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German Pages 350 Year 2014
Monika Grubbauer Die vorgestellte Stadt
Monika Grubbauer (Dr. rer. soc. oec.), Architektin, arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachgebiet Interdisziplinäre Stadtforschung an der TU Darmstadt. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Stadt- und Raumforschung, Architekturrezeption und Methoden der Bildanalyse.
Monika Grubbauer
Die vorgestellte Stadt Globale Büroarchitektur, Stadtmarketing und politischer Wandel in Wien
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© 2011 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlagkonzept: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Monika Grubbauer, Tech Gate, Wien, 2008 Lektorat & Satz: Monika Grubbauer Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-1475-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]
I N H AL T
Abkürzungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abbildungsverzeichnis
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Vorwort
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1. Einleitung
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2. Theoretische Verortung 2.1 Stadt und Globalisierung 2.1.1 Postfordismus, lokale Regulation und Scale 2.1.2 Städtewettbewerb, Stadtentwicklung und New Urban Politics 2.1.3 Economic Imaginaries 2.1.4 Zusammenfassung 2.2 Architektur in der kapitalistischen Stadt 2.2.1 Bauen: globale Entbettung und lokale Verankerung 2.2.2 Globalizing Cities, bauliche Großprojekte und Architektur 2.2.3 Authentizität, Ikonizität und Uniformität 2.2.4 Zusammenfassung 2.3 Architektur als gesellschaftlicher Bedeutungsträger 2.3.1 Soziale Konstruktion des Raumes und Gebäudetypen 2.3.2 Architektur in Bilddiskursen 2.3.3 Das Bürohochhaus als gesellschaftliches Produkt 2.3.4 Zusammenfassung 2.4 Schlussbetrachtung
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3. Wien: der lokale Kontext 3.1 Multiple Identitäten 3.2 Wirtschaftspolitischer Wandel seit den 1990er-Jahren 3.2.1 Privatisierungen und New Public Management 3.2.2 Budgetpolitik 3.2.3 Wirtschaftsförderung und Standortmarketing
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26 26 31 36 41 42 43 48 52 58 60 60 67 74 87 89
91 104 107 112 116
3.3 Wien als internationaler Wirtschaftsstandort 3.3.1 Wirtschaftliche Verflechtungen Österreichs mit Mittel- und Osteuropa 3.3.2 Die Wiener Stadtwirtschaft als Ost-West-Drehscheibe und Headquarter-Zentrum 3.4 Schlussbetrachtung
120 121 124 133
4. Bürobauten in Wien 4.1 Stadtentwicklung, Stadtplanung und Immobilienmarkt 4.2 Büroimmobilien in Wien seit Anfang der 1990er-Jahre 4.2.1 Projekte und ihre räumliche Verteilung 4.2.2 Verwertungsinteressen versus übergeordnete Raumentwicklung 4.2.3 Wien als Headquarter-Zentrum: Die Rolle von Büroimmobilien 4.3 Stellenwert architektonischer Gestaltung 4.3.1 Neuerungen in der Praxis der Projektentwicklung 4.3.2 Fallbeispiele 4.3.3 Anforderungen an die Architektur 4.4 Schlussbetrachtung
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5. Büroarchitektur in der Repräsentation der Stadt 5.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien 5.2 Methodische Reflexion und Einordnung der Quellen 5.2.1 Textzentrierte Analyse 5.2.2 Bildzentrierte Analyse 5.3 Der diskursive Kontext: Internationalisierung als Leitmotiv 5.3.1 Schlüsseldokumente mit Leitbildcharakter 5.3.2 Außendarstellung 5.3.3 Innendarstellung 5.4 Bildgeschichten 5.4.1 Fallbeispiele 5.4.2 Visuelle Typisierung als Methode 5.4.3 Lokale Erzählungen 5.5 Schlussbetrachtung
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6. Zusammenfassung und Diskussion
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Literatur Anhang
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135 143 143 147 151 156 156 158 175 178
183 189 189 192 196 196 209 214 223 224 253 264 284
335
Ab k ü r z u n g s ve r z e i c h n i s AVZ BA-CA BIG EU-15
GESIBA ICCA KAGG KAV MA MOEL
MOEL-5 MOEL-20 OeNB PID SOM STEP UDP UIA WAFF WED WIFO WSE WWFF ZIT
Anteilsverwaltung Zentralsparkasse Bank Austria Creditanstalt Bundesimmobilien Gesellschaft Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Irland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien Gemeinnützige Siedlungs- und Bauaktiengesellschaft International Congress and Convention Association Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Krankenanstaltenverbund Magistratsabteilung Mittel- und Osteuropäische Länder (Estland, Lettland, Litauen, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Serbien, Montenegro, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Kroatien) Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn und Slowenien MOEL und Russland, die Ukraine, Weißrussland und die Republik Moldau Österreichische Nationalbank Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien Skidmore, Owings & Merrill Stadtentwicklungsplan Urban Development Projects Union of International Associations Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum GmbH Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft Wiener Wirtschaftsförderungsfonds Zentrum für Innovation und Technologie GmbH
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Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Tabelle 2: Tabelle 3: Tabelle 4: Tabelle 5: Tabelle 6: Tabelle 7: Tabelle 8:
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Zusammensetzung der laufenden Einnahmen der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Kategorien Zusammensetzung der laufenden Ausgaben der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Kategorien Zusammensetzung der laufenden Einnahmen der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Geschäftsgruppen Zusammensetzung der laufenden Ausgaben der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Geschäftsgruppen Seit 1992 in Wien errichtete Hochhäuser In den größten Wiener Büroprojekten ansässige internationale Unternehmenszentralen (Stand 2008/2009) Für Fallbeispiele durchgeführte Experteninterviews Bürobauten der Donau City
113 114 115 115 150 154 156 159
Ab b i l d u n g s ve r z e i c h n i s Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4: Abb. 5: Abb. 6: Abb. 7: Abb. 8: Abb. 9: Abb. 10: Abb. 11: Abb. 12: Abb. 13: Abb. 14: Abb. 15: Abb. 16: Abb. 17: Abb. 18: Abb. 19: Abb. 20: Abb. 21: Abb. 22: Abb. 23: Abb. 24: Abb. 25: Abb. 26: Abb. 27:
UNO-City in Wien mit Austria Center Vienna, Foto: Wikimedia Commons/Herbert Ortner Neu geschaffene Büroflächen in Wien 1992 bis 2008 Verteilung der in Wien von 1992 bis 2008 neu geschaffenen Büroflächen nach Wiener Gemeindebezirken Bürostandorte des Wiener Immobilienmarktes, ©EHL 2010 Stadträumliche Verteilung der 1992 bis 2008 errichteten Bürobauten ab 10.000 m² Bürofläche Donau City, Foto: Wikimedia Commons/Geiserich77 Donau City mit geplanten DC Towers von Dominique Perrault, Quelle: MA 18, Foto/Visualisierung: ©beyer.co.at Vienna Twin Tower (Wienerberg City), Foto: M. Grubbauer Wohnpark Wienerberg City, Foto: M. Grubbauer Millennium Tower Wien, Foto: Wikimedia Commons/Wizzard T-Center St. Marx, Foto: Wikimedia Commons/ninanuri Euro Plaza Wien-Meidling, Foto: M. Grubbauer UNIQA Tower am Wiener Donaukanal, Foto: Wikimedia Commons/Priwo Unser Wien 1993, Nr. 2, Sonderbeilage, Seite III, ©Stadt Wien Unser Wien 1995, Nr. 11, Seite 6, ©Stadt Wien Inserat der Stadt Wien 2002, ©Stadt Wien wien.at 2006, Nr. 12, Beilage, Seite 7, ©Stadt Wien wien.at 2006, Nr. 4, Cover, ©Stadt Wien Strategieplan 2004, Seite 20f., ©Stadt Wien, Foto: MA 18/R. Christanell Strategieplan 2004, Seite 46f., ©Stadt Wien, Foto: Rupert Steiner Strategieplan 2004, Seite 100f., ©Stadt Wien, Foto: Susanne Schreiner Strategieplan 2004, Seite 144f., ©Stadt Wien, Foto: Susanne Schreiner STEP 2005, Seite 32 (Ausschnitt), ©Stadt Wien, Foto: Mario Lang STEP 2005, Seite 119 (Ausschnitt), ©Stadt Wien, Foto: Mario Lang WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 20, ©WWFF WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 22, ©WWFF WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 28, ©WWFF
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Abb. 28: WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 34, ©WWFF Abb. 29: WWFF-Broschüre 2006, „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus“, Cover, ©WWFF Abb. 30: WWFF-Broschüre 2006, „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus“, Seite 3, ©WWFF Abb. 31: WWFF-Inserat 2005, ©WWFF, Foto: Gabriela Koch Abb. 32: WWFF-Informationsbroschüre, undatiert, Cover, ©WWFF Abb. 33: WWFF-Informationsbroschüre 2005, Cover, ©WWFF Abb. 34: WWFF, Webseite, 19.01.2009, http://www.wwff.gov.at, ©WWFF Abb. 35: SPÖ Wien, Broschüre 2004, Cover u. Backcover, ©SPÖ Wien Abb. 36: SPÖ Wien, Herbstkampagne 2004, ©SPÖ Wien, Foto: photoplex.at – Herbert Schludermann Abb. 37: SPÖ, Plakat, Landtagswahl 1991, Österreichische Nationalbibliothek, Plakatsammlung Abb. 38: SPÖ Wien, Plakat, Wahlkampf zur Landtagswahl 2005, ©SPÖ Wien Abb. 39: SPÖ Wien, Sujet, Wahlkampf zur Landtagswahl 2005, ©SPÖ Wien Abb. 40: SPÖ Wien, Plakat, Landtagswahl 2005, ©SPÖ Wien, Foto: photoplex.at – Herbert Schludermann Abb. 41: SPÖ Wien, Plakat, Landtagswahl 1954, Wiener Stadtund Landesbibliothek, Plakatsammlung (abgedruckt in Csendes/Opll (Hg.): Wien. Geschichte einer Stadt. Von 1790 bis zur Gegenwart. Wien: Böhlau Verlag, S. 760 Abb. 42: SPÖ Wien, Landtagswahl 2010, Folder, Seite 2, ©SPÖ Wien Abb. 43: 1000 Visionen für Wien, Webseite, 26.01.2009, http://www.wiener-visionen.at/wiener-visionen, ©SPÖ Wien Abb. 44: 1000 Visionen für Wien, Katalog, Seite 4f., ©SPÖ Wien Abb. 45: 1000 Visionen für Wien, Katalog, Seite 24f., ©SPÖ Wien Abb. 46: Unser Wien 1998, Nr. 14, Beilage, Cover, ©Stadt Wien, Foto: PID/Pfluegl, Headquarter Strnat & Strnat Abb. 47: wien.at 2005, Nr. 8, Beilage, Cover, ©Stadt Wien Abb. 48: wien.at 2007, Nr. 5, Seite 11, ©Stadt Wien Abb. 49: Saskia Sassen, „The Global City“ (2. Auflage 2001), Cover, ©Princeton University Press, Foto: J.A. Kraulis/Masterfile Abb. 50: Enjoy Vienna 2006, Nr. 10, Seite 6, ©Stadt Wien/Compress Verlag 10
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Abb. 51: Vienna Region, Informationsbroschüre 2005 (Hg. WWFF, ecoplus, WiBAG), Cover, ©WWFF Abb. 52: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, „Wien – immer wieder neu entdecken“, Seite 4, ©Stadt Wien, Foto: Julius Silver Abb. 53: Der Wirtschaftsstandort Wien in Zahlen, Magistrat der Stadt Wien, 2006, Cover, ©Stadt Wien, Foto: Wien-Tourismus/Karl Thomas Abb. 54: Vienna DC Report 2005, Nr. 2, Cover (Ausschnitt), ©WED AG Abb. 55: wien.at 2002, Nr. 5, Beilage, Seite 3 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 56: Stadt Wien, e-postcard, 2006 ©Stadt Wien Abb. 57: Enjoy Vienna 2007, Nr. 2, Seite 4 (Ausschnitt), ©Stadt Wien/Compress Verlag Abb. 58: Stadt Wien, Imagebroschüre 2000, „Livin‘ Vienna“, Cover, ©Stadt Wien Abb. 59: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, „Wien – immer wieder neu entdecken“, Seite 2, ©Stadt Wien Abb. 60: Stadt Wien, Internationale Organisationen in Wien, 2002, Cover, ©Stadt Wien Abb. 61: Presse- und Informationsdienst, Inserat, 2005, ©Stadt Wien Abb. 62: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, „Wien – immer wieder neu entdecken“, Seite 5, ©Stadt Wien Abb. 63: Enjoy Vienna 2005, Nr. 10, Seite 7 (Ausschnitt), ©Stadt Wien/Compress Verlag Abb. 64: Stadt Wien, Informationsbroschüre 2008, „Weinkultur Stadtbild Wien“, Cover (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 65: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, „Wien – immer wieder neu entdecken“, Seite 3 (Ausschnitt), ©Stadt Wien, Foto: WTV Abb. 66: Presse- und Informationsdienst, Inserat, 2005, ©Stadt Wien Abb. 67: Stadt Wien, Imagebroschüre 2000, „Livin’ Vienna“, Seite 1 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 68: wien.at 2004, Nr. 4, Seite 3 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 69: wien.at 2005, Nr. 8, Beilage, Seite 8 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 70: Stadt Wien, Inserat, 2004 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 71: wien.at 2007, Nr. 6, Beilage, Cover, ©Stadt Wien Abb. 72: STEP 2005, S. 8f. (Ausschnitt), ©Stadt Wien, Foto: Mario Lang Abb. 73: Enjoy Vienna 2006, Nr. 8, Cover, ©Stadt Wien/Compress Verlag
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Abb. 74: wien.at 2007, Nr. 5, Seite 3 (Ausschnitt), ©Stadt Wien Abb. 75: Enjoy Vienna 2006, Nr. 3, Seite 7 (Ausschnitt), ©Stadt Wien/Compress Verlag Abb. 76: Leitmotive der Wiener Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik im argumentativen Zusammenhang
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296 300 347
V o rw o r t Ohne die Unterstützung einiger Menschen wäre dieses Buch nicht entstanden. Ich bedanke mich herzlich bei Prof. Jens Dangschat für die Betreuung meiner Doktorarbeit, die Offenheit gegenüber dem Thema meiner Arbeit und die Unterstützung durch alle Phasen der Arbeit hindurch. Bei Prof. em. Dieter Läpple möchte ich mich für die Bereitschaft, das Zweitgutachten zu übernehmen, und für die konstruktive Kritik bedanken. Des Weiteren bin ich allen Kolleginnen und Kollegen in Wien, Hamburg und Darmstadt dankbar, die mir in Gesprächen die Möglichkeit gegeben haben, einzelne Teile der Arbeit zu diskutieren und zu reflektieren. Ein großer Dank gebührt all jenen Personen, die ihr Fachwissen in Gesprächen und Interviews bereitwillig mit mir geteilt haben, und mir wertvolle Einblicke in die Praxis von Architektur, Immobilienentwicklung und Stadtpolitik gewährt haben. Ich hoffe, ihre Erwartungen nicht enttäuscht zu haben. Die in diesen Interviews gewonnenen Informationen wurden in diesem Buch ausschließlich in anonymisierter Form wiedergegeben. Die Publikation dieses Buches wurde aus Mitteln der Frauenförderung des Fachbereichs Architektur der Technischen Universität Darmstadt gefördert, wofür ich mich bedanke. Ebenfalls zur Realisierung des vorliegenden Buches hat ein Stipendium der Kulturabteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung, beigetragen, wofür ich ebenso Dank sagen möchte. Schließlich möchte ich mich auch herzlich bei Prof. Gerhard Vinken für die Unterstützung bedanken, die ich durch das Fachgebiet Interdisziplinäre Stadtforschung der Technischen Universität Darmstadt bei der Vorbereitung dieses Buches erhalten habe. Der größte Dank geht an meine Familie, an meine Mutter für ihre Unterstützung, an Leon und Magdalena für ihre Geduld und Nachsicht und dafür, mich immer an die wichtigen Dinge des Lebens zu erinnern, und an Christof, der die Arbeit an der Dissertation und an diesem Buch über all die Jahre kritisch begleitet und mich dabei mit seiner Zeit, seiner Energie und dem Glauben an das Projekt immer unterstützt hat. Aus Gründen der Lesbarkeit habe ich auf eine gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Stattdessen werden, wenn möglich, geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder die inhaltlich jeweils passenderen Formen angeführt (z.B. bei Investoren und Developern, die in der Regel Männer sind). In manchen Fällen (z.B. bei Stadtbewohnern und -bewohnerinnen) werden bewusst beide Formen genannt. 13
1. EINLEITUNG
Das Umfeld für städtische Politik hat sich geändert: Der ökonomische Strukturwandel, die Abwanderung von Produktionsbetrieben und der verschärfte Wettbewerb um Unternehmensstandorte und private Investitionen haben die Städte Europas und Nordamerikas nach neuen Möglichkeiten der Profilierung, Spezialisierung und Standortvermarktung suchen lassen. Die Erhöhung der Attraktivität des Stadtbildes, der Ausbau von Kultur- und Kunstangeboten und die Förderung kreativer und wissensintensiver Wirtschaftsbranchen gehören dabei für viele Städte zur gewählten Strategie. In Verbindung mit den professionalisierten städtischen Kommunikationsstrategien und Imagepolitiken scheint auf diese Weise auch die Architektur für die Stadtpolitik an Wert gewonnen zu haben. Architektonische Prestige- und Großprojekte werden dazu eingesetzt, Aufmerksamkeit zu schaffen, Besucher anzuziehen und prägnante Motive für Imagekampagnen zu liefern. Tatsächlich befördern diese neuen Architekturprojekte eine Tendenz zur Ökonomisierung des Stadtraumes, wie sie auch in anderen Entwicklungen sichtbar wird. Dazu gehören die „Festivalisierung“ und Privatisierung öffentlichen Raumes, schleichende Gentrifizierungsprozesse oder die Zunahme institutionellen Immobilieninvestments und die Privatisierung vormals im Besitz der öffentlichen Hand befindlicher Wohnungsbestände. Physischer Stadtumbau ist damit auch ein zentraler Teil gegenwärtig stattfindender gesellschaftlicher Restrukturierungsprozesse. Er geht mit einer projekt- und strategiezentrierten Neuausrichtung städtischer Planung und Entwicklung einher. Der Stadtumbau ermöglicht die Neuverteilung von Entscheidungskompetenzen und Ressourcen und schafft hochspezifische Räume und Infrastrukturen, die auf die Bedürfnisse einzelner Wirtschaftszweige und gesellschaftlicher Gruppen zuge15
DIE VORGESTELLTE STADT
schnitten sind. Die Frage der Architektur wird bei der Betrachtung dieser stadträumlichen Transformationsprozesse gerne – und zwar im kritischen wie affirmativen Sinn – allein unter dem vordergründigen Aspekt der Inszenierung und des architektonischen Spektakels betrachtet. Im Vordergrund steht die Fähigkeit der Architektur, Aufmerksamkeit zu erregen und ikonische Bilder zu prägen. Die Debatte konzentriert sich damit oft auf das Phänomen der Stararchitekten und die Wirksamkeit ihrer ikonischen Bauten und lässt damit die Mehrzahl der Bauten unbeachtet. Architektur ist aber mehr als ein Spektakel: Sie ist ein soziales und kulturelles Produkt und verweist immer auch auf bestimmte gesellschaftliche und städtische Funktionen sowie arbeits- und lebensweltliche Konzepte. Aufgrund dieser ordnungs- und sinnstiftenden Wirksamkeit von Architektur tragen „gewöhnliche“ Architekturen ebenso zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit bei wie die singulären Ausnahmeprojekte. In diesem Sinn ist der Ausgangspunkt dieses Buches, Architektur im Hinblick auf die neuen stärker wettbewerbs- und außenorientierten Stadtentwicklungsstrategien als ein Medium der Vermittlung und Durchsetzung eines neuen Verständnisses von städtischer Wirtschaft und städtischem Wirtschaften zu begreifen. Im Zentrum meiner Betrachtung steht die Macht des architektonischen Objekts, als soziales und kulturelles Produkt wirtschaftspolitische Deutungszusammenhänge zu verkörpern, „Sinn“ zu stiften und damit politische Überzeugungsarbeit zu leisten sowie letztlich hegemoniale Diskurse mit durchzusetzen. Ausgehend vom Interesse am konkreten Gebäude verstehe ich diese Arbeit als einen Beitrag zur aktuellen Debatte um stadträumlichen Wandel im Kontext von Globalisierungsprozessen, welche allzu oft ohne einen Blick auf die physisch-materielle Gestalt des Raumes und die architektonische Logik des Gebäudes auskommt. Als Fallbeispiel meiner Arbeit dient die Stadt Wien. Die sozialdemokratische Wiener Stadtregierung hat spätestens Mitte der 1990erJahre einen gezielten Kurswechsel hin zu einer stärker wettbewerbs- und wachstumsorientierten Stadtentwicklung vollzogen. Dies äußerte sich in der Einrichtung neuer Förderprogramme und Clusterinitiativen, der Auslagerung öffentlicher Dienste an private Trägerorganisationen, der Privatisierung städtischer Betriebe und einer stärker akzentuierten Außenwerbung. Im Zuge der Vermarktung des Wirtschaftsstandortes Wien wurde dabei der Mittlerposition der Stadt zwischen Ost- und Westeuropa und ihrer Rolle als „Ost-West-Drehscheibe“ zentrale Bedeutung zugewiesen. Unter den Vorzeichen dieser neuen Stadtentwicklungsstrategien wurde auch ein massiver Stadtumbau in Gang gesetzt, der den Stadtraum in einer Dimension veränderte, wie dies seit der Gründerzeit in den letzten 16
EINLEITUNG
Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts nicht mehr der Fall war. Einen Hauptanteil an diesem Stadtumbau haben die seit Ende der 1990er-Jahre neu errichteten Bürokomplexe und Bürohochhäuser sowohl als Teile des städtischen Prestigeprojektes der Donau City als auch in Form mehrerer von privaten Investoren initiierter und realisierter Projekte. Eingebettet in eine historische Bausubstanz mit traditionell begrenzter Höhenentwicklung sind diese Neubauten sichtbar, markant und hoch symbolisch. Ihnen kommt eine hohe mediale Aufmerksamkeit zu und in der Öffentlichkeitsarbeit des Standortmarketings und der politischen Werbung nehmen sie eine Schlüsselrolle ein. Sicher ist Wien kein Beispiel unternehmerischer Stadtpolitik wie sie im Kontext der US-amerikanischen und britischen Städte diskutiert wird. Aber, auch wenn es in Wien keinen so offensichtlichen und radikalen Bruch bei den wirtschaftspolitischen Strategien und auch keinen politischen Machtwechsel wie in anderen Städten gab, wurde im Kern ein neues Verständnis städtischen Wirtschaftens etabliert. Dies betrifft insbesondere das Verhältnis von privater und öffentlicher Initiative sowie die Außenorientierung der lokalen Wirtschaft. Die neuen Bürobauten sehe ich sowohl als wesentliche Ergebnisse und sichtbarste Zeichen dieses Paradigmenwechsels als auch als ein zentrales Mittel zu seiner Durchsetzung und gesellschaftlichen Verankerung. Ziel dieser Arbeit ist es, die Rolle von Architektur für die Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge anhand der seit den 1990er-Jahren errichteten Bürobauten in Wien und der Strategien ihrer medialen Darstellung durch die Wiener Stadtregierung zu untersuchen. Mein besonderes Interesse gilt dabei fotografischen Bildern der neuen Bürobauten, wie sie von der Stadt für Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit, für politische Kampagnen und für Imagewerbung eingesetzt werden. In der Debatte um neue Strategien städtischer Entwicklung wird oftmals deren angestrebte Außenwirkung betont. Zum Teil wird sogar davon ausgegangen, dass die Erneuerung des städtischen Images sich überhaupt vorrangig an Außenstehende richten soll. Demgegenüber betrachte ich die Architektur des jüngsten Stadtumbaus in Wien auch im Hinblick auf ihre Innenwirkung. Mein Fokus liegt auf ihrer Rolle in der Artikulation und gesellschaftspolitischen Durchsetzung neuer Strategien der Stadtentwicklung gegenüber einem lokalen Publikum. Welche diskursiven Strategien und Bildpolitiken dabei zum Einsatz kommen, welche Qualitäten der Architektur dabei eine Rolle spielen und in welchem Verhältnis schließlich die reale Stadtökonomie zu medialen Vorstellungswelten steht, wird Gegenstand dieser Arbeit sein.
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DIE VORGESTELLTE STADT
Fragestellung Ich gehe davon aus, dass die Ausrichtung städtischer Politik an unternehmerischen Modellen die Etablierung neuer Erklärungsmuster über die Funktionsweise der Stadt und – noch grundsätzlicher – das Wesen des Städtischen voraussetzt. Dabei geht es nicht allein um die Kommunikation und Legitimation wirtschaftspolitischer Entscheidungen und neuer Strategien. Die Stadt muss erst, wie Bob Jessop (1997, 1998, 2003) mehrfach argumentiert hat, als eigenständiges Subjekt unternehmerischen Handelns geschaffen werden. Jessop (1998: 90) argumentiert, dass lokale Ökonomien, die zum Gegenstand wettbewerbsorientierter wirtschaftspolitischer Strategien gemacht werden, zuvor notwendigerweise als eigenständige Subjekte auf diskursiver Ebene etabliert werden müssten. Grund dafür ist, dass reale Ökonomien zu komplex und vielschichtig sind, um Objekte von Regulierung und Steuerung zu sein. Erst auf diskursiver Ebene werden die spezifischen Grenzen einer lokalen Ökonomie, die ökonomischen und nichtökonomischen Bedingungen ihrer Existenz und ihre typischen Akteure festgelegt. Diese diskursive Konstruktion einer imagined economy umfasse, so Jessop weiter, typischerweise die Manipulation von Macht und Wissen (ebd.). Anders gesagt: Die Stadt Wien, die im Städtewettbewerb mit ihren spezifischen Vorteilen wirbt und auf bestimmte Eigenschaften verweist, ist ein Konstrukt und baut auf der selektiven und manipulativen Bewertung und Interpretation wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Gegebenheiten auf. Daran anschließend ist meine zentrale Frage, ob und wie die Stadt Wien die Errichtung und mediale Darstellung lokaler Bürobauten dazu nutzt, eine derartige imagined economy, die von realen ökonomischen Verhältnissen abgehoben ist, zu konstruieren. Dazu lassen sich drei Thesen formulieren, die in der Arbeit verifiziert werden sollen: 1) Ein zentrales Leitmotiv dieser imagined economy, mit der sich Wien als Akteur im Städtewettbewerb zu positionieren sucht, ist die Vermittlerrolle Wiens zwischen Ost- und Westeuropa und seine Stellung als regionales Zentrum für Unternehmenssitze. 2) Die Funktion der neuen Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser in Bezug auf obiges Leitmotiv ist es, die Integration der Stadt in internationale wirtschaftliche Netze zu veranschaulichen und zu belegen.
18
EINLEITUNG
3) Die Bürobauten und Bürohochhäuser sollen als visuelle Bedeutungsträger zur Verräumlichung dieser imagined economy beitragen, indem sie als Gebäudetypen auf diese ökonomischen Internationalisierungsprozesse verweisen. Die Architektur der Wiener Bürobauten wird in der Konstruktion dieser ökonomischen Vorstellungswelten meines Erachtens durch das Zusammenspiel zweier Ebenen wirksam: Zum einen wird das Gebäude als physisch-materielles Objekt im Zuge des Entwicklungs- und Bauprozesses mit bestimmten Funktionen, formalen Eigenschaften und assoziativen Qualitäten geschaffen. Als solches wird es stadträumlich wirksam, ist sichtbar, erlebbar und benutzbar. Zum anderen wird der „Sinn“ eines Gebäudes und seiner Architektur in der öffentlichen Wahrnehmung auf diskursiver Ebene durch die mediale Vermittlung und selektive visuelle Präsentation fotografischer Bilder geschaffen. Architektur ist immer ein soziales und kulturelles Produkt. Ihre Erfahrbarkeit beruht nie allein auf der individuellen räumlich-ästhetischen Begegnung, sondern ist immer auch von Vorwissen geprägt und durch Diskurse und Bilder vermittelt. Diese mediale Vermittlung ist im Hinblick auf die Wahrnehmung der Wiener Bürobauten aus zwei Gründen besonders relevant: Der erste Grund ist ihre „Exklusivität“. Sie sind für einen großen Teil der Bevölkerung weder Teil der alltäglichen Lebenswelt (nur ein kleiner Teil der Bevölkerung ist im Wohnumfeld tagtäglich mit ihnen konfrontiert) noch der Arbeitswelt (nur einige Tausend Leute arbeiten tatsächlich in diesen Neubauten und haben Grund, das Innere zu betreten). Anders verhält sich dies etwa bei Kultur- und Freizeitbauten. Der zweite Grund ist, dass diese Bürobauten medial hoch präsent sind. Dies liegt zum einen an ihrer visuellen Einprägsamkeit und dem symbolischen Kontrast, den sie zum historischen Baubestand Wiens bieten. Es hat zum anderen aber auch mit der Effizienz der sozialdemokratischen Öffentlichkeitsarbeit in Wien und der Vielfalt der Medien, auf die sie zurückgreift, zu tun. Beide Aspekte stellen also durchaus ein Wiener Spezifikum dar. Um meine drei oben genannten Thesen zu verifizieren, soll untersucht werden, wie die beiden Ebenen – der Entwicklungs- und Bauprozess auf der einen, die mediale Vermittlung durch die Stadt auf der anderen Seite –, auf denen die Architektur der Bürobauten gleichsam „geschaffen“ wird, in der Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge zusammenwirken. Natürlich gibt es parallel dazu noch andere Ebenen der Bedeutungskonstruktion und alternative Lesarten. Die öffentlichkeitswirksame Präsentation der neuen Büroarchitekturen durch die Stadt ist aber aus den zwei oben genannten Gründen eine der 19
DIE VORGESTELLTE STADT
präsentesten und mächtigsten Deutungen. Es ist davon auszugehen, dass die Anforderungen an die Architektur, wie sie von den am Entwicklungs- und Bauprozess beteiligten Akteuren gestellt werden, sich von den Anforderungen unterscheiden, die sich aus der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt ergeben. Ziel ist es daher, sowohl Übereinstimmungen als auch Widersprüche herauszuarbeiten, die sich zwischen den Bedeutungszuschreibungen an die Architektur in diesen beiden Prozessen ergeben. Operationalisiert wird diese Erforschung der Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge durch die jüngsten Bürobauten und Bürohochhäuser in Wien anhand der folgenden drei Leitfragen, die ich empirisch untersuche: 1) Welche Gründe führten zur Errichtung der jüngsten Bürobauten und Bürohochhäuser in Wien und welchen Stellenwert hatte die Frage der architektonischen Gestaltung in den Entwicklungsprozessen der Projekte? 2) Wie wird das Leitmotiv Wiens als „Drehscheibe zwischen Ost und West“ in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Wiener Stadtregierung begründet und welche Funktion wird dabei den Bürobauten und Bürohochhäusern zugeschrieben? 3) Wie werden Büroarchitekturen von der Wiener Stadtregierung als visuelle Bedeutungsträger eingesetzt, welche stadträumliche Ordnung wird vermittelt und wie wird dabei die Architektur wirksam? Aufbauend auf der Untersuchung dieser Fragen wird in der Schlussbetrachtung diskutiert, über welche Mechanismen Architektur zur Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten beiträgt, was dabei das Spezifische des betrachteten Gebäudetypus und was verallgemeinerbar ist. Außerdem wird darüber diskutiert, was das Spezifische des Wiener Beispieles ist und was auch für andere Städte gelten kann. Schließlich geht es darum, welche Erkenntnisse sich daraus für die allgemeine Diskussion von städtischem Wandel im Kontext von Globalisierungsprozessen ergeben.
Theoretische Verortung In der Auseinandersetzung mit der Rolle von Architektur für die Artikulation wirtschaftspolitischer Zusammenhänge und die Durchsetzung gesellschaftlichen Wandels geht die vorliegende Arbeit über das Feld gängiger architekturtheoretischer Betrachtung hinaus und knüpft an Beiträ20
EINLEITUNG
ge der soziologischen und geographischen Stadtforschung an. Zum einen ist es notwendig, ein Verständnis des jüngsten Wandels städtischer Funktionen im Kontext von Globalisierungsprozessen sowie der Rolle städtebaulicher Großprojekte darin zu entwickeln. Zum anderen muss ein Zugang zum architektonischen Objekt, zu seiner Ästhetik, Geschichte und Typologie sowie zu seiner Vermittlung durch die fotografische Praxis und mediale Kommunikation gefunden werden. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, verfolge ich in diesem Buch einen disziplinübergreifenden Anspruch. Ich nehme theoretisch wie methodisch Bezug auf folgende Forschungsbereiche (im Detail siehe Kapitel 2):
•
soziologische und geographische Stadtforschung im Kontext von Globalisierungsprozessen und dabei insbesondere Arbeiten im Rahmen des Regulationsansatzes,
•
Beiträge zur sozialen Konstruktion von Raum und zur Rolle von Architektur als einem gesellschaftlichen Bedeutungsträger,
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Arbeiten zu den Logiken massenmedialer fotografischer Bilder und ihrer diskursiven Wirksamkeit sowie
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architektur- und planungshistorische Untersuchungen zur Geschichte des Bürogebäudes und vor allem des Bürohochhauses.
Methoden Der disziplinübergreifenden Ausrichtung der Arbeit entsprechend verwende ich für die Untersuchung der drei oben formulierten Leitfragen eine Bandbreite empirischer Methoden der Sozial- und Raumwissenschaften. Die Betrachtung der Bauprojekte, ihrer Entwicklungsprozesse und ihrer architektonischen Gestaltung, wie sie mit der Leitfrage 1 erforderlich wird, erfolgt anhand ausgewählter Fallbeispiele durch Objektstudien und Experteninterviews. Vor Ort wurden Objektstudien einzelner Bauten durchgeführt, die dann durch die Informationen aus Projektdokumentationen und Berichterstattung in den Medien ergänzt wurden. Auf der Basis dieser Informationen über die einzelnen Projekte wurden Experteninterviews mit Akteuren durchgeführt, die an der Entwicklung beteiligt waren (Vertreter von Bauherren, Investoren und Architekten). Auf diese Weise wurden die Entscheidungsprozesse rekonstruiert, die zur jeweiligen architektonischen Lösung geführt hatten. Für die Abwägung der Gründe, die zur Entwicklung der Projekte führten, und die Einschätzung ihrer realwirtschaftlichen Bedeutung wurden darüber hinaus 21
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wissenschaftliche Studien, Marktanalysen von Immobilienmaklern, Analysen und Berichte der Wiener Stadtplanung sowie Daten zur Wirtschaftsentwicklung Wiens herangezogen. Des Weiteren dienten auch hier Experteninterviews mit Vertretern der Immobilienbranche, der Stadtplanung und Architektur, der Presse sowie von Werbe- und Medienagenturen als Informationsquelle. Die Leitfrage 2 nach den Funktionen, die den neuen Bürobauten und Bürohochhäusern in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadtregierung zugeschrieben werden, wird mit diskursanalytischen Methoden sowie ergänzenden Experteninterviews bearbeitet. Da ich in erster Linie am öffentlichen Diskurs interessiert bin, wie er von der lokalen Regierung geprägt wird, dienen von der Stadtverwaltung bzw. der Stadtregierung verantwortete Dokumente der letzten beiden Jahrzehnte als Hauptquelle für die Analyse. Umfassend wurden dazu offizielle Planungsdokumente, PR- und Werbematerialien der Stadt, von der Stadt herausgegebene Medien und Beilagen in anderen Tages- und Wochenzeitungen sowie Materialien politischer Kampagnen der SPÖ Wien erhoben.1 Da die Analyse erstens immer auf die Frage der Bürobauten bezogen bleibt und daher thematisch beschränkt ist und zweitens auf die Stadt Wien als Akteur fokussiert ist und andere Akteure nur am Rande beachtet werden, wird hier keine umfassende oder gar vollständige diskursanalytische Betrachtung der (Selbst)Darstellung des Wirtschaftsstandortes Wien angestrebt. Ziel ist es, anhand von Schlüsseltexten und exemplarischen Analysen den diskursiven Rahmen zu skizzieren, in dem die Bilder der Bürobauten als Elemente visueller Kommunikation wirksam werden. Die Leitfrage 3 nach der visuellen Repräsentation der neuen Büroarchitekturen wird schließlich mit Methoden der qualitativen Bildanalyse untersucht. Dabei kommen im ersten Schritt ikonografische, d.h. die Motive vergleichende Verfahren der Bildanalyse zum Einsatz (vgl. Müller 2003). Im zweiten Schritt werden die wesentlichen Bildmuster und Strategien der Darstellung in Anlehnung an die im Rahmen der Sozialsemiotik entwickelten Kategorien zur Analyse visueller Kommunikation von Gunther Kress und Theo van Leeuwen (1996) untersucht. Anhand von Fallbeispielen werden die Repräsentations- und Interaktionsmuster 1
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Die Pressearbeit der SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) lässt sich in Wien in der Praxis nicht von der Pressearbeit der Stadtregierung und der Stadtverwaltung trennen, da die Grenzen aufgrund der seit Jahrzehnten bestehenden Machtposition der Sozialdemokratie verschwimmen. Werbung für die Stadt ist immer auch Werbung für die Sozialdemokratische Partei und umgekehrt (siehe z.B. Bauer 2010). Es ist daher sinnvoll, die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit aller drei Bereiche zu betrachten.
EINLEITUNG
der Bilder analysiert und mit architekturtheoretischen Betrachtungen verknüpft. Diese Erkenntnisse werden dann im Hinblick auf den diskursiven Rahmen, wie er sich aus der textzentrierten Analyse ergeben hat, interpretiert.
D a t e n u n d D a t e n a u sw e r t u n g Die Experteninterviews für die vorliegende Studie wurden in den Jahren 2005 bis 2007 durchgeführt. Für die Analyse des Immobilienmarktes und der Wirtschafts- und Stadtentwicklung Wiens wurden alle verwendeten Daten soweit wie möglich aktualisiert (Stand September 2010). Für die text- und bildzentrierte Analyse der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung, der Stadtregierung und stadtnaher Organisationen wurden schwerpunktmäßig seit Ende der 1990er-Jahre erstellte Dokumente und Materialien betrachtet. Auch hier wurden aktuellste Dokumente und Materialien (Stand September 2010) berücksichtigt. Im Fall der Stadtzeitung „wien.at“ wurden auch frühere Jahrgänge zurück bis Ende der 1980er-Jahre berücksichtigt. Für die Experteninterviews wurden einige Schlüsselpersonen direkt kontaktiert, weitere Interviewpartner wurden im Schneeballsystem aufgrund von Empfehlungen und Verweisen ausgewählt (vgl. Anhang, Übersicht 4). Die Bereitschaft für Interviews war hoch. Bis auf eine Ausnahme (den Vorstandsvorsitzenden eines Unternehmens) gab es keine Absagen. Die Gespräche wurden zum Teil mitgeschnitten und partiell transkribiert, zum Teil stichwortartig protokolliert. Der Verzicht auf den systematischen Mitschnitt aller Experteninterviews ist damit begründet, dass bei allen Gesprächspartnern der Informationsgehalt und weniger deren wörtliche Zitate von Interesse waren. Zudem ging es vielfach darum, informelle Praktiken zu erschließen und persönliche Einschätzungen von Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft abzufragen. Die Bereitschaft zur Beantwortung derartiger Fragen war, wie sich nach den ersten Interviews zeigte, eindeutig höher, wenn das Gespräch nicht aufgezeichnet wurde.
Au f b a u d e s B u c h e s Das Buch ist in vier Hauptteile gegliedert. Im Kapitel 2 werden die theoretischen Bezüge der Arbeit vorgestellt und im Hinblick auf ihren Nutzen für die Fragestellung diskutiert. Im Kapitel 3 werden zuerst drei zentrale Aspekte der Wiener Stadt- und Städtebaugeschichte dargestellt. 23
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Diese prägen das Selbstverständnis und die Identität Wiens in hohem Maß und müssen in Bezug auf die Etablierung Wiens als Akteur im Städtewettbewerb und die diskursive Konstruktion der lokalen Ökonomie mit bestimmten Grenzen, Eigenschaften und Akteuren berücksichtigt werden. Im Anschluss daran wird der jüngere wirtschaftspolitische Wandel Wiens anhand von einigen signifikanten Aspekten verdeutlicht. Darauf aufbauend wird schließlich die Argumentation, Wien als regionales Zentrum von Unternehmenssitzen und Ost-West-Drehscheibe im Städtewettbewerb zu positionieren, einer kritischen Betrachtung unterzogen. Im Kapitel 4 wird zunächst das Verhältnis von Stadtplanung und Immobilienmarkt in Wien im Hinblick auf rezente Veränderungen der relevanten Akteure und Zielsetzungen beleuchtet. Dann folgen ein Überblick über die in Wien errichteten Bürobauten seit Anfang der 1990er-Jahre, die exemplarische Darstellung der Entwicklungs- und Bauprozesse einiger Bauten sowie die kritische Betrachtung der realen Bedeutung dieser Büroimmobilien für den internationalen Wirtschaftsstandort Wien. Darauf aufbauend wird die Leitfrage 1 nach den Gründen, die zur Entwicklung der jüngsten Büroimmobilienprojekte in Wien führten, sowie nach dem Stellenwert der architektonischen Gestaltung für die Projektentwicklung diskutiert. Im Kapitel 5 wird schließlich die Selbstdarstellung der Stadt Wien durch die lokalen Bürobauten und Bürohochhäuser analysiert. Dazu wird zuerst ein Überblick über die Presseund Öffentlichkeitsarbeit der Stadt und die relevanten Medien und Zuständigkeiten gegeben. Auf der Basis einer methodischen Reflexion und einer Begründung der Datenauswahl erfolgt dann in mehreren Schritten eine text- und bildzentrierte Analyse anhand von ausgewählten Materialien der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt und stadtnaher Organisationen, mit der die Leitfragen 2 und 3 behandelt werden. In der Schlussbetrachtung im Kapitel 6 diskutiere ich die Erkenntnisse und gehe darauf ein, worin das Spezifische des Wiener Fallbeispieles besteht und welche Aspekte für die Diskussion von Stadtentwicklung im Kontext von Globalisierungsprozessen von allgemeiner Relevanz sind.
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2. THEORETISCHE VERORTUNG
Ziel dieses Buches ist es, die Rolle der gebauten Umwelt und ihrer Artefakte in der Durchsetzung wirtschaftspolitischen Wandels in der Stadt zu untersuchen. Dabei stelle ich die Frage, wie Architektur dazu verwendet wird, eine ökonomische Neuordnung der Stadt zu kommunizieren, zu naturalisieren und letztlich gesellschaftlich zu verankern. Mein Fokus richtet sich dabei auf die Strategien medialer und insbesondere visueller Repräsentation von Architektur. Um dieser Fragestellung gerecht zu werden, greife ich im Folgenden Ansätze aus der Politischen Ökonomie, der kritischen Geographie und der Soziologie, der Architekturgeschichte und -theorie sowie den Bild- und Kulturwissenschaften auf. Erstens muss diese Untersuchung den städtischen Wirtschafts- und Strukturwandel der letzten Dekaden und den Anteil lokaler Politik an diesem Wandel konzeptionell erfassen. Dies erfolgt im Kapitel 2.1 unter Bezugnahme auf die Postfordismus-Debatte und ihre regulationstheoretische Basis, auf aktuelle Debatten zum weltweiten Städtewettbewerb und zu entsprechenden außen- und wettbewerbsorientierten Stadtentwicklungsstrategien sowie das Konzept der economic imaginaries, wie es von Bob Jessop entwickelt wurde. Zum zweiten muss sich die Arbeit mit der Rolle des gebauten Stadtraumes für städtische Ökonomien im Allgemeinen und für neue unternehmerisch orientierte Strategien der Stadtentwicklung im Besonderen auseinandersetzen. Dazu gehe ich im Kapitel 2.2 zuerst auf die politökonomische Theoretisierung des Raumes bei David Harvey ein und diskutiere dann aktuelle Tendenzen von Stadtentwicklung, Immobilienwirtschaft und Architekturproduktion im Kontext einer internationalisierten Weltwirtschaft.
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DIE VORGESTELLTE STADT
Drittens ist es für meine Fragestellung erforderlich, einen Zugang zum architektonischen Objekt und insbesondere zu dem Bürohochhaus als einem gesellschaftlichen Bedeutungsträger zu entwickeln. Im Kapitel 2.3 verknüpfe ich hierzu den architektonischen Typusbegriff mit der interdisziplinären Debatte um die soziale Konstruktion von Raum. Im Weiteren arbeite ich heraus, welche diskurs- und bildwissenschaftlichen Ansätze für die in dieser Arbeit vorgenommene Betrachtung von Architektur und ihrer visuellen Vermittlung von Bedeutung sind und diskutiere abschließend den Bedeutungswandel des Bürohochhauses seit seiner Entstehung über seine Situierung in jeweils spezifischen ökonomischen, sozialen und kulturellen Kontexten.
2.1 Stadt und Globalisierung 2.1.1 Postfordismus, lokale Regulation und Scale In der Analyse der ökonomischen, politischen und sozialen Restrukturierungsprozesse, die Städte genauso wie Nationalstaaten Europas und Nordamerikas seit den 1970er-Jahren durchlaufen haben, hat sich der Postfordismus als zentraler Begriff herauskristallisiert (Hirsch/Roth 1986; Sayer 1990; Amin 1994; Brand/Raza 2003; Koch 2006). Beschrieben wird damit in der Regel die Ablösung des keynesianischfordistischen Wirtschaftsmodells der Nachkriegszeit durch ein postfordistisches Modell flexibler, deregulierter und globalisierter Produktionsverhältnisse. In Erweiterung des ursprünglich im Regulationsansatz begründeten Konzeptes findet die theoretische Erfassung dieses Übergangs zum Postfordismus als interpretativer Rahmen für den sozioökonomischen Wandel der letzten Dekaden in breiten Bereichen der Sozialwissenschaften Anwendung (z.B. Thien 2009; Loacker 2010). Auch in der Stadtforschung, der Architektur und der Raumplanung sowie der Stadtgeographie wurde der Begriff des Postfordismus vielfach aufgegriffen und es wurde ihm ein hoher Erklärungswert zugesprochen. So haben etwa die Begriffe der postfordistischen Stadt oder der postfordistischen urbanen Landschaft in der Debatte über den Wandel des Städtischen und die neuen Strategien der Stadtentwicklung vielfach Verwendung gefunden (z.B. Mayer 1994; Marcuse 1998a; Lever 2001; BanikSchweitzer/Blau 2003; Göttlich/Winter 2004; Oswalt 2004; Häußermann et al. 2008: 135ff.; Heindl 2008). In der Regel werden in dieser Anwendung des Begriffes des Postfordismus neben ökonomischen Deindustrialisierungs- und Tertiarisierungsprozessen und neuen Strategien wettbewerbsorientierter Wirtschaftspolitik auch bestimmte sozial26
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räumliche Entwicklungen unterstellt. Dazu gehören die sozialräumliche Polarisierung, die Gentrifizierung, die Fragmentierung des Stadtraumes und die Entstehung neuer, polyzentrischer Raummuster. Für meine Betrachtungen ökonomischer Vorstellungswelten ist weniger der Postfordismus-Begriff im Sinne einer Abgrenzung zur fordistischen Stadt als sein Ursprung im Regulationsansatz sowie die jüngere, mit dem Regulationsansatz verknüpfte Debatte um die Ebenen (scales) der Regulation konzeptionell interessant (Swyngedouw 1997; MacLeod 2001; Paasi 2004; Keil/Mahon 2009). Der Regulationsansatz beschäftigt sich mit der sozial eingebetteten und sozial regulierten Natur kapitalistischer Ökonomien. Aufbauend auf der Marxschen Krisentheorie wird Kapitalakkumulation als ein inhärent widersprüchlicher, konfliktreicher und krisenhafter Prozess verstanden. Nur über ergänzende sowohl ökonomische als auch außerökonomische Formen der Reproduktion, Regulation und Governance wird trotz dieser grundlegenden Widersprüche eine (mehr oder weniger) stabile Kapitalakkumulation gewährleistet und der gesellschaftliche Zusammenhalt gewahrt (Aglietta 1987). Aufbauend auf der Analyse des Fordismus als einem auf standardisierter Massenproduktion, Massenkonsum und wohlfahrtsstaatlichem Rahmen basierenden sozialen Kompromiss wurden die Grundbegriffe des Regulationsansatzes – das Akkumulationsregime und die dazugehörige Regulationsweise – entwickelt. Als Akkumulationsregime wird die konkrete Gestalt des kapitalistischen Verwertungs- und Akkumulationsprozesses verstanden, d.h. „die Art und Weise der Produktion und Realisierung von Mehrwert einschließlich ihres sozio-ökonomischen Kontextes“ (Hirsch 1992: 220). Der Begriff der Regulationsweise bezeichnet das zu diesem Akkumulationsregime gehörige, historisch spezifische Ensemble von Institutionen, Organisationen, sozialen Netzen sowie impliziten und expliziten kulturellen Normen. Zentrale Kritikpunkte am Regulationsansatz waren seine mangelnde staats- und handlungstheoretische Fundierung (z.B. Hirsch 1992; Scherrer 1995), die analytische Fokussierung auf den nationalstaatlichen Rahmen der Regulation sowie den Regulationsmodus als einem stabilen, zeitlich genau eingrenzbaren System (z.B. Goodwin/Painter 1997) und eine damit verknüpfte dualistische Gegenüberstellung des fordistischen und des postfordistischen Akkumulationsregimes (z.B. Krätke 2002: 31). Jüngere Arbeiten, die an den Regulationsansatz anknüpfen, gehen daher zumeist von einem wesentlich weiteren, nichtdeterministischen Verständnis des Regulationsansatzes aus (Goodwin 2004; Jessop/Sum 2003, 2006; Painter/Jeffrey 2009) und verbinden diesen z.B. mit stärker akteurszentrierten Zugängen und der Frage sozialer Ungleichheit (Kohlmorgen 2004; Klinger et al. 2007) oder den Ansätzen der politi27
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schen Ökologie (Görg 2003; Brand et al. 2008). Ohne die grundsätzliche Fragestellung des Regulationsansatzes, wie sich „ein soziales Verhältnis trotz und wegen seines widersprüchlichen Charakters reproduziert“ (Lipietz 1985, zitiert nach Winter 2003: 198), aufzugeben, liegt der Fokus nun stärker auf den „Formen der Widerspruchsbearbeitung“ (Winter 2003: 198) und auf der Analyse der Regulation als einem sozialen Prozess. Regulationsprozesse müssen demnach als konfliktiv und nie abgeschlossen verstanden werden: „In our account, regulation is tendential, not achieved or established“ (Goodwin/Painter 1997: 21). In der vorliegenden Arbeit nehme ich ein derartiges, auf die Prozesshaftigkeit der Regulation konzentriertes Verständnis zum Ausgangspunkt, um die konkreten materiellen und diskursiven Praktiken ins Blickfeld zu rücken, welche dazu dienen, wirtschaftspolitische Strategien umzusetzen und damit zusammenhängende mögliche Konflikte zu verhandeln. Erst damit wird es möglich, die soziale und kulturelle (also außer-ökonomische) Dimension des Regulationsprozesses tatsächlich zu erfassen – wie es im Kern ein Anspruch des Regulationsansatzes ist, der aber unter anderem aufgrund mangelnder empirischer Fundierung nie eingelöst wurde. Wendet man sich der Betrachtung des politisch-ökonomischen Wandels auf der Ebene der Stadt zu, sind zunächst die erwähnte Debatte um Regulation als einem multiskalaren Prozess bzw. die weiter gefasste Scale-Debatte, wie sie in der angloamerikanischen Radical Geography ab 1990 entwickelt wurde (für einen Überblick siehe Wissen et al. 2008), von Bedeutung. Zentrales Argument im Sinne des Regulationsansatzes ist, dass sich mit der Krise des Fordismus auch die für die Kapitalakkumulation entscheidenden ökonomischen Räume geändert haben. Mit der massiven Ausweitung ökonomischer Aktivitäten wie auch wirtschaftspolitischer Strategien über den Rahmen des Nationalstaates hinaus wurden in den vergangenen Jahrzehnten neue Orte und Räume als „natürliche“ Einheiten ökonomischer Verwaltung, Regulation und Governance konstituiert (Jessop 1998: 91). Ein Ziel der jüngeren regulationstheoretisch fundierten Literatur in der Politischen Ökonomie, der Geographie und den Regionalwissenschaften ist daher, die grundlegenden Begriffe des Regulationsansatzes aus der nationalstaatlichen Verankerung (und damit auch aus den Kategorien des fordistischen Modells) zu lösen und lokale Regulation bzw. Regulation auf unterschiedlichen räumlichen Ebenen (scales) zu theoretisieren (Collinge 1999; Brenner 2001; MacLeod 2001; Brand/Raza 2003; Jessop et al. 2008; Scheuplein 2008). Entscheidend für meine Fragestellung ist, dass in dieser Debatte um die Ebenen der Regulation (bzw. um eine grundlegende Theoretisierung der Vielgestalt sozialräumlicher Beziehungen, wie sie Jessop et al. 28
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2008 anstreben) notwendigerweise von der sozialen Konstruiertheit der zugrunde gelegten räumlichen Einheiten ausgegangen wird. Bei der Betrachtung lokaler Akkumulationsstrategien und Regulationsweisen besteht in jedem Fall die Notwendigkeit, lokale Ökonomien von übergeordneten ökonomischen Einheiten abzugrenzen (Jessop 1997: 61). Dies bereitet allerdings einige Schwierigkeiten, denn die Grenzziehung entlang formaler und juristischer Grenzen wird niemals der komplexen Realität ökonomischer Zusammenhänge gerecht: „Any solution depends as much on the spatial imaginary and the links between state and civil society, however, as on formal territorial demarcations and the reallocation of formal legal and political powers“ (Jessop 1997: 65).
Damit ist die Frage des Maßstabs, wie sie in der Scale-Debatte gestellt wird, nicht nur für die Fokussierung der Analyse zentral. Vielmehr sind der Maßstab und die Verortung wirtschaftlicher und politischer Strategien auf bestimmten räumlichen Ebenen auch Elemente zur Strukturierung sozialer Prozesse und daher Teile dieser Prozesse (Wissen et al. 2008) – und damit auch Ansatzpunkte für widerständige und emanzipatorische Politikstrategien (Mayer 2008a, 2008b): „Scale becomes the arena and the moment, both discursively and materially, where sociospatial power relations are contested and compromises are negotiated and regulated. Scale, therefore, is both the result and outcome of social struggle for power and control“ (Swyngedouw 1997: 140).
Räumliche Konfigurationen als Grundlagen wirtschaftspolitischer Strategien sind also immer Ergebnisse von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen und damit sind räumliche Konflikte, wie Margit Mayer festhält, auch immer soziale Konflikte: „[…] spatial conflicts – no matter of which particular dimension or combination of dimensions – are always social conflicts, driven by interests and struggles for control and empowerment. Their appearance as spatial conflicts often obfuscates underlying class or social interests […]“ (Mayer 2008b: 418).
Die Konsequenz daraus ist, dass es bei der Betrachtung politischökonomischen Wandels nicht nur um die Untersuchung der Maßstabsebenen gehen kann, auf denen politische und wirtschaftliche Entscheidungen getroffen werden, sondern dass auch die Prozesse zu untersuchen sind, in denen diese Ebenen produziert werden. Dieser Fokus auf die soziale Konstruktion territorial begründeter, ökonomischer Einheiten ist grundlegend für die vorliegende Arbeit. Meiner Ansicht nach tragen 29
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die neuen Wiener Büroarchitekturen und ihre Bilder zur Formierung der Stadt Wien als „natürlicher Einheit“ wirtschaftspolitischer Steuerung und zur Prägung ihrer als Standortvorteile begriffenen Eigenschaften maßgeblich bei. Die theoretischen Grundlagen für dieses Argument werden im nächsten Kapitel weiterentwickelt (Kapitel 2.1.3). Nimmt man ein Verständnis „tendenzieller“ lokaler Regulation als konzeptionellen Rahmen für die Betrachtung politischen und ökonomischen Wandels in der Stadt muss man auch festhalten, dass der Regulationsansatz zur Kontextualisierung städtischer Entwicklung sinnvoll ist, diese aber nie allein erklären kann (vgl. Scherrer 1995; Jessop 1997: 72; Goodwin/Painter 1997; Keil/Brenner 2003). Diese begrenzte Reichweite des Regulationsansatzes in der Erklärung städtischer Entwicklung und lokaler Politik liegt an seinem Erklärungsansatz, nicht aber am Betrachtungsmaßstab. Der Regulationsansatz erklärt zugespitzt ökonomische Entwicklung durch politische, soziale und kulturelle Prozesse, die diese ökonomische Entwicklung vermitteln, stabilisieren und einschränken. Er liefert aber im Grunde genommen keine Erklärung für diese politischen, sozialen und kulturellen Prozesse. Für die Stadt im Postfordismus heißt dies, dass städtische Transformationsprozesse nicht mit dem Übergang zu einem postfordistischen Akkumulationsregime erklärt werden können: „To argue that certain contemporary changes in institutions, political practices, or cultural norms are accounted for by a shift from (for example) a fordist to a postfordist mode of regulation is to explain change by its effects (because it is the new mode of regulation that is produced by changes, rather than vice versa)“ (Painter 1997: 127).
Sinnvoll ist es, von Wechselwirkungsprozessen auszugehen, in denen die Herausbildung eines postfordistischen Regimes (für Charakteristika siehe Koch 2010: 57f.) mit ein Ergebnis dieser städtischen Transformationsprozesse ist und diese gleichzeitig befördert. In der Realität (und einer nichtfunktionalistischen Perspektive entsprechend) entwickeln sich das Objekt der Regulation, der kapitalistische Verwertungs- und Akkumulationsprozess und die jeweilige Regulationsweise parallel (Jessop 1997: 60). Das heißt, dass der lokale Staat und lokale GovernanceFormen nicht gänzlich unabhängig von ihrer Rolle in der Regulation verstanden werden können. Umgekehrt sind sie über diese Rolle aber auch nicht vollständig definiert – sie haben ihre eigenen Geschichten und Entwicklungsmuster. Diese sind nicht mit dem Regulationsansatz zu erklären, vielmehr braucht es hier stärker politikbezogene Theorien städtischer Governance und des lokalen Staates wie sie die Urban Regime30
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Theorie bietet (für einen aktuellen Überblick siehe Davies/Imbroscio 2009), stärker historisch fundierte und kulturwissenschaftlich orientierte Analysen sowie stärker empirisch fundierte Arbeiten. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist demnach nicht, den lokalen sozioökonomischen Wandel in Wien in seiner Vollständigkeit nachzuzeichnen oder zu erklären. Meine Darstellung wird vielmehr darauf abzielen, anhand wesentlicher Eckpunkte zu belegen, dass in Wien ein markanter und gezielter Kurswechsel in der Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik vollzogen wurde (Kapitel 3.2). Um meinem Anliegen, die Rolle von Architektur für die Herstellung wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge und – im Sinne des Regulationsansatzes – für die Bearbeitung gesellschaftlicher Widersprüche zu untersuchen, gerecht zu werden, wird es aber ebenso notwendig sein, den Blick auf Pfadabhängigkeiten und städtebauliche Charakteristika Wiens zu richten. Meine Betrachtung von Architektur und Stadtplanung als kulturelle und diskursive Praktiken wird daher auch die Geschichte der Stadt, ihre bauliche Struktur sowie ihre spezifische politische Kultur mit einbeziehen (Kapitel 3.1). Das methodische Problem für die Untersuchung der kulturellen und diskursiven Dimension von Regulationsprozessen ist, dass letztere über ihre Effekte definiert sind (Goodwin/Painter 1997). Aber genau diese sind schwierig zu erfassen, da es keine „Kontrollgruppe“ gibt, mit der man die Auswirkungen vergleichen könnte, und da die Wirksamkeit von Strategien und Diskursen nur schwierig zu belegen ist. Diese methodische Herausforderung stellt sich auch für diese Arbeit. Um meine These zu belegen, dass die Stadt Wien die lokalen Bürobauten dazu nutzt, eine lokale imagined economy mit zu konstruieren, wird es notwendig sein, ihre Plausibilität zu veranschaulichen, ohne dass aber ein eindeutiger Beweis zu ihrer Wirksamkeit geführt werden kann.
2.1.2 Städtewettbewerb, Stadtentwicklung und New Urban Politics Wie äußern sich die Verschiebung des ökonomischen Bezugs- und Handlungsrahmens und die Neuorganisation der globalen Wirtschaft seit Ende der 1970er-Jahre nun in der städtischen Politik? Was zeichnet die Stadtpolitik im Postfordismus aus? In der umfangreichen Literatur zu diesem Thema werden zwei wesentliche Neuerungen diskutiert (vgl. Lever 2001; Keil/Brenner 2003; Häußermann et al. 2008). Zum einen befinden sich Städte und Regionen in einer neuen Konkurrenzsituation und einem verschärften Wettbewerb, der nun nicht mehr vorrangig auf der Ebene der Nationalstaaten ausgetragen wird, sondern Städte wie Re31
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gionen weltweit gleichermaßen in Konkurrenz zueinander setzt. Zum anderen geht mit dieser Verschiebung des ökonomischen Bezugs- und Handlungsrahmens ein enormer politischer Bedeutungszuwachs von Städten einher, den diese durch aktive Wirtschaftspolitik wie auch politische Lobbyarbeit auszunutzen versuchen. Damit sind Städte keineswegs nur Betroffene von Prozessen wirtschaftlicher Globalisierung. Tatsächlich sind sie seit den 1980er-Jahren zu zentralen Orten geworden, an denen diese Prozesse initiiert und durchgesetzt werden: „Urban dynamics are, therefore, both a consequence of, and a key element in, the formation of a new global economy“ (Swyngedouw et al. 2003a: 13). So wurde auch der Neoliberalismus als hegemoniale Politikstrategie ganz wesentlich über Städte als Ziele von politischen Experimenten, institutionellen Neuerungen und ideologischer Beeinflussung der öffentlichen Meinung durchgesetzt (Brenner/Theodore 2002b: 28). Ebenso machte die Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008 und 2009 die zentrale Rolle von Städten (und städtischen Immobilienmärkten) im globalen kapitalistischen Wirtschaftssystem deutlich: Diese war zu allererst eine städtische Krise und deren augenfälligste Manifestationen waren die zur Versteigerung stehenden Häuser in den Vierteln von Detroit und die leer stehenden Bürotürme Londons. Zusammenfassend waren es vier Formen politischen und ökonomischen Strukturwandels, welche in den ehemaligen Industriestaaten Europas und Nordamerikas und ihren Städten in den vergangenen Jahrzehnten zu beobachten waren (Leitner/Sheppard 1998: 286f.): der Wandel der Wachstumssektoren der Wirtschaft und der Abbau der Industrieproduktion, die kommunikationstechnologische Revolution als Katalysator für reduzierte Kosten für Kommunikation und flexible Produktion, die institutionelle und geographische Integration der Finanzmärkte, welche die Mobilität des Finanzkapitals erhöhte, und schließlich die Transformationen in der Form politischer Governance. Mit diesem Strukturwandel gingen verschärfte Bedingungen städtischer und regionaler Konkurrenz einher, die neue Formen lokalpolitischer Aktivitäten hervorbrachten, die in der angelsächsischen Debatte der 1990er-Jahre unter dem Begriff der New Urban Politics diskutiert wurden (Cox 1993). Margit Mayer hat diese Veränderungen in lokaler Politik und Planung als „verstärkte[n] lokale[n] ökonomische[n] Interventionismus“ bezeichnet (Mayer 1996: 21). Entscheidend ist, dass dieser ökonomische Interventionismus sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Komponente besitzt. Quantitativ haben sich die kommunalen Ausgaben für wirtschaftsfördernde Maßnahmen ausgedehnt, qualitativ hat sich der Ansatz der Intervention verändert: Diese wird zunehmend auf die Förde-
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rung endogener städtischer oder regionaler Entwicklung und unternehmerischer Initiative ausgerichtet (ebd.). Ab Mitte der 1990er-Jahre wurde versucht, diesen Wandel städtischer Politik im Konzept der unternehmerischen Stadt oder entrepreneurial city (Hall/Hubbard 1996) zu fassen. Dabei ging man davon aus, dass das primäre Ziel städtischer Politik nun die „Initiierung und Stimulierung privater Kapitalakkumulation“ (Mayer 1996: 21, Hervorhebung im Original) sei und dass dazu „flexiblere Formen der Privatisierung des lokalen Staates“ (ebd.) notwendig wären. Diese Priorisierung privater Kapitalakkumulation hat seitdem in dem Maß zugenommen, in dem die öffentlichen Haushalte weiter an Einnahmen verloren haben und sich der lokale Staat als direkter Investor und Auftraggeber zurückgezogen hat. Allerdings ist die Frage umstritten, ob und wie Städte tatsächlich unternehmerisch zu handeln imstande sind. Harvey (1989) hat schon in seinem ersten Aufsatz zu unternehmerischer Governance davor gewarnt, Lokalitäten als Subjekte zu betrachten und damit Gefahr zu laufen, die Stadt mit ihren Politikern zu verwechseln. Stefan Krätke (2002: 18) etwa stellt fest, dass das Handeln kollektiver Akteure wohl eine hohe Bedeutung für die Stadt- und Regionalentwicklung habe. Gleichwohl sei es aber problematisch, bei der Analyse dieses Handelns von einem räumlich definierten und politisch-administrativen Regionen entsprechenden Kontext auszugehen, denn „wirtschaftliche Akteure strukturieren ihren räumlichen Handlungsrahmen mit Bezug auf wirtschaftlich-soziale, nicht ‚räumliche‘ Zielsetzungen“ (ebd., Hervorhebung im Original). Auch in den Beiträgen des Bandes Entrepreneurial Cities von Hall und Hubbard (1998) wird die mangelnde theoretische Fundierung des Konzepts der unternehmerischen Stadt betont und die allzu einfache Gleichsetzung von Städten mit Unternehmen problematisiert (z.B. Jessop 1998; Leitner/Sheppard 1998; Painter 1998). Jessop (1998) konstatiert beispielsweise, dass sich die unternehmerische Strategie einer Stadt vielfach lediglich auf der Ebene der Rhetorik und des Stadtmarketings manifestiert, während entsprechende strukturelle Veränderungen auf der Ebene der Institutionen und Organisationen wesentlich seltener durchgesetzt werden. Theoretisch wurde das Konzept der unternehmerischen Stadt aufgrund dieser konzeptionellen Mängel zuletzt nicht weiter verfolgt (obwohl siehe Cronin/Hetherington 2008). Ungeachtet dessen wird in den Debatten um den weltweiten Städtewettbewerb sowie neue außen- und wachstumsorientierte Stadtentwicklungsstrategien das Agieren der Stadt als ein kollektiver Akteur natürlich völlig selbstverständlich vorausgesetzt. Im neo-weberianischen Ansatz von Le Galès (2002) wird die Fähigkeit der Stadt als kollektiver Akteur zu handeln sogar als cha-
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rakteristische Eigenschaft der europäischen gegenüber der nordamerikanischen Stadt definiert (Koch 2010: 40). Sieht man von diesen offenen theoretischen Fragen ab, lassen sich drei zentrale Aspekte festhalten, durch welche die neuen Stadtentwicklungsstrategien in den ehemaligen Industriestaaten Europas und Nordamerikas im Postfordismus charakterisiert werden können und vor deren Hintergrund der politisch-ökonomische Wandel in Wien bewertet werden muss. Erstens wird in der Literatur auf die neuen Formen urbaner Governance hingewiesen, die wesentlich durch die zunehmende Einbindung nichtstaatlicher Akteure in städtische Politik und die Berücksichtigung ihrer Interessen gekennzeichnet sind (Healey 1997; John 2001; Brenner 2004; Heinelt/Kübler 2005; Häußermann et al. 2008: 246-300). Mit dieser Governance im engeren Sinne des Begriffes (der auf dem Gegensatz zwischen Government als aktiver Steuerung durch autonome Tätigkeit und Governance als Steuerung durch netzwerkartiges Zusammenwirken öffentlicher und privater Akteure beruht; für einen aktuellen Überblick über unterschiedliche Governance-Begriffe siehe Koch 2010: 71-78) gehen neue formale Strukturen, ein kooperativer Politikstil und pluralistische Verhandlungssysteme, die mehr oder weniger exklusiv und zugänglich sein können, einher. Neu daran ist, dass Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse zunehmend außerhalb der traditionellen Strukturen kommunaler Politik stattfinden (Mayer 1996: 21). Städtische Politik kann nicht mehr als hierarchischer Prozess interpretiert werden, in dem Entscheidungen lokaler Politiker durch den öffentlichen Verwaltungsapparat direkt in soziale und ökonomische Effekte umgesetzt werden. Zweitens wird betont, dass Wettbewerbsfähigkeit heute verstärkt durch außer-ökonomische Faktoren begründet ist. Am sichtbarsten wird dies in der Prominenz des Begriffes der creative cities (Landry 2008) und der hohen Bedeutung, die den creative industries in den wirtschaftspolitischen Förderprogrammen vieler Städte eingeräumt wird. Die Basis für diesen Fokus auf außer-ökonomische Faktoren wie die Lebensqualität in der Stadt, das kulturelle Angebot oder die Dichte an sozialen Beziehungen und informellen Netzwerken bildet die institutionelle Wende in den Regionalwissenschaften. Dabei wurde das Augenmerk auf die Bedeutung der spezifischen Milieus, der institutionellen Dichte (institutional thickness) und des sozialen Kapitals einer Region für seine Wettbewerbsfähigkeit gelenkt (Cars et al. 2002; Amin/Thrift 2004). Die realpolitische Konsequenz dieser Erweiterung der ökonomischen Sphäre ist allerdings die Kommerzialisierung immer weiterer Bereiche des städtischen Lebens und der kulturellen Aktivitäten in der Stadt.
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Drittens, und dies ist für meine Fragestellung besonders wichtig, wird im Zusammenhang mit den beiden vorherigen Punkten insbesondere die enorm gewachsene Bedeutung der diskursiven Strategien der Politikvermittlung unterstrichen, wie sie in den neuen Imagepolitiken und Stadtmarketingaktivitäten (Kearns/Philo 1993; Stöber 2007; Greenberg 2008; Thierstein/Förster 2008; Pasotti 2009) und der Vielzahl an entsprechenden Handbüchern und Ratgebern für die Praxis (z.B. Putz 2008; Rainisto 2009) deutlich wird. In den neuen pluralistischen Verhandlungssystemen ist die Beeinflussung von Akteuren und Entscheidungsträgern innerhalb und außerhalb der Stadt durch öffentliche Meinungsbildung ein wesentliches Ziel der Politik. Gleichzeitig ist die Stilisierung ökonomischer wie nichtökonomischer Aspekte der Stadt zu spezifischen Standortvorteilen auch abhängig von der effektiven (medialen) Vermittlung, Zuspitzung und Mythisierung. Nur vor diesem Hintergrund einer auf Öffentlichkeitswirksamkeit und Medienpräsenz angelegten Politikstrategie wird die Relevanz öffentlichkeitswirksamer Darstellungen von Architektur durch Stadtregierung und -verwaltung, wie sie hier am Beispiel Wiens untersucht werden, verständlich. Diese Darstellungen dienen eben nicht rein illustrativen oder gestalterischen Zwecken, sondern werden selbstverständlich ebenfalls dazu eingesetzt, Botschaften zu transportieren. So kann das Bemühen um imagineering als Image bildende und Image verändernde Maßnahmen als zentrales Element unternehmerischer Governance gesehen werden (Short 1999). Wiederholt wurde allerdings festgestellt, dass sich bemerkenswerte Ähnlichkeiten im projektierten Image von Städten feststellen lassen und Stadtmarketingstrategien generische und repetitive Züge aufweisen (Holcomb 1994; Short/Yeong-Hyun 1998: 60; Paul 2004; Mattissek 2008). Abgesehen von diesen drei grundsätzlichen Charakteristika der New Urban Politics gibt es eine Reihe konkreter politischer Maßnahmen, die typisch für neue außen- und wachstumsorientierte Stadtpolitik sind. Dies sind neue Formen des Standortmarketings und der Unternehmensförderung durch Gründerinitiativen, Clusterbildung und Innovationsanreize, zuletzt insbesondere auch auf dem Sektor der Kreativwirtschaft. Des Weiteren gehört dazu der Umbau der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, indem die traditionell wohlfahrtsstaatliche Verteilungspolitik abgebaut bzw. im US-Raum durch beschäftigungs- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ersetzt wird sowie indem nichtstaatliche Organisationen in die Erbringung kollektiver Dienstleistungen eingebunden werden. Schließlich sind auch die Initiierung und zum Teil massive Unterstützung von baulichen Großprojekten und die gleichzeitige Fokussierung der Tourismuspolitik auf das Eventmarketing und die Inszenierung des Stadtraumes (Häußermann/Siebel 1993) typische Elemente neuer Stadt35
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politik. Auch wenn hier einige Gemeinsamkeiten gegenwärtiger Stadtpolitiken betont wurden, ist trotzdem festzuhalten, dass ihre lokale Ausprägung sehr unterschiedlich sein kann. Zwischen den USA und europäischen Staaten gibt es hier fundamentale Unterschiede, die durch die jeweiligen politischen Systeme und städtischen Kulturen begründet sind. Für die europäische Stadt wird insbesondere auf die traditionell starke Rolle der Stadtverwaltungen und im Zusammenhang damit auf die immer noch größere Handlungsfähigkeit der europäischen Stadt gegenüber der nordamerikanischen Stadt etwa im Bereich der Stadtplanung hingewiesen (Le Galès 2002; Häußermann/Haila 2005). Für das Wiener Beispiel gilt, wie zu sehen sein wird, dass unternehmerische Strategien auf der Ebene der Rhetorik und des Stadtmarketings weitgehend übernommen wurden. Gleichzeitig stellt das über den größten Teil des vergangenen Jahrhunderts sozialdemokratisch regierte Wien in Bezug auf die starke Rolle der lokalen Regierung und der städtischen Verwaltung noch immer einen Prototyp der europäischen Stadt dar. Allerdings wurde mit dem Umbau der städtischen Betriebe und der Verwaltung, mit der Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung und der Einführung neuer Stadtplanungsinstrumente tatsächlich auch eine Reihe politischer Maßnahmen im Sinne eines stärkeren ökonomischen Interventionismus und der Priorisierung privater Kapitalakkumulation umgesetzt (vgl. Kapitel 3.2). Bei der Betrachtung des wirtschaftspolitischen Kurswechsels in Wien ist daher eine differenzierte Analyse notwendig, die zwischen tatsächlich umgesetzten Entscheidungen sowie den vermittelnden und rechtfertigenden Diskursen unterscheidet. Der lokale politische Wandel in Wien ist letztlich höchst widersprüchlich und für einzelne Politikfelder und Ressorts in unterschiedlichem Maß gültig.
2.1.3 Economic Imaginaries Bob Jessop hat schon seit längerem auf die zentrale Rolle diskursiver Bedeutungsproduktion für Regulationsprozesse und die Herstellung von Hegemonie hingewiesen (Jessop 1997, 1998, 2003, 2004). Er argumentiert, dass lokale Ökonomien als Objekte von Regulation und Governance wie auch als Subjekte einer wettbewerbsorientierten Politik nicht „natürlich“ gegeben seien, sondern (auch) auf diskursiver Ebene geschaffen werden müssten – was nicht gleichzusetzen ist mit dem oben erwähnten Argument, dass unternehmerische Stadtpolitik vielfach allein auf der Ebene der Rhetorik und der symbolischen Politik ansetzt. Die diskursive Konstitution einer lokalen Ökonomie ist vielmehr eine Notwendigkeit, die sich aus der Unzugänglichkeit realer ökonomischer Prozesse ergibt. Sowohl die überlokale Ökonomie als auch das außerökonomische lokale 36
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Umfeld sind komplexer als es lokale Akteure erfassen können, insbesondere in Echtzeit, und sind damit einer vollständigen Kontrolle nicht zugänglich. Je mehr sich heute ökonomische und ökonomisch relevante Aktivitäten über vielfache räumliche Ebenen erstrecken und die Interdependenzen zunehmen, beruht die Abgrenzung „autonomer“ ökonomischer Einheiten immer auf Interpretation und selektiver Wahrnehmung. „Thus, we must direct attention to the role of the spatial imaginary and economic narratives or discourses in demarcating the local economic space within an imagined community of economic interests from the seamless web of a changing global-regional-national-local nexus“ (Jessop 1997: 61).
Es geht also darum, lokale Ökonomien von übergeordneten ökonomischen Einheiten aber auch vom außerökonomischen lokalen Umfeld (Zivilgesellschaft, politisches System, Wohlfahrtsstaat, Ausbildungssystem, religiöse Institutionen etc.) abzugrenzen (Jessop 1997: 60). Diese diskursive Ebene hat, wie oben schon angesprochen, aufgrund der Zunahme und Professionalisierung von PR- und Marketingaktivitäten von Städten und Regionen sowie der Verlagerung politischer Auseinandersetzungen auf die symbolische Ebene an Bedeutung gewonnen. Die Selbstdarstellung und die Vermarktung der Stadt auf unterschiedlichsten Ebenen und mit unterschiedlichsten Zielgruppen befördert die Herausbildung derartiger Narrative und Bilder, die auf lokalen Mythen und der interpretierten Geschichte der Stadt aufbauen. Unternehmerische Stadtpolitik im weitesten Sinn baut nach Jessop daher immer auf der Konstitution einer imagined economy auf: „The basis of competitive strategies in this regard is always and necessarily an ‚imagined‘ economy. The constitution of an economy involves its discursive construction as a distinctive object (of analysis, regulation, governance, conquest or other practices) with definite boundaries, economic and extraeconomic conditions of existence, typical economic agents and extraeconomic stakeholders and an overall dynamic. The struggles to constitute specific economies as subjects, sites and stakes of competition typically involve manipulation of power and knowledge in order to establish recognition of their boundaries and geometries“ (Jessop 1998: 90f.).
Mit dem Konzept der ökonomischen Vorstellungswelten (economic imaginaries) geht Jessop (2003, 2004) über diese Frage der diskursiven Konstitution lokaler Ökonomien noch hinaus. Er argumentiert im Sinne Antonio Gramscis, dass das Entstehen und die Festigung eines neuen Akkumulationsregimes nicht nur durch technische Neuerungen, durch Veränderungen in den Produktionsprozessen und im engeren Sinn durch 37
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wirtschaftspolitische Maßnahmen abgesichert werden, sondern auch eine gesellschaftliche Neuordnung im Sinne der zugrunde liegenden Werte, Ziele und Normen bedingen. In diesem Prozess der Artikulation und „Vergesellschaftung“ eines Akkumulationsregimes und dessen Regulationsweise kommt nach Jessop einer „neuen ökonomischen Vorstellungswelt“ (2003: 97) eine Schlüsselrolle zu. „Diese findet in spezifischen Anordnungen von Sozialbeziehungen ihren sozialen, materiellen und raum-zeitlichen Handlungsrahmen und ordnet der Wirtschaft als dem Objekt von Regulierung spezifische Grenzen, Existenzbedingungen, repräsentative Wirtschaftsakteure, Tendenzen und Gegentendenzen sowie eine charakteristische und umfassende Dynamik zu“ (ebd.).
Es gibt also vielfältige ökonomische Vorstellungswelten auf unterschiedlichsten Ebenen. Mittelfristig und langfristig setzen sich aber nur jene durch, die soziale Kohärenz gewährleisten und die auch in ausreichendem Maß plausibel sind, indem sie mit subjektiven Erfahrungen und individuellen Vorstellungswelten relevanter sozialer Gruppen übereinstimmen. Gleichzeitig ist eine ökonomische Vorstellungswelt nach Jessop immer nur teilweise konstituiert. Es gibt immer verbleibende, irrelevante, transitorische, marginale, widerspenstige und offen widersprüchliche Elemente darin (Jessop 2004: 6). Der Etablierung einer neuen ökonomischen Vorstellungswelt gehen Kämpfe um Definitionsmacht und Deutungshoheit voraus, bei denen es sowohl um die Neudefinition bestimmter Ökonomien (als Subjekte, geographische Orte und/oder Objekte der Regulation) als auch um die Verallgemeinerung von Produktions- und Konsumnormen geht. Als gegenwärtiger hegemonialer Diskurs hat sich nach Jessop die „wissensbasierte Ökonomie“ (knowledge-based economy) etabliert (Jessop 2003: 100f.), welche derzeit auf verschiedenen maßstäblichen Ebenen politische, intellektuelle und moralische Auseinandersetzungen rahmt und konkrete technologisch-wirtschaftliche Reformen anleitet. Mit seinem Konzept der economic imaginaries geht Jessop also über den Regulationsansatz hinaus und versucht, im Rahmen der Cultural Political Economy (2004) ein konkretes Instrumentarium zur Analyse der diskursiven Ebene ökonomischer Aktivitäten anzubieten, indem er Konzepte und Methoden der kritischen Politischen Ökonomie und der kritischen Diskursanalyse verbindet. Das Interesse an der kulturellen und diskursiven Vermitteltheit und Bedingtheit ökonomischer Prozesse teilt Jessop mit den Arbeiten von Lash/Urry (1994) und Ray/Sayer (1999) sowie mit jüngeren Arbeiten im Bereich der Cultural Economy (du Gay/Pryke 2002; Hesmondhalgh 2002; Environment and Planning D 2003; Amin/Thrift 2004). Letztere versuchen ebenfalls den traditionellen 38
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Dualismus zwischen Kultur und Ökonomie zu überwinden, indem sie die Konstruktion ökonomischer Realität „the ways in which the ‚making up‘ or ‚construction‘ of economic realities is undertaken and achieved” (du Gay/Pryke 2002: 5) als eine Frage kultureller Praktiken untersuchen. Im Vergleich zur kultursoziologischen Perspektive von du Gay und Pryke (2002) und Ray and Sayer (1999) argumentiert Jessop allerdings stärker gesellschaftstheoretisch. Er schreibt ökonomischen Vorstellungswelten Wirkungsmächtigkeit zu, indem diese mit ihrer Etablierung die ökonomischen Verhältnisse und Mittel, auf denen sie aufbauen, verändern: „[…] where an imaginary is successfully operationalized and institutionalized, it transforms and naturalizes these elements and instrumentalities into the moments of a specific economy with specific emergent properties. For economic imaginaries identify, privilege, and seek to stabilize some economic activities from the totality of economic relations and transform them into objects of observation, calculation, and governance“ (Jessop 2004: 8).
Die Herausforderung für die konzeptionelle und empirische Anwendung der economic imaginaries liegt darin, eben diese Wirkungsmächtigkeit nachzuweisen und die Wechselwirkungen zwischen materiellen und sozialen Verhältnissen auf der einen Seite und ihrer diskursiven Repräsentation auf der anderen Seite analytisch und methodisch zu fassen. In Anlehnung an die kritische Diskursanalyse Norman Faircloughs (2003) hat Jessop versucht, die Prozesse, in denen sich hegemoniale Großerzählungen herausbilden, mit evolutionstheoretischen Begriffen als eine Abfolge von Variation, Selektion und Verankerung zu beschreiben (Jessop 2004: 10f.). Auch wenn diese Abfolge, in der einzelne Diskurse ausgewählt, einverleibt und objektiviert, durch Alltagspraktiken verstärkt und schließlich durch relevante soziale Gruppen selektiv genutzt und beibehalten werden, grundsätzlich plausibel scheint, ist dies der am wenigsten überzeugende Teil des Konzeptes. Zum einen fehlen detailliertere Ausführungen, methodische Aspekte und empirische Beispiele. Zum anderen steht die evolutionstheoretische Begrifflichkeit im Widerspruch oder zumindest in deutlichem Kontrast zu der auf Gramsci aufbauenden hegemonietheoretischen Konzeption der ökonomischen Vorstellungswelten. Für meine Untersuchung müssen sich daher andere Methoden finden, um gesellschaftliche Bedeutungsproduktion und politische Ökonomie zu verbinden. Dies gilt umso mehr, als nicht sprachlich vermittelte Kommunikation und Herstellung von Bedeutung, wie ich sie anhand von Architektur und ihrer Bilder untersuche, wesentlich schwieriger zu erfassen sind als sprachliche Kommunikation, und es dazu methodisch 39
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weit weniger Vorlagen gibt. Es bedarf also einer Verbindung des Jessopschen Konzeptes mit diskurswissenschaftlichen und bildwissenschaftlichen Ansätzen; dazu mehr im Kapitel 2.3.2. Zusammenfassend liegt die Relevanz der Jessopschen Argumentation für die vorliegende Arbeit in ihrem Hinweis auf die diskursive Konstruktion lokaler Ökonomien sowie die potenzielle Wirkungsmächtigkeit der ökonomischen Vorstellungswelten, die Handlungshorizonte und Handlungslogiken beeinflussen. Wichtig ist, dass diese ökonomischen Vorstellungswelten als Sinnordnungen sowohl ökonomische als auch außerökonomische Aspekte einbeziehen, sie in Bezug zueinander setzen und ordnen – nur deshalb kann Architektur als Bedeutungsträger eingesetzt werden. Architektur verweist auf ökonomische, aber ebenso auf soziale und kulturelle Ordnungen und Symbolsysteme, die ineinander greifen und in ihrem Zusammenwirken Erklärungsmuster für das Funktionieren städtischer Ökonomien anbieten. Kritisch lässt sich allerdings feststellen, dass Jessop bei der diskursiven Konstruktion lokaler Ökonomien bzw. ökonomischer Vorstellungswelten im Allgemeinen darauf verzichtet, eine raumtheoretische Interpretation anzuschließen. Seine Argumentation ist im Prinzip „raumlos“ gedacht, da er die strukturierende Wirkung von Raum und gebauter Umwelt in der Herausbildung von economic imaginaries nicht berücksichtigt. Jessop hat zwar an anderen Stellen vielfach zur Scale-Debatte beigetragen und dabei die komplexe Formation sozialräumlicher Verhältnisse auf unterschiedlichen scales theoretisch zu fassen gesucht (z.B. Jessop et al. 2008; Jessop 2009). Jedoch nehmen diese Beiträge zum einen auf seine Argumentation hinsichtlich der diskursiven Konstruktion lokaler Ökonomien und ökonomischer Vorstellungswelten keinen Bezug und zum anderen bleiben sie in ihrem Verständnis des Raumes und der gebauten Umwelt auf einem abstrakten Niveau, auf dem Architektur nicht als Bedeutungsträger zu fassen ist. Diese fehlende Bezugnahme auf den tatsächlich gebauten Stadtraum erstaunt, weil zumindest für die diskursive Konstruktion städtischer Ökonomien der Stadtraum, wie er erfahren und vermittelt wird, eine nahe liegende Referenz wäre. Vorstellungen von städtischer Ökonomie und Konzeptionen der Stadt als ein Akteur im Städtewettbewerb werden ja zumeist nicht nur abstrakt bzw. sprachlich vermittelt, sondern erfahren auch eine Vergegenständlichung durch bauliche Strukturen, Monumente und Stadtbilder. Die Herausforderung für die vorliegende Arbeit ist daher, die Jessopsche Konzeption der ökonomischen Vorstellungswelten raumtheoretisch zu fundieren und dazu empirische Befunde zu liefern.
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Ein weiterer Kritikpunkt an der Argumentation Jessops ist seine an manchen Stellen deutlich werdende doppelte Sicht auf die Stadt als Subjekt wirtschaftspolitischen Handelns und Objekt wirtschaftspolitischer Strategien gleichermaßen. So geht Jessop prinzipiell von der notwendigen diskursiven Konstitution lokaler Ökonomien aus, deren Grenzen, Eigenschaften und Dynamiken diskursiv verhandelt werden (1998: 90f.). Gleichzeitig stellt er fest, dass diese Ökonomien als Subjekte, Orte und Ziele des Wettbewerbs gleichermaßen (ebd.) konstituiert werden. Tatsächlich mag auch in der Praxis des Stadtmarketings und der städtischen Öffentlichkeitsarbeit diese Grenze zwischen der Darstellung der Stadt bzw. der Stadtökonomie als einem Objekt politischer Strategien auf der einen und einem Subjekt politischer Steuerung auf der anderen Seite verschwimmen. Für die vorliegende Untersuchung ist dieser Unterschied jedoch von Relevanz, da hier unterschiedliche Argumentationslogiken Anwendung finden und das eine nicht zwangsweise mit dem anderen einhergehen muss. Die diskursive Konstruktion der Stadtökonomie als ein territorial und strukturell begründetes Objekt bedingt nicht notwendigerweise die Konstruktion der Stadt als ein kollektiver Akteur und umgekehrt.
2.1.4 Zusammenfassung Aus der Diskussion der Postfordismus-Debatte und des Regulationsansatzes haben sich einige Punkte ergeben, die es festzuhalten gilt: Einem weiten und nichtfunktionalistischen Verständnis des Regulationsansatzes folgend, liegt die Aufmerksamkeit nicht mehr auf der Frage der eindeutigen Abgrenzung eines postfordistischen Akkumulationsregimes, sondern auf der Prozesshaftigkeit der Regulation und den dabei wirksamen kulturellen und diskursiven Praktiken. Beim Blick auf die Ebene der Stadt und die Frage lokaler Regulation muss einerseits die Abhängigkeit lokaler Ökonomien von übergeordneten Einheiten betont werden. Andererseits wurde die Verlagerung der Regulationsprozesse von nationalen auf lokale, regionale oder übernationale Ebenen vielfach beschrieben und diskutiert. Lokale Regulation findet also statt, auch wenn sie eher als „tendenziell“, denn als abgeschlossen oder unabhängig zu begreifen ist. Mit der Verlagerung der Akkumulations- wie auch Regulationsprozesse auf subnationale sowie übernationale Ebenen haben sich neue Orte als „natürliche“ Einheiten ökonomischer Verwaltung, Regulation und Governance herausgebildet. Städte nehmen dabei eine herausragende Position ein. Diese Herausbildung neuer maßstäblicher Ebenen, auf denen politische und ökonomische Prozesse verhandelt werden, ist aber 41
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immer konfliktiv und Ergebnis von Aushandlungsprozessen und Kämpfen. So wie scale also nie einfach gegeben, sondern immer sozial konstruiert ist, sind auch territorial begründete ökonomische Einheiten als Grundlage von Analyse, Steuerung und Strategie immer ein soziales und diskursives Konstrukt. Die Relevanz des Jessopschen Konzepts der economic imaginaries für die vorliegende Arbeit liegt darin, diese diskursive Konstruktion lokaler Ökonomien konzeptionell zu fassen sowie auf die potenzielle Wirkungsmächtigkeit dieser Art der Bedeutungsproduktion hinzuweisen. Jessop geht mit diesem Entwurf einer Cultural Political Economy über den Regulationsansatz hinaus und bezieht Prozesse gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion in die Analyse kapitalistischer Vergesellschaftung mit ein. Ein Manko sehe ich darin, dass Jessop die strukturierende Wirkung von Raum und gebauter Umwelt für die Herausbildung von economic imaginaries nicht aufgreift. Er begreift die diskursive Konstitution lokaler Ökonomien zwar als notwendige Abstraktion, um zu komplexen ökonomischen Prozessen Zugang zu finden und darin einen Sinn zu erkennen. Diesen Abstraktionsvorgang versteht Jessop aber letztlich als rein sprachlich vermittelt, was sich auch an der starken Orientierung an Norman Fairclough und der angelsächsischen Critical Discourse Analysis zeigt. Das theoretische Ziel der Arbeit ist es daher, das Konzept der ökonomischen Vorstellungswelten auf der einen Seite mit der „sinnstiftenden“ Wirksamkeit von Raum und architektonischem Objekt auf der anderen Seite zu verbinden. Dies bedeutet allerdings nicht, raumdeterministisch zu argumentieren und lokale ökonomische Vorstellungswelten an räumlich abgrenzbare Territorien zu binden. Vielmehr soll gezeigt werden, dass Architektur als Bedeutungsträger für das „System“ Stadtwirtschaft fungiert und als solcher auch in der diskursiven Vermittlung ökonomischer Deutungszusammenhänge eingesetzt wird – dies geschieht hier aber nie allein sprachlich, sondern zumeist auch visuell und teilweise sogar hauptsächlich über den Einsatz von Bildern.
2 . 2 Ar c h i t e k t u r i n d e r k a p i t a l i s t i s c h e n S t a d t Um die Rolle architektonischer Objekte für die Durchsetzung wirtschaftspolitischen Wandels in der Stadt und bei Prozessen gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion zu untersuchen, ist es notwendig, die Beiträge kritischer Stadtforschung zu betrachten, deren Autoren sich speziell mit Fragen der gebauten Umwelt, der Stadtentwicklung und der Architektur befassen: Wie wird die Produktion der gebauten Umwelt 42
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theoretisch gefasst? Welche strukturalistischen und welche stärker handlungstheoretischen Ansätze gibt es hierzu? Von Relevanz sind theoretische Ansätze zur politisch-ökonomischen Theoretisierung des städtischen Raumes, stärker deskriptive Beiträge zum sozialräumlichen Wandel der Stadt im Kontext von Globalisierungsprozessen und Untersuchungen zur Internationalisierung der Architekturproduktion und deren Folgen. Im Folgenden wird diskutiert, in welcher Weise diese Arbeiten die Frage der Architektur und ihrer Bedeutung behandeln und welche konzeptionellen Anleitungen sie für meine Fragestellung liefern.
2.2.1 Bauen: globale Entbettung und lokale Verankerung Architekturproduktion und Immobilienwirtschaft unterliegen im Kontext einer internationalisierten Weltwirtschaft heute zwei gegensätzlichen Bedingungen: der Unterordnung unter das Kalkül globalen Immobilieninvestments und die Interessen multinationaler Unternehmen einerseits und der nach wie vor unveränderten Abhängigkeit der in den Bauprozess involvierten Akteure von lokalen Netzwerken und intimen Kenntnissen von ortsspezifischen Bedingungen und behördlichen Auflagen andererseits. Diese gegensätzlichen Bedingungen prägen gegenwärtig in hohem Maß die Entwicklung großmaßstäblicher Bauprojekte in der Stadt. Gerade bei Büroarchitekturen kommen beide Bedingungen besonders zum Tragen. Büroimmobilien bilden den Sektor des Immobilienmarktes mit dem höchsten Anteil institutioneller Investoren. Sie werden in hohem Maß an internationalen Standards ausgerichtet, um für diese Investoren als Käufer, aber auch für multinationale Unternehmen als Mieter interessant zu sein. Diese Logik globalen Immobilieninvestments ist nur unter Rückgriff auf die politisch-ökonomische Theoretisierung des (städtischen) Raumes von David Harvey (u.a. 1985) zu erklären. Nach Harvey manifestieren sich die inneren Widersprüche des Kapitalismus auch im beständigen Auf- und Umbau der physischen Landschaft. In Zeiten der Überakkumulation1 und sinkender Profitraten wird verstärkt Kapital in die gebaute Umwelt investiert. Dieser spatial fix (Harvey 2001: 338) 1
Zum Begriff der Überakkumulation: Da der Zweck kapitalistischer Produktion die ununterbrochene Vermehrung des Kapitals ist, stellt Wachstum eine zweischneidige Angelegenheit dar. Je mehr Kapital bereits angehäuft ist, desto schwieriger ist es, dies bei steigender Profitrate weiter zu vermehren. Großes Wachstum führt daher zu einer die normalen Investitionsmöglichkeiten überschreitenden Akkumulation, also zur Überakkumulation. Diese kann sich in einem Überschuss an Geldkapital, Produktionskapazitäten, Produktion oder Arbeitskräften (Arbeitslosigkeit) manifestieren oder in einer Kombination dieser Faktoren (Harvey 2001: 316). 43
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stellt allerdings nur eine temporäre Lösung für die periodisch auftretenden Überakkumulationskrisen dar. Wenn keine produktive Nutzung (mehr) gefunden wird, dann geht der Tauschwert des Objekts verloren und das investierte Kapital wird abgewertet; dies ist aufgrund der Langlebigkeit von gebauten Objekten, die bestimmte Nutzungsmuster weit über den Zeitpunkt ihrer Errichtung hinaus bedingen, sehr wahrscheinlich. Nur durch diese Abwertung bzw. die Zerstörung und Adaptierung bestehender Strukturen werden neue Investitionsmöglichkeiten erschlossen. Periodische Abwertungen von Vermögensbeständen in Immobilien, wie wir sie auch in der jüngsten Wirtschaftskrise 2008 und 2009 erleben konnten, sind also nach Harvey notwendiger Bestandteil kapitalistischer Stadtentwicklung. „Capitalist development has therefore to negotiate a knife-edge path between preserving the exchange values of past capitalist investments in the built environment and destroying the value of these investments in order to open up fresh room for accumulation. Under capitalism there is, then, a perpetual struggle in which capital builds a physical landscape appropriate to its own condition at a particular moment of time, only to have to destroy it, usually in the course of a crisis, at a subsequent point in time. The temporal and geographical ebb and flow of investment in the built environment can be understood only in terms of such a process“ (Harvey 1985: 25).
Neu ist allerdings die zunehmende Abhängigkeit der Immobilienmärkte von den Finanzmärkten, wie sie seit den 1990er-Jahren zu beobachten ist, und nur darüber erklärt sich auch die jüngste Krise (Aalbers 2009). Zum einen wurde die Immobilie durch die „Verbriefung“ (securitization) zu einem handelbaren Gut und zur Wertanlage (Logan 1993), zum anderen haben die Deregulierung und die Integration der Finanzmärkte auch die Internationalisierung der Immobilienmärkte begünstigt (Lizieri 1991; Coakley 1994). Dabei wurden Immobilienmärkte durch die Investitionen institutioneller Anleger, welche Risiken auf den Finanzmärkten durch weniger volatile Immobilieninvestments auszugleichen versuchten, stärker an die Entwicklung der Finanzmärkte gebunden (Knight et al. 2005; Cauchie/Hoesli 2006). Der massive Kapitalzufluss, den immobiliengestützte Anlageformen wie Immobilienfonds und Immobilienaktiengesellschaften in den 1990er und 2000er-Jahren zu verzeichnen hatten (Heeg 2008: 80f.), war letztlich ein Zeichen der herrschenden Überakkumulationskrise und der Suche nach einem spatial fix. Allerdings führten die Menge des verfügbaren Kapitals und der hohe Verwertungsdruck bald zu einer Knappheit geeigneter Investitionsobjekte auf den etablierten Märkten für Büroflächen.
