Die Verantwortung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation: Eine Studie zu konzeptionellen Grundlagen und Grenzen einer Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Sekundärmarktteilnehmern de lege lata et ferenda [1 ed.] 9783428534623, 9783428134625

Die Frage nach einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung ist nach wie vor offen. Auf europäischer Ebene marki

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German Pages 337 Year 2011

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Die Verantwortung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation: Eine Studie zu konzeptionellen Grundlagen und Grenzen einer Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Sekundärmarktteilnehmern de lege lata et ferenda [1 ed.]
 9783428534623, 9783428134625

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 46

Die Verantwortung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation Eine Studie zu konzeptionellen Grundlagen und Grenzen einer Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Sekundärmarktteilnehmern de lege lata et ferenda

Von

Marc Grotheer

Duncker & Humblot · Berlin

MARC GROTHEER

Die Verantwortung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 46

Die Verantwortung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation Eine Studie zu konzeptionellen Grundlagen und Grenzen einer Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Sekundärmarktteilnehmern de lege lata et ferenda

Von

Marc Grotheer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat diese Arbeit im Jahre 2010 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-13462-5 (Print) ISBN 978-3-428-53462-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-83462-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn im Sommersemester 2010 als Doktorarbeit angenommen. Rechtsänderungen und wichtige neuere Literatur wurden bis zum Sommer 2010 berücksichtigt. Meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Daniel Zimmer, LL.M., danke ich herzlich für die hervorragende Betreuung. Seine stete Gesprächsbereitschaft und sein fachlicher Rat haben die Entstehung und Vollendung dieser Arbeit wesentlich gefördert. Auch durch die Tätigkeit an seinem Lehrstuhl habe ich hilfreiche Anregungen erfahren. Herrn Professor Dr. Johannes Heyers, LL.M., danke ich für sein eingehendes und zugleich rasch erstattetes Zweitgutachten. Für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht“ gebührt den Herausgebern mein besonderer Dank. Die Arbeit entstand im Wesentlichen während meiner Zugehörigkeit zu dem Graduiertenkolleg „Rechtsfragen des Europäischen Finanzraums“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Bonn. Für die im Zusammenhang damit gewährte großzügige Förderung ebenso wie für vielfältige Anregungen bin ich den Trägern, neben meinem Doktorvater insbesondere Herrn Professor Dr. Wulf-Henning Roth, LL.M., Herrn Professor Dr. Johannes Köndgen und Herrn Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M. zu Dank verpflichtet. Die Stanford Law School, Palo Alto, USA, gewährte mir freundlicherweise die Möglichkeit, ihre Einrichtungen während eines Forschungsaufenthaltes zu nutzen. Mein Dank gilt ferner den Weggefährten und Diskussionspartnern. Besonders wertvoll war die stete Unterstützung und Begleitung durch Dr. Johannes W. Flume. Auf die umfassende, vorbehaltlose Unterstützung durch meine Eltern, Manfred und Ingrid Grotheer, konnte ich mich während meines Studiums und darüber hinaus stets verlassen. Ihnen ist diese Arbeit in Dankbarkeit gewidmet. Frankfurt am Main, im August 2010

Marc Grotheer

Inhaltsübersicht § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Erstes Kapitel Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität und die darauf bezogene Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers

39

§ 2 Die kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

Zweites Kapitel Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

84

§ 4 Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

§ 5 Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Drittes Kapitel Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung als rechtspolitisches Referenzmodell

125

§ 6 Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 § 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5 . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 § 8 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

Viertes Kapitel Ökonomische Bestimmungsfaktoren der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung

157

§ 9 Anlass und Ausgangslage für die rechtsökonomische Analyse . . . . . . . . . . . . . . 157 § 10 Rechtsökonomische Analyse der Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

10

Inhaltsübersicht

§ 11 Einfluss der beruflichen Stellung und der Versicherung des Wirtschaftsprüfers auf die Effizienzbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 § 12 Zusammenfassende Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Fünftes Kapitel Rechtsgrundsätzliche Anforderungen an eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

207

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . 208 § 14 Funktionen- und Individualschutz als kapitalmarktrechtliche Zielvorgaben für eine Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 § 15 Die Funktionalisierung der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung vor dem Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 § 16 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union . . . . . . . . . . 325 US-amerikanische Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen . . . . . . . . . . . . . . . 329 Regeln für die Wirtschaftsprüfertätigkeit (Prüfungsstandards) . . . . . . . . . . . . . . 331 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anlass und Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29 29 36

Erstes Kapitel Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität und die darauf bezogene Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers § 2 Die kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Elemente der Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Jahresabschluss, Konzernabschluss und Entsprechenserklärung . . . . . . 2. Ergänzende kapitalmarktrelevante Publizitätselemente . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Relevanz der Rechnungslegungsstandards für die Zielrichtung der publizierten Rechnungslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkretisierung der Zielrichtung anhand der Adressaten . . . . . . . . . . . . 3. Art und Weise der Zielerreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tatbestandswirkungen der zu publizierenden Rechnungslegung . . . b) Zweckverfolgung durch Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Information als Rechenschaftsablegung . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Informationsgewährung als selbständige Dienstleistung unmittelbar zu Zwecken des Adressaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Unternehmenspublizität als Korrelat der Marktteilnahme . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenhang der Kapitalmarktpublizität mit dem Marktpreis des Finanzinstruments nach der These von der Informationseffizienz des Kapitalmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Hypothese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationseffizienzhypothese als Erklärungsmodell . . . . . . . . . . . aa) Widersprüche bei theoretischer Zuspitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Uninformierte und nicht rational handelnde Anleger . . . . . . . . . c) Empirische Überprüfung und nicht ohne weiteres erklärbare Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Empirische Untersuchungen zur Informationseffizienz . . . . . . .

39

39 40 40 42 45 46 48 49 49 50 51 53 55

56 57 57 58 58 59 59

12

Inhaltsverzeichnis bb) Infragestellung der Informationseffizienz durch nicht ohne weiteres erklärbare Anomalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erscheinungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Arten der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abschlussprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die prüferische Durchsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Prüfung von Ad-hoc-Mitteilungen und die laufende Prüfung . . bb) Prüfung der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG . . . . . . . . cc) Weitere gesetzlich vorgesehene Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere freiwillige Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dokumentation und Verlautbarung des Prüfungsergebnisses, insbesondere durch den Bestätigungsvermerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontrollfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grenzen der Objektivität? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bezug zur geprüften Gesellschaft und anderen Adressaten . . . . . . . 2. Beglaubigungsfunktion des Bestätigungsvermerks . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Preisbeeinflussung durch die Prüfung und den Bestätigungsvermerk gegenüber hinreichend informationseffizienten Märkten . . . . . . . . . . . . 4. Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zweites Kapitel Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht § 4 Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Haftung bei der Abschlussprüfung nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und bei anderen Pflichtprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Haftungstatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einbeziehung von Prüfungsgehilfen und gesetzlichen Vertretern einer Prüfungsgesellschaft in die Haftungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftung auch gegenüber verbundenen Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Dogmatische Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Sperrwirkung gegenüber einer Dritthaftung als negativer Regelungsgehalt des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ablehnende Auffassung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung bei freiwilligen Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 84 84 85 86 86 86 87 88 88 90

Inhaltsverzeichnis § 5 Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Auskunftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen der Drittschutzwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB als neue Grundlage des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Haftungssummenbeschränkung gemäß § 323 Abs. 2 HGB im Verhältnis zum Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Expertenhaftung gegenüber Drittbetroffenen nach § 311 Abs. 3 BGB als Fortentwicklung der Sachwalterhaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inhalt und Begründung der befürwortenden Auffassung . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis zur Sachwalterhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt und Bedeutung des neu eingefügten § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB c) Auffassung der Gesetzesverfasser zu § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB . . . . d) Problematik des Vertrauens als maßgebender Haftungsgrund . . . . . e) Ausschluss der Einwendungserstreckung auf das Drittverhältnis . . . 3. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Deliktische Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verletzung von Schutzgesetzen gemäß § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Abschlussprüferpflichten gemäß § 323 Abs. 1 HGB . . . b) Straftatbestand der Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 Abs. 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Berufsrechtliche Pflichten und ungeschriebene Verkehrspflichten . . 2. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB . . . . . . . . . . . a) Verstoß gegen die guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorsätzliche Schadenszufügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Spezialgesetzliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bürgerlichrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Schlussfolgerungen: Die Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten als Nahbereichs- und Vorsatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Drittes Kapitel Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung als rechtspolitisches Referenzmodell

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§ 6 Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 I. Publizitäts- und Prüfungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

14

Inhaltsverzeichnis II. Rechnungslegungs- und Prüfungsstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5 . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeine Haftungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Objektive Reichweite der Haftungsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das subjektive Merkmal scienter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriffsbestimmung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anforderungen an Darlegung und Beweis, insbesondere aufgrund des Private Securities Litigation Reform Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erfordernis eines Kaufs oder Verkaufs von Wertpapieren . . . . . . . . . . . . 4. Vertrauen auf die Falschinformation und fraud on the market . . . . . . . . 5. Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Besondere Voraussetzungen und Rechtsfolgen in Hinsicht auf den Wirtschaftsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Art und Weise der Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Uneinheitliche Konkretisierungen in der Rechtsprechung . . . . . . . . b) Scheme liability als neuerer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ablehnung durch den U.S. Supreme Court . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Folgerungen für die Haftung des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . 2. Haftungsadressaten im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als solche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) An der Prüfung beteiligte Einzelpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anteilige Haftung des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Schaden als Anspruchsvoraussetzung und die Rechtsfolge des Schadensersatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorrang der bundesrechtlichen Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . . . § 8 Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Haftungsbegrenzende Tendenz in der jüngeren Rechtsentwicklung . . . . . . II. Möglichkeit und Grenzen einer Vorbildfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. US-amerikanisches Kapitalmarktrecht als internationaler Standard . . . . . .

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Viertes Kapitel Ökonomische Bestimmungsfaktoren der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung § 9 Anlass und Ausgangslage für die rechtsökonomische Analyse . . . . . . . . . . . I. Präventivwirkung der Haftung als zentrales Argument in der rechtspolitischen Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung von der ökonomischen Beurteilung von Publizitätspflichten . . III. Grundannahmen und Grenzen der ökonomischen Analyse . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis § 10 Rechtsökonomische Analyse der Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . I. Prävention von Schäden durch Zuweisung der Kosten zu einem Beteiligten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kosten der Schädigung und Vermeideaufwand als primäre Kosten . . . . a) Verhältnis individueller (Umverteilungs-)Schäden zu den gesamtwirtschaftlichen Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abhängigkeit der Inanspruchnahme des Wirtschaftsprüfers vom wirklichen Vermeideaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Richtige individuelle Zuweisung der Ersatzpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeine Zuweisungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Wirtschaftsprüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die geprüfte Gesellschaft und ihre Organmitglieder . . . . . . . . . . . . . d) Die Anleger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Versicherer des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Verminderung gesamtwirtschaftlicher Kosten durch Schadensverteilung . . III. Haftungsbedingte Kosten in Schadensfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwicklungs- und Verteilungskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Störung der Anreize zur Veröffentlichung gesamtwirtschaftlich nützlicher Informationen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgekosten durch Auswirkungen auf den Wettbewerb im Markt für Prüfungsdienstleistungen und die Sicht der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) London Economics-Studie zu den ökonomischen Auswirkungen unterschiedlicher Regelungen der Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . b) Relevanz der angenommenen Wettbewerbsauswirkungen . . . . . . . . . IV. Funktion der Aussicht auf Schadensersatz als Klageanreiz . . . . . . . . . . . . . § 11 Einfluss der beruflichen Stellung und der Versicherung des Wirtschaftsprüfers auf die Effizienzbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Wirtschaftsprüfer als ,gatekeeper‘: Besondere Empfindlichkeit für Haftungsanreize und Bedeutung von Reputationswirkungen . . . . . . . . . 1. Kennzeichnende Merkmale des gatekeeper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praktische Bedeutung dieser Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Insbesondere: Zusammenwirken von Reputationswirkungen mit einer Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Auswirkungen einer Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers . . . . . 1. Das Ideal risikospezifischer Versicherungsprämien aus praktischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesetzlich vorgeschriebener Selbstbehalt als Ausweg? . . . . . . . . . . . . . . a) Der Selbstbehalt in der Versicherungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eignung eines gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts als Präventionsinstrument . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis aa) Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Problem der abstrakt-generellen Vorherbestimmung des Selbstbehaltsumfangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Selbstbehalt im Verhältnis zum geltenden Recht der Berufshaftpflichtversicherung und der Versicherungspflicht . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 201 203 204

§ 12 Zusammenfassende Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Fünftes Kapitel Rechtsgrundsätzliche Anforderungen an eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

207

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung . . . . . . . . I. Wirtschaftsprüferhaftung als Berufshaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis der Berufshaftung zu den allgemeinen Haftungsgründen unter der Geltung des § 675 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ansätze zur Überwindung des § 675 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Notarhaftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO als Prototyp einer Wirtschaftsprüferhaftung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Haftung für öffentlichrechtliches im Gegensatz zu privatrechtlichem Tätigwerden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unterschiedliche Erscheinungsformen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Haftungsrisiken in tatsächlicher Hinsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verbleibende Ansatzpunkte für eine Orientierung an der Notarhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. ,Produkthaftung‘ für den Bestätigungsvermerk? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Begründung für eine Gleichsetzung von dienstleistungs- und warenbezogener Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208 208

218 219

§ 14 Funktionen- und Individualschutz als kapitalmarktrechtliche Zielvorgaben für eine Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Funktionenschutz als Verweis auf das Effizienzziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Inhalt und selbständige Bedeutung des Individualschutzziels . . . . . . . . . . . 1. Verschiedene Deutungen des Individualschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Individualschutz als ,Sozialschutz‘? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Individualschutz als bloßes Mittel des Funktionenschutzes? . . . . . . c) Individualschutz als Ergebnis des Funktionenschutzes? . . . . . . . . . . d) Individualschutz und Schutzgesetzeigenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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209 210 211 213 214 215 216 216 217 218

Inhaltsverzeichnis e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Eigenwert des Individualschutzes durch Schadensersatzhaftung . . a) Wege zur Konkretisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fairness? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Privatautonomie und ungestörte Willensbildung? . . . . . . . . . . . . cc) Die Aufgliederung in Einzelrisiken als geeigneter Ansatzpunkt b) Gründe und Wege der Risikozuweisung an den Wirtschaftsprüfer . . aa) Das Fehlinformationsrisiko im Vergleich zu anderen Einzelrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Risikozuweisung innerhalb der Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . (1) Die kapitalmarktrechtliche Rechtsbeziehung im Hinblick auf das Fehlinformationsrisiko im Bereich der Sekundärmarktpublizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Abgleich mit der Zuweisung des Fehlinformationsrisikos (auch) an den Wirtschaftsprüfer durch die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Risikozuweisung außerhalb der Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . (1) Anlehnung an § 826 BGB als Ansatzpunkt . . . . . . . . . . . . . . (2) Gleichbehandlung grober Fahrlässigkeit mit Vorsatz außerhalb der Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Abgleich mit der Schutzgesetzhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassendes Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 15 Die Funktionalisierung der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung vor dem Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts . . . . I. Bedeutung und Relevanz des Präventivzwecks im allgemeinen Haftungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prävention als Nebenwirkung oder Nebenzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prävention als bestimmender Hauptzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Fazit und weiteres Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzgebung und traditionelle Sicht auf die Schadensersatzhaftung im bürgerlichen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das allgemeine Haftungsrecht in der Kodifizierung durch das BGB . . 2. Rechtspolitische Ansätze zur Neukonzeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Erweiterung der Schmerzensgeldberechtigung als Änderung des allgemeinen Schadensersatzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. ,Wandlungen‘ des Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Funktionen des Schmerzensgeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 230 232 232 232 233 235 237 237 240

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Inhaltsverzeichnis 2. Europarechtliche Vorgaben zur Zwecksetzung des Haftungsrechts . . . . a) Das Antidiskriminierungsrecht als Paradigma? . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schadensersatz als Mittel zur Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stellungnahmen des Europäischen Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . bb) Prävention durch Schadensersatzansprüche in der europäischen Rechtsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Anpassung des deutschen Wettbewerbsrechts durch die Siebte GWB-Novelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Schlussfolgerungen für die Relevanz des Präventivziels über das Wettbewerbsrecht hinaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schadensersatz in den Richtlinien zur Kapitalmarktpublizität und Abschlussprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Publizitätsbezogene Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abschlussprüfungsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schlussfolgerungen mit Blick auf die Richtlinien . . . . . . . . . . . . d) Zwecksetzung des Haftungsrechts in der Rom-II-Verordnung . . . . . IV. Vereinbarkeit eines bestimmenden Präventivzwecks mit dem Recht der Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem der normativen Fundierung der These von der Prävention als bestimmender Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Legitimationsschwächen einer Realziele verfolgenden Wirtschaftsprüferhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Erforderlichkeit eines inneren Zusammenhangs des Zwecks mit der Ausgestaltung des Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

267 267 270 270 272 273 274 275 275 276 278 278 279 280 282 282 285

§ 16 Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union . . . . . . . . . . 325 I. Richtlinien, Verordnungen und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 II. Sonstige Verlautbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 US-amerikanische Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetze und Verordnungen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetze und Verordnungen der Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Sonstige Verlautbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

329 329 330 330

Regeln für die Wirtschaftsprüfertätigkeit (Prüfungsstandards) . . . . . . . . . . . . . . 331 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333

Abkürzungsverzeichnis Zu Abkürzungen der Kommentarliteratur, der Rechtsakte und amtlichen Verlautbarungen der Europäischen Union, der US-amerikanischen Rechtsakte und amtlichen Verlautbarungen und der Regeln für die Wirtschaftsprüfertätigkeit (Prüfungsstandards) siehe S. 295 ff. §, §§ ¶ 2. FMFG

2. SchRÄndG 2d Cir. 3d Cir. 4. FMFG

4th Cir. 5th Cir. 6th Cir. 7. GWB-Novelle 7th Cir. 8th Cir. 9th Cir. 10th Cir. 11th Cir. A.2d a. A. a. a. O. ABl. EG ABl. EU Abs. Acct. Rev. AcP a. E. a. F.

Paragraph(en)/Section(s) (zum US-amerikanischen Recht) Paragraph (zum US-amerikanischen Recht) Gesetz über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26.7.1994, BGBl. I S. 1749 Zweites Schadensersatzrechtsänderungsgesetz vom 19.7.2002, BGBl. I S. 2674 U.S. Court of Appeals for the Second Circuit U.S. Court of Appeals for the Third Circuit Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21.6.2002, BGBl. I S. 2010 U.S. Court of Appeals for the Fourth Circuit U.S. Court of Appeals for the Fifth Circuit U.S. Court of Appeals for the Sixth Circuit Siebtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 7.7.2005, BGBl. I S. 1954 U.S. Court of Appeals for the Seventh Circuit U.S. Court of Appeals for the Eighth Circuit U.S. Court of Appeals for the Ninth Circuit U.S. Court of Appeals for the Tenth Circuit U.S. Court of Appeals for the Eleventh Circuit [Volume] Atlantic Reporter, Second Series [Page] andere(r) Ansicht am angeführten Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (bis 31.1.2003, danach bezeichnet als ABl. EU) Amtsblatt der Europäischen Union (ab 1.2.2003) Absatz The Accounting Review Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte(r) Fassung

20 aff ’d AG AGG AICPA AktG AktG 1937

Am. Econ. Rev. Anh. Anm. AnSVG AöR APAG

App. Cas. Ariz. L. Rev. Aufl. BaFin BAG BB Bd., Bde. Begr. Beschl. v. BeurkG BGB BGBl. BGH BGHZ BilKoG BilMoG BilReG

BilRiliG

Abkürzungsverzeichnis affirmed Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz vom 14.8.2006, BGBl. I S. 1897 mit nachfolgenden Änderungen American Institute of Certified Public Accountants Aktiengesetz vom 6.9.1965, BGBl. I S. 1089 mit nachfolgenden Änderungen Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30.1.1937, RGBl. I S. 107 mit nachfolgenden Änderungen, außer Kraft getreten mit dem 31.12. 1965 The American Economic Review Anhang Anmerkung Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz) vom 28.10.2004, BGBl. I S. 2630 Archiv für öffentliches Recht Gesetz zur Fortentwicklung der Berufsaufsicht über Abschlussprüfer in der Wirtschaftsprüferordnung (Abschlussprüferaufsichtsgesetz) vom 27.12.2004, BGBl. I S. 3846 [Volume] Law Reports, Appeal Cases (Second Series) [Page] Arizona Law Review Auflage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bundesarbeitsgericht Der Betriebsberater (Zeitschrift) Band, Bände (Gesetzes-)Begründung/Begründer (bei Literaturangaben) Beschluss vom [Datum] Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969, BGBl. I S. 1513 mit nachfolgenden Änderungen Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz) vom 15.12.2004, BGBl. I S. 3408 Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) vom 25.5.2009, BGBl. I S. 1102 Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz) vom 4.12.2004, BGBl. I S. 3166 Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Ko-

Abkürzungsverzeichnis

BKR BNotO BörsG BörsG a. F. BörsO FWB BörsZulV a. F.

BRAO BR-Drucks. Bst. BT-Drucks. B.U. L. Rev. Bus. Law. BVerfG BVerfGE bzw. Cal. Calif. L. Rev. Cambridge L.J. Can. Bus. L.J. CAPM C.D.Cal. cert. C.F.R. c. i. c. C.J. CMR Colum. L. Rev. Conn. Ins. L.J. Cornell L. Rev. D.

DB

21

ordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz) vom 19.12.1985, BGBl. I S. 2355 Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesnotarordnung (Reichsnotarordnung) vom 13.2.1937, RGBl. I S. 191 mit nachfolgenden Änderungen Börsengesetz vom 16.7.2007, BGBl. I S. 1330 mit nachfolgenden Änderungen Börsengesetz vom 22.6.1896, RGBl. S. 157 mit nachfolgenden Änderungen, außer Kraft getreten mit dem 31.10.2007 Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt einer Wertpapierbörse (Börsenzulassungs-Verordnung) vom 15.4.987 in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.9.1998, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 5.1.2007, BGBl. I S. 10 (zum BörsG a. F.) Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1.8.1959, BGBl. I S. 565 mit nachfolgenden Änderungen Bundesratsdrucksache Buchstabe Bundestagsdrucksache Boston University Law Review The Business Lawyer Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Supreme Court of California California Law Review Cambridge Law Journal Canadian Business Law Journal Capital Asset Pricing Model U.S. District Court for the Central District of California (Writ of) Certiorari [Title] Code of Federal Regulations [Part, Section] culpa in contrahendo Chief Judge/Chief Justice Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route Columbia Law Review Connecticut Insurance Law Journal Cornell Law Review Digesten [Buch, Titel, Fragment, Paragraph], Angaben nach Corpus Iuris Civilis, Band 1, Institutionen, Digesten, bearbeitet von Theodor Mommsen und Paul Krüger, 16. Auflage, Berlin 1954 Der Betrieb (Zeitschrift)

22 DCGK D.Colo. D.Conn. Del. Del. J. Corp. ders. d.h. d.i. dies. DiskE Diss. DJZ D.Kan. D.Mass. D&O D.R.I. DStR Duke L.J. ebd. EDGAR E.D. Mich. E.D.N.Y. E.D. Pa. Erg.-Lfg. EuGH Eur. Kommission Eur. Parlament EWiR EWSA f., ff. F.2d F.3d FASB Fed. Reg. Fed. Sec. L. Rep. (CCH) Festschr. f. Fn. F.R.D. F.Supp. F.Supp.2d FWB

Abkürzungsverzeichnis Deutscher Corporate Governance Kodex (letzte Fassung vom 26.5.2010) U.S. District Court for the District of Colorado U.S. District Court for the District of Connecticut Supreme Court of Delaware Delaware Journal of Corporate Law derselbe das heißt das ist dieselbe(n) Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Juristenzeitung U.S. District Court for the District of Kansas U.S. District Court for the District of Massachusetts Directors and Officers (Liability Insurance) U.S. District Court for the District of Rhode Island Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Duke Law Journal ebenda Electronic Data Gathering, Analysis and Retrieval (System) U.S. District Court for the Eastern District of Michigan U.S. District Court for the Eastern District of New York U.S. District Court for the Eastern District of Pennsylvania Ergänzungslieferung Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Kommission Europäisches Parlament Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss folgende [Volume] Federal Reporter, Second Series [Page] [Volume] Federal Reporter, Third Series [Page] Financial Accounting Standards Board [Volume] Federal Register [Page] Federal Securities Law Reporter (CCH) [Paragraph] Festschrift für Fußnote [Volume] Federal Rules Decisions [Page] [Volume] Federal Supplement [Page] [Volume] Federal Supplement, Second Series [Page] Frankfurter Wertpapierbörse

Abkürzungsverzeichnis GAAP GAAS gem. Geo. L.J. GG GmbH GmbHG GPSG

Gruch. GS GVG GWB Halbs. Harv. Bus. Rev. Harv. L. Rev. Hdb. HGB h. M. H.R. H.Rpt. Hrsg. hrsg. IAS IASB i. d. F. IDW i. e. S. IFAC IFRS insbes. InvG i. S. ISA ISRE

23

Generally Accepted Accounting Principles in the United States of America Generally Accepted Auditing Standards in the United States of America gemäß The Georgetown Law Journal Grundgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.4.1892, RGBl. S. 477 mit nachfolgenden Änderungen Gesetz über technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produktsicherheitsgesetz) vom 6.1.2004, BGBl. I S. 2 mit nachfolgenden Änderungen Gruchots Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts Großer Senat Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27.7.1957, BGBl. I S. 1081 mit nachfolgenden Änderungen Halbsatz Harvard Business Review Harvard Law Review Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Meinung House of Representatives (Bill) House of Representatives Report Herausgeber herausgegeben International Accounting Standards (1973–März 2001, danach IFRS) International Accounting Standards Board (seit 2001, zuvor International Accounting Standards Committee – IASC) in der Fassung Institut der Wirtschaftsprüfer im engeren Sinne International Federation of Accountants (seit 1977) International Financial Reporting Standards (seit April 2001, zuvor IAS) insbesondere Investmentgesetz vom 15.12.2003, BGBl. I S. 2676 mit nachfolgenden Änderungen im Sinne International Standards on Auditing International Standards on Review Engagements

24 i.V. m. i. w. S. J., JJ. J. Acc. & Econ. J. Acc. & Pub. Pol’y J. Acc. Res. Jb. JbDogm J. Bus. J. Corp. L. J. Fin. J. Fin. Econ. JITE J. L. Econ. & Org. J. Legal Stud. Journal UEC

JR JW JZ KAGG

Kap. KapInHaG

KapMuG

KonTraG KoR krit. Ky. L.J. Law & Contemp. Probs. le. Lewis & Clark L. Rev.

Abkürzungsverzeichnis in Verbindung mit im weiteren Sinne Judge, Judges/Justice, Justices Journal of Accounting and Economics Journal of Accounting and Public Policy Journal of Accounting Research Jahrbuch Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts Journal of Business The Journal of Corporation Law The Journal of Finance Journal of Financial Economics Journal of Institutional and Theoretical Economics The Journal of Law, Economics, and Organization The Journal of Legal Studies Journal UEC, Europäische Zeitschrift für Prüfung und Beratung/ European Journal of Accountancy/Revue Européenne d’Expertise Comptables Economique et Financière Juristische Rundschau Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften vom 16.4.1957, BGBl. I S. 378 mit nachfolgenden Änderungen, außer Kraft getreten mit dem 31.12.2003 Kapitel Gesetz zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz) i. d. F. des Diskussionsentwurfs des Bundesministeriums der Finanzen vom 16.8.2004, abgedruckt NZG 2004, 1042–1051 Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz) vom 16.8.2005, BGBl. I S. 2437 mit nachfolgenden Änderungen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998, BGBl. I S. 786 Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungslegung kritisch Kentucky Law Journal Law and Contemporary Problems (Journal) letzte(r/s) Lewis & Clark Law Review

Abkürzungsverzeichnis LG LM

25

Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, hrsg. von Fritz Lindenmaier, Philipp Möhring u. a. L.Q. Rev. Law Quarterly Review Ls. Leitsatz M.D.Pa. U.S. District Court for the Middle District of Pennsylvania MDR Monatsschrift für Deutsches Recht M.D.Tenn. U.S. District Court for the Middle District of Tennessee m. E. meines Erachtens Mich. L. Rev. Michigan Law Review m. Nachw. mit Nachweisen Mot. Motive zum Bürgerlichen Gesetzbuch m.w. Nachw. mit weiteren Nachweisen N.D.Cal. U.S. District Court for the Northern District of California N.D.Ga. U.S. District Court for the Northern District of Georgia N.D.Ill. U.S. District Court for the Northern District of Illinois N.E. [Volume] North Eastern Reporter [Page] n. F. neue(r) Fassung N.J. Supreme Court of New Jersey NJW Neue Juristische Wochenschrift No. Numero Notre Dame L. Rev. Notre Dame Law Review Nr. Nummer NVwZ Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht N.W.2d [Volume] North Western Reporter, Second Series [Page] Nw. U. L. Rev. Northwestern University Law Review N.Y. Court of Appeals of New York NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ÖBA Bank-Archiv (Österreich) Ohio St. L.J. Ohio State Law Journal OLG Oberlandesgericht o. O. ohne Angabe des Erscheinungsortes OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968, BGBl. I S. 481 mit nachfolgenden Änderungen Oxford J. Leg. Stud. Oxford Journal of Legal Studies P.2d [Volume] Pacific Reporter, Second Series [Page] P.3d [Volume] Pacific Reporter, Third Series [Page] PartGG Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) vom 25.7.1994, BGBl. I S. 1744 mit nachfolgenden Änderungen Pr. A.L.R. Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 [Teil, Titel, Paragraph]

26 ProdHaftG

Prot. PS Pub. L. PublG

Q.J. Econ. RabelsZ Rdn. RefE RegE rem’d rev’d Rev. Econ. Stat. RG RGBl. RGZ RIW RT-Drucks. S. S. Cal. L. Rev. SchuldRModG SchVG

S.Ct. S.D.N.Y. S.D.Tex. SEC Seton Hall L. Rev. Slg. sog. Sp. Stan. L. Rev. Stat. StGB str.

Abkürzungsverzeichnis Gesetz über die Haftung für fehlerhafte Produkte (Produkthaftungsgesetz) vom 15.12.1989, BGBl. I S. 2198 mit nachfolgenden Änderungen Protokolle der Kommission für die II. Lesung des Entwurfs des BGB Prüfungsstandard Public Law Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz) vom 15.8.1969, BGBl. I S. 1189 mit nachfolgenden Änderungen Quarterly Journal of Economics Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Randnummer(n) Referentenentwurf Regierungsentwurf remanded reversed Review of Economics and Statistics Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Reichstagsdrucksache Seite Southern California Law Review Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I S. 3138 Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG) vom 31.7.2009, BGBl. I S. 2512 mit nachfolgenden Änderungen [Volume] United States Supreme Court Reporter [Page] U.S. District Court for the Southern District of New York U.S. District Court for the Southern District of Texas Securities and Exchange Commission Seton Hall Law Review Sammlung der Rechtsprechung des [Europäischen] Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz sogenannt(er/e/es) Spalte(n) Stanford Law Review [Volume] United States Statutes at Large [Page] Strafgesetzbuch streitig

Abkürzungsverzeichnis st. Rspr. sub nom. Sw. L.J. TransPuG

TUG

Tz. u. a. U.C. Davis L. Rev. U. Chi. L. Rev. U. Cin. L. Rev. UCLA L. Rev. U. Ill. L. Rev. U.L.A. UmweltHG U. Pa. L. Rev. Urt. v. U.S. US U.S.C. U.S.C.C.A.N. usw. u. U. v. vac’d Va. L. Rev. Val. U. L. Rev. Vand. L. Rev. Var. VerkProspG VersR

27

ständige Rechtsprechung sub nomine Southwestern Law Journal Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) vom 19.7.2002, BGBl. I S. 2681 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 5.1.2007, BGBl. I S. 10 Textziffer und andere/unter anderem University of California, Davis, Law Review University of Chicago Law Review University of Cincinnati Law Review University of California, Los Angeles, Law Review University of Illinois Law Review Uniform Laws Annotated Gesetz über die Umwelthaftung (Umwelthaftungsgesetz) vom 10.12.1990, BGBl. I S. 2634 mit nachfolgenden Änderungen University of Pennsylvania Law Review Urteil vom [Datum] United States (of America)/[Volume] United States Reports [Page] (Sammlung von Entscheidungen des U.S. Supreme Court) United States (of America) [Title] United States Code [Section] [Year] United States Code Congressional and Administrative News [Page] und so weiter unter Umständen von, vom/versus vacated Virginia Law Review Valparaiso University Law Review Vanderbilt Law Review Variante Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz (Verkaufsprospektgesetz) vom 13.12.1990, BGBl. I S. 2701 mit nachfolgenden Änderungen Versicherungsrecht, Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungsund Schadensrecht

28 VersW vgl. VorstAG VVG

Wash. U. L.Q. W.D.Okl. WiPrO

Wis. WL WM WPBHV

WPg WpHG WPK-Mitt. WuW Yale L.J. ZBB ZfB ZGR ZHR Ziff. ZIP ZPO ZRP zusf. zust. ZWeR

Abkürzungsverzeichnis Versicherungswirtschaft, Halbmonatsschrift für die deutsche Individualversicherung vergleiche Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung vom 31.7. 2009, BGBl. I S. 2509 Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) vom 23.11.2007, BGBl. I S. 2631 mit nachfolgenden Änderungen Washington University Law Quarterly U.S. District Court for the Western District of Oklahoma Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24.7.1961, BGBl. I S. 1049 mit nachfolgenden Änderungen Supreme Court of Wisconsin [Year] WestLaw [Number] Wertpapier-Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Verordnung über die Berufshaftpflichtversicherung der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer (Wirtschaftsprüfer-Berufshaftpflichtversicherungsverordnung) vom 18.12.1998, BGBl. I S. 3820 mit nachfolgenden Änderungen Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz) vom 26.7.1994, BGBl. I S. 1749 mit nachfolgenden Änderungen Wirtschaftsprüferkammer-Mitteilungen Wirtschaft und Wettbewerb, Zeitschrift für deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht The Yale Law Journal Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Zeitschrift für Rechtspolitik zusammenfassend zustimmend Zeitschrift für Wettbewerbsrecht

§ 1 Einleitung I. Anlass und Gegenstand der Untersuchung Die Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Die Haftungsvorschrift für die Abschlussprüfung in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB betrifft lediglich das Verhältnis zu der geprüften Gesellschaft und konzernverbundenen Unternehmen. Diese Rechtslage besteht im Grundsatz seit der Einführung der aktienrechtlichen Pflichtprüfung im Jahr 1931.1 Für die Haftung gegenüber Dritten sind daher nach geltendem Recht allein die allgemeinen Grundsätze der Haftung außerhalb der eigentlichen Vertragsbeziehung herangezogen worden. Es verwundert vor diesem Hintergrund nicht, dass die Frage der Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten immer wieder Gegenstand der Diskussion war. In einen neuen Zusammenhang tritt dieses Thema mit seiner Einbeziehung in das Kapitalmarktrecht. In der Literatur wurde die Dritthaftung zu Anfang der achtziger Jahre besonders von Ebke auch mit rechtspolitischer Fragestellung behandelt, ohne die Kapitalanleger als Anspruchsteller hervorzuheben.2 Auf der Grundlage einer eingehenden rechtsvergleichenden Untersuchung der Haftung nach US-amerikanischem Recht gelangte er zu dem Urteil, dass sich die Einführung einer Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers nicht empfehle. Im Hinblick auf seine Ausgangsfrage, ob sich durch die Haftung erreichen lasse, dass der Wirtschaftsprüfer seine Funktion besser wahrnehme, führte er aus, dass dieses Ziel stattdessen durch eine Justierung anderer regulatorischer Rahmenbedingungen der Wirtschaftsprüfertätigkeit anzustreben sei. Im Jahr 1985 legte Nann einen detaillierten Vorschlag zur Regelung einer Sonderdeliktshaftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten vor,3 möglicherweise veranlasst durch einen geänderten Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission zur Regelung der Abschlussprüferhaf-

1 Die Pflichtprüfung mit einer entsprechenden Haftungsnorm wurde durch die Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I S. 493 mit den §§ 262a ff. HGB in das Aktienrecht eingeführt (noch ohne Einbeziehung verbundener Unternehmen). 2 Ebke, Dritthaftung, 1983. Aus der früheren monographischen Literatur lassen sich außerdem Westrick, Abschlußprüfung, 1963; Czech, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 1977; K. P. Esser, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 1981 nennen. Rechtsvergleichend für eine Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten später Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996. 3 Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985.

30

§ 1 Einleitung

tung.4 Dabei orientierte er sich an der Amtshaftung des Notars und ging davon aus, dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Wirtschaftsprüfer den Nachweis der Kausalität dessen Fehlverhaltens für einen Schaden, vermittelt durch die konkrete, sachverständige Kenntnisnahme des Geschädigten von der testierten Bilanz, voraussetzen sollte.5 Der Vorschlag bezog sich somit auf Schädigungen in Einzelfällen, wodurch er sich von der kapitalmarktrechtlichen Einordnung der Wirtschaftsprüferhaftung in der heutigen Diskussion abhebt. Dem Nannschen Grundansatz entspricht es, dass er ökonomischen Folgewirkungen kein besonderes Gewicht beilegte. Dessen ungeachtet hat er bereits eine Reihe von Einzelfragen aufgeworfen und der Klärung näher gebracht, die sich aus heutiger Sicht ebenfalls stellen würden, wenn eine kapitalmarktrechtliche Wirtschaftsprüferhaftung eingeführt werden sollte. Neben solchen speziell auf den Wirtschaftsprüfer bezogenen Schriften haben allgemeinere Untersuchungen über eine Experten-, Berufs- oder Dienstleistungshaftung ebenfalls zur Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten Stellung genommen.6 Zuletzt hat die Einführung des § 311 Abs. 3 BGB durch die Schuldrechtsreform dazu Anlass gegeben.7 Soweit derartige Ansätze, über die bloße Ableitung aus der lex lata hinausgehend, um eine sachliche Haftungsbegründung bemüht sind, können sie rechtspolitisch beachtlich sein, selbst wenn sie als bloße Auslegung oder richterliche Fortbildung des geltenden Rechts nicht überzeugen. Äußeren Anlass für das erneute Aufleben der Diskussion um die Wirtschaftsprüferhaftung gaben Fälle wie ,Enron‘ und ,WorldCom‘, in deren Folge eine bis dahin zu den ,Big Five‘ zählende Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (nämlich Arthur Anderson) vom Markt verschwand.8 Derartige Fälle zeigten Unvollkommenheiten des Systems der Abschlussprüfung auf, da die Wirtschaftsprüfer Bilanzmanipulationen nicht aufdeckten oder sogar daran mitgewirkt hatten. Neben Neuregelungen zur Verbesserung der Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer und zur Förderung ihrer Unabhängigkeit lag es nahe, die Frage der Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern erneut aufzugreifen. In dieser neueren Diskussion lassen sich drei Charakteristika hervorheben: Rechtspolitisch wird die Frage der Wirtschaftsprüferhaftung nicht nur im engeren Sinne juristisch, sondern auch ökonomisch untersucht, so dass die fassbaren 4 Vgl. Eur. Kommission, Geänderter Vorschlag einer fünften Richtlinie, 1983, Art. 62 i.V. m. Art. 15, 16, wodurch die persönliche Haftung des Abschlussprüfers und der Organe der Aktiengesellschaft gegenüber Aktionären und Dritten, die der ursprüngliche Vorschlag vorsah, aufgegeben wurde (vgl. den entfallenen Art. 20). 5 Vgl. Nann, a.a.O. (oben Fn. 3), S. 267. 6 Etwa Köndgen, Selbstbindung, 1981; Stahl, Dritthaftung, 1989; Hirte, Berufshaftung, 1996. 7 Ausführlich Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007. 8 Die Aktualität solcher Fälle im Zusammenhang mit der Abschlussprüferhaftung verdeutlicht Lutter, ZIP 2009, 197, 200.

§ 1 Einleitung

31

Folgewirkungen einer solchen Haftung besondere Aufmerksamkeit finden. Außerdem prägt der Blick über die Grenzen die Behandlung des Themas, besonders die rechtsvergleichende Heranziehung des US-amerikanischen Rechts, das sich durch einiges praktisches Anschauungsmaterial auszeichnet.9 Drittens wird die Wirtschaftsprüferhaftung zunehmend im Zusammenhang mit dem Kapitalmarktrecht gesehen, parallel zu dessen fortschreitender, oftmals europarechtlich angestoßener Ausformung und wissenschaftlichen Durchdringung.10 Diese Charakteristika sind miteinander verwoben. So ist die US-amerikanische Diskussion selbst stark ökonomisch beeinflusst. In dieselbe Richtung gehen nicht wenige Erklärungsansätze zum deutschen und europäischen Kapitalmarktrecht. Zugleich ist das Kapitalmarktrecht angesichts der Internationalität seines Sachbereichs dem rechtsvergleichenden Zugriff, besonders mit Blick auf die US-amerikanische Rechtsordnung, besonders zugänglich. Unter dem kapitalmarktrechtlichen Blickwinkel steht die Frage der Wirtschaftsprüferhaftung neben der einer Haftung des Emittenten für die laufende Publizität, die in den §§ 37b, 37c WpHG eine auf die Ad-hoc-Publizität beschränkte, insofern bruchstückhafte Spezialregelung gefunden hat.11 Während die Prospekthaftung als Haftung gegenüber dem Primärmarkt bereits in das Börsengesetz von 1896 aufgenommen worden war, ist die sondergesetzliche Haftung für die laufende Publizität und damit gegenüber dem Sekundärmarkt für das deutsche Recht noch eine neue, in der Entwicklung befindliche Materie. Als ein früher und vorausschauender Vorschlag lässt sich hierzu der Gesetzgebungsvorschlag des Arbeitskreises Gesellschaftsrecht aus dem Jahr 1976 nennen.12 Entsprechend seinem Schwerpunkt bei anlassbezogenen Mitteilungen und Quartalsberichten im Hinblick auf ein Verbot des Insiderhandels bezog er die Wirtschaftsprüferhaftung für die Jahresabschlusspublizität allerdings noch nicht mit ein. Erst zu Beginn dieses Jahrtausends wurden derartige Ansätze wieder aufgegriffen. Der Bericht der Regierungskommission Corporate Governance aus dem Jahr 2001, der zur Verbesserung der Corporate Governance eine Reihe von Vorschlägen zur aktienrechtlichen Gesetzgebung enthielt, gab unter anderem die Empfehlung, eine persönliche Haftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder für falsche Kapitalmarktinformationen einzuführen.13 Auch der Deutsche Juristentag griff 2002 das Thema der Haftung für die Sekundärmarktpublizität 9 Vgl. aber auch für Länder der Europäischen Union Wölber, Abschlussprüferhaftung, 2005; mit Blick auf das niederländische Recht Heukamp, Abschlußprüfer, 2000; auch zum kanadischen und englischen Recht Richter, Dritthaftung, 2007. 10 Siehe sogleich in Fn. 17, 19. 11 Eingeführt durch das 4. FMFG von 2002. 12 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, 1976. Zu diesem Arbeitskreis hatten sich Götz Hueck, Marcus Lutter, Hans-Joachim Mertens, Eckard Rehbinder, Peter Ulmer, Herbert Wiedemann und Wolfgang Zöllner zusammengeschlossen. 13 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn. 186 f.

32

§ 1 Einleitung

auf.14 In einem Gutachten behandelte Fleischer exemplarisch die Frage der Adhoc-Publizitätshaftung sowohl des Emittenten als auch der Leitungsorganmitglieder und befürwortete beides, ohne ausdrücklich auf die Abschlussprüferhaftung einzugehen.15 Gewissermaßen in Ergänzung des Berichts der Regierungskommission Corporate Governance nahm sodann der Arbeitskreis ,Abschlussprüfung und Corporate Governance‘ unter der Leitung von Baetge und Lutter zu der Haftung des Wirtschaftsprüfers für die laufende Kapitalmarktpublizität Stellung.16 Der von ihm gebilligte und zur Umsetzung empfohlene Gesetzgebungsvorschlag geht auf die Vorarbeit von Baums und Fischer zurück.17 Neben einer Haftung des Emittenten (insofern abweichend von der Regierungskommission) und seiner Organmitglieder sieht er eine Haftung des Abschlussprüfers für die „Mitwirkung“ an fehlerhafter Kapitalmarktinformation bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit vor, die allerdings auf einen gesetzlich bestimmten Höchstbetrag beschränkt sein soll.18 Auf diese Empfehlungen und Stellungnahmen folgten Einzeluntersuchungen, die sich rechtspolitisch ebenfalls für eine kapitalmarktrechtlich einzuordnende Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern aussprechen19 oder zumindest eine umfassende Kapitalmarktinformationshaftung des Emittenten oder seiner Leitungsorganmitglieder befürworten20. Vielfach behandeln sie detailliert die Ausgestaltung der in Betracht kommenden Einzelmerkmale des Haftungstatbestandes.21 Darüber hinaus erarbeitete das Bundesministerium der Finanzen im 14 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002; Beschlüsse des 64. Deutschen Juristentages, Abteilung Wirtschaftsrecht, Ziff. 1.9 ff., NZG 2002, 1006, 1006 f. 15 Ebd. S. 96 ff., 142. 16 Baetge/Lutter (Hrsg.), Abschlussprüfung und Corporate Governance, 2003. 17 Baums/Fischer, in: Festschr. f. Drukarczyk, 2003, S. 37 ff. Vgl. auch Baums, ZHR 167 (2003), 139 ff. 18 Baums/Fischer, a. a. O. (Vornote), S. 51 ff. 19 Sauer, Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, insbes. S. 263 f.; H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161 ff.; Heukamp, ZHR 169 (2005), 471 ff.; besonders ausführlich Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, der eine subsidiäre Wirtschaftsprüferhaftung befürwortet, ebenso wie zuvor bereits Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 276 f. Nann stützt sich ebd. auf den entsprechenden Vorschlag der Groupe d’Etudes des Experts Comptables de la C.E.E., Journal UEC, Supplément à 4/1974, S. 1, 6, die sich dafür auf die im Vergleich zu den Organen der geprüften Gesellschaft nur sekundäre Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers beruft, ebd. S. 2; Vogt, Abschlussprüferhaftung, 2009, S. 97 ff. Bereits zur lex lata Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 544 ff. Rechtspolitisch zurückhaltend Ebke, in: Festschr. f. Yamauchi, 2006, S. 105 ff.; ders., in: Krieger/Schneider, Hdb. Managerhaftung, 2007, § 13, insbes. Rdn. 52. Ferner zum österreichischen Recht W. Doralt, Haftung der Abschlussprüfer, 2005. 20 Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003; Hopt/Voigt, in: dies., Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1, 115 ff. 21 Insbes. Sauer, W. Doralt und Kremer, alle a. a. O. (oben Fn. 19), sowie Dühn, a. a. O. (Vornote).

§ 1 Einleitung

33

Jahr 2004 einen „Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz – KapInHaG)“,22 in dem eine Haftung des Emittenten ebenso wie seiner Organmitglieder für fehlerhafte Kapitalmarktinformation vorgesehen war. Die Haftung sollte bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit eingreifen und in Hinsicht auf die Organmitglieder betragsmäßig beschränkt sein, wobei eine Haftpflichtversicherung nur über einen Selbstbehalt hinaus zulässig wäre. Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers für derartige Kapitalmarktinformationen gegenüber dem Sekundärmarkt war darin nicht enthalten, sondern lediglich eine Ausweitung der Prospekthaftung auf Dritte (einschließlich des Wirtschaftsprüfers), die an der Erstellung von Prospektangaben mitgewirkt und „hierfür im Prospekt ausdrücklich die Verantwortung übernommen“ haben.23 Dieser Entwurf wurde jedoch vor der Befassung der Bundesregierung damit zurückgezogen. Parallel zu diesen Diskussionen und Entwicklungen wurden auf der Ebene der Europäischen Union seit den neunziger Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, um einen Regelungsbedarf im Bereich der Wirtschaftsprüferhaftung beurteilen und darüber entscheiden zu können.24 Ein vorläufiges Ergebnis dieser Bemühungen war die Regelung in Art. 31 der Abschlussprüfungsrichtlinie von 2006, mit welcher der Europäischen Kommission vorgeschrieben wurde, bis zum Anfang des Jahres 2007 einen „Bericht über die Auswirkungen der derzeitigen nationalen Haftungsregelungen für Abschlussprüfungen auf die Europäischen Kapitalmärkte und auf die Versicherungsbedingungen für Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften einschließlich einer objektiven Analyse der Begrenzungen für finanzielle Haftungen“ vorzulegen. Zudem wurde der Kommission anheimgestellt, auf dieser Grundlage „Empfehlungen“ an die Mitgliedstaaten zu richten. Diese überaus zurückhaltende Regelung in der Abschlussprüfungsrichtlinie bedeutet negativ, dass eine Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten wie Kapitalanlegern, zumindest in seiner Funktion als Abschlussprüfer im Anwendungsbereich der Richtlinie, und damit ein innerhalb der Europäischen Union einheitlicher Haftungsstandard weiterhin nicht gefordert wird. Auf Grundlage einer Studie des Beratungsunternehmens London Economics, welche die Europäische Kommission zur Vorbereitung ihres Berichts in Auftrag gegeben hatte,25 und einer Konsultation betroffener Kreise hat die Kommission letztlich eine ,Empfehlung‘ an die Mitgliedstaaten ausgesprochen. Danach soll die Schadensersatzhaftung des Abschlussprüfers börsennotierter Gesellschaften gegenüber dieser und gegenüber Dritten begrenzt werden, wobei die nähere Ausgestaltung 22

Abgedruckt nebst Begründung in NZG 2004, 1042 ff. Siehe § 44a BörsG-E des DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1043 f., dazu krit. Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff. 24 Übersichtlich dargestellt von Ebke, in: Festschr. f. H. P. Westermann, 2008, S. 873 ff. 25 Vgl. London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006. 23

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§ 1 Einleitung

einer solchen Begrenzung den Mitgliedstaaten überlassen bleibt.26 Begründet wird die Empfehlung mit dem Anliegen, die Versicherbarkeit der Haftung zu erhalten und den Neueintritt weiter Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den internationalen Wirtschaftsprüfungsmarkt nicht zu erschweren.27 Vor dem Hintergrund der skizzierten Diskussion befasst sich die vorliegende Arbeit mit den konzeptionellen Grundfragen einer Wirtschaftsprüferhaftung. Ausgehend von dem Gegenstand der Wirtschaftsprüfungstätigkeit und den Grenzen, die das geltende Recht der Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten zieht, wird zunächst untersucht, welche Aussagen und Schlussfolgerungen aus einer rechtsvergleichenden Betrachtung des US-amerikanischen Referenzmodells einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung möglicherweise gewonnen werden können. Außerdem werden die ökonomischen Bestimmungsfaktoren, die eine maßgebliche Grundlage für die Verfolgung von Steuerungszwecken durch eine Haftungsnorm bilden, und die normativen oder rechtssystematisch-dogmatischen Rahmenbedingungen und Anforderungen in den Blick genommen, wobei sich allgemein haftungsrechtliche und speziell kapitalmarktrechtliche Aspekte unterscheiden lassen. Gerade wenn der rechtsvergleichende Zugriff im Vordergrund steht, werden Fragen der Zwecktauglichkeit und, noch grundlegender, der jeweils verfolgten Zwecke oder bestimmenden Gründe leicht übergangen. Ob die Rechtsvergleichung, die sich in vielen Aspekten des Kapitalmarktrechts als ertragreich und weiterführend erwiesen hat, hierzu (und damit letztlich zum inneren Zusammenhang und zur Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung) etwas beitragen kann, mag man allerdings bezweifeln. Dem wird für das hier behandelte Thema ebenfalls nachgegangen. Das allgemeine Verständnis kapitalmarktrechtlicher Normen als Regulierungsinstrumente, das der Beeinflussung künftigen Verhaltens der Marktteilnehmer dient, legt es nahe, auch Haftungsvorschriften unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Um dabei idealerweise zu einem rational nachvollziehbaren Urteil im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Effizienz zu gelangen, ist wie angedeutet auf ökonomische Modellvorstellungen zurückzugreifen. Es genügt jedoch nicht, ausschließlich oder vornehmlich den Wirkungsmechanismen der Kapitalmarktinformation selbst nachzugehen und sie darzulegen, wie dies häufiger geschieht. Vielmehr kommt es darauf an, die mit ihnen korrespondierenden Haftungsnormen (hier de lege ferenda) zu untersuchen und auf sie bezogene (rechts-)ökonomische Ansätze und Modelle heranzuziehen. Rasch zeigt sich dann, dass es besonders auf scheinbar nachgelagerte Einflussfaktoren wie die Haftpflichtversicherung oder nichtfinanzielle Folgen ankommt.

26 27

Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. Ebd., 2. und 3. Erwägungsgrund.

§ 1 Einleitung

35

Erst wenn versucht wurde, die ökonomische Analyse in dieser Weise auszuschöpfen, lässt sich beurteilen, ob darin aus rechtlicher Sicht ein gangbarer Weg der Konkretisierung und Rationalisierung in der rechtspolitischen Frage nach der Wirtschaftsprüferhaftung liegt. Dabei stellt sich die zweifache Aufgabe, zum einen den Anforderungen, die sich insbesondere aus den Zwecken oder Funktionen kapitalmarktrechtlicher Regulierung ergeben, und zum anderen den Anforderungen, die allgemein an die Begründung und Zwecksetzung der Schadensersatzhaftung zu stellen sind, gleichermaßen gerecht zu werden. Insofern sind die Befunde, die sich in rechtsvergleichender und ökonomischer Hinsicht ergeben, mit der Frage nach der normativen Fundierung sowohl der kapitalmarktrechtlichen Funktionen als auch der Verhaltenssteuerung durch Haftungsrecht zu verbinden. Dafür sind Maßstäbe zu ermitteln, anhand deren ein Urteil über die ,Systemgerechtigkeit‘ einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung gefällt werden kann. Neben dem Zusammenhang des allgemeinen bürgerlichen Rechts und des Kapitalmarktrechts werden dafür auch europarechtliche Vorgaben zu beachten sein. Diese konzeptionelle Analyse soll sich nicht auf die Wirtschaftsprüferhaftung schlechthin erstrecken, sondern enger und spezifischer auf eine Haftung des Wirtschaftsprüfers im Bereich des regulierten Kapitalmarktes (im Gegensatz zum nichtregulierten sogenannten grauen Kapitalmarkt28) gegenüber Anlegern wegen Fehlinformationen im Rahmen der laufenden, an den Sekundärmarkt gerichteten Publizität. Insofern wird auf die Gegebenheiten der Prospekthaftung, die den Primärmarkt betreffen, nur insoweit eingegangen, als Parallelen mit dem Gegenstand dieser Untersuchung oder Unterschiede zu erörtern sind. Dadurch, dass der Gegenstand dieser Untersuchung weitgehend in einer rechtspolitischen Frage besteht, sind dem aus wissenschaftlich-juristischer Sicht zu leistenden Beitrag äußere Grenzen gesetzt. Es dürfte nicht zu bestreiten sein, dass es weitgehend im Ermessen des Gesetzgebers steht, eine Haftungsregelung einzuführen, ohne dass er in Hinsicht auf das Ob und Wie dieser Entscheidung ebenso wie in Hinsicht auf seine Motive auf einengende verfassungsrechtliche Anforderungen stieße. Insofern kann die frei wertende, eigentlich politische Komponente der rechtspolitischen Entscheidung nicht mit wissenschaftlichem Anspruch determiniert werden. Zu dieser Komponente gehört auch der Einfluss von Zeitströmungen, der sich in der Ausgestaltung des Haftungsrechts zeigen kann. Soweit die gesetzgeberische Entscheidung überhaupt von faktischen Umständen abhängen sollte, kommt die Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers hinzu, so dass Zweifel oder Gegenindizien aus der Empirie einer verfassungsgemäßen Gesetzgebung nicht entgegenstehen.

28 Ausschließlich dazu Straßer, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2003. Zur Kapitalmarktinformationshaftung in diesem Bereich auch Zimmer/Cloppenburg, ZHR 171 (2007), 519 ff.

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§ 1 Einleitung

Dennoch sind nicht alle von diesem weit gesteckten Rahmen umfassten gesetzgeberischen Entscheidungen aus juristischer Sicht als gleichwertig anzusehen. Den Maßstab für ein solches Urteil gibt vor allem das geltende Recht, in das eine gesetzgeberische Neuregelung eingreifen und in das sie sich einfügen würde. Die Orientierung am Vorfindlichen bedeutet vornehmlich eine Orientierung an den Prinzipien, der Systematik und der Teleologie der betreffenden Elemente der Rechtsordnung. Konkretere Anforderungen ergeben sich aus den entsprechenden Rechtsinstituten. Die juristische Betrachtung wird in Hinsicht auf mögliche Realziele der Wirtschaftsprüferhaftung durch den ökonomisch-theoretischen Ansatz ergänzt. Da diese Ziele eine normative Legitimation voraussetzen, ergibt sich eine Wechselwirkung zwischen dem Anspruch, der mit solchen Zielen erhoben wird, und den Möglichkeiten und Grenzen ihrer Verwirklichung, über welche die ökonomische Analyse Aufschluss geben will. Für die Behandlung des vorliegenden Themas kommt es somit immer wieder auf die innere Folgerichtigkeit und die Kohärenz der zunächst für sich stehenden Einzelaspekte an, so dass die anstehende rechtspolitische Frage geradezu unter dem Gesichtspunkt der ,Rechtsfortbildung durch den Gesetzgeber‘ betrachtet wird. Dadurch wird auch der Gefahr begegnet, das Anschauungsmaterial, das sich der Rechtsvergleichung bietet, sogleich in Einzelmerkmale einer vorgeschlagenen Haftungsnorm umzusetzen, diese Einzelmerkmale isoliert zu diskutieren und grundlegende Fragen zu übergehen oder allenfalls en passant zu behandeln.

II. Gang der Untersuchung Die Untersuchung der Wirtschaftsprüferhaftung setzt die Erfassung ihres Gegenstandes voraus, um ermitteln zu können, inwieweit sich Folgerungen oder Vorgaben dieser ,Primärebene‘ für die Begründung oder den Umfang von Schadensersatzansprüchen ergeben. Diesem Zweck dient das erste Kapitel. Darin wird zunächst auf die kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität, auf die sich die Wirtschaftsprüfertätigkeit bezieht, insbesondere auf Funktionen und Wirkungen, die den Kapitalanleger betreffen, eingegangen. Eigentlicher Gegenstand der Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Kapitalanleger sind die Prüfungstätigkeit und die Verlautbarung des Prüfungsergebnisses, die vor allem durch den Bestätigungsvermerk erfolgt. Deren Erscheinungsformen und Funktionen sind daher mit Blick auf die Haftungsfrage ebenfalls zu ermitteln. Anschließend wird im zweiten Kapitel untersucht, wie weit die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Kapitalanlegern bereits nach dem geltenden Recht reicht. Daraus ergibt sich, in welchem Umfang die Einführung einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung eine Rechtsänderung bedeuten würde. Exemplarisch ist dabei auf Ansätze einzugehen, die schon im Wege der Auslegung oder der richterlichen Rechtsfortbildung zu einer Erweiterung der Wirt-

§ 1 Einleitung

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schaftsprüferhaftung gelangen wollen. Eingehend werden entsprechende Interpretationen des § 311 Abs. 3 BGB behandelt. Das dritte Kapitel nimmt das US-amerikanische Recht als das maßgebende Referenzmodell für eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung in den Blick. Zwar gehören die entsprechenden Vorschriften der § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 vermutlich zu den am häufigsten rechtsvergleichend untersuchten Normen ausländischen Rechts. Doch nur selten liegt der Schwerpunkt solcher Untersuchungen gerade auf der Haftung des Wirtschaftsprüfers; zudem hat die dortige Rechtsprechung die Rechtsentwicklung in den letzten Jahren besonders beeinflusst. Das Bestreben dieses Kapitels ist es, über die bloße Darlegung der US-amerikanischen Rechtslage hinaus die funktionale Vergleichbarkeit der Normen in ihrer praktischen Anwendung mit einer lex ferenda hierzulande zu untersuchen. Weitere mögliche Schlussfolgerungen in Richtung auf die Bedeutung des US-amerikanischen Rechts als Vorbild oder international erwarteter Standard werden erörtert. Auf dieser Grundlage wendet sich das vierte Kapitel den ökonomischen Bestimmungsfaktoren einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung zu. In diesem Rahmen werden mit der Präventivwirkung ein zentrales Argument der rechtspolitischen Diskussion aufgegriffen und zugleich reale Grundlagen für die anschließenden konzeptionellen Erörterungen geschaffen. Wie schon angedeutet, kann sich die Analyse nicht auf die Haftungsnorm als solche und somit auf die rechtliche Kategorie, an die angeknüpft wird, beschränken, sondern muss insbesondere die Einflüsse von Haftpflichtversicherung und nichtfinanziellen Wirkungsmechanismen einbeziehen. Die normativ geprägte Frage, wie sich eine auf reale Zwecke oder bestimmte Haftungsgründe gestützte kapitalmarktbezogene Haftung des Wirtschaftsprüfers rechtfertigen lässt, wird sodann mit Bezug auf die bis dahin erzielten Ergebnisse der Untersuchung im fünften Kapitel erörtert. Dabei wird zunächst auf die traditionelle Anschauung eingegangen, wonach die Wirtschaftsprüferhaftung auf nicht kapitalmarktspezifische Ansatzpunkte zu stützen wäre, insbesondere die Eigenheiten der Berufstätigkeit, Parallelen zur Notarhaftung oder eine Ausweitung der außervertraglichen Produkthaftung. Der Einordnung der Wirtschaftsprüferhaftung in das Kapitalmarktrecht wird anschließend dadurch Rechnung getragen, dass die ihm eigenen Ziele des Funktionen- und Individualschutzes auf eine solche denkbare Schadensersatzhaftung bezogen werden. Da die außervertragliche Schadensersatzhaftung im Kapitalmarktrecht bisher, vom Sonderfall der Prospekthaftung abgesehen, keine besondere Relevanz für diese Zielbestimmung hatte, bedarf es vor allem einer genaueren Untersuchung und Konkretisierung des Individualschutzziels. Weder die häufig anzutreffende zirkuläre Gleichsetzung dieses Ziels mit dem Mittel der Haftungsnorm noch seine Unterordnung unter den gesamtwirtschaftlich ausgerichteten Funktionenschutz vermögen im Rahmen einer dualistisch verstandenen Zielkonzeption zu befriedigen. Die in der

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§ 1 Einleitung

Diskussion oftmals hervorgehobene Bedeutung der Prävention und des Funktionenschutzes durch eine Wirtschaftsprüferhaftung ist darüber hinaus zugleich mit dem Haftungsrecht im Allgemeinen abzustimmen. Hierzu sind, ausgehend von dem klassischen Verständnis des geltenden bürgerlichen Rechts, auch neuere Deutungsmöglichkeiten zu erwägen. Vor allem gilt dies für entsprechende Anforderungen, die sich aus dem europäischen Recht ergeben, zumal es auch auf die Wirtschaftsprüferhaftung Zugriff nimmt. Einigen grundsätzlicheren Fragen über die Vereinbarkeit des Präventivzwecks mit dem Recht der Schadensersatzhaftung kann abschließend nicht ausgewichen werden. Nach dem fünften Kapitel werden die wesentlichen Schlüsse zusammen mit den Einzelergebnissen und einem Ausblick zusammengefasst.

Erstes Kapitel

Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität und die darauf bezogene Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers Die Haftung des Wirtschaftsprüfers im Verhältnis zu Kapitalanlegern als Dritten knüpft an das bestätigende Ergebnis seiner Prüfungstätigkeit an, das ihnen gegenüber verlautbart wird. Der Bestätigungsvermerk entfaltet seine Wirkungen dabei nicht durch seinen Inhalt selbst, sondern dadurch, dass er auf den mit ihm verbundenen Abschluss verweist und diesen als nach Maßgabe der Rechnungslegungs- und Prüfungsanforderung zutreffend ausweist. Erster Ansatzpunkt für die Diskussion und Entwicklung einer Haftungsregelung ist daher auch bereits die kapitalmarktbezogene Unternehmenspublizität als inhaltlicher Bezugspunkt der nach außen gerichteten Wirtschaftsprüfertätigkeit. Zentrale Bedeutung kommt hierbei dem jährlichen Abschluss in seinen einzelnen Ausprägungen zu; doch steht dieser gerade aus Sicht der Kapitalanleger nicht für sich allein, sondern ist im Zusammenhang mit den anderen Publizitätselementen zu sehen. Mit Blick darauf stellt sich die Frage nach den Funktionen und Wirkungen dieser Unternehmenspublizität, und zwar unter dem Gesichtspunkt, ob und gegebenenfalls inwieweit sich hieraus Folgerungen für an sie anknüpfende Haftungsfolgen ableiten lassen. Der Bestätigungsvermerk ist außerdem, wie jedes verlautbarte Ergebnis der Wirtschaftsprüfertätigkeit, das Ergebnis eines Prüfungsvorgangs, der seinerseits Regeln unterliegt. Der in Bezug genommene Abschluss wird deswegen nicht schlechthin als richtig bestätigt, sondern nur insoweit, als seine Richtigkeit nach ordnungsgemäßer Durchführung der Prüfung erweislich war. In diesem Zusammenhang ist zu fragen, wie sich Haftungsfolgen zur Eigenart und zu anderen Wirkungen und Funktionen des Bestätigungsvermerks verhalten.

§ 2 Die kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit Um die Bedeutung des bestätigten jährlichen Abschlusses für die Kapitalanleger als Grundlage einer Wirtschaftsprüferhaftung beurteilen zu können, sind nicht nur dessen jeweilige kapitalmarktrelevante Ausprägungen aufzuzeigen.1 1 Vgl. auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 226, 295, der die Bedeutung einer „Primärdogmatik“, die sich mit der Erfassung des Tatbestands der Publizität be-

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Entscheidend ist auch, sie in ihrem Zusammenhang mit weiteren Elementen der kapitalmarktrechtlichen Publizität zu sehen, die durch die Gesetzgebung der letzten Jahre zunehmend zu einem aufeinander abgestimmten System der Kapitalmarktpublizität entwickelt worden sind. Zielrichtung und Funktionen dieser Publizitätselemente, die sich in verschiedener Weise rechtlich und ökonomisch beschreiben lassen, sind sodann darauf zu untersuchen, ob und inwieweit sie einen Ansatz zum Weiterdenken in Richtung auf Haftungsfolgen bieten.

I. Elemente der Publizität Das entstandene System der kapitalmarktbezogenen Publizität beruht auf einer Ergänzung und Weiterentwicklung der zunächst allein dem allgemeinen Handelsrecht angehörenden Rechnungslegungsregeln und Publizitätsvorschriften. Das Ergebnis dieser gesetzgeberischen Fortentwicklung der Unternehmenspublizität soll – als Grundlage für die daran anknüpfenden funktionsbezogenen Erörterungen – kurz dargelegt werden. 1. Jahresabschluss, Konzernabschluss und Entsprechenserklärung Die handelsrechtliche Pflicht zur Offenlegung gemäß § 325 Abs. 1 HGB bezieht sich zunächst auf den Jahresabschluss, den ein Kaufmann gemäß §§ 242 ff. HGB aufzustellen hat, sowie auf den Lagebericht der Kapitalgesellschaften und der Personengesellschaften ohne natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter gemäß §§ 264, 264a HGB.2 Zur Offenlegung sind nur Kapitalgesellschaften und die genannten gleichgestellten Personengesellschaften verpflichtet, so dass diese Offenlegungspflicht grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes von der Rechtsform abhängt. Inhaltlich unterschiedliche Anforderungen an die offenzulegende Rechnungslegung werden dabei von unterschiedlichen Größenklassen gemäß § 267 HGB abhängig gemacht.3 fasst, gegenüber der vorherrschenden Konzentration auf die sanktions- und haftungsbezogene „Sekundärdogmatik“ herausstellt. Veil, ZHR 167 (2003), 365, 399, 402 betont, es komme für die Haftungsfolgen auf die durchaus verschiedenen Auswirkungen der einzelnen Arten der Kapitalmarktinformation an. 2 §§ 325, 328, 264a HGB. Die Offenlegungspflicht der Kapitalgesellschaften geht auf Art. 47 ff. der Jahresabschlussrichtlinie von 1978 zurück, umgesetzt durch das BilRiliG von 1985. Weniger weitgehend 1968 bereits Art. 2 Abs. 1 Bst. f) der Publizitätsrichtlinie; vgl. dazu Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2006, § 5 Rdn. 15, § 8 Rdn. 34 f. Die Einbeziehung der betreffenden Personengesellschaften beruht auf der GmbH und Co.-Richtlinie von 1990, umgesetzt durch das Kapitalgesellschaften-&-Co.Richtlinie-Gesetz vom 24.2.2000, BGBl. I S. 154; vgl. Staub/Hüttemann, HGB, § 264a Rdn. 3–5; Zimmer/Eckhold, NJW 2000, 1361 ff. 3 Vergleichbare Größenkriterien sind auch maßgebend für die Unternehmenspublizität anderer Unternehmensträger als Kapitalgesellschaften, wie sich aus dem Publizitätsgesetz ergibt, vgl. §§ 9, 15 PublG. Besonderes gilt auch für Kredit- und Finanzdienstleis-

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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Die in ihrer ursprünglichen Anlage kapitalmarktneutralen Regeln über die Offenlegung des Jahresabschlusses sind inzwischen jedoch in einzelnen Punkten an die Inanspruchnahme des regulierten Kapitalmarktes angepasst worden: Kapitalgesellschaften, deren Wertpapiere an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG zugelassen sind, gelten gemäß § 267 Abs. 3 Satz 2 HGB unabhängig von den Größenmerkmalen als „große“, wofür die weitestgehenden handelsrechtlichen Rechnungslegungs- und Offenlegungsgebote gelten. Durch das Bilanzrechtsreformgesetz ist Kapitalgesellschaften seit 2005 außerdem gemäß § 325 Abs. 2a HGB die Möglichkeit gegeben worden, die Offenlegung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses weitgehend durch einen nach den Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS4 erstellten „Einzelabschluss“ zu ersetzen. Dadurch trägt der Gesetzgeber dem Informationszweck der Rechnungslegung besonders Rechnung und kommt Gesellschaften entgegen, die eine internationale Vergleichbarkeit ihrer Abschlüsse erreichen oder den Kapitalmarkt in Anspruch nehmen wollen.5 Konsolidiert und vertieft wird diese Entwicklung durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz. Um die inzwischen zahlreichen Sonderregelungen für Kapitalgesellschaften, deren Wertpapiere an einem organisierten Markt zugelassen sind oder werden sollen, einfacher zu fassen, werden diese gemäß § 264d HGB gesetzlich als „kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften“ definiert. Die Rechnungslegung und Offenlegung auch in Gestalt des Jahres-Einzelabschlusses kapitalmarktorientierter Kapitalgesellschaften wird den entsprechenden Anforderungen an die Konzernrechnungslegung gemäß § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB dadurch angepasst, dass sie um eine Kapitalflussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel zu ergänzen ist. Die Konzernrechnungslegung, die allein auf die Offenlegung gerichtet ist, hat bei kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften bereits seit 2005 allein nach den Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS zu erfolgen, wie sich aus Art. 4 der IAS-Verordnung ergibt, auf den § 315a Abs. 1 und 2 HGB Bezug nimmt.6 Andere Mutterunternehmen eines Konzerns haben gemäß § 315a Abs. 3 HGB das Wahlrecht, ihre Konzernbilanz nach diesen Standards aufzustellen, anstatt die handelsrechtlichen der §§ 294 ff. HGB heranzuziehen. Als ein weiteres Publizitätselement ist die zu veröffentlichende Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex durch § 161 AktG in das tungsinstitute sowie Versicherer und Pensionsfonds, vgl. etwa §§ 340 ff., 340l bzw. §§ 341 ff., 341l HGB. 4 Zu dem Bestand an gebilligten Rechnungslegungsstandards siehe die Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 späteren Änderungen und Ergänzungen. 5 Vgl. Begr. RegE BilReG, BT-Drucks. 15/3419, S. 46. Art. 5 Bst. a) der IAS-Verordnung räumt den Mitgliedstaaten ein Wahlrecht dahin ein, die Aufstellung auch der Einzelabschlüsse nach den IAS/IFRS entweder zu gestatten oder vorzuschreiben. 6 Zur insoweit neuen Rechtslage Hüttemann, BB 2004, 203 ff.; Peemöller/Oehler, BB 2004, 539 ff.; dies., BB 2004, 1158 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Aktienrecht eingeführt worden. Die Regelung begründet nach ihrem Anwendungsbereich und dem Inhalt des Kodex eine rechtsformbezogene Veröffentlichungspflicht, die sich allerdings zugleich auf kapitalmarktorientierte Gesellschaften im weiteren Sinne7 beschränkt. Als Element der stärkeren Ausrichtung des Aktienrechts an der Stellung des Aktionärs als Kapitalmarktteilnehmer zeigt sich auch daran die zunehmende Berücksichtigung der Kapitalmarktorientierung für die im handels- und gesellschaftsrechtlichen Zusammenhang geregelte Unternehmenspublizität. Ergänzt wird diese Regelung durch das Bilanzmodernisierungsgesetz, dadurch dass gemäß § 289a HGB den bereits von § 161 AktG erfassen Aktiengesellschaften vorgeschrieben wird, eine „Erklärung zur Unternehmensführung“ abzugeben. Sie kann als Teil des Lageberichts oder auf einer Internetseite der Gesellschaft gesondert veröffentlicht werden und nimmt die Entsprechenserklärung in sich auf.8 2. Ergänzende kapitalmarktrelevante Publizitätselemente Die im Ansatz kapitalmarktrechtliche Publizität ist dadurch gekennzeichnet, dass sie unabhängig von der Rechtsform an die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes anknüpft, insbesondere an die Zulassung der ausgegebenen Finanzinstrumente zu einem organisierten Markt. Der Publizitätsverpflichtete wird demgemäß durch das Gesetz als „Emittent“ angesprochen. Eine Abstufung der Publizitätspflichten ergibt sich vor allem nach unterschiedlichen Marktsegmenten.9 Als eigenständiges kapitalmarktrechtliches Publizitätsmittel ist zunächst der Zulassungsprospekt durch das Börsengesetz von 1896 in Verbindung mit der BörsZulV normiert worden. Die laufende Publizität beschränkte sich anfänglich im Wesentlichen auf das Gebot, die nach Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ohnehin aufzustellenden Jahresabschlüsse auch dem Anlegerpublikum zugänglich zu machen (vgl. §§ 39 Abs. 1 Nr. 3, 54 BörsG a. F. i.V. m. § 65 BörsZulV a. F.). Daneben waren bestimmte andere, einzeln aufgezählte Ereignisse oder Veränderungen in Börsenpflichtblättern zu veröffentlichen, etwa die Einberufung der Hauptversammlung und die jeweiligen Dividenden (vgl. §§ 63 ff. BörsZulV a. F.). Mit der Einführung der Pflicht zur Ad-hoc-Publizität im amtlichen Handel und geregelten Markt (inzwischen börsenrechtlich zusammengefasst als „regulierter Markt“)10 begannen der Ausbau und die Vervollständigung der kapitalmarktbezo-

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Vgl. § 161 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG. Zugrunde liegt dieser Neuregelung Art. 46a der Jahresabschlussrichtlinie i. d. F. der Abänderungsrichtlinie. 9 Dazu verallgemeinernd Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 358 ff.: Intensität und Umfang der Marktinanspruchnahme als Kriterium für das Ausmaß der Publizitätspflichten. 8

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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genen Publizität durch die Gesetzgebung, maßgebend veranlasst durch europäisches Richtlinienrecht. Praktische Bedeutung erlangte die Ad-hoc-Publizität, nachdem sie im Rahmen der Umsetzung der Insiderrichtlinie in § 15 WpHG aufgenommen worden war.11 Durch das Gebot der zeitnahen Veröffentlichung und die Anknüpfung an das materiell-abstrakte Kriterium der Kurserheblichkeit der Information zielt die Regelung darauf ab, alle Marktteilnehmer fortdauernd mit den für sie jeweils wesentlichen unternehmensbezogenen Informationen zu versorgen. Damit ist auch rechtlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Anlegerschaft mit ihrem Bedürfnis nach bewertungsrelevanter Information – abgesehen von freiwilliger Publizität – nicht allein auf den periodischen Jahresabschluss verwiesen werden sollte.12 Der Ausbau eines kapitalmarktrechtlichen – also rechtsformunabhängigen, allein von der Inanspruchnahme bestimmter Marktsegmente abhängigen – Informationssystems ist auch sonst weiter fortgeschritten. So sind gemäß §§ 21 ff. WpHG bestimmte Veränderungen von Stimmrechtsanteilen dem Emittenten mitzuteilen und von diesem zu veröffentlichen. Für Aktiengesellschaften treten diese Regeln gemäß § 20 Abs. 8 AktG an die Stelle der konzernrechtlichen Pflicht zur Veröffentlichung von Beteiligungsveränderungen.13 Durch das Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (TUG) sind Emittenten außerdem in den §§ 37v–37z WpHG verpflichtet worden, einen Jahresfinanzbericht, einen Halbjahresfinanzbericht und sonst am Quartalsende eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung zu veröffentlichen.14 Die Veröffentlichung eines Jahresfinanzberichts, dessen Inhalt dem der handelsrechtlichen Jahres- beziehungsweise Konzernabschlusspublizität entspricht, wird allerdings gemäß § 37v Abs. 1 Satz 1 WpHG durch diese ersetzt. Der Halbjahresfinanzbericht tritt an die 10 Assmann/Schneider, WpHG, § 2 Rdn. 158 ff.; KMRK/Kumpan, § 2 WpHG Rdn. 118 ff. Dies entspricht Art. 6 Abs. 1 i.V. m. Art. 9 Abs. 3 Marktmissbrauchsrichtlinie. Die Ausnahme des Freiverkehrs ist nunmehr eindeutig; bestritten wurde sie in Bezug auf Art. 7 der Insiderrichtlinie von 1993, etwa bei Schäfer/Hamann/Geibel, Kapitalmarktgesetze, § 15 WpHG Rdn. 21; Burgard, ZHR 162 (1998), 51, 58; Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 151. Anders insoweit mit Recht KMRK/Zimmer/Kruse, § 15 WpHG Rdn. 28 m.w. Nachw. Zum Anwendungsbereich der Neuregelung Grimme/Buttlar, WM 2003, 901, 906 f. 11 Zur Rechtsentwicklung im Überblick KMRK/Zimmer/Kruse, § 15 WpHG Rdn. 1 ff. 12 Die im 24. Erwägungsgrund der inzwischen zugrundeliegenden Marktmissbrauchsrichtlinie betonte Funktion der Ad-hoc-Publizität als insiderrechtliche Präventivmaßnahme durch Abbau von Informationsungleichheiten in der Anlegerschaft lässt sich von dem Anliegen zeitnaher Information nicht trennen, denn gerade durch sie wird der Präventiveffekt erreicht. Vgl. auch Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rdn. 7; Schäfer/ Hamann/Geibel, Kapitalmarktgesetze, § 15 WpHG Rdn. 1. Ferner KMRK/Zimmer/ Kruse, § 15 WpHG Rdn. 7: Beitrag zur raschen Bildung „realistischer“ Preise. 13 Zu deren Einordnung BGHZ 114, 203, 215; MünchKomm-AktG/Bayer, § 20 Rdn. 1 m.w. Nachw. 14 Zu den Neuregelungen im Überblick Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1652 f.; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 2008, § 33 Rdn. 229 ff.; Hutter/Kaulamo, NJW 2007, 471 ff., 550 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Stelle des zuvor für den amtlichen Markt obligatorischen Zwischenberichts gemäß § 40 Abs. 1 BörsG a. F. in Verbindung mit §§ 53 ff. BörsZulV a. F.15 und besteht in einem verkürzten Abschluss. Die verpflichtenden Zwischenmitteilungen zum Quartalsende, die durch einen ausführlicheren Quartalsfinanzbericht ersetzt werden können, erweitern die Regelpublizität für das gesamte Segment des organisierten Marktes. Vor dieser Neuregelung sah die BörsO FWB lediglich für den Teilbereich Prime Standard des amtlichen und geregelten Marktes eine Pflicht zur Ausgabe von Quartalsmitteilungen vor.16 Insgesamt haben der Ausbau und die Vervollständigung der kapitalmarktrechtlichen Publizität also nur in einzelnen Hinsichten Auswirkungen auf Menge und Inhalt der zur Verfügung gestellten Information. Festzustellen sind daneben Überlagerungen der Regelungsbereiche des Kapitalmarktrechts einerseits und des Handelsrechts andererseits, wobei die Ausweitung des kapitalmarktbezogenen Regelungsansatzes zeigt, dass der deutsche und europäische Gesetzgeber diesem zunehmend Gewicht verleiht. Ein weiteres bedeutsames Feld für die kapitalmarktrelevante Publizität ist das Übernahmerecht.17 Im Zusammenhang mit einem Erwerbs- oder Übernahmeangebot, mithin anlassbezogen, sind Bieter beziehungsweise Zielgesellschaften zu Veröffentlichungen insbesondere der Angebotsbedingungen und einer Stellungnahme verpflichtet. Neben der gesetzlich angeordneten Publizität steht die freiwillige zusätzliche Information des Publikums oder bestimmter Kreise, etwa durch Analystenveranstaltungen oder Aktienpräsentationen.18 Freiwillige Kapitalmarktinformation kann auch darin bestehen, dass zwingend nur für einen engeren Adressatenkreis, etwa die Gesellschafter, zugängliche Informationen darüber hinaus dem Publikum bekannt gemacht werden. Dies gilt etwa für die Darlegungen von Vorstand und Aufsichtsrat in der aktienrechtlichen Hauptversammlung (vgl. §§ 118 Abs. 2, 171 Abs. 2 Satz 1, 131 AktG). Gesetzlich ist die Information in der Hauptversammlung als Willensbildungsorgan der Gesellschaft19 darauf ausgerichtet, dem Aktionär die sachgerechte Beteiligung an der Willensbildung zu ermöglichen.20 Darüber hinaus erleichtert die Hauptversammlungspublizität dem Aktionär, über 15

Dazu Zietsch/Holzborn, WM 2002, 2356 ff., 2393 ff. Die börsenautonome Statuierung zusätzlicher Zulassungsfolgepflichten in Teilbereichen des amtlichen und geregelten Marktes hat das 4. FMFG von 2002 durch §§ 42, 54 BörsG a. F. ermöglicht. Dazu Schlitt, AG 2003, 57 ff.; Gebhardt, WM 2003, Sonderbeilage Nr. 2, S. 3 ff.; Hammen, WM 2003, 997, 1002; Fenchel, DStR 2002, 1355, 1356; Schlitt, AG 2003, 57, 59 f. 17 Zu Informationspflichten nach dem WpHG in Übernahmesituation Assmann, ZGR 2002, 697, 711 ff. 18 Vgl. Merkt, RabelsZ 64 (2000), 517 ff. 19 Vgl. § 118 Abs. 1 AktG; MünchKomm-AktG/Kubis, § 118 Rdn. 1, 9. 20 Begr. RegE zu § 131 AktG 1965 bei Kropff, S. 184; ausführlich Großkomm-AktG/ Decher, § 131 Rdn. 5 ff.; MünchKomm-AktG/Kubis, § 131 Rdn. 1. 16

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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die eventuelle Veräußerung seiner Aktien zu entscheiden; diese Publizitätswirkung geht über die Förderung der innergesellschaftlichen Willensbildung hinaus, lässt sich von ihr aber nicht trennen.21 Teilweise wird die Hauptversammlung nicht nur als Gesellschaftsorgan gesehen, sondern mit ihren Teilnehmern auch als Repräsentant des Anlegerpublikums, das insofern ebenfalls Adressat der in der Hauptversammlung gegebenen Informationen sei und deren Kapitalmarktbezug begründe.22 Damit wird die Praxis börsennotierter Gesellschaften beschrieben, ihre Hauptversammlungen bewusst darauf auszurichten, sich auch mit Hilfe der Presseberichterstattung einem breiteren Publikum einschließlich potentieller Anleger darzustellen. Allerdings rechtfertigt es dieser Befund nicht, die Hauptversammlungspublizität bereits als Teil der kapitalmarktrechtlichen Publizität anzusehen. Das Öffentlichwerden der Information in der Hauptversammlung hat der Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Verhältnisse zwar vorhergesehen und einkalkuliert,23 aber nicht zu einem Prinzip der aktienrechtlichen Regelungen gemacht.24 Soweit die Hauptversammlungspublizität mit Bedacht nicht auf den Kreis der Hauptversammlungsteilnehmer beschränkt wird, handelt es sich daher nur um einen gewöhnlichen Fall der freiwilligen Kapitalmarktpublizität.25

II. Funktionen Funktionen der Rechnungslegung (einschließlich ihrer Offenlegung) und sonstiger veröffentlichter Information lassen sich zunächst normativ als Zielrichtung der betreffenden Regeln erfassen. Dafür können die Rechnungslegungsstandards, die Adressaten der veröffentlichten Information und das jeweils zu ihnen bestehende rechtliche Verhältnis relevant sein. Außerdem können Funktionen als (nachweisbare oder ökonomisch-theoretisch begründbare) tatsächliche Auswirkungen der Publizität erscheinen, wobei es insbesondere auf den Zusammenhang der Information mit dem Kurs des Finanzinstruments ankommt.

