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German Pages 262 [266] Year 2014
Christian Handschuh
Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum Religiöse Welt- und Gegenwartskonstruktion in der Katholischen Spätaufklärung
Geschichte Franz Steiner Verlag
81 contubernium Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte
Christian Handschuh Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum
Contubernium Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Herausgegeben von Jörg Baten, Ewald Frie, Sigrid Hirbodian, Andreas Holzem, Ulrich Köpf, Anton Schindling, Jan Thiessen und Urban Wiesing Band 81
Christian Handschuh
Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum Religiöse Welt- und Gegenwartskonstruktion in der Katholischen Spätaufklärung
Franz Steiner Verlag
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der LBBW und der Diözese Rottenburg-Stuttgart
Umschlagbild: Stich eines Modells des Christuskopfes von Johann Heinrich von Dannecker. Aus: Ignaz Heinrich von Wessenberg, Jesus, der göttliche Kinderfreund: ein Angebinde guter Eltern für gute Kinder beim Austritt aus der Schule, Konstanz 1820. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-10604-7 Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2014 Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Offsetdruck Bokor, Bad Tölz Printed in Germany
Meiner Familie
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.2 2.3 2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.4
3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5
Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit ........................................................................................... Fragestellung.......................................................................................... Forschungsstand..................................................................................... Methodisches Vorgehen: Wissenssoziologische Diskursanalyse als Analyseinstrument ............................................................................ Quellenkorpus ........................................................................................ Vorgehen und Struktur der Arbeit .......................................................... Zwischen Rezeption und Abgrenzung:Vernunft, Aufklärung und Anthropologie der Katholischen Aufklärung .................................. Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption: Doppeldeutige Begrifflichkeiten ............................................................ Theologie und Philosophie .................................................................... Die Grenzen der Vernunft ...................................................................... Aufklärung und Gebrauch der Vernunft in Sachen der Religion ........... Volksaufklärung ..................................................................................... Verchristlichung der Begrifflichkeiten: „Wahre Aufklärung“ und christliche Volksaufklärung ............................................................ Der Mensch zwischen aufgeklärter Anthropozentrik und Integration in katholische traditionale Vorgaben ...................................................... Erkenntnis Gottes durch die Vernunft: Die natürliche Gotteserkenntnis............................................................. Gotteserkenntnis aus der Natur .............................................................. Gotteserkenntnis aus der moralischen Grundverfassung des Menschen......................................................................................... Die „natürliche Offenbarung“ als Teil des Einwirkens Gottes auf den Menschen .................................................................................. Ansatzpunkte aufgeklärt-katholischen Denkens: Zwischen Aufklärung, Individualisierung und protestantischer zeitgenössischer Theologie ............................................................................................... „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte ................................................................ Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“ und als Erziehungsgeschichte des Menschen.................... Protagonist der Offenbarung: Gott und seine Vorsehung ...................... Gott und die Übel................................................................................... Offenbarung in Vernunft ........................................................................ Offenbarung als Erziehungsgeschichte des Menschen .......................... Ein historisches Schriftverständnis ........................................................
11 15 16 21 27 30 32 32 33 36 37 39 42 46 51 51 53 53
55 58 58 58 60 63 64 67
8 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3
3.3.1 3.3.2 3.4 4 4.1
4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 5 5.1 5.2 5.3 5.3.1
Inhaltsverzeichnis
Die Vorsehung in Aktion: Heil für die Menschen durch Gott und Jesus Christus.................................................................................. 69 Sünde und Erziehung: Das Alte Testament ............................................ 69 Dauerhafte Erlösung in Jesus Christus .................................................. 73 Hilfestellung auf dem Weg zum Heil: Der Heilige Geist und die Kirche............................................................................................... 77 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung: Der jeweilige „Zeitgeist“ als Kriterium für den Erfolg des Christentums .................................................................................... 78 Das frühe Christentum als Idealbild der christlichen Kirche ................. 83 Von der Spätantike bis zur Gegenwart: Der Verfall der christlichen Religion ........................................................................ 88 Gott und der Weg zum Heil: Aufgeklärt-katholische Erinnerungskonstruktion........................................................................ 100 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil ............................................................... Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess oder: Die emotionale und intellektuelle Selbstausrichtung des ganzen Menschen auf Gott .............................................................. Gnade, Glaube und Gottesliebe als Geschenke Gottes .......................... „Er sey Dein Vorbild in allem.“ Imitatio Dei und Imitatio Christi als Medium christlicher Lebensgestaltung ............................................ Folgen der Gottesliebe und Imitatio Dei: Überwindung der Sinnlichkeit und Erwerb der Tugend ............................................... Glückseligkeit ........................................................................................ Normen der individuellen Selbstausrichtung ......................................... Gottesliebe und Selbstliebe als die Frömmigkeit unterstützende Maßnahmen ........................................................................................... Der Leib und die Welt: Der diesseitige Umgang mit sich selbst ........... Die Liebe des Nächsten als Anleitung zum richtigen Leben ................. Ein Fazit: Aufgeklärt-katholische Frömmigkeit und persönliche Lebensgestaltung .........................................................
Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens ............................ Die Gesellschaftsvorstellungen des Diskurses ...................................... Die Standeswahl als Selbstverortung des einzelnen Menschen............. Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum ............................. Die Ehe als Normalfall religiöser Gesellschaftsorganisation zwischen Religion und Bürgertum ........................................................................ 5.3.2 Wechselseitige Pflichten zwischen Eltern und Kindern......................... 5.3.3 Berufliche Rollenzuschreibungen: Der Mann als „Professionalist“ ...... 5.4 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum .............................
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Inhaltsverzeichnis
6 6.1
Staat und Religion.................................................................................. „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“ Die Gretchenfrage aufgeklärt-katholischer Gegenwartskonstruktion .................................. 6.1.1 Der Staat als Organisationsform der bürgerlichen Gesellschaft ............ 6.1.2 Kirche..................................................................................................... 6.1.3 Fazit: Unterstützung des Frömmigkeitsprozesses als einigende Hauptaufgabe von Staat und Kirche ...................................................... 7 7.1 7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.2.4 7.3 7.3.1 7.3.2 7.3.3 7.3.4 7.3.5 7.4
Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde zwischen christlichem Bildungsimpetus und Liturgie ............................................................... Die lokale Heilsgemeinschaft als Ansatzpunkt von priesterlicher Seelsorge und individuellem Heilsweg der Gläubigen .......................... Medien der Unterstützung: Bildung als Grundlage des „öffentlichen Gottesdienstes“ ...................................................................................... Bildung in der Familie ........................................................................... Religiöse Bildung in der Schule ............................................................ Bildung in Gemeindestrukturen: Der öffentliche Gottesdienst als komprimierter katholischer Glaubensvollzug ........................................ Medien der (Fort-)Bildung: Predigt, Messe, Kirchenmusik und Segnungen....................................................................................... Die außerordentliche Seelsorge: Sakramente als Verstärker der aufgeklärt-katholischen Frömmigkeit .............................................. Taufe ...................................................................................................... Die Firmung ........................................................................................... Eucharistie ............................................................................................. Die Buße ................................................................................................ Die letzte Ölung ..................................................................................... Fazit: Bildung und Liturgie als Gestaltungsfaktoren des Alltags ..........
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„Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum“. Religiöse Sinnbildung in der Katholischen Spätaufklärung .................. 8.1 Ein Seelsorgskonzept als aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion...................................................................... 8.1.1 Rahmenbedingungen ............................................................................. 8.1.2 Welt- und Selbstkonstruktion................................................................. 8.2 Eben doch mehr als eine „forgotten episode“: Folgerungen für die Forschungslandschaft „Katholische Aufklärung“ ............................ 8.3 Fazit und Forschungsdesiderate .............................................................
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9 9.1 9.1.1 9.1.2 9.2 9.3
Literaturverzeichnis ............................................................................... Zeitschriften ........................................................................................... Archiv für Pastoralkonferenzen ............................................................. Monathsschrift ....................................................................................... Monographische Quellen ....................................................................... Sekundärliteratur....................................................................................
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Register .................................................................................................. 259
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit 1 Katholische Spätaufklärung1 als Konstruktion
katholischer Wirklichkeit 1808 brachte Lukas Meyer, Pfarrer zu Oberried im Breisgau, geradezu mustergültig in wenigen Sätzen zu Papier, was ein Großteil seiner Generation von Priestern für den Hauptinhalt der gesamten aufgeklärt-katholischen Seelsorge hielt: Er konstatierte ein grundsätzliches Verwiesensein des Menschen auf Tugend und sittliche Freiheit als anthropologische Voraussetzung der menschlichen Existenz. „In dem Menschen“, so Meyer, „erhebt sich mit der Tugend die sittliche Freyheit. Zweck und Wirkung dieser beyden ist stufenweises Annähern zum vollendeten Guten.“2 Dieses „vollendete Gute“ war für Meyer Gott,3 zu dem sich der Mensch mit Hilfe der „Religion“4 in Beziehung setzen konnte: Sie begleitete ihn auf seinem Weg durchs Leben in einem Prozess, in dem der Mensch „in Gesinnung und Gefühl und That“ immer stärker zu einem gottgewollten Leben gelangte5 und konstruierte somit einen katholischen Weg zum jenseitigen, individuellen Heil. Damit dieser Weg gelingen konnte, war laut Meyer ein eindeutig religiös motiviertes gesellschaftliches Gesamtkonzept von Nöten, das die Rahmenbedingungen dieses Heilsweges ermöglichen sollte. Damit nicht „äußere Hindernisse den Menschen in diesem Geschäfte hemmen“ konnten, mussten Gesellschaft, Staat und Kirche im Interesse jedes Einzelnen die entsprechenden Voraussetzungen schaffen.6 Der Heilserwerb des einzelnen Katholiken wurde damit zur genuinen Primärbegründung der diesseitigen Welt, Staat und Kirche zum Steigbügelhalter des einzelnen Christen auf seinem Weg zum ewigen Heil, das auch im Zeitalter der Aufklärung das Zentrum des menschlichen Lebens darstellte.7 Mit dieser doppelten Ausrichtung – der einzelne Mensch in seinem Heilsprozess auf Gott auf der einen Seite und die Umgebungsgesellschaft auf die Ermöglichung des individuellen Heilsweges als deren zentralen Daseinsgrund auf der anderen Seite – skizzierte Meyer Grundlinien eines religiös fundierten Systems8 katholischer Wirklichkeitsgenerierung, das insbesondere in 1 2 3 4 5 6 7
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Zum durchaus nicht unumstrittenen Begriff: Krenz, Konturen, 15–21; Aretin, Aufklärung; Klueting, Genius; Klueting, Aufklärung; Printy, Enlightenment; Schneider, Aufklärung. Meyer, Nutzen, 345. Meyer, Nutzen, 345. Meyer, Nutzen, 345. Meyer, Nutzen, 345–346. Meyer, Nutzen, 346. Demel, Absolutismus, 29–35; Reinalter, Absolutismus, 62–65; Baumgart, Absolutismus, 75– 83; grundsätzlich ferner: Demel, Reformstaat; Vogler, Herrschaft; Aretin, Absolutismus; Reinalter, Klueting, Absolutismus; Dann, Nation, 429–433; Klueting, Staatskirchentum, 578–585; Reinalter, Staat/Staatstheorie, 586–588. Es wird davon ausgegangen, dass sich bei aller Heterogenität hier im Bereich der Katholischen Aufklärung als Pastoralkonzept durchaus so etwas wie ein geschlossenes denkerisches System im Bereich katholischer Religiosität rekonstruieren lässt. Damit im Gegensatz zu Möller Ver-
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
Südwestdeutschland im Rahmen der katholischen Spät- oder Volksaufklärung9 von einer großen Anzahl von Seelsorgern als verbindlich erachtet wurde.10 Damit stand eine Wissensorganisation zur Verfügung, die dem einzelnen Menschen einen Weg zum Heil anbot und zahlreiche innerweltliche Lebensbereiche tief durchstrukturierte – sofern sich die Gläubigen zu dessen Befolgung entschieden. Was hier exemplarisch sichtbar wird, ist alles andere als überraschend: Dass Religion im frühen 19. Jahrhundert eine „Daseinsmacht ersten Ranges, eine Quelle individueller Lebensorientierung, ein Kristallisationspunkt für Gemeinschaftsbildung und für die Formung kollektiver Identitäten“ darstellte, ist der neueren historischen Forschung durchaus bewusst.11 Für den Bereich des Katholizismus steckt hinter dem obigen kurzen Statement aber wesentlich mehr: Die Zeit, ein solches Konstrukt auch für den Bereich der Seelsorge zu entwickeln, war mehr als gekommen. Hintergrund dieser Form von Wirklichkeitsgenerierung war eine sich seit Jahrzehnten zuspitzende Krisensignatur. Nach langen eher innertheologischen Umprägungs- und Adaptionsprozessen in Richtung auf die zeitgenössischen philosophischen Sinnsysteme war die „symbolische Sinnwelt“12 Katholizismus mit der Vorlage eines derartigen Alternativkonzepts auf der Ebene der Seelsorge endgültig an einer wichtigen Kreuzung angelangt.13 Durch die verschiedenen Ausprägungen der Aufklärung14 und der mit dieser einhergehenden „anthropologischen Wende“15 hatten sich die ideengeschichtlichen Rahmenbedingungen deutlich verändert; gleichzeitig waren die nun in die Seelsorge eintretenden Priester bereits in den auch in der Theologie16 angekommenen neuen Denkstrukturen ausgebildet und begriffen sich deutschlandweit17 als Multiplikatoren einer neuen, zeitaktuellen Form von Katholizismus.18 Bestärkt wurden zumindest Teile der Katholiken durch den gesell-
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nunft, 99–100; Möller bezieht sich hier auf die Zeit vor 1800 und auf die philosophische Aufklärung. Zum Begriff und seiner Verwendung in dieser Arbeit vgl. das Selbstverständnis des Diskurses: Siehe unten 39–45. Zum Kontext: Burkarth, Katholiken, 28–29. Osterhammel, Verwandlung, 1239. Assmann, Gedächtnis, 135. Zur Nachzeichnung des Weges bestens geeignet: Klueting, Aufklärung, 128–130. Alt, Aufklärung, 1–25; Möller, Vernunft, 11–211. Košenina, Anthropologie, 1–98; Alt, Aufklärung, 24–34. Burkard, Oase; Haaß, Haltung; Hammerstein, Aufklärung; Sorkin, Catholicism, 196; Breuer, Einleitung, 18–19; Hammerstein, Universitäten; Hersche, Österreich; Hersche, Spätjansenismus, 197. Zum Forschungsstand: Bendel, Seelsorger; Baumgartner, Seelsorge. Für die priesterlichen Eliten: Bendel, Seelsorger. Zu Wessenberg und seiner Rolle innerhalb der katholischen Aufklärung vgl.: Bader, Vorstellungen, 361–384; Bangert, Bild und Glaube; Bäumer, Verhältnis, 279–297; Bäumer, Görres und Wessenberg, 123–147; Baumgartner, Bemühungen, 58–65; Bischof, Generalvikar, 197–224; Bischof, Bemühungen, 99–117; Bischof, Wessenberg, 19–33; Köllreutter, Wessenberg; Merk, Auffassungen, 463–474; Miller, Wessenberg, 369–400; Moser, Wessenberg, 97–101; Müller, Pädagog; Müller, Gottesmann; Müller, Wessenberg, 41–53; Müller, Wessenberg und Vorderösterreich, 199–207; Polonyi, „Aufklärung“, 203–213; Radlspeck, Idee, 39–42; Reinhardt, Wessenberg, 227–230; Rösch, Biographie, 266– 269; Schmitt, Wissenschaft; Speckamp, Vervollkommnung, 207–244; Stiefvater, Pastoral-Archiv; Vollmar, Anschauungen; Weitlauff, Aufklärung, 111–132; Weitlauff, Dalberg, 35–58;
1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
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schaftlichen Wandel:19 Das entstehende katholische Bürgertum20 stand dem bisher gültigen konfessionalisiert konstruierten System kollektiver Identität21 zurückhaltend gegenüber und begrüßte Versuche der Neuausrichtung22. Faktisch hatten sich hier parallel zur konfessionalisiert geprägten katholischen „Subsinnwelt“23, die nachweislich auf dem Land erhebliche Beharrungskräfte aufwies,24 als Ergebnis einer jahrzehntelangen vorgängigen theologischen Diskussion25 neue „Relevanzstrukturen“26 und damit eine alternative „kognitive Konstruktion“ 27 etabliert; diese schien zur Bewältigung zeitaktueller Fragen um 1800 Teilen des Katholizismus28 wesentlich besser adaptiert als der konfessionalisierte Katholizismus und drängte nun zumindest konzeptionell im Rahmen der „Katholischen Volksaufklärung“29 in die Breite: Der (intellektuelle) Katholizismus des 18. und frühen 19. Jahrhunderts propagierte hier offensiv mit den etablierten Mitteln der philosophischen Volksaufklärung eine religiös motivierte Neuausrichtung der „gesellschaftliche[n] Konstruktion von Wirklichkeit“30, in der die seit Jahrzehnten in der Theologie bereits
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Weitlauff, Wessenberg; Mets, Katechismus; Weitlauff, Bemühungen, 585–651. Zum Archiv für Pastoralkonferenzen Gründig, Besserung; Stiefvater, Pastoral-Archiv. Alt, Aufklärung, 51–58; Möller, 213–307; zum Bürgertum als prominentestem Beispiel: Gall, Gesellschaft, 3–49. Zum Bürgertum: Mergel, Klasse; Schlögl, Glaube; etwas älter, aber nach wie vor anregend: Groethuysen, Entstehung. Zum grundsätzlichen Verständnis Assmann, Gedächtnis, 131–133; Fauser, Einführung, 133– 138; besonders: Giesen, Identität. Heilbronner, Freiheit; Heilbronner, Achillesferse; Heilbronner, Aspekte. Vgl. Berger, Luckmann, Konstruktion, 90–91. Ferner 102–103: „Symbolische Sinnwelten konstituieren die vierte Ebene der Legitimation. Wir meinen damit synoptische Traditionsgesamtheiten, die verschiedene Sinnprovinzen integrieren und die institutionale Ordnung als symbolische Totalität überhöhen […]. Die symbolische Sinnwelt ist als die Matrix aller gesellschaftlich objektivierten und subjektiv wirklichen Sinnhaftigkeit zu verstehen. Die ganze Geschichte und das ganze Leben des Einzelnen sind Ereignisse innerhalb dieser Sinnwelt.“ Oswalt, Staat; Schlögl, Glaube; Wicki, Staat; Schlögl, Rationalisierung; Oswalt, Frömmigkeit; Maurer, Kirche. Zur Vorgeschichte der Katholischen Aufklärung vgl. die einschlägigen, durch die spezifischen Positionen der Autoren geprägten Periodisierungsversuche: Beutel, Aufklärung 306; Klueting, Genius; zu ergänzen wären neuere englischsprachige Neueinschätzungen: Printy, Enlightenment; Sorkin, Reform Catholicism. Zum Begriff der Relevanzstrukturen im Kontext der Reichweite von Institutionalisierungen vgl. Berger, Luckmann, Konstruktion, 84. Berger, Luckmann, Konstruktion, 112–113. Zur Verwendung des Begriffs Katholizismus für den Bereich der Katholischen Aufklärung: Reinhardt, Katholizismus. Zum Begriff und seiner Verwendung in dieser Arbeit vgl. das Selbstverständnis des Diskurses: Siehe unten 29–45. Berger, Luckmann, Konstruktion. Berger und Luckmann begreifen Gesellschaftskonstruktion als einen „Institutionalisierungsprozeß wechselseitiger Typisierungen“ (59), der sich im Laufe von Habitualisierung und Weitergabe in die nächste Generation objektiviert (62–63; 65–66) und als subjektive Wahrheit weitergegeben (71; 139–196) wird. In diesem Kontext entstehen und werden gelebt gesellschaftliche Rollen (76–83). Die Erfassung der Gesamtgesellschaft durch Institutionalisierungen ist nicht vollständig, und Relevanzstrukturen können sich wandeln oder auch unverbunden nebeneinander existieren (84–88).
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erarbeiteten Vorstellungen in Sinnstrukturen mit dem Ziel individuellen Heilserwerbs auf breitenreligiöser Ebene umgesetzt wurden. Diese neue Art, Katholizismus zu denken, beinhaltete den Anspruch, diese nun als einzig mögliche Variante katholischen Christentums allgemeinverpflichtend zu machen. Konkret ging es der Gruppe von Seelsorgern, die hier aktiv wurden, darum, ihren Gläubigen einen Weg zum Heil aufzuzeigen, der möglichst viele Lebensbereiche strukturieren und eine umfassende innerweltliche Lebensweise vermitteln wollte. Dieses Unterfangen brachte die Exponenten der neuen Denkweise zwangsläufig in teils heftige Konflikte auf der Gemeindeebene. Denn das „Auftauchen einer alternativen symbolischen Sinnwelt“ ist, wie es Peter L. Berger und Thomas Luckmann formulieren, „eine Gefahr, weil ihr bloßes Vorhandensein empirisch demonstriert, daß die eigene Sinnwelt nicht wirklich zwingend ist. […] Einzelne oder Gruppen der eigenen Gesellschaft könnten versucht sein, aus der überlieferten Sinnwelt „auszuwandern“, oder, was viel schlimmer wäre, die alte Ordnung nach dem Bilde der anderen umzumodeln.“31
Im Kern ging es um das Problem, dass sich nun endgültig ein aufgeklärt-katholischer Klerus auf der Ebene der Pfarreien etablierte und dieser eine neue, zur konfessionalisierten Subsinnwelt in Konkurrenz stehende Denkweise des Katholizismus offensiv propagierte; was hier unternommen wurde, war nicht weniger als der Versuch, „kollektive Identität“32 aktiv umzuprägen und jahrhundertealte Denkstrukturen und Wahrnehmungsweisen von Wirklichkeit zu verändern. Jene vielfältigen Rezeptions- und Abgrenzungsprozesse, mit denen auf der Ebene der Gläubigen zu rechnen ist, hat die bisherige Forschung an vielen Stellen bereits sichtbar gemacht.33 Was sich hier aus den Quellen darüber hinaus erheben lässt, ist somit zwar in erster Linie ein theologisches Ideal, das den Alltag von gläubigen Katholiken gestalten und deuten sollte und von katholischen Priestern im Rahmen der Pastoral sowie des jeweils Möglichen vermittelt wurde; zugleich aber traten die hier beteiligten Priester mit dem Anspruch auf, die vorhandene Ordnung partiell in Frage zu stellen und zu überformen. Es ging um nicht weniger als die katholischen „Deutungsmuster“34 der Realität, die „grundlegende[n] bedeutungsgenerierende[n] Schemata, die durch Diskurse verbreitet werden und nahe legen, worum es sich bei einem Phänomen handelt“.35
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Berger, Luckmann, Konstruktion, 116; Berger und Luckmann beziehen sich hier zwar auf die Ebene der symbolischen Sinnwelt und nicht auf Subsinnwelten, die grundlegenden Effekte sind aber eindeutig. Assmann, Gedächtnis, 132: „Unter einer kollektiven oder Wir-Identität verstehen wir das Bild, das eine Gruppe von sich aufbaut und mit dem sich deren Mitglieder identifizieren.“ Zum Kontext vgl. Assmann, Gedächtnis, 130–160, sowie Erll, Gedächtnis, 122–124. Hingewiesen sei aber auch auf die kritische Wahrnehmung des Begriffs: Cooper, Brubaker, Identity; Niethammer, Identität. Oswalt, Menschen; Oswalt, Säkularisation; Oswalt, Staat; Wicki, Staat. Keller, Diskursanalyse, 240–243. Keller, Diskursanalyse, 243.
1.1 Fragestellung
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1.1 Fragestellung Vor diesem Hintergrund ist es das Anliegen der Arbeit, die im einleitenden Konferenzbeitrag von Lukas Meyer sichtbar werdende Wirklichkeitskonstruktion als den Versuch der Katholischen Volksaufklärung der Jahre nach 1800 zu interpretieren und damit eine aufgeklärt-katholische Wirklichkeitsdeutung für alle Gläubigen zu liefern; es geht um den pastoralen Inhalt dessen, was Vadim Oswalt sehr treffend als „intendierte[n] umfassende[n] Umbau der Mentalität“36 auf katholischer Seite bezeichnet hat. Die Kernthese lautet, dass Meyer und seine Kollegen im Bistum Konstanz unter Wessenberg37 und speziell in Württemberg38 nach 1800 den Versuch unternahmen, die Konstruktion von Mensch, Welt, Gott, Geschichte, Alltag, Staat, Gesellschaft und Kirche mit Hilfe der katholischen Religion neu durchzubuchstabieren, in einen Gesamtkontext zu stellen und – gekoppelt an ein weiterentwickeltes39 Priesterideal – mit Hilfe einer entsprechenden Seelsorgskonzeption zu vermitteln. Genuin handelte es sich hier um eine religiös dominierte Wahrnehmung der eigenen Wirklichkeit, um ein kollektives Selbstbild, das den „idealen“ gläubigen Katholiken und dessen ebenso ideales innerweltliches Verhalten zu bestimmen und zu definieren suchte. Anhand dieser normativen Vorgaben ließ sich klar bestimmen, was ein aufgeklärter Katholik zu glauben und wie er sich zu verhalten hatte; zumindest theoretisch liegt auch hier der Versuch vor, einen wenn auch anders konzipierten Lebensweg von der Wiege bis zur Bahre nachzuzeichnen.40 Hier wurde – weiterer Teil der These – nicht weniger unternommen als der Versuch, die zeitgenössische katholische Frömmigkeit zu aktualisieren und einen alternativ zu denkenden Heilsweg zu eröffnen, der in der eigenen Umgebungsgesellschaft anschlussfähig war. Motoren dieses inhaltlichen Gesamtentwurfs waren die philosophische Aufklärung und ihre zahlreichen Nebenschauplätze wie die Frage nach dem Naturrecht oder der neuen Rolle bzw. Begründung des Staates, die theologische Diskussion protestantischer wie katholischer Couleur und – von besonderer Wichtigkeit – die Infragestellung durch den wachsenden Signifikanzverlust innerhalb des katholischen Bürgertums der Zeit. Diese Zusammenhänge sollen in der vorliegenden Studie entschlüsselt werden. Kann man noch besser formulieren. Vorschlag: Demnach ist es das eigentliche Ziel dieser Arbeit, die Art und Weise gesellschaftlicher Wirklichkeitskonstruktion innerhalb des Diskursraums der aufgeklärt-katholischen Priester Württembergs zu rekonstruieren; diese traten sowohl als Adressaten als auch als Multiplikatoren des zugrunde liegenden Frömmigkeitsmodells auf.
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Oswalt, Staat, 201, wenn auch hier bezogen nicht auf eine rein religiöse Mentalitätsumprägung, sondern auf ein Bildungsunternehmen von Kirche und Staat. Bischof, Ende; Bischof, Wessenberg; Bischof, Generalvikar; Holzem, Wessenberg; Keller, Bemerkungen; Keller, Liturgiereform; Müller, Wessenberg; Müller, Pädagog, 1–54. Bischof, Bemühungen; Baumgartner, Bemühungen; Keller, Priesterseminar. Zum konfessionalisierten Priester vgl. Hersche, Muße, 247–318. AKKZG, Katholiken, 588–654; zum Bonmot „von der Wiege bis zur Bahre“: Klöcker, Wiege.
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
1.2 Forschungsstand Ein solcher Versuch, den pastoral intendierten breitenreligiösen Entwurf kollektiven Wissens für den Bereich der Katholischen Aufklärung zu rekonstruieren, ist bislang noch nicht unternommen worden. Dies verwundert angesichts der Fülle an Publikationen, die zur Katholischen Aufklärung wie auch zur Katholischen Spätaufklärung in den letzten Jahrzehnten erschienen sind.41 Der Mangel hat jedoch seine Gründe (auf unterschiedlichen Ebenen). Zunächst: Eine Rekonstruktion des aufgeklärt-katholischen Heilsweges war insbesondere für die katholische Kirchengeschichtsforschung bis weit ins 20. Jahrhundert schon allein deshalb kein Thema, weil diese aufgrund der eigenen Denkprämissen als entweder vollständig oder zumindest in Teilen häretisch betrachtet wurde. So lange Katholische Aufklärung in ihrer Wirkung auf den „Kampf gegen tatsächlich vorhandene kirchliche Mißbräuche und gegen den Aberglauben“ sowie die „Hebung der Predigt und der Katechese“ beschränkt war, ihr aber Auswirkungen „für die Verinnerlichung des Christentums“ pauschal abgesprochen wurden, stellte sich die Frage nach der Erhebung ihrer intentionalen Inhalte gar nicht erst.42 Dann: Nach 1960 veränderten sich zwar inhaltlich die Forschungen nach und nach: Dennoch blieben gerade die theologische und vor allem die breitenreligiöse Inhaltsebene aus forschungsgeschichtlichen Gründen weitgehend unterbelichtet, denn im Fokus der am Diskurs beteiligten Theologen, Volkskundler und Historiker standen andere Erkenntnisinteressen. Trotz des heute weitgehend anerkannten sowohl „interkulturellen“ als auch „binnenkonfessionellen Kulturausgleichs“,43 der die Rahmenbedingungen aktuellen Verständnisses des Aufgeklärten Katholizismus bildet, sind wir von einer inhaltlichen Einordnung des katholischen theologischen oder pastoralen44 Diskurses weit entfernt. Dass genau das bislang nicht in Angriff genommen worden ist, liegt an der Struktur der vorhandenen Forschung. Diese organisiert sich forschungstaktisch in vier Richtungen: Der theologiegeschichtlich orientierten Forschung der einzelnen theologischen Fächer, der alltagsgeschichtlich verpflichteten Forschung der Geschichtswissenschaft und der Volkskunde, der Forschung zum Katholischen Bürgertum, und derjenigen Forscher, die in den Spuren der Frömmigkeitsgeschichte 41
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Ein Forschungsüberblick zur Katholischen Aufklärung, insbesondere unter Berücksichtigung der reichhaltigen regionalen Literatur, steht nach wie vor aus; für den Kontext dieser Arbeit genügt der hier vorgelegte Stand. Einen möglichen Einstiegspunkt bieten Krenz, Konturen, 15–28; 39–44, und Klueting, Aufklärung, 411–426 (Literaturliste). Zitate Hagen, Geschichte I, 63–64. Besonders 64: „Was die Aufklärung für die Verinnerlichung des Christentums getan hat, ist sehr gering anzuschlagen. Darüber dürfen uns alle Redensarten von der Anbetung im Geist und von der Rückkehr zur reinen Christusreligion nicht hinwegtäuschen. Die Aufklärung war keine religiöse Bewegung, die aus der Tiefe der Kirche aufgebrochen wäre. Sie hatte ihre Wurzeln im Weltlichen, im Grunde genommen sogar in einem unkirchlichen Geist und trat von außen kritisch an die Kirche heran. Ihr war es mit der Berufung auf die obigen Worte Christi nur um ein vernünftiges, nicht um ein aus den christlichen Dogmen gespeistes Beten zu tun. Da die Aufklärung den christlichen Glaubensgehalt zugunsten der Moral zurückdrängte, verflachte das religiöse und kirchliche Leben.“ Krenz, Konturen, 20. Dagegen Holzem, Vorstellungen.
1.2 Forschungsstand
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tätig wurden. Alle vier Richtungen sind von Ihren Erkenntnisinteressen her hochgradig disparat und lassen sich nur schwer miteinander in Einklang bringen: 1. Beschäftigung mit den Inhalten der Katholischen Aufklärung ist in den letzten Jahrzehnten seit 1960 vornehmlich innertheologische und jeweils fachinterne Auseinandersetzung, vor allem in der Pastoral- und Moraltheologie, Dogmatik und Liturgiewissenschaft. Besonders ertragreich war hier der Bereich der Pastoral- und Moraltheologie: hier wurden fachimmanent Kernthemen wie die Ehevorstellungen45, der Vernunft-46, Gewissens-47, Sakraments-48, Offenbarungs- oder Sündenbegriff49 in Angriff genommen. Ähnliches lässt sich im Bereich der Dogmatik beobachten: Auch hier finden sich – insbesondere aus der Feder Philipp Schäfers – Forschungen zum Wechselverhältnis von Kirche, Vernunft und Glaube.50 Wenig ertragreich ist für unseren Kontext die liturgiewissenschaftliche Forschung, da diese stark komparativ arbeitet und eher keine Vernetzung zu den sonstigen Inhalten herstellt.51 Für alle drei Bereiche gilt: Diese Forschungen stellen nur einen kleinen Teil des Diskurses dar, häufig wird nur über einzelne Autoren gearbeitet, die zwar signifikant, aber kaum repräsentativ sind. Eine recht weit gehende Gesamterfassung des Diskurses, wie er in der protestantischen Theologie bereits erreicht zu sein scheint,52 steht für den katholischen Bereich noch aus. Festhalten lässt sich, dass die katholische Theologie der Zeit bereits einen starken Zug hin zur praktischen Anwendung der eigenen Theoreme besaß und gerade im Bereich der Moraltheologie Wissensbestände zu den unterschiedlichsten Teilbereichen und menschlichen Lebens aufgebaut und neue Begründungsstrukturen entwickelt wurden, die letztlich in einen pastoralen Kontext zu übertragen waren. Ein Blick in die Literatur offenbart vor allem die verschiedenen philosophischen Ansatzpunkte bei teils durchaus ähnlicher inhaltlicher Ausrichtung.53 2. Etwas zeitversetzt etablierte sich in der Volkskunde und der Geschichtswissenschaft ein der Alltagsgeschichte verbundener Forschungsstrang zur Katholischen Aufklärung, der im Vergleich zur eher traditionellen Theologiegeschichte der theologischen Fächer einen kompletten Perspektivenwechsel vornahm. For-
45 46 47 48 49 50
51 52 53
Renker, Ehe. Angel, Moral. Angel, Moral; Scharl, Freiheit. Weber, Sakrament. Starzyk, Sünde. Schäfer, Thesen; Schäfer, Katholizismus; Schäfer, Theologie; Schäfer, Frömmigkeit; Schäfer, Aufklärung; Schäfer, Kirche; Schäfer, Grundlagen; Schäfer, Sailer; ferner: Breuer, Aufklärung, 75–90. Kranemann, Gottesdienst; Keller, Liturgie; Kohlschein, Formulare; Kranemann, Tradition; Kohlschein, Aufklärung; Speth, Aufklärung; Dannecker, Taufe. Beutel, Aufklärung. Vgl. etwa die Beispiele Hermes und Geishüttner (Kant und Fichte) und Schwarzhueber (Gottfried Leß) oder Sailer (Stattler): Jendrosch, Lehre; Angel, Moral, 49–60.
18
1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
scher wie Goy54, Köhle-Hezinger55, Kimminich56, Oswalt57, Gründig58 und Wicki59 suchten nach einer Erklärung für ein immer wieder beobachtetes reaktantes Verhalten von Bevölkerungsruppen in unterschiedlichen Regionen, und brachten dieses mit Teilen des Reformprogramms von Seiten des Josephinismus und des Staatskirchentums in Verbindung. Hier lassen sich geradezu klassische Themenfelder festmachen: Auszurottender Aberglauben, Abschaffung von Wallfahrten und Gottesdiensten, Veränderungen in Gottesdienst und Liturgie wurden als Ursache widerständigen Verhaltens benannt, ein „Fanatismus aufklärerischen Strebens“60 von Seiten der Katholischen Aufklärer galt einzelnen Autoren als Ursache. Bis hin zur Rekonstruktion der – in diesem Fall – „anderen Seite“, der genuinen Interessenlage der Katholischen Aufklärung in der Pastoral, gingen die Fragestellungen aufgrund des eigenen Forschungsinteresses nicht. 3. Ähnliches lässt sich zur Forschung zum Katholischen Bürgertum festhalten; auch hier sind die Erkenntnisinteressen naturgemäß ausgerichtet auf die Fragestellung nach einem katholischen Großbürgertum.61 Hier zeigen die beteiligten Autoren Entwicklungen auf, die einen schleichenden Plausibilitätsverlust katholischer Religiosität nachweisen.62 4. Erst in jüngerer Zeit, ab etwa den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, macht sich ein mit der Frömmigkeitsgeschichte zusammenhängendes zunehmendes Interesse an aufgeklärt-katholischen Begründungsstrukturen bemerkbar, das seinerseits einige wenige Arbeiten hervorgebracht hat, die zumindest Teile des aufgeklärt-katholischen Pastoralideals bzw. der intendierten kollektiven Weltund Gegenwartskonstruktion aufarbeiteten. Gründig63, Burkarth64 und Holzem65 sind hier in erster Linie zu nennen. 54 55 56 57 58 59 60 61 62
63 64
65
Goy, Aufklärung. Köhle-Hezinger, Untersuchungen. Kimminich, Kirchenreform; Kimminich, Volksbräuche. Oswalt, Menschen; Oswalt, Säkularisation; Oswalt, Staat. Gründig, Besserung. Wicki, Staat. Kimminich, Volksbräuche, 49. Mergel, Klasse, besonders 57–94. Zum Verhältnis von Bürgertum und Katholizismus besonders: Mergel, Klasse, 1–14, insbesondere sein Plädoyer für einen handlungstheoretischen Bürgertumsbegriff; 73–81; er konstatiert eine „schleichende Säkularisierung“. Schlögl, Glaube, 289–296 sowie 303–309, mit seiner Positionierung bürgerlicher Religiosität im Bereich des Privaten und der Person als Rollenbündel. Ob der hier stark herangezogene Zschokke tatsächlich für den katholischen Bereich brauchbar war, war selbst unter aufgeklärten Katholiken umstritten. Repräsentativ war er mit Sicherheit nicht. Gründig, Besserung. Burkarth, Katholiken. Angesichts der Interpretationsparadigmen Burkarths ist jedoch eine gewisse Vorsicht angezeigt; es stellt sich die Frage, ob der von ihm gewählte interpretatorische Rahmen das Rollenverständnis des Priesters als Seelsorger ausreichend berücksichtigt. So wäre – um nur ein Beispiel zu nennen – zu fragen, ob es aufgeklärt-katholischem Taufverständnis tatsächlich um „moralische Indoktrination“ (239) geht oder religiöse Umprägungsprozesse von Gebetbüchern adäquat als „Etikettenschwindel“ (73) bezeichnet werden können, oder ob hier nicht ein Kirchen- und Priesterbild zum Tragen kommt, das den pastoralen Intentionen der Quellenverfasser widerspricht. Insbesondere Holzem, Vorstellungen.
1.2 Forschungsstand
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Aus dieser Forschung aber ein kohärentes Gesamtbild zu rekonstruieren, ähnelt der Quadratur des Kreises. Dennoch lassen sich für die hier intendierte Rekonstruktion vier grundsätzliche Thesen herauskristallisieren: 1. Gottesbild: Als zentrales Movens der religiösen Begründungsstruktur gilt nach Holzem, Gründig, Schlögl und Burkarth das im Vergleich zur Konfessionalisierung anders gewichtete Gottes- und Menschenbild, das biblisch motiviert den „milden Vatergott“ gegenüber dem Gott des jüngsten Gerichts präferierte;66 strukturell entsprach diesem Bild ein gewandelter Grundansatz beim Menschen selbst im Anschluss an die der Aufklärung zugrunde liegenden anthropologischen Wende67. Anhaltspunkte dafür findet der aufgeklärte Katholik in der sinnvollen Einrichtung der Natur und seiner selbst.68 Statt Gott vom Jenseits her zu denken, wie es sowohl die Barockzeit als auch der Ultramontanismus taten,69 stand nun das erkenntnisfähige Individuum am Anfang und im Zentrum jeglicher Argumentation. Hintergrund des zugrunde liegenden Gottesbildes war ein Grundverständnis von Gnade und Rechtfertigung, das auch für das aufgeklärte katholische Bürgertum nachvollziehbar war,70 und vorwiegend historisch eingebettet und im Sinne einer Erziehung des Menschen durch Gott argumentierte.71 2. Mensch und Wirklichkeit: Eng mit diesem Gottesbild verbunden rekonstruieren insbesondere Burkarth, aber auch Schlögl aus ihren jeweiligen Fragestellungen das Bild eines Gott-Mensch-Verhältnisses, das vornehmlich auf der individuellen Selbstinbeziehungsetzung des Menschen zu Gott betonte und insbesondere von Burkarth als vom Individuum verlangte Selbstergebung in den gütigen Willen Gottes interpretiert wird.72 Das hier formulierte Gottesbild hat somit weit reichende Auswirkungen für die Gegenwartskonstruktion: Die eigene Zeit und Welt gilt laut Burkarth als die „beste aller denkbaren Wirklichkeiten“, da Gott sie genau so intendiert hat;73 in diese hat der Mensch sich einzufügen, indem er sich im Gebet dem Willen Gottes ergibt74. Die Deutungsebenen dieses Prozesses sind umstritten. Während Schäfer vor dem Hintergrund theologischen Denkens hier eine Aufwertung des Gebets und die Erweckung religiöser Gefühle in den Mittelpunkt stellt („In dieser Frömmigkeit klingt das Herz des Menschen mit.“75), verweist Burkarth auf eine fast reine Anthropozentrik in Abhängigkeit von Gott und sieht das Problem, dass „von
66 67 68 69 70 71 72 73 74 75
Gründig, Besserung, 104–112; Schlögl, Glaube, 197–201; 207–210. Holzem, Vorstellungen, 241. Burkarth, Katholiken, 121–127; zusätzlich 487–529. Holzem, Vorstellungen, 241; vermutlich unter Rückgriff auf Schlögl, Glaube, 197–205. Schlögl, Glaube, 197–205. Schlögl, Glaube, 205–220 unter Integration von Bußvorstellungen; zum Bildungsverständnis vgl. Gründig, Besserung, 147–151; älter, aber nicht zu vernachlässigen: Müller, Pädagog. Burkarth, Katholiken, 117. Burkarth, Katholiken, 117. Burkarth, Katholiken, 118–121. Schäfer, Frömmigkeit, 17.
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
Gnade und Gerechtigkeit […] kaum mehr die Rede“76 ist zugunsten einer primären Verantwortung des Menschen vor der Gesellschaft77 und weitestgehender „agiler Weltzugewandtheit“78. 3. Liturgie: Hinzu kommt der aus der volkskundlichen Forschung ausreichend belegte Reformimpetus, der Elemente wie Liturgie in der Landessprache, eine Wandlung des Heiligenverständnisses und des Ablasses beinhaltete, aber auch als Aufwertung des Gebets und Erweckung von religiösen Gefühlen und Gesinnungen mit der Intention einer besseren Befolgung der aufgeklärt-katholischen Sittenlehre:79 4. Bürgertum: Ein weiterer, bereits bekannter Themenkomplex ist dem Modernisierungs- bzw. Säkularisierungskonzept80 geschuldet und behandelt die Integration bürgerlichen Gedankengutes in die katholischen Denk- und Glaubensstrukturen. Maria Gründig hat darauf hingewiesen, dass es eine graduelle „Harmonisierung der katholischen Denkmuster mit denen des Bürgertums“81 gab, die ihren Ausdruck in „Bürgertreue und Nationalgefühl“82 einerseits, der „Kultivierung der Triebe“83 und einer „bürgerlichen Ästhetik“84 andererseits fand. Noch weiter geht Klaus-Peter Burkarth, der – wenn auch ohne Quellennachweis – feststellt, dass innerhalb der gebildeten Schichten der neue Seelsorgsstil des Katholizismus „leicht Anklang und Eingang fand“.85 Mit einen Grund dafür sieht er in der Tatsache, dass nach der These Burkarths aufgeklärt-katholische Frömmigkeitskonstruktion in erster Linie „bürgerliche Tugend“86 abbildet, sowie im nun religiös begründbaren Arbeitsethos87: Dieses betont die sinnvolle Verwendung der eigenen Zeit zur Vervollkommnung der Berufs- und Standespflichten88 und versteht „Arbeit […] als sicherste[n] Weg zum Himmel“89. Insgesamt betrachtet ist die Forschungslage zu den pastoralen Inhalten der Katholischen Spätaufklärung also bestenfalls lückenhaft und besteht aus eher unverbundenen Versatzstücken; insoweit ist ein erneuter Blick auf die Quellen dringend geboten. Wie kann ein solcher erneuter Zugriff methodisch verantwortlich geschehen?
76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89
Burkarth, Katholiken, 113–114. Burkarth, Katholiken, 128–129. Burkarth, Katholiken, 130. Schäfer, Frömmigkeit, 8–9; 12–16; Kernpunkt von Schäfers Argumentation ist die „schlichte Gottes- und Christusverehrung“ (16). Vgl. auch Kimminich, Volksbräuche. Schlögl, Glaube; Schlögl, Alter Glaube, 439–456. Gründig, Besserung, 297. Gründig, Besserung, 300–304. Gründig, Besserung, 304–312. Gründig, Besserung, 312–320. Burkarth, Katholiken, 33. Burkarth, Katholiken, 71–79. Burkarth, Katholiken, 132–151. Burkarth, Katholiken, 138. Burkarth, Katholiken, 139.
1.3 Wissenssoziologische Diskursanalyse als Analyseinstrument
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1.3 Methodisches Vorgehen: Wissenssoziologische Diskursanalyse als Analyseinstrument Um vor diesem Hintergrund dennoch das Gesamtsinnkonstrukt ‚Katholische Volksaufklärung‘ analytisch erfassen und verantwortet an die Quellen herangehen zu können, bietet sich methodisch eine Variante der seit dem linguistic turn90 auch in der Geschichtswissenschaft91 etablierten Diskursanalyse92 an: die genuin in der Soziologie beheimatete wissenssoziologische Diskursanalyse93. Diese möchte vor dem Hintergrund der „sozialen Bedingtheit“94 jeglichen Wissens, den sich auf Foucault berufenden Strang der Diskursanalyse mit insbesondere von Peter L. Berger und Thomas Luckmann entwickelten Theorien zur „sozialen Konstruktion“95 von Wissen zu kombinieren. Letztlich handelt es sich um den Versuch, zwei der erfolgreichsten soziologischen Denkmodelle des 20. Jahrhunderts miteinander zu vereinen und für die Forschung fruchtbar zu machen. Ausgegangen wird dabei innerhalb der hermeneutischen Wissenssoziologie96 explizit von einem Primat derselben, in die die Diskursperspektive integriert wird, um so eine diskursive Konstruktion von Wirklichkeit97 zu generieren.98 Auf diese Weise wird jene Rekonstruktion ermöglicht, „aufgrund welcher Sinnbezüge Menschen handeln, wie sie handeln. Gefragt wird, wie Subjekte, hineingeboren in eine historisch und sozial vorgegebene Welt, diese Welt permanent deuten und somit auch verändern. Pointiert: es geht um die (Re)konstruktion der Prozesse, wie handelnde Subjekte sich in einer historisch vorgegebenen sozialen Welt immer wieder neu finden, d. h. auch: zurechtfinden und wie sie dadurch zugleich auch diese Welt stets auf Neue erschaffen und verändern.“99
In diese Fragestellung integriert die wissenssoziologische Diskursanalyse aus dem reichen Ensemble unterschiedlicher Diskursbegriffe100 forschungspragmatisch ei90 Zum linguistic turn: Rorty, Turn; zur Rezeption in der Geschichtswissenschaft: Trabant, Einführung; Bachmann-Medick, Turns, 33–36; Sarasin, Subjekte. Innerhalb der Kirchengeschichte ist die Diskursanalyse bislang kaum rezipiert: Jürgs, Reformationsdiskurs; Boer, Streit. Eine Methodendiskussion innerhalb der Historischen Theologie scheint bislang nicht stattgefunden zu haben. 91 Zum Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse vgl. Sarasin, Diskurstheorie; Sarasin, Geschichtswissenschaft; Schöttler, Angst; Martschukat, Geschichte. 92 Zum Hintergrund der Diskursanalyse als Ganzes: Foucault, Ordnung; Foucault, Archäologie; zu Foucault: Sarasin, Foucault. Detaillierter im Überblick mit aktuellen Entwicklungen: Keller, Diskursanalyse. Zu den Spielarten innerhalb der aktuellen Forschung vgl. Gerhard, Link, Parr, Diskurs; Keller, Diskursanalyse, 97–177. 93 Zum Konzept grundlegend: Keller, Diskursanalyse. 94 Vgl. dazu Keller, Diskursanalyse, 27–37, mit den Etappen Scheler (Scheler, Wissensformen), Mannheim (Mannheim, Ideologie) und Durkheim (Durkheim, Formen). 95 Berger, Luckmann, Konstruktion; einen fokussierten Gesamtüberblick bietet Keller, Diskursanalyse, 40–48. 96 Reichertz, Schröer, Erleben. 97 Keller, Diskursanalyse, 180. 98 Keller, Diskursanalyse, 180–193, bes. 188–193. 99 Reichertz, Schröer, Erleben, 59. 100 Theoretischer Hintergrund ist die Linie De Saussure – Foucault: Vgl. Keller, Diskursanalyse, 103–106; 122–142; zusammenfassend 174–175 zu den Gemeinsamkeiten der aktuellen Diskursforschung: „Sie
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
nen solchen, der sich von der linguistisch geprägten discourse analysis ebenso abwendet wie von der Habermasschen Diskursethik und stattdessen versucht, eine „diskursive Praxis“ in der Vielfalt ihrer „Verfahren der Wissensproduktion“ zu erfassen.101 Wissenssoziologische Diskursanalyse intendiert die Rekonstruktion der „Prozesse der sozialen Konstruktion von Sinn-, d. h. Deutungs- und Handlungsstrukturen auf der Ebene von Institutionen, Organisationen bzw. sozialen (kollektiven) Akteuren nicht als singuläre (Aussage-)Ereignisse, sondern als strukturierte Zusammenhänge, d. h. eben: als Diskurse.“102 Im Kern geht es ihr um die „gesellschaftlichen Ursachen und Wirkungen dieser Prozesse“, sie umfasst innerhalb dieses Erkenntnisinteresses „Bedeutungsproduktion“ ebenso wie Handlungspraktiken, institutionelle bzw. strukturelle und materielle Kontexte sowie sich entwickelnde gesellschaftliche Veränderungen.103 Dies geschieht, • indem kollektiv „Zeichen als Typisierungen innerhalb eines Wissensvorrates104 ausgebildet“ werden und diese einen „universe of discourse“ formen;105 • indem Akteure als „Vermittlungsinstanz zwischen Diskursen und Aussageereignissen“ auftreten,106 und dadurch „Wirklichkeit in Bewußtseinstätigkeiten konstituiert“ und so „historische Welten gesellschaftlich konstruiert“107 werden, natürlich wiederum vor dem Hintergrund der vorgegebenen gesellschaftlichen Typisierungen108.109 Fokussiert wird hierbei auf die „Analyse und Erklärung der diskursiven Konstruktion gesellschaftlicher Wissensbestände“110, im Kern auf die sozialen Akteure111, nicht auf die „Individualität singulärer Subjekte, die sich in den Sprecherpositionen einbinden (müssen) und die darauf bezogenen Rollenerwartungen bzw. Rollenspiele handhaben“.112
101 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111
112
– beschäftigen sich mit dem Sprach- und Zeichengebrauch in gesellschaftlichen Praktiken; – betonen, dass die Bedeutung von Phänomenen sozial konstruiert und diese damit in ihrer gesellschaftlichen Realität konstituiert werden; – gehen davon aus, dass der Gebrauch symbolischer Ordnungen Regeln des Deutens und Handelns unterliegt, die analysiert werden können, und – unterstellen folglich, dass sich einzelne Kommunikationsereignisse als Realisierungen einer Diskursstruktur verstehen lassen.“ Besonders verwiesen sei auf die theoretische Verortung von Diskurs/diskursiven Ereignissen im Zeitverlauf (192–194), Zeichen/Typisierungen/Diskursuniversum (195–205), Diskursive Ereignisse (205–209), Soziale Akteure (209–223) und Praktiken (223–228). Gerhard, Link, Parr, Diskurs, 24–25. Keller, Diskursanalyse, 233. Keller, Diskursanalyse, 233. Der Begriff des Wissens vgl. Keller, Diskursanalyse, 235. Keller, Diskursanalyse, 223. Keller, Diskursanalyse, 209; zur hinter dieser Annahme verborgenen Diskussion um die Rolle des Subjekts vgl. Keller, Diskursanalyse, 220. Beide Zitate aus: Luckmann, Wirklichkeiten, 19. Keller, Diskursanalyse, 221. Zu den Akteuren genauer Keller, Diskursanalyse, 253–255. Keller, Diskursanalyse, 221. Keller, Diskursanalyse, 221: „Soziale Akteure sind Individuen oder Kollektive, die sich auf die erwähnten Sprecher- oder Subjektpositionen beziehen und diese nach Maßgabe ihrer mehr oder weniger eigenwilligen Rolleninterpretationen und -kompetenzen einnehmen und ausführen, also realisieren.“ Keller, Diskursanalyse, 221.
1.3 Wissenssoziologische Diskursanalyse als Analyseinstrument
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Diese Methode der wissenssoziologischen Diskursanalyse bietet sich aus mehreren Gründen an, um an den hier zugrunde liegenden Quellen die aufgeklärt-katholische Weltkonstruktion zu rekonstruieren. Die Aufklärung erscheint insgesamt aufgrund ihres öffentlichen Charakters und ihres von intellektuellen Eliten auf Austausch und Kommunikation ausgerichteten Vorgehens für das Verfahren der Diskursanalyse besonders geeignet; wir haben hier einen öffentlichen Diskurs113 vor uns, der direkt zugänglich ist. Die religiöse Aufklärung wiederum kann als Spielart dieses öffentlichen Aufklärungsdiskurses gelten, da es in einem Spezialdiskurs um eine gänzlich andere Zielsetzung ging: Um das Heil der Seelen. Begreift man also Katholische Aufklärung als Teil des sehr viel größeren Diskursfeldes114 Aufklärung, in das zumindest die Spitzenexponenten der Katholischen Aufklärung als wichtige Teile direkt eingebunden waren,115 dann stellt sich der gesamte Katholizismus der Jahre vor und nach 1800 als eine Diskursformation116 dar, in der unterschiedliche Diskurse in einem Diskursregime117 um die Deutungshoheit rangen: Konfessionalisierte Residualkategorien, Katholische Aufklärung und beginnende Gegenaufklärung rangen um die Deutungshoheit über den Weg zum Heil.118 Hier prallten symbolische Sinnwelten aufeinander, die in der Frage des Weges des katholischen Christen zu Gott massiv differierten. Im Kern ging es um ein Problem, das sich bei der gesellschaftlichen Konstruktion einer Gesamtsinnwelt durch situative Externalisierung, wechselseitige Typisierung, Habitualisierung und Objektivierung als sich reproduzierendes119 „Produkt des Menschen“120 immer wieder ergab. Es hatten sich alternative religiös-katholische Sinnwelten ergeben, und jede dieser Sinnwelten beanspruchte für sich die Deutungshoheit und – die einzig richtige Variante des Katholizismus zu sein. „Das Auftauchen einer alternativen symbolischen Sinnwelt ist eine Gefahr, weil ihr bloßes Vorhandensein empirisch demonstriert, daß die eigene Sinnwelt nicht wirklich zwingend ist. […] Einzelne oder Gruppen der eigenen Gesellschaft könnten versucht sein, aus der überlieferten Sinnwelt ‚auszuwandern‘, oder, was viel schlimmer wäre, die alte Ordnung nach dem Bilde der anderen umzumodeln.“121
113 Zum Begriff des öffentlichen Diskurses vgl. Keller, Diskursanalyse, 228–232; 235: „Öffentlicher Diskurs: Diskurs mit allgemeiner Publikumsorientierung in der massenmedial vermittelten Öffentlichkeit.“ 114 Zum Begriff des Begriffsfeldes vgl. Keller, Diskursanalyse, 234: „Arena, in der verschiedene Diskurse um die Konstitution bzw. Definition eines Phänomens wetteifern.“ 115 Frankenhäuser, Lippert, Dalberg, besonders 16–17; Hausberger, Dalberg, 35–58; Dalberg, Schriften; Färber, Dalberg; Spies, Dalberg. 116 Zum Begriff der Diskursformation vgl. Keller, Diskursanalyse, 234: „Bezeichnung für einen abgrenzbaren Zusammenhang von Diskurs(en), Akteuren, Praktiken und Dispositiven“. 117 Vgl. Keller, Diskursanalyse, 235: „Diskursregime: Beziehung zwischen Diskursen und Praxisfeldern und/oder zwischen Diskursen.“ 118 Handschuh, Musterbilder. 119 Berger, Luckmann, Konstruktion, 71. 120 Berger, Luckmann, Konstruktion, 55. 121 Berger Luckmann, Konstruktion, 116; Berger und Luckmann beziehen sich hier zwar auf die Ebene der symbolischen Sinnwelt und nicht auf Subsinnwelten, die grundlegenden Effekte sind aber eindeutig.
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
Aus dieser Perspektive betrachtet, erhielt im Württemberg der Jahre nach 1800 das Anliegen aber eine neue Dimension; nun ging es nicht mehr nur um eine elitäre Diskussion, sondern um eine systematische, intendierte und gesteuerte Verbreitung der aufgeklärt-katholischen Sinnwelt. Der (weitgehend intellektuelle) Katholizismus des 18. und frühen 19. Jahrhunderts unternahm hier vor dem Hintergrund der Methodik der Volksaufklärung den Versuch einer Adaption und Neuausrichtung der „gesellschaftliche[n] Konstruktion von Wirklichkeit“122 breiterer Bevölkerungsschichten durch neue Sinnstrukturen mit dem (aufrechterhaltenen) Ziel individuellen Heilserwerbs. Es ging – im Sinne aufgeklärt-katholischer Zielvorstellung – darum, die neue Ordnung der Subsinnwelt Aufgeklärter Katholizismus innerhalb der gesamten Sinnwelt zu etablieren und so als „kollektive Identität“123 der Katholiken im frühen 19. Jahrhundert zu etablieren. Um dieses Ziel zu erreichen, galt es, diskursiv unter den Priestern, die als Initiatoren eben dieser religiösen Volksaufklärung dienen sollten, dieses Sinnkonstrukt klar zu bestimmen und zu verbreiten, diese mit dem Gesamtkonstrukt vertraut zu machen. Und an exakt diesem Punkt ermöglichen die untersuchten Quellen eine kursorische Darstellung des Weltbildes und des Heilsweges, der hier breiteren Bevölkerungsschichten vermittelt werden sollte. Weder geht es im Folgenden also um eine Rekonstruktion des Diskursfeldes Katholizismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch auch nur um den gesamten aufgeklärt-katholischen Diskurs. Sehr wohl aber möchte diese Arbeit den Versuch unternehmen, innerhalb einer speziellen Diskurskoalition124, der der württembergischen aufgeklärt-katholischen Priester125, sowohl das Interpretationsrepertoire126 als auch die zugehörige story line127 des aufgeklärt-katholischen Diskurses auf der Ebene von Diskurs und zugehörigen Dispositiven128 und Praktiken129 nachzuzeichnen. Damit soll genau jenes System einer Katholischen Aufklärung 122 Berger, Luckmann, Konstruktion: Berger und Luckmann begreifen Gesellschaftskonstruktion als einen „Institutionalisierungsprozeß wechselseitiger Typisierungen“ (59), der sich im Laufe von Habitualisierung und Weitergabe an die nächste Generation objektiviert (62–63; 65–66) und als subjektive Wahrheit weitergegeben (71; 139–196) werden. In diesem Kontext entstehen gesellschaftliche Rollen und werden im Folgenden gelebt (76–83). Die Erfassung der Gesamtgesellschaft durch Institutionalisierungen ist nicht vollständig, und Relevanzstrukturen können sich wandeln oder auch unverbunden nebeneinander existieren (84–88). 123 Zum Begriff vgl. Niethammer, Identität: Er konstatiert seine „Verwirrung“ über das „Plastikwort“ kollektive Identität (33–35; 55–56). 124 Zum Begriff der Diskurskoalition vgl. Keller, Diskursanalye, 235. 125 Zu den Partizipierenden, deren mentalen Voraussetzungen sowie den Partizipationsbedingungen vgl. Kapitel 2. 126 Zum Begriff des Interpretationsrepertoires vgl. Keller, Diskursanalyse, 235: „Das typisierte Ensemble von Deutungsbausteinen, aus denen ein Diskurs besteht und in einzelnen Äußerungen mehr oder weniger umfassend aktualisiert wird.“ 127 Zum Begriff der story line vgl. Keller, Diskursanalyse, 235: „Roter Faden eines Diskurses, durch den die verschiedenen Bestandteile des Interpretationsrepertoires verknüpft werden.“ 128 Zum Begriff des Dispositivs vgl. Keller, Diskursanalyse, 235: „Die materielle und ideelle Infrastruktur, d. h. die Maßnahmenbündel, Regelwerke, Artefakte, durch die ein Diskurs (re-)produziert wird und Effekte erzeugt (z. B. Gesetze, Verhaltensanweisungen, Gebäude, Messgeräte).“ 129 Keller, Diskursanalyse, 235.
1.3 Wissenssoziologische Diskursanalyse als Analyseinstrument
25
darstellbar werden, das in den einleitenden Quellenzitaten durchklingt. Genuin handelt es sich hier erst einmal um einen Spezialdiskurs130, der durch seine zahlreichen, aber dennoch exemplarisch eingrenzbaren Diskursfragmente131 ein klar umgrenztes Publikum besaß und für die Partizipierenden sogar eine eigene Subjektposition132 zur Verfügung stellte; zugleich aber – und das macht diesen Spezialdiskurs so interessant – waren diese Priester als Teil des öffentlichen Diskurses Katholische Aufklärung in Württemberg Multiplikatoren der Diskursinhalte in die Breite; auch wenn dieser Diskurs nicht Gegenstand der Untersuchung ist, so stellt die Untersuchung des Spezialdiskurses dennoch die Inhalte zur Verfügung, die zentral für den öffentlichen Diskurs wurden.133 Eine Rekonstruktion dieser aufgeklärt-katholischen Wirklichkeitskonstruktion ist in Württemberg aufgrund des Zusammentreffens verschiedener, in dieser Dichte nahezu einzigartiger Faktoren möglich. Auf den Punkt gebracht handelte es sich bei dem hier zugrunde liegenden Diskurs um einen Spezialdiskurs, der an einem weiteren, öffentlichen Großdiskurs teils aktiv partizipierte: Der Literaturproduktion der Katholischen Aufklärung. Innerhalb dieses Großdiskurses sind drei Teilbereiche für die Analyse von besonderer Bedeutung: 1. Der öffentliche Diskurs der für den Seelsorgekontext publizierenden aufgeklärt-katholischen Priester, hier durch die beiden Priesterzeitschriften abgedeckt, an der ein Teil des Spezialdiskurses durch Publikation eigener Beiträge aktiv partizipierte,134 und zu deren Lektüre die Priester per Gesetz135 verpflichtet waren.136 2. Der öffentliche Diskurs der aufgeklärt-katholischen Schul- und Frömmigkeitsliteratur, an der sich ebenfalls ein Teil des Spezialdiskurses beteiligte.137 130 Zum Begriff vgl. Keller, Diskursanalyse, 235: „Diskurs innerhalb von gesellschaftlichen Teilöffentlichkeiten, z. B. wissenschaftlichen Kontexten.“ 131 Zum Begriff Keller, Diskursanalyse, 234: „Diskursfragment: Aussageereignis, in dem Diskurse mehr oder weniger umfassend aktualisiert werden (z. B. ein Text), Haupt-Datengrundlage der Analyse.“ 132 Keller, Diskursanalyse, 235: „Subjektposition: Im Diskurs konstituierte Subjektvorstellungen und Identitätsschablonen für seine möglichen Adressaten (z. B. angebotene Kollektiv-Identität; […]); auch Positionierungsvorgaben für Akteure, auf die ein Diskurs Bezug nimmt bzw. über die er spricht […].“ 133 Hierzu vgl. Handschuh, Musterbilder. 134 Laut Gründig, Besserung, 372, stammten knapp 14 % der Aufsätze im APK von württembergischen Autoren; 26 % der Autoren stammten aus Württemberg. Gründig weist darauf hin, dass die ursprüngliche Zahl weitaus höher sein könnte, da seit 1817 aufgrund der Ablösung des württembergischen Bistumsanteils vom Bistum Konstanz nicht mehr Wessenberg für die Korrektur der Aufsätze zuständig war und somit seine Zugriffsmöglichkeiten als Herausgeber des APK sanken. 135 Dekret des Königlichen Geistlichen Raths, die Errichtung von Landkapitels-Lesegesellschaften und die Landkapitels-Konferenzen betreffend, vom 24. November 1807, in: Lang, Sammlung, 191–192. 136 Zu den Hauptprotagonisten Bischof, Bemühungen, 111–113. 137 Als Beispiele für den württembergischen Kontext: Mets, Katechismus; Jaumann, Katechismus; Huber, Handbuch. Zu diesem breitenreligiösen Literaturdiskurs vgl. Burkarth, Katholiken, 41–151.
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
3. Der öffentliche Diskurs der theologischen Fachliteratur138, der als Rahmendiskurs der beiden anderen Teilbereiche gelten kann, an dem aber mit Ausnahme Wessenbergs die württembergischen Priester eher in geringem Umfang teilnahmen. Durch das starke Einwirken Wessenbergs als Generalvikar des Bistums Konstanz auf eine aufgeklärt-katholische Ausrichtung des Klerus139 sowie aufgrund der zumindest weitgehend in die gleiche Richtung zielenden Intention der protestantischen württembergischen Obrigkeit140 dürfte in den ersten Jahrzehnten nach 1800 ein Klerus entstanden sein, der weitgehend aufgeklärt-katholisch optierte; es war eine katholische Aufklärungsgesellschaft141 entstanden, die sich Katholische Aufklärung als Lebensideal gesetzt hatte, und die ihre Mitglieder als „Volkslehrer“142 verstand. Gesichert wurde dieser Bestand durch die strikte Kontrolle des Staates über die Mitbestimmung bei der Besetzung aller Pfründen im Königreich, sowie über eine rigorose Kontrolle der einzelnen Kleriker durch die diesen vorgesetzten, dem staatlichen Ministerium verpflichteten Dekane. Der Diskurs selbst bestand in der Erstellung von Aufsätzen und deren Verlesung, Besprechung und Diskussion auf den Pastoralkonferenzen; Grundlage hierfür bildeten die wessenbergianischen Regelungen, die von der württembergischen Regierung mit Gesetzescharakter ausgestattet wurden. Durch diese ist auch der literarische Hintergrund des priesterlichen Diskurses bekannt; zwei Zeitschriften und die in den Bibliotheken vorgefundenen Bücher bilden eine mehr als ausreichende Basis, um die Wirklichkeitskonstruktion dieser Gruppe zielgerichtet rekonstruieren zu können, ein in dieser Form bislang fast einmaliger Glücksfall.143 Treffend wird so möglich, was Klaus-Peter Burkarth formuliert hat: „Durch Selbstäußerung und diskursiven Austausch der Pfarrer ermöglichen die pastoraltheologischen Organe nicht nur Aufschluß darüber, wie die Herausforderungen der Aufklärung Einfluß genommen haben auf die Reflexion über Aufgaben und Inhalte kirchlicher Pastoration; es werden gleichzeitig das Selbstverständnis, die Motive und Interessen, die gemeinsamen Grundvorstellungen und -werte dieser wichtigen Träger- und Multiplikatorenschicht der Aufklärung sichtbar.“144
Alle Kleriker im Königreich waren zudem einem bestimmten schriftlichen Kanon verpflichtet; per Gesetz145 hatten sie zwei Priesterzeitschriften zu beziehen, die 138 139 140 141 142 143
144 145
Vgl. unten 28. Kimminich, Volksbräuche, 131–136; Bischof, Ende, 289–314; Bischof, Bemühungen, 103–116. Oswalt, Staat, 132–137. Zum Begriff vgl. Dülmen, Gesellschaft; Dülmen, Aufklärungsgesellschaften; Agethen, Aufklärungsgesellschaften; Neugebauer-Wölk, Arkanwelten. Alzheimer-Haller, Handbuch, 68–111. Ähnliches müsste sich auch im Bistum Trier bewerkstelligen lassen, zudem auf einer wesentlich besseren archivalischen Grundlage: Schneider, Lesegesellschaften, wenn auch mit dem eklatanten Unterschied, dass es sich hier um weitestgehend freiwillige dekanatsweite Einrichtungen handelte. Burkarth, Katholiken, 32. Vgl. Dekret des Königlichen Geistlichen Raths, die Errichtung von Landkapitels-Lesegesellschaften und die Landkapitels-Konferenzen betreffend, vom 24. November 1807, in: Lang, Sammlung, 191–192; Bischöflich-Konstanzisches Ordinariats-Zirkular die Errichtung einer
1.4 Quellenkorpus
27
„Linzer Monathsschrift“ sowie das „Archiv für Pastoralkonferenzen“. Ferner hatten sich alle katholischen Priester zwangsweise in Lesegesellschaften (Kapitelsvereinen) und Pastoralkonferenzen zu vergesellschaften, um die theologische Fortbildung zu garantieren. In diesen Lesegesellschaften wurden gezielt von einem festgelegten Anteil des Gehalts theologische Werke zur Fortbildung angeschafft; diese wurden den Priestern im Umlaufverfahren zugänglich gemacht und anschließend in Dekanatsbibliotheken deponiert. Die Listen der hier angeschafften Literatur haben sich im Bistum Rottenburg vollständig erhalten, nach dem Erwerb und der im Zirkulationsverfahren erfolgten Rezeption durch die beteiligten Priester wurden die Bücher in Dekanatsbibliotheken gesammelt.146
1.4 Quellenkorpus Demnach liegt das das Quellenkorpus, auf dem diese Studie beruht, auf der Hand: Sechs der eben erwähnten Bibliotheken bilden die Grundlage der vorliegenden Arbeit: Ehingen, Ellwangen, Ulm, Saulgau, Neckarsulm, Biberach. Ferner wurden die beiden zum Abonnement vorgeschriebenen Zeitschriften147 hinzugezogen. Insgesamt fanden sich in den hier untersuchten Bibliotheken 3356 Einzeltitel, die tatsächliche Bandanzahl dürfte aber wesentlich höher liegen. Hinter den einzelnen Titeln verbergen sich Werke mit erheblich mehr Teilbänden,148 so dass man insgesamt von bis zu 10.000 Bänden in den sechs Bibliotheken ausgehen darf.149 Auf dieser Grundlage ließ sich ein Quellensample zusammenstellen, das die Rekonstruktion von Grundzügen des aufgeklärt-katholischen Wirklichkeitsverständnisses ermöglicht; es umfasst ein breites Spektrum vom Katechismus über die häusliche Frömmigkeitsliteratur bis zum theologischen Fachbuch.150 Argumentativ liegt aufgrund der Fragestellung der Schwerpunkt auf der Katechismus- und Gebrauchsliteratur sowie den Priesterzeitschriften, wissenschaftliche Fachliteratur wird ergän-
146
147
148 149 150
Lesegesellschaft in jedem Landkapitel betr., vom 12. März 1808, in: Lang, Sammlung, 202– 204; Reskript des Königlichen katholischen geistlichen Raths, die Landkapitels-Konferenzen und Lesegesellschaften betreffend, vom 21. April 1808, in: Lang, Sammlung, 209–210. Die Inventarlisten finden sich im Diözesanarchiv in Rottenburg als ein kohärenter Bestand „Kataloge der Landkapitelsbibliotheken“; für den Hinweis und die tatkräftige Unterstützung danke ich Herrn Dr. Aderbauer herzlich. Bei den Zeitschriften handelte es sich um das „Archiv für Pastoralkonferenzen“ (mit Vorgängerzeitschrift „Geistliche Monathsschrift mit besonderer Rücksicht auf die Konstanzer Diözese“ 1802–1827) und die Linzer „Theologisch-Praktische Monathsschrift zunächst für Seelsorger“ (mit Nachfolgern und zahlreichen Unterbrechungen 1802–1805; 1807–1810; 1812– 1813; 1814–1821; 1832–1833). Als Beispiele: Rotteck, Weltgeschichte; Binterim, Denkwürdigkeiten; Fleury, Betrachtungen; Calmet, Dissertationes. Zugrunde liegt hier die Überlegung, dass auf einen Titel wohl 2–3 Bände aus mehrbändigen Werken kommen dürften. Zu Bibliotheken allgemein: Breuer, Aufklärung; zur Frömmigkeitsliteratur und deren Beurteilung durch die aufgeklärt-katholischen Autoren: Burkarth, Katholiken, 41–71.
28
1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
zend und vertiefend hinzugezogen. Sowohl die Zeitschriften als auch die Struktur der Bibliotheken sollen im Folgenden kurz vorgestellt werden. Die Zeitschriften Unser Kenntnisstand über die beiden Zeitschriften ist sehr unterschiedlich. Während das Archiv für Pastoralkonferenzen bereits mehrfach in den Fokus der Forschung geraten ist, liegen über die Linzer Monathsschrift keinerlei Informationen vor; da die Monathsschrift häufig keine Namen bei Herausgebern und Autoren nennt, wissen wir von dieser Zeitschrift im Grunde nicht mehr, als dass sie von einer Gemeinschaft katholischer Priester in Österreich mit aufgeklärt-katholischem Interesse und mit stattlichem Imprimatur herausgegeben worden ist und sich grenzübergreifenden Interesses rühmen konnte.151 Letzteres ist auch dem Archiv für Pastoralkonferenzen eigen. Im Gegensatz zur Monathsschrift konnte sich dieses aber auch noch der offiziellen Förderung von Seiten Wessenbergs sicher sein, der diese Zeitschrift selbst redigierte und der aus den im Bistum Konstanz eingehenden Konferenzaufsätzen und Preisaufgaben die geeignetsten auswählte.152 In beiden Fällen haben wir hier Zeitschriften vor uns, die von Priestern für Priester in der Seelsorge erstellt wurden. Beide haben jedoch sehr unterschiedliche Erscheinungsverläufe; während in Konstanz die Finanzierung durch die Unterstützung des Bistums gesichert war, hatte die Monathsschrift vermutlich immer um ihre Finanzierung und auch ihre redaktionelle Fortführung zu kämpfen, was die großen Lücken im Erscheinungsverlauf erklärt. Beide Zeitschriften gemeinsam decken den Zeitraum zwischen 1801 und 1827 ab; besondere langfristige Bedeutung erhielten sie durch die Tatsache, dass aus beiden die Highlights in gesonderten Kompilationen in den 1830ern erneut erschienen.153 Die Dekanatsbibliotheken Besser sieht es mit dem Informationsstand zu den Dekanatsbibliotheken aus. Die hier untersuchten Bibliothekslisten stammen aus fünf von insgesamt noch 27 im Diözesanarchiv Rottenburg deponierten Dekanatsbibliotheken in Württemberg. Wichtigstes Auswahlkriterium dieser fünf Bibliotheken war das Stichjahr der Listenerstellung, das jeweils um 1848 liegen sollte; dieses ergab sich aus zwei Gründen: 1848 erhält das Bistum Rottenburg einen neuen Bischof, und mit diesem beginnt nahezu sofort der Einfluss des staatskirchlichen Systems – und damit auch des aufgeklärten Katholizismus – endgültig zu schwinden. Zweitens wird in diesem Jahr der Schustersche154 Diözesankatechismus in Kraft gesetzt, was eine definitive Festlegung der zukünftigen offiziellen Frömmigkeit auf die „ultramontane“ Rich-
151 Vgl. die zahlreichen Subskribenten aus Schlesien, Österreich, Bayern, der Schweiz und Süddeutschland. 152 Stiefvater, Pastoral-Archiv, 37–42; zu den Autoren Gründig, Besserung, 409–442. 153 N. N., Ergebnisse, 1835–1839; N. N., Monathschrift Auszuge, 1832–1833. 154 Vgl. Erlass des bischöflichen Ordinariats an die Pfarrämter vom 3. Oktober 1848, in: Vogt, Sammlung 137–138.
1.4 Quellenkorpus
29
tung bedeutete und damit eben auch das offizielle Ende eines stärker „aufgeklärten“ Katholizismus.155 Von den in den Bibliotheken enthaltenen Titeln sind die meisten nach 1800 erschienen;156 die Anzahl der angeschafften Titel, bei denen eine Jahreszahl angegeben ist, steigt langsam an, ehe sie in den Jahren 1821 bis 1830 ihren Höhepunkt erreicht; danach sinkt die Anzahl der angeschafften Bücher deutlich ab. Innerhalb der Bibliotheken lassen sich mehrere Bereiche erkennen, nach denen systematisch angeschafft wurde. Meist folgen diese der seit Rautenstrauch157 neu entstehenden Fächereinteilung innerhalb der Theologie, legen aber zusätzlich einen Schwerpunkt auf die Seelsorge. Stark vertreten sind die vier Hauptdisziplinen Biblische (9 %) und Historische (13 % inklusive der profangeschichtlichen Werke) Theologie sowie Pastoraltheologie (17 %) und Systematik (15 %). Überraschend vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungen zur Volksaufklärung, die gerade der Vermittlung von ökonomischem und relevantem naturwissenschaftlichem Wissen eine zentrale Rolle zuweisen, macht der Anteil naturwissenschaftlicher Titel gerade einmal zwei Prozent aus. Schriften, die zur Fortbildung des Volkes dienen sollten, wurden also zumindest nicht auf der Ebene des priesterlichen Diskurses gelesen, sondern waren Teil des Interesses des Einzelnen. Stark vertreten ist hingegen erwartungsgemäß der Bereich der schönen Literatur (7 %) als Teil des Bildungskanons und – im Verhältnis gesehen – der Reiseberichte (2 %). Ebenfalls zu erwarten war die relativ hohe Anzahl von Werken mit breitenreligiösem Zielpublikum (4 %) sowie der sehr hohe Anteil von Zeitschriften (7 %) und von Beiträgen zur eigenen Gegenwartswahrnehmung (10 %). Überraschend gering ist der Anteil der rezipierten Philosophie (2 %), eine Beobachtung, die sich für den Bereich der Zeitschriften bestätigen lässt; die Lektüre von zeitgenössischen Philosophen im Original scheint zumindest im Austausch der Priester nahezu keine Rolle gespielt zu haben.158 Innerhalb der einzelnen Fächer lassen sich einige weitere bemerkenswerte Beobachtungen machen. Im Bereich der Biblischen Theologie liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den Schriften des Alten und Neuen Testaments, es finden sich in reicher Anzahl Kommentare, Konkordanzen und Bibelausgaben, was auf eine breite Vertrautheit mit der historisch-kritischen Methode schließen lässt.159 Daneben findet sich in diesem Bereich ein deutlicher Reflex der intensiven Diskussion um eine Bibel in Volkssprache sowie der intensiven Rezeption des Grundgedankens der imitatio Christi.160 Im Bereich der Geschichte zeigt sich eine zweiseitige Rezeption: Einerseits findet sich die aktuelle 155 Zur Einführung des Diözesankatechismus vgl. Weber, Geschichte, 138–172; Hagen, Geschichte I, 2. 156 Lediglich 217 Titel sind in den Listen mit Daten vor 1800 angegeben. 157 Rautenstrauch, Entwurf; Hammerstein, Aufklärung, 147–157. 158 Lediglich 22 Werke sind Originalwerke von zeitgenössischen Philosophen. Kants Kritik der praktischen Vernunft findet sich nur ein einziges Mal, andere Werke Kants gar nicht, auch nicht die Kritik der reinen Vernunft. 159 Innerhalb der Biblischen Theologie sind es immerhin 37 %. 160 Weitere 31 % beschäftigen sich mit diesem Themenkomplex: Jesus, Bibel allgemein, Biblische Pädagogik.
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1 Katholische Spätaufklärung als Konstruktion katholischer Wirklichkeit
historische Forschung breit rezipiert, vermutlich wiederum Zeichen des zugrunde liegenden Bildungskanons, denn die Staatengeschichte des 19. Jahrhunderts blieb selbstverständlicher Bezugspunkt. Die Kirchengeschichte folgte einem anderen Entwurf, der sich insbesondere in den Übersichtswerken wiederfindet; daneben stand biographische Forschung im Vordergrund. Auffällig in beiden Bereichen sind die wenigen Werke, die sich mit dem Mittelalter beschäftigen. Wenig überraschend dominiert liturgische sowie Literatur zu Predigt, Schule und Pädagogik den Bereich der Pastoraltheologie, waren dies doch die genuinen Bereiche priesterlicher Tätigkeit.161 Auffällig ist aber die hohe Anzahl an Werken, die sich mit dem Ideal priesterlichen Lebens und Wirkens befassen.162 Ebenfalls wenig überraschend ist der Bereich der Systematischen Theologie derjenige, der am deutlichsten die Auseinandersetzungen mit dem aufziehenden Ende des aufgeklärt-katholischen Diskurses widerspiegelt. Hier lassen sich die beiden Seiten in unterschiedlichen Quellenbeständen direkt benennen: Ultramontane Schriften finden sich mit immerhin 10 %, das aufgeklärt-katholische Religionsverständnis und Kampfschriften sind mit 20 % vertreten; von beiden Seiten besonders umkämpft war der Bereich des Sakramenten- und Kirchenverständnisses.163 Genuiner Bereich des Aufgeklärten Katholizismus war die Moral mit insgesamt 11 %. Dieser grundlegende Konflikt lässt sich auch in den angegebenen Druckorten nachzeichnen; es finden sich explizit protestantische Druckorte (Halle, Berlin, Göttingen, Tübingen, Stuttgart), die die für die Katholische Aufklärung typische Rezeption auch protestantischer Schriften signalisieren. Druckorte wie Wien, Linz, Salzburg, Konstanz und Breslau, ebenso zumindest ein Teil der bayerischen Publikationen signalisieren Hochburgen der Katholischen Aufklärung. Zumindest ein Teil der innerwürttembergischen Publikationen, besonders aber die schweizer und weite Teile der bayerischen Publikationen dürften auf das Konto des auch Württemberg immer stärker ins Visier nehmenden Ultramontanismus gehen.
1.5 Vorgehen und Struktur der Arbeit Das weitere Vorgehen ist weitestgehend von den Inhalten der Quellen diktiert. Ein erster Schritt hierfür ist es, im zweiten Kapitel das kognitive Grundgerüst der Weltund Selbstkonstruktion des Aufgeklärten Katholizismus nachzuzeichnen. Hier lassen sich – ausgehend vom Menschen als Individuum – die Denkvoraussetzungen und impliziten Annahmen rekonstruieren, die der neuen Frömmigkeitsrichtung eigen waren, deren Welt-, Gottes- und Menschenbild, das im Rahmen der menschlichen Geschichte ewiges Heil grundsätzlich ermöglichte. Das dritte Kapitel widmet sich dem auf dieses grundsätzliche Gottes- und Weltverständnis aufbauenden Offenbarungs- und Geschichtsverständnis, beides essentielle Teilaspekte einer potentiellen Internalisierung der Inhalte Katholischer Aufklärung. Das vierte Kapitel 161 Liturgie 12 %, Predigtliteratur 31 %, Schule 14 %, Pädagogik 16 %. 162 Priesterliche Seelsorge 11 %, Lebensläufe und priesterliches Alltagsleben immerhin 7 %. 163 Kirche, Konzil, Papsttum und Sakramente sind mit insgesamt 11 % vertreten.
1.5 Vorgehen und Struktur der Arbeit
31
nimmt die Anforderungen an die Gläubigen in den Blick, die sich aus dem zuvor entwickelten aufgeklärt-katholischen „Wissen“ ergaben: Ein klares normatives Anforderungsprofil schuf die Voraussetzungen für richtiges und falsches Verhalten des/der Einzelnen und suchte im Alltag deren Verhalten zu normieren. Das fünfte Kapitel wechselt von der Ebene individueller Normierung auf die des Kollektivs: Das „richtige“ Verständnis von Familie normierte hier Rollen, die das innerfamiliäre Verhalten bestimmen und klar strukturieren sollten. Im sechsten Kapitel wird diese Linie analog verlängert für den Bereich der Gesellschaftsorganisation im staatlichen und kirchlichen Bereich. Das siebte Kapitel fokussiert auf die kirchlichen „Hilfestellungen“ auf dem individuellen Lebensweg des Aufgeklärten Katholiken: „Gnadenmittel“ und Sakramente sollten dem Menschen das „Mitwirken“ an seinem Weg zum Heil ermöglichen.
2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung: Vernunft, Aufklärung und Anthropologie der Katholischen Aufklärung Nirgends wird die Zeitgebundenheit des aufgeklärt-katholischen Pastoralkonzepts so deutlich wie in der Rückbindung des eigenen Begründungszusammenhangs. Gerade in den Referenzen auf das zeitbedingte Grundverständnis von Welt, Natur und Mensch ergaben sich teils erhebliche Reibungspunkte zwischen zeitgenössischer Philosophie und Katholizismus. Der Antwortversuch der katholischen Aufklärung umfasste zwei größere Themenkomplexe, die den Hauptinhalt des ersten Kapitels bilden: 1. Von besonderer Bedeutung war erstens die Rezeption bzw. Abgrenzung zur Aufklärung1, die man gemäß den eigenen seelsorgerlichen Interessen zu integrieren und als zeitgemäßen Ausgangspunkt der eigenen Pastoral zu nutzen suchte: Wie ließen sich die Phänomene einer neuen Betonung der Vernunft, Aufklärung und gar der Volksaufklärung mit dem traditional vorgegebenen katholischen Gedankengut in Übereinstimmung bringen, ohne dabei zentrale als katholisch verstandene Wissensbestände in Frage zu stellen? 2. Zweiter großer Punkt der diskursiven Auseinandersetzung war die Frage, wie dem veränderten zeitgenössischen Welt- und Menschenbild2 Rechnung getragen werden konnte bzw. sollte. Die Erkenntnisse der zeitgenössischen Naturwissenschaften und ihre Erkenntnismethoden bildeten einen wichtigen Hintergrund auch der religiösen und pastoralen Diskussion. Gerade hier spielten bereits präfigurierte Antwortversuche aus dem protestantischen Diskurs eine entscheidende Rolle und wurden breit rezipiert bzw. in die pastoralen Strategien integriert.3
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption: Doppeldeutige Begrifflichkeiten Um die Integration von zeitgenössischer Philosophie und Aufklärung in einer gezähmten Form innerhalb des aufgeklärten Katholizismus zu gewährleisten, griff der in Württemberg greifbare Diskurs auf eine doppeldeutige Begrifflichkeit zurück. Einerseits bediente man sich der zeitgenössischen Aufklärungs- und Vernunftbe1 2 3
Zu den Hintergründen Möller, Vernunft; Alt, Aufklärung, 1–59. Zu den Hintergründen Möller, Vernunft, 11–19; Košenina, Anthropologie, 7–22; Beutel, Aufklärung, 151–169; 177–192; D’Aprile, Siebers, Jahrhundert, 15–19; Alt, Aufklärung, 1–34. Als kursorischer Hintergrund: Alt, Aufklärung, 34–44; Beutel, Aufklärung, 225–282.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
33
grifflichkeit wie auch des Konzepts der Volksaufklärung, andererseits setzte man diesem aufgeklärten Vorgehen aus theologischen Erwägungen bewusst Grenzen. Man folgte den traditional vorgegebenen Mustern der Unterordnung der Philosophie unter die Theologie und schränkte damit die Möglichkeiten der Vernunftrezeption deutlich ein, ja betonte die Grenzen der Vernunfterkenntnis insgesamt im Bereich der Religion, nutzte aber andererseits konzeptionell neue Möglichkeiten wie die Volksaufklärung und nutzte die Gelegenheit, um das eigene religiös-katholische Konzept als „wahre Aufklärung“ zu definieren. 2.1.1 Theologie und Philosophie Wollte man innerhalb des Diskurses die Aufklärung und ihre Methoden nutzen, musste man zunächst das eigene Verhältnis zur Philosophie gerade angesichts eines schrumpfenden Interesses an der Theologie und einer deutlichen Steigerung des Ansehens der Philosophie klären.4 Rein begrifflich war dies weniger ein Problem;5 man begriff sich geradezu selbstverständlich als Teil der Aufklärung. Der Mensch selbst galt als philosophiebedürftiges Wesen. Vorausgesetzt wurde hier der auch der Aufklärung zugrundeliegende Denkprozess des Menschen als „eine unterscheidende Eigenheit des Menschen“; „daß er denkt“ stellte eine anthropologische und unhinterfragbare Grundtatsache dar.6 Der Mensch war somit geradezu prädestiniert zu „bestimmter, klarer Reflexion über das Gedachte“ und „beherrschte es [in] gewissem Maße dadurch“.7 Er strebte danach, das „Gesetz alles Denkens in Hinsicht auf Wahrheit und Bedeutung, in Hinsicht auf Richtigkeit und Genauigkeit“ zu erkennen, der „Denker ist ja eben erst befriedigt, wenn er dasselbe (das Gesetz) in seinem Verfahren befriediget glauben kann; es ist ihm Norm und Endzweck“.8 Dieses Streben galt als „Philosophiren im engern Sinne des Wortes.“9 Philosophie wurde so zu einem höheren Unterfangen, sie galt als „Bemühen höheren Selbstbewußtseyns“10 und war somit nahezu selbstverständlich für die gebildete Schicht dieses Diskursraums. Die tiefere Ursache für die Berührungsangst mit der zeitgenössischen Philosophie hatte ihren Grund weiter im traditionellen Verhältnis zwischen Theologie und Philosophie begründet. Zwar galt das Verhältnis von Religion bzw. Theologie11 4 5
6 7 8 9 10 11
Schneiders, Zeitalter, 12–15; Schneiders, Aufklärung, 58–62, 89–92. Zum Begriff vgl. Schnappinger, Erziehung, 192: „Philosophie ist die Wissenschaft der göttlichen und menschlichen Dinge, und der Ursachen, durch welche diese Dinge bestehen, aus Begriffen; oder kürzer: sie ist die Vernunftwissenschaft der Dinge, oder die Wissenschaft der Dinge aus Begriffen.“ Im Rahmen des Theologiestudiums mit einem wesentlich weiter gehenden, auch weite Teile der Naturwissenschaften umfassenden Verständnis vgl. Oberthür, Encyclopädie 1, 247–304; Sambuga, Philosophismus, 7 f. N. N., Philosophie, 82. N. N., Philosophie, 82. N. N., Philosophie, 82 f. N. N., Philosophie, 83. N. N., Philosophie, 83. Zum zeitgenössischen Begriff der Theologie vgl. Oberthür, Encyklopädie, 2 f.
34
2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
und Philosophie traditionell nicht als unproblematisch, insgesamt bestanden aber aus der eigenen Geschichtsinterpretation heraus kaum Probleme mit einer Rezeption. Denn Philosophie galt unter Rückgriff auf Clemens von Alexandrien12 als der Theologie untergeordnete Partnerin derselben, und hatte eine rein unterstützende Funktion zu erfüllen. Die hier beteiligten Theologen trugen „keine Bedenken“, „von der Philosophie, und ihren Hilfswissenschaften, und zwar von dem Schönsten, das sie enthalten, Gebrauch [zu] machen“13; sie begriffen sich selbst in erster Linie als professionelle „Philosophiebenutzer“.14 Philosophie und die anderen „Profanwissenschaften“ wurden als genuines Handwerkszeug eines „Religionslehrers“ betrachtet, und als solche begriffen sich die katholischen Priester selbst. Vor diesem Hintergrund galt es für die am Diskurs beteiligte Personengruppe als „offenbare Feindseligkeit gegen die Religion“, „wenn man Philosophie […] aus dem christlichen Religionsunterrichte verdrängen“ wollte.15 Denn solange die Philosophie im Verhältnis zur Theologie an ihrem ihr zugewiesenen Platz blieb, und sichergestellt war, dass „das Christenthum […] keiner Philosopheme bedürftig [sei], um sich als wahrhaft göttliche Lehre zu behaupten“16, war eine Benutzung der Profanwissenschaft Philosophie unproblematisch. Gegenüber der „ewig siegreichen, unwiderleglichen Kraft“ 17, die sich aus der direkten Erfahrung der Lehre Gottes ergab, war ein philosophisches System, das sich „lediglich aus Meinungen“ 18 zusammen setzte, „deren Grund eine Hypothese ist“ 19, zwar hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Dennoch war sehr klar abzuwägen, welchem der zeitgenössischen Systeme man wirklich folgen wollte.20 Gerade weil Philosophien als zeitbedingt und zeitkontextuell zu verstehen waren, und nicht als die letztgültigen Möglichkeiten des Denkens, war eine gewisse Vorsicht in deren direkter Implementierung in die Weitergabe der christlichen Religion geboten. Zwar galten alle „gerühmten Zeitsysteme […] und sogenannten Philosophien (der Cartesianischen, Wolfischen, Kantischen, usw.)“ als „wandelbare, mehr oder weniger treue Darstellung“ der zugrunde liegenden Idee der Möglichkeit der „geistigen Erhebung“ des Menschen.21 Solange sie im seelsorgerlichen Kontext sinnvoll erschienen, konnte man sie „benützen“;22 wenn „sie blos neue Worte, Zeichen und Formen für die alte Wahrheit zur Schau stellt“23. Gleiches galt, so lange die zeitgenössischen Denksysteme 12 13 14 15 16 17 18 19 20
21 22 23
N. N., Auszug; Eyth, Aphorismen, 385 f. N. N., Auszug, 120. Vgl. Wessenberg, Verhältnis, 456 f. N. N., Auszug, 119. Wessenberg, Verhältnis, 459. Wessenberg, Verhältnis, 459. Wessenberg, Verhältnis, 459. Wessenberg, Verhältnis, 459 f. N. N., Philosophie, 86–134; detailliert: Schnappinger, Erziehung, 198–206; kritisch zu Kant 201–203; zum Idealismus und zur zeitgenössischen Naturlehre 206–218; gegen Kants Postulat der praktischen Vernunft: Sambuga, Philosophismus, 59 f. N. N., Philosophie, 459. N. N., Auszug, 119. Wessenberg, Verhältnis, 460.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
35
dazu dienten, der „falschen Gelehrsamkeit“ eine „wahre, weit gründlichere entgegen [zu] setzen“,24 oder wenn mit ihrer Hilfe „Sophistereyen entlarvt, Irrthümer widerlegt, das Wesentliche von dem Unwesentlichen richtig“ unterschieden werden konnten und dadurch „überhaupt die Wahrheit faßlicher“ dargestellt und somit für den Gläubigen leichter erfassbar wurde.25 Genau das war und blieb aber das Kriterium für die Brauchbarkeit: Entwickelten die philosophischen Systeme die Tendenz, die zugrunde liegende in Offenbarung gegründete, religiöse Idee zu verfälschen oder nicht zum Wissensfortschritt beizutragen, waren sie zu meiden. Zeitgenössisch galten hier zwei Gefahren als besonders groß: Erstens bestand aus theologischer Perspektive die Tendenz, dass die Philosophie „mit einer Vollmacht sich brüstet, die Quellen des Christenthums in Beschlag zu nehmen, und durch ihren Trichter zu distilliren“26, somit also das eigentliche Ziel, die Vermittlung des christlichen Glaubens, in Gefahr brachte. Explizit bestand die Gefahr, sich in spekulativem Denken zu verlieren und gerade im Angesicht der dominierenden zeitgenössischen Rolle von Vernunft, Denken und Philosophie den Versuch zu unternehmen, jene Dinge zu ergründen, „welche Gott vor unsern Augen mit einem Schleyer umhieng“27 – und von welchen der Mensch konsequenterweise lieber die Finger bzw. die Gedanken ließ. Gerade die zeitgenössische Philosophie war dieser Gefahr besonders ausgesetzt. Auch sie hatte zu akzeptieren, dass sie schlicht nicht auf alle Fragen eine Antwort beibringen konnte,28 der menschliche Verstand galt dem württembergischen Diskursraum schlicht als zu beschränkt, um letzte Antworten formulieren zu können; dies blieb – als sehr deutlich formulierte Grenze – der göttlichen Offenbarung vorbehalten29. Durch die starke Betonung von Vernunft und Denken war der Hauptvorwurf an die zeitgenössische Philosophie letztlich der der Hybris, der des Ausartens in „leere Spekulation“;30 verfiel der Mensch diesem Fehler und stürzte sich „in eine Menge von Zweifeln und Ungereimtheiten“31, so versperrte die Philosophie gerade den Weg zur religiösen Erkenntnis, den sie als Hilfswissenschaft aus der Perspektive des pastoralen Diskurses hatte eröffnen sollen. Die Folge war – die zweite Gefahr – die Verdunkelung von Glaubenstatsachen durch die gewählte Begrifflichkeit und das vorgegebene Denksystem.32 Als Beispiel diente die „skolastische Demonstrirsucht“, der beispielsweise Wessenberg sehr plastisch vorwarf, „dass es schien, die Glaubwürdigkeit einer Religionslehre hänge davon ab, ob sich aus den Werken des Plato, oder des Aristoteles ein Beweis dafür herausfoltern lasse“33, anstatt sich mit der Bibel als Quelle der Offenbarung auseinander zu setzen. Erst durch „das seit drey Jahr24 25 26 27 28 29 30 31 32 33
N. N., Auszug, 119. Wessenberg, Verhältnis, 460. Wessenberg, Verhältnis, 460; ähnlich argumentiert in: N. N., Auszug, 116–117; zur Zeitschrift vgl. N. N., Linz, 314–317. Wessenberg, Verhältnis, 458. N. N., Rezension Sibylle I, 148–163. N. N., Rezension Sibylle I, 163–170. Brenner, Versuch, 11. Brenner, Versuch, 11. Wessenberg, Verhältnis, 458. Wessenberg, Verhältnis, 458.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
hunderten mit größerm Eifer betriebene Studium der heil. Schriften“ sei es möglich, den Einfluss der damals gängigen „Philosopheme“ zurückzudrängen.34 2.1.2 Die Grenzen der Vernunft Neben diesen generellen Grenzen, die aus theologischer Perspektive der Philosophie und damit auch der aufgeklärten Philosophie gesetzt waren, definierte der pastorale Diskurs sehr deutlich die generellen Grenzen der Vernunfterkenntnis angesichts des bleibenden Geheimnisses Gottes.35 Aus katholischer Sicht wurde es als äußerst problematisch empfunden, dass die für innerweltliche Erkenntnisse so geeigneten Medien Vernunft und Aufklärung nicht unbedingt an der aus katholischer Sicht als selbstverständlich empfundenen Grenze Gott Halt machten. Genau hier manifestierte sich die innere Grenze, auf deren Beachtung die katholische Aufklärung großen Wert legte. Zwar galt Gott durchaus als auf natürlichem Wege der Vernunft erkennbar; dass damit aber Gott grundsätzlich der Vernunfterkenntnis zugänglich sein konnte, galt als schiere Spekulation.36 Wo es darum ging, dass Vernunft „alle Wahrheit aus sich selbst“ hervorbrachte und damit auch Gott für die Erkenntnis zugänglich hielt, ging katholische Aufklärung nicht mehr mit, denn die „Vollkommenheit des Lebens“ und die „Fülle des Guten und Wahren“ war nicht durch die menschliche Vernunft allein eruierbar, sondern verwies lediglich auf ein anderes höchstes Wesen, Gott37 – sonst wäre der Mensch in extremster Selbstüberschätzung selbst Gott.38 Nach wie vor galt unverrückbar die eindeutige Grenzen menschlicher Erkenntnis: „[W]ovon wir keine vollkommen klare Erkenntiß haben können“39, davon konnte auch der menschliche Verstand keine Erkenntnis gewinnen, hier „nach einem höheren Grade von Aufklärung zu streben“40, führte nur zu unklarer Spekulation, gewann also genau keine exakten Begriffe, das eigentliche Ziel der Aufklärung. Eine „echte Aufklärung“ anerkannte diese Grenzen und versuchte gar nicht erst, Dinge zu begreifen, von denen „wir uns keine recht klare Erkenntniß […] verschaffen können“41. Diese innere Grenze galt nicht nur für die Vernunft, sondern auch für die Philosophie als Ganzes: Während die Vernunft eine „von der Endlichkeit beschränkte Vernunft“42 blieb, die nicht imstande sein konnte, „das Unendliche zu erfassen“43, blieb die Philosophie als Ganzes, selbst wenn diese „von den besten und einsichtsvollen Menschen“ betrieben wurde, nichts anderes als eine „edle, aber immer man34 35 36 37 38 39 40 41 42 43
Wessenberg, Verhältnis, 459. Zum Hintergrund vgl. Schäfer, Aufklärung, 13–14; 38–39. Sailer, Grundlehren, 59–65. Sailer, Grundlehren, 68. Sailer, Grundlehren, 69; zu Fehlentwicklungen aktueller philosophischer Systeme vgl. Schnappinger, Erziehung, 229–233. N. N., Aufklärung, 399. N. N., Aufklärung, 399. N. N., Aufklärung, 399. Eyth, Aphorismen, 382. Eyth, Aphorismen, 382.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
37
gelhafte Anstrengung“.44 Die „unbedingte gläubige Hingebung an ein allein seligmachendes System der Philosophie“ galt konträr dem aufgeklärt-philosophischen Verständnis als ein „Brandmal der Unmündigkeit“.45 Angesichts der Unfassbarkeit Gottes konnten Aufklärung und Vernunft nur vor dem Glauben an den geoffenbarten Gott zurückweichen. Ein wenig erinnert die Suche nach einem adäquaten Verhältnis zu Vernunft und Philosophie an die Suche nach dem Weg zwischen Skylla und Charybdis. Man konnte nicht ohne die Philosophie, denn die Theologie allein schlug „den menschlichen Geist in Fesseln“ und hemmte ihn „bey seinen Forschungen“46. Mit der Philosophie allein konnte auf der anderen Seite aber auch kein Weg zum Gott der Offenbarung gefunden werden, da die Philosophie diese vor ihren „Richterstuhl“ zerrte und sie zu einer „entehrende[n] Krüke der Unmündigkeit“47 degradierte. Letztlich konzentrierte man sich innerhalb der katholischen Aufklärung auf einen Mittelweg, auf einen Weg „dazwischen“48: Der Philosoph, der „geschäftig in seinem Bezirke die Grenzen der menschlichen Vernunft zu erweitern“ suchte, war und blieb sich aber zugleich der eigenen „Unzulänglichkeit“ bewusst und akzeptierte die Grenzen der Vernunft. Theologe und Philosoph trafen sich aber in exakt diesem Punkt, „im Heiligthume des Unbegreiflichen“, um „im Gefühle einer stillen Andacht dessen inne zu werden, was sich aller Spekulation entzieht“.49 Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass die im Diskurs aktiven Theologen gegen eine Verwendung der zeitgenössischen Philosophie innerhalb klarer Grenzen nichts einzuwenden hatten. Die Rolle der Philosophie begegnet hier aber deutlich auf die der „ancilla theologiae“ eingeschränkt, sie hatte ihre Rolle im Vermittlungs-, Begründungs- und Verkündigungskontext zu spielen, ohne die eigentlichen Inhalte, sprich: die Offenbarung, allzu sehr zu affizieren.
