien, der infolge von Unbeherrschtheit und Trunksucht ein frühes Ende nahm. Durch seine überwältigenden Kriegserfolge übte er gleichwohl großen Eindruck auf Generationen von Herrschern aus.557 Michel Beheim ließ sich durch das Vorbild des großen Alexander anregen, ein Loblied auf den Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz zu dichten.558 Für die Fürstenerziehung bot der Alexanderstoff in seiner vielfältigen literarischen Bearbeitung zahlreiche Anknüpfungspunkte.559 In Alexanders Erziehung sind gleichaltrige Adelssöhne mit eingebunden, zu denen eine dauerhafte Verbindung bestehen bleibt,560 doch zeigt der junge König in besonderer Weise Mut und Entschlossen553 554 555 556 557 558

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Ebd., S. 39. Siehe dazu GOETZ, Selbstdisziplin. MÜLLER, Reichstagstheatrum, 5. Vorstellung, Kap. 51, § 3, S. 656. ELIAS, Prozeß, Bd. 2, S. 371. Siehe zur Vielschichtigkeit und zum Wandel des Alexander-Bildes im Mittelalter: SCHNELL, Alexander. Beheim, Reimchronik, Strophe 18, S. 6. In seinen Tugenden wird Friedrich auch mit Aeneas verglichen, Strophe 202, S. 37, bis er später alle historischen Gestalten übertrifft, Strophe 872 f., S. 152. Siehe zur literarischen Tradition in Westeuropa CÖLLN/FRIEDE/WULFRAM, Alexanderdichtungen, S. 7–20. Das Folgende nach Plutarch, Alexander. Alexanders engster Freund Hephaiston übernimmt während des Asienfeldzuges höchste Führungsaufgaben. Kleitos, der Sohn seiner Amme, rettet Alexander am Granikos das Leben und befehligt die Elitetruppen, wird von seinem jungen Herrn jedoch im Zorn ermordet. Harpalos, ein weiterer Jugendfreund, begleitet ihn trotz Kampfuntauglichkeit, wird zum Verwalter des königlichen Vermögens ernannt, muss aber wegen Ver-

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

heit, indem er das wilde Pferd Bukephalos bezwingt. Für körperliche und geistige Ausbildung wird gleichermaßen Sorge getragen. Alexander wird allerdings zunächst der Fürsorge der Mutter entzogen, um von Leonidas auf sein künftiges Kriegerleben vorbereitet zu werden. Neben Leonidas tritt später Lysimachos, der Alexanders geistige Bildung fördert. Trotz seines fortgeschrittenen Alters begleitet dieser griechische Erzieher seinen Zögling auf dem Asienfeldzug. Alexander setzt sein eigenes Leben aufs Spiel, um ihn zu retten. Von besonderer Bedeutung wird Alexanders Erziehung aber für die Nachwelt, als ihm sein Vater den besten nur möglichen Lehrer gibt: Aristoteles, den Schüler des Plato. Drei Jahre lang unterrichtet der Philosoph den jungen König und die Gruppe gleichaltriger „Edelknaben“ in nahezu allen Wissensgebieten. Er hält seine Schüler zu Tüchtigkeit und Tugendhaftigkeit an, vermag es, die Neugier Alexanders zu befriedigen und weckt in ihm den Wunsch, stets der Beste zu sein. Die von Aristoteles verbesserte Ausgabe der „Ilias“ ist das Lehrbuch der Kriegskunst, das Alexander neben seinem Schwert unter dem Kopfkissen liegen hat. Zuletzt ist es aber der Vater, der Alexander in die Geheimnisse der Herrschaft einweiht, so dass er mit sechzehn Jahren die Statthalterschaft übernehmen kann. Als König erringt Alexander unglaubliche Schlachtensiege, doch am Ende scheitert er, weil er seine Leidenschaften nicht zu zügeln vermag. Genau das macht ihn in Mittelalter und früher Neuzeit so beliebt als warnendes Beispiel für die Herrschenden: Alexander hätte die Welt regieren können, hätte er gelernt, sich selbst zu beherrschen und seine Macht in den Dienst einer höheren Sache zu stellen. Als Vorbild des christlichen Herrschers erlangte daneben Karl der Große überragende Bedeutung. Johannes Aventinus widmete ihm die ersten 46 Kapitel des vierten Buches seiner Bayrischen Chronik und lobt den Kaiser als Förderer der Gelehrsamkeit. Bei Aventin spricht Karl lateinisch und deutsch, versteht griechisch, verfügt über Kenntnisse der Rhetorik, Logik, Arithmetik und Astronomie.561 Ein ganzes Kapitel handelt von kaiser Karls kinderzucht,562 in dem der Karlshof zum Vorbild höfischer Erziehung wird. Während die Söhne früh das Kriegshandwerk erlernen, verbringen die Töchter ihre Zeit sinnvoll mit Spinnen und Nähen. Aventin betont, dass der Kaiser seine Kinder und Enkelkinder oft an seiner Seite hatte, damit sie all das beobachten konnten, was zur Ausübung der Herrschaft gehörte. Als Förderer der Gelehrsamkeit überzeugt sich Aventins Karl auch von den Lernfortschritten an den Domschulen in seinem Reich. Dabei muss er feststellen, dass allein die Kinder der Armen fleißig lernen, die Söhne des Adels sich hingegen auf ihrer vornehmen Herkunft ausruhen. Und der Kaiser spricht es

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schwendung und Unterschlagung von Geldern fliehen. Kassander, der als Junge von Alexander öffentlich gedemütigt und geschlagen wird, empfindet dagegen lebenslange Abneigung gegen seinen ehemaligen Jugendgefährten. Aventinus, Bayerische Chronik, Bd. 2, Buch 4, Kap. 42, S. 156 f. Ebd., Kap. 34, S. 149.

3. Grundlagen der Unterweisung

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aus: Nur die Fleißigen will er an seinen Hof nehmen und zu Räten und Hofmeistern machen.563 Vorbilder aus Geschichte und Legende umzuformen, war ein geschicktes Mittel, um neue Bildungsansprüche im Bewusstsein zu verankern, denn die Ausrichtung an Vorbildern, war der wichtigste Weg, höfische Bildung zu erlangen. Beim Lernen höfischer Umgangsformen waren es lebende Personen, denen junge Adlige nacheiferten. Die Helden der Vergangenheit prägten jedoch ihr Bewusstsein

4. Zwischen Hof und Universität Verbindungen zwischen den Fürstenhöfen und Universitäten sind schon mehrfach angeklungen, da Prinzenerzieher und gelehrte Räte zunehmend einen akademischen Hintergrund hatten. Wie unterschied sich der Lernalltag eines Fürsten bei Hof von dem an einer Universität? Für Philipp von der Pfalz (1503–1548), der 1517/1518 an der Freiburger Universität studierte, wurde eine Studienordnung erlassen, in der alle Einzelheiten geregelt waren.564 Zwischen sechs und sieben Uhr sollte der Fürstensohn durch seinen Kaplan, Georg Kratzer, geweckt werden. Nach dem Morgengebet, das nicht ausdrücklich genannt ist, aber selbstverständlich war, begann die erste Stunde mit Lateinunterricht oder Wiederholungsübungen. Danach war vorgeschrieben, eine Rechtsvorlesung und eine Poesievorlesung zu besuchen. Die Letztere sollte der Kaplan im Anschluss erläutern und in deutscher Sprache verständlich machen. In gleicher Weise brachte er seinem Zögling auch den Fürstenspiegel des Erasmus nahe, obwohl es wenige Zeilen später heißt, der Fürst und seine Mitschüler sollten möglichst nur Latein reden, was kaum umgesetzt worden sein dürfte. Allerdings hatte Philipp jede Woche zwei deutsche Briefe ins Lateinische zu übersetzen, die der Hofmeister sammeln und an den heimischen Hof schicken sollte, damit die Lernfortschritte des Fürsten überprüft werden könnten. Als Kaiser Maximilian Freiburg besuchte, soll Philipp ihn mit einem lateinischen Gedicht empfangen und dafür ein Pferd geschenkt bekommen haben.565 Der Kaplan leitete die Studien und hatte die Aufgabe, den Fürstensohn und seine Gefährten zu verbessern und zum fleißigen Lernen anzuhalten. In der Studienordnung ist nichts von Kurzweil und körperlicher Ertüchtigung zu hören. Dafür dürfte aber der Hofmeister zuständig gewesen sein. Die Vorlesungen wurden eher als Lehrangebot verstanden, das der Kaplan für seine Schüler aufbereiten musste.

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Ebd., Kap. 42, S. 157 f. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Nachricht Nr. 2, S. 265 f. (1517 Dezember 13) und Überblick S. 21 f. Siehe hierzu auch DOBMEYER, Pfalzgraf Philipp, S. 18 f.; BERGERHAUSEN, Pfalzgraf Philipp, S. 38 f. SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 22, ohne Quellenangabe; BERGERHAUSEN, Pfalzgraf Philipp, S. 39.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Wie zu sehen war, erhielt ein Fürst auch im Umfeld der Universität Unterricht im Kreise von Standesgenossen. Daneben erhielten sie Besuch von fürstlichen Verwandten oder wurden an benachbarte Fürstenhöfe eingeladen, so dass sie keinesfalls auf höfische Gesellschaft verzichten mussten. Dennoch hielten es die Herzöge Ernst Ludwig (1545– 1592) und Barnim (1549–1603) von Pommern 1564 scheinbar nur schwer in Wittenberg aus, zumal der Jüngere nach wenigen Monaten glaubte, alles gesehen zu haben, was es dort zu sehen gab.566 Als ihr Vormund hatte Fürst Wolfgang von Anhalt einige Mühe, sie zum Ausharren zu bewegen.567 Von Schwierigkeiten zeugt auch der Umstand, dass die Herzöge während ihres knapp zweijährigen Aufenthalts zweimal ihren Hofmeister wechselten.568 Der Aufstieg bürgerlicher Gelehrter bei Hofe zwang den Adel zunehmend, zusätzlich zur vornehmen Abstammung auch besondere Fähigkeiten zu erwerben, um in eine Stellung bei Hofe zu gelangen.569 Dazu begaben sich niedere Adlige und auch nachgeborene Fürstensöhne an die Bildungsstätte, die diese Konkurrenten hervorbrachte. Die Universitäten des Spätmittelalters waren meist jedoch fürstennah, und ohne landeherrliche Unterstützung kaum lebensfähig. Die Studenten der 1502 gegründeten Universität Wittenberg griffen zunächst auf die Hofbibliothek des sächsischen Kurfürsten zurück, bis eine eigene Universitätsbibliothek aufgebaut war.570 Um 1500 musste manch Adliger allerdings noch den Spott seiner Standesgenossen über sich ergehen lassen, wenn er studierte oder gar einen akademischen Grad erworben hatte.571 So herrschten auch am Hof der Herzöge von Sachsen Vorbehalte gegenüber akademisch gebildeten Räten. Der Unterhändler Thomas von der Hayden berichtete Herzog Georg von Sachsen, dass der kurfürstliche Rat Johann von der Planitz (gest. 1535) vom Kaiser den erblichen Titel „Edler“ verliehen bekommen habe, sich nunmehr seiner ritterlichen Herkunft schäme, wie er sich zuvor seiner Doktorwürde geschämt hätte, und bei jedermann zum Gespött geworden sei.572 Diese Einschätzung 566 567 568 569 570 571

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Herzog Barnim von Pommern an seinen Bruder Johann Friedrich, WEHRMANN, Fürst Wolfgang, S. 100 (1564 Mai 16). WEHRMANN, Fürst Wolfgang, S. 99 (1564 Juli 22). Ebd., S. 97 f. Siehe zum Aufstieg der gelehrten Räte BOOCKMANN, Mentalität; BAUM, Wanderhumanisten; NOFLATSCHER, Räte und Herrscher. Vgl. HILDEBRAND, Universitätsbibliothek. Zimmerische Chronik, Bd. 3, S. 139; ULMSCHNEIDER, Götz von Berlichingen, S. 28. Am bekanntesten sind die Erinnerungen des Ritters Siegmund von Herberstein (1486–1566) daran, dass er von den Standesgenossen nach seinem Universitätsbesuch als ain doctor, wacaleureum, vossn, schreiber, schueler verspottet wurde. Herberstein, Selbstbiographie, S. 71; ENGELBRECHT, Geschichte, S. 37; HEISS, Bildungsverhalten, S. 142; TERSCH, Selbstzeugnisse, S. 201. Thomas von der Hayden an Herzog Georg von Sachsen, GEß, Akten, Bd. 1, Nr. 715, S. 725 f. (1524 August 14): Her Hans von der Plaunitz, ritter, hat sich weyter adeln lassen, schreybt sich Hans Edler von Plawnitz und nit mehr ritter, wan er schamt sich ytzo der ritterschaft, wy er etwan des doktorats gethan hat. […] Iderman helt von her Hanßen adel und titel das gespott. Die Verlei-

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zeugt weniger vom Ehrgeiz des gelehrten Rats als vom Neid auf die Laufbahn und das Verhandlungsgeschick des Ritters. Dieser hatte in Leipzig, Ingolstadt und Bologna beiderlei Rechte studiert und 1498 den Doktortitel erworben, war seit 1513 kurfürstlicher Rat, seit 1520 Amtmann zu Grimma und zuletzt Hofrichter in Leipzig und Altenburg.573 Unentwegt war er in den Angelegenheiten des sächsischen Kurfürsten auf Reisen. Seine Briefe und Berichte zeigen aber nicht nur einen humanistisch gebildeten, sondern auch einen adligen Fürstendiener.574 Die Söhne des sächsischen Hofmeisters Dietrich von Schönberg waren allesamt akademisch gebildet: Nikolaus, der es bis zum Kardinal brachte, Johann der Ältere, Johann der Jüngere, Anton und Dietrich.575 Die Verwaltung der väterlichen Güter übernahm Anton. Die elf Söhne des sächsischen Kanzlers Georg von Karlowitz (gest. 1550) in Dresden waren teils akademisch, teils höfisch und teils häuslich gebildet, während ihr Vater angeblich nicht viel mehr als seinen eigenen Namen schreiben konnte.576 Der älteste Sohn übernahm die väterlichen Güter und heiratete eine Hofjungfrau der Gemahlin des Kurfürsten August von Sachsen (1526–1586). Der zweite war mit Augusts früh verstorbenem Bruder Severin (1522–1533) am Königshof in Innsbruck erzogen worden, ohne dass sich ihm danach eine höfische Laufbahn eröffnete. Von den nächstfolgenden Brüdern finden sich zwei 1541 auf der Universität Ingolstadt, die übrigen zumeist in Hofdiensten.577 Friedrich (gest. vor 1544), der älteste Bruder des Georg von Karlowitz, hatte hingegen nur einen Sohn, Christoph (1507–1578), der sich später als Diplomat verdient machte. Zunächst in Dresden erzogen, besuchte er ab 1519 die Universität Leipzig, weilte 1527 in Basel bei Erasmus von Rotterdam, der seinen Lerneifer lobte,578 studierte danach in Dôle und Besançon, bevor er in den Hofdienst des Herzogs Georg von Sachsen trat.579 Um das Universitätsstudium mit dem adligen Selbstverständnis in Einklang zu bringen, genoss der Adel zahlreiche Sonderrechte. Die zahlenmäßige Zunahme derjenigen

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hung des Titels war am 19. November 1522 erfolgt. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 547; REIMERS, von der Planitz, S. 114 f. Leipzig (1491), Ingolstadt (1497), Bologna (1498–1501). KNOD, Index, Nr. 2801, S. 410 f. Siehe SPANGENBERG, Adelsspiegel, Teil 2, Buch 6, Kap. 18, S. 53 f.; KÖNIG, Adelshistorie, Bd. 1, S. 716; GAUHE, Adels-Lexicon, Teil 1, Sp. 1196 f.; REIMERS, von der Planitz; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 368 f. REIMERS, von der Planitz, S. 114 f. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 88; ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 347 (Sommer 1485) und S. 504 (Sommer 1510). BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 15. CARLOWITZ, Carlowitz, S. 22–24. Erasmus an Herzog Georg von Sachsen, ALLEN, Opus epistolarum, Teil 7, Nr. 1924, S. 283 (1527 Dezember 30); Ders. an Simon Pistorius, ebd., Teil 8, Nr. 2122, S. 86 (1529 März 14). LEHMANN, Briefwechsel, S. 30 f. Siehe zu Christoph von Karlowitz: WEIßE, Bruchstücke, S. 4–10; LANGENN, Carlowitz, S. 9–26; CARLOWITZ, Carlowitz, S. 19–21; WOITKOWITZ, Briefe, S. 49–59.

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III. Der Fürstenhof als Stätte der Erziehung und Bildung

Adligen, die sich an einer Universität einschreiben ließen, sagt allerdings noch nichts über die Ernsthaftigkeit des Studiums aus. Nur wenige Edelmänner legten tatsächlich Prüfungen ab.580 Die Pfalzgrafensöhne Ruprecht, Albrecht und Johann, die ab 1454 in Heidelberg studierten, mussten sich allerdings gemeinsam mit ihren adligen Gefährten wie alle Neulinge dem unschönen Ritual der Deposition unterziehen.581 Der fränkische Graf Wolfgang I. von Castell (1482–1546) zählte zu denjenigen Adligen, die alle ihre Söhne auf eine Hochschule schickten. So waren Friedrich XI. (1522– 1552), Heinrich IV. (1525–1595) und Georg II. (1527–1597) zunächst in Ingolstadt und ab 1546 in Padua eingeschrieben, der älteste Sohn Konrad (1519–1577) im ostfranzösischen Dôle.582 Von diesen Universitätsaufenthalten sind Rechnungen aus den Jahren nach 1533 erhalten, die von dem Präzeptor Hieronymus Ziegler (gest. 1562) geführt wurden. In ihnen ist die Anschaffung mehrerer Bücher verzeichnet, bei denen es sich hauptsächlich um lateinische Unterrichtswerke und Textausgaben handelt. Gekauft wurden aber auch Turnierbücher und Gesangbücher. Da von grundlegenden Werken (Donatus, Cicero, Ovid) jeweils zwei Ausgaben gekauft wurden, ist anzunehmen, dass Heinrich und Georg je ein eigenes Exemplar benutzten. Dass der repräsentative Zweck der Bücher dennoch nicht zu kurz kam, zeigen die mitunter recht kostbaren Einbände. Um die Kosten ihres Universitätsaufenthaltes zu bestreiten, mussten die Grafensöhne mehrfach beim Oberhaupt ihrer Familie um Geld nachsuchen. Heinrich versicherte dabei, sich von den wissenschaftlichen Bestrebungen weder durch die Jagd noch durch andere Lustbarkeiten ablenken zu lassen. Von den Bemühungen, ihn am Hof des Kaisers oder eines anderen Fürsten unterzubringen, hielt er nichts. Er wollte keiner der unbeholfenen „teutschen Hänslein“ sein, die es dort zuhauf gäbe. Zum jetzigen Zeitpunkt, so meinte er, verfüge er noch nicht über das nötige Wissen, um einem Fürsten oder Herren mit seinem Verstand und seinen Sprachkenntnissen nützlich zu sein. Hätte er verspürt, nicht fähig zu sein, Latein und andere Sprachen zu erlernen, wie es für ihn vorgesehen war, um damit einem Fürsten zu dienen, dann wäre er lieber in der Heimat geblieben. Dort hätte er schon das Trinken gelernt und die Umgangsformen, die einen bei Hofe voranbringen.583 Nach seinem Studium stand Heinrich in Verbindung zu Herzog Christoph von Württemberg (1515–1568), der ihn hoch schätzte und für dessen unmündigen Sohn Ludwig (1554–1593) er später die Statthalterschaft ausübte.584 Mit Erfolg und voller Selbstbewusstsein nahm Graf Heinrich von Castell also den Weg, den sein Vater für ihn vorgesehen hatte und der über das Universitätsstudium in den Fürstendienst führte. Früh stimmte er ein in die Kritik am Hofleben, das ihm offensicht580 581 582 583 584

MÜLLER, Aristokratisierung, S. 43. TOEPKE, Matrikel, Teil 1, S. 277 (1454 Juli 15); SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 13. MÜLLER, Universität und Adel, S. 133–135 und 180–182; PLETICHA, Adel und Buch, S. 106 f. SPERL, Castell, S. 100; PLETICHA, Adel und Buch, S. 110. SPERL, Castell, S. 179; PLETICHA, Adel und Buch, S. 112.

4. Zwischen Hof und Universität

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lich nicht unbekannt war. Gelehrte Bildung zu erwerben, war bei den Grafen von Castell bereits im frühen 16. Jahrhundert eine Strategie, sich im Fürstendienst gegenüber adligen und bürgerlichen Mitstreitern zu behaupten. Heinrichs Vater war der erste seines Geschlechts, der nachweislich ein Buch besaß, ein Würzburger Messbuch, in dem er wichtige familiäre Ereignisse vermerkte.585 Zwischen adligem Universitätsstudium und höfischer Erziehung gab es um 1500 einige Parallelen. Auch an der Universität hatten Adlige ihren Hofmeister (praeceptor) und ihre Gefährten (famuli), wobei die Aufgaben des Hofmeisters auch ältere nichtadelige Studenten wahrnehmen konnten.586 Die Erziehung in Gruppen unter der Leitung eines Hofmeisters, die kennzeichnend für die höfische Erziehung des Adels ist, wirkte sich auch auf das adlige Studium aus. Als Herzog Bogislaw von Pommern (1454–1523) seinen Sohn Barnim (1501–1573) im Jahre 1518 zum Studium nach Wittenberg sandte, bestellte er ihm den Marschall Ewald Massow zum Hofmeister und bestimmte mehrere Edelleute zu Mitstudenten.587 Etliche Jahre später begaben sich die Herzöge Ernst Ludwig (1545–1592) und Barnim (1549–1603) von Pommern mit Edelknaben und Gesinde ebenfalls nach Wittenberg. Im Lutherhaus, wo sie zunächst untergebracht waren, wollten sie regelrecht Hof halten und störten sich daran, dass dort auch andere Studenten ein- und ausgingen.588 Später zogen sie mit ihrem Gefolge in das Haus des jüngeren Caspar Cruciger (1525–1597) um.589 Hof und Universität beeinflussten sich gegenseitig. Während der Hof gelehrter wurde, wurde die Universität adliger. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts sind Erziehung und Bildung bei Hofe jedenfalls nicht mehr zu verstehen, ohne diese Wechselwirkungen im Blick zu behalten.

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PLETICHA, Adel und Buch, S. 106. KOHLER, Bedeutung, S. 63. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 12, S. 316 f. Hofmeister Christian von Küssow an Herzog Johann Friedrich von Pommern, MEDEM, Universitätsjahre, S. 30 f. (1563 Juni 14). Ebd., S. 43 f. (1563 August 8).

Musterknaben in ihrer Gruppe

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Abb. 12 Massimiliano Sforza beim Lateinunterricht Buchillustration des Giovanni Pietro da Birago (um 1450 bis um 1513) im Lateinlehrbuch für Massimiliano Sforza (1493–1530), vor 1499. Mailand, Biblioteca Trivulziana, Ms. 2167, Bl. 13v. Zu sehen ist ein Knabe, der mit seinem Buch einem Lehrer gegenübersitzt und diesem voller Aufmerksamkeit folgt, während die Mitschüler schlafen oder spielen. Ein Zwerg fächelt ihnen Luft zu. Durch das geöffnete Fenster ist eine Stadt am Fluss zu sehen. Die Miniatur zeigt Massimiliano, den Sohn des Mailänder Herzogs Ludovico Sforza (gest. 1508), zusammen mit seinem Lehrer Gian Antonio Secco, Graf von Borella (gest. 1498). Grundlage des Unterrichts ist ein Lateinlehrbuch, das auf der „Grammatica“ des Aelius Donatus beruht.

Abb. 13 Erzherzog Maximilian von Österreich und drei Edelknaben beim Unterricht Holzschnitt von Leonhard Beck (gest. 1542) für den „Weißkönig“, nach 1513. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 3033, Bl. 103v. Bildbeschriftung: Die ler und underweysung des jungen w(eiss) k(unigs). Obwohl der Unterricht in einer Gruppe erfolgt, widmet der Lehrer dem jungen Erzherzog besondere Aufmerksamkeit.

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Jugendfreunde im Prunkharnisch

Abb. 14

Abb. 15

Markgraf Joachim d. J. von Brandenburg

Fürst Johann von Anhalt

Lucas Cranach d. Ä., datiert 1520 Berlin, Jagdschloss Grunewald, Inv.-Nr. GK I 10809. Bildinschrift: Joachimus dei gratia marchio Brandenburgensis aetatis eius sedecimo anno vero salutis 1520.

Lucas Cranach d. Ä. (Werkstatt), datiert 1520 Berlin, Jagdschloss Grunewald, Inv.-Nr. GK I 30029. Bildinschrift: Effigies illustris adulescentis domini Johannis principis in Anhalt anno aetatis eius sedecimo 1520.

IV. Höfische Erziehung um 1500: Das Beispiel der Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner

Da es kaum eine Möglichkeit gibt, höfische Erziehung in ihrer Alltäglichkeit zu beobachten, ohne ausgewählte Personen oder Personengruppen in den Blick zu nehmen, beziehen sich die wenigen bisher entstandenen Untersuchungen meist auf einzelne Herrscher und Herrscherhäuser. Um 1900 sind größere Anstrengungen unternommen worden, das Erziehungswesen einzelner Fürstengeschlechter im Reich zu untersuchen, darunter die brandenburgischen Hohenzollern und die albertinischen Wettiner.590 Der Schwerpunkt dieser und ähnlicher Darstellungen liegt jedoch vorwiegend auf dem Zeitraum vom späten 16. bis zum 18. Jahrhundert, für den die Quellenlage weitaus günstiger ist. Auch in jüngerer Zeit wurde die Erziehung in diesen Fürstenhäusern vornehmlich für spätere Jahrhunderte untersucht, meist ohne mittelalterliche oder frühneuzeitliche Traditionslinien zu verfolgen.591 Obwohl die Nachrichten zum Jugendleben einzelner Fürsten oftmals nur spärlich sind, lässt sich versuchen, langfristige Tendenzen und Grundmuster der höfischen Erziehung innerhalb eines Adelsgeschlechts auszumachen. Das entworfene Bild bleibt allerdings ausschnitthaft, wenn man sich nur auf die engere Familie oder auf die tatsächlich zur Herrschaft gelangten Mitglieder beschränkt, wenngleich die Überlieferung die Letzteren begünstigt. Ebenso ausschnitthaft bleibt das Bild, wenn nur ein bestimmter Hof in den Blick genommen wird, denn höfische Erziehung fand im ausgehenden Mittelalter nie an nur einem Ort statt. Austauschbeziehungen, die Teil des Erziehungsprogramms waren, gab es schon allein dadurch, dass der Ort der Hofhaltung trotz der zunehmenden Ausbildung fester Residenzen noch immer wechselte. Im Folgenden soll die höfische Erziehung im ausgehenden Mittelalter am Beispiel dreier benachbarter und miteinander verwandter Fürstengeschlechter des mitteldeutschen Raums untersucht werden, und zwar für die brandenburgischen Hohenzollern, die thüringisch-sächsischen Wettiner und die anhaltischen Askanier. Da das Beziehungsnetz dieser Dynastien nicht auf den mitteldeutschen Raum beschränkt blieb, geraten 590

591

SCHUSTER/WAGNER, Jugend; RICHTER, Erziehungswesen. Siehe für die Zeit ab dem späten 16. Jahrhundert auch: HIRSCH, Erziehung; MÜLLER, Unterrichtspläne; DERS., Geschichte; BACH, Beitrag; REIMANN, Prinzenerziehung. WAGNER, Prinzenerziehung, mit weiterer Literatur bes. S. 26 f., Anm. 4.

112 gelegentlich auch andere Herrschergeschlechter in den Blick, selbst wenn das weitreichende Geflecht persönlicher Beziehungen nicht immer bis an alle Enden verfolgt werden kann. Im Mittelpunkt der Untersuchung sollen die Fürsten von Anhalt stehen, die ihre Söhne im 15. und 16. Jahrhundert an den Höfen der Hohenzollern und Wettiner erziehen ließen, so dass es möglich ist, das Erziehungswesen an den genannten Höfen aus ihrem Blickwinkel zu beobachten. Wo es die Überlieferung zulässt, wird einem Fürstensohn an den fremden Hof gefolgt, um zu ergründen, welche Umstände und Erziehungstraditionen er vorfand, mit wem er gemeinsam erzogen wurde, wie er sich bei Hofe bewegte, welchen Umgang er pflegte und welche Folgen sein Aufenthalt hatte. Dabei werden nicht in jedem Fall alle der genannten Fragen hinreichend zu beantworten sein. Der Bildausschnitt wird wechseln und mitunter wird sich das Bild nicht scharf genug stellen lassen. Gelegentlich wird es gelingen, einem jungen Fürsten an mehrere Orte seiner Ausbildung zu folgen, meist aber gibt es nur vereinzelte Nachrichten. Einmal gelangt man ganz nah an das Geschehen heran, ein andermal kann der Abstand kaum überwunden werden. Die verlässlichsten Aussagen lassen sich, wie bereits erwähnt, für die Zeit des frühen 16. Jahrhunderts treffen. Ausgehend von der anhaltischen Rahmenerzählung soll gestützt auf erzählende und administrative Quellen und mitunter auch auf legendenhafte oder bruchstückhafte Zeugnisse versucht werden, das Erziehungswesen der genannten Fürstenhäuser von den frühesten greifbaren Nachrichten bis zur Reformationszeit zu untersuchen. Nicht jede der ohnehin dürftigen Aussagen hält einer Überprüfung stand. Viele Nachrichten stammen erst aus späterer Zeit. Hinzu kommen eine Reihe von Verwechslungen, Ungenauigkeiten und Ungereimtheiten. Dennoch lässt sich bestimmen, welche Rolle die Erziehung bei Hofe im Hinblick auf den Zusammenhalt der Dynastie, auf die Beziehungen zum Königtum, zu den benachbarten Fürstenhäusern und zu abhängigen Adelsfamilien spielte. Um den Erfolg der Dynastie zu sichern, war es erforderlich, dass die Kinder die Aufgaben übernahmen, die ihnen jeweils zugedacht waren, was den Verzicht auf ein selbstbestimmtes Leben bedeutete.592 Für die Erziehung bei Hofe bedeutete das, dass es sowohl bei den Söhnen als auch bei den Töchtern darauf ankam, sie auf die ihnen zugedachte Rolle vorzubreiten.593 Im Folgenden kann jedoch gezeigt werden, dass die Aufgaben zumindest bei den Söhnen nicht nur nach den Erfordernissen der Politik und der standesgemäßen Versorgung verteilt wurden. Die Erstgeborenen blieben zwar in der Regel bestimmt, dem Vater in der Herrschaft zu folgen, doch gab es auch hier Ausnahmen. Wer von den Söhnen die Nachfolge antreten, ein geistliches Amt übernehmen oder als Feldherr dienen sollte, das wurde sorgfältig erwogen. Dabei verließen sich die fürstlichen Eltern nicht nur darauf, was die Sterne vorausdeuteten, sondern achteten 592 593

ROGGE, Ernst von Sachsen, S. 28, und DERS., Herrschaftsweitergabe, S. 141–157 und 346–353. SPIEß, Familie, S. 35.

1. Anhaltiner. Hohenzollern und Wettiner

113

ebenso auf die Veranlagungen ihrer Kinder. Letztlich aber war der Gang der Dinge nicht vorhersehbar. Der frühe Tod eines Sohnes, der unerwartete Erfolg oder das Scheitern bei einer Bischofswahl, die Möglichkeit einer günstigen Eheverbindung, das alles konnte sämtliche Pläne durchkreuzen und einen anderen Sohn zwingen, eine Rolle zu übernehmen, die ihm ursprünglich nicht zugedacht oder auf die er noch nicht ausreichend vorbereitet war. Die Kinder des hohen Adels hatten zu lernen, eigene Wünsche hintanzustellen, um sich Herrschaftsinteressen zu fügen, wenngleich viel zu wenig darüber bekannt ist, wie ausgeprägt die Vorstellung von einer Selbstverwirklichung überhaupt war. Was von den Kindern erwartet wurde, darüber musste sich innerhalb der Familie verständigt werden, und das musste ihnen möglichst früh nahegebracht werden. Die Familienmitglieder der Wettiner wurden seit der Mitte des 14. Jahrhunderts erfolgreich in eine „dynastische Disziplin“ eingebunden, wie Jörg Rogge zeigen konnte, ohne eigens auf die Vermittlung solcher Vorstellungen durch Erziehung einzugehen oder die weiblichen Familienmitglieder in die Untersuchung einzubeziehen.594 Auf der Grundlage von Familienverträgen, Testamenten und Briefwechseln hat er herausgearbeitet, wie der Anspruch der Kinder auf selbständige Herrschaft und auf standesgemäße Versorgung mit dem Erhalt der Stammgüter in Einklang zu bringen war und wie abweichendes Verhalten durch Zwang unterbunden wurde. Besonderes Augenmerk galt dabei Herzog Siegmund, dem zweitgeborenen Sohn Friedrichs I. von Sachsen, der die ihm zugewiesene Rolle, Geistlicher zu sein, ablehnte und deswegen nicht nur gefangen gesetzt, sondern auch als „einfältig“ gebrandmarkt wurde.595

1.

Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner im mitteldeutschen Raum

Die Fürsten von Anhalt herrschten im Vergleich zu den beiden Nachbardynastien über ein recht kleines Gebiet, das zudem immer wieder durch Erbteilungen aufgespalten wurde. Dennoch gelang es ihnen bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, die dynastische Einheit zu bewahren, was nicht allein auf das Erlöschen von Nebenlinien zurückgeführt werden kann.596 Mit Beistandsverträgen versuchten die Fürsten um 1490 bewusst, die Einheit der Familie zu festigen.597 Um die Herrschaft nach außen zu sichern, waren die Anhaltiner 1493 ein Bündnis mit den albertinischen Herzögen von Sachsen eingegan594 595 596 597

ROGGE, Herrschaftsweitergabe, bes. S. 84. Einige Bemerkungen zur Rolle der Fürstinnen finden sich ebd., S. 350–353 und in DERS., Überlegungen, bes. S. 239 f. und 263. ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 141–157. FREITAG, Familienbewußtsein, bes. S. 198. WÄSCHKE, Regesten, Nr. 1018, S. 471 [1486] und Nr. 1149, S. 527 f. [1490]. Vgl. FREITAG, Kleine Reichsfürsten, S. 141–160; THOMAS, Fürsten, S. 87.

114

IV. Höfische Erziehung um 1500

gen und hatten ein ebensolches mit den hohenzollerischen Markgrafen von Brandenburg angestrebt, das allerdings nicht zu Stande kam.598 Über den anhaltischen Hof ist aus der Zeit um 1500 nur wenig bekannt,599 obgleich die Anhaltiner bereits im 13. Jahrhundert beachtlichen Anteil an der ritterlich-höfischen Kultur gehabt hatten.600 Die Erinnerung daran, dass in der Mark Brandenburg und im Herzogtum Sachsen einst verwandte Fürsten geherrscht hatten,601 war fest im Bewusstsein verankert. Allerdings waren die Fürsten von Anhalt um 1500 so hoch verschuldet, dass ihr Ansehen und ihre Herrschaft in Bedrängnis gerieten.602 Große Teile des Herrschaftsgebietes drohten an das Erzstift Magdeburg verloren zu gehen, wobei diese Gefahr durch zähe Verhandlungen abgewendet werden konnte. Wenn es aber ein Geldleiher im Jahre 1510 wagte, die Fürsten von Anhalt im Beisein eines Fremden als Bettler zu bezeichnen, zeugt dies davon, wie sehr deren Ansehen beschädigt war.603 Die Entfaltung des höfischen Erziehungswesens hing stark von der Entfaltung fürstlicher Landesherrschaft ab. Während die Wettiner und auch die Fürsten von Anhalt in ihrem Herrschaftsbereich seit langer Zeit fest verwurzelt waren, herrschten die Hohenzollern erst seit 1415 in der Mark Brandenburg, die für die Wittelsbacher und die Luxemburger nach dem Aussterben der askanischen Markgrafen nur eine untergeordnete Bedeutung gehabt hatte. Im Wettstreit um die Ausweitung von Macht und Besitz nahm sich der eingesessene Adel lange Zeit große Freiheiten heraus. Gleichzeitig verlor das Leitbild des Rittertums an Ausstrahlungskraft. Selbst wenn die märkischen Edelleute ihren Adelsstolz hegten, schien es den meisten von ihnen noch im 15. Jahrhundert entbehrlich, den Ritterschlag zu erlangen.604 Um sie der Landesherrschaft zu unterwerfen und wieder auf ritterliche Ideale zu verpflichten, zogen die Hohenzollern die jungen Söhne des Adels an ihren Hof in Tangermünde und Berlin oder sandten sie zur Erziehung in ihre fränkischen Besitzungen. Sie richteten Turniere und höfische Feste aus und gewährten mitunter sogar Beihilfen für den Erwerb des Ritterschlags.605 Die Gründung 598 599 600

601 602 603 604 605

WÄSCHKE, Regesten, Nr. 1274, S. 572 (1493 August 30) und LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg II., Nr. 4, Bl. 2 (1498 März 8); JABLONOWSKI, Krise, S. 16 f. PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Teilbd. 2, S. 744–748. Auf Bl. 17r der Großen Heidelberger Liederhandschrift (Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 848) ist ein „Herzog von Anhalt“ beim buhurt dargestellt, bei dem es sich um den anhaltischen Fürsten Heinrich I. (gest. 1245) handeln dürfte, der 1211 die Tochter des Landgrafen Hermann I. von Thüringen geheiratet hatte. ASSING, Brandenburg, Anhalt und Thüringen; BECK, Herrschaft und Territorium. Ausführlich JABLONOWSKI, Krise. Dies berichtete Fürst Magnus empört seinem Vetter Ernst, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 12v (1510). PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 199. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Hans Simon Kaib von Hohenstein, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, S. 238 (1476 Juni 26): wern wir nicht, so wurd ganz kein stechen nit. Vgl. PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 210 f.; KOTELMANN, Finanzen, S. 13. Am 26. August 1476 wurde offenbar nach langer Unterbrechung wieder ein Turnier in der Mark Brandenburg, in

1. Anhaltiner. Hohenzollern und Wettiner

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des Schwanenritterordens im Jahre 1440 zielte ebenfalls darauf ab, das religiöse und sittliche Gefühl des märkischen Adels zu heben.606 Zehn Jahre später stiftete der sächsische Kurfürst eine ähnliche Gemeinschaft, den Hieronymusorden, der allerdings nur wenige Jahre Bestand hatte.607 Dennoch gab es auch bei den Wettinern weiterhin Bemühungen, das Gefühl der Gemeinschaft und Erhabenheit bei den Mitgliedern der Hofgesellschaft zu stärken. Die Wettiner unterhielten um 1500 herrschaftliche Beziehungen in unterschiedlichen Abstufungen über den Bereich ihrer unmittelbaren Landesherrschaft hinaus und nahmen somit eine hegemoniale Stellung im mitteldeutschen Raum ein.608 Sie versuchten, auf die Fürsten von Anhalt einzuwirken, die gleichzeitig auch der Kraft ausgesetzt waren, die von Kurbrandenburg ausging. Bedrohlich wurde dieses Spiel der Kräfte in dem Maße, in dem Hohenzollern und Wettiner die Besetzung der regionalen Bischofsstühle und Domkapitel unter sich ausmachen konnten. Im Bemühen, hohe geistliche Ämter im Umland zu besetzen, waren die Anhaltiner zunehmend unterlegen.609 Für sie kam es um 1500 darauf an, den Anschluss nicht zu verpassen und den fürstlichen Rang nicht zu verlieren, denn was die Ausprägung der Landesherrschaft anging, gab es bei ihnen einigen Aufholbedarf.610 In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts traten regierende anhaltische Fürsten auffallend häufig in den geistlichen Stand, nicht zuletzt weil der eigene Teil der Herrschaft zu geringe Einkünfte brachte und eine geistliche Pfründe lohnender schien.611 Durch die Begründung fester Residenzen wurde nicht nur das höfische Leben befördert,612 sondern auch das Erziehungswesen stärker mit einem bestimmten Ort verbunden. So wuchsen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts nahezu sämtliche Kinder der Markgrafen von Brandenburg in Tangermünde auf, wo sie meist auch geboren waren.

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Berlin, ausgerichtet. WAGNER, Turnier zu Ruppin, S. 104; DERS., Jugendzeit. Noch 1485 riet Kurfürst Albrecht von Brandenburg seinem Sohn Johann, keine märkischen Edelleute mit zum Turnier zu bringen, weil diese zu unerfahren seien, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, zu Nr. 1041, S. 344 (1485 Januar 29). Siehe allgemein RANFT, Ritterorden, und zum Schwanenorden STILLFRIED-ALCANTARA, Schwanenorden; HAENLE, Schwanenorden, S. 2 f.; KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, Nr. 69, S. 324–346. Die Gründungsurkunde ist nur in Auszügen überliefert bei HORN, Handbibliothek, Teil 8, S. 873– 875 (1450 September 30); STREICH, Reiseherrschaft, S. 111 f.; KRUSE/PARAVICINI/RANFT, Ritterorden, Nr. 73, S. 387–389. Dazu ausführlich STIEVERMANN, Hegemonen, vor allem im Hinblick auf Machtausdehnung durch Schutzherrschaft und Vogtei. FREITAG, Familienbewußtsein, S. 197. FREITAG, Familienbewußtsein, S. 197 f. Siehe WÄSCHKE, Genealogisches Handbuch. Siehe zum Prozess der Residenzbildung in Brandenburg, Sachsen und Anhalt AHRENS, Residenz und Herrschaft; STREICH, Reiseherrschaft; GRAVE, Forschung und Quellen; MEINHARDT, Chancengewinn; KREIßLER, Aspekte.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Obwohl der Ort nur wenige Jahre den Rang einer kaiserlichen Nebenresidenz hatte, blieb er von großer Bedeutung für die höfische Kultur.613 Nachdem Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg im März 1451 sein ab 1442 errichtetes Schloss in Cölln an der Spree bezogen hatte, entwickelte sich der brandenburgische Hof zu einem Mittelpunkt höfischer Kultur im Norden des Reichs, an dem sich der dänische, mecklenburgische, pommersche und nicht zuletzt der anhaltische Hof ausrichteten.614 Der erste Fürst, der nachweislich an diesem Hof erzogen wurde, war Herzog Otto III. von Pommern (1444– 1464), nachdem sein Vater im Jahre 1451 gestorben war und der Kurfürst die Vormundschaft übernommen hatte.615

2.

Vereinzelte Nachrichten bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts

Bis ins 14. Jahrhundert wurden Fürstenspiegel im deutschsprachigen Raum in aller Regel Angehörigen von königsfähigen Familien gewidmet. Eine Ausnahme bildet die so genannte „Katherina divina“ des Erfurter Augustinermönchs Johannes von Vippach.616 Diese Bearbeitung des Aegidius Romanus wurde wahrscheinlich von Katharina von Henneberg (gest. 1397), der Witwe des Markgrafen Friedrich III. von Meißen (1332–1381), in Auftrag gegeben. Das Werk bezeugt somit das wettinische „Anspruchsdenken auf eine politisch noch gar nicht erreichte Herrschaftskultur“617 und damit den Stellenwert adliger Erziehung, Bildung und Tugendhaftigkeit am wettinischen Hof der damaligen Zeit.618 Die Widmung ist zugeschnitten auf Katharina von Henneberg, die für drei minderjährige Söhne619 Sorge trug. Ansonsten sind die Abweichungen von der Vorlage ohne größere Bedeutung. Die Stelle etwa bei Aegidius, das Buch wolle lehren, welche Tugenden zu befolgen sind, erweitert der Bearbeiter dahingehend, dass es auch lehren wolle, welche Untugenden zu vermeiden sind.620 Im Gegensatz zu Aegidius nennt Johannes von Vippach häufiger die Namen antiker Autoren und bringt einige wertende und erläuternde Zusätze, doch inhaltlich enthält seine Bearbeitung keine wesentlichen Neuerungen. Obwohl das Werk einer Frau gewidmet ist, betont es die Rolle der Fürstin als Erzieherin nicht stärker als andere Fürstenspiegel. 613 614 615 616 617 618 619 620

ZAHN, Tangermünde; AHRENS, Mittelpunktsfunktion. PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 217. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 9, S. 73. STÖRMER, Autorschaft. MENZEL, Katherina divina, S. 43. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 455 f. Friedrich IV. (1370–1428), Wilhelm II. (1381–1425) und Georg (1380–1401) von Meißen. MENZEL, Katherina divina, Buch 1, Teil 1, Kap. 1, S. 74.

2. Vereinzelte Nachrichten

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Eine 1435 aufgezeichnete Bearbeitung des Aegidius Romanus, die ebenfalls in Mitteldeutschland entstanden ist, erhebt den Anspruch, Ratschläge zu erteilen, wie ein Fürst seine Herrschaft erhalten und festigen kann.621 Die Niederschrift des Textes, dessen Urfassung aus der Zeit Kaiser Karls IV. stammen könnte,622 fällt unter die Regierung der Söhne des Kurfürsten Friedrich I. von Sachsen (gest. 1428). Es ist denkbar, dass der Fürstenspiegel für sie abgeschrieben wurde. Der Bearbeiter betont, dass zwar niemand im Kindesalter einem Land als Herrscher vorstehen solle, dass aber derjenige, der von seinen Sitten her alt und vernünftig ist, durchaus als Fürst regieren könne, selbst wenn er noch jung an Jahren sei.623 Kurfürst Friedrich I. hatte die Herrschaft mit sechzehn Jahren übernommen, obwohl die Goldene Bulle ein Alter von achtzehn Jahren vorschrieb. 1435 hatte er das 21. Lebensjahr vollendet und konnte ohne Vormund herrschen. Der mitteldeutsche Fürstenspiegel ist in drei weiteren Handschriften aus dem Zeitraum zwischen 1470 und 1500 überliefert, die in Dresden, Brünn und Gießen aufbewahrt werden, wobei sich die Brünner Handschrift zunächst im Besitz verschiedener deutscher Adliger in Böhmen und Mähren befand.624 Die Kapitel über die Kindererziehung (Buch 2, Kap. 8–17) sind außerdem in einer 1464 in Gnesen aufgezeichneten Sammelhandschrift überliefert.625 Selbst wenn die erhaltenen Handschriften in keinem unmittelbaren Abschreibeverhältnis zueinander stehen,626 lässt die jeweilige Abfassungszeit Schlüsse über die Verbreitung und Bestimmung des Textes zu, der stets zusammen mit Texten hauswirtschaftlichen, historischen und geistlichen Inhalts überliefert ist. Er war von Bedeutung für den kursächsischen Hof um 1435 und um 1470, wurde zwischenzeitlich im brandenburgischen, in den 1480er Jahren im böhmisch-mährischen und zu Beginn des 16. Jahrhunderts im hessischen Raum abgeschrieben. Vermutlich handelt es sich also um einen Text, der vor allem im Einflussbereich und im engeren Umkreis der Wettiner Verbreitung fand. Ausführlichere Nachrichten über die höfische Erziehung gibt es für Anhaltiner, Hohenzollern und Wettiner erst für diejenige Generation von Fürsten, die sich der Reformation stellen musste. Warum sich diese Herrscher für oder gegen die lutherische Lehre entschieden, muss hier nicht beantwortet werden, denn selbst unter dem Einfluss der evangelischen Bewegung verlief die höfische Erziehung über weite Strecken in den altgewohnten Bahnen, nur dass die Auswahl der Erzieher und Lehrinhalte nun größere 621 622 623 624

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STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat; DIES., Überlieferung. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 208–211. Vgl. ebd., Buch 1, Kap. 3, S. 211 f. und S. 236, nach Kohelet 4,13. Dresden, Sächsische Landesbibliothek, M 55 (um 1470); Brünn, Státni vědecká knihovna, Mk 23 (1480); Gießen, Universitätsbibliothek, Cod. 189 (1501); STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 200–202. Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. germ. qu. 796 (1464), Bl. 77v–86v; STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 199 und 202. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, S. 203–206.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Vorsicht erforderte. Vor der Reformationszeit gibt es über die höfische Erziehung meist nur vereinzelte Nachrichten, die oftmals bloß deshalb Erwähnung fanden, weil sie im Zusammenhang mit außergewöhnlichen Ereignissen oder Unglücksfällen standen. So stürzte etwa in einer Nacht des Jahres 1406 der alte Turm des Jagdschlosses Lochau ein und begrub die beiden Söhne des Kurfürsten Rudolf III. von Sachsen-Wittenberg (gest. 1419), fünf Edelknaben und den Prinzenerzieher unter den Trümmern.627 Dies war ein großes Unglück und ein schlimmer Schlag für den Kurfürsten, mit dessen Bruder wenig später das Geschlecht der askanischen Kurfürsten von Sachsen erlosch, doch gibt es durch diesen tragischen Fall einmal Hinweise darauf, wo die Prinzen im Schloss untergebracht waren und dass sie mit Erzieher und Gefährten ein Schlafgemach teilten. Bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts stand die höfische Erziehung im mitteldeutschen Raum immer wieder unter dem Eindruck ungefestigter Herrschaftsverhältnisse und immer wieder auftretender Streitigkeiten innerhalb der eigenen Familie und mit anderen Mächten. Markgraf Albrecht von Meißen setzte 1188 beispielsweise seinen Vater gefangen, weil er sich durch dessen Nachfolgeregelung benachteiligt fühlte. Seine Mutter soll den jüngeren Bruder Dietrich seiner Geschicklichkeit, seines Verstandes und seiner Tugend wegen bevorzugt und ihren Gemahl deshalb gebeten haben, ihren Liebling zu begünstigen.628 Aus den Vormundschaften über minderjährige Fürsten, von denen in jenem Zeitraum häufig zu hören ist, lassen sich kaum Rückschlüsse auf die höfische Erziehung ziehen. Vormundschaften wechselten je nach Machtverhältnissen und Interessenlagen und sind oftmals schwer zu durchschauen. So war der minderjährige Markgraf Friedrich II. von Meißen (1310–1349) Schutzherr des Markgrafen Ludwig von Brandenburg, obwohl er selbst bis 1324 unter der Vormundschaft des Grafen von Schwarzburg stand,629 den seine Mutter ausgewählt haben soll.630 Der Burggraf Friedrich V. von Nürnberg bestimmte 1372 für den Fall seines vorzeitigen Todes seine Schwäger, die Markgrafen von Meißen, seine Gemahlin und seinen Onkel, den Landgrafen Johann von Leuchtenberg, zu Vormündern seiner minderjährigen Söhne.631 In der darüber ausgestellten Urkunde heißt es, dass oft Krieg und Zwietracht entstehen, wenn ein Vater unmündige Kinder hinterlässt. Er habe deshalb dafür zu sorgen, dass nach seinem Tode Friede und Eintracht bestehen bleiben, wozu ihn auch angeborene Liebe und väterliche Treue zu 627 628 629 630 631

MÜLLER, Annales, S. 4; BECK, Herrschaft und Territorium, S. 155 f. Albinus, Chronica, S. 255. HEIDEMANN, Graf Berthold; LIPPERT, Markgraf Ludwig, S. [564]; DERS., Wettiner und Wittelsbacher, S. 21. Fabricius, Origines, S. 640: Adolescenti Friderico annorum quindecim matris consilio tutor lectus est Henricus comes Svarcburgius, cuius in patre singularis observantia et fides extiterat. Monumenta Zollerana, Bd. 4, Nr. 188, S. 217–220 (1372 Januar 8); SCHULZE, Hausgesetze, Bd. 3, S. 651–654; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 7. Nach dem Tod der Burggräfin Elisabeth setzte Friedrich bis auf Widerruf seinen Schwiegersohn, den Pfalzgrafen Ruprecht, zum Vormund seiner Söhne ein. Monumenta Zollerana, Bd. 5, Nr. 66, S. 69 f. (1380 Juni 13).

2. Vereinzelte Nachrichten

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den Kindern verpflichten. Die vom Burggrafen getroffenen Bestimmungen über die Vormundschaft zielten vor allem darauf, Besitz- und Herrschaftsrechte zu wahren. Die Vormünder hatten zu verhindern, dass die Herrschaft geteilt oder Güter veräußert wurden, bevor die Söhne ihre Volljährigkeit erreicht hatten. Anweisungen aber, wie und durch wen die Söhne erzogen werden sollten, gab es in diesem Zusammenhang nicht. Ähnlich war es bei den Fürsten von Anhalt, als diese um 1380 den Markgrafen von Meißen zum Vormund ihrer Kinder bestimmten.632 Auch wenn sie urkundlich geregelt wurde, blieb die Vormundschaft keinesfalls unangefochten. Fürst Georg I. von Anhalt (gest. 1474) hatte von seinem Schwager, dem Grafen Burchard von Mühlingen (gest. 1419), die Vormundschaft über dessen Sohn Günther übertragen bekommen, der beim Tode seines Vaters erst drei Jahre alt war.633 Wegen dieser Verfügung gab es nicht nur Streit mit dem Vetter in Bernburg,634 sondern auch mit dem Erzbischof von Magdeburg. Mit Waffengewalt erreichte dieser, dass die Vormundschaft 1420 an ihn abgetreten wurde. Später kam mit kursächsischer Hilfe ein Ausgleich zu Stande, der Fürst Georg die Vormundschaft und den möglichen Anfall der Grafschaft Barby sicherte.635 Dynastische Streitigkeiten konnten sich unmittelbar auf den Gang der Erziehung niederschlagen. Nachdem Graf Siegmund von Anhalt im Jahre 1405 auf Schloss Coswig gestorben war, übernahm sein Bruder Albrecht III. (gest. 1423) die Herrschaft und die Vormundschaft über seine Neffen. Aus Sorge um die Herrschaftsrechte ihrer Kinder ließ Siegmunds Witwe sofort ihren ältesten Sohn, den damals etwa sechzehnjährigen Woldemar IV. (um 1389–vor 1423), nach Hause holen, denn während ihre jüngeren Söhne bei ihr auf Schloss Coswig lebten,636 befand sich Woldemar zu jener Zeit am Hofe des Grafen Johann von Hardegg in Niederösterreich. Sein Vater hatte ihn selbst dorthin gebracht und, wie die Zerbster Ratschronik berichtet, einen Zuchtmeister namens Heyse Luttzeldorp bei ihm gelassen.637

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HEINEMANN, Codex, Teil 5, Nr. 10, S. 11 und Nr. 41, S. 36 (1380 Juli 25 und 1383 Februar 6). Vgl. WÄSCHKE, Regesten, Nr. 153, S. 65 (1421 Juli 31); Nr. 183, S. 78 (1423 November 12). WÄSCHKE, Regesten, Nr. 163, S. 69 (1422 Mai 9). Siehe WÄSCHKE, Regesten, Nr. 161, S. 68 (1422 April 17), Nr. 163, S. 69 (1422 Mai 9) und Nr. 192 f., S. 80 f. (1424 November 19); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 1, S. 455 f. WÄSCHKE, Zerbster Ratschronik, S. 22. Der Chronist nennt nur Georg I. (gest. 1474), Johann (gest. 1455) und Siegmund II. (gest. 1450). Danach WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 1, S. 436. WÄSCHKE, Zerbster Ratschronik, S. 23: Unde de sulve grave Woldemar was wol bi sinen xvj ader mehr jaren unde de sulve grave Woldemar hadde thu der tijd einen bi sik, genant Heyse Luttzeldorp (den hadde grave Segemund sulves bi ome gelaten, alse he =n in in dat land tho Osterrich brachte) de sin tuchtmester was. Über diesen Zuchtmeister ist sonst nichts bekannt. Nur einmal taucht ein Heise von Lutzchendorf als Zeuge in einer anhaltischen Urkunde auf. WÄSCHKE, Regesten, Nr. 123, S. 52 (1417 Dezember 1).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Wie die Beziehungen zu dem österreichischen Grafenhaus zu Stande gekommen waren, liegt im Dunkeln. 1401 hatte Johann von Hardegg dem Fürsten Siegmund seinen Anteil an der Burggrafschaft Magdeburg überlassen.638 Diesen hatte einst seine Mutter Helene, eine Tochter des askanischen Herzogs von Sachsen-Wittenberg, mit kaiserlicher Zustimmung als Heiratsgut erhalten. Im Besitz der burggräflichen Gewalt hätte Siegmund nun die anhaltische Herrschaft sowohl gegenüber den Erzbischöfen von Magdeburg als auch gegenüber den Wettinern stärken können. Die Überlassung der Burggrafenrechte im Jahre 1401 blieb jedoch wirkungslos. Nach dem Tod des letzten Herzogs von Sachsen-Wittenberg kamen diese Rechte zusammen mit der sächsischen Kurwürde an die Markgrafen von Meißen. Hinter der Verbindung Siegmunds von Anhalt zu Johann von Hardegg standen vermutlich weitreichende dynastische Interessen, die offenbar auch dadurch verfolgt wurden, dass Siegmunds ältester Sohn am Hofe des Grafen erzogen wurde. Noch im 16. Jahrhundert bestanden verwandtschaftliche Beziehungen des anhaltischen Fürstenhauses zu den Grafen von Hardegg, ohne dass jedoch ein Erziehungsaufenthalt in Niederösterreich in Betracht gezogen wurde.639 Woldemars Erziehungsaufenthalt wurde nach dem Tod des Vaters jäh abgebrochen. Seine Mutter rief ihn zurück, damit er seine Herrschaftsrechte gegen die Ansprüche des Onkels durchsetzen konnte. Bei seiner Heimkehr zog ihn Albrecht jedoch umgehend an seinen Hof und stellte ihn unter Aufsicht.640 Woldemar musste mit dem Onkel von Hoflager zu Hoflager ziehen. Als sich beide einmal getrennt voneinander in Zerbst bzw. Köthen aufhielten, nutzte Woldemar die Gelegenheit, zog mit seinen Dienern nach Dessau und nahm das dortige Schloss mit Gewalt ein, um das Erbe seines Vaters anzutreten. Da er nicht zu Verhandlungen bereit war, wurde er von Albrecht belagert, der dabei die Burg Dessau in Brand setzen ließ. Woldemar entkam zwar nach Coswig, konnte seine Herrschaftsansprüche jedoch bis zu seinem Tode nicht durchsetzen.641 Solche Herrschaftsstreitigkeiten standen im Widerspruch zu den Vorstellungen von der Einheit des Fürstenhauses und wurden bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts oft auf den Einfluss böser Ratgeber zurückgeführt.642 So heißt es etwa in der Zeit des Sächsischen Bruderkrieges (1446–1451), dass Friedrich und Wilhelm von Sachsen nur durch 638

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WÄSCHKE, Regesten, Nr. 1, S. 1 (1401 Februar 6). Gedruckt bei BECKMANN, Historie, Teil 4, S. 530 f. und mit ausführlichen Anmerkungen zur Sache bei BIERBACH, Urkundenbuch der Stadt Halle, Bd. 3,1, Nr. 1512, S. 666 f. Graf Ulrich von Hardegg zu Glatz war mit einer Schwester der Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, verheiratet, die allerdings bereits 1526 starb. Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 528. WÄSCHKE, Zerbster Ratschronik, S. 24. Nach dieser Quelle auch BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 114–117. Seine Brüder erzielten später eine Einigung mit Albrecht. Im Tausch gegen Coswig durften sie Dessau behalten. Siehe WÄSCHKE, Regesten, Nr. 192–194, S. 80–82 (1424 November 19 und Dezember 2). ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 340–346.

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böswillige Räte, allen voran Apel III. Vitztum (gest. 1474), entzweit worden seien.643 Schon in seiner Jugend habe Wilhelm unter Apels Einfluss gestanden. Friedrich tadelte auch den Grafen Botho von Ileburg wegen seiner Untreue und Unehrenhaftigkeit und führte dies ebenfalls auf das schlechte Vorbild der Vitztume zurück, von denen Botho nichts als List und Tücke gelernt habe.644 In seiner Antwort verwahrte sich der Graf heftig gegen den Vorwurf der Untreue und Ehrlosigkeit, denn gerade die Tatsache, dass er treu zu seinen Verwandten stehe, die von Friedrich vertrieben worden waren, zeige doch, dass er seine Ehre niemals vergessen habe.645 Die erzählenden Quellen berichten von zahlreichen innerfamiliären Streitigkeiten, wenngleich zu beachten ist, dass diese Berichte meist in größerem zeitlichem Abstand entstanden und literarisch überformt sind. Die Sage von der Landgräfin Margarethe, die bei ihrer Flucht von der Wartburg ihren Sohn in die Wange gebissen haben soll, hat sich bis heute erhalten, obwohl ihre Geschichtlichkeit früh angezweifelt worden ist.646 Aufgezeichnet wurde diese Begebenheit zuerst im 15. Jahrhundert, in der Thüringischen Chronik des Johannes Rothe (gest. 1434), während die zeitnahen Chroniken, namentlich die Reinhardsbrunner Annalen, darüber nichts zu vermelden wissen.647 Heute wird davon ausgegangen, dass Rothe lediglich eine vor Ort mündlich überlieferte Erzählung wiedergegeben hat. Doch selbst wenn seine Darstellung, mit der er eine lehrhafte Absicht verfolgte, von geringem Wert für die Zeit des 13. Jahrhunderts ist, so gibt sie immerhin Auskunft darüber, welche Vorstellung ein Chronist des frühen 15. Jahrhundert vom familiären Zusammenleben bei Hofe hatte. Landgraf Albrecht, so schildert Rothe, war heimlich für eine der Hofdamen seiner Gemahlin entbrannt. Um seine Ehefrau nun aus dem Wege zu räumen, verspricht er einem armen Eseltreiber große Reichtümer, wenn dieser des nachts in das Schlafgemach der Landgräfin eindringen und sie umbringen würde. Beiläufig ist an dieser Stelle zu erfahren, dass die Kinder in dem „bemalten Haus bei dem Turm“ schliefen, wo sie in 643 644

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KOCH, Bruderkrieg, S. 61; ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 171. Kurfürst Friedrich II. von Sachsen an Botho von Ileburg, SächsHStA Dresden, Loc. 4340, Kapsel 1, Bl. 71br ([um 1450] Dezember): Ouch sehen wir wol, das keyne ere yn uch ist unde mich wundert nicht, das ir ungetruwe seyt, wen ich wol wayß, das Fycztum uwer ohem ist, dar von habet ir dy tucke, unde were besser gewest, ir hettet eyn anders gelernet denne das und sollet vor ware wyssen, ane allin czwyfel syn, es sal uch gedacht werden, heysse wir anders herczoge Frederich. Botho von Ileburg an Kurfürst Friedrich II. von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 4340, Kapsel 1, Bl. 71dr [um 1450]: Ir schribet, das keine ere in mir ist, euwir gnade mir ungutelich thut, ich habe meyne ere ny vorgessen. WACHTER, Geschichte Sachsens, Teil 3, S. 59, 64 und 67 f.; MITTENDORFF, De Friderico, S. 4 f.; GRÜNHAGEN, Sage. Rothe, Düringische Chronik, S. 434–438. Eine nur wenig abgewandelte Erzählung bringt Ursinus, Chronicon Thuringiae, Sp. 1298 f. Vgl. dazu STREICH, Lebensbedingungen, S. 53. Der Leichenstein in Reinhardsbrunn, in dessen Inschrift der Biss erwähnt wird, wurde erst 1613 gesetzt.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

ihrer Wiege lagen.648 Obwohl der Knecht um sein eigenes Leben bangen muss, kann er die von ihm geforderte Untat nicht ausführen und warnt Margarethe vor den Mordplänen. Zusammen mit dem Hofmeister bereitet die Landgräfin daraufhin ihre Flucht vor. Kurz bevor sie aufbricht, begibt sie sich jedoch in das Schlafgemach ihrer Kinder, beugt sich betrübt über den ältesten Sohn und beißt ihm nicht nur in, sondern geradezu durch die Wange. Nur der Hofmeister kann verhindern, dass sie auch dem zweiten Kind eine solche Wunde zufügt. Ihr Tun rechtfertigt die bedrängte Frau damit, dass sie ihre Kinder zeichnen wolle, auf dass sie ihr Leben lang an die erzwungene Trennung von der Mutter erinnert würden. In Begleitung des genannten Eselknechts, einer Hofdame und einiger treuer Dienerinnen flieht sie von der Wartburg und stirbt ein Jahr darauf vor Kummer in der Fremde.649 Nachdem der Landgraf seine Frau auf diese Weise losgeworden ist und sich der Geliebten zuwendet, sorgt sein Bruder Dietrich für die Kinder, die er zu sich nimmt und zusammen mit seinem einzigen Sohn erziehen und unterweisen lässt.650 Nach dieser Erziehung kommt Friedrich „der Gebissene“, wie er später genannt wird, an den Hof König Wenzels II. von Böhmen, wo er sich angeblich tugendhafter erweist als man es für sein Alter erwartet hätte. Den böhmischen Hof verlässt er erst, um seinem Onkel Dietrich gegen die Belagerung Magdeburgs durch die Grafen von Anhalt beizustehen.651 Bemerkenswert an dieser Erzählung ist, dass die nächsten Verwandten ganz selbstverständlich für die standesgemäße Erziehung der ungeliebten Kinder des Landgrafen sorgen. Die höfische Erziehung bleibt in diesem Fall also gewährleistet, obwohl die wichtigste Person, die dafür Sorge zu tragen hatte, ausgefallen war. Markgraf Dietrich kommt sogar bewusst zu seinem Bruder Albrecht, um die Neffen vor ihm in Sicherheit zu bringen.652 Vor dem Hintergrund, dass Albrecht zwei Jahre später eine Schenkungsurkunde mit Zustimmung seiner Söhne ausgestellt hat, erscheint zumindest fraglich, dass die Kinder dem Vater dauerhaft entfremdet blieben.653 Außerdem ist zu bedenken, dass der Landgraf erst seit dem Ende des 16. Jahrhunderts mit dem Beinamen „der Ent648 649 650

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Rothe, Düringische Chronik, S. 436: […] yn hotzin lagin; Ursinus, Chronicon Thuringiae, Sp. 1298. Siffridus, Epitome, S. 323 (zum Jahre 1270). Fabricius, Origines, S. 591: Sapientia igitur patrui, nepotibus saluti fuit, quos secum in Misniam delatos, cum suo filio unico summa diligentia educat optimisque exemplis et arte militari instruit; TENTZEL, Vita Friderici, Sp. 915; vgl. Fabricius, Origines, S. 609. Nach Pfefferkorn, Geschichte Thüringens, S. 149, wurde Friedrich von seinem Onkel Dietrich in Landsberg aufgezogen, nachdem ihn sein Vater zunächst nach Erfurt in ein Kloster abgeschoben hatte. Fabricius, Origines, S. 609: A tali disciplina domestica mittitur in aulam Wenceslai II. regis Bohemiae, cui indoles adolescentis probata: cumque eo tempore de regno Poloniae certamen esset, quod defensum cupiebat Wenceslaus, contra hostes incursionibus graves, virtus Friderici spectata major fuit, quam ab eiusmodi annis expectanda esset; TENTZEL, Vita Friderici, Sp. 916. Historia de landgraviis Thuringiae, S. 438; Rothe, Düringische Chronik, S. 437 f.; Ursinus, Chronicon Thuringiae, Sp. 1299 (zum Jahre 1270). WACHTER, Geschichte Sachsens, Teil 3, S. 69 (1272 April 17).

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artete“ (degener) als unwürdiger Herrscher gebrandmarkt wurde.654 Selbst Johannes Rothe, der die Geschichte vom Biss aufgezeichnet hat, schildert Albrecht an anderer Stelle als einen vorbildhaften Ritter, der durch seine Ratgeber und Grafen bewegt wurde, nach Preußen gegen die Heiden zu ziehen, um den Ritterschlag zu erwerben. Mit ihm seien viele junge Edelknaben gekommen, die er nach dem erfolgreichen Feldzug reichlich belohnte.655 Was von der Geschichte des Bisses bleibt, ist die Vorstellung von der engen Bindung einer fürstlichen Mutter an ihre Kinder und die Vorstellung, das schlechte Vorbild, welches „aus der Art geschlagene“ Herrscher ihren Kindern geben, könne durch die Erziehung an fremden Höfen ausgeräumt werden. Auch aus dem 14. Jahrhundert ist ein Fall überliefert, bei dem die höfische Erziehung auf der Wartburg durch veränderte Interessenlagen einen Bruch erfuhr. Diesmal betraf es die böhmische Prinzessin Guta (1315–1349), die am Hofe des jungen Markgrafen Friedrich II. von Meißen (1310–1349), der sie ehelichen sollte, unter der Aufsicht ihrer künftigen Schwiegermutter erzogen wurde. Als Siebenjährige war Guta mit kleinem Gefolge in Eisenach angekommen, doch nach zwei Jahren löste der Markgraf die Verlobung, um eine Tochter des Kaisers heiraten zu können. Die Prinzessin wurde zu ihrem Vater, König Johann von Böhmen, heimgesendet. Sie heiratete später König Jean II. von Frankreich (1319–1364).656 Von Markgraf Friedrich III. (1332–1381), dem Sohn des eben erwähnten Markgrafen, heißt es, er sei noch zu Lebzeiten seines früh verstorbenen Vaters mit der Kriegskunst vertraut gemacht worden.657 In einem zeitgenössischen Gedicht des Guillaume de Machaut (gest. 1377) wird er als „ritterlicher Markgraf“ bezeichnet und erhält die Ehre, der erste weltliche deutsche Fürst zu sein, den König Peter von Zypern besucht, um ihn für den Kreuzzug zu werben.658 In literis institutus wurden zu jener Zeit ausdrücklich nur diejenigen Markgrafensöhne, die geistliche Ämter übernehmen sollten.659 Von Markgraf Friedrich IV. (1370–1428), der die sächsische Kurwürde übertragen bekam, ist zu lesen, er habe seine ganze Jugend in castris verbracht und dann die Grafschaft (praefectura) Landsberg zugewiesen bekommen, um bereits eigenständig Herrschaft

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ERMISCH, Beinamen, S. 14. Rothe, Düringische Chronik, S. 433. Im Jahre 1290 schlug Albrecht in Rom in Gegenwart des Königs mehrere Adlige zum Ritter. STÜBEL, Chronicon Sampetrinum, S. 124 (1290 Mai 28). LOSERTH, Königsaaler Geschichtsquellen, Teil 2, Kap. 11, S. 416 (1322): Haec puella cum pauca familia in parentum absentia versus Misnam deducitur et in castro Wartberch sub antiquae marchionissae manibus educatur; und Kap. 12, S. 423 (1323); STÜBEL, Chronicon Sampetrinum, S. 162; Johannes Victoriensis, Buch 5, Kap. 5, S. 400; Rothe, Düringische Chronik, S. 548; STICHART, Galerie, S. 87; WENCK, Wettiner, S. 3. Fabricius, Origines, S. 674: Vivente patre Fridericus studiis militaribus imbuitur. MAS LATRIE, La prise, Vers 906; ERMISCH, Besuch, S. 185; LEISERING, Wettiner, S. 197. Fabricius, Origines, S. 666, bezogen auf Markgraf Ludwig (1341–1382), der Bischof von Halberstadt und Erzbischof von Magdeburg wurde.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

auszuüben.660 Demzufolge erhielt er vor allem eine militärische Ausbildung und wurde früh an herrschaftliche Aufgaben herangeführt. Der Sinn für die Teilhabe an weltlicher Macht scheint bei den wettinischen Fürstensöhnen bereits in jungen Jahren geweckt worden zu sein, was zu Streitigkeiten führen konnte. So strebte etwa Siegmund (1416–1471), der zweitälteste Sohn des sächsischen Kurfürsten Friedrich I. nach weltlicher Herrschaft, obwohl er für eine geistliche Laufbahn bestimmt war. Mit acht Jahren wurde er an der Universität Leipzig eingeschrieben,661 wo er eine lateinische Grundbildung erwarb. In den geistlichen Stand trat er aber erst 1437. 1440 gelangte er auf den Würzburger Bischofsstuhl, den er drei Jahre später räumen musste. In die Heimat zurückgekehrt, verschwor er sich gegen seine Brüder und verbrachte die Zeit von 1444 bis zu seinem Tode als Gefangener auf Schloss Rochlitz.662 Will man diesen Drang nach selbständiger Herrschaft nicht allein auf persönliche Veranlagungen zurückführen, könnte er zum Teil darin begründet liegen, dass Siegmund gemeinsam mit seinem vier Jahre älteren Bruder bei Hofe erzogen worden war, selbst wenn es darüber keinerlei Nachrichten gibt. Sein 1425 in Meißen geborener jüngerer Bruder Wilhelm hielt sich 1436 nachweislich mit seinem Zuchtmeister Jacob Schaff in Rochlitz auf,663 während seine Mutter Katharina nach dem Tode ihres Mannes vorwiegend auf Schloss Grimma lebte. Ein Jahr später wurde der zwölfjährige Wilhelm an den Hof des kinderlosen Landgrafen Friedrich IV. von Thüringen (gest. 1440) geschickt,664 ganz in der Tradition der Aufrechterhaltung dynastischer Verbindung durch höfische Erziehung. Wilhelm, der seiner militärischen Erfolge wegen den Beinamen „der Tapfere“ erhielt,665 verfügte allerdings über Grundkenntnisse gelehrter Bildung. In seinen Briefen an Erzbischof Friedrich von Magdeburg verwendete er einfache lateinische Wörter und Wendungen. Obgleich es in den erhaltenen Schriftstücken meist um politische Absprachen oder Geldangelegenheiten geht, finden sich auch einige Äußerungen, die auf Wilhelms Einstellung zur Bildung schließen lassen. So meinte der sächsische Herzog, der Erzbischof solle sich nicht über das in Österreich gesprochene Deutsch wundern, das ziemlich weit von dem in Sachsen entfernt sei.666 Auf eine Ermahnung entgegnete er, es sei richtig, bei den alten Gewohnheiten zu bleiben und ebenso richtig, dass die Jungen von den Alten lernen.667 660 661 662

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Fabricius, Origines, S. 684. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 83 (Sommer 1425). Spalatin, Vitae, Sp. 1078; Fabricius, Res Misnicae, S. 153; Ders., Origines, S. 705; ADB 34, S. 300; WENDEHORST, Bistum Würzburg, Bd. 2, S. 170. Siehe zum Konflikt zwischen Siegmund und seinen Brüdern ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 141–157. BUCHWALD, Rechnung, S. 75, Anm. 33 (1436 Juni 1 und November 28); STREICH, Reiseherrschaft, S. 457 f. KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 82. ERMISCH, Beinamen, S. 23. LHASA Magedeburg, Rep. A 1, Tit. XXIII, Nr. 421 (1455 April 16): Und ist zu besorgenn, man werde uch uff die platte kacken, wann man von Osterrich widderkompt unde sollich hoedutzsch

2. Vereinzelte Nachrichten

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Obwohl Wilhelm keine eigenen männlichen Nachkommen hatte, war sein Hof in Weimar ein Ort höfischer Erziehung, denn er zog weit mehr junge Adlige an als den Fürsten Woldemar von Anhalt.668 1469 und 1470 befanden sich dort nachweislich auch die jungen Herren von Gera und von Selmenitz.669 Außerdem pflegte Wilhelm in diesen Jahren ausgesprochen gute Beziehungen zu seinen Neffen Ernst und Albrecht.670 Albrecht, den Jüngeren also, soll er besonders gemocht haben, weil dieser angeblich klüger und verschlagener als sein Bruder war.671 Ihm lieh er häufiger Turnierpferde,672 und aus manchem Brief, den Wilhelm an beide Neffen richtete, lässt sich tatsächlich eine größere Zuneigung zu Albrecht herauslesen,673 wenngleich auch Ernst die Zuwendung seines Onkels erfuhr.674 Als Vorbild für künftige Fürstengenerationen eignete sich Wilhelm hingegen schlecht, da er eine nicht standesgemäße Ehe mit Katharina von Brandenstein eingegangen war, mit der er noch zu Lebzeiten seiner ersten Gemahlin eine Beziehung hatte.675 Zudem zeugte er keine männlichen Nachkommen. Seine Tochter Margarethe (1449–1501) wurde dem Markgrafen Johann von Brandenburg versprochen und sollte am Hof in Kulmbach leben, bis die Ehe vollzogen werden konnte.676 Auch wenn vertraglich nur festgehalten wurde, dass sie am Hofe ihres Schwiegervaters in furstlichem stand und furstlichen wesenn erhalten werden sollte, dürfte sie dort weiter erzogen worden sein. Wilhelms jüngere Tochter Katharina (geb. 1453) wuchs am Königshof in Prag auf, bevor sie 1471 mit einem Sohn Georgs von Podiebrad vermählt

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methe brenge, das seltzsam uwer liebe zu voerstehen, dann Osterrichs rede und sechsege sprache wyt voneinander synt. LHASA Magdeburg, Rep. A 1, Tit. XXIII, Nr. 421, Bl. 19v (1454 November 1): Also liber her und frund ein gute alde gewonheit und herkomen ist wol lib zu haben und zu halten besser dann ein nuwe, die boser were, dann wir wol wissen, das ir auch die und ander alder gewonheit, die ir auch nicht gerne last abgehen, ist bilich das der jungeste van dem alden lernt etc. Siehe unten S. 288. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 588 (1470 März 10); STREICH, Reiseherrschaft, S. 178 und 443. 1474 machte Herzog Wilhelm seinen Neffen eine junge Löwin und 1478 zwei Jagdhunde zum Geschenk. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 166, S. 118 (1474 Januar 11) und Nr. 274, S. 191 (1478 Juni 19); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 485 und 454 f.; STREICH, Reiseherrschaft, S. 496 f. Albinus, Chronica, S. 268 und 270. SächsHStA Dresden, Loc. 4375, Bl. 1r (1469 Januar 4); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 447–449 (1474 Januar 13 und März 17, 1477 April 26); THIEME, Reichsdienst, S. 76. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 158, S. 113 f. (1473 Oktober 2). Ebd., Nr. 172, S. 122 f. (1474 Juli 15); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 485 f. Martin Luther stellte Herzog Wilhelm III. von Sachsen daher als schlechtes Beispiel hin, Tischreden, Bd. 4, Nr. 4142, S. 165 f. (1538 November). CDB 2, Bd. 5, Nr. 1867, S. 121 (1468 April 26), Nr. 1915, S. 173 (1472 April 13) und Nr. 1965, S. 249 (1476 Februar 25).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

wurde. Sie passte sich anscheinend gut in ihre neue Lebenswelt ein, denn als sie 1464 Besuch aus der Heimat erhielt, hatte sie ihre deutsche Muttersprache bereits verlernt.677 Wilhelms Neffen Ernst und Albrecht führen noch einmal zu dem unerhörten sächsischen Prinzenraub des Jahres 1455. Die Frage nach der Verstrickung des Hofmeisters in die Entführung ist bereits besprochen worden.678 Dort wurde auch darauf verwiesen, dass die Prinzen zum Zeitpunkt des Raubes zusammen mit adligen Gefährten erzogen wurden, von denen der Graf von Barby bekannt geworden ist, weil er angeblich aus Versehen zuerst ergriffen und dann wieder zurückgebracht wurde.679 Im Hinblick auf die höfische Erziehung verdient die Geschichte vom Prinzenraub aber noch durch einen anderen Umstand Beachtung. Georg Fabricius und Petrus Albinus, die beiden wichtigsten sächsischen Geschichtsschreiber des 16. Jahrhunderts, behaupten, die Prinzenräuber hätten eine aufgeschreckte Hofjungfrau mit einem Kinderreim besänftigt, der besagte, dass Konrad von Kaufungen käme, wenn die jungen Fürsten nicht artig seien. Demzufolge war es bei Hofe üblich geworden, den Prinzen mit dem von Kaufungen zu drohen, der sich damals als „Kinderschreck“ geradezu anbot, da er ein verwegener Bursche war und im Streit mit dem Kurfürsten lag.680 Albinus meinte sogar, die Entführungsabsichten seien bei Hofe bekannt gewesen, doch hätten die Scherze, die darüber gemacht wurden, dazu geführt, dass sich niemand mehr fürchtete.681 Dies ist freilich eine Deutung des 16. Jahrhunderts, es scheint aber denkbar, dass die Geschichte vom Prinzenraub auch damals noch als Erziehungsmittel bei Hofe eingesetzt wurde. Der Schreck der Entführung saß tief und hatte auch kurzfristig Auswirkungen auf das höfische Erziehungswesen der Wettiner. Kurfürst Friedrich gab den Hof in Altenburg für einige Zeit auf und bestimmte 1456, dass sich das Hoflager jeweils für ein Drittel des Jahres in Meißen, Leipzig und Torgau aufhalten sollte.682 Die Schlösser wurden strenger bewacht, und in der Nacht durfte sich vom Hofgesinde niemand mehr nach draußen begeben.683 Die minderjährigen Töchter des Kurfürsten hielten sich um 1450

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Bericht des Rudolf Schenk an Herzog Wilhelm III. von Sachsen, PALACKÝ, Urkundliche Beiträge, Nr. 317, S. 332 (1464 Juni 2). Siehe oben Kap. III.2.3, S. 95 f. Boiemus, Vita Alberti III., S. 7; LANGENN, Herzog Albrecht, S. 24; RICHTER, Erziehungswesen, S. 2. Siehe zu den Grafen von Barby: KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 1, S. 193. Albinus, Chronica, S. 267: Daher etliche achten, das man die jungen herren schimpfsweise etwan offte mit dem Cuntzen bedrawet, wie man sonst den kindern mit dem popantz zu drawen pfleget. Albinus, Chronica, S. 267: Und das also, was sich Cuntz vornehmen lassen und willens gehabt, nicht gantz und gar verborgen gewesen, nur das man sich gar nicht für ihm gefürchtet. MÖRTZSCH, Hoflager, S. 252. Das Original der sächsischen Hofordnung von 1456 (SächsHStA Dresden, Loc. 4334, Nr. 15: Bescheid der voyte, 1455–1457, Bl. 33 f.) gilt als Kriegsverlust. Vgl. BUTZ, Hofräte, S. 323. MÖRTZSCH, Hoflager, S. 252 f.

2. Vereinzelte Nachrichten

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meist auf der Burg Leisnig auf.684 Altenburg wurde erst um 1470 als Witwensitz der Kurfürstin Margarethe erneut zum Ort der Fürstenerziehung.685 Der Sächsische Prinzenraub hatte deutlich gemacht, dass für die Sicherheit des Prinzenhofes in besonderer Weise gesorgt werden musste, auch wenn die Gefahr einer Entführung bei Hofe geringer war als an Universitäten und Schulen.686 In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begann für die höfische Erziehung der Wettiner, der brandenburgischen Hohenzollern und der Fürsten von Anhalt jedoch eine ruhigere Zeit. Am besten kommt dies vielleicht in der Ermahnung zum Ausdruck, die der 1473 verstorbene Fürst Adolf I. von Anhalt seinen Kindern gegeben haben soll: ihn nur nicht in seinem nutzlosen Jugendleben nachzuahmen.687

3.

Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

Fürstliche Frauen spielten eine wesentliche Rolle in der Erziehung ihrer Kinder, der Hofjungfrauen und der Edelknaben im Frauenzimmer.688 Wenn eine Fürstin starb und ihr Frauenhof aufgelöst wurde, bedeutete dies einen tiefen Einschnitt für alle, die ihr zu Dienst und Erziehung anempfohlen waren. Margarethe von Sachsen (1469–1484), die Tochter des Kurfürsten Ernst, wohnte nach dem frühen Tod ihrer Mutter Elisabeth im Jahre 1484 bis zur ihrer Heirat 1487 in Roßla. Die Erziehung im mütterlichen Frauenzimmer war für die Fünfzehnjährige beendet, bevor die bereits verabredete Eheverbindung mit Herzog Heinrich dem Mittleren von Braunschweig und Lüneburg (1468– 1532) geschlossen wurde. Abseits des kurfürstlichen Haupthofes erhielt sie aber weiterhin ein Mindestmaß an höfischer Erziehung. Ihr Hofstaat umfasste in Roßla 21 Personen, zu denen Jungfrauen und Knaben, ein Narr und eine Närrin sowie ein Kaplan

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STREICH, Lebensbedingungen, S. 60 f. STREICH, Herrschaftszentrum, S. 29–31, und unten S. 153. Im Rahmen einer Fehde entführte beispielsweise Graf Burkhard von Barby 1491 zwei adlige Studenten der Universität Leipzig. LHASA Magdeburg, Rep. Cop. Nr. 68, Bl. 218v–219v. Im Jahre 1505 nahm Friedrich Pfuhl die Söhne des Ritters Bernhard Maltzan, die sich zum Studium in Leipzig aufgehalten hatten, als Geiseln. CDB 3, Bd. 3, Nr. 144, S. 170 f. (1505 November 8) bzw. LISCH, Urkundensammlung, Bd. 4, Nr. 789, S. 365–368. Aus dem Schreiben geht hervor, dass die beiden Maltzans dem Lizentiaten Magnus Hunth (ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 332 und Bd. 2, S. 17) anvertraut waren. Siehe in der Entführungssache auch ebd., Nr. 798–803, S. 378–388 (1507 Mai 12 bis Ende August). Fürst Wilhelm von Anhalt (gest. 1503) alias Bruder Ludwig an seinen Bruder Fürst Adolf, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wilhelm, Nr. 1, Bl. 4r: Cogitate quod pater noster pie in Christo defunctus sepenno locutus est viva voce nobis: Infructuose duxi dies meos videte ne sequaces mei sitis. Leicht verändert bei BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 104. Siehe auch ebd. S. 102. Danach STENZEL, Handbuch, S. 115. Vgl. LEMMENS, Franziskanerbriefe, S. 14–17. Siehe oben Kap. III.2.1.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

gehörten.689 Eine Frau von Gleichen übernahm wahrscheinlich die Aufgaben einer Hofmeisterin.690 Ob Katharina von Brandenstein, die Witwe ihres Großonkels Wilhelm, noch immer in Roßla weilte und Einfluss auf Margarethes Erziehung nahm, ist nicht sicher.691 Nachweisbar sind dagegen häufige Aufenthalte der Herzogin Amalia von Bayern (1435–1502), ihrer Tante, die als Witwe nach Sachsen zurückgekehrt war und sich vermutlich um die Erziehung ihrer Nichte kümmerte.692 Wenn im Folgenden die erzieherische Rolle einzelner Fürstinnen an mitteldeutschen Höfen näher beleuchtet wird, darf nicht vergessen werden, dass die höfische Erziehung nie Sache eines Einzelnen war.

3.1. Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg (1474–1530) Die Reihe derjenigen Fürstinnen, deren Rolle in der höfischen Erziehung näher beleuchtet werden kann, soll die Fürstin Margarethe von Anhalt eröffnen,693 die nach dem frühen Tod ihres Gemahls Ernst (1471–1516) geradezu mustergültig für die Erziehung ihrer drei minderjährigen Söhne Johann (1505–1551), Georg (1507–1553) und Joachim (1509–1561) sorgte.694 Aus den Briefen, die sie mit ihren Söhnen wechselte und die in großer Zahl überliefert sind, geht hervor, welch großen sittlichen und religiösen Einfluss sie ausübte. Auf der Grundlage dieses Briefwechsels lässt sich ein selten deutliches Bild von der Erziehung der anhaltischen Fürstensöhne an fremden Höfen gewinnen. Hermann Wäschke, Archivar und Verfasser einer dreibändigen Geschichte Anhalts, der diese Briefe durchgesehen und in seiner Darstellung zum Teil verwendet hat, stellte zwar mit Bedauern fest, dass der eigentliche Unterricht darin nie angesprochen wird,695 erkannte aber trotzdem den kulturgeschichtlichen Wert dieser Schriftstücke und hielt es für eine lohnende Aufgabe, im Zusammenhang darzustellen, 689 690 691 692 693 694

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STREICH, Lebensbedingungen, S. 50. Ebd., S. 61 und 64 f. Katharina von Brandenstein zog sich wahrscheinlich schon vor 1487 in das Franziskanerkloster Saalfeld zurück. Vgl. STREICH, Lebensbedingungen, S. 61 mit Anm. 69. STREICH, Lebensbedingungen, S. 61. Zu ihr BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 151–153; ADB 20, S. 319 f.; LEMMENS, Franziskanerbriefe, S. 23. BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 151; SCHMIDT, Georg von Anhalt, S. 75; WÜRDIG, Dessau, S. 18; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 76–78. Für die Fürsten Johann und Joachim gibt es keine Biographie, wogegen das Leben Georgs III. von Anhalt vor allem im Hinblick auf seine Hinwendung zur Reformation ausführlich beschrieben wurde, zuletzt von GABRIEL, Fürst Georg, mit der älteren Literatur. Aus Anlass seines 500. Geburtstages erschien der Sammelband DETMERS/JABLONOWSKI, 500 Jahre. Siehe zu Johann und Joachim noch immer BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 170–176. Einen knappen Überblick über Johanns Lebensgeschichte gibt SCHMIDT, Brief, S. 148 f. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 79: „Auch über Unterricht und Erziehung des Prinzen bleiben wir leider vollständig im Unklaren, denn die einzige uns zugängliche Quelle, der Briefwechsel des Sohnes mit der Mutter, berichtet von allem anderen, nur nicht vom Unterricht.“

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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cke und hielt es für eine lohnende Aufgabe, im Zusammenhang darzustellen, in welcher Weise Margarethe auf ihre Söhne eingewirkt hat. Im Rahmen seiner Gesamtdarstellung musste er sich freilich auf einige Andeutungen beschränken.696 So versuchte er vornehmlich, Margarethes Erziehungsgrundsätze herauszuarbeiten. Die Briefe erhellen darüber hinaus nicht nur das Verhältnis zu den Söhnen, zu Verwandten und zu benachbarten Herrschern, sondern auch Margarethes eigenen Bildungshorizont, ihre Glaubensvorstellungen und ihr Herrschaftsverständnis. Anhand zahlreicher Einzelheiten, lässt sich ein Bild davon gewinnen, wie sich ihre Söhne an fremden Höfen bewegten, mit wem sie Umgang pflegten, wie sie von der Mutter aus der Ferne unterstützt, angeleitet und zurechtgewiesen wurden und wie sie versuchten, sich ihr gegenüber als gehorsame Kinder zu erweisen. Die 1494 zwischen Margarethe und Ernst geschlossene Ehe war die ersten Jahre kinderlos geblieben, so dass das anhaltische Fürstenhaus mit Wolfgang von Anhalt in Köthen nur einen einzigen männlichen Erben hatte.697 Im November 1503 brachte Margarethe einen Sohn namens Thomas zu Welt, der jedoch kurz darauf starb. Als im September 1504 erneut ein Sohn, Johann, geboren wurde, war die Freude unter den fürstlichen Verwandten außerordentlich groß.698 Vor allem Fürst Magnus von Anhalt pflegte ein besonders enges Verhältnis zu Ernst und Margarethe und dem jungen Nachkommen des Hauses Anhalt. Aus ungenanntem Grund sandte er 1506 die Kinderschuhe des zweijährigen Johann an dessen Vater zurück. Bemerkenswert ist die im Begleitschreiben enthaltene Deutung der Schuhfarben, denn diese waren zur einen Hälfte weiß und zur anderen rot. Die weiße Seite stand laut Magnus für die kindliche Unschuld, die rote für die Erlösungstat Jesu Christi, und die goldenen Riemchen, mit denen die Schuhe zusammengebunden wurden, standen für die Liebe, denn die Liebe verbindet Unschuld und Leid und gibt aller Tugend erst einen Sinn.699 Auch später noch erinnerte Magnus seinen Vetter Ernst an das Leiden Christi,700 mahnte ihn zur Milde gegenüber Gefangenen701 und war offenbar ein wichtiger Berater in Erziehungsangelegenheiten. Im März 1514 wollte er mit Ernst und Margarethe in der Nähe von Leipzig zusammentreffen, um über ihren Sohn zu reden,702 wahrscheinlich über Georg, den Zweitältesten, 696 697

698 699 700 701 702

WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 76. Fürst Magnus von Anhalt beklagte dies in einem Schreiben an Erzbischof Ernst von Magdeburg, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 922, Bl. 47r (1502 August 25, Entwurf); JABLONOWSKI, Krise, S. 18 und 20 f. Siehe den Glückwunsch des Fürsten Woldemar, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Woldemar VI., Nr. 3, Bl. 7r (1504 September 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 2r (1506 November 27). In dem Schreiben erklärt Magnus außerdem die Bedeutung des Namens „Johannes“. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 15r (1511 April 16) und Bl. 27r (1515 April 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 18r (1512 Dezember 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 24r (1514 März 23).

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der damals ungefähr sieben Jahre alt war. Es ist anzunehmen, dass es bei dieser Unterredung um die Frage ging, ob oder wann Georg an der Universität Leipzig ausgebildet werden sollte. Magnus war es schließlich auch, der für Margarethe eine Schrift des Lupold von Bebenburg (gest. 1363) ins Deutsche übersetzte, in der die Gottesfurcht und Kirchentreue der deutschen Fürsten herausgestellt wurden.703 Diese Schrift war ursprünglich dem Kurfürsten Rudolf von Sachsen gewidmet, einem Herrscher von askanischem Geblüt, der in der Erinnerung der Anhaltiner eine wichtige Rolle spielte. Aber auch Kurfürst Friedrich III. von Sachsen ließ sich diese Schrift 1513 aus Hessen besorgen.704 Als Vorlage für seine Übersetzung benutzte Magnus freilich jene Druckausgabe, die der Humanist Jakob Wimpfeling im Jahre 1497 nach einer in Speyer aufgefundenen Handschrift herausgegeben und Friedrich von Dalberg, dem Bruder des Bischofs von Worms, zugeeignet hatte.705 Dalberg sollte dadurch in die Lage versetzt werden, den Fürsten, in deren Dienst er treten würde, ein guter Ratgeber zu sein. Um hierin sicher zu gehen, zählte Wimpfeling die wichtigsten Lehren in seiner Vorrede gleich selbst auf. Meist geht es um die Schutzpflicht der Fürsten gegenüber Kirche und Untertanen. Hervorzuheben ist neben dem Rat, die Kinder in der lateinischen Sprache unterweisen zu lassen, vor allem die Warnung davor, fremden Nationen zu viel Vertrauen entgegenzubringen und die Gebote des Papstes blind zu befolgen.706 In dieser Vorrede, die Magnus von Anhalt ebenfalls übersetzt hat, verfocht Wimpfeling außerdem die Auffassung, dass allein die Tugend einen Menschen adelt und nicht seine Geburt.707 Fürst Magnus versah seine Übersetzung mit einer eigenen Vorrede, die mit dem Denkspruch Allis dinges ein maße beginnt und schließt. In allen Dingen Maß zu halten, war demnach der Rat, den er selbst hinzufügen wollte. Nicht zufällig handelt es sich dabei um einen Kernsatz höfischer Erziehung. Kaiser Friedrich III., dessen Hof Magnus kennen gelernt hatte, führte einen ähnlichen Wahlspruch: Halt maß.708 In seinem Nachwort benennt der anhaltische Fürst verschiedene Übel im Reich und gibt zu befürchten, dass die Untertanen ihre Obrigkeiten hinwegfegen werden wie die Schweizer. In einer Zeit, in der bei den Alten keine Weisheit, bei den Jungen keine Zucht und überall nur Eitelkeit herrscht, lastet das Wohl der Gemeinschaft daher auf wenigen Aufrichtigen, die darauf achten müssen, dass sie ihre Kinder nicht zu solcher Eitelkeit

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Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg 148/149.8°; PENSEL, Verzeichnis, S. 135–137; HOSÄUS, Hendele; HAEBLER, Bibliophilen, S. 6 f.; THOMAS, Magnus, S. 99 f. KIRN, Friedrich, S. 17. MEYER, Lupold, S. 111–113. Das Entstehungsjahr der lateinischen Urschrift ist nicht eindeutig zu bestimmen, fällt aber wahrscheinlich in das Jahr 1325. Vgl. auch Verfasserlexikon, Bd. 5, Sp. 1071–1078. HOSÄUS, Hendele, S. 9. Siehe oben S. 21. WIESFLECKER, Maximilian, Bd. 1, S. 72.

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erziehen.709 Magnus machte damit sehr deutlich, welch entscheidende Bedeutung er der höfischen Erziehung nicht nur für den Erhalt der anhaltischen Herrschaft, sondern der Fürstenherrschaft überhaupt beimaß. Welche Rolle diese Übersetzung bei der Erziehung von Margarethes Söhnen gespielt hat, lässt sich schwer einschätzen. Laut der Vorrede war sie zunächst dazu bestimmt, dass Margarethe selbst darin zur Andacht und zum Zeitvertreib las.710 Die Lebensgeschichten frommer deutscher Fürsten sollten dazu dienen, dar auß zue spigeln, den fusstaphen zue folgen. Für den jungen Georg von Anhalt scheint die Kirchentreue seiner Vorväter tatsächlich eine große Verpflichtung gewesen zu sein, jedenfalls behauptete er dies in einem Brief an seine Mutter.711 Dass die frommen deutschen Fürsten aber nicht allein Margarethes Kindern ein Vorbild sein sollten, sondern auch dem Hofgesinde, wird durch den Hinweis auf die Klugheit und die höfischen Umgangsformen nahegelegt, die das Gesinde des Königs Salomo ausgezeichnet haben.712 Das Übersetzungswerk zielte also darauf ab, die sittlichen Verhältnisse des anhaltischen Hofes, und damit des gesamten Fürstentums zu heben. Bereits Lupold von Bebenburg hatte die Auffassung vertreten, dass durch das Vorbild der Vorfahren, nicht nur die Kinder, sondern auch fremde Menschen zum Guten erzogen würden.713 Die Schrift war also zuerst an Margarethe gerichtet, die den Inhalt bei Hofe verbreiten sollte. Einige Randbemerkungen in der Übersetzung, die Magnus verschiedenen Schreibern diktiert hat, deuten darauf hin, dass sie für den Druck vorgesehen war, wozu es jedoch nicht gekommen ist. Magnus selbst hatte einräumen müssen, dass ihm die Bearbeitung schwer gefallen war, weil lateinische Worte mitunter so bedeutungsschwer seien, dass ihr Sinngehalt nur mit zwei oder drei deutschen Worten wiedergegeben werden könne.714 Festzuhalten ist, dass Fürst Magnus von Anhalt die Gemahlin seines Vetters Ernst gezielt mit einer Schrift in deutscher Sprache versorgte, in der Beispiele tugendhaften Lebenswandels zu finden waren, die der fürstlichen Lebenswelt zugehörten und in der Fürstenerziehung von Nutzen sein konnten. Die Schrift wurde fertig gestellt, als Margarethe bereits Kinder hatte und ihr Gemahl noch lebte.715 Möglichweise hatte Magnus mit der Übersetzungsarbeit begonnen, nachdem er auf seine Herrschaftsrechte verzichtet hatte, so dass sich die Entstehungszeit auf die Jahre zwischen 1508 709 710 711

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HOSÄUS, Hendele, S. 51 f. Ebd., S. 7: Ich habe euch dorumme ausirwelt mit den edeln geschichten zue beschencken, darin gote zue lobe und vor kortzwil zue leßen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 10v (1526 Dezember 11): Ich geb e. f. g. auch gewislich zu erkennen, das ich nach niemant vorstanden, der mich von dem kirchgehen abgehalden, den mein forfarn sein darine nicht unfleissig gewesen. Wolt got, das ich inen nachfolgen konde und in inen Christum als den das gleiche Pauly zwn Chorinthern berurt. HOSÄUS, Hendele, S. 8. Vgl. 1 Könige 10,5. Ebd., S. 11. HOSÄUS, Hendele, S. 8. Ebd., S. 5 und 52.

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und 1516 eingrenzen lässt. Er schätzte Margarethe über alle Maßen und wusste um die Rolle, die sie in der höfischen Erziehung spielte. In einem Brief an seinen Vetter bezeichnete er dessen Gemahlin bereits 1506 als „Krone aller Tugend“ und hob insbesondere ihre Aufgabe als eine „Bewahrerin des Gebets“ hervor, die für ihre gesamte Familie zur Jungfrau Maria betete.716 In Margarethes Söhne wurden große Hoffnungen gesetzt. Neben Magnus sorgten sich auch andere verwandte Fürsten um ihre Erziehung. Der älteste Sohn Johann wurde später am Hofe des Kurfürsten Joachim von Brandenburg zusammen mit dem Kurprinzen erzogen, die beiden jüngeren, Georg und Joachim, zunächst gemeinsam am Hofe des Bischofs Adolf von Merseburg und an der Universität Leipzig, bis Joachim am Hofe des Herzogs Georg von Sachsen angenommen wurde. In seinem letzten Willen hatte Fürst Ernst, der 1516 starb, den Kurfürsten von Brandenburg, den Herzog von Sachsen und den Erzbischof von Magdeburg zu Vormündern für Margarethe und ihre drei Söhne bestimmt.717 Obgleich Margarethe rechtlich gesehen nicht ohne diese Vormünder herrschen konnte, verstand sie sich sehr wohl als regierende Fürstin und trat durchaus selbstbewusst auf.718 Als ihr Fürst Wolfgang von Anhalt 1517 für die Zeit seiner Abwesenheit die Verwaltung seiner Lande übertrug, versprach sie „wie ein alter Kettenhund zu bellen, so laut sie konnte“.719 Ihr Sohn Georg war sich jedoch bewusst, dass sie als Regentin sehr stark auf die Mitarbeit der Hofräte angewiesen war. Er forderte seine Mutter daher auf, die Räte zu ermahnen, das Beste für sie und ihre Kinder zu tun, wofür er und seine Brüder sich erkenntlich zeigen wollten, sobald sie erwachsen wären.720 Georg rechnete es seiner Mutter hoch an, wie sie die schwierige Aufgabe meisterte, ihren Söhnen Mutter und Vater zugleich zu sein, und die Vormundschaft fast wie ein Mann ausübte.721 716

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 2r (1506 November 27). In diesem Brief betont Magnus mit Bernhard von Clairvaux, dass alle Frauen um Maria willen zu ehren seien, da die heilige Jungfrau den durch Eva verschuldeten Fluch der Frauen in einen Segen umgewandelt habe. Als vorbildliche Ehefrau nennt Magnus die heilige Elisabeth von Thüringen. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 75. An einen ihrer Söhne, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 22r (1528 November 2). Ein gutes Regiment bestätigt ihr auch Brotuff, Genealogia, Buch 6, Kap. 15, Bl. 102v. Schreiben an Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Schwarzburg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 7, Bl. 2r (1521 Februar 18): Auch alz e. l. in irem und derselben son abwessen mir dy herschafft mit befelen thuen wil ich gern alz ein alder ketenhunt belen zo vil ich kan. Das mag lawten zo weyt es wil. Zit. bei SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 141; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 152 und öfter. Vgl. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 81 und 501. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 57v (1523 März 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 18r (1526 Januar 13): E. f. g. ist uns nicht alleyn an stat der mutter sonder auch des vaters gewesen, weil e. f. g. hat sich in unnser formundschafft, das eyn menlich ampt ist, also beweist, das es auch vor eynen vater genungsamen wer.

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Margarethe von Anhalt, wie Herzog Georg von Sachsen ein Enkelkind des gebannten Böhmenkönigs Georg von Podiebrad, verfügte, nach allem was sich erkennen lässt, über eine beachtliche Bildung und betätigte sich auch literarisch.722 Ihre Lateinkenntnisse waren allerdings gering, zumal sie hier auf die Hilfe ihrer Hofgeistlichen zurückgriff.723 Die erhaltenen Briefe an ihre Söhne hat sie zum größten Teil mit eigener Hand geschrieben, während sie Mitteilungen an die Lehrer und andere Untergebene meist durch einen Schreiber aufsetzen oder mündlich übermitteln ließ.724 Briefe an die Prinzenerzieher sind deshalb kaum überliefert.725 Anweisungen, die nicht für die Ohren ihrer Söhne bestimmt waren, dürfte die Fürstin ohnehin im vertraulichen Gespräch erteilt haben. Der Prinzenerzieher ließ seine Nachrichten hingegen durchaus von seinen Zöglingen ausrichten, wobei er sich entschuldigen ließ, dass er dringender Geschäfte wegen nicht selbst schreiben konnte.726 Margarethes Briefe beginnen stets mit Segenswünschen, Angaben zum eigenen Befinden und der Frage nach dem Befinden des jeweiligen Empfängers. Dies entsprach dem Brauch der Zeit, spiegelt in Margarethes Fall aber auch das innige Verhältnis wider, das sie zu ihren Kindern hatte. Ihrem jüngsten Sohn gegenüber äußerte sie einmal, dass sie das leibliche und seelische Wohl, die Ehre, das Glück und das Gedeihen ihrer Kinder mehr noch als ihr eigenes Wohl im Sinn habe, weil sie alle drei unter ihrem Herzen getragen habe.727 Briefe aus der Feder vertrauter Personen betrachtete sie als Zeichen besonderer Zuneigung. Deshalb forderte sie die Söhne auf, ihr möglichst mit eigener Hand zu schreiben.728 Als ihre Söhne an fremden Höfen weilten, erbat sie ei722

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Margarethes „Historie vom Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt Christi in Reime gefasset“ ist gedruckt bei HOSÄUS, Dichter und Dichterinnen, S. 222 f. Ihre Bearbeitung der Bergpredigt bei KINDSCHER, Bergpredigt. Siehe auch LEMMENS, Franziskanerbriefe, S. 23. Fürst Georg III. von Anhalt an seine Mutter, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 6, Bl. 22v (1529 Juli 17): Die zedel kan der prediger e. f. g. wol verdeutzschen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 7r (1523 Januar 21): Ich hab dem magister schreyben lassen […]; Bl. 10r (1523 März 13): Dem magister saget vil guter nacht und wen er mir schreyben wert, wil ich sagen, das er nicht fawl ist. Ein einziger Brief ist bekannt, den Fürstin Margarethe an den Lehrer ihrer beiden Söhne Georg und Joachim, Magister Georg Helt (um 1485–1545), geschrieben hat: CLEMEN, Helts Briefwechsel, Nr. 5, S. 12 f. (1523 Mai 11). Dazu DERS., Gebete, S. 2. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 40r (1521 April 12): Der magister wyl sich so halden als e. g. begerth; LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 49r (1523 Januar 23): Bedanck mich auch fleissig des beffels, den si dem magister getan haben, welcher sich auch darna wil halten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 27r (1529 Dezember 21). Bereits in einem Schreiben des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg an die Herzöge von Mecklenburg hieß es, dass ihre Mutter, Albrechts Schwester, sie unter dem Herzen getragen habe, weswegen sie verpflichtet seien, die Mutter zu ehren. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 392, S. 270 (1485 Mai 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 13r (1521 April 15): Schreybet mit ewer hant und wen ir mir schreybet, zo tut es allweg.

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genhändige Briefe in möglichst dichter Folge, um allzeit über das Befinden und über die Lernfortschritte unterrichtet zu sein. Auch war sie dankbar für tröstende Worte und andere Zeichen kindlicher Zuneigung.729 Johann, Georg und Joachim wussten, welch großen Wert die Mutter auf eigenhändige Briefe legte. Ihrem Sohn Johann legte Margarethe 1522 nahe, seine Briefe noch einmal durchzulesen, bevor er sie ausgehen ließ, weil er oft so viele Wörter vergessen würde, dass sie den Inhalt kaum verstehen könne.730 Ihr mittlerer Sohn Georg bereitete ihr hier weniger Sorgen. Das früheste Schreiben aus seiner Feder stammt von 1516: ein Beizettel, den er als Neunjähriger einem Dankschreiben an die Mutter beifügte, das in der Kanzlei des Bischofs von Merseburg aufgesetzt worden war.731 Durch Georg ließ Margarethe dem nicht einmal zehnjährigen Joachim ausrichten, er solle besser schreiben, damit sie seine Briefe überhaupt lesen könne.732 Dabei fürchtete sie, dass Joachims Schreibfähigkeit nachlassen würde. Der Junge bat seine Mutter später häufig darum, nicht böse darüber zu sein, dass er so flüchtig geschrieben habe, weil er in Eile und seine Schreibfeder zu schlecht gewesen sei. Bemerkenswert ist das abschließende Versprechen, es beim nächsten Mal besser machen zu wollen.733 Der Junge war sichtlich bemüht, die Mutter nicht zu enttäuschen. Immer wieder bat er sie, seine Briefe nicht zu missbilligen, wenn diese „langweilig und ungeschickt“734 oder „böse und eilend“735 geschrieben seien. Georg versuchte seinen Bruder mehrfach zu entschuldigen, wenn dieser der Mutter nicht eigenhändig geschrieben hatte.736 Einmal verwendete sich aber auch Joachim für Georg, damit die Mutter diesem nachsehe, dass er ihr dringender Ver729 730

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 12r (1528 März 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 23r (1521 Januar 28): Und wen ir die briffe schreybet, zo lest sie noch er eins er ir sie außgehen last, wen ir last vil wort auß, das ichcz under czeyten nicht vorstehen kan. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 3 f. (1516 Februar 15). Siehe Quellenanhang Nr. 13 mit Abb. 21 und 22. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 2r [1518]: Saget ewerem bruder graf Joachim meyn muterliche lib und vil guter nach[t] und das er nicht mer zo kleyn und bese schreyb alz er mir getan hat, wen ich kund sein brif kawm lessen. Ich hoft, er solt zwnemen und nicht ab. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 20r (1521 September 14): Auch bitte ich e. f. g. wolle kein unwillen auf mich tragen, das ich e. f. g. nit wol und grob geschriben habe, wen ich eilet sere und die feder die was klein. […] Ein ander mal wil ich es besser machen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 5v (1528 April 20). Ähnlich Bl. 39v (1529 Mai 18). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 70r (1523); Joachim, Nr. 2, Bl. 14v (1528 März 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 138r ([1523 Dezember 30], Beizettel); Bl. 114r f. (1524 Juni 18): Es lest e. f. g. mein bruder seinen kintlichen gehorsam ansagen und entschuldigen, das er e. f. g. nicht schreib, dan er hat zw lang geschlaffen; Bl. 134 ([1524 September 4], Beizettel); Bl. 140r (1524 Mai 27) und öfter.

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pflichtungen wegen keinen Brief gesandt hatte.737 Ende 1524, als sich Johann und Joachim vorwiegend am Dessauer Hof aufhielten, beklagte sich Margarethe, dass beide so schreibfaul wären.738 Der Prinzenerzieher Georg Helt hatte gegenüber Fürst Georg bereits zuvor auf Johanns Müßigkeit hingewiesen, was Georg umgehend seiner Mutter mitteilte.739 Johann musste daraufhin versprechen, häufiger zu schreiben, während Joachim von Georg ermahnt wurde, dem älteren Bruder in den Tugenden und nicht in den Unachtsamkeiten nachzueifern.740 Wenngleich alle Söhne lesen, schreiben und rechnen lernten, blieb dennoch ein Unterschied zwischen geistlicher und weltlicher Erziehungsrichtung bestehen. Während Johann und Joachim von ihrer Mutter zum Schreiben gedrängt wurden, glaubte sie Georg daran erinnern zu müssen, über das viele Studieren nicht das Essen und Trinken zu vergessen.741 Alle drei Brüder wurden zwar in den Altsprachen unterrichtet, doch nur Georg beherrschte das Lateinische wirklich sicher. Joachim vergaß anscheinend schnell, was er gelernt hatte, und las die Bibel lieber auf deutsch. Wenn es um das eigenhändige Schreiben ging, zeigte sich Margarethe durchaus streng, blieb aber stets um das leibliche und seelische Wohl ihrer Kinder besorgt. Als sie Anfang 1522 erfahren hatte, dass die beiden Jüngeren, damals vierzehn und zwölf Jahre alt, Süßigkeiten geschenkt bekommen hatten, mahnte sie, diese maßvoll zu genießen.742 Hierin folgte sie im Übrigen dem in Fürstenspiegeln oft erteilten Rat, darauf zu achten, was Kinder oder junge Leute an Speisen und Getränken zu sich nahmen.743 Des Weiteren war Margarethe sehr auf den Zusammenhalt der Familie bedacht. So teilte sie Georg und Joachim mit, wie es dem ältesten Bruder am kurbrandenburgischen Hof 737

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 19r ([1523 Dezember 14], Beizettel): Furst Georg last e. g. bitten, das si im wolt iß verzeigen, das er nit mit eigener hant geschriben hat, den er hat mussen mit Johannsen sprechen und sunst auch gescheft gehat. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 19 (1524 Dezember 30): Wil e. l. nicht bergen, das ich got lop gesunt bin zwsamt ewern brudern, an allem das sie fawlkranck sein und nicht gern schreyben; ebd., Bl. 22r (1525 Februar 3); Bl. 85v (1527 April 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 131v (1524 Februar 5): Es ist aber des magisters meinung nicht gewesen, das ich e. f. g. das von der faulheit negst angezeigt habe, sondern ehr hat es myr in schertz gesagt und derhalben gebethen, das in darin e. f. g. wol entschuldiget haben, den im nicht wol zimet mit e. f. g. zw schertzen. Fürst Georg an seinen Bruder Joachim LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 131r f. (1524 Februar 5). Siehe auch das spätere Schreiben an seinen Bruder Johann, ebd., Nr. 8, Bl. 5r (1525 Oktober 3). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 76r f. (1527 Januar 25, mit Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 5r (1522 Januar 8). STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 13, S. 264, in freier Bearbeitung der Vorlage. Vgl. Aegidius, De regimine, Buch 2, Teil 2, Kap. 11 f., S. 317–322.

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erging und wann er nach Dessau zu Besuch kam, holte sie an Feiertagen zu sich oder besuchte sie, wann immer sich Gelegenheit bot.744 Wenn es nur möglich wäre, schrieb sie als Joachim in Dresden weilte, würde sie am liebsten zu jeder Stunde erfahren, wie es ihm in der Fremde erging.745 So aber wollte sie auf sein Versprechen bauen, dass er sich niemals wissentlich in Gefahr begeben würde. Aus mütterlicher Sorge um das Seelenheil forderte sie ihren jüngsten Sohn auf, Christus zu verehren und sich nicht in Versuchung führen zu lassen.746 Nahezu jeder Brief enthält die Mahnung, Gott vor Augen zu haben, den rechten Glauben zu behalten und sich als christlicher Fürst zu erweisen.747 Aus beinahe jedem Schreiben spricht Margarethes tief empfundene Frömmigkeit. Ihren Sohn Georg, der für die geistliche Laufbahn bestimmt war, bezeichnete sie als ihren Lieblingssohn, von dem sie hoffte, dass er trotz der Wirren der Zeit ein frommer Priester würde. Als er 1524 die Priesterweihe erhalten sollte, bestätigte sie dem Bischof von Merseburg, der junge Fürst habe seit seiner Kindheit alle kindlichen Spiele nach dem priesterlichen Stand gerichtet.748 Gleichwohl überließ sie ihrem Sohn die letzte Entscheidung darüber, ob er in den geistlichen Stand treten wollte oder nicht.749 Ein gottgefälliges Leben zu führen, forderte sie von allen drei Söhnen gleichermaßen. Dazu gehörte es, stets bei der Heiligen Römischen Kirche zu bleiben, die nach ihrer Überzeugung trotz mancher Missbräuche nie im Glauben geirrt habe.750 Anfangs hatte Margarethe der lutherischen Lehre durchaus aufgeschlossen gegenüber gestanden. Aus einem Brief, den Luther im November 1519 an sie richtete, geht hervor,

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 1 (1518 Februar 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 5r (1528 Januar 27): Auch wil ich e. l. nicht vorhalden, das das mutterlich hercz alweg sorg treget und wen es moglich wer alle stund wost, wie es e. l. ging, sunderlich in dissen czeyten. Der halben ist mein mutterlich bit, e. l. woln mir schreyben, wie die sachen allenthalben stehen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 9r (1528 März 30). Siehe etwa LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 43r (1523 März 5): […] und bit euch auß muterlicher traw umb gotes willen, ir walt euch alz ein cristlich furst erzeygen und halden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 104r (1524 September 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 15v (1524 September 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 23v (1522 Januar 28): Ich bit vor allen dingen, habet got vor augen und hut euch vor swern und halt bey der heyligen kristlichen und romischen kirchen. Die hat am glawben nie geirtt, obschon mißbrauch gewest ist.

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dass sich beide am anhaltischen Hof begegnet sein müssen.751 In manchen Glaubensvorstellungen nicht allzu weit von dem Wittenberger Reformator entfernt, fürchtete Margarethe jedoch den Bruch mit kirchlichen Traditionen. Schließlich gelangte sie zu der Auffassung, Luther hetze die Untertanen mit gelehrten Worten gegen ihre Herren auf und stifte nichts als Unruhe und Aufruhr.752 Seine Lehre bringe nur „Mutwillen und fleischliche Lust“.753 In Glaubensfragen vertraute Margarethe auf das Urteil ihrer Hofprediger und gleichzeitigen Beichtväter.754 Von 1527 bis 1529 hatte der Dominikaner Johann Mensing (gest. 1547) die Stelle des Dessauer Hofpredigers inne,755 bis ihn der Kurfürst von Brandenburg an die Universität in Frankfurt an der Oder holte.756 Im Frühjahr 1526 hatte er sich in Dresden aufgehalten und ihr von dort einige ungebundene lateinische Bücher zum Geschenk gemacht.757 Neben zahlreichen Schriften gegen die Reformation verfasste er ein Lehrbuch für die drei jungen Fürsten von Anhalt in Dessau mit dem Titel „Gruntliche unterrichte: Was eyn frommer christen von der heyligen kirchen, von der vetern lere und heyligen schrift halten sol“.758 Ein Exemplar dieses Buches wurde Joachim im Sommer 1528 in Dresden zugestellt.759 Ein weiteres Exemplar hatte Margarethe zuvor an den König von Böhmen schicken lassen, der sich angeblich sehr wohlwollend dazu geäußert hatte.760 Mit der Übersendung des Buches verband Margarethe vermutlich auch die Hoffnung, ihre Söhne am königlichen Hof ins Gespräch zu bringen.

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Luther, Briefwechsel, Bd. 1, Nr. 216, S. 549 f. (1519 November 4); BOBBE, Hausmann, Anhang Nr. 1, S. 29 f.; WÄSCHKE, Brief Luthers, S. 137 f. Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 44r (1523 März 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 46v (1523 März 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 20r (1523 Dezember 4): Es gehet ein buchlein in latin zw Witenberck auß von dockter Martin an dy von Prag, do saget unser pfarer von, es sey noch das ergest, das y ausgangen sey. Der aus den Niederlanden stammende Johann Mensing war 1495 in Magdeburg in den Dominikanerorden eingetreten, hatte in Wittenberg und Frankfurt an der Oder studiert und erlebte als Prior seines Konvents die Einführung der Reformation in Magdeburg. Von Dessau ging er wieder nach Frankfurt an der Oder. Seine Stelle als Hofprediger übernahm der Dominikaner Peter Rauch (gest. 1558) aus Ansbach, der ihm 1532 in die Mark Brandenburg folgte. Siehe PAULUS, Dominikaner, S. 16–45 und 45–52; LÖHR, Dominikaner, S. 259 und 273. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 83r (1529 März 22). CLEMEN, Briefe, Nr. 1, S. 1 f. (1526 April 21). Vgl. HAEBLER, Bibliophilen, S. 12. Gedruckt bei LAUBE, Flugschriften, Bd. 1, Nr. 30, S. 566–609. Vgl. BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 350; PAULUS, Dominikaner, S. 24. Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 3r (1528 Juli 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 14r f. (1528 Juli 22): Es hat dockter Mensing dem konig von Behem dorch dockter Faber ein buchlein geschickt, das er an euch dreyen geschriben hat, das dem konig wol gefallen, auch dem dockter

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Das erzieherische Wirken der Margarethe von Anhalt stützte sich in erster Hinsicht auf die Liebe, die sie und ihre Kinder verband.761 Dies lässt sich auf der Grundlage des erhaltenen Briefwechsels ganz sicher sagen: Das anheldische hewbtlein wil mer mit gut den mit dem ernst geczogen sein, schrieb sie ihrem Sohn Georg ein Jahr vor ihrem Tod.762 Gegenüber dem jüngsten Sohn verglich sie sich mit der biblischen Rebekka.763 Der Mutter zuliebe, sollten sich die Söhne christlich und fürstlich verhalten,764 denn Margarethe ging davon aus, dass ihre Söhne ihr ebenso zugeneigt waren, wie sie ihnen. Mahnende, warnende, lobende, tadelnde oder besorgte Worte waren deshalb ihre wichtigsten Mittel, um auch über große Entfernung auf die heranwachsenden Fürsten einzuwirken. Die Wirkung dieser Mittel war beachtlich, denn selbst wenn sich die Söhne den Gegebenheiten fremder Höfe anpassen mussten und sich verschiedenen Einflüssen nicht entziehen konnten, versuchten sie doch alles, um ihre Mutter nicht zu bekümmern oder zu enttäuschen. Zu Beginn des Jahres 1527 mahnte Fürst Georg seine Brüder, die Mutter allzeit zu ehren und zu lieben und sie aus Rücksicht auf ihre schwache Gesundheit niemals zu betrüben oder zu erzürnen.765 Dabei wies er darauf hin, dass Margarethe weit mehr für ihre Kinder getan hätte als andere Mütter.766 Auch Fürst Joachim gab

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gancz genedicklich geschriben, darin e. l. mit iren brudern namen von dem konige gancz frewntlich angetzogen. Wirt an czweyfel e. l. an schaden sein. Dies wurde bereits festgestellt von WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 76: „Im ganzen gründete sie ihre Erziehung auf Liebe.“ Vgl. auch PFANNENBERG, Georg der Dritte, S. 8. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 19r (1529 März 4). Vgl. Gerson, Pädagogische Schriften, S. 150 f.: „Endlich will ein edler Geist eher mit Liebe geleitet als mit Gewalt gezogen, eher durch freundliches Lob ermuntert als durch starren Zwang genötigt werden.“ Fürstin Margarethe von Anhalt an ihren Sohn Joachim [!], LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 19v (1529 März 4): Und nachdem ich e. l. noch vil zw schreyben hab und auß mutterlicher lib sorgfeldick bin wy Rebeca vor iren jungsten son Jacob, hab ich etlich geheyme stucke, dy sich nicht wol woln schreyben lassen, nach meyner hant vorczeychnung befollen mit e. l. muntlich zw reden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 33r (1522 November 18): Ich bit, ir wolt mein muterlich ermanung nicht vorachten und mich genysen lassen, das ich wieder tag und nacht ewern halben ruhe habe, mit muhe und sorg beladen bin, wie ir selber wist und gesehen hat, das mich alz nicht beswert, wen ich mit wost, das es wol bewant wer und ir euch retlich hilt und anlist. Ich hoff, ir wert das beherczen und mein bit erhorn und mich hirmit in meinem trosten und ergeczen. Siehe auch Bl. 31r (1522 November 10) und unten Anm. 1311. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 8, Bl. 7v (1527 Januar 2) und Nr. 13, Bl. 6r (1527 Januar 3). Ähnlich ebd., Nr. 8, Bl. 9r (1527 Juni 11). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 8, Bl. 7v (1527 Januar 2): Wir sein alle schuldig sie zu vorhalden, weil sie bey uns gethan, das sunst under hundert mütter villeicht nicht gethan hetten.

