Die Zwangsenteignung nach dem im Königreich Sachsen geltenden Recht [Reprint 2022 ed.] 9783112681626


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German Pages 130 [136] Year 1892

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen.
I. Allgemeines
§ 1. Die Aufgabe und ihre Begrenzung
§ 2. Rechtliche Voraussetzungen der Zwangsenteignung
§ 3. Subjekte der Enteignung
§ 4. Objekte der Enteignung
§ 5. Entschädigungsgewährung
§ 6. Enteignungsverfahren. Rechtsweg. Perfektionsmoment
§ 7. Juristische Konstruktion der Zwangsenteignung
II. Die einzelnen Enteignungsfälle.
A. Enteignung unbeweglicher Sachen
§ 8. Enteignung für Eisenbahnzwecke
§ 9. Enteignung für fiskalischen Wegebau
§ 10. Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau
§ 11. Ufer- und Dammbauten
§ 12. Wasserlaufsberichtigungen
§ 13. Ent- und Bewässerungsanlagen
§ 14. Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden
§ 15. Enteignungen fur Bergwerkszwec
§ 16. Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Brändeu
§ 17. Enteignung für die Beschaffung von Exerzier- und Schießplätzen
§ 18. Enteignung zum Zwecke der Verteidigungsfähigkeit Von Festungen
§ 19. Enteignung zur Durchführung der für die Unterdrückung der Rinderpest erforderlichen Maßregeln
B. Enteignung beweglicher Sachen
§ 20. Enteignung von Pferden für den Kriegsbedarf der Armee
§ 21. Enteignung von Schiffen- und Schisfsgefäßen für Hafenund Flußsperren
Wort- und Sachregister
Berichtigung.
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Die Zwangsenteignung nach dem im Königreich Sachsen geltenden Recht [Reprint 2022 ed.]
 9783112681626

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wangsenteignung dem im Königreich Sachsen geltenden Recht.

Von

Dr. iur. Heorg Küpe, ft. L. Regiernngörat und Dozenten an der Universität Leipzig.

Leipzig, Berlag von Veit & Comp.

1891.

Verlag von

Weit & Komp,

in

Leipzig.

Das Preußische Enteignungsgeseh vom U. Juni 1874. (Erläutert von

Löbell, Reichsgerichtsratl).

i]r. 8.

1884.

geh.

5 Jb.

Die Königlich Sächsische SuLhastationsordmmg, enthaltend

das Gesetz, betreffend die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

unbeweglicher Sachen, vom 15. August 1884, die zugehörige Ausführungs-Verordnung vom 16. August 1884, UNd das Gesetz, betreffend die Kosten der Zwangsversteigerung und der Zwangsverwaltung unbeweglicher Sachen, mmi 18. August 1884. Erläutert van

Dr. Rud. Schurig, K. S. Staatsminister.

gr. 8. 1884. geh. 10 Jb 40 9^, geb. 12 Jb.

Die Königlich Sächsische Subhastationsordnung. Nachtrag zum Kommentar. Von

Dr. Rud. Schurig, K. 3. Staatsminister.

gr. 8.

1888.

geh. 2 Jb 60 9}, geb. 3 Jb 10 9}.

Die Schenkung auf den Hodesfatt nach dein

Sächsische» bürgerlichen Gesetzbuche. Eine r i v i l r e ch t l i ch e Abhandlung Düll

Dr. Emil Lehling, o. ö. Professor der Rechte in Erlangen.

gr. 8. 1886. geh. 1 Jb 60 9^.

Die Zwangsenteignung nach

dem im Königreich Sachsen geltenden Recht.

Die

wangsenteignung nach

dem im Königreich Sachsen geltenden Recht.

Von

Dr. iur. Keorg Käpe, St. S. RegierungZrat und Dozenten an der Universität Leipzig.

Leiprig, Verlag von Veit & Comp.

1891.

Druck von Metzger & Wittig in Leipzig.

Worworl. Obschon ich aus naheliegenden Gründen vorgezogen hätte, die

Bearbeitung des Rechtes der Zwangsenteignung im Zusammenhänge mit einer systematischen Darstellung

des im Königreiche Sachsen

geltenden Verwaltungsrechtes zu veröffentlichen, so habe ich mich doch im Hinblick darauf, daß die mir übertragenen verschiedenartigen

Amtsgeschäfte den Abschluß einer solchen Arbeit noch auf geraume,

gegenwärtig noch nicht absehbare Zeit hinausschieben werden, sowie

im Hinblick auf den von mir in der Praxis oft empfundenen Mangel einer Bearbeitung gerade des hier behandelten Stoffes zur Heraus­

gabe dieser Abhandlung entschlossen.

Sie ist aus einer jener Bei­

lagen entstanden, welche ich an die Zuhörer meiner Vorlesungen über

das im Königreiche Sachsen geltende Verwaltungsrecht verteilen zu lassen pflege, und um deren Mitteilung ich mehrfach auch von

anderen, namentlich von Praktikern, ersucht worden bin. Wenn irgend ein Rechtsgebiet geeignet ist, die Gefährlichkeit

und Schädlichkeit der Rechtsvergleichnng vor genauester Feststellung

der Einzelvorgänge1 und das Bedürfnis der Wissenschaft des öffent­ lichen Rechtes nach einer monographischen Pflege der ihr Gefüge ansmachenden Einzellehren2 darznthun, so ist es das im Nachstehen­

den behandelte Gebiet.

Zwar fehlt es nicht an älteren und neueren,

1 Vgl. Binding, Die Gründung des Norddeutschen Bundes. Festgabe der Leipziger Juristenfaknltät für Dr. Beruh. Windscheid.

2 Stoerk,

In der

S. 5.

Zur Methodik des öffentlichen Rechtes, Wien 1885, S. 115

und die dort Anm. 7 Genannten.

Vorwort.

VI

zum Teil vortrefflichen

Darstellungen

des Expropriationsrechtes,

allein dieselben sind für den Praktiker, wenigstens für den sächsi­ schen Praktiker, von nur geringem Nutzen, weil sie das im König­

reiche Sachsen geltende Recht teils gar nicht, teils nur nebenher

und — was auch für die theoretischen Ergebnisse bedenklich ist — un­ genau behandeln, wie dies bei dem dermaligen Stande der sächsisch­ rechtlichen Literatur einerseits und bei der Menge der in den meisten

jener Bearbeitungen gleichzeitig in Angriff genommenen, deutschen

und

außerdentschen Gesetzgebungen andererseits auch füglich nicht

anders erwartet werden kann.

Die vorliegende Darstellung beschränkt sich auf das im König­ reiche Sachsen geltende Recht, ihr Schwerpunkt liegt in der Unter­

suchung der einzelnen Enteignungsfälle (§ 8 ff.); daß ich mich dabei

zwar streng an das positive Recht gehalten, aber nicht ans die trockene Wiedergabe des Gesetzesstoffes beschränkt habe, wird dem Kundigen

weder entgehen, noch tadelnswert erscheinen.

Wenn die Arbeit sich

als

ein nützliches Werkzeug für den

sächsischen Praktiker und als ein brauchbarer Beitrag von Unter­

lagen für die weitere theoretische Bearbeitung des Zwangsenteig­

nungsrechtes erweist, so hat sie ihren Zweck vollständig erfüllt. Leipzig, den 30. Dezember 1890.

Dr. Käpe. 8 Vor allen die Arbeiten von G. Meyer, Das Recht der Expropriation, Leipzig 1868, und von (ttrünhut, Das Enteignnngsrecht, Wien 1873. Beide Arbeiten behandeln namentlich auch die geschichtliche Entwickelung des Enteig­

nungsrechtes in

eingehender Weise:

Meyer, a. a. £. S. 9 ff.; Grünhut,

a. a. £. S. 12 ff. 4 In betreff der Literatur vgl. besonders S. 11, Amu. 1 zu § 7.

Inhcrl'L Seite

I. Allgemeines. § 1. Die Aufgabe und ihre Begrenzung......................................... § 2. Rechtliche Voraussetzungen der Zwangsenteignung ...

1 4

§

3. Subjekte der Enteignung..........................................................

6

8

4. Objekte der Enteignung................................................................

8

§

5. Entschädigungsgewährung..........................................................

8

§ 8

6. Enteignungsverfahren. Rechtsweg. Perfektionsmoment . 7. Juristische Konstruktion der Zwangsenteignung ....

10 11

II. Die einzelnen Enteignungsfälle.

A. Enteignung unbeweglicher Sachen. 8

8.

11

Enteignung für Eisenbahnzwecke.............................................

Enteignung für Wegebauzwecke. §

9. Enteignung für fiskalischen Wegebau................................ 29

8 10.

Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau........................... 35

Enteignung für Wasserbau- und Wasserleitungszwecke.

811.

Ufer- und Dammbauten............................................................ 40

8 12.

Wasserlaufsberichtigungen...................................................... 44

8 13.

Ent- und Bewässerungsanlagen........................ ;

8 14.

Wasserleitungen für Stadt- mrdDorfgemeinden

.

.

62

.

....

70

8 15.

Enteignungen fiir Bergwerkszwecke............................................... 76

8 16. 8 17.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Brändeu Enteignung für die Beschaffung von Exerzier- und Schieß­

§ 18.

plätzen .................................................................................................. 89 Enteignung zum Zwecke der Verteidigungsfähigkeit Von

§ 19.

Festungen............................................................................................ 91 Enteignung zur Durchführung der für die Unterdrückung

82

der Rinderpest erforderlichen Maßregeln.............................106

B. Enteignung beweglicher Sachen. 8 20. § 21.

Enteignung von Pferden für den Kriegsbedarf der Armee Enteignung von Schiffen- und Schisfsgefäßen für Hafen-

109

und Flußsperren............................................................................... 115

Wort- und Sachregister................................................................................................ 118

Abkürzungen. ?(. a. O. - Am angeführten Orte. A. M. - Anderer Meinung. Annalen des O.L.G. = Am:alen des K. S. Oberlandes-Gerichtes zu Dresden. ^Archiv f. eiv. Praxis = Archiv für die civilistische Praxis. B. G.B. - Bürgerliches Gesetzbuch für das K. Sachsen. C. P.O. - Civilprozeßordnung. Fischer, Zeitschrift = Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung, zunächst für das K. Sachsen. Hirth, Annalen — Annalen des Deutschen Reiches für Gesetzgebung, Ver­ waltung und Statistik. O.A.G. - Vormaliges Ober-Appellationsgericht Dresden. O.L.G. — Oberlandesgericht Dresden. Org.-Ges. - Gesetz, die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung betreffend, vom 21. April 1873. Prov. G.-O. - Provisorische Gerichtsordnung; Verordn., das Verfahre!: in nicht­ streitigen Rechtssachen betreffend vom 9. Januar 1865. Sachs. Wochenbl. — Sächsisches Wochenblatt für Verwaltung und Polizei. Zu­ gleich Verordnungsblatt der K. Kreishauptmannschaft Leipzig. Verf.-Urk. — Berfassungsurkunde vom 4. September 1831. Wengler, Archiv (N. F.) = Wengler, Archiv f. civilrechtliche Entscheidungen der K. S. Justizbehörden (Neue Folge). Zeitschr. f. R. u. V. (N. F.) = Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung. (Neue Folge.)

Die sonstigen Abkürzungen bedürfen keiner besondere!: Erklärung.

I. Allgemeines. § i.

Die Aufgabe und ihre Begrenzung. I. Die nachfolgende Darstellung hebt aus der großen Zahl von Eingriffen, welche seitens der Staatsgewalt, behufs Erfüllung

ihrer Aufgaben (int öffentlichen Interesse), in die sog. Privatrechts­ sphäre der einzelnen gemacht oder zugelassen werden, eine eigen­ artige und wichtige Gruppe heraus, nämlich diejenigen Eingriffe, welche in der zwangsweisen Entziehung des Eigentums oder eines

anderen dinglichett Rechtes an einer konkret bestimmten, zur Erfül­ lung jener Aufgaben erforderlichen Sache oder in der zwangsweisen

Auferlegung eines dinglichen Rechtes auf eine solche Sache (gegen Entschädigungsgewährung)1 2bestehen.

Die Zwangsenteignung (Enteignung, Expropriation) in diesem

engsten und eigentlichsten Sinne ist daher zunächst zu unterscheiden 1. von der Konfiskation, d. h. der strafweisen „Einziehung"

gewisser Sachen; Strafgesetzbuch §§ 40. 42; Einführungsgesetz vom 31. Mai 1870 § 5.

Das Nähere hierüber gehört in das Strafrecht;?

2. von den sog. „Legalservituten" oder „gesetzlichen Eigen­

tumsbeschränkungen", 3 d. h. denjenigen Beschränkungen, welche

1 S. unten § 5. 2 Binding, Handbuch des Strafrechts I. S. 84. 301. 496. Liszt, Lehrb. des deutschen Strafrechts, 4. Aufl. S. 252. H. Meyer, Lehrb. des deutschen Strafrechts, 4. Aufl. S. 443. 3 Windscheid, Pandekten L § 169. Arndts, Pandekten § 131. Puchta, Pandekten § 145. Hape, Zwangseitteigmmg.

§ 1.

2

Die Aufgabe und ihre Begrenzung.

nach den Satzungen des positiven Rechts zum Begriffe des Eigen­

tunis gehören, dergestalt, daß das Recht Eigentum an gewissen Sachen, z. B. an Grundstücken, nicht anders kennt als mit diesen

Beschränkungen, oder richtiger „innerhalb dieser Grenzen"/ so daß eine etwaige Beseitigung derselben — z. B. im Wege des Ver­

trages — nicht die Wiederherstellung des vollen Eigentums an der Sache, sondern die Hinzuerwerbung eines neuen Rechtes bedeutet?

II. Von der folgenden Darstellung ist ferner auszuschließen eine Reihe enteignungsähnlicher Thatbestände. 1. Nach dem an die Spitze gestellten Satze ist Zwangsenteig­ nung (im engsten Sinne) Eingriff in das Eigentum (die proprietas, das dominium) als solches, also eine Handlung, gegen welche im

Falle des Nichtbestehens eines Rechtes zu ihrer Vornahme die rei vindicatio oder die actio negatoria gegeben wäre.

Hiernach sind

nicht Enteignungsfälle:

a) diejenigen Eingriffe in das Vermögen der einzelnen, welche sich nur als Verletzungen der Integrität körperlicher Sachen durch positives Thun darstellen, welche also — ohne das Bestehen eines

Rechtes zu ihrer Vornahme — von dem Verletzten mit der actio legis Aquiliae verfolgt werden könnten/ hierher gehört u. a. die Tö­

tung erkrankten oder seuchenverdächtigen Viehes? die Beschädigung oder Vernichtung von Weinstöcken im Hinblick auf die Reblaus­

gefahr u. dgl.: Reichsgesetze vom 7. April 1869, 23. Juni 1880, 3. Juli 1883. b) Eingriffe in andere Vermögensrechte als das Eigentum; hierher gehören 4 Vgl. auch Jhering, Geist deS röm. Rechts I. S. 7, II. S. 227 ff.; Derselbe, Der Zweck im Recht I. S. 523 ff. (der 2. Stuft.); Stubbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, 2. Ausl. II. S. 86. 5 Vgl. Beck, Die rechtlichen Verhältnisse zwischen benachbarten Grund­ stücken gegenüber genehmigungspflichtigen Anlagen, Leipzig 1890, S. 23 ff. 6 fr. 12. 13 de periculo 18, 6; fr. 7 § 4 quod vi aut clam 43, 24; dazu Windscheid, Pandekten II. § 455, 3. ’ Vgl. G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Vcrwaltungsrechts, Leipzigs 1883, I. S. 324.

8 1.

Die Aufgabe und ihre Begrenzung.

3

er ettoa (onft noch zu gewäh-

37 § 9 des Gesetzes vom 3. Juli 1835, Geneml-Verordn. des Ministeriums des Inneren vom 27. Juli 1886, Fischer, Ztschr. VII. S. 313. 36 S. oben Sinnt. 22.

§ 8. Enteignung für Eisenbahnzwecke.

25

renden Entschädigungen, „Nachentschädigungen" ein zweiter Termin

an Ort und Stelle abgehalten, welcher als „Berainungstermin" bezeichnet zu werden pflegt.

Mit den Erörterungen ist in diesem

Termine, ganz so wie im Expropriationstermine, ortschaftsweise vor­

zugehen (oben V, 1 am Ende), und es sind zu demselben die oben unter V, 2 genannten Personen vorzuladen, und zwar soviel die unter a und b Aufgeführten anlangt, unter der Verwarnung, daß bei ihrem Nichterscheinen werde angenommen werden, daß sie gegen

die im Termine vorzunehmende Setzung der Rainsteine Widersprüche nicht erheben.

Falls sich Nachvermessungen nötig machen, ist von

der Expropriationsbehörde Bericht an das Finanzministerium zu er­

statten, welches einen technischen Steuerbeamten, Geometer, beauf­

tragen kann behufs Verbindung dieser Nachvermessungen mit den für die Steuerregulierung erforderlichen Vermessungen: Verordn, v.

5.März 1844; Min.-Verordn. vom 7.Juli 1879. (Sächs. Wochenbl. S. 117). Wegen der im Termine sich etwa zeigenden Differenzen und namentlich auch wegen der etwa zu gewährenden Nachentschädigungen^ ist wiederum zunächst gütliche Vereinbarung zu versuchen, und dafern

dieselbe ohne Erfolg bleibt, Bescheid zu erteilen, auf Grund der den Entschädigungstabellen nachgebildeten „Nachentschädigungstabellen",

welche auf Grund der „Nachvermessungstabellen" aufzustellen sind.

Im übrigen leidet auf diese Bescheidserteilung das oben V, 4 Gesagte sinngemäße Anwendung.

VIII. Gegen die Entschließung, den „Bescheid" der Enteignungs­ behörde (Amtshauptmannschaft), nicht aber gegen die im Termine mit bekannt gemachten Entschädigungs- oder Nachentschädigungs­

tabellen/" soweit dieselben nicht etwa integrierender Bestandteil der amtshauptmannschaftlichen Entschließung sind, stehen den Beteiligten

39 Die Entscheidung seitens der Verwaltungs-(ExProPriations-)behörde über die Schädenanspriiche ist so lange zulässig, als nicht das Expropriationsverfahren überhaupt geschlossen ist: Min.-Verordn. vom 26. Juli 1881, Sächs. Wochenbl. S. 158; vgl. Zeitschr. f. R. u. B. N. F. I. S. 178. 40 Min.-Berordn. vom 2. September 1880, Fischers Zeitschr. I. S. 346.

§ 8.

26

Enteignung für Lisenbahnzwecke.

(Exproprianten und Expropriaten) die für das Verfahren in reinen

Verwaltungssachen geordneten Rechtsmittel (Rekurs, Beschwerde)44 zu; außerdem steht, soviel die Entschädigung anlangt, dem Expropriaten, dafern er sich bei der seitens der Expropriationsbehörde ausgewor­

fenen Entschädigung nicht beruhigen toitl,41 42 die Beschreitung des Rechtsweges (durch Klagerhebung) vor dem Gerichtsstand der ge­

legenen Sache43 44 (formn 45 rei sitae) offen (§31 Abs. 2 Verf.-Urk.);44 für die Geltendmachung der Entschädigungsansprüche besteht keinerlei Präklusivfrist.43

Die Auswerfung der Entschädigungssumme durch

die Enteignungsbehörden ist daher lediglich eine Erklärung der Organe der Gesamtheit (des Staates) darüber, inwieweit sich die Gesamt­

heit aus dem einseitigen Staatsakte, welcher ist „Zwangsenteignung" (oben § 7), dem Expropriaten gegenüber, welcher mit seinem Eigen­

tum allen, also auch der Gesamtheit (dem Staate) als einem Be­ griffsganzen gegenübersteht, zur Schadloshaltung für die vermögens­

rechtliche Wirkung des Eingriffes in sein Eigentum für verpflichtet hält; nicht ist sie (im technischen Sinne des Wortes) „Entscheidung"

über den Anspruch des Expropriaten in seiner Eigenschaft als Eigen­ tümer, nicht autoritative Feststellung dieses Anspruches, sie bindet

daher auch nicht den Eigentümer, sondern nur die demselben wegen

des Eingriffes in sein Eigentum Gegenüberstehenden, nämlich die Gesamtheit, und durch sie die Exproprianten als diejenigen, welchen

die Gesamtheit die Geltendmachung des ihr ihren Gliedern gegen41 So die feststehende Praxis;

vgl. auch Funke, Polizeigesetze und Ver­

ordnungen V. S. 403 ff. Q. M.: v. Biedermann, in der Zeitschr. f. R. u. B.

N. F. XVI. S. 415. 42 Uber den Gegenstand des Streites in solchen Fällen: O.A.G. in der

Zeitschr. f. R. u. V.

N. F. XL. S. 451.

43 Ausschließlicher Gerichtsstand: § 6 Abs. 2 des Ges. v. 3. Juli 1835 u.

Einf.-Ges. zur C.P.O. § 15 Nr. 2 (vgl. auch § 27 C.P.O.).

44 In betreff der Benutzung der von der Enteignungsbehörde zugezogen gewesenen Zeugen und Sachverständigen vgl. oben Anm. 4.