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Dies hatte sowohl die Erweiterung des Aktionsradius der internationalen Immobilienakteure und die Erschließung neuer lokaler Märkte als auch die Schaffung neuer Investmentformen und die Verwertung neuer Gebäudetypen zur Folge (Heeg 2004). So wurden und werden neben Bürobauten immer mehr auch Wohnungen, gewerbliche Immobilien oder Verwaltungsbauten zu Investitionsobjekten für institutionelle Anleger. Infolge der internationalen Wirtschafts- und Finanzmarktkrise ist der Kapitalzufluss seit dem Jahr 2009 allerdings eingebrochen, die städtischen Immobilienmärkte hatten weltweit drastische Wertverluste zu verzeichnen und die Leerstandsraten sind stark gestiegen. Dieser erhöhten Abhängigkeit des Immobiliendevelopments von globalen Investment- und Finanzmarktlogiken stehen jedoch Befunde gegenüber, nach deren Aussage die einzelnen immobilienwirtschaftlichen Akteure in sehr unterschiedlichem Ausmaß international tätig sind. Vielfach sind intensive Verhandlungen mit lokalen Behörden und die Unterstützung durch politische Entscheidungsträger notwendig, um Baugenehmigungen für Großbüroimmobilien zu erwirken. Zudem erfordert der hohe Profitdruck im Development von Büroimmobilien in der Regel das maximale Ausreizen von lokalen Baubestimmungen. Während der Investmentmarkt in der Regel am stärksten internationalisiert ist, bauen Makler und insbesondere Architekten und Developer daher immer noch stark auf lokales Wissen, langjährige Kenntnis lokaler Kontexte und die Einbindung in informelle, lokale Netzwerke (de Magalhãs 1999; Beauregard 2005; Sajor 2005; Charney 2007a; Faulconbridge 2009). Dies hat mit dem grundsätzlich lokalen Charakter der Immobilie zu tun, die per Definition immobil und nicht transferierbar ist und deren Herstellungsprozesse im Allgemeinen komplex, langwierig und vergleichsweise kapitalintensiv sind (Fainstein 1994; Charney 2007a). Zudem ist die Arbeit von Architekten von einer Vielzahl externer Einflussfaktoren politischer und wirtschaftlicher Art abhängig, was die intime Kenntnis lokaler Rahmenbedingungen notwendig und Architektur zu einer „heteronomen“ Praxis macht (Larson 1993: 5). Schließlich gilt architektonisches Wissen aufgrund des praktischen, projektbasierten und ortsspezifischen Charakters von Entwurf und baulicher Umsetzung als wenig formalisiert und tendenziell personalisiert, was sowohl den strukturierten Austausch als auch die systematische Analyse erschwert (Duffy/Hutton 1998; Robinson 2001; Heylighen et al. 2007). Auch wenn mittlerweile die großen Ingenieurs- und Architekturbüros weltweit mit Bürostandorten vertreten sind und sich ein globales Netzwerk internationaler Architekturtätigkeit formiert hat (Knox/Taylor 2005), bleibt das lokal verankerte Wissen in der Praxis unentbehrlich. So werden für internationale Projekte meist lokale Partnerbüros engagiert oder einzelne 45
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ortsansässige Architekten mit Kontakten zu örtlichen Behörden und Kenntnissen lokaler Baubestimmungen für das jeweilige Projekt eingestellt. Die Regulierung der Architekturproduktion ist immer noch von lokal spezifischen politisch-ökonomischen Konstellationen abhängig (siehe auch die Beiträge der Urban Studies Ausgabe 46.12: Regulating Design: The Practices of Architecture, Governance and Control, insb. Dovey et al. 2009; Imrie/Street 2009; Jones 2009). Um diesen Besonderheiten von Immobilienmarkt und Architekturproduktion gerecht zu werden, müssen also die lokal spezifischen Rahmenbedingungen beachtet werden, welche die Planungs- und Bauprozesse bestimmen – was bei Harvey nicht thematisiert wird. Aufbauend auf dem Regulationsansatz gibt es den Versuch, mit dem Konzept des Territorialverhältnisses einen stärker akteurs- und institutionszentrierten Blick auf die Prozesse zu werfen, in denen die gebaute Umgebung entsteht (Schmid 2003). Dabei werden die kollektiven Aushandlungsprozesse zur Entwicklung und Nutzung eines Territoriums als ein soziales Verhältnis im Sinne der Regulationstheorie begriffen. Dieses beruht auf der Identifizierbarkeit bestimmter, dauerhafter Akteurskonstellationen mit bestimmten Handlungsspielräumen innerhalb eines durch entsprechende Regeln, Normen und institutionalisierte Abläufe konstituierten Feldes. „Die Identifikation eines sozialen Verhältnisses bedeutet, in den Myriaden von alltäglichen sozialen Akten die Regelmäßigkeit von bestimmten sozialen Praktika zu bezeichnen“ (Schmid 2003: 234). Eine ähnliche Argumentation verfolgen institutionelle Ansätze wie die „structures of building provision“ von Michael Ball (1986) oder Arbeiten von Patsy Healey (z.B. Healey/Barrett 1990). Das heißt anschaulich: Bautätigkeit ist geregelt. Es kommen Gesetze und Normen zur Anwendung, deren Einhaltung in entsprechenden Genehmigungsverfahren (zumindest theoretisch) geprüft wird. Die öffentliche Hand, Körperschaften, Interessenverbände, institutionelle Anleger und Einzelpersonen treten als Akteure auf, jeweils ausgestattet mit unterschiedlichem Handlungsspielraum und mehr oder weniger Einfluss auf Entscheidungsinstanzen. Diese Konstellation hat dauerhaften Charakter, ist strukturell offen und Gegenstand langfristigen Wandels, wie wir ihn seit den 1990er-Jahren erleben. Investitionen in die gebaute Umwelt werden immer mehr unter Renditegesichtspunkten getätigt, immer häufiger treten institutionelle Investoren als Bauherren auf und immer seltener werden Objekte von Unternehmen zur Eigennutzung errichtet. Im Rahmen des mittlerweile als eigenes Unternehmensgeschäftsfeld etablierten corporate real estate management werden Immobilien vielmehr als Wertobjekte und strategische Ressourcen betrachtet, die zur Rentabilität des Unternehmens beitragen (Lizieri 2003). So wird bei46
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spielsweise auf so genannte Sale-and-lease-back-Verfahren2 zurückgegriffen, um unternehmenseigene Immobilienbestände abzustoßen und den Kapitaleinsatz im Immobilienbestand zu reduzieren. Mit der Zunahme des institutionellen Immobilieninvestments und des gewinnorientierten Managements von Unternehmensimmobilien haben sich damit insbesondere im Bürobau Akteurskonstellationen und Entscheidungsprozesse entscheidend verändert. Oft steht dem Architekturbüro kein klassischer Bauherr als Auftraggeber mehr gegenüber, sondern ein für Anlegergelder verantwortlicher Projektmanager (Heeg 2008: 59-87). Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Architekturproduktion ein zentrales Feld der Beobachtung für Prozesse globaler Angleichung und Standardisierung geworden ist. Dabei scheint sich der gewachsene Einfluss von international tätigen Investoren und Unternehmen auf der formalen Ebene besonders im Bürobau in einer global uniformen Architektursprache zu manifestieren. Standardisierte architektonische Massenware, wie sie Bürobauten in allen Städten weltweit bieten, – so genannte „Investorenarchitektur“ – wird so auch als Symbol für Prozesse ökonomischer Globalisierung gelesen (z.B. Zukin 1991: 180ff.; Olds 2002: 149f.; Short/Yeong-Hyun 2008: 94) und als Paradebeispiel angeführt, wenn gegenwärtig der Verlust authentischer Stadträume durch eine neue, gesichtslose Neo-Moderne beklagt wird (Zukin 2010: 2). Natürlich gibt es einen Zusammenhang zwischen der Handlungsebene, also der Beteiligung und Mitsprache internationaler Investoren und Unternehmen als Auftraggeber, und der formalen Ebene, also dem uniformen Erscheinungsbild vieler Bürobauten. Allerdings ist vor einer allzu simplen Gleichsetzung der beschriebenen Prozesse globaler Angleichung im Development von Büroimmobilien hinsichtlich der Akteurskonstellationen, der Rentabilitätskriterien und der Nutzungsanforderungen mit der vom Beobachtenden erfahrbaren, rein ästhetischen Standardisierung zu warnen. Einzelne als Investmentobjekte entwickelte Bürotürme, wie beispielsweise 30 St Mary Axe in London (bekannter
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Sale-and-lease-back-Verfahren sind eine Form des Leasings, bei der ein Unternehmen oder eine Organisation eine Immobilie an eine Leasinggesellschaft verkaufen und sie zur weiteren Nutzung gleichzeitig wieder zurückleasen. Vorteil dieses Verfahrens für das Unternehmen ist die Aktivierung von so genannten stillen Kapitalreserven im Immobilienbestand. Durch den Kaufpreis kann das Unternehmen Kapital freisetzen und erhöht kurzfristig seine Liquidität, kann das Objekt aber weiterhin nutzen. Nachteilig können sich die laufenden Zahlungen der Leasingraten in der Folge auswirken. Zudem ist das Unternehmen nicht mehr Eigentümer und nimmt damit an zukünftigen Wertsteigerungen nicht teil. 47
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unter dem Namen Swiss Re Tower),3 belegen, dass auch „Investorenarchitektur“ in einzelnen Fällen auf Architektur als Imageträger setzt und dabei originelle und anspruchsvolle Gestaltungslösungen entstehen können. Für meine Fragestellung nach der Rolle von Büroarchitektur in Prozessen gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion gilt es festzuhalten: Erstens erschließt sich diese Rolle nur über den entscheidenden Anteil, den Bürobauten an der Debatte um die zunehmende Uniformität und Austauschbarkeit bei der Gestaltung städtischer Räume haben (mehr dazu im Kapitel 2.2.3). Zweitens erlangt diese Debatte nur vor dem oben beschriebenen Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen des Immobiliendevelopments ihre Brisanz. Nur weil sich im weltweit uniformen Büroturm die Dominanz internationaler Investoren zu spiegeln scheint, wird mit der Frage der Gestaltung auch die Frage von Kräfteverhältnissen, Kompetenzen und Spielräumen lokaler Politik diskutiert. Über die veränderten Strukturen und Logiken des Immobiliendevelopments wird verständlich, warum das Bürohochhaus heute wie kein anderes bauliches Objekt dazu eingesetzt wird, finanzielle und ökonomische Potenz zu signalisieren.
2.2.2 Globalizing Cities, bauliche Großprojekte und Architektur Der Stadtraum hat in der Betrachtung des gesellschaftlichen Wandels unter Globalisierungsprozessen in den letzten beiden Dekaden große Aufmerksamkeit erfahren. In Soziologie und Geographie gibt es eine Fülle jüngerer Arbeiten zu städtischen Transformationsprozessen, die sich auch (mehr oder weniger explizit) mit der Rolle des Raumes auseinandersetzen (Haila [1997] 2006; Marcuse/van Kempen 2000; Brenner/Theodore 2002a; Olds 2002; Keil/Brenner 2003; Hamnett 2003; Moulaert et. al 2003; Hackworth 2007; Leitner et. al 2006). Dazu kommt eine Reihe von Arbeiten aus dem Bereich der Raum- und Stadtplanung und der Governance-Forschung, die sich mit neuen Akteurskonstellationen bei der Planung und Steuerung stadträumlicher Entwicklungen sowie im Speziellen mit neuen Formen der strategischen Planung beschäf-
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Der in den Jahren 2001 bis 2003 nach dem Entwurf von Norman Foster errichtete Turm wurde ursprünglich vom Schweizer Rückversicherer Swiss Re in Auftrag gegeben. Im Jahr 2007 wurde das Gebäude an ein britisch-deutsches Investorenkonsortium verkauft (Evans Randall und die deutsche IVG). Swiss Re hat mit den neuen Besitzern einen langfristigen Leasingvertrag abgeschlossen und nutzt weiterhin rund die Hälfte der Bürofläche des Gebäudes, die andere Hälfte ist frei vermietet.
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tigen (Fainstein 1994; Healey 2004, 2006; Tewdwr-Jones/Allmendinger 2006; Hamedinger et al. 2008). Ein Hauptargument der Auseinandersetzung mit städtischen Transformationsprozessen und ihrer räumlichen Dimension ist, dass Städte in einer aktiven und gestaltenden Rolle an der Erzeugung von Globalisierungsprozessen beteiligt sind. Wettbewerbsorientierte Stadtpolitik und unternehmerische Entwicklungsstrategien sind nicht einfach die unausweichliche Konsequenz politischer und ökonomischer Prozesse auf globaler Ebene, wie es in der öffentlichen Debatte oft dargestellt wird, sondern sie tragen auch entscheidend dazu bei, diese Prozesse zu gestalten und ihre Dynamik zu bestimmen (Brenner/Theodore 2002a; Keil/Brenner 2003; Moulaert et. al 2003). Dabei wird der städtische Raum als „privilegiertes Instrument“ (Brenner/ Theodore 2002a: vii) des politisch-ökonomischen Wandels eingesetzt. Physischer Stadtumbau wird mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Perspektiven der Stadt und ihrer Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Städten verknüpft. „Enhancing the competitive advantage of cities is seen as largely dependent on improving and adapting the built environment to the demands and requirements of emerging sectors and firms. Therefore, physical reconversion and economic recovery tend to go hand in hand in these urban regeneration strategies and, very often, are perceived as quasi-simultaneous processes“ (Rodríguez et al. 2003: 42).
Die Konsequenz daraus ist, wie Moulaert, Rodríguez und Swyngedouw in The Globalized City herausarbeiten, dass die soziale Definition von Entwicklung durch eine räumliche Definition ersetzt wird. Wachstum und die Aufwertung des Stadtraumes werden nun vor allem über ortsgebundene und räumlich definierte Entwicklungsszenarien angestrebt: „targeting places rather than people“ (Swyngedouw et al. 2003b: 256 f.). Das Ziel ist aber nicht nur eine property-led regeneration, wie sie in den 1980er-Jahren in New York und London zu beobachten war (Fainstein 1994); mit dem Stadtumbau sind über den reinen Wertzuwachs durch steigende Grund- und Immobilienpreise hinaus auch strategische und symbolische Ziele verknüpft, welche sich auch in den Anforderungen an die Architektur ausdrücken. So betont beispielsweise Anne Haila ([1997] 2006) die Verbindung der ökonomischen und der symbolischen Ebene bei der Nutzung des städtischen Raumes. Sie weist auf die zentrale Rolle einer internationalisierten Immobilienwirtschaft für die Global City hin und stellt fest, dass der symbolische Aspekt von „Global City Politics“ (ebd.: 287) gerade für Immobilieninvestoren wichtig sei, da Investitionsentscheidungen in 49
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der Immobilienwirtschaft immer auf Einschätzungen zukünftiger Marktentwicklungen aufbauen würden, die mehr auf Annahmen als auf Fakten beruhten. Dabei seien es „Image buildings“ (ebd.: 287), die dazu beitrügen, den Glauben an eine zukünftige positive Entwicklung zu stärken und ein Image der Stadt als Global City zu schaffen, das ausländische Investoren anziehe. Ein bevorzugtes Instrument zur Implementierung der beschriebenen Stadtentwicklungsstrategien sind städtische Großprojekte, die in der Diskussion stadträumlicher Transformation seit dem Start der ersten derartigen Projekte wie der Battery Park City in New York und den Docklands in London in den 1970er-Jahren hohe Aufmerksamkeit erfahren haben (Gordon 1997; Olds 2002; Moulaert et al. 2003; Orueta/ Fainstein 2008). An ihnen lässt sich der jüngste Wandel der Stadtplanung und der Stadtentwicklungsstrategien, wie er sich im erhöhten Einfluss privater Akteure der Immobilienwirtschaft sowie der verstärkten Projektbezogenheit der Planung manifestiert, paradigmatisch zeigen. So sehen Moulaert, Rodríguez und Swyngedouw (2003) die großmaßstäblichen Stadtentwicklungsprojekte – so genannte urban development projects (UDPs) – nicht nur als Vehikel wachstums- und wettbewerbsorientierter Stadtentwicklungsstrategien, sondern mehr noch als „the mechanisms par excellence through which globalization becomes urbanized“ (ebd.: 3). Vielfach ist die Entwicklung der neuen Megaprojekte auch an eine „condition of exceptionality“ (Swyngedouw et al. 2003b: 264) gebunden: Eine Reihe von Ausnahmebedingungen dient dazu, übliche Verfahrensweisen und Vorschriften außer Kraft zu setzen und den Handlungsspielraum für informelle Manöver zu erhöhen. Kris Olds (2002) zeigt in seiner detaillierten Untersuchung von städtischen Großprojekten in Shanghai und Vancouver in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren, wie ein derartiger Stadtumbau mit sowohl expliziten als auch impliziten Internationalisierungsstrategien verknüpft wird. Unter dem Eindruck eines „global city discourse“ (ebd.: 33) sollen die UDPs die Stadt als Knoten globaler Ströme und Zentrum von Steuerungs- und Kontrollfunktionen etablieren: „The perception of the forces of globalization exhorts the state to focus on local space in an effort to provide both a real and a symbolic node, a state of the art command and control centre, to ‚hook‘ up to the global economy, thereby theoretically improving city, regional, and national comparative advantages in a global sense“ (ebd.: 33).
Die Rolle der Architektur wird in der hier betrachteten soziologischen und geographischen Debatte vor allem in der sichtbaren Trennung der 50
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Großprojekte von der sie umgebenden Stadt und der Darstellung von Macht gesehen. Am Beispiel der Battery Park City in New York und seiner postmodernen Architektur der 1980er-Jahre bemerken Marcuse/van Kempen (2000), dass der Architektur hier sowohl die Aufgabe zukäme, Macht, Reichtum und Luxus darzustellen, als auch das Projekt visuell und physisch von umliegenden älteren Stadtteilen abzugrenzen: „The architectural style remains modern; it was dubbed the international style already in 1932, but has really earned that name now. Postmodern treatment of the edges (or more literally the tops) of such edifices do nothing to alter the modern technical rationality of their construction. Fashions in styles may vary, but the representation of power, of wealth, of luxury, is inherent, as is the isolation, the separation, the distancing from the older urban surrounding. The grid of lower Manhattan may be carried into the street pattern of Battery Park City and visible to an interested observer in a helicopter, but the separation of the World Trade Center/Battery Park City complex of the rest of the city visually, and in terms of secure entrance is obvious to all“ (ebd.: 253).
Auch Moulaert, Rodríguez und Swyngedouw betonen diesen Aspekt der Isolation und Trennung. Sie halten fest, dass die UPDs oft abgeschlossen, isoliert und getrennt wirken (Rodríguez et al. 2003: 41). Gleichzeitig erlangen sie allein durch ihre schiere Größe schon symbolische Kraft und ikonischen Status (Swyngedouw et al. 2003b: 256). Des Weiteren verweisen die Autoren und Autorinnen auf die Kommodifizierung des städtischen Raumes durch das Spektakel, das diese Projekte hervorbringen: „UDPs refashion the city in the image of a new post-modern and post-Fordist urbanity, an urbanity articulated through a spectacular commodification of space“ (Swyngedouw et al. 2003a: 9). Wie dieses Bild einer postmodernen und postfordistischen Urbanität, abgesehen vom Hinweis auf die Isolation und Größe der Projekte, konkret erzeugt wird, wird allerdings nicht erläutert. Die visuelle Ebene (ob im buchstäblichen oder übertragenen Sinn ist unklar) scheint dabei jedenfalls von Bedeutung zu sein. Mehrmals kommen die Autoren und Autorinnen darauf zu sprechen, dass die UDPs ein Mittel zur Herstellung einer „hegemony of vision“ (ebd.: 23) sind, welche den neuen Allianzen öffentlicher und privater Akteure Legitimität sichern soll. Die gesellschaftspolitische Wirksamkeit der UDPs liegt dabei im Grunde genommen in der Ablenkung von Machtverhältnissen und der Umverteilung öffentlicher Ressourcen, wenn Moulaert, Rodríguez und Swyngedouw schreiben, dass diese „hegemony of vision“ im Speziellen durch „the spectacularization of both development perspectives and political programmes, which takes away the focus from
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the substantive, on-the-ground transformations of the urban-regional socio-economic fabric“ (ebd.: 23) wirksam werden. Auch Marcuse (1998b) hat am Beispiel des Berliner Stadtumbaus der 1990er-Jahre angemerkt, dass die Ästhetisierung der Debatte dazu beitrage, die wahre Bedeutung dieser Großprojekte zu verschleiern: Diese liege nämlich in der Tatsache an sich, dass es überhaupt zur Errichtung dieser Bauten komme – unabhängig von formal-ästhetischen Aspekten. Während sich die urban studies in den 1980er und frühen 1990erJahren unter dem Eindruck einer (v.a. in den USA besonders sichtbaren) architektonischen Postmoderne (vgl. das nächste Kapitel 2.2.3) sehr wohl mit der Ebene des Gebäudes und der Wirksamkeit seiner Architektur auseinandersetzten, bleiben die Hinweise auf die Architektur in den oben diskutierten Beiträgen letztlich marginal. Es ist, mit den Worten von Anthony King, „this very material, physical-spatial and visually symbolic element of the building, and building form“ (2004: 4, Hervorhebung im Original), das in diesen Untersuchungen der Transformation städtischer Räume oft fehlt.
2.2.3 Authentizität, Ikonizität und Uniformität Um zeitgenössische Architektur und insbesondere das Bürohochhaus als Bedeutungsträger zu verstehen, muss man einen Blick auf die seit dem Ende der Nachkriegsmoderne geführte Debatte um Uniformität, Authentizität und Ikonizität in der Architektur werfen. Die Bedeutung von Architektur erklärt sich immer auch über ihre Art der Bezugnahme auf die bauliche Umgebung, ihre Einpassung bzw. Nichteinpassung in den Ort. Über die Bezugnahme auf einen lokalen Kontext auf der einen Seite oder überlokale Vorbilder auf der anderen Seite wird auch die Zugänglichkeit eines Bauwerkes, seine Interpretation als etwas Neues, das möglicherweise auch Neues verheißt, beeinflusst. Ebenso spielt die Besonderheit oder sogar Einzigartigkeit architektonischer Gestaltungslösungen eine entscheidende Rolle für die Bedeutung eines Bauwerkes in einer Stadt bzw. seine Rezeption durch die Bevölkerung. Wie gewöhnlich bzw. außergewöhnlich ein Gebäude erscheint, trägt maßgeblich zu seiner Interpretation bei. Die Debatte um den Verlust der Authentizität urbaner Räume beginnt in den 1960er-Jahren mit der Kritik von Autoren und Autorinnen wie Jane Jacobs (1961) oder Alexander Mitscherlich (1965) an der funktionalistischen Stadtplanung der Nachkriegsmoderne. An der Zerstörung gewachsener Strukturen in der Stadtentwicklung der Nachkriegszeit wird nunmehr radikal Kritik geübt – es geht darum, das Bauen am Ende der Moderne zu gestalten (Brolin 1976). Ihre Fortsetzung findet diese 52
THEORETISCHE VERORTUNG
Kritik in den frühen Beiträgen zur Theoretisierung von Ort (place) von Edward Relph (1976) und anderen „humanistic geographers“, wie sie vielfach genannt wurden. Allesamt einer phänomenologischen Theorietradition verbunden und in hohem Maß an Martin Heideggers Werk orientiert, setzen sich Relph und seine Kollegen Yi-Fu Tuan (1974) und Anne Buttimer (1980) mit dem Wesen des Ortes und seiner Bedeutung für menschliches Handeln und Erinnern auseinander. Der Ort wird als zentrale Kategorie betrachtet, mit der Menschen Zugang zur Welt finden und ihr Bedeutung verleihen. In seinem 1976 erschienenen Place and Placelessness hebt Relph die Bedeutung des authentisches Erlebens eines Ortes („authentic sense of place“) hervor (Relph 1976: 64) und beklagt den Verlust eben dieser authentischen Ortserfahrung in der Moderne als zunehmende placelessness: „the casual eradication of distinctive places and the making of standardized landscapes that results from an insensitivity to the significance of place“ (ebd.: Vorwort, o.S.). Dieses Konzept der placelessness wurde 15 Jahre später von Marc Augé mit seiner berühmt gewordenen Beschreibung der Nicht-Orte (nonplaces) wieder aufgegriffen (Augé 1995). Die Postmoderne in der Architektur war ein Versuch, diesen Kritiken an der Stadt der Moderne und ihrer mangelnden Authentizität zu begegnen. In der Abwendung von den Ideen der funktionalistischen Stadtplanung ging es nun darum, Gebäude zu produzieren, die mit der Öffentlichkeit kommunizieren sollten (ohne sich dabei auf eine einzige mögliche Bedeutung festzulegen) und die auf den Kontext zu reagieren imstande waren (Venturi 1966; Jencks 1977). Von David Harvey (1990), aber auch anderen marxistischen Theoretikern wie Fredric Jameson (1992), gab es in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren den Versuch, zwischen der Herausbildung des neuen postfordistischen (oder spätkapitalistischen flexiblen) Akkumulationsregimes und den sich neu herausbildenden Praktiken einer kulturellen und architektonischen Postmoderne Parallelen zu ziehen. Diese Versuche, der Logik eines kapitalistischen Regimes eine spezifische bauliche Form zuzuschreiben, wurden trotz ihrer breiten Rezeption vielfach als mechanistisch und simplifizierend kritisiert. Interessant ist es an dieser Stelle trotzdem, noch einmal zu rekapitulieren, worin nach Harvey und Jameson die gesellschaftliche Wirksamkeit der postmodernen Architektur lag. Während Harvey und Jameson in der Betonung von Differenz und Komplexität, „its concern with otherness“ (Harvey 1990: 47), und der Sensibilität gegenüber lokalen Kontexten und Traditionen den positivsten Beitrag der Postmoderne erkennen, richtet sich ihre Kritik am stärksten auf die Marktkonformität und Kommerzialisierung postmoderner Kulturproduktion und den damit einhergehenden Konsumismus. Die 53
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kulturelle Kodierung des Begriffes der Postmoderne wird, so das zentrale Argument, dabei ideologisch wirksam, indem sie von den zugrunde liegenden ökonomischen Mechanismen der Kulturproduktion ablenkt. In der Architektur finden Harvey und Jameson das paradigmatische Beispiel für diese Ambivalenz postmoderner Kulturproduktion und zwar aus zwei Gründen: zum einen, weil die Postmoderne in der Architektur deutlicher als in anderen Bereichen als Kritik an der Moderne auftritt und dies auch ästhetisch deutlich wird, und zum anderen, weil in kaum einem anderen Bereich der Kulturproduktion Marktmechanismen und Unternehmensinteressen so deutlich an Einfluss gewonnen haben wie in der Architektur. Die gesellschaftspolitische Relevanz und ideologische Wirksamkeit der postmodernen Architektur sieht Harvey demnach in der Ablenkung vom Ökonomischen durch das architektonische Spektakel: „Imaging a city through the organization of spectacular urban spaces became a means to attract capital and people (of the right sort) in a period (since 1973) if intensified inter-urban competition and urban entrepreneurialism“ (Harvey 1990: 92).
In Harveys Sinne hat eine Reihe von Autoren die postmodernen Architekturen der 1980er- und frühen 1990er-Jahre für ihre Simulation kultureller Vielfalt und den Mangel an Authentizität kritisiert. Die am meisten zitierten Beispiele sind dabei die Großprojekte Battery Park City in New York und Docklands bzw. Canary Wharf in London (Zukin 1992; Crilley 1993a, 1993b). Deren postmoderne Formensprache und ihr Stilpluralismus wurden dafür kritisiert, dass sie lokal spezifische Identitäten und gewachsene Strukturen künstlich nachahmen, um tatsächlich aber exklusive, kontrollierte und konfliktfreie Räume zu schaffen: „[…] offering an experience of a place more perfect and authentic than the original“ (Crilley 1993a: 152). So sieht Sharon Zukin die Wirksamkeit derartiger Architekturen ebenfalls in der Ablenkung von realen politischen und ökonomischen Machtverhältnissen: „It [the architecture] decorates the city with legible, local, ‚friendly‘ emblems of economic power while real economic structures are more abstract, more influenced by international flows, and less likely to be understood as they appear in public view“ (Zukin 1991: 28).
Autoren wie Hubbard (1996) und Ley/Mills (1993) haben den Versuch von Harvey und Jameson, spezifische bauliche Formen mit einem bestimmten ökonomischen Regime zu verknüpfen, als mechanistisch und deterministisch kritisiert. Ihr zentrales Argument ist, dass die Bedeutung
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von Gebäuden nicht allein mit der oberflächlichen formalen Ebene zu erklären ist und diese sich auch nicht automatisch aus den sozialen und ökonomischen Verhältnissen ergeben, in denen ein Gebäude entsteht. Sie plädieren für eine stärker differenzierte, fragmentierte und konfliktive Sicht auf die Wirksamkeit architektonischer Artefakte und die damit verbundenen kulturellen Praktiken. Diese Sichtweise hat mit dem Aufstieg der Cultural Studies und dem „cultural turn“ in den Raumwissenschaften seit Anfang der 1990er-Jahre an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig hat das Ende der architektonischen Postmoderne und ihre Ablösung durch eine Vielzahl von parallelen Strömungen und Moden es schwerer gemacht, die Architektur in den kritischen Sozialwissenschaften als Beispiel für ideologische Ziele heranzuziehen und ihr allein über ihren „Stil“ und ihre formale Lösung Bedeutung zuzuschreiben. Dennoch hat die Diskussion um die in Frage stehende Authentizität urbaner Räume vor dem Hintergrund aktueller Debatten über Internationalisierungs- und Globalisierungsprozesse in der Architektur (Dovey 2002; Ibelings 2002; King 2004; Knox/Taylor 2005; Presas 2005; Sklair 2005; McNeill 2008; Guggenheim/Soderström 2010) wieder an Relevanz gewonnen. Im Bürobau ist es unstrittig, dass den postmodernen Experimenten der 1980er-Jahre eine Kehrtwende zurück zu einer ortsunspezifischen Neo-Moderne gefolgt ist (vgl. Kapitel 2.2.1 und Kapitel 2.3.3). Am sichtbarsten hat sich diese „non-place internationalization“ (Carmona 2009: 113) in den vergangenen 15 Jahren in den Global Cities manifestiert, jenen Städten als Knotenpunkte der Weltwirtschaft, die mit ihren rasch wachsenden Dienstleistungssektoren und den dynamischen Immobilienmärkten hohe Bautätigkeit zu verzeichnen hatten. Schon 1997 konstatiert Anne Haila ([1997] 2006) eine erstaunliche Homogenität und Gleichförmigkeit der urbanen Landschaft von Global Cities, obwohl bzw. gerade weil jedes einzelne Gebäude verstärkt als Zeichen eingesetzt wird und das Image der Stadt positiv beeinflussen soll: „Modernism in architecture was an international movement. The politics of the global city is even more international. Jet set architects invited to global cities transplant their designs without consideration for locality, and replicate similar forms worldwide. The strange familiarity of global cities demonstrates the irony that while postmodern architecture pretends to celebrate diversity, it actually promotes uniformity“ (Haila [1997] 2006: 285).
Eine ähnliche Kritik formuliert Kris Olds, der die Tätigkeit der globalen Architekturelite als modernistisch im negativen Sinn eines „tabula rasa approach“ (2002: 149) beschreibt. Auf Basis rationaler und scheinbar objektiver Kriterien würden ohne tiefere Kenntnis lokaler Kontexte uni55
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verselle Lösungen angeboten – ein im Grunde dekontextualisierter und ahistorischer Zugang: „In keeping with these modernist approaches to planning and design, GIC architects such as Rogers, Perrault, Piano, and Foster will accept work in cities and nations where they have little understanding of the social, cultural, political and economic context. They are firms that offer ‚universal‘ solutions to universal problems – a pure modernist design ethos underlying monumental self-referential architecture […]“ (ebd.: 150).4
Der Riege von global tätigen „Stararchitekten“, die Haila und Olds hier ansprechen, kommt eine Schlüsselrolle in der Debatte um Internationalisierungs- und Globalisierungsprozesse in der Architektur zu. Prominent, gut vernetzt und vom hohen Engagement der Mitarbeitenden abhängig erhalten Büros wie jene von Norman Foster, Zaha Hadid, Jean Nouvel oder Frank Gehry weltweit Aufträge und Einladungen zu Wettbewerbsteilnahmen für Vorzeige- und Schlüsselprojekte der Stadtplanung. Vielfach soll die spezifische Handschrift der Büros dabei die Wiedererkennbarkeit der Bauten sichern und sie mit den Namen der Architekten in Verbindung bringen. Gleichzeitig ist es das Ziel zahlreicher dieser Projekte, markante, einprägsame und singuläre Architekturen zu schaffen – iconic architecture nach Charles Jencks (2005). Dieser sieht im iconic building eine grundsätzlich neue Form expressiver Architektur, die das klassische architektonische Monument ersetzt (ebd.: 7). In den erfolgreichen Beispielen wird das ikonische Gebäude, wie Jencks argumentiert, zum enigmatic signifier, einem vieldeutigen, suggestiven Zeichen, das sich einer expliziten Benennung seiner Bedeutung widersetzt. Zu seiner Ikonizität gehört auch, dass Konventionen gesprengt und etablierte Bedeutungen außer Kraft gesetzt werden, um neue Formen sinnlichen Ausdrucks zu prägen: „It is meant to upset the context, overturn convention, challenge the hierarchy, get away with the crime – use paranoia, as Nietzsche advised his supermen to do, in order to overcome the existing order“ (ebd.: 16).
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Olds bezeichnet die Riege vorwiegend europäischer Architekten, welche an der Umsetzung von Großprojekten weltweit beteiligt sind, in Anlehnung an Rimmer (1991) als global intelligence corps (GIC) (Olds 2002: 12). Dazu zählen für ihn sowohl die kleineren Firmen mit bekannten Namen von „signature architects“, wie z.B. Pelli, Gehry, Rogers oder Perrault, als auch die großen Planungsbüros, wie z.B. Skidmore, Owings & Merrill (SOM), Kohn Pederson Fox (KPF) und RTKL Associates (ebd.: 143).
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Tatsächlich kann man die ästhetische Wirksamkeit und auch den Neuigkeitswert so mancher dieser iconic buildings nicht in Abrede stellen, ebenso wenig wie deren hohe Medienpräsenz. Allerdings wurde schon vielfach angemerkt, dass die permanente Wiederholung des gleichen Prinzips (indem jede Stadt versucht, durch architektonische Leuchtturmprojekte neue Wahrzeichen zu schaffen) bzw. der gleichen Gestaltungsmuster (indem die beauftragten Büros sich einer immer gleichen, wiedererkennbaren Formensprache bedienen) die Wirksamkeit derartiger ikonischer Bauten längst aushöhlt (z.B.: Jencks 2006: 8; McNeill 2008: 72; 93-97).5 Aktuell wird zudem die Finanzierung derartiger Spektakel durch die Wirtschafts- und Finanzkrise vielerorts in Frage gestellt – eine Reihe prominenter Projekte weltweit liegt derzeit auf Eis bzw. wurde gänzlich gestrichen. So mancher Kommentator sieht so bereits das Ende der Bilbao-Dekade gekommen (Matzig 2008; Ouroussoff 2008; Moore 2009). Es verwundert also nicht, dass die Frage eines ortsbezogenen, lokal spezifischen und nichtbeliebigen Bauens gegenwärtig als eine der zentralen Herausforderungen für Architektur und Stadtgestaltung diskutiert wird. Neben der fortgesetzten Regionalismus-Debatte in der Architektur (Lefaivre/Tzonis 1981; Canizaro 2007) gibt es eine Reihe von jüngeren Studien, in denen die Frage nach dem Zusammenhang von städtischer Identität und Stadtgestaltung bzw. Architektur sowohl aus einer theoretischen Perspektive (Al Sayyad 2001; Neill 2003; Dovey 2010) als auch aus einer stärker anwendungsbezogenen Perspektive (Hague/ Jenkins 2005; Bentley/Butina-Watson 2007) gestellt wird. Ebenso werden im Kontext der Cultural-memory-Debatte die Rolle von Stadtraum und Architektur in Erinnerungsprozessen untersucht (Downing 2003; Hebbert 2005) sowie im Rahmen der Heritage-Forschung der Umgang mit kulturellem Erbe und den Möglichkeiten seiner Bewahrung bzw. Veränderung diskutiert (Ashworth et al. 2007).
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Das Büro Norman Foster nimmt hier eine Sonderstellung ein. Wie McNeill (2005) argumentiert, meistert Foster den widersprüchlichen Spagat zwischen „signature“ und „brand“ auf Dauer am besten (ebd.: 511). Dies wird zum einen durch den wirtschaftlichen Erfolg und die Größe des Büros Foster belegt. Das Büro ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen und lag zuletzt mit 750 beschäftigten Architekten an 6. Stelle des Rankings der größten Planungsbüros weltweit (BD Magazine 2010). Demgegenüber beschäftigten zuletzt z.B. Rem Koolhaas mit seinem Office for Metropolitan Architecture (OMA) 235 (BD Magazine 2009) und Zaha Hadid 170 Architekten (BD Magazine 2008). Zum anderen verweist McNeill darauf, dass Foster in den World Architecture Rankings des BD Magazine regelmäßig zu dem von Architektenkollegen am meisten bewunderten Büro gewählt wird (ausführlich dazu McNeill 2008). 57
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In diesen Debatten um Tendenzen globaler Uniformisierung von Architektur bzw. Möglichkeiten lokaler Diversifikation nimmt Büroarchitektur eine extrem exponierte Rolle ein. In der Regel dient sie als Beispiel für Authentizitätsverlust, Homogenisierung und globalisierte Stadträume. Ganz besonders kommt dies im Umfeld historischer Stadträume und kulturellen Erbes, aber auch im Fall der rasch wachsenden Metropolen des Südens, in denen sich die Frage nach der identitätsstiftenden Rolle von Architektur und den Möglichkeiten lokalspezifischen Bauens verschärft stellt, zum Tragen (Herrle/Wegerhoff 2008). Natürlich muss das Bürohochhaus hier als Gebäudetypus mit einer ganz speziellen Rezeptions- und Wirkungsgeschichte betrachtet werden. Die immer noch prägenden Skylines von Chicago und New York, der fortgesetzte Wettlauf um Höhenrekorde und die zuletzt vollzogene Verknüpfung der Bürotürme mit globalem Finanzkapital bestimmen die Wahrnehmung des Bürohochhauses. Dies wird im Kapitel 2.3.3 ausführlich diskutiert. Trotzdem gilt es festzuhalten, dass Bürobauten und -türme als Bedeutungsträger nicht nur in Bezug auf die Geschichte dieses Gebäudetypus zu lesen sind, sondern eben auch in Bezug auf ihre exponierte Rolle in der oben dargestellten Auseinandersetzung um Authentizität versus Uniformität in der Architektur.
2.2.4 Zusammenfassung Die Logik der Kapitalakkumulation und der spatial fix nach Harvey liefern eine Erklärung für Investitionen in die gebaute Umwelt in ihrer Abhängigkeit von gesamtwirtschaftlichen Dynamiken und der Rentabilität anderer Investitionsformen. Um jedoch zu erläutern, wie Planungs- und Bauprozesse konkret ablaufen, muss ihre institutionelle Einbettung in einen lokalen städtischen Kontext mit spezifischen ökonomischen Dynamiken, rechtlichen Grundlagen und einer tradierten Baukultur betrachtet werden. Lokales Wissen, gewachsene Netzwerke sowie auf persönlicher Erfahrung aufbauende Kenntnisse von Stadt und Behörden sind trotz der Internationalisierung der Immobilienwirtschaft in den letzten Jahren noch immer von zentraler Bedeutung für Planer und Developer von kommerziellen Bauprojekten. Unter dem Eindruck der Postmoderne kam der Analyse der Architektur in der Stadtforschung während der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre große Aufmerksamkeit zu. Im Vordergrund stand die Kritik an den postmodernen Architekturwelten, die als künstlich und unauthentisch wahrgenommen werden. Ihre gesellschaftliche Wirksamkeit lag nach Autoren wie Harvey und Jameson in ihrem Beitrag zur Kommerzialisierung der Kulturproduktion und in ihrer Ausrichtung 58
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nach Markterfordernissen. Ihr ideologischer Charakter wurde in der Ablenkung vom Ökonomischen durch das architektonische Spektakel gesehen. Diese formalistische Interpretation der Architektur und die vereinfachende Zuweisung ideologischer Inhalte aufgrund ihrer oberflächlichen Erscheinung wurden vielfach kritisiert. Seitdem wird in der Architektur- und Stadtforschung mehr Wert auf die Vielfältigkeit und die Subjektivität der Erfahrung von Architektur und auf einen differenzierten Kulturbegriff gelegt. Gleichzeitig haben es die heutige Heterogenität des Architekturschaffens und der herrschende Stilpluralismus auch erschwert, eine gesellschaftskritische Analyse der Architektur allein an einem formal definierten Architekturstil festzumachen. Das Architekturobjekt und die Frage seiner Gestaltung haben in der jüngeren sozialwissenschaftlichen Stadtforschung an Bedeutung verloren. Zwar werden stadträumliche Transformationen im Kontext von Globalisierungsprozessen intensiv debattiert; das Gebäude selber wird aber kaum berücksichtigt. Wenn, dann wird oft das Argument des Spektakels und der Ablenkung durch die Ästhetisierung der Debatte weitergeführt. Dies bezieht sich nun aber nicht mehr auf eine pseudoauthentische Postmoderne, sondern auf eine neo-modernistische Gestaltung, die als gleichförmig und bezugslos kritisiert wird. Umgekehrt stellen die Fragen des Ortsbezugs und der Individualität von Gestaltungslösungen für die Planenden und die Architekturforschung ein zentrales Thema und eine der großen aktuellen Herausforderungen dar. Das Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch auf einzigartige Architektur einerseits und der Realität, in der gleichförmige Gestaltungslösungen überwiegen (bzw. Gestaltungslösungen von weiten Teilen der Bevölkerung als gleichförmig gesehen), andererseits bietet unweigerlich eine Referenz für die in den Kapiteln 4 und 5 folgende Analyse der Wiener Bürobauten und ihrer Rolle in der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten. Auch die oben angesprochene Frage der visuellen und räumlichen Abgrenzung der neuen Megaprojekte von der sie umgebenden Stadt mit Hilfe der architektonischen Gestaltung wird von Bedeutung sein. Die gesellschaftliche Relevanz von Architektur durch das mit ihr betriebene Spektakel zu erklären, wie dies bei Harvey und Jameson in ihrer Kritik der Postmoderne aber auch in der oben beschriebenen jüngeren sozialwissenschaftlichen Stadtforschung sowie in der kritischen Auseinandersetzung mit Stararchitekten und ikonischen Bauten vorwiegend geschieht, ist allerdings unbefriedigend. Um die „sinnstiftende“ Wirksamkeit von Architektur zu untersuchen, ist eine grundsätzlichere Auseinandersetzung mit der Architektur als Bedeutungsträger und als einem „Ordnung“ vermittelnden Medium notwendig. Im Folgenden werden dazu Beiträge der Architekturtheorie und der 59
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Raumdiskussion in den Sozialwissenschaften sowie diskurs- und bildwissenschaftliche Ansätze herangezogen.
2 . 3 Ar c h i t e k t u r a l s g e s e l l s c h a f t l i c h e r Bedeutungsträger Die Wahrnehmung sozialer Wirklichkeit ist einer konstruktivistischen und i.e.S. wissenssoziologischen Perspektive folgend immer durch gesellschaftlich produzierte und mehr oder weniger etablierte Wissensordnungen und Symbolsysteme geprägt (Berger/Luckmann [1960] 1980; Keller et al. 2001; Keller 2004). Mein Argument in diesem Abschnitt ist, dass bei der Betrachtung des Gebäudes als einem Wissensobjekt, das zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit beiträgt, der Typologie zentrale Bedeutung zukommt. Die Bezugnahme auf vertraute (oder zumindest bekannte) und gesellschaftlich etablierte Gebäudetypen ist m.E. eine grundsätzliche Voraussetzung, um architektonische Objekte über die unmittelbare sinnlich-räumliche Erfahrung hinaus zu bewerten, ihre Nutzung und die Bedeutung für soziale Praktiken einzuschätzen und Assoziationen zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass dies umso mehr für die Betrachtung von Abbildungen architektonischer Objekte gelten muss, die einer räumlichen Erfahrung nicht zugänglich und möglicherweise gänzlich unbekannt sind. Im Folgenden sollen daher grundsätzliche Beiträge zur sozialen Konstruktion von Raum betrachtet und in Bezug zu dem Typusbegriff gesetzt werden, wie er in der Architekturtheorie und -geschichte entwickelt wurde. Weiterhin werden theoretische Grundlagen für die Analyse von Architektur im Bild entwickelt sowie der spezielle Fall des Gebäudetypus des Bürohochhauses näher betrachtet.
2.3.1 Soziale Konstruktion des Raumes und Gebäudetypen Die Räumlichkeit sozialer und historischer Prozesse ist in den vergangenen beiden Dekaden wieder in das Zentrum sozialwissenschaftlicher Debatten gerückt. Im Anschluss an die Arbeiten von Henri Lefebvre ([frz. 1974] 1991) haben Theoretiker und Theoretikerinnen wie Soja (1989), Harvey (1985), Massey (1999) und Werlen (1999) in der Geographie, Giddens (1988), Löw (2001) und Dangschat (2007) in der Soziologie sowie Hamm (1982) und Läpple (1992) in der Stadt- und Raumplanung die Wechselwirkungen zwischen räumlichen und sozialen Verhältnissen zu theoretisieren versucht. Dabei erhoben sie gegenüber den Sozialwissenschaften, deren Vertreter über die letzten Jahrzehnte und sogar die letzten Jahrhunderte Räume als neutrale und a priori gegebene „Behälter“ betrachtet und als solche nicht hinterfragt hätten, den 60
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Vorwurf der „Raumblindheit“ (Läpple 1992: 163). Die Kategorie der Zeit sei gegenüber dem Raum privilegiert worden. Geschichte hätte sich nur im Zeitlichen abgespielt. In der Abkehr von diesem Konzept des „Behälterraumes“ gehen die oben genannten Beiträge zur Raumdiskussion von einem relationalen Raumbegriff aus. Raum wird als gesellschaftliches Produkt verstanden. Er wird in sozialen Prozessen produziert und unter Rückgriff auf etablierte soziale Bedeutungen und Bezüge wahrgenommen und bewertet: „Das Räumliche ist […] nicht gegen das Gesellschaftliche abzugrenzen, sondern es ist eine spezifische Form des Gesellschaftlichen. Räumliche Strukturen sind, wie zeitliche Strukturen auch, Formen gesellschaftlicher Strukturen“ (Löw 2001: 167, Hervorhebung im Original).
Raum und gebaute Umwelt sind damit sowohl durch soziale Prozesse strukturiert als auch in Bezug auf diese sozialen Prozesse strukturierend. Die strukturierende Wirkung des Raumes ist dabei nicht nur auf physisch-materielle Aspekte bezogen, indem gebauter Raum Orte und Wege, Zugänge und Hindernisse definiert – Raum beeinflusst und strukturiert auch das psychische und emotionale Erleben: „But space also structures people’s perceptions, interactions, and sense of well-being or despair, belonging or alienation. This structuring quality is most clearly felt (and most visible) in the built environment, where people can erect homes, react to architectural forms, and create – or destroy – landmarks of individual and collective meaning. […] Because they are easily visualized, spatial changes can represent and structure orientations to society. Space stimulates both memory and desire; it indicates categories and relations between them“ (Zukin 1991: 268).
Entscheidend für meine Diskussion des architektonischen Artefaktes als Bedeutungsträger ist der Umstand, dass Raum immer auch über gesellschaftlich etablierte Bedeutungen und Bezüge konstituiert wird. Architektur ist Teil des räumlichen Zeichen-, Symbol- und Repräsentationssystems, das im Konzept des gesellschaftlichen Raumes von Dieter Läpple über die funktionale und ästhetische Gestaltung der räumlichen Artefakte die Erkennbarkeit sozialer Funktionen und Identifikation ermöglicht (Läpple 1992). Darüber hinaus vermittelt Architektur aber auch soziale und ästhetische Normen, die nach Läpple zum institutionalisierten und normativen Regulationssystem als weiterer Komponente des gesellschaftlichen Raumes beitragen (ebd.). Aus der stärker handlungsorientierten Perspektive der Raumsoziologie von Martina Löw wird Raum im Alltag über zwei, meist zugleich ablaufende, Prozesse 61
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konstituiert: erstens das Platzieren von sozialen Gütern und Menschen (Spacing) und zweitens die „Zusammenfassung von Gütern und Menschen zu Räumen über Erinnerungs-, Wahrnehmungs- und Vorstellungsprozesse“ (Syntheseleistung) (Löw 2001: 159). Während Läpple zufolge architektonische Artefakte also über etablierte Zeichensysteme und Normen als Bedeutungsträger wirksam werden, geschieht dies in Anwendung des Ansatzes von Löw über die Institutionalisierung der Syntheseleistungen. Die Syntheseleistung eines Betrachters beruht nach Löw auf kulturell vermitteltem Wissen und gesellschaftlichen Prädispositionen sowie auf den persönlichen Erinnerungen und Erfahrungen. Diese Verknüpfung ist, wie Löw argumentiert, nie gleich, trotzdem gibt es institutionalisierte Räume, bei denen „die (An)Ordnung über das eigene Handeln hinaus wirksam bleibt und genormte Syntheseleistungen und Spacing nach sich zieht“ (2001: 164). Schlüssel zum Verständnis dieser Institutionalisierungsprozesse sind Löw zufolge Routinen im Sinne alltäglichen, repetitiven Handelns. Wahrnehmung und Nutzung von Raum vollzieht sich im Alltag in der Regel im praktischen Bewusstsein, das auf eine Vielzahl solcher Routinen zurückgreift (Löw 2001: 161ff.). Folgt man diesem Gedanken, dann müssten architektonische Artefakte mit derartigen institutionalisierten Syntheseleistungen verknüpft werden, indem ihre Gestaltung in Alltagsroutinen des Wohnens, Arbeitens und Lebens in der Stadt vielfach und auf ähnliche Weise erfahren wird und in bestimmte, festgelegte (bewusste wie unbewusste) Bewertungsschemata mündet. Was hier noch nicht Berücksichtigung findet, ist die diskursive und visuelle Vermittlung von Architektur, die derartige institutionalisierte Verknüpfungen ebenfalls prägt. Nicht nur die individuelle physische Raum- und Stadterfahrung formt das unbewusste Verständnis von architektonischen Gestaltungelementen sondern auch das Wissen über Architektur und Stadträume, das wir über die Schulbildung, die Massenmedien, den Kulturbetrieb und die Tourismusbranche vermittelt bekommen. Eine enorme Bedeutung haben dabei Bilder. Diese tragen dazu bei, unser assoziatives, auf der unbewussten Ebene angesiedeltes Verständnis von Architektur und Stadträumen zu prägen und ein geistiges Repertoire an Vergleichsobjekten anzulegen, mit denen wir Architektur und Stadtraum lesen. Ich meine, dass für beide Arten der Erfahrung von Architektur – sowohl die unmittelbare Erfahrung in der alltäglichen Nutzung von Gebäuden und Stadträumen als auch die diskursiv und medial vermittelte Erfahrung – gilt, dass die Wahrnehmung typischer Gestaltungsmerkmale und Eigenschaften eines architektonischen Objektes das Lesen dieses Objektes als soziales Produkt ermöglicht. Es ist das „Typische“ an ei62
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nem architektonischen Objekt, das die Verknüpfung mit konventionalisierten Nutzungen, etablierten Bewertungen und gängigen Assoziationen wirksam macht. Die Betrachtenden müssen ein Objekt in irgendeiner Weise als bekannt oder ähnlich wiedererkennen können, um es mit einem vertrauten Bewertungsschema verknüpfen zu können (oder aber ein Objekt widersetzt sich bekannten Raumordnungen und Formensprachen; dann wird der Fremdheitseffekt, das Neue zum Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Bewertungsschemata). Die in den vorangegangenen Kapiteln diskutierten Beiträge erklären die gesellschaftliche Wirksamkeit des architektonischen Objekts mit dem Spektakel, mit der Ablenkung von realen sozialen Verhältnissen, mit der symbolischen Repräsentation von Macht und Reichtum oder wie in Bezug auf das iconic building mit Expressivität und Unkonventionalität. Ich würde hingegen gerne den Gedanken weiterführen, dass über das „Typische“ am architektonischen Objekt und den Rückgriff auf typisch erscheinende (und daher nicht mehr zu hinterfragende) Lesarten von Architektur der Verweis auf etablierte soziale Bedeutungen erfolgt. Diese sinnstiftende Funktion von Architektur bleibt oft unbemerkt oder wird weniger beachtet, weil sie selbstverständlich scheint und Teil der Alltagspraxis ist. Aber gerade in der Alltäglichkeit und Normalität des Umgangs mit Architektur liegt auch ihre ideologische Macht, wie der Architekturtheoretiker Kim Dovey unter Bezugnahme auf Pierre Bourdieu anmerkt: „Most people take the built environment for granted. This relegation of built form to the unquestioned frame is the key to its relations to power. The more the structures and representations of power can be embedded in the framework of everyday life, the less questionable they become and the more effectively they can work. This is what lends built form a prime role as ideology. It is what Bourdieu calls the ‚complicitous silence‘ of place as a framework to life that is the source of its deepest associations with power“ (Dovey 1999: 2).
Sucht man das „Typische“ an einem architektonischen Objekt zu identifizieren, kann man auf semiotische Ansätze zurückgreifen, die das Gebäude als Zeichensystem zu interpretieren suchen (Norberg-Schulz 1965; Eco 1972: 293-352; Dreyer 2003). Das Gebäude und seine Elemente sind durch konstruktiv realisierte Formen charakterisiert, welche dem architektursemiotischen Ansatz Umberto Ecos (1972) zufolge in Bezug auf unterschiedliche Codes (Entwurfscodes, Darstellungscodes und Konstruktionscodes; syntaktische und semantische Codes) analysiert und interpretiert werden (Dreyer 2006). Eine architektursemiotische Analyse besteht typischerweise in der Definition und Interpretation einzelner Elemente baulicher, maßstäblicher, materieller oder funktionaler 63
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Art als Zeichen (Türen/Fenster, Säulen, Achsen/Symmetrien, Treppen, Dachformen, typische Grundrisse/Aufrisse, geometrische Grundformen) und der Beschreibung der Zusammenhänge der Zeichen untereinander (Syntax) sowie der Analyse der Objektbeziehungen (Semantik) (Dreyer 2003). Für eine Analyse aus sozialkonstruktivistischer Perspektive, wie sie hier vorgenommen wird, ist dieser Fokus auf die Definition einzelner Gebäudeelemente und auf ihr Zusammenwirken als Zeichensystem wenig ergiebig. Meine Arbeit zielt darauf ab, zu ergründen, wie Architektur zum Bedeutungsträger gemacht wird. Mein Interesse liegt also weniger in der Analyse des Objektes an sich als in der Analyse der Praktiken, Zuschreibungen und Repräsentationsstrategien, mit denen dieses vermittelt wird. Eine zweite Möglichkeit, um das „Typische“ an einem architektonischen Objekt konzeptionell zu fassen, liegt in der Auseinandersetzung mit dem Begriff des architektonischen Typus bzw. des Gebäudetypus. Die oben beschriebene sinnstiftende Funktion von Architektur, die im alltäglich erfahrenen und zumeist unbewusst verarbeiteten Verweis auf etablierte soziale Bedeutungen liegt, lässt sich m.E. ohne eine raumtheoretische Fundierung des architektonischen Typusbegriffes nicht fassen. Trotz der Fülle an sozial- und geisteswissenschaftlichen Studien zu raumtheoretischen Fragestellungen in den letzten Jahren stellt eine solche jedoch nach wie vor ein Forschungdesiderat dar. Das konkrete Gebäude und seine Gestaltung bleiben in der Raumtheorie untertheoretisiert. Architektur und Kunstgeschichte haben demgegenüber eine Fülle von Systemen zur Klassifikation von Gebäuden hervorgebracht, um Anleitungen dafür zu geben, wie die Gestalt von Gebäuden und die Ordnungsbeziehungen zwischen Gebäuden systematisch erfasst werden können (z.B. Pevsner [1976] 1997; Koch 2006; Seidl 2006; Neufert 2009). Für die Frage nach dem Gebäude als einem gesellschaftlichen Wissensobjekt greifen diese funktionalen, bautechnischen und stilistischen Konzeptionen des Typusbegriffes6, wie sie die Architekturtheorie hervorgebracht hat, meiner Ansicht nach allerdings zu kurz, da mit ihnen 6
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Einen anderen Typusbegriff verfolgten italienische Theoretiker wie Muratori, Rossi oder Grassi. Sie verstanden den Typus als Grundelement der Stadt und ihrer Bauten, als strukturelle Konstante, in der sich die Geschichte, die Landschaft, das Klima, die Materialien, die Konstruktionstechniken und die Lebensgewohnheiten einer Stadt ausdrücken. Im Unterschied zu stilistischen und dekorativen Elementen stellen die typologischen Charakteristika hier unveränderliche und für jede Stadt spezifische Eigenheiten dar, die sich in Erschließungssystemen, Fassadengliederungen, der Anordnung von Innenräumen und dem Stadtgrundriss manifestieren (Lampugnani 2002).
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nicht wahrnehmungsrelevant argumentiert wird. So haben Laien in der Regel kein Fachwissen über bautechnologische oder stilistische Terminologien. Dazu kommt, dass viele technische und geometrische Aspekte der Klassifikationen (z.B. Baumaterialien, Plandarstellungen, historische Vergleiche) sich nicht bei der Begehung oder Betrachtung eines Gebäudes erschließen, weil dazu ein Hintergrund- bzw. ein fachliches Wissen notwendig ist. Und schließlich liefert die formale Gestaltung allein auch keinen eindeutigen Hinweis mehr auf die Funktion eines Gebäudes. Wie Thomas Markus (1993) in Buildings & Power. Freedom and Control in the Origin of Modern Building Types argumentiert, hat die stabile und eindeutige Zuordnung von Form zu Funktion in der Architektur – trotz des Form-follows-function-Diktums der Moderne – schon mit den Umbrüchen der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert einen entscheidenden Bruch erlitten (ebd.: 37). Tatsächlich ist es nach Markus ein Kennzeichen zeitgenössischer Architektur, dass manche ihrer räumlichen und formalen Entwicklungen nicht sprachlich fassbar und benennbar sind, weil sie keiner funktional eindeutig begründeten Logik entspringen (ebd.: 12). Einen Gebäudetypus als Bedeutungsträger verstehe ich für diese Arbeit daher als ein mehrdimensionales gesellschaftliches Produkt, das gleichermaßen materiell wie immateriell definiert ist (siehe auch die Beiträge in Guggenheim/Soderström 2010). Seine Definition beruht zum einen auf funktionalen, räumlichen und formalen Aspekten. Diese sind aber nicht als abstrakte und statische Kategorien zu verstehen, sondern sie müssen auf das Verhalten und die Wahrnehmung von Nutzenden und Betrachtenden bezogen werden. Zum anderen verweist der Typus als gesellschaftliches Produkt auf historisch spezifische soziale, ökonomische und kulturelle Verhältnisse (King 1984a, 2010; Schneekloth 2010). Statt einer funktional oder strukturell definierten Typologie ist also eine relationale Typologie anzudenken: „a typology based on relations“ (Markus 1993: 38). Der entscheidende Punkt für die Betrachtung des Bürohochhauses als einem Bedeutungsträger in der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten besteht demnach in der Verknüpfung dieses Gebäudetyps mit bestimmten sozialen und ökonomischen Verhältnissen. Welche gesellschaftlichen Verhältnisse dies sind und warum sie als typisch gelten, wird im Kapitel 2.3.3 und in der empirischen Analyse im Kapitel 5 diskutiert. Wie allgemeingültig ist ein solcher relational gedachter Typus? Hierzu ist es sinnvoll, noch einmal auf die Löwsche Argumentation zurückzukommen. Löw argumentiert, dass die Syntheseleistung, in der Raum konstituiert wird, immer auf einen lokal spezifischen Kontext, in dem der Betrachter sich befindet, bezogen sei (2001: 202). Selbst wenn 65
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Architektur global mit gleichen Formen auftritt, werden diese vor Ort jedoch in Räume eingebunden, so dass „über differente Wahrnehmungsund Platzierungspraktiken das Globale in seiner Sinngebung und Wirkungsweise durchbrochen wird“ (Löw 2003: 22). Diese Sichtweise steht im Einklang mit Befunden, nach denen architektonische Artefakte und Gebäudetypen bei ihrer weltweiten Verbreitung adaptiert, angepasst und überformt werden (King 1984b; Guggenheim/Soderström 2010). Der Typus als solcher existiert immer nur auf abstrakter Ebene, realisiert wird er durch „type operations“ (Schneekloth/Franck 1994: 23) – wiederholt aufeinanderfolgende Prozesse der Abstraktion, indem ausgehend von existierenden Gebäuden verallgemeinernde Thesen über die essenziellen Charakteristika des Typus formuliert werden, sowie umgekehrt der Veranschaulichung, indem ein abstrakter Typus bei der Errichtung eines Gebäudes eine konkrete, einzigartige Realisierung erfährt. Der These bezüglich der Adaption globaler Architekturen und ihrer Bedeutung in lokalen Kontexten steht das Argument Löws gegenüber, wonach lokal spezifische institutionalisierte Synthesen existieren, die global exportiert werden und in der Folge sehr wohl weltweit abrufbar sind. Dies scheint für den Fall des Bürohochhauses zutreffend. Wie die Analyse zeigen wird, besteht die Verwendung des Bürohochhauses als Bedeutungsträger in einer solchen globalen Verallgemeinerung. Seine Bedeutung im Kontext einiger Städte wird übertragen und trotz gänzlich unterschiedlicher Rahmenbedingungen an einem Ort wie Wien als wirksam erachtet. Warum bestimmte ortsgebundene Bedeutungszuschreibungen global exportiert werden und andere nicht, bleibt in den Ausführungen Löws allerdings unklar. Man kann vermuten, dass hier Praktiken des Austauschs von Menschen, Gütern und Vorstellungen, hegemoniale Deutungsmuster und Zentrum-Peripherie-Verhältnisse zusammenwirken. Festhalten lässt sich, wie auch Löw (2003: 10) anmerkt, dass der Gewöhnungseffekt durch die Herstellung immer gleicher Bilder im Rahmen einer global agierenden bildproduzierenden Industrie (Frosh 2003; Grubbauer 2008; 2010) einen Schlüssel zur Herstellung dauerhafter und weltweit gültiger Verknüpfungen darstellt. Die Wiederholung immer gleicher Bilder und Bildmuster dient dazu, mit den Sehgewohnheiten auch Verknüpfungsleistungen zu prägen und damit Denkmuster und Ordnungsschemata zu beeinflussen (z.B. Holert 2000; SachsHombach 2003; Maasen et al. 2006; Bernhardt et al. 2007). Im Kapitel 2.3.2 wird daher diskutiert, wie Architektur als Bedeutungsträger diskursiv und visuell vermittelt wird. Mein Argument dabei ist, dass die Macht bildhafter Darstellungen von Architektur insbesondere darin besteht, „typische“ Darstellungen architektonischer Objekte zu prägen und da66
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durch das gesellschaftliche Verständnis von Gebäudetypen zu beeinflussen. Die theoretische Einbettung der Arbeit wird schließlich im Kapitel 2.3.3 mit einer Betrachtung des Bürohochhauses in Bezug auf mit ihm verknüpfte spezifische soziale und ökonomische Verhältnisse abgeschlossen. Der Fokus liegt auf dem Bürohochhaus und nicht auf dem Bürobau im Allgemeinen, weil ersteres im Wiener Kontext als der primäre Bedeutungsträger fungiert. Von Interesse sind dabei im Sinne des oben beschriebenen relationalen Typusbegriffes die gesellschaftliche Konstitution dieses Gebäudetyps und dessen Wandel in der Zeit, während stilistische und technologische Aspekte nur am Rande betrachtet werden.
2.3.2 Architektur in Bilddiskursen Ein Ziel dieser Arbeit ist es zu untersuchen, wie mittels Architektur Bedeutung produziert wird, d.h. wie Architektur als medialer Bedeutungsträger eingesetzt wird, um politische Botschaften zu prägen und die Strategien der Stadtentwicklung „sichtbar“ zu machen. Dies geschieht zum einen auf der Ebene des Textes, indem in den Publikationen der Stadtverwaltung und der Stadtregierung auf lokale Büro(hoch)häuser verwiesen wird und diese in einen bestimmten Argumentationszusammenhang gestellt werden. Zum anderen werden fotografische Bilder der Bauten als Elemente visueller Kommunikation eingesetzt. Zum Teil begleiten diese Bilder die entsprechenden Texte und sind ihnen untergeordnet, teilweise fungieren sie aber auch als hauptsächliche Kommunikationselemente, wie etwa bei Imagekampagnen im öffentlichen Raum, die mit großformatigen Bildmotiven arbeiten. Angesichts dieser unterschiedlichen Ebenen und Medien der Kommunikation sind vorweg einige theoretische Anmerkungen notwendig (zur konkreten Erläuterung und Diskussion der Methoden siehe Kapitel 5.2). Zur Analyse von Textkorpora gibt es mittlerweile eine Fülle an gut dokumentierten diskurswissenschaftlichen Methoden (z.B. Fairclough 1995; Keller et al. 2001; Jäger 2001; Landwehr 2001; Wodak/Meyer 2001). Ich beziehe mich in meiner Analyse auf eine sozialwissenschaftlich orientierte Diskursforschung (Keller et al. 2001; Keller 2004). Diese ist nicht primär an einer sprachwissenschaftlichen Analyse des Sprachgebrauchs oder an seiner diskursethischen Diskussion interessiert; ihr geht es auch nicht um sozialstrukturelle Formungen des Sprachgebrauchs, wie sie die Sprachsoziologie untersucht. Im Mittelpunkt der sozialwissenschaftlichen Diskursforschung steht vielmehr „die Analyse institutioneller Regulierungen von Aussagepraktiken und deren performative, wirklichkeitskonstituierende Macht“ (Kel67
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ler 2004: 8). Damit geht es sowohl um Prozesse gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion als auch um die damit verbundenen Handlungspraktiken sowie ihre institutionellen Kontexte und gesellschaftlichen Folgen. Diese Perspektive hat Konsequenzen für die empirische Arbeit, indem auch Ebenen außerhalb der Textkorpora von Bedeutung sind. Auch kollektive Akteure und die Prozesse, in denen Diskurse erzeugt und reproduziert werden, sowie auch die gesellschaftlichen Machtverhältnisse sind Gegenstände der Datenerhebung (ebd.: 65). Insbesondere die wissenssoziologische Diskursanalyse, wie sie Rainer Keller als einen Ansatz sozialwissenschaftlicher Diskursforschung formuliert, erachte ich im Hinblick auf eine Verbindung mit dem Konzept der ökonomischen Vorstellungswelten nach Jessop als fruchtbar (auch wenn Jessop selber stärker an der Critical Discouse Analysis nach Norman Fairclough orientiert ist). Keller erweitert dabei die soziologische Wissenstheorie nach Berger/Luckmann ([1966] 1980) um kulturalistische Ansätze der Diskursforschung und die Diskurstheorien nach Foucault (Keller 2004: 56). Er plädiert dafür, die Mikroanalyse alltäglicher Verstehens- und Interpretationsprozesse von Berger/Luckmann zu erweitern und mit Rückgriff auf Foucault und Bourdieu auch die Prozesse gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion zum Gegenstand einer wissenssoziologisch fundierten Diskursanalyse zu machen. Ziel einer derart konzipierten wissenssoziologischen Diskursanalyse sei es demnach: „[…] Prozesse der sozialen Konstruktion, Objektivation, Kommunikation und Legitimation von Sinn-, d.h. Deutungs- und Handlungsstrukturen auf der Ebene von Institutionen, Organisationen bzw. sozialen (kollektiven) Akteuren zu rekonstruieren und die gesellschaftlichen Wirkungen dieser Prozesse zu analysieren“ (Keller 2004: 57).
Diese Prozesse der Wissensproduktion und „Sinngebung“ sind in Diskursen organisiert, welche als Aussagenkomplexe verstanden werden können, die wiederum „Behauptungen über Phänomenbereiche aufstellen und mit mehr oder weniger stark formalisierten/formalisierbaren Geltungsansprüchen versehen sind“ (ebd.: 63). Diskurse beruhen auf einer interessenbezogenen und bewusst betriebenen Interpretationsarbeit. Für die Realisierung und Wirkungsmächtigkeit von Diskursen spielt daher die Ressourcenverteilung eine entscheidende Rolle, da sich daraus für die sozialen Akteure unterschiedliche Möglichkeiten der Artikulation und Erzeugung von Resonanz ergeben. Über Dispositive – „institutionalisierte, infrastrukturelle Momente und Maßnahmenbündel“ (ebd.: 63),
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zu denen auch Objekte und Artefakte der gebauten Umwelt gehören – werden Diskurse schließlich stabilisiert und wirkungsmächtig. Das primäre Medium von Diskursen ist Sprache. Deshalb war die Diskursforschung bislang vorrangig auf Texte als Quellen fokussiert. Allerdings wird zuletzt immer stärker eingefordert, auch andere Medien einzubeziehen (vgl. Maasen et al. 2006). Keller sieht zum Beispiel eine besondere Notwendigkeit, audiovisuelle Medienformate und -inhalte sowie nicht-textförmige Bestandteile von Dispositiven, wie zum Beispiel Gebäude, Maschinen und Technologien, zu betrachten (2004: 77). Für meine Analyse fotografischer Bilder von Architektur kann ich hierzu auf eine Vielzahl an interdisziplinären Arbeiten aus dem wachsenden Feld der Visual Studies und der Bildwissenschaften zurückgreifen. Die hohe Relevanz visueller Kommunikationsformen in vielen gesellschaftlichen Bereichen hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit dem Visuellen geführt. Am bekanntesten wurde in diesem Zusammenhang W.J.T. Mitchells Postulat des „pictorial turn“, mit dem er auf die theoretischen und methodischen Defizite im Verständnis von Bildern und ihrer Wirkungsweise hinwies (Mitchell 1994). Seitdem wurden und werden aus unterschiedlichen Disziplinen heraus verstärkt die Eigenheiten visueller Medien, mögliche Methoden der Bildanalyse sowie Prozesse visueller Wahrnehmung und Bedeutungsproduktion analysiert, zum Beispiel in der Kunstgeschichte (Boehm 1994), der Philosophie (Sachs-Hombach 2003), den Medien- und Kommunikationswissenschaften (Kress/van Leeuwen 1996; Müller 2003) sowie den Kulturwissenschaften und Cultural Studies (Evans/Hall 1999). Darüber hinaus gibt es eine kleine Zahl von Arbeiten, die konkrete Beispiele dafür liefert, wie die Bildanalyse mit der Diskursanalyse verknüpft werden kann (Kress/van Leeuwen 2001; Maasen et al. 2006; Christmann 2008). Auf die wichtigsten theoretischen Konsequenzen, die sich aus diesen Arbeiten für meine Betrachtungen ergeben, möchte ich im Folgenden eingehen. Alle oben genannten bildwissenschaftlichen Ansätze gehen von der gemeinsamen Annahme aus, dass Bilder kein Spiegel einer vorgegebenen Realität sind und dass sie keine objektive „Kopie“ der Wirklichkeit liefern. Bilder müssen demnach untersucht werden, „not as evidence of the who, where and what of reality, but as evidence of how their maker or makers have (re-)constructed reality“ (van Leeuwen/Jewitt 2001: 5). Die Macht von Bildern liegt genau in dieser scheinbaren Realitätsnähe, die sich aus der Unmittelbarkeit und Sinnlichkeit ihrer Wahrnehmung ergibt. Ihre Wirksamkeit als (ideologische) Bedeutungsträger besteht nach dem Philosophen Klaus Sachs-Hombach darin, dass „Wahrnehmungsmechanismen ihre Rezeption erleichtern, dadurch aber die Nei69
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gung fördern, zeichenbedingte Eigenschaften des Dargestellten unkritisch als Eigenschaften realer Gegenstände aufzufassen“ (2003: 309). Für fotografische Bilder sind diese Realitätsnähe und Unmittelbarkeit der Wahrnehmung am ausgeprägtesten. Auch wenn semiotische, kultur- und kunstwissenschaftliche Arbeiten seit langem an der Dekonstruktion des Mythos fotografischer Objektivität arbeiten (Burgin 1982; Tagg 1988; Barthes 1990) und obwohl westliche Medienkonsumenten mit den Techniken digitaler Bildbearbeitung vertraut sind, hat sich die Fotografie eine Aura der Objektivität bewahrt (vgl. auch Grittmann 2003). Diese scheinbare Glaubwürdigkeit fotografischer Bilder kommt laut Charles Peirce durch ihre Fähigkeit, als indexikalisches Zeichen (indexical sign) zu operieren (Hoopes 1991). Die Fotografie ist durch den mechanisch-chemischen (und heute digitalen) Prozess der Bildproduktion kausal mit dem abgebildeten Objekt verknüpft. Der abgebildete Gegenstand war zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich physisch vor der Kamera. Roland Barthes (1990: 15) hat diesen Mythos fotografischer Natürlichkeit mit der Macht des nichtcodierten, buchstäblichen Sinns fotografischer Bilder gegenüber ihrem codierten, symbolischen Sinn erklärt. Das Foto scheint mehr zu „zeigen“ als zu „kommunizieren“. Dies macht es, wie Barthes es bekannterweise formulierte, zu einer „Botschaft ohne Code“ (ebd.: 13). Dabei sind fotografische Bilder prinzipiell offen in ihrer Bedeutung. Ihre strukturelle Vieldeutigkeit ist einer der fundamentalen Unterschiede zu Texten (Sachs-Hombach 2003: 25; Doelker 1997: 58ff.). Dementsprechend kommt begleitenden Texten eine zentrale Rolle in der Eingrenzung und Steuerung („Verankerung“ nach Barthes 1990: 34) möglicher Interpretationen von Bildern zu. Erst über die Verbindung mit einer sprachlich vermittelten diskursiven Ebene als Teil von „Bild-Diskursen“ (Maasen et al. 2006) werden fotografische Bilder wirkungsmächtig und tragen zur gesellschaftlichen Konstruktion von Realität bei. Die endgültige und subjektive Bedeutung eines Bildes für die Betrachtenden bleibt dabei offen. Sie ergibt sich erst „in the articulation between viewer and viewed, between the power of the image to signify and the viewer’s capacity to interpret meaning“ (Evans/Hall 1999: 4). Behauptungen über die individuelle Rezeption von Bildern können nur auf Basis von qualitativen Methoden der Rezeptionsanalyse gemacht werden (und sind demnach auch nicht Ziel dieser Arbeit). Darüber hinaus sind im Kontext der Massenmedien und der politischen Öffentlichkeitsarbeit, wie ich sie in dieser Arbeit betrachte, meines Erachtens drei Aspekte von zentraler Bedeutung: die spezifische Logik alltäglicher visueller Wahrnehmung, die Strukturen der heutigen
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industriellen Bildproduktion und die Konventionen und Routinen alltäglicher Presse- und Agenturarbeit. Erstens: Visuelle Wahrnehmung im Kontext der Massenmedien vollzieht sich zum größten Teil außerhalb des Rahmens formalisierter Betrachtung, d.h. unbewusst, kursorisch, flüchtig (Mirzoeff 1999: 7). Selten werden wir die Fotografien in Zeitungen und Magazinen oder etwa die Bilder auf den U-Bahn-Screens tatsächlich eingehend studieren. Meistens bleibt es beim schnellen Durchblättern, Überfliegen und Scannen. Wie Paul Frosh in Referenz zu Bryson (1983) festgestellt hat, ist dabei der schnelle, suchende, bewegte Blick (glance) zum typischen Modus visueller Wahrnehmung geworden, um mit dem Überangebot an visuellen Reizen umzugehen (Frosh 2003: 107). Gerade diese oberflächliche Art der Wahrnehmung ist jedoch notwendigerweise selektiv und greift in höherem Maß auf Kategorisierungen zurück, als es das gezielte und bewusste Betrachten von Bildern tut (ebd.: 110). Gleichzeitig sind massenmediale Bilder dezidiert zweckgerichtete Produkte. Ihr Ziel ist es, trotz der kurzen Aufmerksamkeitsspannen, Botschaften zu transportieren. Weil diese Bilder selektiv und flüchtig wahrgenommen werden, wird dies nur durch die Zuspitzung und gleichzeitige Reduktion von Inhalten sowie den effektiven Einsatz visueller Mittel erreicht. Dies hat für fotografische Abbildungen von Architektur, wie wir sehen werden, enorme Konsequenzen. Diese Fotos müssen unweigerlich etablierte Sehgewohnheiten bedienen und bekannten Bildformeln folgen, um vom Betrachtenden binnen kürzester Zeit erfasst und verarbeitet zu werden. Zweitens: Die Herstellung fotografischer Bilder im Kontext der Massenmedien erfolgt heute im Rahmen einer bildproduzierenden Industrie, der „visual content industry“ (Frosh 2003). Ein Foto, das schließlich in einem Printmedium erscheint, ist dabei nie Ausdruck einer singulären künstlerischen Position. An seiner Herstellung sind neben dem Fotografen auch eine Reihe anderer Akteure beteiligt, allen voran die „cultural intermediaries“ (Negus 2002): Kreativverantwortliche und Grafikdesigner in Werbeagenturen oder Zeitungsredaktionen. Der Herstellungsprozess fotografischer Bilder ist durch die Orientierung an einer (vielfach konstruierten und daher auch widersprüchlichen) „bevorzugten Bedeutung“ geprägt, zu welcher der Betrachter durch verschiedene Mittel geleitet wird: fotografische Techniken, Stil, Ausschnitt, Textumfeld, Layout, Wahl des Mediums, Positionierung und Größe (Kress/van Leeuwen 1996; Doelker 1997). Eine zentrale Rolle in diesem Prozess kommt heute Bildagenturen zu, die etwa zwei Drittel aller in Berichterstattung, Werbung und Design eingesetzten Fotos liefern (Frosh 2003: 2).
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Drittens: Der dritte im Kontext massenmedialer Kommunikation wesentliche Aspekt besteht in der Wirksamkeit von Konventionen und Routinen bei der Herstellung, der Bearbeitung und dem Einsatz von Fotos. Über die Institutionen der Bildindustrie (Unternehmen, Museen, Zeitschriften) werden nicht nur die Fragen der technologischen Entwicklung, der Organisation und der finanziellen Abgeltung geregelt. Diese Institutionen sind außerdem auch daran beteiligt, Konventionen zu prägen, welche die Herstellung und die Betrachtung von Fotografien anleiten (Watney 1999: 151). Allerdings werden diese Konventionen nicht bewusst wahrgenommen. Sie erscheinen natürlich und selbstverständlich und als „the way to do something“ (Lister/Wells 2001: 75). Sie lassen sich also nicht auf Stilfragen reduzieren und sind nicht nur eine Frage des Genres. Man kann sie eher als konzeptionelle Kategorien fotografischer Bedeutungsgebung verstehen, wie Simon Watney schreibt: „We may think of them as patterns of conformity, internally coherent, which do not of course ‚reflect‘ any pre-given ‚realities‘. Rather, they themselves constitute the cultural grounds from which we variously conceive ‚reality‘ as an apparent stable unity. It is the relatively systematic coherence of this field of photographic signification which is carried over into our assessment of the non-textual world“ (Watney 1999: 160, Hervorhebung im Original).
In der alltäglichen Praxis redaktioneller Bildbearbeitung oder graphischer Gestaltung in Werbe- und PR-Agenturen stellen derartige Konventionen die Basis der Arbeit dar. Sie ermöglichen Vermutungen über die potenzielle Bedeutung einer Darstellung (konventionelle Darstellungen erhöhen die Lesbarkeit; unkonventionelle Darstellungen verschaffen möglicherweise Aufmerksamkeit) und erleichtern es, Routineabläufe zu entwickeln. Zudem bietet oft auch der zeitliche bzw. der finanzielle Rahmen keine Möglichkeit, unkonventionelle Lösungen zu entwickeln. Auftragsfotografie ist teuer und für redaktionelle Gestaltung und kleinere Werbeaufträge nur in Ausnahmefällen im Rahmen des Budgets. Aus diesen Eigenschaften von Bildproduktion und Bildwahrnehmung im massenmedialen Kontext wird klar, dass die Relevanz dieser medialen Bilder und die Notwendigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit ihnen nicht primär mit ihrer viel zitierten „Überfülle“ zu begründen sind, wie dies beispielsweise Jörg Gleiter (2005) tut. Er begründet seine Forderung nach einer Architekturtheorie als kritischer Bildtheorie mit der „Dominanz der Bilder“, „einer generellen visuellen Kontamination“ und dem „total flow der Bilder“ (ebd., o.S.). Vielmehr meine ich, dass die Beschäftigung mit den Praktiken und Techniken visueller Repräsentation von Architektur vom „Prinzip der Verknappung“ 72
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von Bildern auszugehen hat, wie Maasen et al. (2006: 8) dies treffend formulieren. Fotografische Abbildungen sind immer selektiv, sie treffen immer eine Auswahl (in Motiv, Bildausschnitt, Blickwinkel etc.) und werden immer ausgewählt (gegenüber anderen Bildern, die nicht eingesetzt werden). Dieser Auswahlprozess ist integraler Teil des Prozesses der Bildproduktion und spiegelt gesellschaftliche Konventionen, Normen und Werte genauso wider wie die Strukturen der Produktion und die zugrunde liegenden Machtverhältnisse. Sichtbarkeit ist also „nie umstandslos gegeben“ (Holert 2000, zitiert nach Maasen et al. 2006: 18). Ziel der hier intendierten Bildanalyse muss es daher sein, diese jeder öffentlichkeitswirksamen Verwendung eines Bildes zugrunde liegenden Präferenzen und Kritierien zu rekonstruieren und sie in Verbindung zur inhaltlichen Strukturierung des Diskurses zu setzen. Dabei lässt sich das wesentliche Ziel der Diskursanalyse, nämlich die „typisierten und typisierbaren Schemata“ (Keller 2004: 63) herauszuarbeiten, in denen Bedeutungen vorliegen, auch auf die Betrachtung der Bilder anwenden. Es werden die typischen Motive, die Repräsentationsmuster und die Techniken der Bildgestaltung zu identifizieren sein. An dieser Stelle lässt sich meiner Ansicht nach schließlich die Brücke zum oben diskutierten Typusbegriff schlagen. Die im Kontext von Massenmedien und politischer Werbung notwendige Strategie visueller Typifizierung erklärt, warum der Gebäudetypus in meiner Betrachtung der Repräsentation von Büroarchitektur eine zentrale Rolle spielt. Ich habe an anderer Stelle ausführlich gezeigt, dass diese Strategie der visuellen Typisierung ganz wesentlich mit der Dekontextualisierung der abgebildeten Bauten einhergeht (Grubbauer 2008; 2009; 2010). Das Resultat ist, dass das architektonische Objekt notwendigerweise stärker als Typ denn individuelles Objekt präsentiert wird, um die Botschaft effektiv und prägnant in Szene zu setzen. Spuren der Alterung und Nutzung, Abbildungen realer Nutzer, die nähere Umgebung des Gebäudes und das Straßenbild werden ausgespart. Diese Typisierung macht (in Verbindung mit dem Textkontext) die Verknüpfung der Architektur mit spezifischen Nutzungen und Funktionen, sozialen Verhältnissen und lebens- und arbeitsweltlichen Praktiken im Sinne der intendierten Botschaft wirksamer. Anders gesagt: Die Typisierung als eine Methode der visuellen Repräsentation hebt das „Typische“ am Gebäude hervor – allgemein mit dem Gebäudetypus verknüpfte Eigenschaften werden gegenüber den Charakteristika des individuellen Gebäudes in ihrer Bedeutung betont. Die Macht von Bildern wäre demnach also darin zu sehen, typisierte Darstellungen architektonischer Objekte zu prägen und damit das gesellschaftliche Verständnis von Gebäudetypen zu beeinflussen. Dieses Argument wird in
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der Diskussion der Bildbeispiele (Kapitel 5.4.2) noch einmal aufgegriffen und anschaulich gemacht.
2.3.3 Das Bürohochhaus als gesellschaftliches Produkt Bei der historischen Betrachtung des Bürohochhauses lassen sich drei Phasen beschreiben, die sich hinsichtlich der Verbreitung, der Nutzung und der gesellschaftlichen Bedeutung dieses baulichen Typus grundsätzlich unterscheiden. Die erste Phase umfasst die Zeit von der Entstehung der ersten Hochhäuser im New York und Chicago des späten 19. Jahrhunderts bis zur Weltwirtschaftskrise und der folgenden Zäsur des 2. Weltkrieges. Die zweite Phase umfasst die Nachkriegszeit und die dritte Phase schließlich die Dekaden seit Ende der 1980er-Jahre, in denen das Bürohochhaus seine weltweite Verbreitung fand und einen signifikanten Bedeutungswandel durchlief.7
New York und Chicago von 1870 bis 1930 Das Bürohochhaus als Gebäudetypus entstand in den letzten drei Dekaden des 19. Jahrhunderts in Chicago und New York. Neben den technischen Voraussetzungen, der Erfindung der Stahlskelettbauweise und des Personenaufzuges, war die hohe Nachfrage nach Büroraum in diesen beiden Städten der entscheidende Faktor für die Entwicklung des Bürohochhauses. New York hatte in diesem Zeitraum seine wirtschaftliche Vormachtstellung in den USA mit dem größten Hafen und als größter Verkehrsknotenpunkt sowie als Hauptfinanzplatz des Landes bereits gesichert. Chicago dagegen verdankte sein rasantes Wachstum von einer Siedlung mit 350 Einwohnern im Jahr 1833 zu einer Stadt mit 330.000 Einwohnern im Jahr 1870 seiner strategisch günstigen Lage als Knotenpunkt der neu entstehenden Bahnverbindungen und als Umschlagplatz für die landwirtschaftlichen Produkte, die im fruchtbaren Hinterland produziert wurden (Abu-Lughod 1999). Beide Städte erlebten in diesem Zeitraum eine massive Industrialisierung und verzeichneten hohe Zuwanderungsraten. Der unternehmensbezogene Dienstleistungssektor sowie der städtische Verwaltungssektor wuchsen enorm, was schließlich zu einer stark erhöhten Nachfrage nach Büroraum führte, die durch den Bestand nicht befriedigt werden konnte. Hinzu kam, dass sowohl in Chicago (durch die verkehrstechnische Begrenzung des Loop, des kommerziellen Zentrums der Stadt) als auch in New York (durch die Insellage Manhattans) der Expansion des Central Business Districts räumlich 7 74
Diese Einteilung folgt der von Carol Willis (1995).
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Grenzen gesetzt waren. Dies erhöhte den Wert der Grundstücke beständig und machte kommerzielle Bauten erst profitabel (ebd.). Das Hochhaus entstand also zunächst als Bürohochhaus und dieses war, wie Carol Willis (1995) eindrucksvoll zeigt, von Anfang an fundamental an kommerziellen Kriterien ausgerichtet. Ziel war es, mit der Optimierung der zu höchsten Preisen maximal vermietbaren Bürofläche größtmögliche Gewinne zu erzielen. Auf der einen Seite förderten diese ökonomischen und programmatischen Anforderungen an Qualitätsbüroräume schon damals die Standardisierung des Hochhausbaus. Die Innenräume beispielsweise unterschieden sich kaum. Auf der anderen Seite führte genau diese Gewinnorientierung aber auch dazu, dass sich das Bürohochhaus in New York und Chicago in lokal unterschiedlichen Formen entwickelte, „a vernacular unique to each city“ (ebd.: 7). Attraktiver und gut vermietbarer Büroraum brauchte zur damaligen Zeit eine gute natürliche Belichtung und Belüftung. Damit waren die Gebäudetiefen auf eine ökonomisch rentable Trakttiefe beschränkt. Aufgrund unterschiedlicher Grundstücksgrößen sowie der unterschiedlichen Bebauungsbestimmungen in New York und Chicago führte diese Beschränkung zu jeweils spezifischen formalen Lösungen. Die ersten Bürohochhäuser in Chicago waren tendenziell als massive, kubische Bauten mit Innenhöfen oder in U-Form angelegt, während in New York nach der Höhenregulierung von 1916 die typischen pyramidenartig abgestuften „setback“-Hochhäuser entstanden, die bis in die 1950er-Jahre die vorherrschende Hochhauslösung darstellten. Im Bauboom der späten 1920er-Jahre wurden u.a. die markanten Bauten des Chrysler Buildings (1930) und des Empire State Buildings (1931) gebaut, die das Bild New Yorks bis heute prägen. Diese und andere markante Bauten vor Augen wurde und wird das Entstehen der Skylines von New York und Chicago im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert oft als Ausdruck von Unternehmensmacht und Unternehmenswerbung interpretiert (z.B. Fenske/Holdsworth 1992; Flierl 2000; Fenske 2008), wie die Beschreibung von Fenske/Holdsworth8 deutlich macht: „The restructuring of New York’s urban environment [in the late nineteenth and early twentieth centuries] was not just a matter of changing the skyline. The landmark towers […] were rarely of any true functional use to their corporate builders […] The only justification was an enterprise’s visibility on the urban scene. [Their logic was the] establishment of a physical presence for an unmaterial business such as insurance and the assertion of an individual ego“ (Fenske/Holdsworth 1992, zitiert nach King 2004: 10). 8
Siehe Willis 1995: 145ff. für weitere Beispiele. 75
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Auch King merkt in seiner Diskussion des Hochhauses in Spaces of Global Cultures an, dass zu Zeiten, in denen Film und Fernsehen noch unbekannt waren, Gebäude durch die Verbreitung von Fotografien in Printmedien einen enormen Werbeeffekt für seine Besitzer hatten (King 2004: 6). Ähnlich sieht dies auch der Architekturtheoretiker Bruno Flierl. Er beschreibt die Hochhausbauten von Manhattan mit signifikanter architektonischer Gestaltung wie den Singer Tower (1908) oder das Woolworth Building (1913) als „Bauten, die sich im Auftrag und im Interesse ihrer Bauherren […] durch architektonische Gestaltung als bewusstseinsbildende Kraft imagefördernd auszeichnen sollten und auch auszeichneten. […] Wichtig war vor allem die lancierte kulturelle Wirkung im Interesse der Geschäfte mit der Erwartung, sie werde sich ökonomisch auszahlen“ (Flierl 2000: 48).
Die entscheidende Voraussetzung für diesen mutmaßlichen Werbe- und Repräsentationseffekt war, dass Bauherren die Bauten zu ihrem eigenen Nutzen errichteten. In welchem Ausmaß dies tatsächlich der Fall war, darüber besteht allerdings ein interessanter Dissens, den es festzuhalten gilt. Während Flierl in seiner Geschichte des Hochhauses in Bezug auf New York feststellt, dass „bis etwa 1965 fast ausnahmslos Konzernhochhäuser für Eigenbedarf entstanden“ (2000: 78), argumentiert Willis (1995), dass in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts die meisten Bauten kommerzieller Art gewesen seien (d.h., dass sie für den Markt und unbekannte Nutzer errichtet wurden). Sie notiert, dass über 80 % der Mieter Büroflächen von weniger als 1.000 sq.ft. (ca. 90 m²), also vergleichsweise kleine Einheiten, gemietet hätten – was tatsächlich auch die profitabelste Lösung für den Vermieter darstellte, da die Vermietung an viele kleine Mieter höhere Erträge brachte (ebd.: 28). So waren gerade die Bauten, die etwa Flierl als typisch für die werbewirksame Präsenz der Unternehmen im Stadtbild anführt, der Singer Tower, das Woolworth Building und das Metropolitan Life Building (Flierl 2000: 48), die von 1908 bis 1913 hintereinander den Titel des weltweit höchsten Gebäudes inne hatten, laut Willis tatsächlich aber die Ausnahmen und wenig charakteristisch für die Mehrheit der Hochhäuser (Willis 1995: 44). Zudem war selbst in diesen Bauten der Großteil der Flächen profitabel an externe Unternehmen vermietet, während die Beschäftigten des Unternehmens selber in weniger teuren Räumen untergebracht wurden (ebd.: 150). Gerade die prägnantesten und höchsten Bauten der 1920erJahre, das Empire State Building, das Chrysler Building, das City Services Building, das Rockefeller Building und das Manhattan Company
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Building, waren allesamt kommerzielle Bauten.9 Folgt man Willis' Argumentation stellt sich die Gleichsetzung des frühen Bürohochhauses mit Unternehmensmacht und Unternehmensrepräsentanz also als Mythos, zumindest aber als selektive Wahrnehmung heraus. Sie spricht in diesem Zusammenhang von der „corporate skyline“ als einem irreführenden Klischee (Willis 1995: 145). Dies ist interessant für meine Betrachtungen, da dieses Klischee, wie am Beispiel Wiens zu sehen sein wird, bezüglich des Hochhauses als Bedeutungsträger bis heute Gültigkeit besitzt. Die hier vollzogene implizite Verortung der wichtigsten Unternehmen einer Stadt in ihren Hochhäusern, geht auf die spezifische Rezeptionsgeschichte der ersten Hochhausbauten in New York und Chicago zurück. Faktum ist, dass New York und Chicago in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die einzigen Hochhausstädte blieben, dies ändert sich erst im ersten Jahrzehnt nach dem 2. Weltkrieg.
Die Nachkriegsjahre in den USA bis 1980 Die Hochhäuser der ersten Phase waren trotz der bautechnologischen Innovationen stark vom Einfluss europäischer Architekturstile geprägt, zuerst dem Historismus in seinen unterschiedlichen stilistischen Ausprägungen und später dem Art Déco. Dies änderte sich erst in den 1950erJahren nachhaltig. Nach dem Einschnitt durch die Weltwirtschaftskrise und der Unterbrechung der Bautätigkeit durch den 2. Weltkrieg war der Einfluss der Moderne nun auf dem Höhepunkt: Die Ausstellung „International Style“ hatte 1932 die europäische Moderne in New York einem breiten Publikum zugänglich gemacht und europäische Architekten, wie Ludwig Mies van der Rohe und Walter Gropius, hatten ihre Vorstellungen mit ins US-amerikanische Exil gebracht. Auf der CIAMKonferenz10 von 1933 war die Charta von Athen verabschiedet worden. Während in Chicago die Bautätigkeit nach dem 2. Weltkrieg nur zögerlich einsetzte, entstand in den 1950er-Jahren in New York eine neue Generation von Hochhäusern, die alle der Architektursprache der Moderne verpflichtet waren. Als erste Beispiele dafür gelten das United Nations Building (1953) von Wallace K. Harrison mit Beteiligung u.a. von Le Corbusier, das Lever House (1952) von Gordon Bunshaft/Skidmore
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Willis schätzt, dass in den 1920er-Jahren in Chicago von den 20 errichteten Hochhäusern etwa ein Drittel von Unternehmen zur Eigennutzung errichtet worden seien. In New York wurden im selben Zeitraum etwa 100 Hochhäuser gebaut. Hier betrug der Anteil der Unternehmenssitze etwa ein Viertel (1995: 156). 10 Internationale Kongresse Moderner Architektur – Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM). 77
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Owings & Merrill (SOM) und das Seagram Building (1958) von Mies van der Rohe. Voraussetzungen für die formalen Neuerungen waren die technologische Verbesserung des Kunstlichtes und der künstlichen Klimatisierung Ende der 1940er- und Anfang der 1950er-Jahre. Erst damit wurden die stilprägenden geschlossenen Vorhangfassaden, tiefere Räume und die typischen, das ganze Geschoss umfassenden Open-plan-Lösungen möglich, welche das Gebäude in seinem Grundriss unabhängig vom Ort und dem konkreten Zuschnitt des Grundstücks machten (Willis 1995: 8). In der neuen New Yorker Bauordnung von 1961 wurde dieser städtebauliche Paradigmenwechsel hin zum von der Straßenkante abgesetzten, kubischen Hochhaus schließlich formalisiert. Türme durften nach der neuen Bauordnung statt 25 nun 40 % der Grundfläche einnehmen. Die Höhe der Türme wurde über die nach Zonen festgelegte Geschossflächenzahl (Floor Area Ratio/FAR) reguliert. Das Konzept des incentivezoning fungierte als Bonussystem, das eine höhere Geschossflächenzahl und damit eine größere Gebäudehöhe erlaubte, wenn öffentliche Flächen in den Straßenbereich eines Gebäudes integriert wurden (Flierl 2000: 66). Kubische Türme setzten sich als Gestaltungslösung durch, da sie von nun an die profitabelste Raumnutzung boten: „Thus the FAR formula effectively ended the standard setback massing, not because the new code prohibited it, but because sheer-walled towers in open plazas became more profitable“ (Willis 1995: 141). Die neuen kubischen Hochhaustypen erfüllten einen erhöhten Raumbedarf. Von 1940 bis 1960 hatten sich die Beschäftigtenzahlen von Büroangestellten ebenso wie die durchschnittliche Bürogröße verdoppelt. Mit den neuen Möglichkeiten der künstlichen Belichtung und Klimatisierung konnten die vermietbaren Flächen der neuen Hochhäuser drastisch erhöht werden. Die Bauten von 1947 bis 1969 hatten im Durchschnitt eine um zwei Drittel höhere Nutzfläche als die zwischen 1925 und 1933 errichteten Gebäude (Willis 1995: 135). Reinhold Martin (2003) deutet in The Organizational Complex, einer Betrachtung des Nachkriegsbürobaus in den USA, das moderne Bürohochhaus als Ausdruck einer neuen Technikgläubigkeit und als Medium zur Organisation neuer Arbeits- und Informationsstrukturen. Die Architektur der neuen Bürotürme habe, so Martin, diese neuen, netzwerkartigen Strukturen nicht im Sinne figuraler Repräsentation oder durch den Rückgriff auf etablierte Machtsymbole verkörpert, sondern strukturell durch ihren Aufbau in modulare Systeme und Muster: „This modularity, and the flexibility that it implied, became the very image – and the instrument – of the organizational complex“ (Martin 2003: 5). Unter dem Einfluss des „scientific management“ und der Prinzipien der 78
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Taylorschen industriellen Arbeitsteilung hatten auch die Architekten der Moderne Architektur zu einer Frage der technischen Organisation, der Mechanisierung von Abläufen und der Spezialisierung von Arbeitsschritten erklärt (Guillén 2006). Architektur stellte sich allein als technische Problemstellung und der Bürobau als eine „science of the office“ (Martin 2003: 82) dar. Eines der zentralen Motive der architektonischen Standardisierungs-Debatte dieser Jahre bestand im „modular grid“ (ebd.: 98). Interessant ist, dass die modular aufgebaute Vorhangfassade dabei einem doppelten Anspruch genügen sollte: dem der Standardisierung der Fassadenelemente auf der einen Seite und dem der Flexibilisierung der innenräumlichen Teilung auf der anderen Seite. Dass aber genau dies nur selten gleichzeitig und optimal zu lösen war, stellte, wie Martin anhand des United Nations Buildings verdeutlicht, für den Bürobau der Nachkriegszeit einen grundsätzlichen Widerspruch dar, „a tension between the twin imperatives of flexibility and standardization, which, though not mutually exclusive, do not necessarily imply one another, even in modular planning“ (2003: 95). Das Paradigma der modularen Flexibilisierung offenbarte allerdings auch den Einfluss kapitalistischer Verwertungslogik. Zukünftige Veränderungen bezüglich der Nutzerstruktur und der Raumaufteilung eines Gebäudes sollten möglichst einfach und flexibel zu bewerkstelligen sein und damit eine rentable Vermietung gewährleisten – „a further externalization (and internalization) of the capitalist – and organicist – logic of growth and change“ (Martin 2003: 90). Trotz der Einheitlichkeit der Vorhangfassaden sollten die neuen Hochhäuser sehr wohl die Unterschiede zwischen den Bauherren reflektieren. Im Einklang mit der oben diskutierten Rezeption der ersten Generation von Hochhausbauten als Werbung und Symbol für Unternehmen, konstatiert Martin, dass diese Bauten als „corporate advertisements“ fungierten (2003: 103). Durch die Verwendung ausgewählter, für die jeweiligen Industrien repräsentativer Materialien (zum Beispiel Edelstahl im Hochhaus von SOM für Inland Steel oder schwarzer Edelstahl im Union Carbide Building, ebenfalls von SOM) sollten sie die Unternehmen nach außen kenntlich machen: „the message was as direct as the advertisements produced for the same corporations in the national and trade weeklies“ (ebd.). Für die von Martin genannten Beispiele mag diese Diagnose zutreffen, allerdings beschränkt sich seine Analyse auf eine kleine Zahl unternehmenseigener Bauten. Auf kommerzielle Objekte, die nach Willis die große Mehrheit darstellten, geht er nicht ein.11 Spätestens ab den 1970er-Jahren wird die 11 Willis gibt den Anteil spekulativer (zur freien Vermietung errichteter) Bürotürme in New York zwischen 1947 und 1961 mit 78 % an (1995: 156). 79
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Dominanz der von Developern und Immobilieninvestoren errichteten kommerziellen Bauten offensichtlich. Die prominentesten und größten Hochhäuser New Yorks der 1970er- und frühen 1980er-Jahre, die Doppeltürme des World Trade Centers (1973) und das aus mehreren Bauten bestehende World Financial Center (1985 bis 1988), waren DeveloperProjekte.
