Die Weltstellung des Deutschen Reiches, 911–1047 [Reprint 2019 ed.] 9783486765618, 9783486765601


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German Pages 552 [560] Year 1932

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VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
BÜCHERVERZEICHNIS
ERSTES BUCH. DER AUFSTIEG DES DEUTSCHEN REICHES. (911—967.)
ZWEITES BUCH. DAS DEUTSCH-RÖMISCHE KAISERTUM. (967—1002.)
DRITTES BUCH. DER HÖHEPUNKT DES DEUTSCHEN KAISERTUMS. (1002-1047.)
NAMENVERZEICHNIS
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Die Weltstellung des Deutschen Reiches, 911–1047 [Reprint 2019 ed.]
 9783486765618, 9783486765601

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DIE WELTSTELLUNG DES DEUTSCHEN REICHES

911-1047 VON

ALEXANDER CARTELLIERI 0 . ö . P R O F E S S O R AN D E R U N I V E R S I T Ä T

JENA

D R U C K U N D V E R L A G VON R. O L D E N B O U R G M Ü N C H E N UND B E R L I N 1 9 3 2

Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten Copyright 1932 by R. Oldenbourg, München

DEM ANDENKEN TREUER FREUNDE DES WERDENDEN BUCHES MEINER FRAU MARGARETE CEB. ORNOLD (f 13. MARZ 1931)

UND MEINES BRUDERS OTTO ( t 13. A P R I L 1930)

VORWORT Das vorliegende Werk schließt sich inhaltlich an das 1927 unter dem Titel „Weltgeschichte als Machtgeschichte 382—911, Die Zeit der Reichsgründungen" im gleichen Verlag erschienene an. Der Ausdruck „Machtgeschichte" hat gelegentlich Anlaß zu Mißdeutungen gegeben. Deshalb verweise ich auf das Vorwort meiner in erster Auflage 1919, in zweiter 1921 im Verlage der Dykschen Buchhandlung in Leipzig veröffentlichten „Grundzüge der Weltgeschichte", wo ich eine starke Macht nach außen ohne gesunde Wirtschaft, gerechte Verfassung und freies Geistesleben als undenkbar bezeichnet habe. Wie notwendig aber ein vertieftes Verständnis für Macht gerade heute in unserem Vaterlande wäre, dürfte wohl bald allgemein erkannt werden. Auch die Weltstellung des alten deutschen Reiches mit seinen der gesamten Christenheit dienenden Idealen ruhte auf der Macht, die ihm seine großen Kaiser gegeben hatten. Der Deutsche darf auf diese Erinnerungen stolz sein. Bei aller so lebhaften Betätigung auf den verschiedensten Gebieten der Geschichtswissenschaft hat sich die Aufmerksamkeit nicht immer genügend der Weltgeschichte zugewandt. Vielleicht gelingt es diesem Buche zu zeigen, daß abendländische und morgenländische Politik sehr viel enger verbunden waren, als man meistens annimmt, daß beispielsweise Ereignisse in Kleinasien auf Ostrom und über Ostrom auf die unteritalienischen Pläne des deutschen Kaisertums Einfluß übten. Auch die wichtige Frage einer zweckmäßigen, die Übersicht erleichternden Einteilung des ungeheuren Stoffes muß immer von neuem aufgeworfen und durch praktische Versuche geklärt werden. Daß von einem sogenannten Mittelalter nicht die Rede sein kann, versteht sich von selbst. Die Anlage meiner Darstellung ist dieselbe geblieben. Es galt, im Anschluß an die besten, neuesten und zugänglichsten Bücher eine auf eigenem Urteil beruhende Begründung der einzelnen Tatsachen aus den Quellen heraus zu geben. Dabei konnte nicht übersehen werden, daß wer jede Einzelheit selbständig erforschen oder nur nachprüfen wollte, niemals Geschichte schreiben könnte. Quellenmäßige Geschichtschreibung ist eine dringende Aufgabe der Gegenwart, um den Widerstreit der Meinungen zwischen den Völkern und der Parteien in einem Volke zu entgiften und die Wahrheit von der Lüge zu sondern. V

Die Literatur, namentlich die ausländische, konnte wieder n u r mit großen Schwierigkeiten beschafft werden und k a m manchmal erst ziemlich spät zu meiner Kenntnis. Auch ist es nicht überflüssig, bei Studien, die sich über eine Reihe von J a h r e n erstreckten, hervorzuheben, d a ß einzelne Abschnitte h ä t t e n verkürzt werden können, wenn die am Schluß benutzten Schriften gleich anfangs vorgelegen h ä t t e n . Aufrichtigen Dank schulde ich der hiesigen Universitätsbibliotkek, vor allem Herrn Direktor Dr. Theodor L o c k e m a n n , der mit nie ermüdender Gefälligkeit alle meine Wünsche anhörte und nach K r ä f t e n erfüllte, Herrn Bibliotheksrat Dr. H a n s M ü l l e r , der mir die wertvollen Spenden der „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft" immer rasch zugänglich machte, sowie den sämtlichen Beamten, mit denen ich soviel zu t u n h a t t e . Die dauernde verständnisvolle Förderung, die „die Gesellschaft der Freunde der Universität J e n a " , vor allem Herr Fabrikbesitzer Dr. h. c. Felix G ü n t h e r in Greiz (Reuß), Ehrenbürger der Universität Jena, dem Historischen Seminar angedeihen ließ, ermöglichte eine stattliche Vermehrung der Standbibliothek, ohne die meine weltgeschichtliche Arbeit k a u m h ä t t e fortgeführt werden können. Meine Tochter I l s e und ihr Gatte Studienrat Dr. Max P r a n g e in Lübeck haben mich durch die m ü h s a m e Anfertigung des Namenverzeichnisses wesentlich entlastet und die Korrekturen mitgelesen. Der Korrektur u n d besonders der S t a m m t a f e l n h a t sich auch meine Assistentin Fräulein Dr. K ä t h e N i c o l a i angenommen. Ihnen allen danke ich sehr herzlich f ü r ihren Eifer und ihre Sorgfalt. J e n a , am 10. Oktober 1931. ALEXANDER

VI

CARTELLIERI.

INHALTSVERZEICHNIS. E R S T E S BUCH.

DER AUFSTIEG DES DEUTSCHEN REICHES. (911—967.) Seite

E R S T E S K A P I T E L . Lothringen zwischen Osten und Westen (911—925) K o n r a d von Franken deutscher König 10. Nov. 911 Lothringen an Karl d. E. 1. Nov. 911 Sieg über die Ungarn am I n n 913 Konrad gegen Erchanger und Burkhard in Schwaben und gegen Arnolf Bayern 914 Konrad gegen Heinrich von Sachsen 915 Sieg Erchangers bei Wahlwies 915 Konrad erstürmt Regensburg 916 Synode zu Hohenaltheim Sept. 916 Erchanger hingerichtet J a n . 917 Konrad stirbt 23. Dez. 918 Papst J o h a n n X . 914 Niederlage der Sarazenen am Garigliano Aug. 915 Berengar I. Kaiser 3. Dez. 915 Zoe Regentin f ü r Konstantin V I I . 913 Sieg der Bulgaren am Achelous 20. Aug. 917 Romanus I. Lekapenus Kaiser 25. März 919 Heinrichs I. Wahl durch Sachsen und Franken Mai 919 Burkhard I. von Schwaben und Arnolf von Bayern unterwerfen sich 919 und Die Großen gegen Karls d. E. Günstling Hagano 920 Vertrag zu Bonn zwischen Karl d. E. und Heinrich 7. Nov. 921 Kampf der Großen gegen Karl d. E. Sommer 922 Königswahl Roberts von Franzien 29. J u n i 922 Sein Vertrag mit Heinrich an der Roer Anf. 923 Robert fällt 15. J u n i 923 Königswahl Rudolfs von Burgund 13. Juli Heribert I I . v o n Vermandois n i m m t Karl d. E. gefangen Rudolf II. von Hochburgund von Burkhard von Schwaben b«i W i n t e r t h u r siegt 919 Rudolf II. von Hochburgund besiegt Berengar I. bei Fiorenzuola 17. Juli Erster Vorstoß Hugos von Arles nach Italien 917—918 Ungarn in Pavia 12. März 924 Kaiser Berengar I. ermordet 7. April 924 Aufstand gegen Ostrom in Kalabrien und Apulien 921 und 922 Ungarn vor Benevent 922 Ungarn in Sachsen und Ostfranken 924 Normannennot in Frankreich Bulgaren vor Konstantinopel 924 Lemnos 925 Giselbert von Lothringen Vasall Rudolfs von Frankreich März 925 Alle Lothringer unterwerfen sich Heinrich Ende 925

. .

3 4 5 6

von 7 7 7 7 8 8 8 9 10 10 II 11 12 13 920 13,14 15 16 17 17 17 17 18 19 be21 923 21 22 22 22 23 23 23 24 25 25 26

VII

Seit«

Z W E I T E S K A P I T E L . Deutscher Grenzschutz gegen Slawen, Ungarn und Dänen (926—935) Niederlage der Normannen bei Fauquembergues 926 Burkhard I. von Schwaben bei Novara erschlagen 926 Hugo von Arles König von Italien 9. J u l i Heribert I I . von Vermandois gegen Rudolf von Frankreich 927 Kaiser Ludwig I I I . der Blinde stirbt 5. J u n i 928 ( ? ) Karl der Einfältige stirbt 7. Okt. 929 Heinrichs I . Burgenbau Reiterdienst Heinrich I. n i m m t Brandenburg Winter 928/929 Heinrich I . gegen die Daleminzier 929 Niederlage der Redarier bei Lenzen 4. Sept. 929 Der Böhmenherzog Wenzel I. ermordet 28. Sept. 929 Rudolf von Frankreich besiegt die Normannen bei Estresses 930 Heribert I I . huldigt Heinrich I. 24. Okt. 931 Oströmische Schiffe gegen die Sarazenen in Fraxinetum 931 Marozia herrscht in R o m I h r Sohn J o h a n n X I . Papst Febr. oder März 931 Hugo heiratet in der Engelsburg Marozia, muß fliehen 932 Alberich I I . Fürst der Römer 932 Niederlage der Ungarn bei Riade 15. März 933 Vertrag König Hugos mit Rudolf I I . 934 ( ?) Heinrich I. vermittelt zwischen Rudolf von Frankreich und Heribert I I . . . . Er besiegt Gnupa in Süd-Jütland 934 E r plant einen Romzug Ostrom und die Araber Arnolf von Bayern und die italienische Krone 934 Rudolf von Frankreich und Heinrich I. an der Chiers 8. J u n i 935 D R I T T E S K A P I T E L . Die Anfänge Ludwigs IV. und Ottos I. (936—944) Rudolf von Frankreich stirbt 14. oder 15. J a n . 936 Ludwig IV. gekrönt 19. J u n i 936 Heinrich I. stirbt 2. Juli 936 Wahl und Krönung Ottos I. 7. Aug. 936 Ungarneinfall 937 in Deutschland, Frankreich und Italien Hugo der Große heiratet Hadwid 937 Rudolf I I . von Hochburgund stirbt 11. oder 13. J u l i 937 Thankmar im Aufstande getötet 28. J u l i 938 Otto I. unterwirft Bayern Herbst 938 Ludwig IV. und Otto I. vertragen sich Ende Okt. 938 Ludwig IV. lehnt die Huldigung der Lothringer ab Sieg der Königlichen bei Birten Anf. März 939 Otto I. gegen die Slawen, Markgraf Gero Ludwig IV. n i m m t die Huldigung der Lothringer an Französische Große schwören Otto Eberhard und Giselbert fallen bei Andernach 2. Okt. 939 Ludwig IV. heiratet Gerberga Verschwörung Heinrichs u n d anderer gegen Otto April 941 Ludwig IV. und Otto in Visé etwa 17. Nov. 942 König Hugo mit oströmischer Hilfe gegen Fraxinetum 942 Berengar von Ivrea am Hofe Ottos 941 Ungarn vor R o m 941 oder 942 Die Russen vor Konstantinopel zurückgeschlagen 941

VIII

. .

28 28 29 29 31 31 31 32 33 33 34 34 35 35 35 36 37 37 38 39 40 41 42 42 43 44 46 47 48 48 48 49 50 51 52 53 54 55,56 56 57 57 58 58 58 60 60 62 63 64 65 66 66

Seit«

V I E R T E S K A P I T E L . Italien unter Hugo und Lothar (943—950) Berengar von Ivrea zieht nach Italien 945 Frieden zwischen Alberich I I . und Hugo 946 Hugo stirbt in Arles 10. April 948 Lothar stirbt 22. Nov. 950, Berengar und Adalbert 15. Dez. gekrönt F Ü N F T E S K A P I T E L . Otto I. als Schiedsrichter Frankreichs (942—951) . . . Wilhelm Langschwert von Normandie ermordet 17. Dez. 942 Heribert I I . von Vermandois stirbt Anf. 943 Machtstellung Hugos des Großen 943 Konrad der Rote wird Herzog von Lothringen 944 Ludwig IV. überfallen und dann gefangengesetzt Juli 945 O t t o zieht mit Ludwig IV. gegen Hugo d. Gr. 946 Ludwig IV. bittet Otto in Aachen um Hilfe April 947 Zusammenkunft an der Chiers Anf. August Synoden wegen Reims 947, 948 Hugo der Große unterwirft sich Ludwig IV S E C H S T E S K A P I T E L . Ottos I. erster Zug nach Italien (947—952) Berthold von Bayern stirbt 23. Nov. 947 Prinz Heinrich Herzog von Bayern Otto und Prinz Heinrich gegen Boleslaw I. von Böhmen 950 Liudolf Herzog von Schwaben 950 Liudolfs Mißerfolg in Italien O t t o heiratet Adelheid 951 Berengar in Augsburg mit Italien belehnt August 952 Prinz Heinrich bekommt die Mark Verona

68 68 69 69 70 71 71 71 72 72 73 75 76 76 76,77 78 80 80 80 81 81 83 84 86 86

S I E B T E S K A P I T E L . Der Aufstand Liudolfs (953—955) 87 Hugo der Große und Ludwig IV. söhnen sich aus 13. März 953 zu Soissons 87 Liudolf, Konrad der Rote und Erzbischof Friedrich gegen Otto 953 87 H o f t a g in Fritzlar Mai 953 88 Prinz Brun Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen u m Mitte Sept. 953 89,90 Versammlung zu Langenzenn 16. J u n i 954 92 92 Liudolf unterwirft sich Otto zu Thangelstedt Erzbischof Friedrich von Mainz stirbt 25. Okt. 954 93 Reichstag zu Arnstadt 17. Dez 93 Prinz Heinrich unterwirft sich Bayern 955 93 Fürst Alberich I I . stirbt 31. Aug. 954 94 Ludwig IV. stirbt 10. Sept. 954 94 Sein Sohn Lothar gesalbt 12. Nov. 954 95 A C H T E S K A P I T E L . Die Machtstellung Ottos I . und Bruns (955—960) . . . 96 Ottos Sieg auf dem Lechfeld 10. Aug. 955 97 E r siegt an der Recknitz 16. Okt 98 Prinz Heinrich stirbt 1. Nov 99 Herzog Hugo der Große stirbt 16. oder 17. J u n i 956 99 Oktavian als P a p s t J o h a n n X I I . Dez. 955 100 Liudolf stirbt in Italien 956 101 Teilung Lothringens 959 102 B r u n unterstützt Lothar von Frankreich 959 und 960 102,103 N E U N T E S K A P I T E L . Ottos I. Kaiserkrönung (962) J o h a n n X I I . b i t t e t um Hilfe

104 104

IX

Seite

Otto II. gewählt und gekrönt Mai 961 Kaiserkrönung in St. Peter 2. Febr. 962 Die Schenkung vom 13. Febr

105 106 107

ZEHNTES KAPITEL. Otto I. und das Papsttum (963—967) Ottos I. Prozeß gegen Johann XII. Nov. 963 Leo VIII. erhoben 6. Dez. 963 Römischer Aufstand gegen Otto I. 3. Jan. 964 Johann XII. stirbt 14. Mai Papst Benedikt V. abgesetzt Reichsversammlung in Köln Juni 965 Markgraf Gero stirbt 20. Mai 965 Erzbischof Brun von Köln stirbt 10./11. Okt Papst Leo VIII. stirbt März 965, es folgt Johann XIII König Adalbert am Po geschlagen 25. Juni Johann XIII. mißhandelt 16. Dez. 965 Ottos I. Strafgericht über die Römer 966/967 Rückblick

110 111 III 112 112 113 113 114 115 116 116 116 117 118

ZWEITES BUCH.

DAS DEUTSCH-RÖMISCHE KAISERTUM. (967—1002.) ERSTES KAPITEL. Oströmische Erfolge und arabische Zersplitterung (944—967) 124 Romanus I. Lekapenus und Konstantin VII. Porphyrogennetus 124 Bujiden und Hamdaniden 934, 936 126 Johann II. Kurkuas siegt 944 126 Seif ed-daula in Aleppo und Antiochia anerkannt 947 127 Ostrom zahlt den Arabern Tribut 958 128 Fürstin Olga von Kiew läßt sich taufen 957 129 Konstantin VII. stirbt 9. Nov. 959, Romanus II. folgt 129 Nicephorus Phokas nimmt Chandax auf Kreta 7. März 961 131 Er erstürmt Aleppo 23. Dez. 962 133 Romanus II. stirbt 15. März 963 133 Nicephorus II. Phokas als Kaiser in Konstantinopel 16. Aug 134 Er nimmt Missisa und Tarsus Juli und Aug. 965 135,136 Zypern von Ostrom erobert 964 und 965 136 Rometta auf Sizilien von den Arabern erstürmt 965 136 Seif ed-daula stirbt 25. Jan. 967 137 ZWEITES KAPITEL. Ottos I. Kämpfe mit Ostrom (967—970) Paldolfl. von Capua und Benevent Oströmische Gesandtschaft, Heiratsplan Otto II. zum Kaiser gekrönt 25. Dez. 967 Otto I. vor Bari Gesandtschaft Liudprands von Cremona Nicephorus gegen die Bulgaren 967 Swjatoslaw nimmt bulgarische Städte Petschenegen zwingen ihn 968 zur Umkehr Nicephorus verbündet sich mit den Bulgaren Liudprand in Konstantinopel 968

X

139 139 140 141 142 142 143 143 144 144 145

Seite

Ottos I. Anspruch auf Apulien und Kalabrien 969 Deutsche siegen bei Ascoli Satriano Herbst 969 Nicephorus' Generäle nehmen Antiochia 29. Okt Nicephorus ermordet 10./11. Dez Otto I. verläßt Süditalien Ende August 970

147 151 152 153 154

D R I T T E S KAPITEL. Der Sieg Tzimisces' über die Russen (970—973) . . . Tzimisces gekrönt 25. Dez. 969 Peter Phokas erstürmt Aleppo 969/970 Swjatoslaw bedroht Konstantinopel Frühjahr 970 Bardas Phokas d. J . empört sich Theophanu d. J . in Rom gekrönt 14. April 972 Zahlreiche Gesandtschaften bei Otto I. Frühjahr 973

155 155 156 157 157 159 160

V I E R T E S KAPITEL. Die Eroberung Palästinas durch Tzimisces (974, 975) . Vertrag mit Venedig 971 Die Karmaten werden vor Kairo besiegt 24. Dez. 971 Mois zieht in Kairo ein Juni 973, Herrschaft der Fatimiden Die Oströmer unter Mleh vor Amida geschlagen 4. Juli Tzimisces bedroht Bagdad 974 Chalif Muti dankt ab, Tal folgt 5. Aug Neuer Einfall der Karmaten in Ägypten Tzimisces macht Aftekin in Damaskus zum Lehensmann 975 Tzimisces stirbt 10. Jan. 976 Mois stirbt Dez. 975

162 162 162 163 163 164 164 160 165 166 167

F Ü N F T E S KAPITEL. Ottos II. schwierige Anfänge (973—980) 168 Otto I. stirbt 7. Mai 973 168 Otto II 169 Otto, Sohn Liudolfs, Herzog von Schwaben 170 Die bayrische Ostmark 171 Aufstand Heinrichs II. von Bayern Sommer 974 171 Kampf mit Harald Blauzahn von Dänemark vor Nov 171 Benedikt VI. ermordet Juni 974, Bonifaz VII. folgt 172 Otto gegen Boleslaw II. von Böhmen Herbst 975 173 Bayern an Otto von Schwaben, Kärnten mit Verona an Heinrich, Sohn Bertholds, Juli 976 173 Reginar IV. und Lambert gegen Möns April 976 174 Karl von Frankreich wird Herzog von Niederlothringen 977 174 Empörung der drei Heinriche August 977 174 Boleslaw II. von Böhmen huldigt 978 175 Lothar von Frankreich überfällt Aachen Ende Juni 175 Otto zieht bis vor Paris Okt.—Nov 177 Ludwig V. von Frankreich gekrönt 8. Juni 979 178 Lothar und Otto zu Margut-sur-Chiers Mitte Mai 980 180 SECHSTES KAPITEL. Die Anfänge Basilius'II. (976—979) Basilius II. und Basilius der Bastard Bardas Sklerus Gegenkaiser 976 Er besiegt Bardas Phokas bei Pankalia 19. Juni 978 Er wird von ihm ebenda geschlagen 24. März 979

181 181 182 184 184

S I E B T E S KAPITEL. Otto II. und Süditalien (980—984) Abul Kasim plündert von Sizilien aus Apulien und Kalabrien 976, 977 . . . . Otto bricht nach Süden auf Okt. 980

186 186 186

XI

Seite

Fürstenversammlung zu R o m 27. März 981, Hugo K a p e t dabei Paldolf I. Eisenkopf stirbt März 981 Ottos Aufgebot in Deutschland Saad ed-daula n i m m t Aleppo 976 und 977 Otto hebt das Bistum Merseburg auf 10. Sept. 981 Ottos Niederlage beim K a p Colonne 15. J u l i 982 Bardas Phokas zwingt Aleppo zur Tributzahlung Nov. 981 Otto ordnet die Nachfolge Paldolfs I. Sept.—Nov. 982 Reichstag zu Verona Mitte J u n i 983, Otto I I I . gewählt Bayern und Schwaben neu vergeben Ottos Urkunden f ü r Venedig 7. Juni, Handelssperre Papst Benedikt V I I . stirbt 10. J u l i Angriff der Dänen, Liutizen u n d Heveller 983 Sieg der Deutschen s. Stendal Otto I I . stirbt 7. Dez. in R o m Fraxinetum erobert Sept. 983 Ludwig V. von Frankreich König von Aquitanien 982—984 ACHTES KAPITEL.

Der Regierungsantritt der Kapetinger (983—989) . . .

187 187 188 189 189 191 192 193 193 194 195 195 196 196 197 199 199 200

Otto I I I . König 25. Dez. 983 Heinrich I I . von Bayern strebt nach der Krone 984 Lothar von Frankreich belagert Verdun Hugo K a p e t versöhnt sich mit Lothar 18. J u n i 985 Heinrich I I . unterwirft sich Ende Juni/Anf. Juli Bedeutung Theophanus Sie b e k ä m p f t die Slawen 985—987 Aufstieg Almansors in Spanien Lothar von Frankreich stirbt 2. März 986 Ludwig V. stirbt 21. oder 22. Mai 987 Hugo Kapet zum König gewählt 3. J u l i Er r ä u m t Verdun Er läßt seinen Sohn Robert krönen 30. Dez Dieser heiratet Rozala (Susanne), Witwe Arnolfs I I . von Flandern Kämpfe u m Laon 988 Adalbero von Reims stirbt 23. J a n . 989

200 201 201 202 202 203 204 204 205 206 206 207 207 208 208 208

N E U N T E S K A P I T E L . Wirren in Italien und in Frankreich (989—994) . . .

210

Gerbert von Aurillac 210 Arnolf wird Erzbischof von Reims Ende März 989 211 Spannung zwischen Theophanu und Adelheid 211 J o h a n n Crescentius Nomentanus als Patricius 212 Miseko I . von Polen nimmt Boleslaw I I . von Böhmen Schlesien 990 213 Aszelin von Laon verrät Karl von Niederlothringen und Arnolf von Reims an Hugo K a p e t 30. März 991 213 Theophanu stirbt 15. J u n i 214 Miseko I. von Polen schenkt sein Reich dem Papst 990—992 214 Synode zu Saint-Basle 17. und 18. J u n i 991 214 Cerbert zum Erzbischof von Reims gewählt 21. J u n i 215 K ä m p f e u m Brandenburg 991—993 215, 216 Odo I . von Blois gegen Fulko I I I . von Anjou 216 Fulko besiegt bei Conquereuil 27. J u n i 992 die Bretonen 216 Odo von Blois stirbt 12. März 996 217 König Robert verstößt Susanne 217 Slawenabfall 994 217

XII

Seite

Z E H N T E S K A P I T E L . Ottos I I I . A n f i n g e (995—997) Seine Werbung in Konstantinopel J o h a n n Philagathos O t t o gegen die Abodriten und Wilzen 995 Sein erster Zug nach Italien 996 Beziehungen zu Venedig P e t e r Orseolos I I . Vertrag mit Basilius I I . 992 StraDenkampf in Verona 996 O t t o in Pavia anerkannt 12. April B r u n als Papst Gregor V. in Rom 3. Mai Kaiserkrönung 21. Mai Synoden zu Mouzon, Reims und Ingelheim 995, 996 Hugo K a p e t stirbt 24. Okt. 996 Robert I I . heiratet Bertha von Blois Hl. Adalbert von Prag Synode zu Pavia Febr. 997 J o h a n n Philagathos als Gegenpapst J o h a n n X V I . wohl 8. Febr O t t o bekriegt die Heveller Ende Mai Hl. Adalbert von Prag wird getötet 23. April

219 219 220 220 221 221 221 222 222 223 223 224 225 225 225 227 227 229 230

E L F T E S K A P I T E L . Basilius I I . in Bulgarien und in Syrien (985—997) . . .

231

Das Simeonskloster erstürmt 2. Sept. 985 Sturz des Bastards Basilius Charakter Basilius* I I 1. Krieg Basilius' 986 gegen Bulgarien Bardag Sklerus und Bardas Phokas Gegenkaiser 987 Basilius m u ß dem Chalifen Asis nachgeben E r verbündet sich mit Wladimir von Rußland Bardas Phokas stirbt 13. April 989 Wladimir wird Christ und heiratet Anna von Ostrom Bardas Sklerus unterwirft sich 989 2. bulgarischer Krieg 991 Basilius r e t t e t Aleppo 995 Seine soziale Gesetzgebung 996 Chalif Asis stirbt 13. Okt. 996

231 232 232 234 235 236 237 238 239 239 240 242 243 243

Z W Ö L F T E S K A P I T E L . Otto I I I . und R o m (997—1002) Sein zweiter Zug nach Italien Dez. 997 Otto u n d Gregor V. zu Pavia J a n . 998 J o h a n n X V I . verstümmelt Ottos Bleibulle mit Renovatio imp. Rom J o h . Crescentius Nom. hingerichtet 28. April 998 Gerbert Erzbischof von Ravenna April Synode zu Pavia 20. Sept. betr. Kirchengut Hl. Romuald von Camaldoli Otto in Süditalien 999 Gregor V. stirbt 18. Febr., Gerbert als Silvester I I . Papst 9. April Arduin von Ivrea bestraft um Ende April Äbtissin Mathilde und Kaiserin Adelheid sterben (7. Febr., 16./17. Dez.) . . . Otto I I I . in Gnesen Anfang März 1000 Otto I I I . am Grab Karls des Großen Anf. Mai Stephan d. Hl. König von Ungarn 1001 ( ? ) Ottos dritter Zug nach Italien Ende J u n i 1000 Schenkung an den Papst J a n . 1001

244 244 245 245 245 246 246 247 247 248 249 250 251 251 252 254 254 254

XIII

Srite

Bulle, Kaisertitel, Zeremoniell Tivoli unterworfen u m Ende J a n . 1001 Aufstand in R o m Febr. 1001 Otto I I I . in Ravenna Ottos I I I . Besuch beim Dogen in Venedig Hugo von Tuszien stirbt 21. Dez Otto stirbt in Paterno 24. J a n . 1002

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D R E I Z E H N T E S K A P I T E L . Die Erfolge Basilius' I I . in Asien (999—1001) . Eroberungen Zar Samuels von Bulgarien 995 Seine Niederlage am Spercheios 996 Oströmische Verluste bei Apamea 998 Siege des Basilius 999 Er bekommt Obergeorgien (Iberien) 1000 Sein Waffenstillstand mit Chalif Hakim 1001 Rückblick

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D R I T T E S BUCH.

DER HÖHEPUNKT DES DEUTSCHEN KAISERTUMS. (1002—1047.) E R S T E S K A P I T E L . Heinrich I I . im Süden, Westen und Osten (1002—1009) Arduin von Ivrea als König 15. Febr. 1002 Versammlungen zu Frohse und zu Werla Eckhard I. von Meißen ermordet 30. April Thüringer und Sachsen erkennen Heinrich I I . an Boleslaw Chabri beginnt zu erobern Heinrich 8. Sept. zu Aachen von den Niederlothringern anerkannt Leo von Vercelli bittet um Hilfe Deutsche Heere im Brentatal geschlagen J a n . 1003 Boleslaw Chabri unterwirft Mähren und Böhmen Heinrich verbündet sich mit den Liutizen 28. März 1003 Silvester I I . stirbt 12. Mai Das Bistum Merseburg wiederhergestellt Febr. 1004 Heinrich von Schweinfurt unterwirft sich Heinrich siegt an den Brentapässen 11. und 12. April E r wird in Pavia gekrönt 14. Mai, A u f r u h r daselbst Heinrich in Prag Sommer 1004 Krieg gegen Polen Mitte August 1005, Frieden Nachfolge im Herzogtum Burgund, Otto Wilhelm K ä m p f e Roberts I I . von Frankreich 1003 und 1005 E r t r e n n t sich von der Königin Bertha Heinrich n i m m t Basel J u l i 1006 E r t r i f f t sich mit Robert I I . an der Maas August Belagerung von Valenciennes Herbst 1006 Heinrich n i m m t Gent 19. Aug. 1007 E r stiftet Bamberg 1. Nov E r belagert Trier Sept. 1008

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Z W E I T E S K A P I T E L . Kaiserkrönung u n d Polenkriege (1007—1018) . . . . Heinrich zieht gegen Polen Aug. 1010 Überfall von Odernheim J u l i 1011 Udalrich mit Böhmen belehnt Sept. oder Okt. 1012

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XIV

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Merseburger Frieden mit Boleslaw 24. Mai 1013 Boleslaw bekriegt die Russen J o h a n n Crescentius in R o m Heinrich in Pavia vor Weihn. 1013 Synode zu Ravenna J a n . 1014 Kaiserkrönung 14. Febr Aufstand 21. Febr Arduin stirbt 15. Dez. 1015 Polenkrieg Juli 1015 König Robert k ä m p f t um das Herzogtum Burgund 1006—1015 Rudolf I I I . von Burgund bei Heinrich in Straßburg Ende Mai oder Anf. J u n i 1016 Wladimir von Rußland stirbt 15. Juli 1015 Heinrichs Aussöhnung mit den Luxemburgern Mai 1017 E r bekriegt Polen Juli 1017 Bautzener Frieden 30. J a n . 1018 Heinrich belehnt Balduin von Flandern m i t Walcheren Mitte März—Mitte April 1018 Gottfried von Niederlothringen bei Dordrecht von Dietrich von Holland geschlagen 29. Juli Heinrich zieht vergeblich an die Rhone Sommer 1018 Hugo von Frankreich Mitregent 9. J u n i 1017 Sein Bruder Heinrich Herzog von Burgund Christenverfolgung der Liutizen Febr. 1018 Boleslaw von Polen am Bug 22. J u l i und in Kiew 14. Aug

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DRITTES KAPITEL.

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Basilius I I . der Bulgarentöter (1002—1019)

Sein Sieg über die Bulgaren am Vardar 1004 Neuer Krieg seit 1014 Schlacht im Strymontal 1014 Zar Samuel stirbt 6. Okt Bulgarien unterworfen 1018 Die Kroaten huldigen Herbst 1018 Chalif Hakim zerstört die hl. Grabeskirche 1009 Aleppo unter Ostrom 1017 VIERTES KAPITEL.

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Heinrich I I . und die Kirchenreform (1015—1024) . .

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Die Araber zerstören Luni 1016 Normannen in Salerno 1016 Ihre Niederlage bei Cannä Okt. 1018 Benedikt V I I I . in Bamberg April 1020 Meies stirbt daselbst 23. April Heinrich bestätigt die Schenkungen an die Kirche Er belagert Gent Anf. Aug Er bezwingt Hammerstein 26. Dez Heinrich zum dritten Male nach Italien Ende 1021 Heinrich und Benedikt in Benevent 3. März 1022 Belagerung von Troja April—Juni Paldolf IV. von Capua verurteilt Synode zu Goslar März 1019 Synode zu Pavia 1. Aug. 1022 Zusammenkunft Heinrichs mit Robert I I . zu Ivois und Mouzon 10. August 1023 Odo I I . von Blois im Kampf mit Fulko I I I . von A n j o u 1016 Synode zu Seligenstadt 13. Aug. 1023 Benedikt V I I I . stirbt 9. April, Heinrich 13. Juli 1024

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F Ü N F T E S K A P I T E L . England und Skandinavien (899—1025) Äthelstan siegt bei B r u n a n b u r h 937 Edgar (f 975) und Erzbischof Dunstan von Canterbury Dänennot unter Äthelred I I . 978—1016 Olaf Trygges Sohn siegt bei Maldon 991 E r fällt a m Öre-Sund 9. Sept. 1000 Äthelred I I . t ö t e t die Dänen 13. Nov. 1002 Malkolm I I . von Schottland bei D u r h a m geschlagen 1006 Schiffsgeld in England 1008 Die Dänen nehmen Canterbury 1011 Sie töten den Erzbischof Älfeah 19. April 1012 Sven von Dänemark und sein Sohn K n u t erobern England 1013 Sven stirbt 3. Febr. 1014 Äthelred stirbt 23. April 1016 Sein Sohn E d m u n d Eisenseite bei Assandune geschlagen Er stirbt 30. Nov. 1016 K n u t heiratet Äthelreds Witwe E m m a 31. J u l i 1017 K n u t auch König von D ä n e m a r k 1018 Malkolm I I . siegt bei Carham 1018 K n u t wird von Schweden und Norwegern am Helgeä besiegt 1025

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S E C H S T E S K A P I T E L . Die Anfänge Konrads I I . (1024—1026) Seine Wahl zu K a m b a 6. oder 7. Sept. 1024 Krönung zu Mainz 8. Sept Seine Gemahlin Gisela gekrönt 21. Sept Boleslaw Chabri König von Polen Zerstörung der Königspfalz in Pavia Herzog Wilhelm V. von Aquitanien in Italien Konrad und die italienischen Bischöfe in Konstanz J u n i 1025 Ernst I I . von Schwaben empört sich Boleslaw Chabri stirbt 17. J u n i 1025 Freundschaft zwischen Konrad und K n u t dem Großen Ende 1025 Wilhelm V. von Aquitanien verzichtet auf Italien Hugo von Frankreich stirbt 17. Sept. 1025 Ernst I I . erhält Verzeihung Febr. 1026

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S I E B T E S K A P I T E L . Die Kaiserkrönung Konrads I I . (1026—1027) Aufstand in Ravenna Ende J u n i 1026 Pavia unterwirft sich Anf. 1027 Papst J o h a n n X I X Kaiserkrönung 26. März StraOenkampf in R o m Streit zwischen Aquileja und Grado

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A C H T E S K A P I T E L . Basilius I I . und Konstantin V I I I . (1020—1028) . . . . Georg I. von Georgien greift an Chalif Hakim stirbt 13. Febr. 1021 Unentschiedene Schlacht am Tschaldyr-See Die Seldschuken Sultan Machmud der Ghaswenide erobert Indien seit 1001 Aufstand des Xiphias und des Nicephorus Phokas gegen Basilius 1022. . . . Basilius siegt über Georg I. 11. Sept Höhepunkt Ostroms Russen vor Konstantinopel Basilius I I . stirbt 15. Dez. 1025

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XVI

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K o n s t a n t i n V I I I . als Basileus Petschenegen verheeren Bulgarien 1026 Sarazenische Seeräuber im Archipel 1027 Chalif Zahir verträgt sich mit Konstantin

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N E U N T E S K A P I T E L . Befriedung Deutschlands und Thronwechsel in Konstantinopel (1027—1029) Der R ä u b e r Thasselgard gehängt Graf Weif und Herzog Ernst I I . empören sich 1026 Heinrich I I I . Herzog von Bayern Ende J u n i E r n s t unterwirft sich zu Ulm J u l i 1026 Konrads Vertrag mit Rudolf von Burgund zu Basel August 1027 . . . . . Der jüngere Konrad unterwirft sich September 1027 Der oströmische Heiratsplan f ü r Heinrich I I I Heinrich I I I . in Aachen gekrönt 14. April 1028 Konstantin V I I I . stirbt 11. Nov Romanus I I I . folgt als Gemahl Zoes

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Z E H N T E S K A P I T E L . Konrads I I . Beziehungen zu Polen, Ungarn und Böhmen (1028—1032) Miseko I I . macht einen verheerenden Einfall J a n . 1030 Konrad kann die Ungarn nicht besiegen Sommer 1030 Ernst von Schwaben fällt 17. August Friede mit Ungarn April oder Mai 1031 Friede mit Polen Herbst 1031 Russische Wirren seit 1018 Bezprim von Polen wird ermordet Anf. 1032 Rudolf I I I . von Burgund stirbt 6. Sept

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E L F T E S K A P I T E L . Der burgundische Erbfolgekrieg (1033—1034) Odo I I . von Blois gegen Fulko I I I . von Anjou Heinrich I . von Frankreich gekrönt 14. Mai 1027 Robert I I . stirbt 20. Juli 1031 Robert d. J . wird Herzog von Burgund 1032 Odo I I . erobert einen Teil des burgundischen Reiches Konrad in Peterlingen 2. Febr. 1033 gekrönt Er trifft Heinrich I. in Deville Ende Mai/Anf. J u n i Gozelo von Niederlothringen folgt auch in Oberlothringen Konrad gegen Odo I I . von Blois in der Champagne August Konrad und die Liutizen Herbst 1033 Teilung Böhmens April 1034 Erwerbung Burgunds (Arelat)

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Z W Ö L F T E S K A P I T E L . Konrads I I . Beziehungen zu den Slawen und zu K n u t dem Großen (1034—1036) Miseko I I . von Polen stirbt 10. Mai 1034 Udalrich von Böhmen stirbt 9. Nov Bretislaw mit Böhmen belehnt Mai 1035 Adalbero von K ä r n t e n abgesetzt Mai 1035 Heinrich I I I . mit Gunhild, Tochter Knuts, verlobt K n u t der Große erobert Norwegen 1028 Olaf von Norwegen stirbt 29. Juli ( ?) 1030 K n u t der Große zwingt Malkolm I I . von Schottland zur Huldigung . . . . Konrads Bündnis mit K n u t betr. Schleswig Mai 1035 Konrad b e k ä m p f t die Liutizen 1035 und 1036

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XVII

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Der jüngere Konrad Herzog von K ä r n t e n K n u t der Große stirbt 12. Nov. 1035

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D R E I Z E H N T E S K A P I T E L . Die Zustände Oberitaliens und Konrads zweiter Zug dahin (1032—1038) Papst J o h a n n X I X . stirbt 6. Nov. 1032, Benedikt I X . folgt 17. Dez Valvassorenaufstand 1035 Konrad in Mailand bedroht 1037 Aribert in Pavia verurteilt Konrads Lehensgesetz Odo I I . von Blois fällt 15. Nov. 1037 bei Bar-le-Duc Aufstand in P a r m a gegen Konrad Weihn. 1037

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V I E R Z E H N T E S K A P I T E L . Unteritalien (1027—1037) Bedeutung Paldolfs IV. von Capua Rainulf wird Graf von Aversa 1030 Paldolf IV. beraubt Monte Cassino, erobert Gaeta 1032/33 Bürgerkrieg unter den sizilischen Arabern 1035

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F Ü N F Z E H N T E S K A P I T E L . Ostrom unter Romanus I I I . und Michael IV. (1029—1038) Unglückliche K ä m p f e bei Aleppo 1029, 1030 Maniakes dringt in Edessa ein 1031/1032 Romanus I I I . in Kleinasien E r bedroht Alexandrien 1033 Er stirbt 11./12. April 1034 Zoe heiratet Michael IV Serbien wird unterworfen Chalif Zahir stirbt 13. Juli 1036, Mustanssir folgt

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S E C H Z E H N T E S K A P I T E L . Konrad I I . in Unteritalien und sein Tod (1038, 1039) Konrad kommt nach Monte Cassino Anf. Mai 1038 Waimar V. von Salerno mit Capua, Gaeta und Aversa belehnt Seuche im kaiserlichen Heer Landtag in Solothurn Okt. 1038 Konrad I I . stirbt 4. J u n i 1039

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S I E B Z E H N T E S K A P I T E L . Heinrich I I I . und der Osten (1039—1042). . . Miseko I I . von Polen stirbt 10. Mai 1034, Kasimir wird vertrieben Bretislaw r a u b t den hl. Adalbert von Gnesen 1038 Heinrich I I I . mit 3 Heeren gegen Böhmen Mitte Aug. 1040 Stephan der HI. von Ungarn stirbt 15. Aug. 1038 Heinrich I I I . vor Prag 8. Sept. 1041 Bretislaw unterwirft sich in Regensburg Okt. 1041 Kasimir kehrt nach Polen zurück Wipos Tetralogus Weihn. 1041 Heinrich I I I . in Burgund J a n . 1042 Bayern an Heinrich V I I . von Luxemburg Febr. 1042 Heinrich I I I . gegen Ungarn Anf. Sept

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A C H T Z E H N T E S K A P I T E L . Heinrich I I I . , Ungarn und Lothringen (1040—1045) Agnes von Poitiers und ihre Mutter Agnes Fulko von Anjou stirbt 21. J u n i 1040 Robert I. von Normandie stirbt Anf. J u l i 1035 Sein unehelicher Sohn Wilhelm der Eroberer

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XVIII

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Heinrich I I I . in Ivois 21. April 1043 Heinrich I I I . gegen Ungarn Aug Ovo verzichtet auf die N e u m a r k 1043 Heinrich I I I . verkündet in Konstanz Versöhnung Okt Agnes wird gekrönt und feiert Hochzeit Nov Neue Versöhnung in Trier E n d e 1043, Reichsgesetz Heinrich I I I . Ende J u n i 1044 gegen Ovo E r siegt bei Menfö S . J u l i Gozelo I., Herzog von ganz Lothringen, stirbt 19. April 1044 Sein Sohn Gottfried d. Bärtige in Aachen abgesetzt Ende Sept Pfalzgraf Otto bekommt Schwaben 7. April 1045 Balduin VI. von Flandern b e k o m m t Antwerpen Heinrich I I I . belehnt Peter von Ungarn 26. Mai Gottfried der Bärtige in H a f t Mitte J u l i

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N E U N Z E H N T E S K A P I T E L . Skandinavien, England und Wendenland (1035 bis 1046) Die Söhne K n u t s des Großen Sven von Norwegen vertrieben u n d stirbt 1036, Magnus folgt H a r t h a k n u t stirbt 8. J u n i 1042, E d u a r d der Bekenner folgt Magnus gegen die Jomsburg, siegt auf der Lfirschauer Heide 28. Sept. 1043 . Sven mit Harald H a r d r a d a gegen Magnus 1045 Gottschalk Fürst der Wenden Heinrich I I I . gegen die Liutizen 1045 Galfried von Anjou siegt bei Nouy 21. Aug. 1044 Heinrich I I I . gegen Dietrich IV. v o n Holland April 1046 Oberlothringen an Gottfried den Bärtigen, Niederlothringen an Friedrich von Luxemburg Mai 1046 Dedi I I . von Wettin und Wilhelm IV. von Weimar-Orlamünde ZWANZIGSTES KAPITEL.

Ostrom, Sizilien, Unteritalien (1038—1042) . .

Maniakes siegt in Sizilien 1038 ff. Waimar V. von Salerno dehnt seine Herrschaft aus Siege der Normannen am Olivento, am Ofanto, bei Montepeloso 1041 Argyrus Fürst der Normannen 1042

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. . . .

E I N U N D Z W A N Z I G S T E S K A P I T E L . Der Aufstand in Montenegro und in Bulgarien (1040, 1041) Vojislaw besiegt ein oströmisches Heer 1040 Die bulgarischen Zaren Deljan, Tichomir, Alusian Dalmatinische S t ä d t e wieder u n t e r Ostrom 1041

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Z W E I U N D Z W A N Z I G S T E S K A P I T E L . Die Basilissen Zoe und (1041—1042) Michael IV. stirbt 10. Dez. 1041, Michael V. der Kalfaterer folgt Volksaufstand gegen diesen 19. April 1042 Maniakes k ä m p f t in Unteritalien 1042 Zoe heiratet Konstantin I X . Monomach 11. J u n i

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DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL. und Armenier (1042—1046)

Theodora

Normannen in Unteritalien, Russen

Argyrus fällt zu Ostrom ab Sept. 1042 Wilhelm Eisenarm als Graf von Apulien Sept Vojislaw siegt in Montenegro Herbst 1042 Maniakes fällt als Gegenkaiser bei Ostrovo 1043

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XIX

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Russen am Bosporus Sommer 1043 Volksbewegung gegen Sklerena 9. März 1044 Ani k o m m t an Ostrom 1045/1046 Rainulf I. von Aversa stirbt J u n i 1044 Wilhelm Eisenarm stirbt 1045/1046 Drogo besiegt den K a t e p a n bei Tarent 8. Mai 1046

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V I E R U N D Z W A N Z I G S T E S K A P I T E L . Oberitalien und R o m (1039—1047) . Der Mailänder Carroccio 1039 Aribert erhält Verzeihung 1040 Bürgerkrieg in Mailand 1042—1043 Beurteilung Benedikts I X Seine Entscheidung f ü r Grado und Venedig 1044 Silvester I I I . Papst 10. J a n . , Gregor VI. P a p s t 1. Mai 1045 Heinrich hält eine Synode zu Pavia 25. Okt. 1046 Zweite Synode zu Sutri 20. Dez., dritte zu R o m 23./24. Dez Klemens I I . wird Papst 24. Dez Heinrich I I I . zum Kaiser gekrönt 25. Dez. und zum Patricius gewählt . . . Gregor VI. nach Deutschland verbannt Klemens I I . hält eine Synode gegen die Simonie J a n . 1047 Der Kaiser begünstigt Paldolf IV. und die Normannen gegen Waimar V. . . Er kehrt nach Norden zurück vor Ende Febr Rückblick

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Bei der Ortsbestimmung im Text wurden folgende Abkürzungen b e n u t z t : n. = nördlich, s. = südlich, ö. = östlich, w. = westlich, nö. = nordöstlich, nnö. = nordnordöstlich usw.

XX

BÜCHERVERZEICHNIS. 1 ) A. = Archiv, Archives, Archivio usw. Abh. -- Abhandlungen. Ac., Ak. = Académie, Akademie usw. A d a m von B r e m e n , Hamburgische Kirchengeschichte. 3. Aufl., hrg. von B. Schmeidler. Hannover u. Leipzig 1917. SS. R . G. A i m é , Ystore de Ii N o r m a n t p. p. Delarc. Rouen 1892. A l p er t = Des Alpertus von Metz zwei Bücher über verschiedene Zeitereignisse nebst zwei Bruchstücken über Bischöfe von Metz. Urschrift, deutsche Übersetzung hrg. von A. Dederich. Münster 1859. A m a r i M., Storia dei Musulmani di Sicilia. Firenze 2 (1858); 3, 1 (1868); 3, 2 (1872). A m a t u s von Monte Cassino = Aimé. A m l i n g E., Zur Geschichte des P a p s t t u m s im 10. J a h r h u n d e r t (931—962). 1. Teil. Berliner Diss. 1913. A n n a l e s A l t a h e n s e s maiores ed. alt. rec. E . L . B , ab Oefele. Hannoverae 1891. SS. R . G. A n n a l e s H i l d e s h e i m e n s e s ed. G. Waitz. Hannoverae 1878. SS. R . G. A n n a l e s S a n g a l l e n s e s maiores. Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte, hrg. vom Histor. Verein in St. Gallen 19 (N. F. 9; 1884), S. 265—323. A r a b . B e r . = Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. J a h r h u n d e r t . Ins Deutsche übertragen von G. Jacob. Berlin u. Leipzig 1927. Quellen zur deutschen Volkskunde, 1. H e f t . A r b o i s de J u b a i n v i l l e H . d'. Histoire des ducs et des comtes de Champagne depuis le V I m e siècle jusqu'à la fin du XIme. Paris 1859. A r t l e r G., Die Zusammensetzung der deutschen Streitkräfte in den Kämpfen mit den Slaven von Heinrich I. bis auf Friedrich I. Zs. d. Vereins f. Thüringische Gesch. N. F. 21 (1913), S. 1—40; S. 283—337. ASocRom. = Archivio della R . Societä R o m a n a di Storia patria. A s h d o w n M., English and Norse Documents relating to t h e Reign of Ethelred t h e Unready. Cambridge University Press 1930. A t l a s R h e i n p r o v i n z = Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz hrg. von H. Aubin, bearb. von J . Niessen. Köln, Bonn 1926. B. = Bibliothek, Bibliothèque usw. B a l l e s t e r o s y Beretta A., Historia de España y su influencia en la historia universal. Barcelona 2 (1920). B a r s e k o w H.-U., Die Hausbergburgen über J e n a u. die Geschichte der Burggrafen von Kirchberg. J e n a 1931. B a r t e l s K., Deutsche Krieger in polnischen Diensten von Misika I . bis Kasimir dem Großen c. 963—1370. Berlin 1922. H . St. Ebering, H e f t 150. *) Mehrbändige Werke wurden in der Regel n u r soweit berücksichtigt, als sie für die Zeitgrenzen des vorliegenden Buches in Betracht kamen.

XXI

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XXXVII

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Es konnten nicht mehr benutzt

werden:

k o h l e n b e r g e r R . , Die V o r g ä n g e des T h r o n s t r e i t s w ä h r e n d der U n m ü n d i g k e i l O t t o s I I I . 983—985. E r l a n g e r Diss. K a l l m ü n z 1931. M a z i m M u h a m m a d , T h e Life a n d T i m e s of S u l t a n M a h m u d of G h a z n u . C a m b r i d g e 1931.

XXXVIII

E R S T E S BUCH.

DER AUFSTIEG DES DEUTSCHEN REICHES. (911—967.)

ERSTES KAPITEL.

LOTHRINGEN ZWISCHEN OSTEN UND WESTEN. (911-925.) Wenn m a n das Bild der allgemeinen Auflösung des Abend- wie des Morgenlandes am Anfang des 10. Jahrhunderts 1 ) in sich aufgenommen h a t , wird m a n die ganze Aufmerksamkeit denjenigen Erscheinungen widmen, die f ü r eine allmähliche Festigung u n d Beruhigung der Verhältnisse sprechen. Doch m u ß m a n damit rechnen, d a ß eine geraume Zeitlang Auflösung u n d Festigung noch nebeneinander hergehen. Bleiben wir zunächst beim Abendlande, so k o m m t es a m meisten darauf an, welche Persönlichkeiten j e t z t an der Spitze der Franken u n d der bisher von ihnen beherrschten S t ä m m e standen. Die F r a n k e n konnten vom R u h m der J a h r h u n d e r t e zehren. Ihnen allein unter den übrigen Germanen war es gelungen, ihr Reich in allen Wechselfällen zu behaupten u n d unter dem machtvollen Kaiser K a r l dem Großen zum Mittelpunkt einer neuen Ordnung der Dinge zu machen. An ihnen h a f t e t e die politische Überlieferung. Der Tod Ludwigs des Kindes am 24. September 911 2 ) schuf insofern eine neue Lage, als m i t ihm der Mannesstamm der in Ostfranken regierenden karolingischen Linie ausstarb. Da über Frankreich in K a r l d e m E i n f ä l t i g e n ein Nachkomme Karls des Kahlen herrschte, erhob sich die Frage, ob er nicht auch in Deutschland nachfolgen sollte, wie seinerzeit Karl I I I . von Schwaben zu Ostfranken noch Westfranken dazubekommen hatte 3 ). Karl, der seit d e m Ende des 10. J a h r h u n d e r t s den Beinamen „der Einfältige" bekommen hat 4 ), würde nach unserem Sprachgebrauch besser „der G u t m ü t i g e " genannt werden. Sicher war er kein durch T a t k r a f t hervorragender, bedeutender Mann, aber m a n darf auch nicht glauben, daß er erheblich hinter manchen anderen Fürsten seiner Zeit zurückstand. Vom dynastisch-karolingischen S t a n d p u n k t aus besaß er zweifellos den besten Rechtsanspruch auch auf Ostfranken. Klug beraten u n d von den F ü r s t e n wirksam unterstützt, h ä t t e er trotz seiner bescheidenen Gaben die Regierung leidlich führen können. ») Cartellieri 1, S. 374 ff. — ») Ebd. S. 371. — ') Ebd. S. 337, dazu 340. — *) Ebd. S. 336 Anm. 2. Dümmler 3, S. 580. Parisot, Royaume S. 659.

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Aber gerade daß die östlichen Stämme von ihm absahen, gewann er eine bis in die Gegenwart hineinreichende Bedeutung. Man darf statt „ostfränkisch" fortan „deutsch" und statt „westfränkisch" fortan „französisch" sagen. Nicht allein wegen des bequemeren Verständnisses, sondern auch deshalb, weil im Osten mit dem karolingischen Grundsatz der Erblichkeit gebrochen und die Wahl als entscheidend hingestellt wurde. Übrigens setzt schon zum J a h r e 920, richtig 919, eine zeitgenössische Quelle das regnum Teutonicorum als gegeben voraus 1 ). Der Sonderung des werdenden deutschen und des ebenso werdenden französischen Reiches traten zu verschiedenen Zeiten, zuletzt unter Napoleon I., andere, beide zusammenfassende, an die karolingische Zeit anknüpfende Bestrebungen entgegen, aber das bestätigt nur die allbekannte Tatsache, daß das Neue sich bloß allmählich durchsetzt und Rückfälle in das Alte nicht ausschließt. Die Ostfranken wollten Karl den Einfältigen nicht, ohne daß uns Gründe angegeben würden. Da bei ihnen während der Regierung Ludwigs des Kindes die hohe Geistlichkeit, namentlich der Erzbischof Hatto von Mainz, den maßgebenden Einfluß gehabt hatte, kann man annehmen, daß Karls Verhalten nach der Ermordung des Erzbischofs Fulko von Reims ihn ungeeignet erscheinen ließ. Dem Erzbischof Fulko verdankte Karl die Krone, ihn hatte er zu seinem Kanzler gemacht. Als aber am 17. Juni 900 ein Vasall des Grafen Balduin I I . des Kahlen von Flandern Fulko überfallen und getötet hatte, tat er nichts, um die blutige T a t zu sühnen 2 ). Den Ausschlag für den Herzog K o n r a d von F r a n k e n gab Hatto, der schon vorher dessen Geschlecht gefördert hatte 3 ). Konrad war der Sohn des im Kampfe gegen die Babenberger 906 gefallenen Grafen gleichen Namens und war hauptsächlich im Lahngau und auch sonst in Mitteldeutschland begütert. Die Stammburg des Geschlechtes war bekanntlich Weilburg an der Lahn (n. Wiesbaden). Mit Konrad blieb der Vorrang des fränkischen Stammes und der führenden fränkischen Familie erhalten. Dazu kam, daß auch die Sachsen für ihn gewonnen wurden. So wurde er zwischen dem 7. und dem 10. November 911, wahrscheinlich am Sonntag dem 10., zu Forchheim an der Regnitz (nö. Erlangen) von den Franken und den Sachsen gewählt und wahrscheinlich von Hatto gesalbt und gekrönt 4 ). Daß er in weiblicher Linie mit den Karolingern verwandt war, gab nicht den Ausschlag. Denn das t r a f auch bei anderen Großen zu. Von Konrads Charakter kann man sich schlecht eine Vorstellung machen. E r war tapfer und leutselig und von den besten Absichten erfüllt, aber einseitig und politisch nicht geschickt genug, um durch immer Bresslau, Salzb. Ann. S. 59. — 2 ) Dümmler 3, S. 518. Eckel S. 52, 57. — ) Cartellieri 1, S. 363, 371. Eggers S. 47, 96. — «) Dümmler 3, S. 575. Regg. Karol. 2070e. Bresslau, Aufgaben S. 31. Stutz, Erzbischof S. 11. Krüger S. 28. Heidmann hier und beim folgenden.

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wechselnde kleine Mittel das große Ziel einer engeren Verbindung Deutschl a n d s zu erreichen. Karl der Einfältige h ü t e t e sich wohl, sich aufzudrängen. Es wurde f r ü h e r gezeigt, daß er sich im Herbst 911 mit den Normannen vertrug 1 ), u m an seiner Ostgrenze freie H a n d zu haben. Hier fiel ihm ein schöner Landgewinn mühelos zu. Unter recht vielfachen Nöten h a t t e die Heimat d e r Karolinger, L o t h r i n g e n , in den letzten beiden Menschenaltern zu leiden gehabt. Wenn m a n von den Teilungen absieht, die nur kurzen Bestand h a t t e n , und von der besonders schlimmen Normannenplage, so ist hier bloß an die Mißregierung Zwentibolds 2 ), des unehelichen Sohnes Kaiser Araolfs, zu erinnern. Mit jenem hörte das selbständige, wenn auch nicht v o n Ostfranken unabhängige Königreich Lothringen für immer auf. Nachher stand es wieder u n t e r Ludwig dem Kinde und wurde einige J a h r e lang von dem Konradiner Grafen Gebhard, dem Oheim König K o n r a d s , verwaltet 3 ). König Konrad selbst h a t t e in Lothringen gekämpft u n d besaß dort Güter 4 ). Es k a n n sein, daß er sich dabei unbeliebt gem a c h t h a t t e , aber stärker wirkte gegen ihn, daß Karl der Einfältige als echter Karolinger mit dem Land, aus dem seine ruhmvollen Vorfahren s t a m m t e n , besonders innig verbunden schien. E r war auch mehrmals dort gewesen u n d h a t t e der Geistlichkeit Privilegien erteilt 5 ). Endlich braucht e n die lothringischen Großen bei seiner bekannten Sinnesart nicht zu f ü r c h t e n , daß er ihnen ein unbequemer Herr sein würde. Wahrscheinlich geführt vom Grafen Reginar, der durch seine Mutter ein Enkel Kaiser Lothars war®) und schon f r ü h e r einmal Karl den Einfältigen herbeigerufen hatte 7 ), huldigten die Großen Karl am 1. November oder jedenfalls zwischen dem 10. Oktober und 20. Dezember 911. Aber erst nach Mitte Dezember k a m er zur Besitzergreifung herbei und weilte d a n n in den folgenden Monaten in Metz, Toul und Nimwegen 8 ). Welchen Wert er seiner neuen Erwerbung beilegte, ergibt sich daraus, d a ß er von da an bei der Datierung in allen seinen Urkunden die Wend u n g „im J a h r e . . . nach A n t r i t t der größeren E r b s c h a f t " gebrauchte u n d sich meistens nicht mehr bloß „ K ö n i g " , sondern „König der F r a n k e n " n a n n t e . Das konnte doch n u r bedeuten, daß er j e t z t den Besitz des fränkischen Stammlandes auch in seinem Titel k u n d t u n wollte. Den Grafen Reginar belohnte er durch die reiche Abtei Sankt Maximin zu Trier 9 ). Die dringendste Aufgabe f ü r K o n r a d war seine Anerkennung durch die bisher noch fehlenden Stammesherzogtümer. Man weiß, daß sie das Ergebnis des landschaftlichen Selbstschutzes gegen den äußeren Feind sind, entstanden vor dem düsteren Hintergrunde des militärischen u n d politischen Versagens der Reichsgewalt 1 0 ). Sie haben der deutschen Ge>) Cartellieri 1, S. 373. — a ) Cartellieri 1, S. 353, 362. — s ) Cartellieri 1, S. 364. — *) Parisot, Royaume S. 578. — s ) Parisot, Royaume S. 580 f. — •) Cartellieri 1, S. 362. — ') Parisot, Royaume S. 582. — 8 ) Parisot, Royaume S. 583, 599. Eckel S. 97. Regg. Karol. 2071a. Dttmmler 3, S. 580. — •) Eckel S. 99. Parisot, Royaume S. 585, 603. — 1 0 ) Dümmler 3, S. 563. Hauck 3, S. 3 ff. Schultze bei Gebhardt 1, S. 217.

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schichte in ihrer Entwicklung zu Kleinstaaten ein unauslöschliches Gepräge aufgedrückt, u n d noch heute gehen die Urteile über ihr Recht oder Unrecht im Laufe der J a h r h u n d e r t e weit auseinander. Wir müssen annehmen, d a ß jetzt die Schwaben u n d die Bayern mit Nachwahlen folgten u n d daß dabei die Geistlichkeit dem neuen König die allerbesten Dienste leistete 1 ). Lag darin f ü r ihn ein, wenn auch zunächst nur formaler Erfolg, so konnte er einen solchen in Lothringen nicht erzielen. Obwohl er mehrere Versuche machte, es in den J a h r e n 912 und 913 mit Waffengewalt wiederzugewinnen, gelang es ihm nicht 2 ). Das Land blieb bei seinen Lebzeiten bei Frankreich, ohne d a ß die äußerst dürftigen Quellen einen klaren Einblick in die politischen und militärischen Verhältnisse gewährten. Gerade dadurch aber, daß sich K o n r a d auf die Kirche stützte, reizte er die ihr feindlichen und nach ihrem reichen Gute lüsternen weltlichen Herren. I m J a h r e 913 gelang es den Grafen Erchanger und Berthold, zwei Brüdern aus dem vornehmen schwäbischen Hause der Ahalolfinger 3 ), u n d ihrem jungen Neffen Herzog Arnolf von Bayern, die heimkehrenden Ungarn a m I n n vernichtend zu schlagen 4 ). Daß dieser Sieg, so erfreulich er von einem allgemeineren S t a n d p u n k t aus auch war, das Ansehen der landschaftlichen Gewalten hob, das des Königs schwächte, versteht sich von selbst. Noch einmal wurde es möglich, Konrad und Erchanger auszusöhnen, u n d Konrad heiratete dessen Schwester Kunigunde, die Witwe s ) Markgraf Liutpolds in Bayern und Mutter des eben genannten Arnolf(913). Aber aus der Verschwägerung erwuchs keine aufrichtige und dauernde Freundschaft. Erchanger h a ß t e den Bischof Salomo von Konstanz, der nach dem Tode des Erzbischofs H a t t o von Mainz (f 15. 5. 913) starken Einfluß auf die Regierung ü b t e , und bemächtigte sich seiner durch einen Überfall. D a f ü r n a h m K o n r a d Erchanger gefangen, und Salomo k a m natürlich frei. In Schwaben begann Burkhard, der spätere erste Herzog dieses Namens aus dem Hause der rätischen Markgrafen, einen verheerenden Krieg gegen die Anhänger des Königs, das heißt auch hier wieder gegen die Geistlichkeit. I n Bayern empörte sich Konrads Stiefsohn Herzog Arnolf, konnte sich aber nicht behaupten u n d floh zu den Ungarn, die klugerweise einem ehemaligen Feinde Schutz gewährten, wenn sie wußten, d a ß er die Uneinigkeit im ostfränkischen Reiche vermehrte (914). Bei einem neuen Einbruch im J a h r e 915 verschonten sie Bayern 6 ). Viel schlimmer war es für K o n r a d , d a ß er jetzt auch im Norden offenen Widerstand f a n d . Am 30. November 912 war der Herzog Otto l ) Btesslau, Salzb. Ann. S. 54. — ») Dümmler 3, S. 580 ff. Eckel S. 100 ff. Parisot, Royaume 586 ff. Regg. Karol. 2075a, 2077 a, b, 2087 a. — ») Dümmler 3, S. 579. — *) Dümmler 3, S. 592. Regg. Karol. 2088 a. Lüttich S. 62, 105. Zeller S. 87 f. Bresslau, Salzb. Ann. S. 53. Riezler 1, 1, S. 507. — 6 ) Dümmler 3, S. 592. — •) Regg. Karol. 2088b, 2094a—c. Stälin, Gesch. Württ. 1,1, S. 126ff. Dümmler 3, S. 594 f. Zeller S. 88 ff. Hauck 3, S. 11. Lüttich S. 63, 106.

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v o n Sachsen gestorben 1 ), der schon wegen seines hohen Alters keine Neigung zu Abenteuern verspürt hatte. I h m folgte sein Sohn H e i n r i c h , d e r spätere König, und dieser geriet bald mit Konrad wegen thüringischer Besitzungen in Streit, auf die auch das Mainzer Erzstift Ansprüche erhob 2 ). Konrad war im Süden beschäftigt und schickte daher seinen B r u d e r Eberhard, u m einen Angriff Heinrichs abzuwehren. Eberhard w u r d e aber unweit der aus karolingischer Zeit bekannten Eresburg (Stadtberge s. Paderborn) völlig geschlagen, und sächsische Spielleute f r a g t e n höhnisch nach dem Höllenschlund, der die Fülle der Erschlagenen fassen könnte (915). J e t z t eilte Konrad persönlich herbei, belagerte Heinrich in Grona (w. Göttingen), vermochte aber keine Entscheidung zu erzielen 3 ). Das machten sich gleich wieder die Herren im Süden zunutze. Erchanger kehrte aus der Verbannung zurück und schlug zusammen m i t seinem Bruder Berthold u n d mit Burkhard I. von Schwaben die Königlichen bei Wahlwies (nö. Hohentwiel) 4 ). Damit war die Selbständigkeit eines schwäbischen Herzogtums auf Kosten der Reichsgewalt f ü r die J a h r h u n d e r t e fest begründet (915). Man kann es begreifen, d a ß Konrad glaubte, durch H ä r t e seinen Willen durchsetzen zu können. I m Juni 916 zog er gegen Arnolf, verheerte Bayern planmäßig und n a h m Regensburg im Sturm. Dabei ging der größte Teil der Stadt in Flammen auf. Unerschütterlich stand die Geistlichkeit auf seiner Seite. Sonst wäre ihm der Erfolg k a u m beschieden gewesen 5 ). Sie wollte aber dem ihr so ergebenen König mehr bieten als bloß tatsächliche Hilfe. Am 20. September 916 versammelten sich die deutschen Bischöfe mit Ausnahme der sächsichen, was auf die politische Lage ein bezeichnendes Licht wirft, im Riesgau an den Grenzen Frankens, Bayerns und Schwabens zur Synode von H o h e n a l t h e i m 6 ) (s. Nördlingen) unter dem Vorsitz eines päpstlichen Legaten, den J o h a n n X . auf ihren Wunsch geschickt h a t t e . Konrad hielt sich fern. Neben Beschlüssen rein kirchlichen Charakters zur Hebung der Zucht wurden wichtigere gefaßt, die das enge Bündnis der Monarchie und des Bischoft u m s bewiesen. Feierlich wurden alle diejenigen verflucht, die sich in irgendeiner Weise am König vergreifen oder den ihm geleisteten Eid brechen würden. Dazu k a m gleich die praktische Anwendung. Erchanger u n d seine Genossen, die der Vorladung gefolgt waren, wurden auf Lebenszeit zu klösterlicher H a f t verurteilt. Herzog Arnolf von Bayern war nicht er») Waitz, Heinrich S. 12. — 2 ) Dümmler 3, S. 586. Regg. Karol. 2087 a. Waitz, Heinrich S. 19 ff. — s ) Regg. Karol. 2095 b, 2096 a. Waitz, Heinrich S. 24. D ü m m ler 3, S. 597. — *) Regg. Karol. 2096 a. Dümmler 3, S. 597. Zeller S. 91. — s ) Regg. Karol. 2098a. Dümmler 3, S. 598. Hauck 3, S. 12. Bresslau, Salzb. Ann. S. 56. Riezler 1, 1, S. 509. ) Gay S. 203. Rambaud S. 411, 447. Hartmann 3, 2, S. 168. Müller 1, S. 611. Gay S. 203. — 4 ) Gay S. 206. Hartmann 3, 2, S. 169. Schipa S. 106. — *) Widukind 1, Kap. 32. Waitz, Heinrich S. 76. Regg. sächs. 116. Lüttich S. 71. — «) Waitz, Heinrich S. 41. Regg. sächs. S. 5 q. Lüttich S. 70. — ') Regg. sächs. 11c.

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und erst ausgeliefert wurde, als die Ungarn für Sachsen, nicht etwa auch für das übrige Reich, einen neunjährigen Waffenstillstand versprochen hatten. Tribut mußte ihnen freilich gezahlt werden. Das war sicher keine großartige Lösung, aber wer möchte behaupten, daß eine andere möglich gewesen wäre ? Man versteht es auch gut, daß der König das Gold und Silber ablehnte, das ihm für den Ungarn angeboten wurde, und den Waffenstillstand vorzog. Er brauchte Zeit, um eine wirksame Abwehr in die Wege zu leiten, und konnte sich gleich dem Westen zuwenden. In deutlichen Umrissen zeichnet sich schon hier die Aufgabe ab, die unter verschiedenen Namen und zu verschiedenen Zeiten bis auf die Gegenwart das deutsche Schicksal immer von neuem schwer belasten sollte: der Ausgleich der West- und der Ostpolitik. An eine kulturlose Horde wie die Ungarn konnte man damals zwar Menschen und Wertgegenstände verlieren, aber zunächst kein Land. Anders lagen die Dinge am Rhein. Blieb Frankreich lange im Besitz L o t h r i n g e n s , so mußte es zweifelhaft sein, ob das Grenzland seinen Weg zu den im deutschen Reiche vereinigten Stämmen zurückfand 1 ). Der Zeitpunkt war insofern günstig gewählt, als Frankreich wieder einmal von den Normannen verheert wurde. Der Führer der Loirenormannen, Rögnwald, warf sich auf das Herzogtum Burgund, wurde aber auf dem Rückmarsch am 6. Dezember 924 wahrscheinlich bei Chalmont (Komm. Fleury-en-Biere) südlich von Melun von den Burgundern eingeholt und vollständig geschlagen 2 ). Mit den ihm verbleibenden Truppen zog er nach Norden und lagerte in der Nähe der Seine. Da jetzt König Rudolf herbeieilte und auch Hugo der Große am rechten Ufer des Flusses Aufstellung nahm, wären die Normannen endlich vernichtet worden, wenn es ihnen nicht im letzten Augenblick mit unheimlicher Geschicklichkeit gelungen wäre, in der waldreichen Gegend unbemerkt zu entkommen. Der Ungarn- und Normannennot im Westen konnte man wohl die B u l g a r e n n o t im Südosten vergleichen. Zar Simeon 3 ) glaubte seinem höchsten Ziele, der Einnahme Konstantinopels, schon nahe gekommen zu sein, und unterhandelte sogar, wenn auch vergeblich, mit dem fatimidischen Chalifen Obeidallah in Afrika über gemeinsame Maßnahmen. Als er aber im September 924 wieder einmal vor den unbezwungenen Mauern der Weltstadt stand, stürmte er nicht, sondern legte sich auf Verhandlungen. Er wollte den Kaiser Romanus I. 4 ) selbst sprechen, und dieser kam am 9. September aus der Stadt heraus, unbekümmert um die Demütigungen, die ihm absichtlich zugefügt wurden5). Man hat darauf hingewiesen, daß es Simeon ähnlich erging wie Attila vor Papst Leo dem Großen 6 ): die in dem Basileus verkörperte Majestät des römil ) Parisot, Royaume S. 736. — ') Lauer, Robert S. 34. — ') Vgl. oben S. 11. — *) Vgl. oben S. 12. — «) Rambaud S. 333, 412. Jireöek, Bulgaren S. 168. Dölger 1, Nr. 602 ff. Vasiliev 1, S. 386. Runciman, Emperor S. 90, 189 u. History S. 168. — «) Cartellieri 1, S. 35.

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sehen Reiches prägte sich dem Zaren tief ein, u n d er zog reich beschenkt wieder ab. Man wird auch beachten, d a ß es ihm an Schiffen fehlte, u m Konstantinopel von der Seeseite aus zu blockieren. Der Chalif aber n a h m hocherfreut den ihm angebotenen hohen Tribut von den Oströmern an u n d verzichtete auf das ferne u n d kostspielige Unternehmen, dessen Erfolg recht zweifelhaft war. Wieder einmal h a t t e n die alten römischen Mauern gesiegt! I n seinem brennenden Ehrgeiz ließ sich Simeon 925 zum „Kaiser der Römer u n d der Bulgaren" ausrufen und v o m römischen P a p s t bestätigen. Seinen höchsten Geistlichen erhob er zum Patriarchen 1 ). Wo er konnte, kränkte er Ostrom, aber Ostrom konnte warten. Das ist immer der Vorteil der a l t e n Staaten vor den neuen, in der E n t s t e h u n g begriffenen. Von der dringendsten Gefahr befreit, errang Ostrom wieder Erfolge. Der Renegat Leo aus Tripolis, der sich durch das Blutbad von Thessalonich einen furchtbaren Namen gemacht hatte 2 ), wurde u m 925 bei Lemnos mit seiner arabischen Flotte vollkommen geschlagen 3 ), so d a ß die griechischen Inseln von da an sich einer gewissen R u h e erfreuten. I n Armenien, das m a n den vorgeschobenen Posten der Christenheit genannt h a t , war es dem König Aschod I I . aus d e m Hause der Bagrat i d e n mit oströmischer Hilfe 915 gelungen, die Araber aus seinem Lande zu vertreiben 4 ). Noch einmal schien L o t h r i n g e n sich zum Westen halten zu wollen. Giselbert verhandelte trotz der Absage, die er i m J a h r e vorher erhalten hatte 5 ), durch Vermittlung Heriberts I I . von Vermandois u n d Hugos des Großen mit König Rudolf, und dieser entschloß sich, die Huldigung in Cambrai entgegenzunehmen. Aus u n b e k a n n t e n Gründen kamen die Lothringer nicht, Rudolf m u ß t e ihnen bis an die Maas entgegengehen, u n d hier wurden Giselbert und Graf Otto von Verdun 6 ) seine Vasallen (wohl März 925). Die Erzbischöfe von Köln u n d Trier machten nicht mit, neigten also zu Deutschland, was hervorgehoben zu werden verdient 7 ). I n diesem Augenblick, in dem der französische König einen zwar nicht vollkommenen, aber doch sehr ansehnlichen Landgewinn errungen h a t t e , machten ihm die Seinenormannen einen Strich durch dieRechnung. Sie brachen 925 den Vertrag vom Vorjahre 8 ) u n d fielen in Beauvaisis u n d Amienois ein. Noyon erwehrte sich ihrer mit großer Tapferkeit. Auch traf es sich glücklich, d a ß vom Bessin u n d vom Parisis aus das eigene Gebiet der Normannen an der Seine angegriffen wurde. Sie kehrten deshalb u m . König Rudolf aber glaubte, die Gelegenheit sei günstig, Runciman, Emperor S. 94 u. History S. 173. MutafCiev S. 363. — ' ) Cartellieri 1, S. 368. — ' ) R a m b a u d S. 421 zu 925. Müller 1, S. 540 zu 926. Runciman, Emperor S. 113 zu 923. — *) R a m b a u d S. 418, 422, 503 f. Tournebize S. 112 f. Runciman. Emperor S. 132, 155 mit dem J a h r . ' ) Vgl. oben S. 20. — •) Vgl. oben S. 19. — ') Regg. sächs. 12 a. Parisot, R o y a u m e S. 669. Lauer, Robert S. 36. — ») Vgl. oben S. 20.

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u m einen vernichtenden Schlag gegen die unbarmherzigen Räuber zu führen, und verkündete ein allgemeines Aufgebot unter Bann. Zahlreiche Kriegsleute strömten ihm zu, u n d obwohl Rollo die Besatzung von E u , das an der Nordgrenze seines Gebiets nahe dem Meere lag, wesentlich verstärkt h a t t e , konnte sie der maßlosen Erbitterung, mit der sie angegriffen wurde, nicht standhalten. Die Franzosen metzelten alles nieder u n d machten ungeheure Beute. Während König Rudolf voll seine Pflicht t a t , schloß u m Ende August 925 sein mächtigster Vasall Hugo der Große mit den Normannen einen Vertrag, der zwar sein Land schützte, Flandern und das angrenzende Land aber, auf das sie es jetzt abgesehen h a t t e n , ihren Raubgelüsten preisgab*). Diese Vorgänge werfen ein recht trübes Licht auf die dortigen Verhältnisse. Ein jeder dachte n u r an sich, keiner an das Ganze, und es schien der Weisheit letzter Schluß, das drohende Verhängnis auf den Nachbar abzulenken. Das Westreich war wirklich in seinem Bestände erschüttert. Sein Streben, sich Lothringen zu sichern, an das sich stolze karolingische Erinnerungen k n ü p f t e n , war nicht nur durchaus begreiflich, sondern auch selbstverständlich, aber es ging über seine K r a f t . Wenn derselbe Giselbert, der zwei J a h r e vorher Heinrich selbst herbeigerufen h a t t e , jetzt wieder zu Rudolf übergegangen war, konnte es nicht wundernehmen, d a ß Heinrich sich das nicht gefallen ließ, besonders da er auf die Erzbischöfe von Köln und Trier rechnen konnte. Wohl im April 925 überschritt er den Rhein und eroberte Zülpich (w. Bonn), das Giselberts Getreue vergeblich verteidigten, verweilte aber nicht lange, sondern kehrte bald wieder heim, nachdem ihm der Graf Geiseln gestellt hatte 2 ). Die Lage Zülpichs als Spitze eines Dreiecks, dessen Grundlinie die Strecke Köln-Aachen bildet, wird m a n beachten. Gegen Ende des Jahres (925) unterwarfen sich alle Lothringer dem ostfränkischen König. Mit dieser kurzen u n d trockenen Bemerkung begnügt sich der treffliche Geschichtsschreiber Flodoard von Reims 3 ). Ein anderer Chronist spricht von dem vereinigten und gefestigten lotharischen Reiche, das Heinrich in seiner Gewalt hatte 4 ). Damals, wie angenommen wird, belagerte Heinrich auch, zusammen mit Giselbert und dem Erzbischof Roger von Trier, Metz, dessen Bischof Wigerich sich nach längerem Widerstande unterwerfen mußte 5 ). Die ursächliche Verknüpfung der Ereignisse k a n n n u r andeutungsweise erschlossen werden. Den Ausschlag gab die Schwäche König Rudolfs, die m a n aber gerechterweise nicht ihm allein als Schuld anrechnen darf, sondern die sich aus dem Doppelkönigtum, der Unbotmäßigkeit der Großen u n d der Normannennot ergab. Lauer, Robert S. 38 f. — s ) Waitz, Heinrich S. 80. Regg. sächs. 12 a—d. Parisot, Royaume S. 669 ff. Lauer, Robert S. 40. Hauck 3, S. 19. — 3 ) Flodoard zu 925. Atlas Rheinprovinz Nr. 10. — *) Cont. Reginonis zu 925. — 5 ) Cont. Reg. zu 923. Danach Regg. sächs. 10 b. Parisot, R o y a u m e S. 670 f ü r 925. Lauer, Robert S. 40.

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Die Bedeutung, die L o t h r i n g e n einmal für die Weltgeschichte gewinnen würde, konnte damals niemand ahnen. Scharfe nationale Gegensätze wird man sich hüten in diese alten Zeiten zu tragen und damit die Geschichte zu verfälschen. Auszugehen ist immer von dem Versuch Karls des Einfältigen, 921 die Rheingrenze zu gewinnen, und von dem Anschluß Giselberts an Heinrich von 923 1 ). Von dem Jahre 923 an wird daher auch in Urkunden der Anfang der Regierung Heinrichs gezählt 2 ). Durch Selbstbestimmung hatten sich ihm die Lothringer gegeben. Daß sie später zum Teil andern Sinnes wurden, beachtete er nicht. Karl der Einfältige hatte sich über die älteren Verträge, besonders den von Ribemont (880) 3 ), hinweggesetzt, darum band sich auch Heinrich nicht mehr an den neuesten von Bonn 4 ). Heinrichs Macht war immer noch größer als die Rudolfs, das gab den Ausschlag. Die völlige Haltlosigkeit Giselberts steigerte nur die Verwirrung und brachte Lothringen großen Schaden. Da er wegen Hagano gegen Karl auftrat 5 ), muß auch die Günstlingswirtschaft dieses Karolingers als ein Grund für die Trennung Lothringens von Frankreich hervorgehoben werden. Die verfassungsrechtliche Stellung des Landes im Verbände der übrigen germanischen Herzogtümer zu bestimmen, ist schwierig, da der Sinn für derartige Begriffe den Zeitgenossen fehlte. Heinrich war der Oberherr und blieb es. Das muß genügen. Der Erzbischof von Trier bewahrte seine Stellung als Erzkanzler für Lothringen. Auf die Besetzung der Bischofsstühle übte Heinrich maßgebenden Einfluß, zunächst auf Verdun 6 ). Mit der Erwerbung Lothringens verstärkte das deutsche Königtum seinen übernommenen fränkisch-karolingischen Charakter und begründete seinen Vorrang vor Frankreich. Eine der wichtigsten Fragen an die Zukunft mußte lauten, ob dieses sich damit abfinden oder doch wieder zusammen mit Lothringen auch dieRheingrenze erstreben würde. Deutschland gewann eine Landschaft, die der Verwelschung entzogen wurde. Frankreich verlor eine Landschaft, deren germanische Kraft ihm die besten Dienste hätte leisten können. Aber nicht deutsche oder französische Gesichtspunkte gab es damals, sondern monarchische und fürstliche, karolingische und nichtkarolingische, mit denen sich die geistlichen verketteten. l ) Vgl. oben S. 74. — ») Regg. sächs. 10 c. Parisot, Royaume S. 672. — ») Cartellieri 1, S. 327. — «) Vgl. oben S. 16. — » s ) Vgl. oben S. 15. — •) Waitz, Heinrich S. 106. Parisot, Royaume S. 674.

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ZWEITES KAPITEL.

DEUTSCHER GRENZSCHUTZ GEGEN SLAWEN, UNGARN UND DÄNEN. (925—935.) Immer neue Verlegenheiten erwuchsen dem französischen König Rudolf. Am 1. September 925 starb der ihm treu ergebene Erzbischof Seulf von Reims, und das Gerücht beschuldigte den Grafen Heribert I I . von Vermandois, ihm Gift gegeben zu haben. Heribert sicherte das Erzbistum gleich seinem k a u m 5 Jahre alten Sohne Hugo u n d erwirkte von Rudolf die vorläufige Verwaltung des weltlichen Besitzes 1 ). Die Normannen verwüsteten Boulonnais und Artois, u n d nur u n t e r schweren Verlusten gelang es König Rudolf zusammen mit Heribert I I . , ihnen, wahrscheinlich bei Fauquembergues (nw. Arras), eine Niederlage beizubringen. Rudolf selbst wurde schwer verwundet (926) 2 ). Es wäre merkwürdig gewesen, wenn die Räuber aus dem Westen auf die Räuber aus dem Osten gestoßen wären. Denn die U n g a r n schweiften zum ersten Male so weit in das nördliche Frankreich hinein u n d gelangten bis in den Gau von Voncq (bei Attigny) in den Ardennen. Alles flüchtete vor ihnen, u n d die Mönche retteten die Reliquien in die festen Bischofsstädte Metz, Toul und Verdun 3 ). Andere ungarische Banden verheerten in diesem J a h r e Schwaben, Bayern, Oberitalien und Tuszien u n d stießen bis in die Nähe von R o m vor. Wie sie am 1. Mai 926 in St. Gallen hausten, h a t viel später der Mönch E k k e h a r d (f nach 1057) auf Grund guter Überlieferung anschaulich geschildert 4 ). Aber auch das schreckliche Elend, das über die geplagten Zeitgenossen hereinbrach, vermochte sie nicht zur gemeinsamen Abwehr zu verbinden. König Rudolf, durch seine Verwundung behindert, durch den Abfall des erst 924 unterworfenen 5 ) Aquitanien erschreckt, m u ß t e froh sein, daß er wenigstens den Normannen, die für ihn noch gefährlicher waren, den Frieden abkaufen konnte, indem er in Nord') Lauer, Robert S. 42. — «) Lauer, Robert S. 43. — ') Regg. sächs. 12 e. Lauer, Robert S. 43. Lüttich S. 72 ff., 108, 133. — 4 ) Ekkeharti (IV.) Casus S. Galli hrg. von G. Meyer von Knonau, Kap. 51—64. Waitz, Heinrich S. 86. Schlumpf S. 234. — «) Vgl. oben S. 20.

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f r a n k r e i c h und in seinem Herzogtum Burgund eine Sondersteuer, die letzte ihrer Art, eintrieb (926) 1 ). I n Italien fehlte es erst recht an Ordnung, und die Stellung des P a p s t e s war längst nicht derart, d a ß er sich u m den Frieden im Abendl a n d e auch n u r h ä t t e bemühen können. Der Tod Kaiser Berengars 2 ) bot Rudolf I I . von Burgund Gelegenheit, wieder nach I t a l i e n zu gehen, wo er sich v o m August 924 bis zum J u l i 925 aufhielt 3 ). Wir haben U r k u n d e n von ihm aus Pavia u n d aus Verona. Aber dem vielgeplagten Lande war immer noch keine dauernde Beruhigung vergönnt. Als er sich wieder nach Burgund begeben h a t t e , w a n d t e n sich die unzuverlässigen Großen von ihm ab. Der Sohn Berthas v o n Lothringen aus ihrer zweiten Ehe mit Adalbert I I . von Tuszien, Markgraf Wido, der die römische Marozia, Tochter Theophylakts und Theodoras, geheiratet h a t t e , sodann Berthas Tochter Ermengard, Gem a h l i n Markgraf Adalberts von Ivrea 4 ), Erzbischof Lambert von Mail a n d u n d endlich P a p s t J o h a n n X . boten dem Sohne Berthas aus ihrer ersten Ehe 5 ) mit dem Grafen Theobald, Sohn Hukberts 6 ), dem Grafen H u g o von Arles, dessen früheres Unternehmen bekanntlich gescheitert 7 ) war, die Krone an. Gegen Hugo erbat Rudolf I I . die Hilfe seines Schwiegervaters, des Herzogs Burkhard I. von Schwaben, u n d sie gelangten gemeinsam über die Alpen nach Ivrea. Burkhard verhandelte erst in Mailand mit Lambert, der ihn in Sicherheit wiegte, geriet aber bei Novara in einen Hinterhalt u n d wurde a m 28. oder 29. April 926 von den Feinden Rudolfs erschlagen 8 ). Dieser verlor sogleich den Mut und r ä u m t e jetzt endgültig Italien. Hugo k o n n t e in Pisa landen, die Huldigung zahlreicher Großer entgegennehmen u n d einen Legaten J o h a n n s X . empfangen. Am 7. Juli wurde er in Pavia z u m König Italiens gewählt 9 ). Eine K r ö n u n g ist nicht überliefert. Die Eigenschaften, die ihn auszeichneten, paßten gut zum Wesen eines Emporkömmlings: Kühnheit und List, T a t k r a f t u n d nötigenfalls Grausamkeit, Freigebigkeit gegen die Armen u n d die Geistlichkeit, Genußsucht und Sinnlichkeit. Wenn m a n bedenkt, daß er fast 22 J a h r e hindurch König blieb, ohne einen Nebenbuhler zu haben, so wird m a n zugeben müssen, daß er der schlimme Mann f ü r die schlimme Zeit war. Der Enkel Lothars I I . von Lothringen u n d Waldradas h a t t e sein Ziel erreicht, u n d dabei verdankte er das meiste seiner Mutter Bertha, die sich aber über die E r h ö h u n g ihres Sohnes nicht mehr freuen konnte. A m 8. März 925 war sie gestorben 1 0 ), sicher eine der einflußreichsten F r a u e n ihrer Zeit. ») Lauer, Robert S. 44. Joranson S. 173, 178, 204. — •) Vgl. oben S. 22. — ») Poupardin, Bourgogne S. 51. Schiaparelli 4, S. 12. — 4 ) Vgl. oben S. 20. — 6) Hofmeister, Markgrafen S. 392. — •) Parisot, Royaume S. 445. Cartellieri 1, S. 369. — 7 ) Vgl. oben S. 22. — «) Poupardin, Bourgogne S. 57. Hartmann 3, 2, S. 196. Schiaparelli 4, S. 13. — •) Poupardin, Provence S. 221. de Manteyer S. 121. Schiaparelli 5, S. 13, 137 mit dem Datum. — 10) Hartmann 3, 2, S. 195. Orton, Italy S. 338 mit Stammtafel.

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Bei dem Wankelmut der Italiener brauchte Rudolf II. von Hochburgund die Hoffnung auf seine Rückberufung nicht aufzugeben. Damit durchkreuzte er aber, wie vermutet werden kann, jetzt die Absichten des deutschen Königs, der sich selbst Einwirkungen auf I t a l i e n vorbehalten wollte. Auf einem stark besuchten Reichstag zu Worms im November 926 1 ) fand eine Einigung statt. Rudolf überzeugte sich davon, daß er eines heftigen Angriffs auf sein eigenes Land gewärtig sein mußte, wenn er Italien nicht preisgab. Deshalb trat er Heinrich die hl. Konstantinslanze ab, die in irgendeiner Weise einen Anspruch auf Italien bedeutete, und erkannte wohl auch seine als des Nachfolgers der Karolinger Oberhoheit über Burgund an. Zum Ausgleich erhielt er einen Teil Schwabens, nämlich die Stadt Basel, was infolge des erwähnten Todes Herzog Burkhards I. 2 ) leichter möglich war 3 ). Eine voll befriedigende Aufklärung des merkwürdigen Vorgangs ist bei der ungenauen Überlieferung nicht zu erreichen. In Deutschland konnte Heinrich I. die königliche Gewalt festigen. In Frankreich machte nur die Auflösung Fortschritte. H e r i b e r t II. von Yermandois trug die Hauptschuld an all dem Hader, von dem das unglückliche Land zerrissen wurde. In seinem Landhunger war er kaum zu sättigen. Von Reims war schon die Rede 4 ), Peronne hatte er sich früher von Rudolf verschafft 5 ), jetzt verlangte er nach dem Tode des Grafen Roger von Laon (Ende 926) diese durch ihre Festigkeit bekannte Burg, die gleichzeitig als Hauptstadt des Königs aus dem burgundischen Herzogshause galt 6 ). König Rudolf erfüllte den dringenden Wunsch seines übermächtigen Vasallen um so weniger, als Roger einen Sohn hinterlassen hatte und die Erblichkeit der Lehen schon allgemein anerkannt war. Verärgert suchte Heribert II. im Frühjahr 927 König Heinrich auf und nahm auch den Robertinger Hugo den Großen mit, der sein Neffe war 7 ). Sie entsagten allen Feindseligkeiten, die doch nur französische Absichten auf Lothringen betreffen konnten, und Heinrich verfügte frei über das Metzer Bistum, zeigte sich also als wahrer Herr des Landes. Unter diesen Umständen sah Heribert II. in seinem Gefangenen, dem rechtmäßigen Karolinger, nur noch ein geeignetes Werkzeug für seine Zukunftspläne und ließ ihn frei 8 ), beschwor also damit eine ernste Gefahr für König Rudolf herauf (927). Nach Laon allerdings konnte Heribert nicht hineinkommen, da Rudolfs Gemahlin Emma, die Tochter König Roberts I., die Verteidigung mit großem Geschick und Mut leitete. Bald *) Regg. sächs. 13 a. Waitz, Heinrich S. 89. Poupardin, Bourgogne S. 58. — Vgl. oben S. 29. — ' ) Regg. sächs. 7 a für 922. Poupardin, Bourgogne S. 32, 375ff. für 921/922. Hofmeister, hl. Lanze S. 4ff., 64 u. Burgund S. 36 für 926. Poole, Burg. Notes, EHR 30, S. 51 für 926. Weixlgärtner 1, S. 32, 54, 57. Lintzel, Heinrich S. 11. Meyer, Rote Fahne S. 327 Anm. 2. Stengel, Regnum S. 13. Vgl. oben S. 21. — *) Vgl. oben S. 28. — ') Lauer, Robert S. 29. — 6 ) Lauer, Robert S. 46. — ') Waitz S. 117. Regg. sächs. 16 a. Lauer, Robert S. 47. — 8 ) Eckel S. 131 ff. Lauer, Robert S. 49 ff. 2)

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aber erkannte er, daß er auf diese Weise nichts erreiche, ließ sich von Rudolf endgültig Laon zusichern und setzte Karl den Einfältigen abermals gefangen (928) 1 ). Es mag in den älteren Zeiten nicht viele Beispiele von Vasallen geben, die ihren König so abscheulich behandelt haben wie dieser Graf karolingischen Geblüts. Er spielte wahrhaftig mit ihm wie die Katze mit der Maus. Im Sommer 928, vielleicht am 5. Juni, starb der unglückliche Kaiser Ludwig III. der Blinde 2 ), dessen Beiname sein trauriges Schicksal in Erinnerung bringt 3 ), und hinterließ einen Sohn Karl Konstantin, Grafen von Vienne, wahrscheinlich aus seiner Ehe mit Anna, der nicht rechtmäßigen Tochter des oströmischen Kaisers Leo VI. und einer Nebenfrau 4 ). Um dieses Karl Konstantins Nachfolge zu vereiteln, eilte König Hugo, der immer noch am meisten Einfluß in der Provence hatte, aus Italien herbei und besprach sich im Juli oder August mit dem richtigen Vetter des Verstorbenen, dem König Rudolf von Frankreich. Heribert II. war dabei, und für dessen Sohn Odo trat Hugo die Mark Vienne ab, behielt aber das Herzogtum Provence 5 ). Damit erreichte Heribert den Höhepunkt seiner Machtstellung. Wenn es auch Odo niemals gelang, Herrschaftsrechte auszuüben, ist der Vorgang doch merkwürdig genug, weil er gewisse Hoheitsansprüche des französischen Königs auf diese Gebiete andeutet. Dabei wird man nie vergessen, daß König Rudolf auch Herzog von Burgund war. Die Überlieferung ist zu dürftig, als daß alle Zweifel behoben werden könnten. Hier wie so oft in ähnlichen Fällen wird der Geschichtsschreiber sich lieber zurückhalten, um nicht unwahr zu sein. Karl der Einfältige endigte sein längst verfehltes Leben am 7. Oktober 929 in Peronne 6 ), woraus vielleicht eine Verschärfung seiner Haft zu entnehmen ist. Aus den Urteilen der Zeitgenossen kann man sich kaum ein Bild seines Charakters machen. Es wird dabei bleiben, daß es ihm an der nötigen Kraft fehlte, um seine übermächtigen Vasallen zu bändigen. Vielleicht erkannte er selbst diesen Mangel seines Charakters und suchte ihn durch seinen Günstling Hagano auszugleichen, wie das unzählige Fürsten aller Zeiten mit Erfolg getan haben. Aber dagegen bäumten sich eben die Vasallen heftig auf, und Karl zog den kürzeren. Auf Deutschland scheint der Todesfall keinen Einfluß geübt zu haben. Solange Heinrich im Besitz Lothringens nicht angefochten wurde, verspürte er keine Neigung, sich im Westen einzumischen. Um Giselbert fester an sich zu ketten und dessen Ehrgeiz zu befriedigen, hatte er ihn 928 zum Herzog von Lothringen gemacht und ihm seine 913 oder 914 ') Eckel S. 133. Lauer, Robert S. 54. — l ) Poupardin, Provence S. 226. de Manteyer S. 124. Hofmeister, Burgund S. 51. — 3 ) Cartellieri 1, S. 369. — *) Orton, Charles Constantin. Runciman, Emperor S. 41. — 6 ) Flodoard zu 928. de Manteyer S. 127. Hofmeister, Burgund S. 52. Lauer, Robert S. 54 zu Nov. nach Poupardin, Provence S. 228 Anm. 4. Poole, Burg. Notes, EHR. 28, S. 109. Schiaparelli 5, S. 18. Orton, Italy S. 341. — «) Eckel S. 134. Lauer S. 56. Flach 4, S. 526. 31

geborene Tochter Gerberga vermählt 1 ). I m übrigen war er mit den deutschen Angelegenheiten vollauf beschäftigt. E r wollte den Ungarn, die j a wiederkommen würden, mit ganz anderer Wucht entgegentreten als etwa die französischen Könige den Normannen. Von jeher haben die klugen Maßnahmen, die er t r a f , u m wenigstens in Sachsen u n d Thüringen künftigen Angriffen von Osten zu begegnen, die sorgfältigste Beachtung gefunden, wenn auch die Deutung der wenigen Quellenstellen 2 ) erhebliche Meinungsverschiedenheiten verursacht h a t . Es handelt sich einmal u m die Landesverteidigung, dann aber auch u m die Verbesserung der Kriegführung. Damals gab es in jenen Gegenden nur wenige B u r g e n 3 ) , und auch diese befanden sich in keinem guten Zustande. Heinrich bemühte sich zunächst darum, neue zu errichten, u n d befahl den Klöstern mit Zustimmung der Fürsten, ihrerseits f ü r Befestigungen zu sorgen 4 ). I n die Burgen gehörten aber Männer, die fähig waren, darin u n d von dort aus zu kämpfen. E r ordnete deshalb an, d a ß von je neun seiner bäuerlichen Krieger, d. h. Ministerialen, einer in der Burg wohnen, dort U n t e r k u n f t f ü r die übrigen acht schaffen und ein Drittel der E r n t e verwahren sollte. Die anderen acht h a t t e n d a f ü r zu sorgen, d a ß das Land bestellt und die Frucht abgeliefert wurde. Alle Versammlungen, namentlich die Gerichtsversammlungen u n d auch die Festgelage sollten in den Burgen abgehalten werden 5 ). Erreicht wurde auf diese Weise, d a ß Besatzungen zur Verfügung standen und es nicht an Lebensmitteln f ü r sie fehlte. Außerdem wurden der Weg zu den Burgen und ihre Einrichtung so b e k a n n t , daß bei plötzlichen Überfällen des Feindes j e d e r m a n n sich leicht hinfinden konnte. So entstanden Burgwarde als Mittelpunkte militärischer, rechtlicher, kirchlicher u n d wirtschaftlicher Bezirke, u n d man h a t wohl zum Vergleich auf die Militärgrenze im Süden Ungarns gegen die Türken hingewiesen. Das Verdienst Heinrichs wird dadurch nicht geschmälert, daß im f ü n f t e n J a h r h u n d e r t der römische Militärschriftsteller Vegetius 8 ) ähnliche Vorkehrungen empfohlen u n d Kaiser Justinian 7 ) ein großartiges Burgensystem entworfen h a t t e . I n England errichtete Alfred der Große Befestigungen 8 ) und sein Sohn E d u a r d der Altere in der Zeit von 913 bis 924 zahlreiche Burgen 9 ), immer im Hinblick auf den Feind, den es >) Waitz, Heinrich S. 121. Regg. eächi. 22b. Parisot, R o y a u m e S. 615, 673, 691. Plischke S. 41 mit dem J a h r . Köpke S. 16. — ' ) Widukind 1, K a p . 35 u. 38. — *) Liudprand 2, K a p . 24. Waitz, Heinrich S. 93. Gerlach S. 32 ff. Hauck 3, S. 276 Anm. 2. — «) E x mir. S. Wigberti K a p . 5, SS. 4, S. 225. — ») Waitz, Heinrich S. 92 ff. Regg. sächs. 11c. Schäfer, agr. mil. Artler 29, S. 5 ff. Schulze, Kolonisierung 48 ff. Koehne S. 5, 11. Delbrück 3, S. 111. H a u c k 3, S. 78. Schneider, Mittelalter S. 169. *) Vegetius, Epitome rei militari» rec. C. Lang (Lipsiae 1885) 3, K a p . 3. Ranke, Weltgesch. 6, 2, S. 132. Erben, Kriegsgesch. S. 59, 64. — ' ) Cartellieri 1, S. 68. — ") Cartellieri 1, S. 356. — *) Lappenberg 1, S. 356. Hodgkin S. 323, 429. Corbett in Cambr. M. H . 3, S. 183, 362 f. Anders Koehne S. 18.