45 Min.-Verordn. v. 30. Dezember 1874, Sächs. Wochenbl. 1875 S. 186. Vgl. jedoch B.G.B. §§ 150. 1016.

Der Rechtsweg ist auch zulässig, ohne daß

vorher von der Verwaltungsbehörde eine Entschädigungssumme einstweilen fest­

gestellt worden ist; O.A.G. in der Zeitschr. f. R. u. V. N. F. XXXIX. S. 354.

§ 8. «Enteignung für «Eisenbahiizwecke.

27

über zustehenden Eingriffsrechtes in bestimmtem Umfange und mit

der an die Ausübung dieses Rechtes sich knüpfenden Verbindlichkeit der Schadloshaltung des Eigentümers übertragen hat, und welche daher dem Eigentümer gegenüber das Vorhandensein einer ge­

ringeren Verpflichtung als der von der Gesamtheit, deren Recht sie

ausüben, selbst anerkannten nicht behaupten sönnen;46 sie ist dem Expropriaten gegenüber nur Offerte über die Beftiedigung seines

Anspruches auf Schadloshaltung; ihre Änderung kann, wie die Ab­

änderung der Verwaltungsakte überhaupt, im reinen Verwaltungs­ verfahren (z. B. durch Rekurseinwendung) angestrebt werden, und zwar sowohl seitens des Exproprianten wie seitens des Expropriaten.

Soweit dies jedoch mit Erfolg geschieht, ist die Änderung immer nur

Änderung der dem Expropriaten gemachten Offerte, derselbe ist nicht verbunden, bei dem, was ihm in Gemäßheit derselben zugestanden

oder geleistet wird, Beruhigung zu fassen, er kann vielmehr seinen

Anspruch auf Schadloshaltung nach wie vor im Wege des Civilprozesses, sei es durch Feststellungs- oder Leistungsklage verfolgen.

Nur wird durch die Klaganstellung die Enteignung selbst nicht auf­ gehalten, da die Enteignung ein von der Schadloshaltung völlig

verschiedenes Rechtsgeschäft ist (oben § 7). Auch dem Exproprianten ist die Möglichkeit, den Civilrechtsweg

zu beschreiten, durch die Feststellungsklage (§ 231 C.P.O.) gegeben, nur ist darauf aufmerksam zu machen, daß er mittels derselben die Zubilligung eines geringeren als des von der Expropriationsbehörde

ausgeworfenen Entschädigungsbetrages, aus dem oben angeführten Grunde, nicht erzielen kann.

Es bedarf keiner Ausführung, daß, wenn sich Expropriant und

Expropriat über die Abtretung selbst und den Umfang derselben

sowie über die zu gewährende Entschädigung einigen, ein Expro­ priationsfall überhaupt nicht vorliegt, vielmehr diese Einigung ledig­

lich nach privatrechtlichen Grundsätzen über Kauf, Tausch rc zu be­ urteilen ist.

40 Bgl. auch O.A.G. in der Zeitschr. f. R. u. V. N. F. XXXIX. S. 353.

§ 8.

28

Enteignung für Eisenbahnzwecke.

IX. Die Entschädigungssummen sind, dafern nicht vertrags­ mäßig etwas Anderes bestimmt ist, in barem Gelde zu leisten47 und vom Momente der Enteignung an bis zur Auszahlung oder — dafern sich wegen der Ansprüche der entfernteren Interessenten die

Hinterlegung nötig macht (oben IV, 3, Min.-Verordn. v. 29. August

1877, Sächs. Wochenbl. 1879 S. 49) — bis zur Hinterlegung,

welche bei der Grund- und Hypothekenbehörde zu erfolgen hat, zu verzinsen (Min.-Verordn. v. 30. Dezember 1878, Sächs. Wochenbl.

1879 S. 50).

Die von der Expropriationsbehörde festgestellten

Entschädigungssummen sind von derselben, da nötig im Wege der Zwangsvollstreckung, nach den über die Zwangsvollstreckung wegen

Geldleistungen in Verwaltungssachen geltenden Grundsätzen (vgl. Sächs. Wochenbl. 1875 S. 171; Ges. v. 7. Mürz 1879) beizutreiben. X. Die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Ent­

eignungsverhandlungen und -Erörterungen hat der Unternehmer (Expropriant) zu tragen.48

Zur Erstattung von Sachwalterkosten

ist er jedoch nicht verbunden (Wochenbl. f. merkw. Rechtsfälle 1849

S. 336).

Die Ab- und Erstattung der im Falle eines Wider­

spruches oder im Rechtswege auflaufenden Kosten richtet sich nach den

allgemeinen Grundsätzen über die Kosten in Verwaltungs- und Civilsachen (§ 10 des Ges. v. 3. Juli 1835.49 Gebührentaxe vom 24. Sep­

tember 1876 Pos. 6, Reichsges. v. 18. Juni 1878 u. v. 29. Juni 1881, Kostengesetz v. 6. November 1890).50

XI. Nach Abschluß des Expropriationsverfahrens wird von der Expropriationsbehörde auf Grund der Akten ein Zeugnis über

47 Uber die Frage, ob dem Expropriaten die Zahlung der Entschädigungs­

gelder bis zur Stellung einer Kautionshypothek vorenthalten werden kann, vgl. v. Seydewitz in Menglers Archiv. N. F. II. S. 501 ff. 516 ff. 532 ff.,

welcher mit Recht zur Verneinung der Frage gelangt. 48 Wegen der Kosten in fiskalischen Expropriationsangelegenheiten (Ge­

bührenfreiheit des Fiskus) vgl. Min.-Verordn. v. 12. Juli 1877.

Sächs. Wochen­

blatt S. 155.

49 Menglers Archiv. II. S. 287. °° Gebührentaxe für die Sachverständigeil:

Bek. v. 31. August 1882 und

Ausf.-Bestimmungen von demselben Tage; Nr. 2122, III A.

§ 9. Enteignung für fiskalischen Wegebau.

29

die eingetretenen Besitzveränderungen ausgefertigt und der Grundund Hypothekenbehörde und abschriftlich auch nebst den sonst zur

Grundsteuerregulierung (vgl. bes. §§ 19 d und 21 des Ges. v. 9. Sep­ tember 1843) nötigen Unterlagen, soweit deren vorhanden, der

Steuerbehörde (Stadtrat in Städten mit revidierter Stüdteordnung; im übrigen: Bezirkssteuereinnahme) mitgeteilt, nach Analogie der Vorschrift in §79 der Auss.-Verordn. v. 15.August 1855.61 Hierauf erfolgt die Übersendung der Akten an den Kreissteuerrat zur Prüfung

der Verteilung der zur Landrentenbank überwiesenen Ablösungs­ renten (Verordn, v. 26. Februar 1859 § 5; vgl. oben V, 3d).

Enteignung für Wegebauzwecke? § 9. Enteignung für fiskalischen Wegeban. I. Die Kompetenz in Expropriationssachen bei fiskalischen Straßenbauten steht dem Finanzministerium? zu, die Enteignung

setzt daher eine auf dieselbe gerichtete, auf §§ 1. 2. 10 und 12 des Straßenbaumandats v. 28. April 1781 zu gründende Anordnung dieses Ministeriums voraus.

II. Enteignungsbehörden. Die Leitung des Enteignungs­ verfahrens in fiskalischen Straßenbauangelegenheiten liegt den Amtshauptmannschasten ob (vgl. auch Verordn, v. 15. Oktober 1874); die

Kassen- und Rechnungsgeschäfte werden von den Bauverwaltereien besorgt. In betreff der Sachverständigen gilt das oben § 8,11 Gesagte. III. Die Verpflichtung zur Abtretung erstreckt sich auf

1. den für den Straßenbau, bezw. die Straßenverbreitcrung,

nebst Zubehör an Gräben u. s. w. erforderlichen Grund und Boden: 61 Vgl. hierzu Fischer, Zeitschr. II. S. 34; auch Menglers Archiv. N. F. IV. S. 513. 1 Vgl. Ludwig-Wolf, Die Gesetzgebung über Wegebau und Expro­ priation im Königreich Sachsen. Leipzig 1878. 2. Ausl. 2 Min.-Verordn, v. 16. Dezember 1867, Zeitschr. f. R. u. V. R. F. XXXI. S. 183.

§ 9.

30

Enteignung für fiskalischen Wegebau.

§§ 1 und 10 des Straßenbaumandats v. 28. April 1781; dazu aber Mandat v. 4. Januar 1820 und Min.-Verordn, v. 31. Januar 1840. — Ein zu Bergwerkszwecken dienendes Grundstück kann nicht zu Wegebauzwecken expropriiert werden (Min.-Verordn. v. 14. Mai

1866); 2. das zum Straßenbau erforderliche Material an Steinen, Sand, Kies u. s. w., bei dessen Entnahme jedoch zunächst die weniger

nutzbaren Grundstücke den nutzbareren vorgezogen werden sollen

(§ 12 des Straßenbaumandats; Verordn, v. 30. April 1873); 3. die Gestattung der Abfuhrwege von den Entnahmestellen

des Straßenbaumaterials nach der Straße; ingleichen der während eines Baues einstweilen anzulegenden Wege, solange der Straßen­

bau dauert: Straßenbaumandat § 13; 4. die Verbindlichkeit zur Anlegung und Erhaltung von Feld­ abzugsgräben: Straßenbaumandat § 2 Abs. 2 und 3. Hierfür allent­

halben ist jedoch Entschädigung zu gewähren. IV. Zu entschädigen ist der von der Enteignung oder der

vorübergehenden Eigentumsbeschränkung (vorstehend III, 3) unmittel­ Die Entschädigung ist in Geld zu ge­

bar betroffene Eigentümer.

währen; verpflichtet zur Gewährung ist der Fiskus.

Gegen­

stand der Entschädigung ist 1. das zur Straßenherstellung oder Verbreiterung erforder­ liche Areal.

Die Entschädigung soll lediglich nach dem Ertrags­

werte des Grundstückes berechnet, und dabei sollen 12 achtellige

Quadratruten einer Dresdener Metze Aussaat gleichgeachtet werden

(1 ha = 263,361 Winterroggenaussaat)? Bei der Entschädigung für 3 Zu dieser Bestimmung, welche ihre praktische Bedeutung verloren haben dürfte, verdanke ich Herrn Spezialkommissar Lüder in Leipzig folgende Erläu­

terung: Man rechnete früher — und im gewöhnlichen Leben geschieht dies von den Landwirten bisweilen noch heute — bei Bestimmung eines Flächenmaßes nach der Menge des für die Bestellung der Fläche erforderlichen Samens, legte

aber hierbei ebensowohl den Winterroggen (etwa l1/» Scheffel Aussaat auf den Acker), als den Hafer (etwa 2 Scheffel Aussaat auf den Acker) zu Grunde.

Die

Straßenrute — 8 Ellen kam meist nur als Längen- und bloß ausnahmsweise

als Flächenmaß in Betracht.

12 achtellige Quadratruten sind 2,464 a.

Da

§ 9. Enteignung für fiskalischen Wegebau.

31

das enteignete Areal ist „billigmäßige Rücksicht" auf die demselben anhaftenden, den übrigen Grundstücken des Expropriierten anwach­

senden Oblasten zu nehmen: Straßenbaumandat §§ 1 und 10.

Da­

bei ist jedoch zu beachten, daß der zu Straßenbauten abgetretene

Grund und Boden steuerfrei wird, und es ist daher bei der Werts­

ermittelung der Wegfall der Grundsteuer zu berücksichtigen; einer besonderen Auswerfung der kapitalisierten Grundsteuer bedarf es

jedoch nicht: Ges. v. 9. September 1843 §§ 4c. 19 d; Verordn, v. 9. Dezember 1843; Verordn, v. 24. Januar 1853 § 5; Min.-

Verordn. v. 10. Februar 1879;

2. das zum Straßenbau zu enteignende Baumaterial; dasselbe ist, im Mangel freier Vereinbarung, nach dem durch Sachverstän­

dige ermittelten wahren Zeitwert zu vergüten: Verordn, v. 30. April

1873.

Das Areal, von welchem Materialien entnommen wurden,

ist, sobald keine Materialien mehr zu erholen sind, so gut als möglich wieder einzuebnen und dem Besitzer zum freien Gebrauche

wieder zu überlassen; doch bezieht sich die Verbindlichkeit zur Wieder­ einebnung nicht auf Steinbrüche: Straßenbaumandat § 12; Min.-

Verordn. v. 19. Februar 1838; 3. der den Anliegern aus der Benutzung ihrer Grundstücke zu Zufuhrwegen für Baumaterial und zu Jnterimswegen erwach­

sende Schaden; für denselben soll „billige Vergütung" nach sach­ verständiger

Taxe

gewährt

werden:

Straßenbaumandat § 13.

Ferner ist 4. denjenigen, welche die Abzugsgräben anzulegen und zu er­ halten haben, und welchen durch diese Gräben Wasser zugeführt

wird, welches ihnen sonst nicht zufließen würde,

hierfür „billig-

dieselben nach dem Mandate vom 4. Januar 1820 einer Metze (oder 6,489 1) Aussaat gleich zu achten sind, so würden gehören zu: 1 Acker Fläche 22,46 Metzen = 145,75 1 1 ha „ = 263,36 1. Es ist also im Mandate Winterroggenaussaal (1 Scheffel 6,46 Metzen auf den Acker) gemeint. 4 Vgl. Zeitschr. f. R. u. V. N. F. I. S. 185.

§ 9.

32

mäßige"

Enteignung für fiskalischen Wegebau.

Entschädigung nach „hauswirtschaftlicher Taxe"5 zu ge­

währen, jedoch haben hierzu „proportional" auch die Besitzer der­

jenigen Grundstücke beizutrageu, welche durch diese Anlage Mit­ befreiung von Wasser erlangen:

Straßenbaumandat § 2 Abs. 3.

Den Grundstücksbesitzern steht frei, die Ableitung nach Art der

Anzüchte, wieder zu bedecken, soweit dies ohne Hindernis des Wasser­ abflusses geschehen kann. V. Das Verfahren gestaltet sich (gewohnheitsrechtlich) fol­ gendermaßen:

1. Es beginnt mit dem Expropriationstermin; auf die

Vorbereitung desselben und die Ladungen zu demselben leidet das

oben § 8, V, 1, 2 a Gesagte sinngemäße Anwendung mit der Maß­ gabe, daß der Plan vom Finanzministerium genehmigt wird und

daß im Termin die Vertretung des Fiskus (als des Enteigners) in der Regel durch den Straßen- und Wasserbauinspektor erfolgt.

2. Zweck und Aufgabe des Termins ist a) die Ausmittelung der einzelnen abzutretenden Parzellen nach

ihrem Umfang in Länge, Breite und Richtung; Ausspruch über die Notwendigkeit ihrer Abtretung; b) Ausspruch über die Verbindlichkeit zur Anlegung und Er­ haltung von Feldabzugsgräben;

c) Auszeichnung der Entnahmestellen für das Baumaterial sowie

der erforderlichen Abfuhr- und Jnterimswege (vorstehend III. 2. 3.); d) Abschätzung jedes einzelnen der zu enteignenden Grundstücks­

teile und Entscheidung über den Betrag der dafür, sowie für die Abzugsgräben zu gewährenden Entschädigung. 3. Verlauf des Expropriationstermins. Nach Vornahme der thatsächlichen Erörterungen ist zunächst gütliche Vereinbarung zu

versuchen; dafern eine solche aber nicht zu erreichen ist, hat die 5 „Hauswirtschaftlich" im Gegensatz zu gewerblich oder landwirtschaftlich; d. h. es ist derjenige Aufwand zu vergüten, welcher dem Betroffenen aus der

Anlegung und Instandhaltung erwachsen wird, wenn er dieselbe selbst oder durch seine Leute bewirkt, und der Schaden zu ersetzen, welchen die Wasserzuführung

gerade ihm bei seiner Art, zu wirtschaften, verursacht.

Die hauswirtschaftliche

Taxe wird in der Regel niedriger sein als die gewerbliche oder landwirtschaftliche.

Enteignung für fiskalischen Wegebau.

§ 9.

33

Enteignungsbehörde auf Grund der Landentschädigungstabellen, in welche die Sachverständigen das Ergebnis ihrer Abschätzungen ein­

zutragen haben, und denen die Flächentabellen zu Grunde liegen,

Hierauf erfolgt die Überweisung, d. h. es ist

Bescheid zu erteilen.

dem Expropriaten nach erfolgter Absteckung des enteigneten Grund­ stücksteiles alle weitere Gebarung damit und jede Störung der vom

Enteigner zu veranstaltenden Arbeiten (also

auch der vom Ent­

eigner vorzunehmenden Materialentnahme von den dafür bestimmten Plätzen) zu untersagen. zu machen,

Widersprüche sind im Rekurswege geltend

die Rekurse haben jedoch nicht aufschiebende Wirkung

(Straßenbaumandat § 23). VI. Nach dem Expropriationstermin erfolgt alsbald 1. seitens der Enteignungsbehörde (Amtshauptmannschaft) An­ zeige an die Grund- und Hypothekenbehörde, wobei die von der

Abtretung betroffenen Grundstücke mit Bemerkung der Flurbuchs­

nummern, der Flächeninhalt des abzutretenden Teiles und der Be­ trag der durch die Würderung vorläufig (vgl. nachstehend VII. u.

IX) ermittelten Geldentschädigung anzugeben sind. Die Hypotheken­ behörde hat, falls ihrem Ermessen nach aus der Überlassung der

Geldentschädigung an den Grundstückseigentümer eine Gefährdung

der

etwa vorhandenen hypothekarischen Gläubiger entstehen kann,

Befragung aller oder doch der möglicherweise gefährdeten Hypo­

thekarier darüber,

ob sie auf die Entschädigungssumme Anspruch

erheben, vorzunehmen« und falls Hypothekarier nicht vorhanden sind oder nicht gefährdet erscheinen oder auf die Geldentschädigung aus­

drücklich oder stillschweigend verzichtet haben, hiervon ungesäumt

der Enteignungsbehörde Nachricht zu geben.

Bor Eingang einer

Mitteilung oder eines Zeugnisses darüber, daß der Auszahlung an

den Enteigneten ein Hindernis nicht entgegensteht, darf diese Aus­ zahlung

an den

Genannten weder ganz noch teilweise erfolgen,

sondern hat zum Depositum der Grund- und Hypothekenbehörde

zu geschehen (Verordn, v. 24. Januar 1853); 6 Kein öffentlicher Aufruf der entfernteren Interessenten: Min.-Verordn. v. 15. Oktober 1875, Zeitschr. f. R. u. B.

Hape, Zwangsenteignung.

N. F. XLII. S. 470.

3

§ 9. Enteignung für fiskalischen Wegebau.

34

2. seitens der Straßen- und Wasserbauinspektion die vorläufige Einreichung der Landentschädigungstabellen in je einem Exemplar

an die Amtshauptmannschaft, die Bauverwalterei und das Forst­

rentamt.

In dieser „vorläufigen" Tabelle sind diejenigen Beträge

zusammenzustellen, welche vor Beendigung des Baues uud der Bcrainung unbedenklich (d. h. im fiskalischen Interesse „unbedenklich")

gezahlt werden können.

Die Auszahlung erfolgt durch das Forst­

rentamt (Verordn, v. 30. Oktober 1876), eventuell (vorstehend a am Ende) zum gerichtlichen Depositum;

3. seitens der Amtshauptmannschaft die Einreichung der etwa eingewendeten Rekurse an die Rekursinstanz (Kreishauptmannschaft).

VII.

Nach Fertigstellung der Straße und der Nebenarbeiten

wird der Berainungstermin abgehalten, auf welchen das oben § 8, VII Gesagte sinngemäße Anwendung leidet, mit der Maßgabe, daß auch hierbei der Fiskus, als Enteigner, durch den Straßenund Wasserbauinspektor vertreten zu werden pflegt. VIII.

Nach

erfolgter Berainung

und endgültiger

Flächen­

ermittelung hat

1. die Enteignungsbehörde (Amtshauptmannschaft) das Ergeb­

nis, soweit es von den Feststellungen des Expropriationstermines (vorstehend VI, 1) abweicht, der Grund- und Hypothekenbehörde mitzuteilen, ferner Anzeige an den Kreissteuerrat zu erstatten, zum Zwecke der Grundsteuerregulierung (vorstehend IV, 1 am Ende).

Bon der Steuerbehörde ist nach erfolgter Grundsteuerregulierung

und nachdem im Flurbuche die mit dem Grundstücke vorgegangenen Änderungen bemerkt worden sind,

der Grund- und Hypotheken­

behörde Mitteilung zu machen, damit die Abschreibung des abge­ trennten Grundstücksteiles auf dem Folium im Grund- und Hypo­ thekenbuche und die entsprechende Bemerkung in dem zum Grund-

und Hypothekenbuche gehörigen Flurbuchsauszuge (§ 57 der Ausf.Verordn. v. 15. Februar 1844 und Verordn, v. 27. März 1848) ord­

nungsgemäß bewirkt werden kann: Verordn, v. 24. Januar 1853 § 5; 2. die Straßen- und Wasserbauinspektion die Entschädigungs­

tabellen wiederum der Amtshauptmannschaft, der Bauverwalterei

§ 10 A. Enteignung für nichtfiskalischen Wegeban.