2.1.3 Aufklärung und Gebrauch der Vernunft in Sachen der Religion Diese Vorgaben des Philosophiegebrauchs dominierten auch die Beantwortung der zwar nicht häufig, aber doch ab und an gestellten Frage „Was ist Aufklärung?“50. Dies spiegelt vermutlich die Tatsache, dass man sich um 1800 bereits als festen Bestandteil der Aufklärung betrachtete. Dies lässt sich schon rein begrifflich festmachen: Die Frage wurde geradezu klassisch51 in Anlehnung an die Lichtmetapher beantwortet. „Aufklären“, so ein typischer Beitrag in der Linzer Monathsschrift, „heißt etwas, was dunkel, und finster ist, klar machen, Licht darüber 44 45 46 47 48 49 50 51
Eyth, Aphorismen, 382. Eyth, Aphorismen, 382. Eyth, Aphorismen, 382 f. Eyth, Aphorismen, 384. Eyth, Aphorismen, 384. Eyth, Aphorismen, 384. Vgl. N. N., Aufklärung, 394–426; Schnappinger, Erziehung, 149–191; vorbereitende Überlegungen bei Schäfer, Thesen, 10–17. Beutel, Aufklärung, 151–153; Möller, Vernunft, 11–19; Schneiders, Zeitalter, 114–116.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
verbreiten“52. Aufklärung setzte „immer eine Dunkelheit, und Finsterniß in der Erkenntniß voraus“, die im Anschluss daran beseitigt wurde.53 Auch die Ziele des Aufklärungsprozesses spiegeln die Rahmenvorgaben der Aufklärung wieder. Im Kern ging es darum, Erkenntnis zu gewinnen, „Unwissenheit, dunkle Begriffe, Vorurtheile, Zweifel, und Irrthümer [zu] vertreiben, und dafür klare, gründliche, und richtige Kenntnisse beybringen“,54 letztendlich um die „Tilgung von Vorurtheilen“55. Der Prozess war dann zum Abschluss gebracht, wenn es gelang, für die Erkenntnisse klare „Begriffe“ zu benennen.56 Auf eine Kurzformel gebracht, waren die Begriffe dann klar und eindeutig, wenn die „Fähigkeit, ihn anders mitzutheilen“, d. h. ihn zu kommunizieren, erfüllt war; dies galt dann als erfüllt, wenn sich „richtige und hinlängliche Beweise“ für die Richtigkeit finden ließen, der erkennende Mensch „sie durch eigenes aufmerksames Nachdenken bewährt gefunden“ und es geschafft hatte, sich „dabey von Leidenschaften und Vortheilen nicht verblende[n]“ zu lassen.57 Hiermit wäre diese Form der Aufklärung der traditionaleren rationalistischen eher denn der emanzipatorischen der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts zuzuordnen,58 und sie orientierte sich an dem für die Aufklärung um 1800 dominierenden Bildungsbegriff59. Das so gewonnene Wissen war von seinem Umfang her potentiell unendlich; „es kann keine Art von Kenntnissen davon ausgeschlossen seyn“.60 Implizit war damit auch die – wohlgemerkt immer aufgrund des eigenen Umgangs mit der Philosophie innerweltlich zu denkende – Erkenntnis infinit; „absolute Grenzen der Denkfreyheit“ existierten erst einmal nicht61. Denn „jede Art von Kenntnissen hat irgendwo ihren Nutzen, und für jede derselben gibt es auch Menschen, welche Mittel, und Gelegenheit haben, sie sich zu erwerben“62; großes Ziel blieb es, „in allen Kenntnissen stets fort[zu]schreiten, es in der Menge, Deutlichkeit und Gründlichkeit derselben immer weiter zu bringen, überall sollen Vorurtheile, und Irrthümer verbannt“ werden.63 Aufklärung in diesem Sinn war – ebenfalls typisch für die Aufklärung – ein Prozess. Man nutzte das „Wort, wenn von Dingen die Rede ist, worüber wir ehemals unrichtig dachten, oder in Rücksicht deren noch bey andern Menschen Vorurtheile, und Irrthümer herrschen“64, intendierte folglich einen Prozess, der entwe52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64
N. N., Aufklärung, 394; vgl. Eyth, Aphorismen, 229 f.; Kolb, Volksaufklärung, 3; 12; 32; Sambuga, Philosophismus, 55 N. N., Aufklärung, 395 f. N. N., Aufklärung, 395; Schnappinger, Erziehung, 150, in klarer Abgrenzung zu Kants Vorschlag. Kolb, Volksaufklärung, 20. N. N., Aufklärung, 396 f.; vgl. Wessenberg, Ansichten, 244 f.; Schnappinger, Erziehung, 155– 157. N. N., Aufklärung, 396 f. Schneiders, Zeitalter, 115. Maurer, Bildung, 227–237. N. N., Aufklärung, 399. Kolb, Volksaufklärung, 20. N. N., Aufklärung, 399 f. N. N., Aufklärung, 400. N. N., Aufklärung, 395 f.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
39
der „selbst- oder fremderleuchtend“ wirkte. Aufklärung konnte so „in aktiver, und in passiver Bedeutung, als wirkende Ursache, und als Wirkung“65 begegnen: Aktive Aufklärung beinhaltete die Kommunikation und Mitteilung „klarer, gründlicher, und richtiger Kenntnisse“, während im passiven Sinne „diese klaren, gründlichen, und richtigen Kenntnisse selbst“ gemeint waren.66 Medium dieses Prozesses war die Vernunft des Einzelnen67; der „Geist der Aufklärung“ schloss „das Bestreben, über alles selbst zu denken, alles zu prüfen, überall seine Vernunft zu brauchen, in sich“68. Selbstdenken und Einsatz der Vernunft waren also die zentralen Erkenntniskategorien, ein weiterer Berührungspunkt mit der Aufklärung.69 Sailer etwa unterschied eine „gemeine Vernunft“, die jeder Mensch ohne „sonderlich künstliche Bildung“ erlangen konnte, sowie eine „künstlich gebildete (scientistische, das heißt Wissenschaft erzeugende, oder Wissenschaft suchende Vernunft“.70 Im Kern war dies nichts anderes als die gängige aufgeklärte Gesamtintention und Begrifflichkeit, wenn auch die innerweltliche Grenze stets implizit mitzudenken war. Auch wenn ein zentraler Begriff, der der Kritik, hier nicht begegnet, so folgte man doch deutlich dem Denkansatz, „im Sinn einer Methode freien und öffentlichen Gebrauchs der Vernunft“ Vorurteile zu beseitigen.71 2.1.4 Volksaufklärung Dennoch wurde die Aufklärung nicht lediglich um ihrer selbst willen akzeptiert, sondern hauptsächlich um ihrer Funktion72 willen. Hier fühlten sich die Protagonisten des Diskurses den Ideen der Volksaufklärung73 verpflichtet. Denn im Kontrast zum durchaus kritisch gesehenen Verlauf der bisherigen Aufklärung74 war das Ziel gerade nicht, sich an eine Elite zu wenden; eine Aufklärung, die „nur den Aufgeklärten aufklärt, und den größten Theil der Menschen“ vernachlässigte, „verdient schlechterdings den Namen Aufklärung nicht“.75 Stattdessen wollten die hier beteiligten Kleriker durch die Bank „Volksaufklärung“ leisten, verstanden als „Verbreitung solcher deutlicher gründlicher, und richtiger Kenntnisse, die den Fassungskräften des gemeinen Mannes angemessen sind, und die er […] für seinen Wohlstand bedarf, im Gegensatze zu den dunklen Begriffen, den Vorurtheilen, und den Irrthümern, die beym Volke darüber herrschen“76. 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76
N. N., Aufklärung, 396. N. N., Aufklärung, 396. Schnappinger, Erziehung, 150–151; eher philosophisch Grävell, Mensch, 110–120. N. N., Aufklärung, 397 f. Möller, Vernunft, 13. Sailer, Grundlehren, 41. Möller, Vernunft, 17 f. Vgl. Möller, Vernunft, 17. Beutel, Aufklärung, 282–287, besonders der Abschnitt über Populartheologie 286–287. Vgl. unten die Ausführungen zum Zeitgeist. Schnappinger, Erziehung 154, hier dezidiert gegen Kant. N. N., Aufklärung, 403; vgl. auch Schnappinger, Erziehung, 151 f.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
Dies ist – zumindest auf den ersten Blick – die Definition, die auch die heutige Forschung zur Volksaufklärung zugrunde legt. Man folgte dem Grundgedanken dieser auf „Popularisierung [der] philosophischen und fachwissenschaftlichen Errungenschaften“ der Aufklärung abzielenden Bewegung77, indem man klar zu differenzieren suchte, was einerseits die gesamte Menschheit an Aufklärung wirklich notwendig hatte, und andererseits eine Kriteriologie erstellte, die die dem einzelnen Menschen für dessen Leben notwendige Aufklärung bestimmte. Während sich für die gesamte Menschheit „kein […] geschlossene[r] Kreis“ bestimmen ließ, der der Aufklärung als gesamtmenschliche Aufgabe nicht zugänglich gewesen wäre,78 fand sich ein solcher im Bereich des Individuums sehr wohl. Für den einzelnen Menschen war nicht jedes Wissen von gleicher Wichtigkeit, denn der „einzelne Mensch kann nicht alle Kenntnisse erwerben, und er braucht sie auch nicht alle“79, vielmehr existierten verschiedene Grade80 an Wissen. Sie war pragmatisch am Alltagsgebrauch des Einzelnen orientiert und lieferte die Grenzlinie zwischen einer „falschen“ und einer „wahren“ Aufklärung. Denn hier war ein Scheitern von Aufklärung durchaus denkbar: Wenn „allzu ausgedehnte Aufklärung“ dem Menschen schädlich wurde,81 mündete sie in „falsche Aufklärung“, die zu „Vielwisserey“, „Grübeley und Zweifelsucht“, am Ende gar in „Verfeinerung, After-Kultur“ oder „Schwärmerey“.82 „Falsche Aufklärung“ nährte „bloß den Fürwitz der Menschen“, führte „von ihrem eigentlichen Berufe ab“ und erzeugte „eingebildete Vielwisser, und Schwindelköpfe.“83 Im Gegensatz dazu stand „wahre Aufklärung“. Hier erhielt der „gemeine Mann“ nicht alles Wissen, sondern nur das, was ihm zur Gestaltung seines Lebens und den eigenen subjektiven Bedürfnissen notwendig war.84 Insbesondere das Volk85, verstanden als „jene Klasse von Menschen ohne Unterschied des Standes […], die nicht Fähigkeiten, Zeit, und Mittel genug haben, höhere, oder gelehrte Kenntnisse zu erlangen“86, brauchte nicht die überwältigende Gesamtmasse aufgeklärter Erkenntnis, sondern lediglich einen Ausschnitt aus dem gesamten Wissen. Kriterium waren die Zweckmäßigkeit und Nützlichkeit für das jeweilige Individuum,87 der „gemeine Mann“ sollte mit Kenntnissen ausgestattet 77
78 79 80 81 82
83 84 85 86 87
Beutel, Aufklärung, 282–287, Zitat: 282; die heutige Forschung zur Volksaufklärung neigt aber zur Fokussierung auf die nichtreligiösen Komponenten der Popularisierungsstrategien der Aufklärer. Zum Hintergrund: Böning, Mann; Böning, Aufklärung; Böning, Siegert, Volksaufklärung; Siegert, Volkslehrer. N. N., Aufklärung, 399; 401. N. N., Aufklärung, 400. Schnappinger, Erziehung, 151–155. Wessenberg, Ansichten, 242; Winter, Liturgie, 137–140 („Aufklärungswahn“). Wessenberg, Ansichten, 242 f.; Kolb, Volksaufklärung, 5; 12–13: „Versteht man aber unter Aufklärung so viel als Verfälschung, Verstümmelung oder Wegwerfung des wahren Glaubens, Spötterey gegen die heiligsten Geheimnisse unserer Religion, oder eine unbescheidene Rügung wirklicher Irrthümer, die dem allgemeinen Volke die Religion selbst verdächtig machen kann, wie könnt ich eine solche Aufklärung nicht verwerfen, nicht verabscheuen?“ N. N., Aufklärung, 403. N. N., Aufklärung, 401; 403. Vgl. Holzem, Vorstellungen, 239–299. N. N., Aufklärung, 400 f.; Wessenberg, Ansichten, 243 f. N. N., Aufklärung, 403.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
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werden, die ihm für sein eigenes Leben hilfreich waren, um Missverständnisse und „Mißbrauch“ zu vermeiden.88 Im Wesentlichen bedeutete dies, dass nicht jedes rational zugängliche Wissen auch jedem Menschen zur Verfügung stehen sollte, sondern es existierten „verschiedene Grade“ von Wissen, das sich „nicht nur in Rücksicht der Kenntnisse, sondern auch in Rücksicht auf die Klarheit derselben, deren der Gegenstand fähig ist, und die wir uns eigen gemacht haben“89, deutlich ausdifferenzierte. Der große Vorteil, der sich den katholischen Priestern bei der Übernahme dieses Denkmodells der Volksaufklärung bot, war ein Sample von relativ einfachen Methoden, mit denen eine solche Aufklärung erreicht werden konnte. Aufgrund des besonderen Charakters des „Volkes“ ging man grundsätzlich im Rahmen der „wahren Aufklärung“ „sachte, und behutsam mit weiser Rücksicht auf die eingewurzelten Vorurtheile, und Gewohnheiten des Volkes“ vor; so wurde das Ziel „zwar langsamer, aber sicherer“ erreicht.90 Zusätzlich ging es darum, „nicht bloß zerstörend, oder negativ, sondern immer auch aufbauend, und positiv“ vorzugehen.91 Ein aufbauendes Vorgehen hatte der Zerstörung überkommener Vorurteile vorauszugehen, wobei die große Gefahr bestand, dass „dem gemeinen Mann seine einzige zwar schwache, aber doch einigermaßen haltbare Stütze“ genommen wurde, „ohne ihm eine bessere, und sicherere dafür zu geben“.92 Das Wissensportfolio, um das es hier ging, war nun der entscheidende Punkt, an dem sich der gegenüber der Aufklärung instrumentalisierende Charakter der Katholischen Aufklärung festmachen ließ. Denn selbstverständlich beinhaltete die Zielsetzung „Elementarkenntnisse, das Lesen, Schreiben, und Rechnen“93 sowie in „Gesundheitslehre“94. Dazu kamen „Kenntnisse für seinen Stand, sein Gewerb, und was darauf Bezug hat“, um im Berufsleben reüssieren zu können und somit die eigene und familiäre Subsistenz zu sichern.95 Als letzter Wissensbereich trat Wissen über andere „Wissenschaften, und Künste […], was Jedermann für die gewöhnlichen Vorfälle, und Bedürfnisse zu wissen braucht“.96 Dies umfasste Kenntnisse „in Hinsicht auf herrschende Gewohnheiten, die für die Gesundheit schädlich sind, auf abergläubische Gebräuche, auf widrige Vorurtheile gegen öffentliche Anstalten, und nützliche Entdeckungen, usw.“97. Vor allem und primär ging es den Priestern aber nicht um diese, sondern um eine ganz andere Art von Kenntnissen: Genuines, allem anderen vorgelagertes Wissen brauchte der Mensch in „vorzüglich Religion, und Moral“98. Dies mag erklären, warum aus Sicht der Historischen Theologie die momentane Volksforschung relativ enttäuschend ist: Denn aus theologischer Sicht 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98
N. N., Aufklärung, 403 f. N. N., Aufklärung, 398; vgl. Wessenberg, Ansichten, 242 f. N. N., Aufklärung, 404. N. N., Aufklärung, 405. N. N., Aufklärung, 405. N. N., Aufklärung, 401; Schnappinger, Erziehung, 166. Schnappinger, Erziehung, 167. N. N., Aufklärung, 401 f.; Schnappinger, Erziehung, 167–169. N. N., Aufklärung, 401 f. N. N., Aufklärung, 401 f. N. N., Aufklärung, 401; Schnappinger, Erziehung, 171.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
widmet sie sich anhand der Personengruppe der Priester vor allem deren sekundärem Vermittlungsinteresse, während eine Aufarbeitung der primären Ziele bislang kaum vorgenommen wurde.99 2.1.5 Verchristlichung der Begrifflichkeiten: „Wahre Aufklärung“ und christliche Volksaufklärung Neben dieser Ebene der (Volks-)Bildung besaß der Vernunft- wie auch der Aufklärungsbegriff diskursimmanent eine zweite Ebene; „wahre Aufklärung“100 war für diese katholischen Priester etwas mehr als „nur“ Aufklärung. Katholische Aufklärung definierte vor dem Hintergrund der eigenen Verankerung in Aufklärung und Katholizismus das Erkenntnisziel der menschlichen Vernunft neu. Letztlich intendiert war ein neues Verständnis von Aufklärung, diese erhielt zusätzlich zur oben beschriebenen innerweltlichen Erkenntnisausrichtung ein neues Primärziel: Wahre Aufklärung war gleichzusetzen mit Religion.101 Analog des zugrunde liegenden Menschenbildes wurden die „moralischen und religiösen“ Dinge zum eigentlich wichtigen Erkenntnisinteresse.102 Aufklärung selbst galt nach dieser Definition als ein alter Hut, als „so alt, als die Welt“103 und wurde als genuine Intention Gottes in seinem Umgang mit dem Menschen reklamiert: „Da Adam und Eva im Paradiese waren, kam der Menschenvater zu ihnen, daß er ihr Vater seye, und sie seine Kinder; verbot ihnen von der schädlichen Frucht zu essen; lehrte sie reden.“104
Von diesem Gründungsakt ausgehend war die Aufklärung „unter den Völkern mehr oder weniger einheimisch“ und wurde innergeschichtlich immer weiter entwickelt, sowohl unter dem auserwählten Volk der Juden als auch außerhalb.105 „Religiöse Aufklärung“ war sowohl „Geschäft der Propheten“ als auch des „Heiland[s]“ der als „Licht zur Erleuchtung der Heiden“ tätig wurde.106 Die „ganze Lehre Jesu hatte den Zweck, die Begriffe des Menschen von Gott, seinem wohlthätigsten Dienste, von der zeitlichen und ewigen Glückseligkeit des Menschen selbst, von der Unsterblichkeit seiner Seele, von seinen Pflichten gegen sich selbst und seine Nebenmenschen, und von seinen beseligenden Erwartungen auch noch jenseits des Grabes zu berichten, oder was eben so viel heißt, ihn aufzuklären.“107
Von diesem Moment an war die Menschheit im Besitz eines „religiöse[n], wahrhaft christliche[n] Sinn[s]“,108 der auf das eigentliche Ziel der Religion abzielte: Es galt 99 100 101 102 103 104 105
Insbesondere: Kuhn, Religion; Narr, Bild. Schnappinger, Erziehung, 221. Dies bestätigt die Beobachtungen zur Aufklärungsbegrifflichkeit von Krenz, Konturen, 5. Schnappinger, Erziehung, 162 f. Kolb, Volksaufklärung, 14. Kolb, Volksaufklärung, 15. Kolb, Volksaufklärung, 16; als außerjüdische Beispiele galten „Confucius, Zoroaster, Cicero sowie die griechischen Philosophen“. 106 Kolb, Volksaufklärung, 33. 107 Kolb, Volksaufklärung, 33. 108 Kolb, Volksaufklärung, 15.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
43
als der „Wille Gottes“, dass „Jedermann in Religionskenntnissen aufgeklärt werde, sobald Gelegenheit und Kräfte vorhanden sind“.109 Gott wollte, dass „alle Menschen zur Erkenntniß der Wahrheit gelangen, und warum soll er nicht wollen, daß die Religionswahrheiten den Menschen immer klärer, immer lichtheller werden?“110 Man ging so weit, „wahre Aufklärung“ ohne Christentum gar nicht mehr für denkbar zu halten: „Wahre Aufklärung ist so wenig dem Christenthume entgegen, dass sie gerade aus demselben das höhere Licht hohlet, um es unter den Menschen zu verbreiten. [… E]s [das Christentum, C. H.] ist die reinste Quelle der echten moralischen Aufklärung.“111 So gelang das eigentliche Ziel der Aufklärung, die „Veredelung menschlicher Anlagen, die Verfeinerung menschlicher Gefühle, Zucht und Sitten, Wahrheit und Tugend, Kunst und Wissenschaften und alle[r] gesellige[n] Verbindungen unter den kultivirten Menschen“112. Im Kern ergab sich die Folgerung, dass durch den Prozess der katholischen Aufklärung ein neuer „Religionssinn“ erreicht werden sollte.113 Dabei orientierte sich die katholische Aufklärung am als Aufklärungsbefehl verstandenen paulinischen Korintherbrief („Meine Brüder! Werdet Kinder, nicht am Verstande, sondern an Bosheit; am Verstande werdet vollkommen“).114 „Aufklären in diesem [religiösen, C. H.] Sinne wäre also das Bestreben, einem Christen alle Wahrheiten redlich mitzuteilen, worüber uns Vernunft und Offenbarung Aufschluß geben“115. Vor diesem Hintergrund ist es zu verstehen, wenn die Autoren des Diskursraums in ihren Spitzenaussagen116 schlicht Philosophie neu definierten und im katholischen Christentum aufgehen ließen. Da in letzter Konsequenz aufgeklärtes Denken nahezu selbstverständlich nach dem Unendlichen strebte und „alles Endliche auf die Urquelle des Lebens und der Wahrheit, das Unendliche“117 befragte, wurde damit auch automatisch „jede Philosophie theologisch“118. Andernfalls galt sie als „Philosophismus“, als „unwahre Philosophie“119, da sie sich ihrer Letztverpflichtung entzog. Nicht mehr die rationale Erkenntnisfähigkeit und die sich daraus ergebenden Denksysteme wurden nun als zeitgenössische Philosophie begriffen, das Christentum wurde zur „einzig wahre[n] Philosophie der Zeit und Ewigkeit“ und somit zur Quelle und zugleich zum Ziel des menschlichen Philosophierens.120 Die menschliche Vernunft strebte aus sich nicht nur nach dem Wahren, Guten, Freude, Schönheit und einer Erklärung des Seins, sondern verlangte nach aufge109 110 111 112 113 114 115 116
117 118 119 120
Kolb, Volksaufklärung, 15. Kolb, Volksaufklärung, 15. N. N., Aufklärung, 405 f. Schnappinger, Erziehung, 224. Buck, Ursachen. Ehinger, Seelsorger; Haunstätter, Seelsorger. Eyth, Frage, 229 f. Rein begrifflich ist unter Aufklärung und Philosophie nicht in allen Fällen diese Spitzenbegrifflichkeit zu fassen; häufig bleibt der Begriff schlicht ambivalent, kann also sowohl Aufklärung als auch Religion bezeichnen. Eyth, Aphorismen, 381. Eyth, Aphorismen, 381. Sambuga, Philosophismus, 4 f. N. N., Rezension Sibylle II, 315.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
klärt-katholischem Verständnis nach einem „Ur-wahren“, „Ur-heiligen“, „Ur-seligen“ und „Ur-schönen“,121 das es dem Menschen zu entdecken galt. Das Ziel jeden Philosophiegebrauchs war also Gott, der wiederum per definitionem mit den Mitteln der Vernunft allein – und damit dem Hauptansatzpunkt der Philosophie – nicht zu erfassen war; Philosophie lieferte lediglich Hinweise. Mit diesem Prozess wusste man sich auf der Höhe der Zeit und betrachtete ihn als einen echten Fortschritt in der Menschheitsgeschichte: Da man in der „Naturlehre, in allen Theilen der Weltweisheit, in allen Künsten und Gewerben“ immer weiter „fortschreitet“, warum sollte dies nicht auch in der Religion der Fall sein?122 Auch hier hatten die „Religionskenntnisse an Helle und Gründlichkeit“ zugenommen, das Wissen um „Gott und Tugend“ war gewachsen und steuerte auf „Läuterung und Vervollkommnung“ zu.123 Ähnlich wurde auch der Begriff der Volksaufklärung religiös umgedeutet. Diese intendierte im Diskurs „hauptsächlich die moralische Cultur des Geistes […] und sieht diese als ihren eigentlichen Zweck“ an;124 Cajetan von Weiller ging noch weiter und erklärte für die eigene Gegenwart „eine besondere religiöse Regung der Gemüther“125: „Die Zeit will fromm werden.“126 Zwar sollten alle Gläubigen „ihren Verstand so weit bilden, daß sie nachdenken können über das, was ihnen als Menschen und in ihrer Lage wichtig sein muß“127. Dies war für die Autoren aber nur Voraussetzung der eigentlichen Erkenntnis, um die es letztendlich ging: Ziel jeder Volksaufklärung waren für diese Autoren die „richtige[n] und bestimmte[n] Begriffe von Religion und ihren Pflichten“.128 Das eigentlich Entscheidende für das Leben der Menschen war die „Liebe Gottes und des Menschen“ als „Grundpflichten unsers Lebens“.129 Denn nur so konnte der eigentliche Sinn und Zweck jeder wahren Aufklärung erreicht werden, der es im Kern darum ging, „daß der Mensch ein besserer Mensch werde, und das, was er zu thun hat, mit Ueberlegung auf die beste Art thue“.130 Religiöses Wissen fiel unter die gleiche Kategorie für das menschliche Alltagsleben wichtiger „gründlicher, und richtiger Kenntnisse“. Die „religiösen, und moralischen Kenntnisse, die den Menschen weiser, besser, und tugendhafter“ machten, waren genuines Anliegen der aufgeklärten Katholiken.131 Religion war folglich der eigentlichen Volksaufklärung vorgelagert, ja der „Grund aller Volksaufklärung muß die religiöse seyn“.132 Diese Form der Aufklärung sollte nun mit dem Mittel der Volksaufklärung einem breiteren Bevölkerungskreis zugänglich gemacht werden: 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132
Sailer, Grundlehren, 361. Kolb, Volksaufklärung, 20. Kolb, Volksaufklärung, 20. N. N., Aufklärung, 404. Weiller, Aufgabe, 2. Weiller, Aufgabe, 6. Kolb, Volksaufklärung, 20. Kolb, Volksaufklärung, 20. Kolb, Volksaufklärung, 20. Wessenberg Ansichten, 243. N. N., Aufklärung, 400. Wessenberg, Ansichten, 246.
2.1 Die Basis der aufgeklärt-katholischen Weltperzeption
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„Nicht nur heilsam der ganzen Menschheit ist die Aufklärung, sondern sie ist auch wünschenswerth, nicht nur bey dem Landvolke, sondern auch bey dem Stadtvolke, nicht nur beym untersten Pöbel, sondern in allen Ständen herrschet eine große Unwissenheit in der Religion.“ 133
Nur wenn der Mensch für sich klar benennen konnte, was der Sinn seines Lebens war, wenn er sich seiner eigenen Ausrichtung im innerweltlichen Leben klar war, war überhaupt Aufklärung geschehen. Volksaufklärung umfasste nach diesem Verständnis in der Vermittlung durch die katholischen Priester das, was der Mensch „für seine höhere Bestimmung“ brauchte, was notwendig war, „um christlich rechtschaffen zu denken, und zu handeln, und selig zu sterben“.134 Hieraus ergab sich ein Handlungsschema, das das Wissen darum, was innerweltlich notwendig war, um „seine, und seiner Mitmenschen zeitliche Wohlfahrt“ sicherzustellen, um letztendlich „ruhig und zufrieden zu leben, sein ordentliches Auskommen zu finden, ein guter Bürger zu seyn, und in seinem Kreise auch das Wohl anderer Menschen zu befördern“135, ins Zentrum der Volksaufklärung stellte. Methodisch bedeutete dies, dass diese Variante der religiösen Volksaufklärung beim Menschen „eine beruhigende Ueberzeugung“ zu evozieren versuchte, „die nicht durch gelehrte Untersuchungen, sondern durch die simple Darstellung der Geschichte der Religion, dann durch die Erkenntniß, und hauptsächlich durch die eigene Erfahrung ihrer wohlthätigen Wirkungen hervorgebracht werden soll“136. Es sollte jeglicher Aberglauben ausgerottet werden, ebenso jene „Irrthümer in Nebensachen, die dem Wesentlichen der Religion, der wahren Frömmigkeit, dem kindlichen Vertrauen auf Gott nachtheilig sind“137 In einem zweiten Schritt sollten alle „irrigen Volksbegriffe über Glaubenslehren, die ihren praktischen Nutzen vereiteln, und zu schädlichen Mißbräuchen führen“138, ausgemerzt werden, conditio sine qua non, damit die katholischen Gläubigen „die wahre praktische Anwendung der Glaubenslehren“ erlernen konnten, „damit der Glaube kein todter Glaube sey“139. Auf der Alltagsebene sollten die Gläubigen „richtige geläuterte Begriffe von den christlichen Pflichten, besonders jene, die oft verkannt, und mißverstanden werden, mit vieler Anwendung auf das gemeine Leben“140, somit also aufgeklärt-katholisch agieren. Es sollte – ebenfalls auf der Alltagsebene – „die Beziehung der äusseren Religionsgebräuche […] auf die innere Gottesverehrung, und moralische Besserung“ verbessert werden; insbesondere ging es um die „Verbannung des geistlosen Mechanismus“ aus der religiösen Komponente des Alltags.141
133 134 135 136 137 138 139 140 141
Kolb, Volksaufklärung, 20. N. N., Aufklärung, 401. N. N., Aufklärung, 401. N. N., Aufklärung, 402. N. N., Aufklärung, 402. N. N., Aufklärung, 402. N. N., Aufklärung, 402. N. N., Aufklärung, 402. N. N., Aufklärung, 402.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
2.2 Der Mensch zwischen aufgeklärter Anthropozentrik und Integration in katholische traditionale Vorgaben Die im Bereich von Aufklärungs- und Vernunftbegrifflichkeit beobachtbare Affinität zu grundlegenden Positionen der Aufklärung setzt sich im Bereich des Menschenbildes fort. Der Diskurs spiegelt die für die Aufklärung geradezu typische Anthropozentrierung142, paradigmatisch fokussiert in den ersten Sätzen zweier im Bistum Rottenburg verwendeter Katechismen: „Ich bin ein Mensch“143. Der Mensch wurde ins Zentrum der Welterkenntnis gesetzt. Von diesem Fixpunkt ausgehend erschloss sich der Mensch die belebte und unbelebte, nach aktuellen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen wahrgenommene Welt.144 Die Begründung hierfür bezog sich explizit auf die Aufklärung: Wo „Aufklärung herrscht, da sieht man die sichtbaren Dinge, die in unserm Gesichtskreise liegen, so, wie sie sind, oder welches Einerley ist, so, wie sie uns erscheinen können und sollen.“145 Religiöse Handbücher bemühten sich teils Dutzende von Seiten lang, die gesamte Natur möglichst vollständig zu erfassen und dem Leser als gesetzmäßig ineinander greifendes Gesamtkunstwerk zu präsentieren, von einer Verachtung146 der Welt konnte also keine Rede sein, ganz im Gegenteil erfreute sie sich höchster Wertschätzung. Auf dieser Linie mag auch das Interesse zahlreicher Priester an Naturwissenschaft und Technik zu verorten sein; wenn das Begreifen der grundlegenden Mechanismen der Welt als Positivum begriffen wurde, war auch die Erforschung und Kenntnis der Welt ein für Priester wie Katholiken wichtiges Desiderat, da nur so die für die Gotteserkenntnis so wichtige wunderbare Einrichtung erkannt werden konnte. Wichtig war die Tatsache, dass der Diskurs nicht bei der aufgeklärten Konstruktion des Menschen stehen blieb, sondern das durch sein Aufklärungsverständnis, Vernunft und Anthropozentrik neu bestimmte, positive Menschenbild mit traditionalen Wissensbeständen zusammen zu bringen wusste. Der nun neu konstruierte Mensch bestand nach wie vor aus „einem sichtbaren Leibe, und aus einer unsichtbaren Seele“147, folgte aber gerade nicht mehr der in der konfessionalisierten Frömmigkeit zentralen Jenseitsorientierung148. Stattdessen trat gerade die Leiblichkeit des Menschen in den Vordergrund: Als Ebenbild Gottes konnte er für sich in Anspruch nehmen, „nach allen seinen Theilen sehr schön und wunderbar gebaut“ zu sein, der Leib galt als „wahre[s] Meisterstück seiner [Gottes, C. H.] Allmacht auf Erden“149: 142 Laplanche, Kirchen, 965–966; Plongeron, Gottesverehrung, 264. 143 Jaumann, Katechismus, 1; vgl. auch Mets, Katechismus, 3. „Der Mensch ist sich selbst das Erste, und Wichtigste.“ Dies ließ sich aber noch wesentlich breiter ausarbeiten und zu einer regelrecht naturwissenschaftlichen Selbstanalyse durchbuchstabieren, vgl. Huber, Handbuch I, 1–14. 144 Jaumann, Katechismus, 1. 145 Kolb, Volksaufklärung, 3. 146 N. N., Erläuterung, 32. 147 Mets, Katechismus, 4; vgl. aber auch Grävell, Mensch, 146–163, der rezipiert wurde, obwohl er keine mit dem Leib verbundene Sündhaftigkeit kennt. 148 Greyerz, Conrad, Zeitalter, 64–68. 149 Huber, Handbuch 1, 233.
2.2 Der Mensch zwischen aufgeklärter Anthropozentrik und Integration
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„[A]ufrecht steht er da, sein Gang ist majestätisch, sein Haupt emporgerichtet zum Himmel, sein Auge ist lebendig und sprechend, sein Mund und seine Sprechorgane sind herrlich und wunderbar, seine Hände und Füße geschickt zu mancherley nützlichen Geschäften, und der ganze Leib ist das größte Meisterwerk in der ganzen sichtbaren Schöpfung.“150
Diese grundsätzlich positive Leiblichkeit wurde nach wie vor durch die nach dem Sündenfall erfolgte Veränderung des Menschen relativiert; der leibliche Teil des Menschen galt als derjenige, der den Menschen als „Doppelwesen‘“ aus „Fleisch und Geist, Sinnlichkeit und Vernunft“ für die Sünde angreifbar machte.151 Ähnliche Integrationsphänomene ließen sich im Bereich der Definition der Seele beobachten. Mehr noch als der Leib galt die Seele als Ort der Gottesebenbildlichkeit152 und nahm nicht nur die für die Aufklärung wichtigen Bereiche der Vernunft und des Verstandes in sich auf, sondern ergänzte die Vernunft mit dem Gewissen153 und dem Herz als Sitz der Emotionen.154 Die Seele selbst war den aufgeklärt-katholischen Theologen ein „wunderbare[s], geistige[s] Wesen“, durch dessen Kraft der Mensch lebte, sich bewegte und existierte;155 „denn der Leib für sich, ohne die Seele, ist todt; er kann sich nicht bewegen“156. In der Seele verorteten sie die wesentlichen Aspekte dessen, was den Menschen im Kern ausmachte, und verknüpften das Seelenverständnis mit dem aufgeklärten Menschenbild. Innerhalb der Seele157 fanden sich verschiedene Elemente, die es miteinander zu vereinigen galt. • •
•
150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162 163
Zur Seele gehörte erstens Empfindungsvermögen, der Mensch hatte „angenehme und unangenehme Empfindungen, und nur unsere Seele ist es, was empfindet“158. Zweitens besaß der Mensch die „Kraft, zu denken, sich Vorstellungen zu machen, und sich auch an schon längst geschehene und gehörte Dinge zu erinnern“159, war somit der Ort „höherer Verstandesbildung“160. Genau diese „Denk-, Vorstellungs- und Erinnerungskraft“161 galt als Kraft der Seele und integrierte explizit die Ratio in das aufgeklärt-katholische Weltbild.162 Schließlich galt als wesentliche Eigenschaft der menschlichen Seele deren Unsterblichkeit163. Gerade durch das nach dem Tod erst beginnende ewige Leben
Mets, Katechismus, 4; N. N., Moralität, 382. N. N., Moralität, 382. Huber, Handbuch I, 234. Zur Geschichte des Gewissens und der Entwicklung dieses Zentralbegriffs vgl. Stäudlin, Lehre. Vgl. bei Weiller, Aufgabe, 7, der Drang zur „Innigkeit“ und zum „gefühlten Leben“; zum „Herz“ vgl. 9 f.; Schwarz, Handbuch 3, 134–188. Mets, Katechismus, 4. Mets, Katechismus, 4. Grävell, Mensch, 121–127. Mets, Katechismus, 4. Mets, Katechismus, 4. Weiller, Aufgabe, 10. Mets, Katechismus, 4; zur Vernunft vgl. auch N. N., Anthropologie, 37–39. Vgl. Huber, Handbuch 1, 20 f. Grävell, Mensch 128–145.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
erhielt die Seele eine Zielrichtung, die dem Menschen das Erlangen der individuellen Tugend erst ermöglichte; denn der „Lohn dafür ist ewig“.164 Durch diese Definitionen erhielt die Seele ein klar definiertes Ziel: Die Erkenntnis Gottes und der Weg zum eigenen Heil. Innerhalb der Seele galt es, Herz und Verstand in der Religion zusammen zu bringen, um dieses zu erreichen.165 An dieser grundsätzlichen innermenschlichen Voraussetzung setzte der gesamte Prozess aufgeklärt-katholischen Glaubens und Frömmigkeit an: Im Kern ging es um die Vereinbarung einer „Wiederbelebung der religiösen Gefühle und Gesinnungen“ mit einer „vollständigere[n] Deutung und „festere[n] Begründung“, um eine explizit „aufgeklärte“ Frömmigkeit166, in der Vernunft und Gefühl vereint in der Religion zu Gott fanden. Die Folge war die Überformung des an und für sich aufgeklärt gefüllten Begriffs der Vernunft mit einer neuen Note, der Vernunft als Ansatzpunkt Gottes im Menschen. Denn zum grundsätzlichen Empfindungs- und Denkvermögen traten die Vernunft167 und das Gewissen als die wesentlichen Elemente der Seele, mit denen der Mensch „zwischen dem Guten und dem Bösen“ zu unterscheiden vermochte und sich zum Guten „mächtig aufgefordert“ fühlte: „[E]ben dieses Vermögen und dieses heilige Gefühl (unsere Vernunft und unser Gewissen) ist eine wunderbare Kraft unserer Seele.“168 Die Vernunft wurde so nach aufgeklärt-katholischem Verständnis zu einem sekundären, dem traditionellen Seelenverständnis untergeordneten Element innerhalb des Menschen. Ihr Sinn und Zweck war – entgegen der eigentlich aufgeklärten Bestimmung des Begriffs – die Suche und das Streben nach Gott: „Dies Göttliche, Ewige vorauszusetzen ist der Instinct der Vernunft; dies Göttliche, Ewige zu glauben, das Vermögen meiner Vernunft; dies Göttliche, Ewige zu glauben, anzubeten, durch ein göttliches Leben inne zu werden, und durch den Frieden, der alle Begriffe übersteigt, zu geniessen – die erhabenste Bestimmung meiner Vernunft.“169
Wann immer die menschliche Vernunft sich auf ein anderes, innerweltliches Ziel konzentrierte, verlor sie ihren eigentlichen Sinn aus den Augen.170 Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses galt die Erkenntnis Gottes als Leistung der Vernunft.171 164 N. N., Skizze, 273. 165 Weiller, Aufgabe, 9 f: „Wenn aber unserer Zeit die Aufgabe geworden ist, die Religion ihrer ursprünglichen Heimath, dem Herzen, wieder zu geben, so ist ihr darum nicht aufgegeben, die Heiligen dem Gebiete unserer Forschungen ganz zu entziehen. Dem Kopfe sind seine Rechte in Religionsangelegenheiten so wenig abzusprechen, oder auch nur zu schmälern, daß dieselben durch Ausscheidung von seinen blossen Anmassungen vielmehr fester begründet, und durch genauere Bestimmung ihres höhern Gehaltes wahrhaft sogar erweitert werden sollen.“ Ähnlich: Winter, Liturgie, 15 f.; relativierend in Richtung auf die Vernunft 17–20; 27–29. 166 Weiller, Aufgabe 11 f. 167 Huber, Handbuch 1, 21–25; Huber ordnete die Vernunft als Eigenschaft der Seele ein. Vgl. zum Vernunftverständnis auch Sailer, Grundlehren, 69–80. 168 Mets, Katechismus, 4. Als Beispiel: Baur, Denkwürdigkeiten. 169 Sailer, Grundlehren, 105; Dossenberger, Schulunterricht, 328. 170 Sailer, Grundlehren, 105: „Wenn aber die Vernunft dies Göttliche, Ewige statt zu ahnen, wissen, statt anzubeten, erklären, statt durch ein göttliches Leben inne zu werden, erforschen, statt zu geniessen, davon bloß dicuriren und darüber schreiben will, fällt sie in Täuschung und Nacht.“ 171 Sailer, Grundlehren, 118–120.
2.2 Der Mensch zwischen aufgeklärter Anthropozentrik und Integration
49
Hierfür sprachen mehrere, der Vernunft sichtbare Erkenntnisweisen: Gott war der Vernunft erkennbar aus der Natur, aus der zum Guten fähigen „Menschenwelt“, aus der „moralischen Welt“ der Tugenden.172 Ein so verstandener Vernunftbegriff war freilich aus aufklärerischer Sicht nicht unproblematisch, verwies er doch auf Reste eines ordo-Denkens, wie es dem mittelalterlichen Vernunft-Begriff eigen war.173 Noch deutlicher wurde diese Tendenz des Rückbezugs auf mittelalterliches Gedankengut beim Gewissensbegriff.174 Dieser erwies sich in der aufgeklärt-katholischen Vorstellung als der Ansatzpunkt Gottes im Menschen; einzig der Mensch als geschöpftes Wesen vernehme „durch sein eigenes Gewissen den Willen Gottes“175 in Form einer „inneren Stimme“176, die sich „in jedem Menschen, schon im Kinde, wenn es zum Gebrauch der Vernunft kommt“177: Der Mensch nahm ein „heiliges Gesetz“ in sich selbst wahr178, der Glaube an ihn war „Instinkt“179. Diese Fähigkeit, Gut und Böse „innerlich“ unterscheiden zu können, kennzeichnete den Menschen in der Form des „allen Menschen innewohnenden Tugendgesetze[s]“180 vor den Tieren aus und verwies ihn zusätzlich auf Gott.181 Das Gewissen wurde so zu einem „Focus ([…] Vereinigungspunct) […] der Systeme, die höchste und letzte Instanz des Menschen.182 Dieses gewährte „innere Ruhe, Zufriedenheit und einen festen Muth vor Gott und allen Menschen“, während ein böses Gewissen „unruhig, unzufrieden“ mache und „Scham, Verlegenheit und Furcht“ bringe.183 Gerade durch das Gewissen trieb Gott den Menschen an, „das Gute zu thun und das Böse zu meiden“;184 handelte man diesem entgegen, drohte die Strafe Gottes, folgte man ihm, so konnte man fühlen, „wie wir uns glückselig machen, wenn wir das Gute thun, und unglückselig, wenn wir das Böse thun“185. An das Gewissen erinnern auch Formulierungen, die das Herz des Menschen in diesen Prozess einzubeziehen suchten; hier muss vermutlich eine stärkere emotionale Komponente mit einbezogen werden. Um ein gelungenes, tugendhaftes Leben zu führen, musste der Mensch auf sein „Herz“ hören, das er als „Ruf von innen“186 wahrnahm. Im Kern ging es hier darum, neben die verstandesmäßige Erkenntnis das Element der individuellen Erfahrung zu setzen:
172 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186
Sailer, Grundlehren, 119. Wildfeuer, Vernunft, 2345–2346. Honecker, Einführung, 131–133. Mets, Katechismus, 11. Jaumann, Katechismus, 194; Koch, Andacht, 436. Jaumann, Katechismus, 194. Sailer, Grundlehren, 30. Sailer, Grundlehren, 74: „Also der Glaube an einen Gott ist Instinkt. Er ist dem Menschen natürlich, wie seine aufgerichtete Stellung.“ Huber, Handbuch 1, 98–102. Huber, Handbuch 1, 102–104; zum Verweis auf Gott zusätzlich Sailer, Grundlehren, 30. Sailer, Grundlehren, 32 f.; vgl. den bezeichnenden Hinweis Sailers: „Wohl denen, die das Aude sapere nicht bis an diese Gränze treiben zu müssen wähnen!“ Jaumann, Katechismus, 194. Jaumann, Katechismus, 194 f.; vgl. ebenso Huber, Handbuch 1, 98–100. Jaumann, Katechismus, 195. Brenner, Versuch, 2; zur „Religion des Herzens“ vgl. Plongeron, Gottesverehrung, 276–277.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung „Allerdings offenbaret sich der Geist der Lehren Jesu durch ihren Zusammenhang mit den Bedürfnissen des Menschen nach Wahrheit, Tugend und Seligkeit, der Vernunft, und durch die wirkliche Erleuchtung, Reinigung und Beseligung des Menschen, dem Herzen desselben.“187
Als Antagonist dieses an und für sich doch sehr positiven und starken Ansatzpunktes Gottes im Menschen galt die Tatsache, dass Gott nichtsdestotrotz den freien Willen188 des Menschen akzeptierte. Die Menschen konnten „also auch nicht mehr Gutes […] thun;189 Gott bewahrte die grundsätzliche Möglichkeit, dass „der Mensch durch den freien Willen Böses“ tat, „obschon es gegen die Vernunft und die Stimme seines Gewissens ist, und diese laut dagegen ruft“190. Erschwert wurde die Entscheidung des freien Willens für das Gute und gegen das Böse aber durch die Erbsünde, denn diese hatte das „Gewissen der Menschen, [den] Trieb zum Guten, und das Missfallen am Bösen in uns“ geschwächt.191 Hier schloss sich der Kreis zur Leiblichkeit des Menschen, die die Seele zusätzlich mit Ballast beschwerte. Genau das Gewissen markiert aber auch eine innere Grenze des aufgeklärt-katholischen Menschenbildes: Denn Verstand und Vernunft allein waren nicht imstande, die vollständige Erkenntnis des Guten zu gewährleisten.192 Zwar leitete Gott den Menschen „durch die Vernunft, die Kraft, ihn selbst und in ihm alles Gute zu erkennen“193 und durch „die Stimme seines Gewissens“194, doch hatte er ihm auch den freien Willen gegeben, „dass sie [die Menschen, C. H.] durch Gott das Gute aus sich vollbringen und sich dadurch ihren eigenen Werth und Verdienste verschaffen sollen“195. Die Vernunft war dabei von entscheidender Bedeutung: „Die Vernunft ist und bleibt für uns die Grund- und Urquelle aller Erkenntniß Gottes, und in sie müssen sich alle Nebenquellen ergießen, wenn sich das Göttliche aus ihnen uns vernehmbar darbieten solle. […] Der Vernunft kann eigentlich nichts aufgedrungen werden, was nicht in ihr schon liegt; in ihr hat nun Entwicklung statt, und zwar von der untersten Stufe des Keimes in ihrem geschwächten Zustande – bis zum schönsten Baum der göttlichen Offenbarung voll Blumen und Früchten: sie ist die göttliche Flamme in uns […].“196
Insgesamt bleibt somit festzuhalten, dass der Diskurs zwar einerseits das positive aufgeklärte Menschenbild aufnahm, ansonsten aber an der vorgegebenen Leib187 188 189 190 191
192
193 194 195 196
Sailer, Grundlehren 373. Vgl. auch Huber, Handbuch 1, 31. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Katechismus, 195; Stapf, Predigt, 224 f.; Menne, Katechese, 358 f.; Wessenberg erwähnt den Begriff der Erbsünde aufgrund seiner deutlichen Reduktion der Bedeutung der Heilsgeschichte nicht einmal. Bei Mets, Katechismus, 28, ist die Vernunft dem Menschen nur eingeschränkt verfügbar, da sie auf eine höhere göttliche Vernunft verweist; bei Jaumann, Katechismus, 17 führt der Sündenfall zur Verdunkelung der menschlichen Vernunft, so dass die Menschen „Gott und das Gute nicht mehr in ihrer Reinheit erkennen und erschauen konnten, ihr Willen verdorben wurde, und mehr sich zum Bösen als zum Guten hinneigte“ – deutliches Indiz für das sich langsam wandelnde religiöse Gesamtklima in Richtung auf ultramontane Gesamtlogik. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Gott, 24 f.; vgl. auch Sailer, Grundlehren, 103.
2.3 Erkenntnis Gottes durch die Vernunft: Die natürliche Gotteserkenntnis
51
Seele-Dialektik festhielt. Die Vernunft, treibendes Agens der Aufklärung, wurde hier als Teil der Seele begriffen, aber eben nur als ein dem Gesamt der Seele untergeordneter Teil. Zugleich galt die Vernunft als grundsätzlich zur Erkenntnis Gottes fähig und auf Gott hin ausgerichtet.
2.3 Erkenntnis Gottes durch die Vernunft: Die natürliche Gotteserkenntnis Auf der anthropologischen Bestimmung des Menschen aufbauend konnte die Katholische Aufklärung einen an die protestantischen Autoren der Physikotheologie197 und Neologie198 anknüpfenden natürlichen Weg zu Gott formulieren („natürliche Theologie“199), der der menschlichen Vernunft aufgrund der „Postulate der Vernunft: Gott, moralische Bestimmung des Menschen und Unsterblichkeit“200 offenstand. Die Existenz Gottes wurde grundsätzlich erkennbar aus zwei Elementen: Der den Menschen umgebenden Natur und der eigenen moralischen und ewigen Verfasstheit. 2.3.1 Gotteserkenntnis aus der Natur Der Mensch nahm die Welt um sich herum in sich erweiternden, vernünftig nachvollziehbaren Erkenntniskreisen wahr: Der Mensch als wahrnehmendes Subjekt perzipierte die belebte und unbelebte Welt,201 teils in ausgesprochen detaillierter und naturwissenschaftlicher Weise; dieses Wissen galt als für den Menschen notwendige Welterkenntnis.202 Da er die Welt zudem als geordnet und vernünftig eingerichtet vorfand, führte ihn dies nahezu zwangsläufig zur Anerkenntnis einer ordnenden Macht, eines Schöpfers, der die Welt als geordnete Schöpfung203 geschaffen und eingerichtet hatte und sie am Funktionieren hielt.204 Von der generellen Welterkenntnis konnte der Mensch zu einer natürlichen Gotteserkenntnis gelangen,205 die theoretisch in Anlehnung an physikotheologische Denkmuster206 jedem denkenden Menschen die Existenz Gottes notwendig erkennbar machte. Die 197 Beutel, Aufklärung, 225–228; Büttner, Richter, Forschungen I, 1–3; Ehrhardt-Rein, Glaubenslehre; Krolzik, Säkularisierung; Alt, 34–36. 198 Alt, Aufklärung, 40; Beutel, Aufklärung, 248–282. 199 Wessenberg, Darstellung, 354; zum Hintergrund: Krolzik, Säkularisierung, 37–39. 200 Schnappinger, Erziehung, 241–242; Sambuga, Philosophismus, 219. 201 Zum Gesamten: Köhler, Kraft, 1–108. 202 Huber, Handbuch 1, 1–14; Schwarz, Handbuch 1, 211–216. Zur Auseinandersetzung mit den neueren Naturphilosophien vgl. Hermes, Handbuch I, 44–49. 203 Schwarz, Handbuch 1, 270–344. 204 Zur Fortdauer der Welt vgl. Hermes, Handbuch 2, 63–76. 205 Die Argumentation folgt damit der Linie der Argumentation bei Herms, Offenbarung, 146– 210: Das lumen naturale mündet in das lumen supernaturale durch die demonstratio christiana. 206 Beutel, Aufklärung, 225–228.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
ganze Natur galt als „eine sinnliche Darstellung Gottes, und eine sinnliche Ermunterung zu dessen Achtung“ 207, durch diese „Sprache Gottes in der Natur“ war dieser dem Menschen direkt zugänglich.208 Nachweisen ließ sich das bis in die Details: Die sinnvolle und gottgewollte Einrichtung der Welt sollte anhand des Zusammenspiels der verschiedenen Teile der dem Menschen zugänglichen Welt nachgewiesen werden, die „Ordnung, Schönheit, und Zweckmäßigkeit“ der Welt erkannt werden,209 wie es sich hier am Beispiel der Sonne paradigmatisch nachweisen lässt: „Kein Licht zündet sich selbst an. Dies lehret die Erfahrung. Es muß angezündet werden, wenn es leuchten soll. Die prachtvolle, majestätische Sonne, auch ein Licht, über eine Millionmal größer, als die ganze Erde […] sollte wohl ewig seyn, oder ihr Licht sich selbst mitgetheilt haben? […] Die Sonne ist vorhanden. Wir sehen sie; ewig war sie nicht, auch hat sie sich selber nicht hervorgebracht. Daraus schließen wir, daß sie Einer gemacht habe. Dieser kann aber kein Mensch seyn,; ja alle Menschen zusammen können es nicht seyn: Wie sollten je Menschen die Sonne haben machen können? Sie ist ja zu groß, zu weit von uns entfernt. Der Schöpfer der Sonne ist also ganz etwas anders, als ein bloßer Mensch. Sein Name heißt – Gott.“210
Im Kern ging es um die menschliche (An-)Erkenntnis Gottes als Schöpfer der Welt. Ziel war – vom Detail ausgehend – die Anerkenntnis der gesamten Welt als Schöpfung, die Erfahrung der Gesamtheit als überwältigender Nachweis der Existenz Gottes: Da die Phänomene „nicht zu überschauen, nicht zu zählen“ waren, die Welt „unendlich groß, schön, gut und weise eingerichtet, ein unübertreffliches Werk“211 darstellte, musste Gott als der „unendlich weise[r] Baumeister“ dieses harmonischen Gesamtkunstwerkes dafür verantwortlich sein. Da dieser Baumeister-Gott die ganze Welt aus dem Nichts geschaffen habe, galt er als ihr Schöpfer. „Etwas aus Nichts machen, heißt man erschaffen, und den, der Etwas aus Nichts macht – Schöpfer.“212 Gott galt daher nachgewiesenermaßen als „der Schöpfer der ganzen Welt, Himmels und der Erde.“213 Grundsätzlich konnte der Mensch aus seiner Vernunft sowie aus dem „ihm vom Schöpfer schon bei der Geburt eingepflanzte[n] Gefühl seiner Abhängigkeit von einem höchsten Wesen“214 eine „Idee eines allervollkommensten, allerhöchsten Wesens über ihm und die Natur in sich“215 entwickeln. Dem aufgeklärten Katholiken galt Gott aus der Natur als bereits dem Menschen mit „gemeiner Vernunft“ leicht erkennbar; wurde dieser Vorgang gar durch geeignete Erziehung unterstützt, so galt „Gott sehr leicht auch in der Natur“ erkennbar.216 Einer grübelnden Vernunft konnte der Gott in der Natur leicht verloren gehen.217
207 208 209 210 211 212 213 214 215 216 217
Eschbach, Wesen, 171. Eschbach, Wesen, 171. N. N., Skizze, 251–252. Huber, Handbuch 1, 97; vgl. auch Brenner, Versuch, 1 f. Jaumann, Katechismus, 2. Jaumann, Katechismus, 2. Jaumann, Katechismus, 2. Ludewig, Handbuch, 3 f. Koch, Andacht, 434. Sailer, Grundlehren, 41–44. Sailer, Grundlehren, 44 f.
2.3 Erkenntnis Gottes durch die Vernunft: Die natürliche Gotteserkenntnis
53
2.3.2 Gotteserkenntnis aus der moralischen Grundverfassung des Menschen Der zweite Weg zur grundsätzlichen Gotteserkenntnis führte über den Menschen und seine ihm selbst in sich erkennbaren Eigenschaften.218 Da sich jeder einzelne Mensch als moralisches Wesen erfuhr, das zur Unterscheidung zwischen Gut und Böse fähig war219 und sich in der Selbstreflektion als vernunftbegabt220 begriff, als dem Tier überlegen221 und die eigene Sinnlichkeit überschreitend222, verwies dies ebenfalls auf ein höheres Wesen, das diese Transzendenz der reinen Lust ermöglichte. Ähnlich argumentiert wurde mit einem dem Menschen inhärenten Trieb zur Glückseligkeit223, der sich im Streben nach moralischem Handeln äußerte und auf die eigene Unsterblichkeit drang224, also wiederum den Menschen auf ein „Jenseits“ des eigenen Lebens verwies. Genau in diesem Bereich lagen nach aufgeklärt-katholischer Vorstellung aber zugleich die Schwächen einer rein in Vernunft begründeten Moral begraben; denn diese galt als zu „schwach“ zur vollständigen Erkenntnis und vor allem der Durchführung des Guten, da die durch sie „selbstgemachte[n] Grundsätze […] immer durch Neigungen und Leidenschaften modifizirt“ wurden.225 2.3.3 Die „natürliche Offenbarung“ als Teil des Einwirkens Gottes auf den Menschen Die natürliche Erkenntnis Gottes aus der Welt und aus sich selbst führten (theoretisch) jeden denkenden und sich selbst erkennenden Menschen zur notwendigen „Voraussetzung einer Gottheit“226, die logische Folgerung konnte nur sein: „Es giebt einen Gott, Schöpfer dieses Universums, der es auch nach moralischen Gesetzen regiert.“227 Damit ergab sich aber ein Folgeproblem: Lediglich die Existenz, nicht aber die Gottheit selbst und deren Ziele, ließen sich so folgern. Weiter als bis zu diesem Punkt kam die Vernunft nicht, denn die „Gottheit selbst können wir nie erkennen“.228 Die so erschlossene Existenz Gottes, galt als „natürliche Offenbarung“ 229 und überwölbte damit diesen Erkenntnisvorgang bereits mit einer theologischen bzw. religiösen Terminologie. Denn unter Offenbarung selbst wurde ein wechselseitiges 218 219 220 221 222 223 224 225 226 227 228 229
Köhler, Kraft, 109–290. Schwarz, Handbuch I, 17. Schwarz, Handbuch I, 16. Schwarz, Handbuch I, 14. Schwarz, Handbuch I, 14. Schwarz, Handbuch I, 20. Schwarz, Handbuch I, 22 f. Pfister, Verhältniß, 250. Schwarz, Handbuch I, 28. Schwarz, Handbuch I, 26. Schwarz, Handbuch I, 36. Jaumann, Möglichkeit, 267; vgl. auch Dossenberger, Schulunterricht, 338. Vgl. auch die Bemerkungen bei Schlögl, Glaube, 198–199, über physikotheologische Argumentationsfiguren zur natürlichen Gotteserkenntnis.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
Verhältnis, ein Zusammenwirken von Gott und Mensch verstanden.230 Denn diese setzte auf der Seite diesen als „Wesen voraus“, das fähig war, „das, was geoffenbart wird, zu erkennen“231: Auf der anderen Seite verlangte Offenbarung einen „sich zu erkennengebenden Gottes“232, der seinem einzig möglichen innerweltlichen ebenbildlichen Adressaten, dem Menschen,233 je nach dessen Wissens- und Erkenntnismöglichkeiten Offenbarung möglich machte. Man wird sich dieses Offenbarungsverständnis in allererster Linie prozessual und damit direkt an den Aufklärungsprozess angelehnt denken müssen. Sie geschah – führt man sich das zugrunde liegende Menschenbild vor Augen wenig verwunderlich – als direkte „Einwirkung des Geistes Gottes auf den Geist des Menschen“.234 Dieser Vorgang war zu begreifen als ein Erkenntnisprozess, der das Hören auf die innere Offenbarung implizierte. Der Mensch konnte die äußere Offenbarung nicht erkennen, „wenn nicht die Idee Gottes, also die innere Offenbarung in uns selbst ihre Wurzeln hätte“235, auch die Erkenntnis aus Natur, Vernunft und Geschichte236 blieb also Geschenk Gottes. Nur unter den Bedingungen der inneren Offenbarung, „nachdem sich Gott in uns selbst offenbart hat, vermögen wir ihn in der Natur […] zu finden“237 Anders ausgedrückt: Die „mehr oder minder tief schlummernde Idee Gottes“ wurde durch „alle äußere Offenbarung der Natur und Geschichte“ nur geweckt, „zum Selbstbewußtseyn“ gebracht und so belebt.238 Der Gesamtprozess der Aufdeckung der „inneren Stimme“ führte den Menschen zu der Erkenntnis, dass Gott „die uns bekannten Gesetze der Natur [und] den gewöhnlichen Gang der Geschichte“ überstimmen konnte, „wodurch Gottes Finger deutlicher erkannt werden kann, als in dem Gewöhnlichen.“239 Ziel des Menschen in der Erkenntnis Gottes hatte es folglich zu sein, der zur Übereinstimmung kommenden inneren und äußeren Offenbarung nicht im Wege zu stehen, sondern aktiv mit zu gestalten: „Aller Wunder und Weissagungen ungeachtet, würden wir doch nicht weiter in der Erkenntniß Gottes kommen, wenn nicht zugleich das höhere Licht in uns, in unserm Innern leuchten – und durch die höhere Kraft – als unsere Vernunft an sich und in dem bestimmten Maaße ist, würde verkläret werden.“240
Akzeptierte der Gläubige aber diese grundlegende Logik, konnte er den nächsten Schritt in Angriff nehmen: Die Füllung dieser an und für sich nur mit Verweischarakter versehenen anthropologischen Erfahrungen mit den Inhalten der Religion war nur durch die göttliche Offenbarung möglich. 230 231 232 233 234 235 236 237 238 239 240
Jaumann, Möglichkeit, 265. Jaumann, Möglichkeit, 265. Jaumann, Möglichkeit, 265. Jaumann, Möglichkeit, 266. Jaumann, Möglichkeit, 270. Jaumann, Möglichkeit, 271. Vgl. der hoch instruktive Beitrag von Dirk Fleischer zur religiösen Funktion des historischen Denkens in der Spätaufklärung: Fleischer, Geschichtswissenschaft. Jaumann, Möglichkeit, 271. Jaumann, Möglichkeit, 272. Jaumann, Möglichkeit, 273. Jaumann, Möglichkeit, 274.
2.4 Ansatzpunkte aufgeklärt-katholischen Denkens
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2.4 Ansatzpunkte aufgeklärt-katholischen Denkens: Zwischen Aufklärung, Individualisierung und protestantischer zeitgenössischer Theologie Gerade aus der Perspektive barocker Katholizität241 betrachtet wird deutlich, wie stark die hier entwickelte pastorale Selbstdefinition vom bisherigen Frömmigkeitsmodell differierten. Ganz im Gegensatz zu einem „Leben ohne Plan“ (Peter Hersche) und einer letztlichen Orientierung am Jenseits242 wandelte sich hier das Grundverständnis. Argumentiert wurde nun ausgehend von zeitgenössischen Faktoren: Entwickelt wurde nun nicht weniger als ein komplett neues Gesamtsystem der Begründung religiösen diesseitigen Handelns, das seine Stringenz nicht mehr primär aus Jüngstem Gericht und Jenseits generierte, sondern aus dem philosophisch beeinflussten Menschenbild und dem Verhältnis des Menschen zu Gott. Grundlage war nun eine der Aufklärung entlehnte Wertschätzung der Philosophie, ohne diese aber über die Inhalte des Glaubens zu stellen; auch die diversen aufgeklärten Philosophien galten lediglich als zeitgenössische Denksysteme, als eine Art Hilfswissenschaft, die zur besseren Vermittlung der Theologie in der Seelsorge zu dienen hatte. Mit diesem Kriterium als Grundlage galt nicht jede Philosophie als für die Seelsorge geeignet, da gerade die aufgeklärte Philosophie Verwirrung der Gläubigen verursachen konnte. Nur so blieb gewährleistet, dass die Grenzen jeglicher Erkenntnis angesichts eines unendlichen und allmächtigen Gottes gewahrt blieben. Sofern aber die nun mit neuer Wertigkeit versehene Vernunft für die grundsätzliche Erkenntnis Gottes verwendbar war und auch verwendet werden sollte, galt sie als wichtiges Medium der Seelsorge und wurde offensiv in den menschlichen Erkenntnisprozess Gottes integriert. Hierfür hatten die Seelsorger jedes Mittel aufzuwenden, insbesondere auch die aus der Volksaufklärung bekannten Medien der Erziehung und des Unterrichts; Volksaufklärung dieser Ausrichtung intendierte primär zwar auch Elementarbildung, im Mittelpunkt stand aber vor allem religiöses katholisches Wissen, das zur „wahren Aufklärung“ des Menschen führen sollte. Kombiniert wurde dieses an der auf die Vernunft ausgerichtete Erkenntniskonzept Gottes mit dem auch der Aufklärung zugrundeliegenden Menschenbild, das nun aber deutlich erweitert wurde. Denn die auf kognitive Erkenntnis ausgerichtete Vernunft war und blieb auch im katholischen Verständnis Teil der Seele des Menschen, der die Leiblichkeit als wesentliches Element im positiven wie negativen Sinne zugeordnet war. Die Vernunft war aber nach dem Verständnis des Diskurses nur ein Teil der Seele, „Gewissen“ und „Herz“ bzw. Empfindungsfähigkeit waren weitere wichtige Elemente. Unter der Federführung der Vernunft war es dem Menschen so möglich, Gott und das Wissen um Gut und Böse in sich selbst wahrzunehmen, sofern der Mensch sich in eigener Freiheit und angesichts der Einschränkungen der Erbsünde dafür entschied. In diesem das ganze menschliche Leben durchwirkenden Entscheidungsprozess war die Vernunft von entscheidender Bedeutung, konnte doch sie allein zu Gott führen. Hierfür fanden sich in der „natür241 Hersche, Muße II, 748–793. 242 Conrad, Katholizismus, 68–71.
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2 Zwischen Rezeption und Abgrenzung
lichen Offenbarung“ starke Indizien in der den Menschen umgebenden und sinnvoll organisierten und strukturierten Natur und im menschlichen moralischen Verhalten bzw. Grundempfinden. Auf einer theologischen Ebene ist der hier skizzierte Gesamtansatz in allererster Linie der protestantischen Theologie verpflichtet243 und stellt damit ein Beispiel für das von Andreas Holzem beobachtete „Herunterbrechen der Aufklärungstheologie auf die Ebene der Pfarreien“244 innerhalb des Katholizismus dar. Gerade für den pastoralen Kontext bediente man sich hier aus dem in der protestantischen Theologie vorhandenen Fundus245 und adaptierte lediglich an theologisch bedeutsamen Stellen wie der Erbsündenlehre. Dies entsprach durchaus dem eigenen Selbstverständnis als „praktischer Reformbewegung“ 246 und wurde als positiv, in keinster Weise aber als kritisch empfunden. Die im katholischen pastoralen Diskurs vorgefundenen Themen und inhaltlichen Positionierungen erinnern an die Spitzenäußerungen der Entwicklung in der protestantischen Theologie zwischen 1730 und 1780:247 Es findet sich genau jene Umdeutung von Offenbarungsinhalten in „Vernunftinhalte“, die auch die protestantische Theologie kennzeichnet.248 Deutlich sichtbar wird die auch im Entwurf der katholischen Spätaufklärung manifeste aufgeklärte „anthropologische Wende“ hin zur Subjektivität249: Das „Ich“ wird der zentrale Ansatzpunkt, von dem aus der Mensch sein eigenes Leben in Ausrichtung auf Gott konstruieren sollte – und somit zu dem, was Albrecht Beutel als „religiöse[s] Individualisierungsprogramm“ in der Neologie bezeichnet hat.250 Das ganzheitliche Grundverständnis des Menschen – Herz, Gefühl und Vernunft – lässt sich ebenfalls in der Neologie finden.251 Aus diesem ganzheitlichen Menschenbild heraus erfuhr der Mensch sich selbst als auf Gott ausgerichtet, als im Gewissen zu diesem hin getrieben. Für den Menschen wurde Gott in Natur und eigener Moralität erkennbar, ein ebenfalls der protestantischen Aufklärungstheologie252 verwandter Gedanke. Dennoch werden auch klare Grenzen sichtbar, jenseits derer die katholischen Protagonisten des Diskurses nicht bereit waren zu gehen. Man sah sich zumindest weitestgehend der frühaufgeklärten Philosophie, nicht aber dem Rationalismus verpflichtet. Eine klare Grenze zogen die Protagonisten der katholischen Spätaufklärung ferner an der Grenze der Unerfasslichkeit Gottes durch die menschliche Vernunft; das je größere Geheimnis Gottes wollten sie explizit gewahrt wissen. Obwohl grundlegende Argumentationsstrukturen wie etwa die positive Weltwahrnehmung oder die Anthropozentrik durchaus ihren Widerhall in den katholischen Ansätzen fanden, blieb diese innere Grenze gewahrt: An die Stelle der in der Philosophie gebräuchlichen, durch Vernunft und das Finden klarer Begrifflichkeiten ge243 244 245 246 247 248 249 250 251 252
Holzem, Vorstellungen, 241. Holzem, Vorstellungen, 246. Vgl. Beutel, Aufklärung, 382–385. Scholder, Grundzüge, 462. Sparn, Christentum, 21–22. Sparn, Christentum, 22. Beutel, Aufklärung, 383. Beutel, Aufklärung, 249. Zum „ganzen Menschen“ in der protestantischen Anthropologie Beutel, Aufklärung, 258. Beutel, 384–385.
2.4 Ansatzpunkte aufgeklärt-katholischen Denkens
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prägte Aufklärung trat ein religiös überformter Aufklärungsbegriff. Eine weitere zentrale Einschränkung: Die von der Aufklärung – und auch von den Priestern des Diskursraums – so stark präferierte Vernunft als Erkenntnisgrundlage begegnete deutlich gezähmt innerhalb der katholischerseits vorgegebenen Leib-Seele-Dialektik als eine Wirkkraft der Seele eingestuft, die menschliche Leiblichkeit – von aufgeklärter Seite positiv einsortiert – galt zwar aufgrund der Gottesebenbildlichkeit ebenfalls als positiv, vor dem Hintergrund der keinesfalls aufgegebenen Affinität von Leiblichkeit und Sünde aber zumindest auch als negativ behaftet. Etwas anders wird der hier vorliegende Gewissensbegriff einzuschätzen sein. Entgegen protestantischen Entwürfen von Neologen wie Sack253 oder Lüdke254, denen es vornehmlich um die Freiheit des Gewissens ging, orientierte sich der Diskurs hier eindeutig an Johann Michael Sailer und dessen Gewissensbegriff255. Bei diesem finden sich die wesentlichen Elemente: Die feste Gründung des Gewissens und damit des Menschen in Gott, das Gewissen als „heilige Stimme“ im Menschen256 und die Verknüpfung von Gewissen und menschlicher Vernunft257. Dies bestätigt die Einschätzung Maria Gründigs, die Wessenbergs Bemühungen um die Priesterfortbildung als den Versuch der „Menschenreform“ charakterisiert hat, als den Versuch der „Genese eines vernunftbegabten sittlich-moralischen Christenmenschen“:258 Ihre Einschätzung, das primäre Ziel sei es gewesen, einen „christlichen und gleichzeitig disziplinierten, kontrollierten, nützlichen und organisierten Menschen zu bilden, der den Herausforderungen der Moderne gewachsen“259 war, ist sachlich sicher richtig, auf der Grundlage der hier analysierten Quellen aber zu relativieren: Primäres Interesse scheint eher eine verchristlichende Instrumentalisierung als der Faktor einer volksaufklärerischen Änderung der „Mentalität ihrer Adressaten“260 gewesen zu sein, ohne diesen sekundären und quasi mitlaufenden Faktor in Abrede stellen zu wollen. Die hier vorgefundenen Inhalte instrumentalisieren vielmehr gleich beide Bereiche: Sowohl die Aufklärung in ihrer vorrationalistischen Form als auch die Volksaufklärung dienten als Vehikel zu einer inneren Umgestaltung des Katholizismus.261 Das Menschenbild allein war hier aber lediglich der Einstieg; zwei weitere Bereiche waren von entscheidender Bedeutung: Welches Gottesbild – auch und gerade in seinen katholischen Elementen – korrespondierte mit diesem Menschenbild, und wie sah die Antwort des Menschen aus? 253 254 255 256 257 258 259 260 261
Beutel, Aufklärung, 252–254, besonders 253–254. Beutel, Aufklärung, 260. Jendrosch, Lehre, 75–204. Jendrosch, Lehre, 109–118 Jendrosch, Lehre, 175. Gründig, Besserung, 400. Gründig, Besserung, 400–401. Böning, Volksaufklärung, 628. Damit gegen Böning, Volksaufklärung, 628: „Hauptziel der Volksaufklärung war neben der praktischen Lebenshilfe die Veränderung der Mentalität ihrer Adressaten. Angestrebt wurde eine Wirtschafts- und Lebensweise, die auf von den Aufklärern als vernünftig erkannten Prinzipien basieren sollte, sodann die Vermittlung aufklärerischer Religionsvorstellungen und auf Vernunft gründender Sittengesetze, die Zurückdrängung von Aberglauben, ‚Vorurteilen‘ und bäuerlichem Traditionalismus.“
3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte 3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“1
Offenbarung und Geschichte Auf der Grundlage des an Basisvorstellungen der Aufklärung und Volksaufklärung anknüpfenden Menschenbildes setzte die katholische Aufklärung eigene Schwerpunkte in ihren Vorstellungen von Gott, seiner Offenbarung und der gemeinsamen Geschichte Gottes mit den Menschen. Sie generierte damit wesentliche Elemente eines gruppenspezifischen, auf ein jenseitiges Ziel ausgerichteten Selbstverständnisses.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“ und als Erziehungsgeschichte des Menschen 3.1.1 Protagonist der Offenbarung: Gott und seine Vorsehung Dem aus dem Diskurs rekonstruierbaren Offenbarungsverständnis2 zugrunde lag ein bestimmtes Gottesverständnis3, das einzelne der traditionellen Wesenseigenschaften Gottes betonte.4 Zwar kannten sowohl die aufgeklärt-katholischen Katechismen5 als auch die systematischen Werke6 die gesamte Bandbreite der traditionell vorgegebenen Eigenschaften Gottes7, theologisch und innerhalb der religiösen Gesamtlogik exzeptionell wirksam wurden aber vornehmlich einige wenige Epitheta. In den Hintergrund tritt die Vorstellung des Gottes des Jüngsten Gerichts, ohne dass diese Vorstellungen aber gänzlich verschwinden;8 als Teil der Offenbarung erhalten sie aber eine im Vergleich zur Konfessionalisierung deutlich geminderte Bedeutung, gerade in den Katechismen wirken die „letzten Dinge“ wie eine Art Anhängsel.9 Betont wurde der Schöpfergott: Gott galt primär als der „allmächtige Schöpfer und weise Herr des Himmels und der Erde“10, und der „liebevolle und 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Sailer, Grundlehren, 99. Als wichtiger Hintergrund dieses Kapitels vgl. Heinz, Untersuchung, 162–209. Zum Gottesbegriff vgl. Gründig, Besserung, 110–111; Holzem, Vorstellungen, 241; zur Beurteilung des Gesamthintergrunds Kröhn, Welt, 296–299. Vgl. dazu Gründig, Besserung, 104–112; an dieser Stelle der Hinweis, dass dieses Gottesbild überkonfessionell gewesen sein dürfte: vgl. Villaume, Handbuch, 128–131. Mets, Katechismus, 19–30; vgl. auch Huber, Handbuch 1, 107–134; N. N., Skizze, 252–269. Hermes, Dogmatik, 141–146. Schwarz, Handbuch 1, 220–268. Vgl. auch Holzem, Vorstellungen, 241. Mets, Katechismus, 221–238. Jaumann, Katechismus, 19; Huber, Handbuch 1, 119–123; Schwarz, Handbuch 2, 61–74.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“
59
gütige Vater aller Menschen, der ewig war, ist und seyn wird“11, gerecht12, „allheilig, allgerecht, allwissend, allbarmherzig und langmüthig“.13 Im Begriff des Vaters kulminierten die gesamten restlichen Eigenschaften Gottes; „mit dem Begriffe des Vaters“ sollten die aufgeklärten Katholiken „den Begriff der höchsten Heiligkeit, Weisheit, Güte, und Gerechtigkeit“14 verbinden. Genau diese grundsätzlich positive Einschätzung15 führte zu einer deutlichen Betonung des Schöpfungshandelns Gottes. Schon die „Vernunft sagt uns […,] dass sich in der Welt nichts selbst machen könne, und dass also Einer seyn müsse, welcher die Welt, und alles in derselben aus Nichts erschaffen habe, aber die heiligen Urkunden stellen uns diese Wahrheit gleichsam sinnlich dar, indem die heilige Schöpfungsgeschichte uns umständlich erzählt, wie es bey dem großen Werke der Schöpfung zugieng.“16 Ebenfalls verriet die Vernunft notwendigerweise, dass es jemanden geben musste, der die Schöpfung dauerhaft erhielt und regierte: „Das heißt, er macht, daß die Welt im Ganzen immer fortdauere; daß nichts in der Welt verloren gehe; daß jede Art von belebten Geschöpfen sich immer fortpflanze“.17 Hier nahm Katholische Aufklärung nichts anderes vor als eine Integration der zuvor als natürliche Offenbarung deklarierten Erkenntnisse vor dem Hintergrund der Schöpfungstheologie. Die Schöpfung selbst kulminierte in der Schaffung des Menschen nach Gottes Ebenbild und dem Beginn der gemeinsamen Geschichte Gottes mit dem Menschen. Gott hatte „den Menschen erschaffen nach seinem Bilde; sein göttlicher Odem lebt und webt in den Menschen, der Geist des Menschen ist dem Geiste Gottes ähnlich erschaffen“18. Diese enge Verbindung Gottes mit Welt und Mensch endete nicht etwa mit der Schöpfung, sondern fand durch die „Vorsehung Gottes“ im weiteren Weltgeschehen ihre Fortsetzung; es erfolgte also gerade nicht die für die Aufklärung so typische Aufgabe des heilsgeschichtlichen Paradigmas19, sondern dessen weitere Integration. In dieser erkannte der aufgeklärte Katholik „das Walten, Anordnen, die Führung und Leitung Gottes in Allem“20; die göttliche Vorsehung umfasse nicht nur, dass „Gott nicht allein alles voraussieht, was und wie es geschehen, was da 11
12 13 14 15
16 17 18 19 20
Jaumann, Katechismus, 19; vgl. Huber, Handbuch 1, 133 f.; zum Gott der Liebe vgl. auch Sailer, Grundlehren, 37–38; zur Güte Gottes vgl. N. N., Begriff; zur Liebe Gottes: N. N., Epistel, 235–252; Schwarz, Handbuch 2, 97–99. Jaumann, Katechismus, 16; N. N., Bunde. Jaumann, Katechismus, 16; vgl. Huber, Handbuch 1, 126–133. N. N., Skizze, 281. In den Quellen lassen sich die bei Schlögl, Glaube, 197–205, gemachten Beobachtungen zum „fernen Gott der neu entdeckten Himmelsmechanik“ nicht wirklich bestätigen. Die Gottesbilder eines Schöpfers und liebenden Vorsehungsgottes begegnen nicht getrennt voneinander, sondern bilden in ihrer Betonung eine Einheit. Zu verweisen ist auf die Bildungsabsicht Gottes, die ein wichtiges Bindeglied zum Heil bildete. Mets, Katechismus, 27; zur Schöpfungsgeschichte vgl. Mets, Katechismus, 27 f.; vgl. Jaumann, Katechismus, 4–11. N. N., Skizze, 276–277; zur Regierung vgl. ebd. 277–278. Jaumann, Katechismus, 17. Kröhn, Welt, 291–296. Jaumann, Katechismus, 23; vgl. auch Sailer, Grundlehren, 136, hier unter dem Stichwort der „belohnenden und strafenden Gerechtigkeit“; zur Vorsehung in der Physikotheologie vgl. Krolzik, Säkularisierung, 133–182.
60
3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
werden soll, sondern auch Vorsehung thut, dafür sorgt, dass Alles nach seinen weisesten Absichten und seinem heiligen Willen geschehe“21. Gott regierte in „allgegenwärtiger Allmacht“ die Welt22 mit „allgegenwärtiger Güte und Vatersorge“23 und somit nur zum Besten des Menschen. Gott leitete die Menschen „durch die Vernunft, die Kraft, ihn selbst und alles Gute zu erkennen; dazu gab er dem Menschen den freien Willen, dass sie durch Gott das Gute aus sich vollbringen und sich dadurch ihren eigenen Werth und Verdienste verschaffen sollten“24. Als der „höchste Oberherr“, der „weiseste Regent“ und „der liebreichste Vater“ sorgte er nach aufgeklärt-katholischem Verständnis im Rahmen eines „weise[n] Plans“ für die Menschen.25 Handlungsorte der Vorsehung konnte das Individuum, ebenso gut aber auch größere Entitäten wie „ganze […] Völker und Nationen“ oder auch die Gesamtmenschheit sein.26 Dies bedeutete für den einzelnen Menschen eine Einbindung in eine Welt, in der Gott „durch Belohnungen und Strafen die sittliche Ordnung in der Welt“ aufrechterhielt.27 Dies umfasste nicht nur die sinnliche Welt, die der Mensch täglich erlebte, sondern umfasste auch jeden einzelnen Menschen mit seiner „zärtliche[n] Sorge“:28 „Gott kennt mich, er liebt mich, ich bin ja sein Geschöpf. Und diese Liebe hat er durch meine Erschaffung, durch meine Erhaltung hinlänglich bewiesen.“29
Jeder einzelne Mensch war in diesen Heilsplan Gottes eingebunden. Er teilte die positiven wie die negativen Erlebnisse, das Glück wie das Unglück zu. Insgesamt galt die Lehre von der Vorsehung für den Menschen als besonders heilsam, da sie dem Menschen eine tiefe Seelenruhe in seinem Bemühen um Tugend verschaffen konnte und „in des Menschen Herz stets Ruhe und Heiterkeit bei allen Abwechslungen und Verhältnissen des Lebens“30 brachte. Nur so konnte er zu der dem aufgeklärten Katholiken einzig möglichen Haltung gegenüber dem Leben gelangen. Selbst wenn der Mensch „immer mehr und mehr [das] Warum“ zu erforschen suchte, fand er dennoch „keine Beruhigung – als einzig im Willen unseres Gottes“.31 3.1.2 Gott und die Übel Neben dieser Grundhaltung verlangten die „Übel“ in einer Welt, in der ein allmächtiger und grundsätzlich wohlmeinender Gott, der den Menschen nichts als das Beste wünschte, nach einer gesonderten Rechtfertigung. Zur Bewältigung dieser gerade 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
Jaumann, Katechismus, 23; vgl. auch Schwarz, Handbuch 2, 87–90. Mets, Katechismus, 240. Mets, Katechismus, 241. Jaumann, Katechismus, 25. Jaumann, Katechismus, 27. Briel, Lehre, 44; Sailer, Grundlehren, 116. Huber, Handbuch 1, 165. Huber, Handbuch 1, 165. Huber, Handbuch 1, 165. Briel, Lehre, 40. N. N., Gesichtspunkte, 314.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“
61
in der Aufklärungszeit besonders virulenten32 Fragestellung griff auch die Katholische Aufklärung auf mehrere Strategien zurück. 1. Grundsätzlich galt es zu berücksichtigen, dass die zeitliche Glückseligkeit im Zweifelsfall immer hinter den Notwendigkeiten der ewigen Glückseligkeit zurückzustehen hatte.33 Zudem galt „die Größe und die Menge dieser Übel“ als übertrieben.34 2. Gefordert war – um der eigenen tranquilitas animi willen – eine Grundhaltung der Duldung.35 Wenn Gott tatsächlich nichts als das Gute des Menschen wollte, dann konnte gelten: „Dulde! Weil es Gottes, für dich heilsame Absicht ist!“36 Bestandteil dieser Strategie war die feste Überzeugung, dass auch die Übel einen festen Bestandteil des „weisen Plan[s] der Fürsehung“ darstellten.37 Die Übel waren „mit dem Guten als Wirkung und Ursache“ so verbunden, „daß wir ohne sie auch das überwiegende Gute nicht genießen würden“.38 Gerade durch die Existenz der Übel konnte der Mensch das Gute angemessen würdigen und wahrnehmen, und sie dienten „zur moralischen Besserung“ und brachten den „Leichtsinnigen zum Nachdenken über sich selbst, und über seine Bestimmungen“.39 3. Am häufigsten begegnet das altbekannte Paradigma von Belohnung und Strafe, die von Gott als „Mittel der Liebe“ eingesetzt wurden, um „uns zu ihm – der Quelle alles Guten und Glückes zu leiten“40. Zwar blieb Gott derjenige, der „heilig ist, und nur Freude hat am Guten und Missfallen am Bösen; der gerecht ist, und die Guten zwar prüft, aber immer seiner Zeit sie errettet und belohnt, die Bösen oft lange ihre Bahn wandeln lässt, sie aber doch gewiß bestraft, der immer weise ist, und Gutes und selbst das Böse nach seiner Absicht und zum Guten zu lenken weiss“41. Die Frage, die man sich in der Aufklärungszeit stellte, war nun, warum Gott körperliche Übel wie „Krankheiten, Krieg, Hunger“42 zuließ; die gleiche Frage stellten zumindest manche aufgeklärten Katholiken in Bezug auf die „moralischen Übel“43. Denn betroffen von diesen waren die Lasterhaften ebenso wie die Tugendhaften; nach aufgeklärt-katholischer Logik traf diejenigen, die sich gegen den Willen Gottes vergingen, innerweltliches Übel zu Recht:44 Denn der Lasterhafte „hat sie [die Übel, C. H.] durch seine Lasterhaftigkeit verdient.“ 45 Der Lasterhafte war der „Schöpfer 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
Möller, Fürstenstaat, 327–328. Hermes, Handbuch 2, 110 f. Schwarz, Handbuch 2, 75. N. N., Gesichtspunkte, 305. N. N., Gesichtspunkte, 305. N. N., Skizze, 278–279. N. N., Skizze, 279. N. N., Skizze, 279. Jaumann, Katechismus, 26; Schwarz, Handbuch 2, 78–81. Jaumann, Katechismus, 26. Jaumann, Katechismus, 27; vgl. Huber, Handbuch 1, 143–153. Huber, Handbuch 1, 153 f. Mets, Katechismus, 144–146. Huber, Handbuch 1, 134 f.
62
3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
seines Elends“.46 Für den Tugendhaften galten sie als eine Möglichkeit, sich für das ewige Leben auf einen angemessenen Ausgleich freuen zu dürfen.47 Aus diesem Grund waren die Übel für den Tugendhaften „keine wahren Übel“, sondern waren, „mit fromme[m] Sinne betrachtet, noch wahre Wohlthaten, indem sie seine Glückseligkeit in der bessern Welt“ vermehrten.48 Auch im Leid galt nach wie vor, dass Gott nichts als das Gute für den Menschen wollte; auch dies geschah „zum Besten des Menschen“49. Durch Übel wollte Gott ihn „prüfen, bessern, erziehen“50; Gott war imstande, auch aus dem größten Unglück „das größte Glück hervorzubringen“51. Als eine Variante dieser ersten Spielart muss eine Begründungsstrategie gelten, die auf die Undurchsichtigkeit moralischer Verantwortung verwies. Zwar gab es durchaus Übel, für die Individuen nicht verantwortlich gemacht werden konnten, wie etwa „Armuth beym größten Fleiße und bey aller Sparsamkeit; Verfolgungen wegen der Tugend, verheerende und Menschen fressende Kriege, wo gerade diejenigen am meisten leiden, welche die geringste oder gar keine Schuld daran haben; langwierige, oft unheilbare Krankheiten, bey einem ordentlichen Leben ohne alle Ausschweifung u. dgl.“52 Aber auch hier war Gott von der Verantwortung freizusprechen, da auf einer höheren Ebene ein Verantwortlicher zu finden war. „Ein verschwenderischer Vater macht seine Kinder arm und elend. Ein ehrgeiziger und ruhmsüchtiger Fürst bringt die Verheerung und das Blut seiner und fremder Unterthanen seinem Ehrgeize zum Opfer usw. Soll nun Gott dem unschuldigen Kranken seine Gesundheit, – dem unverdienten Armen seine Armuth durch ein Wunder benehmen? – Das hieße die Natur verkehren. Es hieße, die Ursachen ihrer Wirkungen berauben. Soll er Ruhm- und Eroberungsssucht im Herzen des mächtigsten Fürsten unterdrücken, oder so mäßigen, daß sie ihn nie zum Verheeren und Blutvergießen der Unschuldigen reizte?“53
Eine weitere Strategie war notwendige Wahrung der Allmacht Gottes, eine Variante, die im Kontext der physischen Übel begegnet. Diese galten als „unvermeidliche und vermeidliche“ und fielen nur bedingt in den Bereich der göttlichen Allmacht.54 Einige intendierte die göttliche Vorsehung, andere ließ Gott aufgrund der sonst möglichen Gefährdung seiner Allmacht schlicht geschehen. Denn um alle natürlichen Katastrophen zu verhindern, hätte er „den Dingen ihre natürliche Kraft alle Augenblicke bald da, bald dort benehmen, und wieder geben, je nachdem die Menschen ihnen diese, oder jene Bestimmung gegeben hätten, oder geben wollten.“55 Unter diesen 46 47
48 49 50 51 52 53 54 55
Huber, Handbuch 1, 134 f. Huber, Handbuch 1, 135: „Kommen sie [die Übel] über den Tugendhaften, wie dies oft wirklich der Fall ist, so muß er bey sich folgende Betrachtung anstellen: Ich weiß, daß es ein ewiges Leben giebt, wo dem Tugendhaften alles reichlich ersetzt wird; um was er hier zu kurz kam. Worüber soll ich also hier klagen?“ Huber, Handbuch 1, 135. Jaumann, Katechismus, 27. Jaumann, Katechismus, 27. Huber, Handbuch 1, 137 f.; vgl. auch N. N., Theodizee; Jäger, mala. Huber, Verhältniß, 13 f. Huber, Verhältniß, 14. Huber, Verhältniß, 10. Huber, Verhältniß, 10 f.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“
63
Umständen wäre Gott „vom Unverstand und Leichtsinn, von den Launen und der Lüderlichkeit der Menschen abhängig“56 und hätte seine Allmacht verloren. 3.1.3 Offenbarung in Vernunft Die natürliche Vernunft57 schuf damit die Erkenntnisvoraussetzungen für die übernatürliche Offenbarung58; diese transzendierte die „natürliche Offenbarung“, indem sie den Rahmen der individuellen Menschenvernunft überschritt: Als „übernatürliche Offenbarung“ galt das „Sich erkennen Geben Gottes über (die Fassungskraft) unserer Vernunft“ hinaus.59 Die Vernunft als Ausfluss Gottes im Menschen60 wurde zwar in Bezug auf den Menschen, also sich selbst, als endlich, als gestuft gedacht, der Ausfluss Gottes galt aber in Bezug auf sich selbst, auf Gott als „unendlich“.61 Gott konnte also beim Menschen „den Grad der Erkenntniß seiner [selbst] erhöhen“.62 Die Aufklärung über Gott konnte also andere Dimensionen erreichen als die Erkenntnismöglichkeiten der menschlichen Vernunft an und für sich zuließen, also eine „Aufklärung“ an sich sein: „Ist die Offenbarung ein Licht, wer – als nur ein Blinder – oder Blödsinniger streitet dem Lichte die Möglichkeit der Kraft der Erleuchtung vom Glühwürmchen bis zu Sonne – ab?“63
Übernatürliche Offenbarung begegnete hier – im Gegensatz zum „Supernaturalismus“64 – als Verschärfung des ohnehin im Menschen angelegten Prozesses des Drangs zu Gott. Durch sie gelangte der Mensch auf eine andere, neue, höhere Ebene der Aufklärung und Deutung, denn hier „strahlet ein höheres Licht der Vernunft“, hier stellte „sich die Natur in verklärter Gestalt, in höheren als den gewöhnlichen Gesetzen dar“, und Geschichte wurde zu einem „Wirken – ein[em] Wandeln Gottes unter uns Menschen“.65 Gott konnte, so er dies wollte, den Menschen „auf eine höhere Art, auf eine übernatürliche Art, durch Erhöhung seiner gewöhnlichen Vernunft auf einen höheren – über seine Natur erhabenen Grad – auf eine lichtere Stufe der Erkenntiß“ hinaufziehen.66 Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, wo die klare Trennung zwischen dem aufgeklärten und dem aufgeklärtkatholischen Vernunftbegriff verläuft; Sätze wie den Folgenden hätten weite Teile der philosophischen Aufklärung nicht mittragen können: 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66
Huber, Verhältniß, 10 f. Zur natürlichen Vernunft vgl. oben 33–39. Weitere Belege: „Positive Offenbarung“ bei Sailer, Grundlehren, 36; deutlich rationalistischer: Wegscheider, Lehrbuch. Jaumann, Möglichkeit, 268; vgl. Mets, Katechismus, 17; Schwarz, Handbuch I, 69–71. Jaumann, Möglichkeit, 269. Jaumann, Möglichkeit, 269; vgl. auch Schwarz und seine Kritik der Offenbarung: Schwarz, Handbuch I, 71–75. Jaumann, Möglichkeit, 269. Jaumann, Möglichkeit, 270. Wegscheider, Lehrbuch, 36–42; vgl. auch zum anderen Extrem, dem Rationalismus, 42–56. Jaumann, Möglichkeit, 272. Jaumann, Möglichkeit, 272 f.
64
3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte „Es ist also wohl möglich, dass sich Gott einem Menschen übernatürlich durch die Vernunftform – offenbaret, dass er selber zu weit höherer Kenntniß Gottes gelangt durch das innere Licht, das ihm von oben leuchtet, als er nimmer durch das schwache Lämpchen seiner eigenen Vernunft würde erlangt haben. Die innere übernatürliche Offenbarung ist also nicht unmöglich.“67
3.1.4 Offenbarung als Erziehungsgeschichte68 des Menschen Grundsätzlich galt die Vorsehung Gottes, und damit auch die Offenbarung, immer der gesamten Menschheit. Als „Schöpfer [und] weiseste[r] und liebevolleste[r] Erzieher der Menschheit“69 verweigerte er sich „keinem Volke, auch in Ansehung der körperlichen Erhaltung und des physischen Wohlstandes“70. Vielmehr ging es als Gesamtkonzept Gott nach aufgeklärt-katholischem Verständnis darum, „daß die Völker stufenweise gebildet werden, und daß ihre Bildung ebenso wenig, als jene des einzelnen Menschen schon vollendet ist, und wohl auch hier auf Erden ihre Vollendung nicht erreichen wird“71. Schon aus diesem Grund schätzte die Katholische Aufklärung auch die klassische philosophische Bildung, denn auch „die bessern Philosophen unter den Nationen waren Werkzeuge der Providenz.“72 Ein solches Offenbarungsverständnis, das ein Einwirken Gottes auf den Geist einzelner Menschen wie ganzer Völker für positiv möglich hielt, konnte in seinen Grundzügen nicht anders als historisch sein.73 Offenbarung beschränkte sich also nicht auf die geoffenbarten Schriften, sondern hatte aufgrund der „Erziehungsgeschichte“ des liebenden Vaters mit den Menschen den Charakter „eine[r] Reihenfolge von Thatsachen, die das unmittelbare Einwirken der Gottheit deutlich beurkunden“.74 Eine Bindung an nur einen Ort oder nur ein Volk ließ nicht zu, die „segensvolle Wirksamkeit“ des Reiches Gottes war „an kein Zeitalter, an kein Land, an kein Volk, an keine Staatsverfassung“ gebunden75. Gemeint sind hier die fest stehenden „Glaubenslehren“, die – durchaus in Übereinstimmung mit der obigen Offenbarungsdefinition – „ausser dem Gebiete der forschenden Vernunft liegen“ und „Wahrheiten“ darstellten, „in welche kein beschränkter Verstand eindringen kann, die daher das Gefangennehmen der Vernunft durch den Glauben gebieten“.76 Es gab also Bereiche, in denen „an die Stelle des grübelnden unnützen Forschens das demüthige Glauben, an die Stelle des strengen
67 68 69 70 71 72 73 74 75 76
Jaumann, Möglichkeit, 273. Vgl. Holzem, Vorstellungen, 243. Illmensee, Nutzen, 4. Illmensee, Nutzen, 5. Illmensee, Nutzen, 6. Schwarz, Handbuch 2, 103. Waldraff, Forschen, 262; davon zu differenzieren ist aber die kirchenhistorische Perspektive: Fleischer, Nutzen, 123–124. Waldraff, Forschen, 262. N. N., Gefahren, 81. Waldraff, Forschen, 262.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“
65
Wissens die Ueberzeugung aus dem Glauben“ treten musste77, Bereiche, in denen in der Geschichte der Menschheit mit Gott das Wirken Gottes als Offenbarung sichtbar wurde, und die nur noch geglaubt werden konnten, da die Menschen das notwendige Maß an Vernunft zum vollständigen Verständnis nicht besaßen. Da Offenbarung in Geschichte eingestiftet, d. h. nicht zeitlos, sondern in „Geschichten“ begegnete, entwickelte die Katholische Aufklärung ein Narrativ bzw. ein Geschichtsbild, das die gesamte Menschheitsgeschichte in Beziehung zu Gott stellte und die göttliche Offenbarung als eine intendierte Erziehungsgeschichte78 des gütigen Schöpfer- und Vatergottes mit den Menschen begriff. Grundintention Gottes war dabei immer das Heil der Menschen; göttliches Ziel war es, den Menschen 1. „zu dem richtigen Begriffe von dem Schöpfer, als dem allgemeinen Vater und heiligen Erzieher der Menschen, 2. zu dem richtigen Begriffe von dem Menschen überhaupt, 3. zu dem richtigen Begriffe von dem allgemeinen und heiligen Zwecke des Menschen“79
zu führen. Dieser letzte allgemeine und heilige Zweck war die menschliche Seligkeit: Gott wollte, „daß alle Menschen sittlich gut, und unter dieser Bedingung ewig selig werden.“80 Auf dem Weg dahin führte er die Menschen konsequent langsam je nach ihrem Entwicklungsstand näher hin zum „Himmelreich auf Erden“81. Dies bedeutete: Gottes Ziel war grundsätzlich die zeitliche und ewige Glückseligkeit des Menschen und seiner ganzen Schöpfung.82 Dieses historische Verständnis sollte sich bis ins Dogmenverständnis hinein fortsetzen. Ein Lehrsatz galt nur dann wirklich als „dogmatisch, das heißt, zum Glauben verbindend“, wenn eine von drei Voraussetzungen erfüllt war: Entweder der Lehrsatz war nachweislich „förmlich und deutlich in den heiligen Schriften enthalten“,83 oder er ließ sich „auf eine allgemeine und beständige Überlieferung der Kirche, die bis auf die Apostel in ihrem Ursprung zurückgeführt werden“ und zusätzlich von den „heiligen Vätern“ als eine solche anerkannt wurde, „die zu allen Zeiten und an allen Orten der Christenheit als solche gegolten“ hatte84. Als dritte Variante konnte ein Dogma entstehen, wenn es „Gegenstand des Widerspruchs und der Untersuchung in einer allgemeinen Kirchenversammlung geworden“ war, und „in Folge einer freien und reifen Berathung, einmüthig oder mit entschiedenem Stimmenmehr für Glaubensartikel“ erklärt worden war.85
77 78 79 80 81 82 83 84 85
Waldraff, Forschen, 262 f. Der Begriff Erziehungsgeschichte begegnet bei: Mets, Bemerkungen, 27; N. N., Religionslehre, 492. N. N., Religionslehre, 492. N. N., Skizze, 269. N. N., Rezensionen, 318. Hermes, Handbuch 2, 78 f. N. N., Kirchenverbesserung, 8. N. N., Kirchenverbesserung, 8. N. N., Kirchenverbesserung, 8.
66
3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
Die Zielrichtung der Offenbarung folgte der Linie, die durch das eigene anthropologische Grundverständnis vorgegeben war. Der Mensch bedurfte der göttlichen Offenbarung, um zu wissen, was zu tun sei, um das Gute zu tun und das Böse zu lassen, d. h. ein gutes Gewissen zu erlangen. Darum hatte Gott „das Gute, seinen Willen auch sonst noch äußerlich geoffenbart“86 und den Menschen schließlich „seinen eingebornen Sohn gesandt, der uns lehrte, was wahrhaft gut und heilig ist, und wie uns das Gute selig macht“87. Primäres Interesse war folglich die Begründung innerweltlichen Verhaltens. Verstanden wurde der Gesamtkontext der Offenbarung in erster Linie als „Gnade, Beistand“88, durch sie wurde „die Kraft Gottes verdient und erworben, dass wenn wir zu schwach sind, aus uns das Gute zu thun, wir stark sind durch seine Gnade, das Böse zu überwinden und das Gute zu thun“.89 Auf diese Gnade Gottes antwortete der Mensch mit Glauben, denn die „menschliche Vernunft selbst ist an sich zu beschränkt, sie reicht nicht hin für das Übersinnliche, und kann uns also auch über die wichtigsten Wahrheiten keine ganz sichere, und ganz genugthuende Auskunft geben“90. Die menschliche Vernunft konnte selbst die Offenbarung der Schriften nicht vollständig erfassen, da die Vernunft „mancherley Täuschungen und dem Irrthume unterworfen“91 war. Sie verwies den Menschen aber „auf eine andere, höhere Vernunft […], und setzet eine solche nothwendig voraus, nemlich auf die höchste Vernunft in Gott, welche allein untrüglich, und ewig wahr ist, woher auch unsere Vernunft abstammet“92. Diese höhere Vernunft ließ sich für den Menschen einholen, indem er Gott Glauben entgegenbrachte, verstanden als Vernunft- oder Geschichtsglaube.93 Auf die Vernunft „müsse sich zwar jeder wahre Glauben gründen, weil Glaube kein blinder Glaube seyn darf, und allezeit vernünftig seyn soll“94; reiner Vernunftglaube genüge aber zur Bestimmung des christlichen Glaubens eben gerade nicht, denn „die Vernunft allein […] kann den einzigen Grund unseres Glaubens nicht ausmachen, weil sie viel zu beschränkt, kurzsichtig, und dem Irrthume unterworfen ist“95. Einzelne Autoren sahen gar für die Christen eine „Pflicht zu glauben“.96 Glaube hatte aber genauso Grenzen; dieser sollte auf keinen Fall „blind“97 oder „faul“98 sein, und es gab gar eine Pflicht, „nicht etwas als göttliche Lehre anzunehmen und zu erklären,
86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96
97 98
Jaumann, Katechismus, 195. Jaumann, Katechismus, 195. Hermes, Handbuch 3, 417–420; zum Gesamtkomplex auch Holzem, Vorstellungen, 243. Jaumann, Katechismus, 295; Hermes, Handbuch 3, 430–503. Mets, Katechismus, 14. Mets, Katechismus, 14. Mets, Katechismus, 14. Mets, Katechismus, 15. Mets, Katechismus, 15. Mets, Katechismus, 15. N. N., Glaubens, 52: Es ist Pflicht, „die zur Erweckung und Erhaltung des Glaubens nothwendige gute Gesinnung zu haben, die hiezu dienlichen Mittel zu gebrauchen, und die entgegenstehenden Hindernisse zu entfernen“. N. N., Pflicht, 91 f. N. N., Pflicht, 92–94.