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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gerne zu, dass sie als unmündige Fürsten auf die mütterliche Fürsorge angewiesen seien.767 Mutter und Söhne sahen sich gegenseitig verpflichtet und auch über den Tod hinaus miteinander verbunden. Untereinander und zu vertrauten Dienern aus Kindertagen hatten die drei Fürstenbrüder ebenfalls enge gefühlsmäßige Bindungen. So betete Georg für die Seele seiner verstorbenen Bademutter, die ihn besonders lieb gehabt hatte.768 Seine Ermahnungen an Fürst Joachim entsprangen nicht allein dem Einfluss seiner Mutter und seiner Aufgabe als Geistlicher, sondern auch der Tatsache, dass der Bruder „sein Fleisch und Blut“ war.769 Dabei beteuerte Georg, den Bruder allein aus brüderlicher Liebe zu ermahnen, und nicht weil er ihn belehren wolle oder an seiner Ernsthaftigkeit zweifle.770 Nach allem, was sich aus den wenigen persönlichen Briefen schließen lässt, die von Fürst Wolfgang von Anhalt, dem Vetter in Köthen, erhalten sind, hatte auch dieser eine enge Bindung an seine Mutter und seine Schwester, die beide noch erzieherisch auf ihn einwirkten, als er bereits im Mannesalter stand. Die Schwester tadelte ihn in einem Brief aus Weimar, weil er zu viel trinken und zu oft tanzen würde, und mahnte ihn, fromm zu sein. Sie bat ihn, die Mutter herzlich zu grüßen, und wünschte sich, diese könne fliegen, um bei ihr zu sein.771 In einem späteren Schreiben ließ Wolfgang seine Mutter wissen, dass er es mit dem Trinken und auch sonst redlich halte, und sie sich nicht bekümmern brauche.772 Auf die Erziehung seiner drei Dessauischen Vettern scheint Wolfgang, der selbst keine legitimen Nachkommen hatte,773 kaum Einfluss genommen zu haben. Eine Rolle in der Fürstenerziehung lässt sich bei ihm erst erkennen, nachdem er zu einem der Vormünder der jungen Herzöge von Pommern bestimmt 767 768 769

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 23r (1522) und Bl. 49r (1523 Januar 23). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 78r (1527 Januar 28). Fürst Georg III. von Anhalt an seine Mutter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 42r (1525 September 17) und bes. ebd., Nr. 4, Bl. 49v (1527 Juni 18): Ich meyn es gut, den er ist meyn flesch und blut, derhalben ich auch gerne wolt, das es im nicht allein am leib szunder auch an der selen wol ging und gesunt bleib. Nach Jakob 5,19 f. sah er sich verpflichtet, seinen Bruder vor Irrtümern zu bewahren, ebd., Bl. 82v (1527 Oktober 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 6r (1527 Januar 3); Bl. 10v (1527 Juli 13); Bl. 12v (1527 Oktober 17). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1388, Bl. 1r [zwischen 1513 und 1521]. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 2, Bl. 12r (1528 März 1): Ich las auch e. l. wissen, das ich mich iczunt myt dem drungk und sonst allenthalben redelich halte. 1525 hatte Herzog Johann von Sachsen Wolfgangs Mutter berichtet, dass ihr Sohn zu viel trinken würde (wie Anm. 1882). Noch 1530 versprach Wolfgang mehrfach, sich des Trinkens zu enthalten, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 2, Bl. 23v (1530 Mai 19), Bl. 17 (1530 Mai 24), Bl. 21v (1530 Juni 11). Fürst Wolfgang von Anhalt hatte drei uneheliche Töchter. SCHREIBER, Testament, S. 43 und 89; THOMAS, Wolfgang, S. 118, Anm. 70.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

worden war. Die Herzöge Ernst Ludwig (1545–1592) und Barnim X. (1549–1603) forderte er 1563 nicht nur zum fleißigen Studium in Wittenberg auf, sondern vermittelte auch Besuche am kursächsischen Hof.774 Damals hatte er bereits auf seine Herrschaft verzichtet und sich zurückgezogen. Die Erziehung der Fürsten Johann, Georg und Joachim von Anhalt gründete sich aus Margarethes Sicht zum Einen auf gefühlsmäßige Bindungen, zum Anderen auf göttliche Gnade. Weisheit und Vernunft, durch die ein Fürst erkennt, was er zu tun und zu lassen hat, waren nach Margarethes und auch nach Georgs Überzeugung nur durch fleißiges Gebet zu erlangen.775 Zwischen Mutter, Söhnen und Lehrern bestand daher eine regelrechte Gebetsgemeinschaft.776 Um ihre Söhne auf den Weg christlicher Tugend zu bringen, hoffte Margarethe zwar auf Gottes Segen, vergaß aber keinesfalls die Erziehung zu fördern, wo immer es in ihrer Macht stand. Sie empfahl ihre Söhne für den Dienst an fremden Höfen und wählte geeignete Gefährten und Diener aus. Sie hielt Verbindung zu ihren Kindern, ermahnte sie, forderte sie auf, eigenhändig Briefe zu schreiben, schickte ihnen Bücher, versorgte sie mit Kleidung oder ließ ihnen Bier, Wein, Wildbret und andere Leckereien bringen, die sie „fröhlich aber maßvoll“ genießen sollten. Dies wird an anderer Stelle noch deutlicher zu erkennen sein, wenn den Söhnen an fremde Höfe gefolgt wird. Zur Förderung der Lernleistung setzte Margarethe nicht nur auf Ermahnung und Belohnung, sondern mitunter auf seltsame Mittel: Auf Raten des Prinzenerziehers schickte sie Georg und Joachim 1523 eine aus Ochsenzungen hergestellte Tinktur, die – mit Gottes Hilfe – das Gedächtnis der beiden stärken sollte.777 Fortwährende Ermahnungen sollten helfen, die Gefahren zu erkennen, die auf dem Weg der Tugend lauerten. Um den Ältesten anzuspornen, führte Margarethe ihm vor Augen, welch gutes Verhältnis seine Brüder zum Bischof von Merseburg hätten, und stellte ihm den früh verstorbenen Vater und alle seine Vorfahren als Vorbild hin.778 Den Mittleren forderte sie auf, in seiner Frömmigkeit ebenfalls den Vorfahren nachzueifern und kein weltliches Geschäft so wichtig zu nehmen, dass er von der Heiligen Messe fernbleiben müsse.779 Unablässig erteilte sie mütterliche Ratschläge, die sie mit zunehmendem Alter ihrer Söhne mehr und mehr als gut gemeinte Hinweise verstanden wis774 775 776 777 778

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MEDEM, Universitätsjahre; WEHRMANN, Fürst Wolfgang, bes. S. 97 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 21v (1528 August 4). WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 77. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 14r (1523 Juli 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 41r (1522 Dezember 31): Ich wil euch zw ergeczlichkeyt nicht vorhalden, das ewer bruder sich got lop zo wol halden, das mein her sie groß belibet und sie gancz veterlich, ab sie sein kint werren, helt und entgegen unß nicht anders den wie ein getrewer vatter; Bl. 46v (1523 März 21): Der halben bit ich euch, ir walt ein christlicher furst bleyben, alz e. l. vater und alle ewer vorvarn gewest sein. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 50r (1526 Dezember 6).

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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sen wollte. Wiewohl sie gerne zugeben mochte, sich in manchen Dingen weniger gut auszukennen, sollten die Söhne ihren Rat doch beherzigen, weil sie es gut mit ihnen meinte und auf eine lange Erfahrung zurückblicken konnte.780 Obwohl Margarethe starken Einfluss und gelegentlich auch Druck ausübte, war ihr sehr daran gelegen, die Söhne zur Eigenständigkeit zu erziehen. Als heranwachsende Fürsten hatten diese zu lernen, sich gegenüber Dienern und Knechten durchzusetzen und sich im Kreis der Standesgenossen zu behaupten. Ebenso mussten sie üben, mit den knappen Einkünften zu haushalten und dennoch standesgemäß aufzutreten.781 In ihrem „Lieblingssohn“ Georg sah sie zunehmend einen Helfer, der, gestützt auf Bruderliebe und geistliche Bildung, seine Brüder nachhaltiger ermahnen könne, sich so zu verhalten, wie es christlichen Fürsten ansteht.

3.2. Zdena von Sachsen, geb. von Podiebrad (1449–1510) Bei der nächsten Fürstin, deren erzieherisches Wirken auf der Grundlage eigenhändiger Briefe beleuchtet werden kann, handelt es sich um Zdena, eine Tante der Margarethe von Anhalt. Auch sie war durch Heirat an einen mitteldeutschen Fürstenhof gekommen. Im Alter von zehn Jahren wurde sie, die Tochter des Georg von Podiebrad (1420– 1471), im Jahre 1459 mit dem jungen Herzog Albrecht von Sachsen vermählt, siedelte aber erst fünf Jahre später nach Meißen über.782 In diesen fünf Jahren dürfte sie weiterhin eine Erziehung am böhmischen Königshof erhalten haben. Ihr Vater stammte aus einer einflussreichen mährischen Adelsfamilie und war nach dem Tod seines eigenen Vaters am Hofe seines Onkels in Mähren erzogen worden.783 Nach einem steilen Aufstieg als Anführer der hussitischen Stände wurde er 1452 zum Statthalter von Böhmen gewählt und führte die Regierungsgeschäfte für den minderjährigen König Ladislaus (1440–1457), der ihn unter anderem mit dem Fürstentum Münsterberg belehnte. Nachdem Ladislaus an der Pest gestorben war, wurde Georg selbst zum böhmischen König gewählt. Seine Kinder aus der ersten Ehe verheiratete er danach erfolgreich mit deutschen Reichsfürsten. 780

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 39v (an Johann, 1522 Dezember 31): und voracht nicht den rat der alden, wen sie haben sich oft gebrant; Nr. 5, Bl. 19r (an Joachim, 1528 [September 26], Beizettel): Ich bit, e. l. woln mein trawlich wol meynung nicht vorachten, ob ich nicht klug bin, meyn ichs doch gutlich; Nr. 3, Bl. 18v (an Joachim, 1529 März 4): Ich bit auch, e. l. woln dyse meine hercztrawliche und mutterliche vorma[nung] nicht vorsmehen und in kintlicher lib annemmen und mein einfeldyge wolmeynung nicht vorspothen, alz oft bey jungen lewten geschihet, vormercken und dorbey erkennen, das ich hirinen nichcz dan e. l. selikeyt alz dy meine trawlich und herczlich such. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 78. Nur bei MÜLLER, Annales, S. 33, heißt es, sie hätte ihren Gemahl sofort begleitet und sei von ihren fürstlichen Schwieger-Eltern vollends erzogen und unterrichtet worden. TENORA, Z mladých let; ODLOŽILÍK, Hussite King, S. 31 f.; MACEK, Jiří z Poděbrad, S. 29–38.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

1471, im Todesjahr ihres Vaters, wurde Zdenas erster Sohn Georg geboren, dem noch zwei weitere Söhne folgten, die das Säuglingsalter überlebten.784 Als Zdena 1478 zum fünften Mal schwanger war, lieh ihr Katharina von Brandenstein, die Gemahlin Herzog Wilhelms III. von Sachsen, einige Reliquien der heiligen Elisabeth von Thüringen, die zu einer gesunden Entbindung verhelfen sollten.785 Zur nächsten Niederkunft wurden diese Gegenstände erneut ausgeliehen,786 was vermuten lässt, dass sie bei früheren Geburten ebenso Verwendung gefunden hatten. Auch Wilhelms Tochter Margarethe und die Kurfürstin Anna von Brandenburg (1436–1512), die aus wettinischem Hause stammte, hatten sich diese Reliquien ausgeliehen.787 Bei derart regen Beziehungen liegt der Schluss nahe, dass es zwischen den wettinischen Fürstinnen nicht nur einen Austausch in Fragen der Geburt, sondern auch in Fragen der frühen Kindererziehung gab. In Zdenas Fall werden dabei noch einmal die besonderen Beziehungen deutlich, die ihr Gemahl Herzog Albrecht zu seinem Onkel Wilhelm pflegte, denn die Ausleihe von Reliquien, mit denen ein Austausch von Wissen verbunden war, blieb streng auf die Dynastie beschränkt.788 Die ersten überlieferten Nachrichten aus Zdenas Frauenzimmer stammen aus der Zeit um 1475, als die Herzogin eine Amme, eine Kindermagd und eine Köchin anstellen ließ.789 Als Frauenhofmeister wirkte von 1473 bis 1476 der Ritter Dietrich von Schönberg (gest. 1498), dessen Vater bereits Hofmeister bei Zdenas Schwiegermutter, Margarethe von Sachsen, gewesen war. Bis an sein Lebensende stand er in hoher Gunst am albertinischen Hof, wo er von 1486 bis 1494 erneut das Amt eines Hofmeisters ausfüllte.790 Sein Sohn Johann (gest. 1537) nahm für Zdena als Amtmann von Tharandt eben784 785 786 787

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WERL, Sidonia, S. 9. SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 73r (1478 Juli 23), erwähnt bei STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, S. 121; RICHTER, Erziehungswesen, S. 4. Die Tochter Anna starb im Säuglingsalter. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. B 106, Nr. 25 (1479 November 6). ThürHStA Weimar, EGA, Reg. B 106, Nr. 7 (1472 Februar 1), Nr. 13–16 (1474 März 21 bis April 11) und Nr. 28 (1482 Mai 17) bzw. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 170 (1474 März 21), S. 120 mit Anm., und PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, S. 350, Anm. 2 (1472 Februar 1); Bd. 1, Nr. 816, S. 644 (1474 April 11); Bd. 2, Nr. 355, S. 350 f. (1478 Februar 9); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 246. BURKHARDT, Kopf und Becher, zählte für die Zeit zwischen 1469 und 1482 insgesamt dreizehn quellenmäßig belegte Fälle, in denen sich Fürstinnen aus dem Hause Wettin die Reliquien zum Zweck einer glücklichen Niederkunft liehen. Siehe dazu ausführlich KRÜGER, Reliquien. BURKHARDT, Kopf und Becher, S. 228 f.; KRÜGER, Reliquien, S. 103. Die Landgrafen von Hessen bewahrten in Marburg den Mantel der heiligen Elisabeth auf, der allein den Landgrafentöchtern vorbehalten war und auch auf Anfrage nicht ausgeliehen wurde. DEMANDT, Verfremdung, S. 140; NOLTE, Körperlichkeit, S. 62. SächsHStA Dresden, Loc. 4343/2, Bl. 126r. Vgl. LANGENN, Albrecht, S. 475; RICHTER, Erziehungswesen, S. 5. Im Gefolge des Herzogs Wilhelm III. von Sachsen war Dietrich 1461 nach Jerusalem gepilgert, wo er sicher auch den Ritterschlag empfangen hatte. Ab 1464 war er Rat und Untermarschall am

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falls Aufgaben eines Hofmeisters wahr, nachdem die Herzogin im Jahre 1500 in Tharandt ihren Witwensitz genommen hatte.791 Einer Quelle des späten 16. Jahrhunderts zufolge soll Dietrich die Söhne des Herzogs Albrecht beaufsichtigt haben, als sie die Leipziger Hochschule besuchten, während der Gelehrte Christoph Bernstein ihre Studien anleitete.792 Von diesem Universitätsaufenthalt ist ansonsten jedoch nichts bekannt. Im Jahre 1476 ließ Zdena Pergament und Schreiblineale anschaffen,793 die wohl kaum für ihren ältesten Sohn Georg und seine Gefährten bestimmt gewesen sein können. Zehn Jahre später ließ ihr Gemahl auf dem Leipziger Herbstmarkt Lehrbücher kaufen, die für den Lateinunterricht gebraucht wurden: vier Ausgaben des „Doctrinale puerorum“ von Alexander de Villadei, zwei Lateinbücher des Aelius Donatus sowie eine Ausgabe der Briefe des heiligen Hieronymus.794 Damals waren Zdenas Söhne Georg, Heinrich und Friedrich ungefähr fünfzehn, dreizehn und zwölf Jahre alt. Es ist nicht ausgeschlossen, aber keineswegs sicher, dass die Lehrbücher für sie und ihre Mitschüler bestimmt waren. Als Herzog Albrecht 1488 in kaiserliche Dienste trat, übertrug er seinem siebzehnjährigen Sohn Georg die Herrschaft im albertinischen Teil Sachsens. Zdena hatte sich geweigert, ihm nach Friesland zu folgen, mochte aber ebenso wenig am Hofe ihres Sohnes in Dresden leben.795 Sie hielt sich vorwiegend in Meißen auf und zog sich nach dem Tod ihres Gemahls im Jahre 1500 nach Tharandt zurück, von wo aus sie allerdings rege Verbindungen zu Georg unterhielt, den sie häufig um Besuche oder eigenhändige Briefe bat. Aus diesem Briefwechsel sind etliche Stücke überliefert, die nicht allein Auskunft über familiäre Angelegenheiten, sondern vor allem über das persönliche Verhältnis zwischen Mutter und Sohn geben.796 Der Inhalt der Briefe ist bereits mehrfach

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sächsischen Hofe. Siehe zur Person: FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 1–17; GOERLITZ, Staat und Stände, S. 416; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 373 f. Nach dem Tod der Herzogin Zdena von Sachsen war Johann von Schönberg Amtmann von Radeberg, später ging er an den Hof des Hochmeisters des Deutschen Ordens und kehrte dann an den Hof Georgs von Sachsen zurück. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 75–87; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 372. Leichenrede für Johann Christoph von Bernstein (1581): Christophorum Bernsteinium educatorum nactum Ditericum Schonbergium, auratae militiae equitem, ub is Georgio et Heinrico, principibus, Alberti filiis, morum informator in academiae Lipsiensi adjunctus fuit. KÖNIG, Adelshistorie, Teil 2, S. 886; FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 11, Anm. 32. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 469. Ebd., S. 470; RICHTER, Erziehungswesen, S. 7 f. Herzog Albrecht von Sachsen an seinen Sohn Georg, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 132v f. [1489 August 31]. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 414, S. 283 f. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 7; STICHART, Galerie, S. 202; WELCK, Georg der Bärtige, S. 1; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 226; RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, S. 14. SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1. Seit Ende 2009 liegt dieser Briefwechsel in einer kritischen Edition vor: RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe. Ausgewählte Stücke waren zuvor abgedruckt in STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

mitgeteilt,797 aber noch nicht unter der Frage nach Zdenas erzieherischer Rolle ausgewertet worden. Im Gegensatz zum Beispiel der Margarethe von Anhalt sind fast ausschließlich die Briefe der Mutter erhalten, die zudem nur selten mit genauer Jahresangabe versehen sind. Aller Wahrscheinlichkeit nach stammen die Schreiben aus den Jahren zwischen 1488 und 1510, in denen Herzog Georg und seine Mutter Zdena getrennte Höfe unterhielten. Georg nahm in diesen Jahren zwar bereits herrschaftliche Aufgaben war, stand aber unter starkem Einfluss seiner Mutter, die ihn beriet, lobte und ermahnte, ja mitunter mit heftigen Worten zurechtwies. Als er einen Brief falsch ausgehen lassen hatte, spottete sie über ihn, er wäre gedankenverloren wie ein verliebtes Mädchen.798 Ein andermal war sie aufgebracht, weil er ihre Briefe nicht richtig abgesendet hatte, und drohte, sie wolle ihn mit Gerten hauen, dass ihm das Maul nach süßem Wein wässere.799 Auch die Art, wie sie ihn um Verzeihung bat, weil sie einmal keine Zeit hatte, als er sie besuchen kam,800 zeigt, dass zwischen beiden enge Gefühlsbindungen bestanden, denn grundsätzlich sehnte sich die Witwe nach den Besuchen ihres Sohnes.801 Bewusst versuchte Zdena, erzieherisch auf Georg einzuwirken, nachdem dieser zur Herrschaft gelangt war, weil sie wollte, dass er in christlichem Sinne herrschte, und weil sie dem Einfluss seiner Räte nicht traute.802 Einmal schickte sie ihm eines seiner Schreiben zurück, weil sie es nicht lesen konnte, tadelte ihn wegen seiner schlechten Handschrift und forderte ihn auf, die Buchstaben beim nächsten Mal besser auszuführen und keine Wörter auszulassen.803 Noch 1508 797

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Ein Großteil der Schriftstücke ist durch Friedrich Albert von Langenn auszugsweise in modernisierter Sprachform wiedergegeben worden, allerdings ohne Angabe der genauen Fundorte, LANGENN, Sidonie. Ausgewertet wurde der Briefwechsel bereits von STICHART, Galerie, S. 194–216; [Anonym], Sidonie; WERL, Sidonia, und ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 225–223. Herzogin Zdena von Sachsen an ihren Sohn Georg, RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 27, S. 75 f. ([1496] August 21). STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 474, S. 320. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 27–29; STICHART, Galerie, S. 206; NOLTE, Familie, S. 333; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 232. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 20, S. 68 [vor Januar 1495]: Harr, ich will dych mit ergerten hawen, das dir das mawl nach sussen weyn wessern sol; LANGENN, Sidonie, S. 31. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 25, S. 72 f. ([1490 oder 1496] Januar 24). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 77, S. 118 [vor 1501]: Herczallerlibster son, ich bitt dich, du wollest auff erstkunfftigen dynstag zcu mir kommen, den ich hab lang nye deyn gestalt gesehen, do shen ich mich darnach und bitt dych, bleyb nicht aussen. Siehe auch ebd., Nr. 15, S. 63 ([1494] April 7); ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 237. Zdenas Misstrauen gegenüber Georgs Räten klingt deutlich an in zweien ihrer Schreiben. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 24, S. 71 [1495 März/April] und Nr. 57, S. 102 ([vor 1501] März/April). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 3, ([1492] Oktober 5): Auch magstu mir sycherlich glawben, das ich deyns bryffs meynung der schrifft halb nicht woll vernemen kann, den du hast under weyle bose buchstaben gemacht und auch etliche wort aussen lassen, als du selber shen wirdest. LANGENN, Sidonie, S. 27; RICHTER, Erziehungswesen, S. 9.

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leitete sie ein Schreiben von Georg an ein Nonnenkloster nicht weiter, weil darin eine falsche Anrede stand.804 Vor allem aber hielt sie ihn zur Frömmigkeit an. Sie mahnte ihn, Gott und die Jungfrau Maria vor Augen zu haben und zum heiligen Hadrian zu beten, vor allem in Kriegszeiten.805 Wie zwischen Margarethe von Anhalt und ihren Söhnen bestand zwischen Zdena und Georg eine Gebetsgemeinschaft. So forderte die Mutter ihren Sohn etwa auf, Fürbitte zu leisten, wenn sie Ablässe versäumen würde.806 Ein andermal schickte sie ihm eine Übersicht darüber, wann er in welcher Kirche wie viel Ablass verdienen konnte und ermunterte ihn, jeden nur möglichen Ablass zu erwerben.807 Zdena glaubte fest an die Wirkung von Predigten und erbaulichen Schriften, auf die sie auch bei der religiösen Erziehung ihres Sohnes Georg zurückgegriffen haben dürfte. Inständig bat sie Georg, den Verkauf der gedruckten Predigten des Johannes Tauler zu fördern, weil dieses Buch die Menschen zu Demut, Selbsterkenntnis und Verachtung weltlicher Dinge bringe. Sie selbst würde sechs Männer kennen, die sich durch den Inhalt dieses Buches gebessert hätten.808 Mehrfach bat sie ihren Sohn, fromme und andächtige Menschen und deren gute Werke zu fördern. So sollte Georg den einen Leipziger Lizentiaten bei der Erlangung des Doktorgrades unterstützen, in Anbetracht der guten Werke, die dadurch angeregt würden.809 Bei den Menschen an ihrem Hofe gab Zdena hingegen wenig auf akademische Grade, sondern legte vor allem Wert auf deren Frömmigkeit. Ihren Kaplan empfahl sie als Pfarrer nach Senftenberg, weil er ein gar frommer Mann war, zwar kein Magister, aber doch so gelehrt wie etliche von diesen.810 Über Zdenas eigenen Bildungshorizont lassen sich aus den Briefen an ihren Sohn ebenfalls einige Rückschlüsse ziehen. Wenn sie Georgs Gunst erlangen wollte, be804 805 806 807

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RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 85, S. 125 (1508 Mai 9); LANGENN, Sidonie, S. 15; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 236. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 41, S. 89 [vor 1499 November 24]. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 64, S. 109 ([vor 1501] August 16/22); ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 236. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 58, S. 103 f. ([vor 1501] Ostern); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 401, S. 275 f. Siehe dazu auch LANGENN, Sidonie, S. 11; STICHART, Galerie, S. 207 f.; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 227. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 33, S. 81 f. ([1498] März 29); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 492, S. 329 f. LANGENN, Sidonie, S. 10; STICHART, Galerie, S. 210 f.; REICHEL, Herzog Georg, S. 8; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 228; VOLKMAR, Reform, S. 81. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 26, S. 73 f. [1492 Januar 26 oder 1496 Februar 1]; LANGENN, Sidonie, S. 23 f. Der Lizentiat Johannes von Bamberg, ein Franziskaner in Leipzig, ist allerdings erst 1501 als Doktor erwähnt. GEß, Akten und Briefe, Bd. 1, Einleitung S. 75, Anm. 1 (1501 Oktober 11). Zwei Erfurter Lizentiaten sollte Georg zu deren Promotion mit Wildbret versorgen, um Anteil zu haben an der guten Unterweisung, die sie dem Volke geben würden, RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 10, S. 58 ([1493] Oktober 6). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 34, S. 83 ([1492 oder 1498] August 23); LANGENN, Sidonie, S. 15; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 229.

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zeichnete sie sich zwar gern als einfältig,811 doch in Wirklichkeit vertraute sie ihrer eigenen Urteilskraft. Sie behauptete, durchaus Latein verstehen zu können,812 doch scheint sie sich diese Kenntnisse erst im Alter angeeignet zu haben. Als sie ein lateinisches Wort verwendete, betonte sie stolz: An dem latein kanstu gedencken, das ich doher eyn czeyt bas gelert wurden bin den vor.813 In ihren Briefen blieb es bei einzelnen Wörtern. Auf jeden Fall reichten ihre Sprachkenntnisse nicht aus, um lateinische Bücher lesen zu können, denn diese ließ sie sich übersetzen.814 Ihr Sohn war hingegen, wie vor allem aus späteren Zeugnissen hervorgeht, des Lateinischen mächtig und mit theologischen Fragen vertraut.815 In den 1490er Jahren schrieb er einen lateinischen Brief an seinen Vetter Kurfürst Friedrich III.816 Die Leipziger Disputation im Jahre 1519 soll er an mehreren Tagen mit großer Spannung verfolgt haben.817 Als Irrtum hat sich allerdings herausgestellt, er habe eine lateinische Lebensbeschreibung seines Vaters verfasst.818 Dass Lateinkenntnisse für ihn von Bedeutung waren, steht jedoch außer Frage. Für seine Söhne verfügte er 1510, dass sie bis zum vollendeten achten Lebensjahr bei der Mutter bleiben sollten, um danach von verständigen Zuchtmeistern vor allem in der lateinischen Sprache unterwiesen zu werden.819 Herzog Georgs Sprachbefähigung rührt anscheinend von der ursprünglichen Ausrichtung seiner Erziehung. Da er in seiner Jugend kirchliche Pfründen besessen hatte, kann als gesichert gelten, dass er für eine geistliche Laufbahn vorgesehen war und anfangs 811 812

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RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 26, S. 74 [1492 Januar 26 oder 1496 Februar 1]; LANGENN, Sidonie, S. 23 f. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 27, S. 76 ([1496] August 21): Das latin yn dem briff, das du herczog Fridrich schreybest, hab ich woll vornummen. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 474, S. 320]. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 27–29; STICHART, Galerie, S. 206; NOLTE, Familie, S. 333; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 232. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 20, S. 68 [vor Januar 1495]; LANGENN, Sidonie, S. 31. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 67, S. 112 [vor 1501]; LANGENN, Sidonie, S. 12; STICHART, Galerie, S. 210. Spalatin, Dissertatio, Sp. 2126; Fabricius, Saxonia illustrata, Buch 7, S. 842. Als Beleg für Georgs hohe Bildung gelten Schriften, in denen sich der Herzog mit theologischen Fragen auseinanderzusetzen weiß. Siehe SEIDEMANN, Theologischer Briefwechsel. BECKER, Herzog Georg, S. 170, hat darauf hingewiesen, dass der tatsächliche Anteil Georgs an der Entstehung dieser Schriften in den seltensten Fällen zu ermitteln ist, selbst wenn er als „geistiger Vater“ zu gelten hat. Siehe zu Georgs Bildung zuletzt VOLKMAR, Reform, S. 78–81. Wie Anm. 812. Bericht des Leipziger Magisters Sebastian Fröschel (1497–1570). Fröschel, Königreich, Vorrede [Bl. 6r]; SEIDEMANN, Leipziger Disputation, S. 56 f. und 59. Fabricius, Origines, S. 842, und danach noch WELCK, Georg der Bärtige, S. 2. Siehe dagegen DISTEL, Notizen, S. 187–191; BECKER, Schriftsteller, S. 163 f.; RICHTER, Erziehungswesen, S. 10 f. Aus der Zeit nach der Herrschaftsübernahme stammen drei deutsche Gedichte, deren Verfasserschaft dem Herzog zugeschrieben wird. SEIDEMANN, Dichter; BECKER, Schriftsteller, S. 164–169. SächsHStA Dresden, O. U., Nr. 9875 (1510 Dezember 19), Bl. 6r; DISTEL, Erziehung, S. 464.

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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eine entsprechende Ausbildung erhielt. 1484 wurde er Kanoniker in Meißen und Mainz und 1487 in Köln.820 Um als Statthalter seines Vater zu regieren, trat er die genannten Pfründen 1488 an seinen Bruder Friedrich (1474–1510) ab, der zehn Jahre später Hochmeister des Deutschen Ordens wurde.821 Es heißt, beide hätten gemeinsam an der Universität Leipzig studiert haben, doch gibt es dafür keinen Nachweis in den Universitätsmatrikeln.822 In einer Hofrechnung von 1486 werden ein Magister und zwei Baccalaurei als Prinzenerzieher und die Herren von Gera, Wildenfels, Weißenbach und Egloffstein als Edelknaben der sächsischen Herzogssöhne genannt.823 Bei dem Magister handelt es sich um Paul von Watt (um 1450– 1505), den Herzog Georg im Januar 1491 bei der Erlangung des Doktorgrades unterstützte und zu dem er auch später ein vertrautes Verhältnis pflegte.824 Watt begleitete Georgs Bruder Friedrich nicht nur zum Studium nach Italien, sondern folgte ihm auch als Kanzler nach Königsberg. Er stammte aus einer Nürnberger Ratsherrenfamilie, war 1464 nach Leipzig gekommen, wo er 1469 den Magistergrad erwarb und bis 1483 tätig war. In dem zuletzt genannten Jahr könnte er seine Arbeit als Prinzenerzieher begonnen haben.825 Die Tatsache, dass er über die Leipziger Hochschule an die Stelle als Prinzenerzieher gelangt war, könnte die Nachricht erklären, Herzog Georg und sein Bruder seien dort gemeinsam unterrichtet worden. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass sich beide Prinzen nicht doch einige Zeit an der Universität oder in ihrem Umfeld aufgehalten haben, ohne formal eingeschrieben gewesen zu sein. Wie aber passt hierzu die Nachricht, Herzog Georg habe sich mehrere Jahre am kaiserlichen Hof in Wien aufgehalten, wo er zusammen mit Erzherzog Philipp von Österreich erzogen wurde?826 Bestätigt wird diese Behauptung scheinbar durch ein undatiertes Schreiben Zdenas, in dem sie sich erfreut zeigt, weil Georg vor dem Römischen König eine Predigt gehalten habe, und in dem sie der Hoffnung Ausdruck verleiht, ihr Sohn würde ein guter Prediger werden.827 Aus ihren Worten geht hervor, dass Georg dem König gemeinsam mit seinem Bruder und dem sächsischen Ritter Johann 820 821

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WELCK, Georg der Bärtige, S. 1 f.; VOLKMAR, Reform, S. 79 f. Friedrich studierte 1491 in Bologna, wurde 1492 Domizellar in Würzburg und Domherr zu Mainz. 1493 war er an der Universität Siena eingeschrieben. FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 239; KNOD, Index, Nr. 3196, S. 471; AMRHEIN, Reihenfolge, Abt. 2, Nr. 1398, S. 222 f. Vor seiner Wahl zum Hochmeister wurde Friedrich im Mai 1498 in Ulm von Kaiser Maximilian I. zum Ritter geschlagen. OBERLÄNDER, Hochmeister Friedrich, S. 32. Fabricius, Origines, S. 839; WELCK, Georg der Bärtige, S. 2. Vgl. DUDŽUS, Paulus von Watt, S. 11 f., Anm. 54; VOLKMAR, Reform, S. 79. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 476; RICHTER, Erziehungswesen, S. 6. DUDŽUS, Paulus von Watt, S. 9–11, mit Anm. 42, und S. 14 f. Ebd., S. 7–9. WELCK, Georg der Bärtige, S. 1; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 3, Anm. 6. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 2, S. 48 f. [1491 Mai 6 oder Juni 24]. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 25 und 32 f.; RICHTER, Erziehungswesen, S. 9; GESS, Klostervisitationen, S. 6; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 231; VOLKMAR, Reform, S. 81.

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von Minkwitz828 gegenüber getreten war. In einer späteren Nachricht heißt es, Georg sei im Jahre 1491 von seinem Vater zum Kaiser geführt wurden.829 Beide Nachrichten gehören möglicherweise zusammen, dürften sich aber kaum auf einen Erziehungsaufenthalt am Königshof beziehen, sondern im Zusammenhang mit einer Begegnung am Rande des Reichstags in Nürnberg stehen. Georgs Bruder Friedrich reiste 1491 von Nürnberg weiter nach Italien.830 Georgs Erziehung ist in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit der seines Zeitgenossen und Namensvetters Georg von Brandenburg (1484–1543). Dieser hatte im Alter von vierzehn Jahren eine Würzburger Domherrenpfründe erlangt, die er aber 1506 aufgab, als eine vorteilhafte Eheverbindung in Aussicht stand.831 Die Übernahme der geistlichen Pfründe könnte der Grund dafür gewesen sein, weswegen sein Lehrer Johannes Mayr den markgräflichen Hof verlassen haben soll.832 Der weitere Werdegang zeigt jedoch, dass der Junge zwar für eine geistliche Laufbahn bereitgehalten wurde, aber gleichzeitig eine höfische Erziehung erhalten haben muss.833 Noch als Pfründeninhaber übernahm er 1499 die Statthalterschaft für seinen Vater,834 der ihn im August 1500 für zwei Jahre an den Hof des Landgrafen Wilhelm von Hessen schickte.835 In seinem Begleitschreiben wies der Markgraf den Landgrafen auf den Eigensinn des Jungen hin und bat um Stren-

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Wahrscheinlich der Obermarschall Johann von Minkwitz (gest. 1516), der am königlichen Hof kein Unbekannter war. 1476 hatte er Herzog Albrecht ins Heilige Land begleitet und dort den Ritterschlag empfangen. Im Jahr darauf wohnte er als sächsischer Gesandter der Hochzeit des späteren Königs Maximilian bei. Wiederum ein Jahr später begleitete er die Tochter des Kurfürsten Ernst zu ihrer Vermählung nach Dänemark. Von 1481 bis 1485 war er Hofmeister des Erzbischofs Ernst von Magdeburg. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 216 f.; SCHOLZ, Residenz, S. 327; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 363 f. Fabricius, Origines, S. 842: In comitiis Norimbergensibus, quae anno post electionem Maximiliani quinto Fridericus imperator indixerat, a patre ad imperatorem deducitur, fuitque indoles adolescentis seni potentissimo admodum probata. Ebenfalls im Jahre 1491 wurde Herzog Georg mit einem Stechharnisch, vier Pferden und einem Wagen ausgerüstet. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 520 und 219. DUDŽUS, Paulus von Watt, S. 13 f. AMRHEIN, Reihenfolge, Abt. 2, Nr. 1427, S. 231 f. Vgl. SEYBOTH, Markgraf Georg, S. 44. Die Darstellung der Hofgeschichtsschreibung des 17. Jahrhunderts, nach der Georg in seiner Jugend den gelehrten Studien, sein älterer Bruder Kasimir aber den ritterlichen Übungen zugeneigt habe, ist also in der Tat idealisiert. RENTSCH, Ceder-Hein, S. 622: „Denn als der Herr Bruder Marggraf Casimir gar zeitlich zum Reiten und Fechten Lust bekommen, hat diser die Bücher tractiret, die Historien gelesen und die Lateinische Sprach fertig reden lernen. Nicht die Soldaten, sondern die Gelehrten hat Er geliebt und insonderheit der Mässigkeit sich ergeben, so daß Er alle Trunklibende gehasset“. SEYBOTH, Markgraf Georg, S. 44. SEYBOTH, Markgrafentümer, S. 230 und 300; DERS., Reichspolitik, S. 35. Zimmerische Chronik, Bd. 2, S. 380.

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ge.836 Dies kann als Hinweis darauf gedeutet werden, dass sich der junge Markgraf gegen die geistliche Laufbahn gesträubt hatte. Als seinen einflussreichsten Erzieher und Gönner, der ihn zu einem grosen fursten aus armutt erhaben hatte, soll er den König Ladislaus von Ungarn betrachtet haben, in dessen Dienste er 1506 trat.837 Dass Herzog Georg von Sachsen als erstgeborener Sohn anfangs für eine geistliche Laufbahn vorgesehen war, lag angeblich darin begründet, dass seine Mutter die Schuld ihres Vaters, des vom Papst gebannten Böhmenkönigs Georg von Podiebrad, habe dadurch sühnen wollen.838 Vor der Leipziger Teilung der wettinischen Territorien im Jahre 1485 waren Georgs Aussichten ohnehin schlecht gewesen, einmal weltliche Herrschaft ausüben zu können. Als sein Vater 1488 jedoch zum kaiserlichen Statthalter in den Niederlanden bestellt wurde, musste Georg für die Zeit der Abwesenheit des alten Herzogs die Regierungsgeschäfte übernehmen. Besondere Umstände waren es also, die ihn in die weltliche Herrschaft zurückführten. Georgs Glaubenshaltung war maßgeblich durch seine Mutter geprägt,839 die zu ihm ein ähnlich enges Verhältnis hatte wie Margarethe von Anhalt zu ihren Söhnen. Die Mutter war gleichsam sein religiöses Gewissen. Sie erteilte ihm Anweisungen, wie er sich bei der Heiltumsweisung in Meißen verhalten solle.840 Sie schickte ihm in der Weihnachtszeit den Augustinereremiten Dr. Andreas Proles (1429–1503), dem sie befohlen hatte, aus ihm einen frommen Menschen zu machen.841 Diese zweite Nachricht ist als Hinweis darauf gesehen worden, dass Georg durch eben jenen Ordensmann geistlich erzogen wurde.842 Doch obwohl der entsprechende Brief nicht eindeutig datiert ist, wurde er mit großer Sicherheit geschrieben, nachdem Georg die Statthalterschaft übernommen hatte. Eine Ausbildung zum Geistlichen kam zu jener Zeit nicht mehr in Frage. Im Vordergrund stand vielmehr die Ermahnung, ein milder und christlicher Herrscher

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Markgraf Friedrich von Brandenburg an Landgraf Wilhelm II. von Hessen (1500 August 6), StA Nürnberg, Fürstentum Ansbach, AA-Akten, Nr. 526, ohne Blattzählung; SEYBOTH, Reichspolitik, S. 36; DERS., Markgraf Georg, S. 44. Grunau, Preussische Chronik, Bd. 2, S. 595 f.: Ich bin von jugentt auf bei unserm erleuchten vettern Wladislao, einem windischen konige zu Ungern, erzogen und ehr mich sammptt seinem reich zu einem grosen fursten aus armutt erhaben. WERL, Sidonia, S. 9; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 227. WERL, Sidonia, S. 8. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 74, S. 116 f. [vor 1501]. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 37, S. 86 ([1492 oder 1498] Dezember 13): Ich schick dir hy doctor Proles, dem hab ich beffollen, das er eyn frommen menschen auß dir machen sol. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 404, S. 277; DISTEL, Geburtstag, S. 171; GEß, Akten und Briefe, Bd. 1, Einleitung S. 25, Anm. 1. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 9; RICHTER, Erziehungswesen, S. 7; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 227. Andreas Proles (1429–1503) war von 1461 bis 1467 und von 1473 bis zu seinem Tode Oberer der reformierten deutschen Augustinerklöster. Angaben zu seiner Person bei ADB 26, S. 661; SEIDEMANN, Leipziger Disputation, S. 94 f. DISTEL, Geburtstag, S. 171. Vgl. RICHTER, Erziehungswesen, S. 7.

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zu sein. Proles sollte Georg vermutlich als Beichtvater dienen.843 Dass er an der Erziehung des Herzogs beteiligt war, ist nicht unwahrscheinlich, aber durch das genannte Schreiben nicht zu belegen. Proles war außerdem beauftragt, dem Herzog ein Bildnis der Mutter mit dem Kinde zu zeigen, das sich Zdena als Neujahrsgeschenk wünschte, weil sie glaubte, in dem dargestellten Jesuskind die Gesichtszüge ihres eigenen Sohnes wiederzuerkennen.844 Nach allem, was aus Zdenas Briefen herauszulesen ist, gründete sich ihre erzieherische Tätigkeit ebenfalls auf mütterliche Liebe und Ermahnungen. Gelegentlich drohte sie ihrem Sohn freilich auch mit dem göttlichen Zorn. Als Georg mit den Nonnen des Klosters Hayn im Streit lag, erinnerte sie ihn daran, wie sie ihn einst zu sich gerufen und ihm geraten habe, die Geistlichkeit stets zu beschützen, was er ihr damals als eynn from gehorsam kint auch fest zugesichert habe. Falls er durch böse Ratgeber etwas mit der Bedrängung der Nonnen zu tun habe, was sie nicht hoffen wollte, dann solle er davon ablassen. Sie verwies auf das Geschwür, an dem er litt und das ihm Gott als Warnung geschickt habe, und forderte ihn auf, den Klosterfrauen zu helfen.845 Andererseits zeigt sich Zdena besorgt um Georgs leibliches Wohl, indem sie ihn bat, den Verzehr von Nüssen und Obst zu meiden und beim Reiten und Turnierkampf vorsichtig zu sein.846 Sie schickte ihm ein Gebet des heiligen Augustinus, das ihn vor seinen Feinden und gleichzeitig auch davor schützen sollte, vom Pferd abgeworfen zu werden.847 Nach dem Tod ihres Gemahls trat Zdena zuweilen als Ratgeberin ihres Sohnes in politischen Angelegenheiten auf, etwa als Georg im Streit mit seinem Vetter, dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen, lag.848 Bei ihrem selbstbewussten Auftreten verwundert es kaum, dass sie den Sohn auch ermahnte, auf seine standesgemäße Erscheinung zu achten. Als Georg einen Niederländer empfangen sollte, forderte sie ihn auf, unbedingt ein Seidengewand anzulegen, damit er als Herzog erkannt würde.849 Offenkundig waren 843 844

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So auch die Deutung von RICHTER, Erziehungswesen, S. 7; erhärtet durch KOLDE, Friedrich, S. 10 f., Anm. 1. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 37, S. 86 ([1492 oder 1498] Dezember 13): Er [d. i. Andreas Proles] bryngt dir gar eyn seuberlich bild der mutter gotes und das kyndel hat schir eyn soliche fisomey des antlicz halb als du. An dem wirdst erkennen, wy du geschtalt bist und bitt dych, herczallerlibster son, du wollest mir das Marienbild zcu dem newen jar schencken. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 24, S. 71 [1495 März/April]; LANGENN, Sidonie, S. 15– 17; STICHART, Galerie, S. 209. Ein anderes Mal deutete sie eine Fußverletzung, die sich Georg zugezogen hatte als Zeichen dafür, Gott besser dienen zu müssen, RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 42, S. 90 ([vor 1500] November]; LANGENN, Sidonie, S. 27; STICHART, Galerie, S. 205 f. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 55, S. 100 [vor 1500 Februar 1]; LANGENN, Sidonie, S. 27. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 6, S. 53 f. [1493 Januar 18]. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 83, S. 123 f. (1508 Januar 27) und Nr. 86, S. 125 f. ([1501 oder 1509] Februar/März). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 87, S. 127 [1501 April 26 oder 1509 Mai 30]: Aber du must eyn seyden cleyt anhaben, den er ist eyn nidderlender, so du andern gleych gehen wurdest,

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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ihr die feinen Unterschiede der höfischen Kultur bewusst. Aber auch in Angelegenheiten der Herrschaftsausübung versuchte sie Einfluss zu nehmen, indem sie ihren Sohn bat, Gefangene nicht zu hart zu bestrafen und barmherzig zu sein.850 Als es einmal hingegen um das Betragen eines seiner Höflinge ging, war ihr Rat, er müsse diesem gegenüber härter durchgreifen.851 Wie Margarethe von Anhalt bat Zdena ihren Sohn um eigenhändige Briefe als Zeichen der Vertrautheit.852 Erhalten ist aber lediglich ein einziger Brief Georgs an seine Mutter aus dem Jahre 1502. Markgraf Friedrich von Brandenburg (1460–1536) hatte ihn nach einem geeigneten Gemahl für eine seiner Töchter gefragt, worauf sich der noch unerfahrene Georg an seine Mutter wandte, weil er meinte, dass niemand in solchen Angelegenheiten besser Bescheid wüsste als sie.853 Mit Georgs jüngerem Bruder Heinrich wechselte Zdena anscheinend kaum Briefe, sondern sandte Briefe an dessen Kaplan oder ließ ihn durch Georg grüßen.854 Einmal klagte sie darüber, dass Heinrich ihr nicht geschrieben habe.855 Ein andermal schickte sie bewusst keinen Brief an ihn, verärgert darüber, dass er ihr nicht hatte schreiben wollen.856 Dennoch erkundigte sie sich immer wieder nach seinem Befinden857 und bot sich in einem Streit zwischen beiden Brüdern als Schlichterin an.858 Auch wenn nicht bekannt ist, ob dieses Angebot angenommen wurde und wie der Streit endete, zeigt dies doch, dass Zdena auf beide Söhne mütterlichen Einfluss ausübte, selbst nachdem diese zur Herrschaft gelangt wa-

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wurd er dych nicht vor eynen herczog haben. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 14; STICHART, Galerie, S. 211. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 35, S. 84 f. ([1498] August 25). STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 498, S. 332 f. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 30; STICHART, Galerie, S. 212 f. und 225; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 228 f. und 233. Siehe auch RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 48, S. 95 [vor 1500]. Herzogin Zdena von Sachsen an ihren Sohn Georg mit Bezug auf den von der Kher, RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 21, S. 69 ([1488 oder 1494] Dezember 21): Sycherlich, du must ym eyn hertern czawm anlegen, anders er vordirbt gar. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 24. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 69, S. 113 [vor 1501] und Nr. 19, S. 67 [vor 1494]. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 17. Herzog Georg von Sachsen an seine Mutter Zdena, RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. A3, S. 137 (1502 Mai 27). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 44, S. 91 f. ([vor 1500] Dezember). RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 5, S. 52 [1492 Oktober]: Heynrich hat mir aber seyn hantschrifft nicht geschickt. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 438, S. 298. LANGENN, Sidonie, S. 24; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 227 f. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 43, S. 91 ([1492 oder 1499] November 29): Heynrich schreyb ich aber nichts, ursach halb. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 26; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 230. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 53, S. 98 f. ([vor 1501] Januar/Februar) und Nr. 82, S. 122 (1507 Dezember 18). Vgl. ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 232. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 80, S. 120 f. (1506 Dezember 1); ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 236.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

ren. Bei der Erziehung ihrer Enkelkinder spielte sie ebenfalls eine Rolle. Scherzhaft hatte sie Georg nach seiner Heirat aufgefordert, für Nachwuchs zu sorgen.859 Sie redete ein Wörtchen mit, als er seinen 1498 geborenen Sohn Johann taufen lassen wollte,860 und im April 1508 bat sie Georg, seinen Sohn, wahrscheinlich wiederum Johann, zu ihr zu schicken, wobei sie versicherte, dass der Aufenthalt nicht von Schaden, sondern von großem Nutzen sein werde.861 Während sich das Verhältnis der Mutter zu ihren Söhnen recht gut beleuchten lässt, bleibt das Verhältnis des Vaters weitgehend im Dunkeln. Wilwolt von Schaumberg (um 1450–1510) ließ immerhin erkennen, dass der Umgang zwischen Herzog Albrecht und Heinrich durchaus herzlich war.862 Von den Schreiben, die Albrecht an Georg schrieb, als dieser die Aufgabe als Statthalter wahrnahm, sind lediglich Anweisungen darüber erhalten, wie Georg seine Mutter zu versorgen hatte, dass er Geld für die niederländischen Unternehmungen aufbringen und dass er auf Münzwesen und Steuern achten sollte.863 Was die Regierungsgeschäfte anging, wird Georg also viel von seinem Vater gelernt haben. Gegenüber seiner Schwiegertochter Elisabeth gab er rückblickend zu erkennen, dass es sein Vater gewesen war, der ihn gelehrt hatte, Geld und Gut zusammenzuhalten und nichts leichtfertig zu verschenken.864 Gleichwohl bezeichnete er es als ehrlich und fürstlich, Diener großzügig zu entlohnen.865 Der Vater war für Georg der wichtigste Ratgeber in allen Herrschaftsfragen. 1490 sehnte sich Georg danach, dass 859

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RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 27, S. 76. ([1496] August 21): Auch schick ich dir hymit dy hawbe, dy ich dir vorheyssen, und der almechtig got geb, das du [sy] nicht eher zcureyssest, es sey den, das sy dir deyn eygen son ader thochter beschmeysset. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 474, S. 320. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 27–29; STICHART, Galerie, S. 206; NOLTE, Familie, S. 333; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 232. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 35, S. 84 ([1498] August 25). STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 498, S. 332 f. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 30; STICHART, Galerie, S. 212 f. und 225; Rogge, Familienkorrespondenz, S. 228 f. und 233. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 84, S. 124 f. (1508 April 15); ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 233. KELLER, Geschichten und Taten, Buch 4, S. 188. SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 132v f. [1489 August 31]. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 414, S. 283 f. LANGENN, Sidonie, S. 7; STICHART, Galerie, S. 202 und LANGENN, Herzog Albrecht, S. 207. Herzog Georg von Sachsen an seine Schwiegertochter Elisabeth, geb. von Hessen, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/2, Bl. 16r (1537 September 22): Nicht ab man mich karg schilt, den het mich mein vater nicht lernen sprechen nein, als mein gut wer zcu wenig. Gedruckt bei SEIDEMANN, Reformationszeit, Beilage 10, Nr. 2, S. 261 f. Vgl. WELCK, Georg der Bärtige, S. 169; RICHTER, Erziehungswesen, S. 11. Wegen des hier zitierten Satzes wurde eine Abschrift des Briefes im Archiv aufbewahrt, vermutlich zur Belehrung künftiger Fürsten. Herzog Georg von Sachsen an seine Schwiegertochter Elisabeth, geb. von Hessen, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/2, Bl. 16v (1537 September 22): Das e. l. schreibet, wy a. l. awern jungfrawen reichlich lonet hor ich gern, den es ist erlich und furstlich. Ich wil michs kegen meynen dinern och fleissen. SEIDEMANN, Reformationszeit, Beilage 10, Nr. 3, S. 261 f.

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der alte Herzog heimkommen möge, um ihm bei schwierigen Herrschaftsangelegenheiten behilflich zu sein, die er seiner Jugend und Unerfahrenheit wegen nicht allein bewältigen konnte.866

3.3. Margarethe von Sachsen, geb. von Österreich (1416/1417–1486) Die Rolle der Fürstinnen in der höfischen Erziehung lässt sich bei den Wettinern noch eine weitere Generation früher beobachten, und zwar am Beispiel von Zdenas Schwiegermutter Margarethe von Sachsen.867 Die Gemahlin des Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen brachte vier Söhne und vier Töchter zur Welt, wobei von den Söhnen nur Ernst (geb. 1441) und Albrecht (geb. 1443) überlebten. Für das Jahr 1446 ist bezeugt, dass sie an das Krankenbett ihres Sohnes Alexander (geb. 1440) nach Leisnig eilte. Die Hofmeisterin hatte den kranken Jungen Ende August zu seiner Mutter nach Altenburg bringen wollen, doch war sein Gesundheitszustand so schlecht, dass er in Leisnig bleiben musste, wo er in der Nacht vom 13. auf den 14. September starb.868 Die Einzelheiten, die im Zusammenhang mit diesem Ereignis überliefert sind, lassen erkennen, dass die Frauenhofmeisterin zeitweilig mit der Betreuung der Fürstenkinder betraut war. Margarethe erscheint hier zwar als sorgende Mutter, doch bleibt ihre Rolle als Erzieherin noch im Dunkeln. Ebenso wenig ist darüber bekannt, wie sie die Entführung ihrer Söhne Ernst und Albrecht im Jahre 1455 verarbeitet hat. Ihre erzieherische Tätigkeit wird erst im Zusammenhang mit ihren Enkelkindern deutlich, zu denen sie ein inniges Verhältnis pflegte. So ist bezeugt, dass die Söhne des Kurfürsten Ernst sich gelegentlich auf Margarethes Witwensitz aufhielten. Für Ende Februar 1471 ist erstmals zu vernehmen, dass sie zu ihr gebracht werden sollten. Ursprünglich sollten sie von der Frauenhofmeisterin begleitet werden, die aber gerade von der Kurfürstin selbst in Anspruch genommen war.869 Beide Fürstensöhne befanden sich zu diesem Zeitpunkt also noch in der Obhut der Frauen. Erst im Sommer 1472 wollte der Kurfürst sie von gelehrten Prinzenerziehern unterweisen lassen, nachdem er von seiner Reise nach Bayern zurückgekehrt war. Margarethe zeigte Verständnis dafür, dass ihr Sohn seine heranwachsenden Kinder nunmehr aus ihrer Obhut nehmen wollte, betonte aber, dass sie ihre Enkel sehr gern bei sich gehabt habe und weiterhin genauso lieben würde wie ihre Söhne. Sicher hätte sie gern weiter zur Erziehung beigetragen, doch verstand sie, dass der Kurfürst seine Söhne von nun an gelehrten Erziehern anvertrauen wollte, die sie besser in der Schriftkunst, in Zucht und Tugend unterweisen konn866 867 868 869

LANGENN, Herzog Albrecht, S. 210 f. (1490 Dezember 27). Siehe zu ihrer Biographie: SCHNEIDER, Fragmente; STICHART, Galerie, S. 123–142. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 1523/4 (Leisniger Amtsrechnungsbuch für 1446); danach KOCH, Alexander, S. 133. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 446. Kurfürst Ernst von Sachsen an seine Mutter Margarethe, SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 113r (1471 Februar 17); STEPHAN, Beiträge, S. 28. Siehe Quellenanhang Nr. 1.

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ten als sie selbst. Immerhin hatte sie beobachtet, wie ihre Enkelsöhne zu blühender Jugend gelangt waren und einen Sinn für gelehrte Unterweisung bekommen hatten. Also hoffte sie, dass die Jungen weiterhin in Tugenden zunehmen würden, damit der furstlich stam durch sie irhaben werde. Margarethe fiel es sichtlich schwer, auf die Nähe zu ihren Enkelkindern zu verzichten, doch wusste sie, dass es die dynastische Vernunft erforderte. Ein Trost war ihr, dass vorerst wenigstens ihre Enkeltochter bei ihr bleiben durfte, die sie nicht weniger lieb hatte als die jungen Fürsten, den „Stamm des fürstlichen Geblüts“.870 Margarethe spielte als Fürstenwitwe, wie die erhaltenen Briefe an den Kurfürsten Ernst zeigen, eine wesentliche Rolle in der frühen Erziehung bei Hof. Wenn sie schreibt, dass gelehrte Leute die jungen Fürsten in der Schriftkunst besser unterweisen könnten als sie, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie ihren Enkeln selbst die ersten Lese- und Schreibkenntnisse vermittelt hat. Daneben dürfte sie vor allem auf die sittliche und religiöse Erziehung der Jungen eingewirkt haben. Anteil an der Erziehung hatte vermutlich auch ihr Hofmeister, der zu jener Zeit Nikolaus von Schönberg (gest. 1476) hieß.871 Dieser war im September 1438 gemeinsam mit dem jungen Kurfürsten Friedrich II. und zahlreichen anderen thüringisch-sächsischen Adligen vor der Entscheidungsschlacht gegen die Hussiten von Herzog Wilhelm von Braunschweig und Lüneburg zum Ritter geschlagen worden.872 Er wurde 1472 durch den Kurfürsten Ernst beauftragt, mit Margarethe darüber zu verhandeln, wann und wie die jungen Fürsten gelehrten Erziehern anvertraut werden sollten, deren Namen nicht genannt werden. Angeblich wurden Friedrich und Johann nun durch den Kaplan Johann Zehentner (gest. 1485) unterrichtet, der in Leipzig studiert hatte und später als Stiftsherr im Altenburger Georgenstift nachweisbar ist.873 Die Großmutter sah ihre Enkel jetzt zwar seltener, pflegte aber weiterhin Umgang mit ihnen. 1477 verbrachten Friedrich und Johann das Pfingstfest bei ihr in Rochlitz

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Herzogin Margarethe von Sachsen an ihren Sohn Ernst, SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 13r (1472 August 14); STEPHAN, Beiträge, S. 29. Siehe Quellenangang Nr. 3. SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 96r (1471 Mai 15) und Bl. 99r (1471 Mai 29); Ernst an Margarethe, SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 114r (ohne Datum). Nikolaus von Schönberg erscheint seit 1450 unter den kurfürstlichen Räten und wird 1457 erstmals als Hofmeister genannt, ein Jahr später als Hofmeister der Kurfürstin Margarethe. Diese Stellung behielt er bis zu seinem Tode. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. A, S. 113–123; STREICH, Reiseherrschaft, S. 145, 153, 149 und 177. SächsHStA Dresden, Kopialbuch Nr. 40, Bl. 24. Johann Zehentner in Rochlitz an Kurfürst Ernst, SächsHStA Dresden, Loc. 4343, Bl. 71e (1476 Januar 28); ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 238 (Sommer 1463): Johannes Czehentner de LT; PFAU, Baugeschichte, S. 33; DERS., Rochlitzer, S. 18; LÖBE, Personal, S. 384; STEPHAN, Beiträge, S. 29 f. mit Anm. 117, S. 296 und Anm. 149, S. 301.

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und danach noch einige Tage in Altenburg.874 Vom Herbst 1484 stammt die Nachricht, dass auch Friedrich (geb. 1473), der Sohn Albrechts von Sachsen und spätere Hochmeister des Deutschen Ordens, längere Zeit bei Margarethe in Altenburg weilte. Wegen der Gefahr einer Seuche wollte Margarethe, dass Albrecht seinen Sohn aus Altenburg an einen sicheren Ort holte, doch wenn die Gefahr für Leib und Leben vorüber sei, wollte sie den Jungen gern wieder zu sich nehmen.875 Laut Spalatin war es dieser Friedrich, der von seiner Großmutter in Altenburg erzogen und von dem bereits genannten Johann Zehentner unterrichtet wurde.876 Ob auch Albrechts ältester Sohn Georg bei ihr weilte, ist nicht bezeugt. Sicher aber wurde Friedrich nicht allein unterwiesen. Dafür spricht, dass Margarethe gerade im Jahre 1484 zehn neue Kartenspiele und eine Art Kegelspiel anschaffen ließ.877 Margarethe holte nicht nur ihre Enkel zu sich, sondern empfahl auch junge Adlige für den Dienst bei ihren Söhnen878 und sorgte für die Verehelichung ihrer Hofjungfrauen.879 Von ihrem Witwensitz aus war sie in die engsten familiären Angelegenheiten, zu denen die Erziehung gehörte, eingebunden. Dass ihre Söhne sämtliche Entscheidungen trafen, erkannte sie an, doch wenn es ihr gestattet war, pflegte sie engen Umgang mit den Enkelsöhnen wie mit den Enkeltöchtern. Zu ihrer Tochter Anna, Gemahlin des Kurfürsten von Brandenburg, bestand ebenfalls ein enges Verhältnis. Margarethe erkundigte sich nach dem Befinden der Kinder und des Gemahls.880 Anna äußerte 1471 „eine besondere Begierde und Frohlockung“, ihre Mutter zu treffen.881 In ihrer Rolle als Erzieherinnen traten Frauen besonders in Erscheinung, wenn sie verwitwet waren oder von ihren Ehemännern getrennt lebten. Barbara, die Gemahlin 874

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Herzogin Margarethe von Sachsen an ihren Sohn Ernst, SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 111r (1477 Mai 19); STEPHAN, Beiträge, S. 33; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 218; STREICH, Herrschaftszentrum, S. 29. Siehe Quellenanhang Nr. 5. Herzogin Margarethe von Sachsen an ihren Sohn Albrecht, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 386, S. 264 (1484 September 23); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 395; RICHTER, Erziehungswesen, S. 6; NOLTE, Körperlichkeit, S. 55, Anm. 49; STREICH, Herrschaftszentrum, S. 36. Spalatin, Dissertatio, Sp. 2144; RICHTER, Erziehungswesen, S. 6. ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4135, Bl. 82v; STREICH, Reiseherrschaft, S. 495. 1469 setzte sie sich für Werner von Draschwitz ein. SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 86 (1469 April 6). Marschall Hugold von Schleinitz wurde 1469 angewiesen, Kurt von Ammendorf für eine Heirat mit Margarethes Hofjungfrau Felicia von Birkicht zu gewinnen. SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 93r (1469 Februar 4); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 462. CDB 3, Bd. 2, Nr. 121, S. 154 f. (1475 Januar 17). CDB 2, Bd. 5, Nr. 1902, S. 160 f. (1471 Oktober 21): […] dann wir sunder begirde und frolockung haben, ewe liebe zu sehen. KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 143. Anna besuchte ihre Mutter im Februar 1476, als sie erneut schwanger und auf dem Wege nach Berlin war, in Wittenberg. CDB 3, Bd. 2, Nr. 147, S. 177 (1476 Februar 9). Im Mai 1475 hatte Margarethe ihre Tochter, wie diese an ihren Gemahl schrieb, in Kulmbach besucht, FRIEDLÄNDER, Briefe, Nr. 3, S. 115 ([1475] Mai [16]).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Georgs von Sachsen, trat hingegen sehr stark hinter ihren Gemahl zurück. Seiner früh verwitweten Schwiegertochter Elisabeth, deren Wunsch nach eigen Kindern unerfüllt blieb, gewährte Georg allerdings einigen Anteil an der Erziehung seines Neffen Moritz.882

3.4. Anna von Brandenburg, geb. von Sachsen (1437–1512) Am Hofe der Kurfürsten von Brandenburg lässt sich für das 15. und frühe 16. Jahrhundert keine Fürstin beobachten, die im Erziehungswesen derart stark in Erscheinung trat wie Margarethe von Anhalt, Zdena von Sachsen oder Margarethe von Sachsen, auch wenn die Kurfürstinnen mit Sicherheit Einfluss auf die Erziehung ihrer Kinder genommen haben.883 Obwohl man Elisabeth (1485–1555), der Mutter des Kurfürsten Joachim II. von Brandenburg, neben ihrer tiefen Frömmigkeit eine beachtliche Bildung bescheinigt hat, die sie am elterlichen Hof in Dänemark und noch später erworben hatte, gibt es über ihre Rolle als Erzieherin nichts Aussagekräftiges.884 Erst von ihrer Tochter Elisabeth (1510–1558), die 1525 mit dem wesentlich älteren Herzogs Erich I. von Braunschweig und Lüneburg (1470–1540) verheiratet wurde und nach dessen Tod die Vormundschaft für ihren minderjährigen Sohn ausübte, haben sich zahlreiche eigenhändige Dokumente erhalten.885 Katharina (1421–1476), die Gemahlin des Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg, konnte kaum erzieherische Wirksamkeit entfalten, da ihr einziger Sohn Johann in jungen Jahren starb.886 Ihr Gemahl überließ 1470 seinem Bruder Albrecht die Herrschaft in der Mark und begab sich nach Franken, wo er im Jahr darauf starb. Katharina lebte bis zu ihrem Tode dann gemeinsam mit ihrer Tochter Margarethe auf dem Berliner Schloss. Sie selbst hatte eine klösterliche Erziehung erhalten. Noch im Kindesalter war sie nach dem Tod ihres Vaters, des Kurfürsten Friedrich I. von Sachsen, in das Clarissenkloster Seußlitz bei Meißen gekommen, wo sie als Laienschwester lebte, bis sie 1441 vermählt wurde.887 882 883

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WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 25 und 138. KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, zeichnet die Lebensbilder der Kurfürstinnen von Brandenburg vor allem im Zusammenhang mit dem Geschick ihrer Ehemänner und kann nur wenig über ihre Bedeutung für die höfische Erziehung sagen, obgleich er diese allgemein sehr hoch einschätzt (Einleitung, S. 3). SCHMIDT, Reformationshistorie, S. 149; KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 217; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 328–336. Von ihr ist neben Briefen auch ein eigenhändiges Inventar erhalten, das sie für ihren jungen Sohn Erich II. (1528–1584) anfertigte (1534 Februar 28); HAVEMANN, Elisabeth, S. 11. Johann ist nur für das Jahr 1452 urkundlich nachweisbar, CDB 3, Bd. 1, Nr. 189, S. 307 (1452 Dezember 13). Vgl. RIEDEL, Krankheitszustand, S. 203; SELLO, Katharina, S. 177 f.; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 174 f. Döring, Fortsetzung, S. 217; Fabricius, Origines, S. 640; STICHART, Galerie, S. 119.

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Ihre Nichte Anna (1437–1512), über die mehr bekannt ist, war seit 1458 die zweite Gemahlin des Markgrafen Albrecht von Brandenburg. Bei ihr lässt sich ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem Stiefsohn Johann beobachten. Als Statthalter der Mark Brandenburg wandte er sich an sie, um vom Vater die Erlaubnis zu bekommen, die fränkische Heimat besuchen zu dürfen.888 Später sehnte sie sich nach Briefen von Johanns eigener Hand.889 Auf ihrem Witwensitz in Neustadt an der Aisch scharte sie einige Hofdamen und Ritter um sich und verbrachte viel Zeit mit den Kindern, welche noch an ihrem Hofe lebten oder sie gelegentlich besuchten.890 Johann von Brandenburg heiratete 1476 Margarethe von Sachsen (1449–1501), die um einiges älter war als er und zu der wohl nur ein kühles Verhältnis bestand. Die überlieferten Quellen verraten nichts über die Rolle, die Margarethe in der Erziehung ihres Sohnes Joachim spielte. Selbst nach dem Tod ihres Gemahls, den sie nur drei Jahre überlebte, trat sie wenig in Erscheinung.891 Ab 1491 hatte Johann von Brandenburg seinen Sohn Joachim am Hofe der Großmutter Anna in Neustadt an der Aisch erziehen lassen. Die prächtige Hochzeit zwischen Joachims Tante Elisabeth (1474–1507) und dem Grafen Hermann VIII. von Henneberg (1470–1535), die im Oktober 1491 in Aschaffenburg gefeiert wurde, mag das erste höfische Fest gewesen sein, an dem der junge Joachim bewusst teilnahm. Nach Neustadt zurückgekehrt, schrieb er einen Brief an den Vater, in dem er dieses Ereignis erwähnt.892 Sein Kinderbrief auf vorgezeichneten Linien zeigt, dass Joachim bereits am väterlichen Hof lesen und schreiben gelernt hatte. Name und Herkunft des Lehrers in Franken sind nicht bekannt, nur dass dieser 1493 im Auftrag des Markgrafen Botschaften an den Herzog von Sachsen überbrachte, an Verhandlungen mit dem König von Ungarn und Böhmen teilnahm und scheinbar großes Vertrauen bei der Kurfürstenwitwe Anna genoss. Für diese übersetzte er Schriftstücke aus dem Lateinischen.893 Als Markgraf Friedrich von Brandenburg Joachim im Oktober 1498 in die Mark zurück geleitete, erwähnte er, der Junge sei ettliche zeit bei Anna von Brandenburg in 888

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CDB 3, Bd. 2, Nr. 109, S. 143 f. (1473 Oktober 2); Nr. 142 f., S. 172 f. (1475 August 30); Nr. 213, S. 265 (1481 Mai 21); MEYER, Briefe, S. 51 und STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 157, S. 112 (1473 Oktober 2) und Nr. 337, S. 226 (1481 Januar 1); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 743, S. 59 f. (1481 Mai 21); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 165, 250, 447 und 470. Vgl. zu Johanns Verhältnis zu seiner Stiefmutter auch CDB 3, Bd. 2, Nr. 142 f., S. 172 f. bzw. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 215 f., S. 152 f. (1475 August 30). Anna von Brandenburg, geb. von Sachsen, an ihren Stiefsohn Kurfürst Johann, FRIEDLÄNDER, Briefe, Nr. 4, S. 116 ([1488] Oktober 9). SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 249 f. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 245 und 280. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 434, S. 295 (1491 November 5); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 255 f. und 472. GStA PK Berlin, BPH, Rep. 27 W, Nr. 37; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 256 f. und 472 (1493 März 27 und Juni 22).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Franken gewesen.894 Ob Joachim aber nur an ihrem Hof erzogen wurde und nicht gemeinsam mit seinen Vettern Kasimir (geb. 1481) und Georg (geb. 1484) bleibt fraglich. An Friedrichs Hof hätte Joachim sicher besser in den ritterlichen Künsten unterwiesen werden können, denn hier weilten damals immerhin mehrere gleichaltrige Fürstensöhne: Neben den Vettern hielten sich dort Heinrich von Mecklenburg (1479–1552) sowie ein litauischer und ein schlesischer Herzogssohn auf.895 Nachweisbar sind vor allem Joachims Aufenthalte am Hof der Markgräfin Anna, was darin begründet liegen mag, dass diese in besonderer Weise Schriftwechsel hervorriefen. 1494 etwa musste der Hof wegen der Pest von Neustadt an der Aisch nach Bayreuth übersiedeln.896 Joachim sollte dort aber nur untergebracht werden, wenn genügend Platz für ihn zu Verfügung stünde. Anfang 1496 nahm der Zwölfjährige an Feierlichkeiten in Nürnberg teil, deren Höhepunkt ein großes Turnier auf dem Marktplatz bildete. Hierbei befand er sich jedoch wiederum in Annas Gefolge.897 Im gleichen Jahr gab es Bemühungen, Joachim mit einer polnischen Prinzessin zu verheiraten, weswegen er von seinem Onkel als ein wolgeschickter junger furste von guter Gestalt und besonderem Verstand gepriesen wurde, der im Kreise der Fürsten des Reiches herausragte.898 Da dieses hohe Lob wie so oft im Zusammenhang mit einer Heiratswerbung steht, erlaubt es kaum Rückschlüsse auf die Qualität seiner höfischen Erziehung. Auffällig ist immerhin, dass der Onkel für ihn wirbt. Joachim heiratete 1502 schließlich eine andere Königstochter: Elisabeth von Dänemark (1485–1545). Was Joachims Rückkehr an den elterlichen Hof anging, so wurden die Entscheidungen von seinem Vater in Absprache mit dessen Bruder getroffen. Weil in der Mark Seuchengefahr herrschte, erfolgte die Rückkehr nicht im Frühjahr 1497 sondern erst im Herbst des Folgejahres.899 In Franken verbrachte Joachim somit sieben Jahre seines Lebens. Nichts deutet darauf hin, dass er während dieser Zeit persönliche Verbindungen zu seinen Eltern unterhielt, dass eigenhändige Briefe gewechselt wurden oder dass es gegenseitige Besuche gegeben hätte. Letzteres könnte auf den schlechten Gesundheitszustand des Kurfürsten Johann zurückzuführen sein.900 Von seinem Onkel wurde Joa-

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Markgraf Friedrich von Brandenburg an den Schwäbischen Bund (1498 Oktober 19); WAGNER, Regierungsantritt, S. 506; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 279 f. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 458, S. 309 f. (1494 Dezember 8); Nr. 490, S. 327 f. (1497 November 30); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 469; SEYBOTH, Markgrafentümer, S. 348; WEIGAND-KARG, Plassenburg, S. 103–107. CDB 3, Bd. 2, S. 403 f. (1494 September 16); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 266. Chroniken der deutschen Städte, Bd. 11, S. 586; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 269. Anweisung an den Unterhändler am Krakauer Hof, SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 273 (1496 März 26). WAGNER, Regierungsantritt, S. 506; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 275 f. (1497 April 9) und S. 277–279 zur Heimkehr. So die Deutung von SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 275.

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chim im November 1498 zu seinem kranken Vater heimgebracht.901 Ein gutes Stück des Weges begleitete ihn auch der Herzog von Liegnitz, mit dem er vielleicht gemeinsam erzogen worden war. Der junge Markgraf Georg wurde dagegen auf Empfehlung der fränkischen Ratgeber unter der Obhut seines Zuchtmeisters auf der Plassenburg zurückgelassen, während der ältere Bruder Kasimir die Statthalterschaft übernahm.902

3.5. Albrecht von Brandenburg (1414–1486) Die Überlieferung der Hohenzollern zeigt vor allem die ordnende Hand der Väter, obgleich Burggraf Friedrich V. von Nürnberg (gest. 1398) in seiner Vormundschaftsregelung von 1372 die Stellung seiner Gemahlin stark gemacht hatte. Sie sollte ausdrücklich bei ihren Söhnen bleiben, bis diese volljährig waren.903 Sein Enkel Albrecht von Brandenburg vertraute seinem Ältesten 1470 die Verwaltung der Mark Brandenburg an, als dieser gerade einmal 15 Jahre alt war. Eine selbständige Stellung räumte er ihm freilich nicht ein, sondern verlangte regelmäßig Bericht,904 ließ ihn ausharren und versagte ihm lange den Besuch am elterlichen Hof.905 Den brandenburgischen Kanzler und Bischof von Lebus Friedrich Sesselmann (um 1410–1483) tadelte er noch Ende Januar 1482, weil dieser zuließ, dass Johann selbständig Entscheidungen traf.906 Andererseits forderte Albrecht die Räte in der Mark auf, darauf zu achten, dass Johann auf der Jagd nichts geschehe und er von niemandem auf törichte Gedanken gebracht würde.907 Grundsätzlich glaubte er nämlich, dass sein Sohn geneigt war, dem väterlichen Willen zu entsprechen, aber anfällig war für falschen Rat.908 Später meinte Albrecht auch gegenüber dem 901 902 903

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Ebd., S. 277 f. Ebd., S. 278 f. Monumenta Zollerana, Bd. 4, Nr. 188, S. 217–220 (1372 Januar 8), hier S. 218 die Bestimmung, das dy egenant frawe Elyzabeth, unser wirtein, bei iren kindern siczen und pleiben sol dieweil unser sün zu iren tagen niht kumen sein. Auch in SCHULZE, Hausgesetze, Bd. 3, S. 651–654, hier S. 652. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 183, S. 252 (1471 Mai 18): Als yr maynt, wir sollen euch und den reten nit vor ubel haben, das ir uns schreibt, seyt ir uns schuldig zu schreiben, was notdurft ist, darum verarg wir es nicht: wir verargen es wol, wann ir uns nichten schreibt. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 934, S. 241 (1483 Januar 29). Als Grund werden hier die hohen Kosten angeführt, die er und sein Gefolge verursachen würden. CDB 3, Bd. 2, Nr. 224, S. 276 (1482 Januar 30): Wie habt ir unsern sun lassen handeln?; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, S. 143, Anm. 2. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 182, S. 252 (1471 Mai 17): das er [Johann] die kurzweyl treib, sehen wir gern, aber unser maynung ist, das es fürsichticlich gescheh. Ebd., Nr. 149, S. 224 f. (1471 März 21): Wir schreiben ins [den fränkischen Räten] dorumb, das sie unserm son anhalten, das er in das unser nit greif, anders zu handeln, dan wir befehlen, dann er ist jung und mocht in ein jüngerer einer torhait überreden, so eurer keiner umb in wer. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 197 f. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 149, S. 225 (1471 März 21): Dann wir wissen wol, das unser son von im selbs nichts thut, dann was wir wollen. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 198.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Kaiser, junge Fürsten, die von den Angelegenheiten der Herrschaft noch nicht viel verstünden, seien allein unter der Anleitung ihrer Väter gehorsam und nützlich.909 Albrechts Bruder, Kurfürst Friedrich II., hatte seinen Neffen Johann nach dem Tod des eigenen Erben als „seinen Sohn“ bezeichnet und sich gezielt um dessen Erziehung bemüht.910 1463 lud er den Achtjährigen in die Mark ein,911 was Albrecht anscheinend ablehnte. Sollte Johann erst in Franken auf seine Statthalterschaft vorbereitet werden oder misstraute Albrecht seinem Bruder, weil dieser die eigene Herrschaft nicht im Griff hatte? 1465 forderte ihn der Kurfürst nochmals auf, zusammen mit Johann in die Mark zu kommen und den Jungen zur Erziehung an seinem Hof zu lassen.912 Albrecht zeigte sich diesmal bereitwillig, doch zerschlug sich das Vorhaben aus unbekannten Gründen.913 Erst weitere zwei Jahre später siedelte Johann, begleitet von seinem Lehrer und zwei Räten, tatsächlich an den Hof des Kurfürsten über,914 wo er zunächst wie ein Edelknabe dienen sollte.915 Er wurde ausgestattet wie der Sohn des Grafen von Hohenlohe und sollte erst besser gestellt werden, wenn er älter sei und mehr benötige.916

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PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1064, S. 380 (1485 April 28): Als weit sie [die Jungen] noch der alt mit dem schopf furt mit gots hilf, sind sie gehorsam und willig und konnen das hoffwerck seuberlich auß ubung, auch eins teyls reiten und reden, als jung aufgeend fursten, die von irem alter nicht wenig gesehen und gehort haben; aber zu der sach sind sie in wahrheit untuglich, auch nit nutz. FOUQUET, Fürsten, S. 187. CDB 3, Bd. 2, Nr. 34, S. 30 (1464 Dezember) und ebd., Bd. 1, Nr. 360, S. 508 (1469 Juni 17); HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 93, S. 193 (1469 Juni 17). Vgl. SELLO, Katharina, S. 178; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 174. Der Kurfürst betrachtete 1465 auch die Söhne der Herzöge von Mecklenburg, seine Neffen, als seine eigenen Kinder. RAUMER, Codex continuatus, Teil 1, Nr. 139, S. 270 (1465 Januar 17): Ock live swager, wet got, dat wy id mid iwer live und iwen kindernn, unsen liven oheymen, die wy mit vor unse sone holden gar gutlike meinen, sy weten ock sulven wol, dat wy nicht vele erven hebben. RIEDEL, Krankheitszustand, S. 207. CDB 3, Bd. 2, Nr. 31, S. 26 (1463 März 9) und Nr. 33, S. 28 (1463 März 31); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 176 und 450. RACHFAHL, Erbfolgestreit, S. 98 und 141; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 176. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 176 und 450 (1465 November 26). Der genaue Zeitpunkt der Übersiedlung ist nicht bekannt. Andreas von Seckendorf, der Johann auf Albrechts Wunsch begleitete, ist jedoch seit 1467 als Prinzenhofmeister in der Mark nachweisbar. BECK, Hofpersonal, S. 19 mit Anm. 54. Markgraf Albrecht von Brandenburg an seinen Bruder Kurfürst Friedrich, HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 90, S. 189 (1469 März 3, Beizettel): Dann er [d. i. Johann] ist nicht bei ewerer lieb als ein furst, sunder als ewer diner und als ein knab, den ir uns zu liebe als ewern frund ertziehen wollet. RIEDEL, Krankheitszustand, S. 211; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 183–185; KOSER, Charakteristik, S. 111. Markgraf Albrecht von Brandenburg an seinen Sohn Johann, HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 92, S. 191; CDB 3, Bd. 1, Nr. 359, S. 506; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 121, S. 90 (1469 Mai 20): Dien deinem vettern wol und gnau und bis nit bubisch vor frembden leuten und sunderlich an frembden enden, so wollen wir dich mit redlichkait nicht lassen. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 187; FOUQUET, Fürsten, S. 179. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 90, S. 189 (1469 März 3, Beizettel).

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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Kurfürst Friedrich von Brandenburg beteiligte Johann allerdings frühzeitig an Verhandlungen mit dem König von Ungarn in Breslau,917 an verschiedenen Rechtshandlungen918 und am Feldzug gegen Pommern,919 denn er selbst fühlte sich alt und krank und untauglich zum Krieg.920 Nachdem er die Kurwürde im Jahre 1470 an seinen Bruder Albrecht abgetreten hatte,921 übernahm der fünfzehnjährige Johann zusammen mit etlichen Ratgebern, unter denen der Bischof von Lebus als brandenburgischer Kanzler einen wichtigen Platz einnahm, die Verwaltung der Mark.922 Doch noch immer blieb Johann ein Lernender, gezwungen, den Anweisungen des Vaters Folge zu leisten. Die frühe Übertragung der Statthalterschaft an den ältesten Sohn war nicht ohne Vorbild. 1426 hatte Kurfürst Friedrich I. (1371–1440) seinem knapp zwanzigjährigen Sohn Johann (geb. 1406) die Verwaltung der Mark übertragen, da er sich selbst durch Reichspolitik und Hussitenkrieg zu stark in Anspruch genommen sah. Anfang 1437 war er mit Johann jedoch derart unzufrieden, dass er ihn durch seinen jüngeren Sohn Friedrich (geb. 1413) ersetzte, dem er auch die Nachfolge in der Kurwürde zusprach.923 Nach allem was bekannt ist, ordnete sich Johann diesem väterlichen Willen unter. Bei Enea Silvio Piccolomini findet sich ein Gespräch zwischen Vater und Sohn, demzufolge die Entscheidung sogar einvernehmlich fiel.924 Kurfürst Friedrich teilt in diesem Gespräch seinem ältesten Sohn mit, er habe festgestellt, dass Johann vor allem Ruhe und Gemächlichkeit suche, weshalb er die Last der Kurwürde mit Blick auf das Wohl der Herrschaft besser dem Zweitgeborenen, ihm aber die Herrschaft Bayreuth übertragen wolle. Johann zeigt sich über diese Entscheidung nicht nur froh, sondern wertet sie als Beweis väterlicher Zuneigung, da ihm der Vater damit die Aufgabe zugewiesen habe, die seinen Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Allerdings kann keine Rede davon sein, 917 918

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Ebd., Nr. 93, S. 193 bzw. CDB 3, Bd. 1, Nr. 360, S. 507 (1469 Juni 17); RIEDEL, Krankheitszustand, S. 211; GRÜNHAGEN, Geschichte Schlesiens, Bd. 1, S. 323 f. CDB 1, Bd. 9, Nr. 262, S. 200 f. (1469 Januar 3); VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, Nr. 241, S. 443 (1469 Januar 20); FIDICIN, Beiträge, Teil 2, S. 268; CDB 1, Bd. 18, Nr. 79, S. 425 f. (1468 Februar 17). CDB 1, Bd. 9, Nr. 266, S. 202 (1470 Juni 3); RACHFAHL, Erbfolgestreit, S. 240–255. Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg an seinen Bruder Albrecht, CDB 3, Bd. 1, Nr. 360, S. 507 (1469 Juni 17): In der Zusammenkunft mit dem König von Ungarn habe er gesagt, wir weren ein alter kranker man unnd weren auch nicht ein kriger […] ewr lieb hett kinder, der wir nicht hetten, wir weren ein abgeender mensch. Vgl. DROYSEN, Preußische Politik, Teil 1, S. 43, 238 und 247. Vgl. hierzu RIEDEL, Krankheitszustand. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 41, S. 123 f. [1470 Mai]. Siehe auch MEYER, Briefe, S. 16 f. „Väterliche Disposition“ des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg, SCHULZE, Hausgesetze, Bd. 3, S. 659–667 (1437 Mai 17); MINUTOLI, Friedrich, Nr. 230, S. 327–333; CDB 3, Bd. 1, Nr. 141, S. 223–232 (1437 Juni 7); Abberufung Johanns, CDB 3, Bd. 1, Nr. 142, S. 232 (1437 Juni 7). Vgl. SCHUSTER, Jugendjahre, S. 143; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 54. Piccolomini, Commentarius, Buch 2, Kap. 29, S. 482; in deutscher Übersetzung bei RENTSCH, Ceder-Hein, S. 586–588; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 55.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

dass Johann nun seinen eigenen Lebensentwurf umsetzen konnte. Der Vater hatte entschieden, was besser für ihn und für die Familie war. Johann blieb weiterhin der Herrschaft und der Familienehre verpflichtet. Piccolomini macht mit diesem augenscheinlich erfundenen Gespräch vor allem deutlich, dass ein kluger Fürst die Veranlagungen und Neigungen seiner Söhne erkennen muss, um ihnen die richtigen Aufgaben zuweisen zu können. In diesem Fall stellte der Vater die Eignung eindeutig über das Recht des Erstgeborenen. Es war Sache der fürstlichen Eltern, über das Wohl ihrer Kinder zu entscheiden. Dies hatten Johann und seine Brüder bereits 1435 anerkannt, als sie urkundlich festhielten, ihre Eltern würden in allen Dingen ihr bestes und eynigkeyt gern vernemen und sehen.925 Brüderliche Eintracht war nötig, um die Herrschaft zu erhalten. Kurfürst Albrecht stellte rückblickend fest, dass er und seine Brüder wohl alle aus ihren Ländern vertrieben worden wären, wenn sie nach dem Tod des Vaters nicht einig und treu zueinander gehalten hätten.926 Dem Tode nahe hatte Kurfürst Friedrich I. seine Söhne außerdem ermahnt, die Erbländer nicht zu verkaufen oder zu vernachlässigen und gleichzeitig empfohlen, gegenüber den Untertanen großzügig aufzutreten.927 Über die Erziehung von Johanns jüngeren Brüdern Friedrich (geb. 1413) und Albrecht (geb. 1414) ist wenig bekannt. Ihre Jugend verbrachten sie bis 1422 vorwiegend auf Schloss Tangermünde, wo sie zur Welt gekommen waren.928 In einem Brief an seinen Bruder Friedrich erinnerte Albrecht 1463 an die gemeinsamen Kindertage, seit denen beide in brüderlicher Liebe miteinander verbunden seien.929 Als sich ihr Vater an den Hof König Sigismunds begab, überließ er die Verwaltung der Mark Brandenburg 925 926

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MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 367, S. 496; CDB 3, Bd. 2, Nr. 19, S. 12 (1435 November 1); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 90. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an seinen Schwiegersohn Heinrich von Münsterberg, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 261, S. 298 f. (1471 Dezember 21); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 121; KOSER, Charakteristik, S. 102. CDB 3, Bd. 1, Nr. 145, S. 234 f. (1440 Februar 11) und Nr. 146, S. 235–237 (1440 September 18); Ludwig von Eyb, Denkwürdigkeiten, S. 119 f.; MINUTOLI, Friedrich, Nr. 232, S. 334 f. (hier unter 1440 September 14); MEYER, Briefe, S. 72 f. und PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 934, S. 240 (1483 Januar 27); KOTELMANN, Finanzen, S. 13; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 160 und 467. Zum Jahre 1416 berichtet der märkische Chronist Engelbert Wusterwitz (gest. 1433), Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg habe Friedrich und Albrecht in Tangermünde unter der Aufsicht der Ärzte zurückgelassen, um in Nürnberg eine Tochter zur Welt zu bringen, da in der Mark Brandenburg Seuchengefahr herrschte. Wusterwitz, Märkische Chronik, S. 107; RIBBE, Aufzeichnungen, S. 158. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 29, S. 93 (1463 Juni 14): Und tut in dem allem als der getrew bruder, zu dem wir uns vor allen brüdern alle unnser tag lieb und trew versehen haben und miteinander in kindlichem wesen bißhere gehalten und also erzogen sind und unnsern halben biß in unnser gruben hartwerig besteen sol, als uns auch an ewer liebe nit zweivelt zu gescheen. Vgl. BAYER, Jugendzeit, S. 35; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 70; KOSER, Charakteristik, S. 102.

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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dem Hofmeister Wirich von Treuchtlingen,930 der gemeinsam mit dem Bischof von Lebus wahrscheinlich auch für die Erziehung der jungen Markgrafen Sorge trug. Die Bischöfe von Lebus tauchen im Übrigen immer wieder im Zusammenhang mit der höfischen Erziehung auf.931 Markgraf Friedrich zog 1422 an den polnischen Königshof,932 während Albrecht wahrscheinlich bis Anfang 1426 in Tangermünde blieb.933 Ob er tatsächlich eine Zeit lang zusammen mit seinem Vetter und späteren Gegenspieler, dem jungen Herzog Ludwig IX. von Bayern (1417–1479), erzogen wurde, bleibt zweifelhaft.934 Im Juni 1427 erklärte das Nürnberger Landgericht den dreizehnjährigen Albrecht für geschäftsfähig, nachdem ihn sein Beichtvater für ausreichend verständig befunden hatte. In der Hauptsache geschah dies freilich, weil die Stadt den Fürstensohn als Mitbesiegler eines für sie wichtigen Privilegs brauchte.935 Nach eigenem Zeugnis war Albrecht ausschließlich in ritterlichen und religiösen Dingen unterwiesen worden. Häufig nahm er siegreich an Turnieren teil, was ihm den Ruhm als „Deutscher Achilles“ einbrachte.936 Den Ansbacher Hof schilderte er seinem Sohn als einen Artushof, an dem allerlei Kurzweil wie Jagdvergnügungen, Tierkämpfe und Turniere stattfanden.937 Schöngeistige Beschäftigungen erwähnte er an dieser Stelle mit keinem Wort. Im Ritterspiel war er geübt, im gelehrten Recht aber kannte er sich, wie er selbst eingestand, nicht aus, weil er an keiner Universität studiert hatte. Daher verließ er sich in Fragen der Herrschaft ganz auf seinen Verstand. Nicht auf kluge Reden und schöne Worte, sondern auf kluges Handeln kam es ihm an.938 In Rechtsfragen wollte er sich allein an die Gewohnheiten des Landes und das Alte Herkommen hal-

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CDB 2, Bd. 3, Nr. 1369, S. 258 f. (1419 März 13); BAYER, Jugendzeit, S. 36 f. mit Anm. 1; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 69; SCHULTZE, Mark Brandenburg, Bd. 3, S. 17. Siehe unten S. 205. Siehe unten S. 311. BAYER, Jugendzeit, S. 38 f. mit Anm. 3. Aventin, Bayerische Chronik, Bd. 2, S. 594; SCHMIDT, Pfälzische Wittelsbacher, Überblick S. 20. MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 340, S. 464 f. (1427 Juni 27); BAYER, Jugendzeit, S. 33 mit Anm. 1 und S. 39; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 109 f. Ludwig von Eyb, Denkwürdigkeiten, S. 124 f.; Piccolomini, De Europa, S. 437, Commentarius, S. 481, und De moribus Germaniae, S. 1058; Hafftitz, Microcronicon Marchicum, bes. S. 70 f.; BAYER, Jugendzeit, S. 45 und 77 f. mit Anm. 1; ROPP, Charakteristik, S. 82; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 154–156. Vgl. auch MINUTOLI, Kaiserliches Buch, S. 525; WAGNER, Kurfürst Johann, S. 45 f. MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 381, S. 513; CDB 3, Bd. 2, Nr. 192, S. 242; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 312, S. 212 (1480 Januar 18): Unnd ist konig Artus hofe hie mit jagen, payssen, hetzen, stechen, rennen unnd aller kurtzweil. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 635, S. 579; Ludwig von Eyb, Denkwürdigkeiten, S. 119. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 401 f. (1484 Juni 22): Törlich geredt und weyßlich gethan, do halten wir von, aber wayßlich geret und törlich gethan, do halten wir nichts von.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

ten.939 Kein Rechtsstudium durchlaufen zu haben, empfand er nicht als Makel, wohl aber seine dürftigen Lateinkenntnisse und seine schwer leserliche Handschrift.940 Dennoch kannte und verwendete er lateinische Sprichwörter.941 Die Briefe an seine Familienangehörigen, wenngleich er sie oft nur diktierte,942 zeichnen sich durch ihren munteren Ton aus und sind keineswegs die eines Ungeübten.943 Wenn er seinen Bruder als den Weiseren bezeichnete, so nicht bloß aus Bescheidenheit, sondern auch als geschickter Diplomat.944 Seinen ältesten Sohn Johann ermahnte Albrecht, stets vor Augen zu haben, was aus ihm werden könne, wenn er seine Vernunft gebrauche und keine Mühen scheue.945 Als Lehrer bestellte er ihm Dr. Johann Stocker (gest. 1517), einen Theologen, der aus Hof an der Saale stammte und sowohl in Leipzig als auch in Bologna studiert hatte.946 Für 939

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Kurfürst Albrecht von Brandenburg an Bischof Rudolf von Würzburg (gest. 1495), PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 713, S. 7 (1481 Februar 15); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 111 f. In Rechtsfragen keine Neuerungen zuzulassen, war die Lehre, die er aus dem Streit um das Nürnberger Landgericht gezogen hatte. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 525, S. 479 (1473 Januar 5); KOSER, Charakteristik, S. 109. Markgraf Albrecht von Brandenburg an Kaiser Friedrich III. (1467 Juni 24 und 1474 November 16), an den Bamberger Domdechanten Hertnid vom Stein (1472 Mai 27) und an seinen Sohn Johann (1482 Januar 31); HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 49, S. 118 (1467 Juni 24): Gnediger herr, als mir ewer gnade mit ewer handt geschriben hat, hett ich gar gern ewrn gnaden mit meiner hant daruff geantwurt, so weyst ewr gnade, das mein schrift so beß ist, das nott were, das der schreyber selber mitryt und sie lese. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, S. 135, Anm. 4; BURKHARDT, Buech, Nr. 66, S. 131 (1472 Mai 27); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 369 (Auszug), S. 389 f. (1472 Mai 27) und Nr. 983, S. 750 (1474 November 16); Bd. 3, Nr. 837, S. 146 (1482 Januar 31). Vgl. BAYER, Jugendzeit, S. 37 f. mit Anm. 1; WAGNER, Handschriften; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 113 f. Siehe die Zusammenstellung bei PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Beilage IV, S. 546–554. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 435; WAGNER, Handschriften, S. 55. ROPP, Charakteristik, S. 80. CDB 3, Bd. 1, Nr. 333, S. 475 (1468 März 1): Ir seyt weyser dann wir. Got lere euch das beste. KOSER, Charakteristik, S. 102. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 798, S. 99 f. (1481 Oktober 10): Kurfürst Albrecht erinnert seinen Sohn Johann, was uß einem marggrafen werden magh und daruß, das er einen andern macht, so er der vernunft gebrauchen will und mu und arbeit nit fliehen. Vgl. KOSER, Charakteristik, S. 115. Johann Stocker war seit dem Wintersemester 1457 an der Universität Leipzig eingeschrieben, wo er Theologie und Kirchenrecht studierte. 1461 weilte er an der Universität Bologna. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 210: Iohannes Stocker de Curia Regenitcz; FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 206: Item a domino Iohanne Stokker de Regnis xiii Bologninos; KNOD, Index, Nr. 3700, S. 558; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 179. Danach ist er urkundlich bezeugt als Gesandter zwischen Franken und der Mark: CDB 3, Bd. 2, Nr. 45, S. 43 (1469 April 5) und Supplementband, Nr. 82, S. 92 (1469 Mai 12); als Begleiter des Markgrafen Johann nach Breslau: CDB 3, Bd. 1, Nr. 358 f., S. 505 f. (1469 Mai 11 und 20) und wiederum als Gesandter und Zeuge wichtiger Rechtshandlungen: CDB 3, Bd. 1, Nr. 517, S. 520 (1470 April 2); Bd. 2, Nr. 75, S. 89 (1473 März 8); CDB 2,

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die Indienstnahme dieses Mannes dürfte ausschlaggebend gewesen sein, dass er ein Landeskind war. Dass der Markgraf den Theologen gewählt haben soll, weil dieser nach einer geistlichen Pfründe strebte und man deshalb seinen Sold sparen konnte,947 scheint unzutreffend, zumal Stocker nie eine solche Pfründe erhalten hat und später sogar städtische Ämter bekleidete.948 Albrecht dürfte allerdings viel daran gelegen haben, dass der Lehrer seinen Dienst um der Herrschaft und nicht um des Geldes willen verrichtete. Wenn es um die Erziehung der Nachkommen ging, suchte Albrecht stets zuverlässige, pflichtbewusste und vertrauenswürdige Männer. Ein solcher war Stocker ohne Zweifel. Mehrfach wurde er später zu diplomatischen Aufträgen herangezogen und 1472 als Rat an die Wettiner ausgeliehen.949 Als Albrechts ältester Sohn im Jahre 1467 in die Mark Brandenburg übersiedelte, wurde er nicht nur von Johann Stocker, sondern auch von den beiden bewährten fränkischen Räten Lorenz von Schaumberg (gest. 1496) und Andreas von Seckendorf begleitet, die ebenfalls als seine Erzieher gelten.950 Für diese Annahme spricht, dass Albrecht den Sohn aus der Ferne ermahnte, sich den Anweisungen dieser Männer zu fügen.951 Bei der Erziehung seiner Kinder legte Markgraf Albrecht besonderen Wert darauf, dass diese lernten, mit den Einkünften zu haushalten. Seinen Sohn Johann ermahnte er 1469 zur Sparsamkeit, indem er auf seine eigene Jugendzeit verwies. Zu Lebzeiten seines eigenen Vaters, wohl nach der Landesteilung von 1437, habe er einen Hof gehabt, den er mit nur 400 Gulden im Jahr allein unterhalten musste, selbst wenn ihm

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Bd. 5, Nr. 1943, S. 213 (1473 Mai 6), hier als doctor Scrocker; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 833, S. 657 [1474 April] und Bd. 3, Nr. 878, S. 191 (1482 Mai 30); CDB 1, Bd. 5, S. 258 (1497 Oktober 19); MÜLLER, Erbeinungen, S. 234. Nach dem Hofpersonalverzeichnis von 1473 standen ihm zwei Pferde zu, ebd., Nr. 94, S. 126 (1473 April 10). Im Frühjahr 1517 wurde über seine nachgelassenen Güter in Berlin verhandelt. VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, Nr. 337, S. 469 (1517 Mai 1); HUCH, Regesten, Nr. 116, S. 87. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 92, S. 191; CDB 3, Bd. 1, Nr. 359, S. 506; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 121, S. 90 (1469 Mai 20): Keinen solt haben wir im [d. i. Dr. Johann Stocker] versprochen, dann er will gaistlich werden unnd ist sein solt pfrund. Do haben unser bruder und wir im wol mitzuversehen von den gnaden gots, wo er es verdient. Vgl. dazu SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 179 f. und 187; STEPHAN, Beiträge, S. 33. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 531–533. In den Jahren 1475, 1477 und 1479 war Johann Stocker erster Bürgermeister der Stadt Berlin. KÜSTER, Berlin, Teil 4, S. 396; PUSTHIUS, Chronicon Berolinense, S. 43 f. Siehe Anm. 946 und THUMSER, Hertnidt vom Stein, S. 133, Anm. 31. PRIEBATSCH Correspondenz, Bd. 1, Nr. 40–43, S. 123–125 (1470 Mai); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 178 f. und 195 f.; AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 141. HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 92, S. 191; CDB 3, Bd. 1, Nr. 359, S. 506; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 121, S. 90 (1469 Mai 20): Der Stocker sagt uns, du habst in nit fur dein schulmeister. Wir haben dir zwen treffenlich rete zugeschickt, der soll allwegen einer auf das myndst bei dir sein, deinem wesen vorsein und dich getrewlich ziehen. So haben wir den Stocker doinnen gelassen mit wissen unnsers bruders, das er dich lernen soll. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 180 und 186 f.; FOUQUET, Fürsten, S. 179.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

seine Mutter gelegentlich aushalf, und dennoch habe er treffliche Turniere veranstalten können.952 Wenn Johann nicht lerne zu wirtschaften, so sagte ihm der Vater voraus, würde er von den Märkern aus der Herrschaft gedrängt wie einst sein Onkel.953 Dieser hatte Albrechts Rechenhaftigkeit im Übrigen für unfürstlich gehalten.954 Noch 1483 rügte Albrecht seinen Sohn, weil er mit den Einkünften nicht auskäme, und rechnete ihm vor, wie er richtig haushalten müsse.955 Allen seinen Kindern vermittelte er den Grundsatz, nur das Nötigste auszugeben und das Geld keinesfalls für Prahlereien zu verschwenden.956 Ebenso erteilte er den Rat, Diener und Knechte nicht mit Einkünften zu belohnen, sondern durch Vermittlung reicher Heiraten.957 Bei Johann gewann er allerdings den Eindruck, mit seiner Mahnung zur Sparsamkeit auf taube Ohren zu stoßen. Er fragte sich, warum sein Sohn ein guter Jäger geworden war, nachdem sie vielleicht hundertmal gemeinsam auf die Jagd gezogen waren, warum der Sohn aber nicht mit Geld umgehen konnte, nachdem er ihn wenigstens tausendmal ermahnt hatte, sparsam zu sein?958 Offenbar wollte es Albrecht nicht gelingen, Johann zur Genügsamkeit zu erziehen. Dabei war er selbst es gewesen, der seinem Sohn einige Jahre zuvor im Vertrauen geschrieben hatte, dass ein Fürst nicht nach Geld, sondern nach Ruhm und Ehre streben soll, denn gelt leßt sich gewynnen und verlieren, ere nit und ewig boß nachgerucht hort nymmer auf.959 Der Erfolg höfischer Erziehung konnte durchaus davon abhängen, ob und wie lange der fürstliche Vater anwesend oder abwesend war. Dies zeigt ein seltener Blick in die Kinderstube des Ansbacher Hofes, gewährt durch einen Brief, der 1456 im Namen von Albrechts ältester Tochter verfasst wurde. Die damals fünfjährige Ursula lässt ihren Vater darin inständig bitten, bald heimzukommen, da sie und ihre Schwestern Elisabeth und Margarethe von ihrem Bruder Johann drangsaliert würden, Schläge und andere 952

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HÖFLER, Kaiserliches Buch, S. 190; CDB 3, Bd. 1, Nr. 359, S. 506; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 121, S. 89 (1469 Mai 20); ROPP, Charakteristik, S. 84; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 119 und 186 f.; FOUQUET, Fürsten, S. 179. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 402 (1485 Juni 22); DERS., Hohenzollern und Adel, S. 209. CDB 3, Bd. 1, Nr. 372, S. 526 (1470 April 3); KOSER, Charakteristik, S. 117. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 934, S. 243 (1483 Januar 29): Schembt ir euch nicht vor euch selber, nachdem ir keinen krieg und nichts zu schicken habt, das ir euch nit könt neren mit xviM gulden? Ähnlich ebd., Nr. 1082, S. 404 (1485 Juni 22). PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 402 (1485 Juni 22). Vgl. auch HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 92, S. 190 f.; CDB 3, Bd. 1, Nr. 359, S. 506; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 121, S. 89 (1469 Mai 20); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 168 und 448; FOUQUET, Fürsten, S. 179. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 401 (1485 Juni 22); KOSER, Charakteristik, S. 110; DERS., Geschichte, S. 131. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 403 (1485 Juni 22); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 171 f. und S. 448. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 709, S. 660 (1480 Dezember 14).

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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Misshandlungen erdulden müssten und sich allein nicht zu wehren wüssten.960 Dass es auch unter Fürstenkindern zu Zank und Streit kam, wird gewiss nicht verwundern.961 Welche Zustände aber herrschten im Ansbacher Frauenzimmer, dass der Vater zu Hilfe gerufen werden musste, um ein gerade einjähriges Kind zur Ruhe zu bringen? Leider ist nicht bekannt, wer zu jener Zeit mit der Beaufsichtigung der Fürstenkinder betraut war. Die Mutter, Margarethe von Baden (gest. 1457), war möglicherweise schon damals schwach und krank. Eine Frau Ochs wird vor allem als Kinderfrau des Markgrafen Friedrich, der aus zweiter Ehe stammte, erwähnt.962 Die Erziehung fürstlicher Kinder, das zeigt diese Begebenheit, war stark auf den Vater ausgerichtet. Selbst wenn dieser häufig abwesend war, hatte er Sorge zu tragen und die letzten Entscheidungen zu treffen. Gegenüber den Kindern mit Anna von Sachsen, seiner zweiten Ehefrau, erscheint Albrecht durchaus als liebevoller Vater. Aus der Mark ließ er dem vierjährigen Siegmund und der fünfjährigen Sibylle Spielsachen schicken und versprach ihnen noch mehr Geschenke, sobald er und seine Frau nach Franken zurückkämen.963 Im gleichen Jahr wies er die Räte an, keine Fremden in das Gemach der Kinder zu lassen, was auch für die Kinder der Amme gelten sollte.964 Diese Anweisung erteilte Albrecht jedoch nicht, um seine Kinder von den Angehörigen der unteren Stände fernzuhalten, sondern um sie vor der gerade herrschenden Seuche geschützt zu wissen. Wie aus seinem umfangreichen Briefwechsel stellenweise hervorgeht, sorgte sich Albrecht von Brandenburg recht vorbildlich um die Erziehung seiner Kinder, auch wenn seine Bemühungen nicht immer erfolgreich waren und er selbst keineswegs als Vorbild an Tugend galt. Graf Ulrich von Württemberg gab in zwei Briefen unumwunden zu erkennen, was er von Albrecht als Erzieher hielt. Zur Geburt von dessen Sohn Johann beglückwünschte er ihn, verlieh zugleich aber der Hoffnung Ausdruck, der Jun-

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SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 164 f., mit vollständigem Abdruck des Briefes in moderner Schreibweise (1456 August 27). NOLTE, Familie, Hof und Herrschaft, S. 216. Kurfürstin Sibylle von Sachsen (1512–1554), eine geborene Herzogin von Jülich-Cleve-Berg, soll im Alter berichtet haben, sie habe als Kind mit einer Schere nach ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Anna geworfen und ihr eine Verletzung an der Stirn zugefügt. BOUTERWEK, Sibylla, S. 109. Peter Friedrich Ochs, Stadtvogt zu Hof, an Markgraf Friedrich von Brandenburg (1498 März 22). SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 166 und 447. Siehe auch PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, S. 480, Anm. 2; CDB 3, Bd. 2, Nr. 51, S. 48 (Inventar des Schlosses Ansbach, 1471 Oktober 4). BURKHARDT, Buech, Nr. 59, S. 116 (1472 Mai 12): Wollet auch kauffen pferdlein, wegenlein, docken und ander kinderberg fur einen gulden oder zwen und schenckt es marggraf Sigmunden und frawen Sibilla von unnsern und unnser gemaheln wegen und sagt in, wir haben ins auß der Marck geschickt und wollen schir komen und in mer bringen. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 167. BURKHARDT, Buech, Nr. 138, S. 243 (1472 Dezember 16).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

ge möge frommer werden als sein Vater.965 Ungefähr zwei Jahre zuvor hatte er die Markgräfin Margarethe aufgefordert, die Erziehung ihrer ältesten Tochter Ursula, die für eine Heirat mit Ulrichs Sohn in Betracht kam, nicht allein Albrecht zu überlassen, da sie von diesem kaum Zucht lernen könne.966 Der Graf von Württemberg zweifelte anscheinend an Albrechts Sittenstrenge und machte sich Sorgen um die Erziehung seiner möglichen Schwiegertochter. Verheiratet wurde Ursula letztlich mit Herzog Heinrich von Münsterberg, dem Sohn des Böhmenkönigs Georg von Podiebrad. Beide wurden von Albrecht und seiner Gemahlin 1479 ermahnt, ihre Kinder im Glauben wie in allen anderen Dingen nach altem Brauch erziehen zu lassen.967 Obwohl es der Kardinal von Mantua war, der den Kurfürsten zu diesem Ermahnungsschreiben aufgefordert hatte, zeigt dieses Schriftstück, dass Albrecht auch als Großvater Einfluss auf die Erziehung seiner Familienangehörigen nahm, dass er ein wichtiges Glied in einer Kette von Menschen war, die aufeinander achtzugeben hatten und sich gegenseitig Ermahnungen sandten.968 Manch nützlichen Rat erteilte der Kurfürst seinen früh verheirateten Töchtern, die sich am Hofe ihrer Schwiegereltern in einer fremden und mitunter sogar feindseligen Umgebung befanden. Elisabeth (1451–1524), die seit 1465 am württembergischen Hofe lebte, richtete Hilferufe an den Vater, weil man ihr eine standesgemäße Ausstattung vorenthalten wolle. Albrecht hatte zunächst den Eindruck, sie würde das ihr Zustehende nur nicht nachdrücklich genug einfordern. Ausführlich legte er deshalb dar, wie sie sich verhalten müsse, um ihr Ziel zu erreichen, ohne dass sie Unwillen hervorriefe.969 Damit ihr eine eigene Hofmeisterin zugebilligt würde, sollte sie sagen, dass sie dieser bedürfe, weil sie noch jung wäre und sonst nicht wüsste, wie sie sich zu benehmen habe. Geschickt sollte sie also auf ihre Jugend und Unerfahrenheit und ihre noch nicht vollendete höfische Erziehung verweisen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Gleichzeitig sollte sie deutlich machen, dass sie den Erwartungen, die in sie gesetzt wurden, nur gerecht werden könne, wenn man ihren Wünschen entgegen käme. Als Gegenleistung für ihre stan965

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STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 74, S. 57 (1455 August 9): Und bitt got, uch durch sin gotlich gnad darzu verlihen menigveltig gluckseligkeit, damitt, als ich dan wol hoff, uwer son fromer werd, dann ir. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 446. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 446 (1453 Dezember 28). Das Schreiben des Kurfürsten Albrecht von Brandenburg an seine Tochter Ursula vom 21. Februar 1479 ist zusammengefasst bei PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 519, S. 483, auszugsweise wiedergegeben bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 169, und vollständig gedruckt bei HÖFLER, Markgräfin Barbara, S. 47; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 289, S. 199: Darumb so bitten wir eur lieb als unsern lieben son und tochter, sie zu versehen mit meistern, die sie ziehen und lernen nach cristenlicher ordnung des glaubens halben und sunßt in all weg, das fromen, riterlichen und erlichen fursten und furstin in geistlichem oder weltlichem stand zimbt und geburt. Die Herzöge von Mecklenburg, seine Neffen, ermahnte Kurfürst Albrecht von Brandenburg, sich ehrenvoll gegenüber ihrer Mutter zu erweisen. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 392, S. 270 (1485 Mai 24); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1073, S. 390 f. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 512, S. 343 f. [um 1470]; ARNOLD, Briefe, S. 153–155.

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

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desgemäße Ausstattung sollte sie also anbieten, sich in ihre Rolle zu fügen. Albrecht riet Elisabeth außerdem, bei Beschwerden den Hofmeister ins Vertrauen zu ziehen und diesen zu bitten, für sie zu sprechen. Nur wenn der Hofmeister nicht im Stande wäre dies zu tun, sollte sie ihre Beschwerden selbst vortragen. Elisabeth sollte demnach zurückhaltend sein, aber dennoch entschlossen, ihre Sache zu verteidigen. Albrecht verlangte von ihr keinesfalls, sich bedingungslos in ihre Lage zu fügen und warnte sie vor gewalttätigen Übergriffen ihres Mannes, des Grafen Eberhard von Württemberg (1447– 1504).970 Grundvoraussetzung für die Hilfe des Vaters war allerdings, dass sich Elisabeth nichts zu Schulden kommen ließ und nichts Unbedachtes tat. Sie sollte durchaus selbstbewusst auftreten, doch nicht alles auf einmal vorbringen, was sie bedrückte. Sie sollte sich mit ihrem Vater abstimmen, aber niemandem verraten, dass er ihr Ratschläge erteilte. Albrecht versuchte, die Lage auszuloten und seiner Tochter den besten Weg zu weisen. Letztlich gab er ihr den Rat sich anzupassen, damit sie nicht noch das Wenige verlöre, was ihr in der Fremde geblieben sei.971 Nachdem ihr Gemahl sie eingesperrt und von den vertrauten Dienern getrennt hatte und sie um ihr Leben bangte, holten ihre Brüder sie schließlich heim.972 Albrechts Tochter Amalie (1461–1481) bat ebenso flehentlich um väterliche Hilfe, weil man sie am Hofe in Zweibrücken demütigte und ihre Einkünfte beschneiden wollte.973 Bevor sie von der Gnade ihrer Schwiegermutter abhängig sein müsse, schrieb sie, wolle sie lieber sterben.974 Albrecht teilte ihr wiederum mit, wie sie sich am besten zu verhalten hatte, konnte ihr aber kaum helfen, denn er mochte es sich mit seinem Schwiegersohn und dessen Eltern nicht verderben. Auf einem Beizettel riet er Amalie, sie solle seinen Brief den Schwiegereltern und dem Gemahl zeigen, damit nicht der Verdacht eines heimlichen Briefwechsels aufkäme. Allerdings sollte sie geheim halten, dass er ihr dies geraten habe, und den Zettel unbedingt zerreißen.975 Die Antworten auf die Hilferufe seiner Töchter sind geleitet von politischen Erwägungen. Sie zeigen, welche Erwartungen der Kurfürst in seine weiblichen Nachkommen setzte, zeugen aber ebenso von Zuneigung und Vertrautheit. Das Schicksal der Frauen 970 971 972 973

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STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 391, S. 269 (1485 April 25); StA Nürnberg, Fm. AN, AA Nr. 527, Bl. 22 (1486 Januar 9); FOUQUET, Fürsten, S. 181 f.; NOLTE, Körperlichkeit, S. 86. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 391, S. 269 (1485 April 25); KOSER, Charakteristik, S. 109. NOLTE, Körperlichkeit, S. 87. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 195, S. 138 [1475 März]; Nr. 301, S. 206 (1479 September 10); Nr. 309, S. 210 f. [1479 Ende]; Nr. 310, S. 211 [1480 Januar]; Nr. 344, S. 230 f. [1481 Mai]; Nr. 345, S. 231 (1481 Mai 21); Nr. 352, S. 235 f. [1481 etwa August]. Amalie wurde 1478 mit dem Pfalzgrafen Kaspar zu Zweibrücken (gest. 1527) vermählt, lebte aber bereits einige Jahre davor am Hofe ihres künftigen Gemahls. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 309, S. 210 f. [Ende 1479]; ARNOLD, Briefe, S. 144–146, hier S. 145. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 301, S. 206 (1479 September 10); ARNOLD, Briefe, S. 143 f., hier S. 144; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, S. 554, Anm. 2.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

war Albrecht keineswegs gleichgültig, selbst wenn er es dynastischen Zielen unterordnete. Für ihn stand außer Frage, dass ihr Lebensweg dadurch bestimmt wurde, ob sie für die Ehe geeignet waren.976 Seiner ältesten Tochter Ursula (1450–1508) verbot er 1467, ins Kloster einzutreten, da sie kein „Klosterfleisch an sich“ habe, sondern gebärfähig sei.977 Als seine Tochter Barbara (1464–1515) von ihrem zweiten Ehemann nicht angenommen wurde, führte er dies unverhohlen darauf zurück, dass sie nicht mehr hübsch genug war, weil sie sich zu sehr gegrämt hatte.978 Es mutet fremd an, wie Albrecht seine Töchter nach Aussehen und Gesundheit für die Ehe oder für das Kloster bestimmte. Dennoch lassen sich die Briefe seiner Töchter als Ausdruck einer engen Bindung an den Vater lesen. Immerhin wandten sich die jung verheirateten Frauen in ihrer unglücklichen Lage vertrauensvoll an ihn. Es ist der „herzeliebe Herr Vater“ nach dem sich die betrübte Amalie sehnte,979 und auch Ursula erkannte an, dass der Vater sie liebte, nachdem sie zunächst unzufrieden gewesen war mit der von ihm getroffenen Wahl des Ehemanns.980 Nach Albrechts Tod war es dessen Sohn Friedrich (1460–1536), an den sich Elisabeth von Württemberg in aller schwesterlicher lieb wandte.981 Bei all dem Unglück, das Albrechts Töchter an fremden Höfen empfanden, drängt sich die Frage auf, ob sie zu wenig auf ihre Rolle vorbereitet worden waren. Manche Schwierigkeiten werden sich auf Jugend und Unerfahrenheit zurückführen lassen, andere wiederum auf ungewöhnliche Umstände und die Ablehnung durch Schwiegereltern und Ehemänner. Elisabeth hielt es am württembergischen Hof nicht aus. Ursula führte mit dem Herzog von Münsterberg letztlich eine recht glückliche Ehe und bat ihren Vater, sie, ihren Gemahl und ihre Söhne stets im Gedächtnis zu behalten.982 Barbara (1423–1481) hingegen, der ältesten Tochter von Albrechts Bruder Johann, gelang es anscheinend mühelos, sich in eine fremde Lebenswelt einzufinden. Im Alter 976

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PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 645, S. 587 (1480 Februar 4). Siehe auch das Schreiben das Markgrafen an den Landhofmeister Georg von Absberg, ebd., Nr. 290, S. 300 (1477 April 13) bzw. MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 366, S. 494; FRIEDLÄNDER, Briefe, S. 117. Anweisung an Johann Sparneck für eine Gesandtschaft an den König von Böhmen, GStA PK Berlin, BPH, Rep. 27 W 4, Bl. 123r [1467 Januar 25]; NOLTE, Körperlichkeit, S. 79. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 915, S. 223 (1482 [um Oktober 12]); NOLTE, Körperlichkeit, S. 71. Die 1476 geschlossene Ehe mit König Vladislav von Böhmen (gest. 1516) wurde im Jahre 1500 geschieden. Wie Anm. 974. In Fragen der standesgemäßen Ausstattung wandte sich 1473 auch Margarethe, die noch unverheiratete Tochter seines verstorbenen Bruders Friedrich, an Albrecht. FRIEDLÄNDER, Briefe, Nr. 1, S. 114 [1473, Frühjahr]; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 563, S. 501 (1473 Mai 4) und Nr. 600, S. 522 (1473 Juli 7). PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, zu Nr. 645, S. 588 (1480 März 20). Gräfin Elisabeth von Württemberg an ihren Bruder, Markgraf Friedrich von Brandenburg, FRIEDLÄNDER, Briefe, Nr. 5, S. 116 [1495]. Vgl. auch das Schreiben der Herzogin Sibylle von Jülich, geb. von Brandenburg (1467–1524) an denselben, ebd., Nr. 8, S. 118 [1499 Mai]. CDB 3, Bd. 2, Nr. 108, S. 143 (unter falschem Datum); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 146, S. 104 f. (1473 März 5).

3. Von Müttern, Söhnen, Vätern und Töchtern

171

von zehn Jahren war sie 1433 mit dem Markgrafen Luigi III. Gonzaga (1414–1478) verheiratet worden und lebte seither in Mantua, wo sie angeblich von dem dortigen Prinzenerzieher Vittorino dei Rambaldoni da Feltre (1397–1446) unterrichtet wurde.983 Aus der Ferne hielt auch sie die Verbindung zu ihrem Vater aufrecht, der sie nachweislich im Sommer 1435 und zum Jahreswechsel 1450/1451 besuchte.984 Zeitgenossen staunten über die Sprachkenntnisse, die Weisheit und die Vernunft dieser Fürstin und wie sie in Abwesenheit ihres Gemahls die Regierungsgeschäfte zu führen verstand.985 Ihre älteren Söhne Federico (1440–1478), Francesco (1441–1483) und Gianfrancesco (um 1445–1496) wurden einige Zeit gemeinsam am heimischen Hof unterrichtet. Gianfrancesco hielt sich von 1455 bis 1459 mit seinem italienischen Lehrer und kleinem Gefolge zur Erziehung am Hof seiner hohenzollerischen Verwandten in Franken auf, wo er die deutsche Sprache erlernen, das Land sehen und sich militärisch fortbilden sollte.986 Die Mutter wies den mitgesandten Lehrer ausdrücklich an, die praktische Ausbildung gegenüber der gelehrten nicht zu vernachlässigen.987 Für sie diente der Erziehungsaufenthalt ihres Sohnes vorrangig der Pflege von Beziehungen, doch nicht allein zu ihrer Herkunftsfamilie. Ihr jüngerer Sohn Rodolfo (1451–1459) wurde später am burgundischen Hofe erzogen.988 Nachdem bisher das Verhältnis ausgewählter fürstlicher Mütter und Väter zu ihren Kindern und ihre erzieherische Rolle im Mittelpunkt standen, soll der Blick nun auf das adlige Umfeld geweitet werden, um dadurch das Wesen höfischer Erziehung bei Wettinern, Hohenzollern und Anhaltinern um 1500 näher bestimmen zu können. Die Untersuchung muss sich dabei auf eine Überlieferung stützen, die noch bruchstückhafter und zufälliger ist.

4.

Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts befanden sich wichtige fürstliche Hofämter fest in den Händen eingesessener Adelsfamilien. Es ist anzunehmen, dass die Mitglieder dieser Familien ihre höfische Laufbahn als Edelknaben begannen, auch wenn dies nur in seltenen Fällen eindeutig nachgewiesen werden kann. Kurfürst Albrecht von Bran983 984 985 986

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KRISTELLER, Barbara, S. 68 f.; HOFMANN, Barbara, S. 7; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 62 f. HOFMANN, Barbara, S. 7, 11 und Beilage Nr. 5, S. 32 f. (1451 Januar 16). HOFMANN, Barbara, S. 27 f.; KRISTELLER, Barbara, S. 85. HOFMANN, Barbara, S. 12, mit Beilage Nr. 7, S. 34 f. (1457 Mai 7); KRISTELLER, Barbara, S. 75. Auf der Grundlage der Briefe im Archiv der Markgrafen von Mantua ist dieser Erziehungsaufenthalt ausführlich untersucht worden von HEROLD, Aufenthalt. Markgräfin Barabara von Mantua an den Prinzenerzieher Arrighino de Busseto (1457 August 3), HEROLD, Aufenthalt, S. 204. Siehe zur Rolle der Mutter auch SEVERIDT, Familie, S. 274 f., sowie zur Person des Prinzenerziehers FUCHS, Arriginus. HOFMANN, Barbara, S. 23, mit Beilagen Nr. 23 und 24.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

denburg nahm junge Adlige, die an seinen Hof geschickt wurden, nicht nur gern an,989 sondern verstand es geradezu als Pflicht, sie zu erziehen, insbesondere diejenigen, die aus Geschlechtern stammten, die seiner Herrschaft gewandt waren, um sie dauerhaft an sich zu binden.990 Die höfische Erziehung stand am Anfang einer Hoflaufbahn, die dem Erhalt oder gar der Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung dienen sollte. Im Januar 1474 verwendete sich Herzog Albrecht IV. von Bayern (1447–1508) bei Kurfürst Albrecht von Brandenburg für Christoph Frauenberger, der seinen jüngeren Bruder zur Erziehung an den brandenburgischen Hof senden wollte, was der Kurfürst auch bewilligte.991 Frauenberger war erst 1465 vom Kaiser in den Stand eines Reichsfreiherrn erhoben worden.992 Sein Bruder sollte an Albrechts Hof nun zůcht und guet siten lernen, mithin eine Erziehung erhalten, die dem neuen Stand der Familie angemessen war und diesen sichern half. Für das Jahr 1470, als Albrechts Sohn Johann, die Kurfürstenwitwe Katharina und deren Tochter Margarethe auf dem Berliner Schloss lebten, geben eine Hofordnung und ein Personalverzeichnis Auskunft über die Zahl der Edelknaben und Hofjungfrauen.993 Erwähnt sind darin zwei Tischdiener Katharinas: die jungen von Röder und von Löben.994 Zum Hofstaat ihrer Tochter gehörten eine Hofmeisterin, zwölf Jungfrauen und 989

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PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 670, S. 619 (1480 Juni 11): Kombt uns der knab, den uns sein lieb [d. i. Herzog Heinrich I. von Münsterberg] kein hove will schicken, zu, den haben wir gern. Vgl. CDB 3, Bd. 2, Nr. 38, S. 36 (1466 Mai 2); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 448. Als die „redlichsten und tauglichsten“ Geschlechter der Alt- und Mittelmark bezeichnete Kurfürst Albrecht von Brandenburg die Alvensleben, Birtensleben, von der Schulenburg, Jagow, Bülow, Bredow, Arnim, Pfuhl und Schlabrendorf. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 250, S. 266 (1476 November 11). PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 761, S. 614; STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 168, S. 119 (1474 Januar 17). Vgl. RIEZLER, Geschichte Baierns, Bd. 3, S. 472. CDB 3, Bd. 2, Nr. 93 f., S. 115–128 (hier mit dem Datum 1473 April 10). Siehe zur Datierung ins Jahr 1470 SCHAPPER, Hofordnung, S. 2–5. Vgl. AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 173. CDB 3, Bd. 2, Nr. 94, S. 127 [1470]; KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 195; SELLO, Katharina, S. 186 f. Ein Heinrich (von) Röder begleitete den ehemaligen Prinzenerzieher Johann Stocker 1488 nach Oppeln, um eine größere Summe Geldes zu überbringen. 1491 wird er als Marschall, 1505 bis 1509 mehrfach als Hofmeister genannt, zuerst als derjenige des Markgrafen Albrecht. Als solcher bekam er 1507 ein Angefälle in Höhe von 1500 Gulden, in ansehen seiner getrewen vleyssigen dinst, so er von jugent auf etwan unserm liben herrenn vatter loblicher gedechtnus und uns bisher willigclichen getan hat. CDB 3, Bd. 2, S. 339 (1488 November 22); CDB 1, Bd. 24, Nr. 267, 209 (1491 September 6); CDB 3, Bd. 3, Nr. 137, S. 162 f. (1505 Mai 7); CDB 1, Bd. 6, Nr. 222, S. 159 (1506 September 7); CDB 2, Bd. 6, Nr. 2401, S. 204 (1506 April 17); CDB 1, Bd. 11, Nr. 38, S. 250 (1507 März 27); CDB 3, Bd. 3, Nr. 153, S. 180 (1507 Januar 1) und Nr. 169, S. 195 (1508 Dezember 15); CDB 1, Bd. 16, Nr. 160, S. 131 (1509 Otober 27); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 532; SPANGENBERG, Hof- und Zentralverwaltung, S. 54, 89 und 91.