35

und dem Forstrentamt zuzusenden, letzterem zur Auszahlung der endgültig (f. jedoch nachstehend unter IX) ermittelten und festge­

stellten Summen: Verordn, v. 30. Oktober 1876. IX. In betreff des Rechtsschutzes gilt das oben § 8, VIII Gesagte; jedoch ist der Gerichtsstand der gelegenen Sache nicht

ausschließlich.7 X. Die Entschädigungssummen sind, sofern vertragsmäßig

nicht etwas Anderes bestimmt ist, in barem Gelde zu zahlen und von der Enteignung an bis zur Zahlung oder Hinterlegung (vor­

stehend VI, 1 am Ende) zu verzinsen.

XI. Bezüglich der Kosten gilt, soweit nicht der Fiskus über­ haupt Kostenfreiheit genießt, das oben § 8, X Gesagte.

Nur wegen

der durch die Grundstücksabtrennung veranlaßten Bemühungen der

Grund- und Hypothekenbehörden findet Kostenerhebung nicht statt: Straßenbaumandat § 23; Verordn, v. 24. Januar 1853 § 6.

§ 10.

Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau. Bezüglich der Enteignung für den nichtfiskalischen Wegebau

gelten verschiedene Grundsätze, je nachdem es sich dabei um Straßen für den inneren Ortsverkehr handelt oder nicht, d. h. je nachdem

ausschließlich oder doch vorwiegend die Bedürfnisse eines einzelnen Ortes den Straßenbau und damit die Enteignung veranlassen und durch dieselbe befriedigt werden sollen oder die Bedürfnisse des Verkehrs von Ort zu Ort (Verordn, des Ministerium des Inneren

v. 19. Juni 1885)? A. Enteignung für den Verkehr von Ort zu Ort.

I.

Enteignungsbehörde ist die Amtshauptmannschaft, da

nach der Verordn, v. 31. Mai 1856 die Zuständigkeit derselben

7 Osterloh, Der ordentliche bürgerliche Prozeß nach Kgl. sächs. Recht I. § 139, dazu C.P.O. § 27 und Wach, a. a. O. S. 445. 1 Fischer, Zeitschr. VIII. S. 327.

§ 10 A. Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau.

36

stets dann eintritt, wenn die Ortsobrigkeit zugleich Vertreterin der Ortsgemeinde ist und die Interessen der letzteren mit den wahrzu­

nehmenden Verwaltungsinteressen kollidieren, sei es hinsichtlich der dem Wege zu gebenden Bestimmung, Beschaffenheit und Breite und

des dadurch bedingten Aufwandes oder der zu gewährenden Boden­ entschädigung, und da überdies in Expropriationsangelegenheiten die Zuständigkeit der Gemeindebehörden mittlerer und kleiner Städte sowie der Landgemeinden durch § 8 der Kompetenzverordnung v. 22. August

1874 ausdrücklich ausgeschlossen ist. Vgl. auch Verordn, v. 15. Oktober 1874.

Eine Mitwirkung der Bauverwaltereien findet nicht statt.

In betreff der Sachverständigen gilt das oben § 8, II Gesagte.

II. Voraussetzung der Enteignung ist nicht eine besondere Ermächtigung zu derselben, sondern nur ein im Rechtsmittelwege nicht mehr anfechtbarer, die Notwendigkeit der Anlegung des öffent­

lichen Weges aussprechender Beschluß des Bezirksausschusses: Ges.

v. 21. April 1873 tz 11 Nr. 5. III.

In betreff der Verpflichtung zur Abtretung und

der Entschädigung gilt das oben § 9, III und IV Ausgeführte mit der Maßgabe, daß zur Entschädigungsgewährung regelmäßig

die wegebaupflichtigen Gemeinden (als die Enteigner) verbunden sind. Nach einer Ministerialverordnung vom 31. Januar 18402 soll, wenn

ein zeither schon vorhandener Privatweg in einen öffentlichen ver­ wandelt wird, nur für das zur Verbreiterung nötige Areal Ent­

schädigung zu gewähren sein, da das übrige Areal dem Eigentümer keinen weiteren Nutzen gewähre als den des präsumtiv ihm unent­ behrlichen Wegegebrauches.

Diese Bestimmung wird jedoch nur dann

Platz greifen können, wenn die in derselben aufgestellte Präsumtion zutrifft (vgl. auch Meiner!, Grundsätze des im Königreiche Sachsen

geltenden öffentlichen Straßenbaurechtes, Leipzig 1844) und wenn

und insoweit die Enteignung lediglich in der Auferlegung einer Servitut besteht, wenn also der zu Wegebauzwecken bestimmte Grund und Boden nicht in das Eigentum des Enteigners übergehen soll.

Ludwig-Wolf, a. a. O. S. 56.

§ 10 B.

Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau.

37

IV. Auf den Expropriationstermin findet das oben § 8, V, 1 n. 2 Ausgeführte sinngemäße Anwendung mit der Maßgabe, daß der Plan vom Bezirksausschuß genehmigt ist, und daß als Enteigner regelmäßig die Vertreter der wegebaupflichtigen Gemeinden auftreten. V. Soweit im Vorstehenden (I bis IV) nicht ausdrücklich etwas Anderes bemerkt worden ist, leidet auf die hier in Rede stehenden Enteignungsfälle das oben § 9 Gesagte Anwendung mit Ausnahme

des dort unter VI, 2 und VIII, 2 Bemerkten. B. Enteignung für den inneren Ortsverkehr.

Hier ist zunächst zu unterscheiden, ob für den Ort eine Lokal­

bauordnung besteht oder nicht. I. Im Falle des Bestehens einer Lokalbauordnung^ ist dieser nachzugehen.

Die in älteren, d. h. vor dem Gesetze vom

11. Juni 1868 errichteten (nur von den vormaligen Kreisdirektionen

genehmigten) Lokalbauordnungen enthaltenen Expropriationsbestim­

mungen haben, unbeschadet der sonstigen Gültigkeit der Ordnung, keine Geltung.

Das Gesetz vom 11. Juni 18681 2 3gestattet, daß die

mit ministerieller Genehmigung2 errichteten Lokalbauordnungen über

Abtretung von Grundeigentum und Duldung dinglicher Dienstbar­ keiten zur Verbreiterung, Geradelegung oder Fortsetzung der für den inneren Ortsverkehr bestimmten Straßen, Wege und Plätze, zur An­

legung und Durchführung neuer dergleichen, zur Erbauung und Verbreiterung von Brücken, zu Ufer- und Dammbauten sowie zur

Herstellung von Schleusen und Wasserleitungen (ü6er die letzteren

Punkte vgl. unten §§ 11. 13 und 14) für den Fall Bestimmungen treffen, daß die Ausführung eines solchen Bauvorhabens durch das 1 Ortsbauordnungen werden in den Städten vom Stadtrate unter Zu­ stimmung der Stadtverordneten, in den Landgemeinden vom Gemeinderate er­ richtet und bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde und der Bestätigung

durch das Ministerium des Inneren: Vgl. Fischer, Zeitschr. IX. S. 361, X. S. 28; vgl. auch oben § 6 Anm. 1.

2 Leuthold, Das Königl. sächs. Baupolizeirecht, Leipzig, 1890, 5. Ausl.. S. 91 ff. 3 Genehmigungsgrundsätze: Fischer, Zeitschr. XI. S. 145 ff.

§ 10 B.

38

Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau.

Vorhandeusein eines dringenden, d. h. auf andere Weise nicht zu

befriedigenden Ortsbedürfnisses (nicht auch durch andere „öffent­

liche Interessen" oder durch eine im öffentlichen Interesse wünschens­ werte Privatspekulation) bedingt wird/ wobei jedoch gleichzeitig die

Art und Weise festgestellt werden muß, wie die von der Gemeinde ohneAnstand zu gewährende Entschädigung für das enteignete Grund­

eigentum oder die auferlegte dingliche Dienstbarkeit ausgemittelt und geleistet werden soll.617

Bei Streitigkeiten über die Entschädigung

kommt § 31 Abs. 2 der Verf.-Urk. zur Anwendung (oben § 9, IX).

Im einzelnen ist zu bemerken: 1.

Jede auf Grund einer Lokalbauordnung

vorzunehmende

Enteignung setzt voraus die Zustimmung der Gemeindevertre­

tung, d. i. in Städten mit revidierter Städteordnung der Stadt­ verordneten (Min.-Verordn. v. 23. April 1884, Fischers Zeitschr.

V. S. 278), bezw. in kleinen Städten und in Landgemeinden des Stadtgemeinderates, bezw. Gemeinderates, und die Genehmigung

des Ministeriums des Inneren.

Dem Gesuche ist, falls die Ent­

eignung nicht in Gemäßheit eines unter Zustimmung der Gemeinde­ vertreter entworfenen und vom Ministerium des Inneren bereits

genehmigten Bebauungsplanes erfolgen soll, ein Plan beizulegen, welcher die Notwendigkeit der Enteignung veranschaulicht und den

Flächeninhalt der Ländereien und Gebäude, deren Abtretung ver­

langt wird, ersehen läßt; auch ist nachzuweisen, daß eine gütliche

Vereinbarung

vergeblich

versucht worden ist?

Das Ministerium

des Inneren hat, wenn Staatseigentum in Frage kommt, sich mit demjenigen Ministerium,

zu dessen Geschäftskreis das

betroffene

* Ludwig-Wolf, a. a. £>. S. 127. 128.

5 Leuthold, a. a. O. S. 94 unter e. 6 Vgl. Landtagsmitteilungen 1866/68.

I. Kammer.

S. 3602 u. Zeitschr.

f. R. u. V. N. F. XXXII. S. 274 ff.

7 Uber die Grenzen der Gcmeindeautonomie, namentlich in Bezug auf die

Errichtung von Lokalbauordnungen, vgl. Häpe im Sächs. Wochenbl. 1887 S. 209. 8 Vergeblich ist diese Vereinbarung versucht, wenn auch nur einer der Inter­ essenten, z. B. ein Hypothekarier, widerspricht (vgl. dagegen nachstehend im Text 4):

Leuthold, a. a. O. S. 95 Anm. zu § 5.

§ 10 B.

Enteignung für nichtfiskalischen Wegebau.

39

Grundstück gehört, zu vernehmen, auch hat das Ministerium des Inneren, wenn das Gesuch auf die Genehmigung zur Enteignung von Gebäuden gerichtet ist, die Notwendigkeit der Enteignung durch

eine Kommission von Sachverständigen unter Zuziehung der be­

teiligten Parteien (Expropriant und Expropriat) an Ort und Stelle prüfen zu lassen.

Gegen die Entschließung des Ministeriums ist

nur einmaliger Rekurs an dasselbe zulässig: Ges. v. 11. Juni 1868

§§ 2. 4 bis 8.

2. Ist der Rest des von der Enteignung betroffenen Grund­

stückes ganz oder teilweise für die bisherige Benutzung nicht mehr tauglich, oder kann er nur mit einem, mit dem Werte des Nutzens

nicht im Verhältnisse stehenden Aufwande wieder tauglich gemacht werden,

oder ist er nicht mehr ausreichend zur Erbauung eines

Hauses,

so kann der betroffene Grundstücksbesitzer auch die Ent­

eignung dieses (an sich von der Enteignung nicht betroffenen) Teiles verlangen, ebenso die Enteignung eines ganzen Gebäudes, wenn dasselbe auch nur teilweise abgetragen werden soll: § 10 des Ges. v. 11. Juni 1868.

3. Die Entschädigung ist, soweit der erwachsende Schaden nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann (weil nämlich eine

Einigung über die Ausgleichung nicht zu erzielen ist), in barem Gelde zu gewähren, wobei sowohl der ordentliche, als auch der

außerordentliche Wert der zu enteignenden Sache oder des zu ent­

eignenden Rechtes, nicht minder der entzogene Gewinn nach Maß­

gabe der §§ 78.124 u. 125 des Bürger!. G.B.'s (Schadenersatz wegen

„unerlaubter Handlungen", also ex delicto!!) zu ersetzen ist: § 9

des Gesetzes?

4. In betreff der entfernteren Interessenten gilt das oben § 8, IV, 3 Ausgeführte, mit der Maßgabe, daß die Entschädigungs­

gelder jedesmal an die Grund- und Hypothekenbehörde zu zahlen sind und diese vor Ausantwortung des Geldes an den Grundeigen9 Trotzdem Berücksichtigung etwaiger Wertserhöhungen nach den vom Mini­ sterium des Inneren aufgestellten Grundsätzen über Genehmigung von Ortsbau­

ordnungen; vgl. oben § 5 Sinnt. 7 und § 6 Sinnt. 1.

Hinter die einschlagenden Rechte der entfernteren Interessenten in Gemäßheit der §§ 168 bis 190 des Gesetzes vom 17. März 1832 u. §§ 34. 35 des Gesetzes vom 15. Mai 1851 wahrzunehmen hat. Doch bedarf es einer Befragung der hypothekarischen Gläubiger nicht, wenn eine Gefährdung ihres Interesses nach dem Ermessen der Grund- und Hypothekenbehörde aus der Auszahlung des Ent­ schädigungskapitals an den Grundbesitzer offenbar nicht entstehen kann: vgl. § 11 des Gesetzes vom 11. Juni 1868. II. Falls eine Lokalbauordnung nicht besteht, findetdas oben § 10, A Ausgeführte analoge Anwendung. Über den Fall, daß die Entstehung neuer Ortsteile die Beschaffung neuer Wege notwendig macht: vgl. § 3 des Gesetzes vom 12. Januar 1870?°

Enteignung für Wasserbau- und Wasserleitungszwecke.

§ 11. Ufer- und Dammbauten.

Im Falle des Bestehens einer Ortsbauordnung leidet das vor­ stehend § 10, B, I Gesagte beim Vorhandensein der dort gedachten Voraussetzungen Anwendung; anderenfalls, also namentlich auch dann, wenn eine Ortsbauordnung zwar besteht, aber über die Ent­ eignung für Ufer- und Dammbauten nicht Bestimmungen trifft, gilt Folgendes: 1. Die Enteignung wird geregelt durch § 3 des Mandates, die Elbstromufer- und Dammordnung enthaltend, vom 7. August 1819, welche Ordnung nach dem Schlußsätze des Mandates auch auf kleinere Flüsse Anwendung zu leiden hat. 2. Enteignungsbehörden sind (an Stelle der vormaligen Wasserbaukommissionen) die Amtshauptmannschaften (vgl. auch Ver10 Hierzu die bei Ludwig-Wolf, a. a. O. in der Anmerkung zu § 3 des Gesetzes und zu § 10 des Straßenbaumandates abgedruckten Ministerial-

verordnungen.

§ 11.

Ufer» und Dammbauten.

41

ordn. v. 15. Oktober 1874) \ denen die Straßen- und Wasserbau­

inspektionen beigegeben sind.

Zur Vornahme der wegen der Ent­

schädigungsgewährung notwendig werdenden Erörterungen sind je

drei Sachverständige zu bestellen, und zwar je einer von den strei­

tenden oder die Abschätzung veranlassenden Parteien (Baupflichtiger — Expropriat) und einer von der Amtshauptmannschaft (nach Ge­

hör des Bezirksausschusses);

die letztere kann, wenn es die Um­

stände erforderlich machen, auch mehrere „Taxatoren" (Sachver­ ständige) von den Beteiligten bestellen lassen oder die von denselben

vorgeschlagenen Taxatoren verwerfen.

Die Sachverständigen, welche

der Landesgegend kundige, weder bei der in Frage befangenen Angelegenheit interessierte, noch mit einem der Beteiligten in naher

Verbindung

oder Verwandtschaft stehende Landwirte sein sollen,

sind, wenn gegen ihre Zulassung Bedenken nicht obwalten, vor der Abschätzung (s. unten 6 b) in gewöhnlicher Weise, d. h. eidlich zu verpflichten oder, falls sie bereits im allgemeinen als landwirtschaft­

liche Sachverständige in Pflicht stehen, auf die ihnen bereits ob­ liegenden Pflichten zu verweisen. 3. Voraussetzung der Enteignung ist die von der Amts­

hauptmannschaft 1 2 3festgestellte Notwendigkeit von Ufer- und Damm­ bauten oder von Durchstichen und anderen Vorkehrungen, behufs

Sicherstellung des Landes gegen die Angriffe des Stromes (Flusses) und gegen Überschwemmungen, sowie von Abgrabungen nachteiliger

Mittelhäger und Anhägerungen? 4. Die Verpflichtung zur Abtretung erstreckt sich auf

1 In den exemten Städten (Dresden, Leipzig und Chemnitz), soweit es sich nicht um fiskalische Wasserbauten handelt, der Stadtrat; für fiskalische Wasser­ bauten an der Elbe bei Dresden: lediglich die Amtshauptmannschaft Dresden-

Neustadt; § 4 der Verordn, v. 11. September 1880. 1 Für die Elbe bei Dresden ist die Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt „Wasserbaupolizeibehörde": Verordn, v. 11. September 1880 § 4.

3 Die Entschließung über Wasser- und Uferbauten an der Elbe und die der Schiffahrt künftig etwa zu erschließenden Wasserläufe steht dem Finanz­ ministerium zu. Auch wird sich das Ministerium des Inneren bei Wasser- und Uferbauten an den seiner Zuständigkeit in ufer- und strompolizeilicher Beziehung

42

§ 11.

Ufer- und Dammbauten.

die Mittelhäger und Anhägerungen sowie auf das für die Uferund Dammbauten und für die Durchstiche erforderliche Areal und

das zu den erwähnten Ufer- und Dammbauten erforderliche Material an Erde, Rasen, Steinen und Kies, nicht minder auf die Über­ lassung des für die Zufuhrwege und die Lagerung des Materials

erforderlichen Raumes. 5. Zu entschädigen ist der von der Enteignung unmittelbar

betroffene Grundstücksbesitzer; in betreff der entfernteren Interessenten enthält das Mandat keine Vorschriften, es wird jedoch auf dieselben

das oben § 8, IV, 3 Gesagte angewendet; werden seitens der ent­ fernteren Interessenten Ansprüche erhoben, so werden die Entschä­

digungsgelder in das Depositum der Grund- und Hypothekenbehörde gezahlt.

Die Entschädigungen sind von den Baupflichtigen zu ge­

währen, und zwar regelmäßig (s. jedoch unten e am Ende) in barem Gelde.

Die Entschädigungsgewähruug erfolgt

a) für die Hingabe des Areals, dafern die Vorkehrungen, welche die Enteignung nötig machen, nicht bloß zum Schutze gegen

Uferabrisse, sondern zugleich auch zur Verbesserung der Strombahn

dienen, namentlich bei Anlegung von Durchstichen und Dämmen, welche ganze Bezirke sichern, und Ufergebäuden, welche die Anlan­

dung eines Mittelhägers oder eine neue Anhägerung bezwecken; für

das hierzu erforderliche Areal ist volle Entschädigung zu leisten; b) für überlassene Steine ist der gewöhnliche Kaufpreis zu gewähren;

c) für abgegrabenen Erdboden und Rasen, ferner für den Raum, welcher zur Lagerung und zum Transport von Material

gebraucht worden ist, ist der Verlust zu vergüten, welchen der Be­

sitzer dadurch in der Benutzung des Grundstückes erlitten hat;

d) bei Abgrabung von Hägern oder Anlagen ist der Nutzungswert des darauf befindlichen Holzbestandes oder der Gras­ nutzung zu vergüten; besteht aber die Oberfläche der Hägerung unterstehenden Wasserläufen dann mit dem Finanzministerium ins Vernehmen

setzen, wenn diese Bauten im wesentlichen auf Staatskosten ausgeführt werden:

Min.-Verordn. v. 3. Januar 1882; Fischer, Zeitschr. III. S. 33.

§ 11.

43

Ufer- und Dammbauten.

bloß aus Sand und Kies, so kann Entschädigung nicht gefordert

werden; e) bei Durchstichen ist den betroffenen Grundstücksbesitzern nicht nur für das zu diesem Behufe entnommene Land, ingleichen

auch für den durch die Bauvorkehrungeu verdorbenen Boden (Ertragsminderung), sondern auch für die durch den neuen Lauf des Wassers verhinderte Benutzung ihrer Besitzungen, nicht minder für

den erforderlichen Aufwand, um vermittelst Fähren auf ihre, durch den neuen Stromlauf von ihren Besitzungen abgetrennten Grund­ stücke gelangen zu können (Bewirtschaftungserschwernisse), Entschä­

digung zu gewähren, wozu, wenn die Umstände es gestatten (d. h. wenn daraus eine Benachteiligung des Entschädigungsberechtigten

nicht erwächst), das verlassene Strombett mit anzuwenden ist.

6. Das Verfahren gestaltet sich folgendermaßen: a) die Amtshauptmannschaft verfügt, nach Gehör der Straßen-

und Wasserbauinspektion an die Baupflichtigen nnd an die Besitzer der von den Bauten zu treffenden Grundstücke, welche Bauten und

in welchem Umfange und in welcher Richtung diese Bauten vor­

zunehmen sind.