Weltweite Verbreitung seit den 1980er-Jahren Bis in die 1970er-Jahre blieb das Hochhaus ein im Wesentlichen auf US-amerikanische Städte beschränktes Phänomen, Ausnahmen waren z.B. Vancouver, Shanghai und Moskau (vgl. King 2004: 13f.). Der Wettlauf um den Titel des weltweit höchsten Gebäudes spielte sich also über ein Jahrhundert lang, von den 1870er bis in die 1970er-Jahre, zwischen New York und Chicago ab. Die ersten Bürohochhäuser wurden für ein lokales Publikum gebaut. Erst später wurde Europa und danach die übrige Welt mit zum Adressaten. So weist King (2004: 7) darauf hin, dass es über weite Strecken ein lokaler Diskurs war, der auf den Rest der Welt projiziert wurde. Der „symbolism of heigth“ (Domosh 1988, zitiert nach King 2004: 6) stellte zuerst eine lokale und dann eine nationale Obsession dar. Schließlich wurde aus der Konkurrenz zwischen New York und Chicago ein globaler Wettbewerb konstruiert, „the notion of a global competition not only where it had not existed before, but where it remains a figment of the imagination“ (King 2004: 9). Erst die beständige Berichterstattung und mediale Präsenz dieser Bauten in den USA machten, angekurbelt vom immer wieder von neuem entfachten Wettlauf um das höchste Gebäude, das Hochhaus zum einzigen originär USamerikanischen architektonischen Typus (van Leeuwen 1988) und zum Inbegriff für die Macht der US-amerikanischen Unternehmen und der amerikanischen Wirtschaft: „[…] the paradigmatic statement, not only of American architecture and urbanism, but of the economic ideology, mode of production and ethos from which it was largely (if not entirely) produced: capitalist land values, speculative office development and big business materialism in the United States“ (King 2004: 11).
Das Bürohochhaus wurde also im Verlauf seiner Geschichte zum Symbol und Bedeutungsträger gemacht. Seine Verknüpfung mit USamerikanischer Unternehmenskultur und ökonomischer Potenz war das Ergebnis von Zuschreibungen, der selektiven Generierung von Wissen und der beständigen medialen Reproduktion eines US-amerikanischen 80
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Selbstbildes (vgl. auch Moudry 2005). In den Dekaden seit den 1980erJahren änderten sich zwei Dinge. Zum einen wurden nun Bürohochhäuser in immer mehr Städten der Welt errichtet und zum anderen durchliefen sie einen offensichtlichen Bedeutungswandel, indem das Hochhaus auch in anderen Teilen der Welt zu einem Symbol von Modernität und wirtschaftlichem Erfolg avancierte.12 Die ersten Bürohochhäuser in Europa wurden in London mit dem Lloyd’s Insurance Building (1986) und dem Canary Wharf Building (1991) sowie in Frankfurt am Main mit dem Messeturm (1990) und dem Commerzbank-Hochhaus (1997) errichtet. Im Jahr 1998 folgte die Fertigstellung der Petronas-Türme in Kuala Lumpur, 1999 des Jin Mao Towers in Shanghai, 2004 des Taipei 101 in Taipeh und 2009 des derzeit höchsten Gebäudes der Welt, des Burj Khalifa in Dubai.13 Unter den 10 höchsten Hochhäusern der Welt findet sich in den USA derzeit (Stand August 2010) nur noch der Willis Tower (vormals Sears Tower) in Chicago. Die übrigen Bauten befinden sich alle in Asien, davon fünf allein in China.14 Unterschiedlichste Quellen (Webseiten, Zeitungsbeilagen, Immobilienzeitschriften) dokumentieren den Wettbewerb um das höchste Gebäude der Welt und liefern entsprechende Ranglisten. Der Titel des höchsten Gebäudes der Welt wird dabei nur noch für wenige Jahre, bis zur Fertigstellung des nächsten Projektes, vergeben. Das gewonnene Prestige ist daher höchst kurzlebig: „Symbolic capital is not so much created as moved around from one temporary landmark to another“ (Dovey 1999: 121). Die Welt, auf die sich dieser Wettbewerb bezieht, ist dabei immer noch eine höchst eingeschränkte und eine unter höchst spezifischen Bedingungen konstruierte: „In these competitive representations of architectural spectacle, ‚the world‘ is, first and foremost, an imaginary or virtual world, constructed through the means of different media: the press, film, television, the web and diagrams in published books. We see and know about ‚the world’s tallest building‘ only through representations which present the different exhibits in economic, political and cultural terms and belonging, in the present era, to a world of cities and nation states“ (King 2004: 4). 12 Nach den Angriffen auf die New Yorker Türme des World Trade Centers vom 11. September 2001 wurde die Zukunft des Hochhausbaus tatsächlich für einen Moment in Frage gestellt (vgl. Sorkin/Zukin 2002); dieses Innehalten ob der Sinnhaftigkeit von Hochhäusern blieb jedoch ohne nachhaltige Wirkung. 13 Diese jüngste Generation von Hochhäusern weist in der Regel gemischte Nutzungskonzepte auf; neben Büronutzungen finden sich darin Hotels, Gastronomie und Freizeiteinrichtungen. 14 Siehe www.emporis.com (07.09.2010). 81
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Tatsächlich ist es wohl für die Planer und Investoren einzelner Bauten aus Prestige- und PR-Gründen ein Ziel, den Titel des höchsten Gebäudes der Welt, des Kontinents, des Landes oder der Stadt beanspruchen zu können. Für einen großen Teil der Bürohochhäuser, die gegenwärtig errichtet werden, gilt dies aber nicht. Sie zielen nicht auf vordere Plätze in diesem Wettlauf um Höhe ab. Neben dem bekannten Jin Mao Tower wurden zum Beispiel in Shanghai in den letzten 15 Jahren Hunderte anderer Hochhäuser errichtet, von denen es kaum eines auf die Titelseiten der Fachmagazine und die Top-Plätze der Rankings schaffte. Hochhäuser sind zu einem allgegenwärtigen Phänomen, einer alltäglichen Erscheinung geworden; Dovey beschreibt sie als „common buildings of corporate culture, a kind of ‚corporate vernacular‘“ (1999: 107). Gegenwärtig wird die absolute Minderheit der Hochhäuser als unternehmenseigene Projekte geplant. Es überwiegen offen vermietete Projekte, die von Developern und institutionellen Investoren realisiert werden. Von den 50 höchsten Bürohochhäusern, die von 1980 bis 2009 fertiggestellt wurden, sind nur vier Gebäude tatsächlich zur Nutzung für konkrete Unternehmen errichtet worden, der Bank of China Tower (Hongkong/1990), der New York Times Tower (New York City/2007), das AT&T Corporate Center (Chicago/1989) und der Bank of America Tower (New York City/2009).15 Aber auch in diesen Bauten werden große Teile der Flächen extern vermietet. Die Gründe für diese Ökonomisierung der Immobilienentwicklung und den Rückzug von Unternehmen als Bauherren liegen, wie im Kapitel 2.2.1 beschrieben, in den veränderten Strategien der Nutzung und Verwertung von unternehmenseigenen Liegenschaften sowie in der zunehmenden Abhängigkeit der Immobilienmärkte von den internationalen Finanzmärkten. Studien aus der Immobilienforschung (Guy/Harris, 1997; Lizieri 2003; Fisher/Robson 2006) und der stärker anwendungsorientierten bau- und ingenieurswissenschaftlichen Literatur (z.B. Arge 2005; Sing 2005; Stoy/Kytzia 2005; Häkkinen/Nuutinen 2007) bestätigen das Bild vom uniformen Büroturm. Sie zeigen, dass konventionelle Büroimmobilien tendenziell Angleichungs- und Standardisierungsprozessen unterliegen und – trotz der Rede vom „intelligent office building“ – Nutzerbedürfnisse wie auch neue Arbeitskonzepte nicht genügend Berücksichtigung finden. Guy und Harris (1997) begründen diese Standardisierung der Büroimmobilie und die damit einhergehende Angleichung von Verfahrensweisen bei ihrer Entwicklung und Verwertung mit der Dominanz der institutionellen Investoren und dem vorherrschenden finanzökonomischen Paradigma in der Immobilienforschung (für eine et15 Quelle: www.emporis.com (07.09.2010) und eigene Recherchen. 82
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was andere Argumentation siehe Lizieri 2003). Auch wenn das Bürohochhaus als Investitionsobjekt Standardisierungs- und Angleichungstendenzen unterliegt, ist seine Errichtung eingebettet in höchst unterschiedliche lokale Kontexte und politische Machtverhältnisse (vgl. Kapitel 2.2.1). Nur selten sind die Planungsrichtlinien und Bebauungsbestimmungen für Hochhausbauten so günstig wie in manchen USStädten. Oft ist die Errichtung des Hochhauses Ergebnis langwieriger Planungsprozesse und kann nur durch Interessenkoalitionen durchgesetzt werden, die Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft und öffentlichen Medien umfassen. So gilt, was die Soziologin Marianne Rodenstein für deutsche Städte als „die gesellschaftliche Konstruktion der Hochhäuser“ (2000b: 268) beschrieben hat, auch für die Mehrzahl der europäischen Städte, aber wohl auch für die meisten Städte in anderen Teilen der Welt. Sie schreibt: „Wenn ein Hochhaus endlich baulich in Erscheinung tritt, […][ist] es bereits vorher im lokalen Kräftefeld politisch konstruiert worden“ (ebd.). Mit den höchst unterschiedlichen kulturellen und politischen Kontexten, in denen Bürohochhäuser heute gebaut werden, haben sich auch die Bedeutungszuschreibungen vervielfacht. So standen die PetronasTürme von Kuala Lumpur mit ihren Referenzen an islamische Architekturprinzipien unter den Vorzeichen eines malaysischen Nationalismus und des Versuchs einer gesellschaftlichen Modernisierung durch die malaysische Elite (Bunnell 1999). Der Jin Mao Tower in Shanghai gilt als Versuch, eine chinesische Form des Hochhauses zu prägen, pikanterweise errichtet vom US-Büro SOM (Kerwin 2008). Und Dubai präsentiert mit dem Burj Khalifa und anderen spektakulären Hochhausbauten futuristische Visionen einer urbanistischen Zukunft, die dem Wüstenstaat eine wirtschaftliche Grundlage jenseits der Ölgewinnung sichern sollen (Acuto 2010) – auch wenn die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 gezeigt hat, dass diese Visionen auf unsicheren Beinen stehen (Bassens et al. 2010). Gemeinsam ist jedoch fast allen Hochhausprojekten, dass sie von Seiten der lokalen Politik mit der Einbindung der Stadt in internationale Kapital- und Informationsströme verknüpft werden. Bürohochhäuser als Bestandteile von städtischen Großprojekten und neuen Central Business Districts oder auch als singuläre Wahrzeichen sollen die Aufmerksamkeit globaler Eliten und Entscheidungsträger erregen. Sie sollen attraktiven und technologisch adäquaten Büroraum bereitstellen, internationale Investoren anziehen und so unterschiedliche Städte wie zum Beispiel Neapel (Centro Direzionale die Napoli, Haddock 2003), Amman (Abdali urban regeneration project, Parker 2009), Seoul (Songo International
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Business District)16 oder Mexiko City (Santa Fe, Parnreiter 2009) als Finanz- und Wirtschaftsmetropolen international sichtbar(er) machen. Besondere Bedeutung hat dabei der Verweis auf so genannte Global-CityFunktionen und den angestrebten Status einer Stadt als Global City oder World City (Sassen 1991; Taylor 2004). Die Global-City-Forschung hat aufbauend auf den Arbeiten von John Friedmann (1986) in den vergangenen beiden Dekaden Städte im Hinblick auf ihre Positionierung im globalen Städtesystem und damit im Zusammenhang stehende Charakteristika ihrer ökonomischen und sozialen Strukturen untersucht (Brenner/Keil 2006). Global Cities werden als Zentren und Knotenpunkte der Weltwirtschaft mit Management-, Steuerungs- und Kontrollfunktionen im weltweiten Finanzwesen und in der Industrie definiert und zeichnen sich durch den hohen Anteil von höherwertigen Unternehmensdienstleistungen aus (Sassen 1991). Die Arbeiten der World-City-Forschung fokussieren auf die Netzwerke und Austauschbeziehungen zwischen Städten, die sich aus dieser wirtschaftlichen Knotenfunktion ergeben (Taylor 2004). Zahlreiche Studien zeigen, dass Hochhausprojekte (zumeist im Rahmen von städtischen Großprojekten und Strategien des property-led-development, siehe auch Kapitel 2.2.2) explizit dazu genutzt werden, die angestrebte Positionierung einer Stadt als Global City oder World City zu unterstützen bzw. erreichte Positionen abzusichern, als Beispiele siehe London (McNeill 2002; Charney 2007b), Shanghai (Wu 2000; Olds 2002), Shenzhen (Cartier 2002), Singapur (Chang et al. 2004; Han 2005), Kuala Lumpur (Bunnell 1999), St. Paul (Paul 2005), Boston (Heeg 2008) oder Moskau (Kolossov et al. 2002) und St. Petersburg (Golubchikov 2010). Eine systematische Verknüpfung von Global-City-Formation und immobilienwirtschaftlicher Forschung bleibt ein Forschungsdesiderat (Parnreiter 2009), der Zusammenhang zwischen der Herausbildung von GlobalCity-Funktionen und Boomphasen des Bürohochhausbaus kann jedoch mit zwei Aspekten begründet werden: erstens dem erhöhten Bedarf an hochwertigen Büroimmobilien, der sich aus der Zentralisierung von Firmen aus den Finanz- und anderen Unternehmensdienstleistungen ergibt und zweitens der Beobachtung, dass grenzüberschreitende Immobilieninvestitionen in den innerstädtischen Lagen von Global Cities bzw. in Städten mit dynamischer Entwicklung im Bereich unternehmensorientierter Dienstleistungen konzentriert sind (Parnreiter 2009: 129; vgl. Fainstein 1994). Auch wenn also Peter Taylor et al. Bürotürme als „the visible symptom of world city formation“ (2002: 233) beschreiben und zahlreiche Studien zeigen, wie Bürotürme und Skylines für die Selbst16 http://www.songdo.com/Default.aspx (30.09.2010). 84
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darstellung einer Stadt als Global City oder World City genutzt werden, kann man nicht von einer kausalen Verknüpfung ausgehen. Dafür sind die erfolgreiche Entwicklung und der Bau von Büroimmobilien von zu vielen Faktoren abhängig, von lokalen Interessenskoalitionen und politischer Einflussnahme ebenso wie von konjunkturellen Zyklen. Developer und Investoren verfolgen ihre eigenen, kommerziellen Interessen, die sich nicht notwendigerweise mit denen der Stadt decken. Die langen Zeitspannen, in denen Großprojekte realisiert werden, erschweren die Planung. Es bleibt also immer zu einem großen Teil dem Erfindungsgeist und der Effizienz der Öffentlichkeitsarbeit städtischer Verwaltungen und lokaler Regierungen überlassen, den Zusammenhang zwischen Bauprojekten und der Positionierung einer Stadt in der globalen Städtehierarchie herzustellen. Bürohochhäuser sind damit vor allem auf der Ebene der Bilder und Images ein zentrales Element, um World-CityStatus zu signalisieren. Sie sollen als Symbole des Erfolgs fungieren und spektakuläre Bilder für Presse und Werbung liefern, denn, wie Darel Paul bemerkt, „much of creating a world city lies in manipulating symbols, crafting images and shaping identities – that is, defining a world city in the very process of building one“ (Paul 2004: 573) oder anders ausgedrückt: „projecting the ‚image of being global‘ is as important as ‚being global‘ in the competitive global economy“ (Marshall 2003, zitiert in Charney 2007b: 196). In den Metropolen Asiens und insbesondere Chinas nimmt der Bau von Hochhäusern heute die eindrucksvollste Form an. In Städten wie Shanghai und Shenzhen sind innerhalb kürzester Zeit Hunderte von Hochhausbauten entstanden, wo sich vorher vereinzelte Dörfer und sumpfige Überschwemmungsgebiete befanden (Cartier 2002). Städtische Zukunftsvisionen manifestieren sich hier in klar gezeichneten Bildern der futuristischen Hochhausviertel von Pudong (Shanghai) und Futian (Shenzhen), nirgendwo ist das Ziel, durch bauliche Aktivität einen zentralen Platz in der Städtehierarchie einzunehmen, so klar umrissen – World-City-Status wird hier maßgefertigt (ebd.). In Europa ist, wenn auch in Dimension und Zahl nicht mit Asien vergleichbar, ebenfalls eine neue Generation von Hochhäusern entstanden. Die Rahmenbedingungen sind unterschiedlich, die Bauten sind Teil von nationalen Prestigeprojekten (z.B. La Defense/Paris), Ergebnis von Umnutzungsund Regenerierungsstrategien von Infrastrukturflächen und Hafenanlagen (z.B. Kop van Zuid/Rotterdam), aber auch Resultat privater Initiative und der Verwertung von Grundstücken in Unternehmensbesitz (z.B. Cuatro Torres Business Area/Madrid) – nicht immer sind also explizite städtische Entwicklungsstrategien mit den Hochhausbauten verknüpft. Bezeichnend für die zentrale Rolle, die Bürotürmen in der Positionie85
DIE VORGESTELLTE STADT
rung im Städtewettbewerb zugesprochen wird, ist der in London vollzogene Kurswechsel. Die Anfang des vergangenen Jahrzehntes getroffene Entscheidung des damaligen Londoner Bürgermeisters Kenneth Livingstone (im Amt von 2000 bis 2008), Hochhausbauten in der Londoner City nicht nur zuzulassen, sondern sogar zu fördern, hatte das explizite Ziel, den Status von London als Global City und weltweites Finanzzentrum zu erhalten (McNeill 2002; Charney 2007b). Igal Charney argumentiert, dass die dabei vollzogene Hinwendung zu spektakulärer und ikonischer Architektur, wie sie am Swiss Re Tower exemplarisch erprobt wurde, und die prominente Beteiligung bekannter Stararchitekten (mit Richard Rogers als oberstem Berater Livingstones in Fragen der Architektur und der Stadtplanung) die Durchsetzung dieser Entscheidung entscheidend befördert hatte. Die Ästhetisierung der Debatte hätte, so Charney, bestehende Abneigungen gegenüber derartigen Großprojekten und einschneidenden Veränderungen des Stadtbildes ausgehebelt: „The campaign orchestrated by Livingstone expressed a strategy that made use of the artistic and aesthetic values associated with iconic architecture and global architects. In the linkage of global city status with spectacular tall buildings, high-quality design was repeatedly stressed to make such developments acceptable and appreciable“ (Charney 2007b: 196).
Eine ähnliche Argumentation verfolgen Punter (2005) und McNeill (2007) für Sydney. Auch für einige andere europäische Städte mag die Feststellung zutreffen, dass nur über die Verknüpfung von Hochhausprojekten mit ikonischer Architektur Hochhäuser politisch wie gesellschaftlich durchgesetzt werden konnten – Beispiele dafür sind Malmö mit dem Turm von Santiago Calatrava und Barcelona mit dem Torre Agbar von Jean Nouvel. Was gilt es nun für meine Fragestellung festzuhalten? Von Anfang an war und ist das Bürohochhaus ein kommerzielles Produkt. Die sich im Verlauf der Zeit wandelnden Stile und Gestaltungspräferenzen lassen sich zwar nicht allein mit der ökonomischen Bedingtheit dieses Gebäudetypus erklären, aber z.B die „setback“-Hochhäuser der Zwischenkriegszeit oder die modernen Türme der Nachkriegsmoderne hätten sich nicht durchgesetzt, wären sie nicht auch die ökonomisch rentabelste Option gewesen. Eine weitere Konstante in der Geschichte dieses Typus ist das Spannungsverhältnis zwischen der Rezeption und Wirkung einzelner berühmter Bauten auf der einen Seite und der Vielzahl an übrigen unauffälligen und wenig beachteten Hochhäusern auf der anderen Seite. Jede Stadt braucht Monumente – einige der oben erwähnten Hochhäuer stellen solche Monumente dar. Sie gelten als Ikonen, als charakteristisch für 86
THEORETISCHE VERORTUNG
die Stadt und für bestimmte Epochen. Gleichzeitig gibt es das Hochhaus als scheinbar alltägliches Phänomen und die Masse von Hochhäusern, von denen keines mehr imstande ist, sich abzuheben, weil jedes auf die gleiche Art versucht, besonders zu sein. In gewisser Weise ist das Bürohochhaus immer beides: Ikone und Serienprodukt. Es hängt von der Betrachtungsweise und dem Kontext ab, was in den Vordergrund tritt. Der dritte Punkt schließlich, der in der empirischen Analyse von Bedeutung sein wird, ist der zuletzt beschriebene Bedeutungswandel, indem das Hochhaus mit der Einbindung in internationale Netzwerke und Ströme verbunden wird. Die Hochhausmetropole und Global City New York ist dabei immer noch das Vorbild schlechthin; die Verknüpfung des Hochhauses mit der US-amerikanischen Gesellschaft, ihren Werten und ihrer Produktionsweise wurde jedoch aufgebrochen. Die asiatischen Metropolen entwerfen mittlerweile eigenständige Visionen ihrer urbanistischen Zukünfte und auch in Europa scheinen Bürotürme an Prestige zu gewinnen.
2.3.4 Zusammenfassung Um die sinnstiftende Funktion von Architektur zu erfassen, wurde auf die sozialwissenschaftliche Debatte um die soziale Konstruktion von Raum zurückgegriffen und diese mit einem „relational“ verstandenen Typusbegriff verknüpft. Raum ist ein soziales Produkt und wird immer auch unter Rückgriff auf etablierte soziale Bedeutungen wahrgenommen. Nach Löw (2001) gibt es Räume und räumliche Artefakte, die mit institutionalisierten Syntheseleistungen verknüpft sind. Mein Argument ist, dass Gebäudetypen, wie sie vom Betrachtenden und Nutzenden erfasst werden können, diese institutionalisierten Syntheseleistungen mit formen, indem sie die Wahrnehmung und Bewertung von Räumen und Artefakten über deren rein sinnlich-räumliches Erleben hinaus anleiten. Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Untersuchung der medialen und visuellen Vermitteltheit von Architektur. Hierfür ist es wenig zielführend, das Bürohochhaus als Gebäudetypus nach formalen oder funktionalen Kriterien zu definieren. Für meine Fragestellung ist vielmehr die Untersuchung notwendig, ob und wie ein Gebäudetypus in der öffentlichkeitswirksamen Darstellung von Architektur als solcher wahrgenommen werden kann und was dazu getan wird, ihn als solchen kenntlich zu machen. Die Relevanz dieser Fragestellung liegt nicht nur darin, dass bauliche Objekte auf Nutzungen, soziale Verhältnisse und städtische Funktionen verweisen. Umgekehrt wird das Funktionieren der Gesellschaft auch über Bilder historisch spezifischer Gebäudetypen gedacht, wie dies King prägnant formuliert: 87
DIE VORGESTELLTE STADT
„The argument is that social and economic functions are constantly thought of through the images of existing building types […] and ones developed in particular places, particular times, and within particular modes of production“ (King 2004: 19).
Für die Interpretation der Bedeutung von Architektur in Text und Bild ergeben sich mehrere Konsequenzen. Grundsätzlich muss eine sozialwissenschaftlich orientierte Analyse gesellschaftlicher Bedeutungsproduktion auch Ebenen außerhalb der Textkorpora in die Erhebung einbeziehen, dazu gehören die kollektiven Akteure genauso wie die Prozesse, in denen Diskurse erzeugt und reproduziert werden, sowie die gesellschaftlichen Machtverhältnisse. Gegenüber den gängigen textzentrierten Diskursanalysen ist es für die Analyse visueller Formate, wie sie hier im Vordergrund steht, wichtig, die Eigenlogik visueller Wahrnehmung und die Bedingungen visueller Kommunikation im massenmedialen Kontext zu beachten. Ziel muss es sein herauszuarbeiten, ob und wie typisierte und typisierbare Schemata der visuellen Gestaltung auch „typische“ Darstellungen architektonischer Objekte beinhalten, damit etablierte Verknüpfungen abrufen und auf bestimmte Funktionen und Gesellschaftsverhältnisse verweisen. Aus der Betrachtung der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte des Bürohochhauses bleibt festzuhalten, dass dieses seit seiner Entstehung ein fundamental kommerzielles Produkt war, dessen Gestaltung sich nach der Optimierung der rentabel vermietbaren Bürofläche richtete. Der kommerzielle Charakter dieses Gebäudetypus tritt in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch seit den Anfängen des Bürohochhauses in Chicago und New York oft gegenüber dem Aspekt der Unternehmensrepräsentation, dem „corporate advertisement“, zurück. Heute werden nur noch ganz wenige Bürohochhäuser tatsächlich als Unternehmenssitze errichtet. Aufgrund des gewachsenen institutionellen Immobilieninvestments und der Normierung von Bewertungsmethoden unterliegen gerade Bürohochhäuser deutlichen Standardisierungstendenzen. Der Rezeption und Wirkung einzelner einzigartiger Bauten auf der einen Seite steht damit eine Vielzahl an uniformen und wenig beachteten Hochhäusern auf der anderen Seite entgegen. Im Kontext des Global-CityDiskurses ist zuletzt schließlich die Verbindung des Bürohochhauses mit internationalen Steuerungsfunktionen, der Einbindung in globale Wirtschaftsströme und der Funktion der Stadt als bedeutendes Finanzzentrum in den Vordergrund getreten.
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THEORETISCHE VERORTUNG
2.4 Schlussbetrachtung Das oben formulierte Ziel der Arbeit ist es, anhand der Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser die Rolle von Architektur in der diskursiven Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge zu untersuchen. Auf der Basis der obigen Darstellung und Erörterung der verschiedenen theoretischen Bezüge lässt sich dies nun konkretisieren: Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandel Wiens hin zu einem (tendenziellen und sicherlich nicht vollständig etablierten) postfordistischen Regime bedingt auch lokale Regulationsprozesse. Notwendiger Bestandteil eines derartigen strukturellen Wandels ist die Etablierung eines neuen Konsenses über die Ordnung und Entwicklung der städtischen Gesellschaft und die zugrunde liegenden Werte, Ziele und Normen. Materielle, kulturelle und diskursive Praktiken sind demnach Teil lokaler Regulationsprozesse. In dieser gesellschaftlichen Neuordnung kommt der Etablierung „neuer ökonomischer Vorstellungswelten“ (Jessop) eine zentrale Rolle zu. Die lokale Ökonomie wird dabei zugleich (und dies ist nicht ohne Widersprüche) als Subjekt im Wettbewerb, als Objekt von Steuerung und als territorial begrenzte räumliche Einheit konstruiert. Die Konstruktion der imagined economy geht mit der sozialen Produktion von Raum einher. Der städtische Raum wird neu geordnet, indem neue bauliche Elemente platziert, sowohl den Neubauten als auch dem Bestand neue oder veränderte Funktionen zugewiesen und neue sozialräumliche Hierarchien und Bezüge etabliert werden. Dies drückt sich sowohl auf der Ebene des physischen Stadtumbaus als auch auf der Ebene der Repräsentation des Raumes aus. Die Wirksamkeit von Architektur in dieser Neuordnung der Stadtlandschaft besteht darin, dass es das Wesen von Architektur ist, Ordnung zu schaffen. Architektur ordnet Funktionen, Wege und Hierarchien innerhalb des Bauwerks und im Verhältnis der Bauwerke zueinander. Der Gebäudetypus ist ein wesentliches Element dieser sinnstiftenden Wirkung von Architektur. Er verweist auf bestimmte Nutzungen und arbeits- und lebensweltliche Praktiken, auf bestimmte Bauherren und Nutzergruppen, auf gesellschaftliche Konzepte und politische Programme. Bei Hochhäusern mögen ihre Fernwirkung, Materialgebung und Einprägsamkeit wie auch ihre mediale Inszenierung dazu verleiten, nur den vordergründigen Aspekt des Spektakels zu sehen – mein Argument ist jedoch, dass auch bei der öffentlichkeitswirksamen Präsentation von Hochhäusern im Grunde Ordnung vermittelt wird. Es bedarf allerdings einer differenzierten Betrachtung, um dies herauszuarbeiten. Die oben diskutierten, divergierenden Einschätzungen zur Bedeutung der kom89
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merziellen Bürohochhäuser gegenüber den von Unternehmen zur Selbstnutzung und Selbstdarstellung errichteten Bauten in der Geschichte des Bürohochhauses zeigen, wie widersprüchlich die Interpretationen hinsichtlich der Funktion und Nutzung von Bürohochhäusern sein können. Wenn Stadtraum sozial produziert ist, dann liefert der Gebäudetypus die Möglichkeit, über institutionalisierte Verknüpfungen dauerhafte Bedeutungen zu etablieren. Ein derartiger Typus muss aber wahrnehmungsrelevant gedacht sein. Stilistische, funktionale und bautechnologische Klassifikationen sind hier nur bedingt hilfreich. Architektur wird nicht nur, aber ganz wesentlich auch visuell erfahren. Dabei beruht unser Wissen über Städte, Architektur und Gebäudetypen nur zum Teil auf eigener Erfahrung. Vieles ist über visuelle Medien vermittelt. Für westliche Medienkonsumenten bilden medial vermittelte Bilder notwendigerweise die Basis für Verknüpfungen, Assoziationen und Bewertungen eines Gebäudes. Bilder haben dabei viel wirksamer und eindringlicher als Texte die Macht, „typische“ Darstellungen von Architektur zu liefern und damit die gesellschaftliche Bedeutung von Gebäudetypen mit zu prägen (was wäre das GuggenheimMuseum in Bilbao ohne die davon übermittelten, sich weitgehend ähnelnden Bilder?). Die zwei empirischen Kapitel dieses Buches (Kapitel 4 und 5) behandeln die Produktion von Stadtraum auf diesen zwei angesprochenen Ebenen: der baulich-physischen Ebene auf der einen sowie der repräsentativen bzw. visuellen Ebene auf der anderen Seite. Untersucht wird, wie der Typus des Bürohochhauses hier also zweifach produziert wird, wie er Ordnung vermittelt, auf welche ökonomischen und sozialen Verhältnisse er verweist und wie dies zur Konstruktion lokaler ökonomischer Vorstellungswelten beiträgt.
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3. WIEN:
D E R L O K AL E
KONTEXT
3.1 Multiple Identitäten Wie oben festgestellt, gehe ich von einem weiten und nichtfunktionalistischen Verständnis des Regulationsansatzes aus. Meinen Fokus lege ich auf die Prozesshaftigkeit der Regulation und die in diesen Prozessen wirksamen kulturellen und diskursiven Praktiken. Lokale Regulation begreife ich als „tendenziellen“ und nicht als abgeschlossenen oder unabhängigen Prozess. Obwohl ich den Regulationsansatz in diesem Sinn zur Kontextualisierung städtischer Entwicklung als sinnvoll erachte, kann er diese nie allein erklären. Meine Betrachtung von Architektur und Stadtplanung als kulturelle und diskursive Praktiken, welche die lokalen Regulationsprozesse mit konstituieren, muss die politische Kultur der Stadt, die jüngere Planungsgeschichte und städtebauliche Charakteristika sowie die Praktiken und Selbstverständnisse, die das Baugeschehen und die Architektur prägen, in den Blick nehmen. Bei der Konstruktion einer imagined economy, welche die Stadt als Akteur im Städtewettbewerb, Objekt von wirtschaftspolitischer Steuerung und territoriale Einheit definiert, kommen insbesondere auch tradierte Erzählungen zur „Eigenart“ der Stadt zum Tragen. Für die Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten über Büroarchitekten in Wien sind drei derartige, das Selbstverständnis der Stadt prägende, identitätsstiftende „Mythen“ von Bedeutung. Ohne sie sind die Dynamik, der Stellenwert und die Wirkung der stadträumlichen Veränderung Wiens durch die Bürobauten der vergangenen 15 Jahre nicht zu verstehen. Dies sind die imperiale Vergangenheit Wiens und das daraus resultierende historische städtebauliche Erbe, die sozialdemokratische Geschichte und Tradition der Stadt sowie eine auf die Nachkriegs91
DIE VORGESTELLTE STADT
jahrzehnte und die damalige Randlage im westlichen Europa zurückgehende Stilisierung Wiens als internationale Stadt. Es sind diese Erzählungen, die auch zur Widersprüchlichkeit der lokalen imagined economy und der damit verknüpften Bildwelten beitragen.
Historisches Wien Die Stadt Wien verfügt über eine bemerkenswerte historische Bausubstanz, die ihre reiche Vergangenheit als mitteleuropäische Metropole und Residenzstadt widerspiegelt (grundlegend dazu Bobek/Lichtenberger 1978). Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erlebte Wien als Hauptstadt, Verwaltungs- und Finanzzentrum der Habsburger-Monarchie und frühe Industriestadt ein rapides Bevölkerungswachstum. Von 1869 bis 1910 stieg die Bevölkerungszahl von etwas über 900.000 auf über 2 Millionen Einwohner an. Dieses ging auf den Industrialisierungsschub ab den 1880er-Jahren zurück. Zugleich und sogar noch rascher wuchs die Zahl der im Dienstleistungssektor Beschäftigten (Eigner/Resch 2003: 17f.). In dieser Urbanisierungsphase, der so genannten 1. Gründerzeit1, bildete sich eine sozialräumliche und funktionale Gliederung aus, die Wien bis heute prägt und die auch aufgrund der enormen Dimension des damaligen städtebaulichen Wandels nach wie vor identitätsstiftend wirkt. Die Bauleistungen dieser Zeit ebenso wie das Maß an Veränderung waren höher als in jeder nachfolgenden Periode: Mehr als drei Viertel des Baubestandes im Gebiet von Altstadt, Vorstädten und Vororten wurden in der Gründerzeit (1840 bis 1918) beseitigt. Das übrige Viertel des Baubestandes wurde zum Teil umgebaut (Bobek/Lichtenberger 1978: 120). Drei Aspekte dieser gründerzeitlichen Anlage des Stadtraumes sind für die Betrachtungen aktueller Stadtentwicklungsprozesse von besonderer Konsequenz. Der erste Aspekt ist die radiale städtebauliche Anlage Wiens mit der Inneren Stadt, dem 1. Wiener Gemeindebezirk, als eindeutigem Zentrum. Ab den 1880er-Jahren begannen die Einwohnerzahlen in der Inneren Stadt aufgrund der zunehmenden Geschäftsnutzung zu sinken und es bildeten sich nach Branchen differenzierte Geschäftsviertel heraus. Gleichzeitig wurden die angrenzenden Innenbezirke als Wohngebiete des Mittelstandes aufgewertet, während die Außenbezirke den Hauptanteil des Bevölkerungswachstums und die größten baulichen Veränderungen verzeichneten. Hier entstanden im Umfeld der neu errichteten
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Bobek/Lichtenberger sprechen von einer Frühgründerzeit (1840-1870), einer Hochgründerzeit (1870-1890) und einer Spätgründerzeit (1890-1918), wobei die Bauleistung in der dritten Periode am höchsten war (1978: 103).
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
Industriebetriebe flächendeckend und meist auf einheitlichem Raster neue Mietshäuser für die Arbeiterschaft. Mit dem Bauzonenplan von 1893 wurde diese radiale Anlage der Stadt formalisiert. Erstmals wurden eine grobe funktionale Gliederung sowie eine von innen nach außen abnehmende Gebäudehöhe festgelegt. Der Stephansdom diente als imaginierte Mitte und höchstes Gebäude der Stadt – eine Höhenregulierung, die von dauerhafter Wirksamkeit für die Stadtgestalt sein sollte. Gleichzeitig wurde die monozentrische Anlage der Stadt durch das Scheitern einer groß angelegten Neuregulierung von Stadtraum und Verkehrswegen weiter verstärkt. Alte Verkehrswege wurden ausgebaut oder neu definiert, die Demontage der mittelalterlichen Stadtstruktur der Inneren Stadt wurde aber nur in Ansätzen ausgeführt (Bobek/Lichtenberger 1978). Die zweite auf die Gründerzeit zurückgehende und bis heute wesentliche stadträumliche Charakteristik stellt die im Zuge der Donauregulierung (1870 bis 1874) vollzogene Abwendung der städtebaulichen Entwicklung von der Donau dar. Die Donauregulierung war neben dem Eisenbahnbau sowie der Beseitigung der Basteien und der Anlage der Ringstraße das dritte große öffentliche Bauprojekt der Gründerzeit. Die mit dieser Regulierung angelegte Distanzierung der Stadt vom Fluss war über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg bis zum Projekt der Donau City Anlass für immer wiederkehrende städteplanerische Versuche, Wien wieder „zurück an die Donau“ zu bringen. Nach Bobek/Lichtenberger (1978: 43) ist heute kaum zu entscheiden, ob und wie diese Abwendung der Stadt von der Donau zu vermeiden gewesen wäre. Die große Breite der Flusslandschaft, die fehlende Siedlungsstruktur auf der anderen Flussseite und die geringe Attraktivität der vorwiegend agrarisch genutzten Ebene des Marchfeldes im Nordosten der Stadt boten dafür eine ungleich schwierigere Ausgangssituation für Planung und Bebauung als etwa im damaligen Budapest. In Otto Wagners siegreichen Entwurf des Generalregulierungsplans 1892 wurde der Donauraum bereits als hochrangiges Stadtentwicklungsgebiet einbezogen. Dieser Vorschlag blieb aber damals eine für die Verantwortlichen nicht umsetzbare Vision. Die dritte bis heute nachwirkende städtebauliche Entwicklung in der Gründerzeit besteht weniger in einem tatsächlich umgesetzten Projekt als vielmehr in seinem Misserfolg: die groß angelegte Neuregulierung von Stadtraum und Verkehrswegen, wie sie im Generalregulierungsplan vorgesehen war, scheiterte. Dafür waren vor allem die kleinteilige Eigentümerstruktur2 sowie die differenzierte und kleinräumige Topogra2
Der Architekturhistoriker Friedrich Achleitner (2006: 34f.) erklärt diese Kleinteiligkeit unter Berufung auf die Stadthistorikerin Banik-Schweitzer 93
DIE VORGESTELLTE STADT
phie Wiens verantwortlich. Diese beiden Aspekte ergaben zusammengenommen einen Stadtraum, der sich großräumigen Planungen und schematischen Überbauungen gegenüber als äußerst resistent erwies, indem der „Fleckerlteppich einen systemimmanenten Kompromiss und damit das Grundmuster von Wien darstellt[e]“ (Achleitner 2006: 36).3 Selbst die scheinbar am Reißbrett geplanten gründerzeitlichen Rasterviertel der äußeren Bezirke seien, wie der Architekturhistoriker Friedrich Achleitner argumentiert, aufgrund der fächerförmigen Straßenraster und der Durchsetzung mit alten Dorfstrukturen und Verkehrswegen von Unregelmäßigkeiten geprägt. So stellt Achleitner fest, dass zumindest von der Gründerzeit bis zur Ära Roland Rainers als Stadtplaner in den 1960erJahren groß angelegte städtebauliche Regelwerke in Wien entweder gescheitert wären oder Stückwerk geblieben seien. Nur vor diesem Hintergrund einer „städtebaulichen Wirklichkeit […], die bis heute in Gefahr ist, im Kleinteiligen zu verkommen“ (ebd.: 43) lässt sich wohl die in Wien regelmäßig wiederkehrende Sehnsucht nach „großstädtischer“ Planung und „Großstadtarchitektur“ verstehen. Diese wird auch in den Planungen für Wien immer wieder deutlich – von Otto Wagners Vision einer „unbegrenzten Großstadt“ (Blau 2003) bis zu den aktuellen städtebaulichen Großprojekten. Das zeitgenössische Wien verdankt den damaligen Entscheidungen letztlich seine weitgehend erhaltene, historisch gewachsene und damit touristisch verwertbare Innenstadt. Gleichzeitig ist die in der Gründerzeit angelegte City-Funktion der Inneren Stadt die Basis dafür, dass diese in ihrer Repräsentationsfunktion für Politik und Wirtschaft auch heute noch immer uneingeschränkt die erste Adresse ist. Die Diskussionen über Neubauten innerhalb bzw. in Sichtweite der Inneren Stadt, wie sie die Errichtung des Wiener Museumsquartiers (eines der größten Museumsareale Europas auf dem Gelände der ehemaligen Hofstallungen süd-
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damit, dass die Habsburger zur Zeit des Ausbaus der Kaiserstadt über wenig Grundbesitz verfügten und die großen Grundherren (Kirche, Adel) unterschiedliche Verkaufs- und Mietenpolitiken betrieben, die eine kleinteilige Parzellierung begünstigten. Als weitere Gründe für das Scheitern des Generalregulierungsplans führen Bobek/Lichtenberger (1978: 47) das Fehlen eines Enteignungsgesetzes, die Dominanz von gewerblichen Klein- und Mittelbetrieben, die raumsparenden Anforderungen der Elektroindustrie – dem um 1900 dynamischten Industriezweig –, die hohe Bedeutung der in der Innenstadt konzentrierten Finanz- und Verwaltungsdienste sowie den Kapitalmangel der öffentlichen Hand an. Nicht zuletzt kam 1895 der politische Machtwechsel dazu, durch den das Kleinbürgertum, das Kleingewerbe und die Hausbesitzer ihre lokalen Interessen stärker vertreten konnten. Dies erschwerte die Durchsetzung großmaßstäblicher Planung (vgl. Mattl 2000: 123).
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
lich des Natur- und Kunsthistorischen Museums) oder das Projekt Wien Mitte (die Erneuerung des Bahnhofs Wien Mitte und Ergänzung durch einen Hochhauskomplex) begleiteten, zeigen, wie hoch die Identifikation mit der Inneren Stadt als unbestrittenem Zentrum der Stadt ist und wie sensibel die Öffentlichkeit auf Eingriffe in das historische Zentrum reagiert. Die Stilisierung und beständige Neuinszenierung der imperialen Vergangenheit Wiens durch die Tourismuswirtschaft und die Tendenz zur „Festivalisierung“ kultureller Aktivitäten (zur Konstruktion Wiens als „Weltkulturhauptstadt“ vgl. Horak/Mattl 2001) haben diese symbolische Funktion des historischen Zentrums nur verstärkt.
Rotes Wien Die zweite, die Identität der Stadt prägende Erzählung besteht in der sozialdemokratischen Vergangenheit der Stadt, die nicht nur die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen nachhaltig prägte, sondern die auch fundamentale Auswirkungen auf das kulturelle und politische Selbstverständnis hatte. Wesentliche Grundlagen für das Rote Wien der Zwischenkriegszeit, in dem dieser Mythos begründet wurde, wurden allerdings tatsächlich schon während der Regierungszeit Karl Luegers zu Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen. Über drei Dekaden lang hatten sich während der Gründerzeit die großbürgerlichen Liberalen auf Basis eines Kurienwahlrechtes die Mehrheit sichern können. Bei der Landtagswahl 1895 erreichte die Christlichsoziale Partei unter Karl Lueger nach einem aggressiven, antiurbanen und antisemitischen Wahlkampf eine überragende Mehrheit. Die Politik des „munizipalen Populismus“ (Mattl 2000: 24), mit der Lueger in den folgenden 13 Jahren seiner Amtszeit die Metropole modernisierte, schuf die Basis für die späteren kommunalen Leistungen des Roten Wien. Die durch Anleihen finanzierte Kommunalisierung einer Reihe von städtischen Dienstleistungen verschaffte der Stadt schlagartig neue Einkommensquellen und politische Unabhängigkeit. Dazu kamen große Infrastrukturprojekte, wie zum Beispiel das städtische Gaswerk im 11. Wiener Gemeindebezirk Simmering, das erste städtische Elektrizitätswerk und die Durchsetzung der Kommunalisierung der Verkehrsbetriebe (ebd.: 29). Nach dem 1. Weltkrieg erfolgte der Machtwechsel. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei4 erlangte sowohl bei den Gemeinderatswahlen 4
Bis zum Verbot der Partei 1934 blieb der Name Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) erhalten, von 1945 bis 1991 hieß sie Sozialistische Partei Österreichs, seit 1991 lautet die Bezeichnung Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ). 95
DIE VORGESTELLTE STADT
als auch bei den niederösterreichischen Landtagswahlen die absolute Mehrheit. Auf Drängen der Christlichsozialen, welche die Machtposition der Sozialdemokraten verringern wollten, wurde in der neuen Bundesverfassung 1920 die verwaltungstechnische Trennung von Wien und Niederösterreich sowie die Ernennung Wiens zum Bundesland beschlossen. Tatsächlich gab dies den regierenden Wiener Sozialdemokraten durch die schlagartige Erweiterung der Zuständigkeitsbereiche nun aber völlig neuen Gestaltungsfreiraum und schuf die Voraussetzungen für die Kommunalpolitik der 1920er-Jahre. Die wirtschaftliche Situation Wiens nach dem Ende des 1. Weltkrieges und der Auflösung der Monarchie war schwierig. Als Hauptstadt eines Kleinstaates hatten die Stadt und ihre Wirtschaft einen radikalen Bedeutungs- und Funktionsverlust zu verkraften. Dazu kam der Verlust früherer Absatzmärkte und Produktionsstätten in den Regionen, die nun zum Ausland gehörten (Bobek/Lichtenberger 1978: 126). Die Handlungsfähigkeit der Stadt unter den Sozialdemokraten wurde durch eine Steuerreform Anfang der 1920er-Jahre gesichert, die neue Grundlagen für die Einnahmen der Stadt schuf. Verschiedene Luxussteuern, Betriebs- und Verkehrs- sowie Boden- und Mietsteuern sind eingeführt worden. Im Jahr 1923 wurde außerdem die zweckgebundene, progressiv angelegte Wohnbausteuer beschlossen. Sie stellte in den Folgejahren das wichtigste Finanzierungsinstrument für die Bautätigkeit der Stadt dar. Das Wohnungsbauprogramm der 1920er-Jahre gilt zusammen mit dem Ausbau des kommunalen Fürsorgewesens als herausragende Leistung des Roten Wien. Tatsächlich sind von 1923 bis 1934 etwa 64.000 neue Wohnungen (rund 70 % des gesamten Bauvolumens) errichtet worden, wofür bis zu 26 % des Gemeindebudgets aufgewendet (Bobek/Lichtenberger 1978: 138, 142; Mattl 2000: 46) wurden. Dies war möglich, weil Grundstücke infolge des schwächelnden privaten Wohnungsbaus günstig verfügbar waren. Zudem konnte sich die Stadtregierung weitgehend auf den Wohnungsbau als „Gemeinzweck“ konzentrieren, da sie die in der Vorkriegszeit unter Lueger errichteten Infrastrukturen, aber auch kulturellen Institutionen sowie Wohlfahrts- und Versorgungseinrichtungen übernehmen konnte. Stadträumlich brachte das Wohnbauprogramm eine Verdichtung. Die Gemeindebauten wurden entweder in innerstädtischen Lücken oder, v.a. in den äußeren Bezirken, als „Superblocks“ errichtet, welche an die bestehende Blockrandbebauung angepasst wurden. Die einzigartige Machtposition der Wiener Sozialdemokraten in der Zwischenkriegszeit fußte auf der personellen wie organisatorischen Verknüpfung von Stadtregierung und -verwaltung auf der einen und sozialdemokratischer Parteiorganisation auf der anderen Seite. So wurde 96
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
eine Reihe städtischer Unternehmen gegründet bzw. ausgebaut, die sich teilweise bis heute im Besitz der Stadt befinden oder ein enges Verhältnis zur Stadt bzw. zur Sozialdemokratie pflegen. Dazu zählen zum Beispiel die damalige Zentralsparkasse (heute Teil der Bank Austria), die Wiener Städtische Versicherung, die Wiener Messe AG und die Gewista (1921 als Magistratsabteilung für die Vermarktung der Verkehrsmittelwerbung gegründet, heute Teil des Außenwerbungskonzerns JCDecaux, siehe Seite 187f. und Kapitel 5, Fußnote 10) im Bereich der Werbewirtschaft. Neben dem wirtschaftlichen Engagement in der Stadt sicherte sich die Partei ihren Einfluss, indem sie das gesellschaftliche Leben organisierte: „Die Wiener Sozialdemokratie war keine bloße Wahlpartei, sondern eine außergewöhnlich ‚dicht‘ organisierte, gegen das Umfeld ideologisch abgeschlossene Gemeinschaft, die auf den regelmäßigen Aktivitäten von Kadern und deren kontinuierlichen Beziehungen mit den einfachen Mitgliedern beruhte“ (Mattl 2000: 50).
Diese in jener Zeit etablierte Nähe von Stadtverwaltung, Wirtschaft und Sozialdemokratie ist auch für das Verständnis der heutigen Kommunalpolitik Wiens wichtig, auch wenn, wie im Kapitel 3.2 dargestellt wird, die politische Einflussnahme heute weniger auf klientelistischen Strukturen als auf informellen Netzwerken basiert. Die ersten Nachkriegsjahrzehnte hingegen waren noch eindeutig durch den Ausbau der sozialdemokratischen Machtposition in Wien und durch die weitreichende wirtschaftliche wie personelle Verknüpfung von Stadtverwaltung, gemeindenahen Unternehmen und sozialdemokratischer Partei gekennzeichnet. Der gesellschaftliche Konsens baute auf gleichförmigen Lebensstilen und der Organisation des Alltags mit und durch städtische Einrichtungen auf. Er stellte die Basis für die lokale Umsetzung des fordistischen Modells einer auf Massenkonsum, Vollbeschäftigung und Industrieproduktion ausgerichteten Wirtschaft dar. Mit den ersten Anzeichen der Krise dieses fordistischen Modells auf nationaler und lokaler Ebene in den 1970er-Jahren geriet auch die Stadtpolitik in die Krise. Der gesellschaftliche Konsens und die gesellschaftliche Leitfunktion der Sozialdemokratischen Partei wurden durch neue lokale Identitätsbewegungen, Jugend- und Gegenkulturen zunehmend in Frage gestellt. Im Bereich der Stadtplanung wurden die Mängel der funktionalistischen und technokratischen Planungspraxis der Nachkriegsjahrzehnte immer offensichtlicher. Die sozialen Probleme in den Großsiedlungen häuften sich und es kam zu lokalen Konflikten. Als gegen Ende der 1970er-Jahre eine Reihe von Wirtschaftsskandalen, in die 97
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gemeindenahe Unternehmen involviert waren, publik wurde, endete die „umfassende Steuerung von Wohnungswirtschaft, sozialer Entwicklung und kultureller Aktivität durch Magistrate und Stadtregierung“ (Mattl 2000: 84) und mit ihr die Ära des Roten Wien. Anfang der 1980er-Jahre wurde in einigen Bereichen ein signifikanter Politikwechsel eingeleitet: In der Stadtplanung orientierte man sich am neuen Leitbild der „Stadterneuerung“ (Förster/Wimmer 1986), die Kulturpolitik wurde unter dem damaligen Kulturstadtrat und späteren langjährigen Bürgermeister Helmut Zilk neu ausgerichtet, wichtige Restaurierungs- und Neubauprojekte wurden initiiert (Musner 2006). Die Kultur- und Subkulturszene wurde stärker eingebunden, was deren Institutionalisierung und Professionalisierung beförderte (Feuerstein/Fitz 2008), erste Elemente einer neuen städtischen Event-Kultur wurden eingeführt.5 Im Bereich der Wirtschaftspolitik erfolgte ebenfalls eine Neuorganisation der wirtschaftspolitischen Instrumente der Stadt (u.a. mit der Gründung des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds WWFF im Jahr 1982) sowie der kommunalen Wirtschaftsunternehmen. Der entscheidende wirtschaftspolitische Strategiewechsel wurde allerdings, wie im Kapitel 3.2 beschrieben wird, erst in den 1990er-Jahren vollzogen.
Internationales Wien Der dritte Aspekt des Selbstverständnisses der Stadt, der für die These von der Konstruktion lokaler ökonomischer Vorstellungswelten über Büroarchitekturen wichtig ist, geht auf die Entwicklung Wiens in der Nachkriegszeit zurück: Seit den 1970er-Jahren ist eine Stilisierung Wiens als internationale Stadt im Sinne des politischen Dialogs und der Ansiedlung internationaler Organisationen zu beobachten. Diese Selbstdarstellung ist paradoxerweise mit der geopolitischen Randlage Wiens in den Nachkriegsjahrzehnten und der davon strukturell gekennzeichneten Wirtschaftsentwicklung der Stadt verknüpft. Diese wiederum sind nur mit Blick auf die beiden historischen Zäsuren zu verstehen, welche die Geschicke der Stadt im 20. Jahrhundert prägten: das Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie 1918 und der damit zusammenhängende Bedeutungsverlust der Stadt sowie die geopolitische Weichenstellung
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1984 fanden das Donauinselfest der SPÖ Wien und das Stadtfest der ÖVP Wien das erste Mal statt; 1990/1991 wurde von der Stadt Wien, dem Wiener Tourismusverband und der Wiener Handelskammer erstmals der Silvesterpfad in der Inneren Stadt veranstaltet. Ebenfalls seit 1991 gibt es im Sommer das jährliche Film-Festival vor dem Rathaus, seit 1996 findet dort im Winter der Wiener Eistraum mit Eislaufplatz und Gastronomie statt.
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nach 1945 und die Teilung Europas in zwei politische und wirtschaftliche Einflussbereiche. Die Lage an der Grenze des westeuropäischen Wirtschaftssystems wird zumeist als ein zentrales Kennzeichen der gesamten wirtschaftlichen Nachkriegsentwicklung Wiens angeführt (z.B. Mayerhofer 1999b; Eigner/Resch 2003; Meißl 2006). Argumentiert wird, dass diese Randlage eine unvorteilhafte Abhängigkeit von einem zu kleinen Binnenmarkt mit sich brachte, die Wien im Gegensatz zu den westlichen Bundesländern nicht durch eine Ausrichtung auf die westeuropäischen Nachbarstaaten ausgleichen konnte. Die hohe Binnenmarktorientierung bewirkte, so das Argument weiter, eine geringe Spezialisierung, ein niedriges Innovationsniveau und eine wenig ausgeprägte Forschungsorientierung (Mayerhofer 1999b: 43f.). Eigner/Resch (2003: 78) weisen allerdings darauf hin, dass die Gründe für diese strukturell verminderte Konkurrenzfähigkeit der Wiener Industriebetriebe weiter zurück reichen. Sie argumentieren, dass die Schwäche der Wiener Wirtschaft schon Anfang des 20. Jahrhunderts in der relativen zeitlichen Verzögerung des Industrialisierungsprozesses, der hohen Regulierungsdichte und der Schwäche gegenüber ausländischer Konkurrenz durch die überwiegende Binnenorientierung bestanden hätte. Tatsächlich war Wien aufgrund der hohen Bedeutung seines Dienstleistungssektors und insbesondere des öffentlichen Dienstes nie eine klassische Industriestadt. Bereits der erste Industrialisierungsschub der 1880er- und 1890er-Jahre wurde von einem noch dynamischeren Wachstum des Dienstleistungssektors überlagert (ebd.: 9). Allerdings konstatiert der Historiker Gerhard Meißl, dass der in diesem Zusammenhang gerne vorgebrachte Hinweis auf Wiens traditionell kleinbetriebliche Strukturen (die einem rascheren Industrialisierungsprozess entgegengestanden hätten) zumindest im innerösterreichischen Vergleich für die Zeit bis 1930 unberechtigt wäre (Meißl 2006: 656). Das Ende der österreichisch-ungarischen Monarchie im Jahr 1918 hatte für Wien einen dramatischen Verlust an Wirtschaftsbeziehungen, arbeitsteiligen Strukturen und Absatzmärkten gebracht. Die ökonomische Situation in den 1920er-Jahren war trotz der Verbesserung der Lebensverhältnisse der arbeitenden Bevölkerung durch die Sozialpolitik des Roten Wien krisenhaft. Trotzdem konnte Wien seine überragende Position als Unternehmensstandort sowohl im Produktions- wie auch im Dienstleistungssektor in Bezug auf das übrige Österreich bis Anfang der 1930erJahre halten. Besondere Konzentrationen wies die Stadt zu diesem Zeitpunkt weiterhin im Graphischen Gewerbe und der Elektrotechnik sowie, etwas nachgeordnet, beim Bekleidungsgewerbe, dem Maschinenbau und der Transportmittelerzeugung auf (ebd.: 657f.). Die ökonomische Stag99
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nation in der Zwischenkriegszeit erlaubte jedoch (bis auf den dynamischen Sektor der Elektroindustrie) kaum eine nachhaltige Anpassung an die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der 1. Republik. Insgesamt war eine geringfügige Deindustrialisierung zu verzeichnen und während der 1930er-Jahre aufgrund von Strategien der Selbstversorgung sogar eine leichte Zunahme des Anteils der Berufstätigen im Primärsektor (Eigner/Resch 2003: 11). Mit der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre verlor Wien seine herausragende Stellung als mitteleuropäisches Handels- und Finanzzentrum schließlich endgültig. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1938 wurde die Wiener Wirtschaft durch die Enteignung und teilweise Auflösung tausender jüdischer Betriebe zudem wichtiger Teile beraubt. Mit der Trennung Europas in zwei politische und ökonomische Einflussbereiche nach 1945 wurde der Bedeutungsverlust Wiens im Hinblick auf seine ökonomische Zentrumsfunktion in Österreich und den benachbarten Regionen weiter verschärft. Schon gegen Kriegsende hatte es eine teilweise Verlagerung der Rüstungsindustrie vom Osten in den Westen Österreichs gegeben. Mit der Besatzung von Ostösterreich und Teilen Wiens durch die Sowjetunion blieb Wien im Aufbau der unmittelbaren Nachkriegsjahre gegenüber dem Westen Österreichs zurück. Maßgeblich dafür waren u.a. die geringere Zuteilung an Mitteln aus dem Marshall-Plan an die sowjetisch kontrollierte Zone und die unsicheren Rahmenbedingungen aufgrund der Beschlagnahmung „deutschen Eigentums“ durch die Sowjetunion und seine Vereinnahmung durch den sowjetisch kontrollierten USIA-Konzern (Eigner/Resch 2003: 12f.). Erst mit dem Abschluss des Staatsvertrages zwischen Österreich und den vier Besatzungsmächten 1955, mit dem die Souveränität der Republik Österreich wiederhergestellt wurde, kam es auch in Wien zu einem anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung. Dieser war in den ersten Jahren durch einen Industrialisierungsschub gekennzeichnet, der auch als Aufholprozess beschrieben wurde, welcher aus der wirtschaftlichen Stagnation der Zwischenkriegszeit resultierte (ebd.). Ab den 1960erJahren kam dann der Strukturwandel zu Gunsten des Dienstleistungssektors immer deutlicher zum Tragen. So kam es bereits in den 1960erJahren zur Abwanderung von Produktionsbetrieben in arbeitsintensiven und platzaufwändigen Branchen ins Umland. In den 1970er-Jahren verstärkten sich diese Abwanderungen ins Umland und an billigere Standorte. Als Gründe für diese Strukturprobleme in den 1960er- und 1970er-Jahren sind zum einen Kostennachteile, wie zum Beispiel Grundstückskosten, ein hohes Lohnniveau und schlechte Verkehrsanbindungen zu nennen, wie sie in anderen Städten ebenfalls gegeben waren. Zum anderen wirkte sich hier aber die angesprochene Binnenmarkt100
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orientierung der Wiener Wirtschaft und ihre damit im Zusammenhang stehende mangelnde Konkurrenzfähigkeit aus. Insgesamt blieb die Wiener Wirtschaftsentwicklung über die gesamte Nachkriegszeit bis in die späten 1980er-Jahre deutlich hinter dem österreichischen Durchschnitt zurück. In diesen Jahrzehnten profitierte Wien von der Neutralitätspolitik der österreichischen Bundesregierung. Unter Berufung auf die österreichische Neutralität versuchte die Bundesregierung eine Brückenfunktion zwischen den Blöcken einzunehmen. Die Beitritte zu den Vereinten Nationen im Jahr 1955 und zum Europarat 1956 ebneten den Weg zur Integration Österreichs in die internationale Staatengemeinschaft. Im Juni 1961 kam es zu einem historischen Gipfeltreffen zwischen Kennedy und Chruschtschow in Wien. In den folgenden Jahren wurde die Ansiedlung internationaler Organisationen in Wien zu einem expliziten Ziel der Stadt als auch der österreichischen Bundesregierung (Bihl 2006). Bereits 1957 nahm die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), 1965 die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und 1967 die neu gegründete Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung (UNIDO) ihren Sitz in Wien ein. In den 1970er-Jahren gelang es schließlich, den damals – neben New York und Genf – dritten Amtssitz der Vereinten Nationen nach Wien zu holen, was als einer der großen politischen Erfolge der damaligen sozialdemokratischen Alleinregierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky gefeiert wurde. Tatsächlich hatte an diesem Erfolg auch der langjährige Wiener Finanzstadtrat Hans Mayr, der dieses Amt von 1973 bis 1994 ausübte, einen entscheidenden Anteil. Auf Betreiben von Mayr beteiligte sich die Stadt Wien an der Errichtung des Gebäudes der Vereinten Nationen, des Vienna International Centre, mit einem Drittel der Kosten, zwei Drittel wurden von der Republik Österreich getragen (Magistrat der Stadt Wien 2004). Die Hoffnung der Wiener Stadtregierung war es, mit der Ansiedelung der Vereinten Nationen Wiens Rang als Zentrum internationaler Begegnung endgültig festigen zu können. Zugleich sollte die Errichtung des Vienna International Centre (der so genannten UNO-City) auch ein Schritt in Richtung polyzentrische Stadt sein und die Stadt wieder näher an die Donau bringen. Als Standort für die Errichtung des Vienna International Centre wurde ein Grundstück am linken Donauufer im 20. Wiener Gemeindebezirk bestimmt. Obwohl den vorangegangenen Wettbewerb der argentinische Architekt César Pelli gewonnen hatte, wurde der Gebäudekomplex nach den Plänen des österreichischen Architekten Johann Staber in den Jahren 1973 bis 1979 errichtet. Er besteht aus sechs unterschiedlich hohen, markanten Bürotürmen mit dreiflügeligen Grundrissen (Abb. 1). 101
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Abb. 1: UNO-City in Wien
Als weitere Maßnahmen zur Erschließung des Standortes an der linken Donauuferseite folgten die Verlängerung der U-Bahn-Linie U1 über die Donau bis zum Zentrum Kagran, welche 1982 eröffnet wurde, und der Bau eines ebenfalls von Johann Staber geplanten Konferenzzentrums, dem Austria Center Vienna, in den Jahren 1983 bis 1987 (Abb. 1, ganz links im Bild). Das Austria Center Vienna befindet sich direkt neben dem Vienna International Centre, ist aber organisatorisch davon getrennt und besitzt keinen exterritorialen Status. Im Gefolge der Vereinten Nationen errichteten in den 1990er-Jahren eine Reihe weiterer UNKommissionen sowie andere zwischenstaatliche und nichtstaatliche Organisationen ihren Sitz in Wien, darunter zum Beispiel das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die Vorbereitende Kommission zum Vertrag über ein umfassendes Verbot von Nuklearversuchen (Comprehensive Nuclear Test Ban Treaty Organization, CTBTO). Derzeit haben rund 25 internationale zwischenstaatliche Organisationen und etwa 76 internationale NGOs ihren Sitz in Wien (Magistrat der Stadt Wien 2002). Dazu kommt, dass Wien, wie von der Stadtregierung und Tourismuswerbung immer wieder betont wird, einer der weltweit führenden Veranstaltungsorte für internationale Kongresse ist. Im Ranking des Jahres 2009 der Union of International Associations (UIA) liegt Wien mit 287 von der UIA als internationale Kongresse gewerteten Veranstaltungen nach Singapur und Brüssel auf Platz 3 (Vienna Convention Bureau 2010a). In der Statistik der International Congress and Convention Association (ICCA) nimmt Wien sogar zum fünften Mal in Folge den 1. Platz ein. Im Ran102
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king der ICCA brachte es Wien 2009 auf 160 internationale Kongresse, auf den Plätzen folgen Barcelona und Paris (Vienna Convention Bureau 2010b). Für die Selbstdarstellung und das Selbstverständnis Wiens als internationale Metropole hat diese Präsenz internationaler Organisationen, allen voran der Sitz der Vereinten Nationen, enorme symbolische Bedeutung. Die „Weltöffnung“ der Stadt und das (Wieder)Erlangen einer über den peripheren Status am Rande der westeuropäischen Marktwirtschaft hinausgehenden Bedeutung werden regelmäßig mit der Errichtung der UNO-City verknüpft. Dies wird im Vorwort des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl im von der Stadt Wien herausgegebenen Handbuch der internationalen Organisationen in Wien deutlich: „Die UNO-City an der Donau ist das Wahrzeichen des modernen Wien. Sie ist aber auch Sinnbild für eine Großstadt, die aus den Wirren und Weltkriegen des 20. Jahrhunderts zu einer neuen Identität, zu einem neuen Selbstverständnis und zu einem neuen Selbstbewusstsein gefunden hat – als Stätte des Friedens, der Freiheit und der internationalen Begegnung. Wenn Wien heute als weltoffene Metropole im Herzen Mitteleuropas gilt, so verdankt es diesen Ruf nicht zuletzt seiner Rolle als einer der vier Amtssitze der Vereinten Nationen – der einzige innerhalb der EU –, den zahlreichen internationalen Organisationen, NGOs und Institutionen, die in der österreichischen Bundeshauptstadt beheimatet sind sowie seiner Spitzenposition im Feld der Tagungsorte – Wien zählt weltweit zu den drei wichtigsten Austragungsorten für Kongresse und Konferenzen“ (Magistrat der Stadt Wien 2002: 3).
Für meine Betrachtung der neuen Bürobauten und ihrer Rolle in der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten ist dieses Bild Wiens als internationaler Stadt, wie es sich auch in der Öffentlichkeitsarbeit und Standortvermarktung wiederfindet, aus folgendem Grund wichtig: Es trägt zur Unschärfe der Begriffe der Internationalität bzw. der Internationalisierung bei. Wie wir sehen werden, sind dies zentrale Begriffe in der Argumentation hinsichtlich der hohen Bedeutung der neuen Büroprojekte für die Wirtschaftsentwicklung und Konkurrenzfähigkeit der Stadt. Diese Argumentation zielt auf die Präsenz internationaler Unternehmen und die wirtschaftlichen Außenbeziehungen der Stadt (siehe Kapitel 4.2.3 und 5.3). Das Bild des internationalen Wien, das mit Verweis auf die UNO-City und die in Wien ansässigen internationalen Organisationen geschaffen wird, zielt jedoch stärker auf die Hervorhebung kultureller Werte ab. Es soll deutlich gemacht werden, dass Wien Qualitäten wie kulturelle Vielfalt, Toleranz und Weltoffenheit bietet, die der Stadt einen großstädtischen Charakter verleihen:
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„Die UNO-City ist als Stätte des Friedens und der internationalen Begegnung ein Sinnbild für das, worum sich auch Wien stets bemüht: eine moderne, weltoffene Metropole zu sein. Die in Wien ansässigen Internationalen Organisationen haben wesentlich zur Reputation Österreichs beigetragen, fast noch wichtiger ist aber der kulturelle Aspekt: Jene Menschen, die aus allen Ländern der Welt kommen um in der UNO-City zu arbeiten, sind eine tägliche Bereicherung für unsere Stadt und für unsere Gesellschaft“ (Magistrat der Stadt Wien 2004: 3).
Interessant ist, dass die Grenzen zwischen diesen Internationalitätsbegriffen verschwimmen: Unter dem Kürzel „Wien als internationale Stadt“ werden politische, ökonomische und kulturelle Aspekte gleichermaßen angesprochen. Dazu kommt, dass die UNO-City als markantes Gebäude mit hohem Wiedererkennungseffekt auch für die visuelle Repräsentation der Stadt eine enorme Bedeutung hat und dementsprechend breit eingesetzt wird, wenn es gilt, Wien als internationale Stadt zu präsentieren. Meiner Ansicht nach ist diese begriffliche Unschärfe jedoch ein bewusst eingesetztes Mittel, um die Akzeptanz ökonomischer Internationalisierungsstrategien zu erhöhen. Auf diesen Punkt werde ich in den Kapiteln 5.3 und 5.4 sowie in der Abschlussdiskussion in Kapitel 6 zurückkommen.
3.2 Wirtschaftspolitischer Wandel seit den 1990er-Jahren Kennzeichnend für die jüngere Wiener Wirtschaftsentwicklung seit Anfang der 1980er-Jahre war die Fortsetzung des Strukturwandels, wie er schon ab den 1960er-Jahren zu beobachten war. Der Anteil des tertiären Sektors am Bruttoregionalprodukt stieg von rund 67,6 % im Jahr 1981 (Eigner/Resch 2003: 15) auf zuletzt 83 % im Jahr 2008 (Magistrat der Stadt Wien 2009). Mit dem gleichzeitig sinkenden Anteil des sekundären Sektors am Bruttoregionalprodukt ging auch die Industriebeschäftigung massiv zurück. Ab den 1980er-Jahren wurden diese Beschäftigungsverluste durch die Zunahme der Beschäftigung im Dienstleistungssektor nicht mehr aufgefangen. Es kam zu einem Nettoverlust an Arbeitsplätzen. Allerdings ist diese Entwicklung mit dem Schlagwort der Deindustrialisierung allein nicht ausreichend beschrieben, wie Eigner/Resch (2003) und Mayerhofer (2007) argumentieren. Der Rückgang der Wiener Industriebeschäftigung ist nicht nur auf die Abwanderung und die Schließung von Industriebetrieben zurückzuführen, sondern auch auf hohe Produktivitätssteigerungen sowie Zuwächse der Brutto-
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produktionsleistung und der nominellen Wertschöpfung. Die Abwanderung betraf also vor allem Branchen, die weniger technologie- und wissensintensiv waren. Die Frage des Übergangs vom fordistischen zum postfordistischen Regime und seiner zeitlichen Festlegung wird unterschiedlich bewertet. So konstatiert Meißl mit Blick auf die Abwanderung von Industriebetrieben und den Ausbau des Dienstleistungssektors in den 1970er- und 1980er-Jahren, dass „die Auflösung der fordistischen Strukturelemente der Wiener Ökonomie […] mit dem Ende der 1980er-Jahre weitgehend vollzogen [war]“ (Meißl 2006: 716). Becker/Novy (1999) betonen demgegenüber, dass im Gegensatz zur nationalen Ebene, auf welcher der Keynesianismus 1986 (dem Ende der SPÖ-FPÖ-Koalition)6 beendet wurde, in Wien auf lokaler Ebene bis Mitte der 1990er-Jahre weiterhin versucht worden sei, keynesianische Finanzpolitik zu betreiben. Sie interpretieren dies als eine lokal spezifische „defensive Variante des Neoliberalismus“ (ebd.: 139; Übersetzung durch die Autorin), die erst nach 1995 infolge des EU-Beitritts Österreichs und der in Kraft getretenen Budget-Disziplin entsprechend den Maastricht-Kriterien aufgegeben wurde. Eigner/Resch (2003: 26) weisen allerdings auf die Beschränktheit dieses lokalen Keynesianismus hin, der ihrer Meinung nach nie einen ähnlichen Stellenwert wie auf Bundesebene erlangt habe. Aufgrund der zentralen Finanzverwaltung und der Abhängigkeit von Erträgen im Rahmen von Bundeseinnahmen und aus dem Finanzausgleich waren die Einnahmen der Stadt zu gering. Außerdem sei es möglich gewesen, dass Ausgaben zur Stimulierung der lokalen Ökonomie und etwaige Nachfrageeffekte auch ins Umland diffundierten; zum Beispiel in der Bauwirtschaft mit einem hohen Anteil von Beschäftigten aus dem benachbarten Burgenland. Dieser grundsätzliche Wandel der ökonomischen Basis der Wiener Stadtwirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten wurde mittlerweile aus wirtschafts- und sozialhistorischer Perspektive detailliert dokumentiert (Schmee 1999; Eder et al. 2003; Meißl 2006). Die Analyse dieses Wandels in Bezug auf die Durchsetzung eines postfordistischen Regimes und die gleichzeitige Etablierung neuer Formen städtischer Governance erfolgte jedoch nur in Form einzelner Beiträge, die entweder wenig umfangreich und empirisch wenig detailliert (Novy et al. 2001; Becker/Novy 1999; Kurswechsel 1999; Redak et al. 2003) oder auf Teilas-
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Nach dem Verlust der absoluten SPÖ-Mehrheit bei der Nationalratswahl 1983 kam es von 1983 bis 1986 zu einer Koalitionsregierung zwischen der SPÖ und der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Fred Sinowatz. 105
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pekte beschränkt sind (Astleithner/Hamedinger 2003; Wolffhardt et al. 2005; Dangschat 2009). Trotzdem wird in der vorliegenden Literatur die Widersprüchlichkeit des wirtschaftspolitischen Wandels in Wien, wie er seit Mitte der 1990er-Jahre zu beobachten ist, deutlich: Auf der einen Seite sind bis heute wirtschaftsliberale Strategien mit dem Umbau der öffentlichen Verwaltung, Ausgliederungen öffentlicher Unternehmen und der Einführung neuer, teils informeller Governance-Strukturen unter verstärkter Beteiligung privater Akteure umgesetzt worden (vgl. Hamedinger 2008). Auf der anderen Seite bekennen sich die regierenden Wiener Sozialdemokraten nach wie vor zum lokalen Wohlfahrtsstaat und damit zusammenhängenden, defensiven Strategien zu seiner Erhaltung (nicht zuletzt gegenüber einer in den Jahren 2000 bis 2007 rechts-konservativen Bundesregierung). Es ist notwendig, hier zwischen den unterschiedlichen Politikfeldern und Verwaltungsressorts zu differenzieren, und zwar insbesondere zwischen der Sozial- und Familienpolitik auf der einen und der Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik auf der anderen Seite. Auch die realpolitisch bis dato zentrale und einflussreiche Rolle der Stadtverwaltung und einzelner Spitzenbeamter, die starken neokorporatistischen Traditionen und die weiterhin hohe Einflussnahme der Stadt auch auf privatisierte Unternehmen über weitreichende Firmenverflechtungen und informelle Netzwerke passen nicht zum Bild der neoliberalen Stadt, wie es von unternehmerischen Städten in den USA oder Großbritannien gezeichnet wird (z.B. Hackworth 2007). Mein Anspruch in dieser Arbeit ist es nicht, diesen wirtschaftspolitischen Wandel in Wien in seiner Gesamtheit und in seiner Widersprüchlichkeit sowie im Vergleich mit anderen Städten zu erfassen. Für meine Fragestellung ist es wichtig, festzuhalten, dass in Wien seit Anfang der 1990er-Jahre ein tiefgreifender Wandel der wirtschafts- und stadtentwicklungspolitischen Strategien stattgefunden hat und dies mit einigen signifikanten Punkten zu belegen. Dies wird in vier Bereichen am deutlichsten: in der Umstrukturierung der städtischen Unternehmen, der Budgetpolitik, bei den Programmen der Wirtschaftsförderung und in der Stadtplanung. Die ersten drei Bereiche werde ich im Folgenden heranziehen, um die Neuerungen in der Wirtschaftspolitik und der Stadtentwicklung zu veranschaulichen, die Wien im Übergang zu einem postfordistischen Regime kennzeichnen. Der Wandel in der Stadtplanung wird im Kapitel 4.1 behandelt.
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3.2.1 Privatisierungen und New Public Management Die Wende hin zur wirtschaftsliberalen Politik (aber auch die oben angesprochene Ambivalenz dieser Wende) manifestiert sich am deutlichsten in der Umstrukturierung der kommunalen Unternehmen. Seit Anfang der 1980er- und verstärkt seit Ende der 1990er-Jahre wurden städtische Betriebe und Verwaltungsabteilungen schrittweise in eigenständige Gesellschaften ausgelagert und teilweise vollständig privatisiert. Nach dem so genannten „Bauringskandal“ – die im Besitz der Gemeinde Wien befindliche Wohnungsbaugesellschaft Wiener Bauring war damals durch Managementfehler, Korruption und Betrug in den Ruin getrieben worden – waren die Wiener Kommunalbetriebe 1974 in der Wien Holding GmbH zusammengeführt worden.7 Im Jahr 1989 erfolgte die erste Teilprivatisierung der Wien Holding, wobei 49 % der Anteile an einheimische Banken und Versicherungen verkauft wurden. Im Jahr 1992 erfolgte ein weiterer Teilverkauf, wodurch der Großteil der Anteile (51 %) in den Besitz der Bank Austria AG gelangte. Gleichzeitig wurden wichtige Unternehmen verkauft, wie zum Beispiel das Donauzentrum (eines der größten Einkaufszentren der Stadt), die Kurbetriebe Oberlaa (mit dem Thermalbad Oberlaa im 10. Gemeindebezirk Favoriten), die Wienerwald-Autobahnraststätten, die Wigast GaststättenbetriebsgmbH (das kommunale Gastronomieunternehmen) und einzelne Baufirmen (Eigner/Resch 2003: 96). Im Jahr 2001 gab die Bank Austria AG ihre Anteile an der Wien Holding an die Stadt Wien zurück. Seitdem ist das Unternehmen wieder zu 100 % im Besitz der Gemeinde. Die Wien Holding versteht sich nach eigener Definition als „Private Public Management Group“ und wird nach privatwirtschaftlichen Kriterien, d.h. gewinnorientiert, geführt.8 Sie hat im letzten Jahrzehnt laufend Abteilungen und Aufgaben des Magistrats (der städtischen Verwaltungsbehörde)9 übernommen, die nicht mehr als „Kerngeschäft“ der Stadtverwaltung gesehen werden, und ist heute ein Mischkonzern mit direkter oder indirekter Beteiligung an 75 Unternehmen sowie einer großen (von der Opposition vielfach kritisierten) Breite wirtschaftlicher Ak7
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Seit 1983 lautet die eingetragene Bezeichnung Wiener Holding GmbH. Im Außenauftritt wird weiterhin die Bezeichnung Wien Holding geführt, die ich im Folgenden verwende. Siehe http://www.wienholding.at/ (30.09.2010). In Österreich ist in Städten mit landesgesetzlich erlassenem Stadtrecht (Statutarstädten) die Gemeindeverwaltung zugleich Bezirksverwaltungsbehörde und wird als Magistrat bezeichnet. Die Magistrate sind in Magistratsabteilungen mit fachspezifischen Zuständigkeitsbereichen gegliedert. Der Wiener Magistrat verfügt auf Grund des Status Wiens als Bundesland neben den Gemeinde- und Bezirks- auch über Landeskompetenzen. 107
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tivitäten. Diese gliedern sich nach der letzten Umstrukturierung in fünf Geschäftsbereiche: Immobilienmanagement, Freizeit-, Kultur- und Veranstaltungsmanagement, Logistik und Mobilität, Umweltmanagement sowie Medien. Der Umsatz der Wien Holding betrug im Jahr 2009 rund 373 Millionen Euro. Der Geschäftsanteil des Immobilienmanagements ist in den letzten Jahren stetig gewachsen, im Jahr 2009 stellte dieses mit 51 % Anteil am Gesamtumsatz das bei weitem wichtigste Geschäftsfeld dar, das Umweltmanagement erbrachte 21 % und der Bereich des Freizeit-, Kultur- und Veranstaltungsmanagements 14 % an Umsatzanteilen (Wien Holding 2010). Des Weiteren wurden im Jahr 1999 die bis dahin als Unternehmung10 der Stadtverwaltung geführten Wiener Stadtwerke in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt und aus dem Magistratsbereich ausgegliedert. Die Stadt Wien blieb auch hier 100-prozentige Eigentümerin.11 Die Geschäftsbereiche der Wiener Stadtwerke Holding gliedern sich in Verkehr (u.a. die Wiener Linien, also die öffentlichen Verkehrsbetriebe), Energie (u.a. Wienstrom, Fernwärme Wien, Wien Energie Gasnetz und Wien Energie Stromnetz) und Bestattung (u.a. Bestattung Wien und seit 2008 Krematorium Wien und Friedhöfe Wien, die ehemalige Magistratsabteilung MA 43 – Städtische Friedhöfe). Neben diesen im engeren Sinne städtischen Dienstleistungen ist die Wiener Stadtwerke Holding an einer Reihe weiterer Unternehmen beteiligt, insbesondere im Bereich der Bau- und Immobilienwirtschaft. Zuletzt gab es 2005 heftige Diskussionen über die Ausgliederung weiterer Dienste im Bereich der Daseinsvorsorge in die Wiener Stadtwerke Holding. Zwei der lukrativsten Magistratsabteilungen (MA 48 – Wiener Müllabfuhr und MA 30 – Wien Kanal) sollten ausgegliedert werden. Tatsächlich wurde im Jahr 2009 die MA 30 unter heftiger Kritik der Opposition schließlich in eine Unternehmung der Stadt Wien umgewandelt. Weitere derartige Umstrukturierungen werden derzeit für die Stadtgärten (MA 42) sowie das Forstamt (MA 49) diskutiert (Mayr 2010). Im Jahr 2009 erwirtschaftete die Wiener Stadtwerke Holding einen Nettoumsatz von 3 Milliarden Euro und beschäftigte 15.400 Mitarbeiter (Wiener Stadtwerke Holding AG 2010). Damit lag das Unternehmen im Ranking der größten österreichischen Unternehmen des Jahres 2010 an 10 Unternehmungen der Stadt Wien werden nach wirtschaftlichen Kriterien geführt und ihr Vermögen wird gesondert verwaltet. Sie bleiben jedoch Teil des Magistrats. 11 Die Neustrukturierung der Wiener Stadtwerke ebenso wie die Privatisierung der Bank Austria wurden in der Zeit der Koalitionsregierung mit der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) der Jahre 1996-2001 durchgeführt, die ÖVP war daran maßgeblich beteiligt (vgl. Bihl 2006: 638ff.). 108
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20. Stelle hinter einer größeren Zahl von Industrie- und einer kleineren Zahl von Handelsunternehmen12 und weit vor zum Beispiel den Grazer Stadtwerken mit 167 Millionen Euro Umsatz oder den Stadtwerken Klagenfurt mit 146 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2009 (Trend 2010). Die einzigen drei in diesem Ranking vor der Wiener Stadtwerke Holding liegenden, ebenfalls der Kategorie Dienstleistung zugerechneten Unternehmen waren die Österreichischen Bundesbahnen (4,83 Milliarden Euro Umsatz), die Telekom Austria (4,80 Milliarden Euro Umsatz) und die Casinos Austria (3,18 Milliarden Euro Umsatz) (ebd.). Diese Zahlen belegen den enormen wirtschaftlichen Stellenwert der Wiener Stadtwerke Holding für die österreichische Wirtschaft. Auch die Privatisierungen und Fusionen im österreichischen Bankensektor in den letzten zwei Jahrzehnten betrafen ganz wesentlich die Stadt Wien. Die Zentralsparkasse, die zum Eigentum der Gemeinde Wien zählte, wurde durch die Übernahme der Länderbank im Jahr 1991 zur Bank Austria AG, der größten österreichischen Bank. Im Jahr 1997 erfolgte der Zusammenschluss mit der Creditanstalt zur Bank Austria Creditanstalt (BA-CA). Dabei blieb die Stadt Wien über die AVZ („Anteilsverwaltung Zentralsparkasse“) zunächst Hauptaktionärin der BACA. Im Jahr 2000 wurde dann vom Sparkassenrat der AVZ die Entscheidung getroffen, die BA-CA vollständig zu privatisieren und an die deutsche HypoVereinsbank (HVB) zu verkaufen. Der 23-prozentige Anteil der AVZ an der BA-CA-Gruppe wurde gegen ein fünfprozentiges HVB-Aktienpaket getauscht. Zudem wurde die AVZ in eine Stiftung („Privatstiftung zur Verwaltung von Anteilsrechten“) umgewandelt und erhielt die Vorgabe, Gewinne in den Technologiefonds der Stadt Wien einzuzahlen. Im Jahr 2006 wurden die Mehrheitsanteile der HVB an der BA-CA (77,53 %) schließlich an die italienische UniCredit-Gruppe verkauft, wodurch diese mit 96,35 % Anteil am Grundkapital zur Hauptgesellschafterin der BA-CA-Gruppe wurde. Im Jahr 2007 wurde ein Ausschlussverfahren gegen die übrigen Minderheitsaktionäre eingeleitet.13 Die AVZ sowie der Betriebsratsfonds des ehemaligen Bank AustriaBetriebsrats14 blieben jedoch neben der UniCredit weiterhin Gesell12 Als Reihungskriterium wurde der in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung ausgewiesene Nettoumsatz abzüglich sämtlicher Steuern herangezogen. 13 Der mit Zwang verbundene Ausschluss von Minderheitsaktionären aus einer Aktiengesellschaft ist möglich, wenn ein Aktionär direkt oder über von ihm abhängige Unternehmen mindestens 95 % des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft hält. Die restlichen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) müssen ihre Anteile gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung an den Hauptaktionär abtreten. 14 Die vollständige Bezeichnung lautet „Betriebsratsfonds des Betriebsrats der Angestellten der Bank Austria Aktiengesellschaft Großraum Wien“. 109
DIE VORGESTELLTE STADT
schafter der BA-CA, da sie als Namensaktionäre von der Mitgliedschaft nicht ausgeschlossen werden konnten.15 Über die AVZ haftet die Gemeinde Wien weiterhin für alle Verbindlichkeiten der Bank Austria AG, die bis zum Jahr 2001 entstanden sind – im Jahr 2010 hatten diese einen Umfang von rund 12 Milliarden Euro. Gleichzeitig hält die AVZ durch den Aktientausch im Jahr 2006 einen Anteil von rund einem Prozent an der UniCredit-Gruppe und hat für die Dauer von 10 Jahren ein vertraglich zugesichertes Vorschlagsrecht für zwei Aufsichtsratsmitglieder der BA-CA. Der Wert des AVZ-Stiftungsvermögens ist in den letzten Jahren aufgrund der Abwertung der UniCredit-Aktien allerdings drastisch geschrumpft, was direkte Auswirkungen auf die Finanzierung des Wiener Technologiefonds hat. Die Stadt Wien beruft sich darauf, hierfür keinerlei Verantwortung zu tragen, da sie an der AVZ weder beteiligt, noch in deren Organen vertreten ist. Im Gegensatz dazu wird von der Opposition im Gemeinderat regelmäßig die politische Nähe der AVZ zur Wiener SPÖ hervorgehoben und die Privatisierungsgeschichte der ehemaligen Zentralsparkasse unter Hinweis auf den Wertverlust der AVZ als politisches Desaster kritisiert (siehe z.B. Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 31.05.2010, Seite 84 bis 95). Neben den Ausgliederungen von Magistratsabteilungen in eigenständige Unternehmen sowie den Privatisierungen von städtischen Unternehmen erfolgte die Neuorganisation der Stadtverwaltung auch durch so genannte „Unternehmungen der Stadt Wien“ sowie die Gründung von Fonds und Stiftungen. Unternehmungen der Stadt Wien werden nach wirtschaftlichen Kriterien geführt und ihr Vermögen wird gesondert verwaltet. Sie bleiben jedoch Teil des Magistrats. Die größten Unternehmungen der Stadt Wien sind Wiener Wohnen (seit 2000) und der Krankenanstaltenverbund (KAV, seit 2002). Beispiele für Fonds sind der Fonds Soziales Wien (FSW), der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF) und der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF).16 Tatsächlich machen Privatisierungen also nur den kleineren Teil der Reorganisation der kommunalen Wiener Wirtschaftstätigkeit aus. Im
15 Siehe den Prüfungsbericht des Aufsichtsrates der Bank Austria Creditanstalt AG über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern in 2007 unter http://www.bankaustria.at/informationspdfs/Bericht_des_Aufsichts rates_der_BA-CA_DE.pdf (16.09.2010). 16 Seit Frühjahr 2010 trägt der WWFF die Bezeichnung Wirtschaftsagentur Wien. Da die in dieser Arbeit betrachteten Dokumente und Materialien alle noch vom WWFF verantwortet wurden, wird diese Bezeichnung im Folgenden weitergeführt. 110
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
Bereich der Daseinsvorsorge überwiegt der organisatorische Umbau durch Auslagerungen in eigenständige Gesellschaften, Unternehmungen der Stadt Wien sowie Fonds und Stiftungen. Für die Stadt Wien haben diese Auslagerungen, bei denen sie Eigentümerin bleibt, folgende Vorteile: Erstens werden durch die Auslagerungen die betreffenden Unternehmen aus dem Budget der Stadt genommen, ihre Aktivitäten fließen nicht mehr in den Rechnungsabschluss der Stadt ein. Das Budget wird damit formal entlastet. Zweitens wird der Personalstand der Stadt formal, aber auch real reduziert. So ist die Zahl der Gemeindebeschäftigten seit Mitte der 1990er-Jahre kontinuierlich gesunken. Die Zahl der im Wiener Magistrat Beschäftigten reduzierte sich von 61.772 im Jahr 1996 auf weniger als die Hälfte, auf 28.991 Beschäftigte im Jahr 2008 (Statistische Jahrbücher der Stadt Wien 2007 bis 2009).17 Gleichzeitig ergeben sich bei den ausgelagerten Unternehmen Möglichkeiten zu Einsparungen bei Personalkosten, indem neue Mitarbeiter nur noch auf Kollektivvertragsbasis und nicht mehr als Beamte eingestellt werden. Drittens ist die erhöhte Flexibilität der Unternehmen, deren Tätigkeit nun nicht mehr der Kontrolle des Gemeinderates unterliegt, von Vorteil. So müssen etwa Tariferhöhungen oder Investitionen nicht mehr vom Gemeinderat beschlossen werden. Damit steigt der Handlungsspielraum für informelle Manöver, politisch motivierte Postenbesetzungen und intransparente Vergabepraktiken, die von der Opposition regelmäßig kritisiert werden (siehe z.B. für die zuletzt ausgegliederte MA 30: Rathauskorrespondenz vom 14.04.2009, „Wiener ÖVP hinterfragt Ausgliederung der MA 30Wien Kanal“ und Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 26.03.2009, Seite 91 bis 95). Auch im Fall von echten Privatisierungen, wie zum Beispiel bei der Zentralsparkasse/Bank Austria oder der Gewista, dem kommunalen Außenwerbungsunternehmen, bleibt der Einfluss der Stadt Wien durch strategische Beteiligungen (wie bei der oben beschriebenen AVZ) und komplexe Firmengeflechte oft gewahrt. Gerade im Banken-
17 Diese massive Reduktion erklärt sich v.a. mit den Ausgliederungen von Wiener Wohnen (2001) und des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV, 2002). Wiener Wohnen hatte im Jahr 2008 597 und der KAV 28.540 Beschäftigte. Nimmt man diese beiden dazu, dann betrug der Personalstand der Stadtverwaltung 58.128 Personen, das entspräche einer Abnahme um 5,8 % (1996 bis 2008). Noch deutlicher ist der Abbau von Beamtenstellen zugunsten von Vertragsbediensteten von 30.714 Beamten (1996) im Wiener Magistrat um ein Fünftel auf in Summe 23.419 Beamtenstellen (2008) bei Magistrat, Wiener Wohnen und KAV. Auch bei der Wiener Stadtwerke Holding sank die Zahl der bei der Stadt Wien Beschäftigten von 15.222 (1996) auf 10.444 (2008). Dies ist ebenfalls v.a. auf den Abbau von Beamtenstellen zurückzuführen (Statistische Jahrbücher der Stadt Wien 2007 bis 2009). 111
DIE VORGESTELLTE STADT
und Versicherungssektor ist dies aufgrund des hohen Beteiligungsbesitzes außerhalb des Kerngeschäftes besonders relevant.18 Dieser stellt noch immer ein österreichisches Charakteristikum dar, auch wenn er durch jüngste Verkäufe abgeschwächt worden ist. Es lässt sich festhalten, dass der Umbau der städtischen Dienste und Unternehmen die Kontrollmöglichkeiten durch den Gemeinderat und damit die demokratische Legitimation verringert bzw. unmöglich gemacht hat. Politische Einflussnahme erfolgt nun nicht mehr auf dem direkten Wege klientelistischer Abhängigkeitsverhältnisse oder auf Basis korporatistischer Strukturen, sondern indirekt mittels informeller und intransparenter Netzwerke und Unternehmensgeflechte.
3.2.2 Budgetpolitik Die Entwicklung des Wiener Budgets zeigt den wirtschaftspolitischen Wandel durch die oben beschriebene Neuorganisation von Stadtverwaltung und städtischen Unternehmen deutlich. Auf quantitativer Ebene stellen Jäger et al. (2001) 1995 bzw. 1997 einen Strukturbruch in der lokalen Budgetpolitik fest. Die (um Auslagerungen korrigierte) Ausgabenquote ist seitdem tendenziell und ab 2000 deutlich zurückgegangen. Dieser Rückgang ist vor allem auf geringere Einnahmen der Stadt Wien zurückzuführen, die das Ergebnis der seit Anfang der 1980er-Jahre abnehmenden Bundesmittel sind. Während bis Mitte der 1990er-Jahre diese Einnahmenverluste durch die Steigerung eigener Einnahmen (städtische Gebühren und Abgaben) aufgewogen wurden, ist dies seitdem nicht mehr der Fall gewesen (ebd.). Zudem wurden Länder und Gemeinden im Rahmen der Null-Defizit-Politik der Bundesregierung seit 2000 dazu verpflichtet, ausgeglichene Bilanzen herzustellen bzw. im Falle Wiens einen Budgetüberschuss zu erzielen. Mit den relativ zum lokalen Bruttoinlandsprodukt sinkenden eigenen Einnahmen gewinnen die Ertragsan-
18 Durch den Zusammenschluss von Zentralsparkasse, Länderbank und Creditanstalt verfügte beispielsweise die BA-CA-Gruppe Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre über rund 400 Beteiligungen in allen Wirtschaftssektoren (z.B. Beteiligungen an Porr, Wibeba, Wienerberger, Lenzing, Österreichisches Verkehrsbüro) und war indirekt Arbeitgeber für mehr als 60.000 Beschäftigte (Eigner/Resch 2003: 116). Mit den Verkäufen an die HVB und später die UniCredit wurde ein Teil dieser Beteiligungen abgestoßen (zuletzt 2008 etwa das Bank-Austria-Immobilienpaket). Gleichzeitig wurden mit zunehmender Deregulierung auch die Trennlinien zwischen den Unternehmenssparten unschärfer. Banken und Versicherungen stehen zwar in zunehmender Konkurrenz zueinander, sind aber über die Kapitalanteile an Unternehmen auch zunehmend miteinander verflochten. 112
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
teile an Bundesmitteln und die Mittel aus dem Finanzausgleich aber an Bedeutung und die Abhängigkeit der Stadt vom Bund wird verstärkt. Der Blick auf die Rechnungsabschlüsse der Jahre 1996 bis 2009 zeigt die Fortsetzung dieser Entwicklung deutlich. Besonders klar wird der Rückgang der lokalstaatlichen Ausgaben bei den Sachinvestitionen. Diese gingen von 1998 bis 2009 in absoluten Zahlen um rund 60 % und bezogen auf den Anteil an den laufenden Ausgaben um rund zwei Drittel zurück.19 Im Rechnungsquerschnitt (Tabelle 1 und Tabelle 2)20 ist der erhöhte Anteil der Ertragsanteile aus Bundeseinnahmen an den gesamten laufenden Einnahmen die deutlichste Veränderung. Er stieg von 30,7 % (1996) auf 46,5 % (2009). Demgegenüber blieb der Anteil der Einnahmen aus eigenen Steuern nahezu unverändert. Auf der anderen Seite sind sowohl die Einnahmen aus Leistungen (von 14,8 % auf 6,0 %) als auch die Einnahmen aus Besitz und wirtschaftlicher Tätigkeit (von 7,8 % auf 1,6 %) deutlich zurückgegangen. Tabelle 1: Zusammensetzung der laufenden Einnahmen der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Kategorien21 Laufende Einnahmen nach Kategorien, anteilig
1996
2009
(in %)
(in %)
Eigene Steuern
11,0
11,4
Ertragsanteile
30,7
46,5
5,3
3,8
14,8
6,0
Gebühren Einnahmen aus Leistungen 22
Einnahmen aus Besitz und wirtschaftlicher Tätigkeit
Transferzahlungen von Trägern des öffentlichen Rechtes
7,8
1,6
17,7
16,1
Sonstige Transfereinnahmen
3,3
5,3
Einnahmen aus Veräußerungen und sonstige Einnahmen
9,4
9,3
Quelle: Stadt Wien Rechnungsabschlüsse 1996-2009
19 Quelle: Rechnungsabschlüsse der Stadt Wien 1998 bis 2009 und eigene Berechnungen. 20 Ein detaillierter Vergleich der Rechnungsquerschnitte der Rechnungsabschlüsse ist erst ab 1996 möglich. Die vorhergehenden Rechnungsabschlüsse berücksichtigen die Maastricht-Kriterien noch nicht und unterscheiden sich in den angesetzten Positionen zum Teil von den späteren Abschlüssen. Für den Zeitraum 1990 bis 2009 wäre ein Vergleich daher nur für die Summe der laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie für einzelne Positionen möglich. 21 Einnahmen der Vermögensgebarung und Einnahmen aus Finanztransaktionen sind hierin nicht enthalten. 22 Bis 1999 wurde diese Kategorie unter der Bezeichnung Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt. 113
DIE VORGESTELLTE STADT
Tabelle 2: Zusammensetzung der laufenden Ausgaben der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Kategorien Laufende Ausgaben nach Kategorien, anteilig
Personal
1996
2009
(in %)
(in %)
31,3
26,8
Pensionen und Ruhebezüge
8,1
13,1
Bezüge der gewählten Organe
0,3
0,3
Gebrauchs- und Verbrauchsgüter, Handelswaren
6,4
1,3
32,7
12,1
Zinsen für Finanzschulden
2,4
0,2
Transferzahlungen an Träger öffentlichen Rechtes
0,6
3,3
18,2
43,0
Verwaltungs- und Betriebsaufwand
Sonstige Transferzahlungen
Quelle: Stadt Wien Rechnungsabschlüsse 1996-2009
Ausgabenseitig sind im Rechnungsquerschnitt ebenfalls deutliche Verschiebungen festzustellen. Der Anteil der Personalausgaben sank im Zeitraum von 1996 bis 2009 von 31,3 % auf 26,8 %. Allerdings erhöhte sich der Anteil der Ausgaben für Pensionen und Ruhebezüge deutlich von 8,1 % auf 13,1 %. Deutlich reduziert wurden die Ausgaben für Gebrauchs- und Verbrauchsgüter sowie Handelswaren (von 6,4 % auf 1,3 %) und für den Verwaltungs- und Betriebsaufwand (von 32,7 % auf 12,1 %). Diese Reduzierung geht zum einen auf die Optimierung von Abläufen und die Straffung von Verwaltungsstrukturen im Sinne des New Public Management zurück. Sie ist aber zum anderen auch auf die oben beschriebenen Auslagerungen von Magistratsabteilungen und städtischen Unternehmungen zurückzuführen. Im Vergleich liegt der Anteil der allgemeinen Verwaltungskosten an den laufenden Ausgaben Wiens damit nun tatsächlich etwas niedriger als im Durchschnitt der anderen österreichischen Gemeinden (Bröthaler 2005: 87). Auf der anderen Seite wirken sich diese Auslagerungen auf den Anstieg des Anteils der Transferzahlungen an Träger des öffentlichen Rechtes (von 0,6 % auf 3,3 %) und vor allem auf den enormen Anstieg der sonstigen Transferzahlungen (von 18,2 % auf 43 %) aus. Die genaue Zusammensetzung dieser sonstigen Transferzahlungen, die damit noch weit vor den Personalkosten den größten Teil der Ausgaben verursachen, ist im Rechnungsabschluss aber nicht im Detail ausgewiesen. Die Neuorganisation der städtischen Verwaltung und der kommunalen Unternehmen spiegelt sich auch in strukturellen Verschiebungen in der Zuordnung der laufenden Einnahmen und Ausgaben nach Geschäftsgruppen wider (Tabelle 3 und Tabelle 4).