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So Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 260. Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 260 ff.; ders., RabelsZ 64 (2000), 417, 526 f.; Hopt, Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 309, 334, 459; Möllers, ZGR 1997, 334, 340; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 1995, S. 79 f.; Franken/Heinsius, in: Festschr. f. Budde, 1995, S. 213, 217 f. 23 So etwa bei den Auskunftsverweigerungstatbeständen gemäß § 131 Abs. 3 AktG, insbes. Satz 1 Nr. 1. Eine – kaum sachdienliche – förmliche Verschwiegenheitspflicht, die der des § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG vergleichbar wäre, besteht nicht. 24 Ebenso Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 767 f. 25 Vgl. auch die überwiegend verneinte Frage, ob eine Pflicht zur Zulassung interessierter Pressevertreter besteht: MünchKomm-AktG/Kubis, § 118 Rdn. 7; GroßkommAktG/Mülbert, § 118 Rdn. 74. 22

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

1. Relevanz der Rechnungslegungsstandards für die Zielrichtung der publizierten Rechnungslegung Die in der neueren Rechtsetzung in den Vordergrund tretende Rechnungslegung nach den internationalen Standards IAS/IFRS führt zu der Frage, ob bereits die jeweiligen Rechnungslegungsstandards die Zielrichtung der von ihnen betroffenen Elemente der Unternehmenspublizität festlegen und inwieweit sich aus der jüngeren Rechtsentwicklung eine veränderte Interessenbewertung ableiten lässt, die sich gewissermaßen in Haftungsregelungen fortsetzen könnte. Das handelsrechtliche Bilanzrecht mit seinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung war bislang bekanntermaßen wesentlich vom Prinzip des Gläubigerschutzes geprägt, aus dem sich vor allem das Vorsichtsprinzip (so in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB), die vornehmliche Ausrichtung an der Vermögensermittlung durch die Bilanz und das Realisations- sowie Imparitätsprinzip ableiten.26 Diese Grundsätze wurden durch das für Kapitalgesellschaften aufgrund der Jahresabschlussrichtlinie27 von 1978 eingeführte Gebot, dass der Jahresabschluss ein „den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanzund Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln“ habe (§ 264 Abs. 2 Satz 1 HGB), nicht wesentlich zurückgedrängt. Falls dieses dem englischen Recht entnommene Prinzip eines true and fair view außerhalb des Lageberichts überhaupt als beachtlich angesehen wurde,28 handelte es sich nur um einen Abwägungsgesichtspunkt in Zweifelsfragen, zumal die Jahresabschlussrichtlinie selbst das Prinzip nicht strikt durchführte und vielfach bilanzielle Wahlrechte zuließ.29 Erst das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz hat durch eine Abmilderung des Vorsichts- und des Realisationsprinzips und eine erhebliche Zurückführung der Wahlrechte weitergehende Änderungen mit sich gebracht.30 Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, die Informationsfunktion der handelsrechtlichen Rechnungslegung zu stärken, aber gleichzeitig die vergleichsweise kostengünstige und ein26 MünchKomm-AktG/Tiedchen, § 252 HGB Rdn. 43; Staub/Kleindiek, HGB, § 252 Rdn. 36. Vehement dafür namentlich Beisse, in: Festschr. f. Beusch, 1993, S. 77, 83 f., 90. 27 Vgl. deren Art. 2 Abs. 3, 5 sowie den 1. und 4. Erwägungsgrund. 28 Derart einschränkend die sog. Abkopplungsthese: Moxter, in: Festschr. f. Budde, 1995, S. 419, 426 ff.; Beisse, in: Festschr. f. Beusch, 1993, S. 77, 79 ff. Weitergehend wohl EuGH, Slg. 1996, I-3145, Tz. 17 f. – Tomberger; dem folgend MünchKommHGB/Ebke, § 317 Rdn. 27; vgl. Staub/Hüttemann, HGB, § 264 Rdn. 26; MünchKommHGB/Reiner, § 264 Rdn. 17 ff.; Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2006, § 8 Rdn. 33. Ferner Kübler, ZGR 2000, 550, 561. 29 Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 2006, § 8 Rdn. 33; ferner Adler/Düring/Schmaltz, § 264 HGB Rdn. 52 ff.; MünchKomm-AktG/Luttermann, § 264 HGB Rdn. 151, 156 ff. 30 Vgl. die Zusammenfassung in der Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 34 ff. – in der allgemeinen Erläuterung, nicht in der Sache abgeschwächt gegenüber Begr. RefE BilMoG, S. 63 ff.

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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fache Regelung zu erhalten.31 So sind beispielsweise auch selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens auszuweisen (§ 248 Abs. 2 HGB), wobei zugleich durch eine Ausschüttungssperre dem Kapitalschutzanliegen Rechnung getragen wird (§ 268 Abs. 8 HGB). Durch die Neuregelung werden zugleich europarechtliche Vorgaben, die insbesondere in der Fair valueund der Modernisierungsrichtlinie zum Ausdruck kommen und die gleiche Tendenz haben, umgesetzt. Die Neuregelung zielt auch darauf ab, die hinreichende Vergleichbarkeit zwischen den für kapitalmarktorientierte Unternehmen teilweise verbindlichen IAS/IFRS einerseits und den sonst geltenden Bilanzierungsanforderungen andererseits zu sichern.32 Dies geschieht zur Aufrechterhaltung gleicher Wettbewerbsbedingungen33 und zur Erleichterung des Übergangs zwischen den beiden Rechnungslegungsvarianten34. Der nach diesen veränderten handelsrechtlichen Grundsätzen aufgestellte Jahresabschluss soll seine Funktionen im Zusammenhang mit dem gesellschaftsrechtlichen Kapitalschutz und als Grundlage der Steuerbilanz unverändert wahrnehmen können.35 Die Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS dienen demgegenüber nach ihrer Gesamtanlage primär den Informationsinteressen der Anleger. Doch trotz dieses Leitbildes betont das mit der Pflege dieser Rechnungslegungsstandards befasste Gremium, dass sie den anderen in Betracht kommenden Adressatenkreisen ebenfalls weitgehend gerecht würden.36 Inhaltlich sind diese Standards durch das Anliegen geprägt, Aktivvermögen und Schulden gleichmäßig nach dem Zeitwert, dem fair value, wiederzugeben, Gewinne und Verluste vor allem periodengerecht abzubilden und über die Bilanz hinaus weitere Informationen zu vermitteln, die für Anleger von besonderem Interesse sind.37 Die jeweiligen Rechnungslegungsstandards setzten also unterschiedliche Schwerpunkte in ihrer prinzipiellen Ausrichtung. Es ginge jedoch zu weit, dies mit einem kategorialen Unterschied zwischen Gläubigerschutz und Kapitalmarktorientierung gleichzusetzen. Beide Rechnungslegungsstandards sind geeignet, auch Funktionen zu erfüllen, auf die sie nicht in erster Linie zugeschnitten sind. Die durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz veranlassten Änderungen des Handelsbilanzrechts trotz seiner unveränderten gesellschafts- und steuerrechtlichen Funktionen belegen diese Multifunktionalität der beiden aufgezeigten Konzeptionen. Empirisch lassen sich rele31 Begr. RegE, a. a. O. (Vornote), S. 1, 34. Zu den Auswirkungen des BilMoG auf die Zweck des Jahresabschlusses Baetge/Kirsch/Solmecke, WPg 2009, 1211 ff.; Petersen/ Zwirner, KoR 2009, Beihefter 1, S. 44. 32 Begr. RegE, a. a. O. (Vornote), S. 33 f. Vgl. auch 11. Erwägungsgrund der Fair value-Richtlinie, 1. Erwägungsgrund der Modernisierungsrichtlinie. 33 Vgl. auch 5. Erwägungsgrund der Modernisierungsrichtlinie. 34 Begr. RegE, a. a. O. (oben Fn. 30), S. 46. 35 Ebd. S. 1, 34. 36 Vgl. IASB, Framework, Tz. 12 bzw. 10; ferner Ballwieser, in: Festschr. f. Kropff, 1997, S. 371, 380. 37 Heuser/Theile, IAS/IFRS-Hdb., 2005, Rdn. 4 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

vante Unterschiede im jeweiligen Informationsgehalt, der auf diese unterschiedliche Konzeptionen zurückzuführen wäre, nur schwer nachweisen.38 Hinzu kommt, dass die Verbreitung der Rechnungslegungsstandards IAS/IFRS nicht allein als eine konzeptionelle Veränderung zu verstehen ist, sondern auch dadurch motiviert wird, die Abschlüsse international vergleichbar und für einen internationalen Adressatenkreis leichter zugänglich zu machen, als dies bei einer Bilanzierung nach deutschem Recht der Fall wäre.39 Insgesamt lässt sich eine eng verstandene Zielführung offengelegter Abschlüsse aus den jeweils angewandten Rechnungslegungsstandards nicht folgern. 2. Konkretisierung der Zielrichtung anhand der Adressaten Die Zielrichtung einzelner Elemente der anlassbezogenen Publizität lässt sich regelmäßig nach ihrem Inhalt und mit Blick auf die gesetzgeberische Zwecksetzung und den Regelungszusammenhang näher bestimmen, etwa bei der kapitalmarktbezogenen Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG, die eine realitätsgerechte Wertpapierpreisbildung ermöglichen und Insiderhandeln hindern soll.40 Eine derart begrenzte Zielrichtung kann der offengelegten Rechnungslegung wie Abschlüssen und ergänzenden Berichten nicht beigelegt werden. Schon nach der ursprünglichen gesetzgeberischen Vorstellung sollten die Offenlegungsvorschriften der Rechenschaft gegenüber der „Gesamtheit der Staatsbürger“ dienen.41 Gerade in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur sind die Zwecke der offengelegten Rechnungslegung dementsprechend in Adressatengruppen aufgefächert und deren jeweils geschützte Interessen differenziert worden. Einzelne solche Adressatengruppen sind die Aktionäre oder Gesellschafter, die Gläubiger, die Arbeitnehmer, Abnehmer und Lieferanten sowie der Fiskus.42 Ihnen kann die 38 Zu empirischen Untersuchungen im Überblick Ballwieser, in: Festschr. f. Kropff, 1997, S. 371, 387 ff.; Möller/Hüfner, in: Jb. f. Controlling und Rechnungswesen 2002, S. 405, 432 ff.; vgl. auch Kothari, J. Acc. & Econ. 31 (2001), 105, 196 ff. (zu Auswirkungen der Wahl unterschiedlicher Bilanzierungsmethoden). Auch Coenenberg/Haller/ Schultze, Jahresabschluss, 2009, Kap. 22 D. III. 2. b) (2), S. 1285 ff., D. III. 3., S. 1289. 39 So 1. Erwägungsgrund der IAS-Verordnung. Der 3. Erwägungsgrund gibt der Einführung der IAS/IFRS den Vorzug vor einer Fortentwicklung des bisherigen europäischen Bilanzrechts, das gegenwärtig den Kapitalmarktbedürfnissen nicht gerecht werde. Ferner van Hulle, ZGR 2000, 537, 538. 40 KMRK/Zimmer/Kruse, § 15 WpHG Rdn. 7 f.; Assmann/Schneider, WpHG, § 15 Rdn. 7. 41 So die Begr. zu den entsprechenden Vorschriften der Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I S. 493, zit. nach Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 95; näher Merkt, ebd. S. 95 ff. 42 Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss, 2009, Kap. 22 B. II., III., S. 1223 ff.; Küting/Weber/Ellerich, Rechnungslegung, Bd. Ia, 1995, I. Kap. Rdn. 184. Ebenso Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 395 ff. Auch bereits Quassowski, Gruch. 72 (1932), 401, 405.

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Rechnungslegung in je verschiedener Weise von Nutzen sein. Diese allgemeine Zielrichtung wird auch durch die neuere Rechtsetzung im Zusammenhang mit dem Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz letztlich nicht aufgegeben. Zwar werden dadurch Rechnungslegungspflichten erweiternd oder zusätzlich an kapitalmarktbezogene Tatbestände angeknüpft (insbesondere in §§ 37v, 37w WpHG). Doch bereits daraus, dass die Offenlegung nach handelsrechtlichen Vorschriften den Jahresfinanzbericht gemäß § 37v Abs. 1 Satz 1 le. Halbs. WpHG vollständig ersetzt, ergibt sich, dass der betreffende Abschluss selbst nicht allein an den Adressatenkreis der Kapitalanleger gerichtet ist. Der Halbjahresfinanzbericht wird zwar gemäß § 37w Abs. 1 Satz 1 WpHG durch kapitalmarktbezogene Tatbestände angeordnet; er unterscheidet sich von der Jahresendpublizität jedoch nur darin, dass er gemäß § 37w Abs. 2–5 WpHG weniger umfangreich und ausführlich gestaltet ist und keiner Abschlussprüfung bedarf. Insofern lassen sich aus der veränderten Rechtslage keine grundlegend neuen Schlüsse auf die Zielrichtung der offengelegten Rechnungslegung ziehen. Dass sie auch auf Kapitalmarktinteressen gerichtet war, ergab sich schon zuvor aus §§ 39, 54 Satz 1 BörsG a. F. i.V. m. §§ 63 ff. BörsZulV a. F., § 40 BörsG a. F. i.V. m. §§ 53 ff. BörsZulV a. F. und §§ 42, 54 Satz 2 BörsG a. F. i.V. m. den Börsenordnungen alter Fassung. 3. Art und Weise der Zielerreichung Lässt sich die Zielrichtung der offengelegten Rechnungslegung somit nicht auf bestimmte Adressatenkreise, insbesondere Anleger oder den Kapitalmarkt, beschränken, können gleichwohl Unterschiede in der Art und Weise der Zielerreichung auch mit Blick auf Haftungsfolgen relevant sein. a) Tatbestandswirkungen der zu publizierenden Rechnungslegung Von den offenlegungsbedingten Funktionen sind die Wirkungen zu unterscheiden, die als Rechtsfolgen unmittelbar an den Tatbestand der Rechnungslegung, nämlich an deren Ergebnisse, anknüpfen. Dies ist in erster Linie der gesellschaftsrechtliche Kapitalschutz, so das Recht der Kapitalerhaltung der Aktiengesellschaft gemäß §§ 57 Abs. 3, 58 Abs. 4 AktG, wonach nur der Bilanzgewinn an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf (sog. Ausschüttungsbemessungsfunktion).43 Damit wird vornehmlich der Schutz der Gläubiger bezweckt, im Verhält43 Im Einzelnen statt aller MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rdn. 7 ff. Außerbilanzielle Kriterien können hinzukommen, etwa im Fall von Krediten an Aktionäre, OLG Hamm, ZIP 1995, 1263; entsprechend zur GmbH BGHZ 157, 52, 57; krit. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, § 29. II. 2. a), S. 891. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss, 2009, Kap. 22 C., S. 1229 ff.; Küting/ Weber/Ellerich, Rechnungslegung, Bd. Ia, 1995, I. Kap. Rdn. 186 ff.; Moxter, Bilanzlehre, 1974, S. 57.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

nis zu denen die Kapitalerhaltungsvorschriften ein Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf die juristische Person sind. Zusätzlich werden dadurch die Aktionäre, vornehmlich die Minderheitsaktionäre, vor einer Benachteiligung durch irreguläre Ausschüttungen an andere Aktionäre geschützt.44 Aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss ergibt sich gegebenenfalls zunächst ein Jahresüberschuss, über den die Verwaltung nach § 58 Abs. 2, 2a AktG in beschränktem Umfang selbst verfügen kann. Die Verwendung des danach verbleibenden Bilanzgewinns gemäß § 158 Abs. 1 AktG, insbesondere die Ausschüttung, unterliegt sodann der Entscheidung der Aktionäre in der Hauptversammlung nach § 174 Abs. 1 AktG. Dadurch, dass der handelsrechtliche Jahresabschluss die Grundlage dieser Kompetenzabgrenzung ist, dient er als Mittel des Aktionärsschutzes gegenüber dem Interesse der Verwaltung an einer Selbstfinanzierung des Unternehmens.45 Eine weitere an den handelsrechtlichen Jahresabschluss angeknüpfte Rechtsfolge ist etwa das Gebot der Einberufung der Hauptversammlung nach Maßgabe des § 92 Abs. 1 AktG.46 An diesen Tatbestandswirkungen zeigt sich, dass die Rechnungslegung ihre Zwecke, insbesondere den Gläubigerschutz und den Schutz von Aktionärsinteressen, auch unabhängig von Informationswirkungen verwirklichen kann. Eine Publizitätshaftung kommt in diesem Bereich als Folgeregelung bei der Verletzung der Rechnungslegungspflichten dementsprechend nicht in Betracht. Eine der Tatbestandswirkung gerecht werdende Rechtsfolge ist beispielsweise die Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach § 256 AktG und, gegebenenfalls in Verbindung mit § 254 Abs. 1 AktG, die Pflicht zur Rückgewähr demnach unrichtiger Gewinnausschüttungen gemäß § 62 Abs. 1 AktG. b) Zweckverfolgung durch Information Informationswirkungen ergeben sich aus der Veröffentlichung und der damit verbundenen Möglichkeit zur Kenntnisnahme der Rechnungslegung und anderer Publizitätsgegenstände. Abzugrenzen davon sind Dokumentation und Selbstinformation als lediglich unternehmensinterne Funktionen der Rechnungslegung.47 Nach ihrer rechtlichen Funktion und ihrem Zusammenhang mit einem Rechtsverhältnis lassen sich jedoch zwei Arten von Information mit jeweils verschiedenen Folgen für die Anknüpfung von Haftungsfolgen unterscheiden. Es handelt sich zum einen um Information, die von dem Informierenden als Fremdgeschäftsfüh44 RGZ 149, 385, 400; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, § 29. II. 2. a), S. 890; MünchKomm-AktG/Bayer, § 57 Rdn. 2. 45 Begr. RegE zu § 58 AktG 1965 bei Kropff, S. 76 f. Ferner MünchKomm-AktG/ Bayer, § 58 Rdn. 8. 46 Näher MünchKomm-AktG/Hefermehl/Spindler, § 92 Rdn. 9 f. m.w. Nachw. 47 Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 338 f. Ferner Kleindiek, ZGR 1998, 466, 471; Küting/Weber/Ellerich, Rechnungslegung, Bd. Ia, 1995, I. Kap. Rdn. 181 ff.

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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rer zur Rechenschaftsablegung an einen Geschäftsherrn übermittelt werden und zum anderen um Information als eine selbständige Dienstleistung, die unmittelbar den eigenen Zwecken des Empfängers dienen soll. Diese Unterscheidung ist im Ansatz weitgehend deckungsgleich mit der von Kalss ausgeführten Dichotomie von kapitalanlagebezogener „Information für die Investmentbeziehung“ mit treuhandrechtlichem Charakter einerseits und marktbezogener „Information für das Handelsgut“, nämlich für die als solches verstandene Kapitalanlage, andererseits, die sie im Rahmen ihrer allgemeineren Darlegungen entwickelt.48 aa) Die Information als Rechenschaftsablegung Die Information als Rechenschaftsablegung steht im Zusammenhang mit einer bestimmten fremdnützigen Geschäftsführung, deren Gegenstand ein anderer als die bloße Informationsvermittlung ist, insbesondere eine Vermögensverwaltung.49 Die Information bezieht sich in diesem Fall auf die Geschäftsführung, nämlich darauf, auf welche Weise der Geschäftsführer von seinem Entscheidungsspielraum Gebrauch gemacht hat. Auf diesen Typus der Information als Rechenschaftsablegung bezieht sich im allgemeinen bürgerlichen Recht die Vorschrift des § 259 BGB, er ist Gegenstand der Pflicht des Beauftragten gegenüber dem Auftraggeber nach § 666 BGB.50 Solche Information hat dienende Funktion, indem sie die Geschäftsbesorgung als eigentlichen Geschäftszweck absichert und fördert, insbesondere durch die Ermöglichung sachgerechter Weisungen, anderer Steuerungsmaßnahmen des Geschäftsherrn sowie der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Geschäftsbesorgung.51 Dagegen bewecken derartige Informationen nicht, selbständige anderweitige Entscheidungen des Geschäftsherrn vorzubereiten, die außerhalb der eigentlichen Geschäftsführung liegen. Soweit die gesellschaftsrechtliche Pflichtpublizität an die Aktionäre gerichtet ist, dient sie der Rechenschaftsablegung der Gesellschaft ihnen gegenüber.52 Das 48

Anlegerinteressen, 2001, S. 231 ff., 253 ff., 264 ff. Vgl. BGHZ 45, 223, 228; Palandt/Sprau, BGB, § 675 Rdn. 2 jeweils zum entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1 BGB. 50 Danach kann von einem allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach die Besorgung (auch-)fremder Angelegenheiten zur Rechenschaft verpflichtet, ausgegangen werden, RGZ 73, 286, 288; BGH, NJW 1959, 1963 und st. Rspr., vgl. Staudinger/Bittner, BGB, § 259 Rdn. 9; allgemein zu „Interessenwahrungsverträgen“ auch Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 575. Ferner lässt sich das individuelle mitgliedschaftliche Informationsrecht des Verbandsmitglieds gegenüber dem Verband, etwa gemäß § 131 AktG, § 51a GmbHG, nennen, vgl. auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2002, § 21. III. 1. a), S. 624. 51 Ähnlich Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 253 ff., 254: „Hilfsfunktion“ solcher Information für den Treugeber. 52 Kleindiek, ZGR 1998, 466, 467; Budde/Steuber, AG 1996, 542, 542 ff.: Rechenschaftslegung als „der eigentliche Zweck des Jahresabschlusses“; Lutter, in: Institut der 49

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

gesellschaftsrechtlich ausgestaltete Mitgliedschaftsverhältnis zwischen der Aktiengesellschaft und dem Aktionär weist diesem das wirtschaftliche Risiko hinsichtlich seiner Einlage zu und entspricht damit dem Typus einer fremdnützigen vermögensbezogenen Geschäftsführung. Die Publizität ermöglicht den Aktionären, ihre sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Verwaltungs- und Vermögensrechte auszuüben.53 Dieser Publizität im Sinne einer für jedermann zugänglichen Veröffentlichung der Informationen bedarf es insoweit allein deswegen, weil sie der einzig praktikable Weg ist, die betreffenden Informationen dem großen Kreis der unter Umständen der Aktiengesellschaft nicht namentlich bekannten Aktionären zur Kenntnis zu bringen. Die allgemeine Veröffentlichung hat unter dem Gesichtspunkt einer so beschaffenen Rechenschaftsablegung keine weitergehende Bedeutung, sie steht mit ihr jedoch auch nicht in Widerspruch.54 Abgesehen davon wird der Gedanke der Rechenschaftsablegung auch in einem anderen, weiteren Sinne zugrunde gelegt, indem er auf die Öffentlichkeit – insgesamt oder in Gestalt bestimmter Teilgruppen – bezogen wird. Ein gesteigertes Interesse dieser Öffentlichkeit an großen Wirtschaftsunternehmen soll sich vor allem daraus ergeben, dass sie als eine „Zusammenballung von Volksvermögen“ anzusehen seien.55 Dem entspricht es, den jeweiligen Unternehmensträger, repräsentiert durch seine Organe, zugleich als Verwalter von „Volksvermögen“ einzuordnen. Ausgehend von dieser Anschauung der Aktiengesellschaft ist sie nicht nur ihren Aktionären, sondern originär auch der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldig. Darin liegt eine prinzipielle Begründung der Allgemeinpublizität, die Wirtschaftsprüfer, Bericht über die Fachtagung 1991 des IDW, S. 409, 410: „eigentliche Zentralfunktion der Rechnungslegung“; Clemm, WPg 1989, 357, 365; Kropff, in: Barz u. a., Frankfurter Publizitätsgespräch, 1962, S. 129; Caemmerer, ebd. S. 141, 142: Rechenschaftslegung gegenüber den Aktionären als „Ausgangspunkt und Grundprinzip der Publizität“; Goerdeler, ebd. S. 211, 211 ff.; Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, Vor § 148 Rdn. 4 f. Mittelbar betont die Allgemeine Begr. RegE AktG 1965 bei Kropff, S. 14 diese Funktion, indem sie den Aktionär als „wirtschaftlichen Eigentümer“ stärken will. 53 Quassowski, Gruch. 72 (1932), 401, 403; Kleindiek, ZGR 1998, 466, 471; Caemmerer, in: Barz u. a., Frankfurter Publizitätsgespräch, 1962, S. 141, 142. Auch Küting/ Weber/Ellerich, Rechnungslegung, Bd. Ia, 1995, I. Kap. Rdn. 184; Leffson, Grundsätze, 1987, S. 57. 54 Flume, Grundfragen der Aktienrechtsreform, 1960, S. 20; Goerdeler, in: Barz u. a., Frankfurter Publizitätsgespräch, 1962, S. 211, 226. Entgegen Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 8 f. lässt der bloße Umstand der selbst betriebenen Offenlegung gegenüber einem unbestimmten, offenen Adressatenkreis nichts darauf schließen, dass solcher Publizität bereits deswegen eine „zumindest im Prinzip“ eigene Wirkungsweise zukomme. Auch Kalss, Anlegerinteressen, 2001, S. 274 spricht der aktienrechtlichen Abschlusspublizität eine über die Rechenschaft hinausgehende Marktbezogenheit zu, was in einem beschreibenden Sinne sicherlich zutreffend ist, der hier in Rede stehenden rechtlich-funktionalen Einordnung aber nicht gerecht wird. 55 Kaiser, in: Barz u. a., Frankfurter Publizitätsgespräch, 1962, S. 88, 89 m.w. Nachw. Zuerst in diesem Sinne 1917: Rathenau, Vom Aktienwesen, 1917, S. 11 ff., 38 ff.; auch Quassowski, Gruch. 72 (1932), 401, 405 f.

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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als solche anzuerkennen sein mag,56 ohne dass sich aus ihr rechtliche Folgerungen ziehen ließen, denn letztlich wird nur pauschal auf ein kaum konkretisiertes öffentliches Interesse verwiesen.57 Die Rechenschaftsablegung gegenüber den Aktionären als Grund der Publizität ist konsequenterweise auch für die Rechtsfolgen bedeutsam. Um diesen Zweck zu erfüllen, muss die Information von den einzelnen Adressaten unmittelbar zur Kenntnis genommen werden. Mittelbare Informationswirkungen wie die Kursbeeinflussung können den rechenschaftsbezogenen Zweck nicht erfüllen, denn die dadurch allein vermittelte ,Dimension des Geldwertes‘ der neuen Information schafft keine hinreichende Grundlage für die Einflussnahme auf die Geschäftsführung, etwa in der Hauptversammlung. Schadensersatzansprüche sind als sekundäre Rechtsbehelfe bei Verletzung der so ausgerichteten Rechenschaftspflicht im Allgemeinen nicht geeignet.58 Sie müssten an einen zumindest in Grundzügen abschätzbaren individuellen Vermögensschaden anknüpfen können. Die den Aktionären entgangenen Abhilfemöglichkeiten gegenüber mangelhafter Geschäftsführung und aktionärsinteressenwidriger Vermögensverwaltung, die ihnen eine zu Rechenschaftszwecken erteilte Information verschaffen sollte, lässt sich aber regelmäßig nicht als quantifizierbarer Nachteil und reiner Vermögensschaden erfassen. Sachgerechteren Schutz bietet die Regelung der §§ 243 ff. AktG, soweit danach ein Hauptversammlungsbeschluss anfechtbar ist,59 wenn er auf der Verletzung besonderer Auskunftspflichten gegenüber dem Aktionär beruht.60 bb) Informationsgewährung als selbständige Dienstleistung unmittelbar zu Zwecken des Adressaten Informationen im Rahmen der Unternehmenspublizität können neben dem Zweck der Rechenschaftsablegung auch unmittelbar den Zwecken des Adressaten dienen. Sie erfüllen dann nicht nur eine Hilfsfunktion, durch die die Wahrnehmung von Rechten und Befugnissen gegenüber der Gesellschaft ermöglicht werden soll und wobei die Informationen nur mittelbar den – im Übrigen auf das Rechtsverhältnis bezogenen – Adressateninteressen dienen. Informationen dienen 56 Auch entgegen Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 227, der mangels insoweit ökonomisch-theoretisch erfassbarer Funktionen „die Öffentlichkeit“ nicht als Publizitätsadressat anerkennen will. 57 Vgl. Hofstätter, in: Barz u. a., Frankfurter Publizitätsgespräch, 1962, S. 74, 76 f.; Kaiser, ebd. S. 88, 94 ff. m.w. Nachw. 58 Dem entspricht es, die Vorschrift des § 131 Abs. 1 AktG nicht als Schutzgesetz i. S. des § 823 Abs. 2 BGB anzuerkennen, das bereits bei fahrlässiger Falschinformation eingreifen würde, KölnKomm-AktG/Kersting, § 131 Rdn. 100 f.; Hüffer, AktG, § 131 Rdn. 44; MünchKomm-AktG/Kubis, § 131 Rdn. 152. A.A. aber GroßkommAktG/Decher, § 131 Rdn. 407. 59 Vgl. MünchKomm-AktG/Hüffer, § 243 Rdn. 37 ff.; MünchKomm-AktG/Kubis, § 131 Rdn. 146 ff. 60 In Betracht kommen etwa §§ 131, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

unmittelbar den Adressatenzwecken, wenn sie dessen eigene Entscheidungen in Angelegenheiten fördern oder ermöglichen, die von vornherein außerhalb der Zuständigkeit des Informierenden, hier der Gesellschaft, liegen. Für den Anleger zählt dazu die Entscheidung über den Erwerb oder die Veräußerung bestimmter Finanzinstrumente zu einer bestimmten Gegenleistung, aber auch komplexere Anlageentscheidungen. Bei diesen mögen die Informationen einer Gesellschaft mit denen anderer verglichen werden, um ein Finanzinstrument nach seiner Risikostruktur beurteilen zu können, ohne dass an eine Einflussnahme auf die Gesellschaft gedacht ist.61 Im Verhältnis zwischen dem Aktionär und der Aktiengesellschaft ist eine derartige Informationsübermittlung kein notwendiges Element des mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnisses. Einer so ausgerichteten Information liegt kein ebenso verallgemeinerbarer und innerlich zwingender Rechtsgedanke wie der der Rechenschaftsablegung zugrunde. Die Aktiengesellschaft ist insoweit auch nicht der allein in Betracht kommende Informationsschuldner, wie es ein Geschäftsführer im Verhältnis zum Geschäftsherrn ist. Vielmehr ist hier, wie allgemein in einem nicht auf die Führung fremder Geschäfte bezogenen Verhältnis, von dem Grundsatz auszugehen, dass jeder am Rechtsverkehr Beteiligte befugt ist, einen Wissensvorsprung zu wahren und zu nutzen, dass er also nicht verpflichtet ist, ihn durch unentgeltliche Informationsgewährung aufzugeben. Informationspflichten sind dann rechtfertigungsbedürftige Ausnahmen.62 Zu den nicht rechenschaftsbezogenen Informationspflichten gehören außerhalb der Unternehmenspublizität etwa Auskunftspflichten als Nebenpflichten von Umsatzgeschäften, ebenso wie allgemeine Informationspflichten außerhalb von Schuldverhältnissen. Die nicht rechenschaftsbezogene Information wird dem Adressaten zur Wahrnehmung seines Eigeninteresses übermittelt, auch soweit dieses Eigeninteresse in Widerstreit mit dem Interesse des Informierenden steht. Kalss bezeichnet diese Art der Information im kapitalmarktrechtlichen Zusammenhang als markbezogene Information für die Kapitalanlage als Handelsgut.63 Zu dieser Schutzrichtung steht die Gewährung von Schadensersatz wegen eines Vermögensschadens nicht in Widerspruch, wenn das Eigeninteresse Vermögensbezug hat. Sie kann dann eine zweckmäßige Rechtsfolge sein, die allerdings noch einer weiteren, sie rechtlich legitimierenden Begründung bedarf. Im Unterschied zu der rechenschaftsbezogenen Information ist die unmittelbare Kenntnisnahme des Informationsinhalts und dessen eigene Beurteilung keine Bedingung für eine zweckgerechte Informationsnutzung. Auch mittelbare 61

Vgl. Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 760 f. MünchKomm-BGB/Kramer, § 241 Rdn. 123; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 493; auch Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 575 f. mit Blick auf vorvertragliche Informationspflichten bei „Austauschverträgen“ im Gegensatz zu „Interessenwahrungsverträgen“. 63 Anlegerinteressen, 2001, S. 264 ff. 62

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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Auswirkungen einer Information auf die Preisbildung können die Information etwa für einen Aktienerwerber nutzbar machen. Typischer Interessent an solchen Informationen zu eigenen Zwecken über ein Unternehmen ist vor allem der potentielle und aktuelle Fremd- und Eigenkapitalgeber, darunter der Anleger. Die Entscheidung, Kredit zu gewähren oder Gesellschafter beziehungsweise Aktionär zu werden, wird regelmäßig durch die von der Gesellschaft gegebenen Informationen beeinflusst, sei es, dass anhand der Informationen Ertragsaussichten und Risiken abgeschätzt werden, sei es, dass sie den Kurs bestimmen. Gleichzeitig kann der Informationsempfänger – etwa als Aktionär – Adressat von rechenschaftsbezogener Information sein, doch ein notwendiger Zusammenhang damit besteht nicht; daher ist eine gedankliche Unterscheidung zwischen beiden Informationskategorien ohne weiteres möglich. Eine Kapitalmarktinformationshaftung hat nach dem Ausgeführten diese nicht rechenschaftsbezogene Information zu eigenen Zwecken des Adressaten zum Gegenstand. Schon mit dieser Abgrenzung gegenüber der rechenschaftsbezogenen Information, die einem Anleger etwa ,als Aktionär‘, also kraft seiner gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft, gewährt wird, bietet sich ein Ansatzpunkt für eine von der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Anlegers unabhängige Begründung der Haftung, die auch das Verhältnis zu dem für die Gesellschaft zuständigen Wirtschaftsprüfer einbeziehen kann. 4. Unternehmenspublizität als Korrelat der Marktteilnahme Einen anderen Ansatz zur dogmatischen Erfassung der Unternehmenspublizität als die eben dargelegten Unterscheidungen legt Merkt in seiner ausführlichen Abhandlung zu diesem Thema dar.64 Die von Hopt für das Kapitalmarktrecht und die Kapitalmarktinformation als maßgebend herausgestellten Regelungsziele des Individualschutzes und des Funktionenschutzes65 bezieht er über das Kapitalmarktrecht hinaus auf die gesamte Unternehmenspublizität. Der Gläubigerschutz wegen der kapitalgesellschaftsrechtlichen Haftungsbeschränkung und der an sich dem öffentlichen Recht zugeordnete Schutz des Allgemeininteresses seien unzureichende Erklärungen der Regelungen zur Rechnungslegungspublizität von Unternehmen. In gleicher Weise sollten sie nämlich den Interessen von Anteilseignern und Anlageinteressenten dienen. Insgesamt sei diese Unternehmenspublizität, so Merkt, vor dem Hintergrund der Anonymität und mangelnden Nähe gerade bei Anlage- und Publikumsgesellschaften als „Korrelat der Marktteilnahme“ aufzufassen.66 64

Unternehmenspublizität, 2001, S. 298 ff. Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 334 ff. Dazu noch unten im fünften Kapitel in § 14, S. 220 ff. 66 Unternehmenspublizität, 2001, S. 318. 65

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Er geht wie Hopt davon aus, dass Individual- und Funktionenschutz unterschiedliche, aber in Beziehung miteinander stehende Aspekte der Publizitätswirkungen sind.67 Die damit verbundene Annahme eines weiten und einheitlich zu beurteilenden Kreises von Publizitätsadressaten finde ihre Grenze im Marktbezug, so dass die Öffentlichkeit als solche nicht zu diesem Kreis gehöre.68 Inhaltlich konkretisiert Merkt die Individualschutzfunktion, indem er sie in unterschiedliche Teilfunktionen aufgliedert, nämlich eine Informationsfunktion, eine Entscheidungsvorbereitungsfunktion, eine Kontrollfunktion und eine Risikosenkungsfunktion.69 In Bezug auf den Funktionenschutz führt er insbesondere die Allokationsfunktion, die Preisbildungsfunktion und eine Vertrauensschutzfunktion an.70 Zu einer einheitlichen Betrachtung der gesamten Unternehmenspublizität gelangt Merkt durch eine weitgehend abstrahierende Konzeption. Die nähere Aufgliederung der Teilfunktionen hat dabei im Wesentlichen beschreibenden und erläuternden Charakter. Diese Betrachtung der Unternehmenspublizität legt es nahe, ein daran anknüpfendes Haftungsrecht, also die Bewehrung der Publizitätspflichten mit Schadensersatzansprüchen zugunsten der Marktteilnehmer, ebenfalls auf die Grundlage des Individual- und Funktionenschutzzwecks zu stellen und ihn damit fortzuführen.71 Merkt zieht daraus eher am Rande weitreichende Folgerungen zugunsten einer Haftungsausweitung. Unbeschadet seiner Betonung auch des Individualschutzes auf der Primärebene der Publizitätspflichten betrachtet er allerdings die Sekundärebene des Haftungsrechts vor allem als Sanktionierung und als „Mittel zur Durchsetzung der Publizität“. Darauf ist noch zurückzukommen.72 Unabhängig davon ist festzuhalten, dass die Publizität durch funktionale Erfordernisse des Marktes und individuelle Bedürfnisse von Marktteilnehmern begründet werden kann und insoweit auch Korrelat der Marktteilnahme ist. 5. Zusammenhang der Kapitalmarktpublizität mit dem Marktpreis des Finanzinstruments nach der These von der Informationseffizienz des Kapitalmarktes In Hinsicht auf Haftungsfolgen ist der Zusammenhang zwischen der Kapitalmarktpublizität und dem Marktpreis des Finanzinstruments, also dem Kurs, von zentraler Bedeutung. Der reale Zusammenhang zwischen Publizität und dem 67 68 69 70 71 72

So insbes. ebd. S. 304. Ebd. S. 317, 333 f. Ebd. S. 334 ff. Ebd. S. 347 ff. Vgl. ebd. S. 480 f. Siehe unten im fünften Kapitel unter § 14 II. 1. e), S. 230 ff.

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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Marktpreis betrifft die schadensersatzrechtliche Frage der Kausalität; er bestimmt, inwieweit der Haftende für die Kursbeeinflussung verantwortlich sein kann. Es genügt daher nicht, Funktionen der Publizität nur normativ, als deren systematische oder teleologische Einordnung, darzulegen. Wie die Publizität auf den Marktpreis einwirkt, ist im Kern eine empirische Frage. Um zu einer annähernden Antwort zu gelangen, wird in erster Linie die ökonomisch-theoretische These von der Informationseffizienz des Kapitalmarktes herangezogen. a) Die Hypothese Nach einer von Fama vorgebrachten Definition besteht Informationseffizienz darin, dass der Kurs eines Finanzinstruments alle verfügbaren Informationen stets vollständig wiedergibt.73 Dies soll insbesondere für Informationen gelten, die nicht schon jedem Marktteilnehmer bekannt sind. Informationseffizienz bedeutet demnach, dass sich der Kurs genau so bildet, wie er sich bilden würde, wenn die relevanten Informationen jedermann bekannt wären.74 Trifft diese Hypothese auf bestimmte Informationen zu, so kann ein Anleger dadurch, dass er Kenntnis von ihnen hat und sie seiner Anlageentscheidung zugrunde legt, keine zusätzlichen Gewinne im Vergleich zu den übrigen, unwissenden Anlegern erzielen.75 Üblicherweise wird die Informationshypothese in drei Grade der öffentlichen Verfügbarkeit von Informationen aufgegliedert.76 Während sich die schwache Informationseffizienz nur auf die Informationen bezieht, die sich bereits in den vergangenen Kursen niedergeschlagen haben, umfasst strenge Informationseffizienz alle überhaupt vorhandenen, auch nur Insidern zugängliche Informationen. Zumindest mittelstrenge Informationseffizienz ist gegeben, wenn sich öffentlich verfügbare Informationen, also auch die Unternehmenspublizität mit der Rechnungslegung, im Kurs niederschlagen. b) Informationseffizienzhypothese als Erklärungsmodell Schon auf hypothetischer Ebene bedarf die These von der Informationseffizienz der Präzisierung, um für sich in Anspruch nehmen zu können, die Verhältnisse an wirklichen Kapitalmärkten richtig wiederzugeben. 73 J. Fin. 25 (1970), 383, 383: „prices at any time ,fully reflect‘ all available information“. Vgl. ferner die Schadensbemessung nach der ,fraud on the market theory‘ im USamerikanischen Kapitalmarktrecht unten im dritten Kapitel unter § 7 III., S. 146 ff. 74 So – konkretisierend – Fama, J. Fin. 31 (1976), 143, 143 f. Ebenso Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 552. 75 So definieren denn auch Jensen, J. Fin. Econ. 6 (1978), 95, 96; Latham, J. Fin. 41 (1986), 39, 39. Vgl. auch Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 88 ff. 76 Dazu näher Fama, J. Fin. 25 (1970), 383, 389 ff.; ders., J. Fin. 31 (1976), 143 ff.; Jensen, J. Fin. Econ. 6 (1978), 95, 97 sowie Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 14.2, S. 355 f.; Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 88 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

aa) Widersprüche bei theoretischer Zuspitzung Wird zusätzlich berücksichtigt, dass Informationen nicht kostenlos und sofort zugänglich sind, führt die Hypothese zu einem Widerspruch: Die Verschaffung und Verarbeitung von Informationen durch einige Anleger verursacht ihnen Kosten, ohne dass sie in einem informationseffizienten Markt dadurch zusätzlichen Gewinn erzielen könnten. Dann besteht jedoch kein Anreiz, sich die Informationen zu verschaffen und sie zu verarbeiten, was gerade Voraussetzung für die Informationseffizienz des Marktes in Bezug auf diese Informationen wäre.77 Zur Annäherung der Hypothese an die tatsächlichen Verhältnisse ist es deswegen geboten, die Informationsverarbeitung als einen mehr oder weniger schnell ablaufenden Vorgang zu betrachten. Informationseffizienz besteht nicht schon im Moment der Entstehung oder Veröffentlichung einer neuen Information. Zunächst ist es noch möglich, aufgrund individueller Kenntnis einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen, wodurch ein Anreiz zum ,informierten Handel‘ für diejenigen geschaffen wird, die zu hinreichend schneller Informationsverarbeitung in der Lage sind. Infolgedessen bildet sich ein Marktpreis, der eine informierte Bewertung zum Ausdruck bringt.78 Neben einer gewissen Verbreitung der Information und einem hinreichend großen Handelsvolumen informierter Teilnehmer trägt auch die Beobachtung der Handelsaktivitäten zu einer informationsgerechten Kursbildung bei.79 Aufgrund dieser Überlegungen ist von vornherein eine idealtypische sofortige Informationsverarbeitung nicht zu erwarten, sondern ein Gleichgewicht derart, dass Informationen so weitgehend verarbeitet werden, wie durch ihre Verarbeitung im Verhältnis zu den Informationskosten für die betreffenden Anleger noch ein Gewinn zu erzielen ist.80 bb) Uninformierte und nicht rational handelnde Anleger Rationales Handeln der Beteiligten ist eine wesentliche Grundannahme in Modellen der klassischen oder neoklassischen ökonomischen Theorie.81 In Bezug auf die Informationsverarbeitung durch Anleger wäre dann zu unterstellen, dass 77 Grossman/Stiglitz, Am. Econ. Rev. 70 (1980), 393, 400 ff.; krit. auch Fülbier, Adhoc-Publizität, S. 157 f. Vgl. ferner Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 93. 78 Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 622 ff.; Menken, Informationsökonomie, Bilanztheorie und HGB 1985, 1993, S. 74 f. 79 Dazu ausführlich Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 568 ff. 80 Franke/Hax, Finanzwirtschaft, 2004, S. 414. Allerdings ist nach Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 624 ff. auch vollständige Effizienz nicht ausgeschlossen. Zur Bedeutung der Informationskosten näher Sauer, Falschinformation, 2004, S. 150 ff. 81 H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 58 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 106 f. Fama, J. Fin. 25 (1970), 383, 387 bezieht sich darauf als bloß hinreichende Bedingung (vgl. oben Fn. 73).

§ 2 Unternehmenspublizität als Bezugspunkt der Wirtschaftsprüfertätigkeit

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sie Finanzinstrumente fachkundig und richtig, also ausschließlich nach den abgezinsten zu erwartenden Zahlungsströmen und unter Berücksichtigung einer angemessenen Risikoprämie beurteilen. Die Informationseffizienzhypothese setzt Rationalität in diesem Sinne jedoch nicht voraus. Verhält sich ein Teil der Anleger nicht rational, so führt dies dann nicht zu einer Störung der Informationsverarbeitung im Preis, wenn die Anlageentscheidungen dadurch nur zufällig beeinflusst werden, da sich die Störeinflüsse insgesamt ausgleichen. Ebenso wie die Informationseffizienzhypothese gerade für den Fall gilt, dass ein Teil der Anleger nicht informiert ist, steht ihr irrationales Verhalten einzelner Anleger daher nicht grundsätzlich entgegen.82 Bedenken können sich ergeben, wenn die einzelnen Entscheidungen der Anleger nicht in zufälliger, sondern in gleichgerichteter, systematischer Weise hinter dem Idealtypischen zurückbleiben. Auch dann kann es indessen genügen, dass einige Anleger rational handeln: Verstehen sie es, die systematischen Fehler aufzuspüren und als solche zu erkennen, so können sie die dadurch bedingten Verzerrungen als Arbitrageure zu ihrem Vorteil ausnutzen. Auf diese Weise sind die erkannten systematischen Verzerrungen, die ihrerseits nichts anderes als finanzinstrumentbezogene Informationen sind, in die Preisbildung einbezogen und dadurch ausgeglichen. So entsteht auch im Hinblick auf sie Informationseffizienz.83 c) Empirische Überprüfung und nicht ohne weiteres erklärbare Anomalien Diese Verfeinerungen der Modellvorstellung beantworten allerdings noch nicht abschließend die Frage, inwieweit mit ihnen das angestrebte Ziel, die Verhältnisse eines wirklichen Kapitalmarkts zutreffend wiederzugeben, tatsächlich erreicht wird. aa) Empirische Untersuchungen zur Informationseffizienz Zur Beurteilung der tatsächlichen Informationseffizienz des Kapitalmarktes liegt eine Vielzahl empirischer Untersuchungen vor.84 Die Aussagekraft der nicht einheitlichen Ergebnisse leidet vor allem daran, dass einer empirischen Bestätigung oder Widerlegung der Hypothese letztlich prinzipielle Hindernisse entgegenstehen. Vorab steht fest, dass selbst idealtypisch informationseffiziente Kurse nicht beanspruchen können, den ,wahren Wert‘ des Finanzinstruments und damit des Unternehmens, verstanden als die sich tatsächlich zukünftig ergebenden Zah82

Vgl. auch Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 579 ff. Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 2 f.; Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 91. 84 Vgl. den Überblick m.w. Nachw. von Kothari, J. Acc. & Econ. 31 (2001), 105 ff.; Brown, Capital Markets-Based Research, 1994, passim (für den Zeitraum bis 1993). Zusammenfassend auch Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 14.3, S. 363 ff.; Steinhauer, Ad-hoc-Publizität, 1991, S. 64 f. 83

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

lungsströme, zum Ausdruck zu bringen.85 Problematisch ist bereits, wie ein angesichts aller gegenwärtig verfügbaren Information ,richtiger‘ Kurs zu bestimmen wäre, der als Maßstab für die Beurteilung des Grades der tatsächlich erreichten Informationseffizienz erforderlich ist.86 Dazu kann nur auf ein Kapitalmarktmodell wie das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückgegriffen werden, jedoch mit der Folge, dass nicht unterschieden werden kann, ob Unregelmäßigkeiten einer mangelnder Informationseffizienz oder Unzulänglichkeiten des Bewertungsmodells zuzuschreiben sind.87 Zu einer vergleichbaren Schwierigkeit führt es, mit einem empirischen Test bei der These anzusetzen, in einem informationseffizienten Markt könnten auf Grundlage öffentlicher Informationen keine Überrenditen erzielt werden. Dafür bedürfte es der modelltheoretischen Bestimmung einer Normalrendite, die ohne Informationsnutzung erzielt worden wäre.88 Vor diesem Hintergrund sind von empirischen Studien nur Näherungen und Tendenzaussagen zu erwarten. Die mittelstrenge Variante der Informationseffizienzhypothese ist in US-amerikanischen Kapitalmärkten und dem deutschen Börsenhandel insbesondere in Ereignisstudien untersucht worden, die den Zusammenhang zwischen bestimmten neu veröffentlichten Informationen und Kursbewegungen in den Blick nehmen. Die Ergebnisse dieser Studien in hinreichend liquiden Kapitalmärkten werden überwiegend als eine weitgehende Bestätigung der Informationseffizienz in mittelstrenger Variante, also bezüglich öffentlich verfügbarer Informationen, interpretiert.89 Sie zeigen, dass der Kurs in kurzer Zeit auf neue Informationen reagiert, dass bilanzielle Angaben auch dann berücksichtigt werden, wenn ihre Beurteilung besondere Fachkunde erfordert, und dass der Kurs Gewinnentwicklungen aufgrund laufender Information vorwegnimmt.90 Als eine Bestätigung der mittelstrengen Informationseffizienz wird auch die Erkenntnis angeführt, dass die Renditen professionell verwalteter Investmentfonds im Durchschnitt kaum über der allgemeinen Marktentwicklung liegen, so dass die Informationsverarbeitung offenbar im Durchschnitt keine zusätzlichen Gewinne ermöglicht.91 85

Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 89. Über die Frage, welcher Kurs sich bei vollständiger Informationsverarbeitung durch den Markt ergeben würde, geht die Frage noch hinaus, wie zutreffend dieser Kurs den gegenwärtigen Wert des Unternehmens im Vergleich mit den Daten der Rechnungslegung angibt. Vgl. dazu Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 98 ff. 87 Fama, J. Fin 46 (1991), 1575, 1575 f. Zudem ist auch das CAPM nicht empirisch testbar, so Roll, J. Fin. Econ. 4 (1977), 129, 129 ff. 88 Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 98. 89 Vgl. die unter Fn. 84 in Bezug genommenen Untersuchungen sowie die Nachweise bei Möller/Hüfner, in: Handwörterbuch, 2001, Sp. 1275, 1281. 90 Vgl. Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 102 ff. 91 So Griese/Kempf, ZfB 73 (2003), 201, 219; w. Nachw. ebd. Fn. 5–7. Ferner mit Überblick Wittrock, Performance von Wertpapierportfolios, 2000, passim. 86

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bb) Infragestellung der Informationseffizienz durch nicht ohne weiteres erklärbare Anomalien Seit den neunziger Jahren wird die Eignung der zuvor als empirisch weitgehend bestätigt angesehenen92 These von der Informationseffizienz, die Kursbildung am Kapitalmarkt zu beschreiben, häufiger in Zweifel gezogen.93 Anstoß dafür gaben empirische Befunde über Zusammenhänge der Kursentwicklung, die als unvereinbar mit der Informationseffizienzhypothese erschienen. Informationseffizienz hinsichtlich der öffentlich zugänglichen Informationen, also in mittelstrenger Variante, bedeutet auch, dass andere Faktoren keinen Einfluss auf den Kurs haben dürfen. Schwer erklärbar sind dann etwa der plötzliche Kurssturz des amerikanischen Aktienmarktes am 19. Oktober 1987 oder auch der weltweite Kursverfall der ,Internet-Gesellschaften‘ um die Jahrtausendwende, da sich kaum Zusammenhänge mit entsprechenden neuen Informationen nachweisen lassen.94 Zudem sind aufgrund von Untersuchungen eine Reihe weiterer sogenannter Anomalien der Kursentwicklung angeführt worden. So ist nach der Veröffentlichung von Gewinnmitteilungen, die von vorherigen Erwartungen abwichen, nur eine allmähliche Reaktion des Kurses beobachtet worden, so dass sich für längere Zeit überdurchschnittliche Renditen erzielen ließen (als ,post earnings announcement drift‘ bezeichnet).95 Insofern werden also die veröffentlichten Informationen nicht, wie es der Informationseffizienzhypothese entspräche, sogleich vollständig im Kurs verarbeitet. Außerdem ist beobachtet worden, dass Wertpapiere, die in den letzten sechs bis zwölf Monaten verhältnismäßig hohe Renditen erbracht haben, dies auch für einen entsprechenden zukünftigen Zeitraum mit signifikant erhöhter Wahrscheinlichkeit erwarten lassen (,return momentum‘).96 Ferner sollen Gesellschaften mit einem besonders großen Missverhältnis von Börsenwert zum Buchwert (,market to book ratio‘) signifikant geringere Renditen erbringen.97 Weitere als Anomalien angeführte Beobachtungen sind vergleichsweise höhere Erträge kleinerer Unternehmen (,small firm effect‘), eine schlechtere längerfris92 So namentlich Jensen, J. Fin. Econ. 6 (1978), 95, 95. Krit. aber bereits Wang, U.C. Davis L. Rev. 19 (1986), 341 ff. 93 Vgl. Shleifer, Inefficient Markets, 2003, passim; Barberis/Thaler, Behavioral Finance, 2003, S. 1052 ff. sowie die folgenden Noten. Im Überblick auch Oehler, ZBB 1992, 97, 100 ff.; Bak/Bigus, ZBB 2006, 430, 435 ff. Ferner die Darlegung von Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 90 ff. 94 Dazu Stout, J. Corp. L. 28 (2003), 635, 636; Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 20 f. m.w. Nachw. Anders die Erwägungen von Malkiel, Random Walk, 1999, S. 271 ff.; Fischel, Cornell L. Rev. 74 (1989), 907 ff. Zurückhaltend auch Brealey/ Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 14.3, S. 368. 95 Vgl. die bei Bernard/Thomas, J. Acc. Res. 27 (1989), Supplement, S. 1, 5 angeführten Studien; ferner Chan/Jegadeesh/Lakonishok, J. Fin. 51 (1996), 1681 ff. 96 Jegadeesh/Titman, J. Fin. 48 (1993), 65 ff.; Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 18. Dies erkennt auch Fama, J. Fin. 46 (1991), 1575 ff. sowie ders., J. Fin. Econ. 49 (1998), 283, 304, an. 97 Lakonishok/Shleifer/Vishny, J. Fin. 49 (1994), 1541 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

tige Kursentwicklung neu emittierter gegenüber anderen vergleichbaren Wertpapieren (,new-issue puzzle‘)98 und erhöhte Renditen zu bestimmten Kalenderdaten, etwa im Januar.99 Die Forschungsrichtung der Behavioral Finance nimmt derartige Unregelmäßigkeiten zum Anlass dafür, nicht mehr grundsätzlich von der Informationseffizienz auszugehen und andere Erklärungen für die Kursbildung am Kapitalmarkt zu suchen. Zum einen wird davon ausgegangen, dass Anlageentscheidung regelmäßig von systematischen, psychologisch erklärbaren Fehleinschätzungen und Verhaltensmustern beeinflusst sind. Als solche psychologischen Eigentümlichkeiten werden genannt: Übermäßiges Vertrauen auf eigene Beurteilungen (,overconfidence‘); Optimismus und Wunschdenken, insbesondere ein zu positives Bild von den eigenen Fähigkeiten; verzerrte, zu positive Einschätzung der Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen einer Einzelerscheinung und der Ursache oder der Grundkategorie, weil eine Ähnlichkeit wahrgenommen wird (,representativeness‘) und die Neigung, eine einmal gefasste Meinung auch angesichts von Gegenindizien beizubehalten (,belief perseverance‘).100 Zum anderen könnten rationale Arbitrageure, so eine weitere Annahme, die dadurch bedingten Kursverzerrungen nur unzureichend ausgleichen. Die Arbitrage sei häufig mit erheblichen Risiken verbunden, so dass sie in bestimmtem Umfang als nicht mehr vorteilhaft erscheinen könne. Dies beruhe vor allem darauf, dass es für nicht wenige Wertpapiere an gleichwertigen Substitutionsmöglichkeiten fehle, deren es für eine möglichst risikolose Arbitrage bedürfte.101 An diese Befunde schließt sich die Frage an, inwieweit sie die Hypothese mittelstrenger Informationseffizienz als eine wirklichkeitsnahe Erklärung der Kursbildung widerlegen oder zumindest in Zweifel ziehen. Zu den Untersuchungen über Anomalien, auf die hingewiesen wurde, lassen sich indessen Gegeneinwände erheben. So beansprucht die Informationseffizienzhypothese nur insoweit Geltung, als der Widerspiegelung von Informationen im Preis nicht Transaktionskosten entgegenstehen.102 Anomalien, durch deren Kenntnis und Ausnutzung sich keine hinreichenden Gewinne erzielen lassen (etwa der sogenannte Januareffekt), stehen ihr daher nicht entgegen.103 Darüber 98

Loughran/Ritter, J. Fin. 50 (1995), 23 ff. Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 18 f. Allerdings seien diese Effekte seit ihrer Entdeckung, also in den 90er Jahren, nicht mehr beobachtet worden. Siehe zu weiteren Anomalien auch Barberis/Thaler, Behavioral Finance, 2003, S. 1073. 100 Vgl. im Überblick Barberis/Thaler, Behavioral Finance, 2003, S. 1063 ff.; Hirshleifer, J. Fin. 56 (2001), 1533 ff. sowie Oehler, ZBB 1992, 97, 99 ff., jeweils m.w. Nachw. 101 Dazu Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 12 f., 28 ff.; Barberis/Thaler, Behavioral Finance, 2003, S. 1056 ff. Ferner Roll, Financial Management 23 (1994), 69 ff. (auch zit. bei Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 14.3, S. 364). 102 Ausführlich m.w. Nachw. Sauer, Falschinformation, 2004, S. 150 ff. 99

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hinaus wird vorgebracht, vermeintlich nachgewiesene mögliche Überrenditen seien zum Teil nicht auf mangelnde Informationsverarbeitung zurückzuführen, sondern in Wirklichkeit Risikoprämien, die sich gerade aus der richtigen Informationsberücksichtigung im Kurs ergäben.104 Zudem seien selbst Über- und Unterreaktionen des Kurses auf bestimmte Informationen nicht unvereinbar mit der Informationseffizienzhypothese, sofern es sich dabei um nicht sicher vorhersehbare zufällige Erscheinungen handele; sie könnten dann als nicht dauerhafte Übergangsphänomene auf dem Weg zur Informationseffizienz verstanden werden.105 Die eingehenderen Untersuchungen der Unregelmäßigkeiten bei der Kursbildung, insbesondere theoretisch mit Blick auf die Grenzen der Arbitrage, aber auch auf empirischer Grundlage, haben dem Ansatz der Behavioral Finance jedoch zunehmend Anerkennung verschafft.106 d) Schlussfolgerungen Für die Schlussfolgerungen aus dieser Kritik an der Informationseffizienzhypothese ist zu differenzieren. Die Erkenntnisse der Behavioral Finance untermauern vor allem die Zweifel daran, ob der Kurs trotz richtiger und vollständiger öffentlicher Information einem fundamental richtigen Wert des Wertpapiers entspricht, ob er also letztlich den Unternehmenswert, verstanden als die abgezinsten zukünftigen Zahlungsströme unter Berücksichtigung einer Risikoprämie und auf Grundlage rationaler Beurteilung, wiedergibt. Der sich aufgrund richtiger Informationen bildende Kurs kann danach nicht einfach mit dem in diesem anspruchsvollen Sinne ,wahren Wert‘ des Wertpapiers gleichgesetzt werden; auch eine gesamtwirtschaftlich optimale Kapitalallokation wird nicht allein durch richtige und vollständige Information gewährleistet.107 Offenkundig gibt es in nicht abschließend beurteilbarem Ausmaß noch andere Einflüsse auf die Kursbildung, 103 Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 91; Krämer, Kapitalmarkteffizienz, in: Handwörterbuch, 2001, Sp. 1267, 1273 f.; Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 14.3, S. 363 f. Nach Lesmond/Schill/Zhou, J. Fin. Econ. 71 (2004), 349, 375 trifft dies auch auf das ,return momentum‘ (vgl. oben bei Fn. 96) zu. 104 So etwa Fama/French, J. Fin. Econ. 33 (1993), 3 ff.; dies., J. Fin. 51 (1996), 55 ff. 105 Vgl. Fama, J. Fin. Econ. 49 (1998), 283 ff., auch mit weiterer Kritik an einer Reihe von Studien. 106 Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 104; Shleifer, Inefficient Markets, 2003, S. 2; Lee, J. Acc. & Econ. 31 (2001), 233, 234 ff. 107 Easterbrook/Fischel, U. Chi. L. Rev. 52 (1985), 611, 628 f. (zusf. dies., Economic Structure, 1991, S. 328 f.): Auf die Entsprechung von Kurs und wahrem Wert komme es unter Schadensersatzgesichtspunkten nicht entscheidend an; auch Sauer, Falschinformation, 2004, S. 157 ff.: Informationseffizienz sei nicht zugleich „fundamentale Effizienz“. Gegen die Gleichsetzung von Informationseffizienz und Allokationseffizienz Henes, Zwischenberichtspublizität, 1995, S. 156; Ekkenga, Anlegerschutz, 1998, S. 73; Stout, J. Corp. L. 28 (2003), 635, 639 f.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

die auf Gegebenheiten des Marktes oder auf Eigenschaften der Marktteilnehmer zurückzuführen sind und (noch) nicht vollständig rational erklärt werden können. Es bildet sich bei richtiger und vollständiger Information also ein nur vorbehaltlich dieser Marktverhältnisse als richtig zu bezeichnender Kurs. Für eine auf die Kursbeeinflussung durch Fehlinformationen gerichtete Haftungsregelung ist dies ein geeigneter Anknüpfungspunkt, denn es wäre von vornherein kein sachgerechtes Ziel einer Schadensersatzhaftung, den Anleger durch eine Bezugnahme auf den fundamentalen Wert besserstellen zu wollen als er bei der nach den Marktverhältnissen eintretenden Preisbildung ohne die in Frage stehende Falschinformation stünde. Davon abgesehen dürfen die durch Anomalien in dem oben dargelegten Sinne bedingten Abweichungen des Kurses von einem fundamental richtigen Wert praktisch nicht überschätzt werden. Letzterer kann regelmäßig erst ex post beurteilt werden. Dass der Kurs eine relativ gute Näherung an einen aus ex ante-Sicht ,fundamental richtigen‘ Wert bildet, zeigt sich vor allem daran, dass sich durch individuelle Informationsverarbeitung und -beurteilung etwa von Investmentfonds nicht regelmäßig oder nicht in erheblichem Ausmaß Überrenditen erzielen lassen.108 Vor diesem Hintergrund lässt sich der Kurs, der nicht durch Falschinformationen, wohl aber durch die realen – auch defizitären – Markmechanismen beeinflusst ist, als ,marktrichtig‘ bezeichnen; es besteht dann ein Zustand der Marktpreisintegrität. Dieser Kurs bildet die im Zeitpunkt der Transaktion nach rechtlichen Maßstäben angemessene und insofern dem Äquivalenzgedanken gerecht werdende Gegenleistung. Die Anomalien können außerdem die Möglichkeit beeinträchtigen, den Einfluss einer bestimmten Fehlinformation auf den Kurs und damit den hypothetischen, ,marktrichtigen‘ Preis zu ermitteln,109 denn die hierzu herangezogenen kapitalmarkttheoretischen Hilfsmittel, etwa das Capital Asset Pricing Model, beruhen ihrerseits weitgehend auf der These von der hinreichenden Informationseffizienz des Kapitalmarktes.110 Darin liegt jedoch kein prinzipieller Einwand dagegen, die Informationseffizienzthese als eine gedankliche Grundlage für die Ausgestaltung und Begründung einer Haftungsregelung heranzuziehen. Dafür ist 108 Siehe oben bei Fn. 91. Die These, durch Nutzung von Informationen könnten keine Überrenditen erzielt werden, wird von der Informationseffizienzhypothese (sofern sie sich in ihrer konkreten Ausprägung auf derartige Informationen bezieht) impliziert, ist mit ihr aber nicht gleichzusetzen, Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 91; Barberis/Thaler, Inefficient Markets, 2003, S. 1055 ff.; Stout, J. Corp. L. 28 (2003), 635, 667. Mit der These, Behavioral Finance sei nur eine Ergänzung und Verfeinerung der klassischen Theorie, auch Korobkin/Ulen, Calif. L. Rev. 88 (2000), 1051, 1074 f.; zust. Klöhn, Kapitalmarkt, Spekulation und Behavioral Finance, 2006, S. 144, 148. 109 In diese Richtung Spindler, WM 2004, 2089, 2093; Rössner/Bolkart, WM 2003, 953, 956 f. 110 Escher-Weingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1850 ff.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 376 f.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 163 ff. m. Nachw.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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nämlich zunächst ausreichend, dass der theoretisch beschriebene Zusammenhang an sich besteht. Davon zu unterscheiden ist die für die exakte Quantifizierung der Auswirkungen einer Fehlinformation erforderliche Berechnung eines hypothetischen Kurses. Sie wird nicht nur durch unzureichende Erkenntnisse über etwaige Gesetzmäßigkeiten irrationalen Handelns der Kapitalmarktakteure erschwert, sondern ebenso durch unvollkommene Erkenntnismöglichkeiten über diese Kurseinflüsse im konkreten Fall.111 Dabei handelt es sich aus rechtlicher Sicht um das geläufige und in § 287 ZPO gesetzlich anerkannte Problem der genauen Schadensermittlung, dem durch – gegebenenfalls sachverständige – Abschätzungen im Rahmen des Möglichen zu begegnen ist. Rechtspolitisch könnte dem auch durch pauschalierende Bemessungsregeln abgeholfen werden, über deren Zweckmäßigkeit an dieser Stelle nicht zu urteilen ist. Keines dieser Näherungsverfahren stellt den prinzipiellen und für die Rechtfertigung einer auf diesen Zusammenhang abstellenden Haftungsnorm maßgebenden Zusammenhang von Preis und (Fehl-)Information in Frage.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk Nach der Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (WiPrO) besteht deren berufliche Aufgabe darin, betriebswirtschaftliche Prüfungen vorzunehmen und Bestätigungsvermerke über das Ergebnis dieser Prüfungen zu erteilen. Näheres ergibt sich insbesondere aus den Vorschriften über die Pflichtprüfung, die im systematischen Zusammenhang mit der handelsrechtlichen Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht stehen. Auch aus der Perspektive des Kapitalmarktes und der Interessen seiner Teilnehmer an Prüfung und Betätigungsvermerk ist von dieser handelsrechtlichen Regelung auszugehen.

I. Erscheinungsformen 1. Arten der Prüfung Die Erteilung des Prüfungsvermerks zu der Abschlussprüfung des Jahres- und Konzernabschlusses steht im Zentrum der Wirtschaftsprüfertätigkeit. Gerade in Verbindung mit den kapitalmarktspezifischen zusätzlichen Publizitätspflichten kommen darüber hinaus jedoch auch andere Formen der Prüfungstätigkeit in den Blick, insbesondere die sogenannte prüferische Durchsicht als eine vereinfachte Prüfungsform. Gelegentlich wird auch erwogen, die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers noch darüber hinaus auszudehnen, um deren Nutzen gerade für Kapitalanleger zu erhöhen. 111 Zu den Grenzen einer derartigen Schadensermittlung auch Sauer, Falschinformation, 2004, S. 387 f.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 165.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

a) Abschlussprüfungen Die Abschlussprüfung ist als Pflichtprüfung für den Jahresabschluss mit Lagebericht von Kapitalgesellschaften, die nicht kleine sind – und damit für alle kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften gemäß §§ 264d, 267 Abs. 3 Satz 2 HGB –, sowie für Konzernabschlüsse mit Konzernlagebericht gemäß § 316 HGB vorgeschrieben. Sie bezieht sich auf die zugrundeliegende Buchführung sowie die Einrichtung eines Risikofrüherkennungssystems im Sinne des § 91 Abs. 2 AktG. Die Pflichtprüfung wurde 1931 zunächst im Aktienrecht eingeführt.112 Äußerer Anlass dafür war die Weltwirtschaftskrise, die auch eine Vertrauenskrise gegenüber Aktiengesellschaften mit sich brachte.113 Von der Pflichtprüfung versprach man sich insbesondere eine Absicherung der Einhaltung der ebenfalls neu eingeführten Pflichtpublizitätsvorschriften.114 Damit war die Pflichtprüfung schon bei ihrer Einführung eng mit der abschlussbezogenen Unternehmenspublizität verbunden. Sie stand bei ihrer Einführung in engem Zusammenhang mit der Informationsfunktion der Rechnungslegung, weniger mit deren oben angeführten gesellschaftsrechtlichen Tatbestandswirkungen. Allerdings findet sich auf der Ebene der Begründung und Einordnung der gesetzlichen Neuregelung noch keine besondere Bezugnahme auf Anleger im Sinne von Teilnehmern des Kapitalmarktes als einem abgegrenzten Kreis. Es wird vielmehr allgemeiner Bezug genommen auf die Erhaltung der Kreditfähigkeit und des Vertrauens in die Solidität der Aktiengesellschaft, die als Vorzüge der Prüfungspflicht im Einzelfall herausgestellt werden.115 Prüfungsmaßstab im Bereich der Rechnungslegung sind die Rechnungslegungsvorschriften des HGB beziehungsweise die IAS/IFRS gemäß der IAS-Verordnung, nach denen die Gesellschaft ihre Abschlüsse zu erstellen hat. Die Prüfung erfordert nicht, dass der Abschlussprüfer den Vorgang der Rechnungslegung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vollständig nachvollzieht und gewissermaßen wiederholt; die Prüfungsintensität wird vielmehr durch Regeln über das Verfahren bei der Abschlussprüfung oder bei sonstiger Prüfungstätigkeit, durch Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung, näher bestimmt. Dass eine Prüfung bis in jede Einzelheit nicht gefordert wird, kommt auch in der gesetzlichen Regelung des § 317 Abs. 1 Satz 3 HGB zum Ausdruck, wonach sich die Abschlussprüfung an dem Ziel der Aufdeckung „wesentlicher“ Verstöße und Un112 §§ 262a ff. HGB i. d. F. der Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I S. 493. Zur Entwicklung der Pflichtprüfung in Deutschland im Überblick Habersack, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd. II, 2007, 16. Kap. Rdn. 9 ff. m.w. Nachw. 113 Quassowski, Gruch. 72 (1932), 401, 401; Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, Vorbem. 1 zu § 262a HGB. 114 Quassowski, Gruch. 72 (1932), 401, 424. 115 Ebd.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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richtigkeit auszurichten hat.116 Der Prüfer hat die Prüfung so zu planen und durchzuführen, dass er, auch angesichts der bei der Prüfung erlangten Kenntnisse, das Risiko der Nichtaufdeckung wesentlicher Verstöße oder Unrichtigkeiten auf ein Maß minimiert, das angesichts des zu seiner Vermeidung erforderlichen Aufwandes vernachlässigt werden kann.117 Das Maß des Prüfungsrisikos wird unmittelbar relevant, wenn bei der Prüfungsvorbereitung mit Hilfe statistischer Verfahren der erforderliche Umfang und die gebotene Auswahl von Stichproben aus der Vielzahl der Geschäftsvorfälle ermittelt werden.118 Das Gesetz regelt die Anforderungen an das Prüfungsverfahren bisher nur in allgemeiner Form. Nach § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ist der Abschlussprüfer zur „gewissenhaften und unparteiischen Prüfung und zur Verschwiegenheit“ verpflichtet. Nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz bestimmt § 316 Abs. 4 HGB allerdings in Umsetzung der Abschlussprüfungsrichtlinie, dass von der Europäischen Kommission angenommene internationale Prüfungsstandards anzuwenden sind, gegebenenfalls ergänzt um zusätzliche nationale Anforderungen gemäß § 316 Abs. 5 HGB. Bislang hat die Kommission allerdings noch keine derartigen Prüfungsstandards – in Betracht kommen vor allem die International Standards of Auditing (ISA) der International Federation of Accountants (IFAC) – angenommen.119 Die demnach bislang fortgeltenden nationalen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung werden durch berufsständische Standards bestimmt, zu deren Beachtung die Vorschriften der §§ 43 ff. WiPrO und der von der Wirtschaftprüferkammer erlassenen Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer verpflichten.120 Zu Einzelfragen hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) Prüfungsstandards herausgegeben.121 Es handelt sich dabei mangels einer Ermächtigung zur Rechtsetzung nicht um Rechtsnormen, so dass sie (nur) kraft ihrer inneren, fachlichen Überzeugungskraft und Zweckmäßigkeit Geltung beanspruchen können, was dadurch gesichert sein soll, dass sie von besonders erfahrenen und sachverständigen Berufsangehörigen aufgestellt werden und eine einheitliche Berufsausübung ermöglichen.