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

173

Mägde, zwei Edelknaben, zwei Diener und ein Zwerg namens Dietrich. Unter den Mägden war auch die frühere Amme Margarethe.995 Bei den beiden Edelknaben handelte es sich um Johann Niebede und Johann Schlegel.996 Der zuerst Genannte ist später als kurfürstlicher Hausvogt und Amtmann von Potsdam bezeugt.997 Was die Edelknaben des Markgrafen Johann angeht, so ist aus anderer Quelle bekannt, dass sich 1470 der junge Graf Balthasar II. von Schwarzburg (gest. 1525) knaben weys bei ihm befand.998 Wilwolt von Schaumberg, der Neffe des brandenburgischen Hofmeisters Lorenz von Schaumberg, berichtet, dass auch Friedrich von Waldenfels am Hofe erzogen worden war und deshalb mit Johann sehr vertraut gewesen sei.999 Vielleicht handelt es sich bei diesem Zögling um den Sohn des Georg von Waldenfels, der vom Kammerdiener zum Hofmeister des Kurfürsten aufgestiegen war.1000 Kurfürst Albrecht von Brandenburg hatte 1483 sechs Edelknaben, seine Gemahlin vier, seine Tochter Elisabeth zwei, und seine Söhne Friedrich und Siegmund jeweils drei.1001 Zum Ansbacher Frauenzimmer gehörten damals sechzehn Hofdamen und eine Hofmeisterin.1002 Außerdem sind mehrere hochadlige Zöglinge bekannt, die sich an Albrechts Hof aufhielten: Gianfrancesco Gonzaga von Mantua,1003 Albrechts Enkel

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1511 und 1512 wird Heinrich von Röder als Hauptmann von Cottbus genannt, CDB 3, Bd. 3, Nr. 180, S. 209 (1511 Juni 28) und WAGNER, Ruppin, S. 113. Bei dem jungen von Löben könnte es sich um einen Sohn des Untermarschalls Konrad von Löben handeln. Vgl. ISAACSOHN, Beamtentum, Bd. 1, S. 14; SPANGENBERG, Hof- und Zentralverwaltung, S. 54, Anm. 1. CDB 3, Bd. 2, Nr. 94, S. 127 (1473 April 10); KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 195 f. (hier bezogen auf Margarethe von Sachsen, die Gemahlin des Kurfürsten Johann); SELLO, Katharina, S. 186 f.; AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 173. Vgl. BECK, Hofpersonal, S. 20 mit Anm. 60. Als Hausvogt kaufte Johann Niebede 1493 Schloss und Stadt Potsdam. 1496 ist er als Amtmann zu Potsdam und 1501 als kurfürstlicher Hausvogt bezeugt. CDB 1, Bd. 11, Nr. 45, S. 190 f. (1493 Februar 2); Bd. 24, Nr. 182, S. 472 (1496 August 22); Bd. 13, Nr. 191, S. 444 f. (1501 März 20). PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 45, S. 125 (1470 Mai 24) und Nr. 92, S. 174 (1470 September 14); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 197. KELLER, Geschichten und Taten, Buch 2, S. 34; RABELER, Lebensformen, S. 125 f. Georg von Waldenfels ist erstmals 1451 und nochmals 1455 und 1470 als Kammermeister des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich II. bezeugt und drei Jahre später als Rat des Markgrafen Johann, CDB 3, Bd. 1, Nr. 186, S. 304 (1451 Dezember 15); CDB 2, Bd. 5, Nr. 1778, S. 15 (1455 November 13) und CDB 3, Bd. 1, Nr. 371, S. 524 (1470 April 2) und CDB 2, Bd. 5, Nr. 1952, S. 231 f. (1473 August 24); KOTELMANN, Finanzen, S. 16. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 934, S. 242 (1483 Januar 29); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 448. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 934, S. 242 (1483 Januar 29); BOOCKMANN, Hof und Hofordnung, S. 318. Im Jahre 1475 werden im Briefwechsel zwischen Kurfürst Albrecht und seiner Gemahlin Anna zehn Hofdamen namentlich genannt. STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 191, 193, 196, 198 und 202 (1475 Februar 23 bis Mai 18); NOLTE, Kommunikation, S. 455, Anm. 32; FENDRICH, Beziehung, S. 128, Anm. 220. HEROLD, Aufenthalt. Siehe auch CDB 2, Bd. 5, Nr. 1798, S. 49 (1459 April 25).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Herzog Albrecht von Münsterberg (gest. 1511),1004 Heinrich XIII. Reuß von Plauen (1464–1535)1005 und Herzog Friedrich I. von Liegnitz (gest. 1488).1006 1460 hatte Albrecht von seinem Bruder Friedrich den Auftrag bekommen, Herzog Otto III. von Pommern (1444–1464), der nach dem Tod seines Vaters am brandenburgischen Hof erzogen worden war, an die pommerschen Stände zu übergeben.1007 Bei der Übergabe in der Stettiner Marienkirche betonte Albrecht, dass sein Bruder und er den Herzogssohn wie eines ihrer eigenen Kinder erzogen hätten. Die Stände sollten nun dafür Sorge tragen, dass diese Erziehung nicht verloren ginge. Sie sollten den jungen Fürsten vom übermäßigen Essen und Trinken und von allzu großer Jagdleidenschaft abhalten und ihm fromme und geschickte Räte geben. Otto konnte allerdings nie unter Beweis stellen, was er am brandenburgischen Hof gelernt hatte, da er bereits 1464 starb. Verwandte Fürstensöhne zur Erziehung an seinen Hof zu nehmen, war dem Kurfürsten Albrecht von Brandenburg eine Pflicht. In Bezug auf ihren Dienst vertrat er die Auffassung, dass es einem Fürsten nicht anstünde, bei einem anderen um Jahrsold zu dienen, wohl aber aus „Freundschaft“, genauso wie er, Albrecht, es einst selbst getan hatte.1008 Die standesgemäße Erziehung und der Aufbau von Beziehungen waren Lohn genug für den Dienst an einem fremden Hof. Sorgen bereitete Albrecht allerdings sein ehemaliger Zögling, der junge Heinrich Reuß von Plauen, der mit seinen Eltern in Streit geraten war und diese aus ihren Besitzungen vertrieben hatte.1009 Um Hilfe angerufen, versuchte Albrecht zu vermitteln, doch schleppten sich die Verhandlungen hin, vor allem wegen der Frage, wer die angehäuften Schulden begleichen sollte. Zwei Verhand1004

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PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 670, S. 619 (1480 Juni 11). Noch im Sommer 1485 befand sich Herzog Albrecht von Münsterberg im Gefolge seines Großvaters, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1082, S. 405 (1485 Juni 22). Gemeinsam mit ihnen empfing er in demselben Jahr die Braut des Erzherzogs Siegmund von Österreich auf ihrer Durchreise in Nürnberg. Siehe dazu Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen 51,1, S. 426; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1018 (1484 August 25), S. 318, Anm. 2. Auch Herzog Georg von Münsterberg befand sich einige Zeit am Ansbacher Hof. Als Markgraf Johann 1487 auf dem Nürnberger Reichstag das Kurfürstentum zum Lehen bekam, trug Georg für ihn das Zepter. Siehe CDB 3, Bd. 2, Nr. 263, S. 332 (1487 Mai 2); MÜLLER, Reichstagstheatrum unter Friedrich, 6. Vorstellung, S. 84; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, S. 345. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 822, S. 130 (1481). WACHTER, Liegnitzer Chronik, S. 103. Herzog Friedrich von Liegnitz kam erst im Erwachsenenalter an den kurbrandenburgischen Hof, ging dann an den Ansbacher Hof und trat darauf in den Dienst des böhmischen Königs. Sein ältester Sohn Johann (gest. 1495) wurde 1493 im Alter von sechzehn Jahren an den Hof des Markgrafen Friedrich von Brandenburg in Ansbach geschickt. Nach zwei Jahren kehrte er krank nach Hause zurück und starb kurz darauf. WACHTER, Liegnitzer Chronik, S. 105. Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 10, S. 108 f. Kurfürst Albrecht von Brandenburg über seinen Unterhändler Albrecht von Klitzing an König Christian von Dänemark, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 327, S. 327 [1477 Oktober 17]. Vgl. zum Folgenden PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 822, S. 130–135.

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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lungsangebote, vom März und vom Juli 1481, sahen vor, dass der Sohn alle Schulden des Vaters übernehmen und seine Schwestern standesgemäß ausstatten solle, während die Eltern auf alle Ansprüche gegen ihn verzichten und sich verpflichten mussten, im Falle seines vorzeitigen Todes für ihre Schwiegertochter und ihre Enkelkinder zu sorgen wie für ihre eigenen Kinder. Dass Ehefrau und Kinder im Todesfall des Vaters durch dessen Eltern abgesichert sein sollten, war hier Gegenstand zäher Verhandlungen, doch immerhin wurde ein Ausgleich auf der Grundlage familiärer Beziehungen gesucht. Da es Heinrich beharrlich ablehnte, die Schulden seines Vaters zu übernehmen, versuchte ihn Albrecht als derjenige, der ihn erzogen hatte, zum Einlenken zu bewegen, indem er ihn an seine Pflichten gegenüber den Eltern erinnerte.1010 Erst im Frühjahr 1483 kam ein Vergleich zu Stande, der abgesehen von der Höhe der zu zahlenden Geldbeträge im Wesentlichen auf den einst abgelehnten Verhandlungsangeboten beruhte. Albrecht war in diesen Konflikt als ehemaliger Erzieher hineingezogen worden und trat auch als solcher auf. Er scheute sich nicht, Heinrich unehrenhaftes Verhalten vorzuwerfen, und erinnerte ihn an seine Sohnespflichten. Obwohl er dies nicht zu erkennen gab, dürfte er in dieser Sache doch befürchtet haben, dass Heinrichs Verhalten ein schlechtes Licht auf ihn selbst werfen könnte. Angaben über die Zahl der Edelknaben und Hofjungfrauen am brandenburgischen Hof lassen sich erst wieder auf der Grundlage eines Hofpersonalverzeichnisses des Kurfürsten Joachim II. aus der Mitte des 16. Jahrhunderts gewinnen. Im Frauenzimmer wurden damals zwölf Jungfrauen und die Hofmeisterin sowie eine Magd und ein Knecht unterhalten; im Kindergemach neben nichtadligen Bediensteten eine weitere Hofmeisterin und ein Edelknabe. Dem Kurfürsten waren drei Kammerdiener und acht Edelknaben zugeordnet, seiner Gemahlin zwei Kammerdiener und drei Edelknaben, seinen Söhnen Johann Georg und Friedrich sechs bzw. zehn und seiner Schwiegertochter Sabina noch einmal drei Edelknaben. Zusammen mit drei Hausdienern, die keiner Einzelperson zugeordnet waren, ergab sich eine Zahl von 34 aufgelisteten Edelknaben, deren Namen jedoch ungenannt bleiben.1011 Namentlich aufgezählt sind dagegen 46 Hofjunker, die überwiegend, wenngleich nicht ausschließlich, märkischen Geschlechtern entstammten.1012 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erhöhte sich die Zahl der Edelknaben am brandenburgischen Hof im Zusammenhang mit der allgemeinen Ausweitung der Hofhaltung.1013 Am wettinischen Hof stammten die Edelknaben und Kammerjunker, die sich für das 15. Jahrhundert nachweisen lassen, ebenfalls vorrangig aus eingesessenen Adels1010 1011 1012 1013

PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 822, S. 132 (1481 April 9): Wir schreiben dirs gar in fruntlicher meinung, nachdem wir dich erzogen haben und begern das also zu versteen. SCHARFENORT, Pagen, S. 8 f.; HAß, Hofordnung, S. 89 f. (1548/1551); HINTZE, Hof- und Landesverwaltung, S. 211; AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 173. HAß, Hofordnung, S. 90 und S. 184–192. SCHARFENORT, Pagen, S. 9–11; HAß, Hofordnung, S. 137.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

familien. In der Umgebung des Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen (1412–1464) hielten sich 1456 neben den Hofjunkern Siegmund und Johann von Miltitz und Heinrich Löser insgesamt fünf weitere Edelknaben auf, deren Namen nicht bekannt sind.1014 Die Prinzen Ernst und Albrecht hatten damals zwei Jungen, deren Herkunft gleichfalls nicht bekannt ist, und zwei Kammerjunker, die aus den Familien von Taubenheim und von Ziegelheim stammten.1015 1488 dienten am Tisch des Herzogs Albrecht von Sachsen fünf meißnische Edelknaben: die jungen Herren von Reichenberg, Metzsch, Kreitz, Degenfeld und Ponickau. Insgesamt hatte der Herzog sechs Knaben. Seiner Gemahlin Zdena waren noch einmal vier und seinen beiden Söhnen gemeinsam fünf Jungen zugeordnet.1016 1481, also vor der Leipziger Teilung, hatten Herzog Albrecht und sein Bruder Ernst in ihrer gemeinsamen Hofhaltung insgesamt 18 Edelknaben gehabt, darunter ein junger Burggraf von Leisnig und weitere Söhne des eingesessenen Adels. 1478 hatten auch zwei Böhmer und zwei Österreicher dazugehört.1017 1483 wurden nur noch 12 Edelknaben eingekleidet,1018 was darauf schließen lässt, dass es einen ständigen Wechsel und keine feste Zahl an Edelknaben gab. Die Fürstenfrauen hatten 1481 insgesamt 16 Hofjungfrauen, die wiederum vor allem sächsischen Adelsgeschlechtern entstammten.1019 Bei höfischen Festen war die Zahl der Edelknaben um einiges höher, denn der sächsische Kurfürst forderte seine Lehnsleute ausdrücklich auf, die Knaben, die sie erzogen hatten, mitzubringen, damit sich diese in höfischen Umgangsformen wie im Ritterspiel üben konnten.1020 Den Inhabern des Hofmeisteramts gelang es offenbar besonders gut, ihre eigenen Kinder bei Hofe unterzubringen. Unter den sechs Leibjungfrauen, welche Christine 1014

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MÖRTZSCH, Hoflager, S. 253. Siehe zu den Herren von Miltitz: KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 6, S. 297–299. Heinrich Löser war später sächsischer Landvogt. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 560; STREICH, Reiseherrschaft, S. 606. MÖRTZSCH, Hoflager, S. 255: Item myne jungen hern sollen han 2 jungen, 3 pferde, einen stalknecht, Tubinheim, 3 pfert, Czigelheim, 1 pfert. Vgl. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 476. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 27, 29 und 31 (Hofordnung [zwischen 1486 und 1490]). Auf der Hochzeitsfeier in Eger waren Zdena 1459 nur zwei sächsische Edelknaben zugewiesen worden: Nikolaus von Einsiedel und ein Sohn des Peter Metzsch zu Netzschkau. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 383 und 616; STREICH, Reiseherrschaft, S. 444. STREICH, Reiseherrschaft, S. 443. Ebd., S. 444. Ebd., S. 447. Zu den Edelknaben gehörte ein Sohn des Leipziger Amtmanns Nikolaus Pflug. Ebd., S. 443. Kurfürst Ernst von Sachsen an Ritter Dietrich von Harras anlässlich der bevorstehenden Hochzeit des kurfürstlichen Amtmannes und Rates Apel von Tettau mit der Hofjungfrau Felicia, Tochter des Johann Metzsch, am 22. Juli 1476: Hirumb begeren wir von uch, das ir mit uwern gesellen, die ir derhalbin nebin uch gezcogen habt, uff den gnanten Montag zcu abind alhie zcu Dreszden in unserm hoff irscheinet mit schonen frawen und jungfrawen, so alsdan vorhanden sein werden, frolich zu sein und uff Dinstag darnach uwern vorgenomen ritterschimpff mit den unsern zu uben. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 592 f.

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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(1461–1521), die älteste Tochter des Kurfürsten Ernst, 1478 zu ihrer Hochzeit nach Kopenhagen begleiteten, waren gleich vier Töchter des Rudolf von Bünau zu Weesenstein (1426–1486), dessen zweite Gemahlin Mathilde von Schleinitz als Hofmeisterin mitreiste.1021 Auch danach finden sich immer wieder junge Bünaus am wettinischen Hof.1022 In Herzog Georgs Umfeld befand sich später ein Sohn der Hofmeisterin seiner Gemahlin, der Junker Georg von der Sale.1023 Gemeinsam mit seinem Sohn hatte Herzog Johann von Sachsen im Jahre 1514/1515 insgesamt 13 Edelknaben.1024 In den Hofrechnungen von 1513 bis 1518 werden einige dieser Edelknaben zuweilen nach ihrer Herkunft aus Bayern und Königsberg, meist aber mit ihren Familiennamen bezeichnet: Waldenfels, Spiegel, Weißenbach.1025 1502 finden sich unter den Leibdienern, wie die Namen vermuten lassen, ebenfalls mehrere Knaben aus unterschiedlichen Teilen des Reichs: aus Pommern, Mecklenburg, Franken und Bayern.1026 Auch am wettinischen Hof lassen sich um 1500 mehrere Hochadlige finden, die sich dort in ihrer Jugend aufhielten: ein Graf von Barby, mehrere Grafen von Schwarzburg,1027 sowie mindestens zwei Fürsten von Anhalt.1028 Der 1467 geborene Graf Heinrich von Stolberg trat im Alter von 24 Jahren in den Dienst am albertinischen Hof, wo er vermutlich auch erzogen worden war.1029 1493 nahm er an der Reise des sächsischen Kurfürsten Friedrich III. ins Heilige Land teil und taucht ab 1495 im Umfeld des Herzogs Georg von Sachsen auf. Sein Zwillingsbruder Botho trat ebenfalls in den wettinischen Hofdienst. Die enge Bindung an die Wettiner, die erst Ende des 1021

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MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 516; STREICH, Reiseherrschaft, S. 179. Gemeinsam mit seiner Frau, einem Sohn und einer Tochter hatte er bereits im Oktober 1475 die Kurfürstenwitwe auf einer Reise nach Bayern begleitet. Siehe zu den Herren von Bünau: KNESCHKE, AdelsLexicon, Bd. 2, S. 135–138; ŠUMAN, Herren von Bünau; DIETRICH/FINGER/HENNIG, Adel. Ein Sohn des Ritters Günther von Bünau auf Teuchern begleitete Herzog Georg von Sachsen 1518 als Knabe zum Reichstag, ein junger Bünau auf Meuselwitz findet sich 1524 unter den Junkern des Herzogs Johann von Sachsen und eine Katharina von Bünau war bis 1528 Hofjungfrau am Freiberger Hof. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 541, 547 und 606. RABELER/KURSAWE/ULRICH, Briefe, Nr. 20, S. 68 [vor 1496]. Vgl. LANGENN, Sidonie, S. 31. Hofmeisterin war Anna von der Sale, Schwester des Ernst von Miltitz. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 40 (Hofrechnung von 1514/1515). Zum Vergleich: Ernst II. von Schönburg (1486–1534) hatte an seinem Hofe zu Glauchau sechs adlige Hofjunker und sechs Edelknaben. ECKARDT, Glauchau, S. 87. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 34, 38, 41 und 76. GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 6, S. 491 [1502]: Diener uff u. g. h. zu wartenn: Wisunt von Ragwitz unnsers g. h. turknecht, Walnfels, Eyfflender, Pommer, Holsteter, Meckelburger, Hycke, Rechenberg, Enderleynn, Seyffridt barbirer, Bernhart harnischknecht, Krawß Caspar, Spieß stubenheyßer, der Peyer. RICHTER, Erziehungswesen, S. 2 und 16. RICHTER, Erziehungswesen, S. 6 und 17; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, Bd. 1, S. 328; STREICH, Reiseherrschaft, S. 178, mit Anm. 286. Dazu ausführlich unten S. 260–292. STOLBERG-WERNIGERODE/MÜLVERSTEDT, Geschichte des Hauses Stolberg, S. 505 f.; ADB 36, S. 333.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

15. Jahrhunderts zu beobachten ist, lässt sich als Strategie der Grafen von Stolberg deuten, durch die wettinische Vormachtstellung im mitteldeutschen Raum keinen Schaden zu nehmen.1030 Für den Hof der Fürsten von Anhalt gibt es aus der Zeit vor 1525 kaum Nachrichten über Edelknaben und deren Herkunft. Die Zerbster Ratschronik nennt für die Zeit um 1390 eine Mannschaft von sieben Rittern und einigen Knappen.1031 Graf Siegmund I. von Anhalt (1381–1405) unterhielt in Zerbst nach der Herrschaftsteilung mit seinem Bruder also einen verhältnismäßig bescheidenen Hof, an dem er jedoch ebenfalls junge Edelleute aufnehmen konnte. Als Siegmund 1403 das Schloss Parchen bei Genthin gewonnen hatte, fand er dort den blinden Herrn von Lüderitz und dessen zwölfjährigen Sohn. Den Letzteren nahm er in seine Dienste und brachte ihn nach Zerbst, wo der Junge als Kammerdiener seiner Gemahlin tätig war. Mit dem Verkauf des Schlosses Parchen wurde der junge Lüderitz allerdings wieder aus anhaltischen Diensten entlassen.1032 Möglicherweise wechselte er zu den Markgrafen von Brandenburg.1033 Die Verpflichtung, ihn an den Zerbster Hof zu holen, hatte sich vermutlich aus der Aneignung von Herrschaftsrechten ergeben, nicht aus verwandtschaftlichen oder vormundschaftlichen Beziehungen. Die in der Mark Brandenburg bestehende Auffassung, dass bestimmte Edelleute zu einem Schloss gehörten, wurde erst durch die hohenzollerischen Markgrafen bestritten, welche diese Edelleute unmittelbar der landesherrlichen Macht zu unterstellen suchten.1034 Aus dem dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammen die ersten schriftlichen Anfragen um eine Erziehung am anhaltischen Hof. Im Frühjahr 1526 schickte Bischof Dietrich von Brandenburg dem Fürsten Johann von Anhalt den Sohn des kurfürstlichbrandenburgischen Rentmeisters Nikolaus Thum,1035 der zuvor am Hof des Bischofs gedient hatte.1036 Der Rentmeister hatte sich in dieser Sache zuvor an Johanns Mutter Margarethe gewendet und ihr von seinem Sohn Bartholomäus berichtet, der siebzehn Jahre alt sei, recht aufgeschlossen und begierig, sich an einen Fürsten- oder Grafenhof zu begeben, um zu reiten und zu jagen.1037 Damit der Junge diesen jugendlichen Eifer zügeln lerne, solle er dem Wunsch des Vaters folgend an den Dessauischen Hof gehen, um dem Fürsten Johann zu dienen. Nebenbei gab der Rentmeister zu verstehen, dass 1030 1031 1032 1033

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BRÜCKNER, Grafen zu Stolberg, S. 128. WÄSCHKE, Zerbster Ratschronik, S. 21. Vgl. SIEBERT, Lehnbuch, S. 82. WÄSCHKE, Zerbster Ratschronik, S. 22; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 1, S. 444. Ein Kuno von Lüderitz war von 1421 bis etwa 1427 Hauptmann der Altmark und wird bereits 1414 als Getreuer der Hohenzollern genannt. RAUMER, Codex continuatus, Teil 1, Nr. 111 f., S. 136 f. (1421 Juli 7), Nr. 96, S. 127 (um 1425) und Nr. 20, S. 58 (1414 April 7). Vgl. PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 218 f. Nikolaus Thum war Rentmeister von 1505 bis 1539 und stammte vermutlich aus einer Berliner Familie. Siehe BECK, Hofpersonal, S. 20 f. mit Anm. 103 und 129. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 163, Bl. 24r (1526 Mai 31). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 2r (1525 Oktober 25). Siehe Quellenanhang Nr. 20.

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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sein Sohn nicht nur ein geschickter, sondern auch ein preiswerter Diener sein würde.1038 Margarethe tat dem Rentmeister den Gefallen, der sich im Übrigen recht bald schon auszahlte, denn durch Thums Vermittlung nahm der brandenburgische Kurfürst einen anhaltischen Edelmann an seinem Hof auf.1039 Bevor Bartholomäus Thum nun nach Dessau aufbrach, befahl ihm sein Vater, getreu und gehorsam zu sein. Die Fürstin und ihren Sohn ließ er wissen, sie könnten den Jungen nach ihrem Gutdünken erziehen und behandeln.1040 Gut ein Jahr später forderte er beide ausdrücklich auf, seinen „eigensinnigen“ Sohn zu strafen, ohne dabei anzusprechen, was sich dieser zu Schulden kommen lassen hatte.1041 1525 war es am Dessauischen Hof zu einem unerhörten Vorfall gekommen. Einer von Fürst Johanns adligen Dienern hatte ihm die Schlüssel entwendet, um mit dem Küchenjungen in den Keller einzubrechen und sich zu betrinken. Als beide entdeckt wurden, floh der Edelknabe und musste eingefangen werden. Da er aber weiterhin widerspenstig blieb und Johann sogar ins Trinkglas urinierte, wurde er schließlich zu seinem Vater zurückgeschickt.1042 Derartige Vorkommnisse gab es auch an anderen Höfen. Im Frauenzimmer der Kurfürstin von Brandenburg verrichtete 1518 ein junger Pole seinen Dienst, der vom Hochmeister des Deutschen Ordens gesandt worden war. Als herauskam, dass er den Kurprinzen, die Kurfürstin und ihren Hofmeister bestohlen hatte, wurde er ebenfalls zurückgesandt.1043 Die verwitwete Herzogin Katharina von Sachsen beklagte sich über einen Edelknaben, der unverschämte Worte gegen sie gerichtet hatte; ein anderer hatte anstößige Lieder vor ihrem Haus in Dresden gesungen.1044 Herzog Albrecht von Preußen entließ 1536 einen Edelknaben, weil sich dieser zu nichts anders dan zu schlahen […] und andern mutwilligen thaten bevlissen.1045 Solche und ähnliche Vorfälle dürften der Grund für manche Verordnung gewesen sein, die bei Hofe erlassen wurde. Die Zerbster Hofordnung von 1548 legte unter anderem fest, den Keller nur während der Mahlzeiten zu öffnen, sonst aber geschlossen zu halten und nach dem Schlaftrunk sorgsam mit dem Licht umzugehen.1046 Adligen wie nichtadligen Hofleuten war es verboten, auf dem Schloss eine Waffe zu zücken, sei es im Ernst 1038 1039 1040 1041

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Ebd. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 11r (1526 Juli 8). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 7r (1526 Mai 17). Siehe Quellenanhang Nr. 21. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 9r (1526 Juni 18): Ich bit e. f. g. wollen ir meinenn eygensynnigen szon lassen befolhen seyn, also das in e. f. g. lassen strafen, wan er es nicht recht macht. Diese Vorfälle teilte Fürst Johann seinem Bruder Georg mit, den er bat, nichts darüber nach außen dringen zu lassen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 4, Bl. 14r (1525 April 12). CDB 2, Bd. 6, Nr. 2480, S. 288 f. (1518 Juli 23). WEBER, Lebensgeschichte, S. 25 f. (1548 Juli 4) und 26 f. (1553 November 30). Herzog Albrecht von Preußen an Herzog Friedrich II. von Liegnitz, KRÄMER, Beziehungen, Nr. 201, S. 378 f. (1536 August 3). KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 25 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

oder im Scherz.1047 Hinter der Vorschrift zum Umgang mit Licht stand vermutlich die Erinnerung, dass durch die Unvorsichtigkeit eines Hofjunkers in einer Nacht des Jahres 1467 das Dessauer Schloss und danach die ganze Stadt in Flammen aufgegangen war.1048 Die meisten Nachrichten über die Edelknaben anhaltischer Fürsten beziehen sich auf Georg von Anhalt, der 1526 Dompropst von Magdeburg wurde und eine darauf ausgerichtete Erziehung erhalten hatte. Gleichwohl dürften auch Georgs Knaben die üblichen Dienste verrichtet haben. Im Oktober 1524 ließ Georgs Mutter Margarethe drei Jungen, nämlich Caspar Schlegel, Moritz Schlegel und Heinrich Mutzschen, für Georg einkleiden, nachdem dieser vom Studium in Leipzig an den Merseburger Bischofshof zurückgekehrt war.1049 Aus dem Ausgabenverzeichnis, das Georg von September 1524 bis September 1525 führte, ist zu erfahren, dass diese Knaben nicht nur Kleidung, sondern auch Geld für die Badestube und für die Beichte erhielten.1050 Geldzahlungen erhielten außerdem die Baccalaurei Michael Gruber und Urbanus Eckhard sowie der Magister Andreas Delitianus.1051 Bei Eckhard lernte Georg damals Hebräisch und wahrscheinlich unterrichteten diese Gelehrten zeitweilig auch seine Knaben. Im Mai 1525 wünschte der Bischof von Merseburg, dass Moritz Schlegel zurück zu seiner Mutter oder an einen anderen Ort gebracht würde. Die Mutter des Jungen hatte offenbar gehofft, dass er nach seinem Dienst bei Fürst Georg am bischöflichen Hof bleiben würde, was der Bischof jedoch ablehnte.1052 Er wollte, dass die Fürstin von Anhalt den Jungen nach Dessau holen ließ, um ihn dann der Mutter zu übergeben. Da Moritz voller Lerneifer war und die Grafen von Mansfeld gerade einen Reiter benötigten, schlug Margarethe vor, ihn zu diesen zu schicken, damit er reiten lerne.1053 Anfang Februar 1525 nahm Fürst Georg auch einen Sohn des Zerbster Bürgermeisters Johann Zalmsdorf als Edelknaben an, für den sich der Adlige Georg von Redern beim Bischof von Merseburg verwendet hatte.1054 Noch Ende 1527 werden Caspar 1047 1048 1049

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Ebd., S. 26. BECKMANN, Historie, Teil 3, S. 352; WÜRDIG, Chronik, S. 14. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 126r (1524 Oktober 28). Siehe auch Fürst Georgs Ausgabenverzeichnis von 1524/1525, ebd., Nr. 100, Bl. 23r. Beide Knaben haben in Merseburg keine Weihen erhalten. Siehe zur Familie Schlegel: BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 267; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 191 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 26v, 32v, 35v, 39v und 48v. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 26r und 27r; Bl. 28v, 33v, 34r, 36v, 40v. 44r. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 74r (1525 Juni 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 32r ([1525 Mai 25], Beizettel): Ich hab es auch mit Balczer Schleger balt ab ich wider von Osmunde kommen bin gesagt, das Morricz der ler munder wer, er solt es der mutter sagen. Siehe auch ebd., Georg III., Nr. 2, Bl. 69r (1525 Mai 27) und Bl. 64r (1525 Juni 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 7r (1525 Januar 6); ebd., Georg III., Nr. 1, Bl. 131v (1525 Februar 5); ebd., Adolf, Nr. 6, Bl. 91r (1525 Februar 5). Vielleicht handelt

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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Schlegel und ein Zalmsdorf als seine Jungen erwähnt.1055 Zu Beginn des Jahres 1527 schickte Georg seiner Mutter auf ihren Wunsch zwei Jungen zurück, die ihm eine Zeit lang gedient hatten, und von denen er meinte, sie hätten sich ihrem Alter entsprechend betragen.1056 Gleichzeitig werden zwei weitere Jungen erwähnt, einer aus Schlesien und einer aus der Familie Bose,1057 bei denen es sich um Georg Schlesier und Franz Bose1058 handeln muss, für die Fürst Georg 1527 Kleidung und Pergament kaufen ließ.1059 Der schlesische Edelknabe war sicherlich über Fürstin Margarethes Bruder, Herzog Karl von Münsterberg, nach Anhalt vermittelt worden. Möglicherweise ist er identisch mit dem Edelknaben, der im Herbst 1528 nach Oels zurückkehrte und von Karls Sohn Joachim angenommen wurde.1060 Franz Bose wurde erst im Mai 1527 endgültig als Edelknabe angenommen, als er nach Meinung seines Vaters und seiner Verwandten alt genug war, das man inen czihen und strafen soll.1061 Fürst Georg versicherte, der Junge werde dem Wunsch seiner Familie entsprechend durch Magister Georg Helt bestens unterrichtet.1062 Bereits Ende 1527 wollte auch der Dessauische Kanzler Paulus von Berge (1475– 1539) einen seiner Söhne zu Fürst Georg geben.1063 Im Mai des Folgejahres fragte er

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es sich um Nikolaus Zalmsdorf, der 1534 bei der Hochzeit von Fürst Johann IV. mit Margarethe von Brandenburg gemeinsam mit Franz Bose das Essen auftragen half, ebd., Johann IV., Nr. 46, Bl. 37r. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 93v (1527 Dezember 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 4, Bl. 18v (1527 Januar 23): So wirdt unser liebe frawe mutter e. l. [d. i. Georg] selbst schreiben, ein vas wein hinuberschicken und die zwene jungen holen lassen; LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 9v ([1527 Januar 31], Beizettel): Ich uberschick auch e. f. g. [d. i. Margarethe] ir begir nach die jungen, so ich ein zeitt lang gebraucht, des ich mich gegen e. f. g. underthenig bedanck, die sich irem alder nach zimlicher weis wol gehalden auch nicht ßunderlich gebrochen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 79v (1527 Januar 29). Im Sommer 1528 wurden sie wiederum nach Dessau geholt, um sie vor der Pest in Sicherheit zu bringen, ebd., Bl. 153r (1528 Juli 22): E. l. woln den magister und die knaben mitbringen. Woln wir die ein teyl vorschicken. Erwähnt bei SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, S. 53 und 64. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 55r und 60r. Weihnachten 1526 lassen sich gleichzeitig vier Edelknaben in Georgs Umgebung nachweisen, ebd., Bl. 56r. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 68r (1528 Oktober 29): Der Czedlych, der knab, ist auch von meynem zon Yochyn wyder anegnumen und bedancke mych keygen e. l., daß yn e. l. zolang beyg sych gehalden. Ein Nikolaus Zedlitz erscheint 1570 und 1572 als herzoglicher Rat und Landesmarschall in Schlesien. PFOTENHAUER, Adel, S. 358, mit Anm. 10. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 88r (1527 Mai 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 26r (1527 Mai 10): Desgleichen will ich von e. f. g. wegen den jungen gerne haben, szonderlich weil ich vormerck, das seyn eldern und vetter ien begern zwm besten zw halden werden, daran der mgr. seinen vleis nicht sparen wil. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 115r (1527 Oktober 16). Die nichtadelige Familie von Berge war um Dessau, Jeßnitz, Güsten und Bernburg

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IV. Höfische Erziehung um 1500

nochmals an, ob Georg seinen Sohn Franz (geb. um 1509) eine Zeit lang bei sich dulden wolle. Der Junge sollte dem Fürsten dienen und gehorsam sein und unter der Aufsicht des Magisters Georg Helt fleißig studieren, der ihn, wenn nötig, hart strafen durfte. Turnierkämpfe und das Bad im kalten Wasser sollte der Junge ausdrücklich meiden.1064 Gemeinsam mit Franz von Berge dienten und lernten 1528 die bereits genannten Franz Bose und Caspar Schlegel,1065 die Geldgeschenke für das Aufsagen von Vergiltexten erhielten.1066 Am Ende jenes Jahres war von ihnen nur noch der Sohn des Kanzlers bei Georg. Dafür waren aber Caspar Unrein aus Merseburg und Adolf von Wuthenau hinzugekommen.1067 Der Vater des Letztgenannten, Albrecht von Wuthenau, Amtmann zu Bernburg, war bereits Türknecht des Bischofs von Merseburg gewesen.1068 Caspar Schlegel ging im Juni 1529 nach Dessau zu Fürstin Margarethe, als sich deren Gesundheitszustand deutlich verschlechtert hatte.1069 Caspar Unrein und Franz von Berge ließen sich an der Universität Leipzig einschreiben.1070 Gemeinsam mit ihnen wurde dort

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begütert. Der Kanzler Paulus von Berge hatte aus zwei Ehen insgesamt 14 Kinder, von denen einige Söhne später hohe Stellen in der städtischen und fürstlichen Verwaltung einnahmen. Der vermutlich älteste Sohn aus erster Ehe, Paul (um 1507–1568), war in den 1560er Jahren mehrfach Bürgermeister von Dessau. Sein Halbbruder Lukas (gest. nach 1576) begann 1550 ein Rechtsstudium in Wittenberg und war danach fürstlicher Kanzleisekretär, Stadtvogt, Landrichter und zuletzt ebenfalls Bürgermeister von Dessau. Vgl. zur Familie von Berge: BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 373–378; WÜTSCHKE, Kanzler; DERS., Genealogie, S. 737; JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 95, 104. Kanzler Paulus von Berge an Fürst Georg von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 2v (1528 Mai 4): Fordert auch dazu auf, seinen Sohn durch den magister darumb strafen lassen und ruten nicht sparen, damit er zu ehren, zucht und redlichkeit gezogen. Vgl. WÜTSCHKE, Kanzler, S. 21. Siehe Quellenanhang Nr. 24. Alle drei wurden von Fürst Georg in diesem Jahr mit Stiefeln ausgestattet, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 70v (1528 Januar 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 74r. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 91r, 95v und 135r. Caspar Unrein war zuvor Edelknabe des Bischofs von Merseburg und diente Fürst Georg wenig später als Schreiber. STRUCK, Archiv, S. 39; HAEBLER, Bibliophilen, S. 54. Adolf von Wuthenau studierte 1543 in Frankfurt an der Oder. FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, S. 88; SCHMIDT, Wuthenau, Nr. 51, S. 36. COTTIN, Weihematrikel, S. 54; BUCHWALD, Matrikel, S. 109. Die Familie von Wuthenau stand im 14. und 15. Jahrhundert in enger Beziehung zur den Grafen von Lindow-Ruppin. Ein Jakob von Wuthenau war um 1500 Schildjunge des Grafen Joachim von Lindow-Ruppin gewesen. CDB 1, Bd. 4, S. 32. Auf der Hochzeit des Fürsten Johann von Anhalt im Jahre 1534 wartete ein Albrecht von Wuthenau an einem Tisch der Edelleute mit Getränken auf, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 46, Bl. 37v. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 6, Bl. 41r (1529 Juni 8) und Bl. 62r (1529 Juni 12). ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 599 f.; LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 104v. In einem undatierten Schreiben erwähnt Georg die Deposition seiner beiden Knaben, ebd., Nr. 6, Bl. 97r [1529]. Caspar Unrein wird noch von 1531 bis 1537 als Knabe und Diener des Fürsten erwähnt. Im Sommer 1535 begleitete er den Domherrn Joachim von Latdorf auf einer Gesandschaft nach Rom. Sein Bruder Basilius Unrein wurde ab 1533 von einem ungenannten Prä-

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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wahrscheinlich auch Adolf von Wuthenau durch den Magister Georg Helt unterrichtet. An diesen wandte sich Adolfs Bruder Albrecht, als er in den Dienst des Marschalls in Dessau treten wollte und dazu Fürst Georgs Hilfe benötigte. Der Fürst versprach die Bewerbung zu unterstützen, auch wenn Albrechts Bittbriefe recht unbeholfen gewesen sein müssen, denn einen davon gab Georg im Vertrauen seiner Mutter zu lesen, damit sie etwas zu lachen hätte.1071 Mutter und Sohn waren sich ihrer höheren Bildung offensichtlich bewusst, auch wenn sie sich gelegentlich nachsichtig zeigten. Der Kanzler Paulus von Berge setzte sich zum Beispiel für den Sohn des Michael Smed ein, den Fürst Georg zum Kopisten annehmen sollte, obwohl er noch nicht flüssig schreiben konnte.1072 Während in der fürstlichen Schreibstube Aus- und Weiterbildung stattfand, bekamen die Amtmänner von Plötzkau und Roßlau nur wenig später ausdrücklich erfahrene Schreiber zugewiesen, weil sie selbst kaum lesen und schreiben konnten.1073 Im Spätsommer 1534 trat der Dessauische Kanzler Paulus von Berge erstmals an Fürst Georg mit der Bitte heran, die Taufpatenschaft für seinen neugeborenen Sohn zu übernehmen.1074 Bereits einige Monate zuvor, als er in Angelegenheiten der Herrschaft zu einer mehrwöchigen Reise nach Berlin und nach Pommern aufbrechen sollte, hatte er den Fürsten ersucht, sich im Falle seines Todes um seine Frau und seine Kinder zu kümmern, so wie er sich einst um ihn und seine Brüder gekümmert habe, als sie noch unmündig waren.1075 Der Dienst für die jugendlichen Fürsten sollte sich nun also für die eigene Familie auszahlen und die Sorge des Herrn für die Kinder seines Dieners, das Dienstverhältnis für die Zukunft stärken. Selten gibt es Nachrichten über die Aufnahme von Hofjungfrauen in das Dessauische Frauenzimmer. Ende 1525 wurde Fürst Georg von seinem Gevatter Heinrich Hacke gebeten, sich bei Fürstin Margarethe dafür zu verwenden, Hackes etwa dreizehnjährige älteste Tochter ins Frauenzimmer zu nehmen, denn er habe gehört, dass Margarethe ihre

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zeptor, den Georg Helt vermittelt hatte, in Wittenberg unterrichtet, wo er im Juli 1535 an der Pest starb. CLEMEN, Helts Briefwechsel, Nr. 29, S. 27 (1531 November 24); Nr. 40, S. 33 (1532 April 24); Nr. 56, S. 42 (1533 Januar 6); Nr. 92, S. 65 (1534 April 14); Nr. 117, S. 79 ([1534] Oktober 12); Nr. 136, S. 90 (1535 März 12); Nr. 146, S. 94 f. (1535 Juni 30); Nr. 148, S. 97 f. (1535 Juli 12); Nr. 156, S. 101 (1536 Januar 16) und Nr. 175, S. 111 f. (1537 Oktober 15); LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 77v f. (1537 Oktober 17) und Bl. 89r (1537 Dezember 1). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 6, Bl. 60r (1529 Juni 26): Daruff er wider geschrieben, wie e. f. g. aus seiner hirinnen vorwarten schriftt vornehmen wirt, die ich e. f. g. hirmit im besten uberschicke, damit sie auch etwas zu lachen haben, mit der bedingung, das e. f. g. solchs (uff des es nicht seiner bitt nach ruchtbar werde) bey sich behalden wol und mir den brieff widerumb zuschicken. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 5r (1532 Februar 27, Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 6r (1532 September 11). Vgl. auch Bl. 73v (1534 November 20). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 31v (1534 September 9). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 42r (1534 März 21); WÜTSCHKE, Kanzler, S. 21.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Jungfrauen gut erziehen würde.1076 Da es Georg Unbehagen bereitete, dieser Bitte zu entsprechen, und er seiner Mutter versprach, derartige Wünsche künftig abzuschlagen, scheinen solche Anfragen gar nicht so selten gewesen zu sein, was wiederum darauf hindeutet, dass die Erziehung in Margarethes Frauenzimmer tatsächlich einen guten Ruf hatte.1077 Die Personen in der engsten Umgebung der fürstlichen Familie wechselten häufig und wurden zum Teil auch untereinander ausgeliehen. Wenn Knaben für den Hofdienst gebraucht wurden, so gab es eine Reihe von Empfehlungen. Von Fall zu Fall wurde entschieden, ob ein Knabe geeignet und alt genug war, um im Fürstendienst erzogen zu werden. Mitunter waltete auch der Zufall. Als Fürst Joachim etwa von einem Besuch in Dessau nach Dresden zurückkehren wollte, wurde einer seiner Knechte von einem Hund gebissen. Sein Bruder Georg, mit dem er den Weg bis Leipzig gemeinsam zurücklegte, lieh ihm daraufhin einen seiner Diener, Georg Nagel, der bei dieser Gelegenheit reiten lernen sollte.1078 Als um 1535 auf dem Dessauer Schloss die Doppelhochzeit der Töchter des Hofmeisters Johann Bose und des Roßlauer Amtmanns Ulrich Schlegel anstand, wurde eine Dienstordnung angefertigt, in der einige von denen, die den Gästen aufzuwarten hatten, mit Namen auftauchen: Ernst von Melwitz und Caspar von Drauschwitz, die Fürst Johann in Berlin gedient hatten,1079 und Franz Bose, der als Junge bei Fürst Georg gewesen war, führten die Hochzeitsgäste in ihre Unterkunft und halfen das Essen aufzutragen.1080 Unter denen, welche die Stablichter hielten, war ein Nikolaus von Schönberg.1081 Genannt werden auch ein „kleiner Pole“, ein Schlesier und zwei Preußen, die ebenfalls Stablichter hielten bzw. Tischdienst verrichteten. Eine vollständige Liste aller Edelknaben lässt sich aber nicht gewinnen. Manch ein Edelknabe blieb nur 1076 1077

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 52v (1525 November 9). Ihre Hofjungfrauen sind allerdings kaum namentlich bekannt: 1526 verheiratete sie Anna Star und ihre Gürteljungfrau Barbara Paulus. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 162r (1526 Februar 15). 1528 ist von einer Tochter des Georg Marschall zu hören, der im Jahr darauf einen Sohn bei Fürst Georg in Dienst gab. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 933, Bl. 5 (1528 Oktober 29) und Bl. 7r (1529 April 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 6, Bl. 32r (1529 Mai 9). Georg Nagel ist danach wieder dauerhaft in den Diensten des Fürsten Georg von Anhalt zu finden. CLEMEN, Helts Briefwechsel, Nr. 9, 18 f., 37, 149 und 164 (1531 bis 1536). Siehe unten S. 210 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 155, Bl. 5–8. Alle drei leisteten bereits 1534 bei der Hochzeit des Fürsten Johann von Anhalt ehrenvolle Dienste. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 46, Bl. 37 f. Möglicherweise Nikolaus von Schönberg (1513–1592), ältester Sohn des Anton von Schönberg (1480 bis vor 1554), Rat des Hochmeisters des Deutschen Ordens und der Herzöge Georg und Heinrich von Sachsen. Da Anton bei Herzog Georg im Jahre 1533 seines evangelischen Glaubens wegen in Ungnade fiel, konnte sein Sohn nicht mehr an dessen Hof unterkommen. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 88–115 und 126–129.

4. Von Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen

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kurze Zeit, andere ihr Leben lang in Verbindung zum Fürsten. Ähnlich war es am brandenburgischen und am wettinischen Hof. Im Umfeld der Fürsten von Anhalt lassen sich selbst um die Mitte des 16. Jahrhunderts nur wenige adlige Laufbahnen nachvollziehen, die nachweislich mit der Anstellung als Kammerdiener begonnen haben.1082 1528 wandte sich der Edelmann Krawinckel1083 aus dem Hochstift Merseburg an Fürst Georg mit der Bitte, ob dieser seine beiden Söhne – feyne kleyne knaben – an den Hof seiner Mutter oder seiner Brüder vermitteln könne.1084 Krawinckel wies darauf hin, dass er ein frommer und redlicher Mann sei und von dem verstorbenen Bischof Adolf einst hoch geschätzt wurde, was auch Georgs Bruder Joachim bestätigen könne. Da Fürst Georg wusste, dass ein Edelknabe seines Bruders das Alter erreicht hatte, um nicht länger als Edelknabe zu dienen, wollte er diese Bitte nicht ausschlagen. Ein Heinrich Krawinckel (gest. 1566) wartete Fürst Joachim 1532 tatsächlich mit Getränken auf, war 1542 Türknecht, 1551 Marschall und 1565/1566 Hofmeister.1085 Vielleicht war er zuvor gemeinsam mit Joachim auch am Hof in Dresden gewesen.1086 Der Dienst in der engsten Umgebung des Fürsten eröffnete gute Aufstiegsmöglichkeiten, die aber stets abhängig von fürstlicher Gunst blieben.1087 Dass es im 16. Jahrhundert ohne Fürsprecher und persönliche Beziehungen schwer geworden war, bei Hofe unterzukommen, zeigt eine Anfrage des Herzogs Philipp I. von Pommern (1515–1560) aus dem Jahre 1556. Philipp bat den Fürsten Karl von Anhalt als seinen Stiefbruder, den elternlosen Adligen Günther von Billerbeck zur Erziehung anzunehmen oder an einen anderen Hof zu vermitteln. Dabei wies der Herzog auf das adlige Herkommen der Familie und die besonderen Verdienste des verstorbenen Vaters hin.1088 Ob der Fürst von Anhalt dieser Bitte entsprach, ist nicht bekannt.

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Moritz (von) Rieder (gest. [1598]), 1566 und 1577 Hauptmann zu Bernburg. SCHRECKER, Beamtentum, S. 108 und Anhang 2, und JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 103 f. Johann (von) Knoche (gest. 1579), 1548–1553 Kammerjunker des Fürsten Joachim, 1565 Hofmarschall und 1577 Hauptmann zu Dessau. Sein Vater war bereits Hauptmann zu Warmsdorf gewesen, sein Bruder Hauptmann zu Wörlitz. JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 112. Ein Georg von Krawinckel starb 1544 als anhaltischer Rat, MÜLVERSTEDT, Anhaltischer Adel, S. 35. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 5, Bl. 28r (1528 Januar 26/27). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 281, Bl. 4v (1532); JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 79. Auf dem Augsburger Reichstag 1530 befand sich Heinrich von Krawinckel im Gefolge des Herzogs Georg von Sachsen. GAUHE, Adels-Lexicon, Teil 1, Sp. 830; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 5, S. 275. Vgl. PARAVICINI, Alltag bei Hofe, S. 15; LEIBETSEDER, Adlige Pagen, S. 609–611. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 22 (1556 Feburar 15). Siehe Quellenanhang Nr. 32. Vergleichbare Empfehlungsschreiben finden sich bei KRÄMER, Beziehungen, Nr. 237, S. 406 f. (1538 September 7), Nr. 272, S. 437 (1540 Oktober 4), Nr. 319, S. 468 (1544 Juli 31) und Nr. 334, S. 477 (1545 Dezember 16). Vgl. ebd. S. 198–200, und LEIBETSEDER, Adlige Pagen, S. 616 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

An den Höfen der Anhaltiner, der Hohenzollern und der Wettiner lassen sich an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert weitaus weniger adlige Zöglinge mit Namen fassen, als sich jeweils im Umfeld der Fürsten befunden haben müssen. Noch seltener ist Genaueres über die Umstände ihrer Aufnahme zu erfahren, da vieles über vertrauliche Gespräche ablief. Nach allem, was sich erkennen lässt, handelte es sich bei den Edelknaben, Hofjunkern und Hofjungfrauen an diesen Höfen in der Regel um die Söhne und Töchter des eingesessenen Adels, der bereits durch Lehnsbeziehungen gebunden war. Mitunter kamen fremde Adlige und selten auch Nichtadlige hinzu, die dem Fürsten von Verwandten, Verbündeten oder einflussreichen Hofleuten empfohlen worden waren. Die Rolle solcher Fürsprecher wurde dabei im Laufe des 16. Jahrhunderts anscheinend immer wichtiger.

5.

Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg (1484–1535)

Kurfürst Joachim I. hatte 1499 im Alter von nur fünfzehn Jahren die Herrschaft über die Mark Brandenburg angetreten und soll zu diesem Zeitpunkt bereits die lateinische, die französische und die italienische Sprache beherrscht haben.1089 Nachdem der Kölner Erzbischof befunden hatte, dass der Erbe der Kurwürde kein Kind mehr sei, nahm dieser auf dem Reichstag von 1500 seine Rechte ungehindert wahr, noch bevor er die Volljährigkeit erlangt hatte.1090 Spätere Chronisten berichten von vier Grundsätzen, die ihm sein Vater auf dem Sterbebett ans Herz gelegt haben soll: Gott vor allen anderen zu ehren, die Gerechtigkeit und Wohltätigkeit zu lieben, die Untertanen vor der Gewalt der Mächtigen zu schützen und den Adel im Zaum zu halten.1091 Obwohl es von Kurfürst Johann kein Schreiben gibt, das so oder so ähnlich lautet, scheinen diese Leitsätze nicht aus der Luft gegriffen zu sein. Vor seinem eigenen Tod erteilte jedenfalls auch Joachim seinen Söhnen Anweisungen, wie sie die Lande regieren sollten, die er ihnen dereinst hinterlassen würde.1092 Von seinem ältesten Sohn stammt dann das erste schriftlich festgehaltene politische Vermächtnis der Hohenzollern.1093 1089

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RENTSCH, Ceder-Hein, S. 432 f.; BRUNN, Catalogus, S. 47; KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 206; WAGNER, Kurfürst Johann, S. 47. Johannes Trithemius, der sich einige Zeit am Hofe des Kurfürsten Joachim I. aufgehalten hatte, sprach diesen als einen hochgebildeten Fürsten an. Trithemius, Opera, Bd. 2, S. 441, Nr. 8 (1505 Juni 20) und S. 531, Nr. 17 (1507 April 9). WAGNER, Regierungsantritt, S. 517. Hafftitz, Microcronicon Marchicum, S. 79; GARCAEUS, Successiones, S. 242; RENTSCH, CederHein, S. 434–439; LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 4–7; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 279 und 478. Vgl. DROYSEN, Preußische Politik, Teil 2, Abt. 2, S. 41; WAGNER, Kurfürst Johann, S. 64. CDB 3, Bd. 3, Nr. 302, S. 393–405 (1534 Oktober 22). KÜNTZEL/HAß, Politische Testamente, Bd. 1, S. 1–40.

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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Als Siebenjähriger war Markgraf Joachim 1491 nach Franken geschickt worden, um am Hofe der fränkischen Verwandten erzogen zu werden, Land und Leute kennen zu lernen und somit die familiäre Bindung zu erhalten.1094 Bei seiner Herrschaftsübernahme in der Mark sollte er sowohl mit den fränkischen als auch mit den brandenburgischen Besitzungen der Hohenzollern vertraut sein; eine Forderung, die auch an die wichtigsten Hofleute gestellt wurde. So forderte Markgraf Friedrich den Hofmeister Werner von der Schulenburg (gest. 1515)1095 im Jahre 1499 auf, ihm seinen Sohn zu schicken, damit dieser am fränkischen Hof etwas lernen und in Berlin später gute Dienste leisten könne.1096 Der von Friedrich zum Marschall bestimmte Henning von Arnim war um 1480 nachweislich in Franken erzogen worden und genoss seither großes Vertrauen.1097 Nach Joachims Herrschaftsantritt versuchte der vornehmlich aus märkischen Räten bestehende Vormundschaftsrat allerdings, die Einflussnahmen aus Franken gering zu halten. Markgraf Friedrich bedauerte gegenüber seinem Neffen im Frühjahr 1499, dass dieser nicht auf den Rat anderer hören und erst durch Schaden klug würde wie einst sein Vater.1098 Er beteuerte zwar, nachsichtig gegenüber jugendlichem Übermut zu sein, bestand aber darauf, dass er in weltlichen Angelegenheiten genauso gut Ratschläge erteilen könne wie jemand, der Bücher gelesen habe: Solts aber der weltt gelten, ich konnts als wol als einer, ders in büchern gelesen hett.1099 Dieser Satz könnte darauf hindeuten, dass Onkel und Neffe unterschiedliche Auffassungen vertraten, was die Befähigung zur Herrschaft anging. Während der alte Fürst vor allem auf die Erfahrung 1094 1095 1096

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SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 247. Siehe auch oben S. 157. Siehe zu ihm ADB 32, S. 674–676; SCHMIDT, Schulenburg, Teil 2, Nr. 64, S. 103–117. Markgraf Friedrich von Brandenburg an seinen Neffen Joachim. WAGNER, Regierungsantritt, Nr. 1, S. 519 bzw. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 296 (1499 April 9): Und befilh Werner, deim hofmeister, mein Wilhelm [d. i. Friedrichs jüngster Sohn (geb. 1498)] und sag im, das er mir sein sun bald schick. Es sind jetzt vil hofwerk vorhanden. So kann er etwas bei mir lernen. Wurd er dann gut, so wurd er euch beden [Joachim und seinem Bruder Albrecht] auch nutz. Welcher der drei Söhne des Werner von der Schulenburg gemeint ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, in Frage kommt am ehesten der spätere kurfürstliche Rat Jakob von der Schulenburg (gest. 1541). SCHMIDT, Schulenburg, Teil 2, Nr. 96, S. 153 f. Am 19. März 1499 teilte Markgraf Friedrich von Brandenburg dem Ritter Veit von Lentersheim mit, er habe Henning von Arnim zum Marschall des jungen Kurfürsten Joachim bestimmt, und fügte hinzu: Der ist bei unns erzogen, das er unns kennt und wir ine wider. WAGNER, Regierungsantritt, S. 513 mit Anm. 1. Der Brief ist gedruckt bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 298. Vgl. ebd. S. 288 und 482 sowie PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, S. 33, Anm. 4 (1481 Januar 24), wo einer von Arnim als Knabe erwähnt ist, der Briefe überbringen soll. WAGNER, Regierungsantritt, Nr. 1, S. 518 (1499 April 9): Aber, lieber Joachim, du bist deins vaters sun. Der glaubet leichtlich und fraget den andern nicht. Das wilt auch thun. Du mochst mich nit leyden. Das thet dein vater auch. Der musst mit schaden weyss werden. So wurdt dir auch gescheen. Got geb, das ich lieg. Leicht verändert gedruckt bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 294–296, hier S. 295. WAGNER, Regierungsantritt, Nr. 1, S. 519 (1499 April 9).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

setzte, selbst wenn er in geistlichen Angelegenheiten durchaus auf den Rat der Schriftgelehrten vertrauen wollte, unterstellte er Joachim, dieser wäre der Meinung, bereits all das gelernt zu haben, was nötig ist um zu herrschen. Ist dies der Umbruch vom allmählichen Hineinwachsen in Herrschaftsaufgaben hin zur Herrscherausbildung auf der Grundlage von Büchern? Oder spielten hier innerfamiliäre Streitigkeiten eine Rolle? Es ist schwer zu erkennen, welche Gegensätze hier aufeinander trafen. Wollte Joachim tatsächlich keinen Rat von einem „ungebildeten“ alten Fürsten annehmen oder stand er nicht vielmehr unter dem Einfluss derjenigen Gruppe von Ratgebern, die es nicht gern sahen, dass die Mark Brandenburg von Franken aus regiert wurde? In Berlin wurde jedenfalls verkündet, der junge Fürst sei, obwohl noch nicht volljährig, kein kind, sonder gewachsen, und selbst wenn er nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres nicht ohne seinen Onkel herrschen konnte, sollte dieser als Vormund nicht den Titel eines Kurfürsten führen dürfen.1100 Im Vordergrund stand bei alledem also die Frage, wie groß der fränkische Einfluss am Berliner Hof durch Friedrichs Vormundschaft sein würde. Im Frühjahr 1499 hatte sich Markgraf Friedrich vertraulich an einen Geistlichen am Berliner Hof gewandt, der darauf achten sollte, dass Joachim nicht zu eigenwillig handelte.1101 Als beide Fürsten im Jahre 1500 den Reichstag in Augsburg besuchten, war von Meinungsverschiedenheiten jedoch nichts mehr zu hören.1102 Auffällig ist nur, dass Joachim seine Kinder nicht mehr zur Erziehung an den Hof der fränkischen Verwandten schickte, was nicht allein darauf zurückzuführen sein dürfte, dass es in der Mark ab 1506 eine Landesuniversität gab, von der akademisch geschulte Lehrer an den Hof gezogen werden konnten.1103 Bereits Joachims Bruder Albrecht verbrachte seine Kindheit vorwiegend auf Schloss Neukölln.1104 Um 1500 war die Herrschaft der Hohenzollern in der Mark soweit gefestigt und vom eingesessenen Adel anerkannt,1105 dass sich eine unabhängige Hofkultur entfalten konnte. Von Chronisten wurde Kurfürst Joachim seiner Bildung und Tugendhaftigkeit wegen hoch gerühmt.1106 Wahrscheinlich verfügte er tatsächlich über Kenntnisse der lateini1100

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Bericht des Ritters Wolf Gotzmann, Gesandter an den Erzbischof von Mainz (1499 März). SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 301. Siehe zur Auseinandersetzung um den Titel ebd., S. 296–308 und WAGNER, Regierungsantritt, S. 514–517. Markgraf Friedrich forderte diesen Geistlichen auf, Joachim alls ainem jungen fursten, der aus seinem kopf handelln will, Einhalt zu gebieten. WAGNER, Regierungsantritt, S. 516 und Nr. 1, S. 520 (1499 April 9); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 294 und 481. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 318. Vgl. dagegen SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 337 f. VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 194; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 23. Vgl. PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 230 f. Hafftitz, Microcronicon Marchicum, S. 79 f.; Trithemius, Annales Hirsaugienses, S. 630 f. Der Beiname „Nestor“ findet sich zuerst bei dem Dichter Georg Schuler alias Sabinus (1508–1560), WAGNER, Kurfürst Johann, S. 47. Auch moderne Geschichtsschreiber lobten Joachims geistige

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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schen Sprache, die er aber erst im Laufe seiner Herrschaft verfeinerte.1107 Ruhm in der Welt der Gelehrten hat er sich vor allem mit der Gründung der Universität in Frankfurt an der Oder verdient, um die sich bereits sein Vater bemüht hatte.1108 Gelegentlich ist sogar behauptet worden, er habe selbst eine Universität besucht.1109 Auch von seinem jüngeren Bruder Albrecht, dem späteren Erzbischof von Magdeburg und Mainz, wurde angenommen, er habe in Frankfurt studiert, obwohl es dafür keinen Nachweis gibt.1110 In den Universitätsmatrikeln taucht Albrechts Name nicht auf,1111 doch hielt er seit Anfang 1509 eine Pfründe des Magdeburger Domstifts,1112 wozu er eigentlich ein dreijähriges Universitätsstudium hätte nachweisen müssen.1113 Eine im Jahre 1991 wiederentdeckte Urkunde lieferte den Beleg, dass für den knapp 23jährigen Albrecht 1513 eine päpstliche Erlaubnis eingeholt wurde, auch ohne Studium ins Magdeburger Domkapitel aufgenommen zu werden.1114 Albrecht von Brandenburg hatte also kein Universitätsstudium durchlaufen, sondern war hauptsächlich bei Hofe unterrichtet worden. Als seine Lehrer und Erzieher werden neben den gelehrten kurfürstlichen Räten Caspar von der Schulenburg (gest. 1527)1115

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Eigenschaften und Fähigkeiten in den höchsten Tönen. Siehe etwa HAVEMANN, Elisabeth, S. 1 f.; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 293. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 261 f. BAUCH, Anfänge, S. 6 f. GREDY, Kardinal-Erzbischof Albrecht, S. 1. Zuerst bei MAY, Albrecht, Bd. 1, S. 15 und 327. Bei ROESGEN, Kardinal Albrecht, S. 11, wurde Markgraf Albrecht zuerst am brandenburgischen Hof erzogen, ohne in den ritterlichen Künsten ausgebildet zu werden, und besuchte dann die neugegründete Viadrina, wo er angeblich als lernbegieriger und fleißiger Student galt. Vgl. RINGEL, Studiendispens, S. 37, Anm. 2. FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1; VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 197, Anm. 31; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 23. WENTZ/SCHWINEKÖPER, Erzbistum Magdeburg, Bd. 1,1, S. 559. Das entsprechende Statut von 1458 forderte außerdem den Nachweis adliger Herkunft, LHASA Magdeburg, Rep. U 1, Tit. XIX, Nr. 62 (1458 September 25). Es wurde mehrfach päpstlich bestätigt, zuletzt von Leo X., LHASA Magdeburg, Rep. U 1, Tit. XIX, Nr. 61 (1514 Januar 5); HERGENRÖTHER, Regesta, Bd. 1, Nr. 6065, S. 386; WENTZ/SCHWINEKÖPER, Magdeburg, S. 116. Vgl. RINGEL, Studiendispens, S. 39. LHASA Magdeburg, Rep. U 1, Tit. IV, Nr. 33 (1513 Mai 6), gedruckt bei RINGEL, Studiendispens, S. 47 f. Vgl. schon WEBER, Domkapitel, S. 28. In den geistlichen Stand war Albrecht erst im März 1513 getreten. CDB 1, Bd. 11, S. 130 f. (1513 März 21); FIDICIN, Beiträge, Teil 4, S. 225; HUCH, Regesten, Nr. 83, S. 77. HARTMANN, Reichserzkanzler, S. 13 und 16. MAY, Albrecht, Bd. 2, S. 532, bezeichneten Caspar von der Schulenburg lediglich als Freund und Hofmarschall Albrechts. Vgl. VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 195. SCHMID, Schulenburg, Teil 2, verzeichnet keinen Caspar von der Schulenburg, der 1527 gestorben ist. In Frage kommen eher der kurfürstliche Rat Werner (gest. 1515) oder Dr. Dietrich von der Schulenburg (gest. 1524), Propst zu Cölln an der Spree, ebd., Nr. 64, S. 103– 117 bzw. Nr. 89, S. 147 f. Siehe zur Stellung des zuletzt Genannten bei Hofe SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 354–356.

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und Eitelwolf vom Stein (um 1465–1515)1116 auch die Frankfurter Humanisten Konrad Wimpina (um 1460–1531),1117 Johannes Rhagius Aesticampianus (1457–1520)1118 und Johann Lindholz aus Müncheberg (gest. 1535)1119 genannt.1120 Diese Männer mögen gewiss nicht ohne Einfluss auf den künftigen Erzbischof gewesen sein,1121 den Unterricht werden sie aber ebenso wenig geleitet haben wie der Rechtsgelehrte Johann Blankenfeld (gest. 1527).1122 Er, der bei Hofe in der Tat großes Ansehen genoss, war vornehmlich mit dem Aufbau der Frankfurter Juristenfakultät und mit diplomatischen Aufträgen beschäftigt. Johannes Trithemius (1462–1516), den Joachim I. immerhin als seinen berühmtesten und geliebtesten Lehrer bezeichnete,1123 weilte 1505/1506 nur kurze Zeit am brandenburgischen Hof und wird kaum mit den Aufgaben eines Prinzenerziehers betraut worden sein.1124 Sicher ist, dass die Sorge für Albrechts standesgemäße Erziehung bei seinem Bruder, dem Kurfürsten, lag, der sich hierbei von dynastischen Interessen leiten ließ. Die Ent1116 1117 1118 1119

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FALK, Hofmarschall. NEGWER, Wimpina; BÄUMER, Wimpina. Bei FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, nicht genannt. Siehe zur Person: LACHMANN, Johannes Rhagius Aesticampianus. Johann Lindholz war nach dem Studium in Leipzig nach Frankfurt an der Oder gekommen und wurde 1506 zum ersten Dekan der Artistenfakultät gewählt. Unter seinem Rektorat 1509/1510 wurden die ersten Universitätsstatuten erarbeitet. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 357 und Bd. 2, S. 308 und 359; FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, S. 5, 25 und 52; BAUCH, Anfänge, S. 22, 37, 87–90. MAY, Albrecht, S. 15; VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 195; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 23; GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 13; WALTER, Albrecht, S. 66. In der Studiendispens ist allgemein nur von „Doktoren“, „Magistern“ und „anderen gelehrten Männern“ die Rede. RINGEL, Studiendispens, S. 48. Von Eitelwolf vom Stein ist immerhin bekannt, dass er später Ulrich von Hutten an Albrechts Mainzer Hof einführte. BÖCKING, Opera, Bd. 1, S. 40–45 (1515 Juni 13); FALK, Hofmarschall, S. 875. Johann Lindholz pflegte nachweislich Beziehungen zu Fabian Funck, dem Lehrer des Kurprinzen Joachim. BAUCH, Anfänge, S. 79. Vermutung bei RINGEL, Studiendispens, S. 42 und 45. Johann Blankenfeld entstammte einer Berliner Kaufmannsfamilie und wurde 1514 Bischof von Reval, 1518 Bischof von Dorpat und 1524 Erzbischof von Riga. In Bologna zum Doktor beider Rechte promoviert (1503), war er im Herbst 1505 nach kurzer Lehrtätigkeit in Leipzig an die neu zu gründende Universität in Frankfurt an der Oder berufen worden. 1509 wurde er Assessor am Reichskammergericht. Seit 1512 hielt er sich als Generalprokurator des Deutschen Ordens in Rom auf, nachdem er bereits 1507/1508 im Auftrag Joachims I. und seines Bruders mit der Kurie verhandelt hatte. RAUMER, Codex continuatus, Teil 2, Nr. 39, S. 250 (1505 Oktober 4); KNOD, Index, Nr. 335, S. 48 f.; ERLER, Matrikel, Bd. 2, S. 38; FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, S. 6 und 17; BAUCH, Anfänge, S. 7, 17, 27 und 64– 68; RINGEL, Studiendispens, S. 41 f. und die Biographie von SCHNÖRING, Johannes Blankenfeld. Kurfürst Joachim I. von Brandenburg an Johannes Trithemius, Trithemius, Opera, Bd. 2, S. 441, Nr. 7 (1505 Juni 11): praeceptor celebratissimus; S. 526, Nr. 14 (1507 Januar 17): amantissimus praeceptor; S. 532, Nr. 19 (1507 Mai 28): pater amantissimus. Siehe auch JACOBI, Flucht, S. 156; MÜLLER, Verhältnis; BAUCH, Anfänge, S. 4 und 54. Siehe zum Aufenthalt des Johannes Trithemius in Berlin ARNOLD, Johannes Trithemius, S. 206 f.

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scheidung für Albrechts geistliche Laufbahn war anscheinend erst endgültig, als dem Kurfürsten 1505 ein männlicher Erbe geboren war. 1499 hatte jedenfalls auch Albrecht von seinem Onkel Stechzeug und Harnisch zugeschickt bekommen,1125 was darauf hindeutet, dass seine höfische Erziehung ritterliche Übungen einschloss. Am 26. April 1506, dem Tag, an dem die erste märkische Landesuniversität feierlich eröffnet wurde, empfing Albrecht dann durch den Bischof von Lebus in der Frankfurter Marienkirche die niederen Weihen.1126 Allerdings blieb er weiterhin an der Herrschaft beteiligt, denn noch bis zu dem Jahr, in dem er Erzbischof von Magdeburg wurde, erscheint er als Mitaussteller kurfürstlicher Urkunden.1127 Dementsprechend war er vermutlich in der Philosophie, Rhetorik und beiden Rechten unterwiesen worden.1128 Vom Februar 1510 bis Anfang 1512 weilte er als Domizellar in Mainz, wohin ihn sein Hofmeister Dietrich von Dieskau begleitete, der dem Kurfürsten über Albrechts geistliches Wesen und hohes Ansehen berichtete.1129 Während die Lehrer des Markgrafen Albrecht nicht mit letzter Sicherheit zu bestimmen sind, wurden die Lehrer seines Neffen, des Kurprinzen Joachim (1505–1571), nachweislich von der Landesuniversität in Frankfurt an der Oder an den Hof berufen. Nachdem der möglicherweise als Prinzenerzieher vorgesehene Humanist Gregor Schmerlin alias Publius Vigilantius Arbilla 1512 ums Leben gekommen war, bevor er seine Stelle hatte antreten können,1130 wurde der Theologe Johann Negelin (gest. 1539) zum Erzieher des Kurprinzen bestimmt. Negelin stammte aus dem fränkischen Gunzenhausen, hatte ab 1491 in Leipzig studiert und kam 1506 an die neugegründete Frankfurter Universität, wo er bereits im Wintersemester 1507 Dekan der Artistenfakultät und 1510 Rektor wurde.1131 Obwohl er in der Gelehrtenwelt offenbar einiges Ansehen genoss, sind von ihm keine Schriften bekannt. Dass bei der Suche nach einem geeigneten Prinzenerzieher die Wahl auf ihn fiel, ist vermutlich auf frühere Beziehungen zum Hof und auf Empfehlungen zurückzuführen, die im Einzelnen nicht nachweisbar sind.1132 Auf die Anstellung am Hofe war er stolz, denn als er 1520 erneut das Rektorat über1125

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Markgraf Friedrich von Brandenburg an seinen Neffen Joachim. WAGNER, Regierungsantritt, Nr. 1, S. 518 (1499 April 9). Aus dem Schreiben geht auch hervor, dass Friedrich der Taufpate des Markgrafen Albrecht war. BAUCH, Anfänge, S. 23; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 342; VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 196 f. VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 194, Anm. 25; HEINRICH, Kurfürst Joachim, S. 338; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 23; GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 13. GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 13. Hofmeister Dr. Dietrich von Dieskau an Kurfürst Joachim I. von Brandenburg (1510); MEHL, Erzbischofswahl, S. 71; VOLZ, Erzbischof Albrecht, S. 197; BRÜCK, Kardinal Albrecht, S. 257; JÜRGENSMEIER, Kardinal Albrecht, S. 24. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 343–346. Vgl. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 385; BAUCH, Decanatsbuch, S. 29; FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, S. 3: magister Johannes Nagelen de Guntzenhausen (1506) und S. 27 (1510). Vgl. BAUCH, Anfänge, S. 48 und 85. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 346.

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nahm, vermerkte er im Matrikelbuch seine ehemalige Tätigkeit als Prinzenerzieher.1133 Negelin dürfte den jungen Markgrafen Joachim also von 1513 bis 1520 unterrichtet haben. 1516 ist er außerdem als Hofprediger am Kollegiatstift St. Erasmus in Cölln an der Spree erwähnt.1134 Es ist anzunehmen, dass er vor allem Religions- und Lateinunterricht erteilte, denn an seiner Seite wirkte der Rechtslehrer Fabian Funck (gest. nach 1552),1135 der später als Propst von Berlin und kurfürstlicher Rat auftaucht.1136 Von Funck, der als „ein halber Humanist und ein halber scholastischer Philosoph“ bezeichnet worden ist,1137 sind nur wenige Schriften nachweisbar, doch ist bekannt, dass er sich mit Mathematik und Astrologie beschäftigte. Möglicherweise wurde er als Lehrer durch den Astrologen Magister Johannes Cario aus Bietigheim (1499–1538) abgelöst, der bereits vor 1522 eine Anstellung als Hofastronom erhalten haben muss,1138 und Joachim eine Weltchronik widmete. Erzieher von Joachims Vater kann Cario aber schwerlich gewesen sein, obwohl jener große Stücke auf ihn hielt.1139 Die Prinzenerzieher des brandenburgischen Hofes kamen ab 1506 von der Landesuniversität, an die sie nach Erfüllung ihrer Aufgabe zurückkehren und von der sie wieder an den Hof gerufen werden konnten, wenn man ihrer Dienste bedurfte. Als Prinzenerzieher wurden sie anscheinend jedoch kein zweites Mal bestellt. Für seinen jüngeren Sohn Johann wählte Kurfürst Joachim II. 1536 Dr. Bartholomäus Rademann und Dr. Nikolaus Meißner.1140 Auch am kursächsischen Hof hatten die fürstlichen Brüder Johann Wilhelm (geb. 1530) und Johann Friedrich III. (geb. 1538) unterschiedliche

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FRIEDLÄNDER, Matrikeln, Bd. 1, S. 56 (1520): Ego Johannes Negellein ex Guntzenhausenn Eystettensis diocesis, […] iam perfunctus officio pedagogatus illustrissimi principis Joachimi iunioris, marchionis Brandenburgensis […]. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 348 und 502. Fabian Funck stammte aus Haynau in Schlesien und hatte seit dem Wintersemester 1499/1500 in Krakau studiert, wo er 1502 zum Baccalaureus promoviert wurde. Den Magistergrad erwarb er 1507/1508 in Frankfurt an der Oder. Danach wendete er sich dem Studium der Rechte zu und wurde 1514 Lizentiat. Zum Jahre 1511 ist er als erster Notar der Viadrina bezeugt. Später erwarb er auch den Doktorgrad. Seine Domherrenstelle in Havelberg gab er 1550 auf. CDB 1, Bd. 10, S. 365 (1520); Bd. 15, S. 507 (1521); Bd. 10, S. 374 (1535); CDB 3, Bd. 3, S. 406, 410, 411 (1535); S. 487 (1540); CDB 1, Bd. 3, S. 142 (1543); Bd. 17, S. 412 (1549); Bd. 3, S. 203 (1550 Oktober 25); Bd. 20, S. 335 (um 1550) und Bd. 1, S. 383 (1552). Vgl. BAUCH, Anfänge, S. 29, 47, 67 und 121 f.; ADB 49, S. 212 f.; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 351–356; BECK, Hofpersonal, S. 21 mit Anm. 94. HAß, Hofordnung, S. 21; Meiemburg, Oratio, S. 14; REINECCIUS, Origines, S. 40; LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 19 (hier mit dem Vornamen Johannes); GARCAEUS, Successiones, S. 257 f.; HILDESHEIM, Narratio, S. 6 f. Vgl. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 350 f. und 502; HINTZE, Hof- und Landesverwaltung, S. 226 f. BAUCH, Anfänge, S. 90. ZIEGLER, Chronicon Carionis, S. 3. Vgl. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 356 f. LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 18. LEUTHINGER, Commentarii, Buch 4, S. 147; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 352.

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Prinzenerzieher.1141 Johann Stocker, der ehemalige Lehrer und Rat des Markgrafen Johann, scheint von Joachim I., nachdem dieser die Regierung übernommen hatte, sogar überhaupt nicht mehr in Dienst genommen worden zu sein.1142 Obwohl sämtliche Lehrer einen akademischen Hintergrund hatten, verlief die Erziehung am brandenburgischen Hof zunächst in gewohnten Bahnen. Erzieherische Aufgaben nahm weiterhin der Hofmeister wahr. Als solcher wurde 1505, dem Jahr der Geburt des Kurprinzen, Heinrich Röder angenommen, der seine Hoflaufbahn wahrscheinlich als Tischdiener bei Katharina von Brandenburg begonnen hatte.1143 In seinem Hofmeisteramt sollte er zunächst dem jüngeren Bruder des Kurfürsten besonders dienlich sein. Ebenfalls im Jahre 1505 wurden ein Jungfrauenknecht, ein Torwärter und ein Schenk für das Frauenzimmer vereidigt.1144 1512 nahm der Kurfürst Curt von Runtdorf zum Türknecht an1145 und 1519 wurden nochmals mehrere Hofdiener angenommen und vereidigt, die ihren Dienst in der engsten Umgebung des Kurprinzen verrichten sollten.1146 Diese Veränderungen der Dienerschaft deuten auf den zeitlichen Rahmen hin, in dem Joachims höfische Erziehung verlief, denn sie stimmen überein mit den bekannten Einschnitten im siebten bzw. vierzehnten Lebensjahr. Als kurfürstliche Kammerdiener begegnen bereits 1505 Heinrich (gest. vor 1528) und Barthold (gest. 1558) von Flans, die 1512 ebenso an dem großen Turnier in Neuruppin teilnahmen,1147 wie Georg von Kaphengst, der 1516 als Kammerdiener erwähnt ist.1148 Über den Inhalt des Unterrichts lässt sich wie so oft nur wenig sagen. Großer Wert lag offenbar noch immer auf ritterlichen Kampfübungen. Ob der Kurprinz bereits im Alter von sieben Jahren dem soeben genannten Turnier beiwohnte, das sein Vater in Neuruppin veranstaltete und das von dem Humanisten Gregor Schmerlin alias Publius Vigilantius Arbilla von der Universität in Frankfurt an der Oder glanzvoll beschrieben

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Siehe unten S. 308. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 533. CDB 3, Bd. 3, Nr. 137 (1505 Mai 7); AHRENS, Residenz und Herrschaft, S. 142; BECK, Hofpersonal, S. 19. Siehe auch oben Anm. 994. Simon Keller, Gorec Schultze und ein Ungenannter, CDB 3, Bd. 3, Nr. 150, S. 176 f. (1505 Oktober 11 und 13). CDB 3, Bd. 3, Nr. 187, S. 216 (1512 November 13). CDB 3, Bd. 3, Nr. 241, S. 286 (1519): Bartolomeus Wilcke ist zw der jungen herschafft muntkoch auffgenohmen und darzw pfflicht unnd eyd gethan. CDB 3, Bd. 3, Nr. 145, S. 172 (1505 November 11); WAGNER, Ruppin, S. 114. Neben den beiden Flans werden auch Johann Bernefelde und Bernhard Ramseyder als kurfürstliche Kammerdiener genannt. Heinrich von Flans wird von 1515 bis 1519 als Hauptmann von Salzwedel genannt und 1528 als verstorben bezeichnet. Sein jüngerer Bruder Barthold erhielt 1512 das Amt Angermünde, das er noch 1554 innehatte; FLANß, Regesten, S. 21 und S. 44 f.; GAUHE, Adels-Lexicon, Teil 1, Sp. 533 f.; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 3, S. 272. CDB 3, Bd. 3, Nr. 221, S. 260 (1516 Januar 6). Vgl. KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 5, S. 23.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

wurde, ist nicht sicher.1149 Kaiser Maximilian ließ für den Knaben erst im Jahre 1516 eine Rüstung anfertigen.1150 Bereits ein Jahr darauf ist von einem Turnierkampf mit dem etwa gleichaltrigen Fürsten Johann von Anhalt zu hören.1151 Der Kurprinz selbst bezeichnete allerdings das Turnier, das am 11. November 1521 aus Anlass der Verlobung seiner Schwester Anna (1507–1567) mit dem Herzog Albrecht von Mecklenburg abgehalten wurde, als das erste Stechen, an dem er teilgenommen habe.1152 Zu dieser Schwester Anna hatte Joachim anscheinend ein sehr enges Verhältnis, denn auf sein Anraten hin soll sie 1521 das Klosterleben aufgegeben haben, um den mecklenburgischen Herzog zu heiraten.1153 Aus den Briefen, die sie später in großer Not an ihn schrieb, geht hervor, welch großes Vertrauen sie zu ihrem Bruder hegte.1154 Ihren ältesten Sohn Johann Albrecht sandte sie zur Erziehung an seinen Hof.1155 Auch mit Elisabeth (1510–1558), seiner jüngeren Schwester, unterhielt Joachim später regen Briefwechsel.1156 Über das Verhältnis zu den anderen Geschwistern Margarethe (1511– nach 1577) und Johann (1513–1571) gibt es dagegen keinerlei Nachrichten. Lobredner des 16. Jahrhunderts bescheinigten Kurfürst Joachim II. beste Veranlagung und Ausdauer, einen scharfen Verstand und ein freundliches Wesen,1157 dazu eine ausgeprägte Vorliebe für den Kirchengesang.1158 Andererseits wird berichtet, dass er bis zum zehnten Lebensjahr merklich gestottert habe, was ihm sein Lehrer Fabian Funck

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WAGNER, Ruppin, S. 109; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 375. Die lateinische Beschreibung des Turniers ist Bischof Dietrich von Lebus gewidmet, der dem Spektakel selbst nicht beigewohnt hatte. Sie stütz sich auf einen deutschen Bericht aus der Feder des kurfürstlichen Rates und Hofrichters Johann Schrag, der als Kampfrichter eingesetzt war: Publius Vigilantius Arbilla (gest. 1512), Bellica progymnasmata a divo Joachimo sacri Romani imperii septemviro marchione Brandeburgensi et Heinrico Magnopolitano duce Novirupini celebrata, Frankfurt an der Oder [um 1515]. Kaiser Maximilian I. an den Plattner Konrad Seusenhofer (1516 Dezember 12); SCHUSTER/ WAGNER, Jugend, S. 372 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 163, Bl. 5r ([1517 April 24], Beizettel). CDB 3, Bd. 3, Nr. 249, S. 295; LISCH, Anna, Anlage Nr. 4, S. 59 (1521 Oktober 25); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 373. Den künftigen Schwager bat Joachim, hierbei sein Rüstmeister zu sein. Markgraf Joachim II. von Brandenburg an Herzog Albrecht von Mecklenburg, LISCH, Anna, Anlage Nr. 3, S. 58 (1521 Mai 19) und S. 6. Vgl. Slagghert, Chronik, S. 114 f. GStA PK Berlin, Rep. 131 K 75 O2, Nr. 1, Bl. 6r f. (1541 Februar 27): und weys got, das ich keynen menschen auff erden hab, da ich mych mer ere und guttes czu vorsehe; ebd. Bl. 21 (1547 April 4); LISCH, Anna, Anlage Nr. 11, S. 67–69. [1559 Januar]. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 326. GStA PK Berlin, Rep. 131 K 75 O2, Nr. 4; HAVEMANN, Elisabeth; TSCHACKERT, Herzogin Elisabeth. Meiemburg, Oratio, S. 14 f.; LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 23; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 360 f. Creusing, Fürstenchronik, S. 192 und 168.

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mit einiger Mühe durch ständige Sprechübungen abgewöhnen konnte.1159 Später soll er die lateinische Sprache besonders gut beherrscht, Sprachwettübungen mit Altersgenossen gemacht und gelehrte Reden gehalten haben.1160 Eigenhändige lateinische Schriften sind von ihm allerdings nicht überliefert;1161 wie auch von seinem Lerngenossen Johann von Anhalt (1504–1551), der sich lateinische Texte später durch Hofgeistliche übersetzen ließ.1162 Kurprinz Joachim von Brandenburg wurde gemeinsam mit gleichaltrigen Fürsten und Adligen am väterlichen Hof erzogen.1163 Genannt wurde bereits der Fürst Johann von Anhalt. 1516 befand sich angeblich auch ein Sohn des Herzogs Friedrich von Holstein am kurbrandenburgischen Hof.1164 Weitere Namen sind nicht bekannt. Die Überlieferung erlaubt es aber, den Aufenthalt des Fürsten von Anhalt näher zu beleuchten und die höfische Erziehung aus seinem Blickwinkel zu betrachten. Gegenüber den übrigen adligen Gefährten des Kurprinzen nahm Johann eine herausragende Stellung ein. Als der Kurprinz 1523 vom Nürnberger Reichstag die Heimreise antrat, ritt Johann an seiner linken Seite.1165 Es ist nicht genau zu ermitteln, wann Johann von Anhalt an den brandenburgischen Hof kam, zumal es auch über seine frühen Kinderjahre am elterlichen Hof kaum Nachrichten gibt. Angeblich war er als Zweijähriger anwesend, als sein Vater Ernst den Grundstein zum Neubau der Dessauer Schloss- und Stadtkirche St. Marien legte.1166 Dies deutet darauf hin, dass auch er von Kindesbeinen an auf herrschaftliche Aufgaben vorbereitet wurde. Aus den wenigen eigenhändigen Briefen, die von seinem Vater erhalten sind, geht hervor, dass dieser um das Wohl seiner engsten Familienangehörigen sehr besorgt war.1167 Als er im Mai 1514 dem Einzug des Erzbischofs von Magdeburg 1159 1160 1161

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LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 26; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 361. LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 31; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 367. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 368. Für den Unterrichtsgebrauch des Kurprinzen sollen die „Praecepta astrologica“ eines gewissen Nanno ins Deutsche übersetzt worden sein, doch war diese Übersetzung bereits um 1900 nicht mehr auffindbar. In der Vorrede soll der Kurprinz zum fleißigen Lernen aufgefordert worden sein. Hildesheim, Narratio, S. 2–5; [Anonym], Zur Geschichte, S. 408; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 337. Dies erwähnt Johanns Bruder Georg in einem Schreiben an seine Mutter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 5, Bl. 12r (1528 Dezmber 9). Meiemburg, Oratio, S. 13; Hildesheim, Vitae, S. 8; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 327 (ohne Nachweise). SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 328 (ohne Nachweis). Siehe unten S. 209. GStA PK Berlin, BPH, Rep. 30 C, Nr. 1 (Ausgabenbuch); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 383. Die Anwesenheit des Fürsten Johann von Anhalt auf dem Nürnberger Reichstag ist auch bezeugt in: Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 3, Nr. 53, S. 317 [1523 Januar]. SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 140; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 151; WÜRDIG, Chronik, S. 17; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 73. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Ernst, Nr. 4, Bl. 6r (ohne Datum). Fürst Ernst bittet seine Gemahlin, ihm mitzuteilen, wie es ihr und seiner Mutter geht.

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in Halle beiwohnte, hatte er einen seiner drei Söhne, vermutlich Johann, bei sich, der mit ihm in einem Bett nächtigte.1168 Die besondere Erwähnung dieses Umstands könnte darauf hindeuten, dass der Sohn gewöhnlich nicht in seiner Nähe war. Vielleicht hatte der Fürst den Jungen damals bereits an den kurbrandenburgischen Hof gegeben. Sicher ist nur, dass Ernst im Mai 1514 mit größerem Gefolge nach Magdeburg gezogen war, um den neuen Erzbischof Albrecht von Brandenburg feierlich zu begrüßen, der in Begleitung seines Bruders in die Stadt einritt.1169 Möglich scheint aber, dass Ernst seinen ältesten Sohn bei dieser Gelegenheit im Gefolge des Kurfürsten und des Kurprinzen wiedersah.1170 Im April 1513, also noch vor seiner Wahl zum Erzbischof von Magdeburg, hatte Markgraf Albrecht von Brandenburg Ernst und Margarethe von Anhalt versichert, dass er sich ihres Sohnes Johann annehmen wolle und sie sich nicht zu sorgen bräuchten.1171 Diese Nachricht deutet ebenfalls darauf hin, dass der anhaltische Fürstensohn bereits 1513 am kurbrandenburgischen Hof weilte. Im gleichen Jahr bat Kurfürst Joachim I. die Fürstin Margarethe, die Taufpatenschaft für seinen Sohn Johann (geb. 1513) zu übernehmen.1172 Erzbischof Albrecht soll übrigens auch großen Einfluss auf seinen Neffen Joachim ausgeübt haben, indem er diesem die kirchlichen Schriften erläuterte, Grundkenntnisse der lateinischen Sprache vermittelte und ihn zum Nachdenken über religiöse Fragen anregte.1173 Joachim II. erinnerte sich im Alter vor allem an gemeinsame Kirchgänge mit dem Onkel, den Eltern und den Lehrern.1174 Die erste sichere Nachricht, dass der anhaltische Fürstensohn am Hofe des Kurfürsten Joachim zusammen mit dessen Sohn erzogen wurde, stammt vom Mai 1515. Fürst Ernst hatte dem Prinzenerzieher Magister Johann Negelin eine Tonne Zerbster Bier zukommen lassen, wofür sich der Magister höflich bedankte und versprach, den jungen Fürsten von Anhalt dest trewlicher zu emssiger zucht und leer unnd zuvorderst

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Ernst, Nr. 4, Bl. 1r (1514 Mai 14): Wir geben e. l. zu erkennen, das wir mitsampt unserm lieben sohen, den wir heut bey uns gehapt und in unserm bette gelegen, got lop fris und gesunt sein. DREYHAUPT, Pagus, Bd. 1, S. 189, § 5. Die Anwesenheit des Kurprinzen ist nur für den Einzug in Halle an der Saale erwähnt, der eine Woche später stattfand. DREYHAUPT, Pagus, Bd. 1, S. 189, § 6; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 375 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 4r (1513 April 12): Und sollen beyde e. l. es dofur haben, das ich mir iren sonn, meinen ohemen furst Hansen, wil lasen euch zu beheglicher wilffarung sunderlich befolen seyn und bedorfft euch seynethalben gar nichts bekomeren. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 59r (1513 August 16). Meiemburg, Oratio, S. 14; REINECCIUS, Origines, S. 40; LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 23 und 25 f.; SAGITTARIUS, Historia marchionum, S. 501; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 340–343. Aufzeichnungen des Propstes Anton König (gest. 1566). STEINMÜLLER, Bekenntnis, S. 239; MÜLLER, Domkirche, S. 303; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 341 und 364.

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in dem lob und dinst gottes zu halten unnd zu unterweysen.1175 Auch wenn diese Wendung nicht viel über den Inhalt des Unterrichts sagt, so wird immerhin deutlich, dass Johanns Vater Beziehungen zum Prinzenerzieher am kurbrandenburgischen Hof unterhielt. Negelins Dankesbrief ist zugleich das einzig erhaltene Schriftzeugnis, in dem der Fürst Ernst im Zusammenhang mit der höfischen Erziehung seines ältesten Sohnes in Erscheinung tritt. Wann und in welcher Weise die Aufnahme Johanns verabredet worden war, ist nicht bekannt. Bindungen an die Hohenzollern hatten die anhaltischen Fürsten schon seit langem. Johanns Mutter war die Tochter der Markgräfin Ursula von Brandenburg (1450–1508) und somit Enkelin des Kurfürsten Albrecht. Der Bruder ihres Gemahls, Fürst Georg II. von Anhalt (1454–1509), hatte in brandenburgischen Diensten gestanden.1176 Beide wurden im April 1516 in die Bruderschaft des heiligen Erasmus aufgenommen,1177 nachdem die Angehörigen des anhaltischen Fürstenhauses bereits seit 1464 nachweislich zu den Mitgliedern des brandenburgischen Schwanenordens gehört hatten.1178 In Berlin ereilte Johann von Anhalt 1516 die Nachricht, dass sein Vater am 12. Juni gestorben war. Der Junge wusste, dass seine Mutter von ihm tröstende Worte erwartete, war aber, wie er schrieb, des Jammers so voll, dass er kaum Beistand leisten konnte. Wenigstens aber wollte er seiner Mutter versprechen, sich weiterhin als gehorsamer Sohn zu erweisen.1179 Für den Zeitraum danach sind zwar keine Briefe aus seiner Feder überliefert, doch scheint Johann seinen Aufenthalt am brandenburgischen Hofe nicht beendet zu haben. In einem Schreiben des Bischofs Hieronymus von Brandenburg, der eine Residenz in Berlin unterhielt, ist von einem Turnier mit dem Kurprinzen im Frühjahr 1517 zu lesen, bei dem der anhaltische Fürst entschlossen aufgetreten sei und den Sieg davon getragen habe.1180

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LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1139, Bl. 1r (1515 Mai 20). Siehe Quellenanhang Nr. 12. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 78 f., meinte irrtümlich, Negelins Brief wäre an Johanns Mutter Margarethe gerichtet. Er hatte die Ämter Crossen und Cottbus verwaltet und später Agnes von Brandenburg (gest. 1512), die Witwe des Markgrafen Friedrich III. (gest. 1463) geheiratet. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 66 und 327 f.; JABLONOWSKI, Krise, S. 11. Erzbischof Albrecht von Magdeburg an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 11 (1516 April 30). HAENLE, Schwanenorden, S. 30, 33 und 41 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 5r (1516 Juni 22); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 75. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 163, Bl. 5r ([1517 April 24], Beizettel): Geben wir e. l. zu erkennen, das die durchleuchten hochgebornen furstenn her Joachim der junger, marggraff zcu Brandenburg etc., unnd her Johanns, furste zcu Anhalt etc., als wir gleublich berichtt werden, sollen mitt eynander in yren coroessen zcu roß und vollen wagend geranth und tornyrtt haben und das graff Hanns freyes gemuts ahn alle schewen zcu hochgnantem unserm jungen hernn marggraff Joachim gerant und geschlagen habe unnd die obirhandt behalten.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Was Johanns Unterbringung bei Hofe anlangt, so ist für die spätere Zeit von einer eigenen Herberge die Rede, ohne dass klar wäre, wo sich diese befunden haben könnte.1181 Neben seinem Lehrer hatte Johann auch einen Hofmeister.1182 Beide dienten ihm auch in finanziellen Angelegenheiten als Ratgeber.1183 Überliefert sind allerdings nur die Ratschläge, die ihm seine Mutter erteilte, nachdem sie die Sorge für seinen Unterhalt und seine Erziehung übernommen hatte. Sie ermahnte ihn, das politische Geschäft der Fürsten aufmerksam zu verfolgen und eigene Schlüsse zu ziehen, diese aber streng für sich zu behalten. Ebenso fest sollte er Geheimnisse bewahren, die man ihm anvertraute. Gott sollte er darum bitten, in keine unehrlichen und unfürstlichen Machenschaften hineinzugeraten. Verschwiegenheit zu wahren und nicht neugierig nachzufragen, riet sie ihm, wenn er von geheimen Absprachen hören sollte.1184 Ohne ihr Wissen sollte er keinerlei Verpflichtungen eingehen.1185 Immerfort ermahnte ihn die Mutter, er solle fromm sein, Gott vor Augen haben, fleißig lernen und dem Kurfürsten und seinem Sohn dienstbar und gehorsam sein.1186 Andere Male hieß es, er solle gegenüber seinen beiden Herren demütig und gehorsam, gegenüber den Gesellen freundlich und gegenüber jedermann gütig auftreten und lernen, was er nur lernen könne, da ihm dies Ehre, Gunst und Nutzen bringen werde.1187 Gunst und Ehre zu erlangen war demnach der Hauptzweck seines Aufenthaltes. Aus der Ferne nahm die Mutter vor allem Einfluss auf Johanns religiöse und sittliche Erziehung. Sie hielt ihn an, regelmäßig zu beichten1188 und täglich zur Messe zu ge1181 1182 1183

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 49v (1523 Mai 29). Fürstin Margarethe versorgte beide mit Stoffen oder Kleidungsstücken. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 3r (1519 März 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 4r (1519 November 29): Ich schicke euch auch xii fl. zw abergelt, das teylt auf mit des hafemeysters ader magisters rat und da es von noten ist. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 5r (1520 Januar 23); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 79. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 12v (1521 April 15): Gelobet nyman hinder mir nichcz, es sey wer es wolle; Bl. 27r (1522 März 6): Saget nymant zw, zo darff euch nymant manen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 4r (1519 November 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 9r (1520 November 16): Ich bit vor allen dingen, habet got vor augen und halt euch kein ewer hern gehorsam und kein ewer geseln frewntlich und lernt noch, was ir lernen kontt, es wird euch noch nucz werden; Bl. 12v (1521 April 15): Auch halt euch geborlich und demuticklich kegen ewern hern und der ganczen herschafft und gutig kegen yderman, das wirt euch ere, gunst und nucz bringen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 10r (1521 Januar 7). Margarethe forderte Johann hier auf, sich vor dem Aufbruch zum Reichstag seinem Beichtvater anzuvertrauen. Als Beichtvater wird 1522 und 1523 Andreas Goldenberg genannt, ebd. Bl. 24r (1522 Januar 28) und Bl. 52r (1523 August 21).

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hen.1189 Wenn Johann einen Geistlichen wüsste, dem er vertrauen könne, dann sollte er diesen bitten, für ihn in all seinen Angelegenheiten zu beten.1190 Vor „bösen Leuten“ aber, die das Evangelium falsch verstanden hätten, sollte er sich hüten, stets auf Gott vertrauen und diesen um Gnade bitten und sich nicht von der heiligen Mutter Kirche abwenden.1191 Margarethe hatte große Angst davor, dass ihr Sohn selbst am Hofe des altgläubigen Kurfürsten von Brandenburg unter den Einfluss lutherischer Lehrer geraten könne. Deshalb forderte sie Johann auf, sich diesen „Irrlehrern“ vollkommen zu entziehen, deren Anhänger ihrer Meinung nach ein schlimmes Ende nehmen müssten.1192 Am Wormser Reichstag von 1521 nahm Johann gemeinsam mit dem Kurprinzen teil, vermutlich aber ohne der Verhandlung der Luthersache beizuwohnen.1193 Erst als beide Fürsten im Januar 1523 auf der Rückreise von Nürnberg in Wittenberg Halt machten,1194 ersuchte der Reformator auch den jungen Fürsten von Anhalt, bei ihm vorsprechen zu dürfen. Margarethe verbot ihrem Sohn jedoch, sich in irgend einer Weise mit Luther in Verbindung zu setzen, es sei denn, der Kurprinz wolle mit diesem reden. In diesem Fall sollte Johann zuhören, sich aber sehr in Acht nehmen.1195 Es ist nicht bekannt, ob ein Treffen mit Luther zu Stande kam, wohl aber kaufte der Kurprinz Luthers Übersetzung des Neuen Testaments.1196 Kurze Zeit später verbot Kurfürst Joachim I. seinen Untertanen, diese Bibelübersetzung zu lesen und zu besitzen.1197 In der Frage des Umgangs mit Luther wird deutlich, wie schwer es für Johann von Anhalt war, seinen Gehorsam gegenüber der Mutter und gegenüber dem Kurfürsten sowie seine eigene Überzeugung und seine Pflichten in Einklang zu bringen. Margare1189

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 12v (1521 April 15): Ich bit vor allen dingen, habet got vor augen und vorsawmet nicht dy meß, wen unsser selikeyt leyt doran, wen dorch den glawben und krafft dyß sacramentes erlangen wir vorgebung der sunden, genad zw beserung und das ewige leben, alz unß Cristus selber zwgesaget hat. Hierzu auch Bl. 50r (1523 Mai 29) und Bl. 53r (1523 August 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 25v (1522 Februar 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 30r (1522 September 23): Halt die heylig meß vor gut nach alder gewonheyt und last euch boß lewt nicht anders oberreden und glawbet warlich, das sant Jeronimus und ander heylig vetter dorch genad des heyligen geystes das heylig ewangelion als wol und baß vorstanden haben alz yczunt die truncken lerer und beleybet bey der mutter der heyligen kirchen, zo wert ir nicht ir. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 39v (1522 Dezember 31). SCHMIDT, Brief, S. 148 f. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 382; BUCHWALD, Notizen, S. 71. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 42r (1523 Januar 13). SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 394. VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, Nr. 362, S. 474 (1523 Februar 28); FIDICIN, Beiträge, Teil 4, S. 235.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

thes Verbot, mit Luther zu reden, das sie aus fester Überzeugung ausgesprochen hatte, sollte für ihn hinfällig sein, wenn es dem Gehorsam gegenüber dem weltlichen Herrn entgegenstand. Bisher hatte Margarethe diesen Gehorsam nur auf Dinge bezogen, die nicht gegen Gott gerichtet waren,1198 aber gerade über die Frage, was gottgefällig sei, befanden sich Altgläubige und Lutherische in heftigem Streit. An Johanns tief verwurzelter Frömmigkeit kann allerdings kein Zweifel bestehen. 1520 beauftragte er einen Schreiber, ihm ein eigenes Gebetbuch anzufertigen.1199 Von demselben Schreiber hatte er zuvor ein Buch mit Gebeten geliehen, dieses aber verloren, weshalb er ein kostbares Gewand als Entschädigung aufbringen wollte.1200 Bei der Auswahl der Gebete und Bilder, die in das neue Buch aufgenommen werden sollten, wandte er sich – wie konnte es anders sein – an seine Mutter. Diese ließ ihm ein Buch zukommen, aus dem er die ersten drei Gebete von der heiligen Dreifaltigkeit abschreiben lassen sollte, und ein weiteres Buch mit Mariengebeten. Wenn er diese Gebete in deutscher Sprache lesen wollte, so empfahl Margarethe ihm auf ein Andachtsbuch zurückzugreifen, das einst Rudolf von Anhalt besessen hatte und das sich jetzt im Besitz des Kurprinzen befand. Die fertigen Seiten seines neuen Gebetbuches sollte Johann zu ihr schicken, damit sie für den Einband, den Beschlag und die Illuminierung sorgen könne.1201 1523 schickte Margarethe ihrem Sohn ein Gebet der Mechthild von Magdeburg, das er der Mutter zu Liebe jeden Morgen aufsagen sollte.1202 Das entsprechende Büchlein hatte er stets bei sich zu tragen.1203 Im selben Jahr übersandte die Mutter zudem die apokryphe Passionsgeschichte des heiligen Nikodemus und die biblische Geschichte vom Traum des Königs Nebukadnezar, auf welcher die Lehre von den Vier Weltreichen gründet.1204 Johann sollte beide Schriften, bei denen es sich offensichtlich 1198 1199 1200

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 24r (1522 Januar 28). Ein ähnliches Gebetbuch ist von Johanns Bruder Georg erhalten, Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg 61.8°. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 15 (1520 Februar 13) und Nr. 2, Bl. 9r (1521 Oktober 17); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 17v (1521 Oktober 24) und Bl. 23r (1522 Januar 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 6r (1520 Februar 23). Bereits im Mai 1520 schickte Johann den ersten beschriebenen Bogen nach Hause. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl.17r (1520 Mai 8). Johann schickte seiner Mutter aus Cölln an der Spree im Übrigen auch Bücher zu ihrem eigenen Gebrauch. Siehe etwa LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 31r (1522 November 10). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 46v (1523 März 21). Vgl. WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 139; SCHADE, Altartafel, S. 24. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 53r (1523 August 21). Vgl. Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Hs. Georg 65.8°, Nr. 11, Bl. 360r–361v; PENSEL, Verzeichnis, S. 74. MASSER/SILLER, Evangelium Nicodemi; Daniel 2, 1–23.

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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um deutsche Übersetzungen handelte, lesen und seiner Mutter anschließend zurückschicken. Wenn sein junger Herr sie ebenfalls zu lesen wünschte, durfte dieser es tun, sonst aber niemand.1205 Margarethe versorgte Johann nicht nur mit ausgesuchtem Lesestoff, um seinen Glauben zu festigen. Aus der Ferne versuchte sie gleichsam sein ganzes sittliches Verhalten zu beeinflussen. Sie warnte ihn davor, sich von Frauen hinreißen zu lassen und seinen junckpfern stant zu verlieren.1206 Vor allem aber prägte sie ihm ein, sich vor dem Trinken zu hüten, denn Trunkenheit war für sie das Grundübel, aus dem sich alle anderen Sünden ableiteten.1207 Schlechte Gesellschaft und Trunkenheit, mahnte sie, seien weder eines Fürsten würdig noch dem Verstand zuträglich.1208 Durch sie nähmen die Seele, der fürstliche Stand, die Vernunft und die Gesundheit großen Schaden.1209 Des Weiteren versuchte Margarethe, Johann zu mehr Selbstbeherrschung zu bewegen. Anfang 1521 ermahnte sie ihn im Vertrauen, jeglichen Streit zu vermeiden, sich durch scherzhafte oder spöttische Worte nicht in Wut bringen zu lassen und Anfeindungen gelassen hinzunehmen, denn mit gedult und lachen oberwint man vil sachen.1210 Auch in diesem Zusammenhang mahnte sie ihn, sich vor dem Trinken zu hüten, denn durch Trunkenheit sei er bereits in Handgreiflichkeiten verwickelt worden. Sie selbst hätte beobachtet, dass er im angetrunkenen Zustand leicht zornig werde. Aus Sorge um seine Gesundheit bat sie ihn, jeden Morgen von den Baldrianwurzeln zu nehmen, die sie seinem Kammerjunker mitgegeben hatte.1211 Dabei gab sie vor, diese Arznei helfe bei schlechter Luft, doch sicher wusste sie um die beruhigende Wirkung, die der Baldrian auf ihren leicht erregbaren Sohn haben würde.1212 Wenn sie ihm damit helfen wollte, sein Ungestüm zu

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 49v (1523 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 52r (1523 August 21). So auch in einer Königsberger Hofordnung von 1570, TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 27. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 31r (1522 November 10): Johann soll sich hüten vor boßer geselschafft und trincken, das nicht furstlich ist auch nicht vornunft bringet; Bl. 33r (1522 November 18): und beherczet wie forstlich trunckenheyt einem forsten anstet. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 50r (1523 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 11r (1521 Januar 17); ähnlich auch Bl. 19r (1521 November 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 11r (1521 Januar 17). Wie viele ihrer Standesgenossinnen kannte sich Margarethe mit der Heilwirkung von Kräutern aus. Drei Monate später erklärte sie Johann, wie er eine Wunde am Oberschenkel mit Pflanzensaft behandeln müsse, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 12r (1521 April 15). Im Frühjahr 1522 schickte sie ihm ein Horn, mit dem er sich vor Krank-

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IV. Höfische Erziehung um 1500

bändigen, zeigt dies einmal mehr, wie sehr die höfische Erziehung bereits um 1500 auf Selbstbeherrschung und Affektkontrolle ausgerichtet war. All die genannten Mahnungen und Ratschläge, die sich der junge Fürst von Anhalt zu Herzen nehmen sollte, waren nicht für fremde Augen und Ohren bestimmt, denn Johann erhielt Anweisung, den Brief zu zerreißen, nachdem er ihn aufmerksam gelesen hatte.1213 Gleiches gilt auch für andere Ermahnungsbriefe. Dass Johann diese Anweisung nicht befolgt hat, ist heute ein glücklicher Umstand, der wohl darin begründet liegt, dass der junge Fürst sämtliche Briefe seiner geliebten Mutter sammelte und aufbewahrte. In seinen Antwortbriefen gab er sich stets folgsam. Er berichtete der Mutter „in kindlichem Gehorsam“, was sie zu wissen wünschte, und unterzeichnete eigenhändige Briefe in der Regel als „gehorsamer Sohn“. Er schickte der Mutter Geschenke zum neuen Jahr,1214 dankte für die „gnädige Unterweisung“ oder Ermahnung, die sie ihm aus mütterlicher Liebe getan hatte, und gelobte sich danach zu richten.1215 Regelmäßig berichtete Fürst Johann nach Hause, wie die Dinge standen. Er teilte mit, wie er sich im Turnier gehalten hatte,1216 nannte den gegenwärtigen Aufenthaltsort seines Herrn mit und gab allerhand Neuigkeiten kund. Bemerkenswert ist, dass er offenbar den Auftrag hatte, das Verhältnis des Kurfürsten zum Kaiser im Auge zu behalten.1217 Auf dem Reichstag zu Worms hatte er 1521 festgestellt, dass der Brandenburger über die Schlüssel zu allen kaiserlichen Gemächern verfügte und somit als ein enger Vertrauter der Kaisers gelten musste.1218 Wusste der junge Fürst etwa noch nicht, dass dies zu den Vorrechten des Erzkämmereramtes der Kurfürsten von Brandenburg gehörte?1219

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heiten schützen sollte, ebd. Bl. 29 ([1522 März 6], Beizettel). Ähnliche Beispiele bei VOIGT, Hofleben, S. 223–225. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 11v (1521 Januar 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 9r (1521 Oktober 17). In diesem Fall handelte sich um einen Rosenkranz. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 21r (1521); Bl. 31r (1522 Februar 3); Bl. 49r (1523 August 18). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 43r (1523 Januar 6). Margarethe hatte ihn schon früher aufgefordert zu berichten, wie es ihm beim Turnier ergangen war, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 33r (1522 November 18). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 17v (1521 Oktober 24). Ich bit auch euch, ir wolt mir in geheym schreiben, wy sich ewer hern gegen euch halden auch wie ewers hern sachen stehen mit dem keyser und sust. Johann forderte daraufhin den anhaltischen Kanzler Paulus von Berge an, den er in diesen vertraulichen Dingen unterrichten wollte, weil sie sich vorwar nit schreyben laßen, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 11r (1521 Oktober 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 22r (1521 März 1): Neue tzeytung weyß ich e. g. nicht schreyben, wen daß meyn her, der kurfurst, gar eyn gnegdigen keyser hat und er wil in gebruchen inn seynen heymlichsten sachen und er hat dye schlischseln zu allen seynnen gemachen, daß er selbest mack uff schlischen, wen er wil. Siehe dazu SCHNELL, Reichs-Erzkämmereramt; DUWE, Erzkämmerer.

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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Im Oktober 1521 berichtete Johann, der Kaiser hege Groll gegen Joachim I., ohne den Grund dafür zu nennen.1220 Über das Verhältnis des Kurfürsten zu seiner Gemahlin Elisabeth, die 1528 aus Berlin floh, finden sich in seinen Briefen jedoch keine Hinweise, vermutlich weil sich erst ab 1525 merkliche Verstimmungen zeigten.1221 Auf Verlangen der Mutter berichtete Johann, wie seine eigenes Verhältnis zum Kurfürsten war.1222 Mitte Oktober 1521 bezeichnete er es als gut,1223 Ende des Monats als besser denn je.1224 Seine Mutter hatte ihn zuvor ausdrücklich daran erinnert, dass die Freundschaft zu den Hohenzollern für ihn und seine Brüder von großer Wichtigkeit war.1225 Johann sollte sie auf keinen Fall belasten. Als Graf Wichmann von LindowRuppin (1503/1504–1524), ein Verwandter, in einer Auseinandersetzung mit dem Kurfürsten im Jahre 1522 Johanns Beistand suchte, wies Margarethe ihren Sohn an, diese Bitte mit der Begründung auszuschlagen, dass er seit seiner Kindheit vom Kurfürsten erzogen worden sei und noch immer an dessen Hof weile.1226 Damit war deutlich gesagt, wem Johann Treue und Ergebenheit schuldete. Wichmann, der letzte männliche Erbe seines Geschlechts, hatte einst unter der Vormundschaft des Johann von Schlabrendorf (gest. 1520), Bischof von Havelberg, gestanden, der sich gern mit Rittern und Edelknaben umgeben und 1512 dem Turnier in Neuruppin beigewohnt hatte.1227 Dass Wichmann nicht am kurfürstlichen Hof erzogen wurde, gereichte ihm hier offenbar zum Nachteil.

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 8r (1521 Oktober 17). Margarethe hatte ein Gerücht gehört und Johann um Auskunft gebeten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 16v (1521 Oktober 14). 1221 JACOBI, Flucht, S. 156 und 158. 1222 LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 20r (1520 September 18). 1223 LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 8v (1521 Oktober 17): Auch hat myr e. g. geschryben, daß ich e. g. verstendigen wolt, wye ich myt meynem hern stund. Weyß ich nich anderß dan wol. 1224 LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 11v (1521 Oktober 29): Ich ste vil besser dan ich vor gestanden hab mit meynem hern. 1225 LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 16v (1521 Oktober 14): Ich bit auch, ir wolt mir auch schreyben, ab ir genedige herschafft habet und bit euch, ir wolt euch ja recht halden und in guten dingen gern geharsam sein, das ir frewntschafft behaldet, wen es ist ewer und ewer bruder notdurfft. 1226 LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 30r (1522 September 23). Siehe zu den Grafen von Lindow-Ruppin und ihrem Verhältnis zu den Hohenzollern CDB 1, Bd. 4, S. 30–38, sowie die kurzen Bemerkungen bei PRIEBATSCH, Hohenzollern und Adel, S. 219 f., Anm. 3. Graf Wichmann war 1520 zur Herrschaft gelangt und hatte den Kurfürsten, wie auch Fürst Johann von Anhalt, im Jahre 1521 zum Reichstag nach Worms begleitet. DIETERICH, Historische Nachricht, S. 130–134. 1227 CDB 1, Bd. 2, S. 421; DIETERICH, Historische Nachricht, S. 131–133; HEINRICH, Grafen, S. 155 f. Zu Johann von Schlabrendorf: WENTZ, Havelberg, S. 72 f.; GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 637 (mit falschem Sterbejahr).

204

IV. Höfische Erziehung um 1500

Fürstin Margarethe von Anhalt tat viel, um die Beziehungen zum kurbrandenburgischen Hof auszubauen und zu nutzen. 1519 beauftragte sie ihren Sohn, dem Kurfürsten einen Brief zu überreichen und wies ihn genau an, wie er die Übergabe anzustellen hatte: Das Schreiben sollte er solange verwahren bis der Kurfürst heimkehrte und dann in einer Mußestunde überreichen, damit es sofort gelesen und beantwortet würde.1228 Allerdings war es für Johann meist schwer, seinen Herrn ungestört zu sprechen. Als er 1521 erneut beauftragt wurde ein Schreiben zu überreichen, konnte er dies nicht tun, weil der Kurfürst schon am Morgen fortgeritten war, so dass er das Schriftstück den Räten aushändigen musste, wofür er sich bei seiner Mutter entschuldigte.1229 Johann zog zwar häufig im Gefolge des Kurfürsten auf die Jagd,1230 doch bot sich hier kaum Gelegenheit, Dinge zur Sprache zu bringen, welche die anhaltische Herrschaft angingen. Johanns Ansehen bei Hofe hing sehr stark von seinem Verhältnis zum Kurprinzen ab. Mit ihm verbrachte er viel Zeit, was sich auch darin zeigte, dass dieser gelegentlich Grüße an Johanns Mutter ausrichten ließ.1231 1522 versprach er Margarethe, sich bei seinem Vater in der Wörlitzer Sache zu verwenden.1232 Margarethe prägte ihrem Sohn ein, den jungen Herrn nicht zornig zu machen und ihm gegenüber weder stolz noch frech aufzutreten.1233 Obwohl es für das Verhältnis zwischen Johann und dem Kurprinzen wichtig war, wie sie sich beide im Übungskampf hielten,1234 wurde Johanns Teilnahme an Turnieren von den jeweiligen Umständen abhängig gemacht. So sollte es am Martinstag 1521 ein Stechen geben, für das Johann bereits das Turnierpferd seines Vetters Wolfgang angefordert hatte.1235 Die Mutter riet ihm dennoch, nicht an diesem Turnier teilzunehmen, aus Rücksicht darauf, dass die Schwester des genannten Vetters soeben verstorben war.1236 Als Johann im April 1521 darum bat, heim kommen zu dürfen, schlug Margarethe ihm diese Bitte ab, weil der Kurfürst außer Landes war und der junge Markgraf sonst 1228 1229 1230 1231 1232 1233 1234 1235

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 3r (1519 März 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 13r (1521 November 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 14v (1521 November 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 15r (1521 November 28). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 170, Bl. 61r (1522 März 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 24r (1522 Januar 28). Siehe oben S. 202. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 8v (1521 Oktober 17); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 17r (1521 Oktober 14). Im darauf folgenden Jahr versuchte Fürst Johann bei Herzog Georg von Sachsen ein Pferd zu leihen, der ihm aber kein angemessenes zur Verfügung stellen konnte, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 9r (1522 Juli 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 17r (1521 Oktober 14).

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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ohne Gesellschaft wäre.1237 Wenn der junge Markgraf hingegen einmal ohne Johann unterwegs war, wurde dieser dem Bischof von Lebus, Dietrich von Bülow (1460– 1523),1238 anvertraut, den der Kurfürst für die Zeit seiner Teilnahme am Reichstag zum Statthalter der Mark bestimmt hatte. Über den Bischof klagte Johann allerdings, weil er ihm mehr als seinem eigentlichen Herrn zu dienen hatte.1239 Dietrichs ausgeprägte humanistische Vorlieben scheint er indes nicht bemerkt zu haben.1240 Im Oktober 1521 gab der Bischof gegenüber Fürstin Margarethe, die sich zuvor an ihn gewandt hatte, in gewisser Weise zu, dass Johann bei ihm nicht so behandelt wurde, wie es sein fürstlicher Stand erfordert hätte und versprach sich für dessen Dienste erkenntlich zu zeigen.1241 Im September desselben Jahres war Johann für einen Monat nach Dessau heimgekehrt,1242 wo er seiner Mutter ausführlich berichtet haben dürfte, wie er behandelt worden war. Die Begebenheit macht deutlich, dass dem Bischof von Lebus in der Abwesenheit des Kurfürsten die Aufsicht über fürstliche Zöglinge anvertraut war. Auf diese Tatsache gründet vermutlich die Behauptung, Dietrich sei einst der Erzieher Joachims I. gewesen.1243 Der Bischof erteilte sicherlich keinen Unterricht, doch als Statthalter der Mark oblag ihm wenigstens zeitweise die Aufsicht über die Erziehung des Kurprinzen und seiner Gefährten. Reine Vermutung ist dagegen, dass er dem späteren Erzbischof Albrecht eine humanistische Bildung vermittelt habe.1244 Ohne Wissen des Kurfürsten war es Johann nicht erlaubt, sich vom Hofe zu entfernen.1245 Als Joachim I. im Frühjahr 1520 mit seinem Sohn zum Römischen König gezogen war, hatte Johann die Gelegenheit genutzt, sich mit seiner Mutter wegen der 1237 1238

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 12r (1521 April 15). Dietrich von Bülow wurde bereits 1489 unter den Räten des Kurfürsten Johann in Berlin genannt und erlangte auf dessen Betreiben 1490 das Bistum Lebus. Vgl. zu ihm ADB 5, S. 182 f.; WOHLBRÜCK, Bistum Lebus, Teil 2, S. 248–268; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 247 f. und am ausführlichsten GRIMM, Dietrich von Bülow. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 3r (1521 April 18): Wan der junge herre weck reyt, ein tagk, zwey oder drey, so muß ich stetz daheyme bleyben bey dem bischof von Lebuß und muß fast mer uff in wartten dan uff meinen herren. Dietrich von Bülow sammelte alte Handschriften, war mit Ulrich von Hutten und Johannes Trithemius befreundet und schickte zwei verwandte Edelleute zum Studium nach Italien. WOHLBRÜCK, Bistum Lebus, Bd. 2, S. 262–267; ADB 5, S. 182 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 841, Bl. 8r (1521 Oktober 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 7r (1521 September 14). PAULI, Preußische Staatsgeschichte, Bd. 2, S. 425; GRIMM, Dietich von Bülow, S. 45 und 84. Für unwahrscheinlich hielten dies bereits WOHLBRÜCK, Bistum Lebus, Bd. 2, S. 250 Anm. 3; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 247 f. und 469 und WALTER, Albrecht, S. 66. WALTER, Albrecht, S. 66, mit Blick auf Dietrichs Rolle als erstem Kanzler und Konservator der neuen Universität in Frankfurt an der Oder. Dies hatte ihm zumindest seine Mutter eingeprägt. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 39r (1522 Dezember 31).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

anhaltischen Lehen und anderer Sachen zu bereden.1246 Von Ende Mai bis Mitte September 1520 weilte er ebenfalls in Dessau.1247 Margarethe musste den Kurfürsten ebenso um Erlaubnis fragen, wenn sie ihren ältesten Sohn bei sich haben wollte, selbst wenn es dringende Geschäfte erforderten, wie etwa 1523, als sie wünschte, dass Johann bis Ostern nach Dessau komme, um ihr die „Haussorge“ tragen zu helfen.1248 In diesem Jahr erhielt Johann die Erlaubnis, für längere Zeit an den heimischen Hof zurückzukehren und wollte deshalb bereits seinen Abschied vom Kurfürsten nehmen, doch meinte die Mutter, dies sei nicht nötig, da er jeder Zeit zur Stelle sein würde, wenn der Kurfürst seinen Dienst verlange.1249 1525 fragte der Kurprinz an, wann sich Johann wieder zu ihm begeben werde, da er ihn sonderlich gern bei sich sähe.1250 Die Bindung an den brandenburgischen Hof blieb auf Dauer bestehen. Als Kurfürst forderte Markgraf Joachim 1541 die Fürsten Johann, Georg und Joachim von Anhalt auf, ihn in seinen Hoffarben zum Reichstag nach Regensburg zu begleiten.1251 Dass das Verhältnis zwischen beiden Fürstensöhnen während ihrer gemeinsamen Ausbildung freundschaftlich war, geht aus einem scherzhaften Schreiben hervor, das der Kurprinz im Juli 1520 in Abwesenheit seines Vaters im Stadtkeller von Berlin verfasste und an Johann sandte.1252 Voller Übermut unterzeichnete er es als Markgraf von Brandenburg, der noch bis zur baldigen Rückkehr des Kurfürsten die Titel eines „Königs von Berlin“, eines „noch nicht promovierten Baccalaureus und Lizentiaten der Rechte“ und eines „obersten Sangmeisters im grünen Gemach“ führen könne. Deutlich ist zu spüren, wie befreiend die Abwesenheit des kurfürstlichen Vaters für den Heranwachsenden gewesen sein muss. Ganz nebenbei weisen diese scherzhaften Titel auf zwei Bestandteile der Ausbildung hin: die Unterweisung in den Rechten und in der Musik, die der Kurprinz offenbar für allzu akademisch hielt. Die Titel deuten außerdem darauf hin, dass die formale Ausbildung im Sommer 1520 kurz vor dem Abschluss stand. In demselben Brief, der nur für die Augen seines Gefährten Johann bestimmt war, berichtet der Kurprinz ausführlich von einem Zweikampf zwischen dem Fechtmeister Leonhard1253 und einem Studenten in Frankfurt an der Oder, der letztlich zu 1246 1247 1248 1249 1250 1251 1252 1253

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 16r (1520 März 7). WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 79. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 67r (1523 März 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 45r ([1523 März 21], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 170, Bl. 67r (1525 Mai 8). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 170, Bl. 53r (1541 Februar 10). Das Schreiben ist unter die Briefe seines Vaters an die Fürsten von Anhalt eingeordnet worden. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 18–21 (1520 Juli 26). Siehe Quellenanhang Nr. 16. Er dürfte identisch sein mit dem Harnischmeister Leonhard, der 1532 im Gefolge des brandenburgischen Kurfürsten in Dessau weilte. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 281, Bl. 5r. Möglicherweise ist er ebenso identisch mit Leonhard Eckart, der 1525 für drei Jahre zum Hauptmann über das

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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einer Schlägerei zwischen den umstehenden Edelleuten und Studenten führte. Es ist daher anzunehmen, dass sich der Kurprinz gelegentlich im Umfeld der Frankfurter Universität bewegte, auch wenn er selbst nicht als Student eingeschrieben war. Im Zusammenhang mit einer anderen Begebenheit ist überliefert, dass Joachim zu dieser Zeit über gute Lateinkenntnisse verfügte. Im Februar 1520 hatte Herzog Barnim IX. von Pommern (1501–1573) seinen dreijährigen Studienaufenthalt in Wittenberg beendet und wurde auf dem Heimweg von Kurfürst Joachim I. ehrenvoll nach Berlin eingeholt. Im Frauenzimmer soll ihn der Kurprinz mit einer lateinischen Rede empfangen haben, auf die ihm Barnim eine kurze lateinische Antwort gab, was der pommersche Chronist besonders hervorhebt, dan zuvor ist unter den teutzschen fürsten nicht so gros die gewonheit gewesent, das sie sich der lateinischen sprache bevlissen hetten.1254 Der Kurprinz und seine Lehrer hatten an der Rede lange feilen können, für den Pommernherzog kam sie offenbar jedoch unerwartet. Dass er dennoch tappffer und kurtz zu antworten wusste, wird als besondere Leistung gewertet. Bei Lichte betrachtet, zeigt diese Schilderung, dass zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch von einem Fürstensohn, der drei Jahre studiert hatte, nicht erwartet wurde, dass er fließend Latein sprach. Neben dem Bemühen um ein gutes Verhältnis zur Kurfürstenfamilie lässt sich ebenso beobachten wie sehr Johann von Anhalt um sein allgemeines Ansehen bei Hofe besorgt war. Als er im September 1519 zusammen mit dem Kurprinzen nach Jüterbog reiten sollte, bat er die Mutter, ihm ein anderes Pferd zu schicken, weil er sonst von jedermann verspottet würde.1255 Für den Empfang einer französischen Gesandtschaft im gleichen Jahr ließ er sich ein Gewand aus Samt fertigen, um bei der Empfangszeremonie einen guten Eindruck zu machen.1256 Ende 1520 bat er die Mutter wiederum um ein neues Pferd, da der Kurfürst von ihm eine standesgemäße Ausrüstung verlangte und sehen sollte, dass Margarethe ihr Möglichstes tat.1257 Gleichzeitig hatte Johann einen Nachweis über seine fürstliche Abstammung zu erbringen, den ihm die Mutter ebenfalls

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Fußvolk der Städte Berlin und Cölln bestellt wurde. VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, S. 475 f. (1525 September 4); FIDICIN, Beiträge, Teil 4, S. 249 f.; HUCH, Regesten, Nr. 173, S. 104. 1530 verwundete ein „Musterer Lenhardt“ im Stadtkeller zu Berlin die Wächter des Rates und wurde vom kurfürstlichen Hausvogt gefangen genommen. VOIGT/FIDICIN, Urkunden-Buch, Teil 2, S. 481; HUCH, Regesten, Nr. 208, S. 113 (1530 Mai 31). Kantzow, Pomerania, Bd. 2, Buch 12, S. 317. Vgl. Wedel, Hausbuch, S. 55; WEHRMANN, Erziehung, S. 271. Herzog Barnim von Pommern ist auch als Teilnehmer der Leipziger Disputation bezeugt. SEIDEMANN, Disputation, S. 56 und 59. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 8r (1519 September 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 12r (1519 März 14); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 79. Verhandelt wurde eine Heirat zwischen Joachim II. und einer Tochter des französischen Königs. Siehe den Ehevertrag in CDB 3, Bd. 3, S. 275–277 (1519 April 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 21r (1520 Oktober 17).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

zuschickte.1258 Diese letzten Forderungen standen sicher im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für den Zug zum Reichstag nach Worms, an dem Johann im Gefolge des brandenburgischen Kurfürsten teilnahm und wo er von Kaiser Karl V. zusammen mit seinem Vetter Wolfgang die Reichslehen erhielt.1259 Kurfürst Joachim I. und sein Vetter Kasimir erhielten einige Tage später ihre Lehen bestätigt, während alle anwesenden Fürsten, ob jung oder alt, vom Kaiser den Ritterschlag empfingen.1260 In Erwartung dieser wichtigen Ereignisse hat Johann wahrscheinlich ein Gemälde in Auftrag gegeben, das lange Zeit im Dessauer Schloss hing und in der Cranachwerkstatt angefertigt wurde.1261 Es zeigt einen jungen Fürsten in vollem Harnisch nach links gewandt, auf dem Kopf ein rotes Barett, die rechte Hand auf die Hüfte gestützt und die linke auf einem Schwert ruhend. Um den Hals trägt er eine goldene Kette.1262 Die erst nachträglich hinzugefügte Bildinschrift über seinem Kopf nennt das Jahr 1520 und bezeichnet den Dargestellten als den Fürsten Johann von Anhalt im Alter von 17 Jahren. Ebenfalls aus der Cranachwerkstatt stammt ein ähnliches Fürstenbildnis, das vermutlich als Gegenstück gedacht war. Es zeigt einen nach rechts gewandten Jüngling, der eine Streitaxt hält, in vollem Harnisch und mit rotem Barett.1263 Die Bildinschrift weist ihn als den Markgrafen Joachim II. von Brandenburg im Alter von 17 Jahren aus und nennt wiederum das Jahr 1520. Da diese Beschriftung ebenfalls nachträglich angebracht worden ist, gab es Zweifel, ob hier tatsächlich der brandenburgische Kurprinz Joachim und nicht vielmehr Fürst Joachim von Anhalt, also Johanns Bruder, abgebildet ist.1264 Dies ist zu Recht zurückgewiesen worden mit der Begründung, dass in diesem

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 21v (1520 Oktober 17); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 8r (1520 Oktober 29). JABLONOWSKI, Regierungsantritt, S. 55. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 23r (1520 Dezember 14) und Nr. 2, Bl. 22v (1521 Januar 12). CDB 2, Bd. 6, Nr. 2500, S. 318–320 (1521 Februar 16). Noch im November 1522 hatte Johann Schulden bei einem Plattner, einem Maler und einem Schneider. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 28r (1522 November 23): Waß ich schult hab, weyß ich nicht anderß, den dem platener und dem maler und dem schneyder. Waß eß aber macht, weyß ich nicht. Ob sich diese Ausgaben auf das Cranachgemälde beziehen, ist nicht sicher. Jagdschloss Grunewald, Inv.-Nr. GK I 30029; BÖRSCH-SUPAN, Grunewald, Nr. 43, S. 42; SCHADE, Malerfamilie, Tafel 114; KOEPPLIN/FALK, Cranach, Bd. 2, Nr. 606, S. 687 f.; FRIEDLÄNDER/ROSENBERG/SCHWARTZ, Cranach, Nr. 143, S. 99; Cranach und die Kunst, Kat.-Nr. I.10, S. 167. Vgl. SEIDEL, Jugendbildnis. Siehe Abb. 15, S. 110. Jagdschloss Grunewald, Inv.-Nr. GK I 10809; SCHADE, Malerfamilie, Tafel 113; FRIEDLÄNDER/ROSENBERG/SCHWARTZ, Cranach, Nr. 143b, S. 99; Cranach und die Kunst, Kat.-Nr. I.9, S. 166 f. Siehe Abb. 14, S. 110. BÖRSCH-SUPAN, Grunewald, Nr. 44, S. 43, und danach bei FRIEDLÄNDER/ROSENBERG/SCHWARTZ, Cranach, Nr. 143, S. 99; unentschieden bei KOEPPLIN/FALK, Cranach, Bd. 2, Nr. 606, S. 687 f.