Gegen diese Verfügung steht den Beteiligten die

Einwendung des Rekurses zu; der Rekurs geht an die Kreishaupt­ mannschaft;

b) ist die Anordnung der baulichen Vorkehrungen im Rechts­

mittelwege nicht mehr anfechtbar, so ist zunächst wegen der zu ge­ währenden Entschädigungen sowie eventuell wegen der Entnahme­

stellen des erforderlichen Materials, der Richtung der Zufuhrwege

u. dgl., mit den Beteiligten an Ort und Stelle gütliche Verhand­ lung zu Pflegen; führt dieselbe nicht zum Ziele, so ist von der

Amishauptmannschaft zu entscheiden, und es ist dabei die dem Expropriaten zu gewährende Entschädigung auf Grund der von den

Sachverständigen gegebenen Schätzung festzustellen, und zwar ist,

falls

die Taxen der Sachverständigen nicht übereinstimmen,

der

Durchschnitt, d. h. das arithmetische Mittel, aus diesen Taxen zu

ziehen und hiernach die Vergütung zu bestimmen.

Auch gegen

diese Entscheidung steht den Beteiligten das Rechtsmittel des Re-

§ 12. Vasserlaufsberichtigungen.

44

kurses zu, nur wird, soweit der Rekurs lediglich die Entschädigungs­

frage betrifft, die Enteignung durch die Einwendung des Rekurses nicht aufgehalten;

es ist daher mit der Absteckung der enteigneten

Grundstücksteile zu verfahren und

Gebarung mit denselben und

dem Expropriaten die weitere

die Hinderung der von den Bau­

pflichtigen vorzunehmenden Arbeiten zu untersagen; c) über die Möglichkeit der Beschreitung des Civilrechtsweges vgl. das § 9, IX Ausgeführte,

welches auch

hier Anwendung zu

leiden hat; d) nach Beendigung des Baues findet Nachvermessung und

eventuell Zubilligung von Nachentschädigungen statt. Hierauf erfolgt Anzeige an den Kreissteuerrat, zum Zwecke der Grundsteuerregu­

lierung und Vormerkung im Flurbuche, und durch denselben Mit­ teilung an die Grund- und Hypothekenbehörde; vgl. oben § 9,

VIII. 1. — Kosten pflegen, abgesehen von den Gebühren der Sach­ verständigen,^ nicht berechnet zu werden.

§ 12.

Wasserlaufsberichtigungen? I. Die Enteignung wird geregelt durch das Gesetz über die Berichtigung von Wasserläufen und die Ausführung von Ent- und Bewässerungsanlagen vom 15. August 1855 Abschnitt I (und III) und Ausführungsverordnung von demselben Tage, dazu Bekannt­

machung v. 22. Februar 1870 und Abänderungs- und Erläuterungs­ gesetz v. 9. Februar 1864.

Die Vorschriften dieser Gesetze leiden

jedoch keine Anwendung auf die Elbe und künstliche Wasserläufe, insoweit nicht an einer Anlage der

letztgedachten Art bei Berich­

tigung eines natürlichen Wasserlaufes eine Änderung sich nötig macht

(§ 3 des Ges. v. 1855).

II. Voraussetzung für die Enteignung ist das Vorhanden­ sein einer vom Ministerium des Inneren erteilten Genehmigung 4 Die Erstattung dieser Gebühren liegt den Baupflichtigen ob. 1 Künzel, K. S. Landeskultur-Gesetze, Leipzig 1872.

§ 12. Wasserlaussberichtigungen.

45

zur Berichtigung eines Wasserlaufes oder einzelner Strecken eines

solchen;

diese Genehmigung setzt voraus, daß entweder ein erheb­

liches Landeskulturinteresse an der Ausführung vorhanden ist, zu dessen Befriedigung eine Wasserlaufsberichtigungsgenossenschast ge­

bildet wird (über diese gehört das Nähere in die Lehre vom Zwange

zu wirtschaftlicher Thätigkeit), oder daß der Staat oder Private

freiwillig und auf ihre Kosten Wasserlaufsberichtigungen vornehmen

wollen, welche aus nationalökonomischen Rücksichten oder aus Rück­ sichten auf das öffentliche Wohl begründet erscheinen, oder daß es sich handelt um die zur Instandhaltung eines berichtigten Wasser­

laufes erforderlichen Maßregeln (§§ 1. 30. 50 des Ges. v. 1855). III. Enteignungsbehörden.

Zur Besorgung der gesamten,

bei Ausführung der Berichtigung vorkommenden Geschäfte einschließ­ lich der Enteignung wird vom Ministerium des Inneren ein juristisch

befähigter Kommissar als Verwaltungsbehörde erster Instanz bestellt, welcher, soweit es sich nicht um Entscheidung über Rekurse handelt,

dem Ministerium des Inneren unmittelbar unterstellt ist; sowohl

die Bestellung des Kommissars als auch die Zurücknahme des dem­ selben erteilten Auftrages sind öffentlich bekannt zu machen.

Als

Mittelbehörde ist für die Erteilung zweitinstanzlicher Entscheidungen

auf Grund des I. Abschnittes des Gesetzes vom 15. August 1855 die Generalkommission für Ablösungen und Gemeinheitsteilungen (Kreishauptmannschaft Dresden),

für alle übrigen nach Maßgabe

des vorerwähnten Gesetzes zu erledigenden Geschäfte, einschließlich der Aufsicht über ausgeführte Berichtigungen von Wasserläufen die

Kreishauptmannschaft des Bezirkes, in welchem die Berichtigung

stattfindet, bezw. stattgefunden hat, bestellt.

Oberste Instanz ist das

Ministerium des Inneren: §§ 38. 39 des Gesetzes und § 60 der

Ausf.-Verordn. v. 1855.

Die zu den der Behörde obliegenden Er­

mittelungen oder sonst für

die Enteignung erforderlichen Sach­

verständigen ernennt die Behörde: § 40 des Ges. v. 1855.

IV. Gegenstände des Eingriffes (der Enteignung) sind:

a) das Eigentum oder etwa vorhandene Dienstbarkeiten an dem zur Ausführung der Berichtigung nach Maßgabe des festge-

§ 12. wafferlaufsberichtigongen.

46

stellten Planes erforderlichen Grund und Boden; der Eigentümer ist zu dessen Abtretung sowie zur Hingabe der erforderlichen Bau­ materialien an „Kies, Sand, Erde u. s. to." und zur Duldung der

etwa erforderlichen Dienstbarkeiten verpflichtet, und etwa vorhandene Servitutberechtigte haben die Aufhebung oder Beschränkung ihrer

Servitut zu dulden, doch kann sich der Grundstückseigentümer das Recht zum Abbau der unter dem abzutretenden Grundstücke etwa

vorhandenen, nicht bergfreien Fossilien, welche er solchenfalls der

Art nach bestimmt zu bezeichnen hat, Vorbehalten:

§ 32 des Ges.

v. 1855; § 68 der Ausf.-Verordn.; b) Wasserbenutzungsrechte (zu denen auch die Fischerei gehört);

dieselben können aufgehoben, gemindert oder so betroffen werden, daß ihre zweckmäßige Ausübung nach Ausführung der Wasserlaufs­

berichtigung nur nach vorgängiger Abänderung der die Benutzung vermittelnden Vorrichtungen (z. B. Wehre) möglich ist: § 15 des

Ges. v. 1855;

dafern das letztere der Fall ist, hat der Enteigner

nach seiner Wahl entweder den Umbau selbst auf seine Kosten zu

bewerkstelligen oder den dadurch thatsächlich entstehenden Aufwand zu ersetzen.

Die umgebauten, verlegten oder veränderten Vorrich­

tungen treten in rechtlicher Beziehung, also in Bezug auf Benutzungs­ recht und Unterhaltungspflicht an Stelle der früheren; für die da­ mit etwa herbeigeführte Vermehrung des Unterhaltungsaufwandes

hat der Enteigner Entschädigung zu leisten: § 21 des Ges.;

c) die Verkehrsmittel (Wege, Brücken u. s. w.),

deren Ver­

änderung durch die Berichtigung notwendig wird; diese Verände­ rungen hat der Enteigner auf seine Kosten auszuführen, auch den dadurch etwa bedingten Mehraufwand der Unterhaltung oder ver­

ursachte Wirtschaftserschwerungen zu entschädigen:

§ 25 des Ges.

v. 1855 Verb, mit § 4 des Ges. v. 12. Januar 1870.

V. Entschädigungsberechtigt ist jeder, dessen Privatrechts­

sphäre durch die Wasserlaufsberichtigung (nicht nur durch eine Ent­ eignungshandlung im eigentlichen technischen Sinne) verletzt wird (§ 26 des Ges. v. 1855), nämlich:

§ 12.

Wasserlaufsberichtigungen.

47

a) die Eigentümer der von der Abtrennung oder Servituten­

auferlegung betroffenen Grundstücke: § 22 des Gesetzes; b) diejenigen, welchen Grunddienstbarkeiten an den enteigneten Grundstücken zustehen: § 22 Abs. 3;2 c) die Wegeunterhaltungspflichtigen, sofern ihnen aus der Be­

richtigung ein Mehraufwand entsteht: § 25; d) diejenigen, welche durch die Berichtigung oder eine damit zusammenhängende Wegeverlegung Wirtschastserschwerungen erleiden:

§ 25; e) die

beeinträchtigten

Wasserbenutzungsberechtigten:

§§ 15.

17. 21; f) die Eigentümer des durch die Berichtigung trocken gelegten

Flußbettes, dafern sie nicht mit einem Grundstück an dasselbe an­ grenzen; sie haben das Recht, zu verlangen, daß der Enteigner den

trocken gelegten Grund und Boden auskauft.

Sind jedoch Eigen­

tümer, welche nicht zugleich Anlieger am Flußbett sind, nicht vor­

handen, so verbleibt der trocken gelegte Grund und Boden den bisherigen Eigentümern oder er fällt, dafern er bisher in niemandes

Eigentum sich befand, den Anliegern bis zur Mitte des trocken ge­ legten Flußbettes zu.

Letzteren Falles begründet der dadurch den

Anliegern erwachsende Vorteil ihre Verpflichtung zum Eintritt in die Berichtigungsgenossenschaft: § 27;

g) diejenigen, welche sonstige im Gesetze nicht ausdrücklich be­ zeichnete Privatrechtsnachteile erleiden: § 26 des Gesetzes;

h) die sog. entfernteren Interessenten im Sinne des Ablösungs­ gesetzes vom 17. März 1832 § 167 ff.

Die unter e bis h Genannten haben jedoch kein Recht, der Ab­ tretung sowie der Überweisung (s. unten VII, 12) zu widersprechen.

VI. Entschädigungsgrundsätze: 1. Bei Ausmittelung der Entschädigung hat dqs oben § 8, IV,

1 und 2 Ausgeführte sinngemäße Anwendung zu leiden, jedoch mit folgenden Modifikationen: 1 Vgl. oben § 5 Amn. 4.

§12, lvasserlaufsberichtigungen.

48

a) die Entschädigung ist nicht notwendig Geldentschädigung, vielmehr ist der Eigentümer des von der Abtretung betroffenen Grund und Bodens gehalten, an Stelle des ihm Enteigneten und

zum Ersatz für dasselbe anderen vom Exproprianten bei der Be­ richtigung erworbenen und nach deren Ausführung entbehrlichen

Grund und Boden, soweit derselbe dazu reicht, anzunehmen, voraus­ gesetzt, daß derselbe mit Grundstücken, welche dem Expropriaten ge­

hören, zusammenhängt; ebenso ist aber auch der Expropriat berech­

tigt, unter der gedachten Voraussetzung die Entschädigung durch Abtretung von Grund und Boden zu verlangen.

Die Wertsaus­

mittelung des als Entschädigung hinzugebenden Grund und Bodens

hat unter Beobachtung desselben Verfahrens zu erfolgen wie die

Wertsausmittelung des Enteigneten.

Die Maximalgrenze, bis zu

welcher Entschädigung durch Grund und Boden angeboten und ge­ fordert werden darf, ist erreicht, wenn der Grundbesitz des Expro­

priaten nach der Enteignung unter Hinzurechnung des zum Zwecke

der Entschädigung zu gewährenden Grund und Bodens und unge­ rechnet der inzwischen etwa eingetretenen Wertserhöhung des dem Expropriaten

verbliebenen Grundbesitzes denselben Gesamtwert

hat wie vor der Enteignung: §§ 24. 40 des Ges. v. 1855; §§ 72.

74 der Ausf.-Verordn.;

b) die Servitutberechtigten sind für den Nachteil, welcher ihnen daraus erwächst, daß sie in der Ausübung ihrer Servitut gehindert oder beschränkt werden, vollständig zu entschädigen;

c) bei Wegeveränderungen und bei Abänderungen der die Aus­

übung eines Wasserbenutzungsrechtes vermittelnden Anlagen ist der Mehraufwand zu ersetzen, welchen die Unterhaltung der neuherge­

stellten Wegestrecke oder Anlage in Vergleichung zur Unterhaltung der früheren erfordert: §§ 25 und 21;

d) „Wirtschaftserschwerungen"3 sind nur solche Erschwerungen, welche aus nötig werdenden Änderungen des inneren Betriebes der

betroffenen Wirtschaft,

nicht

aber

solche,

3 Vgl.' Zeitschr. f. R. u. V. N. F. XX. S. 97 ff.

welche

aus

der

§ 12.

Änderung

ZVafferlaufsberichtigungen.

der Verkehrsmöglichkeit mit

49

anderen erwachsen;

daher ist namentlich auch „Umweg", „weiterer Weg" nicht schlecht­ hin gleichbedeutend mit „Wirtschaftserschwerung". — Werden durch

die Berichtigung Grundstücke, welche ganz auf einem Ufer gelegen

waren, zersplittert oder bleiben nur unwirtschaftliche Spitzen,

so kann sowohl der Eigentümer wie der Enteigner den Auskauf der abgeschnittenen Teile oder der „Spitzen" beantragen (§ 23 „Aus­

kauf von Grundstücken"); s. nachstehend f;

e) wenn die durch die Berichtigung beeinträchtigte Wasser­

benutzung in Benutzung der Triebkraft des Wassers besteht und aus

dem in den Berichtigungsplan aufgenommenen Teile des Wasser­ laufes gewonnen wird,

so kann der Eigentümer des Triebwerkes

„den Auskauf" der Wasserkraft und der Grundstücke, Gebäude und Vorrichtungen, auf und mit welchen die Wasserkraft benutzt wird, verlangen; er hat sich jedoch hierüber bei Verlust dieses Anspruches binnen drei Wochen von dem Zeitpunkte seiner Benachrichtigung vom Betrage der ihm wegen der Beeinträchtigung seines Rechtes

zu gewährenden Entschädigung zu erklären.

Über den Umfang, in

welchem die Enteignung (der Auskauf) stattzufinden hat, sowie über die dafür zu gewährende Entschädigung (den Auskaufspreis) ist beim Mangel einer Vereinbarung im Verwaltungswege und noch

vor Ausführung der Berichtigung zu entscheiden (§ 17);

f) „Auskauf" (s. vorstehend d, e) bezeichnet entgeltliche Eigen­

tumsveränderungen , welche lediglich im Interesse der Schädenver­ gütung, nicht des Unternehmens selbst vorgenommen werden.

Bei

Beurteilung der rechtlichen Natur des als „Auskauf" bezeichneten

Vorganges ist zu unterscheiden, ob der Enteigner oder der zu Ent­

eignende den Auskauf fordert, ersteren Falles ist der Auskauf Ent­ eignung schlechthin, letzteren Falles liegt ein Akt fteiwilliger Ent­

äußerung vor, welcher zu widersprechen alle diejenigen befugt sein werden, denen an dem zu Entäußernden ein die Veräußerung hin­

derndes Recht zusteht;

g) die entfernteren

Interessenten

(vorstehend V, h) werden

wegen der ihnen zu gewährenden Entschädigung an den Expropriaten Häpe, Zwangseuteignung.

4

50

§ 12.

Wasserlaufsberichtigungen.

gewiesen und haben ihren Anspruch wider denselben im Bestreitungs­

falle auf dem Wege des Civilrechtes zu verfolgen.

Besteht die dem

Expropriaten zu gewährende Entschädigung in Grund und Boden

(s. oben 1, a) oder in einer Rente (f. unten 2, b), so tritt die Ent­ schädigungsleistung den entfernteren Interessenten gegenüber an die

Stelle des Enteigneten.

Besteht dieselbe in einer ein für allemal

zu zahlenden Summe oder einem Auskaufspreise (f. unten 2, a), so

ist sie bei der Grund- und Hypothekenbehörde vor der Überweisung einzuzahlen (es sei denn, daß der Unternehmer hinreichende Kaution

bestellt habe), und diese Behörde hat vor der Ausantwortung an den Expropriaten die Rechte der entfernteren Interessenten nach

Maßgabe der Bestimmungen in §§ 168 bis 190 des Ges. v. 17. März 1832 und §§ 34. 35 des Ges. v. 15. Mai 1851 wahrzunehmen, nur bedarf es einer Befragung der Hypothekarier dann nicht, wenn

ihnen nach dem Ermessen der Hypothekenbehörde eine Gefährdung

aus der Verabfolgung (an den Expropriaten) nicht entstehen kann. 2. Einigen sich die Beteiligten nicht eines Anderen, so ist die Entschädigungsleistung: a) wenn es sich um vorübergehende Nachteile oder um Aus­ kauf oder Abtretung eines Grundstückes, soweit dabei nicht etwa

„Landentschädigung" (vorstehend 1, a) einzutreten hat, oder um Aus­ kauf, Beeinträchtigung oder Aufhebung eines Wasserbenutzungsrechts

handelt, in einer ein für allemal zu gewährenden Geldsumme aus­

zuwerfen; solchen Falles kann der Empfangsberechtigte verlangen, daß der Enteigner (Unternehmer) entweder vor der Überweisung

(s. unten VII. 12) Zahlung leiste, oder eine nach dem Ermessen der Enteignungsbehörde für ausreichend erachtete Sicherheit bestelle und

die zu gewährende Summe vom Tage der Überweisung an bis zum Tage der Zahlung oder Hinterlegung bei Gericht mit 5 Pro­ zent verzinse: §§ 41. 42 des Ges.;

b) in allen anderen Fällen, z. B. bei Servitutenbeschränkun­ gen, Wirtschaftserschwerungen u. dgl. in jährlich zu leistenden Renten auszuwerfen (§ 41 des Ges.).

Diese Renten werden, soweit nicht

etwas Anderes vereinbart ist, nach Ablauf eines Jahres an dem-

§ 12. Wasserlaufsberichtigungen.

51

jenigen Kalendertage fällig, an welchem die Überweisung (f. unten VII. 12) stattgefunden hat: § 42 des Ges. VII. Verfahren.

1. Der Antrag auf die Berichtigung eines Wasserlaufes

ist bei der Amtshauptmannschast, in deren Bezirk die zu berichtigende Strecke ganz oder teilweise gelegen ist> anzubringen, welche,

soweit nötig, nach vorläufiger, ohne Zuziehung von Sachverständi­ gen vorzunehmender Erörterung und nach gutachtlichem Gehör des

Bezirksausschusses Bericht über den Antrag an

die Kreishaupt­

mannschaft erstattet; auf Vortrag der letzteren faßt das Ministerium

des Inneren Entschließung darüber, ob und welche weiteren Nach­ weisungen oder Leistungen von dm Antragstellern zu fordern sind:

Ausf.-Verordn. § 1; Org.-Ges. § 12 Nr. 4.

2. Die Planaufstellung kann erfolgen:

a) seitens der Beteiligten; denjenigen, welche eine Be­ richtigung durch eine zu bildende Genossenschaft beantragen, steht

es frei, ihrem Antrag sofort einen Plan für die Ausführung bei­ zufügen;

b) seitens des Kommissars (vorstehend III) auf Anordnung des Ministeriums des Inneren, wenn ein Plan nicht mit vor­ gelegt worden ist, das Ministerium aber befindet, daß zur Aus­

führung

oder

doch

zur

Fortstellung

der

Vorarbeiten

zu ver-

schreiten sei; c) seitens der Unternehmer; dieselben haben entweder sofort ihrem Anträge einen Plan samt Unterlagen beizufügen oder, wenn

sie

um

kommissarische Ausführung der Vorarbeiten

nachsuchen,

die Zahlung der dadurch entstehenden Kosten (f. unten VII. 15) zu

übernehmen: Ausf.-Verordn. §§ 3 bis 5. 3. Macht sich, nachdem das Ministerium des Inneren die Not­

wendigkeit

oder doch die Zulässigkeit weiterer Vorarbeiten aus­

gesprochen hat, zur Vornahme der letzteren das Betreten fremder

Grundstücke nötig, so sind die Eigentümer derselben anzuweisen, diese Vorarbeiten gegen Vergütung der dadurch etwa entstehenden

Schäden zu gestatten.

Diese Anweisung erfolgt, dafern gegen die

§ 12. tvasserlaufsberichtigungen.

52

Zweckmäßigkeit der Vorarbeiten ein Bedenken nicht vorliegt, in den Fällen unter 2, a und c durch die Amtshauptmannschaft, in den

Fällen unter 2, b durch den Kommissar.