114
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
Tabelle 3: Zusammensetzung der Einnahmen der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Geschäftsgruppen23 Laufende Einnahmen nach Geschäftsgruppen, anteilig
1996
2009
(in %)
(in %)
Gruppe 0: Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung
2,3
12,2
Gruppe 1: Öffentliche Ordnung und Sicherheit
0,0
0,1
Gruppe 2: Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft
5,6
7,3
Gruppe 3: Kunst, Kultur und Kultus
0,1
0,2
Gruppe 4: Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung
5,0
2,2
Gruppe 5: Gesundheit
13,1
0,2
0,1
0,4
Gruppe 6: Straßen- und Wasserbau, Verkehr Gruppe 7: Wirtschaftsförderung
0,2
0,5
Gruppe 8: Dienstleistungen
21,5
12,0
Gruppe 9: Finanzwirtschaft
52,0
65,0
Quelle: Stadt Wien Rechnungsabschlüsse 1996-2009 Tabelle 4: Zusammensetzung der Ausgaben der Stadt Wien 1996 und 2009 nach Geschäftsgruppen Laufende Ausgaben nach Geschäftsgruppen, anteilig
1996
2009
(in %)
(in %)
Gruppe 0: Vertretungskörper und allgemeine Verwaltung
7,3
19,8
Gruppe 1: Öffentliche Ordnung und Sicherheit
1,3
1,3
10,7
14,4
Gruppe 2: Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft Gruppe 3: Kunst, Kultur und Kultus
1,7
2,5
Gruppe 4: Soziale Wohlfahrt und Wohnbauförderung
16,7
16,8
Gruppe 5: Gesundheit
21,1
10,7
1,1
8,5
Gruppe 6: Straßen- und Wasserbau, Verkehr Gruppe 7: Wirtschaftsförderung
0,9
1,6
Gruppe 8: Dienstleistungen
28,6
20,2
Gruppe 9: Finanzwirtschaft
10,6
4,3
Quelle: Stadt Wien Rechnungsabschlüsse 1996-2009
Zusammenfassend lässt sich aus der Budgetpolitik der Stadt Wien zweierlei ablesen: Zum einen hat sich die Einkommensbasis der Stadt deutlich verschoben. Den gestiegenen Einnahmen aus Ertragsanteilen aus Bundeseinnahmen und Transferzahlungen von Trägern des öffentlichen Rechtes stehen die deutlich verminderten Einnahmen aus eigenen – also 23 Die Haushaltsrechnung gliedert sich in unterschiedliche Positionen (anfängliche Zahlungsrückstände, Gebühr, Summe, Abstattung u.a.). Verglichen wurde hier jeweils die Position Gebühr. 115
DIE VORGESTELLTE STADT
im Rechnungsabschluss der Stadt Wien verzeichneten – Leistungen und wirtschaftlichen Aktivitäten gegenüber (Einnahmen der ausgelagerten Unternehmen fließen in den Rechnungsabschluss also nicht mehr ein). Zum anderen wirken sich die oben beschriebenen Auslagerungen von Magistratsabteilungen und städtischen Unternehmungen ganz deutlich auf das Budget aus. Sie sind mit verantwortlich für eben diese Verminderung der eigenständigen Einnahmen der Stadt, aber auch für die budgetwirksame Reduktion des Verwaltungs- und Betriebsaufwandes oder der Personalkosten und die gleichzeitige drastische Erhöhung nicht weiter spezifizierter und zuordenbarer sonstiger Transferzahlungen. Zwei ganz wesentliche Effekte dieser budgetären Verschiebungen sind daher sowohl die formale Budgetbereinigung im Sinne einer effektiveren, schlankeren und personalsparenderen Verwaltung als auch eine letztlich verminderte Transparenz hinsichtlich der Verwendung öffentlicher Mittel.
3.2.3 Wirtschaftsförderung und Standortmarketing Der dritte Bereich, an dem sich der wirtschaftspolitische Wandel in Wien deutlich zeigen lässt, sind die Wirtschaftsförderung und das Standortmarketing. Betriebsansiedlungspolitik im engeren Sinn wurde in Wien in institutionalisierter Form seit der Gründung des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF) im Jahr 1982 betrieben. Der WWFF ist damals gemeinsam von der Stadt Wien, der Wirtschaftskammer Wien (damals Wiener Handelskammer), der Bank Austria AG (damals Zentralsparkasse) sowie der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG (damals Erste Österreichische Sparkasse) gegründet worden. Das Präsidium des WWFF setzt sich bis heute aus Vertretern dieser Institutionen zusammen. Die ursprüngliche Hauptaufgabe des WWFF bestand im Grundstücks- und Liegenschaftsmanagement. Das zentrale Instrument zur Förderung von Betriebsansiedlungen bzw. Betriebsexpansionen war die Bereitstellung günstiger Grundstücke durch die Stadt. Der WWFF ist nach eigenen Angaben im Besitz von rund 3,5 Millionen Quadratmetern Grund und damit heute einer der größten Liegenschaftseigentümer Wiens.24 Der ursprüngliche Fokus des WWFF hat sich seit Mitte der 1990erJahre in zweifacher Weise gewandelt. Neben dem Ankauf, der Erschließung und dem Verkauf von Gewerbe- und Industriegrundstücken für Unternehmen steht derzeit die Entwicklung eigener Immobilien und so
24 Siehe http://www.wirtschaftsagentur.at/immobilien/liegenschaften/ (30.09.2010). 116
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
genannter Technologie- und Gründerzentren in Form von PublicPrivate-Partnership-Modellen im Vordergrund (siehe Kapitel 4.1) seiner Arbeit. Bislang wurden einige solcher Zentren entwickelt. Die Finanzierung erfolgte zur Hälfte durch den WWFF und zur anderen Hälfte durch private Investoren. Zudem ist die Förderungspolitik des WWFF mittels einer Reihe neu eingeführter Instrumente und Förderschienen wesentlich stärker branchenspezifisch ausgerichtet worden. Die Cluster-Initiativen konzentrieren sich auf vier Bereiche: die Informations- und Telekommunikationstechnologien, die Biotechnologie („Life Sciences“), die Auto- und Autozulieferindustrie („Automotive Cluster“) sowie die Kreativwirtschaft („Creative Industries“). Außerdem wird versucht, über verstärkte Vernetzungs- und Beratungstätigkeit die Rolle eines „Impulsund Ratgebers – eines ‚Think Tanks‘ für die Wiener Wirtschaftspolitik“ zu erfüllen (WWFF 2003: 7). Um diesem veränderten Profil Ausdruck zu verleihen, wurde der WWFF im Zuge eines Relaunch des Außenauftrittes im März 2010 in die Wirtschaftsagentur Wien umbenannt. Für die branchenspezifische Förderung von Unternehmen wurden zwei Tochterfirmen gegründet, welche die Bereiche Technologie und Kreativwirtschaft abdecken und die Förderungen in diesem Bereich vergeben. Die Technologieförderung erfolgt seit dem Jahr 2000 über das WWFF-Tochterunternehmen ZIT25 (Zentrum für Innovation und Technologie GmbH). Auf der Basis von wettbewerbsorientierten Förderausschreibungen in Form von Calls werden direkte finanzielle Unterstützungen an Unternehmen vergeben. Zusätzlich bietet das ZIT Beratung sowie technologiespezifische Infrastruktur in den vom ZIT entwickelten Immobilien Campus Vienna Biocenter und Media Quarter Marx an. Für den Bereich der Creative Industries fungiert das im Jahr 2003 gegründete zweite Tochterunternehmen des WWFF, die „departure – wirtschaft, kunst & kultur gmbh“, als zentrale Anlaufstelle und Förderorganisation. Auch hier erfolgt, dem Vorbild der Technologieförderung entsprechend, die Förderung auf Basis wettbewerbsorientierter, thematischer Calls in den Bereichen Mode, Musik, Audiovision, Multimedia, Design, Verlagswesen, Kunstmarkt und Architektur. Seit dem Jahr 2005 wird diese Form der Förderwettbewerbe auch in der klassischen Wirtschaftsförderung mit den Calls für Wiener Klein- und Mittelbetriebe der Sachgütererzeugung zur Steigerung von Wachstum und Beschäftigung und Umsetzung von innovativen, investitionsbezogenen Wachstumsprojekten eingesetzt. Neben dieser Neuorientierung der Förderpolitik wurde auch der Außenauftritt Wiens im Sinne der Profilierung als Wirtschaftsstandort 25 http://www.zit.co.at/ (30.09.2010). 117
DIE VORGESTELLTE STADT
durch eine Reihe von Maßnahmen verstärkt. Die Auslandsvertretungen der Stadt sind aufgewertet bzw. erweitert worden. Zusätzlich zum seit 1996 bestehenden Wien-Haus in Brüssel wurden Vertretungen in Hongkong und Tokio sowie elf von einer externen Agentur betreute Verbindungsbüros in Städten Ost- und Mitteleuropas eingerichtet. Im Jahr 1996 wurde der Posten eines Sonderbeauftragten für internationale wirtschaftliche Angelegenheiten mit Sitz in der Wiener Stadtregierung geschaffen, um Wien im Ausland verstärkt zu repräsentieren – bis vor kurzem prominent besetzt mit Walter Nettig, dem ehemaligen Präsidenten der Wirtschaftskammer Wien. Des Weiteren haben die Stadt Wien, die Wirtschaftskammer Wien, der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (WWFF) und Wien Tourismus gemeinsam ein Positionspapier und ein Arbeitshandbuch für die internationalen Wiener Aktivitäten 2007-2016 erstellt (Stadt Wien 2007). Seit dem Jahr 2000 gibt es mit „Enjoy Vienna“ ein deutsch- und englischsprachiges Print-Auslandsjournal (vormals „Willkommen in Wien“), das monatlich mit einer Auflage von 115.000 Stück erscheint und am Wiener Flughafen, in Hotels und in den Auslandsbüros erhältlich ist. Im Jahr 2006 ist mit der Webseite www.wieninternational.at zudem ein eigenes Wiener Internet-Auslandsjournal eingerichtet worden. Auch die Präsenz Wiens auf internationalen Messen, wie zum Beispiel der MIPIM in Cannes oder der EXPO Real in München, wurde verstärkt und professionalisiert. Seit dem Jahr 2006 gibt es eine eigene Publikationsreihe „Wirtschaftsstandort Wien in Zahlen“ (herausgegeben von der MA 5, Finanzwirtschaft, Haushaltswesen und Statistik), in der die für Wien als Wirtschaftsstandort als relevant erachteten Daten im Überblick präsentiert werden (zur Öffentlichkeitsarbeit der Stadt im Detail siehe Kapitel 5.1). Vorrangiges Ziel der beschriebenen Aktivitäten des WWFF bzw. nunmehr der Wirtschaftsagentur Wien und der neu konzipierten Außenwerbung ist eine Imagekorrektur. Das vorherrschende Image Wiens als Kulturmetropole und Touristenhochburg soll korrigiert und Wien auch als moderner und internationaler Wirtschaftsstandort präsentiert werden. Tatsächlich ist die starke Verknüpfung Wiens mit seinem historischen Erbe und seine Vermarktung durch die Tourismuswirtschaft für die Wiener Wirtschaft höchst problematisch, wie etwa Thomas Oliva, ehemaliger Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Wien, es in einem Interview auf den Punkt bringt: „Europe undoubtedly sees Vienna as a city with an extremely high quality of life, full of culture, history and music, the Opera Ball and wine taverns. However, this image, which is so important for tourism managers, is extremely 118
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
dangerous for Vienna as a business location. Europe does not associate Vienna with science, business, industry, added value, high calibre jobs or quality” (Zitiert in Fischmann 2004: 26).
Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt stellt dementsprechend einen Spagat zwischen den Anforderungen der Tourismuswirtschaft auf der einen und denen der übrigen Wirtschaft auf der anderen Seite dar. Tourismus hat als Einkommensquelle für Wien enorm an Bedeutung gewonnen. Die Zahl der Gästeübernachtungen ist von etwa 7 Millionen im Jahr 1989 auf 10,2 Millionen im Jahr 2008 gestiegen: Wien liegt damit im europäischen Vergleich an 8. Stelle (Statistisches Jahrbuch Wien 2009). Mit zuletzt 8,2 % (2008) Anteil an der gesamtösterreichischen direkten Tourismuswertschöpfung hat Wien seine Position seit 2002 deutlich gesteigert. Der Anteil der direkten und indirekten Wertschöpfung des Tourismus am Wiener Bruttoregionalprodukt lag 2008 bei 4,7 %, auch dieser Anteil ist trotz seines zwischenzeitlichen Rückgangs in Folge der Wirtschaftskrise 2008 und 2009 im Vergleich zu 200226 gewachsen (Laimer et al. 2010). Ein wesentlicher Teil der Wien-Werbung im Inund Ausland konzentriert sich daher nach wie vor auf das traditionelle Bild, das Wien als ehemalige Residenzstadt und Kulturmetropole darstellt.27 Die Parallelität von historischem und modernem Wien in der Selbstdarstellung der Stadt kennzeichnet auch die Bildwelten, auf die in der Öffentlichkeitsarbeit zurückgegriffen wird, wie in der bildzentrierten Analyse noch zu sehen sein wird. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die Wende hin zu einer stärker wirtschaftsliberalen Politikstrategie in der Wirtschaftsförderung und dem Standortmarketing in mehrfacher Hinsicht widerspiegelt: Die Förderprogramme wurden gezielt auf wissensintensive „Wachstumsbranchen“ ausgerichtet, für die gleichzeitig durch die vom WWFF entwickelten Immobilien auch Infrastruktur bereitgestellt wird. Das Prinzip der wettbewerbsorientierten Vergabe wurde schrittweise von der Technologieförderung auf die Kreativwirtschaft und zuletzt auch auf die klassische Wirtschaftsförderung für Klein- und Mittelbetriebe übertragen. In den Public-Private-Partnership-Immobilienprojekten wird der WWFF auch in immer größerem Umfang selber unternehme26 Der Anteil der Tourismuswirtschaft an der regionalen Wertschöpfung wird in den Studien des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung erst seit dem Jahr 2002 ermittelt (siehe Laimer et al. 2010). 27 Das im Jahr 2009 vorgelegte „Tourismuskonzept Wien 2015“ definiert für den Markenauftritt Wiens fünf zentrale Erfolgsfaktoren: das imperiales Erbe, das Musik- und Kulturangebot, die Genusskultur, die funktionierende Stadtinfrastruktur sowie die Balance zwischen Stadt- und Grünraum, siehe http://www.tourismuskonzept2015.wien.info/ (30.09.2010). 119
DIE VORGESTELLTE STADT
risch tätig. Parallel dazu wurde die Außenwerbung der Stadt Wien massiv ausgedehnt, um die Stadt international verstärkt als Wirtschaftsstandort zu positionieren.
3.3 Wien als internationaler Wirtschaftsstandort Das zentrale Leitmotiv in der Bewerbung Wiens als Wirtschaftsstandort ist seine Vermittlerrolle zwischen Ost und West. Wiens geographische Position „im Herzen Mittel- und Osteuropas“ sowie die gemeinsamen historischen und kulturellen Wurzeln mit den benachbarten Ländern werden ins Feld geführt, um Wien als Ost-West-Drehscheibe und „Sprungbrett“ zu den neuen Märkten in den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL)28 darzustellen (genauer wird dies im Kapitel 5.3 erkärt). Die in der Einleitung formulierte These war, dass diese Vermittlerrolle Wiens zwischen Ost- und Westeuropa und seine Stellung als regionales Zentrum für Unternehmenssitze zentrale Elemente der imagined economy darstellen, mittels derer sich Wien als Akteur im Städtewettbewerb zu positionieren sucht. Die Frage, welche Rolle die Wiener Bürobauten für diese Konstruktion einer imagined economy spielen, wird in der text- und bildzentrierten Analyse anhand von Schlüsseldokumenten der Stadtentwicklung und Materialien der Öffentlichkeitsarbeit herausgearbeitet (vgl. Kapitel 5.3 und 5.4). In diesem Kapitel soll die realwirtschaftliche Dimension dieser Drehscheibenfunktion Wiens zwischen Ost und West und Wiens Stellung als regionales HeadquarterZentrum überprüft werden, um diese dann der diskursiven Ebene gegenüberstellen zu können. Dazu werden die ökonomischen Effekte der Ostintegration (d.h. der Einbindung der Ökonomien der ehemals sozialistischen Staaten Ost- und Mitteleuropas in die westeuropäische Marktwirtschaft), des EU-Beitritts Österreichs und der EU-Erweiterung zuerst auf gesamtösterreichischer Ebene und dann für die Wiener Stadtwirtschaft betrachtet.
28 Die Definition der MOEL variiert, im Folgenden zählen hierzu: Estland, Lettland, Litauen, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Polen, Serbien, Montenegro, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und Kroatien. 120
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
3.3.1 Wirtschaftliche Verflechtungen Österreichs mit Mittel- und Osteuropa Zu den ökonomischen Effekten der Ostintegration, des EU-Beitritts Österreichs und der EU-Erweiterung liegen auf nationaler Ebene zahlreiche Untersuchungen vor. Auf regionaler Ebene und konkret bezogen auf die Stadtwirtschaft Wiens gibt es weit weniger empirische Untersuchungen, was auch mit der schwierigeren Datenlage zu tun hat. Die wichtigsten Ergebnisse auf nationaler Ebene lassen sich wie folgt zusammenfassen: Es wird in der Regel von einem grundsätzlich positiven Effekt der Integration der ost- und mitteleuropäischen Märkte und des EU-Beitritts auf die Wirtschaftsentwicklung in Österreich ausgegangen (Breuss 2010). Neben indirekten Wachstums- und Beschäftigungseffekten werden vor allem Handelseffekte und die Investitionsdynamik in den MOEL als positive Folgen angeführt. Österreich wird als „Netto-Gewinner“ von „Ostöffnung“ und EU-Beitritt dargestellt. Die gestiegenen Exporte nach Osteuropa trugen wesentlich dazu bei, die traditionell negative Handelsbilanz Österreichs auszugleichen. 2002 verzeichnete Österreich erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik einen Handelsbilanzüberschuss (in den darauf folgenden Jahren war die Handelsbilanz mit Ausnahme des Jahres 2007 wieder geringfügig negativ). Im Zeitraum von 1994 bis 2008 wuchsen die Warenexporte nach Osteuropa29 jährlich durchschnittlich um 12,9 %, ihr Anteil an den Gesamtexporten erhöhte sich im selben Zeitraum von 13,5 % auf 23,3 % (Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend 2010). Dabei konzentrierten sich die Handelsbeziehungen in der ersten Phase auf die fünf angrenzenden bzw. grenznahen ost- und mitteleuropäischen Länder Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn und Slowenien (MOEL 5). Die Exporte in diese Länder stiegen von 1993 bis 2002 um das 2,8-fache. Der Exportanteil der MOEL 5 erhöhte sich auf 12,1 % (2002) der Gesamtexporte Österreichs (Wolfmayr 2004). Die höchste Dynamik war dabei in den ersten Jahren von 1989 bis 1997 zu verzeichnen. Von 1998 bis 2008 wuchsen die Exporte in die Region der sonstigen MOEL (+14,7 % p. a.) deutlich stärker als jene in die nahe liegenden MOEL 5 (+9,3 % p. a.) (Sieber 2010). Im Dienstleistungshandel ergibt sich ein ähnliches Bild, auch wenn die Exportquoten in die MOEL hier insgesamt geringer sind und nicht so stark zugenommen haben (1998: 11 %, 2008: 15 %; ebd.).
29 Osteuropa: MOEL und GUS-Europa (Weißrussland, Moldawien, Russland, Ukraine). 121
DIE VORGESTELLTE STADT
Diese Daten werden in der Regel dahingehend interpretiert, dass österreichische Unternehmen vor allem in den ersten Jahren des Zugangs zu den Märkten Ost- und Mitteleuropas auf einen Informationsvorsprung zurückgreifen konnten. Sie wussten diesen Vorsprung sowie die räumliche Nähe zur Region zu nutzen (Stankovsky/Wolfmayr-Schnitzer 1996; Wolfmayr 2004; Breuss 2006, 2010). Mit der schwächeren Exportdynamik ab 1997 hat Österreich in den MOEL 5 auch an Marktanteilen eingebüßt. Gleichzeitig nahmen die Handelsbeziehungen mit den anderen MOEL in Südosteuropa und den GUS-Staaten seit diesem Zeitpunkt kontinuierlich zu. Hinsichtlich der Direktinvestitionen Österreichs in den MOEL ergibt sich ein ähnliches Bild. Hatten die aktiven Direktinvestitionsbestände Österreichs 1994 knapp 5 % des BIP betragen, erreichten sie im Jahr 2008 einen Anteil von rund 38 %. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in diesem Zeitraum betrug 21 %. Im Jahr 2003 überstiegen die aktiven erstmals die passiven Direktinvestitionen (Quelle: OeNB). Einen entscheidenden Anteil an dieser Steigerung hatten die gestiegenen Direktinvestitionen in Osteuropa. Seit 2000 flossen jährlich jeweils mehr als 50 % der österreichischen Direktinvestitionen in diese Region. Seit dem Jahr 2003 liegen die aktiven Direktinvestitionsbestände Österreichs in den MOEL 21 über denen in den Ländern der EU 1530, im Jahr 2007 entfiel die Hälfte aller österreichischen Direktinvestitionsbestände auf die Region Mittel- und Osteuropa, was eine im internationalen Vergleich außergewöhnliche regionale Konzentration der Direktinvestitionstätigkeit darstellt (Wolfmayr 2010). Im Gefolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise kam die Investitionstätigkeit im Jahr 2009 praktisch zum Erliegen. Auch bei den Direktinvestitionen hat sich der Schwerpunkt der Investitionen von den MOEL 5 zu Gunsten anderer ost- und mitteleuropäischer Länder verschoben. 1997 hatte der Anteil der MOEL 5 an den Direktinvestitionen in Osteuropa noch bei fast 90 % gelegen, bis 2007 war dieser auf knapp unter 50 % gesunken (ebd.). Mit dem Jahr 2002 verlagerte sich die Investitionstätigkeit insbesondere auf Bulgarien und Rumänien und seit 2005 vermehrt auch auf Südosteuropa und die GUSStaaten. Auch für die Direktinvestitionen in Osteuropa gilt, dass österreichische Investoren relativ früh präsent waren, aber im Laufe der Zeit an Marktanteilen verloren haben. Im Jahr 1993 erreichte der österreichische Marktanteil an Direktinvestitionen in den MOEL 5 mit 16,7 % sei-
30 EU 15: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Italien, Irland, Luxemburg, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien. 122
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
nen Höchstwert und war danach rückläufig (Sieber 2006), seit 2003 blieb er stabil und lag im Jahr 2007 bei 8,3 %. Trotz dieser Marktanteilsverluste zählt Österreich weiterhin zu den wichtigsten Investoren in der Region. Im Jahr 2007 erreichte Österreich in Slowenien, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Rumänien und Bulgarien den 1. Rang, in Ungarn, Tschechien und der Slowakei den 3. Rang (Wolfmayr 2010). Die Branchenstruktur der österreichischen Direktinvestitionen in Osteuropa hat sich im Laufe der Zeit deutlich verändert. Mitte der 1990er-Jahre machten die Sachgütererzeugung und der Dienstleistungssektor jeweils etwa die Hälfte der österreichischen Direktinvestitionen in Mittel- und Osteuropa aus; innerhalb des Dienstleistungssektors waren die Anteile des Handels und des Finanzsektors etwa gleich groß. Seit dem Jahr 2000 gewann der Banken- und Versicherungssektor an Bedeutung und machte 2007 bereits mehr als die Hälfte des Direktinvestitionsbestands in Mittel- und Osteuropa aus (ebd.). Hinsichtlich der Beschäftigungseffekte dieser aktiven Direktinvestitionen in Bezug auf das In- und Ausland ist das Bild nicht mehr so eindeutig. Die Zahl der Beschäftigten in österreichischen Unternehmen im Ausland, die österreichische Direktinvestitionen erhalten haben, hat stark zugenommen. Seit 2001 übertrifft die Auslandsbeschäftigung bei österreichischen Unternehmen die Zahl der im Inland bei ausländischen Unternehmen Beschäftigten. Im Jahr 2007 waren in österreichischen Tochterunternehmen im Ausland insgesamt 573.268 Unselbstständige beschäftigt, 407.905 davon in Mittel- und Osteuropa (Quelle: OeNB). Inwieweit dieser Zuwachs aber mit einem Abbau an Arbeitsplätzen im Inland einhergeht, ist nach Wolfmayr et al. (2006) stark von Branche und Zielland abhängig. Während im Dienstleistungssektor positive Effekte überwiegen würden, sei dies in der Sachgüterproduktion nicht eindeutig. In einer neueren Studie argumentiert Wolfmayr (2010), dass sich aus den Direktinvestitionen im Ausland jedenfalls keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung in den heimischen Mutterunternehmen ergeben würden. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass durch die zeitliche Parallelität die Integrationseffekte von wirtschaftlicher Integration der Region, EU-Mitgliedschaft und Euro-Einführung nicht eindeutig zu trennen sind. Breuss (2010) argumentiert, dass die österreichische Wirtschaft von der stetigen Ausweitung der Handelsmöglichkeiten nach Osteuropa und der Teilnahme am EU-Binnenmarkt insgesamt sehr profitiert hat. Im Zeitraum seit 1989 wuchs das reale BIP in Österreich um 0,4 Prozentpunkte pro Jahr rascher als im Durchschnitt der EU 15 (ebd.). Frühere Studien gingen von der Einschätzung aus, dass dabei die Integration der Märkte nach 1989 größere Wachstums- und Beschäftigungsef123
DIE VORGESTELLTE STADT
fekte gebracht hätte, als sie von der 2004 stattgefundenen EUErweiterung zu erwarten wären (Breuss 2006; Mayerhofer 2006a). Dem steht der Befund der jüngsten Studie von Breuss (2010), nach der Österreich von den EU-Erweiterungen der Jahre 2004 und 2007 relativ gesehen am meisten von den Ländern der EU 15 profitierte, gegenüber (ebd.: 128).
3.3.2 Die Wiener Stadtwirtschaft als Ost-WestDrehscheibe und Headquarter-Zentrum Die detaillierteste und empirisch umfangreichste Analyse zu den Auswirkungen der Ostintegration auf Wien hat Peter Mayerhofer (2006a) vorgelegt. Die Monographie „Wien in einer erweiterten Union“ baut auf einer Reihe früherer Arbeiten von Mayerhofer und anderen auf, in denen seit Anfang der 1990er-Jahre die untersuchten Effekte der „Ostöffnung“ auf die Wirtschaftsentwicklung Wiens (Mayerhofer/Palme 1994, 1996; Mayerhofer/Wolfmayr-Schnitzer 1996; Huber et al. 2004) sowie die Position Wiens in der internationalen Städtekonkurrenz (Mayerhofer 1999a, 1999b, 2003, 2004) dargestellt werden. Statistische Daten und zwei groß angelegte Unternehmensbefragungen des WIFO aus den Jahren 1995 und 2004 bilden die empirische Grundlage dieser Arbeiten: In Österreich bzw. Wien ansässige Unternehmen sind dafür zu ihren Kompetenzen in Bezug auf die MOEL befragt worden (Mayerhofer/Wolfmayr-Schnitzer 1996; Huber et al. 2004).31 Um die realwirtschaftliche Bedeutung Wiens als Ost-WestDrehscheibe und regionales Headquarter-Zentrum abzuschätzen, ist es notwendig, die tatsächliche Dimension der entsprechenden Wirtschaftsdaten sowie ihren Stellenwert und ihre Bedeutung in Bezug auf die gesamte Wiener Wirtschaft zu erfassen. Die Analyse von Mayerhofer tut dies auf der Grundlage ökonometrischer Berechnungen und qualitativer Abschätzungen. Dabei zeigt sich, dass die Bedeutung Wiens als OstWest-Drehscheibe und regionales Headquarter-Zentrum nur teilweise bestätigt werden kann und es einer differenzierten Betrachtung hinsichtlich der ökonomischen Effekte der Ostintegration für die Wiener Stadtwirtschaft bedarf. Ein erster Blick auf die Wertschöpfungsentwicklung zeigt, dass diese in Wien in den 1990er-Jahren zwar nominell um 4,2 % wuchs (1990 31 Ich beziehe mich im Folgenden im Wesentlichen auf Mayerhofer 2006a. Nur wenn die erwähnten früheren Beiträge von Mayerhofer und anderen inhaltlich über die Darstellung in Mayerhofer 2006a hinausgehen, wird auf diese explizit verwiesen. Darüber hinaus wurden aktualisierte Daten verwendet, wenn diese verfügbar waren. 124
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bis 2000); dies lag aber unter dem österreichischen Schnitt und auch unter dem Wert für die Jahre 1975 bis 1989, der 5,9 % betragen hatte. Eine entscheidende Dynamisierung der Stadtwirtschaft in den ersten Jahren des Marktzugangs in den MOEL kann nach Mayerhofer anhand der Wertschöpfungsdaten folglich nicht belegt werden. Die Beschäftigungsentwicklung verlief eindeutig negativ. Als einziges Bundesland verzeichnete Wien in den 1990er-Jahren ein negatives Beschäftigungswachstum, während vor allem in ländlichen Regionen die Beschäftigung stieg. Die regionale Beschäftigungsdynamik nach 1989 scheint damit stärker durch raumstrukturelle Charakteristika der Regionen als durch die geographische Lage geprägt worden zu sein (Mayerhofer 2006a: 278). Relevante Wachstums- und Beschäftigungseffekte in Ostösterreich können nur für die unmittelbaren Grenzregionen im Osten und Süden nachgewiesen werden. Weiterführende ökonometrische Testverfahren bestätigen diese Tendenz. Demnach kann ein spezifischer Wachstumsimpuls im Vergleich zu anderen Regionen aus der Ostintegration für Wien nicht abgeleitet werden (ebd.: 282). Ebenso gibt es hinsichtlich der Beschäftigungsentwicklung keine statistisch relevante Veränderung. Diese war auch schon in den 1980er-Jahren negativ. Dieser überraschende Befund ist nach Mayerhofer mit der Überlagerung unterschiedlicher Entwicklungen zu erklären. Dem Impuls der ökonomischen Integration standen demnach Dezentralisierungsprozesse entgegen, welche die ländlichen (Grenz)Räume stärkten. Zu diesen Dezentralisierungsprozessen trägt zum Beispiel die Verbesserung der Transport- und Kommunikationsinfrastruktur im städtischen Umland bei, welche die Abwanderung ökonomischer Aktivitäten aus den Kernstädten fördert. Dazu kommen anhaltende negative Struktureffekte, die aus der jahrzehntelangen geringen Exportorientierung und der Ausrichtung der Wiener Wirtschaft auf den Binnenmarkt resultieren. Dadurch hätte nach Mayerhofer der Anpassungsdruck als Folge der EU-Mitgliedschaft Österreichs ab 1995 in Wien deutlich negative Auswirkungen auf Wertschöpfung und Beschäftigung gehabt. Diese Überlagerung von Ostintegration und EUBeitritt, Dezentralisierungsprozessen und lokal spezifischen Struktureffekten führt dazu, dass für Wien keine statistisch relevanten Effekte auf die Standortgunst nachgewiesen werden können. Allenfalls kam es in den 1990er-Jahren zu einer Verschlechterung. Das traditionelle WestOst-Gefälle blieb hinsichtlich der regionalen Wachstumsmuster ebenfalls bestehen (wenn auch etwas abgeschwächt). Mayerhofer zieht daher folgendes Resümee:
125
DIE VORGESTELLTE STADT
„Insgesamt waren es damit Ostöffnung und Suburbanisierung bzw. Dezentralisierung, ein internationaler Integrationsprozess und eine intra-nationale Neubewertung von Mikrostandorten, welche die Veränderungen der österreichischen Raumstruktur seit 1990 befördert haben“ (Mayerhofer 2006b: 183, Hervorhebung im Original).
Effekte auf die Wiener Wirtschaft, die tatsächlich auf die Ostintegration zurückgehen, sind daher, wenn überhaupt, nur in den direkt beobachtbaren Handelsbeziehungen feststellbar. Diese ergeben tatsächlich ein teilweise positiveres Bild, das mit den unter 3.3.1 beschriebenen Handelsverflechtungen Österreichs mit Mittel- und Osteuropa in Einklang steht. Wie oben und in den vorhergehenden Kapiteln schon angesprochen, wird die Beschränkung im Handel mit den MOEL in den Nachkriegsjahrzehnten üblicherweise als einer der Hauptgründe für die traditionell wenig ausgeprägte Internationalisierung der Wiener Wirtschaft angesehen. Tatsächlich lag etwa die Exportquote Wiens Anfang der 1990erJahre deutlich unter dem österreichischen Schnitt (für das Jahr 1991 24,8 % Wien, 39,3 % Österreich nach Rammer 1997, zitiert nach Mayerhofer 2006a: 306). Für die Sachgüterproduktion stellt Mayerhofer fest, dass die Außenorientierung der Wiener Wirtschaft mittlerweile dem österreichischen Durchschnitt entspreche. Während die Handelsverflechtungen Wiens mit den westeuropäischen Ländern nach wie unter dem österreichischen Schnitt liegen, ist die Exportquote in die MOEL mittlerweile von allen Bundesländern (mit Ausnahme des Burgenlandes) am höchsten (ebd.).32 Beispielsweise folgten im Jahr 2008 auf die beiden Länder Deutschland und Italien, die Tschechische Republik (6,5 %), Ungarn (6,5 %) und die Slowakische Republik (4 %) als die Länder, auf die die größten Exportanteile Wiener Unternehmen entfielen (Magistrat der Stadt Wien 2009: 18). Der Anteil der Wiener Exporte an den gesamten Exporten österreichischer Unternehmen betrug 2008 12,5 %, bei den Exporten in die GUS-Staaten hatte Wien mit 21,2 % den weitaus größten Anteil (ebd.). Tatsächlich haben die ersten Jahre des Marktzugangs in den MOEL hier also Vorteile gebracht. Die Bedeutung dieser verstärkten Handelsverflechtung Wiens mit den Staaten Mittel- und Osteuropas für den Wirtschaftsstandort ist durch den mittlerweile sehr geringen Anteil der Güterproduktion an der Wirt-
32 Die Daten, die Mayerhofer (2006a) anführt, um die Exportquote Wiens in die MOEL zu belegen, beziehen sich auf 2000/2001 und wurden hier aus diesem Grund nicht wiedergegeben. Vergleichbare aktuelle Daten konnten nicht eruiert werden. Die Daten zu den Exportanteilen Wiener Unternehmen sind mittlerweile nach anderen Ländergruppen zusammengefasst (EU-26, GUS, Übriges Europa u.a.). 126
WIEN: DER LOKALE KONTEXT
schaftsleistung relativiert worden. Auf breiter Ebene werden hier Arbeitsplätze abgebaut, zwischen 1995 und 2006 waren dies 41.925 Industriearbeitsplätze oder 37,5 %. Im Jahr 2008 waren 15,2 % der in Wien unselbstständig Beschäftigten in der Produktion (einschließlich der Grundstoffindustrie) tätig, gegenüber z.B. 25,5 % im Handel, Verkehr und Tourismus und 15,9 % in Wirtschaftsdiensten (Magistrat der Stadt Wien 2009: 23). Auch im europäischen Vergleich ist dieser Abbau von Industriearbeitsplätzen beachtlich: Nur in 5 der 39 größten europäischen Städte ist dieser Prozess seit 1980 schneller verlaufen als in Wien (Mayerhofer 2007: 149). Produktivitätszuwächse, die Auflösung des Zusammenhangs zwischen Output- und Beschäftigungsentwicklung und vor allem das sehr niedrige Niveau des Wertschöpfungswachstums sind mögliche Erklärungen für das Ausmaß und die Geschwindigkeit dieses Deindustrialisierungsprozesses. Dazu kommt der starke Tertiärisierungsprozess innerhalb der Industriebeschäftigung. Zuletzt war die Mehrheit der Wiener Industriebeschäftigten (rund 60%) in Dienstleistungsberufen tätig (Mayerhofer 2007: 154). Damit ist ein wesentlicher Teil der statistisch erfassten Deindustrialisierung auch auf organisatorische Ausgliederungen von Unternehmensbereichen in eigenständige Dienstleistungsunternehmen zurückzuführen (1994 bis 2005 waren dies 13.800 Beschäftigte) (ebd.). Zu diesem Bedeutungsverlust der Industrieproduktion (der Anteil der Warenexporte am Bruttoregionalprodukt lag 2006 mit 21,4 % deutlich unter dem Bundesdurchschnitt mit 45,7 %, Stadt Wien 2009a: 273) kommt eine hohe Abhängigkeit der Sachgüterexporte von wenigen Produktgruppen und wenigen Unternehmen. Angesichts der Schließung bzw. Verkleinerung einiger zentraler Wiener Industriebetriebe in den letzten Jahren dürften weitere Vorteile aus der Expansion in den mittelund osteuropäischen Raum für den Warenhandel daher unrealistisch sein. Will man also eine signifikante Bestätigung für Wiens Rolle als Ost-West-Drehscheibe, dann ist diese nur im Dienstleistungssektor zu finden. In der Analyse des regionalen Dienstleistungshandels stellt sich das Problem der Datenverfügbarkeit. Die einzige verfügbare und nicht unproblematische Quelle, auf die Mayerhofer verweist, ist die Dienstleistungsbilanz der Zahlungsstatistik für Österreich. Diese gibt aber keine Hinweise auf die regionale Verteilung der Exporte. Zudem ist ein großes Manko der Dienstleistungsbilanz, dass sie nur im Inland erbrachte Dienstleistungen abbildet. Dienstleistungsexporte, die über Niederlassungen erbracht werden, erscheinen aus diesem Grund nicht. Es gibt aber internationale Schätzungen, die nahe legen, dass dies die wichtigste Form internationalen Dienstleistungshandels überhaupt ist. Auch Trans127
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aktionen innerhalb multinationaler Unternehmen werden darin nicht erfasst (Mayerhofer 2006a: 383). Trotz dieser erheblichen Einschränkungen lässt der Blick auf die Entwicklung der Dienstleistungsbilanz Österreichs einige Schlüsse zu. Seit 1995 sind demnach Dienstleistungsexporte wie -importe von österreichischen Unternehmen gewachsen. Die Bilanz Österreichs mit den MOEL 5 ist überdurchschnittlich positiv. Von 1995 bis 2003 gab es einen Zuwachs um 113,5 % bei Exporten und 80,6 % bei Importen (ebd.: 384). Besonders hoch ist der Zahlungsbilanzüberschuss bei unternehmensbezogenen Dienstleistungen, freiberuflichen und technischen Dienstleistungen (z.B. Rechtsdiensten, Steuerberatung, Consulting) wie auch bei Versicherungsdiensten, EDVund Informationsdiensten und Patenten/Lizenzen. In all diesen Bereichen ist die Dienstleistungsbilanz Österreichs bezogen auf den Weltmarkt üblicherweise negativ. Es werden auf dem Weltmarkt mehr Dienstleistungen importiert als exportiert. Den Überschuss in Bezug auf die MOEL 5 deutet Mayerhofer als Hinweis darauf, dass heimische Anbieter derartiger wissensintensiver Dienstleistungen global (Ausnahmen: Kommunikations- und abgeschwächt Finanzdienste) nur bedingt wettbewerbsfähig seien, gegenüber den weniger entwickelten MOEL aber Vorteile hätten. Die dabei erzielten Erträge seien aber marginal und es sei falsch, Österreich deshalb als „Technologiegeber“ darzustellen (ebd.: 388). Die Daten der Dienstleistungsbilanz erlauben keine regionale Zuordnung. Um weitergehende Aussagen über die regionale Verteilung dieser Exportaktivitäten treffen zu können, verknüpft Mayerhofer die nationalen Daten der Zahlungsbilanz mit regionalen Unternehmensdaten. Das Ergebnis bestätigt die grundsätzlich gestiegene Exportorientierung des Wiener Dienstleistungssektors. Demnach lag der Exportanteil des Dienstleistungssektors am Wiener Regionalprodukt im Jahr 2002 bei 24,4 %, gegenüber 18,7 % Exportanteil am BIP (Mayerhofer 2006a: 394f.). Entscheidend für die Frage der Ostintegration und der Bedeutung Wiens als Ost-West-Drehscheibe ist aber, welchen Anteil die Exporte in die MOEL an den gesamten Dienstleistungsexporten haben. Mayerhofer errechnet für 2002 einen Anteil der Dienstleistungsexporte in die MOEL von 2,7 % des Bruttoregionalproduktes bzw. 3,3 % der regionalen Wertschöpfung im Dienstleistungssektor (ebd.: 397) (im Vergleich zu 14,3 % Exportanteil in die MOEL für den Industriesektor). Der Stellenwert der Dienstleistungsexporte in die MOEL für die Wiener Wirtschaft und den lokalen Dienstleistungssektor war zu diesem Zeitpunkt tatsächlich also gering. Analoge Berechnungen mit aktuelleren Daten liegen nicht vor, man kann hier nur auf Schätzungen zurückgreifen. Von 2002 bis 2008 ist der Anteil der österreichweiten Dienstleistungsexporte am BIP um 128
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rund die Hälfte gestiegen (von 10 % auf 15 %), 2009 gab es in Folge der Wirtschaftskrise dann einen deutlichen Rückgang (Quelle: OeNB). Man kann vermuten, dass die Wiener Dienstleistungsexporte in die MOEL von 2002 bis 2008 in mindestens demselben Maß gestiegen sind, womit deren Anteil am Wiener Bruttoregionalprodukt für 2008 auf 4 bis 5 % geschätzt werden kann. Im Vergleich dazu lag im Jahr 2007 der Anteil der direkten und indirekten Wertschöpfung am Bruttoregionalprodukt durch die Tourismuswirtschaft bei 5,5 % und durch die gesamte Tourismus- und Freizeitwirtschaft bei 11,7 % (Magistrat der Stadt Wien 2009: 28). Zudem lassen sich Größennachteile des Standortes Wien für jene Branchen feststellen, die in besonderem Maß Vorteile aus räumlicher Ballung und Informationsdichte beziehen. Das heißt, der Markt ist vergleichsweise klein. Die kritische Masse an hochrangigen Diensten, welche letztlich zusätzliche Standortvorteile generiert und weitere Akteure anzieht, wird kaum erreicht (Mayerhofer 2000, 2006a: 406). Wiens Position als übergeordnetes Dienstleistungszentrum in der Region ist daher nicht uneingeschränkt zu bestätigen. Gerade Städte wie Prag, Bratislava und Budapest haben mittlerweile schon ähnlich hohe Beschäftigtenanteile im Dienstleistungssektor wie Wien und holen bezüglich der Qualität der Leistung und der Qualifikation der Beschäftigten schnell auf. Es hängt daher in hohem Maß von der Bedeutung und Entwicklung der Unternehmenszentralen ab, ob sich Wien zukünftig mehr als bisher als hochrangiges Zentrum in der Region etablieren kann. Tatsächlich haben Mayerhofer und Wolfmayr-Schnitzer schon 1996 in ihren Schlussfolgerungen zur Auswertung der damaligen ersten großen Unternehmensbefragung des WIFO in Wien auf ebendiesen Umstand hingewiesen (Mayerhofer/Wolfmayr-Schnitzer 1996). Für eine Einschätzung, inwiefern Wien nun tatsächlich als viel zitiertes „regionales Headquarter-Zentrum“ fungiert, liegen aber keine detaillierten Daten vor. Einerseits kann man sich auf die beiden angesprochenen Unternehmensbefragungen des WIFO beziehen und andererseits kann man die Hinweise berücksichtigen, die sich aus der Entwicklung der Direktinvestitionen österreichischer und Wiener Unternehmen ergeben. In Wien ansässige Unternehmen stehen als Investoren mit einem Anteil von zuletzt (2007) 63,2 % an allen aktiven österreichischen Direktinvestitionen an der Spitze (Quelle: OeNB). Die aktiven Direktinvestitionen der Wiener Unternehmen im Ausland allgemein haben sich im Zeitraum von 1997 bis 2007 nicht ganz verzehnfacht, während sich die passiven Direktinvestitionen in Wien im selben Zeitraum etwas mehr als vervierfacht haben (Magistrat der Stadt Wien 2009: 17). Die Zahl der bei österreichischen Tochterunternehmen im Ausland unselbstständig Beschäftigten lag im Jahr 2007 bei 573.268 (Wolfmayr 2010). Nimmt 129
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man dazu, dass von diesen Auslandsbeschäftigten rund 52 % in den MOEL 5 und 71 % in den MOEL 20 beschäftigt waren (ebd.) und Wiener Unternehmen für knapp zwei Drittel der österreichischen Direktinvestitionen verantwortlich zeichnen, dann lässt sich aus diesen Beschäftigtenzahlen sicherlich eine Relevanz Wiens als Kontroll- und Entscheidungszentrum für Mittel- und Osteuropa ableiten. Die WIFO-Unternehmensbefragungen von 1995 und 2004 stützen diese These zum Teil. So ergab die Befragung von 87 Tochtergesellschaften multinationaler Unternehmen im Jahr 1995, dass 63 von diesen als Ostzentralen fungierten und die Mehrheit von ihnen tatsächlich nach 1989 einen Zugewinn an Kompetenzen und Funktionen in Bezug auf den Handel mit den MOEL verzeichnen konnte (Bereiche mit den häufigsten Nennungen waren: Management/Verwaltung, Marketing, Vertrieb, Controlling und Kundenbetreuung). Dabei übernahmen die Wiener Niederlassungen Kompetenzen vorwiegend für die vier angrenzenden Staaten Ungarn, Slowenien, Tschechien und Slowakei (Mayerhofer/Wolfmayr-Schnitzer 1996: 536). Etwa 40 % der Niederlassungen waren schon vor 1989 für Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa zuständig. Bei 60 % der Unternehmen ergab sich dies erst nach 1989 (von 46 Unternehmen, die diese Frage beantworteten; ebd.: 540). Die Nähe zu den neuen Märkten sowie die Ausbildung der Arbeitskräfte wurden von den befragten Unternehmen als die eindeutig wichtigsten Vorteile des Standortes bewertet. Die Befragung im Jahr 200433 erfasste 113 Unternehmen in Wien, davon 58 mit Headquarter-Funktion in Osteuropa. Auch hier wurde bestätigt, dass die Headquarter-Funktion tatsächlich mit der Übernahme strategischer Lenkungsfunktionen im Konzern verbunden ist. Allerdings werden alle derartigen Headquarter-Funktionen in den Konzernzentralen österreichischer multinationaler Unternehmen weit häufiger ausgeübt als in den in Wien ansässigen Konzernzentralen ausländischer Unternehmen. In den ausländischen Niederlassungen werden die strategischen Kompetenzen (Unternehmenskommunikation, Controlling, Investitionsplanung, Personalwesen) deutlich seltener wahrgenommen, da diese meist bei den Welt- oder Europazentralen verbleiben. Die Befürchtung eines deutlichen Verlustes an Headquarter-Kompetenzen am Standort Wien durch die Verlagerung von Funktionen in die MOEL wurde in der Umfrage nicht bestätigt. Weniger als ein Fünftel der befragten Unternehmen befürchteten, im Zuge der EU-Erweiterung Kompetenzen abge-
33 Es handelte sich eigentlich um eine österreichweite Befragung (Knoll 2004). Es wurden aber Sonderauswertungen für Wien durchgeführt (Huber et al. 2004). 130
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ben zu müssen. Gleichzeitig hielt aber auch nur ein Fünftel den Ausbau von Kompetenzen für wahrscheinlich. Trotz der Hinweise auf die Stellung Wiens als regionales Headquarter-Zentrum, die sich aus dem Blick auf die Direktinvestitionsstatistiken und die obigen beiden Unternehmensbefragungen ergeben, bleiben wesentliche Fragen ungeklärt. Ein wesentliches Manko der beiden Studien ist, dass sie keine Aussagen über die gesamte Zahl der regionalen Headquarter in Wien bzw. der Headquarter mit Kompetenzen in Bezug auf die MOEL treffen und damit nicht repräsentativ im engeren Sinn sind. Einen Hinweis auf die Dimension liefern Mayerhofer/Wolfmayr-Schnitzer (1996: 53) für die Umfrage von 1996 mit dem Verweis auf die Direktinvestitionsstatistik der OeNB. Demnach hatten die in der Umfrage untersuchten Unternehmen rund 40.000 Beschäftigte (1993), was damals 31 % der Gesamtbeschäftigten in ausländischen Tochterunternehmen in Wien und im Umland entsprach (ebd.). Für die Umfrage 2004 lässt sich dieser Vergleich nicht analog durchführen, da hier sowohl einheimische als auch ausländische multinationale Unternehmen im Sample vertreten waren. Auch andere Quellen liefern keine genauen Aussagen darüber, wie viele regionale Headquarter insgesamt in Wien vertreten sind bzw. wie viele seit 1989 tatsächlich neu dazugekommen sind. Mayerhofer/WolfmayrSchnitzer (1996), Mayerhofer (2006a) wie auch Huber et al. (2004) weisen auf der Grundlage der Umfragen allesamt nur darauf hin, dass als Folge der Ostintegration jedenfalls nur wenige „neue“ Headquarter in Wien entstanden seien, und wenn, dann in den ersten Jahren 1990 bis 1992. Eine genauere Bewertung der Entwicklung der Wiener Headquarter-Funktion ist daher aber nicht möglich. Von der Stadt Wien, dem WWFF und auch in WIFO-Studien wird aber regelmäßig auf die Zahl von 300 internationalen Unternehmen verwiesen, die ihre Osteuropaaktivitäten von Wien aus betreuen. Grundlage dafür scheint eine Studie der Boston Consulting Group (BCG 2003) zu sein, die aber nicht öffentlich zugänglich gemacht wurde. Die vom WWFF zuletzt (Stand 2010) zur Verfügung gestellte Liste multinationaler Unternehmen mit Headquartern in Wien umfasst lediglich 144 Unternehmen (2008 waren dies 125 Unternehmen, vgl. Übersicht 2 im Anhang). Aus den oben diskutierten Daten und Umfragen geht klar hervor, dass die Rolle Wiens als regionales Headquarter-Zentrum ganz wesentlich auf der Übernahme von Funktionen in bestehenden Niederlassungen aufbaute und dass ein großer Teil dieser Aufwertungen bereits in der Frühphase der Ostintegration gelungen ist – also bevor die Standortpolitik konsequent auf Wiens Rolle als Ost-West-Drehscheibe setzte (und bevor die großen Büroimmobilienprojekte in Wien realisiert wurden; erst 1998 wurde das erste Gebäude der Donau City, der Andromeda To131
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wer, fertiggestellt). Gerade in dieser Frühphase waren die Marktanteile der österreichischen Unternehmen (sowohl Handel als auch Direktinvestitionen) in den MOEL am größten und insofern fungierte Wien Anfang der 1990er-Jahre viel mehr als Ost-West-Drehscheibe als heute. Übereinstimmung herrscht auch bei der Einschätzung, dass die Hoffnung auf eine Aufwertung des Standortes Wien als Kontroll- und Entscheidungszentrum, die über den Ausbau als „Ost-Kompetenzzentrum“ erzielt werden soll, gering ist (Mayerhofer 2006a: 445). Die Impulse, die vom politischen Systemwechsel in Osteuropa und dem plötzlichen Marktzugang in den MOEL ausgingen, waren eindeutig größer als jene, die von der letzten EU-Erweiterung zu erwarten sind. Die Investitionen in den MOEL verlagern sich nach Osten bzw. Süden in Länder wie Russland, Rumänien und Bulgarien. Die räumliche Nähe zu den MOEL, die historischen Beziehungen mit diesen Ländern und die gemeinsamen kulturellen Wurzeln, wie sie als Argumente für die Rolle Wiens als Ost-WestDrehscheibe immer wieder angeführt werden, verlieren dementsprechend immer mehr an Bedeutung. Dazu kommt, dass die Konkurrenzstandorte Prag, Warschau und Budapest stetig aufgewertet werden und über eine zunehmend höhere Qualität an Dienstleistungen sowie bessere Qualifikationen der Beschäftigten verfügen. Schließlich sind völlig neue Gründungen von Unternehmensniederlassungen (nicht Produktionsstandorten) in den Ländern Westeuropas angesichts der fortgesetzten Verschlankung von Unternehmenshierarchien derzeit unwahrscheinlich. Wenn es Wien Anfang der 1990er-Jahre nicht geschafft hat, neue Unternehmenssitze in relevantem Maß anzuziehen, dann ist dies jetzt umso unwahrscheinlicher. Diese Situation wird auch durch die Rahmenbedingungen auf nationaler Ebene verschärft. Österreich ist ein kleiner Markt. Das weitgehende Fehlen heimischer internationaler Konzerne und die auf Bundesebene forcierte Privatisierung der Staatsunternehmen in der Regel durch einen Verkauf an ausländische Betriebe erschweren den Ausbau des Headquarter-Standortes Wien zusätzlich. Gerade aber heimische Konzerne mit Hauptsitz in Wien wären für die Qualifikation der Wiener Beschäftigten und die weitere Professionalisierung bzw. Spezialisierung des unternehmensbezogenen Dienstleistungssektors wichtig. Sie würden weit mehr Funktionen abdecken als die ausländischen Tochterunternehmen, die in Wien nur mit untergeordneten, regionalen Headquartern vertreten sind (vgl. Knoll 2004).
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3.4 Schlussbetrachtung Der jüngere wirtschaftspolitische Wandel Wiens ist von Widersprüchen gekennzeichnet. Auf der einen Seite hat es einen wirtschaftsliberalen Umbau der städtischen Unternehmen und der Stadtverwaltung gegeben, welcher die Möglichkeiten der Kontrolle durch den Gemeinderat und die demokratische Legitimation der in den ausgelagerten Unternehmen getroffenen Entscheidungen verringert hat. Der Abbau klientelistischer und korporatistischer Strukturen erfolgte zugunsten des Ausbaus informeller und exklusiver Netzwerke, die die politische Einflussnahme sichern. Auf der anderen Seite gibt es Wiens politische Tradition als sozialdemokratische Stadt und das grundsätzliche Bekenntnis zu sozialer Ausgewogenheit sowie die nach wie vor einflussreiche Rolle der Stadtverwaltung. Auch die Außenwerbung und die öffentlichkeitswirksame Selbstdarstellung der Stadt sind widersprüchlich. Dem Versuch, Wiens Profil als internationaler Wirtschaftsstandort zu stärken, steht die zentrale Rolle der Tourismuswirtschaft und das tradierte Bild der Kulturmetropole Wien gegenüber. Trotzdem sollte anhand der dargestellten Bereiche der Privatisierung bzw. Auslagerung städtischer Unternehmen, der Budgetpolitik sowie der Wirtschaftsförderung deutlich geworden sein, dass zumindest in wichtigen Teilbereichen der Politik ein fundamentaler Strategiewechsel vollzogen wurde, ohne dass dies die Machtposition der Sozialdemokraten verringert hätte – im Gegenteil, bei der Gemeinderatswahl von 2001 wurde nach der Koalitionsregierung mit der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) der Jahre 1996 bis 2001 die absolute Mehrheit für die Sozialdemokratische Partei wieder zurückgewonnen. Bei der Gemeinderatswahl im Oktober 2010 ging die absolute Mehrheit allerdings wieder verloren; es kam zur Gründung einer Koalitionsregierung zwischen SPÖ und den Wiener Grünen. Für die weitere Betrachtung der neuen Bürobauten in Wien und ihrer Rolle in der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten sind insbesondere drei lokale, das Selbstverständnis der Stadt prägende Erzählungen von Bedeutung. Neben dem Bild Wiens als historischer Stadt mit der Inneren Stadt als identitätsstiftendem Zentrum sind das auch die sozialdemokratische Geschichte und Tradition der Stadt sowie die mit der jahrzehntelangen Randlage im westlichen Europa verknüpfte Stilisierung Wiens als internationale Stadt. Für die realwirtschaftliche Dimension der Drehscheibenfunktion Wiens zwischen Ost und West und die Position Wiens als regionales Headquarter-Zentrum lässt sich zusammenfassend feststellen, dass in Wien ansässige Unternehmen in Teilaspekten tatsächlich auf Kompetenzen und deutliche Handels- und Investitionsvorteile in Mittel- und Ost133
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europa verweisen können, zum Beispiel in den Handels- und vor allem den Dienstleistungsexporten und den Direktinvestitionen. Auch die Wiener Niederlassungen in- und ausländischer multinationaler Unternehmen konnten ihre Zuständigkeit für die MOEL ausbauen. Setzt man aber diese Aspekte in Relation zur Entwicklung des regionalen Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung oder in Relation zur gesamten regionalen Wertschöpfung im Dienstleistungssektor, dann kann eine herausragende Bedeutung der Funktion als „Drehscheibe zwischen Ost und West“ für die Wiener Wirtschaft weder für die aktuelle Situation bestätigt werden, noch gibt es Anzeichen dafür, dass sich dies zukünftig ändern wird.
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4 . B Ü R O B AU T E N
IN
WIEN
Die Leitfrage, die ich in diesem Kapitel behandle, betrifft die Gründe, die zur Errichtung der jüngsten Bürobauten und Bürohochhäuser in Wien führten, und den Stellenwert der architektonischen Gestaltung dieser Bauten. Dieser Betrachtung wird dann die diskursive und visuelle Ebene der Bedeutungsproduktion gegenübergestellt, die im letzten Kapitel untersucht wird. Um die Entstehung der Büroprojekte im Sinne ihrer architektonischen Gestaltung diskutieren zu können, ist es notwendig, einen Blick auf die Rahmenbedingungen der Stadtplanung und der räumlichen Stadtentwicklung in Wien zu werfen (Kapitel 4.1). Aufbauend darauf stelle ich dar, welche Aspekte die Wiener Büroprojekte als Elemente der Stadtentwicklung kennzeichnen (Kapitel 4.2) und gehe dann anhand von Fallbeispielen konkret auf die Frage der architektonischen Gestaltung ein (Kapitel 4.3).
4.1 Stadtentwicklung, Stadtplanung und Immobilienmarkt Wie schon angesprochen, kann neben dem Umbau der Stadtverwaltung und der kommunalen Unternehmen sowie der Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung und des Standortmarketings der Bereich der Stadtplanung ebenfalls als paradigmatisches Beispiel für die Neuorganisation städtischer Politik und die Einführung neuer Governance-Strukturen in Wien betrachtet werden (Novy et al. 2001; Redak et al. 2003; Hamedinger 2008). In Wien haben seit Anfang der 1990er-Jahre wesentliche Veränderungen in den Zielsetzungen, Entscheidungsprozessen und Organisationsstrukturen räumlicher Stadtentwicklung stattgefunden. Die 135
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qualitativen Effekte der Ergebnisse und die Transparenz der Verfahren sind dabei sehr unterschiedlich zu bewerten und unterscheiden sich insbesondere für die Bereiche des geförderten Wohnungsbaus und der Stadtplanung allgemein. Grundsätzlich lassen sich drei wesentliche, miteinander im Zusammenhang stehende Neuerungen beobachten: die gestiegene Bedeutung privater Akteure für die Realisierung von Stadtentwicklungsprojekten, die Informalisierung der Planungsentscheidungen und Vergabeverfahren und die selektive Einbindung einer begrenzten Zahl lokaler Experten in die Entscheidungsprozesse durch Begutachtungsverfahren und Gremienarbeit. Die wichtigste Veränderung stellt der Rückzug der Stadt Wien als Bauherrin zugunsten von Kooperationen öffentlicher und halböffentlicher Organisationen mit privaten Unternehmen und Investoren dar. So wurde der soziale Wohnungsbau mittlerweile vollständig an gemeinnützige und kommerzielle Bauträger übertragen. Seit 2004 wurden keine stadteigenen Gemeindebauten mehr errichtet. Gleichzeitig ist die Vergabe von Fördermitteln an Bauträgerwettbewerbe1 und Begutachtungsverfahren durch den so genannten „Grundstücksbeirat“, einem interdisziplinär und vorwiegend aus externen Experten zusammengesetzten Gremium, gebunden worden. Ziel ist es, die Errichtung geförderten Wohnungsbaus kompetitiver und ökonomischer, aber auch, wie die Stadt argumentiert, qualitätsvoller zu machen. Im Bereich der Büroimmobilien wird diese Abwicklung von Stadtentwicklungsprojekten über Public-Private-Partnership-Modelle am deutlichsten. Das Paradebeispiel ist das Prestigeprojekt der Donau City,
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Die Bauträgerwettbewerbe werden als offene, ein- oder mehrstufige Auswahlverfahren ausgeschrieben. Gewerbliche und gemeinnützige Bauträger, Architekten und Sonderfachleute bilden Projektteams, die in Konkurrenz zueinander Realisierungskonzepte entwickeln. Die Bewertung der Projekte erfolgt laut Stadt Wien unter der Berücksichtigung architektonischer, ökonomischer, ökologischer und seit neuestem auch sozialer Kriterien durch eine Fachjury mit Experten aus Architektur, Städtebau, Ökologie, Ökonomie, Wohnrecht und Wohnbauförderung sowie mit Bauträgervertretern, Vertretern der Stadt Wien und des wohnfonds_wien. Von Seiten der Architekturschaffenden (z.B. vertreten durch die IG Architektur) werden die Bedingungen dieses Modells kritisiert. Die Architekturbüros erhalten nur begrenzt Kosten- und Spesenbeiträge für die aufwändigen Verfahren, zuletzt gab es Fälle, bei denen dem eigentlichen Wettbewerb interne Auswahlverfahren ohne Aufwandsentschädigung durch den Bauträger vorgeschaltet wurden. Zudem gibt es Hinweise auf Absprachen zwischen den Bauträgern, mit denen die Architektenhonorare gedrückt werden sollen.
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die seit Mitte der 1990er-Jahre von der WED (Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum GmbH) als privatem Developer entwickelt und von einem Konsortium vor allem einheimischer Banken finanziert wurde. Daneben sind aber mittlerweile auch viele der ausgelagerten Unternehmen und Fonds der Stadt Wien ebenfalls in Immobilien- und Stadtentwicklungsprojekten engagiert, die in Kooperation mit privaten Investoren realisiert werden. Der Immobilienbereich der Wien Holding ist zum Beispiel, wie bereits erwähnt, mit einem Hauptanteil des Umsatzes der bedeutendste Geschäftsbereich der Wien Holding. Er umfasst 17 Tochterunternehmen, darunter den gemeinnützigen Bauträger GESIBA, den Tech Gate Vienna Wissenschafts- und Technologiepark (verantwortlich für das Technologiezentrum Tech Gate am Standort Donau City) und die Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft2 (WSE). Letztere zeichnet zum Teil in Kooperation mit privatwirtschaftlichen Investoren für eine Reihe laufender Immobilienentwicklungsprojekte in Wien verantwortlich, u.a. für die neue Wiener Messe und das Quartier Messecarree3 im 2. Wiener Bezirk, die Entwicklung des Vienna Life Science Center Muthgasse im 19. Wiener Bezirk mit den Immobilien Biotech I und II (in einem Konsortium gemeinsam mit der Immobilienentwicklungsgesellschaft der Bank Austria BAI, dem Bauunternehmen PORR und der Wiener Städtischen Versicherung) sowie die Verwertung des ehemaligen Schlachthofes in Wien Erdberg über die Immobilienentwicklung St. Marx GmbH4 (in Kooperation mit dem ZIT, der Technologieagentur der Stadt Wien). Auch die Wiener Stadtwerke Holding engagiert sich zunehmend in Immobilienprojekten. Über das Tochterunternehmen Wiener Stadtwerke Beteiligungsmanagement GmbH hält sie Anteile an der IWS Immobiliendevelopment AG. Letztere entwickelt derzeit mit TownTown5 im 3. Gemeindebezirk eines der größten Immobilienprojekte Wiens.6 Auch 2 3 4 5 6
http://www.wse.at/ (30.09.2010). http://www.mbg.at/ (30.09.2010). http://www.neumarx.at/ (30.09.2010). http://towntown.at/ (30.09.2010). TownTown wird als das derzeit größte Public-Private-PartnershipImmobilienprojekt Österreichs von der Wiener Stadtwerke Holding gemeinsam mit der Schweizer Swiss Town Consult und dem österreichischen Immobilienentwickler Donau-Finanz errichtet. Die anfangs beteiligte österreichische Soravia-Gruppe ist im Jahr 2009 ausgeschieden; deren Anteile wurden von der Swiss Town Consult und der Donau-Finanz übernommen. Das Investitionsvolumen beträgt 280 Millionen Euro. Rund 130.000 m² Bürofläche sollen in mehreren Bauabschnitten errichtet werden (Geschäftsbericht 2009 der Wiener Stadtwerke Holding). Baubeginn für das Projekt war 2005, rund drei Viertel der geplanten Flächen sind fertiggestellt bzw. im Bau. Das Projekt profitierte von der Ansiedelung einer 137
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der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds ist, wie schon angesprochen, seit einigen Jahren mit der Errichtung von Technologie- und Gründerzentren sowie Büroimmobilien für Start-up-Unternehmen und Einpersonenunternehmen im Immobiliendevelopment aktiv (z.B. Campus Vienna Biocenter und Media Quarter Marx). Die Dimension dieser Projekte wächst stetig. Derzeit ist der WWFF an der Entwicklung des neuen Stadtteils „aspern – Die Seestadt Wiens“ am ehemaligen Flugfeld Aspern im 22. Wiener Bezirk beteiligt.7 Mit 240 ha entspricht das dort zu entwickelnde Gebiet der Fläche des 6. und 7. Wiener Gemeindebezirks. Ein weiteres, höchst umstrittenes Beispiel für das Engagement städtischer Organisationen in der Immobilienentwicklung sind die Aktivitäten des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), der über das Tochterunternehmen KAV Projektentwicklungs- und Baumanagement GmbH in Kooperation mit privaten Investoren Teile seiner innerstädtischen Liegenschaften und Immobilienbestände einer Verwertung zuführt.8 Im KAV sind alle städtischen Krankenhäuser, Pflegeheime und Ausbildungsstandorte für Pflegepersonal der Stadt Wien organisiert. Die zur Entwicklung und zum Verkauf vorgesehenen Grundstücke sind stadträumlich höchst wertvoll, auf ihnen befinden sich historische Bausubstanz, geschützte Grünflächen und zentrale öffentliche Räume. Beispiele sind die Steinhofgründe auf der Baumgartner Höhe (bereits verkauft), das Gelände der Semmelweis-Klinik in Wien-Gersthof (Verkauf in Vorbereitung) oder das Palais Hansen am Schottenring, einem Abschnitt der Wiener Ringstraße (bereits verkauft). Das Palais Hansen war der frühere Sitz des KAV vor seinem Umzug an den Standort TownTown und die letzte freie (nicht in der Hand institutioneller Investoren befindliche) Immobilie an der Wiener Ringstraße. Das Palais wurde in einem Bieterverfahren an ein Konsortium aus Wien Holding, Wiener Städtische Ver-
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Reihe städtischer Organisationen und Verwaltungseinheiten als Mieter. Die Wiener Stadtwerke Holding sollte noch 2010 ihren Konzernsitz selber dorthin verlegen, dazu kommen der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) sowie Einheiten der Magistratsabteilungen 6, 10, 15 und 40 als Mieter in TownTown. Die Entwicklungsgesellschaft Aspern Development AG ist eine Kooperation von WWFF, Bundesimmobilien Gesellschaft (BIG) und Wohnfonds Wien. Sie verwertet die Grundstücke, die Stadt Wien stellt das Straßennetz, die Infrastruktur und den U-Bahn-Anschluss zur Verfügung. Die Errichtung der einzelnen Immobilien erfolgt durch Wohnbauträger und private Investoren. Die Erlöse aus der Entwicklung und dem Verkauf der Grundstücke bzw. Immobilien sollen für die Finanzierung des geplanten Großkrankenhauses Spital-Nord in Wien Floridsdorf genutzt werden.
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sicherung, PORR Solutions (die Projektentwicklungsgesellschaft der PORR-Gruppe, einem der größten österreichischen Baukonzerne) und Warimpex (eine auf Hotelimmobilien spezialisierte Immobilienentwicklungs- und Investitionsgesellschaft) vergeben und soll bis 2012 zur luxuriösen Wohn- und Hotelimmobilie ausgebaut werden. Die zweite zentrale Neuerung in der Organisation und Struktur der Stadtentwicklung hängt mit der angesprochenen zunehmenden Abwicklung großer städtischer Bauvorhaben über private bzw. ausgelagerte Träger zusammen. Durch die Anwendung von Public-Private-Partnership-Modellen entfällt die Verpflichtung zur Durchführung offener Wettbewerbe (wie sie laut EU-Gesetz für Bauvorhaben der öffentlichen Hand vorgeschrieben ist). Die Transparenz von Planungsentscheidungen und Vergabeverfahren ist dadurch in hohem Maß von der Bereitschaft der beteiligten Akteure abhängig. Private Bauherren werden zwar von der Stadt zur Durchführung von Gutachterverfahren aufgefordert bzw. werden in Public-Private-Partnership-Projekten i.d.R. geladene Wettbewerbe bzw. Gutachterverfahren durchgeführt; allerdings ist für diese Verfahren die Wettbewerbsordnung nicht verpflichtend und auch für die Auswahl der geladenen Planer gibt es keine Vorgaben.9 Der entscheidende Effekt dieser Praxis ist, dass informelle Netzwerke stärker zum Tragen kommen und die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Gestaltungs- und Planungsentscheidungen geringer wird. So würden, wie Manfred Nehrer (Architekt und ehemaliger Präsident der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten) im Baukulturreport 2006 feststellt, in Wien im Verhältnis zum Bauvolumen kaum EU-weite Wettbewerbe durchgeführt und wenn, dann nur für kleinere Projekte wie Pflichtschulen und Nutzbauten (Nehrer 2006). Die großen und gestalterisch bedeutenden Bauaufgaben bleiben einem kleinen Kreis von Planern vorbehalten, obwohl öffentliche Mittel zu deren Finanzierung verwendet werden. Neben der Verlagerung der Bauherrenschaft auf private Akteure und der zunehmenden Intransparenz bzw. Exklusivität der Planungsentscheidungen und Vergabeverfahren ist die zunehmende Einbindung einer Reihe lokaler Experten in die städtische Planung die dritte prägende 9
Die Stadt Wien hat sich per Gemeinderatsbeschluss von 2005 darauf festgelegt, auch bei Bauprojekten von ausgegliederten, jedoch mehrheitlich im Besitz der Stadt stehenden Unternehmen den Wettbewerbsleitfaden zugrunde zu legen, mit dem sich der Gemeinderat zur Vergabe- und Baukultur in Wien verpflichtet hat. Damit wäre die Ausschreibung von Wettbewerben, die Jurierung durch ein Fachgremium und die Veröffentlichung der Ergebnisse vorgeschrieben. Allerdings blieb die Anwendung des Wettbewerbsleitfadens in der Praxis bislang Auslegungssache. Der Beschluss der Stadt hatte keine bindende Wirksamkeit für die Unternehmen. 139
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Veränderung seit Anfang der 1990er-Jahre. Diese Einbindung erfolgt über die Tätigkeit von geladenen Experten in den geschlossenen Wettbewerben und Gutachterverfahren sowie über beratende Expertengremien, die den Behörden beigestellt sind. Für den Bereich der Stadtplanung ist dies der „Fachbeirat für Stadtplanung und Stadtgestaltung“, zu dessen Aufgaben die Begutachtung von Flächenwidmungsplänen sowie von Bauvorhaben gehört, die „maßgeblichen Einfluss auf das örtliche Stadtbild“ (§ 67 der Wiener Bauordnung) haben. Dieser Beirat setzt sich aus in Wien ansässigen Experten unterschiedlicher Disziplinen wie Architektur, Bauingenieurwesen, Denkmalpflege, Grünraumplanung und Verkehrswesen zusammen. Als „Fachbeirat für Stadtplanung“ war dieses Gremium schon in der Stammfassung der Wiener Bauordnung von 1929 verankert, wurde allerdings lange nicht umgesetzt. Durch die Bauordnungsnovelle von 1987 wurde sein Aufgabengebiet erweitert. Seitdem hat er eine zunehmende Aufwertung erfahren, was sich auch in der personellen Besetzung durch zentrale Akteure der Wiener Bau- und Architekturszene ausdrückt. Der Wechsel vom langjährigen Vorsitzenden Manfred Wehdorn, einem Architekten und Denkmalpfleger, hin zum „Architekten und Hochhausfreund Hans Hollein“ (Klein et al. 2004: 9) im Jahr 1998 spiegelte auch veränderte politische Prioritäten wider. Trotz der Aufwertung des Beirates bleibt seine Arbeit intransparent: Die Entscheidung darüber, welche Projekte dem Beirat vorgelegt werden, liegt letztlich bei der Magistratsabteilung für Architektur und Stadtgestaltung (MA 19). Die zentralen Bauvorhaben der letzten Jahre wurden vom Beirat nicht begutachtet. Zudem hat die Bewertung des Beirates nur empfehlenden Charakter und die Sitzungsprotokolle werden nicht veröffentlicht. Auch im Bereich des geförderten Wohnungsbaus wurden mit dem „Grundstücksbeirat“ und der Jury der Bauträgerwettbewerbe in den 1990er-Jahren entsprechende Expertengremien installiert. Entscheidend ist, dass über die Tätigkeit der Beiräte sowie die geladenen Wettbewerbe und Gutachterverfahren ein ausgewählter Kreis von Experten Zugang zu Entscheidungsprozessen der Stadtplanung erlangt. Im Gegensatz dazu waren die Bottom-up-Strategien der Bürgerbeteiligung an Planungsprozessen, welche parallel installiert wurden, nur teilweise erfolgreich. Letztlich bleiben dies selektive und fragmentierte Prozesse, denen etwa Novy et al. (2001) nur wenig fortschrittliches Potenzial zugestehen (vgl. Novy/Gleissenberger 2000; Astleithner/ Hamedinger 2003). Planung ist damit nicht mehr auf fordistischen Topdown-Strukturen aufgebaut und unterliegt nicht mehr dem Einfluss korporatistischer Netzwerke; vielmehr sind es zunehmend elitäre, sozial selektive und informelle Prozesse, in denen maßgebliche Entscheidungen fallen (Seiß 2007; Kallinger 2010). 140
BÜROBAUTEN IN W IEN
Während also die strukturellen und organisatorischen Veränderungen in der räumlichen Stadtentwicklung markant und weitreichend sind, haben sich die konkreten Planungsinstrumente im Kern wenig verändert. Zwar wurden mit dem im Jahr 2004 beschlossenen Strategieplan (Stadt Wien 2004) und dem aktuellen Stadtentwicklungsplan (Stadtentwicklung Wien 2005) auf formaler Ebene neue Ansätze strategischer Planung und stärkerer Projektorientierung aufgegriffen; Neuerungen, die tatsächlich rechtlich bindende Konsequenzen haben, beschränken sich aber auf einzelne Bestimmungen der Bauordnung. Eine dieser Änderungen der Bauordnung kann allerdings auch als Zugeständnis an die Entwickler von Büroimmobilien gewertet werden. Die Ende der 1990er-Jahre erfolgte Vergrößerung der maximalen Bruttogeschossfläche pro Brandabschnitt auf 1.000 m² hat trotz der scheinbaren Geringfügigkeit weitreichende Konsequenzen für die Planung. Erst mit dieser Regelung wurde die Errichtung von Hochhausbauten in Wien tatsächlich rentabel. Zuvor war die Bruttogeschossfläche mit 700 m² pro Brandabschnitt im internationalen Vergleich zu klein gewesen. Parallel zu dieser Neuorganisation der räumlichen Stadtentwicklung durch Public-Private-Partnership-Verfahren und dem Bedeutungsgewinn privater Akteure hat sich der lokale Wiener Immobilienmarkt seit Mitte der 1990er-Jahre sowohl internationalisiert als auch professionalisiert. Der EU-Beitritt Österreichs gab den entscheidenden Anstoß für die Internationalisierung des Wiener Büroimmobilienmarktes. Vor allem deutsche Immobilienfonds begannen damals Büroobjekte zu erwerben, da sie günstige steuer- und investmentrechtliche Bestimmungen ausnutzen konnten.10 Seit September 2003 gibt es durch das Inkrafttreten eines österreichischen Immobilien-Investmentfondsgesetzes auch die Möglichkeit zur Gründung österreichischer Immobilienfonds. Mittlerweile ist die Mehrheit der größeren Wiener Bürobauten im Besitz institutioneller Anleger aus dem In- und Ausland. Nicht nur im Bereich der Büroimmobilien, sondern auch bei Wohnungsimmobilien wurde in Wien im letzten Jahrzehnt ein kompetitiver Markt geschaffen, was sich im deutlichen Preisanstieg der Mieten auswirkte. Verantwortlich dafür ist die schrittweise Vermarktwirtschaftlichung des Wohnungsmarktes, v.a. durch Änderungen der Gesetzgebung auf nationaler Ebene, wodurch die seit 1918 10 Für deutsche Anleger in Österreich gibt es als beschränkt Steuerpflichtige einen Steuerfreibetrag von 2.000 Euro. Außerdem ist im deutschen Investmentgesetz, früher KAGG, ein maximaler Anteil der Investitionen festgelegt, die außerhalb der EU getätigt werden können. Mit dem Beitritt Österreichs zur EU 1995 wurden damit auch Immobilieninvestitionen in Wien für deutsche Fonds plötzlich attraktiver, da sie keinen derartigen Beschränkungen mehr unterlagen. 141
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bestehende Mietenregulierung seit den 1980er-Jahren schrittweise aufgeweicht wurde (Matznetter 1991; Novy et al. 2001). Mit dem wachsenden institutionellen Investment in Büroimmobilien in Wien und dem verstärkten Auftreten internationaler Investoren hat sich auch die Vermarktung und Vermittlung von Immobilien verändert. Anfang der 1990er-Jahre errichteten erstmals auch globale ImmobilienDienstleister wie CB Richard Ellis (CBRE), Jones Lang LaSalle und DTZ Zweigstellen in Wien. Diese Konkurrenz beförderte eine zunehmende Professionalisierung der Branche. Das kommt zum Beispiel in detaillierten Marktstudien, der Erfassung von Büroflächenproduktion und -nachfrage, internationalen Standards bei der Abwicklung von Vermittlungen oder Due-Diligence-Prüfungen11 und der Qualifikation der Mitarbeiter12 zum Ausdruck. Gleichzeitig fand ein Konzentrationsprozess statt. Heute wird der Markt von einigen wenigen Unternehmen bestimmt. Es überwiegen Kooperationen lokaler Makler mit globalen Ketten.13 In Wien, so die Einschätzung der befragten Experten, sind die lokalen Makler aufgrund der Kleinheit des Marktes und der Relevanz informeller Netzwerke vergleichsweise stark vertreten (Interviews I2, I8, I9, J3). Während der Investmentmarkt und bis zu einem gewissen Grad auch der Markt für Immobiliendienstleister also durch das Auftreten internationaler Akteure gekennzeichnet sind, blieb das Immobiliendevelopment zur Gänze in der Hand lokaler Akteure. Dies hat mit der für das Development von Immobilien notwendigen detaillierten Kenntnis lokaler Kontexte zu tun, die im Kapitel 2.2.1 schon angesprochen wurde und die auch in der Darstellung der Fallbeispiele deutlich wird. Gerade angesichts der für Wien charakteristischen Dichte der Verflechtungen zwischen Stadtpolitik und Wirtschaft sowie der traditionellen Nähe der Stadt zur Bauwirtschaft fallen diese Kenntnis des lokalen Marktes sowie
11 Die Due-Diligence-Prüfung im Vorfeld von Immobilientransaktionen bezeichnet die umfassende Prüfung der Immobilie aus rechtlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher Sicht durch spezialisierte Dienstleister mit dem Ziel, das Risiko für den Käufer zu minimieren. 12 Waren Anfang der 1990er-Jahre die Mitarbeiter der Maklerbüros meist noch wenig qualifiziert, werden heute durchweg Akademiker beschäftigt (Interviews I8, I9). 13 Es handelt sich z.B. um Colliers Columbus (Colliers International mit dem Wiener Unternehmen Columbus Immobilien), Inter-pool (Kooperation von Inter-pool Immobilien mit dem globalen Immobiliendienstleister Cushman & Wakefield) oder NAI Otto (Kooperation des Wiener Unternehmens Otto Immobilien mit dem weltweiten Netzwerk von Immobiliendienstleistern NAI). Nur CBRE agiert in Wien allein. Jones Lang LaSalle hat seine Niederlassung in Wien mittlerweile geschlossen. 142
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der Zugang zu (informellen) lokalen Netzwerken und Informationen besonders ins Gewicht. Mit dem Immobilienboom Anfang der 1990erJahre erweiterte sich der Kreis der Projektentwickler, vor allem stiegen die österreichischen Banken mit ihren Immobilientochtergesellschaften in das Geschäft ein und sind heute für rund die Hälfte aller Projekte verantwortlich (Interview J3). Internationale Entwickler konnten in Wien jedoch kaum Fuß fassen. Auch die meisten Projektplaner sind immer noch einheimische Architekten. Mit den ersten von der Stadt ausgeschriebenen Wettbewerben und Gutachterverfahren, zu denen auch renommierte ausländische Architekten geladen wurden, änderte sich das in Ansätzen.
4 . 2 B ü r o i m m o b i l i e n i n W i e n s e i t An f a n g der 1990er-Jahre 4.2.1 Projekte und ihre räumliche Verteilung Die verfügbare Bürofläche in Wien ist von rund 7,3 Millionen m² im Jahr 1991 auf rund 10,5 Millionen m² im Jahr 2010 gestiegen.14 Anfang der 1990er-Jahre waren in Wien nach dem Zusammenbruch des Kommunismus und dem wirtschaftlichen Systemwechsel in Osteuropa eine intensive Bautätigkeit und ein Nachfrageüberhang zu verzeichnen. Mitte der 1990er-Jahre wirkte sich dann die weltweite Immobilienkrise auch in Wien aus. Dazu kam eine erste Ernüchterung bezüglich der wirtschaftlichen Effekte der Ostintegration für den Standort Wien. Die Zahl realisierter Neubauten sank drastisch. Gegen Ende der 1990er-Jahre nahm die Bautätigkeit wieder zu und erreichte im Jahr 2001 den Spitzenwert von etwa 430.000 m² neu errichteten bzw. generalsanierten Büroflächen. Infolge des allgemein schwachen Wirtschaftswachstums nach dem Ende des New Economy Booms waren die Jahre ab 2002 stärker von Zurückhaltung bei Investitionen in neue Projekte geprägt. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 und 2009 ging die Neubautätigkeit noch einmal zurück. Im Jahr 2010 kamen mit 185.000 m² Büroflächen so wenig Flächen wie seit 10 Jahren nicht mehr auf den Markt. Wien hatte in all diesen Jahren offiziell nie sehr hohe Leerstandsraten zu verzeichnen und auch 2010 liegt der Leerstand mit rund 5,9 % (EHL 2010) im internationalen Vergleich auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Einschätzungen der befragten Fachleute lassen aber die Vermu14 Enthalten sind hier die Projekte Business Park und Office Park Vienna International Airport. Diese liegen außerhalb der Stadtgrenze Wiens, werden aber üblicherweise zum Bürostandort Wien gerechnet. 143
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tung zu, dass die Leerstandsraten in der Regel tatsächlich höher liegen als angegeben und die Branche hier im eigenen Interesse zu beschönigenden Berechnungen neigt.15 In Wien wurden von 1992 bis 2008 insgesamt 72 Büroimmobilien mit mehr als 10.000 m² Büronutzfläche16 realisiert, etliche davon in mehreren Bauabschnitten bzw. Bauteilen (Anhang, Übersicht 1).17 Dies entspricht rund 1,9 Millionen m² Bürofläche im Vergleich zu 3,7 Millionen m² an Büroflächen, die insgesamt neu geschaffen oder generalsaniert wurden. Diese Großprojekte sind zum einen stadträumlich wirksamer (umso mehr als sie teils als Hochhäuser realisiert wurden, teils in Clustern stehen) und zum anderen in Werbung und Medien präsenter als kleinere Bauten. Zudem sind ihre ökonomische Bedeutung und ihr Anteil am gesamten Büroflächenzuwachs im letzten Jahrzehnt deutlich gestiegen. Während von 1992 bis 2000 diese Großbüroimmobilien in der Summe rund die Hälfte der neu errichteten Büroflächen (ohne Sanierungen) ausmachten, entfielen in den Jahren 2001 bis 2008 rund drei Viertel der neu errichteten Neubau-Büroflächen auf Großprojekte (Abb. 2). Auch die derzeit geplanten oder in Bau befindlichen Projekte wie Gate Two, TownTown, Catamaran und Viertel Zwei setzen diesen Trend fort. Allerdings liegt die Büronutzfläche bei der Mehrzahl der Projekte zwischen 10.000 und etwa 30.000 m², da aufgrund der wenigen echten Großmieter in Wien die Nachfrage nach größeren zusammenhängenden Flächen gering ist.
15 Zahlen zur Büromarktentwicklung sind nur von den Maklerbüros selbst erhältlich, die regelmäßige Marktberichte erstellen. Je nach Quelle und Berechnungsmethode divergieren die erhobenen Flächen oft im Detail. Für die wissenschaftliche Untersuchung der Immobilienbranche ist diese Abhängigkeit von Daten, die nicht von unabhängiger Seite verifiziert werden können, durchaus problematisch. Die in dieser Arbeit ausgewerteten Zahlen dienen daher der Beschreibung von Trends und grundsätzlichen Entwicklungsmustern, nicht aber statistischen Auswertungen. 16 Die Grenze von 10.000 m² Büronutzfläche ist ein marktüblicher Wert, dem auch eine Studie der MA 18 zum Büromarkt Wien folgt, deren Ergebnisse eine Referenz für diese Arbeit darstellen (Stadtentwicklung Wien 2004). 17 Die Eingrenzung auf seit 1992 fertiggestellte Projekte ist sinnvoll, da in diesem Jahr die ersten nach dem Systemwechsel in Osteuropa 1989 geplanten Projekte fertiggestellt wurden. Zudem liegen für die 1980er-Jahre nur wenige Daten zum Wiener Büromarkt vor. 144
BÜROBAUTEN IN W IEN
Abb. 2: Neu geschaffene Büroflächen in Wien von 1992 bis 2008
Quelle: Investkredit, CPB18, CBRE und eigene Berechnungen Abb. 3: Verteilung der in Wien von 1992 bis 2008 neu geschaffenen Büroflächen nach Wiener Gemeindebezirken
Quelle: Investkredit, CPB, CBRE und eigene Berechnungen
18 Im Jahr 2009 wurde die CPB Immobilientreuhand GmbH infolge eines Management-Buyouts in EHL Immobilien umbenannt. 145
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Bei weitem die meisten und auch einige der größten dieser Großprojekte wurden im 2. und 3. Wiener Gemeindebezirk errichtet (15 bzw. 17 Projekte; Abb. 3 und Abb. 4). Im 2. Bezirk Leopoldstadt befinden sich diese Großprojekte vor allem in der Lassallestraße (Bank Austria, IBM, SAP und McHenry/Telekom Austria) sowie in der Nähe des Donaukanals unweit der Innenstadt (UNIQA-Tower, Galaxie 21, Generali-Tower, Bürohaus Dianabad, Mobilkomzentrale u.a.). Im 3. Bezirk Landstraße konzentrieren sich die Großbüroimmobilien vor allem auf die Standorte Erdberger Mais und Gasometer sowie TownTown. Etwa gleich viele Projekte wie auch Flächenanteile entfallen auf den 22. Bezirk Donaustadt (7 Projekte vor allem am Standort Donau City) und den 10. Bezirk Favoriten (5 Projekte, darunter der Standort Wienerberg mit dem Business Park und dem Twin Tower). Danach folgen der 11. Bezirk Simmering (6 Projekte, ebenfalls vor allem Erdberger Mais und Gasometer bzw. Brehmstraße und Geiselbergstraße), der 12. Bezirk Meidling (3 Projekte, darunter das Euro Plaza, das flächenmäßig größte Projekt) und der 20. Bezirk Brigittenau mit dem Millenium Tower sowie einigen Bauten am Standort Dresdner Straße. In den übrigen Wiener Gemeindebezirken wurden nur vereinzelte Objekte errichtet, die stadträumlich wenig in Erscheinung treten. Abb. 4: Bürostandorte des Wiener Immobilienmarktes
Quelle: EHL (Büromarktbericht 2010) 146
BÜROBAUTEN IN W IEN
Die räumliche Verteilung der Projekte in der Stadt entspricht damit den Bürostandorten, wie sie sich auch in den Marktstudien der Immobilienbranche wiederfinden. Diese Bürostandorte sind neben der Inneren Stadt der Wienerberg, der Standort Erdberg/St. Marx/Gasometer, die Donau City (Vienna DC), die Standorte Dresdner Straße/Lassallestraße, Handelskai/Wiener Messe, West-Achse und Nord-West-Achse sowie der internationale Flughafen Wien Schwechat und Umgebung (EHL 2010; Abb. 4). Die verschiedenen Standorte werden von Immobilienmaklern als Teilmärkte mit unterschiedlichen Vorzügen beworben. Dabei wird durchaus versucht, die Angebote in einem Gebiet zu einem prägnanten, sichtbaren Produkt zusammenzufassen, dessen Image dann ebenfalls zur Vermarktung der Einzelobjekte beiträgt. Dies ist für Standorte wie zum Beispiel die West-Achse, die Nord-West-Achse oder die Dresdner Straße/Lasallestraße allerdings wenig stichhaltig. Sie setzen sich vor allem aus Einzelprojekten zusammen, die weder räumlich noch konzeptionell miteinander zu tun haben (Stadtentwicklung Wien 2004: 110).
4.2.2 Verwertungsinteressen versus übergeordnete Raumentwicklung Offensichtlichstes Merkmal der oben dargestellten stadträumlichen Verteilung der Bürogroßprojekte ist die Vielzahl der Standorte (Abb. 5). Diese weit gestreute Verteilung der Projekte ist auf den großen Handlungsspielraum zurückzuführen, der privaten Akteuren in der Wahl von Standorten und der Entwicklung der Büroimmobilien eingeräumt wurde. Auch die mangelnde Effektivität der Stadtentwicklungspläne und die fehlende Verbindlichkeit der dort festgelegten Planungsziele trugen zur dispersen und wenig schlüssigen stadträumlichen Positionierung der Bürogroßprojekte bei (vgl. Stadtentwicklung Wien 1995; 2005). Schließlich gründet der große Handlungsspielraum der Investoren und Developer sich auch auf der beschriebenen Informalisierung der Entscheidungsprozesse und der Wirksamkeit informeller Netzwerke. Gerade zwischen der Stadtverwaltung bzw. der SPÖ Wien und der lokalen Bauwirtschaft bestehen traditionell enge Beziehungen und wirtschaftliche Verflechtungen. Die Stadt Wien hält zum Beispiel über die Wiener Stadtwerke Holding Anteile an der PORR AG, dem drittgrößten Baukonzern Österreichs, sowie an der Teerag-Asdag AG, dem größten Straßenbauunternehmen Österreichs. Tatsächlich hat Wien heute für seine Größe vergleichsweise viele und kleine Bürostandorte. Dazu kommen noch einige markante, einzeln stehende Hochhäuser wie der Millennium Tower oder der Florido Tower. Die Mehrzahl der Büroprojekte im Zeitraum von 1994 bis 2004 147
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wurde abseits der gemäß dem Stadtentwicklungsplan 1994 (STEP 94) für Bürozentren vorgesehenen Lagekategorien von Hauptzentren, Geschäftsstraßen und Entwicklungsachsen errichtet. Die Autoren einer Studie der Wiener Stadtplanung konstatieren, dass „die Lage einer Immobilie in einer bestimmten STEP-Kategorie […] für den Nutzer scheinbar völlig irrelevant [ist]“ und dass anzunehmen sei, „dass der Stadtentwicklungsplan vielen Akteuren der Immobilienwirtschaft überhaupt nicht bekannt ist oder zumindest Entscheidungen kaum beeinflusst“ (Stadtplanung Wien 2004: 110). Abb. 5: Stadträumliche Verteilung der 1992 bis 2008 errichteten Bürobauten ab 10.000 m² Bürofläche
Quelle: Investkredit, CPB, CBRE und eigene Recherchen 148
BÜROBAUTEN IN W IEN
Die wenig fokussierte räumliche Entwicklung erstaunt umso mehr, als die Stadt, wie oben beschrieben, über ausgelagerte Organisationen bzw. Unternehmensbeteiligungen an einer Reihe von Projekten beteiligt ist und direkten Einfluss auf die Entwicklung des Wiener Immobilienmarktes nimmt. Die Zugeständnisse an die privaten Akteure bei der Wahl von aussichtsreichen Standorten und bei der Entwicklung nach Renditekriterien optimierter Büroimmobilien lagen dementsprechend vielfach auch im Interesse der Stadt. Allerdings macht sich die Stadt mit der parallelen Entwicklung und Vermarktung mehrerer Standorte und dem raschen Wechsel der Prioritäten letztlich selber Konkurrenz. Nachdem Anfang der 1990er-Jahre mit dem Ziel „Wien an und über die Donau zu bringen“ die Standorte Donau City sowie Lasallestraße im 2. Bezirk als durchgehende Verbindungsachse von Innenstadt, Donau City und dem Stadtteil Kagran auf dem linken Donauufer forciert worden waren, kam Ende der 1990er-Jahre das Areal Gasometer/Erdberger Mais im 3. Wiener Bezirk dazu. In den letzten Jahren wurden neben der weiteren Entwicklung der Donau City auch das Projekt TownTown und zuletzt das Flugfeld Aspern in den Mittelpunkt gerückt. Ein Grund für diese wechselnde Fokussierung auf neue Gebiete ist, dass die Donau City mit ihrer Fläche von 17,4 Hektar von Anfang an zu klein war, um tatsächlich die Funktion eines hochrangigen, zweiten Stadtzentrums zu erfüllen (im Vergleich dazu umfasst beispielsweise die Landfläche der Hafencity in Hamburg rund 100 Hektar). Letztlich ausschlaggebend für die Standortwahl der Büroprojekte waren zwei Aspekte. Einerseits war es das Ziel, im Besitz von Privatunternehmen befindliche brach liegende Industriegrundstücke profitabel zu verwerten. Andererseits war in einigen Fällen die Verfügbarkeit eines im Besitz von städtischen oder stadtnahen Unternehmen befindlichen Grundstückes entscheidend, welches den wesentlichen Kriterien der Lage, der Verkehrsanbindung und der umliegenden Infrastruktur entsprach (Interviews S5, S6). So geht etwa der Standort Wienerberg auf die Entscheidung der Wienerberger Baustoffindustrie AG zurück, ein in ihrem Besitz befindliches ehemaliges Lehmabbau- und Ziegeleigelände einer Verwertung zuzuführen. Das Projekt Euro Plaza diente wiederum der Verwertung des ehemaligen Betriebsareals der KAPSCH-Gruppe, eines seit 1892 in Wien ansässigen Elektronik- und KommunikationstechnikKonzerns. Gegenleistungen für entsprechende Widmungen der Areale wurden in informellen Verhandlungen zwischen Unternehmen und Stadtpolitik vereinbart. Vorschläge für festgesetzte (und damit transparente) Leistungsvereinbarungen in Form eines Planwertausgleichs zum Beispiel nach dem Münchener Modell wurden von der sozialdemokratischen Stadtregierung jedoch immer abgelehnt – vermutlich auch des149
DIE VORGESTELLTE STADT
halb, weil sie den Handlungsspielraum für informelle Absprachen verringern würden (Interviews J6, P1). In einigen Fällen führte diese Praxis der informellen Absprachen zu gravierenden städtebaulichen Mängeln. Die Wienerberg City ist, obwohl sie einen der derzeit größten Bürostandorte Wiens bildet, ohne Anbindung an den hochrangigen öffentlichen Verkehr errichtet worden. Derart intensive kommerzielle Nutzungen waren für den Standort am Rande eines Naherholungsgebietes in den Stadtentwicklungsplänen nie vorgesehen. Das Fehlen übergeordneter städtebaulicher Konzeptionen wird auch mit Blick auf die neu errichteten Bürohochhäuser sehr deutlich. Auf den 1998 fertiggestellten Andromeda Tower, dem ersten Gebäude der Donau City und ersten „modernen“ Bürohochhaus Wiens, folgte die Errichtung einer Reihe weiterer Bürohochhäuser. Insgesamt kann man in Wien heute (Stand 2010) von 15 als Hochhäuser wahrgenommenen Bürobauten ausgehen (Tabelle 5).19 Tabelle 5: Seit 1992 in Wien errichtete Hochhäuser Projekt
Büronutz-
Fertigstellung
Adresse
Bezirk
fläche (m²) Andromeda Tower
17.400
1998
Donau City
22.