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abzuwehren galt. Heinrich fügte nicht bloß tote Steine zusammen, sondern zwang auch lebendige Menschen, ihre altgewohnte Lebensweise in ländlicher Großräumigkeit, wenn auch nur zeitweilig, mit engem Zusammenleben zu vertauschen. Man kann sich vorstellen, wie schwer es war, die Notwendigkeit dazu den harten Schädeln der Sachsen einzuhämmern. Zur Ergänzung diente der R e i t e r d i e n s t 1 ) , doch weiß man darüber fast nichts und muß sich damit begnügen, eben aus der Verbesserung zu schließen, daß das, worauf es bei den Ungarneinfällen ankam, bisher in Sachsen stark vernachlässigt worden war. Heinrich schuf aus seinen Ministerialen eine schwer gerüstete, wenn auch zunächst wenig zahlreiche Reiterei, deren Panzer genügend Schutz gegen den Pfeilregen boten, und übte sie in den Bewegungen, die einmal verlangt werden sollten. Die Leute wurden vom König wirtschaftlich unterstützt oder besoldet. Es galt auch, in den neuen Burgen genügend große Ställe vorzubereiten und schon bei der Aufzucht der Pferde deren künftige Verwendung im Auge zu behalten. Es ist bekannt, wie sehr den Franzosen der späteren Jahrhunderte im Ernstfall die in ihren Turnieren erworbene Taktik zustatten kam, wenn man etwa an die Schlacht bei Bouvines (1214) denkt. Man hat darauf verzichten müssen, Heinrich den ehrenden Beinamen des Städteerbauers beizulegen, aber daß er durch seine zunächst militärisch gedachten Anordnungen den Städtebau gefördert hat, braucht nicht bezweifelt zu werden 2 ). Er hat die der allgemeinen Wohlfahrt dienlichen Maßnahmen allen Hemmnissen zum Trotz durchgesetzt. Das ist sein bleibender Ruhm. In denselben Zusammenhang gehört auch eine auf den ersten Blick recht eigenartige Anordnung Heinrichs 3 ). Diebe und Räuber konnten der Strafe entgehen, wenn sie sich außerhalb der Mauern Merseburgs ansiedelten, erhielten sogar Land und Waffen, unter der Voraussetzung, daß sie tapfer und kriegstüchtig waren und natürlich ihre Streifzüge nur in Feindesland unternahmen. Dort saßen die Slawen, und sie botmäßig zu machen, war des Königs Absicht von Anfang an 4 ). Er verfolgte dabei den Nebenzweck, seine Reformen im Heerwesen praktisch zu erproben und namentlich die neue Reiterei an den Feind zu bringen. Es ist auch sehr wohl möglich, daß Grenzverletzungen vorgekommen waren, die es zu rächen galt. Zur Winterszeit 928 drang er überraschend in das Land des slawischen Volksstammes der Heveller ein, lieferte ihnen mehrere glückliche Gefechte und schlug dank der sehr scharfen Kälte, die die Havel gefrieren ließ, vor Brennaburg, dem heutigen Brandenburg, sein Lager auf dem Eis auf 5 ). Die alte Siedelung auf der heutigen Dominsel war rings von Widukind 1, Kap. 38. Waitz, Heinrich S. 101. Schulze, Kolonisierung S. 51. — ») Koehne S. 15 ff. — s ) Widukind 2, Kap. 3. Waitz, Heinrich S. 100. — 4 ) Regg. sächs. 7 a. — 6 ) Krabbo, Deutsche u. Slawen S. 27 f. Cartellieri, WelUtellung.

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Wasser und in größerer E n t f e r n u n g von dichten, sumpfigen Wäldern umgeben. Als natürliche Festung, die man mit R a v e n n a vergleichen k a n n , ist sie heftig umstritten worden und hat oft den Herrn gewechselt. Der König hungerte die Besatzung aus, stürmte u n d zog dann ein. Damit beherrschte er auch das ganze Gebiet 1 ). Von da ging es im F r ü h j a h r 929 gegen die zwischen Elbe und Mulde wohnenden Daleminzier. Ihre Stammesfeste Gana, wahrscheinlich J a h n a , zwischen Oschatz und Lommatzsch, wurde nach zwanzig Tagen genommen, ausgeraubt und zerstört. Gemäß dem damaligen harten Kriegsrecht wurden die älteren Einwohner getötet, die jungen versklavt. Um die Eroberung dauernd zu gestalten, gründete Heinrich auf einem Hügel an der Elbe im dichten Walde die Burg Meißen, die im Laufe der Zeit als Vorposten deutscher Siedlung so große Bedeutung erlangen sollte 2 ). Bald darauf rückte er von Norden her in Böhmen ein. Ihn unterstützte Herzog Arnolf von Bayern, der von Westen kam. Das ganze Heer b e t r a t P r a g , das wegen seiner Steinbauten und seines Handelsverkehrs in etwas späterer Zeit gerühmt wurde. Ohne viel Mühe wurde der Zweck erreicht und das frühere Abhängigkeitsverhältnis Böhmens 3 ) wiederhergestellt. Herzog Wenzel I. unterwarf sich vor E n d e J u n i 929 und zahlte Tribut 4 ). Inzwischen h a t t e n sich die Redarier in der Gegend von Strelitz u n d Stargard in Mecklenburg erhoben, die Burg Walsleben nördlich von Stendal zerstört und die angeblich sehr zahlreichen Insassen getötet. I h r Beispiel entfachte einen allgemeinen Aufstand. Aus nicht bekannten Gründen griff Heinrich nicht persönlich ein, sondern schickte die Grafen Bernhard u n d T h i e t m a r , die L e n z e n in der Altmark am rechten Elbufer (unterhalb Wittenberge) belagerten. Ein sehr starkes feindliches Heer, das hauptsächlich aus Fußsoldaten mit n u r wenigen Reitern bestand, k a m der Burg zu Hilfe. Trotzdem wagten die Sachsen a m 4. September 929 den Angriff und siegten, wenn auch nicht leicht: ihre schwergerüsteten Reiter fielen den Feinden in die Seite. Lenzen ergab sich jetzt. Die Beute an Menschen und Habe war sehr beträchtlich 5 ). So h a t t e die Heeresreform des Königs ihre erste Probe bestanden. Das Ereignis wirkte aber noch in einer ganz anderen Richtung. Den böhmischen Adeligen war Herzog Wenzel, der 921, etwa zehn J a h r e alt, dem Namen nach die Regierung angetreten h a t t e , zu geistlich u n d zu deutsch gesinnt. Sie bedurften eines stärkeren Herrn. Man kann annehmen, daß seine Abhängigkeit vom deutschen König und die damit verbundenen finanziellen Leistungen erst recht Unzufriedenheit erregten. >) Widukind 1, Kap. 35. Waitz, Heinrich S. 123. Regg. sächs. 23 a, b. Lippert S. 15. Kötzschke, Anfänge S. 31. — ') Waitz, Heinrich S. 124. Regg. sächs. 23 c, d. Hauck 3, S. 89. Artler S. 283. Gröger S. 9. Lippert S. 17. Kötzschke, Anfänge S. 33 mit der Zeit. Radig S. 18, 49. — ') Cartellieri 1, S. 353. — 4 ) Waitz, Heinrich S. 125. Regg. sächs. 23e. Köster S. 239. Rogge S. 117. Lippert S. 21. — 5 ) Widukind 1, Kap. 36. Waitz, Heinrich S. 127. Regg. sächs. 23 g. Artler S. 13.

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Einige Verschworene hetzten seinen jüngeren Bruder Boleslaw I . auf, u n d am Montag, dem 28. September 929, wurde Wenzel auf dem Wege zum Frühgottesdienst in Alt-Bunzlau (nö. Prag) von Boleslaw u n d dessen Genossen ermordet. Das Volk aber begann schon sehr bald ihn als Märt y r e r und Heiligen zu verehren 1 ). Aus dem späteren Verhalten Boleslaws ist zu schließen, d a ß er schon jetzt seinen Verpflichtungen gegen den deutschen König nicht n a c h k a m , aber dieser besaß zunächst keine Möglichkeit, ihn seinem Willen zu beugen. I n Frankreich war es f ü r die Zentralgewalt noch viel schwieriger, sich durchzusetzen. Der rechtmäßige Nachfolger Karls des Einfältigen wäre sein Sohn Ludwig IV. gewesen, der am angelsächsischen Hofe weilte. Seine Mutter Edgiva, Schwester KönigÄthelstans (925—939) 2 ) von Wessex, h a t t e ihn bei der Gefangennahme ihres Gemahls dort in Sicherheit gebracht 3 ). Vorläufig kümmerte sich niemand u m den 920 oder 921 geborenen Prinzen 4 ), und Rudolf war allein König. Insofern n ü t z t e ihm der Tod Karls doch. Jedenfalls vernichtete er zu Anfang 930 die Loirenormannen, die ein paar J a h r e Ruhe gehalten h a t t e n , bei Estresses a m rechten Ufer der Dordogne (Kt. Beaulieu-sur-Dordogne) und erwarb sich dadurch großen Kriegsruhm 5 ). Über solch einen Sieg konnte jedermann seine Freude empfinden, u n d niemand brauchte sich des vergossenen Blutes zu schämen. J e t z t erkannte Aquitanien 0 ) die Oberhoheit des Königs an. Zu Anfang des Jahres 931 versprach ihm in Vienne Karl Konstantin Gehorsam 7 ). Auf das Abkommen von 928 zugunsten Heriberts II. 8 ) wurde nicht mehr Rücksicht genommen, da dieser mit Hugo dem Großen wegen eines Parteigängers in Streit geraten 9 ) u n d deshalb weniger gefährlich war. Als dann Heribert von König Rudolf u n d Hugo in die Enge getrieben wurde, leistete er Heinrich, wahrscheinlich zu Ivois 10 ), Mannschaft, u m an ihm eine Stütze zu gewinnen 1 1 ). Der deutsche König weilte dort am 24. Oktober 931. Ivois, deutsch Ipsch, sollte noch öfters Zusammenkünften deutscher und französischer Herrscher dienen. Seit Ludwig X I V . Carignan genannt, liegt es a m rechten Ufer der Chiers, die oberhalb von Sedan in die Maas mündet. Aber auch Rudolf versäumte nicht, durch einen Gesandten die nötigen Aufklärungen zu geben, und Heinrich t a t nichts f ü r Heribert, was vom französischen S t a n d p u n k t e schon ein großer Gewinn war. Zusammen mit Hugo dem Großen u n d zahlreichen anderen Herren be*) Cosmas 1, Kap. 17 mit dem Jahr. Bretholz S. 78, 101. Naegle 2, S. 276. Hanck 3, S. 192 u. Holtzmann, Böhmen S. 6 für 935. Rogge S. 24 für 929. — *) Lauer, Louis S. 9. Beaven S. 531. — •) Lauer, Robert S. 23. Poole, Burg. Notes, EHR. 26, S. 312. Vgl. oben S. 19, 31. — ') Lauer, Louis S. 10 Anm. 2. — ') Lauer, Robert S. 59. — o) Vgl. oben S. 28. — ') de Manteyer S. 130 f. Lauer,Robert S. 60 f. Hofmeister, Burgund S. 52 Anm. 2. — ») Vgl. oben S. 31. — ») Lauer, Robert S. 58 ff. — 10 ) Nouv. carte de France Bl. XXII/10. Description de la France 2, 118. Michael S. 30 Karte. — » ) Waitz, Heinrich S. 139, 141. Regg. sächs. 35 a, 36, 36 a. Lauer, Robert S. 63. 3*

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lagerte Rudolf drei Wochen lang Reims und zog dann ein, weil die Bevölkerung keine Lust h a t t e , die Besatzung Heriberts I I . wirksam zu unterstützen 1 ). Es wurde gleich ein neuer Erzbischof Artald gewählt, ein Schützling Hugos des Großen (931). Laon wurde wieder königlich, trotz tapferer Verteidigung durch die Gattin Heriberts II., aber im T u r m behauptete sich seine Besatzung. Rudolfs Macht stieg, daran war gar nicht zu zweifeln, aber sie reichte noch nicht zu Unternehmungen aus, die den allgemein christlich-abendländischen Zwecken dienten. Neben den oft geschilderten Normannen- und Ungarnnöten gab es seit einigen Jahrzehnten noch eine dritte, die auf beschränkterem R a u m schlimm genug war. Gegen Ende des 9. J a h r h u n d e r t s wurde eine kleine Schar spanischer S a r a z e n e n an die K ü s t e der Provence verschlagen, schlachtete die Bewohner der nächsten Ortschaft ab und errichtete nahe der Reede von Saint-Tropez, in dem Gebirge, das noch heute Chaîne des Maures heißt, mitten in unzugänglichem Buschwalde auf steiler Höhe eine Feste 2 ). Der Name Fraxinetum, der in den Quellen genannt wird, bezeichnete nach dem Sprachgebrauch der U r k u n d e n einen Teil der Grafschaft Frejus, zu dem auch der heutige Ort La Garde-Freinet (sw. Frejus) gehört. Dieser liegt aber nicht am Meere. Bald erkannten die Ankömmlinge die Wehrlosigkeit ihrer christlichen Nachbarn und verstärkten sich durch Zuzug aus der Heimat, u m ihre Beutezüge in immer größerem Maßstab auszuführen. Die Rompilger hatten bei ihrer Wanderung über die Alpenpässe besonders zu leiden. So wird uns zum J a h r e 921 von solchen aus England berichtet, die unter Steinwürfen der Wegelagerer zugrunde gingen 3 ). Eine Flotte stand den christlichen Fürsten der Provence nicht zur Verfügung, und daher waren sie gar nicht in der Lage, einen wirksamen Schlag zu führen. Es m u ß t e als eine wahre Erlösung e m p f u n d e n werden, als 931 oströmische Schiffe eine T r u p p e landeten, die den schlimmen Feinden schwere Verluste beibrachte 4 ). Das Ergebnis war hocherfreulich, aber doch bescheidener, als m a n erst gehofft hatte. Wahrscheinlich füllten die Sarazenen die in ihren Reihen entstandenen Lücken sehr bald wieder durch neuen Zuzug aus. Rudolf von Frankreich konnte seine Herrschaft noch über Lyonnais ausdehnen, ohne d a ß m a n genau wußte, wie weit er sie wirklich ausübte (932) 6 ). Aber auch in einer bloß formalen Anerkennung lag ein wertvoller Wechsel auf die Z u k u n f t . Barone des Südens, darunter der Graf Raimund-Pontius I I I . von Toulouse, huldigten, und es scheint, d a ß dieser damals Herzog von Aquitanien wurde (932)®). Rudolf steckte sich noch 1 ) Lauer, Robert S. 65. — *) Liudprand 1, Kap. 2, 3. Köpke S. 113 f. Dümmler 3, S. 317. Richter, Sarazenen S. 222. K. Bädeker, Le Sud-Est de la France {Leipzig 1901) S. 351. Poupardin, Provence S. 243ff., 249. Dierauer 1, S. 47 Anm. 393. de Manteyer S. 238. — ') Flodoard zu 921. — 4 ) Flodoard zu 931. Poupardin, Provence S. 272 u. Bourgogne S. 91. Hartmann 3, 2, S. 230. — 5 ) Poupardin, Provence S. 235 u. Bourgogne S. 69 f., 248. de Manteyer S. 131. — •) Lauer, Robert S. 67.

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höhere Ziele und ließ sich gemäß der zwei J a h r e vorher getroffenen Vereinbarung 933 Vienne übergehen 1 ). Damit berührte er den Machtbereich Hugos von Arles, der auch als König von Italien in der Provence noch das größte Ansehen besaß. Hugo strebte nach der Kaiserwürde, sah sich aber bald den Weg versperrt. Nach dem Tode Markgraf Alberichs I. von Spoleto (vor 924 ?) 2 ) h a t t e seine Gemahlin M a r o z i a , die Tochter des Senators Theophylakt u n d Theodoras, den schon genannten Markgrafen Wido von Tuszien 3 ) geheiratet, und beide entfesselten mit Hilfe des römischen Adels einen Aufstand gegen Petrus, den Bruder Johanns X . Sie warfen Petrus vor, daß er die weltliche Gewalt allein besitzen wolle und sogar die Ungarn zu Hilfe gerufen habe. E r wurde d a r a u f h i n im Angesicht des Papstes getötet und dieser selbst in den Kerker geworfen (Ende Mai 928), wo er im folgenden J a h r e ein trauriges, vielleicht gewaltsames E n d e fand 4 ). Marozia hatte jetzt keinen Nebenbuhler mehr, und es t r a t die merkwürdige Verflechtung ein, daß eine willensstarke F r a u den maßgebenden Einfluß in Rom übte. Zwei von ihr abhängige P ä p s t e regierten n u r kurze Zeit 6 ). Welcher Triumph m u ß t e es f ü r sie sein, als sie i m Februar oder März 931 ihren eigenen Sohn als J o h a n n X I . auf den Stuhl Petri erheben konnte 6 )! Ob dieser wirklich aus ihrer Liebschaft mit dem früheren P a p s t e Sergius III. 7 ) stammte, läßt sich weder beweisen noch bestreiten. E i n anderer Vater ist jedenfalls nicht genannt worden. Zwar wurde ihre Stellung durch den Tod ihres Gemahls Wido von Tuszien (929)8) vorübergehend erschüttert, aber sie mag schon sehr bald daran gedacht haben, ihm in König Hugo einen Nachfolger zu geben, d a dessen deutsche Gattin Alda gestorben war 9 ). Hugo stand damals in scharfem Gegensatz zu dem kühnen und kriegstüchtigen Markgrafen Lambert, der an Stelle Widos Markgraf von Tuszien geworden war. Wido u n d Lambert waren beide Söhne Berthas, der Tochter Lothars II., u n d folglich Halbbrüder Hugos. J e höher Hugo stieg, desto mehr m u ß t e Lambert sinken. Um Lambert scharten sich die zahlreichen Großen, die längst mit der Willkürherrschaft des Königs unzufrieden waren und ihn entthronen wollten. Aber es war nicht leicht, an ihn heranzukommen, weil er eine geradezu unheimliche Geschicklichkeit besaß, die öffentliche Meinung zu seinen Gunsten zu täuschen. Marozia war j a als Witwe Widos die Schwägerin Hugos und seine Verbindung mit ihr kirchlich unzulässig. *) Ponpardin, Provence S. 231 u. Bourgogne S. 69. Hofmeister, Burgund S. 53. Vgl. oben S. 35. — >) Sickel, Alberich S. 87 Anm. 2, S. 91 Anm, 1. Hofmeister, Markgrafen S. 418. Amling S. 23. — ») Vgl. oben S. 29. — *) Gregorovius 3, S. 271. Sickel, Alberich S. 88. H a r t m a n n 3, 2, S. 216. Hofmeister, Markgrafen S. 403. Amling S. 28. Lib. pont. 2, S. L X I X . Schiaparelli 5, S. 16, 24. — 6 ) H a r t m a n n 3, 2, S. 216. Amling S. 31. — «) Sickel, Alberich S. 78, 89. Amling S. 32. — ') Cartellieri 1, S. 368. — ' ) Hofmeister, Markgrafen S. 403. Amling S. 37 f ü r 931. — ») Amling S. 38.

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Mit eiserner Stirn ließ Hugo aussprengen, die Kinder seiner Mutter Bertha von Lothringen 1 ) aus ihrer Ehe mit Markgraf Adalbert I I . von Tuszien seien untergeschoben, und verbot Lambert geradezu unter Drohungen, sich seinen Bruder zu nennen! Lambert erwiderte heftig und bewies seine gute Sache durch einen Sieg im Zweikampf gegen einen Vertreter Hugos. Einen Augenblick geriet Hugo in Verlegenheit, faßte sich aber rasch, brachte Lambert irgendwie in seine Gewalt und ließ ihn blenden. Tuszien gab er seinem rechten Bruder Boso, der schon längst danach strebte und daher willig bei allen bösen Machenschaften Handlangerdienste leistete (Sommer 931) 2 ). I n Spoleto h a t t e Hugo schon zwei J a h r e vorher (929) einen nahen Verwandten, Theobald I., eingesetzt 3 ) u n d damit seine Machtstellung so stark befestigt, daß er noch weit Höheres wagen konnte. Wenn Marozia Hugo ihre H a n d bot, zeigte sie ihm den Weg zum Besitz Roms und zur Kaiserwürde. W a r u m sollte er nicht dasselbe erreichen wie die Spoletiner u n d Berengar I. ? 4 ) I m Mai oder J u n i 932 zog er von Pavia nach R o m , wurde von den Einwohnern dem Herkommen gemäß empfangen und von Marozia in die feste Engelsburg eingelassen, die namentlich durch ihre Höhe damals starken Eindruck machte. Hier f a n d die Hochzeit statt. Hugo h a t t e sicher auf ihr Anraten hin, u m die Römer nicht zu verstimmen, n u r wenig Truppen in die Stadt mitgenommen, aber diese klug gedachte Maßregel erwies sich doch als verkehrt 6 ). Marozia h a t t e n sich die Römer t r o t z ihres vielgelästerten bedenklichen Lebenswandels gefallen lassen, weil sie eine Römerin war. Von Hugo aber, der gleich recht herrisch a u f t r a t , wollten sie nichts wissen, u n d an die Spitze der Gegenbewegung t r a t A l b e r i c h II., Marozias eigener Sohn aus ihrer Verbindung mit dem Markgrafen Alberich I. von Spoleto. Ob Hugo Alberich I I . wirklich blenden lassen wollte, ist nicht auszumachen, aber nach dem Schicksal Lamberts von Tuszien wohl möglich. Ein an sich unbedeutender Vorfall prägte sich ein. Bei einem Mahl sollte der u m 913 geborene junge Alberich 6 ) seinem nunmehrigen Stiefvater das Wasser zum Händewaschen reichen, verschüttete es aber, doch wohl absichtlich, und bekam d a f ü r von jenem einen Schlag ins Gesicht. Alberich schrie nach Rache und entzündete im Volke den H a ß gegen die Fremden, die Burgunder, die ihm von nun an befehlen würden. Die Engelsburg wurde von wütenden Scharen eingeschlossen. Hugo konnte sich gerade noch an einem Strick von der S t a d t m a u e r hinunterlassen und zu seinen Leuten fliehen (um E n d e Dezember 932) 7 ). Vgl. oben S. 29. — ") Hofmeister, Markgrafen S. 403. H a r t m a n n 3, 2, S. 217. Amling S. 42. Schiaparelli 5, S. 25. — ' ) Hofmeister, Markgrafen S. 419. H a r t m a n n 3, 2, S. 201, 217. — 4 ) Cartellieri 1, S. 348, 350. Vgl. oben S. 10. — «) Gregorovius 3, S. 277, 282. Sickel, Alberich S. 90 ff. H a r t m a n n 3, 2, S. 217 f. Amling S. 44 ff. Hauck 3, S. 213. Schiaparelli 5, S. 27. — «) Amling S. 15, 19 Anm. 39. — ' ) Schiaparelli 5, S. 29. Orton, I t a l y S. 343.

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Das Volk, das hiermit deutlich in Erscheinung t r a t , wählte Alberich I I . zum Fürsten der Römer 1 ). Marozia k a m ins Gefängnis und starb, o h n e je wieder eine Rolle gespielt zu haben. P a p s t J o h a n n X I . wurde a u c h in einer Art H a f t gehalten und auf geistliche Betätigung beschränkt. Wie m a n sieht, ließ sich der neue Herr durch Familienbande nicht abh a l t e n , das zu t u n , was der Allgemeinheit frommte. Seine Gewalt war rein tatsächlich, in keiner Weise verfassungsmäßig ausgebaut 2 ). Der P a p s t blieb die rechtmäßige Obrigkeit. So darf m a n Alberichs Stellung a m besten mit der eines allmächtigen Ministers vergleichen, dem auch der Monarch sich fügt. Alberich I I . war von H a u s aus sehr reich u n d brauchte daher keine hohen außergewöhnlichen Steuern aufzulegen. Zu seinen bedeutenden militärischen u n d politischen Fähigkeiten k a m innerliche Frömmigkeit hinzu. Die Anfänge der cluniazensischen Reform h a t er nach K r ä f t e n gefördert 3 ). Alles in allem gehörte er zu den Männern der Macht, die dem J a h r h u n d e r t ihr Gepräge geben sollten. Die schwankenden Verhältnisse, die gelösten staatlichen Ordnungen boten ihnen wunderbare Möglichkeiten des Aufstiegs, wenn sie bei ihrem kühnen Handeln im Notfall ihr Leben einsetzten. Darauf k a m es an, und wie so häufig in unruhigen Zeiten hieß es: wer wagt, gewinnt. Glücklicher als Italien war Deutschland, weil es hier keinen Thronstreit u n d keinen Bürgerkrieg gab. Es ist das unvergängliche Verdienst König Heinrichs, einen der drei schlimmen Feinde des Abendlandes abgewehrt zu haben. I m J a h r e 933 lief der neun J a h r e vorher mit den U n g a r n geschlossene Waffenstillstand ab 4 ). Der ausbedungene T r i b u t drückte die Bevölkerung sehr, und ohne Beschlagnahme des Kirchenguts h ä t t e er k a u m weiter entrichtet werden können. Als Ges a n d t e die bisherige Summe in E m p f a n g nehmen wollten, bekamen sie eine verächtliche Antwort. Es dauerte nicht lange, und sie versuchten zunächst die Daleminzier, mit denen sie früher zusammeng e k ä m p f t h a t t e n , mit sich zu reißen. Aber diese, in deren Gebiet j a die Burg Meißen emporwuchs 5 ), waren genügend über die Kriegsvorbereitungen in Sachsen unterrichtet, u m sich von dem Abenteuer fern zu halten, und warfen als Antwort den Unterhändlern einen fetten H u n d vor die Füße. Die Ungarn teilten sich 8 ). Der eine H a u f e wollte wohl den unwegsamen Harz umgehen und von Westen in Sachsen eindringen, u m dort seinen Stammesgenossen die H a n d zu reichen. I h m bereiteten die Sachsen u n d Thüringer gemeinsam, vielleicht in der Nähe von J e c h a b u r g bei Sondershausen, eine vernichtende Niederlage. Sickel, Alberich S. 92. Schneider, Rom S. 187. — 2 ) Sickel, Alberich S. 101 ff. Burdach 2, 1, S. 181. — 3 ) Hartmann 3, 2, S. 223. — «) Vgl. oben S. 24. — e ) Vgl. oben S. 34. — •) Widukind 1, Kap. 38. Flodoard zu 933. Liudprand 2, Kap. 28—31. Waitz, Heinrich S. 150. Regg. sächg. 43 a—d. Caro. Lüttich S. 79. Lintzel, Beschlüsse S. 102. Erben, Kriegsgesch. S. 116.

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Der andere Haufe belagerte eine Burg im östlichen Thüringen, in der sich die an einen Thüringer Wido verheiratete Schwester des Königs mit reichen Schätzen, wahrscheinlich einem Teile des zurückgehaltenen Tributs, befand, und hätte sie fast eingenommen, wenn nicht die Nacht eingebrochen wäre. Inzwischen ging den Angreifern die Kunde von dem Unglück ihres Westheeres und zugleich von der Annäherung des Königs zu. Dieser lagerte mit Truppen aus dem ganzen Reich bei Riade. Die Ungarn gaben die Belagerung auf und suchten, durch Feuerzeichen alle ihre Leute zu sammeln. Am 15. März 933 begann Heinrich recht geschickt mit einem Scheinangriff der leichtbewaffneten Thüringer, um die Ungarn heranzulocken und sie dann von den schwerbewaffneten Ministerialen zusammenhauen zu lassen, aber die mißtrauischen Feinde merkten rechtzeitig die ihnen drohende Gefahr und flohen. Einholen konnte man nur wenige, nur ihr Lager erbeuten und die Gefangenen befreien. Angesichts ungenügender Quellenangaben wird man sich bescheiden müssen zu sagen, daß die Schlacht in einer sumpfigen Unstrutniederung nicht weit von Merseburg stattfand. Riade glaubt man neuerdings in Kalbsrieth an der Mündung der Helme in die Unstrut (s. Sangerhausen) zu erkennen 1 ). Sicher war es kein großartiger Sieg, aber ein Erfolg, der die Feinde bei Lebzeiten Heinrichs wenigstens von Sachsen und Thüringen fernhielt, wenn sie auch schon 935 durch Süddeutschland ritten 2 ). Die Hauptsache war, daß Heinrichs Untertanen die Zweckmäßigkeit seiner Maßregeln erkannten und wieder Mut schöpften. Seine Krieger nannten ihn dankerfüllt, wie unser Berichterstatter in seiner gutgemeinten, aber unklaren Anlehnung an die römische Geschichte sagt, „Vater des Vaterlandes, Herr der Welt und Kaiser" 3 ). Hierbei erkennen wir gleich geistlichen Einfluß. Heinrich gab in kirchlichen Feiern Gott die Ehre und, was sicher den stärksten Eindruck machte, bestimmte den nicht mehr benötigten Tribut gottesdienstlichen und wohltätigen Zwecken. Einst hatte die geistliche Umgebung Karls des Großen das Kaisertum ersehnt. Hier wird Ähnliches geschehen sein. Warum sollten die recht ungelehrten Krieger nicht jeder Verherrlichung ihres Königs zujubeln, die man vor ihnen mit dem Zauber altehrwürdiger Erinnerungen ausschmückte, auch wenn sie nicht genau verstanden, was damit gemeint war ? Bei Napoleon I. können wir im hellen Licht geschichtlicher Kenntnis verfolgen, wie das Empire sich vorbereitete 4 ). Die Macht schafft den Titel, wenn auch nicht immer sogleich. Die Rücksichtslosigkeit, mit der König Hugo seine Verwandten und provenzalischen Landsleute, darunter seine zahlreichen unehelichen ' ) Querfurter Geschichtsdenkmäler S. 441. — 2 ) Lüttich S. 85. — s ) Hardegen S. 54. Schulze, Kaiserpolitik S. 86. Stengel, Kaiser S. 17 ff. Hauck 3, S. 313. Schramm, Renov. 1, S. 80. — *) A. Sorel, L'Europe et la Révolution française 6 (Paris 1903), S. 227, 363. A. Vandal, L'Avènement de Bonaparte 2 (Paris 1907), S. 516.

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Kinder, in Italien versorgte, erweckte ihm natürlich viel Feindschaft 1 ), und vermutlich in der Zeit zwischen Ende 931 und Anfang 932 luden die mißvergnügten Großen denselben R u d o l f I I . von H o c h b u r g u n d , der 926 nichts erreicht hatte 2 ), abermals zu sich ein. Entschloß er sich, nach Süden zu gehen, so mußte Hugo damit rechnen, daß sich alle seine Feinde um das burgundische Banner scharten. Er beugte der drohenden Gefahr gleich vor, indem er, wohl im Jahre 934, jenem, wie es in der Quelle heißt, alles Land abtrat, das er in Gallien vor seinem italienischen Königtum besessen hatte, Rudolf I I . aber schwören ließ, nie wieder nach Italien zu kommen 3 ). Kaiser Ludwigs I I I . Blendung mußte eigentlich abschreckend genug wirken 4 ). Wegen der schwierigen Auslegung der Nachricht hat man schließlich in scharfsinnigen Erörterungen den Vertrag überhaupt bezweifelt. Dazu liegt aber kein genügender Grund vor, solange nicht erklärt wird, wie die angeblich falsche Behauptung entstanden ist. Hugo gab nicht seinen Privatbesitz preis, sondern das Land im Sinne der Herrschaft, d. h. die königlichen Rechte im Herzogtum Provence und in der Markgrafschaft Yienne, wobei zu beachten ist, daß j a der König von Frankreich zum mindesten die Stadt Yienne in Besitz genommen hatte und in Lyonnais anerkannt worden war 5 ). Aber das kümmerte Hugo nicht. Mochten die beiden Rudolfe zusehen, wie sie sich einigten! Woher hatte Hugo die königlichen Rechte ? Er hatte sie sich schon bei Lebzeiten und namentlich nach dem Tode Kaiser Ludwigs des Blinden 8 ) angemaßt. Das eine ist richtig: wurde der Vertrag auch geschlossen, politische Wirkungen hat er nicht gezeitigt. Vielleicht wurde Rudolf ganz einfach durch die neue Ungarnnot des Jahres 935') verhindert, sich in Südburgund zu betätigen, und man wird jedenfalls gut tun, die tatsächliche Entstehung des gesamtburgundischen oder arelatischen Reiches erst später anzusetzen. Ebensowenig als sein burgundischer Namensvetter sah sich Rudolf von Frankreich in der Lage, etwa von Vienne aus seine Oberhoheit auszudehnen. Ihm blieb im eigenen Lande genug zu tun übrig. Wilhelm, genannt Langschwert, Sohn Rollos von Normandie, leistete zwar 933 Mannschaft, aber ihm mußte Land an der bretonischen Grenze, wahrscheinlich das Avranchin und das Cotentin, abgetreten werden8). Die Bretonen, zwischen Normannen an der Loire und anderen an der Seine eingekeilt, hatten sich im Jahre 931 empört und ihre Bedränger Röpke S. 135. Poupardin, Provence S. 223. Hartmann 3, 2, S. 199. — *) Vgl. oben S. 29. -—- ®) Liudprand 3, Kap. 48. Poupardin, Provence S. 231 u. Bourgogne S. 59, 193. Jacob, Royaume S. 18. de Manteyer S. 132 ff. mit 934. Hofmeister, Burgund 43 ff., 63, 65. Amling S. 51. Bresalau, Salzb. Ann. S. 60. Hartmann 3, 2, S. 198. Schiaparelli 5, S. 30. Poole, Burg. Notes, E H R . 28, S. 106; 30, S. 55. Hampe, Mittelalt. G. S. 59. Grieser S. 5 Anm. 12. — 4 ) Cartellieri 1, S. 369. — 6 ) Vgl. oben S. 36 u. S. 37. — •) Vgl. oben S. 31. — ') Poupardin, Bourgogne S. 63. Lüttich S. 85 f. — 8 ) Lauer, Robert S. 71. Prentout, Dudon S. 202, 233, 291, 434, Flach 4, S. 137, 217.

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niedergemetzelt. Es mag sein, d a ß Wilhelm besonderen Wert darauf legte, seinen Besitz vertragsmäßig durch den König anerkannt zu sehen. Von dieser Seite war im Augenblick nichts mehr zu fürchten, u n d Rudolf spannte seine ganze K r a f t an, u m endlich einmal Heribert I I . von Vermandois zu demütigen, wobei ihn die Königin E m m a nach K r ä f t e n unterstützte. Es handelte sich hauptsächlich u m Heriberts starke Burg Château-Thierry an der Marne, in der einst Karl der Einfältige gefangen gesessen hatte 1 ). Sie wurde vom König u n d Hugo dem Großen nach langer Belagerung im April 934 mit Ausnahme des Kernwerks eingenommen 2 ). Da k a m es Heribert zustatten, d a ß Graf Arnolf I. von Flandern die Heirat mit seiner Tochter Adela vollzog. 3 ) Zielbewußt machte sich Arnolf die Verlegenheit des französischen Königtums zunutze und h a t t e schon Artois an sich gerissen. Durch seine Anlehnung an Deutschland im Gegensatz zu Frankreich h a t er seinen Nachfolgern ein Beispiel gegeben, das nicht verloren gehen sollte. Vorläufig lag ihm wohl n u r daran, Heribert zu stützen, da dieser den König vollauf beschäftigte. Oft genug war Heinrich von französischen Großen gegen deren König um Hilfe angegangen worden, genau so wie in anderen Zeiten deutsche Fürsten sich an die französische Regierung wandten. I m J a h r e 934 vermittelte er bloß einen Waffenstillstand 4 ) zwischen Rudolf und Heribert II., da er andere, dringendere Aufgaben zu erfüllen hatte. Sein R u h m wurde seit J a h r e n weit und breit gefeiert 5 ), aber er ruhte nicht. Ein Zug, den er auch noch 934 in die spätere Uckermark untern a h m , zwang die S l a w e n westlich der Oder zur Tributzahlung 6 ). Um sein großes Werk, den Schutz der Reichsgrenzen, auch im Norden durchzuführen, machte er sich im Hochsommer und Herbst desselben Jahres gegen die Dänen auf, deren Raublust u n d Wildheit damals noch von den Wikingerzügen her in aller Munde waren. E r wollte sie d a f ü r bestrafen, d a ß sie zu Schiff nach der friesischen K ü s t e fuhren und dort plünderten. Als erster feindlicher Herrscher b e t r a t er ihr Land und rückte in S ü d - J ü t l a n d ein. Den Teilkönig Gnupa besiegte er südlich von Schleswig und zwang ihn auch zur Tributzahlung u n d zur Annahme des Christentums. Schleswig wurde von Deutschen besiedelt. Das machte bis nach Italien hin starken Eindruck 7 ). Heinrich war noch ein Kind gewesen, als sein Oheim Herzog Brun 880 von den Dänen geschlagen wurde u n d fiel. Dieser Schimpf war jetzt gerächt 8 ). Auf der Höhe des Lebens stehend, reich an kriegerischen Erfolgen, f a ß t e Heinrich den Plan, nach Rom zu gehen, d. h. die Kaiserkrone zu Vgl. oben S. 19. — «) Lauer, Robert S. 72f. — s ) Vanderkindere 1, S. 56. — *) Regg. sächs. 45 a. Waitz, Heinrich S. 164. Lauer, Robert S. 73. — s ) Widukind 1, Kap. 39. — •) Waitz, Heinrich S. 163. Regg. »ächs. 46 a. — ') Widukind 1, Kap. 40. Liudprand 3, Kap. 21; 3, Kap. 48. Adam von Bremen 1, Kap. 57. Waitz, Heinrich S. 159. Regg. s&chs. 46 b. v. Liliencron S. 12. Hauck 3, S. 80. Biereye, Untersuchungen 46, S. 1, 13. Hofmeister, Kampf, S. 11. — 8 ) Vgl. oben S. 13.

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erwerben 1 ). Ob ihm daran lag, den Spuren seines Vaters, des Herzogs Otto, zu folgen, der 894 den König Arnolf auf dessen erstem Römerzuge begleitet und in Mailand den Oberbefehl geführt hatte 2 ) ? In seinen Urkunden gedachte Heinrich jedenfalls mehrfach seiner kaiserlichen Vorgänger 3 ). Aus Vorstellungen heraus, die nicht dem zehnten, sondern dem neunzehnten Jahrhundert angehören, hat man schwer daran glauben wollen, daß auch er, der kraftvolle Vertreter der Ostpolitik, den Blick nach dem Süden richtete. Und doch mußte er es tun, weil es für jeden Herrscher, der so mächtig dastand wie er, einfach selbstverständlichwar. I t a l i e n , das Land der warmen Sonne und des gleißenden Goldes, der hochragenden Paläste und der ehrwürdigen Heiligtümer, Rom, die Stadt der Imperatoren und der Apostelfürsten, bedeuteten das höchste Ziel und das höchste Glück machtgesättigter Männer. Man unterschätze die geschichtliche Bildung in der geistlichen Umgebung Heinrichs I. nicht! Dort wußte man sehr gut, daß Germanenfürsten genug nach Rom gegangen und zum Kaisertum gelangt waren. Neben den bekannten Karolingern konnte man an Berengar I. (von Friaul) sowie an Wido und Lambert von Spoleto denken. Was jetzt König Hugo erstrebte, traute sich der Sachse mit Recht zu, und wenn er zu lange zögerte, kam ihm jener womöglich zuvor. Die geistlichen Ratgeber werden auch immer wieder darauf hingewiesen haben, daß es gelte, das Papsttum auf eine höhere sittliche Stufe zu heben und im Bunde mit ihm den heidnischen Völkerschaften den wahren Glauben zu bringen. Beides hing sogar eng zusammen. Daß der König sich seit einigen Jahren der Kirche genähert hatte, wird kaum zu bezweifeln sein. Zunächst hatte er es der Ungarn wegen getan, aber es wirkte sich auch noch in den allgemeinen Verhältnissen aus 4 ). Wird man sich in diesem Zusammenhange nicht auch daran erinnern, daß Gustav Adolf wenige Monate vor seinem Tode die Absicht hatte, über die Alpen nach Italien zu gehen, und den Papst schon in Schrecken setzte 6 ) ? Prüfen wir, wie sich inzwischen die Dinge in Italien entwickelt hatten. König Hugo wollte sich Roms unter allen Umständen bemächtigen, konnte es aber nach September 933 wegen der guten Verteidigung durch A l b e r i c h II. nicht und mußte sich mit einer vergeblichen Belagerung und der Plünderung der Umgegend begnügen 6 ). Alberich II. suchte, wie schon früher seine Mutter Marozia, Anschluß an Ostrom, wodurch er seine Stellung zweifellos hob. Kaiser Romanus I. wünschte, seinen sechzehnjährigen Sohn Theophylakt, einen Eunuchen, der abgesehen ») Widukind 1, Kap. 40. Waitz, Heinrich S. 167. Regg. sächs. 51a. Hauck 3, S. 211. Hofmeister, Burgund S. 106. Amling S. 58. Schulze, Kaiserpolitik S. 87. — ') Vgl. oben S. 13. — 8 ) Schulze, Kaiserpolitik S. 90. — ') Lintzel, Beschlüsse S. 101. — 5 ) Ranke, Französische Geschichte 2 3 (1877), S. 389. — •) Flodoard zu 933. Liudprand 4, Kap. 2; 5, Kap. 3. Amling S. 52. Hartmann 3, 2, S. 218. Schiaparelli 5, S. 29.

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von sonstigen recht ungeistlichen Eigenschaften eine maßlose Leidenschaft f ü r Pferde h a t t e , zum Patriarchen zu erheben und, da er n a t ü r lich in Konstantinopel auf starken Widerstand stieß, sich der Mitwirkung J o h a n n s X I . zu versichern, der wieder nichts ohne den Fürsten der Römer t a t . Theophylakt wurde tatsächlich am 2. Februar 933 in Gegenwart einer päpstlichen Gesandtschaft inthronisiert 1 ). Die auswärtigen Verhältnisse waren damals vom oströmischen S t a n d p u n k t aus ganz zufriedenstellend. Die Kriegführung hielt sich glücklicherweise frei von den inneren Wirren und höfischen R ä n k e n , und immer wieder erstanden dem Reiche tüchtige Generäle, die den R u h m der römischen Waffen in ferne Lande trugen. Der Verfall des abbasidischen Chalifats unter Moktadir (908—932) erleichterte n a t ü r lich die Aufgabe. Seine Unfähigkeit war ebenso schlimm wie seine Vergnügungssucht, seine Feigheit ebenso schlimm wie seine Grausamkeit 2 ). E r fühlte sich keinesfalls imstande, Ä g y p t e n gegen die Vorstöße des Fatimiden Obeidallah (f 934) zu halten. Dessen Sohn Abul-Kasim (f 946), zum Nachfolger bestimmt u n d an die Spitze des Heeres gestellt, eroberte 913 nicht nur Barka, sondern im nächsten J a h r e sogar Alexandrien. Als sich aber sein tüchtiger Unterfeldherr Habassa aus Zorn über die ihm widerfahrene Zurücksetzung gegen ihn empört hatte, vermochte er sich nicht gegen die Truppen zu behaupten, die der Emir al omara Munis im Namen Moktadirs geschickt h a t t e , und kehrte 915 zurück, ohne irgendeinen dauernden Erfolg erzielt zu haben 3 ). I m J a h r e 919 machte sich Abul-Kasim von neuem auf, plünderte Alexandrien am 10. Juli u n d brachte das Land westlich vom Nil unter seine Botmäßigkeit. Aber auch diesmal wurde Ägypten nicht fatimidisch. Bei Alt-Kairo erlitt das afrikanische Heer eine Schlappe, und die i h m nachgeschickte Flotte erlag am 12. März 920 bei Raschid (Rosette) dem griechischen Feuer 4 ). Ende 921 war der Prinz wieder bei seinem Vater, der sich in R a k k a d a bei Keirowan nicht mehr sicher fühlte und mit dem Bau einer neuen Stadt beschäftigt war 5 ). Das war Machdija, am Meere in der Nähe des alten Thapsus gelegen und, wie m a n hervorgehoben h a t , geeignet f ü r einen Fürsten, der sowohl Sizilien als Ägypten im Auge behalten wollte. Der Einzug f a n d 921 s t a t t . Eine Reihe von J a h r e n h a t t e Ägypten jetzt Ruhe. Aber die Versuche, es von Asien zu lösen u n d mit Afrika zu verbinden, sollten nicht aufhören. Darin liegt das Schicksal des Nillandes, die Brücke zwischen zwei Erdteilen oder besser gesagt zwischen zwei Machtsystemen zu bilden. Brücken werden immer die Anlieger auf beiden Seiten zur Eroberung reizen. x ) Gay S. 221. Hartmann 3, 2, S. 219. Dölger 1, Nr. 625. JaffS 2, S. 746, Nr. 3587 a. Runciman, Emperor S. 77, 192. — " ) Cartellieri 1, S. 376. — ') Weil 2, S. 594. Müller 1, S. 610. Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 49 ff. u. Statthalter 4. Abt., S. 10. Enz. Islam 2, S. 688. Muir S. 565. — 4 ) Weil 2, S. 596. Müller 1, S. 612. Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 54 u. Statthalter 4. Abt., S. 14. — «) Müller 1, S. 613. Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 48. Reitemeyer S. 137. Enz. Islam, Lief. 37, S. 131.

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Dank der Schwäche des Chalifats von Bagdad konnten die oströmischen Truppen, die besonders von Johann II. Kurkuas glänzend geführt wurden, im Sommer 926 Melitene (Malatia) unweit des oberen Euphrat, den Kreuzungspunkt wichtiger Straßen, nehmen. Dadurch erregten sie bei den arabischen Statthaltern der Gegend solchen Schrecken, daß diese es für geraten hielten, sich zu unterwerfen 1 ). Einige Jahre später (931) gelang es, wenn auch erst nach langen Anstrengungen, in Armenien Theodosiopolis (Erzerum) zu erobern und tributpflichtig zu machen. Gewisse Gebiete wurden den Georgiern (Iberern) überlassen 2 ). Bald gab es allerdings Rückschläge. Der Wali von Tarsus rückte 931 bis vor Ancyra (Angora), und Melitene ging wieder verloren. Als aber neue Bürgerkriege in Bagdad und in Mesopotamien ausbrachen, konnte Johann II. Kurkuas Melitene am 19. Mai 934 abermals bezwingen und jetzt dem Kaiserreich einverleiben3). Der Eindruck des Ereignisses war sehr stark. Noch war O s t r o m fähig, sich zu vergrößern ! Unbedingt günstig gestaltete sich der Umschwung zugunsten des Kaiserreichs auf der Balkanhalbinsel. Am27.Mai927 war der große Zar der Bulgaren, S i m e o n , gestorben 4 ), während seine Truppen unglücklich gegen die Kroaten kämpften. Peter, sein Sohn zweiter Ehe, der ihm nachfolgen sollte, war noch nicht regierungsfähig. Dem noch nicht innerlich gefestigten Staatswesen drohten große Gefahren. Darum schloß der Regent vor dem 8. Oktober 927 mit Ostrom Frieden und bekräftigte ihn an diesem Tage durch den Ehebund des Zaren Peter mit Maria, später Irene genannt, der Tochter des Kaisers Christopherus und Enkelin Romanus' I. Ostrom verpflichtete sich zu Tributzahlungen. Es erkannte das bulgarische Patriarchat in Silistria (Drster) sowie den bulgarischen Zarentitel an und versperrte auf diese Weise weströmischem Einfluß klug den Weg. Die oströmischen Gefangenen durften in die Heimat zurückkehren. Alles in allem bedeuteten die Vertragsbestimmungen einen großen Erfolg des Basileus nach solchen militärischen Niederlagen5). Was Simeon geschaffen hatte, ließ sich schon jetzt nicht mehr behaupten. Peter machte sich nichts aus den Staatsgeschäften und zog sich am liebsten in die Einsamkeit zurück, um sich kirchlichen Dingen zu widmen6). Serbien, das unter Simeon so schwer gelitten hatte, nutzte die Schwäche Peters geschickt aus. Der Fürstensohn Caslaw, der in Bulgarien ' 1* >) Rambaud S. 422. Möller 1, S. 540. Runciman, Emperor S. 137. Enz. Islam, Lief. 40, S. 214. — *) Rambaud S. 422. Runciman, Emperor S. 138 mit dem Jahr. — *) Rambaud S. 422 f. Runciman, Emperor S. 141. — *) Jirefiek, Bulgaren S. 169. v. gisiö 1, S. 149. Runciman, History S. 177. — 5 ) Jireiek, Bulgaren S. 171 f. Rambaud S. 317, 338 f. Neumann, Weltstellung S. 22. Dölger 1, Nr. 612. Arab. Ber. S. 15. Mutafiiev S. 366. Runciman, Emperor S. 99 u. History S. 179. — •) Runciman, History S. 189.

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gefangen saß, floh in die Heimat, nahm sie in Besitz und huldigte dem oströmischen Kaiser (933) 1 ). Wenn die Schwächung des bulgarischen Reiches für Ostrom im allgemeinen sehr förderlich war, so schloß sie doch den großen Nachteil in sich, daß es nicht mehr eine Schranke gegen die U n g a r n bildete. Ein Jahr, nachdem sie in Deutschland die Niederlage bei Riade 2 ) erlitten hatten, im April 934, verwüsteten sie, wie es scheint, Thrazien, bedrohten Konstantinopel und mußten durch reiche Geldzahlungen zum Abzug bewogen werden 3 ). Die Spannung zwischen König Hugo und Fürst Alberich II. bildete vom Standpunkt Ostroms die Voraussetzung für Einwirkungen auf Italien. Hier landeten in den Jahren 934 und 935 kaiserliche Truppen, unter denen sich diesmal neben verschiedenen anderen Völkerschaften auch Russen befanden, und verhinderten den Abfall Landolfs I. und Atenolfs II. von Capua-Benevent sowie Waimars II. von Salerno. Es gelang dem Vertreter Ostroms dank reichen Spenden, ein Bündnis mit König Hugo zu schließen, aber damit hörten die Unruhen im Süden der Halbinsel keineswegs auf 4 ). In Oberitalien ließ sich trotz des Übeln Ausgangs, den 926 der Vorstoß des Herzogs Burkhard I. von Schwaben genommen hatte 5 ), Herzog A r n o l f von B a y e r n Ende 934 bewegen, für seinen Sohn Eberhard die Krone anzunehmen, die diesem von den Lombarden angeboten wurde. In irgendeiner Weise muß auch eine Huldigung stattgefunden haben. Auch wurde Arnolf in Verona von dem dortigen Grafen Milo und dem Stadtbischof, dem hochgelehrten Rather, freudig aufgenommen, aber König Hugo eilte mit Heeresmacht herbei und schlug die Bayern bei Gauseningum, worunter man Bussolengo (nw. Verona) vermutet, bis zur Vernichtung. Arnolf wollte Milo gewissermaßen als Geisel mit sich nehmen und den Zug später mit frischen Truppen erneuern. Milo aber meinte, seine Überführung nach Bayern bedeute für ihn nicht nur den Tod, sondern die Hölle, und floh zu Hugo, von dem er wußte, daß er gern verzieh. Hugo nahm ohne Mühe Verona wieder ein, und Anfang 935 war es mit dem bayerischen Königtum in Italien zu Ende 6 ). Das waren die Verhältnisse, mit denen König Heinrich zu rechnen hatte, wenn er die Fahrt über Berg antrat 7 ). Hugo hatte nicht versäumt, durch Geschenke um seine Freundschaft zu werben 8 ). Tat er das, um ihn fernzuhalten ? Oder wollte er ihn nur günstig stimmen, wenn er wirklich käme, und meinte er, sich neben ihm oder unter ihm zu be' ) Jirecek, Serbien 1, S. 202. Runciman, Emperor S. 206 u. History S. 185. Vgl. oben S. 11. — ») Vgl. oben S. 40. — ») Rambaud S. 357, 401. Lüttich S. 145. Runciman, Emperor S. 105. — *) Gay S. 209. Hartmann 3, 2, S. 228. Rambaud S. 310, 448. Dölger 1, Nr. 629. Schipa 108. Runciman S. 193. Vgl. oben S. 23. — 6 ) Vgl. oben S. 29. — ») Liudprand 3, Kap. 49 ff. Waitz, Heinrich S. 167. Regg. sächs. 51a. Hartmann 3, 2, S. 198. Amling S. 58. Bresslau, Salzb. Ann. 59. Riezler 1,1, S. 525. Schiaparelli 5, S. 31 mit Bussolengo. — ' ) Vgl. oben S. 43. — 8 ) Luidprand 3, Kap. 21 u. 48.

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haupten ? Die Erneuerung des Kaisertums schloß ein Königreich Italien nicht aus, wie das Beispiel Karls des Großen und seines Sohnes Pippin1), Lothars I. und seines Sohnes Ludwig II. gezeigt hatte. Noch gab es aber diesseits der Alpen für den deutschen Herrscher genug zu tun. Rudolf von F r a n k r e i c h sah ein, daß er mit seinem ungehorsamen Vasallen nicht fertig werden würde, wenn er sich nicht mit Heinrich verständigte. Um den 8. Juni 935 trafen sich die Könige an der Chiers2). Rudolf II. von Hochburgund und Herzog Giselbert von Lothringen waren auch anwesend. Was Rudolf II. wollte, kann man nur vermuten. Sein französischer Namensvetter hatte, wie wir sahen, Vienne in seine Hand gebracht. Dagegen dürfte sich Rudolf II. gewandt haben 3 ). Die Hauptsache war, daß Heinrich im Anschluß an den Waffenstillstand des vorhergehenden Jahres 4 ) eine Aussöhnung zwischen Rudolf von Frankreich und Hugo dem Großen einerseits, Heribert II. anderseits zustande brachte. Heribert unterwarf sich und erhielt einen Teil seiner Besitzungen zurück. Leider bekommen wir gar keinen Einblick in die französische Politik Heinrichs, obwohl sie sicher das Verständnis der ottonischen erleichtern würde. Das eine steht fest, daß der König den inneren Zwist in Frankreich nicht zu erweitern suchte, sondern mehr Wert auf eine schiedsrichterliche Stellung legte. Zwar entstanden gleich wieder Streitigkeiten wegen der Ausführung des Abkommens zwischen Hugo dem Großen und Heribert II., aber es gelang, sie leidlich beizulegen5). ' ) Cartellieri 1, S. 197, 282. — ») Vgl. oben S. 35. — ") Waitz, Heinrich S. 165. Regg. sächs. 49 a. Lauer, Robert S. 75. — *) Vgl. oben S. 42. — «) Lauer, Robert S. 77.

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DRITTES KAPITEL.

DIE ANFÄNGE LUDWIGS IV. UND OTTOS I. (936—944.) König Rudolf von Frankreich konnte meinen, d a ß er der größten Schwierigkeiten Herr geworden sei, und dachte sich jetzt in Frieden dem Wohle seiner Untertanen zu widmen. Da erkrankte er und starb a m 14. oder 15. J a n u a r 936, vermutlich in jungen J a h r e n , nach einer überaus mühseligen u n d bewegten Regierung 1 ). E r war ein rastloser Krieger, der seine Person nicht schonte, aber seine Machtmittel reichten nicht aus, u m die Barone, die sich immer leicht an Deutschland anlehnen konnten, zum Gehorsam zu bringen. Sie fanden einen in seiner Art bedeutenden Vertreter in Heribert I I . von Vermandois. E r hauptsächlich t r ä g t die Schuld daran, d a ß sein König Lothringen undVienne nicht b e h a u p t e n konnte, und m a n h a t ihn den bösen Geist der letzten Regierung genannt. Als Karolinger mochte er kein Bedenken tragen, das Westreich zugunsten des Ostreichs zu schädigen, weil ihm der Gedanke an das Gesamtreich vorschwebte, in dem er einen seinen bedeutenden Fähigkeiten entsprechenden Wirkungskreis suchte. Da Rudolf von Frankreich keinen E r b e n hinterließ, konnten die Großen wieder durch Wahl über den Thron verfügen. Maßgebend waren der Herzog der Franzier Hugo der Große, Sohn König Roberts, Neffe König Odos, durch seine Schwester E m m a Rudolfs Schwager, dann Graf Heribert I I . von Vermandois, weiter Arnolf I. von Flandern, endlich Herzog Wilhelm Langschwert von Normandie und Herzog Hugo der Schwarze von Burgund, Rudolfs Bruder. Entscheidend war die Eifersucht zwischen Hugo u n d Heribert, die an Macht und Ansehen die erste Stelle einnahmen. Man wußte, daß keiner von ihnen die Erhebung des andern gutwillig hinnehmen würde. Abermals drohte verderblicher Bürgerkrieg. D a r u m schickten die Großen Gesandte nach York an den Hof König Äthelstans, boten dem Sohne Karls des Einfältigen, L u d w i g , die Krone an und huldigten ihm auch gleich nach seiner L a n d u n g in Boulogne. Am Sonntag, dem 19. Juni 936, wurde' er in Reims von dem dortigen Erzbischof Artald feierlich gesalbt und gekrönt 2 ). ») Lauer, Robert S. 78. — ') Lauer, Louis S. 1 ff., 240. Steenstrup S. 297. Vgl. oben S. 35.

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Ludwig IV., der in wenig späteren Quellen nach seinem Jugenda u f e n t h a l t Ultramarinus, der Überseeische, d. h. der Engländer, genannt wurde 1 ), war damals fünfzehn J a h r e alt, ein frischer, ritterlicher J ü n g ling, politisch natürlich ein unbeschriebenes Blatt. Durch ihn hoffte H u g o der Große seine eigenen Absichten am leichtesten zu verwirklichen. I n einer Urkunde vom 25. Dezember 936 berief sich der neue König auf den R a t seiner Getreuen, besonders auf den „seines sehr geliebten Hugo, des Herzogs der Franzier, der in allen unseren Reichen der zweite nach u n s ist" 2 ). Man fühlt sich in die Zeiten des letzten Merowingers und seiner karolingischen Hausmeier zurückversetzt 3 )! Das karolingische Blut Ludwigs gab bei dem Ereignis nicht den Ausschlag, aber es erleichterte die Einigung auf einen Außenseiter. Denn das war er damals gegenüber den im Vordergrunde der letzten P a r t e i k ä m p f e stehenden Herren. Genealogisch ist es ganz lehrreich, daß Ludwig und Heribert I I . beide im f ü n f t e n Gliede von Karl dem Großen a b s t a m m t e n , Heribert aber von dessen älterem Sohne Pippin von Italien, Ludwig von dem jüngeren Ludwig dem Frommen. Dem deutschen König H e i n r i c h war es nicht mehr vergönnt, die H a n d nach der höchsten Würde der Christenheit auszustrecken. I m Herbst des Jahres 935 erlitt er einen Schlaganfall in der Pfalz Bodfeld (sw. Elbingerode) im Harz 4 ). Da sein Zustand sich verschlimmerte, h a t t e er f ü r die Nachfolge im Reiche zu sorgen u n d empfahl auf einem sächsischen L a n d t a g zu E r f u r t (936) seinen und der Königin Mathilde ältesten Sohn Otto. Mathilde selbst h ä t t e den jüngeren Heinrich vorgezogen, f ü r den m a n anführte, daß er geboren wurde, als sein Vater schon König war 6 ). Sicher war das ein Gesichtspunkt, der zu manchen Zeiten und an manchen Höfen, besonders am oströmischen, eine Rolle gespielt hat 6 ), doch die Großen entschieden sich f ü r Otto. Von T h a n k m a r konnte wegen des Makels seiner Geburt ganz abgesehen werden 7 ). Am 2. Juli 936 verschied Heinrich, etwa 60 J a h r e alt, in Memleben (wsw. Merseburg) 8 ) nach einer nicht äußerlich glänzenden, aber innerlich überaus erfolgreichen Regierung. Als seine größte Leistung bezeichnet m a n mit Recht die Richtung, die er der deutschen Kolonisation nach Osten gab. Sein Wesen a t m e t e K r a f t und Gesundheit. Groß und stark gewachsen, ein leidenschaftlicher Jäger, Meister im Kampfspiel u n d wackerer Zecher, hielt er streng auf seine königliche Würde und vergab sich auch in heiterer Laune nichts. Feinere geistige Genüsse sagten seiner derben Art nicht zu, und es war ein Glück, d a ß er sich u m Krieg und Wirtschaft und nicht u m Wissenschaft oder K u n s t kümmerte 9 ). N u r ') Lauer, Louis S. 299. — 2 ) Recueil Louis S. 10. Lauer, Louis S. 16. — ) Cartellieri 1, S. 144. — *) Waitz, Heinrich S. 171. Regg. sächs. 51a. — ') Waitz, Heinrich S. 172. Regg. sächs. 52 a. Köpke S. 21 ff. Lintzel, Beschlüsse S. 37. — «) Rambaud S. 34. Ranke, Weltgesch. 6, 2, S. 144; 8, S. 630 ff. — ') Vgl. oben S. 13. — ") Waitz, Heinrich S. 174. Regg. sächs. 55 a, b. — ») Widukind 1, Kap. 41. Waitz, Heinrich S. U l f . Hauck 3, S. 21, 77. 3

C a r t e l l i e r i , Weltstellung.

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ungewöhnlich begabte Männer wie Karl der Große konnten beides vereinigen. Das erste aber ist f ü r den Fürsten in schwerer Zeit die T a t , nicht der Gedanke oder die Schau. Die unmittelbar vorhergehende karolingische Restauration in Frankreich m u ß t e bei der engen Verbindung der beiden Reiche im Osten starken Eindruck machen und die Befürchtung a u f k o m m e n lassen, d a ß der westliche Herrscher zum mindesten Lothringen als S t a m m l a n d seines Hauses u n d vielleicht sogar das ungeteilte fränkische Reich beanspruchte. O t t o war ja schon durch seinen Vater u n d die Fürsten e m p fohlen 1 ), aber das genügte nicht. Die Sachsen und die Franken entschieden sich abermals f ü r ihn und bestimmten Aachen als Ort der allgemeinen feierlichen Wahl. Damit erklärten sie unzweideutig, daß Lothringen zum deutschen Reiche gehöre und d a ß sie sich bewußt waren, einen Rechtsnachfolger Karls des Großen zu schaffen. Am 7. August 936 wurde Otto in der Vorhalle des Marienmünsters zu Aachen von Vertretern aller Stämme gewählt, vom Volke mit Zuruf begrüßt und vom Erzbischof Hildibert von Mainz gesalbt und gekrönt. Beim Krönungsmahl leisteten die vier anwesenden Herzöge, Giselbert von Lothringen, Eberhard von Franken, H e r m a n n I. von Schwaben und Arnolf von Bayern, die Ehrendienste, aus denen sich allmählich die Erzämter entwickelten 2 ). Otto I. war a m 23. Oktober 912 geboren, also jetzt fast 24 J a h r e alt. Von seinem Anteil an den Regierungsgeschäften oder den Kriegszügen verlautet bei Lebzeiten seines Vaters nichts. Die Art der beiden Männer war wesentlich verschieden 3 ), wie sich auch aus dem Vergleich der beiden Regierungen ergibt. Mit siebzehn J a h r e n zeugte Otto einen Sohn Wilhelm, den späteren Erzbischof von Mainz, dessen Mutter eine gefangene vornehme Slawin war. Dies Verhältnis war wohl der Grund, weshalb er gleich nachher 929 mit Edgitha, der Schwester des angelsächsischen Königs Äthelstan, verheiratet wurde 4 ). E r wurde damit der Schwager Karls des Einfältigen von Frankreich u n d Hugos des Großen von Franzien sowie der Oheim Ludwigs IV. 5 ). Zuerst bekam Otto mit den Slawen zu t u n . Der B ö h m e n h e r z o g Boleslaw I., der sich an der Ermordung seines Bruders, des hl. Wenzel, beteiligt hatte 6 ), wollte es nicht dulden, daß ein benachbarter Fürst, dessen Name nicht genannt wird, der aber vielleicht über die Chorwaten östlich der Iser gebot, sich an Deutschland anschloß, und überzog ihn mit Krieg. Der Fürst rief u m Hilfe. Otto schickte eine sächsische und eine thüringische Abteilung hin 7 ). Bei der sächsischen befanden sich die Vgl. oben S. 49. — 2 ) Köpke S. 23 ff. Regg. sächs. 55 g, h. Bresslau, Aufgaben S. 47. Hauck 3, S. 25 ff. Stutz, Erzbischof S. 11, 61. Krüger S. 48. Buchner, Königswahlen S. 4. — s ) Vgl. oben S. 49. — 4 ) Regg. sächs. 55 c, d. Köpke S. 6ff„ 11. Fischer, Verhältnis S. 26. Hauck 3, S. 22. Kirchner S. 10. Poole, Burg. Notes, EHR. 26, S. 313. — s ) Vgl. oben S. 35. Corbett S. 366. — «) Vgl. oben S. 35. — 7 ) Köpke S. 53. Regg. sächs. 57 a. Bretholz S. 103. Naegle 2, S. 331.

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Merseburger Militärkolonisten 1 ), u n d sie siegten, während die Thüringer geschlagen wurden. Der Befehlshaber der Sachsen, der Graf Asie, ließ es i n der Freude über seinen Erfolg an der nötigen Vorsicht fehlen, w u r d e von Boleslaw überrascht u n d mit seinen Truppen niedergemacht. Der Fürst konnte sich dann auch nicht mehr halten, seine Burg wurde w ü s t e gelegt (936). Boleslaw konnte sich vierzehn J a h r e lang im Kriege behaupten. I m September zog Otto gegen die stets unbotmäßigen u n d kampflustigen Redarier, die sich empört h a t t e n , und stellte den Grafen Herm a n n an die Spitze der königlichen Ministerialen. Das Ergebnis des kurzen Feldzuges war, d a ß der besiegte S t a m m Tribut zahlte 2 ). H e r m a n n s t a m m t e aus altsächsischem, vornehmem und reichem Geschlechte. Sein Vater hieß B i l l u n g oder Billing 3 ). E r war einer der hervorragendsten Mitarbeiter des Königs, überaus klug und geschäftsgew a n d t , t a p f e r und umsichtig. D a ß ihm, der rasch u n d hoch stieg, Neider seine Anmaßung vorwarfen, fällt nicht weiter auf. Die Ungarn, die durch ihren Kundschafterdienst immer ganz vortrefflich über alle Ereignisse in den Kulturländern unterrichtet waren, die ihnen Vorteil bringen konnten, brachen zu Anfang 937 in Bayern ein, „ u m die K r a f t des neuen Königs zu erproben", jagten durch Franken u n d Schwaben und wollten auch nach Sachsen, wurden aber von Otto verscheucht. Sie zogen es vor, in der Nähe von Worms den Rhein zu überschreiten und zunächst Lothringen heimzusuchen 4 ). Würde der neue französische König sich ihrer erwehren ? Die offenbare Abhängigkeit, in der Hugo der Große ihn hielt, wollte er nicht länger ertragen, er trennte sich von ihm und n a h m seine Mutter Edgiva, die England verlassen hatte, zu sich. Hugo der Große, der gleich erk a n n t e , was auf dem Spiele stand, schaltete seine ganze bisherige Politik u m u n d vertrug sich mit Heribert I I . von Vermandois, der dann gleich die vier J a h r e vorher an König Rudolf verlorene Burg Château-Thierry wieder in seine H a n d brachte 5 ). Die U n g a r n fanden infolge des Zwiespalts zwischen Königtum u n d F ü r s t e n t u m in Frankreich k a u m Widerstand. Sie konnten in der Erzdiözese Reims wüten, am 24. März 937 nach Sens gelangen u n d in Aquitanien einfallen. Es versteht sich von selbst, d a ß sie u m so weniger zahlreich wurden, je weiter sie sich von ihrer Heimat entfernten. Schließlich wurden sie kräftig abgewehrt u n d wichen nach Burgund aus. Das Bild ist überall dasselbe: schreckliche Leiden der Bevölkerung, Brand der Klöster, mühsame R e t t u n g der heiligen Reliquien, übernatürliche Bestrafung der Räuber. Untätig m u ß t e der König solchen Schimpf ertragen, weil die Fürsten ihn im Stich ließen u n d er allein kein Heer h a t t e . Vgl. oben S. 33. — 2 ) Köpke S. 55. Regg. sächs. 57 a. Artler S. 14. — s ) Köpke S. 570 ff. Woltereck S. 196, 205. — «) Widukind 2, Kap. 5. Köpke S. 58 ff. Regg. sächs. 63 b, c. Lattich S. 88 ff., 136. Lauer, Louis S. 20 ff. Poupardin, Bourgogne 63. — 5 ) Lauer, Louis S. 18 f. Vgl. oben S. 42. 4«

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Über die südwestlichen Alpenpässe gingen die Ungarn nach Süditalien. Wir hören von Verheerungen bei Capua, Benevent, Monte Cassino u n d anderen Orten. Es war ein bescheidener Trost, d a ß die Marser u n d Paeligner in den Abruzzen viele ihrer Peiniger totschlugen und ihnen ungeheure Beute abnahmen 1 ). Die Ungarnnot des Jahres 937 m u ß eine der allerschlimmsten gewesen sein, die das Abendland betroffen h a t . Wenn Herzog Hugo der Große, der Witwer geworden war, u m diese Zeit die u m 922 geborene Schwester Ottos I. Hadwid heiratete, so lag darin eine f ü r den karolingischen König von Frankreich gefährliche Verbindung seines mächtigsten Vasallen mit dem mächtigsten benachbarten Herrscher 2 ). Aber bald geriet dieser selbst in ähnliche Verlegenheiten, so daß man wohl von einem allgemeinen Ausbruch hochadeligen Freiheitsbewußtseins gegen monarchische Hauptgewalt sprechen kann. Den äußeren Anlaß mag der Hochmut der S a c h s e n gegeben haben, die unter einem sehr lebendigen, sehr hochstrebenden König wie Otto keinem Fremden mehr lehenspflichtig sein wollten. E b e r h a r d von Franken, der seine Rolle beim Regierungsantritt Heinrichs I. nicht vergaß 3 ), bestrafte den Ungehorsam eines sächsischen Vasallen h a r t . Dafür verurteilte Otto den Herzog zu einer hohen Geldbuße, die in Pferden zu entrichten war, und seine mitschuldigen Leute zum Hundetragen 4 ). E r glaubte, die Sache sei erledigt, als er sie alle im September 937 in Magdeburg gnädig entließ, und bedachte nicht, daß der Stachel der erlittenen K r ä n k u n g in Eberhard steckenblieb. Der Herzog besaß überdies wegen seiner Leutseligkeit, seines gewinnenden Wesens und seiner stets offenen H a n d auch unter den Sachsen viele Freunde. Man k a n n aber annehmen, d a ß die Bischöfe, die zahlreich in Magdeburg weilten, in Erinnerung an die Regierung Ludwigs des Kindes und Konrads I. gern die Gelegenheit benutzten, um den ihnen immer gefährlichen Laienadel zu demütigen. I m Norden wurde also das Herzogtum Franken schwierig, u n d im Süden k a m B a y e r n dazu. Am 14. Juli 937 starb Herzog Arnolf 5 ), und Otto war k a u m gewillt, dessen Söhnen die ihrem Vater von Hcinrich I. zugestandene Verfügung über die Bistümer 6 ) zu lassen. Unter F ü h r u n g des ältesten, Eberhard, verweigerten sie die Huldigung. Wenn Otto nicht gleich gegen Bayern vorging, so lag das einfach daran, daß er des sächsischen Adels nicht ganz sicher war. Nach dem Tode des erprobten Grafen Siegfried (Dezember 937 ?) verlieh er die erledigte Mark zwischen Saale und Elbe dem ausgezeichneten Grafen G e r o , dessen auf beiden Ufern der Bode ansässige Familie bis dahin Lüttich S. 136 f. — 2 ) Köpke S. 62, 16. Regg. sächs. 63 c. Lauer, Louis S. 27. Heil S. 24. Kawerau S. 46. — 3) Vgl. oben S. 8. — 4 ) Köpke S. 63. Regg. sächs. 69 a, b. Hauck 3, S. 28. — 5 ) Köpke S. 68. Regg. sächs. 69a. Riezler 1, 1, S. 526. — 4 ) Vgl. oben S. 14.

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nicht hervorgetreten war 1 ). Dieser sollte den äußerst wichtigen Grenzschutz gegen die Slawen leiten. Darüber erregte sich des Königs Halbbruder Thankmar, ein kühner Haudegen, der wegen seiner Verwandtschaft mit dem verstorbenen Siegfried um so bestimmter auf die Nachfolge gerechnet hatte, als ihm vorher sein mütterliches Erbgut entzogen worden war. Unwillig ertrug er die neue Zurücksetzung und sann auf Gewalt, um sich sein Recht zu schaffen 2 ). Auch die burgundischen Angelegenheiten zogen die Aufmerksamkeit Ottos auf sich, und mit ihnen waren die italienischen eng verknüpft. Beziehungen zu Ostrom, das immer noch ohne jede Rücksicht auf die Persönlichkeit der einzelnen Kaiser als unversiegbare Quelle der Legitimität galt, standen bei König Hugo wie bei Fürst Alberich II. auf der Tagesordnung 3 ). Der ältere Plan Marozias, eine ihrer Töchter mit einem Sohne Romanus' I. zu vermählen, war durch ihren Sturz vereitelt worden. Jetzt bemühte sich ihr Sohn Alberich II. selbst um die Hand einer kaiserlichen Prinzessin. Hugo arbeitete nach Kräften dagegen. Mit unverminderter Zähigkeit strebte er nach dem Besitz der Hauptstadt als Vorbedingung der Kaiserkrönung, und dabei konnte ihn eine oströmische Heirat Alberichs nur stören. Im Jahre 936, nach dem Monat Juli, versuchte er es zum dritten Male4), sich in R o m festzusetzen, aber sein Heer wurde durch Hunger und Pferdesterben geschwächt. Da schlug er Alberich, der in Konstantinopel für seine Heiratspläne kein Entgegenkommen gefunden hatte, vor, er wolle ihm seine Tochter erster Ehe, die wie ihre Mutter5) Alda hieß, vermählen und auf diese Weise mit ihm Freundschaft schließen. Der Fürst nahm die Königstochter gern zur Frau, dachte aber gar nicht daran, seinen nunmehrigen Schwiegervater in Rom einzulassen oder ihm auch nur Vertrauen zu schenken. Hugos eigene Leute wollten auch von einer wirklichen Versöhnung nichts wissen, weil sie bei Fortdauer der Feindschaft die Möglichkeit hatten, vor Nachstellungen ihres Herrn bei Alberich Schutz zu suchen6). Der Tod König Rudolfs II. von H o c h b u r g u n d am 11. oder 13. Juli 937 schuf eine neue Lage 7 ). Er hinterließ von seiner Gemahlin Bertha, Tochter Herzog Burkhards I. von Schwaben, zwei kleine Söhne, Konrad, seinen Nachfolger, und Rudolf, sowie eine Tochter Adelheid. Um zu verhindern, daß sich dort ein ihm gefährlicher Einfluß geltend machte, kam König Hugo selbst herbei und heiratete schon um Mitte Dezember in Collombier bei Morges (n. Genfer See) die verwitwete Königin. Seinen Köpke S. 69. Regg. sächs. 69 b. Brackmann, Ostpolitik S. 245. — s ) Köpke S. 73. Regg. sächs. 76 a. — ') Vgl. oben S. 43. — 4 ) Vgl. oben S. 38, 43. — 5 ) Vgl. oben S. 37. — «) Flodoard zu 936. Liudprand 4, Kap. 3. Sickel, Alberich S. 119, 120. Hartmann 3, 2, S. 219 f., 228. Amling S. 52, 59. Schiaparelli 5, S. 32, 36 mit der Zeit. — ') Köpke S. 110. Regg. sächs. 74a. Poupardin, Bourgogne S. 65 ff. de Manteyer S. 123, 136. Hartmann 3, 2, S. 201. Orton, Italy S. 346. Hofmeister, Burgund S. 66. Schiaparelli 5, S. 39. 53

eigenen Sohn aus seiner Ehe mit Alda 1 ) und seit 931 Mitregenten 2 ) Lothar verlobte er mit der etwa sechsjährigen Prinzessin Adelheid. Damit eröffnete er sich verschiedene Möglichkeiten, Hochburgund mit Italien zu vereinigen, und die neu geknüpften verwandtschaftlichen Beziehungen richteten sich also sowohl gegen Ludwig I V . als gegen Otto I . Der deutsche König traf sofort Gegenmaßregeln. Es gelang ihm, den Prinzen Konrad, der nicht viel über 10 J a h r e alt sein mochte, mit List an seinen Hof zu bringen und an seiner Stelle die Regierung zu führen 3 ). Dazu war er berechtigt, wenn man eine Lehensabhängigkeit Hochburgunds seit der Zeit Heinrichs I. annimmt 4 ). Die Erziehung des Vasallen am Hofe des Seniors entsprach durchaus der Sitte 5 ). Die Gefahr für Deutschland, von den Alpenpässen und damit von Italien abgeschnitten zu werden, darf nicht unterschätzt werden, und wir berühren hier einen Kernpunkt der italienischen Kaiserpolitik. Ottos nächste Aufgabe war die Unterwerfung Bayerns, aber ein erster Zug dahin zu Anfang 938 führte zu keinem Ergebnis 6 ). Dann gab es gleich wieder im Norden zu tun. Die wieder auflebende Fehde zwischen Herzog E b e r h a r d von F r a n k e n und seinem Lehensmann kostete viel Gut und Blut. Otto glaubte, auf einem Reichstag zu Steele (sö. Essen) im Mai 938 durch Milde die Ruhe wiederherzustellen, erreichte aber gerade das Gegenteil 7 ). Weil er schwach erschien, verschworen sich Eberhard, Thankmar und Wichmann I., der Bruder Hermann Billungs von Sachsen, gegen ihn. Thankmar sicherte sich in Ottos jüngerem Bruder, dem Prinzen Heinrich, eine wertvolle Geisel und gab ihn in die Gewalt Eberhards. Dann begann er von der Eresburg aus Raubzüge. Als dabei ein vornehmer Anhänger des Königs getötet wurde, empfand Wichmann Reue und trennte sich endgültig von den übrigen. Herzog Hermann I . von Schwaben blieb zuverlässig, obwohl er ein Vetter Eberhards von Franken war 8 ). Herzog Giselbert von Lothringen suchte einer klaren Parteinahme listig auszuweichen, weil er gleichzeitig darauf gefaßt sein mußte, daß er in die französischen Händel hineingezogen würde. Rascher, als man hätte denken können, erfüllte sich das Geschick Thankmars. Als er in der Eresburg von den Königlichen belagert wurde, öffneten die Einwohner die Tore, er suchte am Altare der Peterskirche Schutz, wurde hier aber am 28. Juli 938 kämpfend von hinten durchbohrt. Otto hatte das nicht gewollt, aber er durfte seine Leute nicht zur Rechenschaft ziehen. Thankmars Genossen wurden verstümmelt oder gehängt. Andere, die sich in der Burg Laer (w. Meschede) tapfer verteidigt hatten, ergaben sich 9 ). Durch den Tod seines Mitverschworenen und das Vgl. oben S. 37. — *) Hartmann 3, 2, S. 197. Schiaparelli 5, S. 23. — ») Köpke S. 111. Regg. sächs. 74a. Poupardin, Bourgogne S. 71. — *) Hofmeister, Lanze S. 59. Mommsen S. 48. Vgl. oben S. 30. — 5 ) Waitz, D. V. G. 6, S. 93. Luchaire, Manuel S. 203. — «) Köpke S. 71. Regg. sächs. 75a. Vgl. oben S. 216. — ' ) Köpke S. 72. Regg. sächs. 75b. Vgl. oben S. 52. — 8 ) Stälin 1, 1, S. 177. — ») Köpke S. 72 ff. Regg. sächs. 76b—d.

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Herannahen Ottos erschreckt, bat Eberhard den Prinzen Heinrich um Verzeihung und erhielt sie auch unter der Bedingung, daß er ihm zur Erlangung der Krone behilflich sein wolle. Wäre das gelungen, so würde der Frankenherzog zum Lohne den maßgebenden Einfluß im Reiche erlangt haben, ohne sich alle die Feindschaften zuzuziehen, die von dem Besitz der Krone unzertrennlich waren. Seine Stellung wäre der im Westen von Hugo dem Großen erstrebten ähnlich geworden. Prinz Heinrich war zwischen 919 und 922 geboren, damals höchstens 19 Jahre alt, ein schöner Jüngling, dem es leicht fiel, die Herzen der Menschen zu gewinnen1). Er verstand es, seinen brennenden Ehrgeiz unter liebenswürdigen Umgangsformen zu verbergen. Otto gewährte ihm im August 938 die erbetene Verzeihung ohne Arg, und auch Eberhard, den der Erzbischof Friedrich von Mainz beriet, kam mit einer Scheinverbannung davon 2 ). Man begreift es gut, daß L u d w i g IV. in seinem unruhigen Machtstreben die Wirren im Nachbarreich gern benutzte, um an den Rhein zu kommen. Damit erfüllte er ja nur gewissermaßen das Vermächtnis seiner westkarolingischen Vorgänger. Er brachte die Herrschaft Tusey (nö. Vaucouleurs) in seine Gewalt 3 ) und stieß sogar keck ins Elsaß vor. Am 24. August 938 weilte er in Breisach 4 ), d. h. Alt-Breisach auf einer Rheininsel, das in der Luftlinie 155 km von Tusey entfernt liegt. Damit brach er den Frieden mit dem Deutschen Reich und meldete seine Ansprüche auf Lothringen und die Rheingrenze an. Vom Standpunkt nüchterner Zweckmäßigkeit könnte man das tadeln, weil er im eigenen Lande ohnehin mehr als genug zu tun hatte, aber man erkennt doch auch hier wieder deutlich die Wucht der gesamtkarolingischen Überlieferung. Ludwig IV. rechnete damit, daß Otto durch einen neuen Ungarneinfall abgelenkt werden würde5). Der schlimme Feind streifte in diesem Jahre 938 durch Thüringen und Sachsen bis nach Westfalen hin, ohne daß er daran gehindert werden konnte. Wohl aber bewährten sich die dortigen Burgen trefflich, deren Besatzungen, z. B. die von Steterburg (sw. Braunschweig), glückliche Ausfälle machten und viele Feinde töteten. Sachsen blieb fortan verschont, und das bedeutete schon einen schönen Erfolg, an dem allerdings der König persönlich nicht beteiligt war. Dankbar mochte man der Maßnahmen seines Vaters gedenken6). Otto hatte Bayern nicht aus dem Auge verloren7). Im Herbst 938 unternahm er seinen zweiten Zug dorthin und griff diesmal kräftig durch. Herzog Arnolfs Sohn Eberhard, der am aufsässigsten war, mußte in die Verbannung gehen, seine Brüder wurden von der herzoglichen Würde ausgeschlossen, und diese erhielt Arnolfs Bruder Berthold, vorher Herzog von Kärnten. Die so wichtige Besetzung der Bistümer behielt sich der Köpke S. 12 f. — ») Köpke S. 75. Regg. sächs. 76 e. Norden, Friedrich v. Mainz S. 30. — s ) Lauer, Louis S. 28 ff. — «) Recueil Louis S. 21. Heil S. 29, 44. Kawerau S. 47. — 5 ) Köpke S. 77 f. Regg. sächs. 76 f. Lüttich S. 94 ff. — •) Vgl. oben S. 32 ff. — ') Vgl. oben S. 52, 54.

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König jetzt selbst vor und erhob wohl gleich in Salzburg den Erzbischof Herold. Der Vintschgau u n d das Engadin wurden von Bayern abgetrennt und mit Kurrätien vereinigt, jener wohl n u r vorübergehend, dieses f ü r immer. Die Markgrafschaft im Nordgau k a m jetzt an einen Grafen Berthold. I h n u n d seinen Bruder Liutpold, deren S t a m m b u r g Schweinfurt war, bezeichnet m a n als (jüngere) Babenberger, wenn auch ihr Zusammenhang mit dem älteren Geschlechte dieses Namens aus der Zeit Ludwigs des Kindes sehr zweifelhaft ist. Ein jüngerer Sohn Herzog Arnolfs gleichen Namens erhielt später doch Verzeihung und das A m t des Pfalzgrafen, worin eine weitere Schmälerung der Herzogsgewalt lag. Des Herzogs Tochter J u d i t h , eine durch Schönheit und hervorragende Klugheit ausgezeichnete Frau, wurde wahrscheinlich u m diese Zeit mit Ottos I. Bruder, dem Prinzen Heinrich, verheiratet 1 ). Von jugendlichem T a t e n d r a n g erfüllt, warf L u d w i g IV. von F r a n k reich nicht n u r begehrliche Blicke auf seine Ostgrenze, sondern wagte es auch, einen Vertrag, den er kurz zuvor mit Heribert I I . von Vermandois geschlossen h a t t e , zu brechen. U m nichts in der Welt wollte er seinen großen karolingischen Ahnen nachstehen. Heribert rächte sich d u r c h Plünderungen in der Erzdiözese Reims. Der König gedachte auch, d e m unwürdigen Zustand ein E n d e zu machen, d a ß in dem T u r m seiner H a u p t s t a d t Laon noch eine Besatzung Heriberts lag, und n a h m ihn ein, nachdem die Mauern durch zahlreiche Maschinen erschüttert worden waren (938). Das bedeutete einen schönen Erfolg. Stolz darauf, schloß er Freundschaft mit dem Bruder seines Vorgängers, Herzog Hugo d e m Schwarzen von Burgund 2 ). Heribert I I . fand leicht Bundesgenossen in Hugo dem Großen, der sich niemals aufrichtig mit dem König ausgesöhnt h a t t e , und in Giselbert von Lothringen. Gemeinsam eroberten sie die BurgPierrepont(nö. Laon) 3 ). Graf Arnolf I. von Flandern, durch seine Mutter E l f t r u d e ein Vetter der deutschen Königin Edgitha 4 ), erwirkte d a n n wohl E n d e Oktober 938 einen Waffenstillstand zugunsten des Königs u n d einen Austausch freundschaftlicher Erklärungen zwischen Ludwig IV. u n d Otto, der also vorläufig darauf verzichtete, wegen des Zuges nach Breisach Genugtuung zu fordern. Das französische Staatswesen schien sich in lauter einzelne Lehensstaaten aufzulösen. Der König selbst war weit weniger mächtig als die ihm dem Namen nach unterstehenden Vasallen und h a t t e vor ihnen nur seinen Titel und die daran g e k n ü p f t e religiöse Weihe voraus. *) Köpke S. 78 ff. Regg. sächs. 76 g. Doeberl, Markgrafschaft S. 8. Bresslau, Salzb. Ann. S. 62. Riezler 1, 1, S. 527. — 2 ) Lauer, Louis S. 30 ff. Zum Beinamen: Lot, Études S. 317 Anm. 3. Schneider, Artiii. S. 7, 89. Vgl. oben S. 48. — s ) Lauer, Louis S. 35 f. Urk. Ludwigs IV. vom 28. Okt. 938 für St. Martin zu Tours, dessen Abt Hugo der Große war, Ree. Louis, S. 25. Flach 4, S. 39, 46. — 4 ) Köpke S. 77.

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Doch sollten damit seine Nachfolger schließlich den vollen Sieg davontragen. Während in Deutschland alles friedlich geordnet schien, fiel Herzog Giselbert mit anderen lothringischen Großen von Otto ab und bot Ludwig IV. seine Huldigung an, der sie aber wegen erst kürzlich betonter guter Beziehungen zu Otto noch ablehnte (939) x ). Giselbert h a t t e seine hochfliegenden Pläne niemals aufgegeben und in den deutschen Wirren eine günstige Gelegenheit erkannt, u m sich selbständiger zu stellen. Sein letztes Ziel mag das deutsche Königtum 2 ), sonst ein Königreich Lothringen, wie es Zwentibold unter Kaiser Arnolf gehabt hatte 3 ), gewesen sein. E b e r h a r d von F r a n k e n war freigekommen, weil er einen Treueid geschworen h a t t e , u n d hielt sich vorläufig zurück 4 ). Aber m a n kann nicht d a r a n zweifeln, d a ß die F ä d e n der Verschwörung gegen Otto noch durch seine Hände liefen. P r i n z H e i n r i c h t r a t jetzt offen als Thronbewerber auf. Sein gewinnendes Wesen k a m ihm dabei sehr zustatten. I n Saalfeld veranstaltete er ein großes Gastmahl und gewann hier durch reiche Geschenke viele Anhänger 5 ). Seine thüringischen u n d sächsischen Burgen setzte er in Verteidigungszustand und ging selbst nach Lothringen, wohin sich der Mittelpunkt der Bewegung verschob 6 ). Otto wollte den Treubruch des Bruders erst gar nicht glauben, zog d a n n aber, als er nicht mehr daran zweifeln konnte, mit Heeresmacht nach dem Niederrhein. Seine Vorhut h a t t e den Fluß schon überschritten, als plötzlich Giselbert u n d Heinrich mit ihrem Aufgebot herankamen. Bei dem damaligen Birten (sö. X a n t e n ) am linken Rheinufer gelang es den Königlichen, mit Tapferkeit und List zugleich die Feinde in die Flucht zu schlagen und große Beute zu machen (etwa Anfang März 939). Unfähig einzugreifen, weil es ihnen an Schiffen fehlte, warfen sich Otto und seine Leute während des K a m p f e s am rechten Ufer auf die Knie u n d riefen Gottes Beistand an 7 ). Darin offenbart sich uns das Wesen des Königs, der sich in seinem hohen Streben als Vollstrecker höchster Weisungen fühlte. Einer seiner Anhänger sprengte in Sachsen die falsche Nachricht aus, d a ß Prinz Heinrich gefallen sei, und veranlaßte auf diese Weise die meisten Burgen zur Übergabe. Nach Merseburg gelangte Heinrich selbst noch rechtzeitig und verteidigte es fast zwei Monate lang, wohl im April und Mai. D a n n ergab er sich. E r erhielt nach einer Aussprache mit seinem Bruder, die aber zu keiner Aussöhnung f ü h r t e , einen dreißigtägigen Waffenstillstand und freien Abzug bewilligt 8 ). Es waren wohl die Grenzverhältnisse, die Otto veranlaßten, seinem Bruder günstigere Bedingungen zu gewähren, als er es verdiente. Von Magdeburg aus griff er Anfang J u n i 939 9 ) ein, ohne d a ß wir seine einFlodoard zu 939. — J ) Liudprand 4, Kap. 23. — 3 ) Cartellieri 1, S. 353. — ) Regg. sächs. 76i. — 6 ) Köpke S. 81 f. — «) Cont. Reginonis zu 939. — ') Köpke S. 82f. Regg. sächs. 761 mit der Zeit. Poole, Burg. Notes, EHR. 276, S. 300. — ') Köpke S. 85. Regg. sächs. 76 o. — ') Regg. sächs. 77.

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zelnen Maßnahmen unterscheiden könnten 1 ). Die Slawen h a t t e n sich die Spaltung in Deutschland zunutze gemacht und wieder geraubt, gebrannt und gemordet. Ihren Hauptfeind G e r o , dessen markgräfliche Befugnisse jetzt erweitert wurden, wollten sie überfallen u n d umbringen, Gero k a m ihnen aber zuvor und ließ etwa dreißig ihrer F ü r sten bei einem nächtlichen Gelage, schwer berauscht wie sie waren, abschlachten. Da erhoben sich mehrere Stämme, unter ihnen die Abodriten, und der König m u ß t e gegen sie ziehen. Es gelang ihm auch, sie fast zu vernichten. Aber, wie uns der sächsische Chronist 2 ) erzählt, zogen sie doch den Krieg dem Frieden vor, weil sie die teure Freiheit höher schätzten als alles Ungemach. Es sind das Worte, wie sie f r ü h e r dem wilden K a m p f e der Sachsen selbst gegen die Franken h ä t t e n zum Geleite gegeben werden können. Das von Heinrich I. gewonnene Brandenburg war wieder verlorengegangen, vielleicht während der letzten deutschen Wirren. Der in deutscher Gefangenschaft befindliche, dort erbberechtigte Hevellerhäuptling Tugumir ließ sich bestechen und lieferte die Burg mit der ganzen Umgebung aus. W a n n es geschah, läßt sich nicht ermitteln. Jedenfalls wurden von da an alle Slawen bis zur Oder tributpflichtig 3 ). Da mischte sich Ludwig IV. ein. Als Herzog Giselbert sich mit dem Grafen Otto von Verdun und anderen wieder 4 ) an ihn wandte, n a h m er ihre Huldigung an s ), d. h. also Lothringen wechselte wieder einmal den Herrn und ging zu Frankreich über. Gerade weil der hohe Adel noch ein mehr oder minder bewußtes Gefühl f ü r seine fränkische Zusammengehörigkeit besaß, t r u g er kein Bedenken, sich dort anzugliedern, wo der Staatskörper ihm am meisten Spielraum ließ. Die Bischöfe allerdings t a t e n nicht mit, weil ihre Geiseln noch in Ottos H ä n d e n waren. Otto eilte zum zweiten Male in diesem J a h r e nach Westen u n d belagerte im J u n i 939 Giselberts durch N a t u r und K u n s t feste Burg Chevremont (Ruinen bei Vaux-sous-Chevremont) südöstlich von Lüttich. Einnehmen konnte er sie aber nicht 6 ). Äthelstan 7 ) war Ottos Schwager. E r sandte aber eine Flotte an die flandrische Küste, u m Ludwig IV., seinem Neffen, zu helfen 8 ). Wahrscheinlich sollte sie den Grafen Arnolf I. von Flandern abhalten, sich dem Bunde der großen Vasallen gegen Ludwig anzuschließen. Sie erfüllte ihre Aufgabe aber gar nicht und kehrte bald wieder heim. Zusammen mit Hugo dem Großen, Heribert I I . von Vermandois u n d Wilhelm Langschwert von Normandie beschwor derselbe Arnolf einen Bündnisvertrag mit Otto, vielleicht vor Chevremont, u n d Otto ging über den >) Köpke S. 85. Regg. sächs. 77 c, 78 e. — ") Widukind 2, Kap. 20. — 3 ) Widukind 2, Kap. 21. Köpke S. 103. Regg. sächs. 78 e. Hauck 3, S. 102. — 4 ) Vgl. oben S. 57. — 6 ) Flodoard zu 939. Köpke S. 86. Regg. sächs. 77 a. Lauer, Louis S. 41 f. — •) Köpke S. 86. Regg. sächs. 77 b. — 7 ) Vgl. oben S. 50. — ') Lauer, Louis S. 42.

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R h e i n zurück 1 ). Es war ihm gelungen, den reichen und listigen niederlothringischen Grafen I m m o von dem Herzog abspenstig zu machen u n d ihn mit bestem Erfolg gegen diesen zu verwenden 2 ). Inzwischen h a t t e sich Ludwig IV. am 20. J u n i 939 bei Douzi (sö. Sedan) an der Chiers mit Herzog Hugo dem Schwarzen von Burgund getroffen 3 ), ließ sich dann in der Gegend von Verdun von lothringischen Bischöfen huldigen und vertrieb einige Anhänger Ottos aus dem Elsaß. Schon am 2. August weilte er wieder in Laon 4 ). Otto h a t t e sich n u r kurze Zeit in Sachsen aufgehalten, wo wir ihn am 11. September 939 in Werla 5 ), südlich von Wolfenbüttel, finden. E r m u ß t e baldigst nach dem Westen zurückkehren. Denn jetzt warf Herzog E b e r h a r d die Maske ab und ergriff offen P a r t e i f ü r die Feinde seines Königs. E r wollte selbst an dessen Stelle t r e t e n , und man erzählte sich, er habe seiner Gattin gesagt, sie werde n u n bald in den Armen eines Königs ruhen 6 ). Den Prinzen Heinrich gedachte er schon beiseite zu schieben. So gab es drei Bewerber u m Ottos K r o n e : Heinrich, Eberhard u n d Giselbert! E b e r h a r d h a t t e Breisach stark besetzen lassen, u m von dort aus das obere Elsaß zu beherrschen 7 ). W e n n m a n sich daran erinnert, d a ß hier im J a h r e vorher Ludwig IV. a u f g e t a u c h t war 8 ), wird es wahrscheinlich, daß die S t a d t aus irgendeinem uns unbekannten Grunde dem sächsischen K ö n i g t u m heftig widerstrebte. Otto begann die Belagerung, ließ aber gleichzeitig durch den Erzbischof Friedrich von Mainz, dessen friedfertige Gesinnung b e k a n n t war, Verhandlungen mit Eberhard anknüpfen, der sich zu Giselbert begeben h a t t e . Sie scheiterten. Otto warf dem Erzbischof vor, er habe seine Vollm a c h t e n überschritten. Der Erzbischof fühlte sich an den Eid gebunden, den er voreilig geleistet h a t t e , u n d floh mit anderen Bischöfen zusammen heimlich aus dem königlichen Lager 9 ). Den äußeren Anlaß bot ihnen, daß Eberhard und Giselbert bei Andernach auf das rechte Rheinufer gegangen waren, u m jenseits zu plündern. Später wollten sie von Metz aus mit Prinz Heinrich u n d allen ihren Anhängern einen gemeinsamen Angriff unternehmen 1 0 ). I n Ottos Umgebung war m a n nahe daran zu verzweifeln, und m a n sprach schon davon, daß es mit dem sächsischen Königtum zu Ende sei 11 ), was doch nur bedeuten konnte, d a ß die Wahl Eberhards und die Rückkehr zum fränkischen S t a m m nicht unmöglich erschienen. Otto selbst bewies eine bewunderungswürdige Standhaftigkeit. E r wagte es, mit n u r geringen Streitkräften vor Breisach zu bleiben, und schickte andere u n t e r dem i h m ganz ergebenen Herzog H e r m a n n I. von Schwaben rheinabwärts. Flodoard zu 939. — ») Widukind 2, Kap. 23. Köpke S. 87. — s ) Recueil Louis S. 30. Lauer, Louis S. 43. — 4 ) Recueil Louis S. 33. — c ) Regg. sächs. 78. — «) Liudprand 4, Kap. 23. — ') Köpke S. 88. Regg. sächs. 78 a, b. Lauer, Louis 45. Wipo, Einl. S. XXXIV Anm. 3. — «) Vgl. oben S. 55. — •) Norden, Friedrich von Mainz, S. 32 ff. — l 0 ) Liudprand 4, Kap. 32. — " ) Widukind 2, Kap. 24.

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Aber sie wurden gar nicht mehr benötigt. Denn Eberhards eigene Vettern, die Grafen Konrad, genannt Kurzbold vom Niederlahngau, u n d Udo I. von der Wetterau und vom Rheingau, h a t t e n sich den Herzögen mutig entgegengestellt 1 ). Diese ließen ihre reiche Beute jenseits des Rheines in Sicherheit bringen, tafelten aber noch a m rechten Ufer. Hier wurden sie a m 2. Oktober 939 gegenüber von Andernach überrascht, wehrten sich nach K r ä f t e n , erlagen aber mit ihrer Nachhut der Übermacht. Eberhard fiel, Giselbert ertrank auf der Flucht 2 ). K a u m war das Ereignis in Breisach bekannt, als die Besatzung sich ergab. Ottos Sieg war entschieden, u n d er selbst h a t t e wesentlichen Anteil daran. Der Erzbischof von Mainz f a n d keine Aufnahme in seiner S t a d t und wurde in Fulda gefangen gesetzt. Prinz Heinrich suchte erst bei seiner Schwester Gerberga, der Witwe Giselberts, eine Zuflucht, wurde aber abgewiesen und unterwarf sich Otto. Ludwig IV. k a m zwar nach Lothringen und heiratete die eben verwitwete, etwa sieben J a h r e ältere Gerberga noch vor Ende des Jahres, konnte es aber nicht verhindern, d a ß Otto das Herzogtum schließlich in seine Gewalt brachte 3 ). G e r b e r g a war eine ungewöhnlich kluge und politisch tätige F r a u . Sie h a t t e aus ihrer Ehe mit Giselbert einen kleinen Sohn Heinrich, der aber in der Gewalt Ottos war. Wenn sie sich so rasch wieder vermählte, so bewies das doch, d a ß sie unter allen Umständen als Königin eine Rolle spielen wollte. Ludwig IV. wieder glaubte, auf diese Weise Hugo dem Großen die Wage zu halten, dessen Ehe mit Hadwid, der anderen Schwester Ottos, erwähnt wurde 4 ), und gleichzeitig seine Ansprüche auf Lothringen zu betonen. Jedenfalls h a t t e Otto von französischer Seite vorläufig nichts zu fürchten. Hugo der Große und Heribert I I . suchten ihn noch vor Ablauf des Jahres 939 auf 5 ). Wie zur Zeit Karls des Einfältigen, so entschieden auch jetzt wieder die großen französischen Vasallen das Schicksal Lothringens zugunsten Deutschlands 6 ). Ludwig IV. fand zu Anfang 940 ein Gegengewicht gegen seine mit Otto I. verbündeten Barone bei Wilhelm Langschwert von Normandie, der durch die Bretonen im Jahre vorher bei Trans (sö. Saint Malo) eine Niederlage erlitten h a t t e und sich deshalb unsicher fühlte. Wilhelm huldigte u n d ließ sich die Abtretung Karls des Einfältigen von 911 bestätigen 7 ). Mit Herzog Hugo dem Schwarzen von Burgund stand der König weiter gut u n d verfügte auf dessen Bitte a m 14. Februar 940 über die Abteien Faverney (nw. Vesoul) u n d Enfonvelle (Kt. Bourbonne») Köpke S. 73. Stammtafel bei Stalin, Wirt. Gesch. 1, S. 416. — 2 ) Köpke S. 91. Regg. sächs. 78 b. Depoin, Mort mit dem Datum. — 3 ) Flodoard zu 939. Köpke S. 94. Regg. sächs. 78 d. Lauer, Louis S. 48. Heil S. 52. — ) Vgl. oben S. 91. — ») Vgl. oben S. 93. — 3 ) Köpke S. 241, 250. Regg. sächg. 240a, d. Artler S. 15. — 4 ) Köpke S. 252. Regg. sächs. 240d—i. Lüttich S. 150. Hampe, Neuere Forsch. Sp. 2583. Wallner. Delbrück 3, S. 114. Oman 2, S. 123. Riezler 1, 1, S. 546. Erben, Kriegsgesch., S. 116.