116 Insoweit stellt das KonTraG vom 27.4.1998 klar, was sich schon aus dem Gesamtbild der gesetzlichen Regelung der Abschlussprüfung ergibt, Adler/Düring/Schmaltz, § 317 HGB Rdn. 143; MünchKomm-HGB/Ebke, § 317 HGB Rdn. 44 ff., 67 ff.; zur Neuregelung auch Forster, WPg 1998, 41, 45. 117 Bertl/Fröhlich, in: Koziol/W. Doralt, Abschlussprüfer, 2004, S. 1 bei Rdn. 8 bezeichnen ein verbleibendes Risiko von fünf Prozent als im Allgemeinen akzeptiert. 118 Vgl. Wirtschaftsprüfer-Handbuch 2000, Bd. I, Abschn. R Rdn. 91 ff. m.w. Nachw. 119 Vgl. Erchinger/Melcher, DB 2008, Beilage 1, S. 56, 56. 120 Insbes. § 4 Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer. 121 Zu nennen sind etwa die Prüfungsstandards IDW, PS 200: „Ziele und allgemeine Grundsätze der Durchführung von Abschlussprüfungen“; IDW, PS 201: „Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung“. Siehe für einen ausführlichen Überblick ferner MünchKomm-HGB/Ebke, § 317 Rdn. 21 ff.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

b) Die prüferische Durchsicht Die prüferische Durchsicht (,review‘) ist eine betriebswirtschaftliche Prüfung, die – wie es der maßgebliche Prüfungsstandard ausdrückt – „keine, auch keine in ihrem Umfang reduzierte Abschlussprüfung“122 sein soll. Gesetzlich vorgeschrieben ist diese prüferische Durchsicht nicht. Während der Regierungsentwurf des Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes dies für den verkürzten Abschlusses mit Zwischenlagebericht als Teile des Halbjahresfinanzberichts noch vorgesehen hatte, verzichtet das schließlich verabschiedete Gesetz in § 37w Abs. 5 WpHG auf eine zwingende Regelung und stellt die prüferische Durchsicht dem Emittenten frei.123 Dies entspricht der zugrundeliegenden Transparenzrichtlinie, die in Art. 5 Abs. 5 die zwingende Regelung einer Prüfung oder prüferischen Durchsicht nicht verlangt. Lediglich die grundsätzlichen Anforderungen an eine gegebenenfalls vorgenommene prüferische Durchsicht und die Pflicht, ihr Ergebnis oder ihre Nichtdurchführung offenzulegen, werden geregelt. Nach § 37w Abs. 5 Satz 3 WpHG ist die prüferische Durchsicht „so anzulegen, dass bei gewissenhafter Berufsausübung ausgeschlossen werden kann, dass der verkürzte Abschluss und der Zwischenlagebericht in wesentlichen Belangen den anzuwendenden Rechnungslegungsgrundsätzen widerspricht.“124 Alle nicht prüfungspflichtigen Abschlüsse und etwa dazugehörende Lageberichte, aber auch nur Teile davon, können einer prüferischen Durchsicht unterzogen werden, wenngleich Zwischenberichte ihr typischer Gegenstand sind.125 Das Vorgehen des Prüfers bei der prüferischen Durchsicht wird durch besondere Prüfungsstandards näher bestimmt.126 Das Ergebnis einer beanstandungsfreien prüferischen Durchsicht wird, ebenso wie die Anforderungen in § 37w Abs. 5 Satz 3 WpHG formuliert sind, negativ dahingehend gefasst, dass keine Sachverhalte bekannt geworden seien, aufgrund deren anzunehmen sei, dass die Abschlüsse ein zutreffendes Bild nicht zeigten. Dadurch soll verdeutlicht werden, dass sich die prüferische Durchsicht von der Abschlussprüfung durch den Grad der Sicherheit unterscheidet, der jeweils für die Richtigkeit des beanstandungsfreien Ergebnisses in Anspruch ge122

IDW, PS 900, Tz. 2; Schindler, WPg 2002, 1121 ff. Vgl. dazu Stellungnahme des Bundesrates und zustimmende Gegenäußerung der Bundesregierung zu § 37w Abs. 5 WpHG i. d. F. des RegE TUG, BT-Drucks. 16/2917, S. 3, 6. 124 Nähere Begr. RegE, BT-Drucks. 16/2498, S. 44: „negativ formulierte Aussage“. Gleichsinnig IDW, PS 900, Tz. 25 ff. Ebenso IFAC, ISRE 2400, Tz. 3, 23. Dementsprechend unterschied der zum 1.1.2005 außer Kraft getretene ISA 120, Tz. 6, 8 die „negative assurance“ der prüferischen Durchsicht („review“) von der „positive assurance“ der eigentlichen Prüfung („audit“). 125 Vgl. IDW, PS 900, Tz. 3. 126 Vgl. IDW, PS 900: „Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen“ sowie die internationalen Prüfungsstandards der IFAC, ISRE 2400: „Engagements to Review Financial Statements“; IFAC, ISRE 2410: „Review of Interim Financial Information Performed by the Independent Auditor of the Entity“. 123

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nommen wird. Ein qualitativer Unterschied zur Abschlussprüfung kann darin gesehen werden, dass das Verfahren der prüferischen Durchsicht nicht an dem idealen Ziel orientiert ist, einer vollständig sicheren Aussage so nahe zu kommen, wie dies mit nicht unverhältnismäßigem Aufwand nur möglich ist. Anders als es dieses Ziel für die Abschlussprüfung ermöglicht, lässt sich der Grad der Sicherheit, der dem Ergebnis einer prüferischen Durchsicht zukommt, demgegenüber kaum beziffern.127 Als Ziel der prüferischen Durchsicht wird es denn auch nur bezeichnet, die Glaubhaftigkeit der Abschlüsse zu erhöhen128 und wesentliche Mängel „mit gewisser Sicherheit“ auszuschließen; der Wirtschaftsprüfer müsse für eine beanstandungsfreies Ergebnis der Durchsicht „aufgrund von erhaltenen Nachweisen davon überzeugt [sein]“, dass die geprüften Abschlussinformationen „im Rahmen der gegebenen Umstände plausibel [sind]“.129 Die vorzunehmenden Prüfungshandlungen sollen sich im Wesentlichen darauf beschränken, Mitarbeiter zu befragen und analytische Beurteilungen vorzunehmen.130 c) Weitere Prüfungen aa) Prüfung von Ad-hoc-Mitteilungen und die laufende Prüfung Die Prüfung von Ad-hoc-Mitteilungen nach § 15 WpHG ist weder gesetzlich vorgesehen noch entspricht sie praktischer Übung. Allerdings sind vereinzelt Überlegungen in diese Richtung angestellt worden.131 Gegenstand der Prüfung wäre vor allem, ob die Umstände und Ereignisse, auf die sich die Meldung beziehen soll, zutreffend wiedergegeben werden, aber auch das prognostische Urteil über deren Kursbeeinflussungspotential, das Voraussetzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht ist. Grundsätzlich ist die Prüfung von Ad-hoc-Mitteilungen durch einen Wirtschaftsprüfer möglich, auch wenn diese nicht, wie ein Jahresabschluss, unmittelbar über die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage berichten. Sofern der Gegenstand der Prüfung abgrenzbar ist, anhand hinreichend bestimmter Kriterien bewertet werden kann und sofern auf objektiver Grundlage hinreichend sichere Aussagen möglich sind, können auch sonstige Vorgänge, Verhalten oder Systeme und zudem Prognosen von einem Wirtschaftsprüfer geprüft und beurteilt werden.132

127

Vgl. auch Förschle/Helmschrott, WPg 2001, 637, 641 ff. IDW, PS 900, Tz. 5. 129 IDW, PS 900, Tz. 6 bzw. 8; ähnlich IFAC, ISRE 2400, Tz. 7, 9. 130 Vgl. IDW, PS 900, Tz. 18. 131 Dafür Ruhnke, WPg 2001, 440; ders., WPg 2001, 1372. Eher ablehnend Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 108. 132 So IFAC, International Framework, Tz. 31, 33; vgl. zu Prognosen auch IFAC, ISAE 3400. 128

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Die Prüfung ist nach Ansicht von Ruhnke sinnvoll, weil Ad-hoc-Mitteilungen eine wichtige Entscheidungsgrundlage für Anleger seien und des öfteren Fehler aufwiesen, die durch eine Prüfung zu verhindern seien.133 Dies gelte auch unter Berücksichtigung der unvermeidlichen Verzögerung der Information, die durch Vorkehrungen zur Beschleunigung und Intensivierung des Informationsflusses zwischen dem Prüfer und dem Unternehmen zudem begrenzt werden könne.134 Die Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer sei internen Kontrollverfahren überlegen; sie habe zudem auch präventive Wirkung.135 Wenngleich keine besonderen Prüfungsstandards für die Prüfung von Ad-hoc-Mitteilungen vorlägen, könnten bestehende allgemeine Prüfungsregeln herangezogen werden.136 Materiell habe sich die Prüfung an den tatbestandlichen Voraussetzungen der Publizitätspflicht auszurichten.137 Allerdings dürften die gegen diese Art der Prüfung erhobenen Bedenken überwiegen. Angesichts des Zwecks der Pflicht zu Ad-hoc-Mitteilungen, Insiderhandeln zu verhindern, hat die schnellstmögliche Veröffentlichung besonderes Gewicht.138 Nachteilig wäre es zudem, wenn die Informationen zuvor im Rahmen der Prüfung einem weiteren, wenn auch begrenzten Personenkreis zur Kenntnis gelangten.139 Darüber hinaus finden die veröffentlichten Insiderinformationen, die nachhaltige Wirkungen auf die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage haben, in ihrer Substanz Eingang in die Zwischenberichte oder Abschlüsse, die im Nachhinein Gegenstand der Prüfung sind. Soweit diese Prüfungen die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten erwarten lassen, stehen Ad-hoc-Mitteilung also bei ihrer Ausgabe gewissermaßen unter einem Vorbehalt der späteren Nachprüfung.140 Eine das Unternehmen ständig begleitenden Prüfungstätigkeit, die eine schnelle Verifizierung von veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen ermöglichte (ein ,continuous auditing‘141), ist im Übrigen eine wenig geeignete Alternative, denn sie würde mit einer so engen Verbindung zwischen dem Unternehmen und dem Wirtschaftsprüfer einhergehen, dass dessen Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit in Gefahr gerieten.

133

WPg 2001, 440, 441 f. Ruhnke, WPg 2001, 440, 450 f.; ders., WPg 2001, 1372, 1374. 135 Ruhnke, WPg 2001, 1372, 1375. 136 Ruhnke, WPg 2001, 440, 442 ff. mit Verweis auf IFAC, ISA 800; IFAC, ISAE 3400 (vormals ISA 810) und – noch allgemeiner – IFAC, ISAE 3000 (Rev.) zu ,assurance engagements‘. 137 Ruhnke, WPg 2001, 440, 446 f.; ders., WPg 2001, 1372, 1373 f. 138 Förschle/Helmschrott, WPg 2001, 637, 640 f. 139 Förschle/Helmschrott, WPg 2001, 1375, 1376. 140 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss, 2009, Kap. 22 D. III. 2. a), S. 1282, die hervorheben, dass der (geprüfte) Jahresabschluss einen primär bestätigenden Charakter habe und ihm eine „Informationshygiene“-Funktion zukomme. 141 Vgl. die dahingehenden Überlegungen von Ruhnke, WPg 2001, 440, 450. 134

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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bb) Prüfung der Entsprechenserklärung nach § 161 AktG Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz verpflichtet börsennotierte Aktiengesellschaften und bestimmte andere Aktiengesellschaften, die den öffentlichen Kapitalmarkt in Anspruch nehmen, durch § 289a HGB, eine „Erklärung zur Unternehmensführung“ abzugeben, die entweder in den Lagebericht als dessen Bestandteil aufgenommen oder gesondert im Internet öffentlich zugänglich zu machen ist, worauf im Lagebericht dann Bezug genommen werden muss.142 Die vorher auf nicht näher bestimmte Weise den Aktionären dauerhaft zugänglich zu machende Entsprechenserklärung zum Deutschen Corporate Governance Kodex gemäß § 161 AktG ist in diese Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen. Vor der Neuregelung wurde die inhaltliche Aufnahme der Entsprechenserklärung in den Anhang oder Lagebericht für unzulässig oder zumindest nicht veranlasst gehalten; falls sie dennoch erfolgte, sollte sich eine inhaltliche Prüfungspflicht in Bezug auf die Entsprechenserklärung ergeben, ebenso wie sie für sonstige Angaben in Anhang und Lagebericht besteht.143 Diese Folge will das neue Recht vermeiden und bestimmt daher in § 317 Abs. 2 Satz 3 HGB – im Einklang mit der zugrundeliegenden Neufassung der Jahresabschlussrichtlinie –, dass die Erklärung zur Unternehmensführung auch als Bestandteil des Lageberichts nicht der Abschlussprüfung unterliegt.144 Rechtspolitisch fordert diese Ausnahmeregelung Kritik heraus: Die Prüfung des Lageberichts ist schon nach § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB nur auf die Feststellung ausgerichtet, dass er mit dem Abschluss in Einklang stehe und „insgesamt“ eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens beziehungsweise Konzerns vermittele. Dadurch würde sich eine inhaltliche Prüfung der Entsprechenserklärung ohnehin nur auf solche Punkte beziehen, die die Rechnungslegung oder sonst die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage betreffen. Andererseits ist eine Prüfung des Lageberichts in diesem Umfang gerade deswegen besonders naheliegend, weil dadurch letztlich der Abschluss selbst vor etwaigen Verfälschungen der Gesamtaussage durch den zusammen mit ihm veröffentlichten Lagebericht geschützt werden würde. Außerdem dient es generell der Klarheit, wenn der Umfang und die Grenzen der Abschlussprüfung möglichst deutlich werden, zumal vor dem Hintergrund der häufig beklagten zu weit gehenden Erwartungen des Publikums an den Abschlussprüfer (sogenannte Erwartungslücke).145 Relativiert werden diese Bedenken allerdings dadurch, dass in einem 142 Dem liegt Art. 46a der Jahresabschlussrichtlinie i. d. F. der Abänderungsrichtlinie zugrunde. 143 W. Müller, NJW 2002, 752, 753; Ruhnke, AG 2003, 371, 374. A.A. IDW, PS 345, Tz.17. 144 Begr. RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, S. 86 unter Verweis auf den Umkehrschluss zu Art. 46a Abs. 2 Satz 3 der Jahresabschlussrichtlinie i. d. F. der Abänderungsrichtlinie. 145 Dazu Forster, WPg 1994, 789 ff. m.w. Nachw.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

hinreichend informationseffizienten Kapitalmarkt der gesetzlich geforderte Prüfungsumfang als offenliegender Umstand ohne weiteres Berücksichtigung bei der Kursbildung von Wertpapieren findet und dass es den Unternehmen unbenommen bleibt, im Lagebericht auf die gesondert öffentlich zugänglich gemachte Erklärung nur Bezug zu nehmen. Darüber hinaus ist trotz der Freistellung von formalen Prüfungsanforderungen zu berücksichtigen, dass für an sich nicht prüfungspflichtige Teile eines Geschäftsberichts, die den Abschluss bei der Veröffentlichung begleiten, zumindest eine ,Plausibilitätskontrolle im Sinne kritischen Lesens‘ auf etwaige erkennbare Unstimmigkeiten mit dem Abschluss gefordert wird.146 Davon abgesehen ist im Anhang des Jahres- und Konzernabschlusses nach §§ 285 Nr. 16, 314 Abs. 1 Nr. 8 HGB anzugeben, dass die Entsprechenserklärung abgegeben und wo sie öffentlich zugänglich gemacht wurde.147 Es gehört deswegen nach §§ 316 Abs. 1 beziehungsweise Abs. 2, 317 Abs. 1, 264 Abs. 1 Satz 1, 297 Abs. 1 Satz 1 HGB zur Abschlussprüfung, den Umstand der Abgabe und die Zugänglichmachung der Erklärung zu überprüfen.148 Zudem hat der Abschlussprüfer nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB über schwerwiegende Gesetzes- und Satzungsverstöße zu berichten, die ihm bei seiner Prüfungstätigkeit bekannt werden, ohne dass ihn eine diesbezügliche Prüfungspflicht träfe. Dabei kann es sich zugleich um Abweichungen von der Entsprechenserklärung handeln, soweit in Verbindung mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex die Wahrung von Gesetz oder Satzung erklärt wird.149 Eine sogenannte Redepflicht des Abschlussprüfers im Sinne des § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB besteht ferner für alle dem Prüfer ohne dahingehende Prüfungspflicht bekannt werdenden Unrichtigkeiten der Entsprechenserklärung, wenn im Prüfungsvertrag eine solche Vereinbarung getroffen wird. Dies empfiehlt der Kodex unter Ziff. 7.2.3 Abs. 2.150 Sowohl die gesetzliche als auch die darüber hinausgehende vertragliche Redepflicht des Abschlussprüfers besteht nur gegenüber dem Aufsichtsrat der geprüften Gesellschaft; sie ist insbesondere durch den Prüfungsbericht zu erfüllen, führt aber nicht zur Versagung des Bestätigungsvermerks.

146 Vgl. Ruhnke, AG 2003, 374, 375, jedoch wohl zu weit gehend mit der Schlussfolgerung, dies könne „faktisch zu inhaltlich ausgerichteten Prüfungshandlungen“ führen. 147 Die Pflicht zur dauerhaften Zugänglichmachung besteht nach § 161 Satz 2 AktG. Daneben erfolgt eine Offenlegung zusammen mit dem Jahresabschluss gemäß § 325 Abs. 1 Satz 3 HGB. 148 Dazu IDW, PS 345, Tz. 16 f., 21 ff.; Ruhnke, AG 2003, 371, 373 f. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Abschlussprüfer widrigenfalls den Bestätigungsvermerk einzuschränken hat, Begr. RegE TransPuG, BT-Drucks. 14/8769, S. 25. Dazu auch Radtke, Entsprechenserklärung, 2004, S. 164 f. 149 Vgl. Begr. RegE, a. a. O. (Vornote); Radtke, Entsprechenserklärung, 2004, S. 166. 150 Dazu näher IDW, PS 345, Tz. 33 f.; Ruhnke, AG 2003, 371, 374.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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Sollte eine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Entsprechenserklärung vereinbart werden, so stehen dem rechtlich keine Hindernisse entgegen.151 Eine derartige Praxis ist allerdings nicht erkennbar. Zumindest die allgemeinen Prüfungsstandards für assurance engagements können hierauf angewendet werden.152 Wie die Prüfung näher ausgestaltet wird und zu welcher Aussage sie führen soll, wäre eigens zu vereinbaren. In jedem Fall kann die Entsprechenserklärung nur hinsichtlich ihrer vergangenheitsbezogenen Aussagen geprüft werden. Die ebenfalls vorgeschriebene zukunftsgerichtete Erklärung, dass dem Kodex weiterhin entsprochen wird,153 läuft auf eine alternative Verpflichtung der Gesellschaftsorgane hinaus, sich zukünftig entweder der Erklärung gemäß zu verhalten oder die Erklärung rechtzeitig einem beabsichtigten abweichenden Verhalten anzupassen; sie ist mithin kein tauglicher Prüfungsgegenstand. cc) Weitere gesetzlich vorgesehene Prüfungen Das Gesetz sieht weitere, überwiegend anlassbezogene Prüfungen vor, insbesondere bei gesellschaftsrechtlichen Strukturveränderungen wie Umwandlungen (etwa nach § 9 UmwG),154 Unternehmensverträgen (§ 293b AktG) oder anderen Fällen von Unternehmensverbindungen (so die Prüfung des Abhängigkeitsberichts nach § 313 AktG). Die Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG findet statt, wenn die Hauptversammlung dies beschließt (§ 142 Abs. 1 AktG) oder wenn es von Aktionären nach Maßgabe der Vorschriften des § 142 Abs. 2 AktG beantragt wird.155 Die bilanzrechtliche Sonderprüfung nach §§ 258 ff. AktG und die konzernrechtliche gemäß § 315 AktG kann nur von Seiten der Aktionäre beantragt werden. Die allgemeine Sonderprüfung nach §§ 142 ff. AktG ist auf „Vorgänge bei der Gründung oder der Geschäftsführung, namentlich auch bei Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung“ (§ 142 Abs. 1 Satz 1 AktG) bezogen, wobei diese in dem Beschluss oder dem Antrag näher zu bestimmen sind.156 Das Verfahren und der Maßstab der jeweiligen einzelnen Prüfungen richten sich im Rahmen der allgemein geltenden Regeln nach dem besonderen Zweck der jeweiligen Prüfung. So zielt die Sonderprüfung darauf ab, umgrenzte Vorgänge lückenlos aufzuklären; sie ist dann eine umfassende Prüfung, bei der ein höchstmögliches Maß an Gewissheit angestrebt wird.157 Der Sonderprüfungs151 Vgl. auch Ruhnke, AG 2003, 371, 376 f. Eine solche Vereinbarung zu treffen empfiehlt Ulmer, ZHR 166 (2002), 150, 176 f. 152 Vgl. oben bei Fn. 136, S. 70: IFAC, ISAE 3000 (Rev.). 153 Vgl. MünchKomm-AktG/Semler, § 161 Rdn. 51, 54 m.w. Nachw. 154 Dazu ausführlich Schaal, Umwandlungsprüfer, 2001. 155 Eingehend Jänig, Aktienrechtliche Sonderprüfung, 2005. 156 RGZ 146, 385, 393 f.; MünchKomm-AktG/Schröer, § 142 Rdn. 14 ff.; Adler/Düring/Schmaltz, §§ 142–146 AktG Rdn. 7. 157 Adler/Düring/Schmaltz, §§ 142–146 AktG Rdn. 37.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

bericht gestattet es, zwischen sicheren und weniger sicher beurteilbaren Aussagen zu differenzieren.158 Ein investment- und damit kapitalmarktrechtliches Prüfungserfordernis findet sich in § 44 Abs. 5 InvG für den Jahresbericht jedes Sondervermögens einer Kapitalanlagegesellschaft.159 Er ist jeweils einer gesonderten Prüfung durch den Abschlussprüfer der Gesellschaft zu unterziehen. Wie ausdrücklich gesetzlich angeordnet, ist die Prüfung auch darauf zu richten, ob bei der Verwaltung des Sondervermögens die Vorschriften des Investmentgesetzes beachtet wurden. Die Durchführung der Abschlussprüfung richtet sich in erster Linie nach den besonderen Vorschriften der §§ 24 ff. Investment-Prüfberichtsverordnung160, im Übrigen gelten die Grundsätze nach § 317 Abs. 1 HGB entsprechend.161 dd) Weitere freiwillige Prüfungen Soweit eine Pflicht zur Prüfung nicht besteht, können Zweck und Umfang einer Prüfung grundsätzlich frei vereinbart werden. Dabei kann auch auf die Vorschriften und Standards, die für Pflichtprüfungen gelten, zurückgegriffen werden.

2. Dokumentation und Verlautbarung des Prüfungsergebnisses, insbesondere durch den Bestätigungsvermerk Die Prüfung findet mit der Erteilung einer Urkunde über das Prüfungsergebnis in der gesetzlich bestimmten oder beruflicher Übung entsprechenden Form ihren Abschluss.162 Den Prototyp bildet der Bestätigungsvermerk bei der Abschlussprüfung gemäß § 322 HGB; er ist für die Berufstätigkeit des Wirtschaftsprüfers geradezu kennzeichnend, wie sich aus § 2 Abs. 1 WiPrO ergibt. Als uneingeschränkter Bestätigungsvermerk enthält er im Wesentlichen die Aussage, dass der Gegenstand der Prüfung dem Prüfungsmaßstab entspricht, soweit dies bei Anwendung des gebotenen Prüfungsverfahrens beurteilt werden kann.163 Sind

158

Adler/Düring/Schmaltz, §§ 142–146 AktG Rdn. 41 f. Entsprechendes gilt gemäß § 44 Abs. 6 InvG für den „Zwischenbericht“ im Sinne des § 44 Abs. 3 InvG, der im Falle einer Übertragung des Sondervermögens während des Geschäftsjahres aufzustellen ist. 160 Verordnung über die Inhalte der Prüfungsberichte für Kapitalanlagegesellschaften, Investmentaktiengesellschaften und Sondervermögen (Investment-Prüfungsberichtsverordnung – InvPrüfbV) vom 15.12.2008, BGBl. I S. 2467. 161 Vgl. Beckmann/Scholtz/Vollmer, Investment, § 44 InvG Rdn. 58 ff., 60. Zur Vorgängernorm Brinkhaus/Scherer/Schödermeier/Baltzer, § 24a KAGG Rdn. 47; ähnlich Baur, Investmentgesetze, § 24a KAGG Rdn. 79. 162 Dass der Bestätigungsvermerk in Verbindung mit der Prüfung ein besonderes Formerfordernis ist, wie dies Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 79 ff. zu belegen unternimmt, ist damit nicht gesagt. 159

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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wesentliche Einwendungen zu erheben, so ist der Bestätigungsvermerk einzuschränken oder in Form eines Versagungsvermerks zu versagen; im Unterschied zu dem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk ist die Einschränkung oder Versagung zu begründen.164 Der eingeschränkte Bestätigungsvermerk muss die ,Tragweite‘ der Einschränkungen erkennen lassen.165 Der Vermerk wird zusammen mit seinem Bezugsgegenstand, also auf der gleichen Publizitätsstufe,166 veröffentlicht.167 Neben dem Bestätigungsvermerk steht der Prüfungsbericht gemäß § 321 HGB. Er enthält eingehendere Aussagen zu einzelnen Elementen des Prüfungsgegenstandes, zu Art und Umfang der Prüfung sowie gegebenenfalls zu festgestellten Unrichtigkeiten oder Gesetzesverstößen. Wesentliche Aufgabe des Prüfungsberichts ist es, den Aufsichtsrat unabhängig und sachverständig zu unterrichten, um ihm die Wahrnehmung seiner Überwachungspflichten und die eigene Prüfung des Abschlusses zu erleichtern oder erst zu ermöglichen.168 Der Prüfungsbericht wird, damit er seine Zwecke erfüllen kann, ohne dass Geschäftsgeheimnisse öffentlich werden, grundsätzlich vertraulich behandelt.169 Allerdings kann er von der geprüften Gesellschaft durchaus, etwa im Rahmen von Kreditverhandlungen, auch Dritten zugänglich gemacht werden.170 Über das Ergebnis einer prüferischen Durchsicht oder einer sonstigen Prüfung, die nach Art und Umfang hinter einer Pflichtprüfung im Sinne der §§ 316 ff. HGB zurückbleibt, wird eine ,schriftliche Bescheinigung‘ ausgestellt,171 die nicht als Bestätigungsvermerk eingeordnet und auch nicht so benannt wird.172 Sie unterscheidet sich von diesem dadurch, dass auf das jeweils andere, in aller Regel weniger intensive Prüfungsverfahren hingewiesen und das Prüfungsergebnis entsprechend abgeschwächt formuliert wird.

163 Adler/Düring/Schmaltz, § 322 HGB Rdn. 13 ff., 18 ff. Siehe auch Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 45 ff. 164 MünchKomm-HGB/Ebke, § 322 Rdn. 40. 165 Vgl. § 322 Abs. 4 HGB. Dazu auch Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 51 ff. 166 So Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 53 für den Bestätigungsvermerk zum Jahresabschluss. 167 Vgl. § 325 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 37v Abs. 2 WpHG. 168 Adler/Düring/Schmaltz, § 321 HGB Rdn. 32; dort im Folgenden auch zu weiteren Aufgaben wie etwa Unterrichtung von Aufsichtsbehörden, Selbstkontrolle des Vorstandes, Nachweisfunktion hinsichtlich der Abschlussprüfertätigkeit. 169 Adler/Düring/Schmaltz, § 321 HGB Rdn. 22. 170 Darauf weisen Adler/Düring/Schmaltz, § 321 HGB Rdn. 36 hin. 171 IDW, PS 900, Tz. 25. 172 IDW, PS 900, Tz. 8: „Ein Bestätigungsvermerk darf nicht erteilt werden“. Ferner Adler/Düring/Schmaltz, § 322 HGB Rdn. 422; Wirtschaftsprüfer-Handbuch 2000, Bd. I, Abschn. Q Rdn. 1130 ff. Nach internationalen Prüfungsregeln ist IFAC, ISRE 2400, Tz. 23 ff. einschlägig, wo die Anforderung an „review“ und „review report“ geregelt sind.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

Bei anderen nach Anlass oder Umfang begrenzten Prüfungen173 ergibt sich aus deren Zweck oder einer besonderen Regelung, wie das Prüfungsergebnis zu verlautbaren ist. In der Regel ist ein Prüfungsbericht abzugeben, in dem auch auf Einzelheiten eingegangen werden kann, sofern dies geboten ist, und dessen Ergebnis nach der beruflichen Übung sodann in einer Schlusserklärung zusammengefasst wird.174 Die Veröffentlichung auch dieses Prüfungsberichts ist vielfach vorgeschrieben.175

II. Funktionen Die der Prüfung und dem Bestätigungsvermerk oder entsprechenden Bescheinigungen zugeordneten Funktionen schließen sich an die Funktionen der Rechnungslegung und der Publizität an. Sie ermöglichen eine systematische Einordnung dieser Wirtschaftsprüfertätigkeit und sollen deren leitenden Grundgedanken zum Ausdruck bringen.176 Sie werden hier herausgestellt, um zusätzlich den spezifischen Ausgangspunkt einer Wirtschaftsprüferhaftung gerade aus Sicht von Kapitalanlegern, aber auch im Verhältnis zu anderen Interessierten erfassen zu können. Die Funktionen beziehen sich im Einzelnen auf die Prüfung an sich, die Erteilung des Bestätigungsvermerks177 und dessen Veröffentlichung. 1. Kontrollfunktion Die Kontrollfunktion bezeichnet das Ziel jeder Prüfung, Fehler und Mängel bezüglich der Rechnungslegung oder des sonstigen Prüfungsgegenstandes zu ermitteln und deren Berichtigung oder Aufdeckung zu bewirken. Die Kontrolle durch den Wirtschaftsprüfer wird von drei Merkmalen geprägt, der Unabhängigkeit des Prüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft, seiner besonderen Sachkunde und der Objektivität der Beurteilung. Die Unabhängigkeit, zu deren Wahrung sowohl das Berufsrecht178 als auch das konkrete Prüfungsverhältnis179 den Wirtschaftsprüfer verpflichten, soll ihm ermöglichen, seine Tätigkeit ohne Inte173

Siehe oben unter 1. c) cc), S. 73. Vgl. Wirtschaftsprüfer-Handbuch 2000, Bd. I, Abschn. Q Rdn. 943 ff. 175 Etwa bei der Gründungsprüfung nach § 34 Abs. 3 AktG, der Kapitalerhöhung mit Sacheinlage nach §§ 183 Abs. 3 Satz 2, 194 Abs. 4 Satz 2, 205 Abs. 3 Satz 2 AktG oder der Sonderprüfung nach §§ 145 Abs. 4 Satz 3 AktG. 176 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 316 HGB Rdn. 16 ff.; MünchKomm-HGB/Ebke, § 316 Rdn. 24 ff.; Ruhnke, Normierung, 2000, S. 18 ff. 177 Besonderen Funktionen des Versagungsvermerks wird nicht weiter nachgegangen; die drohende Veröffentlichung eines Versagungsvermerks dient insbes. dazu, die Gesellschaft zur ordnungsgemäßen Rechnungslegung anzuhalten und sicherzustellen, dass vom Abschlussprüfer geforderte Berichtigungen auch durchgeführt werden. Vgl. Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 67, 72 f. 178 §§ 43 Abs. 1, 44, 49 WiPrO; §§ 2, 3, 20–24 BS WP/vBP. 174

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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ressenkonflikte und frei von Vorteilen, die sich aus Manipulationen ergeben könnten, wahrzunehmen. Die besondere Sachkunde des Prüfers im Hinblick auf den Prüfungsgegenstand wird in erster Linie durch die Anforderungen an den Eintritt in den Beruf des Wirtschaftsprüfers gesichert.180 Die objektivierte Beurteilung des Prüfungsgegenstandes besteht zunächst darin, dass nur die Gesetzmäßigkeit und die sonstige Regelgemäßheit, nicht aber die Zweckmäßigkeit zu prüfen ist.181 Auch die Qualität der Geschäftsführung schlechthin kann nicht Gegenstand einer derartigen Prüfung sein, da sie sich in weitem Umfang nicht anhand allgemeinverbindlicher Maßstäbe beurteilen lässt; anders verhält es sich bei sachlich begrenzten Einzelfragen.182 a) Grenzen der Objektivität? Des öfteren wird allerdings hervorgehoben, das Urteil eines Wirtschaftsprüfers habe stets einen subjektiven Charakter.183 Diese Einordnung ist missverständlich; sie kann nicht in Frage stellen, dass die Prüfung auf eine objektivierte Beurteilung des Prüfungsgegenstandes abzielt. Entscheidungen etwa über die Bilanzpolitik, die im Hinblick auf die damit verfolgten Zwecke ein weitgehend freies Ermessen gewähren und insofern subjektiv getroffen werden können, hat der Wirtschaftsprüfer im Rahmen seiner Prüfungstätigkeit gerade nicht zu treffen. Erst recht darf sich der Abschlussprüfer nicht von unsachlichen Gesichtspunkten leiten lassen; auch gewissenhaftes Verhalten – wie es der Gesetzeswortlaut in § 323 Abs. 1 HGB fordert – im Sinne eines dem Gewissen gemäßen Handelns genügt den Anforderungen nur, soweit es zugleich objektiven Maßstäben entspricht.184 Von dem Verweis auf die Subjektivität des Urteils des Wirtschaftsprüfers bleibt demnach nur, dass es in der Rechnungslegung oder bei anderen Prüfungsgegen179 So §§ 323 Abs. 1 Satz 1 (Pflicht zur „unparteiischen Prüfung“), 319 Abs. 2–5 („Besorgnis der Befangenheit“), 319a HGB. Vgl. auch Art. 24 Prüferbefähigungsrichtlinie. 180 Vgl. §§ 1 Abs. 1 Satz 2, 8 ff., 12 ff. WiPrO. Ferner zur fortdauernden Gewährleistung der erforderlichen Sachkunde § 43 Abs. 2 Satz 4 WiPrO, § 4 BS WP/vBP (Pflicht zur Fortbildung; Verbot der Auftragsannahme bei Fehlen der erforderlichen Sachkunde). 181 Adler/Düring/Schmaltz, § 316 HGB Rdn. 18. 182 So etwa bei der Sonderprüfung, vgl. MünchKomm-AktG/Schröer, § 142 Rdn. 14; Hüffer, AktG, § 142 Rdn. 2. 183 Adler/Düring/Schmaltz, § 322 HGB Rdn. 29; Schulze zur Wiesch, Jahresabschlußprüfung, 1963, S. 108, 179. In diese Richtung auch MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 26, der die Wirtschaftsprüfertätigkeit als „,Kunsthandwerk auf höchstem Niveau‘“ ansieht. 184 Mit anderer Tendenz eine ältere Auffassung zu der Pflicht zur „gewissenhaften Prüfung“ nach § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB: Schulze zur Wiesch, Jahresabschlußprüfung, 1963, S. 110; Kicherer, Abschlussprüfung, 1970, S. 43; Völschau, Verantwortlichkeit, 1966, S. 46.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

ständen in vielen Fällen nicht eine einzige richtige Art und Weise der Aufstellung oder des Verhaltens der berufenen Organe gibt und dass darüber hinaus die Grenzen des Vertretbaren oft nicht exakt bestimmbar sind. Dass solche Grenzen bestehen, dass sie eindeutig überschritten werden können und dass die letztlich gewählte Beurteilung einer sachlichen Begründung bedürftig und zugänglich ist, reicht aus, um von einer nachprüfbaren und damit objektiven Beurteilung sprechen zu können, auch wenn im Einzelfall mehrere gleichermaßen richtige Gestaltungen in Betracht kommen.185 b) Bezug zur geprüften Gesellschaft und anderen Adressaten Die Kontrollfunktion ist nicht auf bestimmte Adressaten bezogen; sie dient den Interessen all derer, auf die die Rechnungslegung beziehungsweise ein anderer Prüfungsgegenstand selbst ausgerichtet ist.186 Sie unterstützt nicht nur deren Informationsfunktion, sondern ebenso die Tatbestandswirkungen, insbesondere im Zusammenhang mit den Kapitalerhaltungsregeln, zu deren Einhaltung der Abschlussprüfer dadurch beiträgt, gewissermaßen im Sinne einer „Kapitalerhaltungsfunktion des Testats“.187 Die Kontrollfunktion des Abschlussprüfers bezieht sich damit auch auf die geprüfte Gesellschaft. Insoweit wird der Abschlussprüfer gelegentlich als „Gehilfe“188 oder „Helfer“189 des Aufsichtsrates bezeichnet. Dadurch wird hervorgehoben, dass es seine Aufgabe im Verhältnis zur Gesellschaft ist, dem Aufsichtsrat bei der Durchführung der diesem obliegenden eigenen Prüfung im Sinne des § 171 AktG Hilfe zu leisten, so dass die Fachkunde des Wirtschaftsprüfers und seine aus der Abschlussprüfung gewonnenen Erkenntnisse über das Unternehmen dem Aufsichtsrat unmittelbar erschlossen werden. Dazu hat der Wirtschaftsprüfer die Pflicht zur ausführlichen Berichterstattung im Prüfungsbericht (§ 321 HGB) und zur Anwesenheit in der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats (§ 171 Abs. 1 Satz 2 AktG); auch die sogenannte Redepflicht (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB) gehört in diesen Zusammenhang. Näheres kann der Aufsichtsrat bei der Auftragserteilung an den Abschlussprüfer vereinbaren (§ 111 Abs. 2 Satz 3 AktG).190

185

Ähnlich im Ergebnis Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 75 f. Kragler, Externe Qualitätskontrolle, 2003, S. 63. Vgl. auch Ruhnke, Normierung, 2000, S. 19, nach dem es sich insoweit um eine „primäre Prüfungsfunktion“ handelt, während gegenüber der Rechnungslegung selbständige Funktionen der Prüfung als „sekundäre“ zu bezeichnen seien. 187 So Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 61 ff. 188 Hommelhoff/Mattheus, AG 1998, 249, 251 f.; ähnlich Theisen, DB 1999, 341, 341; Begr. RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 16. 189 Mößle, Abschlussprüfer, 2003, S. 109. 190 Die Beauftragung umfasst auch die nähere Vereinbarung von Prüfungsschwerpunkten, MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 19; Forster, WPg 1998, 41, 43. 186

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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Die teilweise als eigenständig behandelte191 Informations- oder Entscheidungsvorbereitungsfunktion der Prüfung ist im Verhältnis zu der geprüften Gesellschaft ein notwendiger Bestandteil der Gehilfen- und damit der Kontrollfunktion. Auch diese Aufgabe hat der Abschlussprüfer aus seiner selbständigen und unabhängigen Position heraus wahrzunehmen.192 Wird dies berücksichtigt, so bestehen gegen die Bezeichnung als „Gehilfe“ oder „Helfer“ des Aufsichtsrats keine Bedenken.193 Gerade im Zusammenhang mit der Annahme einer Redepflicht, die zu jener Zeit noch nicht gesetzlich geregelt war, hat der Bundesgerichtshof den Abschlussprüfer in einer Entscheidung von 1954 sogar als Organ der Aktiengesellschaft eingeordnet,194 was in der Literatur seither ganz überwiegend abgelehnt wird.195 Wenngleich diese Redepflicht den Pflichten aus einer Organstellung vergleichbar sein mag, erschiene die Einordnung des Prüfers als Organ angesichts seiner nur anlassbezogenen Tätigkeit, seiner Unabhängigkeit und dem Mangel an Willensbildungsbefugnissen für die Gesellschaft als recht weitgehend.196 2. Beglaubigungsfunktion des Bestätigungsvermerks Die Beglaubigungsfunktion des Bestätigungsvermerks besteht darin, dass er seinem Gegenstand weitergehende Glaubhaftigkeit verschafft. Die angestrebte Förderung des tatsächlichen Vertrauens der Adressaten in den geprüften Abschluss wird vor allem durch eine Erhöhung der ,Richtigkeitswahrscheinlichkeit‘ und damit der Vertrauenswürdigkeit der Abschlussangaben erreicht. Die Beglaubigungsfunktion ergibt sich aus der Kontrollfunktion und ergänzt sie im Verhältnis zu Außenstehenden. Ein Bedürfnis nach einer Stärkung der Vertrauenswür191 MünchKomm-HGB/Ebke, § 316 Rdn. 26; Adler/Düring/Schmaltz, § 316 HGB Rdn. 19. 192 Treffend insoweit Mößle, Abschlussprüfer, 2003, S. 109; auch bereits Schmölder, JW 1931, 2925, 2926. So letztlich auch Theisen, DB 1999, 341, 341. 193 Vgl. auch die Begr. RegE KonTraG, BT-Drucks. 13/9712, S. 16: „die Hilfsfunktion des Prüfers für den Aufsichtsrat bei der Bewältigung seiner Kontrolltätigkeit“ solle durch die Kompetenz des Aufsichtsrats zur Auftragserteilung nach § 111 Abs. 2 Satz 3 AktG „unterstrichen werden“. Ablehnend zu jenen Bezeichnungen MünchKomm-HGB/ Ebke, § 316 Rdn. 33; Erle, Bestätigungsvermerk, 1990, S. 25 f. Kaum weiterführend ist es, mit Mößle, Abschlussprüfer, 2003, S. 109 statt von einem „Gehilfen“ nur von einem „Helfer“ zu sprechen. 194 BGHZ 15, 16, 25. So auch Gloeckner, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 1976, S. 24 m.w. Nachw. zur älteren Literatur oben Fn. 42. Abschwächend BGHZ 76, 338, 342: „Stellung wie ein Gesellschaftsorgan“. 195 Mai, Rechtsverhältnis, 1993, S. 217 m.w. Nachw. zum älteren Schrifttum; Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 14 f.; MünchKomm-HGB/Ebke, § 316 Rdn. 33. 196 Mai, Rechtsverhältnis, 1993, S. 194–217, 213 f., 215 f. mit eingehender Erörterung. Ferner Schmölder, JW 1931, 2925, 2926, nach dem es sich, wenn nur die einzelnen Aufgaben und Befugnisse des Abschlussprüfers richtig erfasst werden, bei der Frage nach der Einordnung als Organ um eine „mehr akademische Frage“ handelt.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

digkeit der Abschlüsse ergibt sich daraus, dass die Adressaten das ihnen zugrundeliegende Handeln der Gesellschaftsorgane nicht selbst überwachen können, während deren Eigeninteressen sich zugleich mit denen der Abschlussadressaten nicht vollständig decken. Aus ökonomischer Sicht wird diese Problematik von der Prinzipal-Agent-Theorie beschrieben; die zwischen Prinzipal und Agent bestehende Informationsasymmetrie (hidden action) kann der Geschäftsführer (Agent) zu eigenen Zwecken ausnutzen (moral hazard), während dem Abschlussadressaten (Prinzipal) keine unmittelbaren Kontrollmechanismen zur Verfügung stehen.197 Mit dem Bestätigungsvermerk dokumentiert der Abschlussprüfer das beanstandungsfreie Ergebnis seiner Kontrolltätigkeit (monitoring); dazu bedarf der Bestätigungsvermerk selbst der Glaubhaftigkeit, um sie sodann den bestätigten Abschlussangaben vermitteln zu können. Die Bekanntmachung des Bestätigungsvermerks gegenüber den Abschlussadressaten geschieht durch die geprüfte Gesellschaft, denn ihr erteilt der Wirtschaftsprüfer den Vermerk. Zu dieser Mitwirkung an der Beglaubigungsfunktion ist die Gesellschaft im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung stets verpflichtet, zum Teil aber auch dann, wenn eine gesetzlich nicht zwingende Prüfung oder prüferische Durchsicht tatsächlich stattgefunden hat;198 ansonsten steht es im Ermessen der geprüften Gesellschaft, die Beglaubigungsfunktion zum Zuge kommen zu lassen. Die Beglaubigungsfunktion kommt nicht nur dem eigentlichen Bestätigungsvermerk zu, sondern auch Bescheinigungen nach einer prüferischen Durchsicht oder anderen Verlautbarungen über ein beanstandungsfreies Prüfungsergebnis. Wie der Bestätigungsvermerk sollen sie die Richtigkeitswahrscheinlichkeit und damit die Vertrauenswürdigkeit ihrer Bezugsgegenstände erhöhen, wenngleich in abgeschwächtem Maße. Für die so verstandene Beglaubigungsfunktion ist es nicht erforderlich, dass der Wirtschaftsprüfer die Richtigkeit und Vollständigkeit definitiv zusagt oder garantiert.199 Von einer Garantiefunktion des Abschlussprüfers für die Publizität zu sprechen oder ihn als Garant der Publizität zu bezeichnen, ist deshalb nicht angemessen. Darüber hinaus erweckt diese Einordnung die Assoziation eines unbedingten Einstehens des Wirtschaftsprüfers für die Richtigkeit des Abschlusses oder sonstigen Prüfungsgegenstandes, obwohl diese stets nur nach Maßgabe der Prüfungsstandards bestätigt werden kann und soll. Im Zusammenhang mit der Frage einer Wirtschaftsprüferhaftung könnte die Beilegung einer Garantiefunk197 Vgl. Jensen/Meckling, J. Fin. Econ. 3 (1976), 305 ff.; Stiglitz, in: The New Palgrave, 1987, Bd. 3, S. 966 ff. 198 So bei dem Halbjahresfinanzbericht nach § 37w Abs. 5 Satz 5 und 6 WpHG i. d. F. des TUG. Entsprechend bereits zuvor §§ 63 Abs. 7, 78 BörsO FWB. 199 Bezeichnung als „Garant der Publizität“: Geßler, WPg 1956, 463, 463 ff. unter Verweis auf Nußbaum, JW 1932, 2583, 2583, der die Wirtschaftsprüfertätigkeit als (einzige) „Garantie für die Einhaltung der Gliederungsvorschriften“ bezeichnet. Ähnlich wie Geßler: Kalss, ÖBA 2000, 641, 652, 654; zust. Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 162 Rdn. 3; Kragler, Externe Qualitätskontrolle, 2003, S. 63.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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tion außerdem dazu verleiten, daraus das Gebot einer Haftungsbewehrung vermeintlich konsequent abzuleiten, was freilich auf einen Zirkelschluss hinausliefe. Der vertrauensverstärkende Effekt, der die Beglaubigungsfunktion ausmacht, gründet sich im Wesentlichen auf drei Umstände: Den konkreten Prüfungsvorgang, die unabhängige und selbständige Stellung des Abschlussprüfers gegenüber der Gesellschaft und schließlich die allgemeine Berufsstellung des als Abschlussprüfer tätig werdenden Wirtschaftsprüfers. Die Berufsstellung umfasst die besondere Fachkenntnis, das Berufsrecht mit seinen Anforderungen über den einzelnen Prüfungsvorgang hinaus und die Berufsaufsicht mit ihren Kontroll- und Sanktionsmechanismen.200 Mit der Berufsstellung ist der Anreiz verbunden, die dem Wirtschaftsprüfer zukommende Reputation, auf die er für seine weitere Berufstätigkeit angewiesen ist, nicht durch pflichtwidriges Verhalten im Einzelfall in Gefahr zu bringen.201 Im weiteren Sinne ist auch die Kontrolle einzelner Abschlüsse einschließlich der Abschlussprüfung durch eine Rechnungslegungsprüfstelle202 oder die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach §§ 342b ff. HGB und §§ 37n ff. WpHG (Enforcement)203 dazu zu rechnen. 3. Preisbeeinflussung durch die Prüfung und den Bestätigungsvermerk gegenüber hinreichend informationseffizienten Märkten Ausgehend von der These, dass sich der Kurs und damit der Marktpreis eines Finanzinstruments unter Einwirkung weiterer Marktverhältnisse aufgrund der veröffentlichten Informationen bildet, wirkt der Wirtschaftsprüfer zunächst dadurch auf die Preisbildung ein, dass er im Vorfeld der Veröffentlichung im Rahmen seiner Kontrollfunktion zur Richtigkeit und Vollständigkeit der letztlich veröffentlichten Informationen beiträgt. Davon abgesehen liefert der Wirtschaftsprüfer den Informationsadressaten durch die Erteilung des Bestätigungsvermerks keine zusätzlichen inhaltlichen Informationen über das betreffende Unternehmen und damit über das Finanzinstrument. Jedoch hängt der Wert einer Information für den Adressaten, in diesem Fall als Grundlage für die Bewertung eines Finanzinstruments, nicht allein von der objektiven Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts ab. Selbst wenn sie gegeben ist, kann die Kenntniserlangung von der veröffentlichten Information aus Sicht des Adressaten nicht mit dem Erwerb entsprechenden sicheren Wissens gleichgesetzt 200 Vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 1, 61a, 66a WiPrO i. d. F. des APAG. Siehe dazu auch oben unter I. 1., S. 65. 201 Vgl. zur Bedeutung der Reputation unten im vierten Kapitel unter § 11 I. 4., S. 192. 202 Diese Aufgabe hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V. (Financial Reporting Enforcement Panel – FREP) übernommen. Zu deren Tätigkeit Brandt, in: Festschr. f. v. Rosen, 2008, S. 615 ff. 203 Vgl. OLG Frankfurt am Main, DB 2007, 1913, 1913 ff.; 2009, 333, 337 f.

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1. Kap.: Kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität

werden. Solange ein Adressat die Information, die er zur Kenntnis nimmt, nicht selbst überprüfen, den Weg, auf dem sie entstanden ist, nicht verfolgen und daher ihre Richtigkeitswahrscheinlichkeit nicht sicher einschätzen kann, wird er die Möglichkeit der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit mitberücksichtigen und eigene Bewertungen, die er auf Grundlage dieser Information vornimmt, mit einem entsprechenden Unsicherheitsfaktor abschwächen.204 Je stärker die Zweifel sind, desto weniger werden sich bestimmte an sich wertsteigernde offengelegte Informationen bei mittelstrenger Informationseffizienz auf den Marktpreis eines Finanzinstruments auswirken. In dem Maße, in dem die Wirtschaftsprüfertätigkeit aus Sicht des Adressaten diese Unsicherheiten vermindern und damit die Glaubhaftigkeit der veröffentlichten Informationen erhöhen kann, beeinflusst und verbessert sie somit die Preisbildung im Sinne der Informationseffizienz. Der Wirtschaftsprüfer verschafft dem Informationsadressaten auf diese Weise zusätzliche bewertungsrelevante Informationen, nämlich über eine bestimmte erhöhte Richtigkeitswahrscheinlichkeit der Rechnungslegungsinformationen. Insofern handelt es sich um eine originär von dem Wirtschaftsprüfer ausgehende Information. Dadurch geht die Beglaubigungsfunktion über die Kontrollfunktion hinaus, wenngleich die Erhöhung der Richtigkeitswahrscheinlichkeit als Konsequenz der Information ihrerseits durch die Kontrolle bedingt ist. Der Wirtschaftsprüfer schafft die vermittelte Information gewissermaßen selbst. Im gedanklichen Ansatz lassen sich diese Information und ihr Einfluss auf die Preisbildung im Rahmen eines informationseffizienten Kapitalmarkts trotz der empirisch wohl kaum möglichen Quantifizierung von den (inhaltlichen) Informationen, die der Emittent selbst ermittelt, aufgestellt und veröffentlicht hat, sowie von dem davon ausgehenden Einfluss trennen. 4. Schlussfolgerungen Es zeigt sich, dass die übliche Zuordnung von Funktionen zur Wirtschaftsprüfertätigkeit vor allem beschreibenden Charakter hat. ,Kontrolle‘ und ,Beglaubigung‘ gehen in ihrem sachlichen Gehalt nicht allzu weit über die Prüfung und Erteilung des Bestätigungsvermerks hinaus. Insofern lässt sich aus dieser Funktionsbeschreibung etwa durch bloßes konsequentes ,Weiterdenken‘ noch keine Begründung für eine erweiterte Haftungsbewehrung entnehmen. Die Funktionen lenken den Blick sogar wiederum darauf, dass bereits das Institut der Pflichtprüfung an sich zur Verlässlichkeit der Abschlüsse beiträgt, nicht nur durch den aktuellen Prüfungsvorgang, sondern schon durch die Vorwirkungen, indem bei der 204 Vgl. Akerlof, Q.J. Econ. 84 (1970), 488 ff., der aufzeigt, wie eine Informationsasymmetrie zu einer niedrigeren Zahlungsbereitschaft führen kann und damit eine Negativauslese (,adverse selection‘) als ein Prinzipal-Agent-Problem bewirken kann.

§ 3 Prüfungsvorgang und Bestätigungsvermerk

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Aufstellung der Abschlüsse die spätere Prüfung mitbedacht wird. Es versteht sich von selbst, dass die Wirtschaftsprüfertätigkeit nur dann von Nutzen ist, wenn eine hinreichende Gewähr für ihre pflichtgemäße Ausübung gegeben ist; doch es genügt hier, daran zu erinnern, dass aufsichtsrechtliche und marktbedingte Mechanismen bereits in diese Richtung wirksam sind. Andererseits bieten die Funktionsbeschreibungen durchaus Anknüpfungspunkte für eine Haftungsregelung, auch abgesehen von den später zu behandelnden verhaltenssteuernden Rückwirkungen auf die Prüfung. Mit der Kontrollfunktion steht in Einklang, dass eine Haftung für fehlerhafte Abschlüsse den Kern der Wirtschaftsprüfertätigkeit selbst beträfe. Zugleich legt die Kontrollfunktion nahe, dass die Haftung dort ihre Grenzen finden muss, wo auch die Kontrolle als gegenüber der Aufstellung der Abschlüsse sekundärer Akt ihrerseits Grenzen hat. Die Beglaubigungsfunktion belegt, dass die Wirtschaftsprüfertätigkeit von Anfang an gezielt nach außen wirken sollte, nicht etwa nur gesellschaftsintern oder durch Sicherstellung der Tatbestandswirkungen der Rechnungslegung. Beglaubigung ist dabei, wie ausgeführt, nicht mit Garantie gleichzusetzen. Gleichwohl würde es die Beglaubigungsfunktion ergänzen, wenn es in zweiter Linie zu einem finanziellen Einstehenmüssen des Wirtschaftsprüfers käme, sofern er vorwerfbar falsch beglaubigt. Besonders plastisch macht dies die Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Prinzipal-Agent-Theorie: Der gegenüber dem geprüften Unternehmen als Mittel zur Abhilfe eingesetzte Wirtschaftsprüfer ist seinerseits ein Agent des Kapitalmarktteilnehmers, wobei der Kapitalmarktteilnehmer wiederum insoweit Prinzipal ist und zwischen beiden eine erhebliche Informationsasymmetrie besteht. Erneut stellt sich die Frage nach wirksamen Absicherungen gegen interessenwidriges Verhalten. Der Blick auf die Kontrollfunktion (einschließlich der gelegentlich so genannten Kapitalerhaltungsfunktion des Testats) verdeutlicht aber auch, dass sich die Tätigkeit des Abschlussprüfers nicht auf die ,Beglaubigung‘ des Abschlusses beschränken lässt. Der Abschlussprüfer ist nicht allein ein Agent oder ,Organ‘ der Kapitalmarktteilnehmer, sondern er soll die Zuverlässigkeit und Richtigkeit bereits der Rechnungslegung gegenüber all denen absichern, die vermögensmäßige Interessen gegenüber der geprüften Gesellschaft haben.

Zweites Kapitel

Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht Der Terminus der Wirtschaftsprüferhaftung kennzeichnet nicht allein ein rechtspolitisches Problem, sondern beschreibt auch verschiedene Konstellationen und Rechtsinstitute im geltenden Recht, die – mit mehr oder weniger großer praktischer Bedeutung – eine Schadensersatzpflicht des Wirtschaftsprüfers begründen können. Um den Ausgangspunkt für rechtspolitische und konzeptionelle Überlegungen zu ermitteln und das Bedürfnis nach einer besonderen kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung beurteilen zu können, ist den Entwicklungen und Entwicklungsmöglichkeiten der Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht nachzugehen. Dazu wird vorab die Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft behandelt (sogleich in § 4), und anschließend die nicht speziell geregelte Haftung gegenüber Dritten, hier vornehmlich gegenüber Kapitalanlegern (in § 5). Der Schwerpunkt dieser Untersuchung ist es, die tatbestandliche Reichweite der einzelnen Haftungstatbestände besonders unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auszuloten. Vollständigkeit in der Heranziehung der Literatur zu Konzeptionen der Haftung gegenüber Dritten kann und muss dafür nicht angestrebt werden; ergiebiger erscheint es, auf eine repräsentative Auswahl weiterführender literarischer Ansätze näher einzugehen.

§ 4 Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft Eine ausdrücklich gesetzlich geregelte Haftung des Wirtschaftsprüfers besteht nur gegenüber der Gesellschaft, zu der ein Prüfungsverhältnis, insbesondere aufgrund eines Vertrags über die Durchführung der Abschlussprüfung, besteht. Sie weist Besonderheiten gegenüber den allgemeinen Regeln der Haftung wegen Vertragsverletzung auf und wirft die Frage nach ihrem Verhältnis zu einer daneben tretenden Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten auf. Deswegen ist es geboten, zunächst auf sie näher einzugehen.

I. Haftung bei der Abschlussprüfung nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB und bei anderen Pflichtprüfungen Eine besondere Regelung über die Wirtschaftsprüferhaftung wurde 1931 zusammen mit der Einführung der Pflichtprüfung für die Aktiengesellschaft in § 262g HGB getroffen.1 Das Aktiengesetz von 1937, in das die Wirtschaftsprü-

§ 4 Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft

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ferhaftung unter § 141 aufgenommen wurde, brachte im Ergebnis nur eine redaktionelle Veränderung mit sich. Im Aktiengesetz von 1965 wurde die Haftung sodann mit einer Erweiterung für Konzernsachverhalte in § 168 normiert. Erneute Änderungen erfolgten durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz (BilRiliG) von 1985, nach dem alle – nicht „kleine“ – Kapitalgesellschaften der Pflichtprüfung unterworfen wurden und die Wirtschaftsprüferhaftung ihren Ort einheitlich in § 323 HGB fand. Durch das KonTraG von 1998 wurde der Haftungshöchstbetrag erhöht. 1. Haftungstatbestand Die Haftung nach § 323 Abs. 1 HGB setzt zunächst ein wirksam begründetes Abschlussprüfungsverhältnis nach § 318 HGB oder, soweit auf § 323 Abs. 1 HGB verwiesen wird,2 ein sonstiges Pflichtprüfungsverhältnis voraus. Als „Abschlussprüfer“ wird der einzelne Wirtschaftsprüfer oder eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verpflichtet (vgl. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB). Der Haftungstatbestand setzt eine Verletzung von Pflichten voraus, also eine Handlung oder Unterlassung, die hinter den objektiven Anforderungen, die sich aus dem Prüfungsverhältnis ergeben, zurückbleibt.3 Die Pflichtverletzung muss dem Inanspruchgenommenen als vorsätzlich oder fahrlässig begangen zurechenbar sein. Für den Abschlussprüfer gelten die allgemeinen Zurechnungsregeln innerhalb von Schuldverhältnissen, insbesondere § 278 BGB.4 Ferner muss dem Anspruchsteller durch die Pflichtverletzung ein adäquat-kausaler Schaden entstanden sein. Zugunsten des Inanspruchgenommenen besteht bei Fahrlässigkeit ein Haftungshöchstbetrag nach § 323 Abs. 2 HGB. In Betracht kommt zudem eine Minderung des Anspruchs wegen Mitverschuldens der geprüften Gesellschaft gemäß § 254 BGB.5 Eine vertragliche Haftungsbeschränkung ist nach § 323 Abs. 4 HGB ausgeschlossen.

1 Siehe die Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19.9.1931, RGBl. I S. 493. 2 Derartige Verweisungen finden sich etwa bei der Gründungs- (§ 49 AktG), der Nachgründungs- (§ 53 i.V. m. § 49 AktG) und der Sonderprüfung (§§ 144, 258 Abs. 5 Satz 1 AktG) sowie bei der Prüfung einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 209 Abs. 4 Satz 2 AktG). 3 Vgl. dazu Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 77 ff.; MünchKomm-HGB/ Ebke, § 323 Rdn. 21 ff.; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 25. Von einem Teil der Literatur wird angenommen, nicht alle, sondern nur die in § 323 Abs. 1 HGB genannten Pflichten kämen hier in Betracht, vgl. BeckBilKomm/Winkeljohann/Feldmüller, § 323 Rdn. 101. Dagegen mit Recht die anfangs Angeführten. Ausführlich zu § 323 Abs. 1 HGB neben der Kommentarliteratur auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 29 ff. 4 Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 36; Mai, Rechtsverhältnis, 1993, S. 144. 5 Die Beachtlichkeit eines Mitverschuldens ist im Einzelnen umstritten, MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 74 f.; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 40 ff. Dazu jüngst BGH, NJW 2010, 1808, 1812 f.

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

2. Einbeziehung von Prüfungsgehilfen und gesetzlichen Vertretern einer Prüfungsgesellschaft in die Haftungspflicht Neben dem Abschlussprüfer selbst können nach § 323 Abs. 1 Satz 1 i.V. m. Satz 3 HGB auch dessen „Gehilfen und die bei der Prüfung mitwirkenden gesetzlichen Vertreter einer Prüfungsgesellschaft“ in Anspruch genommen werden. Deren eigene Haftung beruht darauf, dass die gesetzliche Regelung über die Pflichtprüfung sie gegenüber der geprüften Gesellschaft denselben Pflichten unterwirft, die bereits den „Abschlussprüfer“ als solchen (das heißt praktisch oft als juristische Person) treffen. Ebenso wie der Abschlussprüfer stehen auch sie in einem Schuldverhältnis zu der Gesellschaft, das ihnen entsprechende Pflichten auferlegt, soweit sie an der Prüfung beteiligt sind.6 Auch daran zeigt sich, dass die Schadensersatzhaftung nach § 323 Abs. 1 HGB über eine vertragliche Haftung hinausgeht. Diese Regelung hat zur Folge, dass die Abschirmung vor der persönlichen Haftung natürlicher Personen durch die Wahl einer haftungsbeschränkten Gesellschaftsform nicht vollständig möglich ist. 3. Haftung auch gegenüber verbundenen Unternehmen Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass auch verbundene Unternehmen im Sinne des § 271 Abs. 2 AktG, die grundsätzlich nicht Beteiligte des Prüfungsvertrags sind, hinsichtlich eigener Schäden Ersatz verlangen können.7 Ein Bedürfnis dafür besteht insbesondere, weil der Abschlussprüfer von ihnen ebenfalls Informationen anfordern kann oder sonst erlangen mag und weil er auch insoweit zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.8 4. Dogmatische Einordnung Es handelt sich bei der Haftung nach § 323 Abs. 1 HGB um einen Spezialfall zu der allgemeinen Schadensersatzhaftung im Schuldverhältnis nach § 280 Abs. 1 BGB beziehungsweise früher der positiven Forderungsverletzung, die da-

6 Zu dieser unmittelbaren persönlichen Haftung auch – in größerer Deutlichkeit als spätere Kommentierungen – Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, § 262g HGB Rdn. 2; Neufeld, Verordnung vom 19. September 1931, § 262g HGB Anm. 4; Horrwitz/W. Horrwitz/Ullmann, Kommentar zum neuen Aktienrecht, § 262g Anm. 5, 9; Staub/Pinner, HGB, Nachtrag Verordnung über Aktienrecht 1931, § 262g Anm. 7 (einschränkend); Schlegelberger/Quassowski/Herbig/Geßler/Hefermehl, AktG 1937, § 141 Rdn. 3. 7 Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 61: „konzerndimensionale Ausweitung“. 8 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 154; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 38; ferner Begr. RegE AktG 1965 zu § 168, bei Kropff, S. 273. Das erweiterte Recht auf Auskunft war zunächst in § 165 Abs. 4 AktG 1965 geregelt und findet sich nunmehr in § 320 Abs. 2 Satz 3, Abs. 3 Satz 3 HGB.

§ 4 Haftung gegenüber der geprüften Gesellschaft

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durch im Gegensatz zu einer deliktischen Haftung steht. Ungenau wäre es jedoch, sie als eine vertragliche Haftung zu bezeichnen, denn das zugrundeliegende Prüfungsverhältnis kann nicht nur durch Vertrag entstehen – also indem der Abschlussprüfer gemäß § 318 Abs. 1 HGB gewählt und sodann vom Aufsichtsrat beauftragt wird –, sondern auch durch gerichtliche Bestellung nach § 318 Abs. 3, 4 HGB. Daran wird deutlich, dass der Abschluss des Prüfungsvertrags das Prüfungsverhältnis nicht eigentlich begründet, sondern eher auslöst, während sein Inhalt, vor allem die Prüfungspflichten, weitestgehend durch zwingendes Recht bestimmt wird.9 Der Abschluss eines Prüfungsvertrages ist nur die rechtliche Einkleidung der der Gesellschaft überlassenen Auswahl der Person des jeweiligen Wirtschaftsprüfers.

II. Sperrwirkung gegenüber einer Dritthaftung als negativer Regelungsgehalt des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB? Vornehmlich in der Literatur wird die Auffassung vertreten, die Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB enthalte eine weitgehend abschließende Regelung der Wirtschaftsprüferhaftung, die lediglich noch für die bekanntermaßen bei reinen Vermögensschäden eng gefassten Deliktstatbestände Raum lasse.10 Diese Sperrwirkung besonders gegenüber einer vertraglichen Dritthaftung ergebe sich im Umkehrschluss bereits aus dem Wortlaut des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, der Dritte in den Kreis der Anspruchsberechtigen einbeziehe, jedoch gerade mit der Beschränkung auf verbundene Unternehmen. Eine dahingehende Auslegung entspreche dem Willen des Gesetzgebers, was durch das KonTraG bestätigt worden sei.11

9 Zur Unerheblichkeit der Art der Bestellung des Abschlussprüfers für die wesentlichen Elemente des Rechtsverhältnisses zur Gesellschaft Mai, Rechtsverhältnis, 1993, S. 87 m.w. Nachw. Ebd. S. 193 auch zum Prüfungsvertrag als nicht hinreichender Grundlage für das gesamte Prüfungsverhältnis. (Missverständlich ist es freilich anzunehmen, „durch die gerichtlichen Bestellung und deren Annahme“ komme „ein schuldrechtlicher Vertrag zustande“, ebd. S. 240; auch Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 163 Rdn. 40.) Ausführlich auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 32 ff. 10 LG Mönchengladbach, NJW-RR 1991, 415, 416; LG Frankfurt am Main, BB 1997, 1682, 1683; OLG Düsseldorf, WPK-Mitt. 1999, 258, 259; LG Hamburg, WM 1999, 139, 141 f. (jedenfalls für den Fall, dass ein „direkter Kontakt“ mit dem Wirtschaftsprüfer fehle); MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 148 (mit Ausnahme der ausdrücklichen Vereinbarung einer Drittschutzwirkung); Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 177, 179, 202; auch bereits Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, § 262g Rdn. 15; A. Lang, WPg 1989, 57, 58; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 233. Zustimmend wohl auch Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 79 f. 11 Dazu MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 148 ff.; ausführlich auch Feddersen, WM 1999, 105, 113 ff.

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

1. Ablehnende Auffassung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof ist dieser Ansicht nicht gefolgt.12 Die in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nur für einen besonderen Falle geregelte Anspruchsberechtigung Dritter stehe der Haftung aus einem anderen Rechtsgrund, besonders dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte, nicht im Wege. Eine Sperrwirkung widerspreche dem Grundsatz der Privatautonomie, weil sie die vertragliche Gestaltungsfreiheit einschränke. Sie sei dem § 323 Abs. 4 HGB, auch mit Blick auf seine Entstehungsgeschichte, ebenfalls nicht zu entnehmen.13 2. Stellungnahme Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, die auch sonst Zustimmung findet,14 überzeugt. Nicht beizupflichten ist dem dagegen erhobenen Einwand, der Grundsatz der Vertragsfreiheit bleibe unberührt, weil die vertragliche Schutzwirkung für Dritte gar nicht auf rechtsgeschäftlicher Grundlage beruhe.15 Die Vertragsfreiheit wird nicht nur durch den Ausschluss individuell getroffener Vereinbarungen beeinträchtigt, sondern schon dadurch, dass der Spielraum für solche Vereinbarungen vermindert wird, mag er auch im Regelfall nur durch ergänzende Vertragsauslegung ausgefüllt werden. Als Fall der ergänzenden Vertragsauslegung, welche die getroffenen Vereinbarungen in Anknüpfung an den mutmaßlichen Willen redlicher Vertragsparteien weiterdenkt und vervollständigt,16 gehört der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte durchaus noch dem Bereich der Privatautonomie an. Auch wenn die Drittschutzwirkung eines Vertrags als durch dispositives Gesetzesrecht begründet aufgefasst wird,17 gilt dies noch. In beiden Fällen wird die Selbstbestimmung des einzelnen, also jeder Vertragspartei, mit der Anerkennung der Drittschutzwirkung nicht durch sachliche Fremdbestimmung er12 BGHZ 138, 257, 261 f. (III. Zivilsenat, Urt. v. 2.4.1998); bestätigend BGHZ 167, 155, 162 f.; BGH, WM 2008, 2244, 2245; BGHZ 181, 12, Tz. 17. So auch bereits OLG Stuttgart, WPK-Mitt. 1995, 222; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 55; Baumbach/Hopt/ Merkt, HGB, § 323 Rdn. 8; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 180; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 139; Stahl, Dritthaftung, 1989, S. 199; Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996, S. 81; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 62 f.; Heukamp, Abschlußprüfer, 2000, S. 315; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 55 ff., 80 (besonders ausführlich); Weber, NZG 1999, 1, 2; Grunewald, ZGR 1999, 583, 595 f. 13 BGHZ 138, 257, 260 ff. 14 Siehe oben Fn. 12. 15 So aber namentlich MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 148. 16 BGHZ 133, 168, 170; 138, 257, 261; Palandt/Grüneberg, BGB, § 328 Rdn. 14; Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 94 (mit ausführlicher Begründung und w. Nachw.). 17 MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 112 f. Insbes. auch Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 21 III 4, S. 540 f.; ausführlich Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 74 ff.; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 215. Über die Nähe beider Begründungsansätze zueinander Flume, Rechtsgeschäft, 1992, § 16 Nr. 4b, S. 324 f., und f, S. 330 f.

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setzt, sondern nur insoweit modifiziert, als dies angesichts der gegenläufigen Interessen und der dennoch eingegangenen ausdrücklichen gegenseitigen Bindungen einer redlichen Haltung der Parteien, auch vor dem Hintergrund der Verkehrssitte, entspricht. Eine Sperrwirkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB würde den Grundsatz der Vertragsfreiheit nur dann unberührt lassen, wenn die vertragliche Drittschutzwirkung auf zwingendem Recht beruhte; obwohl manche literarische Stellungnahme in diese Richtung geht,18 wird sich dies ohne gesetzliche Anordnung nicht annehmen lassen. Davon abgesehen lässt sich aus der ausdrücklichen Einbeziehung verbundener Unternehmen als Anspruchsberechtigter in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nicht erschließen, dass anderen Dritten schlechthin nicht gehaftet werden solle. Der Wortlaut bietet für einen solchen negativen Regelungsgehalt keinen Anhalt; auch die Berufung auf den Willen des Gesetzgebers vermag eine entsprechende Auffassung nicht zu stützen. Zwar wird in einer Kommentierung der Erstfassung der Bestimmung über die Wirtschaftsprüferhaftung von Mitarbeitern des Reichsjustizministeriums ausgeführt, eine Haftung des Prüfers unter dem Gesichtspunkt der §§ 328 ff. BGB komme nicht in Betracht.19 Gestützt wird dies darauf, dass es nicht dem „Willen des Gesetzes“ entsprechen könne, wenn eine Haftung des Prüfers über die gesetzlich Bestimmung hinaus „gegenüber jedem Dritten, der von dem Vermerk Kenntnis erhält“ angenommen werde.20 Eine derart weitgehende Haftung lässt sich jedoch, wie noch auszuführen ist,21 aus einem Vertrag mit Drittschutzwirkung keinesfalls ableiten. Insofern geht die zitierte Anmerkung von nicht zutreffenden Voraussetzungen aus, so dass die Folgerungen ebenfalls nicht überzeugen können. Auch die späteren gesetzgeberischen Äußerungen bei der Änderung des § 323 HGB durch das KonTraG ergeben nichts anderes. Es wird darauf verwiesen, dass der Rechtsausschuss des Bundestages auf den Vorschlag, eine über § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB hinausgehende Haftung gegenüber Dritten ausdrücklich auszuschließen, geäußert habe: Eine solche Regelung sei „derzeit nicht erforderlich“, denn die gegebene Fassung „schließt den Anspruch eines Dritten schon vom Wortlaut her aus. Dieses Verständnis wird auch durch die Rechtsprechung [. . .] bestätigt.“22 Aus dieser Äußerung des Rechtsausschusses kann jedoch nicht abgeleitet 18 Etwa Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 21 II 6 d, S. 529, der von „Sozialwirkungen“ des Schuldverhältnisses spricht. Ähnlich Neuner, JZ 1999, 126, 128. 19 Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, 1932, § 262g Rdn. 15. 20 Ebd. 21 Siehe unten unter § 5 II., S. 93 ff. 22 Rechtsausschuss, Begr. Beschlussempfehlung, BT-Drucks. 13/10038, S. 25 unter Verweis auf LG Frankfurt am Main, WPK-Mitt. 1997, 236 = BB 1997, 1682. Darauf stützen sich MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 154 ff.; BeckBilKomm/Winkeljohann/Feldmüller, § 323 HGB Rdn. 171; Feddersen, WM 1999, 105, 115 f.

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

werden, dass § 323 HGB einen Ausschluss der vertraglichen Dritthaftung enthält, selbst wenn dies die Ansicht des Rechtsausschusses gewesen sein mag. Die vorgefundene Vorschrift wurde nämlich durch das KonTraG in diesem Punkt unverändert gelassen. In der Äußerung des Rechtsausschusses kommt deshalb keine Regelungsabsicht zum Ausdruck, die sich in dem Gesetz niedergeschlagen hätte und die zu dessen historischer Interpretation beitragen könnte. Verzichtet der Gesetzgeber bewusst auf eine Neuregelung und macht er mithin von der verfassungsmäßigen Form des Gesetzes keinen Gebrauch, um seinen Willen, was rechtens sei, zu äußern, so nimmt er bei der Auslegung des geltenden Rechts keine andere Stellung ein als jeder andere Interpret.23 Der Hinweis des Rechtsausschusses auf den Wortlaut, der in dieser Frage unergiebig ist, und auf eine untergerichtliche Entscheidung, die eine Sperrwirkung nur unter pauschalem Verweis auf die Wertungen des Gesetzgebers angenommen hatte,24 führt daher nicht weiter.25 Soweit schließlich die vertragliche Dritthaftung mit der von § 323 Abs. 2 HGB angestrebten Begrenzung des Haftungsrisikos in Konflikt stehen kann,26 handelt es sich dabei um die Frage nach der Reichweite dieser Haftungsbegrenzung, nicht danach, ob die Haftung gegenüber Dritten dem Grunde nach ausgeschlossen ist.27

III. Haftung bei freiwilligen Prüfungen Wenn die Haftungsnorm des § 323 Abs. 1 HGB nicht einschlägig ist – so bei freiwilligen Prüfungen –, bleibt es im Verhältnis zur geprüften Gesellschaft bei den allgemeinen Regeln insbesondere der vertraglichen Haftung aufgrund des Prüfungsvertrags. Sofern nicht das auf die Erbringung der Prüfungsleistung bezogene Erfüllungsinteresse als solches betroffen ist, wofür zusätzlich die Sonderregelungen des Dienst- oder Werkvertragsrechts in Verbindung mit § 675 Abs. 1 BGB gelten,28 ergibt sich eine Haftung aus Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB. 23 Zutreffend daher BGHZ 138, 257, 261 f.; vorsichtig auch BGHZ 167, 155, 163 f., wonach diese gesetzgeberische Äußerung lediglich Anlass gibt, „erneut zu unterstreichen“, dass an eine vertragliche Schutzwirkung für Dritte hier „strenge Anforderungen gestellt werden müssen“. 24 LG Frankfurt am Main, BB 1997, 1682, 1683. 25 Dazu mit anderer Begründung, aber im Ergebnis ebenso Heukamp, Abschlußprüfer, 2000, S. 300 ff.; dem folgend Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 72 f. Wohl auch BGHZ 167, 155, 163 f. 26 Vgl. BGHZ 138, 257, 260. 27 Siehe dazu unten unter § 5 II., S. 93 ff. 28 Zu der str. Frage nach der richtigen Einordnung des Prüfungsvertrags als Werkoder Dienstvertrag, die hier dahinstehen mag, MünchKomm-HGB/Ebke, § 318 Rdn. 23 m.w. Nachw.

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Eine Beschränkung der Haftung durch Individualvereinbarung ist nach der Vorschrift des § 54a Abs. 1 Nr. 1 WiPrO nur für Fahrlässigkeit und nur bis zur Mindesthöhe der Deckungssumme der gesetzlich vorgeschriebenen Berufshaftpflichtversicherung nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WiPrO zulässig.29 In vorformulierten Vertragsbedingungen kann die Haftung gemäß § 54a Abs. 1 Nr. 2 WiPrO nur bis auf das Vierfache dieses Betrages beschränkt werden, sofern insoweit Versicherungsschutz besteht. Eine Haftungsbeschränkung durch vorformulierte Vertragsbedingungen ist im Falle einer Prüfungsgesellschaft gemäß § 54a Abs. 2 WiPrO außerdem – ähnlich der allerdings gesetzlich angeordneten Haftungskonzentration gemäß § 8 Abs. 2 PartGG – in der Weise zulässig, dass nur die namentlich zu bezeichnenden Gesellschafter haften, die die Leistung selbst erbringen sollen.30

§ 5 Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten Für die Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten kommen die allgemeinen Haftungsgründe in Frage: Zunächst die unmittelbar vertragliche Begründung mittels eines Auskunftsvertrages und sodann die Drittwirkung von Schuldverhältnissen. Hierbei ist vor allem darauf einzugehen, ob sich durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz Änderungen ergeben haben. Anschließend ist darzulegen, inwieweit Deliktstatbestände zu einer Wirtschaftsprüferhaftung führen können. Die Prospekthaftung betrifft zwar originär Vorgänge, die dem Geschehen am Sekundärmarkt vorgelagert sind. Dennoch ist es von Interesse, deren mögliche Reichweite als kapitalmarktspezifisches Haftungsinstitut für den Wirtschaftsprüfer über seine Mitwirkung an Prospekten hinaus auszuloten.

I. Auskunftsvertrag Eine Haftung außerhalb des auf Leistungsaustausch gerichteten Schuldverhältnisses des Wirtschaftsprüfers zu der geprüften Gesellschaft kann sich aus einem Auskunftsvertrag ergeben, und zwar nach der Vorschrift des § 280 Abs. 1 BGB. Sie geht gegenüber einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte insofern weiter, als sich die Höchstsumme nach § 323 Abs. 2 HGB darauf nicht übertragen ließe.31 Der Bundesgerichtshof ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts32 davon ausgegangen, ein Auskunftsvertrag komme – abgesehen 29 Die Mindestdeckungssumme entspricht nach § 54 Abs. 1 Satz 2 WiPrO dem in § 323 Abs. 2 Satz 1 HGB bestimmten Betrag, also eine Million Euro. 30 Diese Regelung entspricht der des § 8 Abs. 2 PartGG a. F., dazu Meilicke/Graf von Westphalen/Hoffmann/Lenz, PartGG, 1995, § 8 Rdn. 41 ff., inzwischen geändert durch Gesetz vom 22.7.1998, BGBl. I S. 1878. 31 Schüppen, DB 1998, 1317, 1319; Zimmer/Vosberg, JR 1999, 70, 71. 32 Zum BGB wohl zuerst RGZ 52, 365, 366 (Urt. v. 27.10.1902); w. Nachw. bei BGHZ 7, 371, 374 ff.

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

von dem weniger praktischen Fall der ausdrücklichen Vereinbarung – konkludent zustande, wenn Auskünfte erteilt werden, die für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung sind und die dieser zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse oder Maßnahmen machen will. Das gilt insbesondere dann, wenn der Auskunftsgeber für die Erteilung der Auskunft sachkundig ist oder wenn bei ihm ein eigenes wirtschaftliches Interesse im Spiel ist. Das Fehlen sonstiger vertraglicher Beziehungen schließt einen solchen haftungsbegründenden Auskunftsvertrag nicht aus; dieser kommt gerade mit der Erteilung der Auskunft zustande.33

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei diesen Merkmalen um Indizien, wobei entscheidend sei, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zuließen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht hätten.34 Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof hervorgehoben, dass der Annahme eines konkludent geschlossen Auskunftsvertrags regelmäßig eine „unmittelbare Fühlungnahme“ des Auskunftsgebers mit dem Empfänger der Auskunft zugrunde gelegen habe.35 In dem betreffenden Fall verneinte der Bundesgerichtshof einen Auskunftsvertrag mangels dieser Voraussetzung, obwohl der Kreis der Auskunftsempfänger recht klein, übersehbar und dem Auskunftgeber bekannt gewesen sein mag.36 Mit dieser Einschränkung hätte der konkludente Auskunftsvertrag einen noch engeren Anwendungsbereich als ihn die Rechtsprechung dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte zuweist, so dass die Haftung eines Wirtschaftsprüfers unter diesem Gesichtspunkt kaum in Betracht käme. Allerdings lässt sich nicht belegen, dass der Bundesgerichtshof dieser Linie durchgängig folgt. Ein Auskunftsvertrag mit einem Auskunftsempfänger kann nach anderen Entscheidungen auch dann zustande kommen, wenn die Auskunft einem Dritten erteilt wird, der sie dann dem Auskunftsempfänger weiterleitet, sofern die Auskunft (auch) für diesen bestimmt und der Auskunftgeber sich bewusst war, dass sie für diesen von erheblicher Bedeutung sein und er sie unter Umständen zur Grundlage wesentlicher Vermögensverfügungen machen würde.37 Doch auch 33 So BGHZ 74, 103, 106 unter Berufung auf eine „gefestigte Rechtsprechung“; eingehender BGHZ 7, 371, 374 ff. Ferner BGH, WM 1965, 287; 1972, 466; 1985, 450, 451; 2003, 2064, 2064. 34 BGH, NJW 1986, 180, 186; 1992, 2080, 2082 m.w. Nachw. sowie weiteren Indizien. 35 So BGH, NJW 1973, 321, 323 unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung; im Anschluss daran LG Mönchengladbach, NJW-RR 1991, 415, 416; ähnlich LG Frankfurt am Main, BB 1997, 1682, 1683. Besonders hervorgehoben von MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 127 f. 36 BGH, NJW 1973, 321, wo fehlerhaft testierte Abschlüsse von der geprüften Gesellschaft einer Reihe von Banken vorgelegt wurden (auch im Hinblick auf § 18 KWG). 37 BGH, WM 1965, 287, 287; 1976, 498, 499; 1990, 1990, 1991; 1998, 1771, 1771 f. Darauf weist auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 89, hin.

