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German Pages 343 Year 1996
UWEBRAUNS
Die Wiedergutmachung der Folgen der Straftat durch den Täter
Kölner Kriminalwissenschaftliche Schriften llerausgegeben von Klaus Bernsmann, llans Joachim llirsch Günter Kohlmann, Michael Walter Thomas W eigend Professoren an der Universität zu Köln
Band 19
Die Wiedergutmachung der Folgen der Straftat durch den Täter Ein Beitrag zur Neubewertung eines Strafzumessungsfaktors de lege lata und de lege ferenda
Von
Dr. iur. Uwe Brauns Privatdozent in Köln
Duncker & Humblot · Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Brauns, Uwe: Die Wiedergutmachung der Folgen der Straftat durch den Täter : ein Beitrag zur Neubewertung eines Strafzumessungsfaktors de lege lata und de lege ferenda I von Uwe Brauns. - Berlin : Duncker und Humblot, 1996 (Kö1ner kriminalwissenschaftliche Schriften ; Bd. 19) Zugl.: Köln, Univ., Habil., 1993/94 ISBN 3-428-08391-1 NE:GT
Alle Rechte vorbehalten © 1996 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübemahme: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0936-2711 ISBN 3-428-0839 I- I Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 @)
Vorwort Die Arbeit lag der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln im Wintersemester 1993/94 als Habilitationsschrift vor. Sie wurde noch in demselben Semester von der Fakultät angenommen. Im Mai 1994 war das Habilitationsverfahren abgeschlossen. Zwischen der Annahme der Arbeit und dem Abschluß des Verfahrens zeichnete sich immer deutlicher ab, daß der Gesetzgeber im Bereich des Täter-Opfer-Ausgleichs initiativ werden würde. Durch den von der SPD-Fraktion des Dt. Bundestages im November 1993 vorgelegten Gesetzentwurf (BT-Drs. 12/6141) wurde das Gesetzgebungsverfahren in Gang gebracht. Im Februar 1994 folgte der Entwurf der Regierungskoalition (BT-Drs. 12/6853). Es wäre nicht zu verantworten gewesen, die Arbeit vor Abschluß des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zu veröffentlichen. Nachdem nun der Gesetzgeber schneller als erwartet durch das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. 10. 1994 den Täter-Opfer-Ausgleich in§ 46 a StGB gesetzlich geregelt hat, hätte es nahegelegen, die Habilitationsschrift unter Berücksichtigung dieser Regelung zu überarbeiten. Dies hätte zu tiefgreifenden Veränderungen des Textes geführt mit der Konsequenz, daß die Neufassung nicht mehr als die der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln vorgelegte und von ihr angenommene Habilitationsschrift hätte bezeichnet werden können. Eine solche Vorgehensweise schied mithin aus. Der Verf. hat sich daher entschlossen, die gerade ein Jahr alte Vorschrift des
§ 46 a StGB vor dem Hintergrund seiner eigenen Überlegungen zu der längst über-
fälligen gesetzlichen Regelung des Täter-Opfer-Ausgleichs und der Schadenswiedergutmachung kritisch zu würdigen, ihre Vorzüge und Mängel herauszuarbeiten und vor allem aufzuzeigen, wo der Gesetzgeber ,,zu kurz gesprungen" und eine gesetzgeberische Nachbesserung angezeigt ist. Zu danken habe ich vielen: Strafrechtslehrern und anderen, die mir durch das persönliche Gespräch - sowohl mit Zuspruch, als auch mit eher warnenden, aber fruchtbaren Hinweisen - weitergeholfen haben. Ich möchte keinen von ihnen namentlich nennen, weil ich - bei allem Bemühen und trotz der durchaus vorhandenen dankbaren Erinnerung - Gefahr liefe zu vergessen, einen von ihnen zu erwähnen. Namentlich jedoch nenne ich meinen akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Günter Kohlmann, dem ich zweifellos den größten Dank schulde. Er hat die Arbeit initiiert und betreut und mich durch Rat und Tat in vielfältiger Weise unterstützt.
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Vorwort
Ohne seine stete Gesprächsbereitschaft und seine ebenso geduldige wie nachdrückliehe Förderung wäre die Arbeit nie entstanden. Sehr zu danken habe ich auch Frau Helga Reuber-Finke. Sie hat die Arbeit von den ersten Entwürfen an bis zur letzten Korrektur begleitet und die Manuskripte mit stets gleichbleibender Präzision in unermüdlichem Einsatz und bewundernswertem Gleichmut geschrieben. Für die Mithilfe bei den Korrekturen habe ich insbesondere Herrn Assessor Volker Großmann zu danken. Den Herausgebern danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe, dem Verlag für seine Konzilianz im Zusammenhang mit der Ergänzung des Manuskripts. Köln, 21. November 1995
Uwe Brauns
Inhaltsverzeichnis Einleitung
Zum Anliegen der Untersuchung
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I. Ausgangspunkt: Die geltende Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Entwicklungslinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Die in§ 167 öStGB getroffene Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die deutsche Rechtsentwicklung (Grundzüge), insbesondere die Beratungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Reaktionen des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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111. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Neuere Reformentwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Kapitel
Die Problematik anband von Beispielsfällen
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I. Beispielsfall 1 - Domschatz-Diebstahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für einen Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Gefahr der Motivierung potentieller Täter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Das Fehlen einer ethischen Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Beispielsfall 2 - Der ungetreue Kassenbeamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für einen Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Gefahr der Konfliktverschärfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Förderung von Anschlußkriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Öffentlichkeitswirkung der Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Gefahren einer Privatisierung des Konflikts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Mißbrauchsgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Ambivalenz des Nachtatverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 111. Beispielsfall 3 -Betrug zum Nachteil einer Kfz.-Diebstahlversicherung 1. Gründe für einen Strafverzicht . .
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a) Verlust der Rücktrittsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Der faktische Einfluß des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Keine Veränderung des Entdeckungsrisikos nach Erfolgseintritt . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Praktische Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Bedenken aus generalpräventiver Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Beispielsfall 4- Büromitteleinkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für einen Strafverzicht . .
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a) Auswirkungen der Bestrafung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
b) Die Bandbreite der in Betracht kommenden strafrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
c) Minderung generalpräventiver Strafbedürfnisse . ... . .............. .. . . .... .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
41
a) Wiedergutmachung als Kalkül bei Tatbegehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Ungünstige Prognoseaspekte
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c) Zusätzliches generalpräventives Strafbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Beispielsfall 5 - Handtaschenraub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für eine Rücknahme der Sanktion .. .
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a) Wiedergutmachungsmotivation, Reaktion des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Der negative "Lerneffekt" für den Tater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Die Ausgrenzung des Opfers ..
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Schwere der Tat . ..
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b) Das Fehlen positiver Prognoseaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Faktische Schwierigkeiten einer Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
VI. Beispielsfall 6- Mißlungene Geldfalschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Gründe für einen Strafverzicht
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a) Verlust der Rücktrittsmöglichkeit als Folge der Vorverlagerung der Deliktsvollendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis
9
b) Beseitigung der Rechtsgutsgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
c) Negative Wirkungen des Strafverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
a) Bedürfnis eines wirksamen Vorfeldschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
50
b) Unfreiwilligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Beispielsfall 7 - Testamentsfälschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für einen Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
a) Wertungsunterschiede im Zivil- und im Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
b) Das Fehlen einer Rücktrittsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
c) Das Risiko einer Konfliktverschärfung und der Förderung von Anschlußkriminalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Das Fehlen einer "ethisch wertvollen" Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Das Andauern des Gefahrdungsmoments
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VIII. Beispielsfall 8 - Aussagekonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Gründe für einen Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Die Gefahr der rechtsfehlerhaften Beurteilung der Aussagepflicht . . . . . . . . .
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b) Mit dem Auskunftsverweigerungsrecht verbundene Nachteile . . . . . . . . . . . . .
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c) Strafverzicht als Alternative . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Der Lösungsansatz in § 158 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX. Beispielsfall 9 - Preisgabe des Beuteverstecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Gründe für einen Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Schadlosstellung des Opfers oder Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
b) Das Interesse an der Strafverfolgung anderer Tatbeteiligter . . . . . . . . . . . . . . . .
63
c) Fehlende Möglichkeit verbindlicher Zusagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einwände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Fragwürdiger Beweiswert "erkaufter" Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Gefahr der Norrndestabilisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Untergrabung der Einlassungsfreiheit.. .. ... . ... . . .. .. .. . . .. . ... . . . ... .. .. .