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Erfahrungen 1 ) auch bedroht werden konnte. Da es außerdem zweifelhaft schien, ob Liudolf, der noch heftig zürnte, sich ruhig halten würde, begütigte er ihn und machte ihm sogar Aussichten auf die Wiedereinsetzung in seine frühere Stellung. Wahrscheinlich handelte es sich dabei um Italien. Mit besserem Erfolge, als er erst gefürchtet hatte, konnte Otto in der Gegend östlich von Ulm Franken, Bayern, Schwaben und unter ihrem Herzog Boleslaw I. auch Böhmen zusammenbringen. Die U n g a r n , die genau wußten, daß es in den Städten am meisten zu holen gab, hatten inzwischen die Belagerung von Augsburg, das auf dem linken Ufer des Lech liegt, mit aller Kraft betrieben, und es war für den wackeren Bischof Udalrich keine kleine Aufgabe gewesen, die schwachen Befestigungen instand zu halten und seine Leute zu Höchstleistungen anzuspornen. Da verriet Berthold, der Sohn des Pfalzgrafen Arnolf 2 ), aus Rache für seine Verbannung den Angreifern das Nahen des deutschen Heeres. Sie ließen von der Stadt ab und entschlossen sich, ihm entgegenzugehen, da ihnen, wenn sie im Felde siegten, die Stadt doch zufallen würde. Udalrich aber schickte seine entbehrliche Mannschaft zum deutschen Heere. Am 10. August 955 kam es zu der vielerörterten Schlacht auf dem L e c h f e l d e . Eine ungarische Schar überfiel zunächst die Nachhut des von Westen herankommenden deutschen Heeres und plünderte das Gepäck, dessen Schutz den Böhmen anvertraut war. Otto schickte Konrad den Roten, der vor Kampfeseifer brannte, zurück, und diesem gelang es auch, den Feinden ihre Beute abzujagen und die Ordnung herzustellen. Mit Absicht wählte Otto für seinen weiteren Anmarsch schlechte, durch Buschwald verdeckte Wege, um dem immer so gefährlichen Pfeilregen der Ungarn zu entgehen. Bald nachdem Konrad wieder bei ihm eingetroffen war, erfolgte der Zusammenstoß mit der Hauptmasse der Feinde, die aus ihrem Lager auf dem rechten Ufer des Lech am Gunzenlee auf das linke hinübergekommen waren. Der Gunzenlee ist ein auch sonst öfters erwähnter uralter Dinghügel 6 km oberhalb (südlich) von Augsburg, den später der Fluß weggerissen hat. Den geschlossenen Reitermassen der Deutschen vermochten die Ungarn natürlich nicht zu widerstehen, und bald flohen sie eiligst an Augsburg vorüber zum Lech. Viele wurden niedergemacht, viele ertranken auch. Aber ein ungarischer Pfeil hatte Konrad den Roten getötet, den unvergleichlichen Krieger und allgemein beliebten Führer, als er in der Hitze des Gefechtes seinen Panzer lüftete. Die Bedeutung des Ereignisses ist schon den Zeitgenossen völlig klar geworden. Von da an hörten die Einfälle der wilden Räuber in Deutschland auf. E s war das hervorragende Verdienst Ottos und seiner Krieger, daß ihnen nicht etwa ein Grenzland zur Besiedelung überlassen J

) Vgl. oben S. 51. — 2 ) Vgl. oben S. 92.

C a r t e l l i e r i , Weltstellung.

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zu werden brauchte, wie es 911 in Westfranken mit den Normannen geschehen war 1 ), sondern daß gerade die Deutschen bald wieder nach Osten vorwärtsgehen konnten. Wenn Widukind 2 ) von Otto sagte, daß seit 200 J a h r e n kein König sich eines solchen Sieges erfreut habe, so dachte er wohl an K a r l Martell und Tours u n d Poitiers 3 ). Wie damals der f r ä n kische Hausmeier, so stand jetzt auch der König aus sächsischem Stamme als Schutzherr der christlich-abendländischen Gesittung imVordergrunde, und es sollte nicht lange dauern, bis das auch in seiner äußeren Rangstellung zum Ausdruck kam. Ähnlich wie von Heinrich I. nach der Schlacht bei Riade 4 ) erzählt auch hier derselbe Widukind 5 ), d a ß der König Otto von seinem jubelnden Heere „Vater des Vaterlandes u n d Kaiser" genannt worden sei. Es genügt, an das dort Gesagte zu erinnern. Der Beiname des Großen, der neben Karl dem Großen ihm allein unter den Kaisern des alten Reiches zuteil geworden ist, k a m von jetzt an in Aufnahme 6 ). Der S l a w e n k r i e g h a t t e während des Ungarneinfalls nicht geruht, sondern sogar zu einer bösen Schlappe der Sachsen an u n b e k a n n t e m Orte geführt. Die Stämme zwischen der unteren Elbe und der Ostsee, unter ihnen die Abodriten, erhoben sich. Tribut zu zahlen, waren sie nach wie vor bereit, aber im übrigen wollten sie unabhängig bleiben. Genugtuung und Schadenersatz, wie es der König verlangte, lehnten sie ab. Als es dann zur Waffenentscheidung kam, ließen sie ihn listig tief in ihr Land eindringen und versperrten ihm erst am Flusse Raxa, wie m a n meist a n n i m m t der Recknitz in Mecklenburg, durch Verhaue den Weg. I m Angesichte des feindlichen Heeres, an dessen Spitze ein Fürst Stoinef stand, geriet Otto in mißliche Lage. Der Sümpfe wegen konnte er nicht vorwärts, u n d bald litt sein Heer unter Krankheiten und Nahrungsmangel. Da brachte Geros erfinderischer Geist Rettung. In einer Unterredung forderte er Stoinef zum K a m p f e am nächsten Tage, dem 16. Oktober 955, heraus und veranlaßte Otto, das Heer so aufzustellen, als sollte der Übergang über die Recknitz erzwungen werden. Inzwischen gelang es ihm, ohne Vorwissen des Feindes unterhalb drei Brücken zu schlagen. Die deutschen Ritter waren rasch zur Stelle und trafen jenseits des Flusses das slawische Fußvolk, das zu spät herbeigeeilt und durch den hastigen Anmarsch erschöpft war. Ohne Mühe schlugen sie es in die Flucht, auch Stoinef, der Reiter bei sich h a t t e , verlor den Mut und machte sich davon, wurde aber eingeholt und erschlagen, sein Kopf im Lager aufgespießt, sein Berater verstümmelt. Erbarmungslos wüteten die Deutschen unter den Besiegten, die f ü r ihre Freiheit h a t t e n kämpfen wollen. Siebenhundert Gefangene m u ß t e n d a f ü r mit dem Leben büßen 7 ). Über die Folgen des Cartellieri 1, S. 373. — 2 ) Widukind 3, Kap. 49. — s ) Cartellieri 1, S. 123. — 4 ) Vgl. oben S. 40. — ') Widukind 3, Kap. 49. Hardegen S. 55. Bresslau, Aufgaben S. 36. Hofmeister, Burgund S. 107. Stengel, Kaiser S. 18, 67. Pfeil S. 185. Schramm, Renov. 1, S. 81. — «) Köpke S. 263, 522. Vgl. unten S. 109. — ') Köpke S. 264. Regg. sächs. 240 k—m. Artler S. 16.

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Ereignisses, das an die Sachsenkriege Karls des Großen erinnert, läßt sich nur vermuten, d a ß die Grenzen der deutschen Herrschaft weiter vorgeschoben wurden. Wenn bald nachher, a m 1. November 955, Prinz H e i n r i c h , der Herzog von Bayern, starb 1 ), so konnte zwar seine Mutter, die KöniginWitwe Mathilde, ihren tiefen Schmerz k a u m überwinden, aber sonst scheint die Trauer u m ihn nicht sehr allgemein gewesen zu sein. Mathilde h a t t e ihn durch ihre maßlose Liebe auf eine falsche Bahn gebracht und mittelbar dazu v e r f ü h r t , Otto den Thron erst auf jede Weise streitig zu machen u n d ihn später wenigstens zugunsten seiner persönlichen Pläne zu beeinflussen. E r t r u g die Hauptschuld an der Erhebung Liudolfs u n d Konrads des Roten, und sein Tod erleichterte die endgültige Aussöhnung mit jenem. Auch in Frankreich milderte der Tod die Gegensätze. In dem Augenblick, da Herzog H u g o d e r G r o ß e den H ö h e p u n k t seiner Machtstellung erreicht h a t t e , starb er a m 16. oder 17. J u n i 956. Der Annalist von Fleuri-sur-Loire n a n n t e ihn „den großen Fürsten der Franzier, Burgunder, Bretonen u n d Normannen" 2 ). Sein Schicksal lag darin, daß er die freie E n t f a l t u n g des Königtums immer hemmte, aber den Entschluß nicht fassen konnte, sich selbst die Krone aufzusetzen. E r hinterließ zwei Töchter u n d drei noch minderjährige Söhne. Der älteste hieß auch Hugo und bekam viel später den Beinamen K a p e t , d. h. Träger eines kleinen Mantels, einer cappa3). H a t t e das karolingische Haus im Westen bisher viele Unglücksfälle, zuletzt den vorzeitigen Tod Ludwigs IV., zu verzeichnen gehabt, so verschaffte ihm jetzt der Tod Hugos des Großen eine Verlängerung seines so schwer gefährdeten Daseins u m ein Menschenalter. Lothar war seiner Jugend wegen 4 ) gar nicht in der Lage, selbständig hervorzutreten, und konnte sich deshalb auch nicht auf Abenteuer einlassen. Frankreich wurde während der nächsten J a h r e durch einen Familienrat regiert, den Prinz B r u n von Köln aus leitete. Seine Schwestern Gerbergaund Hadwid gehörten dazu, u n d in der großen Politik wurden die Weisungen Ottos befolgt. Hauptsächlich sollte dem Volke der Frieden erhalten werden. Da Graf Reginar I I I . Langhals von Hennegau, früher ein willkommener Bundesgenosse Bruns gegen K o n r a d den Roten 5 ), sich am W i t t u m Gerbergas, das ihr seinerzeit Herzog Giselbert gewährt h a t t e , und an Kirchengut vergriff, bemächtigte sich 957 B r u n seiner, u n d Otto bestrafte ihn mit ewiger Verbannung, in der er starb 6 ). Die Lothringer, und namentlich die westlichen, galten damals f ü r ganz besonders aufsässig, und es bedurfte großer Klugheit und zugleich Köpke S. 267. Regg. sächs. 240 n. Riezler 1, 1, S. 542. — 2 ) Ann. Floriacenses, SS. 2, S. 255. Köpke S. 283. Regg. sächs. 248a. Lot, Derniers S. 16. Schoene S. 37. — s ) Lot, Etudes S. 304, 315, 320. — *) Vgl. oben S. 62. — 6 ) Vgl. oben S. 89. — •) Köpke S. 284, 293, 296. Regg. sächs. 248 a, 254 a, 260 a. Lot, Derniers S. 19f., Parisot, Origines S. 67. 7*

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großer K r a f t , um unter ihnen die Ordnung aufrechtzuerhalten 1 ). Prinz Brun bewährte sich dabei ausgezeichnet. Ottos Name war auch in ferneren Landen geachtet und gefürchtet. Schon 950 h a t t e der Chalif A b d e r r a c h m a n III. 2 ) (912—961) von Cordova, ein ausgezeichneter Herrscher, ihm Gesandte mit reichen Geschenken geschickt 3 ). Da aber in ihrem Beglaubigungsschreiben die christliche Religion geschmäht wurde, m u ß t e n sie drei J a h r e in Deutschland bleiben. Vielleicht traf dann irgendeine aufklärende Botschaft ein. Jedenfalls ging im Sommer 953 der Mönch J o h a n n aus dem lothringischen Kloster Gorze (sw. Metz) im A u f t r a g Ottos an den spanischen Hof 4 ). Hier ergaben sich neue Schwierigkeiten. Denn diesmal wurde in dem königlichen Beglaubigungsschreiben der Islam schlecht gemacht, so daß sich der Chalif weigerte, es entgegenzunehmen. Seinem Gesandten, dem gelehrten Bischof Recemund von Elvira (Granada), der im Februar 962 von Otto empfangen wurde, gelang es zu vermitteln. Der K a u f m a n n Dudo aus Verdun, der ihn zurückbegleitete, bekam ein neues, schonender abgefaßtes Schreiben mit und sollte gleichzeitig den Chalifen für die Unterdrückung der sarazenischen Raubzüge von Fraxinetum aus gewinnen. I m Juli konnte Dudo Gehör erhalten u n d fand auch eine sehr gnädige Aufnahme, aber in Fraxinetum änderte sich nichts 5 ). Wahrscheinlich h a t t e der Chalif jeden Einfluß auf die dortigen Banden verloren. Der ganze Vorgang wirft ein bezeichnendes Licht auf die damaligen diplomatischen Bräuche und zeigt, daß die religiösen Unterschiede gelegentlich politischen Anknüpfungen im Wege standen. Die Hauptsache ist, daß Abderrachman Wert darauf legte, mit Otto gut zu stehen. Man wird sich das am besten damit erklären, daß die Erinnerung an den Heereszug Karls des Großen 6 ) nicht ganz erloschen war, daß man der deutschen Kriegstüchtigkeit alles zutraute und daß von den afrikanischen Fatimiden her für Cordova immer Gefahr drohte. Schon lenkten die italienischen Verhältnisse Ottos Aufmerksamkeit auf sich. I m Dezember 955 starb P a p s t Agapit II. 7 ), und damit t r a t der von Fürst Alberich I I . vorgesehene Fall ein 8 ): Alberichs Sohn Oktavian, der jetzt etwa 20 J a h r e alt sein mochte 9 ), bekam zu der ererbten weltlichen Macht die höchste geistliche Würde dazu. Er n a n n t e sich J o h a n n X I I . Geistlich zu leben, h a t t e er gar keine Neigung, er frönte seiner Leidenschaft f ü r J a g d und sinnliche Freuden jeder Art. Unerfreulich gestalteten sich auch die Verhältnisse in Oberitalien. Berengar h a t t e seit seiner Belehnung im J a h r e 952 sich noch unbeliebter !) Ruotger, Kap. 37. Widukind 2, Kap. 36. — 2 ) Ballesteros 2, S. 45 ff. — ) Köpke S. 279. Regg. sächs. 190 b. Poupardin, Bourgogne S. 94. Ballesteros 2, S. 45. — *) Regg. sächs. 231b. — 5 ) Köpke S. 280. Regg. sächs. 241a. — 6 ) Cartellieri 1, S. 195. — ') Köpke S. 272, 315. Gregorovius 3, S. 317. Hauck 3, S. 220. Hartmann 3, 2, S. 255. Hampe, Mittelalt. G. S. 62. — 8 ) Vgl. oben S. 94. - ") Sickel, Alberich S. 105, Anm. 1. 3

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gemacht als vorher, und die Königin Willa trug erheblich dazu bei, die Stimmung gegen beide zu erregen 1 ). Habsucht und Grausamkeit wurden ihnen vor allem vorgeworfen, und die lautesten Klagen kamen von den Bischöfen. Sowohl die Nachrichten aus Rom als die aus Pavia mußten in Deutschland einen neuen Zug über die Alpen ratsam und erfolgreich erscheinen lassen. Da Prinz Heinrich tot war, stand der Entsendung Liudolfs nichts mehr im Wege, Prinz Brun verwandte sich für ihn, und so konnte L i u d o l f diesmal im Einverständnis mit seinem Vater dieFahrt über Berg im Frühherbst 956 antreten. Wieder lichtete der Abfall rasch die Reihen der Anhänger Berengars, er mußte Pavia räumen, und sein Sohn Adalbert wurde 957 geschlagen. Liudolf machte reiche Beute und gebot wenigstens dem Namen nach fast über das ganze Reich, hatte auch gute Aussicht, es für sich zu bekommen. Wahrscheinlich sollte das alles in Deutschland geregelt werden. Er schickte die erbeuteten Schätze und seine Truppen nach Norden voraus und folgte ihnen dann selbst. Da erlag er am 6. September 957 zu Pombia (n. Oleggio, Prov. Novara), nur 27 Jahre alt, 2 ) einer tückischen Krankheit. Er wurde überall aufrichtig betrauert, und Liudprand schrieb 3 ): ,,0, wäre er niemals geboren worden oder nicht so vorzeitig gestorben!" Durch seinen Aufstand hatte er seinerzeit schwer gefehlt, aber man darf auch die giftige Feindschaft seines Oheims, des Prinzen Heinrich, nicht gering anschlagen. Für das deutsche Reich würde er als König von Italien eine große Gefahr bedeutet haben, wenn gleichzeitig ein Sohn Adelheids deutscher König und Anwärter auf die Kaiserkrone gewesen wäre. Hätten sich die Halbbrüder dann vertragen ? Warnend stand am Eingang der karolingischen Geschichte die Spannung zwischen Karl dem Großen und Karlmann 4 ). Liudolfs Herrschaft zerrann ebenso rasch, wie sie gewonnen worden war. Berengar und Willa rächten sich, wie das wohl zu begreifen ist, an ihren Feinden, und von den ihnen verdächtigen Bischöfen suchten einige am deutschen Hofe Schutz. Otto ließ die Dinge vorläufig gehen, da er die neuen Wirren im Westen beachten mußte. Im November 958 brach ein heftiger Streit zwischen L o t h a r von Frankreich und dessen robertingischen Vettern wegen burgundischer Angelegenheiten aus. Prinz Brun eilte nach Burgund und bemühte sich, den Frieden wieder herzustellen, erreichte aber seinen Zweck nicht, obwohl auch seine Schwestern Gerberga und Hadwid anwesend waren. Zu Anfang 959 machte er einen zweiten Versuch in Compiegne und vereinbarte wenigstens eine Waffenruhe 5 ). Köpke S. 209. Regg. sächs. 252a. Hartmann 3, 2, S. 252. — 2 ) Köpke S. 313. Regg. sächs. 246 a, 252 a, 254 c. Fischer, Verhältnis S. 123. Hartmann 3, 2, S. 254. — s ) Liudprand 4, Kap. 17. — 4 ) Cartellieri 1, S. 148, 181. — ») Köpke S. 299. Lot, Derniers S. 25. Schoene S. 45.

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Wie sehr Lothar und seine Mutter auf Bruns Hilfe bauten, ergibt sich daraus, d a ß der junge König seinen Oheim zu Ostern (3. April) in Köln aufsuchte. B r u n benutzte die Gelegenheit, sich von ihm den Besitz Lothringens verbürgen zu lassen 1 ). Das war, wie m a n annehmen k a n n , die Voraussetzung f ü r jedes weitere Eingreifen zugunsten des Königtums in Frankreich, u n d m a n erkennt hier wieder die gerade Linie der deutschen Politik: das Grenzland sollte u n a n t a s t b a r , abgesehen davon aber Frankreich in Einheit stark sein. Vielleicht wußte m a n in Köln schon von dem bevorstehenden Aufstand und traf deshalb Vorsichtsmaßregeln. Unter F ü h r u n g des durch seine Verschlagenheit bekannten Grafen Immo 2 ), der früher Bruns R a t geber gewesen war, erhoben sich adelige Herren, weil sie den Befehl, ihre Burgen niederzulegen, nicht ausführen wollten. Bei der Unsicherheit im Lande sieht m a n aber leicht ein, d a ß auf andere Weise dem ewigen Räuberunwesen kein Einhalt geboten werden konnte. Eine französische Einmischung brauchte Brun d a n k seiner weisen Voraussicht nicht zu fürchten. E r stellte die Ruhe wieder her, erkannte aber, daß er allein den schwierigen Verhältnissen nicht gewachsen sei. Um zu vermeiden, daß in unruhigen Zeiten Lothringen wieder einmal nach dem Westen neigte, suchte er es ganz in Übereinstimmung mit der Politik seines Bruders, der schon vorher das Elsaß mit Schwaben verbunden hatte 3 ), zu schwächen. E r zerlegte es deshalb 959 in zwei Herzogtümer, O b e r l o t h r i n g e n und N i e d e r l o t h r i n g e n . Jenes, auch das mosellanische Lothringen genannt, u m f a ß t e im wesentlichen die Kirchenprovinz Trier westlich des Rheins und einige Gaue der Kirchenprovinz Reims; dieses die Kirchenprovinz Köln. Die Grenze war dieselbe wie zwischen den römischen Provinzen Germania superior u n d inferior. Sie lief vom Rhein nördlich Andernach nach Westen, nördlich von P r ü m vorbei, dann sw. bis zur Mündung des Semoy in die Maas u n d schied das ripuarische vom moselfränkischen Sprachgebiet. Herzog von Oberlothringen wurde der Graf Friedrich aus altangesehener u n d reichbegüterter Familie, der mit Bruns eigener Nichte Beatrix, der Schwester Hugo Kapets, verheiratet war. Man erinnert sich seines Burgenbaus in Fains 4 ). Herzog von Niederlothringen wurde wahrscheinlich zu derselben Zeit Gottfried I., dessen frühere Grafschaften nicht feststehen. Eine gewisse Oberaufsicht über das ganze Land behielt sich Prinz Brun vor 5 ). Lothar handelte sicher klug, wenn er seine Absichten auf Lothringen vorläufig zurückstellte und die Hilfe des Prinzen Brun zur Bekämpfung der Großen im eigenen Lande ausnutzte. Sowohl im Herbst 959 als 960 h a t t e er mit dem Grafen Robert von Troyes zu kämpfen, der die Feindschaft seines Vaters Heribert I I . von Vermandois gegen die K r o n e fortKöpke S. 300. Regg. sächs. 274 a. Lot, Derniers. S. 26. Schoene S. 48. — ) Vgl. oben S. 59. — 3 ) Parisot, Origines S. 121. — 4 ) Vgl. oben S. 78. — 5 ) Köpke S. 300. Regg. s&chs. 274 a. Parisot, Origines S. 65, 74 u. sonst, mit der Karte. Hansen S. 13. Schoene S. 49. J

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zusetzen schien und sich des Herzogtums Burgund bemächtigen wollte. Beidemal f ü h r t e Brun seinem Neffen Truppen zu und brachte Robert im Oktober 960 auch zur Unterwerfung. Außerdem stiftete er Frieden zwischen Lothar und den Söhnen Hugos des Großen, Hugo K a p e t u n d Otto. Hugo wurde als Herzog der Franzier anerkannt und außerdem mit Poitou ausgestattet, Otto bekam das Herzogtum Burgund. Wie es scheint, behielt sich Lothar Dijon vor und legte Ende des Jahres eine Garnison hinein. Alles in allem war es Prinz Brun, der Frankreich davor bewahrte, ein Spielball der Großen zu werden, u n d trotzdem konnte sich Lothar n u r schwer behaupten 1 ). *) Köpke S. 307. Regg. sächs. 174 a, 289 d. Lot, Derniers S. 27, 33. Schoene S. 53

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NEUNTES KAPITEL.

DIE KAISERKRÖNUNG OTTOS I. (962.) Ein. Angriff von Norden, den Alberich II. immer mit so großem Geschick abgewendet hatte, schien 960 Johann XII. zu treffen. Infolge von inneritalienischen Fehden, deren Zeit und Veranlassung sich kaum sicher aufhellen lassen, plünderte Berengars Sohn Adalbert bei einem Unternehmen gegen Spoleto Ortschaften des Kirchenstaats und besetzte sie 1 ). Schon schien es, als kehrten die alten Zeiten wieder, in denen R o m von langobardischer Seite bedroht worden war. Wenn man daran dachte, so mußte aber auch gleichzeitig die Erinnerung an die Rettung lebendig werden, die damals die fränkischen Könige gebracht hatten. Sollte nicht ihr Rechtsnachfolger, der mächtigste Herrscher des Abendlandes, der Ungarnsieger und Schiedsrichter Frankreichs, geneigt sein, wieder nach Italien zu kommen und daselbst die Ordnung herzustellen ? In seiner Verlegenheit rief Johann XII. seine Hilfe an 2 ). Am einfachsten ist es anzunehmen, daß er den fernen Herrn für minder gefährlich hielt als den nahen, Otto für erträglicher als Berengar, der sich so allgemein verhaßt gemacht hatte. Wenn Johanns beide Gesandten der ihm feindlichen Partei in Rom angehörten, so konnte das ein Zugeständnis sein, das man ihm abpreßte. In der Sache war er mit ihnen einig: Otto sollte, wie es ausgedrückt wird, um Gottes willen nach Italien kommen und sowohl die Kirche des hl. Petrus als den Papst selbst aus dem Rachen Berengars und Adalberts befreien. Man kann es sich gut vorstellen, daß alle diejenigen, die schon längst unter dem Druck Berengars und Willas geseufzt hatten, namentlich die flüchtigen Bischöfe, in Otto drangen, er möchte dem Rufe Folge leisten. Zu Weihnachten 960 wurde auf einer großen Reichsversammlung zu Regensburg das Unternehmen beschlossen. Widerspruch seitens irgendwelcher deutscher Fürsten ist dagegen nicht laut geworden. Es erschien ebenso selbstverständlich wie das frühere von 951 3 ). Man beachte es wohl: nicht als harter Eroberer sollte Otto die Alpen überschreiten, sondern als der ersehnte Befreier, dem allerdings ein Dante ') Köpke S. 315. Hofmeister, Markgrafen S. 424. — 2 ) Köpke S. 317. Regg. sächs. 289b, c, d. Sickel, Alberich S. 113, Anm. 1. Hauck 3, S. 221. Hartmann 3, 2, S. 256. Hampe, Berufung. Engelmann, Legaten S. 96. — 3 ) Vgl. oben S. 83.

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versagt blieb. Es ist das schönste Vorrecht der überlegenen Macht, daß sie allein imstande ist, Zwietracht zu heilen und einem zerrissenen Volke Frieden zu geben. Daß sie dabei gleichzeitig ihren wohlverstandenen Vorteil findet, liegt im Wesen der Dinge. Der Versuch, im Handeln führender Tatmenschen ideelle und materielle Antriebe unterscheiden zu wollen, f ü h r t irre. D a ß sie zum Besten der Völker gewinnen und herrschen wollen, gibt ihnen den hohen Schwung, dessen sie bedürfen, u m ihre Zeitgenossen mit sich fortzureißen. O t t o verkörperte die geistlichen Gedanken derZeit, daran wird m a n nicht zweifeln dürfen. Immer deutlicher betonte er seine Kirchenfreundlichkeit, wie sich aus seinen Urkunden nachweisen läßt 1 ). Vor dem Aufbruch waren noch einige Vorkehrungen zu treffen. Adelheids f r ü h e r erwähnter Sohn Heinrich und ebenso ein anderer, namens Brun, waren im Kindesalter gestorben 2 ). Damit die Erbfolge beim etwaigen Tode des Königs im fremden Lande keinen Schaden litte, wurde im Mai 961 Ottos I. und Adelheids vermutlich 955 geborener 3 ) Sohn Otto, der künftige zweite Kaiser dieses Namens, von den rechtsrheinischen Fürsten einhellig zum König gewählt und am 26. Mai nach der ergänzenden W a h l der Lothringer zu Aachen von den drei Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln gesalbt 4 ). Prinz Brun sollte von Köln aus im Westen, Wilhelm von Mainz aus im übrigen Reich den König vertreten, während der Grenzschutz in Sachsen dem bewährten Herzog H e r m a n n a n v e r t r a u t blieb 5 ). Die enge Verbindung Lothringens mit Deutschland war wieder zum Ausdruck gekommen 6 ). Zur Erhebung Ottos I I . sei ausdrücklich bemerkt, d a ß Liudolf einen Sohn hinterlassen h a t t e , den 954 geborenen Otto 7 ), der nach der modernen Auffassung des Erstgeburtsrechts der künftige Thronfolger gewesen wäre. Aber damals k a m er gar nicht in Betracht. Es ist der spätere Herzog von Schwaben und Bayern. I m August 961 brach das starke, a u s verschiedenen Stämmen gemischte deutsche Heer auf und gelangte über Trient nach Pavia 8 ), ohne kämpfen zu müssen. Wie so oft, eilten Bischöfe und Grafen zur Huldigung herbei, und Berengar verbarg sich mit Willa wieder einmal in seinen Burgen. Otto war jetzt durch die Gewalt der Tatsachen König der Lombardei und r ä u m t e Adelheid als der „Genossin des Reiches" mit kluger Berechnung großen Einfluß ein. Damit verscheuchte er jeden Verdacht der Fremdherrschaft und gab sich als Nachfolger Lothars. Den A b t H a t t o von Fulda schickte er nach Rom voraus u n d versprach durch ihn und andere Getreue dem P a p s t eidlich, die römische Kirche und ihn auf jede Weise zu erhöhen, sein Leben und seine sowohl Seelig, Verleihungen. — 2 ) Köpke S. 292. Vgl. oben S. 87. — s ) Uhlirz S. 1. — ) Köpke S. 322. Regg. sächs. 297 a, 299 a. Uhlirz S. 4. Buchner, Königswahlen S. 5. Lintzel, Beschlüsse S. 37, 116. Krüger S. 63. — 6 ) Köpke S. 324. Regg. sächs. 300b. — «) Schoene S. 65. — 7 ) Köpke S. 290. Krüger S. 61. — 8 ) Köpke S. 325 ff. Regg. sächs. 303 a, 307 a, d, e. Hartmann 3, 2, S. 259. 4

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gegenwärtige als künftig durch den König zu empfangende Machtstellung (honos) zu schützen, in Rom keine Verfügungen über ihn u n d die Römer ohne des Papstes Einwilligung zu treffen, ihm alle Güter des hl. Petrus zurückzugeben u n d seinen Vertreter in Italien zur Verteidigung des Papstes und des Kirchenstaates zu verpflichten 1 ). Wie m a n sieht, steht die Sorge J o h a n n s X I I . u m seine weltliche Gewalt durchaus im Vordergrund, und er sucht sich so gut wie möglich gegen ihre Beeinträchtigung zu wehren. Nachdem Otto a m 31. J a n u a r 962 auf dem Monte Mario (nw. St. Peter) gelagert h a t t e , zog er a m Sonntag, dem 2. Februar 962, unter lautem Beifall der Geistlichkeit u n d des Volkes in R o m ein u n d wurde in St. Peter von J o h a n n X I I . zum K a i s e r gekrönt. Auch Adelheid empfing die Krone. J o h a n n X I I . schwur i h m auf den Leib des hl. Petrus Treue, u n d das bedeutete, d a ß er sich nicht mit Berengar u n d Adalbert einlassen würde 2 ). Die amtliche Auffassung drückte in einer Urkunde 3 ) vom 12. (?) Februar 962 der P a p s t so aus, d a ß „durch die Wirkung der göttlichen Gnade unser liebster und christlichster Sohn König Otto nach Besiegung der barbarischen Völker, nämlich der Awaren (gemeint sind die Ungarn) u n d sehr vieler anderer, zum päpstlichen Stuhl gekommen ist, um die Kirche zu verteidigen u n d die triumphierende Siegeskrone zur E r h ö h u n g des Kaisertums durch uns von dem Apostelfürsten P e t r u s zu empfangen". Wie m a n sieht, ist es wie im achten J a h r h u n d e r t 4 ) der heilige Petrus, in dessen Namen alles in R o m geschieht. Der Kaiser aber berief sich auf einen Höheren als den Apostelfürsten und betonte bei anderer Gelegenheit, daß er nach R o m gekommen 6ei, u m Gott zu dienen 5 ). Die dürftigen Notizen der Quellen zeigen deutlich, d a ß das Ereignis kein besonderes Aufsehen machte und im allgemeinen von deutscher wie von italienischer Seite unter den schon angedeuteten Gesichtspunkten durchaus begrüßt wurde. D a ß R o m immer das H a u p t des Erdkreises gewesen sei, brachte Hrotswitha stolz in Erinnerung 6 ), während Benedikt von S. Andrea 7 ) klagte, d a ß das italische Reich und das römische Kaiserreich dem sächsischen Reich Untertan geworden seien. Es waren 66 J a h r e verflossen, seitdem der Ostfranke Arnolf 8 ) dieselbe Würde erlangt h a t t e , u n d an ihn konnte Otto anknüpfen. Die Kaiserkrönungen Ludwigs III. 9 ) (von Provence) 901 u n d Berengars I. 10 ) (von Friaul) 915 erschienen dann nur noch als unbedeutende Zwischenspiele. Es war aber doch eine merkwürdige Fügung, wenn m a n der unl

) Const. 1, Nr. 10. Köpke S. 328. Regg. sächs. 309 a, b. Hartmann 3, 2, S. 260. Hauck 3, S. 224. Eichmann, Eide S. 168. — Köpke S. 328. Gregorovius 3, S. 320. Regg. sächs. 309 c. Hartmann 3, 2, S. 260. Baseler S. 37. Schramm, Renov. 1, S. 74. Hirsch, Kaiserged. S. 10, 18. — 3 ) Regg. sächs. 310. Pfeil S. 201. — *) Cartellieri 1, S. 128. — 6 ) Liudprand, Hist. Ottonis Kap. 12. — •) Hrotsvitha, Gesta Ottonis Vers 43. — 7 ) Benedikt von S. Andrea S. 176. — 8 ) Cartellieri 1, S. 354. — ') Cartellieri 1, S. 367. — " ) Vgl. oben S. 10.

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bezähmbaren Wildheit und erbitterten Kirchenfeindlichkeit der Sachsen zur Zeit Karls des Großen gedachte, daß jetzt ein Herrscher ihres Stammes die höchste Gewalt des Abendlandes erlangte, die auf das kaiserliche und das christliche Rom zurückging. Zunächst ging alles ganz glatt. Der neue imperator augustus 1) erwirkte v o m Papst neben anderen Zugeständnissen auf einer Synode a m 12. ( ? ) Februar 962 dessen Zustimmung zur Gründung eines Erzbistums in M a g d e b u r g , dem das in Merseburg zu gründende Bistum untergeordnet werden sollte 2 ). Schon seit Jahren suchte er, dieses sein Lieblingsziel zu erreichen, immer neue Schwierigkeiten hatten sich dabei ergeben, und auch jetzt leistete der alte Bischof Bernhard von Halberstadt, dem sowohl Magdeburg als Merseburg kirchlich unterstanden, heftig Widerstand. Otto mußte Geduld üben. Die Bedeutung seines Planes für die Ausbreitung des Christentums und der deutschen Gesittung braucht kaum weiter hervorgehoben zu werden. Die Fürsorge, die Otto jederzeit diesen Dingen hat angedeihen lassen, gereicht ihm vom deutschen Standpunkt aus zur höchsten Ehre. I m J a h r e 947, vielleicht schon etwas früher, hatte er in engem Einvernehmen mit dem Erzbischof Adaldag von Hamburg-Bremen die dänischen Bistümer Schleswig, Ribe (Ripen, nö. Sylt) und Aarhus (a. d. Ostküste Jütlands) gegründet, was nur dadurch möglich war, daß der von ihm abhängige Dänenkönig Harald Blauzahn sich dazu freundlich stellte, ohne schon selbst Christ zu sein 3 ). Demselben Zwecke dienten im Jahre 948 die beiden neuen Bistümer in dem viel umstrittenen Brandenburg 4 ) und in Havelberg (unweit der Havelmündung) 5 ). Bei jeder Kaiserkrönung war für den Papst die Hauptsache, eine neue Bürgschaft für seinen Landbesitz zu erhalten. A m 13. Februar 962 bestätigte ihm Otto in feierlicher U r k u n d e 6 ) zugleich mit seinem Sohne Otto die Stadt Rom mit ihrem Herzogtum, genannte Städte in Tuszien, den Exarchat Ravenna, die Pentapolis, das Sabinerland, genannte Orte im langobardischen Tuszien, die Insel Korsika, ein Gebiet südlich der Straße von Luni bis Monselice, wie es 754 in der Pippinschen Schenkung mißverständlich genug bezeichnet worden war 7 ), die Provinzen Venetien und Istrien, die ganzen Herzogtümer Spoleto und Benevent, genannte Orte in Kampanien, die Patrimonien in Benevent, Neapel, Kalabrien und Sizilien, die Stadt Neapel in einer unklaren Wendung, die Städte Gaeta und Fondi, endlich Rieti und weitere genannte Städte. Er bestätigte auch die Schenkungen Pippins und Karls des Großen, versprach, alles !) DD. 1 Nr. 235 ff. — 2 ) Köpke S. 270, 320, 333. Regg. sächs. 310. Hauck 3, S. 108ff., 225, 230. — 3 ) Köpke S. 167. Regg. sächs. 166a. Hauck 3, S. 99. v. Liliencron S. 26. Stengel, Regnum S. 33, Anm. 20. Vgl. oben S. 42. — 4 ) Vgl. oben S. 33, 58. — 5 ) Köpke S. 168. Hauck 3, S. 102. Tschirch 1, S. 16. — •) Köpke S. 334. Const. 1, Nr. 12, nicht ausreichend. Regg. sächs. 311. Hauck 3, S. 226. Hartmann 4, 1, S. 2. Stengel, Entwickelung S. 221. Schneider, Rom S. 189. Schramm, Renov. 1, S. 70. — ') Cartellieri 1, S. 162.

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Vorgenannte zu verteidigen, behielt sich alle Hoheitsrechte vor, verpflichtete die Römer zur kanonischen Papstwahl unter W a h r u n g des kaiserlichen Einflusses und sicherte sich alljährliche Berichterstattung über die Rechtspflege der päpstlichen Beamten und die Ausführung dieser Urkunde. Sowohl der schenkende Kaiser als der empfangende Papst wären sicher in große Verlegenheit geraten, wenn sie die Grenzen des der Kurie zugesprochenen Gebietes genau h ä t t e n angeben sollen. Seit der ersten Pippinschen Schenkung waren immer neue erfolgt, ohne daß der I n h a l t der einzelnen Urkunden ausgeglichen und ein neuer fließender Wortlaut hergestellt worden wären. Man begreift namentlich die Furcht des Papstes, er könnte die Tragweite einer Änderung nicht recht übersehen und auf diese Weise die Schuld an einem Verluste der Kirche tragen. Der Kaiser wieder trug kein Bedenken, in seiner Bestätigung sehr weit zu gehen, da er es sich zutraute, ihre praktischen Folgen gemäß seinen eigenen Zwecken zu regeln, und er ja auch den älteren Vorbehalt, daß die früheren Päpste alles das schon besessen hätten 1 ), wiederholte. Man kann davon absehen, die Dunkelheit der Schenkungsurkunden zu tadeln. Auch die neuesten zwischenstaatlichen Verträge sind, mögen sie auch sonst besser stilisiert sein, dehnbar genug, und hier wie zu allen Zeiten gilt, daß derjenige, der die Macht hat, die richtige Auslegung gibt. Die einschlägigen Verhältnisse ließen sich nur durch eindringende ortsgeschichtliche Forschungen über mehrere J a h r h u n d e r t e hinweg so weit klarlegen, als es überhaupt bei dem Stande der Überlieferung möglich ist. Betonen wird man, daß der neue Kaiser durch die Bestimmung über die Wahl das P a p s t t u m in Abhängigkeit halten konnte, auch hier allerdings nur unter der Voraussetzung, daß er sich stark genug dazu fühlte. Wie gestalteten 6ich die tatsächlichen Beziehungen der beiden Oberhäupter der Christenheit ? Darauf k a m alles an. Sie allein konnten den toten Vertragsbestimmungen Leben einhauchen. Ottos Stellung war natürlich sehr viel schwächer, als es die Karls des Großen gewesen war. Karl brauchte in R o m überhaupt mit keiner einheitlichen Macht zu rechnen, und der P a p s t h a t t e ihm f ü r Schutz vor den Adelsparteien zu danken. J e t z t vereinigte der Erbe Alberichs I I . die weltliche mit der geistlichen Macht, und Otto m u ß t e immer noch Berengars wegen auf der H u t sein. E r verließ daher Rom schon nach vierzehn Tagen. Zu Ostern 962 hielt er eine Synode zu Pavia, immer darauf bedacht, in den Kirchen, die unter den früheren Fürsten schwer gelitten h a t t e n , die Ordnung wiederherzustellen und sich damit die Bischöfe zu verpflichten. I n Pavia wurde Hugo, der Sohn Heriberts I I . von Vermandois, der nach dem Tode Artaids (961) wieder Ansprüche auf das Erzbistum Reims erhob, von neuem exkommuniziert. Dann konnte der K a n d i d a t Bruns und Gerbergas, Cartellieri 1, S. 242.

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der Metzer Domherr Odelrich, gewählt und damit gleichzeitig der deutsche Einfluß auf Frankreich befestigt werden 1 ). Die Mark Verona kam jetzt wieder an Bayern 2 ). Inzwischen saßen Berengar, seine Gemahlin und seine Söhne noch unbezwungen auf schwer zugänglichen Burgen und beabsichtigten wohl, von dort her die rückwärtige Verbindung des deutschen Heeres mit der Heimat zu bedrohen. Erst nach fast zweimonatiger Belagerung mußte sich Willa auf der Insel S. Giulio im Ortasee Ende Juli 962 ergeben, eilte aber gleich zu Berengar, um ihn zu weiterem Widerstand anzuspornen 3 ). Mit Verwaltungsangelegenheiten beschäftigt, hielt sich Otto während der nächsten Monate hauptsächlich in Pavia auf. Seine Kanzlei nannte ihn von da an, zum ersten Male am 9. Dezember 962, den „großen und unbesiegtesten Kaiser" 4 ). l ) Köpke S. 339. Lot, Derniers S. 39. Regg. sächs. 316 a. — Vgl. oben S. 93. — 3 ) Köpke S. 340. Regg. sächs. 320 a, b, 321a. S. 4. — *) DD. 1, Nr. 250. Regg. sächs. 334. Vgl. oben S. 98.

2)

Köpke S. 338. Hartmann 4, 1,

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ZEHNTES KAPITEL.

OTTO I. UND DAS PAPSTTUM. (963—967.) Noch fehlte viel daran, daß die äußerlich glänzende Stellung des deutschen Kaisers auch innerlich vollkommen gesichert war. Das Felsennest San Leo (w. San Marino), in dem Berengar und Willa saßen, konnte er nicht bezwingen, obwohl er es mindestens vom 10. Mai bis 12. September 963 eng einschloß 1 ). Wir ersehen daraus, wie schwach entwickelt die Belagerungstechnik damals noch war. Da trafen im deutschen Lager recht unwillkommene Nachrichten ein. Papst J o h a n n X I I . hatte allerdings, wenn auch unwillig genug, Otto um Hilfe gebeten 2 ), zürnte ihm jetzt aber, weil jener zögerte, der Kirche ihren Besitz zurückzugeben. Zusammen mit König Adalbert, dem Sohne Berengars II., suchte er, die deutsche Herrschaft durch einen großen Bund zu beseitigen. E s liefen von ihnen Fäden nach Konstantinopel, zu den Sarazenen nach Fraxinetum und zu den Ungarn. Um Zeit zu gewinnen, entschuldigte Johann beim Kaiser 3 ) die ihm vorgeworfenen Ausschreitungen mit seiner Jugend und erhob seinerseits Klage gegen die deutsche Politik. Als dann Adalbert auf seine Einladung nach Rom gekommen war und der Papst sich an die Spitze eines Heeres gestellt hatte, entschloß sich Otto, am 3. November 963 mit seinen Truppen zum zweitenmal in Rom einzuziehen. Johann und Adalbert ergriffen mit dem Kirchenschatz von St. Peter die Flucht. In der Hoffnung auf eine gründliche Reform des Stuhles Petri hieß wenigstens ein Teil der Einwohner den deutschen König freudig willkommen und versprach ihm eidlich, niemals ohne seine und seines Sohnes Zustimmung einen Papst zu wählen oder zu weihen 4 ). Diejenigen, die es taten, gingen damit über die Bestimmung in der Urkunde Ottos vom 13. Februar des vorhergehenden Jahres 5 ), die ihr zugrunde liegende Verordnung Kaiser Lothars I. vom November 824 6 ) und ihre Erneuerung durch die römische Synode von ») Röpke S. 340, 345, 348. Regg. sächs. 340 c—348, 348 b. — l ) Vgl. oben S. 104. — 3 ) Röpke S. 344. Regg. sächs. 348 b. Hartmann 4, 1, S. 5. — 4 ) Röpke S. 348. Regg. sächs. 348 c, d. Hauck 3, S. 232. Bossi, Crescenzi S. 11. — e ) Vgl. oben S. 107. — «) Cartellieri 1, S. 247.

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898 1 ) hinaus u n d bildeten f o r t a n eine deutsche Partei im Gegensatz zu der auch vorhandenen römischen. Wenige Tage später, am 6. November 963, eröffnete Otto auf einer Synode in der Peterskirche vor Kardinälen, deutschen und italienischen Bischöfen sowie Vertretern des Adels und der städtischen Miliz den P r o z e ß gegen den abwesenden J o h a n n X I I . Diesem wurden die allerschlimmsten Vergehen, Simonie, heidnischer Aberglaube, Waffentragen, Jagdleidenschaft, Unzucht, Blutschande, Mord und Brandstiftung vorgeworfen u n d eidlich erhärtet. Manches mag übertrieben gewesen sein, aber daran, daß der Sohn Alberichs II. ein durch und durch ungeistliches Wesen zur Schau trug, wird m a n k a u m zweifeln dürfen. E r wurde vorgeladen, u m sich zu rechtfertigen 2 ). I n seiner kurzen und sehr selbstbewußten A n t w o r t erfaßte er geschickt den Kern des ganzen Verfahrens u n d bedrohte alle Bischöfe, die einen andern P a p s t erheben würden, m i t Exkommunikation. I n einer dritten Sitzung a m 4. Dezember 963 wies Otto in Person darauf hin, d a ß J o h a n n X I I . ihn erst gerufen, dann aber den ihm geleisteten Treueid 3 ) gebrochen u n d sich gegen ihn empört habe. Die Synode setzte ihn daraufhin gleich ab und wählte an seiner Stelle einen Laien, den Kanzler Leo, der vom Kaiser bestätigt wurde und alle Weihen einschließlich der päpstlichen gegen die kirchlichen Vorschriften an einem Tage, dem Sonntag 6. Dezember, empfing. Der neue Papst, dem gute Eigenschaften nachgerühmt wurden, n a n n t e sich Leo VIII 4 ). Das ganze Verfahren m u ß unter dem Gesichtspunkte der Macht beurteilt werden. Derselbe J o h a n n X I I . , der trotz seiner doch allgemein bekannten sittlichen Verfehlungen geeignet erschienen war, die Kaiserkrönung vorzunehmen, galt gleich nachher f ü r einen verworfenen Menschen, weil er sich gegen die deutsche Herrschaft auflehnte. Trotzdem k a n n m a n annehmen, daß gerade fromme u n d ernste Menschen das Eingreifen des Kaisers begrüßten, weil es einen unwürdigen Zustand rasch beendete. F ü r die Beziehungen der beiden die Christenheit leitenden Gewalten m u ß betont werden, d a ß Otto sich zum Richter des Papstes gemacht h a t t e , obwohl das seit der karolingischen Zeit dem immer fester eingeprägten Satze widersprach, daß der P a p s t zwar jedermann richten, aber selbst von niemandem gerichtet werden dürfe 5 ). In dem vorliegenden Fall k a m hinzu, d a ß J o h a n n X I I . zwar geladen, aber gar nicht gehört worden war. Wer t r u g die Schuld daran, daß er sich nicht gestellt h a t t e ? Es lohnt nicht, nach einer Antwort zu suchen. Denn es gibt Zeiten, in denen formales Unrecht sachlich zum höchsten Recht wird. Otto war der Herr Roms. So schien es zum mindesten, und deshalb ergaben sich Berengar I I . und Willa in San Leo u m Weihnachten 963. Sie wurden ebenso wie ihre Töchter nach Bamberg verbannt 6 ). Noch l ) Cartellieri 1, S. 360. — 2 ) Köpke S. 349. Regg. sächs. 348 e, 349. Bresslau, Aufgaben S. 40. — s ) Vgl. oben S. 106. — *) Köpke S. 352. Regg. sächs. 349 a, b, 350. Gregorovius 3, S. 335. — 5 ) Köpke S. 354. — ') Köpke S. 355. Regg. sächs. 351a.

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a b e r blieben K ö n i g A d a l b e r t u n d seine beiden B r ü d e r frei u n d gewillt, die D e u t s c h e n zu b e k ä m p f e n . E i n Teil des d e u t s c h e n Heeres w a r entlassen worden, u m den Röm e r n n i c h t beschwerlich zu fallen. W ä r e es n i c h t geschehen, so h ä t t e es, wie bei a n d e r e n ähnlichen Gelegenheiten, leicht zu Z u s a m m e n s t ö ß e n k o m m e n k ö n n e n . J o h a n n X I I . w a r g e n a u ü b e r alle V o r g ä n g e in R o m u n t e r r i c h t e t , h e t z t e d u r c h seine Sendlinge das Volk auf u n d v e r s p r a c h i h m reichen L o h n aus den K i r c h e n s c h ä t z e n , w e n n es sich des Kaisers u n d des n e u e n P a p s t e s b e m ä c h t i g t e . W a n d e l b a r wie es o f t gewesen ist, s t ü r z t e es sich a m 3. J a n u a r 964 auf die wenig zahlreichen d e u t s c h e n R i t t e r , die a b e r b e r e i t s t a n d e n u n d auf der E n g e l s b r ü c k e u n t e r den Angreifern ein großes B l u t b a d a n r i c h t e t e n , bis O t t o selbst E i n h a l t t a t . E b e n s o rasch wie die R ö m e r losgeschlagen h a t t e n , schon a m folgenden Tage u n t e r w a r f e n sie sich u n d stellten Geiseln f ü r ihre v o n n e u e m beschworene T r e u e . P a p s t Leo e m p f a n d es schmerzlich, d a ß doch d e m Anschein n a c h u m seinetwillen so viel B l u t geflossen w a r . Arglos wie er w a r , erreichte er b e i m Kaiser, obwohl dieser sehr b e g r ü n d e t e B e d e n k e n h a t t e , d a ß die Geiseln gleich wieder zurückgegeben w u r d e n . D a n n ging O t t o a m 11. J a n u a r 964 ins Spoletinische, u m K ö n i g A d a l b e r t a u f z u spüren 1 ). Schon sehr b a l d b r a c h in R o m eine n e u e deutschfeindliche B e w e g u n g aus, u n d J o h a n n X I I . k e h r t e d a h i n z u r ü c k . E s m a g wohl sein, d a ß vorn e h m e F r a u e n , zu d e n e n er v e r t r a u t e Beziehungen h a t t e , geschickt f ü r i h n a r b e i t e t e n . F ü r Leo V I I I . war es ein Glück, d a ß er n o c h u n v e r s e h r t z u m Kaiser gelangen k o n n t e . V o m 26. bis 28. F e b r u a r 964 ließ J o h a n n X I I . auf einer Synode, zu der sich a u c h eine ganze A n z a h l T e i l n e h m e r der v o r j ä h r i g e n , v o n O t t o a b g e h a l t e n e n e i n f a n d , den g a n z e n gegen ihn g e f ü h r t e n P r o z e ß f ü r u n g ü l t i g e r k l ä r e n u n d alle, die dabei m i t g e w i r k t h a t t e n , v o r allem Leo V I I I . selbst, m i t schweren geistlichen S t r a f e n belegen. Seine W u t r i c h t e t e sich besonders gegen die beiden G e s a n d t e n , die 960 in seinem eigenen N a m e n O t t o eingeladen h a t t e n 2 ) : in ihnen sah er die U r h e b e r aller seiner Verlegenheiten 3 ). Sie w u r d e n v e r s t ü m m e l t . D e r leidenschaftliche P a p s t d a c h t e n u r politisch. D a r u m hielt er, n a c h d e m er sich etwas b e r u h i g t h a t t e , eine friedliche A u s e i n a n d e r s e t z u n g m i t O t t o t r o t z allem Geschehenen f ü r möglich. D e n Bischof v o n Speier, der auf seinen Befehl eben erst m i ß h a n d e l t w o r d e n w a r , schickte er als U n t e r h ä n d l e r a b . Man m ö c h t e a n n e h m e n , d a ß es d e m Sohne Alberichs I I . wie einst diesem selbst 4 ) allein auf den u n g e s t ö r t e n Besitz R o m s ank a m . W e n n O t t o sich m i t der L o m b a r d e i b e g n ü g t e , k o n n t e n sie sich vertragen. Aber ehe eine A b m a c h u n g erfolgt w a r , s t a r b a m 14. Mai 964 J o h a n n X I I . ganz plötzlich a u ß e r h a l b R o m s . W e n n die Übeln G e r ü c h t e , die ') Köpke S. 356. Regg. sächs. 351b—d. Gregorovius 3, S. 336. — 2) Vgl. oben S. 104. — 3 ) Köpke S. 357. Regg. sächs. 354b. Gregorovius 3, S. 337. — 4 ) Vgl. oben S. 69, 84, 94.

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darüber umliefen 1 ), der Wahrheit entsprachen, so glich sein Tod seinem Leben. Wenige Päpste haben ihrem hohen Amt so viel Unehre gebracht wie er. Wenn man von Alexander VI. Borgia spricht, muß man dieses seines Vorgängers gedenken. Vergeblich baten die Römer den Kaiser, der Wahl eines sehr würdigen und, was damals selten vorkam, hochgelehrten Geistlichen Benedikt zuzustimmen. Otto schwur, seinen Papst Leo VIII. nicht preiszugeben, und geriet in den heftigsten Zorn, als jener trotzdem einhellig, vermutlich am Sonntag, dem 22. Mai, als B e n e d i k t V. erhoben wurde 2 ). Ein starkes deutsch-italienisches Heer verwüstete die Umgebung Roms und schloß es eng ein. Wenn auch der neue Papst sich selbst auf der Mauer zeigte, um den Mut der Bürger zu beleben, so konnte er doch nichts gegen die immer schlimmer werdende Hungersnot und die Kriegsmaschinen tun. Am 23. Juni 964 wurden dem Kaiser die Tore geöffnet, und die Römer schwuren ihm und Leo VIII. über dem Grabe des Apostelfürsten Petrus wieder einmal Treue. Wenige Tage später richtete eine Synode den unglücklichen Benedikt V., der in seiner Person die Selbständigkeit und die sittliche Würde des Papsttums zu vereinigen versucht hatte. Vor aller Augen wurden ihm die Abzeichen seiner Würde von Leo abgenommen, und er mußte nach Hamburg in die Verbannung gehen. Otto hatte sein hartes Los noch etwas gemildert 3 ). Es war ein bedeutsamer Augenblick. Die kirchliche Stellung des Papstes wurde nicht angetastet, d. h. wer mit Zustimmung des deutschen Herrschers den Stuhl Petri bestiegen hatte, verfügte dann nach wie vor über weitgehende Befugnisse. Aber ähnlich wie bei den deutschen Bischöfen suchte sich der Kaiser die Auswahl der Personen vorzubehalten und durch ihm genehme die Kirche so zu regieren, wie es für sie selbst und für das Reich am besten wäre. Damit sicherte er gleichzeitig seine Herrschaft über Italien, dieses alte Ziel, das den Westgoten wie den Wandalen, den Ostgoten wie den Franken vorgeschwebt hatte und jetzt den Sachsen als dem zur Zeit führenden deutschen Stamm besonders am Herzen lag. In der verheerenden Seuche, die in den nächsten heißen Wochen unter den Deutschen zahlreiche Opfer forderte, konnten abergläubische Leute wohl die Strafe für die Absetzung Benedikts V. sehen 4 ). Eine glänzende Reichsversammlung zu K ö l n , an der außer dem Kaiser sein Sohn König Otto, König Lothar von Frankreich, die KöniginMutter Mathilde, Lothars Mutter, Königin-Witwe Gerberga, und Prinz Brun nebst sehr zahlreichen anderen geistlichen und weltlichen Großen ') Köpke S. 360. Regg. sächs. 355 a. Gregorovius 3, S. 338. Hauck 3, S. 234. Bossi, Crescenzi S. 14. Dresdner, Sittengeschichte nach Register. — ') Köpke S. 361. Regg. sächs. 355 b. Gregorovius 3, S. 339. Hauck 3, S. 235. Duchesne, Lib. pont. 2, S. L X X . — s ) Köpke S. 363. Regg. sächs. 355 c—e, 380 a. Gregorovius 3, S. 341. Hauck 3, S. 236. Schneider, Rom S. 189. — 4 ) Köpke S. 365. Regg. sächs. 355g, 362a. C t r t e l l i e r i , Weltitellung.

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t e i l n a h m e n , zeigte in den ersten T a g e n des J u n i 965 der Ö f f e n t l i c h k e i t eine erfreuliche E i n t r a c h t der m a ß g e b e n d e n Persönlichkeiten. Bildeten D e u t s c h l a n d , F r a n k r e i c h u n d B u r g u n d a u c h weiter einen d y n a s t i s c h e n V ö l k e r b u n d , so w a r Aussicht auf d a u e r n d e n F r i e d e n gegeben. A b e r wie bescheiden erschien doch L o t h a r n e b e n den O t t o n e n ! I n einer U r k u n d e des Bischofs E v e r a c l u s v o n L ü t t i c h 1 ) , die die a n w e s e n d e n F ü r s t l i c h k e i t e n a m 2. J u n i 965 zu K ö l n u n t e r s c h r i e b e n , s t e h t a n erster Stelle das „ Z e i c h e n des u n b e s i e g t e s t e n Cäsars O t t o " , a n zweiter das „ d e s e r l a u c h t e s t e n Königs O t t o " , a n d r i t t e r das „des Königs L o t h a r " , bei d e m j e d e r s c h m ü k k e n d e Z u s a t z f e h l t . D a n n folgen die Zeichen der Erzbischöfe, Bischöfe, Herzöge usw. Der Aussteller spricht v o n B r u n als „ d e m h ö c h s t e n u n d unvergleichlichen M a n n , d e m er alles v e r d a n k e " , u n d v o m „ B e f e h l des großen I m p e r a t o r s u n d Cäsars A u g u s t u s O t t o " . U m die g u t e n Beziehungen der schon eng v e r w a n d t e n H ä u s e r zu befestigen, w u r d e eine E h e v e r b i n d u n g zwischen L o t h a r u n d E m m a , der T o c h t e r der Kaiserin Adelheid aus ihrer ersten E h e m i t L o t h a r v o n I t a l i e n , b e s p r o c h e n u n d u m die W e n d e des J a h r e s a u c h geschlossen 2 ). A n s c h e i n e n d f ü r c h t e t e deutscherseits n i e m a n d , d a ß sie i h r e m G e m a h l A n s p r ü c h e auf I t a l i e n in die E h e b r i n g e n u n d d a m i t der o t t o n i s c h e n H e r r s c h a f t Verlegenheiten bereiten k ö n n t e . So f e r n lag d a m a l s der Ged a n k e a n ein französisches Übergreifen n a c h S ü d e n ! E t w a u m dieselbe Zeit h e i r a t e t e K ö n i g K o n r a d v o n B u r g u n d , Adelheids B r u d e r , in zweiter E h e Mathilde, die Schwester K ö n i g L o t h a r s v o n F r a n k r e i c h , u n d dieser verzichtete j e t z t wohl auf seine k a u m m e h r n u t z b a r e n R e c h t e auf L y o n u n d Vienne, wo K o n r a d schon seit einer Reihe v o n J a h r e n t a t s ä c h l i c h geboten h a t t e 3 ) . O t t o I. s t a n d auf der H ö h e . G e r a d e d a r u m m u ß hier seiner trefflichen M i t a r b e i t e r wenigstens i m allgemeinen g e d a c h t werden, weil wir bei der E i g e n a r t unserer Überlieferung so selten v o n i h n e n hören u n d uns n a m e n t l i c h kein anschauliches Bild v o n i h n e n m a c h e n k ö n n e n . E i n e r der b e s t e n w a r sicherlich der gewaltige M a r k g r a f G e r o , f ü r alle Zeiten als rastloser V o r k ä m p f e r des D e u t s c h t u m s u n d d a m i t a u c h der christlichen G e s i t t u n g i m Osten b e r ü h m t . E r u n t e r w a r f i m J a h r e 963 den Herzog Miseko I. 4 ) v o n P o l e n , m a c h t e dessen L a n d bis zur W a r t h e , u. a. a u c h Posen, lehens- u n d zinspflichtig u n d e r o b e r t e n a c h h a r t e m K a m p f e d e n g r ö ß t e n Teil der s p ä t e r e n M a r k L a u s i t z . Viel zu f r ü h s t a r b er a m 20. Mai 965. Seine außergewöhnliche M a c h t s t e l l u n g ergibt sich a m b e s t e n d a r a u s , d a ß sie in m e h r e r e M a r k g r a f s c h a f t e n zerlegt w u r d e , die allerdings erst allmählich festere G e s t a l t a n n a h m e n 5 ) . Die Slawen Recueil Lothaire Nr. 23. — 2 ) Köpke S. 174, 373. Regg. sächs. 386 b. Lot, Derniers S. 49, 54. Schoene S. 70. Kawerau S. 58. — 3 ) Köpke S. 376. Lot, Dernierg S. 37. Hofmeister, Burgund S. 68. Orton, Italy, S. 347. Vgl. oben S. 36 f., 41, 64, — «) Zeißberg, Miseco S. 59. — 5 ) Köpke S. 384, 387. Posse, Markgrafen S. 10. Schiemann 1, S. 387. Regg. sächs, 394 a. Schulze, Kolonisierung S. 61. Hauck 3, S. 200. Brackmann, Ostpolitik S. 245 f. Lehmann S. 31.

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bildeten keine dringende Gefahr mehr, darum brauchten in ihrer Nähe starke militärische Kräfte nicht in einer Hand zusammengefaßt zu werden. Wenn einige Monate vorher, Ende 964 oder Anfang 965, der Dänenkönig H a r a l d Blauzahn, durch Wunder, die ein Geistlicher vor ihm tat, gewonnen, samt seiner Gemahlin Gunhild das Christentum annahm und seinen Untertanen befahl, die Götzenbilder abzutun 1 ), so konnte das Ereignis auch gleichzeitig der engeren Verbindung des nordischen Reiches mit Deutschland zugute kommen. Notwendig war aber, daß die Dänen nicht etwa glaubten, es handle sich um ihre finanzielle Ausbeutung unter religiösem Vorwande. Deshalb befreite Otto am 26. Juni 965 auf Bitten des Erzbischofs Adaldag von Hamburg-Bremen die drei dänischen Bistümer Schleswig, Ribe (Ripen) und Aarhus von allen Abgaben ihrer auf dänischem Gebiet gelegenen Besitzungen an den kaiserlichen Fiskus 2 ). In denselben Zusammenhang gehörte die Gründung eines weiteren Bistums auf deutschem Boden in Oldenburg im Jahre 967 oder 968 s ). Unter allen denen, die Ottos leitende Gedanken verständnisvoll erfaßt und erfolgreich ausgeführt hatten, stand sein jüngerer Bruder Prinz B r u n , der Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, obenan. Um so schmerzlicher mußte es den Kaiser und dessen ganze Familie berühren, daß der ausgezeichnete Kirchenfürst und Staatsmann, Seelsorger und Gelehrte ihnen am 10./11. Oktober 965, nur 41 Jahre alt, durch einen vorzeitigen Tod entrissen wurde 4 ). Brun ist es vor allem zu danken, daß Lothringen beim deutschen Reiche blieb. Unermüdlich hat er aber auch in Frankreich zwischen dem schwachen König und den aufsässigen Vasallen vermittelt, immer auf den Frieden bedacht, vollkommen frei von dem Bestreben, Frankreichs innere Wirren zu irgendwelchen Gebietserweiterungen zu benutzen. Er war neben Otto selbst der Hauptvertreter jener angedeuteten dynastischen Familienpolitik 6 ), die der Wohlfahrt der Völker, der Vertiefung des christlichen Glaubens und damit auch der Förderung des geistigen Lebens dienen sollte. Der 964 in Italien gestorbene Herzog von Niederlothringen Gottfried I. 6 ) bekam auch jetzt keinen Nachfolger. Die Befugnisse Herzog Friedrichs I. von Oberlothringen blieben dem Namen nach unverändert, in Wirklichkeit stieg er an Ansehen, weil er jetzt nur noch den Kaiser über sich hatte. Der neue Erzbischof Folkmar von Köln sollte sich auf sein geistliches Amt beschränken 7 ). Köpke S. 391. Biereye, Untersuchungen 46, S. 31. — s ) Köpke S. 389. Regg. sächs. 395. v. Liliencron S. 2. Biereye, Untersuchungen 46, S. 20. Hampe, Mittelalt.G. S. 60. Mommsen S. 18, Vgl. oben S. 107.— s ) Köpke S. 166, 505. Hauck 3, S. 105 ff. v. Liliencron S. 26 „um 948". Biereye, Untersuchungen 46, S. 21, dem ich folge. — 4 ) Köpke S. 395. Regg. sächs. 414a. Schoene S. 72. Parisot, Origines S. 314. Vgl. oben S. 89 f. — s ) Vgl. oben S. 82. — •) Regg. sächs. 355 g. Parisot, Origines S. 69, 314f. Vgl. oben S. 102. — ') Schrörs, Ruotger S. 12, Anm. 8*

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Sehr bald waren es wieder die italienischen Dinge, die Ottos Aufmerksamkeit stark fesselten. Papst Leo VIII. 1 ), den im Amt zu erhalten so viel Anstrengung gekostet hatte, war im März 965 gestorben 2 ), und diesmal versäumten die Römer nicht, sich mit dem deutschen Hofe zu verständigen; zwei Reichsbischöfe gingen nach Rom. Einmütig wurde der Bischof von Narni Johann, keine sehr ausgesprochene Persönlichkeit, aber sicher ein Anhänger der kaiserlichen Richtung, der mit dem Hause der Crescentier verwandt war, gewählt und am 1. Oktober 965 geweiht. Er nannte sich Johann XIII. 3 ). Vielleicht machte sich König Adalbert, dessen Vater Berengar II. damals noch lebte und erst am 4. August 966 in Bamberg starb 4 ), vorübergehend Hoffnung auf einen Umschwung zu seinen Gunsten, wenn ein anderer Papst erhoben worden wäre. Mit unzufriedenen Langobarden hatte er einen Aufstand angezettelt, war aber schon am 25. Juni 965 am Po von Herzog Burkhard II. von Schwaben 5 ) in die Flucht geschlagen worden. Adalberts Bruder Wido fiel, er selbst gab seine Sache immer noch nicht verloren und suchte hartnäckig, Feinde der deutschen Herrschaft um sich zu scharen 6 ). Daß es an solchen nicht fehlte, bewiesen neue Unruhen in R o m . Hier wurde am 16. Dezember 965 Papst Johann XIII., der sicher im Vertrauen auf kaiserlichen Schutz herrisch aufgetreten war, von Adeligen unter der Führung des Stadtpräfekten Petrus und einem Haufen gemeinen Volkes mißhandelt und gefangen gesetzt 7 ). Aus einem Zeitgenossen ersehen wir deutlich, wie verhaßt die Fremden zum mindesten einzelnen Kreisen der Bevölkerung waren. Nach ihm hätten die Römer damals gesagt: „Die Sachsenkönige sollen nicht kommen und unser Land zugrunde richten, wir beten, daß der hl. Petrus uns aus der Gefangenschaft befreien möge" 8 ). Johann XIII. fand aber Gelegenheit, Ottos Hilfe anzurufen, und als dessen Romzug bekannt wurde, schlug die Stimmung der Römer gleich wieder um. Unter der Führung Johanns, genannt de Theodora, der ein Sohn des Crescentius und der Theodora 9 ), Tochter Theophylakts, sowie vermutlich ein Bruder Johanns XIII. war, gewannen die Anhänger des Papstes im Kampfe die Oberhand, holten ihn am 12. November 966 feierlich ein und baten ihn um Verzeihung 10 ). Weihnachten konnte Otto in Rom feiern. Gestützt auf ein ansehnliches Heer, vollzog er, der sonst, wie wir wissen, zur Milde neigte, an der wankelmütigen und eidvergessenen Bürgerschaft ein äußerst hartes Strafgericht. Die Schuldigen wurden zum Teil verbannt, zum Teil aufgeknüpft, die Gebeine Verstorbener verstreut. Der Stadtpräfekt Petrus als An») Vgl. oben S. 111. — ») Duchesne, Lib. pont. 2, S. LXX. — 3 ) Köpke S. 383. Regg. sächs. 409a. Hauck3, S. 238. Gregorovius 3, S.344. Hartmann 4,1, S. 17. Schneider, Rom S. 190. Borino, Besprechung S. 395 gegen Bossi S. 15. — ' ) Regg. sächs. 431 a. — ' ) Stälin, Gesch. Württ. 1, 1, S. 187. Vgl. oben S. 93. — •) Köpke S. 381. Regg. sächs. 380 a, 409 a. — ' ) Köpke S. 407. Regg. sächs. 429 a. Gregorovius 3, S. 346. Bossi, Crescenzi S. 22. — 8 ) Benedikt von S. Andrea S. 184/5. — •) Bossi, Crescenzi S. 23. — l 0 ) Köpke S. 411. Regg. sächs. 429 a, 431a, 439 a.

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Stifter der ganzen Empörung wurde auf Befehl des Papstes am Reiterstandbild Mark Aurels an den Haaren aufgehängt, dann im allerschimpflichsten Aufzug auf einem Esel durch die Straßen geführt, gegeißelt, eingekerkert und schließlich nach Deutschland geschafft 1 ). Die italienische Geistlichkeit konnte mit Ottos Romzug durchaus zufrieden sein. Als im J a h r e 968 der Basileus Nicephorus I I . dem deutschen Gesandten Liudprand die Bluturteile gegen die Römer vorwarf, h ä t t e er lieber an die Scheußlichkeiten denken sollen, die in Konstantinopel nicht eine Ausnahme, sondern gang und gäbe waren. I n seiner A n t w o r t hob der wortgewandte Diplomat stark hervor 2 ), daß die östlichen Kaiser Rom den Tyrannen, j a den Huren überlassen und nichts f ü r die heiligen Päpste getan h ä t t e n . Ganz anders Otto, der aus weiter F e r n e gekommen sei und den Stellvertretern der Apostel Macht u n d E h r e wiedergegeben habe. Der Bischof billigte auch durchaus die strengen Strafen, die sein Herr „gemäß den Dekreten Justinians, Valentinians, Theodosius' und anderer" gegen die Aufrührer verhängt h a t t e : andernfalls wäre er gottlos, ungerecht, grausam, tyrannisch gewesen. Dem Eingreifen Ottos wurde hier also von einem Italiener eine hohe sittliche Bedeutung zugeschrieben. Das verdient festgehalten zu werden. Dagegen ließ der vorhin schon erwähnte Zeitgenosse einen lauten Klageruf erschallen 3 ): „Wehe R o m ! Schon von so vielen Völkern unterdrückt und niedergeworfen, bist du auch vom Sachsenkönig heimgesucht, ist dein Volk mit dem Schwerte gerichtet, deine K r a f t zermürbt worden! Einst hast du hocherhaben über die Völker triumphiert, die Welt unter deinen F u ß getreten, die Könige der Erde gewürgt, das Zepter mit der höchsten Gewalt g e f ü h r t ; jetzt h a t dich der Sachsenkönig ausgeraubt und dir grausam das Blut a b g e z a p f t ! " Mit wehmütigem Stolz zählte der Mönch noch die 381 Türme, 46 Burgen, 6800 Bollwerke auf, deren sich die Stadt erfreute. Das alles h a t t e ihr nichts g e n ü t z t ! Otto begnügte sich nicht damit, das Ansehen seines Papstes J o hanns X I I I . durch eine römische Synode zu befestigen, an der er im J a n u a r 967 mit ihm teilnahm 4 ), sondern er ging jetzt auch an die große Aufgabe heran, in Süditalien den deutschen Einfluß herzustellen, wobei m a n auch an die dortigen Patrimonien des apostolischen Stuhles denken wird 5 ). Karl der Große war 786 selbst bis nach Capua gezogen und h a t t e den Fürsten Arichis von Benevent zum Treueid gezwungen 6 ). Des großen Kaisers unteritalienische Politik war in hohem Maße von seinen wechselnden Beziehungen zu Ostrom abhängig gewesen. E r war einem Abkommen geneigt, durch das er Benevent, der Basileus Kalabrien erhalten hätte 7 ). Später, im J a h r e 871, h a t t e bekanntlich Kaiser Ludwig I I . dem Kaiser ») Köpke S. 412. Regg. sächs. 439 a. Gregorovius 3, S. 347. Gay S. 297. H a r t m a n n 4, 1, S. 18. — ') Liudprand, Legatio K a p . 4, 5. — *) Benedikt von S. Andrea S. 186. — «) Köpke S. 413. Regg. sächs. 439b. — 5 ) Cartellieri 1, S. 242, 319. — «) Ebd. S. 201. — ') E b d . S. 218, 233.

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Basilius I. in seiner bedeutsamen Staatsschrift 1 ) sogar erklärt, daß er die Sarazenen erst aus Kalabrien und dann aus Sizilien vertreiben wolle, sicher doch, u m diese Länder in irgendeiner Weise mit dem übrigen I t a lien zu verbinden und demnach Ostrom zu entziehen. Gegen Ende der achtziger J a h r e des neunten J a h r h u n d e r t s gelang es aber Ostrom wieder infolge der offenkundigen persönlichen Unzulänglichkeit und militärischen Schwäche der späteren Karolinger, seine Oberhoheit fast über ganz Unteritalien auszudehnen 2 ). Doch m u ß t e es sie im Laufe des 10. J a h r h u n d e r t s und besonders seit dem Aufstande von 921/922 3 ) allmählich schwinden sehen. Otto I. vertrat den S t a n d p u n k t , daß ganz Italien einschließlich der von Ostrom beanspruchten Gebiete nach Rasse und Sprache der Einwohner zu seinem Reiche gehöre 4 ). Ob er damit durchdringen würde, hing großenteils von der augenblicklichen Machtstellung Ostroms und diese wieder von ihren Beziehungen zur Welt des Islams ab. Die Verhältnisse im Osten, die lange Zeit hindurch die westlichen nicht unmittelbar beeinflußt hatten, werden daher zu prüfen sein.

RÜCKBLICK. Nach den Zersetzungserscheinungen, die sowohl im Abendlande wie im Morgenlande dem Anfang des 10. J a h r h u n d e r t s das Gepräge gaben, m u ß t e neuer Aufbau die Losung sein. Wir betrachten zunächst das Abendland. Ostfranken-Deutschland war kriegerisch stärker als WestfrankenFrankreich. D a r u m konnte Deutschland Lothringen, das schon vorher den Zankapfel zwischen den beiden Teilen des ehemaligen karolingischen Reiches gebildet hatte, endgültig 925 behaupten und dadurch erst recht seinen Vorrang festigen. Konrad I. machte einen vergeblichen Versuch, mit Hilfe der Kirche der aufsässigen Stammesgewalten Herr zu werden. Das Blut, das nach der Synode von Hohenaltheim (916) floß, erstickte den Widerstand nicht, sondern belebte ihn eher. Der erste Sachse Heinrich I. f ü h r t e den leitenden Kreisen des deutschen Reiches frische, unverbrauchte K r ä f t e seines Stammes zu und wahrte seine Oberhoheit dadurch, daß er mit großem Geschick alle Schroffheiten vermied. Leistungen m u ß t e n das Königtum empfehlen. Was er gegen den furchtbarsten Feind, die Ungarn, t a t , sicherte ihm die Dankbarkeit aller derjenigen, denen die Erhaltung der christlichen Gesittung am Herzen lag. Der Burgenbau, der Reiterdienst und der Sieg bei Riade gehören zusammen, sie wurden ergänzt durch die glückliche Bekämpfung der Slawen. Innerer Zwietracht verfallen, m u ß t e sich Frankreich im Hintergrunde halten. Da brachte das J a h r 936 einen Umschwung. Der junge, Cartellieri 1 S. 310, — 2 ) Ebd. S. 348. — prand, Legatio Kap. 7. Regg. sächs. 467.

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3

) Vgl. oben S. 23. — ") Liud-

l e b h a f t e Karolinger L u d w i g I V . b e m ü h t e sich redlich, sich seiner g r o ß e n V o r f a h r e n würdig zu erweisen, u n d t r a t in den W e t t b e w e r b m i t O t t o I . ein. D e r Franzose b e s a ß die stolzere Überlieferung, der D e u t s c h e die b e d e u t e n d e r e Macht. Anfänglich zwar k o n n t e sich O t t o gegen die widers t r e b e n d e n Herzöge n u r schwer b e h a u p t e n , u n d a u c h der Besitz L o t h ringens schien in F r a g e gestellt. Der V e r t r a g v o n Vise 942 sicherte Deutschl a n d s Stellung als V o r m a c h t . L u d w i g gab sich d a m i t zufrieden, d a ß L o t h r i n g e n zu D e u t s c h l a n d gehörte, u n d verzichtete a u c h auf das n e u e Reich G e s a m t b u r g u n d , dessen K ö n i g als deutscher L e h e n s m a n n gelten k o n n t e . E s w a r ein wirkliches Verhängnis f ü r F r a n k r e i c h , d a ß n e b e n den r e g i e r e n d e n K a r o l i n g e r n das H a u s e m p o r k a m , d e m die Z u k u n f t gehören sollte, das der R o b e r t i n g e r oder K a p e t i n g e r . H e r z o g H u g o der Große b e s a ß viel m e h r M a c h t als der König, scheute sich a b e r doch dreimal, n a c h der K r o n e zu greifen. D a ß L u d w i g I V . v o n N o r m a n n e n 945 überfallen, a n H u g o ausgeliefert u n d v o n i h m n u r gegen Zugeständnisse freigelassen w u r d e , b e d e u t e t e einen schlimmen T i e f s t a n d des m o n a r c h i s c h e n G e d a n k e n s in F r a n k r e i c h . O t t o k a m zu Hilfe (946), erzielte a b e r keinen k l a r e n militärischen Erfolg u n d m u ß t e noch m e h r f a c h seine M a n n e n f ü r den französischen K ö n i g , seinen Schwager, eingreifen lassen. E r w a r der Schiedsrichter des A b e n d l a n d e s , ohne d a ß m a n sagen k ö n n t e , er h a b e seine v o r w a l t e n d e Stellung m i ß b r a u c h t . I m Besitz L o t h r i n g e n s u n d des m a ß g e b e n d e n Einflusses auf B u r g u n d s u c h t e er, den allgemeinen F r i e d e n u n d die A u s b r e i t u n g des C h r i s t e n t u m s u n t e r den Slawen zu fördern. E i n e u m f a s s e n d e W i r k u n g ließ sich d a m a l s n u r in der V e r b i n d u n g m i t I t a l i e n erzielen. Hier w a r das letzte e n t s c h e i d e n d e Ereignis die f r ä n k i s c h e E r o b e r u n g v o n 774 gewesen, u n d die Sachsenherrscher sahen sich als R e c h t s n a c h f o l g e r der K a r o l i n g e r a n . Seit d e m K a i s e r t u m Arnolfs (896) h a t t e n sich die Verhältnisse jenseits der Alpen ohne B e r ü h r u n g m i t der d e u t s c h e n Reichsgewalt e n t w i c k e l t . A b e r der n a t u r g e g e b e n e D r a n g n a c h d e m S ü d e n , tief im H e r z e n der N o r d l ä n d e r v e r w u r z e l t , t r i e b b a l d diesen, b a l d j e n e n F ü r s t e n in das reiche, zu einheitlichem W i d e r s t a n d nicht f ä h i g e L a n d . H u g o v o n Arles k a m z u m ersten Male 917/918, R u dolf I I . v o n H o c h b u r g u n d 923, i m B u n d e m i t i h m B u r k h a r d I . v o n Schwaben 926, H u g o v o n Arles z u m zweiten Male a u c h 926, Arnolf v o n B a y e r n 934. Man sieht, eine solche H e e r f a h r t w a r f a s t selbstverständlich f ü r einen M a n n , der sich etwas z u t r a u t e . I n R o m herrschte die leidenschaftliche Marozia, die T o c h t e r des Senators T h e o p h y l a k t , a u c h ü b e r das P a p s t t u m , dessen T r ä g e r ein d u r c h aus anstößiges P r i v a t l e b e n f ü h r t e n . Alberich I I . , Marozias Sohn, F ü r s t der R ö m e r , v e r k ö r p e r t e die g ä r e n d e Zeit, sicher eine b e d e u t e n d e Gestalt, eifrig d a r a u f b e d a c h t , keiner f r e m d e n Gewalt Z u g a n g zur Ewigen S t a d t zu g e s t a t t e n . Der S ü d e n der Halbinsel w u r d e d u r c h f o r t w ä h r e n d e F e h d e n der dortigen K l e i n s t a a t e n , Salerno, C a p u a , B e n e v e n t , Neapel u n d a n d e r e r ,

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zerrissen. Sarazenische Scharen raubten und plünderten ungestraft. Daß ihr Standlager am Garigliano 915 von den Christen genommen wurde, war eine schöne Waffentat, aber nicht viel mehr. Mit staunenswerter Zähigkeit klammerte sich der oströmische Basileus an seine beiden Themata Kalabrien und Apulien, als wenn über ihnen die nie aufgegebene Hoffnung auf eine Wiedervereinigung des Imperium Romanum schwebte. Nach dem Tode Hugos von Arles, des Königs von Italien (948), und seines Sohnes Lothar (950) mißhandelte Berengar II. von Ivrea, der längst nach der Krone trachtete, Lothars Witwe Adelheid, eine geborene Prinzessin von Burgund, und veranlaßte damit Otto, nach Italien zu ziehen und Adelheid zu heiraten. Die Mißhelligkeiten, die daraufhin im deutschen Herrscherhause ausbrachen, zeigten, daß sowohl des Königs Bruder Prinz Heinrich, Herzog von Bayern, als des Königs Sohn Liudolf, Herzog von Schwaben, vom Standpunkt ihrer Teilgewalt aus nach Landerwerb in der Lombardei strebten, wobei das Königtum als Vertretung des Reiches zu kurz gekommen wäre. Nicht ohne Mühe gelang es Otto, den Aufstand Liudolfs niederzuwerfen, und gleich nachher erfocht er auf dem Lechfelde den mit Recht gefeierten Sieg über die Ungarn (955), der diesen weitere Raubzüge nach Deutschland hinein verleidete und wesentlich dazu beitrug, sie seßhaft zu machen. Der Sieg an der Recknitz in demselben Jahre über slawische Stämme sicherte zum mindesten die deutschen Grenzen im Osten. Otto hatte die Macht, aber die Macht hatte noch keinen Namen geschichtlich bedeutsamen Inhalts. Herbeigerufen von einem unwürdigen Papst, ging er nach Rom, empfing hier 962 die Kaiserkrone und vollzog, in allem ein Nachfolger der Karolinger, seine berühmte Schenkung an die Kirche. Aber nicht schon hier dürfte man einen weltgeschichtlichen Abschnitt machen. Nur allzubald trübten sich die Beziehungen zwischen dem neuen Kaiser und dem Papste. Otto setzte einen andern ein, einen dritten ab und strafte die aufrührerischen Bürger mit schonungsloser Strenge (967). Kein Papst sollte künftig ohne seine Zustimmung erhoben werden können, dieses Versprechen ließ er sich geben. Darin lag das Übergewicht der weltlichen über die geistliche Gewalt: der Kaiser stand an der Spitze der abendländischen Christenheit. Von ihm, dem Gründer neuer Bistümer und des Erzbistums Magdeburg, konnte man erwarten, daß er den christlichen Glauben ausbreitete, den geistlichen Stand reinigte, Bildung und Unterricht pflegte. Stolze Freude erfüllte die Gemüter seiner Umgebung, während wenigstens einzelne Italiener bitteren Schmerz über die Fremdherrschaft empfanden. Aus der scharfen Reibung beider Völker, des deutschen und des italienischen, entsprang der Funke des Nationalgefühls, der aber erst unendlich viel später in heller Flamme emporlodern sollte. Die karolingische Staatsordnung war für immer dahin, eine neue trat an ihre Stelle, das deutsche Kaisertum übernahm die Führung. 120

Würde es ihm gelingen, die gemeinsamen großen Aufgaben der Christenheit zu lösen ? Wie stellte sich das Morgenland dazu ? Das oströmische Reich hatte die Fühlung mit dem Abendlande nie ganz verloren. Es beteiligte sich mehrfach an der Bekämpfung der Sarazenen, 915 am Garigliano, 931 und 942 bei Fraxinetum. Ein allgemeines Urteil über seine Leistungsfähigkeit ist schwer abzugeben. Einerseits mußte es dulden, daß die Bulgaren 913 Konstantinopel bedrohten und nach ihrem Siege am Achelous von 917 den größten Teil der Balkanhalbinsel unter ihre Botmäßigkeit brachten, mußte es für Sizilien den dortigen Sarazenen Tribut zahlen, 924 den bulgarischen Zaren Simeon, 934 und 943 die Ungarn in der Nähe der Hauptstadt sehen. Anderseits wurde es durch die Schwäche des abbasidischen Chalifats in Bagdad erheblich entlastet. Der oströmische Feldherr Johann II. Kurkuas errang in Kleinasien schöne Erfolge. 931 wurde Erzerum, 934 endgültig Melitene gewonnen. Auch der Frieden, der nach dem Tode des Zaren Simeon für seinen unpolitischen Sohn Peter von der bulgarischen Regentschaft geschlossen wurde, eröffnete freundliche Aussichten. So kann man sagen, daß wie das deutsche sich auch das oströmische Reich im Aufstieg befand, während die arabischen Reiche infolge ihres inneren Haders keine für den Westen gefährliche Stoßkraft mehr entfalten konnten.

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Z W E I T E S BUCH.

DAS D E U T S C H - R Ö M I S C H E K A I S E R T U M . (967—1002.)

ERSTES KAPITEL.

OSTRÖMISCHE ERFOLGE UND ARABISCHE ZERSPLITTERUNG. (944—967.) Wie man weiß, hatte KaÍ6er Romanus I. Lekapenus seinen Schwiegersohn, den rechtmäßigen und purpurgeborenen Konstantin VII., beiseite geschoben 1 ) und ihn gezwungen, sich alle seine Anmaßungen gefallen zu lassen. Da wurde er, dem bis dahin alles so gut gelungen war, am 20. Dezember 944 von seinen Söhnen Stephan und Konstantin abgesetzt und in ein Inselkloster verbannt. Eine Volksbewegung verhinderte sie, sich auch an Konstantin VII. zu vergreifen. Wenige Wochen später, am 27. Januar 945, gelang es diesem, sich seiner beiden Schwäger zu entledigen und sie ihrem Vater nachzuschicken, der sie mit begreiflicher Schadenfreude empfing 2 ). K o n s t a n t i n VII. besaß manche Tugend des Privatmannes 3 ): erwar ein guter Gatte und Vater und von Natur milde gesinnt. Kunst und Wissenschaft lagen ihm mehr am Herzen als die mühseligen Regierungsgeschäfte, aber seine Untertanen mochten ihn gern, und so konnten ihm gelegentliche Verschwörungen nicht gefährlich werden. Von seinen Schriften sind hier wegen ihres politischen Inhalts zu nennen: die Geschichte seines Großvaters Basilius I. 4 ) (f 886), sodann das seinem Sohn, dem späteren Kaiser Romanus II., bestimmte Werk, das man lateinisch De administrando imperio zu nennen pflegt; ein weiteres über die Einteilung des oströmischen Reiches, De thematibus; endlich eines über das Zeremonienwesen desselben Reiches, De cerimoniis aulae byzantinae. Diese drei sind durchaus lehrhaft gehalten, und das über die Reichsverwaltung ist für uns eine wahre Fundgrube für die Kenntnis der slawischen und der orientalischen Völker 5 ). Den maßgebenden Einfluß übten auf den alternden Kaiser seine Gemahlin Helena und einige Günstlinge 6 ). Vgl. oben S. 12. — *) Rambaud S. 21, 35, 38, 312. Köpke S. 137. Runciman, Emperor S. 232 mit der Zeit. — s ) Rambaud S. 41, 45, 170. Köpke S. 137. — 4 ) Cartellieri 1, S. 347. — ') Rambaud Kap. 7 ff.. Hirsch, Const. S. 21. Krumbacher S. 253. Meyer, £i» xör of¡ya S. 124 Anm. 2. — •) Rambaud S. 45. Hirsch, Const. S.15.

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Ein endgültiger Frieden zwischen Oströmern u n d Arabern war nicht denkbar, wenn nicht das eine der beiden Reiche vom andern vollständig zerstört wurde. Wie in den früheren Zeiten, so wechselte auch das Kriegsglück in der ersten Hälfte des 10. J a h r h u n d e r t s . Die Erfolge oder Mißerfolge nach außen hingen natürlich, wenn auch längst nicht allein, von den inneren Verhältnissen ab. Man erinnert sich des Abbasiden-Chalifen Moktadir (seit 908), f ü r den der erste Emir al-omara, der Eunuch Munis, die Regierung führte 1 ). Nachdem Moktadir sich durch seine Ausschreitungen allgemein v e r h a ß t gemacht hatte, wurde er im Kampfe mit den Leuten Munis' getötet (932), u n d an seine Stelle t r a t sein Bruder Kahir. Diesem gelang es zwar, Munis gewaltsam zu beseitigen (933), aber da er den türkischen T r u p p e n ihren Sold nicht auszahlen konnte, wurde er in seinem Schloß überfallen und geblendet (April 934). Nach langer Kerkerhaft starb er im Oktober 950 2 ). Moktadirs Sohn Radi (934—940) h a t t e wohl gute Absichten, konnte sich aber in keiner Weise durchsetzen. E r fand keinen andern Ausweg aus den sich häufenden Verlegenheiten, als den S t a t t h a l t e r von Wassit (a. Tigris) und Basra I b n Raik zum Emir al-omara zu machen und ihn die ganzen weltlichen Geschäfte führen zu lassen (936). E r selbst blieb n u r noch das geistliche Oberhaupt 3 ). Abgesehen davon, konnte er wohl in seiner kläglichen Ohnmacht mit einem der letzten Merowinger zur Zeit der Hausmeier verglichen werden. Man k a n n es in wenigen Worten sagen: die Zustände am Hofe zu Bagdad waren einfach unglaublich, und die Beziehungen der einzelnen arabischen Staaten untereinander so feindselig wie nur möglich. Es würde ermüdend sein und vom weltgeschichtlichen S t a n d p u n k t aus nicht einmal das Verständnis fördern, wollte man die fortwährenden Empörungen und Mordtaten aufzählen, in denen sich die schrankenlose Selbstsucht der verschiedenen Machthaber austobte. Wie schwer das Volk zu leiden hatte, ergibt sich von selbst. Neue Geschlechter drängten sich in den Vordergrund, ohne d a ß man sagen könnte, welches davon das gewaltigste oder das grausamste war. Unter den Gebirgsvölkern im Süden des Kaspischen Meeres galten die schiitischen Deilemiten wegen ihrer berüchtigten Wildheit als besonders unerschrockene Krieger. K a n n man es doch in der arabischen Geschichte so deutlich, wie m a n nur will, verfolgen, wie mit zunehmender Gesittung die Kampfestüchtigkeit a b n i m m t u n d bisher unverbrauchte Scharen sich der Gewalt bemächtigen. Unter den Deilemiten rückte der Bandenführer B u j e oder Buweih dank seinen militärischen Erfolgen an die erste Stelle und gründete mit seinen drei Söhnen die Dynastie >) Vgl. oben S. 44. Enz. Islam 1, S. 347. — 2 ) Weil 2, S. 574, 649. Müller 1, S. 535. Muir S. 567, 569. Enz. Islam 2, S. 671. — 3 ) Weil 2, S. 663. Müller, 1 S. 536, 564 f. Muir S. 569. Enz. Islam 2, S. 433, 858.

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der B u j i d e n . U m 9 3 4 beherrschten sie das mittlere Persien und dehnten sich von dort weiter aus 1 ). Die Hamdaniden nannten sich nach dem Häuptling H a m d a n (vor 900) aus dem Stamme Taglib, der in der Gegend von Mossul saß. I m J a h r e 936 gehorchte ihnen nach längeren Kämpfen der größte Teil Mesopotamiens 2 ). H a m d a n s Enkel Hassan r ä u m t e 942 den Emir al-omara Ihn Raik verräterischerweise aus dem Wege u n d ließ sich von dem neuen, ganz unselbständigen Chalifen Muttaki (941—944) zu seinem Nachfolger ernennen. E r u n d sein Bruder Ali bekamen jetzt schön klingende Ehrenn a m e n : jener Nasir ed-daula, d. h. Schützer des Reiches, dieser Seif ed-daula, d. h. Schwert des Reiches 3 ). Noch übler spielte der türkische Offizier Tusun dem Chalifen mit. Dieser ergriff erst die Flucht, ließ sich dann aber durch trügerische Vorspiegelungen Tusuns doch verleiten, nach Bagdad zurückzukehren 4 ). Hier wurde er auf dessen Befehl 944 geblendet, und an seine Stelle t r a t sein Bruder Mustakfi (944—946), der natürlich ein bloßes Geschöpf des Emir al-omara war. Tusun starb aber schon im nächsten Jahre, sein Nachfolger h a t t e nichts zu bedeuten, und so konnte am 19. Dezember 945 der Bujide Achmed in Bagdad einziehen. Emir al-omara geworden, Mois ed-daula, d. h. Kräftiger des Reiches, genannt, n a h m er die Regierung f ü r sich allein in Anspruch. Die Münzen trugen seinen Namen neben dem des Chalifen, und im öffentlichen Gebete wurde seiner zuerst gedacht. Trotzdem lebte er immer in der Furcht, daß der Chalif ihn mit Hilfe der türkischen Söldner stürzen könnte. E r hielt es daher für sicherer, ihn einige Wochen später auch blenden zu lassen ( J a n u a r 946) 5 ) und ihn durch den ganz von i h m abhängigen Muti (bis 974) zu ersetzen. Damit begann die bujidische Herrschaft über Bagdad, die über h u n d e r t J a h r e dauern sollte. Die zunehmende Schwäche des Nachbarreiches blieb natürlich dem oströmischen Nachbar nicht verborgen, u n d R o m a n u s I. Lekapenus 6 ) n u t z t e die günstige Gelegenheit tüchtig aus. I m Jahre 942 gelangten seine Truppen bis vor Aleppo (Haleb) und überfluteten Mesopotamien und Armenien. Dem trefflichen Feldherrn armenischen Bluts, J o h a n n I I . Kurkuas, ward das Glück zuteil, nicht n u r in Obermesopotamien Nisibin, das alte Nisibis, zu erobern, sondern auch 944 von der S t a d t Edessa (Urfa) eine der wertvollsten Reliquien, das Abgar-Bild Christi, in E m p fang zu nehmen. Unter lauten Freudebezeugungen wurde es nach Konstantinopel gebracht und dort der Verehrung der Gläubigen dargeboten 7 ). Müller 1, S. 565; 2, S. 10 Anm. 2, 40. Muir S. 577. Stammtafel: Enz. Islam 1, S. 843. — 2 ) Müller 1, S. 562, 564. Leonhardt S. 8. Muir S. 555 u. sonst. Enz. Islam 2, S. 262. — ») Weil 2, S. 684. Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt. S. 31. Müller 1, S. 567. — 4 ) Weil 2, S. 689, 694. Müller 1, S. 366ff. Muir S. 573 f. — 6 ) Weil 2, S. 695. Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 37. — Müller 1, S. 568. Muir S. 574, 577. «) Vgl. oben S. 12. — ') Weil 2, S. 690. Rambaud S. 108, 424. Müller 1, S. 572. Muir S. 576. Dölger 1, Nr. 641, 644 mit der Zeit. Nik. Müller in Realenc. 1 (1896), S. 98; 4 (1898), S. 70. Runciman, Emperor S. 145, 230.

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Der einzige Fürst, der sich auf arabischer Seite Ruhm und Ehre erwarb, war der schon genannte Hamdanide Seif ed-daula 1 ). Zwischen 913 und 916 geboren, stand er lange Jahre hindurch in der vordersten Reihe. Ihm war es schließlich zu verdanken, daß die innerlich schon ausgehöhlte Macht des Chalifen durch den auswärtigen Feind nicht vollständig zerstört wurde. Seine Tapferkeit und seine Abenteuerlust wurden ebenso laut gepriesen wie seine ausgezeichnete Geistesbildung. Infolge der völligen Unfähigkeit der letzten Tuluniden in Ägypten war ihre Herrschaft 905 zusammengebrochen 2 ). Die von den Chalifen in das Land geschickten Statthalter wollten oder konnten die ganz zerrütteten Verhältnisse nicht bessern, machten sich auch gegenseitig das wichtige Amt streitig. Nach siegreichen Kämpfen zog der vom Chalifen Radi ernannte Statthalter von Syrien Ibn Togdsch am 27. August 935 in Fostat (Alt-Kairo) ein und vereinigte demnach die Verwaltung der beiden Provinzen Syrien und Ägypten. Er bekam den altiranischen Titel, den seine Vorfahren zu Fergana in Turkestan geführt hatten, el-Ichschid, und seine Statthalterschaft wurde noch über die heiligen Städte Mekka und Medina ausgedehnt 3 ). Syrien bildete erst den Zankapfel zwischen Ichschid und Seif eddaula. Dann nach dem Tode Ichschids (Juli 946) wurde Seif ed-daula von dessen Wesir Kafur vollständig geschlagen und einigte sich im Oktober oder November 947 mit ihm endgültig dahin, daß er auf Damaskus verzichtete und dafür von Kafur in Aleppo und Antiochia (Antakia) anerkannt wurde 4 ). Jetzt warf sich Seif ed-daula mit aller Kraft den Oströmern entgegen, errang auch 947 noch den Sieg, erlitt dann aber eine Niederlage nach der andern und konnte es nicht hindern, daß jene ihre Grenzen immer weiter vortrugen. Im Frühjahr 949 nahmen sie den bedeutenden Verkehrsmittelpunkt Germanicea (Marasch) und drangen bis Tarsus vor 5 ). Durch den Erfolg ermutigt, wollte Konstantin VII. die Araber womöglich aus dem Mittelmeer vertreiben. Aber die große Flotte, die er 949 mit einem ausgesuchten Heere nach Kreta sandte, erreichte wegen der Unfähigkeit des Befehlshabers, eines Hofeunuchen, gar nichts, und die kretischen Seeräuber zeigten sich von da an noch viel übermütiger 6 ). Den Streit um Kalabrien entfachte der neue Emir v»n Sizilien, Hassan Ibn Ali, der es verstanden hatte, nach einem großen Aufstande Ruhe und Ordnung auf der Insel herzustellen7). Er verlangte von dem >) Weil 2, S. 673. Müller 1, S. 570. Leonhardt S. 8. Enz. Islam, Lief. B, S. 78. Vgl. oben S. 126. — 2 ) Cartellieri 1, S. 376. — s ) Weil 2, S. 653. Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 25, 32. Becker, Islamstudien 1, S. 157. Enz. Islam 2, S. 488. — 4 ) Weil 2, S. 695. Müller 1, S. 567, 570, 572. Leonhardt S. 8f. Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 35 ff., 39. — 5 ) Weil 3, S. 14 Anm. 1. Rambaud S. 425. Müller 1, S. 573. Enz. Islam, Lief. 40, S. 292. — •) Rambaud S. 429. — ' ) Müller 1, S. 617; 2, S. 617. Becker, Islamstudien 1, S. 142.