3.1 Übernatürliche Offenbarung als „Offenbarung in Vernunft“
67
was kein Glaubensartikel ist“99. Auch gegenüber „neueren Wundergeschichten, Erscheinungen und Weissagungen“ sowie vor „Aberglauben“ war eine gesunde Skepsis angesagt.100 3.1.5 Ein historisches Schriftverständnis101 Ein solches historisches Verständnis der Offenbarung machte es nach Auffassung der Katholischen Aufklärung schlicht schwierig, ein System von Wahrheiten aus der Offenbarung zu extrahieren, die bereits von Gott vorsortiert und dem menschlichen Verstand möglichst passend präsentiert wurden.102 Die Gefahren einer solchen Systematisierung lagen auf der Hand; wandte man sich von der geschichtlichen Offenbarung ab und suchte neue Interpretationen, so ging nahezu zwangsläufig der genuine Inhalt des Willens Gottes verloren.103 Nichtsdestotrotz konnte durch Bibellektüre104 eruiert werden, „wie sich Gott den Menschen kund gegeben, geoffenbaret“ hatte „durch sich selbst, durch seine Werke, durch fromme, weise Männer, die Propheten, und insbesondere durch seinen Sohn Jesus Christus“105. Anreger für die Entstehung der biblischen Schriften war ebenfalls der Heilige Geist.106 Durch diesen hatte Gott den Menschen „seinen heiligen Willen […] erst ganz kennen gelehrt, kund gegeben, geoffenbaret“, und diese „Erkenntniß Gottes und seines heiligen Willens“ hatte sich „durch Gottes heiligen Geist fortgepflanzt bis auf unsere Zeit, und wird rein gelehrt in der katholischen Kirche“107. Vernunft allein reichte aber nach katholischer Auffassung nicht aus, um diese Offenbarung zu erfassen.108 Vielmehr war hier ein Eintauchen in geschichtlich ge99 N. N., Pflicht, 94–99. 100 N. N., Pflicht, 99–101. 101 Zum Schriftverständnis in der katholischen Aufklärung unter besonderer Berücksichtigung der Liturgie vgl. Kranemann, Liturgie, 56–58. 102 N. N., Geschichtliche, 209–210: „Dieser allgemeinen Lüsternheit nach Systemen dürfte wohl auch die sonderbare Forderung der Rationalisten zuzuschreiben seyn, daß Gott, im Falle, daß er den Menschen Offenbarungen mittheilen wollte, dieselbe in einem ordentlichen Lehrbuche, oder wenigstens Systeme dargestellt haben sollte.“ Zur Begründung vgl. 211–221. 103 N. N., Geschichtliche, 61–88. 104 Zur Entstehung der biblischen Schriften vgl. Schwarz, Handbuch 1, 165–177. 105 Jaumann, Katechismus, 3; vgl. auch Mets, Katechismus, 17: „Der Glaube an die Offenbarung ist demnach die lebendige Überzeugung, sowohl von dem Daseyn eines Gottes, als auch von allen denjenigen Wahrheiten, welche Gott uns Menschen zu verschiedenen Zeiten, entweder mittels der sichtbaren Natur, unseres Gewissens, oder auch durch sein ausdrückliches Wort und durch seine Propheten, bekannt gemacht hat.“ 106 Jaumann, Katechismus, 123. 107 Jaumann, Katechismus, 3. 108 N. N., Geschichtliche, 83: „Ein echter Christ ist ihnen [den reinen Philosophen, C. H.] nur der, welcher die natürliche, oder bloß die Vernunftreligion annimmt, und den Inhalt der Bibel nach dieser allein als Religionslehrer bestimmt; der Stifter des Christenthums selbst wäre nur in diesem Sinne Stifter des Christenthums gewesen; aber seine Jünger hätten seine Lehre nicht recht verstanden; und was bloße jüdische Einkleidung gewesen war, für die Sache selbst allzu buchstäblich genommen. So wären in ihre Schriften, die wir das neue Testament nennen, alle die dogmatischen Vorstellungen eingeschlichen, die nun den Gegenstand des sogenannten Kirchen-
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bundene Texte, in „Geschichten“ notwendig; denn indem „Christus die Dogmen, welche die christliche Religion von der natürlichen oder Vernunftreligion unterscheiden, im Ernste nicht etwa als bloße Zeitideen zur Einkleidung, sondern als geoffenbarte Wahrheiten gelehret“ hatte, eröffnete der die Möglichkeit für „die Apostel“ und „ihre Nachfolger, die geistlichen Lehrer“, diese „Dogmen schriftlich und mündlich“ zu predigen und „als wesentliche Lehren des Christenthums“ anzunehmen und fortzupflanzen, ein Prozess, der sich bis in die zeitgenössische Gegenwart abspielte.109 So tradierten sich nach diesem Verständnis dauerhafte Belehrungen Gottes, denen der Mensch zu folgen hatte;110 sie galt als die „beglaubigte schriftliche Ueberlieferung“ und enthielten, „was er sey, und wie wir uns gegen ihn verhalten sollen“111. Für die Interpretation biblischer Texte existierten klare Regeln: Als Voraussetzung verlangte diese einen intensiven Prozess der Beurteilung und des Verstehens der „Urkunden der Offenbarung“, in dem die menschliche Vernunft und ihr forschendes Drängen dringend gefragt waren. Da die Schriften „dem Menschengeschlechte im grauen Alterthume, und zwar einem Volke gegeben worden, dessen Sitten, Gebräuche, häusliche und bürgerliche Verfassung von der unsrigen ganz verschieden ist“, war es unerlässliche Voraussetzung, sich mit den „Verhältnissen“ dieser Zeit „genauer vertraut“ zu machen, da sonst „Vieles in den heil. Urkunden dunkel und unverständlich bleiben“ musste.112 Hieraus ergaben sich wesentliche Folgen für den Bildungsanspruch, dem sich ein an Fragen der Religion Interessierter unterwerfen musste. Die Kenntnis von „Sprachen der Urzeit, die Profan- und Litteraturgeschichte des Alterthums“ war ebenso von Nöten wie die Kenntnis der „Gebräuche, Sitten und Gewohnheiten der alten Welt“, hier wurde also die Forderung nach einer umfassenden, wissenschaftlich fundierten theologischen Bildung formuliert.113 Für den Umgang mit dem Text selbst ergaben sich weitere klare Regeln. Als erstes hatte sich der Lesende vor Augen zu führen, „daß man eine Geschichte vor sich habe“; diese galt es „im Ganzen und selbst in einzelnen Theilen“ in Erfahrung zu bringen, „damit man sie nicht schief beurtheile“; notwendig war also eine genaue Kenntnis des Textes und – wenn auch hier nicht explizit thematisiert – seiner Hintergründe.114 In einem zweiten Schritt – und damit in Kontrast zu einem zumindest teilweise von
109 110 111 112 113 114
glaubens ausmachen. Und die folgenden christlichen Lehrer, welche das alles ohne weitere Untersuchung auf guten Glauben annahmen, oft es noch dazu mißverstanden, oder auch wohl absichtlich nach ihrem Zeitinteresse mißdeuteten, vermehrten den Unrath. Ein echter aufgeklärter Christ müsse darum Alles, was von dieser Beschaffenheit ist, von dem Wesentlichen, nahmlich von den wenigen, aber allgemein gültigen Sätzen der natürlichen oder Vernunftreligion, wie aus dem Sande das Gold, absondern, und sich an diese letzte allein halten; nicht, weil sie in jenen Schriften stehen, sondern weil sie in der Vernunft des Menschen gegründet sind.“ N. N., Geschichtliche, 85; Locherer, Geschichte II, 4–7. Jaumann, Katechismus, 2. Jaumann, Katechismus, 2. Waldraff, Forschen, 263; zur Rolle der Vernunft: „Daraus folgt: Daß schon zur Aufhellung der Geschichte der Offenbarung, die Vernunft die kritische vorzutragen bestimmt sey.“ Waldraff, Forschen, 263. N. N., Geschichtliche, 197 f.; vgl. zum gleichen Problem: N. N., Hermeneutik; N. N., Sinne; N. N., Auslegungsart.
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protestantischer Seite vertretenen Paradigma115 – galt es, die „vorkommenden Glaubens- und Sittenlehren“ aus dem Text „in ihrer geschichtlichen Einkleidung“ zu schälen.116 Diese wiederum waren in „Sätze der natürlichen Religion, theoretische oder praktische“, aufzuteilen, zusätzlich aufgrund ihrer Tradierung in der Bibel in den Bereich der „positiven Lehrsätze“ einzuordnen.117 Der letzte Teil galt als der Entscheidende, da er sich ja mit der göttlichen Offenbarung beschäftigte; auch hier war aber nochmals zwischen positivem Lehrsatz und historischer Bezeugung zu unterscheiden und deren Verbindung in der biblischen Schrift zu untersuchen.118 Zugrunde legen konnte man die „Regeln einer gesunden Critik, wie bey jeder andern Geschichte“; man hatte lediglich darauf zu achten, weder „nach fremdartigen Erkenntißgründen, z. B. nach bloß philosophischen zu urtheilen“ noch „Redensarten, Bilder, Gleichnisse für die Sache selbst, oder umgekehrt, die Sachen für bloße Bilder, Redensarten, Paradigmen“ zu halten.119 Somit war „in einem Buche, das man die heilige Schrift – oder auch Bibel – Buch der Bücher“120 nannte, alles in nuce enthalten, was der Mensch für die Erkenntnis des Heilsweges benötigte; schon aus diesem Grund galt das seit dem Mittelalter nachlassende Interesse katholischer Theologen an der Bibel als eine schwere Fehlentwicklung.121 Aus dem gleichen Grund galt die den Katholiken verwehrte Selbstlektüre der heiligen Schriften vielen Autoren insbesondere in den beiden Priesterzeitschriften als schwerer Fehler, andere waren hier in ihrem Urteil zurückhaltender.122 Dass Priester die Bibel regelmäßig lesen sollten, stand außer Frage;123 schließlich galt es aber bei diesen als Berufstheologen auch nicht als fraglich, ob sie den hermeneutischen Erkenntnisprozess durchführen konnten oder nicht.
3.2 Die Vorsehung in Aktion: Heil für die Menschen durch Gott und Jesus Christus 3.2.1 Sünde und Erziehung: Das Alte Testament Das Alte Testament galt der Katholischen Aufklärung als ein zentrales Dokument.124 Es gab in der Form der Offenbarung die Entwicklung zwischen der für das eigene Gottesbild zentralen Schöpfung und der Menschwerdung Christi wieder, 115 Scholder, Grundzüge, 472. 116 N. N., Geschichtliche, 197–198; vgl. zum gleichen Problem: N. N., Hermeneutik; N. N., Sinne, 111–128; N. N., Auslegungsart, 335–416. 117 N. N., Geschichtliche, 197–198. 118 N. N., Geschichtliche, 197–198. 119 N. N., Geschichtliche, 197–198. 120 Jaumann, Katechismus, 3. 121 N. N., Geschichtliche, 89–94. 122 N. N., Geschichtliche, 95–101; zur Diskussion: N. N., Beförderung, 379–397; Haßler, Frage; Huber, Lesen; N. N., Bibellesen; Eß, Bibel; N. N., Approbationen. 123 Robner, Bibellesen. 124 N. N., Schriften; zur Authentizität vgl. N. N., Abhandlung.
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wobei es die Erziehungsgeschichte Gottes mit den Menschen als Verfallsgeschichte deutete. Der ursprünglich „in Gerechtigkeit und wahrer Heiligkeit nach Gottes Ebenbilde, also gottähnlich“125 erschaffene Mensch befand sich in einem Zustand der inneren und äußeren Glückseligkeit, frei von der einschränkenden Beeinflussung durch Sinnlichkeit oder Tod126. Mit seiner nicht eingeschränkten Vernunft war er imstande, moralisch richtige Entscheidungen zu treffen.127 Er war somit von Beginn an zum Heil und zum gottgewollten richtigen Verhalten128, zur Heiligkeit und Gerechtigkeit,129 fähig. Genau dies änderte sich mit der in Freiheit130 getroffenen Entscheidung des Menschen, Gott im Sündenfall nicht zu gehorchen.131 Die grundsätzliche Fähigkeit hierzu musste der Mensch besitzen, denn „ohne Vermögen zu sündigen, würde der Mensch auch zur Tugend, folglich zu seiner Bestimmung ganz unfähig seyn“.132 Bereits die ersten Menschen verweigerten sich diesem Anspruch, den Willen Gottes zu tun, und entschieden sich für die „Sinnlichkeit“,133 wofür zur Strafe als Folge von Gottes Gerechtigkeit die Vertreibung aus dem Paradies folgte.134 Die Folge war die aufgeklärt-katholische Variante der Ursünde135: Die Vertreibung hatte zur Folge, „dass es [das erste Menschenpaar, C. H.] das Bild Gottes in sich verunreinigte, dadurch den belebenden Odem Gottes in sich schwächte“ und damit genau jenen Anteil Gottes am Menschen schwächte, der das aufgeklärt-katholische Verständnis dominierte:136 Die ursprünglich vollständig erkenntnisfähige menschliche Vernunft wurde so „verdunkelt […], dass sie Gott und das Gute nicht mehr in […] Reinheit erkennen und erschauen konnten, ihr Willen verdorben wurde, und mehr sich zum 125 Illmensee, Zweck, 404; N. N., Skizze, 270–271; zum Zustand des Menschen vor dem Sündenfall Hermes, Handbuch 3, 3–5. 126 Hermes, Handbuch 3, 41–44. 127 Zur Moral vgl. unten 104–155. 128 Hermes, Handbuch 3, 17–24; vgl. auch 26: „Die Vernunft erkannte das Gute und Böse, wenigstens da, wo es darauf ankam, wie des Menschen Wollen und Thun der wahren Gerechtigkeit und Heiligkeit gemäß einzurichten sey, ohne Irrthum und mit Gewissheit, ohne daß sie in dieser ihrer Erkenntniß durch irgend falsche Vorspiegelungen der in den Dienst der Sinnlichketi gefangen genommenen Phantasie im mindesten irre geleitet wäre. Nach dieser Erkenntniß schrieb (dieselbe Vernunft), die negativen und positiven Pflichten vor, und forderte so den freyen Willen auf, nach diesen seine Wahl zu bestimmen, ohne daß ihr dabey von der Sinnlichkeit durch irgend eine phantastische Ausmahlung des entgegengesetzten Angenehmen oder Unangenehmen und durch eine dadurch bestimmte Aeußerung des niedern Begehrungsvermögens oder auch durch bloß physische Regungen des Körpers entweder vorgegriffen oder positiv entgegengewirkt wurde. Und der freye Wille bestimmte sich dann nach der erkannten Pflicht.“ 129 Hermes, Handbuch 3, 24. 130 Hermes, Handbuch 3, 8–10; 27–31. 131 Hermes, Handbuch 3, 10–12; 47–52. 132 N. N., Skizze, 280 f. 133 Schwarz, Handbuch 2, 7. 134 Jaumann, Katechismus, 12. 135 N. N., Skizze, 282–284; zum Begriff Erbsünde vgl. Hermes, Handbuch 3, 126–127; Überlegungen zur Freiheit von der Ursünde bei getauften Eltern vgl. Hermes, Handbuch 3, 135–140; 148–159. 136 Jaumann, Katechismus, 17; vgl. auch Huber, Handbuch 1, 239 f.; Illmensee, Zweck, 404 f.; Hermes, Handbuch 3, 55–56.
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Bösen als zum Guten hinneigte.“137 Der Mensch verlor jede „übernatürliche Nachhülfe“.138 Auch emotional ergab sich ein neuer Grundzustand: „Schaam, Furcht, das Gefühl, gefehlt zu haben, die Schuld; – Verbergen, Flüchten vor Gott, dessen Aug und Arm doch Niemand sich entziehen kann, Missfallen Gottes, Strafe Gottes, Neigung zum Bösen, Schwäche, Gebrechlichkeit, Mühe, Sorge, Schmerzen, Tod“139 dominierten neben den auch im aufgeklärt-katholischen Heilsgeschichtsverständnis relevanten körperlichen Folgen140 von nun an das menschliche Leben. Diese bewirkten bereits in den ersten Generationen, dass „die Menschen auf Erden sämmtlich böse [wurden], Böses [taten], und Gott [vergaßen]“.141 Dieser neue Grundzustand war nach aufgeklärt-katholischem Verständnis der Beginn der Sündhaftigkeit der Menschen; zur Erbsünde kam die Neigung zur persönlichen Sünde.142 Die Folge war der sittliche Niedergang der Menschheit, die Gottesverehrung versank in der „Abgötterei“: Die Menschen „vergaßen bald Gott, überließen sich ihrer Sinnlichkeit, und versanken so tief, dass sie Sonne und Mond, diese wohlthuenden leuchtenden Körper, Geschöpfe Gottes, für Götter selbst hielten.“143 „[M]ächtige Geister“ und „furchtbare Naturerscheinungen“144 wurden angebetet, schließlich auch „mächtige Menschen“ und „Bilder von Menschen und Thieren, aus Gold und Silber, Holz und Stein“145. Analog zum Verlust der Gottesverehrung verschlechterte sich die menschliche Sittlichkeit: Die Menschen gaben sich „blos ihren sinnlichen Trieben“ hin, frönten „der Lust und Sünde und den Lastern“ und wurden „ganz thierisch“, löschten Gottes Ebenbild in sich aus und wurden „somit ganz verderbt“.146 Da Gott aber grundsätzlich das Gute für den Menschen und dessen Heil intendierte, suchte er nach einer Möglichkeit, den Menschen wieder zu seinem Heil zu führen; er wählte einen Weg, um dem „an die Sünde verkauften Menschengeschlecht“ wieder aufzuhelfen, und sorgte für die „Ertheilung eines Gegengewichts“147, indem er immer wieder durch die Offenbarung in die menschliche Geschichte eingriff. Sinn und Zweck der menschlichen Geschichte mit Gott war die göttliche Absicht, den Menschen „wieder zurückzuführen zu Gott, der Urquelle aller Seligkeit“148. Aus diesem Grunde hatte er „nach dem Sündenfalle des ersten Men-
137 Jaumann, Katechismus, 17; vgl. auch Huber, Handbuch 1, 239 f.; Illmensee, Zweck, 404 f.; Schwarz, Handbuch 2, 13–16. 138 Hermes, Handbuch 3, 61. 139 Jaumann, Katechismus, 17; Hermes, Handbuch 3, 68; 94 betont den Tod als Folge des Sündenfalles; Schwarz, Handbuch 2, 16–37. 140 Jaumann, Katechismus, 14; Hermes, Handbuch 3, 59–61. 141 Jaumann, Katechismus, 30–31; vgl. auch Huber, Handbuch 1, 240–243. 142 Huber, Handbuch 1, 244–246. 143 Jaumann, Katechismus, 33; noch plastischer Illmensee, Zweck, 407: „Die Menschheit hatte Gott aus dem Herzen, und dann auch aus den Augen verloren.“ 144 Jaumann, Katechismus, 33. 145 Jaumann, Katechismus, 35. 146 Jaumann, Katechismus, 13 f.; Schwarz, Handbuch 2, 112 f. 147 Hermes, Handbuch 3, 176. 148 Jaumann, Katechismus, 26.
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schen seinen weisen Plan entworfen und alle seine Anstalten getroffen“149; die Geschichte der ganzen Menschheit war dem entsprechend „nichts anderes als die Durchführung dieses Planes“150. Diesem Plan entsprechend unternahm Gott Versuche, die Menschen im Rahmen der Vorsehung151 wieder zu sich heranzuführen, Versuche, die der Mensch meist aufgrund seiner eigenen Sinnlichkeit negierte. Das Endziel dieses Plans war von Beginn an das Kommen eines Erlösers, der von nun an immer wieder von Gott verheißen wurde.152 Wann immer es notwendig war, trat ein geradezu klassisches Sünde-Strafe Paradigma ein; „Gott strafte sie deßhalb schwer.“153 Diese Strafen bestanden meist in Niederlagen gegen die eigenen Feinde, die Belohnung in Siegen.154 Um die „sinnlichen Menschen“ mehr zu sich hinzuleiten, „gab er ihnen durch Moses auch ein äußeres Gesez mit allerhand äußerlichen Gebräuchen, Ceremonien“155. Zusätzlich erhielt das Volk Israel einzelne vorbildliche Persönlichkeiten, die mit göttlicher Unterstützung trotz aller menschlichen Nachteile in Gottesverehrung sittlich gut zu bleiben vermochten.156 Zu diesen wenigen Ausnahmen gehörte Abraham, der als Stammvater des Volkes Israel die Aufgabe hatte, „die Erkenntniß von ihm, dem einzigen wahren Gott“157 zu erhalten. Ab Abraham wird deutlich, wie die aufgeklärt-katholischen Autoren die Akteure der Bibel begriffen: Die großen Persönlichkeiten des Alten Testaments galten als von Gott auserwählte Menschen, „denen er seinen Willen kund that“158. „Patriarchen, […] Alt- und Urväter, […] Propheten, weise Männer“159 boten eine Möglichkeit zur Rettung, die aber lediglich vorläufig war;160 überlegt wurde gar, ob diesen herausragenden Persönlichkeiten nicht der Urzustand Adams und Evas vor dem Sündenfall zuzugestehen war161. Zudem kamen diese herausragenden Persönlichkeiten ihren überzeitlichen Aufgaben nach, die fast direkt die Aufgaben eines zeitgenössischen Priesters umschrieben und auf Erziehung abzielten: Sie „halfen den Staat, der mit der Religion in eines verbunden war, mit regieren“; sie gaben „dem Volke Unterricht“; sie „entwi-
149 150 151 152 153 154 155 156 157 158 159 160
Jaumann, Katechismus, 26. Jaumann, Katechismus, 26. Zur Vorsehung insgesamt vgl. Hermes, Handbuch 2, 85–92. Hermes, Handbuch 3, 190–191. Jaumann, Katechismus, 46. Jaumann, Katechismus, 47 f. Jaumann, Katechismus, 46. Jaumann, Katechismus, 34. Jaumann, Katechismus, 34. Jaumann, Katechismus, 26. Jaumann, Katechismus, 26. Richter, Propheten und Könige folgten demselben Paradigma, wie das Beispiel Davids zeigt: „David war fromm und dichtete besonders die schönen Lobgesänge Gottes, die wir die Psalmen nennen. Er sagte in diesen Gesängen Vieles von dem kommenden Erlöser voraus, auch ward ihm von Gott die Verheißung gegeben, dass der Erlöser aus dem Geschlecht Davids geboren werden solle.“ (Jaumann, Katechismus, 48). Gleiches galt für die Propheten, deren Aufgabe es war, „das Volk über sein Verhältniß zu Gott, und selbst über die Zukunft zu belehren“. (Jaumann, Katechismus, 51). 161 Hermes, Handbuch 3, 12 f.
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ckelten bey zunehmender Cultur des Volkes die moralischen Grundbegriffe, enthüllten dabey der Zeitbedürfniß gemäß die Versprechungen einer besseren Zukunft“ und „entwöhnten die Nation von den zu sinnlichen Begriffen der Gottheit“.162 Eine echte Besserung wurde dadurch nicht erreicht; auch nach dem Empfang der Gebote am Sinai blieben die Israeliten „ein gar sinnliches Volk, immer zum Aberglauben und zur Abgötterei geneigt“163, weswegen der alte Bund als Maßnahme der Erziehung Gottes auch nur darauf ausgerichtet war, den neuen Bund in Christus vorzubereiten164. „[S]o sehr das Verhalten des israelitischen Volkes Gott missfiel, so suchte er es doch immer wieder, so oft es auch von ihm abfiel, zu sich zurückzubringen, und besonders da erweckte Gott zu verschiedenen Zeiten fromme Männer unter ihnen, welche in rührenden, ergreifenden Gesängen und Liedern den Abfall beweinten, straften, zur Besserung ermahnten, und besonders auf ein zukünftiges Heil des jüdischen Volkes durch einen Erretter, Messias hinwiesen“.165
3.2.2 Dauerhafte Erlösung in Jesus Christus Die gesamten Maßnahmen Gottes während der Zeitdauer des Alten Testaments kulminierten im Neuen: Sie waren nach der aufgeklärt-katholischen Geschichtskonstruktion als Vorbereitung auf Jesus und dessen Heilswirken zu begreifen. Zum als perfekt angesehenen Zeitpunkt166 des Kommens des Erlösers konnten nach aufgeklärt-katholischem Verständnis „alle [Völker als] auf einen Erretter vorbereitet“167 gelten, da Gott deren Geschichte in diese Richtung gelenkt hatte. In Jesus und seinem Heilshandeln war die „höchste Idee der Aufklärung“168 verwirklicht: In ihm erfuhr die Menschheit die „höhere […] Vermittlung“, derer sie bedurfte, um „mit der Gottheit, von der sie abgefallen ist, wieder in Zusammenhang gebracht zu werden“.169 Bereits der Zeitpunkt von Jesu Kommen war von großer Bedeutung für seinen späteren Erfolg. Gerade durch den sittlichen Zustand galten die zeitgenössischen Voraussetzungen als besonders gut, die Zeitgenossen Jesu galten schlicht als „verderbt“, da die durch die griechische Philosophie ausgelöste kulturelle Hochphase bereits wieder vorbei war.170 Zwar dämmerte einzelnen Völkern „die Erkenntniß des Einen Gottes“, „einzelne weise Männer, welche den wahren Gott mehr oder weniger erkannten“171, trugen zu diesem Effekt bei. „[D]er große Haufen“ aber war „voll Abgötterei und Aberglauben“.172 Selbst die „aufgeklärtesten 162 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172
Schwarz, Handbuch 2, 123; im Kontext der Propheten. Jaumann, Katechismus, 46. Illmensee, Zweck, 402 f. Jaumann, Katechismus, 52. N. N., Zeitpunkt, 2; Schwarz, Handbuch 1, 106–108. Jaumann, Katechismus, 54; Sailer, Grundlehren, 141 f. Sailer, Grundlehren, 191–193; vgl. auch Holzem, Vorstellungen, 260–261. Sailer, Grundlehren, 191–193. Henke, Geschichte I, 15; N. N., Zeitpunkt, 6 f. Jaumann, Katechismus, 55. Jaumann, Katechismus, 55; Michl, Kirchengeschichte, 19 f.
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Völker der damaligen Zeit, die Griechen und Römer“173, hatten „so viele Götter und Göttinnen, dass sie nicht zu zählen waren“174. Insgesamt galt den aufgeklärtkatholischen Autoren das „Leben der Meisten“ als „Inbegriff aller Laster, der Unzucht, der Völlerei, des Hasses, der Rache, der Grausamkeit und Ungerechtigkeit“175. Dies schloss nicht aus, dass auch zahlreiche „Gute“ nach „Mittel[n] gegen das allgemeine Verderben“ suchten; zumindest den Spitzenexponenten gelang es auch, die eigene Vernunft in die Richtung moralisch korrekten Handelns zu lenken.176 Das Judentum selbst war nach aufgeklärt-katholischem Verständnis zwar zu der Erkenntnis gelangt, „dass es nur Einen Gott“ gab, „den sie auch allein anbeteten“177; es fehlte dem jüdischen Volk trotz zahlreicher Interessengruppen178 an „dem nöthigen Lichte“179: Es hatte „die verderblichsten Meinungen“ über Gott entwickelt, denn dieser galt einzig als „Gott ihres Volkes, nicht aber aller Völker“180. In der Folge hatte sich eine zu enge Bindung an das „Gesez, ihre frommen Bräuche“ entwickelt, die eigentliche göttliche Intention, „die Belehrung, gute Gesinnung des Herzens“ gerieten diesem gegenüber in den Hintergrund.181. Dies war der Grund, warum Gott sich des sündigen Menschen erbarmte und „den Erretter, Erlöser, Seligmacher, den Messias“182 in die Welt sandte mit dem Ziel, seine Botschaft unter allen Menschen zu verbreiten.183 Durch seinen Lebensstil184 und seine Wunder galt er zeitgenössisch185 als „wahrer Mensch“186 wie auch als authentischer Sohn Gottes.187 Konkret fasste Jesus den „Begriff von Gott“ neu „in den höchsten, die Menschen liebenden, und sie zur Sittlichkeit und Wohlfahrt erziehenden Vaters“;188 hierdurch befreite er die Religion „auf einmal von den Verderbnissen“189, die sie bislang entstellten, und etablierte eine neue „Sittenlehre“190. Von besonderer Bedeutung war seine Lehrtätigkeit191: Als besondere Leistung konzentrierte er die gesamte Moral in der „thätige[n] Liebe gegen 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186 187
188 189 190 191
Jaumann, Katechismus, 55. Jaumann, Katechismus, 55. Jaumann, Katechismus, 56. Wessenberg, Kirchenversammlungen I, 3 f. Jaumann, Katechismus, 55; Henke, Geschichte, 18–19; N. N., Zeitpunkt, 8 f. Henke, Geschichte I, 21 f. Henke, Geschichte I, 19. Jaumann, Katechismus, 55; vgl. auch Michl, Kirchengeschichte, 20; Henke, Geschichte, 19–20. Jaumann, Katechismus, 55. Jaumann, Katechismus, 56; Sailer, Grundlehren, 141–143; 153–155; Illmensee, Zweck, 407. Schwarz, Handbuch 1, 178–180. Schwarz, Handbuch 2, 163–176. Sailer, Grundlehren, 349–357. Schwarz, Handbuch 2, 176–183. Sailer, Grundlehren, 279–283; hier auch deutliche Bemerkungen zum zeitgenössischen Problem mit Wundern 283–289. Für Sailer galten sie als besonderer, auch vernunftmäßig nachvollziehbarer Nachweis der Gottessohnschaft: 298 f.; Hermes, Handbuch 3, 218–221; Schwarz, Handbuch 2, 183–207. Illmensee, Zweck, 411. Illmensee, Zweck, 411. Locherer, Geschichte 3, 256–259. Schwarz, Handbuch 2, 144–146.
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Gott und Menschen“; das „Gesetz der Liebe“ wurde zum zentralen „Hauptgesetz“,192 und schuf damit die Voraussetzung dafür, dass der Mensch wieder seinem „moralischen Gefühl“193 folgen konnte. Durch seine Wunder und Weissagungen lieferte er zudem nachhaltige Argumente für die Richtigkeit der christlichen Religion.194 Seine besondere Dynamik erhielt das Leben Jesu195 aus seinem Vorbildcharakter und aus seiner Lehrtätigkeit196 einerseits, seinem Leiden und Sterben197 andererseits. Durch diese Maßnahmen – sein vorbildliches Leben sowie die darin begründete neue Sittenlehre – ermöglichte er dem Menschen statt eines „ängstlichen und unsittlichen Dienst[es]“ eine „freye Verehrung Gottes im Geist und in der Wahrheit“.198 Religion in diesem Sinne wurde so eine „Angelegenheit des Herzens“, eine „sanfte Trösterin bey allen Widerwärtigkeiten des Lebens“ und eine „überzeugende Verkündigerin der Unsterblichkeit“,199 ein Gesamtmechanismus, der später in der Imitatio Christi jedes Gläubigen sein Pendant finden sollte. Das Leben und die Taten Jesu waren aber nur ein Teil des Erlösungswerks. Seine Aufgabe auf Erden war es, „die von Gott abgefallene Menschheit wieder zu Gott zurückzuführen, die Menschen von der Sünde zu erlösen, sie in neue Menschen, in Kinder Gottes umzugestalten, und sie an Gott festzuhalten“200, und zwar dauerhaft: Er „füllte die Kluft aus, welche bis dahin Glauben und Sittlichkeit trennte“.201 Konkret wurde der Zugang zu Gott erst durch Jesu Tod und Auferstehung202 wieder möglich. Seit dem Sündenfall galt die menschliche Vernunft dadurch, dass Gottes Ebenbild in uns durch die Sünde verdunkelt wird, selbst auch [als] verdunkelt, blind […], Gott und das Gute zu erkennen, und der Wille des Menschen schwach und kraftlos, an Gott festzuhalten, und das Gute zu vollbringen.“203 Nach aufgeklärt-katholischer Auffassung hatte Jesus den Menschen von der „Blindheit der Sünde“ geheilt;204 er hatte „die Menschen Gott und alles Gute wieder kennen gelehrt, er hat ihnen den Weg zu Gott in den Himmel nicht nur gezeigt, er ist ihnen vorausgegangen, und hat so die ganze Menschheit aus der Nacht zum Tag, aus der Finsternis zum Licht, durch Lehre und Beispiel, durch Wort und That geführt.“205 Die Heilung war allerdings nicht vollständig, 192 Illmensee, Zweck, 412. 193 Schwarz, Handbuch 2, 210–213. 194 N. N., Geschichte Beweisführung; N. N., Wunder, 111: „Wahre Wunder, und der Glaube daran, wenn auch in unsern Tagen keine ähnliche Begebenheiten sich mehr ereignen, bestehen ganz wohl vor dem Lichte der Vernunft, kein Zweifel mag sie mehr erschüttern.“; N. N., Bibellesen. 195 Zu den historischen Hintergründen vgl. Michl, Kirchengeschichte 1, 20–24; Henke, Geschichte I, 23–31. 196 Henke, Geschichte I, 27–31; Hermes, Dogmatik II, 4–6. 197 Henke, Geschichte I, 31–33. 198 Illmensee, Zweck, 411 f. 199 Illmensee, Zweck, 412. 200 Jaumann, Katechismus, 91; Hermes, Handbuch 3, 270–274. 201 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 30. 202 N. N., Auferstehung; Schwarz, Handbuch 1, 154–160. 203 Jaumann, Katechismus, 98. 204 Jaumann, Katechismus, 99; Hermes, Handbuch 3, 168–170. 205 Jaumann, Katechismus, 99; zu Jesus als Lehrer vgl. Hermes, Handbuch 3, 274–282; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 33.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
sondern umfasste lediglich die Aufhebung der Ursünde, die „unordentliche Sinnlichkeit“ blieb bestehen.206 In ihm wurde ein „Reich Gottes auf Erden, eine Tugendgesellschaft“207 zu gründen, ermöglicht durch Jesu Heilshandeln, der „durch seinen Gehorsam gegen Gott“ in seinem Erlösungswerk und Tod die „Strafe auf sich genommen hat“.208 Konkret ermöglichte Jesu Handeln die „Genugthuung“ des Menschen.209 Denn wenn der Mensch auch durch Christus „von der Sünde erlöset“ und so „sein Heil erlangen“ konnte, so war es nicht ausreichend, „daß er durch die Lehre, und das Beyspiel Jesu den Weg zur Besserung kennen lernte“, es musste ihm zusätzlich möglich sein, bereits begangene Sünden wieder los zu werden.210 Um dies zu erreichen, „war also von einer andern Seite irgend ein Ersaz der Schuld, und der Strafen der Sünde nothwendig“, und diesen hatte „nun Jesus Christus übernommen, und geleistet, indem er, der ganz unschuldig, und mit der Gottheit innigst vereiniget war, als Stellvertreter der Menschheit nicht nur das höchste Ideal eines vollkommen gerechten Menschen an sich verwirklichet, sondern auch freywillig die Strafen, die wir verdient haben, vermittels seines Leidens, und Kreuztodes für uns getragen hat, wodurch es sich offenbar zeigte, wie böse und sträflich die Sünde, und wie heilig das Gesetz Gottes sey.“211 Im Kontrast zur bisherigen Geschichte seit dem Sündenfall, in der es den Menschen „immer schwach und blind, und von ihrer Begierlichkeit verführt“ aufgrund ihrer eigenen Sündhaftigkeit nicht möglich gewesen war, auf dem „Weg zu Gott zu verharren“212, war nun „die Schuld, die Sünde, der Ungehorsam gegen Gott in uns getilgt, und sein Bild, das so viele Flecken an sich hatte, […] wieder rein hergestellt“.213 In Christus war es wieder möglich geworden, dass die „Menschheit mit Gott“ versöhnt, „eine verdorbene Welt“ gebessert und „in ihr ein Reich bis in die Ewigkeit hinüber“ gegründet wurde.214 Mit dem Erlösungswerk entstand Christi Reich, „eine Vereinigung aller Menschen zur Erkenntniß Gottes und alles Guten, zu Befolgung des göttlichen Willens“215, zu dem der Mensch durch die Taufe als „äußeres Zeichen des Eintritts“ 206 Hermes, Handbuch 3, 170 f. 207 Illmensee, Zweck, 409. 208 Jaumann, Katechismus, 95; vgl. auch Sailer, Grundlehren, 308–312; Hermes, Handbuch 3, 303–322. 209 N. N., Skizze, 289 f. 210 N. N., Skizze, 289 f. 211 N. N., Skizze, 289 f. 212 Jaumann, Katechismus, 91. 213 Jaumann, Katechismus, 93. 214 Kornmann, Sibylle, 471; Jaumann, Katechismus, 100 f: „Fassen wir alles zusammen, so zeigt sich, dass uns Jesus, der Sohn Gottes, durch seine Lehre, sein Leben, sein Beispiel, sein Leiden und Sterben erlöset hat von der Sünde, und zwar von der Erbsünde und ihren Folgen, von der wirklichen Sünde, ihrer Schuld und ihren Strafen; dass uns Jesus versöhnt hat mit Gott, seinem himmlischen Vater, und wir durch ihn wieder Kinder Gottes sind, und durch seine Lehre Gott und alles Gute erkennen, und durch seine Gnade, die er uns verdient hat, Kraft haben, das Gute auch zu vollbringen, und wenn wir mitwirken, und uns die Erlösung durch Jesus zueignen, gerechtfertigt sind vor Gott, und die ewige Seligkeit, als Erben Gottes und Miterben Christi, vertrauensvoll erwarten können.“; Hermes, Handbuch 3, 323–348. 215 Jaumann, Katechismus, 103.
3.2 Die Vorsehung in Aktion: Heil für die Menschen durch Gott und Jesus Christus
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Zutritt erhielt216 und an dem „nicht nur [die] Menschen auf Erden, sondern alle Guten und Frommen, die Heiligen im Himmel“217 Anteil hatten. Die Antwort auf dieses Reich durch den Menschen war der Glaube, denn „ohne diesen Glauben kann Niemand Theil nehmen am Reich Gottes auf Erden, keinen Theil haben an Jesus und seinem Erlösungswerke“218. Durch diesen Glauben kam der Mensch zu „gänzlicher Hingebung an Gott“, zu „vollkommenem Gehorsam“ und „unbedingtem Vertrauen“.219 Konkret bedeutete dies die Abkehr von der Sünde und die „Rückkehr zu Gott“.220 3.2.3 Hilfestellung auf dem Weg zum Heil: Der Heilige Geist und die Kirche In Tod und Auferstehung Jesu waren die Voraussetzungen geschaffen, damit der Mensch wieder zu einem gottgewollten sittlichen Handeln und letztlich zu seinem Heil gelangen konnte; konkret unterstützt wurde er auf diesem Weg vom Heiligen Geist, der ihn individuell bestärkte, und der Kirche, die den institutionellen Rahmen für ein christliches Leben zur Verfügung stellte. Der Heilswille Gottes erhielt seine Fortsetzung mit der Sendung des Heiligen Geistes an Pfingsten; mit ihm erhielt der Mensch die Kraft und die göttliche Hilfe, um auch wirklich zum Heil zu gelangen, sprich: zur dauerhaften moralischen Besserung. Denn hierzu war dem Menschen „nicht nur Lehre, Beyspiel, und Hoffnung der Sündenvergebung, sondern auch göttliche Hülfe, und Kraft nothwendig“221, und genau diese Kraft erhielt der Mensch durch die Sendung des Heiligen Geistes. Hieraus ergab sich für den Menschen neben der generellen Gnade, die sich aus der Vorsehung und „Gottes Vaterliebe“ ergab, eine „Gnade im engeren Sinne“, die dem Menschen das sittlich richtige Handeln wieder möglich machte.222 Sie wirkte „auf eine unbegreifliche Art auf unsern Verstand, um ihn zur Erkenntiß des Guten zu erleuchten, und auf unser Herz, um es dafür empfänglich zu machen“, und ließ den Menschen so gut handeln.223 Der Heilige Geist hatte hieran wesentlichen Anteil; er war von Gott gesandt, „uns zu lehren, den Weg zum Guten zu zeigen; uns zu stärken, den Weg zum Guten zu wandeln“224. Ihm schrieb der Aufgeklärte Katholizismus auch direkt die Fähigkeit zu, dem Menschen „die Kraft, die er unserem Willen giebt, das Gute auch zu wollen, und durch seinen Beistand, das Gute auch zu vollbringen“, zu.225 Insgesamt kam dem Heiligen Geist eine zentrale Stellung zu; als
216 217 218 219 220 221 222 223 224
Jaumann, Katechismus, 104. Jaumann, Katechismus, 105; N. N., Glaubensartikels. Jaumann, Katechismus, 104. Jaumann, Katechismus, 104. Jaumann, Katechismus, 104. N. N., Skizze, 295. N. N., Skizze, 298–299. N. N., Skizze, 298–299. Jaumann, Katechismus, 114; Michl, Kirchengeschichte 1, 24–29 mit einer historischen Relativierung des Pfingstgeschehens. 225 Jaumann, Katechismus, 113.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
„Heiliger des Menschen“ wohnte er „in uns, wenn wir gut und fromm sind“226 „wie in einem Tempel“. Aus diesem Grunde hatte sich der Mensch zu hüten, nicht mit der Sünde den Heiligen Geist aus sich zu vertreiben, da „Gott und das Böse […] nicht neben einander wohnen können“227. Zusätzliche Hilfe erhielt der Mensch durch die Kirche.228 Diese war Ort des Reiches auf Erden,229 und war „der Verein der rechtgläubigen Christen, unter den von Christus verordneten Obern, und in welcher Jesus seine Heilsanstalten niedergelegt“ hatte und „der er auch seinen göttlichen Geist versprochen und wirklich gesandt hat, der fort und fort in ihr wirkt.“230 Dadurch wurde die „Kirche Trägerin, Bewahrerin göttlicher, positiver Offenbarung“231; sie wurde verstanden als „äußerliche Anstalt“ mit der Aufgabe, „das Reich Gottes in dieses Leben praktisch einzuführen, zu verbreiten und zu befestigen“.232 Jesus selbst „kam auf die Erde, um hier ein Reich Gottes zu stiften: er zeigte, worin das Reich Gottes auf Erden bestehe, und was man glauben und thun müsse, um in dieses himmlische, göttliche Reich zu gelangen“233. Der Zweck der Kirche, von Christus direkt intendiert, „war und ist kein anderer, als die Rettung und Beseligung des gefallenen Menschengeschlechtes, folglich ein pur geistiger Zweck.“234; in diesem Sinne übernahm die Kirche nunmehr die Aufgabe, die „von Christus aufgestellte Lehrmeisterinn und Erzieherinn des Menschengeschlechts zum ewigen Leben“235 zu sein. Diese Aufgabe verband alle Gläubigen „über die ganze Erde“ und machte aus ihnen „eine Kirche, eine Gemeinschaft, eine Gemeinde“, verbunden durch „das Eine Gebot und das Eine Kennzeichen: die Liebe“:236
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung: Der jeweilige „Zeitgeist“ als Kriterium für den Erfolg des Christentums Auf der Grundlage des Verständnisses von Gott, Mensch und Offenbarung entwickelten die aufgeklärt-katholischen Vertreter im Diskurs ein Gesamtverständnis der menschlichen Geschichte, dem es im Kontrast zur sich parallel etablierenden allge-
226 227 228 229 230 231 232 233 234 235 236
Jaumann, Katechismus, 113. Jaumann, Katechismus, 113. N. N., Skizze, 306–308; Binterim, Denkwürdigkeiten 1, 8. Jaumann, Katechismus, 105 f. Jaumann, Katechismus, 105 f.; vgl. auch N. N., Pastoralunterricht, 103–137; 297–334. Reithinger, Erläuterung, 244; Jaumann, Katechismus, 157. Reithinger, Erläuterung, 244. Jaumann, Katechismus, 156; vgl. auch Reithinger, Erläuterung, 244. Roys, Beantwortung, 455. Roys, Beantwortung, 455. Jaumann, Katechismus, 118.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
79
meinen Geschichte237 nicht um die „Kenntniß aller der 1000 und 10000 Namen der handelnden Personen, der unzähligen Daten nach Zeit und Zeitfolge, der mannigfaltigen Orte und deren Benennung“ ging, sondern um „den Zusammenhang, und die wunderbare Verkettung der ganzen Geschichte“:238 „Wenn man die Geschichte aufmerksamer list, und die erzählten glaubwürdigen Thatsachen und Gegebenheiten betrachtet und zusammenhält; muß man einehellere Kenntniß Gottes und der Mernschen erlangen.“239
Im Kern ging es um die Nachzeichnung genau jener Erziehungsgeschichte Gottes mit den Menschen, wie sie oben als Teil der Offenbarung sichtbar wurde: Gott als „unsichtbare, weise, fürsichtige, gerechte Macht“ wurde dem Verstand der Gläubigen direkt sichtbar,240 nahezu direkt erschloss sich der Vorteil einer christlichen „Erziehungsgeschichte“241. Das machte die Kirchengeschichte zu einem der wichtigsten Teile der Theologie mit einem „enge[n] Zusammenhang der Kirchengeschichte mit den übrigen Wissenschaften“; sie lieferte den Nachbarwissenschaften „sehr vieles Licht, weil die Kirche durch Beförderung der Wissenschaften und Kultur der Schulen, durch Verbreitung moralischer und religiöser Grundsätze, durch darausfließende Humanisirung der Sitten, und manchmal selbst durch Schwärmerei und Fanatismus auf die ganze Menschheit sehr grossen Einfluss hatte“.242 In der Geschichte der Kirche ließ sich nachweisen, wie „ihre Institutionen, ihre Dogmen, ihre Glaubens- und Sittenlehren durch alle Zeitfolgen in ununterbrochener Reihe gegen alle Stürme der Verfolgungen, gegen alle Spitzfindigkeiten der Ketzereyen, und gegen allen Unglauben der Spötter bewahrt, und bis auf unsere Zeit unversehrt
237 Als Beispiele: Reiche, Weltgeschichte; Rotteck, Geschichte; Maier, Weltgeschichte; Mertens, Geschichte; Pahl, Nationalchronik; Menzel, Geschichte; zum Geschichtsverständnis in der Aufklärung vgl. Müller, Enzyklopädie, 41–44; angemerkt sei an dieser Stelle, dass sich in der Geschichtsdeutung starke Einflüsse in dem Bereich der Profangeschichtsdeutung finden, die ihren Niederschlag bis in Dekanatsbibliotheken fanden. Vgl. Kornmann, Sibylle. Hier finden sich als goldene Zeitalter diejenigen der Nomaden, des Saturnus, Perikles, der römischen Freiheit, des Augustus, der Ritterzeiten, und das der Aufklärung (15–130); da alle zusammen nicht befriedigen und die Menschheit nicht zum sittlichen Fortschritt führen konnten (9: „das wahre Glück der Menschen und Völker“), trat die Geschichte der Religion als komplementärer Faktor in Erscheinung (130–330); N. N., Rotteck. 238 Hahn, Gesichtspunkt, 206 f. 239 Illmensee, Nutzen, 13. 240 Illmensee, Nutzen, 15. 241 Illmensee, Nutzen, 16: „In der Geschichte sehen wir: daß Menschen unter verschiedenen Umstaänden mit gleichen Anlagen oft himmelweit von einander abstanden; sie läßt wahrnehmen, wie Versehen in der Erziehungs- und Behandlungsart einzelner Menscen und ganzer Völker schrecklich in den Folgen bestraft wurden.“ 242 Michl, Kirchengeschichte 2, 10–12; vgl. auch Illmensee, Nutzen, 244: „Ohne gründliche Kenntniß der Kirchengeschichte ist es unmöglich, gründlicher Theolog oder Religionslehrer zu seyn. Diese Kenntniß ist in jedem Fache der theologischen Wissenschaften nicht nur höchst nützlich, sondern unentbehrlich.“ Auch die Kirchengeschichte rezipierte übrigens überkonfessionell: Henke, Geschichte 1, 6 f.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
gebracht“243 wurden. Die Beschäftigung mit Bibel und „Kirchengeschichte [gab] dem Theologen die beste und richtigste Aufklärung.“244 Aus dieser Erkenntnis und Beurteilung heraus konnte das Studium der Kirchengeschichte gegenwartsrelevante Beurteilungskriterien generieren. Durch „Momente der Ähnlichkeit“ mit dem herrschenden Zeitgeist konnte Hoffnung für die Gegenwart geschöpft werden: Gerade wenn Ähnlichkeiten der „Kultur“, in „Sittenverderben, und dem Unglauben“ mit dem eigenen Zeitgeschehen beobachtbar wurden, war ein Lernen aus der Kirchengeschichte nach diesem Verständnis möglich.245 Dies wiederum ermöglichte es dem einzelnen aufgeklärten Katholiken, den Anforderungen des eigenen Zeitgeistes nachzukommen, dem „Zeitgeiste eine zweckmäßige Richtung“ zu geben, „vom Irrwege zurück, und hie auf den geraden und richtigen Weg zu seiner wahren Bestimmung lenken und führen“.246 Denn über den richtigen Weg „kann uns die Geschichte unserer Tage allein, keinen wahren und belehrenden Aufschluß geben.“ 247 Im Grunde konnte in der Geschichte das Gleiche abgelesen werden, was auch die eigene Gegenwartswahrnehmung der Christen bestimmte: Es ging zentral um die Frage, „wie in gegebenen Zeitpunkten die Menschheit sich gegen das Christenthum verhalten, oder in wiefern die Christenheit ihrem Zweck entsprochen, oder, wie der Geist und die Lehre Christi auf Christen und Nichtchristen stets gewirkt habe“248. Dies machte sie zu einem sehr geeigneten Mittel für Predigt und Christenlehre, die Kirchengeschichte galt als „geeignetste, verständlichste und überzeugendste Lehrerin der Menge“249. Die die gesamte Geschichtskonstruktion umfassende Großfrage lautete, wie und ob die Kirche ihrer Aufgabe zur Bildung des Menschen nachkam – oder eben auch nicht.250 Zur Beurteilung dieser Frage entwickelte die Katholische Aufklärung eine Art Raster251, das zur Einschätzung der einzelnen Epochen diente. Zentral war die Frage, „wie die von Jesus und den Aposteln gepredigte Lehre unverfälscht von einer Zeit zur andern, von einem Jahrhundert zum andern fortgepflanzt worden ist“252. Um hierfür Kriterien zu entwickeln, bediente sich die Katholische Aufklärung eines Begriffs, der genuin der eigenen Gegenwartsdiskussion entstammte und 243 Hahn, Gesichtspunkt, 207 f.; vgl. auch Michl, Kirchengeschichte 1, 9: „Die christliche Kirchengeschichte, als Wissenschaft betrachtet, ist eine glaubwürdige, rationelle Darstellung der merkwürdigsten Begebenheiten, die sich in der christlichen Kirche seit ihrer Gründung zugetragen haben. Sie ist gleichsam das Certificat, dass und wie die Idee der göttlichen Offenbahrung unter den Menschen realisirt worden ist.“ Vgl. auch Illmensee, Nutzen, 243. 244 N. N., Religionslehre, 355. 245 N. N., Religionslehre, 653 f. 246 N. N., Religionslehre, 588–603. 247 N. N., Religionslehre, 588–603. 248 N. N., Religionslehre, 345–348. 249 Illmensee, Nutzen; 21; vgl. N. N., Religionslehre, 353. 250 Illmensee, Nutzen, 21 f. 251 Das allerdings auch offen war für Schwerpunktsetzungen, die an frühen Ultramontanismus erinnern: N. N., Triumph. 252 Illmensee, Nutzen, 22. Vor diesem Hintergrund ist auch die lokale Kirchengeschichte zu betrachten: N. N., Einführung; Winterhalder, Versuch; Meyer, Versuch: „Die Schulen schieden diese christliche Religion in zwei historisch-psychologische Bestandtheile, nämlich in das Urchristenthum (a priori oder den vermeinten Rationalismus) und positive oder historische Chris-
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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zu deren Beurteilung diente: Des Zeitgeistes253, der eine Beurteilung der jeweiligen Epoche ermöglichte. Der Begriff des „Zeitgeistes“ und des „Zeitalters“254 ist einer der zentralen Bezugspunkte des Diskurses der Pfarrer; denn er bildet – originär durchaus nicht negativ oder abwertend gemeint255 – den einen Pol der Bestimmung dessen, was Ziel, Sinn und Zweck aufgeklärt-katholischer Seelsorge zu sein hatte, und somit die Grundlage des gesamten aufgeklärt-katholischen Welt- und Geschichtsbildes bildete. Rein begrifflich handelte es sich hierbei um für den Menschen erfassbare „Abschnitte der Zeitfolge“ in einem „fortlaufenden Strom von Begebenheiten“ die zusammen genommen „eine einzige große Kette von Ursachen und Wirkungen“ bildeten.256 Dies führte einerseits zu einer Wahrnehmung der gesamten menschlichen Geschichte unter deutenden bzw. interpretierenden Vorzeichen. Wann immer der „Geist eines Zeitalters“ dingfest gemacht werden konnte, gelang damit die Charakterisierung der Zeit wie auch der darin lebenden Menschen. Die wenigsten Autoren schufen eine ganze Kriteriologie, nach der die einzelnen Zeitalter beurteilt werden konnten, wie dies Wessenberg in seinem grundlegenden Werk „Der Geist des Zeitalters“ vornahm;257 stattdessen existierte eine ganze Literaturgattung, die den Wissensstand und den Fortschritt eines Jahres sicherte und damit den Zeitgeist beurteilbar machte.258 Eine Bewertung des eigenen Zeitalters konnte dabei auf drei Achsen erfolgen: Kriterium eins war der „intellektuelle“ Gesichtspunkt, die „Geisteskultur – die Meynungen und Kenntnisse“, sprich also eine rationale Ebene; Kriterium zwei war
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tenthum (a posteriori oder Offenbarung).“ Winterhalder, Fortsetzung; N. N., Verdienste; Jäck, Chronik; N. N., Kirchengeschichte Viertes Jahrhundert. Der Zeitgeist war ein beliebter zeitgenössischer Topos, der als Interpretationsparadigma der eigenen Wirklichkeit herangezogen wurde. Dies galt nicht nur für religiöse, sondern auch für politische Literatur, die sich in den Dekanatsbibliotheken ebenfalls findet: N. N., Stimme; Wedekind, Geist. Beispielsweise: N. N., Kultur, 64; dies bedeutet nicht, dass sich in den Bibliotheken nur eine religiöse Deutung des Begriffes Zeitgeist findet. Durchaus unterhaltsam: N. N., Stimme, mit einer ausführlichen Reflektion über Frauenvereine 1–37. N. N., Akten, 13 f: „Welchen Charakter er [der Zeitgeist, C. H.] auch immer habe, so fürchterlich ist er nicht, als manche Diener Gottes ihn denken mögen, die jammernd dem Herrn das Unkraut anzeigen, womit er feindselig den wohlbestellten Acker verwüste. Der Zeitgeist ist und bleibt ein Geschöpf Gottes, des guten und weisen Beherrschers der moralischen Welt, der etwas absolut Böses nicht schaffen, einem Wesen sein Daseyn nicht geben kann, das seine liebevolle Absicht in der Leitung der moralischen Welt vereiteln könnte. So überwiegend an Zahl und Größe die Schwachheiten und Verderbnisse des Zeitgeistes seyn mögen, so bleibt er doch ein Geist, und kann nur bey Menschen gefunden werden, welche kultivirt sind, um das Geistige ihrer Natur merken zu lassen.“ Wessenberg, Geist 1, 3. Wessenberg, Geist 1, 5–7: „Was den intellektuellen Zustand eines Zeitalters betrift; so kann es hell, oder noch dunkel, oder gar finster; in moralischer Hinsicht kann es barbarischroh, oder civilisirt verfeinert, tugendhaft, oder lasterhaft, unverdorben, oder verdorben, ausgelassen, oder elegant; in eudämonistischer Hinsicht endlich fröhlich-heiter, oder betrübt, ruhig und friedfertig, oder verwirrt und turbulent, überschwänglich reich, oder dürftig, betriebsam, oder träg genennet werden.“ Vgl. die in zahlreichen Exemplaren vorhandene Zeitschrift: Wedekind, Geist. Einer der entscheidenden Punkte der Beurteilung war die religiöse Lage.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
der „sittliche“ Zustand, die „Kultur der Sitten“; der letzte schließlich war der „eudämonistische“ Zustand, der „Zustand der Glückseligkeit oder des Verhältnisses den Begierden, den Bedürfnissen, und der Befriedigung derselben“.259 Mit diesen Kriterien war ein Koordinatensystem vorgegeben, das zwischen den intellektuellen und moralischen eine Bewertung eines Zeitabschnitts der menschlichen Geschichte nach dem größtmöglichen Glück möglichst vieler Zeitgenossen als Beurteilungskriterien heranzog.260 Im Bereich der Kirchengeschichte lässt sich ein klarer Kriterienkatalog umreißen, der den Erfolg der Kirche in den jeweiligen Epochen messbar werden ließ und der so in der protestantischen Kirchengeschichte261 nicht zu existieren scheint. Um das zu beurteilen, galt es verschiedene Faktoren in Betracht zu ziehen: 1. Wie entwickelten sich die kirchlichen Strukturen? 2. Wie strikt folgte der Klerus seinen Pflichten? 3. Wie gelang auf der Ebene der Gläubigen die innere Entwicklung und die sittliche Umsetzung des Christentums? 4. Wie verlief die Auseinandersetzung mit Irrlehren? 5. Welche Vorbilder, Blutzeugen und Heilige fanden sich? 6. Welche „verschiedenen Anstalten zur Erneuerung des Eifers der Gläubigen, die verschiedenen Abänderungen in der Liturgie“262 gab es? 7. Wie entwickelten sich die Ausbreitung des Christentums und die Mission?263 Aufgrund dieses Rasters ließen sich drei Phasen innerhalb der Kirchengeschichte ablesen: Eine erste, in der nahezu idealerweise die Ausbreitung des Christentums gelang und zum inneren Fortschritt des Menschen beitrug; eine zweite, in der sich im Laufe des Mittelalters und der Konfessionalisierung eine deutliche Verschlechterung dieser Verhältnisse entwickelte; und schließlich eine dritte, an die Gegenwart heranreichende Epoche, in der sich die Zustände wieder zum Besseren wandelten.
259 260 261 262 263
Wessenberg, Geist 1, 5. Als ausführliches Beispiel dieser Geschichtsdeutung: Wessenberg, Geist 1, 12–62. Meinhold, Geschichte; Moeller, Kirchengeschichte. N. N., Seelsorger Haß, 30. N. N., Religionslehre, 345–348: „Wie das Christenthum mit den Menschen in Verbindung gebracht wurde, muß der Inhalt der Kirchengeschichte seyn. Um dies zu erörtern, muß sie angeben, a. die moralische, physische, politische, religiöse Beschaffenheit der mit dem Christenthum in Berührung gekommenen Länder, ob, oder wodurch sie zur Aufnahme desselben empfänglich waren; b. welche Männer es gewesen, die das Christenthum in das Land brachten; c. wie sich die Apostel benommen, ob sie ihr Evangelium durch heiligen eigenen Lebenswandel und oft durch den Märtyrertod bekräftigen; d. mit welchem Erfolg das Christenthum geprediget worden; und e. was die Annahme des Christenthums erleichtert oder erschweret habe.“
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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3.3.1 Das frühe Christentum als Idealbild der christlichen Kirche 3.3.1.1 Überzeitlich – die Genese der perfekten Strukturen der Kirche Die erste Epoche der christlichen Kirchengeschichte bis zu Konstantin galt der Katholischen Aufklärung – und dies verband sie mit dem Mainstream der frühen protestantischen Kirchengeschichtsschreibung264 – als besonders erfolgreich und nachahmenswert, da in dieser Zeit die eigentlichen Ziele und Anliegen Christi, die innere Besserung des Menschen im Interesse des eigenen Seelenheiles, in besonderer Weise verwirklicht wurden. Als paradigmatisch hierfür galt die Urgemeinde in Jerusalem. Hier waren in mustergültiger Weise sowohl die Einheit als auch der Weg zum Heil unter den ersten Christen verwirklicht, indem sie „zu einer Gemeinschaft, zu einer Gemeinde unter den Aposteln265 wurden, und sich zum gemeinschaftlichen Bekenntnisse Jesu, seiner Lehre sowie zur gemeinschaftlichen Gottesverehrung“266 versammelt. In dieser Atmosphäre bewirkte der Heilige Geist einen vorbildlichen Lebenswandel unter den ersten Christen, die Lehre Jesu feierte nach der aufgeklärt-katholischen Zielsetzung hier einen vollen Erfolg: Die Urgemeinde galt als ein Inbegriff der „Reinheit der Sitten“, und damit auch als ein Vorbild für spätere Christengenerationen.267 Im Alltag „rein und keusch und mäßig, voll Demuth und Sanftmuth, in steter Liebe und Eintracht“, wurde hier jeder „Zwist […] freundlich […] vermittelt und beigelegt, und fügte sich einer nicht ihrer stillen Sitte, oder verfiel in Laster, so schlossen sie ihn aus der Gemeinde aus“. Geradezu idealtypisch bildeten sie „Ein Herz und Sinn, sahen sich nur als Brüder und Schwestern an, und machten, wie die Glieder des Leibes, auch nur Einen Leib aus, als dessen Haupt sie Christus betrachteten“.268 Bei Streitigkeiten in Glaubensdingen traten „die Apostel und Aeltesten“ zusammen, „um die Sache zu untersuchen“269, und manifestierten dadurch das „mündliche Wort Gottes“270, um die „mündliche Tradition“ der Kirche fortzuschreiben: Deutlich sichtbar wird hier das spätere konziliare bzw. synodale Verständnis. Der Höhepunkt war die Verfassung der biblischen Schriften: Der „göttliche Geist“ sorgte dafür, dass die Lehre und „das herrliche Leben Jesu auch schriftlich aufgesetzt und erhalten wurden“271. Von entscheidender Bedeutung war aber die Tatsache, dass die Schriften des NT „nicht das eigentliche Glaubensprinzip der ersten Christen“ waren, sondern lediglich als „das Crystall, in dem sich das fliessende Wort der Apostel fixiert“ gal-
264 Beutel, Aufklärung, 352–353. 265 Henke, Geschichte 1, 33 f.; zur Sittenlehre der Apostel: Locherer, Geschichte 3, 259–263; Fortsetzung durch die apostolischen Väter 263–269; vgl. auch der instruktive Vorschlag einer Unterscheidung in „gemeine“, d. h. göttlich gewollte, und „höhere“, d. h. empfohlene christliche Moral 276–279. 266 Jaumann, Katechismus, 117; vgl. ebenso Sailer, Grundlehren, 381. 267 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 34 f.; Schwarz, Handbuch 3, 32. 268 Jaumann, Katechismus, 121; Schwarz, Handbuch 3, 30–32. 269 Jaumann, Katechismus, 122. 270 Jaumann, Katechismus, 122. 271 Jaumann, Katechismus, 122; Schwarz, Handbuch 3, 63–64; zur Inspiration der biblischen Schriften (sehr zurückhaltend) Schwarz, Handbuch 3, 68–71.
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ten.272 Erst durch das lebendige Zeugnis der Apostel erhielt dieses in der Kirche seine besondere Relevanz und begründete die Tradition.273 Dieses biblisch fundierte Ideal einer mündlichen Glaubensweitergabe organisierte die Wahrnehmung der frühen Christenheit bis Konstantin. Diese dominierte die Entwicklung der kirchlichen Struktur. Die „von Christus“ erhaltene Struktur gestand insbesondere dem Lehramt „ein höheres Ansehen“ zu.274 Da „jeder Verein, eine jede Gemeinde […] einer Einrichtung, Verfassung“275 bedurfte, hatte Jesus folglich selbst eine solche in der Person der Apostel und Jünger vorgegeben, „welche die Lehrer und Leiter seiner Kirche seyn sollten“276 und die mit und in ihrer Predigt seine Lehren277 weiterführten. Hatten die Gemeinden eine gewisse Größe erreicht, setzten die Apostel „Bischöfe und Priester“ ein.278 Aus diesem Grund hatten auch die Priester und Bischöfe „von Jesus durch den heiligen Geist die gleiche Gewalt“, „zu lehren und Anordnungen zu treffen“.279 Aus diesem Gesamtbild ergab sich die Amtsauffassung der Kleriker. Da die „Vorsteher der Kirche“ „ihre Macht nicht von sich selbst, sondern von Jesus Christus, durch den göttlichen Geist“ hatten, betrachteten die aufgeklärt-katholischen Autoren sie als „Verwalter, und was sie in ihrem Amte verrichten, verrichten sie nur im Namen und durch die Kraft Jesu“.280 Der „Geist der Kirchenregierung“ sollte „stets Belehrung, Zurechtweisung, heiliger Eifer für Gottesehre“ sein, alle Tätigkeiten seien „stets in Liebe“ und nach dem Beispiel Jesu als guter Hirte vorzunehmen.281 Ihre Gewalt erhielten die Kirchenoberen „nicht zu ihrem Vorhteil, eigenen Nuzen, oder ihrer Bequemlichkeit, sondern zum Besten der ihnen anvertrauten Gläubigen“.282 Ihre Aufgabe sei es, diesen „die Lehren Jesu zu verkünden, die Heilsmittel zu verwalten, mit Rath und That beizuspringen, mit gutem Beispiel voranzuleuchten, sie stets bereit“ und selbst „stets bereit, willig und fromm“ zu sein.283 Sie seien „Diener der Sache Gottes, der Gläubigen in allen Sachen“,284 ihre Kernaufgabe war die Bildung der Gläubigen.285 Aufgrund ihrer Einsetzung durch Christus besaßen Priester wie auch Bischöfe und Papst das Anrecht auf „Gehorsam und Ehrfurcht in Allem, was das Geistliche betrifft“.286 Mit dieser Anforderung 272 Sailer, Grundlehren, 384; Henke, Geschichte 1, 40 f: „Die Lehre der Apostel war allerdings in der Hauptsache dieselbe, welche sie von Jesus gelernt hatten; in manchen Stücken auch von vollständiger und bestimmter, und nach und nach vom Judenthum entfernter.“ 273 Sailer, Grundlehren, 384; zum apostolischen Selbstverständnis 385 f.; zur Tradition 388. 274 Schwarz, Handbuch 1, 192. 275 Jaumann, Katechismus, 157. 276 Jaumann, Katechismus, 157; Reithinger, Erläuterung, 248; 250; 261 f. 277 Sailer, Grundlehren, 381–383; Michl, Kirchengeschichte 1, 31 f.; 69–72. 278 Jaumann, Katechismus, 157. 279 Jaumann, Katechismus, 157. 280 Jaumann, Katechismus, 161. 281 Jaumann, Katechismus, 161. 282 Jaumann, Katechismus, 161. 283 Jaumann, Katechismus, 161. 284 Jaumann, Katechismus, 161. 285 Vgl. das Leitmotiv in den Ausführungen von Schwarz, Erziehungslehre 4/2, 12–31. 286 Jaumann, Katechismus, 159; N. N., Skizze, 310–311; Binterim, Denkwürdigkeiten 1, 256; zu den Priestern vgl. 258–280; weitere niedere Ämter 281–321; obere Ämter 321–335; Diakone
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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korrespondierte die grundsätzliche Haltung, die die Gläubigen – Katechumenen287 wie Getaufte288 – diesen „Lehrern und Leitern“ entgegenbrachten: Dies war eine der „tiefen Ehrfurcht“, des „unbeschränkten Vertrauen[s]“ und des „kindlichen Gehorsam[s]“.289 Die Befehle und Entscheidungen dieser Lehrer und Leiter „respektirten sie als Befehle des Herrn; ihre Stimme war ihnen Gottes Stimme“ 290, denn das entsprach der grundsätzlichen Amtsbeschreibung der Priester. Auf dieser Gemeindestruktur fußte auch die weitere Hierarchie. Den Priestern übergeordnet waren die Bischöfe, die als „die von Jesus angeordneten, und von dem heiligen Geiste selbst gesetzten und geleiteten Vorgesetzten der Kirche“ die Aufgabe erhalten hatten, „diese selbst zu leiten und zu regieren.“291 Eine herausragende Stellung unter diesen wiederum besaß der Papst als Bischof von Rom, der sich auf den durch Jesus begründeten Primat berufen konnte und der als „ein Punkt der Einheit, ein gemeinschaftliches Band, eine Aufsicht“ in der Nachfolge des Petrus als Bischof von Rom die Aufgabe wahrnahm, „die Kirche Gottes zu regieren, […] um Einheit und Ordnung in der Kirche Gottes zu erhalten“.292 Dieser Primat war aber wiederum zurückgebunden an die Aufgabe, der „Gemeinschaft der Gläubigen zur Erlangung des ewigen Heils“293 zu verhelfen. Genau diese Linie der Beauftragung durch Christus zum Wohle der Menschen diktierte auch die Rolle, die die Katholische Aufklärung dem Papsttum zuzugestehen bereit war. Der Primat des Papsttums war auf diejenigen Bereiche eingeschränkt, die die Katholische Aufklärung wirklich für gottgewollt hielt. Weite Bereiche, die sich das Papsttum im Laufe der Geschichte „angeeignet“ hatte, wurden zumindest diskutiert, von Teilen der katholischen Aufklärer auch dem Papsttum schlicht abgesprochen.294
287 288 289 290 291
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293 294
335–386; Archidiakone 387–434; Diakonissen 434–455; Presbyter 457–498; Aufgaben der Priester 498–513; Archipresbyter 514–529; Cardinäle 530–534; Landpriester 534–601. Binterim, Denkwürdigkeiten 1, 16–52. Binterim, Denkwürdigkeiten 1, 52–206. Roys, Beantwortung, 452 f.; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 38–40. Roys, Beantwortung, 452 f. Jaumann, Katechismus, 158; 160: „In den ersten Zeiten waren beinahe in allen Städten Vorsteher, Bischöfe und Priester aufgestellt: als sich das Christenthum weiter und weiter selbst auf das Land in Dörfern verbreitete, konnten die Vorsteher in den Städten, die Bischöfe nicht selbst mehr überall lehren und die Heilsanstalten verwalten: sie stellten daher Geistliche in einzelnen Orten auf, welche nun unsere Pfarrer sind; auch sie haben durch die Bischöfe an diesen Orten eine bestimmte Gewalt, zu predigen, und die heiligen Sakramente zu verwalten, dem Gottesdienst und der Reinheit der Sitten zu warten und zu pflegen. Diese haben wieder Gehilfen, Kapläne und Vikarien. Jedes Pfarrkind ist allen diesen, als ihren unmittelbaren Vorgesetzten, Gehorsam und Ehrfurcht in allem Geistlichen schuldig.“ Jaumann, Katechismus, 159; ebenso Sailer, Grundlehren 388–392; Michl, Kirchengeschichte 1, 72 f.; N. N., Skizze, 309 f.; zu den Einschränkungen des päpstlichen Primats vgl. N. N., Dekretalen; vgl. auch weitere Indizien zur Einschränkung in: N. N., Sündenfällen, 284–288. Roys, Beantwortung, 454; N. N., Skizze, 308 f.; zum Papsttum vgl. Schwarz, Handbuch 1, 200–203. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 147–150: „Auf die Frage über den Amtsumfang des römischen Primats erwiedern die Denkmale der Geschichte: er sey so weit als begründet anzusehen, als die Kirche zu jeder Zeit für die Erhaltung ihrer Einheit nöthig erachtet. So hoch dadurch der Oberhirt am Grabe der Apostel Peter und Paul in der Meinung aller christlichen Völker gestellt war, so lag es doch im Sinne der Kirche nie und keineswegs ihn als ihren Herrn
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
Als unhinterfragbar galt die Unfehlbarkeit des „christlichen Lehramtes“295, und der gesamten Kirche296. Die Kirche Jesu „kann nicht fehlen, sie ist unfehlbar, sie muß unfehlbar seyn.“297 Gerade weil Jesus gewollt habe, dass „seine Lehren rein sollten erhalten“ und befolgt wurden,298 die Heilsmittel in der Kirche erhalten, und die von Jesus gegebene Verfassung eingehalten werden und die Kirche als Ganzes weiter bestehen sollte, war der von Jesus gesandte Heilige Geist mit der Kirche, was einen Irrtum ausschloss. „Nein! Einzelne Menschen können sich irren in ihren Meinungen, auch selbst einzelne Bischöfe haben sich geirrt, aber die ganze Kirche kann nicht irren. Ihr hat Jesus versprochen, dass er bey ihr seyn werde, bis ans Ende der Welt. […] Ihr hat Jesus seinen göttlichen Geist versprochen und gesandt, und dieser Geist Gottes kam über die Apostel, über ihre Nachfolger, welche der heilige Geist gesezt, die Kirche Gottes zu regieren, er wirket fort und fort, und bleibt bei der Kirche als Geist der Wahrheit in Ewigkeit. […] Und Jesus, der bei der Kirche bleibt, und der heilige Geist, der in ihr fort und fort wirkt, sie können nicht irren, die Kirche ist unfehlbar.“299
Dies gelte aber nicht für alle Punkte, sondern nur für die wesentlichen.300 „Gewisse Lehren“ galten als „wahrhaft von Jesus geoffenbart, und göttlich, auch hat sie die Kirche als solche erklärt, sie sind also Glaubensartikel“.301 Genau diese mussten „unveränderlich bleiben, auch unveränderlich geglaubt, für wahr gehalten werden“; jenseits dieses engen Kreises existierten aber „noch viele schöne und nüzliche Lehren, sie sind aber nicht ausdrücklich von Christus gelehrt, noch von der Kirche als solche erklärt worden, sie sind Meinungen der Menschen, können also bald so, bald anders genommen werden, und sie gelten daher auch in der Kirche nur als Meinungen, die verschieden und veränderlich seyn können.“302 Was aber letztlich von der Kirche als unfehlbar gelehrt wurde, war gebunden an die „Kirchensynoden“ oder Konzilien;303 der Papst wurde als Teil des „concilio“, als dessen „Präsident“ ge-
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296 297 298 299 300 301 302 303
zu betrachten, und er selbst legte sich den Titel eines allgemeinen Bischofs, oder irgend einen andern, der darauf hindeuten möchte, eben so wenig bei, als er solchen einem andern Patriarchen gestattete. Es war kein Zweifel, daß jedem Bischof in seinem Sprengel mit Beziehung seines Klerus die völlige Obsorge der kirchlichen Dinge zukomme, und daß die Bischöfe in Bezug auf die ganze Kirche zur vollen Theilnahme (nicht blos in partem sollicitudinis, sondern in plenitudinem potestatis) berufen seyen.“ N. N., Unfehlbarkeit, 103: „Die göttliche Vorsehung habe mittelst des von Christo dem Lehramte zugesagten Beystandes des Geistes Gottes, von dem ersten Entstehen der christlichen Religion an, bis auf die neuesten Zeiten darüber gewacht, daß kein wesentlicher Irrthum sich in die Haupt-Lehren derselben einschleichen, oder gar darin überhand nehmen konnte, und daß die Form der Lehre, des Kultus und der Tugend-Mittel den jedesmahligen Bedürfnissen des Zeitalters entsprochen habe.“ Schwarz, Handbuch 3, 329–345. Jaumann, Katechismus, 168. Jaumann, Katechismus, 168. Jaumann, Katechismus, 168. Jaumann, Katechismus, 169. Jaumann, Katechismus, 170. Jaumann, Katechismus, 170. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 151–157; zur Rolle des Papsttums bis zum siebten Jahrhundert 164– 165.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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dacht, der in diesem Rahmen klare Funktionen zu erfüllen hatte.304 Diese klare Reihenfolge – Konzil vor Papst – galt in allen Bereichen, auch in denen der Lehrfragen.305 Der Papst war lediglich das „sichtbare Oberhaupt“ der Kirche306, Inhaber einer biblisch legitimierten besonderen Autorität307, aber keines Jurisdiktionsprimates308. Sehr wohl aber war er berechtigt, sich als „Bewahrer der Lehre in ihrer Reinheit und Wächter der Kirchengesetze“ zu betrachten.309 3.3.1.2 Die Zeit bis Konstantin Vor dem Hintergrund dieser strukturellen Genese galt diese erste Epoche bis Konstantin als ausgesprochen positiv:310 Für den aufgeklärten Katholizismus waren diese ersten Jahrhunderte der Inbegriff einer gelungenen Gottesverehrung311. Trotz aller Heterogenität des frühen Christentums312 galt die Epoche dennoch sittlich gesehen als der eigentliche Höhepunkt der Kirchengeschichte. Nicht nur gelang es durchgängig, eine strenge Moralität des beauftragten Kirchenamtes313 zu erlangen, auch eine gemeinsame Liturgie und Gebetspraxis314 und fest etablierte Gottesdienstformen315 verbanden alle Christen und trugen zur Verbesserung der „Sitten der ersten Christen“316 maßgeblich bei. Als eine besondere christliche Lebensform entwickelte sich das frühe Mönchtum, hier fand sich das christliche Lebensideal in „besonderer Reinheit“317 verwirklicht, ein an und für sich positiver Prozess, der sich aber im Laufe der Zeit als problematisch herausstellen sollte.318 Als weniger relevant galt für diese Beurteilung die hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit des Christentums; diese konnte angesichts der noch höheren Bekehrungsgeschwindigkeit des Islam nicht als Argument angeführt werden.319 Viel entscheidender für den aufgeklärten Katholizismus: Die Art und Weise dieses Wachstums erfolgte ohne jede „Proselytenmacherey“320, vielmehr fand eine „Bekehrung 304 305 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315 316 317 318
N. N., Unfehlbarkeit, 121; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 167 f. N. N., Unfehlbarkeit, 123 f. N. N., Unfehlbarkeit, 124. N. N., Unfehlbarkeit, 128 f. N. N., Unfehlbarkeit, 129. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 167. Locherer, Geschichte 3, 292–302. N. N., Gottesverehrungen. Henke, Geschichte 1, 52–55. Schwarz, Handbuch 3, 48–52. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 36. Michl, Kirchengeschichte 1, 55–67. Michl, Kirchengeschichte 1, 67. Locherer, Geschichte 3, 456–458. Michl, Kirchengeschichte 1, 67 f.; hier drohte Schwärmerei. Die bei den Asketen intendierte Unterdrückung der Sinnlichkeit galt als nicht evangeliumsgemäß. Vgl. auch Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 119–130. 319 Michl, Kirchengeschichte 1, 30; Henke, Geschichte 1, 38 f.; 231–234; Schwarz, Handbuch 1, 133 f. 320 Michl, Kirchengeschichte 1, 30; Henke Geschichte 1, 44 f.; Schwarz, Handbuch 3, 36–39; 81–83.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
durch reine Grundsätze“321 statt. Grundlage der Bekehrung war – dem genuinen Interesse der Katholischen Aufklärung viel mehr entsprechend – ein innerer Wandlungsprozess des Menschen, der auf den grundlegenden Elementen Schriftlesung, Predigt, gemeinschaftliches Gebet, gemeinsamer Gesang und gemeinsame Feier des Abendmahls beruhte.322 Gerade diese Bekehrungserfolge machten das Christentum aber anfällig für Verfolgungen durch Juden und Heiden; römische „Tyrannen“ wie „Philosophen“ versuchten, so die neue Sekte zu unterdrücken.323 Insbesondere die letzte Gruppierung hinterließ auch innerhalb des Christentums tiefe Spuren: Als „Patriarchen der Ketzer“ führte die zeitgenössische Philosophie zu zahlreichen Auseinandersetzungen um die richtige Lehre.324 Auch innerhalb des Christentums schufen Auseinandersetzungen unter den „Gutgesinnten“ Probleme, da sie die Abwehr der äußeren Infragestellungen schwierig machten.325 Relativ bald hatten die Christen persönliche Verfolgungen zu erdulden, und zwar sowohl von heidnischer als auch jüdischer Seite.326 Gerade diese Herausforderung war es aber, die die Kirche in ein „goldenes Zeitalter“ führte.327 3.3.2 Von der Spätantike bis zur Gegenwart: Der Verfall der christlichen Religion Betrachtete die Katholische Aufklärung die Zeit bis Konstantin als eine Epoche des nahezu ideal verwirklichten Christentums, so galten die nächsten Jahrhunderte als eine Zeit graduellen, aber konstanten Verfalls. 3.3.2.1 Die Spätantike Bereits relativ früh begann aber der nahezu perfekte Zustand der frühen Gemeinden sich schrittweise zu verschlechtern. Ein Grund hierfür war die seit Konstantin gegebene Nähe zum Staat:328 Aufgrund der von ihm geübten religiösen Toleranz erhielt das Christentum zuerst eine Ruhepause329, ab 322, mit seiner verstärkten Zuwendung330 zum Christentum und der ihm durch dieses gewährten Unterstützung331, kam eine aktive Förderung durch eine prochristliche Gesetzgebung hinzu,332 aus durchaus 321 322 323 324 325 326 327 328 329 330 331 332
Michl, Kirchengeschichte 1, 30. N. N., Gottesverehrungen, 101–109. Michl, Kirchengeschichte 1, 37–41; Henke, Geschichte 1, 67–70, 88 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 42–48; Arnold, Historie, 4–134; Henke, Geschichte 1, 41 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 48–53; Henke, Geschichte 1, 56 f, 60–62; 77–82; 84–86. Henke, Geschichte 1, 46 f.; zum Ende der jüdischen Verfolgungen durch den jüdischen Krieg Henke, Geschichte 1, 47 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 51; Locherer, Geschichte 3, 302–306. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 60. Michl, Kirchengeschichte 1, 91 f.; hier gehen die Autoren vermutlich dem eigenen Toleranzbegriff auf den Leim; Henke, Geschichte 1, 93 f.; 96–98. Schwarz, Handbuch 3, 92 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 9–11. Michl, Kirchengeschichte 1, 93.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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nicht uneigennützigen Motiven: auf diesem Weg gewann der Staat an „Ruhe, Ordnung und Wohlfahrt“333. Diese auf den ersten Blick positive Entwicklung zeitigte einige Folgen, die der Katholischen Aufklärung ein Dorn im Auge waren: –
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–
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333 334 335 336 337 338 339 340 341 342 343 344 345 346 347
Gerade diese Förderung334 trug aber dazu bei, dass statt eines innerlichen Christentums, wie es die ersten drei Jahrhunderte noch als wesentliches Merkmal kannten, lediglich dessen „äußere Gebräuche“ reichsweit implementiert werden konnten.335 Die Befolgung der Gesetze garantierte nicht die notwendige innere Haltung. Auf der sittlichen Ebene führte dies zu einer seltsamen Entwicklung: Man wollte „Christ seyn, aber ohne Christo nachzufolgen; man wollte mit dem Schein, dem Namen prangen, aber nicht das Kreuz tragen“.336 Insbesondere im „gemeinen Volke, zumal auf dem Lande“ blieb der Glaube an die alten Götter fest verankert.337 Auch die der Katholischen Aufklärung so wichtige „kirchliche Zucht“, d. h. die Versittlichung der Gläubigen, litt entsprechend:338 Erstmals konnten sich „Grosse und Reiche“ der „strengen Kirchenbusse durch Schenkungen an die Kirchen und Geistlichen“ entziehen.339 Insgesamt erhielten in dieser Epoche kirchliche Vertreter zu viel weltliche Macht. Das galt sowohl für die Bischöfe340, die nun sehr viel Einfluss auf die Besetzung weltlicher Ämter nehmen konnten, als auch für das Papsttum341, das immer mehr Befugnisse an sich zog. Eine weitere, durchaus kritisch gesehene Folge war die nun garantierte Finanzierung des Klerus durch staatlich garantierte Einkommen.342 Dies führte schnell zu Missbräuchen343, da nun eine kirchliche Karriere auch sozial und wirtschaftlich lukrativ sein konnte, was zum Versagen der Pastoral344 zu führen drohte. Besonderen Wert legte die Katholische Aufklärung aber auf die Tatsache, dass die Gründung des Kirchenstaates durch Konstantin als Fälschung zu betrachten war.345 Als ferner kritisch galt die Tatsache, dass zwar durch fördernde Maßnahmen Konstantins einerseits die innerkirchliche Hierarchie eine erste feste Ausprägung, dieser aber die „höchste Gewalt in Kirchensachen“ für sich behielt.346 Warum Konstantin so optierte, war freilich umstritten.347 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 60. Michl, Kirchengeschichte 1, 98 f.; die Ausnahme Julian 108–113; Henke, Geschichte 1, 124–126. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 60. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 91. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 101. Michl, Kirchengeschichte 1, 149 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 150–152. Michl, Kirchengeschichte 1, 162 f. Henke, Geschichte 1, 148–151; zur Auseinandersetzung mit Konstantinopel 226–228. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 172–175; Locherer, Geschichte 4, 256–311. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 175–178; Locherer, Geschichte 4, 425–483. Michl, Kirchengeschichte 1, 158 f.; Locherer, Geschichte 4, 308–381. Michl, Kirchengeschichte 1, 93 f. Henke, Geschichte 1, 108 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 95–99; vgl. auch zu den Kreuzesvisionen Michl, Kirchengeschichte 2, 74–76.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
Zwei weitere Faktoren erwiesen sich als zunehmend hemmend. Der zunehmende Verfall der Bildung generierte das Problem, dass sich das Christentum nicht mehr auf eine ausreichende Grundlage stellen konnte, was insbesondere die sittliche Reflexion betraf.348 Negativ entwickelte sich auch das Mönchtum,349 das insbesondere im Osten schwere Verfallsprozesse durchmachte, im Westen in Form der Reformen des Benedikt aber zumindest teilweise den Beifall der Autoren350 fand. Aber es gab auch positiv zu würdigende Faktoren. Erstens machte die reichsweite Organisation erstmals große Kirchenversammlungen möglich, auf denen in der „Gesammtberathung der Väter (Stellvertreter und Vorsteher der Gemeinden)“351 anstehende Entscheidungen getroffen werden konnten. Dies galt besonders für die zahlreichen Häresien352, die aufgrund herausragender theologischer Leistungen353 besiegt werden konnten, ebenso für die Bekämpfung von Missständen innerhalb des Klerus354 sowie des allgemein nun zunehmenden Aberglaubens. Zweitens zeitigte diese erste Epoche einige bemerkenswerte Missionserfolge, insbesondere unter den Germanen.355 Aber auch diese erfolgte nicht ohne einen gewissen Wermutstropfen, denn hier setzte sich genau jener Prozess der Vermischung von „Göttliche[m] und Politische[m]“ fort, indem es dem Christentum lediglich gelang, die bestehende gesellschaftliche Struktur äußerlich zu überformen.356 Die Folge war die ständige Gefahr des Verfalls in den Aberglauben.357 3.3.2.2 Das Mittelalter Was in der Spätantike begann, setzte sich im Mittelalter unvermindert fort: Das Mittelalter galt als die Zeit der „größten Schwäche“ der christlichen Religion358, der es nach dem Untergang des Römischen Reiches nur mühsam gelang, ihren Platz zu behaupten.
348 Locherer, Geschichte 1, 427–432. 349 Michl, Kirchengeschichte 1, 154–158; Henke, Geschichte 1, 112–114 deutlich abwertend: „Wenn bisher andächtige Liebe zur Einsamkeit, böse Laune, Furcht vor Verfolgung, Abscheu gegen herrschende Unsittlichkeit manchen Eremiten gebildet, und wenn die Bewunderung solcher Seelengröße Nachahmer in Menge erzeugt hatte; so geselleten sich nun diese Feinde der menschlichen Gesellschaft, weil sie doch ihre Natur nicht ganz ausziehen konnten, etwas näher zusammen, zumal wo ihre weitläufigen Spielräume einander berührten.“ 350 Henke, Geschichte 1, 204–206. 351 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 144–146; Locherer, Geschichte 4, 397–406. 352 Henke, Geschichte 1, 102–105; Michl, Kirchengeschichte 1, 120–149; zur Abwehr 166–168; Hermes, Dogmatik 1, 35–42; Schwarz, Handbuch 3, 95 f.; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 61–90; Locherer, Geschichte 3, 3–255; N. N., Geheimniß. 353 Henke, Geschichte 1, 157–159. 354 Michl, Kirchengeschichte 1, 151 f.; Henke, Geschichte 1, 143–147. 355 Michl, Kirchengeschichte 1, 101–104; Henke, Geschichte 1, 180 f.; 200 f. 356 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 101. 357 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 102 f.; 105–119. 358 Schwarz, Handbuch 1, 124.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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3.3.2.2.1 Frühmittelalter Gründe hierfür waren das problematische Verhältnis von Staat und Kirche, die mangelnde innere Sittlichkeit der Menschen im Mittelalter und der zunehmende Verfall des Klerus und der Kirchenzucht sowie des Mönchtums. 1. Das Verhältnis von Staat und Kirche, das ursprünglich wechselseitig als positiv verstandene Wahrung der beiderseitigen Interessen verstanden wurde, kam aufgrund wechselseitiger Übergriffe ins Schwanken.359 Erstmals wurden nun Maßnahmen durchgesetzt360, die nach Meinung der Katholischen Aufklärung nicht mehr unbedingt durch die biblische Grundlage abgesichert waren, so etwa das Fasten als „Stärkung der Willenskraft zum Guten“361 sowie die immer festere Implementierung der ursprünglich nicht vorgesehenen Ehelosigkeit des Klerus.362 2. Insgesamt wenig positiv war die Entwicklung im Bereich der Sittlichkeit. Erstmals fällt das Urteil geradezu vernichtend aus, die Missbräuche der vorigen Epoche fanden ihre sich verschlimmernde Fortsetzung. „Die Kirchenzucht war bei allen scheinbaren Vorkehrungen in diesem Zeitraume nicht besser, die Gottesverehrung nicht geistvoller, die Sitten nicht reiner […]. Es neigte sich vielmehr alles täglich mehr zur Geistesbarbarei und zum Aberglauben.“363 Nach wie vor suchten die Laien danach, ihre eigenen Sünden mit Schenkungen auszugleichen.364 3. Besonders fand sich eine Fortsetzung der Missbräuche im Bereiche des Klerus.365 Dieser zielte nicht auf das Seelenheil der Gläubigen, sondern primär auf eigene Bereicherung, erfand „Wunder“ und nutzte „die schröcklichsten Bannflüche, um jedem Laien die Lust und Begierde nach geistlichen Gütern zu nehmen“.366 Der Einstellung des Klerus entsprechend erhielt der Gottesdienst in dieser Zeit Zusätze, die ursprünglich nicht Teil der Liturgie gewesen waren.367 Verantwortlich für diese Zustände war nach Meinung der katholischen Aufklärer schlicht der miserable Zustand der Hierarchie; da „Aberglaube, Sittenlosigkeit und Unordnung“ herrschten, galt es schlicht als Wunder, dass „bei einer fast allgemeinen Ausartung der Geistlichkeit nicht das ganze Kirchengebäude zusammen stürzte“.368 Insbesondere das Papsttum, das selbst ebenfalls nur nach „zeitlichen Gütern“ strebte, suchte eher seine Herrschaft über den weltlichen Teil der Christenheit auszudehnen als wirklich der eigenen Aufgabe
359 360 361 362 363 364 365 366 367 368
Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 178–201. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 202–217. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 220. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 222–231. Michl, Kirchengeschichte 1, 205. Michl, Kirchengeschichte 1, 208 f.; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 238–241. Schwarz, Handbuch 1, 115 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 206–208. Michl, Kirchengeschichte 1, 212; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 242–252. Michl, Kirchengeschichte 1, 219.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
nachzukommen.369 Dazu kam ein immer weniger geistlicher Lebensstil, geistliche Ämter wurden offen käuflich.370 4. Das Mönchtum trug das Seinige bei; zwar grundsätzlich für diese Epoche auch positiv gewürdigt,371 schadete es so lange dem christlichen Anliegen nicht, wie sich die Oberaufsicht der Bischöfe über die Klöster durchhielt und diese die Einhaltung der benediktinischen Ordensregel einforderten; sobald diese Kontrolle nachließ, schlichen sich Änderungen in der Regel ein, was mehrere Phasen des Verfalls auslöste und Ordensreformen notwendig machte.372 Vermuteter Hintergrund war auch hier der unterstellte Eigennutz der Klöster, der ähnlich dem Klerus nur nach eigenem Besitz orientiert war.373 Zumindest für den Bereich des Frühmittelalters fanden sich aber durchaus auch Tendenzen, die dem Verfall gegenzusteuern suchten. Karl der Große galt als das strahlende Vorbild der katholischen Aufklärung: Ihm lag in erster Linie an einer inneren Ausrichtung des Christentums, und an einer gleichberechtigten Zusammenarbeit von Kirche und Staat,374 was ihn zu einer Reihe von Reformen inspirierte. Dank der Unterstützung Karls des Großen kam es zu einer großen Anzahl von Bistums- und Klostergründungen, letztere nicht in der Absicht, die „Zahl der Müßiggänger“ zu erhöhen, sondern um diese als „Volkslehrer und Erzieher der Jugend“ einzusetzen.375 Einzelne Autoren gehen so weit, Karl gar als Aufklärer seines Volkes zu stilisieren:376 Er verpflichtete die Geistlichen zum Studium der Heiligen Schrift, ließ auch den Laien „bestimmte Evangelien, und Auszüge aus den Briefen der Aposteln“ vorlesen und über diese predigen.377 Schon aus diesem Grund hielt man die Heiligsprechung Karls für eine durchaus konsequente Maßnahme.378 Obwohl seine Nachfolger nicht mit dem gleichen Elan die Christianisierung betrieben, kam das Christentum dennoch in weiteren europäischen Ländern an.379 Eine weitere Ausbreitung unterbanden erhebliche äußere und innere Schwierigkeiten: Sarazenen, Türken und Nordmänner bedrohten die christlichen Völker Zentraleuropas; zumindest die letzten ließen sich auf Dauer durch Heirat missionieren.380 Innere Schwierigkeiten der Kirche wurden durch Kaiser, Papst und Konzilien gemeinsam gelöst;381 auf Dauer trennten sich aber die Ost- und die Westkirche382.
369 Michl, Kirchengeschichte 1, 221 f. 370 Michl, Kirchengeschichte 1, 223–234; als Nachweis diente die Existenz der Legende um Johanna als Päpstin. 371 Schwarz, Handbuch 3, 100–102. 372 Michl, Kirchengeschichte 1, 215. 373 Michl, Kirchengeschichte 1, 217 f. 374 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 315 f. 375 Michl, Kirchengeschichte 1, 184; Henke, Geschichte 1, 272–275. 376 Henke, Geschichte 1, 276; vgl. auch 277 f. 377 Michl, Kirchengeschichte 1, 185; Michl, Kirchengeschichte 2, 111–113. 378 Michl, Kirchengeschichte 1, 186–189. 379 Michl, Kirchengeschichte 1, 189–192. 380 Michl, Kirchengeschichte 1, 192. 381 Michl, Kirchengeschichte 1, 193–202. 382 Michl, Kirchengeschichte 1, 203 f.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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3.3.2.2.2 Hoch- und Spätmittelalter Die basale Linie des Frühmittelalters setzte sich auch im Hoch- und Spätmittelalter fort, mit einigen verschärfenden Faktoren. Die Gesamtbeurteilung wurde nun zunehmend verheerend, was nicht einmal die erfolgreiche Mission im neu entdeckten Amerika relativieren konnte.383 War der erste Teil des Mittelalters bereits eine deutliche Verschlechterung, so setzte sich diese Entwicklung exponentiell fort. In der Gesamtbeurteilung galt dieses Zeitalter als eines der „Verweltlichung“ der Kirche.384 Die Sittlichkeit, das zentrale Beurteilungskriterium, war nun nahezu nicht mehr existent: Die „Kirchenbusse verlor ganz ihre vormalige kanonische Strenge“ und „hörte auf, öffentlich zu seyn“, hing damit nunmehr „von der Willkühr der Priester und der Büssenden ab“.385 Oft verkam eine solche Kirchenbusse zu Geldzahlungen, „soviel er [der Beichtvater] nach Berechnung ihrer Sünden verlangte, oder sie fasteten einige Tage, oder sie geisselten sich, oder sie unternahmen eine Wallfahrt, und hiemit war die Sache abgethan.“386 Von einer inneren Wandlung des Menschen konnte so kaum die Rede sein. In eine ähnliche Richtung wirkte die stetig wachsenden Anzahl der Stiftungen387 sowie die Ablässe388. Aus einem an und für sich zu Beginn guten Grundgedanken unter der Ägide der Bischöfe wurde ein Medium des Papsttums zum Gelderwerb.389 Ganz Vergleichbares spielte sich in der Liturgie ab; das „Erhabene und Einfache der vorigen Jahrhunderte“ verschwand, selbst Versuche des Papsttums, die neu eingeführten Elemente der Messe zu beseitigen, schlugen fehl.390 Hinzu kam, dass die Bibel den Laien verboten worden war, was den aufgeklärt-katholischen Autoren als besonders schädlich galt.391 Stattdessen fanden „übertrieben“ durchgeführte Marienverehrung392 und ein exzessiver Gebrauch des Rosenkranzes393 Anhänger. Auch dieses Zeitalter galt als reich an Häretikern,394 was zur Einführung des „fürchterliche[n] Inquisitionsgericht[s]“ führte,395 einer Einrichtung, die offen als schädlich bezeichnet wurde und „Aufklärung in Religionssachen“ verhinderte.396 Ähnlich verfolgt wurden die Juden.397 Angesichts des „Tumult von Kreuzzügen, Ketzereien, Inquisitionsprocessen, und Judenverfolgungen“ ließ sich zwangsläufig keine Verbesserung der Kirchenzucht feststellen.398 383 384 385 386 387 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397 398
Michl, Kirchengeschichte 1, 278–285. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 252–255. Michl, Kirchengeschichte 1, 320. Michl, Kirchengeschichte 1, 320. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 253 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 20–22. Michl, Kirchengeschichte 1, 321–327. Michl, Kirchengeschichte 1, 327. Michl, Kirchengeschichte 1, 330. Michl, Kirchengeschichte 1, 331. Michl, Kirchengeschichte 1, 333–337. Michl, Kirchengeschichte 1, 285–308. Michl, Kirchengeschichte 1, 308–312; Michl, Kirchengeschichte 2, 203–211. Michl, Kirchengeschichte 1, 312. Michl, Kirchengeschichte 1, 314–319. Michl, Kirchengeschichte 1, 319.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
Auch im Klerus manifestierte sich eine deutliche Verschlechterung. Trotz des Drucks durch Reformpäpste wie Gregor VII. und Innozenz III.399 kam es durch die reiche Ausstattung bei der „Besetzung der Kirchenämter“ zu erheblichen Missbräuchen.400 Waren ursprünglich das Einverständnis des Klerus und der Gemeinden für die Besetzung notwendig, nahmen nun Regenten und Bischöfe verstärkt Einfluss, bis hin zum offenen Verkauf von Pfründen.401 Aufgrund solcher Effekte nahm die „Verweltlichung des Klerus“ deutlich zu.402 Die Folge war eine weitgehende Vernachlässigung der eigentlichen priesterlichen Hauptaufgabe, „alle Klassen des Volks mit dem wesentlichen Inhalt der Urkunden des Christenthums bekannt zu machen“;403 an deren Stelle trat nun der Eifer, „die Werthschätzung der äußern Übungen der Andacht zu steigern und den Hang der Menge zum Aberglauben zu befriedigen“.404 Alles überragend war die Verantwortung hierfür in erster Linie dem Papsttum zuzuschreiben, denn die mangelnde Kirchenregierung galt dem Aufgeklärten Katholizismus als der entscheidende Faktor, wurde es doch aufgrund seiner immer stärkeren weltlichen Orientierung mehr und mehr zu einer sittlichen Belastung.405 Genau diese war aber nicht mehr im Sinne der Offenbarung gegeben; dieses entfernte sich mehr und mehr „vom reinen, geistigen Gesichtspunkte der ersten Stiftung“ und widmete sich „neben dem sittlichen Reiche Gottes“ der Etablierung eines „weltlichen Reiches“; das Papsttum zielte auf eine „geistliche UniversalMonarchie“406, der vielleicht größten Fehlentwicklung des Mittelalters407. Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung galt Gregor VII., ebenfalls einer der Urheber des Zölibats.408 Diese Sichtweise verhinderte nicht, dass dieser zugleich als eine der großen Lichtgestalten galt: Er erkannte die Notwendigkeit einer Kirchenreform, und wollte diese erreichen, indem er „seinen Thron einige Stufen über alle damalige[n] europäische[n] Königs-Throne“ erhob.409 Als erster galten diesem die europäischen Staaten als Lehen des Papstes,410 eine Auffassung, die er insbesondere in Deutschland zur Geltung bringen wollte und auch vor der Absetzung des Kaisers und dem Interdikt nicht zurückschreckte.411 Unter seinen Nachfolgern – genannt werden Innozenz III.412, Gregor IX. und Innozenz IV.413 – wurde diese 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408 409 410 411 412 413
Zu beiden Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 331. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 259–261. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 232–237. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 256–258. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 258. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 258. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 288–290. Michl, Kirchengeschichte 1, 356–357; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 264–285. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 311–321. Michl, Kirchengeschichte 1, 357; Michl, Kirchengeschichte 2, 241–257 (Investiturstreit); Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 339–341. Kerz, Geist, 27. Michl, Kirchengeschichte 1, 358. Michl, Kirchengeschichte 1, 360–361; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 324–327. Michl, Kirchengeschichte 1, 364–365; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 304–311. Michl, Kirchengeschichte 1, 366; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 321–330.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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Politik fortgesetzt, endgültig eskalierten „Roms herrschsüchtige Grundsätze“414 unter Bonifaz VIII.415 und Johannes XXII.416 In der Auseinandersetzung mit dem Staat „wegen Belehnung mit Kirchenpfründen“ wandte sich das Papsttum immer weiter vom eigentlichen Ziel, dem innerlichen Glauben, und den von Jesus dafür gewünschten Mitteln, „felsenfesten Glauben, unerschöpfliche Liebe, Heiligkeit des Sinnes und Wandels“, ab.417 Die Folge waren Parteienzwist und eine weitere Schwächung des christlichen Glaubens418, verschärft noch durch Stärkung der Zentralgewalt in der Zeit der Häresiebewegungen.419 Mitverantwortlich für diese Entwicklung war erneut auch das Mönchtum, was die Haltung der aufgeklärt-katholischen Zeitgenossen zumindest teilweise erklären mag.420 Die Mönche der „älteren Orden arteten aus“, die neu entstandenen Bettelorden „stifteten nicht viel Gutes“. Die Klöster wurden zu reich, und in den Klöstern wurde zwar viel gebetet, die „Geisteskultur“ sowie die „Handarbeit“ blieben aber auf der Strecke.421 Auch die weitere Entfernung der Klöster aus den eigentlich intendierten episkopalen Strukturen durch die Exemtion zugunsten des Papsttums trug dazu bei, dass die Klöster zu einer weiteren Verschlechterung des Christentums beitrugen.422 Die Gründer der Bettelorden galten der Katholischen Aufklärung als durchaus wohlmeinend, deren Nachfolger aber ebenso wie der zeitgenössische Klerus423 nicht.424 Unter dem verweltlichten Papsttum wurde auch das Mönchtum, „diese freiwillige Verbindung zu höherer Selbstvervollkommnung“, in Mitleidenschaft gezogen; da die Klöster immer reicher wurden, schlich sich erneut „der Keim des Müßiggangs und Wohllebens“ ein.425 Der gesamten Epoche fehlte nach aufgeklärt-katholischer Wahrnehmung zudem das Korrektiv der Wissenschaft. Die seit dem Hochmittelalter führende Scholastische Theologie426 und (unvernetzte) Bibelwissenschaft konnten trotz der Ein414 415 416 417 418 419 420 421 422 423 424 425 426
Michl, Kirchengeschichte 1, 376. Michl, Kirchengeschichte 2, 264–266. Michl, Kirchengeschichte 1, 368–376. Zitat Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 361; zum Kontext 356–364. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 368–370. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 350–356. N. N., Beweis; Mercy, Klöster. Michl, Kirchengeschichte 1, 344 f. Michl, Kirchengeschichte 1, 344 f. Michl, Kirchengeschichte 2, 275–280. Michl, Kirchengeschichte 1, 351–356. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 342–350. Michl, Kirchengeschichte 2, 282–296; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 382 dagegen partiell positiv würdigend: „Indessen muß man der Scholastik, trotz ihrer verkehrten Richtung auf unfruchtbares Grübeln, trotz aller ihrer Abgeschmacktheiten und Albernheiten das Verdienst zuerkennen, daß sie zuerst es war, die mitten in der Finsterniß barbarischer Zeiten das Beispiel einer freien geistigen Forschung anstellte, welche sich weder durch bloße, wenn gleich achtbare Autoritäten, noch durch Machtansprüche und Drohungen der Gewalt stören oder entmutigen ließ. Die Scholastik erhob sich so als Gegensatz des blinden Glaubens zu einer Macht, indem sie dem Gedanken einen Spielraum erwarb, wo er sich unabhängig entfalten und üben, und wo er allmählig auf weitere Kreise des gesellschaftlichen Lebens einwirken konnte.“ Dennoch im Weiteren ablehnend 383–388.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
führung der Universitäten427 nicht als mäßigende Kraft der Zustände wirken, da kein „Universalkopf“ die verschiedenen Wissensbereiche vernetzen konnte.428 Immerhin galt die Zeit als wissenschaftlich aufgrund der Aristotelesrezeption recht ertragreich;429 gewürdigt wurde insbesondere der Versuch, „die Dogmen der rechtgläubigen Kirche philosophisch und systematisch zu bearbeiten“.430 Als negativ galten aber zwei Faktoren: 1. Die Abwendung von den eigentlichen Zentralfächern der Theologie; statt der „Bibel, […] Concilien und Väter“ studierte man Kirchenrecht.431 2. Die scholastische Theologie selbst eine der Ursachen für die nun einreißenden Missstände, indem sie die Offenbarung aufgrund eigener Denkvoraussetzungen aus eigener Machtvollkommenheit um nicht notwendige Elemente erweiterte.432 Den Gipfel der Verschlechterung stellten aber die Kreuzzüge dar.433 Obwohl ursprünglich positiv intendiert, richteten sie doch „im Ganzen weit mehr Schaden, als Nutzen“ an.434 Besonders negativ waren die Auswirkungen auf den „Despotismus der Fürsten“ und die Kirchenzucht, die weiter verfiel, „weil Bischöfe und Prälaten ihre Stifter und Klöster verliessen, und nach Saracenenblut dursteten“.435 Noch schlimmer waren die Auswirkungen im sittlichen Bereich, hier trugen gerade die Kreuzfahrer erheblich zu einer Verschlechterung der Situation bei. Denn diese brachten außer einer „verdorbene[n] Gesundheit“ und „einigen falschen Reliquien, die ihnen die geldgierigen Griechen für ächte verkauften“, vor allem „schlechte Sitten“ aus dem Morgenland mit.436 Nicht ganz so negativ urteilte Wessenberg, der den Kreuzzügen durchaus auch positive Seiten abgewann. So führten diese zu einem engeren Zusammenrücken des Christentums, das „christliche Gefühl“ drang „lebhafter ins Bewußtseyn“.437 3.3.2.2.3 Spätmittelalter und Reformation Zum Ende des Mittelalters befand sich die Christenheit nach aufgeklärt-katholischer Auffassung an einem Punkt, an dem sich „tiefe Verdorbenheit in allen Zuständen der Kirche“ eingestellt hatte, da sie „von ihrer ursprünglichen Verfassung“ ab427 Michl, Kirchengeschichte 2, 280–282. 428 Michl, Kirchengeschichte 1, 377–386; hier auch ein Beleg für die vielfach zitierten Engel auf der Nadelspitze. 429 Michl, Kirchengeschichte 1, 236–240. 430 Henke, Geschichte 1, 265 f. 431 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 378 f. 432 Hermes, Dogmatik 2, 53–81; zu den Erweiterungen 71–76; Fehler 79 f. 433 Michl, Kirchengeschichte 1, 241–251; Schwarz, Handbuch 3, 97–99. 434 Michl, Kirchengeschichte 1, 521 f.; Michl, Kirchengeschichte 2, 169–184; Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 370–378. 435 Michl, Kirchengeschichte 1, 252. 436 Michl, Kirchengeschichte 1, 252. 437 Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 376 f.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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gewichen war.438 Zahlreiche Wahrnehmungen des hohen und späten Mittelalters bezeichneten die Kirche schlicht als von Grund auf „verderbt“,439 auch wenn dies im Sinne der Vorsehung war: Die Kirche sollte an einen absoluten Tiefpunkt geraten, „bevor der Gedanke an Abhülfe für einen Sieg versprechenden Kampf erstarke.“440 Dieser Grundgedanke ging durchaus auf: Es entstand das tiefe Bedürfnis nach einer Reform der Kirche, nach „Verbesserung und Vervollkommnung“441, das die aufgeklärt-katholischen Autoren als ein langes, bis in die Gegenwart reichendes Ringen begriffen. Da das Papsttum aufgrund seiner weltlichen Verstrickungen „weit entfernt“ davon war, die Ursachen der Schwierigkeiten im eigenen weltlichen Machtanspruch begründet zu sehen,442 konnte eine Reform nur in einer „parteilosen Kirchenversammlung“443 gelingen. Die ersten Versuche in dieser Richtung misslangen;444 stattdessen verschärfte die Kirchenspaltung des Hochmittelalters aufgrund der Unklarheit über die päpstliche Sukzession die aus Sicht der Katholischen Aufklärung ohnehin schwierige Lage.445 Das Konstanzer Konzil bemühte sich nun, wenigstens die schlimmsten Auswirkungen der grundsätzlichen Fehlentwicklung zu beheben.446 Innerhalb der Konzilstheologen herrschte international weitgehende Einigkeit über die Notwendigkeit, aktiv zu werden.447 Nicht nur gelang die Beseitigung der Kirchenspaltung, sondern auch eine grundsätzliche Überordnung des Konzils über den Papst.448 Das Ziel einer echten Kirchenreform aber blieb Makulatur. Die Ansätze hierfür blieben für den „unbefangenen Beurtheiler im neunzehnten Jahrhunderte“ unzulänglich,449 zumal das Papsttum bald die vorgenommenen Reformversuche zu unterhöhlen verstand450. Übrig blieben lediglich „einige kärgliche Reformartikel“,451 die an und für sich besonders wichtigen Reformen der Lebensordnung und Enthaltsamkeit der Geistlichen kam nicht mehr zur Verhandlung452. Auch das Basler Kon-
438 439 440 441 442 443 444 445 446
447 448 449 450 451 452
Zitat Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 388; zum Kontext 388–392. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 396–398. Wessenberg, Kirchenversammlungen 1, 397 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 3. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 10. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 11. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 14–20. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 21–69. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 94: „Zu den Hauptgebrechen in der Kirche wurde von allen für sie Gutgesinnten gezählt: die herrschende Simonie und der Handel mit allen Kirchenämtern und Pfründen; die unersättliche Hab- und Herrschsucht auf allen Stufen der Hierarchie; die unmäßige Üppigkeit und Prachtliebe; die Beförderung der Untüchtigsten zu Kirchenämtern; der Verfall der Ordnung und Zucht in Klerus und Volk; große Rohheit und Unwissenheit in geistlichen und kirchlichen Dingen; Verwahrlosung der Seelsorge und des Gottesdienstes.“ Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 96–114. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 140–166; 194–196. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 180. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 216; 221–223. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 224–226. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 227–234.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
zil453 bemühte sich zwar um eine grundlegende Reform454 der römischen Verhältnisse, scheiterte aber ebenfalls.455 In der Folge verschlimmerten sich die kirchlichen Zustände erneut,456 ehe sie zu Beginn des 16. Jahrhunderts einen absoluten Tiefpunkt erreichten. Erneut wurde der Versuch unternommen, die „unbeschränkte Pabstgewalt in kirchlichen und weltlichen Dingen neu zu begründen“;457 Ablässe, Feste, Orden, Wallfahrten, Kirchen und Altäre ohne Zahl feierten ein fröhliches Stelldichein458, die Inquisition in Spanien galt der Katholischen Aufklärung als Zeugnis „furchtbaren Gewissenszwangs“459. Da noch nicht einmal Konzilien die Kirche wirklich reformieren konnten, verwundert es kaum, dass auch die Kleriker kaum den Ansprüchen der Katholischen Aufklärung genügen konnten. Simonie, Zuchtlosigkeit und Sittenlosigkeit des Klerus dominierten die Wahrnehmung.460 Die gesamte Epoche krankte am Fehlen einer adäquaten Grundlage für die priesterliche Ausbildung,461 auch wenn nun langsam die „biblische Kritik“ und Sprachkenntnisse in Griechisch und Hebräisch wieder Eingang in den Kanon der Theologie fanden.462 An den in den ersten Jahrhunderten basalsten Notwendigkeiten herrschte ein eklatanter Mangel, so beispielsweise auch an Predigern.463 Eine breitere Glaubensweitergabe an das „Volk“ hielten die katholischen Aufklärer für schlicht nicht gegeben, so dass von einer inneren Religion nicht die Rede sein konnte.464 Innerhalb der Kirche hatten die „Mönche aller Art […] weit mehr das Wort als die Bischöfe oder die von ihnen bestellten Seelsorger“.465 Mit Beginn des Reformationszeitalters aber änderte sich die Lage entscheidend; es entstand unter dem Einfluss der Buchdruckerkunst eine gebildete Schicht, die jenseits der weltlichen Regierungen und der innerkirchlichen Strukturen nach Neuerungen strebte,466 und die nicht bereit war, auf Dauer mit den kirchlichen Missständen zu leben. Da aber „die Verdorbenheit“ zu „hoch gestiegen“ war, „als daß eine Verbesserung auf dem ruhigen Wege der innern Erleuchtung und Widergeburt hätte zu Stande kommen können, ergab sich die Notwendigkeit eines Sturms“.467 Dieser hatte einen einzigen Namen: Luther. Auslöser der Krise war der Ablass, den Luther aus seelsorgerlichen Überlegungen heraus scharf angriff.468 Die 453 454 455 456 457 458 459 460 461 462 463 464 465 466 467 468
Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 271. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 467–513. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 348 f.; 513–517. Wessenberg, Kirchenversammlungen 2, 531–583. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 6. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 7. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 8. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 8 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 11 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 12 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 13–15. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 14 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 16. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 24 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 31 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 35 f.