§ 5 Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten

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dieser Ansatz führt in aller Regel nicht zu einer auskunftsvertraglichen Haftung des Wirtschaftsprüfers; zwar weiß er naturgemäß um die ,Weiterleitung‘ des Bestätigungsvermerks durch die Gesellschaft an die Anleger, nämlich in Gestalt der Offenlegung, doch fehlt es an einer ,Bestimmung‘ des Bestätigungsvermerks für diese, wenn der Wirtschaftsprüfer lediglich seiner gesetzlichen Verpflichtung aus dem Prüfungsverhältnis gegenüber der Gesellschaft nachkommen will. In diesem gesetzlichen Normalfall fehlt es an einer individuellen Kontaktaufnahme mit Auskunftsempfängern oder einer besonderen Bestimmung der Information in Richtung auf sie, also an besonderen Gesamtumständen, die einen Anhalt für den Rückschluss auf die zusätzliche vertragliche Begründung von Rechten und Pflichten in Bezug auf die Auskunft gäben. Auf die seit langem in der Literatur verbreitet grundsätzliche Kritik an der Annahme eines konkludenten Auskunftsvertrags als Haftungsgrundlage38 braucht angesichts dieses Befundes hier nicht näher eingegangen zu werden.

II. Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte Praktisch bedeutsam für die Haftung des Wirtschaftsprüfers ist vor allem das Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte. Liegen dessen Voraussetzungen vor, so kann der geschädigte Dritte wegen einer Verletzung des Prüfungsvertrags eigene vertragliche Schadensersatzansprüche nach § 280 Abs. 1 BGB geltend machen.39 1. Voraussetzungen der Drittschutzwirkung Drittschützende Wirkung kommt einem Vertrag zu, wenn der Dritte den Auswirkungen einer Pflichtverletzung in gleicher Weise wie der Versprechensempfänger ausgesetzt ist (,Leistungsnähe des Dritten‘), wenn der Versprechensempfänger ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten hat oder diesem die Leistung bestimmungsgemäß zugute kommen soll, wenn dies des Weiteren für den Versprechenden erkennbar und wenn der Dritte schutzbedürftig ist, weil ihm keine gleichwertigen vertraglichen Ansprüche zustehen.40 Ein Interesse des Ver38 So bereits Laband, DJZ 1903, 259, 262 (Anm. zu RGZ 52, 366). In Bezug auf den Abschlussprüfer MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 126; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 91 ff.; ferner Lammel, AcP 179 (1979), 337, 341; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 213; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 387 f. m.w. Nachw. Im Sinne der Rechtsprechung aber Musielak, Rat, Auskunft und Gutachten, S. 44. 39 Vgl. zu der Rechtsgrundlage des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte bereits oben unter 1., S. 86. 40 St.Rspr. seit BGH, NJW 1959, 1676, 1677; ausführlich BGHZ 133, 168, 170 ff. m.w. Nachw.; Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 96 ff.; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 120 ff.; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 388 ff.

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sprechensempfängers, hier der geprüften Gesellschaft, an der Einbeziehung kann sich insbesondere aus einer – auch nur sozial anerkannten – Schutzpflicht gegenüber dem Dritten ergeben.41 Doch eine solche lässt sich im geltenden Recht im Verhältnis der Gesellschaft zum Anleger, der nicht einmal Gesellschafter sein muss, nicht finden. Ein Drittschutz kommt außerdem in Frage, wenn die Leistung zumindest auch für den Dritten bestimmt ist.42 Nicht notwendig ist darüber hinaus nach der heutigen Rechtsprechung, dass die Interessen des Dritten mit denen des Versprechensempfängers gleichlaufen und dass der Versprechensempfänger schon deswegen den Drittschutz erwarten kann.43 Besteht, wie im Fall der geprüften Abschlüsse und allgemein bei der Gutachtenbestellung für Dritte, ein Interessenwiderstreit zwischen dem Versprechensempfänger, also dem Besteller der Expertise, und dem Dritten, so kann der Dritte dennoch in die vertragliche Schutzwirkung einbezogen sein. Voraussetzung dafür ist, dass die Vertragsleistungen von einer Berufsgruppe mit staatlich anerkannter Sachkunde erbracht werden und „von vornherein erkennbar zum Gebrauch gegenüber einem Dritten bestimmt sind und nach dem Willen des Auftraggebers mit einer entsprechenden Beweiskraft ausgestattet sein sollen“44. Dahinter steht die zutreffende Erkenntnis, dass angesichts der schuldvertraglichen Inhaltsfreiheit schematische oder gar zwingende Vorgaben außerhalb des Gesetzesrechts auch für den stillschweigend vereinbarten Vertragsinhalt kaum zu begründen sind.45 Doch stellt sich dann umso schärfer die Frage nach der Grenzziehung der jeweils anzuerkennenden Drittschutzwirkung. Nicht allein die berechtigten Interessen des Versprechensempfängers und die erbrachte drittbezogene Leistung, sondern auch die des Leistungserbringers sind im Rahmen der ergänzenden Auslegung zu berücksichtigen. Ihm kann auf dieser Grundlage eine vertragliche Haftung insoweit nicht angesonnen werden, als ein das Drittinteresse berücksichtigender redlicher Leistungserbringer die Haftung bei Vertragsschluss hätte ablehnen können, ohne dass dies unbillig erschiene.46 Dies findet in dem Merkmal 41 So nach der früheren Rechtsprechung des BGH, wenn dem Gläubiger das „Wohl und Wehe“ des Dritten anvertraut und damit ein „personenrechtlicher Einschlag“ gegeben sei, zuerst BGH, NJW 1959, 1676, 1677, dabei Larenz folgend; auch BGHZ 51, 91, 96; 56, 269, 273; 66, 51, 57. 42 BGHZ 69, 82, 86; BGH, NJW 1984, 355, 355 f. 43 So etwa noch BGH, NJW 1965, 1955, 1957; 1973, 321, 322; BGHZ 75, 321, 324 f., die in der Vornote genannten Entscheidungen sowie in der Sache auch RGZ 52, 365, 366; BGH, WM 1962, 933, 934; vgl. auch Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 103. 44 BGHZ 133, 168, 172. Auch BGHZ 138, 257, 260 f.; 167, 155, 161. Zuerst in diese Richtung wohl BGH, NJW-RR 1986, 484, 486; deutlich BGHZ 127, 378, 380 f. Dazu Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 104; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 124, jeweils m.w. Nachw. aus der umfangreichen Rechtsprechung. 45 Deutlich BGH, NJW 1984, 355, 355 f.

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der Erkennbarkeit des Kreises möglicher Drittbetroffener Ausdruck.47 Es erfordert insbesondere eine von vornherein gegebene Einschätzbarkeit des Dritthaftungsrisikos, dadurch dass der Kreis der Betroffenen entweder überschaubar48 oder durch äußerlich ohne weiteres erkennbare Gegebenheiten begrenzt ist49. Dem entspricht es, dass sich der vertragliche Drittschutz im Fall der Abschlussprüfung nicht auf eine unbekannte Vielzahl von Gläubigern und gegenwärtigen oder künftigen Gesellschaftern erstrecken kann, obwohl die Abschlüsse und Bestätigungsvermerke auch ihnen offengelegt werden, sondern nur auf etwaige einzelne, bei Abschluss des Prüfungsvertrags näher bestimmte Dritte.50 Schon das allgemeine Erfordernis der Erkennbarkeit der möglicherweise betroffenen Dritten und der Einschätzbarkeit des Dritthaftungsrisikos stützt diese Begrenzung der vertraglichen Dritthaftung, wenn dessen risikobegrenzende Funktion im Rahmen der ergänzenden Auslegung berücksichtigt wird. Der vom Bundesgerichtshof zusätzlich herangezogenen Annahme, an die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich des Prüfungsvertrags seien aufgrund der haftungsbegrenzenden Intention des § 323 HGB strenge Anforderungen zu stellen,51 bedarf es deshalb nicht. Verzichtbar ist das personenkreisbezogene Erkennbarkeitskriterium nur dann, wenn sich das Haftungsrisiko nach den Umständen des Falles durch die Anzahl der betroffenen Personen nicht erhöht – etwa wenn 46 Vgl. BGH, NJW 1998, 1059, 1061. Treffend bemerkt BGHZ 66, 51, 57, dass es eine Verwischung der Unterscheidung der vertraglichen, d.h. auf einer Sonderverbindung gegründeten Haftung von der gegenüber jedermann möglichen deliktischen Haftung zu vermeiden gelte. Entgegen Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 21 II 4, S. 525 kommt es nicht darauf an, dass die Parteien über solche Systemzusammenhänge hinweggehen könnten, sondern darauf, dass ihnen eine derartige Regelung ihrer Sonderbeziehung regelmäßig nicht unterstellt werden kann, weil sie über den gemeinhin vertraglich geregelten Bereich hinausgreifen würde. 47 Zu diesem Merkmal BGHZ 51, 91, 96; Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 BGB Rdn. 105. Auch nach Stahl, Dritthaftung, 1989, S. 82 ff. handelt es sich um ein zentrales Kriterium der Haftungsbegrenzung. Anders aber Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 21 II 2 d, S. 521 f. 48 Dazu insbes. BGHZ 138, 257, 262 in Bezug auf den Abschlussprüfer, von dem regelmäßig nicht angenommen werden könne, er habe das mit der „Einbeziehung einer unbekannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaftern oder Anteilserwerbern in den Schutzbereich des Prüfauftrages“ einhergehende Haftungsrisiko übernehmen wollen. Bestätigend BGHZ 167, 155, 162 f. (zustimmend Lettl, NJW 2006, 2817, 2818); BGH, WM 2008, 2244, 2245; BGHZ 181, 12 Tz. 17. 49 Vgl. BGH, NJW 1998, 1059, 1062; BGHZ 159, 1, 9 f. Plastisch etwa in RGZ 160, 153, 155, wo eine räumlich-zeitlich Begrenzung des dennoch nicht eigentlich ,überschaubaren‘ Personenkreises von Saalveranstaltungsteilnehmern gegeben war. 50 So BGHZ 138, 257, 262; 167, 155, 162 f. Dies verkennt Westrick, Abschlussprüfung, 1963, S. 95 ff., so dass seine Kritik an einer zu weitreichenden vertraglichen Drittschutzwirkung insoweit fehlgeht, ebenso wie Barta, NZG 2006, 855, 858, der die Frage der Haftungsbegrenzung gemäß § 323 Abs. 2 HGB mit derjenigen der Erkennbarkeit vermengt und so die risikobegrenzende Funktion dieses Merkmals nicht richtig erfasst. 51 BGHZ 138, 257, 262; 167, 155, 163 f.

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ein Gutachten zum Zweck der Finanzierung eines bestimmten Investitionsvorhabens gefertigt wird und letztlich nur die Aufteilung der Investitionssumme auf eine mehr oder weniger große Zahl von Investoren unvorhersehbar ist.52 Dies trifft auf den Bestätigungsvermerk jedoch nicht zu, da er einen derart risikobegrenzenden Bezugsgegenstand gerade nicht hat. 2. § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB als neue Grundlage des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte? Zu der neuen Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB wird von einigen die Auffassung vertreten, auch dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sei dadurch eine gesetzliche Grundlage gegeben worden.53 Dann wäre zugleich die Auffassung bestätigt worden, nach der dieses Institut dem dispositiven Gesetzesrecht zuzuordnen ist. Doch tendenziell könnte die Ablösung der Drittschutzwirkung von der vertraglichen Begründung dazu führen, dass die daraus abgeleiteten Haftungsgrenzen zweifelhaft werden54 und dass die Haftung unter Heranziehung von Gesichtspunkten ohne Bezug zu dem konkreten Vertragsverhältnis ausgeweitet wird.55 Demgegenüber erscheint es als richtig, davon auszugehen, dass sich die Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB von vornherein nicht auf den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bezieht.56 Regelungsgegenstand ist vielmehr allein die sogenannte Sachwalterhaftung, also die Eigenhaftung eines Stellvertreters, eines Verhandlungsgehilfen oder einer vergleichbaren Vertrauensperson. Allein darauf 52 BGH, NJW 1998, 1059, 1062; BGHZ 159, 1, 9 f. Ähnlich auch BGHZ 69, 82, 86; BGH, NJW 1984, 355, 356; 1998, 1059, 1062. 53 Staudinger/Otto, BGB, § 280 Rdn. B 11; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 112 (zumindest für die Expertenhaftung); AnwKomm-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 99 ff.; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Kap. 3. Rdn. 12; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 323, 327 m.w. Nachw.; Barta, NZG 2006, 855, 857. Dagegen nur für eine Einbeziehung der c. i. c. mit Drittschutzwirkung Canaris, JZ 2001, 499, 520; tendenziell auch Erman/Kindl, BGB, § 311 Rdn. 16; Eckebrecht MDR 2002, 425, 427 f. 54 Vgl. Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 289 f., der zwar die vertragliche Grundlegung ablehnt, aber zugleich zugesteht, dass die „Inanspruchnahme von Vertrauen“ kein hinreichend bestimmter und begrenzter Haftungsgrund ist. 55 So etwa, wenn mit Neuner, JZ 1999, 126, 128 versucht werden würde, das verfassungsrechtliche Sozialstaatsprinzip mit dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Beziehung zu setzen. Ähnlich Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 21 II 6 d, S. 529. 56 So auch Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 92 m.w. Nachw.; Staudinger/Olzen, BGB, § 241 Rdn. 339 f.; Staudinger/Löwisch, BGB, § 311 Rdn. 161; Palandt/Grüneberg, BGB, § 311 Rdn. 60; Wölber, Abschlussprüferhaftung, 2005, S. 85; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 99 f. Davon gehen stillschweigend auch Bamberger/Roth/Gehrlein/Grüneberg/Sutschet, BGB, § 311 Rdn. 114, 121; Jauernig/Stadler, BGB, § 311 Rdn. 49 aus. Uneindeutig Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S. 158.

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nimmt auch die Gesetzesbegründung Bezug.57 Gegenüber dieser Einbeziehung eines Dritten als Verpflichtetem wäre die Berechtigung eines Dritten, wie sie aus dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte folgt, eine gänzlich andere Fallkonstellation, die schon deswegen nicht sinnvoll von derselben Norm geregelt werden kann. Auch der Gesetzeswortlaut legt die Einbeziehung des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte nicht nahe.58 So ist der Normtext aus einer vorvertraglichen Perspektive formuliert: Das Schuldverhältnis könne zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei „werden sollen“. Dies entspricht der sich regelmäßig im vorvertraglichen Stadium ergebenden Sachwalterhaftung, nicht aber der vertraglichen Drittschutzwirkung, die im Normalfall an einen abgeschlossenen Vertrag anknüpft. Hinzu kommt, dass in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB unter Bezugnahme auf das Schuldverhältnis nach Satz 1 die für die Sachwalterhaftung anerkannte haftungsbegründende Voraussetzung der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens durch den Dritten hervorgehoben wird. Dadurch wird vorausgesetzt, dass das Schuldverhältnis im Sinne des Satz 1 ein solches ist, das den Dritten verpflichtet, nicht aber berechtigt. Davon abgesehen würde der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte durch eine Gleichordnung mit der Sachwalterhaftung und damit der vertragsbezogenen Vertrauenshaftung einer anderen Kategorie zugeordnet werden als der Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB, obwohl strukturelle Ähnlichkeiten bestehen und obwohl auch die Drittschutzwirkung – jedenfalls im Einzelfall – Ergebnis der Vertragsauslegung sein kann. Weil jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, wird man die Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht als gesetzgeberische Entscheidung für eine bestimmte dogmatische Einordnung des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte ansehen können, zumal die bloße gesetzliche ,Erwähnung‘ dieses Rechtsinstituts mangels einer inhaltlich gehaltvollen Regelung59 ohne Wert wäre. 3. Die Haftungssummenbeschränkung gemäß § 323 Abs. 2 HGB im Verhältnis zum Dritten Zugunsten des Wirtschaftsprüfers ist bei der Haftung gegenüber Dritten aufgrund eines drittschützenden Vertrages außerdem die Haftungssummenbeschränkung nach § 323 Abs. 2 HGB zu berücksichtigen. Der Bundesgerichtshof geht ohne weiteres davon aus, dass sie auch in diesem Verhältnis gilt.60 In der Lite57

Begr. SchuldRModG-E, BT-Drucks. 14/6030, S. 163. Die Gegenmeinung nimmt denn auch nur für sich in Anspruch, dass der Wortlaut ihren Standpunkt zulasse, so etwa Canaris, JZ 2001, 499, 520; Eckebrecht MDR 2002, 425, 427; den Wortlaut relativierend auch Barta, NZG 2006, 855, 857. 59 „Inhaltsleere“ attestieren Staudinger/Jagmann, BGB, § 328 Rdn. 92; Rieble, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 137, 143 dem § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB. 60 So BGHZ 138, 257, 266 mit der wenig aufschlussreichen Begründung, die Vorschrift des § 323 Abs. 2 HGB gehe den vertragsrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen Rechts als Spezialregelung vor. 58

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

ratur werden dagegen Einwendungen erhoben.61 Es wird geltend gemacht, die Haftung gegenüber Dritten beruhe auf einer zusätzlichen Pflicht, die über die gesetzlichen Pflichten nach §§ 316 ff. HGB hinausgehe, so dass die nur auf die gesetzliche Regelung bezogene Haftungsbeschränkung dort nicht zur Anwendung kommen könne.62 Dem ist jedoch nicht zu folgen. Auszugehen ist – auch bei Unterscheidung des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte von dem leistungspflichtbegründenden Vertrag zugunsten Dritter – von der Vorschrift des § 334 BGB, wonach dem Versprechenden Einwendungen aus dem Vertrag auch gegenüber dem Dritten zustehen.63 Vor diesem Hintergrund ist die Einbeziehung eines Dritten in den Vertrag nicht als eine gegenüber den gesetzlichen Pflichten selbständige Erweiterung der Prüfungspflichten zu verstehen, sondern nur als eine mit dem eigentlichen Vertragsverhältnis inhaltlich gleichlaufende Erstreckung der Rechtsfolgen einer Pflichtverletzungen und damit der Haftung auf Dritte. Für sie gilt dann, dass sie grundsätzlich nicht weiter gehen soll als die Haftung gegenüber dem eigentlichen Vertragspartner, hier der geprüften Gesellschaft. Anders wäre dies nur, wenn im Einzelfall selbständige vertragliche Pflichten gegenüber Dritten übernommen werden. Die Vorschrift des § 334 BGB ist allerdings dispositiv.64 Ob und inwieweit sie – im Verhältnis der eigentlichen Vertragsparteien zueinander – abbedungen worden ist, muss mit Blick auf die betroffene Einwendung beurteilt werden. Handelt es sich um eine Einwendung, an deren Entstehung der Versprechensempfänger – hier die geprüfte Gesellschaft – Anteil hatte, wie etwa ein Mitverschulden, so liegt ein Abbedingen gerade bei einem ,Gutachtervertrag‘ nahe.65 Es bestünde ein Widerspruch zwischen dem vereinbarten Leistungszweck, auch dem Dritten eine neutrale und objektive sowie von dem Besteller unabhängige Entscheidungsgrundlage zu liefern, und dem Haftungsausschluss oder einer Haftungsminderung im Hinblick auf ein Mitverschulden gerade dieses Bestellers und Versprechensempfängers.66 Anders ist die gesetzliche Haftungssummenbeschränkung des § 323 Abs. 2 HGB zu beurteilen: Sie ist auch im Verhältnis zu dem Dritten, ebenso wie gegenüber der Gesellschaft selbst, vereinbar mit dem Leistungs61 Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 56; Zimmer/Vosberg, JR 1999, 70, 70 f.; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 234; Grunewald, ZGR 1999, 583, 589; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 550; zweifelnd MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 159; Ebke, JZ 1998, 991, 996. Dem BGH zustimmend dagegen Barta, NZG 2006, 855, 858. 62 Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 56; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 234. 63 BGHZ 56, 269, 273 f.; 127, 378, 384 f.; Staudinger/Jagmann, BGB, § 334 Rdn. 3; MünchKomm-BGB/Gottwald, § 328 Rdn. 132. Zutreffend auch Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996, S. 202. Anders Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 234, der nur eine analoge Anwendung des § 323 Abs. 2 HGB in Betracht zieht (und ablehnt). 64 Zum stillschweigenden Abbedingen BGHZ 93, 271, 275 f.; 127, 378, 385 ff. 65 So in BGHZ 127, 378, 378 ff. 66 Zutreffend daher BGHZ 93, 271, 275 f.; 127, 378, 385, wonach sich die Nichtanwendbarkeit des § 334 BGB „aus der Natur des Deckungsverhältnisses“ ergeben könne.

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zweck, eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu schaffen, da sie nicht von dem Verhalten des Bestellers abhängig und wegen ihrer regelhaften Geltung für den Dritten vorhersehbar ist.67 Noch verbleibende rechtspolitische Bedenken, die sich gegen die Summenbeschränkung vorbringen ließen, können nicht dazu herangezogen werden, die Nichtanwendung des § 334 BGB zu begründen, denn eine daraus letztlich folgende Ungleichbehandlung des Dritten und der geprüften Gesellschaft wäre angesichts der Gesetzeslage nicht zu rechtfertigen. Ist also davon auszugehen, dass sich der Abschlussprüfer bei einer fahrlässigen Pflichtverletzung auch gegenüber einem Dritten gemäß § 334 BGB in Verbindung mit § 323 Abs. 2 HGB auf die Haftungsbeschränkung berufen kann, so fragt sich, wie die Beschränkungen gegenüber der Gesellschaft einerseits und Dritten andererseits in Einklang zu bringen sind. Der Unzulässigkeit einer vertraglichen Haftungsbeschränkung gegenüber der geprüften Gesellschaft gemäß § 323 Abs. 4 HGB entspricht es, dass die vertragliche Dritthaftung nicht zu einer Schmälerung von Ansprüchen der Gesellschaft selbst führen kann, indem sie die Höchstsumme aufzehrt.68 Wenn überhaupt eine Schädigung zugleich der Gesellschaft und Dritter vorliegt, was nicht zwingend ist, wäre dem Problem abgeholfen, wenn die Abschlussprüferhaftung zwar an sich durch die Haftungssumme insgesamt beschränkt ist, jedoch mit der Einschränkung, dass sich der Prüfer entsprechend § 323 Abs. 4 HGB gegenüber der Gesellschaft nicht darauf berufen kann, bereits Zahlungen auf Ansprüche Dritter geleistet zu haben. In jedem Fall ist eine die Höchstsumme übersteigende Ersatzleistungspflicht allein im Verhältnis zu den Dritten dann ausgeschlossen. 4. Fazit Insgesamt sind die Grundsätze über den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte nach der geltenden Rechtslage und angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung der wohl naheliegendste Anknüpfungspunkt für eine Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten. Wie schon deutlich gemacht wurde, fehlt es jedoch gerade in den Fällen mit Bezug zum Kapitalmarkt, zumal zum organisierten Kapitalmarkt, an den Voraussetzungen, die für die generelle Begrenztheit dieses Rechtsinstituts zentrale Bedeutung haben und die unter dem Stichwort der ,Erkennbarkeit‘ gefasst werden.69 Dagegen ließe sich vordergründig einwenden, die gemäß § 334 BGB dem Wirtschaftsprüfer auch gegenüber dritten Anspruchsberechtigten zukommende Haftungssummenbeschränkung nach § 323 Abs. 2 67 Freilich mit Ausnahme des besonderen Falles vorsätzlichen Fehlverhaltens des Prüfers, § 323 Abs. 2 HGB, wobei dieser Umstand nicht zu Lasten des Dritthaftungsgläubigers geht. 68 Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 56; Zimmer/Vosberg, JR 1999, 70, 71. 69 Im Ergebnis ebenso Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 125 f.; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 212.

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BGB stehe einer uferlosen Haftung bei der Abschlussprüfung gerade entgegen. Doch eine solche Argumentation würde verkennen, dass diese Haftungsbeschränkung erst die gesetzliche Folge der durch ergänzende Vertragsauslegung begründeten Drittschutzwirkung wäre und als solche kein dem überschaubaren Personenkreis gleichzusetzender realer Umstand ist, an dem sich eine an redlichem Parteiverhalten Maß nehmende Auslegung orientieren müsste.

III. Expertenhaftung gegenüber Drittbetroffenen nach § 311 Abs. 3 BGB als Fortentwicklung der Sachwalterhaftung? Entsprechend der dahingehenden Andeutung in der Gesetzesbegründung70 wird die Neuregelung des § 311 Abs. 3 BGB von einigen Stimmen der Literatur zum Anlass genommen, in Erweiterung der allgemein anerkannten Sachwalterhaftung vertragsfremder Dritter eine Expertenhaftung zu postulieren.71 Danach haftet der Wirtschaftsprüfer gegenüber einem Informationsadressaten, wenn und weil er von der geprüften Gesellschaft, mithin dem Geschäftspartner des Informationsadressaten, als Sachverständiger herangezogen wurde und daraufhin mit seiner Expertise als Dritter besonderes Vertrauen des Informationsadressaten für sich in Anspruch genommen hat. Besonders Kersting hat diesen Ansatz in jüngerer Zeit aufgegriffen, näher begründet und im Einzelnen ausgeführt.72 1. Inhalt und Begründung der befürwortenden Auffassung Nach Ansicht der Befürworter einer derartigen Expertenhaftung – zunächst ist hier Canaris zu nennen – stehen die Kriterien der Rechtsprechung für die Sachwalterhaftung mit denjenigen, die für die Haftung von Experten und Sachverständigen maßgebend sind, in Einklang. So werde nach der Rechtsprechung dann in 70

Vgl. oben Fn. 57. So vor allem Canaris, ZHR 163 (1999), 207, 220 ff. (bezugnehmend auf eigene vorhergehende Abhandlungen zu der Frage) bereits vor dem SchuldRModG; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 105 ff., 167 ff., 318 ff. und ferner Erman/H. P. Westermann, BGB, § 328 Rdn. 20; AnwKomm-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 112 ff.; H.-B. Schäfer, AcP 202 (2002), 808, 830; besonders weitgehend mit Blick auf die kapitalmarktrechtliche Wirtschaftsprüferhaftung ders., in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 178 f.; J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 59 ff., 80; Finn, NJW 2004, 3752, 3753 f; mit Bezug auf den Wirtschaftsprüfer im nicht geregelten Kapitalmarkt und unter „Kombination“ mit Prospekthaftungsgrundsätzen Straßer, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2003, S. 48 ff. Ähnlich Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 289 f., nach dem es im Falle des § 311 Abs. 3 BGB allerdings nicht auf das Vertrauen des Geschädigten, sondern auf die „bewusst eingenommene objektive und neutrale Stellung des Schädigers“ ankommt. Zurückhaltend Teichmann, BB 2001, 1485, 1492. 72 Dritthaftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, 2007. 71

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besonderem Maße Vertrauen in Anspruch genommen, wenn der Sachwalter selbst eine ,persönliche Gewähr‘ übernehme, die für den Informationsadressaten ausschlaggebend sei. Dies könne sich gerade aus der besonderen Sachkunde des Sachwalters ergeben,73 er müsse unmittelbar mit dem Vertragsgegner in Beziehung treten.74 Die zur Begründung eines relevanten Vertrauenstatbestands erforderliche Übernahme einer persönlichen Gewähr soll dann gegeben sein, wenn die Expertise „die Funktion hat, eigene Untersuchungen des Dritten beziehungsweise die Einholung einer weiteren Expertise durch diesen überflüssig zu machen“.75 Die Reichweite der Expertenhaftung könne, so wird argumentiert, durch diesen Ansatz mit größerer Trennschärfe bestimmt werden. Sie richte sich nämlich danach, was für ein „wirtschaftliches Projekt“ die Expertise im Verhältnis des Gutachtenbestellers zu dem Informationsadressaten zu fördern oder zu beeinflussen bestimmt sei.76 Dieses müsse nicht notwendig ein bestimmter Vertragsschluss sein, es genüge eine „Teilnahme am rechtsgeschäftlichen Verkehr“.77 Im Ansatz erschiene es dann folgerichtig, Sekundärmarkttransaktionen darunter zu fassen, die erkennbar auch unter Einfluss des Bestätigungsvermerks vorgenommen werden. Canaris will Pflichttestate von einer Dritthaftung dennoch ausnehmen, da sie nicht zur Beeinflussung eines „Projekts“ des Unternehmens erteilt würden, sondern allein, weil sie gesetzlich vorgeschrieben seien.78 Da es auf das Bestimmtsein der Expertise ankomme, so Canaris weiter, entspreche der „Wechsel der Perspektive“ von dem Rechtsverhältnis zwischen Gutachtenbesteller und Experten hin zu jenem zwischen Gutachtenbesteller und Informationsadressaten „dem Schwerpunkt der Problematik“.79 Außerdem werde auf diese Weise der wertungsmäßig zentrale Vertrauensschutz auch dogmatisch zur Grundlage der Haftung.80 Ein weiterer Vorzug dieses Ansatzes bestehe darin, dass er die sachlich gebotene Nichtanwendung des § 334 BGB ohne den methodisch zweifelhaften Rückgriff auf ein stillschweigendes Abbedingen ermögliche.81 Schließlich werde so den Bedenken im Hinblick darauf, dass § 675 Abs. 2 BGB für eine Informationshaftung einen Vertrag, eine unerlaubte Handlung oder eine

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So BGHZ 56, 81, 84 f. Dazu Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 223 f. BGHZ 56, 81, 86; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 224. 75 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 233. Zustimmend J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 77; Pfeiffer, LM § 328 Nr. 91 (3/1995). 76 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 235 ff. 77 Ebd. S. 234 ff. 78 Ebd. S. 238, jedoch anders in Bezug auf die freiwillige Prüfung ohne nähere Kenntnis des Wirtschaftsprüfers von der Verwendung des Testats; zu diesem Punkt auch noch sogleich unter 2. d), S. 108 ff. 79 Ebd. S. 224. 80 Ebd. S. 228, 240. 81 Ebd. S. 229; Pfeiffer, LM § 328 Nr. 91 (3/1995); darauf stellt auch Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 33 f. ab. 74

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sonstige gesetzliche Bestimmung voraussetze, begegnet, da die Vertrauenshaftung nunmehr durch § 311 Abs. 3 BGB statuiert sei.82 Auf den durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in das BGB eingefügten § 311 Abs. 3 Satz 2 stützt Kersting seinen umfangreich dargelegten Ansatz zur Dritthaftung für Informationen.83 Er knüpft dabei vornehmlich an Canaris an, indem er ebenfalls dem Gesichtspunkt des Vertrauens, der nunmehr im Wortlaut des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB Ausdruck gefunden hat, zentrale Bedeutung beimisst.84 Die von der Rechtsprechung herangezogene Begründung einer Dritthaftung, das heißt einer Haftung gegenüber anderen als dem eigentlichen Vertragspartner des Informierenden, mit dem Institut des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte auch bei Interessengegensätzen zwischen dem Informationsadressaten und dem „Besteller“ der Information sieht er als dogmatisch nicht tragfähig an.85 Diese Annahme stütze sich auf einen fingierten Vertragsinhalt, insbesondere wenn zugleich ein stillschweigendes Abbedingen des § 334 BGB angenommen werde, und liefere nur eine Schein- oder Hilfsbegründung.86 Ein rechtlich überlegener Begründungsansatz und ein Anhalt für die Entwicklung der Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm ergäben sich aus § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB.87 Dieser könne angesichts seines Charakters als verbindlicher Neuregelung,88 seiner Stellung als selbständiger dritter Absatz89 und einer dahingehenden Anregung in der Gesetzesbegründung90 nicht lediglich als eine im Ergebnis unerhebliche Festschreibung der schon von der Rechtsprechung anerkannten engen Sachwalterhaftung im Rahmen der c. i. c. abgetan werden.91 Voraussetzung der Haftung sei eine gesetzliche Sonderverbindung, die durch die Inanspruchnahme und Gewährung von Vertrauen hinsichtlich der gegebenen Information begründet werde.92 Das von der Rechtsprechung zur Sachwalterhaftung eng verstandene Kriterium der Einflussnahmemöglichkeit des Sachwalters lasse sich im Kontext der Neuregelung nicht aufrechterhalten; hinreichender Einfluss ergebe sich bereits daraus, dass Vertrauen in Anspruch genommen und gewährt werde und dass dadurch auf das Ob eines Vertragsschlusses oder von Vertragsverhandlungen eingewirkt werde.93 Die Inanspruchnahme erfordere einen dahingehenden tatsächlichen Wil82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93

J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 68 f., 70 f. Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007. Ebd. S. 98. Ebd. S. 98 ff., 102 f., 104. Ebd. S. 104. Ebd. S. 107 f. Ebd. S. 159 f. Ebd. S. 124, 265, 281. Ebd. S. 163 f. Ebd. S. 165. Ebd. S. 209 ff., 279. Ebd. S. 108, 280 f., 275.

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len des Informierenden und sei insoweit eine geschäftsähnliche Handlung, die allerdings der objektivierenden Auslegung unterliege.94 Dadurch biete diese Haftungsbegründung hinreichende Flexibilität für die Rechtsanwendung im Einzelfall, die auch die gegenwärtige Rechtsprechung auszeichne.95 Im Rahmen einer gegebenen Sonderverbindung stelle sich dann die zentrale Frage, ob überhaupt eine Pflichtverletzung gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB gegeben sei. Durch dieses Erfordernis könne eine uferlose Haftung vermieden werden, denn die Pflichten gegenüber dem Dritten seien nicht mit denjenigen gegenüber dem Vertragspartner gleichzusetzen und bestimmten sich wesentlich nach Art und Inhalt der Vertrauensinanspruchnahme.96 Kersting konkretisiert seinen Ansatz unter anderem anhand der Haftung für Kapitalmarktinformationen und der Wirtschaftsprüferhaftung.97 Über die bisher ganz überwiegend anerkannten Grenzen der außervertraglichen bürgerlichrechtlichen (Kapitalmarkt-)Informationshaftung hinaus sieht Kersting in der Erteilung freiwilliger Kapitalmarktinformation durch den Emittenten grundsätzlich eine Inanspruchnahme von Vertrauen im Sinne des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB gegenüber Anlegern, die diese Information unmittelbar zur Kenntnis nehmen.98 Dagegen fehle der Vertrauensinanspruchnahmewille regelmäßig bei verpflichtender Information wie dem kraft Gesetzes offenzulegenden Jahresabschluss, denn diese Veröffentlichung erfolge nicht zur Erleichterung der Anlageentscheidung, sondern fremdbestimmt und nur, um der gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.99 In ähnlicher Weise wird die Haftung des Wirtschaftsprüfers abgeleitet: Bei der Pflichtprüfung sei ein Wille des Wirtschaftsprüfers zur Inanspruchnahme von Vertrauen in der Regel nicht gegeben; auch für den Informierten sei erkennbar, dass mit der Pflichtprüfung nicht ein ihn betreffender Zweck verfolgt werde, sondern die Gesellschaft bei der Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen unterstützt werden solle.100 Anderes gelte nur, wenn das Pflichtprüfungstestat in anderer als der gesetzlich vorgeschriebenen Weise offengelegt werde, insbesondere in einem Prospekt; daraus lasse sich auf den Willen des Wirtschaftsprüfers zur Vertrauensinanspruchnahme schließen, die Voraussetzung einer Haftung des Wirtschaftsprüfers gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB nach dem Vorbild der „Prospektgarantenhaftung“ sei.101 Entsprechend seien freiwillige Prüfungen zu beurteilen: Wenn das auf ihrer Grundlage erteilte Testat einem Dritten zur Kenntnis gegeben werde und ihm der entsprechende Verwendungszweck erkennbar sei, 94

Ebd. S. 243 ff., 296, 519 f. Ebd. S. 119, 98. 96 Ebd. S. 114, 118, 394. 97 Ebd. S. 503 ff., 544 ff. 98 Ebd. S. 513, 517. 99 Ebd. S. 518 f., 523 f. 100 Ebd. S. 546. 101 Ebd. S. 547 f. 95

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

dann sei von einem Willen des Wirtschaftsprüfers zur Vertrauensinanspruchnahme auszugehen.102 Auf das Erfordernis der Inanspruchnahme von Vertrauen soll nach Kersting allerdings gegenüber dem Emittenten als Haftendem, nicht auch dem Wirtschaftsprüfer, verzichtet werden können, weil dieser zusätzlich einer von Kersting so genannten Statushaftung nach § 311 Abs. 3 Satz 1 (sic) BGB unterliege.103 Diese Statushaftung wird der Sache nach als eine behutsame Ausweitung des Anwendungsbereichs der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung auf andere Adressaten einer kapitalmarktrechtlichen Informationspflicht begründet, wofür das diesen typischerweise entgegengebrachte Vertrauen maßgebend sei. Jeder dieser Begründungsansätze erfordert nach Kersting allerdings die Gewährung von Vertrauen durch den Anleger im Hinblick auf die gegebene Information, so dass er die Information gekannt haben müsse und die bloße Kursbeeinflussung nicht ausreichen könne.104 2. Kritik Die angeführten Ansätze zur Begründung einer Expertenhaftung erweisen sich aufgrund einer Reihe von Einwänden als nicht haltbar.105 a) Verhältnis zur Sachwalterhaftung Es ist zu bezweifeln, dass eine solche Expertenhaftung an die Rechtsprechung zur Sachwalterhaftung bruchlos anknüpfen könnte.106 Das Handeln des Sachwalters muss nach der Rechtsprechung für den Vertragspartner „maßgeblich“ gewesen sein, indem es ihn „zum Abschluß des Vertrags bestimmt“ hat.107 Der Bundesgerichtshof setzt dafür voraus, dass eine „persönliche Gewähr für den Bestand oder die Erfüllung“ des Rechtsgeschäfts übernommen worden sein muss.108 Wenn bereits die Erteilung einer Expertise durch einen Experten109 und deren bloße Kausalität für ein angestrebtes „wirtschaftliches Projekt“ des Adres102

Ebd. S. 548 ff. Ebd. S. 525 ff., 531 f. 104 Ebd. S. 538. 105 Gegen Canaris gerade mit Blick auf den Wirtschaftsprüfer auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 165; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 217 f. 106 Dies räumt Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 53 ff. ein. 107 BGHZ 56, 81, 86 sowie bestätigend BGHZ 74, 103, 108; 129, 136, 170; 159, 94, 102. 108 BGHZ 56, 81, 85; 74, 103, 108; BGH, NJW 1989, 293, 294. Ferner die in der Begr. SchuldRModG-E zu § 311 Abs. 3 Satz 2, BT-Drucks. 14/6039, S. 163 angeführte Entscheidung BGH, NJW-RR 1991, 1241, 1242. 109 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 235; J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 79. Undeutlich MünchKomm-BGB/Emmerich, § 311 Rdn. 244 ff. 103

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saten110 oder das Ob eines Vertragsschlusses111 als ausreichend erachtet werden, dann geht dies deutlich über die von der Rechtsprechung anerkannten Grenzen hinweg. Nach der Rechtsprechung kommt es nämlich zusätzlich auf die Art und Weise der Beeinflussung des betroffenen Geschäfts an. Der Bundesgerichtshof nennt als maßgebliche Umstände beispielhaft eine „außergewöhnliche Sachkunde für den Vertragsgegenstand, persönliche Zuverlässigkeit oder eigene Einflussmöglichkeit auf die Vertragsabwicklung“.112 Gerade wegen des Ausnahmecharakters der Sachwalterhaftung, der in der Abweichung von dem Grundsatz der Relativität des Schuldverhältnisses und von der Orientierung der vorvertraglichen an der vertraglichen Haftung liegt, kann Sachkunde im Sinne von nicht mehr nur einzelfallbezogenen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht genügen.113 Vielmehr muss die Sachkunde in außergewöhnlicher Weise auf den konkreten Vertragsgegenstand bezogen sein, nicht nur auf den Gegenstand der Expertise, oder es müssen sonstige Einflussnahmemöglichkeiten hinzukommen.114 Diese strengen Anforderungen sind letztlich aus Gründen der Konsistenz des Rechtsinstituts der Sachwalterhaftung zu stellen, weil ein Sachwalter, der nicht Stellvertreter ist, einen vergleichbar starken tatsächlichen Einfluss auf das in Aussicht genommene Geschäft haben muss, wie ihn der Stellvertreter aufgrund seiner Vertreterstellung typischerweise hat.115 Wenn Canaris an dieser Stelle die strafrechtlichen Grundsätze der Täterschaft und Teilnahme zur Haftungszuordnung heranziehen will,116 so zeigt dies nur die relative Beliebigkeit denkbarer

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So ausdrücklich J. Koch, a. a. O. (Vornote). Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 275. 112 BGHZ 56, 81, 85. 113 Gegen die Einbeziehung eines Handelns, dass sich in der Wahrnehmung der „Berufsrolle“ erschöpft, auch Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 412 f. Anders H. Herrmann, JZ 1983, 422, 425 f. 114 Vgl. BGHZ 145, 187, 197 ff., wo der Wirtschaftsprüfer nach den Verlautbarungen gegenüber den Anlegern in ein Kapitalanlagesystem derart eingebunden war, dass er Mittelzufluss und -verwendung „lückenlos“ kontrollieren konnte; Gräfe, EWiR 2001, 109: Wirtschaftsprüfer als „Mittelverwendungskontrolleur“; Möllers, JZ 2001, 909, 913: Wirtschaftsprüfer übernahm „zentrale Schlüsselposition für die Sicherheit des Kapitalanlagesystems“; krit. Arnold, DStR 2001, 488, 492; im Ansatz zutreffend hebt auch Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 53 ff. die Bedeutung des gelegentlich von der Literatur nicht hinreichend beachteten Kriteriums der Einflussnahmemöglichkeit in der Rechtsprechung hervor. 115 Vgl. BGHZ 56, 81, 86 f., wo die Ausweitung der Rechtsprechung über den Stellvertreter hinaus mit der Gleichheit der Interessenlage begründet wird. Eine nach Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 404 ff. verfehlte Verknüpfung der Eigenhaftung mit der formellen Vertreterstellung findet dadurch nicht statt, weil diese für den eigenhaftenden Sachwalter zwar durchaus prototypisch, aber nicht notwendig ist. Vgl. auch Ballerstedt, AcP 151 (1950/51), 501, 516 f. 116 In: Festschr. f. Giger, 1989, S. 92, 101 ff.; ders., ZHR 163 (1999), 206, 222 f., 225. 111

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Ersatzkriterien und Assoziationen, zu denen sonst Zuflucht genommen werden müsste, ohne dass sich dies angesichts der gänzlich unterschiedlichen Systemzusammenhänge nachvollziehbar begründen lässt.117 b) Inhalt und Bedeutung des neu eingefügten § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB Entgegen der Auffassung von Kersting veranlasst der neu in das BGB eingefügte § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB eine von der bisherigen Rechtsprechung abweichenden Interpretation des Einflusserfordernisses nicht. Bereits die wörtliche Übernahme eines von der Rechtsprechung aufgestellten Rechtssatzes in den § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB legt dies nahe.118 Zwar trifft es zu, dass die weiteren Konkretisierungen der Rechtsprechung damit dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sind.119 Doch ist im Ausgangspunkt davon auszugehen, dass der neu eingeführte § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB inhaltlich keine Neuregelung enthält.120 Es kann nicht überzeugen, wenn Kersting meint, die bloße „Kodifikation“ eines von Literatur und Rechtsprechung anerkannten Grundsatzes führe „zwangsläufig“ zu dessen Veränderung,121 denn dadurch ändert sich die Stellung dieses Satzes in und zu seinem Regelungsumfeld als einem gedanklichen System nicht. Zutreffend ist nur, dass die Aufnahme eines allgemein gefassten Rechtssatzes aus der Rechtsprechung in den Bestand des geschriebenen Rechts einer Weiterentwicklung kraft besserer Erkenntnis innerhalb des gesetzten Rahmens nicht entgegensteht. In diesem Zusammenhang versteht es sich von selbst, dass die Vorschrift des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB dadurch nicht als ein – in sich widersprüchliches – „unverbindliches Gesetz“ betrachtet und somit ignoriert wird.122 Diesem Einwand scheint eine unzutreffende Gleichsetzung von Norm und Gesetzestext zugrunde zu liegen: Wenn der Gesetzgeber einen bestimmten Text in ein Gesetz aufnimmt, so impliziert dies nicht, dass ein inhaltlich neuer Rechtssatz, eine neue Norm, geschaffen wird. Ebenso möglich ist, dass eine bereits geltende Norm lediglich aufzeichnet wird. Die Rechtsänderung, die dadurch eintreten 117 Insofern wie hier Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 167. Auch eine „Kombination“ der Sachwalterhaftung mit der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung, für die Straßer, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2003, S. 48, eintritt, kann dem Vorwurf der Beliebigkeit nicht entgehen. 118 Vgl. BGHZ 56, 81, 84 und Ls. 119 So Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 281. 120 Ebenso etwa MünchKomm-BGB/Emmerich, § 311 Rdn. 54, 231 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, § 311 Rdn. 60. 121 Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 156 unter Bezug auf Heldrich, NJW 2001, 2521, 2523. 122 So aber die Kritik von Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 159 f., weiter: „Dennoch läßt sich nur mit dieser Vorstellung erklären, daß [. . .] es scheinbar für möglich gehalten wird, die bisherige Rechtsprechung ohne vertiefte Auseinandersetzung mit Wortlaut und Systematik der Neuregelung fortzuführen.“

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mag, ist nur von formeller Bedeutung: Nunmehr ist unbestreitbar, dass die betreffende Norm den Rang eines förmlichen Gesetzes hat, also insbesondere von der Rechtsprechung nicht aufgegeben werden kann. Doch auch eine solche Rechtsänderung ist nicht zwingend, wenn die Norm diesen Rang zuvor schon als Gewohnheitsrecht innehatte, was hier dahinstehen mag. Wenn bisher nicht ersichtlich ist, dass der neu eingeführte § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB ungeachtet seines Detaillierungsgrades123 inhaltlich eine Rechtsänderung mit sich gebracht hat, dann ist auch nicht einzusehen, dass mit ihm der methodische „Zwang zur Vorsicht und Zurückhaltung“ bei der interpretatorischen und rechtsfortbildenden Entwicklung des Rechtsinstituts entfallen sein soll.124 Sofern dieser Satz mehr besagen soll, als dass eine unvorsichtige und forsch vorwärtsstürmende ,Entwicklung‘ eines Rechtsinstituts niemals angezeigt ist, gilt er gleichermaßen für in das BGB übernommene abstrakt auf die Rechtsprechung verweisende Sätze, denn diese haben letztlich den Charakter einer Bezugnahme auf ungeschriebene Rechtssätze. Die formelle Frage, ob es sich um geschriebenes oder ungeschriebenes Recht handelt, ist auch hier nicht mit den Fragen des Inhalts der Norm, ihrer Bestimmtheit sowie ihres systematischen Zusammenhangs mit dem gedanklichen Gefüge des bürgerlichen Rechts zu vermengen.125 c) Auffassung der Gesetzesverfasser zu § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB Einzugehen bleibt darauf, ob die Anmerkung der Verfasser des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zu § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB im Hinblick auf die Haftung von Sachverständigen und sogenannten Auskunftspersonen, „[d]ie Vorschrift soll der Rechtsprechung aufzeigen, dass diese Fälle auch auf diesem Wege zu lösen sind“126, zu einer anderen Beurteilung führt. Festzuhalten ist, dass es sich dabei nicht um eine Meinungs- oder Willensäußerung über die richtige Auslegung der Norm handelt – hinsichtlich deren die Gesetzesbegründung schon keine verbindlichen Festlegung treffen, sondern nur Auslegungskriterien liefern könnte –, sondern um das Aufzeigen einer Auslegungsmöglichkeit. Dass diese Auslegungsmöglichkeit besteht, ist allerdings unabhängig davon bekannt; die diesbezüglichen literarischen Äußerungen sollten sogar den einzigen Prüfstein dieser Auffassung bilden, weil allein sie überhaupt einen Begründungsversuch unternehmen. Das „Aufzeigen“ erschöpft sich also in einem Verweis auf die Literatur nebst einer Äußerung von Sympathie, doch es hat, worauf es allein ankäme,

123 Auch auf eine zusätzliche Konturierung gegenüber früheren Gesetzentwürfen will Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 163 f. abstellen. 124 So aber Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 124, 281. 125 Bedenklich insofern auch Heldrich, NJW 2001, 2521, 2523. 126 Begr. SchuldRModG-E, BT-Drucks. 14/6040, S. 163, darauf bezugnehmend Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 164; J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 70.

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keinen argumentativen (Mehr-)Wert.127 Des Weiteren lässt sich daraus, dass die Vorschrift zur Eigenhaftung Dritter in einen eigenen Absatz 3 eingestellt wurde, anstatt sie dem Absatz 2 des § 311 BGB hinzuzufügen, nicht schließen, sie sei dadurch zu einem gegenüber der c. i. c. selbständigen Rechtsinstitut geworden.128 Bereits aus ihrem Ausnahmecharakter gegenüber dem gewöhnlichen Fall der c. i. c. lässt sich die Absetzung erklären, falls ihr überhaupt dogmatischer Gehalt zu eigen ist. Systematisch erheblich aussagekräftiger ist es im Hinblick auf den Zusammenhang mit der c. i. c., dass die Haftung nach Absatz 3 Satz 2 nach wie vor die Beeinflussung von Vertragsverhandlungen oder des Vertragsschlusses voraussetzt und dadurch mit dem Rechtsverhältnis zwischen den Kontrahierenden in Verbindung bleibt.129 d) Problematik des Vertrauens als maßgebender Haftungsgrund Inhaltliche Grundannahmen der These von der Expertenhaftung als Fortentwicklung der Sachwalterhaftung überzeugen ebenfalls nicht. Dies gilt zunächst für die These, der „Schwerpunkt der Problematik“ der Gutachterhaftung liege in dem Verhältnis des Bestellers des Gutachtens zu dem Adressaten, denn die Ausrichtung des Gutachtens an bestimmte Adressaten wird in erster Linie durch das Verhältnis zwischen Gutachter und Besteller bestimmt.130 Der Experte erbringt seine Leistung im Hinblick auf dieses Verhältnis und regelmäßig wegen der sich aus ihm ergebenden synallagmatischen Gegenleistung.131 Gegen eine aus dem Vertrauensschutz abgeleitete Haftungsbegründung wird außerdem eingewandt, der Tatbestand des Vertrauens sei ein allgegenwärtiges psychologisches Phänomen, das als solche die Gewährung von Ansprüchen nicht begründen oder erklären könne.132 Wenn in diesem Zusammenhang angeführt werde, für die Haf127 Bezeichnenderweise äußerte die Ressortministerin anderwärts, der Rechtsprechung sollten durch die „Regelung“ der c. i. c. keine Grenzen gesetzt werden, es könne weiterhin auf die bisherige Rechtsprechung zurückgegriffen werden, Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281, 2284 (wenngleich diese Äußerung damit nicht als taugliches Auslegungsmaterial eingeordnet werden soll), wie Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 164, zugesteht. Im Ergebnis wie hier Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 147 f. 128 So aber Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 124, 265, 281. 129 Dass Kersting diesen Zusammenhang nicht hinreichend berücksichtigt, zeigt sich daran, dass er nach seiner separierenden Betrachtungsweise nicht zu erklären vermag, „worin der Sinn der Beschränkung auf angestrebte oder abgeschlossene Verträge [im Gegensatz zu einseitigen Rechtsgeschäften] liegen soll“, ders., Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 269. 130 Gegenteilig Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 224; ders., JZ 1995, 441, 445; Weber, NZG 1999, 1, 5. Wie hier Rieble, in: Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S. 137, 144. 131 Diesen Zusammenhang sieht auch Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 401, ohne ihm das gebotene Gewicht zu geben.

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tungsbegrenzung komme es auf das Vertrauendürfen an, so werde deutlich, dass die Inanspruchnahme von Vertrauen als solche oder dessen Intensität und Inhalt als ein Faktum kein Maß vorgäben.133 Canaris räumt denn auch ein, dass das Vertrauensschutzprinzip nicht monistisch zu begreifen sei, sondern der Ergänzung und Abstimmung mit anderen Prinzipien bedürfe.134 Dennoch handele es sich in den fraglichen Fällen um das tragende Gerechtigkeitskriterium,135 das „wertungsmäßig von zentraler Bedeutung“ sei.136 Auch Kersting, der den Vertrauensbegriff selbst ausdrücklich als weiterführend einschätzt,137 gelangt im Wege der Auslegung des § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB nur zu einer recht allgemeinen Begriffsbestimmung.138 Die Bestimmung der Pflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB, die von ihm als zur Haftungsbegrenzung wesentlich angesehen wird, soll sich im ersten Schritt durch Auslegung der Vertrauensakte ergeben. Doch reale Intentionen der Beteiligten dürften sich daraus noch weniger ableiten lassen als aus der rechtsgeschäftlichen Willensäußerung, weil der auf Vertrauensinanspruchnahme gerichtete „Wille“ praktisch niemals explizit wird. So bleiben die normativen Auslegungskriterien, die allerdings gemäß § 157 BGB auch bereits im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung als Grundlage des Vertrags mit Drittschutzwirkung volle Beachtung verlangen. Dass das gewonnene Auslegungsergebnis anders als hiernach gemäß dem Ansatz von Kersting nicht als vertragliche Pflicht bezeichnet werden muss, bleibt dann ein formaler und zweifelhafter Vorzug, dessen dogmatischer Wert von vornherein von einem ungewöhnlich engen Verständnis des möglichen Vertragsinhalts abhängig ist. Diesem vermeintlichen Vorzug steht der entscheidende Nachteil gegenüber, dass die einer vertraglichen Haftungsbegründung immanente haftungsbegrenzende Wirkung der Kontrollüberlegung, ob die Drittschutzwirkung von gedachten redlichen und die Verkehrsbelange gebührend berücksichtigenden Parteien erwogen und anerkannt worden wäre, im Rahmen einer vertrauensbezogenen gesetzlichen Haftungsbegründung nicht in gleicher Weise zur Verfügung steht. Gerade dieser Eigenschaft der vertraglich begründeten Drittschutzwirkung, die damit eine angemessene Verbindung von abstrakt-generellen Kriterien – wie sie sich in den Tatbestandsmerkmalen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte verfestigt haben – mit den Einzelfallumständen unter einem einheitlichen, regulativ wirkenden Prinzip er132 Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 98; Gernhuber, Schuldverhältnis, 1989, § 8 I 6 b, S. 179; Picker, in: Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397, 420. Im gleichen Sinne Flume, Rechtsgeschäft, 1992, § 10 Nr. 5, S. 132 f. 133 Picker, in: Festschr. f. Medicus, 1999, S. 397, 424; Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 98 f. 134 ZHR 163 (1999), 206, 235, Fn. 90. 135 Ebd. S. 228 (wobei dafür eine „nahezu allgemeine Ansicht“ in Anspruch genommen wird); J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 70. 136 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 240 (ohne Hervorhebung). 137 Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 110, 167 ff. 138 Ebd. S. 212 f.

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möglicht, dürfte der Ansatz der Rechtsprechung seine Überlegenheit verdanken.139 Im Fall der Wirtschaftsprüferhaftung ist die Grenzziehung auf der Grundlage der Inanspruchnahme von Vertrauen besonders problematisch. So nimmt Canaris an, ein Wirtschaftsprüfer schaffe bei der Pflichtprüfung gegenüber Dritten keinen haftungsrelevanten Vertrauenstatbestand, weil das Testat angesichts des unbegrenzten Kreises potentieller Dritter (Anleger, Gläubiger usw.) keine persönliche Richtigkeitsgewähr biete und dem Dritten eigene Bonitätsprüfungen nicht ersparen solle.140 Dem steht allerdings entgegen, dass der einzelne Adressat des Bestätigungsvermerks trotz dessen weiter Verbreitung erkennbar darauf angewiesen sein kann, auf eine sorgfältige Prüfung und Testierung des Wirtschaftsprüfers zu vertrauen, besonders weil er selbst eine entsprechende Prüfung aus praktischen Gründen nicht vornehmen kann.141 Der Gesichtspunkt besonderen Vertrauens würde unabhängig von der Streuung der Information für eine Haftung sprechen. Dies zeigt auch der Vergleich mit der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung, die von den Befürwortern einer zur Expertenhaftung ausgeweiteten Sachwalterhaftung gemäß § 311 Abs. 3 BGB als davon mitumfasst angesehen wird, auch soweit sie sich auf spätere Anteilserwerber erstreckt.142 Es überzeugt nicht, wenn deren Andersbehandlung gegenüber der Haftung für die laufende Publizität damit begründet wird, dass der Prospekt den Zweck, den Umlauf der Anteile zu fördern, zwangsläufig mitverfolge.143 Einen derartigen, auf den weiteren Umsatz von Finanzinstrumenten unter Anlegern bezogenen Zweck hat regelmäßig auch die Sekundärmarktpublizität; aus diesem Grund sind ihr Umfang, Inhalt und ihre Zuverlässigkeit ein Anliegen auch der kapitalmarktrechtlichen Gesetzgebung. Hier zeigt sich erneut, dass die Betrachtung der Wirtschaftsprüfertätigkeit aus der Kapitalmarktperspektive bisher unterentwickelt ist. Konsequenter erscheint es im Rahmen des vertrauensbezogenen Ansatzes, die Ausrichtung von Kapitalmarktinformation „auf den Kapitalmarkt“ nicht grundsätzlich als Haftungshindernis aufzufassen.144 Wenn dann allerdings entscheidend darauf abgestellt wird, ob eine Pflicht zur Information besteht oder ob sie freiwillig erfolgt, und wenn im ersten Fall die Vertrauensinanspruchnahme in aller Regel verneint

139 Ähnlich sehen J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 72 Fn. 63; Adolff, Third Party Legal Opinions, 1997, S. 151; Berger, ZBB 2001, 238, 246 denn auch den Grund für die Beharrung der Rechtsprechung. 140 ZHR 163 (1999), 206, 233. 141 Vgl. Koziol, in: Spier, Limits of Expanding Liability, 1998, S. 25, 35: „The more third parties are forced to rely on the expert opinion the more worthy they are of protection.“ Auch Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 217. 142 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 235 f.; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 333, 525 ff.; AnwKomm-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 114. 143 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 235 f., 237. 144 Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 513 f., 517.

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wird,145 dann wird damit eine andere, wiederum nicht überzeugende Differenzierung geschaffen. Ihr liegt eine Entgegensetzung des Willens zur Vertrauensinanspruchnahme einerseits und zur Gesetzesbefolgung andererseits in Bezug auf die Informationshandlung zugrunde.146 Dadurch werden die verschiedenen Ebenen der Handlungsmotivation und des adressatenbezogenen Handlungsziels ineinsgesetzt, obwohl sich ein logischer Zusammenhang zwischen beiden Ebenen kaum darlegen lässt.147 Das Motiv der Gesetzesbefolgung kann durch anderweitige Motive, auch „Zwänge“, ersetzt oder ergänzt sein, ohne dass es für die Frage der Vertrauensinanspruchnahme ausschlaggebend wäre. Dies gilt entsprechend für die im Hinblick auf den Wirtschaftsprüfer vertretene Unterscheidung, wenn eine Haftung in Fällen der Pflichtprüfung abgelehnt wird, weil der Wirtschaftsprüfer mit der Erteilung des Testats die Gesellschaft bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten unterstütze, aber erkennbar keinen Zweck verfolge, der dritte Abschlussadressaten beträfe, was wiederum bei freiwilligen Prüfungen anders sei.148 e) Ausschluss der Einwendungserstreckung auf das Drittverhältnis Es bleibt schließlich das Argument, die Haftungsbegründung nach dem Vorbild der Sachwalterhaftung führe zwanglos zu der sachlich gebotenen Nichtanwendung der Einwendungserstreckung auf das Drittverhältnis gemäß § 334 BGB, wohingegen im Rahmen des Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte methodisch unbefriedigend ein stillschweigendes Abbedingen fingiert werden müsse.149 Allerdings ist oben im Zusammenhang mit dem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bereits dargelegt worden, dass ein vollständiger Ausschluss des § 334 BGB gerade im Hinblick auf § 323 Abs. 2 HGB (aber auch bei sonstigen nicht von dem Verhältnis zum Gläubiger abhängigen Einwendungen) durchaus nicht sachlich gerechtfertigt wäre und daher zu weit ginge.150 Darüber hinaus schlagen die methodischen Bedenken nicht durch. Wenn ein realer Wille der Parteien, die Regelung des § 334 BGB abzubedingen, fehlt, lässt sich dies in den entsprechenden Fällen mit den Grundsätzen der ergänzenden Auslegung begründen. Dafür werden dieselben Umstände herangezogen, die nach diesen Grundsätzen den vertraglichen Drittschutz auch begründen, nämlich die durch die Expertenstellung 145 Ebd. S. 524; ähnlich Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 238. Siehe bereits oben unter a), S. 100 ff. 146 Vgl. Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 518 ff. 147 Ähnlich Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 216. 148 Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 546 f., 549 f. sowie oben unter 1., S. 100 ff. 149 Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 240: „methodologisch unbefriedigende Scheinbegründung“; Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 101. In der Sache ebenso Weber, NZG 1999, 1, 7; Pfeiffer, LM § 328 BGB Nr. 91 (3/1995); P. Bydlinski, EWiR 1998, 683, 684. Im gleichen Sinne Ebke/Scheel, WM 1991, 389, 392. 150 Siehe oben unter II. 3., S. 98.

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des Versprechenden geprägte Eigenart der Leistung, auch für einen Dritten eine neutrale, objektive und von dem Besteller unabhängige Begutachtung zu liefern.151 In Frage gestellt werden kann nur, ob sich die ergänzende Auslegung hier ohne weiteres gegen das dispositive Gesetzesrecht durchsetzen kann. Ein allgemeingültiges Rangverhältnis besteht insoweit nicht.152 Die ergänzende Auslegung kann vor allem dann dem dispositiven Recht vorgehen, wenn das betroffene Rechtsgeschäft nicht dem Typus entspricht, auf den das dispositive Gesetzesrecht abstrakt-generell ausgerichtet ist.153 Auch wenn die §§ 328 ff. BGB auf den Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte grundsätzlich angewendet werden können, handelt es sich bei ihm, wie heute weitgehend anerkannt wird, um ein eigenständiges Institut und damit zumindest nicht um einen gewöhnlichen Fall des Vertrags zugunsten Dritter. Die hinzukommende, bereits angeführte Eigenart der Begutachtungsleistung bedeutet vor diesem Hintergrund auch eine Abweichung von dem typischen Anwendungsfall des § 334 BGB, die eine vorrangige ergänzende Auslegung zulässt. 3. Fazit Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Anerkennung einer allgemeinen Expertenhaftung gemäß § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB nach dem Vorbild der Sachwalterhaftung die Grenzen, welche die Rechtsprechung dieser bisherigen ,Ausnahmehaftung‘ setzt, deutlich ausweiten würde. Problematisch ist nicht allein dieses Ergebnis, sondern vielmehr, dass die Loslösung einer solchen allgemeinbürgerlichrechtlichen Haftung von vertraglichen Grundlagen und ihre Fundierung in dem Vertrauenskriterium eine hinreichende Abgrenzbarkeit und eine verlässliche Begrenzung der Expertenhaftung gefährdeten.154 Nur wenn die Bekundung von Befürwortern der vertrauensbezogenen Haftung, die Rechtsprechung vermöge zumindest in Ergebnis und Wertung zumeist zu überzeugen,155 wörtlich genommen und umgesetzt wird, könnten diese Bedenken zurücktreten. Doch wenn die Ergebnisse beizubehalten sind, besteht kein Anlass, ihre Grundlagen auszuwechseln, zumal der Einwand der Fiktion und der dogmatischen Unhaltbarkeit des Rechtsprechungsansatzes, wie ausgeführt, nicht durchschlagen. Für die bürgerlichrechtliche Wirtschaftsprüferhaftung ist nach alledem nicht davon auszugehen, dass sie auf ein anderes dogmatisches Fundament gestellt und dadurch womöglich ausgeweitet werden kann. Es bleibt insoweit einerseits bei der eng be151 Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 521 erkennt dies im Rahmen der Auslegung durchaus an. 152 Flume, Rechtsgeschäft, 1992, § 16 Nr. 4 b, S. 324 f.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, 2004, § 28 Rdn. 109 ff. m.w. Nachw. auch zu abweichenden Auffassungen. 153 So besonders deutlich Flume, a. a. O. (Vornote). 154 Vgl. nur J. Koch, AcP 204 (2004), 59, 78, der sich bezeichnenderweise auf den Wilburgschen Topos des „beweglichen Systems“ bezieht. 155 Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 101.

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grenzten Haftung wegen Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte und andererseits bei der offenen Frage, ob eine weitergehende kapitalmarktspezifische Wirtschaftsprüferhaftung rechtspolitisch angezeigt ist.

IV. Deliktische Haftung Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten kann sich grundsätzlich aus Delikt ergeben, zum einen aus der Verletzung von Schutzgesetzen im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (sogleich unter 1.), zum anderen wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäß § 826 BGB (unter 2.). Da der Anleger nicht in absoluten Rechten oder Rechtsgütern verletzt wird, kommt § 823 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.156 Insbesondere liegt gegenüber einem Aktionär kein Eingriff in das mitgliedschaftliche Verhältnis zu der geprüften Aktiengesellschaft vor, weil weder dessen Bestand noch einzelne sich daraus ergebende Rechte betroffen sind.157 Die deliktische Haftung zeichnet sich dadurch besonders aus, dass sie auch dann, wenn eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig wird, zu einer unmittelbaren persönlichen Haftung der Handelnden gegenüber Dritten führen kann.158 1. Verletzung von Schutzgesetzen gemäß § 823 Abs. 2 BGB Nur unter engen Voraussetzungen greifen zugunsten Dritter Schutzgesetze ein, aus denen sich in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB eine Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden ergibt.159 a) Allgemeine Abschlussprüferpflichten gemäß § 323 Abs. 1 HGB Die Vorschrift des § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB, in der die Pflichten des Wirtschaftsprüfers bei der Abschlussprüfung in Form einer Generalklausel bestimmt werden, kann nicht als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB angesehen werden.160 Dagegen spricht bereits die Regelung der Schadensersatz156 Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 180; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 58; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 130. 157 Vgl. BGHZ 110, 323, 327 f., 334; MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 172 m.w. Nachw.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 120. 158 Vgl. nur MünchKomm-BGB/Wagner, § 826 Rdn. 68, 73. 159 Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G 4; Soergel/Spickhoff, BGB, § 823 Rdn. 181. 160 BGH, BB 1961, 652; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 184 (auch m.w. Nachw.); MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 96; Staub/Zimmer, HGB, § 323 Rdn. 58. Im Ergebnis auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 133, der allerdings die Norm als personell begrenztes Schutzgesetz einordnet, und zwar gegenüber den Anspruchsberechtigten gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB.

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pflicht gegenüber der geprüften Gesellschaft und verbundenen Unternehmen in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB, die zwar eine Haftung aus anderen Rechtsgründen und unter zusätzlichen Voraussetzungen nicht ausschließt, wohl aber eine einfache personelle Erweiterung der Verschuldenshaftung, wie sie § 823 Abs. 2 BGB mit sich brächte. Darüber hinaus folgt aus dem systematischen Zusammenhang, dass die statuierten Abschlussprüferpflichten nicht gegenüber jedermann bestehen, sondern nur relativ innerhalb des Prüfungsverhältnisses als einem Schuldverhältnis zwischen dem Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft.161 b) Straftatbestand der Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 Abs. 1 HGB Als Schutzgesetz kommt der speziell auf die fehlerhafte Erteilung des Bestätigungsvermerks bezogene Straftatbestand der Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 Abs. 1, 3. Var. HGB in Betracht.162 Die Vorschrift setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass ein Abschlussprüfer oder ein Gehilfe einen „inhaltlich unrichtigen Bestätigungsvermerk (§ 322) erteilt“, und zwar zu einem Jahresabschluss oder einem Konzernabschluss. Der Täter muss mit Vorsatz gerade auch in Bezug auf die Unrichtigkeit des Bestätigungsvermerks gehandelt haben.163 Andere Strafrechtsnormen – etwa § 403 AktG, § 18 PublG, § 314 UmwG – erfassen nur die Falschberichterstattung in allgemeinen oder besonderen Prüfungsberichten gegenüber der Gesellschaft oder dem Unternehmer, nicht aber im offengelegten Bestätigungsvermerk.164 Die unrichtige Veröffentlichung von Prüfungsergebnissen durch den Wirtschaftsprüfer außerhalb des Anwendungsbereichs des § 332 HGB und sonstiges fehlerhaftes Wirtschaftsprüferhandeln gegenüber Dritten unterliegt nur den allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften. Die Einordnung des § 332 Abs. 1, 3. Var. HGB als Schutznorm ergibt sich daraus, dass diese Norm zumindest auch dem vermögensbezogenen Individualschutz dienen soll, und zwar gleichermaßen gegenüber der geprüften Gesellschaft wie gegenüber deren Gesellschaftern, Gläubigern und sonstigen rechtlich mit ihr verbundenen Dritten, auch bereits vor der Aufnahme der Rechtsbeziehung.165 Sachlich soll erforderlich sein, dass der Geschädigte auf die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks vertraut,166 wobei der Bundesgerichtshof zu der ähnlichen Strafvorschrift des § 399 Abs. 1 AktG offengelassen hat, ob die allgemeine 161 Die Entstehungsgeschichte und das „haftpflichtrechtliche Gesamtsystem“ führen Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 184 an; Schlegelberger/Quassowski/Schmölder, Verordnung über Aktienrecht, § 262g Rn. 14 verweisen auf die Erwägungen, die dem Schutzgesetzcharakter der Normen über die aktienrechtlichen Organpflichten (heute §§ 93, 116 AktG) entgegenstehen. 162 Eingeführt 1985 durch das BilRiliG, dazu Begr. RegE, BT-Drucks. 10/317, S. 98. 163 MünchKomm-HGB/Quedenfeld, § 332 Rdn. 31 ff.; Staub/Dannecker, HGB, § 332 Rdn. 53; Hk-KapitalmStrR/Janssen, § 332 HGB Rdn. 35. 164 Siehe nur Hk-KapitalmStrR/Janssen, § 403 AktG Rdn. 9, 20; Großkomm-AktG/ Otto, § 403 Rdn. 13 ff.

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Vorstellung der Ordnungsmäßigkeit veröffentlichter Vorgänge ausreicht.167 Auch die Eigenschaft als Strafrechtsnorm stützt die Einordnung als Schutzgesetz,168 bringt aber zugleich die enge Begrenzung auf die vorsätzliche unrichtige Erteilung des Bestätigungsvermerks mit sich. Eine Vermutung dieses Verschuldens aufgrund der objektiven Schutzgesetzverletzung ist nicht anzuerkennen, schon weil das objektive Fehlverhalten gerade den Vorsatz nicht nahelegt.169 c) Berufsrechtliche Pflichten und ungeschriebene Verkehrspflichten Gelegentlich werden auch Regelungen des Berufsrechts des Wirtschaftsprüfers als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB eingestuft.170 Zwar statuiert § 43 Abs. 1 Satz 1 WiPrO die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung in Form eines Gesetz im Sinne des Art. 2 EGBGB, doch dienen derartige berufsrechtliche Pflichten nicht dem Schutz von Individualinteressen. Sie stellen Regeln für die ordnungsgemäße Wahrnehmung des Wirtschaftsprüferberufs im Hinblick auf das allgemeine Interesse an dieser Berufsausübung auf. Der Individualschutz ergibt sich erst aus der konkreten Berufstätigkeit und deren Rechtsformen wie dem Prüfungsverhältnis. Die Rechtsfolgen einer Verletzung der allgemeinen Berufspflichten werden überdies durch das Berufsrecht selbst abschließend geregelt und bestehen nicht in privatrechtlichen Ansprüchen, sondern sind öffentlichrechtlicher Art (vgl. §§ 57, 67 ff. WiPrO). Als Schutzgesetz gemäß § 823 Abs. 2 BGB sind berufsrechtliche Normen daher nicht anzusehen.171 Die im Rahmen einer rechtsfortbildenden Konzeption von einzelnen vertretene Auffassung, ungeschriebene „Verkehrspflichten zum Schutz fremden Vermögens“ seien als Schutzgesetze nach § 823 Abs. 2 BGB anzuerkennen,172 auch im Falle des Wirtschaftsprüfers,173 ist mit dem geltenden Recht unvereinbar. Ihr 165 OLG Düsseldorf, NZG 1999, 901, 903; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 182; MünchKomm-HGB/Quedenfeld, § 332 Rdn. 2; Staub/Dannecker, HGB, § 332 Rdn. 8; Hk-KapitalmStrR/Janssen, § 332 HGB Rdn. 8. 166 Staub/Dannecker, HGB, § 332 Rdn. 8, 7. 167 BGHZ 105, 121, 126. Zuvor im gleichen Sinne RGZ 81, 269, 270 ff.; 157, 213, 217. Zustimmend Großkomm-AktG/Otto, § 403 Rdn. 3. 168 Insoweit treffend Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 49 f. Vgl. auch Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G 17. 169 Vgl. zu dieser Vermutung bei hinreichend konkret umschriebenem objektiven Fehlverhalten BGH, VersR 1984, 270, 271; BGHZ 116, 104, 114 f. 170 Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 368. 171 So im Ergebnis auch MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 97 f.; ders., Dritthaftung, 1983, S. 50 f.; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 Rdn. 84; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 138. 172 Insbes. K. Huber, in: Festschr. f. Caemmerer, 1978, S. 359, 359 ff.; Bar, Verkehrspflichten, 1980, S. 204 ff.; MünchKomm-BGB/Mertens, 3. Aufl., § 823 Rdn. 473; ders., AcP 178 (1978), 227, 228 ff. 173 Ausdrücklich Mertens, AcP 178 (1978), 227, 240 f.

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steht entgegen, dass derartige selbständige Pflichten, die über die aus § 823 Abs. 1 BGB abgeleiteten hinausgingen, nicht auf Rechtsnormen gemäß Art. 2 EGBGB zurückgeführt werden können. Außerdem liefen sie dem Grundgedanken der §§ 823 ff. BGB zuwider, anstelle einer deliktsrechtlichen Generalklausel gestufte und begrenzte Anspruchsgrundlagen zu schaffen.174 2. Vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB kommen gegenüber dem Handelnden und nach § 31 BGB auch gegenüber einer Prüfungsgesellschaft in Frage.175 Inwieweit fehlerhafte Kapitalmarktinformationen am Sekundärmarkt darunter fallen, hatte der Bundesgerichtshof in jüngerer Zeit häufiger zu entscheiden;176 fraglich ist insbesondere, wann solche Fehlinformation als sittenwidrig anzusehen ist, ob sich die Haftung unter Umständen schon bei leichtfertigem Handeln ergeben kann und welche Anforderungen dabei an die Kausalität zu stellen sind. a) Verstoß gegen die guten Sitten Ein Verstoß gegen die guten Sitten durch den Wirtschaftsprüfer kann in der Erteilung eines unrichtigen Bestätigungsvermerks oder sonstiger falscher Verlautbarungen über seine Prüfungstätigkeit liegen. Unzweifelhaft genügt die objektive Unrichtigkeit der Verlautbarungen dafür nicht. Sittenwidrig ist es dagegen jedenfalls, wie der Bundesgerichtshof in Bezug auf Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft entschieden hat, wenn der Sekundärmarkt mit direktem Vorsatz durch grob unrichtige Mitteilungen über Kapitalmarktinformationen beeinflusst wird und wenn die Verantwortlichen dadurch in objektiv unlauterer Weise, in den betreffenden Fällen als Aktionäre, selbst Vermögensvorteile erlangen.177 Ob die Erlangung solcher Vorteile durch die Fehlinformation eine notwendige Voraussetzung der Sittenwidrigkeit ist, bleibt demnach offen. Nicht wenige Stel174 Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 185; Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 53 f. auch m.w. Nachw. Ebenso auch Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 97. 175 Dazu bereits ausführlich Möllers/Leisch, WM 2001, 1648 ff.; Krause, ZGR 2002, 799, 820 ff.; Rieckers, BB 2002, 1213, 1217 f. Ferner Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 133 ff.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 50 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 114 ff. (jeweils auch m.w. Nachw.). 176 Vgl. BGHZ 160, 134 – Infomatec I; 160, 149 – Infomatec II; BGH, NJW 2004, 2668 – Infomatec III; NJW 2005, 2450 – EM.TV. Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1805 sieht darin „Konturen einer kapitalmarktrechtlichen Informationsdeliktshaftung“ vorgezeichnet. Vornehmlich zu Kausalitätsfragen auch BGH, WM 2007, 683 – ComROAD I; WM 2007, 684 – ComROAD II; WM 2007, 486 – ComROAD III; WM 2007, 1557 – ComROAD IV; WM 2007, 1560 – ComROAD V; WM 2008, 395 – ComROAD VI; WM 2008, 398 – ComROAD VII; WM 2008, 790 – ComROAD VIII. 177 BGHZ 160, 149, 157 ff.

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lungnahmen in der Literatur sprechen sich dagegen aus.178 In der Fallgruppe der Erteilung bewusst falscher Auskünfte gegenüber Vertragspartnern und vergleichbar nahestehenden Personen, die im Rahmen des § 826 BGB anerkannt ist, kommt es auf die Eigennützigkeit an sich nicht an.179 Da in diesen Fällen eine geschäftliche Nähebeziehung besteht, wird dem erkannten Nachteil des Geschädigten jedoch häufig ein Vorteil für den Handelnden entsprechen, so dass die Eigennützigkeit der Täuschung nicht gänzlich ohne Bedeutung ist. Letztlich ist sie ein typischer Ausdruck der für die Sittenwidrigkeit zu fordernden besonderen Unlauterkeit der Fehlinformation, die sich aber ebenso aus anderen Umständen oder Motiven ergeben kann. Jedenfalls das Zusammentreffen einer groben, das heißt für die Kursbildung erheblichen180 Fehlinformation mit direktem Vorsatz dürfte dafür in aller Regel genügen. Abmildernde Motive sind dann kaum vorstellbar; gegebenenfalls wären sie von dem Wirtschaftsprüfer darzulegen.181 Im Allgemeinen muss der Handelnde die Umstände, die den Sittenverstoß begründen, kennen;182 nicht erforderlich ist, dass er die Bewertung als sittenwidrig mitvollzieht. Es fragt sich jedoch, ob für die Sittenwidrigkeit unter Umständen bereits ,leichtfertiges und gewissenloses Handeln‘ ausreichen kann, etwa derart, dass Auskünfte oder Bestätigungsvermerke zwar nicht bewusst unrichtig, aber auf einer bekanntermaßen völlig unzureichenden oder mängelbehafteten Informationsgrundlage erteilt werden. Die Rechtsprechung lässt dies genügen, wenn der Handelnde eine besondere Vertrauensstellung innehatte, namentlich weil er beruflich oder mit besonderem Sachverstand tätig wurde.183 Dieses Erfordernis einer besonderen Vertrauensstellung erscheint deswegen als annehmbar, weil von den darunter fallenden Personen gerade die ordnungsgemäße, das heißt die gewissenhafte (vgl. § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB), regelgerechte und sachverständige Vorbereitung der zu erteilenden Auskünfte erwartet wird.184 Dann kann das Sittenwidrigkeitsurteil auf das Unterlassen einer solchen Vorbereitung gestützt wer178 Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1654; Krause, ZGR 2002, 799, 823; Fleischer, DB 2004, 2031, 2033 f.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 140; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 54: Eigennutzen nur bei Leichtfertigkeit oder Unterlassen notwendig; Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 118; KMRK/Zimmer/ Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 118b. Anders aber Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 118; Spindler, WM 2004, 2089, 2092. 179 Vgl. dazu Staudinger/Oechsler, BGB, § 826 Rdn. 149 ff.; Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1652 f. 180 Vgl. BGHZ 160, 149, 157. 181 Vgl. allgemein BGHZ 10, 228, 233. 182 So lagen die Fälle BGHZ 160, 149, 154; BGH, NJW 2005, 2450, 2451. 183 RGZ 72, 175, 176; BGH, WM 1976, 326, 326; NJW 1987, 1758, 1758 f.; 2001, 3282, 3283; 2003, 2825, 2826; 2004, 3035, 3038 und ferner Staudinger/Oechsler, BGB, § 826 Rdn. 82 ff., 207 ff.; MünchKomm-BGB/Wagner, § 826 Rdn. 29 f., 60, 64; Soergel/Hönn, BGB, § 826 Rdn. 53; Adler/Düring/Schmaltz, § 323 HGB Rdn. 191 – jeweils m.w. Nachw. 184 Vgl. oben im ersten Kapitel unter § 3 I. 1. a), S. 66 ff.