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oströmischen Strategen die Zahlung des früher ausbedungenen Tributs, sie wurde ihm verweigert, und so brach 951 der Krieg aus. Mit eigenen und afrikanischen Truppen n a h m Hassan Reggio di Calabria, trieb die wenig zahlreichen Oströmer zurück u n d gelangte bis Cassano (n. Cosenza). I m nächsten J a h r e siegte er glänzend bei Gerace (a. d. Ostküste) u n d schloß wohl 953 einen Waffenstillstand mit einem Vertreter des Basileus 1 ). Wenn man hört, daß eine Moschee in Reggio gebaut werden sollte u n d d a ß die Küstenbewohner den Raubzügen ihrer schlimmen Feinde preisgegeben blieben, ermißt man die ganze Größe der arabischen Gefahr f ü r die germanisch-romanische Staatenwelt und das Christentum. Ostrom wollte sich dabei nicht beruhigen und sandte im J a h r e 955 oder 956 wieder eine Flotte n a c h U n t e r i t a l i e n , d i e eine doppelte Aufgabe h a t t e : einmal und hauptsächlich die aufsässigen Neapolitaner und Langobarden zum Gehorsam zu bringen, sodann aber auch Sizilien von den Sarazenen zu säubern. Was dann geschah, wird in der Überlieferung verschieden erzählt. Es scheint aber, d a ß 955 der Patricius Marianus Argyros durch griechisches Feuer den Herzog J o h a n n I I I . von Neapel zwang, seine S t a d t zu übergeben. Diese wurde bald nachher von arabischen Schiffen bedroht, konnte sich aber durch Preisgabe der goldenen und silbernen Gefäße des Bischofs loskaufen. Afrikanische Truppen unter dem Emir Hasan griffen im F r ü h j a h r 956 die Küste Kalabriens an, aber ein oströmischer K a p i t ä n zerstörte die Moschee in Reggio und n a h m Termini (sö. von Palermo) ein. Als dann 958 ein starker Sturm fast eine ganze arabische Flotte auf der Höhe von Palermo vernichtet hatte, wurden beide Parteien einem Frieden geneigt, der allerdings wieder eine Tributzahlung durch Ostrom vorsah 2 ). Wenn inzwischen in Asien der Krieg zwischen den Oströmern und den Arabern weiterging, so h a t t e der Chalif Muti 3 ) daran keinen Anteil. Man konnte ihn geradezu einen Knecht seines Emirs al-omara Mois ed-daula nennen und erkennt, wie tief er gesunken war, daraus, d a ß er Kleider verkaufen mußte, um seine Gelüste zu befriedigen. Der Emir von Aleppo 4 ) Seif ed-daula k ä m p f t e 950 mit großer Tapferkeit und drang bis sieben Tagemärsche von Konstantinopel vor. Aber da brachte ihm seine allzureiche Beute das Verderben. Am 20. November von dem oströmischen Feldherrn Bardas Phokas d. Ä. in einem E n g p a ß überfallen, konnte er sich n u r dank einem kühnen Sprunge seines Pferdes mit knapper Not retten, während seine Reiter die Flucht ergriffen. Ein besonders wilder Kampf tobte 954 u m die längst verschwundene Grenzfeste Adata (Hadath), die bei Inekli am Aksu (nö. Germanicea) gelegen haben muß 5 ). Schließlich durchbrach Seif ed-daula an der Spitze seiner Leibwache persönlich die Reihen der Feinde, tötete viele und >) Rambaad S. 414. Gay S. 213. Dölger 1, Nr. 661. Enz. Islam 2, S. 290. — *) Rambaud S. 415, 448. Gay S. 217. Schipa S. 110. Dölger 1, Nr. 666. — ») Vgl. oben S. 126. — *) Weil 3, S. 13. Müller 1, S. 569. Muir S. 578. Vgl. oben S. 127. — 5 ) Enz. Islam 2, S. 198.

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machte zahlreiche vornehme Gefangene. Fast hätte er sich auch des späteren Kaisers Nicephorus Phokas, des Sohnes des Bardas, bemächtigt, wenn es diesem nicht gelungen wäre, sich in einem Keller zu verstecken. Dann baute er Adata, das die Oströmer früher zerstört hatten, vollständig wieder auf (November 954). In den folgenden Jahren nahmen die Feindseligkeiten ihren Fortgang, aber mehr und mehr neigte sich die Waagschale zugunsten Ostroms. An Stelle des zu alt gewordenen Bardas wüteten jetzt dessen Söhne Nicephorus und Leo zusammen mit ihrem Vetter Johann, genannt Tzimisces, gegen die Ungläubigen, nahmen Samosata(Samsat) am Euphrat und gelangten 959 bis über den Tigris 1 ). In die letzten Zeiten Konstantins VII. fällt ein Ereignis, dessen lang nachwirkende Bedeutung sich erst viel später offenbaren sollte, die Bekehrung O l g a s , der Witwe des 945 oder 946 von Slawen ermordeten Großfürsten Igor 2 ), zum Christentum. Sie war eine ungewöhnliche Frau, die an Herrscherkraft keinem Manne nachstand und die neben der großen Katharina genannt werden darf. Sie kam, vielleicht schon vorher für den neuen Glauben gewonnen, im Herbst 957 mit großem Gefolge nach Konstantinopel und wurde prächtig empfangen. Der Patriarch taufte sie, und der Basileus wurde ihr Pate 3 ). Der endscheidende Beweggrund war für sie wie für so viele heidnische Fürsten in ähnlicher Lage, an die großartigste Verkörperung staatlichen Daseins Anschluß zu gewinnen und damit ihrem werdenden Volke die weitesten Ausblicke zu eröffnen. Olga dachte aber nicht, einseitig oströmisches Christentum zu pflegen. Sie wandte sich 959 an König Otto I. mit der Bitte, ihr einen Bischof und Geistliche zu senden. Das geschah dann auch, aber man weiß aus den Schicksalen des Mönches Adalbert aus dem Kloster St. Maximin zu Trier, des späteren Erzbischofs von Magdeburg, wie schwer die christliche Mission bei dem noch ganz heidnisch gesinnten Volke Eingang fand. Der Großfürstin eigener Sohn Swjatoslaw wollte nicht Christ werden, um sich vor seinen Kriegern nicht lächerlich zu machen4). Am 9. November 959 starb, 54 Jahre alt, der Basileus KonstantinVII. Porphyrogennetos. Es bestand der Verdacht, daß die zweite Gemahlin seines Sohnes und Nachfolgers Romanus II. durch ein langsam wirkendes Gift den Tod ihres Schwiegervaters herbeigeführt hätte, doch läßt sich darüber keine Gewißheit gewinnen5), und man muß sich begnügen festzustellen, was ihre Feinde ihr zutrauten. Romanus II. war 944, also als Kind, mit der früher erwähnten Bertha, der Tochter König Hugos von Italien, Weil 3, S. 14. Rambaud S. 426. Müller 1, S. 573. Schlumberger, Nie. S. 108 mit Daten. Leonhardt S. 10 f. Dölger 1, Nr. 662, 663, 665. — J ) Schiemann 1, S. 56 zu 945. Laehr, Anfänge S. 48. Vgl. oben S. 67. — 3 ) Rambaud S. 380. Schiemann 1, S. 57. Ediger S. 11. Dölger 1, Nr. 670. Vasilievl, S. 391. Laehr, Anfänge S. 51. Ostrogorsky Sp. 174 anders. — *) Regg. sächs. 274b, 338a. Ediger S. 12. Laehr, Anfänge S. 57. — 6 ) Rambaud S. 48. Hirsch, Const. S. 25. Schlumberger, Nie. S. 2 ff. C > r t e l l i e r i , Weltitelluug.

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vermählt worden1). Nach ihrem Tode (949) heiratete er, vermutlich Ende 956, die wunderbar schöne und verführerische, aber auch ehrgeizige und lasterhafte Anastaso, die Tochter eines Schankwirts 2 ). Nicht mit Unrecht hat man ihren Aufstieg mit dem Theodoras, der Gemahlin Justinians I., verglichen3). Sie nahm dann den vornehmeren Namen Theophanu an. Romanus II. war jetzt 20 Jahre alt, nicht unbegabt, aber von Genußsucht erfüllt und deshalb von Leuten umgeben, die es ihm erleichterten, seinen Begierden zu fröhnen4). Das eine kann man an ihm loben, daß er den Vertrauensmann seines Vaters, den obersten Eunuchen Josef Bringas, die Geschäfte einheitlich führen ließ. Dieser bewährte sich als ein großer Minister, dessen dauernder Ruhm sich auf das Unternehmen gegen Kreta gründet 6 ). Die Abwehr auswärtiger Feinde zu Lande ließ bei den Oströmern immer noch zu wünschen übrig. Noch unter der Regierung Konstantins VII., wohl kurz vor seinem Tode, war es zwar gelungen, den U n g a r n , die in Thrazien eingefallen waren, mit großenteils slawischen Truppen eine entscheidende Niederlage beizubringen, aber sie kamen 961 und 962 wieder, und trotz Anwendung der schärfsten Gegenmaßregeln dauerte die Ungarnnot auch weiterhin an 6 ). Es kann als feststehender Grundsatz der sorgfältig abwägenden oströmischen Politik gelten, die Hauptaufmerksamkeit auf die gefährdeten Außenposten des Reiches zu richten und bei der Verteidigung der Hauptstadt auf ihre starken Mauern und das griechische Feuer, im Notfall schließlich auf irgendeinen glücklichen Zufall, zu rechnen. Dort, wo Liudprand von den allerwildesten Völkern spricht, zwischen die Konstantinopel, das neue Rom, eingezwängt sei, nennt er K r e t a die ihm allzu nahe und feindliche Insel7). Seit der Festsetzung der Araber im Jahre 8248) hatte es nicht an Versuchen gefehlt, sie zu verjagen, so z. B. 9499), aber keiner war gelungen. DieSeeräuberplage im Mittelmeer wurde allmählich unerträglich, und da spannte Bringas als Großadmiral alle Kräfte an, um ihr mit einem wuchtigen Schlag ein Ende zu bereiten. An die Spitze des schwierigen Unternehmens stellte er den Nicephorus Phokas, der sich, wie früher erwähnt wurde10), auf dem kleinasiatischen Kriegsschauplatz gegen Seif ed-daula, den kriegerischen Emir von Aleppo, hervorgetan hatte. Seine Familie stammte aus Kappadozien. Mehrere ihrer Mitglieder hatten sich durch militärische Begabung bekannt gemacht. Hier sei nur noch an seinen Vater Bardas Phokas erinnert. Nicephorus wurde von seinen Soldaten vergöttert, weil er einzig und allein an sie dachte und alle ihre Gefahren und Mühen teilte. Vgl. oben S. 65. — l ) Rambaud S. 46, 546. Schlumberger, Nie. S. 6. Diehl, Figures 1, S. 217. — 3 ) Cartellieri 1, S. 54. — 4 ) Schlumberger, Nie. S. 4,15. — 6 ) Schlumberger, Nie. S. 16. — •) Rambaud S. 359. Schlumberger, Nie. S. 453. Lüttich S. 148. Die Zeit unsicher. — ') Liudprand, Ant. 1, Kap. 11. — 8 ) Cartellieri 1, S. 248. — ») Vgl. oben S. 127. — " ) Vgl. oben S. 129.

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Kaltblütig, riesenstark, standhaft, sah er nur das eine Ziel vor Augen, dem Islam so viel Abbruch zu tun wie irgend möglich, und man darf ihn wohl als einen Kreuzfahrer vor den Kreuzzügen ansehen. Dazu paßt auch gut, daß er mystischen Gedankengängen nicht unzugänglich war und einen asketischen Lebenswandel führte. Vielleicht suchte er dadurch die lodernde Leidenschaft niederzuhalten, die aber gelegentlich doch aus ihm herausschlug. Um Anfang Juli 960 fuhr Nicephorus, jetzt etwa 47 Jahre alt, mit seiner gewaltigen Flotte von Konstantinopel ab. Unter seinen Truppen befanden sich neben den damals sehr geschätzten Armeniern auch russische, d. h. skandinavische Söldner, die durch ihren hohen Wuchs Staunen erregten. Viele Schiffe waren mit Rohren versehen, um das geheimnisvolle griechische Feuer zu schleudern. Ob die Oströmer ihren ersten Sieg gleich nach der Landung oder erst etwas später errangen, steht nicht fest. Eine ihrer Abteilungen jedoch, die sich zum Futterholen zerstreut hatte, wurde völlig vernichtet. Da entschloß sich Nicephorus mit großer Kühnheit, auf die für uneinnehmbar geltende Hauptfeste der Insel, C h a n d a x , loszugehen, die südlich von Candia lag, aber völlig verschwunden ist. Da ein Sturm unmöglich gewesen wäre, schloß er sie eng ein und wehrte auch alle Entsatzversuche, die von asiatischer und afrikanischer Seite gemacht wurden, glücklich ab. Die Not in Chandax wuchs, aber auch die Belagerer erlitten seit Beginn des Winters schwere Verluste. Bringas sorgte durch strenge Maßregeln für reiche Zufuhren, um die murrenden Soldaten zu beschwichtigen. Nicephorus hatte seine Maschinen geschickt aufgestellt und ließ sie bei Beginn der guten Jahreszeit 961 spielen. Seine Mineure unterhöhlten die Mauer. Als ein Stück davon zusammenstürzte, drangen die Oströmer am 7. März wutentbrannt ein und richteten ein furchtbares Blutbad an. Ihnen fiel die Beute, die seit anderthalb Jahrhunderten von allen Küsten des Mittelmeeres dorthin geschleppt worden war, in die Hände. Die überlebenden Einwohner, besonders schöne Frauen und kräftige junge Männer, wurden gleich an die Sklavenhändler verkauft, die den Heeren zu folgen pflegten 1 ). Dann wurde die Burg geschleift und auf einer nahen Anhöhe eine neue, oströmische erbaut. Fast acht Monate hatte die Belagerung gedauert, sie zählt zu den bedeutendsten Kriegsereignissen der Zeit. Kreta gehörte fortan den Oströmern2). Der Insel wegen waren die besten oströmischen Truppen aus ihren Standorten in Kleinasien zurückgezogen worden. Das machte sich Seif e d - d a u l a zunutze und fiel im Sommer 960 in das christliche Gebiet ein. Damals erreichte seine3) Machtstellung ihren Höhepunkt. Ohne durch die schwachen Truppen des Leo Phokas gehindert zu werden, nahm er die Bergfeste Charsanum unweit des Euphrat, nördlich von Samosata, J ) Mez S. 152. — *) Weil 3, S. 17. Müller 1, S. 573. Hirsch, Byz. Studien S. 307. Schlumberger, Nie. S. 30, 36, 53, 74 mit dem Tage. — 3 ) Leonhardt S. 12. Schlumberger, Nie. S. 111, 113.

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u n d zerstörte sie ebenso wie andere benachbarte Burgen. Beutebeladen u n d übermütig geworden, kehrte er im November 960 heim, als er in den Engpässen des Taurus von Leo überfallen wurde. Leben und Freiheit verdankte er n u r einem christlichen Renegaten, der ihm das eigene P f e r d überließ. Seine Verluste an Toten u n d Gefangenen waren sehr beträchtlich 1 ). Wohl im Sommer 961 konnten die Brüder Nicephorus und Leo sich in Konstantinopel als Sieger feiern lassen. Dadurch erregten sie natürlich sofort den tiefen Argwohn Bringas', der u m seinen eigenen Einfluß im Reiche besorgt wurde und daher den Nicephorus schon im Herbst desselben Jahres wieder mit dem Oberbefehl in Kleinasien betrauen ließ 2 ). Nach genügenden Vorbereitungen stellte sich der Eroberer von Chandax die erste Aufgabe, Zilizien den Arabern zu entreißen, u m d a n n den Weg nach Syrien frei zu haben. I m J a n u a r 962 setzte er sich mit einem sehr starken Heere in Bewegung und betrat Ende des Monats das durch künstliche Bewässerung äußerst fruchtbare, einem Garten gleichende Land. Ehe die Araber sich zu ernsthaftem Widerstande h a t t e n aufraffen können, n a h m er eine S t a d t nach der andern ein, gemäß einer arabischen Quelle angeblich in 22 Tagen 55 befestigte Plätze 3 ). I m m e r h a t t e er persönlich in der vordersten Reihe gestanden, ohne die höheren Pflichten des Feldherrn zu vernachlässigen. Nachdem er dann noch den Emir von Tarsus, I b n Alzajjat, der sich ihm k ü h n entgegenwarf, völlig geschlagen h a t t e , kehrte er zunächst u m und feierte Ostern (30. März 962) in Cäsarea (Kaisarije), der alten H a u p t s t a d t Kappadoziens. Vielleicht t a t er es hauptsächlich aus politischen Gründen, u m leichter Fühlung mit seinen Freunden in der H a u p t s t a d t zu nehmen, die ihn über die wohl schon damals schwache Gesundheit des jungen Kaisers Romanus I I . unterrichteten. I m Herbst 962 rückte er abermals ins Feld u n d n a h m Richtung auf Aleppo. Die starke Festung Anazarba (Anawarza, sw. Marasch) ergab sich ihm, wurde dann aber doch ausgeraubt u n d die Bevölkerung gezwungen, in Todesangst ihre Wohnungen zu verlassen 4 ). Ende November oder Anfang Dezember zog das oströmische Heer durch einen der Amanuspässe 5 ) und eilte dann in der syrischen Ebene rasch auf A l e p p o los. Keine Burg leistete ihm nachhaltigen Widerstand. Vollkommen überrascht, setzte Seif ed-daula, ohne den Mut zu verlieren, seine H a u p t s t a d t , das alte Beröa, so gut es in der kurzen Zeit möglich war, in Verteidigungszustand u n d entschloß sich, den heftigen Stoß der Sieger darin aufzufangen, hoffte allerdings auch noch, d a ß sein Unterfeldherr Nagja jenen in den Rücken fallen würde. Aber das ge') Leonhardt S. 13. Schlumberger, Nie. S. 114 u. Ép. 1, S. 407. >) Leonhardt S. 14. Schlumberger, Nie. S. 124. — ') Leonhardt S. 15. Schlumberger, Nie. S. 131, 4 152, 157. — ) Leonhardt S. 17. Schlumberger, Nie. S. 160, 345 Anm. 1. Enz. Islam 1, S. 225. — s ) Schlumberger, Nie. S. 167.

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schah nicht. Seifs Leute waren zuchtlos, in keiner Hinsicht mit den geschulten Kriegern des Nicephorus zu vergleichen. So erfüllte sich das traurige Schicksal der Stadt. Die Oströmer, unter denen sich, wie auch sonst, J o h a n n Tzimisces auszeichnete, erstürmten sie und legten Feuer an. I m letzten Augenblick h a t t e der Emir sich noch retten können (23. Dezember 962). Das Gemetzel wird als besonders fürchterlich geschildert. Die ungeheure Beute m u ß t e großenteils verbrannt werden, weil es an Tragtieren fehlte, u m sie fortzuschaffen. Es war ein ganz außerordentlicher, noch nie dagewesener Erfolg der Oströmer 1 ), wenn sie auch die eigentliche Festung nicht nehmen konnten. Nach acht Tagen kehrten sie in ihr eigenes Gebiet zurück. Vergegenwärtigt m a n sich die Einzelheiten, so bewundert m a n die starken K r ä f t e , die in dem vielgeschmähten Reiche noch schlummerten, allerdings bedeutender Männer b e d u r f t e n , u m ihre Wirkung zu t u n . Aber auch der Hamdanide verdient t r o t z seiner Niederlage eine sehr ehrenvolle Erwähnung. Da bekam Nicephorus die k a u m erwartete K u n d e vom Tode R o m a n u s ' I I . , der, 24 J a h r e alt, am 15. März963 gestorben war, wie man annehmen muß, infolge von Überanstrengung auf der J a g d , die er leidenschaftlich liebte 2 ). Auch diesmal war von einer Vergiftung durch Theop h a n u die Rede, aber es lohnt sich nicht, sich mit diesem Gerücht näher zu befassen. E r hinterließ aus seiner zweiten Ehe eben mit Theophanu drei Kinder: Basilius II., wahrscheinlich 958, und Konstantin V I I I . , 960 oder 961 geboren, sowie eine a m 17. März 963 geborene Tochter Anna 3 ). Romanus h a t t e auf dem Totenbette verfügt, daß seine Witwe mit Hilfe des Bringas die Regentschaft f ü r ihre unmündigen Kinder führen, Nicephorus aber unter allen Umständen den Oberbefehl in Kleinasien behalten sollte. Bringas fürchtete vor allem den R u h m des siegreichen Feldherrn und h ä t t e ihn am liebsten gewaltsam aus dem Wege geräumt, wenn er nicht mit einem Aufstande in der H a u p t s t a d t h ä t t e rechnen müssen, wo jener mit den erbeuteten Kostbarkeiten u n d Reliquien einen glänzenden Triumph feierte 4 ). Wahrscheinlich bestanden schon jetzt enge Beziehungen zwischen Nicephorus u n d Theophanu, die aus kluger Berechnung zunächst geheim bleiben sollten. F ü r ihn setzte sich der Feind des Bringas, der Patriarch Polyeukt, lebhaft ein. Nach viel Aufregung u n d Unruhe b e k a m Nicephorus seinen Oberbefehl wieder bestätigt und ging im Mai 963 zum Heere nach Kleinasien, anscheinend, u m Seif ed-daula völlig niederzuwerfen 5 ). Bringas wandte sich an zwei andere treffliche Generäle armenischer H e r k u n f t auf dem dortigen Kriegsschauplatz, Romanus K u r k u a s , Sohn J o h a n n s II., u n d dessen schon b e r ü h m t e n Neffen, J o h a n n Tzimisces 6 ). Leonhardt S. 18, 24. Schlumberger, Nie. S. 187,194. Müller 1, S. 574. — 2 ) Köpke S. 421. Leonhardt S. 27. Schlumberger, Nie. S. 203. — ») Schlumberger, Nie. S. 123, 206 u. £ p . 1, S. 4, 328 Anm. 2; 2, S. 620. Vgl. oben S. 130. — *) Leonhardt S. 27. Schlumberger, Nie. S. 214. — s ) Leonhardt S. 29. Schlumberger, Nie. S. 221. — «) Schlumberger, Nie. S. 224. Vgl. oben S. 45.

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Er bot ihnen hohe militärische Stellen an, falls sie Nicephorus auf die eine oder die andere Weise unschädlich machen wollten. Sie enthüllten diesem aber, sei es aus kameradschaftlichem Gefühl, sei es aus kluger Berechnung, den arglistigen Anschlag des Eunuchen und drängten ihn, sich gleich vom Heere zum Kaiser ausrufen zu lassen. Das geschah dann am 3. Juli 963 zu Cäsarea in Kappadozien, nicht etwa, um die rechtmäßigen Kaisersöhne zu entthronen, sondern im Gegenteil, um sie von der drückenden Anmaßung Bringas' zu befreien 1 ). Dieser verlor die Fassung nicht, obwohl die Dinge eine für ihn so gefährliche Wendung nahmen. Er traf alle notwendigen Maßregeln, um Konstantinopel zu verteidigen, und erklärte, als am 9. August die Vorhut des neuen Kaisers jenseits des Bosporus in Sehweite erschien, alle Anhänger der Phokas für vogelfrei. Dadurch reizte er das Volk nur aufs äußerste. In wildem Aufruhr erhob es sich zugunsten des Nicephorus und fand einen geschickten Führer in der Person des Eunuchen Basilius, eines natürlichen Sohnes Romanus' I., den man Basilius den Bastard zu nennen pflegt. Der Hafen wurde erstürmt und die darin liegende Flotte an das andre Ufer gebracht. So konnte N i c e p h o r u s am 16. August in die vom Pöbel verwüstete Hauptstadt einziehen und wurde am selben Tage von Polyeukt in der Hagia Sophia gekrönt, um für die kleinen Kaiser zu regieren2). Bringas hatte sich in Sicherheit gebracht und Theophanus Regentschaft ein jähes Ende gefunden. Nicephorus, der jetzt tatsächlich der alleinige Herr des Reiches war, verbannte sie sogar in ein festes Schloß und lebte einige Wochen lang im Palast wie ein Einsiedler. Sobald er aber glaubte, die öffentliche Meinung genügend beruhigt zu haben, warf er die Maske ab und heiratete die schöne Witwe am 20. September 963, trotz aller entgegenstehenden kirchlichen Bestimmungen 3 ). Er war jetzt etwa 50, sie 22 Jahre alt 4 ). Inzwischen hatte gleich nach dem Abzüge der Oströmer von Aleppo Seif ed-daula5) die Stadt wieder besetzt, und, so gut es ging, aufgebaut. Durch die letzten Mißerfolge nicht abgeschreckt, unternahm er kühne Beutezüge auf feindlichem Gebiet und hätte noch viel mehr Schaden anrichten können, wenn er nicht seinen Kräften zu viel zugemutet hätte und schwer erkrankt wäre. Das machte sich sein früher genannter Unterfeldherr Nagja 6 ) zunutze, raubte das reiche Harran, das alte Carrhä (sö. Edessa), aus, um sich Geld zu verschaffen, und versuchte dann, den Emir und namentlich dessen Sohn und vermutlichen Nachfolger in seine Gewalt zu bringen. Doch gelang ihm das nicht. Die Gattin Seifs leistete dem Verräter unerschrocken Widerstand, und viele seiner Anhänger wandten sich bald wieder von ihm ab, als sie hörten, daß Seif ihn abgesetzt habe (Mai-Juni 963) 7 ). *) Leonhardt S. 29. Schlumberger, Nie. S. 224. Dölger 1, Nr. 695. — ' ) Leonhardt S. 31. Schlumberger, Nie. S. 236, 239, 292. — 3 ) Leonhardt S. 32. Schlumberger, Nie. S. 298. — 4 ) Diehl, Figures 1, S. 225. — 5 ) Vgl. oben S. 126. — « ) Vgl. oben S. 132. — ') Leonhardt S. 33. Schlumberger, Nie. S. 323.

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Jetzt eröffnete auch Tzimisces die Feindseligkeiten und belagerte Missisa, das alte Mopsuhestia und heutige Misis (ö. Adana), mit aller Macht, konnte es aber auch dann nicht bezwingen, als er die zum Entsatz heranrückenden Feinde nach blutigstem Ringen zusammengehauen hatte. Eine schlimme Hungersnot hemmte während des Sommers 963 die Kriegführung, und erst im September stieß Tzimisces gegen Adana (ö. Tarsas) vor, auch diesmal vergeblich.1) Zu dem starken Druck des äußeren Feindes kam für die Araber noch heftige innere Zwietracht hinzu. Der Emir al-omara des Abbasidenchalifen, der Bujide Mois ed-daula 2 ), hielt den Zeitpunkt für gekommen, um die beiden unabhängig gewordenen Emirate von Mossul unter Nasir ed-daula und von Aleppo unter Seif ed-daula zu unterwerfen. Doch gelang es dem Geschick Nasirs, mit dem Verzicht auf Nisibis (Nisibin) und der Zahlung einer Geldsumme sich Mossul zu sichern und Frieden zu bekommen (964)3). Insofern war die Lage für Ostrom ganz günstig. Nicephorus wollte das, was er als Feldherr begonnen hatte, als Basileus zum guten Ende führen. Nach gründlichen Vorbereitungen ging er im Juli 964 wieder über die Grenze Ziliziens. Den Kern seines Heeres bildeten diesmal anscheinend Armenier und Georgier, auch befanden sich darin Fußsoldaten, die von Venedig und Amalfi gestellt wurden. 4 ) Er errang Erfolg über Erfolg, doch darf man bei der Schilderung der Einzelheiten nicht übersehen, daß es schon den Zeitgenossen schwer fallen mußte, die verschiedenen Kriegszüge, bei denen immer dieselben Ortsnamen wiederkehrten, auseinanderzuhalten. Anazarba, das die Araber nach 9625) wieder besetzt haben mußten, Adana, das aus der Geschichte Alexanders des Großen bekannte Issus, und viele andere Festen wurden wohl im Laufe des Jahres von dem oströmischen Heer bezwungen6). Nicephorus hatte es hauptsächlich auf Tarsus und Missisa abgesehen und weigerte sich, den Einwohnern die Bedingungen zu gewähren, unter denen sie ihre Unterwerfung anboten: oströmische Verwaltung, jährlicher Tribut, dafür aber Schutz von Leben und Eigentum. Der Glaubenshaß, der die Kriegführenden entzweite, und die Raublust der Söldner, die sich ihre Beute keinesfalls entgehen lassen wollten, machten die Kriegsführung so grausam. Am 14./15. Juli 965 fiel Missisa, nachdem sich die durch Hunger und Pest erschöpften Einwohner auf Gnade und Ungnade ergeben hatten. Viele wurden getötet, die übrigen ausgesiedelt7). Inzwischen hatte Leo Phokas, der Bruder des Basileus, das stark befestigte Tarsus eng eingeschlossen. Als das Hauptheer unter Nicephorus eintraf, im August 965, ergab sich ihm die hungernde Stadt. *) Leonhardt S. 34 mit der Zeit. Schlumberger, Nie. S. 327, 329. — 2 ) Vgl. oben S. 126. — s ) Leonhardt S. 35. Schlumberger, Nie. S. 329. — 4 ) Leonhardt S. 36. Schlumberger, Nie. S. 313, 331, 340, 344. — 6 ) Vgl. oben S. 132. — •) Leonhardt S. 36. Schlumberger, Nie. S. 345, 393. — ') Leonhardt S. 37. Schlumberger, Nie. S. 386, 399.

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Aber es erging ihr doch besser als Missisa. Die Einwohner m u ß t e n zwar alle auswandern, erhielten aber Schutz gegen Gewalttaten. Einigen armenischen Söldnern, die sich doch an arabischen F r a u e n vergriffen h a t t e n , wurden zur Strafe die H ä n d e und die Nasen abgeschnitten. Tarsus selbst wurde verschont, die große Moschee allerdings in einen Stall verwandelt, wie das mit unzähligen christlichen Kirchen zur Zeit der arabischen Eroberung geschehen war 1 ). Z i l i z i e n gehörte fortan den Oströmern. Tarsus, Adana und Missisa eröffneten ihnen den Weg nach Syrien. F ü r Ruhe u n d Ordnung sowie f ü r Lebensmittelzufuhr in den eroberten Gebieten wurde alles mögliche getan. Recht willkommen m u ß t e auch der Gewinn von Zypern sein, das im Winter 964 auf 965 den Arabern entrissen wurde 2 ), die es seit 649 besaßen 3 ). Der Besitz der schönen Insel zusammen mit dem K r e t a s h ä t t e das Kaiserreich der Herrschaft über das Mittelmeer wesentlich näher bringen können, wenn es nicht auf S i z i l i e n einen empfindlichen Rückschlag erlitten hätte. Schon a m 24. Dezember 962 war Taormina, das nach der ersten arabischen Eroberung von 902 4 ) wieder christlich geworden war 5 ), nach einer Belagerung von sieben u n d einem halben Monat endgültig in die Hände der von Afrika aus unterstützten sizilischen Sarazenen gefallen. Die Sieger wollten jede Erinnerung an die Vergangenheit auslöschen, enteigneten alle christlichen Grundbesitzer u n d n a n n t e n die Stadt zu Ehren des fatimidischen Chalifen Moezzia 6 ). Nur e i n Platz auf der Insel bewahrte noch seine Unabhängigkeit, das war R o m e t t a (Rametta), eine unzugängliche Felsenburg in der Nordostecke südwestlich von Messina. Dort h a t t e mancher Freiheitskämpfer eine Zuflucht gefunden. Als die Araber unter einem aus Afrika gekommenen General am 23. August 963 die Belagerung begannen, baten die Einwohner den Basileus, der sich längst der schimpflichen Tributzahlung an die Ungläubigen entledigen wollte, u m Hilfe. E r wollte sehr gern eingreifen, übertrug aber mit einem auffallenden Mangel an Scharfblick ganz ungeeigneten Persönlichkeiten den Oberbefehl des Unternehmens, dem viel zu jungen Patricius Manuel u n d dem K a m m e r h e r r n und Eunuchen Nicetas. Wahrscheinlich glaubte er, keinen seiner bewährten Kampfgenossen in Asien entbehren zu können. Es vergingen lange Monate, ehe sich eine vortrefflich ausgerüstete Flotte von Konstantinopel in Bewegung setzte, doch hielt sich R o m e t t a t a p f e r . Nach Mitte Oktober 964 landeten die Oströmer, eroberten ohne Mühe Messina, Termini, Taormina, Syrakus und andere Städte. Manuel eilte tollkühn mit dem Hauptteil der Reiterei nach R o m e t t a u n d lieferte am 25. Oktober 964 in einer engen Gebirgsschlucht den aus Afrika gut verstärkten BeLeonhardt S. 39. Müller 1, S. 574. Schlumberger, Nie. S. 394, 408. Vasiliev 1, S. 375. — 2 ) Schlumberger, Nie. S. 387. — 3 ) Cartellieri 1, S. 102. — 4 ) Cartellieri 1, S. 367. — «) Amari 2, S. 148. — «) Amari 2, S. 257. Müller 2, S. 618. Gay S. 290.

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lagerern ein mörderisches Gefecht. E r selbst fiel, die meisten seiner Leute k a m e n um, wenige retteten sich durch die Flucht. Damit war das Schicksal der Burg besiegelt, Anfang J a n u a r 965 wurde sie erstürmt u n d gem ä ß der damaligen Kriegssitte behandelt. I n kurzer Zeit brachten die Sieger alle verlorenen Städte wieder in ihren Besitz und vernichteten die oströmische Flotte unter dem unfähigen Nicetas in der Meerenge von Messina. I m Lager vor Missisa empfing der Basileus vor Mitte Juli die Trauerkunde 1 ). I m Augenblick war nichts zu machen, Ostrom besaß keinen Fußbreit Landes mehr auf Sizilien. Was das f ü r Unteritalien bedeutete, braucht nicht erst dargelegt zu werden. Noch lockte die Eroberung S y r i e n s . I n der dortigen H a u p t s t a d t Antiochia war ein gefährlicher Aufstand gegen die Herrschaft des Seif ed-daula ausgebrochen. An die Spitze stellte sich der frühere Emir von Tarsus Raschik Almasini und ging auf Aleppo los, das der immer noch k r a n k e Seif ed-daula nicht selbst verteidigen konnte. E r n a h m die S t a d t auch am 29. Oktober 965, nicht aber die Burg, in der Seifs Statthalter Kargujah sich behauptete. Dieser machte a m 8. Februar 966 einen glücklichen Ausfall. Raschik wurde vertrieben u n d erschlagen. Bei dem Versuch aber, auch Antiochia zur Ordnung zu bringen, scheiterte Karg u j a h , sein Heer ging zu den Aufständischen über, die jetzt auch Aleppo mit der Burg in Besitz nahmen. Aber n u r f ü r kurze Zeit. Denn als Seif ed-daula selbst kam, errang er vor der S t a d t einen vollen Sieg u n d gebot bald von neuem sowohl über Aleppo als über Antiochia 2 ). Diese Fehden m u ß m a n kennen, u m zu ermessen, wie tief die Verteidigungskraft Syriens gesunken war. Um auch über die Grenzen dieses Landes hinaus Schrecken zu verbreiten und gleichzeitig Mittel f ü r die weiteren K ä m p f e zu bekommen, u n t e r n a h m Nicephorus 966 einen großen Plünderungszug nach Mesopotamien bis vor Amida (Diar Bekr) am rechten Ufer des oberen Tigris, das zur Zeit Beiisars wichtige Dara 3 ) und Nisibis, konnte die Plätze aber nicht erobern u n d m u ß t e umkehren, da überall der heilige Krieg gegen ihn gepredigt wurde. D a n n warf er sich auf die Umgegend von Aleppo und forderte, wenn auch vergeblich, Antiochia zur Übergabe auf 4 ). Wenn am 25. J a n u a r 967 der Emir S e i f e d - d a u l a , n u r über 50 J a h r e alt, in Aleppo seinen Leiden erlag, so bedeutete das alles in allem einen Vorteil f ü r die oströmischen Eroberungspläne. Auch vom K r a n k e n b e t t aus h ä t t e er dank seiner feurigen T a t k r a f t die Gegenwehr verlängern können. Als unermüdlicher, heldenkühner, ritterlicher Vorkämpfer seines Glaubens u n d seines Volkes, als F r e u n d von K u n s t u n d Wissenschaft h a t er sich einen unvergänglichen N a m e n gemacht 5 ). Amari 2, S. 259,273. Schlumberger, Nie. S. 361, 379. Gay S. 290. — l ) Leonhardt S. 41. Schlumberger, Nie. S. 425. — ') Cartellieri 1, S. 55. — 4 ) Leonhardt S. 45. Schlumberger, Nie. S. 429, 433. — 5 ) Leonhardt S. 43. Müller 1, S. 574. Schlumberger, Nie. S. 432. Enz. Islam, Lief. B, S. 79.

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In demselben Jahre (967) wurde Seifs Bruder Nasir ed-daula von seinem eigenen Sohne Abu Taglib gefangen genommen und starb 969, ohne die Freiheit wieder erlangt zu haben 1 ). Ziehen wir die Summe aus den vorstehenden Darlegungen, so sehen wir, daß die Lage im Morgenlande sich folgendermaßen kurz zusammenfassen läßt: Auf der einen Seite starke militärische Kraftentfaltung Ostroms, das Zypern und Kreta genommen, Sizilien freilich vollständig verloren, dafür aber in Kleinasien und Syrien bedeutende Erfolge erzielt hat; auf der andern Seite eine tiefgreifende Zersetzung der arabischen Reiche, die sich untereinander auf das heftigste bekämpften und nicht im entferntesten daran dachten, etwa gemeinsam einen Wall gegen die vordringenden Christen zu bilden. Was aber im Mittelmeer und am Taurus geschah, wirkte mittelbar auf Italien und durch Italien auf Deutschland. Nur die weltgeschichtliche Betrachtung eröffnet ein tieferes Verständnis des räumlich getrennten Geschehens. Weil 3, S. 6. Müller 1, S. 569.

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ZWEITES K A P I T E L .

OTTOS I. KÄMPFE MIT OSTROM. (967—970.) Ob Kaiser O t t o I. zu Anfang des Jahres 967 schon fest umrissene Aufgaben vor sich sah, wissen wir nicht. Wenn er die Vertreibung der Sarazenen aus Unteritalien und aus Sizilien ins Auge faßte, so wußte er wohl, daß dasselbe Ziel auch dem oströmischen Basileus vorschwebte. Ein Bündnis zwischen den beiden Kaiserstaaten wurde dadurch verhindert, daß Otto I. Unteritalien gewinnen und Nicephorus es nicht aufgeben wollte1). Man begreift es sehr wohl, daß Otto, um sich größere Klarheit zu verschaffen, zunächst einen Abstecher nach dem Süden machte. Dabei beriet ihn Fürst Paldolf I. von Capua und Benevent 2 ), eine bedeutende Erscheinung aus dem Kreise der kleinen Machthaber in jenen gesegneten, aber staatlich so stark zerrissenen Landen. Paldolf I., genannt Eisenkopf, ein Sohn Landolfs II. (f um 961), ein Enkel Landolfs I. (f 943) 3 ), hatte sich schon durch die Unterstützung, die er dem kaiserlichen Papst Johann X I I I . gewährte, hervorgetan und war dafür durch die Markgrafschaft Spoleto und Camerino belohnt worden. Mutig und klar machte er dem Schaukelspiel zwischen Westen und Osten, wie es in Benevent früher beliebt gewesen war, ein Ende und schloß sich eng an Deutschland an. Er geleitete Otto nach Capua und weilte am 13. Februar 967 bei ihm in Benevent 4 ). Mitte April 967 hielt Otto in Ravenna, wo er sich zweifellos sehr wohl fühlte und gerne längere Zeit weilte, eine Synode und einen Reichstag, bedeutsam dadurch, daß hier das enge Einvernehmen der beiden Häupter der Christenheit deutlich bekundet wurde 5 ). Der Kaiser gab dem Papst Stadt und Gebiet von Ravenna sowie anderen lang entfremdeten Besitz, besonders Römisch-Tuszien und die Pentapolis, zurück, traf aber gleichzeitig Maßregeln, aus denen hervorgeht, daß er sich die Oberhoheit durchaus vorbehielt. Man kann es so ausdrücken, daß auch in diesem Falle die Kirche zum Besten des Reiches beschenkt wurde. ») Schlumberger, Nie. S. 483. — s ) Uhlirz S. 13. Gay S. 296, 299. Schipa S. 118. — s ) Gay S. 230. — 4 ) Köpke S. 414. Regg. sächs. 441 a, b, 442. Hartmann 4 , 1 , S. 19. — *) Köpke S. 315. Regg. sächs. 443 b. Hartmann 4, 1, S. 20.

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Der Papst wieder rühmte in seiner Urkunde vom 20. April 967 *) auch aus Ravenna die Verdienste des Kaisers in lauten Tönen und be-

z e u g t e , d a ß O t t o als omnium

augustorum

augustissimus

imperator

und

dritter nach Konstantin die römische Kirche am meisten erhöht habe. Ravenna erinnerte an Pippin 2 ) und an den vor wenig mehr als 200 Jahren geknüpften Bund zwischen fränkischer kriegerischer K r a f t und römischer Kirchlichkeit. Das Lob des Kaisers als des dritten Wohltäters der Kirche nach Konstantin weckte das Gedächtnis des großen Kaisers Karl. Der Inhalt der Urkunde brachte den Lieblingsplan Ottos, die Errichtung eines Erzbistums in M a g d e b u r g 3 ) , der Ausführung nahe. Johann X I I I . war also einverstanden. Noch fehlte allerdings die Zustimmung des Erzbischofs von Mainz als des Metropoliten und des Bischofs von Halberstadt als des Diözesans. Otto hatte Gelegenheit, der gleichzeitigen Synode vorzutragen, was er für die Ausbreitung des Christentums unter den Slawen jenseits der Elbe unter vielen Mühen und Gefahren geleistet hatte. In Ravenna geschah es noch, daß Otto oströmische Gesandtschaften empfing, wie das schon öfters, in den Jahren 945 4 ), 949 5 ), 952 6 ) und 956 7 ) der Fall gewesen war. Während wir aber über die früheren kaum etwas wissen, wurden jetzt hervorragend wichtige Beziehungen angebahnt: jene schlugen im Namen des Nicephorus einen Friedens- und Freundschaftsbund vor. Damit war der Kaiser ganz einverstanden und hoffte, bei dieser Gelegenheit für seinen Sohn Otto II. die Hand Annas, der jetzt vierjährigen Tochter Theophanus aus ihrer ersten Ehe mit Romanus II., zu erhalten 8 ). Jedenfalls erfüllte sie als Sproß der mazedonischen Dynastie von ihrem Vater her alle Ansprüche genealogischen Ehrgeizes. Seine politischen Pläne deshalb preiszugeben, war Otto I. nicht gewillt, und wenn er versichern ließ, daß er das oströmische Reich in keiner Weise schädigen wolle, so meinte er wohl, daß Anna ihrem Gemahl Apulien und Kalabrien als Mitgift in die Ehe bringen würde. K a m es aber zu Feindseligkeiten, so mußten ihm die V e n e t i a n e r als Bundesgenossen oder zum mindesten als Neutrale willkommen sein. Deshalb bestätigte er ihnen am 2. Dezember 967 gemäß älteren Verträgen alle innerhalb seines Reiches gelegenen Besitzungen sowie verschiedene handelspolitische und dem Verkehr förderliche Bestimmungen, wofür sie den früher festgesetzten Tribut von 25 Pfund Paveser Denaren zu entrichten hatten 9 ). l ) Köpke S. 416, 419. Regg. sächs. 447. — 2 ) Cartellieri 1, S. 159 u. sonst. — «) Brackmann, Ostpolitik S. 248. Vgl. oben S. 115. — 4 ) Vgl. oben S. 75. — 5 ) Regg. sächs. 174a. Dölger 1, Nr. 659. — •) Regg. sächs. 217a. — ') Regg. sächs. 241a. Dölger 1, Nr. 664. — 8 ) Köpke S. 420. Regg. sächs. 450 a, 461a. Schlumberger, Nie. S. 123, 487. Dölger 1, Nr. 709. Vgl. oben S. 133. — •) Const. 1 Nr. 14, 15; DD. 1, Nr. 350, 351. Regg. sächs. 459, 460. Köpke S. 428. Kretschmayr 1, S. 112. Bresslau, Yen. Studien S. 83. Kehr, Rom u. Yen. S. 72 Anm. 1. Cessi, Pacta 1, S. 25.

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Um die bei der bekannten Überhebung der Basileis vorauszusehenden Schwierigkeiten zu verringern, erhöhte Otto den Rang seines Sohnes, soweit das überhaupt möglich war, und ließ ihn am Weihnachtstage, dem25.Dezember 967, in St.Peter zuRom von J o h a n n X I I I . z u m K a i s e r krönen 1 ). Die wandelbare Menge kargte nicht mit lauten Beifallsbezeugungen, die sich dadurch leichter erklären lassen, daß die kaiserfeindliche Partei durch die letzten scharfen Maßregeln unschädlich gemacht worden war 2 ). Otto glaubte gern, was er wünschte, und unterschätzte in seinem Bewußtsein, völlig gleichberechtigter römischer Kaiser zu sein, die Zähigkeit, mit der man in Konstantinopel an dem Gedanken des e i n e n römischen Reiches m i t Italien festhielt. Er ging wieder wie im Jahre vorher nach Capua und schickte von hier am 28. Januar 968 einen Brief an seine sächsischen Getreuen, der uns, was leider so selten vorkommt, einen Einblick in den diplomatischen Geschäftsverkehr der Zeit gestattet 3 ). Er betonte darin unter Hinweis auf die hochgestellten oströmischen Gesandten seine friedlichen Absichten und meinte, keinesfalls würden es die Oströmer wagen, ihn mit Krieg zu überziehen. Er hoffe, schon im Frühjahr die ersehnte Braut für seinen Sohn zu bekommen. Dann wolle er in Fraxinetum die Sarazenen vernichten 4 ). Käme keine Einigung zustande, so würden die Oströmer Apulien und Kalabrien, das sie bisher besessen hätten, herausgeben müssen. Tatsächlich war es eine Schande für das christliche Abendland, daß den Räubern in der Provence immer noch nicht das Handwerk gelegt war. Auch im fernen Süden verlor der Kaiser die nordischen und insbesondere die sächsischen Dinge keinen Augenblick aus den Augen. In demselben Briefe schrieb er weiter, daß, wenn die Redarier, wie er gehört habe, eine schwere Niederlage erlitten hätten, sie keinen Frieden erhalten sollten. Die Empfänger wüßten ja, wie oft jene die Treue gebrochen und welch schlimme Untaten sie begangen hätten. Man solle alle Kraft anwenden, um sie auszurotten und damit ein Ende zu machen. Sei es nötig, wolle er selbst gegen sie ziehen. Aber zu dem befohlenen Vernichtungsfeldzuge kam es nicht. Die mit dem Volke in Werla versammelten sächsischen Großen entschlossen sich, den Frieden mit den Redariern zu erhalten, weil sie meinten, daß ihnen Krieg mit den Dänen drohe und ihre Streitkräfte gegen beide Feinde zugleich nicht ausreichen würden 5 ). Inzwischen hielt es Otto für das beste, Ostrom seine militärische Überlegenheit recht deutlich zu zeigen. Im März 968 konnte er über Benevent nach Apulien marschieren und es rücksichtslos verheeren, ') Uhlirz S. 9. Regg. sächs. 463 b. Bäseler S. 41. H a r t m a n n 4, 1 S. 22. Becker, Königtum S. 8. — s ) Vgl. oben S. 116/117. — s ) Widukind 3, K a p . 70. Regg. sächs. 467. Schramm, Kaiser S. 428. Erben, Kriegsgesch. S. 42, 47 gegen die Echtheit. — ') Vgl. oben S. 36. — ») Widukind 3, K a p . 70. Köpke S. 435. Regg. sächs. 467. Biereye, Untersuchungen 46, S. 17. Hauck 3, S. 88. Vgl. oben S. 34, 51.

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allerdings nicht das feste B a r i nehmen 1 ), das 100 J a h r e vorher (871) erst dem gemeinsamen Angriff der F r a n k e n und der Oströmer erlegen u n d seit 887/888 endgültig oströmisch geworden war 2 ). An sächsischen, schwäbischen, bayerischen und zahlreichen italienischen Kriegern fehlte es ihm nicht, die Kaiserin und der neue Mitkaiser befanden sich im Lager, aber ohne Flotte war nichts zu machen, u n d so wurde der ruhmlose Rückzug nach Norden angetreten. Der wohl gänzlich unerwartete Widerstand, den Otto vor den Mauern Baris fand, riß ihn u n s a n f t aus seiner Siegeszuversicht u n d zeigte ihm, d a ß er nicht gleichzeitig in einem Lande, das Ostrom als rechtmäßigen Besitz ansah, Krieg führen und ein Bündnis erstreben könne. Wollte er das letztere, so m u ß t e er irgendwelche Zugeständnisse machen. So stellte ihm Bischof Liudprand von Cremona die Lage dar, u n d dieser ging j e t z t mit bindender schriftlicher Vollmacht als Gesandter nach Konstantinopel 3 ). Erreichte er nichts, so k o n n t e er sich wenigstens an Ort u n d Stelle über die politischen Ziele u n d die militärischen Hilfsmittel des östlichen Reiches unterrichten u n d damit den Plänen Ottos eine festere Grundlage geben. U m 920 geboren 4 ), langobardischer H e r k u n f t , aber ganz romanisiert, am Hofe König Hugos zu Pavia ausgebildet, t r a t L i u d p r a n d später in den Dienst König Berengars I I . u n d wurde von ihm 949 an den Hof von Konstantinopel geschickt. Auf diese Weise bekam er die im Abendlande seltene Gelegenheit, griechische Sprache u n d Sitte kennenzulernen. Mit Berengar aus nicht klar ersichtlichen, vielleicht finanziellen 5 ) Gründen entzweit, suchte er 956 den Hof des deutschen Königs auf und gewann allmählich durch seine Weltkenntnis, Gewandtheit u n d umfassende Bildung dessen volles Vertrauen. Gegen E n d e 961 Bischof von Cremona geworden, stand er mitten in den Geschäften der Reichsregierung, wobei es ihm sehr zustatten kommen m u ß t e , d a ß er an einem großen Werk über die Zeitgeschichte, der Antapodosis, d. h. der „Vergeltung", arbeitete und also immer gleich in der Lage war, die F ä d e n einer weiter zurückreichenden Politik bloßzulegen. I h n zeichnet gerade das aus, was anderen Geschichtsschreibern des J a h r h u n d e r t s vollständig f e h l t : das politische Gefühl, die scharfe Beobachtungsgabe u n d die witzige, gern boshafte, gewissen Personen gegenüber auch gehässige Ausdrucksweise. Seine stark betonte Subjektivität ist es, die seine Schriften immer wieder anziehend macht, mag man auch annehmen, daß er hier u n d da eher eine K a r i k a t u r als ein wahrheitsgetreues Bild zeichnet. Über seine Gesandtschaft h a t er uns einen Bericht hinterlassen 6 ), in dem die erwähnten Eigenschaften besonders deutlich hervortreten. Köpke S. 432, 436. Regg. sächs. 467, 468. Schlumberger, Nie. S. 489, 553. — ) Vgl. Cartellieri 1, S. 310, 330, 348. — ») Köpke S. 437. Regg. sächs. 468 e. Schlumberger, Nie. S. 492. Gay S. 305. Hartmann 4, 1 S. 24. Schramm, Kaiser S. 433. — ') Becker, Einl. zu der Ausgabe. Manitius 2, S. 166. — 6 ) Segre S. 448. — •) Liudprand, Leg., dazu Beckers Einleitung S. X X I I . 2

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Man k a n n sehr viel daraus lernen, wenn m a n sie richtig zu werten vers t e h t u n d nicht am Worte klebt. Welch tiefe K l u f t Abendländer u n d Morgenländer trennte, wie wenig sie sich gegenseitig verstanden u n d schätzten, wie gern u n d wie lieblos sie sich verunglimpften, ohne jemals d a r a n zu denken, daß sie als Christen eine einheitliche F r o n t gegen den I s l a m h ä t t e n bilden sollen, entnehmen wir dem Schicksale Liudprands in Konstantinopel. A m 4. J u n i 968 traf er dort ein 1 ). U m die Stimmung, die er a m Hofe v o r f a n d , richtig zu verstehen, m u ß man wissen, d a ß f ü r N i c e p h o r u s I I . damals gerade sehr ernste Verwicklungen mit den Russen wegen der bulgarischen Angelegenheiten drohten. Mit den Bulgaren h a t t e Ostrom seit dem Frieden von 927 2 ) keinen Streit mehr gehabt, und es entrichtete pünktlich den ausbedungenen T r i b u t . An solche demütigenden Verpflichtungen h a t t e es sich j a im L a u f e der J a h r h u n d e r t e im Verkehr mit den wilden Völkern im Norden längst gewöhnt. Aber m a n begreift auch sehr gut, d a ß ein Herrscher von der Willenskraft des Nicephorus möglichst bald die lästige Fessel abstreifen wollte. Als nach den glänzenden Erfolgen in Kleinasien zu Beginn des J a h r e s 967 bulgarische Gesandte das Geld abholen wollten, gab er ihnen nicht n u r einen scharf ablehnenden Bescheid, sondern ließ sie auch vor d e m ganzen Hofe ohrfeigen 3 ). Unmittelbar nachher rückte er ins Feld. Längst empört über die Nachlässigkeit des Zaren Peter, der es versäumt habe, den Ungarn den Weg nach Thrazien zu versperren 4 ), stellte er im J u n i an der Grenze eine darauf bezügliche Forderung 5 ) u n d besetzte d a n n gleich die nächstgelegenen bulgarischen Festungen am Südabhang des Rhodope, die sich noch gar nicht im Verteidigungszustand befanden. Von weiteren K ä m p f e n in dem gebirgigen Gelände mit seinen gefährlichen Engpässen sah er aber ab und hetzte lieber durch Zahlungen die Russen in den Krieg, ohne zu ahnen, welche f u r c h t b a r e Gefahr er d a m i t f ü r seinen Nachfolger heraufbeschwor 6 ). Sein ganzes Verhalten beweist uns nicht n u r sein hoch gestiegenes Selbstgefühl, sondern auch die völlige Verschiebung in der Machtstellung Ostroms gegenüber früheren Zeiten. Wie schon gelegentlich beim Dienst russischer Söldner im oströmischen Heere erwähnt wurde, galten sie f ü r äußerst t a p f e r u n d stets z u m Losschlagen bereit. I h r junger F ü r s t S w j a t o s l a w , Sohn der Christin Olga 7 ), der aber zäh am Heidentum festhielt, h a t t e in seinem unruhigen Drange nach Abenteuern kurz vorher, wohl 963, das Reich der einst so gefürchteten Chazaren durchzogen u n d ihre H a u p t s t a d t Itil in der Nähe des l

) Köpke S. 454. Schlumberger, Nie. S. 495. Gay S. 305. — J ) Vgl. oben S. 45. Dölger 1, Nr. 694. — ') Jireöek, Bulgaren S. 185 u. Runciman, History S. 199 zu 965. Schlumberger, Nie. 456 zu 967. — 4) Vgl. oben S. 130. — 5 ) Dölger 1, Nr. 710. — •) Schlumberger, Nie. S. 461. Dölger 1, Nr. 711. Runciman, History S. 201. — ') Vgl. oben S. 129.

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heutigen Astrachan an der Wolgamündung ausgeraubt 1 ). Heimgekehrt konnte er der Lockung oströmischen Goldes nicht widerstehen und b r a c h abermals auf, u m die Donaubulgaren zu bezwingen. Vom August 968 an k ä m p f t e er glücklich gegen sie u n d n a h m eine Anzahl ihrer S t ä d t e ein, in denen er reiche Beute machte 2 ). Da wurde er dringend zurückgerufen, weil die a m unteren D n j e p r sitzenden Petschenegen, ein Volk türkischen Ursprungs 3 ), von Ostrom aufgestachelt worden waren, seine Abwesenheit zu benutzen u n d die Großfürstin Olga in Kiew zu belagern. N u r mit Mühe gelang es russischen T r u p p e n , die Stadt zu entsetzen. D a n n eilte Swjatoslaw selbst herbei u n d trieb den Feind so weit zurück, d a ß nichts mehr zu befürchten war 4 ). Deutlich erkennt man die Hinterhältigkeit der oströmischen Politik, die eines der wilden Völker gegen das andere ausspielte, u m keines übermächtig werden zu lassen. J e t z t erkannte aber auch Nicephorus, welchen großen Fehler er dadurch begangen h a t t e , daß er die Russen auf die Balkanhalbinsel lockte, und suchte ihn mit einer Entschlossenheit wieder gut zu machen, die ihm zu hoher Ehre gereicht. E r schickte hochgestellte Gesandte zum Zaren P e t e r und erinnerte ihn an die Gemeinsamkeit der Religion u n d des Vorteils. Noch 968 schloß er einen Friedens- u n d Freundschaftsvertrag ab und versprach tätige Hilfe gegen die Russen. Zum äußeren Beweis der neuen, innigen Beziehungen sollten zwei bulgarische Prinzessinnen mit den jungen Basileis verheiratet werden. Sie kamen gleich mit nach Konstantinopel, desgleichen zwei Söhne Peters, Boris I I . u n d Romanus, aber die Ehen wurden niemals vollzogen 5 ). Die Überlieferung läßt gar manchen Zweifel, u n d auch die Zeitangaben sind schwer zu vereinigen 6 ), doch würde der Zusammenhang der Ereignisse, wie er hier dargelegt wurde, gut verständlich sein. Die russische Gefahr war f ü r den Basileus u m so störender, als er umfassende Vorbereitungen f ü r die Weiterführung des Krieges gegen die Araber in Syrien traf 7 ). Dort winkte ihm der höchste R u h m , wenn es etwa gelang, bis ins Heilige Land vorzustoßen und womöglich Jerusalem den Ungläubigen zu entreißen. Daß, abgesehen von allem andern, im J a h r e 968 die Ungarn wieder einmal Raubzüge durch Thrazien unternahmen, galt als eine Plage, an die m a n sich nachgerade gewöhnt h a t t e , weil m a n wußte, d a ß sie nie lange dauerte 8 ). Unter solchen Voraussetzungen f a n d der Aufenthalt Liudprands am oströmischen Hofe s t a t t . Besondern Anstoß h a t t e hier erregt, d a ß *) Enz. Islam 2, S. 1005. Laehr, Anfänge S. 9, 61. Ostrogorsky Sp. 175 mit dem Jahr. — l ) Schiemann 1, S. 59. Jireöek, Bulgaren S. 186. Schlumberger, Nie. S. 469. Laehr, Anfänge S. 64, 108 mit der Zeit. Runciman, History S. 201 zu 967. — s ) Rambaud S. 393. Vasiliev 1, S. 393. — 4 ) Schiemann 1, S. 59. Schlumberger, Nie. S. 472. Laehr, Anfänge S. 109. — *) Jirecek, Bulgaren S. 186. Schlumberger, Nie. S. 611. Dölger 1, Nr. 718 anders. Laehr, Anfänge S. 109. Runciman, History S. 203. — 9 ) Runciman, History S. 303. — ') Schlumberger, Nie. S. 497, 529. — «) Liudprand, Leg., Kap. 45. Schlumberger, Nie. S. 536.

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O t t o den Kaisertitel angenommen, den Fürsten von Capua-Benevent an sich gezogen und mit der Belagerung Baris angeblich oströmisches Gebiet verletzt hatte. Da m a n auf weitere Feindseligkeiten gefaßt war, schien es rätlich, den deutschen Gesandten fast wie einen Spion zu behandeln. E r mußte sich alle n u r erdenklichen Demütigungen gefallen lassen: ein elendes Quartier in einem verfallenen Palast, schlechte Verpflegung, völlige Abschließung von der Außenwelt, Zurücksetzung im R a n g e an der Tafel, dauernde Verspottung u n d anderes mehr. Die Absicht konnte dabei n u r sein, ihn soweit mürbe zu machen, daß er m e h r zugab, als er vor Otto verantworten konnte, oder vielleicht einer Bestechung zugänglich wurde. F ü r Nicephorus wäre es natürlich sehr nützlich gewesen, wenn Liudprand sich nach seiner Rückkehr den oströmischen Standpunkt zu eigen gemacht hätte. Am Pfingstsonntag, dem 7. J u n i 968, wurde er von Nicephorus empfangen, und es entspann sich zwischen ihnen ein äußerst unfreundlicher, vielfach heftiger und grober Meinungsaustausch 1 ). Jeder suchte den andern durch hämische Sticheleien zu überbieten. Liudprand vertrat mit großer Lebhaftigkeit und anerkennenswertem Mut die deutsche Auffassung. E r wiederholte den Heiratsvorschlag Ottos und stellte, wenn die E h e zustande käme, Zugeständnisse in Aussicht. Welche es waren, wissen wir nicht. Die Unterredung verlief ganz ergebnislos. L i u d p r a n d m u ß t e in den nächsten Tagen so viele Entbehrungen erdulden, daß er schwer erkrankte 2 ). Nur mit Mühe erwirkte er eine Audienz bei Leo, dem Bruder des Basileus, und dem einflußreichen Basilius dem Bastard 3 ). J e t z t wurden endlich die politischen Dinge erörtert. Der Bischof verlangte als Mitgift der künftigen Kaiserbraut Apulien u n d Kalabrien, bekam aber die Antwort, eine solche Heirat sei schon an u n d f ü r sich unerhört und n u r denkbar, wenn Otto Ravenna und R o m mit allem Land bis zur oströmischen Grenze abtrete. Wünsche er bloß Freundschaft ohne Verwandtschaft, d a n n solle er Rom frei geben u n d die Fürsten von Capua und Benevent, „ehemals Vasallen unseres (des oströmischen) heiligen Reiches, jetzt im A u f r u h r begriffen", in ihre frühere Abhängigkeit zurückführen 4 ). Darauf erging sich Liudprand in längeren Erörterungen über das Recht des deutschen Kaisers auf Rom, das allein durch ihn aus schimpflicher Knechtschaft befreit worden sei. Erreicht wurde gar nichts, ebensowenig bei weiteren Gesprächen, denen neue Ungezogenheiten von oströmischer Seite folgten. Nicephorus ließ den Bischof nach einigen Wochen noch einmal kommen, sicher in der Hoffnung, ihn doch irgendwie zur Nachgiebigkeit zu bringen 5 ). Wie man sieht, k a m es dem Basileus hauptsächlich darauf an, d a ß Otto Liudprand, Leg., Kap. 2—12. Schlumberger, Nie. S. 502. Regg. sächs. 485 b. — 2 ) Liudprand, Leg., Kap. 13. Schlumberger, Nie. S. 516. — 3 ) Vgl. oben S. 134. — 4 ) Liudprand, Leg., Kap. 15. Schlumberger, Nie. S. 517. — 5 ) Liudprand, Leg., Kap. 25—27. Schlumberger, Nie. S. 522. C a r t e l l i e r i . Weltstellung.

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ihm Capua und Benevent überließ. Alles andere trat dagegen zurück und sollte bloß den Kern der oströmischen Forderung verhüllen. Welchen Wert Nicephorus dem unteritalienischen Besitz beilegte, ergibt sich auch daraus, daß er einen Gesandten König Adalberts mit einer Anzahl Schiffe zurückgeleiten ließ, die Liudprand am 19. Juli 968 selbst auslaufen sah. Dieser Gesandte, Grimizo mit Namen, hatte behauptet, sein Herr verfüge über genug schwergepanzerte Krieger, um mit oströmischer Hilfe Otto schlagen zu können. Vor allem sei aber Geld notwendig. Der Basileus bewilligte es auch, t r a f aber in seinem stets wachen Mißtrauen besondere Vorkehrungen für den Fall, daß Adalbert seinen Verpflichtungen nicht nachkäme 1 ). Am 20. Juli 968 rühmte er sich vor dem Bischof, daß er jetzt gegen die Araber Krieg führen wolle, nicht gegen Christen, wie das Otto tue, und brach bald nachher auch tatsächlich auf 2 ). Schon auf dem Marsche befindlich, machte er Liudprand im Palast Bryas (sö. Skutari) am 25. Juli noch einmal heftige Vorwürfe wegen seiner Hartnäckigkeit, verlangte aber nur noch das eine, Otto solle Capua und Benevent, die er, der Basileus, angreifen wolle, keine Hilfe bringen. Als Liudprand ihm darauf antwortete, Otto würde das doch tun und ihn besiegen, entließ er ihn voller Zorn 3 ). Da überbrachten zwei Gesandte des Papstes am 15. August 968 einen Brief desselben an „Nicephorus, den Kaiser der Griechen", um den Heiratsplan Ottos, „des Imperator Augustus der R ö m e r " , zu fördern. Die Wut der Oströmer über diese Titulaturen war unbeschreiblich, und die Gesandten konnten von Glück sagen, daß sie nicht gegeißelt und ertränkt wurden 4 ). Am 17. September mußte Luidprand sich noch eine letzte Beschimpfung durch einige hohe Beamte gefallen lassen, und dann durfte er endlich nach lästigsten Scherereien mit der Zollbehörde abreisen. Aber es sollte noch viel Zeit vergehen, ehe der vielgeplagte, aufs äußerste gereizte Diplomat die Möglichkeit fand, sein übervolles Herz über die schäbige Pracht und die hohle Prahlerei des Hofes zu Konstantinopel in der Heimat auszuschütten 5 ). Man kann sich denken, wie heftig Otto durch die lange Abwesenheit seines Gesandten und den Mangel an Nachrichten von ihm gereizt wurde. Er faßte den Entschluß, im Süden kräftiger einzugreifen, verlor aber deshalb den Osten nicht aus den Augen. J e t z t endlich wurde die M a g d e b u r g e r Angelegenheit, die ihm so sehr am Herzen lag, spruchreif. Durch den Tod des Bischofs von Halberstadt und des Erzbischofs von Mainz fielen wesentliche Hindernisse weg. Mit den beiden Nachfolgern wurde eine Einigung erzielt und der in der Russenmission 6 ) bewährte Mönch Liudprand, Leg., Kap. 29, 30. Köpke S. 456, 459. Schlumbergcr, Nie. S. 524. Regg. sächs. 485 b. — 2 ) Liudprand, Leg., Kap. 31—33. Schlumberger, Nie. S. 526. — 3 ) Liudprand, Leg., Kap. 36. Schlumberger, Nie. S. 533. — 4 ) Liudprand, Leg., Kap. 47. Schlumberger, Nie. S. 538. — 5 ) Liudprand, Leg., Kap. 50, 5 7 , 6 5 . Schlumberger, Nie. S. 542, 550. — «) Vgl. oben S. 129.

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Adalbert von St. Maximin zu Trier zum Erzbischof von Magdeburg erhoben. Im Oktober 968 regelte eine Synode zu Ravenna die Einzelheiten 1 ). Adalbert handelte nur im Sinne des Kaisers und des Papstes, wenn er sich gleich der sorbischen Bistümer annahm, die in Merseburg, Meißen und Zeitz errichtet wurden 2 ). Man darf hier von einem Wechsel auf die Zukunft sprechen; denn eigentlich blieb noch alles zu tun, und es dauerte noch recht lange, ehe die einer Diözese zugeteilten Lande wirklich christianisiert waren. Voraussetzung war immer, daß das deutsche Reich Macht genug besaß, um gewaltsame Gegenwirkungen des Heidentums und Slawentums zu ersticken. Groß war unzweifelhaft der Erfolg des Kaisers, der jetzt Magdeburg reich beschenkte, aber alle seine Wünsche wurden doch nicht erfüllt. Er, der gern in umfassenden Vorstellungen lebte, hätte wohl dem neuen Erzbistum im Osten gar keine Grenzen gegeben, ihm also die weiteste Ausdehnung ermöglicht, aber Papst Johann XIII. schloß in seiner Urkunde vom 18. Oktober P o l e n aus und bereitete damit eine engere Verbindung dieses eben für das Christentum gewonnenen und lebhaft aufstrebenden Reiches mit der römischen Kirche vor 3 ). Man wird seinem vorausschauenden Scharfsinn alle Anerkennung zollen. Auch in Zeiten, in denen man vom Niedergang des Papsttums zu sprechen pflegt, hielt es die raumbeherrschenden römischen Gedanken fest. Während jetzt Nicephorus, um die enge Zugehörigkeit Apuliens und Kalabriens zu seinem Reich zu betonen, Otranto zur Metropole erhob und die griechische Liturgie in den beiden Landschaften einzuführen befahl 4 ), sprach Otto in einer Urkunde vom 2. November 968 aus der Gegend von Fermo (s. Ancona) von seinen Bemühungen, das von den Griechen geraubte Apulien von neuem mit seinem italischen Reiche zu vereinigen, hielt demnach an seinem alten Anspruch fest 5 ). Salerno, dessen Fürst Gisulf I. ihm wohl gehuldigt hatte, schonte er 6 ), aber Kalabrien suchte er mit Brand und Plünderung heim 7 ). Am 18. April 969 gab er in der Nähe von Cassano (n. Cosenza) allen seinen Getreuen, wie es in der Urkunde heißt, den Kalabriern, Italikern, Franken und Deutschen (Teutonici), Gesetz und Recht 8 ). Deutlicher konnte es doch kaum zum Ausdruck gebracht werden, daß diese fernen südlichen Gebiete einen unveräußerlichen Bestandteil des e i n e n g r o ß e n r ö m i s c h e n R e i c h e s bilden sollten. Paldolfl. von Capua war auch dabei, doch rief ihn der Tod seines Bruders Landolf III., der in Benevent gebot, zurück (969). Er setzte hier seinen eigenen ältesten Sohn Landolf IV. zum Fürsten ein 9 ). !) Köpke S. 443. Regg. Thuring. 1, Nr. 443. Regg. sächs. 473 a ff., 484ff. Hauck 3, S. 123. Brackmann, Ostpolitik S. 248. Vgl. oben S. 140. — ») Köpke S. 451. Hauck 3, S. 130. — 3 ) Brackmann, Ostpolitik S. 251. — 4 ) Liudprand, Leg., Kap. 62. Dölger 1 Nr. 717. Norden, Papsttum S. 15. Michel, Humbert 1, S. 11. — s ) DD. 1, Nr. 367. Köpke S. 457. Regg. sächs. 486. — •) Köpke S. 462. Gay S. 299. — ') Köpke S. 460. Regg. sächs. 488a ff. — 8 ) DD. 1, Nr. 371. Köpke S. 461. Regg. sächs. 490. Schlumberger, Nie. S. 569. Gay S. 311. — •) Köpke S. 462. Gay S. 311. 10*

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Durchgreifende und namentlich dauerverheißende Erfolge blieben den Deutschen versagt; denn die Städte verschlossen sich ihnen, und so ging Otto nach Norden zurück. Inwieweit er durch Liudprands Gesandtschaftsbericht beeinflußt wurde, wissen wir nicht 1 ). Der Vorstoß des deutschen Kaisers nach Süditalien hatte eine recht unerwartete Folge. Ostrom und die Fatimiden befürchteten wohl beide, daß jener an der Meerenge nicht haltmachen, sondern nach Sizilien übergreifen würde, und wurden deshalb einer Verständigung geneigt. Es empfiehlt sich daher hier, einen Rückblick auf die Entwicklung der afrikanischen Dinge zu werfen. Obeidallah, der sich für einen Aliden ausgab 2 ), regierte in Rakkada (sw. Keirowan) so tüchtig, daß man die Mittel, mit denen er emporgekommen war, vergessen konnte. Einem seiner Unterfeldherren Ibn Abil Afija gelang es, den größten Teil Marokkos zu erobern (931) 3 ). Dadurch wurde allerdings der Argwohn des Omaijaden A b d e r r a c h m a n III., des Chalifen von Cordova, sehr rege. Denn für ihn bedeutete es keine geringe Gefahr, wenn statt einiger ohnmächtiger Kleinstaaten an der Spanien gegenüberliegenden Küste der Vertreter eines so rücksichtslos zugreifenden Fürsten gebot, wie es der Fatimide war. Abderrachman hatte 912, noch nicht 22 Jahre alt, die Regierung angetreten und bald Beweise vortrefflicher Herrschergaben gegeben. Ebenso groß als Staatsmann wie als Krieger, streng gegen alle Aufrührer, aber kein Freund unnötigen Blutvergießens, immer um das leibliche wie das geistige Wohl seiner Untertanen eifrig besorgt, verstand er es, den wankenden Thron seiner Vorfahren wieder fest zu gründen 4 ). Am meisten zu schaffen machte ihm der unermüdliche Vorkämpfer spanischer Freiheit, den man mit Viriathus verglichen hat, der einem westgotischen Geschlecht aus der Gegend von Malaga entsprossene Omar Ibn Hafsson, erst Renegat, dann wieder Christ. Nach Omars Tode (917) 5 ) behaupteten seine Söhne sich noch eine Zeitlang, aber 928 mußte sich ihre feste Burg Bobastro bei Antequera (n. Malaga) ergeben 6 ), und Abderrachman nahm im folgenden Jahre den Titel eines Chalifen an 7 ). Wieder drei Jahre später (932), nach der Einnahme Toledos, gehorchte ihm das gesamte mohammedanische Spanien. Die Schonung, die er den unterworfenen Christen angedeihen ließ, muß rühmend hervorgehoben werden 8 ). Auf Obeidallah (fS./-!. März 934) 9 ) folgte sein Sohn AbulKasim, genannt Kaim. Dieser hatte jenen Ibn Abil Afija zu bekämpfen, der sich in Fes Regg. sächs. 495. Schlumberger, Nie. S. 552. — 2 ) Cartellieri 1, S. 377. — Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 67. Müller 1, S. 613; 2, S. 514. Dozy 3 . B . 2. Kap. (2, S. 31). — 4 ) Schäfer, Spanien 2, S. 167. Dozy 1, S. 449 (2. B., Kap. 17). Müller2, 497. Vgl. oben S. 100. — 5) Dozy 1, S. 366 (2. B., Kap. 11), S. 460 (2. B., Kap. 17). Müller 2, S. 483, 502. — «) Dozy 1, S. 464 (2. B., Kap. 18). Müller 2, S. 503. — ') Dozy 2, S. 31 (3. B., Kap. 2). Müller 2, S. 511. — 8) Dozy 1, S. 468 (2. B., Kap. 18); 2, S. 32 (3. B., 2. Kap.). Müller 2, S. 505. — ") Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 70. Müller 1, S. 614. 3)

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möglichst unabhängig zu machen suchte, aber schon 938/939 starb. Kaim behielt Ägypten, u m das er schon zweimal vergeblich gerungen h a t t e , als lockendes Ziel im Auge und schickte 936 seinen Freigelassenen Seidan mit Truppen in das Land, das, wie früher erwähnt wurde 1 ), unter Ichschid mit Syrien vereinigt worden war, erreichte aber nichts 2 ). Auch der zur Niederwerfung eines Aufstandes in Sizilien 937 entsandte Offizier Chalil m u ß t e drei J a h r e lang die heftigsten K ä m p f e bestehen, ehe er mit furchtbarer Grausamkeit die Ruhe herstellen konnte 3 ). Gefährlich wurde die Empörung, die Abu Jesid Machlad 943/944 mit den Berbern anzettelte. In Machdija 4 ) belagerte er Kaim fast ein J a h r lang (944—945). Nehmen konnte er die H a u p t s t a d t nicht. K a i m hinterließ bei seinem Tode am 18. Mai 946 das Reich seinem Sohne Abu Tahir Ismail, an dem, was selten vorkam, sowohl kriegerische Befähigung als versöhnliches Wesen gerühmt wurden. Abu Jesid erzielte keine Erfolge mehr und fiel im K a m p f e (947) 5 ). Die Herrschaft Ismails, der sich später Manssur nannte, erschien n u n m e h r leidlich gefestigt, wenn auch der fortwährende Parteiwechsel der nach der Meerenge von Gibraltar hin wohnenden Stämme gelegentlich neue Schwierigkeiten verursachte. Die Einzelheiten aller dieser örtlichen Fehden aufzuzählen, würde zwecklos sein. Aus den angedeuteten Tatsachen erhellt die Lage der Fatimiden in Afrika zur Genüge. Der Sohn u n d Nachfolger Ismails (f 18. März 953) M o i s wäre fast in einen Krieg mit Abderrachman I I I . verwickelt worden. Schon plünderte auf Befehl Mois' der sizilische Emir Hassan Almeria an der spanischen Südostküste. Abderrachman antwortete 956 mit einem Raubzug nach Susa (sö. Tunis) u n d h ä t t e ein größeres Unternehmen gewagt, wenn er nicht mit den Christen auf der pyrenäischen Halbinsel zu t u n bekommen hätte 6 ). Das k a m daher, d a ß der Friede, den er 955 mit dem König von Leon Ordono I I I . geschlossen hatte, u m eben die Hände zum Eingreifen in Afrika frei zu bekommen, nach dessen Tode im F r ü h j a h r 957 von dem Nachfolger Sancho I. nicht gehalten wurde. Abderrachman m u ß t e daher die Ausrüstung einer großen Flotte unterbrechen und seine Truppen gegen Leon verwenden, wo sie auch einen Sieg errangen 7 ). Man sieht, wie alles, was zwischen Spanien u n d Syrien geschieht, schließlich doch zusammenhängt. Mois dachte wie seine Vorgänger hauptsächlich an Ägypten. Aber gerade deshalb wollte er im Westen wirklich ungestört bleiben u n d schickte daheT seinen Wesir Dschauher, einen militärisch hochbegabten Freigelassenen griechischer A b k u n f t , mit Berbertruppen gegen Fes, das 959 Vgl. oben S. 127. — 2 ) Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 73. Müller 1, S. 615. — ) Aman 2, S. 185—195. — *) Vgl. oben S. 44. — Dozy 2, S. 42 (3. B., Kap. 3). Wüstenfeld, Fatimiden 26, S. 75, 93, 97. Müller 1, S. 615 u. 2, S. 524. — «) Dozy 2, S. 48, 56. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt. S. 3, 4. Müller 1, S. 617 u. 2, S. 524 mit der Zeit. — ') Dozy 2, S. 47, 49 (3. B., Kap. 3). Müller 2, S. 523, 525.

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erstürmt wurde. Bald fehlten am Besitz ganz Marokkos nur noch Tanger und Ceuta, und daran änderte sich nichts, als der Nachfolger Abderrachmans III. (f 961), Hakam II., die Befestigungen Ceutas ausbaute. Dschauher erzielte auch bei einem zweiten Zug in diese Gegenden Erfolge (bis 967/968) 1 ). Wie schon angedeutet wurde 2 ), empfahlen sich Ägyptens wegen für den Fatimiden Friedensverhandlungen mit Ostrom, in die wir allerdings keinen klaren Einblick gewinnen. Im Laufe des Jahres 967 führten wiederholte Gesandtschaften wohl zuerst zu einem vorläufigen Ergebnis, und erst zwei Jahre später gelang der Abschluß. Man glaubt, daß jede Partei der andern Hilfe, mittelbare oder unmittelbare, gegen ihren Feind zusicherte: Ostrom dem Fatimiden gegen den Chalifen von Bagdad, der Fatimide dem Nicephorus gegen den deutschen Kaiser 3 ). Der Gegensatz des Christentums und des Islams mochte aber auf beiden Seiten ein Mißtrauen erzeugen, durch das eine entschiedene Stellungnahme verhindert wurde, und so bedeutete das Zustandekommen eines Vertrages tatsächlich kaum mehr als wohlwollende Neutralität. Immerhin kann man annehmen, daß sie den Fatimidenchalifen veranlaßte, jetzt endlich trotz der mehrfach gescheiterten Versuche4) die Eroberung des Nil1 an des zu vollziehen. Es ließ sich günstig für ihn an, daß dort am 13. April 968 ein elfjähriger Knabe zum Statthalter gewählt worden war. Die Regierungsgeschäfte wurden schlecht geführt, ein zum Islam bekehrter Jude Jaakub Ibn Killis wollte sich dafür rächen, daß der Wesir ihm Geld abgepreßt hatte, floh zu Mois und machte ihm genaue Mitteilungen über die militärische Schwäche und bürgerliche Zerfahrenheit seiner Heimat. Von Bagdad hatte Mois nichts zu fürchten, da es durch innere Streitigkeiten gelähmt war. Er konnte auch darauf rechnen, daß neue Siege des Nicephorus die Aufmerksamkeit des Abbasiden von seinen eigenen Rüstungen ablenken würden. Jedenfalls schickte er im Februar 969 den im Westen bereits trefflich bewährten Dschauher an der Spitze eines gewaltigen Reiterheeres nach Osten. Die Ägypter wollten sich erst kampflos unterwerfen, versuchten dann aber doch, Widerstand zu leisten, und wurden am 30. Juni 969 bei Giseh (w. Kairo) besiegt. Am 6. Juli zog Dschauher in Fostat ein und gründete sofort das heutige Kairo 5 ). Noch hielt sich in Syrien ein Neffe Ichschids, Hassan Ibn Obeidallah, der aber im Oktober oder November 969 bei Ramula (Er-Ramle, nw. Jerusalem) durch die ihm entgegengesandten Truppen eine schwere Niederlage erlitt. Der Sieger Dschaafar, ein Unterfeldherr Dschauhers, Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 5. Müller 1, S. 618 u. 2, S. 523. Schlumberger, Nie. S. 359. Enz. Islam 1, S. 1072. — *) Vgl. oben S. 148. — s ) Leonhardt S. 47. Müller 2, S. 618. Schlumberger, Nie. S. 379, 560. Dölger 1, Nr. 668, 708, 715. — *) Oben S. 44, 149. — 5 ) Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 7,12. Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 50, 54. Müller 1, S. 618. Becker, Islamstudien 1, S. 130, 143, 158.

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besetzte auch Damaskus 1 ). So brauchte nur der fatimidische Chalif persönlich zu erscheinen, u m den Wandel der Dinge und die Loslösung Ägyptens von den Abbasiden vor aller Welt kundzutun. W a r die afrikanische Kriegsmacht in Ägypten festgelegt, so schied sie auf dem süditalienischen Schauplatz aus. Das bedeutete einen Gewinn f ü r Otto I. Aber der Sommer 969 brachte ihm erst allerlei Mißgeschick. Seine Hauptstütze in diesen Gegenden, der landeskundige und kampffrohe Paldolf I., wurde bei einem Angriff auf Bovino (sö. Foggia) in Apulien v o n der oströmischen Besatzung verwundet und gefangen genommen. D a s war ein harter Schlag! Außerdem belagerte der Patricius Eugenius 40 T a g e lang Capua, und wenn er es auch nicht nehmen konnte, so machte er doch reiche Beute und viele Gefangene. Fürst Gisulf I. von Salerno fiel 6chon von der deutschen Partei ab 2 ). Otto ließ sich dadurch nicht abschrecken, sondern schickte wohl im Herbst 969 ein Heer nach Süden, das Neapel belagerte, östlich davon Avellino einnahm und vor Ascoli Satriano (s. Foggia) einen klaren Sieg über den neuen Patricius Abdilla errang, die Gefangenen mit abgeschnittenen Nasen laufen ließ und auf feindlichem Gebiet Zahlungen erpreßte 3 ). So unbarmherzig wurde der Krieg hier wie anderswo geführt. N i c e p h o r u s war ziemlich bald unbeliebt geworden. Das lag an der Rücksichtslosigkeit, mit der er die Maßregeln t r a f , die nach seiner felsenfesten Überzeugung der allgemeinen Wohlfahrt dienten, n a t u r g e m ä ß aber dem Vorteil mächtiger und reicher Persönlichkeiten stracks zuwiderliefen. Besonderen Anstoß erregten seine Münzverschlechterung, sein harter Steuerdruck zugunsten der immerwährenden Kriege, seine Verfügung gegen die Habsucht der Mönche und die über die Bischofswahlen, die er nach seinem Willen lenken wollte. Man vergaß ganz, d a ß dieser Soldatenkaiser, wie man ihn im guten Sinne nennen darf, gleichzeitig auch sozial gesinnt war und in seiner despotischen Art dem kleinen Mann zwar schwere Lasten a u f b ü r d e t e , aber ihm auch zu helfen b e m ü h t war 4 ). I h m wie seinem Bruder Leo warf man abscheulichen Getreidewucher vor, und als am 21. März 967 ohne Schuld des Kaisers viele Menschen bei Unruhen im Hippodrom umgekommen waren, wurde er am 9. Mai von ihren Verwandten und Freunden wüst beschimpft u n d mit Steinen beworfen 5 ). E r mochte meinen, daß frischer Kriegsruhm ihm am leichtesten über alle inneren Schwierigkeiten hinweghelfen würde, u n d wie h ä t t e m a n von ihm, dem gewaltigen u n d glücklichen Feldherrn, erwarten können, daß er jetzt auf seiner glänzenden Siegesbahn wegen eines *) Weil 3, S. 10. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 12, 14. W&stenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 55. Müller 1, S. 619. — ' ) Köpke S. 463. Regg. »ächs. 491a, 493a, 501a. Gay S. 312. Schlumberger, Nie. S. 570. H a r t m a n n 4, 1, S. 29. — ' ) Köpke S. 468. Regg. sächs. 501a. Gay S. 315. Schlumberger, Nie. S. 573. — «) Schlumberger, Nie. S. 315 ff., 321, 436. Dölger 1, Nr. 699, 702 f. Brentano S. 40. Vasiliev 1, S. 408. — s ) Schlumberger, Nie. S. 436, 445.

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Straßenaufruhrs innehielt ? Als er am 22. Juli 968 mit einem starken Heere während der Anwesenheit Liudprands von Cremona ausrückte 1 ), kam dem Basileus nicht wenig zustatten, daß die Araber sich untereinander noch ebenso heftig bekämpften wie vorher. In Aleppo regierte der Sohn Seif ed-daulas, Abul Maali, später Saad ed-daula genannt. Aber Abu Taglib 2 ) hatte sich nach der Verdrängung seines Vaters sowohl in Mossul als in Aleppo vom Chalifen Muti anerkennen lassen und dafür dem Bujidensultan Bachtjar (Is ed-daula), der jetzt als Emir al-omara in Bagdad die Leitung der Geschäfte hatte, Tribut und Gehorsam versprochen (967)3). Nicephorus, in dessen Heere wir Venetianer, Amalfitaner und ungarische Leibwächter sehen, fand also, als er sich dem Kriegsschauplatz näherte, seine Feinde gar nicht fähig, ihm einheitlich Widerstand zu leisten. Geruht hatten die Kämpfe seit seiner letzten Anwesenheit in keiner Weise. Bald wurde auf der einen, bald auf der anderen Seite der Grenze eine Befestigung genommen oder wieder verloren, ein Trupp abgefangen oder niedergemetzelt. Dazwischen fehlte es nicht an örtlichen Waffenstillständen zum Austausch der Gefangenen. Das Ziel des Basileus bildeten Aleppo und Antiochia, um sich den ruhigen Besitz Syriens zu sichern. Die Kunde seines ebenso raschen wie unerwarteten Herannahens führte zum Ausbruch mohammedanischer Glaubenswut an verschiedenen Orten. In J e r u s a l e m wurde der Patriarch ermordet und die Kirche des hl. Grabes eingeäschert 4 ). Nicephorus ging erst auf Aleppo los, siegte auch unweit der Stadt, bog dann aber ab, verbrannte viele Städte und Ortschaften und langte am 18. November 968 vor Antiochia an 5 ). Er verweilte dort nur zwei Tage und ging gleich wieder nach Norden zurück, weil er richtig erkannte, daß die Stadt nicht leicht zu nehmen sein würde, und dann auch, weil sowohl die äußeren als die inneren Verhältnisse seine Anwesenheit in Konstantinopel erheischten. Besonders mußte er auf die Fortschritte Kaiser Ottos in Unteritalien und auf die russische Gefahr achten. Die Verflechtung der abendländischen und der morgenländischen Ereignisse wird hier wieder einmal deutlich erkennbar. Er begnügte sich damit, seinen Generälen Anweisungen für die vollständige Einschließung A n t i o c h i a s zu geben, wollte sich aber die Eroberung selbst vorbehalten. Jene, Michael Burtzes und Peter Phokas 6 ), Sohn Leos und Neffe des Basileus, bekamen durch den christlichen Teil der Bevölkerung, die unter der Belagerung schwer litt, eine so günstige Gelegenheit zum Angriff, daß sie das Verbot nicht beachteten und am 29. Oktober 969 eindrangen. Die Araber wurden massenweise getötet, die Häuser, die reiche Schätze bargen, ausgeraubt, Tausende von GeSchlumberger, Nie. S. 529, 535, 575. Vgl. oben S. 146. — 2 ) Vgl. oben S. 138. — s ) Müller 1, S. 569; 2,43. Leonhardt S. 44. Schlumberger, Nie. S. 575. — 4 ) Leonhardt S. 46. Schlumberger, Nie. S. 580. — 5 ) Leonhardt S. 46. Schlumberger, Nie. S. 580. Vgl. oben S. 137. — «) Schlumberger, Nie. S. 587.

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fangenen beiderlei Geschlechts, die jung und gut gewachsen waren, auf die Sklavenmärkte geschickt, die Greise und kleinen Kinder ausgetrieben. In die prächtige Moschee kam ein Schweinestall 1 ). So 9iegte nach 331 Jahren 2 ) das Kreuz wieder über den Halbmond, und dem oströmischen Reiche eröffneten sich mit dem Besitz der überaus rasch aufblühenden Stadt die weitesten Aussichten. Wegen ihrer überragenden militärischen Bedeutung erhielt sie einen Statthalter, der den Titel Herzog führte und über eine starke Besatzung verfügte. Wenn Nicephorus gehofft hatte, daß seine schönen Siege über die Ungläubigen ihm die Herzen seiner Untertanen gewinnen würden, so mußte er gleich nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt erkennen, daß er sich getäuscht hatte. Er begann für sein Leben zu fürchten, aber gerade dadurch entfremdete er sich seine Gemahlin Theophanu erst recht. Längst scheint die junge und schöne, leidenschaftliche und genußsüchtige Frau des Zusammenlebens mit dem rauhen und häßlichen Kriegsmann überdrüssig gewesen zu sein. Seine lange Abwesenheit erleichterte es ihr wesentlich, eine Liebschaft mit dem ausgezeichneten General Johann Tzimisces3) anzuknüpfen, den Nicephorus unklugerweise recht schlecht behandelte. Auch sonst neigte der Basileus zur Härte gegen seine Untergebenen. Dem Burtzes verzieh er den Ungehorsam, den dieser durch die Einnahme Antiochias gezeigt hatte, trotz des großartigen Erfolges nicht und bestrafte ihn streng. Schon begann die Treue der hohen Offiziere zu wanken. Gegen sie hetzte Leo Phokas seinen Bruder andauernd auf. Johann Tzimisces wurde verbannt, kehrte aber bald zurück, weil es Theophanu gelang, ihren Gemahl umzustimmen, und er bereitete in heimlichen Zusammenkünften mit ihr und einigen wenigen, aber fest entschlossenen Verschwörern, darunter Burtzes, seinen Racheplan vor. N i c e p h o r u s schlug die ihm zugehenden Warnungen in den Wind und traf auch unter dem Einfluß Theophanus keine Vorsichtsmaßregeln. So konnte er in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 969 im Schlafe überfallen und mit scheußlicher Grausamkeit abgeschlachtet werden. Der herbeieilenden Menge wurde bei Fackelschein aus einem Fenster heraus sein blutiger Kopf gezeigt. In größter Eile legte Tzimisces die kaiserlichen Prunkgewänder an und nahm auf dem Throne die Begrüßung seiner Anhänger entgegen4). So starb, hauptsächlich durch die Schuld eines flatterhaften Weibes, Nicephorus, dessen glänzende Kriegstaten ihn in die erste Reihe der oströmischtfn Herrscher stellen. Seine weltgeschichtliche Leistung beruht darin, daß er die scheinbar unwiderstehliche arabische Flut zum Stehen brachte, die Grenzen seines Reiches weit in feindliches Gebiet vorschob und die Befreiung der heiligen Stätten in Palästina wenigstens vorbereitete. Jetzt konnten alle Feinde Ostroms frohlocken. —

2)

Müller 1, S. 574. Leonhardt S. 49. Schlumberger, Nie. S. 598 mit dem Tag. Cartellieri 1, S. 99. — 3 ) Vgl. oben S. 129, 133. — 4 ) Schlumberger, Nie. S. 618.

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Man kann vermuten, daß Otto auf die Nachricht von den Vorgängen in Konstantinopel sich zu neuem Vorgehen in Süditalien entschloß, weil er hoffte, daß die Verteidigungskraft der Oströmer geschwächt sein würde. Ende Mai 970 weilte er im Gebiete von Capua, dann ließ er die Umgebung von Neapel und in Apulien die von Bovino ausrauben, ohne aber eine der beiden Städte einnehmen zu können. Da änderte sich alles. Im deutschen Lager erschien Fürst Paldolf I., den Tzimisces aus dem Kerker 1 ) befreit und ehrenvoll hatte heimgeleiten lassen. Er empfahl, den Kriegszug abzubrechen. Otto tat das auch gegen Ende des Monats, doch wohl, weil er den Mitteilungen seines treuen Vasallen entnahm, daß seine auf die Familienverbindung bezüglichen Wünsche jetzt erfüllt werden würden. Dafür verzichtete er tatsächlich auf Apulien und erst recht auf Kalabrien 2 ). ») Vgl. oben S. 151. — *) Köpke S. 473. Regg. sächs. 521 ä f f . £ p . 1, S. 188. Schipa S. 121. Dölger 1, Nr. 731. Vgl. oben S. 140.

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Schlumberger,

DRITTES KAPITEL.

DER SIEG DES TZIMISCES ÜBER DIE RUSSEN. (970-973.) Der neue Basileus J o h a n n T z i m i s c e s , dessen Großvater, der bewährte Feldherr J o h a n n II., früher genannt wurde 1 ), s t a m m t e aus dem alten vornehmen armenischen Geschlecht der K u r k u a s und war j e t z t 45 J a h r e alt, b e r ü h m t durch seine glänzenden militärischen Leistungen, ausgezeichnet in allen körperlichen Übungen, allgemein beliebt wegen seiner gewinnenden Charaktereigenschaften, allerdings auch sehr vergnügungssüchtig u n d zur Verschwendung geneigt 2 ). Den maßgebenden Einfluß auf ihn ü b t e gleich von Anfang jener Eunuch Basilius der Bastard 3 ), der einst auch Nicephorus bei dessen Regierungsantritt wesentliche Dienste geleistet h a t t e u n d d a f ü r zum Senatspräsidenten erhoben worden war. F a n d eine Umwälzung s t a t t , so m u ß t e der Bastard unbedingt dabei sein. Seinen Ratschlägen h a t t e m a n es zu verdanken, d a ß die H a u p t s t a d t von Blutvergießen u n d Gewaltsamkeiten verschont blieb u n d der Wechsel in den hohen Beamtenstellen sich in aller Ruhe vollzog. Leo Phokas und seine Söhne Nicephorus und Bardas d. J . wurden bloß verbannt 4 ). Ihr Halbbruder Peter, der kühne Kriegsmann, der aus einer nicht anerkannten Ehe s t a m m t e , blieb als E u n u c h in Freiheit. Das nächste Ziel des Tzimisces war natürlich die Krönung durch den greisen Patriarchen Polyeukt. Dieser verlangte mit der größten Entschiedenheit, d a ß vorher das an Nicephorus begangene Verbrechen gesühnt, dessen kirchenfeindliche Gesetzgebung rückgängig gemacht u n d Theophanu entfernt würde. E r setzte auch seinen Willen durch. An zwei Männern, die an der Mordt a t beteiligt gewesen waren, wurde die Hinrichtung vollzogen, die Freiheit der Kirche hergestellt, die Kaiserin erst in ein nahes Kloster, d a n n aber, weil sie von dort heimlich entwich, nach Armenien verschickt. So konnte sie die F r u c h t ihrer verbrecherischen Leidenschaft nicht ernten. Tzimisces aber wurde jetzt a m Weihnachtstage, dem 25. Dezember 969, feierlich gekrönt 5 ). ' ) Vgl. oben S. 145,126. — ' ) Schlumberger, Nie. S. 222,224. £ p . 1, S. 2. — •) Schlumberger, £ p . 1, S. 6. Vgl. oben S. 134. — ' ) Schlumberger, fip. 1, S. 11. Dölger 1, Nr. 725. — *) Vgl. oben S. 151. — ») Schlumberger, fip. 1, S. 13, 27. Dölger 1, Nr. 726, 727.

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An der Stellung der beiden jungen Kaiser Basilius I I . und Konstantin V I I I . änderte sich nichts. Tzimisces regierte f ü r sie, wie es auch Nicephorus getan hatte 1 ). Ostrom h a t t e ungefähr zu der Zeit, in die die E r m o r d u n g des Nicephorus fällt, Ende 969 oder Anfang 970, einen bedeutenden Erfolg in Asien zu verzeichnen. Oft genug war von den Christen der Versuch gemacht worden, A l e p p o zu bezwingen, aber immer umsonst. J e t z t endlich wurde ihr sehnlicher Wunsch erfüllt, weil zwischen dem Emir Saad ed-daula 2 ) und dem Empörer K a r g u j a h ein heftiger K a m p f ausgebrochen war und dieser die Oströmer zu Hilfe rief. Nach dem Fall Antiochias eilte Peter Phokas, Sohn Leos, herbei, zwang zunächst Saad ed-daula, die Belagerung Aleppos aufzugeben, u n d erstürmte es, ohne sich weiter u m K a r g u j a h zu kümmern, f ü r Ostrom. Da K a r g u j a h aber die Burg behauptete, empfahl sich der Abschluß eines Vertrages, gemäß dem jener einen hohen Tribut bezahlen und Vasall Ostroms werden sollte. Christliche Kirchen d u r f t e n überall errichtet werden. Der Gewinn Aleppos ergänzte den Antiochias. Ganz Syrien gehorchte jetzt dem Basileus, und das Fortbestehen der arabischen Macht schien ernstlich in Frage gestellt 3 ). Das war noch das Werk des Nicephorus! So günstig sich das alles auch anließ, m u ß t e m a n in Konstantinopel doch darauf gefaßt sein, daß die Nachricht vom Tode des gewaltigen Kaisers den tief gesunkenen Mut der Araber neu beleben würde. Die Grenzfestungen allerdings waren dank seiner weisen Voraussicht durch Besatzungen gesichert, und so konnte sich die ganze Aufmerksamkeit seines Nachfolgers zunächst auf die nahe R u s s s e n g e f a h r richten. I n den durch ihren Handel reichen Donauländern h a t t e es Swjatoslaw so gut gefallen 4 ), daß er nach dem Tode des bulgarischen Zaren Peter a m 30. J u n i 969 5 ) u n d dem seiner eigenen Mutter Olga am 11. Juli 6 ) noch im Sommer desselben Jahres dorthin zurückkehrte u n d seine Eroberungen vervollständigte. Nicephorus h a t t e nach seiner Thronbesteigung die Söhne Peters nach Hause geschickt, und Boris II. 7 ) m u ß t e sich gleich gegen einen inneren Feind wenden. U m 963 h a t t e der Bojar Sis man I. aus Tirnovo (n. Balkan) sich in Westbulgarien selbständig gemacht, u n d sein Sohn David herrschte daselbst. Zwar gelang es Boris, seinen Thron gegen David zu behaupten, aber dem schwer lastenden Druck der russischen Eroberer konnte er sich nicht entziehen 8 ). Das Nebeneinander von zwei sich befehdenden Zaren u n d zwei Reichen, Ostbulgarien und Westbulgarien, schwächte natürlich ihre nationale Widerstandskraft sehr erheblich. Swjatoslaw setzte sich noch weit höhere Ziele u n d ging im F r ü h j a h r 970 auf Konstantinopel los, dessen Reichtümer ihn ebenso anlocken Vgl. oben S. 133. — 2 ) Vgl. oben S. 152. — 3 ) Schlumberger, Nie. S. 592, 603, 609. Vasiliev 1, S. 376. — 4 ) Vgl. oben S. 143. — 6 ) Jirecek, Bulgaren S. 186. Runciman, History S. 204. — e ) Laehr, Anfänge S. 65. — 7 ) Vgl. oben S. 144. — 8 ) JireCek, Bulgaren S. 173. Schlumberger, Nie. S. 613. Laehr, Anfänge S. 66.