3.3 Das (Kirchen-)Geschichtsbild der Katholischen Aufklärung
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Folge war – und so lautete schließlich das Gesamturteil über Luthers Theologie! – dass „mehrere dogmatische Lehren auf die äußerste Spitze getrieben und so die schroffsten Gegensätze“ bildeten; als Beispiel nannte Wessenberg „die von der Gnade und dem freien Willen, vom Verdienst und von der Rechtfertigung, vom Glauben und den Werken, von der Schrift und der Ueberlieferung“.469 In dieser Gesamtstimmung sah die Katholische Aufklärung die Ursache für die Entgleisung der Situation, die einer „wahren Veredlung und Heiligung der Menschen“ mehr im Wege stand als nützte.470 Die Gesamtbeurteilung Luthers hätte kaum deutlicher ausfallen können. Einen „Reformator der Sitten und der Mißbräuche“ innerhalb der Kirche „brauchte es ohne Zweifel“, aber „glauben wollen, daß in so wenig erleuchteten Zeiten ein Mann, der doch von dem Einfluß derselben nicht frey seyn konnte, die Glaubenssätze allein richtig einsehen könnte, richtiger, als nicht blos alle seine Zeitgenossen, sondern selbst die vorigen Jahrhunderte, daß dieser die Religion in eine Formel ganz zusammen fasset: mit der Ueberzeugung, nun das rechte Wort Gottes gefunden zu haben, und allein den Weg zu kennen, will gewiß viel sagen.“471
Dennoch fanden die Lehren Luthers reißenden Anklang bei breiteren Bevölkerungsschichten und wurden durch den Druck schnell verbreitet.472 Die Folge war eine Kirchenspaltung, in der nach aufgeklärt-katholischem Verständnis erstmals nicht von einer weiteren Expansion, sondern von einer radikalen Verkleinerung des Christentums die Rede sein musste.473 Die Verantwortung hierfür durften sich nach aufgeklärt-katholischer Vorstellung alle Beteiligten teilen. Da kein „Theil […] ernstlich dem Gedanken Raum“ gab, dass „das Benehmen des göttlichen Stifters, dessen Name doch beide stets im Munde führten“, für diese Situation den einzigen Ausweg lieferte, eskalierte die Situation vollständig.474 Durch die politischen Verhältnisse und das mangelnde Verständnis Roms eskalierte die Lage immer weiter,475 „Parteigeist“ regierte an Stelle der Vernunft.476 Statt „dogmatisirend und polemisirend“ gegeneinander vorzugehen, verlangte das aufgeklärtkatholische Ideal, das „Reich Gottes“ und die „Grundverbesserung des menschlichen Geschlechts“477 zum Maßstab zu nehmen und damit der Stimme der Vernunft zu Gehör zu verhelfen. Zu einer „gründlichen Reform“ gehörte eine „aufrichtige und unbedingte Wiederannahme der das ganze Leben heiligenden Gesinnung und Willensrichtung“ im Sinne der Botschaft Christi478, eine Anforderung, der keine der beiden Seiten genügte. Dass die Reformation der katholischen Seiten dennoch nicht als vollständige Fehlentwicklung galt, war der großen Rolle geschuldet, die die reformatorische 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478
Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 52. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 53 f. Schwarz, Handbuch 3, 117. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 83–85. Michl, Kirchengeschichte 1, 387–480. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 58 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 38–45. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 51. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 58 f. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 60.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
Theologie der Bibel zuzugestehen bereit war; so gab sie „verschiedene neue Antriebe zur Cultivierung des theologischen besonders biblischen Feldes“ und diente zudem als „großes Beyspiel“ für die nach wie vor ausstehende Kirchenreform.479 Auch das allgemeine Konzil in Trient leistete hier aber nicht den erwünschten und ersehnten Befreiungsschlag.480 Zwar gelang es dem Konzil, aufgrund des Interesses der katholischen Nationen481 Reformen in Angriff zu nehmen,482 eine tiefgreifende Neuausrichtung scheiterte aber am Widerstand Roms483. In zumindest einer Beziehung war Trient gar als absoluter Tiefpunkt anzusehen: Von nun an mussten die Beschlüsse des Konzils durch den Papst bestätigt werden484; dieser besaß damit in Zukunft die Deutungshoheit über die Konzilsbeschlüsse485. An diesem Punkt lassen uns leider sowohl die Kirchengeschichten als auch die Priesterzeitschriften als aussagefähige Quelle im Stich; während die kirchenhistorischen Werke entweder mit Trient enden oder von diesem Zeitpunkt relativ wertungsfreie Strukturgeschichte liefern, verbleibt aus dem Kontext des Archivs für Pastoralkonferenzen und der Linzer Monathsschrift lediglich der Hinweis auf die Grundlagen von Zeitgeist und theologischem Diskurs, die die so lange ausgebliebene „Reform“ in Angriff nahmen und zur zeitgenössischen Selbstwahrnehmung führten.
3.4 Gott und der Weg zum Heil: Aufgeklärt-katholische Erinnerungskonstruktion Berührte das Menschenbild sich noch stark mit den zeitgenössischen aufgeklärten Vorstellungen und holte die anthropologische Wende der Aufklärungszeit ein, legt das Gottes- und Offenbarungsverständnis mit seiner Tendenz zu einer die ganze Geschichte umfassenden Gesamtkonstruktion Elemente einer gemeinsamen Gruppenidentität offen. Fundiert ist dieses in einem Gottesbild, das Gott primär, aber nicht ausschließlich als den den Menschen liebenden Schöpfergott und Welterhalter dachte, ohne ihn damit auf die Rolle eines „Weltenmechanikers“486 zu reduzieren. Gott war dem aufgeklärten Katholiken mehr: Als Gott der Vorsehung leistete er im Rahmen seines eigenen „weisen Plans“ die Aufrechterhaltung der sittlichen Ordnung zum Wohle der Menschen, sorgte somit dafür, dass jeder Einzelne die eigene Tugend ausbilden und so zur individuellen Glückseligkeit gelangen konnte, auch wenn die von Gott ebenfalls intendierten Übel dies erschweren konnten. Auch für 479 480 481 482
483 484 485 486
Schwarz, Handbuch 3, 119. Michl, Kirchengeschichte 1, 480–489. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 376–411. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 434–436; N. N., Bartholomäus; Münch, Kampf; Scarpi galt als naturwissenschaftlicher Vorreiter und Verwirklichung des Ideals eines aufgeklärt-katholischen Forschers, zudem als entschiedener Kämpfer gegen das ultramontan gesinnte Rom. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 383–386; 399–403. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 498. Wessenberg, Kirchenversammlungen 3, 498 f. Vgl. Holzem, Vorstellungen, 241 (Überschrift); die Kernargumentation im Text (241–243) erweitert die Vorstellung deutlich.
3.4 Gott und der Weg zum Heil: Aufgeklärt-katholische Erinnerungskonstruktion
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die Katholische Aufklärung aber galt grundsätzlich: Gottes Anliegen war in allererster Linie das Heil des Menschen, die menschliche Seligkeit, die zeitliche und ewige Glückseligkeit des Menschen wie der ganzen Schöpfung. Um diese dem Menschen zu gewähren, erzog er den Menschen als Individuum wie als Kollektiv im Laufe der Geschichte durch die Gewährung der Gnade der Offenbarung, um der menschlichen Vernunft die „höhere Vernunft“ Gottes beizugesellen und so dem Menschen im Glauben einen Weg zur Seligkeit zu gewähren. Erkennbar wurden die Offenbarungsinhalte durch das Wirken des Heiligen Geistes in den nun als historisch gebundene Texte gelesenen biblischen Schriften und in der in der Kirche institutionell auf der Grundlage der apostolischen Predigt weitergegebenen Tradition. Diese Inhalte galt es nun aber historisch zu kontextualisieren, was ein erhebliches theologisches Fachwissen voraussetzte. Da in den biblischen Schriften in nuce alle für das menschliche Seelenheil relevanten sittlichen Inhalte enthalten waren, galt es diese so weit herauszuschälen, dass sie für den menschlichen Tugenderwerb unter vernünftigen Voraussetzungen geeignet strukturiert werden konnten und so auch für die Seelsorge nutzbar wurden. Hinterlegt wurde dieses Verständnis göttlicher Offenbarung mit einem heilsgeschichtlichen Interpretationsparadigma der Geschichte. Die grundsätzliche Fähigkeit des Menschen zur Heiligkeit, d. h. zur inneren und äußeren Glückseligkeit, wurde durch den Sündenfall entscheidend geschwächt; die menschliche Vernunft war „verdunkelt“ und nicht mehr zur vollen Erkenntnis des Guten befähigt; daher neigte dieser letztlich zur „Sinnlichkeit“. Die menschliche Geschichte gliederte sich hiervon ausgehend in zwei Großepochen. Eine erste, die das Alte und das Neue Testament umfasste, beinhaltete den Niedergang der gesamten Menschheit mit der Ausnahme des Volkes Israel und die letztliche Ermöglichung von dauerhafter Erlösung in Jesus Christus. In ihm war es dem Menschen möglich, wieder als Ganzer die Wahrheit des Guten Gottes erkennen zu können; da aber die „unordentliche Sinnlichkeit“ bestehen blieb, war eine sehr aktive Mitwirkung des Menschen notwendig, damit dieser Anteil am im Christus begonnenen Reich Gottes erlangen konnte. Die zweite Großepoche war die der Kirche, die ihrerseits wieder Phasen der Stärke und der Schwäche unterworfen war. Entlang einiger zentraler Beurteilungsraster (Geisteskultur, sittlicher Zustand bzw. der Glückseligkeit) und inhaltlicher Kriterien (Strukturen, Zustand des Klerus, innere Entwicklung der Frömmigkeit und Akzeptanz bei den Gläubigen, Irrlehren, Vorbilder, Liturgie, Ausbreitung und Mission) ließ sich eine Entwicklung vom Guten in der Urkirche bis zur „tiefen Verdorbenheit“ im Mittelalter und der Frühen Neuzeit nachzeichnen. Im Gesamt betrachtet begegnen auch hier wesentliche Inhalte der protestantischen zeitgenössischen Theologie; der „Gott der Aufklärung“ wurde also tatsächlich „in der protestantischen Theologie erarbeitet“487 und wanderte in die intendierte Breitenreligiosität der pastoralen Konzepte weiter. Faktisch begegnet hier ein Offenbarungs- und Religionsverständnis, das sich nahe an Jerusalem und andere protestantische Autoren anlehnt.488 Verwiesen sei an dieser Stelle aber auf den Um487 Holzem, Vorstellungen, 241. 488 Holzem, Vorstellungen, 242, unter Berufung auf Hornig, Abflauen, 185.
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3 „Gott – überall Gott – und Gott allein.“ Offenbarung und Geschichte
stand, dass das eschatologische Element im katholischen Diskurs nicht völlig aus dem Bewusstsein verschwand, sondern das jenseitige Element immer einen motivierenden Faktor darstellte. Inwieweit die Nähe zur zeitgenössischen protestantischen Theologie auch für das oben entwickelte Geschichtsbild galt, ist schwer zu beurteilen. Einerseits finden sich Einflüsse der zeitgenössischen Verwissenschaftlichung im Umgang mit Quellen, der zumindest auch innerweltlichen Erklärungszusammenhängen verpflichteten Methodik und der Fragestellung nach dem Einfluss etwa auch von häretischen Gruppen, die es in die Gesamtargumentation einzubeziehen galt. Andererseits bleibt festzuhalten, dass zumindest im katholischen Diskurs in keiner Weise eine Abkehr vom heilsgeschichtlichen Paradigma feststellbar ist: Gottes Heilsplan bildete die Grundlage der Bildungsgeschichte der Menschheit im Allgemeinen und der intendierten Glückseligkeit durch Religion im Besonderen. Diese Wahl ist besonders interessant vor dem Hintergrund des gerade im Katholizismus stark verbreiteten Interesses an Kirchengeschichte.489 Es finden sich deutliche Bezüge zur anthropologischen Grundkonzeption eines Oberthür oder eines Brenner.490 Zu betonen ist aber die Bedeutung der hier gefundenen Inhalte innerhalb des Gesamtsystems des aufgeklärten Katholizismus: Faktisch konstruierten sich die am Diskurs beteiligten Seelsorger eine gemeinsame Erinnerungsstruktur, die dem aufgeklärten Katholizismus ein gruppeneigenes Funktionsgedächtnis491 ermöglichte. Die katholische „Ordnung der Dinge“492 scheint eine eigene, vom sonstigen profangeschichtlichen493 und protestantischen494 Diskurs differierende gewesen zu sein. Die in den Offenbarungsschriften enthaltene Erziehungsgeschichte ermöglichte die Erkenntnis des Willens Gottes für den Menschen: Grund der gesamten Erziehungskonstruktion war die Entscheidung der ersten Menschen für die Sinnlichkeit statt für den Zustand der Vollkommenheit im Paradies, der Sündenfall. Als Strafe erfuhr die bis dahin vollständig erkenntnisfähige Vernunft eine Verdunkelung, was den Menschen von nun an böse handeln ließ und dem entsprechend Gott dazu veranlasste, sein Verhältnis zum Menschen in langsamer Erziehungsarbeit wieder aufzubauen. Das grundsätzliche Paradigma bestand in einem Regel-Sünde-Strafe-Schema: Gott gab den in zunehmende Sündhaftigkeit und Sinnlichkeit verfallenden Menschen durch herausragende Einzelpersönlichkeiten klare Regeln, wurden diese nicht befolgt, strafte Gott als direkte Folge. Auf die Mehrzahl der Menschheit bezogen, genügten so nur wenige Einzelpersönlichkeiten den Ansprüchen Gottes; diese dienten als Vorbereitung des weiteren Heilshandelns Gottes. 489 490 491 492
Werner, Geschichte, 128–135. Werner, Geschichte, 370–373. Assmann, Erinnerungsräume, 130–142. Vgl. die Überlegungen Reills zur Geschichtswissenschaft um die Mitte des 18. Jahrhunderts: Reill, Geschichtswissenschaft, 169. 493 Vgl. Reill, Geschichtswissenschaft; aus der Perspektive der Historiographie galt für das hier skizzierte aufgeklärt-katholische Konzept vermutlich Schlözers Diktum vom „faden Kanzelgeschwätz“ (168); aktueller zur Entstehung einer autonomen Geschichtswissenschaft in der Spätaufklärung: Blanke, Historiographiegeschichte, 111–175. 494 Fleischer, Geschichtswissenschaft; zu Semler als paradigmatisches Beispiel vgl. Reill, Geschichtswissenschaft, 186–189.
3.4 Gott und der Weg zum Heil: Aufgeklärt-katholische Erinnerungskonstruktion
103
Eine dauerhafte Lösung wurde von der Vorsehung erst durch die Geburt Jesu ermöglicht. Durch ihn wurde nach Meinung des aufgeklärt-katholischen Diskurses Erlösung für den Menschen wieder möglich, und er etablierte die moralische Möglichkeit für den Menschen, sich gemäß den Geboten für ein christliches Leben zu entscheiden und gottgewollt zu leben. Zugleich war mit dem in Christus gegründeten Reich Gottes der Beistand des Heiligen Geistes verbunden, der im Verlauf der weiteren Kirchengeschichte dem einzelnen Menschen durch die mit ihm verbundene Kraft die Möglichkeit zur Führung eines gottgewollten Lebens zumindest grundsätzlich ermöglichte. Für den Bereich der Kirchengeschichte, d. h. das eigene Geschichtsbild jenseits der Offenbarungsschriften, entwickelte der aufgeklärt-katholische Diskurs ein dialektisches Konzept von jeweiligem Zeitgeist und Grundanforderungen des Christentums, anhand derer sich beurteilen ließ, ob die Kirche als Objekt der Untersuchung ihrer Aufgabe einer Versittlichung ihrer Gläubigen nachkam oder nicht. Knapp gesagt: Je eher die katholischen Aufklärer ihre eigenen Vorstellungen verwirklicht fanden, desto eher galt eine Epoche als positiv für die Kirchengeschichte. Die ersten frühen Gemeinden lieferten das Paradebeispiel eines verwirklichten Christentums, ehe aufgrund zahlreicher, nun sich erst ergebender Probleme wie etwa der Austarierung des Staat-Kirche-Verhältnisses ein nahezu konstanter Verfall bis in die Gegenwart zu konstatieren war. Gerade das Mittelalter galt als echter Tiefpunkt, da aus aufgeklärt-katholischer Perspektive die zentralen Anliegen des Christentums – Anleitung zum eigenen Seelenheil, sittliches Verhalten – in Kombination mit dem Nachlassen gerade der für die Weitergabe und Einhaltung der christlichen Normen und Lebensweisen in besonderer Weise verantwortlichen Kleriker und Ordensleute auf sittlichem Gebiet. Auch die Reformation brachte hier keine wirkliche Besserung; sie galt etwa Wessenberg als einseitige Betonung einzelner Lehren, was aber nicht mit dem ursprünglichen Willen Jesu konform ging. Selbst Trient, von den aufgeklärt-katholischen Priestern als Refomkonzil gefeiert, verblieb letztlich aufgrund der Rückbindung an päpstliche Verlautbarung unter seinen Möglichkeiten – was die starke Tendenz zur Beurteilung der eigenen Zeit als reformbedürftig erklären dürfte.
4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“1
Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil Nachdem in den ersten beiden Kapiteln die Denkvoraussetzungen und die aufgeklärt-katholischen Vorstellungen von Geschichte als Rahmenvorgaben rekonstruiert werden konnten, geht es in diesem dritten Kapitel um den für die am Diskurs in Württemberg Beteiligten zentralen Vorgang des Heilserwerbs durch die einzelnen gläubigen Katholiken. Diese Denkvoraussetzungen spielten eine wichtige Rolle in der weiteren Argumentation; der aufgeklärten Anthropozentrik2 und der Tendenz zur Subjektorientierung3 der Aufklärung folgend konstruierte sich ein Anforderungsprofil, das den Menschen im Rahmen des sich nun etablierenden Faches „theologische Moral“4 in einen dreifachen Bezugsrahmen setzte. •
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Ein erster bestand in der kognitiven und emotionalen individuellen Antwort des gläubigen Menschen auf das an ihn persönlich gerichtete historische Heilsangebot Gottes, oder: dem individuellen Frömmigkeitsprozess; dieser war in sich durch eine klar bestimmte innere Haltung und durch eine Befolgung bestimmter, im Anschluss an das NT formulierter Normen zu verstehen, als „christliche Moral“5, die die „Sphäre, gut zu handeln“ 6 intendierte. Ein zweiter bestimmte – ebenfalls auf einer postulierten biblischen Grundlage – normativ in Form von gesellschaftlichen Rollen die „Anordnung aller Verhältnisse des Menschen“7, also das Wirken des Menschen innerhalb der ihn umgebenden Gesellschaft, und stellte ihn in eindeutige Bezüge zu den gesellschaftlichen Organisationsformen Familie, Kirche und Staat. Ein dritter stellte den Menschen in die Zusammenhänge seiner Ortsgemeinde und stellte ihm bewusst kirchliche, von Gott zur Unterstützung gestiftete Hilfsmittel (Sakramentalien und Sakramente) zur Seite.
Diese drei Elemente gilt es in den folgenden Kapiteln zu rekonstruieren. Ausgegangen wird in einem ersten Schritt vom zentralen Frömmigkeitsprozess, den jeder einzelne Mensch der Auffassung der Katholischen Aufklärung nach dem Heilsangebot Gottes entgegen bringen sollte. 1 2 3 4
5 6 7
Schwarz, Handbuch 2, 48. Vgl. oben 46–51. Košenina, Anthropologie, 87–89. Bereits zeitgenössisch klar wahrgenommen: Stäudlin, Lehrbuch II, 413–558, besonders 501– 508 (Bezüge zur zeitgenössischen Philosophie) und 542–658; Stäudlin, Moral; Stäudlin, Sittenlehre; zur Generierung biblisch fundierter Normen vgl. Bauer, Moral AT; Bauer, Moral NT. Schwarz, Handbuch 2, 222. Schwarz, Handbuch 2, 222. Schwarz, Handbuch 2, 222; genauer bestimmt wurden die Verhältnisse des Menschen so: „Das wechselseitige Betragen von Eheleuten, von Aeltern, Kindern und Hausgenossen, von Herren und Dienern wird durch ihre besonderen Vorschriften bestimmt.“
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
105
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess8 oder: Die emotionale und intellektuelle Selbstausrichtung des ganzen Menschen auf Gott Aus allen diesen bislang entwickelten Elementen – ein die zeitgenössische Philosophie und Vernunft einbeziehendes, stark das protestantische physikotheologische und neologische aufgreifende Verständnis von Mensch, Gott und Welt, sowie die Einstiftung in ein die gesamte Schöpfungs- und Menschheitsgeschichte umfassendes aufgeklärt-katholisches Geschichtsbild – ergab sich für den Menschen ein spezifisches Verhaltensprofil, durch das er sich aufgeklärt-katholisch mit dem Ziel seines individuellen Heils in die Welt integrieren konnte. Es war somit Sache jedes einzelnen Menschen, ob er oder sie sich als ein Erfolg der Erziehungsgeschichte Gottes erwies oder nicht. Begreifen lässt sich dieser Gesamtprozess als ein konstanter Prozess der inneren Selbstperfektionierung, der sich in christlichem Handeln manifestierte. 4.1.1 Gnade, Glaube und Gottesliebe als Geschenke Gottes Ausgangs- und Ansatzpunkt der auch die Gesamtmenschheit umsorgenden göttlichen Vorsehung war die von Gott dem Menschen unverdient geschenkte Gnade9. Als solche galt definitorisch „jede Wohlthat, die uns von Jemand aus bloßer Liebe, ohne daß wir auf diese Wohlthat einen Rechtsanspruch hätten“10, geschenkt wurde. Genau diese Gnade machte es dem Menschen grundsätzlich wieder möglich, die eigene Sündhaftigkeit und Sinnlichkeit zu überwinden, und sich erneut auf den Weg zu Gott zu machen. Denn diese konnte der Mensch „nicht ablegen, sie ist auch an sich nicht böse, sie wird vielmehr erst böse, wenn wir sie Herr werden lassen über den Geist, statt dass der Geist über die Sinnlichkeit und ihre Begierden herrschen soll.“11 Aus eigener Kraft konnte diese Überwindung nicht gelingen, da der Mensch in sich „ein anderes Gesez, das dem Geseze des Geistes entgegen ist, und uns zu Sklaven des Gesezes der Sünde macht“12, fühlte; das Gute musste vielmehr typisch zeitgenössisch christozentrisch gedacht – erst wieder ermöglicht werden: „Jesus Christus hat uns die Gnade Gottes, den Beistand zum Guten, durch sein Leben voll Tugend, und hoher Verdienste, durch seinen Gehorsam gegen den himmlischen Vater, erworben; er hat uns diese Gnade durch den göttlichen heiligen Geist versprochen, er theilt sie uns täglich mit durch diesen Geist, vorzüglich in seinen Heilsanstalten und Sakramenten“13.
Erst durch die so wieder gewährte explizite Gnade Gottes wurde „unser Wille stark und kräftig, die Begierlichkeit zu überwinden, und alles Gute zu vollbringen“14. 8 9 10 11 12 13 14
Zum Gesamten vgl. in Ansätzen anhand von Sailers Gebetbuch Schäfer, Frömmigkeit, 11–17. Vgl. auch Schlögl, Glaube, 214–216; zur Gesamteinschätzung Keller, Liturgiereform, 191– 198. N. N., Volk, 411. Jaumann, Katechismus, 99; vgl. auch N. N., Beweggründe. Jaumann, Katechismus, 99. Jaumann, Katechismus, 100; Wanker, Sittenlehre 2, 342–344. Jaumann, Katechismus, 100.
106 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil Am Menschen lag es nun, „mit dieser Gnade mitzuwirken, und die Heilsanstalten zu benuzen“15. Das ließ alle Bereiche des individuellen Lebens zu Aspekten der Gnade werden, gesamtmenschliche Erfahrung und Sein wurde reines Geschenk: „Alles, was wir haben, und sind, sind Geschenke, unverdiente Geschenke des Allvaters, dem wir alles zuschreiben müssen.“16 Hieraus ergab sich für den Menschen die Verpflichtung, diesem Geschenk angemessen zu begegnen. Nicht gemeint war damit aber, dass der Mensch sich selbst die Gnade verdienen konnte; nach wie vor galt der alte Satz: „Verdienste giebt es für die Gnade nicht“17. Sehr wohl aber erwartete die Katholische Aufklärung vom einzelnen Menschen ein angemessenes Eingehen auf diese unverdiente Gnade. Er hatte „werth, würdig und empfänglich“ für diese zu werden, und begab sich damit in einen Prozess, in dem er sich im weiteren Leben immer weiter durch „Gebrauch der Gnade und die Anstrengung der natürliche Kräfte“18 Gott anzunähern suchte. Es ergab sich aus diesem Prozess die dringende Verantwortung, „den Ungehorsam gegen Gott in uns zu tilgen, und das Bild Gottes, durch die Erbsünde Adams schon in uns verdunkelt, durch unsere wirkliche Sünden ganz entstellt, in uns wieder herzustellen“ und so „durch steten Gehorsam gegen Gott, freudige Vollbringung seines Willens, gänzliche Hingabe an Gott in allen Verhältnissen des Lebens“19 die eigene Sinnlichkeit wieder und wieder zu überwinden. Zu eben diesem Prozess hatte Jesus als „göttlicher Lehrmeister“20 „die Möglichkeit nicht nur gezeigt, sondern auch die Kraft gegeben durch sein Beispiel und die vielen Gnadenmittel und Heilsanstalten“21. Mit „Hülfe der Gnade“ wurden so „aus Sündern Gerechte“, was nur durch die „Verdienste Christi“ überhaupt erst ermöglicht wurde.22 Das Ergebnis war die „Rechtfertigung“ des Menschen, die „Uebersezung aus dem Zustande der Sünde, wo wir Gott mißfällig und strafbar sind, in den Zustand der Gerechtigkeit, wo wir Gott wieder wohlgefällig, und von der Schuld und Strafe der Sünde losgezählet werden.23
15 16
17 18 19 20 21 22 23
Jaumann, Katechismus, 100. N. N., Volk, 412; N. N., Begriff, 305–306: „Wer gab uns das Leben, wer so gute Eltern, wer so treue Freunde? Gott. Wer bestimmte die Gesetze der Natur, durch welche uns so viel Gutes zuströmet? Gott. Die Sonne, die uns leuchtet, die Luft, die uns erquicket, die Gesundheit, die uns ergötzet, das gute Temperament, das uns beglücket, die angenehmen Verhältnisse, die uns erfreuen, sind seine Gaben, sind Geschenke seiner Hand, auf die wir wegen unsrern Verdiensten nie einen Anspruch hatten; sie sind Ausflüsse seiner Liebe, seiner Güte, seiner Gnade. Ferner wer setzte uns in eine so glückliche Lage, daß wir unsre Kräfte entwickeln könnten? Gott. Wer bewahrte uns vor so vielen Gefahren, wer bereitete uns so viele Anlässe zum Guten? Gott. Ueberall also, wo wir immer hinblicken, stossen wir auf Beweise der göttlichen Güte, überall zeigt sich uns Gottes Gnadenreich.“ Zur biblischen Fundierung ebd. 312–326; dem Volk zu vermittelnder Begriff 339–345. N. N., Begriff, 345–346. N. N., Begriff, 346. Jaumann, Katechismus, 94; Sailer, Grundlehren, 143 f. Mutschelle, Sittenunterricht, 35–36. Jaumann, Katechismus, 94. N. N., Skizze, 302. N. N., Skizze, 302.
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
107
Die dem Menschen mögliche Antwort auf die Gnade Gottes konnte nur vor dem Hintergrund des eigenen Menschenbildes und dessen impliziten Voraussetzungen erfolgen, d. h. innerhalb der oben skizzierten24 konstitutiven Elemente Vernunft, Verstand und Herz. Alle drei galt es vollständig auf Gott auszurichten, um in jedem Menschen selbst einen Entwicklungsprozess in Gang zu bringen, der prozessual ein immer gottgewollteres Leben intendierte. Auf Seiten der Vernunft ging es darum, sich von den Inhalten der Offenbarung zu überzeugen; das war es, was prozessual unter Glaube25 verstanden wurde. Die Anerkennung der Offenbarung in Jesus Christus war die für den Christen verpflichtende26 conditio sine qua non der weiteren Entwicklung und konnte, solange er als Geschenk Gottes verstanden wurde, als „alleinseligmachender Glaube“27 bezeichnet werden. Dies war aber nur der erste Schritt: Der nächste war, den Gott der Offenbarung auch mit dem Herzen im eigenen Leben zu akzeptieren, „denn die Lehre Jesu kann nur dann unsere Gesinnung verbessern, wenn wir sie als wahr, und heilsam annehmen“.28 Beide Elemente mussten notwendig zusammenkommen; Sailer etwa begriff sie als komplementär: Die Vernunft allein reichte nicht aus, für ein gelingendes christliches Leben hatte der komplementäre „Glaubens- und Erfahrungsweg“ hinzuzukommen.29 Das letzte Ziel war die Weiterentwicklung des Menschen im Sinne echter Aufklärung, war die Erleuchtung des Menschen: „[V]on Licht durch Licht zum Lichte“ konnte der Mensch einen an die Mystik erinnernden Entwicklungsprozess beginnen. Vom „Licht des Glaubens“ über das „Licht des Liebens“ kam der Mensch über das „Licht des Verstehens“ zum „Licht des Schauens“ Gottes.30 Dieser Prozess der Selbstausrichtung auf Gott galt als ganzheitlicher Vorgang, der „wahre Geisteskultur“ und „Herzenskultur“ beinhaltete, somit den Menschen in seiner ganzen Dimension umfasste:31 Unter Geisteskultur wurde der kognitive Aspekt des Menschen verstanden, „alles, was den Menschen zur richtigen Kenntniß seiner Pflichten“ führte.32 „Herzenskultur“ hingegen war „alles, was ihn
24 25
26 27
28 29 30 31 32
Vgl. oben 32–39. Ruf, Handbuch 1, 340–352; Mutschelle, Sittenunterricht, 39–40: „Was hat man von Gott zu glauben? Insgemein das, was uns unsre eigne Vernunft davon sagt; was uns Jesus Christus und seine wahre Kirche zu glauben vorträgt.“ Vgl. auch Wanker, Sittenlehre 2, 5–10; zum Hintergrund Plongeron, Gottesverehrung, 260–264. Wanker, Sittenlehre 2, 5–7: „Der Vernunftglaube an Gott ist eine unbedingte, der christliche Glaube aber eine bedingte Pflicht.“ Zu den Eigenschaften des Glaubens vgl. 11–12. N. N., Sinn, 5: „Selig machen kann hier nichts anderes heissen, als den Grund unserer künftigen Seligkeit enthalten. Nach der Lehre des Christenthums ist der Grund unserer künftigen Seligkeit eigentlich in Gott, zugleich aber auch in uns selbst zu suchen. Gott ist der Urheber der Seligkeit, Christus hat sie uns durch seine Verdienste erworben, Er wird sie am Gerichtstage den Gerechten zuerkennen, und sie in den wirklichen Besitz derselben einführen.“ N. N., Skizze, 303–305. Sailer, Grundlehren, 373. Sailer, Grundlehren, 375. N. N., Menschen, 436; vgl. auch N. N., Geisteskultur, 3–34; zur Herzenskultur vgl. Gründig, Besserung, 103–104. N. N., Geisteskultur, 436.
108 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil zur thätigen Liebe dieser Pflichten“ führte.33 Gerade diese als „sinnlich“34 verstandene emotionale Komponente galt als das eigentlich neue, die „Revolution“:35 Im Herzen hatte der Mensch mit einem gewissen kognitiven, aber eben auch emotionalen Setting auf Gott zu reagieren, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können. Als Endresultat ergab sich eine „Heiligung“ des Menschen, die die Katholische Aufklärung als eine „erneuerte, und nun in uns herrschende gute Gesinnung, oder, wie der Apostel sagt, die durch den heil. Geist in unserer Herzen ausgegossene Liebe“ verstand.36 Der Geschenkcharakter der Gnade blieb gewahrt, der Mensch brachte seine „Mitwirkung“ ein.37 Durch die konstante Anstrengung des Verbleibens in jener „guten Gesinnung“ und mit dieser übereinstimmenden „guten Werke“38 wurde die Gnade im Menschen „vermehrt“.39 Im Zentrum des menschlichen Entwicklungsprozesses und damit als elementarer Teil der Mitwirkung des Menschen stand die (Selbst-)Erweckung der „Liebe Gottes“40 in jedem Menschen. Diese bedeutete eine innere Grundhaltung, die den richtigen Zugang zu Gott wie zu den Menschen begründete. Auf die kognitiv erkannte Existenz des sich offenbarenden Gottes antwortete dieser mit dem „reinen Gefühle der Dankbarkeit, da wir das Gute erkennen, das uns in der Schöpfung so häufig zuströmet, und von Gott als die Quelle unendlicher Glückseligkeit einzig hergeleitet wird“.41 So gelangte der Mensch dazu, Gott „aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, und mit ganzem Gemüthe“ zu lieben42, „weil Er allein das liebenswürdigste Wesen ist“43, und erfüllte damit die „erste, die wichtigste und heiligste unserer Pflichten, auf eben diese Grundpflicht stützen sich alle übrigen Pflichten“44.
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N. N., Geisteskultur, 438; zum Herz vgl. auch N. N., Pfarrherren, 185. Schnappinger, Erziehung, 238. Kolb, Volksaufklärung, 14–16. N. N., Skizze, 302. N. N., Skizze, 302; vgl. Schlögl, Glaube, 210–212. Zu den guten Werken vgl. auch: N. N., Wesen, 14–17: „Gutes Werk, ein eigenthümlicher Ausdruck der Bibel; heißt in derselben insgemein jede tugendhafte Handlung, soweit sie Gott gefällig, und verdienstlich, das ist, belohnungswerth ist.“ […] „Die formelle, oder moralische Güte der Handlung ist die Übereinstimmung derselben mit der inneren tugendhaften Gesinnung, aus der sie als ihrer Guelle entspringt. Dazu gehört die Freyheit der Handlung, die tugendhafte Absicht, und die Einwirkung der göttlichen Gnade.“ […] „Die guten Werke machen nun zwar einzeln genommen nicht das Wesen der Tugend aus, sondern diese bestehet in der beharrlichen guten Gesinnung, oder in dem fortdaurenden Willen, das erkannte Gute immer, und trotz alles Kampfes, den es kostet, und zwar um seiner selbst willen zu thun.“ N. N., Skizze 302; Wanker, Sittenlehre 2, 22–26. Kolb, Volksaufklärung, 20. Kolb, Volksaufklärung, 20. Mets, Katechismus, 61. Mets, Katechismus, 61. Mets, Katechismus, 59; 61: „Es ist unsere heiligste Pflicht gegen Gott, dass unser keinem andern Wesen in der Welt so ganz ergeben sey und bleibe, wie Gott; weil nur Gott es ist, durch den wir sind und bestehen; Gottes Wille soll uns jederzeit und über alles heilig seyn; auch kein Opfer soll uns zu schwer seyn, wenn es Gott von uns verlangt, der uns alles in allem ist, und ewig bleibt.“
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
109
4.1.2 „Er sey Dein Vorbild in allem.“45 Imitatio Dei und Imitatio Christi als Medium christlicher Lebensgestaltung Die ideale Verwirklichung der menschlichen Gottesliebe wurde ermöglicht durch die von Gott dem Menschen ermöglichte „Ähnlichwerdung des Menschen mit Gott“46; der Mensch hatte die Verpflichtung zur Selbstvervollkommnung47, die auf diesem Wege am besten wahrgenommen werden konnte. Das im Menschen ohnehin vorhandene Abbild Gottes musste jeder Mensch in sich „verherrlichen, es in seinen Gesinnungen und Handlungen darzustellen“ und so „Gott ähnlich und immer ähnlicher zu werden, seiner Heiligkeit in unendlichen Fortschritten sich zu nähern, und so seiner Seligkeit theilhaftig zu werden.“48 Dies veränderte wiederum die Selbstwahrnehmung elementar und machte jede Alltagshandlung zu einer konstanten „Andacht“49. Der „religiöse Mensch“ setzte Gott ins Zentrum seiner Selbst- und Weltwahrnehmung: Er hatte „den Blick beständig auf Gott gerichtet, um alle seine Winke zu beachten, und als heiliges Gesetz zu befolgen“, und konnte ihn „überall, in der Natur, in den Begebenheiten der Welt, in dem Gange seines eigenen Schicksals“ konstant wahrnehmen.50 Im Kern suchte er „ihm stets näher zu kommen, sich ihm zu verähnlichen, in ihm zu ruhen, und durch diese innigste Vereinigung mit ihm, als der ewigen Urquelle alles Lebens sein eigenes Leben zu erhöhen und zu stärken“.51 Nur wenn es dem katholischen Christ gelang, „Gott ganz gehorsam“ zu sein, den eigenen „Willen seinem Willen ganz [zu] unterwerfen und so das Bild Gottes durch Gehorsam gegen Gott und gänzliche Unterwerfung unter seinen Willen in uns“ herzustellen, war der Mensch tatsächlich auf dem Weg zu Gott.52 Nur wenn dieser Prozess sich im Christen abspielte, wandelte sich der Mensch selbst in ein Kind Gottes um, und „die Schuld des Bösen in uns [wurde] durch Jesus getilgt, die Heiligkeit Gottes versöhnt“.53 Ziel des Menschen musste es sein, der Versöhnung und Genugtuung in Jesus nachzukommen, indem „wir entsagen der Sünde, ihr gänzlich absterben, um in Jesus zu leben, und so Verzeihung unserer Schuld und Nachlaß der verdienten ewigen Strafe zu erhalten“54. Konkreter handelte es sich bei diesem Prozess um die Verähnlichung mit dem aus der Offenbarung sich besonders anbietenden „Beyspiel Jesu“55. Aus diesem 45 46
47 48 49 50 51 52 53 54 55
Ruf, Handbuch 1, 2. Sailer, Grundlehren, 362; Mutschelle, Moraltheologie 1, 150; Sailer, Handbuch 1, 21. An dieser Stelle zumindest der Hinweis auf Sailers Versuch, an die devotio moderna anzuknüpfen und mit seiner Übersetzung der Imitatio Christi des Thomas von Kempen eine „Glaubenspraxis, die im Gemüt lebendig“ war, zu generieren: Ries, Denken, 61–62, Zitat 61. Sailer, Handbuch 2, 113–114. Koch, Andacht, 437; N. N., Anthropologie, 36. Koch, Andacht; Schnappinger, Erziehung, 238. Brenner, Versuch, 5 f.; dies beinhaltete zugleich die Eingrenzung der eigenen Einbildungskraft: Sailer, Handbuch 2, 126–135. Brenner, Versuch, 5 f.; vgl. auch: N. N., Concursaufgabe. Jaumann, Katechismus, 94. Jaumann, Katechismus, 94. Jaumann, Katechismus, 97; Wanker, Sittenlehre 2, 50–52. Schwarz, Handbuch 2, 242 f.; vgl. auch Holzem, Vorstellungen, 261.
110 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil Grunde sollte der Mensch „freudig auf seine Lehre horchen, und so den Weg zu Gott, in den Himmel kennen lernen, aber auch den Weg selbst wandeln, den er uns gezeigt hat“56. Der gesamte oben skizzierte Frömmigkeitsprozess war erst durch Jesu „Kraft, seinen Beistand, den er uns ohne unsere Verdienste als Gnade verliehen hat“57, als „Kraft Gottes zum Guten“58, grundsätzlich ermöglicht. Die Imitatio Christi59 war die letzte Konsequenz aus der vernunftmäßigen Anerkenntnis Jesu als Sohn Gottes.60 In ihm fanden sich aus aufgeklärt-katholischer Sicht gleich mehrere Rollen verwirklicht, die der Mensch je nach Lebensalter für sich adaptieren konnte; sein Leben und Wirken von der Kindheit61 bis ins Erwachsenenalter galt als direktes Vorbild.62 Die imitatio wurde als sehr weitgehend gedacht. Da der Mensch in Jesus „ein göttliches, und zugleich menschliches Muster“ hatte, war er „erst recht in den Stand gesetzt, Gott nachzuahmen“; in der Menschlichkeit Jesu war es zudem erst ermöglicht, angesichts von „Gottes Vollkommenheit zur Nachahmung“ zu gelangen, da auch Jesus dies als Mensch vollbracht hatte und somit auch die „bloß menschliche[n] Tugenden“, die „in der Gottheit nicht statt finden“ konnten.63 Genau von dieser Imitatio Christi bezog der Mensch auch die Normen, die er zu befolgen hatte. Da ab seinem 30. Lebensjahr Jesu Tätigkeit als Lehrer im Vordergrund gestanden hatte,64 in deren Verlauf nach aufgeklärt-katholischem Verständnis alle für das menschliche Heilsstreben notwendigen Verhaltensnormen vermittelt waren; besondere Bedeutung besaß die Bergpredigt, da sie das Verhältnis zum Mitmenschen regeln sollte und damit die Folie genau jener Normen zur Verfügung stellte, nach denen aufgeklärt-katholische Christen zu leben verpflichtet waren. Nach aufgeklärt-katholischem Verständnis ergaben sich hier einige zentrale Forderungen an den Menschen, die auf den Forderungen Jesu beruhten; dieser habe ge56 57 58 59
60 61
62 63 64
Jaumann, Katechismus, 99. Jaumann, Katechismus, 99. Jaumann, Katechismus, 99. Vgl. die ursprüngliche Übersetzung der Imitatio Dei des Thomas a Kempis durch Sailer von 1795: Sailer, Buch; hier auch die Bestätigung der obigen Ausführungen zu Verstand, Herz und Imitatio: XLIV–LV. Zum Hintergrund des Ursprungswerks sowie der Motivgeschichte: Milchner, Nachfolge, 360–379; zu Sailer und der Imitatio: Ool, Imitatio. Sailer, Grundlehren, 363 f. Sailer, Grundlehren, 169–171; Jaumann, Katechismus, 62: „Jesus, holder Gottesknabe, Reich an jeder schönen Gabe, Reich an Tugend und Verstand Warst du an der Mutter Hand, Warst du in der Eltern Hütte, Warst du in der Lehrer Mitte Stets ein Muster jeder Tugend Für die zarte Kinderjugend. Mach so fromm und weis gesinnt – Du o Herr auch jedes Kind, Daß an Alter es, wie du – Stets auch nimm an Weisheit zu.“ N. N., Skizze, 288. N. N., Skizze, 288. Jaumann, Katechismus, 62–66.
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
111
zeigt, „dass es nicht genug sey, fromm und gut zu erscheinen; sondern man müsse es im Innern ganz seyn“65 – und wie der Mensch fromm sein könne, ergab sich nach aufgeklärt-katholischem Verständnis aus dem Liebesgebot66. Dies ermöglichte ihm die von Jesus geforderte Liebe, die als Grundhaltung das gesamte Leben des aufgeklärt-katholischen Christen durchdringen sollte.67 Sie war die „einzige Nachahmung und die wahre Vereinigung mit Gott“ und ermöglichte ein Leben nach dem inneren Ideal.68 4.1.3 Folgen der Gottesliebe und Imitatio Dei: Überwindung der Sinnlichkeit und Erwerb der Tugend Durch Gottesliebe und die Imitatio Dei war es erstmals wieder möglich, die eigene menschliche Sinnlichkeit69 zu überwinden und zur Tugend70 zu gelangen. Die „bösen Begierden, die Lust, die Leidenschaften“ im Menschen brachten ihn dazu, obwohl er „oft das Gute erkennen“ konnte, dennoch „das Böse, das wir tadeln und verwerfen, wozu uns die Lust verführt“, ausführte.71 Um dies zu verhindern, hatte der Mensch – aufgrund der Haltung der Gottesliebe und der sich daraus ergebenden Imitatio Dei – nach Tugend72 zu streben, um die eigene Pflicht73 erfüllen zu können. Dies zielte explizit auf die Handlungsebene, die Einhaltung des göttlichen Moralgesetzes74; durch das Hören auf die Stimme Gottes im Menschen, das Gewissen, erlangte der Mensch mit Hilfe der 65 66 67 68 69
70 71
72
73 74
Jaumann, Katechismus, 67. Hierzu vgl. Sailer, Grundlehren, 161–163; zur zentralen Stellung des Liebesgebots im Vergleich zu den 10 Geboten vgl. Less, Handbuch, 107–110; hier auch die deutliche Prävalenz des NT. Sailer, Grundlehren, 428–429. Sailer, Grundlehren, 433. Mutschelle, Moraltheologie 1, 33: „Der Mensch hat als ein sinnliches Wesen dieß mit den Thieren gemein, daß er An- und Unangenehmes empfindet, daß er der Lust und Unlust empfänglich ist.“ Ruf, Handbuch 1, 50–54; Im protestantischen Bereich vgl. die Affektenlehre Less, Handbuch, 30–81; N. N., Moralität, 385; Oberthür, Anthropologie 1/1, 1; Abel, Erläuterungen, 3–5. Beispiele für Tugenderwerb an einzelnen Fallbeispielen bei Abel, Erläuterungen, 209–244; zur Tugend bei Luby: Wolkinger, Moraltheologie, 324–337. Jaumann, Katechismus, 99; N. N., Moralität, 385; vgl. auch Schwarz, Handbuch 2, 47–48: „Die Begierlichkeit schläft im Menschen, bey Gelegenheit des Gesetzes erwacht sie: nitimur in vetitum. Wir sehen die Gerechtigkeit des Gesetzes ein, wir haben Achtung dafür: aber die Macht der Sinnlichkeit ist zu stark: wir handlen gegen das Gesetz: wir achten es zwar: – aber die Achtung geht nicht in Zuneigung über, wir folgen der Maxime der Sinnlichkeit: handeln gegen unsere Einsichten, mißbilligen es selbst, was wir thun. Dieß ist nun der Kampf des Menschen in seinem ganzen Leben. Jesus hat uns die Kräfte dazu verschafft, wenn wir sie nur getreu anwenden wollen.“ Mets, Katechismus, 54: „Die Fertigkeit, das Gute zu thun, der unerschütterliche Muth und feste Wille alle Hindernisse und Versuchungen zu überwinden, und im Gutesthun standhaft auszuharren, heißt und ist wahre Tugend.“ Ausführlich Sailer, Handbuch 1, 308–332. Abel, Erläuterungen, 5–52; Sailer, Handbuch 2, 10–20; als Katalog in einer Firmpredigt: Winter, Ritual 1, 133–136. Mutschelle, Moraltheologie 1, 21; Ruf, Handbuch 1, 60–62.
112 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil Gnade die Fähigkeit, um im Leben richtig handeln zu können.75 Verstanden wurde dies als ein weiterer Aspekt des grundsätzlichen Prozesses der Selbstverbesserung. Durch „Beherrschung der Sinnlichkeit durch die Vernunft“ und die „Vervollkommnung des Geistes“76 gelangte der Mensch zur tugendhaften, vom Gewissen abgesicherten Handlung.77 Hier wird deutlich, wie die sich immer weiter intensivierende Gotteserfahrung78 zu denken war: Neben der emotionalen Ebene ging es um eine immer weiter fortschreitende moralische Vervollkommnung79 mit Unterstützung der Vernunft80 in Form einer gegenseitigen Durchdringung aller dieser Komponenten. Um „das Gute, und das Mittel zum Hinstreben die Wahrheit“81 zu erlangen, reichte der Verstand allein nicht aus, sondern ein „lebhaftes, richtiges“ Erkennen „von der Nothwendigkeit und von den Vortheilen des Guten, oder (was ein und dasselbe ist) der Tugend verschaffen“ musste hinzukommen; von dieser vernunftmäßigen Erkenntnis wurde „das Herz mit unaufhaltsamer Bereitwilligkeit“ erfüllt, „seine ganze Kraft und sein ganzes Gefühl auf den Besitz des Guten, oder auf die Ausübung der Tugend hinzulenken“.82 So gelangte der Mensch in seinem inneren Kern zu einer Haltung von „Herzenskultur, Moralität und Religiosität“, die als „drey Worte, aber nur eine Sache“ zu verstehen waren.83 Der aus christlicher Perspektive erstrebenswerte Zustand galt als erreicht, wenn der Mensch „aus innerm Antrieb und Ueberzeugung“ danach strebte, „in allen und jeder seiner Handlungen wirklich moralisch zu seyn; denn die reinste Moral bestehet ohnstreitig in genauer, strenger Befolgung der Vorschriften christlicher Religion.“84 Indem der Mensch seiner Bestimmung folgte, „dem Urbilde Gottes, der Heiligkeit“, nachzustreben, kam er damit der „Tugend“ immer näher.85 Der Gesamtprozess war keineswegs eine Selbstverständlichkeit oder gar leicht. Der Mensch befand sich in dem dauerhaften Versuch, durch konstante „Beschränkung“, im „Kampfe“, mit „Kraftanstrengung“ nach der Gnade zu leben und sich so „mit dem heiligen Willen Gottes“ zu vereinigen.86 Vollständig erreichen konnte er dieses Ziel nicht, denn „vollkommen 75 76 77 78 79 80 81 82 83
84 85 86
Zum komplexen Gesamtprozess ausführlich Sailer, Handbuch 1, 1–101, besonders 42 f. N. N., Anthropologie, 42 f. Sailer, Handbuch 1, 360–391. Sailer, Grundlehren, 92–95. N. N., Anthropologie, 36. Vgl. Mutschelle, Moraltheologie 1, 20: „Die Quellen, aus denen wir die wissenschaftliche Kenntniß der Moral schöpfen, sind, wie gesagt worden, die Lehre Jesu, und die Vernunft.“ N. N., Moralität, 438. N. N., Moralität, 438. N. N., Moralität, 440. Moral wurde hier bewusst als abhängig von Religion und damit nicht als reine natürliche Moral verstanden. Hieran ließ sich ein eigenes Seelsorgsverständnis anschließen: „Unser ganzes Geschäft als Seelsorger muß also seyn, die Begriffe des Verstandes mit den Gefühlen des Herzens in Einklang zu bringen. Da es aber weit leichter ist, die Menschen zur Erkenntnis des Wahren, als zur Ausübung des Guten zu führen, so muß die Herzenskultur die Hauptsache unsers ganzen Bestrebens seyn.“ Vgl. auch N. N., Anrede, 188. N. N., Kultur, 127. N. N., Skizze, 271; Schwarz, Handbuch 3, 308–311; zum Verhältnis von Tugend und Glückseligkeit vgl. Mutschelle, Moraltheologie 1, 132–135; Ruf, Handbuch 1, 152–153. N. N., Skizze, 271; zur Tugend vgl. Schwarz, Handbuch 1, 47–48; Mutschelle, Moraltheologie 1, 163–166; zum Gegenbegriff des Lasters 170–182.
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
113
gut, heilig [zu] seyn“ war ein lediglich asymptotisch erreichbares Ziel, dem sich der Mensch lediglich „annähern“ konnte.87 Unterstützt in diesem Vorhaben wurde der Mensch durch eine tief empfundene „Abscheu vor der Sünde“, die sich aus der tief im Menschen verwurzelten Gottesliebe speiste.88 Er empfand vor der Sünde Furcht, „in so weit er sie in Erwägung seiner natürlichen Schwäche als möglich denkt“; aber es war eine Furcht, die sich auf die Sünde selbst, nicht auf deren Strafen bezog.89 Ein echter aufgeklärt katholischer Christ hatte „die Sünde [zu] verabscheuen, und über alles [zu] fliehen, wenn auch keine Strafe wäre; er bedarf der Vorstellung der Strafe nicht, um gut zu bleiben“.90 Was genau Sünde war, konnte der aufgeklärt-katholische Christ einem den positiv formulierten Regeln entgegengesetzten Kanon an Sünden entnehmen.91 Auch hier dominierte ein Verständnis, das eine genaue kognitive Kenntnis der Sünden verlangte, um mit diesen angemessen umgehen zu können.92 Hintergrund dieser bezeichnenden Einschränkung war die insbesondere im Barock ausgeprägte primäre Orientierung am Jüngsten Gericht als Motivation der Sündenvermeidung, die die katholische Aufklärung weder mit dem eigenen Gottesbild in Übereinstimmung bringen konnte noch für zeitgemäß hielt.93 Als ange87 88 89
90 91
92
93
N. N., Skizze, 271. N. N., Furcht, 326–327. N. N., Begriff, 326–327: „Indem er so die Sünde fürchtet, fürchtet er Gott, das heißt, er fürchtet, Gott zu mißfallen. Der gute, aber schwache Mensch fürchtet eben auch, Gott durch die Sünde zu mißfallen, er stellt sich aber auch die göttlichen Strafen der Sünde vor, um sich desto mehr gegen dieselbe zu wahren. Diese Strafe erkennet er als gerecht, und der moralischen Ordnung gemäß; sein Herz wird durch diese Vorstellung der Strafen von Gott nicht abgewendet.“ N. N., Begriff, 326–327. Da die positiven Forderungen wesentlich größeres Gewicht besaßen, wird an dieser Stelle auf die detaillierte Schilderung verzichtet. Paradigmatisch: Mets, Katechismus, 115–146. Zum Begriff der Sünde: Ruf, Handbuch 1, 161: „Unter dem Ausdruck Sünde wird dem allgemein angenommenen Sprachgebrauche nach eine jede solche Handlungsweise, oder auch einzelne Handlung verstanden, welche mit jenem ehrwürdigen und heiligen Verbande unvertragsam ist, der sich zwischen uns Menschen und Gott, und zwischen uns unter einander findet.“ Mets, Katechismus, 115: „Da wir Menschen gemäß unsers freyen Willens, zwischen dem sittlich Guten und Bösen frey wählen können, und als sinnliche Wesen auch öfters verblendet, gereitzt und verführt werden, das Böse statt dem Guten zu wählen, so ist es sehr nothwendig, daß wir das Böse, die Sünde recht kennen lernen, um dieselbe mehr als alles fliehen und hassen zu können.“ Als Sünde galt grundsätzlich: „Die Natur und das Wesen der Sünde besteht überhaupt in einem Ungehorsam gegen den heiligen Willen Gottes und seine Gebote.“ Zum Hintergrund exemplarisch Schlögl, Staat, 212–220. Die aber als seelsorgerliches Mittel und angemessen kontextualisiert durchaus angemessen war: Vgl. N. N., Begriff, 337–339: „Endlich ergiebt sich auch aus dem Gesagten, ob, und wie der Seelsorger die Materie von der Furcht der göttlichen Strafen in seinem Unterrichte zu behandeln. Es giebt so viele theils rohe und gefühllose, theils in lasterhaften Gewohnheiten ganz verstrickte Menschen, die durch nichts anderes, als durch die lebhafte Vorstellung der Strafgerichte Gottes, und des unsäglichen Elendes, das ihnen bevorsteht, erschüttert, und zum Nachdenken gebracht werden können. Uns selbst Gutgesinnte, die für die edleren Beweggründe der Tugend Empfänglichkeit haben, befinden sich doch nicht selten theils in solchen äußeren, zur Sünde stark anlockenden Umständen, theils in einem solchen für jene edleren Beweggründe gefühllosen Zustande des Gemüths, wo sie der Versuchung nicht anders, als durch die Sinnlichkeit stark wirkenden Vorstellungen von Gottes Gerechtigkeit, von einem möglichen gähen Tode, vom göttlichen Gerichte, von der
114 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil messen galt lediglich die „christliche Hoffnung“ auf die „ewige Seligkeit“.94 Durch diesen Prozess der Annäherung an die Tugend als sein „höchstes Gut“95 konnte der Mensch aber darauf hoffen, dass Gott letztendlich „auch uns an seiner Seligkeit theilnehmen“ ließ.96 Hierzu passt die eher innerweltliche Verortung des Menschen, der deutlich angehalten war, sich nicht „von den Gütern des andern Lebens“ absorbieren zu lassen oder gar „dieses Leben gering“ achten.97 Ganz im Gegenteil sollte der aufgeklärte Katholik seiner innerweltlichen Verantwortung nachkommen. Auch wenn „zeitliche Beglückung“ nicht das Ziel des Christentums war, so war sie doch auch nicht ausgeschlossen.98 Deutlich ist aber darauf zu verweisen, dass die Tugend erst durch die Gnade Gottes ermöglicht wurde und im Gesamtprozess katholischer Frömmigkeit ihren Sinn erhalten konnte. Tugendhaftes Handeln war nur mit Hilfe der „wahren Religion“ möglich, denn es „ist nur das wahrhaft gut, was sich auf wahre Religion gründet, und von ihr abstammt“99; folglich konnte auch nur der ein wahrhaft guter Mensch sein, der ein „wahrhaft religiöser Mensch“ sei.100 War die Voraussetzung der Religion nicht gegeben, so handelte der Mensch eben gerade nicht tugend-, sondern sündhaft:
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Hölle, von furchtbaren Beyspielen gestrafter Sünder und dergleichen widerstehen können. Der Seelsorger würde also eines der vorzüglichsten Mittel, zur Besserung der Menschen beyzutragen, vernachlässigen, wenn er die Materie von den Strafen Gottes in seinem Unterrichte vorbeyginge, oder sie nur selten, oder nur leichtweg, und, ohne einen tiefen Eindruck zu machen, behandelte. Er muß sowohl im Beichtstuhle, und sonst im Privatunterrichte gegen einzelne, die vermög ihres Zustandes und Gemüthscharakter einer starken Erschütterung bedürfen, davon Gebrauch machen, als auch im öffentlichen Unterrichte jene Wahrheiten der Religion, die dazu geeignet sind, den sicheren Sünder in heilsame Furcht zu sezen, und den Reizungen der Sinnlichkeit das Gegengewicht zu halten, oft ins Andenken bringen, und mit Wärme ans Herz legen. Er muß aber zugleich bey der Behandlung dieses Gegenstandes eine besondere Vorsicht und Behutsamkeit gebrauchen, um nicht zur Bildung einer sklavischen und jüdischen Gesinnung, dem echten Geiste des Christenthums zuwider, Anlaß zu geben. Er bringe die Vorstellung der göttlichen Strafen immer mit der Vorstellung der in der moralischen Ordnung gegründeten Nothwendigkeit derselben, der Güte und Wohlthätigkeit der göttlichen Gebothe, der inneren Bösartigkeit der Sünde, und der wesentlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes in Verbindung. Er mache die Zuhörer auf die Stimme ihres eigenen Gewissens aufmerksam, vermög welcher sie diese Strafen selbst, als weise und gerecht, anerkennen, und gut heissen müßten.“ Dies erklärt auch die zurückhaltende, meist eher deskriptive Darstellung der „Letzten Dinge“ (Mets, Katechismus, 221–238; Jaumann, Katechismus, 286–302.), die vor dem Hintergrund des hier beschriebenen Heilsprozesses ihre Signifikanz weitgehend einbüßten. Ferner verwiesen sei an dieser Stelle die Zurückhaltung gegenüber Darstellungen des Jüngsten Gerichts im Bereich der Kunst, vgl. Handschuh, Musterbilder, 153 f. Mets, Katechismus, 221 f: „Gott versprach uns endlich auch eine künftige Belohnung und ewige Seligkeit, wenn wir nemlich tugendhaft sind, und im Guten ausharren bis ans Ende.“ Definition bei Sailer, Handbuch 2, 230–231: Die „Ruhe des Heiligen in ungehemter Anschauung und reiner Liebe Gottes“. Mutschelle, Moraltheologie 1, 145 f. N. N., Skizze, 271. Schwarz, Handbuch 1, 108. Schwarz, Handbuch 1, 108. Mets, Katechismus, 54. Mets, Katechismus, 54.
4.1 Der aufgeklärt-katholische Frömmigkeitsprozess
115
„Wer hingegen keine wahre Religion hat, der frägt weder nach Gott noch nach seinem Gewissen; er kann und wird also auch nicht wahrhaft gut seyn; verrichtet er auch Handlungen, welche man gute Werke zu nennen pflegt, so können diese keinen sittlichen Werth haben, weil sich der Handelnde ohne Religion, nur durch blos sinnliche Zwecke und Absichten zu solchen Handlungen bestimmen lässt.“101
„[W]ahre Religion an sich“ bestand eben gerade nicht nur „in einzelnen Handlungen“, „besonderen Religionsübungen“ oder „dieser oder jener (auch noch so würdigen) besondern Art Gott zu verehren“, sondern in einem kontinuierlichen, mit Anstrengungen verbundenen Entwicklungsprozess, in dem „der wahre Geist der Religion“ den ganzen Menschen „beseelen, alle seine Gesinnungen und Handlungen leiten und bestimmen, und so das ganze Wesen des Menschen, wie sein ganzes Leben umfassen“ musste.102 4.1.4 Glückseligkeit Gelang es dem Menschen, mit Hilfe der Gnade, Gottesliebe, Imitatio Dei und der Tugend richtig zu handeln, erlangte er einen Zustand, in dem er den Maximalgrad an innerweltlichem Glück erlangte, die „Glückseligkeit“.103 In ihr flossen alle Elemente des aufgeklärt-katholischen Heilsweges zusammen: Da der Einzelne mit seinen eigenen Voraussetzungen, d. h. mit Geist und Herz, danach zu streben hatte, ein „wahrhaft gute[r] Mensch“ zu werden und „gute […] Handlungen“ zu vollbringen104, konnte er innerlich erkennen, was „das Gute an sich“ war, da dieses „aus dem Herzen des Menschen“ stammte, und so zu „guten Handlungen [als] Frucht des guten Willens“ gelangen.105 Das Kriterium für „gut“ und „schlecht“ war die Nachfolge Gottes; nur wer „Jesum Christum kennen“ lernte und ihm nachfolgte, konnte „immer mehr erfahren: was wahrhaft recht und gut ist“106 und somit der Gefahr entgehen, das Gute um der Folgen seiner selbst und nicht um seiner selbst107 willen zu tun.
101 Mets, Katechismus, 54 f. 102 Alle Zitate Mets, Katechismus, 55. 103 Vgl. Mutschelle, Moraltheologie 1, 39–42; an dieser Stelle mit der klaren Eingrenzung, dass selbst Glückseligkeit nicht das höchste Sittengesetz darstellen konnte. Zur Unterscheidung natürliches/übernatürliches Sittengesetz ebd. 78–85. Mutschelles klarste Abgrenzung gilt dem Paradigma des ewigen Lebens, das er als Motivation für ein Sittengesetz für vollständig ungeeignet hält (88). Zum Glücksbegriff Less, Handbuch, 3; vgl. auch den Versuch Wessenbergs, diesen Zustand als „goldenes Zeitalter“ zu beschreiben: Wessenberg, Betrachtungen, 388–399; zu den Hintergründen vgl. auch Plongeron, Gottesverehrung, 279–286. 104 Mets, Katechismus, 53. 105 Mets, Katechismus, 53; vgl. auch Sailer, Handbuch 2, 208–218, der Glückseligkeit dann als gegeben ansah, wenn und solange es gelang, das Streben nach Glückseligkeit unter das Gesetz des Gewissens unterzuordnen. 106 Mets, Katechismus, 53; Mutschelle, Gute, mit ausführlicher Begründung einer rein vernunftgemäßen Begründung des sittlich Guten; Mutschelle, Sittenunterricht, 6–8. 107 Mutschelle, Gute, 168–170. Insbesondere als kritisch sieht er den Himmel als ewigen Lohn für sittlich richtiges Verhalten 177–179.
116 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil „Der Gute darf zuversichtlich von Gott hoffen, so glückselig zu werden, als er durch Güte werth ist, es zu sehn; so wie der Böse befürchten muß, von ihm bestraft zu werden. Denn ist ein allwissend, allmächtig und heiliger Gott, der das Gute mit Glückseligkeit belohnen, der alles genau vergelten kann und will.“108
Zusätzliche Orientierung boten die dem Menschen ebenfalls durch göttliche Gnade geschenkten Medien, der „Ausspruche unseres Gewissens, und dem ausdrücklichen Ausspruche Gottes gemäß ist, und geschieht; was mit der heiligen Lehre, und dem Beyspiele Jesu vollkommen übereinstimmt, das allein ist wahrhaft gut, und das Gegentheil wahrhaft böse.“109 Gute Handlungen galten dementsprechend lediglich als Gradmesser für den „Geist […], welcher im Menschen herrscht“110, nicht als eine Leistung des Menschen, um sein eigenes Heil zu erreichen, denn „ganz gut“ war „kein endliches Wesen, kein Mensch, nur Gott allein ist ganz gut, vollkommen und heilig, die Quelle des Guten“111. Ein Gläubiger mit diesem mentalen und emotionalen Setting konnte aufrichtig für sich in Anspruch nehmen, „das Ebenbild Gottes in sich immer mehr und vollkommener auszubilden, und in allem, soviel es ihm möglich ist, Gott darzustellen, Gott im Geiste anzubeten, und sich seines Gottes zu freuen, das ist seine Seligkeit.“112
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung Das Gesamtkonzept aufgeklärt-katholischen Mitwirkens an der göttlichen Gnade orientierte sich an einer Reihe von grundsätzlichen Normen, die es für den katholischen Christen zu befolgen galt; dies war keineswegs eine Neuerung, sondern bezog lediglich bereits in großem Umfang vorhandene normative Vorgaben aus dem Bereich des Katholizismus ein.113 Auch hier begegnet die oben bereits skizzierte wechselseitige Durchdringung von religiös motivierter innerer Haltung und Handlung, die sich in einem logischen Gedankengang aus dem zugrunde liegenden Frömmigkeitsprozess entwickelte. Die Gottesliebe, die Selbstliebe und die Nächstenliebe wurden zu den dominierenden und die Normen organisierenden Kategorien. Es lassen sich zwei Arten von Normen unterscheiden: Solche, die den individuellen Frömmigkeitsprozess anleiten und unterstützen sollten, und solche, die die sich daraus ergebende Einstellung zu eher „innerweltlichen“ Angelegenheiten regelten.
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Mutschelle, Sittenunterricht, 26 f. Mets, Katechismus, 54. Mets, Katechismus, 53. Mets, Katechismus, 53; Ruf, Handbuch 1, 158. Mets, Katechismus, 64–65. Venard, Christentum, mit ausführlichen Ausführungen zu Kasuistik und Probabilismus; ähnliche Ausführungen im Bereich der Aufklärung fehlen leider im folgenden Band.
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung
117
4.2.1 Gottesliebe und Selbstliebe als die Frömmigkeit unterstützende Maßnahmen Die Selbstausrichtung des Menschen auf die Gottesliebe114 hatte direkte Folge für seine Lebensweise. Sie verpflichte den Gläubigen dazu, „Gott stets besser und vollkommener kennen zu lernen“115. Wer die Gottesliebe in letzter Konsequenz in seinem Alltag umzusetzen suchte, der weihte „Gott allein sein ganzes Wesen; er lebt eigentlich nur Gott, und sein ganzes Leben ist ein würdiger Gottesdienst“116. Dem entsprechend galt es erstens als notwendig, insbesondere die den Menschen umgebende Natur durch „öftere, aufmerksame Betrachtung der sichtbaren Werke und weisesten Anstalten Gottes in der Natur“ in der Art in sich aufzunehmen, dass dadurch „die heiligen Spuren Gottes immer mehr und besser entdecken, kennen und verehren“ gelernt wurden.117 Solche Spuren waren bis in die eigene Lebensgeschichte hinein verfolgbar, da der Mensch als Ebenbild Gottes „dieses Bild Gottes in uns selbst immer besser kennen zu lernen, dadurch lernen wir dann auch Gott selbst immer besser kennen“.118 Konkret bedeutete dies die Erforschung der Stimme des Gewissens, und indirekt damit auch der Vorbereitung der individuellen Beichte. Ein aufgeklärter Katholik lernte so „immer aufmerksamer auf die Stimme Gottes in uns“ zu hören, „so wie wir dadurch immer geneigter werden, auf diese heilige Stimme zu achten, dieselbe neu zu befolgen, und also Gott immer mehr von ganzer Seele zu lieben“119. Unterstützt wurde dieser wechselseitige Prozess durch den „christlichen Unterricht“, nach dem jeder Mensch als Folge der Erweckung der Liebe Gottes zu streben hatte.120 Je mehr der Einzelne über „die ausdrücklichen Offenbahrungen Gottes, besonders […] die heiligen Evangelien, und […] die Geschichte der Menschheit“121 wusste, desto mehr war er imstande, diesen als Leitprinzip in sein eigenes Leben zu integrieren. Eine weitere Folge war die massive Durchdringung des Alltags mit der Liebe Gottes; in diesem hatte der Christ Gott „stets vor Augen“, dachte „am liebsten nur an ihn“, wobei sein Herz „in Dank und Anbetung zu ihm“ erbebte.122 Er lebte in vollkommener „kindlicher“ Gottesfurcht123, der es darum ging, „uns durchaus nichts zu erlauben vor dem allgegenwärtigen und heiligen Richter, als was ihm gefällig ist: keinen bösen Gedanken, keinen unerlaubten Wunsch, und keine verbotene Handlung“124. Die Konsequenz einer solchen Haltung der Gottesliebe war unbedingtes und unbegrenztes menschliches Vertrauen auf den liebenden und zu liebenden Gott.
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Vgl. auch zum Vergleich: Wolkinger, Moraltheologie, 357–380. Mets, Katechismus, 59. Mets, Katechismus, 64–65; Wanker, Sittenlehre 2, 50–52. Mets, Katechismus, 59; Ruf, Handbuch 1, 379. Mets, Katechismus, 60. Mets, Katechismus, 60. Mets, Katechismus, 60; Ruf, Handbuch 1, 375. Mets, Katechismus, 60. Mets, Katechismus, 61; zur Erweckung der Liebe Gottes Ruf, Handbuch 1, 387–390. Ruf, Handbuch 1, 395–397; Wanker, Sittenlehre 2, 28 f. Mets, Katechismus, 62.
118 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil „Wem die Pflicht der Liebe Gottes heilig ist; der vertraut ganz auf Gott, und wankt nie, auch dann nicht, wenn die Erde einzustürzen droht, auch bey noch so misslichen Schicksalen und Ereignissen verlässt er sich auf Gott, wie ein gutes Kind auf seinen liebenden Vater; auch überlässt er die Sorge für das Zeitliche, wenn er seine Pflicht gethan hat, ganz seinem Gott.“125
Genau in der Alltagsgestaltung ergaben sich aus der Gottesliebe auch direkte Folgen. Verboten waren aufgrund der Haltung der Gottesliebe Schwur126 und Aberglauben127, beides faktisch große und häufig behandelte Probleme der Seelsorge128. Dies schloss ein, dass der Mensch „nicht bey der Vernachlässigung“ durch Gott Hilfe von diesem erwartet wurde, denn ein gottesfürchtiger Katholik „wagt es nicht, Gott gleichsam zu versuchen“129. Die dritte und vielleicht wichtigste Folge aber war die Überprägung nahezu sämtlicher Handlungen durch die Liebe Gottes. Wer diese als Grundhaltung gegenüber Gott und den Mitmenschen einnahm, „der betrachtet seine eigenen Handlungen als Gaben Gottes, weil er ganz überzeugt ist, dass er ohne Beystand Gottes durchaus nichts Gutes denken, noch wollen, und auszuführen vermag“130. Alles, was der oder die Gläubige tat, tat er oder sie „nur aus Liebe zu Gott“; hinzu kam eine als „kindlich“ zu verstehende Gottesfurcht; positiv gewendet verlangte diese Gottesfurcht, „das Gute zu thun“ und „das Böse zu unterlassen“.131 Diese Forderung der Gottesliebe kulminierte in der Erfüllung der göttlichen Gebote,132 die dazu dienten, sowohl das eigene Handeln zu normieren als auch das eigene Leben von der Gottesliebe her zu durchdringen und damit die eigene Wirklichkeitskonstruktion mit einer Gesamtlogik zu untermauern. Und nur wenn diese Grundhaltung gegeben war, konnte der Mensch diese als heilswirksam für sich in Anspruch nehmen: „Der höchste Grundsatz der Moralität, oder das höchste Sittengesetz muß vorzüglich und unmittelbar auf die innere Gesinnung, und nicht etwa bloß auf die äußere Handlung gerichtet seyn.“133 Ganz ähnliche Funktionen erfüllte die christlich geordnete Selbstliebe134. Sie diente im Anschluss an die Gottesliebe dazu, den Menschen auf die Erlangung der 125 Mets, Katechismus, 63. 126 Mets, Katechismus, 63. 127 Mets, Katechismus, 64; zum Aberglauben: Grundsätzliche Definition bei Ruf, Handbuch 1, 373 f.; Wanker, Sittenlehre 2, 15 f bzw. zum Unglauben: Wanker, Sittenlehre 2, 12–16; Wachter, Aberglauben; N. N., Steinbach; Wachter, Aberglauben; N. N., Glauben; Keller, Aberglauben; Höchle, Volke; Eyth, Grundsätze. Zur Kollision mit der bäuerlichen Lebenswelt Oberschwabens: Oswalt, Staat, 159–181; Stiefvater, Pastoral-Archiv, 60–63. 128 Zum Eid: Grundsätzlich Ruf, Handbuch 1, 459–478; Mutschelle, Sittenunterricht, 183–184; Wanker, Sittenlehre 2, 60–70; Sailer, Handbuch 2, 483–495; Brehm, Kälte; Martin, Unterricht; Huber, Gegenden; Dossenberger, Bemerkungen; Ketterer, Gegenden; N. N., Redaktion; Lögler, Seelsorger; Wessenberg, Preisaufgabe; Funk, Eid; Wessenberg, Kundmachung; Huber, Unterricht; Münch, Eidesleistung; Dallmann, Eidesbelehrung; Maucher, Nachtrag. 129 Mets, Katechismus, 64. 130 Mets, Katechismus, 64. 131 Mets, Katechismus, 62. 132 Mets, Katechismus, 61. 133 Mutschelle, Moraltheologie 1, 29. 134 Wanker, Sittenlehre 2, 73–85; Sailer, Handbuch 2, 24–26; vgl. auch zum Hintergrund Wolkinger, Moraltheologie, 380–385.
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung
119
individuellen Glückseligkeit auszurichten. Ausgehend von der grundsätzlichen Beobachtung, dass jeder Mensch danach strebte, „glücklich zu seyn, und immer mehr zu werden“, hatte der Schöpfer diese Selbstliebe als grundlegende Pflicht135 des Menschen in dessen „Herz […] gegraben“.136 Eine echte Glückseligkeit konnte aber nicht durch die „irdischen Vergnügen“ oder den Besitz „temporaner Güter“ erlangt werden, diese konnten den Menschen nicht vollständig „beruhigen“.137 Hier galt es aber zu differenzieren; gerade die Selbstliebe barg die Gefahr, von einer christlichen Selbstliebe zu einer „ungeordneten Selbstliebe“ zu werden und somit statt zur Tugend zur Sinnlichkeit beizutragen. Eine „geordnete Selbstliebe“ im Anschluss an Mt 22,19 sollte hingegen nicht „bloss sinnliche Eigenliebe seyn, wobey man nur auf den eigenen Nutzen und Vortheil sieht, nur auf Ehre und Ansehen bedacht ist, nur sucht, was der Sinnlichkeit schmeichelt“138, eine solche Selbstliebe lehnten katholische Autoren als nicht vernünftig ab.139 Vernünftige, christliche Selbstliebe intendierte ein Leben in der Nachahmung Jesu und eine vehemente Negation des Bösen: „Jesus lehrt uns in dieser Hinsicht vielmehr: dass wir uns selbst hassen, und verläugnen sollen, d. h. wir sollen das in uns hassen, was uns zum Bösen verführt, und uns versagen lernen, was zwar unserer Sinnlichkeit wohlthut, aber unrecht und böse ist, unserer Vernunft, dem Gewissen und dem heiligen Willen Gottes widerspricht.“140
Alternativ verlangten die aufgeklärten Katechismen „christliche Selbstliebe“, d. h. „dass wir in uns selbst das Ebenbild Gottes ehren und achten“141. Der Mensch sollte „sich stets dankbarlich und demüthig an die Wahrheit erinnern: dass er alles, was er ist und hat, nur von Gott hat, und durch Gottesgüte ist“142. Das Streben des Menschen sollte aus diesem Grund auf die „wahren, bessern, dauerhaften und vollkommenern Güter“ ausgerichtet sein, in aufgeklärt-katholischem Verständnis „Weisheit und Tugend, ein reines Herz, ein gutes Gewissen, innere Zufriedenheit, das Wohlgefallen Gottes, und die ewige Seligkeit“143. Nur dann war im Sinne des aufgeklärtkatholischen Menschenbildes ein gutes Gewissen dauerhaft gewahrt, „denn ein ruhiges Gewissen macht das wahre Glück des Menschen aus“144. Und nur so ließ sich innere Zufriedenheit gewinnen, die der Mensch erst erlangen konnte, wenn er „mit 135 Wanker, Sittenlehre 2, 73–74. 136 Mets, Katechismus, 65; Less, Handbuch 85; Ruf, Handbuch 1, 6–9; Mutschelle, Sittenunterricht, 2–4; Wanker, Sittenlehre 2, 73–74. 137 Ruf, Handbuch 1, 157; 158: „Die eigentliche, wahre Glückseligkeit, dieses Namens würdig, muß nach den Urtheile aller Unbefangenen Etwas Zuverlässiges seyn, d. i. es muß etwas seyn, worauf man sich zu allen Zeiten, und in allen Verhältnissen verlassen kann; Etwas, was sich ein jeder Mensch, dem es nicht an Fähigkeit gebricht, beischaffen kann, so bald er nur ernstlich will, d. i. so bald er sich nur ernstlich um die Tugend annehmen mag.“ 138 Mets, Katechismus, 65. 139 Mets, Katechismus, 65. 140 Mets, Katechismus, 66. 141 Mets, Katechismus, 66. 142 Mets, Katechismus, 66. 143 Mets, Katechismus, 67. 144 Mets, Katechismus, 67.
120 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil wenigem zufrieden“ und „auch gegen unvermeidliche Uebel und Unglücksfälle“ abgehärtet war, bzw. gelernt hat, diese „gleichmüthig“ zu ertragen. Brachte der Gläubige in diesem Sinne Selbstliebe zum Ausdruck, erlangte er die „Freundschaft“, den „heiligen Beyfall Gottes“, ein Paradigma, nach dem auch analog das innerweltliche Freundschaftsideal zu gestalten war.145 Ziel auch der Selbstliebe war es, die „wahre Würde der Menschheit“ zu erlangen, die menschliche „erhabene Bestimmung“ zu erstreben, die darin bestand, „stets nur nach Tugend“ und dem „Gottähnlichwerden“ zu streben, um „wie im Alter, so an Weisheit, und an allem Guten zuzunehmen“.146 Dies konnte erreicht werden, indem „alle Vermögen, Fähigkeiten und Kräfte des Leibes und der Seele, wie auch die zeitlichen Güter, die uns Gott schenkte, nach seiner heiligen Absicht“ gebraucht wurden und eine Reihe von besonderen Pflichten, die in der Selbstliebe enthalten waren, Folge geleistet wurde.147 4.2.2 Der Leib und die Welt: Der diesseitige Umgang mit sich selbst Gottesliebe und Selbstliebe reglementierten auch den Umgang mit dem eigenen Körper und der den Menschen umgebenden Welt: „Der ganze Mensch ist Gottes, gehört Gott an, also auch der Leib.“148 Im Umgang mit der eigenen Leiblichkeit galt besonders der Schutz der eigenen körperlichen Gesundheit als maßgeblich, da der Leib lediglich als „Darlehen Gottes“149 galt. Der Gesunde galt als „zu allen Verrichtungen und Diensten aufgelegter und fähiger“ und konnte „überhaupt den reinen Lebensgenuss vollkommener geniessen“.150 Ein gesunder Körper galt dem entsprechend als „das tauglichste Werkzeug für den Geist und zur Tugend“ und damit als wesentliches Element der aufgeklärten Lebensgestaltung: Denn „vorzüglich in einem gesunden Körper lebt auch ein gesunder, reiner und froher Geist.“151 Aus diesem Grund war es für einen aufgeklärten Katholiken religiöse Pflicht, „die Gesundheit, die gesunden und starken Kräfte unseres Leibes, als ein Mittel zur Beförderung unserer sittlichen Vervollkommnung zu gebrauchen“.152 Aber nicht nur in Krankheit war der Mensch zum Selbsterhalt des Leibes verpflichtet; Selbstmord153 wurde kategorisch ausgeschlossen. Gerade weil der „Schöpfer […] uns einen herrlichen Leib, und gar mancherley physische Kräfte und 145 Mets, Katechismus, 68. An diesem Punkt sei wenigstens kurz angemerkt, dass dies als Paradigma den zahlreichen Brieffreundschaften Wessenbergs und anderer aufgeklärter Katholiken zugrunde lag. 146 Mets, Katechismus, 68. 147 Mets, Katechismus, 68; Wanker, Sittenlehre 2, 98. 148 Sailer, Handbuch 2, 82. 149 Sailer, Handbuch 2, 87. 150 Mets, Katechismus, 80; Sailer, Handbuch 2, 65–67. 151 Mets, Katechismus, 80; Mutschelle, Sittenunterricht, 113–114. 152 Mets, Katechismus, 80–81; Ruf, Handbuch 2, 9–10. 153 Ruf, Handbuch 1, 14–25; zur Notwehr 33–38; Wanker, Sittenlehre 2, 101–106; Sailer, Handbuch 2, 67–75; Stäudlin, Lehrbuch, 255–261.
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung
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körperliche Sinne“ gegeben hatte, bestand für den Menschen die „besondere Pflicht, eben diese Sinne und Fähigkeiten, so wie alle Glieder des Leibes, stets gesund zu erhalten“154. Zur Erhaltung hatte der weitestmögliche Ausbau dieser Fähigkeiten zu treten; „durch zweckmäßigen Gebrauch“ war danach zu streben, die menschlichen Fähigkeiten „zu vervollkommnen, und sie als stets tauglichere Werkzeuge unsers Geistes für höhere Zwecke zu verwenden“155 – was faktisch regelmäßige Bewegung und leibliche Übungen bedeutete. Kam es aber dennoch einmal zu Krankheiten, hatte der aufgeklärte Katholik die religiöse Verpflichtung, „durch den rechtzeitigen Gebrauch zweckmäßiger Mittel, und Befragung der Aerzte“ für seine eigene Gesundung zu sorgen.156 Hintergrund dieser Vorschrift war nicht das als sinnlich empfundene Ziel körperlicher Gesundheit, sondern der Verlust der Möglichkeit, im Falle von Krankheit Gottes Werk zu tun. „Der Mensch lebt nur Einmal auf dieser Erde, und nur eine gar kurze Zeit, und von der Art und Weise des Lebens in dieser Welt hängt auch das zukünftige Leben ab; wir sollen also auch von unserm Leib, und den Kräften unsers Leibes von Jugend auf, und immer fort, den besten Gebrauch machen, und denselben stets gesund zu erhalten suchen; denn, wenn unser Leib krank oder ungeschickt ist, so können wir nicht soviel wirken und Gutes thun, als wenn er gesund, stark und tüchtig zu allem ist.“157
Noch höher angesehen als ein Arztbesuch war aber die Meidung von „Krankheit und Siechtum“ durch ein angemessenes Verhalten. An dieser Stelle kam der volksaufklärerische Charakter der katholischen Spätaufklärung voll zum Tragen: Die Katechismen gaben klare Regeln für das Alltagsleben vor, die eher an volksaufklärerische Gesundheitskatechismen erinnern als an religiöse Normgebungen:158 Der Mensch solle „nie leichtsinnig, noch vorsätzlich“159 seiner Gesundheit schaden; Ziel war es vielmehr, das eigene Leben nach den eigenen Möglichkeiten zu verlängern. Mittel hierzu waren – – –
154 155 156 157 158
159 160 161 162
Mäßigkeit im Essen und Trinken sowie im Arbeiten: „alles, was zuviel ist, ist schädlich“160; Vermeidung eines „kalten Trunkes“ und plötzlicher Abkühlung161; Vermeidung gefährlicher Spiele, „denn wer sich in die Gefahr begiebt, versündiget sich, und wird gar oft sein eigener Mörder“162; Mets, Katechismus, 69; Ruf, Handbuch 2, 38–40; Wanker, Sittenlehre 2, 108–109. Mets, Katechismus, 69. Mets, Katechismus, 70; Ruf, Handbuch 2, 43–44; Wanker, Sittenlehre 2, 108–109. Mets, Katechismus, 71. Als Beispiel für den Umgang mit dem Thema Gesundheit: Mezler, Einfluß; Ritter, Priester; Valenti, Handbuch; zum Thema Gesundheit und Medizin innerhalb der Volksaufklärung: Sahmland, Volksaufklärung; als paradigmatisches Beispiel des engen Konnexes von biblisch fundierter Moral und Medizindiskurs: Todt, Gemüth. Mets, Katechismus, 71. Mets, Katechismus, 71; Ruf, Handbuch 2, 41–42; Wanker, Sittenlehre 2, 109–115; Sailer, Handbuch 2, 76–78. Mets, Katechismus, 71 f. Mets, Katechismus, 72.
122 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil – –
Pflege des eigenen Körpers durch „Reinlichkeit, in der Kleidung, wie in der Wohnung, und in allem, was zu deinem Gebrauche dienen soll“163; Durch „angemessene Bewegung“, die zu „keiner Jahreszeit“ versäumt werden darf164.
Als das wirksamste Mittel, um die eigene Gesundheit möglichst lang zu erhalten, galt aber das Erstreben einer „stets frohen, ruhigen und heitern Gemütsstimmung“, bei der „aller Mißmuth und die trüben Gedanken gleich anfänglich“ aus dem Gemüt verbannt wurden, „ehe sie überhandnehmen“.165 Ziel war also die Haltung einer „Selbstzufriedenheit, welche zur Erhaltung der Gesundheit sehr vieles beyträgt“.166 Wie ein guter Umgang mit dem eigenen Körper Voraussetzung für eine echte Glückseligkeit war, so war auch der richtige Umgang mit den Herausforderungen der Welt elementarer Bestandteil der Selbstausrichtung auf Gott. Gerade weil der Mensch das „Vermögen des Bewußtseyns, ein Erkenntnisvermögen, und eine Beurtheilungskraft“ – bezeichnender Weise als „lebendiges Licht“ bezeichnet – und damit nach aufgeklärtem Verständnis das Vermögen besaß, „alles, was sich in unserem Lebenskreise befindet, was immer um, und neben uns vorgeht, und geschieht, bemerken, wissen, beobachten, beurtheilen und immer besser verstehen, lernen“ zu können und zu sollen, ergab sich für ihn auch die Verpflichtung, diese Möglichkeit wahrzunehmen.167 Aus diesem Grunde sollte der Mensch „alle die nützlichen Erfindungen, Künste, Wissenschaften, und die Meisterwerke aller Art, und in jedem Fache“ als „lebendige Aufforderung“ begreifen, „sie stets zweckmäßig anzuwenden, immer mehr auszubilden und zu vervollkommnen“.168 Mit diesem instrumentellen Umgang war der Umgang mit den Gütern der Welt insgesamt vorgegeben; diese sollten tendenziell zur Verbesserung des Individuums dienen, wie die Bereiche „Geld, Gut und Macht“, „Ehre und guter Namen“ sowie „Freuden und Vergnügungen“ belegen. Diese galten als „zeitliche Güter, welche uns an und für sich vor Gott, und vor vernünftigen Menschen nicht besser, als wir sind, machen, uns keinen wahren Werth geben, noch wahrhaft glücklich machen können“.169 Der Mensch sollte sie vielmehr als „vorübergehende Geschenke des Himmels“ begreifen und „als Mittel zu Beförderung unseres eigenen und Anderer ewigen Wohls gebrauchen“.170 Selbst dieser Genuss hatte aber mit „dankbarer Genügsamkeit und Mäßigkeit“ zu geschehen,171 denn Ziel war es: „Der Mensch soll Herr über sein Geld seyn, und nicht das Geld über ihn.“172 Nichtsdestotrotz galten 163 Mets, Katechismus, 72; zur Kleidung Ruf, Handbuch 2, 59–63; Wanker, Sittenlehre 2, 115 f.; Sailer, Handbuch 2, 99–102. 164 Mets, Katechismus, 72. 165 Mets, Katechismus, 72; vgl. Mutschelle, Sittenunterricht, 154 f.; klare Beschränkungen bei Sailer, Handbuch 2, 236–241. 166 Mets, Katechismus, 72. 167 Mets, Katechismus, 75. 168 Mets, Katechismus, 75. 169 Mets, Katechismus, 81; Mutschelle, Sittenunterricht, 115–119. 170 Mets, Katechismus, 81. 171 Mets, Katechismus, 81. 172 Mets, Katechismus, 82.
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung
123
sie aber im expliziten Kontrast zur barocken Frömmigkeit173 als für den Katholiken erstrebenswertes Ziel: Da der Katholik durch sie „mancherley Gutes bewirken“ könne, galt der Erwerb von Gütern als „nicht nur erlaubt“, sondern stellte „sogar eine unerlässliche Pflicht“ dar, sofern „auf gerechte und ordentliche Weise erworben, erhalten oder vermehrt“.174 Dem aufgeklärten Ideal hätte ein lediglich ererbter Reichtum175 aber eindeutig widersprochen; trotz reicher Eltern galt der Einzelne als verpflichtet, „in seiner Jugend etwas Nützliches zu erlernen, damit er Im stande ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu erwerben, wenn er durch Unglücksfälle, die sich im menschlichen Leben öfters ereignen können, sein Vermögen verlieren sollte“.176 Hintergrund war hier auch der Versuch, den Menschen von seinen irdischen Gütern unabhängig zu halten. Die sittliche Pflicht ging dahin, „mit Wenigem zufrieden, froh und vergnügt leben zu können, und sich keine überflüssigen Bedürfnisse zu schaffen“177. Schulden galten deshalb als verpönt; der Mensch sollte die „Ausgaben immer genau nach den Einnahmen berechnen und ordnen“ und sich „durch kluge und vernünftige Sparsamkeit auch im Kleinern und Alltäglichen“ Vermögen erwerben.178 Verpflichtet war der Mensch aber auch zum Geben von Almosen, um damit sein Seelenheil zu ermöglichen;179 Geld galt als „Mittel, um durch dasselbe Gutes zu stiften“, nicht als Wert an sich.180 Im Falle des Verlustes von Geld, Macht oder Ehre sollte der Mensch „darüber erhaben seyn“, sich „fassen lernen“ und „nicht über Gott murren, sondern vielmehr nur der Tugend anhängen“.181 Analog, aber nicht identisch hatte der Mensch mit „Ehre und gutem Namen“ umzugehen.182 Zwar hatten beide „eben so wenig Werth als Geld“, sollten dem Katholiken aber dennoch „werth und heilig“ sein, da sie „zu vielem nothwendig“ seien und „das Gutesthun sehr erleichtern“.183 Ehre und guter Namen galten als „Sporn, ihrer immer würdiger zu werden“ und somit als Teil der Selbstperfektion des Menschen. Beide ermöglichten eine Erweiterung des „Wirkungskreises des Guten“ und „die Liebe und Freundschaft guter und edler Menschen“.184 Zusätzlich motivierten sie zur sittlich guten Lebensführung, da „Ehrliebe, Achtung für unsern guten Namen, und die Furcht vor Schande und Unehre“ den Menschen vor „mancher Thorheit“ bewahrten.185 Insbesondere die Ehre galt aber als ambivalenter Begriff: Ehre sollte nur „in der Tugend und Rechtschaffenheit, nur in der treuen Erfüllung unserer Pflichten“ gesucht werden.186 Sie sollte nicht missbraucht werden, sondern der Mensch 173 174 175 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186
Hersche, Barock, 748–793. Mets, Katechismus, 81. Wanker, Sittenlehre 2, 140–143. Mets, Katechismus, 81. Mets, Katechismus, 81. Mets, Katechismus, 82. Mets, Katechismus, 82. Mets, Katechismus, 82. Mets, Katechismus, 83. Ruf, Handbuch 2, 224–240. Mets, Katechismus, 83. Mets, Katechismus, 83. Mets, Katechismus, 83. Mets, Katechismus, 84; Ruf, Handbuch 2, 224–225.
124 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil sollte „immer nur den besten Gebrauch für uns und unseren Nächsten“ davon machen.187 Zu vermeiden war Stolz auf die eigene Ehre ebenso wie unverdiente Ehre; als Kriterium galt „das Wohlgefallen Gottes“, nicht „das Lob der ganzen Welt“.188 „Freuden und Vergnügungen“ hatten ebenfalls ein Janusgesicht. „Der mäßige Genuss unschuldiger Freuden“ galt nicht nur als erlaubt, sondern wurde im Fall von „abgespannten Kräften“ sogar gefordert, um „uns zu fernern Arbeiten und Berufsgeschäften zu stärken“ und „unserm Geist neuen Muth, Aufgelegtheit und Freudigkeit zum Fortschreiten im Guten zu verschaffen“.189 Hier galten aber explizite Regeln: Solche Vergnügungen sollten „stets vernünftig und wahrhaft christlich“ genutzt werden; dies bedeutete, dass sie dem aufgeklärt-katholischen Normenkatalog nicht widersprechen durften, d. h. sie waren erst „nach der Arbeit“ erlaubt, hatten nicht „sündhaft, unanständig der Tugend und Unschuld gefährlich“, nicht „der Ehre und unserer Gesundheit nachtheilig“ zu sein, durften kein „Geld oder Aufwand“ erfordern und nicht zur Vernachlässigung von „Standes- oder Berufspflichten“ führen und schließlich nicht zur Gewöhnung werden, da der Mensch sonst zu deren „Sklaven“ hätte werden können.190 4.2.3 Die Liebe des Nächsten als Anleitung zum richtigen Leben Ein weiterer Folgemechanismus war die Übertragung der Liebe Gottes auf alle Menschen gemäß des jesuanischen Liebesgebotes; er entwickelt analog die „allgemeine Menschenliebe“191, die „von der Liebe Gottes“ ausging und „sich auf die engen Bande der Gesellschaft, durch welche uns der Schöpfer nach einem allgemeinen Plane innigst vereinigt hat, daß wir alle wechselseitige Werkzeuge unserer Glückseligkeit sind, und einzelne Menschen nicht wirklich gut seyn können, wenn sie es nur für sich und nicht für andere sind, auch nicht wirklich glücklich, wenn nicht andere auch Theil daran haben“.192 Dies machte den einzelnen Katholiken einer genau definierten Art von Nächstenliebe193 pflichtig. Als Nächster galt „jeder Mensch, welcher unserer Hilfe bedarf, und dem wir helfen und Gutes erweisen können, er mag übrigens seyn, wer er immer will, ein Bekannter oder Fremder, ein Gerechter oder ein Sünder, Freund oder Feind – genug dass er ein Mensch ist“.194 Begründet wurden diese Vorschriften durch die Vernunft, die Natur des Menschen und das göttliche Gebot an sich, aus der gemeinsamen Herkunft und menschlichen Ähnlichkeit untereinander sowie der Ebenbildlichkeit mit Gott.195 Die Menschen als die „Eine große Familie Gottes“ 187 188 189 190 191 192 193 194 195
Mets, Katechismus, 84. Mets, Katechismus, 84. Mets, Katechismus, 85; Wanker, Sittenlehre 2, 149–161. Mets, Katechismus, 85. Mutschelle, Sittenunterricht, 96–97; Menschenliebe und Gottesliebe als Einheit vgl. Sailer, Handbuch 1, 107–138. Kolb, Volksaufklärung, 20; Sailer, Handbuch 2, 253 f. Ruf, Handbuch 2, 96–101; Wanker, Sittenlehre 2, 165–168. Mets, Katechismus, 86; Ruf, Handbuch 2, 5 f. Mets, Katechismus, 86; Mutschelle, Sittenunterricht, 134 f.