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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Fall der jüngere Bruder auf der ehrenhafteren Seite dargestellt worden wäre.1265 Bei Johann von Anhalt und Joachim von Brandenburg würde die Rangordnung stimmen. Da beide ungefähr gleichaltrig waren und gemeinsam erzogen wurden, ist es nicht unwahrscheinlich, dass sie sich vor dem Reichstag von 1521 in ähnlicher Weise darstellen ließen, wobei die Art der Darstellung auf burgundische Vorbilder zurückgeht. Auf einem anderen Gemälde, das ebenfalls um 1520 in der Cranachwerkstatt entstanden sein dürfte, ist Johann in einem gelben Gewand vor einer felsigen Landschaft abgebildet.1266 Die Ähnlichkeit der Gesichtszüge und das anhaltische Wappen auf dem Siegelring lassen kaum einen Zweifel, dass es sich bei der dargestellten Person um Fürst Johann handelt. Verallgemeinernd lässt sich feststellen, dass Johann von Anhalt um 1520 ein gesteigertes Bedürfnis nach fürstlicher Selbstdarstellung hatte.1267 Dazu passt, dass er zu Beginn des Jahres 1520 einen neuen Siegelstempel verwendete. Seine Mutter war allerdings wenig erfreut, dass er dies tat, ohne sie vorher gefragt zu haben, und forderte ihn auf, das betreffende Siegel vorerst nicht zu gebrauchen.1268 Am kurbrandenburgischen Hof pflegte Johann vielerlei Beziehungen. Über ihn liefen zum Beispiel vertrauliche Nachrichten und Briefe seiner Mutter an die Kurfürstin von Brandenburg1269 wie auch an den Kurprinzen.1270 Kontakte gab es nachweislich auch zu Hieronymus Schulz von Gramschütz (gest. 1522), dem Bischof von Brandenburg und, ab 1520, von Havelberg.1271 Dieser war Taufpate sowohl des Fürsten Joachim von Anhalt als auch des Markgrafen Johann von Brandenburg-Küstrin.1272 Erwähnt wird in den Briefen auch der Herzog von Holstein.1273 Gelegentlich kam es vor, dass Johann von 1265 1266 1267 1268

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SCHADE, Malerfamilie, S. 55 mit Anm. 403, Abb. 113. KLINGEN, Deutsche Gemälde, Gal.-Nr. 257, S. 28. In einem Brief sind etwa zur gleichen Zeit auch Ausgaben für Golschmiedearbeiten erwähnt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 21r [1521]. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 7r ([1520 Februar 23], Beizettel); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 79; JABLONOWSKI, Regierungsantritt, S. 55. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 7r (1519 Januar 8) und Bl. 10 (1519 Oktober 23); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 1r (1519 Januar 13); Bl. 2r (1519 Januar 28); Bl. 10r (1521 Januar 7); Bl. 14 (1521 Mai 2); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 20r (1521 Januar 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 12 (1519 März 14); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 10r (1521 Januar 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 3r (1519 März 20); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 80; LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 8v (1521 Oktober 17); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 21r (1521 November 2); Bl. 22r (1521 November 22); Bl. 25v (1522 Februar 15). Siehe zu ihm ADB 12, S. 390 f.; GATZ, Bischöfe 1448–1648, S. 652 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 163, Bl. 8v (1519 Oktober 23). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 10r (1521 Januar 7); Bl. 18r (1521 Oktober 24); Bl. 27v (1522 März 6).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Angehörigen des Hofes um einen Gefallen gebeten wurde. Auf dem Wormser Reichstag sprach ihn der Hofmeister Dietrich von Flans (gest. 1546) an.1274 Er hatte einen Sohn, der alt genug war zu studieren,1275 und so wollte er, dass Johanns Bruder Georg diesen jungen Mann zum Diener annahm, wofür sich Johann beim Bischof von Merseburg verwenden sollte.1276 Seine eigenen Diener brachte Johann aus der Heimat mit, denn in der kurfürstlichen Residenz war es offenbar schwieriger Knechte anzuwerben. Als er im Oktober 1520 anscheinend aus Kostengründen seinen Pferdeknecht entlassen sollte, konnte er keinen neuen bekommen und musste den alten noch ein halbes Jahr zum gleichen Lohn behalten.1277 Ein Jahr darauf nahm der Kammerjunker Ernst von Melwitz,1278 der unter anderem für die Instandhaltung von Johanns Rüstung zuständig gewesen war, seinen Abschied, obwohl ihn sein junger Herr gebeten hatte zu bleiben. Johann musste seine Mutter bitten, ihn mit einem neuen Kammerjunker zu versehen.1279 An diesen gab es klare Anforderungen: Er sollte ein eigenes Pferd und einen eigenen Harnisch mitbringen,1280 da der Kurfürst von Brandenburg keine unvollständig ausgerüsteten Junker duldete.1281 Er musste ein Edelmann sein und sollte möglichst nicht um Sold dienen.1282 1274

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Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 2, S. 969. Als brandenburgischer Hofmeister ist Dietrich von Flans ansonsten nur 1509 und 1525 urkundlich bezeugt. CDB 1, Bd. 11, Nr. 49, S. 193 (1509 April 26) und Bd. 9, Nr. 130, S. 438 (1525 April 5); FLANß, Regesten, S. 44; SCHAPPER, Hofordnung, S. 291. Vielleicht handelt es sich um Dietrichs ältesten Sohn Georg. Er war der einzige, der eine geistliche Laufbahn einschlug. Bereits 1514 war er Anwärter auf einen Platz im Magdeburger Domkapitel. Vgl. FLANß, Regesten, S. 49. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 23r (1521 Januar 12) und Bl. 9r (1521 Oktober 17). Aus diesen Briefen ergibt sich Johanns Anwesenheit auf dem Wormser Reichstag. Gemeinsam mit dem Kurprinzen Joachim dürfte er Mitte März 1521 heimgekehrt sein. Vgl. Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 3, Nr. 162, S. 823 (1521 [um März 14]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 21r (1520 Oktober 17). Vorher war überlegt worden, ob nicht der Stalljunge für einige Zeit die Aufgaben des Pferdeknechts übernehmen konnte. Die Familie Melwitz war vor allem in den Stiftern Merseburg und Naumburg begütert, hatte aber auch anhaltische Lehen. MÜLVERSTEDT, Anhaltischer Adel, S. 39; SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, S. 219 f. Ernst von Melwitz war 1532 Amtmann zu Lindau, 1534 wurde er durch Markgraf Joachim II. von Brandenburg für eine Gesandschaft zum sächsischen Kurfürsten vorgeschlagen und ist ab 1542 als anhaltischer Hofmarschall bezeugt. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1035, Bl. 3 (1532 November 18) und Nr. 117, Bl. 35v (1534 April 19); JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 181. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 8r f. (1521 Oktober 17). Siehe zu dieser Sache auch LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 16r (1521 Oktober 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 11v (1521 Oktober 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 26r (1522 November 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 29r [1522 November 23].

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Margarethe hatte ihrem Sohn untersagt, irgend jemanden ohne ihre Erlaubnis anzunehmen. In Dessau fand sie aber so schnell keinen, der ihrem Sohn an der Spree dienen wollte, weswegen sie ihm fürs Erste ihren eigenen Diener Caspar von Drauschwitz schickte.1283 Im Februar 1522 hatte Johann endlich einen jungen Mann namens Johann von Ulm gefunden, den er einen „freundlichen Knecht“ nannte und zu seiner Mutter schickte, damit sie sich mir ihm wegen des Soldes einige.1284 Margarethe nahm Johann von Ulm aber nicht an, sondern schickte lieber Johann Pfuhl, der allerdings schlecht ausgestattet war und weder einen Hauptharnisch tragen noch einen Spieß führen wollte, weil er ein Gelübde abgelegt hatte.1285 Johann hatte Pfuhl bereits im Herbst zuvor als Diener angenommen und gehofft, dass dieser sein eigenes Pferd und seinen eigenen Harnisch mitbrächte, was er offenbar jedoch nicht tat.1286 Ihn zu ersetzen war Margarethe jedoch nur bereit, wenn ihn der Kurfürst nicht dulden wollte. Da Johann in der Tat fürchtete, den Zorn des Kurfürsten auf sich zu ziehen,1287 schickte die Mutter ihm Ende November 1522 Nikolaus von Wallwitz (gest. 1560),1288 für den aber ein Harnisch geliehen werden musste.1289 Obwohl Johann den jungen Adligen offenbar nur kurz bei sich behielt, wurde er später mit hohen Verwaltungsaufgaben betraut. Er gehörte zu den

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 17r (1521 Oktober 14). An Caspar von Drauschwitz und seinen Dienst für die Fürsten von Anhalt erinnert eine Gedenktafel an der Dessauer Stadt- und Schlosskirche St. Marien. HARKSEN, Dessau, S. 40, Nr. 59. Siehe zur Familie Drauschwitz, die bei BECKMANN, Historie, nicht berücksichtigt ist: MÜLVERSTEDT, Anhaltischer Adel, S. 16; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 2, S. 570. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 34r (1522 Februar 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 29 ([1522 März 6], Beizettel): Ab Pful ewer kleider tragen wolt, vorbit es im in der gut; und besonders Bl. 32r (1522 November 18). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 11v (1521 Oktober 29): Auch hat mich Casper bericht, wie mir Hanß Pfol gefyl, so wolt mir e. g. en schicken. Warlich, er gevelt mir wol und eß wer ser gut, daß er seyn eygen pfert hat und auch seyn eygen harniß. Nachdem Johann Ende November erneut gebeten hatte, Pfuhl rasch zu ihm zu schicken, weil er ihn für die Jagd brauchte, traf er Mitte Dezember bei ihm ein, ebd. Bl. 14v (1521 November 28) und Bl. 18v (1521 Dezember 11). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 29r [1522 November 23]. Zur Familie: WALWITZ, Walwitz; BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 282–285, bes. S. 285; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 9, S. 463; MÜLVERSTEDT, Anhaltischer Adel, S. 63; HAUSEN, Vasallengeschlechter, S. 563 f. Der Grabstein des Nikolaus von Wallwitz befand sich in der Kirche zu Lindau, ein Epitaph in der Bartholomäuskirche zu Zerbst, wo seine Witwe 1579 den Predigtstuhl stiftete. BÜTTNER PFÄNNER ZU THAL, Kunstdenkmale, S. 513; WIEMANN, St. Bartholomäi, S. 16. Ein Heinrich von Wallwitz ist für 1508 als Gefolgsmann des Fürsten Magnus von Anhalt bezeugt. SIEBERT, Lehnbuch, S. 93 (1508 Juli 30). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 35r (1522 November 30).

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drei adligen Mitgliedern des Regentschaftsrats, der ihm seit seinem Schlaganfall zur Seite stand.1290 Im März 1523 war Johann froh, wieder seinen früheren Kammerjunker Ernst von Melwitz annehmen zu können,1291 selbst wenn sich seine Mutter daran störte, dass dieser angeblich viel fluchte. Sie ermahnte Johann, es dem von Melwitz bloß nicht gleich zu tun, vielmehr allen seinen Dienern ein Vorbild zu sein, indem er keine Flüche ausstöße und niemandem in seiner Umgebung gestatte solches zu tun.1292 Gegenüber den Bediensteten sollte der junge Fürst also selbst eine erzieherische Rolle ausüben.1293 Im Oktober 1521 hatte er seine Mutter darum gebeten, ihm Bernhard Schustede als neuen Dienstjungen zu schicken.1294 Margarethe kam dieser Bitte nach und empfahl Johann, er solle diesen Sohn ihres Dieners „zum besten ziehen“, aber nicht schlagen, denn das würde den Ruf schädigen.1295 Den Kammerjunker Wallwitz hatte Margarethe angewiesen, ihrem Sohn fleißig aufzuwarten und sich des Trinkens zu enthalten. Wallwitz hatte sich bereit erklärt, seinem Herrn allzeit zu dienen, aber ausdrücklich darum gebeten, dass Johann ihm nur im Vertrauen sagte, wenn er mit ihm nicht zufrieden war, denn keinesfalls mochte er vor den Augen anderer gescholten werden.1296 Auch im Hinblick auf die übrigen Diener lautete der mütterliche Rat an Johann, sie nur im Zwiegespräch zurechtzuweisen, wenn auch mit ernsten Worten.1297 Margarethe wünschte stets zu erfahren, wie sich die Diener gegenüber ihrem Sohn verhielten,1298 damit sie ihm Ratschläge erteilen konnte. Im Hinblick auf Wallwitz empfahl sie etwa, ihn nicht allzu

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JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 141. 1558 wurde ihm das Schloss Lindau auf Lebenszeit versetzt, ebd., S. 134. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 44v (1523 März 21); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 46r (1523 März 23): Ist doch zu Leypt[z]yg Melwitz wyder angenomen und ich wil in gern vor eynen dyener haben und byt, e. g. wolle in jo nicht tzyn lassen, den meyn rustung lig gar dernyder. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 23v (1522 Januar 28): Ich hab von einem frommen menschen gehort, das Ernst Melwicz gern flucht und swort. Dem henget es y nicht nach. Vgl. STÖRMER, Ostmitteldeutscher Traktat, Buch 2, Kap. 21, S. 271. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 9r (1521 Oktober 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 18r (1521 Oktober 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 35r (1522 November 30): Was ir van im getan habben wolt, das will er gern thuen und zo er etwas thet, das euch nicht gefel, bit er, ir wolt es ime in gut und in geheym sagen, will ers gern lassen und das ir inen vor den lewten vorschonen wolt zu oberfarn. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 49v (1523 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 41r (1522 Dezember 31); Bl. 48r (1523 Mai 21).

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sehr mit Kampfübungen zu belasten.1299 Auch gab sie Johann den Rat, sich vor fremden Dienern zu hüten.1300 Von Zeit zu Zeit schickte sie altvertraute Hofleute zu ihrem Sohn, um Nachrichten, Pferde, Hausrat oder andere Dinge überbringen zu lassen und ihm mit Rat behilflich zu sein. Oft verwendete sie dazu Johann Bose, der nach dem Wunsch ihres verstorbenen Gemahls auf Johann achten sollte und dem der junge Fürst Folge zu leisten hatte. Von Margarethe war er sogar ausdrücklich ermächtigt, Johann daran zu hindern, etwas zu unternehmen, das ihm schaden könnte.1301 Solange Johann am kurbrandenburgischen Hofe weilte, fürchtete er, die Mutter könnte verstimmt sein, wenn er den Briefverkehr längere Zeit abbrechen ließ. Vielmals bat er um Entschuldigung, wenn er wichtige Dinge nicht umgehend hatte berichten können oder gar vergessen hatte sie mitzuteilen.1302 Die Bindungen an den heimatlichen Hof blieben sehr eng. Da Johann nur zum Teil mit Hofkleidung ausgestattet wurde, wandte er sich an seine Mutter, wenn er Kleidungsstücke benötigte,1303 denn die standesgemäße Ausstattung verschlang viel Geld. Die Mutter bat ihren Sohn, unnötige Ausgaben zu vermeiden und sparsam zu sein,1304 und Johann versprach, das Geld, das sie ihm schickte, stets mit Bedacht auszugeben.1305 Zu seiner Rüstung durfte er nur hinzukaufen, was er wirklich benötigte, und bei seinen Käufen sollte er nicht auf die „jungen eitlen Leute“ in seiner Umgebung hören, die nicht viel wüssten, sondern lieber auf den Rat erfahrener

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 35v (1522 November 30): Mit uben seyt auch mesig, wie wol er es wol vor gut nemen mocht, doch zw vil vordreyst die lewt. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 49v (1523 Mai 29): Hut euch vor fremden dinern. Ir wist, was euch mit inen begegnet ist und wie mit großem unlust man ir kan loß werden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 52r f. (1523 August 21): Ich hab Boßen gebeten, das er euch in sein hut nemen wolt und euch retig und beystendick seyn wolt, und bit euch, ir wolt an seinen rat nichcz thuen und in vor gut halden und seinem rat folgen, wen ir seyt im von ewerem vatter befolen und ich prufe gern, das her euch mit trawen meynt. Ich hab in auch gebeten, wen er sege, das ir etwas vornemt, das euch nicht gut wer, das er euch das weren wolt. Siehe auch Bl. 53r (1523 August 21). Ein Johann Bose war später brandenburgischer Rat und Hauptmann von Zossen und sollte 1532 mit Unterstützung des brandenburgischen Kurfürsten das Amt Calbe erhalten. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 78r (1528 November 10) und Nr. 117, Bl. 3r (1532 Februar 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 19r (1520 Juni 10); Bl. 23r (1520 Dezember 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 9r (1519 November 7); Bl. 17 (1520 Mai 8). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 9r (1520 November 16) oder Bl. 49r (1523 Mai 29): Spart gelt, wo ir kont. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 3r (1521 April 18); Bl. 11r (1521 Oktober 9).

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Männer vertrauen.1306 Er war gehalten, ein Verzeichnis über seine Ausgaben zu führen. Auf seinen Wunsch hin schickte ihm Margarethe ein Rechentuch, mit dem er große Summen zusammenrechnen konnte. Dabei forderte sie ihn auf, die Kunst des Rechnens mit Fleiß zu erlernen, da ihm diese von Nutzen sein würde.1307 Doch immer wieder musste Johann um mehr Geld bitten. In einem Schreiben erinnerte er Margarethe, dass er sich ohne Geld am Hofe nicht halten könne und wirklich sehr sparsam sei. Wenn sie fände, er würde tatsächlich zu freigiebig sein, bräuchte sie ihm nichts schicken.1308 Johann versuchte damit, unter Beweis zu stellen, dass er sich ernsthaft bemühte, die Kosten gering zu halten. Die Mutter schickte ihm in diesem Fall zwar die erbetene Summe, warnte ihn aber vor „unnötigem, durstigen Kaufen und Schuldenmachen“ und drohte sogar, ihn in der Tat nicht länger unterstützen zu wollen, wenn er sich nicht daran hielte.1309 Ohne ihr Wissen sollte er kein Geld borgen und es nicht wagen, ihr etwas zu verheimlichen.1310 Wie später bei ihrem Sohn Joachim, belastete der hohe Bedarf an Geld das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn erheblich. Einmal meinte Margarethe, Johann würde keine Zuneigung mehr zu ihr empfinden, weil er ihre Ermahnungen so wenig beherzige.1311 Sie warf ihm vor, auch ihre Warnungen vor dem Trinken vergessen zu haben und gesellige Abende in der Stadt nicht zu meiden.1312 Von Berlin aus wechselte Johann auch Briefe mit seinem jüngeren Bruder Georg, den er ausdrücklich ermunterte ihm zu schreiben.1313 Allerdings ist nur ein einziger früher Brief erhalten. Später tauschten sich beide Brüder über vertrauliche Dinge aus, so dass Johann in Georg offenbar einen weiteren wichtigen Ratgeber sah. Ihm schickte er Lehnsverzeichnisse und gelegentlich auch Bücher.1314 Zu jener Zeit war es freilich be1306 1307 1308 1309 1310

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 49r (1523 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 48r (1523 Mai 21) und Bl. 50v (1523 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 9v (1521 Oktober 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 21r (1521 November 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 34r (1522 November 20): Borget nicht mer an meyn bewust. Was das ist, wolt mir nichcz vorhalden und y die warheyt schreyben. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 23r (1521 Januar 28): Auch kan ich nicht grosse lib vormercken, die ir zw mir traget. Ich mein, ich werd fast danck weg haben. Das kan ich darbey mercken, das mein mutterlich vormanung und trawe underweysung wenig frucht bringet. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 23r f. (1521 Januar 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 4, Bl. 3r (1522 März 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 4, Bl. 7r (1523 November 19); Bl. 16r (1526 Mai 10), ein ungenanntes Buch; Bl. 26r (1528 Januar 22), eine Schrift Luthers gegen die Bettler (1529).

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reits Georg, der seinen älteren Bruder zum Schreiben aufforderte, „weil doch Freunde durch Schrift miteinander bekannt werden“, während Johann um Entschuldigung bat, wenn er lange nicht geschrieben hatte, was er auf Faulheit oder dringende Geschäfte zurückführte.1315 Zum Sommer 1522 ist zu hören, dass Johann begonnen habe, seiner Mutter zum Trost und seinen Brüdern zum Nutzen die „Haussorge“ zu erlernen.1316 Das heißt, er wurde darauf vorbereitet, die Hofhaltung in Dessau zu übernehmen. Bereits Weihnachten 1523 dachte er daran, noch vor Ostern des Folgejahres dauerhaft nach Dessau zurückzukehren. Dazu musste er rechtzeitig seine Herberge in Berlin kündigen und einige Bedienstete entlassen.1317 Im Frühjahr 1524 kann sein Jugendaufenthalt am kurbrandenburgischen Hof als beendet gelten, obwohl er weiterhin nach Berlin gerufen wurde und der Kurfürst erzieherischen Einfluss auf ihn nahm, indem er ihn aufforderte, beim alten Glauben zu bleiben und sich als christlicher Fürst zu verhalten.1318 Durch Johanns Anwesenheit in Berlin waren die anhaltisch-brandenburgischen Beziehungen enger geworden. Margarethes Gefälligkeiten hatten sich nicht bloß darauf beschränkt, die Kurfürstenfamilie zu grüßen und den männlichen Mitgliedern selbstgefertigte Hemden zu schicken.1319 Im August 1524 ersuchte Joachim I. sie und Johann, ihm die Summe von 2000 Gulden zu leihen. Obwohl sie sich selbst in Geldnöten befänden, meinte Margarethe, es würde der anhaltischen Herrschaft Ehre und Nutzen bringen, der Bitte des Kurfürsten zu entsprechen. Allerdings konnte sie auch mit Unterstützung des Merseburger Bischofs nur die Hälfte der erbetenen Summe aufbringen.1320 Gemeinsam mit seinem Vetter Wolfgang von Anhalt nahm Johann im November 1524 an der Vermählung des brandenburgischen Kurprinzen mit Herzogin Magdalena von Sachsen teil.1321 Die Ehe mit der Tochter des Herzogs Georg von Sachsen war erst angestrebt worden, nachdem die Bemühungen, eine Gemahlin aus königlichem Hause

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 4, Bl. 13r (1525 Oktober 16). Sein Onkel Herzog Karl von Münsterberg hatte davon gehört und zeigte sich erfreut darüber. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 95r (1522 August 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 52r (1523 Dezember 25). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 23 (1526 Juli 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, Bl. 23r (1520 Dezember 14); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 8r (1520 Oktober 29); Bl. 10r (1521 Januar 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 121 (1524 August 16) und Bl. 117r (1524 August 22). Die Rückzahlung der Summe ist ebd. Bl. 139r (1525 Oktober 2) erwähnt. Vgl. zu dieser Geldangelegenheit auch LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 63–67. CDB 3, Bd. 3, Nr. 263, S. 318–323, hier S. 318 f. und S. 321 (1524 November 5); Spalatin, Dissertatio, Sp. 2141–2143.

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zu gewinnen, endgültig gescheitert waren.1322 Vor allem Erzbischof Albrecht hatte sich für die Verbindung mit den Albertinern eingesetzt, um das Bündnis der altgläubigen Fürsten zu stärken. In einem Brief an seinen Bruder pries er die sächsische Fürstentochter als züchtig, fromm, wohlerzogen und standesgemäß ausgestattet.1323 Bevor der Kurprinz allerdings in diese Heirat einwilligte, wollte er die künftige Braut in Augenschein genommen haben.1324 Für Johann von Anhalt bot sich im Sommer 1529 die Gelegenheit, eine Tochter des Herzogs von Sachsen-Lauenburg zu heiraten, doch schlug er dieses Angebot aus.1325 Erst 1534 konnte er Margarethe (1510–nach 1577), die jüngste Tochter des brandenburgischen Kurfürsten, zur Frau nehmen, nachdem deren erster Gemahl, der Herzog von Pommern, gestorben war.1326 Durch diese Heiratsverbindung ließen sich die Beziehungen festigen, die Johann während seines Erziehungsaufenthalts zu den Markgrafen von Brandenburg aufgebaut hatte. 1535 versicherte der Kurfürst seiner Tochter und deren Gemahl, dass er beide stets mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen wolle,1327 nachdem das Verhältnis zuvor wegen der Zuwendung der jungen Eheleute zur Reformation gespannt gewesen war.1328 Das Kurfürstenpaar selbst war bereits seit 1528 durch Glaubensgegensätze getrennt. Als Joachim seine Gemahlin Elisabeth (1485–1555) wegen ihres evangelischen Bekenntnisses bedrängte, floh sie Ende März 1528 zum Kurfürsten von Sachsen, der ihr auf Schloss Lichtenberg bei Torgau eine standesgemäße Zuflucht gewährte.1329 Gegenüber seiner Tochter Margarethe drohte Joachim 1534, sie ebenfalls zu verstoßen, wenn sie gegen seinen Wunsch und trotz mehrfacher Ermahnung das Abendmahl in beiderlei Gestalt nehmen

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Neben einer französischen Königstochter war auch eine Schwester Kaiser Karls V. im Gespräch. Siehe den Brief des Erzbischofs Albrecht von Magdeburg an Herzog Georg von Sachsen bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, Anhang Nr. 16, S. 542 f. (1524 April 8). Erzbischof Albrecht von Magdeburg an seinen Bruder Kurfürst Joachim I. (1524 März 28), gedruckt bei SCHUSTER/WAGNER, Jugend, Anlage Nr. 9, S. 535 f., hier S. 536: Es ist auch warlich ein züchtig, from und wolerzogen frochen, darzu wol gesmucket und gecleijdet, das sy sich des bej andern fursten und furstyn nicht schemen darpff. So weyß ich auch, daß e. l. allen iren freunden, ein wolgefallen doran thun, das sich e. l. zu den frommen, warhafftigen und bestendigen fursten mit irem son freunden. Briefwechsel zwischen Erzbischof Albrecht von Magdeburg, Kurfürst Joachim I. von Brandenburg und Herzog Georg von Sachsen (1524 März 30 bis Mai 13), SCHUSTER/WAGNER, Jugend, Anlagen Nr. 10–15, 17–19 und 21, S. 537–542, 543 f. und 545. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 8, Bl. 28r (1529 August 27). WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 373–375. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 55r (1535 Juni 20): E. l., die wissen furwar, das ich e. l. und meynem sun, e. l. gemahel, was es auch von nottenn, widerumb leyb und gutt, land und lewtt setz. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 54r (1534 März 27). Hafftitz, Microcronicon Marchicum, S. 91 f.; JACOBI, Flucht; BERBIG, Gutachten.

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mehrfacher Ermahnung das Abendmahl in beiderlei Gestalt nehmen würde.1330 Dies bedeutete, dass er sie weder mit Rat noch mit Hilfe unterstützen würde, woran Margarethe anscheinend viel lag.1331 Als der Vater 1535 starb, stürzte sie in tiefe Trauer.1332 Am Dessauer Hof wurde mit Sorge beobachtet, dass sie ohne ersichtlichen Grund stets mit Kummer beladen war.1333 Ohne familiären Rückhalt hielt es Margarethe am fremden Hof nicht aus, hatte Schwierigkeiten mit dem Gesinde und geriet in Gegensatz zu ihrem Gemahl, mit dem es 1537 vorübergehend zum Bruch kam.1334 Bis 1539 weilte sie häufig bei ihrer Mutter in Lichtenberg,1335 der allerdings sehr daran gelegen war, dass auch ihre Enkel für einige Zeit dorthin kamen.1336 Die Großmutter wollte sich an ihnen erfreuen, aber auch Einfluss auf ihre Erziehung nehmen. Vom brandenburgischen Hof sollte 1540 eine geeignete Kinderfrau kommen.1337 Margarethes Kinder Karl (1534– 1564) und Marie (1538–1563) wurden 1546, nach dem Schlaganfall ihres Vaters, am brandenburgischen Hof erzogen, während ihre Geschwister einige Zeit in der Obhut der Großmutter aufwuchsen.1338 1330

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Kurfürst Joachim I. von Brandenburg an seine Tochter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 54r (1534 März 27): Thun es aber e. l. daruber, so will ich euch vor meyn tochter nit halten noch erkennen. Fürstin Margarethe von Anhalt an ihren Vater Kurfürst Joachim I. von Brandenburg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11, Bl. 17 (1534 April 29). Kanzler Paulus von Berge an Fürst Georg III. von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 43v (1535 Juli 14) und Fürstin Margarethe von Anhalt an ihren Bruder Kurfürst Joachim II. von Brandenburg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11, Bl. 9 f. (1535 Juli 16). Kanzler Paulus von Berge an Fürst Georg III. von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 54r (1536 Dezember 15). Vgl. auch den Bericht des Kanzleischreibers Urban Parys (gest. 1560) an Fürst Johann von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11, Bl. 3–7 (1537 September 18). Aussagen der Hofmeisterin von Bobbau, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11, Bl. 17 [1537?]; Kurfürst Joachim II. von Brandenburg an Fürst Johann von Anhalt, ebd. Bl. 13 f. [1537?]. 1538 schien alles vergessen. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 101r und 102r (1538 März 7). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 66r (1537 April 12). Entwurf eines Schreibens der Fürsten Georg und Joachim von Anhalt an ihre Schwägerin Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11, Bl. 8 [1537/1538]; Fürst Johann IV. von Anhalt an seine Gemahlin Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 43, Bl. 6v (1538 Mai 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 43, Bl. 13r (1540 Dezember 27). Die erste Amme hatten Johann und Margarethe wahrscheinlich aus Magdeburg kommen lassen. Kanzler Paulus von Berge an Fürst Johann, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 24r (1534 August 19). Herzogin Georgia von Pommern an ihre Mutter Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 32r (1546 Juli 7): Auch hore ich es gerne, das e. l. mein liebenn bruder furste Karolus lest bleyben bey margraf Fryderich, das er flukes lernet stutyrenn und das mein schwester, freuchen Maria bleybt, das kan ir nyrgent zu schadenn, den des churfürsten zu Brandennburck sein gemal, das ist ein fromm mensche, sie kan ir noch wol arbeit lernen.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Unter diesen Umständen ist die Rolle der Margarethe von Brandenburg in der Kindererziehung schwer einzuschätzen. 1543 brach sie Hals über Kopf und ohne Wissen ihres Gemahls mitsamt dem Hofgesinde von Roßlau auf, um ihren Bruder, den Markgrafen Johann, zu besuchen, an dessen Hof sich gerade die Herzöge von Braunschweig und Lüneburg aufhielten. Ihren ältesten Sohn Karl ließ sie dabei in Roßlau zurück, ohne Prinzenerzieher, allein unter der Obhut des sichtlich überforderten Amtmanns Nikolaus Schlegel (gest. 1553).1339 Ist das kennzeichnend für ihr Verhalten? 1536 hatte Margarethe ihre beiden Söhne noch zum Schutz vor der Pest von Dessau nach Roßlau bringen lassen, wo Karl allerdings krank wurde, weshalb sie beide Kinder zurückholen ließ und selbst umsorgte.1340 Am besten lässt sich ihre Rolle als Mutter an dem Verhältnis zu ihrer Tochter Georgia (1531–1574) einschätzen, da sich der Briefwechsel zwischen Mutter und Tochter erhalten hat. Dieser Seitenblick führt zwar weg vom brandenburgischen Hof, erfasst aber die höfische Mädchenerziehung mit außergewöhnlicher Detailschärfe. Georgia stammte aus Margarethes Ehe mit Herzog Georg I. von Pommern (1493– 1531), kam aber erst nach dessen Tod zur Welt. Gemeinsam mit der Mutter war das Mädchen an den Dessauischen Hof gekommen, wo es seine frühe Kindheit verbrachte.1341 Am Rande des Regensburger Reichstags von 1541 traf ihr Stiefvater Johann dann Absprachen mit Herzog Philipp I. von Pommern (1515–1560) über die weitere Erziehung,1342 und zwar nachdem Philipp schon früher zugesagt haben muss, seine Halbschwester an den pommerschen Hof zu holen, sobald sie das Alter von acht Jahren erreicht hätte.1343 Die Übersiedlung nach Wolgast verzögerte sich allerdings noch über ein Jahr, weil zwischenzeitlich Aussicht bestand, das Mädchen an einen jungen Herrn von Bernstein zu verheiraten.1344 Als Georgia im Februar 1543 in Begleitung ihrer Mutter mit Herzog Philipp zusammentraf, hätte sie eigentlich in dessen Obhut gegeben werden können, doch wollte ihre Mutter der Übergabe nicht zustimmen, ohne vorher 1339

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Amtmann Nikolaus Schlegel an Fürst Georg III. von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1450a, Bl. 39r (1543 Januar 13). Als Lehrer des Prinzen Karl wird später Magister Adam Lamprecht genannt. SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 163; HÖNICKE, Merkwürdigkeiten, Nr. 5, S. 30 (1553 Oktober 23); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 445 und 453. Sein Bruder Joachim Ernst (geb. 1536) wurde durch Magister Andreas Lamprecht unterrichtet. BECKMANN, Historie, S. 183 f.; SIEBIGK, Herzogthum Anhalt, S. 208; STENZEL, Handbuch, S. 394; ADB 14, S. 69. Siehe auch Quellenanhang Nr. 31. Im Herbst 1542 sollten beide Prinzen dem von Melanchthon empfohlenen Magister Christoph Boemer anvertraut werden, um in den höfischen Zeremonien unterrichtet zu werden. Melanchthons Briefwechsel, Bd. T 11, Nr. 3025, S. 244 und Nr. 3028, S. 248–250 (1542 August 25 und 30). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 47v (1536 Dezember 7). Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1255, Bl. 1r (1535 Mai 15) und Bl. 3r (1539 April 7). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 5 und 6 (1541 Juli 18 und 30). Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 11r (1543 Februar 20). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 7 f. (1541 Oktober 23) und Bl. 10r (1542 Januar 7).

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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Rücksprache mit ihrem Gemahl und dessen Brüdern gehalten zu haben.1345 Im Mai 1543 wurde Georgia dann mit all ihrer beweglichen Habe nach Berlin gebracht und den pommerschen Gesandten überantwortet, die sie nach Wolgast geleiteten.1346 Nur wenige Tage nach ihrer Ankunft teilte sie der Mutter mit, dass sie freundlich aufgenommen worden sei und eine gute Erziehung bekomme. Gleichzeitig versicherte sie, sich stets fleißig und gehorsam zeigen zu wollen.1347 Obwohl es früh zu Spannungen zwischen Johann und Margarethe gekommen war, verfolgten beide im Hinblick auf Georgias Erziehung und standesgemäße Versorgung zunächst ein gemeinsames Ziel. Nichts deutet darauf hin, dass die mit in die Ehe gebrachte Tochter zu ihren pommerschen Verwandten abgeschoben werden sollte. So waren Johann und Margarethe sehr darum bemüht, dem Mädchen die Eingewöhnung am fremden Hof zu erleichtern, indem eine vertraute Kammerjungfrau und ein Edelknabe mitreisen durften, was Herzog Philipp zunächst für unnötig gehalten, dann aber doch gestattet hatte.1348 Die betreffende Hofjungfrau, Margarethe von Rabiel, hatte Georgia bereits in Dessau Lese- und Schreibunterricht erteilt und setzte diesen Unterricht in Wolgast fort. Nach einigen Monaten kehrte sie allerdings auf eigenen Wunsch nach Anhalt zurück, obwohl der Herzog sie angeblich noch länger geduldet hätte. Die Aufsicht darüber, dass Georgia Gottesfurcht, Zucht und Tugend auf der einen Seite und Lesen, Schreiben und Handarbeiten auf der anderen Seite lerne, lag von da an bei Philipps Gemahlin, in deren Gemach das Mädchen untergebracht war.1349 Sowohl Fürst Johann als auch seine Gemahlin erkundigten sich anfangs regelmäßig nach Georgias Befinden, ermahnten sie zur Tugend und sandten ihr Geschenke, während das Mädchen selbstgefertigte Näharbeiten nach Dessau schickte, um zu zeigen, was es gelernt hatte.1350 Mit ihrer ehemaligen Kammerjungfrau stand die junge Herzogin ebenfalls in Briefwechsel.1351 Dennoch fühlte sie sich bald einsam und vergessen, war beunruhigt, wenn die Mutter längere Zeit nicht geschrieben hatte, und sehnte sich nach einem Besuch, nicht zuletzt um frei reden zu können.1352 Sie wusste, dass sie ih1345 1346 1347 1348

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LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 11 f. (1543 Februar 20). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 13 (1543 April 3); Nr. 1254, Bl. 5r (1543 Mai 7). Das Verzeichnis der mitgenommenen Sachen in Nr. 1257, Bl. 62 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 2r (1543 Juni 5). Anweisung des Fürsten Johann von Anhalt an Valentin Schlegel, Amtmann zu Lindau, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 59r (1542 [vor Mai 18]) und Schreiben des Herzogs Philipp von Pommern, ebd. Bl. 48r (1543 April 2). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 14r (1543 September 16) und Nr. 1254, Bl. 6r (1543 September 21). Siehe Quellenanhang Nr. 28. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 17r: wen ich es nu besser lerhe und kan, so wyll ich es gerne besser machenn. Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 9 f. (1544 Juni 30). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 8r (1544 Juli 25); Bl. 34 f., 31r, 32r und 28r (1546 Februar 11, März 24, Juli 7 und August 5); Bl. 45r (1548 August 3); Bl. 56, 51r, 52r und 57 (1549 April 27, Mai 2, August 10 und November 9).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

rem Stiefbruder Dankbarkeit für die Aufnahme an seinem Hof schuldete, fühlte sich dort aber zurückgestellt, denn sie erhielt zwar Aufwartung durch die Hofjungfrauen ihrer Schwägerin, bekam aber trotz mehrfacher Bitten erst 1548 wieder eine eigene Kammerjungfrau.1353 Zuvor hatte sich Georgia offenbar bemüht, zum anhaltischen Teil ihrer Familie zurückkehren zu dürfen.1354 Als im Jahre 1546 zur Entscheidung stand, an welchem Hof ihre Halbschwester Elisabeth von Anhalt erzogen werden sollte, sprach sich Georgia dafür aus, diese ebenfalls nach Pommern zu schicken, weil sie dann auf sie achtgeben könne.1355 Dieser Wunsch wurde ihr nicht erfüllt. Nachdem es 1550 zwischen Johann und Margarethe endgültig zum Bruch gekommen und die Fürstin mit Hilfe ihres ältesten Sohnes aus Dessau geflohen war, rissen die Verbindungen ab. Georgia blieb am pommerschen Hof, bis sie 1563 mit einem polnischen Grafen vermählt wurde.1356 Ihr Halbbruder Fürst Karl von Anhalt war 1549 zusammen mit seinen jüngeren Brüdern an die Universität Wittenberg gegangen, nachdem er zuvor am brandenburgischen Hof in Gemeinschaft mit den Markgrafen Friedrich (1530–1556) und Siegmund (1538– 1566) unterrichtet worden war, die beide die geistliche Laufbahn einschlugen.1357 Sein Vater bestimmte kurz vor dem Tode im Jahre 1551 wieder einen albertinischen Wettiner und zwei brandenburgische Hohenzollern zu Vormündern seiner Kinder: Herzog Moritz von Sachsen, Kurfürst Joachim II. und dessen Bruder Markgraf Johann von Brandenburg-Küstrin. Hinzu traten diesmal aber auch die anhaltischen Verwandten: die Fürsten Wolfgang, Georg und Joachim.1358 In der Führung seines Hofes und seiner Herrschaft dürfte sich Fürst Johann häufig am kurbrandenburgischen Vorbild ausgerichtet haben, trotz der ungleich geringeren Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen. Wie sein ehemaliger Lerngenosse Joachim II. legte er großen Wert darauf, den fürstlichen Herrschaftsanspruch sichtbar zu machen. Gemeinsam mit seinen Brüdern ließ er das Dessauer Residenzschloss und weitere Schlösser kunstvoll ausbauen. Wie sehr das Hofleben in Dessau an das in Berlin angelehnt war, ist freilich schwer einzuschätzen, zumal die höfische Kultur erst unter

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LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 22 r, 25r und 18r (1545 März 7, September 11 und 29); Bl. 43r und 37r (1547 April 7 und November 28); Bl. 49r, 45r und 54r (1548 April 27, August 3 und September 26). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 50v (1548 August 24). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 32v (1546 Juli 7). WEHRMANN, Söhne, Nr. 2–5, S. 55–58 (1559); Wedel, Hausbuch, S. 204. FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 244; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 177; HAEBLER, Bibliophilen, S. 79 f. Schon 1546 ist die Rede davon, dass Karl und Marie am kurbrandenburgischen Hof lernen, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1254, Bl. 32r (1546 Juli 7). HÖNICKE, Merkwürdigkeiten, Nr. 5, S. 30 (1553 Oktober 23); JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 160 f. Eine erste Vormundschaftsregelung hatte Kaiser Karl V. bereits am 8. Oktober 1549 bestätigt. LHASA Dessau, GAR III, Bl. 231, Nr. 1 (nicht mehr vorhanden).

5. Am Hof des Markgrafen Joachim I. von Brandenburg

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Johann deutlichere Spuren hinterlassen hat.1359 Als Kurfürst Joachim I. im Sommer 1532 gemeinsam mit seinem Sohn Johann nach Dessau zu Besuch kam, ließen sich beide von ihren eigenen Edelleuten bei Tisch aufwarten.1360 In den Hofordnungen, die aus der Zeit Johanns von Anhalt und seines Jugendfreundes Joachim II. von Brandenburg erhalten sind, treten eher die Unterschiede hervor. Schon durch den bloßen Umfang hebt sich die brandenburgische von der anhaltischen ab.1361 Die aus Johanns Zeit erhaltene Ordnung gehört zudem erst in die Jahre nach der anhaltischen Herrschaftsteilung von 1546, als er in Zerbst einen eigenen Hof unterhielt.1362 Dennoch ist es sicher nicht unrichtig zu sagen, dass Johann vor allem in Berlin gelernt hat, wie er standesgemäß Hof halten konnte. Immerhin ließ er für die Abfassung seiner Hofordnung zwei brandenburgische Räte nach Zerbst kommen.1363 Auf dem Reichstag zu Worms hatte Johann 1521, als er sein siebzehntes Lebensjahr erreicht hatte, die Lehen vom Reich empfangen.1364 Der Kurfürst von Brandenburg hatte dies befürwortet und befördert.1365 Noch im selben Jahr bestätigte Johann dann den Edelleuten seines Landes ihre Lehen. Weil seine Mutter um den Bestand der anhaltischen Herrschaft fürchtete, versuchte sie 1525 zu erwirken, dass ihr ältester Sohn auch die magdeburgischen Lehen empfangen würde, obwohl die Vormundschaft bestehen sollte, bis alle ihre Söhne die Volljährigkeit erlangt hatten.1366 Die Belehnung erfolgte daraufhin am 13. Januar 1526,1367 womit Johann formal in seine Herrschaftsrechte eingesetzt war. In seinen ersten Verhandlungen trat der junge Fürst aber noch immer recht unselbständig auf. Wie es etwa bei den Verhandlungen um das Benediktinerkloster Nienburg an der Saale zuging,1368 vertraute seine Mutter dem Bischof von Merseburg an: Sie hatte ihren ältesten Sohn angewiesen, der Meinung des Fürsten Wolfgang von 1359

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Beim Aufbau der Landesverwaltung richteten sich die Fürsten von Anhalt seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert nach dem kurbrandenburgischen Vorbild. SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, Einleitung S. 14 und 24. Siehe die Dienstordnung des Dessauischen Kanzlers Paulus von Berge für den 17. Juli 1532, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 281, Bl. 4r. KERN, Hofordnungen, Bd. 1, S. 1–34; HAß, Hofordnung; DERS., Bemerkungen. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 23–26 [1548]. Siehe zur Entstehung, Datierung und Bewertung dieser ältesten Hofordnung, die von den anhaltischen Fürsten überliefert ist: JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 140 f.; DIES., Regierungsantritt, S. 47; HECHT, Hofordnungen, S. 101. JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 141; HECHT, Hofordnungen, S. 101. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 22r (1521 März 1). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 21r (1521). Schwierigkeiten gab es, weil die kaiserliche Kanzlei den Lehnbrief so lange nicht ausstellen wollte, bis die älteren Lehnbriefe im Original oder in Abschrift vorgelegt worden waren. Ebd., Bl. 22r (1521 März 1). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 144r (1525 Januar 20). Kanzler Paulus von Berge an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III. [!], Nr. 2, Bl. 14v (1526 Januar 13). Vgl. zur Sache JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 131–133.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Anhalt zu folgen, aber nur wenn dieser die Rechte des Klosters nicht antasten würde. Da Wolfgang solches jedoch vorhatte, trat Johann gegen ihn auf und setzte sich für den Abt ein, wozu ihn auch sein Bruder Georg als Magdeburger Dompropst ermuntert hatte.1369 Dadurch machte er sich allerdings viele Feinde und Margarethe musste feststellen, dass sein Ruf beschädigt war, obwohl er ganz nach ihrem Willen gehandelt und sich als Beschützer der Kirche zu zeigen versucht hatte.1370 Solange die Mutter lebte, vermochte sich Johann nie aus ihrem Bann zu lösen. Sie hatte ihn gemahnt, fromm, gottesfürchtig, geduldig, vorsichtig und verschwiegen zu sein. Er sollte zwar selbst entscheiden, doch nicht ohne vorher mit ihr Rücksprache zu halten. Ähnlich stark war Margarethes Einfluss auf ihre beiden jüngeren Söhne. Auffällig ist, dass sich jeder der drei Brüder in seine Rolle fügte, obwohl die Mutter durchaus Spielraum ließ: Johann war für die Herrschaft bestimmt, Georg sollte Geistlicher werden und Joachim im Fürstendienst zu Anerkennung gelangen.

6.

An geistlichen Höfen und Universitäten

Um hohe geistliche Ämter übernehmen zu können, war um 1500 in der Regel der Besuch einer Universität erforderlich. Den brandenburgischen Kurfürsten Joachim I. hatte es daher zusätzlichen Aufwand gekostet, seinen Bruder Albrecht, der allein bei Hofe unterrichtet worden war, auf den Magdeburger Erzstuhl zu bringen.1371 Für die Fürsten von Anhalt war es hingegen bereits im 15. Jahrhundert unumgänglich, akademische Bildung zu erwerben, um im Wettbewerb um geistliche Pfründen mithalten zu können. In der Mitte des 15. Jahrhunderts durchliefen jedenfalls mehrere anhaltische Fürsten ein ordnungsgemäßes Universitätsstudium, um eine geistliche Laufbahn einzuschlagen. Fürst Johann III. von Anhalt (gest. 1463), der seiner Herrschaft im Jahre 1451 entsagt hatte und Magdeburger Domherr geworden war, erhielt 1456 für die Zeit seines Universitätsbesuchs vom regierenden Fürsten Albrecht Geld und Kleidung zugesichert.1372 Die 1369 1370

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg [!], Nr. 1, Bl. 58r f. (1526 Januar 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 164v f. (1526 Januar 15), an Bischof Adolf von Merseburg: Es hat mein son derhalben vil anfechtung gehabet, darvon nicht zw schreyben ist, aber hilft mir got zu e. l., wil ich e. l. wunder sagen. Er ist aber ein gehorsamer son bliben, wywol ich forcht, er hat an etlichen orten nicht vil danck vordint. Insgeheim sollte auch Fürst Georg in Erfahrung bringen, wie der Bischof von Merseburg in dieser Sache dachte, ebd., Nr. 2, Bl. 71r (1526 Februar 5). Siehe oben S. 189. WÄSCHKE, Regesten, Nr. 433, S. 187 (1451 März 19); Nr. 488, S. 220 f. (1456 März 18); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 1, S. 497. Bereits im Sommersemester 1447 hatte sich Fürst Johann mit zwei famuli in Leipzig einschreiben lassen und im Jahr darauf den Grad eines Baccalaureus erworben. 1452 war er in Erfurt und 1453 in Bologna eingeschrieben, zuletzt gemeinsam mit seinem Kaplan Paul Faber aus Zerbst. FÖRSTEMANN, Fürsten und Grafen, S. 125;

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Brüder Magnus (1455–1524), Wilhelm (1457–1504) und Adolf (1458–1526) von Anhalt, die zu unterschiedlichen Zeiten in den geistlichen Stand traten, weilten ab dem Wintersemester 1471 gemeinsam an der Universität Leipzig, zusammen mit ihrem Magister Peter Kleinschmidt und dem famulus Georg Werbeck, die beide aus Zerbst stammten. Zur gleichen Zeit studierte in Leipzig auch Fürst Georg II. von Anhalt mit seinem eigenen famulus.1373 Die ungewöhnlich hohe Zahl fürstlicher Universitätsbesucher deutet darauf hin, in welche Bedrängnis die anhaltische Herrschaft gelangt war. Durch die Erweiterung der höfischen Erziehung um den Besuch einer Universität konnte für mehrere Fürstensöhne die Möglichkeit offen gehalten werden, ein geistliches Amt zu erlangen, zumal die Übernahme weltlicher Herrschaft dadurch nicht ausgeschlossen war. Nach dem Tode ihres Onkels Albrecht IV. (gest. 1475) übernahmen die Fürsten Magnus und Adolf zunächst gemeinsam die Herrschaft Zerbst und die Vormundschaft über Albrechts Sohn Philipp (1468–1500). Dieser ging 1478 ebenfalls zum Studium nach Leipzig, nachdem er zuvor durch Fürst Magnus erzogen worden sein soll. Anschließend suchte er Ruhm als Turnierkämpfer und starb noch jung an Jahren, nachdem er sich bei einem Turnier in Dresden tödlich verletzt hatte.1374 Sein Universitätsbesuch stand offenbar nicht im Zusammenhang mit einer geistlichen Laufbahn, sondern war Teil der höfischen Ausbildung. Fürst Adolf war hingegen von 1489 bis 1516 Dompropst in Magdeburg und von 1514 bis zu seinem Tode Bischof von Merseburg. Sein Bruder Magnus wurde 1492 als Rat Kaiser Friedrichs III. angenommen,1375 wozu die Empfehlung seines Taufpaten Kurfürst Johann von Brandenburg wohl mehr beigetragen haben dürfte als seine theologische und juristische Bildung.1376 Magnus’ Nähe zu Kaiser Friedrich III. brachte den Fürsten von Anhalt einigen Nutzen. Noch im gleichen Jahr gebot Friedrich, die anhaltische Reichsunmittelbarkeit zu erhalten und alle Angriffe darauf abzuwehren,1377 und gestattete Adolf und Magnus, ihren erblichen Besitz unbe-

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ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 159 und Bd. 2, S. 144; FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 198; KNOD, Index, Nr. 96, S. 16; SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 111. BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 103; ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 283; THOMAS, Magnus, S. 90. SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 99; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 102; ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 313. Fürst Philipp verfügte über enge Beziehungen zu Kurfürst Friedrich III. von Sachsen, der später in den Irrungen um das Testament des anhaltischen Fürsten angerufen wurde. Philipp hatte den Kurfürsten 1493 ins Heilige Land und im Jahr darauf auf der Reise zu König Maximilian I. begleitet. BRAUN, Anhalter Urkunden, Nr. 2, S. 80–83; NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 90 und 227; REITZENSTEIN, Tagebuch, S. 130 f.; RÖHRICHT/MEISNER, Pilgerreisen, S. 507; DIES., Rechnungsbuch, S. 47 und 88. Regesta Imperii, Abt. 13: Kaiser Friedrich III., Nr. 8861 (1492 Oktober 24). BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 106 (1492 September 10). Bischof Liborius von Lebus hatte bereits 1485 die Tugend, Beredtsamkeit und Gelehrsamkeit des Fürsten Magnus gelobt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 841, Bl. 2r (1485 Dezember 15). WÄSCHKE, Regesten, Nr. 1236 f., S. 560 f. (1492 Oktober 24).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

schadet ihres geistlichen Standes zu genießen.1378 Die besondere Gunst währte jedoch nur kurz, denn der Kaiser starb bereits 1493. Im Jahre 1508 verzichtete auch Magnus auf seine Herrschaft und folgte seinem Bruder Adolf 1516 im Amt des Dompropstes von Magdeburg.1379 Obwohl die Fürsten Adolf und Magnus ihre erblichen Herrschaftsrechte aufgegeben hatten, übten sie als Bischof bzw. Dompropst noch immer weltliche Herrschaft aus. Selbst ihr Bruder Wilhelm, der bereits im Jahre 1473 in den Franziskanerorden eingetreten war, versuchte aus dem Kloster heraus, mit schriftlichen und mündlichen Ermahnungen auf die weltliche Herrschaft einzuwirken. Ehrwürdig und gebildet wie er war, sollen ihm die Fürsten bereitwillig zugehört haben, wenn er auf ihre Fehler hinwies.1380 Seinen Bruder Magnus, von dem diese Einschätzung stammt, forderte Wilhelm auf, gottesfürchtig und gerecht zu sein sowie ehrenhaft und fürsorglich gegenüber den Untertanen, da bleibende Ehre nur durch Tugendhaftigkeit erworben werden könne.1381 Obwohl Wilhelm seinen Fürstentitel demütig abgelegt hatte und sich Bruder Ludwig nannte, blieb er doch in den Augen seiner Zeitgenossen und seiner Familie ein Fürst, der als Oberer seines Ordens und als Schlichter in Streitfragen hohes Ansehen genoss. Es ist festzuhalten, dass in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mehrere Fürsten von Anhalt ordnungsgemäß studierten, um unmittelbar oder später in den geistlichen Stand treten zu können. Eine Festlegung auf die geistliche Laufbahn bedeutete das Studium aber nicht. Akademische Bildung war eher ein Trumpf, der ausgespielt wurde, wenn ein geistliches Amt greifbar schien. Vor diesem Hintergrund ist die Nachricht, dass Fürst Rudolf von Anhalt (gest. 1510) in Mainz studiert haben soll,1382 nicht gänzlich unglaubwürdig, obwohl sie sich nicht bestätigen lässt und Rudolf später vor allem durch militärische Leistungen hervorgetreten ist. Seit 1486 weilte er am Hofe König Maximilians I., bei dessen Krönung er den Ritterschlag empfing.1383 Obwohl er sich als

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Regesta Imperii, Abt. 13: Kaiser Friedrich III., Nr. 8862 (1492 Oktober 24); WÄSCHKE, Regesten, Nr. 1235, S. 560. Eine erste Zusicherung, dass sie der Eintritt in den geistlichen Stand nicht an der Ausübung ihrer Herrschaft hindern sollte, hatten Adolf und Magnus vom Kaiser bereits 1479 erhalten. SPECHT, Zerbst, Bd. 1, S. 98; JABLONOWSKI, Krise, S. 20, Anm. 53. WÄSCHKE, Annales, S. 33; JABLONOWSKI, Krise, S. 33. WÄSCHKE, Annales, S. 31; LEMMENS, Franziskanerbriefe, S. 14; FREITAG, Familienbewußtsein, S. 206. Fürst Wilhelm von Anhalt alias Bruder Ludwig an Fürst Magnus von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wilhelm, Nr. 2, Bl. 12r (ohne Datum); in verändertem Wortlaut gedruckt bei BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 103. Vgl. LEMMENS, Franziskanerbriefe, S. 78, Nr. 3. SAGITTARIUS, Historiae principum Anhaltinorum, S. 119; MANLIUS, Collectanea, S. 219; DUNCKER, Fürst Rudolf, S. 14. Rudolfs Geburtsjahr ist unbekannt. In den anhaltischen Teilungsverträgen von 1471 wird er noch unmündig genannt. WÄSCHKE, Regesten, Nr. 734–736, S. 337–340 (1471 Dezember 22). BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 127; STENZEL, Handbuch, S. 129. Der dort angeführte Brief Rudolfs an seine Mutter Anna aus dem Jahre 1486 war im Original nicht mehr auffindbar. Rudolf

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Heerführer für den König hoch verschuldete und großen Gefahren aussetzte, blieb der Ertrag für die anhaltische Herrschaft gering.1384 Seine Mutter Anna zeigte sich sehr besorgt, dass Rudolf Leib und Seele aufs Spiel setzte, um Ruhm und Reichtum zu erwerben, und bat ihn 1508 zu erwägen, ob er nicht ebenfalls der Herrschaft entsagen wolle.1385 Bei den Wettinern ist in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wie bei den Hohenzollern noch keine derartige Verknüpfung von akademischer und höfischer Erziehung zu beobachten, wohl aber eine gemeinsame höfische Ausbildung der Fürstensöhne, ganz gleich ob sie für den geistlichen Stand bestimmt waren oder nicht. Im Dezember 1479 äußerte der noch minderjährige Erzbischof Ernst von Magdeburg gegenüber seinem Vater den Wunsch, seine Brüder Friedrich und Johann sollten doch zusammen mit Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg (1468–1532) zu ihm auf die Burg Giebichenstein bei Halle kommen. Allesamt wollten sie dort fröhlich sein, aber auch das Lernen nicht vergessen, wie der junge Erzbischof seinem Vater versprach. Auf jeden Fall würde er das, was er versäumte, mit großem Eifer nachholen.1386 Erzbischof Ernst war zu diesem Zeitpunkt fünfzehn Jahre alt und erhielt auch später noch für längere Zeit Unterricht.1387 Vier Jahre zuvor war er trotz seiner Minderjährigkeit und seiner fehlenden geistlichen Ausbildung ins Amt gewählt worden. Zwar kannte er die höfische Lebensweise und mochte auch im geistlichen Stand nicht auf das hochadlige Vergnügen der Jagd und auf den Turnierkampf verzichten,1388 auf die Rolle als geistlicher Oberhir-

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empfing am Krönungstag den Ritterschlag und zählte zu den Tischdienern beim Krönungsmahl. Reichstagsakten, Mittlere Reihe Bd. 1,2, S. 938, 817 und 940. JABLONOWSKI, Krise, S. 30 f. Fürstin Anna von Anhalt, geb. von Lindow-Ruppin, an ihren Sohn Rudolf, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Anna von Lindau-Ruppin, Nr. 1, Bl. 3r ([1508 Juni 26], Beizettel): Szo ir vormerket lange dienst nach zwsaghe nicht vorglichet mochten werden, were besser um gesunt selig leib mit armut dan reichtum mit grosser muhe und ferlichheit. E. l. kondt dan noch erdencken von e. herschaft sich zw enthalden. Bereits 1506 hatte sie ihm über die große Not der anhaltischen Herrschaft berichtet und ihn gebeten, um seine Entlassung aus dem Königsdienst zu bitten, ebd. Bl. 4r (1506 November 6). Erzbischof Ernst von Magdeburg an seinen Vater Kurfürst Ernst von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 162r (1479 Dezember 17), gedruckt bei STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 308, S. 209. Vgl. STEPHAN, Beiträge, S. 31 f.; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 224; ROGGE, Ernst von Sachsen, S. 29. Siehe Quellenanhang Nr. 6. Ein späterer Lehrer war Fridianus Pighinucius. RUPPRICH, Briefwechsel des Konrad Celtis, S. 2 f. Der aus Lucca stammende Humanist nannte sich in einem Brief an Konrad Celtis illustrissimi ducis Saxoniae et episcopi Magdeburgensis institutor. Ebd., Nr. 144, S. 238 (1496). Vgl. BAUCH, Mainzer Humanismus, S. 12 f.; STEPHAN, Beiträge, S. 33, und zur irrtümlichen Bezeichnung als Erzieher des Kurprinzen LUDOLPHY, Friedrich, S. 45, Anm 192. Erzbischof Ernst von Magdeburg an seinen Vater Kurfürst Ernst von Sachsen mit der Bitte um einen Jagdhund, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 290, S. 200 (1479 April 13, Beizettel). 1492 und 1493 bekam der Erzbischof von seinen fürstlichen Verwandten Rennzeug und Geld für

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IV. Höfische Erziehung um 1500

te war er hingegen kaum vorbereitet gewesen, selbst wenn er möglicherweise zusammen mit seinen Brüdern einigen gelehrten Unterricht erhalten hatte.1389 Laut Georg Spalatin wurden alle vier Söhne des Kurfürsten Ernst von Sachsen in ihrer Jugend gemeinsam in der lateinischen Sprache unterwiesen.1390 Durch einen Briefentwurf, der wahrscheinlich aus dem Jahre 1480 stammt, wird nur bestätigt, dass Friedrich und Johann in Gemeinschaft mit ihrem Bruder Albrecht lernten, der ebenfalls eine geistliche Laufbahn einschlagen sollte. Im Sommer 1477 und im Frühjahr 1479 weilte auch dieser Albrecht bei seinem Bruder Ernst auf der Burg Giebichenstein, denn dorthin wurde der kurfürstliche Leibarzt bestellt, um ihn von einer Krankheit zu heilen.1391 Es ist denkbar, dass alle vier Fürstenbrüder zeitweise in der erzbischöflichen Residenz bei Halle unterrichtet wurden, selbst wenn es heißt, Friedrich und Johann hätten vor 1480 allein die Stiftsschule in Grimma besucht.1392 Am Hof des jungen Erzbischofs waren alle Voraussetzungen für den Fürstenunterricht gegeben. Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg soll auf Wunsch seiner Mutter Anna dorthin geschickt worden sein, um Latein zu lernen.1393 Er dürfte sich, wie der oben angeführte Brief von 1479 nahe legt, aber weitaus häufiger am weltlichen Hof des sächsischen Kurfürsten aufgehalten haben. Es ist anzunehmen, dass alle Söhne des Kurfürsten Ernst von Sachsen zunächst gemeinsam unterrichtet wurden, unabhängig von der Laufbahn, für die sie vorgesehen waren. Wahrscheinlich im Jahr 1480 wandte sich ihr Erzieher schriftlich an den Kurfürsten, der sich gerade in Rom aufhielt, mit der Bitte, vom geistlichen Unterricht entlastet zu werden. Der Kurfürst ließ daraufhin einen Kaplan einstellen, der mit dem jungen Herzog Albrecht beten und ihn im Gebet unterweisen sollte.1394 Wegen seiner Überlastung hatte der Prinzenerzieher seinen Dienst beenden wollen, der Kurfürst war jedoch gewillt ihn zu halten, weil seine Söhne an ihn gewöhnt waren, er ihre Wesens-

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einen neuen Harnisch geschenkt. BRUCK, Friedrich der Weise, S. 323, nach ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4150 und 4146. Siehe auch MOCK, Kunst, S. 82 f. ROGGE, Ernst von Sachsen, S. 33. Spalatin, Vitae, Sp. 1103, über Kurfürst Johann von Sachsen: Juvenis cum fratribus ducibus Alberto administratore Moguntino, Friderico electore et Ernesto Magedeburgensi archiepiscopo ita Latine doctus fuit, ut illius probe peritus esset. Vgl. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, S. 22; STEPHAN, Beiträge, S. 31. Herzog Wilhelm III. von Sachsen an seinen Neffen Kurfürst Ernst von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 63 (1477 Juli 7); Erzbischof Ernst von Magdeburg an seinen Vater Kurfürst Ernst von Sachsen, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 290, S. 199 f. (1479 April 13); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 396. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 22; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 7 und 124. Gerhard von Zerssen, Annales, Kap. 20, S. 233 f.; STREICH, Lebensbedingungen, S. 49. Gerhard von Zerssen war Propst in Walsrode und Kanzler in Celle und befand sich zeitweilig in Heinrichs Gefolge. Heinrich selbst war 1476 mit Margarethe, einer Tochter des Kurfürsten Ernst von Sachsen, verlobt worden. Kurfürst Ernst von Sachsen an den Erzieher seiner Söhne, SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 12r ([vor 1482], Entwurf). Siehe Quellenanhang Nr. 8.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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züge gut kannte und sie ihn sehr mochten.1395 Leider ist nicht eindeutig zu bestimmen, um welche Person es sich hierbei handelt. In einer Hofrechnung für das Jahr 1481 taucht ein namentlich nicht bestimmter Baccalaureus des Herzogs Friedrich auf,1396 während in einem weiteren undatierten Briefentwurf der Magister Ulrich Kemmerlin als Prinzenerzieher genannt wird. Letzterer dürfte eher in Frage kommen, denn der Kurfürst forderte ihn in dem betreffenden Schreiben auf, die Prinzen weiterhin fleißig anzuhalten, damit sie lernten, mit den Leuten ehrenhaft und ihrem jeweiligen Stand entsprechend umzugehen.1397 Wie an anderen Höfen wird der Magister Kemmerlin die Ausbildung der Fürstensöhne geleitet haben und beim Unterricht von anderen Lehrern unterstützt worden sein.1398 Als Hofmeister der Prinzen und ihrer Gefährten, das geht aus dem oben erwähnten Entwurf eindeutig hervor, diente Dr. Otto Spiegel (gest. 1520).1399 Der Jurist war 1477/1478 sächsischer Kanzler und im Jahre 1480 an der Vorbereitung der Romreise des Kurfürsten Ernst beteiligt.1400 In der Literatur wird er gelegentlich als Prinzenerzieher bezeichnet,1401 doch dürfte damit seine Aufgabe als Prinzenhofmeister gemeint sein. In diesem Amt hatte er einen Herrn Balthasar abgelöst, der den Kurfürsten um seine Abberufung gebeten hatte, weil er die rheinische Luft nicht vertrüge.1402 Der Kurfürst gewährte diese Bitte und der Bischof von Meißen, der gemeinsam mit jenem Herrn Balthasar zurück nach Sachsen reiste, wies die jungen Fürsten an, dem neuen Hofmeister in allen redlichen Sachen Folge zu leisten.1403 Die Söhne des Kurfürsten Ernst hielten sich zu diesem Zeitpunkt vermutlich am Hof des Mainzer Erzbischofs Dieter

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Ebd. ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4123, Bl. 67; STREICH, Reiseherrschaft, S. 435. Kurfürst Ernst von Sachsen an die Erzieher seiner Söhne, SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 14r ([1480] Juni 24, Entwurf). Vgl. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 476; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 7; STEPHAN, Beiträge, S. 30, mit Anm. 122, S. 298, und S. 34. Siehe Quellenanhang Nr. 7. Vgl. STREICH, Reiseherrschaft, S. 458. In Torgau hatten im Jahre 1474 ein Zuchtmeister, ein Baccalaureus und sieben Jungen Hofgewand erhalten. Erwähnung findet auch die Hofmeisterin Anna von Hartitzsch. SächsHStA Dresden, Loc. 4343/2, Bl. 99v (Hofrechnung von 1474); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 475 f. Ritter Otto Spiegel wurde im Winter 1454 an der Universität Leipzig eingeschrieben und erwarb 1476 den Doktorgrad der Juristenfakultät. Später war er mit Margarethe, der Tochter des sächsischen Hofmeisters Dietrich von Schönberg, verheiratet. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 91. Weitere Angaben bei STEPHAN, Beiträge, S. 36 f., und SCHIRMER, Untersuchungen, S. 374 f. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 559; STREICH, Reiseherrschaft, S. 160 und 188; THURNHOFER, Romreise, S. 40; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 374. SCHMITT, Schriftsprache, S. 73. STEPHAN, Beiträge, S. 37 f., identifiziert diesen Hofmeister mit dem Grafen Balthasar II. von Schwarzburg, obgleich dieser nur zehn Jahre älter als Friedrich war. SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 14r ([1480] Juni 24); LANGENN, Herzog Albrecht, S. 476; STEPHAN, Beiträge, S. 30, mit Anm. 121, S. 297 f. Siehe Quellenanhang Nr. 7.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

von Isenburg (gest. 1482) auf.1404 Die Rede ist auch von einem Aufenthalt an der 1477 von diesem gegründeten Universität,1405 doch eingeschrieben waren sie dort nicht. Von 1482 bis zu seinem Tode im Jahre 1484 hatte dann Albrecht der Jüngere von Sachsen den Mainzer Erzstuhl inne, nachdem seine besondere Wesensart und Begabung angeblich auch Kaiser Friedrich III. aufgefallen waren. Bewunderung sollen vor allem seine Auffassungsgabe und die Geschwindigkeit hervorgerufen haben, mit der er Psalmen und Gebete lernte.1406 Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass Kurfürst Ernst von Sachsen die Höfe der Erzbischöfe von Magdeburg und Mainz für die gelehrte Ausbildung seiner Söhne nutzte. Ein ordnungsgemäßes Universitätsstudium schien somit nicht unbedingt nötig. Weil sich geistliche und höfische Erziehung hier schwer trennen lassen, bleiben Zweifel, ob der spätere Kurfürst Friedrich „der Weise“ tatsächlich für den geistlichen Stand bestimmt gewesen war, wie sich auf Grund seiner Ehelosigkeit, seiner Sammelleidenschaft für Reliquien und seiner Liebe zur Gelehrsamkeit vermuten lässt. Gegen diese Vermutung spricht, dass er bereits 1481 und 1482 und vielleicht sogar schon Ende 1478 an Turnierkämpfen in Dresden teilnahm.1407 Wenn überhaupt, dann war Friedrichs Erziehung offen für die geistliche wie die weltliche Laufbahn; offen für den Fall, dass sich Gelegenheit geboten hätte, ihn in ein hohes geistliches Amt zu bringen. Dies erschien seiner Familie um so sinnvoller als sein Bruder Albrecht bei schwacher Gesundheit war. Tatsächlich für den geistlichen Stand bestimmt war ein zeitgenössischer Fürst, der ebenfalls „der Weise“ genannt wird: Herzog Albrecht IV. von Bayern (1447–1508). Während seine älteren Brüder Johann IV. und Siegmund das Land regierten, studierte er in Italien. Durch den Tod des einen Bruders kam er 1465 zur Mitregierung, durch den Rücktritt des anderen zwei Jahre später zur alleinigen Herrschaft, die er gegen die Ansprüche seiner jüngeren Geschwister Christoph und Wolfgang behauptete. Albrecht wurde der erste juristisch geschulte bayrische Landesherr. Er förderte Kunst und Geschichtsschreibung und versuchte den fortwährenden Landesteilungen durch sein Primogeniturgesetz von 1506 ein Ende zu setzen. Die an seinem Hofe entstandenen 1404

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Herzog Albrecht von Sachsen an seinen Bruder Ernst, ThürHStA Weimar, EGA, Reg. A 123, Bl. 18r (1480 März 12): wie und mit welcher ere unßre liebe sone gein Aschafenburg komen. Der Herzog hatte die Prinzen selbst an den erzbischöflichen Hof geleitet. THURNHOFER, Romreise, Anhang Nr. 10, S. 47 (1480 April 4); Spittendorf, Denkwürdigkeiten, S. 431. Siehe auch NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 22; STEPHAN, Beiträge, S. 30, mit Anm. 119 f., S. 298 f. SCHMIDT, Fortsetzung, S. 485; STEPHAN, Beiträge, S. 30, mit Anm. 120, S. 297. Spalatin, Vitae, Sp. 1097: Praeterea in puero mira docilita et memorie vis, ut psalmos et multas pias precum formulas celeriter arriperet, arreptasque pronuntiaret, quoties pro more cum cappellano erat orandum. ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4114, Bl. 153; Bb 4123, Bl. 83v und Bb 4129, Bl. 22; STREICH, Reiseherrschaft, S. 501 und 516 f.; NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, 23; STEPHAN, Beiträge, S. 40.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Chroniken stellten Bayern als unveränderbare historisch-politische Einheit dar, deren Geschichte sich durch eine enge Verbindung zwischen Land, Herrscherhaus und Untertanen auszeichnete.1408 Albrechts Beispiel zeigt, wie es einem akademisch gebildeten Herrscher gelingen konnte, in Zusammenarbeit mit gelehrten Räten eine neue Form der fürstlichen Landesherrschaft auszuprägen. Besonders deutlich wird das Nebeneinander geistlicher und weltlicher Erziehung und das Nebeneinander höfischer und akademischer Ausbildung am Beispiel der beiden jüngeren Söhne der Fürstin Margarethe von Anhalt eine Generation später. Margarethes Sohn Joachim wurde einige Zeit gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Georg erzogen, der von Anfang an für eine geistliche Laufbahn ausersehen war.1409 Beide Fürstensöhne kamen vom elterlichen Hof zunächst an den Hof ihres Großonkels, des Bischofs Adolf von Merseburg, der sie zeitweilig gemeinsam zum Studium nach Leipzig sandte. Georg wurde zwar gezielt daraufhin ausgebildet, ein geistliches Amt übernehmen zu können, doch war es auch für ihn wichtig, weltliches Herrschaftswissen zu erwerben, etwa fürstliche Selbstdarstellung oder den Umgang mit Dienern zu erlernen. Als Dompropst von Magdeburg nahm er seit 1524 herrschaftliche Aufgaben wahr und regierte später eigenständig als Fürst in Anhalt.1410 An den bischöflichen Hof in Merseburg kam Georg wahrscheinlich im Jahre 1514, im Alter von sieben Jahren und noch zu Lebzeiten seines früh verstorbenen Vaters Ernst. Im gleichen Jahr hatte sein Großonkel das Amt des Bischofs von Merseburg übernommen, waren Fürst Magnus von Anhalt Dompropst und Georg selbst Domherr zu Magdeburg geworden. Im April 1515 schrieb Fürst Magnus an Georgs Vater, der Junge sei in Merseburg gut umsorgt, könne bereits die Messe halten und würde fleißig lernen. Die niedere Weihe sollte er bekommen, wenn er richtig lesen könne.1411 Zu Beginn des Jahres 1517 weilte Georg noch immer in Merseburg, während sein Bruder Joachim wohl erst im Juli 1518 dorthin kam, als Georg zum Studium nach Leipzig gehen sollte.1412 Bischof Adolf pflegte zu beiden ein

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GOTTSCHALK, Geschichtsschreibung; STAUBER, Staat und Dynastie, S. 558. Fürst Georg wurde 1514 Domherr und 1524 Dompropst zu Magdeburg, 1545 Koadjutor zu Merseburg und 1548 Dompropst zu Meißen. Siehe JABLONOWSKI, Landesherr. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3, Bl. 27r (1515 April 14): Ewer kint Jurglein ist frisch und wolgehalten van unserm hern und bruder van Merseburg. Es kann messen halten in infulis, hat jungen, eyn episteler und evangelio und lernet wol. Wan er leßen kunt, were er alt genug, dy irste wyung zue anhemen. Die Tonsur erhielt Georg am 16. Februar 1516, BUCHWALD, Matrikel, S. 111. Vgl. dazu COTTIN, Weihematrikel. Bischof Adolf von Merseburg empfahl Margarethe im Januar 1517, ihren Sohn Georg heimholen zu lassen, da in Merseburg Seuchengefahr herrschte. Von Joachim ist diesem Zusammenhang keine Rede. Im Juli 1518 forderte Adolf Margarethe auf, ihm wie abgesprochen ihren jüngsten Sohn zu schicken. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 13r (1517 Januar 8) und Bl. 17r (1518 Juli 30). Vgl. HAEBLER, Bibliophilen, S. 14 und 61.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

wahrhaft väterliches Verhältnis.1413 Georg entließ er förmlich aus seiner väterlichen Gewalt, als dieser 1524 die Magdeburger Dompropstei erlangt hatte.1414 Vermutlich verfolgte Adolf auch die Erziehung des ältesten Bruders, Johann von Anhalt, am Berliner Hof. Jedenfalls verlieh er früh seiner Hoffnung Ausdruck, der junge Fürst möge wohl geraten.1415 Wie groß sein Einfluss auf Georg und Joachim war, lässt sich schwer bemessen, doch gibt es einen Hinweis darauf, dass er bemüht war, bei seinen Großneffen dynastisches Bewusstsein zu fördern. So zeigte und erklärte er Georg einen Wappenstein, den der jeweils Älteste des anhaltischen Fürstenhauses in seinem Besitz haben sollte.1416 Während sich ihre beiden jüngsten Söhne in Merseburg und Leipzig aufhielten, trug Margarethe von Anhalt weiterhin zu deren Unterhalt bei und bemühte sich um die Aufrechterhaltung familiärer Bindungen.1417 Zu Bischof Adolf hegte sie nahezu unbedingtes Vertrauen, was sie in den zahlreichen Briefen, in denen sie ihn um Rat ersuchte, wiederholt zu erkennen gab.1418 Mit ihm beredete sie die geistliche Laufbahn ihres Sohnes Georg.1419 Ihn bat sie, sich um ihre Söhne zu kümmern, als sie 1522 erkrankt war und nicht wusste, ob sie wieder genesen würde.1420 Ihn bezeichnete sie später als den 1413

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1520 berichtete Georg seiner Mutter, welch liebevollen Worte, wy dy mutter pflegen gebrauchen gegen ir kynder, Bischof Adolf für ihn gefunden hatte. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 26r (1520 Juni 19). Siehe auch Georg III., Predigten, Bl. 196r, DETMERS, Georg III., S. 11 und S. 65. Georg erwähnt das Geschenk des Bischofs zu seiner emancipatio. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 125r (1524 Oktober 28). Am 24. September 1524 war er zum Subdiakon geweiht worden, BUCHWALD, Matrikel, S. 157. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 17r (1518 Juli 30): Ich hoffe, er ßall och woll geraten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 32r (1526 April 6): Im Nachlass des Bischofs fand sich ein adlersthein, welchen als mich auch m. g. h. seliger gedechtnis underricht, der eldest des geschlechts und haus von Anhalt haben pflegt. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 1r (1518 Februar 14); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 77. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 88r (1523 Juni 25): zo hab ich zw e. l. nach got das hochst vortrawen. Die Briefe, die Bischof Adolf von Margarethe erhielt, sammelte er in einer Lade, die nach seinem Tode aufgefunden und an Margarethe überstellt wurde, so dass diese Briefe im anhaltischen Hausarchiv überliefert wurden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 32r (1526 April 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 18r (1518 Juni 5): Bischof Adolf von Merseburg schreibt, er wolle sich mit Margarethe underreden, waß gut seyn wil wyter myt ewerm ßoen vorczunehmen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 9r (1522 März 9): wie wol sichs ein wenig zwe beserung gegeben, weyß doch noch nicht, was got weyter mit mir machen wil, der halben ist an ewer lib mein frewntlich bit, e. l. wollen je den armen jungen hawfen in fetterlichem befel haben und das best thuen und sie mit underweysung, rat und beystant nicht vorlassen, alz e. l. alweg gethan haben und ich des keynen czweyffel trag, e. l. thuen werden.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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besten Zuchtmeister, den ihr Sohn Georg überhaupt hatte haben können.1421 Georg selbst lobte Adolf als denjenigen, der nach Gott das meiste für das Wohl des Hauses Anhalt tun würde,1422 und beteiligte sich aus Dankbarkeit dafür an der Errichtung eines Grabdenkmals für den im März 1526 verstorbenen Bischof.1423 Margarethe betonte gegenüber ihren Söhnen, dass der Großonkel sie beide allein aus Liebe und nicht auf Grund irgendeiner Verpflichtung unterstützte.1424 Die Drohung, sich nicht länger wie ein Vater zu erzeigen, wenn sich Georg und Joachim nicht angemessen verhielten, konnte Adolf als Erziehungsmittel einsetzen.1425 Vor allem Georg war sich bewusst, dass er und seine Brüder dem Bischof zu großem Dank verpflichtet waren und ihn nicht allzu sehr mit Kosten belasten durften.1426 Margarethe forderte ihre Söhne immer wieder auf, fromm zu sein und gehorsam gegen Gott, gegen den Bischof und gegen den Magister, der sie unterrichtete.1427 Am Beginn eines neuen Jahres äußerte sie den Wunsch, Georg und Joachim wollten in göttlicher Liebe, Tugend, Lehre und aller Zucht und Redlichkeit zunehmen und weiterhin gehorsam sein.1428 Als Respektsperson erscheint in den Briefen später auch Erzbischof Albrecht von Magdeburg. Die anhaltischen Fürstensöhne waren gehalten, ihm allzeit dankbar zu sein und ihn nicht zu erzürnen, sondern sich um ihn und das Erzstift Magdeburg verdient zu machen.1429 Im August 1523 ist zu vernehmen, dass beide mit dem Kardinal in Merseburg gespeist hatten und er sich ihnen gegenüber sehr freundlich gezeigt hatte.1430 Bereits im November 1518 hatte Albrecht in einem Brief die besondere Begabung des Fürsten Georg herausgestellt.1431 1421 1422

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 35r (1525 Oktober 9) und Nr. 6, Bl. 123r (1525 Oktober 9), ähnlich schon Bl. 135v (1525 April 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 86r f. (1523 April 13): Derhalben goth uns vleyssig zw bytten ist, das er uns den hern lang fristen wol, den er ist negst goth eyn entheldnis des anhaldischen hausses. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 32r (1527 Mai 17) und Bl. 75r (1527 September 23). Siehe zum Epitaph des Bischofs Adolf im Merseburger Dom HEISE/KUNDE/WITTMANN, Kathedrale, S. 143 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 1r (1518 November 10). Siehe unten Anm. 1551. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 106r (1523 Dezember 13) und Bl. 137r (1524 April 13); Nr. 2, Bl. 43r (1525 September 17, Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 2r (1518 August 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 5r (1522 Januar 8). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 9r (1523 Februar 13). Dementsprechend sicherte Margarethe dem Erzbischof die Dienste ihrer Söhne zu, ebd. Bl. 16r (1523 Oktober 23). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 67 (1523 August 11). An Kardinal Giulio de’Medici (1518 November 2), SCHMIDT, Georg von Anhalt, S. 77.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Auf Betreiben des Bischofs von Merseburg wurde Georg von Anhalt im Sommer 1518 an der Universität Leipzig eingeschrieben1432 und am 8. September dem Magister Georg Helt (um 1485–1545) anvertraut.1433 Philipp Melanchthon (1497–1560) und Joachim Camerarius (1500–1574), der ein Schüler Helts gewesen war und später in den Dienst des Fürsten Georg trat,1434 lobten die anhaltische Fürstenfamilie dafür, dass ihre Wahl auf einen so tüchtigen Prinzenerzieher gefallen war,1435 und auch Fürst Georg zeigte sich voller Dankbarkeit.1436 Helt stammte aus dem oberfränkischen Forchheim und lehrte damals bereits seit mehreren Jahren an der Leipziger Hochschule, an der er selbst studiert hatte.1437 Obgleich er im Verlauf seines Lebens eine große Zahl an Büchern zusammentrug, ist er niemals durch eigene Schriften hervorgetreten und hat anscheinend vor allem durch persönliche Beziehungen gewirkt.1438 Seine reiche Büchersammlung von mehreren hundert Bänden übernahm nach Helts Tod sein fürstlicher Zögling.1439 Gemeinsam mit Fürst Georg hatte Helt zu Ostern 1520 die niederen Weihen empfangen.1440 Wie der junge Fürst näherte er sich erst nach dem Tod Margarethes von Anhalt der lutherischen Lehre an, zu der er sich offen bekannte, als er im Sommer 1532 die Universität Wittenberg bezog.1441 Hier sorgte er für die Erziehung 1432 1433

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ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 563; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 154; CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 1. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 566, Bl. 32 (1531 Oktober 22); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 82 f. Siehe Quellenanhang Nr. 26. Siehe zu Helts Biographie: ADB 11, S. 713; CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 1–7; KLAUSER, Humanisten, S. 49 f.; BÜNGER/WENTZ, Bistum Brandenburg, Teil 2, S. 52. WOITKOWITZ, Briefe, S. 32–46, hier bes. S. 33 f. Siehe zu Camerarius: PFEIFFER, Joachim Camerarius. Camerarius, Narratio, S. 11 f.; Melanchthon, Abschied, [Bl. 4]; Melanchthon, Opera, Bd. 12, Nr. 140, Sp. 71 (1554). Fürst Georg III. von Anhalt an Martin Luther und Philipp Melanchthon, Luther, Briefe, Bd. 11, Nr. 4082, S. 53 (1545 März 12); BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 154; DETMERS, Georg III., S. 11 f. Georg Helt ließ sich 1501 an der Leipziger Universität einschreiben, wurde ein Jahr später baccalaureus, im Winter 1505 magister artium und 1515 sententiarius theologiae. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 440 und Bd. 2, S. 388, 420 und 22; CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 1. Die Stadt Forchheim bestätigte 1532 die eheliche Geburt als Sohn von Johann und Margarethe Helt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 566, Bl. 25 (1532 April 8). Diese Geburtsurkunde steht im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Pfründe in Zerbst, wofür der Merseburger Bischof Vinzenz von Schleinitz (gest. 1535) ebenfalls ein Zeugnis ausstellen ließ, CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 30 f. (1532 April 16). CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 4. CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 3; HAEBLER, Bilbliophilen, S. 44–48; ROHLEDER, Bibliothek, S. 126 f. Georg bewahrte auch den Siegelring seines ehemaligen Lehrers, LHASA Dessau, GAR NS, Anahlt: Georg III., Nr. 117, Bl. 6r (Nachlassinventar von 1553). BUCHWALD, Matrikel, S. 140. FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 146.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

233

junger Adliger, die ihm durch die Fürsten von Anhalt anempfohlen worden waren.1442 Als ihrem treuen Rat und Lehrer ließen ihm die drei anhaltischen Fürstenbrüder nach 1545 ein Grabdenkmal in der Dessauer Marienkirche setzen. Deren lateinische Inschrift betonte seine Nützlichkeit für die Fürsten und seine außerordentliche Beliebtheit bei Hofe.1443 Weniger auf Betreiben des Lehrers Georg Helt als infolge seines fürstlichen Ranges hatte der damals zwölfjährige Georg von Anhalt im Jahre 1519 als Zuhörer an der Leipziger Disputation zwischen Martin Luther und Johannes Eck teilgenommen,1444 wenngleich er dem gelehrten Religionsgespräch zu diesem Zeitpunkt wohl schwerlich folgen konnte. Es gibt auch kein Anzeichen, dass er unter den Einfluss lutherischer Gedanken geriet, obwohl sein Lehrer von Eck verdächtigt wurde, zu den heimlichen Anhängern des Reformators zu gehören, nachdem es im Kreise der Leipziger Theologen ein weiteres Streitgespräch gegeben hatte.1445 Georgs eigentlicher Mentor war zu jener Zeit ohnehin der Kaplan Cyriacus Groß, der sich gemeinsam mit dem jungen Fürsten eingeschrieben hatte,1446 während sich Helt 1519 noch stärker als Universitätslehrer verstanden haben dürfte.1447 Dies sollte sich ändern. Zunächst war es jedoch der Kaplan, der die meiste Zeit mit dem jungen Fürsten verbrachte. Er teilte, wie Georg der Mutter berichtete, mit ihm ein Schlafgemach und verrichtete mit ihm das tägliche Morgengebet. Danach hielt der Magister eine Unterrichtsstunde, nach welcher der Lernstoff bis zum Essen wiederholt wurde.1448 Wie der Lernalltag weiter ablief, berichtete Georg leider nicht. Als der Kaplan Ende Mai 1520 erkrankte, wurde er bis zur Genesung zu1442 1443

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Vgl. Georg Major an Georg Helt, CLEMEN, Helts Briefwechsel, Nr. 197, S. 127 f. (1541 Juli 15). Das Grabdenkmal ist vernichtet. Die Inschrift überliefert HÖNICKE, Merkwürdigkeiten, S. 58, bes. Vers 2 f.: Ascanium hic duxit primas heroa per arteis, quarum cognitio principe digna vero est. Atque adeo huic pariter tota dilectus ab aula, utilis ingenio consiliisque fuit. HARKSEN, Dessau, S. 35 f., Nr. 43. CLEMEN, Gleichzeitiger Bericht, S. 51 und 55; VOGEL, Annales, S. 98; FRAUSTADT, Reformation, S. 154; SEIDEMANN, Disputation, S. 59. Bereits BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 154, machte Georg Helt für die Teilnahme Georgs von Anhalt an der Leipziger Disputation verantwortlich. Dies ist umso wahrscheinlicher, als Bischof Adolf von Merseburg erst auf Drängen des Herzogs Georg von Sachsen bereit war, die Disputation überhaupt zuzulassen und sie später als fruchtlos bezeichnete. Vgl. SEIDEMANN, Disputation, Beilagen Nr. 9–17, S. 116–126 (1519 Januar 11 bis Februar 10); FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 3, Nr. 4, S. 88 (1522 April). STENZEL, Handbuch, S. 144, sah auch Georgs Bruder Joachim daran teilnehmen, was sehr unwahrscheinlich ist, da dieser erst 1520 zum Unterricht nach Leipzig kam. Fröschel, Königreich, Vorrede [Bl. 7r]; SEIDEMANN, Disputation, S. 68 f. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 563; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 82. Fröschel, Königreich, Vorrede [Bl. 7r], bezeichnet sich und Joachim Camerarius als Schüler des Georg Helt. Er selbst predigte bereits 1523 nach der lutherischen Lehre. SEIDEMANN, Disputation, S. 68 f. und Beilage Nr. 24, S. 132–134 (1523 Oktober 23 bis 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 6r (1518 Oktober 2); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 87.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

rück nach Merseburg geschickt, wo er sich noch in der zweiten Junihälfte aufhielt.1449 Bis Juli 1521 wird er mehrfach in Briefen erwähnt.1450 Danach verliert sich seine Spur bis zum Jahre 1525, ab dem sich wieder Beziehungen zu Georg nachweisen lassen.1451 Wenige Wochen nach seiner Ankunft in Leipzig schrieb Georg an seine Mutter, es gefiele ihm hier gut und er sei mit seinen Lehrern zufrieden, doch leider mangele es ihm bereits an Geld.1452 Er versprach sparsam zu sein und sich allein an sie zu wenden, wenn ihm etwas fehlte.1453 Margarethe verbot ihm, Gäste einzuladen, da er ein Student sei und auf Kosten des Bischofs von Merseburg lebe.1454 Auch war sie argwöhnisch, was seinen Umgang mit der Köchin anging. Ihren Verdacht versuchte Georg auszuräumen, indem darauf verwies, dass seine Köchin eine fromme junge Frau sei, der vor junckheyt dy nase trewfft.1455 Margarethe versorgte ihren Sohn regelmäßig mit besonderen Speisen und manch anderen Dingen, die er gebrauchen konnte, so dass Georg sie bitten musste, ihn nicht gegenüber seinen Brüdern zu bevorzugen, damit gegen ihn kein Unwille entstünde.1456 Zusammen mit Georg waren auch die jungen Adligen Georg Bose und Caspar Schlegel eingeschrieben worden,1457 deren Familien seit langem in einem Dienstverhältnis zu den Bischöfen von Merseburg und den Fürsten von Anhalt standen.1458 Georg Bose war nur kurze Zeit vor Fürst Georg an den bischöflichen Hof in 1449 1450

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 24r (1520 Mai 30) und Bl. 26r (1520 Juni 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 2r (1520 Mai 23); ebd., Nr. 4, Bl. 3r (1520 Dezember 5); Joachim, Nr. 1, Bl. 6r (1520 [Dezember]); Bl. 8r (1520 Dezember 21); Bl. 16r (1521 Mai 6); Bl. 12r (1521 Juli 30); Bl. 14r (1521). Sein Name taucht gelegentlich in Fürst Georgs Ausgabenverzeichnissen auf, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 36v [1525] und Bl. 60v (1526/1527). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 6 (1518 Oktober 2); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 87. Zu Beginn des Jahres 1519 erbat sich Georg von seiner Mutter einen Zuschuss in Höhe von 6 Gulden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 5r (1518 Dezember 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 1r (1518 November 10). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 8r (1518); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 88. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 21r (1520 Juni 6). ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 563; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 82. Vgl. WÄSCHKE, Regesten. Die Schlegel waren im 13. Jahrhundert Dienstmannen der Grafen von Brehna. Ein Zweig der Familie erwarb Anfang des 14. Jahrhunderts Lehen des Hochstifts Merseburg. Zur gleichen Zeit wurden die Schlegel auch in Anhalt ansässig. GAUHE, Adels-Lexicon, Teil 1, Sp. 1531; MÜLVERSTEDT, Anhaltischer Adel, S. 54; DEVRIENT, Helldorff, Bd. 1, S. 11 f.; unvollständige Genealogie bei BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 267 f.; zum Lehnsbesitz: SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, S. 206, 220 f. und 225 f. Ein Johann Schlegel war Marschall unter den Erzbischöfen Ernst und Albrecht von Magdeburg. SCHOLZ, Residenz, S. 54 und 329. Die ritterliche Familie Bose war ursprünglich im Hochstift Merseburg begütert, gehörte aber spätestens seit Beginn des 16. Jahrhunderts zur anhaltischen Lehnsmannschaft. Siehe MÜLVERSTEDT, Anhal-

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Merseburg gekommen, um eine geistliche Laufbahn einzuschlagen,1459 und auch Caspar Schlegel war hier erzogen worden. Dass er sich in Georgs unmittelbarem Umfeld aufhielt, geht aus einer Nachricht vom Januar 1517 hervor, als er krank wurde und ihn der Bischof heim zu seinem Vater Andreas schickte, um den Fürstensohn und die anderen Jungen nicht zu gefährden.1460 1522 befanden sich Bose und Schlegel für einige Zeit an Margarethes Hof in Dessau.1461 Beide können zurecht als Gefährten des Fürsten bezeichnet werden. Als Georg von Anhalt 1524 Dompropst in Magdeburg wurde, folgte ihm Caspar Schlegel zusammen mit zwei Jungen.1462 Zwei Jahre später bezeugte Georg, dass ihm Schlegel ein guter Diener gewesen sei und verwendete sich für ihn bei Fürst Johann, seinem Bruder, den er um Nachsicht bat, wenn der Mann aus Unverstand oder seiner Jugend wegen, etwas Ungebührliches getan habe.1463 Auch Joachim von Anhalt bezeichnete Schlegel als einen höchst vertrauenswürdigen Mann.1464 Etliche Jahre später ist er in den Diensten des Fürsten Wolfgang von Anhalt zu finden.1465 Wie das höfische bot auch das akademische Umfeld Gelegenheit, persönliche Beziehungen aufzubauen und Leute kennen zu lernen, deren Dienste später in Anspruch genommen werden konnten. Der aus Magdeburg stammende Johann Ripsch (geb. um 1505) zum Beispiel, der sich im Wintersemester 1520 in Leipzig eingeschrieben hatte und 1522 nach Wittenberg wechselte,1466 wurde 1539 wahrscheinlich mit Georgs Unterstützung anhaltischer Kanzler in Dessau.1467 Besondere Beziehungen lassen sich zudem

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tischer Adel, S. 9 f.; zum Lehnsbesitz SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, S. 220; zur Familiengeschichte: KÜSTERMANN, Bose; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 1, S. 589–591. Ein Simon Bose wollte 1525 Fürst Georgs Hausknecht werden, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 17r (1525 Februar 15), doch wollte ihn der Fürst lieber zu etwas höherem gebrauchen, nämlich zu einem Hausverwalter und anreger des faulen gesindes, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 19r (1525 April 2). Die Tonsur erhielt er am 30. August 1515 in Gegenwart des Kammermeisters und zweier weiterer Hofdiener, die niederen Weihen nur zwei Tage vor Fürst Georg am 7. April 1520; BUCHWALD, Matrikel, S. 109 und 140. Bischof Adolf von Merseburg an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, 13r (1517 Januar 8). Da in Merseburg eine Seuche umging, empfahl Adolf, auch Georg heimholen zu lassen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 27r (1522 März 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 126r ([1524 Oktober 28], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg [!], Nr. 1, Bl. 58v (1526 Januar 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 3r [1524]. Ab 1534 war Caspar Schlegel Hauptmann des Fürsten Wolfgang von Anhalt in der Stadt Bernburg, die zwischen beiden anhaltischen Linien aufgeteilt war. Hauptmann der Dessauer Fürsten war gleichzeitig Nikolaus Schlegel, sein Vetter, mit dem es 1541 zu heftigen Auseinandersetzungen kam. Siehe JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 76 und 128. FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 110. JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 69.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

zwischen Fürst Georg und der Familie von Metzsch nachweisen.1468 Ein Christoph Metzsch hatte sich zusammen mit ihm im Sommer 1518 in Leipzig eingeschrieben, wenig später auch Joseph Levin Metzsch.1469 Dessen Vater, der Ritter Konrad Metzsch (gest. 1527),1470 nahm den Fürsten Anfang September 1519 mitsamt dem Magister und dem Kaplan auf seinem Schloss in Mylau auf, weil in Leipzig eine Seuche umging.1471 Die übrigen Universitätsangehörigen waren zum großen Teil nach Meißen ausgewichen.1472 Margarethe hatte dem Angebot des Ritters zugestimmt, weil auch die Gegend um Dessau nicht sicher schien.1473 Im vogtländischen Mylau konnte Fürst Georg, wie es heißt, so lernen, als ob er in Leipzig wäre, während der Ritter dafür sorgte, dass sein hoher Gast genügend zu essen und zu trinken hatte und niemand aus dem Seuchengebiet auf das Schloss gelassen wurde.1474 Mehrfach wird erwähnt, dass Konrad Metzsch dem Fürsten täglich große Ehre erwies.1475 Von seiner Mutter wurde Fürst Georg wiederum zum Gehorsam ermahnt, woraufhin er versprach, sich stets nach ihren Wünschen zu richten.1476 Bischof Adolf von Merseburg erhielt sowohl vom Kaplan als auch vom Magister die Bestätigung, dass Georg mit den Seinen fleißig lernte und sich wohl verhielt.1477 Mitte April holte der Bischof den Fürstensohn dann wieder zu sich nach Mer1468 1469 1470

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Siehe zu der vor allem im sächsischen Vogtland begüterten Familie Metzsch BECKMANN, Historie, Teil 7, S. 237–240; KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 6, S. 256–258. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 562 f.; CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 1. Konrad Metzsch zu Mylau, ein Sohn des gleichnamigen sächsischen Amtmannes und Rates, war 1518 Rat des sächsischen Kurfürsten. MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 602; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 344 und 362. Anfang 1527 ist er verstorben, wie aus Georgs Rechnungsbuch für 1526/1527 hervorgeht (LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 59v). 1474 war er noch unmündig und stand unter der Vormundschaft seines Onkels Johann Metzsch (gest. 1483). Als Teilnehmer an der Pilgerfahrt des Kurfürsten Friedrich empfing er 1493 den Ritterschlag am Heiligen Grab. RÖHRICHT/MEISNER, Pilgerreisen, S. 507; MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 1, S. 592 und 597. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 15r (1519 September 4); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 90; HAEBLER, Bibliophilen, S. 15. MANN, Verlegung, S. 1 f. Fürstin Margarethe von Anhalt an Bischof Adolf von Merseburg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 4r (1519 August 17); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 90. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 30r (1519 [Dezember]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 16r (1519 November 29); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 27r (1519 September 29) und Bl. 29r (1519 Dezember 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 19r (1519 April 8) und Bl. 16r (1519 November 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 29r (1519 Dezember 13) und Bl. 30r (1519 [Dezember]). Am Ende des Jahres 1519 warf der Bischof dem Fürsten Georg jedoch jugendliche Undankbarkeit vor und erinnerte ihn daran, das Beispiel seines Vetters Rudolf vor Augen zu haben. Ebd., Nr. 4, Bl. 4r (1519 Dezember 31).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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seburg, obwohl die Seuche noch nicht völlig abgeklungen war.1478 Georgs mehrmonatiger Aufenthalt in Mylau zeigt, dass akademische Bildungsinhalte zu Beginn des 16. Jahrhunderts durchaus auf einem Rittersitz vermittelt werden konnten, selbst wenn dies für Fürstensöhne nur im Ausnahmefall und für begrenzte Zeit in Frage kam. Schon der ständige Wechsel der jungen Fürsten von Anhalt zwischen Dessau, Merseburg und Leipzig zeigt, wie sehr weltliche und geistliche Höfe untereinander und mit der Welt der Universität verbunden waren. Der Universitätsbesuch war für Georg von Anhalt allerdings zwingend nötig, um ein hohes geistliches Amt übernehmen zu können, denn die anhaltischen Fürsten verfügten nicht über den Einfluss, den Hohenzollern und Wettiner ausübten. Um Domherr in Magdeburg zu werden, reichte es nicht, die geforderten 180 Gulden an das Domkapitel zu zahlen, Georg musste außerdem nachweisen, dass er mindestens vier fürstliche oder gräfliche Vorfahren hatte und bereits drei Jahre an einer Universität studiert oder wenigstens ein Studium angefangen hatte.1479 Für Joachim, der seinem Bruder erst im Sommer 1520 nach Leipzig folgte,1480 war der Universitätsaufenthalt dagegen nur eine Übergangslösung, solange bis er an einem anderen Fürstenhof unterkommen konnte. Bischof Adolf machte gegenüber Margarethe sogar deutlich, dass er es für überflüssig hielt, Joachim an der Universität einschreiben zu lassen. Da sie nicht vorhabe, ihren jüngsten Sohn für längere Zeit dort zu lassen und Joachim kein Geistlicher werden sollte, könnte sie die Einschreibegebühr getrost sparen, zumal der junge Fürst an den gemeinsamen Mahlzeiten, Vorlesungen und Versammlungen der Universität nicht unbedingt teilzunehmen brauche.1481 Gegenüber den Kosten, die für Joachims standesgemäßen Unterhalt in Leipzig anfielen, fiel die Einschreibegebühr von ein bis zwei Gulden freilich kaum ins Gewicht,1482 vielmehr war es eine Frage fürstlicher Ehre, sie nicht zu bezahlen. Fürst Wolfgang von Anhalt hatte sie im Sommersemester 1500 allerdings entrichtet,1483 ohne als Student auf die Zeichen seines fürstlichen Standes, wie etwa Pferde, zu verzichten.1484 Im Grunde war Bischof Adolf, der immerhin Kanzler der 1478 1479 1480

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 43r (1520 April 22). Bischof Adolf von Merseburg an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 32r (1519 Dezember 25). 1520 sicherte Margarethe ihren Söhnen Georg und Joachim zu, sie wolle beide mit allem versorgen, was sie benötigten, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 2r (1520 Mai 23). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 40r (1520 März 28[?]). ERLER, Matrikel, Bd. 1, Einleitung S. 56. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 435. In der Zeit, in der sich die Söhne des Herzogs Philipp I. von Pommern Jahrzehnte später zum Studium in Wittenberg aufhielten, pflegte Fürst Wolfgang als ihr Vormund enge Beziehungen zu ihnen. Als es darum ging, die jungen Herzöge mit Pferden zu versehen, schrieb ihr Hofmeister Christoph von Küssow nach Wolgast, Fürst Wolfgang were zu Lipzick gewesen, hette allewege seine pferdt gehabt. MEDEM, Universitätsjahre, S. 32 (1563 Juni 14).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Leipziger Universität war, der Meinung, dass Joachim am Hof in Dessau besser unterwiesen werden könne. Er stellte es aber Margarethe anheim, ob sie ihren jüngsten Sohn an die Hochschule schicken wollte oder nicht.1485 Ebenfalls aus Kostengründen empfahl er, Georg von der Universität zu nehmen, als dieser 1521 die drei Jahre studiert hatte, die für ihn als Domherr gefordert waren. Für Joachim hätte dann kein Grund mehr bestanden, in Leipzig zu bleiben.1486 Ihre Studien setzten beide also vermutlich auf Wunsch ihrer Mutter fort, denn für die war es wichtig zu wissen, dass ihre Söhne die Zeit der Jugend sinnvoll nutzten und sich an einem sicheren Ort befanden. Es sollte bis zum Jahre 1527 dauern, bis es Margarethe gelang, Joachim an einem fremden Fürstenhof erziehen zu lassen. Weil in Dessau die Pest wütete, hatte sie den Jungen Ende Oktober 1518 zunächst nach Bernburg geschickt und der Aufsicht des Baccalaureus Michael Gruber unterstellt.1487 Ihre Bemühungen, ihn am Hof des Herzogs Georg gemeinsam mit dessen gerade vierzehnjährigen Sohn Friedrich erziehen zu lassen, blieben ohne Erfolg. Um ihr Anliegen in Dresden zu befördern, hatte sie sich unter anderem mit der Hofmeisterin Barbara von der Sale in Verbindung gesetzt. Diese teilte ihr im November mit, dass Herzog Georg zwar gewillt sei, Joachim aufzunehmen, im Augenblick aber nicht wisse, wie er mit seinen Söhnen weiter verfahren wolle und wie er Joachim standesgemäß bei Hofe aufnehmen könne.1488 Als für Margarethe abzusehen war, dass sie aus Dresden vorerst keine Zusage bekommen würde, trat sie im Januar 1519 an den Erzbischof von Magdeburg heran, damit dieser Joachim an seinen Hof nehme, was Albrecht ihr auch zusagte,1489 denn immerhin war er der Taufpate des Jungen.1490 Freudig teilte Margarethe diese Neuigkeit dem Bischof Adolf von Merseburg mit,1491 der ihr Vorhaben als erzbischöflicher Rat nach Kräften unterstützt haben wird. Aus unbekannten Gründen wurde aus Joachims Erziehungsaufenthalt am erzbischöflichen Hofe jedoch nichts. 1523 bemühte sich Margarethe erneut, Joachim in Halle 1485 1486 1487

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 40r (1520 März 28[?]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 57r (1521 September 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 8, Bl. 5r (1518 Oktober 30) und LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV. [!], Nr. 4, Bl. 1r (1518 November 8). Michael Gruber stammte aus Franken und könnte der Fürstin von Georg Spalatin empfohlen worden sein. 1522 verwendete sich Spalatin jedenfalls für Gruber, als dieser beabsichtigte, in den Stand der Ehe zu treten. Spalatin an Fürstin Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1533, Bl. 1, mit Beizettel (1522 Mai 10). Barbara von der Sale an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1410, S. 2 (1518 November 13). Herzog Georg hatte eine Absage gleichen Inhalts schicken lassen, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 70r (1518 November 11). Siehe Quellenanhang Nr. 14. Fürstin Margarethe von Anhalt an Bischof Adolf von Merseburg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 3r (1519 Januar 25). Dies geht aus einem Brief an Fürstin Margarethe vom Jahre 1523 hervor. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 17r (1523 Mai 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 3r (1519 Januar 24).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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erziehen zu lassen, denn der Kurfürst von Brandenburg erwog damals, seinen jüngsten Sohn Johann (1513–1571) dorthin zu schicken, um ihn zusammen mit einem Sohn des Herzogs von Mecklenburg erziehen zu lassen. Erzbischof Albrecht zerstreute diese Pläne allerdings mit der Begründung, dass er in den Angelegenheiten des Reiches und seiner eigenen Herrschaft häufig unterwegs sein müsse und es den jungen Fürsten bestimmt nicht bequem wäre, mit ihm allezeit hin und her zu reisen.1492 Der Umstand, dass er längere Zeit an seinem „wesentlichen Hoflager“ verweilte, war für ihn also eine Voraussetzung dafür, dass Fürstenkinder an seinem Hof erzogen werden konnten. Die Annahme von nichtfürstlichen Edelknaben schien hingegen jederzeit möglich, denn 1528 nahm Albrecht auf Margarethes Bitte einen solchen Edelknaben an, obwohl er bereits genügend hatte.1493 In jenem Jahr hielt er sich vorwiegend in Aschaffenburg und Mainz auf,1494 wo er den von Margarethe empfohlenen Jungen empfing und auf seine Kosten unterhalten und wie die anderen erziehen lassen wollte.1495 Sein Hofmeister in Halle, Graf Botho von Stolberg (1467–1538), hatte Margarethe kurz zuvor die Bitte ausgeschlagen, den Edelknaben anzunehmen. Er verwies darauf, dass er am erzbischöflichen Hof nicht mehr Edelknaben annehmen könne als die Hofordnung erlaube. In Stolberg hätte er ebenfalls genügend Edelknaben, die zur Zeit aber schlecht lernten und „ungezogen“ blieben, weil er so selten daheim wäre. Daher fürchtete er, sie zurück zu ihren Eltern oder an andere Höfe schicken zu müssen, was ihm auch deshalb ratsam schien, weil im Ort Seuchengefahr herrsche.1496 Beide Male wird auf die Bedeutung der Anwesenheit desjenigen verwiesen, der den Mittelpunkt des Hofes bildet. Als Erzbischof Albrecht nach 1531 längere Zeit in Halle residierte, wurde sein Hof tatsächlich zu einem Ort der Fürstenerziehung. Ab Januar 1533 weilte dort Herzog Moritz von Sachsen,1497 der am Ende des Monats seinem Onkel, dem Herzog Georg von Sachsen, der für seinen Unterhalt aufkam, schriftlich seine Dankbarkeit und seinen Gehorsam anzeigte.1498 Albrecht wandte sich kurze Zeit später ebenfalls an Herzog Georg mit der Bitte, Moritz einen „geschickten Präzeptor“ zu geben, der ihm Lateinunterricht erteile.1499 Er selbst wüsste niemanden, der dazu geeignet wäre, zumal es si1492 1493

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LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 17r (1523 Mai 22). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 39r (1528 August 9): Ich wil auch um e. l. willen den jungen edeln knaben gern haben und annhemen, wy sy gebetten, wywol ich dergleychen gesynde vil habe. SCHOLZ, Residenz, S. 367 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 925, Bl. 33r (1528 Oktober 9). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1564, Bl. 22r (1528 Juli 16). Siehe Quellenanhang Nr. 25. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 2, S. 6 f. (1533 Januar 6); LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 54–56; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 12–14; HERRMANN, Moritz, S. 19–22. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 3, S. 7 (1533 Januar 25). SächsHStA Dresden, Loc. 8017/9, Bl. 2; BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 4, S. 7 f. (1533 Februar 3); LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 54 f.; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 4; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 13.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

cherzustellen galt, dass der Lehrer nicht lutherisch war. Aus Albrechts Anfrage muss nicht unbedingt geschlossen werden, dass es an seinem Hof niemanden gab, der den jungen Fürsten hätte unterrichten können. Um Moritz in die Anfangsgründe des Lateins einzuweisen, brauchte es keinen Gelehrten von außergewöhnlichem Rang. Herzog Georg war offenbar ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Albrecht einen Lehrer bestimmen würde, denn er hatte Johann von Schleinitz, der mit Moritz als dessen Hofmeister nach Halle gekommen war,1500 keine Anweisung erteilt, einen Lehrer einzustellen.1501 Albrecht war hingegen der Auffassung, der Lehrer müsse von einer Universität kommen, denn er ging davon aus, dass der Herzog in Leipzig nach einem geeigneten Mann suchen würde. Wer Moritz letztendlich unterrichtet hat, ist nicht bekannt. Sicher ist aber, dass ein Lehrer für ihn gefunden wurde, denn in einem Schreiben, das Moritz nach seiner Rückkehr nach Dresden an den Magdeburger Dompropst, Fürst Georg von Anhalt, richtete, bedankte er sich auch im Namen seines Präzeptors für die große Fürsorglichkeit, die er in Halle erfahren hatte.1502 Auch wenn es immer wieder heißt, Moritz habe keinerlei gelehrte Bildung besessen,1503 wird er doch am erzbischöflichen Hof nicht gänzlich ohne Lateinunterricht geblieben sein1504 und sich nicht allein dem prunkvollen höfischen Leben hingegeben haben.1505 Sein Aufenthalt in Halle währte freilich nur kurz. Bereits zu Beginn des Jahres 1534 kehrte er nach Dresden zurück, wie Christoph von Karlowitz (1505–1578) bezeugt, der ihn auf der Rückreise begleitet und zuvor wahrscheinlich mit ihm in Halle gelebt hatte.1506 Sein Vater soll den Erziehungsaufenthalt des jungen Moritz überhaupt erst vermittelt haben.1507 Warum Moritz bereits nach einem Jahr abreiste, ist nicht eindeutig zu 1500 1501

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1503 1504 1505

1506

1507

RICHTER, Erziehungswesen, S. 22. Johann von Schleinitz wandte sich in der Frage nach einem geeigneten Lehrer ebenfalls an Herzog Georg, SächsHStA Dresden, Loc. 8017/9, Bl. 3r (1533 Februar 3); BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, S. 8, Anm. 1. Vgl. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 55. Der Name des Präzeptors bleibt unbekannt. Von dem Zwickauer Prediger Christoph Ering (gest. 1554) heißt es in einer Nachricht des 17. Jahrhundert, er habe dem jungen Moritz einst als Hofmeister oder Präzeptor gedient, doch bleibt dabei unklar in welchem Zeitabschnitt. Schmidt, Chronica Cygnea, Teil 2, S. 346; VOIGT, Moritz, S. 5; VOIGT, Anfänge, S. 102; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 4. Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1253 f.; LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 53; KNAUTH, Moritz, S. 4 f.; VOIGT, Moritz, S. 5. Vgl. dagegen BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 13 und DERS., Korrespondenz, Bd. 1, S. 8, Anm. 1. Johannes Cario erwähnt Moritz in seinem Bericht über das prächtige Osterfest des Jahres 1533 an Herzog Albrecht von Preußen, VOIGT, Briefwechsel, S. 148 (1533 April 23). Vgl. VOIGT, Moritz, S. 3 f.; VOIGT, Anfänge, S. 99 f. (polemisch) und KNAUTH, Moritz, S. 5. Christoph von Karlowitz an Herzog Georg von Sachsen, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, S. 8, Anm. 2 (1545 Dezember 6). Siehe DREYHAUPT, Pagus, Teil 2, S. 372; LANGENN, Carlowitz, S. 54; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 13. LANGENN, Carlowitz, S. 53.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

241

beantworten. Zunächst ist bezeugt, dass er im Dezember 1533 erkrankte und vielleicht deswegen von seinem Onkel zurückgerufen wurde.1508 Zu bedenken ist aber auch, dass einen Monat zuvor sein Bruder Severin, der am Hofe König Ferdinands I. (1503–1564) erzogen wurde, an einer Krankheit gestorben war, wodurch sich die Stellung änderte, die Moritz innerhalb der Herrschaftsnachfolge einnehmen sollte. Es ist möglich, dass Moritz an den Hof des Magdeburger Erzbischofs gekommen war, um auf eine geistliche Laufbahn vorbereitet zu werden bzw. um für ihn die Möglichkeit offen zu halten, ein geistliches Amt zu übernehmen, selbst wenn dies vor dem Hintergrund, dass er später seine Glaubensüberzeugungen machtpolitischen Entscheidungen unterordnete,1509 schwer vorstellbar scheint. Die Tatsache, dass er seinen Erziehungsaufenthalt zu dem Zeitpunkt abbrechen musste, als sich die ihm zugewiesene Stelle änderte, spricht jedoch dafür. In der älteren Geschichtsforschung wurde das Ende des Erziehungsaufenthalts in Halle damit erklärt, dass Moritz die sittlichen Zustände und die Verschwendung bei Hofe missfallen hätten. Laut dem Biographen seines Vaters Heinrich, soll ihn dagegen der Erzbischof weggeschickt haben, weil sich die Eltern zum Luthertum bekannt hatten.1510 Allem Anschein nach muss Moritz den hallischen Hof zu Beginn des Jahres 1534 tatsächlich im Zorn in Richtung Dresden verlassen haben. In einem Schreiben an Dompropst Georg von Anhalt bat er um Nachsicht für nit wenig ungeschiklichs in reden und vil dergleichen.1511 Er gestand sogar, unbedächtig und wütend gewesen zu sein, was Georg ihm verzeihen mochte. Gleichzeitig ließ er aber dem Erzbischof seinen untertänigen Gruß und Dienst anzeigen. Zu einem Bruch war es also nicht gekommen. Der Hof des Erzbischofs Albrecht war mit Sicherheit nicht der Sündenpfuhl, als den ihn seine Gegner darstellten. Eine Hofordnung, die kurz nach 1530 entstanden sein muss,1512 lässt gewisse Schlüsse auf den Alltag zu, wie ihn auch Herzog Moritz erlebt haben wird. Der Tag begann im Sommer um sechs Uhr und im Winter um sieben Uhr mit der Morgenmesse und endete um neun bzw. um acht Uhr mit der Nachtruhe. Den 1508

1509 1510 1511

1512

Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an den Freiberger Kanzler (1533 Dezember 26) und Erzbischof Albrecht von Magdeburg an Herzog Georg von Sachsen (1534 Januar 3), BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, S. 8, Anm. 2 und Nr. 5, S. 8; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 14. Siehe zur Bewertung der Politik des Herzogs Moritz von Sachsen: HÜLM, Kurfürst Moritz; BORNKAMM, Kurfürst Moritz; WARTENBERG, Landesherrschaft; HERRMANN, Persönlichkeit. Freydiger, Vertzeichniß, S. 141. Herzog Moritz von Sachsen an Fürst Georg III. von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1406, Bd. 2, Bl. 3 f. (1534 Februar 26). Fehlt bei BRANDENBURG, Korrespondenz. Siehe Quellenanhang Nr. 27. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 7–19. Die Hofordnung nimmt Bezug auf die 1530 erlassene Reichspolizeiordnung. Wahrscheinlich wurde sie erlassen, kurz nachdem der Erzbischof Ende März 1531 nach fünfjähriger Abwesenheit wieder nach Halle zurückgekehrt war. Vgl. zur Überlieferung und Datierung der erzbischöflich-magdeburgischen Hofordnungen SCHOLZ, Residenz, S. 15, Anm. 15; DERS., Alltag, S. 43, Anm. 43.