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mußten wie alle anderen nordischen Eroberer vor ihm. In Philippopel richtete er ein entsetzliches Blutbad an. Es war natürlich ganz vergeblich, daß Tzimisces ihn mit Geld und Drohungen zur Räumung Bulgariens zu bewegen suchte, weil es zur alten römischen Provinz Mazedonien gehört habe. Der Großfürst, der von dem oströmischen Überläufer Kalokyres dauernd beraten wurde, gab die anmaßende Antwort: der Basileus möchte sich, wenn er wirklich Frieden haben wolle, nach Asien zurückziehen. Der russischen Tapferkeit würde K o n s t a n t i n o p e l nicht widerstehen können. Zeit war nicht zu verlieren, und Tzimisces schickte unter seinem Schwager Bardas Sklerus und Peter Phokas, der sich in den Kämpfen um Antiochia und Aleppo hervorgetan hatte 1 ), dem furchtbaren Feinde Truppen nach Adrianopel entgegen. Sie wichen bald zurück, zogen die Russen, mit denen Ungarn, Petschenegen, Bulgaren und allerlei slawische Scharen verbunden waren, hinter sich her und siegten wohl noch im selben Frühjahr bei Arkadiopolis, dem heutigen Lüle Burgas (sö. Adrianopel). Aber damit war die Gefahr längst noch nicht beseitigt. Die Russen setzten ihre Streifzüge fort. Den Schrecken, der die Hauptstadt durchzuckte, ermißt man aus den Versen, mit denen ein Bischof damals den Schatten des gewaltigen Nicephorus beschwor, um ihn aus dem Grabe heraus zur Verteidigung aufzurufen2). Die Lage verschlimmerte sich noch weiter, als Bardas Phokas d. J . , der zweite Sohn Leos und Neffe des Basileus Nicephorus, freikam 3 ) und sich empörte. Im kappadozischen Cäsarea sammelte er zahlreiche Unzufriedene, die im Bürgerkriege emporzusteigen hofften, um sich und ließ sich wohl im Frühjahr 971 zum Basileus ausrufen, wie das acht Jahre vorher an demselben Orte auch sein Oheim Nicephorus getan hatte 4 ). Er brach dann in der Richtung auf Konstantinopel auf, trotz der Warnungen, die ihm Tzimisces zukommen ließ. Zornentbrannt schrieb er einen beschimpfenden Brief an Tzimisces, so daß diesem gar nichts anderes mehr übrig blieb, als Gewalt anzuwenden. Zu diesem Zweck schickte er den eben gegen die Russen bewährten Bardas Sklerus nach Asien und ließ ihm volle Freiheit, den Aufständischen, die sich unterwerfen würden, weit entgegenzukommen. Tatsächlich gelang es dem General durch geschickte Maßregeln, dem Bardas Phokas sein Heer abspenstig zu machen und ihn in der Burg Tyriäon (Ilgin) östlich von Philomelium (Akschehir) zur Ergebung zu zwingen. Er begnügte sich damit, ihn zum Mönche scheren zu lassen und zu verbannen (Sommer 971), für die damalige Zeit eine auffallend milde Strafe 5 ). Inzwischen führte Tzimisces den Krieg gegen die R u s s e n persönVgl. oben S. 156. — 2 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 38, 47. Dölger 1, Nr.729, 730. Schiemann 1, S. 61. Laehr S. 67. Runciman, History S. 207. — 3 ) Vgl. oben S. 155. — 4 ) Vgl. oben S. 134. — 6 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 6 0 , 7 5 mit der Zeit, 694. Dölger 1, Nr. 732 ff.

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lieh mit ebensoviel Kraft wie Erfolg 1 ). Im selben Frühjahr 971 segelte seine Flotte nach der Donaumündung, um den schlimmen Feinden, die Thrazien und Mazedonien nach Herzenslust verwüstet hatten und wieder bis Adrianiopel vorgedrungen waren, den Rückzug abzuschneiden. Mit dem Landheer vorrückend, fand er die Balkanpässe erfreulicherweise unbesetzt und griff nach einem überraschend schnellen Marsch über den Balkan am 12. April die jetzt in den Händen der Russen befindliche bulgarische Residenz G r o ß - P r e s l a w 2 ) (w. Varna) heftig an. Den Oberbefehl führte an Stelle Swjatoslaws, der nach Silistria geeilt war, um eine oströmische Landung zu verhindern, ein alter Waräger namens Swenald. Er stellte seine Leute vor den Wällen auf, sie kämpften auch mit Todesverachtung, vermochten aber den Gewaltstoß der von Tzimisces vorgeschickten schweren Reiter, der sogenannten „Unsterblichen", nicht auszuhalten und lösten sich bald in wilder Flucht auf. Am nächsten Tage (13. April) erstürmten die Oströmer, von Tzimisces befehligt und angefeuert, die Stadt, befreiten Boris II., den Sohn des Zaren Peter, mit seinen Angehörigen und feierten darin das Osterfest (16. April) 3 ). Gleich nachher traten sie den Marsch nach Silistria an und warfen Swjatoslaw auf die Stadt zurück 4 ). Aber auch ihre Flotte, die mit dem gefürchteten griechischen Feuer auf der Donau herankam, entschied den Kampf noch nicht 5 ). Eine regelrechte Belagerung war nicht zu vermeiden. Den Zweikampf, zu dem ihn Tzimisces herausforderte, lehnte der Russe mit überheblichen Worten ab 6 ). Durch Hunger bezwungen, mußte er erkennen, daß er unterliegen würde, und bat am 25. Juli 971 um Frieden 7 ). Er war bereit, Silistria zu übergeben, Bulgarien zu räumen und alle Gefangenen auszuliefern. Außerdem wollte er den früheren Handelsverkehr wieder erneuern. Der Basileus nahm diese Bedingungen an, gewährte dem tapferen Feinde eine Unterredung am Donauufer und schloß mit ihm einen Vertrag. Auf ihrem Heimwege hatten die Russen unter der Verfolgung der eben noch mit ihnen verbündeten Petschenegen schwer zu leiden, und Swjatoslaw selbst kam im Frühjahr 972 um 8 ). Der östliche Teil des bulgarischen Reiches hatte damit seine Selbständigkeit verloren und bildete hinfort einen Teil des oströmischen Reiches. Boris II. mußte die Abzeichen seiner Zarenwürde öffentlich ablegen, und Romanus wurde entmannt. Beide Brüder mußten wieder in Konstantinopel Aufenthalt nehmen. Der westliche Teil dagegen blieb ' ) Leo Diaconus Buch 8 u. 9. Schlumberger, Ép. 1, S. 77, 82, 87, S. 82 Anm. 1, 158 Anm. 3, 172 Anm. 1 u. 261 Anm. 1. Dölger 1, Nr. 739. Schlumberger, Récits 1, S. 20. Schiemann 1, S. 63. Jireßek, Bulgaren S. 187. Laehr, Anfänge S. 68, 107 mit dem Jahr. Runciman, History S. 208 zu 972. — J ) Schlumberger, Êp. 1, S. 96. — 3 ) Ebd. S. 101, 107. — 4 ) Ebd. S. 114. — s ) Ebd. S. 120. — •) Ebd. S. 142. Dölger 1, Nr. 737. — ') Schlumberger, Êp. 1, S. 147. Dölger 1, Nr. 739. Runciman, History S. 213. — 8 ) Schlumberger, Ép. 1 S. 171. Schiemann 1, S. 63. Das Jahr gemäß der bisher übernommenen Zeitrechnung.

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von allen diesen Veränderungen unberührt) 1 . Die ketzerischen Pauli zianer wurden gezwungen, ihre Wohnsitze u m Melitene u n d Theodosiopolis zu verlassen und sich in der Gegend von Philippopel anzusiedeln, u m die Grenze zu hüten 2 ). Großes h a t t e T z i m i s c e s erreicht, noch Größeres n a h m er in Aussicht, da er entschlossen war, den guten Beziehungen zum Westen jetzt auch öffentlich Ausdruck zu geben 3 ). Gegen E n d e des Jahres 971 schickte Otto den Erzbischof Gero von Köln mit noch zwei Bischöfen und einigen weltlichen Herren nach Konstantinopel, u m die ersehnte Braut seines Sohnes, die achtjährige Prinzessin Anna, abzuholen 4 ). Es mag mit der A n k u n f t dieser feierlichen Gesandtschaft zusammenhängen, d a ß Tzimisces im November auf R a t Basilius' des Bastards seine Stellung wesentlich befestigte, indem er Theodora, Tochter Konstantins V I I . und T a n t e der jungen Basileis, heiratete. Sie war schon ziemlich alt und besaß keine äußeren Vorzüge. D a f ü r wurden ihre Tugenden u m so stärker hervorgehoben 5 ). Der durch die unerlaubte Liebe Theophanus emporgekommene Herrscher machte sich durch diese nüchtern erwogene Ehe so legitim wie überhaupt möglich. In seinem gesteigerten Selbstgefühl dachte er nicht daran, den deutschen Gesandten Anna mitzugeben, die im Abendlande als Kaiserin möglicherweise Anlaß zu irgendwelchen Ansprüchen auf Ostrom bieten konnte, sondern stellte ihnen allem Anschein nach die Wahl, eine Nichte von ihm anzunehmen oder unverrichteter Dinge heimzukehren. Man kann es begreifen, daß die deutschen Kirchenfürsten sich in dieser Verlegenheit, von den listigen östlichen Diplomaten gedrängt, für das erstere entschieden. So geleiteten sie die jüngere Theophanu, eine Nichte des Tzimisces, von deren Eltern wir sonst gar nichts wissen 6 ), nach Benevent, wo sie vom Bischof Dietrich von Metz begrüßt wurde, und nach Rom. Hier wurde in St. Peter am 14. April 972 ihre Hochzeit mit Otto I I . gefeiert und sie selbst von J o h a n n X I I I . zur Kaiserin gekrönt 7 ). Otto I. f a n d sich also damit ab, d a ß sein ursprünglicher Wunsch nicht erfüllt worden war. Von einem Vertrage mit Ostrom verlautet nichts. Vielleicht genügten mündliche Erörterungen darüber, daß Benevent und Gapua unter dem trefflichen Paldolf I. dem deutschen, Apulien und Kalabrien dem oströmischen Reiche zugehören sollten. Keine Partei verzichtete endgültig auf ihre alten Ansprüche, stellte sie aber vorläufig zurück und hielt Frieden: Otto I., weil er, 60 J a h r e alt, sich nicht mehr auf unsichere kriegerische Unternehmungen einlassen wollte, Tzimisces, weil er vor Begierde brannte, die Ungläubigen zu bekämpfen. D a ß das *) Schlumberger, fip. 1, S. 179. Jirecek, Bulgaren S. 188. Vasiliev, Byzantinische Zs. 28 (1928), S. 410. — ') Schlumberger, £ p . 1, S. 181. — ') Vgl. oben S. 154. — 4 ) Köpke S. 478. Regg. sächs. 533 a. Ublirz S. 24. Schlumberger, fip. 1, S. 191. Vgl. oben S. 72. — ») Leo Diaconus 7, Kap. 9. Schlumberger, Nie. S. 19. u. fip. 1, S. 77. — •) Thietmar 2, Kap. 15. Schramm. Kaiser S. 430 mit Stammtafel. — ') Köpke S. 481. Regg. sächs. 536 b. Schlumberger, £p. 1, S. 199. Kirchner S. 20.

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westliche Kaisertum bei dieser Gelegenheit vom östlichen zum mindesten stillschweigend anerkannt wurde, kann man vermuten. Welche Gedanken Otto I. in diesen Monaten bewegten, ersehen wir aus seiner Urkunde vom 1. August 972 aus Pavia 1 ) für die Pfalzkapelle in Aachen, die er nach dem Vorbilde Karls des Großen beschenkte. Im Eingang heißt es: „Das Amt unserer Hoheit erfordert es, mit sorgfältigster Überlegung für die Sicherheit der Reiche und die verfassungsmäßige Ordnung der Völker zu sorgen, besonders aber mit wacher Aufmerksamkeit und eindringendem Scharfsinn zur Verbreitung des christlichen Gottesdienstes über den Erdkreis die kirchlichen Bauten fromm und heilsam zu bedenken." In des Kaisers Verantwortungsgefühl verschmolzen Staat und Kirche zu einer Gott wohlgefälligen Einheit. Bald nachher kehrte er nach Deutschland zurück, verzichtete also auf die früher geplante Eroberung von Fraxinetum2), durch die er auch seinerseits dem Islam einen heftigen Schlag versetzt hätte. Nach mehr als sechs Jahren wieder in der sächsischen Heimat weilend, konnte er das Ergebnis seiner weltbewegenden Taten sehen und sich als Mittelpunkt des Abendlandes fühlen. Das bewiesen namentlich zahlreiche und bedeutsame Gesandtschaften, die ihm alle Ehre erwiesen 3 ). Es werden uns die Griechen, Beneventer, Römer, Italiener, Ungarn, Bulgaren, Russen, Dänen und Slawen aufgezählt, die in den Ostertagen (23. März 973) bei ihm in Quedlinburg weilten. Die Griechen, d. h. Oströmer 4 ), dürften sich seiner Freundschaft versichert haben, damit er nicht etwa zugunsten der Westbulgaren 5 ) Schritte täte. Auch bei den Russen mag man Rücksichten auf die Balkanverhältnisse vermuten 6 ). Von den slawischen Fürsten werden uns die Herzöge Boleslaw II. von Böhmen und Miseko I. von Polen genannt, die auf Befehl des Kaisers gekommen waren. Die Anwesenheit Boleslaws hing wahrscheinlich mit der Gründung des Bistums Prag zusammen, die wohl damals beschlossen wurde 7 ). Miseko, der das Geschlecht der Piasten in die Geschichte einführte, hieß, wie man neuerdings annimmt, mit seinem normannischen Namen eigentlich Dago. Dann würde er als Gründer des polnischen neben Rurik 8 ) als Gründer des russischen Reiches zu stellen sein 9 ) und die ganz außerordentliche staatenbildende Kraft des nordischen Stammes um einen weiteren Beleg bereichert werden. Beide Herzöge waren deutsche Vasallen und sollten untereinander Frieden halten, um die Ausbreitung der christlichen Kirche nicht zu gefährden. DD. 1, Nr. 417. Regg. sächs. 547. Schramm, Renov. 1, S. 68, 78. — 2 ) Regg. sächs. 549 a. Poupardin, Bourgogne S. 97. — 3 ) Köpke S. 502, 506. Regg. sächs. 562 d. — 4 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 205. Dölger 1, Nr. 748. — 5 ) Schlumberger, Êp. 1, S. 594. v. Siâié 1, S. 186. Arab. Ber. S. 4, 14. — «) Ediger S. 17. — ') Hauck 3, S. 196. Holtzmann, Urkunde S. 186 u. Böhmen S. 2. Naegle 2, S. 413. Brackmann, Ostpolitik S. 253. — ») Cartellieri 1, S. 300. — •) Holtzmann, Böhmen S. 36. Anders Forst-Battaglia S. 253 u. Völker S. 17. Hofmeister, Kampf S. 13. Vgl. oben S. 114.

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Der Zweck der Ungarngesandtschaft, die von zwölf Großen, einer recht hohen Zahl, gebildet wurde, erklärt sich wohl aus dem Wunsche des Großherrn Geisa, sich angesichts der starken Machtentfaltung Ostroms gut mit Deutschland zu stellen und für die begonnene Christianisierung seines Landes Unterstützung zu finden1). Die Dänen hatten vermutlich die Weisung, die unfreundliche Haltung ihres Königs Harald aus der Zeit des deutschen Krieges gegen die Redarier 2 ) in Vergessenheit zu bringen, und zahlten zu diesem Zweck eine Summe Geld 3 ). Wenig später, am 1. Mai 973, stellten sich in Merseburg noch Gesandte aus Afrika ein 4 ). Wenn diese, wie es am nächsten liegt, ihre Geschenke im Namen des nunmehrigen Herrn von Ägypten, des Fatimiden Mois, überbrachten, so mag er nach dem Tode des Nicephorus Wert darauf gelegt haben, irgendwelche Angriffsabsichten auf Unteritalien in Abrede zu stellen, seitdem auch der Basileus Tzimisces freundliche Beziehungen zu dem deutschen Reiche pflegte. Über die Aufträge der Gesandten aus Italien wird man keine Vermutungen äußern wollen. Wenn sie gerade nach der Rückkehr des Kaisers aus dem Süden den deutschen Hof aufsuchten, so beweist das deutlich genug, daß 6ein Vorstoß dahin weit und breit starken Eindruck gemacht hatte. ' ) Hauck 3, S. 171. Lüttich S. 169. Regg. sächs. 569. Brackmann, Ostpolitik S. 255. — *) Vgl. oben S. 141. — 3 ) Köpke S. 505. Biereye, Untersuchungen 46, S. 19. Mommsen S. 18 Anm. 72. Hofmeister, Kampf S. 12. — 4 ) Köpke S. 509. Regg. sächs. 567a. Schlumberger, £ p . 1, S. 205.

C a r t e l l i e r i . WeUstelluag.

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VIERTES KAPITEL.

DIE EROBERUNG PALÄSTINAS DURCH TZIMISCES. (974, 975.) Vom S t a n d p u n k t Ostroms aus konnte man den Krieg gegen die Russen eine lästige, aber unvermeidliche Schutzmaßregel nennen. Das große Ziel, das alle Herzen höher schlagen ließ, m u ß t e die Fortsetzung der Eroberungen in A s i e n sein. Dazu war es dringend notwendig, d a ß die Ungläubigen nicht f ü r schnödes Geld von den Christen u n t e r s t ü t z t wurden. I m Juli 971 verpflichteten sich der Doge Peter Candiano IV. und der Patriarch von Grado, den Sarazenen weder Eisen noch Schiffsbauholz oder Waffen zu liefern, widrigenfalls die venetianischen Schiffe, die solchen unerlaubten Handel trieben, mit Bemannung und Ladung unerbittlich verbrannt werden sollten 1 ). Die Lage der mohammedanischen Welt war für ihre Feinde immer noch günstig. Zwar schickte Dschaafar 2 ) von Damaskus aus ein starkes Heer gegen Antiochia, das, wie man weiß, in den Händen der Oströmer war 3 ), aber es konnte trotz einer fünfmonatigen Belagerung nichts ausrichten, wurde auch vielleicht geschlagen (zwischen November 970 und Oktober 971) 4 ). Überdies wurde Dschaafar Damaskus entrissen. Das k a m daher, daß die K a r m a t e n , die ismaelitische Sekte in Bachrein, dem arabischen Küstenstrich am Roten Meer, sich von ihren bisherigen Verbündeten, den Fatimiden, aus finanziellen Gründen abwandten und sich dem bujidischen Sultan in Bagdad, B a c h t j a r , anschlössen. Sie schlugen Dschaafar in einer Schlacht, die ihn das Leben kostete, am 31. August 971 und besetzten die syrische H a u p t s t a d t . J a , es gelang ihnen sogar nach Überrumpelung der Grenzfeste Kolsum (Sues), im Oktober oder November bis nahe an Kairo heranzukommen. Hier konnten sie sich aber doch nicht behaupten. Dschauher 5 ) b e k ä m p f t e sie nicht nur mit den Waffen, sondern auch mit listiger Bestechung. Sie wurden am 24. Dezember 971 vor der Stadt besiegt und verließen das Nilland, u m sich in Palästina festzusetzen und auf eine günstige Gelegenheit zu einem neuen Vorstoß zu warten 6 ). ') Kretschmayr 1, S. 111. Schlumberger, £ p . l , S. 239. Manfroni S. 75. Dölger 1, Nr. 738. — 2 ) Vgl. oben S. 150. — 3 ) Vgl. oben S. 152. — 4 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 221. — 5) Vgl. oben S. 149. — «) Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 17. Müller 1, S. 621. Schlumberger, £ p . 1, S. 220.

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Man kann es wohl begreifen, daß Dschauher trotz seiner Tüchtigkeit die Verteidigung des eben gewonnenen Ägyptens nicht allein verantworten wollte und den Chalifen Mois selbst herbeirief. Diesem war es nach neuen Kämpfen geglückt, ganz Westafrika mit alleiniger Ausnahme von Ceuta, das spanische Truppen hielten, seinem Willen zu beugen. Da er einsah, daß er am Nil den marokkanischen Dingen zu fern stehen würde, machte er Boluggin, den Sohn des Siri aus dem großen berberischen Stamm der Sanhadscha, zum Dank für treue Dienste zu seinem erblichen Statthalter und übertrug ihm erst Marokko, Algerien und Tunis mit Keirowan als Hauptstadt, dann, im J a h r e 973, auch noch Tripolis 1 ). Anfang Juni 973 zog er feierlich in K a i r o ein, wo Dschauher so viel gebaut hatte, wie er in der kurzen Zeit seit der Eroberung 2 ) möglich machen konnte. Obwohl das Land durchaus sunnitisch war, wurde die schiitische Lehre jetzt amtlich eingeführt. Doch geschah es ohne unnötige Härte, und es begann eine längere Ruhe- und Blütezeit unter dem neuen Herrschergeschlechte 3 ) der Fatimiden. Tzimisces konnte den Oberbefehl in Asien nicht gleich persönlich übernehmen. E r schickte Truppen dahin, doch gehen die Angaben der griechischen und der arabischen Quellen über die Zeit auseinander. Im J a h r e 972 oder 973 drang sein Feldherr Mleh, ein Armenier, über den Euphrat in Mesopotamien ein, zerstörte Nisibis, nahm Melitene durch Hunger und griff Amida 4 ) an. Der Stadtkommandant bat seinen Herrn Abu Taglib 5 ) um Hilfe und bekam sie auch unter dem Oberbefehl von dessen Bruder Hibbat Allah. Am 4. Juli 973 warfen die Oströmer erst den Feind in die Stadt zurück, wurden dann aber umzingelt und vollständig geschlagen. Mleh und vierzig hochgestellte Persönlichkeiten kamen als Gefangene nach Bagdad und fanden daselbst alle den Tod 6 ). Es nützte der christlichen Sache nichts, daß die Kunde der ersten christlichen Erfolge und der furchtbaren Leiden der arabischen Bevölkerung in Bagdad einen Aufstand gegen die schlaffe Regierung des Abbasiden Muti und des bloß an sein Jagdvergnügen denkenden Sultans B a c h t j a r erzeugten. B a c h t j a r raffte sich auf und erpreßte durch Drohungen von Muti Geld, t a t aber dann nichts, und die Gemüter hätten sich kaum so rasch beruhigt, wenn sich nicht durch den Sieg vor Amida die Stimmung wieder gehoben hätte 7 ). Tzimisces hatte mehr Anlaß als je, sich auf dem asiatischen Kriegsschauplatz auszuzeichnen, auf dem er vor Jahren an der Seite des Nicephorus Lorbeeren gepflückt hatte 8 ). ») Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 20. Müller 1, S. 621 u. 2, S. 611, 618, 686. Enz. Islam 1, S. 826. — 2 ) Vgl. oben S. 150. — 3 ) Wüstenfeld, Statthalter 4. Abt., S. 56. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 23. Müller 1, S. 622. Mercier 1, S. 370. Schlumberger, Nie. S. 383 u. Ép. 1, S. 207. — «) Vgl. oben S. 137. — 6 ) Vgl. oben S. 152. — •) Schlumberger, Ép. 1, S. 228. — ' ) Schlumberger, Ép. 1, S. 233. — 8 ) Vgl. oben S. 129. 11*

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In dem Augenblick, da wieder einmal oströmische Heere sich wie eine gewaltige Woge über das feindliche Land ergossen, muß daran erinnert werden, daß das Wesen dieser Unternehmungen sich wenig änderte. Immer galt es, Städte zu plündern, zu zerstören, zu verbrennen, das platte Land zu verwüsten, die Einwohner zu versklaven oder zu vertreiben. Ein dauerndes Ergebnis wurde niemals erzielt, konnte niemals erzielt werden. K a m die schlechte Jahreszeit, so mußte der Rückzug angetreten werden, und der Gewinn beschränkte sich auf die oft sehr beträchtliche Beute. Die scheinbar unterworfenen sarazenischen Machthaber dachten dann nicht mehr daran, die versprochenen Tribute zu zahlen, ihre Leute zogen mit frischer Begeisterung zum heiligen Kriege aus, und das blutige Spiel begann von neuem. Ostrom war nicht in der Lage, sich in so weit entfernten, dünn besiedelten, ausgedehnten Gebieten dauernd zu behaupten. Weder die Zahl seiner Söldner noch der Stand seiner Finanzen reichten aus, um dort die an sich notwendigen Besatzungen zu unterhalten, mit denen allein man die rassen- und glaubensfremde Bevölkerung hätte niederhalten können 1 ). Die klare Erkenntnis solcher Hindernisse darf das Urteil über die persönliche Leistung T z i m i s c e s ' , seiner Offiziere und Soldaten nicht trüben. Er schlug, wie man trotz mancher Bedenken annimmt, im J a h r e 974 die Richtung nach Armenien ein und lagerte nahe Müsch westlich vom Wansee bei der Festung Aiziatsperd. Selbst armenischen Ursprungs 2 ), traf er mit Aschod I I I . von (Groß-)Armenien aus dem Hause der Bagratiden, der sich stolz König der Könige nannte und in Ani (sö. Kars) prächtig Hof hielt 3 ), ein Abkommen. Danach stellte Aschod Truppen gegen den Chalifen von Bagdad 4 ). Das war auch der Grund, weshalb der Basileus den Umweg nach Norden gemacht hatte. Nachher zog er südwärts, nahm ohne sonderliche Mühe Martyropolis (Majafarikin, nö. Amida), Amida 5 ) selbst und Nisibis. Am Tigris entlang marschierend, hoffte er, sich der ungeheuren Schätze Bagdads zu bemächtigen. Das wäre allerdings ein Ereignis allerersten Ranges gewesen! Aber es kam nicht dazu. Mangel an Lebensmitteln und an Wasser in dem heißen Klima zwang die Oströmer umzukehren, als sie sich angeblich der Abbasidenhauptstadt schon erheblich genähert hatten 6 ). Wenn am 5. August 974 der ganz' unfähige Chalif Muti durch einen Aufstand türkischer Truppen unter Sebuktegin zur Abdankung gezwungen wurde, so hing das sicher mit der Erregung zusammen, die durch den Vormarsch der Oströmer erzeugt wurde. Es änderte sich übrigens nichts; denn Mutis Sohn und Nachfolger Tai bedeutete ebensowenig wie er. Sebuktegin wandte sich mit Tai gegen den Bujiden Bachtjar, und das Schicksal des Chalifats hing von den Kämpfen ab, die sich >) Schlumberger, £ p . 1, S. 243. Stammtafel bei Runciman, App. 4. S. 242, 247, 254 zu 974. Dölger 1, «) Schlumberger, £ p . 1, S. 256, 259,

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— 2 ) Vgl. oben S. 155. — 3 ) Tournebizc S. 118. Enz. Islam 1, S. 371. —• 4 ) Schlumberger, £ p . 1, Nr. 746 zu 972, 749. — 5 ) Vgl. oben S. 163. 261.

die verschiedenen Söldnertruppen u n t e r ihren ehrgeizigen Führern lieferten 1 ). Die von Ostrom dem ganzen Islam drohende Gefahr hielt die Karm a t e n nicht ab, während des Angriffs des Tzimisces von neuem in Ägypten einzufallen (974) 2 ). Der Chalif Mois fühlte sich ihnen militärisch nicht gewachsen, suchte Schutz in seiner H a u p t s t a d t und bestach durch reichliche Spenden Beduinen im feindlichen Heere. Als er dann mit seinen Berbern vorging, flohen jene, und er errang einen vollen Sieg 3 ). Ebensowenig vermochten sich die K a r m a t e n in Syrien zu halten, weil sie uneinig waren. Erst verloren sie Damaskus an die von Ägypten geschickten Berbern (975), an deren Spitze Reijan, ein Eunuch des Chalifen Mois, stand. Dann mußten die Berbern wieder türkischen Scharen u n t e r Aftekin weichen. Aftekin war ein Offizier des Bujiden B a c h t j a r gewesen, bekämpfte ihn aber, u m sich eine selbständige Herrschaft zu gründen 4 ). Er wußte, d a ß die Fatimiden ihm keinesfalls den ruhigen Besitz der syrischen H a u p t s t a d t gönnen würden, und sah sich deshalb nach Bundesgenossen um. Tzimisces h a t t e inzwischen seinen neuen Kriegszug begonnen. An das frühere Einvernehmen zwischen Ostrom und den Fatimiden, wie es Nicephorus I I . und der Fatimidenchalif Mois 967 bis 969 in Aussicht genommen hatten 5 ), war nicht mehr zu denken. I m April 975 brach er von Antiochia auf und marschierte den Orontes aufwärts über Apamea (Kalat el-Mudik), Emesa (Horns) und Heliopolis (Baalbek). Die Schlüssel des hochberühmten Damaskus, der einstigen Residenz der Omaijaden 6 ), empfing er von Aftekin und dessen zahlreichem Gefolge. Mit großer Klugheit bestätigte er ihn in seiner Stellung und machte ihn damit zu seinem Lehensmann 7 ). Von dort ging es weiter nach Tiberias (Tabarije), Nazareth (enNasira) und dem am Meer gelegenen Cäsarea (C. Maritima, Kaisarije). W u n d e r b a r war doch solch ein Erfolg, wie man ihn seit J a h r h u n d e r t e n nicht f ü r möglich gehalten hätte. Aber J e r u s a l e m , auf das sich die Blicke aller christlichen Krieger sehnsuchtsvoll richteten, konnte doch nicht erobert werden. Denn hinter die schützenden Mauern der noch unbezwungenen Küstenfestungen h a t t e n sich die vertriebenen Besatzungen der übrigen Städte geflüchtet und auch schon auf dem Seewege Verstärkungen bekommen. Die K r ä f t e des Basileus reichten keinesfalls aus, u m dieser mit dem Mute der Verzweiflung fechtenden Truppen Herr zu werden. Deshalb mußte er umkehren u n d an der Küste entlang nach ') Weil 3, S. 12. Möller 1, S. 635; 2, S. 39. Schlumberger, £ p . 1, S. 260, 276. Muir S. 579. Enz. Islam Lief. K, S. 671. Vgl. oben S. 163. — 2 ) Vgl. oben S. 162. — 3 ) Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 25. Müller 1, S. 624 zur Zeit. Schlumberger, fip. 1, S. 278. — 4 ) Weil 3, S. 27. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 27, 31. Müllerl, S. 624. — 5 ) Vgl. oben S. 150. — «) Cartellieri 1, S. 110. — ') Wüstenfeld, Fatimiden 27,2. Abt., S. 31. Schlumberger, £ p . 1, S. 275, 295, 303. Dölgcr 1, Nr. 750 ff.

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Norden zurückgehen 1 ). Wer die Vorstöße der Christen auf die heilige Stadt während der Kreuzzüge schildert, wird seiner ehrenvoll gedenken. Wie es scheint, brachte er erst Beirut (Berytus) und Sidon (Saida) in seine H a n d , belagerte Tripolis (Tarabulus) und dehnte seine Eroberungen bis südlich von Antiochia aus. Wenn er sich r ü h m t e , daß j e t z t ganz Phönizien, Palästina und Syrien von der Tyrannei der Muselmänner befreit seien, so begreift man den Stolz, mit dem er auf seine Kriegstaten zurückschaute, sehr wohl, aber richtig war das, was er rühmend sagte, doch nur zum Teil, und gar manche seiner Eroberungen ging n u r zu bald wieder verloren. Immerhin bildete Gabala (Dscheble) südlich von Laodicea (Ladikije) von nun an einen vorgeschobenen Posten des oströmischen Reiches 2 ). I m Herbst 975 stand er wieder in Antiochia 3 ) und t r a t d a n n die Rückreise nach Konstantinopel an. Die unschätzbaren Reliquien, die er gewonnen h a t t e , konnte er noch unter prächtigen Feierlichkeiten den Kirchen Konstantinopels übergeben. Bald nachher, am 10. J a n u a r 976, starb er im Alter von 51 J a h r e n , wahrscheinlich an einer Krankheit, die er sich durch die Anstrengungen des Feldzuges in der heißen Jahreszeit zugezogen hatte 4 ). D a ß ihn der herrschsüchtige Basilius der Bastard habe vergiften lassen, um Regent zu werden, wurde vom Volke für sicher gehalten. T z i m i s c e s war ein ganz großer Feldherr. Russen, Bulgaren, Araber und die vielen von ihnen abhängigen S t ä m m e h a t t e er besiegt. Man konnte hoffen, d a ß er das nächste Mal Bagdad bezwang und J e r u salem befreite. Zwei nicht erreichte hohe Ziele sichern ihm ein ewiges Gedächtnis in der Geschichte. Wie viel mehr wären seine sonstigen guten Eigenschaften, namentlich seine Milde und Klugheit, zur Geltung gekommen, wenn er das Verbrechen, dem er den Thron verdankte, h ä t t e auslöschen können 5 )! Kinder hinterließ er nicht. Seine Witwe Theodora wird nicht mehr genannt 6 ). Sicher finden die Leistungen Ostroms im K a m p f e gegen den Islam nicht immer die ihrer würdige Aufmerksamkeit. Namentlich bei der Vorgeschichte der Kreuzzüge wird man ihrer mehr zu gedenken haben. Schon bei den oströmischen Unternehmungen des 10. J a h r h u n d e r t s von Kreuzzügen zu sprechen, kann leicht irreführen. Es fehlt dort die Massenbegeisterung, die hier später ein so wesentliches Kennzeichen ausmacht. Was Nicephorus und Tzimisces leisteten, entspricht durchaus den seit den ältesten Zeiten im Morgenland üblichen Eroberungskriegen der absoluten Herrscher. Die Beute und die Gefangenen, die sie heimführten, wurden laut begrüßt, auch religiöse Leidenschaft t a t sich k u n d , aber es bleibt doch etwas anderes als die aus heißem Gefühl hervorquellende Bewegung der germanisch-romanischen Völker. Wirklich d a u e r h a f t erSchlumberger, £p. 1, S. 287, 304, 306. — 2 ) Vasiliev 1, S. 378. — 3 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 308. — 4 ) Ebd. S. 314. — 5 ) Vgl. oben S. 153. — «) Schlumberger, Ep. 1, S. 316. Vgl. oben S. 159.

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wiesen sich die christlichen Errungenschaften weder in dem einen noch in dem andern Falle, aber aus ganz verschiedenen Gründen. Einige Wochen vor Tzimisces, im Dezember 975, war der Fatimidenchalif Mois, noch nicht 46 Jahre alt, aus dem Leben geschieden, nachdem er in der letzten Zeit Ostrom offen bekämpft hatte 1 ). Er besaß besonderes Geschick, Persönlichkeiten auszusuchen, die seinen Willen gut ausführten, man denke nur an Dschauher in Ägypten, und da diese Eigenschaft eine der wichtigsten ist, die einen Herrscher auszeichnen kann, sichert sie ihm dauernden Nachruhm. Als Herrscher Ägyptens und Südsyriens, als Gründer Kairos, hat er kraftvoll in die Geschichte seiner Zeit eingegriffen und der Herrschaft der Abbasiden einen schweren Schlag versetzt. ') Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 35. fip. 1, S. 316.

Müller 1, S. 625.

Schlumberger,

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FÜNFTES KAPITEL.

OTTOS II. SCHWIERIGE ANFÄNGE. (973-980.) Während der Kriegszüge des Tzimisces in Asien fand im Westen ein bedeutsamer Regierungswechsel s t a t t . Kaiser Otto I. h a t t e die Huldigung der fremden Gesandtschaften 1 ) nicht lange überlebt. Wenn ihm ein dynastischer Völkerbund, ähnlich dem, den Theoderich der Große 2 ) plante, als Ziel vorschwebte, so konnte er sich der Ausführung dieses dem allgemeinen Frieden unter deutscher Leitung dienenden Gedankens nicht mehr widmen. E r starb sechzig u n d ein halbes J a h r alt am 7. Mai 973 in Memleben und wurde in dem von ihm gegründeten Dome zu Magdeburg begraben 3 ). Als hervorstechenden Zug im Wesen des Kaisers kann m a n die Lebendigkeit seines Geistes bezeichnen, die sich gelegentlich zu einer gewissen Abenteuerlust steigerte. Hinaus aus dem engen Sachsentum in die weite, große Welt! Dieser Wunsch hat ihn erfüllt, besonders als sich ihm die Möglichkeit bot, in Italien einzugreifen. Schwierigkeiten übersah er leicht 4 ), Menschen schenkte er oft mehr Vertrauen, als sie es verdienten, zum Verzeihen war er rasch bereit. Laut pries m a n bis in späte Jahrhunderte seine Gerechtigkeitsliebe. I m Kriege stand er seinen Mann. Seine französische Politik hielt sich von maßloser Ländergier frei. Es genügte ihm, der Schiedsrichter des Abendlandes zu sein. Dazu gehörte vor allem die Herrschaft über Italien, die, wie man richtig hervorgehoben hat, mit verhältnismäßig geringen Opfern an Gut u n d Blut gewonnen wurde. Das reiche Land, die H a n d der schönen Königin-Witwe, die hochberühmte Kaiserkrone reizten sein empfängliches Gemüt. Überdies zahlten ihm die Langobarden alljährlich 200 P f u n d reinsten Goldes 5 ). Niemals kam es, während er jenseits der Alpen weilte, zu Aufständen im Reiche. Dazu t r u g sicher in hohem Maße die romfreundliche H a l t u n g der Geistlichkeit bei. Sie h ä t t e schon Heinrich I. gern dorthin gehen sehen 6 ). Um so willkommener m u ß t e n ihr Ottos Züge sein. ') Vgl. oben S. 160. — 2) Cartellieri 1, S. 45, 46. — 3 ) Köpke S. 510. Regg. sächs. 574c. Berg, Gero S. 29. — 4 ) Köpke S. 513 ff. — 5 ) Köpke S. 524 Anm. 1. — 6 ) Vgl. oben S. 43.

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Die Sorge um die geistige und sittliche Hebung wie die wirtschaftliche Sicherstellung der Kirche in Deutschland und Italien durchzog seine ganze Regierung und läßt sich von seinen sonstigen Handlungen ü b e r h a u p t nicht trennen. Bischöfe sind die festesten Stützen seines Thrones gewesen, nachdem sich die Stammesherzöge und die eigenen Verwandten als unzuverlässig erwiesen h a t t e n . Man t u t Otto I. k a u m Unrecht, wenn man seine Regierung hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt einer Nachahmung Karls des Großen betrachtet. Die Frage, ob er sein Vorbild erreicht h a t , m u ß aber verneint werden. Karl stand an der Spitze einer gewaltigen Bewegung, die man als Klärung der seit dem Niedergang des römischen Imperiums gärenden Völkermassen bezeichnen kann. Karl schuf Ordnung nach langer, verderblicher Unordnung, Einheit nach Zersplitterung. Eine solche allgemeine Machtstellung blieb Otto versagt. Die Zeiten wiesen ihm eine bescheidenere Aufgabe zu. Auch e r stiftete Ordnung, aber in einem beschränkteren Umkreis, besonders in Deutschland, aber auch südlich der Alpen. Man r ü h m t e von ihm, d a ß er in ganz Italien Recht und Gerechtigkeit mit starker H a n d zu schirmen begonnen habe 1 ). E r riß das P a p s t t u m aus moralischer Verderbnis und suchte es aus den Fesseln der römischen Adelsparteien zu befreien. Eine reinliche Scheidung dessen, was des Kaisers, und dessen, was des Papstes sein sollte, erzielte er nicht. Nach wie vor standen sich die Ansprüche des großen Karl und Nikolaus' I. gegenüber. Noch aber fehlte es an einem Anlaß, sie durchzufechten, und darum herrschte Frieden. I m Osten Deutschlands hat sich Otto um die Ausbreitung des deutschen Christentums und damit u m die Germanisierung des Landes dauernde Verdienste erworben. Nicht schöpferisch ist die Staatskunst Ottos gewesen. E r ging auf den Bahnen, die in karolingischer Zeit eröffnet worden waren, mit großem Schwung und frischem Wagemute vorwärts. Seinen Sieg über die Ungarn wird m a n ihm immer zu hoher Ehre anrechnen. E r hat damit die abendländische Kultur vor weiteren Zerstörungen gerettet und die Seßhaftigkeit des wilden Reitervolkes gefördert. Mißlungen ist ihm die Angliederung Süditaliens, und die Siziliens konnte er gar nicht einmal versuchen. Von dort her drohte daher der deutschen Herrschaft über Italien immer Gefahr. O t t o I I . war jetzt etwa 18 J a h r e alt. E r h a t t e eine vortreffliche, auch die geistige Bildung berücksichtigende Erziehung genossen u n d war früh zu den höchsten Würden emporgestiegen, 6 J a h r e alt zum König, 12 J a h r e alt zum Kaiser erhoben und 17 J a h r e alt mit Theophanu vermählt worden 2 ). Der Glanz des westlichen und des östlichen Kaisertums schien sich in seiner Person zu vereinigen, u n d es wäre merkwürdig gewesen, wenn sich in ihm nicht ein übersteigertes Selbstgefühl herausgebildet h ä t t e . ») Dresdner S. 11. — ») Vgl. oben S. 105, 141, 159.

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So dürftig und ungeschickt im Ausdruck die Quellenzeugnisse über den werdenden Charakter des jungen Kaisers auch sind, so stehen doch einige wichtige Züge fest 1 ). Er war zwar klein von Gestalt, besaß aber ungewöhnliche Körperkräfte und wollte deshalb immer gleich losschlagen. Nur ließ seine Kampffreudigkeit leicht verständige Überlegung vermissen. Damit berühren wir gleich seinen Hauptfehler: trotz seiner Jugend glaubte er, alles besser zu wissen als ältere, erfahrene Leute, und verachtete ihren Rat. Er gehörte zu den Naturen, die durch Liebenswürdigkeit und Freigebigkeit fesseln, denen es aber versagt bleibt, sich selbst Maß und Ziel zu setzen. E s mußte sich zeigen, ob die leichte Erregbarkeit, die den Kern seines Wesens bildete, nach seiner Thronbesteigung noch ein genügendes Gegengewicht finden würde. Sich schon vorher regelmäßig oder eindringend an den Regierungsgeschäften zu beteiligen, hatte er keine Gelegenheit gehabt, aber wir wissen nicht, ob sein Vater ihn absichtlich davon fernhielt. Zunächst ging alles gut, Mitte Juni 973 begrüßte ihn eine glänzende Fürstenversammlung zu Worms 2 ), aber schon hier zeigte es sich, daß er sich gegen den Einfluß und die List seiner bayrisch-schwäbischen Verwandten nicht zu wehren verstand. E s war daher eine kluge Maßregel, daß er nach dem Tode Herzog Burkhards II. von Schwaben (11. oder 12. November 973) seinem nur wenig älteren Neffen Otto I., dem Sohne Liudolfs und Idas von Schwaben 3 ), das erledigte Herzogtum verlieh und damit einen treu ergebenen Freund an eine bedeutende Stelle setzte 4 ). Bald mußte er in L o t h r i n g e n eingreifen. Dabei kam ihm zustatten, daß sich König Lothar von Frankreich noch zurückhielt, obwohl seine Beziehungen zu dem nahe verwandten deutschen Kaiserhause sich seit dem Tode seiner Mutter Gerberga am 5. Mai 968 5 ) sicher gelockert hatten. Von einer Familienpolitik im Sinne des Prinzen Brun konnte nicht mehr die Rede sein. Reginar IV. und Lambert, die Söhne des in der Verbannung gestorbenen Grafen Reginar III. von Hennegau 6 ), hatten den Tod Ottos I. benutzt, um sich gewaltsam in den Besitz der ihnen aberkannten Güter zu setzen, und sich dann in die Burg Boussulez-Mons (w. Möns) an der Haine geworfen. Mit Hilfe des Bischofs Theudo von Cambrai eroberte und verbrannte Otto zu Anfang 974 diese Feste, aber jene Herren waren schon vorher nach Frankreich geflohen 7 ). Viel bedenklicher sollte die Gegnerschaft B a y e r n s gegen das Kaiserhaus werden. Herzog Heinrich II., den man den Zänker zu nennen pflegt, der 951 geborene Sohn des Prinzen Heinrich und Vetter Ottos II. 8 ), sah sich durch die Einsetzung Ottos in Schwaben gekränkt, da dadurch seine Schwester Hadwig, die Witwe Herzog Burkhards II., beiseite geRichter 3, 1, S. 121. Uhlirz S. 209. — 2 ) Uhlirz S. 34. — 3 ) Vgl. oben S. 105. — *) Uhlirz S. 40. — s ) Lot, Derniers S. 62. Schoene S. 83. — 6 ) Vgl. oben S. 89,99. — ') Lot, Derniers S. 79. Uhlirz S. 45 f. Vanderkindere 2, S. 73. — 8 ) Uhlirz S. 51. RiezIer 1, 1, S. 555.

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schoben und das bayerische Haus verhindert wurde, den ganzen Süden des Reiches seinem Einfluß zu unterwerfen. Unvergessen, so k a n n man annehmen, war überdies die alte Feindschaft zwischen dem Prinzen Heinrich u n d dem Thronfolger Liudolf 1 ), und sie vererbte sich auf ihre Söhne, weil sie den Wettbewerb der beiden Herzogtümer verkörperte. N u r die Vorzeichen waren jetzt u m g e k e h r t : der Liudolfinger stützte den Kaiser, der zweite Heinrich bekämpfte ihn. Die wachsende Bedeutung der b a y e r i s c h e n O s t m a r k spielte auch hinein. Seit dem Siege auf dem Lechfelde (955) 2 ) h a t t e n sich bayerische Kolonisten in großer Zahl in das heutige Österreich und K ä r n t e n ergossen, geführt von Grundherren, zu denen sich auch kleinere freie Grundeigene und landlose Leute gesellten. In ihnen gingen die noch vorhandenen slawischen Ansiedler auf. Recht ansehnlich war der kirchliche Besitz der Bistümer Salzburg, Passau, Freising u n d Regensburg, auch der des hohen Adels 3 ). Markgraf der Ostmark, die von der Enns links der Donau bis über die Wachau, rechts des Flusses bis St. Pölten reichte, war zuerst 972 B u r k h a r d , Burggraf von Regensburg, wahrscheinlich ein Schwager der Herzogin-Mutter J u d i t h von Bayern 4 ). Nach seinem Tode wurde sein Nachfolger Liutpold I., Graf im Donaugau und Bruder Markgraf Bertholds vom Nordgau. Dieser stand im Lehensverhältnis zum Herzog von Bayern, hielt sich aber sehr unabhängig, und m a n k a n n daher begreifen, d a ß die Verstimmung Heinrichs des Zänkers infolge der Erhebung Liutpolds wuchs 5 ). Man würde die menschlichen Leidenschaften unterschätzen, wenn m a n fragen würde, ob die Gründe zu einer Verschwörung zureichend waren oder nicht. Heinrich der Zänker wollte den Kaiser entthronen u n d verband sich zu diesem Zweck mit den Herzögen Boleslaw I I . von Böhmen und Miseko I. von Polen sowie dem Bischof Abraham von Freising. Rechtzeitig gewarnt, k a m Otto dem Ausbruch der Bewegung durch die Verbannung des bayerischen Herzogs und des Bischofs zuvor (Sommer 974) 6 ). Die bayerischen Verhältnisse boten dem D ä n e n k ö n i g Harald Blauzahn eine günstige Gelegenheit, trotz seiner Gesandtschaft an den verstorbenen Kaiser vom J a h r e vorher 7 ), deutsches Grenzland zu verwüsten. Der J a r l Hakon von Norwegen, das hier zum ersten Male im Zusammenhange der abendländischen Politik erscheint, stellte ihm Hilfstruppen und errang auch einen Sieg über die Deutschen am Danewirk südlich von Schleswig. Nachdem der Norweger heimgekehrt war, gelang es Otto II., Verstärkungen an sich zu ziehen, das Danewirk zu nehmen, den Vgl. oben S. 84. — 2 ) Vgl. oben S. 97. — 3 ) Huber 1, S. 138. Vancsa 1, S. 205. Riezler 1, 1, S. 551. — 4 ) Lüttich S. 166. Riezler 1, 1, S. 550. — 5 ) Huber 1, S. 139, 174. Juritsch S. 12. Uhlirz S. 52, 80. Riezler 1, 1, S. 528, 557, 561. v. Guttenberg S. 21. Uhlirz, Handbuch 1, S. 69. Vgl. oben S. 56, 80. — •) Uhlirz S. 54. Riezler 1,1, S. 558. — ') Vgl. oben S. 161.

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Zugang durch eine Burg zu sichern u n d Harald zur Tributzahlung zu zwingen (vor November 974) *). Der Tod eines den Frieden machtvoll schirmenden Herrschers wie Ottos I. bot n a t u r g e m ä ß auch in Italien allen unruhigen K r ä f t e n neue Möglichkeiten, sich zu entfalten. I m Süden bewährte sich wieder Paldolf I. Eisenkopf 2 ), der den durch Verschwörer entthronten Fürsten Gisulf I. von Salerno im Oktober 974 wieder einsetzte, aber auch nötigte, Paldolfs zweiten Sohn gleichen Namens als Mitregenten anzunehmen 3 ). In R o m hörten die Parteikämpfe anläßlich der Erledigung des päpstlichen Stuhles nicht auf. P a p s t J o h a n n X I I I . , der sich in allen Dingen nach den Wünschen Ottos I. gerichtet h a t t e , war am 6. September 972 gestorben 4 ). Sein Nachfolger Benedikt VI. wurde am 19. J a n u a r 973 geweiht. Als dann nach dem Tod Ottos des Großen die Meinung a u f k a m , daß das deutsche Kaisertum weniger zu fürchten sei, nahmen im J u n i 974 römische Adelige unter der F ü h r u n g des J o h a n n Crescentius, genannt de Theodora 5 ), der sich acht J a h r e vorher für den kaiserlichen Papst eingesetzt h a t t e , Benedikt V I . gefangen, erdrosselten ihn u n d setzten einen ihrer Helfer, den Diakon F r a n k o , als Bonifaz V I I . an seine Stelle. Hier wie in anderen Fällen ist ausdrücklich zu sagen, daß die tieferen Ursachen der von Zeit zu Zeit wild auflodernden Leidenschaften in Rom nicht klar zu erkennen sind, weil wir zu wenig von den führenden Persönlichkeiten wissen. Aber schon im Juli vertrieb der Gesandte des Kaisers, Graf Sikko (Siegfried) von Spoleto, den Eindringling, der die Kostbarkeiten von St. Peter zusammenraffte und nach Konstantinopel floh. Mit Einwilligung des deutschen Hofes t r a t der Bischof von Sutri im Oktober 974 als Benedikt V I I . an seine Stelle. Wie man hervorgehoben hat, nahm man dabei zum ersten Male auf die cluniazensische Reformbewegung Rücksicht 6 ). Man würde aber völlig irren, wenn man glauben wollte, daß ihre Anhänger politisch dem Kaisertum nahe standen. Das war durchaus nicht der Fall. Wohl aber konnte das gemeinsame Streben nach einer Reinigung der Kirche sonstige Gegensätze wenigstens vorübergehend überbrücken. Allerdings verstand jede Partei d a r u n t e r ganz etwas anderes. Die Römer wünschten ein von der deutschen Herrschaft, die Deutschen ein von römischen Gewaltsamkeiten freies P a p s t t u m . Jenseits der Alpen war die Ruhe jedenfalls hergestellt, aber diesseits blieb noch genug zu t u n , weil sich die Wirren aus der Zeit des Regierungsantritts wiederholten. Wir müssen wissen, wer sich jetzt in der Umgebung des leicht bestimmbaren Herrschers befand. I m J a n u a r 975 wurde der Kanzler W i l l i g i s Erzbischof von Mainz. Als Sohn armer Uhlirz S. 55. Hauck 3, S. 250. v. Liliencron S. 30, 38, 45. Hofmeister, Kampf S. 12. — 2 ) Vgl. oben S. 139, 154. — 3 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 216. Uhlirz S. 56. Gay S. 322. Schipa S. 122. — 4 ) Lib. pont. 2, S. 254. — 5 ) Vgl. oben S. 116. — •) Lib. pont. 2, S. L X X V I , 253, 255. Gregorovius 3, S. 363, 369, 372. Schlumberger, £ p . 1. S. 271, 491. Uhlirz S. 57. Hartmann 4, 1, S. 68. Bossi, Crescenzi S. 30.

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sächsischer Eltern geboren, durch seine hervorragenden Fähigkeiten rasch emporgekommen, verwaltete er jetzt das für die Regierungsgeschäfte wichtigste kirchliche Amt 1 ). Der innere Zusammenhang der Ereignisse läßt sich aus der überaus dürftigen Überlieferung nicht erkennen. Um den Herzog Boleslaw I I . von Böhmen f ü r seine Teilnahme an der bayerischen Verschwörung von 974 zu bestrafen 2 ), verwüstete Otto im Herbst 975 Böhmen 3 ). Inzwischen gelang es Heinrich dem Zänker, aus der H a f t zu entfliehen und in sein L a n d zurückzukehren. Hier e n t b r a n n t e bald darauf der Bürgerkrieg, den m a n als den ersten dieser Art in B a y e r n bezeichnet h a t . Otto I I . ging mit Heeresmacht auf Regensburg los, und die ihn begleitenden Bischöfe bannten den Herzog, der mitsamt seinen Anhängern zum Böhmenherzog floh. Regensburg ergab sich um Mitte Juli 976, und Bayern k a m an Otto I. von Schwaben, der jetzt, was noch nicht vorgekommen war, zwei Herzogtümer in seiner H a n d vereinigte. Man ermißt aus dieser ungewöhnlichen Maßregel, wie felsenfest der Kaiser ihm vertraute, wie gern er sich aber auch die schwere Bürde der Regierung erleichterte. Außerdem wurde das Herzogtum K ä r n t e n , das damals die späteren Marken Steier und Krain umfaßte, mit den italienischen Gebieten, der Mark Verona, Friaul und Istrien, Heinrich übertragen 4 ), dem Sohne des Herzogs Berthold, der seinerseits früher Kärnten und Bayern gehabt hatte 5 ). Die treue Hilfe der bayerischen Geistlichkeit k a m bei allen diesen Verwicklungen Otto wohl zustatten und besaß auch grundsätzliche Bedeutung. Ein Versuch des Kaisers, noch im selben J a h r e Boleslaw I I . von Böhmen zu bezwingen, mißlang 6 ), u n d im folgenden (976) m u ß t e er vor allem die Westgrenze sichern. Die Grafen Reginar IV. und Lambert h a t t e n 976 ihren Versuch, das väterliche Erbe wiederzugewinnen 7 ), erneuert und Unterstützung bei dem Prinzen K a r l , denr Bruder König Lothars, wie bei Odo, dem Sohne des Grafen Albert I. von Vermandois und Gerbergas, der Schwester Lothars, gefunden. Karl war 23 J a h r e alt, h a t t e aber bisher gar keine politische Rolle gespielt, weil ihm sein Bruder eine Ausstattung mit Land, die damals die unentbehrliche Voraussetzung jeder öffentlichen Wirksamkeit eines Fürsten war, verweigerte. Man k a n n annehmen, d a ß er irgendwie eine Herrschaft zu gewinnen suchte, wie ihm das ja auch später glückte. Von seinen Eigenschaften gewinnen wir kein deutliches Bild. Keinesfalls war er eine bedeutende Persönlichkeit. Man weiß, daß er seine Schwägerin, die Königin E m m a , Tochter der Kaiserin Adelheid, mit übler Nachrede verfolgte und ihr Ehebruch mit dem bisherigen königlichen Kanzler und späteren Bischof Ascelin (Adalbero) von Laon (seit J a n u a r 977) vorwarf. E r wurde auch deshalb verbannt 8 ). >) Böhmer, Willigis S. 2. Hauck 3, S. 414. Bresslau, Handbuch 1 2 , S. 467. — 2 ) Vgl. oben S. 171. — 3 ) Uhlirz S. 63. — «) Huber 1, S. 207. Uhlirz S. 76. Riezler 1, 1, S. 558. Jaksch 1, S. 140. — 5 ) Vgl. oben S. 55, 80. — 6 ) Uhlirz S. 82. — ') Vgl. oben S. 170. — 8 ) Lot, Derniers S. 10, 83, 88. Uhlirz S. 73. Schoene S. 92.

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Gemeinsam berannten die Verbündeten am 19. April 976 Möns im Hennegau, mußten aber nach einem erbitterten K a m p f e abziehen, ohne ihr Ziel erreicht zu haben. Otto erkannte richtig die Notwendigkeit, solchen örtlichen Fehden ein Ende zu machen, wenn er nicht mit einem französischen Eingreifen rechnen wollte. E r glaubte, durch Nachgiebigkeit zum Ziele zu kommen, und änderte daher im Mai 977 seinen bisherigen S t a n d p u n k t . E r verzieh Reginar IV. und Lambert vollständig und gab ihnen ihre Erbgüter zurück, ließ allerdings Möns dem Grafen Gottfried I. von Verdun, der Graf von Hennegau war. Neben ihm waltete Arnolf als Markgraf von Valenciennes. Beide waren treue Diener des Kaisers. An Ottos Hoflager weilten Herzog Friedrich I. von Oberlothringen und Bischof Dietrich I. von Metz. Man wird k a u m irre gehen, wenn m a n ihren Ratschlägen die Neuordnung der lothringischen Verhältnisse zuschreibt. Die Hauptsache war, d a ß Otto I I . zu der Politik des Prinzen Brun zurückkehrte und wieder einen Herzog von N i e d e r l o t h r i n g e n ernannte. Man erinnert sich, daß der letzte, Gottfried I., 964 gestorben war 1 ). Es fällt auf, daß jetzt der Prinz Karl von Frankreich erkoren wurde, der unmittelbar vorher gegen Getreue des Kaisers g e k ä m p f t hatte. Er wurde somit deutscher Vasall und bekam die Aufgabe, sich französischen Ausdehnungsplänen zu widersetzen 2 ). Damit spielte er seinem Bruder, dem König Lothar, einen recht hinterlistigen Streich u n d befriedigte seine persönliche Rache. Ob Otto gut daran t a t , Lothar so schroff herauszufordern und einen echten Karolinger in das lothringische Stammland zurückzuversetzen, m u ß t e die Z u k u n f t lehren. Es war das bittere Schicksal des jungen Kaisers, daß er sich so oft mit vorläufigen Lösungen zufrieden geben mußte, weil er von einer Reichsgrenze zu der weit entfernten andern gerufen wurde. Tschechen h a t t e n die Kirche zu Zeitz (ssw. Leipzig) geplündert und den Bischof vertrieben. Dafür sollte der böhmische Herzog zur Verantwortung gezogen werden, und Otto marschierte im August 977 mit einem starken Heer nach Böhmen hinein. Ein anderes f ü h r t e ihm Herzog Otto I. aus Bayern und Schwaben zu. K a u m waren sie aber ausgerückt, als eine Empörung der drei Heinriche ausbrach. Zu Heinrich dem Zänker, der natürlich Bayern wiedergewinnen wollte, gesellte sich Herzog Heinrich von Kärnten, uneingedenk der soeben vom Kaiser empfangenen Wohltaten 3 ), und auch Bischof Heinrich von Augsburg. Eine Zeitlang schien die Lage der Deutschen in Feindesland nicht ungefährlich. Aber Herzog Otto kehrte sofort u m und verhinderte geschickt die Vereinigung der beiden Herzöge Heinrich mit Boleslaw I I . und dem Augsburger. Der Kaiser vermochte auch allein die Unterwerfung Boleslaws zu erzwingen, vereinigte sich dann mit Herzog Otto u n d n a h m E n d e September 977 Passau ein, wo Vgl. oben S. 102, 115. — 2 ) Lot, Derniers S. 91. Uhlirz S. 87. Vanderkindere 2, S. 77, 88. Dieckmann, Ahnen S. 9. Parisot, Origines S. 116. Schoene S. 96, 98. Kawerau S. 63. — 3 ) Vgl. oben S. 173.

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sich die beiden Herzöge festgesetzt h a t t e n . Die Stadt wurde soweit zerstört, wie nötig war, damit sie nicht wieder den Feinden einen Stützp u n k t bieten könnte 1 ). Zu Ostern (31. März) 978 huldigte Boleslaw I I . zu Quedlinburg 2 ). E r h a t t e sicher eingesehen, d a ß infolge seiner Beteiligung an den Aufständen gegen den Kaiser sein eignes Land schwer leiden mußte und daß es daher ratsamer sei, wenn er Frieden hielt. E t w a zu derselben Zeit, genau weiß m a n es nicht, verurteilte das Fürstengericht die drei Heinriche zur Verbannung. Sie kamen bei Standesgenossen in H a f t . Der K ä r n t n e r verlor auch sein Herzogtum, das Otto, der Sohn des auf dem Lechfelde gefallenen Herzogs Konrad des Roten 3 ) u n d Liutgards, demnach ein Enkel Ottos I., erhielt. So stieg wieder der Sohn eines Gegners des Prinzen Heinrich empor, wie das schon bei Otto von Bayern u n d Schwaben der Fall gewesen war 4 ). Der Augenblick schien König L o t h a r günstig zum Losschlagen, wie ihm das Reginar IV. und Lambert rieten, die demnach trotz ihrer Begnadigung 5 ) ihre Umtriebe gegen das deutsche Reich fortsetzten. Die beste Gelegenheit, es während der bayerisch-böhmischen Wirren zu t u n , h a t t e er allerdings verpaßt. Als er hörte, d a ß Otto, sein Vetter und Schwager, mit Theophanu, die schwanger war, und einem wenig zahlreichen Gefolge in Aachen weile, berief er sofort eine Versammlung seiner Großen nach Laon und gewann sie, u. a. auch Herzog Hugo Kapet, f ü r seinen Plan, den Kaiser gefangen zu nehmen und sich von ihm Lothringen abtreten zu lassen. Zugleich hoffte er, seinen Bruder, den von Otto eingesetzten Herzog Karl, zu züchtigen. Es wurde ein starkes Heer aufgeboten, aber nur wenige Vertraute erfuhren, was geschehen sollte. Wahrscheinlich ging der Marsch erst nach dem Hennegau, als handle es sich u m die Unterstützung Reginars IV. und Lamberts, und dann nordostwärts in der Richtung auf Aachen. Als der König die Maas wohl zwischen Lüttich u n d Maastricht überschritten hatte, wagte er nicht gleich einen kühnen Vorstoß gegen die nur etwa 25 km entfernte Stadt, sondern ließ in übergroßer Vorsicht sein Heer umständlich mit dem ganzen Troß vorwärts gehen. Otto wollte gar nicht glauben, d a ß ihm Gefahr drohe, und meinte, Lothar habe doch keine genügende Mannschaft und könne sich nicht auf seine Großen verlassen. Schließlich ritt er hinaus u n d überzeugte sich selbst davon, daß die Feinde herannahten. Zeit war nicht mehr zu verlieren. Tränen im Auge, floh er mit seiner Familie nach Köln, und am Tage darauf, einem der letzten des J u n i 978, zog Lothar in Aachen ein. Der Kaiserpalast wurde ausgeplündert u n d der eherne Adler, der mit ausgebreiteten Flügeln das Dach krönte, nach Osten gewendet 6 ). Das konnte doch n u r bedeuten, daß jetzt hier die Grenze Frankreichs sein sollte. ») Uhlirz S. 91, 101. Riezler 1, 1, S. 565. Holtzmann, Calbe S. 179 Anm. 7. — ) Uhlirz S. 103. Köster S. 4, 240. — 3 ) Vgl. oben S. 97. — 4 ) Uhlirz S. 103. Riezler 1, 1, S. 566. Vgl. oben S. 170. — 5 ) Vgl. oben S. 174. — ') Schneider, Mittelalter S. 195. 2

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Das war aber auch alles. Schon nach drei Tagen zog der König ab, machte also gar keinen Versuch, die so leicht gewonnene Stadt dauernd zu halten. Auf dem Rückwege wollte er Metz überrumpeln, aber auch hier hatte er kein Glück. Bischof Dietrich I. wurde dadurch erst recht zur Gegenwehr angespornt. Lothar mußte sich aber auch sonst in Oberlothringen große Zurückhaltung auferlegen. Am 18. Mai war Herzog Friedrich gestorben 1 ), den seinerzeit Prinz Brun eingesetzt hatte 2 ). Für den unmündigen Sohn Dietrich I. regierte die Herzogin-Mutter Beatrix, und diese war die Schwester des Herzogs Hugo Kapet, der gerade den König unterstützte. Lothar hatte wirklich nicht viel erreicht, tröstete sich aber damit, daß er ein andermal wiederkommen würde 3 ). Er hatte den Frieden schnöde gebrochen und alles vergessen, was sowohl sein Vater Ludwig IV. als er selbst der deutschen Unterstützung gegen die unbotmäßigen Vasallen zu verdanken gehabt hatten 4 ). Wäre er besser beraten gewesen, so hätte er wissen können, daß, solange der Wettbewerb der beiden großen Geschlechter in Frankreich andauerte, es äußerst unklug war, mit dem mächtigeren Nachbar im Osten Krieg zu führen, da dieser immer an dem einen oder dem anderen einen Bundesgenossen finden konnte. Otto konnte nicht ruhen, bis er den erlittenen Schimpf gerächt hatte. Um Mitte Juli 978 hielt er in Dortmund eine Reichsversammlung ab, und hier beschlossen die Großen in einmütiger Begeisterung, dem Kaiser bis in den Tod zu folgen 5 ). Es spricht große Wahrscheinlichkeit dafür, daß jetzt vor dem Ausbruch kriegerischer Verwickelungen die KaiserinMutter Adelheid den Hof verließ. Wollte sie sich nicht offen für ihren Sohn gegen ihren Schwiegersohn 6 ) entscheiden, gab es deshalb Mißhelligkeiten, dann war es schon besser, daß sie sich mit ihrer Tochter Mathilde, der Äbtissin von Quedlinburg, die ihr besonders nahe stand, zu ihrem Bruder König Konrad nach Burgund begab 7 ). Jetzt gewann Theophanu mehr Spielraum, doch läßt sich ihr Einfluß auf die Reichspolitik im einzelnen nicht nachweisen. Zweiunddreißig Jahre waren verflossen, seitdem Otto I. nach Frankreich gezogen war"). Damals handelte es sich darum, den bedrängten Vater Lothars, Ludwig IV., gegen seinen übermächtigen Vasallen, Hugo den Großen, den Vater des gegenwärtigen Herzogs Hugo Kapet, zu schützen. Jetzt hatte der junge Kaiser den König und seinen Herzog zu Feinden. Die beiden Unternehmungen militärisch zu vergleichen und in den Zusammenhang späterer, nach Paris führender deutscher Vormärsche einzureihen, ist kaum möglich, da die Nachrichten zu dürftig sind. Es ist ganz bezeichnend für Ottos Sinnesart, daß er dem König Lothar Botschaft sandte, er wolle ihm seine Hinterlist nicht mit gleicher l ) Pariäot, Origines S. 319. — 2 ) Vgl. oben S. 102. — 3 ) Lot, Derniers S. 93. Uhlirz S. 105. Schoene S. 101. Flach 4, S. 284. — *) Vgl. oben S. 73, 76. — 5 ) Gesta epp. Camcrac. 1, Kap. 97, SS. 7, S. 61. Uhlirz S. 109. — •) Vgl. oben S. 112. — ' ) Uhlirz S. 110, 73 Anm. 6. — 8 ) Vgl. oben S. 75.

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Münze heimzahlen, sondern ihn ganz offen am 1. Oktober angreifen. E r b r a c h tatsächlich u m diese Zeit mit einem starken Reiterheer, zu dem auch Italien Mannschaften gestellt hatte, auf, plünderte und verb r a n n t e die alte Karolingerpfalz zu Attigny am linken Ufer der Aisne, schonte aber Reims und Soissons aus E h r f u r c h t vor dem hl. Remigius und dem hl. Medardus, plünderte dann wieder die Pfalz zu Compiegne und gelangte bis vor Paris. Sein Lager stand vermutlich an derselben Stelle wie 886 das Kaiser Karls III. 1 ) am Fuße des Montmartre, etwa 3 k m vom Grand Pont (Pont au Change) 2 ), der die Cite-Insel mit dem rechten Seineufer verband. Wie man sieht, legte er den größten Wert darauf, n u r den König empfindlich zu strafen, nicht aber die Kirche. Als seine Vorhut ohne sein Wissen das Frauenkloster Chelles am rechten Ufer der Marne (w. Lagny) zerstört und in Brand gesteckt hatte, betrübte ihn das sehr, und er gew ä h r t e eine reichliche Entschädigung. Inzwischen ging Karl von Niederlothringen nach Laon und machte hier einen schwächlichen Versuch, sich als Gegenkönig aufstellen zu lassen. Die Deutschen verwüsteten die Umgebung von P a r i s gründlich, aber zu einer Schlacht k a m es nicht. Lothar war südwärts nach E t a m p e s geflohen und h a t t e seine Vasallen aufgeboten. Hugo K a p e t hielt sich in Paris eingeschlossen und rechnete ganz richtig damit, daß Otto gar nicht imstande sei, die Stadt auch nur ernstlich anzugreifen. Es wird erzählt, d a ß ein Deutscher bis zu den eisenbeschlagenen Toren des Grand Pont vordrang und unter lauten Schimpfreden einen Franzosen zum Zweikampf herausforderte. Der Herzog setzte einen Preis aus, und ein gewisser Ivo stellte sich. Zwar spaltete ihm sein Gegner durch einen Speerwurf den Schild, aber er konnte ihn durch einen geschickten Schwerthieb niederstrecken und seine Waffen erbeuten 3 ). Diese lieferte er an den Herzog ab und bekam dann die erbetene Belohnung. Da der Winter nahte, gab Otto Ende November oder Anfang Dezember 978 den Befehl zum Abmarsch, kündigte aber vorher Hugo an, er würde ihm noch ein Halleluja singen lassen, wie jener noch keines gehört habe. Die sämtlichen Geistlichen des deutschen Heeres versammelten sich auf dem Montmartre u n d stimmten Halleluja, Te martyrum candidatus laudat exercitus, Domine, an 4 ). Altgermanisches Heldentum u n d altchristliches Kirchentum mischten sich merkwürdig genug in den Gemütern der rauhen Krieger. Das deutsche Heer folgte beim Rückzug wohl wieder der Aisne. Da diese aber stark angeschwollen war, erschien der Übergang gefährlich. Dank dem klugen Rate des Grafen Gottfried I. von Verdun u n d dem Glaubensmute des Bischofs Wolfgang von Regensburg überschritt Otto den Fluß sofort. Nur das Gepäck konnte nicht mehr hinübergeschafft Cartellieri 1, S. 338 f. — 2) Halphen, Paria S. 87. — 3 ) Richer 3, Kap. 76. — *) Gesta epp. Camerac. 1, Kap. 97, SS. 7. Lebeuf 1, S. 442. C a r t e l l i e r i , Weltstellung.

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werden, da es dunkel wurde. Am nächsten Tage wurde es eine leichte Beute der nachdrängenden Truppen Lothars, zu denen französische und burgundische Verstärkungen gestoßen waren. Reginar IV. und Lambert kämpften jetzt offen auf französischer Seite. Die deutschen Troßknechte wurden niedergehauen oder ertranken (Dezember 978) 1 ). Es wird uns berichtet, Otto habe erst eine geordnete Schlacht angeboten, Graf Gottfried I. Grisegonelle von Anjou aber einen Zweikampf der beiden Herrscher vorgeschlagen und Gottfried von Verdun daraufhin voller Entrüstung ausgerufen: Jetzt sehe er, daß tatsächlich, was er bisher niemals habe glauben wollen, die Franzosen ihren König gering achteten. „ N i e , " so fuhr er fort, „wird unser Kaiser kämpfen, während wir untätig zuschauen, niemals im Gefecht Gefahr laufen, während wir unversehrt sind. Trotzdem zweifeln wir gar nicht daran, daß er euren König im Zweikampf besiegen würde." 2 ). Man hat die Glaubwürdigkeit des ganzen Vorfalls bestritten, aber das eine möchte man doch daraus entnehmen, daß wenigstens einzelne Mannen aus der Umgebung des Kaisers für ihn zu jedem Opfer bereit waren. Hatte Otto seinen Zweck erreicht, an Lothar für den Überfall von A a c h e n Vergeltung zu ü b e n ? Er hatte Frankreich verheeren und, ohne Widerstand zu finden, bis vor die Mauern von Paris gelangen können, aber sein eiliger Rückzug, mochte auch hauptsächlich die Witterung daran schuld sein, und die Schlappe seiner Nachhut boten den Franzosen Anlaß genug, sich als Sieger zu fühlen. Eine Urkunde aus der Nähe von Tours wurde gegeben „unter dem großen König Lothar, in dem Jahre, in dem er die Sachsen angriff und den Kaiser in die Flucht schlug" 3 ). In einer Inschrift, die an einem Tore zu Arras die Schlacht bei Bouvines verherrlichen sollte, wurde daran erinnert, daß 236 Jahre vorher Lothar den „sehr gewaltigen Kaiser Otto an der Aisne" besiegte 4 ). In der Reihe der Ereignisse, die zur Entfaltung französischen Nationalgefühls beigetragen haben, darf das nicht recht geglückte Strafunternehmen Ottos II. nicht fehlen. Es gehört in dieselbe Reihe, wie der mißglückte Kriegszug Heinrichs V. von 1124 und die eben erwähnte schimpfliche Niederlage Ottos IV. von 1214. Daß Karl von Niederlothringen sich unter diesen Umständen in Laon nicht behaupten konnte, wird niemanden wundern. Um besonders ihm und etwaigen anderen Bewerbern den Weg zum Throne möglichst zu versperren, ließ jetzt Lothar seinen kaum dreizehnjährigen Sohn Ludwig V. in Compiegne von den Großen zum König wählen und am Pfingsttage (8. Juni) 979 durch den Erzbischof Adalbero von Reims 5 ), der übrigens ein Bruder Gottfrieds I. von Verdun war, salben. Hugo Kapet war nicht nur ganz einverstanden, sondern gab sich auch sonst •) Lot, Derniers S. 99. Uhlirz S. 112. Schoene S. 107. Kawerau S. 64. — 2) Gesta cpp. Camerac. 1, Kap. 98, S S . 7. — 3 ) Lot, Derniers S. 107. — 4 ) Gucsnon, Bull, bist , et philol. 1893, S. 240. Cartellieri, Philipp August 4, 2, S. 498. — 5 ) Lot, Derniers S. 63, Stammtafel. Dieckmann, Ahnen S. 6.

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auffallend viele Mühe, die königliche Macht zu stärken 1 ). Welche Vorteile er von solchen Loyalitätsanwandlungen erwartete, entzieht sich unserer Kenntnis. Sehen wir davon ab, in seinen Handlungen und denen seiner meisten Standesgenossen eine klare Linie feststellen zu wollen. Wir werden der Wahrheit näher kommen, wenn wir annehmen, daß sie Stimmungsmenschen waren, leicht erregbar, aber auch leicht versöhnt, unfähig, sich selbst zu beherrschen, und daher geneigt, ihren j ä h aufflammenden Zorn an einem wirklichen oder vermeintlichen Feinde auszulassen. Die Erfolge, die der französische König erzielt zu haben glaubte, machten ihn übermütig. Nach d e m T o d e des Bischofs Theudo von C a m b r a i , der um Anfang November 979 eintrat, benutzte er die Abwesenheit Ottos auf einem Zuge gegen die Slawen, um Güter des Hochstifts an sich zu reißen. Man fürchtete schon, er würde die Bischofsstadt selbst überfallen. Sicher h ä t t e er nur allzugern den mit Cambrai vorspringenden Zipfel deutschen Reichsgebiets für sich abgeschnitten. Liegt es doch in der Luftlinie nur etwa 75 km von seiner H a u p t s t a d t Laon entfernt. Aber es sollte noch ziemlich genau sieben J a h r h u n d e r t e dauern, bis der heiße Wunsch dieses Spätkarolingers durch Ludwig X I V . persönlich erfüllt wurde (1677). Gottfried I. von Verdun und Arnolf von Yalenciennes bewährten sich wieder als tatkräftige Anhänger der deutschen Sache. Sie veranlaßten Karl von Niederlothringen, zusammen mit ihnen Cambrai zu schützen. Aber k a u m h a t t e Karl sich daselbst eingerichtet, als er den Kirchenschatz verschleuderte, P f r ü n d e n v e r k a u f t e und auch sonst allerhand U n f u g trieb. So machte es ihm Spaß, seine Frau im eigenen Bett des Bischofs schlafen zu lassen. Empört entfernten sich Gottfried und Arnolf. In die Heimat zurückgekehrt, bestellte der Kaiser einen neuen Bischof, Rothard mit Namen. Dieser zog am Anfang der Fastenzeit (Aschermittwoch 25. Februar 980) in Cambrai ein und zerstörte gleich nachher mit Hilfe Gottfrieds und Arnolfs die südlich gelegene Burg Vinchy, die Odo von Yermandois gebaut h a t t e , u m einen Druck auf den Bischof auszuüben 2 ). Die Absichten König Lothars auf Gebietserweiterung ließen sich an dieser Stelle nicht verwirklichen, und er erkannte noch rechtzeitig, wie es ein Zeitgenosse ausdrückt 3 ), d a ß Otto weder durch List getäuscht noch durch Gewalt bezwungen werden könne. Aachen und Cambrai bedeuteten zwei bittere Enttäuschungen f ü r ihn. Der Bund mit Hugo Kapet bot auch keine unbedingte Sicherheit, und immer drohte die Gefahr, daß der wandelbare Herzog sich seinerseits mit Otto verständigte, wie es Hugos Vater Hugo der Große doch auch mit Otto I. getan hatte 4 ). Lot, Derniers S. 108. Uhlirz S. 131. Eiten S. 203. — 2 ) Lot, Derniers S. 111. Uhlirz S. 128. Vgl. oben S. 174. — 3 ) Richer 3, Kap. 78. — 4 ) Vgl. oben S. 60, 72 u. sonst.

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Nach Befragung seiner Räte entschloß er sich, seinen hochfliegenden Plänen zu entsagen, und schickte ohne Vorwissen Hugos, damit ihm dieser nicht etwa zuvorkäme, Gesandte mit friedfertigen Eröffnungen an den Kaiser. Sie fanden eine sehr freundliche Aufnahme, weil eine Romfahrt bevorstand und eine Beruhigung an der Westgrenze zweckmäßig erschien. Etwa Mitte Mai 980 trafen sich die beiden Herrscher zu Margutsur-Chiers (sö. Carignan) 1 ) auf deutschem Gebiete, aber ganz nahe der französischen Grenze und schlössen in der üblichen Weise Freundschaft. Lothar verpflichtete sich eidlich, keine Ansprüche mehr auf Lothringen zu erheben 2 ), und bestätigte also wieder einmal, was gerade hundert Jahre vorher zu Ribemont ausgemacht worden war 3 ). Aber endgültig sollte auch dieser französische Verzicht nicht sein! Erst die Furcht vor der überlegenen englisch-normannischen Macht bestimmte später die Kapetinger, sich bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts an ihrer Ostgrenze ruhig zu verhalten. Dem lebhaften Eifer, mit dem Otto, bald hier bald dort, die Rechte des Reiches wahrnahm, wird man die Anerkennung keinesfalls versagen. Daß er aber in Aachen fast überfallen worden wäre, daß er Paris mit ungenügenden Streitkräften bedrohte und auf dem Rückzüge an der Aisne schmerzliche Verluste erlitt, bewies doch, daß er weder ein Menschenkenner noch ein großer Feldherr war. Zu seinem Glück fehlte es ihm nicht an treuen Mannen, die sich mit Rat und Tat für ihn einsetzten. ! ) Vgl. oben S. 35. — 2 ) Lot, Derniers S. 118. Vanderkindere 2, S. 380. Uhlirz S. 133 mit der Zeit. Parisot, Origines S. 328, dazu Hofmeister, Bespr. S. 500. Schoene S. 113. Kawerau S. 66. — 3 ) Cartellieri 1, S. 327.

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SECHSTES KAPITEL.

DIE ANFÄNGE B A S I L I U S ' II. (976-979.) In dem Augenblick, in dem der deutsche Kaiser sich Italien und besonders dem Süden des Landes zuwandte, kam auf die Haltung des neuen oströmischen Kaisers sehr viel an. Diese aber hing großenteils von der inneren und äußeren Lage des Reiches ab. B a s i l i u s II., der Sohn des 963 gestorbenen Basileus Romanus II., stammte in gerader Linie von Basilius I., dem Gründer der sogenannten mazedonischen, in Wahrheit armenischen, Dynastie 1 ) ab und war etwa drei Jahre jünger als Otto II. 2 ). Für ihn wie für seinen zwei bis drei Jahre jüngeren Bruder Konstantin V I I I . hatten die beiden gewaltigen Feldherren Nicephorus (f 969) und Tzimisces (f 976) als Kaiser die Regierung geführt. J e t z t mußte es sich darum handeln, ob die rechtmäßigen Thronerben noch einer Regentschaft bedürfen würden. Sie waren in einem Rausch von Vergnügungen aufgewachsen 3 ), wie das den ehrgeizigen Zwecken des mächtigsten Mannes am Hofe, des Senatspräsidenten Basilius des Bastards 4 ), am besten entsprach. Der eben genannte Bastard, wie er hier genannt werden soll, um jede Verwechslung mit dem Basileus selbst zu vermeiden, hatte unter vier Regierungen entscheidenden Einfluß geübt, und niemand könnte leugnen, daß er nach seinen inneren wie seinen äußeren Eigenschaften der Leitung eines großen Reiches vollkommen gewachsen war. Gegen Ende der Regierung Tzimisces' fiel er wohl wegen seiner für einen Untertanen übergroßen Macht in Ungnade. Daraus erklärte sich dann das Gerücht, daß er die Schuld am Tode des Kaisers trage 5 ). Eine ebenso bedeutende Stellung wie der Bastard in den bürgerlichen, nahm Bardas Sklerus in den militärischen Verhältnissen ein 6 ). E r war der Schwager Tzimisces' und hatte sich oft genug gegen den inneren und den äußeren Feind bewährt. Zur Zeit des Thronwechsels stand er in Asien an der Spitze des Heeres. Er und der Bastard haßten einander aus ganzer Seele; denn nur einer von ihnen konnte den Versuch machen, an Stelle Cartellieri 1, S. 306. — 2 ) Vgl.oben S. 105 u. 133. — 3 ) Schlumberger, £ p . 1. S. 339. — " ) Schlumberger, £ p . 1, S. 340. Vgl. oben S. 134. — 5 ) Vgl. oben S. 166. — ") Schlumberger, £ p . 1, S. 342. Vgl. oben S. 157.

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der rechtmäßigen Basileis den Staat selbstherrlich zu leiten, aber der Bastard h a t t e den Vorteil, in der H a u p t s t a d t anwesend zu sein. Theophanu, die Mutter der Basileis, wurde aus der Verbannung zurückgerufen. Sie, die sich einst durch ihre Schönheit und ihre Herrschbegierde maßgebenden Einfluß verschafft h a t t e , lebte und starb j e t z t in völliger Zurückgezogenheit 1 ). Die erste, in ihren Wirkungen verhängnisvolle T a t des Bastards war, daß er seinem gefährlichen Nebenbuhler Bardas Sklerus den Oberbefehl in Anatolien entzog und ihn nach Mesopotamien an die arabische Grenze versetzte. Ähnlich erging es einem Anhänger des Sklerus, Michael Burtzes, der von diesem getrennt und zum Herzog von Antiochien ern a n n t wurde. Oberbefehlshaber in Anatolien wurde der kriegerisch tüchtige Patricius und Eunuch Peter Phokas 2 ). Bardas S k l e r u s wollte den harten Schlag nicht geduldig hinnehmen und ließ sich, da er bei seinen Soldaten außerordentlich beliebt war, 976 wahrscheinlich in K h a r p u t (nw. Diarbekr) zum Kaiser ausrufen 3 ), ähnlich wie das dreizehn J a h r e vorher Nicephorus getan hatte 4 ). Dabei war seine Absicht sicher nicht, die jungen Basileis zu beseitigen, sondern in ihrem Namen die tatsächliche Herrschaft zu üben, wie das Nicephorus und Tzimisces auch getan h a t t e n . Rücksichtslos erpreßte er Geld von den Steuerbeamten und Großgrundbesitzern, n a h m dann gleich Melitene (Malatia) u n d knüpfte mit arabischen Machthabern Verbindungen an, so besonders mit Abu Taglib, genannt al-Gadanfar, von Mossul, dem eben der in Bagdad die Geschäfte führende Emir al-omara Adud ed-daula schwere Verluste zugefügt hatte 5 ). Anfang Sommer 976 brach Sklerus aus der Gegend des oberen E u p h r a t auf, um Konstantinopel zu gewinnen, glaubte auch, ohne erhebliche Schwierigkeiten hingelangen zu können, weil sich ihm verwegene Abenteurer in genügender Zahl angeschlossen h a t t e n . Trotz der großen Gefahr verlor aber Basilius der Bastard keinen Augenblick die Fassung und beauftragte Peter Phokas, sofort Cäsarea in Kappadozien zu besetzen und von dort aus den Widerstand gegen die Empörer zu leiten. Michael Burtzes sollte zu Phokas stoßen und ihm Beistand leisten 6 ). Die Vorhut der Kaiserlichen unter Eustathius Malelnus errang auch einen Erfolg, aber es gelang Sklerus, die sehr feste Burg Lapara (Lykandus) im Tale des Sarus (Seihun) einzuschließen 7 ) und unweit davon im Tale des Pyramus (Dschihan) die Kaiserlichen dank einer ganz gewöhnlichen Kriegslist im Herbst 976 vollständig zu schlagen. Als einer der ersten floh Michael Burtzes, ging zum Sieger über u n d lieferte ihm Antiochia aus 8 ). Die Aufständischen nahmen dann die sehr hochgelegene ') Schluraberger, £p. 1, S. 349. — 2) Ebd. S. 351. Vgl. oben S. 152. — 3 ) Ebd. S. 357, 351 Anm. 2. Dölger 1, Nr. 755 ff. — *) Vgl. oben S. 134. — 5 ) Weil 3, S. 25. Schlumberger, £p. 1, S. 359. Enz. Islam 1, S. 151; 2, S. 141. — •) Schlumberger, £ p . 1, S. 363. — ') Ebd. S. 371. — 8 ) Ebd. S. 372, 374 mit der Zeit, 376.

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Feste Tzamandus (Azizie), die noch den Weg nach dem westlich gelegenen kappadozischen Cäsarea sperrte, und endlich dieses selbst 1 ). Wahrscheinlich im Frühjahr 977 traf der von Basilius dem Bastard mit umfassenden Vollmachten ausgestattete Eunuch Leo, einer der angesehensten Ratgeber der Krone, auf dem Kriegsschauplatz ein und sammelte im phrygischen Kotiäum (Kutahia, sö. Brussa) die zerstreuten kaiserlichen Truppen. Ostwärts gehorchte alles Land dem Sklerus, der unweit von Philomelium lagerte. Leo faßte den kühnen Plan, ihn im Rücken zu bedrohen, erreichte auch, daß viele Aufständische den Prätendenten verließen, und schlug dessen Vorhut unter Michael Burtzes 2 ). Trotzdem hätte er gut getan, einer größeren Entscheidung auszuweichen und die Zeit für sich arbeiten zu lassen. Da ihm das aber der Übermut seiner Unterführer verbot, mußte er bei dem nicht näher zu bestimmenden Orte Rhageas den K a m p f annehmen und erlitt eine furchtbare Niederlage. Peter Phokas und zahlreiche andere hohe Offiziere fielen3). So stand Bardas S k l e r u s etwa am Ende des Jahres 977 auf der Höhe, und da er auch über Schiffe verfügte, konnte er die Zufuhren nach Konstantinopel sperren, um es durch Hunger zu bezwingen 4 ). Im Frühjahr 978 belagerte er nach einem weiteren glücklichen Vormarsch Nicäa (Isnik), das durch den Patricius Manuel Komnenos, genannt Erotikos, den Stammvater des später so berühmten Geschlechtes, ausgezeichnet verteidigt wurde. Manuel durfte dank einer Kriegslist mit kriegerischen Ehren abziehen 5 ). Sklerus besaß jetzt Nicäa und schickte sich zum Vormarsch auf Konstantinopel an. Inzwischen aber war seine Flotte an der asiatischen Küste bei Phocäa (Golf von Smyrna) vollständig geschlagen und der Rest im Hafen von Abydus in den Dardanellen mit griechischem Feuer verbrannt worden 6 ). Trotzdem schien das Schicksal des oströmischen Reiches besiegelt, schien Sklerus in absehbarer Zeit den Thron besteigen zu können. Die Reichshauptstadt war um so mehr von Truppen entblößt, als die Bulgaren sich den Bürgerkrieg zunutze gemacht und sich erhoben hatten 7 ). Schon fielen die asiatischen Vorstädte in die Hände der Aufständischen. Basilius der Bastard brachte Rettung und fand den einzigen Mann, der imstande war, dem siegreichen Sklerus die Stirn zu bieten, in jenem Bardas P h o k a s d. J . , der seit seiner mißlungenen Erhebung von 971 in der Verbannung gelebt hatte 8 ). Wie damals Sklerus den Phokas, so sollte jetzt Phokas den Sklerus überwältigen. Natürlich unterschätzte der Bastard nicht die Gefahren, die ihm drohten, wenn Phokas Erfolg hätte, doch glaubte er, sich dagegen durch feierliche Eide, die jener leisten mußte, genügend zu sichern (etwa März 978) 9 ). Bardas Phokas erkannte scharfsinnig, daß er es wagen müsse, die so weit vorgedrungenen aufständischen Truppen von rückwärts zu be») Schlumberger, £ p . 1, S. 378. — 2 ) Ebd. S. 380, 383. — 3 ) Ebd. S. 384. — 4 ) Ebd. S. 386. — 5 ) Ebd. S. 390. Chalandon, Essai S. 22. — 6 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 395. - ') Ebd. S. 398. — ») Vgl. oben S. 157. — ») Schlumbergcr, Ep. 1, S. 399.

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drohen. Dazu paßte es gut, daß die Trümmer des kaiserlichen Heeres unter Eustathius Maleinus sich wieder Cäsareas (in Kappadozien) bemächtigt hatten und in Michael Burtzes einen unerwarteten Helfer bekamen. In seinem Wankelmut kehrte dieser zu der Sache der rechtmäßigen Kaiser zurück. Tatsächlich schlug sich Bardas Phokas mit unerhörter Kühnheit durch die feindlichen Stellungen nach Cäsarea durch, nutzte mit hervorragendem Geschick seine Beziehungen zu der kappadozischen Heimat aus und brachte neue Streitkräfte zusammen, mit denen er bis Amorium im östlichen Phrygien vorging 1 ). Die bleibende Erinnerung, die seines Oheims, des Kaisers Nicephorus, Kriegstaten hinterlassen hatten, mochten ihm auch zugute kommen. Die Lage Sklerus' veränderte sich eine Zeitlang zu seinen Ungunsten. Eben noch von Gedanken an den Einzug in Konstantinopel erfüllt, mußte er über Nicäa umkehren und sich Amorium nähern. Aber dank seiner zahlenmäßigen Überlegenheit besiegte er Bardas Phokas, der mit knapper Not dem Tode entging, in der weiten Ebene von Pankalia (ö. Amorium), an den Ufern des Sangarius (Sakaria), am 19. Juni 978, verfolgte ihn ins Gebirge hinein und brachte ihm bei Basilika Therma (n. Cäsarea) eine zweite Niederlage bei. Phokas hätte verzweifeln können, aber wie er sein Leben in der Schlacht einsetzte, so zeigte er auch eine bewunderungswürdige Standhaftigkeit und brachte den Rest seiner Truppen wahrscheinlich in Sebaste (Siwas) am Halys in Sicherheit 2 ). Während heftige Kämpfe um Antiochia tobten, die für die rechtmäßigen Kaiser günstig verliefen 3 ), gewann er den mächtigen, durch seine kirchliche Gesinnung bekannten georgischen Fürsten David, der unter oströmischer Oberhoheit stand, durch Landabtretungen auf Lebenszeit dazu, ihm ausgesuchte Reiter zu stellen 4 ). Am 24. März 979 kam es zum zweiten Male in der Ebene von Pankalia zur Schlacht. Wie Bardas Phokas georgische, so hatte Bardas Sklerus arabische Hilfe erhalten. Als Phokas seine Truppen nach dem ersten Anprall weichen sah, faßte er den Entschluß, lieber zu sterben, als noch eine Niederlage zu erleiden, und stürzte sich auf Sklerus. Die beiden Heere hielten an und folgten mit äußerster Spannung dem Zweikampf der Führer. Sklerus wurde durch Phokas schwer verwundet, und sein reiterloses Pferd erweckte den Eindruck, daß er gefallen sei. Sogleich lösten sich die Reihen der Aufständischen in wilder Flucht auf 5 ). Damit hatte der Aufstand des Gegenkaisers ein jähes Ende gefunden. Ihm selbst gelang es, sich auf arabisches Gebiet zu retten, und er wurde schließlich nach Bagdad geschafft. Von oströmischer Seite drängte man den unselbständigen Chalifen Tal, ihn gegen hohe Geldsummen auszuliefern, aber der Emir al-omara Adud ed-daula, auf den es ankam, wollte das wertvolle Pfand nicht aus der Hand geben. Sklerus blieb gefangen 6 ). Schlumberger,fip. 1, S. 401.404. Enz. Islam 1, S. 350. — 2 ) Schlumberger, £ p . 1,S. 405,408f. Enz. Islam Lief. D S. 216; I, S. 500. — 3 ) Schlumberger,£p. 1, S. 414.— 4 ) Ebd.S. 419. Dölger 1,Nr. 761 f. — 5 ) Schlumb.,£p. 1, S. 421,423. — «)Ebd. S. 436. Dölgerl,Nr. 763f.

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Adud ed-daula gilt nicht nur für den hervorragendsten Fürsten des bujidischen Geschlechtes, sondern auch für einen der größten Herrscher seiner Umwelt. Von Tal wurde er als Sultan und „König der Könige" geehrt und nahm auch als erster im Islam den Königstitel an 1 ). Der glückliche Besieger des Sklerus, Bardas Phokas, durfte in Konstantinopel triumphieren und bekam den höchsten militärischen Posten des Reiches 2 ). Es ist bezeichnend für die Anfänge Basilius' II., daß während der ersten Jahre von ihm kaum die Rede ist. Er und sein Bruder sind nur gewissermaßen der Kampfpreis, um den sich der Bastard und der Gegenkaiser streiten. ' ) Seligsohn, Enz. Islam 1, S. 151. — 2 ) Schlurnberger, £p. 1, S. 435.

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SIEBTES KAPITEL.

OTTO II. UND SÜDITALIEN. (980-984.) Im November 970 hatte der Fatimidenchalif Mois Abul Kasim zum Emir von Sizilien gemacht, wo er sich schon seit einigen Monaten ausgezeichnet bewährt und bei der Bevölkerung viel Beifall gefunden hatte 1 ). Da die Fatimiden durch ihre Eroberungen in Syrien im Gegensatz zu dem früheren, eher gegen Deutschland gerichteten Einvernehmen zu heftigen Feinden des Basileus geworden waren 2 ), nahm Abul Kasim einen Vorstoß der Oströmer nach Messina zum Anlaß, um sie nicht nur im Mai 976 zu vertreiben, sondern auch seinerseits die Meerenge zu überschreiten. In demselben wie im folgenden Jahre plünderte er Kalabrien und einen großen Teil Apuliens und nahm das Land in Besitz. Die Leiden der Christen kann man sich leicht vorstellen. Wenn man hört, daß sie Tarent räumten und nur die Tore schlössen, erkennt man deutlich, wie tief ihr Mut gesunken war 3 ). Von Konstantinopel kam gar keine Hilfe. Dort war man völlig durch den Aufstand des Bardas Sklerus 4 ) in Anspruch genommen, und selbst ein Mann von der außerordentlichen Leistungsfähigkeit des Bastards Basilius mußte Unteritalien vorläufig seinem traurigen Schicksal überlassen. Das war die Lage, wie sie Otto bekannt sein konnte. Wie sie auf ihn gewirkt hat, bleibt uns verborgen. Im Oktober 980 brach er nach Süden auf. Nicht etwa von einem großen Kriegszuge gegen die Ungläubigen war am Hofe die Rede. Viel bescheidener hieß es in einer Urkunde vom 14. des genannten Monats, daß der Kaiser fest entschlossen sei, der Kirche den ihr in ganz Italien gewaltsam entrissenen Besitz zurückzuerstatten 5 ). Am Tage darauf betonte er besonders eindringlich seine Pflicht, die Kirchen Gottes, denen er auf Geheiß der göttlichen Vorsehung vorstehe, mit seinen reichen Hilfsmitteln zu unterstützen und gegen die hitzige Wut ihrer Angreifer zu schützen, auch die Armen Christi zu trösten und alte Privilegien zu erneuern 6 ). Während seiner Abwesenheit sollten ihn Erzbischof Willigis von Mainz und Herzog Bernhard I. von ») Amari 2, S. 294. Schlumberger, £p. 1, S. 207. — =) Vgl. oben S. 150, 165. — ') Schlumberger, £p. 1, S. 459. Uhlirz S. 166. Gay S. 325. Schipa S. 122. — *) Vgl. oben S. 182. — 5) DD. 2, 1, Nr. 231. Hartmann 4, 1, S. 71. — «) DD. 2, 1, Nr. 232.

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Sachsen vertreten, sollte Karl von Niederlothringen besonders für 6ein Grenzherzogtum sorgen 1 ). Aus dem angegebenen Grunde war das Heer nicht sehr zahlreich, namentlich fehlten darin alle deutschen Erzbischöfe. In Pavia söhnte sich der Kaiser im Laufe des Dezember mit seiner Mutter Adelheid aus, was jetzt nach dem Frieden mit Lothar leichter vonstatten ging 2 ). Vermittelt hatten dabei König Konrad von Burgund und Abt Majolus von Cluni. Auch ist hervorzuheben, daß der Ende J u n i oder Anfang Juli geborene Thronerbe 3 ) und spätere Kaiser Otto I I I . jetzt die Großmutter erfreuen konnte. Zu Ostern (27. März) 981 umgab den Kaiser in Rom eine glänzende Versammlung von Fürsten, auch Konrad von Burgund war dabei, und zu ihnen gesellte sich Hugo Kapet. Der Vertrag von Margut aus dem J a h r e vorher 4 ) war trotz der Bemühungen Lothars, ihn geheim zu halten, doch bekannt geworden und hatte bei den französischen Großen, in erster Linie bei Hugo, starke Verstimmung erregt, weil sie nicht vorher gefragt worden waren. Man kann annehmen, daß sie den Verzicht auf L o t h r i n g e n nicht gebilligt hätten. Seiner Gewohnheit nach beriet sich der Herzog erst mit seinen Vasallen und suchte dann im Einverständnis mit ihnen Anschluß an den Kaiser, da er einem Bunde desselben mit Lothar keinesfalls gewachsen gewesen wäre. Gesandte, die er zu Otto schickte, brachten günstigen Bescheid: er möchte selbst kommen. Man wird nicht vergessen, daß er mit dem Kaiser ebenso nahe verwandt war wie Lothar. In Rom erhielt er eine Audienz, der, weil er kein Latein konnte, der Bischof Arnolf von Orleans als Dolmetscher beiwohnte. Der Kaiser erwies sich ihm sehr gnädig und ließ ihn ehrenvoll bis fast an die Alpen heimgeleiten. Man kann es wohl begreifen, daß sich Lothar darüber heftig erregte. Daß er aber versucht haben sollte, Hugo auf der Rückreise in seine Gewalt zu bringen, erscheint zum mindesten zweifelhaft 5 ). Ottos Politik ist leicht zu durchschauen. Er wollte Italiens wegen im Westen Ruhe haben, und es ist deshalb auch ganz wahrscheinlich, daß er die spätere Aussöhnung Lothars und Hugos 6 ) billigte, wenn er sie nicht sogar empfohlen hat. Damit setzte er nur die Überlieferung seines Vaters und seines Oheims Brun fort, die in Frankreich ein gewisses Gleichgewicht der beiden großen Geschlechter, der Karolinger und der Kapetinger, zum Besten der allgemeinen Wohlfahrt und des kirchlichen Besitzstandes aufrecht erhalten wollten. Der römische Aufenthalt gab natürlich Otto Gelegenheit genug, sich genau über die politisch-militärischen Verhältnisse der Halbinsel zu unterrichten. In der letzten Zeit hatten sie sich erheblich zu seinen Ungunsten verändert, da Paldolf I. Eisenkopf im März 981 gestorben ») Uhlirz S. 138. — 2 ) Uhlirz S. 139. Vgl. oben S. 176. — 3 ) Uhlirz S. 135 Anm. 15. - 4 ) Vgl. oben S. 180. — Lot, Derniers S. 122. Uhlirz S. 153. — •) Lot, Derniers S. 126. Uhlirz S. 153.