Porr Zentrale
13.900
1999
Absberggasse 47
10. 20.
Millennium Tower
38.000
1999
Handelskai 94-96
Bürohaus Dianabad
13.400
2000
Lilienbrunngasse 7-9
Media Tower
11.800
2000
Taborstraße 1-3
Vienna Twin Tower
48.500
2001
Wienerbergstraße 3-11
Florido Tower
35.000
2001
Floridsdorfer Hauptstraße 1
21.
Ares Tower
29.000
2001
Wagramer Straße
22. 22.
2. 2. 10.
IZD Tower
57.000
2001
Wagramer Straße
Galaxie 2120
21.000
2002
Praterstraße 31
Vienna City Tower
22.000
2003
Marxergasse 1a
3.
Uniqa Tower
21.000
2004
Aspernbrückengasse
2.
Saturn Tower
33.000
2004
Donau City
22.
Tech Gate Tower
12.300
2005
Donau City
22.
Hoch Zwei
40.000
2008
Trabrennstraße
2.
2.
Quelle: Investkredit, CPB, CBRE und eigene Recherchen
19 Gemäß Wiener Bauordnung würden mit Bauklasse VI (ab einer Gebäudehöhe von 26 Metern) noch mehr Bauten als Hochhäuser gelten, die allerdings nicht (mehr) als solche wahrgenommen werden, wie etwa das Strabag-Haus in der Donau City mit 45 Metern oder das T-Center St. Marx mit 60 Metern Höhe. 20 Der Galaxie Tower wurde im Jahr 1990 errichtet. Im Jahr 2002 erfolgte eine markante Aufstockung um 6 Geschosse. 150
BÜROBAUTEN IN W IEN
Vor allem die Wienerberg City und einzelne Hochhäuser wie der Florido Tower oder der Millennium Tower wurden für ihre Lage bzw. fehlende städtebauliche Einbindung vielfach kritisiert. Da diese Türme markanter und weithin sichtbarer sind als Flachbauten, fällt deren zufällige und wenig überzeugende städtebauliche Positionierung besonders auf. Die im Jahr 2002 beschlossenen städtebaulichen Richtlinien für Hochhäuser in Wien sollten dieser Kritik begegnen, verbindliche Kriterien für Hochhausstandorte wurden darin jedoch nicht formuliert (Stadtentwicklung Wien 2002). Die Wiener Bürogroßprojekte zeigen, wie zentral die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der Steuerung städtischer Entwicklung durch Instrumente der Stadtplanung derzeit ist. In oben erwähnter Studie der Magistratsabteilung Stadtentwicklung und Stadtplanung kommt man zur Empfehlung, von räumlichen „Modellen“ der Stadtentwicklung abzurücken und Funktionszonen aufgrund von Nachfrageparametern festzusetzen und damit zu akzeptieren, dass „Stadtplanung zumindest ein Teil des Angebotes an den Investorenmarkt ist“ (Stadtentwicklung Wien 2004: 110). Im gültigen Stadtentwicklungsplan (STEP 2005), der im Jahr 2005 beschlossen wurde, versucht man, in diese Richtung zu gehen. Es wurden 13 Zielgebiete definiert, von denen insbesondere das Zielgebiet Bahnhof Wien-Europa Mitte – Erdberger Mais für zukünftige Büroentwicklungen vorgesehen ist, da es den wesentlichen Kriterien entspricht (Flughafennähe, Zentrumsnähe, große Flächenreserven; Stadtentwicklung Wien 2005). Fraglich bleibt, ob eine Umsetzung dieser Vorstellungen ohne entsprechende neue und rechtlich wirksame Steuerungsinstrumente gelingen kann.
4.2.3 Wien als Headquarter-Zentrum: Die Rolle von Büroimmobilien Um Wien als internationalen Wirtschaftsstandort zu positionieren, wird – ungeachtet der Wirtschaftsdaten, die, wie im Kapitel 3.3 dargestellt, hierzu ein zwiespältiges Bild zeichnen – auf die Funktion der Stadt als regionales Headquarter-Zentrum und viel zitierte „Drehscheibe zwischen Ost und West“ verwiesen. Im folgenden Abschnitt wird eine Einschätzung zur realen Bedeutung der seit den 1990er-Jahren errichteten Büroimmobilien für den Wirtschafts- und Headquarter-Standort Wien anhand zugänglicher Wirtschaftsdaten und Kennzahlen des Immobilienmarktes vorgenommen. Die Neuansiedlung internationaler Unternehmen stellt keinesfalls den entscheidenden Faktor für den erhöhten Bedarf nach Büroflächen in Wien dar. Ein Grund liegt in der in Wien, wie in anderen Städten, konti151
DIE VORGESTELLTE STADT
nuierlich gestiegenen Bürobeschäftigung, die trotz marginalem Wirtschaftswachstum im Zeitraum von 1995 bis 2000 um 1,4 % und auch von 2000 bis 2004 um 0,5 % pro Jahr gewachsen ist (Investkredit AG 2005). Dieses Wachstum der Bürobeschäftigung ist auf das Wachstum des Dienstleistungssektors gegenüber der Industrieproduktion, auf Verschiebungen innerhalb von Unternehmen sowie auf die wachsende Zahl „Neuer Selbstständiger“, die zum größten Teil ebenfalls Bürotätigkeit verrichten, zurückzuführen (vgl. Schmee/Weigel 1999; Mayerhofer 2003). Der wachsenden Bürobeschäftigung steht jedoch die Tendenz zur Verringerung des Flächenbedarfs pro Mitarbeiter entgegen (Just 2009: 141ff.). Als Hauptgrund für den erhöhten Bedarf an Büroflächen in Wien ist daher die andauernde interne Umstrukturierung des Immobilienmarktes zu sehen. Diese Umstrukturierung resultiert aus unternehmensinternen Verlagerungen, indem Unternehmen ihre bestehenden Büros bzw. bestimmte Teilfunktionen in adäquate Neubauten außerhalb des Zentrums verlagern oder bislang getrennte Unternehmenseinheiten an einem Standort zusammenführen. In den Jahren 2000 bis 2006 gingen etwa zwei Drittel aller Transaktionen auf dem Wiener Immobilienmarkt auf die Verlagerung bestehender Büros durch Flächentausch oder Zentralisierung zurück (CBRE 2006-2008). In den Jahren 2008 und 2009 hat der Anteil von Unternehmensverlagerungen an der gesamten Vermietungsleistung noch einmal zugenommen, es gab kaum Neuansiedlungen (EHL 2010). Verantwortlich für diese interne Umstrukturierung des Immobilienmarktes sind veränderte Anforderungen an die technische Ausstattung von Büroflächen sowie die beschränkte Möglichkeit zur Schaffung neuer Büroflächen im historischen Baubestand. In der Innenstadt konzentrieren sich traditionell die Büros der öffentlichen Verwaltung, des Finanzwesens und anderer gehobener Dienste. Die strengen Schutzbestimmungen für den historischen Bestand machen einen Ausbau dort vorhandener Flächen unmöglich bzw. unwirtschaftlich. Größere zusammenhängende Flächen mit hoher technischer Ausstattung wie sie zum Beispiel von Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche benötigt werden, können in Altbauten bzw. Bürobauten in Bebauungslücken des gründerzeitlichen Bestandes daher nicht geschaffen werden. Während in diesen Bauten bis zu 3.500 m² Bürofläche verfügbar waren, seien in der ersten Umstrukturierungsphase Anfang der 1990er-Jahre einem befragten Makler zufolge von den Unternehmen Flächen von 7.000 bis 15.000 m² nachgefragt worden (Interview I2). Waren es damals vor allem große private Unternehmen aus der Telekommunikations- und der Finanzbranche, sind es zuletzt verstärkt Institutionen der Kommunal152
BÜROBAUTEN IN W IEN
verwaltung, die ihre Büros verlagern (Stadtentwicklung Wien 2004; CBRE 2006-2008). Der Aufholprozess, den Wien in Bezug auf die Ausstattung mit technologisch wie räumlich adäquaten Büroflächen erlebte,21 trug auch zur auffällig hohen regionalen Dynamik des Bauwesens in den 1990er-Jahren bei (Mayerhofer 2003). Trotz dieser Umstrukturierungen bleibt die Innere Stadt, der 1. Wiener Gemeindebezirk, der prestigeträchtigste Standort für die repräsentativen Frontoffices der Unternehmen. Ungeachtet der immer wiederkehrenden Diskussionen über den bedrohten Status der City als Geschäftszentrum befinden sich bis jetzt alle Hauptsitze der großen Banken, der Versicherungen und anderer Finanzdienstleister sowie die Büros der wichtigsten Unternehmensdienstleister wie Rechtsanwälte oder Immobilienmakler, darunter auch globale Unternehmen wie CB Richard Ellis, in repräsentativen Altbauten des 1. Bezirkes. Mit 21 Euro/m²/Monat sind die Spitzenmieten in der City nach wie vor die höchsten (EHL 2010). Angesichts der in der Innenstadt gebotenen Nähe zu Entscheidungsträgern in Wirtschaft und Politik sowie des luxuriösen Ambientes und des Konsumangebots ist es für die Betreiber der neu erbauten Bürokomplexe offensichtlich nicht leicht, imageträchtige Alternativen für repräsentative Unternehmenssitze außerhalb der City anzubieten. Tatsächlich hatten trotz der offiziell geringen Leerstandsrate einige Developer der neuen Büroprojekte und vor allem der Bürotürme auch substanzielle Schwierigkeiten, Mieter zu finden. In den neu errichteten Bürohochhäusern wurde bis zu einem Drittel der Fläche in den letzten Jahren nicht vermietet. Türme, wie beispielsweise der Florido Tower oder das Galaxy Gebäude, standen über mehrere Jahre praktisch zur Gänze leer.22 Gleichzeitig hat die Stadtregierung diese Projekte aktiv unterstützt, indem Verwaltungseinheiten der Stadt dorthin verlagert wurden (massiv etwa im Fall von TownTown) und langfristige, teils überhöhte Mietverträge, welche den Wert der Objekte erheblich steigerten, abgeschlossen wurden (z.B. im Fall des Media Towers, siehe Seiß 2007). Von 2001 bis 2007 machten nationale und lokale Verwaltungseinheiten und halböffentliche Organisationen im Schnitt etwa 23 % der Neumieter aus und zählten zu den größten Mietern in Bezug auf die vermieteten Flächen (CBRE 2006-2008 und eigene Berechnungen). Aus den bisher angeführten Fakten lässt sich also eine entscheidende Rolle der neuen Büroimmobilien und insbesondere der neuen Bürotürme für Wien als Standort von Konzernzentralen multinationaler Unterneh21 Der zweite Grund für diese regionale Dynamik des Bauwesens war die Errichtung einer Reihe von Infrastrukturbauten nach 1989. 22 Siehe z.B. „Wiens gähnend leere Türme füllen sich jetzt“, Artikel in der Tageszeitung Wirtschaftsblatt vom 21.10.2004. 153
DIE VORGESTELLTE STADT
men nicht ableiten. Dazu kommt, dass Wien in Bezug auf das Angebot adäquater Büroflächen gegenüber Städten wie Prag, Warschau und Budapest mittlerweile auch keine entscheidenden Vorteile mehr hat, da diese seit den 1990er-Jahren massive Bautätigkeit erlebt haben (Keivani et al. 2001; Pütz 2001). Am bemerkenswertesten war die Entwicklung in Warschau: Dort wurden zwischen 1990 und 2008 rund 2,9 Millionen m² Bürofläche neu errichtet (CBRE/diverse Marktberichte; für die Gründe, die zu dieser Entwicklung in Warschau führten, siehe Koch 2010). Die bereits erwähnte WIFO-Studie zu Headquartern multinationaler Unternehmen in Österreich bzw. Wien (Knoll 2004) bestätigt diese abnehmende Bedeutung des Büroflächenangebots für Unternehmensansiedlungen. Internationale Unternehmen messen demnach der Verfügbarkeit und dem Preis geeigneter Büroflächen als Faktoren für die Entscheidung über eine Ansiedlung in Österreich bzw. Wien nur geringe Bedeutung zu (ebd.: 27). Betrachtet man schließlich die in den wichtigsten neuen Bürobauten tatsächlich eingemieteten Unternehmen genauer, zeigt sich, dass zu diesen tatsächlich nur eine geringe Zahl von Zentralen internationaler Konzerne gehört. Tabelle 6: In den größten Wiener Büroprojekten ansässige internationale Unternehmenszentralen (Stand 2008) Standort Donau City inkl. IZD Tower Euro Plaza
Unternehmen EDS AGFA Danone Hewlett-Packard
Twin Tower Wienerberg
AWD Nokia Johnson Control Ferring
Millennium Tower
BMC Software CSC Austria GmbH
Quelle: Eigene Recherchen23 (vgl. Übersicht 2 und 3 im Anhang) 23 Die Firmen Panasonic, IBM und AWD wurden nicht berücksichtigt. Diese sind zwar Mieter in der Donau City (beide im Saturn Tower), allerdings nicht mit den für den osteuropäischen Raum zuständigen Abteilungen Panasonic Eastern Europe (ansässig im 23. Bezirk) bzw. IBM CEE. Letztere hat 2008 die Headquarter-Funktion für Osteuropa vom Sitz in der Oberen Donaustraße im 2. Wiener Gemeindebezirk nach Prag verlagert. Am Standort Euro Plaza sind eine Reihe weiterer, hier nicht angeführter internationaler Unternehmen angesiedelt, z.B. Microsoft, L‘Oreal oder Nikon. Diese sind jedoch nur für den österreichischen Markt zuständig und erfül154
BÜROBAUTEN IN W IEN
Von Seiten der Stadt Wien und des Wirtschaftsförderungsfonds wird immer wieder auf die in Wien mit Unternehmenssitzen vertretenen internationalen Unternehmen verwiesen24, um Wiens Bedeutung als Headquarter-Standort zu untermauern (wie im Kapitel 3.3 gezeigt, ist die Zahl der tatsächlich neu hinzugekommenen Unternehmen gering). Auch wenn die Zahl dieser Unternehmen regelmäßig mit 200 bis 300 beziffert wird, enthält die vom WWFF (Stand 2008)25 zur Verfügung gestellte Liste nur 125 internationale Unternehmen, die in Wien ein Headquarter besitzen (Anhang, Übersicht 2). Vergleicht man diese 125 Unternehmen mit den Mieterlisten der größten Büroprojekte (Donau City inklusive IZD Tower, Euro Plaza, Twin Tower, Millennium Tower; Anhang, Übersicht 3), dann zeigen sich nur wenige Übereinstimmungen. Von den 125 Unternehmen hat nur eines einen Sitz in der Donau City bzw. dem IZD Tower, drei befinden sich im Euro Plaza, vier im Twin Tower sowie zwei im Millennium Tower. Umgekehrt bedeutet dies, dass von den insgesamt 204 Mietern der betreffenden Büroimmobilien im Jahr 2008 nur 10 (!) auf der Liste der internationalen Unternehmen mit Headquarter-Funktion erscheinen (Tabelle 6). Zusammengefasst kann man also sagen, dass die neuen Wiener Büroprojekte der letzten Dekade für Wien als internationalen Wirtschaftsund Headquarter-Standort keinesfalls eine entscheidende Rolle spielen. Weder sind sie ein entscheidendes Kriterium für Unternehmensansiedlungen noch sind in ihnen internationale Headquarter in relevantem Maß vertreten. Unabhängig davon wird ihre Existenz als sichtbarstes Zeichen und zentrales Symbol für Wiens Wettbewerbsfähigkeit und internationale Integration benutzt. Die Gründe dafür sind in dem beschriebenen jüngsten Bedeutungswandel des Bürohochhauses zu suchen, indem vor allem Hochhausprojekte mit der Einbindung der Stadt in internationale Kapital- und Informationsströme verknüpft werden und dazu dienen sollen, den angestrebten Status einer Stadt als Global City oder World City zu erreichen.
len keine Headquarter-Funktionen (und erscheinen daher nicht in der Liste des WWFF). 24 Die konkrete Formulierung wechselt. Beispielsweise ist von Unternehmen die Rede, die von Wien aus Ostaktivitäten koordinieren, von in Wien ansässigen internationalen Unternehmen oder von Multinationals mit Headquartern in Wien. 25 Um die Vergleichbarkeit mit den zur Verfügung stehenden Mieterlisten aus dem Jahr 2008 zu gewährleisten, wurde eine vom WWFF 2010 veröffentlichte aktualisierte Liste hier nicht berücksichtigt. In dieser werden 144 multinationale Unternehmen angeführt, die in Wien mit einem Headquarter ansässig sind. 155
DIE VORGESTELLTE STADT
Welche Zuschreibungen dabei getroffen werden, welche Rolle die Architektur der Projekte spielt und welche Widersprüche dabei auftreten, wird im Detail im nächsten Kapitel diskutiert (Kapitel 5).
4 . 3 S t e l l e nw e r t a r c h i t e k t o n i s c h e r G e s t a l t u n g Aufbauend auf obiger Darstellung der Wiener Büroprojekte hinsichtlich ihrer Bedeutung für die Stadtplanung und Stadtentwicklung wird im Folgenden die Frage der architektonischen Gestaltung und ihres Stellenwertes in der Projektentwicklung behandelt. Grundlage dafür bildet die Betrachtung einer Reihe von Fallbeispielen. Die wichtigste Informationsquelle sind – neben den veröffentlichten Projektdokumentationen und der medialen Berichterstattung – die Experteninterviews, die mit den an der Projektentwicklung beteiligten Akteuren durchgeführt wurden (Tabelle 7). Tabelle 7: Für Fallbeispiele durchgeführte Experteninterviews26 Fallbeispiele
Investoren/ Auftraggeber
Architekten
Developer
Donau City (Andromeda Tower und Saturn Tower)
x
x
Twin Tower
x
(x)
x
Millennium Tower
x
x
(x)
T-Center St. Marx
x
Euro Plaza
x
x
UNIQA Tower
x
x
x
4.3.1 Neuerungen in der Praxis der Projektentwicklung Auf Basis der Experteninterviews (vgl. Anhang, Übersicht 4) lassen sich drei grundlegende Änderungen in der Praxis der Projektentwicklung von Büroimmobilien erkennen, die für die Frage des architektonischen Gestaltungsprozesses wesentlich sind. Diese sollen hier vorab dargestellt werden, da sie für das Verständnis und die Einordnung der Fallbeispiele wichtig sind.
26 Im Fall des Millennium Towers war der Developer mit dem Investor identisch. Beim Twin Tower gab es keinen Developer im klassischen Sinn. Der Auftrag kam direkt von der Wienerberger AG als Eigentümerin des Grundstückes. Es gab allerdings die Immofinanz als Investor, mit der aber kein Interview geführt wurde. 156
BÜROBAUTEN IN W IEN
Erstens gibt es einen Trend hin zu effizienteren Bauten hinsichtlich der Flächennutzung und der Betriebskosten, um die Vermietbarkeit der Objekte zu erhöhen. Dies bringt eine Optimierung der Raumaufteilung mit minimalen Wegen und hoher Flexibilität in der Anordnung unterschiedlicher Büroraumtypen mit sich. Wurde früher der Flächenbedarf mit mindestens 20 m² pro Mitarbeiter berechnet (inklusive Wegen und Nebenräumen), liegt dieser Wert heute bei etwa 15 m². Hinzu kommen Kosteneinsparungen bei den Betriebskosten durch neue Lösungen für Energieversorgung und Klimatechnik sowie ausgelagertes Facility Management (Interviews D4, I2, I3). Die Veränderung der Gebäudetypologien über die Zeit, wie sie auch in den Wiener Bürobauten erkennbar ist, lässt sich zum Teil mit diesen Bestrebungen nach Effizienzsteigerung erklären. Wurden zu Beginn der 1990er-Jahre in Wien tendenziell blockartige Flachbauten errichtet, folgten dann die runden, später eckigen Hochhäuser. Zuletzt werden eher wieder kompakte Flachbauten gebaut, die als effizienteste Gebäudetypologie für Bürobauten gelten. Sie werden allerdings aufgrund der insgesamt gestiegenen Größe der Projekte in einzelne Bauteile aufgeteilt, um Trakttiefen und Nutzflächen pro Geschoss zu optimieren. Beispiele dafür sind der Office Campus Gasometer oder das Euro Plaza, das unten noch im Detail besprochen wird. Zweitens verändern die zunehmend kapitalmarktfinanzierte Projektentwicklung und das verstärkte Investment in Büroimmobilien durch institutionelle Anleger die Praxis der Projektentwicklung in mehrfacher Hinsicht. Entscheidungsträger für das Bauvorhaben ist immer weniger der klassische Bauherr, sondern ein für Anlegergelder verantwortlicher Projektmanager bzw. mehrere Manager (Interview I7). Um das unternehmerische Risiko zu minimieren, wird daher zum einen bei der Vergabe der Aufträge bevorzugt auf renommierte und/oder erfahrene Planungsbüros zurückgegriffen; zum anderen werden für die Projektentwicklung rechtliche Organisationsformen gewählt, die einen späteren Verkauf an Endinvestoren begünstigen und insbesondere aus steuertechnischer Sicht möglichst kostensparend machen. Konkret heißt dies, dass es für Developer von Vorteil sein kann, eine Personengesellschaft als Träger der Projektentwicklung und Eigner des Grundstückes zu etablieren, da für Kapitalgesellschaften der Steuerfreibetrag für begrenzt steuerpflichtige Personen nicht zur Anwendung kommt (Interviews D1, D2). Drittens lässt sich ein Trend zu intensiveren Marketingaktivitäten rund um die Planung und die Verwertung der Immobilien erkennen. Einerseits wird mit der öffentlichkeitswirksamen Präsentation und Vermittlung der Projekte in der Planungs- und Bauphase Überzeugungsarbeit geleistet. Dazu gehören Lobbying bei politischen Entscheidungsträgern auf Gemeinde- und Bezirksebene sowie professionelle Medien157
DIE VORGESTELLTE STADT
arbeit. Zukünftige Anrainer werden in Beteiligungsmodellen auch zunehmend informiert und eingebunden, um Konfrontationen vorzubeugen (Interview U2). Andererseits ist es wichtiger geworden, die spezifischen Vorteile eines Projektes entsprechend herauszustreichen und ein ansprechendes „Produkt“ zu präsentieren. Umfassendes Marketing wird mit einer einheitlichen Werbelinie, zu der auch der Name eines Projektes gehört, mittels Broschüren, Inseraten und Plakaten im öffentlichen Raum umgesetzt. Neben den entscheidenden Faktoren Lage, Verkehrsanbindung und Kosten wird versucht, die Besonderheiten des Projektes in Szene zu setzen. Das können die Architektur und ihr Imagewert, aber auch das Ambiente der Umgebung oder die ergänzende Ausstattung mit Freizeit- und Gastronomieeinrichtungen sein (Interviews D5, J1). In den Fallbeispielen wird deutlich, dass sich diese drei Trends für die Frage der architektonischen Gestaltung höchst gegensätzlich auswirken. Während die räumliche und betriebswirtschaftliche Optimierung von Immobilien sowie die risikominimierenden Strategien von Investoren und Auftraggebern den architektonischen Gestaltungsspielraum tendenziell einengen, gewinnt die Architektur als Imageträger an Bedeutung. Mit dem Argument, die architektonische Gestaltung als herausragendes Merkmal eines Projektes einzusetzen, können in Einzelfällen so auch ungewöhnliche und architektonisch innovative Projekte realisiert werden. Die folgende Diskussion der Fallbeispiele ist bewusst selektiv. Sie zielt nicht darauf ab, die Entwicklung der Projekte vor dem Hintergrund ökonomischer und politischer Faktoren sowie der Wirksamkeit informeller Netzwerke vollständig nachzuzeichnen. Hierzu liegt mit der Arbeit von Seiß (2007) bereits eine nützliche Grundlage vor. Außerdem sollen die bekannten Planungsprozesse, wie sie in den Projektdokumentationen und Artikeln der Fachzeitschriften nachzulesen sind, nicht noch einmal nacherzählt werden. Es soll vielmehr herausgearbeitet werden, welchen Stellenwert die Frage der architektonischen Gestaltung in der Entwicklung der Büroprojekte hatte, welche Entscheidungsträger darauf Einfluss hatten und welche Kriterien dabei an die Architektur gestellt wurden.
4.3.2 Fallbeispiele Donau City Das Projekt der Donau City ging aus einem langwierigen Planungsprozess hervor. Das Vorhaben der ursprünglich für den Standort geplanten Weltausstellung EXPO 95 wurde nach dem negativen Ausgang der 158
BÜROBAUTEN IN W IEN
Volksbefragung im Jahr 1991 fallengelassen. Daraufhin musste ein neues Nutzungskonzept für das (auf Kosten der Stadt bereits aufbereitete) Gelände einer ehemaligen Mülldeponie gefunden werden. Der Masterplan der Architekten Krischanitz und Neumann sah einen Nutzungsmix aus Büros, Wohnungen, Bildungs-, Freizeit- und Kultureinrichtungen vor. Die komplexen, auf zwei Bezugsebenen entwickelten städtebaulichen Vorgaben des Masterplans wurden allerdings im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan von 1995 nicht umgesetzt. Insbesondere Lage, Form und Höhe der geplanten Bürotürme blieben weitgehend offen, um den Investoren keine zu weitreichenden Vorgaben zu machen (Seiß 2007: 20). Unter Federführung des Vorstandsdirektors Thomas Jakoubek wurden von der privaten Entwicklungsgesellschaft WED seitdem insgesamt sechs Bürotürme bzw. Bürobauten errichtet (Tabelle 8; Abb. 6). Alle wurden bereits an Endinvestoren verkauft. Tabelle 8: Bürobauten der Donau City Projekte
Büronutzfläche (m²)
Geschosse
Architekt
Fertigstellung
Andromeda Tower
17.400
22
Holzbauer
1998
Ares Tower
29.000
26
Neumann
2001
Tech Gate
15.000
7
Holzbauer/Frank
2001
Strabag Haus
26.000
12
Hoffmann
2003
Saturn Tower
33.000
33
Neumann/Hollein
2004
Tech Gate Tower
12.300
19
Holzbauer/Frank
2005
35.000 und 20.000
60 und 46
In Planung DC Tower 1 und 2
Perrault mit Hoffmann/Lanz
2010 bis 2013
Abb. 6: Donau City
159
DIE VORGESTELLTE STADT
Der Ares Tower und der Andromeda Tower gingen an den österreichischen Investor Karl Wlaschek, der Saturn Tower an die US-basierte Citigroup (im Paket mit dem T-Center im 3. Bezirk) und das Tech-Gate befindet sich im Besitz der Wiener Städtischen Versicherung, der Stadt Wien und des Bundes. Die einstmals angestrebte Ansiedelung hochrangiger Bildungs- und Kultureinrichtungen wie Universitäten oder Museen in der Donau City wurde bislang nicht realisiert. Auch die Qualität der öffentlichen Räume ist bis jetzt weit unter den Erwartungen geblieben (für eine ausführliche Kritik siehe ebenfalls Seiß 2007). Die Entwicklung der Bürotürme spiegelt die zunehmende Profitorientierung des Developers und die gleichzeitige Verwässerung des ursprünglichen städtebaulichen Konzepts wider. Hatte der 1998 fertiggestellte Andromeda Tower noch eine Höhe von 22 Geschossen und eine Nutzfläche von 17.400 m², kommt der 2001 fertiggestellte Ares Tower schon auf 29.000 m² bei 26 Geschossen und der 2004 fertiggestellte Saturn Tower auf 33.000 m² Bürofläche bei 33 Geschossen. Im Interview bestätigte der im Büro Holzbauer für den Andromeda Tower verantwortliche Projektarchitekt, dass man diesen heute sicherlich auch wesentlich höher bauen würde (Interview A2). Die im Masterplan der Donau City ursprünglich vorgesehenen Kubaturen und Höhenbeschränkungen wurden damit längst außer Kraft gesetzt. Derzeit befinden sich zwei weitere Türme in Planung, die das Projekt vervollständigen sollen. Die beiden Zwillingstürme der DC Towers nach einem Entwurf des französischen Architekten Dominique Perrault in Zusammenarbeit mit den Wiener Architekten Hoffmann und Lanz sollen mit 160 und 200 Metern Höhe die bisherigen Bauten noch einmal deutlich überragen und rund 55.000 m² an Bürofläche bieten (Abb. 7). Abb. 7: Donau City mit geplanten DC Towers von Dominique Perrault
Die architektonische Gestaltung der einzelnen Bauteile nahm bisher keinen hohen Stellenwert ein. Die Bauten wurden im Wesentlichen von der WED selber entwickelt und konzipiert (Interview I1). Zum Teil wurden dabei auch die Grundrisse mit Erschließungen, Stiegenhäusern und Ähn160
BÜROBAUTEN IN W IEN
lichem vorgegeben. Den beauftragten Architekten kam nur noch die Aufgabe oberflächlicher Gestaltung, das „streamlinen“, zu. Als Richtwert wurde angesetzt, dass 75 bis 80 % der Bruttogeschossfläche vermietbar sein müssen (ebd.). Die Architekten wurden jeweils direkt beauftragt, öffentliche Wettbewerbe oder formalisierte Gutachterverfahren wurden nicht durchgeführt. Bisher gingen die Aufträge nur an österreichische Architekten, mit Dominique Perrault wurde für die geplanten DC Towers nun erstmals ein ausländischer Architekt beauftragt. Die Auswahl der Architekten erfolgte zum Teil aufgrund von informellen Absprachen, zum Teil auf Basis von internen Gutachten. Die Wirtschaftlichkeit und optimale Vermietbarkeit der Flächen waren die zentralen Anforderungen an die Architektur der Bürobauten in der Donau City. Gestalterische Mittel wurden gezielt eingesetzt, um eine Differenzierung der Mieten zu erzielen. Im Falle des Saturn Towers gingen zum Beispiel der auskragende Kubus und das aufgesetzte Flugdach auf die Zielsetzung zurück, die obersten Geschosse gestalterisch aufzuwerten, um dort Höchstmieten zu erzielen („Der Würfel kostet nicht viel, bringt aber mehr Miete“; ebd.). Abgesehen von diesen begrenzten gestalterischen Extras hat die oben angesprochene Tendenz zur Risikominimierung auch die Entwicklung der Bürobauten der Donau City bestimmt. Die architektonische Gestaltung der Bauten ist wenig markant, ästhetische oder typologische Experimente wurden vermieden. Die funktionale Aufteilung zwischen Sockel- und Regelgeschossen ist konventionell, öffentliche Nutzungen wurden in die Obergeschosse, bis auf die so genannten Eventlocations „Wolke 19“ im Ares Tower und „Wolke 21“ im Saturn Tower, nicht integriert. Dazu kommt, dass die Bauten als Ensemble nicht funktionieren. Sie sind formal nicht aufeinander bezogen und ihre Positionierung zueinander bzw. zur Wasserkante ist städtebaulich wenig überzeugend (vgl. Seiß 2007). Von Seiten der WED wird diese Orientierung an konventionellen Lösungen auch explizit bestätigt und mit dem Argument der Rentabilität begründet („Extreme Formen funktionieren nicht … und wenn, dann muss klar sein, dass man dabei draufzahlt“, Interview I1). Mit dem Entwurf des französischen Architekten Dominique Perrault für die beiden in Planung befindlichen DC Towers hat sich die Strategie der WED nun aber offensichtlich geändert. Explizites Ziel ist es, mit den DC Towers die „Höhepunkte der Bebauung der VIENNA DC“ (WED 2008) und „ebenso bedeutende wie beeindruckende Landmarks“ (ebd.) zu schaffen – ein Anspruch, den die bisherigen Bauten nicht erfüllen konnten. Die erstmalige Verpflichtung eines bekannten ausländischen Architekten für die Donau City reflektiert auch den Wunsch, der Donau City und dem modernen Wien das ultimative Wahrzeichen zu geben und 161
DIE VORGESTELLTE STADT
vom prominenten Namen des Architekten zu profitieren – die Donau City soll endlich unverwechselbar werden. Ob dies gelingt, ist offen. Die bisher veröffentlichten Visualisierungen der geplanten Türme geben noch wenig Aufschluss über deren architektonische Qualität. Nur die alles überragende Höhe der geplanten DC Towers kann jedenfalls kaum als Alleinstellungsmerkmal dienen. Dazu gibt es weltweit zu viele derartige Projekte.
Vienna Twin Tower Die beiden Türme des 2001 fertiggestellten Vienna Twin Tower zeigen, wie innerhalb des Rahmens eines für den Markt konzipierten Büroprojektes architektonische Ansprüche umzusetzen sind. Das Beispiel macht aber auch deutlich, welche Kompromisse dabei eingegangen werden müssen und wie widersprüchlich das Ergebnis dadurch letztlich bleibt. Das ehemalige Ziegeleigelände der Wienerberger AG, einem der weltweit größten Ziegelhersteller, an der südlichen Stadtgrenze Wiens sollte profitabel verwertet werden. Mit dem Bürokomplex des Business Park Vienna machte man Anfang der 1990er-Jahre den Anfang. Nach dessen erfolgreicher Verwertung durch den Verkauf an die österreichische Immofinanz AG wurde im zweiten Schritt ein städtebaulicher Wettbewerb für das übrige Areal ausgeschrieben, den der italienische Architekt Massimiliano Fuksas mit seinem Masterplan für sich entscheiden konnte. Für das im Masterplan vorgesehene Doppelhochhaus, den Twin Tower, wurde in einer zweiten Wettbewerbsstufe schließlich ebenfalls der Entwurf von Fuksas zur Realisierung ausgewählt. Das gesamte Projekt der Wienerberg City umfasst heute außer dem Twin Tower auch Gastronomie- und Geschäftsflächen, ein Kino-Center sowie einen Wohnpark mit Schule und Kindergarten. Die zwei schräg zueinander stehenden Türme des Twin Towers stellen, wie von Architekturkritikern mehrfach bestätigt, mit ihrer geschosshohen Verglasung und einprägsamen Transparenz sowie den aus der Stellung der beiden Baukörper bedingten wechselnden Ansichten bisher sicherlich das gelungenste Beispiel von Hochhausarchitektur in Wien dar (Abb. 8). Für die Realisierung des Projektes und die architektonische Qualität des Twin Towers war neben der Arbeit des Architekten Fuksas die Konstellation der beteiligten Akteure entscheidend. Auf der Seite der Stadt setzte sich der damalige Wiener Planungsstadtrat Hannes Swoboda von Anfang an für das Projekt ein. Die Vorgaben der Stadt waren zum einen die verpflichtende Ausrichtung eines gestalterischen Wettbewerbs und zum anderen die klare Bevorzugung eines Hochhauses für diesen Standort als „Eingangszeichen für Wien“ (Interview U1). Die Wettbe162
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werbe wurden von der Wienerberger AG und der Stadt Wien gemeinsam vorbereitet. Die Auswahl der geladenen Büros erfolgte durch Vorschläge von beiden Seiten. Der Wiener Planungsstadtrat Swoboda saß mit in der Jury des Wettbewerbs und die schließlich getroffene Entscheidung für Fuksas ging letztlich auf seinen Vorschlag zurück (ebd.). Abb. 8: Vienna Twin Tower (Wienerberg City)
Auf Seiten der Wienerberger AG war der jetzige Vorstandsvorsitzende und damals im Vorstand für Immobilien zuständige Wolfgang Reithofer maßgeblich an der Entwicklung des Projektes beteiligt. Durch sein persönliches Engagement für Fragen architektonischer Gestaltung trug er wegweisend zur Umsetzung des Projektes bei. Explizites Ziel war es, einen „Bürobau auf hohem Niveau, kein Klasse B Gebäude“ zu errichten (ebd.). Offenheit und Transparenz waren zentrale Kriterien des Entwurfes. So war die geschosshohe Glasfassade mit einem über die gesamte Raumhöhe gegebenen Ein- und Ausblick eine explizite Vorgabe der Wienerberger AG. Auch großzügige Raumhöhen konnten durchgesetzt werden. Mit 3,65 Metern ist die Bruttogeschosshöhe des Twin Towers zum Beispiel wesentlich höher als jene des zeitgleich errichteten und ökonomisch auf das Äußerste ausgereizten Millennium Towers mit 2,80 Metern. Die Entscheidung zur Errichtung eines Hochhauses war nach Aussage der Wienerberger AG sowohl ökonomisch (die Nutzfläche sollte maximiert werden, um den Liegenschaftswert zu vergrößern) als auch städtebaulich (man hielt ein „Signal an der Stadtrandkante“ für angebracht) bedingt (ebd.). Zugeständnisse an die Verwertbarkeit mussten auch beim Twin Tower gemacht werden. Als im Zuge der Projektentwicklung die Immo163
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finanz AG als Investor einstieg, wurde gegen den Widerstand der Architekten die geplante Doppelfassade eliminiert, um den vorgesehenen Abstand zwischen den Glasscheiben als Nettonutzfläche zu gewinnen und gleichzeitig Kosten zu sparen (Interview A1). Diese Entscheidung führte nach der Fertigstellung zu Mängeln bei der Haustechnik und Klimatisierung, die schließlich durch eine teure Nachrüstung der Fassade mit einer dritten Innenscheibe behoben werden mussten. Nach dem Einstieg der Immofinanz AG wurden auch die Bruttogeschossflächen beider Türme auf das pro Brandabschnitt mögliche Maximum von 1000 m² erhöht und die Lage der Stiegenhäuser verändert, um Fensterachsen und damit vermietbare Bürofläche zu gewinnen (ebd.). Abb. 9: Wohnpark Wienerberg City
Hauptkritikpunkte am Projekt der Wienerberg City insgesamt bleiben jedoch städtebauliche Aspekte, wie zum Beispiel der vielfach kritisierte fehlende Anschluss an den hochrangigen öffentlichen Verkehr. Desweiteren stellen die unverhältnismäßig hohe Bebauungsdichte des gesamten Areals und die mangelnde Qualität der Freiräume große Mankos der Wienerberg City dar (Abb. 9). Bei der Bebauung des Wohnparks der Wienerberg City wurde das Spannungsverhältnis zwischen gestalterischem Anspruch und Verwertbarkeit noch deutlicher als beim Twin Tower. Auf Druck der privaten Bauträger wurden hier die vorgesehenen Höhen und Kubaturen der Wohntürme deutlich überschritten. Auch die vom Architekten Fuksas vorgesehene übergreifende Planung der Freiflächen, die eine gemeinsame Garage vorgesehen hätte, konnte nicht realisiert werden. Stattdessen übernahm jeder Wohnungsbauträger die Verantwortung für das eigene Grundstück. Dies hatte beispielsweise zur 164
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Folge, dass jedes Grundstück nun eine eigene Garagenein- und -ausfahrt besitzt, womit die knappen Freiräume zusätzlich beschnitten werden. Schließlich wurde auch die Förderung des sozialen Wohnungsbaus in der Wienerberg City durch die Stadt Wien als verdeckte Subvention kritisiert, die entscheidend zur Realisierung des Projektes beitrug – eine Praxis, die auch bei der Donau City und beim Millennium Tower zur Anwendung kam.
Millennium Tower Der zeitgleich zum Twin Tower entstandene Millennium Tower ist das in Wien wohl bislang immer noch einprägsamste Beispiel für die Ausrichtung eines Immobilienprojektes an ökonomischen Verwertungskriterien und den damit einhergehenden Druck auf Architekturschaffende, Planungsbüros und ausführende Firmen. Der derzeit höchste Büroturm Österreichs wurde auf einem Grundstück in der Nähe der Handelskais im 20. Wiener Gemeindebezirk errichtet, das schon in den frühen 1990er-Jahren als Standort für die Zentrale des österreichischen ÖMVKonzerns vorgesehen war. Schon damals war von der Stadt Wien die Genehmigung für ein Hochhaus von 120 Metern Höhe an diesem Standort erteilt worden. Die Bebauungsbestimmungen waren entsprechend geändert worden. Die ÖMV nahm von diesen Plänen jedoch letztlich Abstand und das Grundstück wurde an Stumpf Immobilien, einen der größten Immobilienbesitzer Wiens, verkauft. Georg Stumpf, der Sohn des Firmengründers Georg Stumpf Senior, beauftragte daraufhin die in Wien ansässigen Architekten Podrecca, Weber und Peichl mit der Neuplanung eines Büroflächen, Wohnungen und ein Einkaufszentrum umfassenden Komplexes. Ausschlaggebend für die Auftragsvergabe waren sowohl bestehende persönliche Kontakte als auch die Kalkulation, über die Kontakte und Netzwerke der in Wien etablierten Architekten Vorteile bei den Behördenverhandlungen zu erzielen (Interview I5). Architekt Gustav Peichl und Partner lieferten den Entwurf und die Leitdetails. Die Ausführungsplanung und die örtliche Bauaufsicht wurden vom Wiener Planungsbüro ATP (Achhammer, Tritthart & Partner) durchgeführt. Nach Fertigstellung im Jahr 1999 wurden der Millennium Tower und die zugehörige Millennium City im Jahr 2003 für 320 Millionen Euro an einen institutionellen Investor, die deutsche MPC Capital Vermittlung GmbH, verkauft. Der Reingewinn aus dem Projekt betrug damit rund 170 Millionen Euro (ebd.). Die immense Profitabilität des Millennium Towers lässt sich mit der weitrei-
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chenden Ausrichtung des Baus an Verwertungskriterien27 sowie der absoluten Minimierung der Herstellungskosten begründen. Diese Kostenminimierung wurde zu einem beträchtlichen Teil auch durch gerichtliche Verfahren erreicht, in denen der Bauherr Stumpf mit am Bau beteiligten Firmen prozessierte. Die Entscheidung, die Höhe des Büroturms zu maximieren, war ökonomisch bedingt. Es sollte soviel verwertbare Nutzfläche wie möglich geschaffen werden. Gleichzeitig wurden der Titel des höchsten Gebäudes in Österreich, die damit gegebene Fernsicht aus den Büroräumen sowie die aufgrund der Höhe herausragende Position des Baus vom Bauherrn als zentrale Vorteile für die Vermietung der Flächen betrachtet. Abb. 10: Millennium Tower Wien
Stumpf griff als Bauherr massiv in die Planung und Umsetzung des Projektes ein und übte massiven Druck auf Planer und ausführende Firmen aus (Interview A5). Zwischen ihm und den Architekten gab es eine Reihe von strittigen Punkten, bei denen den Gestaltungsvorschlägen der Architekten auf der einen Seite der Druck zur Kostenminimierung auf der anderen Seite entgegenstand. Der Vorentwurf sah beispielsweise die Positionierung des Bürohochhauses inmitten des Einkaufszentrums vor.
27 Das zugrunde gelegte Verhältnis von Bruttofläche pro Mitarbeiter betrug 12 bis 15 m²/Person. 166
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Bei der Entwurfsplanung verlangte Stumpf im Sinne der besseren Verwertbarkeit dann eine Änderung des Konzepts. Danach hätte der Turm vom Einkaufszentrum getrennt werden sollen, um zuerst das Einkaufszentrum bauen und verwerten zu können. Nach einer Auseinandersetzung zwischen den Architekten und dem Bauherren, die fast zum Auftragsabbruch geführt hätte, akzeptierte Stumpf schließlich den bestehenden Entwurf – nicht zuletzt, weil die Architekten von der Stadt Wien unterstützt wurden (ebd.). Andere Auseinandersetzungen entzündeten sich an dem von den Architekten vorgesehenen Einzug über zwei Geschosse, der den oberen und unteren Gebäudeteil klarer getrennt hätte. Dieser hätte einige 100 Quadratmeter an Bürofläche gekostet und wurde von Stumpf aus diesem Grund abgelehnt. Auch der Vorschlag einer zweischaligen Fassade mit öffenbaren Fenstern wurde vom Bauherren zu Gunsten einer weit billigeren Vorhangfassade mit Fixverglasung aus Kostengründen abgewiesen. Umgekehrt konnten die Architekten die in der Einreichplanung im oberen Gebäudeteil vorgesehenen Lamellen gegenüber Stumpf schließlich durchsetzen. Die Frage der architektonischen Qualität beurteilt einer der verantwortlichen Projektarchitekten dementsprechend nüchtern. Die Architekten hätten wohl immer für die Qualität der Gestaltung gekämpft, in vielen Punkten hätten sie sich aber nicht durchsetzen können. Dies wirke sich letztlich auch auf die Mieterzufriedenheit aus, die als nicht sehr hoch einzuschätzen sei (ebd.). Am Beispiel des Millennium Towers wird die Bedeutung der politischen Rückendeckung und der entsprechenden Netzwerke, die zur Realisierung eines derartigen Großprojektes notwendig sind, deutlich. So verstand es Bauherr Stumpf hervorragend, Kontakte zum Bezirk auszunutzen, um den Büroturm mit der Hilfe des bezirklichen Bauausschusses über die im Bebauungsplan genehmigte Höhe von 140 Metern hinaus auf eine Gesamthöhe von 202 Metern zu steigern (was bei der zuständigen Magistratsabteilung Stadtteilplanung und Flächennutzung für nachhaltige Verstimmung sorgte). Auch die Größe des Einkaufszentrums, das von der Wirtschaftskammer mit maximal 10.000 m² genehmigt worden war, konnte Stumpf über die nachträgliche Umwidmung des zweiten Geschosses durch den Bezirk ausdehnen, um die Rentabilität des Zentrums zu erhöhen. In der Baugenehmigung waren für dieses zweite Geschoss Dienstleistungsbetriebe wie Kindergarten, Post und ähnliches vorsehen gewesen. Die befragten Experten teilten die Einschätzung, dass ein Projekt wie der Millennium Tower in Wien kaum zu wiederholen sei. So sei die Sensibilität der Stadtpolitik gegenüber derartigen Developer-Projekten heute wesentlich höher als in den 1990er-Jahren. Dazu käme, dass die Absprache zwischen den verschiedenen Magistratsabtei167
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lungen und den Bezirksbehörden heute auch besser funktionieren würde, so dass sich diese heute nicht mehr wie im Falle des Millennium Towers gegeneinander ausspielen ließen (Interviews A5, I5).
T-Center St. Marx Das 2004 nach einem Entwurf des österreichischen Architektenteams Domenig, Eisenköck und Peyker fertiggestellte T-Center St. Marx im 3. Wiener Gemeindebezirk Erdberg stellt das markanteste Bürogebäude Wiens dar und zeigt, wie qualitativ hochwertige Architektur durchaus auch einen Mehrwert für Investorenprojekte bringen kann. Das Gebäude wurde nach der Übernahme des Mobilfunkunternehmens Max Mobil durch den deutschen T-Mobile-Konzern für das Tochterunternehmen TMobile Austria als Hauptsitz entwickelt. Der 60 Meter hohe, trotzdem aber horizontal ausgerichtete Bau in Sichtweite der Wiener Südosttangente, der meist befahrenen Wiener Stadtautobahn, besticht durch die skulpturale Verschränkung und teilweise spektakuläre Auskragung der einzelnen Baukörper (Abb. 11). Abb. 11: T-Center St. Marx
Mit seiner komplexen räumlichen Figur und der Durchwegung mit Treppen- und Rampenanlagen interpretiert es die Typologie des Bürogebäudes in neuartiger Weise und hat dafür Preise im In- und Ausland gewonnen, zum Beispiel den Otto-Wagner-Städtebaupreis 2004, den österreichischen Staatspreis für Architektur 2006 und den Bauherrenpreis 2006, vergeben von der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs. Auch bei diesem vergleichsweise ambitionierten und unternehmerisch riskanten Projekt spielte die Konstellation der an der Realisierung betei168
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ligten Personen eine entscheidende Rolle. Der damalige Vorsitzende der Geschäftsführung von Max Mobil bzw. T-Mobile Austria, Georg Pölzl, fungierte als engagierter Bauherr und verfügte bereits über persönliche Kontakte zu den direkt beauftragten Architekten. Das Büro Domenig, Eisenköck und Peyker wurde mit der Standortsuche für ein Headquarter im Raum Wien beauftragt, das die Zusammenführung der damals auf Wien und Graz verteilten Standorte von Max Mobil ermöglichen sollte. Nach der Einschränkung auf drei mögliche Standorte (Donau City, Twin Towers und Erdberg) wurde schließlich die Entscheidung für einen Neubau am Standort Erdberg getroffen. Vorgabe war die Errichtung als Investorenprojekt, das danach an einen Endinvestor verkauft werden sollte (Interview A4). Ausschlaggebend für diese Entscheidung war zum einen das Interesse der Stadt Wien als Vorbesitzerin des Grundstückes und insbesondere der Finanzstadträtin Brigitte Ederer, den Standort im 3. Bezirk aufzuwerten; zum anderen konnte mit der WED bzw. der Person des Geschäftsführers der WED, Thomas Jakoubek, ein Investor gefunden werden, der das Projekt mit entwickelte und das unternehmerische Risiko für die aufwändigen Vorleistungen mittrug (Jakoubek/Daschütz 2005). Unter der Leitung von Jakoubek als Geschäftsführer der als Tochterunternehmen der WED gegründeten Entwicklungsgesellschaft (mm Liegenschaftsbesitz GmbH) konnte eine Investorengruppe gefunden werden, die das Projekt finanzierte. Zu dieser gehörten die Bank Austria Creditanstalt AG, die Wiener Städtische Versicherung, die Raiffeisen Zentralbank sowie die Stadt Wien über die bereits erwähnte Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft, ein Tochterunternehmen der Wien Holding. Nach Fertigstellung wurde das T-Center gemeinsam mit dem Saturn Tower an die Citigroup verkauft. Für den Einstieg der WED in die Entwicklung des Projektes war entscheidend, dass T-Mobile Austria als Hauptmieter bereits 90 % der Fläche langfristig anmieten wollte (üblich ist bei konventionellen Büroimmobilien eine Vorvermietung von 30 %). Durch diese Ausrichtung an einem Nutzer birgt das T-Center für den Endinvestor allerdings auch das Risiko einer schwierigen Nachnutzung. Aufgrund der speziellen Anforderungen der Mobilfunkbranche (u.a. ist im Untergeschoss auf 8.000 m² ein Rechenzentrum installiert) sowie der auf die T-Mobile Austria zugeschnittenen Raumaufteilung (aufgrund der großen Abteilungen und oftmaligen organisatorischen Umschichtungen war eine ebene Anordnung notwendig) ist die Nutzung des Gebäudes für potenzielle Nachmieter problematisch. Dass eine derart unkonventionelle architektonische Lösung trotzdem realisiert werden konnte, ist letztlich mehreren Faktoren zu verdanken. 169
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Eine Voraussetzung war die Identifikation des Bauherren in Person des Vorstandsvorsitzenden Pölzl mit dem Projekt. Dieser brachte nach Einschätzung des Projektleiters viel Verständnis für architektonische Notwendigkeiten auf und verhinderte, dass wesentliche Elemente der Gestaltung, wie beispielsweise die Fassade, „totgespart“ wurden (Interview A4). Neben dem Engagement der Schlüsselpersonen Pölzl und Jakoubek sowie der politischen Unterstützung durch die Stadt war aber auch der Zeitpunkt des Baus von großer Bedeutung. Als die Entscheidung für den Bau getroffen worden ist, wurde der Mobilfunkbranche eine weit bessere Entwicklung prognostiziert, als sie dann tatsächlich eintrat. Dazu kam, dass sich die Bauwirtschaft im Abschwung befand und Überkapazitäten vorhanden waren. Dadurch konnte günstiger gebaut werden, als es heute möglich wäre. Infolge der Vorvermietung entstanden auch keine Kosten für Leerstände, so dass der finanzielle Spielraum für die Architekten erhöht wurde (ebd.). Ausschlaggebend waren letztlich aber die Prägnanz der architektonischen Gestaltung und die Überzeugungsarbeit der Architekten. Nach der Übernahme des Mobilfunkunternehmens Max Mobil hatte die Deutsche Telekom das Projekt zunächst in Frage gestellt. Der Standort Österreich hatte für den in Fragen der Architektur konservativen Konzern, der Projekte bevorzugt über die hauseigene Bauabteilung abwickelt, keine Priorität. Nach einer konzerninternen Diskussion gaben erst der aufgrund der Architektur erwartete Marketingeffekt und die Werbewirksamkeit des Gebäudes in Sichtweite des mit 400.000 Pkw pro Tag meist befahrenen Autobahnabschnitts Österreichs den Ausschlag für die Realisierung (ebd.). Trotz der erfolgreichen Fertigstellung und Verwertung des Projektes gibt es Nachteile, die den Widerspruch zwischen dem gestalterischen bzw. städtebaulichen Anspruch und den Kriterien der Renditemaximierung offenbaren. So ist die vor allem von der Stadt angestrebte funktionale Durchmischung, zum Beispiel in Form eines Hotels in einem der Bauteile, nicht umgesetzt worden. Als der Platzbedarf von T-Mobile sich als geringer erwies als erwartet, wurde diese Fläche an T-Systems, ebenfalls ein Tochterunternehmen der Deutschen Telekom, vermietet. Auch die Nutzung des Sockelbereichs bleibt aus stadträumlicher Sicht unbefriedigend. Hier gibt es hohe Leerstände, einzig die gastronomischen Einrichtungen funktionieren.
Euro Plaza Das Euro Plaza wurde seit 2002 in vier Baustufen als Bürocampus auf den ehemaligen Industriegründen des Elektronik- und Kommunikationstechnik-Konzerns Kapsch errichtet, welcher an diesem Standort seit 170
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1912 ansässig war. Mit derzeit (Stand 2010) in Summe rund 130.000 m² vermietbarer Bürofläche28 stellt es das größte einheitlich entwickelte Büroprojekt Wiens dar und bietet praktisch ebensoviel Bürofläche wie die Donau City. Weitere Baustufen waren 2010 in Planung. Nach dem Endausbau bis 2013 sollen rund 200.000 m² an Büronutzfläche zur Verfügung stehen. Entwicklung, Projektsteuerung und Finanzierung des Projektes erfolgten durch die Strauss & Partner Immobilien GmbH unter der Leitung des Geschäftsführers Karl-Heinz Strauss. Die eine Hälfte der Bauteile wird an Endinvestoren verkauft (bisher die RREEF Investment GmbH, eine Tochter der Deutschen Bank sowie Immobilientöchter von Raiffeisen und Bank Austria), die andere Hälfte verbleibt beim Auftraggeber, der Kapsch Immobilien GmbH. Erste Studien zur Entwicklung des insgesamt etwa 70.000 m² großen Grundstücks wurden als Direktauftrag von Kapsch an die Strauss & Partner Immobilien GmbH vergeben. Schon in diesen ersten Studien ging man von einer campusartigen Anlage aus. Strauss & Partner lieferten anschließend mehrere Studien für die architektonische Gestaltung, auf deren Basis die Entscheidung für das Architekturbüro Neumann fiel. Auf der Grundlage eines Verkehrskonzepts wurden vom Developer die Gebäudekonfiguration und die Reihenfolge der Bauteile festgelegt. Gemeinsam mit dem Architekturbüro Neumann wurden dann Rastermaße, Raumausstattung, Sicherheitskonzepte, Haustechnik, Fassadenbilder und Raumhöhen entwickelt (Interview I4). Die architektonische Gestaltung der Bauteile sollte „zeitlos elegant“ und „internationalen Vorbildern“ entsprechend ausfallen. Die Bauten sollten „offen, hell, modern“ wirken (ebd.). Die Vorgaben an die Architekten bezüglich der Materialgebung sahen dementsprechend keinen Stein und keinen Putz vor, dafür aber viel Glas. Auf einen Imagefaktor und einen Vorteil der Flächenmaximierung durch einen Büroturm bzw. einen erhöhten Bauteil wurde vom Developer in Absprache mit der Stadt (Bezirk, Stadtrat und Planungsabteilung) und den Architekten bewusst verzichtet (Abb. 12). Man wollte keine der Baustufen herausheben, um „keine 2-Klassen-Gesellschaft“ zu schaffen (ebd.). Die „Gleichwertigkeit der Bauteile“ war wichtiger (Interview A3). Wert gelegt wurde auf repräsentative, hohe Eingänge und Foyers, effiziente Grundrisse sowie die Ausstattung und Infrastruktur der Bauten. In der Haustechnik orientierte man sich an deutschen Projekten. Ziel war es, „die beste Ausstattung im Wiener Raum“ zu bieten (Interview I4). Die Gestaltung sollte
28 Inklusive der benachbarten Bürohäuser Wagenseilgasse 5-7, Wienerbergstraße 51 und Wagenseilgasse 14. 171
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höchstmögliche Flexibilität gewährleisten, dabei aber unaufdringlich und neutral wirken. Tatsächlich liegt die haustechnische Ausstattung der Büroräumlichkeiten mit Doppelböden, abgehängten Decken, raumhohen Türen sowie außenliegendem Sonnenschutz, Kühlbalken, nachjustierbarer Be- und Entlüftung und öffenbaren Fenstern auf hohem Niveau. Gleichzeitig wurde durch Optimierung der Grundrisse und die Kombination von Trennwandsystemen eine hohe Flexibilität in der Raumaufteilung erreicht. Das Erdgeschoss ist überhöht und bietet Raum für ergänzende Funktionen wie Veranstaltungs- und Konferenzräumlichkeiten. Abb. 12: Euro Plaza Wien-Meidling
Diese hochwertige Ausstattung in Verbindung mit dem professionellen Facility-Management und der guten Verkehrsanbindung haben das Euro Plaza zum erfolgreichsten Bürostandort Wiens gemacht. Es gibt im Gegensatz zu den Bürotürmen praktisch keinen Leerstand und der Anteil internationaler, prestigeträchtiger Mieter, wie zum Beispiel Microsoft, Hewlett Packard, Danone oder L’Oreal, ist so hoch wie in keinem anderen Projekt (vgl. Anhang, Übersicht 3). Allerdings sei für diese Ansiedlung internationaler Unternehmen, dem Developer zufolge, das Standortmarketing der Stadt Wien nicht von Bedeutung gewesen (Interview I4). Die Mieter kamen größtenteils von anderen Standorten innerhalb Wiens ins Euro Plaza.
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UNIQA Tower Der UNIQA Tower liegt am Donaukanal gegenüber der Inneren Stadt, dem 1. Wiener Gemeindebezirk, und ist ähnlich wie das T-Center ein Projekt, bei dem der Bauherr ganz bewusst auf den Werbeeffekt der Architektur setzt. Nach der Fusion der beiden österreichischen Versicherungsunternehmen Austria Collegialität und Bundesländer Raiffeisenversicherung wurde im Jahr 1999 die Marke UNIQA eingeführt. Abb. 13: UNIQA Tower am Wiener Donaukanal
Das Gebäude wurde als neuer Hauptsitz der Generaldirektion konzipiert, um die bislang an mehreren Standorten verteilten Abteilungen zusammenzuführen. Vorher waren alle verfügbaren Möglichkeiten der Einmietung in bestehende Objekte, beispielsweise in die Bauten der Donau City oder den Millennium Tower, geprüft worden. Nach der Entscheidung, sich „nicht in anonymer Büroarchitektur einzumieten“ (UNIQA o. D.: 59) und stattdessen einen eigenen Neubau in prominenter Lage zu errichten, wurde ein geladener Wettbewerb ausgeschrieben. Das dafür vorgesehene Grundstück befand sich bereits im Besitz der UNIQA. Die Austria Collegialität hatte in den Jahren zuvor die Wohnhäuser des Blocks im Czerninviertel im 2. Bezirk sukzessive aufgekauft. Am Wett173
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bewerb nahmen neben österreichischen Architekten wie Peichl, Holzbauer und Richter auch die internationalen Architekten Feichtinger und Grimshaw teil. Nicht zuletzt aufgrund der markanten Grundform des Büroturms, dem abstrahierten UNIQA Logo, wurde schließlich der Entwurf des österreichischen Büros Neumann ausgewählt. Die Entscheidung für einen Büroturm war dabei unumstritten: Alle auf den ersten Plätzen geführten Entwürfe sahen Türme vor. Der UNIQA Tower ist ein markantes und von der Innenstadt aus hoch sichtbares Gebäude an der Kante des Donaukanals, der die Innenstadt vom 2. Bezirk trennt. Seine städtebauliche Geste und die architektonische Durchgestaltung sind allerdings nicht unumstritten. Kritik wurde unter anderem an der Massivität des Entwurfs und der dominanten Form des sich öffnenden elliptischen Zylinders, an der Beschneidung des Straßenraumes durch die ausgestellten Betonstützen sowie an der versprochenen, aber nicht eingelösten öffentlichen Nutzung des Erdgeschosses geübt (z.B. Tabor 2004). Unbestritten ist jedoch, dass Architekt Neumann sein Konzept in hohem Maß umsetzen konnte. Für die formale Gestaltung, die Auswahl der Materialien, die Haustechnik und die konstruktive Ausführung wurde ein hoher technischer und finanzieller Aufwand in Kauf genommen. Der UNIQA Tower gehört damit zu den teuersten Bürobauten Wiens. Im Gegensatz zum Twin Tower wurde zum Beispiel die teure zweischalige Glasfassade, die rund ein Fünftel der gesamten Baukosten ausmachte, tatsächlich realisiert (Interview U2). Wie beim T-Center waren für die Gestaltungsfreiheit des Architekten auch beim UNIQA Tower das Engagement und die hohe Identifikation des Bauherren entscheidend und auch in diesem Fall lässt sich dies an Einzelpersonen festmachen. Der Vorsitzende der UNIQA Immobilienprojekterrichtungsgesellschaft, Herbert Schimetschek, fungierte als zentrale Ansprechperson für die Architekten. Er steuerte das Projekt maßgeblich und zeichnete auch für die Auswahl der zum Wettbewerb eingeladenen Architekten verantwortlich. Sein Interesse und seine Offenheit gegenüber den Architekten, aber auch seine Erfahrung mit Bauprojekten waren nach Einschätzung der befragten Experten auf Seiten des Unternehmens und der Architekten ausschlaggebend für die Durchsetzung vieler Gestaltungsvorschläge (Interviews U2, A3). Neben Schimetschek war Christian Konrad, Präsident des UNIQA-Aufsichtsrates sowie Aufsichtsratspräsident der Raiffeisen Zentralbank als Miteigentümerin der UNIQA, der zweite zentrale Entscheidungsträger. Eine Rolle für das Verständnis des Bauherren für Gestaltungsfragen dürfte auch die Erfahrung der UNIQA in der Immobilienverwaltung gespielt haben. Durch die hauseigene Immobilienabteilung, welche die im Besitz befindlichen etwa 300 Objekte mit rund 800.000 m² an vermiete174
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ter Bürofläche verwaltet, hatte die UNIQA im Vergleich mit anderen institutionellen Investoren hier vergleichsweise große Erfahrung. Die Vorgabe des Bauherren an die Architekten war klar. Der Büroturm sollte ein sichtbares „Zeichen“ setzen, eine „Landmark“ darstellen und die Corporate Identity des Unternehmens transportieren (Interview U2). Die zentrale Anforderung war „die Berücksichtigung der Markenwerte der UNIQA – Offenheit, Flexibilität, Dynamik und Zukunftsorientierung –, die von den besten Planern direkt in Architektur umgesetzt werden sollten“ (UNIQA, o. D.: 30). Die erforderliche Hochhauswidmung für das Grundstück und die maximale Höhe des Turms wurden schon in der Vorbereitung des Wettbewerbs auf höchster Ebene zwischen den Eigentümern und der Stadt abgesprochen. Darüber hinaus waren Stadt und Bezirk früh in das Projekt eingebunden und auch in der Jury vertreten. Dem Unternehmen zufolge ist die beabsichtigte Imagewirkung des Gebäudes jedenfalls gelungen; „die Gäste glauben, das ist ein Weltkonzern“ (Interview U2). Unzweifelhaft bietet der UNIQA Tower Arbeitsplätze mit hoher Qualität. Mit dem Open-space-Konzept sowie der hochwertigen Ausstattung der Büroräume und der ergänzenden Einrichtungen wie Foyer, Restaurant oder Fitnesscenter wurde hier eine privilegierte Arbeitssituation geschaffen.
4.3.3 Anforderungen an die Architektur Die Fallbeispiele zeigen, dass es neben dem Bürogebäude wohl kaum einen Gebäudetypus gibt, bei dem Kosten- und Effizienzkriterien gegenüber architektonischen Fragen so stark abgewogen werden. Dies hat mehrere Ursachen. Erstens sind, wie im ersten Kapitel bereits angesprochen, Büromärkte generell die dynamischsten Immobilienmärkte (und zudem, wie auch in Wien, öfter Mieter- als Anbietermärkte). Das erhöht den Konkurrenzdruck und macht die Mieterzufriedenheit zu einem entscheidenden Kriterium. Des Weiteren bewirken der beschleunigte technologische Wandel sowie die Umbrüche in Unternehmensorganisationen und Arbeitskulturen, dass sich auch die Anforderungen an Bürobauten vergleichsweise rasch ändern. Außerdem haben durch den höheren haustechnischen und personellen Aufwand für das Betreiben der Gebäude die Betriebskosten und das Facility-Management entscheidend an Bedeutung gewonnen (Interview D4). Schließlich sind auch das Ausmaß des institutionellen Investments und damit die Renditeorientierung in keinem anderen Segment des Immobilienmarktes so hoch wie bei Büroimmobilien (vgl. Kapitel 2.2.1). Es ist deutlich geworden, dass die Abwägung von Kosten- und Effizienzkriterien gegenüber Gestaltungsfragen zu völlig gegensätzlichen 175
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Ergebnissen führen kann und dass Verallgemeinerungen nicht möglich sind. Weder lassen sich Bürobauten pauschal als „Investorenarchitektur“ beschreiben, noch ist es die Regel, dass Architektur als Imageträger eingesetzt wird, um „Landmarks“ zu schaffen. Die Anforderungen, die aus Sicht der Projektentwicklung und der potenziellen Nutzer an die Architektur der Bürobauten gestellt werden, sind also höchst unterschiedlich. Auf der einen Seite wird Architektur, deren Ansprüche über die rein bautechnische Realisierbarkeit des Objektes hinausgehen, tatsächlich nur als Kostenfaktor begriffen. Dazu kommt, dass ästhetische Extravaganz, d.h. ein Abweichen vom Mainstream, das unternehmerische Risiko erhöht, weil die Reaktionen von potenziellen Mietern nicht abzuschätzen sind. Die Vermietbarkeit des Objektes kann dadurch schwerer oder sogar unmöglich gemacht werden. Auf der anderen Seite gibt es die Sichtweise, dass Architektur sehr wohl einen Mehrwert bietet oder sogar ein herausragendes Merkmal für einen Bürobau darstellen kann. Dies trifft zuallererst natürlich auf Projekte zu, die für die alleinige Nutzung durch ein vorher bekanntes Unternehmen gebaut werden, wie im Falle des T-Centers oder des UNIQA Towers. Die erhoffte Imagewirkung des Gebäudes kann ein ausschlaggebender Faktor für einen erhöhten Aufwand bei der architektonischen Gestaltung sein. Bei Objekten, die für den Markt und für vorher nicht bekannte Mieter entwickelt werden, können sich, dieser Sichtweise nach, Mehrkosten für Architektur ebenfalls rechnen. Weil sich die Standards der Büroausstattung nach dem Sprung in den 1990er-Jahren mittlerweile wieder angeglichen haben und, wie in den Kapiteln 2.2.1 und 2.3.3 beschrieben, insgesamt Standardisierungstendenzen überwiegen, kann Architektur dazu beitragen, sich von der Konkurrenz abzuheben und potenziellen Mietern „etwas Besonderes zu bieten“. Die Verringerung von Leerständen kann dann die Mehrkosten für die Gestaltung aufwiegen. Das Bürohochhaus bietet den Vorteil, allein schon aufgrund seiner Exponiertheit und Höhe eine Besonderheit darzustellen. Für eine bestimmte Nutzergruppe werden Büroflächen im Hochhaus daher als gut vermietbar erachtet, auch wenn Experten und Planer mittlerweile darin übereinstimmen, dass die Effizienz des Grundrisses und die räumliche Flexibilität bei Hochhäusern nicht optimal sind und diese etwa in einem Projekt wie dem Euro Plaza besser gelöst worden sind. Für Investoren bieten Bürotürme im Portfolio einen Reiz aufgrund des erhofften Imagegewinnes. Dabei besteht laut Expertenmeinung aber ein wesentlicher Unterschied hinsichtlich der ästhetischen Ansprüche zwischen geschlossenen Immobilienfonds für institutionelle Anleger auf der einen Seite und offenen, so genannten Publikumsfonds, die sich vor allem an Kleinanleger richten, auf der anderen Seite (Interviews I6, I7). 176
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Während erstere bei der Bewerbung ihrer Produkte auf Sachinformation setzen und ästhetische Aspekte untergeordnet sind, spielt für zweitere das Image eines Gebäudes eine viel wesentlichere Rolle. Um Kleinanleger zu gewinnen, werden Prospekte aufgelegt, die auch durch attraktive Fotos beeindrucken sollen. Hochhäuser können so trotz Mängeln in Wirtschaftlichkeit und Flächeneffizienz durch ihr Image bei Publikumsfonds wesentlich zum Erfolg beitragen und erhöhen damit die Attraktivität von Bürohochhäusern als Investitionsobjekte. Ob der Faktor Architektur im Immobiliendevelopment an Bedeutung gewonnen hat oder nicht, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Die Expertenmeinungen dazu sind zum Teil völlig konträr und die Beispiele zeigen, welchen unterschiedlichen Stellenwert die architektonische Gestaltung bei Büroimmobilien haben kann. Dabei liegen die offensichtlichen Meinungsunterschiede zum Teil wohl auch im unterschiedlichen Verständnis von Architektur und den Kriterien qualitativ hochwertiger Gestaltung begründet. Während die einen diese mit einer spektakulären Geste bzw. jedenfalls mit formaler Innovation verbinden, liegt für die anderen die Qualität der Architektur tatsächlich in ihrer Funktionalität und Neutralität, die nur durch sorgfältige Planung zu erreichen sind. Relevant für meine Frage nach Bürobauten als Bedeutungsträgern in der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten ist, dass trotz einzelner Ausnahmen das gestalterische Niveau der Wiener Bürobauten und vor allem der Hochhäuser insgesamt niedrig ist – ein Wiener Architekturkritiker bezeichnete die in Wien bislang erbauten Hochhäuser als „lauter missratene Stücke“ (Interview J6). Dies hat mit dem konstant niedrigen Mietniveau in Wien sowie der geringen Zahl echter Großmieter zu tun. Dadurch sind die Renditen und damit die Gewinnspannen eingeschränkt, was aufwändige Bauten schwieriger macht (Interviews J3, I7). Hauptgründe für die gestalterischen Defizite sind jedoch die mangelnde Effektivität von Planungsinstrumenten und Qualitätskontrollen sowie die in Wien wirksamen Netzwerke und informellen Absprachen, die den Bau von Bürogroßprojekten prägen. Weil Wien ein kleiner und in Bezug auf das Development geschlossener und von lokalen Akteuren dominierter Markt ist, wiegt die Bedeutung dieser informellen Netzwerke und persönlichen Kontakte noch stärker. Für die Auswahl der Architekten bedeutet dies, dass die Aufträge ebenfalls in hohem Maß über persönliche Vertrauensverhältnisse und informelle Netzwerke vergeben werden. Direktvergaben überwiegen bei weitem, geladene Wettbewerbe wurden nur bei wenigen Bürogroßprojekten durchgeführt. Aus den betrachteten Beispielen geht klar hervor, dass die Zusammensetzung handelnder Personen in ihrer Bedeutung für die Architektur nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Einzelne Entscheidungsträ177
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ger, die auf Seiten des Investors oder Developers in Schlüsselpositionen an der Entwicklung beteiligt sind und über Fachkenntnisse bzw. persönliches Interesse für Architektur verfügen, geben letztlich den Ausschlag für das Streben nach hoher architektonischer Qualität. Auch die politische Unterstützung hängt in hohem Maß vom Engagement einzelner Politiker ab, die aus persönlichen oder strategischen Gründen einzelne Projekte maßgeblich unterstützen (z.B. Twin Tower und Planungsstadtrat Swoboda, TownTown und Planungsstadtrat Schicker, T-Center und Stadträtin Ederer). Festzuhalten für die Untersuchung der öffentlichkeitswirksamen Darstellung der Büroarchitekturen ist des Weiteren die zwiespältige Rolle der Stadt Wien. Zu der erwähnten Unterstützung von Projekten durch einzelne Politiker kommt, dass die Stadt an vielen Projekten finanziell beteiligt ist. Sie tritt über in ihrem Besitz befindliche Unternehmen direkt als Investorin auf (T-Center, TownTown, Media Quarter Marx). Parallel dazu finanziert sie Projekte indirekt über die Bereitstellung von Infrastruktur (Donau City), über die Förderung des Wohnungsbaus bei gemischt genutzten Projekten (Wienerberg City, Millennium City und Donau City) oder über den Abschluss von Mietverträgen für kommunale Verwaltungseinheiten (TownTown, Media Tower). Dem stehen aber die offensichtlichen Mängel bzw. die strategische Zurückhaltung bei der Steuerung der Entwicklung gegenüber. Städtebauliche Mängel und Fehler wurden in Kauf genommen und Gegenleistungen für erfolgte Umwidmungen zu niedrig angesetzt. Interessant ist, dass die Präsentation der Bürobauten und vor allem Bürohochhäuser durch die Stadt diese Hintergründe völlig außer Acht lässt. Es wird, wie in der Diskussion der Text- und Bildanalyse zu sehen sein wird, eine Parallelwelt geschaffen, aus welcher sowohl die Kalküle, die den Büroprojekten zugrunde liegen, als auch die damit verbundenen Konflikte (wie im Fall des Millennium Towers) ausgeblendet werden. Private Investorenprojekte, wie die Wienerberg City, werden als Errungenschaften strategischer Stadtentwicklungspolitik dargestellt und Bilder der neuen Bürobauten breit eingesetzt, um diese Erfolge zu illustrieren.
4.4 Schlussbetrachtung In der Betrachtung der Rahmenbedingungen räumlicher Stadtentwicklung lassen sich drei wesentliche Veränderungen feststellen. Erstens zieht sich die Stadt als Bauherrin zurück, wenn Großprojekte über Public-Privat-Partnership-Modelle abgewickelt werden, zweitens werden Entscheidungsprozesse informalisiert und drittens wird der Zugang zu 178
BÜROBAUTEN IN W IEN
diesen Prozessen zunehmend exklusiver. Parallel dazu haben sich die konkreten Instrumente der Stadtplanung wenig geändert. Sowohl der Strategieplan von 2004 als auch der Stadtentwicklungsplan von 2005 dokumentieren den Versuch, strategischer und projektorientierter vorzugehen. Ob sie sich für die Steuerung räumlicher Entwicklung in Bezug auf die Errichtung von großen Büroimmobilien als effektiver als die vergangenen Stadtentwicklungspläne erweisen, bleibt jedoch fraglich. Jedenfalls werden durch die Projekte, die auf Initiative der Stadt bzw. ihrer ausgelagerten Organisationen entstehen, konkrete Fakten geschaffen, die auf das Büroflächenangebot und damit auf andere Projekte Einfluss haben. Gleichzeitig mit der Zunahme des Einflusses privater Akteure auf die Stadtentwicklung hat sich der Markt für Büro- aber auch für Wohnimmobilien internationalisiert und professionalisiert; trotz der Kleinheit des Marktes sind vor allem auf Investorenseite internationale Akteure vertreten. Dem steht aber die Geschlossenheit des Developmentmarktes gegenüber. Sowohl die Entwicklung der Immobilien als auch der überwiegende Teil der Planung werden von lokalen Developern und Planern gemacht. Der Blick auf die seit den frühen 1990er-Jahren in Wien realisierten Projekte zeigt, dass mit den ersten Bauten in der Zeit von 1990 bis 1993 ein Aufholprozess bei der Ausstattung mit technologisch und räumlich adäquaten Büroflächen anfing, der bis heute nicht abgeschlossen ist. Der Großteil der Nachfrage stammt bis heute aus dieser internen Umstrukturierung des Marktes und weniger aus Neuvermietungen an Unternehmen, die sich erstmals in Wien niederlassen. Der Schwerpunkt der Bautätigkeit hat sich dabei auf größere Projekte mit zumindest 10.000 m² Büronutzfläche verlagert. Die Zeit so genannter Mix-UseProjekte, wie zum Beispiel bei der Wienerberg City, der Millennium City und der Wiener Gasometer City, in der Büronutzung mit Wohnungsbau, Einkaufsflächen und Freizeitangeboten kombiniert wurden, ist aber tendenziell vorbei. Die räumliche Verteilung der Bürostandorte ist mehr von privaten Verwertungsinteressen und wechselnden Interessenkoalitionen zwischen Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft bestimmt als von übergeordneten Zielen der Raumplanung. Die Projekte sind im Stadtraum weit verteilt. Es gibt viele kleine Bürostandorte, die sich gegenseitig Konkurrenz machen. Zum Teil sind dabei gravierende städtebauliche Mängel zu verzeichnen. Trotzdem ist die Stadt nicht gewillt, die Entwicklung gezielter zu regulieren oder Gegenleistungen für erfolgte Umwidmungen auf verbindliche und transparente Weise zu regeln. Vermutlich würde dies den eigenen Handlungsspielraum für die direkte und in-
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DIE VORGESTELLTE STADT
direkte Beteiligung an Projekten einschränken und informelle Absprachen erschweren. Trotz der wechselnden Priorisierung unterschiedlicher Standorte durch die Stadt und des entsprechend oft wechselnden Fokus der Werbung und Öffentlichkeitsarbeit bleibt die City der prestigeträchtigste Standort mit den höchsten Mieten. Insbesondere die Bürotürme wiesen demgegenüber nach ihrer Errichtung oft lange hohe Leerstände auf. Die Stadt Wien und der Bund spielen als Mieter eine zunehmend wichtige Rolle. Sie trugen seit 2000 durch die Einmietung in die neuen Bürobauten erheblich zur Aufwertung bzw. überhaupt zur Realisierung von Projekten bei – was im Gegensatz zu dem Argument steht, dass die Bürobauten entscheidend zur Internationalisierung der Stadtwirtschaft und zur Ansiedelung internationaler Unternehmen beitragen. Tatsächlich spielt die Ansiedlung von Headquartern internationaler Unternehmen nur eine untergeordnete Rolle bei der Nachfrage nach Büroflächen. Umgekehrt stellt die Verfügbarkeit von Büroflächen kein entscheidendes Kriterium für Unternehmensansiedlungen und keinen Standortvorteil Wiens gegenüber anderen Städten in der Region (mehr) dar. Die Frage architektonischer Gestaltung wird bei Büroimmobilien in steigendem Maß gegenüber Kosten- und Effizienzkriterien abgewogen, wozu das verstärkte institutionelle Investment aufgrund von risikominimierenden Strategien ganz entscheidend beiträgt. Gleichzeitig sind das zielgruppenspezifische Marketing und die Medienarbeit auch für die Vermarktung von Bürobauten wichtiger geworden. Unternehmensrepräsentanzen, die tatsächlich von einzelnen bzw. für einzelne Unternehmen als Bauherren und Nutzer errichtet werden und bei denen der mit der Architektur verbundene Werbeeffekt einen entscheidenden Faktor darstellt, sind allerdings zunehmend die Ausnahme. Die oben diskutierten Fallbeispiele sind höchst gegensätzlich und zeigen, wie unterschiedlich die Frage der architektonischen Gestaltung bei der Entwicklung von Büroimmobilien gehandhabt wird. Klar festzustellen ist jedoch, dass es in Wien nur wenige wirklich markante Bauten gegenüber einer Vielzahl von durchschnittlichen Gebäuden gibt. Dabei ist in den Fällen, in denen ein hoher Anspruch an die Architektur gestellt wird, dies immer auf den Einfluss einzelner Entscheidungsträger zurückzuführen. Die Wirkung und der Einfluss dieser Einzelpersonen auf die Gestaltung und die Durchsetzung von Handlungsspielräumen für Architekten kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Stadt bzw. die Verantwortlichen für Stadtplanung, Flächenwidmung und Baupolizei spielen hingegen eine höchst zwiespältige Rolle. Während bei manchen Projekten tatsächlich einzelne Politiker durch ihr Engagement zur Quali-
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tät der Architektur (wie im Fall der Twin Towers und des T-Centers) beitragen, ist in anderen Fällen die fehlende Steuerung erstaunlich. Die Bedeutung der Architektur lässt sich bei den betrachteten Bürobauten damit vor allem in der Akzeptanz durch die Nutzer ablesen. Deren Bewertung erfolgt, wenn man den Einschätzungen der Makler und Developer Glauben schenkt, größtenteils auf Basis sehr einfacher Schemata wie „schön“ oder „nicht schön“; „etwas Besonderes“ oder „nichts Besonderes“. Formale Innovation, Extravaganz oder auch einfach das Abweichen vom Durchschnitt stellen hier tatsächlich ein unternehmerisches Risiko dar. Die Höhe von Bürotürmen dient als strategisches Element, das allein schon eine Besonderheit garantieren und damit bestimmte Nutzer ansprechen soll.
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5 . B Ü R O AR C H I T E K T U R D E R S T AD T
IN DER
R E P R ÄS E N T AT I O N
5.1 Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien Um die Auswahl und den Stellenwert der Fallbeispiele, die in der Diskurs- und Bildanalyse in diesem Kapitel behandelt werden, zu verstehen, ist vorab ein Blick auf die Strukturen der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien bzw. der Stadtregierung und der sozialdemokratischen Partei Wiens notwendig. Wie schon angesprochen (vgl. Fußnote 1), ist die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit dieser drei Bereiche in der Praxis nicht voneinander zu trennen. Auch wenn formal getrennte Urheberschaften bestehen, gibt es inhaltliche Bezüge, informelle Beziehungen zwischen den verantwortlichen Personen und zum Teil auch identische Bildmotive, wie das weiter unten besprochene Beispiel eines Sujets mit Bürgermeister Michael Häupl vor der nächtlichen Skyline der Donau City zeigt. Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien wird hauptverantwortlich vom Presse- und Informationsdienst, kurz PID, betreut. Mit 112 Mitarbeitern (Stand 2008) ist dieser vergleichsweise groß. Die Presse- und Informationsdienste der übrigen Bundesländer haben jeweils nur eine Handvoll Mitarbeiter (Interview S2).1 Die Größe des im Jahr 1967 gegründeten PID erklärt sich mit einem historisch gewachsenen Bündel an Kompetenzen. So ist der PID für die Inlands- und Auslandskommunikation sowie die Imagewerbung der Stadt Wien zuständig. Er fungiert als Landesmediendienst bzw. Landesinformationsdienst und betreut über 1
Siehe auch „Der oberste Öffentlichkeitsarbeiter Wiens“, Artikel in der Tageszeitung Der Standard vom 22.08.2008. 183
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die vom PID dafür eigens abgestellten Pressesprecher der Stadträte auch die einzelnen Geschäftsgruppen. Derzeit gehört der PID als Magistratsabteilung 53 zum Ressort der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport unter der Leitung des amtsführenden Stadtrats Christian Oxonitsch. Offiziell beträgt das Jahresbudget des PID für Inserate, Kampagnen und andere mediale Aktionen der Stadt, das an Medien und Agenturen verteilt wird, rund 43 Millionen Euro. Die Gesamtausgaben der Magistratsabteilung 53 betrugen im Jahr 2009 rund 49 Millionen Euro (Quelle: Rechnungsabschluss der Stadt Wien 2009). Für direkte Inserate gab der PID 2009 laut Rechnungsabschluss 13,5 Millionen Euro aus, etwa ein Drittel davon ging an die auflagenstarken Tageszeitungen „Krone“, „Heute“ und „Österreich“. Nach Schätzungen der Opposition geben die Gemeinde Wien und ihre Unternehmen jährlich zwischen 80 und 100 Millionen Euro für Werbung aller Art aus – doppelt so viel wie die Österreichische Bundesregierung.2 Der Etat der Österreich Werbung (die österreichische Tourismusagentur) für 2008 betrug im Vergleich dazu etwa rund 52 Millionen Euro (Österreich Werbung 2008). Das vergleichsweise hoch dotierte Wiener Budget erklärt den großen Einfluss, den das PID durch seine Vergabepolitik auf die österreichische und Wiener Medienlandschaft hat, und die hohe Präsenz der Kampagnen der Wiener Regierung in den Medien – Umstände, welche die Aktivitäten des PID regelmäßig zum Ziel heftiger Kritik von Seiten der Oppositionsparteien machen.3 Die wiederholt geäußerten Vorwürfe, der PID betreibe Werbung für die Wiener SPÖ und mache sich damit illegaler Parteienfinanzierung schuldig, wurden nie formal bestätigt. Der Rechnungshofbericht von 1999 stellte jedoch deutliche Verfahrensmängel bei der Vergabe von Aufträgen sowie der Abgrenzung der Aufgaben des PID gegenüber anderen Dienststellen innerhalb und außerhalb des Magistrats fest. Auch das Finanzgebaren des PID wurde vom Rechnungshof kritisiert (Rechnungshof 1999). Nicht zuletzt um dieser Kritik zu begegnen, wurde die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt in den Jahren 1999/2000 im Sinne des New Public Managements neu geordnet. Bis dahin hatte der PID als „Full-ServiceAgentur“ agiert und sämtliche Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit, darunter auch Veranstaltungen für die verschiedenen Magistratsabteilun-
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Siehe „Wien-Wahl: Rund 15 Millionen pumpt die Gemeinde Wien in hiesige Zeitungen“, Artikel im Wochenmagazin Profil vom 31.07.2010. Siehe z.B. „Rathaus: Mächtiger Beamter vor dem Rückzug“, Artikel in der Tageszeitung Die Presse vom 31.07.2009.
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gen, zentral abgewickelt (Interview S2). Ab dem Jahr 2000 wurde mit dem neuen Konzept einer „integrativen Öffentlichkeitsarbeit“ versucht, die Aufgaben zu dezentralisieren und die Eigenverantwortung der Abteilungen zu stärken (ebd.; vgl. Vavrousek 2002). Die Durchführung von Veranstaltungen, wie zum Beispiel des Stadtsilvesters oder des sommerlichen Filmfestivals vor dem Rathaus, wurde an die „stadt wien marketing service gmbh“ ausgelagert. Gleichzeitig wurden die Agenturen Lowe GGK und Ecker & Partner beauftragt, ein einheitliches Corporate Design zu erstellen. Seit 2005 liegt ein Corporate-Design-Handbuch vor, das die Grundlage für die fachbezogene Öffentlichkeitsarbeit aller Abteilungen darstellen soll. Trotz dieser Dezentralisierung von Zuständigkeiten geht aus den Rechnungsabschlüssen der Stadt deutlich hervor, dass die Ausgaben für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit weiterhin kontinuierlich angestiegen sind und immer noch über den Voranschlägen lagen – ein Umstand der von der Opposition laufend kritisiert wird (z.B. Protokolle der Gemeinderatssitzungen vom 27.06.2005, 20.11.2007 und 23.06.2008). Von 1998 bis 2009 ist der Ausgabenanteil der Magistratsabteilung für Information und Öffentlichkeitsarbeit bezogen auf die Gesamtheit der laufenden Ausgaben der Stadt um ein Viertel gestiegen (Quelle: Rechnungsabschlüsse der Stadt Wien 1998-2009). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die öffentlichkeitswirksamen PR-Aktivitäten der nunmehr stärker eigenverantwortlich agierenden einzelnen Magistratsabteilungen sowie der ausgelagerten Organisationen und Unternehmungen der Stadt nicht mehr in den Rechnungsabschluss einfließen. Die vom PID derzeit betreuten Medien, die sich an die Stadtbevölkerung richten, sind www.wien.at, die offizielle Webseite der Stadt Wien, und „wien.at“, die monatlich erscheinende Zeitschrift der Stadtverwaltung („Das Infoblatt ihrer Stadt“) mit einem Umfang von rund 24 Seiten und einer Auflage von rund 960.000 Stück, die kostenlos an alle Wiener Haushalte verteilt wird. Diese vom PID herausgegebene Monatszeitschrift, die früher unter dem Namen „Unser Wien“ erschien, wurde im Jahr 2000 neu gestaltet. Unter Rubriken wie „Blickpunkt“, „Aus der Stadt“, „Rathaus“, „Grätzel Mitte/Nord/West/Süd“ 4, „Umwelt“ oder „Gesundheit“ finden sich nun aktuelle Berichte aus Wien und den einzelnen Ressorts der Stadtverwaltung, Kommentare des Bürgermeisters und von einzelnen Stadtpolitikern sowie Hinweise auf Veranstaltungen, Kurse, Beratungsstellen und ähnliches.5 Der PID ist für die inhaltliche
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Grätzel bedeutet in Wien soviel wie Stadtteil. Stärker auf einzelne Stadtteile fokussierte Berichterstattung findet sich in der wöchentlich erscheinenden Gratiszeitschrift „Wiener Bezirksblatt“, die 185
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Ausgestaltung von „wien.at“ verantwortlich. Das Magazin wird beim Bohmann Verlag verlegt, der für die Produktion und technische Abwicklung zuständig ist. Neben „wien.at“ gibt es noch die ergänzenden, nach Zielgruppen ausgerichteten „wien.at-Magazine“, die viermal jährlich erscheinen und über einen begleitenden Internetauftritt verfügen.6 Seit dem Jahr 2008 gibt es mit „imagine:vienna“ auch eine vom PID initiierte Online-Plattform, auf der ihre Nutzer Fotos aus Wien präsentieren, bewerten und für Fotowettbewerbe einreichen können.7 An ein internationales Publikum richten sich die im Jahr 2006 eingerichtete internationale Webseite der Stadt www.wieninternational.at mit Beiträgen in Deutsch und Englisch und das Monatsmagazin „Enjoy Vienna“. Beide werden im Auftrag des PID vom Compress Verlag hergestellt, der zudem die elf Wiener Verbindungsbüros in mittel- und osteuropäischen Nachbarländern betreut.8 Darüber hinaus zeichnet der PID für die „rathaus-korrespondenz“, den Nachrichtendienst des Magistrats sowie das Amtsblatt und das Landesgesetzblatt zuständig. Neben diesen öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten des PID wird von den Pressesprechern des Bürgermeisters und der einzelnen Stadträte laufend Presseund Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Dazu kommen eigene Image- und Informationskampagnen einzelner Magistratsabteilungen. Insbesondere der Planungsstadtrat und die Magistratsabteilung für Stadtentwicklung und Stadtplanung (MA 18) sind dabei traditionell besonders aktiv und haben parallel zum PID immer eigene Medienarbeit betrieben (Interviews S2, S3). Ein Beispiel ist „Capacity“, eine seit 2004 erscheinende Beilage ausgewählter österreichischer Tageszeitungen, die als „Das Wiener Business-Immobilienmagazin“ bzw. mittlerweile als „Wiener Magazin für Architektur“ über aktuelle Stadtentwicklungs- und Immobi-
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mit einer Auflage von 650.000 Stück ebenfalls ein zentrales Medium der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt darstellt. „City & Life – Das Magazin für mehr Spaß und mehr Zukunft“, „Forschen & Entdecken – Das Magazin für kluge Köpfe“, „Hund, Katz & Co – Alles rund um unsere liebsten Gefährten“, „Kinder & Co – Die Seiten rund um die ersten zehn Lebensjahre“, „Leben & Freude – Für Wienerinnen & Wiener in ihren besten Jahren“, „Welt & Stadt – Für neue Wienerinnen und Wiener“. http://www.imaginevienna.at/ (30.09.2010). Die langfristigen Verträge zwischen der Stadt Wien und dem Bohmann Verlag als auch dem Compress Verlag für die Produktion diverser stadteigener Medien ziehen ebenfalls regelmäßig Kritik der Oppositionsparteien auf sich. Zuletzt wurden 2005 mit der Bohmann-Gruppe ein auf rund 117 Millionen Euro dotierter Vertrag auf 8 Jahre und mit dem Compress Verlag ein auf 146 Millionen Euro dotierter Vertrag auf 10 Jahre abgeschlossen, siehe z.B. Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 30.06.2005, Seite 62 bis 75.
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lienprojekte in Wien berichtet. Die Informationen werden von der Wiener Stadtplanung bereitgestellt; finanziert wird das Magazin zur Gänze über Anzeigen und Auftragsartikel der zentralen (und der Stadt nahe stehenden) Akteure der Wiener Stadtentwicklung wie der WED, der Wien Holding, dem Bauunternehmen PORR und anderen (Interview J2). Trotz der Neustrukturierung der Öffentlichkeitsarbeit und der Überarbeitung der Medien bzw. der Einführung neuer Medien seit dem Jahr 2000 ist die historisch gewachsene und breit gefächerte Aufteilung der Kompetenzen bestehen geblieben. Der Außenauftritt der Stadt wird neben dem PID weiterhin auch von der Magistratsdirektion mit dem Präsidialbüro und dem Geschäftsbereich Auslandsbeziehungen unter dem Leiter Oskar Wawra, dem Wiener Wirtschaftsförderungsfonds (seit 2010 Wirtschaftsagentur Wien), dem Wiener Tourismusverband sowie in Bezug auf internationale Messen, wie zum Beispiel die MIPIM in Cannes oder die EXPO Real in München, auch von der Magistratsabteilung für Stadtentwicklung und Stadtplanung und dem Planungsstadtrat bestimmt.9 Zwar wurde versucht, mit einem Positionspapier und einem Arbeitshandbuch zur Strategie der internationalen Aktivitäten Wiens für die Jahre 2007 bis 2016 allgemeine Leitlinien zu schaffen (Stadt Wien 2007), die jeweilige Umsetzung durch die verschiedenen Stellen ist aber völlig offen. Zudem macht auch die Wiener SPÖ höchst wahrnehmbare Öffentlichkeitsarbeit. Das Stadtbild wird durch die Wiener SPÖ nicht nur während der Wahlkämpfe, sondern auch durch regelmäßige Imagekampagnen, anlassbezogene Medienarbeit, wie zum 10-jährigen Amtsjubiläum von Bürgermeister Michael Häupl, und auch immer stärker interaktive Öffentlichkeitsarbeit, wie beispielsweise bei der Erstellung der „1000 Visionen für Wien“ (SPÖ Wien 2007) geprägt. Die deutliche Sichtbarkeit der SPÖ-Kampagnen im Stadtraum hängt nicht nur mit dem verfügbaren Budget, sondern auch mit den Verbindungen zur Gewista, dem größten österreichischen Plakatwerbeunternehmen, zusammen. Die ehemalige Magistratsabteilung wurde 1993 privatisiert und anschließend zu zwei Dritteln an den französischen Außenwerbekonzern JCDecaux verkauft. Trotzdem hält die SPÖ über eine verschachtelte Unternehmenskonstruktion weiterhin Anteile an der Gewista.10 Trotz Privatisie9
Des Weiteren übte von 1996 bis 2010 Walter Nettig, ehemaliger Präsident der Wiener Wirtschaftskammer, die Position eines Sonderbeauftragten für Außenwirtschaft der Stadt Wien als außerordentliches Mitglied der Wiener Stadtregierung aus. 10 Der Außenwerbekonzern JCDecaux hält 66 % an der Gewista. Die übrigen Anteile werden von der Progress Beteiligungsgesellschaft gehalten, deren Mehrheitsgesellschafter die Wiener Städtische Versicherung ist. 187
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rung besteht ein – von Opposition und Wiener Kontrollamt (in einem Kontrollamtsbericht von Dezember 2007) wiederholt kritisiertes – enges Verhältnis zur Stadt, das der Gewista beispielsweise jüngst die Exklusivrechte für die Nutzung von U-Bahn-Stationen und U-Bahn-Zügen der Wiener Linien sicherte.11 Für die folgende Betrachtung der medialen Präsentation der Bürohochhäuser durch die Stadt ergeben sich damit zwei Aspekte, die von Bedeutung sind. Erstens ist die hohe mediale Sichtbarkeit bemerkenswert, welche die Stadt über den großen Budget- wie Personalaufwand, die breite Palette ihrer medialen Produkte und die Präsenz im öffentlichen Raum erreicht. Etwa 61 % der Einwohner kennen die Webseite www.wien.at. Rund ein Fünftel der Befragten gibt an, über www.wien.at in den letzten Monaten auch Informationen über Projekte und Entwicklungen in Wien erhalten zu haben und rund ein Viertel bestätigt dies für die Zeitschrift „wien.at“ (IFES 2003: Tabellenband II, Tabellen f86 und f92). Der zweite wesentliche Aspekt besteht in der Vielfalt der relevanten Medien und Zuständigkeiten, die nur zu einem Teil mit unterschiedlichen Zielgruppen erklärt werden kann. Besonders bei der Repräsentation der Stadt auf internationaler Ebene wird diese Kompetenzvielfalt deutlich (vgl. Stadt Wien 2009b). Allerdings ist festzuhalten, dass trotz der Auslagerung von Produktion und Vertrieb einzelner Medien die inhaltliche Verantwortung weiterhin bei der Stadt bzw. dem PID verbleibt. Im Falle der Zeitschrift „wien.at“ erfolgt zum Beispiel trotz der Abwicklung über den Bohmann Verlag eine endgültige Abnahme der Texte durch die Mediensprecher der einzelnen Stadträte (Interview S2). Als Konsequenz für meine Untersuchung ergibt sich, dass eine breite Palette von Quellen betrachtet und verglichen werden muss, die sich durch unterschiedliche Medien, Textsorten und Bildmaterialien auszeichnet und teilweise unterschiedliche Zielgruppen bedient. Die Auswahl der Quellen sowie die Methodik und das Verhältnis von text- und bildzentrierter Analyse werden daher im folgenden Kapitel reflektiert.