Die Ausführung der

Vorarbeiten erfolgt durch eidlich verpflichtete oder zu verpflichtende

technische/ nach Befinden auch landwirtschaftliche und gewerbliche

Sachverständige: §§ 6. 8. 76 der Ausf.-Verordn. fang der Vorarbeiten vgl. § 7 der Ausf.-Verordn.

der Vorarbeiten

und

der

Über den Um­ Zum Schutze

dabei anzubringenden Stations- oder

Markpfähle u. s. w. können von der Amtshauptmannschaft oder dem

Kommissar besondere Vorschriften unter Androhung von Geldstrafe

bis zu

75 Mark oder Haft bis zu acht Tagen erlassen und ver­

öffentlicht werden: § 6

der Ausf.-Verordn.

Auf Grund

dieser

Vorarbeiten ist sodann durch die Sachverständigen, bezw. unter be­ hördlicher Leitung der Plan aufzustellen; über denselben und die

zu ihm gehörigen Beilagen vgl. §§ 9 und 10 der Ausf.-Verordn. Dafern die Leitung der Vorarbeiten durch den Kommissar erfolgt,

hat derselbe wegen der etwa nötig werdenden Änderungen an öffent­ lichen Verkehrsmitteln sich mit den zuständigen Behörden (z. B. der

Generaldirektion der Staatseisenbahnen oder der Wegebehörde u. s. w.) ins Vernehmen zu setzen, auch sonst wegen der Planaufstellung die

Wünsche und Ansichten der Beteiligten zu hören und sodann den

Plan nebst Beilagen dem Ministerium des Inneren zu überreichen:

§ 11 der Ausf.-Verordn.

4. Beschließt

das Ministerium

des Inneren, auf Grund des

vorgelegten Planes (vorstehend 2 und 3) dem Berichtigungsantrage stattzugeben, so erfolgt, falls dies nicht schon vorher (oben 2, b) ge­

schehen, die Bestellung des Kommissars (oben III).

5. Der Kommissar hat zunächst den Plan mindestens 6 Wo­ chen lang an einem in der Mitte oder doch in der Nähe der Be­ richtigungsstrecke gelegenen, als Kommissionsstelle zu bezeichnenden

Orte täglich in von ihm zu bestimmenden Stunden öffentlich zu

* Uber die Inanspruchnahme der dem Finanzministerium unterstellten hydro­ technischen Beamten: Min.-Verordn, v. 3. Januar 1882, Fischer, Zeitschr. III. S. 33.

§ 12. Wasserlaufsberichtigungen.

53

jedermanns Ansicht auszulegen, auch das Ausliegen in den Amts­

blättern

derjenigen

Gerichts-

und

Verwaltungsbehörden,

deren

Fluren von der Berichtigung betroffen werden sollen, je zweimal

öffentlich mit der Aufforderung bekannt zu machen, daß auf

den Plan bezügliche Anträge und

Einsprüche bei deren Verlust

binnen einer Frist, welche mindestens sechs Wochen (vom Tage der

ersten Bekanntmachung

in der von den zur Veröffentlichung be­

nutzten Zeitungen zuletzt erschienenen Zeitung an gerechnet) betragen muß, schriftlich oder mündlich an Kommissionsstelle anzubringen

find: § 5 des Ges.; §§ 12—15 der Ausf.-Verordn.

Über die rechtzeitig gestellten Anträge und Einsprüche ist nach vorgängiger sachverständiger Erörterung von dem Kommissar

in einem durch anderweite öffentliche (einmalige) Aufforderung an­ zuberaumenden Termine mit den Beteiligten, welche sich auch durch einige ihres Mittels vertreten lassen können, zu verhandeln und

das Ergebnis der gesamten Verhandlungen unter Beifügung sämt­ licher Unterlagen mittels gutachtlichen Berichtes dem Ministerium

des Inneren anzuzeigen: § 5 des Ges.; ßß 15 u. 16 derAusf.-Verordn. 6. Die Feststellung des Planes wird vom Ministerium

des Inneren durch Vollziehung der der Entschließung desselben ent­ sprechenden Zeichnungen, welche die allgemeine oberste Grundlage der Ausführung (Expropriationsgrundriß, oben § 8, III) bilden, und von welchen beglaubigte Kopien bei dem Ministerium aufzubewahren

sind, bewerkstelligt und durch Ministerialverordnung zur allgemeinen Kenntnis gebracht.

Abweichungen vom Plane sind schlechterdings

nur mit Genehmigung des Ministeriums des Inneren gestattet und

setzen das Vorhandensein einer die Abänderung darstellenden, vom Ministerium des Inneren vollzogenen Zeichnung voraus: § 17 der Ausf.-Verordn.

7. Nach Feststellung des Planes ist vom Kommissar anderweit zweimalige öffentliche Bekanntmachung in den vorstehend unter 5 gedachten Zeitschriften zu erlassen und mittels dieser Bekanntmachung

zur Anmeldung

derjenigen Ansprüche

aufzufordern,

welche

durch Beeinträchtigung oder Entziehung eines Wasserbenutzungsrechts

54

§ 12.

Wasserlaufsberichtigungen.

entstehen, sowie derjenigen Ansprüche, welche aus durch die Berich­ tigung des Wasserlaufes veranlaßten, aber im Gesetz als Gegen­ stand einer Entschädigung nicht besonders bezeichneten Nachteilen abgeleitet werden.

Die für die Anmeldung dieser Ansprüche, welche

schriftlich oder mündlich an Kommissionsstelle erfolgen kann,

ein­

zuräumende (nach dem vorstehend unter 5 Ausgeführten zu berech­

nende) Frist hat mindestens drei Wochen zu betragen. kanntmachung

Die Be­

ist den Eigentümern der oben unter VI, le be­

zeichneten Triebwerke mindestens drei Wochen vor Ablauf der in ihr enthaltenen Frist abschriftlich zu behändigen.

Nicht oder nicht­

fristgemäß angemeldete Entschädigungsansprüche der vorstehend be­

zeichneten Art können, dafern es sich nicht nur um vorübergehende und

deshalb von Amts wegen zu ermittelnde Nachteile handelt,

nur

insoweit

durch

den Kommissar zur Ermittelung und

Ent­

schädigung im Verwaltungswege ausgesetzt werden, als sich der Unternehmer damit einverstanden erklärt; soweit dies nicht der Fall, sind sie lediglich im Civilrechtswege auszuführen, und auch dieses Recht erlischt nach Ablauf von drei Jahren vom letzten Tage der in

der Bekanntmachung bezeichneten Meldefrist an gerechnet: §§ 16.

18. 19 des Ges.; §§ 33. 34 der Ausf.-Verordn.

8. Nach Ablauf der Anmeldefrist ist Termin an Ort und

Stelle anzuberaumen; a) zu demselben sind zu laden die Beteiligten (nämlich der Enteigner und die von der Enteignung Betroffenen, s. jedoch vor­

stehend unter 7) und die Sachverständigen.

Beteiligten erfolgt unter der Verwarnung,

daß

Die Ladung der bei ihrem Aus­

bleiben dessenungeachtet mit der Besichtigung und der Erörterung

des Umfanges und der Beschaffenheit der zu enteignenden Gegen­ stände oder Rechte oder der zu entschädigenden Nachteile und mit der Abschätzung werde verfahren werden (§ 62 der Ausf.-Verordn.),

sowie daß die zu erteilenden Entscheidungen als den Nichterschiene­ nen bekannt gemacht werden erachtet werden (s. nachstehend g);

b) im Termine sind zunächst, falls dies nicht schon früher ge­ schehen sein sollte, die Sachverständigen eidlich in Pflicht zu nehmen

§ 12.

Wasserlaufsberichtigungen.

55

(§76 der Ausf.-Verordn.); hierauf sind, und zwar von Amts

wegen — soweit nicht nach dem Gesetze eine von den Beteiligten ausgehende Veranlassung abzuwarten ist (wie die Beantragung von

Auskäufen) —, alle diejenigen Thatsachen, welche von Einfluß sein

können, sorgfältig, soweit nötig, unter Zuziehung der Sachverstän­ digen zu erörtern, auch werden die für die Ausführung nötigen

Wege und die zur Entnahme von Baumaterial (Sand, Kies u. s. w.) zu bestimmenden Plätze auf Antrag der Unternehmer in dem nach sachverständigem Ermessen

erforderlichen Umfange

angewiesen.

Die Beteiligten sind zu hören und haben sich, soweit thunlich,

mündlich zu äußern.

Sind schriftliche Erklärungen zu erfordern,

so hat dies unter Bestimmung einer Einreichungsfrist zu geschehen,

und es sind die eingehenden Erklärungen, soweit nötig, dem Gegen­ teile zur Auslassung, gleichfalls unter Friststellung, durch den Kom­ missar zuzufertigen: §§ 61. 63 u. 69 der Ausf.-Verordn.;

c) die Verhandlung erstreckt sich auf Rechte und Ver­ bindlichkeiten, welche auf dem Gesetze vom 15. August 1855 be­ ruhen und zwischen einander gegenüberstehenden Beteiligten streitig

werden, ferner auf den Umfang der zu enteignenden Gegenstände

und Rechte sowie auf die Art und Höhe der zu gewährenden Ent­

schädigungsleistungen; im einzelnen vgl. §§ 66 ff. der Ausf.-Verordn.; d) in allen Fällen ist vor Erteilung einer Entscheidung eine

Vereinbarung

unter den Beteiligten zu versuchen; kommt eine

solche zustande, so tritt sie rücksichtlich

ihrer Vollstreckbarkeit an

Stelle einer Entscheidung;

e) kommt eine Vereinbarung

nicht oder nur über einzelne

Punkte zustande, so ist vom Kommissar zu entscheiden und letzteren

Falles in der Entscheidung auszusprechen, daß es bei dem Verein­ barten sein Bewenden habe; f) bei umfänglicheren Enteignungen sind mehrere Termine c.t>zuhalten, auf welche das im vorstehenden Ausgeführte sinngemäße

Anwendung findet; macht sich das Erscheinen der Beteiligten in Fällen nötig, in denen besondere Vorschriften über die Ladung oben 8, a) nicht vorhanden sind, so erfolgt dieselbe unter Androhung,

§ 12. wafferlaufsberichtigungen.

56 von Geldstrafen.

Zur Vornahme von im Verfahren bei Streitig«

leiten vorkommenden Handlungen (z. B. Zeugen- und Sachverstän­ digenabhörungen) ist unter denjenigen Verwarnungen vorzuladen, welche deshalb für das vormalige sächsische Civilprozeßverfahren

vorgeschrieben waren: § 62 der Ausf.-Verordn.;^

g) die Entscheidung erfolgt im reinen Verwaltungsverfahren

und ist ausdrücklich als „Entscheidung" zu bezeichnen; ist bei der Ladung

zum

worden,

daß Entscheidung

Termin

(oben a)

nicht

schon darauf hingewiesen

erteilt und daß dieselbe auch als den

Nichterschienenen eröffnet erachtet werden würde, so sind die Nicht­

erschienenen zu einem Publikationstermine unter der oben gedachten Verwarnung zu laden: § 62 der Ausf.-Verordn?

9. Die Entscheidung hat sich zu beziehen: a) auf die Einwendungen, welche gegen die Feststellung der Gegenstände der Entschädigung und des Umfanges dieser Gegen­

stände oder gegen die Notwendigkeit der Abtretung, Benutzung oder Beeinträchtigung etwa erhoben werden; b) auf den Kostenpunkt, d. h. es ist auszusprechen, wem die

Kosten zur Last fallen, und ob solche nach Befinden zu erstatten

sind: §■ 39 des Ges.; § 17 Abs. 2 der Ausf.-Verordn.; c) nicht ist Gegenstand der Entscheidung die Höhe der zu ge­ währenden Entschädigung und des zu gewährenden Auskaufspreises,

doch ist bezüglich dieser Punkte gleichzeitig mit der Erteilung der Entscheidung das Ergebnis der Abschätzung — soweit dieselbe

nicht, wie bei nur vorübergehenden Nachteilen, ausgesetzt bleibt — bekannt zu machen, auch ist auszusprechen, daß der Eigentümer

(nach Befinden der jedesmalige Besitzer) gegen Empfang der Ent­

schädigung oder des Auskaufspreises schuldig sei, die betroffenen Gegen­

stände oder Rechte abzutteten, bezw. die fragliche Benutzung oder

Beeinttächtigung zu dulden: § 75 Abs. 2 der Ausf.-Verordn.;

5 Vgl. hierzu Osterloh, Der ordentliche bürgerliche Prozeß, besonders §§ 120. 290. 6 Osterloh, a. a. O. § 120.

§12.

Wasserlaufsberichtigungen.

57

d) im einzelnen ist zu bemerken?

«) Bezieht sich die Entscheidung auf die Beeinträchtigung der

bewegenden Kraft des Wassers (oben IV, le), so läuft dem Eigen­ tümer von der Benachrichtigung desselben über die ihm nach sach­

verständigem Ermessen zukommende Entschädigung eine dreiwöchige Präklusivfrist, innerhalb deren er den Auskauf (oben VI, le. f) fordern kann.

Wird der Auskauf innerhalb dieser Frist gefordert,

so ist, beim Mangel freier Vereinbarung, über den Umfang des­

selben nach vorgängiger Erörterung und unter Bekanntgabe des er­ mittelten Auskaufspreises zu entscheiden, wobei das bisher Aus­

geführte sinngemäße Anwendung leidet: § 17 des Ges.

/?) Bezieht sich die Entscheidung auf ein Wasserbenutzungsrecht, dessen Vorhandensein oder Umfang bestritten ist, so steht es dem­

jenigen, welcher die Entschädigung fordert, frei, binnen einer Präklusiv­ frist von drei Jahren, vom Tage der Eröffnung der letzten im Ver­

waltungswege erteilten Entscheidung an gerechnet, des

von

ihm behaupteten

Rechtes

oder

den

das

Bestehen

größeren Umfang

desselben im Rechtswege wider den Enteigner auszuführen: § 20

des Ges. 10. Die auf die Höhe der zu gewährenden Entschädigung und

des Auskaufspreises bezüglichen Eröffnungen der Enteignungsbehörde sind nicht Entscheidungen (s. auch vorstehend 9, c) im technischen Sinne (nicht autoritative Feststellungen), auch nicht behördliche Entschließungen, daher auch Rechtsmittel wider sie (Rekurse) nicht

gegeben sind, sondern sie sind lediglich von sachverständiger Seite vorgeschlagene Offerten (s. oben § 8, VIII), welche aber insofern gesetzlich privilegiert sind, als sie schlechterdings für angenommen

gelten, wenn derjenige, welcher die Entschädigung oder den Aus­ kaufspreis zu fordern berechtigt ist oder berechtigt zu sein glaubt, nicht binnen drei Jahren, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Enteignungsbehörde ihn von dem Betrage der ihm zu gewährenden

Entschädigung

oder des Auskaufspreises in Kenntnis gesetzt hat,

seinen Anspruch auf eine größere Entschädigungsleistung oder auf

Erhöhung

des Auskaufspreises im Civilrechtsweg (also regel-

§ 12.

58

wasscrlaufsberichtigungeii.

mäßig durch Klagerhebung)8 ausführt: §§ 40 und 43 des Ges.; vgl. auch vorstehend unter 9, d.

11.

Gegen die Entscheidung (vorstehend 9) ist die Einwen­

dung von Rekurs zulässig (s. jedoch vorstehend 10); derselbe ist

binnen 14 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung der Entscheidung an gerechnet, bei der Unterbehörde einzuwenden; wider die darauf

ergehende (zweitinstanzliche) Entscheidung der Mittelbehörde ist bei dieser oder bei der Unterbehörde die Einwendung weiteren Rekurses

an das Ministerium des Inneren binnen gleichfalls 14 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung der zweitinstanzlichen Entscheidung an gerechnet, zulässig. schriftlich

Die Einwendung der Rekurse kann sowohl

als auch mündlich zu Protokoll geschehen, und es steht

dem Rekurrenten frei, seine Beschwerde binnen 14 Tagen, vom Ab­

lauf der Rekursfrist gerechnet, schriftlich weiter auszuführen. Handelt

es sich um Entscheidung über Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf den Vorschriften des Gesetzes vom 15. August 1855 beruhen, so sind Rekursschrift und Ausführungsschrift, bei Vermeidung von

15 Mark Geldstrafe, in doppelten Exemplaren einzureichen.

Nach

Ablauf der 14 tägigen Frist hat die Behörde (bei welcher der Rekurs

eingewendet wird) binnen einer Woche und einem Tage zu Ver­

meidung einer Geldstrafe von 15 Mark dem Gegenteile die Du­

plikate der Rekurs- bezw. der Ausführungsschrift oder Abschrift des über die Rekurseinwendung aufgenommenen Protokolles zuzufertigen,

unter Anberaumung einer 14 tägigen Frist, innerhalb deren es dem Genannten freisteht, eine Widerlegungsschrift einzureichen, und nach

deren Ablauf mit der Berichterstattung, zu verfahren. Bei anderen als den im vorstehenden bezeichneten Entscheidungen hat die Be­

hörde, bei welcher der Rekurs eingewendet wird, dann, wenn am Ausfälle der Entscheidung für Dritte ein wesentliches Interesse ob­ waltet und die so Beteiligten der Behörde bekannt sind, denselben

von dem eingewendeten Rekurse Kenntnis zu geben, unter Mittei­ lung des Berichtsabgangstermines, welcher mit Einräumung einer

In betreff des Gerichtsstandes f. oben § 9, IX.

§12. lvasserlaufsberichtigunge».

59

vierzehntägigen Frist festzusetzen ist: § 39 des Ges.; § 65 der Ausf.Verordn.; dazu Org.-Ges. §§ 31. 32.

12. Die Überweisung des

Enteigneten,

einschließlich des

Rechtes zur Benutzung oder Beeinträchtigung fremden Eigentumes, ist ausdrücklich auszusprechen und erfolgt, soweit sie nicht bei der Verhandlung vorgenommen werden kann, in der Regel schriftlich,

unter Benachrichtigung des von der Enteignung Betroffenen.

Sie

setzt voraus: a) Einverständnis der Beteiligten oder eine endgültige (b. h.

im Rechtsmittelwege nicht mehr anfechtbare) Entscheidung über die entgegenstehenden Einwendungen, soweit dieselben die Enteignung zu hindern vermögen (s. oben V, a bis d) oder gütliche von der Ent­

eignungsbehörde, Überweisung

soweit thunlich, zu vermittelnde Gestattung der

seitens des Expropriaten, vorbehältlich der weiteren

Ausführung seiner Einwendungen, und b) für den Fall, daß entferntere Interessenten vorhanden sind (f. oben V, h), die Zahlung der Entschädigung oder des Auskaufs­

preises (dafern dieselben in einer ein für allemal zu zahlenden Summe bestehen) an die Grund- und Hypothekenbehörde oder die Stellung hinreichender Kaution für diese Zahlung durch den Ent­

eigner: Ges. § 40; Ausf.-Verordn. §§ 77. 81.

13. Nach Fertigstellung der Berichtigung ist der Berainungstermin abzuhalten, zu welchem die Beteiligten unter der

Verwarnung geladen werden,

es werde bei ihrem Nichterscheinen

angenommen werden, daß sie gegen die im Termin vorzunehmende

Setzung der Rainsteine Widerspruch nicht erheben.

Im Termin

sind diejenigen Grundstücke, welche an den Exproprianten abge­ treten und nicht als Entschädigung wiederum Dritten überwiesen

worden sind (vgl. oben VI, 1 a), durch Setzen von Grenzsteinen zu verrainen. Auch ist der Umfang jedes an dem berichtigten Wasser­

laufe innerhalb der berichtigten Strecke bestehenden Wasserbenutzungs­

rechtes,

ingleichen

das Verhältnis,

nach welchem die in einem

Wasserlaufe befindlichen Wässer auf der berichtigten Strecke etwa

sonst geteilt werden, unter Zuziehung der Beteiligten durch dauer-

60

§ 12.

wasserlaufsberichtigungen.

hafte Merkzeichen (Mahlpfahl,

Spiegelpfahl u. dgl.) festzustellen.

Dabei sind auch nach gütlicher Verhandlung die etwa zu gewäh­ renden Nachentschädigungen sowie Entschädigungen wegen nur vor­

übergehender Nachteile (z. B. wegen Überlassung von Plätzen als Lagerungsplätzen, wegen Entnahme von Sand u. s. w.) festzustellen. Ergiebt sich, daß zu viel enteignet worden ist, so daß ein Teil des

abgetretenen Landes zurückgegeben werden kann, so ist dasselbe dem früheren Eigentümer oder dessen Besitznachfolger gegen Rück­ erstattung eines entsprechenden Teiles der Entschädigung anzubieten:

Ges. § 47; Ausf.-Verordn. §§ 68. 78. 86. 14. Nach der Enteignung ist

auf Grund der in betreff

derselben ergangenen Akten von der Enteignungsbehörde ein urkund­

liches Zeugnis über die eingetretenen Besitzveränderungen auszu­ fertigen, und zwar für jede Ortsflur gesondert.

Dieses Zeugnis

ist der Grund- und Hypothekenbehörde mitzuteilen, eine be­ glaubigte Abschrift desselben

nebst

den

sonst

zur Grundsteuer­

regulierung erforderlichen Unterlagen (vgl. des. §§ 19d. 21 des

Ges. v. 9. September 1843), soweit deren vorhanden, ist zum Zwecke der Grundsteuerregulierung der Steuerbehörde mitzuteilen.