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war 1 ). Die ungewöhnliche Macht dieses treuen Dieners Ottos I. wäre sicher für die deutsche Sache eingesetzt worden. Beherrschte er doch, abgesehen von Capua und Benevent, auch Spoleto und durch seinen gleichnamigen Sohn Paldolf II. sogar Salerno 2 ). Wäre es gelungen, in jenen Gegenden einen starken deutschfreundlichen Staat zu erhalten, so würde die Arabernot beseitigt und der oströmische Einfluß ausgeschaltet worden sein. Dann wäre es auch wohl kaum zur Ansiedelung und Staatsgründung der Normannen gekommen. Paldolfs Tod, so kann man vermuten, veranlaßte den Kaiser, selbst nach Süden zu ziehen und dort seine Herrschaft aufzurichten, ehe die S a r a z e n e n sich so fest einnisteten, daß man ihrer gar nicht mehr Herr werden konnte. Aber wie sehr vermissen wir hier wieder klare Einblicke in die Anschauungen der leitenden Persönlichkeiten! Wie gern würden wir vor allem die Haltung Theophanus kennenlernen! Zeitgenossen 3 ) meinten, daß Otto mit den Grenzen seines Vaters nicht zufrieden sei und Italien bis zur Meerenge erobern wolle. Einem etwas späteren, aber vortrefflich unterrichteten Chronisten 4 ) entnehmen wir, der Kaiser habe es sich zum Ziel gesetzt, die Ansprüche seines Vaters voll zu behaupten, den Sarazenen, die sein Gebiet angriffen, Widerstand zu leisten und sie weit zurückzuschlagen. Die Truppen, die ihn bisher begleitet hatten, reichten zu einem so schwierigen Unternehmen aber nicht aus, und er bot daher in Deutschland 2090 Panzerreiter, wie wir genau wissen, auf, darunter 1504 von geistlichen, 586 von weltlichen Herren. Der Leistung nach standen die Erzbistümer und Bistümer mit je höchstens 100 Mann an erster Stelle, dann folgten die Abteien mit je höchstens 60, die Laien fast alle mit je höchstens 40 Mann 5 ). Es war so weit, daß Otto sich auf dem weltgeschichtlichen Schauplatz bewähren sollte. Der Sieg Karl Martells bei Poitiers hatte einst die Voraussetzung für den Aufstieg der Karolinger gebildet. Es blieb die schönste, die dringendste Aufgabe desjenigen Herrschers, der über die größte Macht im Abendlande verfügte, einer weiteren Ausbreitung der arabischen Reiche und des Islams namentlich im Süden Italiens Einhalt zu gebieten. Ging die reiche italienische Erde dem Christentum und der das Christentum bekennenden germanisch-romanischen Staatenwelt verloren, dann wurde das Mittelmeer ein arabischer See, dann fiel Konstantinopel, und auch die Länder nördlich der Alpen standen den Raubzügen des furchtbaren Feindes offen. Die Kunde von den deutschen Rüstungen gelangte sicher auch nach Konstantinopel, und hier sah man sich gar nicht in der Lage einzugreifen. War auch der Aufstand des Bardas Sklerus vorläufig niedergeschlagen 6 ), so gab es gegen die arabischen Machthaber doch noch reichlich zu tun. Namentlich wurde der Verlust von Aleppo, das einst Peter Phokas ge») Uhlirz S. 163. Gay S. 322, 327, 331. Hartmann 4, 1, S. 78. Schipa S. 123. — Vgl. oben S. 172. — 3 ) Annales Sangallenses zu 982. — 4 )Thietmar 3, Kap. 20. — 5 ) Uhlirz S. 247. Hauck 3, S. 32 Anm. 3, 444. — «) Vgl. oben S. 184. 2)

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wonnen hatte 1 ), recht bitter empfunden. Nach einer hartnäckigen Belagerung war es dem Hamdaniden Saad ed-daula gelungen, im März 976 die Stadt, im Dezember des folgenden Jahres die Burg zu nehmen. Um sich zu behaupten, gab er sich große Mühe, nach keiner Seite hin Anstoß zu erregen, und erkannte sowohl die Oberhoheit des Fatimidenchalifen in Kairo als die des Abbasidenchalifen in Bagdad an. Schon fühlte er sich stark genug, Ostrom den früher versprochenen Tribut zu verweigern. Daß Basilius der Bastard nur auf den Augenblick lauerte, wo er diese Scharte wieder auswetzen konnte, versteht sich von selbst, und im Laufe des Jahres 981 nahm Bardas Phokas, der ruhmbedeckte Sieger über Sklerus, einen Zug dorthin in Aussicht. 2 ). Aleppo war wichtiger als U n t e r i t a l i e n , aber ganz wollte der Bastard sein Recht auf dieses doch nicht preisgeben, und er warnte deshalb Otto vor einem Angriff. Da er bald merkte, daß das nichts nützte, reizte er durch Geldzahlungen Sarazenen aus Sizilien und aus Afrika gegen die Deutschen 3 ), wie das der von allen Gefühlsregungen bewußt frei gehaltenen oströmischen Politik durchaus entsprach. Es wäre auch auffallend, wenn sie nicht bei den gleich zu erwähnenden Umwälzungen in den unteritalienischen Städten die Hand im Spiel gehabt hätte. Von ihrem Standpunkte hatte sie allen Grund, Apulien und Kalabrien lieber den Sarazenen als den Deutschen zu gönnen. Jene konnte man beim Aufwallen gemeinchristlicher Gesinnung zu verjagen hoffen, diese nicht. Jene bedrohten nicht durch ein westliches Kaisertum das östliche, diese konnten es jederzeit tun. Kurz gesagt, das nach Religion und Rasse durchaus feindliche Arabertum erschien minder gefährlich als das näher verwandte Deutschtum. Eine enge Verbindung ganz Italiens und womöglich auch Siziliens mit Deutschland und Burgund bedeutete eine so starke Gestaltung des deutsch-römischen Reiches im Westen, daß sie jederzeit auf den Osten überzugreifen drohte und daher von Konstantinopel aus tunlichst gehemmt wurde. Ottos Gedanken wurden wohl schon völlig durch die künftige Mittelmeerpolitik beherrscht, so daß er sich bestimmen ließ, das von seinem Vater gegründete Bistum M e r s e b u r g 4 ) auf einer Lateransynode, auf der Papst Benedikt VII. den Vorsitz führte, am 10. September 981 aufheben zu lassen, es unter die Bistümer Halberstadt, Zeitz und Meißen aufzuteilen und den ehrgeizigen bisherigen Bischof Gisiler mit dem Erzbistum Magdeburg zu versorgen 5 ). Sicher war die auffallende Maßregel schon längere Zeit vorbereitet, sicher konnte sie sachlich begründet werden, aber es bleibt immer bedenklich, wenn ein junger Herrscher das Gegenteil von dem tut, was sein großer Vorgänger getan hat. Er ') Vgl. oben S. 156. — 2 ) Schlumberger, £p. 1, S. 542 ff. — 3 ) Ann. Sangallenses u. Hermann v. Reichenau zu 982, SS. 5. Actus fundatorum Brunwilarensis monasterii, SS. 14, 128. Sigebert von Gembloux zu 982, SS. 6. Schramm, Kaiser S. 440. — 4 ) Vgl. oben S. 107, 147. — 5 ) Uhlirz S. 160. Hauck 3, S. 145. Holtzmann, Aufhebung S. 35, 52.

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macht dadurch seine Mitarbeiter kopfscheu und gewährt Strebern einen gefährlichen Spielraum. Die ernste Frage, die hier auftaucht, wie weit Otto II. gegenüber seinen Ratgebern selbständig gewesen ist, wird aus unseren lückenhaften Quellen niemals endgültig beantwortet werden können. Vor Mitte September 981 ging er von Rom nach Lucera im Norden Apuliens, um sich mit den Städten in Verbindung zu setzen, die sich gegen die oströmische Herrschaft empört hatten, weil sie von dieser Seite keine Hilfe gegen die Sarazenen erhielten. Dieser an und für sich günstige Umstand nützte aber der deutschen Sache doch nichts. Nach Anfang Oktober in Benevent angelangt, mußte der Kaiser sich nur allzubald davon überzeugen, daß die von Paldolf I. Eisenkopf zusammengefügten und durch seine überlegene Staatskunst regierten Gebiete rasch auseinanderstrebten. Paldolfs I. ältester Sohn Landolf IV. war kurz vorher durch seinen Vetter Paldolf II., einen Sohn Landolfs III., aus Benevent vertrieben worden, und der Kaiser, von Ungeduld vorwärts getrieben, ließ es dabei bewenden 1 ). Über die näheren Umstände, unter denen Otto nach N e a p e l gelangte, fehlt jede Kunde. Man hat hervorgehoben, daß er der erste deutsche Kaiser war, dem die „uneinnehmbare S t a d t " ihre Tore öffnete. Dagegen fand er Anfang Dezember keinen Zutritt in Salerno, wo sich die Lage auch verändert hatte. Die Bürger wollten einem anderen Paldolf II., einem Sohne Paldolfs I. Eisenkopfs, den dieser ihnen zum Fürsten gegeben hatte 2 ), nicht länger gehorchen und verjagten ihn mit Hilfe Herzog Mansos I. von Amalfi. Otto zwang sie, sich zu unterwerfen, und blieb längere Zeit in Salerno, erkannte aber Manso und dessen Sohn Johann I. Petrella schließlich doch an. Man vermutet mit Recht, daß Ostrom an dem Regierungswechsel beteiligt war, und ihres Handels wegen waren die Amalfitaner darauf angewiesen, gute Beziehungen zu dem östlichen Reiche zu unterhalten 3 ). E s war demnach eine Politik der Nachgiebigkeit, mit der Ottos großes Unternehmen in Unteritalien begann, nur erklärlich unter dem Gesichtspunkt, daß jede Verzögerung vermieden werden sollte. Sachliche Gründe für die Hast des Kaisers sind uns nicht bekannt. Persönliche lassen sich aus seinem Charakter erschließen: er konnte gar nicht schnell genug einen großen Erfolg davontragen! Von Salerno führte der Marsch ostwärts über Potenza Ende J a nuar 982 bis vor Matera 4 ) und am 16. März bis vor Tarent 5 ). Der Kaiser feierte daselbst am 16. April das Osterfest, lagerte aber immer v o r den Mauern, so daß man bezweifeln wird, ob er eine wirkliche Unterwerfung >) Schlumberger, £ p . 1, S. 502. Uhlirz S. 162, 171. Gay S. 331. Hartmann 4 , 1 , S. 78. Schipa S. 123. Vgl. oben S. 147. — 2 ) Vgl. oben S. 172. — 3 ) Uhlirz S. 172. Hofmeister, Gesch. Amalfis S. 100, 114. Schipa S. 123. — ") Uhlirz S. 174. Gay S. 334. — 5 ) Uhlirz S. 175.

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erreichen konnte. Der A u f e n t h a l t d a u e r t e bis n a c h d e m 18. Mai, u n d es g i n g k o s t b a r e Zeit verloren, weil der d e u t s c h e N a c h s c h u b erst g a n z allmählich eintraf. E i n des K l i m a s wegen viel günstigerer F r ü h j a h r s f e l d z u g war schon nicht mehr möglich, u n d es war g a n z vergeblich gewesen, d a ß m a n sich bisher so sehr beeilt h a t t e . D a ß der K a i s e r sich seit d e m 16. März in der U n t e r s c h r i f t , seit d e m 18. April auch i m Eing a n g seiner U r k u n d e n nicht mehr bloß imperator, sondern Romanorum imperator augustus nennen ließ 1 ), k o n n t e O s t r o m nur v e r s t i m m e n , die A r a b e r nicht schrecken. A b u l K a s i m war a u f den deutschen Angriff gefaßt u n d s u c h t e m i t R e c h t zu verhindern, d a ß die F e i n d e bis zur Meerenge gelangten und von d o r t a u s Sizilien b e u n r u h i g t e n . Von hier a u s h a t t e er den heiligen K r i e g erklärt u n d seine T r u p p e n n a c h der O s t k ü s t e K a l a b r i e n s g e f ü h r t , u m eine nicht g e n a n n t e B u r g zu entsetzen, die O t t o belagerte. Vielleicht war es Cotrone oder, wie m a n c h e meinen, R o s s a n o . Die a u s anderen B u r g e n vertriebenen sarazenischen B e s a t z u n g e n h a t t e n sich dorthin geflüchtet. Als der E m i r hörte, d a ß sie e i n g e n o m m e n sei, entschloß er sich nach einem K r i e g s r a t e z u m R ü c k z ü g e , w o r a u s m a n e n t n e h m e n k a n n , d a ß er sich d e m K a i s e r nicht gewachsen f ü h l t e . Der irrige G l a u b e , ein nicht mehr recht w i d e r s t a n d s f ä h i g e s , weil zurückweichendes Heer leicht überwinden zu können, wurde Otto z u m Verhängnis. In dieser entscheidenden S t u n d e ließ er sich, wie d a s j a seiner S i n n e s a r t e n t s p r a c h , v o n seiner leidenschaftlichen K a m p f l u s t hinreißen, f ü h l t e sich g a n z als s t r e i t b a r e r R i t t e r , nicht als umsichtiger Feldherr. Allzu eilig folgte er mit seinem F r e u n d e O t t o von S c h w a b e n u n d B a y e r n und unzureichenden T r u p p e n den A r a b e r n , die er als bloße R ä u b e r v e r a c h t e t e 2 ) , u n d beging d e m n a c h denselben verhängnisvollen Fehler wie Otto I V . 1214 bei B o u v i n e s . Abul K a s i m t r a f seine V o r k e h r u n g e n höchst u m s i c h t i g u n d b a u t e wohl von vornherein a u f d a s u n k l u g e U n g e s t ü m der n a c h d r ä n g e n d e n Deutschen. E r stellte nur einen Teil seiner L e u t e in der E b e n e b e i m K a p C o l o n n e südlich v o n Cotrone a u f u n d v e r s t e c k t e die übrigen nächtlicherweile in den z u m Meere a b f a l l e n d e n Schluchten. So war es kein Wunder, d a ß es a m 15. J u l i 982 den d e u t s c h e n Panzerreitern zwar gelang, bis zu den F a h n e n inmitten des absichtlich klein gehaltenen arabischen Heeres durchzustoßen u n d den t a p f e r k ä m p f e n d e n E m i r zu töten, daß sie dann a b e r , e r m ü d e t u n d a u f der V e r f o l g u n g zerstreut, von den aus d e m Hinterhalt hervorbrechenden, zahlreicheren F e i n d e n niedergemetzelt wurden. E i n B i s c h o f u n d eine g a n z e Anzahl weltlicher Großer fielen, andere wurden g e f a n g e n . G e r a d e die a m b e s t e n berittenen vornehmen Herren waren natürlich a m weitesten v o r g e d r u n g e n u n d mußten j e t z t d a f ü r büßen. ') DD. 2, 1 Nr. 272 u. 273. Schramm, Kaiser, 1 S. 440 u. Rcnov. 1, S. 83. — s ) Ann. Sangallenses zu 982.

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„Hingestreckt fiel da die purpurne Blüte des Vaterlandes, die Zierde des blonden Germaniens, die dem Kaiser besonders teuer war" 1 ), mit diesen Worten gedachte man zwanzig Jahre später des betrübenden Ereignisses. Die Schuld oder wenigstens Mitschuld Ottos an seiner Niederlage wird man nicht leugnen können. Schwer wurde er für seine Übereilung bestraft. Auf einem Pferde, das ihm ein Jude anbot, erreichte er schwimmend ein in der Nähe kreuzendes oströmisches Schiff und konnte sich dank der List eines treuen slawischen Kriegers Zolunta nach Rossano retten 2 ). Bei diesem persönlichen Erlebnis kam ihm seine Fähigkeit, einen raschen und kühnen Entschluß zu fassen, sehr zustatten. Man erzählte, daß T h e o p h a n u , die in Rossano den Ausgang der Schlacht erwartete, nach Empfang der Unglücksnachricht ihre Landsleute in den Himmel erhoben und das Mißgeschick ihres Gemahls, der so oft wegen seines Heldentums gerühmt worden sei, verspottet habe 3 ). Warum sollte das nicht wahr sein ? Jedenfalls sehen wir, daß Schmeichler am Hofe das Wort führten, wie das unter jungen, unerfahrenen Herrschern besonders leicht vorkommt. Gesiegt hatten übrigens die Araber und nicht die Oströmer, und daher muß die Meinung der Kaiserin gewesen sein, daß derartiges bei ihren Volksgenossen nicht vorkommen könnte. Mit Recht durfte sie auf die früheren kriegerischen Erfolge gerade ihres Oheims Tzimisces 4 ) über die Ungläubigen stolz sein. Außerdem zahlte seit dem November 981 Aleppo dank einem kurzen, aber sehr erfolgreichen Kriegszuge des Bardas Phokas wieder Tribut nach Konstantinopel, wenn auch weniger als früher, und das bedeutete keinen geringen Erfolg 5 ). Der Tod des geliebten Führers, ihres Emirs, den sie später als Märtyrer des Glaubens feierten, nahm den Sarazenen jede Lust, ihren Sieg weiter auszunutzen. Sie wollten sich nicht einmal mit dem Zusammensuchen der erbeuteten Waffen aufhalten, sondern kehrten gleich nach Sizilien zurück. So konnten die vielgeplagten süditalienischen Lande wirklich befreit aufatmen, und trotz seiner Niederlage hat sich Otto ein großes Verdienst um sie erworben. Man gewinnt doch die Überzeugung, daß, wenn der schlimme Feind öfters auf ernstlichen und gut geleiteten Widerstand gestoßen wäre, er bald auf neue Plünderungszüge verzichtet hätte. Denn nur auf reiche Beute kam es ihm zunächst an, eine dauernde Festsetzung konnte er noch nicht wagen. Wenn später bei Beginn der Kreuzzüge unter dem Druck schwerer Schicksalsschläge die Deutschen unter der Führung ihres Kaisers nicht, wie es ihrer früheren Weltstellung entsprochen hätte, den Kampf gegen die Ungläubigen eröffnen konnten, so wird man der von ihnen sehr viel früher gebrachten Opfer an Gut und Blut zu gedenken haben. ») Bruno, Vita S. Adalbert! Kap. 10, SS. 4. — 2 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 508, 523. Uhlirz S. 177. Gay S. 336. Hartmann 4, 1, S. 80. Erben Kriegsgesch. S. 116. — 3 ) Alpert, 1. Fragm. S. 63. — 4 ) Vgl. oben S. 164. — 5 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 546.

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Unangefochten ging Otto in der Richtung auf Rom zurück. Mit der Herrschaft des Herzogs Manso I. von Amalfi über Salerno mußte er sich abfinden, aber er suchte ihr ein Gegengewicht zu geben, indem er den Erzbischof Amatus von Salerno reich beschenkte. Jedenfalls konnte er am 18. August 982 in der Stadt weilen1). Länger (September bis November) blieb er in Capua, und hier mußte über die Länder Paldolfs I. Eisenkopf verfügt werden. Zwei seiner Söhne hatten ihre Treue gegen den Kaiser beim K a p Golonne mit dem Tode besiegelt. Dem vierten namens Landenolf wurde das Fürstentum Capua und seiner Mutter Aloara die Vormundschaft zugesichert. Benevent blieb unter Paldolf II., dem Neffen Paldolfs I., selbständig und frei von capuanischem Einfluß. Spoleto und Camerino kamen an einen nicht näher bekannten Trasemund 2 ). Wie sich später unter Heinrich III. zeigen sollte, war es nicht das letztemal, daß die schwer zu beantwortende Frage auftauchte, was vom deutschen Standpunkt aus für Unteritalien besser sei: ein einziger, möglichst starker Machthaber, wie es Paldolf I. Eisenkopf gewesen war, oder mehrere kleinere und schwächere, wie sie jetzt eingesetzt wurden. Als die deutschen Fürsten in der Heimat die Trauerkunde von Colonne erfuhren, versammelten sie sich und baten den Kaiser einmütig und dringend, ihnen Gelegenheit zu geben, ihn zu sehen. Es ist ein bezeichnender Vorfall, wie er uns sonst kaum berichtet wird 3 ). Otto berief dann einen Reichstag nach V e r o n a , der im Juni 983 zusammentrat 4 ). Vertreter aller deutschen Stämme waren anwesend, neben ihnen auch Italiener 5 ) und Böhmen, ein buntes Völkergemisch nach Sprache und Sitte. Von irgendwelchem Widerspruch gegen die italienische Kaiserpolitik findet sich in diesem Augenblick, wo sie einen empfindlichen Rückschlag erlitten hatte, keine Spur, sondern es wurden neue Rüstungen gegen die Sarazenen gebilligt. Das konnte doch kaum etwas anders bedeuten, als daß noch einmal versucht werden sollte, sie vom Festlande oder womöglich auch aus Sizilien zu vertreiben. Erst dann wäre Italien von seiner Geißel befreit worden. Man schrieb Otto den Plan zu, in Erinnerung an den Perserkönig Darius auf einer Schiffbrücke nach Sizilien hinüberzugehen und an den Feinden Rache zu nehmen6). Daß die Kenntnis antiker Technik am deutschen Hofe wieder auflebte, verdient Beachtung, aber zur Sache ist zu bemerken, daß die Meerenge von Messina an der schmälsten Stelle 3285 m, der Bosporus an der engsten Stelle beim Hermaion (Rumeli Hissar), wo Darius seine Brücke schlug, nur 660 m breit ist 7 ). ») Uhiirz S. 180. Gay S. 339. — 2 ) Uhlirz S. 181. Gay S. 340. Schipa S. 124. Vgl. oben S. 190. — 3 ) Thietmar 3, Kap. 24. — 4 ) Uhlirz S. 185. Hartmann 4, 1, S. 87. Klippel S. 12 f. Lintzel, Beschlüsse S. 117.— 5 ) Ann. Magdeburg, zu 983, SS. 16, S. 157. Const. l,Nr. 17. — 6 ) Ann. Sangallenses zu 983. — ') Herodot 4, Kap. 83 ff. Paulys Realencyclopädie 5. Hlbbd. (1897), Sp. 743. Bädeker, Unteritalien bei Messina. C a r t e l l i c r i , Welutellung.

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Bei Colonne war Otto mit knapper Not dem Tode entgangen. Sein vorzeitiger Tod hätte für den Bestand des Reiches eine ungeheure Gefahr bedeutet. So wurde jetzt auf italienischem Boden, auch in Verona, zum ersten Male, wie man richtig hervorgehoben hat, von allen deutschen Stämmen ein deutscher König gewählt, der drei Jahre alte spätere Kaiser Otto III. 1 ). Das gemeinsame Unglück schloß die Deutschen fester zusammen. Daß die Wahl sich sachlich auch auf Italien bezog, das ja seit der Eroberung von 774 zu Deutschland gehörte, ist kaum zu bezweifeln, wenn auch bei dem Mangel an genaueren Angaben nicht weiter zu erklären. Am 31. Oktober oder 1. November 982 war, vermutlich an den Folgen von Colonne, Herzog Otto I. von Schwaben und Bayern, Sohn Liudolfs, zu Lucca gestorben. Seine ungewöhnliche, nur aus seinem besonderen Freundschaftsverhältnis zum Kaiser begreifliche Machtstellung blieb nicht erhalten. Schwaben bekam in Verona Konrad, Graf im Rheingau, Neffe Herzog Hermanns I., Sohn Udos I. von der Wetterau aus dem Geschlechte der Konradiner, Bayern jener Heinrich III., Sohn Bertholds, der wegen seiner Empörung 978 verbannt worden war 2 ). Noch dauerte die Haft Heinrichs des Zänkers an. In Verona erschien auch eine v e n e t i a n i s c h e Gesandtschaft 3 ),deren Zweck aber nur aus den Ereignissen der letzten Jahre zu verstehen ist. Der Doge Peter Candiano IV. hatte in zweiter Ehe Waldrada geheiratet, die Tochter des Markgrafen Hubert von Tuszien 4 ) und Nichte der Kaiserin Adelheid. Darin lag eine Annäherung an das deutsche Reich. Abgesehen davon aber, versuchte er auch, sich durch eine zuverlässige Leibwache zum Alleinherrscher aufzuwerfen. Der Adel wollte das nicht dulden, sein Palast wurde in Brand gesteckt und Peter selbst am 11. August 976 mitsamt seinem kleinen Sohn erdolcht, seine Leiche noch gemein beschimpft. Sein Nachfolger Peter Orseolo I. war aufrichtig fromm und sehr wohltätig, ohne deshalb die Staatsgeschäfte zu vernachlässigen. E r stand vor der schweren Aufgabe, den Zorn Ottos II. über die Ermordung seines Vorgängers zu beschwichtigen und mit Waldrada ein Abkommen zu treffen. Letzteres gelang ihm auch. Aber im übrigen fühlte er sich in seiner mehr auf das Jenseits gerichteten Sinnesart den Schwierigkeiten seiner Stellung doch nicht voll gewachsen und floh am 1./2. September 978 ganz heimlich in ein Kloster. Der neue Doge Vitalis, ein Bruder des ermordeten Peter Candiano IV., bemühte sich zwar um eine Aussöhnung mit dem Kaiser, starb aber schon im November 979, ehe er sein Ziel erreicht hatte. An seiner Stelle wurde Tribunus Menius erhoben, dessen Regierung durch wildesten Parteihader berüchtigt werden sollte. Zwei Geschlechter, die Caloprini Vgl. oben S. 187. — 2 ) Stälin, Gesch. Württ. 1, 1, S. 190. Uhlirz S. 182,186. Riezler 1, 1, S. 568. Vgl. oben S. 175. — 3 ) Uhlirz S. 196. Kretschmayr 1, S. 122 f. — 4 ) Kretschmayr 1, S. 113. Cessi, Venezia 2, S. 134. Vgl. oben S. 68.

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u n d die Morosini, befehdeten einander in tödlicher Feindschaft und h ä t t e n sich am liebsten ausgerottet. Als Otto I I . die Jahreswende 980 in Ravenna beging, erhielt er darüber schlimme Nachrichten genug. Aller Wahrscheinlichkeit nach brauchte er die venetianische Flotte gegen die Araber u n d vielleicht auch gegen Ostrom. U m sich die S t a d t gefügig zu machen, verhängte er die Handelssperre 1 ) über sie, die h a r t e Maßregel, die durch Napoleon I. weltgeschichtliche Auswirkung erfahren h a t . In Verona sollten 983 die erwähnten Gesandten, geführt von Peter Morosini, die Zurücknahme der f ü r ihre Heimat so verderblichen Verf ü g u n g betreiben. Sie h a t t e n Erfolg. Am 7. J u n i wurden unter Beteiligung der beiden Kaiserinnen in feierlicher Sitzung die alten Verträge, besonders der mit Otto I. geschlossene 2 ), in der F o r m einer kaiserlichen Verleihung zusammengefaßt u n d alle Hemmnisse des venetianischen Handels beseitigt 3 ). D a f ü r m u ß t e die Stadt jährlich 25 P f u n d Paveser Denare, umgerechnet in 50 P f u n d venetianischer Münze, zahlen und ein pallium, d. h. ein Stück wertvollen Seidenstoff 4 ), liefern. Otto war vielleicht schon kränklich u n d deshalb noch leichter umzustimmen als sonst. Aber auch wenn man es nicht a n n i m m t , kann man es i h m nachfühlen, daß er mit allen Fasern seiner Seele nach Süden strebte, u m die Sarazenen zu züchtigen. Deshalb h a t t e er eben seinen Absichten auf V e n e d i g entsagt. J e t z t schien er sie auf einmal doch verwirklichen zu können. Das H a u p t der Caloprini, Stephan, suchte ihn auf und bot ihm a n , ihm die Herrschaft über Venedig und dazu 100 P f u n d Gold Jahrest r i b u t zu verschaffen, wenn er selbst d a f ü r mit der Dogenwürde belohnt würde. Wieder ließ es Otto vollständig an Augenmaß f ü r das Erreichbare fehlen. Er willigte ein, erneuerte die Handelssperre u n d verschärfte sie noch, so d a ß räuberische Nachbarn gleich Gelegenheit nahmen, sich an städtischem Gebiet zu vergreifen. Um sich zu rächen, ging Tribunus, der den Morosini nahe stand, scharf gegen seine Feinde vor, zerstörte ihre Häuser und setzte ihre F r a u e n als Geiseln fest. Es gelang ihm aber nicht, den Kaiser freundlich zu stimmen, sondern dieser erklärte in seinem Zorn die Venetianer in seinem Reiche f ü r vogelfrei 5 ). Endlich war alles so weit, daß er aufbrechen konnte. Am 27. August 983 weilte er in Larino (w. Monte Gargano), in dem Gebiete, u m das sich Ostrom immer mit Benevent stritt 6 ). Die Erledigung des päpstlichen Stuhles rief ihn nach R o m zurück. Da hier am 10. Juli P a p s t Benedikt V I I . , ein eifriger Förderer der Kirchenreform, gestorben war, setzte er den Bischof Peter von Pavia als J o h a n n X I V . an seine Stelle 7 ). l ) Kretschmayr 1, S. 113 ff. — s ) Vgl. oben S. 140. — s ) DD. 2, 1 Nr. 298—300. Const. 1, Nr. 17—19. Uhlirz S. 188, 196. Kretschmayr 1, S. 123. Lenel, Ält. Gesch. S. 495. Bresslau, Ven. Stud. S. 91. Cessi, Venezia 2, S. 151 u. Pacta 2, S. 45. — *) Michel, Recherches 1, S. 275, 293. Schaube S. 5 u. sonst. — 5 ) Uhlirz S. 197. Kretschmayr 1, S. 123. Hartmann 4, 1,S. 89. — ») Uhlirz S. 200. Gay S. 341. — 7 ) Lib. pont. 2, L X X . Uhlirz S. 201. Silvagni S. 457. Schneider, Johann XV, S. 194 Anm. 2.

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In Italien war vorläufig nichts zu fürchten. Um so bedenklicher lauteten seit einiger Zeit die Nachrichten aus dem deutschen Norden. Die D ä n e n hatten die 974 am Danewirk errichtete Grenzburg mit List in ihre Gewalt gebracht und in Brand gesteckt, so daß sie sich jetzt in Schleswig sicher fühlen konnten. Herzog Bernhard I. von Sachsen war deshalb auf dem Wege nach Italien umgekehrt, doch wissen wir nicht, was er ausgerichtet hat 1 ). Dazu kam eine große deutsch- und christenfeindliche Bewegung der S l a w e n , denen es natürlich nicht unbekannt geblieben war, daß Otto im fernen Süden eine schwere Niederlage erlitten hatte und nicht so bald wieder an den sächsischen Grenzen würde eingreifen können. Die Härte des in der sächsischen Nordmark amtierenden Markgrafen Dietrich bildete eine allgemeine Voraussetzung für starke Unzufriedenheit, das etwa gleichzeitige Vorgehen der Dänen hob den Mut der Angreifer. Rechts der Elbe stürzten sich die Liutizen am 29. Juni 983 auf die Bischofsstadt Havelberg. Drei Tage später, am 2. Juli, überfielen sie die andere Bischofsstadt Brandenburg beim Morgengrauen. Zwar konnten der Bischof und die Besatzung sich mit ihrem Befehlshaber retten, aber die Geistlichkeit wurde gefangen, die Kirche ausgeraubt, ein Bischofsgrab geschändet, viel Blut vergossen. Links der Elbe zerstörte der Abodritenfürst Mistui oder Mistuvoi, der mit Tofa, der Tochter des Dänenkönigs Harald Blauzahn, verheiratet war 2 ), obwohl selbst Christ, Hamburg und verwüstete das Laurentiuskloster zu Kalbe an der Milde (nw. Stendal). Die von Otto dem Großen planvoll geschaffenen kirchlichen Einrichtungen fielen mit einem Schlage zusammen 3 ). Von den deutschen Herren scheint niemand recht auf dem Posten gewesen zu sein, und es fehlte eine überragende Persönlichkeit, wie es früher Markgraf Gero gewesen war. An der Tanger, südlich von Stendal, wohl bei Bellingen, sammelten sich die slawischen Scharen und dachten, von hier aus unter Vortritt ihrer Götzen bei Hörnerklang ihr Zerstörungswerk fortzusetzen. Da ermannten sich die Deutschen. Erzbischof Gisiler von Magdeburg, Bischof Hildiward von Halberstadt, Markgraf Dietrich von der Nordmark und andere Herren durchbrachen in der Frühe eines Samstags, nachdem sie die Messe gehört und das heilige Abendmahl genossen hatten, in festem Gottvertrauen die feindlichen Reihen und errangen einen vollständigen Sieg. Die Elbgrenze war wieder gesichert, aber noch keine Vergeltung in Feindesland geübt 4 ). Da man die Zeit dieser Ereignisse nicht genau kennt, kann man sich auch kein Urteil darüber bilden, wann sie in Rom gemeldet wurden, und ob die Sorge Ottos um seine sächsische Heimat schon wieder einer Uhlirz S. 203. Hauck 3, S. 250. Biereye, Untersuchungen 46, S. 38. Vgl. oben S. 171. — *) Schmeidler, Hamburg S. 320. — 3 ) Vgl. oben S. 107. — 4 ) Uhlirz S. 203. Hauck 3, S. 251. Krabbo, Deutsche S. 30. Artler S. 21, 329. Holtzmann, Calbe S. 178, 180 Anm. 2.

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günstigeren Beurteilung der Lage gewichen war. Wir hören gegen E n d e des J a h r e s von Unzufriedenheit am Hofe, von „Fuchsschwänzen", die den Kaiser umwedelten, von Verächtern seiner Majestät, ja von Leuten, die ihn respektlos genug einen Esel nannten 1 ). Alle Versuche, solche durch Zufall erhaltene Notizen zu einem Gesamtbilde zu vereinigen u n d uns anschaulich vorzustellen, wie es an der Schwelle wichtiger Entscheidungen in der Umgebung des Kaisers aussah, werden immer vergeblich bleiben. Zu groß sind die Lücken unserer Kenntnis. Wir haben n u r die nüchterne Tatsache zu verzeichnen, d a ß O t t o an einer Verdauungsstörung erkrankte u n d in seinem heißen Drange, rasch gesund zu werden, Aloe im Übermaß n a h m . Auch diesmal wollte er nicht warten und, wie m a n annehmen k a n n , auf die Sachverständigen, d. h . die Ärzte, hören. Sein Zustand verschlimmerte sich nur, u n d er starb a m 7. Dezember 983 in Rom. Als einziger deutscher Kaiser erhielt er sein Grab in der schicksalsreichen römischen Erde, in der Vorhalle der Peterskirche, später in den sogenannten Grotten 2 ). P a p s t J o h a n n X I V . und Theophanu weilten an seinem Sterbelager, ihm blieb Zeit, Stiftungen f ü r sein Seelenheil zu machen, aber m a n weiß nichts davon, d a ß Bestimmungen über die Reichsverweserschaft getroffen wurden. Daß der Kaiser Lothar von Frankreich nichts Gutes zutraute und den Überfall von Aachen nicht verwunden h a t t e , ergibt sich daraus, d a ß er die Fortdauer seines Bündnisses mit Hugo K a p e t wünschte 3 ). Es mag wohl stimmen, wenn es heißt 4 ), der n u r achtundzwanzig J a h r e zählende Herrscher, der zehn J a h r e regierte, sei vor seinem Ende lebensmüde und schwermütig gewesen. Wir kennen seine Haupteigenschaft, die große, übergroße Lebendigkeit seines Geistes, die ihn in der harten militärisch-politischen Wirklichkeit leicht zu unüberlegten E n t schlüssen führte. Selbstverständlich k a n n sie menschlich mit seiner Jugend entschuldigt werden, aber wenn er eine bedeutende Persönlichkeit gewesen wäre, so h ä t t e er dieser gefährlichen Eigenschaft Herr werden müssen. Ganz besonders h a t ihm die A u f h e b u n g des Bistums Merseburg bei den Zeitgenossen geschadet. Sie erschien gleichzeitig als ein Bruch mit der ruhmvollen Überlieferung des Vaters u n d als ein Frevel am Heiligen 5 ). Die letzten Unglücksfälle der Regierung wurden als Vergeltung d a f ü r aufgefaßt. Es ist deshalb nicht unwichtig, ausdrücklich zu betonen, d a ß er die geistlichen Stiftungen gern mit großer Freigebigkeit bedachte und sich auch sonst in allen Stücken als ein treuer Sohn der Kirche zeigte. Wer waren die Männer, deren R a t er zu folgen pflegte, die also mit die Verantwortung f ü r das trugen, was in seinem Namen geschah ? Unter den weltlichen Herren käme sein Vetter u n d Freund, Herzog Otto l ) Gerbert Nr. 11 u. 12. Hauck 3, S. 240 Anm. 4. Hartmann 4, 1, S. 87. — ') Uhlirz S. 206. — 3 ) Gerbert Nr. 41. — 4 ) Sigebert von Gembloux zu 983, SS. 6. — 6 ) Vgl. oben S. 189.

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von Schwaben u n d Bayern, vornehmlich in Betracht, unter den hohen Geistlichen könnten mehrere genannt werden, an erster Stelle Willigis von Mainz, aber unsere Quellen erlauben es nicht, ihren Einfluß zeitlich u n d sachlich abzugrenzen, so d a ß die bloße Aufzählung der Namen keinen Einblick in die wirklichen Verhältnisse am Hofe gewähren würde 1 ). O t t o gehörte zu den Menschen, deren Verhängnis es ist, daß sie überaus reiche Gaben möglichst schnell in dauerverheißende Taten umsetzen wollen und es doch nicht können. Neue Züge zeigt seine Kaiserpolitik k a u m . E r folgte den Spuren Ottos des Großen, aber allzu hastig, und neigte vor allem zur Übereilung. An Mut u n d Eifer fehlte es ihm nicht. Daß er den K a m p f gegen die Ungläubigen a u f n a h m , sichert ihm im Sinne der abendländisch-christlichen Weltanschauung ein ehrenvolles Gedächtnis. Es ist auch nicht nötig, ihn gegen den Vorwurf zu verteidigen, d a ß er die italienische Kaiserpolitik fortsetzte. Wer sich ohne jedes Vorurteil, ohne jeden Seitenblick auf sehr viel spätere Verwicklungen in die Gedanken jener Zeiten versetzt, m u ß zugeben, daß er gar nicht anders handeln konnte, mag er auch bei der Ausführung mehrfach geirrt haben. Das schöne und reiche Italien war seit J a h r h u n d e r t e n immer das lockende Ziel der Germanen gewesen, u n d seit Alarich h a t t e n sie sich bemüht, es irgendwie zu beherrschen. Wir haben gesehen, daß die deutschen Fürsten auch dann gar nicht daran dachten, es preiszugeben, als sie deswegen neue Opfer bringen mußten 2 ). Wie m a n aber auch über Otto urteilt, immer m u ß man im Auge behalten, d a ß seine Regierung wie die manches anderen deutschen Kaisers n u r als Bruchstück vor uns liegt. Niemand kann ermessen, nach welcher Richtung sich sein Charakter entwickelt h ä t t e , wenn ihm ein längeres Leben vergönnt gewesen wäre. Sein viel zu früher Tod mitten aus umfassenden E n t w ü r f e n heraus gehört zu den unerforschlichen Rätseln, an denen die Geschichte der deutschen Kaiser so reich ist, die ihr Verständnis so stark erschweren. Es ist sicher nicht n u r das Recht, sondern auch die Pflicht des Historikers, Kaiser Otto I I . in erster Linie unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, ob er die Macht des von seinem Vater ererbten deutschen Reiches befestigt und gemehrt h a t . Die Antwort darauf kann, wie aus dem Vorstehenden erhellt, nicht in einem Worte gegeben werden, da es Otto nicht beschieden war, die vielleicht schwerste Aufgabe zu lösen, nach einem ernsten Mißerfolg den endgültigen Sieg an seine Fahnen zu ketten. Nicht das ist die Hauptsache, d a ß das Urteil über ihn wie über alle großen Gestalten der Vergangenheit verschieden ausfallen wird, sondern d a ß es immer unfertig und unbefriedigend bleiben muß, wie sein Leben selbst, das vor der Zeit ein Ende fand. Ohne persönlichen Anteil Ottos I I . wurde das Räubernest Fraxinetum ») Böhmer S. 26. Vgl. oben S. 172. — 2 ) Böhmer S. 10 Anm. 1. Hauck 3, S. 183, 240. Vgl. oben S. 193 f.

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v o n dem Schicksal ereilt, das ihm schon Otto I. immer hatte bereiten wollen 1 ). Der berühmte Abt von Cluni, der hl. Majolus, überall und immer um die Kirchenreform bemüht, hatte am Reichstage zu Verona 2 ) teilgenommen und war auf dem Heimwege in sein Kloster in der Nähe v o n Martigni im Wallis am 21. Juli 983 von Sarazenen festgenommen, vollständig ausgeplündert und nur gegen ein hohes Lösegeld freigelassen worden. Es bedurfte eines solchen allgemein beklagten Vorfalls, um die christlichen Herren aufzurütteln. Als die schwerbeladenen Räuber ihre Beute in Sicherheit bringen wollten, wurden sie im September 983 von dem Markgrafen Wilhelm I. von Provence ereilt und aufgerieben. Ebenso eroberten Wilhelms Bruder Rotbald, Graf von Arles, und Markgraf Arduin III. von Turin Fraxinetum selbst und machten damit einem Zustand ein Ende, der zur Schande der ganzen Umgegend schon viel zu lange gedauert hatte. So wenigstens scheinen sich die recht ungenau berichteten Dinge zugetragen zu haben 3 ). Wilhelm verdankte die ihm 979 verliehene Würde eines Markgrafen der Provence 4 ) der Furcht, die Lothars von Frankreich aquitanische Pläne dem König Konrad von Burgund einflößten. Lothar hatte seinen Sohn L u d w i g V. nicht nur, wie gezeigt wurde, zum König salben lassen 5 ), sondern auch 982 mit Adelheid, der Witwe des 961 verstorbenen Grafen Stephan von Gévaudan (s. Auvergne) und Schwester des Grafen Gottfried Grisegonelle von Anjou, verheiratet und zum König von Aquitanien krönen lassen. Bei der geographischen Lage des Gévaudan war es schon möglich, daß der Herr dieses Gebietes später einmal al9 König von Frankreich sich auf Kosten des burgundischen Reiches auszudehnen strebte. An ihrer Ostgrenze durch die überlegene deutsche Macht zum Stillstand gezwungen, suchte die französische Monarchie anderweitige Ausdehnungsmöglichkeiten, vielleicht auch schon den Weg nach Italien. Aber alle diese Träume zerrannen nur zu bald. Die Ehe des fünfzehnbis sechzehnjährigen Jünglings mit der sehr viel älteren Frau, die nur die königliche Krone ersehnt hatte, wurde ganz unglücklich. Sie lebten nicht mehr zusammen und besprachen sich, wenn es sein mußte, unter freiem Himmel. Da überdies Ludwig einen ganz leichtsinnigen Lebenswandel führte und sich bald von allen Mitteln entblößt sah, holte ihn Lothar nach zwei Jahren (984) wieder zurück. Adelheid aber suchte Markgraf Wilhelm I. von Provence auf und heiratete ihn 8 ). Notgedrungen mußte König Lothar trotz seiner lebhaften Tatenlust auf Gebietserweiterung verzichten. Würde ihm der Tod Ottos II. weiteren Spielraum gönnen ? Vgl. oben S. 141, 160. — 2 ) Vgl. oben S. 193. — s ) Bresslau, Konrad 1, S. 362; 2, S. 27, 48. Sackur, Cluniacenser 1, S. 228. Poupardin, Provence S.273 u. Bourgogne S. 97. de Manteyer, Provence S. 237, 253, dem ich folge. Hartmann 4, 1, S. 69. — 4 ) de Manteyer, Provence S. 233. — 5 ) Vgl. oben S. 178. — ") Lot, Derniers S. 81, 127 u. Fidèles S. 69. Richard 1, S. 147. Eiten S. 208. de Manteyer, Provence S. 235.

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ACHTES KAPITEL.

DER REGIERUNGSANTRITT DER KAPETINGER. (983-989.) Es gehört zu den unerforschlichen Geheimnissen der Geschichte, daß die Mißerfolge, die ein Mann an leitender Stelle erlitten hat, durch von ihm unabhängige Umstände schwere Gefahren f ü r das ihm anvert r a u t e Gemeinwesen heraufbeschwören. So geschah es mit Otto I I . W a r u m h ä t t e er aller seiner Feinde nicht Herr werden sollen, wenn er länger lebte, wenn die Fürsten treu zu ihm standen, wie es der Fall w a r ? D a ß er vor der Zeit starb u n d daher keinen regierungsfähigen Sohn hinterließ, erinnert daran, d a ß der Schlüssel zum Verständnis der deutschen Geschichte oft genug in der Erbfolge liegt. Ehe man den Tod des Kaisers kannte, wurde sein dreijähriges Söhnchen, O t t o I I I . von den Erzbischöfen Willigis von Mainz und J o h a n n von Ravenna am Weihnachtstage 983 in Aachen zum König gesalbt 1 ). Die enge Verbindung der beiden Reiche entsprach also noch der Anordnung Ottos I I . Genau wie nach dem Tode Kaiser Arnolfs Ludwig das Kind 2 ), galt auch jetzt Otto I I I . trotz seiner Kindheit für den w a h r e n Herrscher, und es handelte sich n u r d a r u m , wer f ü r ihn die tatsächliche Gewalt üben würde. Die Motive u n d die Absichten der maßgebenden Persönlichkeiten bleiben uns in diesen wirren J a h r e n verborgen. Der staatskluge Erzbischof Willigis von Mainz, der sich schon so trefflich bewährt hatte 3 ), übte sicher gemäß dem Wunsch Ottos I I . den maßgebenden Einfluß. Durch und durch königstreu, zuverlässig, kunstverständig, wortkarg u n d wohl auch gefürchtet, überragte er seine Amtsgenossen nicht so sehr durch neue Gedanken als durch seine praktische Wirksamkeit. Neben ihm t r a t noch der Kanzler Hildibald, Bischof von Worms, in den Vordergrund, aber wir sind nicht in der Lage, sein Wesen näher zu schildern 4 ). Theophanu war durch den Tod ihres Gemahls u n d die Sorge u m ihr fernes Söhnchen ganz gebrochen und eilte nicht nach Deutschland, sondern suchte bei ihrer Schwiegermutter in Pavia Trost 5 ). Richter 3, 1, S. 141. Böhmer, Willigis S. 26. Stutz, Erzbischof S. 19. Klippel S. 12, 20. Vgl. oben S. 194. — s ) Cartellieri 1, S. 364. — 3 ) Vgl. oben S. 172/173. — ') Böhmer S. 27, 39. Kehr, Otto III. S. 426. — 5 ) Thietmar 4, Kap. 1.

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Damals wurden gerade alle Gläubigen zu milden Gaben für Jerusalem aufgefordert 1 ), aber Zwietracht lähmte das kriegerisch stärkste Reich des Abendlandes und schob den Gedanken an eine wirksame Hilfe in weite Ferne. H e i n r i c h II. der Zänker von Bayern, Sohn des Prinzen Heinrich, folgte dem üblen Beispiel seines Vaters 2 ) und strebte selbst nach der Krone. Er befreite sich aus der Haft, die ihm im Jahre 978 auferlegt worden war 3 ), bemächtigte sich des kleinen Königs, der bis dahin unter der Obhut des Erzbischofs Warin von Köln gestanden hatte, und beanspruchte als nächster Verwandter im Mannesstamm die gesetzliche Vormundschaft. Ihm kam sehr zustatten, daß Bischof Dietrich I. von Metz, einer der einflußreichsten Ratgeber unter den früheren Regierungen, von Theophanu nichts wissen wollte. Heinrich scheute sich nicht, König Lothar von Frankreich Lothringen zu versprechen, wenn er von ihm unterstützt würde, und beschwor mit ihm durch Gesandte eine Zusammenkunft zu Breisach für den 1. Februar 9844). Lothar ging tatsächlich zusammen mit seinem Sohn Ludwig V. und mit einem Heere hin, Heinrich aber bekam im letzten Augenblick Angst vor dem schlechten Eindruck, den sein verräterisches Tun auf die Fürsten machen würde, und hielt sich fern. Den französischen Königen blieb nichts anderes übrig, als gleich wieder umzukehren. Sie hatten dann Mühe, ihre Reiterei durch die Vogesen, vermutlich den Schluchtpaß, hindurchzuführen, da die Bevölkerung den Weg verrammelt hatte und sie heftig beschoß5). Schon konnte Heinrich glauben, daß seine Absage an Frankreich ein Meisterstreich gewesen sei. Denn zu Ostern (23. März) wurde er zu Quedlinburg von seinen Anhängern öffentlich als König gefeiert. Hier huldigten ihm auch die Herzöge Boleslaw II. von Böhmen und Miseko I. von Polen, sicher in der Erwartung, daß sie auf diese Weise ihre Selbständigkeit besser behaupten würden, wenn sie nicht sogar gleich bestimmte Zusicherungen erhielten. Boleslaw benutzte die günstige Gelegenheit, um Meißen durch List in seine Hand zu bringen 6 ). Geschickt und tatkräftig arbeitete aber Willigis für Theophanu, womit er gleichzeitig seine eigene, maßgebende Stellung sicherte7). Heinrich der Zänker verlor den Mut und lieferte vorschnell genug am 29. Juni 984 sein wertvolles Pfand, den kleinen König, auf einer großen Reichsversammlung zu Rara, vermutlich Kloster Rohr bei Meiningen, der Mutter und der Großmutter, die aus Italien herbeigerufen worden waren, aus8). Wenn er aber gehofft hatte, für den Verzicht auf seine ehrgeizigen Pläne mit Bayern, das noch Heinrich III., Sohn Bertholds, besaß, entschädigt zu werden, so täuschte er sich 6ehr. Noch mußte er Geduld üben. Gerbert Nr. 28. Dazu K. Uhlirz, HZs. 88 (1902), S. 78. Franke S. 103. — Vgl. oben S. 62. — 3 ) Vgl. oben S. 175. — 4 ) Uhlirz, Studien S. 414. — 5) Richer 3, Kap. 97 f. — •) Thietmar 3, Kap. 26 u. 4, Kap. 1. Hölzer S. 5 ff. Hauck 3, S. 247. Parisot, Origines S. 333. Köster S. 240. Artler S. 284. Riezler 1, 1, S. 569. Gröger S. 25, 31. — ') Böhmer S. 32. — 8) Richter 3, 1, S. 144. Hölzer S. 20. Krüger S. 67.

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Unzufrieden war auch Lothar von Frankreich. E r wollte seine Absichten auf Lothringen nicht aufgeben, sondern begann auf den R a t der Grafen Odo I. von Blois und Chartres und Heribert I I I . von Troyes im Jahre 985 die Belagerung von Verdun. Als die schwer leidenden Bürger sahen, daß sie nicht auf Entsatz rechnen konnten, ergaben sie sich nach acht Tagen. Der König vertraute den Schutz der Stadt seiner Gemahlin E m m a an und legte eine Besatzung in die Burg. Dann löste er sein Heer auf und ging nach Laon. Das machten sich Herzog Dietrich I. von Oberlothringen 1 ), Graf Gottfried von Yerdun und andere Herren zunutze, überrumpelten die von der eigentlichen Stadt Yerdun durch die Maas getrennte Kaufmannsniederlassung und häuften darin auch reichlich Kriegsmaterial an. Doch blieb die Königin E m m a , wie es scheint, unangefochten in der Burg. Voller Zorn eilte Lothar abermals herbei und schloß die Kaufmannsniederlassung eng ein. Der K a m p f drehte sich bald darum, wer die besseren Maschinen aufstellen könnte. Es gelang den Franzosen, die der Lothringer zu Fall zu bringen und die genannten Fürsten gefangen zu nehmen. Ganz Yerdun gehorchte Ende März 985 dem König von Frankreich 2 ). Wie oft sollte der Name dieser Stadt noch in den kriegerischen Verwicklungen zwischen Deutschland und Frankreich genannt werden! Man fragt nach der Haltung H u g o K a p e t s , der doch der mächtigste Mann im damaligen Frankreich war. Um diese Zeit sagte der später so einflußreicheGerbert 3 ), damals Domscholaster von Reims, vonihm: „König Lothar ist nur dem Namen nach Herrscher, Hugo aber ist es nicht dem Namen nach, sondern wirklich und in der T a t . " Gelang es den Freunden Theophanus, den Kapetinger, auf den Otto I I . doch sterbend gerechnet hatte 4 ), in Bewegung zu bringen, so konnte Lothar der Sache Ottos I I I . nichts mehr schaden. Aber Hugo raffte sich schwer zum Handeln auf. Nur als Lothar am 11. Mai 985 zu Compiégne mit seinem Bruder Karl von Niederlothringen und einer Anzahl anderer Herren über das Schicksal der lothringischen Gefangenen und wohl auch über weitere lothringische Pläne beratschlagte, genügte das Gerücht, daß Hugo ein Heer aufbiete, um die Versammlung zu sprengen. Wenige Wochen nachher, am 18. J u n i 985, söhnte sich Hugo mit Lothar und E m m a öffentlich aus, ließ sich aber dafür Herzog Dietrich I . von Oberlothringen, seinen Neffen, ausliefern und setzte ihn vermutlich gleich in Freiheit 5 ). Sicher sprach dabei das Standesgefühl des großen Vasallen mit. Keiner von ihnen sollte lange in Haft bleiben. Nachdem zu Ostern (12. April) Boleslaw I I . von Böhmen Otto I I I . gehuldigt hatte, freilich ohne Meißen herauszugeben 6 ), unterwarf sich Ende Juni oder Anfang Juli auch Heinrich der Zänker endgültig in Vgl. oben S. 176. — 2 ) Richer 3, Kap. 97 ff. Parisot, Origines S. 349 Anm. 2, 353, 501 mit der Zeit u. Hofmeister, Bespr. S. 501. Erben, Kriegsgesch. S. 116. — 3 ) Gerbert Nr. 48. — 4 ) Vgl. oben S. 197. — 5 ) L o t , Derniers S. 155, 158. Parisot, Origines S. 357. — •) Köster S. 6, 240.

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Frankfurt a. M. den beiden Kaiserinnen Adelheid und Theophanu. Militärisch hatte er hier und da Erfolge erzielt, aber doch eingesehen, daß er keinesfalls mehr als sein früheres Herzogtum Bayern gewinnen würde. Es wurde ihm auch bewilligt, und Heinrich III., Sohn Bertholds, mit Kärnten und der Mark Verona abgefunden, da Herzog Otto, Sohn Konrads des Roten, aus uns unbekannten Gründen darauf verzichtete. Damit war der Friede wiederhergestellt, um den sich die HerzoginWitwe Beatrix von Oberlothringen durch ihre geschickte Vermittlung kein geringes Verdienst erworben hatte. Heinrich der Zänker ahmte darin seinen Vater nach, daß er schließlich den Widerstand gegen die rechtmäßige Regierung aufgab und fortan reichstreu blieb. Wenige Jahre später, nach dem Tode Heinrichs III. (989), fielen ihm Kärnten und die Mark Verona auch wieder zu 1 ). Der Versuch, den Otto II. im Jahre 976 gemacht hatte, einen Herzog abzusetzen, war mißlungen. Heinrich der Zänker nahm die ihm abgesprochene Würde endgültig ein. Die Fürsten begünstigten zweifellos seine Herstellung, um nur ja nicht zu königlichen Beamten herabgedrückt zu werden. T h e o p h a n u wurde jetzt allgemein mit modernem Ausdruck als Regentin anerkannt und gewährte dem Erzkapellan und Erzbischof Willigis, der dauernd in ihrer Umgebung weilte, die entscheidende Stimme im Rate, ohne sich damit selbst etwas zu vergeben 2 ). Schmerzlich beklagen wir den Mangel einer guten Charakteristik Theophanus. Man muß sich begnügen, die ungeschickten Worte Thietmars 3 ) zu wiederholen, der wenigstens von älteren Leuten genug über sie hatte hören können und gar keinen Anlaß zur Schönfärberei hatte. Er hob hervor, daß sie mehr leistete, als man ihrem schwachen Geschlecht zugetraut hätte. Sie habe sich von jeder Anmaßung freigehalten, einen makellosen Lebenswandel geführt, was in Griechenland selten sei, und das Reich ihres Sohnes mit männlicher Tatkraft verwaltet, indem sie, nach einer damals beliebten Formel, den Gutgesinnten Gnade erwies und den Unbotmäßigen Schrecken einjagte. Man darf nie vergessen, daß sie einem Volke angehörte, das im Abendlande äußerst unbeliebt war, und was vom byzantinischen Hofleben bekannt wurde, konnte die dortigen Verhältnisse nur als recht unerfreulich erscheinen lassen. Abgesehen davon, mußte es den trotzigen deutschen Herren nicht leicht fallen, sich einer Frau zu beugen. Daß sie es trotzdem taten, erweckt eine sehr günstige Meinung von ihrer politischen Klugheit. Vom deutschen Standpunkt gereicht es Theophanu zur hohen Ehre, daß sie, eine Tochter fernen Landes, nachdrücklich Ostpolitik trieb. Ohne sich um die Erbfolge zu kümmern, verlieh sie 985 zwei erledigte Marken, die sächsische Nordmark und die thüringische oder Meißner, ») Richter 3, 1, S. 146, 149. Böhmer S. 43. Riezler 1, 1, S. 569 Anm. 1, 571. Vgl. oben S. 173. — 2 ) Böhmer S. 38. Uhlirz, Interventionen S. 194. Bresslau, Handbuch 1, S. 447, 468. — s ) Thietmar 4, Kap. 10, 14. v. Giesebrecht 1, S. 853. 203

an erprobte Männer, jene an den sächsischen Grafen Lothar von Walbeck, diese an Eckhard I., dessen Vater Markgraf Gunther beim Kap Colonne gefallen war. Die dritte in diesem Zusammenhang zu nennende Mark war die sächsische Ostmark oder Mark Lausitz unter dem Markgrafen Hodo. Alle drei waren königliche Fahnlehen, unabhängig vom Herzog von Sachsen 1 ). In den Jahren 985 bis 987 ließ Theophanu slawisches Land verheeren und darin zahlreiche feste Plätze zerstören. An einem der Züge nahm auch der kleine Otto III. teil. Herzog Miseko I. von Polen leistete den Deutschen militärischen Beistand und huldigte dem König, wahrscheinlich weil die räuberischen Nachbarn auch ihm lästig fielen2). Im Sommer 985 liefen neue Gerüchte über französische Angriffspläne auf Lothringen um 3 ). Da wurde Lothars Aufmerksamkeit nach einer ganz anderen Richtung abgelenkt. Er erhielt 986 ein sehr dringendes Hilfegesuch des Grafen Borel von B a r c e l o n a 4 ) , das ja zu Frankreich gehörte. Nach dem Tode des omaijadischen Chalifen Hakam II. am 1. Oktober 9765) war sein erst elfjähriger Sohn Hischam II. auf den Thron gelangt, und seine Minderjährigkeit erleichterte den Aufstieg Mohammed Ibn Abi Amirs. Man hat ihn als den merkwürdigsten Mann bezeichnet, den das muslimische Spanien hervorgebracht habe. Im Jahre 939 als Sohn arabischer Eltern geboren, verdankte er seinen Reichtum und seine hohe Stellung seiner fabelhaften Begabung auf allen Gebieten, aber auch seiner Habsucht, Hinterlist, Gewalttätigkeit, die kein Blutvergießen scheute, seiner Geschäftstüchtigkeit, die in der Wahl der Mittel niemals verlegen war. Hischam wurde absichtlich in frommer Unwissenheit und Weltfremdheit erzogen. Seine Mutter Aurora, eine schöne Baskin, schenkte ihre Gunst Ibn Abi Amir, der sich erst zum Haushofmeister heraufarbeitete. Nachdem er alle seine Gegner beseitigt hatte und allmächtiger Minister geworden war, offenbarte er die besseren Seiten seines zwiespältigen Wesens und zeigte sich gerecht, kunstfreundlich, unermüdlich in der Staatsverwaltung, unüberwindlich im Kriege. Er schuf sich eine unbedingt ergebene Leibwache aus Berbern und Christen. Mit Recht hat man an das Gegenstück, die Sarazenen Friedrichs II., erinnert. Im Jahre 981 nahm er furchtbare Rache an Ramiro III. von Leon, weil dieser seinen Nebenbuhler, den ausgezeichneten Feldherrn Galib, unterstützt hatte. Ibn Abi Amir zerstörte Zamora (w. Valladolid) und Simancas (ssw. Valladolid), rückte vor Leon und wurde nur durch ein heftiges Unwetter zur Umkehr gezwungen. Damals ließ er sich El-Manssur (Almansor) nennen und verlangte für sich dieselben äußeren Ehren wie der Chalif selbst, den er streng von der Außenwelt abschloß. ') Posse, Markgrafen S. 32. Schulze, Kolonisierung S. 61. — 2 ) Lampert zu 986 u. 987. v. Giesebrecht 1, S. 634. Richter 1, S. 147. Artler S. 284. — 3 ) Gerbert Nr. 59. Lot, Derniers S. 161. — 4 ) Gerbert Nr. 70. Lot, Derniers S. 163. Die Urk. derAnm. 3 im Recueil Lothaire Nr. 51 zu 984 (?). Lot, Études S. 213. — 5 ) Dozy 3. Buch, Kap. 6. Müller 2, S. 546.

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Gelegentlich unternahm er Streifzüge gegen Kastilien und Navarra, aber für das christliche Abendland bedeutete es viel mehr, daß er Katalonien angriff. Er besiegte den Grafen Borel und erstürmte am 6. Juli 985 Barcelona, tötete oder verknechtete die Einwohner, steckte die Stadt in Brand. Es war sein 23. Feldzug 1 ). Lothar, der in seinen Urkunden gelegentlich seiner königlichen und kaiserlichen Vorfahren gedachte 2 ), hätte sich durch den Schutz der spanischen Christen einen unsterblichen Namen gemacht. Aber man wird sehr bezweifeln, daß er dazu imstande gewesen wäre. Der Tod schnitt jede weitere Überlegung ab, raffte den vierundvierzigjährigen Herrscher am 2. März 986 in Laon hinweg3) und gab, wie ein Zeitgenosse sagt, den Lothringern Ruhe 4 ). Man darf L o t h a r s Regierung nicht allein nach ihren bescheidenen Ergebnissen beurteilen, man muß auch seinem lebhaften, aber fast vergeblichen Streben nach Machterweiterung gerecht werden. Als Nachkomme Karls des Großen in der 7. Generation geboren, konnte er leicht von der Wiederaufrichtung des fränkischen Großreichs träumen, die doch weit über seine Kräfte ging. Man stellt ihn sich gut vor, wie er immer auf eine günstige Gelegenheit lauerte, Lothringen an sich zu reißen, was nur gelingen konnte, wenn Deutschland uneinig war. Daß er Verdun behauptete, als er starb, sichert ihm einen ehrenvollen Platz in der Reihe seiner nach Osten drängenden Nachfolger. An der Unzulänglichkeit des neuen Königs Ludwig V. war nach seinen Erlebnissen in Aquitanien 5 ) nicht zu zweifeln. Seine Mutter Emma bat ihre Mutter, die Kaiserin Adelheid, um Ratschläge und versprach, ihnen auch zu folgen. Adelheid werde dann mit Recht die Mutter aller Reiche genannt werden können6). Burgund war natürlich einbegriffen. Wie bei Lebzeiten des Prinzen Brun 7 ), sollte der Friede wieder durch eine dynastische Familienpolitik gewahrt werden. Erzbischof Adalbero von Reims, den der verstorbene König wegen dessen Deutschfreundlichkeit gehaßt hatte, gehörte jetzt zum engeren Kreise der Vertrauten. Er beteuerte der Kaiserin Theophanu seine treue Ergebenheit 8 ). Da schaltete der junge und unerfahrene Herrscher seine ganze Politik ohne ersichtlichen Grund um. Vermutlich gehorchte er dem Einfluß seines Oheims Karl von Niederlothringen, dessen Feindschaft gegen Emma schon länger zurückreichte9). Er veranlaßte Hugo Kapet, ihm zur Belagerung von Reims zu folgen, um Adalbero seinem Willen zu beugen. Nachdem viel Blut vergossen worden war, versprach Adalbero im August-September 986, sich im nächsten Jahre zu rechtfertigen, rief aber gleichzeitig Theophanu um Hilfe an. Schließlich floh er über die deutsche Grenze, Dozy 3. Buch, Kap. 10. Müller 2, S. 546 ff., 562. Enz. Islam Lief. 41, S. 276. Ballesteros 2, S. 55. — 2 ) Recueil Lothaire Nr. 38, 46. — 3 ) Richer 3, Kap. 109. Lot, Derniers S. 164. Richter 3, 1, S. 148. — *) Richer 3, Kap. 108. — 5 ) Vgl. oben S. 178, 199. — «) Gerbert Nr. 74. Lot, Derniers S. 186. — ') Vgl. oben S. 107, 115. — 8 ) Gerbert Nr. 85. — ») Vgl. oben S. 173.

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da er sich in Reims nicht mehr sicher fühlte. Ludwig ließ sich sogar einreden, daß seine Mutter unerlaubte Beziehungen zum Bischof Aszelin von Laon pflege. Emma und Âszelin fanden eine Zuflucht bei Hugo Kapet 1 ). Schon sprach man von einem deutschen Kriege gegen den unruhigen Nachbar 2 ). Anderseits bemühte sich die Herzogin-Witwe Beatrix, wie schon einmal 3 ), eifrig, den Frieden durch eine persönliche Aussprache herzustellen. Da starb Ludwig V. ganz unerwartet am 21. oder 22. Mai 987, zwanzig Jahre alt, als die Versammlung, die den Erzbischof Adalbero richten sollte, gerade in Compiègne zusammengetreten war 4 ). Über einen König, der keine 15 Monate regierte, wird man kein endgültiges Urteil fällen wollen. Durch seine Unbeständigkeit richtete er nur Verwirrung an, und nur sein vorzeitiger Tod hat wichtige Folgen gehabt. Wer sollte König werden ? Von vornherein war Adalbero von Reims, den Gerbert lebhaft unterstützte, gewillt, den durch sein Blut erbberechtigten Karolinger Karl von Niederlothringen, den Bruder Lothars und Oheim Ludwigs V., beiseitezuschieben und Hugo Kapet zu erheben, um auf diese Weise die guten Beziehungen zum deutschen Reiche sicherzustellen und seine Erzdiözese gegen Übergriffe wie die letzten Ludwigs V. zu schützen. Er wurde der eigentliche Königsmacher. Zunächst löste sich die noch in Compiègne tagende Versammlung auf, nachdem sie von einem ernsthaften Verfahren gegen Adalbero Abstand genommen hatte. Alle Teilnehmer schwuren „dem großen Herzog" Hugo K a p e t , und das war schon bedeutsam genug, nichts in der Wahlangelegenheit zu unternehmen, bis sie wieder zusammengetreten wären. Es war vergeblich, daß Karl persönlich den Erzbischof in Reims zu gewinnen suchte 5 ). Von der neuen Versammlung wurde Hugo zu Senlis zum König gewählt und am Sonntag, dem 3. Juli 987, zu Noyon von Adalbero gesalbt 6 ). Herzog Richard I. von Normandie erwarb sich besondere Verdienste um die Thronbesteigung des Kapetingers 7 ). Karl rührte sich vorderhand überhaupt nicht, das ganze Ereignis vollzog sich in aller Ruhe und machte gar kein Aufsehen. Natürlich gab es noch Legitimisten 8 ), die an Karl festhielten, aber ihnen fehlte ein Führer. Der Wechsel der Dynastie war doch nichts ganz Ungewöhnliches. Man denke an Odo 888, an Robert I. 922, an Rudolf 923, an Hugo den Großen, der mehrmals hatte König werden können, es aber nicht gewollt hatte 9 ). Die Gründe, die Adalbero gegen Karl anführte, waren eigentlich mehr Vorwände 10 ). Er warf ihm vor, daß er unzuverlässig und tatenscheu sei, sich nicht entblöde, einem Lot, Derniers S. 87, 192. — 2 ) Gerbert Nr. 91. Lot, Derniers S. 193. — s ) Vgl. oben S. 203. — 4) Lot, Derniers S. 196. — s ) Richer 4, Kap. 6—9. Lot, Derniers S. 201. — 9 ) Lot, Derniers S. 211 u. Études S. 3. Viollet 2, S. 21. Sackur, Krönungstag. Kawerau S. 74, 93. Stutz, Reims S. 427. Kern, Gottesgnadentum S. 60 Anm. — ') Prentout, Dudon S. 395. Steenstrup S. 301. — 8 ) Richer 4, Kap. 11. Viollet 2, S. 28. — ") Cartellieri 1, S. 344, vgl. oben S. 95. — l 0 ) Richer 4, Kap. 11.

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fremden Herrscher zu dienen, und eine nicht ebenbürtige Frau geheiratet ha.be. Das erste war richtig, aber es galt mehr oder weniger auch von Hugo. Das zweite stimmte auch; denn Karl war ja Herzog des zu Deutschland gehörigen Niederlothringen1). Dadurch unterschied er sich allerdings verfassungsmäßig von Adalbero selbst und auch von Hugo, die aus freien Stücken für Deutschland arbeiteten. Das dritte mochte am meisten Eindruck auf die standesbewußten Großen machen. Karl hatte in zweiter Ehe die Tochter eines unbekannten Ritters, Aftervasallen des Herzogs der Franzier, heimgeführt. 2 ) Die wahre Tragweite der Erhebung Hugos zeigte sich sehr bald, als er Verdun bedingungslos zugunsten Deutschlands räumte und seine Vasallen Odo I. von Blois und Herbert III. von Troyes dazu vermochte, endlich Gottfried von Verdun die Freiheit zu schenken. Sie taten es, stellten diesem aber harte Bedingungen 3 ). Der Verzicht auf Verdun war der Preis der deutschen Unterstützung. Theophanu hat im Sinne Ottos II. 4 ) dem Kapetinger den Weg zum Throne geebnet, da er minder gefährlich schien als ein Karolinger. Kaum selbst König geworden, entfaltete der sonst so matte Hugo lebhaften Eifer, um seinen Sohn auch krönen zu lassen. Den anfänglichen Widerstand Adalberos von Reims besiegte er dadurch, daß er ihm einen Brief Boreis von Barcelona vorlegte, in dem dieser das baldige Ende der christlichen Herrschaft in Spanien prophezeite, wenn ihm nicht gleich Truppen gesandt würden. Nicht mit Unrecht wies Hugo auf die Unruhen hin, die in Frankreich ausbrechen würden, wenn er hinzöge und im Kampf fiele, ohne daß ein Nachfolger da wäre5). Der Erzbischof gab nach und krönte zu Weihnachten 987 zu Orleans den etwa fünfzehnjährigen Königssohn Robert 6 ). Für ihn dachte Hugo oder dessen Umgebung an eine glänzende Heirat, um nicht hinter dem sächsischen Hause zurückzustehen. Es ging ein Brief an die Basileis Basilius II. und Konstantin VIII 7 ) ab. Für den, der die wirklichen Machtverhältnisse kennt, klingt es seltsam zu hören: weder ein Gallier noch ein Germane, d. h. kein Angehöriger des deutschen Reiches, würde es wagen, das römische, d. h. oströmische Reich anzugreifen, wenn die Franzosen es verteidigten! Es folgte die Bitte um eine oströmische Prinzessin. Wie unternehmungslustig man damals am französischen Hof war, ergibt sich auch daraus, daß Borel von Barcelona unter gewissen Vorbehalten kriegerische Hilfe durch Aquitanien hindurch zugesichert erhielt8). Verfasser der Briefe war Gerbert, der mit Vergnügen die Gele*) Vgl. oben S. 174. — 2 ) Lot, Derniers S. 209. — 3 ) Gerbert Nr. 100. Lot, Études S. 4. Parisot, Origines S. 363 f. Vgl. oben S. 202. — *) Vgl. oben S. 197. — 5 ) Richer 4, Kap. 12. — 6 ) Lot, Derniers S. 74, 217 u. Études S. 4 mit 30. Dez. Stutz, Reims S. 428. — ') Gerbert Nr. 111. Schramm, Kaiser S. 444. Eichengrün S. 20. — 8 ) Gerbert Nr. 112. Lot, Études S. 5, 214.

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genheit ergriffen haben dürfte, seine geschäftliche Gewandtheit u n d stilistische K u n s t glänzen zu lassen. Man wird den Inhalt nicht überschätzen. Nur allzu rasch zerrannen alle hochfliegenden Pläne, wenn sie überh a u p t ernsthaft gefaßt worden waren. Hugo verheiratete seinen Sohn Robert mit der sehr viel älteren Rozala, später Susanne genannt, der Tochter König Berengars I I . von Italien u n d Witwe des Grafen Arnolf I I . von Flandern 1 ). Die Eheirrung Ludwigs V. und Adelheids von Anjou 2 ) war anscheinend schon vergessen, obwohl auch hier der Altersunterschied eine große Rolle gespielt hatte. Von einem Kriegszug nach Spanien konnte gar nicht mehr die Rede sein, weil wohl im Mai 988 Karl von Niederlothringen sich zum Handeln aufraffte u n d durch Verrat die H a u p t s t a d t des Reiches, Laon, in seine H a n d brachte. Dabei leistete ihm sein etwa 23 bis 24 J a h r e alter Neffe Arnolf, ein natürlicher Sohn König Lothars u n d Geistlicher der Reimser Kirche 3 ), willkommenen Beistand. Sie konnten den Stadtbischof Aszelin und die Karl verhaßte Königin-Witwe E m m a ebenso wie viele vornehme Persönlichkeiten gefangen nehmen. Die Befestigungen wurden sofort verstärkt, Lebensmittel angehäuft und Kriegsmaschinen gebaut 4 ). Daraufhin beriefen Hugo und sein Sohn Robert als sein Mitregent eine Synode, ließen Karl und Arnolf u. a. durch Adalbero von Reims in den Bann t u n und begannen u m Ende J u n i 988 die Belagerung von Laon, wurden aber in ihrem Lager überfallen u n d mußten Anfang oder Mitte August nach schweren Verlusten an Kriegsgerät abziehen. Theophanu h a t t e schon zu vermitteln gesucht, Karl war j a deutscher Vasall, aber er ging auf nichts ein. Man sieht, daß auch die deutsche Regentschaft, getreu der Überlieferung des Prinzen Brun, den Bürgerkrieg in Frankreich nicht etwa zu entfachen, sondern beizulegen b e m ü h t war. Noch einmal, vom 18. oder 23. Oktober an, versuchte Hugo, Laon zu nehmen, auch diesmal ohne Erfolg. Seine Vasallen gehorchten ihm schlecht, u n d er war im wesentlichen auf die Reimser Truppen angewiesen. E r geriet auch noch in Zwiespalt mit König Konrad von Burgund, ohne daß m a n recht wüßte, weshalb. Es gelang aber wenigstens, Aszelin und E m m a zu befreien 5 ). Da bekam die ohnehin schon ziemlich verwirrte Lage ein ganz anderes Gesicht durch den unerwarteten Tod Adalberos von Reims am 23. Jan u a r 989"). Mit ihm schied ein Mann aus dem Leben, der durch seine enge Verbindung mit den Ottonen und den Einfluß, den er zu ihren Gunsten auf die französischen Verhältnisse, insbesondere auf die Erhebung der Kapetinger geübt h a t t e , in der abendländischen Geschichte der Zeit an erster Stelle steht. J e unbedeutender die meisten Herrscher l ) Köpke S. 380. Lot, Derniers S. 219 u. Études 4 Anm. 2. Vanderkindere 1, S. 295. Zur Urk. vom 1. 4. 989 (regina) vgl. Duvivier, Actes Nr. 77 u. sonst. — 2 )Vgl. oben S. 199. — 3 ) Lot, Derniers S. 246 Anm. 4. — 4 ) Lot, Études S. 6. — 5 ) Ebd. S.7. — o) Lot, Derniers S. 236 u. Études S. 14. Böhmer S. 190.

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damals waren, desto größer erschien seine staatsmännische Leistung. Vom französischen Standpunkt hat man ihn als Verräter gebrandmarkt, aber man muß ihn einem umfassenderen Zusammenhang einordnen, um ihm gerecht zu werden. Er lebte in der Vorstellung des einen Reiches und der einen Kirche, wünschte wohl eine Rückkehr zu Karl dem Großen und sah in den Ottonen dasjenige Geschlecht, das dank seinen überlegenen Machtmitteln am besten geeignet war, solch hohe Ideale zu verwirklichen. Der Reimser Kirche eröffneten sich dabei weite Aussichten.

C a r t e l l i e r i , Weltttellung.

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NEUNTES KAPITEL.

WIRREN IN ITALIEN UND IN FRANKREICH. (989-994.) Auf die Person des neuen Erzbischofs von Reims kam unendlich viel an. Arnolf, der Sohn König Lothars, und G e r b e r t bewarben sich beide. Von jenem weiß man fast nichts, von diesem mehr, als an dieser Stelle Raum finden kann 1 ). Um 945 in Aquitanien als Kind einfacher und armer Leute geboren, in der Abtei Aurillac (Dep. Cantal) in der Auvergne erzogen, lernte Gerbert in der spanischen Bischofsstadt Ausona, heute Vieh (n. Barcelona), Mathematik, Musik und Astronomie, kam gegen Ende 970 nach Rom und wurde durch Papst Johann X I I I . an Otto I. empfohlen. E r gehörte zu den seltenen Menschen, die es schwer verwinden können, etwas nicht zu wissen. Deshalb ging er nach Reims, um die ihm bisher verschlossene Wissenschaft der Logik bei einem gefeierten Lehrer zu studieren, und wurde von Erzbischof Adalbero als Domscholaster mit der Leitung der dortigen Schule betraut. E r zeigte sich hier als vortrefflicher Lehrer und eignete sich die klassische Bildung in so hohem Maße an, wie damals überhaupt möglich war. Unbedenklich kann man ihn als einen frühen Humanisten bezeichnen. Durch Otto I I . 982 oder 983 zum Abt der reichen Abtei Bobbio (sw. Piacenza) bestellt, konnte er sich daselbst nicht behaupten und kehrte nach dem Tode des Kaisers, dem er Treue geschworen hatte, nach Reims zurück, wo damals bekanntlich die Fäden der deutsch-französischen Beziehungen zusammenliefen. Während er hier als Domscholaster die Studien pflegte, lernte er im Dienste Adalberos die Geheimnisse der auswärtigen Politik kennen und hielt wie dieser, von gelegentlichem Schwanken abgesehen, fest zu den Ottonen. I m Sommer 987 legte er Wert darauf, als wahrhaftigster Dolmetscher der Sache Theophanus zu gelten 2 ). Von Natur aus war er sicher nicht für die hohe Politik geschaffen. Durch die Zeitverhältnisse genötigt, sich damit zu befassen, spielte er dank seiner Geschäftskenntnis, GeGerbert, Lettres, Introd. Uhlirz S. HO. Hauck 3, S. 264, 332. Ter Braak S. 65. — 2 ) Gerbert Nr. 103.

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schmeidigkeit und Stilkunst eine nicht geringe Rolle. Gern entlieh man seine gewandte Feder, um einen verwickelten Tatbestand eindrucksvoll darzustellen und den Empfänger zu beeinflussen. Man darf ihn wohl einen gelegentlichen offiziösen Publizisten nennen. Den Ausschlag gab, daß Arnolf dem König Hugo versprach, ihm Laon zu verschaffen und den Frieden mit Karl herzustellen. So wurde er Ende März 989 in Reims gewählt und konsekriert. Der ungewöhnlichen Geschicklichkeit Gerberts gelang es bald, ihn auf die deutsche Seite hinüberzuziehen, und der neue Erzbischof hätte sehr gern im Sommer 989 Theophanu nach Italien begleitet, wenn Hugo es ihm nicht verboten hätte 1 ). Es kündigte sich eine Wendung in den deutsch-französischen Beziehungen an. Hugo, dessen Königtum von der Kaiserin-Reichsverweserin gefördert worden war, wandte sich jetzt von ihr ab, wahrscheinlich weil Arnolf seine Versprechungen nicht hielt und der Verdacht aufkam, daß seine Erhebung durch deutsche Arglist zustande gekommen sei. Daß Arnolf innerlich mehr der karolingischen Sache zuneigte, bedarf keiner besonderen Erklärung. Ihn schmerzte das Schicksal seines Oheims Karl und seines Vetters Ludwig, des Sohnes Karls. Kamen die Karolinger wieder auf den Thron, dann sah er eine glänzende Wirksamkeit vor sich. Um der Sache Karls zum Siege zu verhelfen, wollte er ihm Reims in die Hände spielen, aber seine Hugo geleisteten Eide doch nicht offen brechen. Er stiftete deshalb einen Priester an, während er selbst angeblich nichtsahnend schlief, die Tore der Stadt dem Karolinger zu öffnen, und ließ sich dann von diesem gefangen nehmen, schleuderte auch, um seine wahre Gesinnung möglichst lange zu verbergen, den Bann gegen ihn (Ende September oder Oktober 989) 2 ). T h e o p h a n u ließ die Dinge gehen, da für Deutschland keine unmittelbare Gefahr drohte und ihre Anwesenheit in Italien erwünscht war. In Pavia weilte allerdings jetzt wieder die Kaiserin-Großmutter Adelheid, aber während die beiden Frauen gleich nach dem Tode Ottos II. gut zusammengehalten hatten, war nachher zwischen ihnen, wahrscheinlich wegen ihrer verschiedenen Beurteilung der französischen Angelegenheiten, ein tiefgreifender Zwiespalt ausgebrochen 3 ), und Adelheid hatte keinen Anteil mehr an der Regentschaft. Daß sie auch als Privatperson gegebenenfalls Einfluß üben konnte, braucht deshalb nicht bezweifelt zu werden. Der dem modernen Menschen geläufige Unterschied zwischen staatsrechtlich begründeten und rein tatsächlichen Befugnissen hatte damals keine Bedeutung. Es spricht für die Festigkeit und gleichzeitig auch für die Güte der deutschen Verwaltung Oberitaliens, daß die Minderjährigkeit Ottos I I I . zu keinerlei Aufständen oder Unruhen Anlaß gab. Ausgezeichnete Dienste Lot, Études S. 16, 260. — 2 ) Lot, Études S. 18. — 3 ) Kehr, Otto I I I . S. 423, 438. Böimer S. 51 Anm. 2. Anders Hartmann 4, 1, S. 96. 14*

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leistete der Regentin Markgraf Hugo von Tuszien, Sohn Markgraf Huberts, Enkel König Hugos von Italien. Er konnte 986 auch Spoleto und Camerino seinem Besitz angliedern1) und damit eine maßgebende Stellung gewinnen. Daß in diesen Zeiten die Selbständigkeit der oberitalienischen Bischöfe wuchs 2 ), ist als sehr wahrscheinlich anzunehmen. In R o m handelte es sich, wie damals immer, um das Verhältnis des jedesmaligen Papstes zu den mächtigen Adelsparteien. Johann XIV. 3 ), der Otto II. nahe stand, konnte für die kaiserliche Sache kaum noch etwas tun. Jener Bonifaz VII., der schon einmal 974 durch Gewalt für kurze Zeit auf den Stuhl Petri gestiegen war4), eilte aus Konstantinopel, wo er eine Zuflucht gefunden hatte, herbei, warf Johann XIV. im Februar 9845) ins Gefängnis und ließ ihn darin verhungern (20. August). Aber er selbst, der einige Jahre später auf einer Synode ein „fürchterliches Scheusal" genannt wurde 6 ), konnte sich der zum zweitenmal angemaßten Würde nicht freuen. Etwa im Juli des folgenden Jahres (985) gab es, wie so oft in Rom, einen plötzlichen Umschwung der Stimmung, er wurde totgeschlagen und seine nackte Leiche durch die Straßen geschleift. Nur sehr wenig ist über alle diese Dinge bekannt. Der noch im August erhobene Johann XV. betätigte sich jedenfalls später deutschfreundlich. Herr von Rom war damals Johann Crescentius7) genannt Nomentanus, der sich das Amt des Patricius anmaßte 8 ). Er war ein Sohn des Johann Crescentius genannt de Theodora, von dem wir wissen, daß er sich 966 als Parteigänger des kaiserlichen Papstes Johann X I I I . hervorgetan hatte 9 ). Als Theophanu den Winter 989 auf 990 in Rom zubrachte, hat sie keinen Versuch gemacht, den Patricius zu beseitigen, woraus manschließen darf, daß er sich ruhig hielt 10 ). Allem Anschein nach rechnete er von vornherein damit, daß ihre Anwesenheit nicht sehr lange dauern würde, wie das dann auch der Fall war. Über die staatsrechtliche Auffassung ihres Waltens in Italien gehen die Meinungen auseinander, man wird aber festhalten können, daß sie nur die Vertreterin ihres Sohnes war. Warum sie ihn nicht mitgenommen und zum Kaiser hatte krönen lassen, bleibt uns verborgen 11 ). Schon im Sommer 990 weilte sie wieder in Deutschland, wo der Osten ihre Aufmerksamkeit erforderte. Den Sachsen gelangen in diesem Jahre glückliche Streifzüge gegen die Abodriten 12 ). Bedeutsamer war der Streit zwischen Böhmen und Polen. Längere Zeit hindurch hatten sich die beiden, überdies verwandtschaftlich ver>) Hartmann 4, 1, S. 96. Falce, Ugo S. 14. — 2 ) v. Giesebrecht 1, S. 631. — 3 ) Vgl. oben S. 195. — 4 ) Vgl. oben S. 172. — 5 ) Silvagni S. 463. — •) Acta conc. Remensis ad S. Basolum, Kap. 28, bei Olleris S. 205. Lot, Études S. 58. — ') Vgl. oben S. 172. — 8 ) Bonizo, Lib. ad amicum, Buch 4, Lib. de lite 1, S. 582. Schramm, Renov. 1, S. 62. — ") Vgl. oben S. 116. — 10 ) Gregorovius 3, S. 381. Hartmann 4, 1, S. 97. Bossi, Crescenzi S. 35. Borino S. 396. Schneider, Johann XV. S. 194 ff. u. Rom S. 195. — " ) Kehr, Otto III. S. 438. Böhmer S. 51. Gay S. 389. Hartmann 4, 1, S. 153. Klippel S. 14, 17. — >2) Richter 3, 1, S. 150.

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bundenen Herzöge gut vertragen. Das hörte 990 auf, und Miseko I. von Polen eroberte Schlesien links der Oder mit dem Hauptort Nimptsch (s. Breslau). Während Boleslaw I I . von Böhmen das verlorene Land mit Hilfe der Liutizen wiedergewinnen wollte, erhielt Miseko von der Regentin deutsche Ritter, an deren Spitze Erzbischof Gisiler von Magdeburg und Markgraf Eckhard I. von Meißen standen. Der Böhme wagte es am 13. J u l i in der Nähe von Guben an der Neiße doch nicht, sich ihnen zu stellen, und bat die deutschen Führer um ihre Vermittlung bei dem Polen. Es k a m aber kein Friede zustande, und wenig fehlte, so hätten jene ihre Gutgläubigkeit mit dem Leben büßen müssen, da die Liutizen sich an ihnen vergreifen wollten. P o l e n behielt Schlesien bis zum Gebirge, vermutlich aber ohneOberschlesien mit dem Oppelner Gebiet 1 ). Unberührt durch deutsche Einwirkungen, nahmen die französischen Wirren ihren Fortgang. Vergeblich riefen im Juli 990 Hugo Kapet und eine Synode Papst Johann X V . gegen Arnolf von Reims an und gebrauchten in den Briefen, die Gerbert verfaßte, drohende Worte 2 ). Vergeblich blieb auch ein Vorstoß des Königs gegen Laon einige Wochen später. Arnolf leistete jetzt dem Prätendenten Karl öffentlich kriegerischen Beistand 3 ). Immer schlimmer wurde die Verlegenheit des Kapetingers, dessen Machtmittel man nicht überschätzen darf, da seine Vasallen ihn im Stich ließen 4 ). Da brachte schnöder Verrat ihm den Sieg. Bischof Âszelin von Laon, ein Meister aller Ränke, erreichte bei Arnolf, daß dieser ihn mit Karl aussöhnte und ihm sein Bistum wieder verschaffte. Dafür söhnte er seinerseits Arnolf mit Hugo Kapet aus. Aszelin durfte nach Laon zurückkehren, nachdem er K a r l durch heilige Eide in Sicherheit gewiegt hatte, und bereitete ungestört seinen Handstreich vor. In der Nacht vom 29. auf den 30. März 991 entwaffnete er K a r l und Arnolf, der auch nach Laon gekommen war, im Schlaf und setzte sie dort im Turme gefangen. Hugo Kapet brauchte nur in der lang ersehnten festen Stadt einzuziehen und sich die Karolinger ausliefern zu lassen. Mit einem Schlage wurde er nicht nur einer großen Gefahr ledig, sondern nahm noch eine starke Stellung ein. Karl überlebte sein trauriges Schicksal nicht lange, und auch seine Familie verschwand bald aus der Geschichte. Allein sein Sohn Otto, der zu seinem Glück damals nicht in Laon weilte, erbte die Herzogswürde von Niederlothringen und wird noch zu nennen sein 5 ). Aber dann war er bloß ein deutscher Vasall unter vielen. Die ruhmvolle Geschichte des gewaltigen Geschlechtes, das die Geschicke des Abendlandes wie kaum ein anderes beeinflußt hat, fand damit ein ruhmloses Ende. Es konnte keine Furcht mehr, nur noch Mitleid erregen. Karl von Niederlothringen gehörte der zwölften, Arnolf von Reims der dreizehnten Generation Richter 3, 1, S. 150. Bretholz S. 110. Köster S. 185. Holtzmann, Böhmen S. 30. — 2 ) Lot, ÉtudesS. 25. — 3 ) Lot, Études S. 27. — *) Lot, Études S. 28, 189. — 5 ) Lot, Derniers S. 272 u. Études S. 29.

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nach den Gründern des Hauses, Arnolf von Metz (f 641) und Pippin dem Älteren (f 639), an. Noch einmal gelang es Theophanu, vor aller Welt kundzutun, daß für sie Slawenpolitik und Italienpolitik nur zwei Seiten einer umfassenden Kaiserpolitik seien. Zu Ostern (5. April) 991 überreichten sowohl Miseko I. von Polen als auch Hugo von Tuszien dem jungen Otto I I I . kostbare Geschenke. Wenige Monate später, am 15. Juni, starb Theophanu in Nimwegen 1 ). Nichts Rühmlicheres kann man von dieser deutschen Kaiserin fremden Blutes sagen, als daß ihr Tod viel zu früh für das ihr in schwerer Zeit anvertraute Reich erfolgte. Daneben wiegt es nicht schwer, daß ihr vorgeworfen wurde, sie habe in Deutschland und Frankreich ihre heimischen Kleidermoden eingeführt und damit den Frauen ein schlechtes Beispiel gegeben. Böswilliger Klatsch tastete auch ihre Frauenehre an, doch liegt kein Anlaß vor, dabei zu verweilen. Der Todesfall mag dem Herzog Miseko I. von P o l e n Anlaß gegeben haben, mit seiner zweiten Gemahlin Oda 2 ), Tochter des Markgrafen Dietrich von der Nordmark, und ihren Söhnen sein ganzes Reich, damals noch Gnesen, erst später Polen genannt, wozu Schlesien und Pommern gehörten, dem hl. Petrus zu schenken (990—992) 3 ). Wir denken dabei an ähnliche berühmte Vergabungen aus dem achten Jahrhundert 4 ) und werden der Wahrheit am nächsten kommen, wenn wir annehmen, daß Polen auf diese Weise in besonders feierlicher Weise gegen jeden äußeren Eingriff geschützt werden sollte, wie ein solcher soeben von Böhmen ausgegangen war und bei einer etwaigen Unterstützung Böhmens durch eine andere deutsche Regierung weit größere Gefahr bringen konnte. Der Kurie wieder konnte es nur willkommen sein, wenn die polnische Kirche nicht zu sehr unter deutschen Einfluß geriet. Wenige Tage nach dem Tode Theophanus trat im Kloster S a i n t B a s l e zu Verzy (sö. Reims) die Synode zusammen, die nach dem Willen Hugo Kapets den Erzbischof Arnolf richten sollte (17. und 18. Juni 991). Anwesend waren zwei Erzbischöfe und elf Bischöfe, die alle irgendwie vom König abhängig waren, dann viele Äbte und noch mehr Mönche 5 ). Die Verhandlungen haben wegen der ungeheuer scharfen Anklagen, die Bischof Arnolf von Orleans gegen die Unsittlichkeit und Unwissenheit römischer Päpste schleuderte 6 ), bis auf die neueste Zeit die größte Aufmerksamkeit erregt. Hier genügt es, ihrer kurz zu gedenken, da sie zunächst keine Wirkung gezeitigt haben. Es handelte sich um Machtfragen. Hugo wollte den Erzbischof vernichten, um sicher zu sein, daß nicht durch ihn eine karolingische Restauration versucht würde. Dem Erzbischof wurde nicht mit Unrecht der Bruch seiner dem König geschworeRichter 3, 1, S. 151.— 2 ) Thietmar 4, K a p . 57. Zeißberg, Miseco S. 104. Holtzmann, Calbe S. 186, 203. — 3 ) Holtzmann, Böhmen S. 14. Kehr, Magdeburg S. 30. — 4 ) Cartellieri 1, S. 159 u. sonst. — 5 ) Lot, fitudes S. 31, 97. Schlockwerder, Konzil. Eichengrün S. 46. — 6 ) S S . 3, S. 658. Hefele 4, S. 637.

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n'en Eide und Hochverrat, begangen durch die Auslieferung von Reims 1 ) a n Karl von Niederlothringen, vorgeworfen. Arnolf verteidigte sich wenig würdig und dankte schließlich in Gegenwart Hugos und Roberts demütig ab, um Schlimmeres zu vermeiden. Wahrscheinlich schon am Sonntag, dem 21. Juni, wurde Gerbert, giemäß dem Wunsch der französischen Könige, zum Erzbischof gewählt 2 ). Unheimlich geschickt, aalglatt, hatte er sich zwischen den Parteien bewegt, und jetzt gelang ihm der erste große Aufstieg. Würde man deutscherseits das alles ruhig hinnehmen ? Karl von Niederlothringen war doch Reichsvasall und Arnolf der deutschen Sache ergeben. Im Herbst 991 kam die über 60 Jahre alte Kaiserin-Großmutter Adelheid über die Alpen, übte aber nicht mehr denselben Einfluß aus wie früher ihre Schwiegertochter. Neben ihr standen W i l l i g i s von M a i n z und der Kanzler Hildibald an erster Stelle und führten die Geschäfte, wie sie das schon unter Theophanu getan hatten 3 ). Die deutschen Bischöfe waren es, unter ihnen sicher Willigis, die den Papst gegen das Urteil von Saint-Basle in Bewegung brachten. Johann X V . entsandte 992 den Abt Leo von S. Alessio zu Rom 4 ) und den Bischof Dominikus von Sabina, aber sie wagten Frankreich gar nicht zu betreten, und die Synode, die sie nach Aachen, also auf deutschen Boden, beriefen, wurde nicht von den Franzosen beschickt, auf die es doch ankam, sondern nur von den Deutschen. Daraufhin lud der Papst, wahrscheinlich deutschen Anregungen nachgebend, sowohl die beiden Könige Hugo und Robert als die französischen Bischöfe nach Rom vor 5 ). Hugo antwortete ganz geschickt mit einer Einladung des Papstes nach Grenoble im Königreich Burgund und frischte damit, wenn auch in etwas unklarer Weise, die Erinnerung an den Besuch Stephans II. bei Pippin wieder auf 6 ). Gerbert, der gut wußte, was für ihn auf dem Spiele stand, setzte 993 oder 994 bei König Robert durch, daß dieser eine französische Synode zu Chelles versammelte. Hier wurden die Abdankung Arnolfs und die Wahl Gerberts nachdrücklich bestätigt und wieder starke Worte gegen Rom gesprochen 7 ). Aber das war auch alles. Johann XV. blieb viel zu sehr durch Johann Crescentius 8 ) genannt Nomentanus behindert, um sich auf schärfere Maßnahmen gegen das französische Königtum einzulassen. Überdies hatte auch die deutsche Regierung andere, dringendere Sorgen. Ein sächsisches Heer, in dem sich der jetzt zehnjährige Otto III. befand, eroberte im September 991, unterstützt durch Herzog Miseko I. von Polen, Brandenburg, das aber gleich nachher wieder verloren ging. Ein abtrünniger Sachse namens Kizo nahm es mit Hilfe derLiutizen und plünderte von dort aus in der Elbgegend. Vgl. oben S. 211. — 2 ) Lot, Études S. 97. — 3 ) Böhmer S. 53. Vgl. oben S. 200. — 4 ) Schramm, Briefe S. 91. — 5 ) Richer 4, Kap. 95. Lot, Études S. 83. — «) Cartellieri 1, S. 158. — 7) Richer 4, Kap. 89. Lot, Études S. 88 Anm. 2 mit der Zeit. — 8 ) Vgl. oben S. 212.

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I m nächsten J a h r e (992) gelang die Wiedereroberung den Sachsen, die auch diesmal ihren kleinen König mit sich f ü h r t e n , nicht. Zu Anfang 993 aber spielte ihnen Kizo Brandenburg in die Hände, wie das ähnlich ein halbes J a h r h u n d e r t vorher schon einmal durch Tugumir geschehen war 1 ). D a f ü r belagerten die Liutizen den Verräter in der Burg, bis die Sachsen zum dritten Male mit Otto I I I . herankamen u n d siegreich einzogen 2 ). So unbedeutend diese militärischen Erfolge und Mißerfolge auch erscheinen, so wichtig sind sie zur Beurteilung der Schwierigkeiten, unter denen allein Slawenland gewonnen u n d namentlich behauptet werden mußte. Seine Kulturlosigkeit war sein bester Schutz. Der vorherrschende Eindruck, den diese wirren Zeiten hinterließen, wird immer der sein, daß es im Abendlande an einem bedeutenden Manne fehlte, der Ordnung geschafft h ä t t e . Man k a n n sich leicht vorstellen, wie schwer das platte Land überall unter den fortwährenden Fehden litt. In Frankreich h a t t e der König wenig zu sagen, trotzige Vasallen machten, was sie wollten, und bedienten sich seiner in ihren endlosen Streitigkeiten u m Land u n d Leute. Um jeden Preis wollten sie sich vergrößern und stürzten sich auf den Nachbarn, sobald er schwächer war. Graf Odo I. von Blois u n d Chartres zeigte gegenüber dem Herzog und späteren König Hugo K a p e t große Selbständigkeit. E r ließ sich von ihm Dreux abtreten, ohne die Bedingungen zu erfüllen, die ausgemacht waren. Melun, das ein königlicher Vasall h ü t e n sollte, brachte Odo 991 in seine Gewalt, um seinen verstreuten Besitz besser zusammenzuhalten. Nur mit Hilfe von Franziern, Angevinen und sogar Normannen, die unter ihrem Herzog Richard I. herbeikamen, konnten die Könige die auf einer Seineinsel liegende Stadt wieder nehmen 3 ). Odos alter Feind war der Graf von Anjou, F u l k o I I I . genannt N er r a , um 970 geboren, der die künftige Größe seines Hauses in langer und erfolgreicher Regierung begründen sollte 4 ). An ihn m u ß m a n zurückdenken, wenn im Laufe des 12. J a h r h u n d e r t s das angevinische Reich in die abendländische Politik eingreift. Odo und Fulko erhoben beide Ansprüche auf die Bretagne, die nach dem Tode zweier Herzöge keinen allgemein anerkannten Herrn mehr h a t t e . Der Graf Konan von Rennes, ein Vasall des Grafen von Blois, setzte sich in der Burg von Nantes fest, obwohl die Grafen von Anjou behaupteten, d a ß die Oberhoheit ihnen zustehe, und nannte sich schon Herzog (990). Gleichzeitig griff Odo die angevinischen Lande an. Fulko trieb ihn zuerst zurück u n d eroberte dann u m das F r ü h j a h r 992 Nantes ohne die Burg. K a u m war er abgezogen, eilte Konan mit normannischen Scharen herbei und m a ß sich nördlich davon, bei Conquereuil (ö. Redon), am 27. J u n i 992 mit Fulko in einer blutigen Schlacht. E r s t erlitten die Angevinen in geschickt verdeckten Gräben große Verluste, schließlich siegte Fulko aber doch, weil Konan sich zu 3

Vgl. oben S. 58. — ! ) Richter 3, 1, S. 151. ) Lot, Études S. 158 f. — 4 ) Halphen, Comté S. 8.