Weitere 40 % an der Progress Beteiligungsgesellschaft gehören der AWH (Allgemeine Wirtschaftsholding Beteiligungsgesellschaft m.b.H.), die wiederum zur Gänze dem Verband der Wiener Arbeiterheime (VWA) gehört, einem Dachverein, unter dem mehrere sozialdemokratische Unternehmen organisiert sind, siehe z.B. „Gewista: Marktherrscherin dank roter Unterstützung“, Artikel in der Tageszeitung Der Standard vom 26.05.2008. 11 Siehe „Pinkfarbener U-Bahn-Zug auf Schiene“, Artikel in der Tageszeitung Der Standard vom 28.05.2008. 188
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5.2 Methodische Reflexion und Einordnung der Quellen 5.2.1 Textzentrierte Analyse Ziel der textzentrierten Analyse ist es, entsprechend der Leitfrage 2 (vgl. Seite 20) empirisch zu untersuchen, wie das Leitmotiv Wiens als „Drehscheibe zwischen Ost und West“ und als regionaler Headquarter-Standort in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Wiener Stadtregierung begründet wird und welche Funktion dabei den Bürobauten und Bürohochhäusern zugeschrieben wird. Wie in der Einleitung und im Theoriekapitel ausgeführt, folge ich in der textzentrierten Analyse dem Konzept einer wissenssoziologischen Diskursanalyse, wie sie von Reiner Keller (2004) beschrieben wurde. Der Fokus liegt damit auf der Rekonstruktion von gesellschaftlichen Prozessen der Bedeutungszuschreibung, in denen bestimmte Deutungs- und Handlungsstrukturen konstruiert, objektiviert und legitimiert werden. Relevant ist dabei nicht primär die (alltags)sprachliche Ebene, sondern die institutionelle Regulierung von Aussagepraktiken, welche auf einer interessenbezogenen und bewusst betriebenen Interpretationsarbeit beruht. Für meine textzentrierte Betrachtung der Rolle der Wiener Büroprojekte für die Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge gibt es grundsätzlich drei relevante, ineinander verschachtelte Aussagekomplexe: (1) Erstens sind auf der allgemeinen Ebene Aussagen zu berücksichtigen, welche auf die grundsätzliche Positionierung/Legitimierung Wiens als Wirtschaftsstandort über unterschiedliche Argumentationsstrategien, Deutungsschemata, Großerzählungen und sprachliche Bilder abzielen. (2) Zweitens kommen Aussagen in Betracht, die diese Positionierung/ Legitimierung Wiens als Wirtschaftsstandort konkret über die Bezugnahme auf seine Vermittlerrolle zwischen Ost und West sowie seine Position als regionales Headquarter-Zentrum zu erreichen suchen. (3) Drittens sind Aussagen von Bedeutung, die – sowohl in der allgemeinen Positionierung/Legitimierung Wiens als Wirtschaftsstandort als auch in der konkreten Argumentation hinsichtlich der Funktion der Stadt als Ost-West-Drehscheibe bzw. regionales HeadquarterZentrum – inhaltlichen Bezug auf die Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser nehmen und diesen Bezug für die Argumentation nutzen.
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Für die Zusammenstellung eines Datenkorpus muss die Existenz eines Diskurses als eines Aussagekomplexes über ein bestimmtes Phänomen als Hypothese herangezogen werden. Zur Orientierung dienen Themen, Schlüsselbegriffe, institutionelles Setting und Akteure. Die Abgrenzung einzelner Diskurse im Verlauf der späteren empirischen Untersuchung bleibt aber immer Interpretationsarbeit und ist abhängig von Abstraktionsgrad und Tiefenschärfe der Untersuchung. Je tiefgehender und detailreicher die Betrachtung, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, unterscheidbare „Subdiskurse“ zu identifizieren (Keller 2004: 67). Der angemessene Umfang und die Bestandteile des relevanten Datenkorpus sind daher nur in Bezug auf die Untersuchungsziele und die Fragestellung festzulegen. Für die Fragestellung meiner Arbeit können der Datenumfang sowie die Analyseschritte aber eingegrenzt werden, wie ich im Folgenden begründen möchte. Die Aussagekomplexe der Ebene 1 können als Diskursfeld (ebd.: 64f.) verstanden werden, das man zum Beispiel mit „Wien als Wirtschaftsstandort“ oder „Wien im Städtewettbewerb“ bezeichnen könnte. Darin existieren parallel zueinander unterschiedliche, widerstreitende öffentliche Diskurse, die mit Themen wie „Nachhaltigkeit“, „Lebensqualität“, „kreative Stadt“, „wissensbasierte Ökonomie“ zu umreißen (aber nicht gleichzusetzen) sind. Die Sprecherpositionen werden dabei von der Stadt, aber auch vom Bund, der Wirtschaftskammer, der Privatwirtschaft und den Medien eingenommen. Die Interessen dieser Akteure divergieren naturgemäß. Die Aussagen der Ebene 2 lassen sich, in einer Arbeitshypothese, einem – in sich wieder in Subdiskurse differenzierten – Diskurs innerhalb des obigen Diskursfeldes zuordnen. Dieser kann thematisch mit „Wien als Drehscheibe zwischen Ost und West“, „Wien als regionaler Knotenpunkt/als mittel- und osteuropäisches Zentrum“ oder „Wien als Stadt internationaler Organisationen/Institutionen“ eingegrenzt werden. Auch hier sind die Sprecherpositionen ähnlich verteilt wie oben. Die Aussagen der Ebene 3 mit inhaltlichem Bezug zu Bürobauten und Bürohochhäusern können als Elemente obiger Diskurse verstanden werden, die – je nach Zielsetzung – argumentativen, narrativen oder symbolischen Gehalt haben (ebd.: 75ff.). Die Vermutung liegt nahe, dass sie dabei vor allem in Bezug auf den unter der Ebene 2 beschriebenen Diskurs von Relevanz sind, während sie für andere Themen des Diskursfeldes wie „Nachhaltigkeit“, „kreative Stadt“ oder „wissensbasierte Ökonomie“ eine geringere Rolle spielen. Um den Datenkorpus und die textanalytische Fragestellung festzulegen, ist ein Blick auf die in der Einleitung formulierten Thesen und Untersuchungsziele notwendig. Die Ausgangsthese war, dass die Stadt 190
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Wien die Errichtung und mediale Präsentation lokaler Bürobauten dazu nutzt, ökonomische Vorstellungswelten zu konstruieren. Zentrales Leitmotiv dieser imagined economy ist, so die These weiter, die Vermittlerrolle Wiens zwischen Ost- und Westeuropa und seine Stellung als regionales Zentrum für Unternehmenssitze. Dieses Leitmotiv wird durch die neuen Bürobauten und Bürohochhäuser gestützt, indem diese eine Integration der Stadt in internationale wirtschaftliche Netzwerke belegen sollen. Um diese Thesen zu verifizieren, fokussiert die textzentrierte Analyse auf die Aussagekomplexe 2 und 3, eine diskursanalytische Bearbeitung des unter (1) beschriebenen Diskursfeldes wird nicht vorgenommen. Die Analyse erfolgt in zwei Arbeitsschritten: Erstens ist der Blick auf den unter (2) beschriebenen Diskurs „Wien als Ost-West-Drehscheibe/regionaler Knotenpunkt/internationale Stadt“ sowie den Aussagekomplex 3 zu richten, welcher sich explizit auf Bürobauten und Bürohochhäuser bezieht. Ziel dieses ersten Schrittes ist es, die Argumentations- bzw. Problemstruktur (als Teil der Phänomenstruktur, vgl. Keller 2004: 99) dieses Diskurses 2 soweit zu ergründen, dass die mögliche Funktion der Gebäude darin und damit der diskursive Rahmen für die anschließende bildzentrierte Analyse ersichtlich werden. Auf eine vollständige Erarbeitung der Diskursordnung und eine tiefgreifendere Analyse der Subdiskurse kann verzichtet werden. Es geht also nicht um die Darstellung des Diskurses in seiner Gesamtheit, sondern um die Erfassung spezifischer Deutungsschemata innerhalb des Diskurses, welche zum einen auf Wiens Positionierung als Wirtschaftsstandort, seine Bedeutung im regionalen Kontext, seine Internationalität sowie auf den Zusammenhang dieser drei Dimensionen abzielen und zum anderen Bürobauten und Bürohochhäuser in Bezug zu dieser Argumentation stellen. Die Kriterien für die Datenauswahl dieses ersten Arbeitsschrittes sind folgende: Mein Fokus liegt auf der Sprecherposition der Stadt bzw. stadtnaher Organisationen, da mein Interesse dominanten Deutungsmustern und der Durchsetzung politischen Wandels gilt. Wichtig sind daher zum einen solche Dokumente, welche die bewusste und interessenbezogene Deutung der Stadtregierung möglichst nahe legen, d.h. bei denen anzunehmen ist, dass der inhaltlichen Aussage hohe Aufmerksamkeit geschenkt wurde und dass sie für weitere Aussagen Vorbildwirkung hat. Zum anderen geht es mir darum, die öffentlichkeitswirksame Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge, wie sie vor allem für das lokale Publikum wirksam wird, zu ergründen. Die Dokumente müssen daher von Relevanz für den öffentlichen Diskurs (gegenüber begrenzten Spezialdiskursen) und daher nicht nur an Teilöffentlichkeiten gerichtet bzw. Teilöffentlichkeiten vorbehalten sein. Als Material dienen 191
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damit im ersten Schritt Schlüsseldokumente der in der Außendarstellung wesentlichen Akteure, welche zur Erfassung der Phänomenstruktur und der wesentlichen Deutungsschemata genutzt werden. Dies sind zentrale Dokumente der Stadtregierung und der Stadtplanung mit Leitbildcharakter in Bezug auf die Positionierung Wiens im Städtewettbewerb und seine Standortvorteile als Wirtschaftsstandort (Stadtentwicklungsplan, Strategieplan, Positionspapier zu internationalen Aktivitäten der Stadt). Diese Dokumente werden mittels einer qualitativen Textanalyse (welche in der Regel nur einen ersten Schritt einer umfassenderen Diskursanalyse darstellt; vgl. Keller 2004: 95) bearbeitet, die auf die analytisch-interpretative Reduktion der Ursprungstexte auf schematische Aussageinhalte abzielt (vgl. Flick 2006: 257f.). Herangezogen werden dazu Methoden der induktiven, qualitativen Textinterpretation. Dies sind Strategien der qualitativen Kodierung, wie sie aus der Grounded Theory nach Glaser/Strauss ([1967] 2005) für die Diskursforschung entlehnt wurden (Keller 2004: 94f. bzw. Flick 2006: 257ff.), sowie die Methode des Theoretischen Samplings (ebenfalls nach Glaser/Strauss [1967] 2005). Zweitens werden in einem, auf der oben beschriebenen Analyse aufbauenden Arbeitsschritt Dokumente betrachtet, mit denen die diskursive Wirksamkeit und Vervielfachung der in den Schlüsseldokumenten vorgefundenen Argumentationsstrategien für andere Bereiche, in denen die Stadt eine Sprecherposition einnimmt, gezeigt werden kann. Die Plausibilität dieser Wirksamkeit soll über die Repräsentativität und Bandbreite der Beispiele belegt werden, aber nicht über quantitative Methoden. Der Blick bleibt auch hier auf die Sprecherposition der Stadt beschränkt. Als Daten dienen Dokumente der Öffentlichkeitsarbeit städtischer sowie stadtnaher Organisationen für die Außendarstellung der Stadt (WWFF und www.wieninternational.at) und für die Innendarstellung gegenüber der Stadtbevölkerung (die Zeitschrift des Presse- und Informationsdienstes „wien.at“).
5.2.2 Bildzentrierte Analyse Die bildzentrierte Analyse folgt der Leitfrage 3, wie der Bürobau bzw. das Bürohochhaus als visueller Bedeutungsträger eingesetzt und wie dabei seine Architektur wirksam wird (vgl. Seite 20). Ziel ist es, analog zur textzentrierten Analyse die „typisierten und typisierbaren Schemata“ (Keller 2004: 63), in denen Bild-Bedeutungen vorliegen, herauszuarbeiten und in Bezug zu den inhaltlichen Argumentationsmustern zu setzen (vgl. Kapitel 2.3.2). Grundsätzlich gibt es für eine derartige Analyse der Wirksamkeit von Bildern in diskursiven Zusammenhängen keine me192
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thodisch etablierte Vorgehensweise (vgl. Maasen et al. 2006; Forum Qualitative Sozialforschung 9.3/2008). Aufgrund der oben angesprochenen Vielfalt der relevanten Medien und des komplexen Zusammenspiels von Text und Bild bei der Herstellung von Bedeutung sind meines Erachtens folgende zwei Punkte zu beachten: Erstens ist die Verwendung von fotografischen Bildern in den für die vorliegende Arbeit relevanten Printmedien, Planungsdokumenten, Kampagnenmaterialien und Webseiten höchst unterschiedlich. Abhängig von Textsorte, Format, Zielgruppe, Auflage, Budget und Gestaltungsaufwand werden Bilder in unterschiedlicher Zahl, Prominenz und mit unterschiedlichem Zweck eingesetzt. Auch innerhalb eines Mediums variiert die Bildverwendung. So werden großformatige Fotos als Cover oder an prominenter Stelle als Aufmacher und Blickfang eingesetzt. In Kampagnensujets fungieren sie als zentrale Träger der Botschaft. Einen anderen Zweck erfüllen fotografische Bilder als Elemente graphischer Gestaltung, wenn sie mehr ihres optischen Eindrucks als ihres konkreten Inhalts wegen eingesetzt werden, um beispielsweise Kapitel voneinander zu trennen, Platz zu füllen und Fließtext aufzulockern. Eine dritte Kategorie stellen redaktionelle Fotos dar, die auf den Text inhaltlich Bezug nehmen, diesem gegenüber aber tendenziell untergeordnet sind. Sie sollen Inhalte illustrieren und/oder den Informationsgehalt des Textes erhöhen. Generell hat die Bildzentriertheit der Massenmedien und der PRund Öffentlichkeitsarbeit im vergangenen Jahrzehnt immens zugenommen. Mit den sich stetig verbessernden technischen Möglichkeiten des Offset-Drucks, der digitalen Fotografie und Bildbearbeitung sowie der Bildarchivierung werden heute Fotografien und visuelle Gestaltungselemente in allen Medien durchgehend häufiger eingesetzt. Für die Bildanalyse folgt daraus, dass erstens die direkte Vergleichbarkeit von Bildern in unterschiedlichen Medien in Bezug auf ihre intendierte Bedeutung oder zu erwartende Wirksamkeit nur bedingt gegeben ist – dafür sind die mit den Bildern verbundenen Zielsetzungen zu unterschiedlich. Zweitens heißt dies, dass ein direkter chronologischer Vergleich etwa zwischen den Stadtentwicklungsplänen von 1995 und 2005 oder unterschiedlichen Jahrgängen von Periodika ebenfalls nicht zielführend ist – die Praktiken der Bildproduktion und Medienarbeit haben sich zu stark verändert. Der zweite Punkt, den es bei der Analyse zu beachten gilt, betrifft das Verhältnis von Text und Bild. Wie im Theoriekapitel beschrieben, gehe ich davon aus, dass die (prinzipiell vieldeutigen) Bilder über begleitenden Text in ihrer Bedeutung eingegrenzt werden und die Darstellungen erst in Verbindung mit einer sprachlich vermittelten diskursiven Ebene in der Konstruktion von Deutungszusammenhängen wirksam 193
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werden (vgl. Kapitel 2.3.2). Bilder müssen, um meiner Fragestellung gerecht zu werden, demnach zum einen in Bezug auf ihren unmittelbaren Textkontext betrachtet werden; zum anderen greifen die oben erläuterte rein textzentrierte und die bildzentrierte Analyse ineinander, weil die Betrachtung der intendierten Bildbedeutungen in Bezug auf den unmittelbaren Textkontext immer auch den gesamten diskursiven Zusammenhang mit berücksichtigen muss. Die Schwierigkeit besteht darin, dass der direkte Textbezug von Bildern aufgrund der oben beschriebenen verschiedenen Möglichkeiten der Bildverwendung ebenfalls höchst unterschiedlicher Art und mehr oder weniger direkt sein kann. Es kann eine direkte Bezugnahme auf Textinhalte, Schlüsselbegriffe, Orte oder Personen erfolgen. Es können assoziative und narrative Zusammenhänge oder auch indirekte Verknüpfungen mit nicht unmittelbar angrenzenden Textinhalten, sondern mit größeren Themenkomplexen einer Publikation hergestellt werden. Methodisch heißt dies, dass eine Herauslösung von einzelnen fotografischen Bildern aus den jeweiligen Textkontexten zum Zweck einer vergleichenden ikonologischen Betrachtung meiner Fragestellung nicht gerecht werden würde. Auch eine quantitativ angelegte Analyse macht keinen Sinn, da die relevanten Materialien zu heterogen sind und in Umfang und Bildeinsatz zu sehr variieren, um eine klar abgrenzbare Basis für die Analyse festlegen zu können, für die ein Anspruch auf Vollständigkeit gestellt werden könnte. Im Gegensatz zur klassischen Diskursanalyse von Periodika eines bestimmten Zeitraumes, die einen klar abgegrenzten Textkorpus vorgeben, wäre es nicht möglich und auch nicht zielführend, alle von den relevanten Akteuren eingesetzten Bilder zu erfassen. Unter Beachtung der oben erläuterten beiden Aspekte ist für die Bildanalyse nur eine qualitative Herangehensweise angemessen. Trotz der Überschneidungen, die sich zwischen text- und bildzentrierter Analyse unweigerlich ergeben, unterscheiden sich die jeweilige Methodik und Fragestellung. Die beiden Analyseschritte werden daher getrennt durchgeführt. Die bildzentrierte Analyse baut allerdings auf den Ergebnissen der textzentrierten Analyse auf. Sie erfolgt ebenfalls in zwei Arbeitsschritten: Erstens wird für eine begrenzte Zahl von Quellen bzw. Medien eine die Motive vergleichende Betrachtung durchgeführt (vgl. Müller 2003: 243ff.). Dabei erfolgt bezogen auf jedes einzelne Fallbeispiel eine grundsätzliche Diskussion des jeweiligen Mediums und der Art und Weise darüber, welche Bilder von Bürobauten bzw. Bürohochhäusern eingesetzt werden und wie dies geschieht. Dabei ist auch von Interesse, welche Bilder in einem bestimmten Kontext überhaupt Verwendung fin194
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den und welche nicht gezeigt werden. Als Daten dienen wiederum sowohl Schlüsseldokumente inhaltlicher Art als auch zentrale Materialien der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt bzw. stadtnaher Organisationen – jeweils unter der Voraussetzung, dass diese mit Bildern arbeiten und dass sie für den öffentlichen Diskurs von Relevanz sind. Gleichzeitig sollten die Fallbeispiele insgesamt einen Querschnitt durch das Repertoire möglicher Bildverwendungen bieten und durchaus auch scheinbar alltägliche, wenig prominent eingesetzte Bilder einschließen. Die Fallbeispiele bestehen daher in zentralen Publikationen der Stadt (Stadtentwicklungsplan und Strategieplan), ausgewählten Kampagnen und Materialien des WWFF und der SPÖ Wien sowie redaktionellen Beiträgen der Stadtzeitung „wien.at“. Für letzteres Beispiel wurde eine vollständige Sichtung aller Ausgaben des Zeitraumes von 1986 bis 2008 vorgenommen. Zweitens werden auf der Basis obiger Betrachtungen die für die visuelle Repräsentation der neuen Büroprojekte charakteristischen Darstellungsmuster und Techniken der Bildgestaltung identifiziert und in Bezug zu typischen und immer wiederkehrenden inhaltlichen (expliziten und impliziten) Verknüpfungen gesetzt (Kapitel 5.4.2 und 5.4.3). Dazu werden einzelne Bilder beispielhaft diskutiert. Um zu zeigen, wie die identifizierten Bedeutungen multipliziert werden, wird für diesen zweiten Schritt der Bildanalyse eine breite Palette von Quellen herangezogen, die hauptsächlich, aber nicht ausschließlich der Stadt Wien im weitesten Sinn zugeschrieben werden können. Theoretische und methodische Referenz der Bildanalyse ist in diesem zweiten Schritt der im Rahmen der Social Semiotics entwickelte Ansatz der Analyse visueller Kommunikation von Gunther Kress und Theo van Leeuwen (1996). Im Gegensatz zu klassischen semiotischen Ansätzen gehen Kress/van Leeuwen davon aus, dass Prozesse der Repräsentation vom Interesse und der Motivation der Produzenten geleitet werden. Diese greifen dabei auf Zeichen-Ressourcen (semiotic potentials) zurück: „We see representation as a process in which the makers of signs […] seek to make a representation of some object or entity […] and in which their interest in the object, at the point of making the representation is a complex one, arising out of the cultural, social and psychological history of the sign-maker, and focused by the specific context in which the sign is produced. Interest guides the selection of what is seen as the criterial aspects of the object, and this criterial aspect is then regarded as adequately or sufficiently representative of the object in the given context” (ebd.: 6, Hervorhebung im Original).
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Die Autoren verstehen ihre Arbeit als einen Beitrag zur kritischen Bildtheorie. Das Instrumentarium, das sie anbieten, bleibt zwar primär deskriptiv und am Bild orientiert, es liefert aber hilfreiche Kategorien, mit denen visuelle Kommunikation analysiert werden kann und die ich im Folgenden nutzen möchte.
5 . 3 D e r d i s k u r s i ve K o n t e x t : Internationalisierung als Leitmotiv 5.3.1 Schlüsseldokumente mit Leitbildcharakter Für die textzentrierte Analyse wurden entsprechend den oben erläuterten methodischen Überlegungen in einem ersten Schritt drei Dokumente im Detail betrachtet: der Strategieplan „Wien im erweiterten Europa“ in der Fassung von 2004 (Stadt Wien 2004)12, der Wiener Stadtentwicklungsplan von 2005 (STEP 2005) (Stadtentwicklung Wien 2005) und das Positionspapier „Wien 2016“ zu internationalen Aktivitäten der Stadt Wien im Zeitraum von 2007 bis 2016 (Stadt Wien 2007). Daraus wurden 123 Textausschnitte ausgewählt, die inhaltlich-argumentativ für den Themenkomplex „Wien als internationaler Wirtschaftsstandort im regionalen Kontext“ von Relevanz waren und/oder programmatische Aussagen zu räumlichen Aspekten der Stadtentwicklung enthielten. Diese Daten wurden nach Haupt- und Subkategorien kodiert und anschließend auf ihren expliziten und impliziten argumentativen Zusammenhang überprüft. Darauf aufbauend wurde eine Clusterung der Daten nach Argumentationssträngen vorgenommen, die inhaltliche Wiederholungen, Bezüge und auch inhärente Gegensätze deutlich machte. Die Argumentationsstruktur des Aussagekomplexes, dem etwa vier Fünftel der Textstellen zugeordnet werden konnten, wurde schließlich in einer Grafik festgehalten (Abb. 76 im Anhang). Die verbleibenden Textausschnitte waren nur zur Kontextualisierung der Argumente von Interesse. Im Folgenden werden aus dem bearbeiteten Material einzelne Ankerbeispiele zur Verdeutlichung der Argumentation zitiert. Der Strategieplan, der Stadtentwicklungsplan und das Positionspapier zu internationalen Aktivitäten der Stadt Wien stellen programmatische Dokumente der Stadtregierung für eine breite Palette von Handlungsfeldern dar. Als solche haben sie Leitbildcharakter und beeinflus12 Die Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe des Strategieplans 2004 unterscheiden sich von denen der digitalen Version, die von der Stadt Wien zur Verfügung gestellt wurde. Die Seitenangaben in der vorliegenden Arbeit beziehen sich auf die digitale Version. 196
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sen die tägliche Medienarbeit auch über den Zeitpunkt ihrer Erstellung und Präsentation hinaus. Dabei ergeben sich unweigerlich Differenzen zwischen Programmatik und Realpolitik, die aber nicht Gegenstand dieser diskurs- und bildanalytischen Betrachtung sind. Meine Analyse konzentriert sich auf die Deutungsmacht der Stadtregierung und ihrer öffentlichkeitswirksamen Darstellung politischen Handelns. Der hohe Anspruch an den Strategieplan von 2004 wird schon in den einleitenden Vorworten deutlich. Er solle, nach den Worten des Bürgermeisters Häupl, sowohl eine Vision als auch ein konkretes Arbeitsprogramm für die kommenden Jahre darstellen und für so unterschiedliche Bereiche wie „die Positionierung Wiens in der erweiterten Europäischen Union, die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Entwicklung, soziale und kulturelle Innovation, Stadtentwicklung und Wohnen, Lebens- und Umweltqualität“ (Stadt Wien 2004: 7) Leitbilder, Ziele und konkrete Handlungsfelder festlegen. Dabei sollten verschiedene sektorale Leitbilder, Programme und Projekte integriert und strategische Schwerpunkte gesetzt werden. Darüber hinaus solle der Strategieplan als Grundlage für den STEP 2005 dienen, welcher die stadträumliche Entwicklung Wiens für das nächste Jahrzehnt unter Berücksichtigung der im Strategieplan definierten Zielsetzungen bestimme. Im STEP 2005 wurden zu diesem Zweck räumliche Leitbilder auf regionaler und städtischer Ebene sowie thematisch definierte Leitbilder zu wirtschaftlichen Erfordernissen, zur Grünraumentwicklung und zur baulichen Entwicklung definiert. Des Weiteren versucht der STEP 2005 mittels der Identifikation ausgewählter Zielgebiete räumliche und zeitliche Entwicklungsprioritäten vorzugeben. Das dritte Dokument, das Positionspapier zu den zukünftigen internationalen Aktivitäten Wiens, ist im Vergleich zu den ersten beiden weit kürzer und weniger formalisiert. Gerade aufgrund der Kürze und der damit verbundenen prägnanten und teilweise schlagwortartigen Benennung der programmatischen Punkte ist es aber für meine Betrachtung hochinteressant. Die Analyse machte drei handlungsleitende Motive deutlich, die sich mit den Schlagworten (a) Wien im Herzen Europas, (b) Stadtumbau und (c) Internationalisierung umreißen lassen (vgl. Abb. 76 im Anhang). Explizite Verknüpfungen zwischen den ersten beiden Motiven lassen sich zeigen. Das Hauptargument in der folgenden Darstellung der Analyse ist jedoch, dass die wesentliche argumentative Verknüpfung der Motive Wien im Herzen Europas und Stadtumbau über das dritte Leitmotiv der Internationalisierung erfolgt. Dabei wird letzteres sowohl wirtschaftsbezogen als auch baulich interpretiert und diese Interpretationen beziehen sich kausal aufeinander.
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(a) Wien im Herzen Europas stellt in den drei betrachteten Dokumenten das zentrale handlungs- und interpretationsleitende Motiv für das Politikfeld Wirtschaft (und ein wichtiges Leitmotiv für andere Politikfelder) dar. Begründet wird dieses Motiv über Wiens zentrale geopolitische Lage in Bezug auf den mittel- und osteuropäischen Raum und das Gebiet der erweiterten Europäischen Union.13 „Das wichtigste Alleinstellungsmerkmal (‚unique selling position‘) Wiens ist die neue geopolitische Lage der Stadt: Im Herzen der erweiterten EU, in unmittelbarer Nähe zur slowakischen Hauptstadt Bratislava und – derzeit noch – an einer der größten ‚Wohlstandskanten‘ weltweit“ (Stadt Wien 2004: 49).
Als Konsequenzen aus dieser als Alleinstellungsmerkmal interpretierten geopolitischen Lage werden sowohl Chancen als auch Herausforderungen und Handlungsbedarf konstatiert: „Die Integration der neuen Mitgliedsländer eröffnet auch für Wien neue Chancen. Dies erfordert eine strategische Positionierung der Stadt, die ihrer geopolitischen Lage im Zentrum des neuen Binnenmarktes Rechnung trägt. Wien kann in einem kompetitiven Europa seine Wettbewerbsfähigkeit dann optimieren, wenn es die sich aus der Erweiterung ergebenden Vorteile aktiv nützt“ (Stadt Wien 2004: 30). „Die Wiener Wirtschaftspolitik muss intensiv die neuen Märkte der MOELänder nutzen und dadurch auch Innovation, Kernkompetenzen und Wettbewerbsfähigkeit für die westeuropäischen Märkte weiter entwickeln“ (Stadt Wien 2004: 50). „Für Wien eröffnet die Integration der neuen Mitgliedsländer nicht nur neue Chancen, sie erfordert auch eine strategische Positionierung der Stadt, die ihrer neuen geopolitischen Lage im Zentrum des neuen Binnenmarktes Rechnung trägt“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 32).
Abgeleitet wird aus dieser zentralen Lage – sowie dem Fehlen eindeutiger Leitsektoren – schließlich die Sinnhaftigkeit einer Spezialisierung auf die Drehscheibenfunktion zwischen Ost und West:
13 Die im Folgenden verwendeten Zitate dienen dazu, die jeweiligen Argumente und inhaltlichen Verknüpfungen beispielhaft zu veranschaulichen und deren Redundanz in den betrachteten Dokumenten plausibel darzustellen. Eine darüber hinausgehende vollständige Wiedergabe der in der Analyse erfassten Textausschnitte wird nicht vorgenommen, da sie zu umfangreich und wenig zielführend wäre. 198
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„Im Unterschied zu einigen anderen europäischen Großstädten ist die Wiener Wirtschaftsstruktur nicht von eindeutigen Leitsektoren bestimmt. Deshalb kann Wien nicht vorrangig auf eine sektorale Spezialisierung setzen. Primär ergibt sich aus der Diversität und Kleinteiligkeit der Wiener Wirtschaft – in Kombination mit der einzigartigen geopolitischen Lage – die Sinnhaftigkeit einer funktionalen Spezialisierung als ‚Drehscheibe zwischen Ost und West‘ innerhalb eines breiten Sektorenbündels“ (Stadt Wien 2004: 50).
Gleichzeitig wird eine mögliche zeitliche Begrenzung der Chancen, die sich aus dieser Spezialisierung ergeben, eingeräumt: „Je schneller die neuen EU Mitglieder sich entwickeln und ihre wirtschaftlichen Rahmenbedingungen an jene der bisherigen EU 15 angleichen, desto rascher könnte die derzeit noch sinnvolle Positionierung Wiens als ‚Ost-WestDrehscheibe‘ zumindest in Teilbereichen (etwa jenem der regionalen ‚Headquarter‘) überholt sein. Für die Wiener Wirtschaftsstrategie ist es daher wichtig, dieses ‚Zeitfenster‘ intensiv zu nützen und zugleich für den Zeitpunkt danach weitere Stärkefelder aufzubauen“ (ebd.).
Als Strategien zur Realisierung werden sowohl die notwendige Kooperation mit den regionalen Nachbarn betont als auch die notwendige Konkurrenz festgehalten. Die Gleichzeitigkeit von Konkurrenz und Kooperation als prägendes Merkmal des Verhältnisses Wiens zu den angrenzenden Regionen in den Nachbarstaaten wird sogar mit einem eigenen Begriff festgehalten: „Co-opetition“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 98). Auf mögliche Widersprüche, die sich aus dieser Gleichzeitigkeit von Kooperationsbemühungen und Wettbewerb ergeben, wird allerdings nicht eingegangen. „Wien muss daher in einer kontinuierlichen und längerfristig orientierten Strategie Kooperationen mit regionalen AkteurInnen aufbauen, um gemeinsam die Stärken dieses Wirtschafts- und Lebensraumes weiterzuentwickeln“ (Stadt Wien 2004: 23; vgl. auch ebd.: 11). „Wettbewerb und Konkurrenz entwickeln sich verstärkt zwischen den Regionen als funktionelle und ökonomische Einheiten. Daher müssen sich auch die Region und deren AkteurInnen gemeinsam als internationaler Standort profilieren“ (Stadt Wien 2004: 36). „Der Aufbau nachhaltiger Beziehungen in dieser Region im Herzen Europas ist für Wien Ausdruck der Überzeugung, dass Konkurrenz und Kooperation einander nicht ausschließen. Im Gegenteil: Gemeinsam sind wir im Wettbewerb stark“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 10; vgl. auch Stadt Wien 2004: 186). 199
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Trotz der konstatierten Notwendigkeit einer Kooperation (unter gleichberechtigten Partnern) wird ein Zentrumsanspruch Wiens als Prämisse eindeutig vorausgesetzt bzw. für die Zukunft angestrebt. Dieser wird mit der Größe, der wirtschaftlichen Potenz, der geistigen Rolle und der großen „Leuchtkraft“ Wiens (Stadt Wien 2004: 186) im Vergleich zu anderen Metropolen der Region begründet. Dieser Zentrumsanspruch soll die Basis für Wiens zukünftiges wirtschaftliches Wachstum bilden, wie zum Beispiel der erste programmatische Satz im Kapitel „Wien schafft neue Perspektiven für Wirtschaft und Arbeit“ des Strategieplans deutlich macht: „Die wirtschaftspolitische Strategie ist darauf ausgerichtet, Wien im 21. Jahrhundert als die Wirtschaftsmetropole im südöstlichen Zentraleuropa zu positionieren und damit seinen Platz unter den Top-10-Regionen der EU bezüglich des ökonomischen Entwicklungsniveaus zu halten und auszubauen“ (Stadt Wien 2004: 49). „Durch die Erweiterung der EU erfüllt Wien aufgrund seiner geografischen Lage und seiner Potenziale nicht nur innerhalb der Ostregion, sondern auch im regionalen grenzüberschreitenden Kontext eine wichtige Funktion für die kulturelle, soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung und damit auch für die Lebensqualitäten der gesamten grenzüberschreitenden Region“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 32).
Auch in Bezug auf die Zusammenarbeit im regionalen Verbund CENTROPE14 und die gemeinsame Vermarktung der Region wird die hervorgehobene Stellung Wiens als Zentrum des neuen Großraums betont. Eine Positionierung als „Leitmetropole“ für Mittel- und Osteuropa ist explizites Ziel für die zukünftigen internationalen Aktivitäten der Stadt. „Dies eröffnet Wien die Chance, zum wirtschaftlichen Zentrum der entstehenden Europaregion – CENTROPE zu werden“ (Stadt Wien 2004: 51). „Wien wird dadurch einen weiteren Impuls in der Internationalisierung seiner Wirtschaft erfahren. Die Schaffung einer Kooperations- und Informationsplattform zur gemeinsamen Vermarktung des neuen Großraums mit Zentrum in
14 Seit 2003 bilden benachbarte Regionen im Vierländereck zwischen Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Österreich die „Europa Region Mitte CENTROPE“. Mit Förderung durch die Europäische Union soll ein Kooperationsrahmen für die staatenübergreifende Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften, Unternehmen und gesellschaftlichen Einrichtungen geschaffen werden, siehe: http://www.centrope.com/de/ (30.09.2010). 200
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Wien wird die Positionierung gegenüber internationalen Konkurrenzregionen stärken und zusätzliche Wettbewerbsvorteile bringen“ (Stadt Wien 2004: 53; vgl. auch ebd.: 186). „Wien ist nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch politisches Zentrum in Europa. So konnte insbesondere in den letzten Jahren eine zentraleuropäische Kompetenz aufgebaut werden, so dass Wien schon jetzt eine prominente, aber durchaus noch ausbaufähige Rolle in der europapolitischen Diskussion hat. […] Unter Nutzung seiner Stärken sollte es Wien gelingen, sich bis 2016 als die Leitmetropole für Mittel- und Osteuropa zu positionieren“ (Stadt Wien 2007: 11).
Die Problematik dieses Zentrumsanspruches gegenüber den Partnerstädten in der Region wird im Positionspapier zu den zukünftigen Außenaktivitäten durchaus festgehalten. Vom Anspruch, das Zentrum der Region zu bilden, wird dabei aber nicht Abstand genommen. „In einigen MOE-Hauptstädten wird eine starke Konkurrenzsituation hinsichtlich der Zentralposition in Mitteleuropa empfunden – Wien wird als gleichberechtigter Partner, nicht aber als Zentrum anerkannt“ (Stadt Wien 2007: 8).
(b) Der zweite in der Analyse identifizierte Argumentationsstrang bezieht sich auf den Stadtumbau Wiens als ein Ziel bzw. ein handlungsleitendes Motiv des Politikfeldes Stadtentwicklung. Darunter verstehe ich nicht allein stadträumliche und bauliche Transformation, sondern eine gezielte Veränderung stadträumlicher Strukturen, mit deren Bedeutung die zukünftige und positive Entwicklung des Wirtschaftsstandortes begründet wird. Dieses Motiv liegt zum Beispiel dem ersten Ziel des STEP 2005 zugrunde, auch wenn die physisch-bauliche Dimension hier nur implizit angesprochen wird: „1. Im Wettbewerb der Städte und Regionen durch attraktive Standorte, Infrastruktur und innovative Einrichtungen ein investitionsfreudiges Klima für die Wirtschaft schaffen (Headquarters, Handel, Gewerbe, KMUs, Dienstleister, Technologiecluster) sowie die Nahversorgung sichern“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 17). „Die Schaffung neuer Entwicklungsschwerpunkte ist ein Beitrag zur internationalen Standortentwicklung Wiens“ (Stadt Wien 2004: 120).
Am konkretesten wird das Stadtumbaumotiv, wenn von Büro- und Gewerbeimmobilien die Rede ist. Diese werden als Mittel zur Positionierung der Stadt als Wirtschaftsstandort interpretiert. Umgekehrt wird die
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Nachfrage nach Büroimmobilien als Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt gewertet. „Die Entwicklung von größeren Büro- und Gewerbe-Projekten ist ein Schwerpunkt zur Entwicklung und Positionierung der gesamten Stadt als Standort in einer sich neu formierenden Region (CENTROPE). Mit diesen Projekten soll die Möglichkeit gewahrt und die Chance genutzt werden, über Flächenangebot, Erreichbarkeit und Informationszugang an den Aktivitäten der überregionalen Wirtschaft (globale Netzwerkökonomie) teilzunehmen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 139). „Wien war und ist vorrangig eine Verwaltungs- und Dienstleistungsstadt und erfuhr seit den 1970er-Jahren einen massiven Strukturwandel zugunsten des Dienstleistungssektors. Angesichts der fortschreitenden Tertiärisierung der Wirtschaft ist die Nachfrage nach Büro(groß)immobilien ein wichtiger Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt und Region sowie für die Standortentwicklung in der Wirtschaftspolitik und Planung“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 126).
Dabei wird auch festgehalten, dass sich die Erfordernisse an den Wirtschaftsstandort geändert haben und die baulichen Strukturen der Gründerzeit nicht mehr adäquat sind. Aufgrund der Bedeutung der historischen Stadt für Wiens Identität wird die Integration der neuen Bauten in die bestehende Stadtstruktur zu einer zentralen Anforderung erhoben, wie sie in der Einleitung des Strategieplans formuliert wird: „Wien hat als prominente historische Stadt eine besondere Verantwortung für sein kulturelles Erbe. Mit diesem Erbe ist ein zeitgenössischer und kreativer Dialog zu führen. Das Image Wiens als innovative Architekturstadt – von Jugendstil über die Zwischenkriegszeit bis zur Gegenwart – ist zu pflegen und zu stärken. Grundsatz muss es sein, bei der Erhaltung der identitätsstiftenden, qualitätsvollen Bausubstanz den Spielraum für zukunftsweisende Architektur bestmöglich zu öffnen“ (Stadt Wien 2004: 15). „Das historische Stadtzentrum Wiens bildet ein einzigartig erhaltenes Stadtdenkmal, das aufgrund seiner großen historischen, kulturhistorischen und künstlerischen Bedeutung von außergewöhnlichem, universellem Wert ist. Die Ernennung der Innenstadt zum Weltkulturerbe ist eine hohe Auszeichnung für Wien. Entwicklungsmaßnahmen in der Innenstadt müssen daher einerseits mit großer Sensibilität in Bezug auf das historisch wertvolle Stadtbild, andererseits aber durchaus mit Blick auf qualitätsvolle zeitgemäße Architektur durchgeführt werden“ (Stadt Wien 2004: 103).
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Widersprüche oder Konflikte zwischen Neubauten und Altbestand werden nicht angesprochen. Die baulichen Veränderungen, insbesondere durch die stadträumlich wirkungsvollen Hochhäuser, werden in ihrer Wirkung relativiert („Es hat sich einiges geändert, vieles ist aber noch wie gewohnt“). Die Integration der Neubauten in bestehende Strukturen sowie die nach wie vor bestehene Intaktheit der gründerzeitlichen Stadt werden betont. Die Gleichzeitigkeit von Modernität und Tradition ist Programm: „Insgesamt besteht aber immer noch der Eindruck einer gründerzeitlich geprägten Stadt mit vielen integrierten modernen Elementen, wie beispielsweise dem ‚Hochhaushügel‘ um die Donau- und Uno-City, dem Millenniums-Tower als Einzelelement, dem Wienerberg als Hochhaus-Cluster […]“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 54). „An dem Bild, das man beim Betrachten Wiens aus großer Ferne wahrnimmt, der Stadtsilhouette oder dem Stadtpanorama, änderte sich in den vergangenen zehn Jahren einiges, allerdings konzentriert an wenigen Punkten. Wenn man etwa von einem topografisch hoch gelegenen Aussichtspunkt (Kahlenberg, Leopoldsberg, Donauturm) über die Stadt blickt, ist vieles noch wie gewohnt, doch im Stadtgefüge gibt es einige Punkte, an denen Hochhausgruppen aus dem Umfeld herausragen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 61). „Zwar ist der Schutz des kulturellen Erbes an erster Stelle zu sehen, die sinnvolle Einbindung in einen lebendigen Stadtorganismus hat aber ebenso ihren Stellenwert. Wien soll eine ausbalancierte Stadt bleiben – Modernität und Tradition sollen in keinem Widerspruch stehen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 62f.; fast wortwörtlich auch in Stadt Wien 2004: 135).
Der Handlungsbedarf, der schließlich aus diesem Motiv des Stadtumbaus abgeleitet wird, besteht in der Notwendigkeit einer neuen Planungskultur, welche die verstärkte Bedeutung privater Akteure in der räumlichen Stadtentwicklung berücksichtigt und neue, „partnerschaftliche“ Verfahrensweisen anwendet. „Daher sind konsensuale – kohärente wie flexible – Konzepte und Strategien notwendig sowie entsprechende Zielvereinbarungen zu treffen. Eine neue Planungskultur betrifft die verstärkte Mitbestimmung der Bevölkerung, privates Engagement und Investment ebenso wie neue kooperative Verfahren, Partnerschaften und Managementansätze“ (Stadt Wien 2004: 103). „Da privates Investment immer mehr an Bedeutung gewinnt, muss Wien in seiner räumlichen Entwicklungsstrategie die gestiegenen Anforderungen an entsprechende Standorte und Großprojekte mit einer neu definierten Politik 203
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der (integrierten) Stadterneuerung verbinden. […] Anzustreben ist eine breite Identifikation der verschiedenen Bevölkerungsgruppen mit hochwertigen Projekten“ (Stadt Wien 2004: 114).
Die Prämisse in der Argumentation für einen derartigen Stadtumbau im Sinne der Positionierung Wiens als Wirtschaftsstandort sind die überregionalen bzw. internationalen Trends, die zur Begründung herangezogen werden. Dies wird für Büroimmobilien am deutlichsten. Die Ursachen für ihre Entwicklung sind beispielsweise „internationale Nachfragestrukturen, „globale Portfolios“ und geänderte Gebäudeansprüche der „globalen Netzwerkökonomie“. Aus diesen überregionalen/internationalen Einflüssen wird ebenfalls die Entstehung des neuen Gebäudetypus „Bürohochhaus“ abgeleitet, der explizit als dienlich für die „Repräsentation großer Unternehmen“ gedeutet wird. „Neue, meist internationale Nachfragestrukturen und globale, strategische Portfolios führten im letzten Dezennium zur forcierten und gegenwärtig noch anhaltenden Entwicklung des Büromarktes in Wien: Es entstanden moderne Business- und Bürozentren mit eingelagerten, zentralen Nutzungen und Wohnbebauung, welche über eine breite Konzentration von komplementären und innovativen Nutzungen hoch qualifizierte Arbeitsplätze anbieten und nicht unwesentlich zur Entwicklung eines neuen Bebauungstypus – des Hochhauses bzw. Hochhausclusters – beigetragen haben“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 60). „In jüngster Zeit kommt es aber auch zu Auslagerungen großvolumiger Bürokomplexe an den Rand des dicht bebauten Stadtgebietes. Geänderte Gebäudeansprüche der für die globale Netzwerkökonomie typischen Tätigkeitsmuster und -zyklen sind dafür meist die Gründe. Beispiele sind IZD-Tower, TMobile-Bürohaus etc.“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 137). „Für viel Diskussion sorgen seit ihrer verstärkten Präsenz Ende der 80er-Jahre Hochhäuser im Stadtgebiet, die vor allem der Repräsentation großer Unternehmen dienen, in Wien aber auch fürs Wohnen genützt werden. Eine Stadt wie Wien kann in ihrer Dynamik eine solche Bauform nicht ausschließen, muss aber bei der Situierung von hohen Gebäuden neben den stadtstrukturellen Komponenten besonders sorgfältig mit deren Einfluss auf historisches Umfeld und Blickbeziehungen umgehen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 194).
(c) Das dritte, die Politikfelder Wirtschaft und Stadtentwicklung verbindende Leitmotiv, das in den betrachteten Dokumenten auftaucht, ist das Motiv der Internationalisierung. Wien beansprucht, das vorrangige Zentrum im mittel- und osteuropäischen Raum zu sein. Zum einen wird argumentiert, dass diese Positionierung einen wirtschaftsbezogenen 204
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Internationalisierungseffekt habe. Zum anderen wird festgestellt, dass diese Internationalisierung eine Bedingung der Zentrumsfunktion sei. Die zweifache Verknüpfung des Zentrumsanspruches in der Region mit dem Motiv der ökonomischen Internationalisierung wird dort deutlich, wo die Ansiedlung internationaler (bzw. „international agierender“) Unternehmen und Headquarter mit Funktionen für die MOEL als ein Kriterium bzw. ein Indikator für die Zentrumsfunktion Wiens herangezogen wird. „Bei einem insgesamt positiv und stabil verlaufenden Integrationsprozess ist davon auszugehen, dass die neuen Mitgliedsländer deutlich über dem EUDurchschnitt liegende Wachstumsraten und Investitionen verzeichnen werden. In den Zentren und den an Österreich angrenzenden meist dynamischen Regionen können diese noch weiter übertroffen werden. In einem derartigen Umfeld geht es für Wien darum, den international agierenden Unternehmen beste Voraussetzungen zu bieten, um an diesem Wachstumsmarkt ‚vor der Haustüre‘ erfolgreich teilnehmen zu können“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 32). „So wird es in der nächsten Zeit zwar einen Wettbewerb zwischen den Regionsteilen um die Ansiedlung internationaler Unternehmen geben, gleichzeitig macht es jedoch Sinn, die gesamte Region CENTROPE auf globaler Ebene zu positionieren und gemeinsam zu vermarkten“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 99).
Die Headquarter-Ansiedlung gehört damit auch explizit zu den Zielsetzungen im Rahmen der Kooperation von CENTROPE: „Nutzung der wirtschaftlichen und lagebedingten Vorteile Wiens im Städtenetz dieser Region: Größe und Spezialisierungsoptionen, Rolle als Hauptstadt und einwohner- und wirtschaftsstärkste Stadt der Region, Bildungs-, Forschungs- und Verwaltungszentren des Bundes, Finanzdienstleistungen, Headquarters, internationaler Flughafen mit Drehscheibenfunktion in Richtung Mittel-, Ost- und Südosteuropa, Standort-Lagegunst in Mittel- und Osteuropa“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 88).
Im Positionspapier zu den zukünftigen internationalen Aktivitäten der Stadt wird dementsprechend Wiens Position als „mitteleuropäisches Wirtschafts- und Finanzzentrum“ (s.u.) explizit mit den angesiedelten internationalen Unternehmen begründet: Gleichzeitig wird für die Zukunft das explizite Ziel formuliert, Headquarter und Unternehmen mit spezifischer Ausrichtung auf die MOEL anzuziehen.
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DIE VORGESTELLTE STADT
„Wien als mitteleuropäisches Wirtschafts- und Finanzzentrum. Wien bietet exzellenten Zugang zu den mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL), gleichzeitig aber auch eine hervorragende Infrastruktur (s.o.), ein gutes Gründungsklima und ein attraktives Umfeld. Auch dank ihrer geografischen Lage hat sich die Stadt zu einer Drehscheibe im internationalen Warenhandel entwickelt und als Headquarter-Standort etabliert. / Fußnote: Über 300 internationale Firmen haben Wien als europäische Standortzentrale gewählt“ (Stadt Wien 2007: 3). „Zielsetzungen und Maßnahmen: Den Wirtschaftsstandort Wien stärken […] Die bereits in Wien angesiedelten Konzerne sollen daher möglichst dauerhaft an Wien gebunden werden. Gleichzeitig sind durch entsprechende Standortwerbung in den Zielmärkten neue Unternehmen nach Wien zu holen. Ziel muss es sein, dass sich Wien aufgrund eines hervorragenden Gründungsklimas als attraktiver und bevorzugter Ansiedlungsstandort für Unternehmen mit spezifischer regionaler Ausrichtung etabliert“ (Stadt Wien 2007: 4).
Der wirtschaftsbezogenen Internationalisierung auf der einen Seite entspricht eine baulich interpretierte Internationalisierung als Anforderung an den Stadtumbau auf der anderen Seite, die aus der Prämisse überregionaler bzw. internationaler Trends und Nachfragestrukturen abgeleitet wird. Dies manifestiert sich, wenn internationale Baustandards und typologien gefordert, wenn beispielsweise die neuen Hochhausprojekte als Ausdruck wirtschaftlicher Kompetenz und „Weltoffenheit“ interpretiert oder wenn der Werbeeffekt internationaler Wettbewerbe und einer Architektur mit „europäischem Bekanntheitsgrad“ für den Wirtschaftsstandort ins Feld geführt werden. „Auch für die Internationalisierung des Standortes Wien ist eine Verbindung von Wien-spezifischen Identitäten und Innovationen mit internationalen Typologien wichtig“ (Stadt Wien 2004: 15). „Um die wirtschaftliche Kompetenz und Weltoffenheit zu signalisieren, wurden in den 1990er-Jahren zahlreiche Hochhausprojekte realisiert; die Standorteignung orientiert sich (mit wenigen Ausnahmen) zumeist an Stationen und Kreuzungspunkten des hochrangigen öffentlichen Verkehrs“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 54). „So gibt es auch in Wien eine Reihe von Projekten, die durch internationale Wettbewerbe oder besondere Architektur einen europäischen Bekanntheitsgrad erreichen und damit zur Bewerbung des Wirtschaftsstandortes positiv beitragen. Beispielhaft seien erwähnt: Westbahnhof, Gasometer Erdberg, Bahnhof Wien – Europa Mitte, Aspanggründe, Nordbahnhof, Donau-City […] Aufgrund ihrer Signalwirkung für die Bevölkerung, aber auch für die investie206
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
renden Unternehmen und aufgrund ihrer Bedeutung für die Stadtentwicklung sind einige davon auch im Stadt Wien 2004 als strategische Projekte verankert“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 132).
In Bezug auf die Leitfrage 2, wie das Leitmotiv Wiens als „Drehscheibe zwischen Ost und West“ und regionaler Headquarter-Sitz begründet wird und welche Funktion dabei den Bürohochhäusern zugeschrieben wird, lässt sich nun ein erster Schluss ziehen. Die Drehscheibenfunktion Wiens und seine Position als regionales Headquarter-Zentrum werden, wie oben beschrieben, mit der geographischen und kulturellen Nähe zu den Ländern Mittel- und Osteuropas und mit den historisch gewachsenen Beziehungen Wiens in dieser Region begründet. Die vorteilhaften Bedingungen zum wirtschaftlichen Austausch mit den MOEL werden als Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen europäischen Metropolen definiert. Daraus wird mit Blick auf die Bevölkerungszahlen, die wirtschaftliche Potenz und das kulturelle Leben Wiens schließlich der Anspruch abgeleitet, das unbestrittene Zentrum der Region zu bilden. Eine explizite Verknüpfung, welche die Funktion der neuen Wiener Büroprojekte für dieses Leitmotiv der Ost-West-Drehscheibe deutlich macht, erfolgt vereinzelt. Ein Beispiel dafür ist eines der oben angeführten Zitate aus dem Stadtentwicklungsplan (Seite 202), in dem die Entwicklung von größeren Büro- und Gewerbe-Projekten als ein Schwerpunkt zur Entwicklung und Positionierung der gesamten Stadt als Standort in der sich neu formierenden Region definiert wird (Stadtentwicklung Wien 2005: 139). Auch folgende Aussage, in der „internationale Top-Standorte“ in Wien zur optimalen Erschließung der Region CENTROPE gefordert werden, ist ein Beleg für die Verknüpfung der Motive: „[…] optimale Vernetzung und Erschließung der Region CENTROPE im inneren und nach außen, Sicherung, Erschließung und Entwicklung von internationalen Top-Standorten in Wien entlang der Hauptverkehrsachsen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 88).
Die wirksamere Verknüpfung der Funktion der neuen Wiener Bürohochhäuser mit dem Leitmotiv der Ost-West-Drehscheibe erfolgt aber über das oben beschriebene Motiv der Internationalisierung. Dieses wird einerseits wirtschaftsbezogen (mittels internationaler Unternehmen als Akteure sowie grenzüberschreitender wirtschaftlicher Verflechtungen), andererseits baulich (in Bezug auf internationale, d.h. nichtlokale Typologien und bauliche Standards sowie architektonische Lösungen auf internationalem Niveau) interpretiert (vgl. Abb. 76 im Anhang). Darauf
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aufbauend werden diese Ebenen der Interpretation aufeinander bezogen und die beiden Formen der Internationalisierung implizit und explizit voneinander abhängig gemacht. Dies wird beispielsweise in der oben zitierten Aussage (Seite 206) deutlich, in der argumentiert wird, dass für die Internationalisierung des Standortes Wien „eine Verbindung von Wien-spezifischen Identitäten und Innovationen mit internationalen Typologien“ wichtig sei (Stadt Wien 2004: 15). Die gleiche Logik liegt auch der ebenfalls zitierten Aussage (Seite 204) zugrunde, in der die Entwicklung des Bürohochhauses als einem neuen Bebauungstypus aus internationalen Nachfragestrukturen und globalen Portfolios abgeleitet wird (Stadtentwicklung Wien 2005: 60). Ähnlich verhält es sich mit der Aussage (Seite 206), dass die neuen Hochhausprojekte in Wien realisiert worden seien, um „wirtschaftliche Kompetenz und Weltoffenheit zu signalisieren“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 54). Zu den beiden inhaltlich divergierenden Begriffen von Internationalisierung im wirtschaftsbezogenen und im baulichen Sinn kommt in den drei betrachteten Dokumenten die durchgängig unscharfe, aber wiederholte allgemeine Verwendung des Begriffes der Internationalität als einer positiven und hervorzuhebenden Eigenschaft der städtischen Kultur und des gesellschaftlichen Lebens in Wien. Dabei wird insbesondere Wiens Rolle als internationales Zentrum des politischen Dialogs und als Sitz internationaler Organisationen (z.B. Stadt Wien 2007: 11) hervorgehoben – was aus der im Kapitel 3.1 dargestellten Nachkriegsgeschichte Wiens verständlich wird. Des Weiteren wird die Bedeutung Wiens als internationale Kulturstadt sowie als internationale Stadt mit einem hohen Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund und einer kulturellen Durchmischung wiederholt aufgegriffen: „Durch eine aktive Wiener Stadtaußenpolitik und entsprechende internationale Aktivitäten soll einerseits die Stellung Wiens als internationale, offene, integrative Stadt und Stätte des Dialogs weiter gefestigt und ausgebaut werden. Andererseits soll Wien als Kultur-, Tourismus- und Kongressmetropole, als Sitz internationaler Organisationen und als Wirtschaftsstandort vermarktet werden“ (Stadt Wien 2004: 26). „Wien ist weltoffen, Wien ist international, Wien lebt vom Austausch“ (Stadt Wien 2004: 86). „Wien lebt von seiner Internationalität, seiner integrativen Rolle in diesem neuen Europa. Dies muss die Basis für unser tägliches Handeln sein, ob in der Politik, der Verwaltung oder Wirtschaft. Nur so kann aus den besten Plänen lebenswerte Wirklichkeit werden“ (Stadt Wien 2004: 186; fast wortwörtlich auch in Stadtentwicklung Wien 2005: 10). 208
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
„Die zunehmende Internationalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist ein wichtiges Merkmal für den positiven Entwicklungsprozess einer Stadt“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 50). „Wien wird auch weiterhin das Zentrum internationaler Zuwanderung bleiben. Durch eine aktive Gestaltung der Beziehungen sowohl zu den BewohnerInnen/Arbeitskräften als auch Unternehmen kann neues innovatives Potenzial für die Stadt genutzt werden“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 51).
Die positive Besetzung des Internationalisierungsbegriffes wird durch diese breite Verwendung verstärkt. Gleichzeitig erscheint die zwischen der ökonomischen und der baulichen Interpretation des Begriffes vollzogene Verknüpfung selbstverständlicher, sie kann als logische Konsequenz der grundsätzlich anzustrebenden Internationalität Wiens als einer Eigenschaft der Stadt in ihrer Gesamtheit – „Wien ist international“ – verstanden werden.
5.3.2 Außendarstellung Im Folgenden wird nun ein Blick auf zwei wichtige, exemplarische Beispiele der nach außen gerichteten Öffentlichkeitsarbeit der Stadt geworfen, um zu zeigen, wie die oben beschriebenen Motive sich darin wiederfinden. Dabei zeigt sich die Prominenz und zentrale Bedeutung des Motivs Wien im Herzen Europas für die wirtschaftsbezogenen Darstellungen Wiens ebenso deutlich wie die Verknüpfung dieses Motivs mit dem der Internationalisierung in der Selbstdarstellung der Stadt. Für das Motiv des Stadtumbaus lassen sich ebenfalls einige, allerdings weniger, Beispiele finden, die den oben beschriebenen expliziten Bezug zum Motiv der Internationalisierung beinhalten. Diese Verknüpfung findet, wie in der bildzentrierten Analyse im Kapitel 5.4 zu sehen sein wird, offensichtlich weniger auf der sprachlichen und mehr auf der visuellen Ebene statt. Das zentrale Leitmotiv der Selbstdarstellung der Stadt als Wirtschaftsstandort in der Präsentation Wiens auf seiner internationalen Webseite www.wieninternational.at ist die Funktion der Stadt als „Drehscheibe zwischen Ost und West“. Schon der Titel des einleitenden Beitrags unter dem Stichwort „Wien im Überblick“ lautet „Stadt im Herzen Europas“ (Wieninternational 2010a). Der Titel des Beitrags unter dem Stichwort Wirtschaft bezieht sich noch expliziter auf dieses Leitmotiv der Ost-West-Drehscheibe. Dieser lautet „Drehscheibe Wien: internationaler Wirtschaftsstandort“ (Wieninternational 2010b). In diesem Beitrag (dem längsten aller Überblicksbeiträge) wird auf die Drehscheibenfunktion Wiens im mittel- und osteuropäischen Raum auf vielfache Weise 209
DIE VORGESTELLTE STADT
Bezug genommen, um die spezifischen Standortvorteile der Stadt zu beschreiben. So heißt es gleich im ersten Absatz: „Die Wirtschaftsdaten der österreichischen Bundeshauptstadt Wien zählen zu den besten in Europa. Wien ist Österreichs Wirtschaftsmotor und hat sich auch als Drehscheibe eines boomenden Ost-West-Handels etabliert. Die Wiener Wirtschaft floriert. Umsätze und Gewinne macht sie bereits bis zu mehr als 40 Prozent in Ländern Mittel- und Ost-Europas“ (ebd.).
Explizit wird ebenfalls auf die in Wien angesiedelten internationalen Unternehmen mit Steuerungsfunktion in Bezug auf Mittel- und Osteuropa verwiesen: „In Wien haben sich bisher rund 300 internationale Konzerne angesiedelt. Viele davon nutzen Wien als Drehscheibe und Kompetenzzentrum für Geschäfte mit Mittel- und Ost-Europa. Damit hat sich Wien auch als starker Partner für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Mittel- und Osteuropa etabliert“ (ebd.).
Des Weiteren wird die Drehscheibenfunktion der Stadt auch ausdrücklich für einzelne Teilbereiche der Wirtschaft beansprucht bzw. zur Zielsetzung gemacht, zum Beispiel für den IT-Sektor („Wien als Zentrale für […] Aktivitäten auf den Zukunftsmärkten Mittel- und Südosteuropas.“), die Hochtechnologie-Forschung (Wien als „‚Forschungshauptstadt‘ von Mittel- und Osteuropa“), den Immobiliensektor (Wien als „Drehscheibe im Ost-West-Immobilienhandel“) bzw. die Messe Wien sowie den Hafen Wien („Logistikdrehscheibe Mitteleuropa“) (ebd.). Die Beurteilung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung Wiens ist aus Sicht der Autoren damit eine positive; die Gültigkeit der Drehscheibenfunktion Wiens ist auch nach der EU-Erweiterung nicht in Gefahr: „Fazit aus der Sicht Wiens: Der anhaltende Zufluss an internationalem Kapital wird in Wien als Vertrauensbeweis für den Wirtschaftsstandort angesehen. Er zeigt ferner, dass Wien auch im Zuge der EU-Erweiterung nicht an Attraktivität verloren hat. Befürchtungen, ausländische Investoren würden nach den jüngsten Erweiterungsrunden der EU kaum mehr in Österreich, sondern in erster Linie in den Erweiterungsländern investieren, hätten sich nicht bewahrheitet. Das Gegenteil sei der Fall“ (ebd.).
Das Motiv der Drehscheibe Wien, wie es den hier betrachteten Überblicksartikel rahmt, taucht auch in zahlreichen weiterführenden Beiträgen zum Thema Wirtschaft auf, wie zum Beispiel schon ihre Titel zeigen: „Wien: Wirtschaftsdrehscheibe zwischen Ost und West“, „Grenz210
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
übergreifendes Engagement“, „CENTROPE verstärkt MitteleuropaKooperation“, „Politik der Nachbarschaft“, „Wien: Verstärkte Kooperationen im Großraum Mitteleuropa Centrope“, „Centrope: mitteleuropäisches Detroit im Entstehen“, „Wien Drehscheibe für bisher größtes EU Programm für Mitteleuropa“, „Hochtechnologie-Schub im Großraum Wien-Bratislava“, „Zwei Städte - eine Region“. Ganz ähnlich argumentiert der Wiener Wirtschaftsförderungsfonds in einer Imagebroschüre aus dem Jahr 2008, in der seine Aktivitäten vorgestellt werden und der Standort Wien beworben wird (WWFF 2008). Das einleitende Statement nimmt bereits explizit Bezug auf Wiens zentrale Lage in Europas Mitte und die Verbindungen zu Mittelund Osteuropa: „Der Wirtschaftsstandort Wien ist leistungsfähig und international attraktiv. Die zentrale Lage in Europas Mitte, enge wirtschaftliche Verbindungen und die Nähe zu den Wachstumsmärkten in Mittel- und Osteuropa, hoch qualifizierte Arbeitskräfte, eine hohe Produktivität, ein forschungs- und technologiefreundliches Klima sowie die einmalige Lebensqualität sind im Zusammenspiel mit stabilen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wichtige Faktoren, die im weltweiten Wettbewerb für den Standort Wien sprechen“ (WWFF 2008: 3).
In den folgenden Ausführungen zum Wirtschaftsstandort wird dies noch deutlicher. In der schlagwortartigen Kurzdarstellung der „Zahlen und Fakten zum Wirtschaftsstandort Wien“ (WWFF 2008: 20) beziehen sich die ersten beiden von insgesamt zehn genannten Punkten direkt auf die Drehscheibenfunktion Wiens („Wien ist die europäische Wirtschaftsdrehscheibe zwischen Ost und West“, „Großes Know-how für die Märkte in Zentral- und Osteuropa“). In der anschließenden Darstellung Wiens als „Tor nach Mittel- und Osteuropa“ und „europäische Wirtschaftsdrehscheibe zwischen Ost und West“ (ebd.: 26) wird dies weiter ausgeführt. Dabei wird diese Drehscheibenfunktion u.a. auch wieder mit den „rund 300 Osteuropa-Zentralen internationaler Konzerne“ begründet, die ihren Sitz in Wien haben. Darüber hinaus wird, ähnlich wie in der Darstellung auf www.wieninternational.at, die Drehscheibenfunktion auf verschiedene Wirtschaftsbereiche bezogen. Flughafen und Hafen hätten die Stadt zur zentralen mitteleuropäischen „Logistik-Drehscheibe“ gemacht und Wien habe sich, einem Zitat des Managing Directors von HewlettPackard Österreich zufolge, in den letzten Jahren „zur zentralen ITDrehscheibe für Mittel- und Osteuropa“ entwickelt (ebd.: 32). Das Motiv der Internationalisierung ist in beiden oben betrachteten Dokumenten ebenfalls stark vertreten und wird auch mit dem Zentrums-
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DIE VORGESTELLTE STADT
anspruch Wiens in der Region verknüpft. Auf www.wieninternational.at ist dem Thema „Wien als internationale Stadt“ ein Überblicksbeitrag unter diesem Titel gewidmet (Wieninternational 2010c). Die internationalen Kontakte der Stadt und die Kooperation im Rahmen von CENTROPE, die Auslandskommunikation und Stadtaußenpolitik sowie die in Wien angesiedelten internationalen Organisationen stehen in diesem Artikel im Mittelpunkt. Es werden aber auch die Stellung Wiens im internationalen Städteranking, die hohe Lebensqualität, die Wien diesen Rankings zufolge bietet, sowie der Erfolg der Stadt bei der Ansiedlung ausländischer Unternehmen und die hohe Zahl von Migranten aus Osteuropa in Wien thematisiert. Der Begriff der Internationalität ist, wie in den zuvor diskutierten Leitdokumenten, auch hier sehr breit ausgelegt und tendenziell unscharf. Auch in der Broschüre des WWFF wird explizit auf die Internationalität der Stadt Bezug genommen. Unter dem Titel „Wien ist international“ sind dort Punkte ‚angeführt, die wiederum sehr unterschiedliche Bedeutungen von Internationalität beinhalten: „- Wien ist Standort von rund 300 Osteuropa-Zentralen internationaler Konzerne - Über 75 % der internationalen Headquarters, die sich 2007 in Österreich ansiedelten, kamen nach Wien - 59 % der ausländischen Investitionen in Österreich werden in Wien getätigt - Modernste Kongress- und Messeinfrastruktur: Wien führt die Rangliste der ‚Top International Meeting Cities‘ an: Platz 1 vor Berlin, Singapur, Paris und Barcelona mit hunderten Events pro Jahr (Schwerpunkte: Humanmedizin, Naturwissenschaften, Wirtschaft und Politik) - Sitz zahlreicher internationaler Organisationen wie der Vereinten Nationen, OPEC, OSZE und der IAEO - Ausgeprägte Vielfalt an Nationalitäten und Sprachen“ (WWFF 2008: 24)
Das dritte oben beschriebene Motiv des Stadtumbaus ist weniger prominent in der Außendarstellung Wiens als Wirtschaftsstandort zu finden. Der Überblicksbeitrag auf www.wieninternational.at zur Stadtentwicklung ist zum Beispiel wesentlich kürzer als die oben genannten Beiträge und konzentriert sich im Wesentlichen auf einen kurzen historischen Abriss der städtebaulichen Entwicklung Wiens und der entscheidenden Planungsdokumente (Wieninternational 2010d). In den wenigen Absätzen, die der zeitgenössischen Entwicklung gewidmet sind, finden Bürobauten allerdings trotzdem Erwähnung. Es lässt sich eine Verknüpfung mit dem Leitmotiv der Internationalisierung bzw. der Drehscheibenfunktion Wiens zeigen. Unter dem Untertitel „Boom bei Büroflächen“ wird dort die Errichtung neuer Büroflächen explizit mit Wiens Bedeutung als Headquarter-Standort begründet: 212
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
„Die Nachfrage nach Büroflächen hat sich auf Grund der Expansion zahlreicher großer Unternehmen und der zunehmenden Bedeutung Wiens als Standort für die Osteuropazentralen internationaler Firmen enorm dynamisiert“ (ebd.).
Ausführlicher werden aktuelle Stadtentwicklungsprojekte in den weiterführenden Artikeln dargestellt. In ihnen finden sich einige aufschlussreiche Aussagen, die das Motiv des Stadtumbaus unterstreichen und eine Verbindung zur Drehscheibe Wien herstellen. Die Bedeutung des Stadtentwicklungsprojektes Flugfeld Aspern wird explizit mit den erwarteten Wachstumsimpulsen für die staatenübergreifende Region CENTROPE begründet (Wieninternational 2010e). Dabei werde das Projekt, nach den Worten von Planungsstadtrat Schicker, selber zur „Drehscheibe für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung“: „Österreichs Bundeshauptstadt bekommt im Norden jenseits der Donau um das ehemalige Flugfeld Aspern einen supermodernen, neuen Stadtteil, wächst damit verstärkt Richtung Bratislava und verleiht der Region Mitteleuropa ‚Centrope‘ neue Wachstumsimpulse“ (ebd.). „Das Areal soll zur Drehscheibe für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung werden, sagte Schicker. Der neue Stadtteil liege Richtung Bratislava, werde entweder über die verlängerte U2 in 22 Minuten oder über die Ostbahn in 28 Minuten erreichbar sein und der Mitteleuroparegion ‚Centrope‘ neuen Auftrieb geben“ (ebd.).
In der Darstellung der von Dominique Perrault geplanten Türme für die Donau City wird Stadtumbau ebenfalls mit Internationalisierung verknüpft (Wieninternational 2010f). Dabei wird der Erfolg des Projektes mit der Ansiedlung internationaler Konzerne und Hightech-Unternehmen begründet: „Die Donaucity erlebte einen rasanten Aufschwung und pulsiert auch wirtschaftlich: Internationale Konzerne wie IBM, sanofi aventis oder die Bauholding Strabag SE sind ebenso in der Vienna DC zu Hause wie bekannte Hightech-Unternehmen, die sich mit ihren MitarbeiterInnen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Wiens erstem Wissenschafts- und Technologiepark, dem Tech Gate Vienna, am linken Donauufer niedergelassen haben“ (ebd.).
In der Broschüre des WWFF wird das Motiv des Stadtumbaus nur mit Bezug auf das eigene Angebot an Immobilien aufgegriffen. Beispielsweise wird die Bedeutung adäquater Infrastruktur für den Wirtschaftsstandort betont und die Bereitstellung von „innovativen Technologie213
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und Spezialimmobilien“ zu einer Hauptaufgabe des WWFF erklärt (WWFF 2008: 5). In der Darstellung der Standortvorteile Wiens finden Bürobauten hingegen nur einmal explizit Erwähnung und zwar in der Kurzdarstellung der wichtigsten Zahlen und Fakten mit dem Hinweis darauf, dass Wien „günstigster Bürostandort in Mitteleuropa“ (WWFF 2008: 20) sei.
5.3.3 Innendarstellung Im dritten Teil der textzentrierten Analyse soll nun der Blick auf die Anwendung der beschriebenen Leitmotive für die explizit nach innen, an die lokale Bevölkerung gerichtete Medienarbeit der Stadt gerichtet werden. Dazu wird die monatlich an alle Haushalte gehende Zeitschrift der Stadtverwaltung „wien.at“ (bis zum Jahr 2000 unter dem Titel „Unser Wien“) betrachtet.15 Geht man von einer Leitbildfunktion der untersuchten Schlüsseldokumente – Strategieplan, Stadtentwicklungsplan und Positionspapier zu den internationalen Aktivitäten – aus, dann sollten sich die beschriebenen Leitmotive Wien im Herzen Europas, Internationalisierung und Stadtumbau auch in der Berichterstattung der Stadtzeitschrift wiederfinden. Zu klären ist also, ob und in welcher Form die Darstellung wirtschaftspolitischer Strategien auf diese Leitmotive zurückgreift. Hierzu wird nicht das gesamte Diskursfeld „Wien im Städtewettbewerb“ betrachtet, sondern es gilt, nach dem Prinzip der minimalen Kontrastierung (vgl. die Methode des Theoretischen Samplings nach Glaser und Strauss [1967] 2005) die bereits erfassten Leitmotive zu bestätigen sowie mögliche Differenzierungen und abweichende Aussagen auszumachen. Obwohl sich Umfang, Inhalte und konzeptionelle Ausrichtung von „wien.at“ (bzw. „Unser Wien“) seit Anfang der 1990er-Jahre mehrmals geändert haben, ist das Prinzip gleich geblieben. Für die Inhalte ist der Presse- und Informationsdienst der Stadt verantwortlich. Die Mediensprecher der einzelnen Stadträte und Magistratsabteilungen schlagen Inhalte vor, die dann je nach Platzbedarf umgesetzt werden. Im Sinne der 15 Es wurden im ersten Schritt alle Ausgaben der Zeitschrift von 1990 bis Anfang 2008 gesichtet. Dabei wurden relevante Textausschnitte zur Selbstdarstellung der Stadt als Wirtschaftsstandort sowie zur Präsentation der neuen Bürobauten erfasst, dokumentiert und anschließend nach Themen sortiert. Insgesamt wurden rund 450 inhaltlich relevante Textausschnitte sowie rund 120 Textausschnitte und Bildmotive erfasst, die zur Kontextualisierung der vorgefundenen Inhalte von Bedeutung waren. Erstere wurden dann im zweiten Schritt, wenn möglich, den drei Leitmotiven Wien im Herzen Europas, Internationalisierung und Stadtumbau zugeordnet bzw. mit diesen inhaltlich abgeglichen. 214
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
Ausgewogenheit sind alle Ressorts in regelmäßigen Abständen mit Berichten, Beilagen und Schwerpunktthemen vertreten. Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich die drei genannten Leitmotive grundsätzlich auch in der Berichterstattung von „wien.at“ wiederfinden. Interessant ist, dass die wesentlichen Argumente schon Anfang der 1990er-Jahre nahezu im gleichen Wortlaut Verwendung fanden und seitdem unverändert geblieben sind. Zu den oben behandelten Leitbilddokumenten und Medien der Außendarstellung gibt es trotzdem einige interessante Unterschiede, auf die ich im Folgenden eingehen werde. Argumente hinsichtlich der besonderen geopolitischen Position Wiens zwischen Ost- und Westeuropa lassen sich schon vor dem Jahr 1989 finden. Sie bauen auf der von der Bundesregierung Kreisky in den 1970er-Jahren forcierten Positionierung Wiens als Stätte des internationalen politischen Dialogs (z.B. „Wien auf dem Weg zur Ost-West Metropole“16). Anfang der 1990er-Jahre steht das Thema Wien zwischen Ost und West dann zur Gänze unter dem Vorzeichen der gemeinsam mit Budapest geplanten Weltausstellung EXPO 1995, die als „Brückenschlag zwischen Ost und West“ beworben wird.17 Spätestens mit den Jahren 1992/1993 werden die Rolle Wiens als neues (und altes) Zentrum der Region sowie die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen zu einem eigenständigen und regelmäßig wiederkehrenden Thema der Berichterstattung (Abb. 14) (vgl. auch Schneider 1990): Abb. 14: Unser Wien 1993, Nr. 2, Sonderbeilage, Seite III
16 Titel eines Beitrags in Unser Wien 1987/IX: 1. 17 Zum Beispiel Unser Wien 1989/VIII: 2; Unser Wien 1990/XI: 2f.. 215
DIE VORGESTELLTE STADT
Parallel zur Betonung der Rolle Wiens als regionales Zentrum wird zunehmend die Präsenz internationaler Unternehmen als entscheidender Faktor für den Wirtschaftsstandort hervorgehoben (z.B. „Kommen schon bald weitere Konzernriesen?“18, „Weltkonzerne einig: Wien ist unser Standort!“19). Von Anfang an stehen die positiven Auswirkungen für Wien, etwa in Bezug auf neu geschaffene Arbeitsplätze, im Vordergrund (z.B. „Betriebsansiedlungen in Wien brachten uns bis jetzt bereits 40.000 neue Arbeitsplätze“20). Mit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 etabliert sich in der Berichterstattung schließlich der Begriff der „Drehscheibe“, mit welchem auch der Zentrumsanspruch in der Region immer deutlicher artikuliert wird. Allerdings liegt der Fokus hier im Gegensatz zu heute noch wesentlich stärker auf der produzierenden Industrie und der Ansiedlung bzw. dem Ausbau von Niederlassungen von Firmen wie Opel, Grundig, Siemens oder Philips (Abb. 15). Abb. 15: Unser Wien 1995, Nr. 11, Seite 6
Bereits zu diesem Zeitpunkt wird die angestrebte wirtschaftliche Knotenfunktion mit der Selbstdarstellung als internationale Stadt und dem Anspruch auf Weltstadtstatus verknüpft: „Wien ist eine ‚Weltstadt‘, Sitz internationaler Organisationen, Hauptquartier multinationaler Konzerne, begehrtes Ziel für über sieben Millionen Touristen im Jahr. Doch angesichts der politischen Umwälzungen – EU-Beitritt oder Fall 18 Titel eines Beitrags in Unser Wien 1994/21: 6. 19 Titel eines Beitrags in Unser Wien 1995/11: 6. 20 Titel eines Beitrags in Unser Wien 1995/6: 2. 216
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
des Eisernen Vorhangs – muß auch Wien international am Ball bleiben. Selbst wenn Sie sich manchmal über die Gratisparkplätze der Diplomaten oder die mit Gästen überfüllten Straßen ärgern. Ständige Kontakte mit dem Ausland gehören einfach zu einer erfolgreichen Stadtpolitik. Das Werben Wiens als attraktiver Standort für Firmen und Organisationen schafft Arbeitsplätze und Investitionen“ (Unser Wien 1996/6, Beilage: VI). Abb. 16: Inserat der Stadt Wien 2002 (z.B. in Enjoy Vienna 2002/12)
Im Vorfeld der EU-Osterweiterung 2004 kristallisiert sich schließlich die Spezialisierung auf die Drehscheibenfunktion Wiens als zentrale Strategie der Stadtentwicklung heraus: „Was bringt die EU-Osterweiterung? […] Östliche Nachbarn: Großes Potential. Die mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) sind nach dem EUBinnenmarkt die wichtigsten Handelspartner für Österreich und Wien. […] Zudem fungiert Wien als Ost-West-Drehscheibe für multinationale Konzerne – 15 von 20 Osteuropahauptquartieren sind in Wien, viele Firmen der östlichen Nachbarn siedeln sich in der Bundeshauptstadt an. […] Hier bestünde die Chance, sich als Kompetenzzentrum im neuen Wirtschaftsraum zu etablieren“ (wien.at 2002/7: 8).
Diese Strategie prägt seitdem die Wirtschaftsberichterstattung des Presse- und Informationsdienstes und das Themensetting in „wien.at“ in hohem Maß und spiegelt sich in zahlreichen Berichten und breit gestreuten Imagekampagnen wider (Abb. 16 und Abb. 17). Deutlich wird dabei der Wandel hinsichtlich der Branchen, auf welche die Drehscheibenfunktion abzielt. Des Fokus richtet sich statt auf produzierende Betriebe nun verstärkt darauf, Wien als Dienstleistungszentrum zu positionieren:
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„Wandel in der Wirtschaft nützen. […] Diesen Wandel wollen wir nützen und Wien zu einem der Dienstleistungszentren des neu entstehenden Wirtschaftsraumes in Mittel-Osteuropa machen. […] Wien ist bereits heute einer der beliebtesten Standorte für internationale Konzerne in ganz Europa. Und diese Stärke wollen wir ausbauen und gemeinsam mit den innovativen Wiener Betrieben Jobs mit Zukunft schaffen“ (wien.at 2002/13: 9). „Drehscheiben-Standort. Wien als Wirtschaftsdrehscheibe funktioniert mittlerweile in beide Richtungen. Als Sprungbrett für Unternehmen, die auf die Märkte in den osteuropäischen Ländern wollen, und als attraktiver Standort für osteuropäische Länder, die ihre Aktivitäten in Richtung etablierte EU-Märkte verstärken“ (wien.at 2007/5: 2f.). Abb. 17: wien.at 2006, Nr. 12, Beilage, Seite 7
Nach der EU-Erweiterung 2004 ist in der Berichterstattung von „wien.at“ dann parallel zum Thema der Ost-West-Drehscheibe auch die Fokussierung auf das Projekt der regionalen Zusammenarbeit in der länderübergreifenden Region CENTROPE zu beobachten („Neue Region im Aufbau“21, „Das Zentrum Europas wächst zusammen“22, „Mehr Erfolg durch Zusammenarbeit ohne Grenzen“23). Dabei wird analog zu den oben diskutierten Dokumenten der Stadtplanung und der Außendarstellung neben aller Betonung der Kooperationsbemühungen gleichzeitig auf den Zentrumsanspruch Wiens hingewiesen. In den oben zitierten 21 Titel eines Beitrags in wien.at 2004/4: 4. 22 Titel eines Beitrags in wien.at 2006/4: 2f.. 23 Titel eines Beitrags in wien.at 2006/12: 2f.. 218
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Beiträgen zur regionalen Zusammenarbeit im Rahmen von CENTROPE wird Wien beispielsweise als „Mittelpunkt des zentral- und osteuropäischen Raumes“ und „Herz dieser Region“24 sowie als „Zugpferd der Region“ und „Tor zum Osten“25 hervorgehoben. Dieser Versuch, der Bevölkerung die hervorgehobene Rolle Wiens als Zentrum der Region gegenüber in anschaulichen Bildern zu vermitteln, findet seinen Ausdruck schließlich auch in der Imagewerbung mit dem Slogan „Wien ist Europa & Zentrum“ (Abb. 18). Abb. 18: wien.at 2006, Nr. 4, Cover
Die Argumentationslogik in der Wirtschaftsberichterstattung von „wien.at“ entspricht der Argumentationsstruktur, wie sie in den Leitbilddokumenten und den nach außen gerichteten Darstellungen des WWFF und des Webportals www.wieninternational.at identifiziert wurde: Wirtschaftsbezogene Internationalisierung wird auch hier zugleich als Effekt und auch als Bedingung der Zentrumsfunktion Wiens in der Region beschrieben. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Bedeutung dieser Internationalisierung an sich für die Stadt viel stärker betont wird. Im Vordergrund stehen dabei Hinweise auf die hohe Zahl und die prestigeträchtigen Namen der angesiedelten internationalen Unternehmen, auf die Höhe der von ihnen getätigten Investitionen sowie die Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze. Dies lässt sich mit der
24 wien.at 2006/4: 2 25 wien.at 2006/12: 2f. 219
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Zielgruppe von „wien.at“ erklären: Die Leser sind potenzielle Wähler. Der Vorteil, den die Bevölkerung aus den Internationalisierungsbestrebungen zieht, soll hier glaubhaft gemacht werden. „Als internationaler Firmenstandort laufen wir anderen Metropolen den Rang ab. Investitionen schaffen und sichern viele Jobs. 39 ausländische Betriebe haben sich alleine im Vorjahr in unserer Stadt neu angesiedelt: Das brachte 1.000 Arbeitsplätze und über 1,1 Milliarden Euro an Investitionen […]“ (wien.at 2004/10: 3). „Motor für Österreichs Wirtschaft. Aufwärtstrend bei Betriebsansiedelungen, Rekord bei Neugründungen, höchste Kaufkraft und Erwerbsquote, beste Lebensqualität – Wien ist zweifellos der Wirtschafts- und Jobmotor für ganz Österreich“ (wien. at 2007/5: 2f.). „Firmen aus aller Welt brachten 1.100 Jobs. Rekordjahr 2007: 115 internationale Betriebe neu in Wien. Mit qualifizierten Arbeitskräften, moderner Infrastruktur, Sprachenkompetenz und seiner Funktion als Wirtschaftsdrehscheibe zwischen Ost und West punktet der Standort Wien […]“ (wien.at 2008/2: 5).
Ebenfalls bemerkenswert ist der hohe Stellenwert, der den Hinweisen auf die mit Forschung und Entwicklung verbundenen „Zukunftsbranchen“ eingeräumt wird, die von den angesiedelten Unternehmen repräsentiert werden sollen. Wien wird damit parallel zur Darstellung als OstWest-Drehscheibe und internationaler Headquarter-Standort u.a. auch als „Zentrum für Forscher“26, „Biotech-Zentrum Österreichs“27, „Technologie-Standort Wien“28, „High-Tech Standort“29, „Metropole der Wissenschaft“30, „Stadt der Forschung“31, „Top-Standort für Technologie“32 oder „Top-Standort für Forschung und Wissenschaft“33 präsentiert. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den vom WWFF geförderten Sparten Biotechnologie („Life-Science“) und Informationstechnologie, den Creative Industries und der „Automotive-Branche“. Die Aufmerksamkeit für das Thema Forschung und Entwicklung und der Anspruch Wiens, sich in dieser Sparte als wichtiger Standort zu positionieren, sind nicht verwunderlich. Wissensbasierte Wirtschafts-
26 27 28 29 30 31 32 33
Unser Wien 1999/16: 5 wien.at 2002/9: 5 wien.at 2002/1: 5 wien.at 2002/6: 2 wien.at 2004/3: 6 wien.at 2006/3, Beilage: 2 und wien.at 2003/9: 2 wien.at 2006/4: 4 wien.at 2007/3: 3
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zweige gelten als die Zukunfts- und Wachstumsbranchen und keine Stadt verabsäumt es, hier ihre Schwerpunkte zu setzen. Interessant ist für meine Fragestellung jedoch die Unschärfe der Argumentation in Bezug auf die Internationalisierung des Standortes, welche sich durch diesen Fokus auf Technologie, Wissenschaft und Forschung ergibt. Bei den Hinweisen auf die Vielzahl angesiedelter internationaler Unternehmen ist folglich sowohl deren Steuerungsfunktion in Bezug auf die MOEL von Interesse (siehe obige Zitate) als auch deren Zukunftsorientierung und die Modernität der geschaffenen Arbeitsplätze (z.B. „Wien als Zentrum moderner Arbeitsplätze“34). Dieser mehrfache und eigentlich widersprüchliche Anspruch (Headquarter-Kompetenzen im Sinne regionaler Steuerungsfunktionen gehen in der Regel nicht mit Forschungs- und Entwicklungskompetenzen einer Unternehmensniederlassung einher, vgl. Knoll 2004) hat Auswirkungen auf die Wahl der Motive, die benutzt werden, um wirtschaftspolitische Themen bildhaft zu illustrieren. Zusätzlich wirkt er sich auch auf die Zuschreibungen, die mit den Bildern der neuen Bürobauten und Bürotürme in den Medien und Kampagnen des Presse- und Informationsdienstes verknüpft werden, aus. Dieser Aspekt wird in der bildzentrierten Analyse im nächsten Teil noch einmal aufgegriffen. Das dritte, oben analysierte Motiv des Stadtumbaus, in dem stadträumliche Veränderungen mit der Entwicklung des Wirtschaftsstandortes begründet werden, findet sich in der Berichterstattung von „wien.at“ ebenfalls wieder – allerdings immer bezogen auf konkrete Projekte, über die berichtet wird, und nicht in Form programmatischer Aussagen. Die größte Aufmerksamkeit kommt in der Berichterstattung den Hochhausprojekten zu. Am deutlichsten wird das Motiv des Stadtumbaus im Sinne einer gezielten stadträumlichen Transformation, die mit deren Bedeutung für die zukünftige positive Entwicklung des Wirtschaftsstandortes begründet wird, in der Planungsgeschichte des städtischen Prestigeprojektes der Donau City. Mit dem Modell der bipolaren Stadtentwicklung, das dem Projekt der Donau City anfangs zugrunde gelegt wird, wird auch die Entlastung des historischen Zentrums in Aussicht gestellt.35 Es wird argumentiert, dass die gestiegene Nachfrage nach Büroraum im historischen Zentrum nicht mehr zu bewältigen sei (z.B. „Damit in den innerstädtischen Bezirken nicht noch mehr Wohnungen zu Büros werden: Wien braucht neue City!“36). Die Donau City als „Wiens modernster Stadtteil“ und „die neue Skyline der Stadt“ soll diesen Mangel behe-
34 Artikel in wien.at 2002/1: 5. 35 Zum Beispiel Unser Wien 1992/VII: 3. 36 Titel eines Beitrags in Unser Wien 1991/IX, Beilage: 2f. 221
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ben.37 Von Anfang an wird das Projekt auch explizit mit der Aussicht auf die Ansiedlung internationaler Unternehmen sowie die dadurch zu schaffenden Arbeitsplätze verknüpft: „Wien rückt näher an die Donau. Mit der Donau City wird der alte Traum der Stadtplaner verwirklicht, Wien an die Donau zu bringen. […] Modernste Bürogebäude bilden einen Anziehungspunkt für internationale Unternehmen. Rund 8.000 Arbeitsplätze wird es in der Donau-City geben. Ein Projekt, das dazu beitragen wird, Wiens Stellung als europäische Metropole auch im nächsten Jahrtausend zu sichern“ (Unser Wien 1993/16: 7). „Neue City zieht Investoren an. Die Donau City: ein modernes Stadtviertel soll die traditionelle Innenstadt entlasten. […] Die neuen Stadtteile erhalten mit der Donau City ein städtebaulich und architektonisch herausragendes Zentrum. Solche Großprojekte sollen internationale Investoren nach Wien bringen – so werden Arbeitsplätze gesichert […]“ (Unser Wien 1994/7: 2).
Ebenfalls von Anfang an wird die Donau City unter Bezugnahme auf den am Standort vertretenen „Wissenschafts- und Technologiepark“ Tech-Gate – dem „Wiener ‚Labor‘ für die Zukunft“38 – als High-TechStandort präsentiert. Für die anderen Hochhausprojekte, wie den Millenniums Tower und den Twin Tower am Wienerberg, gilt ähnliches. Sie werden zugleich als zukünftige Sitze internationaler Konzerne39 und als Möglichkeit, die „Stadt als High-Tech-Standort schmackhaft zu machen“, dargestellt (Unser Wien 1999/5: 5). Schließlich werden die neuen Bürohochhäuser auch als Symbole eines inhaltlich weiter und unklarer gefassten Begriffes von Internationalität bzw. Weltoffenheit interpretiert, wie es in einem Artikel anlässlich der Präsentation der Wiener Hochhausrichtlinien40 im Jahr 2001 deutlich wird: „Eines steht fest: Wolkenkratzer sind nicht mehr aus unserem heutigen Leben in einer Großstadt wegzudenken. Sie sind Ausdruck moderner Architektur, und eine weltoffene Metropole wie Wien kann sich diesem Zeitgeist nicht verschließen“ (wien.at 2001/11: 8).
37 wien.at 2001/2: 6 38 Unser Wien 1999/10: 7 39 Zum Beispiel Unser Wien 1999/5: 5, Unser Wien 1999/8: 1, Unser Wien 1999/18: 7, wien.at 2001/2: 6f.. 40 Die Wiener Hochhausrichtlinien (Stadt Wien 2002) wurden erstellt, um der Kritik an der beliebigen und städtebaulich vielfach fragwürdigen Positionierung der neuen Hochhausbauten zu begegnen. Verbindlichen Status haben diese Empfehlungen jedoch nicht. 222
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Aus der textzentrierten Betrachtung kann zusammenfassend geschlussfolgert werden, dass sich die drei in den Schlüsseldokumenten festgestellten Leitmotive für die Felder Wirtschafts- und Stadtentwicklung Wien im Herzen Europas, Stadtumbau und Internationalisierung in der Außen- wie Innendarstellung der Stadt wiederfinden. Die Betonung einzelner Aspekte variiert nach Zielgruppe und Medium, die argumentative Logik bleibt jedoch im Wesentlichen gleich. Es gibt eine direkte Verknüpfung der ersten beiden Motive, indem bestimmte bauliche Strukturen (vielfach Bürobauten) zur Voraussetzung bzw. zu einem Kriterium für die Spezialisierung Wiens auf die Drehscheibenfunktion zwischen Ost und West gemacht werden. Wirksamer und stärker ist meines Erachtens aber die indirekte Verknüpfung über das Motiv der Internationalisierung, welche sowohl aus der Drehscheibenfunktion als auch aus dem Stadtumbau abgeleitet wird. Zwischen der wirtschaftsbezogenen Internationalisierung der Stadt (konkret manifestiert in der Ansiedlung internationaler Unternehmen) und der baulichen Internationalisierung (konkret manifestiert in internationalen Standards und Gebäude-Typologien) wird ein kausaler Zusammenhang hergestellt. Die Definition von Ursache und Wirkung wechselt dabei. Teilweise werden internationale bauliche Typologien als Voraussetzung für die Internationalisierung der Wirtschaft definiert, teilweise wird festgestellt, dass die Internationalisierung der Wirtschaft durch neue Nachfragestrukturen auch eine bauliche Internationalisierung mit sich bringe.
5.4 Bildgeschichten Für die bildzentrierte Analyse wurden auf Basis der obigen methodischen Überlegungen folgende Dokumente herangezogen:
• • • •
der Strategieplan 2004 und der Stadtentwicklungsplan 2005 der Stadt Wien (Stadtentwicklung Wien 2005; Stadt Wien 2004), die Imagebroschüre des WWFF des Jahres 2008 (WWFF 2008) sowie vergangene Ausgaben und die Webseite des WWFF, die SPÖ Wien-Imagekampagne 2005, die SPÖ Wien-Webseite und „1000 Visionen für Wien“, die Publikation zu den Zukunftsdiskussionen der SPÖ Wien (SPÖ Wien 2007) sowie die Zeitschrift „wien.at“ (bis zum Jahr 2000 unter dem Titel „Unser Wien“).
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Im ersten Schritt der Analyse werden obige Fallbeispiele in Bezug auf die Bildverwendung und für meine Fragestellung interessante Verknüpfungen von Themen und Bildmotiven betrachtet. Im zweiten Schritt behandle ich dann die Leitfrage (3), wie das Bürohochhaus als visueller Bedeutungsträger eingesetzt und wie dabei seine Architektur wirksam wird (vgl. Seite 20). Dazu werden zusätzlich zu den Fallbeispielen exemplarisch weitere Imagekampagnen und Publikationen einzelner Magistratsabteilungen, Beispiele aus der Öffentlichkeitsarbeit weiterer halb-öffentlicher bzw. privater Akteure und aus der allgemeinen Medienberichterstattung in die Analyse einbezogen. Dabei stelle ich typische Bildschemata und damit verbundene Techniken visueller Repräsentation dar, welche die mediale visuelle Darstellung der Wiener Bürobauten charakterisieren, und diskutiere, worin die sinnstiftende Wirkung der Architektur in Bezug auf obigen diskursiven Kontext liegt.
5.4.1 Fallbeispiele Strategieplan 2004 und Stadtentwicklungsplan 2005 Die Bedeutung des Strategieplans 2004 und des Stadtentwicklungsplans 2005 (STEP 2005) als programmatische Dokumente der Stadtpolitik mit Leitbildfunktion für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit wurde oben schon angesprochen. Für die in den beiden Dokumenten verwendeten fotografischen Bilder kann diese Leitbildfunktion nicht ohne weiteres in analoger Weise vorausgesetzt werden. Schließlich lassen sich programmatische sprachliche Aussagen leichter reproduzieren als Fotos, deren Reproduktion sich sowohl technisch als auch rechtlich schwieriger gestaltet und ganz wesentlich von der Verfügbarkeit digitaler Bilddaten abhängt. Das heißt, man kann nicht ohne weiteres annehmen, dass die gleichen Bilder, wie sie im Stadtentwicklungsplan und Strategieplan verwendet wurden, auch in der allgemeinen Medienarbeit eingesetzt werden, noch dazu mit den gleichen Zielsetzungen. Eine Bildanalyse der beiden Dokumente macht jedoch aus zwei Gründen trotzdem Sinn: Erstens wurde aufgrund des großen Stellenwerts dieser Dokumente für die Selbstdarstellung der Stadt ein hoher Gestaltungsaufwand mit ihnen betrieben. Der Einsatz von Bildern in diesen Dokumenten ist also von Interesse, da das Layout und die visuelle Gestaltung entsprechend sorgfältig und aufwändig erstellt wurden – die Bildauswahl und Bildgestaltung wurden gezielt erarbeitet, willkürliche, zufällige oder unüberlegte Platzierungen von Bilder sind auszuschließen. Die erhöhte Aufmerksamkeit für die Repräsentativität dieser Dokumente lässt sich auch am Unterschied ablesen, der etwa zu den vo224
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rangegangenen Stadtentwicklungsplänen von 1984 und 1995 sowie zur ersten Ausgabe des Strategieplans von 2000 besteht. Dies sind hauptsächlich textbasierte Dokumente. Wenn Fotos verwendet wurden, dann waren dies Archivfotos.41 Im Gegensatz dazu wurden für den Strategieplan 2004 und den STEP 2005 auch eigens Fotoserien in Auftrag gegeben. Man kann folglich in diesen Dokumenten durchaus von einem bewussten und gezielten Einsatz der Bilder in Bezug auf die zu vermittelnden Botschaften ausgehen. Der zweite Grund, warum die Bilder der beiden genannten Dokumente von Bedeutung sind, liegt in der Knappheit verfügbarer Fotos in den Bildarchiven der Stadt. Für die tägliche Medienarbeit wäre es zu teuer, auf anlassbezogene Auftragsfotografien zurückzugreifen. Es müssen bevorzugt Fotos verwendet werden, die im Bildarchiv der Stadt vorrätig sind und bei denen keine Kosten für Bildrechte anfallen. Aus diesem Grund finden sich in den betrachteten Materialien immer wieder dieselben Fotos, darunter auch Bilder, die für den STEP 2005 erstellt wurden. Der Strategieplan von 2004 ist eine aufwändig gestaltete Publikation. Bildmaterial wird reichlich verwendet. Der Beginn eines jeden Kapitels und Unterkapitels ist mit einem Titelbild bzw. einer Bildleiste versehen, aber auch die eingeschobenen Fallbeispiele sind ausgiebig bebildert. Es überwiegen Fotos, die im assoziativen Zusammenhang mit dem Text stehen und keinen direkten inhaltlichen Bezug haben. Nur selten, und dann bei den konkreten Fallbeispielen, wird ein Foto zum Zweck der Information und direkten Veranschaulichung eines Textinhaltes eingesetzt. Für meine Betrachtung sind diese Fotos wenig aufschlussreich. Ihr programmatischer Gehalt in Bezug auf die Textinhalte ist beschränkt. Interessant für meine Betrachtung sind jedoch die Fotos, die als Aufhänger doppelseitig und formatfüllend die fünf Hauptkapitel einleiten und sich deutlich vom übrigen Bildmaterial abgrenzen. Diese Bilder können als programmatische Visualisierungen der jeweiligen Themenfelder verstanden werden, die in den jeweils folgenden Kapiteln behandelt werden. Sie sind der Formulierung der Leitidee jedes Großkapitels jeweils direkt vorangestellt. Im Zusammenhang mit der
41 Natürlich ist dies auch eine Frage der heute weit größeren technischen Möglichkeiten. Beim Strategieplan von 2000 allerdings trifft diese Erklärung nicht unbedingt zu. Hier kann vermutet werden, dass der Strategieplan in seiner ersten Auflage noch keine allzu hohe Bedeutung für die Stadt hatte. Dieser entstand in der Zeit der Koalitionsregierung zwischen SPÖ und ÖVP (1996 bis 2001) auf Betreiben des damaligen ÖVPPlanungsstadtrates Görg. Die zweite Ausgabe des Strategieplans entstand 2004, als er wieder allein von der SPÖ-Regierung verantwortet wurde. 225
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Selbstdarstellung Wiens als internationalem Wirtschaftsstandort sind die zwei Fotos von besonderem Interesse, die dem ersten Kapitel „Wien engagiert sich in Europa und verstärkt regionale Kooperationen“ und dem zweiten Kapitel „Wien schafft neue Perspektiven für Wirtschaft und Arbeit“ vorangestellt sind. Das erste Kapitel beinhaltet Wiens Beitrag zur europäischen Städtepolitik und das Engagement in der Region CENTROPE. Das einleitende Bild bietet einen Blick auf die Stadt als Flusslandschaft (Abb. 19). Der Betrachter befindet sich oberhalb der Stadt, im Vordergrund sind Weinfelder zu sehen. Der Flusslauf der Donau dominiert das Bild, die gebaute Stadt verschwimmt im Dunst und lässt nur wenig Details erkennen. Deutlich abgehoben gegenüber dem Hintergrund sind durch ihre Höhe nur die Bauten der Donau City, der UNO-City sowie des Millennium Towers. In dessen Spitze spiegelt sich das Sonnenlicht. Abb. 19: Strategieplan 2004, Seite 20f.