4.2 Normen der individuellen Selbstausrichtung
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galten untereinander als dazu verpflichtet, „einander [zu] lieben, als Kinder Eines Vaters, der im Himmel ist“.196 Typisch aufgeklärt argumentieren die Katechismen aber durchaus innerweltlich: „Die Menschen können nur durch Hilfe und Liebe glücklich seyn und werden, und ohne diese Liebe ist unter den Menschen keine Ruhe, kein Friede und kein persönliches Glück.“197 Schon aus diesem Grund galt die Nächstenliebe auf einer jenseits der religiösen Ebene funktionierenden Logik als ein Gebot der Klugheit: Es fordert nicht weniger als dass „wir unsern Mitmenschen alles thun sollen, was wir wünschen, dass auch uns von ihnen geschehen möchte; und dass wir unserm Nächsten durchaus nichts thun sollen, wovon wir wünschen, dass es uns nicht geschehen möchte.“198 Was genau darunter zu fassen war, benannten die Katechismen unter den Pflichten der Gerechtigkeit und der Liebe jeweils gegen den Nächsten. Als Pflichten der Gerechtigkeit galten jene Handlungen, welche „dem Nächsten in allen Verhältnissen und im strengsten Sinne immer das Seinige unangetastet lässt, und ihm auch immer vollkommen giebt und leistet, was ihm gebührt“.199 Dies wiederum verpflichtete zur Achtung der Person, deren Rechte und Eigentum der persönlichen Privatverträge sowie „den allgemeinen Staatsvertrag“.200 Gleiches galt für die Person des Nächsten. Diese galt als besonders schutzwürdig, da es galt, den „Menschen zu ehren, unverletzlich zu halten und berücksichtigen, deßwegen darf ich den Menschen durchaus nie als ein blosses Mittel brauchen, wie andere Dinge, sondern vielmehr soll ich alle Menschen in allen Verhältnissen als Meinesgleichen ansehen, und wie mich selbst behandeln“.201 Gleichfalls hatten „das Eigenthum und die Rechte des Nächsten“ „stets heilig und unverletzlich“ behandelt zu werden202.“ Wurde eine der obigen Rechtsverpflichtungen verletzt, galt die religiös legitimierte Ersatzpflicht203; bei „Unrecht“, „Schaden“ oder „Unbild“ war der Katholik „einen solchen Ersatz schuldig, wodurch wirklich alles Unrecht soviel es immer möglich ist, aufgehoben, und jeder Schaden vollkommen vergütet wird“.204 Dies galt für körperliche wie auch geistige Schadensfälle.205 „Hast du deinen Nächsten an der Bildung des Geistes gehindert, oder denselben irregeführt, ihm Irrthum und Aberglauben beygebracht, so musst du dieses Unrecht dadurch zu vergüten suchen: dass du demselben Mittel und Gelegenheit verschaffest, seinen Geist richtiger zu bilden, und ihm den Irrthum und Aberglauben wieder zu benehmen suchen.“206 Ähnliche Ersatzleistungen galten für Lüge (öffentliche Richtigstellung) und Ver196 197 198 199 200 201 202 203 204 205 206
Mets, Katechismus, 87; Ruf, Handbuch 2, 94–96. Mets, Katechismus, 87. Mets, Katechismus, 88. Mets, Katechismus, 88; Sailer, Handbuch 2, 252–258. Mets, Katechismus, 89–90; zu den Verträgen vgl. Wanker, Sittenlehre 2, 240–260; Sailer, Handbuch 2, 302–310. Mets, Katechismus, 89; Sailer, Handbuch 2, 260–261. Mets, Katechismus, 89; Wanker, Sittenlehre 2, 234–236; Sailer, Handbuch 2, 299–302. Wanker, Sittenlehre 2, 267–288. Mets, Katechismus, 90; Ruf, Handbuch 2, 209–211. Mets, Katechismus, 90. Mets, Katechismus, 90; Wanker, Sittenlehre 2, 204–211.
126 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil führung oder Reizung der „Unschuld“ (Rückführung zur Tugend), Ablegen eines falschen Zeugnisses, Verleumdung, Ehrabschneidung (öffentliche Richtigstellung), Diebstahl (Ersatz) und ungerechte Prozesse (Ersatz).207 Das Handeln gegenüber dem Nächsten reglementierten weiter die Pflichten der Liebe. Diese überschritten nochmals wesentlich den Umfang der Pflichten der Gerechtigkeit. „Thu deinem Nächsten auch aus Liebe alles, was du wünschest, dass dir von andern geschehen mächte, und suche ihm überhaupt soviel gutes zu erweisen, als du kannst, und soviel Nachtheil von ihm abzuwenden, als in deinem Vermögen steht, und frage dabey nicht nach dem Grad der Pflicht, sondern folge der bessern Stimmung deines Herzens.“208
Die Liebespflichten umfassten Pflichten des Leibes (Schutz des Leibes des Nächsten, Verpflichtung zur Abwendung von Krankheiten vom Leib des Nächsten, „Theilnahme, Pflege und Hilfe“ im Falle von Krankheit, generell Schutz der Gesundheit und des Lebens des Nächsten209), des Geistes (Pflichten des Geistes: Förderung der Bildung des Geistes, Schutz des Nächsten vor „Irrthum, Aberglauben und Unwissenheit“, beispielhaftes Verhalten210 durch „Aufrichtigkeit und strenge Wahrheit“, „Rath, Belehrung und Beyspiel im Guten“211, liebevolle und ernstliche Warnung, Abhalten vom Bösen durch „Befehle und Strafen“, grundsätzlich dadurch, dass jeder „von seinem Nächsten immer gut zu denken, und zu sprechen“ sich angewöhnen sollte sowie durch die traditionell vorgeprägten geistlichen Werke der Barmherzigkeit)212, die Verpflichtung zum Schutz des Nächsten und seines Eigentums213 sowie die Pflicht, Almosen zu geben214 und – biblisch motiviert – seien Feinde zu lieben215.
4.3 Ein Fazit: Aufgeklärt-katholische Frömmigkeit und persönliche Lebensgestaltung Der Weg des Menschen zum von Gott für ihn intendierten Heil beinhaltete dessen adäquate Antwort auf die göttliche Gnade: In einem komplexen Selbstverbesserungsprozess nahm der Mensch Gott und seinen Heilswillen gläubig an und strebte danach, trotz der ihm eigenen Sündhaftigkeit die ihm vorgegebenen göttlichen Gebote zu befolgen, und nicht in Sünde zu verfallen. Ermöglicht wurde ihm dies durch das Leben und Sterben Jesu; in dessen Wirken war die Möglichkeit des Menschen enthalten, das Ebenbild Gottes in sich an der vorbildlichen Lebensweise Jesu im207 208 209 210 211 212 213 214 215
Mets, Katechismus, 91; Sailer, Handbuch 2, 47–65. Mets, Katechismus, 91 f. Mets, Katechismus, 92. Ruf, Handbuch 2, 140–145. Zitat bei Mets, Katechismus, 92–93; Ruf, Handbuch 2, 123–140. Mets, Katechismus, 92 f.; Mutschelle, Sittenunterricht, 136 f. Mets, Katechismus, 94; Mutschelle, Sittenunterricht, 144–148. Mets, Katechismus, 95. Mets, Katechismus, 95 f.; Ruf, Handbuch 2, 115–119.
4.3 Aufgeklärt-katholische Frömmigkeit und persönliche Lebensgestaltung
127
mer stärker auszubilden und so in der Imitatio Dei bzw. Christi die eigene Selbstverbesserung innerhalb des Menschenmöglichen immer weiter voranzutreiben. Zentral war die Erweckung des Gefühls der Gottesliebe in jedem Menschen. Unterstützt wurde er bei diesem Prozess zusätzlich durch die Vernunft, die ihm das Gesetz Gottes erkennbar machte, und dem Gewissen, das ihm das richtige wie auch das falsche Verhalten direkt fühlbar machte. Begab sich der Mensch aber auf diesen als lebenslangen Prozess begriffenen Weg der Selbstverbesserung, so konnte er innerweltlich durch Unterordnung der Sinnlichkeit unter Vernunft und Gewissen einen Zustand nicht der sinnlichen und innerweltlichen, sondern der auf die Ewigkeit Glückseligkeit erlangen, der auf die ewige Seligkeit vorverwies. Der besondere Vorteil dieses Heilsprozesses: Dieser kam ohne den Druck der letzten Dinge (Tod, Gericht, Fegefeuer, Himmel und Hölle) aus und setzte auf ein vernünftiges, innerweltliches Mitwirken des Menschen am eigenen Heil, ohne das Jenseits dabei aus dem Blick zu verlieren. Da der Mensch im Rahmen seines Selbstverbesserungsprozesses mit Unterstützung von Gewissen und Vernunft die göttlichen Gebote zu halten suchte, musste er diese möglichst gut kennen. Aus diesem Grund fanden sich im Katechismus ebenso wie in den einschlägigen moralischen Handbüchern am jesuanischen Gebot der Gottes- und Nächstenliebe orientierte Normenkataloge, die neben dem eigentlichen Selbstverbesserungsprozess den Umgang mit der eigenen Leiblichkeit, mit dem Nächsten sowie der Welt generierten und somit dem Erwerb von Tugend und den Geboten einen sinnvollen und logischen Rahmen zu geben suchten. Die christliche „Selbstliebe“ verpflichtete den Menschen zu einem achtsamen Umgang mit seiner Körperlichkeit, Gesundheit und den innerweltlichen Geschenken; die zugehörige „Gottesliebe“ drang auf eine Selbstannäherung des Menschen an Gott und dessen Willen. Kaum ein Bereich innerhalb des gesamten Systems katholischer Aufklärung war für das Gesamtkonzept von so großer Bedeutung wie der auf das Individuum fokussierte Frömmigkeitsprozess. In Antwort auf die Offenbarung und in direkter Annahme der menschlichen Gnade antwortete der Mensch in natürlicher und übernatürlicher Vernunft mit gläubiger Annahme einerseits, und – wesentlich wichtiger – mit der Integration eines emotionalen Settings in die eigene Persönlichkeit und Lebensgestaltung. Die Haltung der „Gottesliebe“ durchdrang die gesamte innerweltliche Wahrnehmung und initiierte einen das ganze Leben umgreifenden Prozess der Selbstaufklärung und Selbstverbesserung als Mitwirkung des Menschen am eigenen Heil. Medium hierzu war die Imitatio Christi, in dessen Leben ein anschauliches göttliches Beispiel für zeitgenössische Christen zur Verfügung stand, und in dessen Tod und Auferstehung dem Menschen wieder der Weg zum Heil eröffnet war. Die Gottesliebe als Grundhaltung gegenüber dem Leben und die Imitatio Christi eröffnete den Weg zur Überwindung der eigenen Sinnlichkeit und der Erlangung des gottgewollten Verhaltens des Menschen. Durch ein solches Lebenskonzept konnte der Mensch die größtmögliche innerweltliche Glückseligkeit erlangen, und eröffnete sich die Hoffnung auf die jenseitige. Die Folgen erstreckten sich bis in die Alltagsgestaltung; nicht nur waren aufgrund der Gottesliebe Eid und Aberglauben zu unterbinden, auch der Umgang mit der eigenen Körperlichkeit und der umgebenden Welt wurden klar normiert. Gleiches galt für die Definition des
128 4 „Fürchte Gott, und halte seine Gebote.“ Der Weg des einzelnen Menschen zum Heil Umgangs mit den eigenen Mitmenschen, denen eine ähnliche Haltung der Liebe entgegen gebracht werden musste; im Falle einer Schädigung des Nächsten regelten genaue Vorschriften die Kompensation. Das hier vorliegende Gesamtkonstrukt war vor dem Hintergrund der zeitaktuellen katholischen ethischen Diskussion keineswegs ungewöhnlich, sondern brach Altbekanntes auf eine alltagstaugliche Ebene herunter. Bereits Stattler hatte in Abgrenzung zur zuvor dominierenden „scholastischen“ Moral die ewige Seligkeit als „letzten Zweck des Menschen“ und die Verähnlichung des Menschen mit Gott als geeignetes Vorgehen definiert, um innerweltliches menschliches Verhalten zu begründen.216 Die Aufteilung in „Pflichten gegen Gott, gegen sich selbst und gegen den Nächsten“ ist weit verbreitet, sie findet sich sowohl bei Stattler als auch bei Schanza und Luby.217 Die starke Gewichtung der Imitatio Christi dürfte ebenfalls auf den Einfluss Sailers zurückgehen, der mit seiner Übersetzung des grundlegenden Werkes des Thomas von Kempen zur Nachfolge Christi eine schier unglaubliche Breitenwirksamkeit erreichte.218 Innerhalb der Gesamtkonstruktion eines idealen aufgeklärten Katholiken leistete der hier skizzierte Mechanismus eine wichtige Gelenkfunktion. Dem aufgeklärten Katholizismus und seiner „Privatreligiosität“219 durchaus angemessen ging es darum, eine individuelle Begründung für das eigene Alltagsverhalten zu generieren, ohne dabei auf die primäre Jenseitsbegründung der Barockzeit zurückgreifen zu müssen – und doch ohne ganz auf eine Jenseitsbegründung zu verzichten. Gerade die Verankerung in Gnade und Offenbarung und der Weg der imitatio Christi macht deutlich, dass Religion und Aufklärung eben auch freie Entscheidung des einzelnen Christen für diesen Weg waren, der aktive Versuch, sich selbst durch die Hinwendung zur eigenen Innerlichkeit der erzieherischen Zuwendung Gottes zu versichern.
216 217 218 219
Werner, Geschichte, 259–261. Werner, Geschichte, 261–262. Ool, Imitatio. Holzem, Vorstellungen, 243.
5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens 5.1 Die Gesellschaftsvorstellungen des Diskurses Auch wenn der im letzten Kapitel skizzierte individuelle Frömmigkeitsprozess mit Sicherheit das Zentrum der Katholischen Spätaufklärung darstellte, erschöpften sich damit die Versuche individueller religiöser Normierung keineswegs. Um diesen Prozess zu ermöglichen, etablierten die katholischen Katechismen wie auch die Moraltheologie Rahmenbedingungen, die diesen inhaltlich und strukturell steuern und ein stark reglementiertes Wahrnehmungsmuster etablieren sollten. Kernelement war die aufgeklärt-katholische Definition von Gesellschaft auf der Grundlage einer Einbindung des einzelnen Katholiken in die zeitaktuellen „Zustände des gemeinschaftlichen Lebens“1 in Form einer möglichst weitgehenden religiösen Begründung, ein Versuch, der angesichts sich zunehmend säkularisierender Staatsund Gesellschaftsvorstellungen durchaus als eine Art bewusster Gegenposition zu zeitgenössischen Tendenzen zu sehen ist.2 Die Katholische Aufklärung versuchte, vor diesem Hintergrund gesellschaftliche Organisation möglichst weitgehend religiös zu begründen und mit dem eigenen Bild von religiöser Aufklärung zusammen sowie den Bedingungen der eigenen Umgebungsgesellschaft in Einklang zu bringen. Die menschliche Gesellschaft besaß nach diesem Verständnis eine zutiefst religiöse Dimension. Grundsätzlich existierte die explizite Anweisung Gottes an den Menschen, „in Gesellschaft zu leben“.3 Aus dieser Tatsache ergab sich die Notwendigkeit, mit Hilfe der Vernunft „gemeinsames Leben zu organisieren“4. Die notwendige Folgerung war, dass alle Menschen sich „den zur Erhaltung derselben nothwendigen Gesetzen [zu] unterwerfen, die Lasten gemeinschaftlich [zu] tragen, das Einzelwohl dem gemeinen Besten zum Opfer [zu] bringen“5 hatten. Sinn und Ausrichtung der Gesellschaft hatten dabei religiös zu sein: Erklärtes Ziel war es, dass die Menschheit „in den Individuen zum göttlichen, ewigen Leben entwickelt, fortgebildet, vollendet“ wurde.6 Dies konnte nur gelingen, wenn die Gesellschaft „ein solches Ganze[s bildete], dessen Geist die Religion“ darstellte.7 Gerade im Gesellschaftsbe1
2 3 4 5 6 7
Sailer, Handbuch 3, 1; interessant die Abgrenzung gegenüber den allgemeinen Christenpflichten: „Nun entsteht die Frage, was der Mensch sich, dem Menschen, Gott schuldig sey im Zustande des gemeinsamen Lebens, das von der Universalgesellschaft, die Menschen mit Menschen verbindet, verschieden ist.“ Nipperdey, Geschichte, 403–412. Hassler, Sittenlehre 1/2, 176–191, Zitat 179. Sailer, Handbuch 3, 2; vgl. auch: Koenigsberger, Gemeingeist, 228. Hassler, Sittenlehre 1/2, 179. Sailer, Handbuch 3, 2. Sailer, Handbuch 3, 2.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
griff kommt folglich der aufgeklärte Bildungsimpetus voll zum Tragen. Ferner galt als gesetzt, dass der momentane Zustand der Menschheit wie der menschlichen Gesellschaft alles andere als perfekt zu nennen war, die Gesellschaft aber sehr wohl als Ganzes zum Streben nach Vollkommenheit ausgerichtet sein musste.8 „Der gegenwärtige Zustand der Menschheit ist nicht der Urstand der Menschheit; denn eine so zerrüttete, so degradirte Menschheit, wie sie jetzt ist, die dem Irrthume, dem sittlichen Verderben und dem Tode hingegeben ist, kann nicht unmittelbar aus der Fülle der Wahrheit, der Liebe, des Lebens, aus Gott, gekommen seyn.“9
Vor diesem Hintergrund organisierte die Katholische Aufklärung Gesellschaft denkerisch in drei interdependenten, jeweils dem religiösen Zweck untergeordneten Organisationsformen: Familie, Kirche und Staat. Da die menschliche Gesellschaft neben ihrer letztlich religiös-heilsgeschichtlichen Sinngebung auf Selbstreproduktion ausgerichtet war,10 war die Familie diejenige Organisationsform, in der sich „das gemeinsame Leben zur Fortpflanzung, Entwickelung und Fortbildung einzelner Menschen“11 vollzog. Zugleich war die Familie die Keimzelle der beiden anderen Organisationsformen Staat und Kirche, da sich beide der Organisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens unter der Prämisse widmeten, das „gemeinsame Leben zur Fortbildung mehrerer Familien“12 zu organisieren damit auf der Grundlage der Familie „ein Gesammtleben ganzer Völkerschaften, die aus und durch Familien geworden sind“13, zu konstituieren. Alle drei Institutionen galten vor dem Hintergrund ihrer Funktion als „göttliche Institute“.14 Zwischen Staat und Kirche lässt sich – bei gegenseitiger Verwiesenheit aufeinander – eine Art Arbeitsteilung beobachten: Der Staat bzw. die bürgerliche Gesellschaft galt als Sphäre der „Herrschaft des Rechtes und [der] damit verknüpfte[n] leibliche[n], zeitliche[n] Wohlfahrt des Ganzen“.15 Die Kirche hingegen hatte für sich als genuine Sphäre „die Religiosität und das geistliche, ewige Heil“.16 Organisiert wurden alle drei Teilbereiche durch eine Vielzahl von gesellschaftlichen Rollendefinitionen, die die Alltagswelt der aufgeklärten Katholiken zu strukturieren suchten. Auch sie waren elementarer Teil der Gesamtkonstruktion aufgeklärter Katholizismus, und verliehen unter der Oberfläche der gesellschaftsstrukturierenden Elemente Sinn und Kohärenz. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen blieben nicht ohne Auswirkungen auf die grundsätzlich doch deutlich von der Umgebungsgesellschaft differierenden17 Bestimmungen von Familie, Staat und Kirche innerhalb der katholischen 8 9 10
11 12 13 14 15 16 17
Vgl. oben 104–128; paradigmatisch erneut Sailer, Handbuch 3, 4. Sailer, Handbuch 3, 4. Paradigmatisch Sailer, Handbuch 3, 2: „Die Menschheit soll durch Menschen als Gattung erhalten, und durch Menschen in den Individuen zum göttlichen, ewigen Leben entwickelt, fortgebildet, vollendet werden; denn, was die Zeugung der Gattung, das ist die Bildung des Einzelnen.“ Sailer, Handbuch 3, 2. Sailer, Handbuch 3, 2. Sailer, Handbuch 3, 2. Sailer, Handbuch 3, 3. Sailer, Handbuch 3, 2. Sailer, Handbuch 3, 2. Gestrich, Krause, Mitterauer, Geschichte, 364–405.
5.2 Die Standeswahl als Selbstverortung des einzelnen Menschen
131
Aufklärung. Gerade weil die grundsätzliche Bestimmung genuin religiös war und blieb, zeichneten sich hier massive Konflikte zwischen aufgeklärtem Katholizismus einerseits und Bürgertum bzw. Staat andererseits ab. Hinzu kam die Gefahr, im Verlauf der Entstehung eines katholischen Bürgertums dieses für den Katholizismus weitestgehend zu verlieren, eine Entwicklung, die katholischen Priestern durchaus bewusst gewesen sein müsste und die eine Reaktion geradezu herausforderte.18 Wie es Rudolf Schlögl – wenn auch mit gänzlich anderen Argumentationszielen – formulierte: „Es müßte verwundern, wenn auf die allenthalben spürbare und am Beginn des 19. Jahrhunderts schließlich nicht mehr zu übersehende Verflüchtigung der Glaubenssubstanz keine Reaktion durch Theologen und Seelsorger der katholischen Kirche erfolgt wäre.“19
Diese Reaktion bestand in einer Teiladaption der eigenen Umgebungsgesellschaft. Im Bereich der gesellschaftlichen Normen findet sich der explizite Versuch, bürgerliche Wertvorstellungen wieder religiös zu begründen, somit gesamtgesellschaftliche Einflüsse aufzunehmen und in den Katholizismus der Zeit zu integrieren. Die normative Antwort des aufgeklärten Katholizismus auf die zahlreichen hier anstehenden Problemstellungen war ein Mittelding zwischen Beharrung auf vorgegebener Tradition und Öffnung hin zu dieser sich wandelnden deutschen Gesellschaft. Durch ein Ensemble von Rollenformationen20 wurde nicht nur eine Antwort auf die sich wandelnden Familienvorstellungen gefunden, die Neues mit Altem zu kombinieren suchte, sondern zugleich gelang die zumindest normative Anpassung an die in den meisten katholischen Gebieten geltenden rechtlichen Bestimmungen zum Verhältnis von Staat und Kirche, den zweiten großen Problemkreis innerhalb der katholischen Selbstwahrnehmung. In beiden Bereichen dominiert der Versuch, alte Positionen nicht ganz aufzugeben, zugleich aber mit den neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten zurecht zu kommen. Es wurde explizit der Versuch unternommen, vor dem Hintergrund neuer gesellschaftlicher und theologischer Entwicklungen ein kohärentes Gesellschaftsbild mit eigenen Begriffsfüllungen zu entwickeln.
5.2 Die Standeswahl als Selbstverortung des einzelnen Menschen Als entscheidend für die Gesamtkonstruktion galt die richtige Wahl des „Standes“ bzw. des „Berufes“, die religiös stark durchdrungen wurde. Denn grundsätzlich bestand für jeden Christen eine klar definierte spezielle Verpflichtung, innerhalb der 18 19
20
Vgl. Mergel, Klasse; Kill, Bürgertum, 106–113 (leider ohne eine nähere Beschäftigung mit den religiösen Strukturen vor den 1830er Jahren); Schlögl, Glaube. Schlögl, Glaube, 284; im Gegensatz zu Schlögl werte ich bereits die Katholische Aufklärung als einen solchen Versuch, dessen Erfolg und Reichweite sozial- und bildungsgeschichtlich zu untersuchen wäre, und sehe nicht erst die in den 1820er Jahren erfolgenden Versuche ultramontaner Provenienz als Versuch zu klären, „ob Religiosität und bürgerliches Leben sich überhaupt noch zusammenfügen ließen“ (284). Zur Person als Rollenbündel vgl. Schlögl, Glaube, 303–309.
132
5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
Welt gemäß seines „Standes“ oder – häufig synonym verwendet – „Berufes“ zu leben. Hintergrund dieser Pflicht war die von Gott als liebendem Vater und „großem Baumeister“21 durch die Vorsehung vorgegebene Sendung des Menschen in die Welt.22 Im Rahmen dieser Sendung war hierunter weniger die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, sondern vielmehr das zu verstehen, „was man in der besondern Lage und Verbindung – in dem Beruf, in welchen uns Gott gesetzt hat, zu thun schuldig sey“23; mit anderen Worten: „dem göttlichen Berufe eines jeden Menschen“ war unbedingt Folge zu leisten.24 Konstruiert wurde die Standeswahl25 als System wechselseitiger Verpflichtungen zwischen Gott und Mensch. Gott sorgte für eine „natürliche Neigung“ der Menschen zu einem bestimmten Stand26, der Mensch hatte in einem individuellen Auswahlprozess den richtigen Stand für sich anzunehmen27. Dies wiederum garantierte dem Menschen das individuelle Glück: „Seinen Beruf nicht verfehlen, auf dem Stande stehen, wohin uns Gott gestellt hat, welch ein Glück!“28 Zudem galt aufgrund des aufgeklärt-katholischen Glaubenssystems eine falsche Standeswahl als möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich; wer auf seine innere Stimme, „die Stimme Gottes, und des Gewissens“ hörte, konnte sich auf die richtige Standeswahl verlassen.29 Die Belohnung hierfür war die dauerhafte Zufriedenheit mit dem eigenen Stand als Teil des individuellen innerweltlichen, auch religiös zu verstehenden Glücksgefühls.30 Abgelöst von der religiösen Motivationsstruktur umfasste der „Beruf“ zwei weitere Bedeutungsebenen. Erstens umfasste der Begriff „Beruf“ (im Sinne von „Berufung“) die besonderen gesellschaftlichen Verbindungen, in die Christen durch Gottes Vorsehung gesetzt waren und aus denen sich spezielle – auch gesellschaftliche – wechselseitige Verpflichtungen ergaben. Mit der Wahl seines Standes schuf sich der aufgeklärte Katholik einen Kernbereich, der das eigene Leben in seinen Beziehungen vorstrukturierte: „Indessen stehen doch einige Menschen in einer nähern Verbindung mit einander, als mit allen übrigen. Mann und Weib – Eltern und Kinder – Obrigkeiten und Unterthanen – Lehrer und Schüler – Seelsorger und Pfarrangehörige usw., gehen sich näher an, als alle übrigen Mitmenschen.“31
Die Standeswahl war also in erster Linie eine Wahl von Ehe und Familie und damit die Integration in eine lokale Rollengesellschaft; als Spezifikum konnte gelten, dass alle diese Rollen analog der innerfamiliären Beziehungen im Anschluss an das vierte Gebot konstruiert wurden. 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
Hassler, Sittenlehre 1/1, 517. Hassler, Sittenlehre 1/1, 512; vgl. auch Illmensee, Zufriedenheit, 102–103. Huber, Handbuch 2, 138; Wanker, Sittenlehre 2, 332 f. Hassler, Sittenlehre 1/1, 512. Wanker, Sittenlehre 2, 88 f.; zum Müßiggang 89–91. Hassler, Sittenlehre 1/1, 516. Hassler, Sittenlehre 1/1, 520–521. Hassler, Sittenlehre 1/1, 522. Hassler, Sittenlehre 1/1, 521. Ilmensee, Zufriedenheit, 100–114. Huber, Handbuch 2, 138 f.
5.3 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
133
Zweitens nahm der Begriff Stand aber auf der Grundlage derselben religiösen Motivik die Bedeutungsebene „beruflicher Arbeitsbereich“ auf, eine Ebene, für die aber ebenfalls die grundsätzliche Prädisposition Gottes und die Annahme durch den Menschen galt und die wesentliches Element gottgewollter menschlicher Gesellschaft darstellte: „1) Es giebt verschiedene Stände: Einige bauen das Land an, andere treiben Gewerbe, wieder andere sind Handelsleute. 2) Während sich diese mit der Hände Arbeit beschäftigen, denken andere nach, verfassen Schriften, lehren, oder richten, oder verwalten. 3) Gott selbst hat die verschiedenen Stände angeordnet, und diese Einrichtung ist sehr weise: sie macht einen Menschen vom anderen abhängig, so daß einer des anderen bedarf, und alle Geschäfte selbst besser, schneller und richtiger vollbracht werden.“32
Auch aus dieser Form der Standeswahl ergaben sich weitreichende Verpflichtungen, die es einzuhalten galt. Auch hier generierte die Einhaltung der „christlichen Arbeitsamkeit“ ein wechselseitiges Verpflichtungsverhältnis zwischen Arbeitendem und „Kunden“, das beide in die Pflicht nahm.33
5.3 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum 5.3.1 Die Ehe als Normalfall religiöser Gesellschaftsorganisation zwischen Religion und Bürgertum Die Ehe bildete die religiöse Basisstruktur34 aller im Anschluss an die Standesvorstellungen entwickelten religiösen Gesellschaftsvorstellungen.35 Innerhalb der aufgeklärt-katholischen Ehevorstellungen bestimmten zwei Ebenen, was nach aufgeklärtem Verständnis Ehe bedeutete: Eine kirchlich-sakramentelle, die den Fortpflanzungszweck beinhaltete, sowie eine partnerschaftlich-liebevolle.36 a. Kirchlich-sakramentale Grundlage Ehe wurde auf der kirchlich-sakramentellen Ebene37 verstanden als von Gott bereits im Paradies vorgeschriebene, auf Dauer angelegte Lebensform von Mann und Frau mit dem letztlichen Ziel der gottgewollten Fortpflanzung,38 was diese Aussa32 33 34
35 36
37 38
Jaumann, Katechismus, 275. Hassler, Sittenlehre 1/2, 97–112; Wanker, Sittenlehre 2, 86–87; Feddersen, Sittenbuch, 131–137. Sailer, Handbuch 3, 107: „Die Familie ist moralisch nach ihrer Genesis, wenn es die Ehe ist; denn die Ehe ist die eigentliche Genesis der Familie.“; Ruf, Handbuch 2, 284; vgl. auch bei Luby Wolkinger, Moraltheologie, 420–428. Zu den zeitgenössischen soziologischen Rahmenbedingungen Keller, Liturgie, 44–76. Zur komplexen Wechselwirkung von seelsorgerlichen, individuellen und Familiennormen vgl. auch Müller, Ansichten; Hein, Arbeit. Vgl. auch Hassler, Sittenlehre 1/1, 180–196; somit partiell gegen Schlögl, Glaube, 309–313; zur Liebe in der Ehe als genuiner Beitrag der Katholischen Aufklärung vgl. Keller, Liturgie, 81–83. Pracher, Entwurf 1, 227–238. Huber, Handbuch 2, 139: „Kaum hatte Gott das erste Menschenpaar – einen Mann und ein Weib nach seinem Ebenbilde geschaffen, so sprach der zu ihnen: ‚Wachset, vermehret euch, und füllet
134
5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
gen der katholischen Volksaufklärung in den breiten Strom der moraltheologischen Eheaussagen39 der Zeit einordnet. Sie gilt aufgrund der biblischen Aussagen als „heiligste und unauflöslichste Verbindung“40, deren Grundlage aufgrund von Eph. 5,25; 32 die Liebe ist.41 Als Sakrament versteht der aufgeklärte Katechismus sie als „lebenslänglichen Verein von Mann und Weib, wozu ihnen Gott Gnade giebt“42 und als das „äußerliche Zeichen in die beiderseitige Einwilligung des Mannes und des Weibes“43 definiert. Für die Kirche erhielt der Ehestand seine besondere Bedeutung zusätzlich durch die Tatsache, dass sie als Sakrament dazu diente, „um den Eheleuten die besondere Gnade Gottes zuzuwenden, daß sie ihre Kinder zu würdigen, frommen Mitgliedern der Kirche erziehen“.44 Als „Nebenzweck des Ehestandes“ galt die Vermeidung der Unzucht durch Regelung des Sexualtriebes, verstanden als die beiderseitige Verpflichtung zur Vermeidung der Unkeuschheit45 bei gleichzeitiger wechselseitiger Treue46. In diesem Sinn kann die aufgeklärt-katholische Literatur durchaus davon sprechen, dass „das Weib die Gehülfin ihres Mannes, und hiemit auch der Mann der Gehülfe seines Weibes“ ist zur gegenseitigen „Verwahrung gegen die Unkeuschheit“.47 b. Liebe als Grundlage der Paarbeziehung Diesem sakramentalen Verständnis beigeordnet und biblisch im Begriff der Liebe in Eph. 5,25 fundiert bestand die Ehe nach aufgeklärt-katholischem Verständnis in einer partnerschaftlich-liebevollen Beziehung48, die durch die kirchlich rechtmäßig geschlossene Ehe religiös legitimiert wurde;49 gerade hierdurch erhielt sie den Charakter einer gemeinsamen „Reise durch das Leben“50. Gemeint ist hier im Anschluss
39 40 41
42 43 44 45
46 47 48 49 50
die Erde mit Menschen an!‘ 1. Mos. 1.28. In diesen Worten liegt die Erklärung des Ehestandes. Er ist nämlich zu Folge derselben eine Verbindung zweier Personen, verschiedenen Geschlechts, eines Mannes und eines Weibes, um nach der Anordnung Gottes, Kinder zu zeugen, und dieselben Gott gefällig zu erziehen.“; Ruf, Handbuch 2, 287–289; 297–298; Winter, Ritual 2, 1–2. Renker, Ehe, 102–158. Jaumann, Katechismus, 154. Jaumann, Katechismus, 155: „Der heiligste Apostel Paulus schreibt deßwegen: Es ist ein großes Geheimnis, Sakrament, um die Ehe (Ephes. 5,32.) Ich sage aber in Christus und in der Kirche; und er ermahnt die Männer: Liebet eure Weiber, so wie Christus die Kirche liebt, und sich selbst für sie geopfert hat. (Ebendas. V. 25).“ Zur Einordnung in den zeitgenössischen katholischen Ehediskurs Renker, Ehe, 89–93. Jaumann, Katechismus, 155; Werkmeister, Ritual, 54 f. Jaumann, Katechismus, 155. Winter, Ritual 2, 1. Bei Sailer mit deutlicher Betonung der traditionellen Rechte auf „Beiwohnung“, vgl. Sailer, Handbuch 3, 120–122. Notwendige Folge ist die eheliche Treue, vgl. Sailer, Handbuch 3, 122– 124. Der Bereich der Sexualität wäre eine eigene Untersuchung wert; Wanker, Sittenlehre 2, 310–311; Sailer, Handbuch 2, 189–192. Ruf, Handbuch 2, 303–305; Winter, Ritual 2, 4–5. Huber, Handbuch 2, 139–140; Ruf, Handbuch 2, 289–290; Feddersen, Sittenbuch, 56. Diese Haltung lässt sich ebenfalls in einem breiten Strom der zeitgenössischen katholischen Moraltheologie nachweisen: Renker, Ehe, 179–210. Winter, Ritual 2, 7–8. Winter, Ritual 2, 20–23; zeitgenössisch auch bei Werner nachweisbar: Renker, Ehe, 96.
5.3 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
135
an das zentrale Organisationsmoment aufgeklärt-katholisch motivierten zwischenmenschlichen Verhaltens die religiös begründete Verwirklichung der christlichen Selbst- und Nächstenliebe innerhalb einer Ehe, die sich auch in der zeitgenössischen Moraltheologie51 und der bürgerlichen Wertediskussion52 nachweisen lässt: Die Liebe sei „die gegenseitige Neigung des Mannes und Weibes zueinander“ und dürfe „aber nicht blos eine irdische, sinnliche oder nur auf körperliche Schönheit begründet“ sein, „sondern sie muss seyn eine Seelenliebe, hervorgegangen aus der inneren Zusammenstimmung der Gemüther“53. Diese Liebe begreift die Katholische Aufklärung als einen Prozess lebenslangen Wachsens des Paares, ein konstantes Zunehmen zu „immer innigerer Vereinigung“ unter Zurücklassung der irdischen sinnlichen Liebe;54 in diesem Sinn ist eheliche Liebe „himmlische Liebe“.55 Von beiden wird verlangt, „stets liebreich gegeneinander gesinnt“56 zu sein, „stets das Beste von einander zu denken, von einander reden, sich stets freundlich besprechen, Freude und Leid, und selbst ihre Fehler gegenseitig mit Geduld, Nachsicht ertragen, und stets so in Friede und Eintracht leben: sie sollen Eine Seele seyn.“57 Genau diese Grundhaltung verpflichtet beide Partner, die biblischen Gebote der Treue und des Verbots des Ehebruches zu halten58 und die gegenseitigen Fehler lieber zu tolerieren als die Ehe als Gesamtes und Gottgewolltes in Frage zu stellen.59 c. Innereheliche Rollen: Hausvater und Hausmutter Diese beiden grundsätzlich auf Gleichwertigkeit ausgerichteten Bestimmungen der Ehe verhinderten andererseits in keiner Weise, dass eine grundsätzliche klare Hierarchie innerhalb des Ehepaares als gottgegeben vorausgesetzt wurde, was durchaus der zeitgenössischen Ehelehre60 entsprach und an Vorstellungen der Konfessionalisierung61 anknüpfen konnte, somit also der „Vorstellung des Ganzen Hauses“ verpflichtet blieb.62 Es „galt als göttliche Bestimmung, daß der Mann das Haupt der Familie sey“63. Auch hier dominierte eine eindeutig religiöse Begründungsstruktur, die sich auf die „natürliche“ (und damit von Gott geschaffene) größere Kraft des Mannes und die dem paulinischen Bild vom Leib und seinen Gliedern analog gestaltete Familienstruktur kaprizierte; mit der Genesis und Epheser 5 wurden hier Motive aufgerufen, die zumindest die katholische Normbegründung nach 1800 langfristig dominieren sollten. 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63
Renker, Ehe, 101–102. Deinhardt, Frindte, Ehe, 259–260; 263–272. Jaumann, Katechismus, 153; Ruf, Handbuch 2, 305–309; Mutschelle, Sittenunterricht, 160; Werkmeister, Ritual, 57–58. Jaumann, Katechismus, 155. Jaumann, Katechismus, 155; Winter, Ritual 2, 8 f. Jaumann, Katechismus, 276. Jaumann, Katechismus, 276. Jaumann, Katechismus, 276 f. Huber, Handbuch 2, 160–162. Renker, Ehe, 215–234. Holzem, Familie, 259–261. Deinhardt, Frindte, Ehe, 259. Sailer, Handbuch 3, 127.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens „Die Natur, das ist Gott, dessen Werk, Bild, Organ, Offenbarung die Natur ist, hat den Mann durch das Uebergewicht seiner Kräfte zum Haupte bestimmt; Christus hat durch seinen Geist, der aus Paulus sprach, diese Bestimmung klar genug ausgesprochen: Wie Christus das Haupt der Kirche, so sey der Mann das Haupt des Weibes. Wie die Kirche Christo gehorcht, so gehorche das Weib dem Manne. Also der Mann ist das Haupt des Weibes in und durch die gebietende, schützende, leitende, pflegende Liebe; das Weib ist dem Manne unterthan in und durch die gehorchende Liebe.“64
Diese wechselseitige Unterordnung fand sich noch in einem weiteren Begründungsmoment; zur religiösen Motivationsstruktur gehörte die Replik auf die in Genesis beschriebene Schaffung der Frau aus der Rippe des Mannes: „Gott schuf den Mann zuerst – aus einem Ripp desselben bildete er das Weib, und nicht umgekehrt – der Mann ist in der Regel größer, und stärker. Seine Ueberlegung ist gesetzter. […] Schon diese einzige Betrachtung muß uns von der Herrschaft des Mannes über sein Weib, und von der Unterwürfigkeit dieser letzten, gegen den ersten überzeugen. Deßwegen befiehlt der h. Paulus den Weibern Gehorsam gegen ihre Männer mit den Worten: ‚Die Weiber sollen ihren Männern, wie dem Herrn unterthänig seyn. Denn der Mann ist des Weibes Haupt, so wie Christus das Haupt der Kirche ist. Wenn nun die Kirche nach Christi Willen sich richtet, und sich von ihm regieren läßt, so sollen dieß in allen Stücken die Weiber gegen ihre Männer auch thun.‘ Eph. 5.“65
Religiös untermauert und grundlegend neu (zusätzlich) motiviert wird hier also ein bürgerliches Rollenideal, das eine spezifische Arbeitsteilung innerhalb der Familie nach Hausvater und Hausmutter vorsah, wobei der Hausvater für den Erwerb des Unterhalts, die Hausmutter für die Familie und deren Wirtschaft zuständig war.66 Um es auf eine Kurzformel zu bringen: Ja, es gab innerhalb der Ehe eine klare Hierarchie. Andererseits diktierte aber die diese Hierarchie bestimmende christlich fundierte wechselseitige Liebe der Ehepartner einen innerehelichen Umgangsstil, der eine klare Aufgabenteilung bei wechselseitiger grundsätzlicher Achtung gewährleisten sollte. Zu betonen ist aber dagegen auch, dass diese Unterordnung nicht als Ungleichgewichtigkeit verstanden wurde, sondern innerhalb des Konstrukts Ehe eine grundsätzliche Gleichheit enthalten war. Die Frau war dem Mann „gleich“67; der Mann hatte die Verpflichtung, „sie in Allem zu berathen, und darf nur da auf seinem Willen beharren, wenn es der offenbare Nuzen der Haushaltung erfordert“68. Die Überordnung des Mannes über die Frau war vielmehr Teil einer pragmatischen Lösung, denn „Jemand muß wohl Herr im Hause seyn; denn wenn das Eine Ja, das Andere Nein sagt, so wird allgemeine Verwirrung seyn, und Eines muß nachgeben, was nun Gott dem Weibe, als dem schwächeren Theile auferlegt hat“69. Der Mann „als der klügere und stärkere“ war sich bewusst, dass er „das Ansehen, das dem Haupte eigen ist, nur ausübe gegen die, welche nicht nur seines Glei-
64 65 66
67 68 69
Sailer, Handbuch 3, 127; Ruf, Handbuch 2, 309 f. Huber, Handbuch 2, 165. Vgl. auch die Ermahnungen zur Arbeitsamkeit an beide Ehepartner in: Winter, Ritual 2, 5–7. Zur Weiterentwicklung vgl. Schlögl, Glaube, 316–321. Zum Begründungszusammenhang in der zeitgenössischen Ehemoral Renker, Ehe, 222–227. Jaumann, Katechismus, 277. Jaumann, Katechismus, 277; vgl. Mets, Katechismus, 98. Jaumann, Katechismus, 277.
5.3 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
137
chen, sondern ein Leib mit ihm ist“70, was ihm in Konfliktfällen zwar die Entscheidung beließ, ihn aber zugleich verpflichtete, diese in einer Art zu kommunizieren, dass „durch die Freundlichkeit der Belehrung, und selbst durch die Art des Widerstandes das Uebergewicht der Liebe sich in dem Uebergewicht der Macht offenbare, wenigstens so lange, bis die Unbelehrsamkeit des Weibes das Hervortreten der unbedingten Macht hervorruft“71. Als der Klügere und Stärkere war er zudem in besonderer Weise verpflichtet, „die Schwächen des schwächeren [Theils]“ zu ertragen, „ohne die tragende Stärke ihr fühlbar zu machen“72. In besonderer Weise war er aufgrund seiner stärkeren Rolle für die Finanzen der Familie verantwortlich.73 Die Frau war aufgrund der Stellung des Mannes als Haupt zu „Achtung“ und zur Ausübung der „drei größten und seltensten Künste des weiblichen Geschlechtes“ verpflichtet, zu „Gehorchen, Nachgeben, Schweigen“.74 Sie hatte danach zu streben, ihrem Mann „in allem gefällig zu seyn, und seine Fehler zu tragen, wenn sie dieselben mit Bitten und süßen Worten nicht bessern kann“75. Da der Mann „oft seine Geschäfte außer dem Hause“ zu verrichten hatte, „gehört[e] sie dem Hause an, und bewahrt, beschützt, vermehrt, was der Fleiß des Mannes gewinnt“ und sorgte dafür, dass sich dieser zu Hause wohl fühlte; sie „ordnet[e] alle Dinge im Hause so, daß der Mann bei dem Eintritt in das Haus an der Freundlichkeit ihres Gesichtes, an der Reinlichkeit seiner Wohnung, an dem schon bereiteten Mahle, stets neue Beweise ihrer nie alternden Liebe vorfinde“76. Zu diesen häuslichen Pflichten kamen nach der Geburt des ersten Kindes die „Mutterpflichten“ hinzu: „christliche Erziehung des Kindes und neue[r] Eifer in Gottseligkeit und Ausübung aller häuslichen Tugenden“77. Die Ähnlichkeiten mit den bürgerlichen Idealvorstellungen springen nahezu sofort ins Auge: Folgt man den von Budde für das bürgerliche Familienideal vorgegebenen Normen, erfüllt diese Vorstellung von Partnerschaft die bürgerliche Definition. Die Ehe – obwohl zusätzlich religiös motiviert – war „auf Neigung gegründet und durch Liebe verbunden“, sie umfasste primär Vater, Mutter und Kinder, und es lässt sich eine deutliche Trennung zwischen Haus (für die Familie) und Arbeitsund Berufswelt wahrnehmen, aus der der christliche Hausvater in die Familie zurückkehrt. Insbesondere beim dritten Punkt werden die auffälligen Ähnlichkeiten mit den bürgerlichen Idealvorstellungen deutlich.78 Bis in die Begrifflichkeit hinein findet sich hier jene auch im Bürgertum verbreitete, auf „Neigung“ und „Liebe“ gegründete Paarbeziehung, die von entscheidender Bedeutung für den bürgerlichen Wertehorizont war.79 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79
Sailer, Handbuch 3, 127. Sailer, Handbuch 3, 127; Wanker, Sittenlehre 2, 320. Sailer, Handbuch 3, 127; Ruf, Handbuch 2, 310 f. Sailer, Handbuch 3, 127. Sailer, Handbuch 3, 128; Ruf, Handbuch 2, 311–314; Wanker, Sittenlehre 2, 321; Werkmeister, Ritual, 58. Sailer, Handbuch 3, 128. Sailer, Handbuch 3, 128. Sailer, Handbuch 3, 130. Vgl. Budde, Blütezeit, 25. Budde, Blütezeit, 25.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
d. Religiöse Rahmenbedingungen von Eheanbahnung und Heirat Der Eindruck einer engen Verknüpfung mit bürgerlichen80 Idealen verstärkt sich noch, nimmt man andere Elemente des aufgeklärt-katholischen Eheverständnisses hinzu. Als besonders aufschlussreich erweist sich hier der Eheanbahnungsprozess, der analog dem bürgerlichen Pragmatismus zwar die religiös fundierte Liebe in den Vordergrund stellte, Erwägungen wie Schönheit und Reichtum aber nicht unberücksichtigt ließ81; der klassische bürgerliche Heiratsmarkt findet sich jedoch nicht82. Bezeichnend ist, dass beide Partner sich bereits vorab kennen sollten, damit das Ideal der Liebe überhaupt gewahrt bleiben konnte;83 vor zu großem Leichtsinn wurde genauso gewarnt wie vor zu großer „Delicatesse“84. Beide Kategorien galten nicht als ausreichend, um wahre Liebe zu begründen, stellten aber durchaus einen Anreiz dar, der einer Ehe zusätzliche Wertigkeit verleihen konnte.85 Eine zu starke Fixierung auf beide Eigenschaften galt aber als ausgemachte „Thorheit“86. Ähnlich pragmatisch und wiederum in Kongruenz mit den bürgerlichen Werten wurde bei aller Leuchtkraft des Ideals der gegenseitigen partnerschaftlichen Liebe der Einfluss der Eltern gesehen: „Söhne und Töchter sind in diesen Jahren meistens noch unerfahren, leichtsinnig, und lassen sich mehr von der Leidenschaft als von der Vernunft leiten. Sie bedürfen daher des Raths älterer und erfahrner Mernschen, die mit kälterm Blut, und mit mehr Ueberlegung zu Werke gehen, und die es noch überdieß, redlich und aufrichtig meynen. Unter diesen Menschen stehen doch ganz gewiß die Eltern oben an.“
Diesem Einfluss der Eltern stand die Erwägung gegenüber, dass das Glück der Kinder (und hier steht wohlgemerkt der aufgeklärt-katholische Glücksbegriff im Hintergrund!) sowie die Vermeidung des elterlichen Stolzes und Eigennutzes erfüllt sein musste.87 Auch hier galt aber die bürgerliche Prämisse, dass die Subsistenz des jeweiligen Paares – und im Zweifelsfall auch der anderen Mitglieder der Ursprungsfamilie – gesichert sein musste, wie die folgende Beispielgeschichte aus einem Werk der Frömmigkeitsliteratur belegt: „Peter muß Alters halber seinen Hof dem ältesten Sohne übergeben. Er ist Vater von neun Kindern, wovon die meisten noch sehr klein, und aus verschiedenen Ehen entstanden sind. Die Eltern, sammt ihren kleinen Kindern müssen, auch nach der Uebergabe des Hofes, davon leben. Ferner kann doch der Vater diesem Sohne den Hof nicht schenken. Er ist noch sein einziges Kind. Die übrigen sind es auch. Er verkauft ihm also den Hof um 4000 fl. und behält sich eine gewisse, und bestimmte Leibbeding vor. Nun will dieser Mensch mit Gewalt eine Person heurathen, die ihm nicht mehr, als 200 fl. und ein Kind in die Ehe bringt, dessen Vater er ist. Wie will er nun die Zinse bestreiten? […] In diesen Umständen ist also ein Weib nothwendig, die vermöglicher ist, als diese. Der Vater kann eine solche Heurath unmöglich zu geben, wenn der
80 81 82 83 84 85 86 87
Gestrich, Krause, Mitterauer, Geschichte, 498–504. Huber, Handbuch 2, 142 f.; Wanker, Sittenlehre 2, 316 f. Budde, Blütezeit, 28. Huber, Handbuch 2, 152–154. Ruf, Handbuch 2, 314 f. Huber, Handbuch 2, 143 f. Huber, Handbuch 2, 144. Huber, Handbuch 2, 150 f.
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Sohn, der sie will, nicht selbst zu Grunde gehen, oder die übrigen Kinder ganz enterbt werden sollen.“88
Sicher wäre es eine Überinterpretation, auch diese Einflussnahme der Eltern rein der bürgerlichen Werteschiene zuzuschreiben; gerade das Beispiel macht deutlich, dass hier häufig auch eher im ländlichen Kontext zu verortende Subsistenzstrategien eine nicht zu unterschätzende Rolle spielten. Unbestreitbar ist aber die Dominanz des bürgerlichen Wertekanons auf der Ebene der Ehegatten.
5.3.2 Wechselseitige Pflichten zwischen Eltern und Kindern 5.3.2.1 Pflichten der Eltern Ebenfalls von der Ehe als gesellschaftlicher Grundstruktur ausgehend, definiert das aufgeklärt-katholische Weltbild das Verhältnis von Eltern und Kindern als Rollenverhalten, das den beiden Eltern die grundsätzliche gemeinsame Verpflichtung zur Erziehung der Kinder als Familienzweck auferlegte; diese galt als die „erste Elternpflicht“89. Schon aufgrund des grundsätzlichen Eheverständnisses hatten die Eheleute die Standespflicht, „Kinder zu zeugen, und sie fromm und christlich zu erziehen“90. Kamen die Kinder den grundsätzlichen Normen nicht nach, verwirkten die Eltern selbst ihr Seelenheil; vor dem Jüngsten Gericht hatte ein Scheitern der Erziehung direkt „ewige Schande, fruchtlose Reue, endlose Verzweiflung“ zur Folge.91 Aufgrund dieser Norm gilt der Ehestand als „schwer und mühsam“92; ein Autor des Archivs für Pastoralkonferenzen sah die Erziehungsrolle als so schwierig und gefährdet an, dass er die Einrichtung von Fortbildungsanstalten für Eltern zur Erlernung einer guten christlichen Erziehung für notwendig hielt93. Hatte ein Paar erst einmal Kinder, ergaben sich somit zusätzliche Verpflichtungen für die Eltern. Im Kern ging es darum, die eigene Schuldigkeit zu erfüllen: „Wollet ihr, christliche Eltern! An euren Kindern Freude erleben; so müsset ihr eure Schuldigkeit thun: ihr müsset eure Kinder gut erziehen.“94 Der Erziehungsbegriff griff den Prozess der normativen Selbstverbesserung, der dem aufgeklärten Katholizismus zugrunde lag, in Form eines Erziehungsideals wieder auf: „Die Erziehung ist der Beistand, den die Eltern, durch sich und andere, der unmündigen Natur leisten zu ihrer Selbstentwicklung, und zu ihrer Fortbildung nach dem Ideale der Menschheit, das der Entfaltung und Bildung kein geringeres Ziel setzte, als daß das Leibliche dem Geistigen, und das Geistige dem Göttlichen gehorche; ist der Beistand, den die mündige Vernunft der
88 89 90 91 92 93 94
Huber, Handbuch 2, 151 f. Sailer, Handbuch 3, 131; Winter, Ritual 2, 13 f. Jaumann, Katechismus, 155; vgl. auch Hassler, Sittenlehre 1/1 137 f.; Mutschelle, Sittenunterricht, 160; zu den Anforderungen vor der Geburt der Kinder Wanker, Sittenlehre 2, 328 f. Hassler, Sittenlehre 2/1, 99–106. Jaumann, Katechismus, 155; als besondere Schwierigkeit in der pastoralen Praxis stellte sich die Frage nach kinderreichen, aber armen Familien: Schätgen, Seelsorger I. Huber, Bildung. Jais, Predigten 1, 62–79, hier 63; Ruf, Handbuch 2, 319.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens Eltern dem unmündigen Alter leistet, um dasselbe auch mündig, und zur Selbstführung durch das Leben tüchtig zu machen; ist endlich der Beistand, den sie dem unmündigen Alter leistet, von dem Augenblicke der Geburt bis zum Momente der vernünftigen Selbstführung.“95
a. Die ersten Lebensjahre und die frühe Jugend Die konkrete Wahrnehmung der Erziehungspflichten verlief bei aller gemeinsamen Verantwortung aber durchaus rollenspezifisch. Hauptexponent der Erziehung war die Mutter, die insbesondere die ersten Lebensjahre für zuständig erachtet wurde; der Vater war zwar immer mit verantwortlich, kam in der konkreten Erziehung der ersten Jahre aber lediglich in unterstützender und vorbildhafter Funktion vor.96 Während der Schwangerschaft und der Kleinkindzeit galt die Mutter als primär, keineswegs aber allein als zuständig97. Als Kurzformel kann gelten: Zwar war die Mutter genuin für alle Bedürfnisse der Kinder zuständig (Essen, Trinken, Wickeln) und sah diese Aufgaben als ihre „vorzüglichste Pflicht“ an, die grundsätzlichen Regeln hierfür hatten aber durch Absprache der Ehegatten zu erfolgen.98 Ab dem Alter von zwei Jahren war der Vater stärker in der Pflicht, da ab diesem Alter die beginnende Unterscheidungs- und Vernunftfähigkeit der Kinder ein gemeinsames und einheitliches Engagement der Eltern notwendig machte, um die bei den Kindern sich entwickelnden Laster von Beginn an einzuschränken.99 Die Stimme des Vaters erhielt ab diesem Zeitpunkt besonderes Gewicht durch seine Rolle als Hausvater, die ihn in besonderer Weise als „Hirt“ nach dem Vorbild Christi prädestinierte.100 Aussagen zur Kinderzahl finden sich übrigens nicht, ein ideales Paar, das im Frömmigkeitswerk Hubers als Beispiel diente, hatte aber nur drei Kinder, was mit der Entwicklung der bürgerlichen Familiengröße konform ginge.101 In den konkreten Erziehungszielen folgte die Frömmigkeitsliteratur einer Aufteilung in Leib und Seele. In Bezug auf den Leib hatte die Mutter exakt auf jenes Ideal zu achten, das aufgeklärte Frömmigkeit bereits im Bereich des Umgangs mit 95 Sailer, Handbuch 3, 131. 96 Sailer, Handbuch 3, 136: „Der Vater unterstützet die bildende Mutter in ihren Bildungen mit klugem Rathe, mit fleckenlosem Beispiele des Lebens, mit belohnender Milde, mit strafendem Ernst, und mit dem siegenden Ausdrucke einer sich stets gleichen Liebe gegen seine Kinder.“ 97 Huber, Handbuch 2, 190: Auch hier kam der Ausgleich bei grundsätzlicher vernünftiger Gleichheit beider Partner zum Tragen. Direkt nach der Taufe spricht der ideale Vater Gottfried zu seiner Frau: „Jetzt ist das Kind ganz der Leitung der Mutter anvertraut. Der Vater kann nichts anders dabey thun, als die Mutter warnen, wenn sie in der Pflege, und Wartung ihres Kindes, Fehler machen sollte. In diesem Falle muß sie aber nicht eigensinnig seyn, und nicht glauben, das Geschäft deßwegen besser zu verstehen, weil sie Mutter ist.“ Im Gegenzug die Mutter Christine: „Du hast […] über die Erziehung einige gute Bücher gelesen, und mit verschiedenen rechtschaffenen Eltern gesprochen, wie man in diesen, und jenen Umständen die Kinder behandeln müsse. Du weißt also gewiß mehr, als ich. Warum sollte ich denn deine Räthe eigensinnig von mir stoßen? Wenn ich aber etwas besser einsehe, als du, dann will ich auch hoffen, du werdest nicht eigensinnig auf deiner Meynung verharren, sondern mir nachgeben.“ Vgl. auch Feddersen, Sittenbuch, 56. 98 Huber, Handbuch 2, 191–199; Ruf, Handbuch 2, 321 f. 99 Huber, Handbuch 2, 199–205. 100 Hassler, Sittenlehre 2/1, 297–306. 101 Huber, Handbuch 2, 205.
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dem Leib des Nächsten als Ideal definiert hatte, nun aber auf die spezifische Situation der Familie zugespitzt.102 Eltern sollten ihre Kinder „ernähren“103, „über ihr Leben, ihre Gesundheit und geraden Glieder wachen“104 und sie als Teil des aufgeklärt-katholischen Arbeitskodex „früh zur Arbeit anhalten, sie ein Gewerbe lernen lassen, damit sie sich in der Welt fortbringen können, und für ihr Unterkommen, wie es ihr Stand fordert, sorgen“105. Hinzu treten die Anforderungen in Bezug auf die Seele, die noch höher zu gewichten waren, ging es doch in diesem Fall auch um alles oder nichts: „Was nützte ein hundertjähriges Leben, im Besitze einer vollkommenen Gesundheit, unter abwechselnden immerwährenden Freuden verlebt zu haben, wenn die unsterbliche Seele am Ende auf ewig verloren wäre? Hier, christliche Eltern! Müßte sich Eure Sorgfalt verdoppeln, daß ihr das Seelenheil eurer Kinder aus allen Kräften befördert.“106
Was genau bedeutete das nun für das Verhalten der Eltern? Diese sollten für eine „gute Erziehung“107 ihrer Kinder sorgen, diese vom Bösen abhalten108 und den „Keim des Bösen in ihnen zu ersticken suchen“109, sie fleißig „zum christlichen Unterrichte und zur Schule anhalten“110 und über sie mit „Liebe, Ernst und Strafe“111 wachen. Grund hierfür war die schlichte Aufgabe, nach Möglichkeit für deren „zeitliches und ewiges Glück“ zu sorgen.112 b. Spätere Jugend Im weiteren Verlauf der Erziehung veränderten sich die Pflichten der Eltern; insbesondere im fortgeschrittenen Alter waren die Eltern in erster Linie für die „Unschuld und Reinigkeit“ verantwortlich.113 Dies war vor dem Hintergrund der besonderen Schwierigkeiten der Jugendzeit zu sehen, galt diese doch als diejenige Zeit im Leben, in der „vernünftige Eltern bei ihren Kindern zu beachten und zu leiten haben, den Trieb sich zu vergnügen und den Trieb zur Ungebundenheit“114. Die Pflicht der Eltern war es in dieser Phase, auf die Spielgefährten ihrer Kinder ein genaues Auge zu haben, ihre rechtzeitige Heimkehr nach Hause sicherzustellen und sie von den gängigen Lastern fernzuhalten.115 Auch für die Tugend gefährliche öffentliche Veranstaltungen waren zu meiden.116 102 103 104 105 106 107 108 109 110 111 112 113 114 115 116
Hassler, Sittenlehre 1/1, 135–151; Wanker, Sittenlehre 2, 329 f. Jaumann, Katechismus, 277; Feddersen, Sittenbuch, 61 f. Jaumann, Katechismus, 277; vgl. Mets, Katechismus, 100. Jaumann, Katechismus, 277; vgl. Mets, Katechismus, 100. Hassler, Sittenlehre I, 141; vgl. auch Feddersen, Sittenbuch, 62–64. Jaumann, Katechismus, 278. Jaumann, Katechismus, 278. Jaumann, Katechismus, 278. Jaumann, Katechismus, 278; vgl. Mets, Katechismus, 99; Huber, Handbuch 2, 217–220; Ruf, Handbuch 2, 327–330. Jaumann, Katechismus, 278. Hassler, Sittenlehre 1/1, 148. Jais, Predigten 1, 77. Hassler, Sittenlehre 1/1, 144 f.; Feddersen, Sittenbuch, 38–39. Hassler, Sittenlehre 1/1, 144–146. Hassler, Sittenlehre 2/1, 107–115.
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Insgesamt überrascht bei diesen von der Erziehung her zu denkenden männlichen und weiblichen Rollenumschreibungen weniger die Ausrichtung auf Leib und Seele des zu erziehenden Kindes, sondern vor allem die gemeinsame Verantwortung von Vater und Mutter. Weder die später für das 19. Jahrhundert so typische „Zuständigkeit der Frauen: Religion, Kirche und religiöse Sozialisation der Kinder“117 noch der ebenfalls für das Bürgertum beobachtbare zumindest teilweise Rückzug der Väter aus der Kindererziehung118 begegnen in diesem pastoralen Idealbild von Vater und Mutter.
5.3.2.2 Pflichten der Kinder Gesellschaftlich konstruierten sich die Rollen der Eltern also primär auf der Grundlage einer religiös motivierten Überformung des bürgerlichen Ehegattenideals. Dieser Konstruktion standen auf der Seite der Kinder eigene, ebenfalls wiederum religiös motivierte Rollenkonstruktion gegenüber, die sich – die Argumentation mit deutlichem Gewicht versehend – noch auf die Tatsache stützen konnte, dass der „göttliche Gesetzgeber […] die Pflichten gegen die Eltern für so wichtig gehalten [hat], daß er sie zum Gegenstand eines eigenen Gebothes machte“119. Für die Erfüllung der oben genannten Normen waren die Kinder ihren Eltern zudem „Liebe schuldig und Dankbarkeit“120, denn „Alles thun ja die Eltern für ihre Kinder, Tag und Nacht sorgen sie für dieselben, und nur mit Liebe können sie ihnen alle Mühen, Sorgen und Kosten vergelten“121. a. Kindheit und frühe Jugend Als herausragende Tugend galt die „kindliche Gehorsamkeit“, die dafür garantieren sollte, dass Kinder aufgrund der Liebe ihrer Eltern nur im Sinne Gottes und des Guten handelten und so in ihrer Kindheit nichts Böses tun konnten.122 Lassen es die Kinder an diesen Grundhaltungen fehlen, kennen die aufgeklärten Katechismen klare Strafen: „Wie sehr versündigen sich daher jene Kinder, die stets gegen ihre Eltern murren, ihnen harte, unanständige Reden geben, wohl selbst gegen sie fluchen, sie verwünschen, oder gar sich an ihnen vergreifen. Wehe solchen Kindern! Sie können nach Gottes heiligem Gebot kein Glück, keinen Segen auf Erden haben, ihnen kann es nicht gut gehen, ihr Leben wird abgekürzt, und leben sich auch noch so lange, so wird auf ihrem grauen Haupt noch der Fluch Gottes, der Fluch ihrer Eltern ruhen.“123
117 118 119 120 121 122
Gestrich, Krause, Mitterauer, Geschichte, 596. Gestrich, Krause, Mitterauer, Geschichte, 596–597. Huber, Handbuch 2, 245; Jais, Predigten 3, 166–278; Mutschelle, Sittenunterricht, 160. Jaumann, Katechismus, 278; Mutschelle, Sittenunterricht, 160. Jaumann, Katechismus, 278; Mutschelle, Sittenunterricht, 160. Huber, Handbuch 2, 236–241; Hassler, Sittenlehre 1/1, 164–179; Sailer, Handbuch 3, 139. Alle drei erwähnen das vierte Gebot nicht direkt! 123 Jaumann, Katechismus, 278; Wanker, Sittenlehre 2, 333–335.
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Wer den eigenen Eltern nicht die schuldige Achtung erwies, verlor also im individuellen Heilsprozess direkt das Ziel, das eigene Glück auf Erden. Weiter schuldeten die Kinder den Eltern jenseits des vierten Gebotes Gehorsam, da nur durch diesen „eine gute Kinderzucht möglich“124 ist; die Eltern verstünden „besser, was zu unserem Nutzen ist, und Niemand auf der ganzen Welt meint es auch besser mit uns, als unsere Eltern“. 125 Grundsätzlich verlangt war von den Kindern die Meidung der im Rahmen der Erziehung altersgemäß auftretenden Laster. Ein Kind galt als ein gutes Kind, wenn es grundsätzlich die Bereitschaft zur „Ausübung der gesellschaftlichen Tugenden“ bewies und die „Wahrheiten der Religion“ internalisierte.126 Dies umfasste die Meidung der kindlichen Untugenden: Ein Kind sollte den „Hang zum Eigensinn“127 überwinden, nicht lügen128, nicht „schwatzhaft“129 und „naschhaft“130 sein, nicht stehlen131, schließlich gehorsam132, verträglich133, verschwiegen134 und gefällig135 sein; Ordnungsliebe136, Arbeitsamkeit137 und Wohltätigkeit138 erinnern wiederum an die Normen des Bürgertums. b. Späte Jugend: Jungfrauen- und Jünglingsideal Für die Phase der späteren Jugend und der ersten Zeit des Lebens außerhalb der Familie stellte der aufgeklärte Katholizismus zwei eigene Rollenideale zur Verfügung. Vielfach galt dieses teils vor der Verheiratung, aber teilweise bereits nicht mehr unter der Obhut der Eltern sich abspielende Alter als dasjenige, auf dem am leichtesten der Pfad der Tugend verlassen wurde.139 Besonders wichtig war den aufgeklärt-katholischen Autoren in dieser Phase die Meidung derjenigen Laster, die das eigene Seelenheil gefährden konnten, d. h. der Trinksucht140, des Spielens und der Unzucht141. Den Jünglingen wurde eingeschärft, die Jünglingsjahre als „Frühling“ zu betrachten,142 als einen Lebensabschnitt, in dem die Grundlagen für die späteren, 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142
Jaumann, Katechismus, 278. Jaumann, Katechismus, 279; vgl. Mets, Katechismus, 101. Huber, Handbuch 2, 217–220. Huber, Handbuch 2, 208 f. Huber, Handbuch 2, 209–211. Huber, Handbuch 2, 211. Huber, Handbuch 2, 212. Huber, Handbuch 2, 212–214. Huber, Handbuch 2, 220–222. Huber, Handbuch 2, 222 f. Huber, Handbuch 2, 223 f. Huber, Handbuch 2, 224 f. Huber, Handbuch 2, 225. Huber, Handbuch 2, 225 f. Huber, Handbuch 2, 226–227; Ruf, Handbuch 2, 211–219. Ruf, Handbuch 2, 330 f. Huber, Handbuch 2, 216. Huber, Handbuch 2, 206 f.; Jais, Predigten 3, 94–105. Vgl. auch Schumacher, Stimme, 292–294.
144
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reiferen Jahre gelegt wurden.143 Hierzu gehörte der Versuch, trotz der beginnenden Unabhängigkeit möglichst Frieden mit den eigenen Eltern und Geschwistern zu halten;144 wesentlich wichtiger war den aufgeklärt-katholischen Autoren aber der Versuch, die eigene Tugend auch über diese gefährliche Zeit zu retten. Bereits in diesen Jahren war ein tugendsames Leben einzuüben, damit nicht durch „Müssiggang, […] Spiel- und Trinksucht“ das spätere Leben verdorben werden konnte.145 Hilfestellung hierbei sollte eine innere Haltung der konstanten Selbsterforschung „in Gedanken, Worten und Werken“146 und insbesondere der geregelte Ablauf von Sonn- und Feiertagen sein, um sich an jenen durch die „Anbethung Gottes […] in der Tugend durch Unterricht, und Gebeth“ zu stärken.147 Werktage galten als weniger gefährlich, da an diesen die tägliche Arbeit zu verrichten war, an Sonn- und Feiertagen hingegen war die Gefahr von „Spielen, Saufen, und Herumschwärmen bey nächtlicher Zeit“ besonders groß.148 Die einschlägige Frömmigkeitsliteratur empfahl gar an Sonn- und Feiertagen einen festen, bürgerlich strukturierten Tagesablauf mit Gottesdienstbesuch, „Lesen, Schreiben, und Rechnen“ sowie einem Nachmittagsspaziergang „mit einem, oder mehrern ordentlichen Jünglingen“.149 Am meisten zu hüten hatte der Jüngling aber seine Keuschheit, denn bei diesem selten wieder verbesserungsfähigen Laster drohten die größten Gefahren, „zeitlich und ewig unglücklich“ zu werden.150 Unreine Gedanken waren ebenso zu meiden wie die „böse Lust“, am besten waren sie „auszuschlagen“: „Er denkt an etwas anderes, und wenn ihm nichts einfallen will, so bethet er in der Stille ein Vater unser.“151 Bei den Jungfrauen begegnen komplementäre Vorschriften.152 Gehorsam gegenüber den Eltern, Frieden mit den Geschwistern, Gründlichkeit, Reinlichkeit und Sparsamkeit sind Tugenden, die aus der Kindheit vertraut und so auch bei den Jünglingen zu finden waren.153 Auch sie hatten insbesondere die Unkeuschheit zu meiden und stattdessen einem speziellen Jungfrauenideal zu folgen: „Tugend ist Schönheit, und Schamhaftigkeit die größte Zierde einer Jungfrau. […] Einer braven Jungfrau ist an dem Wohlgefallen Gottes mehr gelegen, als an dem Beifall der Welt.“154
Um das Wohlgefallen Gottes nicht zu verlieren, hatte die Jungfrau alles sorgfältig zu meiden, was „die Reinigkeit in Gedanken, Worten, und Werken“ hätte trüben können; im Falle einer „Versuchung“ stellte sie sich den „allwissenden Vater und Richter lebhaft vor“, um dieser nicht zu erliegen und die eigene „Reinigkeit“ zu 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154
Huber, Handbuch 2, 301. Huber, Handbuch 2, 302. Huber, Handbuch 2, 301. Huber, Handbuch 2, 305. Huber, Handbuch 2, 301. Huber, Handbuch 2, 301. Huber, Handbuch 2, 302. Huber, Handbuch 2, 302 f. Huber, Handbuch 2, 302. Vgl. auch Hassler, Sittenlehre 1/1, 370–386; Schumacher, Stimme, 292–294. Huber, Handbuch 2, 308 f. Huber, Handbuch 2, 305.
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verlieren.155 Die Gefahren für die eigene Keuschheit waren mental der ständige Begleiter, um diesen nach Möglichkeit vor dem Entstehen einer verfänglichen Situation aus dem Weg zu gehen.156 Dies führte zu einem Verhalten, das die Einladung zur Unkeuschheit gar nicht erst vermuten lassen sollte: „Sie meidet daher alle Gefahren, in welchen ihre Tugend verloren gehen könnte. Sie hält ihre Augen in Schranken. Sie redet nichts, thut nichts, und läßt nichts zu, was wider die Schaamhaftigkeit ist. Besonders ist sie in der Kleidung und in den Gebährden ehrbar und eingezogen.“157
Auch der direkte Umgang mit männlicher Gesellschaft war strikt reglementiert. „Betasten“ war mit Anzeige zu beantworten, männlicher Umgang hatte allenfalls am „hellen Tag“ keinesfalls in der Nacht, und nur in Begleitung zu erfolgen.158 Und die jungfräuliche Schlafkammer war mit Fensterläden zu versehen und von der Jungfrau „sorgfältig“ vor dem Schlafengehen zu verschließen.159 Eventuell trotzdem erfolgenden Männerbesuch hatte die Jungfrau so zu behandeln wie einen „Räuber, der ihr das kostbarste Gut der Seele – die Unschuld, die Tugend, rauben will“160. c Langfristige Verpflichtungen der Kinder gegenüber ihren Eltern Neben diesen Grundhaltungen der Liebe, Achtung, Ehrfurcht und Gehorsam161 intendieren die aufgeklärt-katholischen Normen einen gottgewollten Generationenvertrag. Im Anschluss 1 Tim. 5,4 („Den Eltern das Empfangene zu vergelten das ist Gott angenehm.“162) und Jesus Sirach 7,30 („Vergilt ihnen das Gute, was sie dir gethan“) verlangten die Normen von den Kindern, ihren Eltern, „wenn sie alt und schwach werden, oder in Noth kommen, Hilfe und Unterstützung“163 zu leisten und dem Alter generell eine ehrerbietige Haltung entgegenzubringen164. Ähnlich lag der Fall, wenn die Eltern insbesondere im ländlichen Kontext ihre Haushaltung bereits an die Kinder abgetreten hatten.165 5.3.2.3 Die erweiterte Kernfamilie: Verwandte und Dienstboten Um die eigentliche Kernfamilie mit Eltern und Kindern herum organisierte die aufgeklärt-katholische Frömmigkeit die erweiterte Kernfamilie mit weiteren religiösen Normierungen.
155 156 157 158 159 160 161 162 163 164 165
Huber, Handbuch 2, 306. Huber, Handbuch 2, 307. Huber, Handbuch 2, 306. Huber, Handbuch 2, 307 f. Huber, Handbuch 2, 307. Huber, Handbuch 2, 307. Ruf, Handbuch 2, 334 f. Jaumann, Katechismus, 279. Jaumann, Katechismus, 279; vgl. Mets, Katechismus, 101; Ruf, Handbuch 2, 338. Jaumann, Katechismus, 279. Huber, Handbuch 2, 242 f.
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a. Zuordnung der übrigen Verwandtschaft Grundsätzlich waren die Mitglieder der Kernfamilie ihren Verwandten zur „Achtung, Liebe, Hülfeleistung“ verpflichtet;166 denn „Alles, was die Physis physisch verbindet, soll die Liebe sittlich bilden“167. Dies galt besonders bei innerfamiliären Notfällen. Im Falle von moralischer oder physischer Verhinderung der Eltern waren die Verwandten, speziell die Großeltern, zur Übernahme der Erziehungspflicht verpflichtet, inklusive der damit verbundenen Zuchtgewalt.168 Kam es zu solchen Übernahmen der Erziehungspflicht, war durch eine genaue Regelung die Rolle der Vormünder normiert.169 Waren die Großeltern dazu nicht in der Lage, traten die Brüder und Schwestern in die Verantwortung.170 Im Falle von Finanzierungsschwierigkeiten der Großeltern traten erst die Eltern, schließlich die Enkel ein; diese gegenseitige Hilfeleistung ging so weit, dass eheliche Kinder den außerehelichen gegenüber zur Unterstützung verpflichtet waren.171 Diese Verpflichtungen galten nicht nur innerhalb der eigenen Familie, sondern selbstverständlich auch für die Schwägerfamilie.172 Ähnliche klare Vorgaben existierten für einen Erbfall, der als Eintritt in die „Rechte und Pflichten (in Hinsicht auf seine Güter und Schulden)“173 galt; dies umfasste ebenso die Übernahme der moralischen Verpflichtungen an Stelle des Erblassers. Konkret bedeutete dies die Verpflichtung, sowohl die Miterben als auch mögliche öffentliche Vermächtnisse fair auszubezahlen und niemandem sein Erbe vorzuenthalten.174 Interessanter als diese Normierungen erscheint hier aber die Feststellung, dass sich nirgendwo Hinweise darauf finden, dass die Verwandten Teil des Haushalts waren. In einem solchen Fall hätten sich vermutlich Normen für die Regelung eines solchen Zusammenlebens finden müssen. Vieles spricht an dieser Stelle dafür, dass sich die aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion diesem Bereich nicht widmete, weil eine solche Normierung nicht wirklich notwendig war. b. Rechte und Pflichten gegenüber den Dienstboten175 Die Dienstboten, als „Hülfsstand“176 schon aufgrund ihrer Nähe zur Familie prädisponiert für die Übernahme von Rollenidealen aus dem Kontext der Familie, wurden in der Katholischen Aufklärung der Rolle der Kinder weitestgehend angeglichen;177 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175
Sailer, Handbuch 3, 141 f. Sailer, Handbuch 3, 142. Sailer, Handbuch 3, 142. Sailer, Handbuch 3, 143 f. Sailer, Handbuch 3, 142. Sailer, Handbuch 3, 142. Sailer, Handbuch 3, 142 f. Sailer, Handbuch 3, 143; Ruf, Handbuch 2, 279 f. Sailer, Handbuch 3, 143. Zu den sozialen Lebensbedingungen der Dienstboten vgl. Gestrich, Krause, Mitterauer, Geschichte, 602–606. 176 Wanker, Sittenlehre 2, 335–336. 177 Vgl. auch die Wahrnehmung der Dienstboten als „in die Familienverhältnisse so tief eingreifende Klasse“ in: Roder, Ansichten; Ziele dieser Fortbildungsanstalt waren neben der Auslo-
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damit fand sich erstmals eine Übertragung des vierten Gebots auf Mitglieder außerhalb der direkten Familienangehörigen. Im Gegenzug schlüpfte die Herrschaft in die Rolle der Eltern. Auch hier galt die primäre Motivation dem Erwerb des eigenen Seelenheils verknüpft. Gott selbst galt als der „große Hausvater“, an deren Stelle Hausvater und Hausmutter traten: „Gott ist der große Hausvater der ganzen Welt, weil alles durch ihn angeordnet, und geleitet wird. Ein Hausvater und eine Hausmutter sind im sehr Kleinen das, was Gott im Großen, im Unendlichen ist. Für das betrachten sie sich auch. Sie vertreten die Stelle Gottes in ihrer kleinen Familie, und sorgen wie ein Vater, wie eine Mutter für ihre Hausgenossen und Untergebene.“178
Diese Sorgfalt begann schon bei der Auswahl der Dienstboten; „gute – tugendhafte und gottselige Dienstbothen“ auszuwählen galt als die Grundbedingung einer guten Integration in die Familie.179 Diese Sorge für die Angehörigen der Familie wie Vater und Mutter implizierte wiederum die bereits bekannte Versorgung im Bereich des Leibes wie auch der Seele. Für den Leib seiner Dienstboten war der Dienstherr verantwortlich, indem er ihnen „gesunde, nahrhafte Kost und Wohnung nach ihren besonderen Verhältnissen“180 und einen „billigen Lohn“181 schuldete, „dass sie sich ordentlich kleiden, auch wohl etwas ersparen können“182. Teilweise glichen sich die Normen von Kindern und Dienstboten bis in die Formulierungen hinein, so wenn der Dienstherr insgesamt für „die Gesundheit, den Leib und die geraden Glieder“183 seiner Untergebenen verantwortlich gemacht wurde. Ferner sollte der Dienstherr seine Dienstboten „freundlich und menschlich“184 behandeln, Zank meiden,185 „freundlich ihre Befehle […] geben“186 und „ihnen nicht mehr Arbeit und Last auf[…]legen, als sie verrichten und tragen können“187; um gute Dienstboten zu bekommen, sollten die Hauseltern im Zweifelsfall sogar lieber „ein Beträchtliches mehr, als den gewöhnlichen Lohn geben“.188 Grundsätzlich implizierte der Umgang des Dienstherren mit seinen Untergebenen eine im göttlichen Liebesgebot fundierte Haltung der Achtung, die Ausbeutung unmöglich machen sollte: „Sie halten ihre Dienstbothen für keine Sklaven, sondern für Menschen, wie sie auch sind – für ihre Brüder, und Schwestern, die zum Besten des Hauses arbeiten.“189
178 179 180 181 182 183 184 185 186 187 188 189
bung eines Preises für sittlich korrektes Verhalten die Verbesserung der Lesefähigkeit der männlichen und der hauswirtschaftlichen Fähigkeiten der weiblichen Dienstboten. Huber, Handbuch 2, 256; Mutschelle, Sittenunterricht, 160 f. Jais, Predigten 3, 297–311; Ruf, Handbuch 2, 340. Jaumann, Katechismus, 283. Jaumann, Katechismus, 284; Ruf, Handbuch 2, 341. Jaumann, Katechismus, 284; Wanker, Sittenlehre 2, 336 f. Jaumann, Katechismus, 284; Ruf, Handbuch 2, 343. Jaumann, Katechismus, 284. Huber, Handbuch 2, 256. Jaumann, Katechismus, 284. Jaumann, Katechismus, 284; Jais, Predigten 3, 300 f. Huber, Handbuch 2, 257. Huber, Handbuch 2, 256.
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Für die Seele seiner Dienstboten sollte der Dienstherr sorgen, indem er „sie zum Unterricht, Gottesdienst an-, und von bösen Gesellschaften abzuhalten“190 suchte und ihnen am Sonntag die ausreichende Ruhe ließ191. Ähnlich der Stellung des Vaters gegenüber den Kindern waren die Hauseltern dafür zuständig, dass „in ihrem Hause, weder von Fremden, noch von Einheimischen, etwas Unanständiges, oder Sündhaftes gethan werde“, um einen möglichen negativen Einfluss auf die Dienstboten zu verhindern.192 Gefährliche Zusammenkünfte, unanständige Reden und Lieder, Ehrabschneidungen und Verleumdungen, Fluchen und Schelten hatten die Hauseltern zu unterbinden.193 Positiv gewendet verlangte dies von den Hauseltern die Anleitung der Dienstboten zum „Gebet, zum Besuch des Gottesdienstes, zur Anhörung der Predigt und christlichen Lehre“, d. h. die Hauseltern hatten faktisch dafür zu sorgen, dass ihre Angestellten mustergültige Christen wurden:194 „Mit einem Worte: eine wahrhaft christliche Meisterschaft ist für die Tugend ihrer Dienstboten so besorgt, als wären sie ihre eigenen Kinder.“195 Eng an den kindlichen Normen orientiert sind die Verhaltensvorgaben der Dienstboten. Deren erste Pflicht bestand darin, ein „christliches Haus“ zu finden.196 Ihrem Dienstherrn gegenüber sollten sie eine Haltung der „Ehrfurcht und des Gehorsams“197 an den Tag legen. Bei ihrer Arbeit sollten sie „die ihnen aufgetragenen Arbeiten fleißig und gut“198 verrichten, „das Beste, den Nutzen ihrer Dienstherren wie ihren eigenen immer wahren, befördern, mehren“199 suchen und „sich mit ihrer Kost und ihrem Lohn genügen lassen, nichts entwenden, veruntreuen, verschwenden, vernaschen“200. Am besten konnten die Dienstboten ihrer „Meisterschaft“ eine solche positive Grundhaltung aber vergelten, indem sie nach Möglichkeit für diese mitdachten und Aufgaben, die sie selbst wahrnahmen, einfach erledigten;201 ferner hielten sie untereinander Frieden, um die eigene Hausfamilie nicht in Unfrieden zu stürzen202. Insgesamt erscheint die Rolle der Dienstboten innerhalb der erweiterten Kernfamilie als seltsam ambivalent. Von den bis zu diesem Punkt prägenden bürgerlichen Normen, die jeweils religiös unterfüttert wurden, ausgehend, würde man an dieser Stelle eine zunehmende Distanz zwischen Kernfamilie und erweiterter Kernfamilie, zwischen Familie und Dienstboten erwarten. Genau dies ist aber nicht der Fall; ganz im Gegenteil binden die Normen die Dienstboten sehr eng an die eigentliche Familie, was eher zum oben beschriebenen traditionalen denn zum modernen bürgerlichen Weltbild zu passen scheint. 190 191 192 193 194 195 196 197 198 199 200 201 202
Jaumann, Katechismus, 284; Wanker, Sittenlehre 2, 338. Jais, Predigten 1, 301. Huber, Handbuch 2, 257. Huber, Handbuch 2, 257. Huber, Handbuch 2, 258. Huber, Handbuch 2, 258. Jais, Predigten 1, 303; Ruf, Handbuch 2, 346. Jaumann, Katechismus, 284; Ruf, Handbuch 2, 344; Mutschelle, Sittenunterricht, 161. Jaumann, Katechismus, 284. Jaumann, Katechismus, 284 f. Jaumann, Katechismus, 285; Huber, Handbuch 2, 260. Huber, Handbuch 2, 260. Huber, Handbuch 2, 260.
5.3 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
149
5.3.3 Berufliche Rollenzuschreibungen: Der Mann als „Professionalist“ Für den Mann bzw. den Hausvater, der als Alleinverdiener außerhalb des Hauses tätig war, gab es ein klares Profil, das die korrekte Ausübung eines Berufes, einer „Profession“ vorschrieb.203 Auch hier lässt sich eine gewisse Nähe zu bürgerlichen Wertevorstellungen konstatieren, auch wenn die von Dieter Hein konstatierte Einbettung „in einen übergeordneten Wertzusammenhang“ hier explizit einen religiösen Hintergrund beinhaltete.204 Diese Anforderungen wurden explizit religiös motiviert, galt doch die Arbeit a se als eine der Grundvoraussetzungen des richtigen Lebens; da der Mensch sein „Vermögen ausbilden und gut gebrauchen“ sollte, war seine Arbeitstätigkeit – getroffen aufgrund seiner Standeswahl205 – essentieller Teil der richtigen Lebensgestaltung, Arbeit galt ähnlich dem bürgerlichen Diskurs in keiner Weise als Selbstzweck.206 Wurde Arbeit mit der richtigen inneren Haltung, als Erfüllung von Gottes Willen getan, so hatte sie Gottes Segen.207 Verlangt wurde hier nicht mehr und nicht weniger als konstant gute und qualitativ hochwertige Arbeit vor dem gestrengen Auge Gottes: „Der rechtschaffene Professionalist liefert eine gute Arbeit. Die Arbeit ist gut, wenn die Materie, aus der sie besteht, auch gut, und überdieß noch gut gemacht ist. Wenn z. B. der Schuster schlechtes Leder einkauft, und noch dazu schlecht verarbeitet, so hat er seine Pflicht verletzt. Verkauft er schlechtes Leder für gutes, und die schlechte Arbeit auch für gute, so ist er ein Schelm. Er nimmt dem Käufer mehr ab, als er sollte. Durch seine schlechte Arbeit wird er die Ursache, daß die Schuhe bälder zerreißen, und somit auch bälder wieder neue angeschafft werden müssen. Nun urtheile man wie groß ein solcher Betrug sey? Ist es möglich, daß der heilige, und gerechte Gott ihn ungestraft lassen könne?“208
Drei Grundregeln bestimmten also das Verhalten eines ehrlichen Professionisten oder Handwerkers: Erstens nur das Material zu berechnen, das auch wirklich verwendet wurde; zweitens leistete er im Rahmen seiner Möglichkeit immer gute Arbeit, da er sonst seine eigene Handlungsweise als „lieblos, und ungerecht gegen meinen Nächsten“ erlebte und mit einer „solche[n] Sünde“ sein Gewissen nicht beschweren wollte;209 drittens erledigte er seine Arbeit immer ehrlich und forderte „keinen übertriebenen Lohn“.210 Im Gegenzug war die Kundschaft moralisch verpflichtet, die bestellte Arbeit auf alle Fälle auch zu bezahlen, und zwar fristgerecht;211 zudem hatte er aufgrund
203 204 205 206 207 208 209 210 211
Vgl. auch Hassler, Sittenlehre 2/1, 97–112. Hein, Arbeit, 243. Wanker, Sittenlehre 2, 87–89. Wanker, Sittenlehre 2, 86 f.; Sailer, Handbuch 2, 104–106; vgl. Gründig, Besserung, 267–270; zur Arbeit als Selbstzweck vgl. Hein, Arbeit, 243–245. Wenn auch mit einer gänzlich anderen Motivation als später im Ultramontanismus; vgl. Hassler, Sittenlehre 2/2, 70–79. Huber, Handbuch 2, 296. Huber, Handbuch 2, 298. Huber, Handbuch 2, 298. Huber, Handbuch 2, 300.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
seiner professionellen Ehre im Falle einer Beanstandung immer das Recht auf direkte Kommunikation und Verhandlung über eine adäquate Lösung.212 Analog diesem Verständnis von „Profession“ und „Beruf“ ergaben sich für die einzelnen Berufe Verpflichtungen, die in übertragenen Rollenverständnissen ihren Ausdruck fanden. So existierten in Anlehnung an das im nächsten Abschnitt zu bestimmende wechselseitige Pflichtenverhältnis von Eltern und Kindern Rollenbestimmungen für einzelne Berufe und Berufsstände.213 Analog den familiären Beziehungen waren auch die Verhältnisse zwischen Meister und Lehrling organisiert, ein deutlicher Hinweis auf den eher handwerklichen Kontext der Katholischen Aufklärung. Der Lehrmeister hatte seinen Lehrling zu behandeln, „als wenn der Lehrjunge sein leiblicher Sohn wäre“214; dies umfasste ebenso Pflichten für die ausreichende Ernährung, das leibliche Wohl, also, wie für das „sittliche Betragen“, d. h. das geistige Wohl.215 Er hatte nur eine andere Zielsetzung zu verfolgen als bei seinem leiblichen Sohn: Den Lehrling „die Profession recht zu lehren, die er selber treibet, um ihn dadurch in den glücklichen Stand zu setzen, sich einstens damit ernähren zu können“216. Hierzu gehörte auch, dass dem zukünftigen „Professionalisten“ keine Kenntnisse vorenthalten werden durften.217 Im Gegenzug hatte sich der Lehrling voll und ganz auf die Erlernung des Berufes zu konzentrieren, die der Meister zu bieten hatte.218 Seine Verpflichtung lag insbesondere in einer reibungslosen Integration in die Familienstrukturen des Meisters, was eine angemessene Behandlung der „Meisterin“ und der Kinder wie auch die Zufriedenheit mit der gebotenen leiblichen und geistigen Sorgfaltspflicht umfasste.219 Erhielt er Arbeit, die nicht direkt mit der Ausbildung zu tun hatte, so hatte er diese ordentlich und ohne Murren zu erledigen, da dies in den Pflichten eines Lehrlings enthalten war.220
5.4 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum Die Ehe- und Familienvorstellungen, die sich im aufgeklärt-katholischen Diskurs Südwestdeutschlands nachweisen lassen, fußen auf zwei grundsätzlichen Ausrichtungen: Einerseits setzte sich eine bereits aus der Konfessionalisierung bekannte Linie fort, die Ehe und Familie als elementaren, wenn auch nicht primären Bestandteil der katholischen Gesellschaftskonstruktion begriff.221 Es findet sich eine strin212 213 214 215 216 217 218 219 220 221
Huber, Handbuch 2, 300 f. Beispielsweise für das Verhältnis von Meister und Lehrlingen: Huber, Handbuch 2, 294 f. Huber, Handbuch 2, 293. Huber, Handbuch 2, 294 f. Huber, Handbuch 2, 293. Huber, Handbuch 2, 294. Huber, Handbuch 2, 295. Huber, Handbuch 2, 295. Huber, Handbuch, 295. Holzem, Familie, 244–246.
5.4 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
151
gente, fest in der katholischen Moraltheologie der Zeit fundierte222 religiöse Begründung des zugrundeliegenden Hausvater- bzw. Hausmuttermodells, wobei hier dem deutlich konservativeren moraltheologischen Modell einer von Gott gewollten Unterordnung der Frau unter den Mann gefolgt wird, und nicht der Vorstellung einer etwa bei Salat und anderen Moraltheologen ebenfalls zu findenden grundsätzlichen Gleichwertigkeit223. Die von Andreas Holzem für die Aufklärungszeit konstatierte Familiarisierung der Religion224 nimmt hier ihren Ausgangspunkt und setzt die in der konfessionalisierten Religiosität bereits teilweise zugrunde gelegte Individualisierungstendenz225 unter Weiterverwendung des Konzepts des „Ganzen Hauses“ fort: Rund um Standeswahl sowie innerfamiliäres Rollenverhalten wurden die wesentlichen Verhaltensweisen konstruiert, wenn auch in einem deutlich prominenteren Umfang, als dies in der konfessionalisierten Frömmigkeitsliteratur der Fall gewesen zu sein scheint.226 Im Vergleich zur Konfessionalisierung227 bildeten in den Schwerpunkten deutlich in Richtung Paarbeziehung verschobene Ehevorstellungen sowie eine an Eph 5 angelehnte grundsätzliche Liebesbeziehung beider Eheleute die Grundlage der ehelichen Beziehung; diese wurde erweitert um die grundsätzliche Überordnung des Mannes über die Frau aufgrund von Körperkraft und Klugheit im Anschluss an den Schöpfungsbericht der Genesis. Zudem galten für ihn als „Professionisten“ eigene religiöse Normen, die ihn zur möglichst guten Arbeit im beruflichen Bereich anhielten, ja sein Seelenheil damit verknüpften, dass er seine Arbeit als Dienst an Gott begriff. Ebenfalls mit der dem Mann geschenkten Überlegenheit begründet wurde eine Berufstätigkeit des Mannes außerhalb des Hauses, sowie die grundsätzliche Zuständigkeit der Hausfrau für Haus, Haushalt und das Wohlergehen des Mannes. Ebenfalls als religiös motiviert galt die Zeugung von Kindern sowie deren Erziehung, die sich dem Leib ebenso wie der Seele, und hier insbesondere der Religion, zu widmen hatte und eine der vorrangigen Aufgaben für Vater und Mutter darstellten. Hierfür hauptsächlich verantwortlich war die Hausfrau, der Hausvater war lediglich mit verantwortlich und übernahm im weiteren Verlauf Verantwortung erst, wenn die eigenen Kinder vernünftig genug geworden waren. Im Gegenzug waren die Kinder aufgrund des Gebots Gottes ihren Eltern Gehorsam schuldig, der sich in der Annahme der religiösen Regeln ebenso niederschlug wie in der Befolgung des generellen Konzepts von Frömmigkeit zur individuellen Lebensgestaltung. Analog der Eltern-Kinder-Relation wurde das Verhältnis zu den eigenen Dienstboten gestaltet als wechselseitiges Verpflichtungsverhältnis. Auf der anderen Seite werden deutliche Einflüsse zeitgenössischer gesellschaftlicher Präformierung sichtbar; trotz Bezügen zur Konfessionalisierungszeit standen die Ideale zu Ehe und Familie im Kontext jenes „gesellschaftlichen 222 Vgl. Renker, Ehe; im Grunde manifestieren die hier vorgefundenen Inhalte den Mainstream der moraltheologischen Vorstellungen zur Ehe. 223 Renker, Ehe, 220–222. 224 Holzem, Familie, 246. 225 Holzem, Familie 245, unter Betonung der zugleich maßgeblichen korporativen Religiosität. 226 Holzem, Familie, 243–247; Forster, devotions. 227 Zur Ehe vgl. Holzem, Familie, 248–249.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
Umbruch[s] von zuvor nicht gekannten Auswirkungen und unvorstellbarer Geschwindigkeit“228 oder, um es mit der Begrifflichkeit Elisabeth Fehrenbachs zu fassen, einer „Übergangszeit“229. Strukturen, die über Jahrhunderte die gesellschaftlichen Bedingungen begrenzt, aber auch gesichert hatten (Ständische Ordnung, Wirtschafts- und Herrschaftssysteme), lösten sich angesichts einer rapide voranschreitenden intellektuellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Liberalisierung, Rationalisierung und Mobilisierung zusehends auf.230 Eine zuvor eher statische Ständegesellschaft wurde zunehmend durchlässiger für Auf- und Absteiger.231 Obwohl sich die signifikanten Verschiebungen in der Bevölkerungsstruktur erst deutlich nach 1870 aufgrund der sinkenden Kinderzahl und der großen Wanderungsbewegungen232 ergaben, ging dieser Entwicklung bereits eine in der Zeit der Katholischen Aufklärung feststellbare Veränderung des Selbst- und Familienbildes voraus, das sich mit neuen, bürgerlichen Idealen zumindest berührte.233 Am deutlichsten formulierte das Kernproblem bereits 1788 Adolph Freiherr von Knigge: „Unsre feine Lebensart hat einem der ersten und süßesten Verhältnisse, dem Verhältnisse zwischen Hausvater und Hausgenossen, alle Anmuth, alle Würde genommen. Hausvaters-Rechte und Hausvaters-Freuden sind größtentheils verschwunden; die Gesinde werden nicht als Theile der Familie angesehn, sondern als Miethlinge betrachtet, die wir nach Gefallen abschaffen, so wie auch sie uns verlassen können, sobald sie sonst irgendwo mehr Freyheit, mehr Gemächlichkeit oder reichere Bezahlung zu finden glauben, und ausser den Stunden, die sie unserm Dienste widmen müssen, haben wir kein Recht auf sie, leben nicht unter ihnen, sehen sie nur dann, wenn wir ihnen das Zeichen mit der Schelle geben, und sie nun aus ihren gewöhnlich sehr schmutzigen, ungesunden Löchern zu uns hervorkriechen.“234
Damit replizierte Knigge auf ein sich durch die gesellschaftlichen Wandlungen (Ökonomisierung, Verbürgerlichung, Auflösung des „ganzen Hauses“)235 insbesondere des 18. Jahrhunderts fundamental wandelndes Familienbild, das ein Nebeneinander verschiedener Familientypen zuließ. Die Gründe für diese Veränderungen waren verschiedenen Faktoren geschuldet. Eine wichtige Rolle spielten sicher sich ändernde ökonomische Rahmenbedingungen,236 die sich abzeichnende und von staatlicher Seite durch Agrar- und Wirtschaftsreformen bewusst intendierte neue
228 229 230 231 232 233 234 235 236
Möller, Fürstenstaat, 94. Fehrenbach, Régime, 1–4. Möller, Fürstenstaat, 94. Möller, Fürstenstaat, 167–172. Nipperdey, Geschichte, 112. Nipperdey, Geschichte, 109. Knigge, Umgang, 238. Vgl. Möller, Fürstenstaat, 174–184. Vgl. Möller, Fürstenstaat, 176: „Die Sozialform des ‚ganzen Hauses‘ verlor ihren normativen Charakter, da gegen Endes des 18. Jahrhunderts nur noch die Hälfte der gewerblich Beschäftigten im Handwerk arbeitete, die andere Hälfte hingegen verteilte sich zu mehr als 40 % auf das so genannte Verlagswesen, während der Rest in Manufakturen tätig war. Beide Produktionsformen waren indes nicht an einen Meisterbetrieb gebunden und bewirkten automatisch die Trennung von Gewerbe und Wohnung und die Auflösung des ‚ganzen Hauses‘. Die ‚protoindustrielle‘ Heimarbeit auf dem Lande nahm insofern eine Sonderstellung ein, als bei ihr die Berufsausbildung noch in der Wohnung stattfand.“
5.4 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
153
Wirtschaftsordnung des 19. Jahrhunderts hinterließ deutliche Spuren.237 Hier sind nach der aktuellen Forschung zu unterscheiden: 1. Da war zum einen ein Restbestand des traditionellen Familientypus, bestehend dem „um nur ein Gattenpaar herumgebaute[n] Haushalt“, der Kinder und Bedienstete als Teil der „Lebens- und Hausgemeinschaft“ in sich integrierte und vornehmlich „bei den Bauern und kleinen Bürgern“ weiterlebte.238 Nipperdey bezeichnet ihn nicht zu Unrecht als „Normaltyp der alten Welt“.239 Funktionell betrachtet diente dieser Familientyp als „Lebens- und Produktionsgemeinschaft“, als „Institution der sozialen Sicherungen, gegen Krankheit und für das Alter“, bei dem Lebens- und Produktionsort noch weitgehend zusammenfielen; ein besonders hervorstechendes Merkmal ist seine Betonung der grundsätzlichen Zusammensetzbarkeit der Gesellschaft aus einzelnen Familien.240 Er zeichnete sich zudem durch eine große gesellschaftliche Offenheit und geringe Privatheit aus, das hier gemeinte „Haus“ war für die umgebende lokale Gesellschaft und ihre Institutionen weitestgehend transparent. Eltern und ältere Verwandte – so vorhanden – bildeten geradezu selbstverständlich einen Teil dieser Arbeits- und Lebensgemeinschaft, ohne aber zwingend vorhanden zu sein.241 Eheschlüsse in diesem traditionellen Familientyp haben bei aller Mitbestimmung der Ehepartner weniger mit romantischer Liebe als vielmehr mit „praktischer Tüchtigkeit, Besitz, Versorgung, Miteinander-Auskommen-Können“ zu tun.242 Zudem bot er insbesondere dem Mann die Möglichkeit, seine traditionalen Rollen „Hausvater, Bürger, Nachbar, Kirchenglied, Produzent, Konsument“ weitestgehend untrennbar voneinander wahrzunehmen.243
237 Zu den Bedingungen von Wirtschaft im frühen 19. Jahrhundert vgl. Boch, Staat, 1–28; Möller, Fürstenstaat, 160–166; 200–232; zur Vorgeschichte bis ins 18. Jahrhundert vgl. Gömmel, Entwicklung, 12–56. 238 Nipperdey, Geschichte, 115. 239 Nipperdey, Geschichte, 115. 240 Nipperdey, Geschichte, 115. 241 Möller, Fürstenstaat, 178 f. 242 Nipperdey, Geschichte, 115. 243 Nipperdey, Geschichte, 116.
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5 Familie als Keimzelle des gesellschaftlichen Lebens
2. Von diesem traditionellen Familientyp – so er denn idealtypisch faktisch wirklich noch existierte, man wird hier vermutlich mit vielen Übergangsphänomenen und Mischformen rechnen müssen244 – deutlich zu differenzieren ist der „moderne Typ“.245 Im Kern fand sich hier das bürgerliche Familienideal wieder, wie es Gunilla Budde definiert hat: „Herzstück der bürgerlichen Kultur war ein eigenes Familienideal. Danach sollte die Familie auf Neigung gegründet und durch Liebe verbunden sein, – sich primär aus Vater, Mutter und einer überschaubaren Kinderzahl zusammensetzen, – abgeschottet sein von Arbeits- und Berufswelt, – vornehmlich um die Erziehung der in ihren Eigenarten und Bedürfnissen „entdeckten“ Kinder kreisen, – vor allem dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Bürgerfrau unterstellt sein, die dank ihrer ihr zugeschriebenen Geschlechtscharaktere als für die Aufgabe prädestiniert stilisiert wurde, und durch ein auskömmliches Einkommen des Gatten und Vaters sowie durch „dienstbare Geister“ genügend Mittel und Muße dafür bereitgestellt bekommen sollte.“246
Hier sind Produktion und häusliches Leben getrennt, persönliche individuelle Liebe bildete „personalisiert und affektiv“ die Grundlage der ehelichen Gemeinschaft.247 Auch wenn die traditionellen Rollenverständnisse vorerst an diesem Paradigmenwechsel noch nicht brachen, die Rolle der Frau als „Partnerin“ in bürgerlichen Haushalten dürfte aber wesentlich zu einem Wandel der Selbstwahrnehmung beigetragen haben.248 Innerhalb der eigentlichen Kernfamilie entwickelte sich eine Privatheit, die die Dienstboten, insbesondere die in der bürgerlichen Familie vorkommenden Dienstmädchen, entgegen des traditionalen Typus vom eigentlichen Familienleben ausschloss.249 3. Der dritte Typus ist derjenige der in sich sehr heterogenen Unterschichten.250 In der Heirat ohnehin durch strikte Regeln eingeschränkt, standen hier gänzlich andere verhaltenssteuernde Maximen auf der Tagesordnung denn in den oben beschriebenen Familientypen. In einer von „Not und Arbeit, Hunger und Enge bestimmten Lebenswelt“ bestimmte das tägliche Leben als „Erwerbsgemeinschaft“ die Familienstruktur.251 Das Verhältnis des Mannes zu Frau und Kindern war „roh“, bestimmt (häufig) von Alkohol, Prügel und Arbeit, denn zur Subsistenzsicherung arbeiteten sowohl Frauen als auch Kinder.252 Als Unterform dieses Familientypus darf die erzwungene Familienlosigkeit und – damit häufig verbunden – die hohe Anzahl unehelicher Kinder gelten, eine die Normen der Aufklärung wie auch der Religion massiv in Frage stellender Vorgang.253 244 Vgl. Möller, Fürstenstaat, 179–181. 245 Nipperdey, Geschichte, 117–124. 246 Budde, Blütezeit, 25; zu den Grunddimensionen des Geschlechterverhältnisses vgl. auch: Frevert, Einleitung; Frevert, Meisterdenker; Hausen, Ulme; Schütze, Mutterliebe; Budde, Weg. 247 Nipperdey, Geschichte, 118. 248 Nipperdey, Geschichte, 119 f. 249 Nipperdey, Geschichte, 122 f. 250 Nipperdey, Geschichte, 124. 251 Nipperdey, Geschichte, 125. 252 Nipperdey, Geschichte, 125 f. 253 Nipperdey, Geschichte, 128 f.