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X. Zusammenfassung: Konsequenzen bei unbedingter Durchsetzung des Strafanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10
Inhaltsverzeichnis 2. Kapitel
De lege lata vorhandene Möglichkeiten eines Strafverzichts oder einer Sanktionsmilderung im Fall der Wiedergutmachung
73
I. Lockerungen des Sanktionszwangs im Bereich der Strafzumessungsvorschriften im weiteren Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
1. Das Absehen von Strafe gemäß § 60 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
a) Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
74
b) Voraussetzungen und Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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aa) Offensichtlich verfehlte Strafe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
76
bb) Die den Täter treffenden Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Wiedergutmachungsleistungen des Täters......... . . .............. .. ... . . ..
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d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Verwarnung mit Strafvorbehalt (§59 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
a) Bedeutung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82
b) Anwendungsbereich der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
c) Die Bedeutung von Wiedergutmachungsleistungen des Täters im Rahmen der sachlichen Voraussetzungen des § 59 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
aa) Günstige Sozialprognose (Abs. 1 S. 1 Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
bb) Würdigkeitsklausel (Abs. 1 S. 1 Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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d) Ausschlußgründe (Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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e) Kann-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Wesen der Strafaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Die Bedeutung von Wiedergutmachungsleistungen im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Die minder schweren Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Auswirkungen und Bedeutung der Strafänderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
aa) Umfang der Strafmilderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
bb) Bedenklichkeit der Gesetzgebungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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cc) Auswirkungen im Bereich der Folgeentscheidungen, insbes. das Doppelverwertungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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b) Die Konkretisierung der Voraussetzungen für die Annahme eines minder schweren Falles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Die Bedeutung der Wiedergutmachung im Rahmen der Wertungsgruppe der minder schweren Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
Inhaltsverzeichnis
11
II. Analoge Anwendung der Grundsätze über den Rücktritt und die tätige Reue . . . . . 104 I. Nichtanwendbarkeit der Regelungen über den Rücktritt vom Versuch . . . . . . . . . 105
a) Indiz- oder Strafzwecktheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Prämien- oder Gnadentheorie; Bewährung .. . .... . ............... .. . .. .. . . . 106 c) Einheitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 d) Schulderfüllungstheorie (Herzberg) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 e) Kriminalpolitische Theorie ("goldene Brücke")... . .... . .... . ..... .. .. . ... . 108 f) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
2. Nichtanwendbarkeit der rücktrittsähnlichen Sonderregelungen ("tätige Reue")
108
a) Ansichten im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 b) Die höchstrichterliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 III. Anwendbarkeit der prozessualen Nichtverfolgungsermächtigungen (insbesondere §§ 153, 153 a StPO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 I. Zur Bedeutung der Regelungen allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
2. Zur Bedeutung der Wiedergutmachung im Rahmen der§§ 153, 153 a StPO . . . 112 3. Der Anwendungsbereich der§§ 153, 153 a StPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 4. Die Relevanz der Wiedergutmachung im Rahmen der Merkmale "Schuld" und "öffentliches Interesse an der Strafverfolgung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Öffentliches Interesse an der Strafverfolgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 b) Der Begriff der Schuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Wechselwirkung zwischen öffentlichem Verfolgungsinteresse und Schuld? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Funktionaler Schuldbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 cc) Strafzumessungsschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 dd) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Notwendigkeit einer Gesamtabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 IV. Die Berücksichtigung der Wiedergutmachung im Rahmen der Strafzumessung im engeren Sinne (§ 46 Abs. 2 S. 2 StOB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Auswirkungen im Rahmen der sog. logischen Strafzumessungsgründe . . . . . . . . 125
a) Bewertungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b) Abwägung der Strafzumessungsfaktoren gegeneinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Umwertung der Strafzumessungsgründe in absolute Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 V. Zusammenfassung... . . . . .. .. . . . . . ..... . .. . .... . ... . ... . ..... . ..... .. ... .. .. .. . . . 129
12
Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel
Mögliche Formen eines Sanktionsverzichts oder einer Sanktionsmilderung
133
I. Obligatorischer Strafverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Die Regelung des§ 371 AO als Modell?.................................. .. .. 134
Beispielsfall 10 - Praxisgründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 a) Zum Vorliegen einer wirksamen Selbstanzeige i. S. des§ 371 AO . . . . . . . . . 135 aa) Positive Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 bb) Negative Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 b) Bedeutung und Rechtsnatur des§ 371 AO . .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . . .. .. .. .. 136 c) Zweck und Rechtfertigung der Strafbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Der steuerpolitische Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Die Anreizfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 cc) Ungünstige Bedingungen der Steuerkontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 d) Einwände gegen die Strafbefreiung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 aa) Fehlen eines Anreizeffekts zur Erstattung der Selbstanzeige? . . . . . . . . . 141 bb) Anreiz zur Tatbegehung? .. . .. . . . . . . . . .. .. . .. . . . .. . . .. . .. . . . .. .. . .. . . . 143 cc) Die Möglichkeit des Mißbrauchs zu einer Steuerverkürzung "auf Zeit" 144 dd) Auswirkungen auf die Strafdrohung in§ 370 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 ee) Verfassungsrechtliche Bedenken .. . . . .. . . .. . . .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . 148 ff) Der Vorwurf der Moralverletzung .. . . . .. . . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . .. . .. . .. 151
e) Eignung des§ 371 AO als Regelungsmodell im allgemeinen Strafrecht? . . . 152 2. Obligatorische Strafbefreiungen im Österreichischen Strafrecht . . . . . . . . . . . . . . . 153 a) Der Strafaufhebungsgrund der "tätigen Reue"(§ 167 öStGB) . . . . . . . . . . . . . . 154 aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 bb) Zweck der Strafbefreiung .. . .. . . . .. . . . . .. . .. .. . . .. . . .. . . .. . . . . .. . .. . . . 155 cc) Das Freiwilligkeilserfordernis .. . . . .. . . . . . . . . .. . .. . . . . . . . . .. . . . .. . . . . . 156 dd) Die Anerkennung einer vertraglichen Wiedergutmachungsverpflichtung . .. . . .. . . .. . . . . .. . . . . . . . .. . .. . . . . .. . . .. . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . . . . . . 156 ee) Die Anerkennung des ernstlichen Bemühens bei Wiedergutmachung durch Dritte . . .. . . . . .. . .. .. . .. . . . .. . . . . . . . .. . . . . .. . .. . . .. . . .. . . . . . .. .. 157 b) Der Strafausschließungsgrund der "mangelnden Strafwürdigkeit" (§ 42 öStGB) .... . . .. .. . . ... .. ..... ... . ....... .. . . . ... .. . ... ....... . .. .. ... . . . .. . 158 aa) Anwendungsbereich . . . .. . . . .. . . .. . . .. . . .. . . . . .. . .. . . .. .. .. .. .. . . . . .. . 159 bb) Die Voraussetzungen im einzelnen .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. .. . .. .. . 159 Exkurs: Wiedergutmachung betreffende Strafmilderungsgründe (§§ 34, 41 öStGB) ...... . ... . ...... . . . ..... . ... . .......... . . . . . . . .. ... . ...... . ..... . .. 162 c) Zur Würdigung der die Österreichischen Regelungen kennzeichnenden Besonderheiten . .. . . . .. . .. . . . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . .. . . .. . . . . . . . . .. . . . . . . . . .. .. . 162
Inhaltsverzeichnis
13
3. Zusammenfassung: Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile eines generellen obligatorischen Strafverzichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 II. Kombination von Strafverzicht und Strafmilderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Prinzipielle Vorzüge und Nachteile dieser Regelungsform............. ... .. . .. 166
2. Die Grundkonzeption im Alternativentwurf Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . 168 111. Zwischenergebnis und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 4. Kapitel Wertungsmaßstäbe und Wertungskriterien für eine abgestufte Bewertung der Wiedergutmachungsleistung - Entwicklung eines Regelungsvorschlags
171
I. Schuld und Prävention im Strafzumessungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Wiedergutmachung und Präventionswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