Bis

nach der durch die Steuerbehörde vorzunehmenden anderweiten Ab­ teilung und Regulierung der

auf den abgetretenen Grundstücken

hastenden oder wegen derselben zu entrichtenden Steuern, Abgaben, Renten und Lasten sind dieselben von den früheren Eigentümern der Grundstücke verlagsweise zu zahlen und sodann den eben Ge­

nannten vom Exprvprianten zu erstatten (vgl. auch §§14 und 23 des Ges. v. 9. September 1843; Ausf.-Verordn. §§ 79. 80). 15. Die Kosten der Planaufstellung und Berichtigung sind

von den Unternehmern — Genossenschaft oder Einzelunternehmer,

oben II. VII, 2 — zu tragen; die Genannten sind dabei jedoch von Zahlung der Gebühren und Stempelabgaben befreit, so daß sie

auch in den Fällen, in welchen ihnen die Kosten durch Entscheidung auferlegt werden, nur Schreiblöhne, Verläge und Sondergebühren zu entrichten haben.

Dritte Personen, welche durch Entscheidung

zur Kostenzahlung verurteilt werden oder Kosten durch verspätete

§ 12. Ivasserlaussberichtigungen.

61

Widersprüche oder Anträge veranlassen, genießen Gebühren- und Stempelfreiheit nicht (§§ 3—5 der Ausf.-Verordn. und §§ 29. 30

des Ges.).

Die Zahlung und Erstattung der im Civilrechtswege

erwachsenden Kosten richtet sich nach

den allgemeinen civilprozes-

sualen Grundsätzen, und es besteht hier die oben erwähnte Gebühren­

freiheit nicht.

VIII. Mit Beendigung der Berichtigung erledigt sich der dem Kommissar erteilte Auftrag; die Erledigung wird vom Mini­

sterium des Inneren öffentlich bekannt gemacht (oben III).

Der

Kommissar hat sodann die von ihm gehaltenen Akten nebst allen

auf die Berichtigung bezüglichen Zeichnungen, Urkunden und sonstigen

Schriften an die an seine Stelle tretende Aufsichtsbehörde (oben III)

mittels Verzeichnisses

bekenntnis

abzugeben

und

eine

mit dem Empfangs­

der Aufsichtsbehörde versehene Abschrift des Verzeich­

nisses nebst dem von ihm geführten Dienstsiegel bei dem Ministerium

des Innere» einzureichen: § 85 der Ausf.-Verordn. IX. Nach Erledigung

des kommissarischen Auftrages über­

wacht die Aufsichtsbehörde von Amts wegen die Aufrecht­

erhaltung

des

durch

die Regulierung

geschaffenen Zustandes:

§ 45 des Ges. 1. Nicht im Berichtigungsplane enthaltene Vorrich­ tungen, durch welche die Flutverhältnisse oder die Verteilung der

Wässer betroffen werden, dürfen innerhalb einer berichtigten Strecke nur nach vorgängiger aufsichtsbehördlicher Genehmigung getroffen

werden, in deren Erteilung jedoch — was dem Nachsuchenden stets

zu eröffnen ist — die Erteilung oder Anerkennung eines Wasser­ benutzungsrechtes nicht mit enthalten ist. Der Genehmigungserteilung

hat Verhandlung zwischen den Beteiligten (dem Nachsuchenden und der Genossenschaft

oder

dem

Einzelunternehmer) vorauszugehen:

§ 48 des Ges.; § 87 der Ausf.-Verordn. 2. Zur Instandhaltung und zum Schutze der vorhandenen

Anlagen können von der Aufsichtsbehörde einzelne bestimmt be­

zeichnete Vorschriften (Verbote) unter Androhung von im voraus

bestimmt (jedoch nicht auf mehr als 450 Mark Geldstrafe oder

13.

62

Ent- und Bewässerungsanlagen.

sechs Wochen Haft) zu bemessenden Strafen teils allgemein, teils an einzelne Personen (z. B. Unterhaltungspflichtige) erlassen werden. Werden

durch

Zuwiderhandlungen

sächsische (Landes-) Strafgesetze,

wider

welche

die

eine

erteilte Vorschrift

das vorstehend be­

zeichnete Höchstmaß übersteigende Strafe androhen, oder Reichs­

strafgesetze verletzt, so kommen diese Gesetze zur Anwendung: § 49

des Ges.; §89 der Ausf.-Verordn.; dazu: Min.-Verordn. v. 2. August 1856; auch Verordn, v. 14. Dezember 1870 § 4.

3. Wird zur Ausführung einer zur Instandhaltung er­

forderlichen Maßregel die Beschränkung

der Rechte Dritter

nötig (z. B. die Entnahme von diesen gehörigem Sand u. dgl.), so

leidet deshalb das oben über die Enteignung für Regulierungs­

zwecke Ausgeführte Anwendung: § 50 des Ges.; § 99 der Ausf.Verordn. 4. Die durch die Beaufsichtigung erwachsenden Verläge und Separatgebühren sind von den Beteiligten in allen den

Fällen zu erheben, in welchen sie im Interesse der Beteiligten ent­

standen sind.

Im übrigen sind Kosten der von Amts wegen

zu führenden Aufsicht nur insoweit in Ansatz zu bringen, als

sie durch Zuwiderhandlungen

gegen gesetzliche Vorschriften oder

gegen Anordnungen der Behörde oder durch unbegründete Anträge und dergleichen Widersprüche veranlaßt werden: § .51 des Ges.;

§ 90 der Ausf.-Verordn.

§ 13.

Ent- und Bewässerungsanlagen. 1.

Die

Enteignung

wird

geregelt

durch

das

Ges. v.

15. August 1855, II. Abschnitt und die Ausf.-Verordn. von dem­

selben Tage?

2. Voraussetzung der Enteignung ist behördliche Genehmi­

gung zu derselben.

1 Vgl. oben § 12 Anin. 1.

§ 13.

Lnt- und Bewässerungsanlagen.

63

a. Eine solche Genehmigung darf jedoch nur erteilt werden, wenn: «) von einem oder mehreren Unternehmern einer Ent- oder Bewässerungsanlage ein Antrag auf Enteignung gestellt wird, sowie,

auf Grund eines von der Behörde unter Verhandlung mit den

Beteiligten — d. h. dem Unternehmer und den Eigentümern der

von der Anlage zu treffenden Grundstücke — festzustellenden Planes; ferner wenn:

ß) von der Behörde anzüerkennen ist, daß ohne Benutzung fremden (d. h. dem Unternehmer nicht gehörigen) Grund und Bo­

dens die Anlage oder die zu deren Instandhaltung erforderlichen Maßregeln gar nicht oder doch nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwande auszuführen sein würde (wogegen darauf, ob die be­ absichtigte Anlage an sich für den Unternehmer wirtschaftlich nützlich

und zweckmäßig ist, etwas nicht ankommen soll: § 46 der Ausf.-

Verordn.),2 unj) wenn:

/) ein polizeiliches Bedenken nicht vorliegt, auch: A) der Unternehmer sich den Bedingungen unterwirft, welche

wegen Sicherstellung und Instandhaltung von Verkehrsmitteln, die von der Anlage betroffen werden, zu stellen sind. b. Die zur Genehmigungserteilung zuständige Behörde ist in Städten mit revidierter Stüdteordnung der Stadtrat, int übrigen die Amtshauptmannschaft. Findet die Behörde, daß der bei ihr ge­

stellte Antrag Grundstücke betrifft, welche nicht in ihrem Bezirke

gelegen sind, oder — soviel die Stadträte anlangt — daß die Stadtgemeinde wegen ihr gehöriger Grundstücke beteiligt ist, so hat sie an die vorgesetzte Kreishauptmannschaft Bericht zu erstatten und

deren Anweisung darüber, welcher Unterbehörde die Genehmigungs­ erteilung zustehen soll, abzuwarten.

c. Durch die Genehmigung eines Planes zu einer Bewässerungs­ anlage wird ein Recht zur Benutzung des für dieselbe zu ver­

wendenden Wassers nicht erteilt: §§ 32. 33. 38 des Ges.; §§ 59. 60 der Ausf.-Verordn. 2 S. jedoch nachstehend unter 7 da.

64

§13.

Lnt- und Bewässerungsanlagen.

3. Enteignungsbehörde ist diejenige Behörde, welche die

Genehmigung erteilt hat (vorstehend 2 b); zweite Instanz: die der

Enteignungsbehörde vorgesetzte Kreishauptmannschaft; dritte Instanz: Ministerium des Inneren: § 38 des Ges.; § 60 der Ansf.-Verordn.

4. Die Enteignung erstreckt sich auf die Beschränkung des Grundeigentums durch Auferlegung von Dienstbarkeiten für die zur Ent- oder Bewässerung nötigen Anlagen, einschließlich der zur

Stauung und Ableitung erforderlichen, und auf die Verpflichtung der Grundeigentümer zur Duldung der für die Ausführung der Anlagen notwendigen, vorübergehenden Vorkehrungen (z. B. Aus­

grabung und einstweilige Lagerung des Ausgegrabenen), sowie zur

Tragung von Nachteilen, welche ihnen durch die auf ftemdem Grund und Boden gemachten Anlagen erwachsen, soweit sie diese Nachteile

nicht ohnehin den bestehenden Rechten nach (wie z. B. nach § 353

des

Bürger!. G.B.'s Feuchtigkeitsveränderungen

durch Anlagen,

welche der Nachbar — nicht auch ein Dritter — auf dem nach­ barlichen Grundstücke vornimmt) zu dulden haben: § 31 des Ges.

5. Entschädigungsberechtigt sind die Eigentümer der von

der Anlage durch die Bestellung von Grunddienstbarkeiten oder die Ausführung vorübergehender Vorkehrungen betroffenen Grundstücke und die Eigentümer derjenigen Grundstücke, welche durch die zur

Ab- oder Zuleitung bestimmten, auf fremdem Grund und Boden liegenden Vorrichtungen anderer Personen als ihrer Grundstücks­

nachbarn (§ 353 des Bürger!. G.B.'s, vorstehend unter 4) aus der

Vermehrung oder Verminderung der Feuchtigkeit Nachteil erleiden, sowie die entfernteren Interessenten, auf welche auch hier das oben

§ 12, VI. lg Gesagte sinngemäße Anwendung findet: § 44 des

Ges.; § 81 der Ansf.-Verordn. 6. Entschädigungsgrundsätze: a) die Entschädigungsgewährung hat eine vollständige zu sein,

d. h. der Expropriat soll durch die Enteignung keine Vermögens­ minderung erfahren;

b) bei der Entschädigungsbemessung sind nicht nur die Nach­ teile, sondern auch diejenigen Vorteile (nicht auch andere

§ 13.

Ent- und Bewässerungsanlagen.

65

Vorteile) zu berücksichtigen, welche durch die Zu- oder Ableitungsvor­

richtungen den von denselben betroffenen Grundstücken aus der Ver­ mehrung oder Verminderung der Feuchtigkeit erwachsen.

Doch findet

eine Berücksichtigung der bezeichneten Vorteile nur dann statt, wenn ihnen Nachteile gegenüberstehen und nur insoweit als dies der Fall ist, mit anderen Worten: der Wert der Vorteile kann nur kompen­

sationsweise, in Aufrechnung gegen das dem Expropriaten wegen der Nachteile Zukommende, berücksichtigt werden (vgl. jedoch unten 8);

c) die Entschädigung hat in Geld zu erfolgen, und zwar soweit

sie für die Auferlegung von Grunddienstbarkeiten zu gewähren ist, in einer jährlich wiederkehrenden Abentrichtung (Rente), welche nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Grundstücksabgabe hat, wohl aber

durch grundbücherliche Verlautbarung die Eigenschaft einer Reallast (§§ 505. 506 des Bürger!. G.B.'s)^ erlangen kann, und welche fällig

wird je nach Ablauf eines Kalenderjahres vom Tage der Über­ weisung an gerechnet (also postnumerando): sonstige Entschädigungen

sind in einer ein für allemal zu entrichtenden Geldsumme zu ge­

währen.

Den Beteiligten ist es unbenommen, sich in betreff der

Entschädigung auch eines Anderen als des oben Ausgeführten zu einigen; d) die bestellten Dienstbarkeiten und die dafür zu entrichtenden Renten können durch die Behörde auf Antrag (sowohl des Renten­ berechtigten wie des Rentenpflichtigen) wieder aufgehoben werden,

wenn die Anlage (Leitung) eingeht oder ihr Zweck sich erledigt;

solchenfalles ist auf Verlangen der frühere Zustand durch den Unter­ nehmer (Servitutberechtigten) oder dessen Besitznachfolger unentgelt­ lich wieder herzustellen: §§ 31. 41. 42 des Ges.

7. Verfahren: a) Nach Eingang des auf die Bestellung einer Grunddienstbar­

keit gerichteten Antrages (oben 2, a. a) hat die Behörde (oben 2, b) zunächst die Beteiligten zur mündlichen Verhandlung vorzuladen

3 O. Müller, Beiträge zur systematischen Darstellung des Königl. sächs. Civilrechts, I. Teil.: Die Reallasten, Leipzig 1878.

Häpe, Zwangsenteignung.

66

§ 13.

Ent- und Bewässerungsanlagen.

und zwar — bei umfänglicherer Anlage und größerer Zahl der Be­

teiligten — an Ort und Stelle und sodann unter Zuziehung eines landwirtschaftlichen, womöglich mit den örtlichen Verhältnissen ver­

trauten Sachverständigen eine Einigung zu versuchen, und dafern eine solche zu stände kommt, den Erfolg derselben zu Protokoll zu

nehmen, unter Angabe der Richtungslinie und bei offenen Lei­ tungen der oberen und unteren Breite sowie der Tiefe am Ein- und Ausmündungspunkte sowie an Punkten, an denen das Gefäll sich

ändert, bei verdeckten Leitungen der Art derselben (nach Material

und Umfang, z. B. „Thonrohr von 20 cm Weite" u. dgl.) und

der Tiefe unter dem Erdreiche an den vorgedachten Punkten, nicht

minder auch unter Angabe der zu leistenden Entschädigungen (Rente, Zins) sowie einer Bemerkung darüber, ob und inwieweit das Ab­

kommen die Besitznachfolger der Vertragschließenden binden soll:

§ 41 der Ausf.-Verordn.;

b) ist zu einer Einigung nicht zu gelangen, so ist dein Antrag­ steller die Beibringung eines Planes, d. h. einer Beschreibung und einer Zeichnung (es sei denn, daß aus dem Mangel der letzteren

Irrungen nicht wohl entstehen können) aufzugeben und sodann Ent­ eignungstermin an Ort und Stelle anzuberaumen: § 42 der Ausf.-

Verordn.; c) in betreff der Ladungen zum Termin gilt das § 12, VII, 8 a Gesagte.

In der Praxis pflegen der Einigungstermin

(vorstehend a) und der Enteignungstermin (vorstehend b) mit­ einander verbunden zu werden, dergestalt, daß der Antragsteller sogleich seinem Anträge einen Plan beifügt, und daß dann sofort zum

Enteignungstermin, also — soviel die Beteiligten anlangt — unter Präjudiz geladen, im Termin selbst aber zunächst die vorstehend unter a gedachte Einigung versucht und erst beim Fehlschlagen dieses

Versuches weiter verfahren, d. h. zur Abhaltung des Enteignungs­ termins, zu welchem geladen ist, übergegangen wird; d) im Enteignungstermin werden: «) zunächst, und zwar von Amts wegen die oben unter 2, a.

ß—S aufgeführten Punkte erörtert.

Ist das Vorhandensein der dort

§ 13.

Lnt- und Bewässerungsanlagen.

67

unter ß gedachten Voraussetzung zu bejahen und ist im Plane die

thunlichste Schonung fremden Eigentums beobachtet worden oder wird sie im Termin durch entsprechende Änderung des Planes her­

gestellt, so wird der Plan in Bezug auf die Richtung der Leitung genehmigt, es sei denn, daß sich polizeiliche (z. B. gesundheitspolizei­ liche) Bedenken ergeben, oder daß ein Verkehrsmittel (Weg, Eisen­

bahn rc) betroffen wird; solchenfalles

hat die Genehmigung erst

dann zu erfolgen, wenn nach vorgängigem Gehör der Beteiligten

und bei öffentlichen Verkehrsmitteln der zuständigen Behörde (z. B.

Straßen- und Wasserbauinspektion, Generaldirektion der Staats­ bahnen) solche vom Unternehmer zu treffende Vorkehrungen bestimmt

worden sind, durch welche die öffentliche Sicherheit und Wohlfahrt gewahrt bleibt.

Es pflegen daher, wenn gesundheits- oder verkehrs­

polizeiliche Zweifel zu erwarten stehen, auch die hierfür zuständigen

Organe (Bezirksarzt, Straßen- und Wasserbauinspektor, General­ direktion der Staatseisenbahnen) zum Enteignungstermin geladen zu werden.

Eine über die oben 2, a. ß—S aufgeführten Punkte hinaus­ gehende Prüfung der Anlage findet nur insoweit statt, als Wider­

sprüche von feiten Beteiligter erhoben werden.

Derartige Wider­

sprüche — welche übrigens auch unter die vorerwähnten (2, a. ß—S) Gesichtspunkte fallen können — meist sich aber darauf beziehen, das;

von der Anlage zu erwartende Nachteile durch eine Änderung der­ selben ohne unverhältnismäßigen Aufwand vermieden oder vermin­ dert werden könnten, sind zu erörtern, und sodann ist über dieselben

zu entscheiden (nachstehend /).

Widersprüche, welche sich darauf

gründen, daß die eine oder andere Art der Ausführung für den Unter­ nehmer nützlicher und zweckmäßiger sei, sind unbeachtlich: § 32 des

Ges. und § 46 der Ausf.-Verordn.

Die weitergehenden Folgerungen,

welche § 46 der Ausf.-Verordn. in seinem 2. und 3. Absätze aus

dem Gesetze zieht, nämlich daß die Behörde auf die Frage, ob die beabsichtigte Anlage an sich für den Unternehmer wirtschaftlich nütz­ lich und zweckmäßig sei, in keinem Falle einzugehen habe, und

daß sich der Kreis der beachtlichen Widersprüche nur auf die im 5*

§ 13. Ent- und Bewässerungsanlagen.

68

dritten Absätze von § 46 der Ausf.-Verordn. aufgeführten beschränke,

sind mit dem Gesetze nicht vereinbar und insoweit nicht rechtsver­ bindlich: wenn der Eigentümer eines von der Anlage betroffenen Grundstückes die Beseitigung derselben fordern kann, dafern er nach­

weist, daß der Zweck der Anlage sich erledigt, welches Recht ihm § 32 des Ges. ausdrücklich einräumt, so kann er auch der Herstellung

der Anlage dann mit Erfolg widersprechen, wenn er nachweist, daß

dieselbe einen Zweck der im Gesetze gedachten Art überhaupt nicht hat, sondern etwa lediglich dazu bestimmt ist, ihn zu schikanieren; mit anderen Worten: nach dem Gesetze kann aus denjenigen Grün­

den, aus denen die Wiederaufhebung der Dienstbarkeit mit Erfolg ge­

fordert werden könnte, auch der Bestellung der Dienstbarkeit mit Erfolg widersprochen werden (dolo facit, qui petit, quod redditurus est)4;

ß) im Termin sind weiter die Nachteile zu ermitteln, welche

durch die Anlage für die von ihr Betroffenen herbeigesührt werden, sowie die vom Unternehmer dafür zu leistende Entschädigung; dabei

sind zu unterscheiden die vorübergehenden Nachteile, für welche die Entschädigung in einer ein für allemal zu gewährenden Geldsumme

auszuwerfen ist, und die bleibenden Nachteile, für welche eine jähr­ lich wiederkehrende Rente festzustellen ist (vorstehend 6, c): § 47 der Ausf.-Verordn.; /) nach Erledigung der vorstehend angegebenen Erörterungen hat die Behörde im Termin anderweit zu versuchen, eine freiwillige

Vereinbarung herbeizuführen; kommt eine solche zustande, so leidet

das

vorstehend unter 7, a Ausgeführte Anwendung; kommt eine

solche Vereinbarung

nicht zustande, so

ist über den Antrag des

Unternehmers im reinen Verwaltungsverfahren zu entscheiden und dabei entweder der Antrag des Unternehmers zurückzuweisen oder,

falls der Antrag gerechtfertigt erscheint, der Plan unter Zurück­

weisung der erhobenen Widersprüche sowie unter Bezugnahme auf die etwa vorhandenen, da nötig noch zu berichtigenden Zeichnungen

festzustellen und zu genehmigen; bei dieser Feststellung findet das

4 fr. 8 pr. de dol. mal. exe. 44. 4 (Reg. 59 in Vito, 5. 12).

oben unter 7, a Gesagte sinngemäße Anwendung. Gleichzeitig ist die zu gewährende Entschädigung auf Grund der sachverständigen Ermittelung festzustellen und dabei auszusprechen, daß die jeweiligen Eigentümer der betroffenen Grundstücke die nach dem Plane zur Ausführung der Anlage nötigen (soweit etwa erforderlich näher zu bezeichnenden) Dienstbarkeiten gegen Gewährung der als Ent­ schädigung ausgeworfenen, seitens des Eigentümers zu erlegenden Rente sowie die zur Ausführung der Anlage nötigen vorüber­ gehenden Vorkehrungen gegen einmalige Entschädigung zu dulden schuldig Jein sollen. Bezieht sich ein Widerspruch auf die Be­ rechtigung zur Wasserbenutzung, so ist die Ausführung der Anlage so lange zu untersagen, bis über den Widerspruch im Civilrechtswege (Feststellungsklage seitens des Unternehmers) entschieden ist: § 33 des Ges.; § 48 der Ausf.-Verordn.; e) in betreff der Entscheidung, ihrer Form und Bekanntma­ chung sowie ihrer Anfechtbarkeit findet das oben § 12, VII. 8 g. 9 a—c. 10 u. 11 Ausgeführte sinngemäße Anwendung; f) die der Entscheidung zur Unterlage dienenden Zeichnungen und Beschreibungen sind mit Genehmigungsvermerk zu versehen, ab­ zustempeln und zu den Akten zu nehmen: § 48 der Ausf.-Verordn.; g) die durch die Genehmigung und das Verfahren bei der Behörde entstehenden Kosten trägt der Unternehmer. Bei Streitig­ keiten zwischen den Beteiligten ist über die Verpflichtung zur Be­ zahlung der Kosten mit zu entscheiden: § 36 des Ges. 8. Gemeinschaftliche Ent- und Bewässerung. Der Be­ sitzer einer Ableitungsvorrichtung ist verpflichtet, den Grundstücks­ eigentümern, welche ihr Wasser mittels derselben ableiten können, den Mitgebrauch und soweit dies für denselben nötig, die Er­ weiterung der Vorrichtung, soweit deren ursprünglicher Zweck da­ durch nicht beeinträchtigt wird, zu gestatten. Ebenso ist der Besitzer einer Bewässerungsanlage verpflichtet zum Zusammentritt mit Grundstückseigentümern, welche sich für die Bewässerung ihrer Grundstücke mit ihm einer und derselben Zuleitung ganz oder teil­ weise bedienen können, und zwar erfolgt der Zusammentritt behufs

§ 14.