5.4 Ehe und Familie zwischen Religion und Bürgertum
155
Auch wenn in den hier untersuchten Quellen Bezüge zum konfessionalisierten Denken sichtbar werden, ist das zugrundeliegende Familienbild in seiner Zielrichtung weitgehend mit dem des Bürgertums kompatibel. Die Rolle des Hausvaters bietet deutliche Haftpunkte am Idealbild des Bürgers, ebenso wie das der Hausmutter an dem der Bürgerfrau. Zumindest rudimentär vorhanden ist auch die Fokussierung der Bürgerfrau auf die Kindererziehung, nach den Ergebnissen der Bürgertumsforschung der zentrale Dreh- und Angelpunkt der bürgerlichen Familie. Deutlich sichtbar sind auch Bezüge zur entstehenden Arbeitsethik des Bürgertums, wenn auch hier nochmals katholisch diversifiziert. Nichtsdestotrotz handelt es sich nicht um eine reine Begründung des bürgerlichen Normsystems mit Hilfe religiöser Normen; maximal handelte es sich wohl um den Versuch, die schwindende bürgerliche Religiosität wieder einzufangen. Ziel dieses normativen Systems ist – ebenso wie des gesamten Frömmigkeitssystems – die ständige Selbstperfektionierung, an dieser Stelle mit Hilfe der Familie als Sozialisationsinstanz. Es stellte somit einen Kompromiss dar: Mit religiöser Motivation wandte sich dieses Normsystem an katholische Bürger und versuchte deren schwindende Religiosität mit Hilfe von deren Normsystem einzufangen und zur Norm für alle Katholiken zu erheben; angesichts der langfristigen gesellschaftlichen Entwicklung erscheint dieser Versuch als noch nicht einmal aussichtslos.
6 Staat und Religion 6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“1 Die Gretchenfrage aufgeklärt-katholischer Gegenwartskonstruktion Eine der brennendsten Fragen für die Katholische Aufklärung war die nach dem Verhältnis von Religion und Staat – oder genauer, wo exakt in Staat und Gesellschaft sich die zeitgenössische Katholische Kirche einzusortieren hatte. Nicht nur machte die generelle und insbesondere in Frankreich und England deutlich religionskritisch2 geführte Debatte innerhalb der Aufklärung eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit eines tendenziell religionsneutralen oder gar religionsfeindlichen Staates notwendig; darüber hinaus bewirkten die Ereignisse der Französischen Revolution3 mit ihrer dechristianisierenden4 langfristigen Wirkung eine klare Positionierung der aufgeklärten Katholiken. Gerade die im Anschluss an die Ereignisse in Frankreich auch in Deutschland intensivierte Debatte um das natürliche Kirchenrecht5 und die sich nun deutlich weiter wandelnden Staatsvorstellungen6 lenkten zwangsläufig die Aufmerksamkeit der Katholischen Aufklärung auf das eigene Verhältnis von Religion und Staat.7 Verschärft wurde diese Notwendigkeit durch die Umwälzungen der kurz nach 1800 erfolgenden Säkularisation, die die reichskirchlichen Strukturen zum Kollabieren brachte und die Existenz der katholischen Kirche in Deutschland in Frage stellte.8 Die aufgeklärt-katholische Reaktion folgt strukturell derjenigen im Bereich der familiären Normen und favorisierte ein Modell staatlichen Selbstverständnisses und staatlicher Aufgaben, das geradezu selbstverständlich Religion als Teil des neuen aufgeklärten Staatsverständnisses aufnahm und differierende Meinungen aggressiv und strategisch gezielt auflöste. Als Antwort des aufgeklärten Katholiken wurde eine emotionale Bindung an Vaterland und Nation postuliert; zusätzlich 1 2 3 4 5 6 7
8
Klemmer, Religionsbedürfniß, 275. Vgl. Möller, Vernunft, 26 f. Hahn, Staat, 237–240; Plongeron, Bekräftigungen, 311–368; Schatz, Säkularisation, 13–37; Nowak, Geschichte, 41–44. Für Frankreich: Vovelle, Religion; für Deutschland: Schlögl, Glaube. Hahn, Staat; zur katholischen Position Hahn, Staat, 127–173. Zur Perspektive des Staates: Hahn, Staat, 175–188; 196–204; zur Weiterentwicklung bzw. Liberalisierung 209–305. Reinalter, Staat/Staatstheorien, 586–587; Klueting, Staatskirchentum, 578–579; 581–585; Kovacs, Beziehungen; besonders erwähnenswert aufgrund der Analyse im Kontext des Naturrechts: Hahn, Staat, 127–173, besonders 170–173; zum aufgeklärten Absolutismus 182–188. Nowak, Geschichte, 44–55; Brendle, Schindling, Reichskirche; Burkard, Eliten; Holzem, Säkularisation; Hug, Kirche; zu den Rechtshintergründen aus der Perspektive des natürlichen Kirchenrechts Hahn, Staat, 305–313.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
157
wurde die Rolle des Regenten normativ aufgefüllt und mit einem Rollenideal versehen, das in gebrochener Form auch für dessen Beamte galt. 6.1.1 Der Staat als Organisationsform der bürgerlichen Gesellschaft 6.1.1.1 Religion im Staat – ja oder nein? Für die Katholische Aufklärung selbst stellte sich die Frage, ob Religion für einen Staat notwendig war oder nicht, eigentlich nicht; diese Notwendigkeit war aufgrund des eigenen Menschenbildes, das die Vergesellschaftung des Menschen grundsätzlich mit beinhaltete, selbstverständliche Denkvoraussetzung. Durch das „tief in seiner geistig-sinnlichen Natur begründete Bedürfniss zur Religion“ des Menschen konnte auch der Staat nicht ohne Religion auskommen; allein diese begründete in ihm „in geistig-sittlicher Beziehung, was er ohne sie im häuslichen und bürgerlichen Verein nicht finden würde“.9 Ein Staat konnte sie „ohne grossen Nachtheil weder unbeachtet lassen noch nach blosem Gutdünken mit Willkür behandeln oder untersagen“, sondern musste ein elementares Interesse daran entwickeln, seine eigenen Bürger insbesondere im Bereich der Religion zu bilden, da ohne eine solche der „die Gesinnung und die Sitten veredelnde Geist des Christenthums“ als Grundlage jeden Staates fehlte.10 Religion galt unter dieser Prämisse für jeden Staat als „dringendes Bedürfniß“.11 Nur so konnte die in der Religion liegende Garantie der öffentlichen Ordnung gewährleistet bleiben, denn selbst die „weltliche Ordnung“ bestand nur, „wenn sie von der göttlichen getragen“ wurde.12 Nur durch Religion war es möglich, die „Leidenschaften“13 zu zügeln; nur in ihr gelang es, das insbesondere im Zeitalter der Französischen Revolution vorhandene „Bewußtseyn höherer Freyheit“ an den richtigen Ort zu verweisen, die „einzig mögliche Gleichheit vor Gott“.14 Der Religion kam somit in letzter Konsequenz die Bedingung der Möglichkeit staatlicher Existenzsicherung zu, da sie sittliches Verhalten ermöglichte bzw. steuerte und beginnende Ablösungserscheinungen von der monarchistisch-absoluten Staatsvorstellung zu unterbinden versprach. Für diese Perspektive erhielt der Staat von Seiten der Religion eine als durchaus adäquat empfundene Gegenleistung: Aus der Perspektive der Religion war der Christ verpflichtet, die weltliche Obrigkeit als von Gott gesetzt zu akzeptieren. Grund hierfür war eine genuin theologische Argumentation, die sich auf Christus und dessen Einschätzung des weltlichen Staates berief. Dieser habe „in den Rechten des Staats, die aus seinem Wesen und seiner Aufgabe hervorgehen, weder etwas 9 10 11 12 13 14
Wessenberg, Eintracht, 1 f.; ebenso zu finden bei Keller, Kirche, 73 f.; Wanker, Sittenlehre 2, 301 f. Wessenberg, Eintracht, 5. Keller, Kirche, 74 f. Keller, Kirche, 74. Zum Wirkmechanismus der Leidenschaften auf die Religion und Tugend vgl. Abel, Erläuterungen, 127–191. Keller, Kirche, 74.
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6 Staat und Religion
abgeändert, noch ändern wollen.“15 Schon aus diesem Grunde galt es für jeden Christen als Gewissenspflicht, „der Obrigkeit des Staates und dessen Gesetzen Folge zu leisten“.16 Im Umkehrschluss hieß dies durchaus, dass Widerstand gegen die weltliche Obrigkeit Widerstand gegen Gott bedeutete. Exakt diese Normen erklären auch die Umgangsweise mit den zeitgenössischen religionskritischen Strömungen; es wurde klar wahrgenommen, dass „Einige behaupten […], ein Volk könne nur dann wirklich aufgeklärt, frey von Vorurtheilen und also wahrhaft glücklich werden, wenn es die Fesseln des Christenthums von sich werfe und seiner Vernunft alleine folge.“17 Erst wenn ein Volk das „Gängelband einer Offenbarung und namentlich des Christenthums“ abstreife, könne es zu „kühnern Fortschritten“ gelangen.18 Dem setzte die Katholische Aufklärung eine mehrschichtige Argumentation entgegen, die die Nützlichkeit der Religion für den Staat nachzuzeichnen suchte: •
Historisch wurde argumentiert, dass in der Geschichte gerade diejenigen Völker die schlimmsten Verbrechen begangen hätten, die sich zuvor von der Religion losgesagt hatten.19 Ein Volk ohne Religion sei ein „Raubthier, das selbst seines Gleichen anfällt, nicht den Menschen, nicht den Bürger zu schonen weiß.“20 Den hier spürbaren Mangel konnte nach Meinung eines Autors der Linzer Monathsschrift auch die „natürliche oder Vernunft-Religion“ nicht erfüllen, da es ihr an der „nothwendigen Bestimmtheit, Allgemeinheit und Deutlichkeit“ fehlte; zudem hielt er es für ausgeschlossen, dass eine solche Form der Religion jemals die „Religion des Volkes“ werden konnte.21 Als einzig tragfähige Grundlage galt die „geoffenbarte Religion als Grundfeste der Staaten“, die dazu führen konnte, dass ein Volk eine ausreichende Grundlage der eigenen Glückseligkeit fand:22 Als Beleg dient der Katholischen Aufklärung das abschreckende Beispiel der Französischen Revolution; gerade weil „unser Vaterland“ an der Religion festgehalten hatte, konnte es „auf unserm deutschen Boden“ nicht zum Vergießen von „Bürgerblut“ kommen und blieben „Empörungen und gewaltsame Umwälzungen“ aus.23
15 16 17 18 19 20
Wessenberg, Eintracht, 9. Wessenberg, Eintracht, 9. Klemmer, Religionsbedürfniß, 275 f. Klemmer, Religionsbedürfniß, 276. Klemmer, Religionsbedürfniß, 277 f. Klemmer, Religionsbedürfniß, 278. Das Beispiel par excellence ist wenig überraschend die Französische Revolution: „Am Rande seines gänzlichen Verderbens rettete sich Frankreich nur dadurch in den greuelvollen Jahren der Anarchie, indem es die Nothwendigkeit eines höchsten Wesens und hiemit auch die Nothwendigkeit der Religion anerkannte.“ Klemmer, Religionsbedürfniß, 278 f. Vgl. Klemmer, Religionsbedürfniß, 279 f: „Wo kein prophetisches Wort mehr ist, nicht erklärt, eingeschärft, geschätzt, als Regel des Lebens angenommen wird, da werden für das Volk die schlimmsten Folgen zu befürchten seyn, weil die natürliche Religion ohne Offenbarung nicht hinreichend ist, das gemeine Volk zu unterrichten.“ Klemmer, Religionsbedürfniß, 281.
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6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
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Gesamtgesellschaftlich versuchte die Katholische Aufklärung das Argument der „wahren Eintracht“24 zum Tragen zu bringen – verstanden als „das Trachten nach Einem, das Streben nach einerley Ziel“25 als dasjenige Element, das die gesamte Gesellschaft zusammenhielt.26 Eine solche konnte es nach aufgeklärtkatholischer Auffassung nur geben, wenn das Christentum und explizit das katholische Christentum deren Grundlage darstellte. Gerade die auch von der Katholischen Aufklärung theologisch ins Zentrum gerückte „Liebe“ der Menschen untereinander bildete die zentrale Grundlage des Staatsverständnisses: Da es der „christlichen Religion vorbehalten“ blieb, „das Menschengeschlecht unter dem liebenswürdigen Begriffe einer einzigen Familie darzustellen“, kam ihr der Status zu, „alles, was Menschen trennen, was sie lieblos, gehässig, ungerecht, dem Menschen seine Mitmenschen fremd oder gleichgültig machen kann, zu schwächen und zu zernichten“.27 Nur ihr war es möglich, „jene heil[igen] Bande zu knüpfen, welche uns fest und sanft zum gemeinschaftlichen hohen Zwecke der bürgerlichen Gesellschaft, hiemit auch des Staates vereinigen“ und damit zu verhindern, „daß wir nicht auch von den Stürmen des Aufruhrs und der innern Unordnung, die um uns her tobten, ergriffen und verschlungen würden.“28 Ein drittes Argument war eines der persönlichen Sicherheit des Fürsten und dessen Sicherheit vor jedweder Revolution. Gerade aufgrund der heiligen und von Gott garantierten Bande zwischen Untertanen und Fürst konnte dieser „unbewacht, und ohne den Schutz seiner Trabanten zu bedürfen, sich seinen Unterthanen anvertrauen“29. Im Gegenzug bedeutete dies aber auch, dass auch der Fürst Christ sein musste, um letztlich gut regieren zu können.30 Schließlich spielten aufgeklärte Katholiken die katholische Karte. Gerade angesichts der aus dem aufgeklärt-katholischen Zeitverständnis erklärbaren Wahrnehmung der eigenen Gegenwart als von „wilde[r], tobende[r] Leidenschaft untergraben“ und von „überhandnehmender Unsittlichkeit“ durchsetzt konnte der Katholizismus mit seinem spezifischen Sakramentenprofil individuell ansetzen, wo kollektive Ermahnungen nichts fruchteten. Mit der „PrivatKlemmer, Religionsbedürfniß, 283. Klemmer, Religionsbedürfniß, 281. Klemmer, Religionsbedürfniß, 281 f. Klemmer, Religionsbedürfniß, 284. Klemmer, Religionsbedürfniß, 284. Klemmer, Religionsbedürfniß, 288. Dort weiter: „Belehrt und überzeugt, daß alle Gewalt von Gott ist, wird nie ein Christ seine Hand an den Gesalbten legen. Lieber das Aeusserste erdulden, als sich durch Gewalt Recht suchen. Er wird jedem das Seinige geben; Ehre wem Ehre, Tribut wem Tribut, Zoll wem Zoll gebührt. Er wird dem Kaiser geben, was des Kaisers ist. Nie werden stürmische Leidenschaften, freche Empörungen, Verachtung des Gesetzes bey ihm Aufruhr gegen rechtmäßige Obrigkeit erzeugen, sondern das Band der Liebe zwischen allen Menschen, zwischen Bürger und Bürger, zwischen Volk und Fürsten, zwischen allen Ständen der bürgerlichen Gesellschaft, zwischen Staaten und Staaten nur desto enger knüpfen. Unser Vaterland wird mächtig unter dem Schutze des Evangeliums jene Strafen nicht fühlen, welche in vollem Maaße jenen Reichen und Ländern zu Theil wurden, welche das Christenthum verachteten.“ Vgl. Sailer, Sambuga, 74–168.
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beicht“, verstanden als Privatunterricht,31 und den „äußerlich religiösen Gebräuche[n] und Ceremonien“32 leistete er einen signifikanten Beitrag zur „häusliche[n] und bürgerliche[n] Wohlfahrt“33. Sehr deutlich wird hier bereits, dass die Katholische Aufklärung durchaus gezielt die Nähe zum Staat suchte. Schon rein argumentativ ging man in aufgeklärt-katholischen Priesterkreisen von einer Identität von Kirche und Herrscher aus, im Sinne der Religion, ein Staat ohne Religion war für die aufgeklärten Katholiken schlicht nicht denk- und vorstellbar; zu klären war aber die Frage, wie genau sich das Verständnis zwischen Herrscher und Staat auf der einen und Religion und Kirche auf der anderen Seite ausgestalten konnte. 6.1.1.2 Aufgaben des Staates Diese Ausgestaltung ging von denkbar einfachen Voraussetzungen aus: „Staat“ galt der Katholischen Aufklärung in erster Linie als Organisationsform der weltlichen Seite von Gesellschaft mit dem Ziel der religiösen Perfektionierung des Menschen; der Staat sollte lediglich die äußeren Bedingungen schaffen, unter denen der einzelne Mensch sein Seelenheil erreichen konnte. Staat war nach diesem Verständnis eben nie nur Staat, sondern immer „Staatsgesellschaft“34, nie nur ein „abstrakter Gedanke“, sondern immer „lebendiges Gemeinwesen“35, dessen inneres Ziel und Zweck es darstellte, „Wohlfahrt im vergänglichen Leben“ herzustellen.36 Ziel des Staates war es also, zur Rettung der Menschheit aus den Niederungen der Zeit beizutragen, und zu diesem Zweck musste er Religion als elementaren Bestandteil besitzen, da er sonst nicht erkennen konnte, wie der korrekte Weg zur Erreichung des eigenen Zweckes aussah.37 Zu exakt diesem Zweck war der Staat von Gott geschaffen, ohne ihn und eine religiöse Fundierung konnte er nicht bestehen,38 Religion war ihm „wesentlich“,39 denn für die Inhalte und Ziele war nicht der Staat verantwortlich, sondern Gott und die Religion.
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38 39
Klemmer, Religionsbedürfniß, 289. Klemmer, Religionsbedürfniß, 290. Klemmer, Religionsbedürfniß, 289. Wessenberg, Eintracht, 1. Wessenberg, Eintracht, 1; vgl. auch Klemmer, Religionsbedürfniß, 275. Wessenberg, Eintracht, 3. Vgl. Sailer, Handbuch 3, 9: „Religion ist also jedem wahren Staat wesentlich; denn jeder wahre Staat, der als solcher zu seinem Selbstbewußtseyn durchgedrungen ist, weiß, daß ihm in der Gesammtaufgabe an die Menschheit die Wiederherstellung der verfallenen Menschheit zur ursprünglichen Größe durch Aufhebung der Ungerechtigkeit und Herstellung der Gerechtigkeit aufgetragen ist; er weiß aber auch, daß die Wiederherstellung der Menschheit ohne Wiederherstellung der Religiosität unmöglich ist; er weiß endlich, daß er selbst seine hohe Bestimmung die Gerechtigkeit herzustellen, nicht erreichen könnte, wenn er die Religiosität von seinem Augenmerke ausschlösse.“ Wessenberg, Eintracht, 33. Sailer, Handbuch 3, 9.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
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Aus dieser generellen Aufgabenstellung, die Bedingungen zur individuellen Selbstverbesserung des Menschen zugunsten seines eigenen Heils zur Verfügung zu stellen, ergaben sich detaillierte Aufgaben, die der Staat wahrzunehmen hatte: 1. Der Staat sollte die „Bestimmung der bürgerlichen Rechte und die Handhabung der sie schützenden Gesetze“40 übernehmen, „Ungerechtigkeit“41 verhindern und diese Rechte auch durchsetzen42; er erhielt somit zentrale Deutungshoheit über die äußeren Bereiche menschlichen Zusammenlebens.43 Zu diesem Zweck war der Staat auch berechtigt, „Zwangsmaßnahmen“ zu ergreifen, um Recht herzustellen und Ungerechtigkeit zu verhindern.44 Diese Zwangsmaßnahmen konnten auch umfassen, „Verbrecher“ mit dem Tod zu bestrafen, wenn dies zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“ oder „zur Verhütung künftiger Verbrechen“ notwendig war.45 2. Um dieses Ziel zu erreichen, besaß der Staat aber auch das Recht, inneren Zwang auszuüben und „den Geist (Erkenntnis und Willen) […] in Anspruch zu nehmen, zu beleben und in Bewegung zu setzen“.46 Gemeint ist hier ein umfassender Bildungsanspruch des Staates, dieser nannte ein explizites Erziehungsinteresse „für ihr [der Menschen, C. H.] irdisches, äusserlich erscheinendes Dasein und Leben“47 sein Eigen. 3. Als eher nachrangig galten andere staatliche Aufgaben wie der Bau und Unterhalt von „Wegen, Brücken, Lehr- und Wehranstalten“48 sowie die Schlichtung von „Streitigkeiten unter den Unterthanen“49. Auch diese trugen zwar zur Verbesserung der äußeren Lebensbedingungen bei, standen aber eben nicht in direkter Beziehung zu den Zielen Katholischer Aufklärung. Sehr deutlich betonten die aufgeklärt-katholischen Autoren die klare Grenze staatlicher Macht50 und Autorität; der Staat war trotz allem pragmatischen Umgang vornehmlich geschichtliche Realität und etwas zutiefst Innerweltliches. Als „Verein, welcher durch Festsetzung und Handhabung der gesellschaftlichen Rechte und Pflichten allen seinen Gliedern Schutz ihrer Person und aller wahren Lebensgüter gegen äussere Angriffe zu verschaffen beabsichtigt“51, beschränkte er sich explizit auf das „irdische Dasein“52, sein erklärtes Ziel war es, „daß jedem Mitgliede de[s]40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52
Wessenberg, Eintracht, 47. Zentraler Begriff bei Sailer, Handbuch 3, 8 f. Sailer, Handbuch 3, 9. Vgl. ebenso die Argumentation bei Sailer, Handbuch 3, 8–10. Wessenberg, Eintracht, 32 f.; vgl. auch N. N., Staatsverfassung, 387. Ruf, Handbuch 2, 196–204. Wessenberg, Eintracht, 33. Wessenberg, Eintracht, 4 sowie 33. Anzumerken wäre, dass Wessenberg Erziehung aber erst dann als optimal betrachtete, wenn zur weltlich orientierten Erziehung die religiöse Erziehung trat. Jaumann, Katechismus, 281. Jaumann, Katechismus, 281. Vgl. auch Wessenberg, Betrachtungen, 192–222, mit klarer Beschränkung der zwischenstaatlichen Macht sowie Beschränkung auf den irdischen Staatszweck. Wessenberg, Eintracht, 31. Wessenberg, Eintracht, 32.
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selben sein Recht; oder: daß jeder Einzelne so sicher, frey und glücklich sey, als er ohne Verletzung der übrigen seyn kann“53. Bei aller religiösen Letztausrichtung bleibt also festzuhalten, dass die hier propagierten Staatsvorstellungen dennoch zutiefst zeitverbunden blieben. Bereits die Ausrichtung des Staates auf das Wohl der Bürger – und sei es in diesem Fall auch das religiöse Wohl! – lässt nicht von ungefähr an Lockes Konzeption des Gesellschaftsvertrags denken;54 implizit liegt der hier gegebenen Begründung eine Variante der entstehenden bürgerlichen Gesellschaft zugrunde, die freilich durch das ebenfalls entwickelte Regentenideal mit dem existierenden Obrigkeitsstaat konform gemacht wurde. So lange aber nur vom Staat die Rede war, kommen aufgeklärte und bürgerliche Ideale voll zum Tragen.55 Schon die Begrifflichkeit spricht mit der Berufung auf die „bürgerliche Gesellschaft“ und die freiwillige Abgabe von Rechten und Vorteilen zugunsten eines Funktionierens des Ganzen Bände. Nimmt man noch hinzu, dass zumindest an einzelnen Stellen grundsätzlich die Zustimmung der Mitglieder des Staatenverbundes zu dessen Maßnahmen treten musste56 und der Begriff Gesellschaftsvertrag explizit aufgerufen wird,57 wird der aufgeklärte wie auch bürgerliche Argumentationszusammenhang erneut deutlich. Die Genese des Staates folgt auch in aufgeklärtkatholischen Texten den philosophischen Vorgaben: „Wenn man sich mehrere nebeneinander lebende Menschen im Naturzustande denket, so sieht man bald, daß, falls sie als freye Wesen nebeneinander bestehen können, jeder seine äußere Freyheit so beschränken müsse, daß auch die übrigen neben ihm ihre Freyheit gebrauchen können. […] In dieser Absicht muß jeder seinen Privatwillen dem öffentlichen gemeinsamen Willen, der auf die Erhaltung dieser rechtlichen Ordnung gerichtet ist, unterwerfen, und sie müssen unter sich ausmachen, wer diesen gemeinsamen Willen repräsentiren, und die vereinigten physischen Kräfte Aller gegen einzelne Störer leiten, und in seiner Gewalt haben. Dieses Uebereinkommen, heißt der Vereinigungs- und Unterwerfungsvertrag.“58
Sicher ginge es zu weit, hier eine grundsätzliche Offenheit bis hin zur Republik oder gar Demokratie zu vermuten, auch wenn eine solche aufgrund mancher Äußerungen nicht auszuschließen ist, waren die hier propagierten Staatsvorstellungen grundsätzlich in ihrer Ausgestaltung doch erst einmal frei. 53 54 55
56 57 58
Klemmer, Religionsbedürfniß, 283; ebenso: Wessenberg, Eintracht, 32. Schäfer, Geschichte, 28. Koenigsberger, Gemeingeist, 230: „Wenn schon die Menschen an Verstand, Herz und Körperkräften sehr verschieden sind, so haben sie doch alle gleiche Rechte. Wenn jeder Einzelne seine Geistes- und Körperkräfte nicht für sich allein anwendet, sondern sie zur Erhaltung der Rechte, zur Befestigung der Ordnung und Ruhe des Ganzen verwendet, so wird dieses Ganze in Freyheit, Ruhe und Sicherheit leben. Darauf gründet sich das Wesen der bürgerlichen Gesellschaft, daß jeder etwas von seinen Rechten und Vortheilen freywillig hingibt, um dafür an den Rechten und Vortheilen Aller rechtmäßigen und gesicherten Antheil zu nehmen.“ Vgl. ähnlich Mayer, Vorstellungsart, 326–327. Wessenberg, Eintracht, 34; Gemeint ist hier wohl ein „Eid der Treue“, der die einzelnen Mitglieder zur Einhaltung der Verfassung und der Gesetze verpflichtete. Deutliche Anklänge an Rousseaus Gesellschaftsvertrag auch bei Klemmer, Religionsbedürfniß, 288 mit direktem Bezug auf den „gesellschaftlichen Vertrag“. N. N., Lehre, 121 f.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
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6.1.1.3 Die Antwort des aufgeklärten Christen: Die emotionale Bindung an „Vaterland“ und „Nation“ Wie so häufig implizierte dieses Staats- und Regentenverständnis aber auch eine Antwort des jeweiligen Katholiken. Vaterlandsliebe (bzw. der synonym zu Vaterland gebrauchte Begriff Nation) und Gemeinsinn waren die entscheidenden Eigenschaften, die der aufgeklärte Katholik im Gegenzug dem Staat entgegen brachte. Gefasst wurde dies unter dem Begriff des Vaterlandes bzw. der Vaterlandsliebe, die jeden aufgeklärten Katholiken mit seiner Heimat verband. Ausgehend von der grundsätzlichen Bereitschaft des Katholiken, sich aufgrund des Gebotes Gottes produktiv in die Umgebungsgesellschaft zu integrieren, befolgte der aufgeklärte Katholik das Gebot: „Du sollst dein Vaterland mehr als andere Länder lieben.“59 Er folgte damit einem von Gott selbst geschenkten „Naturtrieb der Liebe zum Vaterland“60, der ihn sehr pragmatisch mit dem Ort seiner Geburt und seines Heranwachsens verband: „In der Regel liebt jeder den Ort, wo er das Tageslicht erblickte, und aufwuchs. Von dieser Regel giebt es nur wenige Ausnahmen. Es sind oft Kleinigkeiten, an die wir uns erinnern, wenn wir an unsern Vaterort denken, und die uns doch das lebhafte Vergnügen machen.“61
Auch hier liegt ein eher lokaler Kontext zugrunde, der sich auf den eigenen „Vaterort“ konzentrierte. Die Vaterlandsliebe begegnete in drei Abstufungen. Zugrunde lag ein „Naturtrieb“, der jedem Menschen eigen war und sich auf die reine Landschaft bezog;62 in seiner „durch die Vernunft“ veredelten Form bezog er sich zusätzlich auf die eigene, individuelle Biographie und Geschichte, die der jeweilige Mensch hier erlebt hatte;63 in seiner höchsten, religiös untermauerten Variante knüpfte er an die „christliche Liebe“ als im Heilsprozess vorgegebene individuelle Pflicht des katholischen Christen an und machte die Vaterlandsliebe zu einer „vorzüglichen Liebe für das Vaterland, aber nicht zu einer alle übrigen Gegenstände ausschließenden Liebe“.64 Hier handelte es sich um eine Liebe zu den eigenen Mitbürgern, die aber die geforderte generelle Menschenliebe nicht ausschließen durfte: „Sie [die Vaterlandsliebe, C. H.] sei wohlgeordnet, dem Lande, das uns Leben, Erziehung und Versorgung gab, vorzüglich geweiht; aber ohne die übrigen Kinder der großen Menschenfami-
59 60
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Hassler, Sittenlehre 1/2, 185; Wanker, Sittenlehre 2, 302–304. Hassler, Sittenlehre 1/2, 186: „Wäre das nicht, zögen auf einmal alle jene Nationen, die in kältern und heißern Ländern wohnen, in die gemäßigten Himmelsstriche, wo wir sind – Gerechter Himmel, welch eine Verwirrung, welch Blutvergießen müßte daraus entstehen, das sich zuletzt nur mit dem Untergange unsers Geschlechts enden würde. Doch das ist nicht zu besorgen. Jedes auch noch so undankbare Land findet an seinen Eingeborenen dankbare Liebhaber. Ja der Schöpfer, bewundert seine Weisheit und Güte! hat gerade den Bewohnern der armseligsten Länder, die ihre Kinder kaum ein wenig besser als Vieh nähren, einen so starken Trieb der Vaterlandsliebe eingeflößt, daß sie sich höchst unglücklich schätzen würden, wenn sie es auch mit dem mildesten und fruchtbarsten Lande vertauschen sollten.“ Hassler, Sittenlehre 1/2, 185. Hassler, Sittenlehre 1/2, 186. Hassler, Sittenlehre 1/2, 187. Hassler, Sittenlehre 1/2, 187.
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6 Staat und Religion lie von unserm Wohlwollen, und wenn wir Gelegenheit und Kraft dazu besitzen, von unserm Wohlthun auszuschließen. Denn wir sind verbunden, Gott in seinem Ebenbilde, unsern Nächsten zu lieben und zu ehren.“65
Als Kurzformel kann wohl gelten: Vaterlandsliebe war nach diesem Verständnis schlicht „Liebe für das gemeine Beste“66. Vaterlandsliebe galt in diesem Sinne als „nichts anderes als angewandte christliche Menschenliebe auf die bürgerliche Gesellschaft, deren Mitglied man ist“. Konkret war darunter zu verstehen, der „vernünftige […] und rastlose […] Eifer, so viel Gutes unter unsern Mitbürgern zu wirken als uns immer möglich ist.“67 Der Gemeinsinn galt den aufgeklärt-katholischen Autoren gerade angesichts der zeitgenössisch wahrgenommenen Zunahme des „Egoismus“ als Verlängerung der christlichen Menschenliebe, die in einen „auf die Religion Jesu gegründeten, oder durch das Andenken an Jesu geheiligten Gemeingeist“ mündete.68 Im Anschluss an den Philipperbrief69 ging es grundsätzlich um die Verbindung „mit allen Menschen in brüderlicher Eintracht“, das eigene, individuelle Interesse hatte aus dieser genuin religiösen Motivation zurückzutreten. Verlangt war also ein tief gehender Altruismus zugunsten der eigenen Gesellschaft. Sämtliche „persönlichen Rücksichten, Neigungen und Verhältnisse“ und „alle zweydeutigen Regungen des Herzens“ waren beiseite zu lassen, der katholische Christ sollte „sein höchstes Vergnügen in der Ordnung, der Ruhe und Sicherheit; kurz in dem Wohl des Ganzen“ finden.70 Möglich wurde eine solche Haltung erst, wenn der aufgeklärt-katholische Glaube sie überwölbte und so aus dem „Gemeinsinn“ und damit auch der Vaterlandsliebe eine Tugend machte. Durch „Gehorsam“ gegenüber dem Willen des Schöpfers und durch die göttlich gebotene „Liebe“ und die imitatio Christi erhielt die gemeinsinnige Gesellschaft einen Mehrwert fürs Jenseits und ermöglichte die Verwirklichung des aufgeklärt-katholischen Ziels einer „Verbesserung der Menschheit nach dem Muster Jesu“71. Der Gemeinsinn erfuhr auf diesem Weg eine „Heiligung“ durch die katholische Religion.72 Wenn Katholiken diese Haltung zum Staat einnahmen, war eine „ächte Vaterlandsliebe“73 vorhanden: „Wenn der Christ gegen jedermann wahre Menschenliebe ausüben muß, wie könnte er gegen die bürgerliche Gesellschaft nicht die gleiche Gesinnung hegen, mit welcher Gott ihn in eine so enge Verbindung gebracht hat, die ihn und die Seinigen so nahe angeht, die für ihn und sie so wichtig ist? Man müßte das Evangelium ganz aufgeben, wenn man seinem Vaterlande die Liebe versagen wollte. Die ächte Liebe des Vaterlandes ist die Frucht der Liebe und Achtung aller Menschen; sie geht aus der allgemeinen Liebe hervor, und auf die über, welche mit uns in einem Staate vereiniget sind.“74 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74
Hassler, Sittenlehre 1/2, 189. Hassler, Sittenlehre 1/2, 412. Koenigsberger, Gemeinsinn, 225 f. Koenigsberger, Gemeinsinn, 227. Koenigsberger, Gemeinsinn, 227. Koenigsberger, Gemeinsinn, 227 f. Koenigsberger, Gemeinsinn, 232–235. Koenigsberger, Gemeinsinn, 235. Koenigsberger, Gemeinsinn, 235. Koenigsberger, Gemeinsinn, 236.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
165
Diese Grundhaltung eines in Gott und im Evangelium liegenden Letztgrundes der Vaterlandsliebe machte auch ein Ausscheren aus der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung schlicht unmöglich. Denn wer echten Gemeinsinn und echte Vaterlandsliebe im Sinne dieses religiös sedimentierten Verständnisses sein Eigen nannte, konnte gar nicht anders als die bestehende Ordnung zu schützen. Er hatte die bestehenden Strukturen zu „heiligen“, und „die, welche bestellt sind, diese Ordnung zu handhaben“, zu ehren.75 Nahezu selbstverständlich bestand bei einer so verstandenen Vaterlandsliebe auch die Verpflichtung, dieses zu verteidigen; gedacht wurde eine solche Verteidigung als ein Spezialfall der Notwehr, da ganze „Nationen […] oft vor einander so wenig sicher, als einzelne Menschen“ galten.76 6.1.2 Kirche Der Staat war aber nur die eine innerweltliche Struktur, die der Christ als Grundlage der Gesellschaftsstruktur anerkannte; die andere war die Kirche. Diese stand in der Gefahr, sich zu den staatlichen Strukturen in Konkurrenz zu begeben, ein Dilemma, das aufgeklärte Katholiken zu vermeiden suchten, dabei aber zugleich versuchten, eine übermäßige Abhängigkeit in inhaltlichen Fragen zu vermeiden. Innerhalb des aufgeklärt-katholischen Gesellschaftsverständnisses nahm die Kirche in ihren innerweltlichen Zusammenhängen – nicht in ihrer überzeitlichen Dimension! – die zentrale Stellung ein, auf die hin sowohl das Familien- als auch das Staatsbild zusteuerten. Denn schließlich war es in den Augen der Katholischen Aufklärung die Kirche, die innerweltlich für die Steuerung des Heilserwerbs der Katholiken zuständig war. Die Kirche galt als „der Verein von solchen, die zum christlichen Glauben sich bekennen, kraft welchem ihnen die Theilnahme an den Wohlthaten der christlichen Religion für das zeitliche und das jenseitige Leben gegen die Verbindlichkeiten, ihre Vorschriften zu erfüllen, zugesichert wird.“77
Zu unterscheiden ist hier zwischen Religion und Kirche. Während Religion nach aufgeklärt-katholischem Verständnis „ihrem Wesen nach etwas Individuelles und Innerliches“ darstellte, war Kirche, obwohl mit der Ermöglichung von individueller Religion beauftragt, „etwas Gemeinsames und Aeusserliches“, also der Gesellschaft zuzuordnen.78 Und als solche stand sie naturgemäß in einer engen Beziehung zum Staat, der an und für sich aufgrund seiner Definition genuin nichts mit der Religion zu tun hatte, von einem gemeinsamen Interesse im Sinne seiner Bürger, die auf Religion angewiesen waren, und zur eigenen Herrschaftslegitimation einmal abgesehen. 79 75 76 77 78
79
Koenigsberger, Gemeinsinn, 236. Ruf, Handbuch 2, 186–196 mit klaren Regeln für das Verhalten im Krieg; Wanker, Sittenlehre 2, 217–219. Wessenberg, Eintracht, 31; Wanker, Sittenlehre 2, 290 f.; vgl. auch Kabus, Gestalt, 25–30. Wessenberg, Eintracht, 34; zum gemeinsamen Ziel der Kirche Mutschelle, Moraltheologie 1, 154–158: Die Kirche galt als die „Gemeinschaft der Gutgesinnten“, die nach Tugend und Glückseligkeit strebten. Wessenberg, Eintracht, 34.
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Kirche war folglich eine in zwei Richtungen verweisende Institution: Einerseits hatte sie aufgrund ihres überzeitlichen Auftrags „in ihrem Wirken für die innere, ächt christliche Bildung und Heiligung des Menschen“ zu sorgen80, andererseits blieb sie dabei aber „äußerlich wirkend wie der Staat“81. Im Gegensatz zum Staat stand der Kirche aber nicht das Mittel der physischen Gewalt zur Verfügung, ihre Gewalt beschränkte sich gänzlich auf den „geistigen Bereich“.82 Der Charakter der Kirche wanderte durch dieses Verständnis aus dem überzeitlichen in den zeitlichen Bereich. Denn als „weltliche Anstalt“ war die Kirche nach aufgeklärt-katholischem Verständnis wandelbar, „mit dem Leben der Völker, ihren Eigenthümlichkeiten, ihrer mannigfaltigen Sitten verwoben“.83 Dieser Bereich fiel zumindest teilweise mit der Interessen- und Einflusssphäre des Staates zusammen, denn grundsätzlich galt die Kirche dort als Teil des Staates, wo sie dessen Sphäre betrat, und akzeptierte grundsätzlich die hier vom Staat vorgegebenen Basisregelungen: „In soferne der Boden, das Land etwas Weltliches ist, das dem Staate zugehört, besteht die Kirche im Staate. Dies ist für sich einleuchtend. Alle Glieder der Kirche ohne Unterschied sind deshalb in weltlichen Dingen der Staatsgewalt unterworfen, wenn gleich die Kirche als solche keinen irdischen, sondern einen geistigen Boden hat und heute auf einem gewissen Erdfleck bestehen kann, morgen aber nicht mehr.“84
Stattdessen bediente sich die Kirche „geistlicher Waffen“: „Unterricht, Ermahnung, gemeinschaftliche Andachtsübungen, Mittheilung der von Jesu eingesetzten Heilsmittel, Entziehung dieser Heilsmitteln, Ausschließung von der Gemeinde“.85 Ihr Vermögen bezog sie – unter Wahrung der staatlichen Gesetze – aus den „freywilligen Opfer[n] der Gläubigen“ und aus ihren Gütern, „die sie nach den Gesetzen des Staats rechtmäßig erworben“ hatten.86 6.1.2.1 Freiheit und Rechte der Kirche als Kern des Staat-Kirche-Problems Für die aufgeklärt-katholischen Autoren stand außer Frage, dass auch die Kirche signifikante Vorteile aus einer Kooperation mit dem Staat zog; neben dem Bereich des äußeren Rechtsschutzes galt dies auch für die Sicherung kirchlicher Organisation und die rechtliche Sicherstellung ihres Besitzes.87 Hier waren nach Wessenbergs Verständnis dem Staat aber klare Grenzen gesetzt, die Selbständigkeit der Kirche in ihren genuinen inhaltlichen Bereichen musste gewahrt bleiben: Zwar durfte er durchaus die landeseigenen Kleriker dazu verpflichten, einen Eid auf den Staat zu leisten;88 schließlich waren ja auch diese Staatsbürger. Gleichzeitig for80 81 82 83 84 85 86 87 88
Wessenberg, Eintracht, 32; 42. Wessenberg, Eintracht, 32; 34. Wessenberg, Eintracht, 32. N. N., Staatsverfassung, 379 f. Wessenberg, Eintracht, 34. N. N., Bemerkungen System, 69 f. N. N., Bemerkungen System, 70. Wessenberg, Eintracht, 5; zum Besitz 37. Wessenberg, Eintracht, 37.
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derte man aber vehement die „Anerkennung der Selbständigkeit der Kirche in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten“, da „Versuche der Staatsregierungen, die bessere Gestaltung und Regelung des Kirchenwesens mittelst einseitiger staatlicher Anordnungen zu bewirken, sich für die wirkliche Verbesserung der religiösen und kirchlichen Zustände mehrentheils unvermögend oder unzulänglich erwiesen“ 89 hatten. Auch und gerade die Katholische Aufklärung bestand also auf der Wahrung der eigenen kirchlichen Sphäre gegenüber dem Staat. Denn in dem Maße, wie sich Interessensbereiche zwischen Staat und Kirche überschnitten, stand die Kirche in Gefahr, ihre eigene Unabhängigkeit zu verlieren. Es ergab sich die Frage der gegenseitigen Grenzziehungen. Wichtig für die katholischen Aufklärer war die Möglichkeit der relativen Selbständigkeit sowohl von Staat als auch Kirche bei gleichzeitiger Komplementarität; als Ideal galt, dass die „Kirche als Gesellschaft“ so in der Gesellschaft präsent sein sollte, „daß sie mit den Völkern zwar in Verbindung, mit dem Staate in Berührung und gemeinsamer Wirkung, keineswegs aber in Abhängigkeit zu ihm stand“90. Die grundsätzliche Verschiedenheit der jeweiligen Aufgaben und Zwecke ließ eine solche wechselseitige Unabhängigkeit, aber auch sich überlappende Bereiche von Engagement und eine intendierte Zusammenarbeit zu. Während der Staat für sich in Anspruch nehmen konnte, die rechtlichen Rahmenbedingungen der bürgerlichen Gesellschaft zu deren Wohlergehen zu organisieren, stand der Kirche das Recht zu, eigenständig die „Einigung im religiösen Glauben“ zu wahren und die „Regelung des religiösen Gemeinlebens“ eigenständig vorzunehmen.91 Auch den aufgeklärt-katholischen Autoren war dabei klar, dass eine klare Grenzziehung zwischen Staat und Kirche äußerst schwierig war. Eine „wandelbare, bestimmte Gränze zwischen Staat und Kirche“ galt als nahezu unmöglich zu bestimmen, da sich diese Verhältnisse selbst als innerhalb der Zeit als „wandelbar und fließend“ darstellten.92 So lange es sich um äußerliche Verhältnisse handelte, bei denen sich „die Lage der Dinge“ verändert hatte, verhielt sich die Kirche „gelassen“;93 einer Veränderung stand sie zwar nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, gab aber „vorhandene und erworbene Rechte so wenig ohne Noth auf, als irgend eine Gesellschaft sie ohne Noth“ aufgegeben hätte.94 Raubte man ihr ihre Rechte, so zog „sie sich auf ihr Inneres zurück“, denn in diesem Inneren bestand ihr eigentliches Wesen, das es zu schützen galt: „Daß der Staat sich in dieses Innere eindränge, hat die Kirche um keinen Preis zu dulden! Willen und Gewissen, die unwandelbare, feste, heilige Lehre, welche Willen und Gewissen bildet, die Reinerhaltung dieser Lehre, was in diesen wirkt, und für diese nothwendig ist, das macht das unverletzbare Innere der Kirche aus.“95
89 90 91 92 93 94 95
Wessenberg, Eintracht, 38. Wessenberg, Eintracht, 3; Wessenberg, Vorschlag, 18. Wessenberg, Eintracht, 3. N. N., Staatsverfassung, 387 f. N. N., Staatsverfassung, 387 f. N. N., Staatsverfassung, 387 f. N. N., Staatsverfassung, 387 f, Hervorhebungen original.
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Um ein solches Eindringen des Staates in die inneren Bereiche der Kirche zu verhindern, sollten zu weitgehende Vereinnahmungen verhindert werden.96 Vielmehr ging es um die Wahrung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen beiden, das in den Quellen unter dem Begriff „Kollegialsystem“ lief. Von Seiten des Staates ging es hier primär um die „Sicherung der Rechte, d. i. die Herstellung eines solchen Zustandes, vermög welchen die äußere Freyheit jedes einzelnen mit der äußern Freyheit aller übrigen nach einem allgemeinen Gesetze bestehen kann“, d. h. um die Wahrung der Unabhängigkeit in genau jenem Bereich, der dem Staat ohnehin nach aufgeklärt-katholischem Verständnis zustand.97 Auf der anderen Seite konnte die Kirche ihrer Aufgabe nachkommen, zur „Beförderung der Tugend, und des Heiles der Menschen vermittelst der Religion“ zu erreichen, ohne dabei „äußere Zwangsgewalt“ – ein staatliches Proprium – in Anspruch nehmen zu müssen. Nach Meinung der Katholischen Aufklärung war hiermit die wechselseitige Unabhängigkeit gewahrt.98 Grundsätzlich existierten klare Grenzen, auf wen und auf was sich die einzelnen Gewalten überhaupt bezogen. Von der Kirchengewalt betroffen waren nur die „freywilligen Mitglieder der Kirche“ und nur „kirchliche Gegenstände“; auch musste die Durchsetzung ohne physische Gewalt erfolgen, da diese in den Bereich des Staates fielen.99 Auch der staatlichen Gewalt waren Grenzen gesetzt; sobald sie in Bereiche ausgriff, die sich auf „Religion und Gewissen“ bezogen, oder die Grenzen der Definition des Staates als letztlich nicht an eine bestimmte Religion gebunden überschritt.100 Diese Situation wurde zusätzlich dadurch verkompliziert, dass aufgrund der Säkularisation gerade diese Freiheit der Kirche aus dem Ruder gelaufen war und nun einer Neuorganisation bedurfte.101 Das genuine Interesse der Kirche in Bezug auf den Staat lag vor allem in zwei Bereichen: Erstens ging es für den aufgeklärten Katholizismus um die Frage der Bildungsinstitutionen; hier betrachtete es die Kirche als ihre Aufgabe, für „ihr [der Menschen, C. H.] innerliches, sittlich religiöses, das irdische und jenseitige Sein zugleich umfassendes Leben“ die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen,102 was den Zugang zu Schulen und die Unterstützung des Staates für die Sonntagsgestaltung nützlich machte. Das zweite Interesse bestand in einer ausreichenden Dotation der seelsorgerlichen103 und bischöflichen104 Pfründen sowie der Etablierung einer geeigneten Seelsorgsstruktur105 inklusive Seminaren zur Priesterausbildung. Die Jurisdiktion über die Priester sollte weitestgehend in bischöflicher Hand 96 N. N., Bemerkungen System, 58 f. 97 N. N., Bemerkungen System, 59: „Es liegt in dem Begriffe des Staats, daß ihm äußere Zwangsgewalt zukomme, weil diese zur Sankzion der Rechte, und Erhaltung des rechtlichen Zustandes unentbehrlich ist.“ Vgl. auch N. N., Versuch, 121–124. 98 N. N., Bemerkungen System, 60; der gesamte Text wendet sich gegen Stephanis These einer absoluten Einheit von Kirche und Staat, vgl. Stephani, Einheit. 99 N. N., Lehre, 132–137. 100 N. N., Lehre, 142–144. 101 Wessenberg, Eintracht, 4; zu den zeitgenössischen Missständen 5–15. 102 Wessenberg, Eintracht, 4. 103 Wessenberg, Eintracht, 44 f. Interkalargefälle sollten vom Domkapitel verwaltet werden (47). 104 Wessenberg, Eintracht, 40 f. 105 Wessenberg, Eintracht, 45.
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bleiben,106 in wesentlichen Elementen der Sakramentenspendung, insbesondere bei der Ehe, war man ausgesprochen kompromissbereit und sprach dem Staat weitestgehende Mitbestimmungsrechte zu.107 6.1.2.2 Die Rechte des Staates in Bezug auf die Kirche Welche Rechte genau der Staat gegenüber der Kirche geltend machen konnte, lässt sich anhand der einschlägigen staatskirchenrechtlichen Literatur rekonstruieren. Kern des Problems war die Spannung zwischen protestantischen und katholischen staatskirchenrechtlichen Auffassungen. Bei den ersteren lag „alles Recht zur Kirchengewalt“ auf Seiten des Regenten, bei den letzteren ergaben sich auch innerhalb des Kollegialsystems deutliche Differenzen, da die katholischen Staatskirchenrechtler „die eigentliche Kirchengewalt, Jus Sacrorum, der Kirche selbst und den Dienern derselben, den Geistlichen“ zugestanden.108 Entscheidende Rechte blieben dennoch beim Regenten; hier waren zwei verschiedene Arten von Rechten zu unterscheiden, Rechte, die die Kirche als bürgerliche Gesellschaft innerhalb des Staates betrafen, unterlagen vollständig den Rechtsbestimmungen des Staates,109 und auch innerhalb der Kirche als „Religionsanstalt“ hatte er erhebliche Bestimmungsrechte, das so genannte „Ius circa Sacra“.110 Dieses ergab sich aus der Tatsache, dass die Kirche „zur Realisirung ihrer religiösen und bürgerlichen Verhältnisse ihre Existenz, Subsistenz und Permanenz in und vom Staate hat“.111 Konkret umfasste das Ius circa Sacra die Kontrolle über die Erfüllung der Aufgabe der Kirche innerhalb des Staates („das Recht der Oberaufsicht, ob die Kirche dem religiösen Zweck, wahre Gottesverehrer und eben dadurch gewissenhafte Bürger zu bilden, wegen dessen sie in dem Staate aufgenommen wurde, vollkommen entspreche“).112 Ferner umfasste es das Recht auf Schutz des Staates vor Maßnahmen der Kirche („Das Verwahrungsrecht gegen die Kirche, damit sie durch ihre Verordnungen, oder durch Ausübung derselben dem Staate nicht schade.“)113 sowie das Recht, die Kirche gegen Auswärtige und vor ihren eigenen Kirchenmitgliedern zu schützen („Das Schutzrecht für die Kirche sowohl gegen Auswärtige als in Hinsicht der Kirchenmitglieder unter sich.“)114 Konkret bedeuteten diese drei Argumentationen des Ius circa Sacra verschiedene, meist hochgradig umstrittene Detailrechte:
106 107 108 109
110 111 112 113 114
Wessenberg, Eintracht, 57 f. Wessenberg, Eintracht, 46. Michl, Kirchenrecht, 75. Michl, Kirchenrecht, 76: „Wird aber die Kirche nach ihren bürgerlichen Verhältnissen zum Staate betrachtet, so kann der weltliche Regent alle Rechte über sie ausüben, die er über andere Gesellschaften im Staate in Hinsicht auf ihre bürgerlichen Verhältnisse ausübt.“ Michl, Kirchenrecht, 76. Michl, Kirchenrecht, 76. Michl, Kirchenrecht, 76. Michl, Kirchenrecht, 76. Michl, Kirchenrecht, 76.
170 –
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das Recht, Bischöfe zu ernennen: Obwohl als Majestätsrecht aufgrund der historischen Genese nicht anerkannt, tendierte hier die Katholische Aufklärung dazu, den Regenten dieses Recht zuzuerkennen, da die betroffenen Bischöfe „durch ihren Einfluß auf das Volk den weltlichen Regenten nützlich oder schädlich werden konnten“115 und die Kirche zudem ihre geistliche Gewalt aufgrund der Tatsache gewahrt wissen konnte, dass „diese von den Fürsten ernannten Subjekte […] das eigentliche bischöfliche Amt erst durch die bischöfliche Weihe, Konsecration“ erhielten und die Kirche somit die Möglichkeit besaß, für die Einhaltung der „nothwendigen kanonischen Eigenschaften“ zu sorgen.116 Das ausschließliche Recht auf Verleihung von Pfarreien: Neben historischen Argumentationen117 wurde als Begründung die Verpflichtung zum Schutz für alle Kirchen ihrer Lande und aufgrund des landesherrlichen Oberaufsichtsrechts über die Kirche genannt. Auch dieses Recht wurde von aufgeklärt-katholischen Kirchenrechtlern anerkannt, da die Kirche ihre geistlichen Vorrechte durch die Ausführung der Weihe wahren konnte.118 Das Recht auf Errichtung von geistlichen Seminarien: Obwohl historisch betrachtet die Errichtung und Verwaltung von Seminarien den Bischöfen oblag, hatte der Staat ein starkes Interesse daran, die „Bildung der Geistlichen“ nicht nur als Bildung zum Altardienst, sondern zu „Volkslehrern und Erziehern der Staatsjugend“ verstanden zu wissen, wofür dem Staat nach Meinung der aufgeklärt-katholischen Autoren Dankbarkeit geschuldet wurde.119 Das Recht auf das königliche Placet: Dieses Recht – vielleicht das umstrittenste – wurde aus dem landesherrlichen Oberaufsichtsrecht und aus dem Schutzrecht der Landesherren abgeleitet und umfasste das Recht, „alle öffentlichen Kirchenverordnungen, sie mögen von dem Pabste oder von den Bischöfen kommen, sie mögen das Dogma oder die Kirchenzucht betreffen, zur Einsicht zu verlangen“.120 Das Recht zur Zensur der Bücher über Religionsgegenstände: Hier war die rechtliche Argumentation für die Seite der Landesherren besonders schwierig, da es sich nachweislich bei der Zensur religiöser Bücher um ein Recht der Kirche handelte, das sich biblisch belegen ließ.121 Hier durfte der Regent lediglich untersuchen lassen, „ob solche Bücher Nichts dem Staate nachtheiliges als Beisatz enthalten“.122
115 Michl, Kirchenrecht, 79. 116 Michl, Kirchenrecht, 79. 117 Michl, Kirchenrecht, 80: „Sie sagen, 1. Sehr viele Pfarreien seien durch ihre Vorfahren begründet worden. Es gehe also das Patronatrecht auf solche Pfarreien auf sie als rechtmäßige Erben über. 2. Durch die Säkularisation hätten sie auch die bischöflichen Patronatrechte, welche auf den säkularisierten Stiftsgütern hafteten, zur Entschädigung erhalten.“ 118 Michl, Kirchenrecht, 81. 119 Michl, Kirchenrecht, 84. 120 Michl, Kirchenrecht, 84 f.; zur Detailargumentation für und gegen dieses landesherrliche Recht vgl. Michl, Kirchenrecht, 85–89. 121 Michl, Kirchenrecht, 90. 122 Michl, Kirchenrecht, 90.
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–
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Das Appellationsrecht an den Landesherren ab abusu: Hier berief sich der Landesherr auf historische Vorbilder der Antike und des Mittelalters, um die kirchliche Gerichtsbarkeit auszuhebeln.123 In den so genannten res mixta (Bestimmung der Grenzen und der Anzahl der Bistümer und Pfarreien, Ablegung des Bürgereids von Bischöfen und Priestern bei der Anstellung, Versagung des Placets für Teile des kirchlichen Eides, Mitwirkung bei Provinzial- oder Diözesansynoden, bei Visitationen der Kirchensprengel, bei Einsetzung oder Abwürdigung der Feiertage, bei Ehesachen durch Befehle und Verbote, Beschränkung des kirchlichen Strafrechts auf ein Korrektionsrecht)124 besaß der Staat ein Mitbestimmungsrecht.
Dazu kamen die staatlichen Rechte, die sich aus den „bürgerlichen Verhältnissen der Kirche“, dem so genannten „Territorialrecht“, ergaben.125 Diese umfassten – – – –
Das Recht, die Güter von Kirchen, Geistlichen und anderen frommen Stiftungen zu besteuern.126 Das Recht, ein Amortizationsrecht auszuüben, um eine zu große Ansammlung von Gütern „in manibus mortuis“ zu verhindern.127 Das Recht, die Kirchengüter zu verwalten, nahm die weltliche Obrigkeit aufgrund der historischen Entwicklung der letzten knapp 150 Jahre in Anspruch.128 Das (hochgradig umstrittene) Recht, geistliche Stiftungen unter gewissen Umständen zu säkularisieren.129 6.1.2.3 Kooperation und Konflikt zwischen Kirche und Staat
Auf der Grundlage der basalen Vereinbarkeit von Kirche und Staat entwickelten die aufgeklärt-katholischen Autoren ein umfassendes Rollenmodell, das die Kooperation staatlicher und weltlicher Gewalten ermöglichen sollte. Dies bot beiden Seiten Vorteile: Einerseits konnte der Staat von der Kirche und ihren Organen „Rücksichten auf die Forderungen der Staatswohlfahrt“ erwarten, andererseits musste die Kirche mit einem gewissen Maß an staatlicher Beteiligung leben, da die Staatsregierungen sich schon aus Eigeninteresse nicht „jeder Theilnahme, Einsprache und Mitwirkung in Bezug auf die zur Erreichung des wahren Zwecks der Kirche erspriesslichen Maassregeln und Anstalten“ enthalten konnten und wollten.130 Interessanterweise nahm diese Konstruktion nicht die Ebene in den Blick, die in der Forschung häufig im Fokus steht, die der Auseinandersetzung zwischen bischöflicher bzw. päpstlicher und landesherrlicher Gewalt.131 Die katholische Aufklärung op123 124 125 126 127 128 129 130 131
Michl, Kirchenrecht, 92. Michl, Kirchenrecht, 93. Michl, Kirchenrecht, 94. Michl, Kirchenrecht, 94–104. Michl, Kirchenrecht, 104–106. Michl, Kirchenrecht, 106–110. Michl, Kirchenrecht, 111–116. Wessenberg, Eintracht, 38. Klueting, Staatskirchentum; Zippelius, Staat, 103–110.
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tierte hier pragmatischer: Ihr ging es um die Kooperation auf lokaler Ebene, und viel mehr um die Perspektive der Gläubigen als um die der Priester, Beamten und Herrscher. Die hier entwickelten Rollen orientierten sich an den innerfamiliären Rollen und intendierten das Gesamtziel einer idealen Staatsgesellschaft. Die Rollen, um die es hier ging, bildeten in erster Linie das aufgeklärt-absolutistische Herrschaftssystem ab; neben dem Regenten finden sich vier Rollen, die diesen in der lokalen bürgerlichen Gesellschaft, dem eigentlichen Ort aufgeklärt-katholischer Frömmigkeit und Weltrealisation, präsent machten: Beamte, Ortsvorsteher, Lehrer und – in eingeschränkter Weise – der Priester.
6.1.2.3.1 Das aufgeklärt-katholische Herrscherideal Neben der generellen Bestimmung der Aufgaben und des Wesens des Staates ging die Katholische Aufklärung konkret von einer Konzentration dieser Staatlichkeit im Regenten oder Herrscher aus, womit die konkreten Herrschaftssituationen der Zeit eingefangen sind. Denn aufgrund der hier gewählten Bestimmungen war der aufgeklärt-absolutistische Obrigkeitsstaat mehr denn je legitimiert; er erhielt von Gott selbst in der Person des Herrschers seine besondere Würde. Denn das Verhältnis zwischen Obrigkeit und Untertanen wurde analog der im vierten Gebot bestimmten Eltern-Kinder-Relation konstruiert, der Herrscher trat an die Stelle des Hausvaters und vertrat Gott im Staat in derselben Weise, wie dies der Hausvater in der Familie tat:132 Er war „Stellvertreter Gottes“.133 Das grundsätzlich intendierte Selbstverständnis des Fürsten spiegelte das eines gütigen Landesvaters gegenüber seinen Untertanen wieder; er galt als „herrliche Sonne an Gottes Himmel“, der „seine Güte über sein ganzes Reich“ verteilte, um als „Stellvertreter des himmlischen Vaters“, als „Vater und Erhalter“ für die größtmögliche Glückseligkeit seiner Untertanen zu sorgen.134 Religiös motivieren ließ sich dieses Bild im Anschluss an Röm 13,1 („Jeder unterwerfe sich der Obrigkeit: denn es giebt keine Obrigkeit, ohne dass sie von Gott ist, und welche da ist, ist von Gott geordnet.“135). Der Weg zur Erreichung der Glückseligkeit für die eigenen Untertanen führte – in Anknüpfung an das grundlegende Staatsverständnis – über die weitestmögliche Aufklärung und Bildung: „Der beste Fürst kann aber mit dem reinsten Willen, für sich allein seine Unterthanen noch nicht glücklich machen, wenn diese nicht auch das Ihrige dazu beitragen. Damit sie aber ihren Beitrag willig leisten, sucht er sie immer vernünftiger zu machen; damit sie ihren wahren Vortheil immer besser einsehen lernen.“136
Komplementär suchte der hier ideal skizzierte Fürst analog der Aufklärung des Verstandes auch das „Herz“ seiner Untertanen zu bilden, eine Aufgabe, die er an Geist132 133 134 135
Mutschelle, Sittenunterricht, 161. Wanker, Sittenlehre 2, 305; Feddersen, Sittenbuch, 122–126. Huber, Handbuch 2, 264. Jaumann, Katechismus, 280; Mets argumentiert mit einer Fülle von Bibelstellen vgl. Mets, Katechismus, 107 f. 136 Huber, Handbuch 2, 265.
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liche delegierte und so für deren innerweltliches wie außerweltliches Seelenheil die Verantwortung übernahm.137 Er kam somit seiner Hauptaufgabe aus aufgeklärtkatholischer Sicht nach. Zur Erreichung seiner Ziele standen dem Regenten einige Maßnahmen offen: 1. Durch Verordnungen hatte er „die öffentliche Unsittlichkeit, wodurch die Entstehung, die Entwickelung und die Erhaltung der leiblichen Menschheit bedroht und angegriffen“ wurden, zu reglementieren und der weltlichen Laster zu steuern.138 Seine besondere Aufmerksamkeit hatte er in diesem Kontext der „Heiligkeit der Ehen“ zuzuwenden, da insbesondere die „Geschlechtslust“ die menschliche Gesellschaft gefährdete.139 2. Seine besondere Aufmerksamkeit hatte er einer Justizpflege zu schenken, deren Ziel es zu sein hatte, „Hindernisse, die der Zurückführung der Menschheit zu ihrer ursprünglichen Würde im Wege“ standen, zu beseitigen.140 3. Eine weitere wichtige Aufgabe war die richtige „Erziehung der Staatsbürger“, worunter primär eine religiöse Basiserziehung zu verstehen war.141 Denn „ohne religiöse Erziehung der Staatsbürger [konnte] die Zurückführung der Menschheit zu ihrer ursprünglichen Würde weder angefangen, noch fortgesetzt werden“.142 Teil dieser Aufgabe war der effiziente Schutz der eigenen christlichen Priester, denn diese galten der Katholischen Aufklärung als die Medien, die die Erreichung des Hauptziels überhaupt erst möglich machten.143 Zusätzlich waren von Seiten des Regenten eine ganze Anzahl von Tugenden notwendig, die eine gottgewollte Ausübung des Herrscheramtes gewährleisteten; selbstverständliche Voraussetzung dieser Tugenden war die Primärtugend der Religion144. 1. Die dem Herrscher wichtigste Tugend war die der Gerechtigkeit, die als Grundlage des gesamten Staates und dessen Handlung angesehen wurde.145 2. Hinzu hatte die Güte zu kommen, die es dem Regenten ermöglichte, mit „Großmuth“ mit seinen Untertanen umzugehen und einen eigenen Verhaltenskodex des Regenten generierte: Verlangt wurden hier „Simplicität in Kleidung, Meubeln, Manieren“, „Mitleiden bei unvorhergesehenen Scenen des Elendes“ und „Menschlichkeit, die keiner Herablassung bedarf“.146 3. Als dritte Tugend wurde vom Regenten Weisheit verlangt, was schlicht eine gute Bildung und Aufklärung bei ihm voraussetzte.147 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147
Huber, Handbuch 2, 265. Sailer, Handbuch 3, 10; vgl. auch Huber, Handbuch 2, 265. Sailer, Handbuch 3, 10. Sailer, Handbuch 3, 10; Ruf, Handbuch 2, 355. Sailer, Handbuch 3, 11. Sailer, Handbuch 3, 11. Sailer, Handbuch 3, 11 f. Vgl. Sailer, Handbuch 3, 33. Sailer, Handbuch 3, 18–20; Ruf, Handbuch 2, 354. Sailer, Handbuch 3, 22. Sailer, Handbuch 3, 25 f.
174
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Auf der Gegenseite folgte auf Seiten der Untertanen aus der „von Gott […] zum Besten des Menschen“148 gesetzten Obrigkeit die innere Verpflichtung zu „Ehrfurcht“149 und „Gehorsam“150, „Ehre und Hochachtung“151 als grundsätzliche Haltung gegenüber dem Herrscher wie auch seinen Organen. Aufgrund von Römer 12, 1–7 verlangte der Aufgeklärte Katholizismus von den Untertanen nicht weniger als eine Haltung, die „in dem Regenten Gott selber zu verehren“ verlangte:152 „Jede Seele sey der vorgesetzten Obrigkeit unterthan, denn es ist keine Obrigkeit als von Gott: und wo Obrigkeit ist, die ist von Gott verordnet.“153
Der gläubige Untertan hatte faktisch die Verpflichtung, „dem Staate durchaus so nützlich zu seyn und zu werden trachten, als es immer möglich ist“154. Vom eigenen Herrscher sollte „unter dem angenehmen Bilde eines Vaters“ gedacht werden, dessen Leistung „billig und gerecht“ beurteilt werden:155 „Edle Unterthanen sind in Beurtheilung ihres Fürsten billig und gerecht. Sie wissen, daß es ihm nicht gedient seyn kann, wenn sie Schaden leiden und unglücklich werden. Sie sprechen daher in ihren Herzen: Unser Fürst ist gut; weil er aber nicht allgegenwärtig, und nicht allwissend ist, wie Gott; so kann Manches unterlaufen in seinem weitsichtigen Reiche, woran er ganz unschuldig ist.“156
Aus der grundlegend positiven Haltung gegenüber dem Herrscher folgte die Anerkennung und Achtung der „Zwangsgesetze“157 sowie die Verpflichtung zur Entrichtung von Abgaben im Anschluss an Röm 13,6 („Entrichtet die Abgaben […] denn die Oberen sind Gottes Stellvertreter, und müssen darauf halten. Gebet Jedem, was ihr schuldig seyd, Steuer, wem Steuer, Zoll, wem Zoll, Furcht, wem Furcht, und Ehre, wem Ehre gebührt.“158). Unterbinden, ja unmöglich machen sollte die so verstandene Beziehung zum Fürsten jedwede „Rebellion und Empörung“, denn aufgrund des nun nicht mehr als Despot, sondern als liebenden Vater verstandenen Landesherren konnte in der aufgeklärt-katholischen Utopie die Notwendigkeit von Widerstand schlicht nicht mehr entstehen.159 Im Zweifelsfall hatte der Bürger die moralische und religiöse Verpflichtung, sein eigenes Leben für die Verteidigung des Vaterlandes zu opfern.160 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157
Jaumann, Katechismus, 280. Jaumann, Katechismus, 281; Mutschelle, Sittenunterricht, 161. Jaumann, Katechismus, 281; Mutschelle, Sittenunterricht, 161 f.; Wanker, Sittenlehre 2, 305 f. Mets, Katechismus, 105; Ruf, Handbuch 2, 349. Sailer, Handbuch 3, 27. Sailer, Handbuch 3, 27. Mets, Katechismus, 106. Huber, Handbuch 2, 272. Huber, Handbuch 2, 272. Huber, Handbuch 2, 273: „Der einsichtsvolle und rechtschaffene Unterthan ist von der Nothwendigkeit der Zwanggesetze ganz überzeugt, weil der Mensch nicht immer der rufenden Stimme seines Gewissens folget, sondern vielmehr von den falschen Eingebungen der Habsucht, des Haßes, der Feindschaft usw. sich beherrschen läßt.“ Vgl. auch Hassler, Sittenlehre 1/2, 410. 158 Jaumann, Katechismus, 282; vgl. auch Huber, Handbuch 2, 274 f.; und Hassler, Sittenlehre 1/2, 411. 159 Huber, Handbuch 2, 273 f. 160 Huber, Handbuch 2, 273; vgl. auch Jaumann, Katechismus, 282 f.; Mets, Katechismus, 106.
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Einen Spezialfall bildeten die „Geburts- und Namensfeste der Regenten“, die von aufgeklärt-katholischer Seite explizit nicht als weltliche, sondern als religiöse Feste begriffen wurden.161 Deren Endzweck war die Erinnerung daran, dass sich „die Feyerlichkeiten derselben nicht bloß auf den Regenten, sondern auf Gott“ beziehen, „dessen Stellvertreter die Regenten in der Beförderung der Glückseligkeit der Völker sind.“162 Bei der Gelegenheit der Geburtstagsfeste ging es also um die Aufrufung genau jenes Kontextes, den jeder Katholik in Schule, Katechese und Predigt kennen gelernt hatte, hier bezogen auf ein spezielles Fest. Ganz konkret bot der Geburtstag des Herrschers Anlass, „uns an besondere Wohlthaten Gottes [zu erinnern], und die Pflicht, für diese Wohlthaten zu danken“, ferner „die Pflichten zu betrachten, die wir als christliche Unterthanen zu erfüllen haben“, zuletzt aber auch, „für die Obrigkeiten mit besonderer Innigkeit und Andacht zu beten.“163 Es gibt aber durchaus auch die Gegenposition, die eine Feier des Geburtstags des Herrschers als weltliches Fest begriff und deshalb im Rahmen der Kirche ablehnte.164 6.1.2.3.2 Die Beamtenschaft als Stellvertreter der Obrigkeit Neben dem aufgeklärten Herrschaftsverständnis fand auch das neu entstehende Beamtenethos direkten Eingang in die Normenwelten der aufgeklärten Katholiken. Ähnlich dem Herrscher erhielten diese eine nahezu unangreifbare moralische Stellung innerhalb der Gesellschaft: „Ein Beamter ist eine wichtige Person. Es ist ihm viel anvertraut. Besitzt er Rechtschaffenheit, ist er das, was er seinem Berufe gemäs seyn soll, so verbreitet er viel Glück und Segen, und wird ein wahrer Wohlthäter aller Unterthanen des Fürsten, die seiner Leitung anvertraut sind.“165
Beamte galten als Stellvertreter des Fürsten, und er trat auch in seiner inneren Haltung an dessen Stelle, hatte gar danach zu streben, „Bild und Stellvertreter des Regenten zu werden“166 und dieselben Tugenden in kleinerem Maßstab zu verkörpern: „Und, wie der Regent Gottes Bild dadurch ist, daß er die wahre Gottähnlichkeit durch Gerechtigkeit und Güte offenbaret, und Alles, was er spricht, thut, ordnet, füget, das Gepräge der Weisheit trägt, so sey du Bild und Stellvertreter des Regenten vor seinem Volke, durch Religion und Weisheit, durch Gerechtigkeit und Güte […]“.167
Ein Beamter sollte die „Unterthanen eben so zärtlich“ lieben, wie dies der Herrscher tat.168 Gerade aus diesem Grund befolgte der Beamte nicht nur exemplarisch selbst die Staatsgesetze, sondern achtete auch rigoros auf deren Einhaltung; der 161 162 163 164 165 166 167 168
Mayer, Vorstellungsart, 323 f. Mayer, Vorstellungsart, 325. Mayer, Vorstellungsart, 329 f. Keller, Kirche, 82 f. Huber, Handbuch, 268 f. Sailer, Handbuch 3, 34. Sailer, Handbuch 3, 54. Huber, Handbuch, 269.
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einzige für ihn gültige Maßstab hatte die Gerechtigkeit zu sein,169 selbstverständliche Eigenschaften waren „Unbestechlichkeit“, „Parteilosigkeit“, „Uneigennützigkeit“, „Verschwiegenheit“, „Unermüdlichkeit und Pünktlichkeit“, „Enthaltsamkeit“, „Nüchternheit“, „Mäßigkeit“.170 Bei der Ausübung ihrer Pflichten waren die „obrigkeitlichen Personen“ verpflichtet, „stets leutselig, menschenfreundlich zu seyn“171 und „stets den Bürger (!) als ihres Gleichen [zu] betrachten, für dessen Schutz und Schirm, Leib und Leben, Hab und Gut“172 zu sorgen. Im Gegenzug konnten sie sich darauf verlassen, in ihrer durchaus exponierten Stellung nicht den Widerstand der aufgeklärten Katholiken befürchten zu müssen: „Er [der aufgeklärte Katholik, C. H.] ehrt auch die Beamten, welche in des Fürsten Namen die Vollziehung derselben [der Gesetze, C. H.] besorgen, und die Uebertretter mit verdienter Strafe belegen. Weil sie von Gott verordnet sind, so nimmt er ihre Befehle eben so bereitwillig an, als wären sie vom Himmel gesandt.“173
6.1.2.3.3 Der Seelsorger als Teil der Gesellschafts- und Herrschaftsstruktur Analog dem Herrscher und dennoch diesem untergeordnet – das könnte man als die einfachste Umschreibung des Geistlichen im aufgeklärt-katholischen gesellschaftlichen Gefüge bezeichnen. Dieser war „in seiner Gemeine […] de[r] Stellvertretter Gottes, und […] Nachfolger der Aposteln“174, und nahm insofern eine ähnliche Stellung wie die weltliche Obrigkeit ein. Begleitet wurde dieser Status aber von der genuinen Aufgabe, ein „guter Hirt“ zu sein, d. h. seiner Aufgabe nachzukommen, „die […] anvertrauten Seelen zu Gott und in den Himmel zu führen“.175 Er war aber weit mehr; im Kern lassen sich zwei Bereiche ausmachen: Der Priester war erstens für seine Gemeinde das idealtypische Vorbild „in allen Tugenden“176, sein Lebenswandel belegte, wie ein Christ in allen alltäglichen Bereichen zu leben hatte; er „bestrebt[e] sich, zuerst selbst das zu seyn, wozu er andere ermahnet“177. Aus diesem Grund blieb ihm keine andere Wahl, als einen möglichst „frommen Wandel“; er war „ein Vorbild im Reden – ein Vorbild im Lebenswandel – ein Vorbild im Glauben an Gott, im zuversichtlichen Vertrauen auf Gott, und in der Liebe. Ein Vorbild in der Keuschheit, in der Mäßigkeit, in der Sanftmuth.“178. Zweitens erfüllte der Priester zusätzlich seine pastoralen Aufgaben als „Lehrer – Tröster – Rathgeber – Ausspender der h. Sakramente“179. Dies verlangte einerseits Fortbildung in Theologie und Pastoralwissenschaften, andererseits gute Vor169 170 171 172 173 174 175 176 177 178 179
Huber, Handbuch, 269. Sämtliche Tugenden vgl. Sailer, Handbuch 3, 35. Jaumann, Katechismus, 281. Jaumann, Katechismus, 281. Huber, Handbuch 2, 273; vgl. auch Hassler, Sittenlehre 1/2, 411–412. Huber, Handbuch 2, 276. Jais, Predigten 3, 160–170; ebenso Hassler, Sittenlehre 1/1, 481–498. Huber, Handbuch 2, 276; Wanker, Sittenlehre 2, 294–299. Huber, Handbuch 2, 277. Huber, Handbuch 2, 277. Huber, Handbuch 2, 276.
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bereitung der einzelnen Lehrtätigkeiten in Schule, Predigt und Christenlehre.180 Hinzu kam die Notwendigkeit, die eigene Gemeinde in- und auswendig zu kennen, um im Falle eines moralischen oder sakramentalen Notfalls jederzeit einschreiten zu können;181 als „geistlicher Vater“ der eigenen Gemeinde konnte er einerseits nicht „parteylich“ sein, andererseits aber auch in den Kernfragen der Pastoral Konflikten nicht aus dem Weg gehen.182 Dem Priesters als „geistliche[m] Vater“ waren Pflichten der Pfarrkinder zugeordnet. Von ihrer Seite war aufgrund des guten Vorbildes die gläubige Internalisierung der aufgeklärt-katholischen Inhalte sowie die Achtung des Pfarrers aufgrund seines Lebensstils Pflicht, ebenso waren sie der geistlichen Obrigkeit in Form des Pfarrers Gehorsam schuldig183, auch wenn dieser zu unpopulären Maßnahmen griff, wie etwa der Reform des Gottesdienstes oder der Wallfahrten.184 Ferner bestand eine Pflicht zum standesgemäßen Unterhalt des Pfarrers, ein Anliegen, das aufgrund der unterschiedlichen Dotierung der Pfarreien sicher nicht unwichtig gewesen sein dürfte.185 6.1.2.3.4 Der Lehrer als öffentliche Person zwischen weltlicher und geistlicher Obrigkeit Es gehört zu den interessanten, aber doch eher realitätsfernen186 Tatsachen, dass die Rolle des Lehrers ebenfalls eine religiöse Reglementierung erfuhr. Einerseits hatte der Lehrer deutliche Analogien mit den pfarrlichen Pflichten zu erfüllen: Er sollte als echter „Kinderfreund“187 sich ständig fortbilden, hatte seine Schüler zu motivieren und durch das eigene fröhliche Beispiel „in Liebe“ zu führen;188 Strafen sollte er nicht zu häufig und nicht zu hart ansetzen, hatte gegenüber allen Kindern gerecht und vorurteilsfrei zu verfahren und nach Möglichkeit im Unterricht häufig in Methoden und Inhalten abzuwechseln.189 Den Eltern gegenüber war seine besondere Geduld gefragt, und ähnlich dem Seelsorger sollte er einen „unsträflichen und durchaus ehrbaren Wandel“ führen.190 Im Gegenzug konnte er auf die Achtung der gesamten Öffentlichkeit rechnen, sowohl der Eltern als auch der Kinder191, da er den Idealtypus eines aufgeklärten Katholiken in ständiger Fortbildung zum Wohle der Mitmenschen verkörperte: 180 181 182 183 184 185 186
187 188 189 190 191
Huber, Handbuch 2, 277. Huber, Handbuch 2, 278 f. Huber, Handbuch 2, 279 f. Vgl. auch Rink, Gehorsam. Zum Gesamten vgl. Huber, Handbuch 2 283–285; ebenso Jais, Predigten 3, 171–182. Huber, Handbuch 2, 284 f. Zum Verhältnis von Lehrern und Priestern in Württemberg vgl. Kaißer, Geschichte; vgl. auch die in Bibliotheken vorgefundenen Zeitschriften, die sich auch an Lehrer wandten: z. B. Archiv für das Praktische Volksschulwesen; Archiv für das Katholische Kirchen- und Schulwesen. Huber, Handbuch 2, 290. Huber, Handbuch 2, 285 f. Huber, Handbuch 2, 288. Huber, Handbuch 2, 289 f. Huber, Handbuch 2, 290–292; Jais, Predigten 1, 87–91; Hassler, Sittenlehre 2/1, 473–484.
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6 Staat und Religion „Die für das Wohl der Menschheit so nothwendige und gemeinnützige Lehranstalt, und der Stand, der sich damit beschäftiget, verdient unsere größte Hochachtung. Zeit, Mühe, Kosten, Geduld, Anstrengung der besten Leibes- und Geisteskräfte, bis man sich zum nützlichen Lehrer seiner Mitmenschen herangebildet hat, immer fortschreitende Ausbildung in nützlichen Kenntnissen, die saure Mühe im Unterrichte selbst, besonders wenn er viele Jahre dauern, und selbst bis ins entkräftete Alter fortgesetzt werden muß. Wie viele Ursachen auf Hochschätzung, Liebe und Dankbarkeit der Mit- und Nachwelt zu rechnen!“192
Er konnte auf das grundsätzliche Vertrauen aller in seine Fähigkeiten und seine Urteilskraft vertrauen, und grundsätzlich herrschte ein Klima der offenen Kommunikation insbesondere mit den Eltern.193 Schaffte es der Lehrer, ein solches Klima zu generieren, musste er sich weder über den mangelnden Schulbesuch noch über eine schlechte Bezahlung beklagen, da beides schon aufgrund reiner Vernunftgründe von den Eltern gerne sichergestellt wurde.194 6.1.2.3.5 Probleme der Kooperation Selbst innerhalb des Diskurses wurden klar Schwierigkeiten dieses Rollenmodells benannt. Insbesondere verweigerte man sich der Integration – oder auch nur einer so gearteten Wahrnehmung! – katholischer Priester in den Staat; der Priester war nach eigenem Verständnis mitnichten Staatsbeamter195. Kirche, bischöfliche Verwaltung, Bischof und Priester waren „als solche selbständig; sie sind als solche keine Staatsdiener, keine Staatsbehörden, und empfangen ihren Beruf, ihre Amtsgewalt nicht vom Staate.“ 196 Vielmehr waren sie „für ihre geistliche Wirksamkeit unmittelbar der Kirche verantwortlich“ und nur „mittelbar und in gewisser Beziehung dem Staate, insofern nämlich ihre Wirksamkeit einen Einfluss auf die öffentliche äussere Wohlfahrt ausübt“.197 Lediglich bei der direkten Beauftragung mit einer eher der staatlichen Sphäre zuzuordnenden Aufgabe wie etwa der Schulaufsicht galten sie als dem Staat „unmittelbar verantwortlich“.198 Aber selbst in diesem Punkt waren nicht alle Autoren bereit mitzugehen; es findet sich im Diskurs auch 192 193 194 195
Hassler, Sittenlehre 1/2 (Die Pflichten des Christen gegen den Lehrstand), 481. Huber, Handbuch 2, 291 f. Huber, Handbuch 2, 292 f. Vgl. auch Keller, Kirche, 80–82: „Nein doch, die Kirche, wenn sie nicht zu ein erbarmungswürdigen, jämmerlichen, der schnödesten Willkühr Preis gegebenen Institut hinabgedrückt werden soll, darf die Staatsgewalt nicht untergeordnet seyn; in einer solchen Erniedrigung müßte sie aufhören, das zu seyn, was sie ihrer Natur und Bestimmung nach seyn soll. Das Reich Gottes, das Jesus auf Erden begründete, ist nicht von dieser Welt, selbst nicht, wenn es, um sichtbar zu erscheinen, ein kirchliches Gewand umnimmt; es verfolgt Zwecke, die außer dem Bereich des Staates liegen. Die Kirche ist so wenig ein Zweig der öffentlichen Staatsverwaltung, als der Geist Materie ist. Die Diener der Kirche sind darum nicht zugleich Staatsdiener, und der Mißgriff der weltlichen Regierung, den Priestern Staatsdienste zuzuweisen, scheint mir eben so groß, als es der Mißgriff der Kirche wäre, da sie sich zugleich ihrem Dienste unterzieht.“ Zu einer Differenzierung auf der inneren Ebene greift Sailer, Beyträge, XXI. 196 Wessenberg, Eintracht, 39. 197 Wessenberg, Eintracht, 39. 198 Wessenberg, Eintracht, 39.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
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die Position, die diese Tätigkeiten (Standesbücher, Schulaufsicht) nur dann als gerechtfertigt ansah, wenn damit zugleich eine kirchliche Aufgabe erfüllt wurde; die Entscheidungsbefugnis lag nach dieser Position letztlich bei der Kirche, um deren Kompetenzbereich es ging.199 Ein weiteres spezifisches Problem stellte die Verwendung der Priester als Aufseher für die Ortsschule dar. Zwar entsprach es aufgrund der Affinität zur Bildung durchaus dem Bestreben und Selbstverständnis der Priester, hier für eine möglichst gute Ausbildung zu sorgen und ihren Auftrag, die „heranwachsende Jugend so moralisch und bürgerlich gut und verständig zu bilden, für die kirchliche und bürgerliche Gesellschaft so brauchbar zu machen, als es ihre natürlichen Kräfte und Bestimmungen erlauben und fordern“200. Doch brachte ihn diese Rolle immer wieder in Schwierigkeiten mit dem Ortsschullehrer, ein schwelender Konflikt,201 der sich an den unterschiedlichen Aufgabenbereichen entzündete und auf finanziellem Gebiet weiter ausgetragen wurde; der Schulbesuch konnte zusätzlich zu Konflikten mit der Gemeinde führen202. Ähnlich sah es in Beziehung auf die Ortsvorsteher aus, die sich in Hinsicht auf die Sittlichkeit ihrer Gemeinden – immerhin genuines Anliegen der aufgeklärt-katholischen Priester – trotz einer Zugehörigkeit zur gleichen gesellschaftlichen Klasse203 häufig keinerlei Vorschriften machen lassen wollten.204 Insbesondere die „Vorsteher und die Angesehenen jeden Orts“ besassen eine besondere sittliche Vorbildfunktion,205 die die unterstellte natürliche menschliche Fähigkeit zur Nachahmung unterstützen sollte – was allerdings nicht unbedingt immer funktionierte: „Es ist allerdings eine höchst traurige Erscheinung im Reiche der Wahrheit und der Tugend, wenn man wahrnehmen muss, daß die eine Hand pflanze, die andere ausraufe; die eine aufbaue, die andere niederreiße; die einen den Körper Jesu Christi zu bilden und zu vervollkommnen, die andern aber zu verbilden und zu verunstalten suchen; kurz, daß die Kräfte, anstatt sich gegenseitig zu erheben, sich in einem unheiligen Kampf einander entgegen wirken, und feindselig zerstören.“206
Wenn dann gar den Seelsorgern zur Aufgabe gemacht wurde, sich intensiv nach Möglichkeit um die sittliche Besserung insbesondere der Ortsvorsteher und Beamten zu bemühen oder gar auf die Wahl der richtigen Ortsvorsteher Einfluss zu nehmen, spricht dies eine deutliche Sprache.207 In der Konsequenz standen manche 199 200 201 202 203
204 205 206 207
Keller, Kirche, 82 f. Schoch, Pflichten, 276. Schoch, Pflichten, 420 f. Thaner, Beweggründe, 401. N. N., Sorgfalt, 138: „Einmahl sind sie Nachbarn, und insgemein die gebildetsten im Orte. Dieß zieht sie in das Verhältniß des gesellschaftlichen Umgangs. Der Beamte dürfte das Bedürfniß desselben vielleicht weniger fühlen; er lebet gewühnlich in der Ehe, hat eine Familie, deren Gesellschaft ihm andere Freunde entbehrlich macht. Aber der Seelsorger ist Cölibatär, und steht mit seinen Hausgenossen in einem Verhältnisse, das ihm vertrauliche Mittheilungen untersaget. Wohl ihm, wenn er an dem Gehülfen seines Amtes einen vertrauten Freund findet!“ Schoch, Pflichten, 418 f. N. N., Betragen, 106. N. N., Betragen, 106 f. N. N., Betragen, 115–144.
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6 Staat und Religion
aufgeklärt-katholischen Autoren jeglicher Hilfestellung der weltlichen Behörden zur Erreichung ihres „Bildungszweckes“ eher ablehnend gegenüber und betonten eher ihre eigene, genuin priesterliche Autorität; auf staatliche Unterstützung auf den verschiedenen Ebenen verzichteten sie gar lieber ganz: „[S]o glaube ich doch die Ueberzeugung aussprechen zu müssen, daß der Seelsorger das Sitten- und Kirchenpolizeyliche sich und im Steigerungsfalle der Höhern kirchlichen und bischöflichen Behörde, wo immer möglich, vindicieren, und durch selbständige aus dem Eigenthümlichen seines Amtsberufes ausgehende Kraft seinen Anordnungen Respekt verschaffen müsse; daß jede Anrufung weltlicher Hilfe sehr vorsichtig und blos im äußersten Nothfalle gebraucht werden soll, wie etwa Gifte von Aerzten zu Kuren.“208
Durchhalten ließ sich diese Haltung freilich kaum, insbesondere als in Baden und Württemberg mit den Kirchenkonventen Einrichtungen geschaffen wurden, die den Geistlichen deutlich größere direkte Einflussmöglichkeiten verschafften.209 Zwar verpflichteten ihn Gemeinsinn und Vaterlandsliebe im Rahmen seiner Möglichkeiten zur Mitwirkung an Gesetz und Verfassung,210 und eine solche Tätigkeit galt als durchaus im Interesse der eigenen Seelsorgsbefohlenen,211 doch machten die „Irrungen“ und „Partheyung[en]“ der zeitgenössischen Politik eine Wahrnehmung der grundsätzlichen aufgeklärt-katholischen Ideale schwierig.212 Größte gemeinsame Aufgabe war nach Auffassung der aufgeklärt-katholischen Autoren die Erziehung der Menschen in enger Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat.213 Von Seiten der Kirche ging es darum, das „immerwährende Weiterrücken zum Ziele der Vollkommenheit“214 mittels der Erziehung voranzutreiben. Das Medium hierbei war explizit die religiöse Aufklärung: Dennoch schimmert an vielen Stellen durch, dass auch für aufgeklärte Katholiken eine konstitutionelle Verfassung die ideale darstellte. Zwar wollte man gewiss nicht auf den Regenten verzichten, aber eine Mitwirkungsmöglichkeit der wahlberechtigten Bürger an der Gesetzgebung, sprich eine „Konstitution“ oder Verfassung galt als „Wohlthat“.215 Den Bereich einer Zusammenarbeit stellte sich die Katholische Aufklärung insbesondere auf der lokalen Ebene vor. Es ging um eine effiziente Zusammenarbeit der Professionellen beider Seiten, um die innerstaatlichen Zustände zu verbessern. Waren die Seelsorger, „was sie seyn sollten, und seyn könnten“, und die Staatsbeamten unterstützten deren Tätigkeit, so wirkten beide zusammen, damit „jeder inner seiner Sphäre, auf den gemeinsamen Zweck der sittlich-religiösen Bildung und Veredlung“ hinwirken konnte, um „die Klagen über verderbte Zeiten, über den Verfall des Christentums, über die Kraftlosigkeit seiner Wirksamkeit“ zu verhindern.216 208 209 210 211 212 213 214 215 216
Schoch, Pflichten, 423. Oswalt, Staat, 137–142; zum Hintergrund: Erb, Organisirung. Kimmacher, Antheil, 138. Kimmacher, Antheil, 139 f. Kimmacher, Antheil, 140. N. N., Volkserziehung, 82–86. N. N., Volkserziehung, 68. Kimmacher, Antheil, 138–141. Wessenberg, Einleitung, 1.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
181
6.1.3 Fazit: Unterstützung des Frömmigkeitsprozesses als einigende Hauptaufgabe von Staat und Kirche Das aufgeklärt-katholische Gesamtverständnis von Gesellschaft, Kirche und Staat wurde von einer einzigen dominanten Denkvoraussetzung dominiert: Der Unterstützung und Ermöglichung des aufgeklärt-katholischen Frömmigkeitsprozesses jedes einzelnen Gläubigen. Um diesen Grundgedanken organisierte sich die Wahrnehmung des Staates als Verein zur Organisation des menschlichen Zusammenlebens ebenso wie das Postulat der Katholischen Aufklärung, Religion fest als Grundlage der gesamten Staatlichkeit zu begreifen. Für die eigene Argumentation griff man auf Positionen zurück, die im Rahmen des Josephinismus rund um das natürliche Kirchenrecht aus katholischer Perspektive entstanden waren und die Staat und Kirche die gemeinsame Verantwortung an der Glückseligkeit des einzelnen Christen zuschrieben.217 Vor diesem denkerischen Hintergrund entwickelte die Katholische Aufklärung eine Reihe von Rollenvorstellungen, die sowohl die Wahrnehmung als auch die idealen Verhaltensweisen von Katholiken zutiefst prägen sollten. Sind die im vorigen Kapitel entwickelten familiären Vorstellungen aufgeklärter Katholiken von den gesellschaftlichen Bedingungen der Umgebungsgesellschaft mitgeprägt, so sind für den Bereich von Kirche und Staat Auseinandersetzung und wachsende Distanz zwischen institutioneller Kirche und aufgeklärt-absolutistischem218 bzw. reformorientiertem219 Herrscher prägend.220 Diese Konstante sollte aber nicht verdecken, dass grundsätzlich Religion als dem Staatszweck der naturrechtlich gestellten Aufgabe 217 Hahn, Staat, 129–161; die zugehörigen, teilweise das natürliche Kirchenrecht ebenfalls aufgreifenden Argumentationen 161–170. 218 Begrifflich scheint das Forschungsparadigma des aufgeklärten Absolutismus weitestgehend vom Tisch zu sein; als zu groß gelten die Schwierigkeiten, die sich aus den Gegensätzen zwischen „Herrschaftsverständnis und Herrschaftspraxis, genauer: den Gegensätzen zwischen absolutistischer Herrschaftsform, Herrschaftspraxis und Aufklärungsphilosophie“ ergeben; die neuere Forschung betont im Gegensatz zu Reformanliegen und Aufklärungsrezeption der Herrscher den Aspekt des Machtkalküls; vgl. den kurzen Überblick bei Freist, Absolutismus, 95 (Zitat); vgl. auch die einschlägigen Literaturberichte: Lehmann, Literaturbericht; Lehmann, Absolutismus; Neugebauer-Wölk, Absolutismus. 219 Die im Vergleich zum „aufgeklärten Absolutismus“ für die eher paternalistischen oder machtorientierten Interpretationsmodelle etwas offenere Formulierung „Reformabsolutismus“ findet sich als Ansatz in einer Reihe von Publikationen; vgl. Reinalter, Geschichte; Demel, Reformstaat, 1–8, mit einem deutlichen Plädoyer für eine Wahrnehmung der Reform als „dominante Struktur“ (1); Demel, Absolutismus. 220 Duchhardt, Barock, 137: „Wenn ein Ansatzpunkt für „Aufklärung“ überall in Europa die Kritik an Kirche, Religion und ihren Erscheinungsformen war, so entspricht dem, dass der „Aufgeklärte Absolutismus“ zumindest im katholischen Europa in aller Regel seinen Ausgang nahm von einer wachsenden Distanz zur Kirche, der Wendung gegen die Omnipotenz und Allgegenwart der Kirche und ihrer Organisationen, dem Kampf gegen die Rolle der Kirche als Staat im Staat.“ Vgl. auch das Diktum von Christoph Link im Kontext von Aussagen der Frühaufklärung (Pufendorf: „Die Staaten sind nicht um der Religion willen gegründet“): „Damit ist dem Staat freilich nur der Zugriff auf den Gewissensbereich verwehrt, als Teil der öffentlichen Ordnung unterliegt die äußere Bestimmung über Kirche und Religion der umfassenden herrscherlichen Direktionsgewalt.“ Vgl. Link, Staatskirche, 69.
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6 Staat und Religion
des Glückes möglichst vieler Bürger im Staat dienlich galt; religiös fundierte Sitten- und Tugendlehre wurde als gesellschaftlich von Nutzen auch vom aufgeklärtabsolutistischen Staat nicht nur bejaht, sondern grundsätzlich gefördert: „In dieser Betonung des gesellschaftlichen Nutzens der sittlich-religiösen Unterweisung verschränkten sich die Anliegen der Aufklärungstheologie mit jenen des aufgeklärt-absolutistischen Staates. Auch wenn dieser, wie im katholischen Deutschland, teilweise massiv den Abbau kirchlicher Privilegien betrieb, so richtete sich das lediglich gegen die Kirche in ihrer historisch gewordenen Gestalt – nicht aber gegen die als „Bindemittel“ der Gesellschaft verstandene Religion an sich.“221
Dies dürfte zwar die gemeinsamen Interessen von aufgeklärtem Absolutismus und Protagonisten der katholischen Kirche ansatzweise erklären, erscheint aber angesichts der sich nach 1789 in der naturrechtlichen Diskussion als Möglichkeit abzeichnenden Verschiebung in Staats- und Kirchendefinition222 nur als die halbe Wahrheit. Die teils sehr weit gehende und gerade in Württemberg später heftigst monierte223 Kooperationsbereitschaft von Seiten des aufgeklärten Katholizismus mit den württembergischen Zentralinstanzen wird sich wohl zusätzlich aus der Befürchtung gespeist haben, sonst alternativen und durchaus zur Verfügung stehenden Staatsdefinitionen ausgesetzt zu sehen, die die kirchlichen katholischen Interessen deutlich erschwert hätten. Denn bei aller Wertschätzung der Religion durch die einzelnen Herrscher224 gab es aus der Perspektive des Staates mehr als genug Konfliktpunkte wie Reformvorstellungen zur besseren Erfüllung ihres rational verstandenen Zweckes. Zur Erreichung des eigenen Staatsziels – das eine Religionsform mit sittlich-religiöser Zielsetzung voraussetzte – tendierten auch und gerade katholische Herrscher dazu, die „eigene Kirche“ für diese Zwecke umzustrukturieren.225 Am leichtesten ließ sich das erreichen, indem das im protestantischen Deutschland vorhandene landesherrliche Kirchenregiment zumindest im Bereich des Ius circa Sacra, d. h. die „Ordnungskompetenz in allen die äußere Kirchenhoheit belangenden Fragen“, ebenfalls in Anspruch genommen wurde, wenn auch argumentativ nun gerechtfertigt als Teil der Territorialhoheit des Landesherrn.226 Wichtige Kompetenzen wie die Entscheidung über „Rechtgläubigkeit und Kirchenvermögen, Armenpflege und Gottesdienstform, theologisches Ausbildungs- und kirchliches Anstellungswesen“227 wanderten damit in die staatliche Kompetenz. Analog zu
221 Müller, Enzyklopädie, 50; vgl. auch Duchhardt, Barock, 137: „Dabei eignet freilich – es sei wiederholt – keineswegs allen aufgeklärten Fürsten ein a- oder gar antireligiöser Grundzug.“ 222 Hahn, Staat, 182–208; 241–305. 223 Hagen, Geschichte I, 466–506; Hagen, Aufklärung, 357–359. 224 Zum Herrschaftsverständnis und dem Verhältnis zur Naturrechtstheorie vgl. Möller, Fürstenstaat, 281–293; Freist, Absolutismus, 5–17; Müller, Aufklärung, 50–52. Zum Naturrecht im Diskurs: Eschenmayer, System: Auch hier begegnet die letztlich den aufgeklärt-katholischen Systemen zugrunde liegende Gliederung. 225 Vgl. insbesondere die Reformen Josephs II.; vgl. exemplarisch als Kompilation für eine Vielzahl anderer Publikationen Franzi, Verhältnis. 226 Beutel, Aufklärung, 308; zur Argumentation vgl. Link, Staatskirche, 69. 227 Beutel, Aufklärung, 308.
6.1 „… ob der Staat ohne Religion bestehen könne?“
183
verstehen ist die Durchsetzung eines bestimmten Seelsorgs- und Frömmigkeitsstils, der mittels des eigenen Klerus vermittelt werden sollte.228 –
–
–
Institutionen, die die „Rolle der Kirche Staat im Staat“ verkörperten und von staatlicher Seite als kirchliche Konkurrenz zu eigenen Kompetenzen verstanden wurden, wie etwa beispielsweise der Jesuitenorden, wurden beseitigt.229 Dem aufgeklärten „Utilitätsprinzip“230 entsprechend stellte sich die Frage nach der Rolle der kontemplativen Orden und ihrem Nutzen für Gesellschaft und – primär – Staat. Da diese als nicht nützlich galten, wurden sie häufig kurzerhand abgeschafft.231 Wirtschaftlichkeitsüberlegungen führten zur möglichst weitgehenden Einschränkung bzw. Abschaffung von Wallfahrten, kirchlichem Prunk, Ablasswesen und Auswüchsen der Heiligen- und Reliquienverehrung.232
Diese Zielsetzungen bewegten sich durchaus im Rahmen der aufgeklärt-absolutistischen Herrschaftsvorstellungen und galten als durchaus legitime Forderungen.233 Es stellte sich nur die Frage, wie die Vertreter der Katholischen Aufklärung darauf reagierten und damit im Einzelfall umgingen, denn normativ abgedeckt waren solche Vorgänge eher nicht.
228 229 230 231 232 233
Duchhardt, Barock, 137. Duchhardt, Barock, 137. Duchhardt, Barock, 137. Duchhardt, Barock, 137. Duchhardt, Barock, 137. Besonders instruktiv: Heckel, Neubestimmung.
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde zwischen christlichem Bildungsimpetus und Liturgie 7.1 Die lokale Heilsgemeinschaft als Ansatzpunkt von priesterlicher Seelsorge und individuellem Heilsweg der Gläubigen Komplementär zu den individuellen und gesellschaftlichen Normen begegnet in den Quellen ein dritter Bereich, der einen weiteren wesentlichen Teil aufgeklärtkatholischer Existenz organisierte: Strukturen, die das Leben des einzelnen Christen innerhalb der ihn umgebenden Gemeinde normativ zu organisieren suchten. Diese stellte als kommunale Ortsgemeinde die Heilsgemeinschaft dar, die gemeinsam im Zusammenwirken von Ortsobrigkeit, Pastoralklerus und Gemeinde in möglichst optimaler Weise den Weg zum zeitlichen und ewigen Heil ging. Der Mensch bedurfte der Gemeinschaft, um sich immer mehr der Tugend und Glückseligkeit annähern zu können1; dieser „innere, ewige Gottesdienst“2 fand seine Unterstützung und Anleitung im „äußern, geselligen, öffentlichen festlichen Gottesdienst“.3 Die lokale Gemeinschaft war die durch göttlichen Willen „zur Heiligung errichtete Gemeinde“, in der die „öffentlich gemeinschaftlich zu Tag gelegte Achtung, Verehrung Gottes und seines Gesetzes“ geübt und durch „die gleiche sichtbar geäußerte Theilnahme, Ueberzeugung und Achtung“ der Gläubigen wechselseitig bestärkt werden sollte.4 Lokale Gemeinde war somit in erster Linie kultische, liturgische Gemeinde, die Einbindung in den katholischen Heilsweg somit „Menschenpflicht“5, „Christenpflicht“6 und „Bürgerpflicht“7. So sollte bereits innerweltlich auf der Erde ein möglichst hoher „Grad an Geisteskultur“ und „Grad an Empfänglichkeit für die Glückseligkeit“ entwickelt werden, damit die „Entwicklung der Veredelung nach dem Tode gerade nur da anfängt, gerade nur von dem Punkt ausgeht, auf dem wir stehen, wo wir den Körper und die Erde verlassen“.8 Der äußere Gottesdienst diente damit als Medium, die „innere Gottesverehrung da, wo sie ist, zu offenbaren und aufrecht zu halten“.9 Das Gotteshaus lieferte dafür den passenden Rahmen:
1 2 3 4 5 6 7 8 9
Mutschelle, Moraltheologie 1, 201–221. Sailer, Handbuch 2, 467; Gottesdienst ist hier synonym mit „Andacht“ (468). Ähnlich mit den Begriffen „äußere Religion“ und innere Religion Winter, Ritual 1, 1–3. Mutschelle, Moraltheologie 1, 218. Winter, Liturgie, 90–92. Winter, Liturgie, 92–94. Winter, Liturgie, 95–97. Hafel, Bildung, 150. Sailer, Handbuch 2, 468.