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den, auch wenn sich die Kenntnis nur darauf und nicht auf die Unrichtigkeit des Ergebnisses erstreckt. Die Rechtsprechung zur Leichtfertigkeit und Gewissenlosigkeit im Rahmen des § 826 BGB bedeutet dadurch eher eine Vorverlagerung des Sittenverstoßes in den Bereich der Informationsvorbereitung als eine Abschwächung der – ohnehin auf Umstandskenntnis beschränkten – subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit.185 Für die noch nicht zur Fallgruppe verfestigten Fälle fehlerhafter Kapitalmarktinformation ist daraus zu folgern, dass ein Sittenverstoß für den Wirtschaftsprüfer gegenüber dem Kapitalmarktpublikum auch angenommen werden kann, wenn es ihm an positiver Kenntnis von der Unrichtigkeit der gegebenen Informationen fehlt, sofern die vorausgehende Prüfung völlig unzureichend war und ihm die entsprechenden Umstände bekannt waren. Dagegen wäre es bedenklich, bei Organmitgliedern des Emittenten ebenfalls so weit zu gehen, weil die von ihnen geforderte Informationsvorbereitung nicht in gleicher Weise durch berufsrechtliche Anforderungen oder besondere Erwartungen des Verkehrs, wie sie gegenüber Sachverständigen bestehen, geprägt ist.186 Bei ihnen wären zusätzliche Momente zu fordern, damit bereits eine besonders leichtfertig erteilte Information als sittenwidrig erscheint; die Verfolgung eigener Interessen wird für sie eher ausschlaggebend sein.187 b) Vorsätzliche Schadenszufügung Außer der Sittenwidrigkeit fordert § 826 BGB die vorsätzliche Zufügung eines Schadens. Zunächst muss der Sittenverstoß für einen Schaden des Anspruchstellers ursächlich gewesen sein, und zwar dadurch, dass die konkrete fehlerhafte Information die individuelle Anlageentscheidung des Anspruchstellers (mit-)veranlasst hat. Nicht ausreichend ist es nach der vom Bundesgerichtshof in Fällen der Ad-hoc-Publizität vertretenen Auffassung, wenn der Anleger abstrakt auf die Integrität der Marktpreisbildung vertraut hat. Durch diese Einschränkung, die durchaus mit anderweitiger Rechtsprechung zu § 826 BGB harmoniert,188 soll eine „uferlose Haftung“ aufgrund des offenen Haftungstatbestandes vermieden 185 Anders Sauer, Falschinformation, 2004, S. 54, nach dem Leichtfertigkeit als solche ausreichen soll. 186 Sauer, Falschinformation, 2004, S. 53; im Ergebnis ebenso Rützel, AG 2003, 69, 73; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 136 ff. Anders unter Berufung auf die Stellung der Vorstandsmitglieder als Informationsmonopolisten: Möllers/Leisch, WM 2001, 1648, 1654; Rieckers, BB 2002, 1213, 1217; ferner MünchKomm-BGB/Wagner, 4. Aufl., § 826 Rdn. 63; LG Augsburg, NJW-RR 2001, 1705, 1706; weitergehend auch BGH, WM 1975, 559, 560: Leichtfertigkeit genüge bei einem „in [seiner] Branche sehr angesehene[n] Unternehmen“. 187 So etwa BGH, NJW 1992, 3167, 3174 – IBH/Scheich Karmel – für die Fehlinformation unter Aktionären. 188 Vgl. dazu BGH, NJW 1979, 1599, 1600.

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werden.189 Jenen Kausalzusammenhang hat der Anspruchsteller selbst darzulegen und zu beweisen. Eine echte Beweiserleichterung im Sinne einer tatsächlichen Vermutung hat der Bundesgerichtshof nicht anerkannt.190 Er hat nur darauf hingewiesen, dass außerhalb der Fälle der Emissionspublizität eine „einzelfallbezogene konkrete Anlagestimmung“ entstehen könne.191 Damit wird auf einen möglichen Indizienbeweis verwiesen.192 Der von § 826 BGB vorausgesetzte Vorsatz erstreckt sich nur auf die Schadenszufügung. Ausreichend ist bedingter Vorsatz; der Handelnde muss die Möglichkeit einer Schädigung zumindest bewusst in Kauf nehmen, ohne darauf zu vertrauen, dass sich die erkannte Gefahr nicht verwirklichen werde.193 Inhaltlich hat sich der Vorsatz auf die Richtung und die Art möglicher Schädigungen zu beziehen, nicht notwendig darauf, welche oder wie viele Personen betroffen werden.194 Der Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB ist, wie sich bereits aus dessen Wortlaut ergibt, von den subjektiven Voraussetzungen des Sittenverstoßes zu unterscheiden.195 Nur wenn dies beachtet wird, kann das Verhältnis der Sittenwidrigkeit zu dem Schädigungsvorsatz richtig bestimmt werden. Schädigungsvorsatz, der im Übrigen das Bewusstsein von der Rechts- oder Sittenwidrigkeit nicht erfordert,196 wird tatsächlich nicht selten mit Umständen zusammentreffen, die das Handeln als sittenwidrig erscheinen lassen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung betont daher, dass die Umstände, auf die sich das Sittenwidrigkeitsurteil stützt, zugleich Indizien für die Vorsätzlichkeit der Schädigung sein können.197 Besonders gilt dies, wenn bewusst leichtfertiges Handeln 189 BGH, WM 2007, 683, 684; 2007, 684, 685; 2007, 486, 486; 2007, 1557, 1558 f.; 2007, 1560, 1561. Ablehnend Teile der Literatur: Assmann/Schneider/Sethe, §§ 37b, 37c Rdn. 121; KK z. WpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, 37c Rdn. 415. 190 BGHZ 160, 134, 144. 191 BGHZ 160, 134, 146 f. Näher KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 118. 192 Vgl. auch Goette, DStR 2005, 561, 563: „Kausalitätsnachweis eine nicht leicht zu überwindende Hürde“. 193 BGHZ 148, 175, 182 mit Verweis auf die entsprechende Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit im Strafrecht. 194 BGHZ 160, 149, 156 m.w. Nachw. zur st.Rspr. seit RGZ 79, 55, 60. 195 Zutreffend die Rechtsprechung, etwa RGZ 72, 175, 176; 90, 106, 108 f.; 143, 48, 51; BGH, NJW 1974, 312, 313. Auch Soergel/Hönn, BGB, § 826 Rdn. 65. Nicht hinreichend beachtet etwa von Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 115 f. sowie in der Argumentation von Bachmann, in: Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 130 ff. Durch verringerte Anforderungen an die Sittenwidrigkeit kommt es dann entgegen Hopt, AcP 183 (1983), 608, 633 nicht zu einer „Denaturierung“ der Vorsatzhaftung. 196 Staudinger/Oechsler, BGB, § 826 Rdn. 61 f.; MünchKomm-BGB/Wagner, § 826 Rdn. 26. 197 RGZ 90, 106, 109; BGH, WM 1975, 559, 560, NJW 1986, 180, 181; 1990, 389, 390. Krit. insoweit Hopt, AcP 183 (1983), 608, 633; Canaris, ZHR 163 (1999), 206, 214 f.; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 826 Rdn. 11. Zutreffend rügt MünchKomm-

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vorliegt.198 Deswegen beanstandet es der Bundesgerichtshof regelmäßig, wenn Instanzgerichte zur Ablehnung des Anspruchs nach § 826 BGB die Vorsätzlichkeit verneinen, ohne die Sittenwidrigkeit erörtert zu haben.199 Ein typisierter Zusammenhang, etwa im Sinne einer tatsächlichen Vermutung, zwischen den sittenwidrigkeitsbegründenden Umständen und dem Vorsatz wird jedoch nicht angenommen. Auch an dem eigentlichen Vorsatzerfordernis werden keine Abstriche im Sinne einer Absenkung in den Bereich bloßer Leichtfertigkeit gemacht; es dürfen lediglich nicht zu hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorsatzes gestellt werden. c) Fazit Insgesamt zeichnet sich die sogenannte Informationsdeliktshaftung gemäß § 826 BGB also zum einen dadurch aus, dass sie ein besonders schwerwiegendes, nachweisbar zumindest bedingt vorsätzliches Handeln des Wirtschaftsprüfers erfordert, und zum anderen durch die Notwendigkeit konkreter Kausalität, so dass eine gleichmäßige Haftung gegenüber allen vermittels des Marktpreisbeeinflussung betroffenen Anlegern nicht besteht.

V. Prospekthaftung Nach der bisherigen Erörterung allgemeiner Haftungsgründe ist auch die kapitalmarktspezifische Prospekthaftung in ihren verschiedenen Ausprägungen als Anspruchsgrundlage zugunsten von Anlegern gegenüber dem Wirtschaftsprüfer in Betracht zu ziehen. Vor allem stellt sich die Frage, ob sie diesbezüglich in den Bereich der Sekundärmarktpublizität ausgreifen kann. 1. Spezialgesetzliche Prospekthaftung Aus den gesetzlich ausdrücklich geregelten Prospekthaftungstatbeständen ergibt sich eine Haftung wegen eines fehlerhaften Jahresabschlusses schon deswegen nicht, weil der Tatbestand an den Börsenzulassungsprospekt – so in § 44 Abs. 1 BörsG –, den Prospekt nach dem WpPG oder den Verkaufsprospekt – so in § 13 Abs. 1 VerkProspG und § 127 InvG – anknüpft.200 Hinsichtlich dieser Prospekte kommt eine Haftung des Wirtschaftsprüfers nicht in Betracht, weil er mit dem testierten Abschluss nur an Teilen des Prospekts mitwirkt und auch nur BGB/Wagner, § 826 Rdn. 30 den zu engen Vorsatzbegriff der Kritik, wenngleich sein eigenes Vorsatzverständnis überaus weit geht. 198 BGH, VersR 1979, 283, 284; NJW 1991, 3282, 3283. 199 Vgl. BGH, WM 1975, 559, 560; NJW 1987, 1758, 1758 f. 200 Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rdn. 6; KMRK/Schwark, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 17; Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 23 ff.

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insoweit verantwortlich sein kann, wohingegen die Passivlegitimation aus der gesetzlichen Prospekthaftung nach der ganz herrschenden Meinung voraussetzt, dass den Betreffenden eine Gesamtverantwortung für den Prospekt trifft.201 2. Bürgerlichrechtliche Prospekthaftung Weniger eindeutig ist die gegenständliche Reichweite der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung, deren Anwendungsbereich inzwischen durch §§ 8 ff. VerkProspG in der Fassung des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes begrenzt wird.202 Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass der dafür erforderliche ,Prospekt‘ die für den Anlageinteressenten in der Regel wichtigste und häufigste Informationsquelle darstelle und im Allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung bilde. Der Anlageinteressent müsse erwarten können, dass er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhalte, also dass der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung seien oder sein könnten, sachlich richtig und vollständig unterrichte.203 Nach dem damit umschriebenen Prospektbegriff der Rechtsprechung erfasst die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung die laufende Publizität eines Emittenten schon deswegen nicht, weil deren einzelne Elemente nicht darauf angelegt sind, eine alleinige und umfassende, dem Verkaufsprospekt gleichzusetzende Grundlage der Erwerbsentscheidung zu bilden. Dies gilt bereits deswegen, weil sie nicht in gleicher Weise Vertriebsbezug haben und nicht unmittelbar der Kapitaleinwerbung dienen.204 Da die Rechtsprechung die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung als eine über das Gesetz hinausgehende Rechtsfortbildung gerade mit der zentralen Bedeutung des Prospekts für den Anleger begründet, ist denjenigen Stimmen nicht zu folgen, die die Prospekthaftung unter Aufgabe des Prospektbegriffs auf andere Arten der Kapitalmarktinformation erweitern wollen.205 201 Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG (a. F.) Rdn. 93; Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2007, § 6 Rdn. 224; ders., AG 2004, 435, 436; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 83 f. mit näherer Begründung. A.A. jedoch Groß, AG 1999, 199, 201; ders., Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 36 f.; Baumbach/Hopt, HGB, § 44 BörsG Rdn. 3. Der DiskE KapInHaG sah in § 44a BörsG-E eine Ergänzung der spezialgesetzlichen Prospekthaftung um eine Expertenhaftung vor, NZG 2004, 1042, 1043 f., dazu krit. Zimmer/Binder, WM 2005, 577 ff. 202 Vgl. dazu nur Palandt/Grüneberg, BGB, § 311 Rdn. 68; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1648; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 2008, § 33 Rdn. 144, die aufgrund des AnSVG eine „Konturierung“ konstatieren. 203 BGHZ 71, 284, 287 f.; 123, 106, 109 f.; 160, 134, 138. 204 Vgl. Groß, WM 2002, 477, 479 f.; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 179 m.w. Nachw. 205 Zu nennen sind etwa Baumbach/Hopt, HGB, § 47 BörsG Rdn. 4; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG (a. F.) Rdn. 46 ff.; wohl auch KMRK/ Schwark, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 17; für die Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG Lutter, in: Festschrift f. Druey, 2002, S. 463, 473 ff. Ablehnend wie hier Groß, WM

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

Davon abgesehen kann die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung für solche Finanzinstrumente von vornherein nicht zur Anwendung kommen, die an einem Markt gehandelt werden, für den Informationspflichten und Prospekthaftung ausdrücklich gesetzlich geregelt sind.206 Obwohl gemäß § 47 Abs. 2 BörsG, gegebenenfalls in Verbindung mit § 13 Abs. 1 VerkProspG, weitergehende Ansprüche unberührt bleiben sollen, schließen die gesetzlichen Prospekthaftungstatbestände in diesen Marktbereichen eine eventuell weitergehende bürgerlichrechtliche Prospekthaftung aus.207 Dies folgt aus in der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung selbst liegenden Gründen: Sie findet ihre eigentliche Rechtfertigung als eine Rechtsfortbildung mit Ausnahmecharakter, das heißt nicht nur als bloße Analogie oder einschränkende Auslegung, nämlich in der Existenz eines „bestimmten vom Gesetzgeber als regelungsbedürftig nicht vorhergesehenen, aber ausfüllungsbedürftigen Bereich[s]“.208 Er ergab sich zunächst durch die Entstehung von Publikums-Kommanditgesellschaften, die als atypische Erscheinungsformen der Personenhandelsgesellschaft hervortraten und eher ,kapitalistisch‘ strukturiert waren, so dass sich ein ähnliches, mangels bestehender zielgerichteter Regelungen eher noch höheres Schutzbedürfnis der Anleger ergab, als es das Gesetz für die Emittenten börsengehandelter Wertpapiere anerkannt hatte (§ 45 BörsG a. F.).209 Entsprechendes gilt für die spätere Ausweitung der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung auf Bauherren- und Bauträgermodelle210 oder den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte211. Ein vergleichbarer gesetzgeberisch nicht bedachter, ausfüllungsbedürftiger Bereich ist weder in Hinsicht auf die Sekundärmarktpublizität noch auf eine prospekthaftungsrechtliche Passivlegitimation innerhalb der geregelten Aktienmärkte, für die grundsätzlich eine spezialgesetzliche Prospekthaftung besteht, festzustellen. Eine Ausnahmekonstruk2002, 477, 480; F. A. Schäfer, ZGR 2006, 40, 45; Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 179; Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2007, § 6 Rdn. 68; Fleischer, in: Assmann/Schütze, Kapitalanlagerecht, 2007, § 7 Rdn. 60; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, 2008, § 29 Rdn. 203; Bachmann, in: Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 112; auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 109; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 58. 206 Andeutungsweise BGHZ 160, 134, 137. 207 Assmann, AG 2004, 435, 436; F. A. Schäfer, ZGR 2006, 40, 46; Mülbert/Steup, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 2008, § 33 Rdn. 141, 143; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, § 47 BörsG (a. F.) Rdn. 8 – nicht immer wird deutlich, als wie weit der „Anwendungsbereich“ verstanden wird, in dem die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung derogiert ist; nach hier vertretener Ansicht entspricht der Anwendungsbereich im Grundsatz dem Marktsegment; auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 111 f.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 58 f. Anders Ellenberger, Prospekthaftung, 2001, S. 29 f. 208 BGHZ 77, 337, 341. Nunmehr durch das AnSVG weitgehend vom Gesetzgeber aufgenommen, vgl. §§ 8f ff. i.V. m. § 13 VerkProspG. 209 BGHZ 71, 284, 286 ff.; 72, 382, 385 f.; 77, 172, 176 f. 210 BGHZ 111, 314, 317 f.; 115, 213, 218 f.; 145, 121, 125 f. 211 BGHZ 123, 106, 109 f.

§ 5 Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten

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tion wie die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung kann dann nicht dazu herangezogen werden, in einem vom Gesetzgeber als Regelungsgegenstand berücksichtigten Bereich bewusst geschaffene Gesetzesregeln als vermeintlich defizitär auszuweiten. Die Unanwendbarkeit der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung auf Kapitalmarktinformationen von Gesellschaften, deren Finanzinstrumente zu einem geregelten Markt zugelassen sind, ist auch isoliert für die sogenannte Garantenhaftung unter anderem des Wirtschaftsprüfers212 nicht in Frage zu stellen.213 Sie ist bereits entstehungsgeschichtlich Teil der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung und mit ihr dadurch verbunden, dass sie zumindest eine erkennbare Mitwirkung des Garanten an dem Prospekt, wenngleich keine Übernahme von Gesamtverantwortung, voraussetzt. Daher ist es weder zu rechtfertigen, die Garantenhaftung auf andere Gegenstände als den Prospekt auszuweiten, noch mit dem Vorrang andersartiger spezieller Haftungsregelungen vereinbar, sie auf den geregelten Markt zu übertragen.214 Dies wäre auch mit ihrer Legitimationsgrundlage als außerordentliche Rechtsfortbildung unvereinbar; unabhängig davon, ob eine ,kapitalmarktrechtliche Garantenhaftung‘ des Wirtschaftsprüfers wünschenswert erscheint, kann dem Gesetzgeber nicht auf diesem Wege vorgegriffen werden.215 Dies wird außer acht gelassen, wenn unter Berufung auf die – indessen nicht leichthin ausdehnbare – Grundlage des typisierten Vertrauens und unter Betonung der zunehmend umfassenden kapitalmarktbezogenen Informationsfunktion der Regelpublizität die Begrenzungen der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung in Frage gestellt werden.216

VI. Schlussfolgerungen: Die Haftung gegenüber Anlegern und anderen Dritten als Nahbereichs- und Vorsatzhaftung Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern und anderen Dritten nach den allgemeinen Regeln des geltenden Rechts einerseits auf einen Nahbereich und andererseits auf Fälle vorsätzlichen Handelns beschränkt ist. Davon weicht das besondere Institut der bürgerlichrechtlichen Prospekthaftung in dem Segment des ungeregelten Kapitalmark212 Vgl. BGHZ 77, 172, 176 f.; 79, 337, 348; 158, 110, 115; BGH, WM 2006, 423 Tz. 15. 213 Dafür aber Ellenberger, Prospekthaftung, 2001, S. 29 f. Die Prospektgarantenhaftung isolierend auch Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 332. 214 Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 176 ff. 215 So auch Mirtschink, Haftung des Wirtschaftsprüfers, 2006, S. 178. Wenn Kersting, Dritthaftung für Informationen, 2007, S. 332 die Prospektgarantenhaftung nunmehr als in § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB verankert ansehen will, so überzeugt dies aus den bereits oben unter III. 2. b), S. 106 ff. angeführten Gründen nicht. 216 So aber Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 220 ff.

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2. Kap.: Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht

tes ab. Außerdem geht die allgemeine Vorsatzhaftung nach Maßgabe von § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. § 332 Abs. 1 HGB und § 826 BGB über den Nahbereich hinaus, die wiederum als Sonderfall ohne weiteres gerechtfertigt ist, weil jegliches so eingegangenes Haftungsrisiko auf der freien Entscheidung des Schädigers für verwerfliches Tun beruht. Die Haftung gegenüber verbundenen Unternehmen gemäß § 323 Abs. 1 Satz 3 BGB, aus Auskunftsvertrag und aus einem Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte steht nur Betroffenen in einem tatsächlich verstandenen, noch prinzipiell überschaubaren Nahbereich zur Seite. So wird das Haftungsrisiko für den Wirtschaftsprüfer in einem Rahmen gehalten, den das Recht situations- und tätigkeitsabhängig für jedermann vorsieht. Dogmatisch folgt diese Begrenzung auf den Nahbereich aus der Verwurzelung der einschlägigen Haftungstatbestände im Vertragsrecht oder – genauer gesagt – im Recht der Schuldverhältnisse. Daraus ergibt sich die Orientierung an der gedachten Möglichkeit einer Parteivereinbarung oder eines rechtsgeschäftsnahen Kontaktes auch insoweit, als ein realer Parteiwille nicht festzustellen ist. Die Begrenztheit der Haftung auf den Nahbereich ist auch rechtspolitisch beachtlich. Sie bestimmt den Bereich, in dem die Haftung gegenüber Dritten dem Wirtschaftsprüfer schon unter dem Gesichtspunkt der rechtlichen Gleichbehandlung mit anderen Erbringern drittbezogener Leistungen zuzumuten ist. Über diesen Bereich hinaus verliert die Haftung ihre Begrenztheit aus sich selbst heraus und öffnet sich angesichts der Weite und Anonymität des Betroffenenkreises und der zufälligen Einflüsse auf die Schadenshöhe zugleich anderen Größenordnungen. Schon deswegen markiert der Nahbereich – entgegen den behandelten weitergehenden Ansätzen in der Literatur – zugleich eine Grenze der Rechtsfortbildung, die in der Regel nur der Gesetzgeber überschreiten kann.

Drittes Kapitel

Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung als rechtspolitisches Referenzmodell Gerade in haftungsrechtlicher Hinsicht ist das US-amerikanische Kapitalmarktrecht und im Besonderen das Recht der Wirtschaftsprüferhaftung ein nicht außer acht zu lassendes Referenzmodell. Es stellt sich bereits aufgrund seiner langen Entwicklungsgeschichte und großen praktischen, aber auch rechtspolitischen Relevanz als ein gewissermaßen natürliches Vorbild dar. Dementsprechend wird es regelmäßig in rechtsvergleichender Betrachtung herangezogen und rechtspolitischen Gestaltungsvorschlägen zugrunde gelegt.1 Abgesehen von seiner Bedeutung als Quelle rechtspolitisch hilfreicher Erkenntnisse ist das US-amerikanische Kapitalmarktrecht aufgrund der wirtschaftlichen Bedeutung des dortigen Kapitalmarktes und der engen weltweiten Verflechtungen der Kapitalmärkte als ein Standard mit internationaler Ausstrahlung in Betracht zu ziehen, an dem sich zu orientieren schon allein deswegen nützlich sein könnte, unabhängig von der (gleichwohl wichtigen) Frage der Zweckmäßigkeit der Regelungsinhalte. Zusammen mit diesen Gesichtspunkten sind die Rechtsentwicklungen der letzten Jahre in den Blick zu nehmen. Daraus erkennbar werdende Tendenzen und Veränderungen können dazu beitragen, gerade angesichts der Ungleichzeitigkeit der Rechtsentwicklung hier und dort, Irrwege und Einseitigkeiten zu erkennen und schließlich zu vermeiden. Anzusetzen ist zunächst bei der Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers (sogleich in § 6), um sodann dem Stand und den wesentlichen Punkten der Entwicklung der Wirtschaftsprüferhaftung nachzugehen (in § 7). Daraus ergeben sich die anschließenden Schlussfolgerungen (in § 8).

§ 6 Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers Die Prüfungstätigkeit des US-amerikanischen Wirtschaftsprüfers (certified public accountant als external auditor) bezieht sich auf die kapitalmarktrechtlich 1 Etwa von Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 91 ff.; Steinhauer, Ad-hoc-Publizität, 1991, S. 147 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 221 ff.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 97 ff., 259 f.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 16 ff. (durchgängig); Kulms, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1101, 1132 ff.; Vogt, Abschlussprüferhaftung, 2009, S. 133 ff.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

vorgeschriebene Rechnungslegung und Berichterstattung. Dementsprechend ergibt sich auch das Prüfungserfordernis aus kapitalmarktrechtlichen Vorschriften.2 Es betrifft alle Unternehmen, die den Berichts- und Offenlegungspflichten des Securities Exchange Act of 1934 (SEA) unterliegen, also im Wesentlichen börsennotierte Gesellschaften und solche, bei deren Wertpapieren ein erheblicher außerbörslicher Handel zu erwarten ist.3

I. Publizitäts- und Prüfungspflichten Diese Unternehmen haben einen Jahresbericht (annual report) gemäß dem Formular Form 10-K bei der Securities and Exchange Commission (SEC) einzureichen,4 zu dessen Bestandteilen insbesondere financial statements gehören, die eine konsolidierte Bilanz, eine Gewinn- und Verlustrechnung sowie eine Kapitalflussrechnung umfassen; sie müssen von einem Wirtschaftsprüfer geprüft und mit einem Bestätigungsvermerk (accountant’s report) versehen worden sein.5 Außerdem fordert Form 10-K beschreibende und weitere nichtfinanzielle Angaben,6 von denen der Bericht des Managements über die interne Überwachung der Finanzberichterstattung (management’s assessment of internal control over financial reporting) für den Wirtschaftsprüfer bedeutsam ist, weil er dazu einen besonderen Bestätigungsbericht (attestation report) abzugeben hat.7 Der Jahresbericht nach Form 10-K ist in erster Linie an die SEC gerichtet, nicht unmittelbar an den Anleger. Er wird jedoch von dieser über das EDGAR-System – vornehmlich im Internet – öffentlich zugänglich gemacht.8 Ergänzt wird der Jahresbericht durch Quartalsberichte (quarterly reports) nach Form 10-Q.9 Er ähnelt in seinen Be2 Allgemein maßgeblich sind in diesem Zusammenhang vor allem der Securities Act of 1933 (codified in 15 U.S.C. §§ 77a–77aa), der Securities Exchange Act of 1934 (codified in 15 U.S.C. §§ 78a–78mm) und die dazu von der SEC erlassenen ,rules and regulations‘. Dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, Bde. 1–2, 2004; Bloomenthal/Wolff, Securities and Federal Corporate Law, Bde. 3A–3I, 1998 ff.; Bromberg/Lowenfels, Securities Fraud, Bde. 1–7, 2. Aufl., 1994 ff.; Hazen, Securities Regulation, Bde. 1–6, 5. Aufl., 2005; Loss/Seligman, Fundamentals, 5. Aufl., 2004; Loss/Seligman, Securities Regulation, Bde. I–XI, 3. Aufl., 1989 ff.; D. Ratner/Hazen, Securities Regulation, 7. Aufl., 2002. 3 §§ 13(a), 12(a) SEA zu börsennotierten Gesellschaften, § 12(g) SEA i.V. m. Rule 12g-1 zu solchen, deren Bilanzsumme 10 Millionen US-Dollar übersteigt oder die Wertpapiere emittiert haben, die von mehr als 500 Anlegern gehalten werden. Ferner § 15(d) SEA. 4 § 13(a)(2) SEA i.V. m. Regulation 13A Rule 13a-1, § 15(d) SEA i.V. m. Regulation 15D Rule 15d-1; Form 10-K. 5 So Regulation S-X Rules 3-01, 3-02 und Form 10-K Item 8. Zum ,accountant’s report‘ Regulation S-X Rule 2-02(a)–(e). 6 Dazu Regulation S-K. 7 Zum ,management’s assessment‘: Regulation S-K Item 308; zum ,attestation report‘: Regulation S-X Rule 2-02(f). Die Regelungen gehen auf § 404 SOA zurück. 8 Loss/Seligman, Fundamentals, 2004, Kap. 2. C. 6., S. 146 ff.

§ 6 Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers

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standteilen dem Jahresbericht, ist jedoch insgesamt kürzer gefasst und weniger detailliert.10 Eine prüferische Durchsicht (review) eines Wirtschaftsprüfers ist diesbezüglich nunmehr vorgeschrieben.11 Erhebliche Bedeutung für die Information der Anleger hat außerdem der unmittelbar an sie gerichtete Jahresbericht an Wertpapierinhaber (annual report to security holders), der im Zusammenhang mit der Einwerbung von Stimmrechtsvollmachten (proxy solicitation) geregelt ist und mit der Information über die Vollmachtsausübung (proxy statement) zu versenden ist.12 Auch dieser Jahresbericht an die Wertpapierinhaber muss financial statements enthalten. Nur zur Information ist dieser Jahresbericht ebenfalls an die SEC zu senden.13 Doppelungen mit den besonderen Informationspflichten nach Form 10-K können vermieden werden, indem darin auf den Jahresbericht an die Wertpapierinhaber verwiesen wird.14 Die Informationsanforderungen im Bericht gemäß Form 10-K sind weitergehend; daher können Wertpapierinhaber dessen Übersendung verlangen, soweit der an sie gerichtete Jahresbericht demgegenüber zurückbleibt.15 Weitergehende laufende Informationspflichten erfordern die Mitwirkung eines Wirtschaftsprüfers nicht.

II. Rechnungslegungs- und Prüfungsstandards Wie die Rechnungslegung als Grundlage der Finanzberichterstattung in den financial statements zu erfolgen hat, richtet sich vor allem nach den Generally Accepted Accounting Principles (GAAP oder US-GAAP).16 Sie bilden mithin den Prüfungsmaßstab, an dem die Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung zu messen ist. Die GAAP sind seit Jahrzehnten von Organisationen des Berufsstan9 § 13(a)(2) SEA i.V. m. Regulation 13A Rule 13a-13, § 15(d) SEA i.V. m. Regulation 15D Rule 15d-11; Form 10-Q. 10 Vgl. Regulation S-X Rule 10-01 und Regulation S-K Item 303(b). 11 Regulation S-X Rule 10-01(d). Die Regelung gilt seit dem 15.3.2000, vgl. SEC, Audit Committee Disclosure, SEC Release No. 34-42266 (Dec. 22, 1999). 12 § 14(a) SEA i.V. m. Regulation 14A Rule 14a-3(b). Auch wenn keine ,proxy solicitation‘ von Seiten des Emittenten stattfinden, ist der ,annual report to security holders‘ zu versenden, § 14(c) SEA i.V. m. Regulation 14C Rule 14c-3(a)(1). Die SEC sieht diesen Jahresbericht als „the most effective means of communication between management and security holders“ an, so SEC, Notice of Adoption of Amendments to Rules 14a-3, 14c-3 and 14c-7, SEC Release No. 34-11079, S. 4 f. (Oct. 31, 1974). 13 Regulation 14C Rule 14c-3(b): „solely for its information“. 14 Sog. ,incorporation by reference‘, Regulation 12B Rule 12b-23. 15 § 14(a) SEA i.V. m. Regulation 14A Rule 14a-3(b)(10). Ferner Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, §§ 12:30, 12:31. Der Jahresbericht an die Wertpapierinhaber kann auch von vornherein gemäß Form 10-K gestaltet werden. 16 Gesammelt in FASB, Original Pronouncements, Bände I–III, New York u. a. 2008/ 2009.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

des der Wirtschaftsprüfer, gegenwärtig von dem Financial Accounting Standards Board (FASB), in Regeln gefasst und fortgeschrieben worden.17 Vormals hatte die SEC die auf diese Weise entwickelten Grundsätze im ganzen als generally accepted anerkannt und ihre Anwendung als Grundlage der einzureichenden financial statements gebilligt.18 Durch den Sarbanes-Oxley Act of 2002 (SOA) ist die Letztzuständigkeit der SEC für die Rechnungslegungsstandards insoweit verdeutlicht worden; einzelne neue Rechnungslegungsstandards, die das FASB vorschlägt, bedürfen jetzt der ausdrücklichen Anerkennung der SEC.19 Die GAAP orientieren sich in erster Linie an den Informationsinteressen der Anleger und Gläubiger; allerdings soll damit zugleich dem Informationsbedürfnis anderer außerhalb der Gesellschaft stehender Interessierter entsprochen werden.20 Das Prüfungsverfahren, also das Vorgehen des Wirtschaftsprüfers bei der Abschlussprüfung oder einer anderen Prüfungstätigkeit, wird durch Prüfungsstandards geregelt. Traditionell wurden diese als Generally Accepted Auditing Standards (GAAS) von dem Auditing Standards Board (ASB) des AICPA entwickelt und aufgestellt.21 Gemäß dem SOA ist es nun jedoch ausschließlich die Aufgabe des neu errichteten Public Company Accounting Oversight Board (PCAOB),22 Prüfungsstandards für Unternehmen im Anwendungsbereich der federal securities regulation zu entwickeln.23 Diese Standards bedürfen jeweils der Bestätigung durch die SEC.24 Die bisherigen GAAS gelten als von dem PCAOB einstweilen gebilligte Übergangsregeln fort.25 Mit der Übertragung der ausschließlichen Zuständigkeit für den Erlass von Prüfungsstandards auf das PCAOB unter Aufsicht

17 Das FASB wurde 1972 als Nachfolger des Accounting Principles Board (APB) des AICPA eingerichtet. Das FASB wird von der Financial Accounting Foundation (FAF) getragen und besteht aus sieben hauptamtlich tätigen Mitgliedern. 18 SEC, Administrative policy on financial statements, SEC Accounting Series Release No. 4 (Apr. 25, 1938); SEC, Statement of Policy on the Establishment and Improvement of Accounting Principles and Standards, SEC Accounting Series Release No. 150 (Dec. 20, 1973). 19 § 19(b) SEA (eingeführt durch § 108(a) SOA). 20 FASB, Statement of Financial Accounting Concepts No. 1, Objectives of Financial Reporting by Business Enterprises, 1978, Abs. 24 ff. 21 Die Anwendung dieser Prüfungsstandards wird von Regulation S-X Rules 1-02(d), 2-02(b) vorausgesetzt. 22 Das PCAOB ist eine durch §§ 101 ff. SOA geschaffene nichtstaatliche Einrichtung zur Aufsicht über Wirtschaftsprüfer kapitalmarktorientierter Unternehmen, die vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer unabhängig sein soll. Dazu näher Lenz, BB 2002, 2270, 2270 ff. 23 §§ 101(c)(2), 103(a) SOA. 24 § 107(b)(2) SOA. Die SEC hat die Rechtmäßigkeit der vorgeschlagenen Standards zu prüfen. 25 So das PCAOB, Rule 3200T in Ausführung von § 103(a)(3)(B) SOA, bestätigt durch die SEC, Order Regarding Section 103(a)(3)(B) of the Sarbanes Oxley Act of 2002, SEC Release No. 33-8222, 34-47745 (Apr. 25, 2003).

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5

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der SEC ist deren Bezeichnung als Generally Accepted Auditing Standards an sich überholt, weil ihre Geltung nun nicht mehr auf der allgemeinen Akzeptanz beruht.

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5 Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern wegen fehlerhafter Prüfung kann sich vor allem aus § 10(b) SEA in Verbindung mit der dazu von der SEC bereits 1942 erlassenen Rule 10b-5 ergeben.26 Weitere in Betracht kommende kapitalmarktrechtliche Haftungsgrundlagen sind erheblich enger gefasst und haben daher nur geringe praktische Bedeutung.27

I. Allgemeine Haftungsvoraussetzungen Die Regelung in § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 ist nicht als anspruchsbegründende Norm formuliert.28 Sie wird jedoch von den Gerichten als Grundlage 26 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:2; Loss/Seligman, Fundamentals, 2004, Kap. 9. B. 3., S. 936 ff.; Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.4 [1], S. 199 ff. 27 So etwa § 18 SEA, § 14(a) SEA i.V. m. Regulation 14A Rule 14a-9 (vgl. Mills v. Electric Auto-Lite Co., 396 U.S. 375, 385 [1970]), Rule 15c1-2 und § 12(2) SA (vgl. Gustafson v. Alloyd Co., 513 U.S. 561, 578 [1995]). Zum Ganzen: Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:1, 27:5, 34:5, 34.8. 28 § 10 SEA lautet wie folgt: It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce or of the mails, or of any facility of any national securities exchange: (a) [. . .] (b) To use or employ, in connection with the purchase or sale of any security registered on a national securities exchange or any security not so registered, or any securitiesbased swap agreement (as defined in Section 206B of the Gramm-Leach-Bliley Act), any manipulative or deceptive device or contrivance in contravention of such rules and regulations as the Commission may prescribe as necessary or appropriate in the public interest or for the protection of investors. Ergänzend bestimmt Rule 10b-5: Employment of manipulative and deceptive devices. It shall be unlawful for any person, directly or indirectly, by the use of any means or instrumentality of interstate commerce, or of the mails or of any facility of any national securities exchange, (a) To employ any device, scheme, or artifice to defraud, (b) To make any untrue statement of a material fact or to omit to state a material fact necessary in order to make the statements made, in the light of the circumstances under which they were made, not misleading, or (c) To engage in any act, practice, or course of business which operates or would operate as a fraud or deceit upon any person, in connection with the purchase or sale of any security.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

eines „implied right of action“ verstanden, so dass sie ein Recht auf Schadensersatz für Privatpersonen begründet.29 Nicht ausdrücklich geregelte notwendige Elemente eines Schadensersatzanspruchs wurden in Anlehnung an den allgemeinen Tatbestand des fraud nach common law von der Rechtsprechung ergänzt. Die fehlende ausdrückliche Regelung des Schadensersatzanspruchs bringt es mit sich, dass insbesondere der Umfang der Haftung in Einzelheiten umstritten oder unklar ist.30 1. Objektive Reichweite der Haftungsnorm Die große Reichweite der Norm folgt bereits daraus, dass sie grundsätzlich an jedermann gerichtet ist.31 Die Schadensersatzpflicht kann Gesellschaften ebenso wie natürliche Personen treffen.32 Im Grundsatz werden weder bestimmte Beziehungen zu dem Anspruchsberechtigten noch besondere status- und funktionsbezogene Eigenschaften gefordert. Sachlich setzt die Vorschrift die fehlerhafte Information, auch in Form des Unterlassens, durch den Verpflichteten voraus.33 Da die einzelnen Varianten der Rule 10b-5 als sich überschneidend interpretiert werden und nicht zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen, kann in der Regel auf die nähere Einordnung des jeweils zu beurteilenden Verhaltens verzichtet werden.34 Bei der nicht oder fehlerhaft erteilten Information muss es sich außerdem um einen wesentlichen Umstand (material fact) gehandelt haben. Erforderlich ist, dass ein vernünftiger Anleger den Umstand mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als bedeutsam für seine Entscheidung angesehen haben würde. Um dies zu beurteilen, wird die Gesamtheit der öffentlich zugänglichen Information (total mix of information) herangezogen.35

29 Kardon v. National Gypsum Co., 69 F.Supp. 512, 513 f. (E.D. Pa. 1946); Herman & MacLean v. Huddleston, 459 U.S. 375, 380 (1983). Ferner Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:2 ff. 30 Vgl. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:7, 2 ff.; Bloomenthal/ Wolff, Securities and Federal Corporate Law, 2005, § 13:3: „Ambivalent supreme court“, § 13:11, 12. 31 § 10(b) SEA: „any person“. 32 Vgl. die Definition in § 3(a)(9) SEA. 33 Santa Fe Industries, Inc. v. Green, 430 U.S. 462, 473 f. (1977). Daneben fallen auch andere Fälle der Marktmanipulation und der Insiderhandel – was hier nicht von Interesse ist – in den Anwendungsbereich der Rule 10b-5. Vgl. Loss/Seligman, Fundamentals, 2004, Kap. 9. B., S. 918 ff. 34 Bromberg/Lowenfels, Securities Fraud, 2005, § 2:183. 35 TSC Industries, Inc. v. Northway, Inc., 426 U.S. 438, 449, 459 (1976); Basic, Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 232 (1988). Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.9, S. 277 ff.; Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:26.

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5

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2. Das subjektive Merkmal scienter a) Begriffsbestimmung in der Rechtsprechung In subjektiver Hinsicht setzt der Schadensersatzanspruch auf Seiten des Verpflichteten voraus, dass er „scienter“, also wörtlich verstanden „wissentlich“ fehlerhaft informiert hat. Der U.S. Supreme Court hat dieses ungeschriebene Merkmal 1976 bekräftigt,36 insbesondere in Ableitung aus den in § 10(b) SEA beschriebenen Modalitäten des Fehlverhaltens.37 Das Merkmal lehnt sich an die subjektive Voraussetzung der action of deceit oder des fraud nach common law an. Es setzt die positive Kenntnis der Fehlerhaftigkeit der Information, bewusste Unsicherheit über deren Richtigkeit oder ein unfundiertes Für-richtig-Halten trotz fehlender hinreichender Sachgrundlagen voraus.38 Diese letzte Variante wird als recklessness bezeichnet, wobei sich die Rücksichtslosigkeit auf die Wahrheit oder Belegbarkeit des Äußerungsinhalts bezieht.39 Die Grenze dieses insgesamt eher unbestimmten Merkmals40 verläuft dabei zwischen einerseits einem nicht zur Verwirklichung dieses Merkmals genügenden „honest belief, however unreasonable, that the information is true and the speaker [having] information to justify it“ und andererseits dem für scienter ausreichenden „honest belief with knowledge that he does not have a sufficient basis for the belief“.41 So verstanden ist scienter keine gesteigerte Form der negligence, sondern kategorial davon verschieden.42 Die mindestens erforderliche recklessness entspricht demnach im deutschen Recht am ehesten dem bedingten Vorsatz.43 36 Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 193 f., 197 ff. (1976); dazu ausführlich Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 201 ff.; ferner, aus heutiger Sicht, Bromberg/Lowenfels, Securities Fraud, 2005, §§ 7:125 ff.; Bloomenthal/Wolff, Securities and Federal Corporate Law, 2005, §§ 13:19 ff. 37 Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 199 (1976). 38 Derry v. Peek, 14 App. Cas. 337, 374 (House of Lords 1889). 39 Dass ,scienter‘ i. S. der Rule 10b-5 auch diese Variante umfasst, ist weitestgehend anerkannt, aber nicht völlig unbestritten, vgl. nur In re Wells Fargo Sec. Litig., 12 F.3d 922 (9th Cir. 1993); Bread v. Sachnoff & Weaver, Ltd., 941 F.2d 142 (2d Cir. 1991) und Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.8[3], S. 256 Fn. 17 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, auch zu einzelnen gegenteiligen Entscheidungen, sowie Bloomenthal/Wolff, Securities and Federal Corporate Law, 2005, § 13:23. Anders nur bei ,forward-looking statements‘, also außerhalb des Wirkungsbereichs des Wirtschaftsprüfers, gemäß § 21E(c)(1)(B)(i), (ii)(II) SEA. 40 Bromberg/Lowenfels, Securities Fraud, 2005, § 7:125: „most difficult and unsettled element of a 10b-5 private action“; Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 516: „highly unpredictable“; Dooley, Va. L. Rev. 58 (1972), 776, 814: „one of the most elastic concepts devised by the common law“. 41 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:19, S. 121 mit Verweis auf Dobbs u. a., in: Prosser and Keeton on the Law of Torts, 1984, § 107, S. 741 f. 42 So auch die Deutung in Sanders v. John Nuveen & Co., Inc., 554 F.2d 790, 793 (7th Cir. 1977): „not just a difference in degree, but also in kind“; MacLean v. Alexander, 599 F.2d 1190, 1198 (3d Cir. 1979), die § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 als insoweit mit Ultramares Corp. v. Touche, 174 N.E. 441 (N.Y. 1931) (per Cardozo, C.J.)

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

b) Anforderungen an Darlegung und Beweis, insbesondere aufgrund des Private Securities Litigation Reform Act Im Ergebnis kommt es jedoch zu einer Annäherung an den Maßstab der groben Fahrlässigkeit: Da sich die subjektiven Umstände in der Regel nur indirekt, anhand von circumstantial evidence, beweisen lassen, haben die Gerichte objektive Darlegungs- und Beweisanforderungen aufgestellt, aus denen auf recklessness geschlossen wird. Gefordert wird dazu etwa, dass das Verhalten „highly unreasonable“ war oder dass es „presents a danger of misleading [. . .] so obvious that the actor must have been aware of it“.44 Speziell in Bezug auf den Wirtschaftsprüfer genügt es nicht, dass er Prüfungsfehler begeht oder die GAAP oder GAAS außer acht gelassen hat.45 Als hinreichend wurde es dagegen angesehen, wenn der Wirtschaftsprüfer eindeutige Indizien für Mängel in der Rechnungslegung ignoriert, deutliche Hinweise anderer Experten oder Berater unberücksichtigt lässt oder absolut unvertretbare Schlussfolgerungen zieht.46 In den typischen Fällen der class action (auch) gegen den Wirtschaftsprüfer wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation47 sind die Regeln über die Darlegungs- und Substantiierungslast des Klägers, die mithin den pleading standard bestimmen, von besonderem Gewicht. Erhöhte Anforderungen stellt § 21D(b)(2) SEA in der Fassung des Private Securities Litigation Reform Act (PSLRA) von 1995. Die Vorschrift verlangt von dem Kläger, dass er Umstände im Einzelnen darlegt, aus denen sich starke Hinweise auf das Vorliegen des Merkmals scienter ergeben.48 Gelingt es dem Kläger nicht, diesen Anforderungen gerecht zu werden, etwa weil ihm hinreichende Informationen über Interna des Gegenübers fehübereinstimmend sehen, wo eine Dritthaftung des Wirtschaftsprüfers nach common law bei bloßer ,negligence‘ verneint wurde. Weniger differenzierend Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.8[3] a. E., S. 261. 43 Etwa der Arglist in Form der Aussage „ins Blaue hinein“ oder des Für-möglichHaltens der Unrichtigkeit ohne gefestigtes Vertrauen auf die Richtigkeit. 44 Franke v. Midwestern Oklahoma Development Authority, 428 F.Supp. 719, 725 (W.D. Okl. 1976); Sundstrand Corp. v. Sun Chemical Corp., 553 F.2d 1033, 1045 (7th Cir. 1977). 45 Worlds of Wonder Sec. Litig., 35 F.3d 1407, 1412 (9th Cir. 1994); Melder v. Morris, 27 F.3d 1097, 1103 (5th Cir. 1994); In re In-Store Advertising Sec. Litig., 878 F.Supp. 645, 648 f. (S.D.N.Y. 1995); Malone v. Microdyne Corp., 26 F.3d 471, 479 (4th Cir. 1994). 46 Vgl. In re Oxford Health Plans, Inc., Sec. Litig., 51 F.Supp.2d 290, 295 f. (S.D.N.Y. 1999); In re First Merchants Acceptance Corp. Sec. Litig., 1998 WL 781118, 11 (N.D. Ill. 1998); In re Health Management, Inc., Sec. Litig., 970 F.Supp. 192, 203 (E.D.N.Y. 1997); AUSA v. Ernst & Young, 206 F.3d 202, 221 (2d Cir. 2000). So auch bereits Worlds of Wonder Sec. Litig., 35 F.3d 1407, 1412, 1426 (9th Cir. 1994). Siehe auch Bloomenthal/Wolff, Securities and Federal Corporate Law, 2005, § 6:54.160. Ferner In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 235 F.Supp.2d 549, 673 ff., 706 f. (S.D. Tex. 2002). 47 Der Anwendungsbereich der im Folgenden angeführten Regelungen ergibt sich aus § 21D(a)(1) SEA.

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len, so weist das Gericht die Klage auf Antrag des Beklagten (motion to dismiss) mangels Schlüssigkeit ab, ohne dass Beweis erhoben wird und ohne dass sich der Beklagte weiter zur Sache einlassen muss.49 Hinzu kommt, dass ein entsprechender Antrag der Offenlegung von Beweismitteln, über die der Beklagte möglicherweise verfügt, also eine discovery im Sinne der Rule 26(b) FRCP, grundsätzlich entgegensteht.50 Der erhöhte pleading standard nach dem PSLRA hat auch und vor allem angesichts des Umstandes Bedeutung, dass in kapitalmarktrechtlichen class actions regelmäßig ein Vergleich angestrebt wird.51 Wenn ein Begehren den pleading standard nicht erfüllt, kann der Inanspruchgenommene bereits im frühesten Prozessstadium die Klageabweisung erreichen. Er braucht sich dann nicht auf Vergleichsverhandlungen einzulassen, zu denen es in der Regel erst dann kommt, wenn die motion to dismiss ohne Erfolg geblieben und so der Weg zu einer umfassenden Beweisaufnahme und der eigentlichen gerichtlichen Verhandlung der Sache (trial by jury) eröffnet ist.52 Zwischen den Appellationsgerichten bestand keine Einigkeit darüber, wie weitgehend der PSLRA von 1995 den pleading standard verschärft hat.53 Die mildere Interpretation ließ es ausreichen, wenn Motiv und Gelegenheit („motive and opportunity to commit fraud“) dargelegt werden.54 Nach der strengeren 48 Die Vorschrift lautet: „[. . .] the complaint shall, with respect to each act or omission alleged to violate this title, state with particularity facts giving rise to a strong inference that the defendant acted with the required state of mind.“. Es handelt sich um eine Sonderregel gegenüber der Vorschrift der Rule 9(b) FRCP. Dazu im Einzelnen Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 29; Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.8[4], S. 262 ff., § 12.13, S. 390 ff. 49 Eine solche ,dismissal for failure to meet pleading requirements‘ erfolgt gemäß § 21D(b)(3)(A) SEA auf eine ,motion to dismiss‘ des Beklagten. Es handelt sich dabei um einen Fall der ,dismissal for failure to state a claim upon which relief can be granted‘ gemäß Rule 12(b)(6) FRCP. 50 Die ,motion to dismiss‘ führt gemäß § 21D(b)(3)(B) SEA grundsätzlich zu einem ,stay of discovery‘. Dazu Bloomenthal/Wolff, Securities and Federal Corporate Law, 2005, § 30:13. 51 Nach einer Erhebung der Stanford University Law School (berichtet in Wall Street Journal, „JDS Wins Investor Lawsuit, Bucking a Trend“, 2.6.2008) sind 2.105 Anlegerklagen wegen Fehlinformation am Kapitalmarkt nach Bundesrecht („federal shareholder securities-fraud suits“) in dem Zeitraum seit 1995 erhoben worden. Davon ist nur über 4 durch Endurteil entschieden worden („tried to a verdict“), während 634 auf eine ,motion to dismiss‘ hin abgewiesen und 879 durch Vergleich erledigt wurden. Der Rest war zum Berichtszeitpunkt noch anhängig. Nur in einer einstelligen Prozentzahl von derartigen Klagen wird auch der Wirtschaftsprüfer als Beklagter in Anspruch genommen, vgl. London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 82 m. Nachw. US-amerikanischer Studien. 52 Zu diesen tatsächlichen Gegebenheiten Seligman, Harv. L. Rev. 108 (1994), 438, 448 f. m.w. Nachw.; Winter, Duke L.J. 42 (1993), 945, 949 f. 53 Grundfest/Pritchard, Stan. L. Rev. 54 (2002), 627, 633: „one of the most contested issues in federal securities law“. 54 Novak v. Kasaks, 216 F.3d 300, 310 f. (2d Cir. 2000); Rothman v. Gregor, 220 F.3d 81, 90 (2d Cir. 2000); In re Parmalat Sec. Litig., 375 F.Supp.2d 278, 286 (S.D.N.Y.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

Sichtweise genügte dies nicht; danach mussten die vorgetragenen Umstände bewusste Rücksichtslosigkeit oder Absicht als naheliegend erscheinen lassen („facts that create a strong inference of deliberate or conscious recklessness or a degree of recklessness that strongly suggests actual intent“).55 Der U.S. Supreme Court hat sich dieser Frage inzwischen angenommen und entschieden, dass die vorgetragenen Umstände, zusammen betrachtet, das Vorhandensein von scienter bei den Beteiligten zumindest als ebenso wahrscheinlich erscheinen lassen müssten wie ein nicht derart schuldhaftes Verhalten.56 Damit hat das Gericht einen mittleren Weg eingeschlagen, wobei die entscheidende Grenze von einem vergleichenden Wahrscheinlichkeitsurteil abhängt. 3. Erfordernis eines Kaufs oder Verkaufs von Wertpapieren Eine weitere Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs ist es, dass der Informationsfehler „in connection with the purchase or sale of any security“ geschehen ist. Diesen keineswegs eindeutigen Satz hat die Rechtsprechung mit Blick auf Entstehungsgeschichte, Zweck und Regelungszusammenhang so interpretiert, dass der Kläger einen Kauf oder Verkauf von Wertpapieren vorgenommen haben muss.57 Gegen den Einwand, es handele sich um eine willkürliche Einschränkung gegenüber Anlegern, die ein Wertpapiergeschäft unterlassen haben, ist diese sogenannte ,Birnbaum rule‘ vom U.S. Supreme Court verteidigt worden.58 Es werde zwar manchen Geschädigten der an sich verdiente Ausgleich versagt. Dennoch sei die Einschränkung gerechtfertigt, denn dadurch, dass mit dem Kauf oder Verkauf ein nachweisbarer objektiver Umstand vorausgesetzt werde, könne missbräuchlichen Klagen Einhalt geboten werden, gegen die sich die Beklagten ansonsten kaum verteidigen könnten, weil ein direkter Kontakt zwischen den Parteien in aller Regel nicht stattgefunden habe.59 Einigkeit besteht andererseits 2005); In re Advanta Corp. Sec. Litig., 180 F.3d 525, 534 f. (3d Cir. 1999); Florida State Bd. of Admin. v. Green Tree Fin. Corp., 270 F.3d 645, 660 (8th Cir. 2001). 55 In re Silicon Graphics, Inc., Sec. Litig., 183 F.3d 970, 977 ff. (9th Cir. 1999); Bryant v. Avado Brands, Inc., 187 F.3d 1271, 1282 (11th Cir. 1999). Ferner, mit Bezug auf Wirtschaftsprüfer, DSMA Global Value Fund v. Altris Software, Inc., 288 F.3d 385, 390 f. (9th Cir. 2002); In re Homestore.Com, Inc., Sec. Litig., 252 F.Supp.2d 1018, 1030, 1042 (C.D. Cal. 2003); dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 29:11.10. Vgl. die Auswertung der Gerichtsentscheidungen nach dem PSLRA: Grundfest/Pritchard, Stan. L. Rev. 54 (2002), 627, 674. 56 Tellabs, Inc. v. Makor Issues & Rights, Ltd., 127 S.Ct. 2499, 2510 f. (2007). 57 Birnbaum v. Newport Steel Corp., 193 F.2d 461, 463 f. (2d Cir. 1952); Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 731 ff. (1975). Dazu auch Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.7[1][A], S. 232 f.; Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:13. 58 Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 738 ff. (1975). Dagegen aber ebd. S. 770 f. (Blackmun, J., dissenting). 59 Zu diesen ,policy considerations‘ Blue Chip Stamps v. Manor Drug Stores, 421 U.S. 723, 737 ff. (1975).

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darüber, dass der Irreführende an dem Geschäft nicht selbst beteiligt gewesen sein muss, um haftbar zu sein.60 4. Vertrauen auf die Falschinformation und fraud on the market Der Anleger muss außerdem grundsätzlich auf die Falschinformation vertraut haben. Die geforderte reliance des Anlegers ist gewissermaßen die subjektive Entsprechung des objektiven Merkmals der materiality. Allerdings erkennt die Rechtsprechung auf Grundlage der fraud on the market theory an, dass reliance bei veröffentlichten Falschinformationen, die dem Kriterium der materiality genügen, vermutet wird.61 Der Anleger braucht deren Kenntnis und konkretes Vertrauen nicht nachzuweisen. Es genügt, dass er sich bei der Vornahme des Wertpapiergeschäfts auf den durch die Falschinformation beeinflussten Preis eingelassen und sich damit auf die Marktintegrität verlassen hat. Die Anwendbarkeit der Vermutung setzt einen hinreichend liquiden und damit informationseffizienten Markt voraus.62 Sie ist widerleglich.63 5. Kausalität Das weitere Erfordernis der Kausalität der Fehlinformation für das Wertpapiergeschäft (transaction causation)64 und für einen Schaden, den der Anleger erlitten hat, (loss causation)65 ist eng mit der reliance verbunden. Das Merkmal der transaction causation stellt keine über die – vermutete – reliance hinausgehende Anforderungen, sondern ist darin enthalten. Im Rahmen der loss causation hat der 60 SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833, 860 (2d Cir. 1968) (en banc). Ferner In re Leslie Fay Companies, Inc., Sec. Litig., 871 F.Supp. 686 (S.D.N.Y. 1995) in Bezug auf ein Wirtschaftsprüfertestat. 61 So bereits Blackie v. Barrack, 524 F.2d 891, 905 ff. (9th Cir. 1975) und bestätigend Basic, Inc. v. Levinson, 485 U.S. 224, 241 ff. (1988). Auch Hazen, Securities Regulation, 2005, Bd. 3, § 12.10[6], S. 342 ff. m.w. Nachw. 62 So überwiegend die in der Vornote in Bezug genommenen Entscheidungen. Darauf verzichtend aber Ockerman v. May Zima & Co., 785 F.Supp. 695, 703 (M.D. Tenn. 1992), rev’d on other grounds, 27 F.3d 1151 (6th Cir. 1994). Zu einem besonderen Fall („fraud created the market“) Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.10[6][C], S. 349 f. m.w. Nachw. 63 Vgl. etwa Feinman v. Dean Witter Reynolds, Inc., 84 F.3d 539, 541 f. (2d Cir. 1996). Ferner Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.10.[6][A], S. 347 Fn. 80 f. 64 Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.11[2], S. 359 ff.; Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:71. 65 Vgl. § 21D(b)(4) SEA: Diesbezüglich liegt die Beweislast bei dem Kläger. Dazu auch AUSA Life Insurance Co. v. Ernst & Young, 206 F.3d 202, 209 ff. (2d Cir. 2000) und Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. C. 4. d. (ii), S. 4406 f.; Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.11[3], S. 363 ff.; Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 29:54.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

Anleger darzulegen, dass und inwieweit ihm durch die Fehlinformation und das vorgenommene Wertpapiergeschäft ein Schaden entstanden ist.

II. Besondere Voraussetzungen und Rechtsfolgen in Hinsicht auf den Wirtschaftsprüfer 1. Anforderungen an die Art und Weise der Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers Da der Wirtschaftsprüfer in aller Regel nicht selbständig und aus eigenem Antrieb tätig wird und Informationen erteilt, stellt sich die Frage nach der vorauszusetzenden Art der Mitwirkung an einem Informationsfehler. Bis 1994 wurde ein Fehlverhalten des Wirtschaftsprüfers als Beihilfe (aiding and abetting) zu der primären Tatbestandsverwirklichung durch das geprüfte oder beratene Unternehmen erfasst. Dafür genügte jede bewusste, nicht unerhebliche Hilfeleistung.66 Dieser Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 ist der U.S. Supreme Court 1994 in der ,Central Bank‘-Entscheidung entgegengetreten, vor allem unter Berufung auf Wortlaut und Zusammenhang der gesetzlichen Regelung.67 Damit kommt es alleine darauf an, ob der Mitwirkende selbst die Voraussetzungen des § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 als sogenannter primary actor verwirklicht.68 a) Uneinheitliche Konkretisierungen in der Rechtsprechung Was dafür gerade mit Blick auf die Wirtschaftsprüfertätigkeit zu fordern ist, hat die Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die Haftung soll es jedenfalls geben, wenn der Wirtschaftsprüfer seine Mitwirkung an der Information, die sich als fehlerhaft erweist, nach außen erkennbar gemacht hat, wie dies bei der Prüfung der Rechnungslegung durch den offengelegten Bestätigungsvermerk geschieht.69 Problematisch sind Fälle sonsti66 Zu den Elementen der ,aiding and abetting‘-Doktrin, die aus dem Strafrecht übernommen wurde, im kapitalmarktrechtlichen Zusammenhang: Armstrong v. McAlpin, 699 F.2d 79, 91 (2d Cir. 1983); Brennan v. Midwestern United Life Ins. Co., 417 F.3d 147, 155 (7th Cir. 1969); Metge v. Baehler, 762 F.2d 621 (8th Cir. 1985); First Interstate Bank of Denver, N.A. v. Pring, 969 F.2d 891, 898 ff. (10th Cir. 1992). Ferner Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.25[4], S. 641. 67 Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., 511 U.S. 164, 177 ff. (1994). Die Entscheidung erging mit fünf zu vier Stimmen. Zuvor bereits für die Aufgabe der Beihilfehaftung: Fischel, Calif. L. Rev. 69 (1981), 80, 102 f., 111. Zum ganzen Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. C. 1. c., S. 4470 ff. 68 Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., 511 U.S. 164, 191 (1994).

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ger Mitwirkung, etwa durch die selbständige Erstellung, Vorbereitung oder Durchsicht bestimmter Informationen, die von dem Unternehmen – auch nur vorab – ohne Hinweis auf die Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers veröffentlicht werden. Der U.S. Court of Appeals for the Second Circuit ließ nur eine erkennbare Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers ausreichen und stellte damit besonders hohe Anforderungen.70 Dagegen haben der U.S. Court of Appeals for the Ninth Circuit und verschiedene U.S. District Courts die Auffassung entwickelt, es genüge eine wesentliche Mitwirkung (substantial participation), auch wenn sie nicht erkennbar sei.71 Vor dem Hintergrund dieser nicht eindeutigen und unbestimmten Rechtslage hat der U.S. District Court for the Southern District of Texas in einer Entscheidung zu dem Fall ,Enron‘ einen eigenen Ansatz entwickelt.72 Auch unter Berufung auf das Bedürfnis nach hinreichender Abschreckung lehnt das Gericht die enge Auffassung des Second Circuit ab, sieht jedoch zugleich den substantial participation standard als zu unscharf und zu weit gehend an.73 Gefolgt wird einem Vorschlag der SEC, nach dem es darauf ankommt, dass „a person, acting alone or with others, creates a misrepresentation“74. Damit werde nicht nur derjenige erfasst, der Fehlinformationen selbst veröffentliche, sondern auch, wer eine bestimmte zur Veröffentlichung bestimmte Fehlinformation im Vorfeld geäußert habe. Der Betreffende müsse nicht notwendig aus eigenem Antrieb handeln. 69 McGann v. Ernst & Young, 102 F.2d 390, 396 f. (9th Cir. 1996); Anixter v. HomeStake Prod. co., 77 F.3d 1215, 1226 (10th Cir. 1996) und bereits DiLeo v. Ernst & Young, 901 F.2d 624, 628 (7th Cir. 1990) (per Easterbrook, J.). Ebenso die Nachweise sogleich unter Fn. 70. 70 Sog. ,bright line‘ oder ,actual statement standard‘: Shapiro v. Cantor, 123 F.3d 717, 720 (2d Cir. 1997) mit Verweis auf In re MTC Electronic Technologies Shareholders Litig., 898 F.Supp. 974, 987 (E.D.N.Y. 1995); Wright v. Ernst & Young, 152 F.3d 160, 175 (2d Cir. 1998). Ebenso auch In re Kendall Square Research Corp. Sec. Litig., 868 F.Supp. 26, 28 (D. Mass. 1994): Mangelhafte Durchsicht des Quartalsberichts ohne veröffentlichten Prüfbericht sei keine hinreichende Mitwirkung; Anixter v. Home-Stake Production Co., 77 F.3d 1215, 1225 ff. (10th Cir. 1996). Dafür auch Bromberg/Lowenfels, Securities Fraud, 2005, § 7:304, S. 7-494; Frumento, Bus. Law. 59 (2004), 975, 997. 71 Sog. ,substantial participation standard‘: In re Software Toolworks, Inc., Sec. Litig., 50 F.3d 615, 628 (9th Cir. 1994); Howard v. Everex Systems, Inc., 228 F.3d 1057, 1061 (9th Cir. 2000); In re ZZZZ Best Sec. Litig., 864 F.Supp. 960, 970 (C.D. Cal. 1994); Adam v. Silicon Valley Bancshares, 884 F.Supp. 1398, 1401 (N.D. Cal. 1995); Cashman v. Coopers & Lybrand, 877 F.Supp. 425, 432 ff. (N.D. Ill. 1995); In re Lernout & Hauspie Sec. Litig., 236 F.Supp.2d 161, 173 f. (D. Mass. 2003). 72 In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 235 F.Supp.2d 549, 588 ff. (S.D. Tex. 2002) (per Harmon, J.). Das Gericht gehört dem ,Fifth Circuit‘ an. Im Grundsatz ebenso bereits Carley Capital Group v. Deloitte & Touche, 27 F.Supp.2d 1324, 1334 (N.D. Ga. 1998). 73 In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 235 F.Supp.2d 549, 585 (S.D. Tex. 2002): Die Grenze zum nicht haftungsbegründenden bloßen ,aiding and abetting‘ müsse gewahrt bleiben. 74 Ebd. S. 588, den Amicus Curiae Brief der SEC zitierend.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

Nicht ausreichend sei es dagegen, wenn jemand richtige und an sich vollständige Informationen zu einer Gesamtveröffentlichung beitrage, die andere, fehlerhafte Teile enthalte, selbst wenn ihm dies bekannt sei.75 Da der substantial participation standard seinerseits unterschiedlich interpretiert werden kann, lässt sich nicht einheitlich beurteilen, ob dieser creation standard im Vergleich enger oder weiter ist.76 b) Scheme liability als neuerer Ansatz In Ergänzung und Fortentwicklung der letzteren Ansätze ist von einigen Gerichten, darunter dem Ninth Circuit und dem Southern District of Texas, in jüngerer Zeit eine als scheme liability bezeichnete Haftungsbegründung in den Vordergrund gerückt worden, die auf ein Zusammenwirken mehrerer Beteiligten mit und neben dem Emittenten abstellt und daraus deren Stellung als primary actor im Sinne der § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 ableitet.77 Um an einem solchen scheme to defraud beteiligt zu sein, ist ein nach außen erkennbares Auftreten ebenfalls nicht erforderlich. Die scheme liability stützt sich wesentlich auf den Wortlaut der Unterabsätze (a) und (c) der Rule 10b-5; sie erfordert einen manipulative or deceptive act des Beteiligten, was regelmäßig absichtsvolles oder zumindest sonst vorsätzliches Handeln impliziert,78 doch geht dies nicht prinzipiell über die durch das Merkmal scienter markierten allgemeinen Haftungsgrenzen der § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 hinaus. Wesentlich sind auch insoweit die Anforderungen, die an den Vortrag entsprechender Indizien gestellt werden. Wie bereits der substantial participation standard79 ist auch dieser Standard geeignet, die nicht mehr anwendbaren Grundsätze der Beihilfe (aiding and abetting) teilweise zu ersetzen. 75

Ebd. Anders als das Gericht selbst sieht Coffee, B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 338 den Enron-Standard als den weitestgehenden an. Frumento, Bus. Law. 59 (2004), 975, 995: Beide Standards seien im Grundsatz gleich. 77 Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040, 1048 (9th Cir. 2006), cert. granted, vac’d and rem’d sub nom. Avis Budget Group, Inc. v. California State Teachers’ Retirement System, 128 S.Ct. 1119 (Jan. 22, 2008); In re Global Crossing, Ltd. Sec. Litig., 322 F.Supp.2d 319, 336 f. (S.D.N.Y. 2004) betreffend ,auditors‘; In re Parmalat Sec. Litig., 376 F.Supp.2d 472, 509 f. (S.D.N.Y. 2005); Quaak v. Dexia S.A., 357 F.Supp.2d 330, 342 (D. Mass. 2005); In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 439 F.Supp.2d 692, 723 f. (S.D. Tex. 2006); In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 529 F.Supp.2d 644, 701 ff. (S.D. Tex. 2006). 78 So etwa Simpson v. AOL Time Warner Inc., 452 F.3d 1040, 1048 (9th Cir. 2006), cert. granted, vac’d and rem’d sub nom. Avis Budget Group, Inc. v. California State Teachers’ Retirement System, 128 S.Ct. 1119 (Jan. 22, 2008): „conduct that had the principal purpose and effect of creating a false appearance of fact in furtherance of the scheme“. 79 Vgl. etwa Chrisman, Note, Ky. L.J. 89 (2000), 201, 216 f.: Letztlich nur terminologischer Unterschied zur Haftung wegen ,aiding and abetting‘. 76

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aa) Ablehnung durch den U.S. Supreme Court Dem ist nunmehr allerdings der U.S. Supreme Court in der Entscheidung ,Stoneridge‘ entgegengetreten,80 womit er sich den bereits vorher ablehnenden Stellungnahmen der Appellationsgerichte des Eighth Circuit in derselben Sache81 und des Fifth Circuit82 angeschlossen hat. Beklagte waren Geschäftspartner eines Emittenten, die mit ihm manipulative Umsatzgeschäfte eingingen und ihm dadurch eine irreführend günstige Bilanzierung ermöglichten. Zur Begründung seiner Entscheidung knüpft der U.S. Supreme Court an das Tatbestandsmerkmal der reliance an:83 Im Gegensatz zu der im deutschen Recht geläufigen Entgegensetzung von konkretem Vertrauen in bestimmte wahrgenommene Informationen und abstraktem Vertrauen in die Marktpreisintegrität84 ist die reliance stets als auf einen konkreten Gegenstand bezogen zu verstehen. Der fraud on the market theory wird – wie schon erwähnt – dadurch Rechnung getragen, dass die reliance in einem informationseffizienten Markt bei Vorliegen von wesentlichen Falschinformationen widerleglich vermutet wird. Ausgehend davon fällt es leicht, diese Vermutung bei einem nicht nach außen tretenden Verhalten Drittbeteiligter, das dem Anleger von vornherein verborgen bleibt, als nicht einschlägig zu erachten. Abgesehen von diesem Fall kann reliance nur dann vermutet werden, wenn dem Anspruchsgegner ein Unterlassen zur Last fällt, mit dem er eine Pflicht gegenüber dem Anleger (duty to disclose) verletzt;85 jedoch begründet Rule 10b-5 solche positiven Informationspflichten in den Unterabsätzen (a) und (c) nicht schon für jeden Drittbeteiligten, sie verpflichtet lediglich jedermann in Unterabsatz (b) negativ dazu, falsche Informationen gegenüber dem Kapitalmarkt zu unterlassen.86 Zusätzlich stützt sich das Gericht darauf, dass das Verhalten des Beklagten im bloßen Vorfeld der späteren Irreführung von Kapital80 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761 (Jan. 15, 2008). Dazu auch Fleischer, AG 2008, 265 ff. mit Zusammenfassung der Entscheidung und Überlegungen zu parallelen Fallkonstellationen im deutschen Recht der Kapitalmarktinformationshaftung. 81 In re Charter Communications Sec. Litig., 443 F.3d 987, 992 ff. (8th Cir. 2006), aff ’d and rem’d sub nom. Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761 (Jan. 15, 2008). 82 Regents of the Univ. of Cal. v. Credit Suisse First Boston, 482 F.3d 372, 385 ff. (5th Cir. 2007), cert. denied sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Merrill Lynch Pierce, Fenner & Smith, Inc., 128 S.Ct. 1120 (Jan. 22, 2008). 83 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761, 769 f. (Jan. 15, 2008). Für ein weiteres Verständnis von ,reliance‘ demgegenüber ebd. S. 775 ff. (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting). 84 Vgl. nur KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 5, 116 f. 85 Vgl. Affiliated Ute Citizens v. United States, 406 U.S. 128, 153 f. (1972); Chiarella v. United States, 445 U.S. 222, 234 (1980). 86 So ausführlich auch Regents of the Univ. of Cal. v. Credit Suisse First Boston, 482 F.3d 372, 384 ff. (5th Cir. 2007), cert. denied sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Merrill Lynch Pierce, Fenner & Smith, Inc., 128 S.Ct. 1120 (Jan. 22, 2008).

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anlegern durch den Emittenten zu weit von diesem Akt der Fehlinformation entfernt gewesen sei, als dass Anleger darauf vertraut haben könnten; es betont zudem die vorrangige Verantwortlichkeit des Emittenten mit dem Hinweis, die vorbereitende Mitwirkung des Beklagten habe die eigentliche Fehlinformation durch den Emittenten weder notwendig noch unvermeidbar werden lassen.87 Mit einer Reihe von Argumenten stützt das Gericht ferner seine These, dass eine enge Interpretation der implied private cause of action gemäß § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 geboten sei. Unter Hinweis auf die bundesstaatlichen Kompetenzgrenzen verweist es darauf, dass die nicht mehr kapitalmarktspezifischen Vorfeldfragen in erster Linie Gegenstand des Rechts der Bundesstaaten seien.88 Besonders betont wird die Abgrenzung gegenüber den Befugnissen des Legislative: Der Gesetzgeber habe mit dem PSLRA, der nach der haftungseinschränkenden ,Central Bank‘-Entscheidung ergangen sei, den Willen geäußert, eine Beihilfehaftung zugunsten Privater nicht wiederzubegründen, sondern insoweit auf die Rechtsverfolgung durch die SEC zu vertrauen.89 Noch grundsätzlicher wird ausgeführt, es sei zur vorherrschenden Auffassung geworden, dass eine implied cause of action nur dann von der Rechtsprechung anerkannt werden könne, wenn sich aus dem Gesetz eine dahingehende Absicht ableiten lasse;90 der Gesetzgeber habe den Stand der Rechtsprechung zu Rule 10b-5 zwar zuletzt mit dem PSLRA anerkannt, doch seien die Gerichte zu weitergehendem Ausgreifen nicht legitimiert.91 Neben diesen rechtsimmanenten Erwägungen, die das Herangehen des gegenwärtigen U.S. Supreme Court an Fälle der Kapitalmarktinformationshaftung über den entschiedenen Fall hinaus charakterisieren,92 verweist er auf praktische Folgen einer Ausweitung der Haftung auf die im Vorfeld Beteiligten: Sie könnten durch unbegründete Prozesse und die Offenlegung von möglichen Beweismitteln und die damit verbundenen Ungewissheiten letztlich zum Schaden des heimischen Kapitalmarktes besonders belastet werden.93 Zu der verhaltenssteuernden Wirkung, auf die sich gerade diejenigen stützen, die eher für eine Ausweitung 87 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761, 770 (Jan. 15, 2008); krit. dazu ebd. S. 775 ff. (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting). 88 Ebd. S. 770. 89 Ebd. S. 771 f. 90 Diese These ablehnend jedoch ebd. S. 779 ff. (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting). 91 Ebd. S. 772 f. 92 Die abweichende Ansicht, ebd. S. 779 (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting) spricht von einer „continuing campaign to render the private cause of action under § 10(b) toothless“ und einer „mistaken hostility towards the § 10(b) private cause of action“ der Mehrheit. 93 Ebd. S. 772. Ablehnend ebd. S. 779 (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting).