242

IV. Höfische Erziehung um 1500

Edelknaben des Erzbischofs wurde ausdrücklich befohlen, sofort schlafen zu gehen und in ihren Kammern keine Lichter brennen zu lassen, um die Gefahr eines Brandes zu vermeiden.1513 Gotteslästerung, übermäßiges Zechen, Unzucht und nächtliches Glücksspiel waren allen Hofleuten verboten.1514 Ein Grund für den Erlass dieser Hofordnung scheint neben der Umsetzung der Reichspolizeiordnung von 1530 der mangelnde Gehorsam der Edelleute und ihrer Knechte gegenüber dem Hofmarschall gewesen zu sein.1515 Dieser hatte die Sitzordnung für die gemeinsamen Mahlzeiten in der Hofstube festzulegen und darauf zu achten, dass niemand bei Tisch störte, indem er etwa an die Becher klopfte oder anderen Unfug trieb, ganz gleich ob der Erzbischof anwesend war oder nicht.1516 Der Aufenthalt des jungen Herzogs von Sachsen zeigt, dass die Anwesenheit des Erzbischofs in seiner Residenz tatsächlich ausschlaggebend war, damit dort ein Fürstensohn erzogen werden konnte. Moritz kam nach Halle, nicht weil es dort gute Prinzenerzieher, sondern weil es einen bedeutenden Fürsten gab. Vielleicht wurde er auch dorthin geschickt, um die Aussichten zu erhöhen, wieder einen Wettiner auf den Magdeburger Erzstuhl zu bringen. Dieser blieb jedoch weiterhin unter dem Einfluss der Hohenzollern. Als Albrechts Großneffe Friedrich (1530–1552) im Jahre 1551 Administrator des Erzstifts wurde, übernahm er einen Teil der Kammerjunker und Edelknaben, die er am erzbischöflichen Hof vorgefunden hatte. Einen anderen Teil brachte er selbst mit.1517 Obwohl er bereits 21 Jahre alt war, wurde ihm weiterhin ein Präzeptor zugewiesen, der Leipziger Theologe Doktor Johannes Sauer (gest. 1554), letzter Propst des Neuen Stifts in Halle, der bei dessen Auflösung im Jahre 1541 mit einer bescheidenen Jahresrente abgefunden worden war.1518 Fürst Joachim von Anhalt hatte lange Zeit weder in Dresden noch in Halle Aufnahme gefunden. Im Herbst des Jahres 1519 fragte seine Mutter daher beim Kurfürsten von Brandenburg an, ob sie Joachim auf das Schloss Zossen in die Obhut des Hauptmanns 1513

1514

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1518

LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 13v: Auch sollen alßdann meins gnedigen hern knaben alle gleich schlaffen gehen und sollen auch keine bernende lichte mit ynen in die kammer nehmen, grossen schaden damit zu vorwahren. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 11r–12v und 15v; SCHOLZ, Alltag, S. 45. Damit sich niemand herausreden konnte, er hätte diese Verbote nicht gekannt, wurde jeder verpflichtet, die im Druck ausgegangene Reichspolizeiordnung einzusehen, ebd. Bl. 11r. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 16r: Es sollen auch die edelleute und knechte hinfurder dem marschalck mehr gehorsam sein dan bisher geschehen. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 10v. Ähnlich die Mainzer Hofordnung von 1534, MAY, Albrecht, Bd. 2, Beilage Nr. 161, S. 510. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 28r [1552]: Übernommen wurden ein gewisser Pommer, Anton Cratsche, Heinrich von Arnim und Albrecht Leipzig; mitgebracht Andreas Barleben, Johann Pommer, Urban Ritter und Johann von Brodau sowie Christoph Barleben, der das Amt des Schenken zugewiesen bekam. Daneben gab es vier Edelknaben, die nicht namentlich genannt sind. Vgl. SCHOLZ, Residenz, S. 86. LHASA Magdeburg, Rep. A 2, Nr. 4, Bl. 27v [1552]. Vgl. SCHOLZ, Residenz, S. 312 und S. 354.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

243

Johann Bose geben könne. Dies geht aus einem Schreiben des Bischofs Hieronymus von Brandenburg (1507–1520) hervor, der das Wasserschloss Zossen aber wegen der feuchten und sumpfigen Umgebung für ungeeignet hielt, zumal auch in der Mark Brandenburg Seuchengefahr herrschte. Er bot stattdessen an, Joachim, dessen Taufpate er war, an seinen eigenen Hof zu nehmen, auch wenn er befürchtete, ihn dort nicht standesgemäß unterbringen zu können.1519 Falls Margarethe ihren Sohn mit seinem Hofmeister, seinem Lehrer und seinen Dienern dennoch zu ihm schicken wollte, würde er sie alle gern aufnehmen und versorgen, so gut es ihm möglich sei. Das Schreiben macht einmal mehr deutlich, welch großer Wert darauf gelegt wurde, dass ein Fürst während seines Erziehungsaufenthalts an einem fremden Hof, standesgemäß untergebracht und versorgt war. Wohl nicht bloß aus Demut wies der Bischof deshalb darauf hin, dass Joachim, was die Versorgung anging, am kurfürstlichen Hofe wesentlich besser aufgehoben wäre. Es kann festgehalten werden, dass für die Erziehung Joachims von Anhalt mehrere Höfe in Betracht kamen. Seine Mutter nahm ungefähr gleichzeitig Verbindung zu hohen geistlichen und weltlichen Fürsten auf, zu denen bereits gute Beziehungen bestanden. Bezeichnend ist dabei, dass Margarethe keine Anfrage an den Kurfürsten von Sachsen richtete, mit dem sie im Streit um die Herrschaft Wörlitz lag. Die Gründe, weshalb Joachim weder nach Halle, Berlin, Ziesar oder Zossen geschickt wurde, sind nicht eindeutig auszumachen. Der Erzbischof von Magdeburg gab vor, sich nicht um die Fürstenerziehung kümmern zu können, weil er häufig in Herrschaftsangelegenheiten unterwegs war. Der Bischof von Brandenburg fürchtete, den anhaltischen Fürstensohn nicht standesgemäß aufnehmen zu können. Es ist schwer zu entscheiden, inwiefern die Angebote tatsächlich ernst gemeint waren, denn Kurfürst Joachim und Bischof Hieronymus scheinen gegenüber Margarethe vor allem ihre grundsätzliche Hilfsbereitschaft angedeutet zu haben. Weil es in Merseburg, Leipzig und Dessau zu gefährlich war und er an keinem anderen Hof angenommen worden war, lebte und lernte Joachim 1519 also auf Schloss Bernburg. Im September desselben Jahres zeigte der Zehnjährige seiner Mutter schriftlich an, dass er an jenem Tag gut gelernt habe, weshalb er sie bitten wollte, ihm zur Belohnung Wein zu geben und ihm zu erlauben, mit auf die Jagd zu gehen.1520 Die Handschrift des Jungen wirkt zu diesem Zeitpunkt noch unbeholfen.1521 Der Aufbau seiner weiteren Briefe folgt dem damals üblichen Formular, wenn auch in vereinfachter 1519

1520 1521

LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 163, Bl. 8 f. (1519 Oktober 23). Die Bischöfe von Brandenburg residierten seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bevorzugt in Ziesar. Vgl. PARAVICINI, Höfe und Residenzen, Teilbd. 2, S. 68 und 657 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 2r (1519 September 19). Siehe Quellenanhang Nr. 15 mit Abb. 23. Einmal sind auch vorgezeichnete Linien zu erkennen, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 8r (1520 Dezember 21).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Weise. Manchmal ist die Datierung misslungen,1522 was heißen könnte, dass die betreffenden Briefe von keinem Lehrer durchgesehen worden und somit vertraulichsten Charakter tragen. Die späteren Briefe aus Joachims Feder sind dann meist recht säuberlich geschrieben, auch wenn es mehrfach Streichungen gibt. Im Dezember 1519 lobte Margarethe ihren jüngsten Sohn bereits wegen seiner Lernfortschritte. Vor allem die Handschrift gefiel ihr schon besser. Gleichwohl riet sie ihm, darauf zu achten, dass seine Gedanken beim Schreiben nicht abschweifen. Zur Belohnung schickte sie wiederum Wein, den er fröhlich, aber in Maßen genießen sollte. Außerdem schenkte sie ihm einen Neujahrsgroschen, um diesen zur Erinnerung an sie bei seinen anderen Kostbarkeiten aufzubewahren. Wenn er fromm, gottesfürchtig und gehorsam sei, werde ihm Gott alles, das gut ist, in Gnaden mitteilen.1523 Alles nützliche Wissen, so glaubte Margarethe, kam von Gott. Durch eine fromme Grundhaltung sollte sich ihr Sohn dafür öffnen. Allem Anschein nach blieb Joachim zunächst in Bernburg und Dessau, bis er 1520 nach Leipzig geschickt wurde, um gemeinsam mit seinem Bruder Georg unterrichtet zu werden. Wie von Bischof Adolf empfohlen, ließ er sich nicht an der Universität einschreiben,1524 doch aus einem späteren Brief ist zu erfahren, dass er, obwohl er kein Student war, dennoch Vorlesungen besuchte und mit seinem Bruder auch zu den gemeinsamen Mahlzeiten geladen wurde.1525 Niemand schien sich offen daran zu stören, dass der Fürstensohn am akademischen Leben teilhatte, ohne dafür zu zahlen, denn die Anwesenheit hoher Adliger mehrte den Ruhm der Hochschule. Aus demselben Grund waren Herzog Siegmund von Sachsen (1416–1471) und Graf Ludwig von Gleichen (gest. 1467) 1425 von der Einschreibegebühr befreit worden.1526 Erst die Universitätsstatuten von 1543 verliehen dem eigentlich bestehenden Einschreibezwang einigen Nachdruck, indem sie Universitätsangehörigen mit Geldstrafen drohten, wenn sie einen nicht eingeschriebenen Studenten länger als einen Monat beherbergten.1527 Der fürstliche Adel dürfte aber auch davon kaum betroffen gewesen sein. Welche Vorlesungen Georg und Joachim im Einzelnen besuchten, lässt sich nicht ermitteln. In den erhaltenen Briefen wird nur erwähnt, dass beide den Juristen Georg 1522 1523

1524 1525 1526 1527

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 4r (1519) ist datiert auf dunterstag nach dem mitwoch anno etc. xixo. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 2r (1519 Dezember 31); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 76 f. Neujahrsgeschenke spielten eine wichtige Rolle in den Beziehungen zwischen der Mutter und ihren Söhnen. Von Joachim erhielt sie 1520 ein Bildnis des heiligen Hieronymus, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 6r (1520 [Dezember]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 40r (1520 August 15); WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 82. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 142r (1524 [Herbst]). ERLER, Matrikel, Bd. 1, Einleitung S. 56. ERLER, Matrikel, Bd. 1, Einleitung S. 30. Geldstrafen gab es bereits zuvor, STÜBEL, Sittengeschichte, S. 17.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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von Breitenbach (gest. 1543)1528 hörten. Ihm wollten sie bei ihrem Abschied im Herbst 1524 ein Geschenk machen, so wie all jenen Leipziger Professoren und Ratsmitgliedern, die sich ihnen dienstwillig gezeigt hatten.1529 Darunter war sicher auch der Ratsdiener und Schöppenschreiber Magister Georg Camitz, der sich Anfang 1525 erneut an Georg und Joachim mit der Bitte wandte, ihm Lachs für seine Hochzeit zu schicken, und von dem Georg meinte, er könne der anhaltischen Herrschaft noch nützlich sein.1530 Ausdrücklich erwähnt wird auch, dass beide Brüder Rechtsvorlesungen bei Magister Andreas Delitianus besuchten, gegenüber dem sie sich später ebenfalls erkenntlich zeigten.1531 Von Fürst Georg sind Druckwerke erhalten, die er während seines ersten Leipziger Studienaufenthaltes benutzt haben dürfte und die starke Gebrauchsspuren aufweisen.1532 Aber auch bei Joachim stand das Lernen im Vordergrund. Kurz nach seiner Ankunft in Leipzig versprach er seiner Mutter, sich hier so verhalten zu wollen, dass es später nicht hieße, sie hätte ihn umsonst geschickt.1533 Einige Zeit darauf schrieb er, wie sehr es ihm in der Stadt gefalle.1534 Durch die Boten, die zwischen Dessau und Leipzig wechselten, ließ die Mutter nicht nur Nachrichten, Geld, Kleidung und Gebrauchsgegenstände, sondern immer wieder auch Ermahnungen zu Gottesfurcht und Fleiß übermitteln. Von ihren Boten erfuhr sie, ob sich Joachim so verhielt, wie es einem christlichen Fürsten gebührte.1535 1521 nahm Margarethe eine Entschuldigung ihres Sohnes an, nachdem sie ihn zuvor wegen seines mangelnden Lerneifers getadelt hatte. Sie hoffte, er würde seine Zeit jetzt sinnvoll nutzen und fleißig lernen, damit er seinem Land und seinen Leuten 1528

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Georg von Breitenbach, Sohn des Juristen Dr. Johann von Breitenbach (gest. 1509), hatte sich im Wintersemester 1501 an der Leipziger Universität eingeschrieben und war von 1524 bis 1539 Ordiniarius der Juristenfakultät. Kurz vor seinem Tode wurde er kurbrandenburgischer Kanzler. Anfangs aufgeschlossen gegenüber Luther, wandte er sich bald der Auffassung des Herzogs Georg von Sachsen zu. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 443; BUCHWALD, Matrikel, S. 158; GERBER, Ordinarien, S. 27 f.; BAUCH, Anfänge, S. 66; ADB 3, S. 288; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 349 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 142r (1524 [Herbst]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 12r (1525 Februar 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 14r (1525 März 22) und Bl. 19r (1525 April 2). Andreas Delitianus wirkte seit 1495 an der Leipziger Universität und war ein Lehrer des Georg Helt gewesen. HAEBLER, Bibliophilen, S. 15 f. Es handelt sich um grammatische Werke, die in den Jahren 1512 und 1517 gedruckt wurden, und um die „Institutio principis christiani“ von Erasmus (Basel 1519, Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Georg 574.4°), eine Sammelschrift mit den „Praecepta moralia“ von Cato (Schlettstadt 1520, Dessau, Anhaltische Landesbücherei, Georg 526(5).4°, mit Fürst Georgs Besitzvermerk von 1521) und das „Dictionarium latinum“ des Ambrosius Calepinus (Paris 1520, fehlt in Dessau, Anhaltische Landesbücherei). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 10r (1520 November 4): […] und wil mich so halten, das man nit darf sprechen, e. g. habe eine gans hergeschickt und ein gans wider krigen und wil mich halten kegen dem megister als mir e. f. g. befollen hat. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 8r (1520 Dezember 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 22r (1520 Dezember 20).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

einmal als ein weiser Fürst vorstehen könne.1536 Die Erziehung zum weisen Herrscher war demnach das erklärte Ziel seiner Ausbildung im Umfeld der Leipziger Universität. Auf die Rückseite des eben erwähnten Briefes hat Joachim die Worte mater mea geschrieben. Die Mahnungen der Mutter scheinen ihn demnach sehr bewegt zu haben. Mit deutlichen Worten forderte sie ihn 1524 auf, ordentlich zu sprechen, da er offenbar lispelte. Joachim versprach, diese Aufforderung zu beherzigen.1537 Ob sein Sprachfehler auch anderen aufgefallen ist und ob er ihn ablegen konnte, lässt sich nicht sagen. Dass auch der brandenburgische Kurprinz Sprechübungen machen musste, ist bereits erwähnt worden.1538 Joachims Bruder Georg war im Übrigen auch nicht frei von Beeinträchtigungen. Er hatte einen Sehfehler,1539 was ihn aber nicht hinderte, mehrere Stunden am Tag in Büchern zu lesen. Zunächst wohnten Georg und Joachim vermutlich im Haus des Magisters Georg Helt, denn erst im Sommer 1523, als sie von Merseburg in die Universitätsstadt zurückkehrten, bat Margarethe den Fürsten Magnus von Anhalt, das Haus, welches er in Leipzig besaß, für die Unterbringung ihrer Söhne zur Verfügung zu stellen.1540 Deren Universitätsaufenthalt war den Mitgliedern der Familie in der Tat ein wichtiges Anliegen. Bischof Adolf von Merseburg besuchte die beiden gelegentlich und schickte ihnen Tuch für ihre Kleidung.1541 Joachim bekam von ihm einen Degen geschenkt,1542 was zeigt, dass der Junge im akademischen Umfeld wie ein weltlicher Fürst auftrat. Vielleicht erhielt er in Leipzig sogar Fechtunterricht. Während ihres gemeinsamen Aufenthalts hatten beide Brüder Edelknaben und Bedienstete, die in ihren Briefen allerdings

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 3r (1521 Mai 15): Ich hab auch ewer entschuldygung, an nehester in ewer schrifft getan, entpfangen und angenommen und wil mich gentzlich vor sehen, ir wert dem mit den wercken vorfolgen und euch befleyßen, das ir ewer czeyt nuczlich wert vorczern und in tugenden und zwcht zwnemen und wol lernen, das ir alsden ewern landen und lewten als ein weyser furst kont vor seyn. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 27r (1524 Juli 28): Mein liber Joachim rede gut swewisch und thue das mawl wo auff dar got befollen; Joachim, Nr. 1 (1524 Juli 30): Das mir euere genaden schreiben, das ich das maul solt auf gut schwewisch auf thuen, das ich das lispeln möcht abgehen, bedanck ich mich gegen e. f. g. aufs högest guter treuer und mutterlicher vormanung. Wil mich auch aufs högest als fern mir mugelich befleissen, solches zu thun. Siehe oben S. 195. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 5r (1525 Januar 1): E. f. g. wol auch meinem bruder furst Hansen vor den psaltern dancken, den er mir ser zw danck und meinen schilen augen bequem ist. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 77r (1523 Juni 13). Siehe Quellenanhang Nr. 17. Fürst Magnus hatte das Haus 1508/1509 bauen lassen, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 20, Bl. 11r f.; Annales Anhaltini, S. 33. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 26r (1520 Juni 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 9r (1520).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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nur selten erwähnt und fast nie namentlich genannt werden.1543 Die Auswahl dieser Edelknaben, soviel lässt sich immerhin sagen, lag allein bei der Mutter, die sich hierfür auch an den brandenburgischen Hof wandte. Der Kurfürst empfahl ihr 1521 den Sohn des Matthias von Noppen als Edelknaben für Georg, damit jener zum besten gezogen und gehalten werde.1544 Georg und Joachim hielten sich nicht ständig in Leipzig auf, sondern verbrachten viel Zeit in Dessau und in Merseburg, wo sie ihre Studien unter der Anleitung des Magisters Helt und des Baccalaureus Gruber fortsetzten.1545 Von November 1522 bis zum Herbst des Folgejahres weilten sie fast ausschließlich in Merseburg, um der Seuchengefahr in Leipzig zu entgehen.1546 Bischof Adolf hatte sie erneut freundlich aufgenommen, sie in ihr Gemach geführt und ihnen zu verstehen gegeben, dass sie in seinem Hause allzeit willkommen seien.1547 Zur Fastenzeit schickte ihnen die Mutter ein Gebet aus der Offenbarung der Mechthild von Magdeburg, das sie einst auch ihrem Sohn Johann an die Spree geschickt hatte und das Georg und Joachim jeden Tag nach dem Glaubensbekenntnis sprechen sollten, um Anfechtungen zu widerstehen. Dabei versicherte sie, dass dieses Gebet kein Traum sei, keine religiöse Schwärmerei, sondern mit dem Evangelium im Einklang stünde.1548 Joachim schickte seiner Mutter in jener Zeit mehrfach Briefe, in denen er sie ermutigte, sich nicht zu bekümmern und auf Gott zu vertrauen, was er wie sonst nur sein Bruder Georg mit Bibelzitaten zu belegen

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 22r (1523 Dezember 12). Bereits 1521 empfahl sich Fürst Joachim „mitsamt seinem armen Diener“. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 16r (1521 Mai 6). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 60r (1521 Februar 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 38r (1522 Dezember 22): Mein herczlibsten sone, ich bit euch in muterlicher traw, ir wolt got vor augen haben und ewern hern vetter gehorsam sein, des gleychen ewerem magister und fleysig studiren und fromme kinder sein. Die Anwesenheit des Baccalaureus geht aus dem Beizettel Bl. 37r hervor. Ausdrücklich erwähnt sind beide bei Joachim, Nr. 1, Bl. 63r (1523 Feburar 15). Mitte November waren beide in Merseburg eingetroffen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 45r (1522 November 13); Joachim, Nr. 1, Bl. 30r (1522 November 13). Seit Ende September wurde erwogen, den bischöflichen Hof wieder zu verlassen, ebd., Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1, Bl. 55r (1523 September 29); Georg III., Nr. 1, Bl. 100 f. (1523 Oktober 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 45r (1522 November 13): Es hat uns meyn her vhast mit freyntlichen geberden, worden und froid entpfangen unnd uns angezeygt, so er uns yn unnser gemach gefurt, das wyr weyl er leb yn seynem hause macht haben sollen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 11r (1523 März 18); Georgs Antwort LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 59r (1523 März 20). Das Gebet gehört nicht zu denjenigen Gebeten Margarethes, die Georg Helt in Leipzig drucken ließ. Vgl. CLEMEN, Gebete, S. 1–6.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

verstand.1549 In dem Gebetbuch, das er von der Mutter bekommen hatte, wollte er ihr zuliebe täglich lesen.1550 Im Herbst 1523 wünschte der Bischof von Merseburg, dass Georg und Joachim wieder nach Leipzig wechselten, damit sie mehr Gelegenheit zum Studieren hätten.1551 Diesen Wunsch hatte er bereits vor Pfingsten gehegt,1552 dann aber zunächst den Magister Helt nach Leipzig geschickt, um die Lage vor Ort zu prüfen und eine neue Unterkunft besorgen zu lassen. Helt hatte zuvor darauf hingewiesen, dass Fürst Georg auf jeden Fall im Kirchenrecht unterrichtet werden müsse und beide Fürsten in Leipzig besser zur Ehrsamkeit erzogen werden könnten als in Merseburg oder anderswo, weil sie dort guten Umgang hätten.1553 Anfang Oktober rief der Bischof dann seine beiden Schützlinge zu sich und ermahnte sie im Beisein seiner Räte zu Gottesfurcht, tugendhaftem Lebenswandel sowie zu Gehorsam und Dankbarkeit gegenüber der Mutter. Darüber hinaus verlangte er von ihnen, allen „Neuerungen“, das hieß vor allem den lutherischen Lehren, aus dem Wege zu gehen. Wenn sie sich an seine Worte hielten, fügte er hinzu, würde er weiterhin wie ein Vater zu ihnen stehen, falls nicht, so würde er sich gänzlich von ihnen abwenden.1554 Georg und Joachim wurden also erneut, und diesmal sogar vor Zeugen, zu christlicher Tugend und auf den alten Glauben verpflichtet. Im Umfeld der Leipziger Universität sollten beide Brüder, wie es heißt, mit Gottes Hilfe zu christlichen Fürsten geformt werden.1555 Ihr Lehrer Georg Helt wurde dabei zunächst von dem Kaplan Cyriacus Groß und dann von Michael Gruber unterstützt, der zuerst nur Joachim unterrichtet hatte.1556 1523 wird in den Briefen erstmals auch der Hebräischlehrer erwähnt,1557 der Georg anscheinend auch nach seinem Aufenthalt in

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 61r (1523); Bl. 65 (1523); Bl. 64r (1523 September 1). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 6r (1523 Januar 16); Joachim, Nr. 1, Bl. 54r (1523 März 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, 59r (1523 September 25); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 79 (1523 November 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 70r (1523 Mai 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 74r (1523 Juni 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 100r f. (1523 Oktober 9); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 28r (1523 [Oktober]). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 8r (1523 Januar 26): Ich bedanck mich auch gegen euch des trostlichen schreybens und ewers gehorsamen erbitens und wil mich vorsehen, ir wert mit gotlicher hulff dem folg thuen und in allen tugenden als cristliche fursten fortvarn. Der vollständige Name des Baccalaureus ist nur genannt in LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 38r (1521 August 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 22r (1523 Dezember 12). Im Oktober 1523 schrieb Fürst Georg erstmals die Worte „In Gott“ mit hebräischen

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Leipzig zur Verfügung stand, denn erst 1526 ist von seinem Abschied die Rede.1558 Georg erhielt also nachweislich von 1523 bis 1526 Hebräischunterricht,1559 und zwar von jenem Baccalaureus Urbanus Eckhard, der im Januar 1525 seinen Magistergrad erwarb.1560 Fürst Joachim dürfte an diesem Unterricht, wenn überhaupt, dann nur gelegentlich teilgenommen haben. Sein Bruder schickte ihm später zwar eine hebräische Ausgabe der Sprüche Salomos, was aber nicht unbedingt heißt, dass Joachim diese wirklich selbst lesen konnte.1561 Während ihres Aufenthaltes in Leipzig war der Magister Helt für das Wohlergehen der beiden Fürstensöhne verantwortlich. Neben den Aufgaben als Lehrer erfüllte er auch die Aufgaben eines Hofmeisters, denn er verwaltete die Ausgaben und war außerdem dafür zuständig, den beiden Kleidung oder Arznei zu kaufen.1562 Margarethe scheint großes Vertrauen in ihn gesetzt zu haben, während sie sonst eher misstrauisch war.1563 Zwischen ihr, ihren Söhnen und dem Lehrer bestand eine echte Gebetsgemeinschaft. Aus dem, was Margarethe in ihren Briefen über Helt sagt, geht hervor, dass er damals noch treu zum alten Glauben hielt. So warnte er seine Fürstin vor „ketzerischen

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Buchstaben über einen seiner Briefe. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 104 f. (1523 Oktober 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 57r (1526 April 19): Das der hebreer sein abscheyt hat, sehe ich gern. Vgl. GABRIEL, Fürst Georg III., S. 75; HAEBLER, Bibliophilen, S. 16 und 19 f. Die hebräische Grammatik des Johannes Aurigallus und das hebräische Wörterbuch von Sebastian Münster, die Georg benutzte, wurden 1523 und 1524 gedruckt. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 6r ([1525 Januar 1], Beizettel): Ich geb e. f. g. zu erkennen, das der bacularius Urbanus, des ich in der hebreische sprach zw einen underweisser gebraucht und nach gebrauch, itzt zw Leptzigk ist und in kortz mgr. werden wird. Urbanus Eckhard stammte aus Mittweida und hatte sich erstmals im Sommer 1515 in Leipzig eingeschrieben. Am 24. Januar 1525 wurde er zum Magister promoviert. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 543; Bd. 2, S. 518 und 585 f.; vgl. HAEBLER, Bibliophilen, S. 20. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 26r ([1525 Juni 24], Beizettel): Ich schik auch hiermit meins brudern die proverbia Salamonis hebraisch. Bit e. f. g. wol sie im geben, den het ich etwas bessers gehabt, wold ichs seiner lieb auch gerne geschikt [haben]. In Joachims Besitz befanden sich zudem ein hebräisches Psalter von 1524 und die hebräischen Lehrbücher von Aurigallus und Münster. HAEBLER, Bibliophilen, S. 20 und 63. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 2r (1520 Mai 23): Ich schicke euch und ewerem bruder x fl. zw czwbuse. Dy gebet dem magister zw bewarn und awßzwgeben. Vgl. auch ebd., Nr. 4, Bl. 8r (1523 Jaunuar 26) und Georg III., Nr. 1, Bl. 22r (1520 Dezember 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 73r (1523); 58r (1523 Januar 18); Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 7r (1523 Januar 21) und Bl. 24r (1524 September 3). Fürstin Margarethe bat Georg Helt um Rat, wenn es darum ging, die Vertrauenswürdigkeit anderer Leute einzuschätzen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 26r (1524 August 16 [?]).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Büchern“1564 und teilte ihr seine Meinung über theologische Schriften mit, die sie ihm zugeschickt hatte.1565 Die jungen Fürsten sollten sich hingegen grundsätzlich vor neuen Büchern hüten, sich an Schriften halten, die ihre Mutter und der Magister für gut befunden hatten, und wurden besonders streng ermahnt, sich vor der lutherischen Lehre in acht zu nehmen. Von dieser sollten sie weder lesen noch reden und weder im Scherz noch im Ernst darüber disputieren. Um nicht in den Einfluss dieser „Irrlehre“ zu geraten, durften sie keine Unbekannten zu sich lassen, besonders dann, wenn der Magister nicht in ihrer Nähe war.1566 Georg Helt war für Margarethe also die wichtigste Vertrauensperson, wenn es um die Glaubenstreue ihrer beiden jüngeren Söhne ging. Damit diese gegen Anfechtungen gewappnet seien, schickte sie ihnen im Dezember 1523 Auszüge aus einem Traktat des Bußpredigers Vincent Ferrer (1340–1419), die der Magister ihnen beiden vorlesen sollte.1567 Georg und Joachim wurden demnach gelegentlich im engsten Kreise unterrichtet und bekamen hierbei den Inhalt von Büchern vorgetragen und erläutert. Wenn Margarethe von ihnen verlangte, sie selbst über christliche und gute Bücher zu unterrichten,1568 so wird dies als Anreiz zum Lesen und zur Überprüfung des Lernerfolgs gedient haben. Fürst Georg hatte seine Lateinkenntnisse bei Georg Helt erworben, Joachim wahrscheinlich bei Michael Gruber. Bereits aus dem Jahre 1520 stammt ein lateinischer Brief, in dem Georg seinen Bruder Joachim wortreich aufforderte, ihm sein Befinden mitzuteilen.1569 Auch später schrieb er ihm in lateinischer Sprache1570 oder verwendete lateinische Zitate in seinen Briefen. Vom Dezember des Jahres 1523 stammt ein recht floskelhafter Brief an die Mutter, der von beiden Brüdern unterzeichnet ist und vermutlich auf Anweisung ihres Lehrers geschrieben wurde. Georg und Joachim geben darin zu erkennen, dass sie wegen ihres Studiums und ihrer Gebete keine Zeit hätten, ihr viel 1564

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 18r (1523 November 16): Danckt dem magister der getrawen warnung Karlestat bucher halben, ich hab ir keynes lang nicht gesehen. CLEMEN, Helts Briefwechsel, Nr. 5, S. 12 f. (1523 Mai 11). Hierzu auch LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 27r (1524 Juli 28) und Nr. 2, Bl. 23/24 (1525 Februar 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 20r (1523 Dezember 4) und Bl. 32r (1524 Januar 30). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 21r (Beizettel [1523 Dezember 4]): Ich schicke euch ein außzcock auß dem tracktat sant Vincencii der erschrecklich lawt, den last den magister oberlessen in ewer beyder gegenwertikeytt allein, und wen ir in oberlessen habet bey der ader der nechesten botschaft schickt in mir den wider und bit got, das er unß allen genedick sey und euch und die ewern vor solcher obeltat und allem bosen behut. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 24r f. (1524 September 3). Siehe auch ebd., Bl. 30r (1524 März 30); Joachim, Nr. 1, Bl. 79r (1524 August 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 2r (1520 April 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 4r (1525 Mai 19).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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zu schreiben, dass es ihnen aber aus Liebe zu ihr dennoch ein Bedürfnis sei und sie ihr Trost zusprechen wollten.1571 An den Kurfürsten von Sachsen schrieben beide ebenfalls einen gemeinsamen Brief mit mehreren lateinischen Zitaten, in dem sie, die lange Freundschaft zwischen den Fürsten von Anhalt und den Herzögen von Sachsen betonend, versuchten, den Kurfürsten zur Rückgabe der verpfändeten Herrschaft Wörlitz zu bewegen.1572 Beide Brüder lernten Latein, doch nur Georg musste diese alte Sprache wirklich beherrschen. Von seiner Mutter wurde er recht bald bemüht, lateinische Texte zu übersetzen,1573 wobei er diese Aufgaben gelegentlich auch an den Pfarrer oder den Schulmeister in Dessau weiterleitete.1574 Außer mit theologischen Schriften beschäftigten sich beide Fürsten von Anhalt nachweislich auch mit Geschichtsbüchern. Georg bedankte sich im Juli 1521 für Chroniken und andere Bücher.1575 Kurz zuvor hatte er seine Mutter gebeten, ihm die Markgrafenchronik zu schicken, die sie aus dem Kloster Lehnin bekommen hatte.1576 In dieser brandenburgischen Chronik hofften die Fürsten, Nachrichten zur Geschichte ihres Geschlechts zu finden, da die eigene dynastische Geschichtsschreibung lange Zeit vernachlässigt worden war. Erst 1519 war das erste anhaltische Geschichtswerk entstanden.1577 Wie die höfische Erziehung erwies sich auch die akademische Ausbildung als kostspielig. Margarethe forderte ihre Söhne zwar immer zur Sparsamkeit auf, ließ sie aber wissen, dass sie sich jederzeit an sie wenden sollten, wenn sie etwas benötigten.1578 Was zur standesgemäßen Ausstattung gehörte, ließ Margarethe ihren Söhnen umgehend zukommen, während sie mit der Bezahlung der Lehrer auch einmal in Verzug geraten konnte. Anfang 1521 schickte sie dem Baccalaureus Gruber einen Teil seines Jahrsolds und versprach, den Rest so bald wie möglich auszuzahlen.1579 Auch später bat sie die

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV. [!], Nr. 2, Bl. 50 (1523 Dezember 23). Den Inhalt des Briefes teilte Fürst Georg seiner Mutter mit. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 98r f. (1523 August 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 75r (1523 Januar 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 52r f. (1523 Januar 14): Ich schick e. f. g. hir myt die copei des meysters von Rodws lateinisch, welch ich e. f. g. diesmal nicht hab konnen vordeutzschen. Bit e. f. g. will deshalben keyn unwillen tragen. […] Der pfarrer ader schulmeyster kan e. f. g. die copey wol vordeutzschen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim [!], Nr. 1, Bl. 12r (1521 Juli 30). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 39r (1521 Juli 24). Heinrich Basse, Panegiricus genealogiarum illustrium principum dominorum de Anholt, Ballenstedt 1519. Siehe zur dynastischen Geschichtsschreibung der Fürsten von Anhalt: HECHT, Erfindung, und DERS., Brotuff. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 22r (1523 Dezember 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 4r (1521 Januar 24).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Lehrer, noch einige Zeit auf ihre vollständige Entlohnung zu warten.1580 Einmal rechtfertigte sie dies mit den hohen Kosten laufender Bauvorhaben.1581 Dies muss nicht heißen, dass Erziehung und Bildung hinter der Errichtung repräsentativer Bauten zurückstand. Es zeigt sich vielmehr, wie knapp die Mittel waren, über die Margarethe verfügen konnte und wie sehr sie mit dem Geld rechnen musste, um für sich und ihre Söhne einen fürstlichen Lebensstil aufrechtzuerhalten. Wie hoch der Jahrsold der anhaltischen Prinzenerzieher war, lässt sich nicht genau bestimmen, da keine Hofrechnungen erhalten sind. Weihnachten 1520 erhielt der Magister Helt jedoch ein Geldgeschenk in Höhe von zwei Gulden, der Kaplan einen und der Baccalaureus einen halben Gulden.1582 Zum Ende des Jahres 1523 bekamen der Magister 15 und der Baccalaureus 8 Gulden auf ihren Jahrsold ausbezahlt.1583 Ab 1531 bezog Helt ein lebenslanges Jahresgehalt von 100 Gulden, als Dank für die fleißigen und vielfältigen Dienste, die er Fürst Georg von Jugend an erwiesen habe.1584 Um bei seinem früheren Zögling bleiben zu können, hatte er bis dahin sogar alle geistlichen Ämter ausgeschlagen, die ihm angetragen worden waren.1585 Der Dienstvertrag des Baccalaureus lief jeweils von Ostern zu Ostern. Im März 1523 hatte Margarethe seinen Jahrsold senken wollen, wozu er nicht bereit war, zumal er feststellen musste, dass er im vergangenen Jahr kein Hofkleid bekommen hatte.1586 Während ihres Aufenthalts an der Leipziger Universität standen die beiden anhaltischen Fürstensöhne in Beziehungen zu Herzog Georg von Sachsen. Fürst Georg von Anhalt war jedenfalls gut über die Absichten des Herzogs unterrichtet, als dieser einmal nach Leipzig kam.1587 Auch die Beziehungen zu ihrem ältesten Bruder Johann ließen Georg und Joachim nicht abreißen. Zum Jahreswechsel 1520/1521 besuchten sie ihn in

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 18r (1523 November 16). Noch im Dezember 1523 ließ der Baccalaureus über Fürst Georg nach seinem Geld fragen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 106v (1523 Dezember 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 24r (1524 September 3): Dem bacularien saget, wo er yczund ein wenig gedult mocht haben, wer mir lib, wen ich hab zo vil zw bawen und erbeten im hawß, das ich vil außzwgeben hab. Durch Georg hatte der Baccalaureus Margarethe um die Entrichtung seines Jahrsoldes gebeten. Ebd., Georg III., Nr. 1, Bl. 150v (1524 August 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 22r (1520 Dezember 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 20r (1523 Dezember 4). Georg Helt erhielt noch 1527 einen Jahressold von 15 Gulden, ebd., Nr. 2, Bl. 131r ([1527 Dezember 29], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 566, Bl. 32 (1531 Oktober 22). Siehe Quellenanhang Nr. 26. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 30v (1525 Juni 22). Bacc. Michael Gruber an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 492, Bl. 2 (1523 März 14). Wenig später zog Margarethe in Betracht, Gruber ein anderes Amt zu übertragen. Ebd., Bl. 1 (1523 März 25). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 23r (1520 November 3).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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Berlin.1588 Er selbst kam einige Male zu ihnen nach Leipzig, um mit ihnen zu essen und sie auf dem Kirchgang zu begleiten.1589 In Merseburg nahm er mit ihnen und dem Bischof ein gemeinsames Bad.1590 Von fröhlichen Jugendtagen der drei Brüder zeugen außerdem ihre Namenszüge, die sie 1522 gemeinsam in zwei lateinische Schulbücher eintrugen.1591 1520 war Johann in Begleitung seines jungen Herrn, des Markgrafen von Brandenburg, nach Leipzig gekommen, der sich gegenüber den anhaltischen Brüdern freundlich zeigte und mit ihnen Karten spielte.1592 Nach Absicht des Bischofs von Merseburg sollten Georg und Joachim ihren Studienaufenthalt in Leipzig bereits im Frühjahr 1524 beenden, doch auf die Fürsprache des Magisters Helt konnten sie noch das Sommersemester dort verbringen.1593 Bevor Georg dann in Merseburg zum Priester geweiht werden sollte, nahmen beide schließlich im September des Jahres ihren standesgemäßen Abschied von Leipzig, indem sie einen geselligen Abend ausrichteten.1594 Joachim meinte kurz vor der Rückkehr aus Leipzig, er sei im Alter schneller vorangeschritten als im Können, in Tugend und in Frömmigkeit, weshalb er hoffte, dass er künftig mit göttlicher Hilfe an Bildung und Alter gleichermaßen zunehmen werde.1595 Unter der Aufsicht des Baccalaureus Gruber setzte er seine Studien in Dessau fort.1596 Zum Jahreswechsel 1524/1525 schrieb er an seinen Bruder Georg zwei Briefe in lateinischer Sprache, in denen er von seinem Tagesablauf berichtete: Bereits vor dem Frühstück hatte er sich mit dem Matthäusevangelium beschäftigt, danach mit Briefen des Terenz.1597 Es schien, als ob er auch in Dessau seine gelehrten Studien fortsetzen würde, doch schon die nächsten Briefe an seinen Bruder

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 4 (1521 Januar 24). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 14r (1521): Ich geb e. f. g. forder zu erkennen, das mein liber her und bruder furst Joannes bei uns alhie zw Leipzig gewest ist und ser frolich gewest unnd hat wol dreimal mit uns gessen und hat auch am montag mit uns die kirchen besucht. Belegen lässt sich auch ein Besuch im Dezember 1523. Ebd., Bl. 20r (1523 Dezember 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 5r (1521 Juni 24). HAEBLER, Bibliophilen, S. 16, 62 und 73. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 29r (1520 Januar 28). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 137r (1524 April 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 4, Bl. 23r (1524 September 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 79r (1524 August 19). Im September ließ Fürstin Margarethe Joachims Ausrüstung und den Baccalaureus nach Dessau holen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 14r (1524 September 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 4 (1524 Dezember 9) und Bl. 20r (1525 Januar 8). Siehe Quellenanhang Nr. 19 mit Abb. 24.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

schrieb er nicht mehr lateinisch.1598 Der Baccalaureus, der seine lateinischen Briefe durchgesehen haben wird, findet ab dem Frühjahr 1525 keine Erwähnung mehr und dürfte demnach fortgezogen sein. Mit Büchern beschäftigte sich Joachim aber weiterhin. Von seinem Bruder Georg, der wieder in Merseburg weilte, erhielt er einige Schriften zugeschickt.1599 Er selbst verlieh ein neues Buch mit Bildnissen der römischen Kaiser, das er nach Gebrauch sofort zurückhaben wollte, weil er es dringend benötigte.1600 Einmal erkundigte er sich, wo er einen Spruch des Augustinus finden könne.1601 Einen Teil seiner Zeit verbrachte Joachim außerdem mit Musikunterricht. Anfang 1525 hatte seine Mutter den Organisten von Zerbst als Hoflehrer angestellt.1602 Nur wenige Tage später schickte ihm sein Bruder Noten.1603 Dies sind nicht einmal die frühesten Hinweise darauf, dass Joachim musizieren lernte. Bereits 1519, in Bernburg, hatte er seine Mutter um ein Musikinstrument gebeten.1604 Fürst Joachim setzte nach seiner Rückkehr aus Leipzig zwar den gelehrten Unterricht fort, doch im Grunde befand er sich wieder in Wartestellung für die Erziehung an einem fremden Fürstenhof. Im Februar 1525 vereinbarte Margarethe mit ihrem jüngsten Bruder Herzog Karl von Münsterberg (1476–1536), Joachim nach dem Osterfest an dessen Hof zu schicken.1605 Der Herzog plante, mit seinem Neffen in Bautzen zusammentreffen, sobald er seinen Verpflichtungen in Böhmen nachgekommen war,1606 und überließ es Margarethe, wie viele Diener sie ihrem Sohn mitgeben wollte. Kurz zuvor hatte sich Bischof Adolf von Merseburg bei Fürst Georg erkundigt, ob Joachim noch immer bei seiner Mutter sei, wann er nach Schlesien gehen würde und ob er bereits reiten lerne.1607 Noch immer nahm der Bischof also Anteil an Joachims Ausbildung, in der nun größerer Wert auf ritterliche Übungen gelegt werden musste. Für die bevorstehende Reise nach Schlesien empfahl er den Sohn seines Getreuen Friedrich von Burckersroda als Begleiter, der aus altem thüringischen Adel stammte,1608 den er selbst erzogen hatte und bei dem er sicher war, dass er sich in Joachims Gefolge ehrenhaft und dienstbereit verhal1598 1599 1600 1601 1602 1603 1604 1605 1606

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 17r ([1525 Februar 15], Beizettel) und Bl. 24r (1525 Oktober 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 18r (1525 Februar 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1 [!], Bl. 82r (1525). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 20r (1525 März 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 18r (1525 Februar 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 72r (1525 Februar 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 3r [1519]. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 32r f. (1525 Februar 20). Herzog Karl von Münsterberg war ab 1523 Oberhauptmann in Böhmen. Als solcher musste er zweimal im Jahr in Prag Gericht halten. Seit 1515 war er Rat und Vertrauensmann des Königs Vladislav II. gewesen, der ihn 1516 testamentarisch zu einem der Vormünder des jungen Königs Ludwig bestimmte, von dem er 1519 die oberste Landvogtei in der Lausitz übertragen bekam. SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 138–141. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 8r (1525 Januar 11). Vgl. KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 1, S. 589–591; HUECK, Adelslexikon, Bd. 2, S. 189.

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

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ten würde.1609 Auch der Marschall des Hochstifts Merseburg empfahl Margarethe einen Knecht für ihren Sohn, den er dann allerdings nicht entbehren konnte.1610 Zusammen mit Wolf von Burckersroda machte sich schließlich ein Knecht namens Alban auf den Weg zu Joachim.1611 Es ergibt sich also folgendes Bild: Nach seiner akademischen Ausbildung übte sich der knapp sechzehnjährige Joachim zunehmend in ritterlichen Künsten, um dann an den Hof eines Verwandten zu gehen. Seine Begleiter wurden von seiner Mutter in Absprache mit dem Bischof von Merseburg ausgewählt, der sich bei Joachims Bruder Georg mehrfach nach dem Stand der Dinge erkundigte.1612 Die vereinbarte Zusammenkunft in Bautzen wurde allerdings zunächst bis Pfingsten verschoben, da Herzog Karls Anwesenheit in Böhmen noch länger erforderlich war. Der Herzog äußerte sein Bedauern, dass er den Neffen nicht mit zur großen Versammlung nach Ofen an der Donau nehmen konnte.1613 Offenbar hatte er die Absicht gehabt, Joachim in politische Verhandlungen einzuführen. Durch Dienstverpflichtung und Krankheit verhindert, konnte Karl von Münsterberg aber auch im Herbst noch nicht nach Bautzen kommen, weswegen er Margarethe fragte, ob sie Joachim nicht zu ihm nach Prag schicken wolle.1614 Ende Oktober 1525 teilte er ihr dann mit, es sei besser, weiter abzuwarten, da in der Gegend um Pilsen ein Aufstand ausgebrochen sei und er seinen Neffen nicht schon zu Beginn des Aufenthalts in Lebensgefahr bringen wollte. Nach der Niederschlagung des Aufstands werde er Joachim aber gerne bei sich haben und zum König mitnehmen.1615 Wenige Monate später gab er noch immer an, den sechzehnjährigen Fürsten von Anhalt seiner Jugend wegen schonen zu wollen.1616 Ging es bei diesem Hinhalten tatsächlich darum, Joachim aus Kämpfen herauszuhalten oder sollte er vor schlechtem Einfluss bewahrt werden? Karls König, Ludwig II. von Ungarn und Böhmen (1506–1526), das sei hier nur erwähnt, war nur vier Jahre älter als Joachim und bereits im Kindesalter und zu Lebzeiten seines Vaters zu dessen Nachfolger bestimmt worden. Als Vormund und Hofmeister diente ihm seit 1516 der fränkische 1609 1610 1611 1612 1613 1614 1615 1616

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6, Bl. 105r (1525 Februar 23); vgl. ebd.: Georg III., Nr. 2, Bl. 15r ([1525 März 22], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 14v (1525 März 22), Bl. 19r (1525 April 2) und Bl. 18r (1525 April 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 22r (1525 April 21) und Bl. 20r (1525 April 26). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 24r (1525 Juni 24). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 35r f. (1525 April 28); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 132. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 40r (1525 September 1); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 133. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 41r f. (1525 Oktober 26); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 141. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 45r (1526 Februar 19); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 142.

256

IV. Höfische Erziehung um 1500

Markgraf Georg von Brandenburg (1484–1543), der ab 1525 in zweiter Ehe mit Karls Tochter Hedwig (gest. 1531) verheiratet war.1617 Ludwig, der auch mit dem Beinamen „der Unreife“ bekannt ist, starb im August 1526 nach der Niederlage gegen die Türken bei Mohàcs.1618 Für sein Scheitern als Herrscher und seinen lasterhaften Lebenswandel machten die Ungarn vor allem den Markgrafen Georg verantwortlich, dem vorgeworfen wurde, selbst eine mangelhafte geistige Bildung und wenig Sinn für ernsthafte Studien gehabt zu haben.1619 Im Hinblick auf Joachim von Anhalt muss hier festgehalten werden, dass dieser bei seinem Onkel seine höfische Erziehung vervollkommnen, nicht aber sein Leben im Kampf riskieren sollte. Im Frühjahr 1526 hatte Karl seiner Schwester nochmals versichert, ihren jüngsten Sohn zu sich zu nehmen, sobald er aus dem Türkenkrieg zurückgekehrt sei.1620 Seine Amtspflichten und seine körperliche Verfassung hinderten ihn jedoch auch diesmal daran. Anfang 1527 zeigte er sich noch immer gewillt, den Neffen an seinen Hof zu holen, und als er im Mai der meisten seiner Ämter entledigt war, glaubte er endlich die nötige Ruhe dazu finden zu können.1621 An seinem Hof in Oels scharte er damals seine Kinder und Enkelkinder um sich, während sein Sohn Johann (1509–1556) dem neuen König von Ungarn diente.1622 Später war der Herzog jedoch wiederum mit böhmischen Angelegenheiten beschäftigt,1623 so dass aus dem Erziehungsaufenthalt seines Neffen letztlich nichts wurde. Was hätte Joachim von Anhalt in Schlesien lernen können? Über den Bildungshintergrund seines Onkels, der als gerechter und gütiger Fürst gelobt wird, gibt es keine verlässlichen Nachrichten. Recht früh war er mit einer Tochter des Herzogs Johann II. von Sagan und Großglogau (1435–1504) verheiratet worden. Nach dem Tod seiner beiden Brüder, mit denen er ab 1498 gemeinsam regiert hatte, übernahm Karl 1511 die alleinige Herrschaft und förderte den Ausbau seiner Residenzstadt Frankenstein. 1524 begann er den Bau eines gewaltigen Schlosses, wofür er sich auch einen Baumeister 1617 1618

1619 1620

1621 1622

1623

SEYBOTH, Reichspolitik, S. 39 f.; DERS., Georg der Fromme, S. 46 f. Herzog Karl von Münsterberg erstattete seiner Schwester darüber ausführlichen Bericht. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 47–53 (1526 September 28 und Oktober 1). Vgl. SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 143. Siehe dazu NEUSTADT, Markgraf Georg; CUERS, Politik; WERTNER, Markgraf Georg; SEYBOTH, Markgrafentümer, S. 397–399; DERS., Markgraf Georg, S. 46 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 61r ([1526 April 4], Beizettel): Ich wil e. l. auch nicht bergen, das ich hawt dato von meynem hern bruder schrift aberkommen, das sein lib den ersten mantag in der fasten zw Ofen got lap gesunt gewest ist und noch in meinung ist, wen er van Ungern kommen wirt, ewern bruder zw sich zw nemmen. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 56v (1527 Februar 17) und Bl. 58r f. (1527 Mai 3); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 144 f. und 160 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 66v (1528 Oktober 29); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 152 f. Fürst Joachim erhielt davon erst Nachricht, als er bereits in Dresden weilte, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III. [!], Nr. 6, Bl. 35r (1529 Juni 19). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 75r (1529 Juli 14).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

257

von seiner Schwester Margarethe auslieh.1624 Als Erzieher seines ältesten Sohnes Joachim (1503–1562), der 1545 evangelischer Bischof von Brandenburg wurde, bestellte er 1514 den Humanisten Johann Heß (1490–1547),1625 der ihm durch den Breslauer Bischof Johannes Thurzó (1466–1520) empfohlen worden war.1626 Heß begleitete Joachim von Münsterberg und dessen Gefährten Jaroslaw von Schellenberg1627 zunächst an den bischöflichen Hof in Neiße und soll ihm auch 1515 und 1516 an die Universität Prag gefolgt sein.1628 Bischof Johannes forderte ihn in einem vertraulichen Brief auf, in Böhmen besonders auf die Sitten des noch halbwüchsigen Herzogs achtzugeben,1629 dessen Weg er aufmerksam verfolgte.1630 Der Breslauer Bischof sorgte also für die Erziehung des Herzogs Joachim von Münsterberg in ähnlicher Weise wie Bischof Adolf von Merseburg für Georg von Anhalt. Johann Heß übernahm bald die Aufgaben eines Hofgelehrten. 1517 war er damit beschäftigt, aus alten Büchern, Briefen, fremden Chroniken und mündlich überlieferten Nachrichten Genealogien der Herzöge von Münsterberg zu erstellen, wozu er sich auch mit Margarethe von Anhalt in Verbindung setzte.1631 Als der Osten des Reiches im Sommer 1516 von der Pest heimgesucht wurde, suchten Heß und seine Schützlinge zunächst Zuflucht am Hof eines namentlich nicht bekannten Grafen und kehrten dann auf das Schloss Oels zurück, mussten von hier aus aber weiter ausweichen, um der Seuche zu entgehen.1632 Da es zu gefährlich schien, den Herzogssohn nach Italien oder Ungarn zu schicken, wurde zwischenzeitlich erwogen, ihn an die Universität Wittenberg zu geben, wo kurze Zeit zuvor die Herzöge Otto 1624 1625

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LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 58v (1527 Mai 3); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 160 f. Der aus Nürnberg stammende Johann Heß hatte die Lateinschule in Zwickau besucht, vom Winter 1505 bis zum Sommer 1510 in Leipzig und danach in Wittenberg studiert. 1511 erwarb er den Magistergrad und wurde 1513 Sekretär des Bischofs von Breslau. Von 1521 bis 1523 wirkte er als Hofprediger in Oels, bevor er als Pfarrer in Breslau die lutherische Reform des Gottesdienstes einleitete. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 471; FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 37; KOLDE, Johann Hess; KÖSTLIN, Johann Heß. BAUCH, Thurzo und Heß, S. 211–213. Jaroslaw von Schellenberg war von 1523 bis 1551 oberster Landeskämmerer in Böhmen, BLAŻEK, Adel, S. 71. KÖSTLIN, Nachträge, S. 413. Bischof Johann von Breslau an Johann Heß, BAUCH, Thurzo und Heß, Beilage Nr. 1, S. 218 (1515 Januar 6): Advertatis, ut dominus dux Joachim sit in hac turba probe moratus et comiter omnia agat. Gladio vestro in pygmaeum nostrum animadvertatis, ne sit discolus, neve nobis astu Boemorum surripiatur. Vgl. die Briefe des Breslauer Bischofs bei BAUCH, Thurzo und Heß, Beilage Nr. 2–6, S. 218–221 (1516 Oktober 1 bis 1517 Oktober 10). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 584, Bl. 1 (1517 August 24). Im Frühjahr 1523 war er unterwegs zu einem Besuch in Dessau, ebd. Bl. 2 (1523 März 10). BAUCH, Thurzo und Heß, S. 213 und Beilage Nr. 2, S. 218 f. (1516 Oktober 1).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

(1495–1549) und Ernst (1497–1546) von Braunschweig und Lüneburg und der Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein (1494–1558) gewesen waren.1633 Das Vorhaben wurde jedoch nicht umgesetzt. Am Hof seines Onkels hätte Joachim von Anhalt in jedem Fall gleichaltrige Gefährten vorgefunden, denn Karl von Münsterberg hatte drei weitere Söhne: Heinrich II. (1507–1548), Johann (1509–1565) und Georg (1512–1553). Mit ihnen hätte der junge Fürst von Anhalt gemeinsam erzogen werden und sich messen können. Die langen Bemühungen um den Aufenthalt Joachims von Anhalt am Hofe seines schlesischen Onkels zeigen, dass es tatsächlich zuerst um höfische Erziehung ging und erst danach um Bewährung im Kampf. Joachim sollte nicht im Krieg gegen böhmische Aufrührer oder türkische Angreifer sein Leben lassen. Dabei waren keineswegs alle fürstlichen Eltern derart besorgt, gerade wenn es um nachgeborene Söhne ging. Markgraf Friedrich V. von Brandenburg (1460–1536) schickte seinen fünften Sohn Johann (1493–1525) im Jahre 1509 an den kaiserlichen Hof mit den Worten: Gehet er zu grund, so muß man es got befelen.1634 Herzog Karl von Münsterberg begrüßte es zuletzt ausdrücklich, dass sein Neffe Joachim an den Hof des Herzogs Georg von Sachsen gegeben wurde, erklärte sich aber noch immer bereit, ihn nach einer bestimmten Zeit an seinen eigenen Hof zu nehmen.1635 Obwohl bis Ostern 1525 nahezu alle Vorbereitungen für Joachims Aufbruch nach Schlesien getroffen waren, hatte der junge Fürst von Anhalt also in Dessau ausharren müssen. Der für ihn als Edelknabe vorgesehene Wolf von Burckersroda übernahm inzwischen Dienste für Margarethe von Anhalt.1636 Ob er Joachim drei Jahre später nach Dresden begleitete, ist nicht nachweisbar. Je länger Joachim nun darauf wartete, an einen fremden Hof zu kommen, um so besorgter zeigte sich sein Bruder Georg, der Jüngste würde das in Merseburg und Leipzig Gelernte vergessen und durch schlechte Gesellschaft und leichtfertige, unzüchtige 1633

1634 1635 1636

Johann Heß an Georg Spalatin, ThürHStA Weimar, EGA, Reg. O 89 (1517 April 13), gedruckt bei MÜLLER, Staats-Cabinet, Zweite Eröffnung, S. 425–432, hier S. 427, und in Auszügen bei KÖSTLIN, Nachträge, S. 413–415, hier S. 414: Conveni duces, diligenterque egi, dum per aetatem et bella Italica vivere, aut Romae, aut Budae apud regem Hungariae propter pestem non liceret, interim Wittenbergae tuto viveremus, quo antea duces Luneb. et phaltzgrav. Rheni non insuaeves egissent dies. Mit dem Schreiben übersandte Heß eine vervollständigte Genealogie des Herzogs Karl von Münsterberg und ließ Grüße an den Humanisten Mutianus Rufus ausrichten. Vgl. BAUCH, Thurzo und Heß, S. 214. Die Herzöge Otto und Ernst von Braunschweig und Lüneburg hatten sich 1511 und Pfalzgraf Wolfgang 1514 in Wittenberg einschreiben lassen. FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 38 und 53. Als Präzeptor des Pfalzgrafen erwähnt Georg Spalatin einen Magister Jakob Simler, KLEEBERG, Spalatins Chronik, S. 16. MINUTOLI, Friedrich, Abschnitt 2, Nr. 42, S. 42. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1115, Bl. 61r f. (1527 Juni 16); SCHIMMELPFENNIG, Herzog Karl, S. 123. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 45r (1525 Oktober 3).

6. An geistlichen Höfen und Universitäten

259

Reden verdorben werden.1637 Daher bat Georg seine Mutter, auf Joachim besonders achtzugeben. Sowohl Joachim als auch Johann sollte sie eine schulmeysteryn sein, damit beide so regieren lernten, dass sie sich dereinst vor Gott verantworten könnten.1638 Da eine Zeit kommen würde, in der es ihm sehr vonnöten sei, sollte sich Joachim weiteres Wissen aneignen und all das behalten, was ihm der Magister Georg Helt beigebracht hatte.1639 Beiden Brüdern warf Georg in jener Zeit wiederholt vor, sie wären schreibfaul.1640 Als ihm zugetragen wurde, dass sie tatsächlich nicht aus Zeitmangel, sondern aus Unlust keine Briefe an ihn schickten, war er sichtlich enttäuscht, besonders von Joachim, der ihm und dem Bischof von Merseburg versprochen hatte, so oft wie möglich Briefe zu senden.1641 Gegen den Vorwurf, er würde sein Versprechen gebrochen haben, brachte Joachim vor, dass er Georg mit seinen „unnützen Briefen“ nicht habe belasten wollen, wo er doch wisse, wie sehr dieser als Dompropst beschäftigt sei.1642 Nachdem Fürst Georg die Magdeburger Dompropstei erlangt hatte, hielt er sich weiterhin im Umfeld seines Gönners, des Bischofs von Merseburg auf, obwohl ihn die Domherren in Magdeburg drängten, zu ihnen zu kommen.1643 Als es Anfang Mai 1525 im Zusammenhang mit der „Erhebung des gemeinen Mannes“ in Thüringen und Sachsen auch in Merseburg zu Unruhen kam, nahm er im Gefolge des Bischofs mit seinen Edelknaben zwischenzeitlich Zuflucht auf dem herzoglichen Schloss in Leipzig.1644 Zwar wusste er, dass er nur in Magdeburg den gebrauch der kirchen, des capitels und haushaldung lernen könne, doch war ihm die Lage in der Stadt zu gefährlich, seit die Reformation dort mit Gewalt eingeführt werden sollte.1645 So bat er die Mutter, die Übersiedlung noch eine Weile aufschieben zu dürfen.1646 Es fiel ihm sichtlich schwer, eine Entscheidung zu treffen, da ihm sowohl sein Offizial Johann Kremer als auch der Bischof von Merseburg nicht raten konnten, wie er sich am besten verhalten sollte.1647 1637

1638 1639 1640 1641 1642 1643 1644

1645 1646 1647

Fürest Georg von Anhalt an seine Mutter Margarethe mit der Bitte, den Brief allein zu lesen und danach zu verbrennen, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 42r f. (1525 September 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 3, Bl. 22r f. (1526 Januar 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 55v f. (1525 November 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 6r ([1525 Januar 1], Beizettel); Bl. 69r (1525 Mai 27); Bl. 74v (1525 Juni 7); Bl. 36v (1525 Juli 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 45r (1525 Oktober 3). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 23r (1525 Oktober 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 61r (1525 März 18). Fürst Georg weilte dort vom 4. Mai bis zum 9. Juni, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 70r (1525 Mai 8) und Bl. 73r (1525 Juni 7). Siehe auch das Ausgabenverzeichnis des Fürsten von 1524/1525, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 41v f., aus dem hervorgeht, dass er all seinen Hausrat und alle seine Bücher mitgenommen hat. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 41r (1525 September 14). Siehe zu den Übergriffen gegen Geistliche in Magdeburg HÜLßE, Reformation. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 43r (1525 September 17, Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 2, Bl. 47r f. (1525 Oktober 21).

260

IV. Höfische Erziehung um 1500

Ab 1528, als in Magdeburg die Pest ausbrach, begann Georg in Leipzig erneut die Rechte zu studieren.1648 Zu dieser Zeit nahm sein älterer Bruder bereits herrschaftliche Aufgaben wahr, während der jüngere Bruder am Hofe des Herzogs Georg von Sachsen weilte. Fürst Georg von Anhalt ging an die Universität, um gelehrte Studien zu betreiben und seine geistliche Laufbahn zu befördern. Bei seinem Bruder Joachim diente der Universitätsaufenthalt lediglich dazu, die Zeit sinnvoll zu überbrücken, bis er an einem Fürstenhof unterkam. Ein wirklich fester Bestandteil der höfischen Erziehung war der Besuch einer Universität damit noch nicht, wie auch die hohenzollerischen und wettinischen Beispiele nahe legen. Dass die gelehrte Bildung um 1500 gleichwohl ihren festen Platz in der Fürstenerziehung hatte, zeigt sich vor allem darin, dass an den großen Höfen kaum mehr ein Prinzenerzieher bestellt wurde, der keinen akademischen Hintergrund hatte. Angesichts der Ungewissheit über Leben und Tod war es angebracht, die höfische Ausbildung der jüngeren Söhne so lange wie möglich sowohl für die geistliche als auch für die weltliche Laufbahn offen zu halten, um Rollenzuweisungen ändern zu können. Geistliche Höfe scheinen dies in besonderer Weise ermöglicht zu haben, denn hier konnten Fürstensöhne leichter gelehrte Bildung erwerben und gleichzeitig am höfischen Leben teilhaben und wenn nötig an eine Universität wechseln. Das Beispiel der jüngeren Söhne der Fürstin Margarethe von Anhalt macht deutlich, dass die Ausbildung und Erziehung von Fürsten in einem Netz von weltlichen und geistlichen Höfen stattfand, aus dem die Universität freilich nicht mehr wegzudenken war. Nur so ließ sich sowohl den äußeren Gefahren und Ungewissheiten als auch den gestiegenen Anforderungen an die Herrschaft begegnen.

7.

Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen (1471–1539)

Der Hof des Herzogs Georg von Sachsen war bestimmt durch den Willen des Fürsten und sollte ein sittliches Vorbild für das gesamte Land sein.1649 Nichts von dem, was in der Hofgesellschaft vor sich ging, soll dem Herzog verborgen geblieben sein, wie seine Schwiegertochter Elisabeth von Hessen (1502–1557) gegenüber dem sächsischen Kur1648

1649

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 5, Bl. 79r (1528 Oktober 3). Fürst Georg wohnte zu dieser Zeit im Haus des Mediziners Dr. Georg Schiltel (um 1470–1545). Siehe auch ebd., Nr. 100, Bl. 135r. Vgl. den Ton der Hofordnung von 1502 bei GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 6, S. 491–496. Siehe zur Datierung dieser Hofordnung ebd. S. 422. Auf dem Dresdner Landtag von 1527 schlugen die Stände dem Herzog vor, an seinem Hof eine Ordnung gegen das Zutrinken zu erlassen, die dann im ganzen Land gültig sein sollte, wenn sie Erfolg gebracht hätte. Ebd., Aktenbeilage Nr. 25, S. 533 f., hier S. 534.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

261

prinzen Johann Friedrich bemerkte.1650 Aus dem Jahre 1510 stammt die erste Nachricht, dass ein junger Fürst zur Erziehung an Georgs Hof kam, nämlich Herzog Georg I. von Pommern (1493–1531), der von seinem Vater Bogislaw X. (1474–1523) persönlich nach Dresden gebracht wurde.1651 Mit ihm kamen als Hofmeister Siegmund Barfuß und als Lehrer Erasmus von Manteuffel (gest. 1544)1652 sowie etliche pommersche Adlige. Drei Jahre lang blieb der junge Pommernfürst unter der Obhut des Herzogs Georg, der als ein hochweiser auctoritätischer herr ihn gantz sittlich, fürstlich und wol erzogen haben soll.1653 Damit ist nicht gesagt, dass die Pommern gemeinsam mit Georgs jungen Söhnen unterrichtet wurden, wenngleich sie sicher Umgang miteinander pflegten. Der Herzog selbst hatte nur zwei männliche Nachkommen, Johann (1498–1537) und Friedrich (1504–1539), die das Kindesalter überlebten, aber dennoch vor ihrem Vater starben. Zudem galt der Jüngere von beiden als geistig schwach. Er wurde eine Zeit lang gemeinsam mit einem jungen Grafen von Schwarzburg erzogen.1654 Sein Bruder Johann soll einige Zeit in den Niederlanden erzogen worden sein, gemeinsam mit dem nachmaligen Kaiser Karl V.,1655 doch scheint sich diese Nachricht auf einen späteren Aufenthalt zu beziehen. Vor 1516 war er durch den Hofschreiber Hieronymus Emser (1478–1527) unterrichtet worden, der für den jugendlichen Herzog jedenfalls lateinische Übungsbriefe verfasste und 1516 zum Druck brachte.1656 Von Herzog Johann ist ferner bekannt, dass sein Hofmeister Innozenz von Starschedel1657 und einer seiner Hofjunker Ernst von Schönburg (1486–1534) waren.1658 Beide begleiteten ihn 1516 1650 1651 1652 1653 1654

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1658

THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 111, S. 203 (1526 November 30): her erfort aldinck, ych kount keint wort im frawen tzemer beigeinen, her erfor es. WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 63. Wedel, Hausbuch, S. 33. WEHRMANN, Erziehung, S. 267, vermutet, dass der Pommernherzog zuvor in Heidelberg erzogen worden war. Ersamus von Manteuffel wurde später Bischof von Cammin. GÖRIGK, Erasmus Manteuffel. Wedel, Hausbuch, S. 33. Dieser bekam bei seinem Abschied im Jahre 1521 ein Samtkleid. Herzog Georg von Sachsen an Georg von Wiedebach, Amtmann und Rentmeister zu Leipzig, SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 28r (1521 Dezember 17); RICHTER, Erziehungswesen, S. 16. STICHART, Galerie, S. 225; BRANDI, Karl V., Bd. 1, S. 42. Emser, Opuscula; RICHTER, Erziehungswesen, S. 14 f. Ablehnend MOSEN, Emser, S. 64. Siehe zu Emser: KAWERAU, Emser; ADB 6, S. 96–99. Innozenz von Starschedel, dessen Familie ihren Stammsitz in Starsiedel bei Lützen hatte, erscheint 1515 als Rat des Herzogs Georg von Sachsen und seit 1517 als Hofmeister. Von 1528 bis 1534 war er Hofmarschall des Herzogs Heinrich von Sachsen. KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 8, S. 603; PLANITZ, Heiratsgeschichte, S. 92 f. Gemeinsam mit Herzog Johann dem Jüngeren weilte Innozenz von Starschedel 1521 in Worms und nahm an dem Turnier teil, das während des Reichstags abgehalten wurde. FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 2, Nr. 33, S. 81. 1495 war er in Bologna eingeschrieben, FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 246: domino Innocencio Tarstedel; KNOD, Index, Nr. 3629, S. 546. Ernst II. von Schönburg wurde 1525 von Herzog Georg zum Rat von Haus aus angenommen, nachdem er ein zeit lang und vil jar unnser hofdiener gewest. Er und sein älterer Bruder Wolf (1482–1529) hatten von 1489 bis 1512 unter der Vormundschaft ihrer Mutter Anna (1458–1525)

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IV. Höfische Erziehung um 1500

zusammen mit anderen sächsischen Räten zur Hochzeit mit Elisabeth von Hessen nach Marburg,1659 wo sich Johann dann einige Zeit aufhielt. Seine Schwiegermutter versicherte Herzog Georg, dass sie Johann wie sich selbst und ihre eigenen Kinder versorgt und behütet sehen wolle.1660 Der Vater erteilte seinem Sohn hingegen die Anweisung, sich nicht ohne sein Wissen in die hessische Politik einzumischen.1661 In diesem Zusammenhang ist auf den Unterschied zur Erziehung des sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich hingewiesen worden, der im selben Alter auf Wunsch seines Onkels, des Kurfürsten, zu Regierungsgeschäften hinzugezogen wurde und auch selbst Entscheidungen treffen durfte.1662 Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass die politischen Verhältnisse in Hessen schwierig und Vater und Sohn voneinander getrennt waren. Georgs Anweisung ist vielleicht mehr ein Ausdruck der politischen Vorsicht als des Misstrauens gegenüber seinem Sohn. Gleichwohl stand Johann in Hessen unter der Aufsicht des Christoph von Taubenheim,1663 der seine Anweisungen aus Dresden erhielt. Taubenheim war es übrigens auch, der im Januar 1533 Absprachen mit Erzbischof Albrecht traf, an dessen Hof Georgs Neffe Moritz erzogen werden sollte.1664 Spätestens 1522 vertrat auch Johann seinen Vater in Regierungsgeschäften,1665 den er bereits zum Reichstag nach Worms gestanden, nachdem ihr Vater Ernst I. (1459–1489) in den Niederlanden gefallen war. Bei der Hochzeit von Georgs Tochter Magdalena mit Markgraf Joachim II. von Brandenburg im November 1524 war Ernst II. Tischsteher an der Brauttafel. SCHÖN, Urkundenbuch, Bd. 5, Nr. 408, S. 319 f. (1525 Februar 5) und Nr. 401, S. 317 (1524 November 6); ECKARDT, Glauchau, S. 77– 87; MÜLLER, Schönburg, S. 314–321 und 351–362. Als Fürst Joachim von Anhalt in Dresden weilte, wurde ihm Ernst II. von Schönburg als Vorbild genannt. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 24r (1528 November 2). 1659 THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 13, S. 30 [1516, Anfang oder Mitte Mai]; Nr. 14, S. 33 [1516, um Mai 21]; Nr. 19, S. 42 (1517 Mai 28); Nr. 25, S. 56 (1517 November 12 und 14) und Nr. 26, S. 72 (1517 November 13); WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 57. 1660 Landgräfin Anna von Hessen an Herzog Georg von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 8497/6, Bl. 103r (1516 Mai 7). 1661 Entwurf der Anweisung des Herzogs Georg für Christoph von Taubenheim, THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 13, S. 31 [1516, Anfang oder Mitte Mai]; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 57. 1662 Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an seinen Bruder Johann, FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 1, Nr. 20, S. 13 (1521 März 25): Darumb ist meyn hochste bitt und rad, e. l. dye sehen selber mit zcu und zchyent den jungen unßeren ßone zcu den hendeln, domit er auch sycht, wyhe eß zcu gehett. Er ist nuhe groß genugck, ßo gyld eß im selber mit. Vgl. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 53; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 57. 1663 Am 25. Juni 1519 schwor Christoph von Taubenheim mit anderen sächsischen Adligen den Eid für die Probation des Karl von Miltitz im Mainzer Domkapitel, HERRMANN, Protokolle, Bd. 3,1, S. 175. 1664 Erzbischof Albrecht von Magdeburg an Herzog Georg von Sachsen, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 2, S. 6 f. (1533 Januar 6). 1665 SCHÖN, Urkundenbuch, Bd. 5, Nr. 343, S. 275 (1522) und Nr. 434, S. 336 bzw. POSERN-KLETT, Urkundenbuch, Nr. 437, S. 317 (1525 Dezember 30); MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 545 (1523 Juli 4 und August 25). Im Jahre 1523 vertrat Johann seinen Vater auf dem sächsischen Landtag in Leipzig. HAUSMANN, Landesversammlungen, Teil 1, S. 72.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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begleitet hatte.1666 In Fragen der höfischen Erziehung war Herzog Georg jedoch durchaus anderer Auffassung als sein Vetter, Kurfürst Friedrich. Dieser äußerte sein Missfallen darüber, dass sein Schwager Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg in Dresden zu einem Kriegsmann geworden war. Als Heinrich noch an seinem Hof geweilt hatte, meinte Friedrich, habe er ihm Folge geleistet, doch nun würde er jeden Rat in den Wind schlagen, um seinen eigenen Willen zu haben.1667 Was die Erziehung seiner eigenen Söhne anging, so hatte Georg in seinem ersten Testament von 1510 lediglich bestimmt, dass jene bis zum achten Lebensjahr von der Mutter umsorgt würden, um dann bis zum Alter von sechzehn Jahren unter der Aufsicht von Zuchtmeistern erzogen und dabei vor allem zum Erlernen der lateinischen Sprache angehalten zu werden.1668 Er selbst zeigte sich streng. Herzog Johann versprach im Jahre 1512 schriftlich, sich so betragen zu wollen, wie es der Vater geboten hatte.1669 Daneben gibt es einen Hinweis darauf, dass in der Erziehung der Fürstensöhne der Umgang mit dem eingesessenen Adel eine wesentliche Rolle spielte. Als die Ritterschaft im November 1516 darüber klagte, ihr Landesherr würde zu viele ausländische Edelleute in seinen Dienst nehmen, erwiderte Georg, er wisse sehr wohl wie treu die einheimischen Ritter seinen Vorfahren gedient hätten, dass sie in seiner Gunst aber erst wieder steigen würden, wenn sie sich bereit fänden, nach alter Gewohnheit ohne Sold Kriegsdienst zu leisten. Dann würde er auch seine Söhne anhalten, den Adel des Landes besonders zu fördern.1670 Als Georgs ältester Sohn nach der Heimführung seiner Gemahlin am väterlichen Hof lebte, erregte er mehr als einmal Aufsehen durch Trunksucht und Jähzorn. Aus den frühen 1520er Jahren ist ein Schreiben enthalten, in dem er sich deswegen gegenüber dem Vater zu rechtfertigen suchte.1671 Er gab zu, dass er gelegentlich berauscht sei, 1666 1667

1668 1669 1670

1671

FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 2, Nr. 33, S. 81 (1521, Turnierbericht). Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an Herzog Georg von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 96r (1519 April 12): E. l. wyl ich aber nicht bergen, das ichs darfor acht, wyhe e. l. meynen schwager geczogen, alls ist er nuhe ffylleicht, dan e. l., dye haben im zcu ainem krieger gemacht, welchs mir doch nyhe lib gewessen, wan e. l., dye wissen, das ich den selbigen krigen treulich widerrathen habe. Dyeweylle meyn schwager in meiner schulle gewessen, hadt er mir warlichen mehrer gefolget dan itzunder. Ich radt was ich wyl, so thuet er was er wyl. Vgl. den Druck bei LANGENN, Sidonie, Nr. 46, S. 122–124. SächsHStA Dresden, OU 9875, Bl. 5 f. (1510 Dezember 19); DISTEL, Erziehung, S. 464; RICHTER, Erziehungswesen, S. 14; ROGGE, Herrschaftsweitergabe, S. 305. Herzog Johann der Jüngere von Sachsen an seinen Vater Georg, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 289r (1512 Dezember 29). Beschwerden der Ritterschaft auf dem Landtag zu Leipzig (1516 November) und Antwort des Herzogs Georg (1516 Dezember 12), zusammengefasst bei GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 9, S. 503–505, hier S. 505. Vgl. zum Folgenden SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 291–294 [1523 Mai], gedruckt bei SEIDEMANN, Schenk, S. 99–101. Siehe auch Freydiger, Vertzeichniß, S. 114, und LANGENN, Carlowitz, S. 33. Siehe Quellenanhang Nr. 18.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

doch sei dies nicht der Grund, dass er seine Hofleute auf den Mund schlüge oder mit harten Worten zurechtweise. Solches geschehe nur, wenn sich diese gegen ihn und seinen Bruder unwillig gezeigt hätten. Aus dem Schreiben geht hervor, dass Johann in die Heirat mit Elisabeth von Hessen gezwungen worden war, um sich zu mäßigen. Bald hatte es jedoch Spannungen mit dem Frauenhofmeister Johann von Schönberg gegeben, weil dieser versuchte ihn zurechtzuweisen, woraufhin der Herzogssohn anscheinend seine Wut an dem Hofjunker Ernst von Schönberg ausließ. Gegenüber dem Vater gab er sich dennoch als gehorsamer Sohn, der mehr Vertrauen verdiene als die Höflinge. Sein umständlich abgefasstes Entschuldigungsschreiben belegt, dass Herzog Georg seinen ältesten Sohn für sein Verhalten hart zur Rechenschaft zog. Die Ursache für Johanns Verhalten dürfte in seiner Unzufriedenheit darüber zu suchen sein, dass er am Hofe des Vaters in seinen Möglichkeiten beschränkt blieb, vor allem wenn es darum ging zu gebieten und herrschaftlich aufzutreten. Der Hof war ganz auf Herzog Georg ausgerichtet, und so forderte dieser auch von der jungen Gemahlin seines Sohnes, Elisabeth von Hessen, sich in die höfische Ordnung einzufügen. Die Ehe war bereits im März 1505 mit dem hessischen Landgrafen verabredet, aber erst im Mai 1516 in Marburg vollzogen worden.1672 Seit Ende des Jahres 1517 lebte Elisabeth dann am Dresdner Hof, kehrte aber im April 1518 noch einmal zu ihrer Mutter, der verwitweten Landgräfin Anna von Hessen, zurück. Begleitet wurde sie dorthin von vier sächsischen Räten, vier Adligen, vier Jungfrauen, zwei Edelknaben und einem Diener.1673 Durch seine Räte ließ Georg der Landgrafenwitwe ausrichten, dass deren sechzehnjährige Tochter zwar eine tugendhafte Fürstin sei, aber noch immer der Unterweisung bedürfe. Außerdem wünschte er, dass die Landgräfin nicht ständig mit ihrer Tochter unterwegs sein und Elisabeth bald wieder nach Dresden zurückkehren würde.1674 Sah Georg bloß Versäumnisse bei der Erziehung seiner Schwiegertochter oder äußerte sich hier eine Abneigung gegen Elisabeths Wesen?1675 Zunächst herrschte zwischen der Landgrafentochter und ihrem Schwiegervater ein durchaus herzlicher Ton.1676 Erst später zeigte sich Georg über Elisabeths Eigenwilligkeit besorgt, vor allem darüber, dass sie gelegentlich fluchte.1677 Deshalb bat er seine Gemahlin oder seinen Sohn Johann, sich auf keinen Streit mit Elisabeth einzulassen, sondern der Hofmeisterin

1672 1673 1674 1675 1676 1677

PLANITZ, Heiratsgeschichte, S. 80–83, WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 49. THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 28, S. 78 [1518 April 18] und Nr. 30, S. 88 [1518, kurz nach April 26]; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 61. THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 29, S. 79–86 (1518 April 18); PLANITZ, Heiratsgeschichte, S. 92; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 61. Eine sofortige Feindschaft zwischen Herzog Georg und seiner Schwiegertochter sah FUCKEL, Herzogin Elisabeth, S. 13. THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 27, S. 76 f. [1517/1518]; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 64. SächsHStA Dresden, Loc. 10548/3, Bl. 7 (1533 Februar 7); WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 64.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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zu übermitteln, was sie beide an ihr störte.1678 Bei alledem dürfte die schlechte Meinung eine Rolle gespielt haben, die bei den Wettinern über Elisabeths Mutter herrschte. Spalatin nannte sie „eine Frau von unvergleichlicher Hochmütigkeit und Frechheit“.1679 Elisabeths Kindheit und frühe Jugend hatten sehr unter dem Eindruck der Auseinandersetzungen zwischen landesherrlicher und ständischer Macht in Hessen gestanden. Nachdem ihr Vater im Juli 1509 gestorben war, standen sie und ihr Bruder Philipp unter der gemeinsamen Vormundschaft der Wettiner, waren aber großen Anfeindungen durch die hessischen Stände ausgesetzt, die ihnen und ihrer Mutter nur eine spärliche Ausstattung bewilligten.1680 Bei der Wahl des Vormundschaftsrats hatten sich die Ständevertreter sogar gegen den letzten Willen des alten Landgrafen entschieden, um Einfluss auf den jungen Fürsten ausüben zu können.1681 Unterstützt durch die Ernestiner setzten die vom Landhofmeister Ludwig von Boyneburg (1466–1537)1682 geführten Stände durch, dass Philipp von Mutter und Schwester getrennt in Kassel erzogen wurde. Die sächsischen Fürsten behielten die Entwicklung des jungen Landgrafen aber dennoch fest im Auge. 1515 machte der Bruder des Kurfürsten dem Prinzenerzieher zu seiner ersten Messfeier jedenfalls ein Geldgeschenk.1683 Ludwig von Boyneburg, der Wortführer ständischer Interessen, war von seinem zehnten Lebensjahr an gemeinsam mit dem Landgrafen Wilhelm erzogen worden.1684 Dieser wuchs nach dem frühen Tod seines Vaters unter der Aufsicht seiner Mutter Mechthild (gest. 1495) auf, die ihn 1479 an den Hof ihres Bruders Eberhard von Württemberg (1445–1496) schickte.1685 Für Wilhelms Sohn Philipp stand der Aufenthalt an einem fremden Fürstenhof unter den gegebenen Umständen außer Frage. Dennoch war 1678 1679

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SächsHStA Dresden, Loc. 10548/3, Bl. 33 (1533 Februar 9); WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 64, Anm. 6. KLEEBERG, Spalatins Chronik, S. 23 (zum Jahre 1519): Mulier incomparabilis et arrogantiae et audaciae. Bereits S. 18 (zum Jahre 1518) nennt Spalatin die Landgrafenwitwe superba et stulta mater, weil sie die Vormundschaft für ihren Sohn Philipp an sich reißen wollte. Siehe die Verträge zwischen den Ständen und der Landgrafenwitwe Anna. GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, Nr. 17, S. 80 (1510 Juli 24) und Nr. 29, S. 115 (1510 Juli 24). Siehe auch DERS., Anna von Hessen; SCHENK ZU SCHWEINSBERG, Jugendzeit; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 51. Nach einem kaiserlichen Schiedspruch sollten die Regenten der Landgrafenwitwe 1512 noch 800 Gulden dafür bezahlen, dass sie ihre Tochter Elisabeth bisher erzogen und unterhalten hatte. Ein Teil der Summe sollte für deren Mitgift verwendet werden. Lauze, Hessische Chronik, Teil 2, Bd. 1, S. 2. Das Testament ist gedruckt bei GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, S. 2–13 (1508 Januar 29). GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 3, S. 29 f. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 46; BUCHWALD, Frömmigkeit, S. 92, nach ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4256, Bl. 41r. Schulmeister des jungen Landgrafen war seit 1514 Heiderich Grebe, der sich 1525–1527 als Pastor in Kirchberg an der Lahn finden lässt. KOLBE, Reformation, S. 48; GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 2, S. 32, Anm. 2. GLAGAU, Anna von Hessen, S. 18. ADB 43, S. 28; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 47.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

für seine Ausbildung gesorgt. Im Jahre 1513, als er neun Jahre alt war, befanden sich in seiner Umgebung vierzehn Knaben, ein Schulmeister, ein Kaplan, eine Hofmeisterin und ein Narr.1686 Die Aufsicht über seine Erziehung führte seit 1514 der Prinzenhofmeister Eberhard von Heusenstamm, der 1519 durch Jost von Draxdorf (gest. 1528) abgelöst wurde, nachdem Philipp bereits zur Regierung gelangt war.1687 Die Gewohnheiten höfischer Erziehung wurden hier unabhängig von einem starken Fürsten befolgt. Da die Zahl der Edelknaben aber recht hoch war und sich unter ihnen ein Verwandter des Landhofmeisters befand,1688 kann als sicher gelten, dass der Landgrafensohn ganz im Sinne der Stände erzogen werden sollte. Wohl deshalb gab es ernsthafte Befürchtungen, die Wettiner könnten den jungen Philipp entführen und somit dem Einfluss des hessischen Adels entziehen.1689 Erst nachdem der Landhofmeister entmachtet und die Landgrafenwitwe 1514 als Regentin eingesetzt war,1690 durfte Philipp zurück zu seiner Mutter. Seine Schwester Elisabeth lebte seit Anfang 1518 zwar dauerhaft am Hof ihres Schwiegervaters, stand jedoch mit Philipp in regem Briefwechsel, was auf ein durchaus vertrautes Verhältnis zwischen beiden Geschwistern schließen lässt.1691 Obwohl die Landgrafenwitwe erreicht hatte, dass Philipp im März 1518, im Alter von dreizehn Jahren, durch den Kaiser mündig gesprochen worden war,1692 ermahnte ihn Elisabeth, der Mutter weiterhin zu gehorchen.1693 Mit dem eigenmächtigen Handeln der hessischen Ritterschaft, der Fehde des Franz von Sickingen, war er ohnehin derart überfordert, dass er, auf seine Jugend und Unerfahrenheit verweisend, Rat und Hilfe bei den Ernestinern suchte.1694 Die Hoff1686 1687

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Ein Hofmeister sollte ausdrücklich noch bestellt werden. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 84 und 86 (Hessische Hofordnung von 1513); GUNDLACH, Zentralbehörden, Nr. 26, S. 33 f. GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, S. 344; GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 1, S. 162 f. und Bd. 3, S. 50 und 103. Jost von Draxdorf versah seinen Dienst als Prinzenhofmeister wahrscheinlich bis zum Ende des Jahres 1521. Diesem Johann von Boyneburg war ebenfalls ein Knabe zugeordnet. KERN, Hofordnungen, Bd. 2, S. 84; GUNDLACH, Zentralbehörden, Bd. 2, Nr. 26, S. 32 f. Lauze, Hessische Chronik, Teil 2, Bd. 1, S. 15 (zum Jahre 1516). Vgl. die Verhandlungsakten bei GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 52. Das erste erhaltene Schreiben stammt vom 10. August 1519. THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 45, S. 110–114. Siehe zum umfangreichen Briefwechsel der hessischen Landgrafentochter: WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 17–45, und die Einleitung bei THIEME, Korrespondenz, Bd. 1. KÜCH, Politisches Archiv, Bd. 1, Nr. 1, S. 3; GLAGAU, Anna von Hessen, S. 171. THIEME, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 46, S. 115 (1519 November 11); WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 65. ThürHStA Weimar, Reg. Cp 283, Nr. 4 (1518 Oktober); GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, Nr. 213, S. 524, Anm. 1: So wern wir ein junger furst und konten di sach nach unser notturft nit bedenken, sunder wir wolten unsern hern und freunt rat darinnen halten, die uns mit erbverbruderung und einung dermas verwant sein, das sie uns ze raten schuldig wern, wir sie auch billich umb rat fragen, dan uns stund auf diser sachen unser ehr und gut. Siehe auch HEINEMEYER, Weg.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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nungen der einfachen Leute und des niederen Adels ruhten freilich allein auf ihm, dem jungen Landgrafen, während die Regentin und ihre Räte verachtet wurden, wie das Klagelied eines „hessischen Knechts“ aus dem Jahre 1519 nahe legt. Aus diesem klingt das Bedauern darüber hervor, dass der Fürst noch zu jung zum Regieren ist, weswegen zu befürchten sei, er könne durch falschen Rat verdorben werden. Deshalb wird ihm geraten, auf den Adel und die Ritterschaft zu vertrauen, niemanden zu verachten, sich vor Übermut zu hüten, Frieden und Recht im Lande zu wahren und fremdes Eigentum zu schützen.1695 Die Sehnsucht nach einem gerechten Herrscher spricht aus diesem Lied in gleichem Maße wie der Wunsch der Stände, zum Wohl des Landes auf die Erziehung des künftigen Fürsten Einfluss zu gewinnen. Was nun die Schwester des Landgrafen und Schwiegertochter Georgs von Sachsen betraf, so hatte Georg offenbar den Wunsch nach einer Vervollkommnung bzw. Anpassung ihrer Erziehung. Spannungen schien es zunächst nur zwischen Elisabeth und ihrer Schwiegermutter zu geben. Zu Verstimmungen mit Georg kam es erst aufgrund der unterschiedlichen Haltung zur Lehre Luthers, wobei Elisabeths Gemahl in dieser Frage hin- und hergerissen blieb, zwischen der Bindung an sie und dem Gehorsam gegenüber dem Vater.1696 Nachdem Georgs Gemahlin Barbara gestorben war, kam es trotz gegensätzlicher Auffassungen in Glaubensfragen zu einem gewissen Ausgleich zwischen Georg und Elisabeth,1697 auch wenn letztere weiterhin das argwöhnische Wesen ihres Schwiegervaters beklagte.1698 Nachdem Elisabeth von Hessen 1537 früh verwitwet war, trat auch sie in bekannter Weise als Erzieherin innerhalb ihres Verwandtenkreises hervor. Als ihre kleine Nichte Barbara von Hessen (1536–1597) im Sommer 1540 bei ihr weilte, verfolgte sie deren körperliche und geistige Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit.1699 In Kassel beaufsichtigte sie später die Kinder ihrer Schwägerin.1700 Ein besonders inniges Verhältnis muss sie zu Moritz von Sachsen gehabt haben, wie ihr Bruder Philipp beobachtete.1701 Aufgrund ihrer eigenen Kinderlosigkeit fühlte sie sich vermutlich für Moritz verantwortlich, als sich dieser am Dresdner Hof aufhielt.1702 Noch zu Lebzeiten seiner eigenen Söhne nahm Herzog Georg von Sachsen großen Anteil an der Erziehung der Söhne seines Bruders Heinrich: Severin, Moritz und 1695 1696 1697 1698 1699 1700 1701 1702

GLAGAU, Hessische Landtagsakten, Bd. 1, Nr. 227a, S. 571–574, bes. S. 527 f. WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 110, hebt hervor, dass der Johann anerzogene Gehorsam gegenüber dem Vater nicht so weit ging, dass er sich seiner Gemahlin entfremden ließ. Herzogin Elisabeth von Sachsen, geb. von Hessen, an ihren Bruder Philipp (1537 März 9), WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 137 f. KÜCH, Politisches Archiv, Bd. 1, Nr. 75, S. 60 (1539 Februar). KÜCH, Politisches Archiv, Bd. 1, Nr. 17, S. 12 (1540 Juni). KÜCH, Politisches Archiv, Bd. 1, Nr. 17, S. 12 (1548). Landgraf Philipp von Hessen an die Hofmeisterin Anna von der Sale (1540 Januar 12, Entwurf): Herzog Moritz verschweiget unser schwester nichts. WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 138. BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 54; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 138.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

August. Die frühe Kindheit verbrachten diese am Hofe des Vaters im sächsischen Freiberg, einer kleineren Residenz, die wohl kaum ausreichende Gelegenheiten bot, die Lebenswelt, die Umgangsformen und die Pracht eines Fürsten im Reich kennen zu lernen, selbst wenn dort im Rahmen der Möglichkeiten durchaus prunkvoll Hof gehalten wurde.1703 Nach der Einschätzung des vertrauten Sekretärs Bernhard Freydiger soll es am Freiberger Hof stets leutseliger und fröhlicher zugegangen sein als in Dresden.1704 Von Herzog Heinrich heißt es, er sei äußerst abgeneigt gegenüber dem Schreiben gewesen.1705 Die „ausgezeichnete Geistesbefähigung“ seiner Söhne erregte daher Verwunderung oder wurde als Erbteil der Mutter, Katharina von Mecklenburg (1487–1561), angesehen.1706 Doch obwohl Herzog Heinrich im Hinblick auf seine Unlust zu schreiben geradewegs als ein Herrscher vom alten Schlag erscheinen muss, sorgte auch er für eine gelehrte Bildung seiner Söhne.1707 Moritz und Severin hatten in Freiberg einen Hofmeister, einen Zuchtmeister und einen Kämmerer.1708 Namentlich bekannt ist der Zuchtmeister Balthasar Risch, der außer Kost und Hofkleidung 50 Gulden im Jahr erhielt, also halb soviel Jahrsold wie jeweils Kanzler und Hofmeister.1709 In Freiberg lernten Moritz und Severin Lesen, Schreiben, Rechnen und vielleicht auch Musizieren.1710 Die ritterliche Ausbildung kam dabei keineswegs zu kurz, denn es wird überliefert, dass beide Knaben gegeneinander fechten mussten, wenn ihr Onkel Georg in Freiberg zu Besuch war. Da sich Severin hierbei geschickter zeigte als sein Bruder, herrschte bei Hofe die Meinung, er werde bestimmt ein tüchtiger Feldherr werden.1711 Ab 1533 wurden beide Fürstensöhne an fremden Höfen erzogen: Moritz am Hofe seines Taufpaten, des Erzbischofs Albrecht, in Halle, davor und danach am Hof seines Onkels in Dresden und zuletzt am kursächsischen Hof in Torgau. Severin wurde an den Hof des Königs Ferdinand I. nach Innsbruck geschickt. Ihr jüngster Bruder August 1703

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1710 1711

HINGST, Hofhaltung, S. 887 f.; THIEME, Ämter. Herzog Heinrich hatte die Ämter und Schlösser Freiberg und Wolkenstein 1505, nachdem er als Statthalter in Friesland gescheitert war, von seinem Bruder als eigenes Herrschaftsgebiet zugestanden bekommen. Freydiger, Vertzeichniß, S. 136; SCHIRMER, Herzog Heinrich, S. 30. Freydiger, Vertzeichniß, S. 121; DISTEL, Schreiben, S. 108 f. Siehe zu Herzog Heinrich von Sachsen allgemein: BRANDENBURG, Herzog Heinrich; SCHIRMER, Herzog Heinrich. WEBER, Lebensgeschichte, S. 1; EBELING, Kurfürst August, S. 6 f. und 16–18. Siehe zu ihrer Lebensgeschichte: BRÄUER, Katharina. FIETZ, Prinzenerziehung, S. 4; IßLEIB, Jugend, S. 275. Siehe auch EBELING, Kurfürst August, S. 25, der S. 16 noch behauptet hatte: „Er [Severin] ist das einzige Kind, um dessen Erziehung er [Heinrich] sich unausgesetzt und lebhaft kümmerte, obgleich er nichts von Erziehung verstand.“ HINGST, Hofhaltung, S. 889; LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 55. SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 40v: l fl. hern Baltzarn Ryschen, der jungen hern zuchtmeister, alle quarttall den virden thaill, macht xiij fl.; LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 52; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 4; IßLEIB, Jugend, S. 275; RICHTER, Erziehungswesen, S. 19. Auf jeden Fall gab es bei Hofe einen Organisten, Matthias Weller mit Namen. SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 40v (1530). Freydiger, Vertzeichniß, S. 140; IßLEIB, Jugend, S. 275; RICHTER, Erziehungswesen, S. 19.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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(geb. 1526) blieb zunächst in Freiberg, wo der Vater nacheinander mehrere Hoflehrer für ihn anstellte.1712 Der Bedeutendste unter ihnen war der spätere Freiberger Schulrektor Johannes Rivius der Ältere (1500–1553), der den jungen Fürsten 1540 als Zuchtmeister zum Studium nach Leipzig begleitete,1713 wobei weder Herzog August noch sein Gefährte Graf Johann von Mansfeld an der Universität eingeschrieben waren. Beide lebten und lernten vorwiegend auf der Pleißenburg. Die Oberaufsicht über die höfische Erziehung der drei Söhne des Herzogs Heinrich führte ihr Onkel Georg, der auch einen Großteil der Kosten trug.1714 Von den Kindern, die Georg mit seiner Frau Barbara gezeugt hatte, überlebten nur drei: Christine, Johann und der geistesschwache Friedrich. Im Interesse des Fortbestandes des albertinischen Fürstenhauses war Georg daher gezwungen, sich frühzeitig um die Erziehung seiner Neffen zu kümmern.1715 Nicht zuletzt wollte er sie vor dem Einfluss der lutherischen Lehre schützen, zu der sich ihre Mutter seit 1525 bekannte und der sein Bruder mehr und mehr zuneigte. Wohl aus diesem Grund wurde Moritz an den Hof des Erzbischofs Albrecht gegeben, der sich von Georg versichern ließ, dass unter den Begleitern des jungen Herzogs niemand lutherisch war.1716 Als Moritz später an den Hof seines ernestinischen Vetters ging, soll dies bei Georg einigen Groll verursacht haben.1717 Über die Reihenfolge der Aufenthalte, die keineswegs unerheblich ist, gibt es bei den älteren Geschichtsschreibern allerdings abweichende Aussagen. Laut Spalatin war Moritz zuerst in Halle, danach in Dresden und später in Torgau,1718 wechselte also von dem angeblich verschwenderischen Hof des Magdeburger Erzbischofs an den streng katholi1712

1530 stand August noch unter der Aufsicht der Frauenhofmeisterin Esther von Taubenheim. SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 39r. FLEMMING, Lehrer, konnte folgende Personen feststellen, die vor 1540 am Freiberger Hof als Erzieher des Herzogs August bestallt waren: Johann Krigmann (gest. 1559), vermutlich vor 1533; Martin Oberdörfer (gest. 1550), 1534; Magister Andreas Nonthaller (gest. nach 1545), 1536 und 1536, und Magister Andreas Walwitz, ab 1537. 1713 LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 52 f.; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 4; JOËL, Herzog August, S. 118 f. und 121 f.; RICHTER, Erziehungswesen, S. 29–34. Der aus Westfalen stammende Johannes Rivius (1500–1553) hatte in Köln studiert, ging an die Universität Leipzig und von dort als Schulrektor nach Zwickau, Annaberg, Marienberg und Schneeberg. 1537 wurde er nach Freiberg berufen, aber erst im Juli 1540 für zwei Jahre mit einem Gehalt von 250 Gulden zum Zuchtmeister des Herzogs August bestellt, dem er im Jahr zuvor eine lateinische Grammatik gewidmet hatte. JAHN, Johann Rivius; RÜDIGER, Stadtschule, S. 6–9; SAXENBERGER, Johannes Rivius; ADB 28, S. 709–713; FLEMMING, Briefe und Aktenstücke, S. 34 f., Anm. 7; FLEMMING, Lehrer, S. 188 f. 1714 Vgl. Freydiger, Verzeichniß, S. 113 f. 1715 RICHTER, Erziehungswesen, S. 17, sieht als Beweggrund nicht nur das dynastische Interesse, sondern auch Georgs Neigung, „mit wohlgeratener männlicher fürstlicher Jugend zu verkehren“. 1716 Erzbischof Albrecht von Magdeburg an Herzog Georg von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 8497/6, Bl. 22r (1533 Januar 6); BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 2, S. 6; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 13. 1717 Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1156. 1718 Spalatin, Dissertatio, Sp. 2273.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

schen Hof seines Onkels, um dann an den „protestantischen“ Hof seines Vetters zu gehen. Moritz durchlebt damit bei Spalatin eine Entwicklung zum Besseren. In den Lebensbeschreibungen, die in der zweiten Hälfte des 16. und im 17. Jahrhundert entstanden sind, ist die Reihenfolge jedoch eine andere: Dresden, Halle, Torgau.1719 Hier werden nun auch die Gründe aufgeführt, warum Moritz die Orte seiner Erziehung wechselte: Nachdem er gemeinsam mit seinem Bruder im väterlichen Freiberg unterrichtet worden war, verlangt es ihn danach, Ehre an einem auswärtigen Hof zu suchen. Das erwachende Verlangen nach Ehre wurde als Zeichen dafür verstanden, dass Moritz reif für einen neuen Abschnitt seiner Erziehung war. Dem Willen des Vaters gehorchend, geht er an den Hof seines Onkels Georg, um am Ort seiner Vorfahren in den Tugenden unterwiesen zu werden und der Weisheit des Onkels nachzufolgen. Hier wird erstmals ein Grund für die Wahl eines bestimmten Hofes benannt, der tatsächlich eine entscheidende Rolle gespielt haben dürfte, nämlich der Wunsch, familiäre Verbindungen aufrecht zu erhalten und zu pflegen. Die Hohenzollern schickten ihre Söhne deshalb im 15. Jahrhundert zu den fränkischen Verwandten. Am Hofe seine Onkels Georg lässt der junge Moritz nun ab von belanglosen Beschäftigungen, sucht den Rat verständiger Leute und geht mit dem Onkel auf die Jagd. Den Ort des Kinderspiels hat er also verlassen, um höheren Dingen nachgehen zu können. Er wird in dieser Darstellung zu einem tapferen Fürsten erzogen, gewinnt die Liebe des Onkels und die Hochachtung der Hofleute, weil er sich als ein verständiger und ausdauernder junger Mann erweist, während Georgs eigene Söhne ungeeignet scheinen, ihrem Land einmal vorstehen zu können. Als der Burggraf Hugo von Leisnig ohne Erben stirbt, bietet sich für Moritz die Gelegenheit, erstmals Herrschaftsaufgaben wahrzunehmen, und so bittet er den Onkel, ihm die erledigte Burggrafschaft zu übertragen. Auch Moritz strebt also nach fürstlicher Gunst, nach der Begründung einer eigenen Herrschaft, doch will der Onkel seine Bitte weder ablehnen noch gewähren und vertröstet ihn mit den Worten, er sei zu Höherem berufen.1720 Von „falschen und eigennützigen Ratgebern“ bestärkt, will Moritz daraufhin sein Glück woanders suchen. Herzog Georg ist darüber entrüstet, lässt ihn aber ziehen. Moritz kehrt kurz an den Freiberger Hof zurück, um bald an den weit gerühmten Hof des Erzbischofs Albrecht in Halle zu gehen, da der Erzbischof im Ruf stand, besonders freigiebig zu sein. Als Moritz aber erlebt, welche Verschwendungssucht hier herrscht und mit welchen Mitteln Geld beschafft wird, verlässt er Halle und geht an den kursächsischen Hof, was den Groll seines Onkels nur verstärkt. Moritz kann aber weiterhin auf fürstliche Gunst hoffen, denn auch der Kurfürst Johann Friedrich schätzt ihn wegen seines klaren Verstandes und weist seine Höflinge an, ihn nicht anders als den Kurprinzen zu behandeln. Als 1719

1720

Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1154–1158; Ders., Gründliche Beschreibung, S. 5–10 und 15–17; SächsHStA Dresden, Loc. 10289/26: David Schirmer (1623–1686), Reise und LebensBeschreibung des Churfürsten und Herzog Moritzens von Sachßen (1670), ohne Blattzählung. Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1155.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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Luther den Fürstensohn bei einem gemeinsamen Mahl kennen lernt, glaubt er seinen Kurfürsten warnen zu müssen: Dieser solle zusehen, dass er keinen jungen Bären bzw. Löwen aufzöge, der sich später gegen ihn wenden wird.1721 Bis zum Tode seines Onkels bleibt Moritz am kursächsischen Hof. Erst als sein Vater Heinrich 1539 die Herrschaft im albertinischen Sachsen übernimmt, wird Moritz zurück nach Dresden gerufen, wo es bald zu Spannungen kommt, weil der Vater angeblich zu sehr unter dem Einfluss seiner Gemahlin und der Höflinge steht. Bis Moritz die Nachfolge seines Vaters antritt, sucht er sein Glück am Hofe des Landgrafen von Hessen. Die ganze Darstellung ist sichtlich überlagert von den Glaubenskämpfen und dem späteren Verrat des Herzogs Moritz an Kurfürst Johann Friedrich.1722 Erwiesen ist dagegen, dass sich Moritz tatsächlich zuerst am Dresdner Hofe aufhielt, um dem Onkel nachzueifern.1723 Von dort kehrte er gelegentlich nach Freiberg zurück, um Zeit mit der Mutter und der Schwester zu verbringen.1724 Da Burggraf Hugo von Leisnig erst im April 1538 starb,1725 kann die versagte Übertragung von Herrschaftsaufgaben nicht den Ausschlag für seinen Weggang nach Halle gegeben haben. Die erzbischöfliche Residenz an der Saale hat Moritz dann tatsächlich überstürzt verlassen, aber nicht in Richtung Torgau, sondern zurück nach Dresden. Im Sommer 1535 besuchte Herzog Georg seine Tochter, die Landgräfin Christine von Hessen, begleitet von seinen Söhnen, seiner Schwiegertochter und Herzog Moritz.1726 Für die Jahre 1537 bis 1539 gibt es dann Belege, dass sich Moritz am Hofe des Kurfürsten Johann Friedrich aufhielt,1727 während er bis April 1539 am Hofe des hessischen Landgrafen in Frankfurt am Main zu finden ist.1728 Auch in den von Georg Spalatin unabhängigen Lebensbeschreibungen wird der Eindruck erweckt, als sollte Moritz dem Einfluss seines Onkels entzogen und auf die Seite der protestantischen Fürsten gebracht werden, nachdem sein Vater ihn und sich selbst in

1721 1722 1723 1724

1725 1726 1727

1728

Ebd., Sp. 1189; GLAFEY, Kern, S. 197; LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 62, und danach öfter ohne Quellenangabe. Siehe dazu BORN, Fürstenverschwörung, und die einschlägigen Kapitel bei BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1. Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1154. Herzog Moritz von Sachsen an seinen Onkel Georg, SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 301r (ohne Datum). Moritz bat den Onkel, dem Vater mitzuteilen, dass er die Fastnacht bei Mutter und Schwester in Freiberg verbringen wollte. Fehlt bei BRANDENBURG, Korrespondenz. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 57; BEIL, Hugo von Leisnig. BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 16; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 128. In jenen Jahren sind in den ernestinischen Hofrechnungen Geldzuwendungen des Kurfürsten an Moritz verzeichnet, dem der Ritter Johann Löser als Hofmeister und neun weitere Dienstleute zugeordnet waren. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 62; KIUS, Preis- und Lohnverhältnisse, S. 539, Anm. 37; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 23. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 70 und 75.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

den Schmalkaldischen Bund hatte aufnehmen lassen.1729 Der sächsische Kurfürst gab 1538 gegenüber Landgraf Philipp von Hessen allerdings zu verstehen, Moritz aus dem Glaubensstreit heraushalten zu wollen.1730 Es ist also möglich, dass sich der junge Fürst damals sogar teils in Torgau und teils in Dresden aufhielt.1731 In Torgau wurden zur selben Zeit die jungen Herzöge Ernst von Braunschweig und Lüneburg (1518–1567) und Johann Ernst von Sachsen (1521–1553) erzogen, die später ein vertrautes Verhältnis zu Moritz pflegten.1732 Franz Kram, der später für Moritz am Kaiserhof Verhandlungen führte, soll dort einmal verkündet haben, der Herzog habe bei seinem Vetter viel Anleitung zum Trinken, aber wenig gute Erziehung gehabt.1733 Hier ging es aber offensichtlich darum zu rechtfertigen, warum Moritz so treulos gegen seinen einstigen Gönner handeln konnte. Nachdem Herzog Georgs eigene Söhne gestorben waren, war Moritz der Einzige, der für eine Nachfolge in seinem Sinne in Frage kam. Dazu verfolgte der Herzog sogar die Absicht, ihn mit Elisabeth von Mansfeld, der Witwe seines Sohnes Friedrich zu verheiraten.1734 Herzog Georg und der Kanzler Georg von Karlowitz wollten Moritz beim alten Glauben halten, zur Neuen Lehre wollten ihn seine Eltern sowie Herzogin Elisabeth und Landgraf Philipp von Hessen ziehen, eine abwartende Haltung nahm zunächst der sächsische Kurfürst ein.1735 Sowohl die Mutter als auch Herzogin Elisabeth warnten Moritz vor dem Dresdner Hof und vor Georgs Plänen.1736 Was sollte Moritz unter solchen Bedingungen lernen, wenn nicht die Religion den politischen Interessen unterzuordnen?1737 1729 1730

1731 1732 1733 1734

1735 1736

1737

LANGENN, Moritz, Teil 2, S. 177–181; BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 11 f., S. 14 f. (1537 Juli 7 und 10); BRANDENBURG, Herzog Heinrich, S. 14. Landgraf Philipp von Hessen an Georg von Karlowitz, im Auszug bei BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 18, S. 24 (1538 Oktober 17), und an Herzogin Katharina von Sachsen, gedruckt bei ROMMEL, Philipp der Großmüthige, Bd. 2, Anm. 142, S. 388–390, hier S. 389 (1538 Oktober 18); LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 66 f.; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 26. Dies wird bereits von LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 56 und 63 f., nahegelegt. Vgl. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 14, S. 16 (1538 Mai 1) und Nr. 199, S. 191 (1541 August 25); BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 23. Ascham, Report, S. 46; VOIGT, Moritz, S. 4; VOIGT, Anfänge, S. 101. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 72. Vgl. das Schreiben des Anton von Schönberg an den Hofmarschall Johann Löser, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, zu Nr. 28, S. 34 (1539 März 12); BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 32. Von Herzog Moritz wurden diese Heiratsabsichten als Lüge zurückgewiesen, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 33, S. 37 (1539 März 26). Herzogin Katharina von Sachsen an ihren Sohn Moritz (1539 März 16). Auszüge bei LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 72; in veränderter Schreibweise bei WEBER, Lebensgeschichte, S. 3–5; BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 31, S. 35. LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 70; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 26. Herzogin Katharina von Sachsen an ihren Sohn Moritz, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 28 und 30 (1539 März 12 und 16) und Herzogin Elisabeth an denselben, LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 71–73 (1539 März 13); BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 32. Vgl. BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 11.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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Herzog Georg konnte nicht verhindern, dass ihm sein Bruder in der Herrschaft nachfolgte und im Herzogtum Sachsen die Reformation einführte. Nach nur zwei Jahren übernahm Moritz 1541 im Alter von zwanzig Jahren die Regierung, angeblich ohne Erfahrung und ohne Grundkenntnisse in der Landesverwaltung.1738 Bereits in der Geschichtsschreibung des 16. Jahrhunderts wurde in altbekannter Weise festgestellt, dass Moritz zwar selbst keine gelehrte Bildung besaß, aber den Gelehrten große Achtung entgegenbrachte.1739 Gewiss, er hatte tatsächlich keine Universität besucht, doch nach allem was sich ermitteln ließ, hatte er eine höfische Erziehung erhalten, die ganz auf der Höhe der Zeit war und ihn zur Herrschaft befähigen sollte. In Dresden hatte er 1534 bis 1537 zudem unter der Aufsicht des Kanzlers Georg von Karlowitz gestanden, der ihm Einblicke in Regierungsgeschäfte bieten konnte.1740 Während sich nur lückenhaft nachvollziehen lässt, wie die Erziehung des Herzogs Moritz von Sachsen unter dem Einfluss seines Onkels verlief, erlaubt die anhaltische Überlieferung tiefere Einblicke in den Erziehungsaufenthalt des Fürsten Joachim am Dresdner Hof. Joachims Mutter Margarethe hatte mehrfach versucht, ihren jüngsten Sohn zu Herzog Georg zu schicken. Im Oktober 1526 waren die Verhandlungen mit Hilfe des Juristen Georg von Breitenbach wieder in Gang gekommen,1741 als abzusehen war, dass aus einem Aufenthalt in Schlesien oder Böhmen nichts werden würde. Anfang Juni 1527 erhielt Margarethe schließlich die endgültige Zusage, dass der sächsische Herzog ihren Sohn bei Hofe aufnehmen würde.1742 Schon am 27. Juni traf Joachim daraufhin in Dresden ein. Welche Stellung er bei Hofe hatte, wird nirgends genannt, doch dürfte die Bezeichnung als Hofjunker zutreffend sein.1743 Ob dem jungen Fürsten ein Prinzenerzieher zugeordnet war, findet ebenfalls keine Erwähnung, doch geht aus dem Briefwechsel mit seiner Mutter deutlich hervor, dass er noch immer ein Lernender war. Vor seiner Abreise hätte Joachim gern noch einmal seinen Bruder Georg gesprochen, weil beide, wie er schrieb, miteinander aufgewachsen waren und in aller Freundschaft gelebt hätten.1744 Der Wechsel nach Dresden schien für ihn letztlich doch überraschend 1738 1739 1740 1741 1742

1743 1744

So zuletzt HELD, Berater, S. 53. Arnold, Vita Mauritii, Sp. 1253 f.; LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 53. Georg von Karlowitz bezog ein Jahrgeld von Herzog Heinrich, der auch die Frau des Kanzlers mit Geschenken bedachte, BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 16. Dr. Georg von Breitenbach an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III. [!], Nr. 2, Bl. 75r (1526 Oktober 19). Herzog Georg von Sachsen an Fürstin Margarethe von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 77r (1527 Juni 5). Siehe Quellenanhang Nr. 22. Siehe auch Margarethes Mitteilung an ihren Sohn Georg, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 98r (1527 Juni 15). Als Hofrat wird Fürst Joachim von Anhalt in der fraglichen Zeit jedenfalls nicht genannt. GOERLITZ, Staat und Stände, S. 425. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 28r (1527 Juni 17).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

gekommen zu sein. Noch bevor er aufgebrochen war, hatte Margarethe ihren mittleren Sohn Georg und den ehemaligen Prinzenerzieher Georg Helt gebeten, Joachim schriftlich zu ermahnen: Er solle Gott vor Augen haben, sich aller Tugenden befleißigen und sich vor schlechter Gesellschaft und leichtfertigen jungen Leuten hüten.1745 Sie selbst mochte in diesen Ermahnungsschreiben nicht genannt werden, so dass es für Joachim aussehen musste, als ob ihm sein Bruder und der ehemalige Lehrer aus eigenem Antrieb mahnende Worte auf den Weg mitgaben. Man könnte sogar meinen, Margarethe hätte befürchtet, Joachim wäre ihrer mütterlichen Ermahnungen bereits überdrüssig, doch vermutlich wollte sie vor allem sicherstellen, dass möglichst viele Menschen, die ihm nahe standen, auf ihn einwirkten. Fürst Georg kam ihrem Wunsch umgehend nach, wenngleich er seinen ersten Brief in großer Eile schrieb.1746 Dem Bruder legte er darin ans Herz, aus der Bibel vor allem das heilige Evangelium und das fünfte Buch Mose zu lesen, nach welchem sich Könige und Fürsten zu richten hätten.1747 Nicht vergessen sollte er die „Institutio“ des Erasmus und die Warnung an die Könige im zweiten Psalm, klug zu sein und dem Herrn in Furcht zu dienen. Hier wird noch einmal deutlich, dass sich die anhaltischen Fürsten den führenden Fürstenhäusern im Reich ebenbürtig sahen. Damit ihrem Geschlecht keine Unehre geschehe, so Georg weiter, sollte sich Joachim nicht zum Trinken verleiten lassen, insbesondere nicht von den Jungen, die ihn nach Dresden begleitet hatten. Mit den Dienern, die Margarethe für Joachim ausgewählt hatte, war Georg ohnehin nicht zufrieden.1748 Seiner Meinung nach sprachen Johann Statius,1749 ein gewisser Schnabel und ein Diener aus Halle zu sehr dem Bier zu, so dass hier sprichwörtlich Böcke zu Gärtnern gemacht worden seien. Durch solch unverständige Leute, mahnte er, geriete nicht nur Joachims Seelenheil, sondern auch sein Ansehen in Gefahr. Obwohl Georg seinen Bruder jedoch so eindringlich vor der Trunksucht warnte, bat er ihn nur wenige Zeilen später um Nachsicht, weil er seinen eigenen Brief in großer Eile und „auf einen trunkenen Abend“ geschrieben habe.1750 Die Warnung 1745 1746 1747

1748 1749

1750

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 98v f. (1527 Juni 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 7 f. (1527 Juni 18). Siehe Quellenanhang Nr. 23. Vgl. auch LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 21v (1528 August 4). Das fünfte Buch Mose war von Erasmus ausdrücklich zur Fürstenerziehung empfohlen worden. Erasmus, Institutio, Kap. 1, S. 170–173. Fürst Georg III. von Anhalt an seine Mutter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 49v (1527 Juni 18). Johann Statius war um 1545 Amtshauptmann zu Zerbst und zeitweise auch zu Dessau. SPECHT, Land- und Amtsregister, Teil 1, S. 111 und 227; HÖNICKE, Urkundliche Merkwürdigkeiten, Nr. 5, S. 30 (1553 Oktober 23); JABLONOWSKI, Blutbuch, S. 141 und 146 Anm. 93. 1535 stand er im Dienst des Fürsten Wolfgang von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 2, Bl. 30r (1535 April 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 7 f. (1527 Juni 18). Siehe Quellenanhang Nr. 23.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

275

war aber dennoch ernst gemeint und für Joachim nicht unwichtig, drohte Herzog Georg von Sachsen doch bereits in seiner Hofordnung von 1502, all diejenigen Adligen und Knechte von seinem Hof zu verweisen, die das Verbot des Zutrinkens übertraten.1751 In einem späteren Brief untermauerte Georg seine Warnung mit lateinischen Zitaten aus der Bibel und aus den Werken antiker Schriftsteller.1752 Die Mutter forderte er auf, Joachim bei jeder Botschaft mit guten Worten zu stärken, da beide Brüder in einem Alter seien, in dem sie ständig guter Ermahnungen bedürften.1753 Entsprechend ermahnte Margarethe nun auch Fürst Georg in Magdeburg, sich nicht zum Trinken verführen zu lassen.1754 Er sollte ein leuchtendes Beispiel bleiben, da selbst Anhänger Luthers gesagt hätten, es würde wohl keine Übergriffe gegen Geistliche geben, wenn diese sich alle so verhielten wie Fürst Georg von Anhalt. Um ihm zu helfen, standhaft zu bleiben, schrieb Margarethe ihm daher, mit welchen Worten er Einladungen zum Trinken ausschlagen könne.1755 Schon einen Monat später schickte Georg den nächsten Ermahnungsbrief nach Dresden.1756 Wenn er genügend Fleiß aufwende, heißt es darin, könne Joachim bei Hofe Einiges lernen, denn in Herzog Georg habe er ein glänzendes Vorbild, an dem er sehen, hören und befinden könne, wie sich ein christlicher Fürst verhält.1757 Als sich Joachims Mutter 1529 dem Tode nahe fühlte, ließ sie Herzog Georg bitten, ihrem Sohn auch künftig mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Dafür versprach sie ihm, der junge Fürst werde Anstand wahren, ohne sein Wissen an keiner Geselligkeit teilnehmen und sich weiterhin gehorsam und dienstwillig zeigen. Ihren Sohn bat sie, diesem Versprechen gerecht zu werden, damit sie nicht als Lügnerin dastünde, denn sie habe dem Herzog ihr Wort gegeben, weil sie großes Vertrauen in ihren Sohn setze und sich Joachim in seinen Briefen mehrfach selbst zum Gehorsam verpflichtet hätte. Als Lohn winke ihm Ruhm und Ehre und der Dank des sächsischen Fürsten.1758

1751

1752 1753 1754 1755 1756 1757 1758

GOERLITZ, Staat und Stände, Aktenbeilage Nr. 6, S. 495: Es sall auch keyner an unnserm hoff, welichs stands ader wesens die sein, einer dem andern mit trincken keyne vorgleychung thun; von welichem aber solichs ubergangenn wirdt, so sollenn die vom adel unnsers hofes verweyst, die knechte mit gefengknis ader auch mit vorweyßung unnsers hofes gestrafft werdenn. Jesaja 5,22 und Kohelet 10,16: LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 12v f. (1527 Oktober 17); 1 Korinther 15,33: ebd., Bl. 14r (1527 Dezember 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 4, Bl. 59r ([1527 Juli 26], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 111r (1527 Oktober 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 116r (1527 Oktober 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 10 (1527 Juli 13). Ähnlich auch LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 21v (1528 August 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 19r (1529 März 4).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Da er als Herrscher für seine Fehler härter als andere gestraft würde, schrieb Georg von Anhalt im Juli 1527, solle Joachim Gott täglich um Gnade bitten.1759 Um nicht müßig zu sein und dabei auf unziemliche Gedanken zu kommen, sollte er in jeder freien Stunde das fünfte Buch Mose lesen oder die Paraphrasen des Erasmus, nicht zuletzt damit er seine Lateinkenntnisse nicht verlöre. Später schickte Georg seinem Bruder dann eine Ausgabe dieser Paraphrasen zum Neuen Testament, weil sie nützlich seien zu underrichtung des lebens und auch erhaltung der lateinischen sprach.1760 Schließlich mahnte Georg darauf zu achten, dass sich die Diener anständig verhielten und keinen Streit anfingen, damit der Herzog von Sachsen ihm weiterhin gnädig sei. Im Auftrag der Mutter übernahm es also der geistliche Sohn Georg, seinem jüngeren Bruder mahnende Worte zu schreiben.1761 Joachim versprach, die Warnungen zu beherzigen und sich entsprechend zu betragen.1762 Dem Wunsch der Mutter folgend betete Georg für Joachim, auf dass dieser in Gnade und Tugendhaftigkeit wachsen möge,1763 doch ließ er es nicht beim Gebet bewenden. Er kündigte seinem Bruder an, ihm künftig nur noch lateinisch zu schreiben, was sich Joachim gefallen lassen wollte, selbst wenn er deutlich machte, dass er bestimmt nicht lateinisch antworten werde.1764 Auch von Magister Georg Helt ist ein lateinisches Schreiben erhalten, in dem Joachim zu Frömmigkeit und Mäßigkeit ermahnt wird.1765 Wie einst sein Bruder Johann in Berlin unterhielt Joachim von Dresden aus regen Briefverkehr mit seiner Mutter in Dessau. Sobald es Gelegenheit gab, schickte er einen Boten nach Hause, um vertrauliche Dinge ausrichten zu lassen, die er nicht dem Papier anvertrauen wollte.1766 Manches konnte oder wollte er nur mit seiner Mutter allein bereden.1767 Wann immer er also im Gefolge des sächsischen Herzogs in die Nähe Dessaus kam und die Erlaubnis dazu erhielt, suchte er seine Mutter auf. Ende Juni 1527 nach Dresden gekommen, sah er Margarethe schon im September wieder. Die Mutter freute sich zu hören, dass er sich gut hielt und seine Herren ihm gnädig waren.1768 Im Dezember berichtete Wolfgang von Mertzdorf (gest. 1544), damals Amtmann von Roß1759 1760 1761 1762 1763 1764 1765 1766 1767 1768

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 10 (1527 Juli 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 26r (1529 Juli 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 41r (1529 August 25) und Bl. 43r (1529 September 12). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 36r (1528 August 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 104r f. (1527 August 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 26r (1527 August 22). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 562, Bl. 4 (1528 März 11). Zum Beispiel LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 85v (1527 August 10); Joachim, Nr. 2, Bl. 73r (1529 Oktober 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 22v (1528 Dezember 13): Ich [hab] auch sunst allerley mit e. f. g. zu reden, das massen durch schrifft nit aufzurichten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 109r (1527 September 28).