2. Wiedergutmachung und Schuldwertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 II. Die Wiedergutmachung und ihr Bezug zu den Komponenten der Strafzumessungsschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Kriterien für die Bewertung der Wiedergutmachungsleistung im Rahmen der Erfolgskomponente - ,,Erfolgswert" der Wiedergutmachungsleistung . . . . . . . . 177 a) Der Zeitfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Die Beseitigung außertatbestandlieber Tatfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 c) Die Möglichkeiten einer Kommerzialisierung der Tatfolgen ..... . , . . . . . . . . 180 d) Erfolgswert und symbolische Wiedergutmachungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . 181 e) Die Relevanz von Geschenken beim Erfolgswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 f) Erfolgswert und Leistungen an Versicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183
g) Erfolgswert bei mangelhafter Leistungsfähigkeit des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . 185 h) Fehlende Mitwirkungsbereitschaft des Opfers und Erfolgswert . . . . . . . . . . . . 187 i) Erfolgswert bei gesamtschuldnerischer Haftung mehrerer Tatbeteiligter.. .. 192 j) Erfolgswert bei Ersatzleistungen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 k) Aufklärungshilfe und Geständnis als Erfolgswert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I) Zwischenbilanz . . . .. . .. .. . .... . .... . . . ...... . ... . ... . .. .. ..... . . . .. .. . . . .. 202 2. Kriterien für die Bewertung der Wiedergutmachungsleistung im Rahmen der Handlungskomponente der Strafzumessungsschuld - "Handlungswert" der Wiedergutmachungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Die Wiedergutmachungsleistung und ihr Bezug zur Handlungskomponente der Strafzumessungsschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Notwendigkeit der Einbeziehung des "Handlungswerts" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 c) Einzelne Bewertungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 aa) Freiwilligkeit der Wiedergutmachungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
14
Inhaltsverzeichnis bb) Notwendigkeit und Möglichkeiten einer weitergehenden Graduierung des Handlungswerts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 cc) Das "Bemühen um Wiedergutmachung" ... . .. . . ... ........... . .... . .. 220 dd) Art und Umfang der Anstrengungen des Taters . .......... . .... . .. . . ... 223 ee) Der Zeitpunkt der Wiedergutmachungsleistung und die Situation aus der Sicht des Taters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 (1) Das Verfahrensstadium als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229
(2) Die Fixierung einer Zeitgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 III. Formulierung einer Regelung zur Privilegierung der Wiedergutmachungsleistung - Grundregel - . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 1. Zum Anwendungsbereich der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Zur Festlegung einer zeitlichen Grenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 3. Die obligatorische Strafmilderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 4. Die Möglichkeit einer weitergehenden Privilegierung in Fällen "qualifizierter" Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 5. Zur Anerkennung der nicht oder nur teilweise erfolgreichen Anstrengungen . . 238 6. Der Wirkungsmechanismus der Regelung insgesamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 IV. Voraussetzungen und Umfang einer weitergehenden Privilegierung in Fällen "qualifizierter" Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 1. Obligatorischer Strafaufhebungsgrund? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 2. Kombination von Absehen von Strafe und fakultativer Strafmilderung gemäß § 49 Abs. 2 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 3. Voraussetzungen der erweiterten Privilegierung mit Rücksicht auf einen erhöhten Handlungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Die Intensität der unternommenen Anstrengungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 b) Bestimmung der Zeitgrenze nach dem formalen Verfahrensstadium? . . . . . . 247 c) Tatentdeckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 d) Freiheit von äußerem Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 e) Die bei der Wiedergutmachung in Kauf genommenen Nachteile . . . . . . . . . . . 253 f) Ergänzung der Grundregel für Fälle mit erhöhtem Handlungswert . . . . . . . . . 253
4. Voraussetzungen der erweiterten Privilegierung mit Rücksicht auf einen erhöhten Erfolgswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Besonderes Interesse des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Besonderes Interesse der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 c) Ergänzung der Grundregel für Fälle mit erhöhtem Erfolgswert . . . . . . . . . . . . . 258 V. Faktische Möglichkeiten der Wiedergutmachung bei einzelnen Delikten und Deliktsgruppen und Einsatzbereich des Regelungsvorschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Keine Beschränkung auf Vergehen oder Fälle geringer Schuld bzw. mit geringer Straferwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Inhaltsverzeichnis
15
2. Entbehrlichkeit von Präventionsvorbehalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 3. Deliktseinschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 a) Anwendungsfragen in Fällen des Versuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 b) Straftaten gegen den einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 aa) Straftaten gegen Persönlichkeitswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 (1) Straftaten gegen das Leben .. . . .. . . .. .. . . .. . . .. .. .. . .. . . .. . . .. . . .. 267 (2) Straftaten gegen das werdende Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 (3) (4) (5) (6) (7) (8)
Körperverletzungsdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Straftaten gegen die persönliche Freiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sexualdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Straftaten gegen die Ehre . . .. .. .. . . . . .. . . .. . . .. .. .. . . .. . . . . . . .. . .. Straftaten gegen den persönlichen Lebens- und Geheimbereich . . . Hausfriedensbruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
268 269 270 272 273 274
bb) Straftaten gegen Vermögenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (1) Verlust oder fehlende Wiederherstellungsmöglichkeit nicht ersetzbarer Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 (2) Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 (3) Gebrauchsanmaßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 (4) Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort..................... . ... . .. . 277 (5) Beeinträchtigung von Gläubigerrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 (6) Besonderheiten bei den Straftaten gegen das Vermögen als Ganzes . . .. .. ... ..... . . .. .. .. . ... .. .... .. ... ... . ......... .. .... .. . .. .. 280 (7) Illegales Glücksspiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 c) Straftaten gegen Gemeinschaftswerte..... .. .. .. ... . ............... . .. . .. .. 283 aa) Abstraktheil des Rechtsguts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 bb) Konkretisierung der Gefahr . . . . .. . . .. . . . . .. . . .. . . .. .. . . .. . . .. . . . . . . . . . 286 cc) Verhältnis zu den Spezialregelungen des geltenden Rechts betreffend Rücktritt und tätige Reue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 dd) Wiedergutmachung bei Beeinträchtigung immaterieller Rechtsgüter . . 290 d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 VI. Verzicht auf verfahrensrechtliche Ergänzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292
Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick
294
Anhang
Stellungnahme zu § 46 a StGB vor dem Hintergrund der Überlegungen des Verfassers
298
I. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 II. Zum Gang des Gesetzgebungsverfahrens . .. .. . . . . . . . . .. . . .. . . . . .. . . .. . . .. . . .. .. . 299
16
Inhaltsverzeichnis
III. Anwendungsbereich und Regelung der Rechtsfolgen
300
1. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
2. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 IV. Die Anforderungen an das Verhalten des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Das Verhältnis von Täter-Opfer-Ausgleich (Nr. 1) und Schadenswiedergutmachung (Nr. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
a) Die Unterscheidung im Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 b) Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Vergleich mit der vom Verfasser vorgeschlagenen Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 2. Der Täter-Opfer-Ausgleich (Nr. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 a) Zum Begriff "Täter-Opfer-Ausgleich" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 b) Die Behandlung erfolgloser Bemühungen des Täters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 aa) Hoher Schaden - geringes Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 bb) Fehlende Mitwirkung des Opfers .. .. . . . . . . . .. . . . .. . . . . .. .. . .. . . . .. . . . 308 cc) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 c) Zur Mitwirkung Dritter beim Täter-Opfer-Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 3. Die Schadenswiedergutmachung (Nr. 2) .. . ....... .. .. . ...... . ....... . . ... . ... 312 a) Entschädigung des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 b) Besondere persönliche Leistungen und persönlicher Verzicht . . . . . . . . . . . . . . 31 3 c) Stellungnahme und Kritik ............ . ........ . ... . ................... .. .. 315 4. Die Möglichkeit symbolischer Wiedergutmachung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 V. Zusammentreffen des Milderungsgrundes nach § 46 a StGB mit einem minder schweren Fall . .. . . . .. . . .. . . . . .. . . .. . . . .. . . . .. . .. . . . .. . . . .. . . . .. . . .. . . .. . . . . . . . . . 317 VI. Verbleibender Regelungsbedarf im Strafprozeßrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 VII. Stellungnahme zu ersten vorliegenden Judikaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 VIII. Schlußbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328
Abkürzungen sind durchweg dem Verzeichnis von Kirchner, Hildebert: Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 4. Auflage, Berlin, New York 1993, entnommen.