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der Kapitalmarktinformationshaftung eintreten, nimmt der U.S. Supreme Court nur insoweit Stellung, als er auf die Möglichkeit der Strafverfolgung und des sogenannten civil enforcement durch die SEC verweist.94 Sie ist befugt, bei Verstößen gegen kapitalmarktrechtliche Verhaltensregeln im Gerichtsweg Bußen oder eine Gewinnabschöpfung (disgorgement), deren Ertrag an geschädigte Anleger verteilt wird, festsetzen zu lassen.95 Dafür kommt es nicht auf die besonderen Voraussetzungen privater Schadensersatzklagen, insbesondere das Erfordernis der reliance an, so dass diese Mittel der Rechtsverfolgung auch gegenüber im Vorfeld Beteiligten eingesetzt werden können. bb) Folgerungen für die Haftung des Wirtschaftsprüfers Diese Entscheidung des U.S. Supreme Court betrifft die typische Prüfungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers, die im Bestätigungsvermerk nach außen tritt, nicht unmittelbar. Sie bekräftigt aber, dass dieses Nachaußentreten Drittbeteiligter eine notwendige Voraussetzung der Informationshaftung gegenüber Anlegern ist. Andere Arten der Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers an der Kapitalmarktpublizität, etwa als Berater, führen nicht zu einer Haftung. Entgegen ihrem scheinbar weit gefassten Wortlaut erlangt § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 dadurch deutlichere Konturen; der restriktive Ansatz, den die ,Central Bank‘-Entscheidung 1994 begründet hat, wird erneut in vollem Umfang bestätigt.96 Bemerkenswert ist, dass der U.S. Supreme Court die verhaltenssteuernde Wirkung der privaten Schadensersatzhaftung nur am Rande behandelt und insoweit die staatlichen Befugnisse als ausreichend und sogar als vorteilhaft angesichts der sonst drohenden Belastung von Beklagten mit unbegründeten Klagen ansieht. 2. Haftungsadressaten im Einzelnen In Bezug auf ,den Wirtschaftsprüfer‘ fragt sich, wer in Anspruch genommen werden kann: Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die bei kapitalmarktbezogener Prüfungstätigkeit in aller Regel tätig wird, oder auch einzelne an der Prüfung beteiligte Individuen. Ähnlich wie die sogleich zu behandelnde Frage der anteili94

Ebd. S. 773 f. Dies gilt auch bei bloßer Teilnahme (,aiding and abetting‘), so § 20(e) SEA in der Fassung des PSLRA. Die Bestimmung in § 308 SOA (codified in 15 U.S.C. § 7246), „Fair Funds for Investors“, sieht vor, dass die SEC die Erträge aus einer solchen Gewinnabschöpfung den geschädigten Anlegern zugute bringen soll. Näher zu den Rechtsgrundlagen des schon vor dem SOA bekannten Rechtsinstituts der Gewinnabschöpfung SEC v. DiBella, 409 F.Supp.2d 122, 129 ff. (D. Conn. 2006); SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 446 F.2d 1301, 1307 (2d Cir. 1971). 96 Nach der abweichenden Ansicht engt die Mehrheitsentscheidung die Haftung unbegründet noch stärker ein, als Central Bank dies gebiete, Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761, 774 f. (Jan. 15, 2008) (Stevens, J., joined by Souter and Ginsburg, JJ., dissenting). 95

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gen Haftung wird auch diese nur selten praktisch unmittelbar relevant: Sofern die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft nicht insolvent ist, tritt nur sie als Partei in den Vergleichsverhandlungen auf, wobei der Umgang mit den beteiligten Gesellschaftern oder Angestellten ihre innere Angelegenheit bleibt, die für den Anspruchsteller nicht von Interesse ist. a) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als solche Grundsätzlich ist die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als solche Ansprüchen wegen Informationsfehlern ausgesetzt, wobei nicht einheitlich über die Voraussetzungen der Zurechnung individuellen Fehlverhaltens geurteilt wird. Eine weitgehende Haftung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergibt sich, wenn der allgemeine Rechtssatz respondeat superior des common law, nach dem die Gesellschaft für jedes haftungsbegründende Verhalten derer, die für sie handeln, ohne weitere Voraussetzungen einzustehen hat, auch in diesem Falle gilt.97 In Konkurrenz dazu steht die spezifisch kapitalmarktrechtliche controlling person liability gemäß § 20(a) SEA. Danach kann eine Einzelperson oder eine Gesellschaft für das haftungsbegründende Fehlverhalten eines anderen in Anspruch genommen werden, wenn sie tatsächliche Macht über diesen anderen oder Einfluss auf ihn (control) hat und sich nicht durch den Nachweis exkulpieren kann, in gutem Glauben (good faith) gehandelt und an dem Fehlverhalten in keiner Weise mitgewirkt zu haben.98 Teilweise wird die controlling person liability, die eine Exkulpation ermöglicht, als eine vorrangige Sonderregelung gegenüber dem respondeat superior gesehen.99 Als eine dritte Art und Weise der Haftungsbegründung 97 SEC v. Management Dynamics, Inc., 515 F.2d 801, 812 (2d Cir. 1975); Marbury Management, Inc. v. Kohn, 629 F.2d 705, 716 (2d Cir. 1980): mit Verweis auf § 28(a) SEA; Sharp v. Coopers & Lybrand, 649 F.2d 175, 182 f. (3d Cir. 1981); Hollinger v. Titan Capital Corp., 914 F.2d 1564, 1577 (9th Cir. 1990) (en banc); Lawton v. Nyman, 62 F.Supp.2d 533, 536 f. (D.R.I. 1999); Gabriel Capital, L.P. v. NatWest Finance, Inc., 122 F.Supp.2d 407, 430 (S.D.N.Y. 2000). So auch Prentice, Ohio St. L.J. 58 (1997), 1325, 1415. Allgemein Restatement (Second) of Agency, 1958, §§ 219 ff. 98 ,Control‘ ist gemäß Regulation 12B Rule 12b-2 „the possession, direct or indirect, of the power to direct or cause the direction of the management and policies of a person whether through the ownership of voting securities, by contract, or otherwise“. Zu den Merkmalen ferner Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:64, 27:65, 27:66, S. 184 ff.; Lowenfels/Bromberg, Bus. Law. 53 (1997), 1, 7 ff.; Loss/Seligman, Securities Regulation, 2004, Kap. 11. D. 1. a., S. 4456 ff. 99 Als Bestärkung dieser weniger vertretenen Auffassung ist die haftungsbegrenzende Entscheidung Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., 511 U.S. 164 (1994) interpretiert worden (vgl. oben Fn. 67; in Auseinandersetzung damit siehe auch Prentice, a. a. O. (oben Fn. 97), und Langevoort, sogleich Fn. 100): ESI Montgomery County, Inc. v. Montenay Int’l Corp., Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 99,345 bei Fn. 3 (S.D.N.Y. 1996); In re Fidelity/Micron Sec. Litig., 964 F.Supp. 539, 544 (D. Mass. 1997); Converse, Inc. v. Norwood Venture Corp., Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 90,121, bei Fn. 5 (S.D.N.Y. 1997); in diese Richtung auch Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. D. 1. b., S. 4469. Früher bereits

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erscheint es denkbar, statt von einer abgeleiteten Haftung (vicarious liability) von einem unmittelbaren ,Selbsthandeln‘ der Gesellschaft auszugehen,100 was durch deren Einbeziehung in den Kreis der gemäß § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 Verpflichteten gerechtfertigt sein könnte.101 Als Handeln der Gesellschaft wäre dann das Handeln ihrer Leitungspersonen anzusehen. Soweit ersichtlich hat die Rechtsprechung dazu noch nicht ausdrücklich Stellung genommen.102 b) An der Prüfung beteiligte Einzelpersonen Auch der Wirtschaftsprüfer als einzelne natürliche Person, die für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig wird, kann Haftungsadressat sein. Allein aus seiner Mitgliedschaft in einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft folgt eine solche Haftung grundsätzlich nicht, denn die US-amerikanischen Prüfungsgesellschaften sind regelmäßig als limited liability partnerships (LL.P.) verfasst, deren Partner für die Verbindlichkeiten der Partnerschaft grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen einzustehen haben.103 Es kommt darauf an, dass der einzelne Wirtschaftsprüfer die Haftungsvoraussetzungen nach § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 auch in eigener Person erfüllt. Daneben kann sich eine Haftung daraus ergeben, dass der einzelne Wirtschaftsprüfer aufgrund seines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Hinsicht auf den Prüfungsauftrag eine controlling person dieser Gesellschaft im Sinne der § 20(a) SEA ist. Diese Regelung kann nicht nur, wie oben ausgeführt, die Haftung der Gesellschaft für Personen, die für sie handeln, begründen, sondern je nach den tatsächlichen Verhältnissen auch eine unmittelbare persönliche Haftung des Leitungspersonals.104 Im Zusammenhang damit können dem Kläger

Zweig v. Hearst Corp., 521 F.2d 1129, 1132 (9th Cir. 1975); Rochez Bros., Inc. v. Rhoades, 527 F.2d 880, 884 ff. (3d Cir. 1975) und Fischel, Calif. L. Rev. 69 (1981), 80, 96. 100 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:69, S. 191; Langevoort, Del. J. Corp. L. 20 (1995), 865, 893 ff.: Gerade bei Informationsfehlern könnten die Information im Namen der Gesellschaft („on behalf of the [entity]“) als Handlung der Gesellschaft als solcher angesehen werden. 101 Vgl. den Wortlaut (oben Fn. 28, 31) und § 3(a)(9) SEA: „The term ,person‘ means a natural person, company, [. . .]“ und gleichsinnig § 2(a)(2) SA: „The term ,person‘ means an individual, a corporation, a partnership, [. . .]“; Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., 511 U.S. 164, 191 (1994): „Any person or entity“. Dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:69, S. 191 ff. 102 Ohne Differenzierung etwa SEC v. Management Dynamics, Inc., 515 F.2d 801, 812 (2d Cir. 1975). 103 Vgl. den in den meisten Einzelstaaten umgesetzten Regelungsvorschlag in Uniform Partnership Act (1997), § 306(c). 104 In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 92,404 bei Fn. 30 (S.D. Tex. 2003). Auch Carson, Notre Dame L. Rev. 72 (1997), 263, 281 ff.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

geminderte Darlegungserfordernisse und eine Beweislastumkehr zugute kommen.105 Die controlling person liability geht demgegenüber nicht so weit, dass sie eine abgeleitete Haftung des Wirtschaftsprüfers wegen des fehlinformationsrelevanten Handelns der geprüften Gesellschaft begründen würde. Es genügt nicht, dass der Wirtschaftsprüfer durch die Erteilung oder die Zurückhaltung des Bestätigungsvermerks entscheidenden Einfluss auf die Unternehmenspublizität hat.106 Zwar ist ein vergleichbarer Einfluss von outside directors als Mitgliedern des audit committee auf die Publizität für ausreichend gehalten worden, um control zu begründen;107 der maßgebende Unterschied zum Wirtschaftsprüfer liegt nach der gegenwärtigen Rechtsprechung wohl darin, dass es sich in seinem Fall nur um die ,punktuelle‘ Mitwirkung eines Außenstehenden handelt. 3. Anteilige Haftung des Wirtschaftsprüfers Für den Wirtschaftsprüfer ist die Frage, inwieweit er für den gesamten Schaden, der Anlegern durch eine Fehlinformation entstanden ist, haftbar gemacht werden kann, von besonderem Gewicht. Aufgrund seiner prüfenden und beratenden Funktion gegenüber einem Unternehmen ist er kaum jemals alleine für eine Fehlinformation verantwortlich. Anders als bei dem Wirtschaftsprüfer gehen Informationsfehler bei der geprüften Gesellschaft häufig mit Krisen oder Fällen bevorstehender Insolvenz einher, so dass der solvente Wirtschaftsprüfer dann aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung, wie sie im US-amerikanischen Recht grundsätzlich bestand (joint and several liability), für den gesamten Schaden in Anspruch genommen werden konnte, obwohl sein Mitwirkungsanteil vergleichsweise gering war. Auch wenn die gesetzliche Haftungsverteilung unmittelbar nur in einem gerichtlichen Urteil (final judgment) gegen den Wirtschaftsprüfer zum Ausdruck käme, was in den entsprechenden Fällen in aller Regel durch den Vergleichsschluss (settlement) vermieden wird,108 wirkt sie sich mittelbar auf den Vergleich aus, der vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung und den damit verbundenen Unsicherheiten geschlossen wird. 105 So In re Enron, a. a. O. (Vornote): In Bezug auf § 20(a) SEA gelte der erhöhte ,pleading standard‘, der bei § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 anzuwenden sei (vgl. oben bei Fn. 48), nicht; ähnlich In re Storage Tech. Corp. Sec. Litig., Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 97,622 (D. Colo. 1993). Anders jedoch etwa Johnson v. Tellabs, Inc., 303 F.Supp.2d 941, 969 (N.D. Ill. 2004). Zur Beweislast hinsichtlich gutem Glauben und der Mitwirkung vgl. oben bei Fn. 98. Auch dieser Punkt ist nicht unumstritten, Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 27:65, 27:66, 27:67, S. 185 ff.; Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. D. 1. a., S. 4459 ff., Fn. 13. 106 Yadlosky v. Grant Thornton, L.L.P., 120 F.Supp.2d 622, 632 (E.D. Mich. 2000). 107 In re Livent, Inc., Noteholders Sec. Litig., 151 F.Supp.2d 371, 437 (S.D.N.Y. 2001); In re Lernout & Hauspie Sec. Litig., 286 B.R. 33, 39 (D. Mass. 2002). Dazu Coffee, B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 339. 108 Vgl. dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 37:6, S. 940.

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Angesichts dessen hat sich der Gesetzgeber 1995 zur Abhilfe entschlossen, indem er durch den Private Securities Litigation Reform Act anstelle der gesamtschuldnerischen unter bestimmten Voraussetzungen eine anteilige Haftung (proportionate liability) eingeführt hat.109 Das in § 21D(f) SEA110 geregelte ausdifferenzierte System lässt eine anteilige Haftung nur den Beteiligten zugute kommen, denen positives Wissen um die Fehlinformation nicht nachzuweisen ist; unschädlich ist die bloße Rücksichtslosigkeit.111 Die Haftung der dadurch Begünstigten ist grundsätzlich auf den Anteil am entstandenen Gesamtschaden beschränkt, der ihrem Verantwortungsanteil im Verhältnis zu allen anderen an der Schädigung beteiligten Personen entspricht.112 Die Entscheidung über den jeweiligen Verantwortungsanteil wird als Tatfrage aufgefasst, die in der Regel von Geschworenen (der jury als „trier of fact“) in Bezug auf jeden einzelnen Beteiligten zu beantworten ist.113 Als Beurteilungskriterien gibt das Gesetz lediglich die Art des Verhaltens sowie die Art und die Stärke der Kausalbeziehung zu dem Schaden vor („nature of the conduct“ beziehungsweise „nature and extent of the causal relationship“).114 Die Vagheit dieser Bestimmung, die sich in der Praxis kaum zu bewähren hatte, wird deshalb gerügt; mangels Bestimmtheit wird sogar ihre Verfassungsmäßigkeit in Frage gestellt.115 Eine gewisse Erweiterung der anteiligen Haftung ergibt sich, wenn vollständiger Schadensersatz nicht zu erlangen ist, weil einzelne Beteiligte insolvent sind. Dann wird nach den Vermögensverhältnissen des Geschädigten unterschieden: Gegenüber Geschädigten mit einem Vermögen von weniger als 200.000 US-Dollar tritt, soweit deren an sich bestehende Ansprüche uneinbringlich sind, eine ge109 U.S. Congress, Committee of Conference, H. Rpt. 104-369 (1995), S. 37, 1995 U.S.C.C.A.N. 730, 736 f.: Die allgemeine gesamtschuldnerische Haftung sei „[o]ne of the most manifestly unfair aspects of the current system of securities litigation“; sie „creates coercive pressure for entirely innocent parties to settle meritless claims“. 110 Der PSLRA hat diese subsection wohl redaktionell fehlerhaft unter der Bezeichnung § 21D(g) in den SEA eingeführt, so dass (f) frei bliebe; die Bezeichnung ist uneinheitlich, hier wird letztere verwendet. 111 § 21D(f)(2)(A), (10)(A), (B) SEA. 112 § 21D(f)(3)(A)(ii) SEA: „percentage of responsibility of such person, measured as a percentage of the total fault of all persons who caused or contributed to the loss“. 113 § 21D(f)(3) SEA. 114 § 21D(f)(3)(C) SEA. Dazu auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 37:5, 37:6, S. 936 ff. 115 Vgl. In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 236 F.R.D. 313, 317 (S.D. Tex. 2006), rev’d and rem’d sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Credit Suisse First Boston, 482 F.3d 372 (5th Cir. 2007), cert. denied sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Merrill Lynch Pierce, Fenner & Smith, Inc., 128 S.Ct. 1120 (Jan. 22, 2008): „the provisions’ lack of clarity and ambiguity make an orderly trial a challenge [. . .] there are substantial difficulties with the statute, which has been criticized as potentially unconstitutional, impractical, and incapable of being effected“ m. Nachw., ferner: „the Court has been unable to find any opinion by a court that has actually tried a case utilizing the provisions“.

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samtschuldnerische Haftung aller Schädiger ein.116 Sonstige Geschädigte können die anteilig haftenden Beteiligten auch wegen der an sich uneinbringlichen Ansprüche anteilig in Anspruch nehmen, soweit diese zusätzliche Inanspruchnahme den an sich zu leistenden Anteil nicht um mehr als die Hälfte übersteigt.117

III. Der Schaden als Anspruchsvoraussetzung und die Rechtsfolge des Schadensersatzes Worin der zu ersetzende Schaden besteht und in welcher Art und Weise Schadensersatz zu leisten ist, ist in Bezug auf die implied cause of action nach § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 weitgehend ohne gesetzliche Regelung geblieben. Maßgeblich ist das in sich vielgestaltige und detailreiche Fallrecht,118 das sich in Anlehnung an deceit und misrepresentation nach common law entwickelt hat. Schon als vom Kläger darzulegende Anspruchsvoraussetzung hat der Schaden selbständige Bedeutung; zudem ist das Erfordernis der loss causation auf ihn bezogen. Wie der U.S. Supreme Court in Sachen ,Dura‘ nunmehr bekräftigt hat, liegt ein Schaden noch nicht darin, dass das Wertpapiergeschäft des Anlegers zu einem Preis vorgenommen wurde, der von der Falschinformation wesentlich beeinflusst war.119 In dem zu entscheidenden Fall des Wertpapiererwerbs zu einem falschinformationsbedingt erhöhten Marktpreis habe der Anleger nämlich für seinen Kaufpreis ein Wertpapier erhalten, dessen Marktwert zur Zeit des Erwerbs dem Kaufpreis voll entsprochen habe, sei es auch nur aufgrund der nicht aufgedeckten Fehlinformation, so dass er noch keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten habe. Zu einem Schaden komme es erst, wenn die Fehlerhaftigkeit der Information im Nachhinein bekannt werde und der Marktpreis des erworbenen Wertpapiers daraufhin falle. Auch diese Preiskorrektur muss der Kläger also darlegen und gegebenenfalls beweisen. Der U.S. Supreme Court stützt seine Entscheidung vor allem auf die common law-Grundsätze zum Schaden bei Fehlinformatio116

§ 21D(f)(4)(A)(i) SEA. § 21D(f)(4)(A)(ii) SEA. Vgl. auch Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 37:7, 37:8, S. 940 ff. 118 Kritisch Koch v. Koch Industries, Inc., 6 F.Supp.2d 1192, 1201 (D. Kan. 1998): „a confused area of the law where the courts, forced to rely on their own wits, have created a myriad of approaches“; Lowenfels/Bromberg, Seton Hall L. Rev. 30 (2000), 1083, 1083: „no clear rule guiding the measure of damages under Rule 10b-5 and hence little predictability for counsel or the client“. 119 Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 342 (2005). Gegenteilig der ,inflated purchase price approach‘ des Gerichts der Vorinstanz, siehe nur Broudo v. Dura Pharmaceuticals, Inc., 339 F.3d 933, 938 (9th Cir. 2003); dafür auch Fox, Bus. Law. 60 (2005), 507, 532. Wie der U.S. Supreme Court bereits Emergent Capital Investment Management, LLC v. Stonepath Group, Inc., 343 F.3d 189, 198 (2d Cir. 2003); Semerenko v. Cendant Corp., 223 F.3d 165, 185 (3d Cir. 2000); Robbins v. Koger Properties, Inc., 116 F.3d 1441, 1448 (11th Cir. 1997); in diesem Sinne auch Coffee, Bus. Law. 60 (2005), 533, 547 f. Zu der Dura-Entscheidung ferner Klöhn, RIW 2005, 728 ff. 117

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5

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nen.120 Zu beachten sei auch, dass die kapitalmarktrechtlichen Schadensersatzansprüche das Ziel der Abschreckung gegenüber Fehlinformationen gerade nur mit den Mitteln und in den Grenzen der herkömmlichen schadensrechtlichen Grundsätze verfolgten.121 Zudem erlange die loss causation, die in § 21D(b)(4) SEA gefordert werde, erst dadurch eine eigenständige Bedeutung gegenüber der vermuteten transaction causation.122 Aus dieser Entscheidung ergibt sich zweierlei: Zum einen wird verhindert, dass ein Anleger einen Schaden geltend machen kann, obwohl er eine zu teuer erworbene Anlage bereits vor Bekanntwerden des Informationsfehlers ebenfalls zu teuer und damit ohne Verlust wieder veräußert hat.123 Zum anderen kann der Nachweis eines Schadens auch daran scheitern, dass eine Berichtigung so spät und in einem Marktumfeld erfolgt, dass sie ohne Einfluss auf den Preis eines noch von dem Anleger gehaltenen Wertpapiers bleibt.124 In diesem Fall hat der Anleger das Wertpapier teurer erworben, als er es ohne den Informationsfehler erworben hätte, und insofern einen Nachteil erlitten, obwohl sich die Preisbeeinflussung durch den Informationsfehler im Laufe der Zeit verflüchtigen mag, so dass eine Berichtigung ohne Kursreaktion bleibt.125 Zu Art und Umfang des Schadensersatzes bestimmt § 28(a) SEA, dass zusätzlicher Schadensersatz mit Strafwirkung (punitive damages) ausgeschlossen ist.126 Davon abgesehen sind die Grundsätze des common law maßgeblich,127 so dass die Tendenz zu einem umfassenden Schadensausgleich geht.128 Im Regelfall ist der Schadensersatz in Geld zu leisten (out of pocket damages).129 Jedoch kommt auch in Betracht, dem geschädigten Anleger den Erwerbspreis gegen Rückgabe der Wertpapiere zu erstatten beziehungsweise ihm veräußerte Wertpapiere zu 120 Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336, 344 f. (2005): Erforderlich sei ,pecuniary‘ oder ,actual economic loss‘, der sich nicht schon aus dem ,inflated purchase price‘ ergebe. 121 Ebd. S. 345 f. 122 Ebd. S. 344. 123 Ebd. S. 342 f. 124 So ausdrücklich ebd. S. 344. 125 Krit. Klöhn, RIW 2005, 728, 734 f. 126 § 28(a) SEA: „no person [. . .] shall recover [. . .] a total amount in excess of his actual damages“. 127 Im Einzelnen Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. C. 4. d. (ii), S. 4407 ff.; Lowenfels/Bromberg, Seton Hall L. Rev. 30 (2000), 1083 ff. 128 Affiliated Ute Citizens v. United States, 406 U.S. 128, 155 (1972): „the correct measure of damages under § 28 [SEA] is the difference between the fair value of all that the [plaintiff] received and the fair value of what he would have received had there been no fraudulent conduct“. Bekräftigend Randall v. Loftsgaarden, 478 U.S. 647, 661 f. (1986). 129 Affiliated Ute Citizens v. United States, 406 U.S. 128, 155 (1972), Randall v. Loftsgaarden, 478 U.S. 647, 661 f. (1986); Blackie v. Barrack, 524 F.2d 891, 909 (9th Cir. 1975): „ordinary standard“.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

dem seinerzeitigen Veräußerungspreis wiederzuverschaffen (rescission).130 Gebräuchliche Ansätze zur Schadensberechnung sind die Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und dem Wert des Wertpapiers zur Zeit des Wertpapiergeschäfts und insbesondere die leichter zu bestimmende Differenz zwischen dem tatsächlich gezahlten Preis und dem Marktpreis nach der Berichtigung des Informationsfehlers sowie der entsprechenden Kursanpassung.131 Inwiefern auch die Berechnung des Schadensersatzes von der Entscheidung des U.S. Supreme Court zur Anspruchsvoraussetzung des Schadens132 beeinflusst wird, bleibt abzuwarten; folgerichtig wäre es, den Schaden nur nach dem Ausmaß der Preiskorrektur zu bemessen. Unabhängig von der eigentlichen Schadensberechnung wird der Umfang des zu leistenden Schadensersatzes gemäß der Regelung in § 21D(e) SEA, die durch den PSLRA von 1995 eingeführt wurde, auf die Differenz zwischen dem Erwerbs- oder Veräußerungspreis des Wertpapiers und dessen mittlerem Marktpreis während eines Zeitraums von 90 Tagen nach der Berichtigung des Informationsfehlers begrenzt. Mit der Veräußerung beziehungsweise dem Wiedererwerb des Wertpapiers vor Ablauf der 90 Tagen endet der Berechnungszeitraum vorzeitig. Mit der Regelung soll vermieden werden, dass das fehlinformationsunabhängige Marktrisiko den Schadensersatzumfang zu sehr erhöhen kann.133 Dabei kommt der Berechnungszeitraum von 90 Tagen dem Geschädigten entgegen, indem er starke Kursausschläge unmittelbar nach dem Bekanntwerden eines Informationsfehlers abfedert.134

IV. Vorrang der bundesrechtlichen Wirtschaftsprüferhaftung Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation im Bereich des Sekundärmarktes kann sich grundsätzlich auch aus dem Recht der einzelnen Bundesstaaten ergeben. In Betracht kommen deren kapitalmarktrechtliche Gesetze (sogenannte blue sky laws),135 die zum Teil – wenn auch nicht einheitlich – Haftungsnormen nach dem Vorbild von § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 enthalten.136 Zweifelhaft ist jedoch, ob dem Anleger auch diesbezüglich die fraud on the market theory zur Seite steht oder ob er individuelles Vertrauen 130 Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. C. 4. d. (ii), S. 4412, Fn. 483 m.w. Nachw. 131 Näher Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. C. 4. d. (ii), S. 4414, Fn. 485 m.w. Nachw. Letzteren Ansatz bezeichnet U.S. Congress, Committee of Conference, H. Rpt. 104-369 (1995), S. 42, 1995 U.S.C.C.A.N. 730, 741, als den typischerweise herangezogenen. 132 Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, a. a. O. (oben Fn. 119 ff.). 133 U.S. Congress, Committee of Conference, H. Rpt. 104-369 (1995), S. 42, 1995 U.S.C.C.A.N. 730, 741. 134 Lowenfels/Bromberg, Seton Hall L. Rev. 30 (2000), 1083, 1112 f. 135 Loss/Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. B., S. 4123 ff.; Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:2, S. 539 ff.

§ 7 Haftung nach § 10(b) SEA in Verbindung mit Rule 10b-5

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auf die Fehlinformation nachzuweisen hat.137 Daneben stehen allgemeine Rechtsgrundlagen des common law der Einzelstaaten, insbesondere die cause of action for negligent misrepresentation und die action of deceit. Sie haben allerdings bei kapitalmarktbezogenen Sachverhalten kaum praktische Bedeutung, weil sie erhöhte Anforderungen an die Haftung gegenüber Dritten stellen und weil jedenfalls das Vertrauen auf die Fehlinformation nachzuweisen ist; dieser Einzelfallbezug steht der Geltendmachung der Ansprüche im Wege der class action entgegen.138 Die einzelstaatlichen Rechtsgrundlagen können vor den Gerichten dieser Staaten geltend gemacht werden, was besonders nach dem Erlass des PSLRA versucht worden ist, um dessen prozessualen und materiellrechtlichen Erschwerungen im Bundesrecht zu entgehen.139 Praktiziert wurde auch eine Kombination beider Ebenen des Rechtsschutzes, um vor einzelstaatlichen Gerichten eine Offenlegung von Beweismitteln (discovery) zu erreichen, aufgrund deren das Verfahren vor den Bundesgerichten betrieben werden sollte.140 Um eine Umgehung der Regelungen des PSLRA zu verhindern, wurde auf Bundesebene 1998 der Securities Litigation Uniform Standards Act (SLUSA) erlassen.141 Dadurch werden class actions oder Einzelklagen im Namen von mehr als 50 Personen auf Grundlage des einzelstaatlichen Rechts grundsätzlich ausgeschlossen, soweit der Anwendungsbereich der Informationshaftung nach Bundes-Kapitalmarktrecht betroffen ist.142 Außerdem werden die Bundesgerichte ermächtigt, jegliche von einem einzelstaatlichen Gericht angeordnete discovery anzuhalten, die die gesetzlich angeordnete Aussetzung der discovery in einem bundesgerichtlichen Verfahren unterlaufen würde.143 Nicht gehindert werden 136 Siehe Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:2, Fn. 3, S. 540; insbes. Kalifornien: § 25500 i.V. m. § 25400 Cal. Corp. Code; Mirkin v. Wasserman, 858 P.2d 568, 581 f. (Cal. 1993). 137 Dazu Perino, Stan. L. Rev. 50 (1998), 273, 285. 138 So etwa Keyser v. Commonwealth Nat’l Fin. Corp., 121 F.R.D. 642, 649 (M.D. Pa. 1988); Gaffin v. Teledyne, Inc., 611 A.2d 467, 474 f. (Del. 1992). Auch Perino, Stan. L. Rev. 50 (1998), 273, 284 f. Eine ausführliche Darlegung der WirtschaftsprüferDritthaftung nach dem common law der US-amerikanischen Bundesstaaten mit umfassenden Nachweisen gibt Bily v. Arthur Young & Co., 834 P.2d 745 (Cal. 1992). 139 So etwa Diamond Multimedia Sys. v. Superior Court, 968 P.2d 539, 552 (Cal. 1999). Vgl. Perino, Stan. L. Rev. 50 (1998), 273, 337 f., passim. Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:1, 31:3, S. 538 f., 542 f. Zum Tatsächlichen auch § 2 SLUSA („Findings“). 140 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:4, S. 543. 141 Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, §§ 31:8–31:21, S. 553 ff.; Loss/ Seligman, Securities Regulation, Bd. IX, 2004, Kap. 11. B. 10, S. 4166 ff.; Hazen, Securities Regulation, Bd. 3, 2005, § 12.15[2], S. 456. 142 So § 28(f) SEA in der Fassung des SLUSA. Im Einzelnen Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, §§ 31:9, 31:10. 143 § 21D(b)(3)(D) SEA: „Circumvention of Stay of Discovery“. Näher Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:12. Zum ,stay of discovery‘ siehe auch oben bei Fn. 50.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

durch den SLUSA nach einer ausdrücklichen Regelung Klagen auf einzelstaatlich-gesellschaftsrechtlicher Grundlage, die bei Informationsfehlern mit Bezug auf Abstimmungen der Anteilseigner begründet sein können, sowie die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft im Wege der derivative action.144 Als Reaktion auf den SLUSA ist versucht worden, vor einzelstaatlichen Gerichten Schadensersatzansprüche geltend zu machen mit der Begründung, ein Informationsfehler habe den klagenden Anleger veranlasst, seine Wertpapiere nicht zu veräußern (sogenannte holding claims).145 Die Kläger argumentierten zunächst mit einigem Erfolg, eine von dem SLUSA erfasste Umgehung der bundesrechtlichen Haftungsregeln liege nicht vor, weil deren Anwendungsbereich auf Fälle eines Kaufs oder Verkauf von Wertpapieren (Birnbaum rule) beschränkt sei.146 Nachdem diese Frage auch von Appellationsgerichten verschieden beurteilt worden war,147 entschied der U.S. Supreme Court, der SLUSA sei weit auszulegen und stehe auch holding claims entgegen.148 Maßgebend sei nicht der eng verstandene Wortlaut der Birnbaum rule, sondern der ausdrücklich vom Gesetzgeber verfolgte Zweck, unbegründete, aber dennoch volkswirtschaftlich schädliche Klagen außerhalb des Anwendungsbereichs des PSLRA zurückzudrängen.149 Der SLUSA erfasse die Geltendmachung der Haftung wegen Fehlinformationen, die sich auf Kauf und Verkauf auswirkten, auch dann, wenn der einzelne Betroffene das Wertpapier gehalten habe.150

144 Sog. ,Delaware carve-out‘ gemäß § 28(f)(3)(A)(ii), (D) SEA. Dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 31:16. Auch in diesem Rahmen können sich Ansprüche gegen einen Wirtschaftsprüfer wegen ,aiding and abetting‘ bei der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten ergeben, insbes. wenn durch bewusste Fehlinformation die umfassende Treuepflicht (,duty of loyalty and good faith‘) gegenüber der Gesellschaft und den Anteilseignern betroffen ist: Malone v. Brincat, 722 A.2d 5, 8 ff. (Del. 1998). Ferner O’Hare, U. Cin. L. Rev. 70 (2002), 475 ff. 145 Im Überblick J. Ratner, Comment, U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1035 ff. 146 Dem folgend Dabit v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc., 395 F.3d 25, 28 (2d Cir. 2005), vac’d and rem’d, 547 U.S. 71 (2006); Riley v. Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc., 292 F.3d 1334, 1345 (11th Cir. 2002); Green v. Ameritrade, Inc., 279 F.3d 590, 599 (8th Cir. 2002); Small v. Fritz Companies, Inc., 65 P.3d 1255, 1261 (Cal. 2003). 147 Dagegen Kircher v. Putnam Funds Trust, 403 F.3d 478, 484 (7th Cir. 2005) (per Easterbrook, J.), vac’d and rem’d on other grounds, 547 U.S. 633 (2006). So auch J. Ratner, Comment, U. Chi. L. Rev. 68 (2001), 1035, 1064. 148 Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc. v. Dabit, 547 U.S. 71 (2006). 149 Ebd. S. 83 ff. 150 Ebd. S. 88 f.

§ 8 Schlussfolgerungen

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§ 8 Schlussfolgerungen I. Haftungsbegrenzende Tendenz in der jüngeren Rechtsentwicklung Die intensive Klagetätigkeit spezialisierter Rechtsanwälte hat den Gesetzgeber zu einer Reihe von Neuregelungen veranlasst und die Fortentwicklung des Richterrechts vorangetrieben. Die Gesetzgebung seit 1995, besonders im prozessualen Vorfeld des eigentlichen Haftungstatbestandes, zielte in erster Linie darauf ab, sachlich nicht begründete Ansprüche schon in einem frühen Prozessstadium abweisen zu können, um die Belastung der beklagten Unternehmen, Organmitglieder und Wirtschaftsprüfer durch solche Klagen ebenso wie die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kosten zu verringern. Dabei wurde in Kauf genommen, dass in einzelnen Fällen auch die Geltendmachung begründeter Ansprüche an den dadurch geschaffenen Hürden scheitern kann. Die Nachhaltigkeit des gesetzgeberischen Bestrebens zeigt sich besonders deutlich an dem nachträglichen Erlass eines Gesetzes gegen die Umgehung der 1995 getroffenen Regelungen durch das Ausweichen auf einzelstaatliches Recht (SLUSA) und daran, dass auch die Bilanzskandale und Täuschungen in den Fällen ,Enron‘ und ,WorldCom‘ keine Gegenbewegung in der Gesetzgebung ausgelöst haben. Der Sarbanes-Oxley Act of 2002 hat lediglich die Verjährungsfristen verlängert,151 traf jedoch ansonsten keine Regelungen zur Schadensersatzhaftung. Ebenso und in die gleiche Richtung prägend ist die bis in die Gegenwart reichende Rechtsprechung des U.S. Supreme Court gewesen, der streitige Rechtsfragen aus dem Bereich der Kapitalmarktinformationshaftung immer wieder zur Entscheidung angenommen hat. In Sachen ,Central Bank‘ von 1994,152 der Entscheidung zu dem Schaden als Anspruchsvoraussetzung (,Dura‘),153 über den Anwendungsbereich des SLUSA (,Dabit‘)154 und die Haftung Drittbeteiligter neben dem Emittenten (,Stoneridge‘)155 ist die haftungseinschränkende, mit der neueren Gesetzgebung übereinstimmende Tendenz eindeutig. Soweit der Haftungstatbestand selbst betroffen ist, stützen sich die Entscheidungen vornehmlich auf den Wortlaut, den systematischen Zusammenhang des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers. Dabei wird der Respekt vor der Gewaltenteilung im Ver151 § 804 SOA (codified in 28 U.S.C. § 1652): Zwei Jahre nach Kenntnis der Tatsachen, längstens jedoch fünf Jahre. Vorher ein Jahr bzw. drei Jahre, Lampf, Pleva, Lipkind, Prupis & Petigrow v. Gilbertson, 501 U.S. 350, 362 (1991). Dazu Bloomenthal, Securities Law Handbook, 2004, § 25:9. 152 Central Bank of Denver, N.A. v. First Interstate Bank of Denver, N.A., 511 U.S. 164 (1994). 153 Dura Pharmaceuticals, Inc. v. Broudo, 544 U.S. 336 (2005). 154 Merrill Lynch, Pierce, Fenner & Smith, Inc. v. Dabit, 547 U.S. 71 (2006). 155 Stoneridge Investment Partners, LLC v. Scientific-Atlanta, Inc., 128 S.Ct. 761 (Jan. 15, 2008).

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

hältnis zur Legislative, die zu rechtspolitischen Grundentscheidungen berufen und darin zu respektieren sei, hervorgehoben. Dies kommt in dem Bestreben zum Ausdruck, den richterrechtlich auf der Grundlage von § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 entwickelten Haftungstatbestand eng zu interpretieren, auch wenn die skeptische Betrachtung dieser implied cause of action nicht so weit geht, sie insgesamt in Frage zu stellen.156 Ergänzend wird das Gebot der Rechtssicherheit als ein maßgebender Gesichtspunkt herausgestellt. Demgegenüber werden Zweckmäßigkeitsüberlegungen oder Folgenbetrachtungen (public policy, policy considerations), auf die US-amerikanische Gerichte sonst durchaus zurückgreifen, nur am Rande in Betracht gezogen. Gerade solche Überlegungen, namentlich der angenommene präventive Effekt privater Schadensersatzansprüche, prägen die Argumentationslinie der Befürworter einer Haftungserweiterung und wurden von älteren Gerichtsentscheidungen in diesem Sinne herangezogen.157 Charakteristisch für diese neuere Entwicklung ist zum einen die ,Dura‘-Entscheidung, die zwar unterstreicht, dass die Abschreckung von Fehlverhalten ein Zweck der Haftungsregelung sei, jedoch sogleich einschränkt, dass dies nur in den Grenzen der klassischen Tatbestandselemente des common law gelte. In der ,Stoneridge‘-Entscheidung wird die fehlende Haftung Drittbeteiligter letztlich als unter Präventionsgesichtspunkten unbedenklich eingeordnet, indem auf die Möglichkeit der Strafverfolgung und verbleibende Befugnisse der SEC verwiesen wird. Während die Emittentenhaftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation unangefochten bleibt, lässt die Entscheidung sogar die Schlussfolgerung zu, dass der U.S. Supreme Court diese Art der Rechtsdurchsetzung, die vom öffentlichen Interesse geprägt ist (und den Anlegern dennoch zugute kommen kann), in Hinsicht auf Drittbeteiligte (secondary actors) als vorzugswürdig ansieht, während er eine daneben bestehende Schadensersatzhaftung für unangemessen hält, da das Interesse Drittbeteiligter an einer Irreführung des Kapitalmarktes sowie ihr Einfluss darauf im Vergleich zu dem des Emittenten geringer ist und sie durch private Klagemöglichkeiten zugleich stärker belastet werden.158 Zu einem Wandel in der Rechtsprechung hat auch der ,Enron‘-Fall nicht geführt, den man angesichts des Ausmaßes seiner Auswirkungen als dazu prädestiniert ansehen mag; einzelne auch nur vorsichtig dahin gehende Bestrebungen des mit der Sache befassten District Court sind von den Instanzen, zuletzt dem U.S. Supreme Court, zurück-

156 Vgl. neben den genannten Entscheidungen (oben Fn. 152, 153, 154) auch Ernst & Ernst v. Hochfelder, 425 U.S. 185, 197 ff. (1976); Santa Fe Industries, Inc. v. Green, 430 U.S. 462, 473 (1977); Chiarella v. United States, 445 U.S. 222, 234 f. (1980). 157 Vgl. nur die ausführliche Nachweise in Bily v. Arthur Young & Co., 834 P.2d 745 (Cal. 1992). 158 Diese Disproportionalität hebt auch Grundfest, Scheme Liability, 2007, dort unter Überschrift IX, hervor. Demgegenüber sehen andere eine Haftung bestimmter ,secondary actors‘ als ,gatekeeper‘ gerade wegen ihrer besonderen Empfindlichkeit als zweckmäßig an, vgl. unten im vierten Kapitel unter § 11 I., S. 185 ff.

§ 8 Schlussfolgerungen

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gewiesen worden.159 Während der U.S. Supreme Court in Sachen ,Dabit‘ bereit war, dem vom Gesetzgeber verfolgten haftungsbeschränkenden Zweck des SLUSA im Zusammenhang mit dem PSLRA entscheidendes Gewicht zu geben und den Gesetzeswortlaut weit zu interpretieren,160 stützte er sich in der ,Stoneridge‘-Entscheidung hinsichtlich des haftungsbegründend wirkenden Merkmals des scheme to defraud und der reliance auf eine enge Interpretation.161 Die klare Tendenz von Gesetzgebung und Rechtsprechung der letzten zehn bis fünfzehn Jahre stellt mithin gerade hinsichtlich der Nebenbeteiligten wie des Wirtschaftsprüfers die Haftungseingrenzung in den Vordergrund. Das Hauptanliegen der Rechtsprechung ist insgesamt eine zurückhaltende Interpretation der Haftungstatbestände und die Ablehnung weitreichender Folgebetrachtungen, die der Zuständigkeit des zu offener rechtspolitischer Wertung berufenen Gesetzgebers zugewiesen werden. Im Gegensatz dazu stehen lediglich Forderungen und Vorschläge aus der Literatur, die unter Hervorhebung des Präventivzwecks für eine (erneute) Erweiterung der Kapitalmarktinformationshaftung eintreten und für die damit bisher verbundenen Probleme andere Lösungen als eine Haftungseinschränkung vorschlagen.162 Der Gesetzgeber hat sich davon bislang nicht beeinflussen lassen und war im Schwerpunkt bestrebt, unerwünschte unbegründete Klagen zurückzudrängen, nicht so sehr jedoch, Schadensausgleich und Prävention durch Haftung zu optimieren.

II. Möglichkeit und Grenzen einer Vorbildfunktion Als die historisch zuerst entstandene und praktisch gewordene kapitalmarktbezogene Haftung unter anderem des Wirtschaftsprüfers geben die Normen des USamerikanischen Rechts naturgemäß gewisse grundlegende Strukturen eines Haf159 Zuletzt In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 236 F.R.D. 313, 317 (S.D. Tex. 2006), rev’d and rem’d sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Credit Suisse First Boston, 482 F.3d 372 (5th Cir. 2007), cert. denied sub nom. Regents of the Univ. of Cal. v. Merrill Lynch Pierce, Fenner & Smith, Inc., 128 S.Ct. 1120 (Jan. 22, 2008). Vorsichtig auch In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., 235 F.Supp.2d 549 (S.D. Tex. 2002) („Liability of Secondary Actors“); In re Enron Corp. Sec., Derivative & ERISA Litig., Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 92,404 (S.D. Tex. 2003) („Individual Anderson Defendants“): Eine individuelle Zuordnung des Fehlverhaltens i. S. von § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 zu Einzelpersonen sei dem Kläger nicht gelungen, so dass die Klage insoweit abgewiesen wurde. 160 Vgl. oben Fn. 154. 161 Vgl. oben Fn. 80. 162 Vgl. Alexander, Stan. L. Rev. 48 (1996), 1487 ff.; Langevoort, Ariz. L. Rev. 38 (1996), 639 ff.; Choi, Nw. U. L. Rev. 92 (1998), 916 ff.; Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491 ff.; ders., B.U. L. Rev. 84 (2004), 365 ff.; Hamdani, S. Cal. L. Rev. 77 (2003), 53 ff.; Coffee, B.U. L. Rev. 84 (2004), 301 ff., 377 ff.; Prentice, Scheme Liability, Federal Securities Fraud, and John Wayne’s i-Pod, 2007; ders., Scheme Liability: A Reply to Grundfest, 2007.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

tungstatbestandes vor. Sie sind in diesem allgemeinen Sinne ein taugliches Vorbild für jede in diesem Bereich weniger entwickelte Rechtsordnung. Hinsichtlich einzelner Merkmale, der Reichweite des Tatbestandes und einer systematischen Begründung und Einordnung ist eine rechtspolitische Orientierung an der Haftungsregelung nach § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 jedoch weniger aussichtsreich.163 Da es sich um eine implied cause of action handelt, müssen die einzelnen Merkmale von der Rechtsprechung entweder aus unbestimmten, an sich rein objektivrechtlichen Voraussetzungen wie dem Merkmal „in connection with the purchase or sale“ oder den fehlinformationsbezogenen Tatbeständen des common law abgeleitet werden, die nicht auf die typischen Sachverhalte des anonymen Handels, der Irreführung mit breiter Streuwirkung und der Preisbeeinflussung auch ohne Kenntnisnahme der Informationen ausgerichtet sind. In beiden Fällen besteht erheblicher Spielraum für die Interpretation und die Fortschreibung des Rechts durch die Gerichte,164 auch für deutliche Akzentuierungen und Richtungsänderungen wie beispielsweise mit der ,Central Bank‘- und der ,Dura‘-Entscheidung.165 Der Bereich der Kapitalmarktinformationshaftung ist im US-amerikanischen Recht mithin nicht nur ein entwickeltes,166 sondern in hohem Maße ein sich entwickelndes Rechtsgebiet. Der materiellrechtliche Haftungstatbestand des US-amerikanischen Rechts lässt sich zudem funktional nicht ohne weiteres mit einer denkbaren deutschen Regelung gleichsetzen. Praktische Bedeutung erlangt die Haftung § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 im Zusammenhang mit der Institution der class action167 und der ausgeprägten Neigung, abschließende gerichtliche Entscheidungen durch Vergleiche zu vermeiden.168 Entscheidende Bedeutung hat, ob es den Klägern gelingt, die Klage vor jeder Beweiserhebung und Ermittlung von Beweismitteln (discovery) aufgrund eigener Informationen hinreichend zu begründen, um der Abweisung wegen ungenügender Substantiierung der Klage (dismissal for failure to state a claim) zu entgehen. Kommt es nicht zu einer derartigen frühzeitigen Klageabweisung, dann wird der Beklagte im Hinblick auf die drohende aufwendige Ermittlung von Beweismitteln, die Ungewissheiten des Haftungstatbestandes, die als wenig vorhersehbar geltende Entscheidung durch ein Geschworenengericht, den möglicherweise existenzbedrohenden Haftungsumfang und die Frag163

Ähnlich Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 277. Entsprechend wird von einem Committee on Capital Markets Regulation, Interim Report, 2006, S. 80 ff. rechtspolitisch an erster Stelle gefordert, die Unklarheiten der § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 zu beheben. Vgl. auch oben Fn. 40. 165 Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 239 ist nicht zuzustimmen, wenn er – noch vor Dura – von einer „klare[n] Linie“ bezüglich der Schadensberechnung im USamerikanischen Recht spricht. 166 So etwa Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn. 186; auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 220 f. 167 Vgl. Coffee, Colum. L. Rev. 86 (1986), 669 ff. 168 Vgl. oben Fn. 51. 164

§ 8 Schlussfolgerungen

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lichkeit des Versicherungsschutzes in aller Regel einen Vergleich anstreben, auch wenn ein Klageerfolg eher unwahrscheinlich erscheint.169 Nur in seltenen, außerordentlichen Einzelfällen kommt es zu einer Fortführung des gerichtlichen Verfahrens und einem abschließenden Urteil. Der Haftungstatbestand hat vor diesem Hintergrund nicht die für das materielle Privatrecht eigentlich typische Funktion als eine unmittelbare rechtliche Zuweisung dessen, was welchem Beteiligten angesichts der wirklichen Umstände des Falles gebührt. Für den Vergleichsschluss ist die materiellrechtliche Rechtslage angesichts der sonstigen Unsicherheiten und Risiken nur ein Bestimmungsfaktor unter anderen. In erster Linie erlangt der Haftungstatbestand dadurch Bedeutung, dass er Inhalt und Ausmaß der erforderlichen Substantiierung der Klage durch den Kläger (den pleading standard) bestimmt. Dies zeigt sich etwa an dem subjektiven Merkmal scienter: Praktisch kommt es nicht darauf an, ob es dem Kläger gelingt, den an sich geforderten Vorsatz im Beweisverfahren nachzuweisen. Die Frage ist vielmehr, welche Kenntnisse der Kläger über den Sachverhalt vorab und von sich aus haben und darlegen muss, um der Klageabweisung mangels Substantiierung zu entgehen.170 Mit Blick auf das deutsche Recht kann demgegenüber nicht davon ausgegangen werden, dass ein kapitalmarktinformationsbezogener Haftungstatbestand seine Hauptbedeutung darin finden würde, gewissermaßen den Zugang zu der Möglichkeit eines Vergleichsschlusses zu regeln. Sowohl das unterschiedliche tatsächliche, materiellrechtliche und prozessrechtliche Umfeld als auch die ersten Erfahrungen mit fehlinformationsbezogenen Deliktsklagen171 lassen erwarten, dass es im deutschen Recht wesentlich stärker auf den eigentlichen, zuweisenden Regelungsgehalt des Haftungstatbestandes ankommen würde.

III. US-amerikanisches Kapitalmarktrecht als internationaler Standard Da die Frage der Vorbildwirkung eher die Umsetzung und Ausgestaltung einer Haftungsregelung betrifft, bleibt deren grundsätzliche rechtspolitische Zweckmäßigkeit offen. Diese ließe sich allerdings dann untermauern, wenn die US-amerikanische Regelung der Wirtschaftsprüferhaftung einen Standard bildete, den eine international orientierte Anlegerschaft auch an einem bestmöglich regulierten europäischen oder deutschen Kapitalmarkt erwartet.172 Doch kann von einer so speziellen Anlegererwartung nicht unbedingt ausgegangen werden: Von größerer Bedeutung wird es aus Anlegersicht sein, ob überhaupt eine allgemeine Haftung 169 Vgl. Alexander, Stan. L. Rev. 43 (1991), 497, 524 ff., 596 f.; Frumento, Bus. Law. 59 (2004), 975, 997 ff. und oben Fn. 51. 170 Siehe oben unter § 7 I., S. 129 ff., 132 f. 171 Siehe oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV., S. 113 ff. 172 Vgl. Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 16; ders., ZGR 2004, 437, 466 f.

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3. Kap.: Das US-amerikanische Recht der Wirtschaftsprüferhaftung

wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation besteht, und zwar zumindest gegenüber dem Emittenten als dem naheliegendsten Haftungsadressaten, woran es bislang außerhalb der §§ 37b, 37c WpHG fehlt. Im Zusammenhang damit erscheint die Frage der Wirtschaftsprüferhaftung weniger als standardprägend, sondern eher als ein Problem der Modalitäten einer Kapitalmarktinformationshaftung. Darüber hinaus ergibt sich aus der Betrachtung des US-amerikanischen Rechts, dass die konkrete Ausgestaltung und damit die praktisch höchst relevante Reichweite der Wirtschaftsprüferhaftung über den selbstverständlichen Mindeststandard der Haftung wegen offenkundig bewusst schädigenden Handelns hinaus, den hierzulande insbesondere § 826 BGB gewährleistet, überaus umstritten ist und auch in Zukunft nicht unverändert festliegen wird. Auch die anhaltend restriktive Tendenz der Rechtsprechung und der Gesetzgebung gibt, selbst wenn die funktionalen Unterschiede von einschlägigen Haftungstatbeständen dort und hier in Rechnung gestellt werden, zumindest keinen Anlass, eine weit gefasste Wirtschaftsprüferhaftung als den maßgebenden Standard anzusehen. Eher bärge dies die Gefahr, die US-amerikanischen Rechtsentwicklungen, die zeitweise durch Haftungsausweitung und dann wieder durch Haftungsbegrenzung gekennzeichnet waren, gewissermaßen mit zeitlicher Verzögerung nachzuvollziehen, anstatt aus der Ungleichzeitigkeit der Entwicklungen den Vorteil zu gewinnen, Fehlentwicklungen und Übertreibungen sozusagen überspringen zu können. Den dargelegten funktionalen Unterschieden entspricht es jedenfalls eher, den Kapitalmarktstandard abstrakter zu begreifen: Wesentlicher als die Existenz äußerlich gleichartiger Haftungstatbestände ist zum einen, dass eine Regulierung (Enforcement) der Wirtschaftsprüfertätigkeit besteht, mittels deren Fehlverhalten effektiv aufgedeckt und sanktioniert werden kann, zugleich mit vorbeugender Wirkung, und zum anderen, dass der Anleger zumindest prinzipiell Ersatz für erlittene Schäden infolge fehlerhafter Information erlangen kann. Gerade das USamerikanische Recht zeigt mit der Einrichtung der behördlich gesteuerten und den Anlegern zugute kommenden Gewinnabschöpfung,173 dass die Gewährung von Schadensersatzansprüchen an Private selbst dafür kein alternativloses Mittel ist.174

173 Vgl. die positive Bewertung der „Fair Funds“-Bestimmung gemäß § 308 SOA und Forderungen zu deren Ausbau in der Studie der SEC, Report Pursuant to Section 308(c) of the Sarbanes Oxley Act of 2002, 2007. 174 Weiterführend zur Gewinnabschöpfung im deutschen Recht, auch unter ökonomischen Aspekten, Köndgen, RabelsZ 64 (2000), 661 ff.; zur Zweckmäßigkeit einer öffentlichrechtlichen Sanktionierung ebd. S. 692.

Viertes Kapitel

Ökonomische Bestimmungsfaktoren der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung In der rechtspolitischen Diskussion um die Wirtschaftsprüferhaftung wird regelmäßig das damit verfolgte Ziel einer Verbesserung der Prüfungsqualität hervorgehoben. Auch der Kapitalmarktinformationshaftung im Allgemeinen wird häufig eine präventiv-verhaltenssteuernde Wirkung beigemessen, wodurch sie als ein zusätzliches Regulierungsinstrument fungieren könnte. Dies gibt Anlass, ökonomische Bestimmungsfaktoren für das Ob und Wie einer Wirtschaftsprüferhaftung zu erörtern. Den methodischen Weg dafür geben Ansätze und Modellvorstellungen zur ökonomischen Analyse gerade des Haftungsrechts vor (vgl. sogleich in § 9). Auf dieser allgemeineren Grundlage können die Gegebenheiten und Besonderheiten der Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Anlegern am organisierten Kapitalmarkt kritisch untersucht werden (in § 10). Daraus ergibt sich, dass ein besonderes Augenmerk auf Auswirkungen der beruflichen Stellung des Wirtschaftsprüfers am Kapitalmarkt sowie auf Einflüsse der Versicherung seiner Tätigkeit zu legen ist (in § 11). Das Ziel besteht letztlich darin, die Erheblichkeit und Stichhaltigkeit ökonomischer Thesen über die Wirtschaftsprüferhaftung zu beurteilen.

§ 9 Anlass und Ausgangslage für die rechtsökonomische Analyse I. Präventivwirkung der Haftung als zentrales Argument in der rechtspolitischen Diskussion Die erwartete Präventivwirkung ist ein zentrales Argument in der Diskussion um die Wirtschaftsprüferhaftung. Mit ihr sollen eine Verbesserung der Prüfungsqualität erreicht und zugleich die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft abgesichert werden.1 Die Befürworter konnten 1 Westrick, Abschlussprüfung, 1963, S. 88; Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, 1976, S. 43 ff.; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 237 ff., 246 ff.; Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996, S. 192; implizit auch Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 419 f. Kritisch aber Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 279 ff.; zurückhaltend auch Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 389.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

sich dabei lange Zeit rechtsvergleichend auf die US-amerikanische Rechtsprechung zur Wirtschaftsprüferhaftung nach common law stützen, die bis in die achtziger Jahre hinein eine deutliche Tendenz zur Haftungserweiterung gerade mit dieser Begründung aufwies.2 In den neueren rechtspolitisch ausgerichteten Vorschlägen zu einer Kapitalmarktinformationshaftung im Bereich des Sekundärmarktes wird die präventivverhaltenssteuernde Wirkung ebenfalls regelmäßig hervorgehoben,3 etwa durch den Verweis auf die Häufung fehlerhafter oder irreführender Informationen an nationalen und internationalen Kapitalmärkten zum Ende der neunziger Jahre als Anlass der rechtspolitischen Überlegungen.4 Häufig wird die Einführung von Haftungsregelungen dabei neben andere Instrumente der Kapitalmarktregulierung gestellt.5 Inhaltlich hat sich der wieder zurückgezogene Referentenentwurf eines Kapitalmarktinformationshaftungsgesetzes (KapInHaG) des Bundesfinanzministeriums von 2004 stark an diesen Vorschlägen orientiert; in seiner Begründung wird neben dem Hinweis auf die allgemeineren und unbestimmteren Ziele der Stärkung des Anlegervertrauens und des effektiven Anlegerschutzes ausgeführt, dass die Organhaftung „einen Anreiz zu korrekter Kapitalmarktinformation bewirken“ solle und dass der „Sanktionscharakter der Haftungsnorm im Vordergrund steht“.6 Auch soweit eine Kapitalmarktinformationshaftung gerade des Wirtschaftsprüfers von der Literatur behandelt wird, steht die Prävention als Begründung für einzuführende Haftungsvorschriften im Vordergrund.7 Besonders deutlich wird 2 Insbes. H. Rosenblum, Inc. v. Adler, 461 A.2d 138, 152 f. (N.J. 1983); Citizens State Bank v. Timm, Schmidt & Co., 335 N.W.2d 361, 365 (Wis. 1983). Zur Rechtsentwicklung bis dahin Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 142 ff. 3 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 99, 102 f.; Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 803; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 145; Baums/Fischer, in: Festschr. f. Drukarczyk, 2003, S. 37, 49; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 261, 263; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 22, 210 f., 214 f., 229 – gleichzeitig gesteht er zu, dass Kosten und Nutzen, insbes. der Abschreckungseffekt nur schwer quantifizierbar und in ihrem Ausmaß „völlig unklar“ seien, S. 188 f.; H.-B. Schäfer, in: Hopt/ Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 163; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 21, 35. Allgemeiner befürwortend Miller, Haftungsrecht als Instrument, 2003, S. 121. Nicht eindeutig Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 249 ff. 4 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 95; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 140, 152. 5 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, 1976, S. 26 ff.; Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn. 187 sowie unter A.: „[. . .] Kontrolle der Unternehmensleitungen durch interne Vorkehrungen, Kapitalmärkte, Aktionärsrechte und wirksame Haftungsregelungen [. . .]“; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 94 ff.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 144 f.; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 144 f., 160 ff. 6 Begr. DiskE KapInHaG, unter A. I., II. bzw. zu § 37a Abs. 2 und Abs. 5 WpHG-E, NZG 2004, 1042, 1047 f. 7 E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 125 ff.; Baums/Fischer, in: Festschr. f. Drukarczyk, 2003, S. 37, 49; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 263 f.; H.-B. Schäfer,

§ 9 Anlass und Ausgangslage für die rechtsökonomische Analyse

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dies dadurch, dass der Präventionsaspekt nicht nur zur Begründung der Haftung als solcher, sondern auch bei der abwägenden Beurteilung ihrer denkbaren Einzelmerkmale herangezogen wird.8 Merkmale, die wie der Verschuldensmaßstab, der Umfang des Schadensersatzes einschließlich eines Haftungshöchstbetrags oder ein verpflichtender Selbstbehalt abstufbar sind, werden dabei – einzeln und im Zusammenhang – maßgeblich danach beurteilt, ob sie ein nicht zu geringes, aber auch nicht zu weitgehendes Maß an Verhaltenssteuerung erwarten lassen. Ein Teil der Vorschläge für eine Sekundärmarktpublizitätshaftung und der Stellungnahmen greift ausdrücklich auf rechtsökonomische Thesen und Erklärungsansätze zurück,9 während andere auf eine derartige nähere theoretische Untermauerung ihrer Argumentation verzichten und ohne weiteres von einer wirksamen Verhaltenssteuerung ausgehen.

II. Abgrenzung von der ökonomischen Beurteilung von Publizitätspflichten Die Frage nach der rechtsökonomischen Beurteilung dieser Informationshaftung ist abzugrenzen von derjenigen nach der ökonomischen Zweckmäßigkeit, also der Effizienz, der gesetzlichen Informationspflichten als solcher. Für sie kommt es auf den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der veröffentlichten Informain: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 162; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 144 f., 160 ff.; Ott, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 171 ff. Weniger eindeutig Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 492; Koziol, in: ders./W. Doralt, Abschlussprüfer, 2004, S. 141, 169 f. Rdn. 84 f.; W. Doralt, Haftung der Abschlussprüfer, 2005, S. 70 ff. Rdn. 116. Krit. Flühmann, Haftung aus Prüfung, 2004, S. 184 f. zum Schweizer Recht; Harrer, in: Gruber/Harrer, Aktuelle Probleme der Abschlussprüfung, 2006, S. 135, 138 f.; erneut Ebke, in: Festschr. f. Yamauchi, 2006, S. 105, 120. Eine Parallele ergibt sich mit der Forderung nach einer Organ-Außenhaftung neben einer Emittentenhaftung: Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 102; ders., BKR 2003, 608, 612 (auch unter Bezugnahme auf Arlen/Carney, U. Ill. L. Rev. 1992, 691, 703); Baums, ZHR 167 (2003), 139, 174; Begr. DiskE KapInHaG, zu § 37a Abs. 2 WpHG-E, NZG 2004, 1042 1046 f.; Hopt/Voigt, in: dies., Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 122. 8 So etwa Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 104 ff.; Baums/Fischer, in: Festschr. f. Drukarczyk, 2003, S. 37, 56 (zum Haftungshöchstbetrag); Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 280 (zum Verschuldensmaßstab); Sauer, Falschinformation, 2004, S. 322 f. (zum Verschuldensmaßstab), 338 ff. (zum Schadensersatzumfang), 361 f. (zum Haftungshöchstbetrag); H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 167 (zum Schadensersatzumfang), 172 (zum Verschuldensmaßstab), 182 (zum Haftungshöchstbetrag); Hopt/Voigt, in: dies., Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 1, 6 (zum Haftungshöchstbetrag und zum Selbstbehalt). 9 Namentlich E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 125 ff.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 97 ff.; H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, passim. Im Ansatz auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 244 ff., 313 ff.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

tionen10 an sowie darauf, ob zwingende gesetzliche Regelungen zur Publizität sinnvoll sind, was gelegentlich in Zweifel gezogen wird.11 Die Effizienz insbesondere der gesetzlich gebotenen Kapitalmarktinformation ist notwendige Bedingung für eine effiziente Informationshaftung. Sind bereits die konkret bestehenden Informationspflichten gesamtwirtschaftlich nachteilig, so kann auch eine für sich betrachtet wirksame, die Einhaltung dieser Pflichten fördernde Informationshaftung letztlich nicht von Vorteil sein. Die Frage nach dieser Voraussetzung einer effektiven Kapitalmarktinformationshaftung führt indessen über den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung hinaus, zumal sie weitgehend unabhängig davon zu beantworten ist, ob Fehlinformationen gerade haftungsrechtliche Folgen haben. Vom Vorliegen dieser Voraussetzung wird also ohne weiteres ausgegangen. Andererseits bedeuten positive ökonomische Gesamteffekte der gesetzlich gebotenen Kapitalmarktinformation noch keineswegs, dass die Haftungsbewehrung ebenfalls vorteilhaft ist.

III. Grundannahmen und Grenzen der ökonomischen Analyse Der ökonomischen Analyse liegt bekanntlich ein Verhaltensmodell zugrunde, wonach die Einzelperson als homo oeconomicus rational und eigennützig auf der Grundlage stabiler Präferenzen handelt. Sie entscheidet über die Wahrnehmung von Handlungsmöglichkeiten unter Abwägung der Nutzen und Kosten für sie selbst. Sanktionen wie Schadensersatzleistungen werden dadurch gewissermaßen zu Preisen für Handlungsoptionen.12 Diese Prämisse nimmt für sich in Anspruch, zusammen mit weiteren Modellannahmen zutreffende Aussagen über gesamtwirtschaftliche Effekte zu ermöglichen, auch wenn sie menschliches Verhalten nicht in jedem einzelnen Fall richtig beschreibt. Ihre Tauglichkeit in gesamtwirtschaftlicher Hinsicht wird erst in Frage gestellt, wenn sich nicht nur einzelne zufällige Abweichungen von der Wirklichkeit ergeben, die sich im gesamtwirtschaftlichen Ergebnis ausgleichen, sondern wenn es zu systematischen Verzerrungen 10 Vgl. dazu Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 276 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 81 f.; M. Hager, Wertpapierangebotsrechtliche Vorankündigung, 2004, S. 27 ff.; Wagenhofer/Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 43 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrien, 2001, S. 149, 435, 505; jeweils m.w. Nachw. 11 So insbes. Stigler, J. Bus. 37 (1964), 117 ff.; Benston, Acct. Rev. 44 (1969), 515 ff.; ders., Am. Econ. Rev. 63 (1973), 132 ff.; ferner Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 276 ff. Krit. zu diesen und m.w. Nachw. Seligman, J. Corp. L. 9 (1983), 1 ff.: „The Historical Need for a Mandatory Corporate Disclosure System“. Im Überblick auch M. Hager, Wertpapierangebotsrechtliche Vorankündigung, 2004, S. 73 ff. 12 Posner, Economic Analysis, 2003, S. 3f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 28 ff.; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 58 ff.; Kirchgässner, JZ 1991, 104, 106 f.; Fleischer/Zimmer, in: dies., Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 9, 12 ff. Zum Effizienkonzept aus Sicht der Wirtschaftstheorie Schwalbe, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 43 ff.

§ 9 Anlass und Ausgangslage für die rechtsökonomische Analyse

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kommt.13 Ob und inwieweit solche Verzerrungen bestehen, bleibt eine empirische Frage. Selbst wenn im Hinblick darauf Ungewissheiten verbleiben, so mag es sich bei dieser Modellvorstellung mangels eines praktikableren und konsistenteren Verhaltensmodells14 zumindest noch um die vergleichsweise bestgeeignete handeln. Verbindet sich mit den zu gewinnenden rechtspolitischen Annahmen vor diesem Hintergrund nur ein begrenzter Anspruch, so relativiert dies die gegen die ökonomische Analyse erhobene Grundsatzkritik, nach der das einseitige Verhaltensmodell des homo oeconomicus die Ganzheitlichkeit und die sittliche Autonomie des Menschen verleugne, die das „offene Menschenbild“ einer freiheitlichen Rechtsordnung ausmachten.15 Im Zentrum dieser Kritik steht die Befürchtung, Effizienz solle als einziges oder vorrangiges Ziel rechtlicher Regelung postuliert werden, gegenüber dem sich konkurrierende Ziele von vornherein rechtfertigen müssten.16 Die hier behandelte Frage ist keine derart Grundsätzliche. Es ist jedenfalls ein Gebot solider Rechtspolitik, die Folgen und Auswirkungen einer erwogenen substantiell neuen Regelung so gut wie möglich abzuschätzen.17 Hierfür ist die ökonomische Analyse heranzuziehen, weil sie sich auf klar offengelegte Prämissen stützt, die auch die Grenzen dieser Analyse erkennen lassen, und weil auf diesem Weg auch Zusammenhänge einbezogen werden, die über die isolierten Haftungsrechtsverhältnisse hinausgehen. Auf dieser Grundlage ist – im nächsten Kapitel – darauf einzugehen, welcher Stellenwert dem Ziel der Effizienz gerade einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung aus rechtlich-systematischer Sicht zukommt.18 Da dem Gesetzgeber weitgehend freisteht, welche Ziele er mit seiner Tätigkeit verfolgt, kann die Förderung ökonomischer Effizienz offenkundig nicht von vornherein außer acht gelassen werden.19 13 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 40 f. Auch darauf zielt Fezer, JZ 1986, 817, 823 ab. Umfassend würdigend und krit. zur Steuerung durch rechtlich gesetzte Anreize Arnold, Steuerung des Vorstandshandelns, 2007. 14 Dahingehende Ansätze werden unter dem Stichwort „Behavioral Law and Economics“ mit den Annahmen „bounded rationality“, „bounded willpower“, „bounded selfinterest“ diskutiert: Jolls/Sunstein/Thaler, Stan. L. Rev. 50 (1998), 1471, 1476 ff.; Korobkin/Ulen, Calif. L. Rev. 88 (2000), 1051, 1077. Ferner etwa: Langevoort, U. Pa. L. Rev. 146 (1997), 101 ff.; kritisch Mitchell, Geo. L.J. 91 (2002), 67 ff. 15 Fezer, JZ 1986, 817, 822. Vgl. auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 39 ff., 74. 16 Fezer, JZ 1986, 817, 823; ders., JZ 1988, 223, 224: Monofunktionaler Ansatz, der mit der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse und der Pluralität rechtlicher Wertungsmaßstäbe unvereinbar sei. 17 Weiterführend auch Fleischer, in: Festschr. f. v. Rosen, 2008, S. 595 ff. 18 Siehe dazu unten das fünfte Kapitel, S. 207 ff. 19 Insoweit kann Effizienz eine „Politik des Gesetzes“ sein, so Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 452 ff. in Anlehnung an Steindorff, in: Festschr. f. Larenz, 1973, S. 217; Miller, Haftungsrecht als Instrument, 2003, S. 107 f.; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 5 ff. Im Überblick auch Fleischer/Zimmer, in: dies., Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 9 ff., insbes. 22 ff.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Für die gesamtwirtschaftliche Effizienz, die den Maßstab zur ökonomischen Bewertung des gegenwärtigen oder künftigen Rechts gibt, kommt es darauf an, ob der Nutzen für einzelne Individuen erhöht werden kann, ohne dass dies für andere Individuen aus deren Sicht nachteilig wäre (Pareto-Optimalität). 20 Um die Nutzenveränderung für verschiedene Individuen vergleichend berücksichtigen zu können, wird außerdem nach dem Kaldor-Hicks-Kriterium darauf abgestellt, ob eine Nutzenerhöhung für einzelne Individuen derart erreicht werden kann, dass sie die zugleich bei anderen Individuen eintretende Nutzenminderung – aus deren Sicht – ausgleichen könnte; es kommt gesamtwirtschaftlich dann nicht darauf an, ob ein solcher Ausgleich wirklich erbracht wird.21

§ 10 Rechtsökonomische Analyse der Wirtschaftsprüferhaftung Wie insbesondere Calabresi für das Haftungsrecht aufgezeigt hat, sind unter dem Gesichtspunkt der gesamtwirtschaftlichen Effizienz verschiedene nutzenstiftende oder kostenverursachende Effekte zu berücksichtigen.22 Neben dem Präventiveffekt können sich Nutzengewinne aus der Schadensverteilung ergeben. Andererseits sind Kosten in Betracht zu ziehen, die sich erst aus dem Bestehen einer Haftungsregelung ergeben.

I. Prävention von Schäden durch Zuweisung der Kosten zu einem Beteiligten Die Beurteilung der präventiven Anreizwirkungen erfordert eine Erfassung der relevanten gesamtwirtschaftlichen Kosten (sogleich unter 1.), die sodann bestimmten Beteiligten durch Haftungsnormen optimal zuzuweisen sind (unter 2.). 1. Kosten der Schädigung und Vermeideaufwand als primäre Kosten Gesamtwirtschaftliche Kosten, die durch Informationsfehler des Wirtschaftsprüfers entstehen, und die Aufwendungen zur Vermeidung solcher Fehler, sogenannte primäre Kosten,23 lassen sich im Idealfall reduzieren, wenn demjenigen, der die Entstehung und das Ausmaß einer Schädigung durch sein Handeln beein20 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 48; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 26. 21 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 51 ff.; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 31. 22 Costs of Accidents, 1975, S. 26 ff. Vgl. auch Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 177 ff.; 268 f. 23 Vgl. Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 28, 68.

§ 10 Rechtsökonomische Analyse der Wirtschaftsprüferhaftung

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flusst, die durch ein Fehlverhalten entstandenen Kosten neben den ohnehin bei ihm anfallenden Schadensvermeidungsaufwendungen ebenfalls auferlegt werden. Durch diese Internalisierung externer Effekte erhält er einen Anreiz, seine Schadensvermeidungsbemühungen so einzurichten, dass die insgesamt entstehenden primären Kosten auf individueller und damit zugleich auf gesamtwirtschaftlicher Ebene minimiert werden. Im Allgemeinen liegt ein wesentlicher Vorzug dieses Regelungsansatzes darin, dass eine praktisch schwierige Fremdbeurteilung einzelner Kostenfaktoren und die Festsetzung einer angemessenen Sanktion von dritter, insbesondere staatlicher Seite auf diese Weise entbehrlich werden. a) Verhältnis individueller (Umverteilungs-)Schäden zu den gesamtwirtschaftlichen Kosten Bei der Umsetzung dieses einfachen und in sich schlüssigen Grundgedankens in Rechtsvorschriften ergeben sich allerdings Schwierigkeiten: Eine erste Voraussetzung wirkungsvoller Prävention durch Haftungsrecht ist, dass der gegebenenfalls von dem Verursacher zu ersetzende Schaden den gesamtwirtschaftlichen Kosten des Fehlverhaltens weitestmöglich entspricht.24 Der rechtliche Begriff des Schadens nähert sich dem der gesamtwirtschaftlichen Kosten, also dem ,Schaden‘ an volkswirtschaftlichen Gütern, jedoch nur dann an, wenn das Recht die betroffenen Güter dem einzelnen Geschädigten durch (absolute) subjektive Rechte zugewiesen hat. Individuelle Anlegerschäden durch Informationsfehler beruhen demgegenüber auf der Umverteilung von Vermögen unter den Anlegern: Was ein Anleger verliert, gewinnt ein anderer als jeweiliger Vertragspartner des Umsatzgeschäfts.25 Dieses Problem des unter Effizienzgesichtspunkten richtigen Schadensersatzumfangs wird auch im Rahmen der allgemeineren Frage diskutiert, ob Schadensersatzpflichten bei reinen Vermögensschäden (pure economic loss) überhaupt ökonomisch zweckmäßig sind.26 Wenn die Haftungsregelung an diesen Umverteilungsschaden als den rechtlich maßgebenden Schaden anknüpft, dann komme es, so wird angenommen, zu einer ineffizienten übermäßigen Abschreckung. Sie werde durch die etwaige, auch bei Umverteilungsschäden eintretende Minderung sekundärer Kosten wegen deren vergleichsweise geringer Bedeutung nicht aufgewogen.27 24

Ebd. S. 68 ff. Ausführlicher H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 166 ff.; Ott, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 171, 179. 26 Bishop, Oxford J. Leg. Stud. 2 (1982), 1 ff.; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 339 ff.; Parisi, in: Bussani/Palmer, Pure Economic Loss, 2003, S. 75 ff.; Bussani/Palmer, in: dies., Pure Economic Loss, 2003, S. 3 ff.; H.-B. Schäfer, in: Hopt/ Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 167 ff. Im Besonderen auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 253 ff.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 338 ff. 27 So Bishop, Oxford J. Leg. Stud. 2 (1982), 1, 7. 25

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Aus dieser These ergibt sich allerdings zugleich, dass die Sanktionierung eines Verhaltens, das Umverteilungsschäden verursacht, zumindest dann angezeigt sein kann, wenn es gesamtwirtschaftliche Kosten außerhalb des bloßen Umverteilungseffekts mit sich bringt. Solche Wirkungen dürften schuldhaft verursachte Fehler in der Kapitalmarktinformation regelmäßig haben. Nennen lassen sich die Veranlassung verhältnismäßig aufwendiger Informationsbemühungen der Anleger selbst, die Verschwendung von Mitteln für die Verschleierung der wahren Sachlage durch die fehlerhaft Informierenden und die Erforderlichkeit von Aufwendungen zur Wiedergewinnung des Anlegervertrauens.28 Außerdem können die Informationsfehler dadurch gesamtwirtschaftliche Kosten verursachen, dass sich die Vermögensverschiebungen aufgrund irrtumsbedingter Anlegerentscheidungen zwar betragsmäßig ausgleichen, aber dennoch Fehlallokation bewirken, die Nutzeneinbußen mit sich bringen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Preisbildung am Sekundärmarkt Rückwirkungen auf die Unternehmensfinanzierung mittels des Primärmarktes hat.29 Wenngleich die Kategorie des reinen Vermögensschadens im Bereich der Haftung wegen fehlerhafter Sekundärmarktpublizität keinen Grund für die Ablehnung einer Schadensersatzhaftung gibt, ist sie immerhin als ein Verweis auf die Schwierigkeiten bei der ökonomisch richtigen Bemessung ihres Umfangs und der Zuordnung innerhalb des Kreises der Beteiligten zu sehen. Es fehlt an der Kongruenz des individuellen Schadens mit den gesamtwirtschaftlichen Kosten, die bei einer Schädigung physischer Güter gegeben ist und die – als besonderer Vorzug gegenüber staatlichen Sanktionen – eine schwierige Fremdbeurteilung und -festlegung des ökonomisch richtigen Sanktionsmaßes durch staatliche Stellen erübrigen kann. Dieser Vorteil kann sich bei der sekundärmarktbezogenen Kapitalmarktinformationshaftung des Wirtschaftsprüfers nicht entfalten. Die entstehenden gesamtwirtschaftlichen Schäden lassen sich bereits in ihrer Größenordnung kaum ermitteln und quantifizieren, zumal die Auswirkungen eines Informationsfehlers – wie die Störung des Anlegervertrauens – auch oder sogar vordringlich durch andere Umstände des Marktumfelds mitbeeinflusst werden. Der richtigen Zuordnung sind Grenzen gesetzt, weil sich die angedeuteten Folgen eines Informationsfehlers so vielfältig bei Individuen niederschlagen, dass sich diese rechtlich kaum als Betroffene erfassen lassen.30

28 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 100; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 341. M.w. Nachw. auch Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 254; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 340 ff. 29 Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 196; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 94; vgl. auch Sauer, Falschinformation, 2004, S. 341. 30 Beispielhaft Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1942 ff. Die Überlegungen von Bigus/Schäfer, ZfB 77 (2007), 19, 35 f., 39 f. zur Vermeidung einer Übermaßhaftung im Zusammenhang mit der diskutierten Problematik – reine Binnenhaftung, betragsmäßige Begrenzung der Dritthaftung oder Haftung nur bei grober Fahrlässigkeit –

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b) Abhängigkeit der Inanspruchnahme des Wirtschaftsprüfers vom wirklichen Vermeideaufwand Eine weitere Voraussetzung für die wirksame Verminderung primärer Kosten im Sinne des Grundmodells ist, dass die tatsächliche Inanspruchnahme des Wirtschaftsprüfers auf Schadensersatz für ihn möglichst nur durch wirkliche Vermeidungsbemühungen beeinflussbar ist, also insbesondere durch die Erhöhung der prüferischen Sorgfalt, nicht durch anderes Verhalten, das für den Wirtschaftsprüfer individuell günstiger, gesamtwirtschaftlich aber nachteilig ist.31 Solche Ausweichstrategien können das Streben nach einem Verbergen von Nachlässigkeiten oder danach, Prüfungen möglichst zu vermeiden, bei denen eine besondere Neigung zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen angenommen wird, sein. Soweit das Haftungsrisiko vergleichsweise leichter durch Ausweichstrategien beeinflusst werden kann, schlägt sich der dafür anfallende Aufwand tendenziell in den Prüfungshonoraren nieder. Andererseits ist positiv erforderlich, dass ein hinreichend enger Zusammenhang zwischen der Prüfungssorgfalt und dem Risiko, tatsächlich auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, besteht. Nachteilige Folgen hat die Haftungsbelastung als eine Übermaßhaftung, soweit der Wirtschaftsprüfer das Risiko der Inanspruchnahme nicht oder nicht mehr beeinflussen kann; die dennoch eintretende, nicht mehr nutzenstiftenden Haftungsbelastung führt dann tendenziell zu einer entsprechenden Verteuerung kapitalmarktrelevanter Prüfungen, die wiederum Unternehmen daran hindern kann, in gesamtwirtschaftlich nützlicher Weise den Kapitalmarkt in Anspruch zu nehmen.32 Weniger deutlich,33 aber immer noch denkbar sind gesamtwirtschaftlich nachteilige Auswirkungen, wenn der Wirtschaftsprüfer seine Inanspruchnahme nur durch eine zu weit erhöhte Prüfungssorgfalt beeinflussen kann. Dadurch würden auch unbedeutende Fehler verhindert werden, deren geringe Schadensfolgen den induzierten zusätzlichen Prüfungsaufwand gesamtwirtschaftlich nicht rechtfertigten.34 Gegen die Annahme, das Haftungsrisiko lasse sich durch den jeweiligen Prüfungsaufwand und damit durch die Prüfungssorgfalt beeinflussen, wird insbesondere die Eigenart der Prüfungstätigkeit eingewandt.35 Es handele sich dabei nicht um ein naturwissenschaftlich exaktes Verfahren mit einer sicheren Methodik, sondern um eine bleiben grobe Annäherungen. Zurückhaltend Ott, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 171, 182, 189 ff. 31 E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 179, 227 f.; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1960 ff.; Bily v. Arthur Young & Co., 834 P.2d 745, 766 (Cal. 1992). 32 Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1944, 1965 ff.; Bily v. Arthur Young & Co., 834 P.2d 745, 766 (Cal. 1992). 33 So auch Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996, S. 196 f. 34 Land, Wirtschaftsprüferhaftung, 1996, S. 194 ff.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 262. 35 Vgl. bereits oben im ersten Kapitel unter § 3 II. 1. a), S. 77 f.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Kunstfertigkeit auf hohem Niveau: „auditing is an art, not a science“.36 Demnach kommt es weniger auf den äußerlich betriebenen Aufwand bei der Prüfung an, der allein durch haftungsrechtliche Anreize beeinflussbar sei, sondern auf das subjektive Können und die Gewissenhaftigkeit des Wirtschaftsprüfers, letztlich also auf individuelle Fähigkeiten, die er nicht willkürlich zu beeinflussen vermag. In anderen Worten kommt derselbe Einwand zum Ausdruck, wenn die mangelnde individualpsychologische Fundierung einer angenommenen Präventivwirkung gerügt wird.37 Auch damit wird vornehmlich auf die Gewissenhaftigkeit und Urteilsfähigkeit des einzelnen Wirtschaftsprüfers abgestellt. Diese Kritik wird zum Teil mit dem Anspruch erhoben, die ökonomische Zweckmäßigkeit einer Wirtschaftsprüferhaftung generell in Abrede zu stellen. Doch geht eine solche Schlussfolgerung zu weit, denn die Tragfähigkeit dieser Kritik ist begrenzt. Der Prüfungsvorgang und damit auch die Erteilung des Bestätigungsvermerks erschöpfen sich keineswegs ausschließlich oder vornehmlich in subjektive Einschätzungen des individuellen Wirtschaftsprüfers,38 auch wenn diesen bei einzelnen Fragen der Prüfung, etwa im Zusammenhang mit der Bewertung von Prüfungsbefunden, einiger Raum gegeben ist.39 Für den Bereich der Tatsachenermittlung, mit der die Grundlage der Bewertung geschaffen wird, bestehen durchaus nachprüfbare Vorgaben, deren Verfehlung einen objektiv feststellbaren Mangel der Prüfung bedeutet.40 Auch darüber hinaus lässt sich aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung oder internationalen Prüfungsstandards in Verbindung mit dem Bilanzrecht oder entsprechenden verbindlichen Rechnungslegungsstandards ein Maßstab ableiten, anhand dessen die Pflichtgemäßheit des Wirtschaftsprüferhandelns beurteilt werden kann. Zielt eine Prüfungsanforderung auf eine Stichprobe oder ein anderes Verfahren ab, das nur mit gewisser Wahrscheinlichkeit Unrichtigkeiten aufdeckt, so lässt sich zwar allein aus dem Prüfungsergebnis die Fehlerhaftigkeit der Prüfung nicht ableiten, wohl aber aus der nicht ordnungsgemäßen Anwendung eines gebotenen Verfahrens. Soweit durch unbestimmte Rechtsbegriffe oder wertungsoffene Prüfungsanforderungen auf außerrechtliche Regeln verwiesen wird, etwa das Verhalten eines ,ordentlichen Wirtschaftsprüfers‘, lassen sich diese im Haftungsprozess gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen näher konkretisieren. Eine umfassende ge-

36 Zitiert bei Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 279; ferner MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 165. 37 MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 165; ähnlich O. Lange, DB 2003, 1833, 1836. 38 In diese Richtung aber MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 26. „Cognitive biases“ bei der Abschlussprüfung stellen Bazerman/Loewenstein/Moore, Harv. Bus. Rev. 80 (2002), 96, 98 ff. heraus; zust. Pritchard, Lewis & Clark L. Rev. 10 (2006), 19, 48 ff. 39 Vgl. dazu bereits oben im ersten Kapitel unter § 3 II. 1. a), S. 77 f. 40 Vgl. dazu MünchKomm-HGB/Ebke, § 317 Rdn. 43 ff.