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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lau, als er aus Dresden zurückkehrte, Joachim stünde bei dem sächsischen Hofgesinde und den Räten in hohem Ansehen. Aus eigenem Antrieb habe ihm Herzog Georg sogar eine Beihilfe an Heu, Stroh und Holz zugesichert.1769 Margarethe war darüber hoch erfreut und hoffte, Joachim würde in der Gunst des Herzogs weiter steigen. Die Familie erfuhr also von vielen Seiten, wie sich der jüngste Sohn an Herzog Georgs Hof hielt.1770 Aus dem erhaltenen Briefwechsel ist zu erfahren, dass Joachim von Anhalt nicht auf dem Schloss wohnte, sondern in einem Haus in der Nähe, denn er zahlte einem Wirt Hauszins in Höhe von 15 Gulden im Jahr.1771 Mitsamt seinen Dienern wurde er von Herzog Georg in dessen Hoffarben eingekleidet.1772 Für den überwiegenden Teil seiner Ausstattung kam jedoch Margarethe auf, die ihn auch mit Büchern versorgte.1773 Man kann sogar sagen, dass über Joachim ein reger Buchaustausch zwischen beiden Höfen ablief. So schickte der junge Fürst sechs Büchlein nach Dessau, die ihm eine namentlich nicht genannte Frau anvertraut hatte.1774 Nahezu druckfrisch übersandte er die von Herzog Georg angeregten Streitschriften gegen Luther1775 sowie Abschriften und Drucke der Briefe, die der Herzog mit dem Landgrafen Philipp von Hessen wechselte.1776 Von seinem Bruder Georg erhielt Joachim wie bereits erwähnt die Paraphrasen des Erasmus zugeschickt,1777 mit Margarethes Billigung sogar das Buch eines „Schwärmers“.1778 Offenbar hielt es die Mutter zu diesem Zeitpunkt nicht mehr für nötig, unliebsame Bücher von ihm fern zu halten. Sein Bruder Georg hatte von ihm aber ausdrücklich gefordert, nicht jedem Geistlichen Glauben zu schenken, sondern selbst zu prüfen, ob eine 1769 1770

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 126r (1527 Dezember 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 21r (1528 August 4): Ich wil e. l. auch nicht bergen, das ich mit erfrautem gemuhet vorstandenn von etlichen, die e. l. nicht wenig gewogen, wie das ir euch bisher in dem hoffe dermassen sollet gehalden haben, das eur her, unser lieber ohem hertzog Georg, neben andern s. l. vorwanthen, an euch gut gefallen tragen. Bereits kurz nach Joachims Ankunft in Dresden hielt sich dort der hallische Franziskanerguardian Augustus Alveldt auf, der Beziehungen zu Fürstin Margarethe unterhielt und dieser sofort über den Zustand ihres Sohnes berichtete, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 19, Bl. 7r (1527 Juli 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 12r (1528 März 7); Joachim, Nr. 2, Bl. 50/51 (1529 Mai 1); Joachim, Nr. 19, Bl. 29r (1529 Mai 18). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 98r (1527 Oktober 25). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 4r (1527 Dezember 5). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 7v ([1528 Juli 15], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 58/59 (1529 Januar 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 19, Bl. 15/16 (1528 Mai 26); LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 145r (1528 Mai 29). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 43r (1529 Juli 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2 [!], Bl. 136v (1528 Januar 10): In des thumprobestes brif wirt e. l. finden ein gedrucktes buchlein, eines newen swermers, der an czweyfel gern aufrur und entporung machen wolt, alz die widertawfer und ander ire vorvarn. Got wil inen weren und uns mit genaden vor inen und allem obel behuten.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Lehre dem Verständnis der christlichen Kirche entgegen stünde, die durch den Heiligen Geist regiert werde und deshalb nicht irren könne.1779 Gelegentlich traf sich Joachim mit seinem Bruder Johann, mit dem er 1527 das Allerheiligenfest verbrachte.1780 Im Februar, August und September 1529 war er bei seinem Bruder Georg zu Gast,1781 den er außerdem traf als dieser im April für einen Monat in Dessau weilte. Gemeinsam mit ihm brach er dort am 8. Mai auf, um über Leipzig nach Dresden zurückzukehren.1782 Wie sein Bruder Johann am kurbrandenburgischen Hof trat Joachim in Dresden zunehmend als anhaltischer „Botschafter“ auf. Margarethe richtete in ihren Briefen regelmäßig Grüße an Herzog Georg und seine Familie, die Joachim übermitteln sollte, wann immer es passend schien.1783 Hierbei ging es darum, sich in Erinnerung zu bringen und gute Beziehungen zu pflegen. Genau so wurde es von sächsischer Seite wahrgenommen. Vor dem Osterfest des Jahres 1528 fragte man daher Joachim, warum seine Mutter in diesem Jahr nicht wie sonst einen frischen Lachs an Herzog Georg gesandt habe. Joachim leitete diese Frage weiter und forderte seine Mutter auf, sich für die Nachlässigkeit umgehend zu entschuldigen und möglichst schnell noch einen Lachs zu schicken.1784 Bei Hofe hatte Joachim auch Umgang mit Personen, die ihm Neues über den Kaiser und die Angelegenheiten des Reichs berichteten. In seinen Briefen nennt er unter anderen den Hofmarschall Heinrich von Schleinitz und Johann von Schönberg als Gewährsmänner für derartige Nachrichten.1785 Im Frühjahr 1528 beauftragte Margarethe ihren Sohn, sich wegen des bevorstehenden Reichstags in Regensburg zu erkundigen. Durch den genannten Johann von Schönberg ließ der junge Fürst von Anhalt seinen Herrn in dieser Sache befragen und erhielt Nachricht, dass Herzog Georg ihn mit all seinen Dienern zum Reichstag mitnehmen wolle.1786 Sein Bruder Johann teilte ihm daraufhin mit, wie er sich zu verhalten hätte und welche die übliche Sitzordnung war.1787 Er vergaß auch nicht, ihn daran zu erinnern, sich vor dem Trinken zu hüten, 1779 1780 1781 1782 1783 1784 1785 1786

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 12r f. (1527 Oktober 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 2, Bl. 54r (1527 November 2). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 137r (1529 Februar 5), Bl. 137v (1529 August 20 und 24) und Bl. 139r (1529 September 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 100, Bl. 135v. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 12v (1528 März 7). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 14r (1528 März 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 41 (1529 Februar 15) und Bl. 43/44 (1529 Juni 7) LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 4r f. (1528 April 20). Über den Verlauf des Reichstags wollte Margarethe später ausführlich unterrichtet werden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 10/11 (1528 März 30). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 18, Bl. 14r (1528 März 10): Es geboret e. l. tzu sitzen wie folget: erstlich hertzcog von Wirttenberg, hertzcog von Sopphein, marggraf zu Ba-

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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denn das schädige Ruf und Geldbeutel gleichermaßen. Weil Joachim selbst wisse, wie es um die anhaltische Herrschaft bestellt sei, solle er zu keiner abendlichen Zusammenkunft gehen. Bemerkenswert ist schließlich Johanns Hinweis, sein Bruder solle die Ratschläge befolgen, weil er nun „mächtig gemacht“ würde.1788 Dies unterstreicht die Bedeutung, die der ersten Teilnahme eines jungen Fürsten am Reichstag beigemessen wurde. Um Joachim darauf vorzubereiten, schickte ihm sein Bruder Georg ebenfalls ein langes Ermahnungsschreiben, das einzige, welches bislang gedruckt und zitiert wurde.1789 Noch im 16. Jahrhundert wurde es mit dem Vermerk epistola adhortatoria versehen und möglicherweise bewusst für künftige Erziehungszwecke aufbewahrt. Georgs Mahnungen sind hier in der Tat am weitesten ausgeführt und begründet. Die Hauptaussage bleibt aber, dass Gott aller menschlichen Gunst oder Ungunst vorzuziehen ist. Als Lesestoff wird Joachim wiederum das Neue Testament und das fünfte Buch Mose empfohlen, nach deren Inhalt er sich unbedingt richten soll, den dergenige, so den willen des herren weis und den nicht vorbrenget, der sol geschlahen werden mit vielen schlegen. Ausdrücklich ist von Joachims Bestimmung zur Herrschaft die Rede. Da er von Gott ausersehen sei, über einen Teil der Menschheit zu herrschen, soll er zuerst lernen, sich selbst zu beherrschen und sich einem jeden Menschen gegenüber so zu verhalten wie es diesem zusteht; dabei gehorsam gegen Gott und seinen weltlichen Herren, gefällig gegenüber Seinesgleichen und verantwortungsvoll gegenüber Dienern und Untertanen. Stets solle er jedoch gütig sein, da Barmherzigkeit die größte Zierde eines Fürsten ist. Mit starken Worten warnt Georg erneut vor falschen Freunden und Ratgebern und vor der Trunkenheit, dem Quell aller anderen Sünden. Dazu führt er erstmals Beispiele an: das bekannte Beispiel Alexanders des Großen, aber auch das Beispiel eines Zeitgenossen, den beide Brüder in Leipzig kennen gelernt hatten und der sich im trunkenen Zustand zum Gespött der Leute gemacht habe. Die brüderlichen Mahnungen sollte Joachim beherzigen, damit dem anhaltischen Geschlecht kein Schaden und der Mutter kein Kummer entstünde und weil sie nicht zuletzt zu seinem höchsteigenen Nutzen beitrügen.1790 Um sicher zu gehen, dass Joachim den Inhalt auf-

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den, lantgraf zu Lewchtenburg, darnach fursten zu Anhalt, graffen von Hennenberg, hertzcog in der Maß, printz von Koklin. JABLONOWSKI, Regierungsantritt, S. 55 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 18, Bl. 14r (1528 März 10): Ich wil e. l. treulicher meynung geratten haben, nachdem e. l. von unser aller wegen fil mechtig gemacht wirt, stetlich bei den ratschlegen bleyben. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 17/18 (1528 April 22); gedruckt bei BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 173–175; in Auzügen bei SCHMIDT, Leben, S. 82 f.; zitiert bei STENZEL, Handbuch, S. 160. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 18r (1528 April 22): E. l.wol in betrachtung eurs eygen nutzs solch meyn vormanung, so aus eynem bruderlichen hertzen gescheen, freuntlich behertzen.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

merksam zur Kenntnis nahm, ersuchte Georg um Antwort auf dieses Schreiben.1791 Bei Joachims erster Teilnahme an einem Reichstag kam es darauf an, wie sicher er auftrat und welchen Eindruck er hinterließ. So ist es verständlich, dass die Mutter und die älteren Brüder ihn darauf sorgfältig vorbereiten wollten. Als es im darauf folgenden Jahr wieder zum Reichstag ging, war es erneut Georg, der Joachim im Auftrag der Mutter ins Vertrauen nehmen sollte.1792 Gemeinsam mit den Söhnen des Herzogs von Sachsen nahm Joachim nicht nur am Reichstag teil, sondern auch an dem sächsischen Landtag, der im Herbst 1529 in Leipzig gehalten wurde.1793 Herzog Georg behandelte den jungen Fürsten von Anhalt demnach wie einen seiner Gefolgsleute. Er nahm ihn mit zu politischen Verhandlungen, ohne ihn jedoch in alle Einzelheiten einzuweihen. Zu Beginn des Jahres hatte Joachim die herzogliche Familie nach Jüterbog begleitet, wo Herzog Georg den Kurfürsten von Brandenburg unter vier Augen traf.1794 In Dresden nahm Joachim mehrfach an Turnieren und Jagdvergnügen teil. Auch sein Diener Johann Statius beteiligte sich an Schaukämpfen. Bei einem Stechen auf hölzernen Pferden, das im Frühjahr 1528 durchgeführt wurde, um die Langeweile zu vertreiben, kam er zu Schaden.1795 Im August desselben Jahres weilte Statius wieder in Dessau, wo ihn Joachims Bruder Johann mit seinen Dienern im vollen Harnisch in die Heide ausreiten ließ. Weil er sich dabei ziemlich schlecht gehalten habe, spottete Johann in einem Brief, man könnte daran sehen, dass die Dresdner Reiter den Harnisch nicht gewohnt seien.1796 Hinter dem Spott des älteren Bruders steht gewiss die Absicht, den Jüngeren zu ritterlichem Kampfesmut anzuspornen. Joachim hielt Statius für den verständigsten seiner Diener und wollte ihn insbesondere auf Reisen im Gefolge des Herzogs Georg nicht entbehren.1797 Joachim trug die Verantwortung für alle, die in seinem Gefolge an den Dresdner Hof gekommen waren, denn je nachdem, wie sie sich verhielten, würde man auch ihn beurteilen. Daran hatte ihn bereits sein Bruder Georg erinnert.1798 Seine Mutter forderte ihn 1791

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Eine Antwort auf diesen Brief ist nicht erhalten. Zu späteren Ermahnungen durch seinen Bruder nahm Joachim aber nachweislich Stellung. Vgl. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 21v (1528 August 4) und Bl. 23r (1528 August 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 21r (1529 März 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 48/48 (1529 Oktober 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 55/56 (1529 Februar 16). Über den Inhalt dieser Unterredungen konnte Fürst Joachim wie die übrigen sächsischen Gefolgsleute nur mutmaßen. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 4v f. (1528 April 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 18, Bl. 9r (1528 August 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 85r (1527 August 10). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 11r ([1527 Juli 13], Beizettel): Es wol auch e. l. uff ir diener ßunderlich achtung haben, damit sie in foderung adder andern nicht zuviel

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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auf, die Knechte und Diener anzuweisen, das von Herzog Georg erlassene Trinkverbot einzuhalten.1799 Auf Reisen sollten sie genügsam sein und in den Herbergen nicht zu viel zechen und zehren, vor allem nicht auf seine Kosten. Des Weiteren ermahnte sie ihn, sich gegenüber seinen Dienern durchzusetzen. Dazu sollte er zum einen den alten Johann Bose hinzuziehen und sich zum anderen auf sie, die Mutter, berufen.1800 Dies wirft ein Licht auf das Verhältnis des jungen Fürsten zu seinen Dienern und Knechten. Obwohl Joachim seit seiner Kindheit Bedienstete hatte, musste er offenbar lernen sich zu behaupten. Unter dem Einfluss von Alkohol war es unter der Dienerschaft in Dresden anscheinend zu Handgreiflichkeiten gekommen.1801 Ab März 1529 stellte Margarethe ihrem Sohn den Diener Johannes, der schon ihrem Gemahl treu gedient hatte, dauerhaft zur Seite, vor allem damit er das Geld verwalten helfe.1802 Den bereits erwähnten Johann Statius hatte Joachim im Mai 1527 für ein Jahr zum Diener angenommen und wollte ihn behalten, weil jener sich ergeben und dienstwillig gezeigt hatte. Später war Statius Amtmann zu Zerbst, ab 1544 auch Hauptmann zu Dessau und zuletzt Mitglied des Regentschaftsrats um Fürst Johann.1803 1528 beklagte er sich allerdings, dass er wegen der hohen Ausgaben am Dresdner Hof mit seinem Sold nicht auskäme. Joachim bat die Mutter deshalb, dem Mann mehr Geld zu geben, damit er nit mit seym schaden dint.1804 Da Margarethe über die Bezahlung der Bediensteten entschied, musste auch Statius seine Kosten abrechnen. Als der Diener Stock, der zwei Jahre lang Joachims Rüstung instand gehalten hatte, seinen Abschied nahm, setzte sich Joachim wiederum mit seiner Mutter in Verbindung, weil er diesem Mann neben neuen Kleidern statt der vereinbarten fünf gleich zehn Gulden zahlen wollte, nicht allein weil ihm Stock mit gutem Fleiß gedient hatte, sondern weil er befürchtete, ihm und seiner Mutter könnte schimplich nach geredt werden.1805 Joachim hatte nämlich erfahren, dass sein Diener an den Freiberger Hof gehen wollte, wo er natürlich nicht darüber klagen sollte, dass ihn sein ehemaliger Herr schlecht entlohnt hatte. Ähnliche Bedenken hatte Joachim als er einem Knecht kurz vor dessen Abschied noch einen Teil des Soldes

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thun und sich mit den andern frietlich halten, damit e. l. keyn schimpff daraus erwachß; Bl. 17v (1528 April 22): […] den gewonlich aus den sitten der diner wirt der herre geachtet. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 19r (1528 [September 26], Beizettel); Nr. 3, Bl. 19r (1529 März 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 19r (1528 [September 26], Beizettel): E. l. wol e. l. diener dy anczeygung twhen in gegenwertikeyt Johannes und in anczeygen, das ich das e. l. geschriben hab und also wil getan haben. Im März 1528 war einer der Knechte wegen eines nicht genauer benannten Vergehens zur Bestrafung nach Dessau überstellt worden. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 9/10 (1528 März 17). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 3, Bl. 19v (1529 März 4). Wie Anm. 1749. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 5r f. (1528 April 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 20r (Beizettel ohne Datum).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

schuldig geblieben war.1806 Auch im Hinblick auf seine Diener war Joachim also auf seinen guten Ruf bedacht. Die Kosten, die der Aufenthalt am Dresdner Hof verursachte, schienen die finanziellen Möglichkeiten der Fürsten in Dessau weit zu übersteigen. Margarethe bat ihren Sohn eindringlich, in Anbetracht der knappen Einkünfte stets sparsam zu sein.1807 Immer wieder mahnte sie ihn, sich vor dem Glücksspiel zu hüten und schlechte Gesellschaft zu meiden, denn wer sein Geld ohne Not ausgibt, erinnerte sie ihn, wird zum Spott der Leute, und wer nichts mehr hat, dem wird niemand etwas geben.1808 Damit er stets an sie und ihre Ermahnungen dachte, übersandte sie ihm einen Kranz, und Joachim versprach, er werde diesen Kranz ihr zu Liebe tragen und versuchen, solange wie möglich mit seinem Geld auszukommen.1809 Damit er nicht auf unnütze Gedanken komme, wenn er Langeweile hatte, schickte die Mutter ihm eine kleine Druckausgabe des Neuen Testaments in deutscher Sprache, die er mit demütigem Herzen lesen sollte.1810 Um die Mutter zu beruhigen, sandte Joachim regelmäßig seine Abrechnungen und bat darum, diese durchzusehen und ihm dann mitzuteilen, wenn etwas nicht stimme.1811 Daraufhin bedeutete ihm die Mutter, dass er seine Kosten vor allem verzeichnen solle, um selbst zu merken, ob er unnütze Ausgaben mache.1812 Das war der erzieherische Sinn! Joachim sollte mit dem Geld haushalten lernen und selbst entscheiden, welche Ausgaben nötig und welche unnötig waren. Bei dem Markgrafen Johann von Brandenburg war es

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LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 63r (1529 September 19). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 12r (1528 März 7): Ich bit auch, e. l. wold das ander gelt zw rat halden und sich nach der decke strecken. Es ist warlich von noten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 14r (1528 Juli 22): Ich bit, e. l. woln vorsichtig sein in gelt außgeben auch achtung darawf geben und vor spil wol sich e. l. huten. Es heyst, nyme gelt, nyme geselle und wer das sein an not vortut und nymer hat, ist der lewt spot. Man spricht wol, der ist karck, zo man aber gelt darf, sucht man es bey den selben und vint es auch und czewet sy oben an. Wer nicht hat, dem gibt man nicht vil. Daß wol e. l. im besten von mir vormercken. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 6r (1528 Juli 15). Die Kurfürstenwitwe Anna von Brandenburg sandte ihrem Sohn Friedrich ebenfalls einen selbst gewundenen Kranz als Erinnerungsstück, STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 507, S. 339 [1499, nach August 15]. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 16r (1528 August 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 85v (1527 August 10); Bl. 91r (1527 November 11); Bl. 87r (1527 Dezember 19); Joachim, Nr. 2, Bl. 4v (1528 April 30) und Bl. 2r (1528 Juli 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 17r (1528 September 26): E. l. haben mir geschriben, mit zwschickung eyner vorczeychenung der außgab der xx fl. Ich befunde, das die außgeben sein, ob es alles groß von noten, wyssen e. l. am besten.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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1469 noch der Hofmeister gewesen, der über die Notwendigkeit von Ausgaben entschied.1813 Hatte sich Joachim im März 1528 noch dafür entschuldigt, dass er immerfort nach Geld fragte,1814 drängte er seine Mutter im Laufe des Jahres zunehmend, ihm weitere Summen zu schicken, weil er sich sonst Geld borgen müsste, um die hohen Ausgaben zu bestreiten.1815 Vor allem durch die Pferde würden ihm von Woche zu Woche große Kosten entstehen, seit Herzog Georg keinen Hafer mehr zukaufen ließe.1816 Künftig, so legte Joachim weiter dar, würde er sogar noch mehr Geld brauchen, weil er zu verschiedenen Festen geladen sei.1817 Obwohl der Mutter solche geselligen Runden sehr missfielen, konnte er sich wenigstens in einem Fall mit ihr einigen. Im Juli 1528 war er von den Vornehmsten bei Hofe eingeladen worden und musste nun zu einem Gegenbesuch laden. Ziemlich ratlos fragte er daheim an, wie er sich verhalten solle, damit ihm daraus nit schimpf und vorkleynung entstehen mocht.1818 Um genaue Anweisungen zu erhalten, schickte er seinen Diener Johann Statius nach Dessau. Die Mutter erlaubte schließlich, die beiden Söhne Herzog Georgs einzuladen, hielt es aber für unschicklich, auch den Herzog selbst hinzuzubitten. Vor Ort setzte sich Joachim mit dem Marschall Heinrich von Schleinitz in Verbindung, der ihm gewissermaßen einen Kostenvoranschlag erstellte und ihn wissen ließ, dass es durchaus üblich wäre, zu einer solchen Zusammenkunft nicht nur die Herzogssöhne einzuladen, sondern auch den Herzog und seine Gemahlin.1819 Jedenfalls hätten es verschiedene Herren so gehalten, die zuvor am Hofe gewesen waren. Durch die Einladung des Herzogs stieg der Aufwand erheblich, denn Georg, so hieß es, trinke nur rheinischen Wein. Joachim musste also dafür sorgen, dass solcher aus Leipzig herangeschafft wurde, wozu er sich wiederum an seine Familie wandte. Auf Raten des Marschalls sollte der gesellige Abend noch Mitte November stattfinden, tatsächlich kam es erst im Dezember 1528 dazu.1820 Als Gäste waren nur die beiden jungen Herzöge zugegen, die Räte und mehrere adlige Hofleute. Über die entstandenen Kosten fertigte Joachim ein ausführliches Verzeichnis an und ließ es seiner Mutter zukommen. Im Begleitbrief, der allein erhalten ist, versuchte er sie darauf vorzubereiten, dass die Ausrichtung des Abends über 100 Gulden verschlungen hatte. Sehr zu Margarethes Kummer fanden die geselligen Abende hiernach kein Ende. Zur Fast1813 1814 1815 1816 1817 1818 1819 1820

Markgraf Johann von Brandenburg an seinen Vater Markgraf Albrecht, CDB 3, Bd. 1, Nr. 358, S. 505 (1469 Mai 11); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 183 und 186. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 9r (1528 März 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 16r (1528 August 7) und Bl. 28r (1528 September 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 19r (1528 August 9). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 28r (1528 September 20). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 7r ([1528 Juli 15], Beizettel). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 24r (1528 November 2). Der Kostenvoranschlag, den Joachim an seine Mutter schickte, liegt dem Schreiben nicht mehr bei. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 22v (1528 Dezember 13).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

nacht 1529 lud Joachim mehrere Edelleute, die im Gefolge des Markgrafen Johann von Brandenburg nach Dresden gekommen waren, zu einem Umtrunk.1821 Einige Tage später sollte Joachim mit Georg von Sachsen und dem Markgrafen nach Jüterbog ziehen. Da die Söhne des Herzogs nicht mitreisten, fürchtete er den einen oder anderen Gulden verschenken zu müssen, wenn die märkischen Edelleute die sächsischen zu einer Geselligkeit luden. Wie Margarethe so mochte auch Joachims Bruder Georg kaum glauben, dass das Geld in Dresden so schnell aufgebraucht wurde, zumal er die Meinung vertrat, dass Joachim nicht an allen Festlichkeiten teilnehmen und nicht jeden Wunsch erfüllen müsse.1822 Als Joachim seinen Bruder im August 1529 in Leipzig besuchte, zeigte er ihm sein Ausgabenverzeichnis, in dem Georg keine unnötigen Kosten finden konnte, obwohl Joachim in nur zwei Wochen über 15 Gulden verbraucht hatte.1823 Für den jungen Fürsten von Anhalt war es am Dresdner Hof äußerst wichtig, durch Einladungen und Geschenke persönliche Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. In welchem Verhältnis er zu Herzog Georgs Söhnen stand, lässt sich nur schwer einschätzen. Margarethe erfuhr vor allem aus dem Munde ihrer Boten, ob ihr Sohn noch die Gunst seiner jungen Herren genoss.1824 Sicher pflegte er Umgang mit den Herzogssöhnen, von denen der eine ungefähr zehn, der andere etwa fünf Jahre älter als er war. Gemeinsam mit Herzog Johann besuchte er eine Adelshochzeit auf dem Lande.1825 Im Juni 1530 ritten beide dann gemeinsam nach Augsburg zum Reichstag, noch bevor der alte Herzog eintraf.1826 Ein Jahr zuvor hatte Joachim seiner Mutter nicht ohne Stolz berichtet, dass er zusammen mit den beiden Herzogssöhnen den sächsischen Kurfürsten aufs Leipziger Schloss geleitet hatte.1827 Das Verhältnis kann somit als vertraulich eingeschätzt werden. Herzog Friedrich schrieb 1536 aus Dresden an Joachim von Anhalt, um ihn zu erinnern, das wyr noch alde stalbruder seyn.1828 Stallbrüder, im Sinne von „Waffenbrüdern“, nannten sich junge Adlige, die gemeinsam unter einem Herrn ausgebildet worden waren.1829 Der junge Fürst von Anhalt war auch in der Nähe, als Herzog Johann zu einem Edelmann gesagt haben soll, dass er entgegen der allgemeinen Ansicht, die „lutherische 1821 1822 1823 1824 1825 1826 1827 1828 1829

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 68/69 (1529 Februar 13). Fürst Georg III. von Anhalt an seine Mutter Margarethe, LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 5, Bl. 81r (1528 September 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 8 Bl. 28r (1529 August 27). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 126r (1527 Dezember 22). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 80/81 (1530 Januar 22). FÖRSTEMANN, Urkundenbuch, Bd. 1, S. 262. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 37r (1529 August 26); ebd., Georg III., Nr. 6, Bl. 99v (1529 August 27). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1372, Bl. 1r (1536 September 3). GRIMM, Wörterbuch, Bd. 17, Sp. 609 f. Vgl. KELLER, Geschichte und Taten, S. 34; SCHULTZ, Deutsches Leben, S. 502 und 540.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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Ketzerei“ nach dem Tode seines Vaters keineswegs dulden oder gar annehmen wolle und dies mit Handschlag bekräftigte, was daraufhin auch sein Bruder Friedrich tat.1830 Margarethe musste allerdings erleben, dass ihr Sohn selbst am Hofe des entschiedenen Luthergegners Georg nicht vor Anhängern der Reformation sicher war. Als Joachim im Oktober 1527 bei ihr weilte, habe er scharf gegen die guten Werke und andere Sachen geredet, weil ihn ein Hofprediger mit seinen Lehren „vergiftet“ hatte. Margarethe redete ihrem Sohn ernsthaft ins Gewissen, bis sich dieser für seine Worte entschuldigte. Damit er sich nicht wieder verleiten ließe, forderte die Mutter seinen Bruder Georg auf, Joachim nochmals schriftlich zu ermahnen.1831 Adlige Hofleute nutzten Joachims Aufenthalt, um ihrerseits Beziehungen zu den Fürsten von Anhalt zu knüpfen. Bereits im Jahr seiner Ankunft wurde er von der Frau des Johann Spiegel von Grune gebeten, die Taufpatenschaft für das von ihr erwartete Kind zu übernehmen.1832 Gebhard von Hoym lieh er seinen Diener Statius, weil er sich gegenüber ihm und seinem Bruder dienstwillig gezeigt hatte.1833 Einige Hofleute baten ihn 1529 um Lachs für die Hochzeitsfeiern ihrer Kinder: Volkmar Kollen und Caspar von Schönberg1834 sowie Bernhard von Schönberg.1835 Dem Letzteren glaubte Joachim den Wunsch nicht abschlagen zu können, weil er bei ihm eyn sunderliche dinstliche zunaigung zw dem anheldischen geschlecht bemerkt habe. Auch Johann von Schönberg empfahl dem Hause Anhalt seine Dienste.1836 Inwieweit sich diese Gefälligkeiten auszahlten, müsste genauer untersucht werden, auf jeden Fall wendete Joachim einiges Geld dafür auf. Nach Meinung der Mutter verbrauchte Joachim am sächsischen Hofe bei weitem zu viel Geld. Bereits im Oktober 1528 hatte sie erwogen, ihren Sohn heimzuholen, was 1830

1831 1832 1833 1834

1835

1836

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 58v (1529 Januar 15): Es hat gestern meyn her, hertzog Hans, under anderem dem edelman, der die botschafft gebracht, disse wort gesaget: Es seynt vil, die es davor halten, wen meyn her vater mit tode abging, das ich alsden die luterisch ketzerey und sect in meynem landt leuden werdt und derselbigen anhengig werden, und darnach mit gegebener hand ym solchs abgesaget, welchs dan so es hertzog Friederich sehen auch gethan. Vgl. hierzu WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 132. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 2, Bl. 114v (1527 Oktober 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. (1527 Oktober 25). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 36r (1529 Januar 10). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 53/54 (1529 Dezember 10). Caspar von Schönberg (1481–1556), wird seit 1526 als Rat des Herzogs Georg von Sachsen genannt, stand aber schon früher in dessen Diensten. Siehe zu ihm FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 296–304. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 62r (1529 April 16). Bernhard von Schönberg hatte den Fürsten Joachim im Januar 1529 nach Dessau begleitet, ebd., Bl. 57r (1529 Januar 22). Bei ihm handelt es sich möglicherweise um einen Bruder des Caspar von Schönberg, FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 2, S. 503. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 67r (1529 Mai 28).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Joachim aber mit dem Hinweis abzuwenden suchte, dass dadurch ein schlechter Eindruck in Dresden hinterlassen würde.1837 Seinen Bruder Georg forderte er auf, dies seiner Mutter deutlich zu machen,1838 und so wurde die Entscheidung über die Abreise noch drei Wochen aufgeschoben.1839 Anfang Dezember 1528 gebrauchte Margarethe erstmals scharfe Worte, um Joachim wegen seines allzu sorglosen Umgangs mit Geld zu tadeln:1840 Es mache sie sehr verdrossen, schrieb sie, dass er sein Geld so leichtfertig und unnütz ausgegeben habe, denn dies richte die anhaltische Herrschaft zu Grunde. Witwengut zu verprassen, müsse er doch wissen, laste schwer auf dem Gewissen, und wer nichts hat, wird zum Gespött der Leute. Warum höre er nur auf diese jungen Schmarotzer, die mit ihm zechen, aber verschwunden sind, wenn es ans Bezahlen geht. Trotz ihres Unmutes schickte sie ihm weiteres Geld und bat ihn noch einmal in sanfterem Ton, ihre Ermahnungen doch zu beherzigen. Sie wüsste, dass ihre Worte ihn zornig machten, aber solange sie lebe, sei es nun einmal ihre Pflicht, Schaden von ihm abzuwenden. Margarethes Angst, ihr Sohn könne zum Gespött der Leute werden, ist überdeutlich spürbar. Joachim beteuerte daraufhin, nicht absichtlich gegen ihr Sparsamkeitsgebot verstoßen, sondern lediglich aus Unwissenheit gehandelt zu haben. Wenn sie in seinen Abrechnungen einen Fehler fände, so würde er diesen sofort abstellen.1841 Da Joachim bei allen größeren Ausgaben auf die Zustimmung der Mutter angewiesen war, wandte er sich mit der Bitte um Geld immer häufiger auch an seinen Bruder Johann.1842 Zum Ende des Jahres 1529 wurde erneut darüber nachgedacht, Joachims kostspieligen Aufenthalt an Herzog Georgs Hof zu beenden,1843 doch wegen des bevorstehenden Weihnachtsfestes und widriger Reisebedingungen verzögerte sich sein Aufbruch ein weiteres Mal.1844 Wiederum beteuerte er, das Geld nicht unnütz auszugeben.1845 Anfang Februar 1530 weilte er für mehrere Tage in Dessau, um seine kranke Mutter zu sehen, kehrte bald aber wieder zu Herzog Georg zurück, denn er begleitete ihn und seine Söhne im Frühjahr nach Nürnberg, von wo aus sie zur herzoglichen Residenz München 1837 1838 1839 1840 1841 1842 1843

1844 1845

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 30r f. (1528 Oktober 14). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 35r (1528 Oktober 15). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 48/49 (1529 Oktober 21). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 5, Bl. 25/26 (1528 Dezember 6). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 22r (1528 Dezember 13). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 19, Bl. 29r f. (1529 Mai 18); Bl. 23r f. (1529 Juli 17); Bl. 25r (1529 Juli 19); ebd., Nr. 2, Bl. 63r (1529 September 19). Sein Bruder Georg forderte ihn Mitte Oktober auf, alle Schulden zu begleichen, damit ihm beim Abschied nichts nachgesagt werden könne. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 35v (1529 Oktober 16). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 38r (1529 Dezember 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 45v (ohne Datum) und Bl. 53r f. (1529 Dezember 10): Wil ich es inforder dermassen anstellen, das e. f. g. sehen sollen, das ich nichts anders dan das nottig und nit tumb gehen auszugeben.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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aufbrachen.1846 Im Juni traf er wieder in Dresden ein, wo ihn die Nachricht vom Tod der Mutter erreichte1847 und er sofort nach Hause zu seinen Brüdern eilte.1848 Zu welchem Zeitpunkt er seinen Aufenthalt in Dresden förmlich beendet hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Noch im Februar 1531 schickte er seinem Bruder Johann aus Dresden den Diener Johann Statius mit wichtigen Nachrichten.1849 Joachims Aufenthalt am Dresdner Hofe hatte eine Bindung zu Herzog Georg von Sachsen geschaffen, die sich in dem Maße löste, in dem Joachim nach dem Tod der Mutter begann, sich der Reformation zuzuwenden. Im Dezember 1532 versuchte Herzog Georg, seinen ehemaligen Zögling in einem Gespräch in Leipzig beim alten Glauben zu halten.1850 In jenem Jahr hatte der anhaltische Hofprediger Peter Rauch Dessau verlassen, und es war an seiner statt der lutherische Prediger Nikolaus Hausmann angenommen worden.1851 Eine eheliche Verbindung zu den Albertinern war durch Joachims Aufenthalt nicht zu Stande gekommen. Er blieb unverheiratet. Anfang der 1550er Jahre forderte ihn Bischof Johann von Lebus (gest. 1555) auf, in den ehelichen Stand zu treten und empfahl ihm eine Herzogin von Braunschweig und Lüneburg, da er von der Tugendhaftigkeit ihrer Familie überzeugt war.1852 Der Aufenthalt Joachims von Anhalt am sächsischen Hof ist nicht ohne Vorbild, wogegen nichts darüber bekannt ist, ob anhaltische Fürsten bereits im 15. Jahrhundert am brandenburgischen Hof erzogen worden sind. Die Beziehungen zwischen Anhaltinern und Hohenzollern reichen zwar weiter zurück, doch was die höfische Erziehung angeht, so haben die Beziehungen zu den Wettinern deutlichere Spuren hinterlassen. Fürst Johann II. von Anhalt (geb. um 1340, gest. zwischen 1380 und 1382) hatte 1380, vor seiner Abreise ins Heilige Land, den Markgrafen Wilhelm I. von Meißen (1343– 1407) zum Vormund seiner Gemahlin und seiner Kinder bestimmt.1853 Nach seinem Tod in der Fremde wurde dieses Vormundschaftsverhältnis 1383 um sechs Jahre verlängert.1854 Ob und in welcher Weise Markgraf Wilhelm auf die Erziehung von Johanns Söhnen Siegmund, Albrecht und Woldemar wirken sollte, ist aus den betreffenden Ur1846

1847 1848 1849 1850 1851 1852 1853 1854

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 2, Bl. 84r (1530 Mai 16). Beim Empfang im Frauenzimmer am 8. Mai hatte auch Fürst Joachim aus der Hand der bayerischen Herzogin einen Kranz mit einem Ring erhalten. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 41/42 (1530 Juli 4). Magister Georg Helt an Fürst Joachim von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 562, Bl. 5 (1530 Juli 4). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 19, Bl. 33 (1531 Februar 4). SCHMIDT, Leben, S. 96–98. Erzbischof Albrecht von Magdeburg an Herzog Georg von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 8497/6, Bl. 26r (1532 Dezember 4); STENZEL, Handbuch, S. 165 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 841, Bl. 18r [zwischen 1551 und 1555]. HEINEMANN, Codex, Teil 5, Nr. 10, S. 11 f. (1380 Juli 25). HEINEMANN, Codex, Teil 5, Nr. 41, S. 36 (1383 Februar 6); POSSE, Urkunden, Bd. 1, Nr. 61, S. 40.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

kunden aber nicht zu erkennen. Erst für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts gibt es ausführlichere Zeugnisse. Siegmund III. von Anhalt (1454–1487), dritter Sohn des Fürsten Georg I. von Anhalt, hielt sich gerade am sächsischen Hof auf, als sein Vater 1474 starb, denn aus diesem Jahre stammt wahrscheinlich der Entwurf eines Schreibens aus der sächsischen Kanzlei an seine Mutter, Anna von Lindow-Ruppin (gest. 1513). Siegmund, so geht daraus hervor, hatte in seiner erschroken nott, womit der Tod des Vaters gemeint sein dürfte, die Erlaubnis bekommen, für einige Zeit zu seiner Mutter zurückzukehren. Falls er sich danach wieder an den sächsischen Hof begeben würde, wollten ihn Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht gern bei sich haben und in all den Dingen unterweisen, die ihm zur Ehre und zum Guten gereichten.1855 Bereits 1472 hatte ihn sein Vater an den sächsischen Hof geschickt, um sich mit den Herzögen zu bereden.1856 Siegmund war zu diesem Zeitpunkt, an dem seine Verbindung nach Sachsen erstmals aufscheint, etwa achtzehn Jahre alt. Aus der Zeit davor gibt es keine Spuren. Erst 1476/1477 erscheint in den Hofrechnungen unter denjenigen Personen, die auf dem Schloss Rochlitz täglich zu speisen waren, „der von Anhalt“ gemeinsam mit den Prinzen Friedrich und Johann, einem Zuchtmeister, zwei Baccalaurei, fünf Edelknaben und einem Kaplan.1857 Wenn es sich bei dem Genannten ebenfalls um Siegmund handelt, dann hielt er sich wahrscheinlich wie nachmals Fürst Joachim von Anhalt als Hofjunker bei den Wettinern auf. Im August 1477 bestand für Siegmund die Aussicht, gemeinsam mit dem sächsischen Ritter Johann von Minkwitz (gest. 1516)1858 in die Dienste des jung vermählten Erzherzogs Maximilian von Österreich zu treten.1859 Später zog er mit Herzog Albrecht von Sachsen ins Heilige Land und starb 1487 ohne männliche Nachkommen.1860 Siegmunds älterer Bruder Woldemar VI. von Anhalt (1450–1508) soll seine Jugend in Weimar verbracht haben, am Hofe des Herzogs Wilhelm III. von Sachsen (1425– 1482), der keine männlichen Erben hatte.1861 Darüber hinaus gibt es keine Nachrichten über seine Bildung und Erziehung.1862 Erkennbar ist nur die Bindung an die Herzöge von Sachsen. 1477 verhandelte er in deren Auftrag mit Erzherzog Maximilian in 1855

1856

1857 1858 1859 1860 1861 1862

SächsHStA Dresden, Loc. 4317, Bl. 55v ([1474], auf der Rückseite eines mit 1473 datierten Entwurfs). Siehe Quellenanhang Nr. 4. Das Schreiben ist erwähnt bei STREICH, Reiseherrschaft, S. 178 mit Anm. 286. Georg II. von Anhalt an die Herzöge Ernst und Albrecht von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 4317, Bl. 128r (1472 Januar 28). Siehe Quellenanhang Nr. 2. Bernhard von Schönberg (gest. 1476) war seit 1466 als sächsischer Rat bestallt und wurde als Marschall bezeichnet, seit 1474 ausdrücklich als Untermarschall. FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. A, S. 151–159. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 481. Siehe zu ihm SCHIRMER, Untersuchungen, S. 363 f. LANGENN, Herzog Albrecht, Beilage Nr. 11, S. 537 (1477). RÖHRICHT/MEISNER, Pilgerreisen, S. 489. BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 139. THOMAS, Fürsten, S. 82.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

289

Gent.1863 Seit seiner Eheschließung mit der thüringischen Grafentochter Margarethe von Schwarzburg im Jahre 1485, die auf Verbindungen zurückgehen könnte, welche er während seines Aufenthalts in Weimar geknüpft hatte, pflegte er enge Beziehungen zu Herzog Johann von Sachsen, der ihn mit seiner Frau im Jahre 1487 zu einem höfischen Fest nach Jena einlud.1864 Ab 1494 befand er sich in Diensten des Herzogs Georg von Sachsen, den er in dessen Hoffarben zum Wormser Reichstag von 1495 begleiten sollte.1865 Ende 1504 wurde er hingegen von Erzbischof Ernst von Magdeburg aufgefordert, in dessen Farben, mit Rüstung und mit Pferden in Halberstadt zu erscheinen, um dem Herzog Heinrich II. von Braunschweig und Lüneburg (1489–1568) das Geleit zu geben.1866 Woldemar diente demnach mehreren Fürsten. Dennoch hatte er Schwierigkeiten, seinen einzigen Sohn Wolfgang (geb. 1492)1867 zur Erziehung an einen fremden Hof zu geben. Wie sonst ist es zu erklären, dass er den knapp achtjährigen Knaben im Sommersemester 1500 an der Universität Leipzig einschreiben ließ?1868 Oder war auch Wolfgang zunächst für den geistlichen Stand vorgesehen? In einer Leichenpredigt auf den Fürsten gibt es Einiges, was darauf hindeuten mag. So wird berichtet, Wolfgang habe sich 1565, ein Jahr vor seinem Tod, an eine bewegende Geschichte erinnert, die ihm seine Mutter in Kindertagen erzählt habe:1869 Ein Freiherr von Sternberg, der am Hofe des Herzogs Wilhelm von Sachsen weilt, kommt am Morgen nach einem rauschenden Fest in den Festsaal und findet den Ort leer und verlassen vor. Der Blumenschmuck ist welk und vertrocknet. Dieser trostlose Anblick führt dem jungen Herrn die Vergänglichkeit irdischer Pracht so sehr vor Augen, dass er beschließt, sich von der Welt abzuwenden und ins Kloster zu gehen. Seine Knappen und Knechte fragt er, ob sie ihm folgen wollen, doch findet sich nur einer von ihnen dazu bereit. Diese Geschichte, die aus Margarethes eigener Jugendzeit stammen könnte und die bekannte geistliche Kritik am Herrscherhof enthält, war durchaus geeignet, Wolfgang auf den geistlichen Stadt vorzubereiten. Mehrere Mitglieder der Fürstenfamilie waren bereits Geistliche geworden oder trugen sich mit dem Gedanken. Wolfgangs Studium in Leipzig scheint aber dennoch nur eine Notlösung gewesen zu sein, nachdem es nicht gelungen war, ihn 1863 1864 1865

1866 1867 1868 1869

PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 2, Nr. 318, S. 320 (1477 August 26) und Nr. 328, S. 328 (1477 Oktober 19). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1376, Bl. 5r (1487 Januar 2). Herzog Georg von Sachsen an Fürst Woldemar von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 21 (1494 September 27). WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 19 f.; JABLONOWSKI, Krise, S. 13. Im Jahre 1496 nahm Woldemar an Georgs Hochzeit in Leipzig teil. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 491. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 915, Bl. 65r (1504 Dezmber 11); JABLONOWSKI, Krise, S. 26. Da Fürst Wolfgang von Anhalt frühzeitig die Sache der Reformation vertrat, ist sein Leben mehrfach beschrieben worden. Siehe zuletzt THOMAS, Wolfgang. ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 435. Ulrich, Vertzeichnis, [Bl. 5v f.]; BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 140; WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 11 f.; DERS., Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 25 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

an einem fremden Hof unterzubringen. Herzog Albrecht von Bayern hatte zu Beginn des Jahres 1500 abgelehnt, Wolfgang und seine Edelknaben an den Münchner Hof zu nehmen, weil sein eigener Sohn noch zu jung für den gelehrten Unterricht sei und es bei Hofe demzufolge noch keinen Lehrer gebe.1870 1505 versuchte Woldemar von Anhalt erneut, seinen Sohn Wolfgang an einem größeren deutschen Fürstenhof unterzubringen. Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg (1463–1514) sollte Wolfgang erneut bei Herzog Albrecht von Bayern und auch bei Kaiser Maximilan für den Hofdienst empfehlen. Die Entwürfe für die betreffenden Schreiben sind durch die anhaltische Seite überliefert und vermutlich in Woldemars Kanzlei entstanden.1871 Der Fürst von Anhalt, heißt es in beiden Schreiben, wolle seinen Sohn an frembde ende zu dienste schicken, damit dieser Tugend und Redlichkeit erleben könne. Beide Male wird versichert, Woldemar wolle seinen Sohn an keinen anderen Hof geben, was bedeutet, dass der Wortlaut des Schreibens mehrfach verwendet worden ist, denn es ist schwerlich vorstellbar, dass der anhaltische Fürst alles auf eine Karte setzte. Um seinen Sohn am kaiserlichen Hof unterzubringen, hatte er im gleichen Jahr die Unterstützung des Herzogs Georg von Sachsen gesucht,1872 zu dessen Hofräten er zählte.1873 Im Empfehlungsschreiben des Herzogs von Braunschweig und Lüneburg heißt es ausdrücklich, er setze sich für Woldemars Anliegen ein, weil sich dieser stets treu und löblich gegen ihn gehalten und weil er bei dessen Sohn Wolfgang ein tugendsames, redliches und gutes Wesen erkannt habe, als dieser bei seinen Söhnen erzogen und unterrichtet worden war. Fürst Wolfgang hat sich also nach seinem Aufenthalt an der Universität Leipzig einige Zeit am Hof in Wolfenbüttel aufgehalten und sollte nun an den kaiserlichen oder den bayrischen Hof vermittelt werden. Beide Bemühungen blieben jedoch ohne Erfolg. Der bayrische Herzog lehnte ein zweites Mal ab und am kaiserlichen Hof konnte offenbar selbst Fürst Rudolf von Anhalt als Feldhauptmann nichts ausrichten. Im Jahre 1506 hielt sich Wolfgang jedenfalls noch immer in Wolfenbüttel auf, da hörte er, dass ein schlesischer Herzog großen Hof halten und guten Sold zahlen

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Bei WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 14 und DERS., Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 24, ist ein Schreiben vom 18. Februar 1500 aus LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Woldemar, angeführt, das nicht mehr aufzufinden war. Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg an Herzog Albrecht IV. von Bayern und Kaiser Maximilian I., LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 220, Bl. 35r ([nach 1504], Entwurf) und Bl. 39 (1505 Januar 13). Siehe Quellenanhang Nr. 10 und 11. WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 18 f., nach einem heute nicht mehr vorhandenen Schreiben. LHASA Dessau, GAR II, Bl. 260, Nr. 43 (1505 August 16?); THOMAS, Wolfgang, S. 98. Es ist außerdem vermutet worden, Wolfgang habe sich einige Zeit an Herzog Georgs Hof aufgehalten, doch gibt es dafür keinen Beleg. Während des Studienaufenthaltes in Leipzig kann es allerdings mehrere Berührungen mit dem albertinischen Hof gegeben haben. SächsHStA Dresden, Kop. 108, Bl. 204v (1503 März 23); GOERLITZ, Staat und Stände, S. 424.

7. Am Hof des Herzogs Georg von Sachsen

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würde, was er sogleich seinem Vater mitteilte, den er um Geld für die Reise bat.1874 Der Vater stimmte zu und wollte seinen Sohn Mitte September abholen. Herzog Heinrich bekundete, dass er Wolfgang weiterhin gewogen bleiben werde und ihn gern länger an seinem Hof gehabt hätte.1875 Hiernach verliert sich die Spur für einige Zeit. 1508 schrieb Wolfgang aus Halle an seine Mutter. Es ist also denkbar, dass er am Hofe des Erzbischofs Ernst von Magdeburg weilte.1876 Ende November desselben Jahres starb Wolfgangs Vater in dem Bewusstsein, dass weite Teile der überschuldeten Herrschaft Köthen an das Magdeburger Erzstift fallen würden.1877 Unter der Vormundschaft seiner Mutter und des Erzbischofs von Madeburg trat Wolfgang die Herrschaft an und suchte forthin enge Anbindung an die Ernestiner. Seine Schwester Margarethe (geb. 1494) heiratete 1513 Herzog Johann von Sachsen, starb aber bereits 1521. Nach ihrem Tod unterhielt der Bruder des sächsischen Kurfürsten weiterhin enge Beziehungen zu seiner Schwiegermutter, die ihre Enkelkinder einige Zeit an ihren Hof nehmen durfte.1878 Wolfgang findet sich seit der Heirat seiner Schwester häufig in der Umgebung seines Schwagers, von dem er eine jährlichen Zuwendung in Höhe von 200 Gulden bekam.1879 1519 weilte er nachweislich am Hof in Weimar,1880 1524 begleitete er den sächsischen Herzog zum Turnier nach Dresden, bei dem er sich neben Johanns Sohn und einem Hermann vom Hofe in besonderer Weise hervortat.1881 Auch 1525 befand er sich mit seinem Gefolge bei Johann.1882 Im November 1517 hatte Wolfgang hingegen an der Hochzeit der hessischen Landgrafentochter Elisabeth mit dem Sohn des Herzogs Georg von Sachsen in Leipzig teilgenommen, welche die Ernestiner wegen ihres Zerwürfnisses mit Elisabeths Mutter nicht besuchten.1883 Im späten 16. Jahrhundert wurde erneut ein anhaltischer Fürst am albertinischen Hof erzogen. Über den Jugendaufenthalt Christians I. von Anhalt (1568–1630) in Dresden sind Aufzeichnungen des Burggrafen Christian von Dohna erhalten.1884 Die mehr als knappen Bemerkungen verraten immerhin, dass der Fürstensohn bereits im Alter von ungefähr sechs Jahren an den Hof kam, sich vor der Kurfürstin Anna gefürchtet habe, 1874 1875 1876 1877 1878 1879 1880 1881 1882 1883 1884

LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 1, Bl. 2r (1506 Mai 24); WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 19; WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 25. Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg an Fürst Woldemar VI. von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 220, Bl. 20r (1506 September 3); WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 19 f. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 2, Bl. 2 (1508 März 11). Vgl. WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 23. WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 21 f.; JABLONOWSKI, Krise, S. 34 f. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1376, Bl. 9r (1523 Oktober 25). FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 41 und 52 (Hofrechnungen für 1514/1515 und 1516/1517). LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 2, Bl. 7r (1519 Januar 14). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1376, Bl. 10r (1524 November 16). LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1376, Bl. 11r (1525 Juli 21). WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 59. M. R., Miscelle 4, S. 100 f. Siehe zur Person: ADB 4, S. 145–150.

292

IV. Höfische Erziehung um 1500

vom Kurfürsten August aber geliebt wurde und seine Zeit vor allem mit ritterlichen Vergnügungen verbrachte. Nach seiner Bewährung im Kampf gegen die Türken, heißt es, habe er zwei Jahre starck getruncken bein Brandenburger hofe. 1586 trat er in den Dienst von Augusts Sohn Christian und soll Trinkgelage fortan gemieden haben.

8.

Am Hof der Herzöge Friedrich III. (1463–1525) und Johann (1468–1532) von Sachsen

Erst an dritter Stelle richtet sich der Blick nunmehr auf den kursächsisch-ernestinischen Hof, der unter den hier betrachteten Höfen um 1500 die größte Ausstrahlungskraft besaß. Das Bemühen um Außenwirkung ist aber genau der Grund, weswegen hier schwerer zum höfischen Alltag vorzudringen ist. Kurfürst Friedrich III., „der Weise“, wurde bereits von Altersgenossen seiner hohen Bildung wegen gelobt, wobei Martin Luther vor allen Dingen den natürlichen Verstand des Kurfürsten hervorhob.1885 Graf Balthasar von Schwarzburg, der Friedrich 1493 zum Heiligen Grab begleitete, soll gesagt haben, dass Friedrich, wenn dieser nicht zum Fürsten geboren worden wäre, allein auf Grund seiner Begabung mindestens Schultheiß in einem Dorf sein müsste.1886 Als einen höchst weisen, klugen und frommen Fürsten rühmte ihn 1522 selbst der päpstliche Nuntius Francesco Chieregati (1479–1539), wie ein sächsischer Gesandter berichtete.1887 Der Geschichtsschreiber Georg Fabricius (1516–1571) betonte später vor allem, der Kurfürst habe nicht allein die Bücher der Geschichtsschreiber, sondern auch der Philosophen gelesen und die Musik überaus geliebt.1888 Auf der Grundlage dieser oder ähnlicher Einschätzungen hat sich die Vorstellung verfestigt, Friedrich sei ein außergewöhnlich gebildeter Fürst gewesen.1889 Ingetraut Ludolphy, die moderne Biographin des Kurfürsten, hat hingegen bezweifelt, dass Friedrich überhaupt eine humanistische Erziehung erhalten habe, wenngleich sein humanistischer Hofschreiber Georg Spalatin versucht hat, diesen Eindruck zu erwecken.1890 Aus Friedrichs Jugendzeit gibt es keine Selbstzeugnisse. Fast alle Nachrichten gehen auf seinen Vertrauten Spalatin zurück. Nachweisen lässt sich allerdings, dass der Kur1885 1886

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1889 1890

Luther, Tischreden, Bd. 6, Nr. 6955, S. 291. Siehe zu Friedrichs Biographie LUDOLPHY, Friedrich, und STEPHAN, Beiträge. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 26; MÜLLER, Annales, S. 56. Vgl. die ähnliche Wendung in Bezug auf Kaiser Maximilian I. bei Grünpeck, Historia, S. 82, bzw. Geschichte, Kap. 23, S. 39. WÜLCKER/VIERCK, Berichte, S. 270 (1522 Dezember 11); REIMERS, Planitz, S. 101. Fabricius, Res Misnicae, S. 23: Fridericus tertius cognomento sapiens, Torgae natus: is paci studuit, et studia amavit, nec historicorum tantum, sed etiam philosophorum libros legit, et musicis vehementer delectatus est Siehe die Nachweise bei STEPHAN, Beiträge, S. 292 f., Anm. 99. LUDOLPHY, Friedrich, S. 45 f.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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fürst in späterer Zeit französisch sprach.1891 1519 bezeichnete er sich außerdem als „Lateiner“, weil er Mängel in der Form eines lateinischen Briefes erkannt hatte. Den entsprechenden Brief ließ er dann aber doch von Spalatin übersetzen.1892 Von seinen Lehrern ist Magister Ulrich Kemmerlin (1446–1519) namentlich bekannt, der nachmals Dechant in Aschaffenburg war. Friedrich blieb ihm zeitlebens verbunden.1893 Kemmerlin soll ihm und dem jüngeren Bruder Johann vor allem Terenz vorgelesen haben, den beide danach auswendig kannten.1894 Dass Terenz in der Fürstenerziehung um 1500 eine wichtige Rolle spielte, ist mehrfach bezeugt,1895 doch ist es dennoch möglich, dass Spalatin hier einen späteren Zustand in die Vergangenheit übertrug. Ebenfalls erst im Nachhinein wurde erzählt, der Kurfürst habe Sprüche von Seneca, Horaz und Terenz auf Zettel geschrieben und sie in seinem Schlafgemach an die Wand geheftet, um sie dann in Gespräche einbringen zu können.1896 Im Alter trat Friedrich in auffälliger Weise als Förderer junger Menschen hervor. Es heißt, er sei ein großer Kinderfreund gewesen: Auf Reisen durch sein Land soll er seinen Wagen halten lassen haben, um spielende Kinder zu beobachten, an die er dann auch Geld austeilen ließ. Ebenso freigiebig zeigte er sich gegenüber den Knaben seiner Hofkantorei, die durch den Schulmeister Magister Konrad von Ruppisch „zur Lehre und Zucht“ gehalten wurden.1897 Diese Fürsorge muss nicht unbedingt darin begründet liegen, dass Friedrich seine eigene Ausbildung für ungenügend hielt,1898 sie erklärt sich zum großen Teil bereits aus seinen Lebensumständen. Er selbst war unverheiratet geblieben. Mit der Freiberger Bürgerstochter Anna Weller von Molsdorf1899 hatte er zwei 1891

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1895 1896 1897 1898 1899

NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 22. Im Jahre 1523 verständigte sich Kurfürst Friedrich mit einem englischen Gesandten, der weder Deutsch noch Latein verstehen konnte, auf Französisch. WÜLCKER/VIRCK, Berichte, S. 428. Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 1, Nr. 229, S. 567 (1519 April 18); KIRN, Friedrich, S. 9; LUDOLPHY, Friedrich, S. 46. Vgl. GRUNDMANN, Litteratus – illitteratus, S. 64. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 22 f. und 46; FIETZ, Prinzenunterricht, S. 4; LUDOLPHY, Friedrich, S. 26; STEPHAN, Beiträge, S. 34 f. MÜLLER, Staats-Cabinet, Eröffnung 2, S. 432: Dieser churfürst zu Sachsen hat auch seine lehr und zuchtmeister allweg ehrlich, gnädiglich und wohl gehalten, und bevor magistrum Ulrich Kemmerlyn, dechant zu Aschaffenburg, der ihm und seinen bruder unter andern Terentium also gelesen hat, daß er und hertzog Johanns immer viel guter sprüche daraus wusten. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 22 und 33; STEPHAN, Beiträge, S. 34, mit Anm. 143, S. 300 f.; LUDOLPHY, Friedrich, S. 45. Siehe oben Anm. 1597; SCHNITZLEIN, Terenz- und Horaz-Handschriften, und allgemein HERRMANN, Terenz in Deutschland. JUGLER, Abhandlung, S. 6 f., mit Berufung auf David Chytraeus (1530–1600), der allerdings erst 1544 nach Wittenberg kam. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 53; KLEEBERG, Spalatins Chronik, S. 30; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 116. So STEPHAN, Beiträge, S. 33 und 169. Siehe zu ihr STEPHAN, Beiträge, S. 90, mit Anm. 500, S. 382–384.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

uneheliche Söhne, Sebastian (gest. vor 1536) und Friedrich (gest. 1540), die er zwar in seinem Testament persönlich bedachte, die von der Herrschaftsnachfolge jedoch ausgeschlossen blieben.1900 Sebastian erhielt eine militärische Ausbildung und zog 1523 als Führer einer Reiterschar gegen die Türken. In seiner Jugend bekam er Französischunterricht und wurde von seinem Vater angehalten, in dieser Sprache zu schreiben, um das Gelernte nicht zu vergessen.1901 1521, während des Wormser Reichstages, stand er unter Aufsicht eines Pater Jacobus.1902 Friedrich, der zweite uneheliche Sohn des Kurfürsten, wurde mit einer Pfründe des Augustinerklosters Lichtenburg versorgt.1903 Fest steht, dass diese beiden Söhne nicht vom Hofe ferngehalten wurden. Im Mai 1522 weilten sie nachweislich bei ihrem Vater auf Schloss Lochau.1904 Der Kurfürst ging mit Sebastian auf die Jagd und tauschte sich mit seinem Bruder über ihn aus.1905 Auch fremde Fürsten erkundigten sich nach dem Befinden der unehelichen Söhne.1906 Ehelos und ohne rechtmäßige Kinder, erfüllte Friedrich seine dynastische Pflicht, indem er für die standesgemäße Erziehung seines Neffen Johann Friedrich sorgte, der einst die Kurwürde erben sollte. Als seinem Bruder am 10. Mai 1521 in Coburg ein weiterer Sohn, Johann Ernst, geboren wurde, wünschte Friedrich diesem ein fröhliches und langes Leben und gab der Hoffnung Ausdruck, der Junge würde zum Wohl des Fürstenhauses in guter Gesundheit aufgezogen.1907 Seine Pflicht erfüllte der Kurfürst ferner dadurch, dass er junge Adlige an seinen Hof nahm und auf den Adel seines Landes erzieherisch wirkte. So soll er einen Ritter belehrt haben, der achtlos durch ein 1900

SCHÖTTGEN/KREYSIG, Nachlese, Teil 11, S. 65–74, hier S. 68 f. (1525 Mai 11); BECKER, FürstenKleeblatt, S. 115 f.; KIRN, Friedrich, S. 16; LUDOLPHY, Friedrich, S. 50–53; STEPHAN, Beiträge, S. 90, mit Anm. 501, S. 384–386. 1901 Georg Spalatin an Veit Warbeck (1517 August 24), MENTZ, Briefe Spalatins, Nr. 2, S. 198; KALKOFF, Wormser Reichstag, S. 260, Anm. 1; HÖß, Französische Sprache; LUDOLPHY, Friedrich, S. 52; STEPHAN, Beiträge, Anm. 501, S. 385. 1902 Kanzler Dr. Gregor Brück an Magister Georg Spalatin, FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 2, Nr. 22, S. 66 bzw. Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 2, Nr. 77, S. 537 (1521 [Anfang April]). 1903 Vgl. KALKOFF, Reichstag, S. 41 f. und DERS., Römischer Prozeß, S. 443–446 und 597–602. 1904 Reg. Bb 1796, Bl. 1; NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, S. 67; STOY, Hoflager, S. 280 f.; LUDOLPHY, Friedrich, S. 51; STEPHAN, Beiträge, Anm. 501, S. 386. 1905 FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 1, Nr. 1, S. 1 f. (1520 August 13). Vgl. LUDOLPHY, Friedrich, S. 52. 1906 Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an seinen Bruder Johann: Er [der Landgraf von Hessen] had auch gancz treulichen nach ewr libe gefraget, des gleichen nach unserm ßone, und gefraget, wan e. l., auch derselbigen ßone gegen Wormis kommen wellen […], FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Abschnitt 1, Nr. 6, S. 4 (1521 Januar 2). MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3, führt diese Stelle als Beleg dafür an, dass Johann Friedrich als gemeinsamer Sohn der beiden Fürstenbrüder gesehen wurde. Da der Landgraf aber ausdrücklich nach Johanns Sohn fragt, muss er sich zuvor nach Friedrichs natürlichem Sohn erkundigt haben. 1907 FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 1, Nr. 15, S. 16 f. (1521 Mai 16); LUDOLPHY, Friedrich, S. 504 f. mit Abb. 16.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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Kornfeld geritten war. Bei Hofe ließ er ihm daraufhin kein Brot vorsetzen, damit jener den Wert des Getreides schätzen lerne.1908 Gemeinsam mit seinem Bruder setzte sich Friedrich im Jahre 1509 dafür ein, dass der böhmische Adlige Siegmund von Sichau in kaiserliche Kriegsdienste käme, „damit er Redlichkeit lernen mochte“. Dazu wurde Fürst Rudolf von Anhalt, der dem Kaiser seit längerem diente, gebeten, diesem jungen Adligen behilflich zu sein, der in dem Bittschreiben als starker und geschickter Mann mit ehrlichem Gemüt bezeichnet wird.1909 Rudolf von Anhalt hatte sich einst selbst an den kaiserlichen Hof begeben um Lob, Ehre und Ruhm zu erwerben, wie er 1486 an seine Mutter Anna schrieb.1910 Ob Siegmunds Vorhaben glückte, ist nicht bekannt. Ab 1517 ist er in den Diensten des Hochmeisters in Preußen zu finden und stirbt 1521 als Söldnerführer in Königsberg.1911 Kurfürst Friedrichs Hof wird von Spalatin als Ort der Erziehung beschrieben, was gewiss keiner Grundlage entbehrt, obwohl die Beschreibung voll des Herrscherlobes ist. Gemeinsam mit einem Hofrat soll der Kurfürst etliche hundert Knaben gezählt haben, die unter ihm und seinem Bruder erzogen wurden.1912 Die von Friedrichs Hofmaler Lucas Cranach dem Älteren um 1510 angefertigten Darstellungen der Heiligen Sippe stellen die fürstliche Familie in einen religiösen Zusammenhang und vermitteln die Vorstellung von einer Verwandtschaft der Reichsfürsten. Gleichzeitig entwerfen sie ein lebendiges Bild von Kindheit und Jugend bei Hofe. Eine frühe Darstellung, noch in Form eines Holzschnitts, zeigt im Vordergrund links einen Lehrer, gekennzeichnet durch sein Rutenbündel, der zwei Knaben das Lesen lehrt. Rechts daneben säugt eine Amme ein Kind, spielt eine Kinderfrau mit einem Kleinkind und beaufsichtigt ein weiterer Erzieher einen lesenden Knaben.1913 In späteren Ausführungen sind die Gesichtszüge des sächsischen Kurfürsten und seines Bruders eindeutig zu erkennen.1914 Es fällt auf, dass derartige Darstellungen um 1515 für die vornehmsten Fürsten im Reich angefertigt wurden, namentlich für Kaiser Maximilian I.1915 und Erzbischof Albrecht von

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Pfefferkorn, Geschichte Thüringens, S. 167. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1395, Bl. 15r (1509 September 10). Wie Anm. 1383. JOACHIM/HUBATSCH, Regesta, Teil 1, Bd. 3, Nr. 21008, S. 120; Grunau, Preussische Chronik, Bd. 2, S. 568; FABER, Taschenbuch, S. 50. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 54. Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 699. Abbildungen bei LIPPMANN, Lucas Cranach, Taf. 36; BOESCH, Kinderleben, Abb. 107, S. 94. Lucas Cranach der Ältere, „Torgauer Altar“ (1509), Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut, Inv.-Nr. 1398; „Sippenaltar“ (um 1510–1512), Wien, Akademie der Bildenden Künste, Inv.-Nr. 542. Bernhard Strigel, „Heilige Sippe“ (nach 1515), Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. 832; OBERMANN, Katalog, S. 133; PROHASKA, Gemäldegalerie, S. 121.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Magdeburg,1916 während sie am Hof der albertinischen Herzöge von Sachsen zu fehlen scheinen. Georg Spalatin war es wiederum, der die Lebensläufe der sächsischen Kurfürsten und Herzöge von Friedrich I. bis zu Johann Friedrich beschrieb.1917 Am ausführlichsten schilderte er dabei das Leben des Herzogs Johann, während er das Leben seines Gönners Friedrich aussparte, wohl weil er für ihn eine eigene Lebensbeschreibung verfasst hatte.1918 Spalatin wusste nur vom Hörensagen und auf der Grundlage schriftlicher Quellen über die Weisheit, Geschicklichkeit und Tugend dieser wettinischen Fürsten zu berichten. Unter denjenigen, die ihm mündliche Auskünfte gaben, war aber immerhin einer, „der von Kindheit auf in der Kammer erzogen ward,“ und von Friedrichs außergewöhnlicher Geduld erzählen konnte.1919 Für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts nennt Spalatin lediglich die Lebensdaten der Mitglieder des Fürstenhauses und schildert einzelne Begebenheiten, wozu er sich mehrmals auf Erinnerungen seines Fürsten beruft. Friedrichs Urgroßvater Friedrich I. wird von Spalatin als Förderer der Wissenschaften und Gründer der Universität Leipzig gelobt;1920 der Vater Ernst für die Tugendhaftigkeit, Wahrheitsliebe und Beständigkeit, die ihn auszeichneten.1921 Aus den entferntesten Ländern hätten ihn Fürsten um Rat gebeten, wie Spalatin von alten Höflingen erfahren haben will.1922 Gleichwohl wird Kurfürst Ernst als ein Herrscher alter Schule beschrieben, um das Neue an Friedrich herauszustellen. Dass Ernst keinerlei Lateinkenntnisse hatte, ist durch einen Zufall allerdings auch urkundlich bezeugt: 1470 öffnete er versehentlich ein päpstliches Schreiben, das an den Bischof von Meißen gerichtet war, weil er anscheinend nicht einmal die Aufschrift lesen konnte. Auf den Irrtum machten ihn erst die Kanzleischreiber aufmerksam, denen er den Brief zu Übersetzung weiterge-

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Lucas Cranach der Ältere (Werkstatt), „Heilige Sippe“ (zwischen 1519 und 1525), Aschaffenburg, Schlossgalerie, Inv.-Nr. 6273; SCHAUERTE, Kardinal, Bd. 1, Kat.-Nr. 70, S. 154–157. Im Vordergrund, fast in der Mitte und unterhalb von Albrechts Wappen, ist ein Knabe zu sehen, der sich durch seine vornehme Kleidung abhebt. Mit seiner rechten Hand weist er auf ein jüngeres Kind, das mit einem Hund spielt. Die Bedeutung dieses Knaben ist bislang ungeklärt, obwohl sie einen Schlüssel für die Entstehung und die Aufgabe des Gemäldes liefern könnte. Spalatin, Vitae; SEELHEIM, Spalatin; FLACH, Spalatin. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 35. Spalatin, Vitae, Sp. 1067: Hic elector, quo erat insurgentes tum literas amore, academiam Lipsiensem condidit et ternis circiter millibus florenorum census annui donavit. Spalatin, Vitae, Sp. 1092: Fuit elector Ernestus princeps antiqua virtute, veritatis studiosissimus miraque constantia. Ohne weiteren Beleg wird Kurfürst Ernst von Sachsen später als ein strenger Mann gekennzeichnet, der durch seine Bildung im Kreis der deutschen Fürsten seiner Zeit herausragte. WEIß, De virtutibus, Bl. 1v; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 123. Spalatin, Vitae, Sp. 1095: Summo quoque ingenio et sapientia praeditus adeoque consilii plenus fuit, ut (quod ex aulicis eius atque domesticis ego Spalatini accepi) ad eum multi principes ex remotissimis terris tanquam ad oraculum confluerent, eiusque consiliis uterentur.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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reicht hatte.1923 Die educatio eines Fürsten erwähnt Spalatin erstmals bei Friedrichs Bruder Johann, wobei er lediglich schreibt, dass dieser zusammen mit seinen Brüdern in der lateinischen Sprache unterwiesen wurde.1924 Am albertinischen Hof gab es zur gleichen Zeit kein derartiges Geschichtsbuch, das geeignet war, den Fürstensöhnen die Taten ihrer Vorväter vor Augen zu führen. Der Chronist Georg Fabricius (gest. 1571) behauptet zwar, eine Lebensbeschreibung des Herzogs Albrecht von Sachsen aus der Feder von dessen Sohn Georg gesehen und benutzt zu haben,1925 tatsächlich erhalten ist aber bloß eine von Herzog Georg in Auftrag gegebene Zusammenstellung von Angaben zum Leben seines Vaters, die Fabricius anscheinend auch benutzt hat.1926 Vermutlich hat es kaum mehr als diese Vorarbeiten zu einer Lebensbeschreibung gegeben. Neben der Cranachwerkstatt in Wittenberg war es vor allem der Chronist Georg Spalatin, der für die Außen- und Nachwirkung des kurfürstlich-sächsischen Hofes unter Friedrich III. sorgte. Heute ist Spalatin vor allem als Sekretär und enger Vertrauter des Kurfürsten bekannt, über den der kursächsische Hof Verbindungen zu Martin Luther unterhielt.1927 An den Hof war Spalatin jedoch als Erzieher des späteren Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen (1503–1554) gekommen. Dessen Mutter, Sophie von Mecklenburg, war knapp zwei Wochen nach der Geburt ihres Sohnes verstorben.1928 Da sie keinerlei erzieherischen Einfluss hatte nehmen können, ist Johann Friedrichs Erziehung als eine „im Wesentlichen männliche“ bezeichnet worden,1929 wenngleich nicht zu übersehen ist, dass der Junge bei Hofe keineswegs aufwuchs, ohne dass Frauen auf ihn eingewirkt hätten. Zu seinem Prinzenhof gehörten die Amme Barbara, ein Kindermädchen und eine weitere Magd.1930 Zu seinen Taufpaten zählte neben dem magdeburgi-

1923 1924 1925 1926 1927

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GERSDORF, Urkundenbuch, Bd. 3, Nr. 1127, S. 190 f. (1470 Januar 4). Wie Anm. 1390. Spalatin, Vitae, Sp. 1103. Siehe Anm. 818. SächsHStA Dresden, Loc. 9603. Bis zum Erscheinen der umfassenden Spalatin-Biographie von Irmgard HÖß sind vor allem Spalatins Verhältnis zu Luther und seine Bedeutung für das Gelingen der Reformation untersucht worden. Daneben wurde sein Bedeutung als Geschichtsschreiber herausgestellt: SEELHEIM, Spalatin; KLEEBERG, Spalatins Chronik, S. 1–7; FLACH, Spalatin, S. 220–230; LUDOLPHY, Friedrich, S. 116–120. Herzog Johann war über den Tod seiner Gemahlin äußerst betrübt, zumal sein Kind krank und noch nicht getauft war. Über seinen Gemütszustand berichtete sein Bruder Erzbischof Ernst von Magdeburg dem Fürsten Magnus von Anhalt, LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 923, Bl. 49r (1503 Juli 16). MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 2. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3, nach ThürHStA Weimar, Reg. Bb. 4185 und 4188. Einer Jungfrau, die bey meym g. jungen hern gewest, zahlte der sächsische Hof im Jahre 1508 Geld für den Eintritt ins Kloster Heudorf bei Apolda, BUCHWALD, Frömmigkeit, S. 71, nach ThürHStA Weimar, Reg. Bb 4198, Bl. 104r.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

schen Hofmeister Heinrich Löser1931 und dem Torgauer Pastor Magister Nikolaus Koberger auch die adlige Witwe Anna Metzsch.1932 Nachdem sein Vater 1513 Margarethe, die Tochter des Fürsten Woldemar von Anhalt, geheiratet hatte, lässt sich Johann Friedrich zusammen mit drei Edelknaben und einem Narren in deren Frauenzimmer nachweisen.1933 Die frühen Kinderjahre verbrachte er nicht nur in Torgau und Lochau, sondern auch in Wittenberg, Altenburg, Weimar, Coburg und anderen sächsischen Residenzorten.1934 Sein erster Prinzenhofmeister war möglicherweise der thüringische Adlige Ernst von Isserstedt,1935 wahrscheinlich aber nur für kurze Zeit, denn im Frühjahr 1514 wird Georg von Kitzscher in diesem Amt genannt, der es damals wiederum an Heinrich von Bünau (gest. um 1529) übergab.1936 Herzog Johann von Sachsen selbst war angeblich am Hof Kaiser Friedrichs III. erzogen worden und hatte sich in den Feldzügen Maximilians gegen Ungarn und Venedig militärisch bewährt.1937 Berichtet wird außerdem, dass ihm seine sechs Edelknaben täglich aus der Bibel vorlesen mussten und er sich bei der Predigt eigenhändig Notizen auf Schreibtafeln machte.1938 Seinen eigenen Kindern hinterließ er 1529 ein politisches Testament, in dem er sie auf das Evangelium verpflichtete.1939 Älteren Darstellungen zufolge soll er seinen Söhnen nicht nur die geschicktesten Lehrer gegeben, sondern selbst die Oberaufsicht über den Unterricht geführt haben. Zweimal im Jahr überprüfte er demnach den Lernerfolg in Gegenwart der Räte und des Kanzlers, teilte Ehrengeschenke aus und mahnte zu Gottesfurcht, Fleiß und Gehorsam.1940 Sein jüngerer Sohn

1931 1932 1933 1934

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SCHOLZ, Residenz, S. 328; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 361. MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 7; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 267; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 40 (Hofrechnung für 1514/1515). Das Weihnachtsfest des Jahres 1514 feierte die herzogliche Familie gemeinsam in Weida, ebd. S. 38. Nach der Geburt seiner Schwester Marie (1515–1583) befand er sich 1516 mit dem Prinzenerzieher Magister Alexius Crossner in Altenburg. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 49 (Hofrechnung für 1515/1516). MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3, nach ThürHStA Weimar, Reg. Bb. 4185 und 4188; SCHIRMER, Staatsfinanzen, S. 359. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 34 (Hofrechnung 1513/1514) und S. 63 (Quatemberrechnung 1513– 1515). Siehe zu Heinrich von Bünau und Georg von Kitzscher: SCHIRMER, Untersuchungen, S. 351 und 358. BECKMANN, Historie, Teil 5, S. 140; JAGEMANN, Lebensbeschreibung, § 2, S. 4 und § 8, S. 8 f.; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 124–128. Luther, Tischreden, Bd. 6, Nr. 6959, S. 293. JAGEMANN, Lebensbeschreibung, § 14, S. 15 f. (1529 August 24); BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 134. BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 131 f.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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Johann Ernst schrieb ihm tatsächlich eine lateinische Epistel, um ihm seine Lernfortschritte anzuzeigen.1941 Um die Ausbildung des jungen Johann Friedrich kümmerte sich Herzog Johann gemeinsam mit seinem Bruder, dem Kurfürsten. Bereits in der Wahl des Doppelnamens wurde ein Ausdruck dafür gesehen, dass der künftige Erbe der sächsischen Kurwürde sozusagen zwei Väter hatte.1942 Wenn der Kurfürst seinen Neffen als Sohn bezeichnete, so lag dies allerdings auch darin begründet, dass er dessen Taufpatenschaft übernommen hatte.1943 Früh sorgte der kursächsische Hof für die herrschaftliche Darstellung des Kurprinzen. Ein auf das Jahr 1506 datierter Holzschnitt des älteren Cranach zeigt einen prächtig gekleideten Knaben, der vor dem Hintergrund der Veste Coburg auf einem kleinwüchsigen Pferd reitet.1944 Auch wenn die auf dem Blatt angebrachten kursächsischen Wappen vornehmlich dazu dienten, Cranach als Hofmaler auszuweisen, ist anzunehmen, dass es sich bei dem Dargestellten um einen sächsischen Prinzen handelt. Der Vergleich mit späteren Bildnissen legt nahe, in dem Knaben den Kurprinzen Johann Friedrich von Sachsen zu erkennen, dessen Vater Coburg im Jahre 1499 als Residenz gewählt hatte. Allerdings war Johann Friedrich 1506 erst drei Jahre alt, während der Junge auf dem Holzschnitt etwas älter zu sein scheint. In dem reitenden Knaben haben einige Kunsthistoriker daher den damals achtjährigen Herzog Johann, den ältesten Sohn des Herzogs Georg von Sachsen, erkennen wollen.1945 Wenn Cranach aber den Auftrag hatte, den jungen Johann Friedrich als künftigen Erben der sächsischen Kurwürde in herrschaftlicher Pose abzubilden, wofür sich Darstellungen zu Pferde bewährt hatten, dann war eine Veränderung des Alters sicher zulässig, zumal es Cranach durchaus gelungen ist, kindliches Wesen und repräsentatives Bildanliegen in Einklang zu bringen.1946 Anfang 1508 kam der fünfjährige Johann Friedrich nach Wittenberg, worüber der kursächsische Hofpoet Georgius Daripinus Sibutus (gest. nach 1528) ein lateinisches Lobgedicht verfasste.1947 Mit Sicherheit hat der Kurprinz zu diesem Zeitpunkt 1941 1942 1943 1944

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Luther, Tischreden, Bd. 3, Nr. 3265b und 3266, S. 240 f. (1532, Sommer); BECKER, FürstenKleeblatt, S. 133. Euricius Cordus, Epigrammata, Buch 6, S. 185; SCHUCHARDT, Lucas Cranach, Teil 2, S. 305; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 2. Vgl. FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, S. 5, Anm. 1. Coburg, Veste Coburg, Kunstsammlungen I,45,111; auch in München, Kupferstichkabinett, B 116, und Gotha, Schlossmuseum, Inv.-Nr. G 43, 58. KOEPPLIN/FALK, Cranach, Bd. 1, Nr. 20, S. 68 und Bd. 2, S. 596 f.; ANDERSSON/TALBOT, Prints, Kat.-Nr. 119; Gotteswort und Menschenbild, Kat.-Nr. 2.34; HENKER, Herzogtum, Kat.-Nr. 5.33a, S. 278 f.; ENTERLEIN/NAGEL, Darstellungen Johann Friedrichs, Kat.-Nr. 3.1., S. 188. Siehe Abb. 17, S. 333. LINDAU, Lucas Cranach, S. 44; FÖHL, Veste Coburg, S. 20; KOEPPLIN, Zwei Fürstenbildnisse, S. 33, Anm. 36. HENKER, Herzogtum, S. 279. Ad illustrissimum Saxoniae principem, magnificentissimi ducis Ioannis filium, pro primo suo adventu in urbem Albiorenam […] carmen et deprecatorium pro prospera valetudine, Wittenberg 1508.

300

IV. Höfische Erziehung um 1500

noch nicht die Universität besucht, sondern sich am Hofe aufgehalten. Das Lobgedicht ist vor allem als ein Ausdruck der großen Hoffnungen zu verstehen, die der Kurfürst in seinen Neffen setzte. Es wird angenommen, dass Kurfürst Friedrich im Sommer 1508 den Gothaer Humanisten Konrad Muth alias Mutianus Rufus (1470–1526) auffordern ließ, einen geeigneten Lehrer für den damals sechsjährigen Johann Friedrich vorzuschlagen. Eine solche Nachfrage könnte als gezielte Suche nach einem humanistisch gebildeten Prinzenerzieher gewertet werden,1948 lässt sich allerdings nicht belegen. Erhalten ist nur ein Brief, in dem Mutian seine Freude darüber ausdrückt, dass der von ihm ins Rennen geschickte Bewerber Erfolg hatte.1949 Der Gelehrte scheint demnach den größeren Drang gehabt zu haben, gerade seinen Schützling an den Hof zu bringen. Zugute kamen ihm dabei seine hervorragenden Verbindungen, denn mit dem Kanzler Doktor Johann Biermost war er seit der gemeinsamen Studienzeit in Erfurt befreundet. Mehrfach war er als Berater in wissenschaftlichen Fragen herangezogen worden.1950 Nun empfahl er dem Kurfürsten also seinen Schüler Georg Spalatin, der zwar eine gründliche humanistische Bildung besaß, dem die Welt des Hofes jedoch völlig fremd war. Der unehelich geborene Gelehrte war zunächst in der Schule des Nikolaistifts seiner Heimatstadt Spalt unterrichtet worden. Danach hatte er die Lateinschule bei St. Sebald in Nürnberg besucht, die gerade erst nach humanistischen Vorstellungen ausgerichtet worden war und die er 1497 verließ, um seine Studien an der Lateinschule in Erfurt fortzusetzen. 1498 schrieb er sich an der dortigen Universität ein, wahrscheinlich für ein Studium der Rechte, und fand bald Anschluss an den Humanisten Nikolaus Marschalk (gest. 1525), mit dem er 1502 an die soeben eröffnete Universität Wittenberg wechselte. Nach dem Erwerb des Magistergrades kehrte er nach Erfurt zurück und traf 1504 durch die Empfehlung Marschalks erstmals mit Mutian in Gotha zusammen, dem er bald freundschaftlich verbunden war und mit dem er später in regem Briefwechsel stand.1951 Spalatin war, wie dieser kurze Abriss zeigt, in ein Netzwerk humanistischer Gelehrter eingebunden und hatte Beziehungen zu derjenigen Universität, die der sächsische Kurfürst gegründet hatte. Was aber befähigte ihn, Lehrer des sächsischen Kurprinzen zu werden? Mit der Kindererziehung war er zuerst in Berührung gekommen, als er die Stelle des Hauslehrers für die beiden Söhne des kurmainzischen Vicedominus Gerlach von der Marthen (gest. 1539) angenommen hatte, die er jedoch schnell wieder aufgab. Durch Vermittlung seines Gothaer Förderers gelangte er 1505 auf die Stelle eines Novi1948 1949 1950 1951

MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3; HÖß, Spalatin, S. 39. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 105, S. 147 f. (1508 [kurz vor September 29]). HÖß, Spalatin, S. 40 f. GILLERT, Briefwechsel, S. XX f.; KIRN, Friedrich, S. 32; FRIEDENSBURG, Universität Wittenberg, S. 6; HÖß, Spalatin, S. 38. Diese Begegenung erwähnte Mutian in einem Brief an den Straßburger Rechtsgelehrten Dr. Thomas Wolff (1475–1509). GILLERT, Briefwechsel, Nr. 640, S. 332 f. (1504 Dezember 30). Siehe auch KRAPP, Erfurter Mutiankreis; KALKOFF, Humanismus.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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zenlehrers im Kloster Georgenthal bei Gotha, wo er zusätzlich die Klosterbibliothek beaufsichtigte. Die ihm angebotene Stadtschreiberstelle in Zwickau hatte er zuvor ausgeschlagen. Auch wenn er 1507 zum öffentlichen Notar ernannt wurde, womit seine juristischen Fähigkeiten auch ohne akademischen Abschluss anerkannt wurden,1952 strebte er offenbar nach einem geistlichen Amt. Noch im selben Jahr nahm er eine Pfarrstelle in Hohenkirchen bei Gotha an und wurde 1508 zum Priester geweiht. Als ihm die Stelle des Prinzenerziehers in Aussicht gestellt wurde, zögerte er, da ihm das Leben als Höfling wenig reizvoll schien. Bei Mutian rief dieses Zögern einigen Unmut hervor.1953 Ende des Jahres 1508 stellte Spalatin sich schließlich bei Hofe vor und wurde aus der Zahl der übrigen Bewerber ausgewählt, angeblich weil seine Lehrmethoden den Kurfürsten und seinen Bruder besonders überzeugt hatten. So stellte es Mutian gegenüber Herebord von der Marthen dar, der Spalatins Nachfolge im Kloster Georgenthal antreten sollte.1954 Mutian war sichtlich erfreut, dass sein Schützling das Rennen gemacht hatte, und konnte dies als Beweis für die Richtigkeit seiner Auffassungen werten. Spalatin wird bei seinem Auftritt keinen schlechten Eindruck hinterlassen haben, aber ohne die Fürsprache des Kanzlers Biermost wäre er wohl kaum angenommen worden. Gegenüber seinem Studienfreund Mutian soll der Kanzler Spalatins Fähigkeiten und Lebenswandel gelobt und berichtet haben, wie sehr die Fürsten und der ganze Hof diese bewunderten.1955 Obwohl es ihn nicht an den Hof gedrängt hatte, war Georg Spalatin für ein Jahresgehalt von 20 Gulden eingestellt worden, um den jungen Johann Friedrich und einige gleichaltrige Adlige zu unterrichten.1956 Der regelmäßige Unterricht begann im Januar 1509,1957 doch ist der Lehrstoff ebenso wenig bekannt wie die Namen der adligen Mitschüler. In einem Schreiben Mutians ist nur die Rede davon, dass es sechs an der Zahl waren und dass sie aus den vornehmsten Adelsgeschlechtern stammten.1958 Offenbar wechselten sie ziemlich rasch, denn bereits 1511 kam Wolfgang von Hirschfeld an den

1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958

Vgl. HÖß, Spalatin, S. 38 f. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 106 f., S. 148–150 (1508 [um September 29]); HÖß, Spalatin, S. 39. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 105, S. 147 f. (1508 [kurz vor September 29]); HÖß, Spalatin, S. 40 f. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 119, S. 164 f. ([1509] Januar 17); HÖß, Spalatin, S. 42 f. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 105, S. 147 f. (1508 [kurz vor September 29]). Vgl. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 3 ff.; HÖß, Spalatin, S. 40. BERBIG, Spalatiniana, S. 18 und 53; HÖß, Spalatin, S. 42. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 105, S. 147 (1508 [kurz vor September 29]): Sunt in eodem ludo sex, quos nominat, prime nobilitatis abcdarii pusiones, qui cum principe tenerrimo educantur et instituuntur. NEUDECKER/PRELLER, Spalatin’s Nachlaß, Bd. 1, S. 53; LINDAU, Lucas Cranach, S. 100 f.; HÖß, Spalatin, S. 40. In den erhaltenen Hofrechnungen der Jahre 1513 bis 1518 sind nur die Knaben des Herzogs Johann von Sachsen verzeichnet. Erwähnt sind Heinrich von Bünau, die jungen Herren von Lindenau, Nothhafft, Pflug, Spiegel, Trotha und Weißenbach sowie je ein Knabe aus Bayern und Königsberg. FÖRSTEMANN, Auszüge, S. 75.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Hof, um gemeinsam mit dem Kurprinzen erzogen zu werden.1959 In den späteren Jahren seiner Erziehung verbrachte der Kurprinz viel Zeit mit den Hofjunkern Heinrich und Günther von Bünau, Nikolaus vom Ende und Wolfgang von Raschau und Rotha.1960 Wenig wahrscheinlich ist, dass der Kurprinz gemeinsam mit den unehelichen Söhnen seines Onkels unterrichtet wurde,1961 auch wenn Spalatin 1513/1514 tatsächlich damit betraut wurde, die Studien Sebastians von Jessen zu leiten.1962 Die Aufnahme des gelehrten Unterrichts durch den sächsischen Kurprinzen, der unica spes patriae,1963 im Jahre 1509 bot wiederum den Anlass, Bildnisse in Auftrag zu geben. Auf das Jahr 1509 ist sowohl ein Porträtdiptychon datiert, das links den Herzog Johann und rechts seinen Sohn zeigt,1964 als auch ein Bildnis des Prinzenerziehers Georg Spalatin.1965 Dieser diente allerdings nur kurze Zeit als Lehrer des Kurprinzen. Spätere Geschichtsschreiber schätzten ein, er habe „zu viele Ernsthaftigkeit aus dem Closter mit an den Hof gebracht“,1966 während zeitgenössische Stimmen darauf hindeuten, dass es ihm offenbar nicht gelang, den Lernstoff kindgerecht zu vermitteln.1967 Die Rede ist auch von Spannungen mit dem Prinzenhofmeister Ernst von Isserstedt, der Spalatin vorgesetzt war und die adligen Zöglinge in den ritterlichen Künsten unter1959

1960 1961

1962 1963 1964

1965 1966 1967

Wolfgangs älterer Bruder Bernhard (1490–1551) war 1503 Edelknabe des Herzogs Friedrich III. und bereits 1510 Kämmerer geworden. Sein jüngerer Bruder Johann (1504–1538) ließ sich 1511 gemeinsam mit den Herzögen von Braunschweig und Lüneburg an der Universität Wittenberg einschreiben. HIRSCHFELD, Beziehungen, S. 153 f. und 310; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 4. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 4296, Bl. 2v; 4297, Bl. 2v; 4318, Bl. 2v; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 12. Dagegen wandte sich bereits MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 13 f. Es ist vermutet worden, dass Sebastian und Friedrich mit den Knaben identisch sind, die 1506 bis 1511 auf Schloss Leuchtenburg erzogen wurden. GURLITT, Johannes Walter, S. 29, Anm. 1; STEPHAN, Beiträge, Anm. 501, S. 384. Vgl. BUCHWALD, Kleine Notizen, S. 193; HÖß, Spalatin, S. 70 f.; DIES., Spalatins Bedeutung, S. 107. Als unica spes patriae wurde Johann Friedrich von Mutian bezeichnet, GILLERT, Briefwechsel, Nr. 179, S. 253 [um 1510]. KOEPPLIN/FALK, Cranach, Bd. 2, Nr. 596 und 597, S. 683; KOEPPLIN, Zwei Fürstenbildnisse; FRIEDLÄNDER/ROSENBERG/SCHWARTZ, Cranach, Nr. 19, S. 71; DÜLBERG, Privatporträts, Kat.-Nr. 40, S. 81 mit Taf. 189, Nr. 450. Siehe Abb. 16, S. 333. FRIEDLÄNDER/ROSENBERG, Cranach, Nr. 23, S. 33; SANDER, Identifizierung, S. 45–48; FRIEDLÄNDER/ROSENBERG/SCHWARTZ, Cranach, Nr. 24, S. 73. MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 12. Mutian an Heinrich Urban, GILLERT, Briefwechsel, Nr. 179, S. 253 [um 1510]; Christoph Scheurl an Georg Spalatin, SODEN/KNAAKE, Scheurl’s Briefbuch, Bd. 1, Nr. 55, S. 80 (1511 Oktober 21): Quod igitur ex altera epistola tua subduco quodque etiam fama didici, te Luneburgensis praeceptorem designatum, posteaquam constat nostrum regulum tuae eruditionis per aetatem nondum capacem, gaudeo et vehementer laetor. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 4 f.; HÖß, Spalatin, S. 43 und 61; BAUER, Johann Friedrich, S. 11. BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 270, meint, Spalatin sei gegenüber seinen Zöglingen mürrisch gewesen, weil er zu jener Zeit bei schwacher Gesundheit war.

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wies.1968 Was das Verhältnis von körperlicher und geistiger Ausbildung bei Hofe anging, waren beide offenbar gegensätzlicher Auffassung. Gegenüber Mutian klagte Spalatin darüber, dass seine Zöglinge die ritterlichen Übungen dem gelehrten Unterricht vorziehen würden.1969 Er fing an zu bereuen, an den Hof gegangen zu sein, wo er sich wie in der Verbannung fühlte.1970 Damit er ausharrte, sandte ihm sein Förderer nicht nur aufmunternde Verse, sondern las, um fachlichen Rat geben zu können, selbst Bücher über die Kindererziehung und machte sich ein Bild von den Verhältnissen bei Hofe.1971 Das Hofleben und die Unterrichtung des jungen Kurprinzen bereiteten Spalatin sichtlich Schwierigkeiten, dennoch zeigte Johann Friedrich eine lebenslange Verehrung für seinen Lehrer, und auch die Gunst des Kurfürsten verlor Spalatin zu keiner Zeit.1972 1511 wurde er mit einem Kanonikat am Altenburger Georgenstift versorgt, nachdem er im Jahr zuvor den Auftrag erhalten hatte, eine sächsische Chronik zu verfassen. Im Winter 1511/1512 bekam er wiederum eine Aufgabe als Erzieher übertragen, als er zum Mentor der Herzöge Otto (1495–1549) und Ernst (1497–1546) von Braunschweig und Lüneburg bestellt wurde, die sich mit ihrem Präzeptor, Magister Egbert Nithard aus Minden, und jeweils drei adligen Gefährten an der Universität Wittenberg eingeschrieben hatten.1973 Beide waren ebenfalls Neffen des Kurfürsten, der auf ihre Ausbildung Einfluss nahm, indem er ihnen einen neuen Präzeptor zuwies.1974 Spalatin soll dem Kurfürsten vorgeschlagen haben, Nithard mit der Erziehung des Kurprinzen zu betrauen.1975 Beide hätten, wenn diese Nachricht stimmt, die Plätze tauschen sollen, damit der eine akademischen und der andere höfischen Unterricht erteilen konnte. Tatsächlich aber wurde für den Kurprinzen ein anderer Erzieher gefunden, während Spalatin und Nithard gemeinsam und offenbar recht einvernehmlich die Studien der Welfenherzöge beaufsichtigten.1976 Wenn Spalatin die beiden Prinzen als wesentlich im hoff des Kurfürsten bezeichnete,1977 macht dies deutlich, wie eng diese fürstlichen „Studenten“, die selbstverständlich im Wittenberger Schloss wohnten,1978 an den kurfürstlichen Hof 1968 1969 1970

1971 1972 1973

1974 1975 1976 1977 1978

HÖß, Spalatin, S. 43 f. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 122, 123 oder 156. Mutian an Herebord von der Marthen, GILLERT, Briefwechsel, Nr. 123, S. 174 (1509 [Mai]): Castigavi falsam illius opinionem de eo, quod aulam exilio, tanquam aut relegatus aut deportatus esset, temere comparaverat. Vgl. HÖß, Spalatin, S. 44 f. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 4; HÖß, Spalatin, S. 45. Siehe Anm. 1990. BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 270. FÖRSTEMANN, Matrikel, S. 38. Die Gefährten waren Johann von Hirschfeld, Thedelo von Hanstedt und Hugold Pflug bzw. Heinrich von Lindenau, Hektor von Hersbruck und Heinrich Appolonius von Hohenkirchen. Vgl. HIRSCHFELD, Beziehungen, S. 310; WREDE, Ernst der Bekenner, S. 6 f.; HÖß, Spalatin, S. 61. So die Deutung von HÖß, Spalatin, S. 60. MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 15. HÖß, Spalatin, S. 62. Spalatin, Dissertatio, Sp. 2145 (zum Jahre 1512). HÖß, Spalatin, S. 62.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

gebunden waren. Ihr Lehrer scheint bei ihnen und ihren adligen Gefährten einiges Ansehen genossen zu haben,1979 so dass er diesmal Erfüllung in seiner Aufgabe fand. Gleichzeitig war er damit betraut, Bücher für die Schlossbibliothek zu erwerben, die allen Lehrern und Schülern der Wittenberger Universität zugänglich sein sollten.1980 Spalatin wurde zwar als Prinzenlehrer an den kursächsischen Hof gerufen, doch bot sich ihm dort sogleich ein viel breiteres Betätigungsfeld: als Geistlicher, Geheimsekretär, Geschichtsschreiber, Bibliothekar und Archivar. Von Anfang an fertigte er Übersetzungen für die kurfürstliche Kanzlei an.1981 Im Auftrag des Kurfürsten übertrug er die „Institutio Principis Christiani“ ins Deutsche, die 1521 im Druck erschien.1982 Dem Kurfürsten war er überaus nützlich, weil er für die verschiedensten Aufgaben herangezogen werden konnte. Seine Stellung ist vergleichbar mit derjenigen, die Johannes Aventinus am Hof der Herzöge von Bayern einnahm.1983 Mit Aventin stand Kurfürst Friedrich im Briefwechsel, nachdem er Spalatin mit der Abfassung einer sächsischen Chronik beauftragt hatte;1984 und Spalatin selbst war Aventin freundschaftlich verbunden.1985 Nach Spalatins Ablösung wurde der Unterricht des sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich von 1512 bis 1519 durch Magister Alexius Crossner (um 1490–1534) geleitet. Der Sohn eines wohlhabenden Bürgers aus Colditz hatte ab 1504 in Leipzig studiert und sich im Juni 1512 in Wittenberg eingeschrieben.1986 Ab 1516 war er Kanoniker am Georgenstift in Altenburg, wo er auch starb, nachdem er zwischenzeitlich Hofprediger bei Herzog Georg von Sachsen gewesen war.1987 Bevor er an den kursächsischen Hof kam, hatte er in Leipzig bereits die Studien des nachmaligen Naumburger Bischofs 1979

1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986

1987

Mutian an Heinrich Urban, GILLERT, Briefwechsel, Nr. 234, S. 312 [1512]; Johann von Hirschfeld, ein ehemaliger Schüler, an Georg Spalatin, ThürHStA Weimar, Reg. O 91, Bl. 4 (1530 Juli 26); HÖß, Spalatin, S. 62. HILDEBRANDT, Schloß- und Universitätsbibliothek, S. 38–40 und S. 182. GILLERT, Briefwechsel, Nr. 119, S. 165 ([1509] Januar 17) und Nr. 122, S. 169 (1509 [Mai]). Georg Spalatin, Die unterweysung aines frummen und christlichen fürsten, Augsburg 1521; VOLZ, Bibliographie, Nr. 19, S. 100. Siehe dazu HERDING, Deutsche Gestalt. Vgl. Aventin, Annales, Nachwort S. 548. Aventins Briefwechsel, Nr. 2–4, S. 634–637 (1514 Februar 26, August 16 und Oktober 4); HÖß, Spalatin, S. 72. Leider sind nur zwei Briefe Aventins an Spalatin erhalten, Aventins Briefwechsel, Nr. 5, S. 637 (1515 Februar 25) und Nr. 15, S. 649 (1529 September 12). ERLER, Matrikel, Bd. 1, S. 460 und Bd. 2, S. 418 und 452; FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 41 (1512 Juni 3); ADB 4, S. 252; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 7–12; CLEMEN, Alexius Chrosner, S. 1 f. Spalatin, Annales, Sp. 592; KLEEBERG, Spalatins Chronik, S. 16; CLEMEN, Helts Briefwechsel, S. 98. Die Stelle des Hofpredigers war ihm im Juni 1524 von Herzog Georg angetragen worden. Crossner hatte sie nach Rücksprache mit Spalatin angenommen, im November 1527 aber aufgeben müssen. Siehe dazu ausführlich CLEMEN, Alexius Chrosner. Im Februar 1530 heiratete Crossner in Altenburg. BUCHWALD, Kleine Notizen, S. 96.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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Julius Pflug (1499–1564) geleitet.1988 Was seine Tätigkeit als Prinzenerzieher angeht, heißt es, er sei gegenüber Johann Friedrich und dessen Mitschülern zu nachsichtig gewesen, ohne dass zu ersehen wäre, worauf sich diese Einschätzung stützt.1989 Herzog Johann Friedrich mochte ihn anscheinend weniger leiden als Spalatin,1990 während Herzog Johann ihm bereits kurz nach der Übernahme seiner Aufgabe ein lebenslanges Jahresgehalt verschrieb.1991 Auch Crossner hatte einen Gehilfen zur Seite, bei dem es sich nachweislich um Baccalaureus Sebastian Buchsbaum aus Leisnig handelte, der seit Winter 1505 in Leipzig studiert und dort vier Jahre später seinen akademischen Grad erworben hatte.1992 Einen seltenen Einblick in den Unterrichtsalltag bietet das Schreibbuch des Kurprinzen, das dieser 1513 im Alter von zehn Jahren anlegte.1993 Eingetragen sind hierin unter anderem das griechische Alphabet, eine Sammlung von deutsch-lateinischen Sprüchen, die sowohl von Griechen und Römern als auch von Kirchenvätern und Humanisten stammen, eine Abhandlung über das Leben des Terenz und 33 Fabeln Äsops in der lateinischen Übersetzung des Lorenzo Valla (gest. 1457). Den Abschluss bildet das lateinische Bekenntnis des Prinzen. Unter Crossners Leitung wurde der Kurprinz demnach an klassische und theologische Schriften herangeführt und erwarb Kenntnisse des Lateinischen und Griechischen. Diesen Unterricht scheint er allerdings als Qual empfunden zu haben.1994 Seine Söhne ermahnte Johann Friedrich später freilich, die lateinische Sprache zu erlernen und zu behalten. Hätte er in seiner Jugend gewusst, wie

1988 1989 1990

1991

1992 1993

1994

CLEMEN, Alexius Chrosner, S. 1. SAGITTARIUS, Vita, facta et fata, S. 6: Quod aliquanto [!] liberiorem vitam indulserit. MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 18; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 270. Aurifaber, Tischreden, Bl. 485v: Hätte man mir M. Spalatinum gelassen, so sollte es nicht noth haben, aber M. Colditius hat sich ubel um mich verdienet. Vgl. Luther, Tischreden, Bd. 3, Nr. 3265b und 3266, S. 240 f. VETTER, Geschichte, S. 141, führt dieses Urteil auf die Belastung des Verhältnisses nach 1530 zurück. VETTER, Geschichte, Nr. 1, S. 142 (1514 Dezember 21). Obwohl auf Lebenszeit verschrieben, sollte ihm dieses Jahresgehalt in Höhe von 52 Gulden nur solange zustehen bis er mit einem Kanonikat in Altenburg versorgt werden würde, was 1516 eintrat. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 10; CLEMEN, Alexius Chrosner, S. 2, Anm. 2; ERLER, Matrikel, Bd. 2, S. 418 und S. 452. HAAB Weimar, Sign. Q 13d: Liber illustrissimi principis et domini, domini Joannis Friderici Saxonie ducis, lantgravii Duringie et marchionis Misne. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 7–9; BAUER, Johann Friedrich, S. 11 f.; DERS., Kurfürst, S. 173 f.; MARX/KLUTH, Glaube und Macht, Kat.-Nr. 67, S. 74 f. Das Buch ist bereits benutzt worden von MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 18, der S. 35–38 auch die darin enthaltenen lateinischen Stücke des Alexius Crossner abgedruckt hat. Aurifaber, Tischreden, Bl. 485v: Hans Friedrich pflegte imerdar zu sagen, die jugend könnte jetzt leichtlich gelert werden, da wir mit den casualibus und temporalibus nicht haben könd hinkommen, damit hat man uns gemartert. Vgl. Luther, Tischreden, Bd. 6, Nr. 3265b und 3266, S. 240 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

wichtig diese Sprache ist, um auf den Reichstagen mit fremden Herren zu verhandeln, hätte er fleißiger gelernt.1995 Als Alexius Crossner im September 1519 seinen Abschied als Erzieher nahm, wurden alle lateinischen und deutschen Bücher verzeichnet, die der Kurprinz zu diesem Zeitpunkt besaß und deren Anschaffung hauptsächlich auf Crossner zurückzuführen sein dürfte.1996 Aufgelistet sind darunter zwei Schreibbücher, wobei unklar bleibt, welches davon das eben vorgestellte bezeichnet. Unter den insgesamt neunzehn lateinischen Büchern finden sich neben einer Bibel und theologischen Schriften zwei Ausgaben des Terenz und andere Briefliteratur, der Fürstenspiegel des Erasmus, zwei neuere Grammatikbücher1997 sowie ein von Crossner selbst erstelltes Regelwerk der lateinischen und griechischen Sprache. Letzteres zeigt, dass der altsprachliche Unterricht nach neuesten Grundsätzen durchgeführt wurde, wie in der Bibliothek des jungen Fürsten überhaupt humanistische Werke überwogen. Unter den deutschen Büchern des Kurprinzen gibt es eine Fürstenregel, verschiedene Bücher erbaulichen und theologischen Inhalts, die meisten davon bebildert, mehrere Schriften Luthers, aber auch deutsche Ausgaben der Briefe des Terenz, der Geschichtsbücher des Livius1998 und der Kriegskunst des Vegetius, außerdem ein Fechtbüchlein, ein Heldenbuch und eine türkische Chronik.1999 Im theoretischen Teil, so lässt sich schließen, gründete sich auch die ritterliche Ausbildung Johann Friedrichs auf klassische Werke, wurde aber um Inhalte von gegenwärtiger Bedeutung ergänzt. Auf der Grundlage der Türkenchronik dürfte der Kurprinz auf den Abwehrkampf gegen die Osmanen vorbereitet worden sein, der seine Zeitgenossen in Atem hielt. Gleichzeitig ließ sich dieser Kampf leicht in die Tradition des Heidenkampfes einordnen, der vielen Adelsgenerationen Gelegenheit zur Bewährung geboten hatte. Was den Erfolg der Erziehung angeht, so hob Martin Luther besonders hervor, dass der Herzog und spätere Kurfürst sich zu beherrschen gelernt hatte, obwohl er von Natur 1995 1996

1997

1998 1999

Auszug bei BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 1, S. 7 f. Anm. 17 (1546 März 19); MÜLLER, Unterrichtspläne, S. 246; NEUDECKER, Geschichte Ratzeberger’s, S. 275. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. D 148, Bl. 5v–6v. Gedruckt bei MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, Aktenstück Nr. 1, S. 95 f. (1519 [September 29]). Vgl. BAUER, Johann Friedrich, S. 16 und 20; DERS., Kurfürst, S. 174–176. Noch unter Spalatin waren für den Kurprinzen im Jahre 1511 ein „Seelengärtlein“ und weitere lateinische Bücher angeschafft worden. ThürHStA Weimar, EGA, Reg. Bb 4212, Bl. 56r und Bb 4214, Bl. 20v; MENTZ. Johann Friedrich, Teil 1, S. 7; BAUER, Johann Friedrich, S. 11; DERS., Kurfürst, S. 173. Aldus Manutius (1450–1515), Institutionum grammaticarum libri quatuor, Venedig 1516 und Johannes Brassicanus (gest. um 1514), Institutiones grammaticae, Erstdruck Straßburg 1508. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 95, Anm. 5 f. Romische historie Titi Livii meniglich kürtzweilich und dienstlich zu lesen, Mainz 1514. Vgl. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 96, Anm. 9. Johannes Adelphus (gest. nach 1522), Die Türckisch Chronica, Straßburg 1516. Vgl. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 96, Anm. 12.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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aus zum Zorn neigte.2000 Von seinem Vater wurde Johann Friedrich früh an politischen Geschäften beteiligt und als Statthalter eingesetzt, als der Kurfürst 1529 beim Reichstag weilte.2001 Wenn es um die Ergebnisse der ritterlichen Ausbildung ging, verwiesen die sächsischen Geschichtsschreiber auf sein Geschick im Turnier.2002 Auf Johann Friedrichs eigenen Wunsch wurde ein farbiges Turnierbuch angefertigt, in dem 146 Turnierkämpfe festgehalten sind, an denen er in den Jahren von 1521 bis 1534 teilgenommen hat.2003 Sein erstes Turnier soll zwar bereits 1518 in Zwickau stattgefunden haben,2004 doch war die Teilnahme an dem Turnier, das während des Wormser Reichstages ausgerichtet wurde, sicher weitaus bedeutsamer, um das Turnierbuch zu eröffnen. Für diesen Wettkampf hatte er sich in Coburg lange vorbereitet und war entsprechend ausgestattet worden.2005 Mit seinem Vater war er dann in Worms eingezogen und hatte sich bei den Ritterspielen wacker gehalten, an denen auch Herzog Johann, der Sohn Georgs von Sachsen, und weitere sächsische Edelleute teilnahmen.2006 Wenn Kurfürst Friedrich sich nach den Lernfortschritten seines Neffen erkundigte, wollte auch er vor allem wissen, wie sich dieser im Turnier hielt.2007 Dass die religiöse und sittliche Erziehung des Kurprinzen keinesfalls vernachlässigt wurde, zeigen die vielen erbaulichen und theologischen Bücher in seinem Besitz. Eine nicht nachprüfbare Erzählung besagt, der junge Fürst habe im Alter von ungefähr neun Jahren an den öffentlichen Kinderlehren in Torgau teilgenommen.2008 Dies würde in die Zeit zwischen Spalatins und Crossners Lehrtätigkeit passen, doch erfüllt diese Nachricht offenkundig den Zweck, Johann Friedrichs Verdienste um die evangelische Bewe2000 2001 2002 2003

2004 2005

2006 2007 2008

Luther, Tischreden, Bd. 2, Nr. 1424, S. 97 und Nr. 1556, S. 131 und Bd. 4, Nr. 5137, S. 680 f. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 41. Spalatin, Annales, Sp. 638; WECK, Dresden, S. 344 f. (1524 November); MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 30 f. Coburg, Veste Coburg, Kunstsammlungen, Inv.-Nr. Ms. 2; KOEPPLIN/FALK, Cranach, Bd. 1, Nr. 117, S. 230 f.; HENKER, Herzogtum, Kat.-Nr. 5.34, S. 279; ENTERLEIN/NAGEL, Darstellungen Johann Friedrichs, Kat.-Nr. 2.1, S. 183. Edition bei HAENEL, Turnierbücher, S. 28 ff. WILHELM, Descriptio, S. 212; BAUER, Johann Friedrich, S. 20. Herzog Johann von Sachsen an seinen Bruder Kurfürst Friedrich III., KOLDE, Friedrich, Nr. 4, S. 43 f. (1521 Januar 29): E. l. schreibt mir auch, das e. l. nit konnten vorstehen, ob mein son den hulczen man hat umgestossen oder ob der man mein son hat erab gerant. Derhalbe lasse ich e. l. wyssen, das der hulczen man mein son hat erab gestochen; Nr. 6, S. 48 (1521 Mai 29): Mein son hat heudt seynnen reinntzeugkt berithen, der ym fast reicht noth ist und hofft, e. l. werde ynnen mit eym guten reinross widerumb vorseen. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, S. 16 f.; BAUER, Johann Friedrich, S. 20 f. FÖRSTEMANN, Neues Urkundenbuch, Bd. 1, Abschnitt 2, Nr. 3, S. 30 (1521 Februar 8 bis 10) und Nr. 33, S. 80 (1521). Siehe Anm. 2005. Erstmals in: Gebett desz hochlöblichen churfürsten säliger gedechtnuß Johan Friderichen hertzogen zu Sachssen und seiner churfürstlichen gnaden gemahels auch ihrer söhne sampt andern christliche psalmen, die sie im gebrauch gehabt, Nürnberg 1561; SAGITTARIUS, Vita, facta et fata, S. 6; MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 19; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 272 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

gung zu begründen. Von seinem Vater musste der Kurprinz Weihnachten 1519 jedenfalls noch ermahnt werden, am heiligen Abendmahl teilzunehmen. Dabei sollte er dies nicht aus Gehorsam gegenüber dem Vater tun, sondern allein aus Liebe zu Gott.2009 Magister Crossner hatte zu diesem Zeitpunkt seinen Abschied genommen und war auch nicht wieder mit Aufgaben der höfischen Erziehung betraut worden. Johann Friedrichs Stiefbruder Johann Ernst (1521–1553) wurde durch Magister Lucas Edenberger (um 1505–1548) unterrichtet, der im 1529 verfassten Testament des Kurfürsten Johann erstmals als Hof- und Schulmeister erwähnt wird.2010 1538 wird neben ihm ein Magister Georg Brenner genannt, der aber bereits die Söhne Johann Friedrichs unterrichtete, unterstützt durch den Baccalaureus Anton Heuglin. Als Brenner im Herbst 1539 erkrankte und bald darauf starb, wurde er durch Dr. Basilius Monner (gest. 1566) ersetzt, der bei den jungen Herzögen wenig beliebt war.2011 Er unterrichtete sie aber noch nach 1547 in Weimar.2012 Durften Kurfürst Friedrich und sein Bruder Johann noch auf die alte Weise erzogen sein, wenn auch unter dem zunehmenden Einfluss des Humanismus, so wurde Johann Friedrichs Jugendzeit nachträglich große Bedeutung beigemessen, um ihn zum Vorbild eines protestantischen Fürsten zu machen.2013 Bereits dem Pfalzgrafen Wolfgang (1526–1569), der später als ein eifriger Verfechter des Protestantismus auftrat, sollte er ein Vorbild an Gelehrsamkeit sein.2014 Obwohl er Vorsorge für die Erziehung seiner Kinder traf, musste er später einigen Ungehorsam seines ältesten Sohnes erdulden, wie 2009

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2011 2012 2013

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MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1, Aktenstück Nr. 2, S. 96 f. (1519 Dezember 24), bes. S. 97: Meinthalben soltu nit im dem heyligen sacrament gehen, wan du es nit thuen wyldt in gotlicher liebe, so yst es besser lass underwegen. Luther, Tischreden, Bd. 3, Nr. 3265b und 3266, S. 240 f.; MÜLLER, Annales, S. 83 (1529 August 24). Der aus der Augsburger Gegend stammende Lucas Edenberger war 1523 nach Wittenberg gekommen. Nachdem er Spalatin bereits 1532 bei der Betreuung der Schlossbibliothek unterstützt hatte, wurde er 1536 kurfürstlicher Bibliothekar. FÖRSTEMANN, Album, Bd. 1, S. 119; ISRAEL, Universitätsarchiv, Anhang Nr. 2, S. 113 f. (1536); FRIEDENSBURG, Urkundenbuch, Bd. 1, Nr. 222, S. 221; Nr. 230, S. 225; Nr. 243, S. 234; Nr. 245, S. 236 und Nr. 298, S. 297; MENTZ, Johann Friedrich, Teil 3, S. 255, Anm. 7; HILDEBRANDT, Schloß- und Universitätsbibliothek, S. 184; BULLING/KARPE/FEYL, Universitätsbibliothek Jena, S. 13 f. und 18; KÜHNE, Edenberger; KATHE, Philosophische Fakultät, S. 112 f. und 460. KIUS, Preis- und Lohnverhältnisse, S. 530 (Quatemberrechnung von 1538); BUCHWALD, Kleine Notizen, S. 204 (1541); MENTZ, Johann Friedrich, Teil 3, S. 258 f. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 3, S. 184. Anonym, Leben und historia; SAGITTARIUS, Vita, fata et facta; MÜLLER, Jugendliche Geschichte; STEINACKER, Johann Friedrich. Auf wissenschaftlicher Grundlage erst MENTZ, Johann Friedrich, Teil 1. Die Behauptung, Johann Friedrich habe bei der Geburt ein Muttermal in Form eines Kreuzes auf dem Rücken gehabt, soll auf seine spätere Rolle als „Reformationsheld“ hindeuten. Pfefferkorn, Geschichte Thüringens, S. 173; MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 5 f.; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 268. Johannes Sturm, In partitiones oratorias Ciceronis dialogi quatuor, Straßburg 1539; MÜLLER, Jugendliche Geschichte, S. 21.

8. Am Hof der Herzöge Friedrich III. und Johann von Sachsen

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aus Briefen und Anweisungen hervorgeht, die er gegen Ende des Schmalkaldischen Krieges und als Gefangener des Kaisers an seinen Sohn und seine Räte schrieb.2015 Die größte Herausforderung bestand jedoch darin, die Prinzenerziehung den neuen Gegebenheiten anzupassen, nachdem das Kurfürstentum und die Universität Wittenberg verloren, der Fürst gefangen und die Hofhaltung nach Weimar verlegt worden waren. Die Instruktion für seine Söhne Johann Friedrich II. (1529–1595) und Johann Wilhelm (1530–1573), die noch 1547 entstanden sein dürfte, ist geprägt von Bemühungen, jeglichen Aufwand zu beschränken.2016 Die Brüder sind der Aufsicht der Hofmeister Bernhard von Mila (gest. 1561) und Melchior von Wechmar unterstellt, müssen ein gemeinsames Schlafgemach beziehen und sich bescheiden, wo es nur geht, vor allem bei der Zahl ihrer Diener. Weit waren sie entfernt von den Verhältnissen am Hofe ihrer Vorväter, sollten sich aber jeden Donnerstagnachmittag durch ihren Präzeptor die lateinischen Geschichtsschreiber vorlesen und erklären lassen, damit sich ire f. g. im latein etwas ubenn unndt nichtt gar vergessenn mugenn.2017 Hier ist vielleicht das Mindestmaß dessen zu erkennen, was an einem verwaisten Fürstenhof in der Mitte des 16. Jahrhunderts im Hinblick auf Erziehung und Unterricht unverzichtbar schien. Die Frau des gefangenen Herzogs von Sachsen gab sich zufrieden mit den Verhältnissen in Weimar, bedauerte die Abwesenheit ihres Gemahls, aber freute sich darüber, dass wenigstens ihre Söhne in der Nähe waren.2018

9.

Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

Nachdem Kurfürst Albrecht von Brandenburg seinem Vater einst versprochen hatte, sich für den Kaiser notfalls „tot dienen“ zu wollen,2019 versicherte er Kaiser Friedrich III. mehrfach, seine Kinder und Bundesgenossen ebenfalls zur unverbrüchlichen Treue gegenüber dem Reich und seinem Oberhaupt zu erziehen. Gleichwohl sollten seine Söhne keinesfalls zu kaiserlichen Söldnern oder Hofdienern werden.2020 Seinen 2015

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WELLER, Altes und Neues, Bd. 1, S. 618–630; BERBIG, Erziehungsplan; BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, S. 14 und 65; MÜLLER, Unterrichtspläne, S. 247. Vgl. Quellenanhang Nr. 29 und 30. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 3, S. 180–186. Vgl. Teil 1, S. 9 und 12. Der in der Instruktion genannte Melchior von Wechmar war bis März 1548 Prinzenhofmeister in Weimar. MENTZ, Johann Friedrich, Teil 3, S. 134 und 260; WIESSNER, Bistum Naumburg, Bd. 1,2, S. 1099. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 3, Art. 16, S. 184. Herzogin Sibylle von Sachsen (1512–1554) an Herzog Albrecht von Preußen (1490–1568), VOIGT, Hofleben, S. 232 (1547 November 24). Der Jurist Dr. Gregor Heimburg erinnerte Albrecht in einem Rechtsgutachten an diese Worte, die im Beisein seines eigenen Vaters gefallen waren, HÖFLER, Kaiserliches Buch, Nr. 107, S. 213 (1469 August 20). Markgraf Albrecht von Brandenburg an seinen Bruder Kurfürst Friedrich, CDB 3, Bd. 3, S. 76 (1466 April 28): ewre lieb und wir wollens, ob got will, uff unnser kinder erben, das wir nye ann-

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IV. Höfische Erziehung um 1500

zweiten Sohn Friedrich (1460–1536) fuhr er 1485 an, weil dieser eigenmächtig in kaiserliche Dienste getreten war.2021 Aus dem entsprechenden Brief geht Albrechts Unmut darüber hervor, dass der Kaiser ihn einfach übergangen und Verhandlungen mit Friedrich aufgenommen hatte. Sein Sohn Friedrich zeigte sich gegenüber dem Kaiser äußerst dienstbeflissen.2022 Sein Sohn Siegmund (1468–1495) bewährte sich auf den Feldzügen Kaiser Maximilians I.2023 Kurfürst Joachim I. von Brandenburg war ebenfalls der Auffassung, der Dienst im kaiserlichen Heer böte gute Gelegenheit, „etwas zu üben und zu sehen und zu lernen“.2024 Ungefährlicher für Leib und Leben, aber nicht weniger lehrreich, konnte für einen jungen Fürsten die Teilnahme am Reichstag sein. Joachims Vater Johann hatte gegenüber seinem Vater Albrecht einmal zu verstehen gegeben, wie gern er mit ihm zum Reichstag gezogen wäre, damit er auch was sehen, lernen und in erkantnus der fursten kommen könne. Er beklagte sich, dass ihm der Vater nicht erlaubt hatte mitzureiten, um ere und zuchte in dem kayserlichen hofe und bey andern fursten zu sehen.2025 In der Mark Brandenburg meinte er nichtz sehen und lernen zu können, vor allem nicht, wie er gegenüber Fürsten und anderen Personen sicher auftreten und seinem Land nützlich sein konnte.2026 Die Teilnahme junger Fürsten und Grafen an Reichsversammlungen kam in vielen Dingen einer Erziehung am Königshofe nahe. Markgraf Albrecht war im Mai 1429 erstmals mit seinem Vater zum Reichstag nach Nürnberg gekommen.2027 Wahrscheinlich geschah es ein Jahr darauf, auf dem Reichstag zu Pressburg, dass ihn sein Vater als Edelknaben an den Hof König Sigismunds gab.2028 Zur Königswahl des Jahres 1438 nahm Kurfürst Friedrich I. dann alle vier Söhne mit nach Frankfurt, von

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ders an babst und keyser, unnsern rechten hern unnd obersten haubten, auch an unsern gebornnen frunden, puntgenossen und zugewantten gethan haben, dann frumen fursten wol ansteet. Vgl. KOSER, Charakteristik, S. 113. PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 732, S. 596 (1473 November 13); Bd. 2, Nr. 327, S. 327 [1477 Oktober 17]; Bd. 3, Nr. 834, S. 143 (1482 Januar 30); Nr. 1064, S. 380 (1485 April 28) und Nr. 1139, S. 461 f. (1485 Oktober 15); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 170. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an seinen Sohn Friedrich, PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1139, S. 461 f. (1485 Oktober 15); KOSER, Charakteristik, S. 124. MINUTOLI, Friedrich, Abschnitt 2, Nr. 343, S. 42 (1509): Mein eltern und ich haben dem kaiser und seinen eltern ge und alwege über unser vermögen undertenig und getreulich gedient, ich wird es noch ferrn thun und auch mein sune dahin weissen. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 267. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 265; WAGNER, Ruppin, S. 105. CDB 3, Bd. 2, Nr. 111, S. 143 f. (1472 Oktober 2); PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 1, Nr. 713, S. 584 (1473 Oktober 18); SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 171. CDB 3, Bd. 2, Nr. 109, S. 143 f. (1473 Oktober 2); STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 157, S. 112. Vgl. Deutsche Reichstagsakten, Ältere Reihe, Bd. 9, S. 297; BAYER, Jugendzeit, S. 39. BAYER, Jugendzeit, S. 40.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

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denen die drei ältesten der Wahl sogar unmittelbar beiwohnen durften.2029 Einen besseren Einblick in die hohe Politik im Reich konnten sie auf diese Weise wohl kaum gewinnen. Von Kurfürst Joachim II. heißt es, er sei in seiner Jugend am kaiserlichen Hofe erzogen worden.2030 Belegt ist lediglich, dass im September 1509 Verhandlungen geführt wurden, dem Thronfolger Karl einen jungen Markgrafen von Brandenburg zum Diener zu geben.2031 Markgraf Joachim war damals gerade vier Jahre alt, doch nahm er im Alter von nur dreizehn Jahren bereits am Reichstag in Augsburg teil, wo beschlossen wurde, ihn mit einer Enkelin des Kaisers Maximilian, die selbst nicht anwesend war, zu vermählen.2032 Auch wenn aus den Heiratsplänen nichts wurde, zeigen sie doch, dass für Joachim eine Anbindung an die Habsburger gesucht wurde. Ein Aufenthalt an Maximilians Hof würde also gut ins Bild passen, kam aber wohl nicht zu Stande. Bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatten die Hohenzollern alle Möglichkeiten genutzt, ihre Söhne an europäischen Königshöfen erziehen zu lassen. In Begleitung seines Hofmeisters Wirich von Treuchtlingen und des Bischofs Johann von Lebus zog der knapp siebenjährige Markgraf Friedrich im April 1422 nach Polen, um die polnische Sprache und Gesittung zu erlernen, bevor er Jadwiga (1408–1431), die Tochter des greisen Königs von Polen, zur Frau nehmen würde.2033 Die Namen weiterer Begleiter sind nicht überliefert. Am polnischen Königshof wurde er unter Peter von Chełm (gest. vor 1446) militärisch und unter dem Krakauer Theologen Elias von Wąwolnice (gest. nach 1446) intellektuell geschult.2034 Die Ausbildung erfolgte also nach dem gängigen Muster durch einen ritterlichen und einen geistlichen Erzieher. Für den Fall, dass König Władysław keine männlichen Erben haben würde, war Friedrich laut Ehevertrag

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KIRCHNER, Churfürstinnen, Teil 1, S. 57. LEUTHINGER, Commentarii, Buch 1, S. 30: Quo pater ingenio multum exhilaratus, ad aulam imperatoris Maximiliani, ut mores, discrimina personarum, ingenia principum et regionum, pugnarum et acierum ordinem perfectius a perfecto magistro discat, ne rudis aliquando ad gubernacula surgat, adducit. Et iam tum in aetate illa non solum linguae latine cognitione instructus erat, sed etiam crebrae ditaverat artes. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 338. Kaiser Maximilian I. an seine Tochter Margarethe, LEGLAY, Correspondance, Bd. 1, Nr. 141, S. 188 (1509 September 8): Nous envoyons par delá le jeune marquis de Brandebourg, pour servir nostre très chier et très amé fils, l’archiduc Charles. VOIGT, Vermählung, S. 275; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 377–381. Wusterwitz, Märkische Chronik, S. 114; RIBBE, Aufzeichnungen, S. 164. Weitere Nachrichten bringt der polnische Chronist Jan Długosz (1415–1480) nicht. Długosz, Annales, Buch 11, S. 164; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 75. Peter von Chełm (gest. vor 1446) war von 1418 bis 1439 Burggraf von Krakau, später auch Küchenmeister (1434–1435) und Hofmeister (1437–1440) am polnischen Königshof. Polski Słownik Biograficzny 3 (1937), S. 285 f. Elias von Wąwolnice (gest. nach 1446) hatte 1399 in Prag den Magistergrad erworben und lehrte an der Krakauer Universität, deren Rektor er 1409 war. ZEISSBERG, Matrikel-Buch, S. 22; Polski Słownik Biograficzny 6 (1938), S. 285 f.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

die Nachfolge auf den Thron zugesichert worden,2035 weswegen man ihm am polnischen Hof zunächst sehr zuvorkommend begegnet sein soll.2036 Als dem König im Oktober 1424 allerdings doch noch ein männlicher Erbe geboren wurde, verschlechterten sich Friedrichs Aussichten. Bereits Ende Mai war er an den Hof des Großfürsten Witold von Litauen (1350–1430), des Onkels der polnischen Königin, geschickt worden.2037 Der Vollzug seiner Ehe mit Jadwiga wurde über den vereinbarten Zeitpunkt hinausgezögert, bis die Prinzessin Anfang Dezember 1431 starb, angeblich sogar durch Gift.2038 Seelisch erschüttert kehrte Friedrich in die Heimat zurück.2039 Dass er derart fallengelassen worden war, machte ihn misstrauisch gegenüber den Polen. Als Kurfürst von Brandenburg legte er seinen Nachfolgern nahe, die von ihm erworbene Neumark stets by deutschen landen zu halten und nicht an undeutsch getzunge zu bringen.2040 Friedrichs Bruder Albrecht war Ende 1429 als Edelknabe am ungarischen Hofe König Sigismunds angenommen worden, wo er der Königin Barbara diente.2041 Als Hofmeister war ihm der fränkische Ritter Johann von Wallenrode (gest. 1473)2042 zur Seite gegeben worden, dem ein Verhältnis mit der Königin nachgesagt wird.2043 Albrechts Aufenthalt, der ebenfalls nur bis zum Jahre 1431 dauerte,2044 steht daher in einem schlechten Licht, obwohl es keine ausführlichen Berichte darüber gibt. Dass der zweitälteste Sohn des brandenburgischen Kurfürsten am Hofe König Sigismunds angenom2035 2036 2037

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CDB 2, Bd. 3, Nr. 1394, S. 396–399 (1421 April 8). Vgl. Długosz, Annales, Buch 11, S. 164. Długosz, Annales, Buch 11, S. 198; Windecke, Historia Sigismundi, Sp. 1175. Der aus Mainz stammende Chronist Eberhard Windecke (gest. um 1440) war nach eigenem Bekunden (Sp. 1075) mit fünfzehn Jahren an den Prager Königshof gekommen, wo er sich insgesamt vierzig Jahre aufhielt. SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 80; Długosz, Annales, Buch 11/12, S. 49–52. Vgl. RIEDEL, Krankheitszustand, S. 199 f. CDB 2, Bd. 5, Nr. 1780, S. 17 (1455 November 14); KOSER, Charakteristik, S. 119; RACHFAHL, Erbfolgestreit, S. 107. Kurfürst Albrecht von Brandenburg an seinen Kanzler Johann Volker (1485 Oktober 14), MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 119, S. 136; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1139, S. 463: Wir waren der romischen kayserin knab. Die hat uns erzogen und hetten wir bey ir lx pf[erdt] und gab uns ye auf ein pf[erdt] hundert ungerischer gulden, das was viM gulden ungerisch. Vgl. BAYER, Jugendzeit, S. 40; ROPP, Charakteristik, S. 80; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 115; KOSER, Charakteristik, S. 103; SCHUBERT, Albrecht, S. 134 f. Johann von Wallenrode soll bei seinem Onkel Konrad, dem Deutschordensmeister, erzogen worden sein. HAENLE, Schwanenorden, S. 31. BAYER, Jugendzeit, S. 40; SCHUSTER/WAGNER, Jugend, S. 116 f. Bei Ludwig von Eyb, Denkwürdigkeiten, S. 125, heißt es in Bezug auf Kurfürst Albrecht, er habe offt im narrenschiff der bulschaft nachgefaren. Zusammen mit dem Vater und dem Bruder Johann nahm Albrecht am Reichskrieg gegen die Hussiten teil, Deutsche Reichstagsakten, Bd. 9, Nr. 426, S. 560 (1431 [vor Juli 25]). Vgl. Piccolomini, Historia Bohemica, Bd. 1, Buch 3, 315 und Buch 4, 221 und 238 f.; Długosz, Annales, Buch 11/12, S. 45; BAYER, Jugendzeit, S. 41.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

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men wurde, lässt immerhin darauf schließen, dass es zwischen dem Kurfürsten und dem König eine neuerliche Annäherung gegeben hatte, nachdem Sigismund die Verbindung zwischen Brandenburg und Polen sehr missbilligt und zu hintertreiben gesucht hatte.2045 Bei Sigismund stand Albrecht danach in hoher Gunst, wie seine Aufnahme in die Turniergesellschaft des Kaisers zeigt, die wahrscheinlich 1434 erfolgte.2046 In hoher kaiserlicher Gunst stand auch Herzog Albrecht von Sachsen, dem König Maximilian zeitweise die Sorge für seinen Sohn Philipp (geb. 1478) anvertraute. 1489 wurde Albrecht angewiesen, darauf zu achten, dass Philipp nicht mit Frauen in einer Kammer oder in einem Bett schliefe.2047 Im gleichen Jahr sollte er dafür sorgen, dass in Namur ein Garten hergerichtet wurde, in dem sich der junge Fürst jederzeit mit Jagen und Schießen die Langeweile vertreiben könne.2048 Über die Frage allerdings, ob Albrechts Nähe zum Königshof Auswirkungen auf die Erziehung seiner eigenen Söhne gehabt hat, ist aber nichts aus erster Hand zu erfahren. Albrechts Enkel Johann soll zusammen mit dem späteren Karl V. erzogen worden sein,2049 doch bezieht sich diese Nachricht wahrscheinlich nur auf eine Begegnung im Zusammenhang mit dem Friesischen Krieg. Albrechts Neffe, der spätere Kurfürst Johann von Sachsen, soll am Hofe Kaiser Friedrichs III. erzogen worden sein,2050 doch sind aus dieser Zeit keinerlei Einzelheiten überliefert. Auch von Kurfürst Friedrich III. wurde angenommen, er habe in seiner Jugend am Kaiserhofe geweilt, ohne dass es irgendwelche greifbaren Zeugnisse davon gäbe.2051 So lässt sich bei den Wettinern lediglich das Bemühen beobachten, mindestens einen Sohn an einem königlichen Hof erziehen zu lassen. Auf der Suche nach einem Bündnis mit Kursachsen machte der König von Frankreich dem sächsischen Kurfürsten 1520 nicht nur das Angebot, seinen Neffen mit einer französischen Prinzessin zu verheiraten, sondern auch Sebastian, den unehelichen Sohn, an seinen Hof zu nehmen, damit dieser die französische Sprache erlerne. Er sicherte zu, den Jungen freundlich aufnehmen und auf eigene Kosten ausstatten zu wollen.2052 Was 2045 2046

2047 2048 2049 2050 2051 2052

Siehe dazu BRANDENBURG, König Sigmund. Daran erinnerte sich Kurfürst Albrecht von Brandenburg in einem Schreiben an seinen Kanzler Johann Volker, MINUTOLI, Kaiserliches Buch, Nr. 119, S. 136; PRIEBATSCH, Correspondenz, Bd. 3, Nr. 1139, S. 463 (1485 Oktober 14); BAYER, Jugendzeit, S. 45. LANGENN, Herzog Albrecht, S. 207 (1489 August 31). LANGENN, Herzog Albrecht, S. 208 (1489 Oktober 18). Fabricius, Saxonia illustrata, Buch 7, S. 878: Educatur adolescens cum Carolo V. Belgio, quem in bello Phrysico post captum Thamum pater ad se evocatum in castra ducit. GLAFEY, Kern, S. 168; MÜLLER, Annales, S. 36; JAGEMANN, Lebensbeschreibung, § 2, S. 4 und § 8, S. 8 f.; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 124 f., 126–128. STEPHAN, Beiträge, S. 28 f., mit Anm. 114, S. 295 f. Werbung des Herzogs Ernst von Braunschweig und Lüneburg an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen, Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 2, S. 123 f. [1520 Januar]: Weiter hat mir ku[nigliche] w[irde] bevollen e. l. anzuzeigen, wie daess ku. w. fast gerne seghe, daess e. l. im Bastian in hoff dün welte, umme die sprach zu lernen; welt sich ku. w. kegen obgemelten Baestellen dermaessen mit pension und anderen gescenk halten, daess e. l. desselbigen ain fast gut geval-

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IV. Höfische Erziehung um 1500

die Heiratspläne anging, so schien dem Kurfürsten eine Verbindung mit den Habsburgern erstrebenswerter. Für das Angebot, Sebastian von Jessen am französischen Königshof erziehen zu lassen, zeigte er sich dankbar, nahm es aber gleichfalls nicht an.2053 Bereits 1516 war ihm ein ähnliches Angebot unterbreitet worden, das er ebenso zurückhaltend aufgenommen hatte. Um den französischen König nicht zu verärgern, gab Friedrich damals zu Verstehen, darauf eingehen zu wollen, wenn die Zeiten wieder ruhiger wären.2054 Aber auch 1518 lehnte er es ab, einen Edelknaben umb lahre willen in Frankreich zu schicken, obwohl fast alle Vorbereitungen getroffen waren. Der betreffende Junge hatte bereits die fremde Sprache erlernt und war einem französischen Gesandten vorgestellt worden.2055 Seiner Entsendung standen letztlich politische Erwägungen entgegen. In Einzelheiten nachvollziehen lässt sich für die Wettiner allein der Erziehungsaufenthalt des jungen Severin von Sachsen (1522–1533), Sohn des Herzogs Heinrich, am Hofe König Ferdinands I. in Innsbruck. Neben verschiedenen Briefen sind in diesem Fall auch Gesandtenberichte und ausführliche Rechnungen erhalten.2056 Diese außergewöhnlich gute Überlieferungslage ist wahrscheinlich dem Umstand geschuldet, dass Severin im Alter von nur elf Jahren am 10. Oktober 1533 infolge einer Wurmerkrankung am fremden Hof verstarb.2057 In der Nähe von Innsbruck, im Zisterzienserkloster Stams, wurde sein Leichnam mit allem fürstlichen Prunk beigesetzt, doch ist das Grabmal bereits in der Mitte des 16. Jahrhunderts zerstört worden, irrwitzigerweise von den Truppen seines eigenen Bruders Moritz.2058 Die in seltener Dichte überlieferten Quellen um Severins Erziehung am königlichen Hof sind in der Forschung zwar nicht unbekannt geblieben, aber keineswegs hinrei-

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len dragen sülte; und in sunderheit madamme hat mir zugesaget, sie welte in vuher iren sun halten und in allen gnaden bevollen haben. Vgl. BERBIG, Spalatiniana, S. 521 f.; KIRN, Friedrich, S. 16; LUDOLPHY, Friedrich, S. 51; STEPHAN, Beiträge, Anm. 501, S. 385. Entwurf der Antwort und Bericht des Herzogs Ernst von Braunschweig und Lüneburg an den französischen Kanzler Antoine Duprat, Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 2, S. 124 f. [1520 Januar] und S. 125 f. ([1520] Januar 28). König François I. von Frankreich (1494–1547) an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1516 August 15 und November 28), Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 1, S. 47 f. Vgl. HÖß, Französische Sprache, S. 521 f.; LUDOLPHY, Friedrich, S. 51. Anweisung an Veit Warbeck, BERBIG, Spalatiniana, Nr. 5, S. 521 (1518). Der Name des Knaben wird in dem Schreiben nicht genannt, doch wird erwähnt, dass der sein churf. gn. geliebt. Vielleicht handelt es sich auch hier um einen der unehelichen Söhne des Kurfürsten. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, 8017/10 und 10289/22. SCHMITZ-ESSER/TADDEI, Todesfall; SCHMITZ-ESSER/REBITSCH, Herzog Severin; SEIPEL, Prinzenrolle, S. 154 f. DISTEL, Fürstenmonument; SCHMITZ-ESSER, Inschriften, S. 99 f.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

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chend ausgeschöpft worden.2059 Dies hängt sicher damit zusammen, dass der früh verstorbene Fürstensohn niemals zur Herrschaft gelangt ist. Die wichtigsten Personen, die mit Severin am Innsbrucker Hof weilten, waren die Hofmeister Innozenz von Starschedel und Bernhard von Rothschitz, drei Edelknaben, nämlich Rudolf von Bünau, Johann von Karlowitz und Georg von Schönberg, sowie ein Kammerknecht und ein Stallknecht.2060 Nicht beachtet wurde bisher der Sohn des Dresdner Bürgers Georg Seidensticker, der Herzog Severin ebenfalls nach Innsbruck begleitete. Der Vater des Jungen hatte mehrfach dem Rat der Stadt Dresden angehört.2061 Aus einem Steuerverzeichnis von 1522 lässt sich ermitteln, dass er zu den wohlhabenden Bürgern der Stadt gehörte und in der Nachbarschaft des Kanzlers Georg von Karlowitz ein Haus besaß.2062 Innozenz von Starschedel war einst als Hofmeister für Herzog Georgs Sohn Johann verantwortlich gewesen,2063 dessen Gemahlin er im April 1518 auf der Reise zu ihrer Mutter begleitete.2064 1530 und erneut 1533 war er Hofmarschall Herzog Heinrichs und bezog ein Gehalt als Amtmann in Freiberg.2065 Im Jahr darauf erscheint er als Amtmann von Leipzig.2066 Bernhard von Rothschitz stammte aus einer Familie, die wahrscheinlich erst seit der Zeit des Herzogs Albrecht wichtige Hofämter besetzt hatte.2067 Er selbst war 1530 noch Kammerschreiber am Freiberger Hof mit einem Jahrsold von 10 Gulden.2068 Die Anstellung als Prinzenhofmeister bedeutete für ihn also einen Aufstieg. Später wurde er Hofmeister unter Moritz von Sachsen.2069 Die drei Edelknaben 2059

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LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 55, und RICHTER, Erziehungswesen, S. 25–28, haben auf diese Rechnungen Bezug genommen, auf deren kulturgeschichtlichen Wert auch DISTEL, Fürstenmonument, S. 406, Anm. 6, hingewiesen hat. RICHTER, Erziehungswesen, S. 27, spricht von nur einem Kammer- und Stallknecht, weil er unter die sechs Personen, die als Severins Diener und Begleiter zugelassenen waren, auch Innozenz von Starschedel zählt, der aber zusätzlich bis Ostern 1533 bei Severin verweilen durfte. Siehe dazu unten S. 317. Ein Georg Seidensticker erscheint 1525 und 1527 in der Ratsliste. Wenn er mit dem dort ebenfalls genannten Georg Seidenhefter identisch ist, dann war er von 1513 bis 1527 jedes zweite Jahr Mitglied des Rates. Vgl. RICHTER, Dresden, Bd. 1, Beilage Nr. 16, S. 417–419. SächsHStA Dresden, Landsteuerregister Nr. 291. Siehe zur Auswertung dieses Verzeichnisses MEINHARDT, Dresden im Wandel, S. 201–203. Siehe oben Anm. 1658. PLANITZ, Heiratsgeschichte, S. 92; WERL, Elisabeth, Teil 1, S. 61. Besoldungsverzeichnis des Freiberger Hofes von 1530, SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 38r; MÖLLER, Freiberger Chronik, Bd. 1, S. 204, 209, 210 und 333. MÜLLER, Annales, S. 89. Ältere Adelslexika kennen nur Bernhard von Rothschitz. KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 7, S. 354 (Rathschitz). Ein Georg von Rothschitz war Kanzler am Freiberger Hof. Besoldungsverzeichnis des Freiberger Hofes von 1530, SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 38r. Besoldungsverzeichnis des Freiberger Hofes von 1530, SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 38r. Rothschitz befand sich noch 1542 am Dresdner Hof. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 361, S. 443 f., Anm. 1 (1542 Mai 26).