Einleitung
Zum Anliegen der Untersuchung Im Jahre 1971 schrieb Reinhart Maurach in der 4. Auflage seines Lehrbuchs zum Allgemeinen Teil des Strafrechts noch, "ausnahmsweise" könnten bei der Strafzumessung "auch nach der Tat eintretende Umstände ... indiziell zugunsten des Täters wirken" und "das Ausmaß der Strafwürdigkeit beeinflussen." 1 In diesem Zusammenhang nannte Maurach auch das Bemühen des Täters, den Schaden wiedergutzumachen; allgemein bezeichnete er den Strafzumessungsgrund des Verhaltens nach der Tat2 allerdings lediglich als "drittrangig"3. Diese Beurteilung hat sich mittlerweile -jedenfalls was die Wiedergutmachung angeht - grundlegend gewandelt4 ; die Wiedergutmachung und der Täter-OpferAusgleich sind geradezu zu einem "Modethema"5 geworden. Nach einer spätestens seit Mitte der achtziger Jahre mit beachtlichem literarischen Aufwand geführten Diskussion ist im Jahre 1992 u.a. der Alternativentwurf Wiedergutmachung vorgelegt worden6 ; in demselben Jahr war der Problemkreis Gegenstand der Beratungen des 59. Deutschen Juristentags in Hannover7 . Inwieweit sich diese gewandelte Einschätzung der Bedeutung der Wiedergutmachung in der Praxis niederschlägt, ist indessen zweifelhaft. Zwar sind uns schon längst die formelhaften Wendungen in den Strafzumessungserwägungen von Strafurteilen geläufig, in denen es heißt, die Bemühungen des Täters, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, hätten bei der Bemessung der Strafe in angemessener Weise Berücksichtigung gefunden; aber in welchem Umfang sich dies in der ausgesprochenen Sanktion niedergeschlagen oder ob es sich hierbei eher um ein Lippenbekenntnis gehandelt hat, ist kaum nachvollziehbar. Das einziI Maurach, AT (4. Auf!. 1971}, § 6311 B 3 b, S. 851 ; unverändert seit der l. Auf!. 1954, S. 692. 2 Ins StGB aufgenommen mit dem l. StrRG (v. 25. 6. 1969, BGBI. I, 645), damals § 13. 3 Maurach, AT (4. Aufl. 1971) § 6311 A 1, S. 842. 4 Vgl. die nunmehr eingehenden Ausführungen bei Maurach/Gössel/Zipf, AT 2 (7. Aufl. 1989), insbes. § 631 Rdn. 50-59, 140, 141, 175-186. s Hirsch, ZStW 102 (1990), 534. 6 Vorgelegt von J. Baumann, A.-E. Brauneck, M. Burgstaller, A. Eser, B. Huber, H. Jung, U. Klug, H. Luther, W Maihofer, B.-D. Meier; P. Rieß, F. Ricklin, D. Rössner; K. Rolinski, C. Roxin, H. Schöch, H. Schüler-Springorum, Th. Weigend. 7 Vgl. das Gutachten C von Schöch sowie Sitzungsbericht 0.
2 Brauns
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Einleitung: Zum Anliegen der Untersuchung
ge greifbare Ergebnis der verstärkten Auseinandersetzung mit der Wiedergutmachung und dem Täter-Opfer-Ausgleich im Gesetz ist bislang die Aufnahme des Bemühens, "einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen", in den Katalog des § 46 Abs. 2 StGB durch das am 1. 4. 1987 in Kraft getretene Opferschutzgesetz8 . I. Ausgangspunkt: Die geltende Rechtslage
Die Wiedergutmachung des durch eine Straftat verursachten Schadens durch den Täter kann im geltenden deutschen Strafrecht bekanntlich in unterschiedlicher Weise bei der Bestimmung der staatlichen Reaktion auf die Straftat Berücksichtigung finden: Sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, ist nach§ 46 StGB bei der Strafzumessung zu berücksichtigen; die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe kann im Rahmen des § 56 StGB mit der Auflage verbunden werden, daß der Verurteilte den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutmacht (§ 56 b Abs. 2 Nr. 1 StGB); unter den Voraussetzungen des § 153 a StPO kann dem Beschuldigten die Auflage erteilt werden, zur Schadenswiedergutmachung eine bestimmte Leistung zu erbringen (§ 153 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO), mit der Konsequenz, daß das Verfahren danach endgültig eingestellt wird. Bereits aus diesen Regelungen wird deutlich, daß die staatliche Reaktion auf die Straftat nicht immer in der Verhängung und Vollstreckung einer Strafe besteht. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang ferner die Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59 StGB) und das mit einem Schuldspruch ohne Strafausspruch verbundene Absehen von Strafe (§ 60 StGB), Regelungen allerdings, die nicht an ein schadenswiedergutmachendes Nachtatverhalten anknüpfen. Insoweit ist zu beobachten, daß diese Regelungen lediglich zu Modifizierungen der staatlichen Reaktion auf die Straftat führen, nicht aber zu einem völligen Verzicht auf eine derartige Reaktion und auf die Durchsetzung des Strafausspruches überhaupt. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der Staat trotz Vorliegens einer tatbestandsmäßigen, rechtswidrigen und schuldhaft begangenen Handlung ausnahmsweise - auf jede strafrechtliche Reaktion verzichtet. Die gesetzlichen Ausprägungen des sogenannten Opportunitätsprinzips (§§ 153 bis 154 c StPO) liefern hierfür einen Beweis. Zu welch weitreichenden Konsequenzen dies führen kann, läßt sich zum Beispiel an§ 153 d StPO zeigen; hier kann der Generalbundesanwalt in Fällen mit politischem Bezug unter den in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen das Verfahren in jeder Lage einstellen, und zwar ohne Zustimmung des Gerichts und sogar ohne Zustimmung des Beschuldigten. Zu erwähnen sind ferner solche Regelungen, die im Ergebnis einen völligen Verzicht auf eine strafrechtliche Reaktion bedeuten, wie z. B. Strafausschließungss 1. Gesetz zur Verbesserung der Stellung des Verletzten im Strafverfahren vom 18. 12. 1986, BGBI. I, 2496.
I. Ausgangspunkt: Die geltende Rechtslage
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gründe und Verfahrenshindernisse. In keinem dieser Regelungszusammenhänge ist allerdings auf eine vom Täter nach der Tat geleistete Schadenswiedergutmachung abgestellt. Festzuhalten ist, daß diejenigen Regelungen, die die Berücksichtigung eines schadenswiedergutmachenden Nachtatverhaltens ermöglichen oder zwingend vorschreiben, den Eintritt in ein staatlich gelenktes Sanktionsfindungsverfahren und damit die Mitwirkung der staatlichen Strafverfolgungsorgane voraussetzen. Gemeinsam ist den betreffenden Regelungen ferner, daß durch die Wiedergutmachung nicht der Strafanspruch beseitigt wird, sondern daß allenfalls die Sanktion eine Modifizierung erfahren kann. Ein Beispiel für einen völligen Verzicht auf eine strafrechtliche Reaktion nach einer formell und materiell vollendeten Tat, wobei auch der staatlichen Mitwirkung lediglich noch formale Bedeutung zukommt, liefert § 371 AO, in dem die Selbstanzeige geregelt ist: Der Täter einer Steuerhinterziehung, der rechtzeitig sein steuerstrafrechtliches Fehlverhalten offenbart, bleibt bei Nachzahlung der Steuern straffrei. Das Verhalten des Täters, an das dieser Verzicht geknüpft ist, - Offenbarung des wahren besteuerungserheblichen Sachverhalts und Nachentrichtung der hinterzogenen Steuern -, ist nichts anderes, als die Wiedergutmachung des vom Täter durch die von ihm begangene, formell und materiell vollendete Steuerstraftat herbeigeführten Schadens9 . Nach der herkömmlichen Terminologie handelt es sich um einen sogenannten persönlichen Strafaufhebungsgrund 10. Dies ist jedoch der einzige Fall in unserem geltenden Strafrecht, in dem der Gesetzgeber auf jegliche strafrechtliche Reaktion mit Rücksicht darauf verzichtet, daß der Täter nach materieller Vollendung der Tat den Schaden wiedergutgemacht hat. Bei allen anderen Regelungen, nach denen ein Verhalten des Täters nach der (versuchten oder vollendeten) Tat zu einem Strafaufhebungsgrund führen kann, handelt es sich um Fälle des Rücktritts vom versuchten oder um Fälle der tätigen Reue nach bloß formell vollendetem Delikt, in denen der Verzicht auf die strafrechtliche Reaktion nicht mit Rücksicht auf die Wiedergutmachung eines durch die Tat herbeigeführten, bereits eingetretenen Schadens erfolgt, sondern mit Rücksicht auf die Abwendung eines weiteren, in der Tat angelegten, aber noch nicht eingetretenen Schadens. Sieht man von § 371 AO ab, bleibt festzuhalten, daß nach dem gegenwärtigen Strafrechtssystem eine nach materieller Vollendung der Tat vom Täter geleistete Wiedergutmachung des Schadens grundsätzlich nicht zur Beseitigung des staatlichen Strafanspruchs führt. Vor dem Hintergrund dieses Befundes soll im nachfolgenden der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit in Fällen der Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens seitens des Täters ein Verzicht auf den staatlichen 9 10
2*
So etwa Hübner, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 371 Rdn. !Oa, 12. Vgl. z. B. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 Rdn. 3 m.w.N.