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setzliche Regelung der Prüfungsanforderungen ist ebenso wenig erforderlich und möglich wie es die gesetzliche Fixierung der ärztlichen lex artis für die Arzthaftung wäre. Soweit Ermessensspielräume verbleiben, kommt es nur darauf an, dass sie gewisse Grenzen haben, deren Überschreitung als nicht mehr vertretbar und daher eindeutig pflichtwidrig anzusehen ist. Jede Entscheidung des Wirtschaftsprüfers innerhalb des Ermessensspielraums ist rechtlich als gleichwertig anzusehen, womit zugleich eine weitergehende Anreizwirkung im Hinblick auf einen vermeintlich fachlich idealen Gebrauch des Ermessens nicht erwartet werden kann. Eine Verbesserung der Prüfungsqualität über die – auch mittelbar – rechtlich festgelegten Anforderungen hinaus lässt sich mit einer Wirtschaftsprüferhaftung schon bei modellhafter Betrachtung nicht erreichen.41 In diesen Fällen wirken sich offene Wertungsspielräume zugunsten des Wirtschaftsprüfers aus; gleiches gilt nach allgemeinen Grundsätzen, wenn die haftungsbegründende Kausalität nicht nachweisbar ist, etwa weil trotz eines festgestellten Fehlers im Prüfungsverfahren ungewiss bleibt, ob eine Unrichtigkeit in der Rechnungslegung bei Anwendung des gebotenen Verfahrens aufdeckt worden wäre. 2. Richtige individuelle Zuweisung der Ersatzpflicht Schäden infolge von Informationsfehlern im Bereich des Sekundärmarkts werden stets durch das Handeln oder Unterlassen mehrerer Beteiligter verursacht. Neben dem Wirtschaftsprüfer wirken die Leitungs- und Aufsichtsorgane der geprüften Gesellschaft und schließlich, durch ihr Anlageverhalten, auch die Anleger selbst daran mit. Die Frage nach dem Ob des Schadensersatzes ist daher mit der Frage verbunden, welchem der Beteiligten dieser Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der Effizienz aufzuerlegen ist. Die Zuweisung erfolgt grundsätzlich durch die Gewährung von Schadensersatzansprüchen, doch darf nicht übersehen werden, dass auch in deren Versagung eine Zuweisung liegt, nämlich an denoder diejenigen, bei dem oder bei denen die gesamtwirtschaftlichen Kosten ursprünglich anfallen.42 Eine solche originäre Belastung mit dem Schaden wirkt prinzipiell ebenso also Anreiz, ihn zu vermeiden, wie eine Schadensersatzhaftung gegenüber anderen. a) Allgemeine Zuweisungskriterien Den Forderungen der ökonomischen Analyse entspricht es, die Kosten dem Beteiligten zuzuweisen, der bereits die Entstehung eines Schadens mit dem ge41 Nach den modellhaften Überlegungen von Ewert, JITE 1999, 181 ff.; Wagenhofer/ Ewert, Externe Unternehmensrechnung, 2007, S. 502 f. können unpräzise Prüfungsgrundsätze allerdings zu einer höheren Prüfungsqualität führen als präzise Grundsätze. Krit. Breuer, JITE 1999, 207 ff. 42 Vgl. Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 179, 183 f., 195.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

ringsten Aufwand vermeiden, ihn also nicht erst am günstigsten tragen oder versichern kann, dem sogenannten cheapest cost avoider.43 Dadurch wird mit dem Schaden belastet, wer den größten Vorteil von seiner Vermeidung hat und bei dem der Haftungsanreiz deshalb am leichtesten wirksam wird. Für die Aufstellung entsprechender abstrakt-genereller Zuweisungsregeln lassen sich eine Reihe weiterer Kriterien angeben:44 Auszugehen ist von dem Verhalten der Beteiligten, durch das sie jeweils an der Entstehung des Schadens mitwirken. Das Verhalten eines einzelnen darf nicht aus anderen Gründen als gesamtwirtschaftlich so nützlich erscheinen, dass sein Unterlassen deswegen unerwünscht wäre;45 insbesondere kommt es darauf an, ob es sich durch weniger gefährliches Verhalten ersetzen ließe.46 Des Weiteren dürfen die Kosten für die richtige Ermittlung des cheapest cost avoider nicht unverhältnismäßig gegenüber den Vorteilen einer richtigen Zuordnung sein.47 Ein gewichtiges Kriterium ist es auch, externe Effekte des fraglichen Verhaltens – schädliche Auswirkungen, die Dritten zur Last fallen – zu vermeiden. Dazu bedarf es einer sachgerechten Kategorisierung der Haftenden.48 Eine weitere Hilfe zur Ermittlung des cheapest cost avoider kann sich aus der Überlegung ergeben, ob der jeweilige Beteiligte imstande ist, die schädlichen Folgen seines Handelns vorauszusehen und bei der Handlungsentscheidung zu berücksichtigen. Je besser dies möglich ist, desto zielgenauer kann die drohende Inanspruchnahme die Minderung primärer Kosten veranlassen;49 dadurch erklärt sich, dass die Beschränkung der Haftung auf den vorhersehbaren Schaden, der dem deutschen Schadensersatzrecht fremd ist, für eine primär ökonomisch begründete Haftung befürwortet wird.50 Bei der Nahbereichshaftung kommt der Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit allerdings auf Tatbestandsebene zur Geltung, etwa indem der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte die Erkennbarkeit des Risikos voraussetzt.51 Erscheint aus der gesetzgeberischen Perspektive eine angemessene Zuordnung unter diesen Regeln nicht möglich, so kann die Belastung demjenigen auferlegt werden, von dem am ehesten zu erwarten ist, dass ihm der Schaden durch Markttransaktionen von einem Beteiligten abgenommen werden wird, der nach dem 43 Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 135. Ähnlich Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 189 f. 44 Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 139 ff. 45 Ebd. S. 141. 46 Ebd. S. 142. 47 Ebd. S. 143 f. 48 Ebd. S. 145. 49 Ebd. S. 148; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 419 f. 50 So Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 420. Vereinzelt auch zum US-amerikanischen common law: H. Rosenblum, Inc. v. Adler, 461 A.2d 138, 152 f. (N.J. 1983); Citizens State Bank v. Timm, Schmidt & Co., 335 N.W.2d 361, 365 (Wis. 1983). 51 Siehe oben im zweiten Kapitel unter § 5 II., III., S. 93 ff.

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jeweils eigenen Urteil zur günstigeren Schadensvermeidung befähigt ist.52 Außerdem ist zu berücksichtigen, ob der Schaden wirklich von dem Haftenden selbst getragen wird oder ob damit zu rechnen ist, dass er auf andere weiterverlagert wird, vornehmlich auf einen Versicherer. Gegebenenfalls ist allein derjenige, auf den der Schaden verlagert wird, als cheapest cost avoider in Betracht zu ziehen.53 Auf diesen Punkt ist in einem anschließenden Schritt näher einzugehen.54 b) Der Wirtschaftsprüfer Für die Einordnung des Wirtschaftsprüfers als cheapest cost avoider kann angeführt werden, dass er die von ihm ausgehenden Informationen als Fachmann durch eine Prüfung selbst ermittelt und dadurch am leichtesten und günstigsten in der Lage ist, Fehlinformationen aufzudecken und sie mit den daraus entstehenden Schäden zu vermeiden.55 Unter Umständen kann er auch als derjenige angesehen werden, der die Haftungsbelastung am ehesten auf andere, noch günstigere cost avoiders verlagern kann: Nämlich auf die geprüfte Gesellschaft durch die vereinbarte Vergütung, soweit zwischen ihr und der Neigung der Gesellschaft zu fehlerhafter Rechnungslegung ein Zusammenhang besteht. Zur Stellung als günstigster Kostenvermeider trägt des Weiteren bei, dass der Wirtschaftsprüfer bereits durch die Sorge um seine Reputation einen gewissen Anreiz zu pflichtgemäßem Verhalten hat, den die Schadensersatzhaftung lediglich ergänzen muss. Reputationsverluste können als ein Äquivalent von punitive damages angesehen werden: Es handelt sich um eine Belastung des Wirtschaftsprüfers, die über die Schadensausgleichung hinausgeht und die ihm nicht durch eine Versicherung abgenommen werden kann. Die Bedeutung eines Reputationsverlusts für den Präventiveffekt wird unter dem Stichwort der gatekeeper-Haftung näher in den Blick zu nehmen sein.56 Nachteilig sein kann, wenn es infolge der Haftung des Wirtschaftsprüfers dazu kommt, dass bestimmte als haftungsträchtig eingeschätzte Prüfungen nur zu prohibitiven Preisen angeboten werden, so dass sie letztlich zu einem Hindernis für die Inanspruchnahme des Kapitalmarktes werden, anstatt dass sich gerade hier die erwünschte aufdeckende oder bestätigende Prüfungstätigkeit entfaltet. Außerdem fehlt es weitgehend an der Vorhersehbarkeit des Schadens, der sich aus einem Fehlverhalten ergibt. Nicht nur der Schadensumfang, der sich durch Haftungsbeschränkungen begrenzen ließe, sondern bereits der Umstand, ob ein bestimmter Prüfungsfehler aufgedeckt und ob deswegen Ansprüche geltend gemacht werden, ist im Einzelfall ungewiss. Doch dies ist kein für 52

Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 150 ff.: Der sog. „best briber“. Ebd. S. 147 f.: Es komme auf den cheapest cost avoider „after transfer“ an. 54 Siehe unten unter § 11 II., S. 193 ff. 55 Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 323 f.; H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 545. 56 Siehe dazu unten unter § 11 I., S. 185 ff. 53

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

den Wirtschaftsprüfer spezifisches Problem, es trifft andere mögliche Haftungsadressaten grundsätzlich in gleicher Weise. c) Die geprüfte Gesellschaft und ihre Organmitglieder Was die geprüfte Gesellschaft angeht, so können Organmitglieder mit Geschäftsführungsfunktion und solche mit Überwachungsfunktion ebenfalls die Richtigkeit der Buchführung und der Rechnungslegung oder sonstiger Informationen beeinflussen. Aus ihrem vorgelagerten Verhalten ergibt sich zudem erst, ob der Wirtschaftsprüfer überhaupt die Gelegenheit erhält, fehlerhaft und anlegerschädigend zu handeln. Für ihre Stellung als cheapest cost avoider spricht, dass sie den ersten Zugriff auf die Rechnungslegung und Informationstätigkeit der Gesellschaft haben. Doch greift diese Betrachtung zu kurz, denn die Einrichtung der Pflichtprüfung durch den Wirtschaftsprüfer beruht bekanntermaßen auf der Erkenntnis, dass die Geschäftsführer aufgrund erheblicher Anreize zu opportunistisch-eigennützigem Verhalten in ihrer Berichtstätigkeit der Überwachung bedürfen, die Fehler verhütet oder gegebenenfalls aufdecken kann.57 Eine Haftung der Geschäftsführung ist ohne diese Prüfung kein geeignetes Instrument, Fehlinformationen vorzubeugen, weil etwaige Fehler dann nur unzureichend erkannt werden könnten. In Bezug auf die richtige Schadenszuweisung ergibt sich daraus zunächst, dass die Geschäftsführung auch dann, wenn sie mit vergleichsweise geringen Kosten eine fehlerhafte Rechnungslegung und Berichterstattung vermeiden kann, für eine Haftungsregelung mit dem Ziel der Prävention nicht so empfänglich ist, wie es ohne die benannten Besonderheiten zu erwarten wäre. Daraus folgt weiter, dass nicht nur der Umstand der Fehlinformation an sich als zu vermeidendes schädigendes Ereignis in Betracht zu ziehen ist, der für sich genommen eine Haftung der Geschäftsführung rechtfertigen mag, sondern auch der erst durch pflichtgemäße Wirtschaftsprüfertätigkeit aufgedeckte, sonst aber zusätzlich entstehende und unentdeckt bleibende Fall der Fehlinformation. Diesbezüglich kommt die Geschäftsführung als alternativer Haftungsadressat nicht in Frage und kann insofern dem Wirtschaftsprüfer die Stellung als cheapest cost avoider nicht streitig machen.58 Davon abgesehen ist es trotz der größeren Nähe der geschäftsführenden Organmitglieder zur Rechnungslegung und Publizität der Gesellschaft keineswegs eindeutig, dass ihnen die Vermeidung zumindest von nicht vorsätzlich falscher Fehlinformation vergleichsweise leichter fällt. Nicht alle Organmitglieder sind in gleicher Weise sachkundig im Hinblick auf die Informationsgegenstände, so dass sich die Verantwortung mancher von ihnen darauf beschränkt, die ordnungsge57

Dazu bereits oben im ersten Kapitel unter § 3 II., S. 76 ff. Im Ergebnis auch Seligman, U. Cin. L. Rev. 73 (2004), 95, 125; Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 868 f., 888 ff. 58

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mäße Organisation einer Kontrolle durch sachkundige Organmitglieder zu gewährleisten. Sie haben nur begrenzte Einflussnahmemöglichkeiten, wenn sie zugleich ihrer gesamtwirtschaftlich erwünschten anderweitigen Geschäftsführungstätigkeit nachgehen. Organmitglieder mit akzentuierter Überwachungsfunktion, die Aufsichtsratsmitglieder der Aktiengesellschaft, verpflichtet das Gesetz zwar zur Prüfung der Abschlüsse (§ 171 Abs. 1 AktG), jedoch nicht ohne zu berücksichtigen, dass sie ihre Aufgabe nur nebenamtlich und vor allem in lediglich vier jährlichen Sitzungen (vgl. § 110 Abs. 3 AktG) ausüben. Auch weil diese internen Prüfungen nach Umfang und Inhalt als nicht ausreichend angesehen wurden, ist die Pflichtprüfung durch einen außenstehenden Wirtschaftsprüfer eingeführt worden. d) Die Anleger Als weitere Beteiligte sind die Anleger oder sonstige Informationsadressaten einzubeziehen, die durch die Vornahme fehlinformationsbeeinflusster Transaktionen ebenfalls für die Schadensentstehung kausal werden. Sie lassen sich nicht mit der Begründung als cheapest cost avoiders einordnen, dass sie die Schadenstragung aufgrund der Möglichkeit zur Diversifizierung am wenigsten belaste.59 Damit wird außer acht gelassen, dass als cost avoider im Hinblick auf die Vermeidung primärer Kosten nur angesehen werden kann, wer das schadensursächliche Geschehen beeinflussen und damit die Entstehung eines gesamtwirtschaftlicher Nachteile von vornherein abwenden kann, nicht auch, wer lediglich einen entstandenen Schaden am leichtesten tragen kann. Die fehlerhafte Information durch die Gesellschaft kann der Anleger als Marktteilnehmer am Börsenhandel jedoch selbst nicht mit angemessenem, praktikablem Aufwand, etwa durch selbst initiierte Prüfungsmaßnahmen, beeinflussen. e) Der Versicherer des Wirtschaftsprüfers Nach der bisherigen Betrachtung kann der Wirtschaftsprüfer, unter Umständen neben den Gesellschaftsorganen, durchaus als cheapest cost avoider angesehen werden. Die Auswirkungen einer Haftpflichtversicherung auf diesen Befund sind jedoch noch nicht berücksichtigt worden. Wie erwähnt ist die Figur des cheapest cost avoider auf den Aspekt der Senkung primärer Kosten durch die Präventivwirkung der Haftungsbelastung bezogen.60 Deswegen kann die Haftung des Wirtschaftsprüfers als cheapest cost avoider nur gerechtfertigt werden, soweit er durch sie tatsächlich belastet wird. Übernimmt ein Versicherer die Haftungsbe59 So aber Bilek, Comment, Sw. L.J. 39 (1985), 689, 705 ff. Vgl. auch Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 307. 60 Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 147 f. Dagegen insofern missverständlich E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 73, 128 ff.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

lastung, so erfolgt eine finanzielle Sanktionierung nur noch, soweit sich die Versicherungsprämie an das bereits realisierte oder sonst einschätzbare Haftungsrisiko anpasst. Wenn dies nicht der Fall ist, die Versicherungsprämie also nicht von der Inanspruchnahme abhängt, wäre allein zu fragen, ob der Versicherer cheapest cost avoider ist. Im Vergleich zu dem Anleger ist der Vorteil des Versicherers im Hinblick auf die Beeinflussung der Prüfungsqualität nicht so groß wie es der des Wirtschaftsprüfers für sich genommen wäre. Die Haftungszuweisung zu dem Wirtschaftsprüfer wird zudem im Vergleich zu den Beteiligten auf Seiten des Emittenten zweifelhaft: Es müsste bei diesem konsequenterweise die D&O-Haftpflichtversicherung mit ihren Einflussnahmemöglichkeiten in Betracht gezogen werden, so dass die Frage zu stellen wäre, welche Vorzüge der noch indirektere Einfluss der Wirtschaftsprüfer-Berufshaftpflichtversicherung auf die Qualität der Rechnungslegung und Publizität demgegenüber hätte. Hervorzuheben ist, dass die wirksame Belastung des Wirtschaftsprüfers und damit der Umfang und die Beschränkung einer möglichen Haftpflichtversicherung von zentraler Bedeutung für die Beurteilung der Präventivwirkung einer Wirtschaftsprüferhaftung ist; auch in Hinsicht auf das richtige Maß der Haftung kommt es dementsprechend auf die wirkliche, dem Wirtschaftsprüfer selbst – letztlich den beteiligten natürlichen Personen – drohende Belastung an. Darauf ist noch näher einzugehen.61 Neben diesem Gesichtspunkt hat sich gezeigt, dass die bereits angesprochenen nichtfinanziellen Auswirkungen einer Schadensersatzhaftung auf die Reputation des Wirtschaftsprüfers besondere Aufmerksamkeit verdienen.62

II. Verminderung gesamtwirtschaftlicher Kosten durch Schadensverteilung Neben der Präventivwirkung nimmt die ökonomische Analyse des Haftungsrechts auch die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Schadenstragung nach einer eingetretenen Schädigung in den Blick, die bei der Beurteilung der Effizienz einer Haftungsregelung nicht außer acht gelassen werden können. Dass die Schadenstragung durch bestimmte Individuen gesamtwirtschaftliche Kosten mit sich bringen kann, beruht auf der Annahme, dass sich diese in der Risikoaversion unterscheiden, dass also finanzielle Belastungen zu individuell unterschiedlichen Nutzeneinbußen und damit zu unterschiedlichen gesamtwirtschaftlichen Kosten führen. Je höher das Vermögen des betreffenden Individuums im Verhältnis zu der Belastung ist, desto geringer ist die Nutzeneinbuße, weil der Grenznutzen des Vermögens – also der Nutzen jeweils zusätzlichen Vermögens – abnimmt, je grö-

61 62

Siehe dazu unten unter § 11 I., S. 185 ff. Siehe dazu unten unter § 11 II., S. 193 ff.

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ßer dieses wird.63 Die Kosten, die infolge einer nach diesem Maßstab nicht optimalen Zuweisung der Schadenstragung entstehen, können als sekundäre Kosten schädigenden Verhaltens bezeichnet werden.64 Zur Minimierung dieser Kosten kann das Haftungsrecht in zweifacher Weise beitragen, nämlich durch die Verteilung des Schadens auf möglichst viele (,loss spreading‘) oder durch die gezielte Belastung besonders vermögender Individuen (sogenannter ,deep pockets‘). Allerdings dürfte der letztere Ansatz von vornherein als ein maßgebliches Ziel ausscheiden, weil Vermögensunterschiede an sich für die Privatrechtsordnung kein legitimes, also durch ausgleichende Gerechtigkeit zu rechtfertigendes, Zuteilungskriterium sind; dies stünde im Widerspruch zu dem Fundamentalprinzip der Rechtsgleichheit.65 Andererseits ergibt sich daraus, dass eine regelmäßig für einen Haftungsschuldner nicht tragbare und in diesem Sinne übermäßige Haftungsbelastung als solche gesamtwirtschaftlich nachteilig sein kann.66 Zum loss spreading kann das Haftungsrecht vor allem indirekt beitragen. Es führt nicht notwendig selbst zu einer breiten Verteilung des Schadens, sondern leitet ihn auf diejenige Person über, die dafür am leichtesten und günstigsten Versicherung in Anspruch nehmen kann (es handelt sich dann um den ,cheapest insurer‘), der selbst einem Versicherer vergleichbare Voraussetzungen für die Risikotragung erfüllt (so dass er ,superior risk bearer‘ ist) oder der den Schaden sonst auf einen größeren Kreis, vornehmlich auf Vertragspartner, überwälzen kann.67 Namentlich Unternehmen sind in der Lage, auch ohne Versicherung Risiken selbst zu tragen und auf den größeren Kreis von Marktpartnern überzuwälzen, so dass die sogenannte enterprise liability als ein bedeutendes Mittel des loss spreading angesehen wird.68 Dabei ist loss spreading im eigentlichen Sinne allein als ein Mittel zu Minimierung gesamtwirtschaftlicher Kosten und damit zur Effizienzverbesserung anzusehen, so dass in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob und inwieweit mit der Schadensabnahme zugleich ein individueller „Schutz sozial Schwächerer“ verwirklicht wird.69 Anders als die primären Kosten, die wirkliche Ressourcenschäden voraussetzen und sich nicht 63 Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 39 f. Sog. Prinzip des abnehmenden Grenznutzens. 64 So ebd. S. 27 f. 65 Vgl. auch ebd. S. 40 ff. Dem entspricht es, dass die Kennzeichnung einer Haftungsregelung als „deep pocket-Methode“ gewöhnlich in kritisch-ablehnender Weise erfolgt, vgl. nur Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 251. Allenfalls der Billigkeitshaftung nach § 829 BGB, deren Ausnahmecharakter hervorsticht, könnte ein entsprechendes Anliegen zugeschrieben werden. 66 Vgl. dazu noch unten unter III. 2., S. 176 ff. 67 Dazu ausführlich Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 50 ff., 55 ff. 68 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 858–867; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 340 f.; Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 45, 50 f. Zur Entwicklung dieses Zusammenhangs Priest, J. Legal Stud. 14 (1985), 461 ff. 69 Missverständlich insoweit E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 73.

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aus einer gesamtwirtschaftlich neutralen Vermögensumverteilung ergeben, können sekundäre Kosten aus jeder Vermögensbeeinträchtigung und damit auch aus bloßen Umverteilungsschäden entstehen. Insoweit ist loss spreading stets möglich, allerdings nur bezogen auf einen feststellbaren individuellen Schaden; die durch Informationsfehler entstehenden breit verteilten gesamtwirtschaftlichen Schäden in Gestalt etwa der Störung des Anlegervertrauens sind dagegen einer (noch weiteren oder zweckmäßigeren) Verteilung praktisch nicht zugänglich, weil sie kaum identifizierbar und zuzuordnen sind. Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, ob der Wirtschaftsprüfer im Hinblick auf den Schaden infolge von Informationsfehlern als cheapest insurer oder sonst als überlegener Risikoträger angesehen werden kann. Im Vergleich zu den Anlegern, bei denen die entsprechenden Schäden zunächst anfallen, ist es für den Wirtschaftsprüfer leichter oder allein möglich, Versicherung im eigentlichen Sinne zu nehmen. Allerdings fände bei den Anlegern angesichts ihrer Vielzahl bereits von vornherein eine gewisse Verteilung statt. Insbesondere steht ihnen die Möglichkeit der Diversifizierung ihrer Vermögensanlagen zur Seite, durch die sie das Risiko, erheblichen Schaden durch – unternehmensspezifische – Informationsfehler zu erleiden, weitgehend reduzieren können.70 Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht nur das Fehlinformationsrisiko zur Diversifizierung Anlass gibt, sondern ebenso die übrigen ohnehin bestehenden und jedenfalls vom Anleger zu tragenden unternehmensspezifischen Risiken.71 Überdies gehören zu den Anlegern auch Unternehmen, die gegenüber dem Wirtschaftsprüfer unabhängig von der Diversifizierungsmöglichkeit als superior risk bearer erscheinen. Dies dürfte in der Regel auch auf Großaktionäre zutreffen, deren Vermögen zu einem erheblichen Teil in einer bestimmten Aktiengesellschaft investiert ist, obwohl sie von fehlerhafter unternehmensbezogener Information durchaus besonders betroffen sein können. Es bleibt demnach im Wesentlichen der nicht hinreichend diversifizierte nicht-unternehmerische (Klein-)Anleger, dem gegenüber der Wirtschaftsprüfer, typischerweise in Form einer größeren Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, mit einer Haftpflichtversicherung als der bessere Risikoträger erschiene.72 Außerdem ist die geprüfte Gesellschaft, zu deren Lasten eine Fehlinformationshaftung ebenfalls in Frage käme, jedenfalls als primärer Haftungsträger mit in Betracht zu ziehen. Sie dürfte im Vergleich zu dem Wirtschaftsprüfer besser in der Lage sein, durch Übernahme des Schadens zu einem loss spreading beizutragen,73 zumal ihrer Inanspruchnahme inhärent wäre, dass sie im Umfang der haf70

Dazu Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 8.2, S. 186 ff. Arlen/Carney, U. Ill. L. Rev. 1992, 691, 719; Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 307; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1970 ff.; Bily v. Arthur Young & Co., 834 P.2d 745, 766 (Cal. 1992). Grundlegend Markowitz, J. Fin. 7 (1952), 77 ff. 72 Etwa H. Rosenblum, Inc. v. Adler, 461 A.2d 138, 152 f. (N.J. 1983). 73 Vgl. E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 184. Auch Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 307. 71

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tungsbegründenden Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers einen angemessenen Teil der Haftungssumme im Regressweg auf diesen weiterverlagern könnte.74 Jedenfalls wäre die Gesellschaft – oder wären ihre Organmitglieder persönlich – genauso gut befähigt, den Schaden auf eine Versicherung, nämlich eine D&O-Haftpflichtversicherung, überzuleiten.75 Insgesamt lässt sich ein spezifischer Beitrag der Wirtschaftsprüferhaftung zur Senkung sekundärer Kosten von Fehlinformationen schwerlich nachweisen. Soweit er besteht, ist er vornehmlich der Haftpflichtversicherung zuzuschreiben.76 Die Reduzierung sekundärer Kosten durch loss spreading steht außerdem im Widerstreit mit dem Ziel der Minderung primärer Kosten durch eine wirksame Schadensbelastung, der hier vergleichsweise größeres Gewicht zukommen dürfte.

III. Haftungsbedingte Kosten in Schadensfällen Neben den Aufwendungen, die als Folge von Schadensfällen auch ohne eine Haftungsregelung entstehen und durch sie verringert werden sollen, bringt die Haftungsregelung selbst Kosten mit sich, die als tertiäre Kosten eingeordnet werden können.77 Dabei handelt es sich in erster Linie um Abwicklungs- und Verteilungskosten einer Schadensersatzregelung (sogleich unter 1.), jedoch auch um mögliche unerwünschte Auswirkungen einer Haftungsregelung auf die Informationsproduktion (unter 2.). Außerdem sind (unter 3.) entferntere Folgewirkungen zu betrachten, die gerade im Hinblick auf eine Wirtschaftsprüferhaftung als erheblich angesehen worden sind. 1. Abwicklungs- und Verteilungskosten Abwicklungs- und Verteilungskosten sind Transaktionskosten des Schadensausgleichs. Zu ihnen gehören vor allem Aufwendungen für ein gerichtliches Verfahren, für Vergleichsverhandlungen und Anwaltskosten. Berücksichtigt man einerseits, dass auch die Nichtregelung eines Schadensersatzanspruches verhaltenssteuernde Auswirkungen haben kann, indem sie denjenigen, dem die gesamtwirtschaftlichen Kosten ursprünglich zur Last fallen, zu Maßnahmen der Schadensverhütung oder der Vorsorge für den Schadensfall veranlassen,78 und andererseits, dass eine Haftungsregelung (tertiäre) Kosten verursacht, die bei einer 74

Weiterführend zu entsprechenden Gestaltungsüberlegungen Zimmer, WM 2004,

9 ff. 75 Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 340; Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 864 ff. Einschränkend die Kritik von Arlen/Carney, U. Ill. L. Rev. 1992, 691, 718 f. 76 Dazu sogleich unter § 11 II., S. 193 ff. 77 Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 28, 225 f. 78 Vgl. Bishop, Oxford J. Leg. Stud. 2 (1982), 1, 8 f.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Nichthaftung nicht anfallen, so spricht dies dafür, die Begründungslast aus ökonomischer Sicht eher auf die Seite der Haftungsbefürworter zu legen.79 Im Einzelnen ist die Verschuldenshaftung als eine gewichtige Quelle tertiärer Kosten kritisiert worden, und zwar besonders im Gegensatz zu einer strikten Haftung nach der Art der Gefährdungshaftung.80 Die Feststellung individuellen Verschuldens im Einzelfall sei besonders aufwendig. Sie trage nicht zu einer zweckmäßigen Kostenzuweisung bei, soweit der Schaden ohnehin auf einen Versicherer oder sonst auf andere übergewälzt werde. Besonders für das US-amerikanische Recht werden unverhältnismäßige Kosten von Gerichtsverfahren oder Vergleichsverhandlungen diskutiert, die durch die Geltendmachung sachlich nicht begründeter Ansprüche entstünden.81 Art und Umfang solcher Probleme hängt stark von der jeweiligen gesamten Rechtsordnung ab, etwa von der Einrichtung der class action, den Honoraranreizen der Anwälte82, der im US-amerikanischen Recht vorgesehenen Entscheidung durch ein Geschworenengericht und die Bedeutung von Vergleichen. Die insoweit anderen Rahmenbedingungen der deutschen Rechtsordnung lassen Entwicklungen gleichen Ausmaßes wohl nicht erwarten.83 Doch ist zu berücksichtigen, dass das relative Gewicht der tertiären Kosten davon abhängt, ob die Haftungsregelung im Gesamtzusammenhang hinreichend trennscharf zwischen begründeten und unbegründeten Klagen zu differenzieren vermag. Insofern lassen sich tertiäre Kosten nicht effektiv dadurch vermeiden, dass die Haftung insgesamt so hohen Hürden ausgesetzt ist, dass sie insgesamt kaum praktische Bedeutung über die bestehende Vorsatzhaftung hinaus erlangen kann. 2. Störung der Anreize zur Veröffentlichung gesamtwirtschaftlich nützlicher Informationen? Ein Einwand aus der rechtsökonomischen Betrachtung des Haftungsrechts besteht darin, dass es generell an hinreichenden Anreizen zur Veröffentlichung gesamtwirtschaftlich nützlicher Informationen mangele, so dass eine zusätzliche 79 Gegenteilig Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 799 f., jedoch unter Miteinbeziehung von „Fairnessgründen“, die bei pflichtwidrig-schuldhafter individueller Schädigung grundsätzlich Kompensation erforderten. 80 So Calabresi, Costs of Accidents, 1975, S. 250 ff. Ferner Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 264. Mit Bezug auf gatekeeper auch Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 513 ff. 81 Pritchard, Lewis & Clark L. Rev. 10 (2006), 19, 44 ff.; Choi, Vand. L. Rev. 57 (2004), 1465, 1477 ff.; Palmrose, „Do the Merits Matter?“, J. Acc. & Pub. Pol’y 16 (1997), 355, 362 ff.; Grundfest, Harv. L. Rev. 107 (1994), 961, 971 ff.; Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 306. 82 Vgl. näher Klement/Neeman, J. L. Econ. & Org. 20 (2004), 102 ff. 83 So auch Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 213 ff.; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 159 m.w. Nachw.

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Belastung der Informationsproduzenten mit einem Haftungsrisiko, jedenfalls gegenüber einem großen Kreis Dritter und bereits bei Fahrlässigkeit, grundsätzlich abzulehnen sei.84 Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass veröffentlichte Informationen ein Gut seien, dessen Nutzen sich nicht auf einen begrenzten Personenkreis beschränke. Gerade weil die Nutzung nicht mit einem Verbrauch dieses Gutes einhergehe, gebe es eine beträchtliche Zahl an Individuen, die von der Information profitiere, ohne eine nach den Regeln des Marktes zustande kommende Gegenleistung entrichten zu müssen. Sie agiere mithin als free rider.85 Aufgrund dieses Marktversagens könne der Informationsproduzent nicht mit einem Entgelt für seine Tätigkeit rechnen, das ihrem volkswirtschaftlichen Wert entspreche. Daraus ergebe sich der mangelnde Anreiz zu hinreichender Informationsproduktion und damit eine nicht optimalen Quantität veröffentlichter Information.86 Es sei praktisch auch nicht möglich, dem Informationsproduzenten den von ihm gestifteten Nutzen zugute zu bringen, sondern nur, ihn nicht noch zusätzlich mit den Kosten für Informationsfehler zu belasten.87 Die Verminderung der Informationsproduktion ist allerdings nicht zu erwarten, wenn die Information aufgrund einer dahingehenden Rechtspflicht erfolgt,88 wie dies bei der Pflichtprüfung der Fall ist. Im Hinblick auf den Wirtschaftsprüfer kommt der entsprechende Effekt also vor allem bei freiwilligen Prüfungen in Betracht. Doch auch dagegen lassen sich überzeugende Einwände erheben. So wäre davon auszugehen, dass die geminderte Quantität an Informationen, die sich aus einer wirksamen Informationshaftung ergeben soll, mit einer Qualitätssteigerung hinsichtlich der dennoch gegebenen Information verbunden wäre.89 Ein größerer Umfang an Information ist im Bereich der Unternehmenspublizität, besonders bei der Veröffentlichung eines Bestätigungsvermerks, kein Vorteil gegenüber einer konzentrierteren und verlässlicheren Information. Gerade die Prüfung und Bestätigung durch einen Wirtschaftsprüfer ist von vornherein auf einen Ausschnitt der gesamten Unternehmenspublizität beschränkt und auch für freiwillige Prüfungen verschiedener Art zumindest durch fachliche Standards inhaltlich geregelt. Darüber hinaus ist fraglich, ob das beschriebene Marktversagen überhaupt gegeben ist. Es mag zutreffen, dass für die zuständigen Organmitglieder des Emittenten kein hinreichender Anreiz besteht, für die Anlegerschaft und damit 84 Bishop, L.Q. Rev. 96 (1980), 360 ff., 378 f.; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1965 f. 85 Bishop, L.Q. Rev. 96 (1980), 360, 363 ff.; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1965 f. 86 Bishop, L.Q. Rev. 96 (1980), 360, 365 f.; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1965 f. Im Ergebnis auch Baums, ZHR 167 (2003), 139, 191; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 280; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 343. 87 Bishop, L.Q. Rev. 96 (1980), 360, 368 f. 88 Dies gesteht auch Bishop, L.Q. Rev. 96 (1980), 360, 368 Fn. 23 ein. 89 Auch Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 192.

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die Gesamtwirtschaft nützliche Informationen in einem optimalen Umfang zu verbreiten, weil eine entsprechende Gegenleistung für sie oder für den Emittenten nicht ohne weiteres ersichtlich ist. Im Gegensatz dazu kann der Wirtschaftsprüfer jedoch mit dem Emittenten eine Entlohnung für die konkrete Prüfungsund Informationstätigkeit durch diesen aushandeln. Es lässt sich mit den angeführten Argumenten nicht zugleich in Abrede stellen, dass der Markt für Wirtschaftsprüferdienstleistungen dabei grundsätzlich zu einer störungsfreien und daher insgesamt volkswirtschaftlich angemessenen Preisbildung führen kann.90 Dies schließt es ein, dass der Wirtschaftsprüfer in der Lage ist, sich ein zusätzliches Haftungsrisiko und zusätzliche Prüfungskosten für eine verbesserte Prüfung entgelten zu lassen. Im Endergebnis verbleibt dann als Folge der Informationshaftung nur eine Verteuerung der Wirtschaftsprüfertätigkeit für börsennotierte Gesellschaften. Letztlich erhöht dies wiederum die Kosten für die Inanspruchnahme der entsprechenden Segmente des Kapitalmarktes – jedoch in einem Ausmaß, das ceteris paribus dem gesamtwirtschaftlichen Vorteil der Informationshaftung entspricht. Nur soweit diese Annahme nicht zutrifft, kann es infolge der nicht ausgeglichenen Mehraufwendungen zu einem Rückgang der Verfügbarkeit von Prüfungsdienstleistungen zu Preisen kommen, die für die betreffenden kapitalmarktorientierten Unternehmen noch vertretbar erscheinen.91 3. Folgekosten durch Auswirkungen auf den Wettbewerb im Markt für Prüfungsdienstleistungen und die Sicht der Europäischen Kommission Als Folgekosten einer unbeschränkten Haftung des Wirtschaftsprüfers können eventuelle nachteilige Auswirkungen auf den Markt für Prüfungsdienstleistungen angesehen werden. Sie sind insbesondere deswegen in das Blickfeld gerückt, weil die Europäische Kommission von solchen Auswirkungen ausgeht und eine Empfehlung im Sinne des Art. 249 des EG-Vertrages zur Abschlussprüferhaftung darauf gestützt hat.92 In ihr wird den Mitgliedstaaten empfohlen, die Haftung bei der Prüfung börsennotierter Gesellschaften zu beschränken, wobei die Art und Weise der Beschränkung in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt wird.93 Die Erwägungsgründe der Empfehlung berufen sich darauf, dass sich die Haftungsrisiken durch eine zunehmende Volatilität der Börsenkapitalisierung von Unternehmen deutlich erhöht hätten, während der Zugang für Versicherungsschutz für 90

Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 192 f. Vgl. oben unter § 10 I. 1. b), S. 165 ff. sowie § 10 I. 2. b), S. 169 f. 92 Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. 93 Ebd. Ziff. 5. Entsprechende Bestrebungen von Seiten des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer auf europäischer Ebene lassen sich weit zurückverfolgen, vgl. etwa Groupe d’Etudes des Experts Comptables de la C.E.E., Journal UEC, Supplément à 4/1974, S. 1, 3 ff., 6. 91

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solche Risiken immer mehr beschränkt worden sei. Die unbeschränkte und gesamtschuldnerische Abschlussprüferhaftung könne Prüfungsgesellschaften von einem Eintritt in den betreffenden Sektor des internationalen Wirtschaftsprüfungsmarktes abhalten. Infolgedessen bestehe wenig Aussicht, dass künftig neue Prüfungsnetze entstünden, die Abschlussprüfungen börsennotierter Gesellschaften durchführen könnten.94 a) London Economics-Studie zu den ökonomischen Auswirkungen unterschiedlicher Regelungen der Wirtschaftsprüferhaftung Die Annahmen und ökonomischen Schlussfolgerungen der Europäischen Kommission gehen auf eine Studie zurück, die in ihrem Auftrag erstellt wurde.95 Anlass dafür war die Aufforderung in Art. 31 der Abschlussprüfungsrichtlinie an die Kommission, über Auswirkungen der Prüferhaftung zu berichten und gegebenenfalls Empfehlungen abzugeben.96 Eine Beurteilung und Einordnung der Thesen, von denen die Kommission ausgeht, erfordert zunächst, die dafür relevanten Ergebnisse dieser Studie nachzuzeichnen. Ihr Ausgangspunkt ist die Erkenntnis, dass Prüfungen bei großen und sehr großen börsennotierten Unternehmen (auch) in der Europäischen Union ganz überwiegend von den vier größten Netzwerken von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (,Big Four‘) wahrgenommen werden,97 so dass der Markt für solche internationalen Prüfungsdienstleistungen hochgradig konzentriert ist. Als Gründe dafür werden Schranken für den Eintritt in dieses Marktsegment angeführt, und zwar das Fehlen der erforderlichen Reputation, der Kapazitäten und der geographischen Reichweite bei den nächstkleineren Gesellschaften (,middle-tier firms‘). Daneben wird die mangelnde Verfügbarkeit von Versicherungsschutz für eine unbeschränkte Haftung genannt.98 Auf das Problem der Versicherbarkeit in dem betreffenden Marktsegment geht die Studie näher ein und führt an, dass die am Markt tätigen Versicherer nur für einen geringen Teil der Haftungsrisiken Versicherung anböten.99 Dafür seien vornehmlich unzureichende Möglichkeiten zur Diversifizierung des spezifischen versicherten Risi94 So 2. und 3. Erwägungsgrund der Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. Angesprochen wird die Sorge um eine Konzentration des Prüfungsmarktes durch eine zu weitgehende Haftung bereits in Eur. Kommission, Grünbuch Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers, 1996, Ziff. 5.5. 95 London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006. 96 Vgl. dazu auch unten im fünften Kapitel unter § 15 III. 2. c) bb), S. 276 ff. 97 Es handelt sich dabei um Deloitte Touche Tohmatsu, Ernst & Young, KPMG und PricewaterhouseCoopers, vgl. London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 30, ferner S. 16 ff. 98 Allerdings von den betreffenden Prüfungsgesellschaften erst auf Nachfrage, wohl weil – so die Studie – diese Problematik für das bisher von ihnen nicht bearbeitete Marktsegment spezifisch sei, ebd. S. 46. 99 Ebd. S. 99 ff.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

kos, dessen Unvorhersehbarkeit und Wechselhaftigkeit ursächlich, gefördert durch einen typischerweise über Jahre verzögerten Schadenseintritt.100 Zur Abhilfe hätten die vier großen Prüfungsnetzwerke Eigenversicherungsunternehmen (captive insurance companies) gegründet, die sich zum Teil rückversicherten und im Übrigen das Haftungsrisiko innerhalb des weltweit gespannten Netzwerk verteilten.101 Kleinere Prüfungsgesellschaften könnten auf solche Mechanismen nicht in ähnlicher Weise zurückgreifen.102 Um einen kausalen Zusammenhang zwischen einer unbeschränkten Haftung und der Marktkonzentration mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit darzulegen, wird darauf verwiesen, dass die Marktkonzentration in EU-Mitgliedstaaten mit Haftungsbeschränkungen signifikant geringer sei als in den anderen.103 Als besonders bedenklich erscheint die Marktkonzentration aus Sicht der Studie, wenn berücksichtigt werde, dass ein oder zwei der verbleibenden Netzwerke in Zukunft ebenso wie Arthur Anderson wegen des ,Enron‘-Falls verschwinden könnten.104 b) Relevanz der angenommenen Wettbewerbsauswirkungen Schon angesichts der entsprechenden Ausführungen der Studie verwundert es allerdings, dass sich die Europäische Kommission in der Begründung ihrer Empfehlung allein auf die unbeschränkte Haftung als Marktzugangsschranke stützt. Die Studie gelangt hierzu lediglich zu dem Ergebnis, dass es für diesen Zusammenhang aufgrund der verfügbaren Daten zwar signifikante, aber letztlich keine besonders belastbaren Anhaltspunkte gebe.105 Es liegt überaus nahe, dass die anderen, auch oben genannten Umständen für die gegenwärtigen Marktverhältnisse bei weitem entscheidender sind, zumal sich die Verhältnisse in Ländern mit Haftungsbeschränkung und ohne eine eigentliche Dritthaftung, wie Deutschland, nicht grundlegend unterscheiden. Soweit die Studie die Haftungsrisiken, denen Wirtschaftsprüfer in der EU ausgesetzt sind, quantifiziert und von ihrer nur eng begrenzten Versicherbarkeit ausgeht, wecken die Grundlagen dieser Ergebnisse Zweifel an ihrer Verlässlichkeit und Aussagekraft. So kann für den Umfang des verfügbaren Versicherungsschutzes nur auf Angaben eines Rückversicherers Bezug genommen werden, wobei der Versicherungsschutz zu geltend gemachten Ansprüchen ins Verhältnis gesetzt wird; inwieweit solche Ansprüche auch der Höhe nach fundiert sind und sich etwa in Vergleichen niederschlagen werden, ergibt sich daraus nicht.106 Die Frage, in welchem Umfang die Marktverhältnisse 100

Ebd. S. 102. Ebd. S. 92 f. 102 Ebd. S. 92. 103 Ebd. S. 164 ff. mit dem Hinweis, dass die kleine Stichprobe keine belastbaren Schlüsse („strong inferences“) erlaube. 104 Ebd. S. 119 ff., 134 ff. 105 Vgl. oben Fn. 103. 101

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die Überwälzung einer zunehmenden Belastung der Wirtschaftsprüfer durch Versicherungsprämien auf die geprüfte Gesellschaft erlauben, wird anhand von Umfragen unter Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (in negative Richtung) beantwortet.107 Ähnliches gilt für Annahmen der Studie zu den Auswirkungen einer gesetzlichen Haftungsbeschränkung auf die Prüfungsqualität, für die ebenfalls Umfragen unter Wirtschaftsprüfern, Unternehmen und Investoren durchgeführt wurden.108 Angesichts des Anlasses der Studie kann mit einem getreuen Bild der realen Verhältnisse oder auch nur der wirklichen Einschätzungen der Befragten kaum gerechnet werden. Als eine plausible Möglichkeit erscheint es jedoch, dass es zum Zusammenbruch eines weiteren der vier verbliebenen Prüfungsnetzwerke kommen könnte.109 Dann mag es, gerade in Marktsektoren, in denen aufgrund von regionalen Spezialisierungen nicht alle Netzwerke tätig sind, durch die weitere Konzentration zu nachteiligen Folgen für das Funktionieren des Marktes für Prüfungsdienstleistungen kommen.110 Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass ein unbeschränkter, nur von Marktkapitalisierung und Aktienumsatz bei der geprüften Gesellschaft abhängiger Haftungsumfang entscheidend dazu beitragen könnte.111 Eine Beschränkung der Haftung auf einen voll oder weitgehend versicherbaren Umfang würde dem abhelfen, so dass solche Folgewirkungen dann keinen Anlass geben, von einer Haftung gegenüber Dritten Abstand zu nehmen. Dafür müsste eine derartige Haftungsbeschränkung auch darüber hinaus als geeignetes Regelungsinstrument erscheinen. Sie steht allerdings in Widerstreit mit dem Ziel der Verminderung primärer Kosten durch Prävention und der Funktion des Ersatzanspruches als Klageanreiz für eine eventuell große Zahl von Geschädigten. Eine optimale, diesen Anliegen im Einzelfall möglichst weitgehend Rechnung tragende abstrakt-generelle Festlegung dieser Beschränkung könnte die Konflikte zwar verringern, aber nicht beseitigen, zumal eine solche Festlegung 106 London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 99 ff. 107 Ebd. S. 97, 162 f. 108 Ebd. S. 154 ff. 109 Wahrscheinlichkeitsberechnungen dazu stellt Talley, Colum. L. Rev. 106 (2006), 1641, 1673 ff. an. Zum US-amerikanischen Recht wird mit Blick darauf ebenfalls eine Haftungsbeschränkung bei der Abschlussprüferhaftung gefordert von einem Committee on Capital Markets Regulation, Interim Report, 2006, S. 14. 110 Erwägungen zu den Folgen bei London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 134 ff., auch 119 ff.; Talley, Colum. L. Rev. 106 (2006), 1641, 1689 ff. 111 Allerdings vermag das Ende der Geschäftstätigkeit von Arthur Andersen im Zusammenhang mit dem Enron-Fall nicht als Beispiel zu dienen, denn ursächlich dafür war eine Verurteilung der Gesellschaft als solcher wegen der Straftat der ,obstruction of justice‘ durch die Vernichtung von Enron-Dokumenten, die eine Fortführung der Wirtschaftsprüfungstätigkeit nicht erlaubt hätte – zum Gang der Ereignisse Brickey, Wash. U. L.Q. 81 (2003), 917 ff.

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nicht leicht fällt.112 Abgesehen von den ökonomischen Funktionen würde eine Haftungsbeschränkung auch dem Anliegen nach Schadensausgleich tendenziell entgegenstehen. Aufgeworfen wird also ein neuer Konflikt, der den ökonomischen Wert einer Haftungsregelung ebenfalls, wenn auch auf andere Weise als die hier behandelten Folgekosten, mindern würde. Im Ergebnis kann dem Standpunkt, auf den sich die Europäische Kommission zur Begründung ihrer Empfehlung stützt, wie ausgeführt nicht beigetreten werden. Nicht auszuschließen ist aber, dass eine unbeschränkte Haftungsregelung gerade aufgrund des möglichen Haftungsumfangs bei mangelnder Beherrschbarkeit und Vorhersehbarkeit Folgewirkungen auf den Markt für Prüfungsdienstleistungen großer börsennotierter Unternehmen entfaltet, indem sie Prüfungsnetzwerke über ihre Leistungsfähigkeit und Versicherung hinaus belastet. Solche Folgen können durch eine Haftungsbeschränkung abgemildert werden, jedoch prinzipiell nicht ohne Konflikt mit anderen ökonomischen Anforderungen an die Haftungsregelung.

IV. Funktion der Aussicht auf Schadensersatz als Klageanreiz Das bisherige Grundmodell setzt implizit voraus, dass jede eingetretene Schädigung tatsächlich zu einem Schadensausgleich führt. Dem steht gerade bei der Wirtschaftsprüferhaftung entgegen, dass nicht alle Fälle von schädigendem Fehlverhalten aufgedeckt werden können und dass die Rechtsverfolgung den Anspruchsberechtigten zu aufwendig und nicht lohnend erscheinen mag, zumal das allen Geschädigten haftende Vermögen nicht unerschöpflich ist.113 In gleicher 112 Vgl. die unterschiedlichen Abwägungen und Standpunkte bei Groupe d’Etudes des Experts Comptables de la C.E.E., Journal UEC, Supplément à 4/1974, S. 1, 3 ff., 6: Haftungssummenbegrenzung auf das Zehnfache des Prüfungshonorars im Rahmen von Festbeträgen; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 385 ff.: Haftungssummenbegrenzung auf das Zehnfache des Prüfungshonorars; Sommerschuh, Berufshaftung und Berufsaufsicht, 2002, S. 248: Festbetrag für jede Prüfung und das Jahr; Baums/Fischer, in: Festschr. f. Drukarczyk, 2003, S. 37, 52, 57 f.: Festbetrag wie in § 323 Abs. 2 HGB; Doralt/Hellgardt/Hopt/Leyens/Roth/Zimmermann, Cambridge L.J. 67 (2008), 62, 66 ff.: Höchstgrenze auszuhandeln und zu billigen durch die Hauptversammlung der geprüften Gesellschaft; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 432 ff.: Anknüpfung an das Nominalkapital der geprüften Gesellschaft; unentschieden Ziff. 5 Bst. a) und c) der Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung: „empfohlen, insbesondere [. . .] Festlegung eines finanziellen Höchstbetrags oder einer Formel zur Berechnung eines solchen Betrags“ oder Gestattung, „eine Haftungsbeschränkung zu vereinbaren“; London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 186 ff. Ablehnung eines Höchstbetrages bei Kalss, ÖBA 2002, 187, 201 ff.; Koziol, in: ders./W. Doralt, Abschlussprüfer, 2004, S. 141, 158 Rdn. 56; H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 182. Abwägend E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 136 ff., 235 ff. 113 Von einer geringen Durchsetzungswahrscheinlichkeit im Bereich der Kapitalmarktinformationshaftung ausgehend Möllers, AcP 208 (2008), 1, 27 f.; ebenso Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 804.

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Weise kompensationsbedürftig ist außerdem, dass ein strengerer Haftungsmaßstab – wie etwa grobe Fahrlässigkeit – den Kreis der sanktionierten Fälle von Informationsfehlern gegenüber demjenigen der eigentlich unerwünschten Schadensfälle – nämlich auch solcher, die nur auf einfacher Pflichtwidrigkeit beruhen – verkleinert.114 Aus der Sicht des nach seinem Vorteil strebenden Geschädigten bildet die Aussicht auf die Schadensersatzleistung den Anreiz zur Klage und damit zu einem dem Effizienzziel entsprechenden Tätigwerden im öffentlichen Interesse, gewissermaßen als Vergütung für sein Agieren als private attorney general.115 Für den Anteil der nicht geltend gemachten Schadensersatzansprüche könnte ein Ausgleich geschaffen werden, indem der Schadensersatz entsprechend höher bemessen wird.116 Nahe liegt der Gedanke an einen Aufschlag im Sinne von punitive damages.117 Ein weiterer Weg wäre es, den Schadensersatz als ein Mehrfaches des entstandenen Schadens zu bestimmen, wofür wiederum das US-amerikanische Recht Beispiele gibt.118 Beides ist jedoch vor allem dann rechtspolitisch sinnvoll, wenn von einem bestimmbaren individuellen Schaden ausgegangen werden kann, der den gesamtwirtschaftlichen Kosten der einzelnen Schädigung an sich entspricht und der sodann im Hinblick auf die angenommene Quote nicht aufgedeckter oder nicht verfolgter Schädigungsereignisse erhöht wird. Zudem würde es sich dabei für das deutsche Recht um eine neuartige Einrichtung handeln, deren isolierte Einführung nur im Zusammenhang mit der Wirtschaftsprüferhaftung kaum überzeugen würde.119 Über das Schadensersatzrecht hinaus ginge es, wenn eine ergänzende öffentlichrechtliche Sanktionierung herangezogen wird, um das Defizit bei der Geltendmachung von Schadensersatz auszugleichen.120 Dennoch kann es zu einer Verminderung des Klageanreizes dadurch kommen, dass sich ein insgesamt großer Schaden auf eine Vielzahl von Geschädigten verteilt, so dass einzelne nur so gering betroffen sein können, dass sie – etwa wegen des Aufwandes der Prozessführung, der nicht erstattungsfähig ist, – durchaus 114 H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 173 ff., 183; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 103; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 255 f.; Sauer, Falschinformation, 2004, S. 319. 115 Vgl. Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 800; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 250 f. 116 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 104, 105 f.; Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 343 f. 117 Vgl. Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 332 f. 118 Im Kartellrecht etwa sog. ,treble damages‘ gemäß § 4(a) Clayton Act (codified in 15 U.S.C. § 15(a)). Grundsätzlich dafür Wagner, AcP 206 (2006), 352, 464 f. 119 Für eine Mehrfach-Haftung im Kartellrecht rechtspolitisch Monopolkommission, Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, 2004, Tz. 75–83; allgemein Wagner, a. a. O. (Vornote). 120 Dafür Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 804.

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ökonomisch rational auf eine Geltendmachung bestehender Ersatzansprüche verzichten. Das damit angesprochene rationale Desinteresse bei Streuschäden121 wird erst unter Gesichtspunkt der gesamtwirtschaftlichen Effizienz zu einem Problem, weil das möglichst weitgehende Streben nach Erlangung von Schadensersatz eine notwendige Voraussetzung für die wirksame Prävention und Schadensverteilung ist. Zur Atomisierung des Schadens kommt hinzu, dass die Fähigkeit des Wirtschaftsprüfers, Schadensersatz großen Ausmaßes zu leisten, begrenzt ist: Wenn die Wirtschaftsprüferhaftung nicht bereits zur Vermeidung übermäßiger Folgekosten der Höhe nach beschränkt wird, ist jedenfalls die Versicherungssumme beziehungsweise das der Haftung unterliegende Vermögen der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der Prüfer persönlich im Vergleich zu dem möglichen Schadensausmaß recht eng begrenzt. Eine die Schadensersatzhaftung stets ergänzende Geldbuße oder Geldstrafe würde deren unzureichende Abdeckung noch fördern. Das Problem der Atomisierung des Schadens lässt sich durch ergänzende gesetzgeberische Regelungen abmildern, womit allerdings im deutschen Recht bisher kaum Erfahrungen gemacht wurden.122 Der US-amerikanische Weg ist derjenige der class action, durch die dem einzelnen Kläger seine Klage weitgehend aus der Hand genommen werden kann, damit die verallgemeinerbaren Streitpunkte einheitlich geklärt werden. Sie ist vor allem der prozessuale Hintergrund für die vielfach erfolgreichen Bemühungen um einen Vergleich über den gesamten Rechtsstreit.123 Weitere denkbare Wege wären eine Verbandsklage, wobei dann Vorkehrungen für eine Verteilung eines ,Klageerlöses‘ an die individuellen Berechtigten getroffen werden müssten, und ansatzweise das gegenwärtige Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), mit dem die Idee verfolgt wird, die weiterhin erforderlichen einzelnen Klagen der Geschädigten durch eine Vorabklärung gemeinsamer Streitpunkte in ihrem Erfolg besser vorhersehbar und weniger aufwendig werden zu lassen.124 Derartige Vorkehrungen vermögen allerdings nicht das weitere Problem einer unvollkommenen Geltendmachung rechtlich begründeter Ansprüche zu beseitigen, das sich aus einem unzureichenden Haftungsfonds ergibt. Sofern nicht von vornherein durch die Setzung einer recht 121 Dazu H.-B. Schäfer, in: Basedow u. a., Bündelung gleichgerichteter Interessen, 1999, S. 67, 68 f.; ders., in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 181. 122 Rechtspolitische Erwägungen bei H.-B. Schäfer, in: Basedow u. a., Bündelung gleichgerichteter Interessen, 1999, S. 67 ff. Auch Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 439 ff. 123 Allerdings können dabei anderweitige Beeinträchtigungen des Anreizmechanismus entstehen, etwa wenn Rechtsanwälte selbst als Initiatoren von Massenprozessen agieren und ein eigenes unternehmerisches Interesse verfolgen, dazu Coffee, Colum. L. Rev. 86 (1986), 669, 669 ff.; H.-B. Schäfer, in: Basedow u. a., Bündelung gleichgerichteter Interessen, 1999, S. 67, 68. 124 Vgl. Begr. RegE KapMuG, BT-Drucks. 15/5091, S. 1 f.

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niedrigen gesetzlichen Haftungsgrenze dem Interesse an einer Schonung des betroffenen Wirtschaftsprüfers Vorrang gegeben wird, erfordert die Anreizwirkung konsequenterweise gesetzliche Vorkehrungen, die ein bestimmtes Maß an Haftungsmasse erwarten lassen. Dafür kommen in erster Linie Mindestanforderungen an den Versicherungsschutz in Frage, unter Umständen auch Regelungen über die Organisation von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und die persönliche Haftung der einzelnen an diesen beteiligten oder bei der Prüfung mitwirkenden Prüfern.

§ 11 Einfluss der beruflichen Stellung und der Versicherung des Wirtschaftsprüfers auf die Effizienzbetrachtung Im Laufe der bisherigen Untersuchung hat sich gezeigt, dass die allgemeineren Kategorien der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts zwar bereits zu Ergebnissen führen, aber noch kein umfassendes Bild abgeben. Dazu muss weiteren Punkten nachgegangen werden, denen für die Wirtschaftsprüferhaftung eine besondere Bedeutung zukommt. Zuerst wird in Fortführung der allgemeineren Ansätze die Frage erörtert, welche Bedeutung die berufliche Stellung des Wirtschaftsprüfers, die sich als die eines sogenannter gatekeeper charakterisieren lässt, und insbesondere seine Reputation, für die Haftungsfrage hat (sogleich unter I.); anschließend, welche Auswirkungen eine Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers (unter II.) erwarten lässt.

I. Der Wirtschaftsprüfer als ,gatekeeper‘: Besondere Empfindlichkeit für Haftungsanreize und Bedeutung von Reputationswirkungen Weitere Besonderheiten der Rolle des Wirtschaftsprüfers, die für die rechtsökonomische Betrachtung der Haftungsfrage bedeutsam sind, lassen sich unter Einordnung seiner Funktion als der eines gatekeeper diskutieren.125 Als gatekeeper, also ,Torwächter‘, wird – bei nicht völlig einheitlicher Definition – ein Kapitalmarktakteur bezeichnet, der Fehlverhalten eines anderen entdecken und insbesondere dadurch, dass er eigene Dienste verweigert, verhindern kann, und 125 Zuerst wohl Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 612 ff. Näher Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857 ff.; ders., J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53 ff. Im Überblick auch Leyens, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 159, 160 ff. Diese Kategorisierung ablehnend Cunningham, UCLA L. Rev. 52 (2004), 413, 417 Fn. 6: „no analytical utility or legal significance“; diese Kritik kann insofern dahinstehen, als es hier allein um die daraus abgeleiteten Annahmen für den Wirtschaftsprüfer geht, die auch für sich selbst stehen können.

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der darüber hinaus diesem gegenüber selbständig ist.126 Er ist also zu unterscheiden von denjenigen, die sich primär fehlerhaft verhalten, ebenso wie von unternehmensinternen Überwachungsorganen.127 Als wesentliche gatekeepers werden (paradigmatisch für den US-amerikanischen Kapitalmarkt) Investmentbanken, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer gesehen.128 1. Kennzeichnende Merkmale des gatekeeper Der gatekeeper zeichne sich, so die These, vor allem durch zwei Eigenschaften aus: Zum einen lasse er sich verhaltenssteuernden Anreizen besser unterwerfen als derjenige, der sich in erster Linie fehlerhaft verhalte, zum anderen sei ein gatekeeper aufgrund seiner Stellung ein Reputationsintermediär, weswegen sein Eigeninteresse an der Erhaltung seiner Reputation bereits präventive Wirkung entfalte.129 Um die besondere Eignung des Wirtschaftsprüfers darzulegen, Haftungsanreizen unterworfen zu werden, werden eine Reihe von Gründen angeführt: Im Vergleich zu dem Emittenten und dessen Organmitgliedern habe der Wirtschaftsprüfer keine unternehmerischen Entscheidungen zu treffen, sondern er sei durch fachliche und rechtliche Normen gebunden, so dass von einer Haftung keine Beeinträchtigung der unternehmerischen Risikobereitschaft zu befürchten sei.130 Anders als die Haftung des Emittenten bleibe eine gatekeeperHaftung zudem auch dann wirksam, wenn die Insolvenz des Emittenten bevorstehe oder eingetreten sei und die Gefahr des Fehlverhaltens erfahrungsgemäß besonders groß sei (sogenanntes ,last period problem‘), während der Emittent dann durch eine zusätzliche Haftung nicht mehr wirksam belastet werden könne.131 Außerdem wirke die gatekeeper-Haftung dem Problem entgegen, dass ein Fehlverhalten bei dem Emittenten trotz interner Überwachungseinrichtungen in vielen Fällen nicht aufgedeckt werde.132 Der Wirtschaftsprüfer sei angesichts seiner Rolle als gatekeeper darüber hinaus weniger geneigt, sich durch die Aussicht auf eigene Vorteile zu pflichtwidrigem Verhalten verleiten zu lassen als die Organ126 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 889; Kraakman, J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 53. 127 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 890. 128 Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 517. 129 Vgl. oben Fn. 125 und Coffee, Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1405. Gegen die Gleichsetzung des gatekeeper mit einem Reputationsintermediär aber Oh, J. Corp. L. 29 (2004), 735, 747 ff. 130 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 864 ff. Auch Easterbrook/Fischel, Economic Structure, 1991, S. 340 f.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 102. Ähnlich Choi, Nw. U. L. Rev. 92 (1998), 916, 958 Fn. 113. 131 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 867 f. Auch Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 500. Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 230 ff.: Insolvenz als „judgment-proof problem“. 132 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 867 f.; ders., J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 61, 94.

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mitglieder. Als Außenstehender habe der Wirtschaftsprüfer nämlich durch Fehlinformationen gegenüber der Öffentlichkeit weniger zu gewinnen als Organmitglieder und mehr zu verlieren, denn sein geschäftlicher Erfolg sei nur zu einem geringen Teil mit einem einzelnen Unternehmen verbunden, wohingegen sich Fehlverhalten durch eine Beeinträchtigung der Reputation insgesamt auf seinen Geschäftserfolg auswirke.133 Durch diese auf den gatekeeper bezogenen Gesichtspunkte werden die bereits angestellten rechtsökonomischen Erwägungen, insbesondere zur Stellung des Wirtschaftsprüfers als cheapest cost avoider, konkretisiert und der mögliche spezifische Wert, der einer Haftung außenstehender Überwacher zukommen kann, verdeutlicht. Zu den Kosten einer Wirtschaftsprüferhaftung und zu der Einschätzung des Ausmaßes der zu erwartenden Vorteile liefert dieser Ansatz allerdings kaum weiteren Aufschlüsse. 2. Praktische Bedeutung dieser Merkmale Durchaus zweifelhaft ist, ob das in den Vordergrund gestellte Argument, der Wirtschaftsprüfer habe „weniger zu gewinnen und mehr zu verlieren“ als Organmitglieder, in vollem Umfang zutrifft. Ihm liegt die Annahme zugrunde, das Organmitglied werde durch die Aussicht auf eigene Vorteile, also bewusst aufgrund einer rationalen Abwägung, zu Fehlverhalten veranlasst. In Bezug auf die ebenso naheliegenden Fehler aus Nachlässigkeit oder aufgrund eines zu geringen Überwachungsaufwandes sind Organmitglieder, zumal diejenigen mit Überwachungsfunktion, jedoch ähnlichen Anreizen ausgesetzt wie ein Wirtschaftsprüfer. Sie haben insoweit mit Blick auf ihre Reputation und ihre Berufsaussichten auch mehr zu verlieren als zu gewinnen. Der zweite Aspekt des gatekeeper-Ansatzes, die Betrachtung der Reputation als nicht regulatorisch gesteuerter Mechanismus des Marktes, wirft die Frage auf, inwieweit er statt einer Haftungsregelung oder im Zusammenspiel mit ihr wirksam werden kann.134 Die Reputation und der Anreiz zu ihrer Aufrechterhaltung sind teilweise als so bedeutend angesehen worden, dass eine Haftungsregelung daneben keinen zusätzlichen präventiven Nutzen bringen soll, sondern angesichts der mit ihr verbundenen Abwicklungs- und Verteilungskosten nachteilig sei.135 Dem stehe im Ergebnis auch nicht entgegen, dass die Organmitglieder des Emittenten faktisch die Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers seien und im Gegensatz zu den anderen Abschlussadressaten 133 Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 891; ferner ders., J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 56 f.; Coffee, Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1405 f.; ders., B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 308. 134 Dazu allgemeiner Gilson/Kraakman, Va. L. Rev. 70 (1984), 549, 607 f. Fn. 166. 135 Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 304 f.; ähnlich Choi, Nw. U. L. Rev. 92 (1998), 916, 948 ff. In diese Richtung auch DiLeo v. Ernst & Young, 901 F.2d 624, 629 (7th Cir. 1990) (per Easterbrook, J.). Auch Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 280 f. misst dem Reputationsschaden infolge von Prüfungsfehlern gerade im Hinblick auf den deutschen Wirtschaftsprüferstand erhebliche Bedeutung bei.

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durchaus ein Interesse an einer Prüfung haben könnten, die nicht alle Fehler aufdecke, und dass der Geschäftserfolg des Wirtschaftsprüfers gerade von diesen Organmitgliedern abhänge. Dieser Effekt werde dadurch gemindert, dass die Emittenten gegenüber Außenstehenden auf Wirtschaftsprüfer mit einer unbeschädigten Reputation angewiesen seien, um den Abschlussinformationen Glaubhaftigkeit verleihen zu können, und dass die Inanspruchnahme und Honorierung eines Wirtschaftsprüfers letztlich auch von dieser Voraussetzung abhänge.136 Angesichts des gravierenden Fehlverhaltens in den Fällen ,Enron‘, ,WorldCom‘ usw. ist diese These jedoch auf Widerspruch gestoßen.137 Erste Voraussetzung für die Auswirkung der Prüfungsqualität auf die Reputation ist, dass Prüfungsfehler aus dem Bereich des Wirtschaftsprüfers zumindest im Nachhinein aufgedeckt werden; insoweit verschiebt sich das Problem der Entdeckung von Fehlern von Seiten des Emittenten auf den Wirtschaftsprüfer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein nachträglich aufgedeckter Fall fehlerhafter Information angesichts der begrenzten Prüfungspflichten und der Verantwortung des Emittenten für die Aufstellung der Informationen nicht stets mit einem Prüfungsfehler gleichgesetzt werden darf.138 Gerade weil die Prüfungsqualität von Außenstehenden und von dem Emittenten, der den Prüfungsauftrag erteilt, nicht zuverlässig beobachtet werden kann, besteht für den Wirtschaftsprüfer der Anreiz, seine Reputation dadurch auszubeuten, dass er unzureichend prüft oder einseitig zum Nutzen der Geschäftsführung vorgeht.139 Dass der Wirtschaftsprüfer auch künftig – als sogenannter repeat player – auf seine Reputation angewiesen ist, bietet unter bestimmten Voraussetzungen keinen hinreichenden Schutz.140 So können sich unter Umständen besondere Vorteile aus einer nicht pflichtgemäßen Prüfung ergeben, weil es die selbst daran interessierten Organmitglieder zum Teil in der Hand haben, sie dem Wirtschaftsprüfer zumindest mittelbar zu verschaffen;141 in Betracht kommt etwa die Gewährung künftiger Prüfungsaufträge und die Honorierung, unter Umständen auch die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen, wenngleich dem durch neuere gesetzliche Ausschlussgründe entgegengewirkt werden soll.142 Insofern ist die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers, die für 136

Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 303. Hamdani, S. Cal. L. Rev. 77 (2003), 53, 113; Coffee, Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1412 ff.; Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 203 ff., 210 ff.; Gordon, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), 1233, 1236 f. 138 Vgl. Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 501 ff.; Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 189 f. 139 Dieses Problem ist unter die Kategorie des moral hazard zu fassen. Zur erschwerten Beobachtbarkeit Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 212 f. m. Nachw. 140 Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 500 f.; ders., B.U. L. Rev. 84 (2004), 365, 366 f.; Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 203 f.; Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 201. 141 Kraakman, J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 69 ff., 78 f.; Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 186 ff.; Coffee, Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1413 f. 137

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sich genommen nicht leicht sicherzustellen ist, nicht erst eine Folgewirkung des Reputationsanreizes, sondern bereits dessen Voraussetzung. Daneben können die Anreizwirkungen der Sorge um die Reputation für die eigentlich über die Prüfungsqualität bestimmenden Individuen unzureichend sein. Gerade bei börsennotierten Gesellschaften ist der betroffene ,Wirtschaftsprüfer‘ in Wirklichkeit eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; die Reputation ist hier vornehmlich mit der Gesellschaft als solcher verbunden, während Entscheidungen über die Prüfungsqualität vor allem von Einzelpersonen getroffen werden, die die konkrete Prüfung planen und an ihr beteiligt sind. Daraus ergibt sich eine nur schwer verallgemeinerbare Mittelbarkeit der Auswirkungen von Reputationsbedenken, die wesentlich von der internen Organisation und internen Anreizmechanismen abhängt, die außerhalb der Modellvorstellungen liegen, die für gatekeeper entwickelt wurden.143 Auch auf der Ebene der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist die ausschlaggebende Bedeutung der Reputation nicht unzweifelhaft. Schon grundsätzlich beruht die Inanspruchnahme von Wirtschaftsprüferdienstleistungen nicht auf der freien Überzeugung der Beteiligten von deren Vorteilhaftigkeit, sondern ist einerseits durch die Prüfungspflicht, andererseits durch den hochgradig geregelten und durch strenge Zugangsvoraussetzungen beschränkten Berufsstand der Wirtschaftsprüfer geprägt. Daraus ergibt sich, dass der Wirtschaftsprüfer nicht vollständig von der relativen oder absoluten Qualität seiner Dienstleistungen und damit seiner Reputation abhängig ist.144 Die dann umso ausschlaggebendere Konkurrenz unter Wirtschaftsprüfern zeichnet sich dadurch aus, dass Prüfungsaufträge börsennotierter Unternehmen ganz überwiegend von dem kleinen Kreis der größten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, den sogenannten ,Big Four‘, wahrgenommen werden können. Da alle diese Gesellschaft eine gewisse Quote fehlerhafter Prüfungen zu verzeichnen haben und da sie sich aus einer Vielzahl einzelner Prüfer zusammensetzen, ist eine Differenzierung nach der Reputation bei ihnen im Verhältnis zueinander nahezu unmöglich.145 Dem entspricht die 142

§§ 319 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 319a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 HGB i. d. F. des Bil-

ReG. 143 Coffee, B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 310; ders., Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1415 f.; Gordon, U. Chi. L. Rev. 69 (2002), 1233, 1236 f.; Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 500; Ribstein, Mich. St. L. Rev. 2004, 279, 288 f.; ders., J. Corp. L. 29 (2004), 427, 443 f.: „intra-firm agency costs“; auch bereits Kraakman, Yale L.J. 93 (1984), 857, 892 f.; ders., J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 72. Weiterführend Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 185 ff., 199 ff. Im deutschen Schrifttum Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 492 f. – Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 280 f., der den Reputationswirkungen großes Gewicht beilegt, geht demgegenüber von Prüfern als Einzelpersonen und einem „kleinen, homogenen Kreis von Prüfern und Geprüften“ aus. 144 Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 501 ff., 528 ff. 145 Coffee, Bus. Law. 57 (2002), 1403, 1414 f.; ders., B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 310 f.; Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 215 f. Auch Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 189.

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These, dass im Wettbewerb dieser großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor allem der Preis für die Auswahlentscheidung der geprüften Gesellschaft entscheidend sei.146 Welche Bedeutung die Reputationsanreize haben, hängt außerdem wesentlich davon ab, einen wie großen Wert das Anlegerpublikum der Reputation des Wirtschaftsprüfers beilegt. Gerade in Zeiten außergewöhnlicher Euphorie bestehe die Neigung, so wird angenommen, die Bedeutung der Wirtschaftsprüfertätigkeit zu unterschätzen. Dadurch verliere der Reputationsmechanismus gerade dann, wenn ein erhöhtes Risiko von Informationsfehlern gegeben sei, erheblich an Wirksamkeit.147 Davon abgesehen steht die Einschätzung des Reputationsanreizes als bei dem Wirtschaftsprüfer besonders wirksam im Gegensatz dazu, dass entsprechenden Effekten bei dem Emittenten selbst oder dessen Organmitgliedern im Allgemeinen nicht die Bedeutung beigemessen wird, andere Regulierungsinstrumente entbehrlich machen zu können; erst die nicht hinreichende Wirksamkeit solcher marktbedingter Mechanismen zur Sicherstellung zuverlässiger Rechnungslegung und Unternehmenspublizität ist der Grund für Prüfungspflichten.148 Insgesamt ergibt sich aus diesen Einschränkungen und Relativierungen der These von der hinreichenden Stärke von Reputationsanreizen für eine zuverlässige gatekeeper-Tätigkeit, dass eine zusätzliche verhaltenssteuernde Regulierung nicht entbehrlich ist. Eine diesem Zweck dienende Haftungsregelung kann also auf dieser Grundlage nicht für verzichtbar erklärt werden. 3. Insbesondere: Zusammenwirken von Reputationswirkungen mit einer Haftungsregelung Reputationswirkungen können im Zusammenhang mit einer Haftungsregelung jedoch rechtsökonomisch bedeutsam sein, wenn sie zu deren Wirksamkeit beitragen.149 Sie haben jedenfalls dabei den Vorzug, dass sie sich nicht wie eine versicherbare finanzielle Belastung auf Dritte überwälzen lassen. Allerdings ändert dies nichts an den Bedenken, die bereits gegenüber der grundsätzlichen Bedeutung der Reputation bestehen; rechtsökonomisch eindeutige Aussagen werden dadurch erschwert, dass Wirkungen der Reputation kaum zu quantifizieren sind. Im Ausgangspunkt erscheint es nicht unplausibel, dass die Reputation und von ihr ausgehende Anreize mit einer Haftungsregelung zusammenwirken können, indem diese zur rechtlichen Klärung der Frage Anlass gibt, ob ein schadensursäch146 London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 35 ff. (aufgrund einer Befragung); Prentice, Nw. U. L. Rev. 95 (2000), 133, 203, 210 (mit Verweis auf empirische Untersuchungen). 147 Coffee, B.U. L. Rev. 84 (2004), 301, 323 ff. 148 Partnoy, Wash. U. L.Q. 79 (2001), 491, 496. 149 Darauf berufen sich Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 357; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 192.