70

Wasserleitungen für Stabt- und Dorfgemeinden.

gemeinschaftlicher Benutzung, Erhaltung und Erweiterung der An­ lage, soweit durch die Erweiterung nicht der ursprüngliche Zweck der Anlage beeinträchtigt wird.

Bei Widerspruch gegen das Recht

des den Beitritt Verlangenden auf die Benutzung des zur Be­

wässerung nötigen Wassers, findet das vorstehend 7, d. / am Ende Gesagte Anwendung.

Das Beitragsverhältnis für die Her-

stellungs- und Unterhaltungskosten gemeinschaftlicher Ab- und Zu­ leitungen richtet sich nach dem Verhältnis des Vorteils, welchen die einzelnen Beteiligten für ihre Grundstücke aus der Anlage er­ zielen. Die Kosten der Änderung bereits bestehender Vorrichtungen

trägt der Hinzutretende, soweit nicht durch die Änderung denjenigen, welche den Beitritt gestatten, Vorteil entsteht.

In Bezug auf das

Verfahren findet das vorstehend unter 7 Ausgeführte sinngemäße An­ wendung: §§ 34 und 35 des Ges.; §§ 49—58 der Ausf.-Verordn. 9. Über die Unterhaltung der Leitung oder wegen derselben

getroffener Vorkehrungen hat die Behörde von Amts wegen Vor­ schriften zu erteilen, soweit das öffentliche Interesse eine Sicher­

stellung gegen Beschädigungen, Verunglückungen u. s. w. erheischt,

dagegen sind im übrigen, also namentlich wegen der Unterhaltung

im Interesse der Beteiligten, die Anträge der letzteren abzuwarten:

§ 83 der Ausf.-Verordn.

Weiter gilt in betreff der Aufsicht das

oben § 12 unter IX. 2 u. 4 Gesagte. Macht sich zur Ausführung einer

für

die

Instandhaltung

erforderlichen Maßregel

die Be­

schränkung der Rechte Dritter notwendig, so leidet das oben über die Enteignung für die Anlegung

von Ent- und Bewässerungs­

anlagen Ausgeführte Anwendung: § 50 des Ges.

§ 14.

Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinde». 1. Die Enteignung wird geregelt durch das Gesetz vom 28. März 1872 (Ausf.-Verordn. von demselben Tagest dasselbe ist eine Zu-

1 Vgl. oben H 12 Anm. 1.

§ 14.

Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden.

71

sammensetzung aus den Vorschriften der Gesetze vom 3. Juli 1835,

15. August 1855 und 11. Juni 1868.

In dem letzterwähnten

Gesetze war zwar schon vorausgesehen, daß zur Herstellung von Wasser­ leitungen über die Abtretung von Grundeigentum und die Duldung von Grunddienstbarkeiten — im Wege der Ortsbauordnuug (vgl.

oben § 10 B. I) — Bestimmungen getroffen werden konnten, allein eine aus Grund des oben erwähnten, neben dem Gesetze vom 28. März

1872 (vgl. § 20 desselben) noch in Kraft verbliebenen Gesetzes

errichtete Ortsbauordnung hat nur für den Bezirk der sie errichten­

den Gemeinde Gültigkeit, während größere Wasserab- und -Zulei­ tungen häufig durch die Bezirke mehrerer Gemeinden geführt wer­ Das Gesetz vom 28. März 1872 leidet Anwendung:

den müssen.

a) in der Gemeinde, für welche die Wasserleitung bestimmt ist, dann, wenn eine Ortsbauordnung nicht errichtet worden ist oder

wenn dieselbe bezüglich

der Wasserleitungen keine Bestimmungen

enthält;

b) in denjenigen Gemeinden, durch welche eine für diese Ge­ meinden nicht bestimmte Wasserleitung geführt wird, gleichviel ob

in denselben Ortsbauordnungen bestehen oder nicht.

In beiden Fällen (a und b) leidet das Gesetz sowohl auf die Herstellung

der Leitung selbst, als auch auf die Vorarbeiten und

Ermittelungen, welche zur Aufstellung des Planes für eine Wasser­ leitung erforderlich sind, Anwendung: § 9 des Ges.

2. Voraussetzung der Enteignung ist die behördliche Genehmi­ gung derselben.

a) Eine

solche Genehmigung

darf jedoch nur dann erteilt

werden, wenn «) eine Stadt- oder Landgemeinde einen Antrag auf Ge­ nehmigungserteilung gestellt hat, auch

ß) nachgewiesen ist, daß für die Herstellung und Unterhaltung

der von der antragstellenden Gemeinde geplanten Zuführung von Trink- oder Nutzwaffer oder Abführung von Abfall- und Schmutz­

wässern ein dringendes Bedürfnis im öffentlichen Interesse vor­ handen ist und weiter noch, daß ohne Benutzung fremden, d. h. nicht

§ 14.

72

Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden.

im (Gemeinde-) Eigentum der Antragstellerin befindlichen Grund und Bodens die Anlage gar nicht oder doch nur mit unverhältnis-

nläßigem Aufwande auszuführen oder zu unterhalten oder zu be­

nutzen sein würde. b) Zuständig zur Genehmigung des Planes sowie zur Ge­

nehmigung von Abänderungen eines bereits genehmigten, ist das Ministerium des Inneren, gegen dessen Entschließung ein einmaliger

Rekurs an dasselbe gegeben ist. Kommt Staatseigentum in Frage, so hat sich das Ministerium des Inneren mit demjenigen Ministe­ rium, in dessen Zuständigkeitsbereich das Grundstück gehört, zu ver­

nehmen: §§ 11 u. 15 des Ges. 3. Enteignungsbehörde ist die Amtshauptmannschast des­

jenigen Bezirkes, in welchem die Enteignung vorgenommen werden soll, zweite Instanz die der Enteignungsbehörde vorgesetzte Kreis­

hauptmannschaft.

Die Enteignungsbehörde bestimmt die Zahl der

Sachverständigen und ernennt dieselben nach gutachtlichem Gehör

des Bezirksausschusses: §§ 15 u. 16 des Ges.; § 12 Nr. 3 des Org.-Ges.

Die Sachverständigen sind zu vereiden, dafern sie nicht

bereits für Aufträge der fraglichen Art im allgemeinen verpflichtet sind: § IV der Ausf.-Verordn.

4. Die Enteignung erstreckt sich auf die Beschränkung des Grundeigentümers (bezw. der sonst dinglich Berechtigten), durch

Auferlegung der für die Leitung nötigen Dienstbarkeiten und auf

die Verpflichtung zur Duldung der für die Anlage notwendigen vorübergehenden Vorkehrungen (also nicht auf die Entziehung

des Grundeigentumes): §§ 1. 3—5 des Ges.

Ausgenommen von

der Enteignung sind die Grundstücke, soweit sie (d. h. diejenigen

Grundstücksteile, welche) mit Häusern, gleichviel welcher Art, be­ baut sind oder als Gottesacker benutzt werden; auch sind nicht

Gegenstand der Enteignung die zur Herstellung der Leitung erfor­

derlichen Baumaterialien und das Wasser, dessen Zuleitung bezweckt

wird: § 10 des Ges.

Wenn im Laufe des Enteignungsverfahrens ein der Enteignung unterliegendes Grundstück in andere Hände übergeht, so tritt nach

§ 14. Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden.

73

§ 8 des Gesetzes, 2 der Nachfolger in alle dem Unternehmer der Leitung gegenüber begründeten Rechte und Verpflichtungen seines Vorgängers ein, und zwar dergestalt, daß auch solche an sich zu

ihrer Wirksamkeit gegen den Nachbesitzer des Eintrages im Grund-

und Hypothekenbuche bedürfenden Rechte (z. B. Reallasten, Bauund Kellerrechte, vgl. §§ 506 ff. 661. 857 des Bürger!. G.B.'s), welche gegen den Vorgänger begründet, aber noch nicht eingetragen

worden sind, während derDauer des Enteignungsverfahrens auch ohne den Eintrag gegen den Nachfolger geltend gemacht werden können.

5. Entschädigungsberechtigt sind die Eigentümer der von

der Anlage durch Bestellung von Grunddienstbarkeiten oder Aus­

führung vorübergehender Vorkehrungen betroffenen Grundstücke so­ wie die entfernteren Interessenten, auf welche auch hier das oben

§ 12, V, h, VI, 1 g Gesagte (abgesehen von dem auf die Entschä­ digung durch Grund und Boden Bezüglichen) Anwendung findet:

88 1. 5. 18 des Ges. 6. Entschädigungspflichtig ist der Unternehmer, d. h. die

die Leitung anlegende Gemeinde; dieselbe hat außerdem alle Vor­ kehrungen, welche erforderlich werden, damit der öffentliche und der Privatverkehr nicht gestört und die öffentliche Sicherheit nicht

gefährdet wird, auf ihre Kosten herzustellen und zu unterhalten und wird von dieser Verbindlichkeit auch nicht rücksichtlich solcher Vorkehrungen befreit, deren Notwendigkeit erst nach der Genehmigung der Leitungsanlage erkannt wird: § 7 des Ges. 7. Entschädigungsgrundsätze.

Die Entschädigung soll eine

volle sein, d. h. der Enteignete soll durch die Enteignung keine Vermögensmiuderung erleiden, und es ist ihm der im Enteignungs­ momente vorhandene ordentliche wie außerordentliche Wert und

anch der entzogene Gewinn nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 78. 124. 125 des Bürger!. G.B.'s zu ersetzen (also ex delicto!!

vgl. oben § 10 B, I, 3): §§ 1. 6 des Ges.

Während

a) bei vorübergehender Belastung die dem Eigentümer ge2 Vgl. hierzu Landtagsakten 1871—1873 1. Abteil. 2 Bd. S. 7 und oben § 3, 2, besonders Sinnt. 6.

74

14.

Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden.

bührende Entschädigung sofort vollständig in barem Gelde gewährt

werden muß, ist

b) bei dauernder Belastung zu unterscheiden, ob die Belastung

durch die Herstellung der Anlage oder durch deren Unterhaltung und Benutzung entsteht; ersteren Falles kann der Eigentümer die

Enteignung des Grundstückes, soweit (b. h. dann, wenn und in dem Umfange als) dessen Benutzung für ihn wesentlich erschwert oder unmöglich gemacht wird, fordern — Auskauf — anderen Falles, d. h. wenn die Belastung nur durch die Unterhaltung und Be­

nutzung der Leitung entsteht, ebenso auch dann, wenn er in dem vorerwähnten Falle die Enteignung nicht beantragt, ist ihm die ihm

zukommende volle Entschädigung nach seiner Wahl, entweder in einer ein für allemal zu gewährenden Geldsumme oder in einer

jährlich wiederkehrenden Abentrichtung (Rente) zu leisten; über die grundbücherliche Verlautbarung der letzteren s. oben § 13, 6 c;

§§ 3—5 des Ges. 8. Verfahren.

Das Verfahren ist reines Verwaltungsver­

fahren: § 12 des Ges. (s. jedoch nachstehend unter 9);

a) das Gesuch um Genehmigung einer Wasserleitung der in

Rede stehenden Art oder um Genehmigung zur Vornahme von Vor­ arbeiten für eine solche ist bei derjenigen Amtshauptmannschaft an­

zubringen,

in deren Bezirk die Ortschaft liegt,

Leitungsanlage bestimmt ist.

für welche die

Dem Gesuche ist ein, soweit nötig

durch Beschreibungen zu erläuternder, Plan beizufügen, aus welchem

Zweck und Gestaltung der Leitung sowie die Ausdehnung und die

Art, in welcher fremde Grundstücke davon berührt werden sollen, zu ersehen ist: §§ 9. 13 des Ges.; §§ I und II der Ausf.-Verordn.;

b) der Plan (vorstehend a) nebst Beilagen ist durch die Amts­ hauptmannschaft öffentlich auszulegen, mit der Aufforderung, etwaige

Einsprüche binnen einer zu bestimmenden, jedoch mindestens vier Wochen umfassenden Frist bei der Amtshauptmannschaft anzubringen.

Diese Aufforderung hat zur Vermeidung der Nichtigkeit durch eine

im Amtsblatte der von der Enteignung betroffenen Bezirke min­ destens zweimal einzurückende Bekanntmachung zu erfolgen.

Vom

§ 14.

Wasserleitungen für Stadt- und Dorfgemeinden.

75

Tage des ersten Erscheinens der Bekanntmachung an läuft die Frist (für die Eigentümer der im Bezirke des Amtsblattes gelegenen Überdies sind die im Bezirke der Amtshauptmann­

Grundstücke).

schaften,

und

durch welche die Leitung gelegt werden soll, wohnhaften durch

anwesenden Grundstücksbesitzer,

deren Grundstücke die

Leitung geführt werden soll, besonders zu benachrichtigen.

Nach

Fristablauf hat die Amtshauptmannschaft den Plan nebst den frist­

gemäß eingegangenen Einsprüchen dem Ministerium des Inneren vorzulegen:

§ 14 des Ges.; § III der Ausf.-Verordn. (vgl. vor­

stehend 2, b);

c) nach Genehmigung des Planes beginnt das eigentliche Ent­ eignungsverfahren, welches jedoch eine eingehende gesetzliche Regelung nicht gefunden hat.

Die Amtshauptmannschaft desjenigen Bezirkes,

in welchem die Enteignung

vorzunehmen ist,

hat zunächst eine

Einigung der Beteiligten über den Gegenstand der Enteignung und

über

die Entschädigung

zu

versuchen.

Hierzu wird regelmäßig

Termin an Ort und Stelle anbcraumt, zu welchem die Beteiligten

sowohl wie die Sachverständigen geladen werden. Einigung nicht zustande,

so

hat

Kommt eine

die Amtshauptmannschaft auf

Antrag des einen oder anderen Teiles erstinstanzlich zu entscheiden. Die Entschädigungsleistungen und Auskaufspreise werden von den

Sachverständigen unter Leitung der Amtshauptmannschaft ermittelt

und

von

letzterer den Beteiligten bekannt gemacht.

hauptmannschaft überweist hierauf,

Die Amts­

falls nicht gegen ihre auf die

Enteignung bezügliche Entscheidung Rekurs eingewendet wird, dein Unternehmer die ihm durch die Enteignung zusallenden Rechte oder

Grundstücke: §§ 15. 16 des Ges.; d) gegen die erstinstanzliche Entscheidung ist, soweit sie sich

nicht

auf die Höhe der Entschädigungsleistung oder des

Auskaufspreises bezieht, binnen

14 Tagen Rekurs zulässig;

derselbe geht an die der Amtshauptmannschaft vorgesetzte Kreis­

hauptmannschaft. 9. Rechtsweg.

Gegen die Höhe der Entschädigung oder des

Auskaufspreises ist Rekurs nicht zulässig, dagegen ist der Eigen-

§ 15.

76

Enteignungen für Bergwerkszwecke.

tiimer berechtigt, seinen Anspruch auf Gewährung höherer Entschä­

digung

oder höheren Auskaufspreises im Rechtswege (forum rei

sitae)3 geltend zu machen.

Dieses Recht erlischt jedoch, wenn seine

(klage- oder einredeweise) Geltendmachung nicht binnen drei Jahren,

von dem Tage an gerechnet, an welchem dem Eigentümer die Er­ öffnung der Amtshauptmannschaft über die ihm zugestandene Ent­

schädigung gemacht worden ist, erfolgt: §§ 16. 17 des Ges.; § 31,2 der Verf.-Urk.; dazu Einf.-Ges. zur C.P.O. ß 15 Nr. 2.

10. Die Kosten der Prüfung und Genehmigung der Anlage

und die Kosten des Enteignungsverfahrens hat der Unternehmer zu tragen, soweit dieselben nicht etwa durch unbegründete Anträge, Einwendungen oder Rechtsmittel der übrigen Beteiligten veranlaßt worden sind: § 19 des Ges.

8 15.

Enteignungen für Bergwerkszwecke. 1. Die Enteignung ist geregelt durch Abschnitt VIII, Kap. I (§§ 122 ff.) des Allgem.

Berggesetzes vom 16. Juni 1868, Verb,

mit §§ 120—122

der Ausf.-Verordn, vom 2. Dezember 1868.

Vgl. jedoch

der Oberlausitz: Publikationsverordnung vom

wegen

16. Juni 1868 § III.*1 * 2. Voraussetzung der Enteignung ist, daß bei dem Betriebe

des (Mineral-)Bergbaues

oder des Kohlenbergbaues,

dafern der

Kohlenwerksbesitzer einen Abbauschein besitzt, die Benutzung eines fremden Grundstückes zu Grubenbauen, Halden, Gebäuden, Maschinen­

anlagen, gewöhnlichen und Schienen-Wegen, Arbeits- und Lagerungs3 Ausschließlicher Gerichtsstand. 1 Den Rittergütern

werksverträgen

der Lberlausitz

Dom Jahre 1534

(Kaiser Maximilian)

steht nach den böhmischen Berg­

(Ferdinand I.) und

das Recht der Verleihung

18.

September 1595

behufs Aufsuchung und Ge­

winnung voll metallischen Mineralien sowie der Genuß des ganzen und halben Zehnten zu.

Da die zu einer Abänderung dieser Bestimnlungen nach § 6 der

Urk. v. 17. November 1834 erforderliche Zustimmung der Stände der Ober-

lausitz abgelehnt lvurde, unterblieb die Einführung des Gesetzes in der Oberlausitz, und zwar auch für das nichtritterschaftliche Gebiet.

>5 15.

Enteignungen für r?ergwcrkszwecke.

77

Plätzen, zu Bergwerken gehörigen oder als Revieranstalten bestehen­ den Aufbereitungsanstalten, Teichen, Wehren und Wasserläufen not­

wendig

wird

und

nicht

überwiegende

Gründe

des

öffentlichen

Interesses entgegenstehen, sowie daß die Notwendigkeit und die Weise der Überlassung von Grundeigentum oder die Bestellung einer Dienstbarkeit vom Bergamt (Freiberg) festgestellt worden ist. Bei Wohnhäusern, Wirtschaftsgebäuden und Fabrikanlagen sowie

bei Plätzen, welche zu Fabriken oder anderen gewerblichen Unter­ nehmungen,

an

welche

sich

ein

besonderes

volkswirtschaftliches

Interesse knüpft, benutzt werden oder künftig benutzt werden sollen, tritt die Verpflichtung zur Abtretung oder zur Duldung von Dienst­

barkeiten, durch welche die zweckentsprechende Benutzung des Ge­ bäudes oder der Anlage erschwert werden würden, jedoch nur dann

ein, wenn:

a) anlangend die Wohn- und Wirtschaftsgebäude, die Überlassung zur Fortsetzung eines bereits gangbaren Bergbaues ge­ fordert wird und die Anlagen, für welche sie gefordert wird, von der Art sind, daß ihre Verlegung an einen anderen Ort ohne wesentliche

Beeinträchtigung des Bergbauunternehmens nicht geschehen sann;

b) anlangend die Fabrikanlagen, behördlich (s. unten 6, a)

erwogen worden ist, welche der kollidierenden Unternehmungen den größeren volkswirtschaftlichen Vorteil für die größere Anzahl von

Menschen und auf einen längeren Zeitraum erwarten läßt, oder sonst auf die Nahrungsverhältnisse der Gegend von größerem Ein­ flüsse ist, und weiter, welche der kollidierenden Anlagen mit gerin­

gerem Nachteil für das Unternehmen an einen anderen Ort verlegt werden kann; bei gleichen Verhältnissen in diesen Beziehungen ist das

bereits bestehende Unternehmen dem erst zu errichtenden vorzuziehen. Wenn ein zu enteignendes Grundstück schon früher zu Berg­ werkszwecken benutzt worden ist, so ist hierauf in den Fällen vor­ stehend unter a und b Rücksicht zu nehmen.