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Einleitung: Zum Anliegen der Untersuchung
Strafanspruch oder wenigstens eine weitergehende Rücknahme der Sanktion, als nach derzeitigem geltenden Recht möglich, in Betracht kommt. II. Entwicklungslinien 1. Die in § 167 öStGB getroffene Regelung
Daß dieser Fragestellung eine ebenso dauerhafte wie aktuelle praktische Bedeutung zukommt, zeigt sich besonders deutlich in der gesetzlichen Regelung des § 167 des Strafgesetzbuchs von Österreich. Nach dieser Vorschrift - sog. tätige Reue - wird in einem weiten Bereich des Vermögensstrafrechts (z. B. bei Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Untreue, Wucher, Hehlerei) die "Strafbarkeit aufgehoben", wenn der Täter den aus seiner Tat entstandenen Schaden wiedergutmacht oder sich auch nur vertraglich dazu verpflichtet. Die Vorschrift lautet (i. d. F. des öStRÄG 1987, BGBI. 1987 I 605): Tätige Reue
§ 167
(1) Die Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung, Datenbeschädigung, Diebstahls, Entziehung von Energie, Veruntreuung, Unterschlagung, dauernder Sachentziehung, Eingriffs in fremdes Jagd- oder Fischereirecht, Entwendung, Betrugs, betrügerischen Datenverarbeitungsmißbrauchs, Erschleichung einer Leistung, Notbetrugs, Untreue, Geschenkannahme durch Machthaber, Wuchers, betrügerischer Krida, Schädigung fremder Gläubiger, Begünstigung eines Gläubigers, fahrlässiger Krida, Vollstreckungsvereitelung, Hehlerei und fahrlässigen Ansichbringens, Verheimlichens oder Verhandeins von Sachen wird durch tätige Reue aufgehoben. (2) Dem Täter kommt tätige Reue zustatten, wenn er, bevor die Behörde(§ 151 Abs. 3) von seinem Verschulden erfahren hat, wenngleich auf Andringen des Verletzten, so doch ohne hiezu gezwungen zu sein, 1. den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden gutmacht oder 2. sich vertraglich verpflichtet, dem Verletzten binnen einer bestimmten Zeit solche Schadensgutrnachung zu leisten. In letzterem Fall lebt die Strafbarkeit wieder auf, wenn der Täter seine Verpflichtung nicht einhält. (3) Der Täter ist auch nicht zu bestrafen, wenn er den ganzen aus seiner Tat entstandenen Schaden im Zug einer Selbstanzeige, die der Behörde(§ 151 Abs. 3) sein Verschulden offenbart, durch Erlag bei dieser Behörde gutmacht. (4) Der Täter, der sich um die Schadensgutmachung ernstlich bemüht hat, ist auch dann nicht zu bestrafen, wenn ein Dritter in seinem Namen oder wenn ein anderer an der Tat Mitwirkender den ganzen aus der Tat entstandenen Schaden unter den im Abs. 2 genannten Voraussetzungen gutmacht.
Um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, ist darauf hinzuweisen, daß der Ausdruck "tätige Reue" nicht etwa bedeutet, daß der Strafaufhebungsgrund Reue
II. Entwicklungslinien
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im ethischen Sinne voraussetzt; erforderlich, aber auch ausreichend ist die rechtzeitige, frei willige und vollständige Schadenswiedergutmachung 11 • Hervorzuheben ist, daß diese Regelung durchaus nicht ein Ergebnis neuerer Entwicklung ist; die Grundkonzeption läßt sich bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen und ist seitdem in den Österreichischen Strafgesetzen verankert, wobei der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Rechtsinstituts noch in unserem Jahrhundert zunehmend ausdehnte 12 . Ungeachtet der Einwände, die gegen diesen Strafaufhebungsgrund vorgebracht worden sind und auf die noch einzugehen sein wird, hat sich das Rechtsinstitut im Österreichischen Strafrecht fest etablieren können13 . Im Jahre 1977 resümierte Müller-Dietz 14 die Entwicklung dahin, daß die Beibehaltung und Erweiterung des Strafaufhebungsgrundes durch den Wandel kriminalpolitischer Grundanschauungen gefördert worden sei: "Der frühere straftheoretische Rigorismus", der grundsätzlich alle Straftaten von einigem Gewicht bestraft wissen wollte, sei weitgehend aufgegeben; die Praxis sei mit dem Strafaufhebungsgrund zurechtgekommen, dieser habe "seinen Platz im allgemeinen Rechtsbewußtsein gefunden". 2. Die deutsche Rechtsentwicklung (Grundzüge), insbesondere die Beratungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität
Auch in früheren deutschen Strafgesetzen - und zwar nicht nur in solchen des Steuerstrafrechts 15 - fand sich der Gedanke, daß der Täter durch nachträgliche Wiedergutmachung des von ihm verursachten Schadens in den Genuß eines teilweisen Straferlasses 16 oder sogar eines gänzlichen Strafverzichts 17 kommen könne. So wurde beispielsweise im Partikularrecht von Braunschweig gemäß Art. 243 StrGB (aus dem Jahre 1840) der rechtzeitige, freiwillige und volle Ersatz beim einfachen Diebstahl, bei der Unterschlagung, beim Betrug und beim furtum usus als Straffortfallsgrund, bei anderen Vermögensverbrechen immerhin noch als "er-
II Vgl. z. B. Liebscher, in Wiener Kommentar, § 167 Rdn. l; Müller-Dietz, ÖJZ 1977, 343,345. 12 Vgl. Liebscher, a. a. 0.; Müller-Dietz, ÖJZ 1977, 343ff.; Tschulik, ÖJZ 1973, 653ff.; insbes. mit der Strafrechtsreform 1974 und sodann mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1987; vgl. dazu Höpfel, in Eser/Kaiser/Madlener (Hrsg.), Neue Wege (u.s.w.), 1990, S. 171 ff., 181 f. , m.w.N. 13 Mit Hinweisen aufkritische Stimmen Höpfel, a. a. 0 ., S. 182m. Fn. 12. 14 ÖJZ, 1977, 343 ff., 351. 15 Vgl. die Zusammenstellungen bei Römer, Beratungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Tagungsberichte, Bd. XI ( 1976), Anlage ll; Franzen, in Franzen/Gast/Samson, § 371 Rdn. l. 16 Vgl. Schoetensack, VDAT, Bd. Il, S. 467 f, 473 f. Fn. 6. 17 Vgl. Schoetensack, a. a. 0 ., S. 477f. Fn. 4.