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Krabbo S. 31.

Artler S. 21. —

weit vorwagte und fiel. Fulko konnte jetzt auch in die Burg von Nantes einziehen 1 ). Eine Zeitlang wurde Odo I. von Blois durch solche örtliche Feindseligkeiten abgelenkt, weil er, v e r f ü h r t durch Bischof Aszelin von Laon, davon trsäumte, selbst Herzog der Franzier zu werden, wenn er Otto I I I . nach Frankreich hineinführte 2 ). Aszelin sollte dann das Erzbistum Reims erh a l t e n . Odos Gemahlin Bertha stand als Tochter König Konrads von B u r g u n d u n d Mathildens von Frankreich, der Schwester König Lothars, d e n maßgebenden Fürstenhäusern nahe 3 ). Doch weiß m a n nicht, ob hier wie in ähnlichen Fällen sich weiblicher Ehrgeiz so hohe Ziele steckte. Wilde Gerüchte durchschwirrten die L u f t : Otto I I I . wolle die französischen Könige anläßlich einer Z u s a m m e n k u n f t überfallen. Daß sie entstanden, war nicht auffällig. Man erinnert sich daran, d a ß Hugo K a p e t n u r durch den Verrat Àszelins von Laon Reims gewonnen hatte 4 ). Schließlich geschah gar nichts, u n d die deutsch-französischen Beziehungen blieben unverändert. Hugo griff" wieder in die K ä m p f e seiner Vasallen ein u n d u n t e r s t ü t z t e 994 und 995 Fulko gegen Odo, der u m Frieden bitten m u ß t e und bald darauf, am 12. März 996, starb 5 ). Die Eheirrung des jetzt neunzehnjährigen Königs R o b e r t verschlimm e r t e die Lage. E r verstieß u m 991/992 seine viel ältere Gemahlin Susanne 6 ), wollte ihr aber ihr W i t t u m Montreuil-sur-Canche (s. Boulogne) nicht herausgeben. Aus Rache erbaute sie mit Hilfe ihres Sohnes erster Ehe, des Grafen Balduin IV. von Flandern, unterhalb von Montre uil eine Feste und sperrte damit die Schiffahrt. Man m u ß wissen, d a ß Montreuil damals der einzige Seehafen der Kapetinger war und i h n e n durch den Handelsverkehr reiche Einnahmen brachte 7 ). Frankreich war in sich völlig gespalten u n d litt auch unter der Minderjährigkeit Ottos I I I . Wäre dieser schon in der Lage gewesen, selbständig zu regieren, und h ä t t e er das Beispiel seines Großvaters und Großoheims nachgeahmt, so würde auch er aus bekannten Gründen den Versuch gemacht haben, im Nachbarlande den Frieden herzustellen. Es war ganz richtig, daß der junge Herrscher mit aller K r a f t zunächst an der Ostgrenze ruhige Verhältnisse zu schaffen versuchte. Das J a h r 994 brachte einen allgemeinen Abfall der Slawen mit Ausnahme der Sorben. Seit 991 verheerten normannische Seeräuber, die m a n Aschm ä n n e r nannte, die friesische K ü s t e u n d drangen drei J a h r e später bis weit nach Sachsen hinein. Die sächsischen Großen, die ihnen am 23. J u n i in der Nähe von Stade auf Befehl des Königs entgegentraten, waren zu wenig zahlreich u n d wurden geschlagen, mehrere von ihnen gefangen. Weil einer der letzteren dank einer List entfliehen konnte, wurden die andern grausam verstümmelt u n d d a n n halbtot liegen gelassen 8 ). Einige x ) Lot, Études S. 165. Halphen, Comté S. 17, 20. — 2 ) Richer 4, Kap. 96 ff. — ) Lot, Derniers S. 172. — 4) Vgl. oben S. 213. — 5 ) Lot, Études S. 178. Halphen, Comté S. 28,357. — «) Vgl. oben S. 208. — ') Richer 4, Kap. 87,88. Lot, Études S. 174,183,194. 8 ) Richter 3,1, S. 154.

3

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dieser Unglücklichen, Männer vornehmer Geburt, lebten noch lange und erregten das Mitleid allen Volkes, dienten aber auch dem Kaiserreich zur Schande, da es nicht imstande war, strengste Vergeltung zu üben 1 ). Wie hätte Otto nicht glauben sollen, daß alles besser stehen würde, wenn er allein die Zügel der Regierung hielte ? Leute, die einen jungen und unerfahrenen Fürsten davon überzeugen, fehlen an keinem Hofe, und auch an den König, der im Sommer 994 vierzehn Jahre alt geworden war, drängten sich solche heran. Um die Wende des Jahres 994 gab er ihren Einflüsterungen nach und verdrängte seine Großmutter 2 ). Sie schied „traurig", was nur bedeuten kann, daß sie davon überzeugt war, in ihrer hohen Stellung noch Nützliches zu leisten. Auch Erzbischof Willigis weilte monatelang nicht mehr am Hofe. Ohne scharfe Auseinandersetzungen dürfte die persönliche Herrschaft kaum begonnen haben, doch haben sie in der kärglichen Überlieferung keine deutlichen Spuren hinterlassen. >) Adam von Bremen 2, Kap. 31. — 2 )Thietmar4, Kap. 15. Böhmer S. 57, 77.

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ZEHNTES KAPITEL.

OTTOS III. ANFÄNGE. (995-997.) Die ritterliche Erziehung O t t o s I I I . leitete ein sächsischer Graf Hoiko, die geistige auch ein Sachse, der aus adeligem Ceschlechte stammende Bernward, seit 993 Bischof von Hildesheim 1 ). Während Theophanu den eigenwilligen K n a b e n allzusehr verwöhnte, behandelte ihn Bernward, ein überaus vielseitig gebildeter Mann 2 ), streng, aber gerecht, so d a ß er nie die Liebe seines Schülers verlor. Selbst eifrig darauf bedacht, sein Bistum vor den Einfällen der Slawen zu schützen, wirkte er allem Anschein nach darauf hin, d a ß Otto schon f r ü h , wie wir sahen 3 ), ins Feld mitgenommen wurde u n d somit aus eigener Anschauung eine der H a u p t a u f gaben seiner künftigen Regierung kennenlernte. Da kamen 995 Gesandte des Papstes und luden ihn in vollem Einverständnis mit den Römern u n d den Lombarden nach Rom, d. h. zum E m p f a n g der Kaiserkrone, ein 4 ). J o h a n n XV. h a t t e sich auf die Dauer doch nicht mit dem Gewalthaber J o h a n n Crescentius genannt Nomentanus vertragen können und sich in die Gegend von Sutri zurückgezogen 5 ). Was sollte er anders t u n , als Hilfe dort suchen, wo sie seine Vorgänger gefunden h a t t e n , bei dem mächtigsten Herrscher des Nordens ? Es gab tatsächlich keine andere Möglichkeit, die Ordnung in der Kirche wiederherzustellen. Macht konnte allein durch Macht beseitigt werden. Otto h a t t e zu bedenken, daß, wenn er dem Rufe nicht folgte, die ganze von seinem Vater und Großvater mühsam gewonnene Weltstellung verlorenging. Er war also bereit, verband aber mit dem Plane der Romf a h r t gleichzeitig einen andern, der jenen ergänzen u n d fördern sollte. Er schickte den Erzbischof von Piacenza J o h a n n Philagathos und den Bischof Bernward von Würzburg nach Konstantinopel, u m f ü r sich die H a n d einer Tochter des Basileus Konstantin V I I I . zu erbitten. Aus dessen Ehe mit Helena, einer schönen F r a u , die so zurückgezogen lebte, daß wir fast gar nichts von ihr wissen, s t a m m t e n drei T ö c h t e r : die älteste, Eudokia, h a t t e in einem Kloster Zuflucht gesucht, vermutlich, weil sie Thietmar 4, Kap. 8. Thangmar, Kap. 2, 3, SS. 4, S.759. — 2 ) Hauck 3, S. 399. — 3 ) Vgl. oben S. 204, 215. — 4) Ann. Hildesheimenses zu 995. Richter 3, 1, S. 157. — ») Schneider, Johann XV. S. 201, 210, 214.

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durch Blattern entstellt war; Zoe, die zweite, 980 geboren, zeichnete sich durch ungewöhnliche, der Jahre spottende Schönheit und Geist aus; Theodora, die jüngste, deren Alter nicht genau bekannt ist, stand äußerlich hinter Zoe zurück, verfügte aber über eine große Redegewandtheit 1 ). Der in "Wahrheit die Regierung führende Bruder Konstantins Basilius II. war vielleicht niemals verheiratet und hatte jedenfalls keine Nachkommenschaft. Auf seine Entscheidung kam das meiste an. Bewußt lenkte der junge König in die Bahnen seines Vaters und seines Großvatersein. Für den künftigen Kaiser hatte nur eine Frau Rang genug, die Oströmerin, auf der der Glanz des alten Imperiums ruhte. J o h a n n P h i l a g a t h o s 2 ) , ein Geistlicher unfreier Herkunft aus Rossano in Kalabrien, stieg dank der Empfehlung Theophanus rasch zu hohen Würden empor. In den Jahren 980 bis 982 bekleidete er das italienische Kanzleramt unter Otto II. 3 ) und ließ sich von ihm in einer von ihm selbst rekognoszierten Urkunde 4 ) ungewöhnlich loben. Seine Gelehrsamkeit und seine nicht nur lateinischen, sondern auch griechischen Sprachkenntnisse sind nicht zu bezweifeln, aber seinen Charakter entstellten drei übermäßig entwickelte Eigenschaften, für die er später so bitter büßen sollte: Ehrgeiz, Habsucht und Eitelkeit 5 ). Wirklich klug war er nicht. Erst Abt von Nonantola, dann 988 auf nicht einwandfreie Weise Erzbischof von Piacenza 6 ), bewährte er sich bei der Verwaltung des Königsgutes in Pavia schlecht7), bekam aber doch von 991 bis 992 die Leitung der italienischen Kanzlei Ottos III. 8 ). Er erschien als der gegebene Mann, um verwandtschaftliche Beziehungen zum oströmischen Kaiserhause anzuknüpfen. Über den ihn begleitenden Bischof von Würzburg ist nichts Näheres bekannt. Noch galt Ottos erste Tat, als er sich ganz selbständig gemacht hatte, dem Kriege gegen die Abodriten und Wilzen. Von Ende August 995 an verwüstete er in der bekannten Weise mit seinen Sachsen Mecklenburg. Der Herzog Boleslaw I. Ghabri von Polen, Sohn des 992 verstorbenen Miseko I., und der Sohn des Böhmenherzogs Boleslaw II., Boleslaw III. genannt der Rote, leisteten ihm Gefolgschaft. Ein endgültiges Ergebnis wurde aber auch diesmal nicht erzielt9). Aus den engeren deutschen Verhältnissen heraus wollte Otto III. jetzt die Weltbühne betreten und das unendlich reiche, aber auch unendlich schwer zu verwaltende römische Erbe übernehmen. Er schloß Frieden mit den Slawen an der sächsischen Grenze10), wie man annehmen kann, Ann. Hildesheimenses zu 995. Schramm, Kaiser S. 441. Schlumberger, £ p . 2, S. 266; 3, S. 54, 106. Sickel, Erläuterungen S. 226. — 2 ) Schwartz S. 189. Schramm, Kaiser S. 443. — 3 ) Bresslau, Handbuch l 2 , S. 468, 469. — 4 ) DD. 2, 1, Nr. 283. — 5 ) Aimoin, Vita S. Abbonis, K a p . 11, Migne, P. 1. 139, S. 401. — 9 ) Ann. Quedlinburgenses zu 997, SS. 3. — ') Solmi S. 363. — ") Bresslau, Handbuch l 2 , S. 469. — 9 ) Richter 3, 1, S. 156. Artler S. 25. Köster S. 130. — " ) Richter 3, 1, S. 158. Posse, Markgrafen S. 37. Hauck 3, S. 254.

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u n t e r Preisgabe rechtselbischen Landes, bestellte seine T a n t e Mathilde, die staatskluge Äbtissin von Quedlinburg, zur Reichsverweserin und ging d a n n nach Mitte F e b r u a r 996 über die Alpen. I h n begleiteten die Erzbischöfe Willigis von Mainz und Hartwig von Salzburg, acht Bischöfe des deutschen Reiches sowie Truppen der Franken, Bayern, Sachsen, Elsässer, Schwaben und Lothringer. Zu ihnen stießen auch noch Römer, u n d diese nahmen in der urkundlichen Aufzählung den ersten Platz, vor den Franken, ein 1 ). Es ist das eine Kleinigkeit, aber sie zeigt, wie stark antike Vorstellungen schon wirkten. Das Aufgebot vollzog sich ohne alle Schwierigkeiten, u n d das ist wichtig für die Beurteilung der italienischen Kaiserpolitik, aber m a n m u ß doch beachten, daß nicht Mannschaften e i n e s einheitlichen Reiches auszogen, sondern von e i n e m Herrscher geführte, verschiedene Stämme. Der junge König fand bald Anlaß, seine Beziehungen zu V e n e d i g freundlich zu gestalten. Man weiß, wie h a r t die H a n d Ottos I I . auf der Stadt gelastet hatte 2 ). Nach seinem Tode zeigte sich die Kaiserin Adelheid geneigt, die Handelssperre aufzuheben, wofür Venedig finanzielle Opfer bringen und die Rückkehr der verbannten Caloprini gestatten mußte. Es war vergeblich, daß ihnen Adelheid ihre Sicherheit eidlich verbürgen ließ. Drei Mitglieder ihres Geschlechtes wurden von vier Morosini erdolcht, ohne daß der hilflose Doge Tribunus Menius einschritt 3 ). Eine Volkserhebung zwang ihn, sich in ein Kloster zurückzuziehen, wo er sehr bald darauf starb (991). Sein Nachfolger wurde Peter Orseolo II., den man „den eigentlichen Gründer von Venedig" genannt hat, durch Bildung, Staatsweisheit u n d T a t k r a f t vielleicht der hervorragendste Italiener dieser Jahre 4 ). Seine erste bedeutsame Regierungshandlung war ein Vertrag mit Kaiser Basilius I I . vom März 992. Eine Zeitlang war den venetianischen Schiffen in Konstantinopel ein ungebührlich hoher Zoll abgenötigt worden. Das hörte jetzt auf, und es wurde eine neue, geringere Zahlung vereinbart. Dagegen mußten sich die Venetianer verpflichten, jederzeit auf ihren Schiffen kaiserliche Truppen nach Süditalien zu befördern 5 ). Doch hinderte diese aus älteren Urkunden übernommene Bestimmung den klugen Dogen keineswegs, auch von deutscher Seite Zugeständnisse zu erwirken. E r erhielt sie in weitem Umfang, nur wenige Monate später, am 19. Juli 992, dank der Kaiserin Adelheid. I m wesentlichen wurde alles wieder in den Zustand gebracht, in dem es vor dem Zwiespalt mit Otto I I . gewesen war, und dabei jede Beeinträchtigung der Stadthoheit durch die benachbarten Reichsbeamten streng untersagt 6 ). Doch ging die Rückgabe gewisser Güter an Venedig nicht glatt DD. 2, 2, Nr. 197. — 2 ) Vgl. oben S. 195. — 3 ) Joh. diaconus S. 148. Kretschmayr 1, S. 125. — 4) Kretschmayr 1, S. 126. Uhlirz S. 191 Anm. 16. Lenel, Epochen S. 247. Cessi, Venezia 2, S. 159. Schlumberger, £p. 2, S. 309. — 5 ) Manfroni S. 77. Dölger 1, Nr. 781 mit dem Jahr. Cessi, Venezia 2, S. 172 u. Pacta 2, S. 56. — «) Const. 1, Nr. 20, DD. 2, 2, Nr. 100. Kretschmayr 1, S. 130. Lenel, Alt. Gesch. S. 496. Cessi, Pacta 2, S. 51.

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vonstatten. Vor allem der Bischof Johann von Belluno mußte erst durch eine Handelssperre dazu gezwungen werden. Das war die Lage, die Otto vorfand, als ihn im März 996 in Verona venetianische Gesandte begrüßten. Er billigte die Maßnahme gegen den Bischof von Belluno und erlaubte am 1. Mai von Ravenna aus die Anlage von drei Handelshäfen auf venetianischem Gebiet. Wenn er an dem dritten Sohn des Dogen Patenstelle vertrat und ihm seinen eigenen Namen beilegte, so wurde dadurch die gewünschte Freundschaft auch äußerlich bekundet 1 ). Unerfreulicherweise entstand zwischen den Bürgern von Verona und den deutschen Kriegern aus sonst nicht bekannter Ursache Streit, und einige Deutsche wurden auf den Plätzen totgeschlagen, unter ihnen ein sehr vornehmer Jüngling namens Karl, dessen Tod den König und seine Landsleute tief betrübte. Nur durch die Bitten des Stadtbischofs Otbert ließ sich Otto davon abbringen, an den Bürgern strenge Vergeltung zu üben 2 ). Wie gern würde man wissen, ob nationale Gegensätze oder etwa nur die Einquartierungslasten bei dem Vorfall eine Rolle spielten! Zu Ostern (12. April) 996 erkannten die italienischen Fürsten in Pavia den König durch einen Eid auf die Evangelien feierlich an 3 ). Inzwischen war, wohl am Anfang des Monats, Papst Johann X V . in R o m gestorben 4 ), wohin ihn Johann Crescentius Nomentanus aus Furcht vor dem Kommen Ottos hatte zurückkehren lassen. In den ersten Tagen des Mai empfing der König, der somit gleich eine Entscheidung von größter Tragweite zu fällen hatte, in Ravenna Gesandte des römischen Adels, die ihm versicherten, daß sie in Treuen seiner Ankunft harrten, und ihn baten, einen neuen Papst zu bezeichnen. Im Einverständnis mit seinen zumeist geistlichen Großen ließ Otto B r u n wählen 5 ). Brun war der Sohn Ottos von Kärnten (f 1004) 6 ), der Enkel Konrads des Roten, des 955 gefallenen Herzogs von Lothringen, und der Liutgard, der Tochter Ottos I., somit mit Otto I I I . nahe blutsverwandt. In Worms erzogen, durch seinen Dienst in der königlichen Kapelle mit den Geschäften vertraut, aber auch sonst in der weltlichen Wissenschaft gut gebildet, zeichnete er sich durch einen hohen Sinn aus, ließ sich aber, 24 bis 26 Jahre alt 7 ), mehr, als gut war, von jugendlichem Ungestüm hinreißen. Er nannte sich Gregor V. und war nicht nur der erste deutsche Papst, sondern ging auch entgegen dem sonstigen Brauch nicht aus dem römischen Klerus hervor. Damit wurde, wie man hervorgehoben hat, Rom auf die Stufe eines deutschen Bistums hinabgedrückt, während es DD. 2, 2 Nr. 192. Kretschmayr 1, S. 132. Cessi, Venezia 2, S. 163. — 2 ) Joh. diaconus S. 152. — 3 ) Richter 3, 1, S. 158. Kehr, Otto III. S. 436. Klippel S. 18. — 4 ) Lib. pont. 2, S. L X X I , L X X V I , 260. — 5 ) Richter 3, 1, S. 158. Gregorovius 3, S. 395. Lib. pont. 2, S. L X X I . Langen S. 381. Hauck 3, S. 259, 261. Schramm, Renov. 1, S. 90. — o) Vgl. oben S. 175. — 7 ) Otto S. 5.

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doch nicht e i n e m Reiche angehören, sondern über die ganze christliche Welt gesetzt sein wollte. Willigis von Mainz und Hildibald von Worms, die sicher gemeinsam an der Erhebung Gregors den größten Anteil hatten und von denen Hildibald ihn j a auch am besten kannte, geleiteten ihn nach Rom, und hier wurde er, wohl am Sonntag, dem 3. Mai, formell konsekriert. Es war die große Frage, ob die immer leicht reizbaren Römer sich das fremde kirchliche Oberhaupt gefallen lassen würden, das übrigens in drei Sprachen, fränkisch, italienisch und lateinisch, zu predigen verstand. Der Führer des reformeifrigen Mönchtums, Abbo von Fleuri (SaintBenoit-sur-Loire, sö. Orleans), schrieb damals 1 ): „Ich habe eine Nachricht erhalten, die mich mehr beglückt hat als Gold und Topas, daß die apostolische Würde aufgerichtet worden ist durch einen Mann kaiserlichen Bluts, der von Tugend und Weisheit erfüllt ist." Selbst in Rom angelangt, ließ sich Otto, noch nicht 16 Jahre alt, am 21. Mai 996, dem Himmelsfahrtstage, von Gregor V. zum K a i s e r krönen 2 ), wie ein Quedlinburger Annalist sagt, „unter dem Beifall nicht nur des römischen, sondern auch fast des ganzen europäischen Volkes" 3 ). Hören wir auch den Biographen des hl. Adalbert 4 ): „Da Rom das Haupt der Welt und die Herrin der Städte ist und genannt wird, macht es allein die Könige zu Kaisern. Und weil es den Leib des Fürsten der Heiligen in seinem Schöße birgt, muß es mit Recht den Weltherrscher erheben." Etwas später fährt der Verfasser fort: „Mit den römischen Großen freuen sich die kleinen Leute, mit den betrübten Armen jubeln die zahlreichen Witwen, weil ein neuer Kaiser, weil ein neuer Papst den Völkern Gesetze gibt." Am Tage nach der Krönung, dem 22. Mai, finden wir in einer Urkunde zum ersten Male den Titel Romanorum Imperator augustus5), der früher in der Kanzlei nur gelegentlich gebraucht worden war, bald nachher aber die Regel wurde. Es mußte sich zeigen, wie Ostrom sich zu dieser Neuerung stellen würde, die Verhandlungen über ein Ehebündnis eher erschwerte und sogar als Herausforderung betrachtet werden konnte. Voll Stolz über das Erreichte ließ Otto III. seiner Großmutter, der Kaiserin Adelheid, in Worten, die Gerbert schön stilisiert hatte, mitteilen, daß ihre Wünsche jetzt durch seine Erhebung erfüllt seien, dankte ihr für all ihre Liebe und bat sie auch um ihre fernere Unterstützung bei den Staatsgeschäften 6 ). Wenn diese höfliche Wendung auch keine prakBrief 15, Migne, P. 1. 139, Sp. 460. — 2 ) Richter 3, 1 S. 157. Hartmann 4, 1 S. 102. Bäseler S. 44. Sickel, Erläuterungen S. 371. — 3 ) Ann. Quedlinburgenses zu 996, SS. 3. — «) Vita Kap. 21, SS. 4 S. 590. Voigt, Vita S. 4, 37. — 5 ) DD. 2,2, Nr. 198. Vgl. oben S. 191. — s ) Gerbert Nr. 215 = DD. 2, 2, Nr. 196. Sickel, Erläuterungen S. 418.

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tische Wirkung mehr haben sollte, so war doch sicher zu allgemeiner Befriedigung der frühere unerfreuliche Zwiespalt 1 ) glücklich beigelegt. Die Macht des Kaisers war groß genug, um Johann Crescentius Nomentanus zur Verantwortung zu ziehen, aber Gregor V. kannte die Wandelbarkeit der Römer noch zu wenig und wollte sich mit Milde einführen: dank seiner Fürsprache entging Crescentius der Verbannung 2 ). Der junge Papst trat an seine hohe Aufgabe mit dem größten Ernst heran und wollte sein Amt zum Besten der gesamten Christenheit führen. Aber er vergaß doch auch nicht, daß er ein Deutscher war. Am 27. Mai 996 bestätigte er die Privilegien eines italienischen Klosters hauptsächlich deshalb, ,,damit dort ohne Unterlaß für den Bestand des Reiches des ruhmvollsten Kaisers Otto III. gebetet würde" 3 ). In verschiedenen Verfügungen bemühte er sich, die alte strenge Klosterzucht wieder einzuführen und damit die Mönche unter Ausschaltung der Diözesanbischöfe unmittelbar unter Rom zu stellen. Sie sollten die Kampftruppe des aufsteigenden Papsttums stellen, ohne daß Gregor ahnen konnte, daß gerade das Kaisertum einmal der Hauptfeind sein würde. Betreffs des Reimser Kirchenstreits 4 ) dachte er nicht daran, seine Haltung der bisherigen deutschen Politik unterzuordnen. Man entsinnt sich der vergeblichen Sendung des Abtes Leo nach Frankreich im Jahre 992 5 ). Vielleicht einer deutschen Anregung folgend, hatte dann Johann XV. 995 den Legaten abermals über die Alpen geschickt, aber dieser hielt es auch jetzt nicht für geraten, französischen Boden zu betreten, sondern berief eine Synode nach Mouzon, das innerhalb der Kirchenprovinz Reims, aber schon auf deutschem Boden, wenn auch ganz nahe der Grenze lag 8 ). Die Könige Hugo und Robert verboten ihren Bischöfen hinzugehen und wiesen jede Einmischung deutscher Bischöfe nicht nur entschieden, sondern auch unfreundlich ab. Deshalb fand die Synode am 2. Juni 995 am genannten Orte zwar tatsächlich statt, wurde aber ganz schlecht besucht. Graf Gottfried von Verdun, dem die benachbarte Burg Mézières gehörte, konnte als Vertreter der deutschen Regierung gelten, der er so treu ergeben war. Gerbert kam trotz des Verbotes und verteidigte sich nicht ohne Schönrednerei. Es wurde beschlossen, daß er sich bis zum Zusammentritt einer größeren Versammlung am 1. Juli des Messelesens enthalten sollte. Sie wurde auch in Reims abgehalten, und der aus der Gefangenschaft vorgeführte Erzbischof Arnolf trat Gerbert gegenüber 7 ). Mit Rücksicht auf die diesmal zahlreich anwesenden, von ihrem König abhängigen französischen Bischöfe fiel keine Entscheidung. Zum dritten Male versuchte Leo, die Sache zu erledigen, und hielt am 5. Februar 996 zu Ingelheim, also wieder auf deutschem Reichsgebiet, eine Synode ab 8 ). Weil gar nichts Genaueres darüber bekannt ist, so ') Vgl. oben S. 218. — 2 ) Ann. Hildesheimenses zu 996. — ') J a f f é 3864 ff. — Vgl. oben S. 214. — 6 ) Vgl. oben S. 215. — 9 ) Richer 4, Kap. 9 6 f f . Lot, Études S. 89. — ') Lot, Études S. 90. Vgl. oben S. 213. — 8 ) Lot, Études S. 103.

4)

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dürfte auch hier kein Urteil gefällt worden sein, und das war der Grund, weshalb Gerbert selbst nach Rom gegangen war, um sich beim Papst zu rechtfertigen. Gregor aber nannte ihn im Mai 996 in einer Bulle geradezu einen „Eindringling" 1 ), und wenn er auch ein förmliches Verfahren noch aufschob, konnte Gerbert von ihm doch nichts anderes als strengstes Recht erwarten. Der Tod Hugo Kapets am 24. Oktober 996 2 ) bedeutete eine weitere Verschlimmerung der Lage Gerberts. Der neue König R o b e r t II. war sein Schüler gewesen und hatte die Kirchenpolitik Hugos durchaus mitgemacht, aber es fiel ihm schwer, folgerichtig zu handeln. Der Zwiespalt in seinem Charakter war auffallend. Persönlich sehr fromm, gutherzig und demütig, so daß er bis in die Urkunden hinein rex humilis genannt wurde, konnte er bei der Verfolgung politischer Ziele hart und grausam sein. Er war sicher kein großer, aber sicher auch kein ganz schlechter Herrscher. Im allgemeinen hielt er es mehr mit dem aufstrebenden Mönchtum als mit den Bischöfen 3 ). Berüchtigt sind die Eheirrungen, die seine Regierung so schwer belasteten. Der ärgerliche Streit mit seiner ersten Gemahlin Susanne, die er verstieß, wurde schon erwähnt 4 ). Nachher ergriff ihn heiße Leidenschaft für seine Base zweiten Grades, die Witwe des Grafen Odo I. von Blois und Chartres, Bertha 5 ), die etwa sechs Jahre älter war als er und von deren Kindern er eines aus der Taufe gehoben hatte. Die Ehe war daher aus verschiedenen Gründen kirchlich unmöglich, aber der neue König schloß sie gemäß dem Rate seiner Großen doch bald nach dem Tode seines Vaters, etwa Anfang 997, und fand auch den Erzbischof Archembald von Tours willig, sie einzusegnen. Dann stellte er sich auch gleich politisch auf die Seite Berthas und ihrer Söhne erster Ehe und nahm dem Grafen Fulko Nerra von Anjou Tours, das dieser 996 erobert hatte, wieder ab 6 ). Unter einem solchen König konnten die allgemeinen Verhältnisse von Frankreich her nicht nachhaltig beeinflußt werden. Die Bahn blieb für den stürmischen Tatendrang und die hochfliegenden Pläne des jugendlichen Kaisers frei, der sich inzwischen einem neuen Berater ganz hingegeben hatte. Das war der wohl vor 960 geborene 7 ) Tscheche Woitech, mit seinem deutschen Namen A d a l b e r t genannt, Sohn des mächtigen, mit dem sächsischen Herrscherhause verwandten Fürsten Slawnik, auf der berühmten Magdeburger Schule gebildet, am 19. Februar 983 zum Bischof von Prag gewählt, im Juni in Verona von Kaiser Otto II. investiert und von Erzbischof Willigis konsekriert 8 ). Überreich an heiliger Einfalt, wie es sein Biograph ausdrückt, weltfremd und weltscheu, von glühender Liebe zu Christus und der Jungfrau Maria erfüllt, zarten Ge») Jaffé 3866. Lot, Études S. 106. — *) Lot, Études S.106, 185. — 3 ) Hirsch 1, S. 397. Pfister S. 385. — *) Vgl. oben S. 217. — 5 ) Vgl. oben S.217. —«) Pfister S. 50. Lot, Études S. 109. Halphen, Comté S. 30. v. Keßler S. 34. — ') Voigt, Vita S. 126, — 8 ) Hauck 3, S. 243, 266, 328, 988. Ter Braak S. 215. C a r t e l l i e r i , Weltatellung.

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wissens und jederzeit bereit, in ein besseres Jenseits einzugehen, stellte er sich die unendlich schwere Aufgabe, seine noch halb heidnischen Diözesanen auf eine höhere Stufe der Frömmigkeit und Sitte zu erheben, fand aber keine genügende Unterstützung bei dem Böhmenherzog Boleslaw II., dem ohnehin der deutsche Einfluß ärgerlich war 1 ). Deshalb zog er sich mit Erlaubnis des Papstes in das Kloster der hl. Alexius und Bonifazius auf dem Aventin zu Rom zurück. Willigis von Mainz war damit unzufrieden und, weil er verhindern wollte, daß Prag Adalberts wegen in tschechische Hände kam, veranlaßte er ihn 992, sich wieder dorthin zu begeben. Aber schon vor Ablauf eines Jahres zeigte es sich, daß der Bischof trotz seiner religiösen Inbrunst weder mit dem Herzog noch mit dem gewalttätigen Volk auskommen konnte, und er floh 993 abermals in die beschauliche Stille seiner römischen Klause 2 ). Als Otto III. in Rom weilte, wurde er auf den vom Volke hochverehrten Gottesmann aufmerksam und schenkte ihm bald in häufigen Gesprächen volles Vertrauen. Im Spätherbst 996 kehrte er nach Deutschland zurück, und Adalbert mußte zum zweiten Male das Kloster verlassen, wie es Willigis aus sehr beachtenswerten, zunächst kirchlichen, aber doch auch nationalen Gründen bei Gregor V. durchgesetzt hatte. In Mainz trafen der schwärmerische Kaiser und der schwärmerische Mönch vor dem Jahresende zusammen 3 ). Für Adalbert wurde ein Lager in dem kaiserlichen Schlafzimmer bereitet, und Otto benutzte jeden freien Augenblick, um sich mit ihm über die Vergänglichkeit alles irdischen Glanzes und die ernsten Pflichten eines Herrschers zu unterhalten. Adalbert zeigte seinen lauteren Charakter darin, daß er auch als Günstling des Kaisers seiner asketischen Lebensweise treu blieb und jede Gelegenheit benutzte, um Knechtsarbeit zu verrichten, so wenn er dem ganzen Hofe heimlich die Schuhe putzte. Er versäumte anderseits auch nicht, hoch und niedrig in milden Worten an ihr Seelenheil zu erinnern. Der Kaiser gehörte zu den äußerst beweglichen Menschen, die sich darin gefallen, in ihrem eigenen Innern den schroffsten Gegensätzen Raum zu geben, aber gar nicht daran denken, Stimmungen und Gedanken gleich in Taten umzusetzen. Sehr bald wurde er auch aus der Weltverneinung heraus zu kriegerisch-politischer Weltbejahung genötigt. Von den beiden Gesandten, die er als seine Brautwerber nach Konstantinopel gesandt hatte, war der Bischof von Würzburg schon auf der Seefahrt gestorben 4 ). Philagathos konnte sich in Konstantinopel seines Auftrags entledigen, bekam aber keinen endgültigen Bescheid, wie das der oströmischen Gepflogenheit entsprach. Zusammen mit ihm ging dann ein oströmischer Gesandter Leo, wahrscheinlich ein Geistlicher, zu Otto, um die Verhältnisse am deutschen Hofe auszukundschaften und das Voigt, Adalbert S. 51, 56. Hauck 3, S. 246. Bretholz S. 111. — 2 ) Hauck 3, S. 249. — 3 ) Vita Adalberti Kap. 23 u. Brunonis Vita S. Adalberti Kap. 20, SS. 4. Voigt, Adalbert S. 104, Vita S. 49. — 4 ) Ann. Hildesheimenses zu 995. Vgl. oben S. 220.

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dortige Angebot näher kennenzulernen 1 ). Als sie gegen Ende Januar997 in Rom eintrafen, fanden sie Gregor V. nicht mehr vor. Dieser vermied die gefährliche Nähe des Johann Crescentius genannt Nomentanus 2 ) und hielt, um endlich einmal die leidige Reimser Angelegenheit zum Abschluß zu bringen, vom 1. bis 8. Februar in Pavia eine Synode ab 3 ). Da die geladenen französischen Bischöfe nicht kamen, ließ er jetzt Strenge walten. Alle, die an der Absetzung Arnolfs teilgenommen hatten, insbesondere Aszelin von Laon, der seinen Metropoliten verraten und sich an ihm vergriffen hatte, 4 ) wurden von ihrem Amte suspendiert, König Robert und seine geistlichen Helfer in der Ehesache vorgeladen und für den Fall des Ausbleibens mit dem Banne bedroht. Den Crescentius als einen Eindringling und Räuber traf der Bann sogleich. Es war lange her, daß ein Nachfolger Petri einen so scharfen Ton angeschlagen hatte. Das moralische Ansehen des Papsttums war auf einmal wiederhergestellt, aber nicht seine tatsächliche Macht. Voller Kühnheit benutzte in denselben Tagen Crescentius die Abwesenheit des Papstes, um ihm mit Unterstützung des früher genannten oströmischen Gesandten Leo den Philagathos als Gegenpapst Johann XVI. entgegenzustellen 5 ). Leo machte sich gar nichts aus den Römern, sie waren ihm sogar widerwärtig, und von den Sachsen meinte er, daß sie Rom dem rechtmäßigen Eigentümer, eben dem Basileus, weggenommen hätten, obwohl dieser viel besser befähigt sei, es zu regieren 6 ). Gerade er ergriff mit Freuden die Gelegenheit, in Rom Verwirrung zu stiften und durch die Person des Philagathos eine Beziehung zu Konstantinopel als der wahren Hauptstadt herzustellen, die irgendwie wertvoll werden konnte. Der Gegenpapst wieder ging in seiner Gier nach Geld und Würden nur allzuleicht auf den Plan ein und dachte wohl in seiner Person, als Grieche und Lateiner zugleich, den Westen mit dem Osten neu zu verbinden. Warum sollte er nicht, trotz seiner sonstigen wenig rühmlichen Eigenschaften, von dem Einheitsgedanken erfüllt gewesen sein ? Die Warnungen des hl. Nilus 7 ), seines Landsmannes, schlug er in den Wind, obwohl dieser in der Askese unerreichte griechische Basilianermönch in Süditalien ein ungewöhnliches Ansehen genoß und die Entwicklung menschlicher Schicksale ahnend voraussah. Die Erhebung P h i l a g a t h o s ' fand wohl am Sonntag, dem 8. Februar 997, statt. Dabei hielt sich Leo möglichst im Hintergrunde. Dagegen glaubte Crescentius, seiner Sache so sicher zu sein, daß er Gesandte des Kaisers, die nach Rom, aber nicht zu ihm kamen, gefangen setzte 8 ). Gregor konnte zunächst gar nichts tun. Gramerfüllt zog er von Stadt zu Stadt und erwartete Otto, der aber nicht in der Lage war, gleich !) Schramm, Kaiser S.449. Dölger 1, Nr. 784,787. — *) Jaffé 1, S. 491. Schramm, Briefe S. 94, 121. — 3) Jaffé S. 492. Lot, Études S. 110. Hartmann 4, 1, S. 111. Schramm, Briefe S. 92 mit der Zeit. — 4 ) Vgl. oben S. 213. — 6) Schramm, Briefe S. 33, Neun Briefe S. 95 u. Kaiser S. 452. — •) Schramm, Kaiser S. 451. — ') Ex Vita S. Nili, SS. 4, S. 616. Hartmann 4, 1, S. 108. — ») Schramm, Briefe S. 119. 15*

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jenseits der Alpen einzugreifen 1 ). Des Kaisers inniges Zusammenleben mit dem hl. Adalbert hatte aufgehört, da dieser gemäß dem Willen des Papstes wenigstens versuchen wollte, nach Prag zurückzukehren 2 ). Otto fühlte sich einsam, und das vermochte er nicht zu ertragen, er brauchte immer eine in irgendeiner Beziehung geistig hervorragende Persönlichkeit, an der sich das Feuer seiner Gedanken von neuem entzündete. Ehe er noch von der gefährlichen Wendung der Dinge in Rom erfahren hatte, etwa im Februar 997, lud er G e r b e r t ein, an seinen Hof zu kommen 3 ). Der Erzbischof befand sich damals in der allergrößten Verlegenheit. Aus Furcht vor päpstlichen Strafen mieden in Reims die Ritter seine Gesellschaft und wollten weder mit ihm speisen noch an seinen Gottesdiensten teilnehmen. Selbst König Robert schien bereit, ihn preiszugeben, wenn er auf diese Weise Verzeihung für seine Ehe erhielt 4 ). Wie oft hat man die, übrigens ungeschickt gefaßten, Sätze wiederholt, in denen Gerbert vom Kaiser den bestimmten Auftrag erhielt, dessen sächsische Unbildung scharf zu bekämpfen, zur Entfaltung zu bringen, was etwa von griechischer Feinheit in ihm lebte und ihn namentlich in die Arithmetik (des Boëthius) einzuführen ! Der Sohn und Enkel deutscher Kaiser schämte sich seiner sächsischen Abkunft und rühmte sich seiner Mutter, der Nichte des Thronräubers Johann Tzimisces, weil sie eine Griechin war! Man erinnert sich des Briefes, mit dem Friedrich der Große im Juni 1740 Maupertuis bat, zu ihm zu kommen und ihm, dem Wildling, die Wissenschaften aufzupfropfen. Die Antwort, mit der Gerbert die Einladung annahm 5 ), kann als ein Muster wohlabgewogener höfischer Schmeichelei gelten. E r bekennt, allen seinen geistigen Besitz den drei Ottonen zu verdanken, lobt seines künftigen Schülers Lerneifer und Bescheidenheit und fährt dann fort: „ I s t es nicht etwas Göttliches, wenn ein Mann, der von Geburt ein Grieche, durch das Kaisertum ein Römer ist, gewissermaßen nach Erbrecht die Schätze der griechischen und der römischen Weisheit in Anspruch nimmt ? " Otto zählte jetzt fast siebzehn Jahre, Gerbert über fünfzig. Otto wollte alles werden, Gerbert war schon sehr viel. Man muß sich in das literarische Herkommen der Zeit versetzen, um den Briefwechsel gerecht zu beurteilen. Die Antike offenbarte hier wieder einmal ihre ganze überwältigende Erhabenheit. Wie lange sollte es noch dauern, bis aus ihr heraus und dann neben ihr gleichwertige Ideale erwuchsen, auf die man auch in Deutschland stolz sein konnte! Als Anfang April 997 Gerbert bei Otto eintraf, war gerade die üble Kunde von den Vorgängen in Rom und die weitere von Einfällen der Slawen an den Hof gekommen 6 ). Wie vertraut das Verhältnis zwischen l ) Joh. diac. S. 154. — *) Vgl. oben S. 226. — 3 ) Gerbert Nr. 186 = DD. 2,2, Nr. 241. Die Zeit aller seiner Briefe des Jahres 997 nach Schramm, Briefe S. 94, 114. — 4 ) Lot, Études S. 110, 115. Vgl. oben S. 225. — 5 ) Gerbert Nr. 187. Schramm, Briefe S. 97. — 6 ) Schramm, Briefe S. 96, 101, 110 u. Kaiser S. 460, mit der Zeit.

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d e m wissensdurstigen Kaiser und dem hochgelehrten Erzbischof schon bald wurde, ergibt sich aus der Anrede eines Briefes 1 ), den jener um Ende Mai an „Gerbert, seinen vor allen geliebten Lehrer und innig verbundenen Erzbischof, als der treueste seiner Schüler" schrieb. Es spricht für den Ernst, mit dem der Kaiser trotz seiner klassischliterarischen Stimmungen seine Herrscherpflichten auffaßte, daß er sich nicht etwa in schöngeistigen Erörterungen mit seinem neuen Meister verlor und auch nicht gleich nach dem geliebten Rom eilte, sondern als dringendste Aufgabe den Schutz der O s t g r e n z e ins Auge faßte. Weil die Slawen, wie der deutsche Chronist 2 ) es ausdrückt, „mit der ihnen angeborenen Treulosigkeit" den Frieden gebrochen und geplündert hatten, stieß er Ende Mai 997 mit seinem Heere in das Hevellerland vor, ohne daß man Genaueres über den Verlauf des Feldzuges wüßte 3 ). In der ersten Junihälfte befestigte er Arneburg 4 ) an der Elbe (nö. Stendal). Als er abzog, überließ er die Bewachung des Ortes vorläufig dem Erzbischof Gisiler von Magdeburg. Dieser war aber unvorsichtig genug, am 2. Juli der Aufforderung der Feinde zu Verhandlungen zu folgen, wurde überfallen und mußte froh sein, daß er sich unter Verlust seiner meisten Begleiter noch retten konnte 5 ). Arneburg zu halten, fühlte er sich zu schwach und ging dem Markgrafen Lothar von der Nordmark 6 ) entgegen, der an seine Stelle treten sollte. Auch zusammen vermochten sie nicht zu hindern, daß der Ort von den Feinden in Brand gesteckt wurde. Die zu den Liutizen gehörenden Wlotaben machten sich die Entfernung der deutschen Truppen zunutze und fielen ihrerseits in den Bardengau im Herzogtum Lüneburg ein, wurden aber von den Westfalen, denen der Kaiser den Schutz des Landes anvertraut hatte, zurückgeschlagen und mußten alle Beute, die sie eben gemacht hatten, wieder preisgeben 7 ). Noch einmal griff Otto persönlich in denselben Gegenden ein. Wir finden ihn am 20. August 997 in Leitzkau (sö. Magdeburg) schon jenseits der Elbe. Der ihn begleitende Markgraf Eckhard I. von Meißen dürfte militärisch auch hier das Beste getan haben 8 ). Ungefähr um dieselbe Zeit erhielt der Kaiser die Nachricht vom Tode seines vertrauten Freundes, des hl. A d a l b e r t 9 ) , dem es nicht gelungen war, an seinen Bischofssitz Prag zurückzukehren. Seine Verwandten waren unter dem Verdacht des Landesverrats mit Polen und Deutschland zumeist ermordet worden 10 ), und da er kein Wirkungsfeld in Böhmen mehr hatte, konnte er jetzt, seinem innersten Wunsche entsprechend, dank der Unterstützung des Polenherzogs Boleslaws I. Chabri als Missionar zu den heidnischen Preußen gehen. ') Gerbert Nr. 218 = DD. 2, 2 Nr. 260. Schramm, Briefe S. 114. — 2 ) Ann. Quedlinburg. zu 997, SS. 3. — ») Richter 3, 1, S. 159. — 4 ) DD. 2, 2, Nr. 245—247. — 6 ) Thietmar 4, Kap. 38. Artler S. 28. — •) Vgl. oben S. 204. — ') Artler S. 29. Schramm, Briefe S. 104 mit der Zeit. — ») Artler S. 29. Schramm, Briefe S. 105. — ') Schramm, Briefe S. 121 mit der Zeit. — 10 ) Rogge S. 32.

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Erst predigte er einige Tage zu Danzig und fuhr dann zur See nordwärts bis an die samländische Küste. Wie man annimmt, landete er in der Nähe vom heutigen Tenkitten nördlich von Pillau. Als er seine Bekehrungsversuche fortsetzte, wurde er genötigt umzukehren und am 23. April 997 von einem Götzenpriester und dessen Genossen durch Speerwurf getötet. Seine Begleiter kamen mit dem Leben davon. Die Preußen wollten sich seiner entledigen, weil sie fürchteten, die Annahme des Christentums würde sie unter die Botmäßigkeit der Polen bringen. Infolge der Bemühungen Boleslaws Chabris konnte wenigstens sein Leib geborgen und in Gnesen bestattet werden 1 ). Adalbert hatte den Märtyrertod gefunden, den er immer in reiner Begeisterung für sich ersehnt hatte. Wenn wir aus den späteren Ereignissen schließen, muß das Hinscheiden des verehrten Beraters und Freundes auf Otto den stärksten Eindruck gemacht haben. Um so fester knüpfte er das Band seiner Beziehungen zu Gerbert und schenkte ihm um Mitte September 997 das Gut Sasbach bei Kehl. Niemand wird glauben wollen, daß er die beiden Männer gleichstellte. Wohl aber konnte der umfassende und immer rege Geist des Südfranzosen ihm über die Grübeleien hinweghelfen, zu denen ihn das traurige Schicksal des tschechischen Heiligen anregen mußte. Gerbert verband mit seinem ehrfurchtsvollen Dank eine mittelbare, aber um so eindrucksvollere Verherrlichung des Kaisers unter Hinweis auf dessen letzte kriegerische Erfolge 2 ). „Sicher gibt es", so führt er aus, „für einen Fürsten keinen größeren Ruhm und für einen Oberbefehlshaber keine lobenswertere Leistung, als Truppen aufzubieten, in das Land der Feinde einzubrechen, ihren Ansturm persönlich auszuhalten und so sich selbst für das Vaterland, für die Religion, für das Heil seines Volkes und des Staates den größten Gefahren auszusetzen." S. 110.

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Voigt, Adalbert S. 149, 188, 192.



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) Gerbert Nr. 183. Schramm, Briefe

ELFTES KAPITEL.

BASILIUS II. IN BULGARIEN UND SYRIEN. (985-997.) In dem Augenblick, da Otto, von Gerbert beraten, noch stärker als bisher auf die Erneuerung des alten römischen Imperiums hindrängte, muß man die Lage des oströmischen Reiches ins Auge fassen, um ein Urteil darüber zu gewinnen, ob man von dort aus dem deutschen Kaiser Hindernisse in den Weg legen wollte und konnte. Man erinnert sich daran, daß im Jahre 981 Saad ed-daula, Emir von Aleppo, genötigt worden war, wieder Tribut an O s t r o m zu zahlen 1 ). Dasselbe war noch einmal Anfang Oktober 983 der Fall, ohne daß wir die zu diesem Ergebnis führenden Ereignisse ganz klar durchschauen könnten 2 ). Bardas Phokas, der den Oberbefehl führte, nahm dann gegen Ende des Monats mit georgischen Truppen Emesa südwestlich von Aleppo 3 ). Saad blieb aber ganz unzuverlässig und glaubte, sich am besten durch fortwährende Änderungen seiner Politik behaupten zu können. Er stellte die Zahlung bald ein. Bardas Phokas mußte sich von neuem in Bewegung setzen, eroberte Killis im Norden von Aleppo und belagerte südlich davon Apamea im Tal des Orontes. Um ihn abzulenken, ließ Saad seine Truppen einen Vorstoß auf Antiochia machen, und sie erstürmten auf dem Wege dorthin am 2. September 985 das riesige Simeonskloster (Kalat Siman), das die Erinnerung an seinen Gründer, den berühmten Säulenheiligen, bewahrte. Mönche und Bauern, die hinter den festen Mauern Zuflucht gesucht hatten, kamen in Massen um 4 ). Es war eine der schlimmen Metzeleien, wie sie auf beiden Seiten, christlicher und nichtchristlicher, fortwährend vorkamen. Sie müssen erwähnt werden, weil sonst die lange nachwirkende Verwüstung und Entvölkerung des einstmals blühenden Landes unverständlich blieben. Demselben Zweck, Apamea zu entsetzen, diente die Einnahme von Banijas (das alte Balanäa) am Mittelländischen Meer (n. Tripolis) durch ägyptische Streitkräfte aus Damaskus, wo jetzt Bekdjur als Statthalter des Fatimidenchalifen gebot 5 ). >) Vgl. oben S. 189, 192. — 2 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 550, 556. — s ) Ebd. S. 558. — *) Ebd. S. 565. — 5 ) Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 51. Weil 3, S. 40. Schlumberger, £ p . 1, S. 563. Enz. Islam 1, S. 675.

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Bardas Phokas bekam aus Konstantinopel den Befehl, die Belagerung Apameas abzubrechen und schleunigst nach Aleppo zu marschieren. Ein anderer General, Leo Melissenos, sollte Banijas f ü r Ostrom zurückgewinnen . In diese Zeit des Kampfes gegen den arabischen Erbfeind fiel eine tiefgreifende Umgestaltung der oströmischen Regierung, ohne daß es uns möglich wäre, ihre letzten Ursachen und ihren Verlauf aus den äußerst spärlichen Quellen zu entnehmen. Gegen die jungen Basileis, von denen Basilius I I . wohl 27, Konstantin V I I I . 24—25 J a h r e alt war 2 ), verschworen sich die hohen Offiziere, unter ihnen Bardas Phokas und Leo Melissenos. Schienen doch die Mißerfolge vom Simeonskloster und von Banijas zu bestätigen, daß militärisch nicht alles in Ordnung war. Ihnen schloß sich merkwürdigerweise der bisher allmächtige Senatspräsident Basilius der Bastard an, dem der immer stärker werdende Drang des Kaisers Basilius nach selbständiger Betätigung unbequem wurde 3 ). Für diesen, neben dem sein unselbständiger Bruder nicht in Betracht kam, bedeutete es ein großes Glück, d a ß er rechtzeitig gewarnt wurde. E r verbannte den Bastard sofort u n d beschlagnahmte dessen riesiges Vermögen an Grundeigentum und beweglicher Habe, um ihm jede Möglichkeit zu nehmen, wieder einmal eine politische Rolle zu spielen. Verfügungen des Bastards, die n u r seinem eigenen Vorteil gedient h a t t e n , wurden einfach rückgängig gemacht (985). Der sicher hervorragende Staatsmann überlebte, körperlich und geistig völlig gebrochen, seinen jähen Sturz nicht lange. Sein Schicksal war vielleicht noch härter als das anderer Minister, die auch plötzlich u n d unrühmlich weichen mußten, aber als weltgeschichtlich wesentlich wird man festhalten, daß er nicht einem Kleineren, sondern einem Größeren Platz machte. Basilius II. war bisher n u r darauf bedacht gewesen, seine Jugend in vollen Zügen zu genießen. Das wurde bei ihm, wie bei Heinrich V. von England, plötzlich anders. F o r t a n k ü m m e r t e er sich nur um die Staatsgeschäfte, lebte streng sittlich und vermied alle Bequemlichkeit, allen Luxus, setzte sich gleichmütig der schneidendsten Kälte wie der glühendsten Hitze aus und vereinigte die Tugenden eines Feldherrn mit denen eines einfachen Soldaten. Kriegslisten liebte er sehr. Gehorsam galt ihm als die Hauptsache, u n d deshalb sollte z. B. eine von ihm festgesetzte Schlachtordnung keinesfalls verändert werden. H a t t e er einen E n t schluß gefaßt, so wich er unter keinen Umständen davon ab. I h m lag mehr daran, gefürchtet als geliebt werden. E r regierte alles nach seinem Gutdünken, aber vortrefflich. Gelehrte Leute verachtete er. Die höchste Gewalt wollte er durchaus allein ausüben und mit niemandem teilen. Deshalb war er auch ganz damit einverstanden, daß sein Schlumberger, fip. 1, S. 567 f. — 2) Vgl. oben S. 133. — 3 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 573, 581. Vgl. oben S. 134.

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Bruder Konstantin VIII. sein lockeres Leben fortsetzte und gar keinen Versuch machte, sich an der Politik zu beteiligen 1 ). Manche der eben geschilderten Züge gleichen denen der größten Tat- und Willensmenschen der Weltgeschichte. Es genüge hier, den Namen Napoleons I. zu nennen. Die Verschwörung kam überhaupt nicht zum Ausbruch. Bardas Phokas ließ von seinen Absichten nichts merken und zwang wohl im Sommer 986 wieder einmal den Emir von Aleppo zur Zahlung des regelmäßigen wie des rückständigen Tributs 2 ). Leo Melissenos, der aus dem Lager vor Banijas nach der Hauptstadt geeilt war, erhielt keine andere Strafe als die, daß er dorthin zurückkehren mußte. Dank einem ungewöhnlich starken Widder gelang es ihm jetzt auch, die Stadt einzunehmen 3 ). Nur allzubald bekam Basilius Gelegenheit, ungeheure Schwierigkeiten zu bewältigen und das Reich vom Verderben zu bewahren. Es war die B u l g a r e n g e f a h r , die ihn sein Leben lang in Atem halten sollte. Man erinnert sich der Kämpfe, in denen Tzimisces der Unabhängigkeit Ostbulgariens ein Ende gemacht und es seinem Reiche einverleibt hatte. Das Volk liebte seine Freiheit aber viel zu sehr, um sich dauernd die Fremdherrschaft gefallen zu lassen. Nach dem Tode des Tzimisces (976)4) brach ein Aufstand aus, dem aber kaum Erfolg beschieden gewesen wäre, wenn nicht der Zar Samuel von Westbulgarien 5 ), das nicht mit unterworfen worden war, vor 980 die Regierung und dazu die Leitung des gemeinsamen Krieges übernommen hätte. Die östliche Grenze seines Reiches bildeten das Rhodopegebirge (Dospad-Dagh) und der Isker, der in die Donau mündet. Als den Kern kann man Mazedonien betrachten, das hier wieder einmal aus dem Dunkel auftaucht und stolze Erinnerungen weckt. Die Hauptstadt Prespa lag auf einer Insel des heute noch den Namen bewahrenden Sees; sie selbst ist verschwunden. Später war es Ochrida, das nicht weit davon liegt 6 ). Maßgebend war der sehr kriegstüchtige Adel der Boljaren oder Grundbesitzer. Die militärische Kraft des Reiches fand eine wertvolle Stütze in der großen Zahl fester Burgen, die an verschiedenen Orten errichtet worden waren. Aus Rom hatte Samuel seine Königskrone erhalten, ohne daß damit eine religiöse Verbindung eingegangen wurde. In ihm trat dem Basileus ein in vieler Hinsicht ebenbürtiger Feind gegenüber7). Mit wunderbarem Geschick schuf Samuel aus Bauern und Bergbewohnern ein treffliches Heer, das sich mit dem ruhmbedeckten Schlumberger, Ép. 1, S. 653. — 2 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 571. Dölger 1, Nr. 769. Vgl. oben S. 231. — 3 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 571 f. — 4 ) Vgl. oben S. 166. — 5 ) Jirecek, Bulg. S. 189. Schlumberger, Ép. 1, S. 603, 612ff. Runciman, History S. 219. — •) Schlumberger, É p . 1, S. 612, 658. — ' ) Jireßek, Bulg. S. 192. Schlumberger, Ép. 1, S. 601, 606.

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oströmischen doch messen konnte. E r war unermüdlich, denn man sagte von ihm, er habe die Ruhe verabscheut, listenreich und nicht grausamer als die auf höherer Kulturstufe stehenden Oströmer, die er auf den Tod haßte. Für beide hatte die Balkanhalbinsel keinen Raum. Der schwächere Teil mußte in dem stärkeren aufgehen. Der Zar wollte ein großbulgarisches Reich schaffen, und der Augenblick war nicht übel gewählt, da Ostrom zunächst durch den Aufstand Bardas Sklerus' verteidigungsunfähig wurde 1 ). Aber auch nachher dauerte es noch Jahre, bis Samuel tatkräftigen Widerstand fand. E r konnte daher in mehreren kühnen Zügen nicht nur das unter oströmischer Botmäßigkeit stehende Ostbulgarien mit Hilfe der aufständischen Bevölkerung, sondern auch darüber hinaus 986 Thessalien mit dem festen Larissa und Hellas erobern. Seine Vorposten schweiften bis zum Isthmus von Korinth, wenn nicht bis in den Peloponnes. Vielleicht brachte er auch damals schon Durazzo in seine Gewalt 2 ). Wenn die Kroaten wirklich ihre Unabhängigkeit von Ostrom erkämpfen wollten, so hätten sie sich rechtzeitig mit den Westbulgaren verbinden müssen. Sie versäumten aber diese günstige Gelegenheit, und ihr König Stephan DrZislaw ließ sich mit hohen Titeln abspeisen. Damit hatten sie, wie sich bald zeigen sollte, an der Adria verspielt, und Venedig verstand, die Lage zu nutzen 3 ). Basilius I I . hatte es in Bulgarien nur mit dem Zaren Samuel zu tun. Zwar war es den beiden Söhnen des früheren ostbulgarischen Zaren Peter, Boris I I . und Romanus, wohl im Einverständnis mit den Feinden des Basileus gelungen, aus Konstantinopel zu entfliehen, aber jener wurde wegen seiner griechischen Kleidung von seinen eigenen Landsleuten versehentlich getötet, und dieser spielte als Eunuch gar keine Rolle 4 ). E r trat in den Dienst Samuels, der demnach nicht mit Gegenwirkungen der vertriebenen Dynastie zu rechnen brauchte 5 ). Um Anfang Juli 986 brach der Basileus gegen die B u l g a r e n 6 ) auf, ohne irgend jemand in seine Absichten einzuweihen: Sieg und Ruhm sollten ihm allein gehören. E r marschierte nach Nordwesten am Hebrus (Maritza) entlang und nötigte damit den Zaren, seinen Eroberungszug abzubrechen und zur Verteidigung des eigenen Landes umzukehren 7 ). Die Belagerung des volkreichen Triaditza (Sofia) begann er, erreichte aber nichts, obwohl er drei Wochen davor lag, weil seine Offiziere sich unfähig zeigten, vielleicht sogar Verrat übten. E r mußte zurückgehen und erlitt unweit der Trajanspforte in einem Engpaß am 17. August 986 eine schwere Niederlage, die ihn fast die ganze Reiterei und das Gepäck kostete. >) Vgl. oben S. 182. — 2 ) Jirecek, Bulg. S. 193. Schlumberger, £ p . 1, S. 608, 616, 638; 2, S. 146. Runciman, History S. 225 anders. — 3 ) Hauptmann, Kroat. Gesch. S. 30. — 4 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 650. Vgl. oben S. 158. — 6 ) Schlumberger, Ep. 1, S. 647. — «) Schlumberger, £ p . 1, S. 653, 661. — ' ) Ebd. S. 620, 661.

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Seine R e t t u n g verdankte er nur dem armenischen Fußvolk, und erst hinter den festen Mauern von Philippopel befand er sich wieder in Sicherheit 1 ). Die Bedeutung des Ereignisses braucht nicht weiter ausgeführt zu werden. Alle Feinde Ostroms erhoben k ü h n ihr H a u p t , und das ganze Bulgarien, das östliche, von Tzimisces eroberte, wie das westliche, schien dem Endziele, dem großen Balkanstaat, nahe zu sein und damit den Weg nach Konstantinopel eingeschlagen zu haben. K a u m war die aufsehenerregende Kunde bis nach Bagdad gedrungen, als B a r d a s S k l e r u s nach siebenjähriger Gefangenschaft seine Freiheit wiedererlangte 2 ). E r schloß mit dem neuen Emir al-omara Samsam eddaula, dem Sohn Adud ed-daulas, wohl im Dezember 986 einen Vert r a g und verpflichtete sich, ihm alle arabischen Gefangenen zurückzugeben, sieben oströmische Festungen auszuliefern und nie wieder arabisches Gebiet mit Krieg zu überziehen. Mit Pferden, Waffen u n d Geld wohl versehen, eilte er in Begleitung einiger Genossen nach Melitene und ließ sich etwa Anfang März 987 zum zweiten Mal 3 ) zum Kaiser ausrufen 4 ). E r t r u g auch gar kein Bedenken, sarazenische Machthaber der Umgegend u m ihr Bündnis anzugehen. Abenteuerlustige Kriegsleute, durch seinen gefeierten Namen und die Aussicht auf reiche Beute angelockt, strömten zahlreich in sein Lager. Auch glaubte er, auf die Unterstützung der Geistlichkeit rechnen zu können, die einer Gewaltherrschaft des Basileus vorbeugen wollte. Man k a n n sich die Aufregung vorstellen, die solche Nachrichten in Konstantinopel hervorriefen 5 ). Bardas Phokas gehörte zu denen, die durch die stolze Eigenmächtigkeit des Basilius gereizt waren 6 ). W a r u m h a t t e man ihm die bulgarischen Pläne verschwiegen ? Als er gegen Bardas Sklerus geschickt wurde, wie im J a h r e 978 7 ), erhoben ihn am 15. August 987 in Charsian (nö. Ancyra) die Offiziere des asiatischen Heeres, darunter Leo Melissenos, und angesehene Zivilpersonen zum Kaiser 8 ). Daß erdarauf einging oder es veranlaßte, war unbedingt Verrat, und man wird daran denken, d a ß er schon einmal, im J a h r e 971, seine H a n d nach der Krone ausgestreckt hatte 9 ). So gab es denn neben den beiden rechtmäßigen Kaisern in Konstantinopel zwei weitere in Asien. Man weiß nicht, ob sich Sklerus zuerst an Phokas oder dieser zuerst an jenen wandte. Jedenfalls trafen sie ein Abkommen, u m das Reich zu teilen u n d gemeinsam auf Konstantinopel loszugehen. Sklerus' Sohn aber, R o m a n u s genannt, mißtraute dem Phokas, u n d weil er seinen Vater nicht bestimmen konnte, es auch zu t u n , verließ er ihn und enthüllte den ganzen Anschlag dem Basileus. Wie sehr er Recht h a t t e , offenbarte sich in kürzester Frist. Bei einer Z u s a m m e n k u n f t am 14. September 987 ließ Phokas seinen Nebenbuhler greifen, der kaiserlichen Abzeichen Ebd. S. 667, 715. Runciman, History S. 225. — 2 ) Ebd. S. 675. Vgl. oben S. 184. — 3 ) Vgl. oben S. 182. — «) Schlumberger, £ p . 1, S. 678. — 5 ) Ebd. S. 684. — «) Ebd. S. 674. — ') Vgl. oben S. 183. — 8 ) Schlumberger, £ p . 1, S. 686. —») Vgl. oben S. 157.

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entkleiden und festsetzen 1 ). Nach diesem Gewaltstreich schien er um die Jahreswende der Herr ganz Kleinasiens zu sein, und seine Truppen gelangten bis in die Nähe Konstantinopels. Die eine Abteilung besetzte Chrysopolis (Skutari), die andere unter Leo Melissenos sollte Abydus (bei K a p Nagara) am asiatischen Ufer der Dardanellen erobern und von hier aus mit zugehörigen Schiffen die Lebensmittelzufuhr der Hauptstadt sperren 2 ). In Verträgen spiegelt sich die tatsächliche Macht oder Ohnmacht eines Reiches oft am deutlichsten. Im Laufe des Jahres 987 dachte der Chalif Asis (975—996), den man den klügsten und besten der ägyptischen Fatimiden genannt hat 3 ), die oströmischen Küsten mit seiner Flotte zu verheeren, sicher in dem Glauben, daß er wenig Widerstand finden würde. Es scheint aber, daß sie durch Brand große Verluste erlitt, und so war er geneigt, auf die friedlichen Eröffnungen des Basileus einzugehen. Die Bedingungen, die dieser gegen Ende des Jahres annehmen mußte, waren allerdings recht hart und nur aus seiner großen Bedrängnis zu erklären. Basilius versprach, alle Gefangenen zurückzugeben, den Chalifen durch dessen feierliche Nennung im Freitagsgebet in der Moschee zu Konstantinopel als Herrn des ganzen Islams anzuerkennen und die freie Wareneinfuhr nach Kairo zu gestatten 4 ). Auf diese Weise wurde eine mögliche Gefahr abgewendet, aber die Lage des Basileus blieb verzweifelt 5 ). Von den Bulgaren geschlagen, von dem bisher erfolgreichen Gegenkaiser aus der Nähe ernstlich bedroht, mußte er rasch ein Mittel finden, um sich an der Spitze des Reiches zu behaupten. Und er fand es. Die höchste Not verleiht genialen Männern die höchste Entschlußkraft. Er gewann ganz im Gegensatz gegen die ältere Politik des Tzimisces 6 ) die Freundschaft der gefürchteten R u s s e n . Unter den Söhnen des Großfürsten Swjatoslaw, der sich seinerzeit der überlegenen oströmischen Macht beugen mußte, entstanden nach 6einemTode 7 ) heftige Zwistigkeiten. Der zweite kam im K a m p f gegen den ältesten um, und der jüngste, Wladimir, ließ den ältesten erschlagen 8 ). Wladimir, dessen slawische Mutter unfrei war, beherrschte seit 980 das ganze Reich mit dessen beiden Hauptstädten Nowgorod und Kiew. Die letztere wurde seine Residenz. Man hat ihn seiner Bekehrung wegen den Heiligen genannt, aber in seinen Anfängen lebte er so unheilig wie möglich. Doch mögen sein Blutdurst und seine ausschweifende Sinnlichkeit besonders stark betont worden sein, um die Wirkung der Taufe um so stärker hervortreten zu lassen. An seinen kriegerischen und politischen Fähigkeiten ist nicht zu zweifeln. Er verstand es, im Innern seines Landes Aufstände niederzuwerfen und äußere Feinde abzuwehren. Niemals brachten die unterworfenen Slawenstämme es fertig, sich einmütig ^Schlumberger. £ p . 1, S. 693 f. — *) Ebd. S. 698 f. — s ) Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 37. Müller 1, S. 625, 628. Enz. Islam 1, S. 562. — «) Schlumberger, ßp. 1, S. 731. Dölger 1, Nr. 770. — 5 ) Schlumberger, fip. 1, S. 700 f. — •) Vgl. oben S. 157. — ') Vgl. oben S. 158. — 8 ) Laehr, Anfänge S. 77.

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u:nd gleichzeitig zu erheben. So mußten sie das harte Joch weiter tiragen. Von Wladimir bekam Basilius nach Verhandlungen, die schon seit einiger Zeit geführt sein mochten, zu Anfang 988 Hilfstruppen, durch ihre Kriegstüchtigkeit berühmte Waräger, angeblich 6000 an der Zahl. Immer wieder durch Nachschübe ergänzt, bildeten sie bis in die Mitte des folgenden Jahrhunderts ein ständiges Hilfskorps, und ein Teil von ihnen umgab die Basileis als ihre Leibgarde 1 ). Basilius erkaufte die ihm geradezu unentbehrliche Waffenhilfe mit einem Zugeständnis, das ihm furchtbar schwer fallen mußte. Dem grobsinnlichen Großfürsten, der mehrere Frauen und viele Kebsweiber hatte, versprach er die Hand seiner Schwester A n n a , unter der Bedingung freilich, daß jener sich und sein Volk taufen ließe. Griechische Geistliche sollten deshalb nach Rußland gehen. Wenn wir die Anstrengungen überdenken, die Otto der Große machen mußte, um eine oströmische Prinzessin für Otto II. zu bekommen 2 ), so ermessen wir die ganze Größe der Bedrängnis, in der sich der Basileus jetzt befand, dürfen allerdings auch nicht vergessen, daß eine verwandtschaftliche Verbindung mit Rußland längst nicht dieselben Ansprüche begründen konnte wie eine solche mit dem weströmischen Kaisertum. Das Opfer wurde mit Recht gebracht. Wladimir hatte sich schon seit einiger Zeit mit der Frage beschäftigt, welche Religion wohl die richtige sei, und es wird erzählt, daß er Gesandte erst zu den Muselmännern, Juden und katholischen Christen, schließlich auch nach Konstantinopel schickte. Die Pracht der griechischen Liturgie, wie sie in der Hagia Sophia entfaltet wurde, hätte einen so starken Eindruck gemacht, daß die Gesandten nach ihrer Heimkehr dem Fürsten rieten, das Bekenntnis Ostroms anzunehmen3). Er vollzog seinen Übertritt aber erst nach der Verflechtung der religiösen mit den politisch-militärischen Gesichtspunkten 988 oder 989. Chlodowech hat nicht anders gehandelt 4 ). Ebenso wichtig wie auswärtige Hilfe für den Sieg des Basileus war auch die freudige Mitarbeit des geistlichen Standes. In einer Novelle vom 4. April 988, die die Nöte des Reiches stark betonte, hob er gewisse, von Nicephorus Phokas erlassene Gesetze auf und erlaubte den Klöstern somit wieder den Erwerb von Grundbesitz 5 ). Damit hatte er getan, was irgend möglich war, um gut gerüstet in den entscheidenden Kampf zu gehen. Wohl im Sommer 988 brachte er seine Mannschaften und besonders die russischen heimlich auf das Schiemann 1, S. 65, 68. Schlumberger, Ép. 1, S. 703, 716, 721, 726. Kostomarow S. 1 ff. Dölger 1, Nr. 771. Vasiliev 1, S. 392. Laehr, Anfänge S. 85. — 2 ) Vgl. oben S. 159. — 3 ) Schiemann 1, S. 68. Schlumberger, Ép. 1, S. 706, 709. Stählin, Gesch. Rußl. 1, S. 49. Laehr, Anfänge S. 82. — 4 ) Cartellieri 1, S. 47. — 5 ) Schlumberger, Ép. 1, S. 727. Dölger 1, Nr. 772 bezweifelt die Echtheit, Vogt in Cambr. M. H. 4, 89 aber nicht.

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asiatische Ufer und überrumpelte die Aufständischen in Chrysopolis. Sein Sieg war vollständig, über die Gefangenen verhängte er grausame Strafen 1 ). Noch war B a r d a s P h o k a s nicht erledigt, aber er mußte doch seine besten Truppen heimschicken, um den Angriff abzuschlagen, der in seinem Rücken, von Trapezunt her, auf Befehl des Basileus eingeleitet wurde. Dann begab er sich zur Belagerung von Abydus und unterstützte die Bemühungen des Leo Melissenos, der bisher nicht vorwärts gekommen war, weil die Einwohner sich äußerst tapfer verteidigten. Man muß daraus schließen, daß sie dem rechtmäßigen Kaiser treu ergeben waren. Nach längeren Vorbereitungen landete Basilius, diesmal ausnahmsweise von seinem Bruder Konstantin unterstützt, abermals am asiatischen Ufer, um Abydus zu entsetzen. In der Nacht vom 12. auf den 13. April 989 gelang es seinen Leuten, die feindlichen Schiffe in Brand zu stecken, und gleichzeitig griff er das Lager heftig an. In höchster Erregung stürzte sich Bardas Phokas mit ausgesuchten georgischen Fußsoldaten, die er zurückbehalten hatte, auf die beiden jungen Kaiser, und schon schien es, als würde es zu einem Zweikampf zwischen ihm und Basilius kommen. Plötzlich aber sank er zum größten Erstaunen aller vom Pferde und gab sogleich seinen Geist auf. Die einfachste Erklärung ist, daß ihn der Schlag rührte. Seine Leiche wurde ausgeraubt und verstümmelt, sein Kopf dem Basileus überbracht. Damit fand der eben noch so gefährliche Aufstand ein jähes Ende. Das Heer Bardas Phokas' löste sich in wilder Flucht auf, die Sieger zogen triumphierend in der Hauptstadt ein. Leo Melissenos wurde begnadigt, die übrigen Schuldigen erhielten die bekannten grausamen Strafen 2 ). Der Erfolg des Basilius war groß, aber noch nicht endgültig. Auf die Nachricht vom Tode des Bardas Phokas gab dessen Witwe, um sich am Sieger zu rächen, den Bardas Sklerus frei, den sie gemäß dem Willen ihres Gemahls gefangen gehalten hatte 3 ). Um Sklerus sammelten sich jetzt alle diejenigen, die aus irgendeinem Grunde sich nicht unterwerfen wollten, und er entfaltete trotz seines vorgerückten Alters noch einmal alle Kräfte seines erfinderischen Geistes. Vorsichtig vermied er jeden offenen Kampf, mit wunderbarem Geschick führte er in Kleinasien den Kleinkrieg und hemmte die Lebensmittelzufuhr nach Konstantinopel außerordentlich 4 ). Warum die Bulgaren nicht ihre ganze K r a f t anstrengten, um während des Bürgerkrieges große Eroberungen zu machen, weiß man nicht. Immerhin nahmen sie etwa im Juni 989 Beröa (Verria), und dieses lag nicht weit westlich von Saloniki, der zweiten Stadt des Reiches nach Konstantinopel 5 ). ') Schlumberger, fip. 1, S. 734 Anm. 2 u. S. 745 zur Datierung. Vgl. oben S. 236. — 2 ) Schiemann 1, S. 70 u. Schlumberger, £ p . 1, S. 736 ff., 744 mit der Zeit. — 3 ) Vgl. oben S. 235. — 4 ) Schlumberger,£p. 1, S. 750. — 5 ) Schlumberger,£p. 1, S. 752; 2, S. 44. Runciman, History S. 227.

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Wenn man sich vorstellt, welche Überwindung es Basilius kosten mußte, seine Schwester einem zügellosen Naturmenschen wie Wladimir zu überantworten, begreift man, daß er zögerte, sie die Reise antreten zu lassen, obwohl ihm die Waräger so ausgezeichnete Dienste geleistet hatten. Wladimir wollte aber nicht länger warten und überfiel deshalb wohl im Juni 989 Cherson (s. Sebastopol) auf der Halbinsel Krim. Die jetzt zerstörte Stadt war damals der Sitz eines Erzbischofs und der letzte Besitz Ostroms am Schwarzen Meer, besonders wichtig als Handelsplatz zum Austausch von Waren 1 ). Was blieb dem Basileus übrig als nachzugeben ? Der Feindschaft der Russen wäre er nicht gewachsen gewesen. Geistliche und hohe Würdenträger geleiteten Anna, die jetzt sechsundzwanzigjährige Prinzessin, um die einst Otto der Große vergeblich für seinen Sohn geworben hatte 2 ), zunächst nach Cherson. Hier ließ sich W l a d i m i r tatsächlich noch 989 taufen und feierte gleich nachher die Hochzeit3). Er gab dann Cherson an Ostrom zurück und befahl von Kiew aus, daß auch seine Untertanen im Dnjepr getauft würden. Das geschah dann zwangsweise, und der Hauptgötze Perun wurde vor aller Augen schimpflich in den Fluß geschleift. Basilius schickte dem Großfürsten noch eine Krone 4 ), doch bleibt es unklar, ob etwa in anderen Zeiten versucht werden sollte, daraus ein Abhängigkeitsverhältnis abzuleiten. Die überragende Bedeutung des Ereignisses ist oft genug hervorgehoben worden, und Basilius hat durch sein ebenso kühnes wie geschicktes völlig vorurteilsfähiges Vorgehen in Rußland Verhältnisse angebahnt, die sich nicht so leicht ändern werden. Mit dem Christentum zog, wie auch anderwärts, Bildung in Rußland ein, aber das Land trennte sich auch vom Westen und nahm an dessen lebhafter geistiger Entwicklung nicht teil. Trotz seiner eigenen Jugend übernahm es gar manchen greisenhaften Zug von Konstantinopel und schwankte wie dieses zwischen langsamer Erstarrung und heftigster Umwälzung. Noch vor Ende 989, wohl im Oktober oder Anfang November, gelang es Basilius, dem Aufstand Bardas Sklerus' ein Ende zu machen. Die sehr günstigen Bedingungen, die er stellte, nahm der Gegenkaiser an und wurde für den Verzicht auf seine angemaßte Würde durch das Amt des Kuropalaten, d. h. Pfalzmarschalls 5 ), entschädigt. Er sollte künftig am Hofe die erste Stelle einnehmen6). Aber blind und altersschwach wie er war, konnte er sich eines ruhigen Lebens nicht mehr lange erfreuen und starb schon am 6. März 991 7 ). Andere Unterwerfungen bisheriger Empörer folgten, darunter die •) Schlumberger, fip. 1, S. 758, 771; 2, S. 10. Laehr, Anfänge S. 86. Ostrogorsky Sp. 174. — *) Vgl. oben S. 133,140,159. — 3 ) Schiemann 1, S. 70. Schlumberger, £ p . 1,771*; 2 S. 1 ff. Dölger 1, Nr. 776—778. Laehr, Anfänge S. 87, 110. Ostrogorsky S. 174 anders. — 4 ) Schlumberger, £ p . 2, S. 11. — 5 ) Schlumberger, Sigillographie S. 489. — 6 ) Schlumberger, £ p . 2, S. 14, 22. Dölger 1, Nr. 773. — ' ) Schlumberger, £ p . 2, S. 24. Runciman, History S. 227: 7. März.

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des Königs David von Georgien, der bei dem Mangel eigener Nachkommenschaft sein Land für den Todesfall dem Basileus vermachte (um 990 7)1). B a s i l i u s hatte sich durchgesetzt, nach gewaltigen Anstrengungen alle seine inneren Feinde bezwungen. In den fünf Jahren von 985 bis 990 war er mehrmals dem Untergang nahe gewesen. Militärisch und politisch hatte er sich glänzend bewährt, aber das Größte war doch an ihm wie an allen Helden der Weltgeschichte seine ungeheure Willenskraft. Nach den trüben Erfahrungen, die er gemacht hatte, kann man es wohl begreifen, daß er seiner Umgebung mißtraute und niemanden in seine Pläne einweihte. Gegen diejenigen, die einen Fehler begangen hatten, brauste er in heftigem Zorne auf 2 ). Noch hielten die Bulgaren Ruhe, aber Basilius versäumte deshalb nicht, sich rechtzeitig zu neuem Kampfe zu rüsten. Im Jahre 990 überzeugte er sich in Saloniki und sonst in Thrazien persönlich vom Stande der Befestigungen und schloß sich eng an den hl. Photios an, dessen Gebete ihm den Sieg bringen sollten 3 ). Der z w e i t e b u l g a r i s c h e K r i e g begann 991 und dauerte vier Jahre, die Basilius anscheinend in Feindesland verbrachte; aber von dem, was geschah, wissen wir so gut wie nichts. Er machte große Beute und siedelte viele seiner Untertanen an Stelle der vertriebenen Feinde an. Die Macht Samuels zu brechen, war er nicht imstande, und jenem gehorchte nach wie vor der größte Teil der Balkanhalbinsel, Mazedonien, Thessalien und Epirus 4 ). Bald drohte auch von Asien her neue Gefahr, obwohl sie durch die heftigen Streitigkeiten der dortigen muslimischen Machthaber zeitweilig gemildert wurde. Der früher genannte Mamelucke Bekdjur 5 ), der sich in Rakka (Nicephorium, sö. Aleppo) am linken Ufer des Euphrat festgesetzt hatte, war immer in Unruhe, um seinen Machtbereich zu vergrößern. Am ehesten glaubte er, Aleppo in seine Hand bringen zu können, weil die Schwäche und Haltlosigkeit des Emirs Saad ed-daula allgemein bekannt waren. Den Chalifen Asis 6 ) suchte er dadurch zu gewinnen, daß er versprach, ihn als Oberherrn anzuerkennen, wenn er den Besitz angetreten hätte. Asis wollte das Unternehmen auch fördern, aber sein Wesir hintertrieb die Ausführung aus Eifersucht. Zu Anfang 991 belagerte Bekdjur zunächst vergeblich Balis am Euphrat (sö. Aleppo) und marschierte dann auf Aleppo los, da er gehört hatte, daß Saad ed-daula den Basileus um Hilfe angerufen hatte. In aller Eile schickte auch der Herzog von Antiochien Michael Burtzes die gerade verfügbaren Mannschaften ab. Am 25. April 991 standen sich die beiden sarazenischen Heere östlich von Aleppo gegenüber. Trotz seiner ungestümen Tapferkeit >) Schlumberger, fip. 2, S. 31. Dölger 1, Nr. 780. — 2 ) Schlumberger, fip. 2, S. 41 nach Psellos. — 3 ) Schlumberger, fip. 2, S. 46, 51. — 4 ) Schlumberger, fip. 2, S. 51—58. Runciman, History S. 228. — 5 ) Vgl. oben S. 231. — •) Vgl. oben S. 236. 240

wurde Bekdjur in die Flucht geschlagen, in einem Versteck aufgespürt und getötet 1 ). Saad entließ jetzt gleich seine oströmischen Helfer und brachte durch trügerische Versprechungen die Burg R a k k a am linken Ufer des Euphrat in seine Gewalt. Von Habsucht gepackt, brach er sein Wort, um die Schätze zu bekommen, die die Angehörigen Bekdjurs dorthin gerettet hätten. Sie beklagten sich beim Chalifen Asis, und dieser schickte einen Gesandten mit gemessenen Befehlen nach Aleppo. Saad ohrfeigte ihn öffentlich und zwang ihn, den Brief des Chalifen zu verschlucken. E r traute es sich sogar zu, den Fatimiden Damaskus zu entreißen, und t r a f schon seine Vorbereitungen. Da wurde er am 5./6. Dezember 991 durch einen Schlaganfall dahingerafft. Ihm folgte sein Sohn Abul Fadal, genannt Said ed-daula, aber die Geschäfte führte mit großer Umsicht der frühere Sklave Lulu, dem es gelang, den Steuerdruck zu mildern und sich recht beliebt zu machen. Stadt und Land genossen eine kurze Atempause 2 ). Da kam von außen neue Unruhe. Die F a t i m i d e n , die damals die Grenzen ihres Reiches schon weit vorgeschoben hatten, begnügten sich damit nicht, sondern der Chalif Asis ließ sich durch einen neuen Berater abermals davon überzeugen, daß man Aleppo nehmen könne, das sich bekanntlich bisher zwischen dem Islam und Ostrom leidlich selbständig gehalten hatte. Asis schickte unter seinem General Mangutakin ein Heer aus, das zunächst in Damaskus die gestörte Ordnung wieder herstellte, Emesa nahm und Anfang 992 vor Aleppo eintraf. Lulu versäumte nicht, den Basileus um Hilfe zu bitten und ihm dafür Tribut und Lehensabhängigkeit zu versprechen. Burtzes bekam auch entsprechende Befehle und gelangte noch gerade rechtzeitig vor die Stadt, um sie an der Übergabe zu hindern. Da machte Mangutakin eine kühne Ablenkungsbewegung, eroberte westlich von Aleppo das durch 6eine strategische Lage wichtige Emma (Imm) und schloß bald Antiochia ein. Tatsächlich mußte Burtzes umkehren und erst einmal die christliche Hauptstadt verteidigen, bis Mangutakin aus Mangel an Sturmgerät im Sommer 992 wieder abzog 3 ). Aleppo zu bezwingen, gelang Mangutakin auch nicht, obwohl er sich monatelang darum bemühte, und im Februar 993 gab er die Belagerung auf 4 ). Erst im Frühjahr 994 machte er einen dritten Versuch, da er aus Ägypten bedeutende Verstärkungen erhalten hatte. Wieder sollte Burtzes gegen ihn helfen, und diesmal gab ihm Basilius ansehnliche Streitkräfte unter Leo Melissenos mit. Mangutakin wollte in richtiger Erkenntnis der Lage vermeiden, daß die Oströmer sich mit den Aleppitanern vereinigten, und ging jenen daher bis in die Nähe von Apamea entgegen. An den Furten des Orontes wurden die an Zahl unterlegenen Christen am 15. ') Weil 3, S. 40. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 57 ff. Schlumberger, £ p . 2, S. 61 ff. — a ) Weil 3, S. 41. Wüstenfeld, Fatimiden 27, 2. Abt., S. 59. Schlumberger, £ p . 2, S. 65 ff. — 3 ) Wüstenfeld ebd. S. 59 f. Schlumberger ebd. S. 70 ff. — 4 ) Schlumberger ebd. S. 78. C a r t e l l i e r i , Weltstellung.

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September 994 vollständig geschlagen und bis unter die Mauern Antiochias verfolgt. Der Sieger machte ungeheuere Beute, legte in alle Festen, die er nehmen konnte, Besatzungen und kehrte dann wieder vor Aleppo zurück. Aber Lulu verlor den Mut nicht. Er leitete die Verteidigung mit bewunderungswürdiger persönlicher Aufopferung und bat den Basileus dringend, ihn doch wenigstens mittelbar zu unterstützen. Falle Aleppo, so werde auch Antiochia bald daran kommen und auf Antiochia Konstantinopel folgen 1 ). Immer noch hatte Basilius in Bulgarien zu tun, ohne daß wir, wie früher gesagt wurde 2 ), uns eine deutliche Vorstellung von seinen Taten machen könnten. Rasch erfaßte er, was auf dem Spiele stand, und obwohl er in Feindesland eigentlich unabkömmlich war, entschloß er sich doch, vorläufig Syriens wegen Bulgarien seinen Offizieren zu überlassen. Höchste Eile war not. Deshalb traf er die den Zeitgenossen auffällige Maßregel, seine Soldaten auf Maultieren beritten zu machen, berührte im April 995 nur flüchtig Antiochia und setzte seinen Marsch so rasch wie möglich bis in die Nähe von Aleppo fort. Die Kunde seines ganz unerwarteten Kommens genügte, um im selben Monat Mangutakin einen solchen Schrecken einzujagen, daß dieser sein schön ausgestattetes Lager selbst in Brand steckte und nach Süden abzog 3 ). A l e p p o war gerettet und blieb der vorgeschobene Posten Ostroms gegen den Islam. Basilius hielt es aber nicht für angemessen, den ihm gegebenen Rat zu befolgen und es einfach einzuverleiben, weil er die bestehenden Verträge nicht brechen wollte4). Schon nach drei Tagen brach er wieder auf und brachte Cäsarea am Orontes (Kalat Sedschar, nw. Hama), Emesa und an der Meeresküste Tortosa (Tartus) in seine Gewalt, nicht aber Tripolis, das seinen Angriff abwehrte. Den Beduinen suchte er ihre fortwährenden Plünderungen dadurch zu verleiden, daß er ihnen einen Hinterhalt legte, eine Anzahl fangen ließ und sie mit abgehauenen Händen fortjagte. Dann verließ er Syrien. Seinen Hauptzweck hatte er erreicht und den Arabern gezeigt, daß er trotz des bulgarischen Krieges jederzeit zur Stelle sein könnte. Man braucht es nicht weiter auszumalen, welchen Eindruck es auf die leicht erregbare Bevölkerung des Morgenlandes machen mußte, wenn der ferne Kaiser mit Blitzesschnelle da war und heftige Schläge führte 5 ). Unter dem Eindruck der ihn tief bekümmernden Nachrichten schloß der Chalif Asis noch 995 oder im Januar 996 Frieden mit dem Emir Said ed-daula von Aleppo 6 ), ließ dann aber den heiligen Krieg gegen Ostrom predigen. Eine Flotte sollte zur Unterstützung des Landheeres, an dessen Spitze er selbst treten wollte, sogleich gebaut werden. Als sie fertig war, verbrannte sie am 9. Mai 996 im Hafen von Kairo. In heller ») Wüstenfeld ebd. S. 60. Schlumberger, £ p . 2, S. 79 ff. — *) Vgl. oben S. 240. — ) Wüstenfeld ebd. S. 60. Schlumberger ebd. S. 86 ff. — 4 ) Schlumberger ebd. S. 94. — 5 ) Wüstenfeld ebd. S. 60. Schlumberger ebd. S. 95 ff. Enz. Islam, Lief. F, S. 309; Lief. L , S. 736. — «) Schlumberger ebd. S. 98. Dölger 1, Nr. 782.

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Wut stürzte sich die Bevölkerung auf die Christen, die das Feuer angelegt haben sollten, und töteten viele, besonders Kaufleute aus Amalfi, deren Handelsniederlassung in der Nähe lag. Der Chalif verhängte aber sogleich die strengsten Strafen über alle diejenigen, die sich an den seinen Schutz genießenden Fremden vergangen hatten. Neue Schiffe wurden in fieberhafter Eile auf Stapel gelegt und segelten nach Tortosa, gingen hier aber in einem Sturm zugrunde. Mangutakin, der mit ihnen zusammenarbeiten sollte, wagte es dann gar nicht, sich dem neuen Herzog von Antiochia, Damian Delassenos, zu stellen, sondern machte sich davon, so daß die Christen verschiedene Vorteile erzielen konnten 1 ). Basilius war viel zu klug, um zu glauben, daß ein großes, viel angefeindetes Reich allein durch Krieg und Politik zusammengehalten werden könnte. Ihm kam es darauf an, die große Masse seiner Untertanen zu gewinnen, da er sich in Kleinasien selbst davon überzeugt hatte, wie schwer die Armen unter der Habsucht der Reichen zu leiden hätten und wie oft Bauerngüter von weltlichen und geistlichen Großgrundbesitzern widerrechtlich in Besitz genommen worden seien. Am 1. Januar 996 erließ er deshalb eine ausführliche Novelle2), die immer in der Geschichte der s o z i a l e n G e s e t z g e b u n g Beachtung finden wird. Das Wesentliche war, daß alles zu Unrecht erworbene Gut wieder herausgegeben werden sollte, weil die Ansammlung übertrieben großer Vermögen dem Vorteil des Staates zuwiderlief. Die Bedeutung dieses und ähnlicher Versuche des mazedonischen Hauses, den Bauern ausreichenden Schutz zu gewähren, wird dadurch kaum geschmälert, daß sie sich schließlich als vergeblich erwiesen3). Da starb plötzlich der Chalif Asis, schon nach Syrien unterwegs, in Belbeis (nö. Kairo) am 13. Oktober 996. Ostrom wurde durch den Todesfall von einer großen Sorge befreit 4 ). Sein Nachfolger Hakim (996—1021), der später durch sein widerspruchsvolles Wesen auffallen sollte, war erst 11 Jahre alt 5 ). Jetzt kam an Stelle der bisher ausschlaggebenden türkischen Partei die berberische oder afrikanische ans Ruder. Mangutakin fürchtete für sein Leben und flehte den Basileus demütig um Beistand an, aber vergeblich. Er wagte mit schnell zusammengerafften Truppen noch einen Aufstand, wurde dann aber am 15. Mai 997 bei Askalon geschlagen und mußte froh sein, daß er Verzeihung erhielt 6 ). Wie hoch man auch die Erfolge Basilius' I I . in Bulgarien und Syrien einschätzen mag, daran läßt sich nicht zweifeln, daß er keinesfalls die Möglichkeit besaß, gleichzeitig in Italien einzugreifen. Daher brauchte Kaiser Otto von Konstantinopel her keiner Störung gewärtig zu sein. *) Wüstenfeld ebd. S. 61. Schlumberger ebd. S. 98ff., 104. — ») Schlumberger, £p. 2, S. 122. Neumann, Weltstellung S. 58, 71. Dölger 1, Nr. 783. Vasiliev 1, S. 422. s ) Brentano S. 43. — *) Wüstenfeld ebd. S. 62. Schlumberger ebd. S. 104. — 6 ) Wüstenfeld, Fatimiden 2 7 , 2 . Abt., S. 68. Müllerl, S. 629. Schlumberger ebd. S. 105. Enz. Islam 2, S. 237. — •) Wüstenfeld ebd. S. 71 f. Schlumberger, £ p . 2, S. 105 ff. 16*

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ZWÖLFTES KAPITEL. OTTO III. UND ROM. (997-1002.) Im Augenblick war auch von slawischer Seite nichts zu befürchten. Mehr und mehr erfüllte R o m Ottos bewegliche Phantasie, und wenn im Oktober 997 der oströmische Gesandte Leo ihm in Aachen seine Aufträge ausrichtete 1 ), mochte das ein weiterer Grund sein, zum zweiten Male die Fahrt über Berg anzutreten. Schon einige Monate vorher hatte Philagathos sich bereit erklärt, auf seine angemaßte Würde zu verzichten und in ein Kloster zu gehen 2 ). Eigentliche Amtshandlungen sind von ihm nicht bekannt, und es mag sein, daß er vor den Folgen seines übereilten Schrittes bald genug Angst bekommen hat. Sicher wollte der Kaiser in dieser Sache keine Entscheidung treffen, ohne sich vorher mit Gregor V. ausgesprochen zu haben. Daß er von diesem sehnsüchtig erwartet wurde, versteht sich von selbst, aber auch für das in sich zerrissene Italien gab es damals keine andere Kettung als durch den deutschen Kaiser. Otto übertrug die Reichsverweserschaft wieder seiner Tante Mathilde 3 ) und trat den Zug nach Süden an. Am 13. Dezember 997 kam er durch Trient 4 ). Als „sein unzertrennlicher Begleiter auf Lebenszeit" widmete Gerbert ihm gegen Ende des Jahres seine philosophische Schrift „De Tationali et ratione uti", damit, wie es in der Einleitung heißt, der kaiserliche Hof nicht hinter Italien und Griechenland zurückbliebe 5 ). „Unser", ruft er aus, „unser ist das römische Kaiserreich. Kräfte geben uns das früchtereiche Italien, das kriegerreiche Gallien und Germanien, und auch die tapfersten Völker der Scythen (d. h. Slawen) fehlen uns nicht. Unser bist du, Cäsar, der Römer Kaiser und Augustus. Aus dem erhabenen Blute der Griechen entsprossen, übertriffst du die Griechen an Kaisermacht, beherrschest die Römer nach Erbrecht, zeichnest dich vor beiden durch Geist und Beredsamkeit aus." ») Schramm, Briefe S. 122 u. Kaiser S. 458. — 2 ) Schramm, Briefe S. 119, 122; ders. Renov. 1, S. 95. — 3 ) Ann. Hildesheimenses zu 997. Thietmar 4, Kap. 41. — 4 ) DD. 2, 2, Nr. 263. — 6 ) Gerbert S. 237. Schramm, Briefe S. 94, 112. 244

Es war ein Südfranzose, wohl der gelehrteste Mann seiner Zeit, der einem deutschen Kaiser wohl zum ersten Male eine feine literarische Schmeichelei vortrug. Für die im römischen Sinne verstandene Weltpolitik sollte Italien die materiellen Mittel, Deutschland rechts und links des Rheines die Berufskrieger, Slawenland die Hilfstruppen stellen. Der Blick des Historikers schweift zu den letzten Jahren Heinrichs VI., als deutsche Ritter, oberitalienische Schiffe und sizilisches Geld die deutsche Weltherrschaft zu verbürgen schienen. Aus denselben Monaten sind uns bildliche Darstellungen erhalten, in denen die einzelnen Länder des Reiches dem thronenden Herrscher ihre Gaben darbringen. Wir entnehmen daraus die Vorstellungen, die am Hofe hin und her bewegt wurden. Im Herbst 997 sind es Italien, Germanien, Gallien und Slawenland, im Frühjahr 998 wird Italien durch Rom ersetzt und rückt Gallien an die zweite Stelle, vor Germanien 1 ). Seit dem 26. Oktober 997 zeigte auch das Siegel zum ersten Male im Abendland den Kaiser in seiner Majestät auf dem Throne sitzend 2 ), in einer Auffassung, die dann maßgebend geworden ist, so daß wir uns heute das Siegel eines Herrschers kaum anders vorstellen können. Anfang Januar 998 traf der Kaiser in Pavia den Papst, der ihm auf seinen Wunsch bis dahin entgegengekommen war 3 ). Dann fuhr er auf einem schön geschmückten venetianischen Schiff zusammen mit Otto, dem dritten Sohne des Dogen 4 ), von Ferrara bis Ravenna 5 ) und bekundete damit, daß er sich mit der jetzt so klug geleiteten Handelsstadt gut stellen wollte. Als Otto III. Mitte Februar 998 R o m , das über alles geliebte, betrat 6 ), fand er den Gegenpapst nicht mehr vor, da dieser sich in einer entfernten, für uneinnehmbar geltenden Burg in Sicherheit gebracht hatte. Dort nahm ihn eine deutsche Schar unter Führung Birchtilos oder Bertholds, des Grafen im Breisgau und Ahnherrn der Zähringer, gefangen und verstümmelte ihn gleich furchtbar, damit der Kaiser ihm nicht später verzeihen könnte 7 ). Johann Crescentius genannt Nomentanus hatte in der Engelsburg eine Zuflucht gesucht und zuvor ihre Befestigungen noch verstärkt. Gerade weil er auf heftigen Widerstand stieß, wollte der Kaiser seinen Romgedanken Wirklichkeit werden lassen. Zum erstenmal am 22. April 998 zeigte seine Bleibulle die Aufschrift Renovatio imperii Romanorum, die schon bei Karl dem Großen vorgekommen war 8 ). An ihn knüpfte er also in bedeutsamer Weise an. Daß er nicht gleich die Eroberung der Engelsburg versuchte, mochte sich daraus erklären, daß es ihm noch an Belagerungsgerät fehlte. Sobald es herbeigeschafft war, griff Markgraf Eckhard I. von Meißen, den übriSchramm, Deutsche Kaiser 1, S. 92, 93. — 2) DD. 2, 2, S. 392 a zu Nr. 261. P) Vgl. oben S. 273. — «) Provana S. 208, 211. Hirsch 1, S. 241. Hartmann 4, 1 S. 164. v. Eodlow S. 95. Riezler 1, 2 S. 12. — ') Hirsch 1, S. 231. Huber 1, S. 164. Richter 3,1, S. 181. Bretholz S. 113. Rogge S. 45. Vgl. oben S. 220. — •) Köster S. 240. — ') Hirsch 1, S. 251. Huber 1, S. 165. Schiemann 1, S. 396. Bretholz S. 115. — *) Cartellieri 1, S. 369. 18*

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genannt werden, unter seine Botmäßigkeit 1 ) und ging nach Prag, wo er als Retter mit Freuden aufgenommen wurde. Mußte doch jeder neue Herr besser scheinen als der bisherige. Überaus unklar und widerspruchsvoll, durch spätere Sage entstellt, sind die Berichte über diese Vorgänge. Wir sehen aber das eine, wie schwer es den slawischen Völkern fiel, zu staatlicher Ordnung und menschenwürdiger Gesittung zu gelangen. Boleslaw Ghabri glaubte, mit Hilfe des Papstes auch das letzte Ziel seines hochfliegenden Ehrgeizes, die Königskrone, zu erreichen2). Silvester II. wäre seinem Vorhaben aus kirchlichen Gründen wohl günstig gewesen. Das kann daraus entnommen werden, daß er früher den gleichen Wunsch des ungarischen Fürsten Stephan erfüllt hatte 3 ). Da forderte Heinrich den Polenherzog auf, Böhmen, „wie es das alte Recht verlangte", von ihm zu Lehen zu nehmen, und drohte ihm im Weigerungsfalle mit Waffengewalt. Boleslaw lehnte das Ansinnen mit beleidigender Schärfe ab 4 ). So mußte sich Heinrich auf einen langen und schwierigen Krieg gegen das werdende, immer weiter um sich greifende polnische Reich gefaßt machen, in dem zum ersten Male slawische Stämme dauernd als selbständiger Staat in die abendländische Gemeinschaft eingeführt wurden5). Polen und Böhmen zusammen, durch Lausitzer Gebiet verbunden, bedeuteten keine geringe Gefahr für das deutsche Reich. Die alle irdischen Notwendigkeiten überfliegenden Gedanken seines Vorgängers lagen dem neuen Könige fern. Nicht die christliche Mission war ihm die Hauptsache, sondern die Grenzwacht gegen die andringende slawische Flut. Er wußte wohl, daß sich ein Aufstand gegen ihn vorbereitete, und sah sich nach Bundesgenossen um. Man hat längst die Bedeutung des Entschlusses erkannt, den er zu Ostern (28. März) 1003 in Quedlinburg faßte: er beschenkte die Gesandten der L i u t i z e n und Redarier reichlich und machte sie zu seinen Verbündeten, ohne sie zum Christentum bekehren zu wollen. Sie blieben Heiden und verehrten in Rethra, wohl dem Schloßberg bei Feldberg in Mecklenburg-Strelitz, wie bisher ihre Götzen6). Man kann sich die Empörung streng christlich denkender Sachsen über diese plötzliche Umschaltung der Regierungspolitik vorstellen: dieselben Redarier, die Otto der Große 968 ausrotten wollte7), sollten jetzt auf einmal geschont und freundlich behandelt werden. Der Aufstand, den Heinrich hatte kommen sehen, brach kurz vor Anfang Mai 1003 tatsächlich aus 8 ). Zu Boleslaw Chabri und Markgraf Heinrich von Schweinfurt9) gesellten sich jener Ernst, Sohn Liutpolds, Bretholz S. 114,116. — 2 ) Hirsch 1, S. 503. — 3 ) Vgl. oben S. 254. — 4 ) Hirsch 1, S. 253. Posse, Markgrafen S. 59. — 6 ) Giesebrecht 1, S. 737. — •) Hirsch 1, S. 257. Richter 3, 1, S. 182, Hauck 3, S. 628. Schmeidler, Hamburg S. 358. Holtzmann, Quedlinb. Ann. S. 110. Hofmeister, Kampf S. 12. — ') Vgl. oben S. 141. — 8 ) Hirsch 1, S. 263. Richter 3, 1, S. 182. v. Guttenberg, S . 24. Vgl. oben S. 274 Anm. 1. — ») Vgl. unten S. 278.