Werden Grundstücke

und Gebäude, welche zu polizeilichen oder sonstigen öffent­

lichen Zwecken benutzt oder beansprucht werden, für Bergzwecke

gefordert, so ist einerseits die volkswirtschaftliche Wichtigkeit des

78

§ 15.

Enteignungen für Bergwerkszwecke.

Unternehmens und die Unthunlichkeit seiner Verlegung, andererseits

der Wert jener öffentlichen Anlage für das öffentliche Interesse und

die Möglichkeit, dieselbe ohne wesentliche Beeinträchtigung ihres

Zweckes zu verlegen, in Erwägung zu ziehen: §§ 122. 126—131. 133 des Allgem. Berggesetzes. ? 3. Die Enteignung erstreckt sich, und zwar nach der Wahl

des von derselben betroffenen Grundstücksbesitzers, entweder: a) auf die eigentümliche Abtretung des Grundstückes an den Bergwerksunternehmer, oder:

b) auf Gestattung der zeitweiligen Benutzung des Grundstückes

auf die Dauer des Bedarfes oder auf eine bestimmte Zeit, soweit

nötig auch mit Veränderung des Grundstückes, oder: c) auf Bestellung einer Dienstbarkeit auf und unter dem Grund­

stücke zu Gunsten des Bergwerksunternehmers. Es kann jedoch in den vorerwähnten Füllen unter gewissen Voraussetzungen der Bergwerksunternehmer die zeitweilige Über­

lassung zur Benutzung oder die Bestellung einer Dienstbarkeit for­

dern, ersteres nämlich dann, wenn die Benutzung voraussichtlich nur auf einen kurzen, nicht über drei Jahre großen Zeitraum erforder­

lich ist und es sich um eine Bodenffäche handelt, welche nicht zu

Gebäuden, gewerblichen oder öffentlichen Anlagen benutzt ist, die Bestellung der Grunddienstbarkeit aber dann, wenn der Eigentümer dadurch in der Benutzung des übrigen Grundstückes nicht erheblich

beeinträchtigt, letzteres auch sonst nicht erheblich gefährdet wird: ßß 122—124 des Allgem. Bergges. Wird bei zeitlicher Überlassung später die Überlassung auf längere als die bestimmte Zeit oder zu

einem anderen als dem bestimmten Zwecke notwendig, so ist das Überlassungsverfahren von neuem einzuleiten: § 125 des Ges.

4. Entschädigungsberechtigt sind der Eigentümer des von

der Enteignung

betroffenen Grundstückes

sowie

die entfernteren

Interessenten, auf welche auch hier das oben § 12, V, h, VI, 1 g

Gesagte (abgesehen von dem auf die Entschädigung durch Grund und

2 Uber die Kollision mit Eisenbahnen vgl. oben § -8 Anm. 11.

§ 15.

79

Enteignungen für Lergwerkszwecke.

Boden Bezüglichen) Anwendung findet: §§ 122. 137 des Allgem. Bergges.

5. Entschädigungsgrundsätze:

a) die Entschädigungsgewährung hat eine vollständige zu fein, d. h. der Expropriat soll durch die Enteignung keine Vermögens­

minderung erfahren (oben § 8, IV);

b) die Enteignung unwirtschaftlicher Spitzen kann, auch wenn

sie zu Bergwerkszwecken nicht verwendbar sind, sowohl vom Eigen­ tümer als auch vom Bergwerksunternehmer verlangt werden. Diese Bestimmung findet auch bei bloß zeitweiligen Überlassungen sinn­ gemäße Anwendung; c) bei Überlassung

zur zeitweiligen

Benutzung

(vorstehend

unter 3, b) ist das Grundstück, sobald es für den bestimmten Zweck entbehrlich wird, bezw. nach Ablauf der Überlassungsfrist vom Unter­

nehmer wieder in den vorigen Stand zu setzen und in solchem zurück­

zugeben; dafern dies aber nicht oder nicht ohne unverhältnismäßige Kosten oder Verluste möglich ist, kann der Grundstückseigentümer

entweder Ersatz der eingetreteuen Wertsverminderung oder eigen­ tümliche Übernahme des Grundstückes (Auskauf) seitens des Berg­ werksunternehmers verlangen. Letzterer hat dieserhalb auf Antrag des Eigentümers schon bei der Überlassung eine im Überlassungs­

verfahren zu bestimmende Kaution zu bestellen. Andererseits kann der Bergwerkseigentümer die nachträgliche eigentümliche Abtretung des ihm nur zeitweilig überlassenen Grund­ stückes verlangen, wenn auf demselben Gebäude oder andere An­

lagen errichtet worden sind und sich der Grundstückseigentümer auf

deshalb vom Bergwerksbesitzer durch die Gerichtsbehörde an ihn gerichtete Anfrage nicht binnen einer Frist von sechs Wochen für

eigentümliche Mitübernahme der Gebäude und Anlagen zu deren

Zeitwert erklärt.

Diese Berechtigung steht dem Werkbesitzer auch

dann zu, wenn von einem Gebäude oder einer Anlage mehrere Grundstücke betroffen worden sind und nicht einer oder mehrere der Grundstückseigentümer das Gebäude oder die Anlage ungeteilt

zum Zeitwert erwerben wollen: §§ 122. 132. 125 des Ges.

S 15. «Enteignungen für Bergwerkszwecke.

80

6. Verfahren. a) Anträge auf Überlassung von Grundeigentum oder Bestellung

einer Dienstbarkeit sind bei dem Bergamte (oben 2) anzubringen, welches hierauf unter Zuziehung der Beteiligten Erörterungen, nach

Befinden an Ort und Stelle, vorzunehmen und dabei zu berück­ sichtigen hat, welche Teile eines Grundstückes mit dem geringsten Nachteile für den Eigentümer, unbeschadet des vorliegenden berg­ männischen Zweckes, überlassen oder dienstbar gemacht werden können.

Dafern fiskalisches Grundeigentum iu Frage kommt, hat die zu­

ständige fiskalische Verwaltungsbehörde, welche von dem Anträge in Kenntnis zu setzen ist, nach Abhaltung der Lokalerörterung Instruktion

vom Finanzministerium eiuzuholen.

Die bergamtliche Entscheidung ist dem Bergwerksbesitzer und, dafern die Notwendigket der Überlassung anerkannt wird, auch dem

Grundeigentümer zu eröffnen, worauf letzteren Falles das Bergamt den Überlassuugsantrag nebst der ebenerwähnten Entscheidung zur Kenntnis der Ortsverwaltungsbehörde (Amtshauptmannschaft, Stadt­

rat) zu bringen hat: ß 133 des Ges.; §§120u. 121 der Ausf.-Verordn. Gegen die bergamtliche Entscheidung ist einmaliger Rekurs

binnen 10 Tagen an das Finanzministerium gegeben, welcher binnen weiteren 14 Tagen zu begründen ist: §§ 174 u. 176 des Allgem. Bergges.; Bekanntmachung v. 1. Dezember 1868; ß 19 der Verordn,

v. 22. August 1874; b) die Entscheidung darüber, ob, in welchem Umfange und in welcher Weise die Abtretung von Grundeigentum oder die Be­

stellung von Dienstbarkeiten wirklich einzutreten hat, sowie über

sonstige Differenzen, welche hinsichtlich des oben unter 2 und 3 Mit­

geteilten etwa entstehen, erfolgt im reinen Verwaltungsverfahren, und zwar durch das Bergamt in Gemeinschaft mit der Ortsverwal­ tungsbehörde, dafern nicht die diesen Behörden zur Pflicht gemachten Vergleichungsverhandlungen die Erteilung einer Entscheidung verüberflüssigen;

c) können die vorbezeichneten Behörden (unter b) zu einer über­

einstimmenden Entschließung nicht gelangen, so haben sic gemein-

§15.

Enteignungen für Bergwerkszwecke.

81

schaftlich Bericht zu erstatten; derselbe geht, ebenso wie ein gegen ihre Entschließung

etwa

eingewendeter Rekurs

an das Finanz­

ministerium, welches, falls die Überlassung von öffentlichen Zwecken

dienenden Gebäuden und Anlagen in Frage steht, in Gemeinschaft

mit demjenigen Ministerium, zu dessen Geschäftsbereich das Gebäude oder Grundstück gehört, in allen übrigen Fällen in Gemeinschaft mit dem Ministerium des Inneren zu entscheiden hat.

Diese Ent­

scheidung ist endgültig, dafern sie mit der Entschließung der ersten

Instanz übereinstimmt; anderenfalls steht demjenigen, welcher sich

durch sie benachteiligt glaubt, ein nochmaliger Rekurs an dieselben

Ministerien offen; die Rekurse sind binnen 14 Tagen von der Er­

öffnung der beschwerlichen Entscheidung an gerechnet, einzuwenden

und binnen weiteren 14 Tagen zu begründen; d) die Ausmittelung der zu leistenden Entschädigung erfolgt in allen Fällen durch die Ortspolizeibehörde (allein), welche die er­

forderlichen Sachverständigen, dafern die Beteiligten sich über deren Wahl nicht einigen, zu ernennen und zuzuziehen hat. Entschädigungsfeststellung

ist

beiden Teilen

Gegen die

zweimaliger,

binnen

14 Tagen einzuwendender und binnen weiteren 14 Tagen, von Ab­ lauf der Einweudungsfrist zu begründender Rekurs gegeben; zweite

Instanz:

Kreishauptmannschaft, dritte Instanz:

Ministerium des

Inneren: §§ 134 u. 135 des Ges.; § 122 der Ausf.-Verordn.; § 19 der Verordn, v. 22. August 1874.

7. Rechtsweg.

Dafern der Enteignete sich bei der Entschei­

dung der Verwaltungsbehörde über die ihm zu gewährende Ent­

schädigung nicht beruhigen will, so steht ihm frei, binnen sechs Monaten von Erteilung der verwaltungsbehördlichen, bezw. der

letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung an gerechnet, den Rechts­ weg durch Klagerhebung bei dem Gerichtsstände der gelegenen Sache (dinglichen Gerichtsstände) zu beschreiten,

doch ist unerwartet der

gerichtlichen Austragung des Streites die Überlassung des Enteig­ neten zu bewirken und die von der Verwaltungsbehörde ausgemittelte Summe sofort zu zahlen: § 136 des Ges., dazu § 15 Nr. 2 Einf.Ges. zur C.P.O.; vgl. oben § 8, VIII, verbunden mit § 12, VII, 10. Häpe, Zwangsenteignung.

6

82

§ 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden.

8. Kosten.

Während die Ab- und Erstattung der im Falle

eines Widerspruches oder im Rechtswege ausgelaufenen Kosten den

allgemeinen prozeßrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen unter­ liegt, sind sämtliche Kosten, welche durch die, wegen der Überlassung

u. s. w. vorgenommenen Verhandlungen und Erörterungen erwachsen, vom Bergwerksunternehmer zu tragen.

Der Verkehr zwischen den

beiderseitigen Behörden der nämlichen Instanz erfolgt kostenfrei: § 138 des Ges. § 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden. 1. Die Enteignung wird geregelt durch das Gesetz, einige Ab­

änderungen des Gesetzes über die Laudes-Jmmobiliar-Brandversicherungsanstalt v. 25. August 1876 betreffend, vom 13. Oktober 1886 in der durch die Min.-Bekanntmachung v. 15. Oktober 1886 ver­

öffentlichten Fassung als „Gesetz, die Landes-Brandversicherungs­ anstalt betreffend", §§ 123—136; dazu Ausf.-Verordn. v. 18. No­

vember 1876 § 72. 2. Voraussetzung der Enteignung ist, daß die Baupolizei­ behörde nach einem Brande auf Grund ihres pstichtmäßigen Er­

messens dazu gelangt, im öffentlichen und zwar feuer- oder gesund­ heitspolizeilichen Interesse für den Wiederaufbau der abgebrannten

Gebäude

eine Änderung,

bezw. Verlegung

der Baustelle vorzu­

schreiben, und daß nach Bränden von bedeutenderem Umfange der

für den Wiederaufbau aufgestellte Bauplan und das dazu etwg ent­ worfene Bauregulativ den allgemeinen Bestimmungen über die Er­

richtung von Lokalbauordnungen entsprechens daß sie also nament­ lich auch die Genehmigung des Ministeriums des Inneren gefunden

haben: §§ 123. 125 und 127, 2 des Ges.

3. Die Enteignung erstreckt sich nur auf Abtretung un­ bebauten Areals?, und zwar soviel desselben, als zu der im feuer«

1 Vgl. oben § 10 B Anin. 1. 2 Die in § 123 des Ges. gedachte Verpflichtung des Brandbeschädigten

§ 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden.

83

oder gesundheitspolizeilichen Interesse nötigen Veränderung oder Ver­

legung der Baustelle des Brandbeschädigten sowie — falls die Ge­

meindebehörde und

die Gemeindevertreter die Mitberücksichtigung

noch anderer wohlfahrtspolizeilicher, insbesondere allgemeiner Ver­

kehrs- oder gewerbspolizeilicher Interessen, welche eine Abhilfe be­

stehender Übelstände oder eine Befriedigung vorhandener Bedürfnisse erheischen, für nötig erachten — soweit als auch für diese Zwecke

erforderlich ist: §§ 123, 2. 125 u. 127, 1 des Ges. 4. Entschädigungsberechtigt sind die Eigentümer der von

der Enteignung betroffenen Grundstücke

sowie

„die entfernteren

Interessenten", im Sinne von § 167 des Ges. v. 17. März 1832

(s. oben S. 19), letztere haben jedoch weder ein Widerspruchs- noch ein Anfechtungsrecht gegen die Abtretung und Abschätzung, sondern können sich nur an die Entschädigungsgelder halten, deren Zahlung solchenfalles an die Grund- und Hypothekenbehörde erfolgt; diese

(welcher auch die Baupläne mitzuteilen sind) hat behufs Wahrung der Rechte der entfernteren Interessenten die bevorstehende Aus­ zahlung der Gelder bekannt zu machen, unter Festsetzung einer min­ destens sechswöchigen Frist und unter der Verwarnung, „daß Still­

schweigen während dieser Frist als Verzicht auf Befriedigung von

den Entschädigungsgeldern und auf deren Sicherstellung durch Deposition gelte".

Die Bekanntmachung ist in der „Leipziger Zeitung"

und im Amtsblatte der Grund- und Hypothekenbehörde zu veröffent­ lichen,

auch denjenigen der Interessenten, denen ein Patent ohne

besondere Schwierigkeiten zugefertigt werden kann, patentarisch zu eröffnen: §§ 123, 2 u. 135 des Ges.

5. Verpflichtet zur Entschädigungsgewährung ist die Gemeinde des Brandortes, welche jedoch, dasern die Änderungen

zugleich

im

Interesse

der

Landes-Brandversicherungsanstalt

ge­

schehen, eine Beihilfe aus der Brandversicherungskasse beanspruchen kann: §§ 123, 3. 124 u. 136, 2 Verb, mit §§ 137—141 des Ges. und seiner Besitznachfolger zur Veränderung oder Verlegung der Baustelle sowie

zur Abtragung von Gebäuden, Gebäudeteilen u. s. w. fällt nicht unter den Ge­

sichtspunkt der Enteignung, sondern ist ein Teil der Vcrsicherungsbedingungen. 6*

84

§ 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden.

Sollte der außerdem noch erforderliche Aufwand die Kräfte der

Gemeinde übersteigen,

so kann das Ministerium des Inneren den

Gemeinden weitere Beihilfen bewilligen: § 136, 2 des Ges.

6. Entschädigungsgrundsätze: a) Die Entschädigung hat eine vollständige zu sein: § 123, 2

des Ges. a. E. (vgl. oben § 8, IV am Anfang). Es ist zu ermitteln und zu ersetzen:

«) der Wert des abzutretenden Grund und Bodens;

ß) der

Wert

der

etwa

abzutragenden Baulichkeiten, z. B.

Mauern, Zäune u. dgl.; /) der Wert der auf dem abzutretenden Grund und Boden

etwa anstehenden Früchte, Bäume u. s. w.;

S) der Wert der unbenutzbar werdenden, nach technischem Er­ messen zur Verwendung

aus bisheriger

Stelle noch brauchbaren

Mauern, Brunnen u. s. w. b) Die Entschädigungsgewährung für das vorstehend unter a

bis / Aufgeführte erfolgt zunächst in der Weise, daß dem Expro­ priierten bei Ausführung des Bauplanes ein anderer Flächenraum

von gleichem Werte zum Zwecke der Ausgleichung zugewiesen wird; wenn und soweit dies nicht thunlich ist, erfolgt die Entschädigung, ebensowie für das vorstehend unter a, § Aufgeführte

Gelde.

in

barem

Bei der Bemessung des Entschädigungsbetrages sind die

am Orte üblichen Grund- und Ertragswerte, die einschlagenden

wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Materialienpreise und Löhne

zu berücksichtigen. c) Von der Entschädigungssumme ist der Wert der durch Ab­

tragungen gewonnen werdenden, wieder brauchbaren Baumaterialien nach Abzug der Gewinnungskosten und des Betrages der etwa durch

die Lage der neuen Baustelle bedingten Transportkosten zu kürzen: § 130 des Ges. d) Die auf den verlassenen Grundstücken haftenden Lasten und Gerechtigkeiten Umtausche

der

werden bei der Abtretung, Vereinigung oder dem

Grundstücke —

abgesehen

von

der

etwa

nötig

werdenden anderweiten Regulierung der Steuerverhältnisse — nicht

§ 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden.

85

geändert, sondern gehen ebenso wie die Hypotheken und anderen

Realverbindlichkeiten auf die neue Baustelle über; doch bleibt, dafem der Besitzer einer verlegten Baustelle einen Teil der alten behält,

auch dieser Teil noch den Realberechtigten verhaftet: § 134 des Ges. 7. Verfahren. scheiden,

Bezüglich

des

Verfahrens

ist

zu

unter­

ob die Enteignung gelegentlich eines einzelnen Brandes

oder nach Einäscherung ganzer Ortschaften, bezw. ganzer Ortsteile erforderlich wird.

a) Nach Einäscherung einzelner Gebäude (Bränden geringeren

Umfanges): «) nach jedem Brande hat die Baupolizeibehörde zu ermessen,

ob

im

öffentlichen, feuer- oder gesundheitspolizeilichen

Interesse

(oben 2) der Wiederaufbau auf der Brandstelle zu gestatten, oder ob eine Veränderung und Verlegung der Baustelle vorzuschreiben

sei (§ 123 des Ges.); gelangt sie dabei zur Bejahung letzterer Frage, so hat sie mit der Gemeinde des Brandortes (Stadtgemeinderat,

Gemeinderat; in Städten mit revidierter Städteordnung: Gehör der

Stadtverordneten) ins Vernehmen zu treten, auch, dafern die Ge­ meinde eine Beihilfe aus der Brandversicherungskasse beansprucht

(oben 5), die Entschließung der Brandversicherungskammer einzu­ holen;

/?) hiernach hat die Baupolizeibehörde, dafern nicht etwa be­ sondere Kommissare von der vorgesetzten Verwaltungsbehörde und der Brandversicherungskammer bestellt worden sind, mit der Gemeinde und den beteiligten Grundstücksbesitzern in einem hierfür anzube­ raumenden Termine zu verhandeln, wobei zunächst die Herbei­ führung gütlichen Abkommens zwischen der Gemeinde und den ein­

zelnen Beteiligten sowohl wegen der Feststellung der Änderungen als wegen der Entschädigungen versucht werden muß.

Den Be­

teiligten ist zu diesem Behufe im Termine der Bauplan vorzulegen,

auch ist jedem der Ebengenannten die nötige Auskunft zu erteilen,

hierauf sind dieselben mit ihren Erklärungen zu hören; /) widerspricht die Gemeinde durch ihre gesetzlichen Vertreter

den von der Baupolizeibehörde für nötig erachteten Maßregeln oder

86

§ 16.

Enteignung zum Zwecke des Wiederaufbaues nach Bränden,

einzelnen Bestimmungen des Planes, oder kann sonst eine allseitige Verständigung und Einigung der Interessenten nicht erzielt werden,

so hat über die unerledigt gebliebenen Widersprüche zunächst die der

Baupolizeibehörde vorgesetzte Verwaltungsbehörde, in letzter Instanz aber das Ministerium des Inneren Entschließung zu fassen, es sei

denn, daß sich der Widerspruch auf die Höhe der zu gewährenden

Entschädigung bezieht, welchen Falles das nachstehend unter 7 b, ?; Ausgeführte auch hier Anwendung findet: §§ 126. 128, 3 des Ges.;