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Einleitung: Zum Anliegen der Untersuchung
heblieber Milderungsgrund" anerkannt 18. - Anders als in Österreich hat sich dieser Gedanke aber in unserem Strafrecht nicht etablieren können. Trotzdem oder gerade infolge eines insoweit erkennbar werdenden Diskussionsdefizits hat die Frage, ob die Wiedergutmachung seitens des Täters unter bestimmten Voraussetzungen auch bei anderen als Steuerdelikten die Freistellung von Strafe solle bewirken können, Eingang in die Beratungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität gefunden. Die Beschäftigung mit diesem Komplex ergab sich "ungeplant" 19 erst während der 11. Arbeitstagung (1976) in der Unterkommission I, die in erster Linie mit den die steuerstrafrechtliche SelbstanzeigeregeJung betreffenden Fragen befaßt war. Alle Mitglieder dieser Unterkommission hielten den Gedanken der Erlangung von Straffreiheit durch Wiedergutmachung für erwägenswert, wobei allerdings unterschiedliche Auffassungen über die Begründung einer solchen Straffreiheitserklärung wie auch über den möglichen Anwendungsbereich einer entsprechenden Regelung bestanden. Die Unterkommission gab die Empfehlung zu prüfen, ob eine dem Rechtsgedanken des § 371 AO entsprechende Regelung für einzelne Vermögensdelikte des allgemeinen Strafrechts getroffen werden könne, und nannte in diesem Zusammenhang ausdrücklich die Tatbestände des Subventionsbetrugs und der Krediterschleichung. Darüber hinaus sprach sich die Unterkommission dafür aus, daß die Frage der Einführung einer solchen Regelung auch bei anderen Tatbeständen zum Schutz des Vermögens und des Eigentums "ernsthaft geprüft" werden müsse, wobei sie ausdrücklich insbesondere auf die geringe Aufklärungsquote im Bereich der Diebstahlskriminalität verwies20• Ihre Empfehlung, die Prüfung für jeden einzelnen Tatbestand gesondert vorzunehmen, erläuterte die Unterkommission dahin, daß ,,keinesfalls" die Möglichkeit ausgeschlossen werden solle, die Straffreiheit bei Wiedergutmachung für bestimmte Delikte - ähnlich der Österreichischen Vorschrift über die tätige Reue -in einer Vorschrift zu regeln21 . Die Vollkommission machte sich die Empfehlungen der Unterkommission im wesentlichen zu eigen. Bemerkenswert ist, daß die Vollkommission, nachdem die Unterkommission die Regelung in § 167 des Österreichischen Strafgesetzbuchs über die tätige Reue als zu weitgehend bezeichnet hatte, diese Aussage ausdrücklich abschwächte und zum Ausdruck brachte, daß ihr diese Regelung nur "möglicherweise" zu weit gehe22 . Im übrigen empfahl die Vollkommission, wie von der Unterkommission vorgeschlagen, mit einstimmig gefaßtem Beschluß dem Gesetzgeber die Prüfung der 18 Vgl. Scfwetensack, a. a. 0 ., S. 488; ferner (ebenda): Strafgesetzbücher von Sachsen (1855 und 1868), Art. 296, und von Thüringen, Art. 48, 109, sowie Regelungen der schweizer. Kantonalrechte und des griech. StrGB von 1843 (S. 480). 19 Beratungen der Kommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, Tagungsberichte, Bd. XI (1976), S. 39. 2o Tag.-Ber., a. a. 0 ., S. 10 ff., 35 f. 21 Tag.-Ber., a. a. 0 ., S. 38. 22 Tag.-Ber., a. a. 0., S. 39.
II. Entwicklungslinien
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Frage, ob eine dem Rechtsgedanken des § 371 AO entsprechende Regelung für einzelne Vermögensdelikte des allgemeinen Strafrechts getroffen werden könne. Der Beschluß der Kommission lautet wie folgt23 : ,,Es wird die Prüfung der Frage angeregt, ob eine dem Rechtsgedanken des § 371 AO 1977 entsprechende Regelung über die Gewährung von Straffreiheit bei Schadenswiedergutmachung durch den Täter für einzelne Vermögensdelikte des allgemeinen Strafrechts getroffen werden lcann, so z. B. insbesondere ftir den Subventionsbetrug oder die Krediterschleichung. Bei der Prüfung der Frage, die ftir jeden Tatbestand gesondert vorgenommen werden muß und bei der die Erfahrungen mit der der Kommission möglicherweise zu weitgehenden Regelung des § 167 des Österreichischen Strafgesetzbuchs berücksichtigt werden sollten, ist nach Ansicht der Kommission insbesondere auf folgendes Bedacht zu nehmen: a) Das Strafmonopol des Staates darf nicht eingeschränkt und dem Geschädigten darf keine unangemessene Einwirkungsmöglichkeit - auch nicht mittelbar - auf den Täter ermöglicht werden. b) Die Entdeckung der Tat und des Täters muß die Straffreiheit ausschließen; gleiches soll gelten, wenn die Tat entdeckt ist und der Täter bei verständiger Würdigung der Sachlage mit seiner Entdeckung rechnen muß." 3. Reaktionen des Gesetzgebers
Die praktischen Auswirkungen dieser Empfehlung aus dem Jahre 1976 auf die Gesetzgebung sind bislang dürftig geblieben. Zwar hat der Gesetzgeber einige Tatbestände - z. B. den Subventions-, den Kapitalanlage- und den Kreditbetrug - mit Strafaufhebungsgründen ausgestattet (vgl. §§ 264 Abs. 4, 264 a Abs. 3, 265 b Abs. 2 StGB); aber hierbei handelt es sich nicht um Fälle der Wiedergutmachung eines deliktisch herbeigeführten, bereits eingetretenen Schadens, sondern um die Abwendung eines noch nicht eingetretenen Schadens, wobei der Eintritt dieses Schadens nicht zu den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Vollendung der betreffenden Delikte gehört. Da diese Tatbestände als Gefahrdungsdelikte ausgestaltet sind, wirken die in ihnen vorgesehenen Strafaufhebungsgründe lediglich als Ausgleich dafür, daß die Vollendungsstrafbarkeit bereits vor Eintritt des vom Täter erstrebten Erfolges begründet wird und daß es infolge der Vorverlagerung des Zeitpunkts der Vollendung an der Möglichkeit eines strafbefreienden Rücktritts gemäß § 24 Abs. 1 StGB fehlt. Letztlich handelt es sich bei diesen Fällen der sogenannten "tätigen Reue"24 nicht um eine Strafbefreiung25 mit Rücksicht auf eine Wiedergutmachung des durch die Straftat verursachten Schadens, sondern es soll damit lediglich dem Umstand Rechnung getragen werden, daß der Täter dem drohenden EinTag.-Ber., a. a. 0., S. 39f. Vgl. z. B. §§ 31, 83 a, 84 Abs. 5, 87 Abs. 3, 98 Abs. 2, 129 Abs. 6, 149 Abs. 2, 158, 310, 311 c, 315 Abs. 6, 316 a Abs. 2, 316 c Abs. 4, 323 Abs. 5, 330 b StGB. 25 Bzw. um Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Absehens von Strafe. 23
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Einleitung: Zum Anliegen der Untersuchung
tritt eines mit der Tat angelegten weiteren Schadens entgegengewirkt (oder sich darum bemüht) hat. Um einen Sonderfall handelt es sich bei dem mit dem 2. WiKG eingeführten Tatbestand des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266 a StGB); nach Abs. 5 S. 1 dieser Vorschrift kann von einer Bestrafung abgesehen werden, wenn der Täter sich der Einzugsstelle gegenüber rechtzeitig, vollständig und schriftlich offenbart und sie auf diese Weise in die Lage setzt, auf zutreffender Grundlage weitere Entscheidungen zu treffen; nach Abs. 5 S. 2 wird der Täter straffrei, wenn er die vorenthaltenen Beiträge innerhalb der ihm hierzu gesetzten Frist nachentrichtet Hier handelt es sich um eine Sanktionsmodifizierung bzw. um einen Strafaufhebungsgrund, der- wie im Falle des§ 371 AO- an ein schadenswiedergutmachendes Verhalten im Stadium nach materieller Vollendung der Tat anknüpft.
111. Zwischenergebnis Insgesamt ist festzuhalten: Die Empfehlung der Sachverständigenkommission zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität hat- soweit ersichtlich -nicht zu einer breiteren Diskussion oder zu eingehend~n Untersuchungen geführt26 . Auch im Gesetz hat die Empfehlung - abgesehen von der genannten Ausnahme in § 266a StGB - keinen Niederschlag gefunden. Einer der Gründe hierfür liegt möglicherweise in dem Umstand, daß sich die Wissenschaft einer näheren Auseinandersetzung mit der Fragestellung zunächst weitgehend enthalten hat. Bereits die Existenz des erst 1986 in das Gesetz eingefügten27 § 266a StGB führt zu der Fragestellung, ob dem Gedanken der Straffreiheit oder Sanktionsmodifizierung bei Wiedergutmachung des Schadens durch den Täter ein über das geltende Recht hinausgehender Wirkungsbereich einzuräumen ist. Auch vor dem Hintergrund der bereits langen Geltungsdauer des§ 371 A028 und des§ 167 öStGB ist zu bezweifeln, ob die zuweilen geäußerte Feststellung zutrifft, daß es sich hierbei nur um durch Ausnahmesituationen geprägte Sonderregelungen handele, die in unserem Strafrechtssystem letztlich Fremdkörper darstellen.
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ben.