Das zweite Kapitel ist der wirtschaftspolitischen Strategie der Stadt gewidmet, die sich durch Internationalisierung, Cluster-Initiativen, Technologieförderung u.ä. als „die Wirtschaftsmetropole im südöstlichen Zentralraum zu positionieren“ versucht (Stadt Wien 2004: 49, Hervorhebung im Original). Es wird von einem Foto eingeleitet, auf dem sich ebenfalls ein Blick über die Stadtlandschaft bietet, diesmal aber mit suburbanem Charakter (Abb. 20). Der Betrachter befindet sich in beträchtlicher Höhe. Die Glasfassade rechts im Bild deutet auf einen Standort in einem Hochhaus hin, welches mit Ortskenntnis als Twin Tower am Wienerberg identifiziert werden kann. Das einleitende Foto des dritten Kapitels „Wien investiert in Wissen, Bildung, Kultur und Freizeit“ zeigt 226
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eine Veranstaltung vor dem nächtlich erleuchteten Wiener Rathaus mit Bühne und Publikum. Dem vierten Kapitel „Wien stärkt die Qualität von Naturraum und Stadtraum“ ist ein Foto vorangestellt, auf dem sich ein Blick auf die Alte Donau (einen Altarm der Donau, der als innerstädtisches Naherholungsgebiet dient) bietet (Abb. 21). Abb. 20: Strategieplan 2004, Seite 46f.
Abb. 21: Strategieplan 2004, Seite 100f.
Im Vordergrund sind Segelboote am Steg zu sehen, im Hintergrund heben sich die Bauten der Donau City und der UNO-City gegen den Himmel ab. Den Auftakt des letzten Kapitels „Wien bleibt Stadt der Lebensund Umweltqualität“ bildet schließlich ein Foto eines Straßencafés am Wiener Graben, der exklusiven Fußgängerzone in der Innenstadt, welche 227
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den Stephansdom mit dem Kohlmarkt und der Hofburg verbindet (Abb. 22). Die Motivwahl dieser fünf Bilder deutet bereits auf zwei grundlegende (durchaus widersprüchliche) Repräsentationsmuster hin, welche in der Analyse wiederkehren werden. Zum einen handelt es sich um die Gleichzeitigkeit eines „Neuen“ und eines „Alten“ Wien in der Selbstdarstellung der Stadt, denen jeweils entsprechende Stadträume und bauliche Strukturen zugeordnet sind. Der Themenkomplex „Wissen, Bildung, Kultur und Freizeit“ sowie das Thema „Lebens- und Umweltqualität“ sind klar mit klassischen Motiven des historischen Stadtraumes belegt: dem Wiener Rathaus als Veranstaltungskulisse sowie dem Wiener Graben in der Innenstadt als dem Inbegriff des öffentlichen Raumes der Stadt. Demgegenüber werden die Themen „Wien und seine regionale Kooperation“ sowie „Wien als internationaler Wirtschaftsstandort“ mit Motiven zeitgenössischer Architektur in Verbindung gebracht: den Hochhäusern an der Donau sowie dem Twin Tower – allerdings jeweils in Verbindung mit einer ganz bestimmten Perspektive auf die Stadt. Abb. 22: Strategieplan 2004, Seite 144f.
Das zweite grundlegende Repräsentationsmuster, das sich in dieser Verbindung der Darstellung von modernen Bauten und typischen Landschaftsräumen andeutet, ist die Gleichzeitigkeit eines „Neuen“ und eines „Grünen“ Wien, welche die Einbettung der gebauten Stadt und insbesondere der neuen Großprojekte in intakte Landschaftsräume betont. Das oben gezeigte Bildmotiv (Abb. 21) betont diese Einbettung auf exemplarische Weise, indem es den Grünraum der Alten Donau mit der Hochhauskulisse im Hintergrund verbindet.
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Der Stadtentwicklungsplan 2005 ist wie der Strategieplan 2004 aufwändig gestaltet und noch reicher illustriert. Viele Bilder haben, ähnlich wie im Strategieplan, assoziativen Charakter bezüglich der Textinhalte und stellen zumeist Ausschnitte aus dem Stadtleben dar, auf denen Menschen in Alltagssituationen abgebildet sind. Des Weiteren gibt es eine Fülle von Abbildungen und Grafiken, bei denen der Informationsgehalt im Vordergrund steht. Für die Bildanalyse sind allerdings auch hier jene fotografischen Bilder am interessantesten, die dazu dienen, neue Kapitel und Unterkapitel einzuleiten und Themen sozusagen visuell auf den Punkt zu bringen. Hier kann der gezielte Einsatz von Bildmotiven zur Visualisierung und Unterstützung von inhaltlichen Aussagen vorausgesetzt werden. Abb. 23: STEP 2005, Seite 32 (Ausschnitt)
Der Anfang des Kapitels „Wien im internationalen, nationalen und regionalen Kontext“ wird von einem Foto begleitet, das zwei Frauen mit Kopftüchern auf einer Parkbank sitzend zeigt (Abb. 23) – ein Motiv, das auf deren migrantische Herkunft hinweisen soll. Hier wird das Motiv des internationalen Wien im Sinne kultureller Vielfalt und gesellschaftlicher Toleranz interpretiert. Das Kapitel „Räumliche Aspekte der Kultur“ wird von einem Foto des Treppenaufgangs zur Wiener Albertina, einem der wichtigsten Kunstmuseen der Stadt mit langer Tradition, eingeleitet. Dem Thema „Regionales räumliches Leitbild – Wien in CENTROPE“ ist ein Foto zugeordnet, das einen nicht näher zuordenba229
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ren Ausschnitt eines Bahnhofs oder Bahnsteigs zeigt, auf dem der Plan des Wiener U-Bahn-Netzes und im Hintergrund eine Informationstafel zu sehen sind. Regionale Vernetzung wird hier mit Mobilität gleichgesetzt und mit der Abbildung von Verkehrsinfrastruktur visuell veranschaulicht. Bürobauten und Bürohochhäuser sind schließlich wieder eindeutig dem Thema „Wirtschaft und Arbeit“ zugeordnet. Das einleitende Foto des entsprechenden Kapitels (Abb. 24) zeigt einen Eingang eines Bürobaus mit einem auf den Eingang zugehenden Mann im Anzug im Vordergrund. Abb. 24: STEP 2005, Seite 119 (Ausschnitt)
Die Glasfassade und das Foyer deuten auf ein Hochhaus hin. Bei Kenntnis des Gebäudes kann es als UNIQA Tower identifiziert werden. Diese Aufnahme bildet zu den zuvor beschriebenen Bildern, auf denen Bürotürme aus großer Distanz und nur als Silhouetten abgebildet sind, das Gegenstück. Der UNIQA Tower ist aus solcher Nähe abgebildet, dass das Gebäude in seiner Gesamtheit nicht mehr erfasst wird. Es wird ein Ausschnitt gezeigt, der nur bei genauer Kenntnis des Baus bzw. nach Recherche eine Identifikation zulässt. Es ist nicht das Ziel, ein konkretes Gebäude abzubilden. Vielmehr soll die abstrakte Wirtschafts- und Arbeitswelt, wie sie als Handlungsfeld der Stadtentwicklung in dem anschließenden Kapitel des STEP dargestellt wird, beispielhaft illustriert werden. Diese Art der verallgemeinernden Darstellung ist, wie unten noch im Detail diskutiert wird, eine gängige Form der visuellen Repräsentation von Bürohochhäusern und wird auch in den folgenden Fallbeispielen immer wieder zu sehen sein. 230
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Wiener Wirtschaftsförderungsfonds Für die Bewerbung des Wirtschaftsstandortes Wien wurden vom Wiener Wirtschaftsförderungsfonds in den vergangenen Jahren in regelmäßigen Abständen Informationsbroschüren aufgelegt. Die Broschüre des Jahres 2008, die auch in der vorangegangenen textzentrierten Analyse besprochen wurde, liefert einen guten Einblick in die für die Standortbewerbung relevanten Bildmotive sowie deren Widersprüchlichkeiten, die sich aus dem Gegensatz des „Alten“ und „Neuen“ Wien ergeben.42 Abb. 25: WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 20
Die Selbstdarstellung des WWFF und seiner Aktivitäten im ersten Teil der Broschüre wird von Fotos illustriert, die typisierte Szenen aus Büroarbeit, Beratungstätigkeit u.ä. zeigen. Wichtiger für meine Fragestellung sind die Fotos, die den einzelnen Argumenten zugeordnet sind, mit denen Wien im zweiten Teil der Broschüre als Standort beworben wird. Diese sind halbseitig angelegt und kommen durch die reduzierte graphische Gestaltung und den sparsamen Einsatz von Text stark zur Geltung. Es wurden sowohl Fotos der gebauten Stadt als auch Bildmotive aus der 42 Diese Broschüre von 2008 stellt die aktuellste verfügbare Publikation dieser Art dar, die vom WWFF herausgegeben wurde. Seit der Neukonzeption des Außenauftritts des WWFF und seiner Umbenennung in Wirtschaftsagentur Wien im Frühjahr 2010 wurde noch keine aktualisierte Fassung publiziert (Stand Oktober 2010). 231
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Arbeitswelt und Details von Objekten verwendet. Das Bildmotiv der historischen Stadt ist der einleitenden Doppelseite unter dem Titel „Wien auf einen Blick“ vorbehalten (Abb. 25). Die Auflistung der „Zahlen und Fakten zum Wirtschaftsstandort Wien“ auf dieser Seite wird mit einem Foto illustriert, das einen Blick über die Innenstadt mit dem Parlament, der Ringstraße und dem Volksgarten bietet. Auf der nächsten Doppelseite mit dem Titel „Der Standort Wien“ kommt nun das „Neue Wien“ zur Geltung. Ein Foto der Donau City mit dem Tech Gate, dem Tech Tower und dem Strabag-Gebäude im Vordergrund dient dazu, die Argumente zu illustrieren, mit denen der Standort als „leistungsstark und international attraktiv“ dargestellt wird (Abb. 26). Abb. 26: WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 22
Die Darstellung Wiens als „Tor nach Mittel- und Osteuropa“ im nächsten Unterkapitel wird hingegen mit dem Ausschnitt einer Anzeigetafel am Flughafen illustriert, auf welcher die Namen einiger Städte Ost- und Mitteleuropas zu lesen sind. Auch zur Illustration des Themas der Forschung, Entwicklung und Ausbildung unter dem Titel „Top-Standort mit Zukunft“ wird kein Foto des Stadtraumes verwendet, sondern ein Detailausschnitt einer Laborszene mit Gläsern, Pipetten und einer fragmentarisch abgebildeten Person mit Brille, Mundschutz und Handschuhen (Abb. 27).
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Abb. 27: WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 28
Abb. 28: WWFF-Imagebroschüre 2008, Seite 34
Erst die Doppelseite „Lebenswertes Wien“, auf welcher die hohe Lebensqualität in der Stadt thematisiert wird, ist wieder mit einem Bild des Stadtraumes verknüpft. Das entsprechende Foto zeigt im Wasser spielende Jugendliche vor dem Hintergrund des Gebäudes der UNO233
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City (Abb. 28). In diesem Bildmotiv wird wieder das zweite, in der Diskussion von Stadtentwicklungsplan und Strategieplan zuvor angesprochene Repräsentationsmuster sichtbar, indem die verbindende Darstellung von modernen Bauten und typischen Landschaftsräumen die Gleichzeitigkeit eines „Neuen“ und eines „Grünen“ Wien betonen soll. Ein Blick auf die Informationsbroschüre des WWFF aus dem Jahr 2006 zeigt eine ganz ähnliche Motivwahl (WWFF 2006). Auf dem Cover wird dem Titel „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus“ ein Blick auf einen modernen Büroturm aus starker Untersicht als formatfüllendes Bildmotiv beigestellt (Abb. 29). Abb. 29: WWFF-Broschüre 2006, Cover
Die einleitende Darstellung des Wirtschaftsstandortes Wien unter dem Titel „Wien auf einen Blick“ wird dann mit einem Bild verknüpft, das für das historische Wien steht: einem Ausschnitt eines Fiakers – einer historischen Pferdekutsche. Diese Fiaker stellen heute eine beliebte Touristenattraktion dar und bieten an mehreren Standplätzen Rundfahrten im Bereich der Wiener Altstadt an. Für die weiterführende Beschreibung der Standortvorteile unter dem Titel „Wirtschaftsmotor Wien“ wurde hingegen ein zeitgenössischer Büroturm, der Media Tower von Architekt Hans Hollein, als Bildmotiv herangezogen. Dieser ist in einer starken Untersicht als Solitär ohne die ihn umgebende Bebauung abgebildet (Abb. 30). Das betreffende Foto wurde von Corbis, einer der weltweit größten Bildagenturen, eingekauft. 234
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Abb. 30: WWFF-Broschüre 2006, Seite 3
Die auf der nächsten Seite folgende, detaillierte Darstellung der Drehscheibenfunktion Wiens in Bezug auf die Region, übertitelt mit den Worten „Sprungbrett nach Mittel- und Osteuropa“, wurde wieder mit einem abstrakten Bildmotiv illustriert: einer Karte, auf der Wien als Zentrum konzentrischer Kreise dargestellt wird, welche die jeweiligen Flugstunden von Wien aus angeben. Die nächste Doppelseite mit dem Titel „Großes Vertrauen multinationaler Unternehmen“, auf welcher auf die hohe Zahl sich in Wien ansiedelnder internationaler Unternehmen hingewiesen wird, wurde wiederum mit dem etablierten Bildmotiv der UNO-City illustriert (obwohl darin keine multinationalen Unternehmen angesiedelt sind, sondern verschiedene Organisationseinheiten der Vereinten Nationen). Das Thema der Infrastruktur ist wie auch in der Broschüre von 2008 mit einem Motiv des Flughafens (und zwar dem Terminalgebäude und einem Flugzeug im Vordergrund) verknüpft, während zum Beispiel für das Thema der Lebensqualität hier kein stadträumliches Motiv, sondern ein Foto eines Wasserglases zur Illustration verwendet wurde. An der beschriebenen Motivwahl der beiden WWFF-Broschüren sind einige Aspekte interessant. Zum einen ist es aufschlussreich zu sehen, welche Argumente der Standortbewerbung mit stadträumlichen Motiven belegt wurden und bei welchen abstrakte Bildmotive oder nur Details von Objekten eingesetzt wurden. In der Broschüre von 2008 sind drei stadträumliche Bildmotive (von insgesamt sieben halbseitigen, für 235
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die Präsentation des Wirtschaftsstandortes eingesetzten Bildmotiven) verwendet worden: in der einführenden Darstellung Wiens der Blick über die Bauten an der Wiener Ringstraße, in der grundsätzlichen Präsentation als Wirtschaftsstandort der Blick auf mehrere Bauten der Donau City und in der Beschreibung der Lebensqualität der Stadt der Blick auf die UNO-City als Hintergrund für im Vordergrund im Wasser planschende Jugendliche. In der Broschüre von 2006 wurden nur zwei stadträumliche bzw. architektonische Bildmotive verwendet (von insgesamt zwölf Bildern, welche zur Illustration der einzelnen thematischen Abschnitte dienen): der Media Tower und zwar ebenfalls für die Präsentation der Stadt als Wirtschaftsstandort sowie die UNO-City beim Hinweis auf die Präsenz internationaler Konzerne und Organisationen. Im Gegensatz dazu wurden für alle anderen Themen abstrakte Bildmotive gewählt. Die Themen Forschung und Technologie zum Beispiel sind in beiden Broschüren mit Bildern verknüpft, auf denen Ausschnitte aus Laborszenen und Details von Apparaturen zu sehen sind. Das Thema der Infrastruktur, worunter Verkehrs- und Logistikinfrastruktur, Flugverbindungen, aber auch Telekommunikationsnetze sowie Einrichtungen für Messen und Kongresse fallen, wird ebenfalls in beiden Broschüren nicht stadträumlich interpretiert, sondern mit Flughafen- bzw. FlugzeugMotiven verbunden. Diese unterschiedliche Zuordnung stadträumlicher und nichtstadträumlicher Bildmotive macht einen wichtigen Punkt für die Analyse deutlich: Offensichtlich lassen sich manche Themen, die bei der Bewerbung der Stadt Wien als Wirtschaftsstandort von Bedeutung sind, besser und prägnanter über stadträumliche Bezüge visualisieren als andere. Angesichts der gezielten Herstellung der betrachteten Broschüren für Zwecke der Außendarstellung der Stadt kann man darüber hinaus argumentieren, dass manche Themen aus programmatischen Gründen über die direkte Verknüpfung mit dem Stadtraum visualisiert werden sollen, während das für andere Themen nicht vorrangig ist oder sogar kontraproduktiv wäre; manche wirtschaftlichen Aktivitäten sollen im Stadtraum lokalisiert werden, andere sollen räumlich nicht zugeordnet werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Motivwahl besteht in der Zuordnung von Bildmotiven des historischen Stadtraumes gegenüber Bildern zeitgenössischer Bauten. Für die Tätigkeit des WWFF ergibt sich hier ein Dilemma, das sich in den Dokumenten seiner Öffentlichkeitsarbeit der letzten Jahre widerspiegelt. Bei dem Versuch, Wien als Wirtschaftsstandort zu bewerben, muss es ein Ziel sein, die Vorteile und damit die Einzigartigkeit der Stadt gegenüber anderen Standorten hervorzuheben. Dabei ist es wichtig, prägnante Bildmotive zu liefern, die wiedererkannt und unmissverständlich mit Wien in Verbindung gebracht werden könn236
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ten (Interview S4). Die Fotos der neuen Büroarchitekturen leisten dies jedoch nur bedingt, denn nur wenige Projekte sind architektonisch so markant, dass sie über die lokale Bevölkerung hinaus einen Wiedererkennungseffekt erzeugen könnten. Tatsächlich ist dies auch für die Kulisse der Donau City in ihrer gegenwärtigen Form nicht der Fall. Sie wird von einem internationalen Publikum ohne einen expliziten Hinweis nicht erkannt und nicht mit Wien in Verbindung gebracht (ebd.). Abb. 31: WWFF-Inserat 2005
Der WWFF griff aus diesem Grund in der Öffentlichkeitsarbeit der letzten Jahre – trotz der Bedeutung der Donau City für die Stadtregierung – nur vereinzelt auf Fotos dieses Prestigeprojektes zurück. Für einführende Darstellungen und die unmissverständliche Kenntlichmachung des Standortes wurde zwischen zwei Optionen gewählt. Zum einen wurde auf Bildmotive zurückgegriffen, welche historische Bauwerke der Stadt (z.B. das Parlament, Abb. 25, oder den Stephansdom, Abb. 31) oder touristische Sehenswürdigkeiten (z.B. das Riesenrad im Wiener Prater, Abb. 33) als Referenzobjekte beinhalten. Zum anderen wurden, um Wien eindeutig kenntlich zu machen, vielfach Fotos der UNO-City eingesetzt (z.B. Abb. 33). Offensichtlich besitzt diese mit ihrer einprägsamen Form noch immer einen höheren Wiedererkennungseffekt als die Bauten der Donau City.
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DIE VORGESTELLTE STADT
Abb. 32: WWFF-Informationsbroschüre, undatiert, Cover
Abb. 33: WWFF-Informationsbroschüre 2005, Cover
Im Webportal des WWFF, wie es sich bis zum Relaunch 2010 präsentierte, zeigte sich obiges Dilemma des notwendigen Wiedererkennungseffektes für die Außendarstellung der Stadt deutlich. Die UNO-City und
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die gespiegelte Silhouette des Stephansdoms stellten analog zu oben diskutieren Sujets, abgesehen vom Foto des gründerzeitlichen Eingangsportals des Gebäudes, in dem der WWFF ansässig ist, die einzigen identifizierbaren stadträumlichen Bildmotive in den Bildleisten dar. Die anderen Bildmotive der Webseite zeigten entweder typisierte Gesprächssituationen in Innenräumen, Ausschnitte von Objekten oder Gebäudeteile, die nicht zuzuordnen sind. Auch der einleitende Videoclip, in dem die Vorzüge des Standortes Wien vor dem Hintergrund eines Panoramablicks über die Stadt eingeblendet wurden, verzichtete nicht auf den Stephansdom als Wahrzeichen der Stadt. Die Begrüßungsworte am Anfang des Clips „Herzlich Willkommen WWFF“ waren mit einem Foto unterlegt, auf welchem der Stephansdom und das gegenüberliegende, von Architekt Hans Hollein gestaltete Haas-Haus zusammen zu sehen waren – ein Bildmotiv, das die Verbindung des „Alten“ und des „Neuen“ Wien exemplarisch vorführt und eines der meist verwendeten Bildmotive bei der Repräsentation der Stadt Wien überhaupt darstellt (Abb. 34). Abb. 34: WWFF-Webseite, 2009
Die Wiener Bürotürme hingegen kamen in den Materialien der Außenwerbung des WWFF der letzten Jahre dann als Bildmotive zum Einsatz, wenn die eindeutige Identifikation des Standortes nicht das vorrangige Ziel des Sujets darstellte, sondern der allgemeine Verweis auf bestimmte Arbeitswelten bzw. die Wirtschaftskraft des Standortes im Vordergrund stand (vgl. Abb. 31) oder im Speziellen das Hochhaus als Imageträger genutzt werden sollte (vgl. Abb. 29) Damit machen die Materialien des 239
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WWFF die fehlende Markanz der Wiener Bürobauten besonders deutlich und zeigen die Widersprüchlichkeit, die der Verwendung der „modernen“ Architektur der Wiener Bürobauten als einem visuellen Bedeutungsträger innewohnt.
SPÖ Wien Während die neuen Bürobauten Wiens und insbesondere der Donau City für die Arbeit des WWFF also ein widersprüchliches und nicht unproblematisches Bildmotiv darstellen, sind sie für die Medienarbeit der SPÖ Wien ein zentrales Bildmotiv der letzten Jahre. Dies lässt sich mit der unterschiedlichen Ausrichtung der Öffentlichkeits- und Medienarbeit von WWFF und SPÖ begründen. Während der WWFF vorrangig an der Außendarstellung der Stadt arbeitet, zielen die Imagekampagnen der SPÖ Wien vornehmlich auf die Innendarstellung der Stadt gegenüber der Stadtbevölkerung. Fotos der Donau City, des Prestigeprojektes der Stadtregierung des letzten Jahrzehnts, werden dazu genutzt, die positive Regierungsarbeit zu belegen und die Zukunftsfähigkeit der Stadt zu demonstrieren. Dies geht aus einem Statement des Bürgermeisters Michael Häupls zu seinem 10-jährigen Amtsjubiläum auf der SPÖ WienWebseite deutlich hervor: „Seit Michael Häupl am 7. November 1994 zum Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien gewählt wurde, hat sich das Gesicht der Stadt in vielfältiger Weise gewandelt. Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Bundeshauptstadt eine moderne und weltoffene Metropole. Schritt für Schritt sind zukunftsorientierte Vorhaben Wirklichkeit geworden und haben das Erscheinungsbild unserer Stadt geprägt. Da genügt schon ein Blick auf die Silhouette der Donauplatte [d.h. der Donau City] und man weiß, dass in Wien die Zukunft längst begonnen hat“ (SPÖ Wien 2004a).
Für die nach innen, an die lokale Bevölkerung gerichtete Öffentlichkeitsarbeit der SPÖ stellt die mangelnde Wiedererkennbarkeit der Donau City im internationalen Vergleich demnach kein Problem dar. Man geht davon aus, dass der Großteil der Stadtbevölkerung im Kontext der SPÖKampagnen die Donau City dem Standort Wien zuordnet. Erstmals wurde die Donau City als Bildmotiv in den Materialien zum 10-jährigen Amtsjubiläum Häupls im Jahr 2004 prominent in Szene gesetzt. So fungiert das Motiv zum Beispiel in der Broschüre „10 Jahre Erfolgsbilanz“, in der die Leistungen der Stadtregierung in der Amtszeit Michael Häupls detailliert dargestellt werden, prominent als Coverfoto (Abb. 35).
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Abb. 35: SPÖ Wien, Broschüre 2004, Cover und Backcover
Kein anderes Motiv ist scheinbar so geeignet, um visuell darzustellen, was die zehn Jahre der Amtszeit Häupls an positiver Veränderung für die Stadt gebracht haben. Dies wird in eben dieser Broschüre auch in dem ersten programmatischen Satz der Einleitung mit dem Untertitel „Die Erfolgsbilanz“ deutlich, in dem festgestellt wird, dass sich „das Gesicht Wiens“ in den letzten zehn Jahren entscheidend verändert habe (SPÖ Wien 2004b: 3). „Das Gesicht Wiens hat sich in den letzten zehn Jahren unter Bürgermeister Michael Häupl entscheidend verändert. Die Stadt wurde zu einer pulsierenden Metropole im Herzen Europas, die ganz zu Recht in punkto Lebensqualität einen Spitzenplatz unter den Großstädten der Welt einnimmt“ (ebd.).
Explizit wird im dritten Absatz dann auf die Donau City, den Millennium Tower und den Wienerberg (den Standort der Wienerberg City mit dem Twin Tower) hingewiesen: „Auch als Wirtschaftsstandort hat Wien enorm an Bedeutung gewonnen. Michael Häupls aktive Rolle in der europäischen Kommunalpolitik hat ebenso wie gezieltes Standortmarketing dazu beigetragen, Wiens internationale Position zu festigen und die Stadt in Österreich zur Nummer 1 bei Betriebsgründungen, Betriebsansiedlungen aus dem Ausland sowie bei Forschung und Entwicklung zu machen. Mit der Donaucity oder dem Millennium-Tower ist Wien zudem näher an die Donau gerückt. Gleichzeitig wurden neue Stadtteile wie etwa am Wienerberg erschlossen“ (ebd.).
Prominent kam dasselbe Bildmotiv der Donau City dann in der SPÖ Wien-Herbstkampagne des Jahres 2004 zur Geltung. Darin wurde die 241
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Donau City als einer von vier Lieblingsorten des Bürgermeisters Michael Häupl in der Stadt präsentiert – neben dem Wiener Museumsquartier, der Lobau (einem Auengebiet südlich von Wien, das als Naherholungsgebiet dient) und einer Imbissbude an der Wiener Albertina (einem der wichtigsten Wiener Museen) (Abb. 36). Die von der Agentur Lowe GGK betreute Kampagne richtete sich explizit an ein „urbanes, modernes“ Publikum und umfasste Inserate in einer breiten Palette lokaler und nationaler Printmedien sowie einen Kinospot (Interview P2). Abb. 36: SPÖ Wien, Herbstkampagne 2004
In Wahlkämpfen kommen im Allgemeinen selten stadträumliche Bildmotive zum Einsatz. Es handelt sich in der Regel um Persönlichkeitswahlkämpfe, für die Porträts der Politiker wichtiger sind, während Themen zum Großteil in Schlagworten und griffigen Slogans transportiert und in der Regel mit typisierten Personendarstellungen illustriert werden. Im Fall Wiens fanden bei den Landtagswahlen seit Anfang der 1980er-Jahre einzig der Stephansdom und das Wiener Rathaus als einzelne Bauwerke sowie der Blick über die Dächer der Innenstadt mit dem Stephansdom in der Mitte als stadträumliche Bildmotive Verwendung (z.B. Abb. 37). Abb. 37: SPÖ, Plakat, Landtagswahl 1991
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Im Landtagswahlkampf 2005 fand diesbezüglich ein Paradigmenwechsel statt. So wurden von der SPÖ Wien einerseits die bekannten personenzentrierten Bildmotive mit Szenen aus Familienleben, Arbeitswelt, Ausbildung und Freizeit eingesetzt, um klassische Themen wie Gesundheit, Lebensqualität, neue Jobs, beste Ausbildung, Beruf und Familie zu illustrieren. Daneben gab es aber andererseits auch ein Bildmotiv, in dem ein Blick über die Dächer der Stadt das Thema der „Zukunft“ veranschaulichen sollte (Abb. 38). Ein junges Pärchen sitzt auf dem Dach eines Hauses, neben ihm ist ein Fernrohr aufgebaut. Es sind die Dächer der Innenstadt zu sehen, einige Kirchtürme heben sich gegen den Himmel ab, im Hintergrund sind die Hügel des an die Stadt angrenzenden Wienerwaldes zu erkennen. Die bekannte Silhouette des Stephansdoms fehlt hier allerdings, als markantestes Bauwerk kommt hier der Galaxy Tower im 2. Gemeindebezirk ins Bild. Im Hintergrund ragen auch die Türme der Donau City und der Millennium Tower über die gründerzeitliche Bebauung hinaus. Abb. 38: SPÖ Wien, Plakat, Wahlkampf zur Landtagswahl 2005
Das Thema „Zukunft“ wurde in diesem Wahlkampf schließlich auch noch direkter mit den Bürotürmen der Stadt verknüpft. Ein Sujet zeigte die Kulisse der Donau City bei Nacht und enthielt den expliziten Hinweis auf das Tech Gate, das Technologiezentrum in der Donau City, als das leuchtende „Symbol für die innovative und zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik der Stadt“ (SPÖ Wien 2005; Abb. 39). Eine Fortsetzung fand dieses Bildmotiv durch das „Danke“-Sujet, das nach der Wahl plakatiert wurde. Noch einmal wurde das Foto Michael Häupls vor der nächtlichen Skyline der Donau City aus der Herbstkampagne des Jahres zuvor verwendet. Der Untertitel lautete nun „Danke für Ihr Vertrauen in die Zukunft“ (Abb. 40). 243
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Abb. 39: SPÖ Wien, Sujet, Wahlkampf zur Landtagswahl 2005
Abb. 40: SPÖ Wien, Plakat, Landtagswahl 2005
Während also das Wahlkampfplakat mit dem Blick über die Dächer der Stadt dafür wirbt, mit Wien auch „die Zukunft“ zu wählen, ist es nach der Wahl (und dem damaligen Wahlerfolg der SPÖ mit wiedergewonnener absoluter Mehrheit) die Kulisse der Donau City, welche das bestehende „Vertrauen in die Zukunft“ illustrieren soll. Erstens ist die Wahl dieses Bildmotivs bemerkenswert, weil für den SPÖ-Wahlkampf nicht mehr die Lowe GGK verantwortlich war und es unüblich ist, Sujets vorhergegangener Kampagnen zu übernehmen. Zweitens ist es selten, dass für das Danke-Sujet überhaupt Bildmotive zum Einsatz kommen. Offensichtlich wurde das Motiv aber für so erfolgreich und tref244
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fend erachtet, dass es nach der Wahl flächendeckend plakatiert wurde und in der Folge auch von der Stadt und einzelnen Magistratsabteilungen mehrfach verwendet wurde (Interview P2). Noch nie wurde moderne Architektur in Wien derartig prominent im Kontext politischer Kampagnen eingesetzt. Einen Vorläufer für dieses Motiv gibt es jedoch. Ein bekanntes Wahlplakat der SPÖ Wien zur Landtagswahl 1954 verband die Aufforderung, die SPÖ zu wählen, „damit Wien wieder Weltstadt werde“, mit einer grafischen Darstellung moderner Bürobauten, die als Vision über der Silhouette des Rathauses zu schweben schienen (Abb. 41). Abb. 41: SPÖ Wien, Plakat, Wahlkampf zur Landtagswahl 1954
Die an den Materialien zur Wiener Landtagswahl 2005 sichtbare Erneuerung der Ikonographie lokaler politischer Kampagnen findet ihre Fortsetzung im Wahlkampf zur Landtagswahl 2010. Das Schlussinserat der SPÖ Wien zeigt Bürgermeister Michael Häupl vor dem Hintergrund eines Stadtpanoramas. Es ist nicht mehr die historische Innenstadt, die hier als Kulisse für das Porträt dient, sondern der Donauraum mit den Donaubrücken, der Donauinsel sowie dem ins Auge stechenden Bau des Millennium Towers. Während in diesem Inserat das Porträt Häupls das Bild dominiert, kommt in den aufgelegten Werbefoldern die Donau City als zentrales Bildmotiv zur Geltung. Die einleitenden Worte von Bürgermeister Häupl in jedem der Folder zu den Wahlkampfthemen Lebensqualität, Jobs, Bildung, Sicherheit und Zusammenleben werden jeweils von demselben Stadtpanorama begleitet, vor dem das Porträt Häupls montiert ist (Abb. 42). Hier kommt das rechte Donauufer mit der historischen Innenstadt nicht mehr ins Bild – im Mittelpunkt des Blicks über den Donauraum und das rechte Donauufer steht allein die Donau
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City als mächtige Konzentration von Baumassen inmitten einer naturnahen Stadtlandschaft. Neben dem Bildmotiv bleibt nur ein Satz der Bildunterschrift in allen Foldern unverändert gleich: „Ich lade Sie ein: Gehen wir gemeinsam den erfolgreichen Wiener Weg ins nächste Jahrzehnt“. Die Donau City soll auch hier als das zentrale Motiv zur Bestätigung der erfolgreichen Stadtpolitik der SPÖ, aber auch als Garant für eine ebenso erfolgreiche Zukunft fungieren. Abb. 42: SPÖ Wien, Landtagswahl 2010, Folder, Seite 2
In den obigen Beispielen politischer Kampagnen wurde das Donau-CitySujet zwar breitenwirksam, aber im Sinne der Repräsentation des Erfolgs der sozialdemokratischen Stadtpolitik und des Ausblicks in eine erfolgreiche Zukunft thematisch wenig fokussiert eingesetzt. Ein gutes Beispiel für eine stärker differenzierte Zuordnung von Themen der Stadtpolitik zu Bildmotiven liefert das Projekt der „1000 Visionen für Wien“, in welchem die Ergebnisse der Zukunftsdiskussion „Wiener Visionen 2010-2030-2050“ der SPÖ Wien in Form eines Webportals43 (Abb. 43) und einer Print-Publikation (SPÖ Wien 2007) festgehalten wurden. Die Webseite und der Katalog des Projektes sind insofern aufschlussreich, als sie aufwändig gestaltet wurden und großformatige, thematisch zugeordnete Abbildungen darin eine zentrale Rolle einnehmen. Die einzelnen Fotos sind darüber hinaus auch noch mit einer Liniengrafik versehen, entlang der einzelne Schlagwörter platziert wurden. Die Verknüpfung der Bildmotive mit den zugeordneten Themen bzw. 43 http://www.wiener-visionen.at/ (30.09.2010). 246
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den im Layout integrierten Schlagwörtern, die diese Themen noch einmal in zugespitzter Form wiedergeben, kann daher als Ergebnis einer inhaltlichen Auseinandersetzung und bewusster grafischer Gestaltung angesehen werden. Abb. 43: SPÖ Wien, 1000 Visionen für Wien, Webseite, 2009
Abb. 44: SPÖ Wien, 1000 Visionen für Wien, Katalog, Seite 4f.
Die Donau City kommt als Bildmotiv an erster Stelle. Auf der Webseite illustriert ein Foto der nächtlich beleuchteten Bauten mit der ebenfalls hell erleuchteten Reichsbrücke die Vorstellung des Projektes „1000 Visionen für Wien“ gleich auf der ersten Seite, auf die man nach dem Anklicken des Intro gelangt (vgl. Abb. 43). Im Katalog findet sich dasselbe Foto als erste Illustration des Katalogs in einer doppelseitigen, formatfüllenden Variante, in welcher die beleuchtete Brücke noch stärker ins Bild kommt (Abb. 44). Das Gegenstück zur Donau City als Bildmotiv stellt das Wiener Rathaus dar. Auf der Webseite dient es der Illustration 247
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der Visionen des Bürgermeisters Michael Häupls für Wien. Im Katalog schließt es, ebenfalls auf einer Doppelseite ohne Titel, direkt an den Beitrag Häupls an. Diese beiden prominent platzierten und großformatigen Fotos, welche die Webseite und die Publikation einleiten, stellen paradigmatisch die zwei Seiten des „Alten“ und „Neuen“ Wien dar, wie sie die visuelle Präsentation der Stadt prägen. Während in den Broschüren des WWFF bei der Präsentation Wiens das historische Bauwerk als Bildmotiv vielfach an erster Stelle kommt, ist es hier also die Donau City, die noch vor dem Rathaus als Bildmotiv eingesetzt wird. Eine weitere prominente Verwendung findet die Kulisse der Donau City im Kapitel „Die Zukunft der Arbeit“. Das zur Illustration eingesetzte Bild zeigt die Donau City bei Tag, die zwei geplanten Türme von Dominique Perrault sind als Visualisierungen integriert (Abb. 45). Abb. 45: SPÖ Wien, 1000 Visionen für Wien, Katalog, Seite 24f.
Die Worte „Zukunft der Arbeit“ sind entlang der Liniengrafik im Bild selber zweimal platziert. Das Auf und Ab der Linie scheint die Kulisse der Donau City einzurahmen. Neben den Visionen einer neuen, wieder stärker sozial ausgerichteten Wirtschaftsordnung und eines gerechteren Steuersystems wird in diesem Kapitel auch die Vision des zukünftigen Wirtschaftsstandortes Wien skizziert. Dabei wird die notwendige Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit, sozialer Stabilität und politischer Freiheit betont. Die zukünftige Aufwertung des Standortes wird mit gezieltem Standort-Marketing und etablierten Qualitäten der Stadt begründet. Inhaltlich wird die Zukunft der Arbeit eindeutig im Zusammenhang mit Innovation, Forschung und Entwicklung verortet:
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„Forschung und Entwicklung nehmen weiter zu. Wiens Wirtschaft entwickelt sich in Richtung globaler Wissenswirtschaft, wo ein immer höherer Anteil der Beschäftigten in kreativen Bereichen tätig ist und ein immer größerer Teil von Wertschöpfung und Beschäftigung davon abhängt. Wien ist erfolgreicher als andere Regionen und Wirtschaftsstandorte, weil es attraktiv für kreative, engagierte Menschen ist. […] Wien konzentriert sich auf mehrere Schlüsselbranchen und Schlüsseltechnologien wie z.B. Biotechnologie, Pflege- und medizinische Dienstleistungen, Kunst, städtische Umwelt- und Verkehrstechnologien, Informations- und Kommunikationstechnologien, Creative Industries und den Mediensektor“ (SPÖ Wien 2007: 25).
Von den anderen 14 thematischen Kapiteln der Publikation bzw. der Webseite werden nur zwei weitere mit Wiener Stadträumen als Bildmotiven verknüpft. Bei den Themen „Neue Stadtteile, neues Wohnen“ und „Intelligente Mobilität“ werden schematische Visualisierungen von geplanten Projekten zur Illustration eingesetzt. Diese Bildbeispiele haben jedoch exemplarischen Charakter und stellen keine konzeptionelle Verknüpfung mit dem Thema dar, wie es das Bildmotiv der Donau City tut. Des Weiteren ist auch das Kapitel „Wien in Europa“, in welchem Visionen zur Rolle Wiens in einer erweiterten Europäischen Union skizziert werden, mit einem konkreten – allerdings keinem lokalen – Motiv der gebauten Umwelt verknüpft und zwar mit dem Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel (bzw. mit einem Ausschnitt davon). Die anderen Themen wie Forschung, Klimawandel oder soziale Stadt werden entweder mit Menschen, mit symbolischen Objekten oder mit abstrakten Motiven veranschaulicht. Dies bedeutet, dass die konzeptionelle Visualisierung eines Themas durch die Zuordnung eines stadträumlichen Motivs und damit seine stadträumliche Verortung in den „1000 Visionen für Wien“ eindeutig auf das Thema der „Zukunft der Arbeit“ beschränkt ist. Umgekehrt ist die Donau City das einzige Motiv der gebauten Umwelt, welches für eine derartige Verortung genutzt wird. Signifikant ist sowohl die inhaltliche Verknüpfung eines derartigen städtebaulichen Projektes mit der Zukunftsvision eines attraktiven, auf Innovation, Forschung und Entwicklung sowie der Ansiedlung innovativer Unternehmen basierenden Standortes (Anforderungen, denen die Donau City nicht entspricht; die Flächen des Technologiezentrums Tech-Gate nehmen nur einen kleinen Teil der gesamten Bürofläche ein, der Großteil sind konventionelle Büronutzungen) als auch die Art der Inszenierung des Bildmotivs. Es ist, wie unten im Detail diskutiert wird, kein Zufall, dass die Darstellung der Donau City als „Skyline“ am Wasser gewählt wurde.
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Zeitschrift „wien.at“ Bilder der neuen Wiener Bürobauten und Bürotürme finden in der Monatszeitschrift der Stadtverwaltung „wien.at“ auf dreierlei Arten Verwendung. Zum einen dienen sie der Vorstellung und Dokumentation geplanter oder kürzlich realisierter Projekte. Da Bauvorhaben meist schon in der Planungsphase vorgestellt werden, kommen zu diesem Zweck oft Zeichnungen, Visualisierungen oder Fotos von Modellen zum Einsatz. Aufschlussreicher als diese sind jedoch die fotografischen Bilder der realisierten Projekte. Auch wenn diese scheinbar nur dokumentarischen Zwecken dienen, geben sie durch die gewählte Perspektive und die Kombination mit Personendarstellungen Einblick in das zugrunde gelegte Verhältnis von Stadt, Lebensalltag und Gebäude. Meist sind hier die Bauten mit Menschen zusammen abgebildet, manchmal mit den für das Projekt Verantwortlichen, manchmal mit unbekannten Personen. Typisch ist vor allem bei letzteren der Versuch, „normale“ Menschen in Alltagssituationen zu zeigen (vgl. Abb. 48 und Abb. 68). Abb. 46: Unser Wien 1998, Nr. 14, Beilage, Cover
Die zweite Form, in der fotografische Darstellungen von Bürohochhäusern in der Stadtzeitung zum Einsatz kommen, sind Fotos, die als bewusste Gestaltungselemente dienen und deren Auswahl von inhaltlichkonzeptionellen Überlegungen bestimmt wird. Während diese Art von Fotos, deren Motiv einem Thema im Sinne der Bildaussage und nicht so sehr im Sinne seines buchstäblichen Bildinhaltes zugeordnet wird, bei 250
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oben diskutierten Leitbilddokumenten, Imagekampagnen und Marketingmaterialien eine zentrale Rolle einnehmen, sind sie in der redaktionellen Arbeit eines Mediums wie „wien.at“ von untergeordneter Bedeutung. Einige Beispiele lassen sich dennoch finden, zum Beispiel das Cover einer Beilage aus dem Jahr 1998 (Abb. 46). Hier werden die im Bau befindlichen bzw. eben fertiggestellten neuen Bürotürme Millennium Tower und Andromeda Tower sowie das neue Wohnhochhaus in der Nähe der Donau City von den Architekten Peichl und Weber in einer Schneekugel über den Dächern der Innenstadt mit Karlskirche und Stephansdom schwebend dargestellt. Untertitelt ist die Montage mit den Worten „Wien wird anders!“. Die Hochhäuser erscheinen noch als traumhafte Vision, gleichzeitig versprechen sie in ihrem Kontrast zur historischen Stadt fundamentale Veränderung. Abb. 47: wien.at 2005, Nr. 8, Beilage, Cover
Die dritte Kategorie von Bildern, in denen Bürohochhäuser vorkommen, sind jene, bei denen tatsächlich weder die Projekte noch das Thema Wirtschaft oder gestalterisch-konzeptionelle Überlegungen eine Rolle spielen. Hier kommen die Bauten ins Bild, weil sie thematisch als Bildmotive passend scheinen oder weil sie als Teile von institutionalisierten und damit unhinterfragten Blicken auf die Stadt fungieren. Es gibt zwei Motive, die aufgrund ihrer häufigen Verwendung hervorstechen. Zum einen geraten die Neubauten oft als Teil der städtischen Landschaft ins Bild, wenn sich der Blick von erhöhten und weiter entfernten Punkten aus auf das Panorama der Stadt richtet (Abb. 47). Zum anderen sind es 251
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insbesondere die Bürotürme an der Donau, die regelmäßig ins Bild kommen, wenn städtisches Leben und Freizeitaktivitäten am Wasser abgebildet werden (Abb. 48). Wie im Kapitel 5.4.3 diskutiert wird, sind diese beiden Motive typisch für den Versuch, die Einbettung und Integration der neuen Büroprojekte in die bestehenden Stadt- und Naturräume zu veranschaulichen. Abb. 48: wien.at 2007, Nr. 5, Seite 11
Im Zusammenhang mit der Illustration von Artikeln, die Wiens Strategien als Wirtschaftsstandort in der Region und die Ansiedlung internationaler Unternehmen betreffen, muss man daher feststellen, dass trotz der insgesamt hohen visuellen Präsenz der Bürobauten und Bürohochhäuser in der Zeitschrift „wien.at“ die thematisch einschlägigen Beiträge wesentlich öfter mit Darstellungen von Personen verknüpft sind. Zum Teil sind dies bekannte Personen aus Politik und Wirtschaft (z.B. Abb. 14), zum größeren Teil handelt es sich aber um typisierte Personendarstellungen, die Alltagssituationen der Arbeitswelt zeigen (z.B. Abb. 15). Letzteres gilt insbesondere für Illustrationen zum Thema Forschung und Technologie (z.B. Abb. 27). Ein wesentlicher Grund für die breite Verwendung derartiger typisierter Personendarstellungen liegt sicherlich in der Bereitstellung solcher Fotos durch die Datenbanken von Bildagenturen. Für redaktionelle Beiträge in einem Blatt wie „wien.at“ werden keine Auftragsfotos vergeben, sondern in der Regel Archivbilder verwendet, deren Rechte bei der Stadt Wien bzw. deren Bildagentur Wien-Bild liegen. Dies führt dazu, dass Fotos in den Publikationen des Presse- und Informationsdienstes der Stadt mehrfach zu finden sind. Bilder von Architektur bzw. konkreten Bauten sind in diesen Bilddatenbanken hingegen weniger stark vertreten und werden daher auch weniger oft verwen-
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det. Nur Fotos von in Planung befindlichen oder kürzlich fertiggestellten Projekten werden häufig von Architekten oder Developern bereitgestellt. Meiner Ansicht nach sind es für das Fallbeispiel „wien.at“ nicht unbedingt die Darstellungen, die darauf abzielen, konkrete Bauten zu zeigen, welche für meine Fragestellung nach der visuellen Konstruktion wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge von größtem Interesse sind. Wichtiger scheint mir der Blick auf die fotografischen Bilder, in denen Bürohochhäuser eher beiläufig und scheinbar unintendiert ins Blickfeld geraten. Diese meist alltäglichen, unspektakulären und in Bezug auf den fotografisch-künstlerischen Anspruch wenig ambitionierten „Gebrauchsbilder“ prägen trotzdem Sehgewohnheiten, indem sie sich durch bestimmte Blicke, Distanzen und Einstellungen auszeichnen. Entscheidend ist, dass sich diese Muster der visuellen Repräsentation – trotz unterschiedlicher Textformate, unterschiedlicher Zielgruppen und unterschiedlichen gestalterischen Ansprüchen – sowohl in „wien.at“ als auch in den zuvor diskutierten Quellen und Medien wiederfinden. Dies wird in den nächsten beiden Abschnitten gezeigt.
5.4.2 Visuelle Typisierung als Methode Nach Betrachtung der oben genannten Fallbeispiele soll nun die dritte Leitfrage diskutiert werden, wie Bürobauten bzw. Bürohochhäuser von der Wiener Stadtregierung als visuelle Bedeutungsträger eingesetzt werden, welche stadträumliche Ordnung vermittelt und wie dabei ihre Architektur wirksam wird. In der textzentrierten Analyse habe ich drei Leitmotive für die Politikfelder Wirtschafts- und Stadtentwicklung beschrieben – Wien im Herzen Europas, Stadtumbau und Internationalisierung – und argumentiert, dass die ersten beiden sowohl direkt als auch indirekt über die Gleichsetzung wirtschaftsbezogener und baulicher Internationalisierungsprozesse verknüpft werden. Konkret heißt dies, dass die Funktion der Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser in der Konstruktion der lokalen imagined economy darin liegt, diese bauliche Internationalisierung exemplarisch zu verkörpern und damit auch wirtschaftsbezogene Internationalisierung zu signalisieren. So heißt es beispielsweise: „Neue City zieht Investoren an“ (Unser Wien 1994/7: 2). „Internationale Konzerne werden in die Büros mit bester Infrastruktur auf 48.000 m² einziehen“ (Unser Wien 1999/18: 7).
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„Imposante Bauten prägen die Skyline und ziehen Investoren an“ (wien.at 2002/5, Beilage: 3). „Auch für die Internationalisierung des Standortes Wien ist eine Verbindung von Wien-spezifischen Identitäten und Innovationen mit internationalen Typologien wichtig“ (Stadt Wien 2004: 15). „Die Entwicklung im globalen Wirtschaftsleben erfordert neue Bürohäuser“ (Planungsstadtrat Schicker in Capacity 2005/3: 2). „Um die wirtschaftliche Kompetenz und Weltoffenheit zu signalisieren, wurden in den 1990er-Jahren zahlreiche Hochhausprojekte realisiert“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 54). „Neue, meist internationale Nachfragestrukturen und globale, strategische Portfolios führten im letzten Dezennium zur forcierten und gegenwärtig noch anhaltenden Entwicklung des Büromarktes in Wien“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 60). „Wo Großkonzerne Höhenluft schnuppern“ (Vienna DC report 2005/2).
Wie diese Aussagen deutlich machen, wechseln sich die Definitionen von Ursache und Wirkung ab. Auf der einen Seite werden Bürobauten rückwirkend als Beweis für die erfolgreiche Internationalisierung, d.h. für die Ansiedlung internationaler Unternehmen und damit für eine erfolgreiche Stadtpolitik gewertet. Auf der anderen Seite werden sie vorausschauend als Garantie bzw. Notwendigkeit für eine zukünftige erfolgreiche Internationalisierung dargestellt. Dies bedeutet, wenn Bürobauten bzw. Bürohochhäuser in diesem Sinne zur diskursiven Konstruktion des Wirtschaftsstandortes Wien beitragen, dann nicht deshalb, weil sie für „globale“ oder „globalisierte“ Stadträume im Sinne einer ästhetischen Wertung stehen, sondern konkreter, weil damit signalisiert wird, dass auch die Aktivitäten, die in diesen Bauten stattfinden, internationale Reichweite haben und – in einem weiteren Schluss daraus – auch die „Stadt“ an globalen ökonomischen Netzwerken partizipiert. Dass Bürobauten bzw. Bürohochhäuser in dieser Art und Weise überhaupt plausibel mit Prozessen einer wirtschaftsbezogenen Internationalisierung verknüpft werden, erklärt sich aus drei Aspekten. Erstens sind die Geschichte des Hochhauses sowie der aktuelle Diskurs rund um Global Cities und deren Steuerungsfunktion in Bezug auf globale ökonomische Netze von Relevanz (vgl. Kap. 2.1.2 und 2.3.3). Basierend auf den Vorbildern New Yorks, Londons und Tokios fungieren Bürohochhäuser tatsächlich als eines der gängigsten Symbole einer ökonomischen 254
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Globalisierung (vgl. auch das Cover von Saskia Sassens The Global City, Abb. 49, auf dem mehrere, nicht näher zuordenbare Hochhäuser aus starker Untersicht abgebildet sind). Abb. 49: Saskia Sassen, „The Global City“ (2. Auflage 2001), Cover
Zweitens sind es die spezifische Stadtgeschichte Wiens und seine bemerkenswerte historische Bausubstanz, die baulichen Neuerungen insbesondere in Form von Hochhäusern durch den Kontrast zum Bestand hohe Aufmerksamkeit und symbolische Aufladung verschaffen (vgl. Kapitel 3.1). Drittens ist es schließlich der Umstand, dass das Bürohochhaus als Gebäudetypus in hohem Maß durch typisierte Bilder vermittelt und geprägt wird, der die Verknüpfung des Bürohochhauses mit ökonomischen Internationalisierungsprozessen fördert. Dies liegt daran, dass die visuelle Typisierung nicht nur Sehgewohnheiten prägt, sondern auch die Etablierung konventionalisierter Bedeutungszuschreibungen fördert. Erklärt werden kann die visuelle Typisierung des Bürohochhauses sowohl mit praktischen Routinen der Bildproduktion und mit Konventionen der Architekturfotografie als auch mit den Strukturen der heutigen Bildindustrie (Grubbauer 2010). Dieses Argument der visuellen Typisierung des Bürohochhauses wird im Laufe des Kapitels erläutert. Welche Funktion haben die Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser nun als visuelle Bedeutungsträger in Bezug auf diesen diskursiven Kontext? Aus den obigen Fallbeispielen wird deutlich, dass diese Bauten das zentrale Mittel darstellen, um wirtschaftsbezogene Veränderungen in Bezug zum bzw. in ihrer Manifestation im Stadtraum zu visualisieren und damit zu verräumlichen. Sie werden programmatisch mit der Entwicklung Wiens als Wirtschaftsstandort, mit dem Thema Wirtschaft und Arbeit oder der Zukunft der Arbeit verbunden. Zum Teil gibt es dabei 255
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explizite Hinweise im Text auf die mit diesen Bauten verknüpfte Internationalisierung. Es ist aber nicht nur der sprachliche Kontext, sondern auch die „Bild-Sprache“, welche diese Verknüpfung fördert. Das Gebäude kommt dabei grundsätzlich auf drei Arten ins Bild. Die erste Kategorie ist der Gebäudeausschnitt als ein Bildmotiv. Ein Gebäudeteil, beispielsweise ein Ausschnitt der Fassade oder des Eingangsbereichs wird verwendet, ohne das konkrete Gebäude abzubilden oder kenntlich machen zu wollen (Abb. 50 und Abb. 51). Abb. 50: Enjoy Vienna 2006, Nr. 10, Seite 6
Abb. 51: Vienna Region, Informationsbroschüre 2005, Cover
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Das Ziel ist, die mit dem Bürobau oder Bürohochhaus verknüpften, global vernetzten, zukunftsweisenden und innovativen Arbeitswelten in allgemeiner Form darzustellen. Unterstützt wird dies vielfach durch narrative Elemente, in der Regel typisierte Darstellungen von Personen in Szenen des Arbeitsalltages (z.B. Abb. 24; zur Unterscheidung zwischen konzeptionellen und narrativen Bildmustern siehe Kress/van Leeuwen 1996: 56). Abb. 52: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, Seite 4
Abb. 53: Der Wirtschaftsstandort Wien in Zahlen 2006, Cover
Zweitens wird der Bürobau als solitäres Objekt zum Bildmotiv (Abb. 52 und Abb. 53). Dabei kann es sich um ein konkretes und namentlich benanntes Gebäude handeln, welches als Sitz internationaler Unternehmen oder als Beispiel für „High-Tech-Büros“ dargestellt wird. Viel öfter al257
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lerdings wird das Gebäude und vor allem das Bürohochhaus als allgemeiner Typus eingesetzt, um internationales Unternehmertum (z.B. „Wien ist ein Top-Standort für die Wirtschaft“, Abb. 52), wirtschaftlichen Erfolg (z.B. „Wirtschaftsstandort Wien. Wir wollen hoch hinaus“, Abb. 29; „Wirtschaftsmotor Wien“, Abb. 30; „Der Wirtschaftsstandort Wien in Zahlen“, Abb. 53) und zukunftsweisende Veränderungen zu signalisieren („Wien wird anders!“, Abb. 46). Die dritte Kategorie der visuellen Repräsentation, welche benutzt wird, um Bürobauten bzw. hier wiederum insbesondere Bürohochhäuser als visuelle Bedeutungsträger zu inszenieren, ist die Darstellung als Skyline (Abb. 54 und Abb. 55). Abb. 54: Vienna DC Report 2005, Nr. 2, Cover (Ausschnitt)
Abb. 55: wien.at 2002, Nr. 5, Beilage, Seite 3 (Ausschnitt)
Im Falle Wiens geschieht dies fast durchgehend als Skyline am Wasser. Im Kontext der Öffentlichkeitsarbeit von Stadt und SPÖ wird diese als Zeichen erfolgreicher Stadtpolitik eingesetzt. Die Darstellung der Skyli258
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ne am Wasser (meist mit der Abbildung der Donau City) dient dazu, die „Zukunft der Arbeit“ zu illustrieren und die Vision eines attraktiven, auf Innovation, Forschung und Entwicklung sowie der Ansiedlung innovativer Unternehmen basierenden Wirtschaftsstandortes exemplarisch zu veranschaulichen (Abb. 54 und Abb. 55; vgl. Abb. 35, Abb. 36, Abb. 39, Abb. 40, Abb. 43, Abb. 44, Abb. 45). Ein anderes, seltener eingesetztes Motiv ist die Skyline über der Stadteinfahrt, die im Zusammenhang mit den Bauten der Wienerberg City mit dem Twin Tower benutzt wird. Trotz der unterschiedlichen Bildausschnitte gibt es eine Gemeinsamkeit, die alle obigen Formen der Darstellung mehr oder weniger deutlich teilen: die Dekontextualisierung der abgebildeten Bauten als eine Technik der visuellen Repräsentation, welche auf die Typisierung der Bauten abzielt. Unter der Typisierung fotografischer Bilder wird im Grunde genommen die Verwendung visueller Stereotype verstanden. „The more these stereotypes overshadow a person’s individual features (or the individual features of an object or a landscape), the more that person (or object, or landscape) is represented as type“ (van Leeuwen 2001: 95). Für Abbildungen von Personen ist diese Typisierung vergleichsweise einsichtig und Teil der täglichen Medienerfahrung. Bei Gebäuden ist diese Frage aber komplizierter und weniger offensichtlich. Auch wenn das Genre der Architekturfotografie sich (noch immer) durch die Fokussierung auf das puristische, unbelebte und unbenutzte Objekt auszeichnet, existiert dieses nur auf konzeptioneller Ebene. Das reale Gebäude ist immer auch gekennzeichnet durch Spuren der Nutzung, Adaption und Alterung sowie den Bezug zu einer konkreten Umgebung. All dies sind individuelle Elemente eines Gebäudes, deren Fehlen zur Typisierung der Darstellung beiträgt. Zusätzlich können andere Techniken der Bildgestaltung, wie konventionelle Blickwinkel, übliche Bildausschnitte oder typische Farbgebungen und Lichtverhältnisse, zur Typisierung beitragen (vgl. Grubbauer 2009, 2010). Nach Kress/van Leeuwen lässt sich visuelle Typisierung als Interaktionsmuster (pattern of interaction) verstehen, durch das bildhafte Darstellungen einen Bezug zur Realität bzw. zum Betrachter herstellen. Dies tun sie auf zwei Arten: einerseits über die implizite Positionierung des Betrachters, die sich aus der Blickrichtung im Bild befindlicher Personen, aus dem Bildausschnitt, der Perspektive und dem Blickpunkt ergibt (Kress/van Leeuwen 1996: 146ff.) und andererseits über den „Ton“ des Bildes (modality), d. h. die Natürlichkeit bzw. Unnatürlichkeit des Bildes abhängig von Farbe, Kontextualisierung, Abstrahierungsgrad, Tiefe, Beleuchtung und Helligkeit (ebd.: 159ff.). Mit einem Blick auf drei konkrete Beispiele, die für jeweils eine der oben genannten Kategorien stehen, soll veranschaulicht werden, wie 259
DIE VORGESTELLTE STADT
diese Typisierung funktioniert. Das in der Publikation des Stadtentwicklungsplans verwendete Foto (Abb. 24), das im Folgenden als Beispiel für die Kategorie des Gebäudeausschnittes dienen soll, wurde oben schon kurz beschrieben. Es befindet sich zum Beispiel auch in Publikationen des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien oder in leicht abgeänderter Form auf www.wieninternational.at, der internationalen Webseite der Stadt, bei der Darstellung des Wirtschaftsstandortes Wien. Man sieht den Eingangsbereich eines Gebäudes mit Glasfassade und Drehtür. Auf dem Platz davor ist ein Mann im Anzug von hinten zu sehen, der sich augenscheinlich auf den Eingang zubewegt. Weder lässt sich ein Blick ins Innere des Gebäudes werfen, noch ist vom Straßenbild oder der näheren Umgebung etwas zu sehen. Die Person im dunklen Anzug und in dunklen Schuhen (und auf manchen der Bilder mit schwarzer Aktentasche) ist eine typische Darstellung von Geschäftsleuten. Sie soll Dynamik und Zielstrebigkeit vermitteln. Die Person ist nie so abgebildet, dass das Gesicht zu sehen wäre, wodurch das Interesse für die individuelle Person vermieden wird. Andere Personen im Straßenleben werden nicht gezeigt. Auch Spuren von Nutzung, Schmutz oder Alterung am Gebäude und dem Eingangsbereich sind nicht zu erkennen. Das Gebäude erscheint damit nicht als konkretes, individuelles Objekt, das erkannt werden soll. Der entscheidende Punkt ist, dass die Glasfassade und die im Bild befindliche Person nur deshalb so hohe symbolische Wirksamkeit haben, weil alle oben beschriebenen Elemente, die auf das individuelle Gebäude bzw. die individuelle Person hinweisen könnten, bewusst ausgespart wurden. Das Foto eines Büroturms, welches in einer allgemeinen Informationsbroschüre des PID aus dem Jahr 2007 verwendet und dabei mit dem Untertitel „Wien ist ein Top-Standort für die Wirtschaft“ versehen wurde, kann als Beispiel für die zweite Bildkategorie, den Bürobau als solitäres Objekt, dienen (Abb. 52). Es folgt einer ähnlichen Logik, wie das zuvor beschriebene Foto. Das Gebäude ist fast in seiner Gesamtheit abgebildet. Der Bildausschnitt ist allerdings auf das Gebäude beschränkt. Von den angrenzenden Gebäuden und dem stadträumlichen Kontext ist nichts zu sehen. Zudem ist die Abbildung so klein, dass Details der Werbetafeln im Vordergrund nicht auszumachen sind. Im Text findet sich kein Hinweis auf das konkrete Gebäude. Tatsächlich handelt es sich um den Büroturm des Business Park Vienna am Wienerberg, der 1994 als der erste Büroturm der 1990er-Jahre fertiggestellt wurde. Mittlerweile bietet dieses Gebäude nicht mehr die modernste Kategorie von Büroflächen. Es ist weder architektonisch besonders markant noch ist es in Bezug auf die darin eingemieteten Unternehmen von hoher wirtschaftlicher Relevanz. Als individuelles Objekt ist das Gebäude also für den Ar260
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tikel nicht von Bedeutung. Es fungiert vielmehr als Gebäudetypus, der auf wirtschaftliche Potenz und Vernetzung hinweisen soll. Diese Typisierung, die durch das Aussparen von Personen und des stadträumlichen Kontextes erzielt wird, wird in diesem Fall auch durch die gewählte Perspektive verstärkt. Der Blickpunkt des Betrachters befindet sich leicht über Straßenniveau. Trotzdem werden perspektivische Verzerrungen, wie sie dem natürlichen Sehen entsprechen, hier vermieden. Dies verstärkt den objektivierenden Charakter der Abbildung. Der Zweck des Fotos ist die visuelle Betonung der präsentierten Analyse, die Wien als Top-Wirtschaftsstandort ausweist. Es gibt keine narrativen Elemente und kaum erkennbaren Hintergrund. Das Bild hat wenig Tiefe und keine extremen Schatten- und Lichtwirkungen. Auf den ersten Blick sind die kubische Form des Gebäudes und die Struktur der Fassade wirksam. All dies sind nach Kress/van Leeuwen Eigenschaften einer analytischen Darstellung (1996: 89ff.): „As a whole, the analytical process is the usual, the ‚unmarked‘ and therefore also the most elementary option in the visual system of representation: a visual ‚this is‘“ (Kress/van Leeuwen 1996: 90).
Diese Art der Verknüpfung von Wirtschaftsberichterstattung mit mehr oder weniger beliebigen Bürobauten mit dem Ziel, den informativen Charakter und die Analyse zu betonen, ist eine gängige Strategie in Printmedien und Fernsehen. Das Büro(hoch)haus wird dabei als Gebäudetypus eingesetzt, der auf bestimmte Nutzungen und Funktionen verweist. Im Fall der oben gezeigten Beispiele ist dies zuallererst die Funktion als Sitz großer und internationaler Unternehmen. Diese Verbindung ist eine konventionalisierte und baut darauf auf, dass sie gesellschaftlich etabliert ist. Es wäre nicht im Sinne des Fotos, wenn es Verwunderung hervorrufen würde und seine Platzierung in diesem Kontext nicht „selbsterklärend“ wäre (vgl. Grubbauer 2008, 2009). Das dritte Beispiel zeigt die Inszenierung von Bürobauten bzw. Bürohochhäusern als visuelle Bedeutungsträger in Form der Skyline am Wasser. Der Begriff der Skyline entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in den USA, als zur ursprünglichen Bedeutung der „Linie zwischen Himmel und Erde“ auch die der „Silhouette hoher Bauten gegen den Horizont“ dazu kam (King 2004: 7). Mit Manhattan als Vorbild wurde die Skyline daraufhin zu einem visuellen Code, der auf den Reichtum und wirtschaftlichen Erfolg einer Stadt hindeutete (vgl. van Leeuwen 1988: 84ff.). Zwischen dem Wachstum der Türme und dem organischen Wachstum natürlicher Prozesse wurde eine Analogie gezogen, die ein wirtschaftliches Wachstum und gesellschaftlichen Fortschritt andeuten 261
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soll (siehe auch Jansson/Lagerkvist 2009). Die Skyline wurde zu einem „iconic growth-graph“ (van Leeuwen 1988: 115). Im Kontext des gegenwärtigen Global-City-Diskurses und den Vorbildern von Städten wie New York, London und Tokio folgend, weist die Skyline als städtebauliche Figur heute insbesondere auf den Status von Global Cities hin und fungiert als Symbol für die zentrale Position einer Stadt in globalen ökonomischen Netzwerken. Wie auch der Blick auf historische Darstellungen (z.B. in van Leeuwen 1988: 84, 87, 117) zeigt, charakterisiert sich die visuelle Darstellung eines städtebaulichen Ensembles als Skyline am Wasser durch den Blickpunkt knapp über der Wasserebene, die Frontalansicht und die Silhouette der Bauten, die sich gegen den Himmel abheben. Das Motiv der nächtlich erleuchteten Donau City als Skyline am Wasser, welches mehrfach für Kampagnen der SPÖ eingesetzt wurde (z.B. Abb. 36, Abb. 40), folgt diesem Schema konsequent. Der Betrachter befindet sich am südlichen Ufer der Donau und schaut frontal auf die gegenüberliegende Flussseite. Die Bauten der Donau City scheinen entlang der im Bild horizontal verlaufenden Wasserkante aus dem Boden zu wachsen. Die Typisierung der Abbildung erfolgt also zum einen über den konventionellen Bildaufbau; zum anderen basiert die Anlehnung an das Motiv der Skyline auf der subtilen Verfremdung der abgebildeten stadträumlichen Situation im Sinne dessen, was Kress/van Leeuwen (1996: 159ff.) als „Ton“ oder modality eines Bildes bezeichnen. Der Weitwinkel lässt Wasserfläche und Gebäude größer wirken, als sie tatsächlich sind. Die Beleuchtung bei Nacht und der frontale Blickpunkt erzeugen den Eindruck einer belebten Promenade an der Wasserkante, die mit den Gebäuden dahinter eine Einheit bildet. Details sind aber nicht erkennbar, wodurch verborgen bleibt, dass der öffentliche Raum der Donau City und die Promenade am Wasser bis jetzt in der Realität nicht verbunden sind. Darüber hinaus werden, wie im Beispiel zuvor, normale Personen und Details des Straßenlebens ausgespart. Es entsteht der Eindruck einer belebten, durchmischten Stadt am Wasser. Dies war auch immer der Anspruch an die Donau City – sie sollte eine „Stadt in der Stadt“ bilden –, der bis jetzt nicht eingelöst wurde. Ich habe im Kapitel 2.3 ausgeführt, dass für meine Betrachtung des architektonischen Artefaktes als einem gesellschaftlichen Bedeutungsträger weniger seine Wirksamkeit als Spektakel oder seine symbolische Repräsentation von Macht und Reichtum von Interesse sind. Vielmehr geht es um die Frage, wie Architektur Sinn stiftet, indem sie als soziales und kulturelles Produkt auf typische und konventionalisierte Nutzungen, Bewertungen und Assoziationen verweist. Die obigen Beispiele sollten deutlich machen, dass den Methoden visueller Typisierung für die Ebene 262
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der visuellen Repräsentation architektonischer Objekte eine zentrale Rolle zukommt. Erst durch die Typisierung im Bild werden entsprechende Interpretationen nahe gelegt und die Syntheseleistung des Beobachters angeleitet. Die Verknüpfung des Bürohochhauses mit wirtschaftlicher Internationalisierung in den betrachteten Medien und Materialien erfolgt daher nicht einfach über den Kontrast zwischen den neuen Bauten und dem historischen Bestand und auch nicht allein über die Inszenierung des Gegensatzes zwischen vermeintlich globalen und lokalen Räumen. Die architektonische Gestaltung der Bauten an sich ist nicht allein die Basis für die Botschaft der Bilder, erst die Typisierung und Dekontextualisierung der abgebildeten Details, Objekte und Ensembles befördern diese Botschaft. Es soll folglich nicht der Eindruck erweckt werden, dass diese Bauten genauso aussehen wie unzählige andere in Städten auf der ganzen Welt, sondern dass sie sich genauso gut in diesen Städten befinden könnten. Dies soll den Internationalisierungsgrad der Wiener Wirtschaft ausdrücken. Für die Konstruktion und angestrebte Verräumlichung der lokalen imagined economy ergibt sich daraus eine paradoxe Situation: Die Internationalisierung der Stadtwirtschaft wird im konkreten Wiener Stadtraum dadurch lokalisiert, dass die betreffenden Bauten aus dem lokalen Zusammenhang gelöst, also dekontextualisiert werden. Ihre mögliche Platzierung in den als Vorbild dienenden Global Cities wird damit impliziert. Die Logik ist zugespitzt folgende: Wenn in New York Bürohochhäuser mit den darin ansässigen, international agierenden Unternehmen auch die der Stadt zugeschriebenen Kommando- und Steuerungsfunktionen beherbergen, dann kann dies für Wien ebenso gelten. Es wäre allerdings zu einfach anzunehmen, dass die beschriebene visuelle Typisierung der Büroarchitekturen in den Materialien der Öffentlichkeitsarbeit von Stadtverwaltung, Stadtregierung und SPÖ allein das Resultat bewusster Entscheidungen auf Seiten der Verantwortlichen darstellt. Ich habe bereits im Kapitel 2.3.2 darauf hingewiesen, dass für die Produktion und den Einsatz von Bildmaterial im massenmedialen Kontext sowohl die spezifische Logik alltäglicher visueller Wahrnehmung als auch Konventionen und Routinen alltäglicher Presse- und Agenturarbeit sowie die Strukturen der heutigen industriellen Bildproduktion fundamentale Bedeutung haben. Die Typisierung und Dekontextualisierung von Bürobauten in fotografischen Abbildungen entsteht dementsprechend nicht allein aus der Entscheidung einzelner Personen, wie zum Beispiel des Fotografen, des Redakteurs oder der Kreativverantwortlichen. Es ist auch die Praxis der Bildproduktion, in der konventionalisierte Bildmuster in eingespielten Routinen reproduziert werden, die eine Typisierung fördert. In diesem 263
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Zusammenhang kann zudem die Rolle kommerzieller Bildagenturen, die derartige konventionalisierte Bildmuster prägen, nicht hoch genug eingeschätzt werden. Diese Agenturen sind darauf spezialisiert, vielfach verwendbare Fotos für Nutzungen in unterschiedlichsten kulturellen Kontexten und mit unterschiedlichsten Botschaften bereitzustellen. Gerade das Bürohochhaus ist eines der beliebtesten und gleichzeitig am stärksten typisierten Motive der gebauten Umwelt in den Datenbanken dieser Agenturen (im Detail siehe Grubbauer 2010). Nicht zuletzt ist die Konzentration auf das unbelebte, pure architektonische Objekt und die Aussparung von Details, die davon ablenken könnten, auch eine der effektivsten und langlebigsten Konventionen der Architekturfotografie, welche die visuelle Typisierung der betrachteten Bauten fördert. Diese Konvention geht auf die Ursprünge der Architekturfotografie als einem Mittel der Dokumentation zurück, die durch die visuellen Codes der Moderne noch verstärkt wurde (vgl. Ackerman 2002). Aus diesem Grund ist uns die Typisierung von Personen in fotografischen Abbildungen wesentlich vertrauter, während wir uns bei architektonischen Objekten dieser Technik weniger bewusst sind und/oder sie nicht als eine Frage der Typisierung betrachten.
5.4.3 Lokale Erzählungen Die Bilder von Bürogebäuden, die über den Textkontext thematisch mit der Präsentation Wiens als internationaler Wirtschaftsstandort verknüpft sind, nutzen vornehmlich die beschriebene Form der typisierten Darstellung. Parallel dazu gibt es noch andere Muster der Repräsentation, die im Gegensatz dazu auf der Kontextualisierung und Einbettung der Neubauprojekte in bestehende Stadt- und Landschaftsräume basieren. Diese gleichzeitige Anwendung unterschiedlicher Bildmuster erklärt sich mit der schon im Kapitel 3.1 angesprochenen Widersprüchlichkeit, mit der bauliche Neuerungen in Wien aufgrund der Planungsgeschichte der Stadt und der Bedeutung des kulturellen Erbes für ihre Identität gesehen werden. Man ist Neuerungen gegenüber traditionell reserviert, die großen Modernisierungsschübe in der Stadtgeschichte wurden von breiten Teilen der Bevölkerung immer auch als Bedrohungsszenarien gesehen – in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Verschwinden des mittelalterlichen Wien, im Fin de Siècle der Verlust des biedermeierlichen Wien bedauert. Es ist ein widersprüchliches Verhältnis zur Moderne, das die Kultur der Stadt prägt und bis heute den Mythos eines idealisierten „Alt-Wien“ nährt, das nie existiert hat (Kos/Rapp 2004). Dazu kommt, dass historische Stadtansichten und Blickbezüge für die Selbstdarstellung der Stadt und die Bewertung von Neubauprojekten in Wien 264
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eine speziell wichtige Rolle spielen. Lutz Musner argumentiert in Der Geschmack von Wien: Kultur und Habitus einer Stadt, dass man gerade die Debatten um Hochhausprojekte wie den nicht realisierten Leseturm des Wiener Museumsquartiers oder die Neubebauung des Bahnhofs Wien Mitte (in beiden Fällen stellte die Bewahrung von historischen Blickbezügen und Sichtachsen das zentrale Argument gegen geplante Hochhausbauten dar) als Indiz dafür nehmen kann, „dass die Kultur der Stadt von visuellen Konventionen und Blickregimen bestimmt ist, die mitbestimmen, was als stadttypisch zu gelten hat und was nicht und wie eine ‚normale‘ Stadtentwicklung auszusehen hat“ (Musner 2009: 22). Zurückführen lässt sich diese Neigung Musner zufolge auf einen für Wien charakteristischen engen Wirkungszusammenhang von Raum und Kultur, der auf der Einbettung der Stadt in eine heterogene, in sich stark differenzierte Naturlandschaft mit einer prägenden Topografie beruht. Schon die Stadtveduten des 18. und 19. Jahrhunderts prägten einen idealtypischen Blick auf Wien, der die landschaftliche Einbettung des Stadtkörpers betont und „Wien als eine in seinem Wesen durch Landschaft, Bodengebundenheit und Naturbezug charakterisierte Stadtformation“ (Musner 2009: 67) zeigt. Die neuen Büroarchitekturen müssen in diesem tradierten Stadtbild verortet werden, sie müssen sich gegenüber fixierten und ikonisierten Blicken auf die Stadt als ungefährlich erweisen oder neue Blicke prägen, ohne die tradierten Bildwelten zu gefährden und Unverständnis hervorzurufen – Veränderungen werden angestrebt, allerdings dürfen diese den historischen Baubestand und etablierte Identitätszuschreibungen nicht gefährden. In den betrachteten Materialien lassen sich drei auf Bildern basierende lokale Stadterzählungen identifizieren, in denen sich dieser Wunsch nach Veränderung, aber in Harmonie mit dem Bestehenden ausdrückt: die Gleichzeitigkeit eines „Alten“ und „Neuen“ Wien, eines „Grünen“ und „Neuen“ Wien und von Alltag und Geschäftswelt. In diesen Bildwelten werden manchmal durchaus Aspekte der oben beschriebenen visuellen Typisierung und Dekontextualisierung aufgegriffen, allerdings in Kombination mit Elementen, die diese relativieren und ihr Bedrohungspotenzial brechen. Es wäre falsch, nur die oben beschriebenen typisierten Bilder im Hinblick auf die Konstruktion der lokalen imagined economy zu beachten. Die parallel dazu projizierten Bildgeschichten, die der Kontextualisierung der neuen Büroarchitekturen dienen, sind Teil dieser Konstruktion und bilden die Grundlage für ihre gesellschaftliche Akzeptanz.
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Altes und Neues Wien In der textzentrierten Analyse und der Diskussion der Bildbeispiele ist schon angeklungen, dass die Symbiose von Tradition und Moderne bzw. die Gleichzeitigkeit eines „Alten“ und eines „Neuen“ Wien ein prägendes Merkmal für die öffentlichkeitswirksame Darstellung der neuen Bürobauten ist. Dieses harmonische und befruchtende Nebeneinander von Alt und Neu stellt wohl die wichtigste für Wien typische Stadterzählung dar, die insbesondere die Selbstdarstellung der Stadt nach innen (z.B. in der Monatszeitschrift „wien.at“) prägt: „Wien bleibt Wien auch wenn es moderner wird“ (Unser Wien 1998/14, Beilage: 2, Titel des Artikels) „Wien besticht durch seine Melange aus Tradition und modernen Impulsen“ (wien.at 2001/3: 3). „Für Bürgermeister Häupl bleibt Wien eine ausbalancierte Stadt, in der Modernität und Tradition kein Widerspruch sind“ (wien.at 2003/10: 3). „Die UNESCO hat uns bestätigt, dass wir ‚Alt‘ und ‚Neu‘ sehr gut kombinieren können. Unser historisches Erbe ist auch unser Kapital“ (Planungsstadtrat Schicker im Interview, Capacity 2005/3: 2). „Unser Wien von Außen gesehen. […] Allgemein besteht die Meinung, dass die Stadt den Spagat zwischen Geschichte und Gegenwart bravourös meistert und für Jung und Alt viel zu bieten hat“ (wien.at 2006/1: 4). „Wiener Mischung schmeckt. […] Wien ist so angesagt, weil es perfekt versteht, seine Tradition zu pflegen, ohne dabei den Zeitgeist zu vernachlässigen“ (wien.at 2007/12, Beilage: 2)
Die neuen Bürobauten und Bürohochhäuser bieten ein zentrales Bildmotiv, um dieses Nebeneinander von Alt und Neu in Wien zu veranschaulichen. In einer elektronischen Postkarte auf der Webseite der Stadt wird beispielsweise der Andromeda Tower in der Donau City sprichwörtlich zur anderen Seite der Stadt: „That’s the other side of Vienna“ (Abb. 56). Am häufigsten wird zur visuellen Darstellung des „neuen alten Wien“ auf eine kontrastierende, aber dennoch konfliktfreie Gegenüberstellung von historischen und zeitgenössischen Architekturelementen zurückgegriffen (Abb. 57).
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Abb. 56: Stadt Wien, e-postcard, 2006
Abb. 57: Enjoy Vienna 2007, Nr. 2, Seite 4 (Ausschnitt)
Nicht immer werden in der Gegenüberstellung von historischen Monumenten und neuen Bürogebäuden letztere eindeutig kenntlich gemacht. In einem in den vergangenen Jahren vielfach eingesetzten Sujet des WWFF ist es zum Beispiel die anonymisierte Glasfassade einer 267
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Dachterasse, in der sich der Stephansdom spiegelt (vgl. Abb. 31). Das betreffende Bild zeigt eine Gesprächssituation auf der Terrasse eines Hochhauses. Zwei arbeitende Männer sitzen im Vordergrund, eine telefonierende Frau steht im Hintergrund. Begrenzt wird die Szene von einer Glasfassade, in der sich der Blick über die Dächer der Stadt spiegelt. Die moderne Architektur im Bild ist reduziert auf minimalisierte Fassadenelemente und spiegelnde Glasflächen. Sie definiert zwar das Setting für die Szene, liefert aber keinen Hinweis auf Wien als den konkreten Ort des Geschehens. Dieser wird nur durch den Stephansdom als dem Wahrzeichen der Stadt kenntlich gemacht, dessen Silhouette sich in der Fassade ebenfalls spiegelt. Die am Donaukanal und an der Donau gelegenen Bürotürme, welche die gründerzeitliche Bebauung deutlich überragen, kommen aufgrund der Blickrichtung nicht ins Bild. Ein prominentes Bildmotiv, das in Publikationen des Presse- und Informationsdienstes der Stadt vielfach benutzt wurde (z.B. ebenfalls als Bildmotiv einer e-postcard), zeigt, dass die Integration historischer und moderner Elemente durchaus mit der oben beschriebenen Methode der visuellen Typisierung einhergehen kann. Zu sehen ist ein nächtlich beleuchteter Büroturm, der über die angrenzende Bebauung hinausragt (Abb. 58, siehe auch Abb. 16 und Abb. 57). Abb. 58: Stadt Wien, Imagebroschüre, 2000, Cover
Im Vordergrund ist ein unscharfes Detail eines historischen Bauwerks zu erkennen, das hell beleuchtet in deutlichem Kontrast zum dunklen 268
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Himmel und zu dem beleuchteten Büroturm im Hintergrund steht. Sowohl der Büroturm als auch das bauliche Detail sind nicht darauf angelegt, auf bestimmte Objekte hinzuweisen oder diese kenntlich zu machen (auch wenn bei genauerer Betrachtung das Hochhaus als Millennium Tower und das Fragment der gotischen Fiale möglicherweise als Teil des Wiener Stephansdoms identifiziert werden kann). Der Gegensatz zwischen Alt und Neu wird hier vollkommen typisiert abgehandelt. Wenn jedoch mit der Gegenüberstellung von Alt und Neu die Stadt Wien als Schauplatz eindeutig kenntlich gemacht werden soll, dann wird statt auf die Abbildung der neuen Büroarchitekturen zumeist auf ein anderes Bildmotiv zurückgegriffen: das Ende der 1980er-Jahre als Einkaufszentrum errichtete Haas-Haus des österreichischen Architekten Hans Hollein am Stephansplatz in Kombination mit dem Wiener Stephansdom (Abb. 59). Abb. 59: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, Seite 2
Auch wenn die Errichtung dieses Neubaus aufgrund seiner zentralen Lage gegenüber dem Dom umstritten war und das Gebäude nie als Einkaufszentrum funktionierte und bald nach Fertigstellung umgebaut werden musste, stellt es bis heute das sichtbarste, erkennbar „moderne“ Gebäude in der Innenstadt Wiens dar.44 Der Blick vom Wiener Graben aus 44 Natürlich gibt es in der Innnenstadt, vor allem entlang der Kärntner Straße, der zentralen Einkaufsstraße, einzelne Neubauten aus der Nachkriegszeit, die anstelle von kriegszerstörten Bauten errichtet wurden. Diese orientieren sich jedoch an der Blockrandbebauung und heben sich mit klassischen Lochfassaden gegenüber dem Altbestand nicht so deutlich ab wie das Haas-Haus. Im letzten Jahrzehnt wurden einzelne architektonisch 269
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auf den Stephansdom mit der spiegelnden Glasfassade des Haas-Hauses auf der linken Seite bietet ein prägnantes Bildmotiv, das in der Selbstdarstellung der Stadt und in der Tourismuswerbung vielfach eingesetzt wurde und wird. Paradoxerweise war es die Erhaltung des besonderen Blickes auf den Stephansdom, die anfangs als Gegenargument gegen die Errichtung des Haas-Hauses gedient hat. Denkmalschützer hatten kritisiert, dass der Neubau den für Wien identitätsstiftenden Blick vom Graben auf den Stephansdom, den der österreichische Maler Rudolf von Alt Ende des 19. Jahrhunderts in seinen berühmten Aquarellen festgehalten hatte, ruinieren würde. Ausgeblendet wurde in der Argumentation, dass dieser Blick erst um 1880 durch den Abbruch der Häusergruppe entstanden war, welche zuvor jahrhundertelang den Graben vom Stephansplatz getrennt hatte (Musner 2009: 22). Beim Cover des von der Stadt herausgegebenen Handbuchs Internationale Organisationen in Wien (Stadt Wien 2002) dient der beschriebene Blick vom Graben auf den Stephansdom mit dem Haas-Haus auf der linken Seite dazu, die Kulisse für die im Vordergrund platzierten Personen abzugeben, die augenscheinlich als Vertreter internationaler Organisationen interpretiert werden sollen (Abb. 60). Abb. 60: Internationale Organisationen in Wien, 2002, Cover
markante Neubauprojekte in der historischen Innenstadt realisiert, beispielsweise das von Architekturkritikern gelobte Bürohaus k47 des österreichischen Büros Hencke und Schreieck. Keines ist jedoch so zentral gelegen wie das Haas-Haus. 270
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„Internationalität“ als ein positives Merkmal der städtischen Kultur und Gesellschaft wird hier also nicht in anonymen Bürotürmen verortet, sondern an dem zentralen Platz Wiens vor dem Hintergrund des wichtigsten Baudenkmals der Stadt. Die fehlende Markanz der Wiener Büroarchitekturen wird in der Gegenüberstellung von Alt und Neu also dann problematisch, wenn der Ortsbezug eindeutig signalisiert werden soll.
Grünes und Neues Wien Die zweite Stadterzählung, in welche die neuen Büroprojekte eingebunden sind, ist das Neben- und Miteinander eines „Grünen“ und eines „Neuen“ Wien, das auf der Integration der neuen Projekte in den Bestand bei gleichzeitiger Bewahrung der für Wien als charakteristisch empfundenen Landschaftsräume aufbaut. Die Herausstellung der unbeeinträchtigten naturräumlichen Qualitäten Wiens ist gerade auch für die Präsentation der Stadt als Metropole mit höchster Lebensqualität, wie sie unter Verweis auf internationale Rankings gerne erfolgt, von zentraler Bedeutung. Es ist die betonte (und wiederum konfliktfreie) Gleichzeitigkeit von moderner Architektur auf der einen und den zur Identität Wiens beitragenden Landschaftsräumen auf der anderen Seite, die sich in einer Vielzahl von Aussagen und Bildern ausdrückt, die in der Öffentlichkeitsarbeit Verwendung finden. So heißt es etwa im STEP 2005: „Die vielfältige und ausgedehnte landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft der Stadt Wien ist unverwechselbares Markenzeichen und Prädikat der Stadt. Im Ranking der Städte sind es auch die unbebauten und identitätsstiftenden Teile der Wiener Stadt_Land_Wirtschaft mit ihrer typischen Pflanzen- und Tierwelt, die zum positiven Gesamtbild beitragen“ (Stadtentwicklung Wien 2005: 143).
In den bildhaften Darstellungen, die das Nebeneinander des „Grünen“ und des „Neuen“ Wien zum Thema haben, lassen sich zwei vorherrschende Blicke auf die Stadt festhalten: der Blick von den Anhöhen des Wienerwaldes nach Osten, vielfach mit dem Donaustrom im Zentrum des Bildes, und der Blick auf die neuen Büroarchitekturen vom Wasser aus. Diese Blicke kennzeichnen sich nicht nur über die gewählte Perspektive, sondern jeweils auch über einen ganz bestimmten Bildaufbau. Im ersten Fall wird ein Blick auf die Stadt von einem erhöhten Standort an einem der Hänge des an die Stadt angrenzenden Wienerwaldes geworfen. Der Blick fällt auf die Stadtlandschaft mit dem Donaustrom in der Mitte. Die Hochhäuser an der Donau kommen meist zentral ins Bild 271
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(Abb. 61 und Abb. 62). Diese Blicke auf die Stadtlandschaft als ein Kontinuum von baulichen Strukturen, Naturräumen und Landwirtschaftsflächen schreiben die „landschaftlich betonte Bildsprache von Wien als eine für die Stadtgestalt charakteristisch empfundene symbolische Codierung“ (Musner 2009: 65), wie sie in den Stadtveduten des 18. und 19. Jahrhunderts geprägt wurde, fort. Abb. 61: PID, Inserat, 2005
Allerdings verschiebt bzw. kehrt sich die Blickrichtung um: Auf dem um 1760 entstandenen, berühmtesten Gemälde des italienischen Landschaftsmalers Bernardo Bellotto Wien vom Belvedere aus gesehen fällt der Blick auf die spätbarocke Stadtlandschaft mit dem Stephansdom im Zentrum, den Gartenlandschaften des Belvedere im Vordergrund und den Hängen des Wienerwaldes im Hintergrund. Der Blick auf die Stadt, wie er in den Abbildungen 61 und 62 zu sehen ist, bildet hierzu das Gegenstück, den „Gegenblick“. Standort des Betrachters ist nun eine Anhöhe des Wienerwaldes, der bei Bellotto den Hintergrund darstellt und die Stadt begrenzt. Die historische Innenstadt rückt auf Distanz und aus dem Bildzentrum, selbst der Stephansdom ist nicht mehr genau auszumachen bzw. fällt aus dem Bild heraus. Die Draufsicht verzerrt die Höhenentwicklung der Bebauung und macht einen Höhenvergleich unmöglich. Mit der Flusslandschaft in der Mitte des Bildes wird die Stadt nun deutlich auf beiden Seiten der Donau verortet – das in der Stadtentwicklung der letzten 20 Jahre formulierte Ziel, die Stadt wieder an die Donau zu bringen, findet hier seine paradigmatische Veranschaulichung. 272
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Abb. 62: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, Seite 5
Der beschriebene Blick auf das sich zu beiden Seiten der Donau ausbreitende Stadtpanorama findet als Bildmotiv in der Öffentlichkeitsarbeit Wiens breite Verwendung. Zum Teil werden dabei dieselben Fotos vielfach, für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. In diesen Fällen wird besonders deutlich, welche zentrale Funktion der Textkontext für die Interpretation von Bildmaterial hat, in dem er Assoziationen weckt und Bedeutungen nahelegt. Das im zweiten Beispiel (Abb. 62) gezeigte Sujet aus einer Imagebroschüre der Stadt Wien von 2007 sollte die Drehscheiben-Funktion Wiens illustrieren und den Subtitel „Wachstum und Lebensqualität in einer modernen Stadt“ bildhaft umsetzen. Dasselbe Foto wurde beispielsweise genauso prominent zur Illustration der Kooperation Wiens im Rahmen von CENTROPE („Mehr Erfolg durch Zusammenarbeit ohne Grenzen“)45, zur Untermauerung der Lebensqualität Wiens („Wien auf Platz 1 bei Lebensqualität!“)46 oder auch zur Illustration eines Artikels über neue Planungen für das rechte Donauufer („Endlich eins mit der Donau“) benutzt.47 Was in solchen Mehrfachnutzungen ein und desselben Fotos auch erkennbar wird, ist die erstaunliche Knappheit an Bildmaterial, das dem Presse- und Informationsdienst und der Verwaltung zur Verfügung steht. Für lizenzfreie und kostengünstige Illustrationen muss auf die stadteigenen Bildarchive zurückgegriffen werden, deren Angebot an Bildmotiven begrenzt ist.
45 Titel eines Beitrags in wien.at 2006/12: 2f.. 46 Titel eines Beitrags in wien.at 2007/4: 7. 47 Titel eines Beitrags in wien.at 2007/6: 3. 273
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Die Betonung der Intaktheit der städtischen Naturräume angesichts der baulichen Großprojekte findet ihren Ausdruck auch in höchst plakativen Gegenüberstellungen, wie beispielsweise dem Ziesel auf einem Hang im Vordergrund und der Skyline der Donau City im Hintergrund. Dieses Bildmotiv wurde dazu genutzt, das Cover einer Ausgabe der Monatszeitschrift „wien.at“ mit dem Titel „Wien: Lebensqualität 365 Tage im Jahr“48 zu illustrieren (vgl. Abb. 47). Auch eine derartige Fernsicht auf die Stadt- und Flusslandschaft kann mit einer Typisierung der abgebildeten Bürohochhäuser einhergehen, wie das bereits erwähnte, prominent platzierte, doppelseitige Foto im Strategieplan 2004 zeigt, das dem Kapitel „Wien engagiert sich in Europa und verstärkt regionale Kooperationen“ vorangestellt ist (vgl. Abb. 19). Perspektive und Bildaufbau entsprechen dem zuvor beschriebenen Blick auf die Stadt- und Flusslandschaft von einem Standort an den Hängen des Wienerwaldes aus. Allerdings ist der Bildausschnitt in diesem Fall kleiner. Als Elemente der gebauten Stadt sind nur die Bauten der Donau City mit dem Donauturm (einem Aussichtsturm, der anlässlich der Internationalen Gartenschau 1964 errichtet wurde) und der Millennium Tower auf der anderen Donauseite zu erkennen. Die Betonung der Hochhäuser wird durch die Lichtverhältnisse begünstigt, die sie umgebende Bebauung verschwimmt im Dunst, nur die Silhouetten der Hochhausbauten heben sich klar konturiert ab. Als individuelle Bauten sind die Türme jedoch nicht auszumachen. Neben der gesamten, das Bild bestimmenden Lichtwirkung ist die Lichtreflexion an der Spitze des Millennium Towers, die im Bild als „Glanzpunkt“ fungiert und den Gegensatz zwischen den Bauten und dem Grünraum im Vordergrund noch verstärkt, ein weiteres Element der Typisierung. Ein charakteristisches und wiederkehrendes Element der Selbstdarstellung Wiens als naturnahe, „grüne“ Stadt, in der Stadtkultur und Naturbezug eine symbiotische Beziehung eingehen, sind die Weinreben, die im Vordergrund zu erkennen sind. Wien rühmt sich damit, als einzige Weltstadt über ökonomisch relevante Weinanbaugebiete innerhalb der Stadtgrenzen zu verfügen (Stadt Wien 2008). Die „Weinkultur“ der Stadt wird als zentraler Bestandteil der kulturellen Identität Wiens gesehen, die Heurigen (für Wien typische Weinlokale) an den Hängen des Wienerwaldes sind Bestandteil jedes touristischen Besuchsprogrammes. Die Kombination von Motiven des Weinanbaus im Vordergrund und der Hochhaussilhouette im Hintergrund kann als das prototypische Bildmotiv für das Neben- und Miteinander des „Grünen“ und des „Neuen“ Wien gesehen werden (Abb. 63). 48 wien.at 2005/8 274
BÜROARCHITEKTUR IN DER REPRÄSENTATION DER STADT
Abb. 63: Enjoy Vienna 2005, Nr. 10, Seite 7 (Ausschnitt)
Abb. 64: Stadt Wien, Broschüre 2008, Cover (Ausschnitt)
Selbst in einer kürzlich herausgegebenen Imagebroschüre der Stadt Wien mit dem Titel Weinkultur Stadtbild Wien, die dem Thema des Weinanbaus in Wien gewidmet ist, wird auf dem Cover nicht auf diesen Gegensatz verzichtet (Abb. 64). Eine Detailaufnahme einer Weinranke wird mit der aus dem Dunst aufragenden Silhouette der Donau City im Hintergrund kombiniert – als ob die Weinreben allein nicht ausreichen würden, um für die Weinkultur der Stadt zu stehen, und es des visuellen Codes der Skyline bedürfte, um die Besonderheit des Weinanbaus in Wien zu unterstreichen. Der zweite Blick auf Wien, der in der öffentlichkeitswirksamen Selbstdarstellung der Stadt dazu dient, die neuen Bürobauten und insbesondere die Bürohochhäuser in Bezug auf die Landschaftsräume der Stadt einzubetten und zu kontextualisieren, ist der Blick vom Naturraum am Wasser auf die Architektur im Hintergrund. Hier ist der Betrachtende den Bauten näher als bei der ersten Perspektive. Der Blickpunkt befindet sich oft nahe der Wasseroberfläche oder an der Uferkante des ge275
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genüberliegenden Ufers. Das Bildschema der Skyline wird hier mit der Inszenierung der Erholungs- und Freizeitqualität der Grünräume am Wasser verknüpft. Charakteristische Elemente dieser Inszenierung sind die Boote und Bootsstege an der alten Donau, wie sie in jenem prominenten Foto zu sehen sind, das im Strategieplan von 2004 das Kapitel „Wien stärkt die Qualität von Naturraum und Stadtraum“ einleitet (vgl. Abb. 21). Auch Badeszenen am Donauufer oder am Wasser, die Abbildungen von Personen beinhalten, folgen dem gleichen Schema, in dem die Türme der Donau City als gebaute Strukturen und die Uferräume an der Donau als Naturraum paradigmatisch gegenübergestellt werden (Abb. 65, vgl. auch Abb. 48). Abb. 65: Stadt Wien, Broschüre 2007/2008, Seite 3 (Ausschnitt)
Die betonte Gegenüberstellung von Bürohochhaus und wassernahen Grünräumen führt auch zu erstaunlichen Ergebnissen, in denen der inhaltliche Zusammenhang völlig fehlt. Ein fast schon skurriles Beispiel dafür ist das Sujet für die Imagekampagne „natur_hauptstadt_2005“, die von der Geschäftsgruppe Umwelt anlässlich des 100-jährigen Schutzes des Wiener Grüngürtels durchgeführt wurde. Hier wurde ein Eisvogel auf der einen Seite der Donau auf Augenhöhe mit dem Millennium Tower auf der anderen Donauseite ins Bild montiert (Abb. 66). Wien als Naturhauptstadt wird hier ganz selbstverständlich mit dem Bildmotiv des Hochhauses, das vor den Hügeln des Wienerwaldes in die Höhe ragt, verknüpft. Auch das Coverfoto der Zeitschrift „wien.at“, das ein Ziesel vor dem Stadtpanorama mit den Türmen der Donau City zeigt (vgl. Abb. 47), diente als formatfüllendes Bildmotiv für die „natur_hauptstadt_2005“-Imagekampagne.
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Abb. 66: PID, Inserat, 2005
Alltag und Geschäftswelt Die dritte visuell vermittelte Strategie der Kontextualisierung der neuen Büroprojekte ist ihre Abbildung in Kombination mit Szenen des städtischen Alltags und der Freizeitgestaltung. Diese Kategorie von Bildern findet sich insbesondere in den Materialien und Medien, die sich an die Stadtbevölkerung richten, z.B. der Zeitschrift „wien.at“ oder Broschüren des PID. Meist zielen diese Darstellungen darauf ab, die hohe Lebensqualität Wiens hervorzuheben und die Nähe von Geschäftszentren und innerstädtischen Naherholungsgebieten als Spezifikum Wiens zu präsentieren. Während die beiden oben genannten Strategien auf der konzeptionellen Gegenüberstellung von Alt und Neu bzw. Grünraum und gebautem Stadtraum im Bildaufbau basieren, kennzeichnet die dritte Strategie die Kombination von Gebäuden und Personen in narrativen Bildmustern. Es werden beispielsweise Pärchen bei der Besichtigung der entstehenden Hochhäuser,49 Mütter mit Kinderwagen vor dem neuen Büroturm50 und Szenen des Arbeitsalltags in der städtischen Verwaltung mit Ausblick auf Bürotürme vor dem Fenster51 abgebildet.