7.1 Die lokale Heilsgemeinschaft als Ansatzpunkt
185
„In der hehren Pracht des ihn umgebenden Tempels findet der Mensch nähere Anzeichen der Gottheit, und die in dem Gotteshause sanft widerhallende Melodie erreget in ihm ein Vorgefühl himmlischer Freuden.“10
Diesem Verständnis der Heilsgemeinschaft gegenüber stand der Priester als derjenige, der qua Rolle den individuellen Weg zum Heil ermöglichen sollte. Primär ging es für ihn darum, den einzelnen Gläubigen in die Strukturen der Gemeinde zu integrieren. Verstanden wurde dieser Weg auch hier in zwei Richtungen. Einerseits ging es darum, kognitiv einen „möglichst hohe[n] Grad in der Erkenntniß der Wahrheit, in Hinsicht Gottes, seines Willens, seiner Rathschlüsse für die Menschheit, seiner Verhältnisse gegen uns, und unsere gegen Ihn, unserer Pflichten, Bestimmung etc.“ zu erlangen, zweitens emotional „alle seine Triebe, Neigungen, Wünsche, der ganze Wille die unabweichliche Richtung erhalten auf alles, und einzig auf das, was wahrhaftig, was ehrbar, was gerecht, was keusch, was liebenswürdig und rühmlich ist, was immer zur Tugend und guten Ordnung gehört“.11 Durch diese beiden Elemente sollte – und das ist ein entscheidender Unterschied zur Konfessionalisierung wie auch zum Ultramontanismus – ein innerweltliches Glücksgefühl erzeugt werden, denn „durch eben diese herrschenden guten Gesinnungen und Handlungsweisen [sollte] der möglichste Grad der Zufriedenheit für dieses Leben, die gegründete Hoffnung von Seligkeit in dem Leben erzeugt werden.“12. Um diesen individuellen Glaubensweg zu ermöglichen, waren nach Ansicht der am Diskurs beteiligten Priester einerseits klare Grenzziehungen dringend von Nöten: Gelingen konnte er nur, wenn eine enge Anbindung des einzelnen Gläubigen an seinen Seelsorger und seine Ortsgemeinde gewährleistet war. Genau aus diesem Grund suchten die am Diskurs beteiligten Priester nach Möglichkeit, externe Möglichkeiten der Seelsorge zu unterbinden. Das betraf insbesondere Wallfahrtskirchen, Klöster und Kollegiatstifte, die in Konkurrenz zum sonntäglichen Gemeindegottesdienst treten konnten.13 Aber auch andere Gelegenheiten, bei denen Gläubige nicht in ihren Gemeinden präsent waren, so beispielsweise die Jahrestage verstorbener Angehöriger14 oder Bruderschaftsfeste15 und Gottesdienste in Hauskapellen16, galten den Priestern als „Laster“, die es zu verhindern galt. Waren diese äußeren Bedingungen gesichert, bestand andererseits die Aufgabe der Priester darin, das „moralische Wohl“ der Gemeinden zu sichern,17 d. h. er sorgte im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür, dass sich seine Gemeinde auf dem Weg der göttlichen Selbsterkenntnis befand und auch auf diesem verblieb.18 Er sollte „an dem sittlichen Zustande seiner Gemeinde, an ihrer Verstandes- und Herzens-Bildung, an ihrer stufenweise fortschreitenden sittlich-religiösen Veredelung 10 11 12 13 14 15 16 17 18
Winter, Ritual 1, 2. Hafel, Bildung, 150 f. Hafel, Bildung, 150 f. N. N., Werth, 172 f.; 182 f. N. N., Werth, 174 f. Zu den Bruderschaften und deren aufgeklärt-katholischer Sichtweise: Pracher, Entwurf, 175– 187. N. N., Werth, 175; N. N., Vorsichten. Stadler, Mittel, 91. Stadler, Mittel, 91.
186
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
stets thätigen Antheil nehmen“.19 Um diesem Auftrag nachzukommen, musste er „ein wachsames Auge“ auf alles haben, was dieser Entwicklung „Abbruch thun“ konnte, und alles zu tun, um ihr „in ihrem Fortschritte Vorschub“ zu bringen.20 Um diesen Zweck zu erreichen, sollte er „den allgemeinen und besondern Hindernissen stets fleißig nachspüren, allem, was öffentlichen Anstoß und Ärgernis geben kann, thätig und vorsichtig entgegen arbeiten; alle Mittel sorgfältig aussuchen und anwenden, die ihm als zweckmäßige Vehikel zu Erreichung seines Endzweckes erscheinen“21.
Welch hohen Stellenwert die Priester selbst dieser Anleitung zugestanden, zeigt deren eigene Einschätzung: Ohne diese wäre der Weg zum Heil für die einzelnen Christen schlicht nicht gangbar gewesen. Die Gemeinden galten als allein nicht zur Heilsentwicklung fähig; das „schwerfällige, durch Sinnlichkeit an die Erde geheftete Volk“ war nur mit Hilfe des Priesters und aufgrund von dessen „Bildungsprogramm“ zum Heilsweg befähigt.22 Da dieses Bildungsprogramm aufgrund des skizzierten individuellen Wegs zum Heil sowohl inhaltlicher als auch emotionaler Art war, umfasste es eine doppelte Zielrichtung: Einerseits umfasste es die inhaltliche Ausbildung der Gläubigen, die Ermöglichung zu wissen, was für ein gelingendes christliches Leben von Nöten war; der Weg hierzu war die religiöse Ausbildung in Familie und Gottesdienst (Predigt). Komplementär – und damit immer auch den Anspruch religiöser Bildung mit umfassend – trat ein zentraler Bereich priesterlichen Wirkens hinzu, die nun neu auszurichtende und in der aktuellen Forschung vielfach untersuchte Liturgie23: Deren Ziel war es, in Anknüpfung an Sailers Moraltheologie24 und die frühe österreichische Liturgik25 in je spezifischer Weise „auf das Herz zu wirken, und diesem in dem Grade Wärme zu verschaffen, in welchem der Verstand Licht erhalten hat“.26 Als „äußere Religion“ kam der Liturgie somit in der Form von Sakramentalien und Sakramenten die Funktion zu, individuelle „Offenbarung und Belebung des Innern“ zu sein.27 Zudem banden beide den einzelnen Gläubigen in die Heilsgemeinschaft der Christusgläubigen ein28: „Nichts giebt der menschlichen Seele in unserm Gebiete mehr 19 20 21 22 23
24 25 26 27 28
Stadler, Mittel, 91. Stadler, Mittel, 91. Münch, Seelsorger, 283 f. Explizit vgl. Hafel, Bildung. N. N., Resultate Stühlingen, 409: „Liturgie ist die äußerliche Verfassung des öffentlichen Gottesdienstes, die Lehre und der Innbegriff der Zeremonien und Gebräuche, die nach göttlicher und kirchlicher Anordnung bey Verrichtung des heiligen Meßopfers, bey Austheilung der Sakramente und bey andern religiösen Handlungen zu beobachten sind.“ Zum liturgiegeschichtlichen Kontext: Kohlschein, Geschichte; Probst, Ansätze; Probst, Gottesdienst; Bendel, Seelsorger, 133–138. Als zusätzlicher Hintergrund: Vollmar, Anschauungen, 39–68; Keller, Liturgiereform; Keller, Liturgie, 19–27; Bischof, Ende, 304–314. Vgl. Weber, Sakrament, 97–114. Kohlschein, Geschichte, 18–21. Winter, Liturgie, 70. Winter, Liturgie, 30. Winter, Liturgie, 84 f: „Ein anderer aus dem äußern Gottesdienste hervorgehender Zweck ist die Verbrüderung des Menschen mit dem Menschen, des Christen mit dem Christen.“ Weiter entwickelt auf 86–88: „Weckung des Gemeingeistes“.
7.2 Medien der Unterstützung
187
Schwungkraft, als die Vertrautheit mit den großen Zwecken der öffentlichen Gottesverehrung.“29 Sie sollte „belehren, erbauen – das geistige Leben in uns wecken, nähren, stärken“ und somit den individuellen Selbstheiligungsprozess stärken.30 Aus der Perspektive der aufgeklärt-katholischen Priester war Sinn und Zweck der Liturgie, den gesamten Menschen als „sinnlich-geistiges Wesen“ mit „Verstand“, „Empfindungs- und Gefühlsvermögen“ anzusprechen.31 Das gab der Liturgie insgesamt – so zuletzt auch Benedikt Kranemann32 – eine durchaus vom konfessionalisierten Verständnis33 differierende Gesamtausrichtung, den „Einen Zweck“, „die Religiosität und die Moralität der Christen zu erwecken und zu beleben“34. Dass diese Zielsetzung nicht unproblematisch war und etwas Neues darstellte, scheint immer wieder auch in Äußerungen der am Diskurs beteiligten Priester auf. Aus deren Perspektive galt es, alle Elemente aus dem „Schoose des Katholizismus“ auszuwählen, „aus welchen eine diesem Zweck entsprechende Liturgie konstruiert werden könnte“35, um deren „Reform“ zu ermöglichen:36 „Einheit des Glaubens fordert die christliche Religion (Ephes. IV 5), aber nicht Einheit der liturgischen Anstalten, die den Christen sehr nachtheilig ist, und seyn muß.“37
Dem Gesamtziel angemessen plädierten sie dafür, weite Teile der Liturgie in der Volkssprache abzuhalten, mit Ausnahme der auf lateinisch zu lesenden Messe.38 Konsequenterweise erschienen zügig zu Beginn des 19. Jahrhunderts zahlreiche auch im APK besprochene neue Rituale,39 die dieser neuen Ausrichtung Rechnung trugen und im Diskurs als mehr oder weniger geeignet beurteilt wurden. Im Weiteren gilt es, den Bogen zwischen „Bildung“ einerseits und „Liturgie“ andererseits nachzuzeichnen.
7.2 Medien der Unterstützung: Bildung als Grundlage des „öffentlichen Gottesdienstes“ Bildung war, wie weiter oben bereits entwickelt, eines der zentralen Anliegen katholischer Aufklärung.40 Die Klammer, die diese zusammenhielt, waren die innerweltlichen Heilsanstrengungen, die beständige kognitive und emotionale Fortbil29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Winter, Liturgie, 67. N. N., Gedanken, 33; vgl. auch die etwas divergierende Definition in: N. N., Zulässigkeit, 358– 359. N. N., Gedanken, 33; N. N., Verbesserungen, 66 f. Kranemann, Liturgie, 65. Odenthal, Liturgie, 159–206. N. N., Zulässigkeit, 358–359; vgl. auch Winter, Liturgie, 8. N. N., Gedanken, 33. Vgl. grundlegend Meyer, Aussichten. N. N., Gedanken, 35. N. N., Zulässigkeit, 380–397; vgl. auch Arx, Reflexion, 168–177; Keller, Liturgiereform, 150– 164. N. N., Entwurf, 6. Vgl. oben 39–42.
188
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
dung des Menschen, vielleicht das Grundelement des gesamten aufgeklärten Katholizismus. Daraus resultierte ein spezifischer Bildungsbegriff; Bildung im Sinne Katholischer Aufklärung zielte auf die „himmlische Anlage zur Religion und Tugend“, die „im Menschen geweckt und ausgebildet werden“ musste.41 Den aufgeklärt-katholischen Bildungsanstrengungen lag ein ausgefeiltes Konzept zugrunde, das auf Erziehung in allen Lebensaltern beruhte, durch Eltern, Staat und Kirche. Grundlage war die anthropologische Grundbestimmung des Menschen, der „allein unter allen Erdgeschöpfen […] der Erziehung fähig und würdig“ war.42 7.2.1 Bildung in der Familie Grundsätzlich fiel die Erziehung, insbesondere die Erziehung zum christlichen Glauben, in den Bereich der Familie.43 Hier ergaben sich zwei Dimensionen der Erziehung, einerseits durch die Erziehung der Kinder44, andererseits durch den als „häuslichen Gottesdienst“ inszenierten familiären Alltag. Die Erziehung in der Familie umfasste die grundsätzliche religiöse Sozialisation vor dem Hintergrund aufgeklärter Sozialisationstheorie45 und zeitgenössischer Pädagogik46. Grundintention war die Herausbildung einer nahezu konstanten Haltung des inneren Gottesdienstes, die als besonders „wirksames Tugendmittel“ den individuellen Prozess einer Annäherung an Gott steuern sollte.47 Ziel war die Erweckung des „inneren Gottesdiensts“48 durch den äußeren; die „Bewohner eines Hauses, die Glieder einer Familie“ erwarben „den Glauben an Gott, die Hoffnung auf Ihn, die in ihren Seelen lebt, durch Worte, Gebehrden, Stellungen, Handlungen“.49 Die Familie wurde so verstanden als „ein Herz und eine Seele“, alle „Kräfte zur Lobpreisung Gottes, zur Erfüllung seines Willenshingeben“ intentional eingesetzt.50 Die Familien sollten so ein „lebendiges Bild der Güte, Barmherzigkeit, und Gerechtigkeit Gottes“ werden, indem „sie Gottes Willen thun, wie ihn die Engel thun; wenn sie sich gegenseitig durch dergleichen Aeußerungen erbauen“.51 Manifest wurde diese familiäre Ausrichtung vornehmlich im täglichen Ritual. Das „gemeinsame Gebeth“ morgens, „öfters unter Tags“, „vor und nach der Arbeit“, vor und nach dem Essen, „bey dem dreymaligen Gebethsläuten“ und „am Abend vor dem Schlafengehen“ durchdrang den Alltag;52 hinzu trat regelmäßig 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52
Mets, Katechismus, 170; vgl. auch Holzem, Vorstellungen, 242. Mets, Katechismus, 170. Mets, Katechismus, 170 f.; vgl. auch Bauer, Pflichten; Grundsätzlich: Sailer, Erziehung; Winter, Liturgie, 108–112. Zur Kindererziehung vgl. oben 139–142. Sailer, Erziehung. Demeter, Regeln. N. N., Gottesdienst, 355. N. N., Gottesdienst, 357. N. N., Gottesdienst, 357. N. N., Gottesdienst, 357. N. N., Gottesdienst, 357, unter Berufung auf Sailer. N. N., Gottesdienst, 359.
7.2 Medien der Unterstützung
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das „gemeinsame Betrachten sittlich-religiöser Wahrheiten, welche sittlichreligiöse Veredlung bewirken können“, häuslicher „religiöser Unterricht“ und regelmäßiger religiöser Gesang.53 Am Sonntag als Tag des Herrn begegnete diese Grundhaltung nochmals intensiviert: Da an diesem mehr Zeit zur Verfügung stand, sollten die Gebete verlängert, eine gemeinsame Vor- und Nachbereitung des Gottesdienstes sowie „Gewissensrechenschaft“ abgehalten werden.54 Intendiert war zumindest am Sonntag ein gemeinsames Treffen des gesamten Hauses, d. h. der Familie inklusive der Hausgenossen55. Besonders wichtig war auch hier – wenig überraschend – die individuelle und teils kollektive Gewissenserforschung, da durch diese Maßnahme der aufgeklärt-katholische Gesamtbesserungsprozess intensiviert wurde.56 Eine zutiefst religiöse Grundhaltung sollte letztlich das gesamte Heim durchwirken: „Der häusliche Gottesdienst lenket das ganze Denken, Reden, Thun, Leiden aller Hausgenossen, und ordnet Gedanken und Begierden, Worte und Thaten, nach dem Wohlgefallen Gottes, und weihet sie zur Befolgung seines Willens ein.“57
Grundintention eines so gestalteten Alltags war die Beförderung der häuslichen Tugenden58 und der Berufstreue, d. h. eine direkte Anknüpfung am eigenen Familienbild; hinzu kam das aufgeklärt-katholische Grundanliegen einer Meidung des Bösen und Stärkung zum Guten.59 Die Schaffung einer solchen dichten Frömmigkeitsatmosphäre durfte sich der intensiven Unterstützung durch den Seelsorger sicher sein;60 primärer Ansatzpunkt war der Haushaltsvorstand, den der Seelsorger zu einem „evangelischen Hausvater“ erziehen sollte“,61 dies konnte bis zur Empfehlung von Frömmigkeitsliteratur reichen62. Schon aus dem Grund der häuslichen Seelsorge war die Schaffung einer solchen Frömmigkeitsliteratur63 ein wichtiges Desiderat, um die Bedürfnisse der Gläubigen bedienen zu können. Diese musste in der Volkssprache geschrieben sein, und die Glaubens- und Sittenlehren enthalten, um als „wahre Nahrung des Geistes, Bekehrung für den Unwissenden, Zurechtweisung für den Irrenden, und Trost für den Kleinmüthigen“ dienen zu können.64 Ebenfalls vorhanden sein mussten liturgische Elemente wie „Psalmen, Gesänge, Lytaneien, Responsorien, Gebethe, Betrachtungen“, um damit einen gemeinsamen geistlichen Umgang von Priester und Gemeinde zu ermöglichen.65
53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
N. N., Gottesdienst, 359. N. N., Gottesdienst, 360. N. N., Gottesdienst, 369. N. N., Gottesdienst, 368. N. N., Gottesdienst, 372. N. N., Gottesdienst, 374–377. N. N., Gottesdienst, 372 f. N. N., Gottesdienst, 366. N. N., Gottesdienst, 366 f. N. N., Andachtsbuch. Beispiele aus den Dekanatsbibliotheken: Schwäbl, Hauslegende. Burg, Beantwortung, 262 f. Burg, Beantwortung, 264 f.; im Detail 265–269.
190
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
7.2.2 Religiöse Bildung in der Schule Komplementär zur familiären Erziehung trat der Alltag innerhalb der Gemeinde. Die Kirche als „vorzügliche göttliche Anstalt, wodurch die Menschen zur wahren Religion und Tugend, zu himmlischen Bürgern und zu wahren Kindern Gottes erzogen werden können und sollen“66 erhielt nach aufgeklärt-katholischem Verständnis eine besondere, je nach Alter und Zielgruppe differierende Aufgabe in der schulischen Erziehung. Auf die häusliche Erziehung aufbauend setzte der schulische Unterricht als nächster Schritt an; die Kinder wurden als besonders empfänglich für die Religion angesehen:67 Sie besaßen „die größte Empfänglichkeit“68, da sie noch imstande waren, als ganze Menschen mit Vernunft und Gemüt unvoreingenommen die aufgeklärt-katholische Religion anzunehmen.69 Insgesamt galt es, bereits frühzeitig die „angebohrnen Neigungen zum sittlich Bösen“ bereits bei den Kindern zu schwächen,70 sie von bösen Gewohnheiten zu entwöhnen71 und bereits möglichst früh das „religiös-sittliche Gefühl“ zu wecken und zu stärken72. Das Kind erlernte so bereits von Anfang an, den „unsichtbaren, aber überall gegenwärtigen und wirkenden […] Gott“ wahrzunehmen, das eigene Gewissen als innere Stimme aufmerksam zu betrachten, und sich an die elementarsten „Religionsübungen“ zu gewöhnen, folgte somit also den Grundlinien von Katechismus und aufgeklärt-katholischer Frömmigkeit.73 Von Beginn an ging es im schulischen Unterricht um die altersgemäße kognitive Vermittlung;74 die „Fassungskraft“ der Kinder und Jugendlichen sollte nicht überlastet werden.75 Der Religionsunterricht begann sinnvollerweise mit der entscheidenden Frage nach dem Katechismus und seiner Rolle76, machte somit das Hauptmedium religiöser schulischer Sozialisation vertraut. Darauf aufbauend wurden das Weltverständnis, das grundsätzliche Verständnis von Gott und Welt sowie der katholischen Religion und deren praktische Folgen gelehrt.77 Genau dieser Bogen zwischen rationalem Wissenserwerb und lebenspraktischer Umsetzung war das verbindende Element des gesamten Katechismus, um am Ende zu echtem Glauben zu gelangen: „[I]n Christo Jesu gilt nichts, als ein Glaube, der durch Liebe thätig ist, und nur Gottes Gebote halten, ist wahre Religion.“78 Ziel war es, 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78
Mets, Katechismus, 173. Kreitmayer, Kinder, im Anschluss an Sailer; vgl. auch N. N., Fastenkinderlehrer; Demeter, Schulwesen, (pädagogisches Konzept); N. N., Elementarunterricht. Kreitmayer, Kinder, 231. Kreitmayer, Kinder, 233 f. Kreitmayer, Kinder, 235 f. Kreitmayer, Kinder, 236 f. Kreitmayer, Kinder, 237–240. Kreitmayer, Kinder, 238 f. N. N., Fastenkinderlehren, 31; daneben wurde auch die biblische Geschichte verwendet: N. N., Methode. N. N., Fastenkinderlehren, 22–24. Mets, Religionsunterricht, 364. Mets, Religionsunterricht, 367 f. Mets, Religionsunterricht, 371.
7.2 Medien der Unterstützung
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den Kindern die Tugendlehren als „angewandte Religionswahrheiten“ zu vermitteln.79 Man wird den Einfluss der Schule auf die religiöse Sozialisation kaum hoch genug veranschlagen können. In Württemberg galt eine Schulpflicht zwischen dem sechsten und 14. Lebensjahr80, an die sich eine Christenlehrpflicht bis zum 25. Lebensjahr81 anschloss. Diese war im Grunde nichts anderes als eine Verlängerung dieses religiösen Unterrichts in der Schule; aus aufgeklärt-katholischem Verständnis handelte es sich hier um nichts anderes als den antiken traditionellen sonntäglichen christlichen Unterricht.82 7.2.3 Bildung in Gemeindestrukturen: Der öffentliche Gottesdienst als komprimierter katholischer Glaubensvollzug 7.2.3.1 Sinn und Zweck öffentlichen Gottesdienstes Ohne diese basalen Strukturen in Familie und Schule ist der Bereich des öffentlichen Gottesdienstes in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kaum zu verstehen. Auf beide Bereiche konnte der Seelsorger durch verschiedene Mittel Einfluss nehmen: In die Familie hatte er aufgrund der häufig noch sehr kleinräumigen Seelsorgsstrukturen über Predigt und Beichte vielfache Einflussmöglichkeiten, in der Schule war er als Religionslehrer häufig direkt selbst präsent. Im Bereich der Gemeinde war die hauptsächliche Struktur der Bildung die „öffentliche Gottesverehrung“, verstanden als „göttliche Anstalt zum ewigen Heile der Menschen“.83 Ihr Sinn und Zweck war die gegenseitige und damit kollektive „Stärkung und Ermunterung“.84 Auch hier lässt sich eine analoge Struktur zur schulischen Bildung beobachten: Als „würdige Gottesverehrung“ ging es primär darum, den „Geist der wahren Religion und Gottesverehrung im Herzen des Menschen“ zum Wirken zu bringen und somit individuelle innere Gottesverehrung zu erreichen, „wesentlich in der wirklichen Ausübung der wahren Religion, und folglich in dem muthigen Kampfe gegen das Böse, im Wachsthum und Fortschreiten in der wahren Kenntniß, im lebendigen Glauben, und in der reinen Liebe Gottes und des Nächsten; in einem thätigen Bestreben: das Gute in sich, und bey andern nach allen Kräften zu befördern, und immer mehr zu begründen.“85 79 80
81 82 83 84 85
Mets, Religionsunterricht, 372; eine mögliche Gliederung 373–378; vgl. auch Huber, Versuch, 296–298. General-Reskript, die Einführung einer allgemeinen Schulverordnung in den katholischen Elementar-Schulen des Königreiches betreffend, vom 10. September 1808, in: Eisenlohr, Schul-Geseze, 137–177, 138. Erlaß des General-Vikariats, den Besuch der Christenlehre betreffend, vom 17. Juli 1821, in: Lang, Sammlung, 676. N. N., Kirchenliturgie. Mets, Katechismus, 173. Mutschelle, Sittenunterricht, 189 f. Mets, Katechismus, 174. „Die innere Gottesverehrung bestand dem entsprechend in der „Ausübung der lebendigen Religion; also in dem muthigen Kampfe gegen das Böse, und in dem
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Nun aber kam das Element kollektiver Ausübung hinzu, das dazu führte, dass der Geist dieser Gottesverehrung „sich auch andern mit[teilte].“86 Aus dem Geist individueller Gottesverehrung wurde ein kollektives Erleben des aufgeklärt-katholischen, eigentlich individuellen Heilskonzeptes „unter der Leitung ihres Seelsorgers“87: Der öffentliche Gottesdienst. Zur Wahrung dieses primären Zweckes hatte sich nach aufgeklärt-katholischem Verständnis eine sich im Laufe der Geschichte immer wieder sich wandelnde Einrichtung des Gottesdienstes etabliert.88 Historisch betrachtet legte man Wert auf die Tatsache, dass die „gemeinschaftliche Anhörung des christlichen Unterrichts und des Wortes Gottes“, das gemeinschaftliche Gebet, die „gemeinschaftliche Theilnahme an dem heil. Abendmahle“, die Teilnahme an den anderen Sakramenten, und das alles mit frommer Absicht („Belehrung“, „Erbauung“, mit „wahrer innerer Versammlung des Geistes“, in „äusserm Anstande“) und im Verlaufe des festgesetzten Kirchenjahres von jedem Christen regelmäßig ausgeübt wurde.89 Innerhalb dieses Ensembles legte die aufgeklärt-katholische Pastoral einen Schwerpunkt auf Predigt, Kirchenmusik, Messe und Segnungen, und zwar unter expliziter Berufung auf die frühen Christen. Bereits die Urkirche hatte die öffentliche Gottesverehrung durch „Vorlesen, Erklären, ernstliches Betrachten, und redliches Auffassen der christlichen Lehren und Wahrheiten; ferner im Gebet, im Genusse des heiligen Abendmahls, und in der Ausübung der wahren Nächstenliebe“ gefeiert.90 Hieran wollte die zeitgenössische Pastoral bewusst wieder anknüpfen und dem jesuanischen Auftrag nachkommen: „Durch Lehren und Verkündigen des Worts Gottes drangen ursprünglich die Wahrheiten des Christenthums in die redlichen Herzen ein, und dadurch wurde das Christenthum von jeher weiter verbreitet, und immer fester begründet.“91
Zwar war historisch betrachtet der aufgeklärt-katholische Gottesdienst nicht derselbe, der in den ersten Gemeinden gefeiert worden war, eine Tatsache, die den Autoren durchaus bewusst war.92 Wieder aufgegriffen wurde aber die eigentliche Aufgabe der öffentlichen Gottesverehrung, die Christusnachahmung, die „Erinne-
86 87 88 89 90 91 92
wirklichen Zunehmen im Guten, durch eigene Belehrung und Erbauung, durch stets lichtvollere und würdigere Vorstellungen von den Vollkommenheiten Gottes, durch wiederholtes ernstliches Nachdenken über die ewigen Heilswahrheiten und über seine Pflichten; durch emsiges Lesen, Forschen und Betrachten der heiligen Schriften und in andern besonders lehrreichen und erbaulichen Büchern; durch eine stets lebendige Vergegenwärtigung des wahren Werthes und ewigen Lohnes der Tugend, wie auch der fürchterlichen Folgen des Bösen; durch wiederholte lebendige Vorstellung schöner und heiliger Beyspiele, vorzüglich des Beyspiels Jesu.“ Zum Bösen und seinen Steigerungsformen allgemein Sailer, Handbuch 1, 156–298. Mets, Katechismus, 173. Mets, Katechismus, 174 f. Mets, Katechismus, 181. Mets, Katechismus, 182 f. Mets, Katechismus, 178. Mets, Katechismus, 179. Steinhauser, Werth, 41–50; vgl. auch Mercy, Gottesdienste; N. N., Resultate Stühlingen, 409– 419.
7.2 Medien der Unterstützung
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rung der Auferstehung Jesu, durch welche die Hoheit unserer Religion siegreich bestätiget wurde“.93 Durch die öffentliche Gottesverehrung gelang die „Ausübung der wahren Religion, nemlich in dem wirklichen Kampfe gegen das Böse, so wie in dem wirklichen Wachsen in allem Guten, in der wahren Kenntniß Gottes und seiner Pflichten, im lebendigen Glauben an Gott, an Jesum Christum und an seinen heiligen Beruf, in der wahren Liebe Gottes, und des Nächsten, durch öffentliche Belehrung und Erbauung befördert.“94
Das Besondere an der öffentlichen Gottesverehrung lag in der Bestärkung der Gläubigen „durch die gemeinschaftliche Erscheinung im Tempel vor Gott“95. Sie diente dazu, „den Glauben öffentlich zu bekennen, und Gott im Geiste und in der Wahrheit anzubeten“96. Es ging hier darum, kollektiv „dem Bösen aufs neue abzuschwören, sich wechselseitig im Guten zu stärken, zur Tugend aufzumuntern, gemeinschaftlich neuen Muth und Kraft von Gott zu erflehen, um im Glauben standhaft auszuharren, und immer weiter zu kommen“.97 Entsprechend ging es um die Evozierung der sinnlichen Seiten des Menschen, mit der Absicht, dadurch die Christen in ihrer Grundüberzeugung zu bestärken. Der öffentliche Gottesdienst galt als Medium, das „unserer Schwäche zu Hülfe“ kam. „Hier kommt nun der öffentliche Gottesdienst unserer Schwäche zu Hülfe. Hier wird das kalte Herz von neuem erwärmt, wenn es träge werden will in seiner Thätigkeit für das Menschenwohl; hier werden Bedürfnisse befriediget, die sich durch keine sinnliche Freuden einschläfern lassen, und wofür wir in der sinnlichen Welt nirgends Befriedigung finden; da schwindet jede niedere Leydenschaft; da erheben wir uns aus dem Staube, und schwingen uns auf zu dem Schöpfer.“98
Der überzeugte aufgeklärte Katholik empfand also beim Gottesdienst Freude und Zuversicht und hoffte auf dessen positive Wirkungen.99 Dieser Argumentation folgend galt ein Verlust des öffentlichen Gottesdienstes als Maximalschaden für die Gesamtgesellschaft; mit der Vernachlässigung dieses so wichtigen Mediums erfolgte zwangsläufig der Verlust der Bestärkungsfunktion, die dauerhaft die menschliche Gesellschaft ihren zivilisierten Zusammenhalt verlieren ließ; „Ruchlosigkeit, Lasterhaftigkeit, Zügellosigkeit, Rauberey, Mordsucht und allgemeine schreckliche Verderbtheit“ wären die Folge, eine Auflösung der menschlichen Gesellschaft zwangsläufig.100 7.2.3.2 Der christliche Sonntag Den normalen Rahmen des öffentlichen Gottesdienstes bildete der Sonntag mit seinem Hintergrund eines von Gott gewollten Ruhetags.101 An diesem Tag sollte alle Arbeit ruhen, der gesamte Tag für Gott und das eigene Seelenheil zur Verfügung 93 94 95 96 97 98 99 100 101
Schätgen, Sonntagsfeyer, 131. Mets, Katechismus, 175. Mets, Katechismus, 176. Mets, Katechismus, 176. Mets, Katechismus, 177; vgl. ebenso Giegling, Freude. N. N., Materialien, 877; vgl. auch N. N., Materialien II, 768–778. Giegling, Freude, 63–67. N. N., Materialien, 879. Schätgen, Sonntagsfeyer, 131.
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7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
stehen.102 Dies umfasste aber nicht eine Ruhe im „Gutesthun“: „Wohlthun, religiösen frohen Sinn und frommen Wandel bey Andern befördern, ist die schönste Sonntagsfeyer, der wahre Gottesdienst, wie die heil. Schrift sagt.“103 Um den Heilszweck zu erreichen, kamen einige Anordnungen hinzu, die die Gläubigen in die eigene Gemeinde einbanden. So galt die Regel, dass die Gläubigen in der „eigenen Pfarrkirche dem öffentlichen Gottesdienste“ beiwohnen sollten, „wo der rechtmäßige Hirt und seine Heerde versammelt sind“.104 Auch die innere Haltung, mit der dies geschehen sollte, war exakt vorgeschrieben. Mit „wahrer Aufmerksamkeit“ und „dem Vorsatz, die Lehren, welche vorgetragen werden, zu unserer wahren Besserung anzuwenden“.105 Hierauf folgte als weiterer Schritt, dass die Gläubigen nach Ende des Gottesdienstes über „das Gehörte ruhig nachdenken“, die Eltern mit ihren „Kindern und Hausgenossen“ gar sprechen sollten und die Stellen, „über die gepredigt wurde“, zu Hause „bey christlichen Familien fleißig gelesen“ werden sollten.106 Der sonntägliche Gottesdienst umfasste nach aufgeklärt katholischem Verständnis vor allem die Trias Predigt, Messe und Kirchenmusik; diese waren als Einheit zu betrachten, die den gesamten Menschen umfassen und erreichen wollte: „Weder die Messe, weder der Unterricht allein, sondern beydes, – alle Handlungen des öffentlichen Gottesdienstes zusammen genommen, – machen die Hauptsache aus. Der Zweck desselben ist, und kann kein anderer seyn, als sittliche Veredelung des Menschen, und – was ist geschickter diesen Zweck zu erreichen als Belehrung, Erbauung, Anbethung?“107
Um den Besuch des sonntäglichen Gottesdienstes durchzusetzen, waren die katholischen Seelsorger zu sehr weitgehenden Schritten bereit. Als theologischer Hintergrund diente die bereits seit alters her traditionelle Wichtigkeit des gemeinsamen Gottesdienstes, also der Nachweis der Tradition insbesondere in Trient.108 Erwogen wurde gar eine Neuformulierung des zweiten Kirchengebotes, das dessen Schwerpunkt signifikant in Richtung auf die aufgeklärt katholischen Schwerpunkte Predigt und Gottesdienst verschob: „Du sollst am Sonntag und gebothenen Feyertage die heilige Messe und das Wort Gottes in deiner Pfarrkirche anhören!“109
Die Wichtigkeit wird ebenfalls deutlich, wenn das Versäumen des Pfarrgottesdienstes gar als Sünde gelten sollte, die nur vom Ortspfarrer vergeben werden konnte.110
102 Schätgen, Sonntagsfeyer, 131: „Der Tag des Herrn ist ein Ruhetag; der Körper soll irdische Geschäfte verlassen, sich erholen, damit er frische Kräfte sammle; der Geist sich fassen, um gestärkt, fleißiger und geduldiger seine Berufsarbeiten wieder vornehmen zu können.“ 103 Schätgen, Sonntagsfeyer, 131. 104 Mets, Katechismus, 186. 105 Mets, Katechismus, 186 f. 106 Mets, Katechismus, 187. 107 N. N., Vernachlässigung, 538. 108 N. N., Werth, 169. 109 N. N., Werth, 170. 110 N. N., Werth, 170.
7.2 Medien der Unterstützung
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7.2.3.3 Zielgruppenorientierter Gottesdienst Der Sinn und Zweck der gottesdienstlichen Ordnung war für die verschiedenen Typen von Gläubigen unterschiedlich und wurde den Bedürfnissen der Gläubigen gerecht: „Der Leichtsinnige wird dadurch heilsam beschämt, und zum ernstlichen Nachdenken gebracht. Der in einem gefährlichen Sündenschlafe Versunkene wird durch das Wort Gottes aufgeschreckt, und zur wahren Buße angeleitet. Der Sklave der Sünde und der bösen Gewohnheiten wird zur Erkenntniß seiner selbst und seines elenden Zustandes gebracht, und zu dem ernstlichen Entschlusse bewegt: von nun an ein besserer Mensch zu werden. Der Schwache und Wankende im Guten wird durch die lebendigen Vorstellungen von dem ewigen Werthe und Lohne der Tugend und der heiligen Beyspiele im Guten gestärkt und angefeuert. Der Fromme selbst erhält dadurch immer neuen Muth und neue Kraft, im guten immer weiter zu schreiten, und auszuharren bis ans Ende.“111
Jenseits des Frommen gab es eine weitere Gruppe innerhalb der Gemeinden, die für den Priester von besonderer Bedeutung waren: Diejenigen, die sich „für zu aufgeklärt“ hielten, um sich noch am öffentlichen Gottesdienst zu beteiligen: „Sie sind der Meynung, daß sie alles, was sich auf Moral und Religion bezieht, schon vollkommen wissen, und folglich in den öffentlichen Versammlungen der Christen nichts Neues darüber hören; weswegen sie dieselbe als überflüssig für sich herabsäumen.“112
Genau diese Gläubigen waren aber von entscheidender Bedeutung für die christlichen Gemeinden; selbst die aufgeklärt-katholischen Priester gestanden durchaus zu, „daß es […] solche wahrhaft aufgeklärte, und übrigens auch rechtschaffene Christen gibt, welche für ihre Belehrung der allgemeinen Andachtsstunden nicht bedürften“113. Bei dieser Klientel setzten die aufgeklärt-katholischen Priester auf eine differierende Strategie: Sie betonten die Verantwortung der wahrhaft aufgeklärten Christen für ihre Mitchristen und setzten auf den besonderen Charakter des gemeinsamen Erlebens: „So eine Andachtsversammlung kann nicht anders als Geiststärkend und Herzerhebend für Alle werden; und deswegen sollten sich auch wahrhaft Aufgeklärte nicht von denselben ausschließen.“114
7.2.4 Medien der (Fort-)Bildung: Predigt, Messe, Kirchenmusik und Segnungen 7.2.4.1 Die Predigt oder der „christliche Unterricht“115: Bildung der Gläubigen durch das Wort Von zentraler Bedeutung für den aufgeklärten Katholizismus war die Predigt; deren Sinn und Zweck hatte es zu sein, „durch einen zusammenhängenden, fortlaufenden Unterricht über die wichtigsten Angelegenheiten des Menschen erhöht, und da111 112 113 114 115
Mets, Katechismus, 180. Scherer, Ursachen, 154. Scherer, Ursachen, 154; zu Spezialformen der Andacht vgl. Wanker, Sittenlehre 2, 414–417. Scherer, Ursachen, 155. Mutschelle, Sittenunterricht, 206 f.
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durch zwischen der Religion und dem Gewissen eine innige Verbindung [zu] unterhalten“.116 Damit deckte diese den „vernunftmäßigen“ Teil des Menschen ab117 und rekurrierte auf die Rede Jesu beim letzten Abendmahl, „durch den Mund des christlichen Predigers“ richtete der Geistliche seine Worte „an die Herzen der Menschen“118 und bezog genau hieraus seine besondere Wirksamkeit. Das machte die Predigt zum wesentlichen Aspekt der Bildung im Rahmen des öffentlichen Gottesdienstes. Der „christliche Unterricht, die Verkündigung und Erklärung des Wortes Gottes“ galt als elementarer Bestandteil, als „eigentliches Fundament“ des öffentlichen Gottesdienstes;119 ohne einen ausreichenden Unterricht und die „Verkündigung des Worts Gottes“ waren die Christen „durchaus unfähig“, einen „würdigen Gottesdienst“ auszuüben. „Erst durch das Licht des christlichen Unterrichts muß der Verstand, erleuchtet, durch die Kraft der Wahrheit und durch das Feuer des göttlichen Wortes das Herz gerührt, und in demselben der wahre Geist der Religion und Gottesverehrung geweckt, belebt, und herrschend gemacht werden.“120
Das Wort Gottes sollte der Gläubige „lernbegierig anhören, die heil. Lehren redlich in sein Herz aufnehmen, sie immer besser verstehen, und immer vollkommner seinen Lebenswandel danach einzurichten streben.“121 In der Predigtmethode waren sowohl die Homilie als auch die eigentliche Predigt gleichberechtigt und konnten erfolgreich eingesetzt werden.122 Diese galt aufgrund der „Kenntnisse und frommen Gefühle“ als Medium, durch das der Glaubenshabitus, den die Christen im Laufe ihrer Jugend erlernt hatten, jede Woche aufgefrischt und vertieft werden konnten.123 „Wie gerührt, wie getroffen mit dem Strale der göttlichen Wahrheit werden oft die Zuhörer, wenn Gott, wenn sein eingeborner Sohn durch den eifrigen, vom heiligen Geist erleuchteten Prediger mit ihnen redet und die Wahrheit fühlbar macht? Man müßte so viele Erfahrungen läugnen, wenn man jeder Predigt die Kraft Gottes absprechen wollte.“124
Schon aus diesem Grund sollte der zuständige Priester eine Predigt auf gar keinen Fall unterlassen.125 Auch ein Abstand von 14 Tagen galt nicht als akzeptabel.126 Hinzu kam, dass der Priester durch seine eigenen Anstrengungen die Wirksamkeit der Predigt steigern konnte. Er hatte dabei eine doppelte Aufgabe: Als Predigt galt „die Kunst, die Lehren, Wahrheiten und Pflichten der christlichen Religion auf eine solche Art vorzutragen, daß der Verstand mit den möglichst deutlichen Kenntnissen derselben bereichert, und das Herz zu allem, was wahrhaft und sittlich gut ist, ge116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126
N. N., Predigtamt, 241. N. N., Materialien II, 954–963. Klingenmaier, Verhältniß, 313. Mets, Katechismus, 178; vgl. ebenso N. N., Vernachläßigung, 538 f. Mets, Katechismus, 178. Mets, Katechismus, 205. Kreitmayer, Art. N. N., Materialien, 875. Klingenmaier, Verhältniß, 313. Klingenmaier, Verhältniß, 314 f. Hafel, Bildung, 147.
7.2 Medien der Unterstützung
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stimmt“ wurde.127 Um diesen Zweck zu erreichen, konnte der Priester versuchen, „Interesse [zu] wecken“ und einen „gewißen Reiz der Neuheit“ einzusetzen.128 Ein gesondertes Thema waren die Frühpredigten, die auch die Frühmesse für das aufgeklärt-katholische Bildungskonzept öffnen sollte. Dem Gesamtkonzept des Sonntags als „gemeinschaftlicher Unterrichts- und Erbauungstag“129 folgend,130 war auch die Frühmesse als wesentliches Element zu betrachten. Die Katholische Aufklärung legte großen Wert auf die Zusammengehörigkeit von Epistel, Evangelium und Predigt, und machte es den Priestern explizit zur Pflicht, „bey dem Hauptgottesdienst den Altar [zu] verlassen, auf die Kanzel [zu] steigen, das Evangelium des Tages in deutscher Sprache vor[zu]lesen, und den Sinn der Lehre Christi, der Festgeschichte dem Volk klar und eindringlich ins Gemüth [zu] legen“.131 Sinn und Zweck war es, den „Geist der Andacht“ auch wirklich bei den Gläubigen zu wecken, „die heilige Flamme mehr anzufachen zur Verherrlichung Gottes und Jesu Christi“.132 7.2.4.2 Die Messe: Bildung der Gläubigen durch Teilnahme am „höchsten Opfer“ Neben der Predigt galt die Messe als der wichtigste Teil der öffentlichen Sonntagsgestaltung. War die Predigt auf Bildung der Gläubigen ausgerichtet, diente diese einem anderen Zweck: Wie die Forschungen Erwin Kellers belegen, plädierte der wessenbergianische Klerus schon früh für die Einführung der gemeinschaftlichen Kommunion.133 Als wichtiger galt die Partizipation an der eigentlichen Messe: Diese umfasste den engeren Bereich des „Opfers“, zu dem eine Anwesenheitspflicht bestand.134 Traditionell galt das hier zur Anwendung kommende Kirchengebot für die Anwesenheit bei „Opferung, Wandlung und Kommunion des Priesters“.135 Die Messe als „Darstellung des Höchsten, was Gott in Christus für die Menschheit bewirket hat“, wurde hier verstanden als zugleich das Höchste, „was die Menschheit werden kann und wird“; hier fand sich die „Fülle aller Glaubenslehre, die Fülle aller Moral, die Allvollendung“ abgebildet.136 Gerade hierdurch war die Anwesenheit während des Opfers für den aufgeklärten Katholiken direkt im positiven Sinne wirksam. Auch hier lässt sich das Phänomen beobachten, dass sich im Vergleich zur Konfessionalisierung eine Verschiebung des intendierten inneren Habitus findet. Es ging nicht nur um körperliche Anwesenheit, sondern vielmehr um die hierbei von 127 128 129 130 131 132 133 134 135 136
Martin, Verwaltung, 53. Martin, Verwaltung, 53–60. N. N., Frühmeß, 318 f. Übrigens ging dieser Artikel davon aus, dass in der Messe selbst kein Unterricht stattfand und deshalb der Frühmesshomilie eine besondere Bildungsfunktion zukam: N. N., Frühmeß, 319. Klingenmaier, Verhältniß, 310. Klingenmaier, Verhältniß, 311. Keller, Liturgiereform, 224–233. Klingenmaier, Verhältniß, 307. Klingenmaier, Verhältniß, 307. Klingenmaier, Verhältniß, 311.
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7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
jedem aufgeklärt-katholischen Christen zu erweckenden „Gesinnungen“.137 Die Messe sollte dazu dienen, „unsre Achtung und Vollbringung dessen, was gut und recht ist, zu befördern“.138 Hierzu sollten die Gläubigen eine Haltung der „christlichen Andacht“ kultivieren, um so den maximalen Nutzen aus der Messe ziehen zu können.139 Zwar galt die Anordnung der Osterkommunion als Minimalanforderung, da „Christus nur denjenigen Sündern das ewige Leben versprochen hat, welche Busse thun, und sich mit Ihm im heiligen Abendmahle aufs innigste vereinigen“; wem aber die „Besserung ernstlich am Herzen liegt“, der sollte „die heil. Sakramente ohnehin öfters im Jahr“ empfangen.140 Hier argumentierte die katholische Aufklärung für eine Änderung des Kirchengebots oder für ein neues Verständnis, wieder einmal unter Rückverweis auf die Tatsache, dass dies bereits immer so gehandhabt worden sei.141 7.2.4.3 Kirchenmusik142: Ausrichtung der Gefühle der Gläubigen auf Gott Ein weiteres wichtiges, bereits in der Gründungszeit der Kirche fest integriertes143 Element war die Frage der Musik im Kontext des Gottesdienstes, besser: des landessprachlichen Kirchengesangs, ein Problem, das schon bald durch legitimierte Gesangbücher144 in Angriff genommen wurde und als eine der Spielwiesen aufgeklärt-katholischer Gemeindeliturgie gelten kann; 1805 veranstaltete das Bistum Konstanz sogar einen Wettbewerb zum deutschen Messgesang.145 Kirchenmusik galt als bereits seit ältesten Zeiten verwendetes146 „wirksames Mittel zur Erweckung, Veredelung und Stärkung religiöser Gesinnungen, und sittlicher Gefühle“147. Während die „figurirte Musik“148 als nicht geeignet galt und als barockes Überbleibsel deswegen nach Möglichkeit zügig abgeschafft wurde, herrschten wenig Zweifel daran, dass die Musik als eine von „vielen Triebfedern der Liturgie“ in Verbindung mit „der geistlichen Dicht- und Redekunst, [der] bildenden Künste, Mahlerey, Statuarie, Architektur, Ceremoniologie, die Vorschriften des Kostums“ eine wichtige Rolle spielte.149 Der Mensch als „sinnlich-vernünftiges Wesen, des137 138 139 140 141 142
143 144 145 146
147 148 149
Mutschelle, Sittenunterricht, 204 f. Mutschelle, Sittenunterricht, 204. Wanker, Sittenlehre 2, 29–32. Mets, Katechismus, 189. Klingenmaier, Verhältniß, 308 f unter Verweis auf Plinius. Vgl. zum Hintergrund und den daraus entstehenden Problemen Kimminich, Volksbräuche, 151–154; zum Hintergrund bei Wessenberg Keller, Liturgiereform, 135–150; Arx, Reflexion, 178–179. Wanker, Sittenlehre 2, 384–386. N. N., Gesangbuch; vgl. auch N. N., Lieder. N. N., Kundmachung. Schuhmacher, Befoerderung, 96–104; N. N., Andachtsbuch. Explizit angestrebt wurde eine möglichste Ähnlichkeit mit dem altkirchlichen Musikgebrauch: Michel, Volksgesang; N. N., Volksgesange, 18–29; N. N., Versuch Geschiche I, 29–42. N. N., Gebrauche, 253; N. N., Versuch Geschichte, 102–114; 207–235; N. N., Lieder, 316–337. N. N., Gebrauche, 254. N. N., Gebrauche, 257.
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sen Geist im gegenwärtigen Zustande von einer fleischlichen Hülle eingeschlossen“ war, konnte durch Musik durch „Rührung und Erschütterung des Nervensystems“ erreicht werden.150 Die „Vokalmusik“ galt als wirksamer,151 und konnte sich an dieser Stelle auf Augustinus152 und die Geschichte der Verwendung von Musik im Gottesdienst153 berufen. Im aktuellen Gottesdienst erreichte die Musik ihren besonderen Zweck: „Nach dieser Absicht der Kirche soll die Musik bey den gottesdienstlichen Verehrungen der Gefühle der Anbethung des höchsten Wesens, der dankbaren kindlichen Liebe, einer zwar nicht düstern, aber doch auch öfters büßenden Frömmigkeit, einer reuevollen Bekümmerung über den religiösen und sittlichen Verfall; sie soll Gefühle zärtlichen Mitleids, sanfter Wehmuth, vertrauensvoller beruhigter Andacht, und dann wieder Empfindungen, frommer Freudigkeit, dankvollen Jubels, hoher Begeisterung, für Gott, und der Menschheit auch etwas Großes zu thun, erwecken, erhöhen, veredeln, uns stärken.“154
So gesehen war die Rolle der Musik durchaus als komplementär zu Unterricht und Erziehung zu sehen; denn wenn „Gotteshäuser nur Schulstuben“ und „liturgische Handlungen nur gelehrte Vorlesungen“ waren, ließen sich die Menschen selbst nach dem eigenen Verständnis nicht erreichen.155 Auch für die Musik selbst musste der Mensch eine spezifische innere Haltung gewinnen.156 Hinzu musste die Kirchenmusik kommen, die nach aufgeklärt-katholischem Verständnis den Menschen als Ganzen einbezog: „Wahre Musik gründet sich auf das ewige Verhältniß der Konstantien, und Dissonantien, und diese haben wieder ihren Grund im Wesen der Menschlichen Natur. Wahre Musik bleibt sich also immer gleich. Eben so ist der wesentliche Zweck der Singmusik Uebertragung des Sinnes der vorgetragenen Worte durch das Ohr ins Herz, und Erweckung entsprechender Empfindungen, Gefühle, Gesinnungen, ohne daß man weiß, wie dieses zugeht.“157
Der Fokus lag auf dem Gemeindegesang, der in der Volkssprache abgehalten wurde.158 Neben diversen Sonderformen159 war der „Meßgesang mit Begleitung der Orgel das einzige Mittel, bey dieser liturgischen Handlung würdige Gefühle und Gesinnungen zu wecken“.160 Der Gemeindegesang ließ sich zusätzlich bei allen anderen Veranstaltungen außerhalb der Messe einsetzen, beispielsweise bei Predigt und christlicher Lehre sowie den Andachten161 bis hin zu Prozessionen.162 Zusätzlich schlugen aufgeklärt-katholische Autoren die Einführung von Kirchenorches150 N. N., Gebrauche, 258–259; vgl. auch N. N., Volksgesange, 29–36. 151 N. N., Gebrauche, 259; zur generellen Wirksamkeit auf den Menschen 260–263; Mastiaux, Kirchengesänge, 61–69. 152 N. N., Gebrauche, 263 f. 153 N. N., Gebrauche, 265. 154 N. N., Gebrauche, 267. 155 N. N., Gebrauche, 267. 156 N. N., Volksgesange, 36–40. 157 N. N., Gebrauche, 335. 158 N. N., Gebrauche, 343. 159 N. N., Gebrauche, 342 f. 160 N. N., Gebrauche, 343. 161 Pracher, Entwurf 1, 1–10. 162 N. N., Gebrauche, 346–352.
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7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
tern vor, die den Gemeindegesang unterstützen sollten;163 auch die Vertonung von Hymnen164 wurde versuchsweise unternommen. Die Lieder sollten den grundsätzlichen Charakter der Musik widerspiegeln und „keine Abhandlung einer Religionslehre“ darstellen, sondern eher die Empfindung ansprechen.165 7.2.4.4 Segnungen166 und Andachten167: Fürbitte der Gläubigen Grundsätzlich galten Segnungen, Benediktionen168, als zweckmäßig, wenn dadurch „Gottergebenheit beym Christenvolke“ bewirkt wurde.169 Diese Segnungen bewirkten also keine „innerliche Kraft oder Heiligung“, sondern förderten lediglich die „Andacht und den Glauben der Christen“,170 galten damit als im Vergleich zum Gottesdienst oder zur Eucharistie als von geringerer, aber flankierender Wirksamkeit. Sie hatten die Aufgabe, „das Herz desjenigen mit frommen Gedanken zu füllen, dem ihre Bedeutung nicht verborgen bleibt“171. „Die Segnungen sind christliche Wünsche, daß Gott, der Urheber alles Segens, Jemanden segnen, etwas Gutes erweisen soll. Sie sind nicht von Jesus Christus, wie die Sakramente, sondern nur von der Kirche eingesetzt; ja nicht einmal alle Segnungen, die in der Kirche geschehen, sind von ihr angeordnet; sie haben sich oft durch Mißbrauch eingeschlichen. Diesen Segnungen ist auch keine besondere Gnade verheißen; sie sind nur eigentliche Fürbitten; d. h. solche Gebete, wodurch wir einer Seits die frommen Gesinnungen gegen Gott, anderer seits unsere Liebe gegen den Nächsten darstellen; die, wenn sie durch äußerliche Zeichen ausgedrückt, und von dem Priester im Namen der Kirche dargebracht werden, kirchliche Segnungen heißen.“172
Paradigmatisch sei dies hier am Beispiel der Wasserweihe dargestellt. Diese galt als „Erinnerungszeichen der Reinigung“, als Zeichen für die „Reinigung unserer Seelen“;173 die Weihe sollte „unser Vertrauen auf Jesus befestigen, welcher dem Teufel die Macht benommen“ hatte174. Intendiert war also ein Gebrauch des geweihten Wassers, der „Gesinnungen der Reue und Buße in uns“ erwecken sollte und somit letztlich eine Seelenreinigung beabsichtigte.175 Eine Sonderform des Segnungsverständnisses war die verbreitete Meinung, dass das Läuten von Glocken bei Gewittern helfen konnte, oder dass der Wettersegen faktisch für gutes Wetter 163 164 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175
N. N., Gebrauche, 450–453. N. N., Hymnen. N. N., Lieder, 413. Zum Hintergrund vgl. Burkarth, Katholiken, 226–238; Arx, Reflexion, 177–178. Arx, Reflexion, 179. Krocer, Grundsätze. Krocer, Grundsätze, 2; vgl. auch Sartori, Pastoralklugheit; Fink, Benediktionen. Reithinger, Segnungen, 55. Dallmann, Segnungen, 344. Dallmann, Segnungen, 347. Dallmann, Segnungen, 347; vgl. auch N. N., Lyturgie. Dallmann, Segnungen, 347. Dallmann, Segnungen, 347; weitere Beispiele 348–350.
7.3 Die außerordentliche Seelsorge
201
sorgte; solchem Aberglauben hielt die Katholische Aufklärung weitestgehend kommentarlos das eigene Weiheverständnis entgegen.176 Eine weitere, nicht unproblematische Variante der Segnungen waren die Prozessionen.177 Auch hier begegneten abergläubische Tendenzen; so machten Teile der Gläubigen die Abschaffung der Feiertage und der Bittgänge für Hagelwetter verantwortlich.178 Die Gründe für die Abschaffung bestanden hauptsächlich im sittlich-moralischen Schaden, der durch diese angerichtet wurde.179 Dem sollte durch alternative Modelle, wie etwa durch Verwendung der „Vorlesung und Erklärung der Evangelien“180, begegnet werden. Ein ähnliches Beispiel hierfür lieferte der Rosenkranz181: Die gängige Verwendung galt als der aufgeklärt-katholischen Frömmigkeit nicht angemessen, da er als „Mechanismus“ nicht der Einübung des grundlegenden Frömmigkeitsprozesses diente und somit eher zum Aberglauben denn zum heilsamen Glauben diente.182 Gleiches galt für die Messe, neben der her er zuvor gebetet worden war; nun galt er angesichts der „erhabenen und geheimnißvollen Handlung, die in der Messe vorgeht“, aufgrund des „Mechanismus“ nicht mehr als angemessen.183 Stattdessen erhielten die Gläubigen für die Messe angemessene Gebetbücher184, die Rosenkranzandacht neue Formulare185, die nunmehr auf den aufgeklärt-katholischen Frömmigkeitsentwurf abzielten und nach und nach186 eingeführt wurden.
7.3 Die außerordentliche Seelsorge: Sakramente als Verstärker der aufgeklärt-katholischen Frömmigkeit Neben den an Bildung und emotionaler Selbstausrichtung orientierten Medien sollten auch die lebensbegleitenden Sakramente als wichtiger Teil aufgeklärt-katholischer Lebensgestaltung dienen. Begründet waren diese im Heilshandeln Christi, durch die „Erhebung durch Christum zu heil. Sakramenten“.187 Sie waren primär 176 177 178 179 180 181 182 183 184 185 186
187
N. N., Steinbach. Biechele, Beiträge. Illmensee, Belehrungsrede. N. N., Feyertagen; hier mit detaillierter Auflistung der Einwendungen gegen die Abschaffung der Feiertage. N. N., Evangelien. Zum Hintergrund vgl. Burkarth, Katholiken, 277–289. Pracher, Entwurf, 36 f. Pracher, Entwurf, 24. Pracher, Entwurf, 24. Pracher, Entwurf, 74–106. Pracher, Entwurf, 75: „Ein Pfarrer muß mit Geduld die Zeit erwarten, zu der das Volk für fruchtbarere Andachten empfänglich werden dürfte. Genug hat der Pfarrer gewonnen, wenn er das Volk allmählig überzeugt, daß der Rosenkranz nicht gerade 50 Ave, und 5 Vaterunser fodere, sondern daß er auch mit 5 Vaterunser und Ave gebetet werden könne, vorzüglich wenn über jedes Wort dieser Gebete nachgedacht wird.“ Mets, Katechismus, 218 f.
202
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
„Mittel“, wodurch der „Haß der Sünde“ im Menschen „erregt, und die Liebe zur Tugend erhöht und wirksam“ wurde.188 Die Sakramente waren als übernatürliche Gnadenmittel somit besondere göttliche Einrichtungen, um den Streit „zwischen unserer Sinnlichkeit und dem Gesetze Gottes“ durch den „besondern Beystand […] von oben“ im positiven Sinne zu entscheiden;189 die in den Sakramenten erfahrbare Gnade Gottes „erleichtert uns den Sieg über das Böse, befreyt uns von der Herrschaft der Sünde, hilft uns besser, vollkommener und heilig zu werden.“190 Die besondere Aufgabe des Christen war es nun, sich dieser Gnade „stets empfänglicher und würdiger“ zu machen. Dies konnte durch „stets treue Anwendung der wirklichen Gnade Gottes in uns“, sowie durch Erweckung von „Demuth“, die „fleißige Anwendung der natürlichen Kräfte, Vermögen und Mittel zum Guten“ sowie das Gebet geschehen;191 vor allem aber konnte auf „besondere Weise“ an der Gnade durch die Teilnahme an den Sakramenten partizipiert werden. Als zentral galten Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße und „letzte Oelung“, indem sie den Menschen auf seinem individuellen Heilsweg lebensbegleitend unterstützten. Die „heil. Taufe“192 bedeutete die „Wiedergeburt des Menschen“, die Firmung193 „den Austritt des Menschen aus der Unmündigkeit der Vernunft, in das Alter seiner Mündigkeit, wo der Mensch der besondern Kraft und des Muths bedarf, um im Kampfe wider das Böse auszuharren und festzustehen im Guten“.194 Zu diesen einmaligen Sakramenten trat das regelmäßige des Abendmahls, das „die geistige Nahrung, die Speise der Seele zum ewigen Leben, und die stets innigere Vereinigung mit Jesus“195 sowie die Buße, die zur „Wiederbekehrung, die wahre Besserung und die treue Wiedervergütung alles dessen was der Mensch aus Schwachheit gefehlt, oder versäumt hat“196 führte. Die „letzte Oelung“ schließlich diente als „würdige Vorbereitung auf das künftige, ewige Leben“.197 7.3.1 Taufe198 Die Taufe galt als dasjenige Sakrament, das den Weg zum Heil eröffnete.199 Im Normalfall als Säugling200 empfangen, wurden die Kleinkinder bis zum Gebrauch der Vernunft verpflichtet, die „große Gnade, welche sie durch die Taufe empfangen 188 189 190 191 192 193 194 195 196 197 198
Wanker, Sittenlehre 2, 344 f. Mets, Katechismus, 193. Mets, Katechismus, 193. Mets, Katechismus, 194 f. Ruf, Handbuch 2, 450–459. Ruf, Handbuch 2, 460–466. Mets, Katechismus, 218 f. Mets, Katechismus, 218 f. Mets, Katechismus, 218 f. Mets, Katechismus, 218 f. Zum liturgiegeschichtlichen Hintergrund ausführlich Dannecker, Taufe, 96–320; vgl. auch Strasser, Beyträge. 199 Mets, Katechismus, 196; Pracher, Entwurf 1, 187–195. 200 Ein spezieller Ritus existierte für die Wöchnerinnen, die eine eigene Segnung nach der Niederkunft erfuhren: „Allmächtiger, ewiger Gott! Nach dem Beyspiele Mariä der heiligsten Mutter
7.3 Die außerordentliche Seelsorge
203
haben, in sich wirken zu lassen, und mitzuwirken“201; eingelöst wurde diese Verpflichtung durch die Erneuerung des durch die Paten geleisteten Gelübdes bei der Erstkommunion und der Firmung.202 Die Paten übernahmen die Verpflichtung, „dafür zu sorgen, daß das Kind zum guten Christen erzogen werde, und das Versprechen erfülle, welches sie an des Kindes statt bey der Taufe abgelegt haben“203. Aufgrund der nach wie vor hohen Säuglingssterblichkeit und – typisch für die Aufklärungszeit – Bedenken gegenüber einer Taufe in den in Winterzeiten häufig sehr kalten Kirchen entwickelte sich ein häufig thematisiertes Problem der Katholischen Aufklärung: Die Haustaufe. Für „religiöse, gelehrte und für das Wohl der Menschheit besorgte Männer“ sorgten sich um das körperliche Wohlergehen der „Kinder, die in der Kirche zur Winterszeit“ getauft wurden.204 Die aufgeklärt-katholischen Priester versuchten – teils unter Berufung auf historische Vorbilder205 – hier Lösungen zu finden und schon aus Vernunftgründen den Bedürfnissen von Kindern und Wöchnerinnen entgegenzukommen, so etwa durch die Vorwärmung des Taufwassers oder die Taufe im Elternhaus.206 Umstritten blieb die Haustaufe dennoch; die Frage der Aufnahme in die Gemeinde durch die Taufe blieb der Kern des Problems. 7.3.2 Die Firmung207 Bei der Firmung erhielt der oder die Getaufte nach ausführlicher katechetischer Vorbereitung208 die „Mittheilung des heil. Geistes, der zur Belebung und Behauptung des christlichen Glaubens, und zur standhaften Ausübung der Pflichten Licht und Stärke verleiht“209. Das Verständnis konnte so weit gehen, dass der Heilige Geist als Medium der Aufklärung selbst dargestellt werden konnte: „In unserm Verstande sieht es oft finster aus, nicht immer erkennen wir das, was uns zu wissen nöthig ist. Der heil. Geist will uns erleuchten, aber nicht ohne unser Zuthun, wir müssen selbst helle zu machen suchen in unserm Verstande; Gottes Gnade will uns nicht faul und träge ma-
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deines eingebohrnen Sohnes Jesu, erscheinet diese gegenwärtige Mutter heute das erstemal wieder mit ihrem unmündigen Kinde auf ihren mütterlichen Armen in deinem heiligen Tempel, um dir für die Wohlthat ihrer glücklichen Niderkunft zu danken, ihr Kind vor dein Angesicht niederzulegen, es dir aufzuopfern, und einem väterlichen Schutze zu empfehlen.“ Vgl. N. N., Segnungsformeln, 585; vgl. auch N. N., Fürgange. Mets, Katechismus, 197; Mutschelle, Sittenunterricht, 218; Werkmeister, Ritual, 10–15. Mets, Katechismus, 198; Werkmeister, Ritual, 17–19; 33–46. Mets, Katechismus, 198; Wanker, Sittenlehre 2, 347 f.; Winter, Ritual 1, 19–21; 25–27; 29–31. Wachter, Haustaufe, 185. N. N., Wintermonaten, 15–22. N. N., Taufe; Wessenberg, Hirtenbrief; Wachter, Haustaufe, 185. Dannecker, Taufe, 321–416; Probst, Ritual. Greissing, Weise, 135–143; vgl. auch N. N., Firmung,; N. N., Kinder (stark biblisch motiviert). N. N., Firmung I und II (inklusive Katechese). Mets, Katechismus, 199; zur Fundierung im NT vgl. N. N., Firmung I, 264–268; Mutschelle, Sittenunterricht, 221; Winter, Ritual 1, 113 f.
204
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde chen. Der heil. Geist erleuchtet nur jene, die erleuchtet seyn wollen; wer aber erleuchtet seyn will, muß sich selbst Licht machen, wo er kann.“210
Neben der obligatorischen Voraussetzung der Sündenfreiheit211 verlangte hier katholische Aufklärung bereits den Nachweis über den Beginn einer „Karriere“ als katholischer Christ. Wichtig war das eifrige „Bestreben in der Kenntniß Gottes, in der stets besseren Kenntniß der heiligen Lehren Jesu, und seiner heil. Pflichten, so wie in der treuen Befolgung und Erfüllung derselben zu wachsen“.212 Ferner musste sich bereits der Jugendliche über die eigene „Schwachheit“ und sein Bedürfnis „des Beystandes Gottes“ bewusst sein.213 Durch diese Vorbedingungen sollte sichergestellt werden, dass der junge Gläubige mit der „Gnade des heil. Geistes“ mitwirken konnte.214 Für das Sakrament selbst sollte der Jugendliche eine Haltung einüben, die ihn den Rest seines Lebens begleiten sollte: „Durchdrungen sey euer Herz über eure begangene Fehltritte. Lebendig sey darinn der Vorsatz: so zu leben forthin, wie es Jesus gelehret, und mit seinem Beyspiele gezeiget hat.“215
7.3.3 Eucharistie216 Das Eucharistieverständnis innerhalb des aufgeklärt-katholischen Pastoralkonzepts folgte der im Tauf- und Firmverständnis vorgegebenen Linie, sieht man einmal von der prinzipiell wiederholbaren Erfahrung ab: Das „heilige Abendmahl“ erfreute sich außerordentlicher Wertschätzung217 und galt als „sicheres Unterpfand der göttlichen Gnade“218. Im Gegensatz zu Taufe und Firmung betonten die Priester stark den Wiederholungs- bzw. Erinnerungscharakter219 der Eucharistie als „wichtigste Religionshandlung, die uns an das Leben, die Lehre, an das Leiden und an den Tod Jesu erinnern soll“220 und riefen somit bewusst bekannte Motive des grundsätzlichen Frömmigkeitskonstrukts auf: Die Imitatio Christi begegnet verknüpft mit der vom Menschen zu übenden Liebe: Einerseits galt das Abendmahl als Opfer der Gläubigen, eine „freywillige Gabe, welche wir Gott, um Ihm unsere kindliche Ehrfurcht, Liebe und Dankbarkeit“ darbringen;221 damit verknüpft die Eucharistie verstanden als „Liebesmahl, 1) wozu uns Jesus einlädt, um uns mit Liebe gegen ihn zu
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217 218 219 220 221
N. N., Firmung, 271; Wanker, Sittenlehre 2, 354. Mets, Katechismus, 199. Mets, Katechismus, 199; Winter, Ritual 1, 119. Mets, Katechismus, 199. Mets, Katechismus, 199 f. N. N., Kinder, 317–318. Hier sind die verwendeten Begriffe teils doppeldeutig: Die aufgeklärt-katholischen Autoren den gesamten sonntäglichen Gottesdienst, unter Eucharistie nur das Sakrament; vgl. N. N., Gottesdienstfeier. N. N., Litaney. Wanker, Sittenlehre 2, 355. Winter, Ritual 1, 203. Mets, Katechismus, 200. Mets, Katechismus, 203.
7.3 Die außerordentliche Seelsorge
205
erfüllen, und b) worin wir eine beständige Erinnerung seiner Liebe gegen uns finden sollen“222. Dieses generelle Verständnis gestaltete das individuelle gedeutete Erleben der Eucharistie bzw. genauer der Wandlung223 näher aus und verknüpfte es mit einer spezifischen Erlebens- und Emotionsdeutung, die den intendierten individuellen Heilsprozess zu bündeln und zu intensivieren suchte. Bei der „Opferung“ sollte der Gläubige „das Andenken seiner [d. i. Jesu, C. H.] Leiden und seines Todes lebhaft in sich erneuern“ und zugleich „sich selbst Gott dem himmlischen Vater und Jesus seinem Sohn opfern, d. i. seine Sünden (zu deren Tilgung der Erlöser starb) herzlich bereuen und sich ernstlich vornehmen; sein Leben ganz Gott zu weihen, d. h. nach der Lehre und dem Beyspiel Jesu einzurichten“.224
Im Moment der Kommunion des Priesters wurde dies sogar noch intensiviert: Jetzt sollte der Gläubige „mit lebendigem Glauben entweder wirklich, oder wenigst im Geiste zum Tische des Herrn nahen“, um „Jesum mit innigster Liebe in sein Herz aufnehmen, eines Sinnes mit ihm zu seyn, damit nicht er, sondern Christum in ihm lebe“.225 Der aufgeklärte Katholik kommunizierte „voll inniger Andacht“, um eine möglichst „innige Vereinigung mit Jesus“ und damit eine „Stärkung der Seele im Guten und zum Guten“ zu erreichen.226 In der Kommunion blieb der Christ so „durch Sinn und Wandel stets mit Jesu vereinigt“.227 In diesem Sinne wurde die Eucharistie zu einem „Seelenmahl“, dessen der Mensch bedurfte, um die „geistliche Nahrung“ zur Stärkung für seine weitere Selbstvervollkommnung zu erhalten.228 Voraussetzung dafür, dieses Verständnis bei den Gläubigen zu verbreiten, war wiederum ein Erziehungsprozess, der seinen Ort insbesondere im Kontext der Kinderkommunion hatte. Hier sollte jene „Verstandes- und Herzensbildung“ erfolgen, die letztlich das richtige Verständnis der Eucharistie generierte229, wie ein Auszug aus einer Erstkommunionkatechese belegt: „Freuet besonders ihr euch, liebe Kinder! Denn an euch will sich Gottes Liebe und Erbarmen heute vorzüglich offenbaren. Gottes eingeborener Sohn, der die guten unschuldigen Kinder vorzüglich im Herzen trägt, will zu euch kommen, mit euch eine heilige Mahlzeit halten, und welch eine große Liebe! sich euch selbst zur Speise geben. Das Mahl der Liebe; das Mahl seines Leidens und Sterbens; das heil. Brudermahl will Er mit euch begehen, das Er am Abende vor Seinem Leiden voll göttlicher Liebe gestiftet; zum immerwährenden Gedächtniß Seines Todes; zur innigsten Vereinigung mit Ihm; zum sichern Unterpfand unsrer Unsterblichkeit, zum Unterpfand des ewigen Lebens.“230
222 223 224 225 226 227 228 229 230
Strasser, Einrichtung, 328. Mets, Katechismus, 203. Mets, Katechismus, 204. Mets, Katechismus, 205. Mets, Katechismus, 207. Mets, Katechismus, 206 f. Winter, Ritual 1, 203. Strasser, Einrichtung, 329; vgl. auch Fuchs, Kommunionunterricht. Maier, Versuch, 407 f.
206
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde
Geradezu exemplarisch begegnet auch hier die emotionale Bindung der Kinder an das Sakrament, und zwar unter Nutzung des Mediums der Geschichte Jesu: Die Vorbereitung stand ganz unter dem Vorzeichen des „beständigen Andenkens an Jesus“;231 vor diesem Hintergrund wurde das richtige Verhalten am Altar eingeübt.232 Trotz eines so vermittelten Gesamtverständnisses machen die Quellen aber auch deutlich, dass die sonntägliche Partizipation an der Eucharistie keineswegs selbstverständlich war. Zwar legten die einschlägigen Autoren Wert darauf, dass nach Möglichkeit „nicht blos nur geistlicher Weise, sondern auch durch wirkliche Theilnahme“ kommuniziert werden sollte;233 in den Maßnahmen der Priester spiegelt sich allerdings auch, dass die Gläubigen dieser Aufforderung nicht gerade bereitwillig folgten.234 Mit dafür verantwortlich waren vermutlich die Vorbedingungen einer aktiven Partizipation. Voraussetzung war zum einen die „Reinigkeit des Gewissens“, d. h. die eigene Sündenfreiheit.235 Zwar schränkte der Katechismus den Hinderungsgrund für den Empfang der Eucharistie auf die Bewusstheit einer schweren Sünde ein;236 die aufgeklärt-katholischen Priester empfahlen trotzdem dringend eine vorherige Beichte. Zum anderen hatte sich der an die „leiblichen“ Vorschriften zu halten, d. h. der Genuss von Speisen und Getränken seit Mitternacht war untersagt, der äußere Anstand sollte die „innere Andacht“ ausdrücken.237 Eine beredte Sprache zumindest über die Wahrnehmung der beteiligten Priester sprechen auch die Maßnahmen, die diese unternahmen, um eine erhöhte Partizipation an der Kommunion herbeizuführen. Vielerorts waren feste Kommuniontermine üblich, um jenseits der verpflichtenden Osterkommunion höhere Kommunionzahlen zu erreichen.238 Der organisatorische Ablauf sollte nach Möglichkeit nach Ständen gehalten werden; nach einer ausführlichen Ermahnung an die einzelnen Stände und der „Erweckung der guten Meynung“ machten die Frauen den Anfang, es folgten die „größern Knaben“, die „größern Mädchen“.239 Auch vereinfachte sich so die Bußpastoral wesentlich, da sie sich leichter gleichmäßig über das Jahr verteilen und sinnvoll organisieren ließ.240
231 232 233 234
235
236 237 238 239 240
Strasser, Einrichtung, 329 f. Strasser, Einrichtung, 330 f.; 420–437. Mets, Katechismus, 204; Wanker, Sittenlehre 2, 357. Ein Problem sui generis, das verschiedentlich in den Texten auftaucht, war zudem das „Opfergehen“. Das Opfergehen selbst stellte aufgrund seines unordentlichen Charakters ebenfalls ein Problem dar und störte den eigentlichen Sinn und Zweck der Messe; da die Opfer aber Teil des Einkommens des Priesters waren, mussten sie in irgend einer Weise in den Gottesdienst implantiert werden: Wachter, Frage. Am zweckmäßigsten galt die Einrichtung, dass Männer und Frauen getrennt zu unterschiedlichen Abschnitten des Gottesdienstes ihr Opfer brachten. Mets, Katechismus, 206: „Dessen Gewissen mit einer schweren Sünde belastet ist, oder wer eine sündhafte Neigung in sich nähert, der kann das Sakrament des Altars nicht würdig empfangen.“ N. N., Gläubigen. Mets, Katechismus, 206. N. N., Andacht, 21–22; N. N., Kommunion. Huber, Festen; N. N., Kommunion. N. N., Andacht, 24 f.
7.3 Die außerordentliche Seelsorge
207
7.3.4 Die Buße241 An einem etwas anderen Punkt innerhalb des aufgeklärt-katholischen Verständnisses des eigenen Heilsweges setzte die Buße an. Wenig überraschend war sie dasjenige Sakrament, das im Falle des menschlichen Scheiterns eine Wiederversöhnung mit Gott herbeizuführen vermochte:242 Wenn „der Mensch von seiner ursprünglichen Bestimmung: Tugend, und einer ihr entsprechenden Glückseligkeit“ abwich, wenn er „das herrliche Ziel, wornach er auf Geheiß Gottes und der Vernunft ringen soll“, aufgrund von „leidenschaftlicher Sinnlichkeit“ aus den Augen verlor, „so ist es die Bußanstalt, die ihn zur verlassenen Bestimmung, zum verlorenen Ziele wieder zurückbringen will.“243 Damit erhielt die Buße einen wesentlichen Anteil am gesamten Weg zum Heil. Denn da das „Sittengesetz“ einerseits „Heiligkeit – sittliche Rechtschaffenheit oder Tugend, und unausgesetztes Fortschreiten in derselben“, andererseits aber auch „unverletzliche Achtung und Gehorsam“ forderte,244 war die Möglichkeit der Buße auf dem Weg zur eigenen Selbstverbesserung eine in ihrer Bedeutung kaum zu unterschätzende Hilfestellung.245 Auf der anderen Seite verlangte aber schon Vernunft bei Gefährdung des eigenen Heils und somit der Zurückweisung des Heilsangebotes Gottes einen Ausgleich, da die „Achtung fürs Gesetz“ verletzt worden war; „wo sie wirklich durch unmoralische Handlungen verletzt, geschwächt, oder (durch einen unsittlichen – oder lasterhaften Zustand) wohl gar verloren zu gehen Gefahr läuft“, musste sie wieder hergestellt werden, indem „Genugthuung“ geleistet wurde – was im Aufgeklärten Katholizismus dem Prozess der Buße entsprach.246 Die Buße selbst wurde als prozessuales Geschehen begriffen und folgte den traditionalen Vorgaben. Bei der Buße erhielt der Christ die Möglichkeit, „einem dazu verordneten Priester mit reumüthigem Herzen, und mit ernstlichem Vorsatze sein Leben mit Gottes Gnade zu bessern“.247 Durch „redliche Erforschung des Gewissens“ und eine tief empfundene Reue248 wurde exakt ein Katalog von Normen abgeprüft, der als Grundlage der individuellen Diesseitsgestaltung galt und nun Schritt für Schritt verifiziert wurde: „Man muß den heil. Geist um Erleuchtung und Kraft bitten (anrufen). Ueber seine Pflichten gegen Gott, gegen den Nächsten, und gegen sich selbst nachdenken, und die Gebote der Kirche durchgehen, und nachforschen: ob und wie oft man sich entweder durch Unterlassung, oder durch die That, in Gedanken, Worten und Werken verhehlt habe. Man muß die Ursachen, Triebe, Neigungen, Umstände, Anlässe und Gelegenheiten sowohl zum Entstehen, als zum Fortschritt jeder Sünde ernstlich nachdenken. Man muß endlich auch die Größe, die Häßlich241 Zum historischen Hintergrund vgl. N. N., Bußkanonen, 115–120. Zur Forschungslage Heller, Weber, Wiebel-Flanderl, Lebenslauf, 349–338–340; Kohlschein, Liturgie, 5–92. 242 Die große Bedeutung der Buße zeigt auch der 1803 ausgeschriebene Wettbewerb zum Thema Buße: N. N., Preisfragen; vgl. auch Martin, Beichte. 243 Bekler, Seelsorger, 48; Mutschelle, Sittenunterricht, 227–228; vgl. auch die Anweisungen zur Gewissenserforschung in: Winter, Ritual 1, 153–158. 244 Keller, Ursachen, 325. 245 Sailer, Handbuch 1, 392–396. 246 Keller, Ursachen, 325; Ruf, Handbuch 2, 484–486. 247 Mets, Katechismus, 208; Mutschelle, Sittenunterricht, 230. 248 Winter, Ritual 1, 159 f.; 170–172; 179–181.
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7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde keit, die Strafbarkeit und die Folgen der begangenen Sünden für sich und für andere, genau erwägen. Vorzüglich aber muß man den Hauptgrund, der eigentlichen Quelle der Sünden, und ihrer nächsten Gelegenheit nachforschen, um das Uebel mit der Wurzel auszutilgen.“249
Nach der Abprüfung dieses Normbestandes kam als nächster Schritt des inneren Umwandlungsprozesses die Entscheidung, in Zukunft nicht mehr zu sündigen: „Der Vorsatz nicht mehr zu sündigen, muß: Allgemein seyn; d. i. die Meidung aller Sünden, die Wegräumung ihrer Ursachen, und die Aufhebung des durch die Sünde begangenen Schadens enthalten. Ernstlich, d. i. er muß von Grund des Herzens gehen, nicht blos nur mit dem Munde ausgesprochen werden. Fest, d. i. auf die Hindernisse der Ausführung zum vorausgefaßt, und entschlossen, die bösen begierden, die der Sünde zum Grund liegen, standhaft auszurotten, und die Gelegenheit zur Sünde zu meiden, und so einen neuen Menschen anzuziehen.“250 Im Beichtstuhl war als letzter Schritt von Trient eine Satisfaktion vorgeschrieben; für diese standen den Priestern ausführliche, typisch aufgeklärt-katholische Kataloge zur Verfügung.251 Das aufgeklärt-katholische Bußmodell begriff solche Strafen als auf die Besserung ausgerichtet; als sinnvoll erschien es, „dem Sünder insonderheit solche Bußen vorzuschreiben, die den herrschenden Leidenschaften desselben entgegen sind“252 Es existierten ausführliche Anweisungen für die verschiedenen Situationen, in die ein Priester gelangen konnte, sowie ganze Kataloge von Ermahnungen, die Priester verwenden konnten, um ihre Gläubigen zu ermahnen – d. h. zu belehren! – und mit angemessenen Strafen zu versehen.253 Trotz allem aber stand der Beichtende im Vordergrund, da es um dessen seelischen Zustand ging. Im Kern ging es nicht um die Strafen, sondern um den Prozess der „Sinnesänderung“, und somit um den Kernbestand aufgeklärt-katholischen Selbstverständnisses.254 Mit dem Beichtinstrument stand der Katholischen Aufklärung ein Medium zur Verfügung, das wie kein anderes die individuelle Anleitung der Gläubigen zur „Tugend“ leisten konnte, um Laster255 und dauerhaften Verfall256 der Sittlichkeit zu vermeiden. Erreicht werden sollte beim Gläubigen durch die Buße „eine totale Umänderung des innern Seelenzustandes im Verstande und Willen des Menschen, – ein Herausgehen aus dem sittlich-bösen Zustande – und wirklicher Uebergang in den sittlichguten trotz aller Reize der Sinnlichkeit, folglich eine Wiederherstellung der verkehrten sittlichen 249 250 251 252
253 254 255 256
Mets, Katechismus, 210. Mets, Katechismus, 210; Mutschelle, Sittenunterricht, 231–233. N. N., Regiunkel. N. N., Regiunkel, 168; vgl. als Beispiel 171: „Daß jene Bußen insonderheit für jede Gattung der Sünden aufgelegt werden müßen, welche dem gebeichteten Laster entgegen gesetzt sind, wie z. B. Demuth dem Stolze, Freygebigkeit dem Geize, Reinigkeit der Unzucht. Und dies kann bisweilen noch nicht hinlänglich seyn, wie z. B. bey einer verführenden Person. Da muß der Beichtvater denjenigen, die eine Person zum Falle gebracht hat, recht dringend ans Herz legen, was sie sowohl in Rücksicht der Verführten, als des Kindes zu thun schuldig sind, um jene von fernerm Lasterleben, von Armuth, Jammer und Verzweiflung zu retten, und dem Kinde Nahrung, Pflege und Erziehung zu verschaffen.“ N. N., Bußkanonen, 120–129; ein Spezialfall: N. N., Ehen. Pfister, Beantwortung, 311. Abel, Erläuterungen, 94–98; Huber, Handbuch 2, 302. Abel, Erläuterungen, 113–124.
7.3 Die außerordentliche Seelsorge
209
Ordnung im Menschen und des verlornen Uebergewichts über die Sinnlichkeit – d. i. eine Revolution und Reform der Denkungsart – eine gänzliche Zernichtung des sittlichbösen Zustandes und Redintegration der Sinnes- und Denkungsart – was die mit den Grundsätzen der Vernunft ganz übereinstimmende Offenbarung und heil. Schrift – eine wirksame (sittliche) Umkehrung“.257
Die Beichtanstalt galt als „individuelle Lehranstalt zur Bekehrung der Sünder“.258 Es startete einen Prozess der „Selbsterkenntniß (durch das Bekenntniß der Sünden)“, der „Beruhigung (durch die Lossprechung)“ und damit zur „fortschreitenden Sinnesänderung (durch das Bußauflegen)“.259 Dieser Prozess sollte den Gläubigen wieder in Stand setzen, „die ihn beherrschenden Leidenschaften“ zu beherrschen und so den Prozess eines ständigen „Böserwerdens“ zu durchbrechen.260 Letztliches Ziel war eine dauerhafte Änderung des gesamten „Wandels“,261 um „zur wahren Herzensbesserung“ zu gelangen.262 Schon aus diesem Grund sollte nach Möglichkeit nur beim Ortspfarrer gebeichtet werden.263 Dieser besaß aufgrund seiner Kenntnis des sittlichen Zustandes des Beichtenden die Möglichkeit, „weit sicherere und zweckdienlichere Erinnerungen und Heilmittel“, um den intendierten Zweck der Beichte auch wirklich beim Gläubigen zu erreichen.264 Hinzu kam die Ansicht, dass aufgrund der persönlichen Kenntnis des Priesters der Beichtende einen Rückfall länger zu vermeiden suchte, um sich vor dem Priester keine Blöße geben zu müssen.265 Für den beteiligten Priester hatte der Beichtstuhl den Vorteil, dass er hier „mit Gründlichkeit und Präcision […] Kenntnis des individuellen moralischen Zustandes“ erlangte, und die geeigneten Maßnahmen zur Besserung der ihm anvertrauten Seelen ergreifen konnte.266 7.3.5 Die letzte Ölung267 Auch das letzte der heilssichernden Sakramente, die „letzte Oelung“268, diente der dauerhaften Verbesserung der Christen. Als im Handeln Jesu269 fundierte besondere Stärkung in den schwierigen Stunden von Krankheit und Tod diente sie dazu, 257 258 259 260 261 262 263 264 265 266
Keller, Ursachen, 353. Flad, Beichtanstalt, 400; vgl. N. N., Mittel. Flad, Beichtanstalt, 401. Flad, Beichtanstalt, 405–407. Flad, Beichtanstalt, 411. N. N., Anleitung. Ketterle, Vortheile, 168–177. N. N., Vortheile, 295. N. N., Vortheile, 297–299. Keller, Ursachen, 331; zum Forschungsstand Heller, Weber, Wiebel-Fanderl, Lebenslauf, 349– 352. 267 Strasser, Verbesserung, 347; Mutschelle, Sittenunterricht, 238 f.; aktuelle Forschung: Hollerweger, Rituale, 195–197. 268 Schon die Bezeichnung variiert: Ruf, Handbuch 2, 512–517, spricht konsequent nur von der „Einsalbung der Kranken“; Winter, Ritual 2, 64–142, kennt sowohl Krankenkommunion als auch den „Akt der letzten Oelung“. 269 Locherer, Sakrament; Pracher, Entwurf 1, 207–214.
210
7 Alltagsintentionen: Christliche Gemeinde „in dem Kranken die Gnade Gottes [zu stärken], deren er in den Leiden der Krankheit und in dem Kampfe des Todes besonders bedarf, um jene Leiden leichter zu ertragen, und diesen letzten Kampf mit Gesinnungen christlicher Liebe und der Hoffnung des ewigen Lebens zu bestehen“.270
Auch für dieses Sakrament war die Grundvoraussetzung die „Gesinnung der aufrichtigen Busse“ und „wahres Vertrauen auf die Verdienste des Erlösers Jesu Christi“,271 weswegen die Katholische Aufklärung auf eine Kombination mit Buße und Eucharistie setzte.272 Nicht immer aber waren die Gläubigen bereit, sich so ohne Schwierigkeiten dem hier intendierten Ideal zu unterwerfen. Ganz im Gegenteil geriet der Seelsorger häufig in die Lage, sich mit äußerst schwierigen Charakteren auseinander setzen zu müssen.273 Zudem befanden sich die Kranken häufig in nicht gerade einfachen Situationen, in denen die Seelsorger sie zur Annahme ihres Leids und ihres möglichen Todes bewegen sollten, im Sinne eines „guten Todes“.274 Dennoch war es die Aufgabe des Priesters, durch „Belehrung, Reinigung, Beruhigung, Stärkung“ den Kranken auf dem Weg zum Heil anzuleiten.275 Je nach Alter und Krankheitsgrad der Kranken war eine unterschiedliche seelsorgerliche Behandlung und ein unterschiedlicher Grad an Geduld notwendig.276
7.4 Fazit: Bildung und Liturgie als Gestaltungsfaktoren des Alltags Mit seinen innerweltlichen Anstrengungen, ein guter Christ im aufgeklärt-katholischen Sinne zu werden, standen die Gläubigen nicht allein: Katholische Aufklärung begriff diesen primär individuell gedachten Prozess als eingebettet in kollektiven Vollzug. Die lokale bürgerliche Gemeinde – verstanden als Heilsgemeinschaft unter der pastoralen Leitung eines Ortspriesters – kann als der Ort gelten, an dem der Prozess aufgeklärt-katholischer Frömmigkeits(selbst)konstruktion konkret in die Realität umgesetzt werden sollte. Diesen vom einzelnen Menschen zu verwirklichenden (Lebens-)Weg zu Gott hatte vornehmlich der Priester als Teil seiner eigenen, persönlichen Christusnachfolge vor Ort durch einander ergänzende Maßnahmen zu ermöglichen, anzuleiten und nach Möglichkeit zu garantieren. Zwei Elemente waren hierfür von entscheidender Bedeutung: Einerseits ging es darum, religiöse Bildung, d. h. das ganzheitliche Wissen um den individuellen Heilsweg, zu vermitteln und zu ermöglichen, andererseits dessen individuelle Umsetzung in faktische Lebensvollzüge durch Partizipation an öffentlichem Gottesdienst und Sakramenten zu begleiten. Religiöse Bildung im aufgeklärt katholischen Sinne ereignete sich an drei sozialen Orten: Der Familie, der Schule und der 270 271 272 273 274 275 276
Mets, Katechismus, 215; Wanker, Sittenlehre 2, 363 f.; Winter, Ritual 2, 64–68; 95 f. Mets, Katechismus, 215. N. N., Möskirch. N. N., Egoist. Maetzler, Pflichten, 41. Maetzler, Pflichten, 41; vgl. auch Eggler, Seelsorger; Strebel, Klage. Maetzler, Pflichten, 42–60.
7.4 Fazit: Bildung und Liturgie als Gestaltungsfaktoren des Alltags
211
Predigt im (weiteren) Rahmen des sonntäglichen öffentlichen Gottesdienstes. Gerade der letztere sollte unter Zuhilfenahme weiterer Medien (Sakramentalien, Kirchenmusik) die Gläubigen ganzheitlich ansprechen und in das gottesdienstliche Geschehen mit integrieren. Den Sakramenten kam eine weiterführende Funktion zu: Sie begleiteten den Gläubigen durch sein gesamtes Leben und leiteten seinen individuellen Glaubensprozess im aufgeklärt-katholischen Sinne an, was eine zunehmende religiöse Bildung und „Aufklärung“ über die eigene Biographie hinweg bedeuten sollte. Taufe, Firmung und letzte Ölung begleiteten und strukturierten den Wachstumsprozess im aufgeklärt-katholischen Glauben, Eucharistie und Buße vertieften diesen auf kollektiver und individueller Ebene; alle gemeinsam strukturierten Biographie und Alltag.
8 „Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum“1. Religiöse Sinnbildung in der Katholischen Spätaufklärung 8.1 Ein Seelsorgskonzept als aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion Den Weg des Menschen „in Gesinnung und Gefühl und That“ in einer dem individuellen Entwicklungsprozess günstigen Umgebungsgesellschaft in Richtung auf Gott und Religion zu lenken, das war das zentrale Anliegen, das Lukas Meyer, unser zu Beginn dieser Arbeit erwähnter Pfarrer aus Oberried, als Zielvorgabe seiner Tätigkeit formuliert hatte.2 Und in der Tat brachte er damit auf den Punkt, worum es seiner Generation von Priestern im Kern ging: Diese knüpften an den Grundgedanken der in der Spätaufklärung seit 1760 virulenten Volksaufklärung an und etablierten innerhalb ihres eigenen Diskursraumes unter Rückgriff auf jahrzehntelange theologische Diskussionen3 eine zeitgenössische Popularisierungsstrategie, die auf die Vermittlung eines Seelsorgskonzeptes innerhalb eines schlüssigen Gesamtsystems zielte. In der Folge entstand eine neu sortierte Art und Weise, die eigene katholische Welt und Gegenwart gesellschaftlich zu konstruieren. 8.1.1 Rahmenbedingungen Innerhalb dieses Konstruktes wurden die nun auf ein breitenreligiöses Publikum ausgerichteten Wissensbestände anhand eines aufgeklärt-katholischen Welt- und Selbstverständnisses im Sinne eines lebenslangen Aneignungsprozesses organisiert. Ziel dieses explizit als religiös gedachten „Aufklärungsprozesses“ war eine im Vergleich zur Konfessionalisierung teils deutlich neu gewichtete und tief greifende religiöse Mentalitätsumprägung: Vermittelt werden sollte eine möglichst weit gehende rationale, mentale und emotionale Durchbuchstabierung der Welt unter aufgeklärt-katholischen Vorzeichen, die die individuelle Annahme durch den einzelnen Gläubigen in den Mittelpunkt stellte und einen „idealen aufgeklärten Katholiken“ als Ziel vorgab; somit ist der hier vorgestellte Entwurf als religiöse Sinnbildung unter den Bedingungen der Moderne zu verstehen.4 Wissensbestände wurden neu arrangiert und kombiniert: Masternarrative wie ein eigenständiges katholisches Geschichtsbild oder eine um das wahrnehmende, vernunftbegabte Individuum zen1 2 3 4
N. N., Rezension Homiletik, 222. Vgl. oben 11–12. Vgl. oben 25–27. Zum Kontext vgl. Schlögl, Alter Glaube, 451–454.
8.1 Ein Seelsorgskonzept als aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion
213
trierte Weltkonstruktion bildeten Kernelemente von biographischen Aneignungsprozessen und integrierten den Menschen in eine durch gesellschaftliche Rollenmuster und Institutionenverständnisse organisierte Welt. Plausibel wird die hier nachgezeichnete katholische Konstruktion der Wirklichkeit als Reaktion auf eine mehrfache Herausforderung: Einerseits ging es darum, die zeitgenössische philosophische Aufklärung kreativ zu rezipieren und zugleich versuchsweise in die eigenen Denkstrukturen zu integrieren; andererseits galt es gerade aus Sicht der Seelsorger auf die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Verschiebungen durch das sich etablierende (eben auch) katholische Bürgertum zu reagieren. Hieraus entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine spezifische „Ausdifferenzierung von Religion unter den neuen Rahmenbedingungen gesellschaftlicher Ordnungsmuster“5, die sich nach eigenem Verständnis bewusst darum bemühte, ein als „katholisch“ zu verstehendes Modell zu entwickeln und dadurch auf eine aufgeklärt-katholische Verchristlichung der Gesellschaft abzielte. Es entstand eine auf einem durchaus diskursiv vielfältigen denkerischen Hintergrund beruhende6 Art und Weise religiöser Welt-, Gegenwarts- und Selbstkonstruktion, die auch die korrespondierenden Sinn- und Handlungsstrukturen zur Verfügung beinhaltete. Geradezu selbstverständlich rezipiert wurde sowohl der philosophische als auch der protestantisch-theologische Diskurs, wenn auch in teils scharfer Abgrenzung und Instrumentalisierung.7 Dominierende Denkvoraussetzung war die gemäßigte und vorkantische Aufklärung8, wie sie sich im Laufe der vorhergehenden jahrzehntelangen Diskussionen im klösterlichen, priesterlichen, universitären und natürlich überkonfessionellen Diskurs9 als mehrheitsfähig erwiesen hatte und für den seelsorgerlichen Kontext plausibel und nutzbringend erschien.10 Als gewährleistet hatte dabei aus aufgeklärt-katholischer Perspektive zu gelten, dass nicht die Philosophie die Glaubensinhalte veränderte, sondern dass das, was die Autoren des katholischen Volksaufklärungsdiskurses nach dem Prozess der Anwendung der aufgeklärten Kritik auf die eigene Religion als den Kern von Katholizismus betrachteten, in seiner Eigenständigkeit gewahrt blieb. Vor diesem Hintergrund überrascht es kaum, dass die Klärung der eigenen denkerischen Voraussetzungen, das Verhältnis zur zeitgenössischen Philosophie zwar Gegenstand der Auseinandersetzung war, aber eben christlich überformt und integriert wurde.11 Gleiches galt für die Positionierung zur zeitgenössischen Volksaufklärung, deren Potential man für die eigenen Interessen nutzte und partiell an deren innerweltlicher Zielsetzung partizipierte, diese aber ebenso christlich wendete: Wahre Aufklärung wurde mit katholischer Religion in 5 6 7 8 9 10
11
Schlögl, Alter Glaube, 9–22, besonders 16; zum Hintergrund und Verortung in Systemtheorie und kulturellen Sinnbildungsprozessen 11–13. Schneider, Aufklärung, 388–392. Vgl. oben 32–57. Vgl. oben 32–39. Vgl. oben 17–20. In der Frage der Rezeption des überkonfessionellen Diskurses scheint zumindest im Bereich der religiösen Volksaufklärung dies auch die implizite Grenze gewesen zu sein: Positionen des Rationalismus war man in der katholischen Volksaufklärung nicht mehr bereit mitzutragen. Vgl. oben 32–33.
214
8 „Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum“
der aufgeklärt-katholischen Variante gleichgesetzt, Katholische Volksaufklärung als Medium der Vermittlung eingesetzt.12 Auf dieser Grundlage entstand ein zirkulärer Prozess, in dem zumindest die Möglichkeit bestand, die traditionalen Wissensvorgaben der Erinnerungsgemeinschaft Katholizismus entgegen radikaler Forderungen zu wahren und Aufklärung somit in den eigenen Interpretationszusammenhang einzupassen. Andererseits wurden diese gemäßigten Vorstellungen aber im Gegenzug auf die traditionalen Vorgaben zurückgewendet und als Kriterium für die Erkenntnis eines „wahren Christentums“ genutzt;13 solche Diskussionen finden sich aber kaum im volksaufklärerischen Diskurs, vielmehr blieb diese vornehmlich Gegenstand der theologischen Diskussion. Hinzu trat das zeitgenössisch begründete Interesse, Bevölkerungsgruppen zu erreichen, die sich nach Wahrnehmung der katholischen Aufklärer vom etablierten Frömmigkeitsstil zu entfernen begannen: Dem sich bereits abzeichnenden beziehungsweise sich verschärfenden gesellschaftlichen Wandel der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gerade auch angesichts von Französischer Revolution und Säkularisation begegnete man von seelsorgerlicher Seite mit einem der eigenen Zeit zugewandten Seelsorgskonzept, das die Gefahr eines Plausibilitätsverlusts im Bürgertum aufzufangen suchte, indem es zumindest partiell dessen „Wertehimmel“14 christlich zu überformen und zu integrieren suchte, ein Unterfangen, über dessen Erfolg bzw. Misserfolg wir in Südwestdeutschland bislang unzureichend informiert sind.15 8.1.2 Welt- und Selbstkonstruktion Wie sah nun dieser ideale katholische Christ konkret aus? Und wie sollte er sich im Alltagsleben verhalten? Von essentieller Bedeutung war für den aufgeklärten Katholiken oder die aufgeklärte Katholikin die eigene Selbstkonstruktion. Zentral vertraute er oder sie auf die ihm individuell16 von Gott gegebene Möglichkeit, Aufklärung, menschliche Vernunft und Gottesglaube authentisch im eigenen Leben miteinander zu vereinbaren. Aufklärung im innerweltlich-philosophischen Sinn war an und für sich keinesfalls Selbstzweck: Der Grad, der hier jeweils als notwendig erachtet wurde, richtete sich nach den jeweiligen Lebensumständen sowie dem pragmatisch notwendigen Lebenswissen, ein zu viel an Aufklärung galt als ebenso schädlich wie zu wenig von derselben.17 Als wesentlich wichtiger galt die grundsätzliche Erkenntnisfähigkeit aus der Vernunft, die aus der philosophischen Aufklärung rezipiert wurde, und nun das Innerweltliche transzendierend mit den Inhalten der katholischen Religion 12 13
14 15 16 17
Vgl. oben 42–46. Vgl. die momentan entstehende Arbeit von Ines Weber zur Rezeption der Bibel in der Katholischen Volksaufklärung Südwestdeutschlands. Erste Ergebnisse: Weber, Bibellesen. Hier scheint die Kriteriologie dieses Prozesses bereits deutlich sichtbar zu werden. Hettling, Hoffmann, Wertehimmel. Gründig, Besserung, 344–408. Vgl. oben 154, 104–129. Vgl. oben 36–37.
8.1 Ein Seelsorgskonzept als aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion
215
gleichgesetzt wurde.18 Mit diesem religiös fundierten Bild von Aufklärung korrelierten die am Diskurs beteiligten Seelsorger eine schöpfungstheologisch unterlegte Anthropologie, die den Menschen als aus positiv konnotiertem Körper und Seele (mit ihren Bestandteilen Empfindungsvermögen, Denk-, Vorstellungs- und Erinnerungskraft sowie Unsterblichkeit) bestehend begriff.19 Geradezu selbstverständliche Denkvoraussetzung war die Tatsache, dass innerhalb der menschlichen Seele ein direkter Verweis auf die Existenz Gottes zu finden war, die ihren Ansatzpunkt in Vernunft, Herz und Gewissen manifestierte und Gott somit dem Menschen – so er dies wünschte – direkt zugänglich machte.20 Dieses Göttliche im Menschen immer weiter zu erforschen und auszubauen, war Kern der innerweltlichen Bestimmung des Menschen.21 Ein solches Selbstverständnis aber ermöglichte, der Physikotheologie folgend, eine Wahrnehmung der eigenen, das Individuum umgebenden moralischen und natürlichen Welt als von Gott sinnvoll geordnet und somit als deutliches Indiz der Existenz Gottes.22 Auf diesem grundsätzlichen Verständnis von Religion als Aufklärung aufbauend war dem aufgeklärten Katholiken die Plausibilität von übernatürlicher Offenbarung, die wiederum durch die eigene Vernunft23 (als Ansatzpunkt Gottes) nachvollzogen werden konnte, direkt einleuchtend. In der Geschichte erfuhr er Gottes Wirken als dessen Heilsplan und Vorsehung.24 Hinter diesem Konzept stand ein Grundverständnis von Offenbarung und Vorsehung als Erziehungsintention Gottes, das dem Menschen einerseits durch die biblischen Schriften die grundlegenden Intentionen Gottes für den Menschen zugänglich machte,25 andererseits aber die Geschichte und die „Geschichten“ des Wirkens der Vorsehung als Bindeglied mit der Gegenwart notwendig brauchte:26 Denn Bedingung der Möglichkeit von individueller zeitlicher und ewiger Glückseligkeit war die Selbsterschließung der Erziehung Gottes aus Schrift und Geschichte in Vernunft und Herz. Auf dieser Grundlage etablierte sich durch Rezeption vorhandener theologischer Werke ein Geschichtsbild, das entlang der Linie Altes Testament – Neues Testament – Kirchengeschichte der Frage nach dem Heilswillen Gottes in der menschlichen Offenbarungsrezeption argumentierte.27 Ausgehend von Schöpfung und Sündenfall war es das erklärte Ziel Gottes, den Menschen aus dem sich immer wieder verschärfenden Sittenverfall verschiedenster Ausprägung zu befreien, der sich als zentrales Interpretament der Lesart des Alten Testaments aus aufgeklärt-katholischer Perspektive erwies.28 Dauerhafte Erlösung wurde erst durch die Erlösungstat Jesu mög18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28
Vgl. oben 42–46. Vgl. oben 46–51. Vgl. oben 46–51. Vgl. oben 105–109. Vgl. oben 58–64. Vgl. oben 48–49. Vgl. oben 58–67; hier besonders der Umgang mit den von Gott im Rahmen der Vorsehung zugeteilten Übeln. Vgl. oben 67–77. Vgl. oben 77–103. Vgl. oben 69–103. Vgl. oben 69–73.