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IV. Höfische Erziehung um 1500

kamen ebenfalls aus Familien wichtiger Amtsträger an den Höfen der sächsischen Herzöge Heinrich und Georg. Bei Rudolf von Bünau handelt es sich möglicherweise um einen der jung verstorbenen Söhne des Freiberger Hofmeisters Rudolf von Bünau (1465–1540).2070 Dieser war mit einer Schwester des Innozenz von Starschedel verheiratet, hatte sein bisheriges Leben in landesherrlichen Diensten verbracht und stand sowohl bei Herzog Heinrich als auch bei Herzog Georg in hoher Gunst.2071 Nach eigenem Bekunden scherte er sich wenig um Bücher, nicht einmal um die Heilige Schrift, sondern vor allem um den Erwerb von Herrschaftsrechten und edlen Pferden.2072 Wie Herzog Georg war er jedoch ein Gegner der lutherischen Reformation.2073 Johann von Karlowitz (gest. vor 1560) war der zweite Sohn des Georg von Karlowitz (gest. 1550), des einflussreichen Kanzlers am Dresdner Hof.2074 Georg von Schönberg (gest. 1566) schließlich war der Sohn des Hofrats Anton von Schönberg, der anscheinend das besondere Vertrauen der Herzogin Katharina genoss.2075 In den Rechnungen sind auch Lehrmeister des jungen Herzogs erwähnt, die allerdings nicht aus Sachsen mitgebracht wurden. Die Auswertung der überlieferten Briefe und Rechnungen fördert weitere Nachrichten über Severins Aufenthalt in Innsbruck zu Tage. So waren es Herzog Georgs Räte, die die Verhandlungen um die Annahme und Präsentation am Hofe Ferdinands I. führten. Vom 29. Dezember 1532 datiert eine Anweisung an Heinrich von Schleinitz und Innozenz von Starschedel.2076 Diese beiden sollten Severin zunächst dem Kardinal Bernhard von Cles (1485–1539) vorstellen, dem Bischof von Trient und Kanzler Ferdinands,2077 der sich durch seine besondere Nähe zur königlichen Familie auszeichne2070

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Als Hofmeister des Herzogs Heinrich von Sachsen ist der Ritter Rudolf von Bünau zu Weesenstein erstmals im Jahre 1506 bezeugt. 1525 zum Rat des Herzogs Georg ernannt, nahm er 1528 und 1530 an Gesandtschaften zu König Ferdinand von Böhmen teil. Vgl. MÜLLER, Annales, S. 73; MÖLLER, Freiberger Chronik, Bd. 1, S. 255; MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 529 f., 552 und 556; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 352; ŠUMAN, Herren von Bünau, S. 8 f., 23 und 57; DIETRICH/FINGER/HENNIG, Adel, S. 83–86. Darauf deuten die Höhe der Zuwendungen im Besoldungsverzeichnis des Freiberger Hofes von 1530 und die Gunstbriefe des Herzogs Georg. SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 37v; MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 558 f. MÜLLER, Kurfürst Friedrich, S. 14; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 353, Anm. 146. ERMISCH, Herzogin Ursula, S. 313, Anm. 43. CARLOWITZ, Carlowitz, S. 23. Siehe zu Georg von Karlowitz: ADB 3, S. 791 und ADB 10, S. 767; SCHIRMER, Untersuchungen, S. 353. BRANDENBURG, Politische Korrespondenz, Bd. 1, S. 155; FRAUSTADT, Schönberg, Bd. 1, Abt. B, S. 88–115 und 129 f.; MANSBERG, Erbarmanschaft, Bd. 2, S. 426; WELCK, Georg der Bärtige, S. 172. Dietrich von Schönberg war Hofmeister des Herzogs Albrecht gewesen. RICHTER, Erziehungswesen, S. 5. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 84r–85v. Siehe zu ihm KALKOFF, Wormser Reichstag, S. 95–109, und neuerdings STRNAD, Bernhard von Cles.

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te.2078 Nach einer Unterredung mit Herzog Georg in Regensburg hatte er sich für die Aufnahme Severins am Innsbrucker Hof eingesetzt und schriftlich zu erkennen gegeben, Ferdinand sei gewillt, den jungen Herzog als Diener seiner Söhne anzunehmen. Die Söhne des Königs, Maximilian und Ferdinand, waren zu dieser Zeit sechs und vier Jahre alt, also etwas jünger als Severin. Der Kardinal wurde nun gebeten, die Überantwortung des neuen Edelknaben vorzubereiten und zu unterstützen. Den König sollte er um die Anordnung bitten, dass die Hof- und Zuchtmeister, die seinen Söhnen zugewiesen waren, den jungen Herzog von Sachsen ebenfalls beaufsichtigten und darauf achteten, dass dieser in Zucht und Lehre wie des Königs eigene Söhne auferzogen und unterwiesen werde.2079 Diese Bitte sollten die Verhandlungsführer des Herzogs Georg dann auch den betreffenden Hof- und Zuchtmeistern selbst vorbringen. Solange es erforderlich sei, heißt es in der Instruktion weiter, würde jedoch Innozenz von Starschedel als Hofmeister bei Severin bleiben. Den vetrauten Hofmeister wenigstens für die Zeit der Eingewöhnung behalten zu können, war eine besondere Vergünstigung für Severin, denn nach der Hofordnung von 1527 unterstanden sämtliche Edelknaben an Ferdinands Hof dem Prinzenhofmeister und dem Schulmeister vor Ort und bildeten sozusagen eine „Hofschule“.2080 Aus einem Brief des Heinrich von Schleinitz an den Kardinal, in dem er um Auskünfte über das Befinden und die Absichten König Ferdinands bittet, geht hervor, dass Severin dem Kardinal nicht übergeben werden konnte, weil dieser zum entscheidenden Zeitpunkt nicht anzutreffen war.2081 Deshalb musste der junge Herzog ohne seine Hilfe am Innsbrucker Hofe vorgestellt werden. Wie dies ablief, lässt sich dem ausführlichen Bericht entnehmen, den der Verhandlungsführer Heinrich von Schleinitz an Herzog Georg erstattete.2082 Die Gesandten entboten König Ferdinand die Dienste ihrer beiden Herren, Georg und Heinrich, trugen ihre Bitte gemäß den erteilten Anweisungen vor und beriefen sich ausdrücklich auf den leider abwesenden Erzbischof von Trient. Durch einen seiner Räte ließ Ferdinand daraufhin übermitteln, dass er sich den sächsischen Herzögen sehr geneigt fühle und sich noch gut an die Absprachen mit seinem Kanzler erinnern könne, der demzufolge also doch im Sinne der Herzöge von Sachsen tätig 2078

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Das geht aus den Briefen hervor, die Ferdinands Gemahlin Anna vor der Geburt ihrer ältesten Tochter Elisabeth am 9. Juli 1526 an Bischof Bernhard schrieb, BAUER, Korrespondenz, Bd. 1, S. 400, mit kurzer Inhaltsangabe. 1521 hatte Markgraf Georg von Brandenburg den Bischof von Trient scherzhaft daran erinnert, dass dieser im Frauenzimmer sehr gern gesehen sei. BAUER, Anfänge Ferdinands I., S. 174, Anm. 3 (1521 Juli 20); KALKOFF, Wormser Reichstag, S. 98. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 84v. Nachträglich wurde in den Text eingefügt, dass Severin bei Hofe angenommen werden sollte, als wäre er Georgs eigener Sohn. FELLNER/KRETSCHMAYR, Österreichische Zentralverwaltung, Abt. 1, Bd. 2, Nr. 12, S. 112 f. (1527 Januar 1); HÜBL, Edelknaben, S. 37 f.; ŽOLGER, Hofstaat, S. 135. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 82 und 87 (1533 Januar 24, Entwurf). SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 66r–75r. SCHMITZ-ESSER/REBITSCH, Herzog Severin, S. 129.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

geworden war. Ferdinand gab weiter zu verstehen, er wolle Severin als Diener seiner Kinder annehmen, ihn zusammen mit diesen in fürstlicher Tugend und Lehre aufziehen lassen und sich ihm gegenüber so verhalten, als wäre er nicht Georgs Neffe, sondern dessen eigener Sohn. Bevor Heinrich von Schleinitz die Bitte vorbrachte, den jungen Herzog vorstellen zu dürfen, fragte er, ob dieser den ihm vertrauten Hofmeister Innozenz von Starschedel noch einige Zeit bei sich behalten könne, weil er ein wenig bedrückt und schwach sei. Es mag sein, dass sich die fremde und ungewohnte Umgebung auf Gesundheit und Gemütszustand des damals zehnjährigen Severin ausgewirkt hat, von dem es heißt, er sei zeitlebens blass und heiser gewesen.2083 Den Verhandlungsanweisungen zu Folge, war es jedoch der ausdrückliche Wunsch seines Onkels, dass Innozenz von Starschedel noch einige Zeit in der Nähe blieb. Ferdinand gewährte vorerst diesen Wunsch und kündigte an, den neuen Diener seiner Söhne bald persönlich in Empfang zu nehmen. In der Zwischenzeit brachten die sächsischen Räte die Anliegen ihres Herrn in der Auseinandersetzung um die thüringische Stadt Mühlhausen vor.2084 Nachdem der König gespeist hatte, wurde Severin im Frauenzimmer von der gesamten königlichen Familie empfangen und als Diener angenommen, wobei ihn der König persönlich hineinrief.2085 Mit dieser erfreulichen Nachricht und der Stellungnahme des Königs in der Mühlhäuser Sache machte sich Heinrich von Schleinitz auf den Heimweg nach Dresden. Über den weiteren Aufenthalt Severins in Innsbruck lassen sich aus den erhaltenen Rechnungen weit mehr Aussagen gewinnen als nur die Höhe der entstandenen Kosten. Im Januar 1533 in Innsbruck angekommen, hatten Severin und seine Begleiter zunächst Quartier in einer Herberge in der Stadt genommen, wo sie sich einmal von einem Spanier mit mancherlay seltzamkayttenn die Zeit vertreiben ließen. Erst nach der erfolgreichen Vorstellung bei Hofe bezog Severin ein für ihn freigeräumtes Zimmer auf dem Schloss.2086 Interessant ist unter den erhaltenen Rechnungen vor allem ein Heft, in dem diejenigen Ausgaben verzeichnet sind, die Severin von Weihnachten 1532 bis Ende Juli 1533 selbst bestritten hat.2087 Der junge Herzog konnte nämlich über eine Summe von über 30 rheinischen Gulden frei verfügen. Von seinem Onkel und seinem Vater hatte er zu Weihnachten 1532 einen Großteil dieses Geldes überreicht bekommen und versprechen müssen, darüber sorgfältig Rechnung abzulegen. Zum Zeichen seiner Reife wurde ihm bei dieser Gelegenheit ein sogenanntes Firntuch umgebunden. Den restlichen Teil der Summe hatte er von der Mutter und der Tante zum Nikolaustag und zum Weih2083 2084 2085 2086 2087

Freydiger, Vertzeichniß, S. 140. Siehe dazu NEBELSIECK, Briefe und Akten, bes. das Schreiben König Ferdinands an Herzog Georg von Sachsen, Nr. 18, S. 443 f. (1533 März 31). SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 72r. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/26, Bl. 13r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 3–11. Die Rechnung trägt den Titel: Hertzog Severini zu Sachssen p. rechnung, waz er ausgegeben und hertzog Georgen p. berechen mussen.

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nachtsfest geschenkt bekommen. Auch wenn der Hauptteil der Kosten des Aufenthaltes bei Hofe vom Hofmeister und später dann vom Zuchtmeister beglichen und verwaltet wurde, lässt sich hier wiederum der Versuch erkennen, den jungen Fürstensohn zum eigenverantwortlichen Umgang mit Geld anzuhalten. Es wird Herzog Georg gewesen sein, der darauf besonderen Wert legte, denn sein Bruder ging sorgloser mit Geld um und kümmerte sich wenig um eine genaue Rechnungslegung.2088 Die drei Edelknaben und der junge Seidensticker bekamen von ihren Vätern kein Geld ausgehändigt. Ihr Kostenbeitrag, der sich zwischen 5 und 11 rheinischen Gulden bewegte, wurde vom Zuchtmeister entgegengenommen und verwaltet.2089 An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass in allen Rechnungen nur die Ausgaben zur „sonderlichen Notdurft außerhalb der Hofordnung“ verzeichnet sind, was immer auch ausdrücklich vermerkt wird. Das heißt, einen guten Teil der Kosten für Hofkleidung und Verpflegung übernahm der Innsbrucker Hof. Für den Wappenrock des jungen Seidenstickers musste beispielsweise zusätzliches Futtertuch gekauft werden, dan man ime zu wenig tuchs von hofe gegebenn, und auch vom Stallknecht heißt es in den Rechnungen, dass man ihme von diesem hofe zu Insbrugk nicht mher wider dan den wintter rock gegeben habe.2090 Während der junge Herzog und seine adligen Gefährten durch den Hof ausreichend versorgt wurden, gab es bei den nichtadligen Begleitern schon Abstriche. Herzog Severin trug seine persönlichen Ausgaben anscheinend eigenhändig in ein Rechnungsheft aus Papier ein, das später in Pergament eingeschlagen wurde.2091 Die Einträge enthalten einige Schreibfehler, die von anderer Hand verbessert worden sind. Am Ende bleibt außerdem eine Restsumme, die Severin sonsten irgendt außgeben und vergessen anczuschreiben.2092 Das ihm zur freien Verfügung stehende Geld setzte er hauptsächlich für repräsentative und wohltätige Zwecke sowie zur Bezahlung von Spielschulden ein. Mehr als 10 Gulden gab er allein für die Vergrößerung seiner goldenen Kette aus,2093 1 ½ Gulden für venezianische Gläser, die er seinem Vater, dessen Kanzler und anderen Hofbeamten als Geschenk sandte, einen weiteren Gulden bezahlte er einer Wahrsagerin, die ihm helfen sollte, zwei verloren gegangene Ringe wiederzufinden, und für noch einmal 1 ½ Gulden ließ er den königlichen Kindern und deren Leibdienern auf dem Jakobimarkt allerlei bramwergk kaufen.2094 Die übrigen Geschenke, die Severin an Ferdinands junge Söhne machte, unter anderem lebendige Zeisi2088 2089 2090 2091 2092 2093 2094

Freydiger, Vertzeichniß, S. 138. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 46r–62v. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 61r und Bl. 30r. Mitte September 1533 wurden 12 Kreuzer bezahlt vor eyn hawdt weiß pergamen vor m. g. h. und die register doreyn zu hefften. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 34r SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 11v. Diese Kette wurde im September 1533 von einem Goldschmiedemeister erneut aufgearbeitet. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 34r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 7r.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

ge,2095 bezahlte er nicht aus seiner eigenen Tasche. Seine ersten Geldgeschenke gingen interessanterweise an die Türknechte des Frauenzimmers und die Torhüter des Schlosses,2096 wahrscheinlich um sich jederzeit frei bewegen zu können. Von einem Hofbediensteten ließ er sich auch die Porträtbilder der Habsburger zeigen und erklären; der Burgkämmerer führte ihn durch die einzelnen Gemächer des Schlosses und zeigte ihm die seltzamkaitten und gemeldenn.2097 Bereits Anfang Februar weilte er das erste Mal gemeinsam mit den Königssöhnen im Baumgarten.2098 Die Fastnacht verbrachte er bei ihnen im Frauenzimmer, wo zwei Knaben auf der Laute spielten.2099 In seinem Zimmer auf dem Schloss empfing er von Zeit zu Zeit Gäste. Am 21. September gab es dort ein Abendessen mit dem Obersthofmeister Veit von Thurn2100 und nicht näher benannten Herren aus der Stadt, bei dem Weinbeeren, Nüsse, Esskastanien, weiteres Obst und ein guter Rheinwein gereicht wurden.2101 Der Auflistung des bei Brett- und Kartenspielen verlorenen Geldes ist zu entnehmen, mit wem der junge Herzog Umgang pflegte. In seiner anfänglichen Herberge hatte er nur mit seinem Hofmeister und seinem Zuchtmeister gespielt, um sich die Zeit zu vertreiben. Auf seinem Zimmer im Innsbrucker Schloss spielte er dagegen auch mit dem Schenken der königlichen Kinder, seinem Lehrer Caspar Ursinus, dem Obersthofmeister Veit von Thurn, dem Unterhofmeister Hermann von Zalesky (gest. 1535) und gelegentlich mit Georg Hermann, dem Faktor der Fugger. Als weiterer Spielpartner erscheint in den Rechnungen ein Doktor Johannes Rosinus (gest. 1545). Auch wenn ihm von Herzog Georg kein Jahrsold bezahlt wurde, muss er Severin gelegentlich unterrichtet haben, denn einmal wurden ihm 15 Gulden verehrt.2102 Am 16. September 1533 weilte er zusammen mit Caspar Ursinus im Zimmer des jungen Herzogs, auf das man wiederum guten Wein aus der Stadt kommen ließ.2103 Rosinus stammte aus Schlesien, hatte in Bologna studiert und wahrscheinlich über seine Freundschaft mit Ursinus Zugang zum Hofe Ferdinands I. erlangt, wo er als Kaplan und Prinzenerzieher wirkte.2104 Für sein Ansehen als Erzieher spricht, dass ihm 1543 die Leitung 2095 2096 2097 2098 2099 2100

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SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 35v. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 13r. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 14v f. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 14r (1533 Februar 3). SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 15v. Graf Veit von Thurn stand ab 1533 dem gesamten Hofwesen in Innsbruck vor. Mit der Aufsicht über das Unterrichtswesen wurde deshalb der Ritter Hermann von Zalesky betraut. HIRN, Ferdinand II., Bd. 1, S. 5; HOLTZMANN, Maximilian II., S. 17 f. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 22r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 63r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 22r. Johannes Rosinus schrieb sich wahrscheinlich 1521 an der Universität Bologna ein, KNOD, Index, Nr. 3117, S. 461 (hier als Johannes Rosmus). Aus seiner Feder stammen einige Gedichte, eine Beschreibung der Belagerung Wiens und eine Trauerrede auf Caspar Ursinus Velius: KARAJAN,

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

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einer Schule für junge Adlige übertragen wurde, die er jedoch ein Jahr später zugunsten der Dompropstei in Wien aufgab. Im Frauenzimmer, wo sich die königlichen Kinder aufhielten, spielte Herzog Severin mehrmals mit den Frauen und Jungfrauen um Geld. Ende September hatte er schließlich kein eigenes Geld mehr, erhielt aber für das Glücksspiel von seinem Zuchtmeister auf Verlangen weiteres ausgehändigt, das unter den Ausgaben zu seiner gnaden wolgefelligen notdurfft und ehrlichen vorbrauchunge verbucht wurde.2105 Das heißt, Brett- und Kartenspiele unter Einsatz von Geldbeträgen waren geduldet als notwendiger Zeitvertreib bei Hofe. Auch Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen gestattete seinen Söhnen ausdrücklich diese „fürstliche Ergötzung“, wenn sie darauf achtgaben, dass sie nicht täglich und nicht mit den gewöhnlichen Dienern spielten.2106 In Hofordnungen des ausgehenden 16. Jahrhunderts wird allein das Glücksspiel in der Hofstube und während der Mahlzeiten verboten.2107 Bei Herzog Severin diente das Glücksspiel auch als Ausgleich nach anstrengendem Unterricht, denn einmal heißt es ausdrücklich, der junge Herzog habe mit dem underhoffmaister, hern Hertzmann Zalazki, zu sampt dem hern preceptori nach gehalttenner lection korczweyll gehaltten.2108 Mit den beiden hier genannten Herren scheint Severin den häufigsten Umgang gepflegt zu haben.2109 Den Charakter eines Glücksspiels hatten in gewisser Weise auch die Schießübungen mit Pfeil und Bogen oder Feuerwaffen, bei denen die jungen Adligen bei Hofe offenbar miteinander wetteiferten. Die Ausgaben für Pfeile, Kugeln und Schießpulver erscheinen jedenfalls unter der gleichen Rubrik wie die Spielschulden. Gemeinsame Schießübungen unternahm Severin nachweislich mit den Grafen von Lichtenstein.2110 Mitte April 1533 schrieb der königliche Obersthofmeister Veit von Thurn an Herzog Georg von Sachsen, dass sich dessen Neffe in guter Obhut, Zucht und Lehre befinde und es nicht länger nötig sei, dass er einen eigenen Hofmeister habe, weil er, von Thurn, sich zusammen mit seiner Frau weiterhin um das Wohl des Jungen kümmern werde.2111 Dass man in Innsbruck offenbar den Abschied des Innozenz von Starschedel wünschte, war neben der Frage der Zuständigkeiten vor allem eine Kostenfrage, denn die Zahl der

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Brief; Rosinus, Historia; Ders., Naeniae. Siehe auch ALLEN, Opus epistolarum, Teil 9, Nr. 2455, S. 191 f. (1531 März 16). SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 17r f. BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 3, Art. 17, S. 184 f. [1547]; KIUS, Finanzwesen, S. 9 f. Anm. 10. Aus den erhaltenen Hofrechnungen geht hervor, dass der jüngste Sohn des Kurfürsten 1555 und 1560 mehrere hundert Gulden beim Spiel verlor. Vgl. die sächsische und die braunschweigische Hofordnung von 1576 bzw. 1589, TREUSCH VON BUTTLAR, Leben, S. 28. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 17r. Einmal nahm er mit ihnen ein gemeinsames Bad, SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 32r (1533 Oktober 4). SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 10r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 1r–2v (1533 April 16); LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 55.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

Personen im Gefolge Severins war eigentlich auf sechs beschränkt gewesen: auf den Zuchtmeister, die drei Edelknaben, den jungen Seidensticker, den Kammer- und den Stallknecht. Der Hofmeister hatte wie erwähnt nur auf besondere Bitte Georgs bei Severin bleiben dürfen. Nach Ostern 1533 musste er Innsbruck verlassen. Noch vor seiner Abreise fertigte er eine ausführliche Rechnung über die bisherigen Ausgaben an, übergab die Kasse an Bernhard von Rothschitz2112 und sorgte für die Anstellung eines neuen Stallknechts, weil derjenige, der sich zuvor um die Pferde gekümmert hatte angeblich gar khainen verstandt dartzue gehapt.2113 Die erhaltenen Schreiben des königlichen Hofmeisters zeigen, dass dieser die Oberaufsicht über Severin am Innsbrucker Hofe führte, den Kontakt zu Herzog Georg hielt und diesen über den Zustand des Jungen auf dem Laufenden hielt. Aus seinen Briefen geht außerdem hervor, dass Severins Zuchtmeister ebenfalls mit Herzog Georg schriftlich verkehrte, obwohl die entsprechenden Schreiben nicht überliefert sind. Auch der junge Herzog hatte brieflichen Kontakt zu seinen Verwandten, was wiederum allein aus den Rechnungen hervorgeht. Am 26. September 1533 übergab ihm ein Bote des Erzbischofs von Magdeburg, der sich gerade auf dem Weg nach Frankreich befand, einige Briefe seines Bruders Moritz.2114 Leider bleibt im Dunkeln, worüber sich die Fürstenbrüder austauschten, während sie fern des heimatlichen Hofes erzogen wurden. „Über den Studiengang am Innsbrucker Hofe geben die Akten keine Auskunft“ heißt es in Julius Richters Abhandlung über das Erziehungswesen der albertinischen Wettiner.2115 Das stimmt insofern, als dass weder ein Erziehungsprogramm noch Lehrbücher überliefert sind.2116 Aus den Rechnungen lassen sich nur einige spärliche Hinweise gewinnen. Severins Präzeptor erhielt einen Jahrsold von 50 rheinischen Gulden von wegen der vorwendlichen muhe, ßo er in lernunge mit m. g. h. teglichen pflegen und vorwenden ist.2117 Wie allgemein üblich, sollte Severin also täglich unterrichtet werden. Die jeweiligen Lektionen fanden nicht nur im Zimmer auf dem Schloss, sondern an verschiedenen Orten statt. Am 17. September 1533 war der junge Herzog beispielsweise mit dem Präzeptor und dem Grafen von Pesingen durch den Lustgarten gewandelt,

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SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 80r, Brief des königlichen Hofmeisters Veit von Thurn an Herzog Georg von Sachsen vom 21. August 1533. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 22v. RICHTER, Erziehungswesen, S. 28. Eine Erziehungsinstruktion gibt es von König Ferdinand I. erst aus dem Jahre 1550, erlassen für den Hofmeister seines jüngsten Sohnes Karl (1540–1590), den Grafen Leonhard von Harrach (gest. 1597). MAILÁTH, Kaiserstaat, Bd. 2, S. 190–192; FELGEL, Instruktion (1550 September 10); BUCHOLTZ, Regierung, Bd. 8, S. 736 f.; HOLTZMANN, Maximilian II., S. 23 f. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 13r. Damit bekam er nur 20 Gulden mehr Jahrsold als der Kammerknecht, der zudem noch Kleidung gestellt bekam. Was der Zuchtmeister an Jahrsold bekommen hat, ist nicht verzeichnet. SCHMITZ-ESSER/REBITSCH, Herzog Severin, S. 129.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

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bei dessen Gärtner sie nach gehattener repeticion einen Rheinwein aus der Stadt tranken.2118 Der Prinzenerzieher Caspar Ursinus Velius (1493–1539), eigentlich Caspar Bernhard, stammte aus dem schlesischen Schweidnitz und hatte ab 1505 in Krakau und ab 1508 in Leipzig studiert, wo er unter anderem Kenntnisse der griechischen Sprache erwarb.2119 Durch Vermittlung seines Gönners, des Bischofs von Breslau,2120 wurde er Sekretär am Hofe des Bischofs von Gurk, den er auf Gesandtschaften im Dienste Kaiser Maximilians I. begleitete. Während einer längeren Italienreise in der Zeit von 1510 bis 1514 besuchte er die Universitäten von Bologna (bis 1512) und Rom.2121 Anschließend hielt er sich in Wien, Breslau, Basel und Freiburg im Breisgau auf. Nachdem ihn Kaiser Maximilian bereits 1517 zum poeta laureatus gekrönt hatte, verhalf ihm König Ferdinand I. im Jahre 1523 zu einer Rhetorikprofessur an der Wiener Universität und machte ihn 1532 schließlich zu einem Lehrer seiner Kinder. Für diese verantwortungsvolle Aufgabe holte Ursinus den Rat des Erasmus ein, dessen pädagogische Schriften er nachweislich benutzte.2122 Er selbst verfasste indes keine Schriften für den Unterricht.2123 Da zwischen 1532 und 1538 überhaupt keine Druckschrift von ihm erschienen ist, kann angenommen werden, dass ihn seine Aufgabe bei Hofe vollkommen ausfüllte, auch wenn die höfische Erziehung auf mehreren Schultern ruhte.2124 Er dürfte vornehmlich für den Geschichtsunterricht zuständig gewesen sein. Ferdinands Kinder Maximilian und Elisabeth wurden frühzeitig in mehreren Sprachen unterrichtet, während ihre jüngeren Geschwister zunächst nur beschäftigt wurden.2125 1539 setzte Ursinus seinem Leben aus unbekannten Gründen ein Ende, indem er sich in der Donau ertränkte.2126 Aus den Rechnungen des Herzogs Severin geht weiterhin hervor, dass der Junge die ersten drei Monate am Innsbrucker Hof täglich auf dem Clavichord übte, worin er auf Befehl und Bitte des Hofmeisters durch den Organisten der königlichen Kinder unter2118 2119 2120 2121 2122 2123 2124 2125

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SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 22r. ASCHBACH, Wiener Universität, Bd. 2, S. 382–391; BAUCH, Ursinus Velius, S. 5 f.; DERS., Deutsche Scholaren, S. 63–65; ADB 39, S. 367–369. BAUCH, Thurzo und Heß, S. 206 f. FRIEDLÄNDER/MALAGOLA, Acta, S. 272; KNOD, Index, Nr. 3942, S. 591. Caspar Ursinus Velius an Erasmus von Rotterdam (1532 Juni 26), ALLEN, Opus epistolarum, Teil 10, Nr. 2664, S. 39 f.; BAUCH, Ursinus Velius, S. 68. Vgl. das chronologische Werkverzeichnis bei BAUCH, Ursinus Velius, S. 77–84. Die weiteren Lehrer bei HIRN, Ferdinand II., Bd. 1, S. 6 f.; HOLTZMANN, Maximilian II., S. 21 f. Caspar Ursinus Velius an Miklós Oláh (1493–1568) über die Lernfortschritte von Maximilian II. und Elisabeth (1533 Februar 23), IPOLYI, Codex epistolaris, S. 302 f.; BAUCH, Ursinus Velius, S. 68; HOLTZMANN, Maximilian II., S. 22. Ein Jahr zuvor hatte Oláh auf die beste Veranlagung der beiden hingewiesen, IPOLYI, Codex epistolaris, S. 206 f. (1532 März 10). Er selbst war 1510 als Edelknabe an den ungarischen Königshof gekommen und 1526 Sekretär des Königs Ludwig II. und seiner Gemahlin Maria von Österreich geworden, der er 1531 an den Hof in Brüssel folgte. Johannes Lange (gest. 1548), Elegia de miserabili fato Casparis Ursini Velii, zusammen mit Johannes Rosinus (gest. 1545), Naeniae (in mortem Casparis Ursini Velii), Wien 1539.

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IV. Höfische Erziehung um 1500

wiesen wurde.2127 Bereits am elterlichen Hof in Freiberg war ein Organist angestellt gewesen, bei dem Severin ersten Musikunterricht bekommen haben könnte.2128 Mehrfach sind in seinen Rechnungen Ausgaben für Schreibmaterial, also für Federn, Tinte, Streupulver und Papier, verzeichnet,2129 wobei nicht immer deutlich wird, für wessen Gebrauch diese Dinge bestimmt waren. Einmal heißt es jedoch ausdrücklich, ein Buch Papier sei für die Knaben gekauft worden.2130 Ende September wurden 12 Kreuzer ausgegeben vor ein hawd capertorinum [d. i. Ziegenhaut] m. g. h. zu schreibebuchern und andern buchern dorein zu hefftenn.2131 Sowohl die Edelknaben als auch Herzog Severin selbst scheinen also viel geschrieben zu haben. Welche Lese- und Lehrbücher Severin benutzte, ist aus den Rechnungen nicht zu ermitteln. Offenbar wurden keine eigens für ihn angeschafft. In dem von Innozenz von Starschedel angelegten Inventar über die Kleidungsstücke und Gerätschaften, die Severin nach Innsbruck mitgenommen hat, sind ebenfalls keinerlei Bücher aufgeführt.2132 Für den Edelknaben Rudolf von Bünau wurde hingegen in Innsbruck ein Gebetbuch gekauft.2133 Für Johann von Karlowitz wurde bereits auf dem Wege dorthin, in Augsburg, ein Büchlein erworben, später dann ein deutsches Gebetbuch und die weithin gebräuchliche lateinische Grammatik und das Silbenbuch des Aelius Donatus.2134 Für Georg von Schönberg kaufte man ein silbenbuchlein und puerila oder zochtbuchlein, darinnen er sol lesen lernen.2135 Aus dieser Formulierung lässt sich schließen, dass der von Schönberg vielleicht der jüngste der drei Edelknaben war.

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SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 36v: iiii fl. der roe. koe. kindr organisten zu einer vorehrung, uffs hern hoffmeisters befehel und seinn supplicirn, das er teglichn m. g. h. seligen biß in dritten monat auf dem clavicordio instituiret und gelernet. Diese 4 Gulden erhielt der Hoforganist erst nach Severins Tod ausgezahlt, am 5. November 1533. Besoldungsverzeichnis des Freiberger Hofes von 1530, SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 40v. In größeren Mengen wurde Schreibmaterial noch einmal nach dem Tode Severins gekauft, als besonders viele Schreibarbeiten anfielen und unter anderem auch der Diener des Doktor Ursinus damit beschäftigt wurde. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 36v f. und Bl. 37v: viii patzen doctori Ursino diener und der Grefingerin son, haben das epithaphium uffen außschreiben mussen sampt anderm thun, ßo innen in dyser [Zeit] vile zu schreiben entphohlen wordenn. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 18v. Auf Bl. 22r ist zudem ein tinttehorn vor die knaben verzeichnet. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 35r. SächsHStA Dresden, Loc. 10289/22, Bl. 28r–35v SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 50r: v patzn vor ein betbuchel oder rotulus anime. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 54r: i patzn idem zu Augspurgk zu einem buechlein […]; v patzn fur ein deutzschen rotulus anime oder betbuechlein idem; xviiii cr. vor ein lateinische und deutschen Donatenn zu sambt idem silben puechlein; ij patzn davon eintzupinden Karlewitzen zu studdiern. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 58r.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

325

Wie zu sehen war, lernten Severins Edelknaben am Innsbrucker Hof also Lesen, Schreiben und Latein. Sie übten sich aber auch im Reiten und anderen ritterlichen Betätigungen. Auf Befehl des Obersthofmeisters wurden sie bereits kurz nach ihrer Ankunft alle drei in gleicher Weise eingekleidet, und zwar in graue Röcke uf die manir der land artt.2136 Die Tatsache, dass der bürgerliche Seidensticker andere Kleider tragen musste, machte nach außen hin sichtbar, dass er nicht zu den Edelknaben zählte. Welche Rolle er aber dann in Severins Gefolge spielte, ist schwer zu sagen. In der persönlichen Rechnung des jungen Herzogs erscheint er nur ein einziges Mal, nachdem er auf dem Weg nach und in Hall in Tirol Geldstücke an Arme ausgeteilt hatte.2137 Über den Zuchtmeister des sächsischen Fürstensohnes, Bernhard von Rothschitz, ist Näheres aus dem Briefwechsel zu erfahren, der im Vorfeld seiner Heirat mit der Witwe Barbara Volkrain entstanden ist.2138 Im August 1533 teilte Veit von Thurn dem Herzog Georg von Sachsen in einem Schreiben mit, Rothschitz wolle mit dieser Eheschließung solange warten, bis ein neuer Zuchtmeister für Herzog Severin gefunden sei, es wäre jedoch der besondere Wunsch des Königspaares, dass die Hochzeit möglichst bald stattfände.2139 Der Obersthofmeister nannte Rothschitz, der aus einem mährischen Freiherrengeschlecht stammte,2140 bei dieser Gelegenheit einen frommen, aufrichtigen und redlichen Edelmann und meinte, dass dem jungen Herzog Severin ein so ehrlicher, geschickter und frommer Zuchtmeister gut anstehe. In einem eigenen Schreiben muss Rothschitz Herzog Georg dennoch mit Nachdruck um seine Entlassung gebeten haben, woraufhin dieser feststellte, dass der Mann als Zuchtmeister oder Präzeptor nicht unbedingt geeignet gewesen war, weil er nit sonders gelehrt und unsrem jungen vetter zum hochsten von nott ist, das er zur lere des lateins und zucht gehalten werde.2141 Seine Aufgaben nahm Rothschitz offensichtlich aber noch bis November 1533 wahr. Im August des Jahres wurde lediglich der bisherige Kammerknecht gegen Christoph von Wallwitz ausgetauscht.2142 Wallwitz, der sich 1530 unter den besoldeten Edelleuten des Freiberger Hofes findet,2143 sollte wahrscheinlich übergangsweise die Aufgaben des Zuchtmeisters wahrnehmen, wenn dieser seinen Abschied genommen hätte. Mit dem plötzlichen Tode des jungen Herzogs erübrigte es sich, einen geeigneten Zuchtmeister zu finden. Gemeinsam mit Rothschitz ritt Wallwitz zum Abt des Zisterzienserklosters Stams, um Vorsorge für das Totengedenken zu treffen.2144 2136 2137 2138 2139 2140 2141 2142 2143 2144

SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 59r. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 11r. Vgl. zum Folgenden SCHMITZ-ESSER/REBITSCH, Herzog Severin, S. 130. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 76 und 79 (1533 August 18). Vgl. KNESCHKE, Adels-Lexicon, Bd. 7, S. 572 f. SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 77r (Entwurf eines Schreibens des Herzogs Georg von Sachsen an Veit von Thurn, undatiert). SächsHStA Dresden, Loc. 8265/1, Bl. 80r f. (1533 August 21). SächsHStA Dresden, Loc. 4519/10, Bl. 41v. SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 37r.

326

IV. Höfische Erziehung um 1500

In den letzten Tagen des Jahres 1532 war Herzog Severin von Sachsen nach Innsbruck aufgebrochen, um am Hofe des Römischen Königs zucht, redligkait und alles guets zu lernen.2145 Sein unerwarteter Tod zerstörte nicht nur die Hoffnungen, die seine Familie in ihn gesetzt hatte, sondern beendete auch den Aufenthalt seiner Edelknaben. Ende November 1533 mussten sie die Heimreise antreten. Aus den in Dresden erhaltenen Rechnungen über Severins Aufenthalt in Innsbruck lässt sich bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen, wie er sich am Hofe bewegte und mit welchen Personen er Umgang pflegte. Obwohl er in aller Form als Diener und Lerngenosse der jungen Söhne Ferdinands I. angenommen worden war, scheint er nicht zusammen mit diesen unterrichtet worden zu sein und hatte im großen und ganzen eher selten persönlichen Kontakt zu ihnen. Immerhin war er bemüht, gute Beziehungen zu unterhalten, indem er ihnen hin und wieder Geschenke machte. Wesentlich häufigeren Umgang pflegte er dagegen mit Bediensteten und Amtsträgern bei Hofe. Leider lässt sich nicht ermessen, wie fruchtbar und gewinnbringend diese Beziehungen hätten sein können. Alles in allem hat es aber den Anschein, als sei Severin bewusst angehalten worden, sich bei Hofe darzustellen, seine Familie zu repräsentieren und Beziehungen für die Zukunft zu knüpfen. Gegenüber der Ausbildung seiner Edelknaben, deren Lese- und Lehrbücher bekannt sind, bleiben die eigentlichen Bildungsinhalte, die Severin vermittelt wurden im Dunkeln. Sicherlich wird er intensiven Lateinunterricht erhalten haben, denn darauf hatte sein Onkel ausdrücklich Wert gelegt. Zu berücksichtigen bleibt bei alledem, dass in den Rechnungen nur erscheint, wofür aus Herzog Georgs Kasse Geld bezahlt werden musste. So lässt sich beispielsweise nicht sagen, welche Möglichkeiten der Wissensaneignung, die der Innsbrucker Hof zweifelsohne bot, Severin nutzen konnte und genutzt hat. Einige Seiten des Aufenthaltes lassen sich mit den zur Verfügung stehenden Schriftquellen überhaupt nicht beleuchten. Keinerlei Aufschluss geben sie etwa darüber, in welcher Weise Severins Anwesenheit am Innsbrucker Hof wahrgenommen wurde und in Erinnerung blieb.2146 Dass König Ferdinand dem Herzog Moritz von Sachsen im März 1542 das Angebot unterbreitete, dessen jüngsten Bruder August am Königshof erziehen zu lassen,2147 dürfte vor allem auf Moritz’ Beteiligung am Türkenkrieg zurückzuführen sein. Auf dem Reichstag von Speyer wurde fest vereinbart, Herzog August bereits Ende April nach

2145 2146

2147

Veit von Thurn an Herzog Georg von Sachsen, SächsHStA Dresden, Loc. 8017/10, Bl. 1r (1533 April 9). An dieser Stelle kann nur darauf hingewiesen werden, dass in der Sammlung deutscher Bildnisse des Erzherzogs Ferdinand II. auch ein Portät des jungen Severin von Sachsen zu finden ist. Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie, Inv.-Nr. 4812; KENNER, Porträtsammlung, Nr. 87, S. 206 f.; SEIPEL, Prinzenrolle, Kat.-Nr. 4.2, S. 145 f. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 295, S. 346 (1542 März 15); BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 193. Der König versprach, August einen jährlichen Unterhalt in Höhe von 1500 Gulden zu zahlen.

9. Dienst und Erziehung an königlichen Höfen

327

Prag zu entsenden,2148 nachdem Moritz die Stände über dieses Vorhaben unterrichtet hatte.2149 Der junge Fürst, der in der Herrschaftsnachfolge mittlerweile weit aufgerückt war, sollte sich an den königlichen Hof begeben, damit er allda in sitten und guten tugenden zunehme, auch fursten und anderer stende leute erkennen lernet.2150 So hieß es gegenüber den sächsischen Ständen, aber natürlich war der Aufenthalt wiederum von höchster politischer Bedeutung. Die Ernestiner vermuteten, dass August mit einer Tochter des Königs verheiratet werden sollte, um das Bündnis zwischen Albertinern und Habsburgern zu festigen.2151 Aber auch der sechzehnjährige Herzog August befand sich in Prag und Wien in der Stellung eines Hofdieners, der dem König aufzuwarten hatte. Durch Gesandte brachte Moritz in Erfahrung, wie sein Bruder diesen Dienst verrichtete.2152 August bat allerdings schon bald darum, in die Heimat zurückkehren zu dürfen, wenigstens für einige Wochen.2153 Im Oktober gestattete ihm der König einen dreiwöchigen Besuch zu Hause.2154 Zu Beginn des folgenden Jahres ist dann zu erfahren, warum es August am Königshof nur schwer aushielt und warum er mehrfach um seine endgültige Abberufung bat: Er meinte, nicht viel mehr als daheim zu sehen, und sah sich wegen seines lutherischen Glaubens einigen Anfeindungen ausgesetzt.2155 Im Frühjahr ist zu hören, dass er eine Beziehung mit einer Tochter des Markgrafen Georg von Brandenburg begonnen hatte, womit er die Heiratspläne seines Bruders in Gefahr brachte, und dass er sich mit seinem Hofmeister Ernst von Miltitz überworfen hatte.2156 Zu allem Übel war er außerdem an Syphilis erkrankt.2157 Nachdem August mehrfach um seine Rückkehr gebeten hatte, war Moritz letztlich vor allem darauf bedacht, wie 2148 2149 2150 2151

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2156 2157

BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 306, S. 364 f. (1542 März 25); JOËL, Herzog August, S. 126; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 193. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 302, S. 358 f. [1542 März 23 oder 24]; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 197. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 302, S. 358 [1542 März 23 oder 24]. Erasmus von Könneritz (gest. 1563) an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und dessen Antwort, SächsHStA Dresden, Loc. 9138: Allerhand Schreiben, Bl. 21 (1542 Juni 20) und Bl. 23 [1542 Juli, Entwurf]; BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 367, S. 449; JOËL, Herzog August, S. 127 f.; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 211 und 213 f. Anweisungen für Heinrich von Gersdorf, Landvogt zu Pirna, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 400, S. 492 [1542 Oktober 8]; BRANDENBURG, Moritz, Bd. 1, S. 298. SächsHStA Dresden, Loc. 9232: Türkenkrieg 1542, Bl. 14 (1542 August 31) und BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 391, S. 482 f. (1542 September 4); LANGENN, Moritz, Teil 1, S. 146 und 151; JOËL, Herzog August, S. 126 f. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 404, S. 497 (1542 Oktober 28). SächsHStA Dresden, Loc. 8498: Handschreiben 1541–1551, Bl. 36 (1543 Januar 16) und Bl. 39 (1543 April 15); JOËL, Herzog August, S. 127 und BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 464, S. 612 f. Georg von Karlowitz an Landgraf Philipp I. von Hessen, BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 452, S. 590 f. (1543 März 22). BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 494, S. 645 f. (1543 August 1).

328

IV. Höfische Erziehung um 1500

der Abschied ohne Verlust von Ansehen erfolgen könne.2158 Erst im Herbst des Jahres durfte August nach Dresden zurückkehren,2159 ohne aber die Dienstverpflichtung gegenüber König Ferdinand zu lösen. Die Erziehung am königlichen Hof eröffnete Fürstensöhnen beste Möglichkeiten, später in den Königsdienst treten zu können. Für diese Laufbahn war auch Herzog Severin von Sachsen vorgesehen. Sein unerwarteter Tod vereitelte dieses Vorhaben zwar, doch sind wahrscheinlich nur dadurch Schriftquellen erhalten geblieben, die Einzelheiten nachvollziehbar machen. Vom Aufenthalt des Fürsten Rudolf von Anhalt am kaiserlichen Hof sind dagegen keinerlei Einzelheiten bekannt, obwohl er wahrscheinlich der einzige anhaltische Fürst war, der um 1500 seine Jugend dort verbrachte. Sein Bruder, Fürst Woldemar, bemühte sich, wie oben dargelegt, vergebens, seinen Sohn Wolfgang in kaiserliche Dienste treten zu lassen. In den Briefen der besorgten Fürstin Margarethe finden sich keine Hinweise, dass sie diese Laufbahn für ihre Söhne überhaupt in Erwägung gezogen hätte.

10. Zusammenfassung und Ausblick Für die Zeit um 1500 ist zu beobachten, dass die Fürsten des mitteldeutschen Raums sichtlichen Wert auf die standesgemäße Erziehung ihrer Nachkommen und die Ausbildung der Kinder des Hofadels legten, obgleich sich die Erziehung der Töchter aufgrund der Überlieferung nur wenig beleuchten lässt. Am Beispiel einzelner Fürstinnen und Fürsten, die eigenhändige Briefe hinterlassen haben, ließ sich die zentrale Rolle herausarbeiten, die fürstliche Eltern im höfischen Erziehungswesen spielten, selbst wenn die erzieherische Verantwortung auf vielen Schultern ruhte. Deutlich spürbar ist der Wille, die Einheit des Fürstenhauses durch Erziehung zu festigen, wenn etwa die jungen Markgrafen von Brandenburg für längere Zeit zu ihren fränkischen Verwandten geschickt wurden oder wenn Kurfürst Friedrich und Herzog Georg von Sachsen die Sorge für die Erziehung ihrer Neffen übernahmen. Handlungsleitend war darüber hinaus die Vorstellung von einer Gemeinschaft der Fürsten. Natürlich rangen diejenigen von fürstlichem Stand miteinander um Herrschaftsrechte, Ansehen und Vorrang, sie fühlten sich aber ebenso auf vielfältige Weise miteinander verbunden, beobachteten einander und ermahnten sich gegenseitig zur Tugend. Als Verwandte, Vormünder und Taufpaten oder als Fürsten ohne eigene Nachkommen sahen sie es als ihre Pflicht, junge Fürsten an ihrem Hof zu erziehen, um den fürstlichen Stand zu erhalten. Da höfische Erziehung 2158

2159

SächsHStA Dresden, Loc. 8498: Handschreiben 1541–1551, Bl. 34 (1543 April 30) bei LANGENN, Moritz, Teil 2, S. 233; Bl. 32 (1543 Mai 10); Bl. 30 (1543 Mai 12, Entwurf); Bl. 127 (1543 Mai 20, Entwurf); BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 470, S. 619 f. (1543 Mai 20); JOËL, Herzog August, S. 128. BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1, Nr. 486, S. 638 f. (1543 Juli 8); JOËL, Herzog August, S. 128.

10. Zusammenfassung und Ausblick

329

Bindungen verstärkte und Abhängigkeiten deutlich machte, waren sie dabei nicht völlig uneigennützig, bewahrten aber eine grundsätzliche Achtung vor fürstlicher Eigenständigkeit. Für die Anhaltiner war dies um 1500 von außerordentlicher Bedeutung, da der Bestand ihrer Herrschaft stark vom Verhältnis zu den benachbarten geistlichen und weltlichen Fürsten abhing. An diesen benachbarten Fürstenhöfen, so scheint es, hatten sie überhaupt erst Anteil an einem wahrhaft fürstlichen Hofleben. Doch waren sie deshalb nicht die Einzigen, die ihre Kinder lehren mussten, mit den Einkünften sparsam umzugehen. In allen dreien der hier in den Blick genommenen Fürstenhäuser wurden die Söhne früh an den selbständigen Umgang mit Geld herangeführt, um zu lernen, wie sie standesgemäß auftreten und freigiebig sein konnten, ohne sich zu überschulden und dadurch in die Abhängigkeit ihrer Geldleiher zu geraten. Zu den festen Bestandteilen höfischer Erziehung gehörte mittlerweile ebenfalls, Lesen und Schreiben zu lernen und Lateinkenntnisse zu erwerben, wenngleich die alte Abneigung gegen das Schreiben keineswegs überwunden war und die Lust zu Schreiben nach der Übernahme weltlicher Herrschaft oft nachließ. Die Neigung, sich im Kampf zu üben und höfische Umgangsformen zu erlernen war noch immer größer als die Bereitschaft, sich gelehrte Bildung anzueignen, obwohl die Notwendigkeit, dies zu tun grundsätzlich anerkannt war. Ritterliche Übung und Buchwissen gehörten zur höfischen Erziehung, waren in den Augen des Adels aber keineswegs gleichwertig. Auch als die gelehrte Bildung um 1500 an Boden gewann, blieb der akademisch ausgebildete Prinzenerzieher dem adligen Hofmeister weiterhin untergeordnet. Immerhin war es seit Ende des 15. Jahrhunderts allgemein üblich, Prinzenerzieher zu berufen, die einen akademischen Hintergrund hatten und meist an den jeweiligen Landesuniversitäten studiert oder gelehrt hatten. Die betreffenden Personen standen jedoch eher am Anfang ihrer Laufbahn und erhofften sich, über die Erfüllung dieser Aufgabe in den fürstlichen Rat zu gelangen oder sich für geistliche bzw. akademische Stellen zu empfehlen. Dort wo es sich beobachten lässt, ist die Fluktuation derjenigen ziemlich hoch, die mit der Erziehung eines Prinzen betraut waren. Niemand scheint diese Aufgabe auf Dauer übernommen zu haben. Selten haben alle Kinder eines Fürsten denselben Lehrer gehabt. Bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist zu beobachten, dass die zu weltlichem und zu geistlichem Stand bestimmten Fürstenbrüder zeitweilig bewusst gemeinsam unterrichtet wurden und dass sich akademische und höfische Erziehung abwechselten und ergänzten. Dabei ging es sicher nicht allein darum, vorhandene Möglichkeiten auszuschöpfen und Kosten zu sparen, sondern vor allem darum, die Ausbildung breit anzulegen, um die Söhne sowohl für die Herrschaftsnachfolge und den Kriegsdienst als auch für die Übernahme geistlicher Ämter zu befähigen. Ort und Ausrichtung der Fürstenerziehung blieben zwar weiterhin abhängig von der angestrebten Laufbahn, doch gab es keinen fest vorgeschriebenen Bildungsweg. Welcher Weg letztlich beschritten wurde, das hing nicht nur von grundsätzlichen Überlegungen und Traditionen ab, sondern von jeweils eigenen Gegebenheiten und Erfordernissen. Allzu oft

330

IV. Höfische Erziehung um 1500

wurden die ursprünglichen Absichten durch Todesfälle und sich ändernde Umstände durchkreuzt. Im Sinne des Herrschaftserhalts mussten Rollenzuweisungen daher veränderbar sein, und so war es nötig, für eine möglichst breite Erziehung und Ausbildung aller Fürstenkinder Sorge zu tragen. Die Grundlagen der Erziehung und Bildung wurden in der Regel am heimischen Hof gelegt. Danach kamen bis zur Durchsetzung der Reformation überall sowohl geistliche als auch weltliche Fürstenhöfe als Ausbildungsort in Frage. Die Hohenzollern und Wettiner blieben dabei eng im familiären Verbund, versuchten Anschluss an königliche Höfe zu finden oder junge Fürsten an ihren eigenen Hof zu ziehen. Die Anhaltiner bauten ebenfalls auf bestehende Bindungen, mussten um 1500 aber einige Mühen aufwenden, um ihre Söhne an fremden Höfen unterzubringen, zumal sie nicht in der Lage waren, die Kinder von Grafen und Herren an ihrem eigenen Hof aufzunehmen. Solange ein Fürst eigene Nachkommen im Kindes- und Jugendalter hatte, wurde mehr Aufwand im Bereich der höfischen Erziehung betrieben, wurden eigene Bedienstete bestallt und adlige Spielgefährten aufgenommen. Grundsätzlich aber gab es bei Hof durchgehend junge Adlige, die in der unmittelbaren Umgebung des Fürsten, seiner Gemahlin und der wichtigen Amtsträger ihren Dienst verrichteten, um höfische Sitten zu erlernen. Diese Edelknaben, Hofjunker und Hofjungfrauen stammten zum überwiegenden Teil aus eingesessenen Adelsfamilien, die über langfristige Bindungen an den Hof verfügten und meist sogar mehrere Kinder nacheinander in den Hofdienst gaben. Mit Hilfe von Fürsprechern kamen zwar auch auswärtige Adlige und gelegentlich auch Nichtadlige an die hier untersuchten Höfe, doch blieben die Bindungen hier weniger beständig. Bisher lassen sich noch zu wenige beispielhafte Lebensläufe soweit nachvollziehen, dass eindeutige Muster erkennbar wären, denn es gibt keinen Grund anzunehmen, dass jeder, der später Aufgaben bei Hofe übernahm, auch bei Hofe erzogen wurde. Dafür war das „System Hof“ zu offen. Der „Quereinstieg“ durch besonderer Verdienste oder einfach aus fürstlicher Gunst war jederzeit möglich. Als Ort der Adelserziehung war der Hof um 1500 fest eingebunden in ein Geflecht von Orten, an denen Bildung erworben werden konnte. Es bestanden Beziehungen zu anderen Höfen, zu Universitäten und gelehrten Kreisen sowie zu geistlichen Einrichtungen und Schulen. Der Humanist Johannes Rivius, ein ehemaliger Lehrer des Herzogs August von Sachsen, verfasste mehrere weit verbreitete Lehrbücher, erarbeitete Statuten für neu zu gründende Schulen und unterbreitete Vorschläge, wie der Unterricht an höheren Lehranstalten verbessert werden könne.2160 Mit dem Ausbau des Schulwesens wurde die Erziehung an fürstlichen Höfen noch exklusiver, wurde vor allem der niedere Adel zunehmend an die Universitäten und Schulen verwiesen.2161 Die evangelisch gewordenen Fürsten gründeten Landesschulen, in denen auch adlige Knaben auf ein Uni2160 2161

Rivius, Werke, Bd. 1. Vgl. LEIBETSEDER, Adlige Pagen, S. 616–618.

10. Zusammenfassung und Ausblick

331

versitätsstudium und somit auf den Dienst für Kirche und Staat vorbereitet wurden.2162 Keinen Platz gab es dort für ausländische Schüler und für Knaben, die nicht für ein Studium geeignet waren. Der niedere Adel durfte zwar neben den Städten eine bestimmte Zahl von Schülern benennen, doch nicht ohne Prüfung ihrer Eignung.2163 Es braucht nicht betont zu werden, dass an diesen Landesschulen keine Fürsten unterrichtet wurden. Die bereits im 16. Jahrhundert gebräuchliche Bezeichnung „Fürstenschule“ kennzeichnete lediglich, durch wen diese Schulen gegründet und erhalten wurden.2164 Mit dem Magister Sebastian Leonhart (1544–1610) brachte es immerhin ein Zögling der Fürstenschule in Meißen zum wettinischen Prinzenerzieher.2165 Am Ende des 16. Jahrhunderts meinte der sächsische Chronist Petrus Albinus (1543– 1598) feststellen zu können, dass im „Lande zu Meißen“ die meisten Edelleute und Bürger zwar nicht studiert hätten, aber wenigstens lesen und schreiben könnten und in ihren Häusern über feine Bibliotheken verfügten, gefüllt mit Büchern über alle nützlichen Sachen, so dass sie ihre Kinder und ihr Gesinde zu Hause durch eigene Unterweisung und mit eigenem Beispiel zu Gottesfurcht und Tugend erzögen.2166 In seinen Augen war das große humanistische und reformatorische Bildungsvorhaben erfolgreich umgesetzt worden.

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2164 2165 2166

Siehe die Landesordnung des Herzogs Moritz von Sachsen vom 21. Mai 1543 und den Stiftungsbrief der Meißner Fürstenschule vom 23. Januar 1544 bei FLATHE, Sanct Afra, S. 13–16 und Beilage Nr. 1, S. 427–431. Die Meißner Fürstenschule wurde gegründet, das gelerte kirchen- und ander des gemeinen nutzes diner aufertzogen und zu bekomen sein. FLATHE, Sanct Afra, S. 427. Luther hatte dem Herzog Georg von Brandenburg 1541 vorgeschlagen, das Zisterzienserkloster Heilsbronn in eine Landesschule umzuwandeln, in der man edle und unedle auferzieht zu leuten, die man ynn kirchen- und weltlichen regimenten brauchen kundte. Luther, Briefwechsel, Bd. 10, Nr. 3822 (1541 Dezember 6 oder 13); SEYBOTH, Markgraf Georg und Luther, S. 142 f. Die eigentliche Gründung dieser Landesschule erfolgte erst 1581. Siehe JUNGER, Fürstenschule. LÜNIG, Codex Augusteus, Bd. 1, Sp. 46 (1555 Oktober 1); FLATHE, Sanct Afra, S. 89 f.; FLEMMING, Schulpforta, S. 9 und Beilage Nr. 6: Schulordnung von 1552 oder 1553, S. 27; LORENZ, Landesschule Grimma, S. 24; ROEßLER, Landesschule Grimma, S. 26 f. und 97–99; SCHÖNBERG, Patronatsstellen. ROEßLER, Landesschule Grimma, Anhang Nr. 1, S. 276 f. REIMANN, Prinzenerziehung, S. 158; RICHTER, Erziehungswesen, S. 89–96; MEINHARDT, Leonhart, bes. S. 49 f. Albinus, Chronica, S. 306.

Unica spes patriae

333

Abb. 16: Herzog Johann von Sachsen und sein Sohn Johann Friedrich Porträt-Diptychon von Lucas Cranach d. Ä., um 1509. London, National Gallery, Inv.-Nr. NG 6538 und 6539. Die Rückseite zeigt das Allianzwappen der Herzogtümer Sachsen und Mecklenburg. Herzog Johanns Frau, Sophie von Mecklenburg, war nach der Geburt Johann Friedrichs im Jahre 1503 gestorben.

Abb. 17: Sächsischer Prinz zu Pferde Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä., datiert 1506. Coburg, Kunstsammlungen der Veste Coburg, Inv.-Nr. I,45,111. Dargestellt ist ein Knabe, reich gekleidet und geschmückt, vor einer Burg auf einem kleinwüchsigen Pferd reitend. Die beiden Wappen weisen den kursächsischen Hof als Auftraggeber aus. In der Burganlage wurde die Veste Coburg erkannt, seit 1499 Residenz des Herzogs Johann von Sachsen. Bei dem dargestellten Knaben könnte es sich daher um dessen Sohn Johann Friedrich handeln, der 1506 allerdings erst drei Jahre alt war. Der Holzschnitt wurde anscheinend in der Absicht gefertigt, den Nachfolger in der sächsichen Kurwürde zu repräsentieren.

334

Ein sächsischer Prinz am königlichen Hof zu Innsbruck

Abb. 19: Hof der Burg zu Innsbruck Aquarell von Albrecht Dürer, 1494. Wien, Albertina, Grafische Sammlung, Inv.-Nr. 3058.

Abb. 18: Herzog Severin von Sachsen Farbige Tuschezeichnung im „Sächsischen Stammbuch“, um 1545. Dresden, SLUB, Mscr. Dresd. R. 3, Bl. 98v. Severinus. Ehr ich recht kam zu meim vorstand und als man mich gein Inßbruck sand zu dinst den jungen konigen Ferdinandus sohennen doselbst ich mit todt abging und mein abschid hiedan entpfing got genade der selhe mein und nem sie in die freude sein.

Abb. 20: Herzog Severin von Sachsen (?) Ölgemälde von Johann Cranach (?), bez. 1529. Köln, Wallraf-Richartz-Museum, Inv.-Nr. 874.

V. Schluss

Die höfische Erziehung, die „Zucht“, galt seit dem Hochmittelalter als wesentliches Standesmerkmal des Adels. Sie sollte Adligkeit nach außen sichtbar machen und verlangte jungen Edelleuten einiges ab. Bei Waffenübungen und auf Kriegszügen lernten junge Ritter sich mit Gewalt zu behaupten, doch bei Hofe sollten sie ihre Leidenschaften zügeln. Die entfaltete Hofkultur des Mittelalters forderte von ihnen nicht nur besondere Umgangsformen, sondern auch, sich an ritterlichen Helden zu messen, deren Taten bei Hofe besungen wurden. Alte Vorbilder wurden dazu vergegenwärtigt und lebendig erhalten, neue kamen bekräftigend hinzu. Ohne selbst schriftkundig zu sein, hatten Adlige an den fürstlichen Höfen Zugang zu Bildungsgut, das sich aus antiken, christlichen und volkstümlichen Quellen speiste. Im ausgehenden Mittelalter lernten sie dann lesen und schreiben und teilweise auch Latein zu verstehen, was ihnen sichtlich schwer fiel. Sie nahmen diese Mühen auf sich, als dies unumgänglich schien, adlige Herrschaft zu sichern. Zuerst führte der Adel das Schwert, dann auch das Vorschneidemesser und schließlich die spitze Feder. Der humanistischen Forderung nach allseitiger, tiefgründiger Bildung begegneten aber gerade die großen Herren noch lange auf die altbewährte Weise: durch Selbstinszenierung. In der Idee des christlichen Rittertums fanden hoher und niederer Adel bis weit in die Neuzeit ein einigendes Band. Ritterliche Ideale, die nicht zuletzt durch die lehrhafte Literatur verbreitet wurden, hatten erheblichen Einfluss auf die höfische Kultur, indem sie den Maßstab lieferten, an dem sich das Handeln messen ließ. Adlige mussten stets um ihren Ruf bedacht sein. Die spätmittelalterliche Zeit des Rittertums wird längst nicht mehr als Niedergang, sondern als Neuformierung verstanden. Kaiser Maximilian verstand sich keineswegs als den „letzten Ritter“, sondern als den „ersten Ritter“ in seinem Reich, der dem Ideal des Rittertums am nächsten kam. Gleichzeitig erweckte er den Anschein, das humanistische Ideal des allseits gebildeten Herrschers zu erfüllen. Damit trug er immerhin dazu bei, diesen Bildungsanspruch zu untermauern, um letztlich Rittertum und Bildung miteinander zu vereinbaren.

336

V. Schluss

Gewiss, die Fürsten des ausgehenden Mittelalters umgaben sich vor allem deshalb mit Gebildeten, um ihrer Herrschaft zusätzliche Legitimität zu verleihen.2177 Gegenüber dem, was ihren Glanz und ihre Anziehungskraft erhöhen half, zeigten sie sich aufgeschlossen. Die Dichter und Gelehrten konnten allerdings kaum verdrängen, dass sie ihre Stellung dem fürstlichen Willen und fürstlicher Gunst verdankten. Wie sehr sie ihren Fürsten auch lobten und ihn gleichzeitig vor Schmeichlern warnten, er war und wurde keiner von ihnen. Für ihn waren Beredsamkeit und Dichtkunst kein erhabener Selbstzweck, sondern schmückendes Beiwerk, um Herrschaft und Rang zu verdeutlichen. Dennoch war den Gelehrten ein Fürst lieber, der vorgab, gebildet zu sein, als einer, der Gelehrsamkeit verachtete. Während sich die Mehrzahl der mächtigen Fürsten preisen ließ, waren es vor allem diejenigen, deren Herrschaft in Bedrängnis geraten war, mindermächtige Reichsfürsten und niedere Adlige, aber auch nachgeborene Fürstensöhne, die sich ernsthaft mühen mussten, neuen Bildungsanforderungen zu entsprechen. Die kirchliche Erneuerungsbewegung des 15. Jahrhunderts und die beginnende Glaubensspaltung des 16. Jahrhunderts führten dazu, dass einige Fürsten die Notwendigkeit sahen, sich in eigener Person mit theologischen Schriften zu beschäftigen. Es genügte nicht mehr, auf die Antworten der Geistlichen zu vertrauen. Jetzt musste jeder selbst gegen Irrlehren gewappnet sein. Für die Erziehung des fürstlichen wie des nichtfürstlichen Adels war entscheidend, dass sich der Adel insgesamt als zur Herrschaft berechtigter Stand sah. Die Herrschaftsnachfolge wurde angetreten, selbst wenn die Ausbildung formal noch nicht beendet war. Je mehr sich aber herrschaftliche Aufgaben verdichteten, je mehr mussten diejenigen, die sie erfüllen sollten, darauf vorbereitet werden und in der Ausübung ihres Amtes weiterlernen. Adlige Geburt berechtigte zwar zur Herrschaft, befähigte aber noch nicht dazu. Das war offenkundig, ohne dass dadurch die vielfach erörterte Frage entschieden worden wäre, ob nun die Tugend oder die Abstammung den Adel begründet. Geblütsadel sollte die Kontinuität von Herrschaft sichern, Geist und Tugend ihre Qualität. Mit anderen Worten: Man wird zwar zum Herrscher geboren, zu einem guten Herrscher wird man aber erzogen. Ein guter Herrscher ist, wer dem Gemeinwohl dient, denn Herrschaft ist Dienst und Verpflichtung und nur die bloße Macht ein Vergnügen. Das stellte erhebliche Ansprüche an das Umfeld eines jungen Fürsten, insbesondere an seine Lehrer und Erzieher. „Wo es keine Möglichkeit gibt, den Fürsten zu wählen, ist mit der

2177

BURCKHARDT, Kultur der Renaissance, S. 33: „Die Illegitimität, von dauernden Gefahren umschwebt, vereinsamt den Herrscher; das ehrenvollste Bündnis, welches er nur irgend schließen kann, ist das mit der höhern geistigen Begabung, ohne Rücksicht auf die Herkunft. […] Mit dem Dichter oder Gelehrten zusammen fühlt er sich auf einem neuen Boden, ja fast im Besitz einer neuen Legitimität“.

337 gleichen Sorgfalt, wie sie der Wahl eines Herrschers zukäme, der Erzieher des künftigen Fürsten zu wählen,“ hat Erasmus von Rotterdam geschrieben.2178 Mit dem Vordringen des Humanismus bildete sich ein Typ des gelehrten Prinzenerziehers heraus, der sich von seinen Vorgängern abheben wollte. Denen war es angeblich nicht gelungen, gelehrte Bildung im Adel zu verankern, weil sie sich nicht nur auf veraltete Schriften voller Ungereimtheiten gestützt, sondern ihre Schüler auch mit hirnlosem Auswendiglernen geplagt hatten und in Wut geraten waren, wenn sich keine Lernerfolge einstellten. So hatten sie die Tür zugeschlagen, anstatt sie zu öffnen. Aber auch den neuen Prinzenerziehern gelang es nicht immer, sich auf die Bedürfnisse ihrer Zöglinge einzustellen. Ihr umfassender Bildungsanspruch musste mit adligen Vorstellungswelten in Einklang gebracht und bei Hofe umgeformt werden. Im Mittelpunkt der Adelserziehung steht die Erziehung des Fürsten, dessen Herrschaft sich auf den Adel stützt. Sie stellt den Kernfall höfischer Erziehung dar, denn Fürstensöhne wurden stets gemeinsam mit jungen Adligen erzogen, wodurch die Bindungen zwischen Fürst und Adel bekräftigt wurden. Um den Fürstensohn entstand eine Gruppe, in der sich ein künftiger Hof andeutete, in der es aber hauptsächlich darum ging, miteinander zu wetteifern und Kräfte zu messen. Der Fürstensohn nahm in dieser Gruppe zwar eine herausgehobene Stellung ein, sollte jedoch gerade lernen, sich auf ehrenvolle Weise durchzusetzen und zu behaupten. Am Fürstenhof hielten sich darüber hinaus ständig junge Adlige auf, denn die Fürstenfamilie und auch die höheren Amtsträger scharten neben den einfachen Knechten mehrere Jungen adliger Herkunft um sich, die ihnen aufzuwarten hatten und in die höfische Lebenswelt hineinwachsen sollten. Diese Edelknaben und Hofjunker wurden bei Hof erzogen, und zwar im Hofdienst und noch nicht so vordergründig für den Hofdienst. Die Frage nach Erziehung und Bildung bei Hofe im ausgehenden Mittelalter steht im Zusammenhang mit den Fragen danach, wie sich der Adel als herrschaftstragender Stand behaupten konnte und welchen Anteil die Öffnung gegenüber gelehrter Bildung daran hatte. Sich damit zu beschäftigen, wie hohe und niedere Adlige auf ihre Rolle vorbereitet wurden, heißt, einen Blick auf die „Hinterbühne herrschaftlichen Handelns“2179 werfen zu wollen. Vieles bleibt dabei im Verborgenen, weil es bewusst den Blicken entzogen wurde. Vieles wurde nachträglich mit einem Schleier verhangen. Gegenüber dem Traditionellen und dem Selbstverständlichen hat das Neue und Außergewöhnliche zudem bessere Aussichten, mitgeteilt und überliefert zu werden. In ihrer Gesamtheit bleiben viele Höfe beim derzeitigen Stand der Forschung noch immer eine „unfassliche Erscheinung“2180. Wirkliches Herrschaftswissen, das nur im Vertrauen weitergegeben wurde, lässt sich in schriftlichen Quellen kaum finden, doch ist klar, dass 2178 2179 2180

Erasmus, Institutio, Kap. 1, S. 114/115: Ubi potestas non est diligendi principem, ibi pari diligentia diligendus erit is, qui futurum instituat principem. WENZEL, Repräsentation, S. 308. PARAVICINI, Ritterlich-höfische Kultur, S. 65.

338

V. Schluss

niemand durch Tugend allein herrschte. Dass es wichtig sei, den Schein zu wahren, das räumten bereits die Fürstenspiegelverfasser des 15. Jahrhunderts ein, ohne freilich zu glauben, es würde genügen, allein den Anschein zu erwecken. Gerade an die jungen Menschen bei Hofe wurden hohe Anforderungen gestellt, bevor sie den Verlockungen der Macht oder des Aufstiegs ausgesetzt wurden. Der fürstliche Hof war im Spätmittelalter die wichtigste Erziehungseinrichtung des Adels, denn höfisches Verhalten ließ sich nur bei Hofe erlernen. „Ein daheim erzogen Kind, hält man bei Hofe für ein Rind“, lautete ein gängiges Sprichwort.2181 Kinder des Adels kamen an einen Fürstenhof, um im Kreise von Standesgenossen erzogen zu werden und um in die höfische Kultur hineinzuwachsen. Die Dauer des Aufenthalts war unbestimmt. Das Ende konnte schneller kommen als gedacht und viele Ursachen haben: eine glücklich eingefädelte Heiratsverbindung, die vorzeitige Übernahme von Herrschaftsaufgaben, aber auch den frühzeitigen Tod eines Elternteils, Krankheit, den Verlust der Gunst, Vorkommnisse und andere Unglücksfälle. Starb der Fürst, löste sich der Kreis der Edelknaben und Hofjunker auf. Starb die Fürstin, gingen die Hofjungfrauen auseinander. Ohne den Fürsten konnte es bei Hofe zwar Edelknaben und Hofjunker geben, doch hatte ein „verwaister Hof“ deutlich weniger Anziehungskraft. Die höfische Erziehung fördert die Ausrichtung von Personengruppen auf den Herrscher, die als Ausgangsgröße bei der Beschreibung des Hofes und seiner vielfältigen Erscheinungsformen dient. Oberster Erzieher bei Hofe war der regierende Fürst, dessen Gunst es zu erlangen und zu erhalten galt. Die Aufnahme an einem königlichen Hof war deswegen das höchste, wonach ein junger Adliger streben konnte. Für den Erhalt der adligen Herrschaft war allerdings entscheidend, dass eine Vielzahl gut vernetzter Fürstenhöfe zur Verfügung stand, an denen junge Adlige in ihre Rollen und ihre Aufgaben hineinwachsen konnten. Junge Adlige wurden oft an solche Höfe gegeben, zu denen bereits Beziehungen bestanden, ohne die Möglichkeiten außer Acht zu lassen, das Beziehungsgeflecht auszuweiten. Auch am Hofe eines geistlichen Fürsten, der ebenfalls über weltliche Hofämter verfügte, war eine höfische Erziehung möglich, wenngleich es hier kein Frauenzimmer gab und der vornehme Umgang mit Damen an anderen Orten oder bei besonderen Gelegenheiten erlernt werden musste. Da am Hofe allerdings jeder danach strebte, die Gunst des Fürsten zu erlangen oder zu erhalten, wurde von geistlicher Seite immer wieder in Frage gestellt, ob der Hof der richtige Ort für junge Menschen sei. Aus dem 15. Jahrhundert gibt es Beispiele, dass der Prinzenhof vom Haupthof getrennt wurde, um eine Umgebung zu schaffen, die für das Lernen geeigneter schien. Von höfischen Vergnügungen und Festlichkeiten waren die Prinzen dadurch aber keineswegs abgeschnitten, und am Haupthof befanden sich weiterhin Edelknaben und Hofjungfrauen zum Zweck der Erziehung. 2181

Vgl. Thesaurus proverbiorum medii aevi, Bd. 3, S. 53.

339 Der Besuch einer Universität half um 1500 bestenfalls, die höfische Erziehung zu ergänzen, ersetzen konnte er sie nicht. Erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts gewannen das Universitätsstudium und die adlige Bildungsreise an Bedeutung.2182 Die Gründung von Ritterakademien am Ende des Jahrhunderts,2183 verweist auf eine zunehmende Exklusivität der Fürstenhöfe. Durch solche Ritterakademien wurde Bildung allerdings weniger zum Standesprivileg des Adels, vielmehr wurde für den Adel dadurch das Privileg einer standesgemäßen Bildung aufrechterhalten. Um junge Adlige auf ihre Rollen vorzubereiten, wurde ihnen abverlangt, sich sowohl geistige als auch körperliche Fähigkeiten anzueignen. Fürsten und Herren schickten ihre Kinder an einen fremden Hof, damit sie dort beides lernen würden, doch nicht wie an einer Schule. Zwar gab es einen geregelten Tagesablauf, zwar gab es Lehrer und Unterricht auf der Grundlage von Büchern, aber die Welt des Hofes verlangte mehr: neben dem Fechten, Reiten oder Jagen auch das standesgemäße Auftreten, höfische Umgangsformen, Durchsetzungsvermögen, ein Gespür, sich in die adlige Rangordnung einzufügen. Unter Seinesgleichen ließ sich miteinander wetteifern und ließen sich nachahmenswerte Vorbilder finden. Das Nachahmen, der Wetteifer und das stetige Einüben und Wiederholen bildeten die wichtigsten Formen des Lernens bei Hofe. Man lernte vor allem von Menschen. Bücher dienten vornehmlich der Bewahrung des Wissens. Ihr Inhalt musste lebendig vermittelt werden. Obwohl die formale Ausbildung zu einem gewissen Zeitpunkt als abgeschlossen galt, war die höfische Erziehung im Grunde genommen nie beendet. In dem Bewusstsein, dass der Mensch nicht nur verführbar, sondern auch vergesslich und nachlässig ist, wurde eine Kultur der fortwährenden Ermahnungen gepflegt. Die Eltern und vor allem geistliche Familienmitglieder hatten daran großen Anteil. In der adligen Erziehung gab es mehrere Prinzipien, die sich ergänzen sollten: das weltliche und das geistliche, das körperliche und das geistige, das väterliche und das mütterliche. Obgleich das höfische Erziehungswesen auf den Fürsten ausgerichtet war, ruhte die Erziehungsarbeit auf vielen Schultern. Die wichtigste Rolle nach dem Fürsten spielte an weltlichen Höfen die Fürstin. In fürstlichen Familien bestand zwischen Mutter und Sohn oft auch über die Zeit der Jugenderziehung hinaus ein enges und vertrautes Verhältnis, wodurch es den Müttern möglich war, auf herrschaftliche Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Immer wieder lässt sich eine besonders innige Beziehung fürstlicher Großmütter zu ihren Enkeln beobachten. Eltern ermahnten ihre Kinder, standen ihnen aber auch mit Rat zur Seite. Selbstverständlich waren sie es, die die Entscheidung über den Bildungsweg und die Laufbahn trafen, doch nicht ohne die jeweiligen Umstände zu berücksichtigen. Veranlagungen und Neigungen blieben jedenfalls nicht unberücksichtigt, wenn zu entscheiden war, welcher Erziehungsweg in Frage kam. In 2182 2183

Siehe zur adligen Bildungsreise: BABEL/PARAVICINI, Grand Tour; FRELLER, Adlige auf Tour; KOLCK, Kavalierstouren; KÜRBIS, Kavalierstouren. Siehe CONRADS, Ritterakademien.

340

V. Schluss

fürstlichen Familien ist zu beobachten, dass die Rollenfestlegung spät erfolgte und die Ausbildung lange Zeit breit angelegt war, damit alle Möglichkeiten, die Fürstenkinder mit einem Herrschaftsamt zu versehen, ausgeschöpft werden konnten. In den schriftlichen Quellen des ausgehenden Mittelalters dringt die Forderung, sich gelehrter Bildung zu öffnen, so sehr in den Vordergrund, dass ein Wesensmerkmal höfischer Erziehung zurücktritt: der Dienstgedanke. Wer sich zur Erziehung an einem Fürstenhof aufhielt, hatte immer auch die Aufgabe, Dienste zu verrichten. Er war einer Person zugeordnet, der er aufzuwarten hatte. In dem Maße wie der Adel im Rittertum einen einigendes Band gefunden hatte, war dieser Dienstgedanke fest verankert worden: Ein Ritter dient Gott und der Kirche, er dient seinem Kriegsherrn, seiner Herrin und seinem Land. Der Grundsatz, dass derjenige, der herrschen wolle, auch lernen müsse zu dienen, und dass er lernen müsse, sich selbst zu beherrschen, um andere führen zu können, gewann an Kraft. Er galt für Königs- und Fürstensöhne ebenso wie für niedere Adlige. In der höfischen Erziehung waren Dienen und Lernen untrennbar miteinander verbunden. Es ging nicht darum sich hochzudienen, sondern darum beide Seiten zu kennen: Gehorchen und Befehlen, damit Herrschaft als Dienst verstanden und herrschaftliche Gewalt gezähmt wird. Denn verantwortungsvolle Herrschaft ist eine Last, wenngleich das Herrenleben gewisse Annehmlichkeiten mit sich bringt. „Das ist das Hofleben! Aber die Bauern meinen, zu Hofe sei es eitel Gold und Wollust,“ schrieb der sächsische Rat Christoph von Karlowitz als Randbemerkung in ein Buch über die Taten der Herrscher von Frankreich und Burgund.2184 Auch die Erziehung adliger Frauen, die sich quellenmäßig schlechter fassen lässt, fügt sich ein in dieses Bild vom Dienen und Lernen bei Hofe. Die Fürstin nahm unverheiratete adlige Mädchen in ihr Frauenzimmer, die ihr aufwarteten und ihr Gesellschaft leisteten. Um die Zeit sinnvoll zu verbringen, lernten diese Hofjungfrauen lesen und schreiben, übten sich in feinen Handarbeiten und führten unter Aufsicht Gespräche mit Edelknaben und Hofjunkern. Damit ist das Frauenzimmer nicht nur ein Ort, an dem der fürstliche Nachwuchs seine früheste Kindheit verbrachte, sondern ein Ort, an dem dauerhaft junge Frauen des Adels im Hofdienst erzogen wurden. Das Frauenzimmer verließen sie, sobald sie in den Stand der Ehe traten, denn Ziel der höfischen Erziehung von Frauen war es natürlich, auf die Rolle als Ehefrau vorzubereiten. Leicht ist es nicht, Einblicke in diesen inneren Bereich des Hofes zu gewinnen, der schon zu seiner Zeit abgeschirmt war. Ein- und ausgehende Briefe wurden durch die Hofmeisterin geprüft. Wo sich Briefe erhalten haben, ist deutlich zu spüren, dass nicht frei geschrieben werden konnte. Wie adlige Frauen unter diesen Bedingungen auf den Fall vorbereitet werden konnten, in der Abwesenheit ihres Gemahls oder als Witwen herrschaftliche Entscheidungen treffen zu müssen, liegt weitgehend im Dunkeln. Dafür, dass sie es konnten, gibt es allerdings hinreichend Beispiele. 2184

CLEMEN, Buch, S. 140. Vgl. Luther, Tischreden, Bd. 2, Nr. 2468b: Wen ein bauer die ferlikeit und muhe eins fursten wuste, ehr wurds gott dancken, das er ein bauer were.

341 Noch bevor sich der Grundsatz durchsetzte „Lesen lernen, um zu herrschen“, hatte die Hofgesellschaft bereits den anderen Grundsatz verinnerlicht: „Dienen lernen, um zu herrschen“. Das hieß nicht untertänig dienen und blind gehorchen, sondern um der Herrschaft willen ehrenvolle Dienste verrichten. „Ich dien“ lautet die Devise, die sich der englische Kronprinz im 14. Jahrhundert zulegte und die der jeweilige Thronfolger bis heute führt. Dieser hier noch lebendige Dienstgedanke vermag zwar nicht alle Seiten der höfischen Erziehung zu erklären, doch bildet er einen wirkmächtigen Kern.2185 Es ging nicht allein darum, dass jeder Herrscher dem einzigen unumschränkten Herrscher zu dienen hatte, den die mittelalterliche Welt kannte, dem allmächtigen Gott. Es ging darum, die beiden Seiten einer Medaille zu kennen, um adlige Herrschaft an religiöse und moralische Werte rückzubinden. In jedem Fall galt für niedere Adlige wie für Fürstensöhne: Lehrjahre sind keine Herrenjahre.

2185

Weiterführend TÖBELMANN, Dienst und Ehre.

Quellenanhang

Hinweis: Groß geschrieben sind nur Satzanfänge und Eigennamen. Die Buchstaben v und u stehen dem vokalischen bzw. konsonantischen Gebrauch entsprechend. Buchstabendopplungen sind beibehalten. Satzzeichen wurden nachträglich gesetzt, um das Verständnis zu erleichtern.

1471 Februar 17, Dresden

Nr. 1

Kurfürst Ernst von Sachsen gestattet seiner Mutter Margarethe, dass sie seine Söhne zu sich holen lässt. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 113. Entwurf. Literatur: STEPHAN, Beiträge, S. 28.

Kintliche liebe mit gantzen trawen alleczit zuvor. Hochgeborne furstynne, liebe fraw mutter. Als uwer liebe uns iczund schreibt unde gedenckt der rede, so uwer liebe nest zcu Grymme1 mit uns unnser jungen sone halben, uch die zcu lassen, gehabt und des uff uwer ansynnung geneygten willen unde zcusage deme also zcu thune von uns empfangen habt unde bittet uns doruff, uwer liebe zcu wissen zcu tun, wenne wir uwer liebe die selben unser sone senden wullen ader ap und wenne uwer liebe die selbs holen lassen sulle. Wie uwer briff denen ynnhelt haben wir gar gutlich und fruntlich vorstanden unde sint nach der meynunge uwer liebe unnser jungen sone geneygts willens zcu lassen unde bitten uwer liebe gar gutlichen, ir wullet die menera wenne uch das ebent dornach her gein Dresden schicken unde nicht in unwillen uffnemen noch beswerunge darynne haben, das wir uwer liebe die nicht selbs senden, wann wir unser liben gemaheln hoff meisterynne, dy wir gerne uff der reyse by unsern sonen hetten, von der gnanten unser gemaheln, noch dem es iczunt mit yrer liebe gewont ist, nicht emperen konnen, wiewol wir sust gancz darczu geneygt weren. Das wullen wir umb uwer liebe, der wir uns alleczeit gehorsamlich empfelen unde die got der almechtige zcu lang wehrenden zceiten frischs unde gesunds leibs geruch zcu enthalden, mit willen unvordrossen gerne vordinen. Geben zcu Dresden am sontage nach Juliane virginis anno domini etc. lxx primo. Ernst, von gots gnaden herczog zu Sachssen, kurfurste etc.

344 a

1

Es folgt gestrichen: uff ader umb den sontag invocavit.

Grimma.

1472 Januar 28, Dessau

Nr. 2

Fürst Georg I. von Anhalt bittet Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht von Sachsen um ein Gespräch über die Entsendung seines Sohnes Siegmund an den sächsischen Hof. Er wünscht, dass dabei der Marschall Haubold von Schleinitz und Bernhard von Schönberg zugegen seien. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4317, Bl. 128r. Kanzleiausfertigung. Literatur: RICHTER, Erziehungswesen, S. 6, Anm. 1.

Unsernn ffruntlichenn dynst allzcith zcuvornn. Hochgeburnenn lyebenn hernn ohemen unde geffattern, szo wyr mit uwerm vater seligenn, unserm lyeben ohemen, in sunderlicher ffruntschaft unde hoffen mit uwer lyebe auch synt unde inn vil sachenn erkant habenn inn manchenn sunderlichenn guthenn willenn unnß von uwerm lyebenn vater unnde vonn uwer lyebe geschenn unnsernn kyndernn gerne zcuvordyenen nach allem vormagen, unde ßo wyr des oftenn getrost gewesen unde noch synt, hetthen wyr sunderlich erlangen, gerne uwer lyebe zcu besuchenn, fruntlichenn handel zcu habenn, unde das danne zcu geschenn an unnß nycht yst, wolden wyr unsern sahen Sigemunde gerne zcu uwer lyebe schaffenn. Yst unser ffruntlich bethe, uwe lyebe wolle unnß vorschriben, wann unde wie der genanthe unser sahenn komen mochte nach dysser fastnachten unde das alzdanne Hubolt von Slynicz, marschalgk, unde Bernt von Schonebergk by uwer lyebe wernn unde durch sachenn wille, alz dann uwer lyebe vornehemenn werde, unde das getrost ffruntlich antwert unsern sahenn das vorgemelt zcuvordyenenn. Gegeben zcu Dessaw am dinstage nach der bekerunge sant Pauwels anno domini etc. lxx secundo. Jurge, vonn gotes gnaden ffurst zcu Annhalt unde graffe von Aschanienn. 1472 August 14, Eilenburg

Nr. 3

Kurfürstenwitwe Margarethe von Sachsen, geb. von Österreich, an ihre Söhne Kurfürst Ernst und Herzog Albrecht: Willigt ein, dass ihre Enkel [Friedrich und Johann], die sich bisher an ihrem Hof aufgehalten haben, gelehrten Erziehern anvertraut werden. Über das Anliegen der Räte des Herzogs Wilhelm von Sachsen kann sie ihnen bislang nichts sagen, doch versichert sie, dass ihren Söhnen kein Nachteil entstehen wird. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 13r. Kanzleiausfertigung. Teildruck: STICHART, Galerie, S. 137 f. Literatur: STEPHAN, Beiträge, S. 38 f.

Quellenanhang

345

Mutterliche liebe mit gantzen [trawen] allzceit zuvor. Hochgebornnen fursten, lieben sone, alzo ir, hertzog Ernst, fur einer weile zcu Lipzck und itzunt uff Donati zcu Missen ern Nickel von Schonbergk, ritter, unsern hofemeister, rate und lieben getreuen habt befohlen, mit uns zcu reden von uwer jungen sone wegen der meynung, also ir willen hette gehabt, dieselben jungen fursten nach uwer furgenomen reyse gen Beyern von uns zcunemen und mit lernung zcubestellenn, das bisher vorzcogen were, auch nu furder hette gedacht, dieselben uwer sone bey ern Kaspar von Schonberg, ritter, uwern rate und amptmann, der iczunt nicht inheimisch sey, und habt uns lassen bitten, wir wulten an sulchem vorzcuge und sunderlich dorumb nicht unwillen haben. Das ir uwer sone wollt von uns nemen etc. haben wir alles gutlichen vorstanden. Und ist nicht weniger, wir haben dieselben uwer sone bisher zcumale gernne bey uns gehabt und sie, also den stam unnsers furstlichen geblutes, in groster traw zere gelibet, die uns auch furder dhiwile wir leben glich so wol also uwer lieben beyde in unsern gemut fast lip sin sullen, also uns das mutterliche hertz und geblut anweissen gibt. Und hetten wir yn zcu irwaschen irer jogend auch zcuchtiger underweisung vil guts mogen tun, werenn wir in unserm gemut groz begirig. So wir aber vorstehen, das uwer liebe willen had, sie mit gelarten luten furderlicher dann wir haben getan zcu underweisung der schrifft kunst, zcucht und togunt wullen lassen zcu zcihen, gefellet uns sulch furnemen zcumale wol, und sal von uns nicht gehindert werden. Dann wir haben gantz zcuvorsicht, nachdem wir derselben jungen fursten bluende jogunt czuchtig und begrifflichs synnes mercken, sie sullen ob got wil, furder in togunt zcunemen und irwachsen, das unser furstlich stam durch sie irhaben werde. Und dorumb, wann uwer liebe sie von uns nemen wil, so moget ir das tun. Auch also uwer liebe uns hat sagen, ir wullet das frewlein bey uns bliben lassen, das ist uns nicht weniger lieb dann die jungen fursten, und wullen dasselbe frewlein czumal gernne bey uns behalten. Uns ist auch zcu understeen wurden, wie uwer lieben der werbung, die des hochgebornnen fursten hertzog Wilhelms rete jungst an uns haben getan, sofern uns die zcu offenbarn stunde, gerne wullet vorstendnis haben, dann wir vorstehen, ir habt besorgnis, uch sey etwas unglimpfflics zcugemessen. Als mogen uwer lieben in warheit glowben, das wir allezceit getrewlich dofur sin, uch mit ungelimpff nicht zcu belestigen und sovil uffdasmal werbung an uns gescheen ys in keiner ander weyse uch zcu vorkunden vorhalden wurden, dann das wir die zceit derselben werbung der unsern wenig bey uns haben gehabt, sint auch alsbalde von dem ort in andern geschefften furder gefarn, so haben wir die, die uff das mal dobey warn, nicht bey uns. Sobalde wir aber sie gehaben konnen, wullen wir dieselben werbung wider in gedechtnis lassen und uch sovil uns unvorgessen ist zcuvorkunden nicht vorhalden, dann womit wir uwern lieben wusten groz wolgefallen zcu irzceigen, das tuen wir zcumale gerne. Geben zcu Ileburg am fritag vigilia assumpcionis Marie anno etc. lxx secundo. Von gots gnaden Margareta, geborne von Osterrich, hertzogin zcu Sachssen witwe.

346 [1474]

Nr. 4

Kurfürst Ernst oder Herzog Albrecht von Sachsen an die Fürstin Anna von Anhalt, den Aufenthalt des Siegmund von Anhalt am sächsischen Hofe betreffend. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4317, Bl. 55v. Entwurf auf der Rückseite eines Schreibens von 1473. Literatur: STREICH, Reiseherrschaft, S. 178.

Libe muhme, also ir uns gstheen unde dancksagung thut, das wir graff Sigmund, uwern san, zcu uch zcu zytten unde etzlich tag by uch zcu seyn erlobt haben, weiter nicht not gewest ist, auch nicht danckbar, unde also ir findet berurt, wie ir vorstehet, das der genant graff Sigmunt in willen sey, von uns erloff zcu haben, das ir seiner erschroken nott mit sunder inhalt haben zcu forstanden, unde haben solchs nicht vornomen, unde sullt wissen, wie der gnantt graff Sigmunt gemeynt ist, bey uns an unsser hoff zcu seyn, das wir den gerne bey uns haben wulln unde wir yme zcu ym underwissn gethun das ym zcu er unde gut komen mocht, sint wir zcu thun geneigt. 1477 Mai 19, Altenburg

Nr. 5

Kurfürstenwitwe Margarethe von Sachsen, geb. von Österreich, bittet Kurfürst Ernst von Sachsen, ihren Sohn, dessen Söhne Friedrich und Johann nach Rochlitz und Altenburg holen lassen zu dürfen. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 111r. Kanzleiausfertigung. Literatur: STEPHAN, Beiträge, S. 33; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 218; STREICH, Herrschaftszentrum, S. 29.

Muterliche liebe mit ganczen trawen alleczeit zcuvor. Hochgeborner furste, lieber sone, wir hatten uns in unser gemute, do wir iczunder bey uwer liebe zcu Zcwickaw warnn, gefasset, uwer liebe zcu bitten umb uwer liebe sone, hertzog Friderichen unde hertzogen Hansen, das uns dann auß gedechtnis entgangen ist. Bitten wir uwer liebe als unserm lieben son mich in hohem vlis, uwer liebe wulle uns irlowben und vorgonnen, das wir die hochgebornen fursten, uwer lieben sone, mochten zcu Rochlicz holen lassen dise lobeliche zceit dy pfingisten auß und etliche tage hirnach bey und mit uns zcu Altemburg eine frolichkeit zcu haben und dy unsern alzo zcu schicken und uf ire liebe warten. Sullen sust nach uwer nottorfft zcu bestellen, das yn ab got wil nichts widerwertiges begegen, sal uwer liebe meynung zcu understehen geben und der bete uns nicht vorsage, wullen wir fruntlich umb uwer liebe vordynen. Geben zcu Aldemburg am montag nach exaudi anno etc. lxxviio. Von gotes gnaden Margareta, geborne von Osterrich, hertzogin zcu Sachssen etc. witwe.

Quellenanhang 1479 Dezember 17, Giebichenstein

347 Nr. 6

Administrator Ernst von Magdeburg bittet seinen Vater Kurfürst Ernst von Sachsen darum, seine Brüder Friedrich und Johann und seinen Schwager Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg Weihnachten zu ihm zu schicken und verspricht, dass sie das Lernen nicht vernachlässigen und das Versäumte nachholen werden. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4342, Bl. 162r. Kanzleiausfertigung. Druck: STEINHAUSEN, Privatbriefe, Bd. 1, Nr. 308, S. 209. Literatur: STEPHAN, Beiträge, S. 31 f.; ROGGE, Familienkorrespondenz, S. 224 f.; DERS., Ernst von Sachsen, S. 29.

Angeborne liebe zuvor. Hochgeborner furste, lieber herre unnd vatter, euwer liebe, als mir nicht zwiffelt ist wol wissiglich, das ich zu dem nehesten, als ich zu Dressen bie e. l. was, gar vlissiglich batt, das die hochgebornen fursten, herzog Friderich, herzog Hanns unnd herzog Heynerich von Lyenenburg, meyn lieben bruder und swager, einmal zu mir komen mochten und besehen mein wonung und haushalten. Solichs nun bißher vorzogen und nicht gescheen. Hirumb, hochgeborner furßt, lieber herre und vater, bitt ich abermals vlissig, e. l. wolle den hochgebornen fursten etc., mein lieben brudern und swager etc., izund uff die wyhennacht erlouben und zu mir gen Gebichenstein schicken, ein clein zeit aldo zu bliben und frolich mit mir zu sein. Alßdann wollen wir die lernung dennocht nicht ganz underwegen laßen, ouch darnach, ob mir etwaß versaumen wurden, mit großenn vliß wider eynbringen etc. Datum zu Gebichenstein am fritag nach Lucie anno etc. 79. Ernst von gots gnaden administrator der kirchen zuo Magdeburg, herzog zu Sachsen etc., e. l. sone. [1480] Juni 24, Dresden

Nr. 7

Kurfürst Ernst von Sachsen an die Erzieher seiner Prinzen [in Aschaffenburg oder Mainz]: Mag. Ulrich [Kemmerlin] soll sie weiterhin fleißig erziehen und unterrichten. Da Herr Balthasar die rheinische Luft nicht verträgt, wird er beurlaubt und Dr. Otto Spiegel als Hofmeister zu den Prinzen geschickt. Der Bischof von Meißen wird die Prinzen und ihre Gefährten an den neuen Hofmeister weisen. Balthasar braucht keine Herberge bestellen, weil weder Ernst noch Herzog Albrecht, sein Bruder, zum Turnier kommen werden. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 14r. Entwurf mit unvollständigem Datum. Literatur: LANGENN, Herzog Albrecht, S. 476; BECKER, Fürsten-Kleeblatt, S. 7; STEPHAN, Beiträge, S. 30 und 34.

348 Ernst von gots gnaden hertzog zu Sachssen. Liben getruwen, als ir uns geschriben, das unsre libe sone woll in guter gesuntheit, woll lernetten und uch gehorsam und folgig weren, haben wir gerne vornemen und ist unsre begerunge, das ir, meister Ulrich, sie vlisig zcu lere, tugent und zucht haldet, das si zo yn got lebtage geben und erwachsen wurden, mit den lewthen noch irem stande und weßen irbarlich zcu handeln wusten, und ir, er Baltasar, uns in eynem besondern breve uns geschriben, das uch die reynische lufft nicht tragen, und gebeten hat, eyn andern bey unser sone zcu schicken, als schicken wir hinober er Otten Spigell, ritter und doctor, unsern rat und liben getruwen, den wir befolen haben, bey unsern liben sonen zcu bliben, yr hoffemeister zcu sein, und uch, er Baltasar, zcu laßen. Haben auch unserm freunde, dem bischoff zcu Missen, in befell gegeben, unsre libe sone mit sampt den anderen, dy bey yn seyn, an den genanten ern Otten Spigell von unser wegen zcu weißen und zcu befelen, gehorsam zcu sein und sich nach ym in allen redelichen und zcymlichen sachssen [!] als irem hoffmeister zcu richten. Das wollen wir alßo und nicht anders gehabt haben, und ir, er Baltasar, moget uch denn mit unsern freunde, dem bischove zcu Missen, widder alher zcu uns fugen. Und als ir, er Baltasar, uns schribet von der bestellung der herberge uff den torney werden wir noch unser liber bruder zcu der zceit den torney nicht besuchen, dar umb ist es nit not, herberge uff uns zcubestellen, uch darnoch wissen zcu richten. Datum prius Johannis baptiste auß Dresden. [1480]

Nr. 8

Kurfürst Ernst von Sachsen dankt dem ungenannten Erzieher seiner Söhne und verspricht ihn zu entlasten, indem er dem Prinzen Albrecht einen Kaplan bestellt, der mit ihm beten lernt. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 4352, Bl. 12r. Entwurf ohne Datum, mit zahlreichen Streichungen, unten abgerissen. Das Jahr des Briefes ergibt sich aus der Bemerkung über Herzog Albrecht, der 1480 zum Koadjutor des Erzbistums Mainz bestimmt wurde.

Lieber andechtiger, ewer antwort uff unser schreiben an euch nehst gethan und ewer bethe haben wir vorlesen, und so ir euch bey unnsern sonen solcher maß gehalten und gedynet habt, das wir euch verbesserung ewers wesens nicht allein gestatten sunder auch dartzu gern behulfen seyn sollten. So weren wir doch selbst geneigt euch nach gebore ewers stants und wesens, so ir furtzunemen bedacht wurdt, solcher maß zcu ersehen, das ir unns nicht unpillich dangken solltet. Deshalb wir gern gehort, das ir euch von unnsern sonen nicht wennden wolltet, angesehen das sy orer gewont, ir sy und ore wesen und thun wol kenndt und sy euch gern gehabt und noch haben, des wir von euch zcu bescheen nochmals gutlich begeren wollen, wir euch des bethens entladen und unserm son hertzog Albrecht einen capellan halten, der mit im bethen und zcu bethen underwiesen sol, den zcu bestellen wir ern Otten Spigel yezt geschriben haben in

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keyner wiese gemeynt, euch mit unstedticher burde zcu besweren adder euch eurer trawen dinste, so ir uns hynfor thun wurdt onbelonet zcu lassen. Wo ir aber uber das allis ewern wesen gebessern und yr bey unsern sonen nicht bleiben wollet, so legen wir an euch, solcher ewer auffbrechen nach eyn tzeit lanng, biß die ding, so vest mit unserm son hertzog Albrecht vorhannden sein, uff eynen ort gebracht worden. Alsdann wollen wir uns uff ewer ansynnen, wo ir ye nicht lenger bleiben wollt, gnedige antwort halten sehen. 1498 September 3, Ansbach

Nr. 9

Diensteid des Mag. Ulrich Seger, Zuchtmeister der jüngeren Söhne des Markgrafen Friedrich von Brandenburg. Druck: BAADER, Eid und Bestallung, Sp. 268.

Der jungen herrn preceptor ayd. Item der zuchtmeister sol globen unnd schwern unnserm gnedigen hern getrew und gewer zu sein, seinen schaden warnen, frummen furdern, die jungen herschafft, die im befolhen werden, getrewlich unnd nach seinem besten und hochsten vleis zu verwaren, aufzuziehen und zu lernen, unnd sonderlich die hernachbemelten artickel zu halten und zu volfürn, unnd sunst alles das zu thon, das ein getrewer zuchtmaister bei der herschaft und andern jungen, im bevolhen, schuldig und pflichtig ist, getrewlich unnd on alles geverd. Item der zuchtmeinster sol wissen und lernen an der herschafft, im bevolhen, condition unnd aygenschaft, wozu die herschafft in löblichen dingen lust und willen hab, also das er sich nach der herschaft, im bevolhen, richt, unnd die herschaft nicht nach im. Zw dem anndern, das er trewlich vorste der herschaft geredt, als cleydung unnd dergleichen, die zu irn gnaden leib dienen, unnd petgewant, das do nicht schad geschehe, dodurch die herschaft nicht zu schaden unnd ferligkait kum, auch auf ir essen unnd trincken achtung hab, domit sie beschedigung dester ehe vertragen pleiben. Item das geschanck aussgenomen, essend und trinckend ding on willen unnd wissen ir gnaden eltern nyemand geben wird. Item wo er sehe an irn gnaden mitdienern, als schneydern, barbiren oder andern, das die hendel fürnemen, dodurch ir gnad von zucht unnd lernung gezogen wurden, das er das schuldig sey zu melden gegen meinen gnedigen herrn oder frawen. Item das er gegen der herschafft unnd irn gnaden edeln knaben nicht ander straf fürnem, dan als solchen mit vernufft zustet, auch nicht annder lernung dann irn stenten zusteen wurt. Ulricus Seger, arcium liberalium magister, juravit principi personaliter 3 Septembris 1498. Man sol im jars[old] geben x gulden unnd ein rock. Er sol auf Martini schierst gewisslich hie zu Onoltzbach sein unnd an den dienst treten.

350 [nach 1504]

Nr. 10

Herzog Heinrich I. von Braunschweig und Lüneburg verwendet sich für den Fürsten Woldemar von Anhalt und dessen Sohn Wolfgang bei Herzog Albrecht von Bayern. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 220, Bl. 35r. Entwurf.

Unnsere freuntliche diennste unnd was wir liebs unnd guts vermugen zuvor. Hochgeborner furste, freuntlicher lieber ohme, es hat der hochgeborne furste herre Woldemar, furste zu Annhaldt, graffe zu Aschanien unnd herre zu Bernburgk unnser lieber ohme berichtet, wie sein liebe bedacht, seiner liebe sone graffen Wolffgang an frembde ende zu dienste zu schigken. So aber seyne liebe den selbigen seiner liebe sone bey ewer liebe vil lieber denn bey ymandes anderm wissen woldt hopflicher zuversicht bey e. l. hochberumbt und erkant ist ire tugent unnd redligkait zu begreiffen hat unns bemelter unnser ohme gebethen dem selbigen seynem sone dienste angenhemena dieweyl sich dann vilgemelter unnser ohme graffe Woldemar bey unnsern vorfharen seliger loblicher gedechtnus unnd sich gegen unns allewege trewelich, loblich und wolgehaldten uns auch gedachter sein sone tugentam redelich unnd eyns guten weßens erkannt nachdem wir yn bey unnserenn sonen bey unns eyn viliche zceit ym studium gehaldten sein wir deste geneigter seiner liebe besten zu furdern ime unnd den seynen widerumb freuntliche willfarunge unnd diennste zu erzcaigen, darumb wir e. l. freuntlich bittendt die selbige e. l. wollen vilbemelten graff Wolffgangb annhemen unnd yn yn freuntlichem gunstiglichen bephel haben, yn zuversicht sein liebe werde sich mit freuntlicher erzcaigung dermas haldten, daran e. l. guts gefallen haben auch seiner selbs persone lobe ere unnd rume darauß ervolgen solle und e. l. wolle sich hierynn freuntlich erzcaigen gedachten graffen Wolffgang dißer unnser vorbethe genyessen laßen. Das wollen wir umb e. l. fr[reuntlichen] verdienen. Von gots gnaden Heinrich der eltter hertzog zu Brawnßwigk und Luneburgk. a

Es folgt gestrichen: und yn derselbigen e. l. kamern als eyn camerer mocht gnediglich underhaldtenn werden. b Es folgt gestrichen: yn e. l. camern zu diennste gnediglich.

1505 Januar 13, Leipzig

Nr. 11

Herzog Heinrich von Braunschweig und Lüneburg verwendet sich für Fürst Woldemar von Anhalt und dessen Sohn Wolfgang bei Kaiser Maximilian I. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 220, Bl. 39. Entwurf. Literatur: WÄSCHKE, Jugendjahre, S. 18 f., mit Bezug auf ein ähnliches Empfehlungsschreiben des Herzogs Georg von Sachsen [ehem. GAR II, Bl. 260, Nr. 43].

Durchleuchtigister grosmechtigister konning, ewer konnigliche maiestadt sein mein untherdenige gehorsame unnd willige diennste mit allem vleys zuvor bereyth.

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Gnedigister herre, mich hat der hochgeborne herre Woldemar, furste zu Annhald, graffe zu Aschanien unnd herre zu Bernburgk meine lieber oheim ersucheth unnd bericht wie seine liebe bedacht seiner liebe sone graffen Wolffgangk ane frembde ende zu diennste zu schigken. So aber seine liebe den selbigen seiner liebe sone bey ewer konniglichen maiestadt vil lieber denn bey imandes anderm wissen wolt hopfelicher zuversicht bey ewer konniglichen maiestadt aus lobelichem weßen domit dieselbige ewer konnigliche maiestadt hochberumbt unnd erkannt ist ere tugent unnd redligkait zu begreiffenn hat mich gemelter meyn oheym gebethen, dem selbigen seynem sone bey ewer konniglichen maiestadt forderlich zu erscheinen, domit er bey ewer konniglichen [Bl. 39v] maiestadt zu diennst angenohmen unnd yn derselbigen ewer konniglichen maiestadt camern als eyne camerer mocht gnediglich underhaldten werden. Dieweyl sich dann vilgemelter unnser oheim graffe Woldemar bey meynen vorfharn seliger loblicher gedechtnus unnd mir allewege trewelich loblich und wolgehaldtenn ich auch gedachten sein sone tugentsam redlich unnd eyns guthen weßens erkant, nachdem ich yn bey meynen sonen bey mir eyn zceit in der lere gehaldten, bin ich deste geneigter, seyner liebe besten zu furdern, ime und den seynen widderumb freuntliche willefharunge zu erzcaigenn. Darumb ich ewer konnigliche meiestadt in aller dienmutigkait vleissig bith, die selbige ewer konnigliche maiestadt wollen vilgemelten graffen Wolffgangk zu ewer konnigliche maiestadt camern zue diennste gnediglich annhemen und yn gnedige bephele habenn, yn zuversicht seine liebe werde sich mit dienstlicher erzcaigung dermaß haldten, daran ewer konniglich maiestadt guts gefallen habenn, auch seiner selbs persone lobe ere und rume darauß ervolgen solle, unnd ewer konnigliche maiestadt wolle sich hierynne gnediglich erzcaigen, gedachten graffen Wolffgangk desser meyner vorbith geneyssen laßen. Das will ich umb die selbig ewer konniglichen maiestadt yn aller underthenigkait mit vleys gern verdienen. Datum Leiptzigk auff montag nach Erhardi anno xvC quinto. K. mt. un[der]theniger Heinrich der elter, hertzog zu Brawnßwigk und Luneburgk. 1515 Mai 20, Cölln an der Spree

Nr. 12

Magister Johann Negelin, Prinzenerzieher am kurbrandenburgischen Hof, dankt Fürst Ernst von Anhalt für die Übersendung von Bier und Lachs und verspricht, den jungen Fürsten Johann von Anhalt umso treulicher zu unterrichten. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1139, Bl. 1r. Eigenhändig. Literatur: WÄSCHKE, Anhaltische Geschichte, Bd. 2, S. 78 f.

Durchleuchtiger hochgebornner furst unnd herr, ewern furstlichen gnaden sein mein ynniges gebet gegen got dem herren und unverdrossenn willig dinst alltzeyt mit hochstem fleyss zuvoran bereyt. Gnediger furst unnd herr, ewer furstlichen gnadenn schreyben hab ich mit zcymlicher referentz unnd daneben das faß Zerbster byr unnd den grunen lachs, damit mich ewer

352 f. g. itzund aus sonnderm gneigtem unnd gnedigem willen als mein gnediger herr begabt unnd versorget, empfangen. Bin hochgedachter ewer f. g. als ir unnverdrossener williger caplan gantz unndertenigelich unnd hochlich solicher gnediger gab unnd vererunge dannckbar mit erbietung solichs gegen ewern furstlichen gnaden auch e. f. g. son, meinen gnedigen herrn, herrn Johannsen, fursten zu Anhalt etc., meins hochsten unnd besten fleysses unnd vermogens inn aller dinstbarkeyt zuverdienen, den allmechtigen umb ewer beyder furstlichen gnaden langleben auch gesuntheyt unnd gluckselig regiment zuverbitten unnd sonnderlich meinen gnedigen herrn, furst Johannsen etc., dest trewlicher zu emssiger zucht und leer unnd zuvorderst in dem lob und dinst gottes zuhalten unnd zuunterweysen. Unnd wiewol auch solch gnedig gab von mir unverdient unnd an einer thunnen byers fast gnug gewest were, so will ich doch umb ewr f. g. willen inn danckberlicher annemigkeit dasselbig byr unnd den lachs mit meinen guten herren unnd freunden auf essen unnd trincken unnd womit ich wie obsteet ewern f. g. als der willig unverdrossen caplan gantz beheglich annehme unnd nutzlich dinst wust zuerzeigen, were ich zutun verpflicht, begirig unnd geneigt, der ich mich hiemit bevelh als meinem gnedigen fursten unnd herren. Datum Kollen an der Sprew, suntags exaudi, anno etc. xvto. E. f. g. gantz williger caplan Joannes Negelin, magister und praeceptor etc. 1516 Februar 15, [Merseburg]

Nr. 13

Fürst Georg von Anhalt, im Alter von neun Jahren, an seine Mutter Margarethe. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, Bl. 3r, kanzleimäßig mit eigenhändigem Beizettel (Bl. 4r).

Kintliche liebe unnd treue stedt in allem gehorsam zuvoran bereith. Herczliebe fraw mutter, nach dem mir e. l. geschriebenn hat, uff das ich mich frommiklichen unnd zuchttigklichenn haldenn sal unnd goth und seiner werdenn mutter Mariam alleczeith dienenn, das ich denne alle wege verhoff zw thun mith allem meinem vleis unnd vermogenn. Fruntliche liebe fraw mutter, ich bedanck michs sere des lachs halben, welchen e. l. meinem lieben herren unnd vetternn unnd mir geschickt hat, denn mith gesuntheit zu verczerenn, unnd verhoff, des vleis vorczuwenden goth dem almechti[g]enn zu dienenn, uff das mir er helffe zw erenn unnd rechtemm nicht mehr dann spare goth e. l. gesunth. Datum eylendt anno xvC unnd xvito am abenndt reminiscere. Georgius, furst zw Anhalt, grave zw Aschanien und herre zw Berneburck.

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Abb. 21 und 22 (zu Nr. 13): Kanzleibrief und eigenhändiger Beizettel

353

354 Eigenhändiger Beizettel

Auch libe frau und muter, ich bite, e. f. g. wolle dem fraulein vil guter nacht sagen und den reten und sie bitten, das sie wollen das peste tun. Das wil ich umb e. f. g. vordinen. Auch libe frau und muter ich bedanck mich hochlich gegen e. f. g. laxes und rees. 1518 November 11, [Dresden]

Nr. 14

Herzog Georg von Sachsen teilt Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, mit, dass er ihren Sohn [Joachim] derzeit nicht an seinen Hof nehmen kann. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 70r. Eigenhändig.

Hochgeborne furstin, frauntliche libe muheme, meines weybes hofmeisterin1 hat mich bricht, wy awer lib gesint wer, awern son bey meynem son herczog Friderich zcu haben. Doruff hab ich ir antwort geben, das ich noch vorirt were, wy ich meyns sons wessen anstellen wolt, dor umb ich uch itzt nicht entlich antwort geben kont. Ich wil mich aber in kortz entsinen, weß meyn son blanget und wo ich dy weg find, das ich awern son, wy sich gzcimpt kegen meynem angbornen fraunt erlicher weiß mit fugen bey meynem son enthalten mag. So wil ichs awer lib nicht vorhalten und den alsden gern bey meynem sone wissen, den wo ich awer lib in merem fil frauntlichs erczegen kunt, so wolt ichs gern thun und willig. Geben eylent am tag Martini im xvC und xviii. Jorg, herczog zcu Sachssenn etc. 1

Barbara von der Sale, Hofmeisterin der Herzogin Barbara von Sachsen.

1519 September 19, [Bernburg?]

Nr. 15

Fürst Joachim von Anhalt an seine Mutter Margarethe. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1, Bl. 2r. Eigenhändig. – Auf der Rückseite die Anschrift: Der h. f. f. z. A. g. z. A. u. f. z. B., meiner liben mutter (Der herzelieben Frau, Fürstin zu Anhalt, Gräfin zu Ascanien und Frau zu Bernburg etc.) und der Vermerk (16. Jh.): 1519. Hatt dieses geschrieben, da er 10 jahr alt gewesen.

Durchluchte hochgeborne furstin, freuntliche libe frau und mutter, es were mein fruntlich bit [an] e. f. g., e. f. g. wolle mir morgen weintraubelen geben. Und gebe e. f. g. zuerkennen, das [ich] heut wol gelernet habe und bitte e. f. g., e. f. g. wolle mich erlauben, das ich mit meinem =men in jaget faren ader reiten. Ich bitte, e. f. g. wolle mir anceigen, wÿ es meinem bruder, furst Hans, furst zu Anhalt, grave zuu Askanigenn und herre zw Bernburgk, und meinem bruder, furst Georgun, furst zuu Anhalt, grave zw Askanigenn und her zw Bernburck weorin (?) get. Das wil ich umb e. g. vordenen. Geben am mantag fur Mataÿ anno xix. J. e. s.

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Abb. 23 (zu Nr. 15): Ein Brief von Kinderhand

1520 Juli 26, Cölln an der Spree

Nr. 16

Markgraf Joachim der Jüngere von Brandenburg an Fürst Johann von Anhalt: Berichtet von einem Zweikampf des Fechtmeisters Leonhard in Frankfurt an der Oder, übermittelt Nachrichten und berichtet von einem Missgeschick. LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 169, Bl. 18–21. Eigenhändig. Auf Bl. 21v die unvollständige Aufschrift: [In s.] l. aigen handt unnd [suns]t nymants auffzubrechen.

Was wir in angeborner freuntschafft dinst, liebs unnd guts vermugen zuvor, im stadt keller zu Berlin. Hochgeborner furst, freuntlicher lieber oheyme, wyr geben ewer liebden zu erkennen, das wir von gnaden des almerchtigen vermuglich unnd gesunt sein. Sollichs widrumb von ewer freuntlichen hertzallerliebsten fraw mutter, euch und ewern brudern allezeyt zu vernehmen wir begirig sein und geben ewer liebden zuerkennen, das der Schuster Leonhartten unnserm fechtmeister hat ein schmelichen brieff zugeschrieben

356 unnd sunderlich darinne angezeigt wie ine Leonhart geslagen unnd sunst zugangen ist verwiesen unnd auffgehoben doch im beslus mit angehangen so er wes ffels an ime het so solt sich Leonhart auff morgen itzt verschinen zu ime fugen gein Franckfort. Darauff haben wir Leonhartten, unserm fechtmeister, dohin zu ziehen verleubt unnd ime vergunt mith ime zu fechten. Do nun der Schuster obbemelt die schule auffm suntag nach Margarete hat gehalten unnd die wehren durch seinen vorfechter hat inderlegen lassen haben nu etlich par kegen einander im swert auffgehaben. Hat der Schuster wie ime dan als dem meyster gezymet in der halben stangen auffgehoben. [Bl. 18v] Alsbald widerumb hat Leonhart wegen ime auffgehaben in der halben stangen. Do hat der Schuster vil preambula geslagen unnd raum gemacht unnd Leonharten ein lange weyle steen lassen, biss das er hat angefangen und gesagt: Lieber, du lessest mich lang in der sunnen steen. Wiltu mit mir fechten, so las uns ein gang zusammen thun. Domit die andern auch dorzukommen mogen. Meynstu, das du ein kint oder einen narren an mir hast. Daruff der Schuster geanttwort, er woll mith ime nicht fechten. Hat Leonhart die stange von sich geworffen und gesagt: Warumb hastu mich dan zu dir verschriebena, so du mit mir nicht fechten wilt. Do hat der Schuster gesagt, er soll ime abehawen, so wolde er uber vierehen tage mit ime fechten. Hat Leonhart gesagt: Ich bin itzundt dorumb alhir, das du heut mit mir fechten soltt, dan ich hab mich nicht itzundt darzu geschickt lenger zu verharren unnd habe auch nicht lengern verlaub von meinem gnedigen herren, marggraven Joachim dem jungern etc. [Bl. 19r] Hat auch weytter gesagt: Wolan, weyl du dan nicht mith mir fechten wiltt, so wyl ich mich doch veranttwortten auff die artickell, die du mir geschrieben, unnd hat auch die articul alle woll veranttwort, do es nun ist kommen uff den artickel, das Leonhart hat die stangen uff das swert genommen unnd ist durchgelauffen unnd hat ime mit dem knopff in das angesicht gestossen. Daruff hat Leonhart geanttwort, er wisse wol, das er ine habe gestossen, er dorffte ime aber nicht schreyben, er wolt aber, das er ine gar het todt gestossen, wolts woll verantwort haben. Wen du mich aber nicht hettest so verretterlich uber die stange geslagen, hette ich dich nicht mit dem knoffen gestossen. Do hat der Schuster gesagt, wer es redet, der leugets als ein bosewicht. Do hat Leonhart gesagt, so hor ich wol, muß meyn g. h. m. J. d. jungere auch mein g. h. f. Hans von Anhaltt unnd seiner furst. g. redte auch liegen. Hat daruff [Bl. 19v] der Schuster gesagt, ja wer es redt, der leugets nach als ein bosewicht. Hat Leonhart die faust auffgehoben unnd ime eins in die mulibus geben, das ime die zene haben geblut. Do das gescheen, ist ein ander Schuster zugefarn unnd Leonharten umb den halse gefallen. Do ist ein edelman do gewest, der hat demselbigen Schuster auch eins in mulibus geben, dass er ist von ime weg gewichen, dan alle edelleut sein bey Leonharten gestanden unnd die andern studenten alle bey dem Schuster. Do sie aber haben gesehen unnd gehort, das der Schuster hat ewer lieb, unns unnd unsere redte gelugenstrafft, seindt sie alle von dem Schuster gefallen unnd zu Leonharten getretten, unnd ist nymants bey dem Schuster geblieben dan Hans Rap unnd der Hodenschneider. Do hat der Schuster wollen ein parat schlagen, ist ain ander Schuster zugelauffen und hat ime das parat swert auß der

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handt geryssen, unders folck geworffen unnd gesagt: Das dir got die druse gebe, hastu einen zu dir verschriben [Bl. 20r] mit dir zu fechten unnd hast nicht wollen mit ime fechten unnd wolst ain parat slahen. Dree dich an galgen in aller teufel nahm. Also ist Leonhart mit allen studenten mit uberwindung in sein herberg gegangen unnd gutter dinge gewest. Der Schuster hat sich aber mit Hansen Rappen unnd dem Hodenschneider haimlich hinweg gestoln. Rechtsam einer, der do het ein kamp gestolen. Auch hat uns unnser gnediger her unnd vater bevolhen, das ich e. l. wolde schreyben, dass dieselb e. l., ewer freuntliche liebe fraw mutter woltten bitten, das ire liebde Paul Wiltschutzen wolde verlauben, das er am tage Bartholomei bey meynem freuntlichen lieben herren unnd vater erscheine, mit seiner gnaden furder auff die brunst zu ziehen. Weytter hat uns Arnt Cranensee gebeten, wyr wolten e. l. des grunen lachs erinnern, welchen e. l. ime haben zugesagt. [Bl. 20v] Auch geben wir e. l. zu erkennen, das als heute dato vor acht tagen dieses brives sein zu Meintz ausgezogen funffzehen tausent wolgemusterte unnd wolgeschickte knechte unnd drey tausent reutter unnserm freuntlichen lieben hern unnd vetter hoemeyster zu Preussen zu gute, des versehens ungeferlich im bueßmonat alhir in der Marck zu erscheinen. Auch wollen wir e. l. nicht bergen, das unnser gnediger herr unnd vater hat wollen die scharpfe meth in dem newen gefeß beschissen. Do man sie hat anheben zu fuhren mit sechtzehen pferden, haben sie sie nicht mogen in dreyen stunden eine zwergenhandt furtziehen. Dannocht haben sie sie zu letzt in ein gang bracht unnd ist wider den zaun gelauffen und hat ein fach mit sich hinweg gefurt ungeferlich sechs clafftern lang. Darnach ist sie aber furtgangen biss an den tham bey der pulver molle unnd hat doselbst den tham gar ausgerissen biss auff ein clein stuck. [Bl. 21r] Darnach haben sie im vollen rennen nach der bruken wert gerant unnd sein hinuberkommen unnd sunderlich Hans Bernt, welcher doch der hinderste gewesen mit beyden vorderten redern unnd mit dem gefeß, das es auff ein landt gestanden. Ist der teuffel in der gestalt eins hundt komen unnd wider die buchs gelauffen unnd die so hart gestossen, das sie mit der brucken ist undergangen. Darnach haben sie die buchse des andern tags mit grosser muhe widerumb herausen bringen mogen. Das alles ich ewer liebden nicht habe wollen verhalten, dan derselben e. l. freuntliche unnd annehme dinst zu ertzeigen wir zu thun geneigt sein. Datum Collen an der Spree am tag Anne anno etc. xxo. Joachim von gots gnaden der jung markgraff zu Brandenburg etc., noch heut unnd morgen vor mittag konig zu Berlin, oberster buchsenmeister bei der landwehr baccularius und licenciatus im rechten nond[um] promovotus unnd oberster sangmeister im grunen gemach, zu Stettin, Pomern, der Cassuben und Wenden hertzog, burggraff zu Nurmberg unnd furste zu Rugen. a

Danach folgt gestrichen: unnd ime den brieff furgehaltten.