49 Unser Wien 1996/8: 2 50 Unser Wien 1998/14, Beilage: 2f. 51 Wien.at 2002/7: 3 277
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Des Weiteren kommen oft Jugendliche bei verschiedensten Freizeitbeschäftigungen ins Bild, beim Baden, Bootfahren, Hockeyspielen oder Inlineskaten (z.B. Abb. 67; vgl. auch Abb. 48 und Abb. 65) sowie Menschen jeden Alters, die vor der Kulisse der Büroarchitekturen spazieren gehen, Rad fahren und joggen (z.B. Abb. 68). Abb. 67: Stadt Wien, Imagebroschüre, 2000, Seite 1 (Ausschnitt)
Abb. 68: wien.at 2004, Nr. 4, Seite 3 (Ausschnitt)
Bei derartigen Darstellungen, in denen Stadtbewohner und -bewohnerinnen bei der Freizeitgestaltung vor den neuen Bürokomplexen zu sehen sind, sind Vorder- und Hintergrund klar definiert. Die Personendarstellungen nehmen den Vordergrund ein. Es wird Wert darauf gelegt, die abgebildeten Personen möglichst authentisch als Teil der Stadt zu präsentieren und das „echte“ Alltagsleben in der Stadt einzufangen. 278
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Die Bürogebäude hingegen fungieren als Kulissen, vor denen sich das Geschehen abspielt, und als Landmarks, die kenntlich machen, wo sich die abgebildeten Aktivitäten ereignen. Das Foto der Hockey spielenden Jugendlichen beispielsweise (vgl. Abb. 67) wäre ohne den zentral im Hintergrund sichtbaren Millennium Tower ohne Signifikanz. Das Geschehen auf dem Sportplatz und das angrenzende Grün liefern keinerlei Hinweis auf Wien, erst der Büroturm im Hintergrund verortet die Szene grundsätzlich im städtischen Raum und lässt Rückschlüsse auf die Donauinsel als den Ort der Handlung zu. Ziel ist nicht, zu verdeutlichen, dass in Wien Jugendliche derartige Sportplätze für ihre Aktivitäten vorfinden, sondern dass sich diese in zentrumsnahen Lagen befinden und durch eine spektakuläre Stadtkulisse auszeichnen. In anderen Beispielen wird deutlich, wie mit der Hilfe von Bildern gezielt das Interesse der Bevölkerung für die Neubauprojekte geweckt und ihnen ein positives Image verschafft werden soll. Das Foto des vor der Kulisse des Millennium Towers joggenden Stadtbewohners, der ein Fähnlein mit der Aufschrift „Wo Wien am schönsten ist“ in der Hand hält (vgl. Abb. 68), fällt unter diese Kategorie. Im Rahmen eines Gewinnspiels konnten die Leser von „wien.at“ ihren Lieblingsplatz in Wien bekanntgeben, ausgesuchte Einsendungen – wie dieses Foto – wurden veröffentlicht. In ähnlicher Weise wird die Donau City im Finale des Fotowettbewerbes der bereits erwähnten Imagekampagne „natur_hauptstadt_2005“ zu einem Bildmotiv. Das Foto mit dem Fahrrad im Vordergrund und den hinter dem Grün auftauchenden Bauten der Donau City und der UNO-City im Hintergrund soll die persönliche Sicht einer Leserin auf Wien als Naturhauptstadt darstellen (Abb. 69). Abb. 69: wien.at 2005, Nr. 8, Beilage, Seite 8 (Ausschnitt)
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Auf der Donauinsel und entlang des Donauufers gibt es eine Vielzahl an Radwegen, die gerne genutzt werden. Das Fahrrad mit Ausflugstasche am Träger steht für diese Art der Freizeitgestaltung, die Hochhäuser und Wohnblöcke der Donau City bieten wiederum die Kulisse. Derartige personalisierte Kommentare und Blicke auf die Stadt, wie sie in den zwei Beispielen exemplarisch dargestellt wurden, sollen Interesse wecken. Man versucht, die Leserschaft direkt anzusprechen, um die Neubauprojekte im öffentlichen Bewusstsein zu verankern und positiv zu besetzen. Es soll deutlich werden, dass die neuen Büroarchitekturen zu den schönsten Orten Wiens gehören und sie ein Grund sind, stolz auf die Stadt zu sein. Abb. 70: Stadt Wien, Inserat, 2004 (Ausschnitt)
Während die obigen Beispiele zeigen, wie Büroarchitekturen als Kulisse für die Freizeitgestaltung der „normalen“ Stadtbevölkerung präsentiert werden, richtet man sich mit dem Hinweis auf die Nähe von Arbeitsund Erholungsräumen auch direkt an Unternehmen und Entscheidungsträger in der Wirtschaft. Unter dem Slogan „Business & Park“ wird die Möglichkeit, Freizeit- und Geschäftsaktivitäten zu kombinieren, als wichtiger Beitrag zur hohen Lebensqualität gedeutet und explizit zum Standortvorteil Wiens erklärt. In einem Inserat der Stadt Wien aus dem Jahr 2004 wird dies mit einem Bild einer Joggerin vor der Hochhauskulisse der Donau City illustriert (Abb. 70). Im Text des Inserats heißt es: „Der Wirtschaftsstandort Wien genießt international hohes Ansehen. Auch die sprichwörtliche Wiener Lebensqualität erreicht im weltweiten Vergleich Spitzenwerte. In der Mittagspause schnell vom High-Tech-Büro zum Laufen? In Wien kein Problem! […] Wien bietet neben modernsten Technologie- und 280
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Gründerzentren, Bürohochhäusern und internationalen Konferenzzentren auch jede Menge Raum zur Erholung und Entspannung. Die Nähe der pulsierenden Wirtschaftszentren der Stadt zu Freizeitparadiesen wie der Donauinsel, den Wienerberggründen sowie der Alten Donau tragen auch zur höchsten Lebensqualität Wiens im weltweiten Vergleich bei. Ob in der Mittagspause oder nach einem anstrengenden Tag im Büro – in Wien lässt sich Business und Park ganz leicht kombinieren“ (Inserat der Stadt Wien 2004).
Es ist interessant, dass bei der Präsentation der Büroprojekte so viel Wert auf deren Nähe zu Erholungs- und Grünräumen gelegt wird. Tatsächlich stellt die in Abbildung 70 dargestellte joggende Businessfrau, die ihr Büro in der Donau City hat und die Mittagspause zum Sport nutzt, eine Ausnahme dar. Nur für einen kleinen Teil der Wiener Bevölkerung ist die Nähe der Büroinfrastrukturen zu den Naherholungsräumen an der Donau von Relevanz. Nur wenige haben Zugang zu den neuen Bürohochhäusern und Technologie- und Gründerzentren. Für die Mehrheit der Menschen, die am Wochenende die Donauinsel zur Erholung, zum Baden und Rad fahren aufsuchen, bleibt die in den Bildern suggerierte Nähe ohne Bedeutung für die eigene Lebensqualität. Die Bürozentren haben keine Funktion im Alltag dieser Menschen – außer jener, eine attraktive Kulisse abzugeben. Im Kommentar zum Foto des vor der Kulisse des Millennium Towers joggenden Herbert K. (vgl. Abb. 68) wird dies deutlich: „Herbert Krapfenberger wiederum schätzt das Moderne: Dreimal pro Woche joggt er auf der Donauinsel und bewundert die Skyline der Millenniumcity aus der Ferne“ (wien.at 2004/4: 3). Die Kontextualisierung der neuen Büroprojekte durch die Verknüpfung mit Alltags- und Freizeitszenen basiert also nur auf deren räumlicher Nähe und hat keinen alltagspraktischen Bezug, bei dem die Räume durch gemeinsame Nutzergruppen und Aktivitäten verbunden wären. Die Entbettung von Wirtschaftsaktivitäten aus lokalen Zusammenhängen und ihre Bezugslosigkeit im Hinblick auf ihre physische Umgebung sind Kennzeichen der flexiblen und internationalisierten Produktionsweise des Postfordismus. Viele auf Büronutzungen ausgerichtete Stadtzentren und Downtowns haben das Problem, dass die Nutzer und Nutzerinnen der modernen Büroinfrastrukturen in der Regel nicht in den betreffenden Stadtteilen wohnen. Dadurch kommt es zu keiner oder nur einer geringen Durchmischung von Nutzergruppen. Es mangelt an Funktionen, um über die Büroarbeitszeiten hinaus belebte, urbane Stadtquartiere zu schaffen. Zum Beispiel fehlt es auch in einer Stadt wie Frankfurt am Main im Zentrum deshalb letztlich an Urbanität und Dichte (Rodenstein 2000a). Man kann also gar nicht erwarten, dass sich zwischen den Nutzergruppen der Bürokomplexe der Donau City und der 281
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Freizeiteinrichtungen am Donauufer und auf der Donauinsel wesentliche Überschneidungen ergeben. Ungeachtet dessen, versucht man, die Büroarchitekturen als Beitrag zur Attraktivität und Urbanität Wiens zu präsentieren. Allein deren räumliche Nähe zu den Naherholungsräumen an der Donau soll Wien zur „Stadt am Wasser“ machen, wie sie auf dem Cover einer Beilage von „wien.at“ aus dem Jahr 2007 abgebildet ist (Abb. 71).52 Die Rhetorik der Kontextualisierung dient in solchen Bildern mit den Worten von Kim Dovey als „cover for a radical separation between life within the building and the life of the street“ (1999: 118). Abb. 71: wien.at 2007, Nr. 6, Beilage, Cover
Abb. 72: STEP 2005, Seite 8f. (Ausschnitt)
52 Auch dieses Foto fand in der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt mehrfach Verwendung, z.B. diente es auch als Cover für die 10. Ausgabe der Zeitschrift „Capacity“ von Mai 2007. 282
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In den Fällen, in denen die räumliche Nähe real nur begrenzt gegeben ist, wird mit den Mitteln der Fotografie trotzdem eine visuelle Nähe hergestellt – eine Nähe im Bild. Dabei werden Distanzen optisch verkürzt und weit voneinander entfernt liegende Objekte und Personen unmittelbar nebeneinander abgebildet, z.B. die Fußgänger in einem Foto, das dem Vorwort des STEP 2005 vorangestellt ist, vor dem Hintergrund der Hochhausgruppe auf der anderen Seite der Donau (Abb. 72). Die in diesem Kapitel beschriebenen Strategien der Kontextualisierung der neuen Büroarchitekturen ergänzen einander. Vor allem zwischen der Präsentation des Neben- und Miteinander des „Neuen“ und des „Grünen“ Wien und den zuletzt diskutierten Darstellungen, die darauf abzielen, das Miteinander von Alltag und Geschäftswelt durch die Kombination von Büroarchitektur und Szenen des Alltags und der Freizeitgestaltung zu illustrieren, gibt es Überschneidungen. Dies wird beispielsweise in Fotos deutlich, in denen Grün- und Landschaftsräume oder auch einzelne Grünstreifen, Baumgruppen u.Ä. zwischen Szenen aus Alltag und Freizeit im Vordergrund und den Gebäuden im Hintergrund vermitteln und deren allzu unvermitteltes Aufeinandertreffen verhindern sollen (z.B. Abb. 48, Abb. 69, Abb. 71, Abb. 72). Die landschaftsbezogene Bildsprache, wie sie hier zum Ausdruck kommt und wie sie im Abschnitt zuvor diskutiert wurde, kann man dem Argument Musners folgend tatsächlich mit der Prägung Wiens durch den engen Wirkungszusammenhang von Raum und Kultur erklären. Die Kontextualisierung der neuen Bürobauten und Bürotürme mit Hilfe von „Bildgeschichten“ als eine Strategie der politischen und gesellschaftlichen Vermittlung scheint jedoch nicht auf das Beispiel Wiens beschränkt zu sein. So hat Dovey (1999) in seiner Analyse von Werbesujets für Bürotürme in Melbourne in den 1990er-Jahren festgestellt, dass einer der großen Widersprüche dieser Darstellungen in deren, wie er es nennt, dominant contextualism bestehe. Das sei der doppelte Anspruch, ein singuläres Wahrzeichen zu bilden und gleichzeitig in Harmonie mit der Umgebung zu sein: „The ideal tower achieves symbolic capital through its distinctiveness as landmark that dominates its surrounds. Yet it also gains symbolically from being seen as in harmony with this context“ (Dovey 1999: 118). Die Diskussion der bildbasierten Strategien der Einbettung der neuen Büroprojekte in bestehende Stadt- und Landschaftsräume und etablierte Stadtbilder hat gezeigt, dass insbesondere die neuen Hochhäuser tatsächlich mittlerweile einen Platz in der Ikonographie der Stadt erlangt haben. Die Horizontalität der Stadtsilhouette und die Verbannung der Hochhäuser an die Peripherie, die Musner (2009: 85) zufolge den Bilderkanon auszeichnen, mit dem Wien sich darstellt, sind keine zwingen283
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den Vorgaben mehr. Hochhausbauten im Zentrum der Stadt und als Symbole von Urbanität sind mittlerweile Teil dieses Bilderkanons. Feststellen lässt sich jedoch, dass die zugehörigen Blickregime klar definiert sind und enge Grenzen haben. In der Gegenüberstellung von Alt und Neu, Naturraum und gebauten Strukturen sowie Alltagsszenen und Hochhauskulisse gibt es Blicke, die in der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt eindeutig vermieden werden. Beispielsweise werden die neuen Büroarchitekturen nicht im Zusammenhang mit dem unmittelbaren Stadt- und Straßenraum gezeigt, die öffentlichen Räume rund um diese Bauten kommen ebenso wenig ins Bild wie Blicke, in denen das Höhen- und Größenverhältnis zwischen den Bürotürmen und den Bauten des gründerzeitlichen Bestands oder historischen Monumenten deutlich wird. Etablierte Blickregime werden also verändert, allerdings ohne diese grundsätzlich in Frage zu stellen.
5.5 Schlussbetrachtung Um die Ausgangsthese dieser Arbeit – die Konstruktion einer von realen Verhältnissen abgehobenen ökonomischen Vorstellungswelt über die Errichtung und mediale Repräsentation lokaler Bürobauten – zu verifizieren, sollten in diesem Kapitel zwei Leitfragen empirisch untersucht werden: Erstens ging es um die Frage, wie das Leitmotiv Wiens als „Drehscheibe zwischen Ost und West“ und regionaler Headquarter-Sitz in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit der Wiener Stadtregierung begründet und welche Funktion dabei den Bürohochhäusern zugeschrieben wird. Zweitens sollte die Frage geklärt werden, wie das Bürohochhaus von der Wiener Stadtregierung als visueller Bedeutungsträger eingesetzt wird, welche stadträumliche Ordnung es vermittelt und wie dabei seine Architektur wirksam wird. Aus der textzentrierten Analyse kann in Bezug auf die erste Frage festgestellt werden, dass die Begründung des Leitmotivs der Drehscheibenfunktion Wiens und seiner Position als regionales HeadquarterZentrum über die Identifikation seiner Vermittlerrolle im mittel- und osteuropäischen Raum als Alleinstellungsmerkmal und einen daraus abgeleiteten Zentrumsanspruch erfolgt. Einerseits wird die Bedeutung der Bürohochhäuser für die Realisierung dieser Drehscheibenfunktion direkt begründet. Dabei wird sowohl mit der notwendigen Bereitstellung von Büroflächen im Sinne der Infrastruktur für Osteuropazentralen als auch mit den Wachstumsimpulsen argumentiert, die von diesen Projekten ausgehen und damit die Positionierung der Stadt innerhalb der Region positiv beeinflussen. Andererseits erfolgt die Begründung der Funktion 284
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der neuen Bürohochhäuser für die Drehscheibenfunktion Wiens zwischen Ost und West indirekt, indem „Internationalisierung“ zum Leitmotiv sowohl der Wirtschafts- als auch der Stadtentwicklung gemacht wird. Dies lässt sich aus den Prämissen ableiten, die für diese beiden Politikfelder zugrunde gelegt werden. So wird auf der einen Seite eine wirtschaftsbezogene Internationalisierung sowohl zum Effekt als auch zur Bedingung der Zentrumsfunktion Wiens in Bezug auf den mittel- und osteuropäischen Raum gemacht. Auf der anderen Seite wird eine Internationalisierung baulicher Art zur Anforderung an den Stadtumbau erklärt, um den überregionalen/internationalen Trends und Nachfragestrukturen gerecht zu werden. Der entscheidende Punkt besteht in der ursächlichen Verknüpfung dieser beiden Formen von Internationalisierung, wobei sich Ursache und Wirkung abwechseln. Bürobauten sollen demnach als Beweis einer erfolgreichen Internationalisierungsstrategie im Sinne der Ansiedlung internationaler Unternehmen dienen. Gleichzeitig werden sie als notwendige Bedingung für zukünftige Internationalisierungsbemühungen dargestellt. Das heißt, die zentrale diskursive Funktion der Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser bei der Konstruktion der lokalen imagined economy besteht darin, über die paradigmatische Verkörperung internationaler baulicher Typologien und Standards auch die Existenz ökonomischer Aktivitäten von internationaler Reichweite zu belegen. Auf der Ebene der visuellen Repräsentation tragen mehrere Dinge dazu bei, dass Bürobauten und hier insbesondere Bürohochhäusern in der Veranschaulichung dieser Argumentation Wirksamkeit zugeschrieben wird. Erstens ist es die gängige Gleichsetzung von Bürohochhäusern mit repräsentativen Unternehmenssitzen, die nach wie vor deren öffentliche Wahrnehmung bestimmt, obwohl diese Gleichsetzung, weder für die historische noch für die zeitgenössische Situation stimmig ist. Dazu kommt der aktuelle Diskurs, in dem Bürohochhäuser paradigmatisch für die den Global Cities zugeschriebenen Steuerungs- und Kontrollfunktionen stehen. In diesem Kontext funktionieren sie auch als Symbol für Homogenisierungsprozesse, die mit ökonomischer und kultureller Globalisierung verbundenen werden. Des Weiteren sind es auch der spezifische Kontext der Wiener Stadtgeschichte und die Vermarktung des kulturellen Erbes der Stadt, die die hohe symbolische Wirksamkeit des Bürohochhauses in Wien begründen. Es steht als Inbegriff moderner Architektur im wirkungsvollen Kontrast zur historischen Bausubstanz der Stadt und kann dadurch plausibel als „internationaler Gebäudetypus“ im Gegensatz zu lokalen Typologien präsentiert werden. Entscheidend sind aber schließlich die bildbasierte Vermittlung und die zugrunde lie285
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genden Muster visueller Repräsentation, die das Bürohochhaus auch auf der Ebene der Bilder zum Bedeutungsträger machen. Bezugnehmend auf die zweite Frage heißt dies, dass das Bürohochhaus erst durch Strategien der visuellen Typisierung als visueller Bedeutungsträger wirksam wird. Es ist nicht die formale architektonische Gestaltung per se, die das Bürohochhaus als internationalen Gebäudetypus erscheinen lässt. Es sind auch nicht die Höhe und das architektonische Spektakel, das die Bürotürme bieten, nicht die Materialien und sicher nicht die Innovation oder Markanz der formalen Lösung, die allein auf die bauliche Internationalisierung hinweisen. Erst die visuelle Typisierung, allen voran durch die Dekontextualisierung der Bauten, aber auch durch Bildaufbau, Lichteffekte, Perspektive u.Ä., macht diese Bauten zu visuellen Bedeutungsträgern, die für eine bauliche Internationalisierung stehen. Insbesondere die neuen Bürohochhäuser dienen nicht nur als die zentralen Motive, um grundsätzlich den Strukturwandel der Stadtwirtschaft, die positive Entwicklung Wiens als Wirtschaftsstandort und die Ausrichtung auf zukunftsorientierte, wissensbasierte Sektoren zu veranschaulichen und in Bezug zum Stadtraum zu setzen; durch die Typisierung und Dekontextualisierung der abgebildeten Bauten auf den drei Ebenen des Gebäudeausschnittes, des Objektes und der Skyline wird auch die Internationalisierung der Stadtwirtschaft im Stadtraum verdeutlicht und verräumlicht – paradoxerweise über die scheinbare räumliche Bezugslosigkeit dieser Bauten, indem diese nicht unbedingt so aussehen wie Bauten in anderen Städten, aber indem sie sich genauso in anderen Städten befinden könnten. In diesem Versuch, Prozesse wirtschaftlicher Internationalisierung konkreten Objekten im Stadtraum zuzuweisen, gibt es allerdings zwei Widersprüche. Der erste besteht darin, dass sich die von Wien beanspruchte Drehscheibenfunktion auf unterschiedlichste Sektoren bezieht – neben dem Bereich der Unternehmensdienstleistungen und der ITBranche zum Beispiel auch auf Handelsunternehmen, produzierende Betriebe und den Forschungs- und Technologiesektor –, die sich in diesen Bauten kaum als Mieter finden. Die Niederlassungen produzierender Unternehmen, deren Namen immer wieder im Zusammenhang mit Wien als Headquarter-Zentrum fallen, wie beispielsweise Opel, Bombardier oder Henkel, werden in der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt jedoch höchst selten abgebildet. Auch das als Bürocampus angelegte Euro Plaza, in dem tatsächlich die meisten renommierten internationalen Unternehmen mit Headquarter-Funktion für Mittel- und Osteuropa angesiedelt sind, kommt im Vergleich mit den Bürotürmen kaum ins Bild. Der zweite in der Verräumlichung der wirtschaftlichen Internationalisierungsstrategie durch typisierte und dekontextualisierte Abbildungen 286
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von Bürobauten und Bürohochhäusern angelegte Widerspruch besteht in den parallel dazu etablierten Strategien der visuellen Repräsentation, die auf die Kontextualisierung dieser Bauten abzielen. Die erste Strategie der Typisierung und Dekontextualisierung ist stark durch Routinen der Bildproduktion und -bearbeitung, durch die Logik global agierender kommerzieller Bildagenturen sowie durch Konventionen der Architekturfotografie, die im Kontext der westlichen Massenmedien allgemeine Gültigkeit haben, geprägt. Die zweite Strategie der Kontextualisierung berücksichtigt lokal spezifische Stadterzählungen. Diese bauen auf tradierten Interpretationsmustern auf, mit denen die Besonderheiten des Wiener Stadtraumes im historischen Rückblick erklärt werden. Wenn nicht dezidiert wirtschaftspolitische Themen angesprochen sind, dann dienen Büroprojekte in der Gegenüberstellung mit historischen Monumenten als wichtiges Bildmotiv, um die Gleichzeitigkeit von Tradition und Moderne in Wien herauszustellen; allerdings wird dieses Bildmotiv vor allem nach innen, in Imagekampagnen und Medien der Stadt, die sich an die Bevölkerung richten, eingesetzt. Wenn es um die eindeutige Identifikation der Stadt in der Außenwerbung geht, dann kommen hingegen als Wahrzeichen etablierte Bauwerke ins Bild, z.B. der Stephansdom oder die UNO-City. Die Gegenüberstellung der neuen Bürokomplexe mit städtischen Grün- und Landschaftsräumen – als zweite Methode der Kontextualisierung – gehorcht ebenfalls ganz bestimmten Regeln. Sie erfolgt entweder durch die Zusammenschau von Grün- und Landschaftsräumen, v.a. an Hängen des Wienerwaldes, im Vordergrund und neuen Büroprojekten im Hintergrund, durch die räumlich weit auseinander liegende Orte – Parallelwelten ohne Bezug – plötzlich aufeinander bezogen werden. Oder es werden Bürotürme mit Wasserflächen und augenscheinlichen Naherholungsgebieten in Verbindung gebracht, indem die Bauten mit Blick vom Wasser (Donau, alte Donau oder Donaukanal) aus erfasst werden. Niedrige Blickpunkte sorgen dafür, dass Wasser und Architektur hier optisch zusammenrücken, ohne dass der tatsächliche räumliche Zusammenhang in der Uferzone erfasst werden könnte. Die dritte Möglichkeit, die angewandt wird, um die neuen Büroarchitekturen zu kontextualisieren und in das städtische Umfeld einzubetten, ist ihre Kombination mit Szenen aus Alltag und Freizeit. Indem gezeigt wird, welche Aktivitäten sich um die Architektur herum entwickeln, soll deren Beitrag zur Qualität des Stadtraumes herausgestellt werden. Dieser Beitrag wird allerdings allein auf der ästhetischen Ebene verortet, die Büroarchitekturen dienen rein als Kulisse vor der das Stadtleben inszeniert wird. Die Frage des darüber hinausgehenden Beitrags der Büroprojekte zum sozialen Gefüge, zur lokalen Infrastruktur oder zur Vielfalt an Nutzungen im öffentlichen Raum bleibt ausgespart. 287
6 . Z U S AM M E N F AS S U N G
UND
DISKUSSION
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Architektur als ein Medium zur Vermittlung eines neuen Verständnisses städtischen Wirtschaftens im Zusammenhang mit der verschärften Städtekonkurrenz und neuen stärker wettbewerbs- und außenorientierten Strategien der Stadtentwicklung zu untersuchen. Während Architektur im Kontext des Städtewettbewerbes oft allein unter dem vordergründigen Aspekt der Inszenierung und des architektonischen Spektakels betrachtet wird, war mein Fokus ein anderer: Für meine Betrachtung stand das architektonische Objekt als kulturelles und soziales Produkt im Vordergrund, das auf bestimmte gesellschaftliche und städtische Funktionen sowie arbeits- und lebensweltliche Konzepte verweist. Untersucht wurde, wie Architektur zur sozialen Konstruktion von Wirklichkeit beiträgt, indem sie „Sinn“ stiftet und dem städtischen Raum Funktionen zuweist. Das Fallbeispiel Wien ist gerade aufgrund seiner Widersprüchlichkeit interessant. Es gab in Wien keinen offensichtlichen und radikalen Bruch der wirtschaftspolitischen Strategien und der politischen Machtverhältnisse wie in anderen Städten. Die sozialdemokratische Tradition der Stadt, die einflussreiche Rolle der Stadtverwaltung sowie die hohe Bedeutung des baulichen Erbes für das Selbstverständnis der Stadt und die Tourismuswirtschaft machten eine eindeutige und durchgehende Hinwendung zu wirtschaftsliberalen Strategien bislang unmöglich. Trotzdem wurde in Wien seit Mitte der 1990er-Jahre im Kern ein neues Verständnis städtischen Wirtschaftens etabliert. Dies zeigt sich am deutlichsten im Umbau der Verwaltung und der städtischen Unternehmen, in der Budgetpolitik, der Wirtschaftsförderung und der Stadtplanung. Ziel dieser Arbeit war es, die neuen Bürogroßprojekte als Ergebnisse und sichtbarste Zeichen dieses Paradigmenwechsels zu untersuchen. 289
DIE VORGESTELLTE STADT
Den konzeptionellen Rahmen für diese Arbeit bildete ein weites, nichtfunktionalistisches Verständnis des Regulationsansatzes, in dem lokale Regulationsprozesse als tendenziell und nie abgeschlossen und eigenständig zu begreifen sind. Grundlegendes Argument dabei war, dass territorial begründete ökonomische Einheiten als sozial konstruiert zu begreifen sind. Die Verortung wirtschaftlicher und politischer Strategien auf bestimmten maßstäblichen Ebenen und mit Bezug zu bestimmten räumlichen Konfigurationen ist immer das Ergebnis von Aushandlungsprozessen und basiert auf der selektiven Aufarbeitung von Wissensbeständen. Die Bürobauten und Bürotürme Wiens tragen zu einer derartigen Konstruktion der Stadtwirtschaft Wiens als ökonomischer Einheit bei, indem sie dazu genutzt werden, Standortvorteile und Eigenschaften des Wirtschaftsstandortes Wien zu definieren und zu kommunizieren. Sie sollen ökonomische Funktionen im Stadtraum verorten (Headquarter-Funktionen, Steuerungs- und Managementkompetenzen, Aktivitäten von internationaler Reichweite, Forschung und Entwicklung), die als wichtig erachtet werden, aber nicht einfach abbildbar sind – architektonisch und stadträumlich ist in keinster Weise abzulesen, dass Banken mit Hauptsitzen in historischen Palaisbauten in der Wiener Innenstadt im großen Maßstab in Mittel- und Osteuropa investieren. Die Analyse der außen- und der innenorientierten Selbstdarstellung der Stadt als Wirtschaftsstandort brachte eine Präzisierung des argumentativen Zusammenhanges, der in dieser Konstruktion der lokalen imagined economy durch die lokalen Bürogroßprojekte wirksam wird. Demnach werden die neuen Büroprojekte einerseits direkt mit der Drehscheibenfunktion Wiens im mittel- und osteuropäischen Raum und der Realisierung seines Zentrumsanspruches verknüpft. Sie werden dabei sowohl als notwendige Infrastruktur im Sinne der Bereitstellung von Büroflächen für Osteuropazentralen als auch als wirtschaftliche Impulsgeber dargestellt. Andererseits erfolgt die Begründung der Funktion der neuen Bürokomplexe für die Drehscheibenfunktion Wiens zwischen Ost und West indirekt, indem Internationalisierung zum Leitmotiv sowohl der Wirtschafts- als auch der Stadtentwicklung gemacht wird. Entscheidend dabei ist die ursächliche Verknüpfung dieser beiden Formen von Internationalisierung – Bürobauten werden sowohl als Beweis einer erfolgreichen wirtschaftsbezogenen Internationalisierungsstrategie als auch als Voraussetzung für die zukünftige Internationalisierung der lokalen Wirtschaft definiert. Die zentrale diskursive Funktion der Wiener Bürobauten und Bürohochhäuser in der lokalen Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten sehe ich daher darin, über die Verkörperung internationaler baulicher Typologien und Standards auch die
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ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
Existenz ökonomischer Aktivitäten von internationaler Reichweite zu suggerieren. Jessop (1998: 90f.) argumentiert, dass in der diskursiven Konstruktion einer imagined economy nicht nur ökonomische und nichtökonomische Charakteristika, sondern auch die spezifischen Grenzen einer lokalen Ökonomie festgelegt werden. Folgt man diesem Gedanken, dann bedeutet dies, dass die neuen Bürobauten und Bürohochhäuser in Wien des Weiteren dazu dienen, Wien als Wirtschaftsstandort gegenüber dem städtischen Umland abzugrenzen. Tatsächlich impliziert der Anspruch, ein überregionales Zentrum zu sein, die Notwendigkeit der Differenzierung: Es muss begründet werden, warum das Zentrum sich vom Umland bzw. von der Region unterscheidet. Trotz aller Bemühungen Wiens die Vernetzung und die Zusammenarbeit in der Region (zum Beispiel durch das Projekt CENTROPE) hervorzuheben, bleibt der Anspruch der Stadt bestehen, eindeutig das Zentrum dieser Region zu bilden, sich also von der Region auch eindeutig zu unterscheiden. Architektur ist seit jeher ein Mittel, um den Zentrumsanspruch von Städten zu markieren, um Macht und Einfluss ebenso wie ökonomische Potenz zu repräsentieren. Sichtbarkeit ist dabei ein zentrales Kriterium. Hochhausbauten in Form der Downtown – „the central image and image of centrality of the modern city“ (Zukin 1991: 180) – sind prädestiniert dafür, Zentralität als ökonomische und soziale Kategorie sichtbar zu machen. Sie sind selbst weithin sichtbar und markieren die Differenz zwischen Stadt und Umland (zwischen dem Territorium, das über Hochhäuser verfügt, und jenem, das keine vorzuweisen hat) indem sie sich eindeutig und unmissverständlich gegenüber dem Umfeld abheben. „Viewed from ‚uptown‘ downtown is market commerce and market culture, high-rise buildings, the daytime regime of ‚white man’s‘ work. Viewed as a skyline, however – as we commonly enter a city, these days, from the airport or expressway – downtown is synonymous with the city itself. Whether it is a material landscape or a symbolic representation, downtown legitimizes the assertion of power at the center“ (ebd.).
Im Falle Wiens stellen die Hochhausbauten nicht das gesellschaftliche Zentrum der Stadt dar; sie sind räumlich auch nicht in Form einer Downtown konzentriert. Trotzdem gibt es Blicke auf die Stadt, in denen sich eine sichtbare Konzentration von Baumassen in Form von Türmen ergibt, die als geeignet erachtet werden, die angestrebte Zentralität zu repräsentieren und als Synonym für die Stadt zu fungieren, wie Sharon Zukin dies oben beschreibt. Im Kern ist also für beide mit den Bürobauten und Bürotürmen verknüpften Ziele, sowohl ökonomische Funktio291
DIE VORGESTELLTE STADT
nen von internationaler Reichweite zu suggerieren als auch Wien als Zentrum zu markieren, die stadträumliche Sichtbarkeit dieser Bauten die grundlegende Voraussetzung. Weil sie diese Bedingung der Sichtbarkeit im Kontext des gründerzeitlichen Wien mit seiner homogenen Blockrandbebauung in einer Weise wie kein anderes Element des Stadtbildes erfüllen, eignen sich die neuen Büroprojekte in hohem Maß dazu, politische Strategien und Inhalte auch visuell zu kommunizieren. Die Visualisierung politischer Botschaften ist für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Wien und der SPÖ Wien von entscheidender Bedeutung; komplexe Sachverhalte nur auf argumentativer Ebene zu kommunizieren, ist ungleich schwieriger. Die Betrachtung von Materialien der Öffentlichkeitsarbeit der Stadt und der SPÖ Wien und der dabei eingesetzten fotografischen Bilder bestätigte die Büroarchitekturen als herausragende und bei weitem wichtigste architektonische bzw. stadträumliche Bildmotive in der Visualisierung wirtschaftspolitischer Themen. Als die zentralen Bildmotive in der Visualisierung wirtschaftspolitischer Zusammenhänge kommen Bürobauten und vor allem Bürohochhäuser in der Form des Gebäudeausschnittes, als frei stehende Objekte und in der Form der Skyline zum Einsatz. Dabei ist es – wie die bildzentrierte Analyse zeigen sollte – nicht allein der Bildinhalt, sondern erst die visuelle Typisierung durch die dekontextualisierte Abbildung und durch den Bildaufbau, Lichteffekte, die Perspektive und andere Gestaltungstechniken, welche diese Bauten zu visuellen Bedeutungsträgern macht. Bauliche Internationalisierung wird in den drei Formaten der Darstellung auf unterschiedliche Weise vermittelt. Auf der Ebene des Gebäudeausschnittes ist es die Materialität der Architektur, d.h. konkret die Glasfassade (deren Wirkung durch Spiegelungen und Lichtreflexe noch zusätzlich betont wird), welche aufgrund des Fehlens anderer, individueller Elemente symbolische Aufladung erfährt und als Antithese zur lokalen, historischen Bausubstanz eine „internationale“ Typologie nahe legen soll. Auf der Ebene des Objektes ist es die gängige Konnotation des Bürohochhauses mit internationalem Unternehmertum, wie sie sich aus der Geschichte und Rezeption des Gebäudetypus ergibt, welche auf internationale Unternehmensnetze sowie die Präsenz von global players verweisen soll. Auf der Ebene der Skyline ist es schließlich die etablierte Verknüpfung dieser städtebaulichen Figur mit führenden Weltstädten und Global Cities – allen voran New York –, welche die Integration der ganzen Stadtwirtschaft in internationale wirtschaftliche Netzwerke nahe legen (und Wien gleichzeitig als Zentrum markieren) soll. Der entscheidende Punkt ist, dass internationalen Wirtschaftsaktivitäten durch diese typisierten Darstellungen der Bürobauten nicht nur ein 292
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
„Bild“ gegeben wird, sie sollen auch eine physische Präsenz erhalten und im Stadtraum verankert werden. Welchem Zweck dient das? Die Verortung von ökonomischen Funktionen in der Stadt schafft Plausibilität: Mit der physischen Präsenz von Wirtschaftsaktivitäten mit internationaler Reichweite im Stadtraum soll ein faktischer Beweis für ihre Existenz geliefert werden. Es ist ein Kennzeichen von Architektur und Objekten der gebauten Umwelt, dass sie soziale Verhältnisse naturalisieren. Die sozial produzierte gebaute Umwelt wird im Alltag als gegeben angenommen, sie erscheint in ihrer Gestalt und Funktionsweise als Tatsache; aufgrund ihrer Materialität und physischen Präsenz wird sie als unhintergehbarer Rahmen alltäglichen Handelns wahrgenommen und bleibt in ihrer Wirkungs- und Entstehungsgeschichte zumeist unhinterfragt. Für das Jessopsche Konzept der ökonomischen Vorstellungswelten (economic imaginaries) bedeutet dies zunächst, dass die diskursive und symbolische Verknüpfung einer ökonomischen Vorstellungswelt mit konkreten räumlichen Artefakten ihre gesellschaftliche Wirksamkeit erhöht. Im Sinne des Hegemoniebegriffes bei Gramsci argumentiert Jessop (2003: 97), dass die Herausbildung eines neuen Akkumulationsregimes mit einer gesellschaftlichen Neuordnung im Sinne von gesellschaftlichen Werten, Zielen und Normen einhergeht, zu der ökonomische Vorstellungswelten entscheidend beitragen. Er führt die Etablierung einer neuen ökonomischen Vorstellungswelt auf gesellschaftliche Kämpfe um Definitionsmacht und Deutungshoheit zurück, bei denen Ökonomien als Subjekte, als Orte und als Objekte der Regulation neu definiert werden. Es ist nahe liegend, dass in diesen Auseinandersetzungen die Plausibilität und die Anschaulichkeit der Deutungen eine wichtige Rolle spielen; vor allem dann, wenn es um die öffentliche Debatte und nicht um Fachdiskurse geht. Die beispielhafte (sprachliche wie bildhafte) Verknüpfung ökonomischer Prozesse und Strukturen mit Objekten der gebauten Umwelt kann diese Plausibilität und Anschaulichkeit deutlich erhöhen. Ich meine aber, man kann noch weiter gehen und argumentieren, dass ökonomische Vorstellungswelten ohne die Verknüpfung mit Erscheinungsformen der gebauten Umwelt überhaupt nicht gedacht werden können. Sie können wohl auf diskursiver Ebene im Hinblick auf Deutungsmuster, Topoi, narrative Strukturen u.ä. analysiert werden, gesellschaftlich wirksam werden sie jedoch nur über die Verknüpfung mit dem gebauten Raum und über den daraus abgeleiteten Bezug zu im Raum verankerten lebens- und arbeitsweltlichen Praktiken. Räumliche Strukturen sind, wie Martina Löw (2001: 166f.) argumentiert, gesellschaftlichen Strukturen nicht gegenüberzustellen. Das Räumliche ist vielmehr „eine spezifische Form des Gesellschaftlichen“ 293
DIE VORGESTELLTE STADT
(ebd.). Umgekehrt ist Raum strukturierend in Bezug auf soziale Verhältnisse; raumkonstituierendes Handeln reproduziert gesellschaftliche Strukturen (Löw 2001: 170). Für meine Argumentation ist entscheidend, dass Gesellschaft über räumliche Formen nicht nur strukturiert und reproduziert, sondern auch gedacht, erinnert und vorgestellt wird. Kollektive gesellschaftliche Erinnerungsprozesse sind raumbezogen (Assmann 1999; Nora 2005) und vielfach an konkrete Objekte der gebauten Umwelt gebunden. Das Funktionieren vergangener wie gegenwärtiger Gesellschaften wird aus der Analyse ihrer Städte, ihrer Monumente und ihrer baulichen Formen abgeleitet. Wir lesen und verstehen die Gesellschaft über ihre Institutionen; deren Macht, Stellenwert und Bezug zueinander entnehmen wir deren Position und Präsenz im erlebten Stadtraum und seinen Repräsentationen. Die Gesellschaft derart über räumliche Artefakte und Gebäudetypen zu verstehen und zu denken unterliegt allerdings Beschränkungen: Es gibt Objekte und Räume, die der Anschauung nicht zugänglich sind, die abgeschirmt und geheim sind. Es gibt räumliche Erscheinungsformen mit temporärem Charakter, ephemere Architekturen ohne dauerhaften Bestand und es gibt Institutionen, Praktiken und soziale Phänomene, die sich nicht auf konkrete bauliche Strukturen festlegen lassen und die weitgehend unabhängig von materiellen Rahmenbedingungen bleiben. Wenn ich argumentiere, dass ökonomische Vorstellungswelten nur über die Verknüpfung mit dem gebauten Raum gesellschaftlich wirksam werden – indem ökonomische Deutungszusammenhänge auf den bekannten und erlebbaren (städtischen) Raum umgelegt werden, um in der Öffentlichkeit verstanden und damit mehrheitsfähig zu werden – dann unterliegt diese Verknüpfung ebenso dieser Beschränkung. Es gibt ökonomische Prozesse, die keinen baulichen Formen zugeordnet werden können und die stadträumlich nicht lokalisierbar sind. Gegenwärtig hat sich nach Jessop die „wissensbasierte Ökonomie“ (knowledge-based economy) (2003: 100f.) als übergeordnete hegemoniale ökonomische Vorstellungswelt etabliert. Diese manifestiert sich in unterschiedlichen gesellschaftlichen Teilbereichen und äußert sich in der Prominenz von Begriffen wie beispielsweise Wissenskapital, immaterielle Arbeit, lernende Gesellschaft, Creative Industries, intelligente Stadt, innovatives Milieu oder Wissensgesellschaft (Jessop 2003: 99). Aktuelle Stadtentwicklungsstrategien in Europa und Nordamerika ordnen sich diesem Paradigma der wissensbasierten Ökonomie weitgehend unter. Die Förderprogramme konzentrieren sich allerorts auf technologie- und wissensintensive Branchen, auf Kompetenzcluster, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, hochqualifizierte Management- und Steuerungsfunktionen und Kreativpotenziale. Die Konstruktion der lokalen 294
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
imagined economy in Wien reflektiert dieses Paradigma. Neben der beschriebenen Herausstellung der Drehscheibenfunktion Wiens als „unique selling proposition“ quer über alle Sektoren konzentrieren sich die Spartenförderung und die Clusterinitiativen vor allem auf Informationsund Telekommunikationstechnologien, die Biotechnologie und die Kreativwirtschaft. Wie ich gezeigt habe, werden diese technologie- und wissensintensiven Branchen in der Öffentlichkeitsarbeit nicht mit den konkreten Gebäuden, in denen die Unternehmen angesiedelt sind, oder mit prägnanten stadträumlichen Bildmotiven verknüpft. Wenn überhaupt, dann sind es die neuen Bürotürme und die Skyline der Donau City, die dazu genutzt werden, die „Zukunft der Arbeit“ (vgl. Abb. 45, Seite 248) zu veranschaulichen, für Wien als „High-Tech-Standort“1 und „Stadt der Forschung“2 zu stehen oder den in Wien vorhandenen „Raum für Ideen“ (Abb. 73) zu repräsentieren. Abb. 73: Enjoy Vienna 2006, Nr. 8, Cover
Daran zeigt sich zweierlei: sowohl, dass die Notwendigkeit besteht, ökonomische Vorstellungswelten anschaulich zu machen und im städtischen Raum zu verorten, als auch der Umstand, dass dies im Fall der wissensbasierten Ökonomie in Wien aufgrund des Mangels an markanten Objekten schwierig scheint – es fehlen die neuen Architekturen der Wissensgesellschaft, die medienwirksame Bilder liefern könnten. Einzig das Tech Gate, das Technologiezentrum am Standort Donau City scheint sich bislang als prägnantes Bildmotiv zu eignen (Abb. 74). Die Gründer1 2
Unser Wien 1999/10: 7 und Unser Wien 1999/5: 5 wien.at 2006/3, Beilage: 3 295
DIE VORGESTELLTE STADT
zentren und Technologieimmobilien, die bisher durch den WWFF in Form von Private-Public-Partnership-Projekten entwickelt wurden, sind nicht geeignet, diesen Bedarf zu erfüllen: Die konventionellen, stadträumlich wenig markanten Geschossbauten des Campus Vienna Biocenters oder des Media Quarters Marx bieten zwar eine technologisch hochwertige Infrastruktur, als Bildmotive, die Wien als Standort wissensbasierter Ökonomien repräsentieren könnten, eignen sie sich offensichtlich nicht; ebenso wenig wie die historischen Backsteinbauten des ehemaligen Schlachthofes St. Marx, die adaptiert und in die Entwicklung des Media Quarters Marx einbezogen wurden. Bilder dieser Projekte finden in der Selbstdarstellung Wiens als Wirtschaftsstandort nur äußerst begrenzt Anwendung. Mit architektonisch ambitionierteren Neubauprojekten wie dem im Bau befindlichen Campus der Wirtschaftsuniversität Wien, der nach Entwürfen österreichischer und internationaler Architekturbüros (darunter Zaha Hadid, Peter Cook und Carme Pinós) gegenwärtig errichtet wird, könnte sich die Bildpolitik in dieser Hinsicht in Zukunft ändern. Abb. 74: wien.at 2007, Nr. 5, Seite 3 (Ausschnitt)
Worin besteht nun im Kern die Neuordnung der Wirtschaft, welche über die neuen Büroarchitekturen vermittelt werden soll? Welches neue Verständnis städtischen Wirtschaftens soll etabliert werden? Ich habe festgestellt, dass es zwei Ziele sind, die mit den neuen Bürobauten und Bürotürmen verknüpft werden: zum einen die erfolgreiche Internationalisierung der lokalen Wirtschaft zu suggerieren und zum anderen Wien sichtbar als Zentrum zu markieren. Mehrere Neuerungen, die den wirtschaftspolitischen Wandel in Wien wie auch in anderen europäischen
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ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
Großstädten seit den 1990er-Jahren prägen, sollen hierdurch etabliert werden. Erstens wird der Erfolg einer Stadtwirtschaft nunmehr in hohem Maß an ihren Internationalisierungsgrad geknüpft; internationale wirtschaftliche Vernetzung ist heute prioritär und selbstverständlich positiv besetzt. Die Präsenz von internationalen Investoren und Unternehmen zu erhöhen, ist explizites Ziel der Wiener Stadtpolitik; ebenso soll die Außenorientierung der lokalen Unternehmen gefördert werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen definiert sich über die internationale Vernetzung und den Anteil der Produkte und Dienstleistungen, die ins Ausland verkauft werden. Dies scheinen angesichts des hohen Integrationsgrades der Weltwirtschaft und des Fortschreitens ökonomischer Globalisierungsprozesse heute Selbstverständlichkeiten zu sein. Dass diese Internationalisierungsbestrebungen auf der Ebene städtischer Wirtschaftspolitik einen derartigen Stellenwert erlangen, ist jedoch neu – in Wien war dies bis in die 1990er-Jahre nur begrenzt der Fall. Es gab zwar in den 1960er- und 1970er-Jahren Ansiedelungen internationaler Konzerne, diese errichteten in Wien allerdings vor allem Produktionsstandorte, die gezielt den österreichischen Markt bedienten. Der zweite Aspekt der neuen wirtschaftspolitischen Strategien, welcher über die neuen Büroprojekte vermittelt wird, ist die mit den Internationalisierungsbestrebungen einhergehende Präparierung des Stadtraumes als eine politische Notwendigkeit. Der physische Umbau der Stadt wird zum Erfordernis, um die Anforderungen einer internationalisierten Stadtökonomie erfüllen zu können. Städte wurden und werden mit der Einführung neuer Produktionsweisen und neuer Technologien immer auch baulich verändert, überkommene bauliche Strukturen werden beseitigt, um Platz für neue zu schaffen. Neu ist, dass die Stadtregierung selbst dies in diesem Ausmaß zu einem strategischen Erfordernis macht und die Anforderungen für die baulichen Maßnahmen eindeutig nicht aus einem lokalen Bedarf abgeleitet werden. Es sind „internationale Nachfragestrukturen“, „globale, strategische Portfolios“3 und die „globale Netzwerkökonomie“4, welche die Vorgaben für den Stadtumbau liefern. Der dritte Aspekt, der das neu etablierte Verständnis städtischen Wirtschaftens kennzeichnet, ist die Zentriertheit der Stadtentwicklung auf private Akteure. Es wird zur Selbstverständlichkeit, dass private Initiative auf der Ebene der räumlichen Stadtentwicklung ökonomisch notwendig und erwünscht ist und dass sich diese im Stadtbild manifestiert. 3 4
Stadtentwicklung Wien 2005: 60 Stadtentwicklung Wien 2005: 139 297
DIE VORGESTELLTE STADT
Die Stadt hat sich als Bauherrin aus der Stadtentwicklung zurückgezogen, die Realisierung von städtischen Großprojekten ist von Aushandlungsprozessen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren abhängig. Es gibt kaum öffentliche Bauprojekte großen Maßstabs, die neben öffentlichen Nutzungen nicht auch kommerziell verwertbare Flächen enthalten. Eine Bauaufgabe wie die gegenwärtige Neuerrichtung des Wiener Zentralbahnhofes an der Stelle des alten Südbahnhofes im 10. Wiener Gemeindebezirk wird selbstverständlich im Ausmaß eines ganzen Stadtviertels geplant, welches auch über kommerziell verwertbare Büroflächen von 550.000 m² verfügen soll. Dies heißt nicht, dass im Rahmen solcher Kooperationen nicht auch anspruchsvolle Architektur und hochwertiger Städtebau entstehen könnte oder dass derartige Projekte städtebaulich per se falsch sein müssen; es bedeutet nur, dass mit der zentralen Rolle der neuen Bürokomplexe für die Strategien der Stadtentwicklung ein Verständnis von Stadtentwicklung etabliert wird, in dem die großmaßstäbliche, kommerzielle Verwertung des städtischen Raumes Selbstverständlichkeit ist. Die Konstruktion und angestrebte Verräumlichung wirtschaftspolitischer Deutungszusammenhänge durch die neuen Büroarchitekturen, wie ich sie hier beschrieben habe, ist jedoch nicht frei von Widersprüchen. Dies wurde in der bild- und textzentrierten Analyse gezeigt. Tatsächlich müssen diese Widersprüche der Wirksamkeit der vermittelten ökonomischen Vorstellungswelten aber nicht entgegenstehen; sie lassen sich besser als Inkohärenzen oder Fehlrepräsentationen begreifen, die notwendige Bestandteile der lokalen imagined economy sind. Ich möchte diese Inkohärenzen im Folgenden in drei Punkten zusammenfassen und anschließend daran begründen, warum sie als konstitutiv für die diskursive Konstruktion des Wirtschaftsstandortes Wien angesehen werden können. Erstens muss die eindeutige und ursächliche Verknüpfung der Position Wiens als Ost-West-Drehscheibe mit der Entwicklung der neuen Bürohochhäuser und Bürobauten bezweifelt werden. Wie die Diskussion in Kapitel 3.3 gezeigt hat, ist zum einen allein schon die realwirtschaftliche Dimension der Drehscheibenfunktion Wiens zwischen Ost und West und seine Stellung als regionales Headquarter-Zentrum weit weniger herausragend, als es der Prominenz dieses Leitmotivs in der Außendarstellung der Stadt entsprechen würde. Für die Bereiche, in denen in Wien ansässige Unternehmen tatsächlich Kompetenzen sowie Handelsund Investitionsvorteile in Mittel- und Osteuropa vorweisen können, haben die neuen Wiener Bürobauten und Bürotürme jedoch keine entscheidende Bedeutung. Wie ich in Kapitel 4.2.3 diskutiert habe, waren bzw. sind sie weder ein entscheidendes Kriterium für Unternehmensan298
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
siedelungen noch sind in ihnen internationale bzw. für Mittel- und Osteuropa zuständige Headquarter in relevantem Maß vertreten. Auf Basis meiner Analyse kann festgehalten werden, dass die neuen Bürotürme sicher nicht die Objekte sind, in denen Unternehmen mit Ost-WestKompetenzen vorrangig konzentriert sind. Umgekehrt war aber auch das Development der Büroprojekte nicht speziell mit dem Argument der Ost-West-Drehscheibe verknüpft. Die beteiligten lokalen Developer, Banken und politischen Entscheidungsträger verfolgten hier vorrangig das Ziel, optimal verwertbare Objekte zu entwickeln und rentabel zu verwerten. Die zweite Inkohärenz in der öffentlichkeitswirksamen Darstellung der Bürotürme liegt in der schon angesprochenen Widersprüchlichkeit der zugeschriebenen Bedeutungen. Die neuen Bauten sollen internationale wirtschaftliche Vernetzung und die Ansiedelung multinationaler Unternehmen nahe legen. Darüber hinaus werden sie aber auch eingesetzt, um die „Zukunft der Arbeit“ in einer wissensbasierten Gesellschaft, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie Hochtechnologie-Kompetenzen zu visualisieren. Ebenso wie die ersteren Zuschreibungen treffen auch die letzteren nur begrenzt zu. Breite Teile der neu entstandenen wissensbasierten Stadtökonomie finden sich nicht in den kommerziellen Büroprojekten, sondern in Forschungseinrichtungen, wissenschaftlichen Institutionen und umgenutzten Bestandsobjekten oder sie lassen sich durch ihre temporäre Art der Raumnutzung nicht auf bestimmte Objekte festlegen. Die Etablierung einer postfordistischen Produktionsweise und die strategische Neuausrichtung der Wirtschaft gehen also nicht mit einer eindeutig ablesbaren Neuordnung des Stadtraumes einher. Die angestrebte Verräumlichung der neuen städtischen Wirtschaftsordnung durch die bevorzugte Verwendung von Abbildungen der neuen Büroprojekte ist damit höchst selektiv. Objekte und Orte, welche die angestrebte Internationalisierung der Stadtwirtschaft oder die neue Wissensökonomie stimmiger ausdrücken könnten, werden weit weniger ins Bild gesetzt. Der Zweck ist, die Komplexität des wirtschaftlichen Wandels zu reduzieren, indem die Vielschichtigkeit möglicher zukunftsfähiger Modelle der städtischen Arbeitsgesellschaft mit höchst plakativen und nur auf den ersten Blick treffenden Bildern belegt wird. Drittens lässt sich ein grundsätzlicher Widerspruch zwischen den Prozessen der Errichtung der neuen Bürobauten und der nachfolgenden Repräsentation feststellen. Grundsätzlich zeichnen sich die Wiener Bürogroßprojekte der letzten Jahre durch kein hohes gestalterisches Niveau aus. Wie im Kapitel 4 dargestellt, liegt dies sowohl an den risikominimierenden Strategien und der zunehmenden Profitorientierung des Immobiliendevelopments als auch an der Geschlossenheit des lokalen 299
DIE VORGESTELLTE STADT
Developmentmarktes und der hohen Bedeutung informeller Netzwerke. Trotzdem sprechen manche Developer und Investoren der architektonischen Gestaltung als einem Alleinstellungsmerkmal in der Immobilienentwicklung wachsende Bedeutung zu. Der widersprüchlichen Einschätzung des Stellenwertes architektonischer Gestaltung in der Projektentwicklung steht die ebenfalls widersprüchliche öffentliche Repräsentation der Bauten und ihrer Architektur durch die Stadt gegenüber. Hier werden einerseits sehr wohl die Neuheit, Konkurrenzfähigkeit und auch Besonderheit der Großprojekte betont; andererseits soll gerade auch auf der visuellen Ebene vermittelt werden, dass die neuen Bauten Wien mit anderen Weltstädten gleichwertig machen, indem sie vergleichbare Stadträume schaffen. Die Inkohärenz dieser parallelen Zuschreibungen wird dann deutlich, wenn Wien – vor allem in der Außendarstellung – eindeutig identifiziert werden soll: Dafür eignen sich die neuen Büroprojekte nicht. Es wird Zuflucht zu traditionellen Motiven historischer Monumente oder dem etablierten (und leicht verfügbaren) Bildmotiv der UNO-City gesucht (Abb. 75). Abb. 75: Enjoy Vienna 2006, Nr. 3, Seite 7 (Ausschnitt)
Darüber hinaus werden im Versuch, die neuen Bauten durch ihre Einbettung in städtische Alltagswelten und gewachsenen Stadt- bzw. Grünraum zu kontextualisieren, Konflikte, wie es sie zwischen privaten Akteuren und der Stadt im Zuge der Planungsprozesse gab, im Nachhinein negiert. Die Stadtregierung macht sich die Bürotürme zu Eigen, um eigene Botschaften in Umlauf zu bringen, und stellt diese letztlich als Produkt der eigenen erfolgreichen Wirtschaftspolitik dar. Die imagined economy, wie sie die neuen Bürobauten und -türme in Wien konstruieren, integriert diese Inkohärenzen. Sie lebt davon, dass Zuschreibungen und visuelle Formatierungen, die im Kontext des Global-City-Paradigmas und unter dem Leitmotiv der wissensbasierten 300
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
Ökonomie global Verwendung finden, unverändert übernommen werden. Parallel dazu werden aber vermittelnde Strategien der Kontextualisierung eingesetzt, um die übernommenen Zuschreibungen und Images durch lokal spezifische Narrative und Bildschemata zu ergänzen, um zwischen Alt und Neu, Stadtumbau und Naturlandschaft sowie Geschäftswelt und Alltagswelt zu vermitteln. Die Anschlussfähigkeit der ökonomischen Vorstellungswelten an die in anderen Politikfeldern propagierten Bilder und Identitäten, aber auch das tradierte, gewachsene Selbstverständnis der Stadt soll gewahrt werden. Musner sieht die Vielfältigkeit und Uneinheitlichkeit der verschiedenen Stadterzählungen, Stadtimages und Stereotypen, mit denen Wien in Verbindung gebracht wird, als ein Charakteristikum der Stadt an. Er argumentiert, dass Wien über ein „urbanes Imaginaire“ (Musner 2009: 263) verfügt, das scheinbar Gegensätzliches und Heterogenes kombiniert und „ein scheinbar bruchloses Amalgam aus Tradition und Zeitgeist“ (ebd.) formt. Um zu erklären, wie sich Texte, Bilder und Chiffren auf der symbolischen Ebene trotzdem zu einer typischen Stadtgestalt zusammenfügen, verweist Musner unter Bezugnahme auf das Konzept der mnemonic relatedness (Suttles 1984) auf das „Stadtgedächtnis“ konstituierende, assoziative Verknüpfungen von Ritualen, Legenden, Erzählungen, Praktiken etc., die anlassbezogen und selektiv memoriert und thematisiert werden (Musner 2009: 263). Ähnlich kann man für die Konstruktion der imagined economy argumentieren, dass die Einheitlichkeit der zusammengeführten Argumente und Zuschreibungen kein notwendiges Kriterium für die Wirkungsmächtigkeit der Deutungen ist. Die beschriebenen Inkohärenzen sind – im Gegenteil – für die gesellschaftliche Wirksamkeit der ökonomischen Vorstellungswelten funktional, indem sie Akzeptanz für den vollzogenen wirtschaftspolitischen Wandel schaffen und Überzeugungsarbeit leisten. Es wird das Bild einer erfolgreichen Zukunft Wiens als internationaler Wirtschaftsstandort, Headquarter-Sitz und Ost-West-Drehscheibe beschworen. Gleichzeitig werden das Ausmaß und die Tragweite dieser Internationalisierungsstrategie und des damit verbundenen Stadtumbaus abgeschwächt. Die unmittelbaren Auswirkungen der neuen Bürotürme auf die angrenzenden Stadträume werden nicht gezeigt. Bauliche Veränderungen werden relativiert, historische und gewachsene Stadträume, das Image Wiens als Tourismushochburg und als Stadt mit höchster Lebensqualität sollen ungefährdet bleiben. Der Titel einer Reportage über die neuen Bürobauten, welche Ende der 1990er-Jahre zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Andromeda Towers erschien, bringt
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diese ambivalente Haltung gegenüber Neuerungen auf den Punkt: „Wien wird ein bisschen anders“.5 Es stellt sich die Frage, inwieweit die Heterogenität der parallel artikulierten und im Umlauf befindlichen Stadterzählungen und Stadtbilder spezifisch für Wien ist. Musner vertritt die These, dass sich die Stadt durch das „Moment der Differenz“ (2009: 14) auszeichne, was auch in dem seit den 1980er-Jahren verwendeten Werbeslogan „Wien ist anders“ zum Ausdruck komme. Wien werde in der internationalen Rezeption nie als Modell für Stadttypen oder als Chiffre für andere Städte, sondern immer als solitär und unverwechselbar wahrgenommen (Musner 2009: 19). Ob Wien hier tatsächlich eine singuläre Position einnimmt, müsste im Städtevergleich untersucht werden. Dass es eine Vielfalt an Stadterzählungen, städtischen Identitätskonstruktionen und Lesarten des Besonderen jeder Stadt gibt, ist unbestritten. Dass sich diese auch auf der Ebene der Repräsentation der Stadt artikulieren, liegt an der grundsätzlichen Vielfalt an Akteuren, die für „die Stadt“ sprechen, und den multiplen Autorenschaften in diesem Zusammenhang; diesbezüglich stellt Wien keine Besonderheit dar. Den Anspruch, mit ihrer spezifischen Mischung aus Tradition und Kultur, Lebensqualität und ökonomischen Standortvorteilen etwas Besonderes zu bieten und dabei unverwechselbar zu sein, haben ebenfalls viele Städte. Keine Stadt will nur als x-beliebiger Wirtschaftsstandort gelten – eine „unique selling proposition“ zu identifizieren, ist Bestandteil jedes Marketingkonzeptes. Spezifisch für Wien ist zweifelsohne der hohe Stellenwert des baulichen und kulturellen Erbes der Stadt und die daraus resultierende große ökonomische Bedeutung der Tourismusindustrie. Die Kultur der Stadt wurde in den letzten Jahrzehnten zum zentralen Thema der Tourismuswerbung aufgebaut, was in den Schlagwörtern „Weltkulturhauptstadt Wien“ oder „Musikstadt Wien“ zum Ausdruck kommt (Horak/Mattl 2001; Musner 2006). Ebenfalls spezifisch für Wien scheint die hohe Bedeutung von tradierten Stadtbildern, Blickbezügen und visuellen Konventionen zu sein, die dann wirksam werden, wenn die Büroarchitekturen nicht in typisierter Form als solitäre Bauten oder Skylines abgebildet werden, sondern in Bezug zum Stadtraum gesetzt werden sollen. Musner folgert, dass die „nostalgische Inszenierung der Stadt die Mehrwertschöpfung in Form von symbolischen Ökonomien [befördert], und der Umbau Wiens zu einem Standort für ‚entstofflichte‘ Wissensindustrien und ‚intelligente‘ Dienstleistungen […] in der Hülle einer dominant auf ‚Kultur‘ abgestellten Stadtrepräsentation
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Unser Wien 1997/16: 29
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reibungsloser zu bewerkstelligen [ist] als im Kleid einer schroffen, fassadenund ornamentlosen Hypermoderne“ (Musner 2009: 259f.).
Diese Feststellung trifft insofern nicht zu, als eine allein auf Kultur abgestellte Stadtrepräsentation offenbar nicht alle strategischen Zwecke erfüllt. Es ist genau diese „Hypermoderne“ aus Glas und Stahl, die herangezogen wird, um Wirtschaftswandel im Sinne des grundsätzlich Neuen und bisher Unbekannten einprägsam zu verkörpern. Das Neue, wie es hier vermittelt werden soll, findet sich nicht in der Hülle der Kultur, es lässt sich nicht im Bestand verorten. Ziel der letzten Jahre war eindeutig eine Imagekorrektur: Wien sollte nicht mehr allein als Kulturhauptstadt sondern auch als internationaler Wirtschaftsstandort wahrgenommen werden. Mit diesem Ziel waren, wie ich gezeigt habe, die Implementierung einer Reihe neuer Instrumente im Bereich der Wirtschaftsförderung und des Standortmarketings, aber auch die Übernahme von sprachlichen Formeln und rhetorischen Wendungen als Folge des globalen PolicyTransfers verbunden. In der paradigmatischen Verkörperung des Wirtschaftsstandortes Wien durch den solitären Büroturm erfährt diese Übernahme globaler wirtschaftspolitischer Deutungsmuster und Lesarten des Städtischen ihre Zuspitzung. Dass in der Praxis als Inbegriff des Wirtschaftsstandortes Wien genau das Bild eines Wiener Büroturms Verwendung findet (Abb. 52), das unzähligen anderen, weltweit zirkulierenden und kaum voneinander unterscheidbaren Bildern anderer Bürotürme ähnelt und das gerade eben nicht die Vielfältigkeit und Besonderheit der lokalen Wirtschaftsstrukturen reflektiert, ist tatsächlich erstaunlich. Warum sollten sich die Vielfalt und die Kreativität der Wiener Unternehmen, der Wiener Kunst- und Kulturszene und der Wiener Forschungslandschaft in diesem Bild wiederfinden? Und warum kommt dabei ein nicht einmal besonders prominenter, sondern ein völlig beliebiger, ökonomisch und architektonisch unbedeutender Büroturm ins Bild? Man kann vermuten, dass die Auswahl dieses Bildes habituell und unhinterfragt erfolgt ist; es ist kein wichtiges Bild, es wird vermutlich auch nur beiläufig wahrgenommen werden. Gerade deshalb zeigt sich die Wirksamkeit von Deutungsmustern aber besonders deutlich: Dem Bild wird von keiner Seite Bedeutung beigemessen, weil seine Platzierung selbstverständlich scheint; es wirkt stimmig, weil die ihm zugrunde liegende Verknüpfung des Büroturms mit der Idee des „internationalen Wirtschaftsstandortes“ weitestgehend etabliert ist. Ich möchte nun noch einmal auf die bereits diskutierte Frage der Inkohärenzen und Fehlrepräsentationen in der Konstruktion der imagined economy zurückkommen. Diese weist auf einen Punkt hin, der in der Diskussion ökonomischer Vorstellungswelten konzeptionell von grund303
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sätzlichem Interesse ist: die Unterscheidung zwischen der diskursiven Konstruktion der Stadtökonomie als Objekt auf der einen und Subjekt auf der anderen Seite. Jessop vollzieht explizit und implizit eine Unterscheidung zwischen der Stadtökonomie als Objekt der Regulation, Steuerung und Governance und als Subjekt im Städtewettbewerb (1998: 90f.). Fraglich ist, ob diese Trennung so eindeutig gezogen werden kann und ob es nicht gerade die innere Widersprüchlichkeit der Stadt als kollektiver Akteur ist, die auch zu den Inkohärenzen beiträgt, die sich an der lokalen Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten festmachen lassen. Die Repräsentation der Stadt im Städtewettbewerb und in der Außendarstellung fällt in unterschiedliche, sich überschneidende Verantwortungsbereiche und wird durch eine Vielzahl verwaltungsinterner und -externer Organisationseinheiten abgewickelt. Trotz aller Bemühungen um einen einheitlichen „Markenauftritt“ (wie ihn die Neuaufstellung der Außenwerbung im Jahr 2007 und die jüngste Neugestaltung des Außenauftrittes des WWFF im Jahr 2010 zum Ziel hatten) bleiben die Prozesse, in denen die Repräsentation der Stadt festgelegt und realisiert wird, von multiplen Autorenschaften gekennzeichnet, von Routinen durchsetzt und von Eigenwilligkeiten und Partikularinteressen geprägt. So sind auch an der diskursiven Prägung der Stadtökonomie als Objekt der strategischen Bearbeitung unterschiedlichste Einheiten und Organisationen innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung beteiligt. Interessant ist, dass die Grenzen zwischen der diskursiven Konstruktion der Stadtökonomie als territorial und strukturell begründetes Objekt und der Konstruktion der Stadt als handlungsmächtiger Akteurin verschwimmen. Es ist nicht die Stadtökonomie, die zum Subjekt wettbewerbsorientierter Strategie gemacht wird, sondern die Stadt in ihrer Gesamtheit. So wird die Leistungsfähigkeit und Attraktivität des „Wirtschaftsstandortes Wien“ mit verschiedenen Faktoren begründet und Wien als „Drehscheibe“ und „Kompetenzzentrum“ für Geschäfte mit Mittel- und Osteuropa präsentiert. Gleichzeitig wird Wien als eigenständiger wirtschaftspolitischer Akteur dargestellt, beispielsweise in der Beschreibung als „starker Partner für grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Mittel- und Osteuropa“ (Wieninternational 2010b) oder indem von Wien strategisches Handeln gefordert wird: „Wien muss daher in einer kontinuierlichen und längerfristig orientierten Strategie Kooperationen mit regionalen AkteurInnen aufbauen, um gemeinsam die Stärken dieses Wirtschafts- und Lebensraumes weiterzuentwickeln“ (Stadt Wien 2004: 23).
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Vollends unklar wird die Unterscheidung zwischen Objekt und Subjekt wettbewerbsorientierter wirtschaftspolitischer Strategie, wenn gefordert wird, dass sich Region und Akteure als Standort profilieren müssen: „Wettbewerb und Konkurrenz entwickeln sich verstärkt zwischen den Regionen als funktionelle und ökonomische Einheiten. Daher müssen sich auch die Region und deren AkteurInnen gemeinsam als internationaler Standort profilieren“ (Stadt Wien 2004: 36).
In der Praxis geht die diskursive Konstruktion der Stadt als Subjekt wirtschaftspolitischen Handelns und der Stadtökonomie als Objekt der Steuerung also Hand in Hand. Die Perspektive wechselt ständig. In den Materialien und Dokumenten, die in diesem Buch betrachtet wurden, gibt es einen fließenden Übergang zwischen der Beschreibung der Strukturen der Wiener Wirtschaft, der Festlegung von spezifischen Eigenschaften des Standortes Wien und der Ableitung wirtschaftspolitischer Aktivitäten, die durch die Stadt gesetzt werden sollen. Diese wechselnde Perspektive ist nicht nur programmatischen Festlegungen geschuldet, sondern entsteht auch durch sprachliche Unschärfen, wie sie z.B. im obigen Zitat deutlich werden. Die Konsequenz dieser doppelten Perspektive, in der mit der Konstruktion einer Stadtökonomie auch die Stadt als einheitlicher, sich durch bestimmte Charakteristika („unique selling propositions“) auszeichnender Akteur geprägt werden soll, ist, dass sich die Konstruktion der lokalen imagined economy nicht allein auf das Feld der Ökonomie und Wirtschaftspolitk beschränkt. Die Identität der Stadt, wie sie von den Entscheidungsträgern interpretiert und in der Repräsentation nach innen und außen ausgedrückt werden, ist mit der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten in ihrer Gesamtheit angesprochen. Die ökonomischen Vorstellungswelten müssen mit einer Vielzahl von parallelen Stadterzählungen in anderen Feldern zur Deckung gebracht werden, sie müssen mit dem „urbanen Imaginaire“, wie Musner es beschreibt, abgestimmt sein, sonst bleiben sie unwirksam und vermögen es nicht, politische Überzeugungsarbeit zu leisten. Dies führt schließlich zu der im Kapitel 2.1 diskutierten Frage der Regulation auf lokaler Ebene. Nicht nur die Stadt als Objekt und Subjekt politischer Steuerung ist in sich widersprüchlich, auch Prozesse kapitalistischer Vergesellschaftung sind es. Regulation ist notwendig, um gesellschaftliche Kohärenz zu wahren, offene Brüche zu verhindern und Widersprüche zu harmonisieren. Ein wesentlicher Antrieb für die Stadtentwicklung in Metropolen weltweit waren in den vergangenen zwei Jahrzehnten kommerzielle Immobilienprojekte, in die Investoren auf der Suche nach profitablen Anlagemöglichkeiten immer größere Summen investiert haben. In gro305
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ßem Maßstab wurden ausrangierte Infrastrukturen, ehemalige Industrieareale und andere innerstädtische Brachen neu bebaut. Auch die Wiener Büroprojekte sind zuallererst Investitionsobjekte, mit deren Bau und Weiterverkauf Renditen erwirtschaftet werden sollten. Die Konsequenzen einer derartigen creative destruction für den Stadtraum und die Stadtbevölkerung müssen durch die politisch Verantwortlichen kommuniziert und legitimiert werden. Es ist im Interesse des lokalen Staates, Geschichten zu erzählen, die diesen Stadtumbau erklären, ihn begründen, ihm Sinn und Zweck geben. Es ist notwendig, den neuen Büroprojekten zentrale Funktionen in der Stadtökonomie zuzuweisen und sie sichtbar zu Trägern der wirtschaftlichen Neuordnung zu machen, um derart politische Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Relevanz des in diesem Buch diskutierten Wiener Beispiels in Bezug auf aktuelle Debatten über städtische Politik und lokale Regulationsprozesse liegt meiner Ansicht nach gerade in der Alltäglichkeit und Selbstverständlichkeit, mit der wirtschaftspolitische Deutungszusammenhänge mit den Bildern der Bürobauten und v.a. Bürotürme verknüpft werden. Gerade die Unscheinbarkeit und beiläufige Verwendung vieler Bilder, die ich in diesem Buch diskutiert habe, machen ihre potenzielle Wirksamkeit aus und lassen eine hohe Akzeptanz vermuten. Ungeachtet der konfliktiven Entstehungsprozesse und gestalterischen Defizite der Wiener Büroarchitekturen werden Deutungsmuster festgeschrieben, die sich erstaunlich unverändert vervielfältigen; manche der Schlagwörter und Slogans, wie das Motiv der Ost-West-Drehscheibe, sind seit Jahrzehnten unverändert. Die strategische Selektivität der mit den Büroarchitekturen verknüpften Erzählungen, allen voran die Gleichsetzung internationaler baulicher Typologien mit Prozessen ökonomischer Internationalisierung, bleibt in der selbstverständlichen Repräsentation der postfordistischen Wissensökonomie durch diese Bauten und ihre Bilder unbemerkt. Die Zuschreibungen, mit denen die Bürotürme belegt werden – Repräsentanz internationaler Unternehmen, internationale Vernetzung, Hightech, Zukunft der Arbeit u.Ä. –, ähneln sicherlich jenen, wie sie in vielen anderen europäischen Städten trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 weiterhin zu finden sind (und sicher gibt es Städte, in denen diese Zuschreibungen mehr Gültigkeit haben als in Wien). Im spezifischen lokalen Kontext Wiens mit seiner historischen Stadtgestalt erfahren diese Zuschreibungen eine besondere Zuspitzung und Prominenz. Gleichzeitig zeigt das Wiener Beispiel deutlich, wie globale Zuschreibungen und Politikvorgaben auf der lokalen Ebene auch kontextualisiert und in Einklang mit etablierten Stadterzählungen und Stadtbildern gebracht werden. Die in diesen Prozessen der Konstruktion ökonomischer Vorstellungswelten wirksamen 306
ZUSAMMENFASSUNG UND DISKUSSION
diskursiven wie visuellen Strategien wurden in diesem Buch analysiert. Sie liefern ein paradigmatisches Beispiel für die politisch motivierte Verortung ökonomischer Restrukturierungsprozesse im Stadtraum und die angestrebte Verräumlichung wirtschaftspolitischer Strategien durch Bürogroßprojekte im Kontext der europäischen Stadt.
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Periodika wien.at, Monatszeitschrift der Stadtverwaltung, hrsg. vom Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien; Verteilung an alle Wiener Haushalte Unser Wien, Monatszeitschrift der Stadtverwaltung, hrsg. vom Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien, seit 2001 unter dem Titel wien.at 333
DIE VORGESTELLTE STADT
Enjoy Vienna, Monatszeitschrift, hrsg. vom Compress Verlag im Auftrag des Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien; Verteilung am Flughafen Wien-Schwechat, in Wiener Hotels und in den Auslandsbüros Capacity, Wiener Magazin für Architektur; Berichterstattung über aktuelle Stadtentwicklungs- und Immobilienprojekte in Wien; erscheint als Beilage ausgewählter österreichischer Tageszeitungen Vienna DC Report, unregelmäßig erscheinende Zeitschrift der WED AG mit Berichterstattung über die Donau City, Verteilung als Tageszeitungsbeilage sowie im Gratis-Abo
Am t l i c h e D o k u m e n t e Der Wirtschaftsstandort Wien in Zahlen, hrsg. vom Magistrat der Stadt Wien MA 5 – Finanzwesen, Ausgaben 2006-2009 Positionspapier „Wien 2016“, Internationale Aktivitäten der Stadt Wien, zugänglich unter http://www.wien.gv.at/politik/international/strategie/pdf/ positionspapier.pdf (30.09.2010). Protokolle der Wiener Gemeinderatssitzungen, zugänglich unter: http://www.wien.gv.at/mdb/gr/ (30.09.2010) Rathauskorrespondenz (kommunale Nachrichtenagentur der Stadt Wien), zugänglich unter http://www.wien.gv.at/rk/ (30.09.2010) Rechnungsabschlüsse der Stadt Wien, 1998-2009, zugänglich unter http://www.wien.gv.at/finanzen/budget/ (30.09.2010) Stadtentwicklungsplan 2005, hrsg. von der Stadtentwicklung Wien, MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien, hrsg. vom Magistrat der Stadt Wien MA 5 – Finanzwesen, Ausgaben 2006-2009 Strategieplan 2004, hrsg. von der Stadt Wien
334
An h a n g Übersicht 1: Von 1992 bis 2008 in Wien errichtete Büroimmobilien mit mehr als 10.000 m² Büronutzfläche Projekt
Vermietbare
Fertigstellung
Bezirk
Bürofläche Euro Plaza (Phase I-IV)
114.400
2002-2008
1120
Business Park Vienna/Vienna Twin Tower
113.500
1993-2001
1100
TownTown (Phase 1-4)
80.000
2007-2008
1030
IZD und IZD Tower
73.000
1998-2001
1220
McHenry
50.100
2001-2003
1020
Office Campus Gasometer (Phase I und II)
49.900
2004-2007
1030
T-Center St.Marx
45.000
2004
1030
Bank Austria
41.000
1993
1020
IBM neu
40.000
1992
1020
Viertel Zwei, Hoch Zwei/Plus Zwei
40.000
2008
1020
U3-Park & Ride
40.000
1994
1030
Millennium Tower
38.000
1999
1200
Technikzentrum der BAWAG
35.000
2003
1100
Florido Tower
35.000
2001
1210
UBM Bürohaus (Bauteile A, B, C)
33.600
2002-2007
1110
Saturn Tower
33.000
2004
1220
BIGBIZ (2 Bauphasen)
31.000
2002-2003
1200
Business Center Muthgasse
30.500
2002
1190
City Point
30.000
2006
1030
SPARDAT
30.000
1994
1110
Ares Tower
29.000
2001
1220
Tech Gate Vienna und Tech Gate Tower
27.300
2001-2005
1220
STRABAG-Haus
26.000
2003
1220
Mobilkom
24.500
1999
1020
Donau Business Center
24.000
1993
1020
Office Center
24.000
1992
1030
Siemens
23.000
1994
1030
Vienna City Tower
22.000
2003
1030
BC 20 Höchststädtplatz
22.000
2007
1200
Raiffeisen Rechenzentrum
21.000
2000
1020
Galaxie 21
21.000
2002
1020
Uniqa Tower
21000
2004
1020
Bürohaus Adler & Ameise
21.000
2001
1030
Business Center U6
21.000
2000
1230
ezone (2 Bauteile)
20.800
2006-2007
1020
335
DIE VORGESTELLTE STADT
Bürohaus
20.000
1998
1130
Bürohaus
20.000
1994
1200
ß-Office
19.000
2004
1110
Andromeda Tower
17.400
1998
1220
Büro-/Wohnhaus
16.000
1999
1020
Office Provider
16.000
2002
1100
Optima
16.000
2000
1200
Bürohaus
15.800
1992
1030
Bürohaus
15.000
2003
1030
Bürohaus
15.000
1998
1150
Bürohaus
14.500
1994
1030
Alpha Factory
14.500
1993
1110
Bürohaus
14.500
2001
1110
Siemens-Nixdorf
14.000
1994
1020
Bürohaus
14.000
1994
1040
Porr Zentrale
13.900
1999
1100
ZRS Zentrum Rennweg
13.700
2003
1030
SAP-Bürogebäude
13.600
2000
1020
Bürohaus Dianabad
13.400
2000
1020
Waagner-Biro
13.000
1999
1220
Pharos Haus
12.300
1994
1020
Büro-/Wohnhaus
12.300
1997
1160
Business Center Wieden
12.000
2002
1050
Rainer Bürohaus
12.000
1993
1100
Kai-West
12.000
1993
1130
Skyline
12.000
2008
1190
Media Tower
11.800
2000
1020
Forum Schönbrunn Phase 1
11.200
2008
1120
Gasometer (A und C)
11.000
2001
1110
Philadelphia (ehem. Konsum-Zentrale)
10.800
2000
1120
Kärntnerringhof
10.500
1993
1010
Workstation Wien West
10.300
2003
1140
Postpassage
10.000
1994
1010
Bürohaus
10.000
1993
1020
Solitaire
10.000
1993
1030
Shell-Bürohaus
10.000
2000
1030
CA-Techn. Zentr. Bauteil B
10.000
1998
1090
336
ANHANG
Übersicht 2: Multinationals mit Headquartern in Wien, Quelle: WWFF (Stand Oktober 2008) AAF LUFTREINIGUNGSSYSTEME GM.B.H. ABB AG AGFA-GEVAERT GMBH ALFRED WALL GMBH ANIXTER AUSTRIA GMBH APERTURE SOFTWARE GMBH ASHLAND AUSTRIA GMBH ATRONIC AUSTRIA GMBH AVAYA AUSTRIA GMBH AWD GESELLSCHAFT FÜR WIRTSCHAFTSBERATUNG GMBH BASF ÖSTERREICH GMBH BEIERSDORF GMBH BELFOR AUSTRIA GMBH BenQ Austria GmbH BERLITZ AUSTRIA GMBH BEST WESTERN CENTRAL EUROPE BMC SOFTWARE GMBH BOMBARDIER TRANSPORTATION GmbH BOSCH ROBERT AG BPB (Rigips-Mutter) BRENNTAG CEE GmbH BUDGET RENT A CAR- BUSINESS RENT A CAR G.M.B.H. BUENA VISTA INTERNATIONAL BURTON SPORTARTIKEL GES.M.B.H. C&A Mode GmbH CANON CEE CENTRAL NATIONAL GOTTESMANN EUROPE GMBH COCA COLA GMBH COFACE CENTRAL EUROPE COGNOS AUSTRIA GMBH COLT (City of London Telecom) Austria GmbH COMPUWARE AUSTRIA GMBH CROWNE PLAZA SALZBURG - THE PITTER CSC AUSTRIA GMBH DANONE AUSTRIA GMBH DEGUSSA CEE GmbH DETECON CONSULTING (früher: Diebold) DO-ONE HANDELS GMBH DR. HOCHEGGER KOMMUNIKATIONS-BERATUNG GMBH ELECTRONIC DATA SYSTEMS EDS Austria) GMBH ELI LILLY GES.M.B.H. ERICSSON AUSTRIA GMBH
337
DIE VORGESTELLTE STADT
EXACT (Software) EXPEDITORS SPEDITIONS GMBH FALKENSTEINER HOTEL UND RESORTS FEDEX EUROPE INC. FERRING ARZNEIMITTEL GmbH FESTO AG & CO KG FLAGA GMBH FRANKLIN TEMPLETON AUSTRIA GMBH FUJITSU SIEMENS COMPUTERS GmbH GREY WORLDWIDE AUSTRIA GMBH GTCO CALCOMP GES.M.B.H. OFFICE AUSTRIA H&M HAANGLOBAL GmbH HALLIBURTON COMPANY AUSTRIA G.M.B.H. HEIDELBERG DRUCKMASCHINEN (Eastern Europe) Ges.m.b.H. HEINEKEN (BRAU UNION) HENKEL CEE GmbH HEWLETT-PACKARD G M.B.H. HORWATH TOURISMUS CONSULTING AUSTRIA HOTEL BRISTOL IBM CENTRAL AND EASTERN EUROPE/MIDDLE EAST/AFRICA, INC. IMPERIAL HOTELS AUSTRIA AG STARWOOD HOTELS & RESORTS IMS HEALTH MARKTFORSCHUNG GMBH INITIATIVE MEDIA WERBEMITTLUNG GES.M.B.H. JOHNSON CONTROLS GMB.H. & CO OHG JVC GmbH KÄRCHER ÖSTERREICH KNAUF GmbH KODAK GMBH KORN/FERRY INTERNATIONAL GMBH KRAFT FOODS INTERNATIONAL CENTRAL & EASTERN EUROPE KÜHNE & NAGEL Eastern Europe AG LEO BURNETT WERBEAGENTUR GMBH & CO KG LG-ELECTRONICS LINCOLN INTERNATIONAL AG MC DONALD’S CENTRAL EUROPE M-I SWACO HANDELS GMBH MIZUHO CORPORATE BANK - BA INVESTMENT CONSULTING MONDI PACKAGING FLEXIBLES AG MOTOROLA GMBH NAAS NALCO ÖSTERREICH GMBH NOKIA NOMURA REAL ESTATE DEVT. NORD INVESTMENT GMBH NORDEA INVESTMENT FUNDS S.A.
338
ANHANG
NORTEL NETWORKS (AUSTRIA) GMBH NOVA BIOMEDICAL GES.M.B.H. OBI BAU & HEIMWERKMÄRKTE SYSTEMZENTRALE GmbH OLYMPUS ÖSTERREICH OTIS GES.M.B.H. PANASONIC EASTERN EUROPE HANDELS GMBH PINSOURCE HANDELS G.M.B.H. PSE (Siemens) PUMPENFABRIK E. VOGEL GMBH PWC PRICEWATERHOUSECOOPERS GMBH RAY & BERNDTSON INTERNATIONAL REDEVCO ÖSTERREICH ROCKMORE INT. GMBH RODAMCO EUROPE NV (Rodamco Central Europe GmbH) SAMSUNG ELECTRONICS AUSTRIA GMBH SCHENKER & CO AG SEGWAY AUSTRIA GMBH SHARP AG SIEMENS AG ÖSTERREICH SIEMENS ÖSTERREICH MOBILFUNK SONY DADC AUSTRIA AG SPENCER STUART MANAGEMENT CONSULTING GMBH SPRINT INTERNATIONAL AUSTRIA GMBH SUN CHEMICAL AG TALLY GENICOM GMBH THIEL LOGISTIK AG THYSSEN KRUPP AUSTRIA GMBH TOVIS TUI ÖSTERREICH GMBH & CO KG UNICREDIT WABCO Austria GMBH WEBSTER UNIVERSITY WELTBANK WORTHINGTON CYLINDERS GMBH WYETH CONSUMER HEALTHCARE ECE/CIS/MEA, DIVISION OF WYETH-WHITEHALL EXPORT GMBH YOUNG & RUBICAM VIENNA GMBH
339
DIE VORGESTELLTE STADT
Übersicht 3: Mieterlisten ausgewählter Wiener Büroprojekte, Quelle: eigene Recherchen (Stand 2008) Andromeda Tower
Unisys Chang Asian Noodles Apotheke GE Money Bank MSD Japanische Botschaft
Tech Gate
H82 medientechnik GmbH smart systems Austrian Research Centers A3PS Austrian Agency for Alternative Propulsion Systems lsp Lehner & Spikowitsch Software OEG austria TECH Gesellschaft des Bundes für technopolitische Maßftw ec3 commerce competence center EC3Networks planet web New Media & Design OPTIMA CubeServ aim financial systems prolytic Marketing Engineering Consulting & Software GmbH m+w zander total facility solutions vr vis Vienna DC Donaucity viadonau Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft mbH VBC Genomics Bioscience Research GmbH a-plus.at Architektur plus projektmanagement gmbh ÖAW Kommission für wissenschaftliche Visualisierung genosense diagnostics lojnik.net softwarelösungen betradar.com project support consulting Virtual Reality Center maihiro GmbH tech gate vienna nemetschek
Strabag-Haus
Strabag Ströck Zielpunkt Agrana
Ares Tower
340
Tele2 Telecommunication GmbH
ANHANG
bpv Hügel Rechtanwälte Dullinger Wolke 19 eventlocation vienna dc RE/MAX Swatch Group Österreich AFP Agence France Press Nike EconGas Thorn P&I Personal & Informatik Norbert Schaller GmbH AEGIS MEDIA EDS Master Management Saturn Tower
Volksbank AG Financial Markets Halfen-Deha Your best connections Tricentis Qualysoft ITJOBS usu the knowledge business company KWS KIS Krankenhaus Informations Systeme GmbH Panasonic Austria markant Werbeagentur m+w zander facility management atms der spezialist für service-lines siteco österreich gmbh IBM avenum sanofi aventis Schwarz Pharma Wolke 21 XEROX Dr Heinrich & Partner Werbeagentur GesmbH Softmax IT to the max
IZD Tower
REPA Copy MCE BIS IXOS-Opentext Stora Enso Timber Baxter On Demand AG Borealis ÖBB-PV AG Dulas
341
DIE VORGESTELLTE STADT
Unvie Rail Tours Estée Lauder GmbH Tower Cafe Civil Law Notaries Ixos Opentext Karasek Wietrzyk Ernst & Young Houf Vienna City Tax Taipei E & C Office BHR Consulting Oracle Brain Force ÖBB-Postbus Eurest Office Restaurant Bistro Tabak Trafik CP Austria / Holcim Gilead Sciences ÖBB-PV Akademie AWD Europa Treuhand Euro Plaza
Accor Hotelbetriebsges.m.b.H AGFA-GEVAERT Gesellschaft m.b.H Allied Heat Exchange Technology AG AMZ GmbH Andritz AG Asfinag Maut Service GmbH AT&S Austria Technologie & Systemtechnik AG / DCC Atos Origin Information Technology GmbH Biotronik Vertriebs-Gesellschaft m.b.H. Büromöbel Vertriebs GmbH - Steelcase CELGENE GmbH CMS CLUB Menü Service GmbH & Co.KG Computer Associates International GmbH - CA Coty Prestige Austria Handelsgesellschaft m. b. H. Danone GmbH Dassault Systemes GmbH DPS Digital Print Services GmbH EMC² Computer Systems Austria GmbH emc Austria GmbH Eurest Restaurationsbetriebs GmbH first facility GmbH Fortis Bank SA/NV Niederlassung Österreich General Electric Austria GmbH - GE Healthcare
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ANHANG
Grain GmbH Hewlett Packard GmbH ifm electronic gmbh Item Österreich EDV-Zubehör Handel GmbH Kapsch AG Kapsch Business Com AG Kapsch Carrier Com AG Kapsch Components AG Kapsch Partner Solutions GmbH Kapsch Traffic Com AG Kreditzschutzverband von 1870 - KSV1870 LEXEDIS Lighting GmbH L´Oréal Österreich GmbH Maersk Österreich GmbH / Safmarine Microsoft Österreich GmbH NAVAX Consulting AG Nikon GmbH Pidas Österreich GmbH r>it edv-consulting GmbH Rohde&Schwarz Österreich GmbH SAZ Marketing Services GmbH / Human Media service & more Dienstleistung für Kooperationen und Handel GmbH Strauss & Partner Immobilien GmbH Symbol Technologies GmbH SynerGIS Informationssysteme GmbH Tech Data Österreich GmbH VA TECH HYDRO GmbH Twin Tower
Adidas AWD CPB Immobilientreuhand Eisenberger & Herzog Rechtsanwaltssozietät Energie Allianz Austria Food Ingredients Specialities: Verkauf givaudan, CH Ferring Arzneimittel Guidant Grohe Hakle – Kimberly IMV Immobilien Management und Verwaltung Johnson Control Mediacom Nokia ÖBB Österreichische Post Regus RHI
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DIE VORGESTELLTE STADT
S.Oliver Smartstream Weekend Magazin Wienerberger Wirtschaftstreuhänder Tiefenböck Millennium Tower
Trivadis GmbH PFM Vermögensberatung GmbH XEROX Austria GmbH X-Business.Com GmbH XEROX PRO SOLUTION HDI-Gerling Financial Services GmbH Carlson Wagonlit Travel Cirquent GmbH ICI Österreich GmbH Clerical Medical BMC Software Agip Austria Medtronic Austria GmbH KHD Humboldt WEDAG INT. GmbH MFC Commodities GmbH Hali Büromöbel GmbH First BCC Business Center Software Daten Service GmbH Tietoenator Austria GmbH CSC Austria GmbH Auftragsnehmerkataster-ANKÖ First Choice Austria GmbH SKB UPC Austria Intico Solar AG Stumpf AG
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ANHANG
Übersicht 4: Experteninterviews (2005-2007) Bereich/Code
Gesprächspartner und -partnerinnen
Immobilien- und Architekturjournalismus J1
Fachjournalistin für Architektur und Immobilienwirtschaft
J2
Chefredakteurin eines Fachmagazins für Wiener Architekturund Stadtentwicklung
J3
Chefredakteur einer immobilienwirtschaflichen Fachzeitschrift
J4
Wiener Journalist und Architekturkritiker
J5
Architekturjournalistin einer österreichischen Tageszeitung
J6
Wiener Stadtplaner, Journalist und Buchautor
J7
Leiter des Wiener Architekturzentrums
Stadtverwaltung und städtische Organisationen S1
Abteilungsleiter in der MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung
S2
Leitende Mitarbeiterin des Presse- und Informationsdienstes der Stadt Wien
S3
Mediensprecher des Wiener Planungsstadtrates
S4
Pressereferentin des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds
S5
Stadtplaner, ehemaliger Mitarbeiter der MA 18 – Stadtentwicklung und Stadtplanung
S6
Architekt, ehemaliger Mitarbeiter der MA 37 – Baupolizei
Immobilienbranche (Developer, Makler) I1
Vorstand einer privaten Immobilienentwicklungsgesellschaft und Geschäftsführer einer der größten österreichischen Immobilienentwicklungsgesellschaften
I2
Vorstand eines österreichischen Immobiliendienstleistungsunternehmens
I3
Architekt, Planungsabteilung der größten österreichischen Bauträger- und Immobilienentwicklungsgesellschaft
I4
Geschäftsführer eines privaten Immobilienentwicklungsunternehmens
I5
Fachreferent eines privaten Immobilienentwicklungsunternehmens
345
DIE VORGESTELLTE STADT
I6
Immobilienexperte eines österreichischen Bankentochterunternehmens mit Schwerpunkt Immobilienentwicklung und -investment
I7
Portfoliomanager einer internationalen Immobilieninvestmentgesellschaft
I8
Geschäftsführer eines internationalen Immobiliendienstleistungsunternehmens
I9
Fachreferentin eines Wiener Immobiliendienstleistungsunternehmens
Unternehmen U1
Vorstandsmitglied der Wienerberger AG
U2
Geschäftsführer der UNIQA Immobilien-Service GmbH
Dienstleister D1
Steuerberater und Gesellschafter eines der größten österreichischen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen mit Spezialisierung im Bereich Immobilieninvestment
D2
Anwältin, Mitarbeiterin eines auf Due-Diligence-Prüfungen spezialisierten Wiener Rechtsanwaltsbüros
D3 D4
Marktforscher mit Schwerpunkt Immobilienmarkt Geschäftsführer eines der größten österreichischen Ingenieurbüros mit Spezialisierung im Bereich Due-Diligence-Prüfungen
D5
Geschäftsführerin einer auf Immobilienmarketing spezialisierten Medienagentur
Architekten A1
Ehem. Projektleiter Architekturbüro Fuksas Architects
A2
Projektleiter Architekturbüro Holzbauer & Partner
A3
Geschäftsführer Architekturbüro Neumann & Partner
A4
Projektleiter Architekturbüro Architektur Consult ZT
A5
Partner im Architekturbüro Peichl & Partner
Politik P1
Fachreferentin für Stadtplanung
P2
Pressereferentin der SPÖ Wien
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ANHANG
Abb. 76: Leitmotive der Wiener Wirtschafts- und Stadtentwicklungspolitik im argumentativen Zusammenhang
347
Urban Studies Ralph Buchenhorst, Miguel Vedda (Hg.) Urbane Beobachtungen Walter Benjamin und die neuen Städte (übersetzt von Martin Schwietzke) 2010, 230 Seiten, kart., 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1524-1
Volker Eick, Jens Sambale, Eric Töpfer (Hg.) Kontrollierte Urbanität Zur Neoliberalisierung städtischer Sicherheitspolitik 2007, 402 Seiten, kart., 21,00 €, ISBN 978-3-89942-676-2
Martina Hessler Die kreative Stadt Zur Neuerfindung eines Topos 2007, 364 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-725-7
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
Urban Studies Stephan Lanz Berlin aufgemischt: abendländisch, multikulturell, kosmopolitisch? Die politische Konstruktion einer Einwanderungsstadt 2007, 434 Seiten, kart., 34,80 €, ISBN 978-3-89942-789-9
Julia Reinecke Street-Art Eine Subkultur zwischen Kunst und Kommerz 2007, 194 Seiten, kart., zahlr. farb. Abb., 23,80 €, ISBN 978-3-89942-759-2
Carsten Ruhl (Hg.) Mythos Monument Urbane Strategien in Architektur und Kunst seit 1945 April 2011, ca. 350 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1527-2
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de
Urban Studies Peter Dirksmeier Urbanität als Habitus Zur Sozialgeographie städtischen Lebens auf dem Land 2009, 296 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1127-4
Bastian Lange, Ares Kalandides, Birgit Stöber, Inga Wellmann (Hg.) Governance der Kreativwirtschaft Diagnosen und Handlungsoptionen
Christine Dissmann Die Gestaltung der Leere Zum Umgang mit einer neuen städtischen Wirklichkeit
2009, 344 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-996-1
2010, 248 Seiten, kart., zahlr. Abb., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1539-5
Annika Mattissek Die neoliberale Stadt Diskursive Repräsentationen im Stadtmarketing deutscher Großstädte
Thomas Dörfler Gentrification in Prenzlauer Berg? Milieuwandel eines Berliner Sozialraums seit 1989 2010, 336 Seiten, kart., zahlr. Abb., 32,80 €, ISBN 978-3-8376-1295-0
Ulrike Gerhard Global City Washington, D.C. Eine politische Stadtgeographie 2007, 304 Seiten, kart., 29,80 €, ISBN 978-3-89942-497-3
Simon Güntner Soziale Stadtpolitik Institutionen, Netzwerke und Diskurse in der Politikgestaltung 2007, 406 Seiten, kart., 35,80 €, ISBN 978-3-89942-622-9
Susanne Heeg Von Stadtplanung und Immobilienwirtschaft Die »South Boston Waterfront« als Beispiel für eine neue Strategie städtischer Baupolitik
2008, 298 Seiten, kart., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1096-3
Michael Müller Kultur der Stadt Essays für eine Politik der Architektur 2010, 240 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 26,80 €, ISBN 978-3-8376-1507-4
Thomas Pohl Entgrenzte Stadt Räumliche Fragmentierung und zeitliche Flexibilisierung in der Spätmoderne 2009, 394 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1118-2
Gudrun Quenzel (Hg.) Entwicklungsfaktor Kultur Studien zum kulturellen und ökonomischen Potential der europäischen Stadt 2009, 246 Seiten, kart., 25,80 €, ISBN 978-3-8376-1353-7
2008, 276 Seiten, kart., 26,80 €, ISBN 978-3-89942-819-3
Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de