Die Resonanz von Havekost, ZRP 1980, 308 ff. ist, soweit ersichtlich, vereinzelt geblie-
Durch das 2. WiKG vom 15. 5. 1986, BGBI. I, S. 721. Nach vergleichbaren Regelungen in Partikulargesetzen der deutschen Länder und in einzelnen Reichssteuergesetzen schon§ 378 AO 1919; vgl. Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 Rdn. 10. 27
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IV. Neuere Reformentwicklungen
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IV. Neuere Reformentwicklungen Etwa seit Mitte des letzten Jahrzehnts treten mittlerweile zu einer starken Strömung angewachsene Reformbestrebungen hervor, die durch den gemeinsamen Ansatz gekennzeichnet sind, die Wiedergutmachung verstärkt in das Rechtsfolgensystem des materiellen Strafrechts bzw. in das Strafverfahrensrecht einzugliedern. Das Ziel dieser Reformbestrebungen ist eine stärkere Beachtung der Beziehung zwischen Tater und Opfer und eine Stärkung der Stellung des Verletzten. Es liegt auf der Hand, daß die Wiedergutmachung des Schadens durch den Tater in diesem Zusammenhang eine gewichtige Rolle spielt. Allerdings sind die Wege, auf denen die Eingliederung der Wiedergutmachung in das materielle bzw. ins Prozeßrecht verfolgt wird, unterschiedlicher Art29. Zum einen gehen die Bestrebungen dahin, die Wiedergutmachung zwar nicht als neue Strafart, aber als "dritte Spur" neben Strafe und den Maßregeln in das Rechtsfolgensystem des StGB einzufügen30. Zum anderen wird nach Wegen gesucht, im Strafverfahren- unter Vermittlung der staatlichen Strafverfolgungsorgane oder selbständig institutionalisierter Schlichtungsstellen - auf einen "Tat-Opfer-Ausgleich" mittels Schadenswiedergutmachung hinzuwirken und damit das Verfahren gleichsam "abzulenken" (Diversion) 31 . Zusammengeiaßt geht es jeweils um die Frage, wie der Staat die Wiedergutmachung des Schadens durch den Tater fördern und die Wiedergutmachung als Ersatz für die staatliche Strafe oder als neue Sanktionsart einsetzen soll und kann. Diese Fragestellung liegt auch der Untersuchung von Frehsee: "Schadenswiedergutmachung als Instrument strafrechtlicher Sozialkontrolle" 32, zugrunde. Die hier zu behandelnde Problematik kommt im Ergebnis den geschilderten Reformbestrebungen entgegen33 . Sie geht jedoch von einem anderen Ansatz aus: Es geht nicht um die Möglichkeiten des Einsatzes der Wiedergutmachung als staatliches Instrument oder Sanktionsform, sondern darum, wie mit den Mitteln des Strafrechts reagiert werden soll, wenn der Tater von sich aus, ohne vorhergehende 29 Die unterschiedlichen Grundrichtungen aufzeigend, z. B. Hirsch, Armin Kaufmann-Gedächtnisschr. (1989), S. 1 ff., insbes. 7ff., 14ff., 21f.; ders., ZStW 102 (1990), 534ff.; Walter I Schuldzinski, in Strafverlolgung und Strafverzicht (Festschrift 125 Jahre Staatsanwaltschaft Schleswig-Holstein, 1992), S. 559 ff. 30 Insbesondere Roxin, in Schöch (Hrsg.), Wiedergutmachung (1987), S. 37 ff., 51 f.; ferner bereits Frehsee, Schadenswiedergutmachung (1988), S. 119 nunmehr insbes. der AlternativentwurfWiedergutmachung (AE-WGM) aus dem Jahre 1992. 31 Vgl. die Nachweise bei Hirsch, Armin Kaufmann-Gedächtnisschr. (1989), a. a. 0.; Walter/Schuldzinski, a. a. O.;jew. m.w.N. 32 "Ein kriminalpolitischer Beitrag zur Suche nach alternativen Sanktionsformen", 1988. 33 Zusammenfassend: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Schadenswiedergutmachung im Kriminalrecht, 1988, m.w.N. S. 48 ff; ferner (mit umfassenden Schrifttumsverzeichnissen) z. B. Schreckling, Bestandsaufnahmen zur Praxis des Täter-Opfer-Ausgleichs in der Bundesrepublik, 3. Auflage 1992, S. 68 ff. und Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Täter-OpferAusgleich, Bonner Symposium, 2. Auflage 1992, S. 242 ff.
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Einleitung: Zum Anliegen der Untersuchung
Initiative seitens des Staates, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutgemacht hat. Wie aktuell die gesamte Fragestellung inzwischen ist, läßt sich zum Beispiel daraus ersehen, daß die Skala der hierzu vertretenen Meinungen von bloßen Sanktionsmilderungen bis hin zu einem völligen Sanktionsverzicht reicht 34 . Dieser Sanktionsverzicht ist die zentrale Fragestellung dieser Arbeit, wobei nach verschiedenen Seiten hin Differenzierungen unerläßlich sind. So ist beispielsweise zu fragen, bei welchen Delikten ein solcher Sanktionsverzicht vertretbar ist; es ist weiter zu fragen, ob er einschränkungslos gelten soll oder an bestimmte Kriterien geknüpft werden soll, die zu einer Beschränkung auf bestimmte Fallkonstellationen (Tatergruppen, Opferverhalten, Ablauf der Tat) führen.
34 Z.B. Kerner, in Janssen/Kemer, Verbrechensopfer (1985), S. 509; Frehsee, Schadenswiedergutmachung (1988), S. 199ff., 201 ; Kunz, Bagatellprinzip (1984), S. 294; Naucke, SI. DJT (1976), GutachtenD, S. 39; Havekost, ZRP 1980, 308; Hillenkamp, in Schöch (Hrsg.), Wiedergutmachung (1989), S. 95, 97; nunmehr der AE-WGM (1992); Schöch, Gutachten C zum 59. DJT (1992); einschränkend etwa Empfehlungen des 59. DJT, Sitzungsbericht 0, S. 184 ff.; auch Loos, ZRP 1993, 51 ff.
1. Kapitel
Die Problematik anband von BeispielsnilJen Daß sich gegen diese Fragestellung bereits vom Ansatz her Gegenargumente vorbringen lassen, versteht sich von selbst. So ist beispielsweise der Einwand emstzuneh.men, daß es aus generalpräventiven Gründen nicht verantwortet werden könne, bei Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens den Strafausspruch obsolet werden zu lassen. Ernstzunehmen ist auch der Einwand, daß der Täter bereits bei Tatbegehung sein Freiwerden von Strafe einkalkulieren könne; auf die Spitze getrieben: Wird er nicht entdeckt, behält er die Beute und bleibt straffrei; wird er entdeckt, gibt er die Beute zurück und wird ebenfalls straffrei. Ernstzunehmen ist auch das Argument, daß die Möglichkeit, notfalls durch Wiedergutmachung von Strafe freikommen zu können, zu einer Konsequenz führen könnte, die man mit Hilfe des Strafrechts gerade zu vermeiden sucht: Die bloße Aussicht, gegebenenfalls durch Wiedergutmachung des Schadens von Strafe freikommen zu können, könnte einen Anreiz darstellen, Straftaten zu begehen. Das Risiko, wegen der begangenen Tat auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden, würde erheblich vermindert, wenn nicht gar auf Null reduziert. Es spricht auf den ersten Blick manches für die Befürchtung, daß eine "Honorierung" der nachträglichen Schadenswiedergutmachung eine Aufweichung der Strafzwecke zur Folge haben könnte. Andererseits ist unschwer festzustellen, daß das Nichtvorhandensein der Chance, durch Wiedergutmachung des mit der Tat herbeigeführten Schadens von Strafe verschont zu bleiben, zu Konsequenzen führen kann, die aus den verschiedensten Gründen unerwünscht sind. Dies soll anband von einigen Beispielsfällen erläutert werden, wobei jeweils unterschieden werden soll zwischen den Aspekten, die für die Anerkennung der Wiedergutmachung als Strafaufhebungsgrund sprechen, und solchen, die dem entgegenstehen. Überlegungen zu in Betracht kommenden vermittelnden oder Alternativlösungen (benannte oder unbenannte obligatorische oder fakultative Strafmilderungsgründe, strafrahmenmildemde Regelbeispiele, Erweiterung von Strafantragserfordernissen oder Nichtverfolgungsermächtigungen) sollen dabei zunächst zurückgestellt werden.