358 1523 Juni 13, Dessau

Nr. 17

Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, teilt Bischof Adolf von Merseburg mit, dass sie ihre beiden Söhne Georg und Joachim wieder zum Studium nach Leipzig schicken will. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 6, Bl. 77/78. Eigenhändig.

Hochwirdiger in got vater, hochgeborner furst, frewntlicher liber her vetter und gefatter. Ich hab e. l. schreyben, darinnen ich befunde, was sorge, muhe und fleyß e. l. bey meynen liben sonen iczunt abermal dorch iren magister1 zw Leybczick getan und vorwenden haben lassen, alles inhaldes vornumen und bedancke mich, des und aller erczeygten frewntschafft und woltat gegen e. l. aufs allerfleysigst. Und nachdem ich und mein lieben son solchs e. l. ader irem stifft nicht wyssen zw vorgleychen, des ich mich mitsamt meinen liben sonnen doch hoch befleysen wil, zo mogen e. l. des lon von dem almechtigen in ewickeyt derhalben gewertick sein und wan dan e. l. mein gemuhet und willen, ob mein liben sonne widerumb gegen Leybczick zw fertigen sein wil ader nicht, vornemen wollen und das mir anheym stellen, die weyl ich dan auß e. l. schreyben spoere, das es doselbest wider gancz gut seyn sollen und von den hochgelerten der universitet daselbst hoch geraten wirdet, zo las ich mir dasselbige vorgengigk zw sein auch wol gefallen, zo vornem es e. l. auch mit vor gut achten und halden, in des willen und gefallen ichs hirmit wil gestalt haben. Und was ich auch, die weyl [Bl. 77v] beyde meine liben sonne dorhin geschickt mochten werden, innen zw underhaltung darzwthuen solle, wil ich mich keynesweges vorfehlen lassen, sunder das zwthuen hirmit erboten haben. Wil auch ane sewmmen meynen frewntlichen liben hern und vettern, den thumprobest zw Madburck,2 seines hawß halben, zo sein lybe noch zw Leybtzick hab, dorch er Johan Cremer frewntlichen ansuchen lassen, und was antwort ich erlang, e. l. unvorczocklich vormelden, welchs ich alles e. l. auff ir schreyben nicht hab wollen unangeczeyget lassen, derselben e. l., die ich hirmit got in ewykeyt befel, alweg frewntlich wilfarung zw leysten, bin ich meines vormogens zw thuen geneyget und willig. Geben zw Desaw am sonabent nach dem achten des heyligen warenleychnams tag im xxiii jar. M. f. z. A. etc. witwe. Ich schicke e. l. hirmit ein frischen lachs. Bit, e. l. wollen den frewntlich annemen und in der gebenedeyung gotes gesunt und frolich genissen. 1

Mag. Georg Helt. – 2 Fürst Magnus von Anhalt, Dompropst zu Magdeburg.

Quellenanhang [1523 Mai]

359 Nr. 18

Herzog Johann der Jüngere von Sachsen rechtfertigt sich bei seinem Vater Herzog Georg für verschiedene Vorfälle. Original: SächsHStA Dresden, Loc. 8498/1, Bl. 291r–294v. Eigenhändig, mit zwei Registraturvermerken: Hertzog Johans entschuldiget sich kegen dem vather wider Hansen von Schonbergk wegen seines trinckens und unnuzen wortten. – Die jungen hern, hertzogk Johans und hertzogk Friderich. Druck: SEIDEMANN, Schenk, S. 99–101, mit Bemerkungen zur Datierung. Literatur: LANGENN, Carlowitz, S. 33; GLAFEY, Kern, S. 114; RICHTER, Erziehungswesen, S. 15.

Gnediger lieber her und vater, es haben mich e. g. etlich mal an articklen anger[e]t und anreden lassen durch Jorgen von Karlwitz, nemlich des ubertrunckens halben und soe ich truncken die leut mit worten ubergeben und in maulpaschen geben. Vorsehe mich, Karlwitz wert e. g. uff die lesten czwen artickel gnu[g]sam antwert geben, wie ich dan in dieser meiner schrift ufs undertenlichst underichten wil. Des trinckens halben bin ich unlauber, das sichs czu czeiten czutreget, das ich wol bereuscht. Des schlagens halben thue ich e. g. denn sampt dena scheltworten bericht, wie ich auch nachfolgende in andern artickeln, welch ich e. g. anczuczeigen bedacht, weiter erkleren. Und ist nichtz anders, den wem ich maulscheln ader bose wort geben oder gescholden hab, den das sie bilich ime und mein bruder und andern unwillick auch under czeiten nicht geben wollen beschehen, wie dan e. g. in nachfolgenden vorczeichnissen befunden werden. [Bl. 291v] Weil ich mich dan sust alweg meins bedunchen kegen e. g. meiner frau mutter die iar her, weil ich auß Brabent kommen, gehorssamlich eingehalten, auch mit unterhaltu[n]gs gelds kaum einen edelmam [!] am hoff vorglichen, auch keinen diener an e. g. wissen und willen georlobt oder angenommen, mich auch die czeit uber nimantz kegen e. g. an Cristof von Polentz beclagt, velt doch leder und las ich viel lieber vormeiden wolde e. g. anczuczeigen. Es wert sich e. g. erindern, das in der czeit miche e. g. czum elichen stant gefordert, doe ich mit mein weib bei e. g. in frit an sonderlichen hader gelebt, in welchen iaren ich leuten vil mer maulpaschen und strech geben und mit bosen wortten angefarn dan die czeit itz beschen. [Bl. 292r] Nicht destminder von nimantz vorclagt bis uff die czeit soe e. g. gegen Quedellburgk geczogen, doe e. g. Hansen von Schonberck das frauwen czimer befolen und er, als her spricht, die ersten thoren uff der maur czusperren geheisen, bin ich her Ernst uff der gas begengt, mich bespot, das ich durch unflat in closter must, hat mich heimlich uf Hansen vordrossen. Uff den abent mich her Ernst aber darmit geubt. Da hab ich mich mit czornen worten horen lassen und Karlwitz nach eins, weils e. g. vormals einmal abgeschlagen, gebeten, das die selben thoren geoffnet, welchs geschen und ich kegen e. g. bedanck. Welch wort, soe ich her Ernsten haus gethan Hans von Schonberck mich durch Antonien und Casparn von Schonberck beschick lan, welch mir angeczeget, wie das ich ein unwillen uff iren bruder und vetter truge, der halben er sie gebeten, [Bl. 292v] mich czu befragen, wes er sich czu mir vorsehen. Darauf ich geandwert, weil die ursach der ungnad weg genommen, sol er sich

360 als guten czu mir versehen haben. Sie mir geantwer[t], die beschlissung der thoren sein aus e. g. befehel geschen. Darauf gesagt, es moge wol sein, das e. g. befolen, aber ich kunt nicht glauben, das e. g. vor seinem angeben befolen, weils e. g. in sechsczehen iaren darvon gethan, nicht desteweniger solten im saczen, er solt sich alles guten czu mir vorsehen. Darauf sie sich bedanckt, her mich vorsehen, es wurde doebei bliben sein. Nicht wenger hab ich auf der rede, soe e. g. mit mir hie selbe czeit gerad vormarckt, das ers an e. g. uber das auch gelangen lassen, welchs ich stilschweiget, wie ich nicht gemerckt, hin lan. [Bl. 293r] Czum andern hat sich czugetragen, das ungeferlich um trium regum hat gemelter Hans des frauwenczimers schneider oftlich uff der gas angesprochen, warum meins weibs junckfrauwen er fordert, das alde frauweczim[er] hat im der sagt, er forder sie nach einander. Darnach itzlich am ersten im czu erb[e]ten gebe hat Hans im befolen, czu im in sein haus czu ckomen geheisen, da er dan befolen, der frau mutter iunckfrawen am ersten czu fordern, die andern bei seit, weila dan die selbe czeit kam Erbt in der scheiderei dan meins weibs tamaschcken rock einer und seiner tochter Barbarn schamlot, welchen sie selber nicht er dan uf fastnacht czu fertigen begert, hat michs angesehen, das er mein weib und mir czukegen gethan, der halben ich in mit Hei[n]rich von Schlenitz und Hans Spluck beschickt vor a[n]geczeigeten artickel, wie wol ich gewist, das ken ander antwort gefallen wurd, dan e. g. hets befoln, welche och beschen, derhalben ichs auch uf dismal, uf das man nicht gesprechenn mocht, es wern weiber theding, bleiben lassen. [Bl. 293v] Nachmals hat sich czugetragen am ascher mitwoch, das mein weib ein galdert der frau von Schocher geschickt, der halben Hans von Schonberck dem knecht geboten, was im mein weib beful mocht czu thun und ir solch, das ers befoln, offentlich anczuczeigen. Der halben ich micht gedencken kan, das solchs aus e. g. befel geschen, den des ich ader mein weib nicht eines essen ader czwe weck czu geben ist bis anher von e. g. nicht vorboten worden, wust auch warum und aus was vorschulden es itzund vorbotten werden solde. Vorsehe mich auchb, das e. g. selber ermessen werde, das mein weib vor ir person billich vor andern gemein junckfrauwen in der schneider solt gfordert werd[en], das auch dem cknecht, der sust geiner frauczimer diner ist, solt was in mein weib hisse, nicht czu thun befolen werden. [Bl. 294r] Weil ich mich nicht vorsehe, das mich [e. g.] als ein schlechten kindt und mein als weil magt her helt, der halben mein gantz demutige und unde[r]thein bit, e. g. wol disen und andern, die e. g. uff solch befel reitzen, wus anders e. g. befel sein, kein folgen thun, uf das ich het e. g. in einickeit wie bis anher beschen bleben mach. Das wil ich um e. g. in allem gehorsam dinstlich vordinen. Hans, hertzog czu Sachssen etc. a

doppelt geschrieben. – b danach noch einmal mich.

Quellenanhang

361

Abb. 24 (zu Nr. 19): Epistolium ad fratrem

1524 Dezember 9, Dessau

Nr. 19

Fürst Joachim von Anhalt an seinen Bruder Georg [in Merseburg]. LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 3, Bl. 4r. Eigenhändig.

Salutem in Christo Jesu servatore nostro. Ne arbitreris me pigricia causa pretermittere quo minus ad tuam dilexionem scribam fraterna charitate compulsus sum ut ad te hoc preve epistolium darem quo tibi statum dominę matris dominique fratris nostri et meum qui in omnibus prospere successit indicarem. Spero quoque deum omnipotentem pro sua pietate dominum nostrum reverendum1 et te in pristina valetudine servasse. Ne vero te charissime frater lateat qualiter studium nostrum instituimus scias me ante prandium

362 in repeticione evangelii Mathei ocupatum esse. Peracto vero prandio literis Terencianis operam dare. Hec tuam dilexionem celare nolui cui me meumque Michaelem2 commendo. Valeat tua dilexio in Christo bene, cuius gratia semper sit nobiscum cuique honor et gloria et imperium in secula seculorum. Amen. Datum Dessau die divi Joachimi anno 1524. T[uus] d[ilectus] a[micus] frater Joachimus princeps Anhaltinus. Velim domino nostro reverendo1 quam potes officiosissime me commendares. 1

Bischof Adolf von Merseburg, Joachims und Georgs Förderer. – Joachims Lehrer.

1525 Oktober 25, Cölln an der Spree

2

Mag. Michael Gruber,

Nr. 20

Nikolaus Thum, brandenburgischer Rentmeister, an Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, wegen der Erziehung seines Sohnes [Barthold]. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 2. Eigenhändig.

Durchleuchtige hochgeborne furstyn, gnedige frawe, ewern furstlichen genaden sein meyne gantz willige dinste mit aller untertenigkeit zuvoran. G. f., ich habe einenn szone, sider Bartholomei in sein sibentzehendt jare seins alters, wol ufgeslossen, der ist begirich indertz an eins furstenn ader graffen hoff sich zuvorsuchen unnd willich zu rewterie, jagt und anders, wie mans von ime begert, gebrauchen zu lassenn. Ich habe ime aber andere meynunge, was ich fur guth angesehen, vorgeslagen, so befinde ich in darzu gantz ungeneigt und siner begirde merhe nachhengich villeicht die nature ime solichs uflegende, derwegen ichs auch got befelich und ansehenn will, bis sich sein jugent verleuft und sich selbst zu seinem besten erkhennen wirt. Hirumb ist an e. f. g. mein dinstlich bethe, die woltten mir zu gnaden denselbenn minem g. h., e. f. g. lieben szone fursten Hansen von Anhalt zw eynem diener annhemen. Ich bin gutter hofnunge, er sulle sich recht schicken und willich gebrauchen lassen, das sein notturft auch erfordert. Wie er sich dhan anlest, das e. f. g. und mein g. h. seins dinsts gut gefallen tragen, als ich gernne sege, weis ich in nyndertz lieber wan bey minem g. h., dhan er ist noch ein diener, deme man nicht vil geben darf, darumb er desto leichtter zu haltten ist. [Bl. 2v] Bit e. f. g., die wollen sich in disser miner bethe genediglich kegen mir erzeigen, das will ich umb die selbe e. f. g. all meins vermogens vleissich und willig vordienen. Datum Coln an der Sprewe am mitwochen nach der eilftausent junckfrawen tagk im xxvten jare. E. f. g. gantz williger diener Nicklas Thom, rentmeister.

Quellenanhang 1526 Mai 17, Berlin

363 Nr. 21

Nikolaus Thum, kurbrandenburgischer Rentmeister, an Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, wegen seines Sohnes Barthold. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1617, Bl. 7r. Eigenhändig.

Durchleuchtige, hochgeborne furstyne, gnedige frawe, ewern furstlichen genaden sein meine bereitwillige unverdrossen dinste zuvorenn. Dieweil dhan e. f. g. mir zu genaden bey e. f. g. freuntlichen lieben szone, meinem g. h. und fursten, furst Johansen von Anhalt etc., bewilliget minen szone Bartoldt zu eynnem diener anzunehmen, deß ich mich hochlich bey e. f. g. bedancke, und ich dehene uf vergangen oesteren sinen f. g. solt zugeschickt haben, das dan bis herre nicht aws verachtunge, dan aws ursachen verzogen, derwegen ich e. f. g. gantz dinstlich mit aller untertenigkeit will gebetten haben, die wolle des ufhalts kein ungnade ader beschwert haben und ime als regerende furstyne neben hochgedachtem meinem g. h. fursten vonn Anhalt genedichlich annhemen und zu deme besten ziehen und halten, wie e. f. g. das gefelligk. Ich bin gutter hofnunge, er werde sich gehorsamlich, getrewlich und dinstbarlich erzeigen und finden lassen, als ich ime auch heftiglich befolhen, solchs zu thun, bey verlierunge miner holde unde e. f. g. in mit genaden sich lassen befolhen sein, wie ich des zu e. f. g. gantz gut vertrawen trage. Das wil ich umb e. f. g. und alle, die ergen meins vermogens zuvordienen geflissen sein, und dieselbe e. f. g. dem almechtigen got befolhen haben. Datum Berlin am donnerstag nach Exaudi, anno xxvito. E. f. g. alzeit williger diener, Nicklas Thum, rentmeister. 1527 Juni 5

Nr. 22

Herzog Georg von Sachsen teilt Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, mit, dass er ihren jüngsten Sohn [Joachim] an seinen Hof nehmen will. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1373, Bl. 77r. Eigenhändig.

Hochgeborn furstin, fran[t]liche libe muheme, ich hab uwer lib schreyben vorlessen und bin wol in drug, das mich a. l. angsucht uch wes ich awer lib zcu antwort geben hab, dem nach dyweil ich a. l. noch bfind des gmutcz, das a. l. awer jungsten son gern bey mir haben wolt, so ist meyn gemut, a. l. in merem zcu walfaren und a. l. son gern bey mir wissen, wen in a. lib zcu mir fertiget und wil des seyner lib zcukunfft, wen her kompt, gern gwartig sein, den derselben a. l. zcu dinen pins ich willig. Geben eylent am freytag nach exaudi anno xvC und xxvii. Jorg, herczog zcu Sachssenn etc. Das ich a. l. botten so lang uff ghalten, ist orsach daz varnuß, so itzt vorhanden gwest.

364 1527 Juni 18, Magdeburg

Nr. 23

Fürst Georg von Anhalt ermahnt seinen Bruder Joachim nach dessen Übersiedlung an den Hof des Herzogs Georg von Sachsen. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 13, Bl. 7 f. Eigenhändig, zum Ende sehr flüchtig.

Genad barmhertzigkeit, fried von got dem vater und dem herren Christo Jesu unserm erloeser sampt was ich in bruderlicher trew, dinst, liebs und guts vormag zuvor. Hochgeborner furst, freintlicher lieber her und bruder, ich hab e. l. gar freintlich schreiben, in dem sie vormeldt unser freintlichen lieben fraw mutter, bruder und iren gluckseligen zwstand, auch darneben die gelegenheit irer vorgenomener reise zw erkennen gibt, mit erfrauten gemuhet erlesen, den mir nichts angenehmer ist, den unser freuntlichen lieben fraw mutter, bruder und e. l. gluckseligen zwstand zu vornemen. Es zweiffel ich auch nicht, der almechtig gott werd e. l. gnad vorleihen, das solch e. l. furgenomen reis ein seligen anfang, furdgang und endung haben wirt. Es wer mir aber nicht ein geringe freide gewesen, das ich e. l. het mogen in kegenwertigkeit personlich geseen und allerley halben freintlich underredung haben, nach dem wir von jugent an (als auch e. l. selbst schreibt) als bruder semptlich freintlich ertzogen. Weil aber solch sich nach gelegenheit der zeit itzt nicht leiden wil, wil ich e. l. als mein hertzlieben bruder erinnert, vormant und gebethen haben, ir wollet vor allen dingen den almechtigen got, unsern schepffer, erloeser und seligmacher vor augen haben, sich nach seinem gotlichen willen und geboten zw halden befleissigen, von seiner gotlichen lieb und einikeit der heiligen christlichen kirchen adder von einem itzlichen, das erlich, loblich und christlich ist, durch jemand, er sey wer er wil, auch durch loeb adder vorachtung, nicht abwenden lassen, ßunder sich [Bl. 7v] in allen bevleissigen, das e. l. vor dem almechtigen got erlich und vor jederman loblich sein mag und sich ir durch nymandes, er sey wer er wil, zw dem, das nicht christlich und loblich, und ßunderlich zwtrincken adder ander unzimlich wesen bewegen lassen. Und weil dez almechtigen gots wile nicht bas den aus dem, das er aus seinem gotlichen munde selbst geredt erkennet wirt, wol e. l. vor allen dingen das heilige evangelium sampt ander heiligen apostolischen schrifft zw lesen nicht underlassen und die heilige junckfrau sanctam Ceciliam nachvolgen, die das evangelium Christi verborgen in ihrem hertzen getragen, und ßunderlich das buch Deutronomii mit vleis uberlesen, welchs der almechtig got wil, dasselbige die konige und fursten lesen, auch des Principis christiani nicht vergessen, und e. l. wol in allen dingen den spruch des heiligen kuniges und propheten in gedechtnis haben: et nunc reges, intellegite erudimini qui iudicatis terram. Servite domino in timore et exultate ei cum tremore etc. [Ps. 2,10 f.], und e. l. wol sich je bose geselschafft adder sunst auch der jungen, so e. l. zw gegeben, nicht vorfuren lassen, ßunder bevleissigen, das e. l. dermassen sich moge alda halden, das unnserm geschlecht dadurch kein unehre widerfaren moge und den almechtigen got teglich bitten mit dem propheten David: Gressus meos dirige secundum eloquium et non dominetur mei

Quellenanhang

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iniusticia [Ps. 133], und bit e. l. wol dies mein ungeschikt schreben bas [Bl. 8r] vorstehen, den es von myr gescheen, weil ich solchs in grosser eil auch uff eins truncken abend gethan und wil hir mit e. l. uffs fruntlichst gesegent haben und sie den almechtigen got befelen, der wol e. l. reis und auszihen zw seinem gotlichem willen schicken und e. l. und der iren seligkeit, und wil mich hir mit e. l. freintlich entfolen haben mit vleissiger bitt, e. l. wol dies meyn ungeschickt schreiben freintlichen anehmen und mher nach der meynung den den worten behertzigen, wyrt auch widerumb so offt sie botschafft zw schreiben nicht underlassen. Des gleichen wil ich auch thun, den e. l. alzeit freintlich zw dinen erbite ich mich schuldig, es auch allezeit zw thun willig. Hirmit sei e. l. freintlich gesegent und dem almechtigen got befolen. Geben Magdeburg eilend, dinstag nach Trinitatis anno xxviii. E. l. b. Georg. 1528 Mai 4, Dessau

Nr. 24

Der Dessauische Kanzler Paulus von Berge an Fürst Georg von Anhalt wegen der Erziehung seines Sohnes Franciscus. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 117, Bl. 2. Eigenhändig. Literatur: WÜTSCHKE, Kanzler, S. 21.

Durchleuchter, hochgeborner furst. Ewern furstlichen gnaden seint meine underthenige gehorsame dinste mit fleis zuvor. Gnediger furst und herre, nachdem ich e. f. g. gebeten meinen sohen Franciscus ein zeittlang bey sich gnediglich zw underhalten und inen zum besten zw ziehen, e. f. g. gehorsam zw laisten, dinstbarlich zw sein und achtung durch den hern magister1 uf inen zw geben lassen, das er fleisig studirn und lernen mocht auf den thorne aber sunst zw stechen, zw raiten aber im kalden wasser zw baden sich zw endhalten und alles guten zw befleisigen, des ich von e. f. g. diezeit gnedige vortrostung endphangen, dar uf also gnediglich zw sehen lassen, hir umb ist an e. f. g. nachmals mein underthenig bit, e. f. g. wolle yhe gedachtem meynem sohen wie oben angezeigt zum besten ziehen und halten, domit er in e. f. g. und des magisters gehorsam alwege mocht befunden werden, op er aber solchs uberginge und e. f. g. auch dem magister in dem sich mehr gehorsamiglich halten wurde, bit ich mit [Bl. 2v] fleis, e. f. g. wollen inen durch den magister, meinen lieben gefattern, darumb straffen lassen und ruten nicht sparen, domit er zw eren, zucht und redligkait gezogen. Das wil ich umb e. f. g. in aller underthenigkeit zuvordienen willig befunden werden. Datum Dessaw montags nach Jubilate anno etc. xxviiio. E. f. g. w. undertheniger diener Paulus von Berge. 1

Mag. Georg Helt.

366 1528 Juli 16, [Halle an der Saale]

Nr. 25

Graf Botho von Stolberg, erzbischöflich-magdeburgischer Hofmeister, an Fürstin Margarethe von Anhalt, geb. von Münsterberg, wegen der Annahme eines jungen Hofdieners. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1564, Bl. 22. Eigenhändig.

Hochgeborne furstin, min gancz willig und gefliessene dinst zuvor. Gnedige frawe, als ewer gnad mir geschriben und gebetten, das ich ewer gnaden zw gefallen einen jungen gesellen wold vor ein diner annemen, nur wer ich gancz willig ewer f. gnaden in dem und fielen grossern zw wilfaren, es had aber die gestald, wie ewer gnade wissen, das ich hir am hoff und mit einer anczal besteld bin, daruber ich am hoff nit mer haben darff, so hab ich or auch dar henne bereit in miner behussunge, die ich auch geren zw andern herren bringen wold, das mir biesher enstanden und dieselbigen, die ich dorhenne hab, lernen gancz nicht und werden ungeczogen, das ich dan vorwar auch nit geren sehe und bin doch willen, dieselbigen jungen wieder heimzwschigken, dan man besorgett sich an dem ord eins sterbens, der dan fiel junger lud bieeinander nit gut sind. Derhalben ist min dinstlich bitt, ewer f. gnade wolle des kein beswerung trage[n], das ich den jungen gesellen nit zw dinst anneme, dan wer es die gestald nit hett und ich stedt in miner behussung were, so wald [Bl. 22v] ich es ewern gnaden nit abschlaen ader weigern, dan wormit ich ewer f. gnaden kann gedinen, sollen ewer gnaden mich gancz willig befunden. Geben mit miner hand gancz ellend dornstag nach Margarete anno xxviii. Bott, graff zw Stolberg und Wernigerode. 1531 Oktober 22, Dessau

Nr. 26

Fürst Georg von Anhalt gewährt seinem ehemaligen Lehrer Mag. Georg Helt ein lebenslanges Jahresgehalt von 100 Gulden. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 566, Bl. 32. Kanzleiausfertigung.

Vonn gots gnaden wyr Georg, furst zu Annhalt, grave zu Aschanien, herr zw Berneburg unnd thumprobst der kirchen zw Magdeburg etc. vor uns, unser erben, erbnehmen, testamentarien und meniglichen dieses unnsers brives ansichtigenn offentlich bekennen und thuen kunth, das wyr mit wolbedachten muethe dem wyrdigen und hochgelerten unserm lieben preceptori ern Georgio Helt von Forcheym in ansehung seyner vleissigenn und vielfeltigen dinst, so er uns von unser jugent an vom jar an so man xviii geschrieben, do er zw Leiptzig auffs fest nativitatis Marie zw uns gekommenn, bis auff diese zeit in unser institution und sunst gantz getreulich ertzeigt auch hinfurder ertzeigen kan und wil, zwr antzeigung unsers danckbarn gemuets, so wir derhalben zw im tragen, sein leben lang, das goth gnediglich friste, jerlich hundert floren,

Quellenanhang

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einundzwenzig groschen vor eynen floren ann ganghafftiger muntze, allezeit auff ein ider quattuor tempora auff die negst zwkunfftige antzufahen funffundzwentzig floren zu reichen und die in seine gewarsam zu vorfertigen zugesagt und versprochen; zwsagen und versprechen auch bey unsern waren worten und guten glawben vor uns, unser erbenn, erbnehmen und testamentarien gegenwertiglich in craft dieses brives gemeltem ern magistro Georgio solche hundert floren wie oben berurt jerlich sein lebelang zu reichen, und so uns der almechtige nach seinem gotlichen wolgefallen von diesem jammertal ehr dan den abfordernn wurde, sollen alsdan gleichwol unser erben ader erbnehmen und testamentarien gedachtem magistro solche hundert floren weil er lebt jerlich zureichen vorpflicht sein ader von unsern vorlassenen guetern, so und von wegen unsers vetterlichen und mutterlichenn erbschafft und angefellen auch unserm quasicastrensi peculio an barem gelde und andern zustendig soviel an gewissen ortern zu vormachen, damit er jerlich die hundert gulden entpfahen moge. Sollen auch keyn legatum unsers testaments zu exequiren sich underwinden, es sey dan, das der magister seiner hundert gulden vorgewisset, wie er die zu bekommen habe, und so die legata nach gelegenheit defalaret und geringert werden, damit gemelter magister die hundert floren unab[b]ruchlich jerlich bekommen moge, doch hirinnen unser schulde ausgeschlossen, die vor allen dingen bezalt werden sollen, wie vor dan das auch vormittels gotlicher vorleyhe in unsrem testament ferner zu vororden willens. Wue aber solchs vorbliebe ader unser testament umbkemp ader vorloren wurde, wollen wir doch solchs von unsern erben, erbnehmen und testamentarien so lieb inen irer sehelen heil gehalten habenn, gantz getreulich und ungeferlich. Des zu steter vester und unvorbruchlicher haltung haben wyr diesen briff mit aigner hant geschrieben und mit unserm auffgedruckten ingesigel wissentlich becrefftigetth, der gegeben ist zw Dessau sontags am tage Severi episcopi im xvC und xxxiten jar. 1534 Februar 26, Dresden

Nr. 27

Herzog Moritz von Sachsen bittet Fürst Georg von Anhalt, Dompropst zu Magdeburg, seinen überstürzten Aufbruch vom erzbischöflich-magdeburgischen Hof [in Halle an der Saale] zu entschuldigen. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1406, Bd. 2, Bl. 3 f. Kanzleiausfertigung. Fehlt bei BRANDENBURG, Korrespondenz, Bd. 1.

Hochwirdiger und hochgeborner furst, freuntlicher lieber oheme. Nachdem euer liebe uff erleubten meinen abschidt vom Magdeburgischen hoffe mich mit freuntlicher schrifft ersucht haben, dorynne mir dieselbige nit allein glugkseligen zustandt wunczschen, bsonder auch mit vorgenanter bith, so was in beheglicher und angenemer e[r]tzeigung vorseumet und nachblieben were uffs hochste entschuldigen, als wil ich hirauff e. l. gleicher gonst und wolmeinung nit bergen, das ich solchen heilwunczsch meiner wolfhart von e. l. sher gonstig und freuntlich vormercke. Was aber die

368 entscholdigung belangt, befinde ich nit, warumb e. l. ursach haben, derselbigen gegen mir zugebrauchen, sintmal e. l. in gonstiger erbittung und wolthadt auch in allem, was mir zcu beheglichen willen und gefallen hat mogen gereichen sich altzeit uffs vleissigiste ertzeigt und beweist haben und muß hirinn e. l. nichts vorgeslichs aber nachlesigs ufczulegen, damit sich dieselbige gegen mir nit gnugsam vorwart hettn, derhalben ich auch von wegen vielertzeigtter woltaten schuldig bin, soweit mein vorm=g reicht, e. l. dangbar zu sein. Wie ich aber nhumals meinen wandel befinde und richte, so ist mir sulche entschuldigung ser von netten, derwegen ich mich gegen e. l. auch besser het sollen vorwaren, dieweil e. l. nit wenig ungeschigklichs in reden, geberden und vil dergleichen [Bl. 3v] begunst werden an mir gesehen haben, darobb e. l. vieleicht zu ungefaln und vordrieß meines unbedechtigen vorschuldens sein geursacht worden. Dovor ich auch e. l. hab zu bitten, das mir solchs zu keinem ungelimpff zugemessen ader gedeut wurde, dan wie ich mich dieser vorgessenheit wol weiß zu erinnern, also wolle auch e. l. mich gleiche entschuldigung und vortzeiung derselbigen finden und genássen lassen. Wil mich auch e. l. vormanunge zuhalten mit gottes gnade uffs hochste fleissiegen und hiemit e. l. gantz freuntlich gesegnet haben wie ich auch solches im abschiedt nit het underlassen, wo diese reise nit so unvormeint und eilendes vorgenommen were. Gleicher ursach ist auch mein preceptor vorhindert worden e. l. zu schreiben, domit er seinen underthenigen dánst e. l. angezeigt het und sich uff e. l. gnedigs erbiten, so ime offtmals gescheen ist, auch dangbar ertzeigett und hat derhalben mich gantz vleissigen bit angelangt, inen gegen e. l. zu entschuldigen, welchen ich auch derselbigen also in gonst bewhele, das e. l. sein gnediger her sein und bleiben wolle. Hiemit wolle auch e. l. unbeschwert sein, m. g. hern und ohemmen, dem cardinalen etc., meinen underthenigen grus und dánst uffs [Bl. 4r] freuntlichst zu vermelden. Das wil ich umb e. l. nach meinem vormog zu verdinen altzeit willig und beflissen sein. Datum Dreßden, mitwoch nach s. Mathie im jhar etc. xxxiiii, Moricz, hertzog zu Sachssen etc. 1543 September 16, Kampe auf Rügen

Nr. 28

Herzog Philipp von Pommern an Fürst Johann von Anhalt: Nachdem er auf Begehren Johanns und Margarethes von Anhalt gestattet hatte, dass seine Halbschwester Herzogin Georgia eine vertraute Hofjungfrau mit an den pommerschen Hof nehmen darf, die ihr Lesen und Schreiben beibringt, teilt er nun mit, dass diese Jungfrau um ihren Abschied gebeten hat. Philipps Gemahlin wird von nun an für die standesgemäße Erziehung und Unterrichtung der jungen Herzogin Sorge tragen. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 14 f. Kanzleiausfertigung mit Beizettel.

Unnser freuntlich dinst und was wir liebs unnd guts vermugen altzeit zuvor, hochgeborner furst, freuntlicher lieber oheim unnd schage.

Quellenanhang

369

Als wir dann auff e. l. unnd derselben gemahel unser freuntlichen lieben fraw mutter begerenn gerne bewilliget unnd nachgegeben, das unnser liebe schwester frewle Georgia eine junckfraw mit sich herein brengen mochte, die ire liebe zw dem schreibenn unnd lesen erziehen sollte, so hetten wir dieselbige junckfrawe in unserem furstlichen frawenzimmer neben anderen junckfrawen auff unsere geliebte schwester zw warten unnd ire liebe zw etzlichenn sunderlichen stunden, inn dem schreiben unnd lesen zw underrichten gerne dulden unnd wissen mugen, innsonderheit dieweil sie sich inn dem trewlich, fleissig, erbarlich unnd so verhalten, das wir des ein wolgefallen tragen. Nachdem wir aber in bedenckenn unnser geliebten schwester jugent rathsam bedacht, das ire liebe stets bei unnser geliebten gemahel in einem gemach were unnd durch ire liebe erzogen wurde, derwegen die junckfraw nit notig geachtet, lenger bei unnser schwester zw sein unnd darumb erlaubtnuß unnd abfertigung gebetenn, haben wir sie damit wider iren willen nitt wissen auffzuhalten unnd wollen nichts dest weniger die versehung durch unser freuntliche liebe gemahel und sonst thun und daran sein, das unnser geliebte schwester zu aller gottsforcht zucht erbarkeit unnd thugent erzogenn unnd auch schreiben, lesen und arbeit zu lernen, soviel irer lieb zuwissen vonnoten, ermanet unnd underrichtet soll werdenn unnd ire lieb dermassen underhalten, das unns solliches bei idermennigelich unverweißlich sein sol unnd haben solliches e. l. freuntlicher meinung unangezeigt nit mugen lassen, dan e. l. freuntlichen unnd schwegerlichen willen zu erzeigen sein wir gantz geneigt. Datum Campe, sontages nach exaltationis crucis anno etc. xliii. Philips vonn gots gnaden hertzog zu Stettin Pomern der Cassuben unnd Wenden furst zu Rugen unnd graff zu Gutzkow. [Bl. 15r] Wir haben auch auff e. l. pitt derselben freuntlich zu empieten liebes und guts unser freuntlichen lieben gemahel und schwesteren angetzeigt, dieselben bedancken sich jegen e. l. auffs freuntlichste unnd wunschen e. l. derselben gemahel und jungen herrschafft hinwieder viel ehren, liebes und guts. Wie wir himit vor unser person auch wellen gethan und danneben gepeten haben. E. l. wolle derselben geliebten bruederen unser zum theil unbekhant auch zum theil wol bekannt freuntlichen dinst antzeigen und uns bei iren liebden im besten befhelen. Datum ut supra.

1547 [Anfang März]

Nr. 29

Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen an seinen Kanzler Dr. Gregor Brück, Dietrich von Starschedel und Asmus Spiegel: Hat Klagen über das Verhalten seines ältesten Sohnes Johann Friedrich gehört, was ihn schmerzlich trifft. Den Sohn hat er zum gegenwärtigen Kriegszug mitgenommen, damit dieser etwas lerne. Nun muss er aber hören, dass der junge Fürst beim Glücksspiel betrügt, unmäßig trinkt, leichtfertige Reden führt, flucht und sich ungebührlich aufführt, nicht nur gegenüber den Dienern, sondern auch gegenüber Fremden. Befiehlt den genannten Räten, den Prinzen scharf

370 zurechtzuweisen. Brück soll ihm ausrichten, dass er sich nicht aus Wittenberg entfernen darf und ihn ermahnen, von seinem unfürstlichen Verhalten abzulassen, damit ihn der Vater nicht als einen ungehorsamen Sohn noch härter bestrafen muss. Heinrich von Einsiedel wird dem jungen Herzog als Hofmeister zugeweisen, dem in allen Sachen Folge zu leisten ist. Wenn der Prinz sein Betragen bessert, kann überdacht werden, ob ihm ein anderer Hofmeister zugeteilt wird, der seinen Wünschen entspricht. Fordert eine schriftliche Entschuldigung. Original: Stadtarchiv Weimar, K 252, Nr. 4. Abschrift. Druck: BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 1, S. 177–179. Literatur: MÜLLER, Unterrichtspläne, S. 245 f.

Hertzog Johans Fridrich churf. etc. Unnsernn grus zuvornn. Hochgelartten libenn rethe unnd getrewenn, wir wissenn euch gnediger meynunge nichtt unangetzaigtt zu lassen, das unns unnsers eldern sons hertzog Johans Fridrichen halbenn allerlei für kombtt, welchs wir zuvornn nicht berichtt sein worden noch vormarcktt habenn, und unns als dem vater nicht wenig, sondern zum hochstenn bekommerlich und schmertzlich ist, habenn unns auch der leichtfertigkeitt und unbedachts, so fursten gar nicht ziemen noch zustehenn, zu ime nichtt vermutet. Dann wiewhol wir ine als einen jungen fursten in dem negstvergangenen unsernn genottdrengten defension zuge mitt unns ins oberland furnemlich dorumb genomen, das er sich in solchen krigshendlin mitt der zeitt unsern landen und leuten zu trost und rettung auch wuste zu schickenn, so sein wir doch glaublichin berichtt, das gedachter unser son sich undter denselbigen zuge undterstanden, ob wir ime whol etzlich, doch wenig geldt zum spil, allein vor die lange weil und uberige zeitt, haben lassen verordenen, mitt den carttenn gegen denjhenigen, so mitt ime gespielett, falsch und unrecht gespielett, und ob es wol nit vil angetroffen, er auch solchs vileicht möcht scherz weise gethan haben, so volgen doch gemeinlich auß solchen leichtfertigen dingen bey jungen leuten leichtlich gewonheiten, die sie im alter nit abgehen oder lassen konnen. Dartzu das noch das groste unnd beschwerlichst ist, sol er sich mitt allerlei leichtfertigen worttenn unnd fluchen, auch unbestendigen redenn unnd seltzamen geberdenn nit alleine gegen unsern diener, sondern auch fremden leuten horenn und vernhemen lassen, und uber das des weins uber tisch und zum nachtranck mher zu sich nhemen, dan sein leibs notturfft erfordert, von welchem ubertrinken unnd sauffen, und das er davon jungst zu Taucha tranck, die meiste ursach seynn, unnd sich an allem deme, das ime von unsern ime zugeordneten, auch andern, so ime undersagung gethan, nichts irren noch keren wollenn, ob welchem allen wyr dan, das sich gedachter unser son so unfurstlich unnd ungeburlich ertzaigtt und heldett, nicht geringe bekommernus, sundernn auch darob gar kein gefallens tragen. Haben derwegenn vor nottwendig bedachtt unnd erwogenn, genantem unserm sone durch euch, als unsere vertrawete rethe, von solchem allenn furhaltung unnd vermanung zuthun, ime auch darneben unsern misfallen und unveterlichen willen zu entdecken lassenn.

Quellenanhang

371

Unnd ist unnser gnedigs und ernstlichs begeren, ir wollett euch sembtlich furderlich zu imer verfugenn, unnd ir, doctor Bruck, ime volgende meynunge, die wir euch zu weiter ausfurhung allein zum gedencken hiemitt angetzaigtt haben wollen, vermelden, das wir ime das dahere, weil wir zeitlich bericht worden, das sich sein schwachheitt zu guter gesundheitt geschicktt, welchs wir dan gerne gehortt, zu Wittenbergk hetten bleibenn, unnd ine nicht widderumb zu unns holen lassen. Das where aus ursach unnd sonderlich bedencken, dartzu er ursach gegebenn nicht gescheen. So wuste er auch, wie veterlich unnd gnediglich wir in hievor mher dan ainmhal durch euch, doctor Brucken, und unsern camerer Hansen von Ponikau hetten erinnern und vermhanen lassenn, das er sich je zu furstlichen ehren und tugendenn, nichts minder als unsere vorfarenn unnd wir sonder rum gethann, bevleissigen unnd sich leichtfertiger sachen unnd werckenn, die einem fursten ubel anstehenn unnd bei menniglichen vertzweiflich wherenn, enttschlagenn, unnd sich also in di sach schicken wolte, darob wir als der vater mher frolockens und freude dan unwillen unnd bekommernus haben mochten. Unnd damitt er je sich sovil dest bas in der weld hendel zu schickenn, unnd sich kunfftig, wan es ime nach unsernn absterben, wan sich derselbige nach dem willen des allmechtigen mochte begeben und zutragenn, zur regirung darnach zu richten, auch einen vor dem andern zu halten hett, so hetten wir ine darumb in dem vorschinen zuge mit indas oberlandt genomenn, wie er sich aber unndter demselbigen zuge bis daher so unfurstlich und ungeburlich gehaltenn, das befunden und vormercken wir aus volgenden stuckenn, derer wir allererst vor etzlichen tagenn bericht wordenn wheren, unnd zuvorn derselbigen nicht innen nich gewhar worden, unnd where diß die sachen, die ir, doctor Bruck, wie wir sie oben angetzaigt, ine nach aller lenge mitt weitern umbstenden in ener der andern beisein antzaigen und berichten wollet. Nun hetten wir unns ime als unserm sone solcher leichtfertikeitt, die sich einem fursten nicht getziemen noch geburen, gar nicht versehenn, trugenn auch darob gar kein gefallens, unnd so wir solchs in der zeitt gewust hettenn, so solte er befunden haben, das wir unns gegen ime dermassen wolten ertzaigt, das er unsern unverterlichen willen hinwidder solte vermarckt haben, wusten ine auch noch zur zeitt, und so lange bis das wir erkentnus oder besserung vormercken, zu unnd vor unns nicht kommen zu lassen, unnd where demnach nochmals unnser veterliche und ernste vermanunge an ine als unnsern son, er wolte vonn solchenn leichtfertigen unnd unfurstlichen handlungen, redenn und geberdenn abstehenn, unnd gott, unsern seligmacher, furdan vor augenn habenn, liben unnd furchten sein gotlichs wort, und mit vleis teglich zu horn, dasselbige lieben, auch teglich lesen und umb gnade bittenn, das sein almechtikeitt inhe erleuchtenn unnd den syn eingeben wolte, damitt er sich also hielte unnd ertzaigte, doran gott unnd wir als der vater mher gefallenn unnd guten willenn schopfenn unnd haben mochten, dan bekommernus unnd misfallen. Dan solte es nicht gescheenn, wie wir unns doch nicht wolten versehenn, so wurde er unns ursach gegebnn, unns gegen ime als einem ungehorsamen sone dermassen zu ertzaigen, das er unsernn ungefallen vermercken und empfinden solte.

372 Unnd wiewhol wir ine bishero mit einem wesendlichen hofmeister nicht versehen, so hetten wir doch ime, weil Georg Spett seliger mitt tod abgangen, Heinrichen vonn Einsiedel zugegebenn, dem solte er in allenn sachen billichen gehorsam leisten und seiner undersagung volgen. So wheren wir auch bedacht uff einen andern hofmeister mitt der zeitt zu gedencken, und ime denselbigen zutzuordnen, unnd hierauff wollet an ime hörenn unnd vernhemen, was er daruff zu antwort gebenn wyrdett unnd ob er sich hinfurd an bessern wil oder nicht, auch es bei ime dahin richten, das er uns solchs in schrifften abbitte, und selbst entschuldige, soch auch erbitten thue, hinfürder davon abzusehen, zu bessern und sich furstlich und gehorsamlich zu halten, domit wir sehen und spuren mugen, das ime solche handlung leyd sey. Daran geschiet etc. 1547 März 8, Wittenberg

Nr. 30

Kanzler Dr. Gregor Brück, Asmus Spiegel und Dietrich von Starschedel an Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen: Herzog Johann Friedrich II. will sich vor seinem Vater verantworten und hat ihm eigenhändig geschrieben. Sie alle sind zuversichtlich, dass sich der junge Herzog künftig gehorsam zeigen werde. Original: Stadtarchiv Weimar, K 252, Nr. 4. Druck: BECK, Johann Friedrich der Mittlere, Teil 2, Nr. 2, S. 179 f.

Durchlauchtigster hochgebornner churfurst, euer churf. gnaden sein unsere underthenige gehorsame und allzeit willige dienste zuvorn. Gnedigster herr, nachdem euer churf. gn. unns ainen bevelh gethan, was wir mit euer churf. gn. geliebten son hertzog Johanns Fridrichen, unserm gnedigen herrn allhier, sollen reden und seiner f. gn. anzeigen, so haben wir demselben eur churf. gn. bevelh bei s. f. g. underhenige volge geleistet, wiewol wir ein underthenigs getreues mitleiden eur churf. gn. auch genants unsern gnedigen jungen fursten und herrn halben, ob solchem empfangen, das euer churf. g. zu andern iren und unnser aller hohen und beschwerlichen disser zeit schwebenden obligenden der gestalt auch sollen bkommerniß und beschwerung tragen, dieweil aber euer churf. g. als dem herrn und vatter selbs verantworten, und eur churf. g. die dingk abbitten solt, so schreibt s. f. g. eurer churf. gn. demnach bei disem bothen selbs, unnd verhoffen undertheniglich, euer churf. gn. werden ir beschwert gemut väterlich und gnedigklich darauf miltern unnd sinken lassen, denn wir seint inn underthenigkeit ungezweifelt, s. f. g. werde sich hinfort inn schuldigenn gehorsam gegen gott unnd euere churf. gn. allenthalben und dermassen halten, das euer churf. gn. ein gnedigs unnd väterlichs gefallen daran haben werden. Denn wir, Aßmus Spiegel und Dittrich von Starrhschedel, haubtmann und bevelhaber zu Wittenberg, mussen gegen euere churf. gn. undertheniglich bekennen, das wir von s. f. g., dieweil wir offt bei s. f. gn., kaine sonderliche unschickligkeit, die eur churf. g. beschweren möcht, vormerckt oder befunden, unnd haben solchs eurer churf. gn. wir inn underthenigkeit nit wollen unangetzaigt lassen etc.

Quellenanhang

373

Wittenberg dinstags Reminiscere anno 47. Gregorius Brück doctor, Aßmus Spiegel und Dittrich von Starhschedel, haubtmann unnd bevelhaber zu Wittenberg. 1548 Oktober 23

Nr. 31

Hofmeister Andreas Lamprecht an seinen Sohn, den anhaltischen Prinzenerzieher Adam Lamprecht. Original: ALB Dessau, Hs. Georg 288/289.8°, erster Packen, ohne Blattzählung.

Lieber sohn, m. g. furstin hat mir abermals bfolen, dir zu schreiben, das du ye gutt achtunge uff die junge hern und frewchen mit haben wilt, domit sie kein schaden ubirkommen und nicht nott leiden. Wil y. f. g. herwidder mit allen gnaden kegen dir erkennen. Ich wil dir die ii ellen swartz leyngewandt und deine hemden ubirschicken. Hirmit got bfolen. Eylendt dinstags nach Ursule anno domini etc. 48. Andreas Lamprecht der eltter. Wir seint in unserm hawße gotlob noch alle gsunt etc. 1556 Februar 15, Wolgast

Nr. 32

Herzog Philipp von Pommern an seinen Halbbruder Fürst Karl von Anhalt wegen der Ausbildung des jungen verwaisten Adligen Johann von Billerbeck. Original: LHASA Dessau, GAR NS, Nr. 1257, Bl. 22.

Unnser freundtlich diennst unnd was wir mher liebs unnd guets vermugenn altzeitt zuvorn, hochgebornner furst, freundtlicher lieber oheim unnd brueder. Es ist an unns gelangt zeiger brieffs Hans Bilrebeke mith antzeige unnd bericht, das seinn vater seliger Günter Bilrebeke newlicher tage inn gott den herrn vonn diesem jamerthale seliglich gescheiden unnd ihne sampt anderenn szonen mher die noch unmundigk unnd klein hinter sich verlassen. Derwegen seine unnd seiner brueder vormunder unnd freundtschafft ime gerhatenn und bevholenn, sich zuu unns zu vorfuegen unnd zu bittenn, das wir ine irgents an unnser herrn unnd freunde gnediglich vorschreibenn unnd zu dienst im besten befinden woltenn etc. Wann wir nun berurten knaben, so eins guetenn ehrlichen geschlechts unnd herkommens von adell, des vater seliger unns auch woll unnd lange bekandt unnd unnsers geliebtenn herrn unnd vaternn seliger gedechtnus diener gewesenn ist, vernhemenn unnd neigunge beifallenn unnd lebenn muessen, so haben wir ime auch seinn suechenn soviel weniger abschlagenn unnd versagen mugen, sondern wolten gernn, das ehr ann den ortt kommen mochte, da er als ein junger mensch ethwas geschickligkeit sehen, erfaren unnd auch inn zucht

374 unnd erbarkeit gehalten und unterwiesenn wurde. Bitten demnach e. l. zum freundtlichsten, die wolle unbeschweret sein, unns zu sonderm gefallenn angezaigten knaben zu einem diener auff und anzunhemenn, ine in tugende unnd gutten sitten mith bestem fleis anzuziehen und zum [Bl. 22v] bestenn halten lassen. Wir wollen widerumb der zuvorsicht seinn, ehr wirdt sich seinem herkommen nach dermassen in seinem dienste beweisen, unnd undertheniglich schicken, das e. l. darob guets gefallen habenn und tragen werde. Ihm vhall aber, e. l. solchs je ungelegen unnd sonst mith knaben versorgt weren, so pitten wir gleichwoel freundtlich, e. l. wolle ine unns zu gefalle an einen andern herrnn, gravenn ader ehrlichenn mhan vom adell zum fleissigsten fernner vorschreiben, damit ehr dieser unnser befurderunge fruchtbarlich geniessen unnd sich des vonn e. l. zurhumen habenn muge. E. l. inn gleichem und grosserem hinwider freundtlich zu dienenn unnd angenheme wilfarunge zu leistenn seinn [wir] geflissen, erputtig unnd geneigt. Datum auff unnserem hause Wolgast, sonnabends denn funfftzehenden monatstagk Februarii anno etc. im lviten. Von gots gnaden Philips, hertzogk zuu Stettin Pomern, der Cassubenn unnd Wenden, furst zuu Rugenn unnd graff zuu Gutzkow.

Quellen- und Literaturverzeichnis

Hinweis: Universitätsmatrikel und Regestenwerke stehen unter den gedruckten Quellen. Briefausgaben sind dort unter dem Namen des Herausgebers verzeichnet. Quellenanhänge in Darstellungen wurden nicht gesondert aufgeführt. Nicht aufgenommen sind einzelne Lexikonartikel.

Handschriftliche Quellen Berlin, Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Brandenburg-Preußisches Hausarchiv (GStA PK BPH) Rep. 27 W, Nr. 4, 37. Rep. 30 C, Nr. 1. Rep. 131 K 75 O2, Nr. 1. Dessau, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHASA), Abt. Dessau Anhaltisches Gesamtarchiv, Neue Sachordnung GAR NS, Anhalt: Adolf, Nr. 6. GAR NS, Anhalt: Anna von Lindau-Ruppin, Nr. 1. GAR NS, Anhalt: Ernst, Nr. 4. GAR NS, Anhalt: Georg II., Nr. 4. GAR NS, Anhalt: Georg III., Nr. 1, 2, 4–8, 13, 100. GAR NS, Anhalt: Joachim, Nr. 1–3, 19. GAR NS, Anhalt: Johann IV., Nr. 1, 2, 4, 18, 43, 46. GAR NS, Anhalt: Magnus, Nr. 3. GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Münsterberg, Nr. 1–8. GAR NS, Anhalt: Margarethe, geb. von Brandenburg, Nr. 11. GAR NS, Anhalt: Wilhelm, Nr. 1, 2. GAR NS, Anhalt: Woldemar VI., Nr. 3. GAR NS, Anhalt: Wolfgang, Nr. 1, 2. GAR NS, Nr. 19, 117, 155, 163, 169, 170, 220, 281, 492, 528, 562, 566, 584, 841, 915, 922, 923, 925, 1035, 1115, 1139, 1254, 1255, 1257, 1372, 1373, 1376, 1388, 1395, 1406, 1410, 1450a, 1564, 1617. Dessau, Anhaltische Landesbücherei Hs. Georg 61.8°: Sammelhandschrift mit Erbauungsschriften und Gebeten, 16. Jh. [vor 1527]. Hs. Georg 65.8°: Sammelhandschrift mit Erbauungsschriften und Gebeten, 15. Jh. Hs. Georg 148.8°: Eyne vorrede der tawren hendele etzlicher christlicher vorfursten und furstynnen.

376 Hs. Georg 149.8°: Lupold von Bebenburg: Ein Büchlein von etzlichen christlichen vorfürsten und fürstinnen, deutsch von Fürst Magnus von Anhalt. Hs. Georg 201.8°: Lateinische Stilübungen, Auszüge, Briefmuster etc., aus dem Besitz des Fürsten Bernhard von Anhalt, Mitte 16. Jh. Hs. Georg 202.8°: Quid est grammatica? Est certa loquendi et scribendi ratio, aus dem Besitz des Fürsten Bernhard von Anhalt, 1552. Hs. Georg 203.8°: Deutsch-lateinische Wörtersammlung, aus dem Besitz des Fürsten Bernhard von Anhalt, Mitte 16. Jh. Hs. Georg 204.8°: Phrases latinae ex lectionibus quotidianis diligenter exceptae et conscriptae a domino Joachimo Ernesto principe Anhaltino etc., 1552. Dresden, Sächsisches Hauptstaatsarchiv (SächsHStA) O. U., Nr. 9875. Loc. 4317, 8017/10, 8265/1, 8607, 9603, 10289/22, 10289/26. Kop. 45, 108, 165. Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Mscr. Dresd. M. 67: Sammelhandschrift, 1460. Mscr. Dresd. R. 3: Spalatin, Georg: Sächßisches Stamm-Buch mit gemalten Figuren [von Lucas Cranach d. Ä. und d. J.], 1500–1546. Göttingen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Cod. MS Lüneburg 2: Sammelhandschrift, 1470–1500. Heidelberg, Universitätsbibliothek Cod. Pal. germ. 125, Bl. 12r–104v: Desiderius Erasmus: Institutio principis christiani, deutsch, 1517. Cod. Pal. germ. 142: Pontus und Sidonia. Cod. Pal. germ. 323: Willehalm von Orlens. Innsbruck, Tiroler Landesarchiv (TLA) Cod. 56, 113, 208, 208a. Magdeburg, Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHASA), Abt. Magdeburg Rep. U 1, Tit. XIX, Nr. 61, 62. Rep. A 1, Tit. XV, Nr. 182. Rep. A 1, Tit. XXIII, Nr. 421. Rep. A 2, Nr. 4. Rep. Cop. Nr. 68. München, Bayerische Staatsbibliothek Cod. germ. Mon. 1507: Paul Kal: Fechtbuch [vor 1479]. Cod. lat. Mon. 19651: Ulrich Greimholt von Weilheim: Textsammlung, 1452. Nürnberg, Staatsarchiv, Fürstentum Ansbach, Archivakten Fm. AN, AA, Nr. 527.

Quellen- und Literaturverzeichnis

377

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Register der Orts- und Personennamen

Absberg, Georg von 170 Achilles (literarische Gestalt) 45 Adam (württembergischer Hoflehrer) 91 Aegidius Romanus 40 f., 59 f., 116 f. Aesticampianus, Johannes Rhagius (Rak, Johannes) 190 Alban (anhaltischer Knecht) 255 Alber, Matthias 92, 94 Albinus, Petrus 95, 126, 331 Alexander de Villadei 62, 143 Alexander der Große 25, 66, 101 f., 279 Altenburg 95, 105, 126 f., 153–155, 298, 303, 304, 305, 346 Alvensleben, Herren 172 Amelie von England (literarische Gestalt) 34 Ammendorf, Kurt von 155 Andechs, Kloster 60, 77 Angermünde, Amt 193 Anhalt, Fürstentum 115, 219, 234 Anhalt, Grafen und Fürsten 112–115, 119, 122, 177 f., 206, 211, 221 f., 230, 234, 279 Adolf I. 127 Adolf, Bischof von Merseburg 127, 223 f., 132, 134, 136, 140, 180, 182, 185, 210, 215, 221–223, 229–238, 244, 246–248, 253–255, 257, 259, 358, 362 Albrecht III. 119 f., 178, 287 Albrecht IV. 222 f. Anna, geb. von Lindow-Ruppin 195, 224 f., 288, 295, 346 Bernhard VI. 119 Bernhard VII. 60, 220 Brigitte, geb. von Querfurt 178 Christian I. 291 Elisabeth, verh. von Barby 220 Ernst 114, 128 f., 131 f., 140, 195–197, 213, 229, 281, 351 Georg I. 119, 288, 344 Georg II. 197, 223, 288

Georg III. 53, 54, 128–136, 138–141, 179–185, 195, 200, 206, 210, 214 f., 217–220, 222, 229–238, 240 f., 244– 255, 257–260, 273–280, 284–287, 352, 354, 358, 361 f., 364–367 Heinrich I. 114 Irmgard, geb. von Thüringen 114 Joachim 27, 44, 53, 128, 132–140, 184 f., 206, 208 f., 214, 217, 219, 220, 222, 229–231, 233, 235, 237 f., 242–250, 252–256, 258–260, 262, 273–288, 354, 358, 361–364 Joachim Ernst 60, 218, 220 Johann II. 287 Johann III. 222 Johann IV. 53, 110, 128 f., 132, 134 f., 140, 178–182, 184, 194–222, 230, 235, 246 f., 252 f., 259 f., 276, 278–281, 286 f., 351 f., 354–356, 362 f., 368 Johann, Kanoniker 119 Karl 185, 217 f., 220, 373 Magnus 21, 64, 114, 129, 130–132, 211, 223 f., 229, 246, 297, 358 Margarethe, geb. von Brandenburg 54, 156, 170, 172, 181, 194, 216–220, 368 Margarethe, geb. von Münsterberg 53 f., 120, 128–141, 144 f., 149, 151, 156, 178–185, 195–207, 209, 211–215, 221 f., 229–239, 242–260, 273–287, 328, 352, 354, 358, 362–364, 366 Margarethe, verh. von Sachsen 86, 139, 204, 291, 298 Margarethe, geb. von Schwarzburg 132, 139, 289, 291 Marie, verh. von Barby 217, 220 Philipp 223 Rudolf 200, 224 f., 236, 290, 295, 328 Siegmund I. 119 f., 178, 287 Siegmund II. 119

434 Siegmund III. 288, 344, 346 Thomas 129 Wilhelm 127, 223 f. Woldemar III. 287 Woldemar IV. 119 f., 125, 350 f. Woldemar VI. 129, 288–291, 298, 328 Wolfgang 104, 129, 132, 139, 204, 208, 215, 220–222, 235, 237, 274, 289–291, 328, 350 f. Annaberg im Erzgebirge 269 Ansbach 81, 86, 94, 100, 137, 163, 166 f., 173 f., 349 Arbilla, Publius Vigilantius (Schmerlin, Gregor) 191, 193 Aristoteles 40, 61, 66, 102 Arnim, Herren 172, 187 Heinrich 242 Henning 187 Artus (literarische Gestalt) 47, 83, 163 Aschaffenburg 157, 228, 239, 293, 347 Domkapitel 293 Askanier siehe Anhalt, Grafen und Fürsten; Sachsen-Lauenburg, Herzöge; SachsenWittenberg, Herzöge Äsop 305 Augsburg 12, 185, 188, 284, 311, 324 Augustinus, Aurelius 66, 150, 254 Aurigallus, Johannes 249 Aventinus, Mag. Johannes (Turmair, Johann Georg) 25, 61, 90, 92, 102, 304 Avignon, Universität 42 Baden, Markgrafen 279 Bernhard III. 77 f. Christoph I. 77 Georg, Bischof von Metz 77 Jakob, Erzbischof von Trier 77 Margarethe, verh. von Brandenburg 167 f. Maria Jakobäa, verh. von Bayern 287 Philipp I. 58, 71 Balthasar (sächsischer Hofmeister) 227, 347 f. Bamberg, Bischof 13; Domkapitel 25, 164 Bamberg, Dr. Johannes von 145 Barbara (kursächsische Amme) 297 Barby, Edle Herren und Grafen 126, 177 Burkhard 127 Elisabeth, geb. von Anhalt 220 Günther 95 f. Marie, geb. von Anhalt 217, 220 Ottokar 96 Barby, Grafschaft 119

Barfuß, Siegmund 261 Barlaam und Josaphat (literarische Gestalten) 60 Barleben Andreas 242 Christoph 242 Basel 105, 323 Basse, Heinrich 251 Bautzen 254 f. Bayern 345 Bayern, Herzöge 304 Adolf 81 Agnes, geb. von Braunschweig 89 Albrecht III. 49, 60, 77, 79 Albrecht IV. 26, 77, 90, 172, 228 f., 290, 350 Amalia, geb. von Sachsen 128 Christoph 26, 228 Elisabeth, verh. von Brandenburg 162 Elisabeth, geb. von Cleve 75 Ernst 60 f., 71, 79, 81 Ernst, Administrator von Passau und von Salzburg 25 Georg 76 Heinrich XIII. 24 Johann II. 75 Johann IV. 228 Ludwig 61 Ludwig II. 89 Ludwig III. 24 Ludwig IV. 75 Ludwig IX. 27, 76, 163 Margarethe, geb. von Cleve 81 Maria Jakobäa, geb. von Baden 287 Siegmund 228 Stephan III. 74 Susanna, verh. von Brandenburg 81 Welf VI. 14 Wilhelm III. 75, 81 Wilhelm V. 78 Wolfgang 228 Bayern, Herzogtum 61, 153, 177, 229, 301 Bayreuth 158; Herrschaft 161 Bebenburg, Lupold von 21, 130 f. Beck, Leonhard 109 Beichlingen, Graf Friedrich, Erzbischof von Magdeburg 27, 124 Beheim, Michel 36 f., 101 Belgien 313 von Berge 182 Franciscus 365 Franz 182

Register Lukas 182 Paul 182 Paulus 181–183, 202, 217, 221, 365 Berlichingen, Herren Gottfried 26, 49, 69, 100 f. Kilian 26 Konrad 26 Berlin-Cölln 73, 80, 85, 99 f., 114–116, 155– 157, 160, 165, 172, 183 f., 187–190, 192, 197, 200, 203, 206 f., 210, 214 f., 219– 221, 230, 243, 253, 276, 351 f., 355, 357, 362 f. Bernburg 181, 185, 235, 238, 243 f., 254, 354; Amt 182 Bernefelde, Johann 193 Bernhard von Clairvaux 9, 132 Bernhard, Caspar (Ursinus Velius, Dr. Caspar) 320–324 Bernstein, Herren 218 Christoph 143 Johann Christoph 143 Bernt, Johann 357 Berwangen, Hans von 78 Besançon, Universität 105 Biermost, Dr. Johann 300 f. Bietigheim 192 Billerbeck, Herren Günther 185, 373 Johann 373 Birkicht, Felicia von 155 Birtensleben, Herren 172 Blankenfelde, Johann von, Bischof von Reval und von Dorpat, Erzbischof von Riga 190 Bobbau, N. von (anhaltische Hofmeisterin) 217 Bodenstein (Karlstadt), Dr. Andreas 250 Boehm, Laetitia 19, 72 Boemer, Mag. Christoph 218 Böhmen, Könige 174 Anna, verh. von Österreich 317 Barbara, geb. von Brandenburg 86, 170 Ferdinand I., Römischer König und Kaiser 81, 94, 241, 268, 314, 316–320, 322 f., 325–328, 334 Ferdinand II., Römischer König und Kaiser 137, 316 f., 326 Georg von Podiebrad 125, 133, 141 f., 149, 168, 170 Guta, verh. von Frankreich 123 Johann 123 Karl (IV.), Römischer König und Kaiser 23, 30 f.

435 Ladislaus Postumus 59, 141 Ladislaus II. 157, 170, 254 Ludwig II. 254–256 Sigismund 31 Wenzel I. 13 Wenzel II. 122 Wenzel IV. 31, 65 Böhmen, Königreich 117, 176, 254 f., 257, 273 Bologna, Universität 24, 74, 105, 147, 164, 190, 222, 261, 320, 323 Borcke, Matthias 57 Borella, Grafen 109 Bose, Herren 181, 234 Franz 181 f., 184 Georg 234, 235 Johann 184, 213, 243, 281 Simon 235 Bourbon, Herzöge Anne de Beaujeu 77 Pierre II. 78 Bourges 51 Boyneburg, Herren Johann 266 Ludwig 265 f. Brabant, Herzöge 34; Herzogtum 359 Brandenburg, Bischöfe 243 Dietrich von Hardenberg 178 Hieronymus Schulz von Gramschütz 197, 209, 243 Joachim von Münsterberg 257 Brandenburg, Mark 114 f., 137, 156–162, 164–167, 178, 186–188, 205, 243, 310, 313, 357; Neumark 312 Brandenburg, Markgrafen 18, 44, 50, 83, 96, 99, 114 f., 156, 178, 202, 216, 292, 311, 328 Agnes, geb. von Pommern 197 Albrecht I., Kurfürst 28–30, 52–54, 69, 72 f., 76, 79, 85, 94, 114 f., 125, 133, 155–157, 159–175, 187, 197, 283, 309–313 Albrecht, Erzbischof von Mainz und Magdeburg 18, 69, 82 f., 86, 132, 172, 187–191, 193, 195–197, 205, 216, 222, 231, 234, 238–243, 262, 268–270, 287, 295 f., 322 Albrecht, Hochmeister 179, 295, 357 Amalie, verh. von der Pfalz 169 f. Anna, geb. von Sachsen 29, 52, 142, 155– 158, 167 f., 173, 282 Anna, verh. von Mecklenburg 18, 85, 194

436 Anna Maria, geb. von Braunschweig 54 Barbara, geb. von Leuchtenberg 86 Barbara, verh. von Glogau und von Böhmen 86, 170 Barbara, verh. von Mantua 170 Elisabeth, geb. von Bayern 162 Elisabeth, verh. von Braunschweig 21, 24, 44, 54, 156, 194 Elisabeth, geb. von Dänemark 80, 156, 158, 179, 203, 209, 216 f. Elisabeth, verh. von Henneberg 157, 173 Elisabeth, verh. von Württemberg 166, 168–170 Friedrich I., Kurfürst 29, 161 f., 165, 309, 310, 312 f. Friedrich II., Kurfürst 54, 73, 79, 116, 156, 160–164, 166, 170, 173 f., 309, 311 f. Friedrich III. 197 Friedrich V. zu Ansbach und Kulmbach 27, 69, 70, 73, 77, 94, 100, 148 f., 151, 157 f., 167, 170, 173 f., 187 f., 191, 258, 282, 310, 349 Friedrich, Erzbischof von Magdeburg 175, 217, 220, 242 Georg zu Ansbach 81 f., 148, 158 f., 256, 317, 327, 331 Hedwig, verh. von Meißen 118 Hedwig, geb. von Polen 175, 217 Joachim I., Kurfürst 69, 85, 132, 137, 157–159, 179, 186–188, 190 f., 193, 196, 198–200, 202–207, 210 f., 213, 215–217, 221 f., 242 f., 247, 280, 310, 357 Joachim II., Kurfürst 26, 80, 110, 132, 156, 175, 186, 190–199, 204–210, 215–217, 220 f., 239, 246, 253, 262, 311, 355 f. Johann, Kurfürst 18, 24, 28, 69, 72 f., 96, 115, 125, 157, 158–161, 164–167, 172–174, 186, 189, 192 f., 223, 282 f., 310 Johann zu Kulmbach 161 f., 170, 312 Johann zu Küstrin 80, 192, 194, 196, 209, 218, 220 f., 239, 284 Johann, Vizekönig von Valencia 258 Johann (1452) 156 Johann Georg 175 Kasimir zu Kulmbach 81, 86, 148, 158, 159, 208 Katharina, geb. von Sachsen 156, 172, 193

Magdalena, geb. von Sachsen 215, 262 Margarethe, Äbtissin 166 Margarethe, geb. von Baden 167 f. Margarethe, verh. von Pommern und von Anhalt 54, 156, 170, 172, 181, 194, 216–220, 368 Margarethe, geb. von Sachsen 85, 125, 142, 157, 173 Sabina 175 Sibylle, verh. von Jülich und Berg 86, 167, 170 Siegmund zu Kulmbach 86, 167, 173, 310 Siegmund, Erzbischof von Magdeburg 81, 220 Sophia, geb. von Polen 100 Sophie (1416/1417) 162 Susanna, geb. von Bayern 81 Ursula, verh. von Münsterberg 166, 168, 170, 197 Wilhelm, Erzbischof von Riga 187 Braunschweig und Lüneburg, Herzöge 70, 218, 258, 287 Agnes, verh. von Bayern 89 Anna, geb. von Nassau 226 Anna, verh. von Hessen 32 Anna Maria, verh. von Brandenburg 54 Elisabeth, geb. von Brandenburg 21, 24, 44, 54, 156, 194 Erich I. 156 Erich II. 21, 44, 156 Ernst I. 258, 302, 303, 313, 314 Ernst III. 272 Heinrich I. 27, 127, 225 f., 263, 290 f., 347, 350 f. Heinrich II. 289 Katharina, geb. von Pommern 27 Margarethe, geb. von Jülich und Berg 29 Margarethe, geb. von Sachsen 127 f., 226 Otto I. 257 f., 302 f. Wilhelm 154 Bredow, Herren 172 Brehna, Grafen 234 Breitenbach, Herren Dr. Georg 245, 273 Dr. Johann 245 Breitschedel, Jodocus 60 Brenner, Mag. Georg 308 Brescia, Bischof Domenico de’Domenichi 54 Breslau 161, 164, 257, 323 Breslau, Bischof Johannes Thurzó 257, 323 Brodau, Johann von 242 Brück, Dr. Gregor 55, 369, 371–373

Register Brünn (Brno) 117 Brüssel 77, 323 Bubenhofen, Johann Caspar von 91 Buchsbaum, Bacc. Sebastian 305 Buda (Ofen) 255 f., 258 Bülow, Herren 172 Dietrich, Bischof von Lebus 191, 194, 205 Bünau, Herren 177 Günther 177, 302 Heinrich 298, 301 f. Katharina 177 Mathilde zu Weesenstein, geb. von Schleinitz 177 Rudolf 315 f., 324 Rudolf zu Weesenstein 177, 316 Burckersroda, Herren Friedrich 254 Wolf 255, 258 Burghausen 61, 76, 92 Burgund, Herzöge 17, 77, 340 Charles I. 18, 29 Marie, verh. von Österreich 31, 69 Philippe III. 75 Burgund, Herzogtum 54 Busseto, Arrighino de 171 Cadolzburg bei Fürth 61 Caesar, Gaius Iulius 25, 45 Calbe an der Saale, Amt 213 Calepinus, Ambrosius (Calepino, Ambrogio) 245 Camerarius, Joachim 232 f. Camitz, Mag. Georg 245 Cammin, Bischof Erasmus von Manteuffel 261 Campe auf Rügen 368 f. Cario, Mag. Johannes 192, 240 Castell, Grafen Friedrich XI. 106 Georg II. 106 Heinrich IV. 29, 106 Konrad 106 Wolfgang I. 29, 106, f. Cato, Marcus Porcius 60, 66, 245 Celle 226 Celtis, Konrad 225 Châlon, René de 279 Chełm, Peter von 311 Chieregati, Francesco 292 Chrétien de Troyes 38 Chytraeus (Kochhafe), David 293 Cicero, Marcus Tullius 106

437 Cles, Bernhard von, Bischof von Trient 316 f. Coburg 294, 298 f., 307, 333 Colditius (Crossner), Mag. Alexius 45, 298, 304–308 Colditz 304 Commines, Philippe de 66 Coswig in Anhalt 119 f. Cottbus 173; Amt 197 Cranach 208 f., 297 Johann 334 Lucas d. Ä. 64, 110, 208, 295 f., 299, 333 Cranensee, Arnd 357 Cratsch, Anton 242 Cremer, Johann 358 Croaria, Hieronymus von 44, 92 Crossen, Amt 197 Crossner (Colditius), Mag. Alexius 45, 298, 304–308 Cruciger, Caspar d. J. 107 Cuspinianus (Spießheimer), Johannes 22, 91 Dalberg, Herren Friedrich 21, 130 Johann, Bischof von Worms 21, 130 Damme in Flandern 313 Dandorf, Hans Jakob von 78 Dänemark, Könige Anna, geb. von Sachsen 291 Christian I. 174 Christian II. 80 Elisabeth, verh. von Brandenburg 80, 156, 158, 179, 203, 209, 216 f. Isabella, geb. von Österreich 63, 80 Dänemark, Königreich 148, 156 Degenfeld, Herren 176 Delitianus, Mag. Andreas (Probst, Andreas) 180, 245 Desiderius, Erasmus 25, 44, 105, 245, 274, 276 f., 304, 306, 323, 337 Dessau 60, 120, 135–137, 179–185, 195, 205 f., 208, 211, 215, 217–221, 233, 235– 238, 243–245, 247, 251, 253, 257 f., 274, 276–278, 280–283, 285–287, 344, 358, 361 f., 365–367 Dieskau, Dr. Dietrich von 191 Dietrich (brandenburgischer Zwerg) 173 Długosz, Jan 84, 311 Dohna, Christian von 291 Dôle, Universität 105 f. Donatus, Aelius 62, 106, 109, 143, 324 Dorpat, Bischof Johann v. Blankenfelde 190

438 Draschwitz, Werner von 155 Drauschwitz, Caspar von 184, 211 Draxdorf, Jost von 266 Dresden 85, 105, 117, 136 f., 143, 176, 179, 184 f., 223, 228, 238, 240–242, 256, 258, 260–264, 267–278, 280–282, 284, 286 f., 291, 315 f., 318, 326, 328, 343, 347 f., 354, 367 f. Drostel, Andreas 50 Duprat, Antoine 314 Dürer, Albrecht 334 Dürlinger, Erhart 78 Echter von Mespelbronn, Philipp d. Ä. 51 Eck, Dr. Johannes 233 Eckart, Leonhard 206 Eckhard, Mag. Urbanus 180, 249 Edenberger, Mag. Lucas 308 Eger (Cheb) 176 Egloffstein, Herren 147 Ehingen, Georg von 28, 48 f. Eich, Johann von, Bischof von Eichstätt 11 Eichstätt, Bistum 192 Eilenburg 344 f. Einsiedel, Herren Heinrich 55, 370, 372 Nikolaus 176 Eisenach 123 Elias, Norbert 101 Ems, Rudolf von 34 Emser, Hieronymus 261 Ende, Nikolaus vom 302 Engelbrecht, Peter, Bischof von Wiener Neustadt 22, 90 f. England 85 England, Könige 34 Anna, geb. von Jülich-Cleve-Berg 167 Erasmus von Rotterdam 25, 44, 105, 245, 274, 276 f., 304, 306, 323, 337 Erasmus, Heiliger 197 Erbach, Grafen Eberhard XII. 48 Georg III. 48 Erbt (sächsischer Hofschneider) 360 Erfurt 122, 300 Erfurt, Universität 42, 222, 300 Ering, Christoph 240 Ernst, Mag. Johann 36 Euromodio, Robertus de 66 Eva (biblische Gestalt) 132 Eyb, Herren Ludwig d. Ä. 28

Ludwig d. J. 47 f. Faber, Dr. Johann 137 Faber, Paul 222 Fabricius (Goldschmidt), Georg 126, 292, 297 Ferrer, Vincent 250 Fischart, Johann 99 Fladnitzer, Jakob 60 Flandern, Graf Guido I. 58 Flans, Herren 193 Barthold 193 Dietrich 210 Georg 210 Heinrich 193 Forchheim 232, 366 Franken 60, 85, 156–158, 160, 164, 167 f., 187 f., 238 Frankenstein in Schlesien 256 Frankfurt am Main 73, 271, 310 Frankfurt an der Oder 191, 355, 356 Universität 137, 182, 189–193, 205–207 Frankreich, Könige 34, 95, 340 Charles V. 23 Charles VIII. 78 François I. 207, 313 f. Bonne, geb. von Böhmen 123 Jean II. 123 Louis VII. 77 Louis XI. 57, 97 Louis XII. 30 Philippe III. 40 Frankreich, Königreich 78, 322 Frauenberger, Christoph 172 Freiberg in Sachsen 177, 241, 268–271, 281, 293, 315 f., 324 f.; Amt 315 Freiburg im Breisgau 24, 50, 103, 323 Universität 50, 103 Freising, Bischof 75; Domkapitel 74 Freydiger, Bernhard 268 Friesland 143, 268, 313 Fröschel, Mag. Sebastian 146 Fuchs, Jakob 25 Fugger, Familie 320 Fulda, Abt Konrad von Malkes 13 Fulda, Kloster 24 Funck, Lic. Fabian 190, 192, 194 Fürstenau im Odenwald 48 Gallus, Jodocus (Han, Jost) 57 Gauchy, Henri de 41

Register Gent 289 Genthin bei Brandenburg an der Havel 178 Georgenthal bei Gotha, Kloster 301 Gera, Herren 125, 147 Gersorf, Heinrich von 327 Giebichenstein bei Halle an der Saale 225 f., 347 Gießen 117 Glatz in Schlesien 120 Glauchau 177 Gleichen, Grafen 128 Ernst 101 Ludwig 244 Glogau, Barbara von, geb. von Brandenburg 86, 170 Gnesen 117 Goldenberg, Andreas 198 Goldschmidt (Fabricius), Georg 126, 292, 297 Gonzaga siehe Mantua, Markgrafen 168 Gotha 300 f. Gottfried von Straßburg 38 f. Göttingen 16, 61 Gotzmann, Wolf 188 Granikos, Fluss 101 Grebe, Heiderich 265 Gred (Margarethe, österreichische Hofbedienstete) 59 Greifen siehe Pommern, Herzöge Greifswald, Universität 17 Greimholt von Weilheim, Ulrich 60 Gremlich, Wolf 50 Greußer, Johann 60 Grimma 105, 124, 226, 343 Groitzsch, Wiprecht von 45 Groß, Cyriacus 233, 236, 248, 252 Gruber, Mag. Michael 180, 238, 247 f., 250– 254, 362 Grundmann, Herbert 19 Grünpeck, Joseph 37, 71 Grünwald bei München, Jagdschloss 75 Grünwalder, Johann 74 Gudrun (literarische Gestalt) 38 Gunzenhausen 191 f. Gurk, Bischof Matthäus Lang von Wellenburg 323 Güsten bei Bernburg 181 Habsburger siehe Österreich, Erzherzöge Hacke, Heinrich 183 Hagen (literarische Gestalt) 38 Haguel (literarische Gestalt) 33

439 Halberstadt 289 Halberstadt, Bischof Ludwig von Meißen 123 Hall in Tirol 325 Halle an der Saale 196, 225 f., 238, 239–243, 268–271, 274, 291, 366 f. Hammerstein, Notker 19 Han, Jost (Gallus, Jodocus) 57 Haneron, Antoine 75 Hannibal 45 Hanstedt, Thedelo von 303 Haraucourt, Louis de, Bischof von Verdun 46 Hardegg, Grafen 120 Helene, geb. von Sachsen-Wittenberg 120 Johann 119 f. Ulrich 120 Hardenberg, Dietrich von, Bischof von Brandenburg 178 Harpalos 101 Harrach, Leonhard von 322 Harras, Dietrich von 176 Hartitzsch, Anna von 227 Hausmann, Nikolaus 287 Hausschein (Oekolampadius), Johannes 92, 94 Havelberg, Bischöfe Hieronymus Schulz von Gramschütz 197, 209, 243 Johann von Schlabrendorf 24, 203 Havelberg, Domkapitel 192 Hayden, Thomas von der 104 Hayn, Kloster 150 Haynau in Schlesien 192 Heidelberg 48, 55, 57, 90, 97, 99, 261 Universität 33, 106 Heilsbronn, Kloster 331 Heimburg, Dr. Gregor 309 Heinrich der Löwe 77 Heinrich von Kempten 92 Helmbrecht (literarische Gestalt) 13 Helt Johann 232 Mag. Georg 133, 135, 140, 181–183, 232 f., 236, 245–250, 252 f., 259, 274, 276, 287, 358, 365–367 Margarethe 232 Henfflin, Ludwig 33 Henneberg, Grafen 279 Berthold, Erzbischof von Mainz 58, 188 Christoph 55 Elisabeth, geb. von Brandenburg 157, 173 Hermann VIII. 157

440 Katharina, verh. von Meißen 116 Otto 51 Poppo XII. 24 Wilhelm IV. 55 Hephaiston 101 Herberstein, Siegmund von 104 Heresbach, Konrad 14 Hermann, Georg 320 Hersbruck, Hektor von 303 Heß, Johann 257, 258 Hessen, Landgrafen 50, 70, 142 Anna, geb. von Braunschweig 32 Anna, geb. von Mecklenburg 262, 264– 267, 291, 315 Barbara, verh. von Württemberg 267 Christine, geb. von Sachsen 269, 271 Ludwig II. 265 Mechthild, geb. von Württemberg 265 Philipp I. 32, 58, 78, 265, 266, 267, 271, 272, 277, 294, 327 Wilhelm I. 32, 58 Wilhelm II. 78, 148, 149, 264, 265 Hessen, Landgrafschaft 130, 262, 265 Heudorf bei Apolda, Kloster 297 Heuglin, Bacc. Anton 308 Heuner, Stephan 65 Heusenstamm, Eberhard von 266 Heyden, Jacob van der 9 Hieronymus, Heiliger (Sophronius Eusebius Hieronymus) 143, 199, 244 Hirschfeld, Herren Bernhard 302 Johann 303, 304 Wolfgang 301 f. Hodenschneider, N. 356 f. Hof an der Saale 18, 164, 167 Hofe, Hermann vom 291 Hohenkirchen bei Gotha 301 Hohenkirchen, Heinrich Appolonius 303 Hohenlohe, Grafen 55, 160 Helena, geb. von Württemberg 55 Philipp 24 Hohenzollern siehe Brandenburg, Markgrafen; Nürnberg, Burggrafen Holstein, Grafen und Herzöge 209 Friedrich 195 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) 61, 293 Horneburg, Johann, Bischof von Lebus 287 Höß, Irmgard 297 Hoym, Gebhard von 285 Hunth, Lic. Magnus 127 Hutten, Herren

Bernhard 13 Ulrich 12, 25, 190, 205 Ileburg, Botho von 121 Indersdorf, Kloster 75 Ingolstadt 61, 105 Universität 25, 90, 105, 106 Innsbruck 28, 48, 49, 60, 73, 88, 105, 268, 314–326, 334 Isenburg, Dieter von, Erzbischof von Mainz 227 Isserstedt, Ernst von 298, 302 Italien 26, 30, 31, 61, 147 f., 205, 228, 257 f., 323 Jacobus N., Pater 294 Jagow, Herren 172 Jakob (biblische Gestalt) 138 Jena 289; Universität 58 Jerusalem 142, 148, 236 Jeßnitz in Anhalt 181 Jofrit von Brabant (literarische Gestalt) 34 Johannes (anhaltischer Diener) 281 Johannes von Salisbury 26 Jülich-Cleve-Berg, Herzöge Adolf 29, 75 Anna, verh. von England 167 Margarethe, verh. von Braunschweig 29 Sibylle, geb. von Brandenburg 86, 167, 170 Jüterbog 207, 280, 284 Kaib von Hohenstein, Hans Simon 114 Kal, Paul 62 Kantzow, Thomas 83 f. Kaphengst, Georg von 193 Karl der Große 25, 102 Karlowitz, Herren Christoph 105, 240, 340 Friedrich 105 Georg 105, 272 f., 315 f., 327, 359 Johann 315 f., 324 Karlstadt (Bodenstein), Dr. Andreas 250 Kärnten, Herzogtum 24 Kassander 102 Kassel 265, 267 Kastilien, König Philipp I. 313 Katzenelnbogen, Gräfin Anna 73 Kaufungen, Konrad von 95 f., 126 Keller, Simon 193 Kemmerlin, Mag. Ulrich 227, 293, 347 f. Kher, Herren 151 Khevenhüller, Wolfgang Georg von 24

Register Kirchberg an der Lahn 265 Kitzscher, Georg von 298 Kleinschmidt, Mag. Peter 223 Kleitos 101 Klitzing, Albrecht von 174 Knobloch, Mag. Nikolaus 50 Knoche, Johann (von) 185 Koberger, Mag. Nikolaus 298 Kochhafe (Chytraeus), David 293 Kollen, Volkmar 285 Köln 75; Universität 269 Köln, Erzbischof Hermann von Hessen 186 Domkapitel 147 König, Anton 196 Könige und Kaiser, Römische 77, 254 Ferdinand I. 81, 94, 241, 268, 314, 316– 320, 322 f., 325–328, 334 Ferdinand II. 137, 316 f., 326 Friedrich III. 46 f., 70, 88 f., 91, 130, 148, 164, 223 f., 228, 298, 309 f., 313 Karl der Große 25, 102 Karl IV. 23, 30 f., 117 Karl V. 18, 56, 104, 202 f., 205, 208, 216, 220, 261, 278, 309, 311, 313 Ludwig III. 38 Ludwig IV. 25, 89, 97, 123 Maximilian I. 18, 22, 25, 31 f., 35, 37, 45, 54, 60, 63, 65, 70–72, 76, 78, 90 f., 93, 103, 109, 147 f., 194, 223–225, 265 f., 288, 290, 292, 295, 298, 310 f., 313, 323, 335, 350 Maximilian II. 317, 323 Otto I. 92, 93 Otto III. 90 Rudolf I. 123 Sigismund 31, 162, 310, 312 f. Wenzel 31, 65 Königsberg in Preußen 147, 177, 201, 295, 301 Könneritz, Erasmus von 327 Konrad von Haslau 21, 100 Konrad von Megenberg 59 Konstanz, Domkapitel 51 Kopenhagen 177 Köthen 120, 139; Herrschaft 291 Kraig, Konrad von 88 Krakau 158, 311 Universität 81, 192, 311, 323 Kram, Franz 272 Kratzer, Georg 103 Krawinckel, Herren 185

441 Georg 185 Heinrich 185 Kreitz, Herren 176 Kremer, Johann 259 Krigmann, Johann 269 Küchenmeister von Sternberg, Michael 80 Kulmbach 125, 155 Küssow, Christian von 107, 237 Lamprecht Mag. Adam 218, 373 Mag. Andreas 218, 373 Landsberg am Lech 71 Landsberg, Dietrich von 122 Landsberg, Grafschaft 123 Landschad von Steinach, Herren 48 Landshut 24, 58, 61 Lange, Johann 83 Langenn, Friedrich Albert von 144 Lanzelot (literarische Gestalt) 38 Lappitz, Andreas von 46 Lappitz, Herrensitz 46 Latdorf, Joachim von 182 Lausitz 254 Lebus, Bischöfe 163 Dietrich von Bülow 191, 194, 205 Friedrich Sesselmann 69, 159, 161 Johann Horneburg 287 Johann von Waldow 311 Liborius von Schlieben 223 Lehnin, Kloster 251 Leipzig 105, 126, 129, 143, 145, 149, 154, 176, 184, 207, 212, 230, 233 f., 236, 238, 243, 245–248, 252 f., 259, 262 f., 269, 278, 280, 283, 287, 289, 291, 345, 350 f., 358, 366 Amt 176, 261, 315 Universität 105, 124, 127, 130, 132, 143, 145–147, 164, 180, 182, 190 f., 222 f., 227, 229, 232 f., 235, 236–238, 240, 242, 244–246, 248 f., 252–254, 257 f., 260, 269, 279, 284, 289, 290, 296, 304 f., 323 Leipzig, Albrecht 242 Leisnig 62, 127, 153, 305 Amt 153 Leisnig, Burggrafen 176 Hugo 270 f. Leisnig, Burggrafschaft 270 Lentersheim, Veit von 187 Leonhard (Fechtmeister) 206, 355, 356, 357 Leonhart, Mag. Sebastian 331

442 Leonidas 102 Leuchtenberg, Landgrafen 279 Barbara, geb. von Brandenburg 86 Johann 118 Leuchtenburg in Thüringen 302 Levold von Northof 42 Lichtenberg bei Torgau 216 f. Lichtenburg, Kloster 294 Lichtenstein, Grafen 321 Liebenstein, Jakob von, Erzbischof von Mainz 77 Liegnitz, Herzöge 159 Friedrich I. 174 Friedrich II. 179 Lindau in Anhalt 210–212; Amt 219 Lindenau, Herren 301 Heinrich 303 Lindholz, Johann 190 Lindow-Ruppin, Grafen 182, 203 Anna, verh. von Anhalt 195, 224 f., 288, 295, 346 Joachim 182 Wichmann 203 Litauen, Großfürst Witold (Vytautas) 312 Livius, Titus 306 Löben, Herren 172, 173 Konrad 173 Lochau, Jagdschloss 118, 294 Logau, Friedrich von 11 f. Löser, Herren Heinrich 176, 298 Johann 271 f. Lothringen, Herzöge 279 Lucca 225 Lüderitz, Kuno von 178 Ludolphy, Ingetraut 292 Luther, Dr. Martin 125, 136 f., 199 f., 214, 232 f., 245, 267, 271, 275, 277, 285, 292, 297, 306, 331 Lüttich 77 Lüttich, Bischof Adolf von der Mark 42 Luttzeldorp, Heyse 119 Lutzchendorf, Heise von 119 Lysimachos 102 Maastricht 75 Machaut, Guillaume de 123 Machiavelli, Niccoló 39 Mag. Adam (Hofmeister) 50 Magdeburg 122, 137, 196, 217, 259 f., 275, 358, 364, 365 Magdeburg, Burggrafschaft 120

Magdeburg, Erzbischöfe und Administratoren 120, 228 Albrecht von Brandenburg 18, 69, 86, 132, 172, 187–191, 193, 195–197, 205, 216, 222, 231, 234, 238–243, 262, 268–270, 287, 295 f., 322 Ernst von Sachsen 27, 129, 148, 225 f., 234, 289, 291, 297, 347 Friedrich von Beichlingen 27, 124 Friedrich von Brandenburg 175, 217, 220, 242 Günther von Schwarzburg 119 Ludwig von Meißen 123 Siegmund von Brandenburg 81, 220 Domkapitel 180, 189, 210, 222, 223 f., 229, 235, 237, 240 f., 259 Magdeburg, Erzstift 114, 221, 231, 291 Mähren, Mark 117, 141 Mailand, Herzöge 11 Ludovico Sforza 109 Massimiliano Sforza 109 Mainz 24 f., 92, 239, 242, 347, 357 Universität 224, 228 Mainz, Erzbischöfe 12, 228 Adolf von Nassau 30 Albrecht von Brandenburg 18, 69, 86, 132, 172, 187–191, 193, 195–197, 205, 216, 222, 231, 234, 238–243, 262, 268–270, 287, 295 f., 322 Albrecht von Sachsen 226, 228, 348 f. Berthold von Henneberg 58, 188 Dieter von Isenburg 227 Jakob von Liebenstein 77 Domkapitel 147, 262 Major, Dr. Georg 233 Major, Mag. Johannes 57 Makedonien, Könige Alexander III. 66, 101 f., 279 Philipp II. 102 Maltzan, Bernhard von 127 Mansfeld, Grafen 180 Elisabeth, verh. von Sachsen 272 Johann 269 Manteuffel, Erasmus von, Bischof von Cammin 261 Mantua 78, 171 Mantua, Bischof Francesco Gonzaga 168, 171 Mantua, Markgrafen 171 Barbara, geb. von Brandenburg 170 Federico Gonzaga 171 Francesco Gonzaga, Bischof von Mantua

Register 168, 171 Gianfrancesco I. Gonzaga 171, 173 Luigi III. Gonzaga 171 Rodolfo Gonzaga 171 Marburg an der Lahn 142, 262, 264 Margarethe (brandenburgische Amme) 173 Maria, Heilige 132 Marienberg im Erzgebirge 269 Mark, Grafen 42 Dietrich 75 Marquardt, Johann 48 Marschalk, Nikolaus 300 Marschall, Georg 184 von der Marthen, Herren Gerlach 300 Herebord 301, 303 Massow Ewald 107 Johann 83 Mayr, Johannes 148 Mechthild von Magdeburg, Heilige 200, 247 Mecklenburg, Herzöge 133, 160, 168, 239 Albrecht VII. 18, 194 Anna 44 Anna, geb. von Brandenburg 18, 85, 194 Anna, verh. von Hessen 262, 264–267, 291, 315 Christoph 18 Georg 44 Heinrich 158 Johann Albrecht 194 Karl 18 Katharina, verh. von Sachsen 28, 86, 88, 179, 268 f., 271 f., 316, 318 Margarethe, geb. von Brandenburg 133 Mecklenburg, Herzogtum 177, 333 Medici, Giulio de, Kardinal 231 Megenberg, Konrad von 88, 91 Meißen 95, 124, 126, 141, 143, 149, 156, 236, 331, 345 Meißen, Bischöfe Dietrich von Schönberg 296 Johann von Weißenbach 227, 347, 348 Meißen, Domkapitel 147, 229 Meißen, Mark 122 f., 331 Meißen, Markgrafen 120 Albrecht I. 118 Dietrich 118 Elisabeth, verh. von Nürnberg 159 Friedrich I. 122 Friedrich II. 118, 123 Friedrich III. 116, 123

443 Friedrich IV. 80, 116, 123 Georg 116 Hedwig, geb. von Brandenburg 118 Katharina, geb. von Henneberg 116 Ludwig, Bischof von Halberstadt 123 Otto 118 Wilhelm I. 287 Wilhelm II. 116 Meißner, Dr. Nikolaus 192 Meister des Hausbuchs 10 Meister François 66 Melanchthon (Schwarzerd), Mag. Philipp 218, 232 Melwitz, Herren 210 Ernst 184, 210, 212 Mensing, Dr. Johann 137 Merseburg 180, 182, 229–231, 234 f., 237, 243, 246–248, 253 f., 258 f., 352, 361 Merseburg, Bischöfe 182, 234 Adolf von Anhalt 132, 134, 136, 140, 180, 182, 185, 210, 215, 221–223, 229–238, 244, 246–248, 253–255, 257, 259, 358, 362 Vinzenz von Schleinitz 232 Merseburg, Hochstift 185, 210, 234, 255 Mertzdorf, Wolfgang von 276 Metz, Bischof Georg von Baden 77 Metzsch, Herren 176, 236 Anna 298 Christoph 236 Felicia 176 Johann 80, 176, 236 Joseph Levin 236 Konrad 236 Peter 176 Meuselwitz bei Zeitz 177 Mila, Bernhard von 309 Miltitz, Herren 176 Anna, verh. von der Sale 177, 267 Ernst 177, 327 Johann 176 Karl 262 Siegmund 176 Minden 303 Minkwitz, Johann von 148, 288 Mittweida 249 Mohàcs 256 Monner, Dr. Basilius 308 Moosburg, Johann von, Bischof von Regensburg 74 Mörlin, Dr. Joachim 21 Morssheim, Johann von 92

444 Morus, Thomas 87 Muckenthaler, Erhard 71 Mühlhausen in Thüringen 318 Mühlingen, Grafen 70 Burchard 119 Günther 119 Müller, Mag. Johann 71 Münch, Wilhelm 17 Müncheberg 190 München 61, 75, 78, 81, 286, 290 Münster, Sebastian 249 Münsterberg, Herzöge 257 Albrecht 174 Georg 174, 258 Hedwig, verh. von Brandenburg 256 Heinrich I. 162, 168, 170, 172 Heinrich II. 125, 258 Joachim, Bischof von Brandenburg 181, 257 Johann 256, 258 Karl I. 181, 215, 254–256, 258 Katharina, geb. von Sachsen 125 Margarethe, verh. von Anhalt 53 f., 120, 128–141, 144 f., 149, 151, 156, 178– 185, 195–207, 209, 211–215, 221 f., 229–239, 242–260, 273–287, 328, 352, 354, 358, 362–364, 366 Ursula, geb. von Brandenburg 166, 168, 170, 197 Mutianus Rufus (Muth, Konrad ) 258, 300, 301–304 Mutzschen, Heinrich 180 Mylau im Vogtland 236, 237 Nagel, Georg 184 Namur 313 Nancy 77 Nanno 195 Nassau, Grafen Adolf, Erzbischof von Mainz 30 Anna, verh. von Braunschweig 226 Ludwig 58 Naumburg, Hochstift 210 Nebukadnezar 200 Negelin, Mag. Johann 191 f., 196 f., 351, 352 Neiße in Schlesien 257 Nemours, Herzog Jacques d’Armagnac 66 Netzschkau im Vogtland 176 Neukölln 188 Neuruppin 193, 203 Neustadt an der Aisch 77, 81, 157 f.

Niebede, Johann 173 Niederlande 137, 149, 262 Nienburg an der Saale, Kloster 221 Nikodemus, Heiliger 200 Nithard, Mag. Egbert 303 Nonthaller, Mag. Andreas 269 Noppen, Matthias von 247 Northofer, Dr. Georg 50 Nothhafft, Herren 301 Nürnberg 91, 147 f., 158, 162 f., 164, 174, 195, 199, 257, 286, 300, 310 Nürnberg, Burggrafen Elisabeth, geb. von Meißen 118, 159 Friedrich V. 18, 118, 159 Oberdörfer, Martin 269 Ochs (Kinderfrau) 167 Peter Friedrich 167 Oekolampadius (Hausschein), Johannes 92, 94 Oels in Schlesien 181, 256 f. Ofen (Buda) 255 f., 258 Oláh, Miklós 323 Olympias von Epeiros 102 Oppeln in Schlesien 172 Ortenstein in Graubünden 50 Osmünde bei Halle an der Saale 180 Ossenbroch, Herren Johann d. Ä. 78 Johann d. J. 78 Österreich, Erzherzöge 13 Bianca Maria, geb. Sforza 70 Eleonore von Kastilien, verh. von Portugal und von Frankreich 63 Eleonore, geb. von Schottland 48 Elisabeth, verh. von Polen 317, 323 Ferdinand I., Römischer König und Kaiser 81, 94, 241, 268, 314, 316–320, 322 f., 325–328, 334 Ferdinand II., Römischer König und Kaiser 317, 326 Friedrich IV. (III.), Römischer König und Kaiser 46 f., 70, 88 f., 91, 130, 148, 164, 223 f., 228, 298, 309 f., 313 Hieronymus (unehelich) 76 Isabella, verh. von Dänemark 63, 80 Karl I. (V.), Römischer König und Kaiser 18, 63, 311 Karl II. Franz 94, 322 Konrad (unehelich) 76 Ladislaus Postumus, König von Böhmen

Register und Ungarn 59, 141 Margarethe, verh. von Asturien 63, 311 Maria, geb. von Burgund 31, 69 Maximilian I., Römischer König und Kaiser 18, 22, 25, 31 f., 35, 37, 45, 54, 60, 63, 65, 70–72, 76, 78, 90 f., 93, 103, 109, 147 f., 194, 223–225, 265 f., 288, 290, 292, 295, 298, 310 f., 313, 323, 335, 350 Maximilian II., Römischer König und Kaiser 317, 323 Philipp 147, 313 Siegmund von Tirol 24, 47, 48 f., 54, 59, 73, 75 f., 89, 174 Österreich, Erzherzogtum 119, 124 f., 176 Oswald (österreichischer Stubenheizer) 59 Ovid (Publius Ovidius Naso) 106 Oxford, Earl John von 71 Padua, Universität 48, 106 Palmer John 71 Sybill 71 Päpste Leo X. 189 Nikolaus IV. 24 Pius II. (Enea Silvio Piccolomini) 11 f., 24 f., 30, 54, 59–61, 95, 161 f. Parchen bei Genthin 178 Paris 31, 40, 77 Parys, Urban 217 Parzival (literarische Gestalt) 42 Paulus, Barbara 184 Pesingen, Grafen 322 Petrus Hispanus 62 Pfalz, Grafen 96, 258 Albrecht zu Mosbach 106 Amalie, geb. von Brandenburg 169 f. Friedrich I., Kurfürst 23, 27, 36, 37, 75, 81, 89, 101 Friedrich II., Kurfürst 57, 77 Friedrich III., Kurfürst 77 Friedrich von Bayern (unehelich) 75 Heinrich 77 Johann zu Mosbach 106 Johanna, geb. von Croy 169 Kaspar 169 Ludwig IV., Kurfürst 81 Ludwig V., Kurfürst 30, 62, 77, 89, 92, 97 Ludwig von Bayern (unehelich) 75 Ottheinrich, Kurfürst 44, 92 Philipp zu Neuburg 44, 92, 103

445 Philipp, Kurfürst 57, 77, 81 Ruprecht I., Kurfürst 23 Ruprecht III. 118 Ruprecht zu Mosbach, Bischof von Regensburg 106 Wolfgang 77, 258, 308 Pflug, Herren 301 Hugold 303 Nikolaus 79, 176 Pfuhl, Herren 172 Friedrich 127 Johann 211 Piccolomini Enea Silvio (Papst Pius II.) 11 f., 24 f., 30, 54, 59–61, 95, 161 f. Silvio 11 Pighinucius, Fridianus 225 Pilsen 255 Pirckheimer, Willibald 12 Pirna 67, 327 Pistorius, Simon 105 Planitz, Johann von der 104 Plassenburg über Kulmbach 81, 159 Plato 102 Plauen, Heinrich XIII. Reuß von 174, 175 Plötzkau, Amt 183 Podiebrad, Herren Georg von Podiebrad, König von Böhmen 125, 133, 141 f., 149, 168, 170 Zdena (Sidonia), verh. von Sachsen 85, 141–145, 147, 149–151, 153, 156, 176 Polen, Könige Barbara, verh. von Sachsen 86, 155, 263, 267, 269, 283, 318, 354, 359 f. Elżbieta Rakuszanka (Elisabeth, geb. von Österreich) 317, 323 Jadwiga, verh. von Brandenburg 175, 217 Jadwiga Jagiellonka 311, 312 Kazimierz II. 30, 84 Władysław II. Jagiello 311, 312 Władysław III. 312 Zofia Holszańska 312 Zofia Jagiellonka, verh. von Brandenburg 100 Polen, Königreich 122, 311, 313 Polentz, Christoph von 359 Pommer, Johann 242 Pommern, Herzöge Agnes, verh. von Brandenburg 197 Barnim IX. 107, 207 Barnim X. 104, 107, 140 Bogislaw X. 30, 83 f., 107, 261

446 Erich II. 83 f. Ernst Ludwig 104, 107, 140 Georg I. 98, 216, 218, 261 Georgia, verh. von Labischin 217–220, 368 f. Joachim II. 116 Johann Friedrich 104, 107 Kasimir IX. 83 f. Katharina, verh. von Braunschweig 27 Maria, geb. von Sachsen 26, 219 f. Otto III. 116, 174 Philipp I. 97, 99, 185, 218–220, 237, 368, 369, 373 f. Sophia 83 f. Wratislaw X. 83 Pommern, Herzogtum 161, 177, 183, 220 Ponickau, Herren 176 Johann 371 Pontus (literarische Gestalt) 33 Potsdam 173; Amt 173 Prag 137, 254 f., 312, 327 Universität 257, 311 Presles, Raoul de 66 Pressburg (Bratislava) 310 Preußen 77, 123 Preußen, Hochmeister und Herzöge Albrecht von Brandenburg 54, 81, 86, 95, 179, 295, 240, 309, 357 Friedrich von Sachsen 143, 147 f., 155 Probst (Delitianus), Mag. Andreas 180, 245 Proles, Dr. Andreas 149 f. Quedlinburg 359 Querfurt, Brigitte von, verh. von Anhalt 178 Rabiel, Margarethe von 219 Radeberg, Amt 143 Rademann, Dr. Bartholomäus 192 Rak (Rhagius Aesticampianus), Johannes 190 Rambaldoni da Feltre, Vittorino dei 171 Ramseyder, Bernhard 193 Rap, Johann 356 f. Raschau und Rotha, Wolfgang von 302 Rauch, Peter 137, 287 Rebekka (biblische Gestalt) 138 Redern, Georg von 180 Regensburg 206, 218, 278, 317 Regensburg, Bischöfe 24 Johann von Moosburg 74 Ruprecht von der Pfalz 106 Regius, Mag. Ulrich 50 Reichenbach, Graf Gottfried III. 91

Reichenberg, Herren 176 Reicher, Mag. Lienhard 44 Reineck, Thomas von 51 Reinhardsbrunn, Kloster 121 Reischach, Bilgrin von 88 Reuchlin, Dr. Johannes 57, 90, 92 Reval, Bischof Johann von Blankenfelde 190 Rhegius, Mag. Urbanus 25 Richter, Julius 322 Rieder, Moritz (von) 185 Rieger, Urban 44 Riga, Erzbischöfe Johann von Blankenfelde 190 Wilhelm von Brandenburg 187 Riggershofen, Ludwig von 75 Ripsch, Johann 235 Risch, Balthasar 268 Ritter, Urban 242 Rivius, Johannes d. Ä. 269, 330 Rochlitz 124, 154, 288, 346 Röder, Herren 172 Heinrich 172, 173, 193 Rogge, Jörg 113 Rom 46, 123, 182, 190, 226 f., 258 Universität 323 Ros, Ulrich 70 Rosinus, Dr. Johannes 320 Roßla 127 f. Roßlau 218 Amt 183, 184, 277 Rothe, Johannes 121, 123 Rothenburg ob der Tauber 60 Rothschitz, Herren Bernhard 315, 322, 325 Georg 315 Rottenburg am Neckar 28, 49 Rudolf von Ems 60 Rügenwalde 83 Runkelstein in Tirol 63 Runtdorf, Curt von 193 Ruppisch, Mag. Konrad von 293 Saalfeld, Kloster 128 Sabinus (Schuler), Georg 188 Sachsen, Herzöge 32, 113, 157, 251, 288, 296 Albrecht 67, 70, 79, 86, 88, 95, 125 f., 141–143, 148 f., 152 f., 155, 176, 228, 288, 297, 313, 315 f., 344, 346 f. Albrecht, Erzbischof von Mainz 226, 228, 348 f. Alexander 153

Register Amalia, verh. von Bayern 128 Anna, verh. von Brandenburg 29, 52, 142, 155–158, 167 f., 173, 282 Anna, geb. von Dänemark 291 August, Kurfürst 105, 268 f., 292, 326– 328, 330 Barbara, geb. von Polen 86, 155, 263, 267, 269, 283, 318, 354, 359 f. Christian I., Kurfürst 292 Christine, verh. von Dänemark 176 Christine, verh. von Hessen 269, 271 Elisabeth, geb. von Bayern 127 Elisabeth zu Rochlitz, geb. von Hessen 152, 156, 260, 262–267, 271 f., 291, 315, 360 Elisabeth, geb. von Mansfeld 272 Ernst, Erzbischof von Magdeburg 27, 129, 148, 225 f., 234, 289, 291, 297, 347 Ernst, Kurfürst 95, 125–127, 148, 153– 155, 176 f., 225–228, 288, 296, 343– 348 Friedrich (unehelich) 294, 302 Friedrich d. J. 238, 261, 264, 269, 271 f., 280, 283–285, 354, 359 Friedrich I., Kurfürst 113, 117, 124, 156, 296 Friedrich II., Kurfürst 115, 120 f., 124, 126, 153 f., 176 Friedrich III., Kurfürst 27, 45, 53 f., 67, 76, 104, 130, 146, 150, 154, 177, 223, 225–228, 236, 243, 251, 262 f., 265, 288, 291–297, 299–304, 307 f., 313 f., 328, 344, 346 f. Friedrich Wilhelm I. 58 Friedrich, Hochmeister 143, 147 f., 155 Georg 28, 69, 87, 104 f., 132 f., 142–152, 155 f., 177, 184 f., 204, 215 f., 233, 238–241, 245, 252, 258, 260–264, 267–273, 275–278, 280 f., 283–287, 289–291, 297, 299, 304, 307, 315–322, 325 f., 328, 350, 354, 359, 363 f. Heinrich 143, 151 f., 184, 241, 261, 267– 273, 314–318 Johann d. J. 86, 152, 177, 261–264, 267, 269, 271 f., 280, 283–285, 291, 299, 307, 313 f., 359 f. Johann Ernst 272, 294, 299, 308 Johann Friedrich I., Kurfürst 44, 55 f., 80, 87, 89, 177, 210, 241, 261 f., 269–272, 291, 294, 296–309, 313, 321, 327, 333, 369, 370, 372

447 Johann Friedrich II. 55, 270, 308 f., 321, 369 f., 372 Johann Friedrich III. 81, 192 Johann Wilhelm I. 56, 192, 308, 309 Johann, Kurfürst 26, 53, 139, 154, 177, 216, 225 f., 262, 265, 284, 288 f., 291, 292–299, 301 f., 305, 307 f., 313, 333, 344, 346 f. Katharina, verh. von Brandenburg 156, 172, 193 Katharina, geb. von Brandenstein 101, 125, 128, 142 Katharina, geb. von Braunschweig 124 Katharina, geb. von Mecklenburg 28, 86, 88, 179, 268 f., 271 f., 316, 318 Katharina, verh. von Münsterberg 125 Magdalena, verh. von Brandenburg 215, 262 Margarethe, geb. von Anhalt 86, 139, 204, 291, 298 Margarethe, verh. von Brandenburg 85, 125, 142, 157, 173 Margarethe, verh. von Braunschweig 127 f., 226 Margarethe, geb. von Österreich 53, 86, 127, 142, 153–156, 177, 343–346 Maria, verh. von Pommern 298 Moritz, Kurfürst 62, 88, 156, 220, 239, 240–242, 262, 267–273, 314 f., 322, 326 f., 331, 367, 368 Sebastian von Jessen (unehelich) 294, 302, 313 f. Severin 105, 241, 267 f., 270, 314–326, 328, 334 Sibylle, geb. von Jülich-Cleve-Berg 56, 167, 309 Sibylle, verh. von Sachsen-Lauenburg 28 Siegmund, Bischof von Würburg 113, 124, 244 Sophie, geb. von Mecklenburg 297, 333 Wilhelm III. 27, 120 f., 124–126, 128, 142, 226, 288 f., 344 f. Zdena (Sidonia), geb. von Podiebrad 85, 141–145, 147, 149–151, 153, 156, 176 Sachsen, Herzogtum 114 f., 227, 259, 271, 273, 333 Sachsen-Lauenburg, Herzöge 216 Sachsen-Wittenberg, Herzöge 120 Albrecht III., Kurfürst 118, 120 Helene, verh. von Hardegg 120 Rudolf I. 21 Rudolf II., Kurfürst 130

448 Rudolf III., Kurfürst 118 Siegmund 118 Wenzel 118 Sagan, Herzog Johann II. 256 von der Sale Anna, geb. von Miltitz 177, 267 Barbara 177, 238, 354 Georg 177 Sallust (Gaius Sallustius Crispus) 61 Salomo (biblische Gestalt) 131, 249 Salzburg, Erzbischöfe 24 Salzwedel 193 Sauer, Dr. Johannes 242 Savoyen, Herzöge 17, 278 Margarethe, verh. von Württemberg 33 Schaff, Jacob 124 Schaumberg, Herren Lorenz 165, 173 Wilwolt 47, 173 Schedel, Hartmann 95 Schellenberg, Jaroslaw von 257 Schenck von Siemau, Hieronymus 68 Schenk, Rudolf 126 Scheurl, Dr. Christoph 302 Schiele, Mag. Christoph 57 Schiltel, Dr. Georg 260 Schirmer, David 270 Schlabrendorf, Herren 172 Johann, Bischof von Havelberg 24, 203 Schlegel, Herren 180, 234 Andreas 235 Balthasar 180 Caspar 180–182, 234, 235 Johann 173, 234 Moritz 180 Nikolaus 218, 235 Ulrich 184 Valentin 219 Schleinitz, Herren Haubold 344 Heinrich 278, 283, 316–318, 360 Hugold 155 Johann 240 Mathilde, verh. von Bünau zu Weesenstein 177 Vinzenz, Bischof von Merseburg 232 Schlesien 181, 254, 256, 258, 273, 320, 323 Schlesier, Georg 181 Schlieben, Liborius von, Bischof von Lebus 223 Schmerlin, Gregor (Arbilla, Publius Vigilantius) 191, 193

Schnabel, N. 274 Schneeberg im Erzgebirge 269 Schocher, Frau von 360 Schoeneck, Johann 48 Schönberg, Herren Anton 105, 184, 272, 316, 359 Bernhard 285, 288, 344 Caspar 285, 345, 359 Dietrich 105, 142 f., 227, 316 Dietrich d. J. 105 Dietrich, Bischof von Meißen 296 Ernst 264, 359 Georg 315 f., 324 Johann d. Ä. 105 Johann d. J. 105, 142 f., 264, 278, 285, 359 f. Margarethe, verh. Spiegel 227 Nikolaus 105, 154, 184, 345 Peter 80 Siegfried 80 Schönburg, Herren Anna, geb. von Rieneck 261 Ernst I 262 Ernst II. 177, 261 f. Wolf 261 Schottland 48 Schrag, Johann 194 von der Schulenburg, Herren 172 Caspar 189 Dr. Dietrich 189 Jakob 187 Werner 187, 189 Schuler (Sabinus), Georg 188 Schultze, Gorec 193 Schulz von Gramschütz, Hieronymus, Bischof von Brandenburg und von Havelberg 197, 209, 243 Schustede, Bernhard 212 Schuster, N. 355–357 Schwaben, Herzöge 92 Schwäbischer Bund 158 Schwarzburg, Grafen 177, 261 Balthasar II. 173, 227, 292 Heinrich VI. 118 Heinrich XXXI. 69 Günther, Erzbischof von Magdeburg 119 Margarethe, verh. von Anhalt 132, 139, 289, 291 Schwarzerd (Melanchthon), Mag. Philipp 218, 232 Schweidnitz in Schlesien 323 Schweiz 130

Register Secco, Gian Antonio 109 Seckendorf, Andreas von 160, 165 Seger, Mag. Ulrich 97, 349 Seidenhefter, Georg 315 Seidensticker, Georg 315, 319, 322, 325 Seligental, Kloster 60 Selmenitz, Herren 125 Seneca (Lucius Annaeus Seneca) 293 Senftenberg in der Lausitz 145 Sesselmann, Friedrich, Bischof von Lebus 69, 159, 161 Seusenhofer, Konrad 194 Seußlitz bei Meißen, Kloster 156 Sforza siehe Mailand, Herzöge Sibutus, Georgius Daripinus 299 Sichau, Siegmund von 295 Sickingen, Franz von 266 Sidonia (literarische Gestalt) 33 Simler, Mag. Jakob 258 Smed, Michael 183 Spalatin, Mag. Georg 44 f., 155, 226, 238, 258, 265, 269–271, 292–297, 300–308 Spalt bei Nürnberg 300 Sparneck, Johann 170 Spett, Georg 372 Speyer 130, 326 Spiegel, Herren 177, 301 Asmus 369, 372 f. Dr. Otto 227, 347 f. Erasmus 55 Johann 285 Margarethe, geb. von Schönberg 227 Spießheimer (Cuspinianus), Johannes 22, 91 Spulck, Johann 360 Stams in Tirol, Kloster 314, 325 Star, Anna 184 Starschedel, Herren Dietrich 55, 369, 372 f. Innozenz 261, 315–318, 321, 322, 324 Starsiedel bei Lützen 261 Statius, Johann 274, 280 f., 283, 285, 287 Staufen, Margarethe von, verh. von Thüringen 121 f. vom Stein, Herren Eitelwolf 25, 190 Hertnid 164 Sternberg, Herren 289 Stettin 83, 95, 174 Stock, N. (anhaltischer Diener) 281 Stocker, Dr. Johann 164 f., 172, 193 Stoffeln, Eitelhans von 88 Stolberg am Harz 239

449 Stolberg, Grafen 178 Botho 177, 239, 366 Heinrich d. J. 177 Straßburg 24, 51, 300 Domkapitel 51 Sulz, Rudolf von 47 Tangermünde 114 f., 162 f. Taubenheim, Herren 176 Christoph 262 Esther 269 Taucha bei Leipzig 370 Tauler, Johannes 145 Terenz (Publius Terentius Afer) 61, 253, 293, 305 f., 362 Tettau, Apel von 176 Teuchern bei Naumburg 177 Tharandt bei Dresden 142 f. Thein, Christoph von 47, 52 Thoman (österreichischer Zuchtmeister) 59 Thomas von Aquin 40 Thomasin von Zerklaere 14, 35, 66 Thum Barthold 362 f. Bartholomäus 178 f. Nikolaus 178 f., 362 f. Thüringen 259 Thüringen, Landgrafen Albrecht II. 121–123 Elisabeth, geb. von Ungarn 132, 142 Friedrich IV. 124 Hermann I. 114 Irmgard, verh. von Anhalt 114 Margarethe, geb. von Staufen 121 f. Thurn, Veit von 320, 321 f., 325 f. Thurzó, Johannes, Bischof von Breslau 257, 323 Tibrant, Kaplan 75 Tirol 58, 63 Torgau 62 f., 126, 216, 227, 268–272, 292, 298, 307 Treitzsaurwein, Marx 37 Treuchtlingen, Wirich von 163, 311 Trevisa, John 41 Trient, Bischof Bernhard von Cles 316 f. Trier, Erzbischöfe Jakob von Baden 77 Tristan (literarische Gestalt) 39 Trithemius, Johannes 25, 186, 190, 205 Trotha, Herren 301 Tübingen, Universität 50 f., 94 Türken 256, 292, 294

450 Turmair (Aventinus), Johann Georg 25, 61, 90, 92, 102, 304 Ulm 147 Ulm, Johann von 211 Ungarn, Könige 54 Elisabeth (Erzsébet), verh. von Thüringen 132, 142 Ferdinand I., Römischer König und Kaiser 81, 94, 241, 268, 314, 316–320, 322 f., 325–328, 334 Ferdinand II. 137, 316 f., 326 Johann Zápolya (Szapolyai János) 256 Ladislaus II. (II. Ulászló) 149, 157 Ladislaus V. (V. László) 59, 141 Ludwig II. (II. Lajos) 255 f., 258, 323 Maria, geb. von Österreich 323 Matthias Corvinus (Hunyadi Mátyás) 161 Sigismund (Zsigmond) 312 Ungarn, Königreich 256 f., 298 Unrein Basilius 182 Caspar 182 Urban, Heinrich 302 Ursinus Velius, Dr. Caspar (Bernhard, Caspar) 320–324 Valla, Lorenzo 305 Vegetius (Publius Flavius Vegetius Renatus) 306 Venedig, Republik 298 Verdun, Bischof Louis de Haraucourt 46 Vergil (Publius Vergilius Maro) 182 Villiers de l’Isle-Adam, Philipp de, Großmeister des Johanniterordens 251 Vippach, Johannes von 116 Vitztum, Apel III. 121 Volker, Johann 312 f. Volkrain, Barbara 325 Wagner, Alexander 92, 94 Waldenfels, Herren 177 Friedrich 173 Georg 173 Waldow, Johann von, Bischof von Lebus 311 Wallenrode, Herren Johann 312 Konrad 312 Sebastian 30 Wallwitz, Herren Christoph 325 Heinrich 211

Nikolaus 211 f. Walsrode 226 Walwitz, Mag. Andreas 269 Warbeck, Veit 294 Warmsdorf bei Bernburg 185 Wartburg über Eisenach 121–123 Wäschke, Hermann 128 Watt, Paul von 147 Wąwolnice, Elias von 311 Wechmar, Melchior von 309 Weida 298 Weiler, Dietrich von 89 Weimar 56, 125, 139, 288 f., 291, 298, 308 f. Weißenbach, Herren 147, 177, 301 Johann, Bischof von Meißen 227, 347 f. Welfen siehe Braunschweig und Lüneburg, Herzöge Weller von Molsdorf, Anna 293 Weller, Matthias 268 Werbeck, Georg 223 Werdenberg, Grafen 51 Christoph 50 f. Georg 50 Werner von Themar, Adam 57 Westfalen 269 Wettiner siehe Meißen, Markgrafen; Thüringen, Landgrafen; Sachsen, Herzöge Wetzel, Wenzel 96 Wiedebach, Georg von 261 Wien 65, 147, 321, 323, 327 Universität 323 Wiener Neustadt, Bischof Peter Engelbrecht 90 f. Wilcke, Bartholomäus 193 Wild- und Rheingrafen Johann V. 45 f. Wildenfels, Herren 147 Wildhaus, Herren 46 Wildschütz, Paul 357 Willehalm von Orlens (lit. Gestalt) 34 Wimpfeling, Jakob 20 f., 130 Wimpina, Konrad 190 Windeck, Reinhart von 78 Windecke, Eberhard 312 Wittelsbacher siehe Bayern, Herzöge; Pfalz, Grafen Wittenberg 55, 62, 104, 137, 140, 155, 199, 207, 293, 297–299, 303, 308, 371–373 Universität 81, 104, 107, 137, 182 f., 220, 232, 235, 237, 257 f., 300, 302–304, 309 Wolfenbüttel 62, 290

Register Wolff, Dr. Thomas d. J. 300 Wolfgang, Mönch 24 Wolfram von Eschenbach 42 Wolgast 218 f., 373 f. Wolkenstein 268 Wörlitz 185, 204; Herrschaft 243, 251 Worms 199, 202 f., 208, 210, 221, 261, 262, 289, 294, 307 Worms, Bischof Johann von Dalberg 21, 130 Württemberg, Grafen und Herzöge 278 Barbara, geb. von Hessen 267 Christoph 106 Eberhard V. (I.) 265 Eberhard VI. (II.) 54 f., 69, 89, 168 f. Elisabeth, geb. von Brandenburg 166, 168–170 Heinrich 91 Helena, verh. von Hohenlohe 55 Ludwig I. 106 Margarethe, geb. von Savoyen 33 Mechthild, verh. von Hessen 265 Ulrich V. 54 f., 69, 71, 89, 167 f. Ulrich VI. 26, 50, 78, 94 Würzburg 24, 107 Würzburg, Bischöfe Rudolf von Scherenberg 77, 164 Siegmund von Sachsen 113, 124, 244 Domkapitel 25, 55, 147 f. Wusterwitz, Engelbert 162

451 Wuthenau, Herren 182 Adolf 182 f. Albrecht 182 f. Jakob 182 Zalesky, Hermann von 320 f. Zalmsdorf Johann 180 Nikolaus 181 Zedlitz, Nikolaus 181 Zehentner, Johann 154 f. Zerbst 119 f., 178–180, 196, 211, 221–223, 232, 254, 274, 281, 351; Herrschaft 223 Zerssen, Gerhard von 226 Ziegelheim, Herren 176 Ziegler, Hieronymus 106 Ziesar bei Brandenburg an der Havel 243 Zimmern, Herren und Grafen 22, 49, 51 Froben Christoph 51 Gottfried Christoph 51 Gottfried Werner 50 f. Johann Christoph 51 Johann Werner 51 Wilhelm Werner 50, 94 Zossen bei Berlin-Cölln 213, 242 f. Zweibrücken 169 Zwickau 53, 257, 269, 301, 307, 346 Zypern, König Peter 123