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8 „Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum“
lich: Durch ihn wurde es dem Menschen wieder möglich, den Unterschied zwischen Gut und Böse mittels der Vernunft erkennen zu können: Er füllte die Kluft, die zwischen Glauben und Sittlichkeit durch den Sündenfall entstanden war, und ermöglichte dem Menschen wieder die Versöhnung mit und den Weg zu Gott.29 Mit dem Anbruch des Reiches Gottes in Jesus Christus und der Gründung der Kirche als Lehrmeisterin der Völker begann eine knapp 1800jährige Erziehungsgeschichte, die dem gläubigen aufgeklärten Katholiken den Sinn seiner Existenz erkennbar machte.30 Die Aufgabenstellung Gottes in der Offenbarung galt als Kriteriologie, die auch die Beurteilung der Leistung der Kirche der Vernunft zugänglich machte und die für die unterschiedlichen Epochen sehr unterschiedlich ausfiel. Während die Zeit der frühen Kirche als Idealbild eines Gelingens des christlichen Auftrags gelten konnte und damit für die zeitgenössischen aufgeklärten Katholiken zum großen Vorbild gerann, kennzeichneten die folgenden Epochen ein schleichendes strukturelles Versagen der Kirche in ihren Bildungsaufgaben.31 Es etablierten sich in der Geschichtsdeutung klare Problemfelder: Ein sich immer unproduktiver gestaltendes Verhältnis von Staat und Kirche sowie die verfallende Sittlichkeit der Gläubigen, der sinkende Bildungsstand des Klerus und die als negativ betrachtete Rolle des Mönchtums führten über die Jahrhunderte zu einem schleichenden Scheitern des kirchlichen Auftrags.32 Spätestens ab dem Hochmittelalter galt der kirchliche Erziehungsauftrag als gefährdet; das Thema der Reform von Kirche und Seelsorge erhielt für die nächsten Jahrhunderte zentralen Stellenwert, da nur so eine Rückkehr zum genuinen Anliegen der Offenbarung ermöglicht werden konnte.33 Da die Bemühungen nichtsdestotrotz scheiterten, blieb eine Lösung des grundsätzlichen Problems der Katholischen Aufklärung vorbehalten: Erst durch die Reformen der Aufklärung war der Weg zum Heil unter Anleitung der eigenen Gemeindepriester wieder eröffnet, sofern jeder Gläubige bereit war, sich auf einen Prozess emotionaler und intellektueller Selbstausrichtung auf Gott einzulassen und sich selbst durch Imitation des Beispiels Jesu immer mehr auf Gott als den zentralen Bezugspunkt innerweltlichen Handelns einzulassen.34 Hierdurch wurde es jedem aufgeklärt-katholischen Gläubigen mit der Unterstützung Gottes möglich, die eigene Sinnlichkeit zu überwinden und Tugend zu erwerben.35 Dem Menschen wurde so nicht nur die jenseitige, sondern im emotionalen Sinne auch die diesseitige Glückseligkeit ermöglicht: Gemeint war damit ein Zustand, bei dem die verschiedenen Teile des aufgeklärt-katholischen Leib- und Seelenverständnisses miteinander in einem so hohen Ausmaß harmonierten, dass dem Menschen bereits innerweltlich ein glückseliger emotionaler Zustand möglich war.36 Diesen Zustand zu erreichen, war wesentliches Ziel des innerweltlichen Strebens unseres aufgeklär29 30 31 32 33 34 35 36
Vgl. oben 73–77. Vgl. oben 78–103. Vgl. oben 83–88. Vgl. oben 88–100. Vgl. oben 88–100. Vgl. oben 104–128. Vgl. oben 111–115. Vgl. oben 115–116.
8.1 Ein Seelsorgskonzept als aufgeklärt-katholische Wirklichkeitskonstruktion
217
ten Katholiken. Zur Unterstützung hatte er oder sie klare Normierungen an der Hand, die ihm auf diesem Weg wichtige Hilfestellung leisteten: Die Integration der biblisch begründeten Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe gerann zum Leitfaden, an dem entlang die individuelle Gottesbeziehung im Sinne eines Dauerprozesses unter ständiger Intensivierung immer besser in das eigene Leben integriert werden sollte. Mit jedem dieser drei Begriffe verband der aufgeklärte Katholik jeweils feste Verhaltensvorschriften, die tief greifenden Einfluss auf die Alltagsgestaltung besaßen und diese durchstrukturierten. Sichtbar werden hier vier große Sinneinheiten: –
–
–
37 38 39 40 41 42 43 44
Auf einer ersten, nur den einzelnen Christen betreffenden Ebene begegnen im Anschluss an die Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe so unterschiedliche Bereiche wie der Umgang mit Eid und Aberglauben, Normen zu Fragen der Gesundheit, Leiblichkeit, Krankheit und Tod, Reichtum und Armut, Essen und Trinken, ja selbst die tägliche angemessene Bewegung sollte so religiös normiert und in Verhältnis zu Gott und den Mitmenschen gesetzt werden.37 Auf einer zweiten Ebene wurde der Einzelne in den größeren Zusammenhang des gesellschaftlichen Zusammenlebens eingebunden: Rund um die christliche Ehe als Kern der gesellschaftlichen Ordnung38 war dem aufgeklärten Katholiken sowohl das religiös fundierte Verständnis der basalen Genderrollen als auch der eigenen Ehe und Familie bewusst. Faktisch bestand auf dieser Ebene eine der Stärken der aufgeklärt-katholischen Normkonstruktion, ermöglichte sie doch eine Regelung anhand von Rollen: Die innerfamiliären Beziehungen zwischen Verwandten, Eltern, Kindern und Dienstboten ließen sich so idealerweise und religiös unterlegt begründen.39 Erinnern schon die Paarvorstellungen stark an ein bürgerliches Liebesideal, setzt sich das im Bereich des dem Bürgertum nahe stehenden Berufsethos fort, das hier mit einer religiösen Begründungsstruktur unterlegt wurde40 und so seinen Teil zu der von Mergel beobachteten Spannung und „Schaukellage“ zwischen Bürgertum und Kirche leisteten.41 Einer dritten Ebene ging es um das Verhältnis des aufgeklärten Katholiken zum nun nicht mehr unbedingt religiös fundierten Staat, zu dem sich der Erstere unter den sich neu strukturierenden Verhältnissen der Zeit nach 1800 zu verhalten hatte. Grundsätzlich galt es hier für den aufgeklärten Katholiken, sowohl personal gegenüber dem von Gott gegebenen Landesherrn42 als auch gegenüber den sich nun neu etablierenden Konzepten „Vaterland“ oder gar der „Nation“ Loyalität zu bewahren.43 Manifest wurde diese in einer grundsätzlich positiven Haltung gegenüber der jeweilig direkt zugänglichen Obrigkeit, als da sind Beamte und Lehrer.44 Im Gegenzug war der Staat nach aufgeklärt-katholischer AuffasVgl. oben 116–128. Vgl. oben 133–139. Vgl. oben 139–155. Vgl. oben 150–155. Mergel, Klasse, 5. Vgl. oben 172–175. Vgl. oben 163–165. Vgl. oben 175–176; 177–178.
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sung verpflichtet, seinen Beitrag zu dem mit der Kirche gemeinsamen Projekt einer Sicherung des Heils der Seelen zu leisten – und zwar durchaus personal verantwortet in der Person von Landesfürst, Beamten und Lehrern.45 Auf einer vierten Ebene ging es um das Verhältnis zwischen Gläubigen und Kirche. Denn nicht nur gegenüber dem Staat sahen die an der Seelsorge beteiligten Priester eine von Gott gewollte Verpflichtung der Gläubigen, als noch größer galt der berechtigte Anspruch der Kirche, weswegen ähnlich den Beamten und Lehrern auch der Priester den grundsätzlichen Anspruch auf eine positive Wahrnehmung durch die Gläubigen und deren Gehorsam für sich in Anspruch nehmen durfte.46
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Es gab im aufgeklärten Katholizismus ein kohärentes System von aufeinander verwiesenen Wissensreservoiren, die sowohl die Welt- als auch die Selbstwahrnehmung der Gläubigen organisierten und deren Biographie durch fortgesetzte Imitatio Christi entlang der Leitlinie von individuellen und gesellschaftlichen Normen prägen sollten. Kern war und blieb aber ein einziger, auch anderen Epochen eigener Grundgedanke: Der Weg des einzelnen Christen zum Heil unter den Bedingungen der je eigenen Zeit, das hier als Gesamtangebot unter den zeitgenössischen Bedingungen des frühen 19. Jahrhunderts breitenreligiös zum Tragen gebracht werden sollte.
8.2 Eben doch mehr als eine „forgotten episode“47: Folgerungen für die Forschungslandschaft „Katholische Aufklärung“ Spätestens an dieser Stelle stellt sich die Frage, wie sich das hier in den Quellen vorgefundene System katholisch-theologischer Wirklichkeitsinterpretation in die Forschungslandschaft integrieren und hermeneutisch verantwortlich deuten lässt. Eine solche Einordnung fällt nicht leicht, da trotz vielfältiger Debatten und Publikationen die bisherige Forschung hierfür kaum einen geeigneten Hintergrund bietet. Das ist vornehmlich zwei Faktoren geschuldet: Erstens der dominanten Auseinandersetzung um die Deutungshoheit über die zu benutzende Forschungsbegrifflichkeit „Katholische Aufklärung“, zweitens der aus sektoralem Interesse48 der einzelnen Forscher heraus entstandenen großen Anzahl an Publikationen, die sich aus diesem Grund kaum auf eine einheitliche Linie bringen lassen. Dank zweier jüngst erschienenen Literatur- und Forschungsüberblicke von Jochen Krenz49 und Ulrich L. Lehner50 stehen sowohl begriffsgeschichtlich als auch nach Forschungslandschaf45 46 47 48 49 50
Vgl. oben 172–180. Vgl. oben 184–211. Printy, Enlightenment, 166. Schneider, Aufklärung, 376. Krenz, Konturen, 15–30. Zur Genese der Begrifflichkeit: Maier, Katholiken, 40–53; Schneider, Aufklärung, 354–397. Lehner, Introduction, 1–61.
8.2 Eben doch mehr als eine „forgotten episode“
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ten klar strukturierte Koordinatensysteme zur Verfügung, die die Facetten der vielfältigen Publikationen und Forschungsinteressen zumindest näherungsweise kohärent auf den Punkt bringen. Charakteristisch für die Katholische Aufklärung als „heuristic concept“51 war bislang eben gerade nicht, dass sie lediglich „Bündnis auf Zeit zwischen gegensätzlichen Elementen“52 war, sondern ein Versuch, „eine Realität“ zu beschreiben, „und zwar die Realität einer uneinheitlichen, offenen Bewegung“, deren Absicht eine zeitgenössische „Verheutigung des Glaubens“ darstellte,53 und die den Versuch unternahm, die „Wirklichkeit im Lichte des (vernünftigen) Glaubens und den Glauben im Lichte des gewandelten Verhältnisses zur Wirklichkeit wahr[zu]nehmen und konkret aus[zu]gestalten“54. Ihr Ziel – und das gilt mit Sicherheit in gleicher Weise für die Katholische Volksaufklärung Südwestdeutschlands – war das „dynamische Ringen […] um eine glaubwürdige Antwort auf die Fragen der Zeit in Kontinuität mit der kirchlichen Tradition“55. Dieses kirchenhistorische Verständnis berührt sich mit dem Konzept eines „religious“56 oder gar „Christian Enlightenment“57, das zunehmend die Forschung im angelsächsischen bzw. internationalen58 Sprachraum organisiert. Aufklärung wird hier verstanden als „Kommunikation“59 oder gar als „series of communicative practices“60. Die auf diese Weise geöffnete Fragestellung geht dahin, das Erkenntnisinteresse als das Aufspüren von grundlegenden, durch eine kleine Gruppe radikaler Denker angestoßenen Fragestellungen in einer soziokulturellen „plurality of contexts“ zu definieren.61 51 52
53 54 55 56
57 58 59 60 61
Lehner, Introduction, 2. Klueting, Genius, 8–9; leicht modifiziert: Klueting, Aufklärung; zuletzt: Klueting, Enlightenment (vgl. hierzu aber auch das deutliche Verdikt von Printy, Enlightenment, 166, FN 4: im selben Band: „The reform movement in the Habsburg territories is the subject of Harm Klueting’s contribution to this volume, pp. 127–164. I should note that I completely disagree with his assertion that reform Catholicism was ‚not Catholic‘ and ‚heretical‘, and do not consider it the role of the historian to make such claims.“ Schneider, Werden, 384; ähnlich Lehner, Introduction, 2–3. Schneider, Werden, 384. Zur Integration des Begriffes Reformkatholizismus in diese Schneider, Werden, 384–385. Kohlschein, Liturgie. Vgl. Sorkin, Enlightenment, 5–6: Sorkin weist darauf hin, dass konfessions-, religions- und europaübergreifend Religion auf die Herausforderung des „säkularen Zwillings“ (secular twin) reagierte, indem sie mit diesem einige Voraussetzungen teilte, aber auf eigenen Voraussetzungen beharrte; vgl. 6: „For Christians, the religious Enlightenment represented a renunciation of Reformation and Counter-Reformation militance, an express alternative to two centuries of dogmatism and fanaticism, intolerance and religious warfare. For jews, it represented an effort to overcome the uncharacteristic cultural isolation of the post-Reformation period through reappropriation of neglected elements of their own heritage an engagement with the larger culture.“ Vgl. auch Lehner, Introduction, 2. Rosenblatt, Enlightenment. Besonders verwiesen sei auf zwei internationale Projekte: Lehner, Printy, companion; Reinalter, Lexikon. Kontler, Enlightenment, 357–358. Hesse, Topography, 506. Kontler, Enlightenment, 360: „Today the Enlightenment ist more keenly studied as a multicentered and multi-layered movement in which similar sets of questions about man and the universe were answered in different ways, depending on a fair diversity of contextual ele-
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8 „Die wahre Aufklärung durch Jesum Christum“
Innerhalb dieser kommunikativen Vermittlung in Kontexte hatte die Religion ihren festen Platz: „The different confessions of Europe – Christian and Jewish alike – each had their Aufklärung.“62 Somit hat aus der Sicht der neueren internationalen Forschung auch die Katholische Aufklärung (Catholic Enlightenment) einen festen Platz im Ensemble der zahlreichen Enlightenments63, was komparative Zugänge sowie eine bessere Vernetzung des europaweiten Wissens möglich macht. So ließen sich innerhalb des Forschungsfeldes gleich mehrere Effekte erreichen: –
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Erstens lässt sich mit diesem breiter aufgestellten Konstrukt der kirchenhistorische Ansatz einer „Verheutigung des Glaubens“64 vereinbaren; die Versuche einer Aktualisierung des Glaubens verliefen eben nun einmal nicht gradlinig, sondern im „trial-and-error-Verfahren“, was auch Formen nichtkirchlicher Aufklärung unter dem Dach der Katholischen Aufklärung hervorbrachte.65 Zweitens lassen sich so – auf einer rein inhaltlichen Ebene und von einer Metaebene betrachtet – die Berührungspunkte mit der Aufklärung darstellen, ohne dass sofort grundlegende Debatten über Orthodoxie und Heterodoxie geführt werden müssen; auch die Wurzeln der katholischen Leitmotive lassen sich so zumindest anfanghaft bestimmen.66 Viertens bietet eine so bestimmte Katholische Aufklärung Platz für die zahlreichen Forschungsbegriffe, die bislang bereits das Feld organisiert haben. Forschungen zu Staatskirchentum67, Episkopalismus68 oder Jansenismus69 finden ments.“ Vgl. auch Hesse, Topography, 499–500: „For much of the twentieth century the Enlightenment was studied almost exclusively as a chapter in the history of ideas, a story of great thinkers of philosophical systems and debates that unfolded among a cosmopolitan elite of European men of letters. The historical question was posed […]: What was the Enlightenment? In this historiography the questions of where or how the Enlightenment made itself manifest mattered little or their answers seemed self-evident – it occurred in the minds of a few men who were well positioned to be in dialogue with one another. But a generation ago, a group of scholars […] began posing a different series of questions: How did the Enlightenment emerge? How did it spread? And how was the Enlightenment transformed from an new way of thinking into an new way of life? This sociocultural history of the Enlightenment became a story of the unfolding of the ideas of a radical, marginal group into a broad cultural movement of global consequences, which reshaped not only the key cultural institutions and practices of Europe but, ultimately, the basic structures and institutions of modern social and political life.“ Hesse, Topography, 502. Lehner, Introduction, 9–10; hier auch die Literatur zur teils kontroversen Debatte: Zusätzlich positiv angeführt: Sorkin, Enlightenment; Pocock, Barbarism; Gegenposition: Robertson, case; Darnton, case. Schneider, Werden, 384. Vgl. für Württemberg das Beispiel Eulogius Schneider: Wimmer, Schneider; Sägmüller, Aufklärung; Fitschen, Aufklärung. Lehner, Introduction, 12–46; vgl. die gundsätzliche Differenz zwischen Klueting und Printy, Enlightenment, 166. Immler, Aufklärung; Klueting, Staatskirchentum; Klueting, Staatskirchentum II; Kovács, Ultramontanimus; Leisching, Toleranzgedanke; Reinalter, Reformkatholizismus; Schatz, Aufklärung; Stein, Staatskirchentum; Weitlauff, Staatskirchentum; Zinnhobler, Staatskirchentum. Klueting, Febronianismus; Klueting, Wiedervereinigung. Hersche, Österreich; Hersche, Spätjansenismus; Wolkinger, Moraltheologie; Palaver, Jansenismus.
8.2 Eben doch mehr als eine „forgotten episode“
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unter diesen kommunikativen Rahmenbedingungen ebenso ihren Platz wie die reichhaltige regionale und lokale Literatur, die nun in einen größeren Kontext integriert werden kann.70 Auch eine Öffnung hin auf gesellschafts- und kulturgeschichtliche Fragestellungen wird damit möglich. Ein wichtiger Effekt wäre auch, dass so die (vornehmlich kirchenhistorische) Forschung zur Katholischen Aufklärung Anschluss an einen größeren Forschungskontext fände. Damit bestünde eine gute Chance, die trotz aller Publikationen nach wie vor vorhandene Unterforschung der Katholischen Aufklärung zu beseitigen.71 Von einer solchen Gesamtsicht sind wir augenblicklich noch weit entfernt; momentan ist noch nicht einmal eine Periodisierung72 der Katholischen Aufklärung unumstritten. Es dürfte Konsens sein, dass eine erste, zeitlich im Vergleich zum protestantischen Raum deutlich verzögerte Rezeption73 aufgeklärter Denkmuster im zweiten und dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts74 vornehmlich in den Klöstern ihren festen Platz hatte.75 Ab 1740 etablierte sich diese insbesondere durch Aufnahme der Philosophie Wolffs auch in den katholischen Universitäten76, eine intensive, breite Spektren umfassende Katholische Aufklärungsdebatte haben wir wohl ab 176077 vorliegen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren nahezu ausschließlich Geistliche beteiligt, ehe in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts auch Laien insbesondere aus den auch in katholischen Territorien wachsenden Funktionseliten eine gewichtigere Rolle einnahmen.78 Ab 1770 verstärkte sich insbesondere der Reformimpetus dieser neuen katholischen Denkrichtung; in zahlreichen Territorien wurden Schulen reformiert, Universitäten gegründet, das Verhältnis von Staat und Kirche neu formuliert, Zeitungen, Rezensionsorgane79 und Lesegesellschaften gegründet80 – und das alles trotz der massiven Infragestellung durch die Französische
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Vgl. insbesondere Lehner, Introduction, 21–24. Schneider, Werden, 375–376. Borgstedt, Zeitalter, 47; Möller, Vernunft, 93–94; Krenz, Konturen, relativiert zugunsten der Forschungsgeschichte (5–30) die Periodisierung (26–28). Zur Rückständigkeit des Katholizismus um 1740 vgl. Möller, Fürstenstaat; Breuer, Einleitung, 16; Hersche, Muße, 968–989. Hersche, Muße, 980: „Das Schockerlebnis kam 1740.“ Beutel, Aufklärung, 306; Sorkin, Catholicism, 193–196; zu frühen Zeitschriftengründungen Breuer, Einleitung, 15–16, am Beispiel Köln; zu frühen personellen Netzwerken Breuer, Einleitung, 17–18, am Beispiel von Kurmainz um Kurfürst Johann Philipp von Schönborn und Friedrich Graf von Stadion mit Auswirkungen bis nach Bayern; weitere Kreise erkennt er um Ickstadt in Ingolstadt und Oefele in München, vgl. Breuer, Einleitung, 19. Printy, Enlightenment, 176–177. Sorkin, Catholicism, 196, spricht von einem „awakening“; Breuer, Einleitung 18–19; zu Christian Wolff vgl. Schmitt, Wolff. Ferner: Hammerstein, Universitäten; hinzu kam eine vertiefte Rezeption jansenistischer Denkmuster vgl. Hersche, Österreich; Hersche, Spätjansenismus, 197; Breuer, Einleitung, 18 nennt Ickstadt als Beispiel eines aus dem Kreis um Stadion hervorgehenden Universitätsreformators. Sorkin, Catholicism, 202–205; 208–212. Printy, Enlightenment, 172. Hammermayer, Erzstift. Hammermayer, Erzstift, 354–358.
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Revolution81. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte sich Katholische Aufklärung flächendeckend als intellektuelles Muster etabliert,82 und wurde als Reformprogramm immer stärker auch aus staatlicher Perspektive als hilfreich wahrgenommen. Beschleunigt wurde dieser Vorgang durch das zwangsweise Ausscheiden der Jesuiten aus dem Lehrbetrieb.83 Um 1800 hatte die Katholische Aufklärung „ihre das gesamte kirchliche Leben prägende Blüte“84 erreicht. An genau dieser Stelle wäre die Frage zu stellen, warum sich die momentane Forschung so konsequent einer Fortsetzung der aufgeklärt-katholischen Tradition in der Katholischen Volksaufklärung verweigert.85 Während sich ein Teil der Forscher an der germanistischen und historischen Aufklärungsforschung orientieren und auch die Katholische Aufklärung um 1800 mit der Säkularisation enden lassen,86 verweisen neuere Forschungen zu Popularisierungsstrategien im Rahmen der religiösen bzw. „Katholischen Volksaufklärung“87 in eine andere Richtung und betonen den ohnehin stark pastoralen Charakter88 der Katholischen Aufklärung insgesamt. Im Rahmen der Presseforschung89 setzt sich seit den späten 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts zunehmend die Erkenntnis durch, dass sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine breite Strömung zur Popularisierung der Aufklärung bildete, eine von den bisher an der aufgeklärten Kommunikation beteiligten Eliten bewusst intendierte Volksaufklärung90, an der sich in hervorste81
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Vgl. die Ausführungen Sorkins zu Beda Mayr, leider ohne eine exakte Angabe der Quellen seiner Einschätzung als repräsentativen Theologen der Nachrevolutionszeit: Sorkin, Catholicism, 216–218; differenzierter und diskursiv vgl. Krenz, Konturen, 260–286. Vgl. die oben zitierte regionale Literatur sowie Borgstedt, Zeitalter, 42–47. Hier ist aber zu unterscheiden: Das Vorhandensein aufgeklärt-katholischer Denker und Reformer ist sicher nicht gleichzusetzen mit einem flächendeckenden aufgeklärten Katholizismus. Ganz im Gegenteil: Bereits das Beispiel Österreich belegt die starken Widerstände, die den ansonsten starken, staatlich geförderten aufgeklärt-katholischen Einflüssen entgegenschlug und zu einer Rücknahme eines Teils der religiösen Maßnahmen führte. Als Nebenbemerkung ist aber auch hier festzuhalten, dass dies noch nicht als Beleg für eine flächendeckende Negierung der aufgeklärt-katholischen Anliegen zu betrachten ist, sondern sich lediglich gegen einzelne Maßnahmen richtete; auch im habsburgischen Österreich wissen wir über die Rezeption schlicht noch zu wenig. Für unseren Kontext bleibt aber festzuhalten, dass sich flächendeckend auch für das Heilige Römische Reich deutscher Nation ein aufgeklärter Katholizismus belegen lässt (vgl. die oben zitierte regionale Literatur). Sorkin, Catholicism, 206; hierbei darf der Hinweis darauf nicht fehlen, dass Jesuiten zugleich immer Mitträger der Katholischen Aufklärung gewesen waren; vgl. Zander, Aufklärung, 233; Müller, Jesuitenorden. Beutel, Aufklärung, 306. Vgl. vor allem Krenz, Konturen, 21–29, mit deutlicher Kritik am Ende der Periodisierungsversuche um 1800 (26–27) sowie Referenzen auf die Volksaufklärung (11–12), ohne aber die religiöse Volksaufklärung explizit einzubauen. Beutel, Aufklärung, 306; Klueting, Genius; zuletzt Klueting, Aufklärung, 130–131, mit zwei Terminen: 1803 Säkularisation und 1864 Syllabus errorum (131). Beide Begriffe verwendet bei Gründig, Besserung, 1. Schäfer, Aufklärung, 11. Zur Presseforschung vgl. Böning u. a., Presseforschung. Kimminich, Kirchenreform; Knedlik, Spätaufklärung. Zur Volksforschung allgemein: Alzheimer, Handbuch; Böning, Siegert, Volksaufklärung 1, IX–XIII (insbesondere die Definitionen
8.2 Eben doch mehr als eine „forgotten episode“
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chender Weise Priester91 beteiligten. Diese brachten qua Amt ein doppeltes Interesse mit: Einerseits ging es ihnen selbstverständlich auch um die generellen Anliegen der Aufklärung, um Verbreitung ökonomischer und landwirtschaftlicher Kenntnisse, um eine Bildung des Volkes; wichtiger aber war die Intention, die in den Jahren zuvor innerhalb der Theologie erarbeiteten Inhalte zu popularisieren und in eine neue, aufgeklärte Form der Frömmigkeit zu transformieren und somit den Weg zum Heil ihrer Gläubigen zu sichern.92 Popularisiert wurde hier ein Diskurs, der sich innerhalb der Theologie – protestantischer wie auch katholischer! – über Jahrzehnte entwickelt hatte. Man könnte also diese Phase als den Versuch des Aufgeklärten Katholizismus betrachten, einen erneuten93 und auf den vorherigen Unternehmungen aufbauenden Versuch der breitenreligiösen94 Durchdringung zu unternehmen. Nun wird man den hier beteiligten Theologen sicher nicht absprechen können, die Katholische Aufklärung rezipiert und den Versuch unternommen zu haben, diese Ergebnisse in ihren eigenen Kontext und in ihre eigenen Anliegen umzusetzen; der Versuch, diese Zeit nach 1800 lediglich noch mit dem Label des Reformkatholizismus zu versehen, nicht aber als Katholische Aufklärung zu betrachten, wird den beteiligten Protagonisten wohl kaum gerecht.95 Schließlich endete 1803 nicht von einem Tag auf den anderen die zuvor als Stärke der Katholischen Aufklärung gerühmte Besetzung der Lehrstühle mit aufgeklärten katholischen Theologen. Ganz im Gegenteil: Wo Staaten Zugriff auf katholisches Kirchen-
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von „Volk“ und „Volksaufklärung“ IX–X sowie die klare Abgrenzung von der Erbauungsliteratur XI–XII); XX–XLVIII (hier insbesondere Geistliche als Träger der vom Religiösen klar zu trennenden Volksaufklärung XLII); Böning, Mann; Böning, Aufklärung und Volksaufklärung; Böning, Aufklärung; Böning, Volksaufklärung; Böning, Belehrung; Böning, Reformbewegung; Conrad, Volk; Grosse, Bote; Kissel, Erziehung; Neumann, Volkserzieher; Schmitt, Volksaufklärung; Sigelen, Freunde; Siegert, Volkslehrer; Siegert, Presse; edierte Quellen: Böning, Schweizerbote; Bohnen, Böning, Idee; Hirzel, Wirtschaft; Nägeli, Wegweiser; Böning, Dorfkonvent; Aurnhammer, Josephinismus; Becker, Leute; Böning, Menschen; Böning, Vorderösterreich; Follmann, Gesellschaftsbild; Krenz, Beitrag; Kuhn, Praktische Religion; Steiger, Aufklärung; Wyss, Pfarrer. Kuhn, Religion; Narr, Bild; Böning, Siegert, Volksaufklärung 1, XX–XLVIII; Böning, Siegert, Volksaufklärung 2, XXVI–XLVIV. Die im Anschluss an Möning und Siegert etablierte Volksaufklärung konzentriert sich auf den ersten Teil; religiöse Volksaufklärung wird explizit nicht mit behandelt. Vgl. Böning, Siegert, Volksaufklärung 1, X–XII. Es sei an dieser Stelle klar darauf verwiesen, dass es sehr wohl auch vor der hier als Volksaufklärung verstandenen Bewegung Versuche zur breitenreligiösen Implementierung des Aufgeklärten Katholizismus gegeben hat, die Literatur zu den geistlichen Staaten wimmelt vor solchen Versuchen; vgl. exemplarisch Weber, Geschichte; Lengenfelder, Diözese, 137–153; 241–250; 343–352; Baumgartner, Seelsorge. Eine bündelnde Darstellung der diversen Reformbestrebungen in den einzelnen Teilen des Katholischen Deutschland anhand der bereits vorhandenen Sekundärliteratur wäre aber ein wichtiges Desiderat, um einen Überblick zu gewinnen. Zum Begriff der Breitenreligiosität vgl. Holzem, Volksfrömmigkeit; Holzem, Bedingungen; Holzem, Volksfrömmigkeit V, 234–240; zum gedanklichen Hintergrund bzw. zum zugrundeliegenden Kirchengeschichtsverständnis: Holzem, Geschichte; Holzem, Gott, 80–87; Holzem, Theologie. So Printy, Enlightenment, 210–213.
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wesen zu erlangen suchten, beriefen sie häufig Katholische Aufklärer auf die Lehrstühle und (zumindest versuchsweise) Bischofsstühle.96 Vielmehr erscheint es sinnvoll, nicht eine klare Zäsur wie die Zeit um 1800 für das Ende der „Katholischen Aufklärung“ anzunehmen, sondern jenseits einer dogmengeschichtlich sicher mit zu denkenden Periodisierungsgrenze97 über mindestens zwei weitere Stufen der Aufklärungsrezeption nachzudenken: Gerade nach 1800, so zeigen die bisherigen Forschungsergebnisse zu den Diözesen Konstanz98 und Schlesien99, scheint der Gedanke einer „Katholischen Volksaufklärung“ trotz der komplexen Lage teils ohne Bischöfe und klare kirchliche Strukturen100 zunehmend die Seelsorge dominiert zu haben. Selbst einer grundsätzlich negativ eingestellten ultramontanen Forschung101 war nicht entgangen, dass gerade in dieser Zeit eine Vielzahl von Katechismen entstand, die unter Nutzung der nunmehr fast durchweg verbesserten Bildungsbedingungen102 einer breitenreligiösen Ausbreitung des aufgeklärten Katholizismus Vorschub leisten sollten.103 Eine mögliche Grenze dieser ersten Verlängerungsphase der Aufklärungsrezeption dürfte um das Jahr 1850 liegen, wofür zumindest zwei Gründe sprechen: Erstens ging spätestens zu diesem Zeitpunkt die Generation der im aufgeklärt-katholischen Stil ausgebildeten Priester in Württemberg in Pension, zweitens begann spätestens 1848 mit der Einführung ultramontaner Katechismen104 definitiv auch auf breitenreligiöser Ebene die Etablierung eines neuen Frömmigkeitsstils. Eine zweite, bislang aber kaum einzuschätzende Ebene ist die breitenreligiöse Rezeption selbst, zu der fundierte Grundlagenforschung nahezu vollständig fehlt. Wenn es eine solche gegeben hat – was bislang umstritten105 ist –, dann dürften die langfristigen Folgen der Katholischen Volksaufklärung noch deutlich länger zu spüren gewesen sein.106
96 Vgl. die Besetzung von Lehrstühlen in der neu gegründeten Landesuniversität Ellwangen: Zeller, Generalvikariat; Hagen, Geschichte, 79–83; sowie die versuchten Bischofsbesetzungen in Rottenburg und Freiburg: Reinhardt, Wessenberg; Miller, Wessenberg. 97 Klueting, Aufklärung, 131. 98 Gründig, Besserung, 15–16; Bischof, Ende, 251–336. 99 Bendel, Seelsorger, 93–143. 100 Burkard, Eliten; Wolf, Pfründenjäger; Wolf, Rohrstengel. 101 Vgl. zur Forschungsgeschichte Krenz, Konturen, 15–21; Maier, Katholiken. 102 Zur katholischen Bildungslandschaft vgl. Baumgart, Schulreformer; Bayrle-Sick, Aufklärung; Boyer, Beitrag; Doney, enlightenment; Gebhardt, Lehrart; Gönner, Schulreform; Kistenich, Forschungsprobleme; Krömer, Leben; Lambrecht, Erziehung; Lambrecht, Schüler; Lambrecht, Tabelle; Raymann, Schulen; Roessler, Sprache; Romberg, Kardinal; Schima, Verhältnis; SickBayrle, Volksbildung; Stanzel, Schulaufsicht; Täschner, Schule; Willgeroth, Bemühungen. 103 Vgl. die wichtigsten bei Weber, Geschichte, angegebenen Katechismen: Neben dem österreichischen Einheitskatechismus ist dies vor allem Jaumann. 104 Weber, Geschichte, 138–172. 105 Zur Gesamtbeurteilung: Wicki; Oswalt; Schneider; Gegenposition: Heilbronner. 106 Vgl. die Thesen Oded Heilbronners, der Fernwirkungen dieser Rezeption innerhalb eines „populären Liberalismus“ im Verhalten bürgerlicher Katholiken bis ins Wahlverhalten nach 1933 festmachen möchte: Heilbronner, Freiheit, 59–92; 156–159.
8.3 Fazit und Forschungsdesiderate
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8.3 Fazit und Forschungsdesiderate Damit kommt der Katholischen Volksaufklärung eine besondere Rolle zu: Sie war als Popularisierungskonzept auf pastoraler Ebene der Versuch, die Ergebnisse der Katholischen Aufklärung zu systematisieren und für den pastoralen Kontext nutzbar zu machen. Damit verließ die hier geführte theologische Diskussion endgültig den Bereich der intellektuellen Eliten und wurde als Gesamtkonzept in einen breitenreligiösen Kontext transponiert und als Wirklichkeitskonstruktion in praxi ausprobiert: Es sollte sich unter den spezifischen Bedingungen nach 1800 erweisen, ob das von den Katholischen Volksaufklärern etablierte System katholischer Wirklichkeitskonstruktion und des von ihnen konstruierten Heilsweges in der Breitenreligion Bestand haben konnte und somit zum tragfähigen Element eines zeitgenössischen Glaubenskonstrukts werden konnte. Ob und inwiefern dieses Konzept von Erfolg gekrönt war, lässt sich nach der momentanen Forschungslage nicht mit Sicherheit beurteilen. Die bisherigen Forschungen107 signalisieren zumindest in der ländlichen Bevölkerung Oberschwabens und Österreichs ein teilweises Scheitern; dennoch reichen sie aber kaum aus, um ein umfassendes Bild zu zeichnen. Insbesondere wäre zu fragen, ob sich nicht unter der genuinen Zielschicht der Katholischen Volksaufklärung, dem Bürgertum, eine zumindest partielle Rezeption nachweisen lässt. Notwendig wären also Detailstudien, die jenseits der für den Rezeptionskontext eher hinderlichen Diskussion um Staatskirchentum oder die Auseinandersetzung zwischen Katholischer Aufklärung und Ultramontanisierung die Verhältnisse im lokalen Kontext in den Blick nimmt und die Rezeptionsbedingungen unter Berücksichtigung sozialer und struktureller Faktoren rekonstruiert. Viel spricht dafür, einen solchen Blick in Südwestdeutschland zu unternehmen; gerade hier scheinen durch das Zusammenwirken von staatlicher und kirchlicher Struktur die Bedingungen besonders geeignet, um zumindest die Voraussetzungen für eine Rezeption zu bieten: Oded Heilbronner hat in seinen Forschungen darauf verwiesen, dass sich insbesondere dort, wo sich unter Katholiken liberale Strukturen ausbildeten und die Unterstützung für das Zentrum gering blieb, starke katholische Bürgertümer mit einer eventuellen Ausrichtung an alternativen Varianten des Katholizismus finden könnten.108 Wenn sich tatsächlich auf einer breiteren sozialen Ebene109 eine kulturelle Hegemonie alternativer, bürgerlicher Katholizismen nachweisen ließe,110 die langfristig das Wahlverhalten steuerten, wie Heilbronner dies für „Groß-Schwaben“111 postuliert, und wenn sich diese katholische Traditionslinie tatsächlich aus der Katholischen Volksaufklärung speiste,112 dann zeigen sich hier deutliche Indizien für eine zumindest partielle Rezeption auch in Laienkreisen. Es wäre spannend herauszufinden, ob das hier 107 Oswalt, Staat, Owalt, Menschen; Oswalt, Säkularisation; Wicki, Staat. 108 Heilbronner, Bürgertum, 336–337. 109 Zur sozialen Zusammensetzung eines möglichen katholischen süddeutschen Bürgertums: Heilbronner, Freiheit, 22–23. 110 Heilbronner, Freiheit, 167. 111 Heilbronner, Freiheit, 18–19, 25–27. 112 Heilbronner, Freiheit, 27.
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skizzierte Seelsorgskonzept als Ganzes letztendlich von Erfolg gekrönt war oder nicht – und wenn ja, wie sich diese lokalen Entwicklungslinien unter den sich wandelnden Bedingungen des 19. und 20. Jahrhunderts weiter entwickelten.
9 Literaturverzeichnis 9.1 Zeitschriften 9.1.1 Archiv für Pastoralkonferenzen Bauer, Pflichten: Bauer, Bernhard, Welche Pflichten hat der Seelsorger den Eltern in Hinsicht des Schulunterrichtes zu empfehlen?, in: APK 21/2 (1824), 112–124. Bekler, Seelsorger: Bekler, Stefan, Wie hat der Seelsorger ein Beichtkind, welches ihm irrige, unsittliche, oder lockere Grundsätze, die demselben von einem andern Beichtvater beigebracht worden sind, eroeffnet, zurechtzuweisen?, in: APK 18/2 (1821), 48–62. Biechele, Beiträge: Biechele, Joseph, Liturgische Beiträge von Doktor J. M. Biechele, bischöflicher Deputat, Pfarrer zu Rothweil im Kapitel Endingen, in: APK 5/1 (1808), 126–159. Brehm, Kälte: Brehm, Georg Peter, Wodurch kann man der sittlichen Kälte, die sich bey der Eidesleistung durch den häufigen Gebrauch desselben nach und nach einzuschleichen scheint, mit Nutzen für die Wichtigkeit des Eides begegnen?, in: APK 17/1 (1820), 67–72. Buck, Ursachen: Buck, Joseph, Ueber die Ursachen des in einer Gemeinde zunehmenden Mangels an wahrem Religionssinne, in: APK 13/2 (1816), 345–354. Burg, Beantwortung: Burg, Joseph, Beantwortung der Pastoralaufgabe: Wie müßte ein Buch eingerichtet seyn, und was müßte es enthalten, wenn es die ganze Volksliturgie in sich schließen sollte?, in: APK 3/1 (1806), 254–269. Dallmann, Eidesbelehrung: Dallmann, Peter, Ueber populäre Eidesbelehrung unter Rücksicht der hierüber erlassenen Beordnungen im Großherzogtum Baden, in: APK 22/2 (1825), 415–424. Dallmann, Segnungen: Dallmann, Peter, Ueber einige gewoehnliche kirchliche Segnungen. Eine Belehrung fürs Volk, in: APK 18/1 (1821), 340–354. Demeter, Regeln: Demeter, Ignaz, Die nothwendigsten Regeln zur eromatischen und sokratischen Lehrart beym Examiniren und Katechisiren, in: APK 3/1 (1806), 219–243. Demeter, Schulwesen: Demeter, Ignaz, Schulwesen, in: APK 2/1 (1805), 269–291. Dossenberger, Bemerkungen: Dossenberger, Franz Ferdinand, Bemerkungen über Eide und Handgelübde. Durch einige Konferenz-Aufsätze: „Wie Hirten, Feldschützen, Zehndgänger über Handgelübde und deren Verbindlichkeit zu belehren seyen“ veranlaßt, in: APK 13/1 (1816), 194–208. Dossenberger, Schulunterricht: Dossenberger, Franz, Ueber den Schulunterricht von Gott, in: APK 12/2 (1815), 321–356. Eggler, Seelsorger: Eggler, Carl Theorodor, Wie kann und soll der Seelsorger zum geistlichen und leiblichen Wohl der Kranken seiner Gemeinde überhaupt, und der Bloedsinnigen und Wahnsinnigen insbesondere recht viel beytragen?, in: APK 23/1 (1826), 337–353. Ehinger, Seelsorger: Ehinger, Andreas, Wie kann der Seelsorger das Paulinische: Meine Brüder! Werdet Kinder, nicht am Verstande, sondern an Bosheit; am Verstande werdet vollkommen – Männer I Kor. XIV, 20, praktisch an sich zeigen?, in: APK 13/1 (1816), 122–144. Eschbach, Wesen: Eschbach, Karl, Worin besteht das Wesen und die Haupttendenz eines Kapitelvereins, damit er ehrwürdig, und auf die klerikalische Vervollkommnung einwirken werde, und deswegen auf Kirchen- und Staatsschutz gerechten Anspruch machen könne?, in: APK 17/1 (1820), 167–185. Eyth, Aphorismen: Eyth, Rudolph, Aphorismen über den Einfluß der Philosophie auf Theologie, in: APK 12/1 (1815), 381–390.
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N. N., Approbationen: N. N., Approbationen der van Essischen Testamente, in: APK 15/2 (1818), 148–157. N. N., Beförderung: N. N., Ueber Beförderung des biblischen Volksunterrichts, in: APK 3/2 (1806), 379–397. N. N., Begriff: N. N., Welcher Begriff von der Gnade Gottes ist für den praktischen Unterricht (auch nach dem neuen Testament) der richtigste und zweckmäßigste?, in: APK 15/2 (1818), 305–355. N. N., Betragen: N. N., Das sittliche Betragen der Vorsteher und der Angesehnern jeden Orts hat großen Einfluß auf die Sitten des Volkes, in: APK 16/1 (1819), 106–144. N. N., Beweggründe: N. N., Welche Beweggründe zur Tugend und Sittlichkeit kann der Pfarrer mit Rücksicht auf die Kultur des Volkes anwenden, ohne der Reinheit der christlichen Sittenlehre etwas zu vergeben?, in: APK 5/2 (1808), 81–100. N. N., Bibellesen: N. N., Ueber das Bibellesen des Volkes, in: APK 13/(1816), 455–473. N. N., Bußkanonen: N. N., Ueber Bußkanonen, in: Geistliche Monathsschrift 2/2 (1803), 115–129; 236–251. N. N., Egoist: N. N., Der Egoist auf dem Sterbbette, in: APK 5/2 (1808), 307–315. N. N., Ehen: N. N., Was ist von den Ehen gar junger, zu alter, im Alter zu ungleicher, mittelloser Leute zu halten? Welche Wege darf und soll der Seelsorger einschlagen, derlei Ehen zu verhüten, in: APK 7/2 (1810), 274–290. N. N., Elementarunterrichts: N. N., Pestalozzis neue Methode des Elementarunterrichts, in: Geistliche Monathsschrift 1/2 (1802), 793–800. N. N., Entwurf: N. N., Rezension zu: 1. Entwurf eines neuen Rituals, von einer Gesellschaft katholischer Geistlichen des Bisthums Konstanz. Mit Erlaubniß der Obern. Tübingen, bey Jakob Friedrich Heerbrandt 1806. 2. Ueber den Entwurf eines neuen (katholischen) Rituals. Oder: soll man jetzt den Kulturs reformiren? Von Wilhelm Mercy, Pfarrer zu Goul. Ulm 1806. Fortsetzung, in: APK 3/2 (1806), 285–296. N. N., Evangelien: N. N., Welchen Vortheil gewährt die Vorlesung und Erklärung der Evangelien in deutscher Sprache bey den Prozessionen um die Fluren und am Fronleichnamsfeste? Was könnte noch verbessert werden?, in: APK 3/1 (1806), 161–181. N. N., Fastenkinderlehrer: N. N., Was gehört dazu, daß die sogenannten Fastenkinderlehrer (erster Unterricht zur Beicht und Kommunion) zweckmäßig seyen, und wie könnte hierin Einförmigkeit eingeführt werden?, in: APK 4/1 (1807), 18–32. N. N., Feyertagen: N. N., Konferenz-Resultate über die Frage: Wie kann das Volk am beßten belehrt und angehalten werden, an den abgebrachten Feyertagen zu arbeiten?, in: APK 1/2 (1804), 3–24. N. N., Firmung: N. N., Bemerkung über den Aufsatz von der Firmung, in: APK 1/1 (1804), 139–140. N. N., Frühmeß: N. N., Ueber Frühmeß-Homilien, in: APK 1/1 (1804), 317–325. N. N., Fürgange: N. N., Anhang vom feyerlichen Fürgange der Wöchnerinnen, in: APK 3/1 (1806), 134–138. N. N., Gebrauche: N. N., Vom Gebrauche der Musik bey der katholischen Liturgie, als Beförderungsmittel religiöser Gefühle, und sittlicher Gesinnungen. Beschluß, in: APK 1/2 (1804), 253–268; 335–353; 448–473. N. N., Gedanken: N. N., Rhapsodische Gedanken über Liturgie, in: APK 22/2 (1825), 33–46. N. N., Gefahren: N. N., Von den Gefahren der Religion. Anrede an die Ordinanden vor der Herbstweihe 1811, in: APK 9/1 (1812), 81–89. N. N., Geisteskultur: N. N., Woher kommt es, wenn die Moralität der Menschen mit ihrer Geisteskultur nicht gleichen Schritt hält, sondern vielmehr, wie leider nur gar zu oft der Fall ist, mit ihr im umgekehrten Verhältnis?, in: APK 5 (1808), 3–34. N. N., Gesangbuch: N. N., Rezension: Gesangbuch bey den Gottesverehrungen der katholischen Kirche zu gebrauchen. Mit Bewilligung der Obern. Tübingen in Kommission bey Jakob Friedrich Heerbrandt 1807, in: APK 4/1 (1807), 321–323. N. N., Gesichtspunkte: N. N., Unter welchem Gesichtspunkte hat ein Seelsorger die zeitlichen Übel: Krankheiten, Krieg, Hungersnoth, Hagel, Feuersbrünste, Viehseuchen usw. nach der Lehre des N. T. seinem Volke darzustellen, in: APK 5/1 (1808), 305–318.
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chen Schritt hält, sondern vielmehr, wie leider nur gar zu oft der Fall ist, mit ihr im umgekehrten Verhältnisse stehet?, in: APK 5/1 (1808), 181–193. N. N., Predigtamt: N. N., Ueber das christliche Predigtamt, in: APK 8/1 (1811), 241–251. N. N., Preisfragen: N. N., Preisfragen für den Clerus des Bisthums Konstanz, in: Geistliche Monathsschrift 2 (1803), 385–386. N. N., Redaktion: N. N., Bemerkungen der Redaktion, in: APK 13/1 (1816), 364–366. N. N., Regiunkel: N. N., Konferenz-Resultate in der Regiunkel Sins des Kapitels Bremgarten. Das Konzilium von Trient macht es den Beichtvätern zur Pflicht, den Beichtenden heilsame Bußen aufzulegen: Was wird 1tens unter diesen Satisfactionibus salutaribus verstanden, und zweytens welche insonderheit sollen für jede Gattung der Sünden aufgelegt werden?, in: APK 3/1 (1806), 161–174. N. N., Religionslehre: N. N., Religionslehre. Allgemeine und praktische Winke, Bemerkungen und Resultate aus der Geschichte der Menschen und Völker überhaupt, in strengster Rücksicht auf Religion und Moral, als ein Beytrag zur Religions- und Sittenlehre, in: Geistliche Monathsschrift 1/2 (1802), 491–506. N. N., Resultate Stühlingen: N. N., Konferenz-Resultate im Kapitel Stühlingen über die Fragen: 1) Was ist Liturgie? 2) Was wird erfordert, damit sie zweckmäßig sey?, in: APK 1/1 (1804), 409– 419. N. N., Rezension Homiletik: N. N., Rezension: Neue Beyträge zur Homiletik für Prediger und Katecheten. Herausgegeben von Phil. Jos. Brunner, in: APK 1/2 (1804), 222–234 N. N., Rezension Sibylle I: Die Sibylle der Religion aus der Welt- und Menschengeschichte, in: APK 9/1 (1812), 471–472. N. N., Rezension Sibylle II: Die Sibylle der Religion aus der Welt- und Menschengeschichte, in: APK 10/1 (1813), 315–316. N. N., Seelsorger Haß: N. N., Die Seelsorger ziehen sich öfters den Haß derjenigen zu, welche sie von ihren verkehrten Wegen abwendig machen wollen. Wie haben sie sich in solchen Fällen nach dem Geiste des Evangeliums und der Kirche zu verhalten?, in: APK 18/1 (1821), 29–47. N. N., Spannungsformeln: N. N., Segnungsformeln, beym öffentlichen Fürgange der Wöchnerinnen, in: APK 7 (1810), 583–596. N. N., Staatsverfassung: N. N., Rezension: Ueber Staatsverfassung und Staatsverwaltung. Aus dem Französischen von Fievee; übersetzt und mit Anm. begleitet von Chr. Fr. Schlosser. Frankfurt a. M. 1816, in: APK 13/2 (1816), 379–398. N. N., Steinbach: N. N., Konferenzen in der Regiunkel Steinbach, des Kapitels Neuhausen für das Sommersemester 1805. Ueber den Aberglauben, der in Betreff des Glockenläutens bey Hochgewitter, des Wettersegens unter dem Volke herrschet. Fortsetzung, in: APK 2/2 (1805), 81–96. N. N., Taufe: N. N., Wie kann auf die leichteste Art verhindert werden, daß bey der heiligen Taufe dem Kinde die Kälte der Zeit nicht nachtheilig werde?, in: APK 2/2 (1806), 120–133. N. N., Theodizee: N. N., Theodizee, in: APK 23 (1826), 30–46. N. N., Verbesserungen: N. N., Ueber Lyturgische Verbesserungen. Konferenz-Rezeß für 1824, in: APK 23/1 (1826), 65–68. N. N., Verdienste: N. N., Welche Verdienste haben sich Fridolinus, Kolumbanus, Gallus, Mangnoaldus, und andere um die Ausbreitung des Christenthums in unserm Bisthum erworben? Fortsetzung, in: APK 5/2 (1808), 377–396. N. N., Versuch Geschichte: N. N., Versuch einer Geschichte des geistlichen Kirchengesangs, mit vorzüglicher Hinsicht auf den deutschen katholischen Gottesdienst, in: Geistliche Monathsschrift 1/2 (1803), 29–42; 101–114; 207–235. N. N., Volk: N. N., Wie soll das Volk über den Einfluß der Gnade Gottes auf unsre Handlungen praktisch belehrt werden?, in: APK 4/2 (1807), 409–429. N. N., Volkserziehung: N. N., Rezension: Archiv für Volkserziehung durch Kirche und Staat. Eine moralisch-politische Zeitschrift mit Unterstützung mehrerer Gelehrten. Herausgegeben von J. B. Graser. Salzburg, in: APK 1/1 (1804), 63–88. N. N., Volksgesange: N. N., Vom gemeinsamen gottesdienstlichen Volksgesange, in: APK 5/1 (1808), 17–41.
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N. N., Vorsichten: N. N., Ueber die Vorsichten, die der Prediger in Bekämpfung der Laster zu beobachten hat, die in seiner Gemeinde mehr oder weniger in Schwung sind, damit er Persönlichkeit vermeide, nicht beleidige noch erbittere, in: APK 1/2 (1804), 79–85. N. N., Vortheile: N. N., Welche Vortheile hat es für die Pfarrangehörige, wenn sie ihrem Seelsorger beichten, und wie ließe sich ihnen dieses recht begreiflich machen?, in: APK 5/2 (1808), 168– 177. N. N., Wallfahrten: N. N., Belehrung des Volkes über die Wallfahrten, in: APK 1/2 (1804), 198–210. N. N., Werth: N. N., Ueber den Werth des pfarrlichen Gottesdienstes (Beschluß). Von den Mitteln gegen die Hindernisse, die dem Besuche des eigenen pfärrlichen Gottesdienstes entgegen stehen, in: APK 1/1 (1804), 169–193. N. N., Wintermonaten: N. N., Freymüthige Gedanken über die Haustaufe in den Wintermonaten, in: Geistliche Monathsschrift 2 (1803), 15–28. N. N., Zulässigkeit: N. N., Ueber die Zulässigkeit einer Abänderung in der Lyturgie sowohl ihrem innern Gehalt nach, als nach der Sprache, in der sie gewöhnlich erschien. Mit jeweiliger Hinsicht auf die Beschlüsse des Kirchenraths von Trient, dann des Synods von Konstanz vom Jahre 1609, in: APK 7/2 (1810), 358–397. Pfister, Beantwortung: Pfister, Augustin, Beantwortung der Frage: Worauf hat der Beichtvater vorzüglich Rücksicht zu nehmen, auf die Disposizion des Beichtenden, oder auf die Integrität der Beicht?, in: APK 2/1 (1805), 308–320. Pfister, Verhältniß: Pfister, Augustin, In welchem Verhältniß steht die Moral gegen die Dogmatik?, in: APK 10/2 (1813), 241–257. Reithinger, Erläuterung: Reithinger, Carl, Katechetische Erläuterung des Artikels des Symbolums: von einer heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, in: APK 22/2 (1825), 242–266. Rink, Gehorsam: Rink, Joseph Alois, Ist der Gehorsam gegen die Kirchenvorsteher, zumal gegen den Bischof für die katholischen Christen von Wichtigkeit, und welche Beweggründe soll der Seelsorger benutzen, ihn zu befördern?, in: APK 7 (1810), 810–824. Robner, Bibellesen: Robner, Johann Friedrich, Ueber das zweckmäßige Bibellesen, in: APK 11/1 (1814), 462–470. Roder, Ansichten: Roder, Fridolin, Ansichten ueber die Mittel zur Erziehung einer guten Dienstboten-Ordnung auf dem Lande, in: APK 19/2 (1822), 260–282. Roys, Beantwortung: Roys, Johannes Nepomuk, Beantwortung der Konferenzfrage: Durch welche Vorstellungsart und Beweggründe kann der Seelsorger Ehrfurcht, Liebe und Folgsamkeit gegen die Kirche einflößen?, in: APK 3/2 (1806), 451–474. Sartori, Pastoralklugheit: Sartori, Michael, Pastoralklugheit im Gebrauch der kirchlichen Benediktionen und in Behandlung der sogenannten Besessenen. Welches sind die wahren Grundsätze, nach welchen sich der Seelsorger bey Benediktionen benehmen soll?, in: APK 17/2 (1820), 3–12. Schätgen, Seelsorger I: Schätgen, Anton, Wie kann und soll ein Seelsorger arme, mit Kindern überladene Eltern mit ihrem Schicksal beruhigen und trösten?, in: APK 22/2 (1825), 187–205. Schätgen, Sonntagsfeyer: Schätgen, Anton, Worin besteht die würdige Sonntagsfeyer, und wodurch kann sie befördert und aufrecht erhalten werden?, in: APK 18/2 (1821), 130–137. Scherer, Ursachen: Scherer, Anton, Ueber die Ursachen der Vernachlaeßigung des oeffentlichen Gottesdienstes, in: APK 21/2 (1824), 147–156. Schoch, Pflichten: Schoch, Judas Thaddäus, Welches sind die einzelnen Pflichten des Seelsorgers als des von der Kirche und Staat bestellten Aufsehers der Ortsschule?, in: APK 21/2 (1824), 276– 285. Schuhmacher, Befoerderung: Schuhmacher, Otto, Ueber die Befoerderung des Kirchengesangs, in: APK 23/1 (1826), 96–106. Schumacher, Stimme: Schumacher, Karl, Die Stimme der Weisheit an christliche Juenglinge und Jungfrauen, in: APK 21/2 (1824), 291–297. Stadler, Mittel: Stadler, Anton, Welche Mittel kann und soll der Pfarrer anwenden, um ein einzelnes, in seiner Gemeinde herrschendes Laster, z. B. Trunkenheit, der Spielsucht, der Ueppigkeit in Kleidern, usw. allmählig auszutilgen, in: APK 3/1 (1806), 91–98.
9.1 Zeitschriften
235
Steinhauser, Werth: Steinhauser, Johann Baptist, Welchen Werth und Vorzug hat die allgemeine, in der alten Kirche übliche Abendmahls-Feyerlichkeit, vor der besondern? Welche Hindernisse stehen der Einführung des allgemeinen Abendmahls entgegen – und wie könnten und sollten sie gehoben werden? Wodurch sollte man vorzüglich trachten, um sie in moralisch-religiöser Beziehung fruchtbar zu machen?, in: APK 3/1 (1806), 41–62. Strasser, Beyträge: Straßer, Joseph Willibald, Beyträge zur Verbesserung der Kirchenagenden mit vorzüglicher Rücksicht auf das Konstanzische Diöcesan-Ritual, in: APK 5/2 (1808), 15–41. Strasser, Einrichtung: Straßer, Johann Willibald, Ueber die zweckmaeßige Einrichtung der Kinderkommunion, in: APK 2/2 (1805), 324–336; 420–437. Strebel, Klage: Strebel, Johann Michael, Ueber eine Klage von mehr ueberhandnehmender Nachlaeßigkeit bey Kranken und Sterbenden von Seiten der Seelsorger, in: APK 23/1 (1826), 269–276. Wachter, Aberglauben: Wachter, Karl, Vom Aberglauben, in: APK 2/2 (1805), 165–181; APK 3/1 (1806), 195–221; 267–284; 459–482. Wachter, Frage: Wachter, Karl, Frage: Wie ist das Opfergehen einzurichten, damit es zweckmäßig, und die Ordnung des Gottesdienstes nicht gestört werde?, in: APK 2/2 (1805), 355–371. Wachter, Haustaufe: Wachter, Karl, Ueber die Haustaufe, in: APK 2/1 (1805), 185–202. Waldraff, Forschen: Waldraff, Franz Xaver, Ueber das Forschen der Vernunft in Beziehung auf das Christenthum, in: APK 13/2 (1816), 259–274. Wessenberg, Ansichten: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Ansichten über Volksaufklärung, in: APK 11/1 (1814), 241–268. Wessenberg, Einleitung: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Historische Einleitung, in: APK 1/1 (1804), 1–36. Wessenberg, Hirtenbrief: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Bischöflicher Hirtenbrief: Wie kann auf die leichteste Art verhindert werden, daß bey der hl. Taufe den Kindern weder die Kälte der Witterung, des Orts, noch des Taufwassers nachtheilig werde?, in: APK 2/1 (1805), 233–238. Wessenberg, Kundmachung: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Kundmachung in Betreff der Preisarbeiten von dem Unterricht ueber den Eid, in: APK 18/2 (1821), 71–72. Wessenberg, Preisaufgabe: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Preisaufgabe an die Geistlichkeit des Bisthums Konstanz auf das Jahr 1819, in: APK 16/2 (1819), 17–19. Wessenberg, Verhältnis: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Ueber das Verhältnis des Christenthums zum Staat und zur Philosophie, in: APK 5/2 (1808), 448–461. Wessenberg, Vorrede: Wessenberg, Ignaz Heinrich von, Vorrede, in: APK 3/1 (1806), III–X. Winterhalder, Fortsetzung: Winterhalder, Anton, Fortsetzung der Religionsgeschichte des Bisthums Konstanz, in: APK 5/2 (1808), 178–197. Winterhalder, Versuch: Winterhalder, Joseph Anton, Versuch einer Geschichte der christlichen Religion und Kirche innerhalb der Grenzen des Bisthums Konstanz, in: APK 4/1 (1807), 138–166.
9.1.2 Monathsschrift Ketterle, Vortheile: Ketterle, Peter Aurel, Welche Vortheile hat es für die Pfarrkinder, wenn sie ihrem eigenen Pfarrer beichten, und wie ließe sich ihnen dieses begreiflich machen?, in: Monathsschrift 12/1 (1816), 294–307. N. N., Auferstehung: N. N., Von der Auferstehung des Fleisches, in: Monathsschrift 5/2 (1807), 59– 82; 161–230; 321–347. N. N., Aufklärung: N. N., Was ist Aufklärung?, in: Monathsschrift 5/1 (1807), 394–426. N. N., Auslegungsart: N. N., Ueber die allegorische Auslegungsart überhaupt, und vorzüglich über jene der christlichen Religionsstunden, in: Monathsschrift 6/1 (1808), 335–416. N. N., Auszug: N. N., Auszug aus Clemens von Alexandria, von dem Gebrauche der Profangelehrsamkeit und Philosophie in der Theologie, in: Monathsschrift 1/3 (1802), 97–120. N. N., Bartholomäus: N. N., Bartholomäus de Martyribus, Erzbischof zu Braga in Portugall, Reformationsvorschläge für den Klerus im Kirchenrathe von Trient, bey den lezten neun Sizungen, in: Monathsschrift 6/1 (1808), 417–465.
236
9 Literaturverzeichnis
N. N., Begriff: N. N., Ueber den Begriff von der Güte Gottes, in: Monathsschrift 2/1 (1803), 185– 196. N. N., Bunde: N. N., Ueber die im neuen Bunde so oft wiederholte Vorstellung: Gott ist Vater der Menschen, in: Monathsschrift 1 (1802), 355–367. N. N., Concipiren: N. N., Von eigenem Concipiren der Predigten, in: Monathsschrift 7/1 (1809), 410–458. N. N., Concursaufgabe: Eine Schul-Katechese über den dritten Glaubenspartikel: Ich glaube an Jesum Christum – der empfangen worden von dem heiligen Geist, gebohren aus Maria der Jungfrau, in: Monathsschrift 11/1 (1814), 316–350. N. N., Dekretalen: N. N., Kurze Geschichte der Isidorischen Dekretalen-Sammlung nebst der Darstellung der durch dieselbe eingeführten Grundsätze der kirchlichen Hierarchie, in: Monathsschrift 8/1 (1810), 3–27. N. N., Einführung: N. N., Von der ursprünglichen Einführung des Christenthums in Oberösterreich, und dessen baldiger Verbreitung, in: Monathsschrift 3/1 (1804), 1–42. N. N., Epistel: N. N., Epistel des berühmten Dichters Boileau an den gelehrten Abbé Renaudot über die Liebe Gottes, in: Monathsschrift 10/2 (1813), 235–294. N. N., Erläuterung: N. N., Erläuterung der evangelischen Lehre von der Verachtung der Welt, in: Monathsschrift 5/1 (1807), 32–51. N. N., Furcht: N. N., Begriff der Furcht Gottes, in: Monathsschrift 2/2 (1803), 322–340. N. N., Geheimniß: N. N., Warum ist das Geheimniß der heiligsten Dreyeinigkeit von jeher mit solcher Gewalt, und mehr, als andere Religionsgeheimnisse, angefochten worden?, in: Monathsschrift 3/2 (1804), 1–22. N. N., Geschichte Beweisführung: N. N., Geschichte der Beweisführung aus Wundern und Weissagungen für die Wahrheit der christlichen Religion aus Wundern und Weissagungen, in: Monathsschrift 3/2 (1804), 97–176. N. N., Geschichtliche: N. N., Ueber das Geschichtliche der göttlichen Offenbarung, in: Monathsschrift, 15/1 (1821), 208–221; 15/2 (1821), 61–102; 193–225. N. N., Glaubens: N. N., Gibt es eine Pflicht des Glaubens an die christlichen Lehren? Worin bestehet sie?, in: Monathsschrift 3/1 (1804), 43–52. N. N., Lehre: N. N., Versuch einer Erläuterung der Lehre von den Gränzen der beyden Mächte, in: Monathsschrift 4/3 (1805), 119–151. N. N., Pastoralunterricht: N. N., Pastoralunterricht des Bischofs Bossuet, über die von Jesu Christo seiner Kirche gemachten Verheißungen, in: Monathsschrift 15/2 (1821), 103–137; 297–334. N. N., Pflicht: N. N., Ob es auch eine Pflicht, nicht zu glauben, gebe?, in: Monathsschrift 3/1 (1804), 89–101. N. N., Philosophie: N. N., Ueber Philosophie, und ihre zeitlichen Formen der Beruhigung der Freunde der Religion, zumahl ihrer Lehrer, in: Monathsschrift 8/2 (1810), 76–175. N. N., Rezensionen: N. N., Rezensionen. Versuch einer historisch-philosophischen Darstellung der Offenbarung als Einleitung in die Theologie. Von Friedrich Brenner, in: Monathsschrift 9/1 (1812), 318–335. N. N., Sinn: N. N., Der wahre Sinn des Ausdrucks: alleinseligmachender Glaube, in: Monathsschrift 5/1 (1807), 5–13. N. N., Schriften: N. N., Gibt es in den heiligen Schriften einen geheimen Sinn? Aus welchen Gründen? Und warum ist der tropologische der frequenteste?, in: Monathsschrift 9/2 (1812), 266–291. N. N., Sinne: N. N., Vom Sinne der Heiligen Schrift. Ein Kapitel aus der biblischen Hermeneutik, in: Monathsschrift 5/2 (1807), 111–128. N. N., Skizze: N. N., Skizze der christlichen Glaubenslehren nach dem ächten katholischen Lehrbegriffe in ihrer Verbindung, und moralischen Beziehung, in: Monathsschrift 1/1 (1802), 237– 348. N. N., Sorgfalt: N. N., Ueber die pflichtmäßige Sorgfalt des Seelsorgers, mit dem Ortsbeamten Eintracht herzuhalten, in: Monathsschrift 1/1 (1802), 138–154. N. N., Sündenfällen: N. N., Von den vorbehaltenen Sündenfällen, in: Monathsschrift 8/1 (1810), 265–288.
9.2 Monographische Quellen
237
N. N., Unfehlbarkeit: N. N., Ueber die Unfehlbarkeit des Christlichen Lehramtes, und über den Primat des Pabstes, von einem Protestanten, in: Monathsschrift 12/1 (1816), 85–134. N. N., Wesen: N. N., Ueber die gewöhnlichen irrigen Vorstellungen von dem Wesen, und dem Verdienste der guten Werke, in: Monathsschrift 5/1 (1807), 14–31. N. N., Wunder: N. N., Sind Wunder sonst geschehen, warum geschehen sie izt nicht mehr?, in: Monathsschrift 3/3 (1804), 104–111. N. N., Zeitpunkt: N. N., War der Zeitpunkt, welchen die Vorsehung zur Ausführung der Erlösungsanstalt wählte, für dieselbe günstig, oder ungünstig?, in: Monathsschrift 2/3 (1803), 1–32. Thaner, Beweggründe: Thaner, [N.], Die Beweggründe für Aeltern, ihre Kinder nicht aus bloßem Zwang, sondern gern zum fleißigen Schulbesuch anzuhalten, in: Monathsschrift 12/1 (1816), 401–417.
9.2 Monographische Quellen Abel, Erläuterungen: Abel, Jakob Friedrich, Erläuterungen wichtiger Gegenstände aus der philosophischen und christlichen Moral, besonders der Ascetik durch Beobachtungen aus der Seelenlehre, Tübingen 1790. Arnold, Historie: Arnold, Gottfried, Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie, vom Anfang des Neuen Testaments biß auf das Jahr 1688, Frankfurt a. M. 1729. Bauer, Moral AT: Bauer, Georg Lorenz, Biblische Moral des Alten Testaments. 2 Bde., Leipzig 1803. Bauer, Moral NT: Bauer, Georg Lorenz, Biblische Moral des Neuen Testaments. Sittenlehre Jesu nach den Evangelisten. 2 Bde., Leipzig 1804. Baur, Denkwürdigkeiten: Baur, Samuel, Denkwürdigkeiten aus der Menschen-, Völker- und Sittengeschichte alter und neuer Zeit. Zur angenehmen und belehrenden Unterhaltung für alle Stände 2, Ulm 1820, 389–390. Binterim, Denkwürdigkeiten: Binterim, Anton Joseph, Die vorzüglichsten Denkwürdigkeiten der Christ-katholischen Kirche aus den ersten, mittlern und letzten Zeiten. Mit besonderer Rücksichtnahme auf die Disciplin der katholischen Kirche in Deutschland, 8 Bde., Mainz 2/1838. Brenner, Versuch: Brenner, Friderich, Versuch einer historisch-philosophischen Darstellung der Offenbarung als Einleitung in die Theologie, Bamberg/Würzburg 1810. Erb, Organisirung: Erb, K. M., Organisirung der Gemeinds-Sittengerichte zur Wiederbelebung der Sitten-Polizey in Deutschland, Rottweil 1819. Eschenmayer, System: Eschenmayer, Carl A., System der Moralphilosophie, Stuttgart 1818. Feddersen, Sittenbuch: Feddersen, Jakob Friedrich, Christliches Sittenbuch für den Bürger und Landmann, Augsburg 1806. Grävell, Mensch: Grävell, Max Karl Friedrich Wilhelm, Der Mensch. Eine Untersuchung für gebildete Leser, Berlin 3/1818. Hassler, Sittenlehre: Hassler, Ludwig Anton, Christliche Glaubens- und Sittenlehre in Homilien und Predigten auf alle Sonn- und Feyertage, 4 Bde., Freiburg 1811/1812. Henke, Geschichte: Henke, Heinrich Philipp Konrad, Allgemeine Geschichte der christlichen Kirche nach der Zeitfolge. Ein akademisches Lehrbuch, 3 Bde., Braunschweig 1806. Hermes, Dogmatik: Hermes, Georg, Christkatholische Dogmatik, 3 Bde., Münster 1834. Hermes, Handbuch: Hermes, Johann August, Handbuch der Religion, 2 Bde., Berlin 1784. Huber, Handbuch: Huber, Fridolin, Handbuch der Religion für das erwachsene christkatholische Volk, 2 Bde., Meersburg/Rottweil 1809. Jais, Predigten: Jais, Aegidius, Predigten, die Alle verstehen, und die Meisten brauchen können, 4 Bde., Salzburg 1825/1828. Jaumann, Katechismus: Jaumann, Ignaz von, Größerer Katechismus der christkatholischen Lehre. Zum Gebrauche in Kirchen und Schulen, besonders für die Schüler der dritten Klasse, und für Sonntagsschüler, Tübingen 1834.
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9.2 Monographische Quellen
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Pahl, Nationalchronik: Pahl, J. G., Nationalchronik der Teutschen: eine politische Zeitschrift, Ellwangen 1.1820 und 4.1824. Pracher, Entwurf: Pracher, Beda, Entwurf eines neuen Rituals für katholische Geistliche bei ihren Amtsverrichtungen. 2 Bde., Tübingen 2/1814. Reiche, Weltgeschichte: Reiche, Carl Christoph u. a. (Hg.), Allgemeine synchronistische Weltgeschichte, oder Zeitungen von der alten Welt, 6 Bde., Berlin u. a. 1777–1781. Ritter, Priester: Ritter, Bernhard, Der Priester als Arzt am Krankenbette. Eine systematische Zusammenstellung wissenschaftlicher Grundsätze, nach denen die Krankheiten des Menschen, in Abwesenheit oder Ermangelung des Arztes, zu beurtheilen und zu behandeln sind; zur allgemeinen Belehrung für denkende Leser aus allen Ständen, Rottenburg 1837. Rotteck, Geschichte: Rotteck, Karl von, Allgemeine Geschichte vom Anfange der historischen Kenntniß bis auf unsere Zeiten. 9 Bde., Freiburg/Konstanz 1813/26. Rotteck, Weltgeschichte: Rotteck, Carl von, Allgemeine Weltgeschichte für alle Stände. Von den frühesten Zeiten bis zum Jahr 1860, 6 Bde. Stuttgart 7/1861. Ruf, Handbuch: Ruf, Michael, Handbuch der Christlichen Moral, 2 Bde., München 2/1829. Sailer, Erziehung: Sailer, Johann Michael, Ueber Erziehung für Erzieher oder Pädagogik, Bd. 1: Das Allgemeine = Schönighs Sammlung pädagogischer Schriften. Quellen zur Geschichte der Pädagogik, Paderborn 1961. Sailer, Buch: Sailer, Johann Michael, Das Buch von der Nachfolge Christi = Johann Michael Sailers sämmtliche Werke Supplementband, Sulzbach 10/1873. Sailer, Grundlehren: Sailer, Johann Michael, Grundlehren der Religion, München 1814. Sailer, Moral 1: Sailer, Johann Michael, Handbuch der christlichen Moral zunächst für künftige Seelsorger und dann für jeden gebildeten Christen. Bd. 1 = Johann Michael Sailers sämmtliche Werke 15, Sulzbach 2/1834. Sailer, Handbuch 2: Sailer, Johann Michael, Handbuch der christlichen Moral, zunächst für künftige katholische Seelsorger und dann für jeden gebildeten Christen. Bd. 2, München 1817. Sailer, Handbuch 3: Sailer, Johann Michael, Handbuch der christlichen Moral zunächst für künftige Seelsorger und dann für jeden gebildeten Christen, Band 3 = Johann Michael Sailers sämmtliche Werke 15, Sulzbach 3/1834. Sailer, Sambuga: Sailer, Johann Michael, Joseph Anton Sambuga – wie er war, München 1816. Sambuga, Philosophismus: Sambuga, Joseph Anton, Über den Philosophismus, welcher unser Zeitalter bedroht, München 1805. Schnappinger, Erziehung: Schnappinger, Bonifaz Martin, Ueber Erziehung, Aufklärung, und Zeitgeist, zugleich auch über Philosophie, Christenthum, und Kirche für alle Classen gebildeter, und nachdenkender Leser, Augsburg 1818. Schwäbl, Hauslegende: Schwäbl, Franz Xaver, Kleine Hauslegende für den Bürger und Landmann in Erzählungen und Gleichnissen; auch ein Buch für Feyertags-Schulen, Landshut 2/1810. Schwarz, Erziehungslehre: Schwarz, Friedrich, Erziehungslehre, Bd. 4/2, Leipzig 1813. Schwarz, Handbuch: Schwarz, Ildephons, Handbuch der christlichen Religion, 3 Bde., Bamberg/ Würzburg 1793–1794. Stapf, Predigt: Stapf, Franz, Ausführliche Predigt-Entwürfe nach dem Leitfaden des neuen bambergischen Diözesan-Katechismus für alle Religions-Lehrer in jedem Bisthume, 3 Bde., Bamberg 3/1821. Stäudlin, Lehrbuch: Stäudlin, Carl Friedrich, Neues Lehrbuch der Moral für Theologen nebst Anleitungen zur Geschichte der Moral und der moralischen Dogmen, 2 Bände, Göttingen 1817. Stäudlin, Lehre: Stäudlin, Carl Friedrich, Geschichte der Lehre von dem Gewissen, Halle 1824. Stäudlin, Moral: Stäudlin, Carl Friedrich, Geschichte der christlichen Moral, Göttingen 1808. Stäudlin, Sittenlehre: Stäudlin, Carl Friedrich, Geschichte der Sittenlehre Jesu. 2 Bde., Göttingen 1802. Valenti, Handbuch: Valenti, Ernst Joseph Gustav de, Medicina clerica, oder: Handbuch der PastoralMedizin, für Seelsorger, Pädagogen und Aerzte, Bd. 1: Die allgemeine Pastoral-Medizin, und die Diätetik für Geistliche, Leipzig 1831. Villaume, Handbuch: Villaume, Peter, Praktisches Handbuch für Lehrer in Bürger- und Land-Schulen, Wien 1787.
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10 Register Allmacht 46, 55, 58, 60, 62 f., 116, 202 Antike 88, 90, 171, 191 Andacht 37, 49, 52, 90, 94, 109, 166, 175, 184, 189, 195, 197–201, 205 f. Anthropologie 12, 32, 47, 56, 104, 109, 111 f., 215 Anthropozentrik 19, 46, 56, 104 Alltag 14–17, 30 f., 40, 44 f., 83, 109, 117 f., 121, 123, 127 f., 130, 176, 184, 186, 188–190, 192, 194, 196, 198, 200, 202, 204, 206, 208, 210 f., 214, 217 Antike 88, 90, 191 Aufklärung – Katholische 16, 23, 25 f., 30, 36, 42 f., 51, 58 f., 61, 64 f., 80, 85, 88 f., 99, 101, 106, 108, 113, 129–131, 135, 156–160, 167, 170–172, 180 f., 197 f., 201, 204, 210, 218–23 – Wahre 33, 40, 42 f., 212 f. Autorität 95, 161, 180 Beamte 157, 172, 175 f., 178–180, 217, 218 Beruf 16, 20 f., 40 f., 69, 85 f., 101, 124, 131–133, 137, 149–152, 154, 162, 175, 178, 180, 188 f., 192–194, 199, 203, 217 Besitz 42, 70, 92, 107, 112, 119, 141, 153, 160, 164, 166, 175 Bibel/Evangelium 29, 35, 67, 69, 72, 75, 80, 82, 87, 93, 95 f., 100, 108, 159, 164 f., 172, 197, 214 Bildung12, 15, 19, 27, 29 f., 38 f., 42, 47, 55, 57, 59, 64, 68, 80, 84, 90, 98, 102, 109, 114, 125 f., 13 f., 139 f., 146, 150, 152, 161, 166, 168, 170, 172 f., 176–180, 182, 184–188, 190 f., 195–197, 201, 205, 210–213, 216, 223 f. Bischof/Bischöfe 28, 84–86, 89, 92–94, 96, 98, 168, 170 f., 178, 180, 186, 224 Bürgertum 13, 15 f., 18–20, 131, 133, 135, 137, 139, 141–143, 145, 147, 149–151, 153, 155, 213 f., 217, 225 Buße 89, 93, 195, 199 f., 202, 207 f., 210, f. Christentum 14, 16, 43, 56, 78, 82 f., 87–90, 92, 95 f., 99, 103, 114, 116, 159, 180, 214 Dekan/Dekanat 26–28, 79, 81, 189 Dienstboten 145–148, 151, 154, 217 Diskurs/Diskursraum 12–17, 21–26, 29 f., 32–37, 39, 42–44, 46, 50, 55–58, 78, 81,
100, 102–104, 121, 129, 134, 149 f., 178, 182, 185, 187, 212–215, 222 f. Ehe 17, 104, 132–143, 145–148, 150 f., 153 f., 169, 173, 179, 208, 217 Ehre 119, 122–125, 150, 159, 164 f., 174 Eltern 106, 110, 123, 132, 138–148, 150 f., 153, 172, 177 f., 188, 194, 203, 217 Erfahrung 34, 45, 49, 52, 54, 68, 106 f., 112, 196, 204 Erinnerung 47, 100–103, 175, 200, 204 f., 209, 214 f. Erlösung 73, 75–77, 101, 103, 215 Erziehung 19, 33 f., 36–43, 51 f., 55, 58, 64 f., 69 f., 72 f., 79, 84, 102, 105, 108 f., 137, 139–143, 146, 151, 154 f., 161, 163, 173, 180, 188, 190, 199, 205, 208, 215 f., 223 f. Eucharistie 200, 202, 204–206, 210 f. Evangelium s. Bibel Familie 31, 104, 124, 129–133, 135–141, 143, 145–148, 150–155, 159, 165, 172, 179, 186, 188 f., 191, 194, 210, 217 Fegefeuer 127 Firmung 202–204, 211 Frau/Weib 81, 132–138, 140, 142–145, 147, 151, 154 f., 206 Freiheit 11, 13, 17, 55, 57, 70, 79, 166, 168, 204, 206, 224 f. Frömmigkeit 13, 15–20, 25, 27 f., 30, 45 f., 48, 55, 101, 104 f., 107, 109–111, 113–117, 123, 126 f., 129, 138, 140, 144 f., 151, 155, 172, 181, 183, 189 f., 199, 201, 204, 210, 214, 223 f. Geist, Heiliger 54, 67, 77 f., 83–86, 101, 103, 105, 108, 196, 203 f., 207 Geistlicher 68, 84 f., 89, 91 f., 94, 97, 126, 130, 166, 169–171, 176, 180, 196, 221, 223 Geld 93, 96, 122–124 Gemeinde 14, 78, 83–85, 88, 90, 94, 103, f., 166, 176 f., 179, 184–186, 188–192, 194–196, 198–200, 202–204, 206, 208, 210, 216 Geschichte 15–18, 21, 27, 29 f., 44 f., 47, 50, 54, 58–60, 62–65, 67–97, 99–105, 110, 117, 128–130, 138, 142, 146, 152–154, 156, 158, 162 f., 177, 181 f., 186, 190, 192, 197–199, 206, 215 f., 221, 223 f.
260
10 Register
Gesellschaft 11, 13–15, 20, 22–27, 31, 76, 90, 95, 104, 124, 129–134, 136, 138–140, 142–146, 148, 150–157, 159–165, 167, 169, 172 f., 176, 179, 181–184, 193, 212–214, 217 f., 221, 223 Gewissen 17, 47–50, 55–57, 66 f., 90, 98, 108, 111 f., 114–117, 119, 127, 132, 149, 158, 166–169, 171, 174, 181, 189 f., 196, 206 f., 215 Glaube 12 f., 15–20, 33, 35, 37, 40, 45, 48 f., 51, 53, 55, 57, 59, 64–69, 73, 75, 77–80, 83 f., 86, 89–91, 94 f., 98 f., 101, 105, 107–109, 118, 125–127, 131–133, 136, 140, 152, 156, 164 f., 167, 176, 180, 185, 187–191, 193, 196 f., 200 f., 203, 205, 211–214, 216 f., 219 f., 225 Glück/Glückseligkeit 42, 49, 53, 60–62, 65, 70, 79, 82, 100–102, 106, 108, 112, 114–116, 119 f., 122–125, 127, 132, 138, 141–144, 150, 158, 162 f., 165, 172, 174 f., 181 f., 184 f., 203, 207, 215 f. Gnade 19 f., 31, 66, 76 f., 99, 101, 105–108, 110, 112, 114–116, 126–128, 134, 200, 202–204, 207, 210 Gottesbild 19, 57–59, 69, 100, 113 Gottesdienst 17 f., 85, 87, 91, 97, 117, 144, 148, 177, 182, 184–189, 191–200, 204, 206, 210 f. Gottesliebe 105, 109, 111, 113, 115–118, 120, 124, 127 Hausmutter 135 f., 147, 151, 155 Hausvater 135–137, 140, 147, 149, 151–153, 155, 172, 189 Heil 11 f., 14–16, 20, 23 f., 30 f., 36–39, 48, 59 f., 65, 69–71, 73, 76–78, 83–86, 91, 100–106, 116, 118, 123, 126 f., 130, 139, 141, 143, 147, 151, 160 f., 163, 165 f., 173, 184–187, 191–193, 201 f., 207, 210, 215 f., 218, 223, 225 Herz 19, 47–50, 55 f., 59 f., 62, 71, 74 f., 77, 83, 107–110, 112–115, 117, 119, 126, 162, 164, 172, 174, 185 f., 188, 191–193, 195 f., 198–200, 204 f., 207–209, 218 Himmel 20, 47, 52, 58 f., 65, 75, 77, 79, 110, 115, 122, 125, 127, 163, 172, 176, 214 Hölle 114, 127 Identität 12–14, 24 f., 100, 160 Imitatio 29, 75, 109–111, 115, 127 f., 164, 204, 216, 218 Individuum 19, 30, 40, 60, 101, 122, 127, 212, 215, 220 Jansenismus 12, 220 f.
Jesus Christus: Jesus, Christus, Christi, Jesu 29, 67, 69, 73–78, 80, 84–86, 95, 101, 105–107, 109–111, 119, 145, 178, 200, 202, 204–206, 216, 220 Jugend 92, 110, 121, 123, 140–143, 170, 179, 190, 196, 204 Jungfrau 143–145 Kaiser 94, 159 Katechismus 13, 25, 27–29, 46–50, 52, 58–63, 66–78, 83–86, 105 f., 108–111, 113–127, 134–136, 139, 141–143, 145, 147 f., 161, 172, 174, 176, 188, 190–196, 198, 201–208, 210, 224 Katholizismus 12–14, 16–18, 20, 23 f., 28–30, 32, 42, 55–57, 77, 87, 94, 102, 116, 128, 130 f., 139, 143, 159, 168, 174, 182, 187 f., 195, 207, 213 f., 218–225 Kind 42 f., 45, 49, 62, 75 f., 81, 85, 104, 109, 117 f., 125, 132, 134, 137–148, 150–155, 163, 172, 177, 188, 190 f., 194, 199, 202–206, 208, 217 Kirche 11, 13, 15–18, 30, 46, 65 – Kirchenmusik 192, 194 f., 198 – Kirchenreform 18, 94, 97, 100, 222 Konfessionalisierung 58. 82, 150 f., 212 König 74 Konstanz, Bistum 25–28, 30, 97, 198, 224 Konstruktion 11–16, 18–24, 26, 28, 30, 80, 100 f., 103, 128, 130, 142, 146, 150, 156, 171, 210, 212–215, 217, 225 Konzil 30, 86 f., 92, 97 f., 100, 103 Krankheit 61 f., 120 f., 126, 153, 209 f., 217 Kultur 40, 80–82, 112, 154 Lehrer 26, 40, 67 f., 75, 79 f., 84 f., 92, 110, 170, 172, 176–179, 190 f., 217, 220 Leib 46 f., 50, 57, 83, 120 f., 126, 135, 137 f., 140–142, 147, 151, 176, 178, 213 Licht 37, 42 f., 52, 54, 63 f., 74 f., 79, 94, 107, 122, 163, 186, 196, 203 f., 219 Liebe 44, 59 f., 74 f., 77 f., 83 f., 90, 95, 97, 105 f., 109, 111, 114, 116–120, 123–128, 130, 133–138, 140–143, 145–147, 151, 153 f., 159, 162–165, 176–178, 180, 190–193, 199 f., 202, 204 f., 210, 217 – Gottesliebe 105, 111, 113, 115–118, 120, 124, 127 Liturgie 15, 17 f., 20, 30, 40, 48, 67, 82, 87, 91, 93, 101, 105, 133, 184, 186–188, 191, 197 f., 202, 207, 210 f., 219 Luther 98 f. Mann 39 f., 99, 132–137, 149, 151, 153 f. Menschenbild 19, 30, 32, 42, 46 f., 50, 54–58, 100, 107, 119, 157
10 Register Menschheit 40, 42, 44 f., 60, 64 f., 71–73, 75 f., 79, 101 f., 105, 117, 120, 129 f., 139, 160, 164, 173, 178, 197, 199, 203 Messe 93, 187, 192, 194 f., 197–199, 201, 206, 208, 217 Mittelalter 30, 49, 82, 90–97, 101, 103, 171, 216 Monarchie 94 Mönch/Mönchtum 87, 90–92, 95, 99, 216 Moral/Moraltheologie 16–18, 30, 41 f., 44 f., 47, 49, 51, 53, 56 f., 61 f., 70, 73–75, 77, 79, 81–83, 87, 103 f., 108 f., 111–115, 117 f., 121, 127–129, 133–136, 146, 149, 151, 165, 177, 184, 186 f., 195, 197, 201, 220 Mutter 110, 137, 140, 147, 151, 154, 202 f. – Hausmutter 135 f., 147, 151, 155 Nächstenliebe 125, 127, 135, 192, 217 Nation 11, 20, 60, 73, 79, 100, 154, 163, 165, 217, 222 Natur 14, 19, 32, 34, 44, 46, 49, 51 f., 54, 56, 62 f., 67, 71, 81, 90, 106, 109, 113, 117, 124, 136, 139, 156 f., 162 f., 178, 181 f., 199 Neuzeit 103 Obrigkeit 26, 132, 157–159, 162, 171 f., 174–177, 184, 217 Offenbarung 30, 35, 37, 43, 50 f., 53 f., 56, 58–72, 74, 76, 78–82, 84, 86, 88, 90, 92, 94, 96, 98, 100–103, 107, 109, 127 f., 136, 158, 186, 209, 215 f. Offenbarung, Natürliche 53 Offenbarung, Übernatürliche 58 f., 61, 63–65, 67 Ölung, letzte 202, 209, 211 Papst/Papsttum/Primat 21, 30, 84–87, 89, 91–95, 97, 100 Pastoral 15–18, 20, 32, 35, 55 f., 89, 101, 139, 142, 176 f., 192, 200, 204, 206, 210, 222, 225 Pastoralkonferenz 13, 26–28, 139 Pflicht 139, 142 Philosophie 29, 32–38, 43 f., 51, 55 f., 73, 88, 104, 181, 213, 221 Physikotheologie 51, 53, 59, 105, 215 Placet 170 f. Popularisierung 40, 212, 222, 225 Predigt 16, 30, 50, 80, 84, 88, 101, 110 f., 141–143, 147 f., 175–177, 186, 191 f., 194–197, 199, 211 Priester 11 f., 14 f., 18, 24–30, 34, 41 f., 45 f., 57, 69, 72, 84 f., 93 f., 98, 100, 103, 121, 131, 160, 168, 171–173, 176–180, 184–187, 189, 195–197, 200, 203–210, 212 f., 216, 218, 223 f.
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Protestant/protestantisch 14, 17, 26, 30, 32, 51, 55 f., 69, 82, 101 f., 105, 111, 169, 182, 213, 221, 223 Prozession 199, 231 Recht 15, 48, 61, 84, 96, 105, 125, 130, 134, 146, 150, 152, 156, 159, 161 f., 166–171, 181 f. Rechtfertigung 19, 60, 99, 106 Reformation 21, 96, 98 f., 103, 219 Reich Gottes 64, 76–78, 94, 99, 101, 103, 178, 216 Religion 11 f., 15 f., 30, 33–35, 37, 40–45, 48 f., 54, 57, 65, 67–69, 72, 74 f., 79 f., 82, 86, 88, 90, 93, 98 f., 101 f., 112, 114 f., 128 f., 133, 135, 137, 141–143, 145, 147, 149–151, 153–184, 186–188, 190 f., 193, 195 f., 200, 212 f., 215, 220, 223 Rolle 12 f., 15, 18, 22, 24, 29, 31 f., 35, 37, 68, 85 f., 99 f., 104, 110, 130–132, 135–137, 139 f., 142 f., 146–155, 157, 169, 171 f., 177–179, 181, 183, 185, 190, 198 f., 213, 216 f., 221, 224 Rottenburg, Bistum 27 f., 46 Sakramentalien 104, 186, 211 Sakramente 30 f., 85, 104 f., 159, 169, 176, 186, 198, 200–202, 209–211 Scholastik/scholastisch 95 f., 128 Schöpfer/Schöpfung 47, 51–53, 58 f., 61, 64 f., 69, 71, 80, 100, 101, 105, 108, 119 f., 124, 163 f., 193, 215 Schule 30, 79 f., 141, 168, 175, 177, 179, 190 f., 210, 221, 224 Seele 23, 42, 46–48, 50 f., 55, 57, 60, 83, 90 f., 101, 103, 108, 115, 117, 120, 123, 135, 139–143, 145, 147 f., 151, 160, 173 f., 176, 186, 188, 193, 200, 202, 205, 208 f., 215 f., 218 Seelsorge 11 f., 14, 18, 25, 28–30, 32, 34, 43, 55, 81 f., 97 f., 101 f., 112–114, 118, 131–133, 139, 168, 176 f., 179 f., 184–186, 189, 191 f., 194, 201, 203, 205, 207, 209 f., 213–215, 218, 223 f. Segnung 192, 195, 200–203 Selbstliebe 116–120, 127 Selbstverbesserung 112, 127, 139, 161, 207 Seminar 15, 168, 170 Sinnlichkeit 47, 53, 70–72, 87, 101 f., 105 f., 111–113, 119, 127, 186, 202, 207–209, 216 Sonntag 148, 168, 189, 193 f., 197 Spätaufklärung 11–14, 16, 18, 20, 22, 24, 26, 28, 30, 54, 56, 102, 121, 129, 212, 222 Staat 11, 13–15, 18, 26, 28, 30 f., 61, 64, 72, 88 f., 91 f., 94 f., 103 f., 113, 118, 125,
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10 Register
129–131, 152–154, 156–183, 188, 216–218, 220–223, 225 Staatskirchentum 11, 18, 156, 171, 220, 225 Stand 16, 20, 40 f., 110, 124, 131–134, 139, 141, 146, 149–151, 178, f., 209, 228 Strafe 49, 59–61, 70–72, 76, 102, 106, 109, 113 f., 126, 140–142, 159, 161, 176 f., 208 Sünde 17, 47, 50, 55–57, 69–72, 75–78, 85, 91, 93, 101 f., 105 f., 109, 113 f., 124, 126, 149, 194 f., 198, 202, 204–209, 215 f. Synode 83, 86, 171 Taufe 17, 76, 202–204, 213 Testament – Altes 69, 72 f., 215 – Neues 29, 67, 101, 215 Theologie 12, 14, 16 f., 21, 29 f., 33 f., 37, 39, 41, 51, 55 f., 59, 79, 95 f., 98–102, 109, 111 f., 114 f., 117 f., 129, 133–135, 151, 165, 176, 182, 184, 186, 215, 220, 223 Tod 45, 47, 70 f., 75– 77, 82, 113, 121, 127, 130, 161, 184, 204 f., 209 f., 217 Tugend 11, 20, 43 f., 48–50, 60–62, 70, 76, 81, 86, 100 f., 108, 110–115, 119 f., 123 f., 126 f., 137, 141–145, 147 f., 157, 164 f., 168, 173, 175 f., 179, 182, 184 f., 188 f., 195, 202, 207 f., 216 Unfehlbarkeit 86 f. Unsterblichkeit 42, 51, 53, 75, 205, 215 Unterricht 34, 48, 53, 72, 78, 113 f., 117 f., 141, 144, 148, 160, 164, 177 f., 189–192, 194–197, 199, 205 – Sittenunterricht 106 f., 115 f., 118, 120, 122, 124, 135, 142, 147 f., 172, 174, 191, 195, 198, 207–209
Urgemeinde 83 Vater – Gott – Hausvater 135–137, 140, 147, 149, 151–153, 155, 172, 189 Vaterland 156, 159, 163–165, 174, 180, 217 Vernunft 12, 17, 29, 32–37, 39, 42–44, 46–68, 70, 74 f., 99, 101 f., 105, 107, 110, 112, 115, 119, 124, 127, 129, 138–140, 156, 158, 163, 178, 190, 196, 202 f., 207, 209, 212, 214–216, 221 Verwandte 145 f., 217 Volksaufklärung 12 f., 15, 21, 24, 29, 32 f., 38–46, 55, 57 f., 108, 121, 124, 134, 212–214, 219, 222–225 Vorsehung 58–60, 62, 64, 69, 71–73, 75, 77, 86, 97, 100, 103, 105, 132, 215 Welt 11–16, 18–24, 26 f., 30, 32 f., 35–39, 41–49, 51–54, 56, 58–62, 66, 68, 74, 76, 79, 81, 84, 89, 91, 94 f., 97 f., 100, 102, 105, 108 f., 114, 120–122, 124 f., 127, 130, 132, 137, 139, 141, 143 f., 147 f., 153 f., 160 f., 165 f., 169–173, 175–178, 180, 184 f., 187, 190, 193, 210, 212–216, 218 Wessenberg 15, 25 f., 28, 34–36, 38, 40 f., 44, 50 f., 57, 74 f., 81–83, 85–100, 103, 115, 118, 120, 157 f., 160–162, 165–169, 171, 178, 180, 197, 203, 224 Wissenschaft 33 f., 39, 41, 43, 79 f., 95 f., 112, 122 Württemberg 15, 24–26, 28, 30, 32, 35, 104, 177, 180, 182, 191, 220, 224
contubernium Tübinger Beiträge zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte
Herausgegeben von Jörg Baten, Ewald Frie, Sigrid Hirbodian, Andreas Holzem, Ulrich Köpf, Anton Schindling, Jan Thiessen und Urban Wiesing.
Franz Steiner Verlag
ISSN 0340–6857
54. Wolfgang Mährle Academia Norica Wissenschaft und Bildung an der Nürnberger Hohen Schule in Altdorf (1575–1623) 2000. XV, 592 S., geb. ISBN 978-3-515-07515-2 55. Detlef Metz Gabriel Biel und die Mystik Untersuchungen zur Theorie der Frömmigkeit beim ,letzten Scholastiker‘ 2001. XII, 457 S., geb. ISBN 978-3-515-07824-5 56. Franz Brendle / Dieter Mertens / Anton Schindling / Walter Ziegler (Hg.) Deutsche Landesgeschichtsschreibung im Zeichen des Humanismus 2001. VII, 295 S., geb. ISBN 978-3-515-07864-1 57. Wolfram Hauer Lokale Schulentwicklung und städtische Lebenswelt Das Schulwesen in Tübingen von seinen Anfängen im Spätmittelalter bis 1806 2003. XXVII, 653 S., geb. ISBN 978-3-515-07777-4 58. Jan Schröder (Hg.) Theorie der Interpretation vom Humanismus bis zur Romantik Rechtswissenschaft, Philosophie, Theologie 2001. 355 S., geb. ISBN 978-3-515-07897-9 59. Sönke Lorenz (Hg.) Bücher, Bibliotheken und Schriftkultur der Kartäuser Festgabe zum 65. Geburtstag von Edward Potkowski 2002. VIII, 495 S., geb. ISBN 978-3-515-08093-4 60. Marie-Luise Ehrenschwendtner Die Bildung der Dominikanerinnen in Süddeutschland vom 13. bis 15. Jahrhundert 2004. X, 399 S., geb. ISBN 978-3-515-07838-2
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Stephan Fuchs „Vom Segen des Krieges“ Katholische Gebildete im Ersten Weltkrieg. Eine Studie zur Kriegsdeutung im akademischen Katholizismus 2004. XI, 372 S., geb. ISBN 978-3-515-08316-4 Wilhelm Kühlmann / Anton Schindling (Hg.) Deutschland und Ungarn in ihren Bildungs- und Wissenschaftsbeziehungen während der Renaissance 2004. XX, 295 S. mit 28 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08551-9 Sabine Holtz / Gerhard Betsch / Eberhard Zwink (Hg.) Mathesis, Naturphilosophie und Arkanwissenschaft im Umkreis Friedrich Christoph Oetingers (1702–1782) 2005. VIII, 314 S., geb. ISBN 978-3-515-08439-0 Márta Fata / Gyula Kurucz / Anton Schindling (Hg.) Peregrinatio Hungarica Studenten aus Ungarn an deutschen und österreichischen Hochschulen vom 16. bis zum 20. Jahrhundert 2006. XII, 548 S. mit 29 Abb., 14 Digar. und 3 Ktn., geb. ISBN 978-3-515-08908-1 Martin Priwitzer Ernst Kretschmer und das Wahnproblem 2007. XIV, 314 S. mit 15 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08562-5 Daniela Siebe (Hg.) „Orte der Gelahrtheit“ Personen, Prozesse und Reformen an protestantischen Universitäten des Alten Reiches 2008. XIV, 267 S. mit 15 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09108-4 Tilman Matthias Schröder Naturwissenschaften und Protestantismus im Deutschen Kaiserreich
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Die Versammlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte und ihre Bedeutung für die Evangelische Theologie 2008. XII, 561 S., 2 Taf., geb. ISBN 978-3-515-09222-7 Simone Giese Studenten aus Mitternacht Bildungsideal und peregrinatio academica des schwedischen Adels im Zeichen von Humanismus und Konfessionalisierung 2009. XXVII, 826 S. mit 10 Abb., 25 Graf., 33 Tab. und 2 Ktn., geb. ISBN 978-3-515-08545-8 Thorsten Doneith August Mayer Ein Klinikdirektor in Weimarer Republik, Nationalsozialismus und Nachkriegszeit 2008. 287 S. mit 13 Abb. und 4 Tab., geb. ISBN 978-3-515-09237-1 Matthias Asche Von der reichen hansischen Bürgeruniversität zur armen mecklenburgischen Landeshochschule Das regionale und soziale Besucherprofil der Universitäten Rostock und Bützow in der Frühen Neuzeit (1500–1800). Zweite, durchgesehene Auflage mit einer kommentierten Bibliographie über neuere Arbeiten zur Rostocker und Bützower Universitätsgeschichte seit dem 575. Gründungsjubiläum im Jahre 1994 2010. XX, 654 S. mit 26 Abb. und 3 Faltktn., geb. ISBN 978-3-515-09264-7 Mario Daniels Geschichtswissenschaft im 20. Jahrhundert Institutionalisierungsprozesse und Entwicklung des Personenverbandes an der Universität Tübingen 1918–1964 2009. 393 S., geb. ISBN 978-3-515-09284-5 Ivo Cerman Habsburgischer Adel und Aufklärung Bildungsverhalten des Wiener Hofadels im 18. Jahrhundert 2010. XIV, 503 S. mit 72 s/w- und 3 Farbabb., geb. ISBN 978-3-515-09639-3 Urban Wiesing / Klaus-Rainer Brintzinger / Bernd Grün / Horst Junginger / Susanne Michl (Hg.) Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus
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2010. 1136 S. mit 27 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09706-2 Christine Absmeier Das schlesische Schulwesen im Jahrhundert der Reformation Ständische Bildungsreformen im Geiste Philipp Melanchthons 2011. VIII, 371 S. mit 5 s/w- und 2 Farbabb., geb. ISBN 978-3-515-09814-4 Stefan Warthmann Die Katholische Tübinger Schule Zur Geschichte ihrer Wahrnehmung 2011. XI, 639 S., geb. ISBN 978-3-515-09856-4 Tobias Schmidt-Degenhard Vermessen und Vernichten Der NS-„Zigeunerforscher“ Robert Ritter 2012. IX, 246 S. mit 8 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09277-7 Julia Riedel Bildungsreform und geistliches Ordenswesen im Ungarn der Aufklärung Die Schulen der Piaristen unter Maria Theresia und Joseph II. 2012. XIV, 611 S. mit 35 s/w- und 8 Farbabb., geb. ISBN 978-3-515-09911-0 Thomas Töpfer Die „Freyheit“ der Kinder Territoriale Politik, Schule und Bildungsvermittlung in der vormodernen Stadtgesellschaft. Das Kurfürstentum und Königreich Sachsen 1600–1815 2012. XIV, 482 S. mit 12 Abb. und 9 Tab., geb. ISBN 978-3-515-10042-7 Matthias Blum / Rainer Kampling (Hg.) Zwischen katholischer Aufklärung und Ultramontanismus Neutestamentliche Exegeten der „Katholischen Tübinger Schule“ im 19. Jahrhundert und ihre Bedeutung für die katholische Bibelwissenschaft 2012. 271 S. mit 2 Abb. und 2 Tab., geb. ISBN 978-3-515-10199-8 Markus Thurau Paul von Schanz (1841–1905) Zur sozial- und theologiegeschichtlichen Verortung eines katholischen Theologen im langen 19. Jahrhundert 2013. XII, 511 S. mit 21 Abb., geb. ISBN 978-3-515-10335-0
Aufklärung und Katholizismus – geht das überhaupt zusammen? Lange war die Forschung der Meinung, beides ließe sich nur schwer miteinander vereinbaren. Eine größere Gruppe aus süddeutschen Priestern hat es in den Jahren nach 1800 allerdings versucht. Sie wollten in ihrem pastoralen Alltag eine neue Art und Weise etablieren, wie jeder Mensch sich selbst und seine Welt sehen sollte. Ziel war es, den eigenen Glauben so zu aktualisieren, dass er mit den rasanten Veränderungen in der Gesellschaft Schritt halten konnte. Was den aufgeklärt katholischen Priestern wichtig war: Gott unternahm den Versuch, die gesamte Menschheit zum Heil zu
führen, indem er im Rahmen einer langen Erziehungsgeschichte für eine langsame Verbesserung des Menschengeschlechts sorgte. In Vernunft, Gnade und Offenbarung hatte der einzelne Mensch alle Mittel für ein gelingendes Leben selbst in der Hand: Die Menschen sollten begreifen, dass Gott jeden Einzelnen liebte und annahm – als ein Individuum, das dank seiner Vernunft sittlich gut leben und richtig entscheiden kann, solange es in seinem kirchlich organisierten sozialen Umfeld lebte und die imitatio Christi als lebenslange Selbsterziehung zum aufgeklärten Katholiken für sich annahm.
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag
ISBN 978-3-515-10604-7