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1. Kap.: Die Problematik anband von Beispielsfällen
I. Beispielsfall I - Domschatz-Diebstahl 1 A gelingt es, in den Kölner Dom einzusteigen und einige der dort ausgestellten kostbaren und einzigartigen Kunstgegenstände von kunsthistorisch "unschätzbarem Wert" zu entwenden. Bereits der Materialwert der an diesen Gegenständen verarbeiteten Edelsteine und Edelmetalle ist kaum zu beziffern. A zerlegt diese Gegenstände fachmännisch in Einzelteile und hofft, durch ihren Verkauf wenigstens einige hunderttausend DM erlösen zu können. Sowohl Juweliere als auch Hehler, an die A zu diesem Zweck herantritt, lehnen jedoch einen Ankauf ab. Die Ermittlungsbehörden fahnden unterdessen nach dem gestohlenen Gut und dem Täter, erbalten jedoch auch nach geraumer Zeit keine Anhaltspunkte hinsichtlich des Verbleibs der Beute oder der Person des Täters. Für Hinweise, die zur Auftindung der Beute führen, wird eine hohe Belohnung ausgesetzt. Dies wird in den Medien mit dem weiteren Hinweis verbreitet, daß der Tater nicht in den Genuß der Belohnung kommen, sondern auch im Fall einer Rückgabe der Beutestücke allenfalls mit einer Strafmilderung rechnen könne. Als A keine Möglichkeit mehr sieht, die Beute abzusetzen, überlegt er, wie er sich ihrer gefahrlos entledigen kann. Den Gedanken, mit der Beute ein Lösegeld zu erpressen, verwirft er als zu riskant. Gleichfalls nimmt er Abstand von der Überlegung, die Beute auf irgendeine Weise ohne Gegenleistung in den Besitz der Berechtigten zurückgelangen zu lassen, weil er befürchtet, er könne hierdurch zu seiner Entdeckung führende Hinweise liefern. Von der Aussicht auf eine mildemde Berücksichtigung bei Rückgabe der Beute verspricht er sich wenig, da er mit erheblichen einschlägigen Vorstrafen belastet ist. Daher entschließt er sich, die Beute so verschwinden zu lassen, daß ihre Wiederauffindung möglichst endgültig vereitelt wird und versenkt die Beute in einem Fluß, wo sie unauffindbar bleibt.
1. Gründe für einen Strafverzicht Das Beispiel macht deutlich, welche Nachteile mit einem unnachgiebigen Festhalten an dem Postulat der Unverbrüchlichkeil der Strafdrohung im Einzelfall verbunden sein können. Dieses Postulat führt im vorliegenden Fall dazu, daß die Chance einer jedenfalls möglich erscheinenden Rettung der Kunstgegenstände verloren geht. Dem Täter bleibt lediglich eine - schon generell kaum mehr als vage - Hoffnung auf strafmildemde Berücksichtigung der Beuterückgabe im Rahmen der Strafzumessung, die er zudem - im Beispielsfall mit Recht - als besonders schwach einschätzt. Noch mehr verschärft sich die Situation, wenn die Tat während einer noch laufenden Bewährungszeit begangen wird(§ 56 f StGB). Die Unbestimmtheit und Unberechenbarkeit der Vorteile, die im Rahmen der Strafzumessung an die Schadenswiedergutmachung geknüpft werden können, sind kaum geeignet, eine - wie im Beispielsfall immerhin latent vorhandene - Wiedergutmachungsbereitschaft des Täters zu fördern. Diese Unsicherheiten nehmen I In Anlehnung an den Fall eines Einbruchs in den Kölner Dom im Jahre 1975 (vgl. C. Dietmar, Chronik Kölns, 2. Aufl. 1992, S. 513); die Behandlung dieses Falles geht auf eine Anregung von Herrn Ministerialrat Dr. Erich Göhler zurück.
I. Beispielsfall 1 - Dornschatz-Diebstahl
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noch zu, wenn- wie auch im Beispielsfall- Strafzumessungstaktoren mit negativer Bewertungsrichtung (Vorstrafe, ungünstige Sozialprognose) hinzutreten und dominieren. Demgegenüber liegt die Annahme nahe, daß eine reale Aussicht, durch Rückgabe der Beute Straffreiheit erlangen zu können, den Täter zu dieser Rückgabe zu motivieren geeignet gewesen wäre und daß dadurch die unersetzlichen Kunstgegenstände vor dem endgültigen Verlust bewahrt worden wären.
2. Einwände
Die oben vorweg angesprochenen Bedenken gegen einen Strafverzicht, die auf die Befürchtung einer allgemeinen Destabilisierung der Präventivfunktionen des Strafrechts zurückgehen, kommen in allen Beispielsfällen - mehr oder weniger stark - zum Tragen und sollen daher nur dann angesprochen werden, wenn sich insoweit fallspezifische Besonderheiten ergeben. a) Gefahr der Molivierung potentieller Täter
Im vorliegenden Fall müßte die Berücksichtigung der Unersetzbarkeit der gestohlenen Kunstgegenstände zu dem Ergebnis führen, daß gerade Straftaten im Zusammenhang mit einmaligen Kunstwerken und anderen besonders wertvollen oder seltenen Gegenständen ungesühnt bleiben; mit anderen Worten: je unersetzlicher und wertvoller das Objekt der Tat, umso größer die Chance des Täters, sich durch Wiedergutmachung (soweit diese möglich) Straffreiheit verschaffen zu können. Damit könnten potentielle Täter bei gesetzlicher Verbürgung von Straffreiheit im Fall der Wiedergutmachung diese Möglichkeit von vornherein ins Kalkül ziehen und motiviert werden, gerade solche Gegenstände von besonderem Wert als Beuteobjekt zu suchen. b) Das Fehlen einer ethischen Motivation
Weitere Bedenken gegen eine verbindliche Zusicherung von Straffreiheit ergeben sich dann, wenn der Entschluß des Täters, den Schaden wiedergutzumachen, nicht auf autonomen Motiven, sondern auf einer Zwangssituation beruht. Würde der Täter im Beispielsfall die Beute zurückgeben, weil sie sich für ihn als unverwertbar erweist, so wäre dieses Verhalten schwerlich als Reue im ethischen Sinne, als Rückkehr zum Recht zu werten und kaum noch verdienstlich zu nennen. Freilich - ein gewisses Verdienst bleibt, wenn sich der Täter, obwohl eine Gefahr seiner Entdeckung nicht ersichtlich ist, zur Rückgabe der Beute entschließt, anstatt ihren endgültigen Verlust herbeizuführen.
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1. Kap.: Die Problematik anband von Beispielsf;illen
II. Beispielsfall 2 - Der ungetreue Kassenbeamte2 Als städtischer Vollziehungsbeamter veruntreut B im Laufe von zwei Jahren durch unrichtige Gebührenabrechnung einen Betrag von insgesamt DM 2.000. Als eine routinemäßige Rechnungsprüfung bevorsteht, erkennt B, der sich darüber vorher keine Gedanken gemacht hatte, daß seine Tat mit Sicherheit entdeckt wird. In der Hoffnung, hierdurch das Schlimmste vermeiden zu können, entschließt er sich, sich seinem Behördenleiter zu offenbaren und dabei den veruntreuten Betrag zurückzuzahlen. Das Geld leiht sich B von einem Freund. Der Behördenleiter eröffnet dem B auf sein Geständnis hin, daß die Einleitung eines Disziplinarverfahrens und die Erstattung einer Strafanzeige unvermeidlich seien und daß B mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert sei. Da B, der "an krankhafter Überempfindlichkeit" leidet, glaubt, daß er in dieser Schande nicht weiterleben könne und daß seine Frau und seine Tochter "die Entehrung und die Not, die er über sie gebracht hat, nicht ertragen" könnten, beschließt er, seinem Leben ein Ende zu machen und seine Frau und seine Tochter mit in den Tod zu nehmen 3. - Von dem bereits ins Werk gesetzten Plan tritt er jedoch strafbefreiend zurück.
1. Gründe für einen Strafverzicht
a) Gefahr der Konjliktverschiirfung
Zunächst ist es das schreckliche Geschehen nach der Unterredung des B mit seinem Behördenleiter, das ein dringendes Bedürfnis nach einem Strafverzicht spürbar werden läßt. Es ist erkennbar, daß der B nicht so sehr aus Furcht vor der unvermeidbar erscheinenden Strafe, als vielmehr vor den mit dem Strafverfahren verbundenen Auswirkungen zu seinen drastischen Panikreaktionen (wohl begünstigt durch seine besondere psychische Konstitution) veranlaßt worden ist. Der insoweit gleichgelagerte Sachverhalt der Entscheidung des BGH4 zeigt, daß es auch in Fällen, die noch dem Bereich der leichteren Kriminalität zuzuordnen sein dürften5 , zu solchen Übermaßreaktionen kommen kann. Im Beispielsfall liegt die Annahme nahe, daß sie nicht eingetreten wären, wenn für B die Aussicht bestanden hätte, durch die von ihm angebotene Wiedergutmachungsleistung Straffreiheit zu erlangen. b) Förderung von Anschlußkriminalität
Zu denken ist aber nicht nur an Folgegeschehen eines Ausmaßes wie im BeispielsfalL Nicht selten dürften Fälle sein, in denen der T