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obwohl ihm der König die Niederlage an der Brenta 1 ) in keiner Weise nachgetragen hatte, und des Königs eigener Bruder Brun, der spätere Bischof von Augsburg, der wohl darauf gerechnet hatte, in Bayern die Stelle des Herzogs zu vertreten. Wie Heinrich der Zänker und Markgraf Berthold Feinde gewesen waren, so erbte sich ihr Zwiespalt in ihren Söhnen fort. Es dauerte einige Zeit, ehe der König ins Feld zog, und jetzt muß er den Tod S i l v e s t e r s II. erfahren haben, der am 12. Mai 1003 gestorben war 2 ). Was hätte man alles von der gemeinsamen Wirksamkeit Ottos III. und des Papstes erwarten können, wenn es ihnen gelungen wäre, dank ihrer engen Freundschaft die sachlichen Gegensätze ihrer hohen Ämter zu verhüllen ? Das Schicksal versagte ihnen die Möglichkeit, es auch nur zu versuchen. Irgendeine wichtige Maßregel haben wir aus dem letzten Lebensjahre Silvesters nicht zu verzeichnen. Die Charaktereigenschaften des Südfranzosen, der sich durch sein umfassendes Wissen und durch seine wunderbare Anpassungsfähigkeit zu der höchsten kirchlichen Würde emporgeschwungen hatte, haben sehr heftige Angriffe erfahren 3 ). Ihm ging es wie allen denen, die in wirren Zeiten zwischen wetteifernden Parteien und sogar Reichen stehen und durch ihre geistige Überlegenheit viel Feindschaft auf sich ziehen. Da es hier nur darauf ankommt, die politische Haltung des Papstes zu würdigen, ist die Standhaftigkeit hervorzuheben, mit der er der Kaiserin Theophanu und ihrem Sohne Otto III. diente. Will man ihm vom französischen Standpunkt aus deshalb Vorwürfe machen, so muß man fragen, ob nicht damals für das schwächere westliche Reich der Anschluß an das stärkere östliche die meisten Vorteile bot. Überdies geziemte es einem hohen, an altrömischen Gedanken geschulten Kirchenfürsten wohl, über die werdenden nationalen Unterschiede hinaus dem unverrückbaren Ideal des einen Reiches und der e i n e n Kirche nachzustreben, um auf diese Weise der allgemeinen Wohlfahrt der Völker am besten zu dienen. Erst hatte das französische Königtum die Aufgabe, seiner unbotmäßigen Vasallen Herr zu werden, ehe es eine fruchtbare Außenpolitik, auch gegen Deutschland, treiben durfte. Gerbert schöpfte aus dem römischen Altertum, ganz wie es Otto III. tat. Er erkannte den Kaisergedanken voll an und suchte ihn durch seinen gelehrigen Schüler zu verwirklichen. So befreite er das Papsttum vom Druck des römischen Adels und erhob es zunächst gewissermaßen als kaiserliche Behörde zu der zweiten Gewalt in der Christenheit. Noch vermochte es sich nicht auf solcher Höhe zu behaupten. Nur allzu bald sank es wieder tief hinab, aber die Erinnerung an eine große Zeit verblaßte doch nicht ganz, und man wird Gerbert-Silvester immer unter denjenigen nennen, die dem späteren Aufstieg des Papsttums im 11. Jahrhundert wirksam vorgearbeitet haben. Vgl. oben S. 275. — s ) Jaffe 1, S. 501. Gregorovius 4, S. 7. — 3 ) Gerbert, Introd. S. X X X I V . 277

Für das Königtum Heinrichs II. hatte Silvester gar nichts mehr tun können, weder in Italien noch in Deutschland. Eine so wichtige Veränderung wie der Regierungswechsel ging ohne jede Einwirkung von seiner Seite vor sich. Heinrich blieb auf sich selbst angewiesen und verwüstete von Anfang August bis Anfang September 1003 die Besitzungen des Schweinfurters schonungslos. Schweinfurt wurde zum Teil verbrannt, und Markgraf Heinrich mußte in Böhmen eine Zuflucht suchen. Seine Eigengüter und Lehen wurden verteilt. Daran änderte auch nichts, daß Boleslaw Chabri einen Beutezug über die Elbe in die Markgrafschaft Meißen unternahm, weil ihm Gunzelin die Burg Meißen nicht übergeben wollte 1 ). Heinrich dachte an die Romfahrt. Dann würde er den neuen Papst Johann XVIII. 2 ) treffen, dessen Amtsantritt um die Wende des Jahres stattgefunden haben dürfte. Dann würde auch das Bündnis mit den heidnischen Liutizen zur Sprache kommen 3 ). Mit Recht hat man die Vermutung geäußert, daß dem König viel daran lag, seine treu kirchliche Gesinnung vor aller Welt deutlich zu machen. Er faßte deshalb die Wiederherstellung des Bistums Merseburg ins Auge, dessen Aufhebung 981, wie man sich erinnern wird, starken Anstoß erregt hatte 4 ). Erleichtert wurde die Wiederherstellung durch den Tod des Erzbischofs Gisiler von Magdeburg am 25. Januar 1004. Wenig später wurde am 2. Februar der Bayer Tagino in Gegenwart des päpstlichen Legaten, Bischofs Leo 5 ), Bibliothekars des apostolischen Stuhls, zum Erzbischof, am 6. Februar der Thüringer Wigbert zum Bischof von Merseburg erhoben. Tagino wie Wigbert waren dem König völlig ergeben. Urkundlich wurde die verwickelte Angelegenheit Anfang März geregelt. Doch erreichte Merseburg seinen ursprünglichen Umfang nicht wieder und mußte sich eine Verkleinerung namentlich zu gunsten Haiberstadts gefallen lassen 6 ). Noch vor Mitte Februar hatte Heinrich einen Streifzug gegen Boleslaw Chabri ins Land der Milzener, d. h. in die Oberlausitz7), unternommen, aber nichts erreicht, so daß er nach der Verstärkung des Grenzschutzes gleich wieder heimkehrte, um in Merseburg die demütige Unterwerfung des Schweinfurters8) entgegenzunehmen. Er setzte ihn in Giebichenstein bei Halle a. d. S. gefangen, verzieh ihm aber bald darauf 8 ). Nachdem er dann noch durch die Übertragung seines bayerischen Herzogtums an seinen Schwager Heinrich von Luxemburg (Heinrich V.) am 21. März die Familie Kunigundens begünstigt hatte 10 ), überschritt er Anfang April 1004 die Alpen. Das Etschtal versperrte ihm Arduin, der sich im Jahre vorher in einer Urkunde recht überheblich als „unbesiegtester König" gerühmt l ) Hirsch 1, S. 268. Posse, Markgrafen S. 60. Richter 3, 1, S. 183. Doeberl, Markgrafschaft S. 16. — s ) Lib. pont. 2, S. L X X I , L X X V I . — 3 ) Vgl. oben S. 276. — 4 ) Vgl. oben S. 189. — ») Engelmann S. 102. — •) Hauck 3, S. 411. Holtzmann, Aufhebung S. 53, 61, 64, 75. — ' ) Posse, Markgrafen S. 4. — 8 ) Vgl. oben S. 273. — •) Hirsch 1, S. 299. Posse, Markgrafen S. 61. Richter 3, 1, S. 185. DD. 3 Nr. 91. Artler S. 287. — " ) Riezler 1, 2, S. 16.

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hatte 1 ). Aber seine Herrlichkeit sank rasch genug zusammen2). Dank der Geschicklichkeit der berggewohnten Kärntner gelang es Heinrich, die Feinde am Brentapaß bei Primolano am 11. und 12. April 1004 zu zersprengen und den Erfolg zu erzielen, der 1002 den Deutschen versagt geblieben war 3 ). Er konnte in Verona einziehen, wo er freudig aufgenommen wurde 4 ). Auch der Sohn des Dogen von Venedig begrüßte ihn hier. In Pavia ließ er sich am Sonntag, dem 14. Mai 1004, zum König der Langobarden5) wählen und vom Erzbischof Arnolf von Mailand krönen. Damit folgte er dem Beispiel, das Arduin gegeben hatte, aber gemäß der früher angedeuteten Auffassung wird man daran festhalten, daß er schon wirklich König von Italien war und bloß eine Förmlichkeit nachholte6). Von Arduin hatte Heinrich zunächst nichts zu fürchten. Aber in P a v i a kam es noch am Abend des Krönungstages zu einem schlimmen Aufruhr, dessen Ursache und Hergang allerdings nicht deutlich erkennbar sind. Die strenge Rechtsprechung des Königs, die sich von der Lässigkeit Arduins so stark unterschied, hatte Unzufriedenheit erregt. Übermäßiger Weingenuß bei den festlichen Gelagen führte dann zu Streitigkeiten zwischen den Kriegern und den Bürgern, das niedere Volk rottete sich zusammen und stürzte zu der Königspfalz, die anderen Stände schlössen sich an. Die Gefahr war nicht gering, weil die meisten Deutschen innerhalb und außerhalb der Stadt weit voneinander entfernt im Quartier lagen. Um sich in der Dunkelheit besser verteidigen zu können, legten die tapfer kämpfenden Gefolgsleute des Königs Feuer an, das sich rasch verbreitete. Nachdem sie genügende Verstärkungen erhalten hatten, schlugen sie die Feinde nieder. Dann wurde wild gemordet und geplündert, bis der König, von Mitleid ergriffen, Einhalt gebot. Ein Bruder der Königin war auf den Tod verwundet worden7). „Ganz Italien erschauerte," sagt ein Geschichtsschreiber, „und fürchtete ein ähnliches Schicksal" 8 ). Jedenfalls wurde die Ruhe nicht mehr gestört. Heinrich hatte gar nicht die Absicht, länger jenseits der Alpen zu verweilen, sondern zeigte sich nur noch in Mailand und begnügte sich im übrigen damit, sich von den Städten, die er nicht mehr besuchen konnte, Treue schwören und Geiseln stellen zu lassen. Am 17. Juni 1004 traf er in Zürich Maßregeln zur Wahrung des Friedens im Herzogtum Schwaben, da Herzog Hermann II. am 4. Mai des vorhergehenden Jahres gestorben und dessen gleichnamiger Sohn noch ein Knabe war 9 ). Der Grund, weshalb Heinrich so rasch nach Deutschland zurückkehrte, liegt auf der Hand: er wollte die bedrohliche Macht Boleslaw Chabris brechen. Mitte August 1004 sammelte er sein Heer bei Merse») DD. 3, S. 709 zu 1003. — 2 ) Holtzmann, Urkunden Arduins S. 478. — 3 ) Vgl. oben S. 275. — 4 ) Hartmann 4, 1, S. 165. — ' ) DD. 3, Nr. 70, 74—76 u. öfter. — •) Kroener S. 46. Haase S. 30. Klippel S. 28. Vgl. oben S. 270. — ') Hirsch 1, S. 307. Richter 3, 1, S. 188. Solmi S. 356. — 8 ) Arnulf, Gesta archiepp. Mediolanens. 1 Kap. 16, SS. 8. — ") Hirsch 1, S. 313. Richter 3, 1, S. 189. DD. 3, Nr. 76, 77.

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bürg und ließ glauben, daß er in Polen einfallen wolle. Plötzlich bahnte er sich aber einen Weg durch das Erzgebirge und nahm Böhmen für den bei ihm weilenden rechtmäßigen Herzog Jaromir 1 ) in Besitz. Boleslaw Chabri mußte fliehen, die verhaßten Polen wurden verjagt, Anfang September konnte der König unter allgemeinem Jubel in Prag einziehen und Jaromir feierlich belehnen. Beide zusammen unternahmen dann gegen Ende des Monats die Belagerung von Bautzen, das sich recht tapfer verteidigte, sich aber schließlich auf Befehl Boleslaw Chabris gegen freien Abzug der Besatzung doch ergab 2 ). Ein für die Zukunft wichtiges Ergebnis war durch die deutschen Waffen gewonnen: die Unabhängigkeit Böhmens von Polen. Nach einem kurzen Feldzuge gegen die Friesen 3 ), der uns die Beweglichkeit des Königs und seine Sorge um alle Reichsgrenzen zeigt, marschierte er mit einem Aufgebot aus dem ganzen Reich 1005 wieder um die Mitte August von Leitzkau (sö. Magdeburg) gegen P o l e n . Die Herzöge Heinrich V. von Bayern und Jaromir von Böhmen erfüllten ihre Heerespflicht. Auch die Liutizen rückten mit ihren heidnischen Götzenbildern aus. Unweit der Mündung des Bober gelang es den Deutschen, nach längeren Anstrengungen die Oder zu überschreiten, so daß Boleslaw Chabri, der auf dem andern Ufer lagerte, sein Gepäck im Stich ließ und floh. Sie kamen sogar zum ersten Male bis vor Posen, erlitten aber bei der Verproviantierung erhebliche Verluste und waren daher recht froh, als Boleslaw Chabri Friedensvorschläge machte. E s war von seinem Standpunkt aus ganz richtig, daß er eine Entscheidung vermied und sich um den Abzug des deutschen Heeres bemühte, weil jeder neue Anmarsch desselben in dem unwirtlichen Gelände Gelegenheit genug bot, ihm Verluste beizubringen. Der Erzbischof Tagino von Magdeburg schloß den Vertrag ab, der König billigte ihn, wenn auch ungern genug. Über die Bedingungen sind wir nicht unterrichtet, aber keinesfalls waren sie günstig für das deutsche Reich. Es wird alles beim alten geblieben sein, wenn auch Boleslaw mit unverbindlichen Beteuerungen seiner Ergebenheit nicht gekargt haben mag 4 ). Man wird den Polenkriegen Heinrichs II. am besten gerecht werden, wenn man sie mit den modernen Kolonialkriegen vergleicht, von denen bekannt ist, daß die vollständige Bezwingung eines kulturell niedriger stehenden, durch die Armut und Unwegsamkeit seines Heimatlandes geschützten Feindes sehr schwer erreicht werden kann. E s war selbstverständlich, daß der König nur notgedrungen und, um Schlimmeres zu verhüten, sein Heer nach Osten führte. Seine Aufmerksamkeit mußte immer hauptsächlich auf den Süden und auf den Westen gerichtet sein, und gerade hier bereitete sich allmählich eine Erwerbung vor, die für die Vgl. oben S. 275. — 2 ) Hirsch 1, S. 316. Posse, Markgrafen S. 62. Richter 3, 1, S. 190. Schiemann 1, S. 396. Küster S. 241. Artler S. 288. — 3 ) Hirsch 1, S. 354. — 4 ) Hirsch 1, S. 367. Posse, Markgrafen S. 63. Richter 3, 1, S. 190. Schiemann 1, 5. 397. Artler S. 293.

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Machtstellung seiner Nachfolger eine lange J a h r h u n d e r t e nachwirkende B e d e u t u n g haben sollte. Am 15. Oktober 1002 war Herzog Heinrich von Burgund, ein Bruder H u g o Kapets, gestorben, ohne rechtmäßige Erben zu hinterlassen. Den Sohn seiner Gemahlin Gerberga von Chalon-sur-Saône aus ihrer früheren E h e mit König Adalbert von Italien, O t t o W i l h e l m , h a t t e er an Kindess t a t t angenommen u n d reich ausgestattet. Otto Wilhelm besaß das Gebiet des Erzbistums Besançon sowie die Grafschaften Mâcon, Autun, Auxerre u n d Nevers u n d war durch seine Heirat mit E r m e n t r u d , einer geborenen Gräfin von Rouci (sö. Laon) und Witwe Graf Alberichs I I . von Mâcon, der Schwager des Bischofs B r u n von Langres, der wieder d u r c h seine Verwandtschaft mit dem deutschen u n d dem französischen Königshaus und seine persönliche Tüchtigkeit eine bedeutende Stellung einnahm 1 ). Der älteste Sohn Otto Wilhelms, Wido, unterstützte ihn bei der Verwaltung seiner Herrschaften, der jüngere, Rainald I., ehelichte Adela, die Tochter Herzog Richards I I . von Normandie, und verwaltete hauptsächlich das Gebiet zwischen Saône u n d J u r a , das später als Grafschaft bzw. Freigrafschaft Burgund (Franche-Comté) bekannt geworden ist. Es entsprach dem Erzsprengel Besançon. Von Otto Wilhelms Töchtern war die eine mit dem Grafen Landerich von Nevers, die andere, Agnes, seit 1019 mit Herzog Wilhelm V. dem Großen von Aquitanien 2 ), die dritte, Gerberga, mit Markgraf Wilhelm I I . von Provence vermählt. Otto Wilhelm besaß Land innerhalb Frankreichs u n d des burgundischen Königreichs, gehörte also zu den Doppelvasallen, die in späterer Zeit in den deutsch-französischen Beziehungen eine beachtenswerte Rolle spielen sollten 3 ). Beweglichen Geistes, sehr unternehmungslustig und ehrgeizig, war er u m das J a h r 1000 der mächtigste unter den Großen des burgundischen Herzogs und machte, wie nicht anders zu erwarten war, nach dessen Tode den Versuch, die reiche E r b s c h a f t anzutreten. Die Gefahr, die dem französischen Königreich durch Otto Wilhelm drohte, k a n n man sich am besten durch einen Vergleich mit der burgundischen Macht im 15. J a h r h u n d e r t vorstellen. Als daher Otto Wilhelm sich des Herzogtums seines Stiefvaters bemächtigen wollte, entschloß sich Robert, sowohl als König wie als Neffe des verstorbenen Herzogs Heinrich, Gewalt anzuwenden. Das war nicht einfach; denn Otto Wilhelm konnte auf die Unterstützung fast aller Großer zählen. Nur Hugo, Graf von Chalon-sur-Saône u n d Bischof von Auxerre, widerstrebte ihm und stellte sich dem König zur Verfügung. Zusammen mit dem Sohne Herzog Richards I I . von Normandie, Richard I I I . , der ihm zahlreiche treffliche Krieger zuführte, belagerte Robert Anfang November 1003 die hochgelegene Burg von Auxerre. Bischof Hugo h a t t e sich vorher ins königliche Lager begeben. Vergeblich versuchte A b t Odilo von Cluni, Hirsch 1, S. 382. Bresslau, Konrad 2, S. 39. Pfister S. 253, 260, 391. Sackur, Cluniacenser 2, S. 469. Poupardin, Bourgogne S. 201, 233f., 418. Chaume 1, S. 463, 489. Flach 4, S. 381. — ") Richard 1, S. 177. — 3 ) Kienast 1, S. 13 u. sonst.

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der „König" der Mönche, den Frieden herzustellen. Robert ließ stürmen, erreichte seinen Zweck aber nicht und mußte abziehen1). Erst im Hochsommer oder Herbst 1005 gelang es ihm, nach dreimonatiger Belagerung Âvallon (sö. Auxerre) durch Hunger zur Ergebung zu zwingen. Otto Wilhelm und sein Schwiegersohn Landerich unterwarfen sich. Letzterer bekam die Grafschaft Auxerre und für seinen Sohn Rainald die Hand der Schwester des Königs, Adela. 2 ) So gliederte sich das Herzogtum Burgund zunächst ohne Herzog dem französischen Reiche wieder ein, und das bedeutete für den König einen ansehnlichen Machtzuwachs. Ungefähr um diese Zeit trennte sich König Robert von seiner Gemahlin Bertha, der Schwester König Rudolfs III. von Burgund, um derentwillen er jahrelang allen kirchlichen Strafurteilen getrotzt hatte 3 ). Die Einzelheiten fehlen uns. Man kann die Frage aufwerfen, ob nicht der König meinte, er würde leichter zu einem Abkommen mit Heinrich II. gelangen, wenn er gar nicht mehr als Bewerber um die künftige Nachfolge im Königreich Burgund in Betracht käme. Denn Heinrich II. verlor es nicht aus den Augen. Im Juli 1006 brachte er B a s e l in seine Hand, das seit 926 zu Burgund gehört hatte 4 ), dessen Diözese aber nur zum Teil auf burgundischem, zum Teil auf deutschem Gebiet lag, und dessen Bischof auch Doppelvasall gewesen zu sein scheint 5 ). Vermutlich hat er sich gleich jetzt von Rudolf III. eidliche Erklärungen wegen der Nachfolge geben lassen. Heinrich legte großen Wert darauf, sich über die burgundischen Angelegenheiten mit Robert von Frankreich zu besprechen. Nachdem sich Bischof Notker von Lüttich bei einem Besuch in Paris als geschickter Unterhändler bewährt hatte 8 ), trafen sich die beiden Herrscher wohl im August 1006 an der Maas 7 ). Wie man annehmen kann, erfolgte eine Verständigung auf der Grundlage, daß Robert künftig das Herzogtum, Heinrich das Königreich Burgund erhalten sollte. Darüber hinaus einigten sie sich, gemeinsam gegen Flandern vorzugehen, das ihnen beiden unbequem war. Graf Balduin IV. genannt der Bärtige war von dem unruhigen Ehrgeiz erfüllt, sich zwischen seinen beiden großen Nachbarstaaten eine möglichst unabhängige Herrschaft zu sichern. Man rühmte später an ihm, daß er als erster den ritterlichen Kriegsdienst ausgebildet habe. Bei seinem Verhältnis zu König Robert II. wird man nicht vergessen 8 ), ') Pfister S. 257. Sackur, Cluniacenser 2, S. 18 mit der Zeit. Chaume 1, S. 477. Brackmann, Pol. Wirk. S. 39. — 2 ) Hirsch 1, S. 385. Pfister S. 258. Sackur 2, S. 19. Poupardin, Bourgogne S. 226. Steenstrup S. 302 Nr. 54, 55. — 3 ) Hirsch 1, S. 400. Pfister S. 60. Lot, Études S. 127 Anm. 2 mit der Zeit. Vgl. oben S. 225. — 4 ) Vgl. oben S. 30. — 5 ) DD. 3, Nr. 117, 118. Hirsch 1, S. 391. Pfister S. 365. Poupardin, Bourgogne S. 120. — 8 ) Hirsch 1, S. 401. Pfister S. 363. Richter 3,1, S. 193. Bresslau, Erläuterungen S. 175 Anm. 2 mit der Zeit. — ') Kurth, Notger 1, S. 109. — 8 ) Vgl. oben S. 217. 282

daß dieser des Grafen Mutter, Susanne, 992 verstoßen, aber ihre Mitgift, Montreuil, behalten hatte. Leider sind die Quellen über die Vorgänge in den Niederen Landen dermaßen dürftig, daß eine innere Verknüpfung der wenigen überlieferten Tatsachen kaum möglich ist. Balduin entriß mit Hilfe des Grafen Lambert von Löwen 1 ) dem hochbetagten Markgrafen Arnolf Valenciennes, das nach dem Willen Ottos I. zur Verteidigung der Grenze gegen Frankreich dienen sollte 2 ). Jetzt traf es sich, daß Deutschland ebenso wie Frankreich eine dritte aufstrebende Macht niederhalten wollte. Mit den Königen zog Herzog Richard II. von Normandie ins Feld 3 ). Der alte Gegensatz zwischen Normannen und Flandrern beruhte darauf, daß ihre Ausdehnungspläne sich kreuzten. Im September 1006 belagerten sie zu dreien Valenciennes, aber vergeblich, und das wirft ein eigenartiges Licht auf die Unvollkommenheit der technischen Hilfsmittel, die gegen einigermaßen starke Mauern nichts ausrichten konnten. Im folgenden Jahre (1007) überließ Heinrich die Kriegführung gegen Boleslaw Chabri, vor dem ihn zu Ostern (6. April) Jaromir von Böhmen und die Gesandten der Liutizen gewarnt hatten, seinen Großen und ging selbst wieder nach F l a n d e r n , aber, wie es scheint, ohne Robert von Frankreich. Er überschritt die Scheide und nahm am 19. August die Burg von Gent. Die Mönche der Abtei St. Bavo bereiteten ihm einen freundlichen Empfang. Durch die Verwüstung seines Landes und die Gefangennahme einiger seiner Großen erschreckt, lieferte Balduin Valenciennes wieder aus und versprach, künftig Frieden zu halten 4 ). Er wurde später damit belehnt, doch läßt sich der Zeitpunkt nicht genau bestimmen, wie überhaupt die Verhältnisse an der dortigen deutschfranzösischen Grenze vor einer umfassenden Gesamtdarstellung schwer aufzuklären sind. Sehr viel spätere politische Erwägungen haben die Wahrheit oft verdunkelt. Der deutsche König mochte glauben, daß eine ruhige Zeit anbreche, und vollzog am 1. November 1007 zu Frankfurt a. M. auf einer Synode die seit einigen Jahren mit ebensoviel Geschick wie Zähigkeit vorbereitete Stiftung des Bistums B a m b e r g . Markgraf Heinrich von Schweinfurt war gedemütigt 5 ), aber sein Besitz immer noch beträchtlich, und dagegen sollte ein geistliches Gegengewicht geschaffen werden. Überdies wußte Heinrich, daß ihm Nachkommenschaft versagt bleiben würde, und darum sollte Gott ihn beerben. Wenn Otto III. Rom über alles geliebt hatte 6 ), so konnte man von Heinrich II. sagen, daß Franken seinem Herzen am nächsten stand. Papst Johann X V I I I . war mit der Neugründung einverstanden, nur der Vanderkindere 2, S. 113. — J ) Vgl. oben S. 174,179. — 3 ) Hirsch 1, S. 395. Richter 3,1, S. 193. Pfister S.219. Vanderkindere 1, S. 89, 296. Steenstrup S. 302 Nr. 54. — *) Hirsch 2, S. 11. Richter 3, 1, S. 196. Vanderkindere 1, S. 90. Fris, Bibliographie Nr. 128. Willems, Frontières S. 29. Lot, Frontière S. 15 Anm. 1. Fris, Histoire S. 24. — 6 ) Vgl. oben S. 278. — •) Vgl. oben S. 254, 257.

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Bischof von Würzburg, der einen Teil seiner Diözese verlieren sollte, widerstrebte noch einige Monate, bis es am 7. Mai 1008 gelang, auch ihn durch einige Zugeständnisse willfährig zu machen. Es wurde die Aufgabe Bambergs, unter den bisher immer vernachlässigten Wenden deutsches Christentum und deutsche Gesittung zu verbreiten, und insofern diente es auch der Ausbreitung deutscher Macht 1 ). Noch entschied der Wille des Königs in der Kirche zu ihrem Besten. Überaus reich beschenkte Heinrich das neue Bistum, und dadurch erregte er heftige Unzufriedenheit bei den Brüdern seiner Gemahlin, die nach dem Tode des Erzbischofs Liudolf von Trier am 6. oder 7. April 1008 offenkundig wurde. Zu dessen Nachfolger wurde der Propst von St. Paulin zu Trier, Adalbero, ein Bruder der Königin Kunigunde, der aber noch nicht das vorschriftsmäßige Alter hatte, gewählt, weil man auf diese Weise der königlichen Zustimmung sicher zu sein glaubte. Aber diese Rechnung stimmte nicht. Schon war ja ein Schwager des Königs, Heinrich V., Herzog von Bayern, ein anderer, Dietrich II., Bischof von Metz, ein dritter, Friedrich, Graf von Luxemburg 2 ), ein Schwager dieser Herren, Gerhard von Elsaß, Graf von Metz 3 ). Die Stellung einer einzigen Familie im Westen weiter zu verstärken, trug Heinrich doch Bedenken. Er beachtete daher die Wünsche der Luxemburger nicht und gab Trier einem Kämmerer des Erzbischofs Willigis von Mainz, Megingoz. Adalbero aber konnte auf die Hilfe der Bürgerschaft zählen und setzte Trier in Verteidigungszustand. Heinrich mußte Anfang September 1008 eine regelrechte Belagerung beginnen. Die Stadt nahm er und ließ seinen Erzbischof konsekrieren, dessen Widersacher bannen. Die Burg hielt sich wochenlang, mindestens bis in den November hinein. Schließlich hätte sie der Hunger zur Ergebung gezwungen, aber Heinrich V. von Bayern veranlaßte seinen königlichen Schwager durch eine falsche Darstellung der Lage, der Besatzung freien Abzug zu bewilligen. Kaum hatte sich das königliche Heer entfernt, als Adalbero wieder in Trier amtierte, während Megingoz bis zu seinem Tode von Koblenz aus eine Nebenregierung versuchte 4 ). Lothringen hatte unter diesen kriegerischen Wirren ganz furchtbar zu leiden, wie ein Zeitgenosse lebhaft beklagt 5 ): „Die Städte werden entvölkert, Flecken und Dörfer in Brand gesteckt, Menschen ohne Unterschied des Geschlechtes durch Eisen, Hunger, Feuer und Seuchen dahingerafft, viele Edle in Armut und großes Elend gestürzt, wenn nicht mit dem Schwert getötet, Weinstöcke entwurzelt, Bäume abgehauen, Klöster geleert." Man kann es begreifen, wenn er sagt: „Das Leben wird einem verhaßt, der Tod wahrhaft begehrenswert." Hirsch 2, S. 42. Hauck 3, S. 424. v. Guttenberg S. 26. Riezler 1 , 2 , S. 25. — ) Hirsch 1, S. 537. — 3 ) Vanderkindere 2, S. 334, 424. Parisot, Origines S. 386, 395. 531 Anm. 3. — 4 ) Hirsch 2, S. 198, 209. Richter 3, 1, S. 199. Hauck 3, S. 402. Parisot, Origines S. 388. — 5 ) Vita Adalberonis, K a p . 27, SS. 4, S. 668. 2

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Es stand zu befürchten, daß Bayern durch seinen luxemburgischen Herzog zum Mittelpunkt einer weitverzweigten Empörung wurde. Darum setzte ihn der König Ende April oder Anfang Mai 1009 in Regensburg ab und verwaltete sein angestammtes Land von da an wieder selbst, so gut er das neben den sonstigen Reichsgeschäften zu tun vermochte 1 ). Nach Anfang Juni 1009 zog Heinrich vor Metz, dessen Bischof Dietrich II. dem vertriebenen Bayernherzog, seinem Bruder, eine Zuflucht gewährt hatte. Aber ebensowenig wie im Vorjahre Trier, gelang es ihm jetzt trotz mehrwöchiger Belagerung, Metz zu nehmen. Seine Slawen, das heißt doch wohl die heidnischen Liutizen, mißhandelten die unglückliche Bevölkerung furchtbar, schonten auch Klöster nicht. In einem Falle ersetzte er den Schaden und suchte künftigen Ausschreitungen vorzubeugen. Der einzige Gewinn des Unternehmens war die Eroberung Saarbrückens 2 ). Hirsch 2, S. 213. Riezler 1, 2, S. 20. — 2 ) Hirsch 2, S. 283. Richter 3, 1, S. 201. Bresslau, Erläuterungen S. 154 Anm. 2. Parisot, Origines S. 391. Hauck 3, S. 629.

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ZWEITES K A P I T E L .

KAISERKRÖNUNG UND POLENKRIEGE. (1007-1018.) Die Ruhe war im Westen wenigstens soweit hergestellt, daß der Kampf im Osten wieder aufgenommen werden konnte. Man erinnert sich, daß Heinrich 1007 darauf verzichtet hatte, ihn persönlich zu führen, weil er anderweitig beschäftigt war 1 ). Damals erklärte er Boleslaw Chabri förmlich den Krieg. Mit dem Oberbefehl beauftragte er den Erzbischof Tagino von Magdeburg. Aber dieser bewährte sich gar nicht. Ehe er noch seine Sachsen gesammelt hatte, plünderte der Polenherzog bis in die Gegend von Magdeburg und eroberte Zerbst (sö. Magdeburg). Dann wich er vor dem deutschen Aufgebot zurück, aber dieses wagte es bei seiner geringen Stärke nicht, ihn weiter zu verfolgen, und kehrte vor Jüterbog um. Unangefochten konnte Boleslaw Bautzen bedrängen und schließlich, als die erhoffte Hilfe nicht kam, zur Ergebung zwingen. Außerdem eroberte er drei Gaue links der Oder2). Damit gehorchte ihm die ganze später sogenannte Oberlausitz (1007). Es ist natürlich, daß Heinrich sich alle Mühe gab, diese Scharte auszuwetzen. Das Ansehen der deutschen Macht im Slawenlande war ernstlich erschüttert. Dabei lähmte die Wildheit, mit der die deutschen Großen gegeneinander wüteten, jedes planmäßige Vorgehen. Markgraf Gunzelin von Meißen lag in heftigem Streit mit seinem Neffen, dem Grafen Hermann, der eben Bautzen an die Polen verloren hatte. Hermann, der älteste Sohn Eckhards I. von Meißen und Gatte einer Tochter Boleslaw Chabris, besaß mitten in der Mark Meißen als Allod das durch den Elbübergang wichtige Strehla. Gunzelin griff es vergeblich an und verbrannte ein anderes Allod seines Feindes, Rochlitz an der Mulde. Hermann wieder zerstörte eine uns nicht näher bekannte, prächtig ausgestattete Burg an der Saale. Gegen Gunzelin sprach, abgesehen von allem übrigen, daß er mit seinem Stiefbruder Boleslaw Chabri verräterische Beziehungen unterhielt. Heinrich duldete das nicht und übertrug im Sommer 1009 die Markgrafschaft Meißen dem eben genannten >) Vgl. oben S. 283. — ') Hirsch 2, S. 14. Richter 3, 1, S. 194. Posse, Markgrafen S. 65. Schiemann 1, S. 398. Artler, S. 295.

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Grafen Hermann. Gunzelins Strafe, Haft bei einem Bischof, fiel milde genug aus 1 ). Werner, der Markgraf der (sächsischen) Nordmark aus dem Hause Walbeck, überfiel am 13. November 1009 den Grafen Dedi I. von Wettin, der ihn aus seinem Amt verdrängen wollte, bei Mose in der Nähe von Wolmirstedt (n. Magdeburg) und tötete ihn. Um Anfang 1010 wurde der Schuldige abgesetzt, und die Nordmark kam an Bernhard, den Sohn ihres früheren Inhabers Dietrich (f 985) 2 ). Solche Vorgänge waren sicher kein günstiges Vorzeichen für einen gemeinsamen Kampf gegen den äußeren Feind. Haß und Rachsucht mußten die Gemüter der Beteiligten erfüllen. Mitte August 1010 begann der Vormarsch gegen P o l e n . Mit Hilfe Jaromirs von Böhmen, dessen Treue gegen den König hervorgehoben wird, wurde die Elbe bei Belgern (sö. Torgau) überschritten, und das Heer gelangte bis zu dem von dem berühmten Gero gegründeten Orte Jarina, wohl Gehren bei Luckau in der Niederlausitz. Unglücklicherweise erkrankten sowohl der König als der Erzbischof Tagino, und die Fürsten wußten nicht mehr recht, was sie tun sollten. Schließlich einigten sie sich dahin, daß der König mit einigen Bischöfen und der Masse geringwertiger Truppen heimkehren sollte. Andere Bischöfe und weltliche Große verwüsteten Nieder- und Mittelschlesien. Boleslaw Chabri schloß sich in Glogau ein. Seine Leute wollten durchaus kämpfen, und er zügelte ihren Eifer nur dadurch, daß er ihnen auseinandersetzte, er könne, ob er nun siege oder nicht, Verluste nicht wieder ausgleichen, die Deutschen aber könnten es. Darum sei es ratsam, eine Entscheidung zu vermeiden. Die Bemerkung ist nicht unwichtig für die Beurteilung der deutschen und der polnischen Bevölkerungszahl. Als Mitte September 1010 der wieder genesene König seine zurückgekehrten Truppen begrüßte, war wenig genug erreicht 3 ). Niemand wird glauben, daß er sich leichten Herzens damit zufrieden gab. Aber was sollte er machen ? Bald genug mußte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Westen zuwenden. Um Anfang Juli 1011 versuchte er auf einer Mainzer Versammlung, die Streitigkeiten mit seinen Schwägern um das Bistum Metz gütlich beizulegen; es wurde scheinbar auch eine Einigung erzielt, aber die Luxemburger wollten sich an den Großen rächen, die wirklich oder angeblich den König gegen sie eingenommen hätten, und überfielen sie auf dem Heimwege bei Odernheim (sw. Mainz). Es gab viele Tote. Zwar konnten sich die Bischöfe retten, aber Herzog Dietrich I. von Oberlothringen wurde schwer verwundet und gefangen genommen. Bedauerlicher noch als der blutige Frevel selbst war die Tatsache, daß Heinrich gar nicht in der Lage war, ihn zu ahnden. Dietrich l ) Hirsch 2, S. 275. Posse, Markgrafen S. 68. — *) Hirsch 2, S. 288. Posse, Markgrafen S. 228 u. Wettiner S. 39, Nr. 8 mit dem Tage. — ») Hirsch 2, S. 292. Richter 3, 1, S. 102. Köster S. 121. Artler S. 296.

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mußte sich selbst durch Geiselstellung und Zahlung eines Lösegeldes befreien 1 ). Ebensowenig vermochte der König, in Metz seinen Willen durchzusetzen. Im Juni oder Juli 1012 belagerte er die Stadt wie schon im Jahre 1009, aber wieder vergeblich 2 ). Inzwischen war in B ö h m e n ein jäher Umschwung eingetreten, der die Lage dort und in Polen noch unklarer gestaltete. Herzog Jaromir, der seine Heerespflicht für Deutschland immer getreulich erfüllt hatte, verscherzte sich durch eine unüberlegte Gewalttat die Gunst des Königs, und so konnte ihn sein eigener Bruder Udalrich am 12. April 1012 vertreiben. Jaromir fand eine Zuflucht bei seinem bisherigen Feinde Boleslaw Chabri3). Gegen diesen sammelte sich am 24. Juli der sächsische Heerbann bei Schrenz (nö. Halle a. d. S.), aber der Kriegsrat wollte wohl in Abwesenheit des Königs keinen Zug nach Polen hinein wagen und sich lieber mit der Sicherung der festen Plätze in den Marken begnügen. Das gelang nicht, weil eine Überschwemmung den Marsch hemmte. Boleslaw Chabri erstürmte am 20. August 1012 die zu Anfang des Jahres vom König wieder aufgebaute Burg Lebusa (s. Dahme) in der Niederlausitz und verbrannte sie. Dann zog er mit seiner Beute ab. Von nun an lief die Grenze seines Reiches an der Schwarzen Elster entlang 4 ). Der König, den seine Gemahlin Kunigunde geistesgegenwärtig vertreten hatte, mußte nach seiner Rückkehr in die östlichen Gegenden zuerst die böhmischen Angelegenheiten ordnen. Jaromir ließ er Ende September oder im Oktober trotz seiner flehentlichen Bitten gefangen setzen und belehnte Udalrich, der dann gleich seine Herrschaft durch harte Maßregeln zu befestigen strebte 5 ), mit Böhmen. Vor Ende Oktober erneuerte Heinrich sein Bündnis mit den Liutizen, die in der letzten Zeit nicht mehr für die Deutschen gekämpft hatten 6 ). Dann ließ er auf einer Koblenzer Synode beschließen, daß der widerspenstige Bischof Dietrich II. von Metz bis auf weiteres keine Messe mehr lesen dürfe. Er erzielte einen gewissen Erfolg. Ende November 1012 unterwarf sich ihm zu Mainz ein Teil der Luxemburger Partei: gerade Dietrich und andere Führer taten es aber nicht 7 ). Merkwürdig genug war es, daß es dem König nicht gelingen wollte, die Familie seiner Gemahlin zum Gehorsam zu zwingen. Doch eröffneten die nächsten Monate im Osten freundlichere Aussichten. Boleslaw Chabri plante einen Krieg mit Rußland und wollte sich daher guter Beziehungen zu Deutschland versichern. Er hatte seine jüngste Tochter mit dem Adoptivsohn Wladimirs des Heiligen, Swjatopolk, verheiratet und auf diese Weise einen wertvollen Bundesgenossen gerade gegen Deutschland zu S. 207. S. 118. Köster Richter

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Hirsch 2, S. 310. Parisot, Origines S. 392. — 2 ) Hirsch 2, S. 335. Richter 3, 1, Parisot, Origines S. 393. Vgl. oben S. 285. — 3 ) Hirsch 2, S. 326. Bretholz — 4 ) Hirsch 2, S. 316, 334. Richter 3, 1, S. 205. — *) Hirsch 2, S. 337. S. 241. — «) Hirsch 2, S. 339. Richter 3, 1, S. 208. — ') Hirsch 2, S. 343. 3, 1, S. 208. Parisot, Origines S. 394.

bekommen gehofft. Man kennt ja aus der oströmischen Geschichte die stürmische Tapferkeit der Russen. Wladimir faßte aber Argwohn gegen die Polin und setzte sie ebenso wie den Bischof Reinbern von Kolberg, der sie zu ihm geleitet hatte, gefangen. Reinbern starb im Kerker. Um sich dafür zu rächen, knüpfte Boleslaw mit Heinrich Verhandlungen an und ließ erst seinen Sohn Miseko II. Anfang Februar 1013 zu Magdeburg den Lehenseid schwören. Dann kam er zu Pfingsten (24. Mai) selbst nach Merseburg, nachdem ihm für seine Sicherheit Geiseln gestellt worden waren, leistete auch den Lehenseid in die Hände des Königs und trug ihm beim Kirchgang das Schwert voraus. Dieser Äußerlichkeit, die den Schein deutscher Überlegenheit wahren sollte, entsprach die Wirklichkeit nicht. Der Frieden wurde geschlossen, aber der Herzog behielt, was er erobert hatte, die Niederlausitz und Bautzen. Er versprach Heeresfolge nach Italien und bekam dafür deutsche Hilfe gegen die Russen zugesichert. Es war das erstemal, daß eine slawische Macht auf der Grundlage zwar nicht der rechtlichen, aber doch der tatsächlichen Gleichstellung mit dem deutschen Reich einen Vertrag schloß1). Man braucht Heinrich nicht für so leichtgläubig zu halten, daß er gemeint hätte, Boleslaw würde ihm künftig wahrhaft treu bleiben, sondern er wird Zugeständnisse einfach deshalb gemacht haben, weil er jetzt Kaiser werden wollte und im Augenblick nicht mehr erreichen konnte. Für später behielt er sich vor, das Lehensband, dessen Bedeutung man in keiner Weise unterschätzen darf, schärfer anzuziehen. Die Hauptsache war vom deutschen Standpunkt, daß Polen eine Zeitlang Ruhe hielt, und unter diesem Gesichtspunkt ist auch die gleichzeitige Verheiratung des jungen polnischen Thronfolgers Miseko II. mit Richeza, einer Tochter des Pfalzgrafen Ezzo von Lothringen und der Mathilde, einer Tochter Kaiser Ottos II. 2 ), zu beurteilen, wobei man beachten wird, daß Ezzo bisher mit der königsfeindlichen luxemburgischen Partei zusammengegangen war. Wie furchtbar das östliche Grenzland durch den andauernden Kriegszustand gelitten hatte, zeigt uns das Beispiel des Bistums Meißen. Bischof Eiko klagte, es sei durch die häufigen Einfälle der Feinde verödet und fast entvölkert, so daß er ihm eigentlich nur noch dem Namen nach vorstehe. Die Feinde hätten alles dermaßen ausgeraubt, daß dem geistlichen Stand weder die schuldige Ehre noch irgendeine Hilfe geleistet werden könne. Am 19. Juli 1013 schenkte Heinrich daher dem Bischof sechs Ortschaften3), um den erlittenen Schaden etwas auszugleichen. Boleslaw Chabri verwüstete dann russisches Gebiet und erfreute sich dabei deutscher Unterstützung. Wir bekommen einen Begriff von seiner grausamen Gewaltsamkeit, wenn wir hören, daß er petschenegische ') Hirsch 2, S. 392. Richter 3,1, S.209. Schiemann 1, S. 398. Baumgarten, Tafel 1. — ») Hirsch 3, S. 88. v. Halko S. 24 mit der Zeit. Witte, Reichsgesch. S. 336. — ») DD. 3 Nr. 269. C a r t e l l i e r i , Welutellung.

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Hilfstruppen, die mit seinen Leuten in Streit geraten waren, einfach niederhauen ließ 1 ). Heinrich konnte den immer wieder hinausgeschobenen Römerzug endlich vor Jahresende 1013 antreten. Es wird uns berichtet, daß sich die Truppen in guter Stimmung sammelten. Nur die Polen fehlten, und bald sollte es sich zeigen, daß Boleslaw gar nicht daran dachte, seine Versprechungen zu halten. Er schickte nicht nur keine Hilfe, sondern versuchte, durch geheime Späher die Italiener aufzuhetzen. Anderseits klagte er dem Papste, daß er wegen der Nachstellungen des Königs ihm nicht den Peterspfennig entrichten könne 2 ). Während der langen Abwesenheit des deutschen Königs waren die Bischöfe ihm treu geblieben, vor allem Leo von Vercelli, und Warin von Modena nannte sich 1009 geradezu „kaiserlicher Bischof". Es kam aber auch vor, daß in der Datumzeile einer Urkunde ausdrücklich erwähnt wurde, daß kein Kaiser vorhanden sei 3 ). In R o m hatte sich nach dem Tode Silvesters II. 4 ) Johann Crescentius, Sohn des 998 hingerichteten Johann Crescentius Nomentanus 5 ), als Patricius der Herrschaft bemächtigt, über das Papsttum verfügt und richterliche Gewalt geübt®). Deutscherseits nannte man ihn den Zerstörer des apostolischen Stuhles 7 ) und machte ihm seine Doppelzüngigkeit zum Vorwurf: zwar schickte er an Heinrich Gesandte und machte ihm schöne Versprechungen, in Wahrheit aber fürchtete er sich vor dem künftigen Kaiser und suchte dessen Kommen zu vereiteln. Auch behauptete man, daß er die milden Gaben, die von Gläubigen am Altar der Apostelfürsten niedergelegt würden, für sich verwende. Sicher ist, daß während einer Reihe von Jahren kein Papst etwas zu bedeuten hatte. Dieser Johann Crescentius starb in den ersten Monaten des Jahres 1012. Jetzt gewannen die ihm feindlichen, eher deutschfreundlichen Kräfte größeren Spielraum, und am 18. Mai, wie es scheint, wurde Theophylakt, Sohn des Grafen Gregor I. von Tuskulum aus dem Geschlechte des bekannten Senators Theophylakt I. und der Theodora 8 ), als Benedikt VIII. geweiht 9 ). Er war ein Laie, militärisch bewährt, nicht frei von Simonie, aber in dieser harten Zeit ganz der richtige Mann. Er besaß Eigenschaften, die ihn vom Papsttum hätten ausschließen sollen, und gerade ihnen verdankte er es, daß er den damaligen Aufgaben seines Amtes gerecht wurde. Hirsch 3, S. 11. Ediger S. 28. — 2 ) Hirsch 3, S. 12. Vgl. oben S. 252. — Hirsch 2. S, 364 Anm. 2, 371. Pivano S. 257, 263. Hartmann 4, 1, S. 169. — *) Vgl. oben S. 277. — s ) Vgl. oben S. 246. — «) Hirsch 2, S. 382. Gregorovius 4, S. 12. Bossi, Crescenzi S. 64, 66, 79. Hartmann 4, 1, S. 172. Schneider, Rom S. 201. Schramm, Renov. 1, S. 189. — ') Thietmar 8, Kap. 71. — 8 ) Poole, Benedict S. 16, Stammtafel S. 32. Vgl. oben S. 9. — ») Lib. pont. 2, S. L X X V I . Hartmann 4, 1, S. 174. Buzzi, Cronologia S. 18. Bossi, Crescenzi S. 82. Poole, Papal Chron. S. 207, dem ich folge, u. Benedict S. 17. Hauck 3, S. 519, 526. s)

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Der Gegenpapst Gregor, den die Verwandten des verstorbenen Crescentius begünstigten, konnte sich erst gar nicht zur Geltung bringen u n d suchte zu Weihnachten 1012 in Pöhlde Heinrich auf. Dieser k a m auf diese Weise in die beneidenswerte Lage, Schiedsrichter des Papstt u m s zu sein. E r n a h m Gregor die Abzeichen seiner Würde ab. Innerlich war er schon entschlossen, Benedikt anzuerkennen, weil dieser sich bereit erklärt h a t t e , ihn zum Kaiser zu krönen, und am 21. J a n u a r 1013 seine Lieblingsstiftung Bamberg mit einem Lob seines heiligen Eifers bestätigte 1 ). Trotz der Unsicherheit der römischen Parteiverhältnisse erschien es f ü r den deutschen Einfluß nützlich, das A u f k o m m e n eines neuen Hauses, eben der durch die Lage ihrer Stammburg mächtigen Tuskulaner 2 ), zu fördern. Vor Weihnachten 1013 traf Heinrich in Pavia ein 3 ). Arduin sah jeden Widerstand von vornherein als aussichtslos an und suchte erst Zuflucht auf einer Burg. Nach langem Schwanken bot er die Auslieferung seiner Krone und Vergeiselung seiner Söhne, d. h. also den Verzicht auf sein angemaßtes Königtum an, wenn er wenigstens eine Grafschaft bekäme. Heinrich wollte nichts davon wissen und setzte seinen Zug fort 4 ). I n Ravenna hielt er im J a n u a r 1014 eine Synode und traf hier eine Maßregel, die sich auch stark gegen Arduin richtete: alle Bischöfe und Äbte sollten genaue Aufzeichnungen über die ihnen entrissenen Güter und deren gegenwärtige Inhaber machen 5 ). Das bedeutete, wenn es wirklich in großem Maßstabe durchgeführt wurde, eine tiefgreifende Veränderung der Besitzverhältnisse zum Besten der Kirche, und man kann sich denken, wie gern sie deshalb bereit waren, den künftigen Kaiser zu unterstützen. In R o m wurde Heinrich zwar mit dem üblichen Gepränge empfangen, aber es fehlte auch nicht an feindseligen Äußerungen 6 ). Zunächst ging alles glatt. Der König leistete dem Papste Benedikt V I I I . den Sicherheitseid, das Volk wählte, d. h. begrüßte ihn, und d a n n wurden er u n d seine Gemahlin Kunigunde am Sonntag, dem 14. Februar 1014, in St. Peter gesalbt u n d gekrönt. Heinrich ließ seine bisherige Königskrone über dem Altar des Apostelfürsten aufhängen, was sicher seine besondere Verehrung ausdrücken sollte, u n d in der ersten Urkunde 7 ), in der er sich Kaiser nannte, nämlich divina favente dementia Romanorum imperator augustus, vom 15. Februar bekannte er sich zu der Pflicht, sich der göttlichen Vorsehung für seine E r h ö h u n g zum Kaisertum durch besonders ergebenen Dienst dankbar zu erweisen. Nach zwölfjähriger Unterbrechung gab es jetzt wieder einen deutschen K a i s e r in Rom, und er zeigte bald genug, daß er fest gewillt sei, wie das Reich, so die Kirche zu regieren. An einer römischen Synode nahm zwar auch Benedikt V I I I . teil, aber es war der Kaiser, auf den es Jaffe 3996. — 2) Gregorovius 4, S. 10. — s ) Hirsch 2, S. 417. — 4 ) Thietmar 7, Kap. 33. — 5) Hirsch 2, S. 417, 422. Hauck 3, S. 521. Buzzi, Ravenna S. 182. — «) Hirsch 2, S. 425. Gregorovius 4, S. 18. Richter 3, 1, S. 212. Hauck 3, S. 521. Hartmann 4, 1, S. 179. — ') DD. 3 Nr. 283. 19*

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ankam, und ohne Übertreibung oder Schmeichelei, n u r gemäß der t a t sächlichen Lage, n a n n t e ihn der P a p s t in einer Urkunde „unsern r u h m reichsten Sohn, Kaiser Heinrich, unsern Herrn" 1 ). Wie m a n das auch beurteilen mag, das e i n e steht fest, d a ß ohne den starken weltlichen Arm Italien nicht zur R u h e und die Kirche nicht zur Läuterung gekommen wäre. Aber wenn auch die Vorteile der deutschen Oberherrschaft sich noch viel deutlicher offenbart h ä t t e n , konnte m a n niemals erwarten, d a ß die auf ihre Vergangenheit so stolze u n d sehr reizbare Bevölkerung Roms die Anwesenheit fremder Truppen geduldig ertrug. Als am 21. Februar 1014 auf einer Gerichtsversammlung der A b t Hugo von Farfa sich vor dem Kaiser und dem P a p s t gemäß den Ravennater Beschlüssen 2 ) über zwei Verwandte des 1012 verstorbenen J o h a n n Crescentius beschwerte und Heinrich eine Zwangsvollstreckung gegen sie ankündigte, rottete sich das Volk auf der Tiberbrücke zusammen. Es entstand ein blutiges Handgemenge, das bis zur Dunkelheit andauerte u n d auf beiden Seiten viele Opfer forderte. Der Kaiser begnügte sich, den Bürgern zur Strafe eine hohe Steuer aufzuerlegen. Wenigstens hören wir, d a ß er, reich mit Schätzen beladen, den Rückmarsch a n t r a t . Während er fern wäre, sollte der Papst allein mit Waffengewalt der unbotmäßigen Adeligen Herr werden 3 ). Man k a n n es sich schlecht vorstellen, d a ß der Kaiser in R o m nicht genau über die letzten Vorgänge in Unteritalien unterrichtet worden wäre. Der S a r a z e n e n n o t in den neunziger J a h r e n wurde früher gedacht 4 ). Sie h a t t e auch nach dem Tode Ottos I I I . nicht aufgehört. I m Mai 1002 belagerten die Ungläubigen unter der F ü h r u n g eines Renegaten, des Kald Safi, Bari und schnitten der Stadt die Zufuhr ab. Der Doge Peter Orseolo II., dessen Vertrag mit Ostrom von 992 wir kennen 5 ), entschloß sich, mit seiner Flotte Hilfe zu bringen, verließ a m 10. August 1002 Venedig und gelangte gleich nach dem 6. September in den Hafen. E r verproviantierte die schon recht erschöpften Bürger und machte ihnen Mut. Dann eröffnete er den Kampf zu Wasser und zu Lande, wobei feurige Geschosse eine Rolle spielten. Nach drei Tagen, am 18. Oktober, benutzten die Angreifer die Nacht, u m in aller Stille abzufahren 6 ). Man k a n n sich den Jubel der Einwohner und die Ehrenbezeugungen für den siegreichen Dogen denken. Mit Geschenken reich bedacht, erstattete er dem oströmischen Kaiser Bericht. Das Ereignis m u ß t e der Geltung Venedigs in der Adria zugute kommen. Wie stand es mit der Herrschaft Ostroms im Süden der Halbinsel ? Noch schien sie sehr stark, wenn m a n sie mit der der benachbarten kleinen ») Hauck 3, S. 522. — ») Vgl. oben S. 291. — ») Hirsch 3, S. 429, 462. Pivano S. 270. H a r t m a n n 4, 1, S. 180. Baseler S. 55. Bossi, Cresc. Sab. S. 120. — ' ) Vgl. oben S. 248 f. — 5 ) Vgl. oben S. 221. — «) Hirsch 3, S. 145 zu 1002. Schlumberger, £ p . 2, S. 308, 320 u. Manfroni S. 81 unentschieden. Gay S. 368 „ u m 1003". Kretschmayr 1, S. 129 zu 1002.

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Staaten unter den langobardischen Fürsten vergleicht. Es besaß am Anfang des 11. Jahrhunderts die ganze Terra d'Otranto (spätere Grafschaft Lecce), den größten Teil Kalabriens und ganz Apulien. Von diesen drei Landschaften waren die beiden ersten stark hellenisiert, die dritte aber nicht. Sie hatte die lateinische Sprache und das langobardische Recht bewahrt. An der kaiserlichen Regierung sollte es sich bitter rächen, daß sie meist versagt hatte, wenn es galt, den räuberischen Einfällen der Sarazenen Einhalt zu gebieten. Sie mußte, weil es ihr selbst an der Möglichkeit fehlte, dort dauernd Truppen zu halten, die Einrichtung örtlicher Milizen dulden oder fördern. Diese aber erleichterten den Ausbruch von Aufständen, die wohl meistens durch den harten Steuerdruck und die Willkür der Beamten veranlaßt wurden. Man möchte nicht so weit gehen zu sagen, daß der Zustand der Bevölkerung unerträglich war, aber günstig war er keinesfalls. Sprachliche, finanzielle, militärische und kulturelle Gründe wirkten zusammen, um die Befreiung von fremdem Druck ersehnen zu lassen 1 ). Von jeher haben die Männer, die es gewagt haben, sich an die Spitze volkstümlicher Bewegungen gegen verhaßte Unterdrücker zu stellen, die Aufmerksamkeit der Nachwelt erregt: sie werden zu Nationalhelden. In den neueren Zeiten sind sie zahlreicher als in den älteren, aber auch hier gibt es solche, und unter ihnen wird man Meies niemals vergessen. Aber wie wenig weiß man von ihm! Seine Familie gehörte zum begüterten langobardischen Adel. Zusammen mit seinem Schwager Datto schlug er am 9. Mai 1009 gegen die Oströmer los, ohne daß uns eine besondere Veranlassung bekannt wäre. Gleichzeitig bekämpfte ein mohammedanischer Führer namens Ismael denselben Feind in der Gegend von Montepeloso (sw. Bari). Solche Verbindungen von Christen und Ungläubigen wurden immer verpönt und kamen immer wieder vor. Wie wenig die Oströmer selbst eine christliche Gemeinbürgschaft anerkannten, ist j a bekannt. Die Sarazenen konnten jedenfalls Cosenza nehmen und auf diese Weise die Bewegung mittelbar fördern. Zuerst ging alles gut. Meies siegte bei Bitetto in der Nähe von Bari, nahm dieses selbst, und, als zu Ende des Jahres oder zu Anfang des nächsten Jahres (1010) der Katepan starb und es den oströmischen Besatzungen an einem Führer fehlte, brachte er auch noch an der Küste Trani und nach Benevent hin Ascoli in seine Hand. Die langobardischen Fürsten, Waimar IV. von Salerno, Paldolf I I . von Capua und Paldolf I I . von Benevent, hielten sich zurück, legten aber den Aufständischen auch keine Hindernisse in den Weg. Als im März 1010 ein neuer Katepan, Basilius Argyros, genannt Mesardonites, landete, begann er mit vollem Recht im April zuerst die Belagerung von Bari, wo sich Meies und Datto befanden, und schloß es zwei Monate eng ein. Ein Teil der Bürgerschaft, vielleicht eine griechisch gesinnte Partei, knüpfte Verhandlungen mit ihm an und wollte 1

) Schlumberger, fip. 1, S. 535; 2, S. 236; Chalandon 1, S. 1.

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ihm die beiden Führer ausliefern. Diese flohen aber rechtzeitig. Meies •wandte sich nach Capua und Salerno, Datto später nach Rom. Des Meies Gattin aber und sein Sohn wurden nach der Einnahme der Stadt nach Konstantinopel geschickt 1 ). Was lag näher, als daß die Aufständischen den deutschen Kaiser und den Papst zu Hilfe riefen ? Meies war auch schon vor 1017 einmal in Deutschland 2 ), aber wir wissen nicht wann. Heinrich, der des Polenkrieges wegen sich nicht frei betätigen konnte, war sehr einverstanden damit, daß der ihm eng verbundene Papst Benedikt VIII. dem Datto an der Mündung des Garigliano, wohl in der Nähe des Schlachtfeldes von 915, einen Turm überließ, von wo aus er sein Unternehmen gegen Ostrom leichter wieder aufnehmen konnte 3 ). Das wesentliche Ergebnis des Zuges blieb die Kaiserkrönung, eine Unwägbarkeit, deren stille, aber dauernde Wirkung in der Geschichte niemand unterschätzen wird. Als Heinrich heimkehrend sich zu Pfingsten (13. Juni) 1014 in Bamberg aufhielt, hat ihn ein Mönch aus Tegernsee schwungvoll gefeiert 4 ): „Kaiser kehrt er zurück von der weltbeherrschenden Roma." Auch der dichterisch wenig veranlagte Thietmar 5 ) fühlte sich berufen, in gutgemeinten Versen den herrlichen Tag der Kaiserkrönung zu feiern, „an dem Rom sich unserem gnädigen König unterwarf". Noch ließen aber die italienischen Verhältnisse recht viel zu wünschen übrig. Man kann es wohl begreifen, daß derselbe Thietmar 6 ) die ruhmvolle Rückkehr Heinrichs in die ehrliche Heimat pries und gleich nachher bedauernd feststellte, daß das Klima und die Eigenart der italienischen Bevölkerung schlecht zum sächsischen Wesen passe. „Zahlreich sind," so rief er aus, „im Römerland und in Langobardien die Nachstellungen. Wer dorthin kommt, findet wenig Freundlichkeit. Die Fremden müssen alles bezahlen und werden dabei noch betrogen. Viele sterben auch an Gift." Daß man sich im kalten Deutschland wohler fühlte als im sonnigen Italien, war kein verächtlicher Beweis für die kulturellen Fortschritte, die man dort gemacht hatte. Allmählich gelangten die Nationalitäten dadurch, daß sie sich Uber einander ärgerten, zum klareren Bewußtsein ihrer selbst. Nicht mit Unrecht machte Thietmar den Langobarden ihre Unbeständigkeit zum Vorwurf. Schon ehe Heinrich sich entfernt hatte, erhob sich Arduin von neuem. Vor allem suchte er seinen gefährlichsten Feind Leo von Vercelli unschädlich zu machen. Er nahm die Stadt, und Leo mußte froh sein, daß er sich noch rechtzeitig retten konnte. Ebenso •wurde die Diözese Novara schwer heimgesucht. Die wilde Kriegführung der Zeit entrollt sich vor unseren Augen; Kirchen wurden ausgeraubt, Hirsch 3, S. 147. Richter 3, 1, S. 241. v. Heinemann 1, S. 30. Gay S. 399. Schlumberger, £p. 2, S. 542, 552, Chalandon 1, S. 42. — 2 ) Chalandon 1, S. 47. — 3 ) Hirsch 3, S. 150. Vgl. oben S. 9. — 4 ) Tegernseer Briefsamml. S. 118, übers, von Hirsch 2, S. 433. — 5 ) Thietmar 7, Kap. 42. — «) Thietmar 8, Kap. 2.

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Häuser zerstört, Reben abgeschnitten, Bäume entrindet und Meierhöfe an Arduins Anhänger verschenkt. Wir ermessen aus diesen schlimmen Zuständen, welchen Segen eine strenge, aber geordnete und auf die deutsche Macht gestützte Verwaltung zu stiften in der Lage war. Schließlich war die kaiserliche Partei doch stärker. Die bei dem Aufstande führenden vier Otbertiner oder Estenser Markgrafen wurden gefangen gesetzt. Zwei konnten sich befreien, zwei andere wurden in Deutschland zum Verlust ihrer Güter verurteilt. Die Kirche von Vercelli bekam reichlich Ersatz für alle Verluste. Entscheidend war, daß A r d u i n erkrankte und schon im September auf die Fortführung des Kampfes verzichtete. In dem jähen Umschwung seiner Gefühle, wie er damals so oft vorkam, ließ er sich in seinem Familienkloster Fruttuaria (n. Turin) zum Mönche scheren und starb hier, nur noch mit strengen Bußübungen beschäftigt, am 15. Dezember 1015 *). Es wäre müßig, darüber zu streiten, ob sein Königtum national genannt werden durfte oder nicht: jeder Versuch einer italienischen Staatenbildung ohne oder gegen Deutschland trug in sich den nationalen Keim, der aus triebhaftem Fremdenhaß herauswuchs. Arduin war aber weniger ein Feind der Deutschen, als der deutsche Politik treibenden italienischen Geistlichkeit. Sein Auftreten wird unvergessen bleiben als Ausdruck einer unter den weltlichen Großen und den kleinen Vasallen (milites) weitverbreiteten Unzufriedenheit, aber an seiner Persönlichkeit werden hervorstechende Züge kaum festzustellen sein. Das zeigte sich auch darin, daß, wie man hervorgehoben hat, sein Tod an den Verhältnissen in Italien nicht das geringste änderte 2 ). Der Aufstand ging weiter, aber Heinrich hatte im Augenblick dringendere Sorgen. Böhmisch-polnische Verwicklungen nahmen ihn ganz in Anspruch. Boleslaw Chabri hatte nach dem Merseburger Frieden 3 ) seinen Sohn Miseko II. zum Böhmenherzog Udalrich geschickt, um ihn für ein Bündnis zu gewinnen, das sich natürlich irgendwie gegen Deutschland richten mußte. Udalrich argwöhnte, daß er dabei vielleicht Schaden leiden würde, und entschloß sich, Miseko und einige seiner Begleiter gefangen zu setzen, andere sogar zu töten. Durch die Eigenmächtigkeit, mit der er dabei verfuhr, erzürnte er den Kaiser, der ihn zweimal dringend aufforderte, den polnischen Prinzen als seinen Vasallen auszuliefern und ihm keinesfalls ein Leid anzutun. Udalrich gab nach, wenn auch ungern genug. Miseko kam im Sommer 1014 an den deutschen Hof und wurde ehrenvoll gefangen gehalten 4 ). Boleslaw hatte durch sein Verhalten während der Romfahrt den Kaiser gereizt5), und diesem mußte es recht willkommen sein, in der Person Misekos ein wertvolles Pfand zu besitzen. DD. 3, Nr. 320, 322. Hirsch 2, S. 434. Richter 3, 1, S. 212. Pivano S. 271. Sackur, Cluniacenser 2, S. 12. Bloch, Beiträge S. 27. Hartmann 4, 1, S. 184. — 2 ) Holtzmann, Urkunden Arduins S. 479. — 3 ) Vgl. oben S. 289. — 4 ) Hirsch 3, S. 307. Bretholz S. 119. v. Halko S. 28. — 6 ) Vgl. oben S. 290. 295

Wer denkt hier nicht an Heinrich V I . und Richard Löwenherz von England! U m so befremdender wirkte es, d a ß im November der junge Fürst freigelassen wurde, ohne irgendeine Sicherheit zu bieten. Man begnügte sich mit neuen Versprechungen des Vaters und des Sohnes. Es k a m der Verdacht auf, daß polenfreundliche deutsche Große bestochen seien. Glaubte Heinrich tatsächlich, durch Großmut Boleslaws Trotz zu brechen ? Wenn er es t a t , täuschte er sich sehr. Auch nachdem Miseko heimgekehrt war, weigerte sich der Herzog, der Ladung des Kaisers, die zu Weihnachten an ihn erging, Folge zu leisten u n d sich wegen seiner Hilfsverweigerung zu rechtfertigen. E r schickte einen gewissen Stoignew als Gesandten, und in dessen Gegenwart flehten im F e b r u a r oder März 1015 die bisher aufsässigen luxemburgischen Schwäger demütig Heinrichs Gnade an u n d erhielten auch Verzeihung. Stoignew sollte daraus entnehmen, wie auch sein Herr sich zu verhalten habe, wenn er der Strafe entgehen wolle, aber er richtete, wie m a n ihm deutscherseits vorwarf, nachher die Aufträge des Kaisers nicht wahrheitsgemäß aus, sondern belog Boleslaw Chabri. Damit spitzte sich die Lage zu. Zwar suchte Markgraf Hermann von Meißen zu Ostern (10. April) 1015 bei Boleslaw, seinem früheren Schwiegervater 1 ), zu vermitteln, und als er in Merseburg dem Kaiser Bericht erstattete, gelang es auch, Stoignew des Betruges zu überführen. Da aber Boleslaw auf seiner Weigerung, sich zu stellen, beharrte u n d die E n t scheidung durch ein Fürstengericht verlangte, auch über die Art, wie sein Sohn freigelassen worden sei, Beschwerde f ü h r t e , forderte ihn Heinrich schließlich auf, sein Lehen, die Lausitz u n d Bautzen, herauszugeben. Der Herzog gab eine trotzige A n t w o r t : er wolle behalten, was er habe, und erobern, was ihm noch nicht gehöre 2 ). Es handelte sich hier also u m einen politischen Prozeß, u n d wir werden an Tassilo von Bayern 3 ), Heinrich den Löwen, J o h a n n ohne Land erinnert 4 ). Am 8. Juli 1015 sammelte sich das deutsche Heer am linken Elbufer zwischen Riesa und Wittenberg. Der Kriegsplan war sorgfältig überlegt und sah einen Einfall in p o l n i s c h e s G e b i e t durch drei Heere vor, deren mittleres der Kaiser persönlich f ü h r t e . Das nördliche stand unter dem Oberbefehl des Herzogs Bernhard I I . von Sachsen, und hier t a t e n die Liutizen Dienst. Zu dem südlichen gehörten die Bayern u n t e r dem Markgrafen Heinrich I. von der (bayerischen) Ostmark, Sohn Liutpolds I., und die Böhmen unter ihrem Herzog Udalrich. Der Kaiser löste seine Aufgabe. E r drang bei Krossen bis an die Oder vor und bemühte sich, Miseko I I . der auf dem anderen Ufer stand, auf seine Seite zu ziehen, indem er ihn auf die Folgen seines Ungehorsams hinwies. Aber das war umsonst: Miseko hielt, wie es sich gehörte, an der Sache seines ») Posse, Markgrafen S. 58, 66 Anm. 223, 123. — 2 ) Hirsch 3, S. 310. Richter 3, 1, S. 216. — a ) Cartellieri 1, S. 204. — *) Mitteis, dazu Cartellieri, HZs. 137 (1928), S. 296.

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Vaters fest. Am 3. August überschritten die Deutschen den Fluß und schlugen die Polen in die Flucht. Jene hatten geringe, diese erhebliche Verluste. Soweit hätte das Unternehmen Erfolg haben können. Da wurden die Bayern durch polnische Streifscharen in ihrer Heimat festgehalten; die alleingelassenen Böhmen nahmen zwar Bautzen und steckten es in Brand, verloren aber dabei viel Zeit. Herzog Bernhard vermochte erst nach mehrfachen vergeblichen Versuchen etwa in der Nähe von Ktistrin den Oderübergang zu erzwingen, da Boleslaw Chabri selbst ihn mit seiner Reiterei immer geschickt abwehrte. Als Bernhard jenseits des Flusses erkannte, daß er sich doch nicht zum Kaiser würde durchschlagen können, kehrte er nach den üblichen Verwüstungen um. Es blieb Heinrich nichts anderes übrig, als auch seinerseits den Rückzug anzutreten. Er konnte es nicht hindern, daß seine Nachhut in einem sumpfigen Waldgebiet trotz tapferster Gegenwehr sehr schmerzliche Verluste an Edeln erlitt und die Flucht ergriff. Bei Strehla ging er über die Elbe. Oberhalb davon tat es Miseko am 13. September 1015 und griff Meißen an, das Markgraf Hermann verteidigte. Die Unterstadt steckte er in Brand und bestürmte die hochgelegene Burg. Auch sie fing schon Feuer. Die Besatzung machte mit Hilfe der Frauen heldenhafte Anstrengungen, sie zu halten. Zu ihrem Glück hatte sich ein Teil der Polen zerstreut, um zu plündern, und als sie wieder beisammen waren, stieg die Elbe. An demselben Tage, an dem der entscheidende Angriff hätte erfolgen sollen, zog Miseko seine Leute über den Fluß zurück. Jetzt kam auch Hilfe vom Kaiser, und im Oktober wurde die Unterstadt rasch wieder aufgebaut 1 ). Damit fanden die Feindseligkeiten vorläufig ihr Ende, ohne daß eine Partei endgültig gesiegt hätte. Boleslaw Chabri hatte keinen Anlaß, wieder loszuschlagen, weil er j a seinen Willen durchgesetzt hatte und die Lausitz sowie Bautzen behauptete. Heinrichs Aufmerksamkeit richtete sich ganz nach Südwesten. Die Kämpfe Roberts von Frankreich um das H e r z o g t u m B u r g u n d hatten mit der Unterwerfung Otto Wilhelms noch kein Ende gefunden 2 ). Zuerst gelang es dem König, die Grafschaft Autun in seine Hand zu bringen. Wollte er aber dorthin gehen, so mußte er die ihm feindliche Grafschaft Sens durchqueren, und ihm war der mächtigste Herr des Landes, Bischof Brun von Langres, Otto Wilhelms Schwager, feindlich gesinnt 3 ). Während der Jahre 1006 bis 1015 fanden militärische Ereignisse statt, über die uns Einzelheiten fehlen. Nach dem Tode des Grafen von Sens überfiel Robert am 22. April 1015 die Stadt und bereitete die Angliederung der Grafschaft vor. Jetzt wurde es ihm, da er im Rücken gedeckt war, leichter, seine Eroberungen fortzusetzen. Hirsch 3, S. 18. Richter 3,1, S. 216. Posse, Markgrafen S. 77. Juritsch, Babenberger S. 38. Artler S. 299. — *) Vgl. oben S. 282. — ») Pfister S. 260. Sackur, Cluniacenser 2, S. 20. Vgl. oben S. 281. 297

Da starb Ende Januar 1016 Brun von Langres, der König setzte an seiner Stelle eine ihm willfährige Persönlichkeit ein und bekam dafür Dijon 1 ). In diesem Augenblick konnte die Verbindung des Herzogtums Burgund mit der kapetingischen Krone als vollzogen gelten. Die Burg Dijon nahm rasch an Bedeutung zu und wuchs zur Hauptstadt heran. Der Machtzuwachs des Königs von Frankreich mußte es dem Kaiser nahe legen, sich an der Grenze gleichfalls zu verstärken. Dabei war mit der staatlichen Auflösung des Königreichs Burgund unter dem Nachfolger Konrads ( f 19. 10. 993), Rudolf I I I . , zu rechnen, weil dieser, nach 966 geboren, keinesfalls alt, aber schwach und untüchtig war 2 ). Die Schilderung Thietmars 3 ) ist deutlich genug: „Wie ich höre, gibt es niemanden, der in dem Reiche regiert. Der König hat nur den Namen und die Krone . . . Graf (Otto) Wilhelm ist dem Namen nach der Vasall des Königs und in Wirklichkeit der Herr." Der Chronist betont dann weiter die dürftigen Einnahmen des Königs, die Abhängigkeit der Bischöfe von den Großen, die nur darauf erpicht wären, daß sie durch keinen fremden Einfluß in ihrer Willkür gestört würden. Wachsamkeit war vom deutschen Standpunkt aus um so notwendiger, als von Burgund her immer leicht Einfluß auf Italien geübt werden konnte. Hier gestaltete sich die Lage recht unerquicklich. Daß die Unruhen auch nach dem Tode Arduins fortdauerten, wurde schon erwähnt 4 ). Bischof Leo von Vercelli schrieb dem Kaiser zu Anfang 1016, die Lage sei jetzt schlimmer als vorher 5 ). Die aufsässigen Großen wurden, wie man annimmt, von dem mächtigen Markgrafen Olderich Manfred I I . aus dem Hause Turin und dem Grafen Hubert dem Roten von Vercelli geführt. Mit ihnen machten natürlich die Söhne König Arduins gemeinsame Sache. In diesen Kreisen dachte man daran, Rudolf I I I . von Burgund herbeizurufen und ihn für seine Hilfeleistung durch die Mark Ivrea zu entschädigen, vielleicht auch ihn zum König zu erheben. Ahnliche Pläne sind uns j a aus früherer Zeit genügend bekannt 6 ). Aber auch eine veränderte Richtung der deutschen Politik schien im Frühjahr 1016 möglich zu sein. Jener Hubert verhandelte mit dem Kaiser. Vermittler waren der Erzbischof Heribert von Köln, der Otto I I I . so eng verbunden gewesen war, und Heriberts Bruder Heinrich, Bischof von Würzburg. Ihre Nichte sollte einen Sohn Huberts heiraten 7 ). Da uns jede Kenntnis der Ziele dieser Herren fehlt, können wir nur vermuten, daß sie bei der langen Dauer und dem wenig befriedigenden Verlauf des polnischen Krieges meinten, in der Lombardei könnten ohne Gefährdung der deutschen Oberherrschaft Zugeständnisse gemacht werden, allerdings auf Kosten einiger dortiger Bischöfe. Pfister, S. 263. Sackur, Cluniacenser 2, S. 21 über die Zeit. Petit 1, S. 88, 95 anders. Chaume 1, S. 482. — 2 ) Poupardin, Bourgogne S. 85, 1 1 4 . — 3 ) Thietmar 8 , K a p . 30. — 4 ) Vgl. oben S. 285. — 5 ) Bloch, Beiträge S. 17, 37. — 6 ) Vgl. oben S. 21. — ' ) Hirsch 3, S. 120, 125. Poupardin, Bourgogne S. 122. Pivano S. 273. Bloch, Beiträge S. 29, 36, 39. Hartmann 4, 1, S. 186. Orton, Savoy S. 172.

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R u d o l f III. stand damals recht schlecht mit seinen Großen, die ihn wegen seiner Schwäche verachteten und sogar vertreiben wollten. Vielleicht waren sie es, die ihn zu dem italienischen Abenteuer drängten, weil dann Otto Wilhelm diesseits der Alpen freie Hand gehabt hätte. Rudolf ging den Kaiser um Hilfe an und wurde auch zum 1. April 1016 nach Bamberg eingeladen. Da er aber offenbar Bedenken trug, sich so weit von seinem Reiche zu entfernen, bat er den Kaiser, ihm entgegenzukommen. Sie trafen sich Ende Mai oder Anfang Juni 1016 in Straßburg und erneuerten ihre älteren Abmachungen 1 ). Die Nachfolge war dem Kaiser wohl schon zugesichert worden, aber ihm lag daran, sein Verhältnis zu Burgund fester zu gestalten. Darum empfing er aus den Händen Rudolfs die Lehensherrlichkeit über die Großen des Königreichs und sicherte sich dagegen, daß ohne seine Einwilligung wichtige Entscheidungen getroffen werden könnten. Auf diese Weise beugte er einem Eingreifen Burgunds in Italien vor. Außerdem belehnte er die von Rudolf empfohlenen Herren mit den Lehen, die bisher Otto Wilhelm besessen hatte 2 ). Nachdem er dann noch dem König, der Königin und den Großen sehr reiche Geschenke gemacht hatte, marschierte er gegen Ende des Monats nach Basel, um von dort aus Otto Wilhelm zu unterwerfen. Aber das gelang ihm nicht, weil sein Heer zu klein war und der Graf sich in seinen festen Burgen hielt3). Unverrichteter Dinge mußte Heinrich nach Norden zurückkehren, und er beklagte es tief, daß es ihm weder in Burgund noch im Osten gelungen sei, seinen Feinden erheblichen Schaden zuzufügen 4 ). Als dann Rudolf III. daranging, seine Großen an die deutsche Oberhoheit zu gewöhnen, weigerten sie sich, irgendwelche Verpflichtungen zu übernehmen. Von dem, was in Straßburg über sie verfügt worden war, wollten sie nichts wissen. Das ihnen recht bequeme Scheinkönigtum mit der strafferen Herrschaft des deutschen Kaisers zu vertauschen, verspürten sie gar keine Lust. Sie drangen in Rudolf, den Vertrag mit Heinrich nicht auszuführen und bei der Bestellung seines Nachfolgers auf ihre Wahl Rücksicht zu nehmen 5 ), aber vermutlich ohne Erfolg. Von deutscher Seite geschah zunächst gar nichts, da es im Süden und im Osten gleich wieder reichlich zu tun gab. In Italien machte die kaiserliche Sache nur langsame Fortschritte. Hubert der Rote 6 ) griff etwa im Juni 1016 Vercelli an, wurde aber nicht nur zurückgeschlagen, sondern auch in Santhiä (nw. Vercelli) belagert. Zwar konnte „der rote Fuchs mit allen seinen Füchslein" fliehen, aber die Stadt wurde durch Bischof Leo und seine sowohl geistlichen als weltlichen Verbündeten genommen. Graf Wilhelm III. aus dem Hause Aledrams, der im Gegensatz zu seinen Verwandten allein zu der gegenVgl. oben S. 282. — 2 ) Poupardin, Bourgogne S. 125. M. H. 3, S. 142. — 5 ) Bloch, 4 ) Thietmar 8, Kap. 29. — 5 )

Hirsch 3, S. 35. Pfister S. 366. Richter 3, 1, S. 221. Cabotto, Da Berengario S. 323. Halphen in Cambr. Beiträge S. 40. Poupardin, Bourgogne S. 131. — Poupardin, Bourgogne S. 132. — •) Vgl. oben S. 298.

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kaiserlichen Partei gehörte, hatte die Reichsburg Orba (nw. Genua) genommen und sollte auf Befehl des Kaisers im Herbst daraus vertrieben werden. Aber Leo und die ihm helfenden anderen Herren erreichten ihr Ziel nicht und waren daher geneigt, sich an den von der Gegenseite vorgeschlagenen Verhandlungen zu beteiligen. Auch Hubert hatte keine Lust mehr, weiter zu kämpfen. Als dann des Kaisers italienischer Kanzler Pilgrim 1 ) im Herbst 1016 eintraf, gelang die Friedstiftung, von deren näheren Bedingungen uns nichts bekannt ist 2 ). Daß sie einen Erfolg der Deutschen bedeutete, wird nicht zu bezweifeln sein. In Abwesenheit des Kaisers hatte die Kaiserin Kunigunde sich in Sachsen aufgehalten und sich zusammen mit den Großen um die Verteidigung gekümmert. Boleslaw Chabri enthielt sich vorläufig unmittelbarer Angriffe und begnügte sich seinerseits, Befestigungen zu verstärken. Der unglückliche Ausgang des burgundischen Feldzuges erfüllte ihn mit unmäßiger Freude. Dagegen war in Sachsen die Meinung verbreitet 3 ), daß gerade in diesem Zeitpunkt der Pole durch ein genügend starkes Heer in sein früheres Dienstverhältnis hätte zurückgebracht werden können. Anlaß dazu gaben sicher die russischen Verwicklungen, die auch Polen stark in Mitleidenschaft zogen und tatsächlich für Deutschland günstig wirkten. Großfürst W l a d i m i r hatte sich durch den Grenzschutz gegen die Petschenegen unvergängliche Verdienste erworben. Da starb er am 15. Juli 1015, ein Herrscher, der eine merkwürdige Verbindung von Wildheit und Weichheit zeigte4). Aus welchen Gründen heraus auch sein Übertritt zum Christentum geschehen sein mag, das Ereignis erschloß jedenfalls der ganzen späteren russischen Geschichte den Zugang zur abendländischen Gesittung und zu höherer staatlicher Ausbildung. Sein Name kann nie vergessen werden, so lange es der Vergangenheit kundige Russen gibt. Wir werden ihn an die Seite Chlodowechs stellen. Nach seinem Tode brachen heftige Kämpfe um die Thronfolge aus, da er selbst nicht darüber verfügt hatte. Solche waren auch in den romanisch-germanischen Ländern nicht selten, aber hier floß dabei nicht so viel Blut wie in den slawischen. Unter den sehr zahlreichen Söhnen, die Wladimir von seinen Frauen und Nebenfrauen hinterlassen hatte, standen ihm die der Christin Anna von Ostrom am nächsten, er vermied es aber, die anderen geradezu zu enterben. Swjatopolk, der vielleicht nicht sein Sohn war, aber dafür galt, ließ zunächst drei seiner Brüder umbringen. Als er sich mit einem vierten, Jaroslaw, der ihm mit Nowgorodern und Warägern entgegenzog, bei Ljubjatsch (n. Kiew) maß, wurde er völlig geschlagen und mußte bei seinem Schwiegervater Boleslaw Chabri Schutz suchen (1016). Jaroslaw konnte siegreich in Kiew einziehen. Da er damit rechnen mußte, daß Polen ihn angreifen würde, >) Bresslau, Handbuch l 2 , S. 471. — s ) Bloch, Beiträge S. 31, 39, 43. Hartmann 4, 1, S. 186. — ') Thietmar 8, Kap. 29. — 4 ) Schiemann 1, S. 76. Schlumherger, £p. 2, S. 372. Stählin 1, S. 53. Vgl. oben S. 236. 300

b o t er dem Kaiser ein Bündnis gegen jenen an und versprach, von Osten her in Polen einzufallen 1 ). Daraus konnte eine bedeutsame Verflechtung der europäischen Lage entstehen, wenn der Plan wirklich ausgeführt wurde u n d Deutschland zusammen mit Kiewern, Liutizen u n d Böhmen den zähen und verschlagenen Feind von verschiedenen Seiten einkreiste. I m J a n u a r 1017 f a n d ein H o f t a g in Allstedt (sö. Sangerhausen) s t a t t . Hier wünschten Gesandte aus Italien dem Kaiser Glück, sicher zur Beendigung der langjährigen Wirren. Auch Boleslaw Chabri ließ sich vertreten, weil er sich bedroht fühlte. Es wurde ein Waffenstillstand vereinbart, und dann schickte Heinrich hochgestellte Männer, die Erzbischöfe von Magdeburg u n d Mainz, einen Bischof und mehrere weltliche Große zum Polenherzog. Da dieser sich aber aus Furcht vor Verrat weigerte, auf deutsches Reichsgebiet zu kommen, kehrten sie nach einigen Wochen vergeblichen Wartens vor Anfang Februar enttäuscht an das kaiserliche Hoflager zurück u n d drängten jetzt zum Kriege 2 ). Es wurde auch ein dahingehender Beschluß gefaßt u n d jeder Verkehr mit dem Feind streng verboten, woraus m a n schließen darf, d a ß ein solcher sonst andauernd s t a t t f a n d . U m von Westen her keine Störung befürchten zu müssen, söhnte sich der Kaiser mit seinen Schwägern Heinrich V., dem früheren Herzog von Bayern 3 ), und Dietrich II., dem Bischof von Metz, im Mai 1017 zu Aachen endgültig aus 4 ) und eröffnete dann die Feindseligkeiten gegen P o l e n . Vor Mitte Juli 5 ) überschritt er bei Leitzkau die Elbe. Schlesien sollte diesmal der Kriegsschauplatz sein. Unterstützt von Böhmen u n d Liutizen, gelangte er am 9. August bis vor Glogau. Dort wich Boleslaw vor ihm zurück, legte aber Bogenschützen in einen Hinterhalt. Heinrich, der es bemerkte, verbot seinen Leuten die Verfolgung. U m sich einen S t ü t z p u n k t zu sichern, schickte er auserlesene Mannschaften nach Nimptsch (s. Breslau), u m den Einzug der polnischen Besatzung zu hindern. Aber diese war schneller u n d k a m wenigstens zum Teil hinein. Da eilte der Kaiser mit seiner ganzen Streitmacht herbei, schloß Nimptsch von allen Seiten ein und griff es heftig an. Herzog Udalrich von Böhmen und die Liutizen versuchten vergeblich zu stürmen. Da überdies polnische Streifscharen Bayern von Mähren her u n d auch Böhmen überfallen h a t t e n und eine Seuche im deutschen Heere wütete, gab Heinrich nach mehrtägigen vergeblichen Anstrengungen den Befehl zum Rückzüge, der neue schwere Verluste brachte. Es war noch ein Glück, daß auch die Polen am 15. August 1017 vor Belgern (am 1. Elbufer) nichts hatten ausrichten können. Unerfreulich genug gestaltete sich das Verhältnis der heidnischen Liutizen zu ihren christlichen Kampfgenossen. Als jenen ein Götzenbild >) Hirsch 3, S. 48. Schiemann 1, S. 79, 401. Schlumberger, fip. 2, S. 373. Baumgarten Tafel 1. Bresslau, Konrad 1, S. 330. — ' ) Hirsch 3, S. 49. Richter 3, 1, S. 222. — «) Vgl. oben S. 285,296. — «) Hirsch 3, S. 53. Richter 3,1, S. 223 Anrn. 1. — «) DD. 3, Nr. 371.

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durch einen Steinwurf beschädigt wurde, mußte der Kaiser sie durch eine Geldzahlung beschwichtigen 1 ). Es kann als ein Beweis kluger Mäßigung gelten, daß Boleslaw Chabri trotz der Erfolge, die er in der Verteidigung seiner Eroberungen erzielt hatte, sich um die Beendigung des Krieges bemühte. Heinrich beteiligte sich nicht persönlich an den abschließenden Verhandlungen, ihm war, so kann man annehmen, alles Polnische für immer und gründlich verleidet. Sächsische Fürsten, geistliche und weltliche, brachten auf seinen Befehl am 30. J a n u a r 1018 den F r i e d e n in B a u t z e n zustande, „nicht wie er hätte sein sollen, sondern wie er damals erreicht werden konnte". So urteilte Bischof Thietmar von Merseburg. Boleslaw behielt die Lausitz und Bautzen, Gebiete, um die er immer gekämpft hatte, vermutlich unter Anerkennung eines losen Lehensverhältnisses. E r wurde keineswegs als ein unversöhnlicher Feind des deutschen Reiches betrachtet. Das geht schon daraus hervor, daß er wenige Tage nachher Oda, die Tochter des ermordeten Markgrafen Eckhard I. von Meißen und Schwester des Markgrafen Hermann, die er schon lange umworben hatte, zur Frau nahm. E s war seine vierte Ehe 2 ). Großes und Dauerndes hatte er erreicht, die Unabhängigkeit seines eigenen Staates auch als Lehensmann des Kaisers sichergestellt und sich damit als Vorkämpfer der Slawen gegen die Deutschen erwiesen, wenn einige ihrer Stämme auch auf der deutschen Seite standen. Einzelne kirchliche Kreise jubelten über den Frieden an sich, der die Mission erleichterte. Für die Einbuße an Macht, mit der er für das Reich verbunden war, besaßen sie kein Verständnis 3 ). Auch daraus ersieht man deutlich, wie schwer sich damals eine tatkräftige Ostpolitik hätte durchführen lassen. Es gab nicht allein geistliche Fürsten, die nichts davon wissen wollten, auch weltliche scheuten die Opfer, die bei dem endlosen Krieg in einem unwirtlichen Lande zu bringen waren. Da bot doch die Romfahrt ganz andere ideelle und materielle Vorteile. Erst aber mußte Heinrich sich um Burgund kümmern, dessen König sich nicht mehr anders zu helfen wußte, als daß er im Februar 1018 mit seiner Gemahlin, seinen Stiefsöhnen und seinen Großen nach Mainz kam und dem Kaiser als äußeres Zeichen der Nachfolge Krone und Zepter übergab 4 ). Die älteren Verpflichtungen von 1016 wurden bestätigt 5 ). Wahrscheinlich sollte der Kaiser den König vom Druck seiner unbotmäßigen Vasallen befreien. Aber er konnte es nicht gleich tun. E r hatte an der äußersten Westgrenze einzugreifen, doch fehlt uns ein klarer Einblick in die vorhergehenden Ereignisse. Der sehr rührige ») Hirsch 3, S. 55. Artler S. 303. — 2 ) Thietmar 9, Schieinann 1, S. 401. Posse, Markgrafen S. 82. Ediger S. Anm. 2. v. Giesebrecht 2, S. 616. — 4 ) Thietmar 9, Kap. 7. 3, 1, S. 226. Poupardin, Bourgogne S. 133. — 5 ) Vgl. oben

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Kap. 1. Hirsch 3, S. 86. 29. — 3 ) Hirsch 3, S. 86 Hirsch 3, S. 79. Richter S. 299.

Giaf Dietrich III. von Westfriesland, d. h. Holland 1 ), schädigte durch seine Gebietserweiterungen und Bauten sowohl den Bischof Adelbold von Utrecht als Kaufleute, die den Kaiser anriefen. Dieser kam auch und weilte zwei Monate, von Mitte März bis Mitte Mai 1018, in Nimwegen. Durch die Belehnung Graf Balduins IV. von Flandern mit Valenciennes 2 ) hatte er schon früher gezeigt, daß er ihn an sich heranziehen wollte. Jetzt belehnte er ihn, wie man annehmen kann, mit Seeland, das damals fünf Inseln, darunter Walcheren, umfaßte, und den Vier Ambachten, französisch Les Quatre Métiers 3 ). Es sind das die nördlich von Gent gelegenen kleinen Städte Axel und Hülst, seit 1648 zu Holland gehörig, dazu Assenede und Bouchaute. Von da an waren die flandrischen Grafen Doppelvasallen 4 ) des deutschen wie des französischen Reiches, und es gab neben dem französischen Flandern ein sehr viel kleineres deutsches, Reichsflandern, dessen Entstehung allerdings in ein merkwürdiges Dunkel gehüllt ist. Der Kaiser befahl, daß die von Dietrich III. widerrechtlich errichtete Burg Dordrecht (sö. Rotterdam) zerstört werden sollte. Als Herzog Gottfried II. von Niederlothringen 5 ) mit Truppen der benachbarten Bischöfe sich anschickte, das Werk zu vollbringen, konnte er am 29. Juli in der Nähe von Dordrecht, in einer Gegend, auf die sich damals noch der Name Viaardingen erstreckte, auf dem morastigen Gelände nicht vorwärts kommen, versuchte umzukehren, erzeugte aber damit nur eine große Verwirrung. Seine Leute flohen, er selbst wurde tapfer kämpfend verwundet und gefangen genommen 6 ). Die Nachkommen des Siegers nannten sich später nach dem eroberten Gebiet, das der Kaiser ihm beließ, Grafen von H o l l a n d . Mit Recht hat man den 29. Juli 1018 als den Geburtstag des staatlichen Gebildes bezeichnet, dessen Name in aller Welt bekannt werden sollte. Nach Mitte Juni 1018 konnte Heinrich endlich über Straßburg 7 ) und Basel nach Burgund gehen. Sein Zug richtete sich dem Anschein nach gegen Rudolf III., in Wirklichkeit aber gegen die ungehorsamen Großen, die ihrem König immer wieder ihren Willen aufzwangen. Man kann annehmen, daß Otto Wilhelm dabei die Führung hatte. Die Deutschen gelangten bis an die Rhône, erzielten aber gar keine Erfolge, und Anfang September war der Kaiser wieder in Zürich 8 ). Die so nahe liegende Frage, wie sich der französische König zu dem deutschen Vorstoß bis nahe an seine Grenzen verhielt, kann quellenmäßig nicht beantwortet werden. Am 9. Juni 1017 hatte Robert II. seinen ') Hirsch 3, S. 98. Blok 1, S. 156. Vanderkindere 2, S. 282. Oppermann, Untersuchungen 2, S. 12. Lot, Frontière S. 26. — 2 ) Vgl. oben S. 283. — 5 ) Hirsch 2, S. 321. Vanderkindere 1, S. 93, 39. Willems, Frontières S. 30. Lot, Frontière S. 7, 8, 19. Berten S. 29. Pirenne 1, S. 107. — 4 ) Vgl. oben S. 281 Anm. 3. — 5 ) Vanderkindere 2, S. 29. — 6 ) Hirsch 3, S. 99. Vanderkindere 2, S. 282. — ') DD. 3, Nr. 394. — o) Thietmar 9, Kap. 18, 34. DD. 3, Nr. 395. Hirsch 3, S. 80. Richter 3, 1, S. 226. Poupardin, Bourgogne S. 134.

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damals zehnjährigen, zu den besten Hoffnungen berechtigenden Sohn Hugo in Compiegne zum König salben lassen und als Mitregenten angenommen1). Hugos Mutter Konstanze 2 ) war die dritte Gattin des Königs und die Tochter jener Adelheid von Anjou 3 ), die kurze Zeit mit dem Karolinger Ludwig V. verheiratet gewesen war, aus ihrer dritten Ehe mit dem Markgrafen Wilhelm I. von Provence. Sie war es, die ihren Gemahl, aus Furcht vor den Folgen seines etwaigen Todes für ihre eigene Stellung, gedrängt hatte, Hugo zu erheben. Damit verbindet sich gut die Vermutung, daß ungefähr zu der gleichen Zeit der zweite, wohl 1008 geborene Sohn Heinrich, der spätere König, mit dem Herzogtum Burgund ausgestattet wurde. Zunächst änderte sich seiner Jugend wegen nichts daran, daß es nach wie vor in der Verwaltung des Königs blieb 4 ). Ganz im Sinne der früheren Abmachungen zwischen dem deutschen und dem französischen Herrscher wird man festhalten, daß, wie dieser das Herzogtum schon erworben hatte, jener das Königreich erwerben sollte 5 ). Während der Verwickelungen im Westen geschah auch im Osten Unerfreuliches genug. Daß die L i u t i z e n sich schlecht mit den deutschen Truppen vertrugen, wurde schon früher erwähnt 6 ). Sehr alt war ihre Feindschaft gegen die Abodriten. Sie machten deren Fürsten Mistizlaw, dem Sohn Mistuis7), den Vorwurf, er habe sie in dem vorjährigen Feldzug des Kaisers gegen die Polen nicht unterstützt, verwüsteten im Februar 1018 einen großen Teil seines Landes und schlössen ihn in seiner Feste Schwerin so eng ein, daß er froh sein mußte, noch fliehen zu können. Dann gab es eine wilde Verfolgung alles christlichen Wesens bei den Abodriten und Wagriern. Alle Kirchen wurden zerstört oder verbrannt, die Kruzifixe verstümmelt, an ihrer Stelle Götzenbilder aufgerichtet, die Priester scheußlich mißhandelt und gefoltert. Bischof Bernhard von Oldenburg wandte sich an den Kaiser, aber dieser, so wird uns erzählt, „seufzte tief a u f " und ließ, anderweitig beschäftigt, den Dingen zunächst ihren Lauf, besonders da Herzog Bernhard II. von Sachsen durch Habsucht und Härte die ihm unterstehenden Slawenstämme zur Empörung gereizt hatte und auch sonst schlecht mit dem Kaiser stand 8 ). Man möchte meinen, daß Boleslaw Chabri sich sicher die Verlegenheiten des deutschen Kaisers zunutze gemacht hätte, wenn er nicht in Rußland gebunden gewesen wäre9). Im Sommer 1018 brach er mit deutschen, ungarischen und petschenegischen Hilfstruppen dahin auf, besiegte am 22. Juli Jaroslaw am Bug und zog am 14. August mit seinem Schwiegersohn Swjatopolk in Kiew, der durch 400 Kirchen und acht Märkte ausgezeichneten Hauptstadt 1 0 ), ein. Die ungeheure Beute erJ ) Pfister S. 71. — ») Pfister S. 61. Lot, Stüdes S. 324 Anm. 5. de Manteyer S. 257. — ') Vgl. oben S. 199. — ) DD. 4, Nr. 72. Bäseler S. 61. — ! ) Boye, Synoden S. 141. — *) Breaslau, Konrad 1, S. 144. Wunderlich, Aribert S. 36 anders. —