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liches Fehlverhalten des Wirtschaftsprüfers vorgelegen hat, und dies öffentlich werden lässt, wodurch Rückwirkungen auf die Reputation erst ermöglicht werden.150 Die Aufgaben der Feststellung des Fehlverhaltens und deren Öffentlichmachen kommen dabei dem Zivilprozess zu. Seine Eignung zu diesem Zweck ist allerdings zweifelhaft. Erforderlich für ein wirksames Zusammenspiel des Haftungsprozesses mit Reputationsanreizen ist zunächst, dass nur wirkliche Prüfungsfehler zu einer Reputationsminderung führen. Daran fehlt es, wenn nicht erst die rechtskräftige Verurteilung nachteilige Auswirkungen auf die Reputation hat, sondern bereits der Umstand, dass ein Prozess stattfindet, oder die Art und Weise der Prozessführung. Das liegt nicht fern,151 so dass der Zusammenhang des Fehlverhaltens mit dem Reputationsverlust gelockert und weniger eng ist als derjenige mit einem durchsetzbaren Schadensersatzanspruch. Noch stärker wird die Feststellung eines Fehlverhaltens des Wirtschaftsprüfers dadurch behindert, dass der Zivilprozess jederzeit die Möglichkeit der Erledigung durch Vergleich offenlässt, was dem Gesetzgeber sogar erwünscht ist (vgl. § 278 Abs. 1 ZPO).152 Wird davon Gebrauch gemacht, so bleibt die nicht leicht zu beurteilende Frage eines Fehlverhaltens unbeantwortet, woraus sich für den Wirtschaftsprüfer gerade bei drohenden Reputationsschäden ein erheblicher Anreiz ergibt, einen Vergleich anzustreben. Dabei ist angesichts der sonstigen Ungewissheiten, mit denen eine Klage verbunden ist und die durch den typischerweise unzureichenden Einblick des Klägers in den Prüfungsvorgang verstärkt werden, nicht gesichert, dass sich die abgewendeten Reputationseffekte in einer entsprechend höheren Vergleichssumme niederschlagen und diese gewissermaßen die Funktion als Sanktion übernimmt. Dies ist letztlich Ausdruck des Widerstreits zwischen einerseits der Dispositionsbefugnis der Parteien und der ,individualistischen‘ Aufgabe des Zivilprozesses, die Durchsetzung bestehender subjektiver Rechte im Parteiinteresse zu ermöglichen,153 und andererseits dem Allgemeininteresse an der Prävention von Fehlverhalten, dem idealiter eine unbedingte Feststellung eines Fehlverhaltens entspräche. Im Ansatz entspricht dieser Anforderung ein Verfahren wie das sogenannte Enforcement durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gemäß §§ 342b ff. HGB und §§ 37n ff. WpHG.154 150 Dahingehend Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 199; Kraakman, J. L. Econ. & Org. 2 (1986), 53, 97. Zudem Ribstein, J. Corp. L. 29 (2004), 427, 441 ff., 447, der dies als „main function of liability of professional firms“ erwägt. Auch E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 156 f. 151 Ebenso Pritchard, Lewis & Clark L. Rev. 10 (2006), 19, 44 f. 152 Entgegen Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 192 lässt sich gerade nicht sicherstellen, dass sich der Prozessausgang am tatsächlichen Fehlverhalten orientiert. 153 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 2010, § 1 Rdn. 5; Jauernig, Zivilprozessrecht, 2007, § 1 II 1, S. 2. 154 Dazu OLG Frankfurt am Main, DB 2007, 1913, 1913 ff.; 2009, 333, 337 f.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Auch die Öffentlichmachung eines Fehlverhaltens ist keine eigentliche Funktion des Zivilprozesses.155 Praktisch mag sie sich insbesondere durch Presseberichte oder auf Initiative der Verfahrensbeteiligten, vor allem des Klägers, ergeben, doch bleibt dies eine bloß faktisch, rechtlich nicht gewährleistete Außenwirkung. Der Prozessgrundsatz der Öffentlichkeit nach § 169 GVG nimmt weder rechtlich noch tatsächlich das Anliegen in sich auf, den Prozessstoff und das Prozessergebnis eines bestimmten Falles der Öffentlichkeit allgemein oder bestimmten interessierten Kreisen zur Kenntnis zu geben. Sein Anliegen ist es, den Prozess für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um das Vertrauen in die Rechtsprechung zu stärken und so den Interessen der Rechtspflege zu dienen.156 Insgesamt würde die Feststellung und Öffentlichmachung von Fehlverhalten, die eine Voraussetzung für das Wirksamwerden von Reputationsanreizen ist, ein andersartiges Verfahren als den Zivilprozess erfordern: Der Sachverhalt müsste unabhängig von Parteiinteressen untersucht und gefundene Fehler veröffentlicht werden. In diese Richtung geht etwa das Verfahren zur Überwachung von Unternehmensabschlüssen nach §§ 37n bis 37u WpHG in der Fassung des BilKoG, in dessen Rahmen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nach § 37q Abs. 2 WpHG die Veröffentlichung festgestellter Fehler der Unternehmensabschlüsse anordnen soll. Allerdings ist dieses Verfahren nicht darauf gerichtet, gerade Pflichtverletzungen des Abschlussprüfers zu ermitteln und bekanntzumachen.157 Werden öffentlichrechtliche Sanktionen verhängt, so gestattet es § 40b WpHG der Bundesanstalt gerade auch mit präventivem Zweck, dies öffentlich bekannt zu machen.158 4. Ergebnis Insgesamt ist nicht zu bestreiten, dass die Betrachtung des Wirtschaftsprüfers als gatekeeper und das damit verbundene Postulat einer leichteren regulatorischen Steuerbarkeit in Verbindung mit der Abhängigkeit von Reputationsanreizen Ansätze bieten, um die Zweckmäßigkeit auf ihn bezogener Regelungen und seiner typischen Stellung zu erklären. Dabei sind die Reputationsanreize im Bereich der Prüfung börsennotierter Gesellschaften aus verschiedenen Gründen nicht zu überschätzen. Einen Mechanismus, der bereits durch marktbezogene 155

Weniger kritisch Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 493. RGZ 157, 341, 345; BGH, NJW 1970, 1846, 1847; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 2010, § 21 Rdn. 12; Jauernig, Zivilprozessrecht, 2007, § 27 IV, S. 83. 157 Anhaltspunkte für solche Pflichtverletzungen sind, wenn sie sich bei der Untersuchung zeigen, lediglich der Wirtschaftsprüferkammer mitzuteilen, § 37r Abs. 2 Satz 1 WpHG. 158 Vgl. den Gesetzeswortlaut in Satz 1: „zur [. . .] Verhinderung von Missständen“. Dazu Möllers, AcP 208 (2008), 1, 16 f. Zu entsprechenden Ansätzen des sog. „corporate shaming“ weiterführend Fleischer, ZGR 2004, 437, 475 ff. m. Nachw. 156

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Entscheidungen eine hinreichend zuverlässige Prüfungsdurchführung herbeiführen würde, bilden sie nicht. Von größerem Interesse ist daher, inwieweit sie mit einer Haftungsregelung zusammenwirken und dieser dadurch (zusätzliche) Wirksamkeit verleihen können. Insofern zeigt sich, dass eine Haftungsregelung und ihre Realisierung im Wege des Zivilprozesses kaum geeignet sind, eine Feststellung des Vorliegens eines Fehlverhaltens des Wirtschaftsprüfers sicherzustellen, was eine Voraussetzung für hinreichend zielgenaue und dadurch erst nützliche verhaltenssteuernde Wirkungen wäre. Hinzu kommt, dass der Haftungsprozess zwar – unter nicht näher rechtlich beeinflussten Rahmenbedingungen – durchaus Öffentlichkeitswirkungen entfalten kann, jedoch kein Instrument ist, dessen Funktion auf die Veröffentlichung von Fehlverhalten angelegt wäre. Insofern können die Auswirkungen der Haftungsregelung auf die Reputation als ein von Fall zu Fall eintretender faktischer Nebeneffekt angesehen werden, ohne dass ein Fehlverhalten des Wirtschaftprüfers eine dafür notwendige oder hinreichende Bedingung wäre. Eine Regelung mit dem Zweck, Reputationswirkungen auszulösen, müsste grundsätzlich anderen Anforderungen genügen.

II. Auswirkungen einer Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers Da eine Haftungsregelung rechtsökonomisch in erster Linie als ein vermögensmäßiger Anreiz durch Zuweisung bestimmter finanzieller Lasten zu sehen ist, kann eine Haftpflichtversicherung des Betroffenen entscheidenden Einfluss auf ihre Wirksamkeit haben.159 Nur dann, wenn angenommen wird, dass sich die Versicherungsprämie nach der individuellen Schadenswahrscheinlichkeit und der zu erwartenden Schadenshöhe bestimmt, so dass es sich um eine sogenannte vollkommene Versicherung handelt, bleibt der finanzielle Anreiz des versicherten Wirtschaftsprüfers trotz bestehender Versicherung erhalten.160 Die Versicherung wäre dann sogar dadurch gesamtwirtschaftlich vorteilhaft, dass sie die Belastung des Wirtschaftsprüfers verstetigte. Auf diese Weise werden Kosten infolge der Risikoaversion des Wirtschaftsprüfers vermieden, die sich daraus ergeben können, dass sich bei unversicherter Haftung nicht schon die unzureichende Sorgfalt selbst auswirkt, sondern erst deren Realisierung in einem Schaden, und zwar punktuell und umso höher.161 Unbeeinflusst bleibt die Wirkung der finanziellen Belastung trotz Bestehens einer Versicherung lediglich bei 159 Aus der Rspr. dazu BGHZ 7, 311, 324. So auch Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 279 f., der dadurch die Präventivwirkung entscheidend eingeschränkt sieht. 160 So H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 224 f.; Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 265 f.; differenzierend auch Scheel, Versicherbarkeit und Prävention, 1999, S. 224 ff. 161 Shavell, Economic Analysis, 1987, S. 266; Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 803.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

Vorsatz gemäß § 103 VVG und, je nach vertraglicher Vereinbarung, bei wissentlicher Pflichtverletzung, da dieser Tatbestand im Rahmen der Versicherungspflicht ausgeschlossen werden kann.162 Außerdem können gewisse ex ante bestehende Unsicherheiten über die Grenzen des Versicherungsschutzes163 und die begrenzten Deckungssummen, wenn die Haftung nicht zugleich betragsmäßig entsprechend der Empfehlung der Europäischen Kommission beschränkt wird,164 die ursprünglichen finanziellen Anreizwirkungen teilweise bestehen lassen. 1. Das Ideal risikospezifischer Versicherungsprämien aus praktischer Sicht Die Vorstellung einer vollkommenen Versicherung ist ein Ideal. Praktisch, mit Blick auf eine reale Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers, stehen ihrer Verwirklichung Hindernisse entgegen. Das Ausmaß dieser Hindernisse lässt sich kaum aufgrund von vorliegenden Erfahrungen einschätzen, denn solche Erfahrungen zum deutschen Recht fehlen mangels einer Dritthaftung über eine Nahbereichs- und Vorsatzhaftung hinaus. Die auf die gegenwärtigen Haftungsregelungen zugeschnittene Berufshaftpflichtversicherung bezieht sich vor allem auf das andersartige und geringere Risiko, von der geprüften Gesellschaft selbst in Anspruch genommen zu werden.165 Darüber hinaus liegen die Einzelheiten der Versicherungspraxis im Zusammenhang mit Prüfungen bei börsennotierten Gesellschaften nicht offen zu Tage, so dass die Erkenntnisse darüber begrenzt sind.166 162 So § 4 Abs. 1 Nr. 1 Wirtschaftsprüfer-Berufshaftpflichtversicherungsverordnung (WPBHV), die gemäß § 137 WiPrO fortgilt. 163 Vgl. Fleischer, WM 2005, 909, 919: „Restrisiko“; Ihlas, Organhaftung und Haftpflichtversicherung, 1997, S. 325 f.; Cox, Law & Contemp. Probs. 60 (1997), 1, 32 f. (zur D&O-Versicherung). 164 Vgl. Ziff. 5 der Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. Zu den Grenzen des Versicherungsschutzes großer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 92 f., 99 ff. aufgrund einer Befragung der Beteiligten. 165 Versicherungsschutz gerade für die vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wird insbes. von der sog. Versicherungsstelle Wiesbaden, der „Versicherergemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungs- und Treuhandwesen GbR“, angeboten, zu der sich große Versicherungsgesellschaften zusammengeschlossen haben. Vgl. zu dieser unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten OLG Düsseldorf, WuW 2008, 199 ff. 166 London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 92 f., 99 ff., auch mit Hinweis auf den teilweisen Einsatz von Eigenversicherungsunternehmen (captive insurance companies), d.h. spezieller Versicherungsgesellschaften als Tochterunternehmen internationaler Wirtschaftsprüfernetzwerke mit Zugriff auf den Rückversicherungsmarkt; in welchem Maße und in welcher Weise Risiken letztlich abgesichert sind, bleibt insoweit besonders intransparent. Ferner zu den Marktverhältnissen von Versichererseite Messmer, VersW 2004, 225 ff., auch zur Dritthaftung de lege lata, ebd. S. 229 f. Bisher waren die Prämien danach nicht ausgeprägt risikospezifisch; ebd. S. 230 wird erst für die Zukunft postuliert, dass die Versicherbarkeit des Risikos „nicht mehr nur an der Berufsträgereigenschaft festgemacht werden“ könne, sondern

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Dies gilt auch für andere Rechtsordnungen, wobei überdies aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen nicht ohne weiteres von einer Vergleichbarkeit ausgegangen werden könnte.167 Eine Annäherung an die Problematik einer Versicherung, deren Verfügbarkeit und Prämie mit dem wirtschaftsprüferspezifischen Haftungsrisiko eng im Zusammenhang steht, beginnt mit der Einsicht, dass die bei der Prüfung angewandte Sorgfalt des Wirtschaftsprüfers durch außenstehende Versicherer kaum beobachtet werden kann. Auch eine Steuerung des Prüfungsvorgangs mittels organisatorischer oder inhaltlicher Anforderungen ist von einem Versicherer nicht zu erwarten, weil der gesetzliche Rahmen und ausgeprägte Regelungen von staatlicher und berufsständischer Seite kaum Raum dafür lassen oder sie damit in Widerspruch treten könnten. Hinzu kommt, dass der gesetzlichen Pflichtprüfung das Prinzip einheitlicher und möglichst vergleichbarer Prüfungsanforderungen zugrunde liegt.168 Möglich bleibt es im Ansatz, die Prämie von haftungsbegründenden Prüfungsfehlern in der Vergangenheit abhängig zu machen, also einer Hilfsgröße für die zukunftsbezogene Einschätzung des Haftungsrisikos, die aus der Praxis der Haftpflichtversicherung auch sonst bekannt ist.169 Inwieweit auf diese Weise ein Zusammenhang zwischen der Prüfungsqualität und der finanziellen Belastung des Wirtschaftsprüfers erhalten bleibt, hängt dabei von Umständen ab, die weitgehend das Ergebnis der Verhandlung zwischen dem Wirtschaftprüfer und dem Versicherer sein werden. Eine zwingende gesetzliche Regelung der Prämie und von Versicherungsbedingungen mit dem Ziel, diesen Zusammenhang aufrecht zu erhalten, ist zwar denkbar, wäre aber ohne Vorbild und würde die Versicherung statt der Haftung zum Schwerpunkt des Regulierungsansatzes machen.170 Soweit gegenwärtig Regelungen über die Versicherungspflicht des Wirtschaftsprüfers und ähnlicher Berufsträger bestehen, ist es deren Anliegen, den Geschädigten in seinem Ausgleichsinteresse vor einer unzureichenden Leistungsfähigkeit des Schädigers zu schützen. Weil es für den andersartigen, erstgenannten Ansatz die Versicherer auf „Organisation, Kontrolle und Kompetenz“ des Wirtschaftsprüfers achten und ihre Prämie daran ausrichten müssten. Von einer gegenwärtigen Praxis der Einheitstarife, die sich an der Zahl von Mitarbeitern und Prüfungen orientierten, geht auch Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 149 aus. 167 Für die D&O-Versicherung gelangen Baker/Griffith, Geo. L.J. 95 (2007), 1795 ff. aufgrund einer empirischen Untersuchung zu dem Befund, dass ein ,monitoring‘ der ,corporate governance‘ durch die Versicherer praktisch nicht stattfinde und dass sie auch nicht um eine kostengünstige Schadensabwicklung bemüht seien. Zurückhaltend in der Einschätzung auch Pammler, D&O-Versicherung, 2006, S. 68 f. 168 Dies mag sich in anderen Bereichen, in denen Haftpflichtversicherung genommen wird, anders verhalten, Ihlas, Organhaftung und Haftpflichtversicherung, 1997, S. 326. 169 Vgl. Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 653 f. 170 Theoretisch denkbar ist auch dies, vgl. den versicherungsbezogenen Regelungsvorschlag (zum US-amerikanischen Recht) von Cunningham, UCLA L. Rev. 52 (2004), 413 ff.; ders., Conn. Ins. L.J. 11 (2004), 69 ff.: „Financial Statement Insurance“ als Alternative zur Wirtschaftsprüferhaftung.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

gänzlich an Erfahrungen fehlt und damit die in dieser Untersuchung behandelte Fragestellung überschritten werden würde, sollen solche weit über das geltende Recht hinausführenden Überlegungen hier nicht angestellt werden. Demgemäß wird davon ausgegangen, dass die Höhe und Bemessung der Prämie sowie die Versicherungsbedingungen (abgesehen von einem Mindeststandard) durch Marktmechanismen bestimmt werden würden.171 Schon im Grundsatz unterschiedliche Ausgestaltungen der Versicherung sind möglich, insbesondere kann sie entweder auf einzelne Prüfungen bezogen sein oder die Wirtschaftsprüfertätigkeit allgemeiner abdecken. Dabei können in unterschiedlichem Maß die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Einheit oder die einzelnen handelnden Personen in die Beschreibung und Abschätzung des versicherten Risikos und damit der Prämienkalkulation einbezogen werden. Je stärker auf die Prüfungsgesellschaft gesehen und die Prüfungstätigkeit fallübergreifend abgedeckt wird, desto weniger aussagekräftige Anknüpfungspunkte bieten die dann kumulierten und sich nivellierenden Haftungsfälle für eine differenzierte Risikoprognose. In Bezug auf einzelne Wirtschaftsprüfer werden seltene, aber gegebenenfalls große Schäden als typisch angesehen, was eine Prämienabstufung nach Schadensfrequenz und -umfang erschweren würde.172 Überdies kommt es, wie schon im Zusammenhang mit den Reputationswirkungen ausgeführt,173 auf die Weiterleitung von prüfungsgesellschaftsbezogenen Anreizen auf handelnde Individuen an, die von der internen Organisation der Prüfungsgesellschaft abhängt. Sieht man demgegenüber stärker auf den Einzelfall und die beteiligten Einzelpersonen, so wird deren Inanspruchnahme auf Schadensersatz wegen ihrer Seltenheit nur ein wenig differenzierendes Kriterium abgeben. Hinzu kommt, dass die Präferenzen derjenigen Einzelpersonen auf Wirtschaftsprüferseite, die den Versicherungsschutz vereinbaren, zwar durchaus auf die Vermeidung (persönlicher) Belastungen gerichtet sein dürfte, nicht aber mit der gleichen Notwendigkeit auf die Verbesserung der Prüfungsqualität. Es stellt sich auch hier die Frage, inwieweit das schon in anderem Zusammenhang angesprochene174 ausweichende Verhalten einen Ausweg bietet. Zu denken wäre etwa daran, dass einzelne Betei171 Optimistisch H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 182 sowie Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 150 f., der von einer einzuführenden Dritthaftung durch einen „fühlbaren Haftungsdruck“ erwartet, dass sie marktförmig zur Einforderung von Mechanismen der Überwachung und Risikominderung durch Versicherer führte. Auf eine rechtliche Absicherung dafür verzichten die Vorgenannten jedoch. Die gegenwärtige Versicherungspraxis geht, wie auch Kremer, ebd. S. 149 feststellt, nicht in diese Richtung. Forschungsbedarf konstatierend Fleischer, WPg Sonderheft 2001, 136, 139. 172 Ähnlich Ebke, Dritthaftung, 1983, S. 277; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 320 f.; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 149. Mit Bezug auf die Versicherungspraxis London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006, S. 102. 173 Siehe oben unter I. 2., S. 189 f. 174 Siehe oben unter § 10 I. 1. b), S. 165 f.

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ligte auf Seiten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine Ausgestaltung der Versicherung in der Weise bevorzugen, dass die Prämie nicht allzu stark mit der Prüfungsqualität im Einzelfall korreliert und dafür höhere Aufwendungen in Kauf nehmen, wenn sie diese durch das Prüfungshonorar auf die geprüfte Gesellschaft überwälzen können. Anders als ein unmittelbares, selbst zu tragendes Haftungsrisiko lässt sich eine solche Versicherungsprämie leichter kalkulieren und in das Preisniveau von Abschlussprüfungen einbeziehen. Von besonderer Bedeutung für den Zusammenhang der Versicherungsprämie mit der Prüfungsqualität wäre außerdem, inwieweit die Versicherung auch Vergleiche abdeckt, wie dies der USamerikanischen Praxis entspricht. Im Ergebnis spricht einiges dafür, dass die Belastung des Wirtschaftsprüfers mit Nachteilen, die von der Prüfungsqualität abhängen und damit verhaltenssteuernd wirken können, durch die Möglichkeit oder Pflicht, Versicherung zu nehmen, erheblich gemindert wird. Die Versicherung trägt zwar zur effizienten Schadensverteilung bei und sichert dem Anleger einen hinreichenden Klageanreiz auch gegenüber einem nicht hinreichend solventen Wirtschaftsprüfer. Doch würde der letztlich entscheidende Zusammenhang zwischen der Prüfungsqualität und der realen Belastung des Wirtschaftsprüfers in verschiedener Weise und in nicht genau absehbarem Ausmaß gemindert werden. Ähnlich wie bei Reputationswirkungen ist zwar damit zu rechnen, dass faktisch der Zusammenhang nicht völlig aufgehoben wird, doch fehlt es ohne besondere versicherungsbezogene Regelungen an rechtlichen Vorkehrungen, um dies auch abzusichern. Zudem zeigt die Einbeziehung der Versicherung in die Betrachtung erneut, dass die für das Grundmodell des rechtsökonomischen Ansatzes durchaus wesentliche richtige Bemessung eines angemessenen Sanktionsmaßes noch weiter erschwert wird. 2. Gesetzlich vorgeschriebener Selbstbehalt als Ausweg? Dieser Befund führt zu der Frage, ob ein gesetzlich vorgeschriebener Selbstbehalt Abhilfe schaffen kann. a) Der Selbstbehalt in der Versicherungspraxis Der Selbstbehalt ist an sich eine typische Vertragsklausel aus der Versicherungspraxis, die vorsieht, dass der Versicherte für einen prozentual, absolut oder in anderer Weise bezifferten Teil des versicherten Schadens Ersatz von dem Versicherer nicht verlangen kann.175 Sein Zweck besteht insbesondere darin, das eigene Interesse des Versicherungsnehmers an der Schadensvermeidung zu vergrö175 Auch sog. Abzugsfranchise, Selbstbeteiligung, Eigenbehalt oder Selbstversicherung, Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 75 Rdn. 9, 11.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

ßern oder nicht völlig entfallen zu lassen.176 Der Selbstbehalt kann mit Rücksicht auf diesen Zweck als ein sogenannter obligatorischer Selbstbehalt so ausgestaltet sein, dass eine anderweitige Versicherung ausgeschlossen ist.177 Um dies vertraglich umzusetzen, kann dem Versicherungsnehmer unmittelbar untersagt werden, insoweit Versicherung von anderer Seite zu nehmen. Üblich ist eine Klausel, wonach der Versicherer, mit dem der Selbstbehalt vereinbart wurde, bei anderweitiger Versicherung nur insoweit Ersatz leistet, dass der Versicherte insgesamt nicht mehr als den Betrag des Schadens abzüglich des Selbstbehalts erlangt.178 Eine solche Klausel knüpft an das Prinzip der gesetzlichen Regelung zur Doppelversicherung in § 78 Abs. 1 VVG an, wonach eine Doppelversicherung nicht untersagt ist, jedoch dazu führt, dass der Versicherungsnehmer im ganzen nicht mehr als den einfachen Betrag des Schadens beanspruchen kann.179 b) Eignung eines gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts als Präventionsinstrument Da das hier in Rede stehende Anliegen mit demjenigen übereinstimmt, das in der Versicherungspraxis zur Vereinbarung von Selbstbehalten geführt hat, liegt der Gedanke nahe, diesen in eine gesetzliche Regelung zu übernehmen.180 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass es sich mit der zwingenden gesetzlichen Regelung eines Selbstbehalts um eine neuartige Vorschrift handeln würde, selbst wenn das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) von 2009 inzwischen in § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG die Pflicht eingeführt hat, bei der Versicherung der Vorstandshaftung in der Aktiengesellschaft einen Selbstbehalt vorzusehen.181 Die rechtsökonomische Beurteilung muss daher in besonderem 176 Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 75 Rdn. 11; Littbarski, AHB-Kommentar, § 3 Rdn. 180. Der u. U. daneben tretende oder im Vordergrund stehende Zweck, den Versicherer nicht mit Bagatellschäden zu befassen, ist im hiesigen Zusammenhang nicht von Interesse. 177 Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 75 Rdn. 12. 178 So etwa § 9 Ziff. 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Feuerversicherung (AFB 87); § 9 Ziff. 2 der Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung (AERB 87). Besonderheiten gelten für die Praxis der D&O-Versicherung, die regelmäßig auf Rechnung der Gesellschaft zugunsten ihrer Organmitglieder genommen wird, dazu Möhrle, D&O-Versicherung, 2007, S. 126 ff. 179 Dazu Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 78 Rdn. 1. 180 Vorgeschlagen etwa von Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 356 f.; Nguyen, WPg 2005, 11, 19; erwägend hinsichtlich der D&O-Versicherung Fleischer, WPg Sonderheft 2001, 136, 139; dafür Pammler, D&O-Versicherung, 2006, S. 85 ff. Im Rahmen einer Innenhaftung Zimmer, WM 2004, 9, 18 ff. 181 Dazu, auch krit., R. Koch, AG 2009, 637, 638 ff.; Gädtke, VersR 2009, 1565 ff.; Franz, DB 2009, 2764 ff.; Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555 ff.; Olbrich/Kassing, BB, 2009, 1659 ff. Die Zulässigkeit einer D&O-Versicherung wurde von einigen bereits zuvor unter Berufung auf § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG von der Vereinbarung eines Selbstbehalts abhängig gemacht, etwa Schüppen/Sanna, ZIP 2002, 550, 553; Ulmer, in:

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Maße auf praktische und rechtliche Grenzen einer derartigen Vorschrift Rücksicht nehmen. Erst mit Blick darauf lassen sich Eignung und Zweckmäßigkeit eines gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts als Regelungsinstrument beurteilen. Nach § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG hat eine von der Gesellschaft abgeschlossene Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) für die berufliche Tätigkeit eines Vorstandsmitglieds einen Selbstbehalt von mindestens 10 Prozent des Schadens bis mindestens zur Höhe des Eineinhalbfachen der jeweiligen festen Jahresvergütung vorzusehen.182 Anführen lässt sich auch der Referentenentwurf des KapInHaG, der die Einführung einer Außenhaftung der Organmitglieder börsennotierter Gesellschaften vorsah; dieser enthielt eine Bestimmung, nach der ein Selbstbehalt in Höhe von fünfzig Prozent der Versicherungssumme zulasten des Versicherten vereinbart werden musste.183 Im Gegensatz dazu ist dem Wirtschaftsprüfer gegenwärtig vorgeschrieben, für seine Berufshaftpflichtversicherung einen Selbstbehalt von nicht mehr als einem Prozent der Mindestversicherungssumme zu vereinbaren;184 diese Regelung dient, entsprechend der allgemeinen Zielrichtung der Versicherungspflicht für Angehörige bestimmter Berufsstände, Festschr. f. Canaris, 2007, S. 451, 463 ff.; MünchKomm-AktG/Hefermehl/Spindler, § 93 Rdn. 94; Pammler, D&O-Versicherung, 2006, S. 81 ff., 96 ff. Dagegen sprachen sich Fleischer, WM 2005, 909, 919; Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321, 2323 f.; Möhrle, D&O-Versicherung, 2007, S. 116 f., 160 ff. aus. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer D&O-Versicherung (für generelle Unzulässigkeit Habetha, Direktorenhaftung, 1997, S. 173 ff., 184) wird nunmehr durch § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG i. d. F. des VorstAG impliziert, vgl. Hüffer, AktG, § 84 Rdn. 16. 182 Nicht gelungen erscheint die Formulierung im Sinne einer ,Pflicht zur Vereinbarung‘ des Selbstbehalts; sie wird von R. Koch, AG 2009, 637, 639; Franz, DB 2009, 2764, 2770 als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB interpretiert, dessen Verletzung nur zur Teilnichtigkeit des Versicherungsvertrags führen soll. Anders Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555, 1556 f.; Thüsing/Traut, NZA 2010, 140, 140 f. (Pflicht im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis). Vorzugswürdig erscheint eine Gesetzesfassung, die eine unmittelbar eingreifende zwingende Regelung zum Versicherungsvertrag trifft, vgl. den Formulierungsvorschlag von Zimmer, WM 2004, 9, 20. Zu weiterer Kritik an der Gesetzesfassung insbes. Franz, DB 2009, 2764 ff.; Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555, 1555 f. Eine ,Empfehlung‘, bei Abschluss einer D&O-Versicherung einen „angemessenen Selbstbehalt“ zu vereinbaren, war vor Inkrafttreten des VorstAG bereits in Ziff. 3.8 DCGK i. d. F. vom 6.6.2008 enthalten und besteht in Abs. 3 DCGK i. d. F. vom 26.5.2010 für Aufsichtsratsmitglieder fort. Zum DCGK Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321 ff.; Baumann, VersR 2006, 455 ff.; Fleischer, WM 2005, 909, 920; Möhrle, D&OVersicherung, 2007, S. 123 ff. Die Empfehlung fand zunächst vergleichsweise wenig Gefolgschaft, Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321, 2321 f.; Oser/Orth/Wader, BB 2004, 1121, 1123; Franz, DB 2009, 2764, 2772. 183 § 37a Abs. 6 WpHG-E des DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1043. Die Begr. dazu beruft sich auf den Sanktionsgedanken; sie geht davon aus, dass die Höhe des Selbstbehalts einem Bruttojahresgehalt des Organmitglieds entspricht, wohl weil zugleich eine Haftungsbegrenzung vorgesehen ist, allerdings dort redaktionell widersprüchlich auf das Vierfache des Bruttojahresgehalts, Begr. DiskE KapInHaG, ebd. S. 1048. Krit. Sünner, DB 2004, 2460, 2463. 184 § 2 Abs. 2 i.V. m. § 2 Abs. 1 WPBHV und § 323 Abs. 2 Satz 1 HGB. Ebenso § 51 Abs. 5 BRAO, § 19a Abs. 4 BNotO.

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allein dem Anliegen, im Interesse des einzelnen Geschädigten einen ausreichenden Schadensausgleich auch bei mangelnder Solvenz des Inanspruchgenommenen sicherzustellen.185 aa) Ausschluss von Umgehungsmöglichkeiten Unter dem Gesichtspunkt der rechtsökonomischen Zweckmäßigkeit wirft der gesetzliche Selbstbehalt zunächst das Problem seiner möglichen Umgehung auf. Eine Verbesserung der Prüfungsqualität ist nur dann zu erwarten, wenn es für den Wirtschaftsprüfer keine kostengünstigeren Wege gibt, das durch den Selbstbehalt bedingte Haftungsrisiko abzuwenden. Erforderlich wäre deswegen ein wirksames gesetzliches ,Versicherungsverbot‘ im Umfang des Selbstbehalts.186 Insbesondere die Möglichkeit der ergänzenden Versicherung für diesen Selbstbehalt müsste dadurch ausgeschlossen sein, zumal beide daran Beteiligte, der Wirtschaftsprüfer und ein Versicherer, durchaus ein Interesse an dem Abschluss einer solchen Versicherung haben dürften. Gegenüber einer Versicherung von grober Fahrlässigkeit bestehen nämlich keine so starken Gegenanreize wie gegenüber einer – dementsprechend nicht anzutreffenden – Haftpflichtversicherung für vorsätzliche Schädigung oder für Sanktionen wegen Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, die regelmäßig als sittenwidrig anzusehen wären187 und für den Versicherer nicht beherrschbare Gefahren opportunistischen Handelns des Versicherten (moral hazard) mit sich brächten. Daraus folgt, dass zusätzlicher Regelungsaufwand in Richtung auf Möglichkeiten zur Kontrolle und Sanktionierung erforderlich sein würde, damit Umgehungen verhindert werden könnten.

185 Diese gesetzgeberischen Wertung hervorhebend auch Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321, 2323; Fleischer, WM 2005, 909, 919. Differenzierend Baumann, VersR 2006, 455, 461 bei Fn. 96. 186 Zu § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG wird allgemein davon ausgegangen, dass eine eigene Versicherung in Höhe des Selbstbehalts durch das Vorstandsmitglied zulässig bleibt, vgl. – mit unterschiedlicher Begründung – R. Koch, AG 2009, 637, 645; Gädtke, VersR 2009, 1565, 1568 ff.; Franz, DB 2009, 2764, 2772; van Kann, NZG 2009, 1010, 1012; Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555, 1557; Olbrich/Kassing, BB, 2009, 1659, 1662; Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage 1, Tz. 56; Thüsing/Traut, NZA 2010, 140, 142 f. Damit stellt sich die Regelung des VorstAG als zu einem erheblichen Teil ,symbolhafte‘ Gesetzgebung dar, mit der politisch ,ein Signal gesetzt‘ wurde, ohne dass eine wirkliche Intensivierung der Haftungsfolgen eintritt. Auch der DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1043 ließ nicht hinreichend deutlich erkennen, dass der Selbstbehalt nicht anderweitig versichert werden darf, so dass das Deutsche Aktieninstitut, Stellungnahme KapInHaG, S. 9 und der Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins, NZG 2004, 1099, 1102 mit Selbstverständlichkeit von dieser Möglichkeit ausgehen. Ziff. 3.8 Abs. 2 DCGK i. d. F. vom 6.6.2008 ließ ebenfalls die Möglichkeit einer ,Selbstbehaltsversicherung‘ offen, Möhrle, D&O-Versicherung, 2007, S. 136 ff. 187 Dazu im Verhältnis zu den abdingbaren gesetzlichen Ausschlüssen gemäß §§ 81, 103 VVG siehe Prölss/Martin/Prölss, VVG, § 81 Rdn. 39; Prölss/Martin/Lücke, VVG, § 103 Rdn. 1, 3.

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bb) Problem der abstrakt-generellen Vorherbestimmung des Selbstbehaltsumfangs Anders als eine freiwillige Vereinbarung im Einzelfall macht es eine gesetzliche Vorschrift erforderlich, den Umfang des Selbstbehalts abstrakt-generell vorherzubestimmen.188 Ausgangspunkt dafür ist der Sinn dieser Bestimmung, die Präventivwirkung der Haftung in finanzieller Hinsicht aufrecht zu erhalten. Es gilt also, Kriterien für die danach optimale Bemessung zu finden. Ein fixer Betrag erscheint angesichts der Vielfalt denkbarer Ausmaße von Schadensfällen als zu starr und somit nicht geeignet.189 Wie schon ausgeführt, bietet auch der Betrag des eintretenden Schadens der Anleger durch Falschinformationen keinen geeigneten Bezugspunkt, weil er mit dem gesamtwirtschaftlichen Schaden schon im Ansatz nicht übereinstimmt.190 Somit kann nur auf Hilfsgrößen zurückgegriffen werden, die weitestmöglich sicherstellen müssten, dass der Wirtschaftsprüfer entsprechend den Verhältnissen des jeweiligen Prüfungsfalles fühlbar, aber nicht übermäßig belastet wird. Nahe liegt es, schlechthin auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsprüfers beziehungsweise der Wirtschaftsprüfergesellschaft, also auf sein oder ihr Vermögen abzustellen.191 Alternativ kann bei dem Interesse des Wirtschaftsprüfers an der konkreten Prüfung angesetzt werden, das durch eine Orientierung an dem Prüfungshonorar192 oder an Kriterien, die das geprüfte Unternehmen kennzeichnen und mit dem Umfang und dem Haftungsrisiko des Auftrags korrelieren, quantifiziert werden kann. Die Orientierung am Prüfungshonorar käme der Bemessung des Selbstbehalts bei Vorstandsmitgliedern anhand ihrer Jahresvergütung am nächsten; die Jahresvergütung hat jedoch den Vorzug, dass sich in ihr der ,Wert‘ der gesamten persönlich ausgeübten beruflichen Tätigkeit der jeweiligen Einzelperson in der jeweiligen Zeitabschnitt niederschlägt.193 Demgegenüber bildet das Prüfungshonorar nicht das zeitab188 Anders zur D&O-Versicherung Pammler, D&O-Versicherung, 2006, S. 87, der gesetzlich zur Vereinbarung eines „angemessenen Selbstbehalts“ verpflichten will. Aus Gründen der Rechtssicherheit erschiene dies als kaum vertretbar, zumal der Versicherungsvertrag bei Unangemessenheit gemäß § 134 BGB nichtig sein soll, ebd. S. 98. 189 Im Ergebnis ebenso Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 386 f. sowie Stellungnahmen zu einem Haftungshöchstbetrag: Doralt/Hellgardt/Hopt/Leyens/Roth/Zimmermann, Cambridge L.J. 67 (2008), 62, 64; Koziol, in: ders./W. Doralt, Abschlussprüfer, 2004, S. 141, 156 ff. Rdn. 53 f., 56, 58; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 428 f. 190 Siehe oben unter § 10 I. 1. a), S. 163 ff. 191 Vgl. zur D&O-Versicherung Dreher/Görner, ZIP 2003, 2321, 2326; Zimmer, WM 2004, 9, 19. 192 So Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 388: Selbstbehalt in Höhe des Prüfungshonorars. 193 In § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG wird aus Gründen der „besseren Handhabbarkeit“ (Rechtsausschuss, Begr. Beschlussempfehlung VorstAG, BT-Drucks. 16/13433, S. 11) nur auf die feste jährliche Vergütung des Vorstandsmitglieds Bezug genommen. Vgl. bereits vor Geltung des VorstAG zur D&O-Versicherung Dreher/Görner, ZIP 2003,

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

schnittsbezogene Berufseinkommen der handelnden Personen ab, zumal wenn es von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vereinnahmt wird. Denkbar ist auch, den Selbstbehalt des Wirtschaftsprüfers aus einem etwaigen Haftungshöchstbetrag abzuleiten, etwa als Bruchteil davon.194 Diese Verknüpfung wäre jedoch nicht zweckmäßig, wenn der Haftungshöchstbetrag entweder in einem fixen Betrag besteht (wie gegenwärtig im Verhältnis zur geprüften Gesellschaft gemäß § 323 Abs. 2 HGB) oder wenn er sich allein an der Versicherbarkeit orientiert,195 also eigentlich daran, was dem Wirtschaftsprüfer an Versicherungsprämie oder selbst zu tragendem Risiko zugemutet werden soll. Letzteres wäre für die Haftungsbeschränkung an sich konsequent, denn der Gesichtspunkt der wirksamen Prävention ist nicht so sehr für sie von Bedeutung, sondern für den Betrag, den der Wirtschaftsprüfer am Ende selbst tragen muss.196 Die rechtspolitische Diskussion um den Haftungshöchstbetrag gibt allerdings einen Eindruck von den Schwierigkeiten des Bestrebens, ein vorzugswürdiges Hilfskriterium zu finden.197 Vor diesem Hintergrund bestehen Zweifel, ob eine auf diese Weise künstlich justierte, aber dennoch abstrakt-generell vorherbestimmte Größe unter dem hier behandelten Präventionsgesichtspunkt einem Vergleich mit öffentlichrechtlichen Sanktionsinstrumenten standhalten kann. Mit Blick auf die Rechtsfolgen erlauben es Bußgeldvorschriften – ebenso wie die nur am Rande relevanten Strafnormen –, die Sanktionsbemessung nachträglich von den konkreten Verhältnissen im Einzelfall abhängig zu machen, wodurch leichter ein Maß gefunden werden kann, das sowohl fühlbar als auch den Auswirkungen eines Fehlverhaltens angemessen ist.198 Vorzüge der Haftungsregelung auf Tatbestandsseite, insbesondere die Nutzbarmachung der Initiative privater Betroffener – die freilich hinreichende Einblicke in den Sachverhalt voraussetzt –,199 können diese Schwäche 2321, 2326 f. mit Hinweis darauf, dass eine Orientierung an der Vergütung der Organmitglieder üblich sei; so auch Begr. DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1048; dafür ferner Möhrle, D&O-Versicherung, 2007, S. 141 ff.; im Ansatz auch Pammler, D&OVersicherung, 2006, S. 92 f. 194 So etwa der Vorschlag von Zimmer, WM 2004, 9, 19 f. 195 Dazu MünchKomm-HGB/Ebke, § 323 Rdn. 162; E. Herrmann, Ökonomische Analyse, 1997, S. 256; Sommerschuh, Berufshaftung und Berufsaufsicht, 2002, S. 248 f. Präzisierend und krit. W. Doralt, Haftung der Abschlussprüfer, 2005, S. 107 Rdn. 183 f. 196 Anders etwa Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 387 f. Zum Höchstbetrag wie hier 2. Erwägungsgrund der Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. 197 Vgl. oben Fn. 112. 198 Vgl. allgemein § 17 Abs. 2 und 3 OWiG, wonach sich die Höhe einer Geldbuße nach der Bedeutung der Ordnungswidrigkeit, dem Vorwurf, der den Täter trifft, und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen richtet und sie jedenfalls den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter erlangt hat, übersteigen soll. 199 Diese Vorzüge hebt allgemein für das Haftungsrecht Wagner, AcP 206 (2006), 352, 441 hervor; sie hängen danach jedoch wesentlich von der Erkennbarkeit des Fehl-

§ 11 Einfluss des Wirtschaftsprüfers auf die Effizienzbetrachtung

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einer Selbstbehaltsregelung nicht ausgleichen, weil ihr Wert letztlich von geeigneten Rechtsfolgen abhängt. Darüber hinaus müsste der Selbstbehalt möglichst neutral gegenüber dem Anliegen des Schadensausgleichs sein. Dies ließe sich nur erreichen, wenn er so bemessen wird, dass er die Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsprüfers möglichst nicht übersteigt. cc) Selbstbehalt im Verhältnis zum geltenden Recht der Berufshaftpflichtversicherung und der Versicherungspflicht Ein gesetzlich vorgeschriebener Selbstbehalt ist nicht isoliert anhand seiner Zweckmäßigkeit im Hinblick auf die Präventivwirkung zu beurteilen, sondern bedarf eines Abgleichs mit dem geltenden Recht des betroffenen Sachbereichs, insbesondere mit der Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung im Recht der freien Berufe. Ins Auge fallen dabei die schon angesprochenen Vorschriften über einen höchstzulässigen vereinbarten Selbstbehalt, die eine verhältnismäßig enge Grenze setzen.200 Daraus lässt sich entnehmen, dass ein präventiver Selbstbehalt mit der Versicherungspflicht des Wirtschaftsprüfers und anderer Berufsstände nach geltendem Recht und den dahinter stehenden Grundanliegen in Widerstreit geriete. Der Einführung einer Versicherungspflicht ist das Ziel zugrunde gelegt worden, den Wirtschaftsprüfer und damit die von ihm Geschädigten unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsprüfers vor darauf bezogenen ,Risiken‘ seiner Berufstätigkeit zu bewahren.201 Die Einschränkung von Präventivwirkungen tritt hinter dieser Wertung, die im Gesetz selbst ihren Ausdruck gefunden hat, zurück; es ist nicht ersichtlich, dass ein präventiver Effekt vom Gesetzgeber für erforderlich gehalten wurde. Dabei handelt es sich nicht um einen besonderen Grundsatz für den Wirtschaftsprüfer, sondern inzwischen um ein einheitliches Prinzip für verschiedene freie Berufe.202 Aus diesem Blickwinkel widerspricht es gegenwärtig dem systematischen Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, die Versicherung des Wirtschaftsprüfers nenverhaltens für den Geschädigten ab, vgl. ebd. S. 446: „Schließlich hat das Opfer häufig den besten Zugang zu denjenigen Informationen und Beweismitteln, die benötigt werden, um einen Verstoß [. . .] nachzuweisen“. 200 Ein Prozent der Mindestversicherungssumme gemäß § 2 Abs. 2 i.V. m. § 2 Abs. 1 WPBHV und § 323 Abs. 2 Satz 1 HGB. Entsprechend § 51 Abs. 5 BRAO, § 19a Abs. 4 BNotO. Vgl. auch oben Fn. 184. 201 Begr. RegE WiPrO, BT-Drucks. 3/201, S. 59. Entsprechend die 1994 gesetzlich verankerte Versicherungspflicht für Rechtsanwälte, Begr. RegE zu § 51a BRAO (a. F.), BT-Drucks. 12/4993, S. 23, 31 f. Ferner, allerdings angesichts der Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes nicht völlig vergleichbar, die Versicherungspflicht der Notare, Begr. RegE zu § 19a BNotO, BT-Drucks. 8/2782, S. 9 f. Ganz in diesem Sinne auch Sommerschuh, Berufshaftung und Berufsaufsicht, 2002, S. 252: Eine Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten sei nur sinnvoll, wenn sie versicherbar und versichert sei. 202 Ausführliche Bestandsaufnahme über die fast allgemeine Versicherungspflicht in sog. freien Berufen bei Taupitz, Standesordnungen, 1991, S. 413, 542 f., 1326 ff.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

nenswert, also über den bereits erlaubten marginalen Selbstbehalt hinaus, einzuschränken. Die dennoch gewollte besondere Behandlung des Wirtschaftsprüfers in Abweichung von diesem Grundsatz müsste sich mit Blick auf das Gebot der Gleichbehandlung des Gleichartigen rechtfertigen lassen.203 Ein Begründungsansatz dafür könnte bei der Prüfung kapitalmarktorientierter Unternehmen darin bestehen, den Wirtschaftsprüfer nicht mehr primär aus seiner Stellung als Angehöriger eines freien Berufs heraus zu begreifen, sondern ihn ganz als Kapitalmarktakteur anzusehen. Seine rechtliche Behandlung wäre dann in erster Linie dem Handels- und besonders dem Kapitalmarktrecht vorzubehalten, wo die Einführung neuartiger und eigenständiger haftungsrechtlicher Präventionsinstrumente eher als legitim angesehen werden könnte.204 Zu damit verbundenen Grundsatzfragen des Haftungsrechts ist noch Stellung zu nehmen.205 Allerdings ist die Lage des Wirtschaftsprüfers mit der von Organmitgliedern wie den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft, für deren Versicherung ein Selbstbehalt gemäß § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG vorgeschrieben ist, nicht vollkommen gleichzusetzen. Für Organmitglieder besteht keine Versicherungspflicht, sie haben auch keine Berufsstellung inne, die regulatorisch mit Blick auf eine besondere Vertrauenswürdigkeit ausgestaltet und abgesichert wäre.206 Darüber hinaus wäre eine D&O-Versicherung ohne Selbstbehalt unter Präventionsgesichtspunkten vergleichweise bedenklicher, weil sie regelmäßig von der Gesellschaft selbst zugunsten ihrer Organmitglieder abgeschlossen wird, wobei diese weitgehend über Konditionen und Umfang entscheiden könnten, ohne durch die Prämie persönlich belastet zu sein.207 c) Ergebnis Die Eignung des gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts zur Aufrechterhaltung finanzieller Präventionsanreize bei der Wirtschaftsprüferhaftung und seine

203 Vgl. auch die Kritik von Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555, 1557 im Zusammenhang mit § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG. 204 Vgl. etwa das kapitalmarktrechtliche Innenhaftungskonzept von Zimmer, WM 2004, 9 ff. Allgemeiner für einen bereichsspezifischen Ansatz ferner Fleischer, ZGR 2004, 437, 444 f. 205 Siehe unten im fünften Kapitel in § 15, S. 254 ff. 206 Nicht überzeugend ist es daher, wenn aus der Regelung hinsichtlich freier Berufe parallele Folgerungen für Mitglieder von Gesellschaftsorganen gezogen werden, so aber Möhrle, D&O-Versicherung, 2007, S. 134 f.: „keine nennenswerten Unterschiede“. 207 Ausführlich Baumann, VersR 2006, 455, 460 f. Zur Abschlusskompetenz des Vorstands hinsichtlich der D&O-Versicherung auch Hoffmann-Becking/Krieger, NZG 2009, Beilage 1, Tz. 48; differenzierend Spindler, in: Bachmann u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 215, 229 m.w. Nachw.

§ 12 Zusammenfassende Schlussfolgerungen

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Praktikabilität sind insgesamt eher zu verneinen.208 Es empfiehlt sich daher, von der Umsetzung eines solchen Regelungsansatzes abzusehen. Zwar bietet die Versicherungspraxis Vorlagen, aus denen sich eine gesetzliche Regelung technisch entwickeln ließe, die den bisherigen, weniger durchdachten Entwürfen überlegen wäre und eine Umgehung weitgehend ausschließen würde. Die Zweckmäßigkeit einer solchen präventiv motivierten Neuregelung ist zunächst an der rechtsökonomischen Anforderung zu messen, dass sie gegenüber dem bisherigen Regelungsbestand zusätzliche Anreize setzt, ohne diesen Vorteil ausgleichende nachteilige Wirkungen zu entfalten. Dagegen spricht, dass eine von Hilfskriterien abhängige abstrakt-generelle Vorherbestimmung des Umfangs des Selbstbehalts erforderlich wäre, die weder den Vorteil einer Haftungsregelung hat, mit dem Schaden zugleich die gesamtwirtschaftlichen Kosten (zumindest im Grundsatz) zuzuweisen, noch den einer öffentlichrechtlichen Sanktion, im Einzelfall ex post an die Schwere des Fehlverhaltens und das Ausmaß ihrer Folgen angepasst werden zu können. Für ein bislang nicht erprobtes und daher in seinen praktischen Auswirkungen nicht völlig übersehbares Regelungsinstrument wäre jedoch zu fordern, dass dessen Vorteilhaftigkeit zumindest bei theoretischer Betrachtung als überwiegend wahrscheinlich erscheint. Hinzu kommt das Bedenken, dass ein gesetzlich vorgeschriebener Selbstbehalt im Konflikt mit der Versicherungspflicht des Wirtschaftsprüfers als eines freien Berufs stünde. Ein isolierter abweichender kapitalmarktrechtlicher Ansatz ließe sich zwar vertreten, doch wird damit die Konsistenz des Rechts der freien Berufe beeinträchtigt, das von der Wertung ausgeht, in derart regulierten Bereichen komme dem Schutz des individuell Geschädigten gegenüber einem unzureichend leistungsfähigen Berufsträger Priorität zu.

§ 12 Zusammenfassende Schlussfolgerungen Aus der rechtsökonomischen Untersuchung ergibt sich, dass eine vereinfachende Betrachtungsweise, nach der die Haftung Fehlverhalten ,teurer‘ macht und schon deswegen nützliche Wirkungen entfaltet, zu kurz greifen würde. Gegebenheiten wie die Marktverhältnisse, die Haftpflichtversicherung und Reputationswirkungen müssen vielmehr miteinbezogen werden. Eindeutige und über jeden Zweifel erhabene Ergebnisse sind angesichts verbleibender praktischer Grenzen dieses Vorgehens nicht zu erwarten, doch können die Ergebnisse zumindest Plausibilität für sich in Anspruch nehmen. Die Untersuchung hat zunächst ergeben, dass bestimmte Punkte nicht als Gründe gegen eine am Effizienzziel ausgerichtete Wirtschaftsprüferhaftung he208 Krit. im Hinblick auf die Steuerungswirkungen der Managerhaftung auch Arnold, Steuerung des Vorstandshandelns, 2007, S. 185; Dauner-Lieb/Tettinger, ZIP 2009, 1555, 1557 („Glaubensfrage“); Hüffer, AktG, § 93 Rdn. 18b.

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4. Kap.: Ökonomische Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftsprüferhaftung

ranzuziehen sind: Die Eigenart der Prüfungstätigkeit als ein von individuellen Wertungen abhängiges und nicht naturwissenschaftlich exaktes Verfahren steht Steuerungswirkungen nicht entgegen, soweit insbesondere Ermessensgrenzen und in Bezug genommene Prüfungsstandards es rechtlich determinieren. Nur daran können Präventivwirkungen überhaupt gemessen werden. Auch ist anzuerkennen, dass Kosten der Haftungsregelung durch Klagen, deren Begründetheit zweifelhaft ist und die von vornherein gesammelt mit dem Ziel erhoben werden, einen Vergleich abzuschließen, nicht in einem Maße wie in der US-amerikanischen Rechtsordnung zu erwarten wären. Es ist ebenfalls nicht zu befürchten, dass die Haftung unmittelbar zu einem Rückgang des Umfangs der Kapitalmarktinformation führen würde, wenngleich Auswirkungen auf das Entgelt für Wirtschaftsprüferdienstleistungen nahe liegen. Die Zweckmäßigkeit einer Wirtschaftsprüferhaftung wird dagegen in zwei Hinsichten in Frage gestellt: Zum ersten ist eine den ökonomische Anforderungen entsprechende und zielgenaue Bestimmung des Sanktionsmaßes und dessen haftungsrechtliche Umsetzung kaum möglich, so dass Zweifel an einem Überwiegen positiver Effekte gegenüber den Kosten und an komparativen Vorteilen im Vergleich zu anderen Sanktionsmechanismen nicht auszuräumen sind. Dieses Problem ergibt sich aus dem Zusammenspiel der bereits im Ansatz bestehenden Inkongruenz von Umverteilungsschäden und gesamtwirtschaftlichen Kosten, der Abschwächung und ,Mediatisierung‘ finanzieller Anreize durch Versicherung sowie den von vornherein nicht zu überschätzenden, vor allem nicht trennscharfen und rechtlich nicht gewährleisteten Reputationswirkungen. Die Einführung eines gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts als ein neuartiges Rechtsinstitut bietet kein überzeugendes Mittel der Abhilfe. Zum zweiten bestehen Zielkonflikte, die für die kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung angesichts der dortigen Gegebenheiten besonderes Gewicht haben. Sie beziehen sich auf den Ausgleich untereinander zwischen dem Erfordernis wirksamer finanzieller Anreize, der drohenden Überinanspruchnahme mit Folgen für entsprechende Sektoren des Marktes für Prüfungsdienstleistungen und schließlich der Notwendigkeit, durch einen hinreichend durchsetzbaren, gegebenenfalls versicherten Haftungsumfang den Klageanreiz aufrechtzuerhalten.

Fünftes Kapitel

Rechtsgrundsätzliche Anforderungen an eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung Die oben angestellte rechtsökonomische Untersuchung der Wirtschaftsprüferhaftung ist für sich genommen nicht rechtlich-normativ eingebunden, sondern betrifft nur das Verhältnis eines Mittels zu dem frei gewählten Zweck der Förderung der gesamtwirtschaftlichen Effizienz. Aus Sicht des Rechts schließt sich daran die Frage an, wie dieser Zweck in dem Zusammenhang, in dem eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung stände, zu beurteilen ist. Ebenso bedeutend ist, welcher Einfluss weiteren, konkurrierenden Rechtsgrundsätzen zukäme. Obwohl der kapitalmarktbezogene Aspekt die gegenwärtige Diskussion um die Wirtschaftsprüferhaftung prägt, ist zunächst – vor diesem neueren Hintergrund – zu erörtern, welche Bedeutung allgemeineren Ansätzen zur Haftungsbegründung beigemessen werden muss (sogleich in § 13). Solche Ansätze beziehen sich auf die berufliche Stellung des Wirtschaftsprüfers als haftungsbegründendes Moment, ziehen Parallelen zur Notarhaftung oder wollen professionelle Dienstleistungen ebenso wie Sachprodukte einer Haftung unterwerfen. Sodann sind die Prinzipien und allgemeinere Zwecke, die dem Kapitalmarktrecht als Rechtsgebiet zu eigen sind und die es dadurch systematisch prägen, daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihnen eine Grundlage für eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung gewinnen lässt (in § 14). Die gefundenen Ergebnisse bedürfen schließlich des Abgleichs mit allgemeinen Grundsätzen des Haftungsrechts (in § 15). Insbesondere wird bei der Frage angesetzt, welche Bedeutung der Präventivzweck im geltenden Haftungsrecht bereits hat und ob oder inwiefern sich eine so motivierte Haftungsregelung systematisch einfügen würde. Bei alledem wird nicht verkannt, dass dem Gesetzgeber bei der Schaffung privatrechtlicher Haftungstatbestände verfassungsrechtlich ein weites Ermessen eingeräumt ist, dessen Grenzen keine positiven Wegweiser für konkrete gesetzgeberische Vorhaben sein können. Doch sind die Anforderungen an eine Gesetzgebung, die für sich in Anspruch nehmen will, das Recht im eigentlichen Sinne fortzubilden und damit zu verbessern, enger gesteckt. Geboten sind vor allem innere Folgerichtigkeit, Widerspruchsfreiheit des Systems und eine möglichst gehaltvolle Haftungsbegründung.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung Die erst in neuerer Zeit aufgekommene kapitalmarktbezogene Betrachtung des Wirtschaftprüfers und der Frage seiner Haftung schließt es nicht aus, auf Ansätze Bezug zu nehmen, die unabhängig davon eine Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Drittbetroffenen begründen könnten. Soweit sich solche Ansätze eng an das geltende Recht anlehnen und den Anspruch erheben, bereits im Wege der Gesetzesinterpretation dorthin zu gelangen, sind sie bei der Untersuchung der Rechtslage schon erörtert worden.1 Dabei hat sich erwiesen, dass insbesondere eine Ausweitung der allgemeinen Vertrauenshaftung weit über den Nahbereich hinaus nicht überzeugen kann. Es bleibt also die Aufgabe, bisher nicht behandelte, dem Gesetz ferner stehende Auffassungen auf ihre Eignung als Grundlegung einer gesetzlich anzuordnenden kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung zu untersuchen.

I. Wirtschaftsprüferhaftung als Berufshaftung Eine Reihe von literarischen Studien gibt dem ,Beruf‘ zentrale Bedeutung für die Schadensersatzhaftung aus der Berufstätigkeit. Die Begründungswege weisen untereinander zwar erhebliche Unterschiede auf; doch mit Blick auf ihren gemeinsamen Bezugspunkt kann durchgängig von der Konzeption einer Berufshaftung gesprochen werden.2 Mit der Anknüpfung an die Berufsstellung wird insbesondere die vertragliche Begründung der Haftung ersetzt oder zumindest ergänzt.3 Auch soweit die Berufshaftung nur als Konkretisierung bestehender vertragsähnlicher oder deliktischer Haftungsgrundlagen gesehen wird, treten diese, gewissermaßen als formale Einkleidung, gegenüber der Bezugnahme auf die Berufstätigkeit und die berufliche Stellung in den Hintergrund.4 Der Beruf wird dabei vornehmlich als eine Rolle im soziologischen Sinne verstanden. Dafür kommt es auf die Stellung des Berufsträgers in und zu der Gesellschaft an, 1

Vgl. oben im zweiten Kapitel in § 5, S. 91 ff., insbes. § 5 VI., S. 123 f. Vgl. Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 30 ff.; Lorenz, in: Festschr. f. Larenz, 1973, S. 575 ff.; Lammel, AcP 179 (1979), 337 ff.; Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 352 ff.; Grunewald, JZ 1982, 627, 630; dies., AcP 183 (1983), 285, 299 ff.; Hopt, AcP 183 (1983), 608, 634 ff.; Baumbach/Hopt, HGB, § 347 Rdn. 22; Damm, JZ 1991, 373, 384; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 417 ff.; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 492 ff. 3 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 339 ff.; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 461 f.; Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 33; Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 356; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 387 f. 4 So ausdrücklich Baumbach/Hopt, HGB, § 347 Rdn. 22; Lammel, AcP 179 (1979), 337, 360. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Ansätze betonen auch Damm, JZ 1991, 373, 385; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 491. 2

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung

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die er aufgrund seiner typischen besonderen Fachkunde und deren berufsmäßiger, das heißt auf Dauer angelegter und dem Lebensunterhalt dienender, Wahrnehmung hat.5 Dabei wird weitgehend anerkannt, dass die bloße Tatsache der pflichtwidrigen Berufsausübung nicht ausreicht, um eine Haftung rechtlich zu begründen oder rechtspolitisch als geboten erscheinen zu lassen. Ergänzend werden deswegen verschiedene stärker normativ geprägte Kriterien vorgebracht. So sieht Hopt die Berufshaftung als eine Reaktion auf Marktversagen an,6 die den Nichtfachmann angesichts seiner Angewiesenheit auf die Fachkunde vor professioneller Überlegenheit schützen soll und darüber hinaus der Verkehrssicherheit und der Förderung der Integrität des Berufsstandes dient.7 Der darin liegende Schutz des Schwächeren sei auch deswegen gerechtfertigt, weil der Berufsträger im Gegenzug die Vorteile der Berufsrolle für sich in Anspruch nehme.8 Diese Begründung führt zu einem weiten Berufsverständnis, das jede selbständige, nicht rein private und außerhalb des Erwerbslebens stehende Tätigkeit am Markt einschließt.9 Ergänzend wird herangezogen, dass der Berufsträger Vertrauen in Anspruch nehme, mit dem eine legitime Erwartung der von der Berufstätigkeit Betroffenen korrespondiere, gerade weil das Vertrauen auf der typisierten Wahrnehmung gesellschaftlicher Funktionen beruhe.10 Andere sehen das konkrete berufliche Handeln als entscheidend an. So soll es für die Haftungsbegründung bei Fehlauskünften darauf ankommen, dass eine Auskunft einen „Geltungsanspruch“ im Sinne eines impliziten Wahrheitsanspruchs enthalte, der im Rahmen der marktbezogenen Berufsausübung haftungsbegründendes Gewicht erhalte.11 Grunewald sieht insoweit eine von ihr sogenannte „berufliche Gewährübernahme“ als maßgeblich an.12 1. Verhältnis der Berufshaftung zu den allgemeinen Haftungsgründen unter der Geltung des § 675 Abs. 2 BGB Die These von der Berufshaftung wirft die Frage auf, ob das Abstellen auf die Berufsausübung als maßgebliches Kriterium einer Informationshaftung mit der in 5 Grunewald, JZ 1982, 627, 627, 630; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 514 ff.; ausführlich Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 210 ff., 353. 6 AcP 183 (1983), 608, 657. 7 Ebd. S. 648 f. 8 Ebd. S. 650. 9 Ebd. S. 670, 669 ff.; zustimmend Damm, JZ 1991, 373, 384. 10 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 359 ff. Ähnlich Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 30 ff. 11 Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 356 ff. 12 Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 300 mit Verweis auf Hopt, in: Festschr. f. Pleyer, 1986, S. 341, 359; AcP 183 (1983), 608, 683, der dies als haftungskonkretisierendes und haftungsbeschränkendes Kriterium im Sinne der Vorhersehbarkeit der Adressaten und möglicher Schäden heranzieht.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

§ 675 Abs. 2 BGB (§ 676 BGB a. F.) niedergelegten Grundentscheidung des Gesetzes vereinbar ist, dass die Erteilung eines Rates oder einer Empfehlung – oder einer bloßen Information13 – nicht zum Ersatz von Schäden, die aus deren Befolgung entstehen, verpflichtet. Die in dem genannten Absatz enthaltene Verweisung auf die Haftung aus einem Vertragsverhältnis oder einer unerlaubten Handlung sah der Gesetzgeber durchaus als eine Ablehnung einer davon unabhängigen Berufshaftung an.14 a) Ansätze zur Überwindung des § 675 Abs. 2 BGB Auf diesen an sich deutlichen Befund wird in unterschiedlicher Weise reagiert: Zumindest äußerlich bleibt die Vorschrift des § 675 Abs. 2 BGB unangetastet, wenn die Berufshaftung, obwohl als einheitliche Konzeption aufgefasst, in den Formen des Vertrags, der unerlaubten Handlung oder anderer Haftungstatbestände verwirklicht wird.15 Tendenziell erleichtert wird dies dadurch, dass in § 675 Abs. 2 BGB seit 1999 neben Vertrag und Delikt auch „sonstige gesetzliche Bestimmungen“ genannt werden.16 Außerdem wird eine einschränkende Auslegung vertreten, nach der die Norm lediglich die Nichthaftung wegen unentgeltlicher und gefälligkeitshalber erteilter Auskünfte außerhalb des beruflichen Bereichs anordnet.17 Noch grundsätzlicher werden der „soziale Wandel“18 oder zumindest „gewandelte Anschauungen von der sozialen Aufgabe des Rechts“19 ins Feld geführt. Lammel bringt die dem Gesetzgeber des BGB geläufige, aber von ihm zu Unrecht – wie sich inzwischen gezeigt habe – nicht übernommene gemeinrechtliche Haftung des mensor gegenüber Nichtvertragspartnern, die auf vergleichbare Professionen zu übertragen war, vor.20 13

Staudinger/Martinek, BGB, § 675 Rdn. C 2 m.w. Nachw. Vgl. Mot., S. 555 = Mugdan, Bd. II, S. 310; ferner Mot., S. 827 f. = Mugdan, Bd. II, S. 462 f. – So Hopt, AcP 183 (1983), 608, 647; Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 131 f.; implizit auch Lammel, AcP 179 (1979), 337, 345 ff.; ähnlich Grunewald, JZ 1982, 627, 627. Bekräftigend Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 253. 15 So im Wesentlichen Hopt, AcP 183 (1983), 608, 647 f. 16 Damit sollten „eine Reihe sondergesetzlicher Vorschriften im Bereich des Wertpapier- und Anlagegeschäfts“ angesprochen werden, Begr. RegE Überweisungsgesetz, BTDrucks. 14/745, S. 15. 17 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 345 f.; V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 458: ,Berufsmäßige Sonderverbindungen‘ blieben unberührt. 18 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 347, 359 ff.; Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 30 f.; im Ansatz auch V. Lang, AcP 201 (2001), 451, 545. 19 Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 418 f. Nach Grunewald, JZ 1982, 627, 627 ist die Norm „durch die Entwicklung der Rechtsprechung [. . .] überholt“. 20 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 347 ff.: Der Feldmesser (,mensor‘) haftete Dritten subsidiär wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit (,culpa lata‘), etwa einem Käufer oder Verkäufer, der durch falsches Abmessen des verkauften Grundstücks Schaden er14

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung

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b) Kritik Der aufgezeigten Verteidigung der Berufshaftung gegenüber dem § 675 Abs. 2 BGB ist zuzugestehen, dass diese Vorschrift, gerade mit dem nachträglich eingeführten Verweis auf sonstige gesetzliche Bestimmungen, aus rechtspolitischer Sicht nur wenig Orientierung bietet. Die ihr nach wie vor eindeutig zu entnehmende negative Aussage, dass nicht jede schlichte Fehlinformation zum Schadensersatz verpflichtet, dürfte unabhängig von einer Normierung kaum in der Gefahr stehen, beiseite geschoben zu werden.21 Auf den vagen Satz vom Wandel der sozialen Verhältnisse oder der sozialen Aufgaben des Rechts, der eine Zwangsläufigkeit der gezogenen Folgerungen suggeriert und maßgebende politische Werturteile eher verschleiert als verdeutlicht, braucht angesichts der rechtspolitischen Offenheit des § 675 Abs. 2 BGB nicht zurückgegriffen zu werden. Beachtung verdient jedoch der dieser Vorschrift zugrundeliegende Gedanke, dass eine Haftung gegenüber Dritten ,aus der Berufstätigkeit‘ nicht selbständig anzuerkennen sei, sondern nur insofern, als sie sich aus nicht berufsspezifischen allgemeineren Rechtsgründen ableiten lasse, vornehmlich aus Vertrag, allgemeinen vertragsähnlichen Schuldverhältnissen oder Delikt.22 Besonders die vertragliche Haftung gegenüber anderen als dem Auftraggeber, die sich aus einem Auskunftsvertrag oder der vertraglichen Schutzwirkung zugunsten Dritter ergeben kann, grenzt die Haftung bei beruflicher Tätigkeit auf den Nahbereich ein. Die Leitbildfunktion der begrenzten Reichweite gedachter ausdrücklicher Verabredungen bietet mehr Festigkeit und Rechtssicherheit als die unter der Unbestimmtheit ihres Ausgangspunktes leidenden berufsbezogenen Abgrenzungsversuche – sofern diese nicht gerade in einer vertraglichen Terminologie einen Ausweg suchen.23 litten hat, D. 11.6 si mensor falsum modum dixerit, insbes. D. 11.6.3.1 (Ulpian, 24 ad ed.). Vgl. zum gemeinen Recht auch Windscheid, Pandektenrecht, 2. Bd., 1906, § 470 Fn. 6, S. 1052: Entsprechendes gelte für alle Personen, die aufgrund staatlicher Konzession, Approbation oder Anstellung dem Publikum ihre Dienste darböten. Eine entsprechende Berufshaftung war dem Pr. A.L.R. (I 13 § 219) und dem Sächsischen BGB von 1865 (§ 1508) ebenfalls bekannt. 21 Die weitergehende These von Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 124 ff., 259 f., der Gesetzgebers habe durch die Vorschrift des § 675 Abs. 2 BGB die Annahme eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrag insbes. im Verhältnis zu Dritten generell abgelehnt, lässt sich aus den Materialien nicht nachweisen. Letztlich stünde dies der Sache nach auch in Widerspruch zu der von Plötner selbst dargelegten Fahrlässigkeitsdritthaftung (ebd. S. 242 f.; freilich im Rahmen eine „allgemeinen ungeschriebenen Haftung neutraler Leistungserbringer“). 22 Mot., S. 555 = Mugdan, Bd. II, S. 310; vgl. auch ebd.: „Zu diesen Vertragsfällen [d.i. ausdrücklicher oder stillschweigender Vertrag] gehören auch diejenigen, in welchen Rath und Empfehlung kraft Gewerbes oder Berufes erteilt ist.“ 23 So im Ansatz Hopt, AcP 183 (1983), 608, 683: „berufliche Gewährübernahme“. Dezidiert Grunewald, AcP 187 (1987), 285, 299 ff., nach der die Expertenhaftung davon abhängt, ob dem betreffenden Gutachten eine „Garantieerklärung“ zu entnehmen

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Auch durch die allgemeinen Haftungsgründe werden Ausformungen der Berufstätigkeit erfasst, weil (vermögens-)rechtlich relevantes Verhalten, etwa die Informationsvermittlung, typischerweise Element einer Berufsausübung ist. Das Zusammentreffen haftungsbegründender Tatbestände mit der Berufstätigkeit rechtfertigt jedoch nicht den Schluss, die Haftung beruhe auf der Berufsausübung. Es bleibt erforderlich, das konkret schadensursächliche Verhalten zu beurteilen. Dafür gibt ein solcher Ansatz aus einer Reihe von Gründen wenig her: Zunächst ist das Kriterium des Berufs selbst vage und wird dementsprechend in den Beiträgen zur Berufshaftung unterschiedlich akzentuiert.24 Soweit die besondere Fachkunde und die damit einhergehende Überlegenheit gegenüber dem ,Laien‘ in den Vordergrund gestellt werden würde, bezöge sich die Berufshaftung im Kern auf Berufe mit umfangreicher und formalisierter Ausbildung, die häufig als freie Berufe mit traditionell nicht-kaufmännischem Ethos besonderes Ansehen und Vertrauen in Anspruch nehmen.25 Ähnliches gälte, wenn auf die staatliche Konzessionierung der Berufsausübung und die darin zum Ausdruck kommende Übertragung von Aufgaben, die für die Gesellschaft wichtig sind, abgestellt werden würde.26 Ein anderes Bild, vor allem eine erheblich größere Reichweite, ergäbe sich für die Berufshaftung demgegenüber, wenn es zentral auf das unternehmerische Tätigwerden am Markt ankäme, das in seiner ganzen Breite zumindest mit einer gewissen ,professionellen Überlegenheit‘ einhergehe.27 Damit steht im Zusammenhang, dass die Begründung der Haftung als Berufshaftung auf einer abstrakteren Ebene liegt als die herkömmlichen Haftungsgründe. Wird auf die Wahrnehmung gesellschaftsbezogener Funktionen oder die Ausfüllung einer Rolle und auf die entsprechenden Erwartungen des Publikums als hinter dem Kriterium des Berufs stehende Gründe abgestellt, so ist auch daraus nicht abzuleiten, welche beruflichen Handlungen der Dritthaftung unterliegen sollten und vor allem, wie weit sie gehen sollte.28 Beispielhaft zeigt sei, während sie zugleich die Rechtsprechung zum Auskunftsvertrag mit dem Argument der Fiktion ablehnt, ebd. S. 296. Letztlich bestätigt dies die obige These. 24 Ähnlich insoweit Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 153 ff. 25 Etwa Lammel, AcP 179 (1979), 337, 361 ff., der Rechtsanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, öffentlich vereidigte und bestellte Sachverständige nennt. Grunewald, JZ 1982, 627, 630; dies., AcP 187 (1987), 285, 299 spricht von Fachleuten, Spezialisten, Experten. 26 Lammel, AcP 179 (1979), 337, 361. Daran knüpfte nach Windscheid, a. a. O. (oben Fn. 20) die gemeinrechtliche Dritthaftung in Analogie zur mensorischen Haftung an. 27 Hopt, AcP 183 (1983), 608, 645 f., 666, 669 ff.; auch Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 418 ff. 28 Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 356 ff. bekennt zwar, dass die Berufsrolle nicht pflichtenbegründend, sondern nur pflichtendifferenzierend wirke; die Auskunftshaftung stütze sich zunächst auf eine Selbstbindungswirkung aufgrund des jeder Auskunft innewohnenden Geltungs- oder Wahrheitsanspruchs. Doch erst die pflichtendifferenzierende Berufsrolle soll bewirken, dass die Selbstbindungswirkung zu einer Schadensersatzpflicht erstarkt. Damit ist die Berufsstellung als solche im konkreten Fall – wenn auch nicht ausschließlich – eben doch ein haftungsbegründendes Kriterium.

§ 13 Nicht kapitalmarktspezifische Ansätze zur Haftungsbegründung

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sich dies an dem für die Berufshaftung vorgebrachten Argument, die gesellschaftliche Nützlichkeit eines Berufsstandes käme diesem selbst zugute,29 so dass gewissermaßen im Gegenzug eine Haftung gerechtfertigt werden könne: In erster Linie spiegelt sich die Nützlichkeit der Berufstätigkeit in dem von unmittelbaren Nachfragern entrichteten Entgelt wider, und aus eben diesem Verhältnis ergeben sich bereits jetzt mit Selbstverständlichkeit (vertragliche) Haftungsfolgen. Die diffus darüber hinausgehende ,gesellschaftliche Nützlichkeit‘ macht eine Haftung nicht plausibel, zumal grundsätzlich nicht die gesellschaftliche Nützlichkeit, sondern umgekehrt eine besondere allgemeine Gefährlichkeit des Handelns Grund für eine Haftung ist, nämlich für eine gesetzlichen Gefährdungshaftung oder die deliktische Haftung wegen Verkehrspflichtverletzung. Auch die These vom Marktversagen im Zusammenhang mit ,professioneller Überlegenheit oder Angewiesenheit‘30 befindet sich auf einer zu allgemeinen Ebene. Diese besondere Angewiesenheit ist regelmäßig der Anlass zu einem Vertragsschluss oder der Gewährung von Vertrauen im Nahbereich. Dadurch nehmen die daran anknüpfenden allgemeinen Maßstäbe des Rechts der vertraglichen und vertragsähnlichen Schuldverhältnisse unausgesprochen auf diese Angewiesenheit Rücksicht.31 Die Beruflichkeit der Wirtschaftsprüfertätigkeit bietet demnach an sich keinen überzeugenden Anknüpfungspunkt für eine Schadensersatzhaftung gegenüber den Anlegern. 2. Die Notarhaftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO als Prototyp einer Wirtschaftsprüferhaftung? Die Notarhaftung gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO wird verschiedentlich als ein Parallelfall zu einer rechtspolitisch befürworteten Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten gesehen.32 Gerechtfertigt wird dies mit der Ähnlichkeit zwischen der beruflichen Stellung des Wirtschaftsprüfers und seiner Handlungen jedenfalls in der Funktion als Abschlussprüfer einerseits und der Stellung und den Amtshandlungen des Notars andererseits. Beide hätten mit der Beurkundung beziehungsweise der Erteilung des Bestätigungsvermerks gesetzlich geregelte ,Beglaubigungen‘ vorzunehmen,33 auf die der Rechtsverkehr angewiesen sei.34 Ihre Stellung sei jeweils von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit auch gegenüber dem Auftraggeber geprägt.35 Allen Adressaten des Bestätigungsvermerks, der die 29

Hopt, AcP 183 (1983), 608, 650. Ebd. S. 656. 31 Im Ergebnis ebenso Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 155 f. 32 Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 386; Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 229 f. 33 Köndgen, a. a. O. (oben Fn. 32), S. 386 f.; Nann, a. a. O. (oben Fn. 32), S. 230. 34 Nann, a. a. O. (oben Fn. 32), S. 230. 35 Köndgen, a. a. O. (oben Fn. 32), S. 387 f.; Nann, a. a. O. (oben Fn. 32), S. 201, 230. 30

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gleiche Schutzrichtung wie die Publizität selbst habe, gebühre daher gleichermaßen haftungsrechtlicher Schutz.36 a) Haftung für öffentlichrechtliches im Gegensatz zu privatrechtlichem Tätigwerden Dagegen sind allerdings einige Einwände zu erheben. Die Amtshaftung des Notars nach der Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO, der dem § 839 Abs. 1 BGB nachgebildet ist, beruht darauf, dass seine Tätigkeit ausschließlich öffentlichrechtlich ausgestaltet ist. Privatrechtliche Rechtsverhältnisse bestehen daher weder mit dem an ihn Herantretenden – der deswegen auch nicht im eigentlichen Sinne ,Auftraggeber‘ genannt werden kann – noch mit sonstigen Beteiligten.37 Schon deswegen kommt eine vertragliche, eine auf sonstigen privatrechtlichen Schuldverhältnissen oder auf dem allgemeinen Deliktsrecht beruhende Haftung des Notars – anders als bei dem Wirtschaftsprüfer, der in privatrechtlicher Form tätig wird –38 von vornherein nicht in Betracht. Die Amtshaftung des Notars hat damit zu allererst eine Ersatzfunktion insofern, als bei privatrechtlichem Handeln die allgemeinen Haftungsgründe einschlägig wären.39 Bei der öffentlichrechtlichen Qualifizierung der notariellen Tätigkeit im Gegensatz zum privatrechtlichen Handeln des Wirtschaftsprüfers handelt es sich nicht um eine willkürliche gesetzgeberische Entscheidung oder eine Zufälligkeit. Vielmehr sind die Aufgaben des Notars als ,vorsorgende Rechtspflege‘ (vgl. § 24 Abs. 1 Satz 1 BNotO) einzuordnen und in der Sache der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzurechnen; sie gehören damit dem Kernbereich der klassischen Staatsaufgaben an.40 Die Zugehörigkeit zur Rechtspflege tritt beispielsweise in der besonderen Beweiskraft öffentlicher Urkunden im Zivilprozess und in der vorbereitenden Mitwirkung an Handelsregister- und Grundbucheintragungen hervor. Es ist demnach geboten, Rechtsschutz gegenüber dem Notar nach Grundsätzen zu gewähren, die für staatliches Handeln im Allgemeinen gelten und zu denen die Amtshaftung gehört. Demgegenüber ist das Handeln des Wirtschaftsprüfers 36

Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 387, 389. BGHZ 76, 9, 11 ff.; BVerfGE 16, 6, 23; Schippel/Bracker, BNotO, § 1 Rdn. 7, Schippel/Bracker/Kanzleiter, BNotO, § 14 Rdn. 23; Schippel/Bracker/Schramm, BNotO, § 19 Rdn. 4, 7; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO, § 1 Rdn. 21. 38 Siehe nur Staub/Zimmer, HGB, § 318 Rdn. 28; MünchKomm-HGB/Ebke, § 318 Rdn. 22. 39 Vgl. Plötner, Rechtsfigur, 2003, S. 215, nach dem es sich bei der Haftung gegenüber Dritten, etwa aus Vertrag, bei privatrechtlichem Handeln und der Notarhaftung „im Kern um ein und dieselbe Haftung handelt“. 40 BVerfGE 16, 6, 23; 17, 371, 376 ff.; 73, 280, 294; Schippel/Bracker, BNotO, § 1 Rdn. 8; Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO, § 1 Rdn. 21. Auch Leisner, AöR 93 (1968), 161, 189 f., der bei sonst kritischer Betrachtung öffentlichrechtlicher Amtsstellungen den Notar als zu Recht so eingeordnet ansieht. 37

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als Abschlussprüfer zwar von erheblicher volkswirtschaftlicher Relevanz. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht die Einordnung als eine eigentliche Staatsaufgabe. Die Wirtschaftsprüfertätigkeit mit ihrer wirtschaftlich-vermögensmäßigen Bedeutung steht dem Staat nicht ebenso nahe wie die Rechtspflege. Diese Zuordnung kann kaum übergangen werden, ohne die grundlegende Unterscheidung zwischen Staatshandeln und privatem Tun mit Breiten- oder Öffentlichkeitswirkung in Frage zu stellen. b) Unterschiedliche Erscheinungsformen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit Gegen eine haftungsrechtliche Gleichsetzung von Notar und Wirtschaftsprüfer ist des Weiteren anzuführen, dass die sich jeweils aus der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ergebenden haftungsrechtlichen Folgerungen nicht identisch sind. Der Notar ist gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 BNotO kein Vertreter einer Partei und zur Unabhängigkeit sowie Unparteilichkeit verpflichtet. Obwohl ein bestimmter Beteiligter sein Tätigwerden veranlasst haben mag, hat er damit zu den Interessen aller an seiner Amtshandlung Beteiligten oder von ihr Betroffenen gleichermaßen Distanz zu wahren. Auf dieser Grundlage nimmt er seine Aufgabe gemäß § 17 Abs. 1 BeurkG, den Willen der Beteiligten zu erforschen und sie über die Tragweite ihrer Erklärungen zu belehren, wahr. Mit der zu allen Beteiligten und Betroffenen gleichermaßen zu wahrenden Distanz ist ein haftungsrechtlicher Ansatz unvereinbar, der von einer vor der Pflichtverletzung begründeten, privilegierten Rechtsbeziehung zu einzelnen Beteiligten ausgeht. Der Stellung des Notars entspricht es vielmehr, dass seine Haftung entscheidend von der Verletzung einer konkreten Pflicht abhängt, die dem Schutz gerade des Geschädigten zu dienen bestimmt ist, wie § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO dies nach dem Vorbild der Amtshaftung bestimmt.41 Demgegenüber ist die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Wirtschaftsprüfers mit einer besonderen Rechtsbeziehung, dem Prüfungsverhältnis zu der geprüften Gesellschaft, vereinbar. Dieses Prüfungsverhältnis begründet die Pflicht zur Unparteilichkeit gemäß § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB sogar eigens ergänzend zu der entsprechenden allgemeine Berufspflicht aus § 43 Abs. 1 WiPrO. Obwohl der Abschlussprüfer die Rechnungslegung ,der Gesellschaft‘ im Interesse der darauf Angewiesenen überprüfen soll, bedeutet es keinen Widerspruch, dass er der Gesellschaft durch ein Geschäftsbesorgungsverhältnis zur Interessenwahrung verpflichtet ist.42 Indem sich diese Verpflichtung auf die Gesellschaft als juristische

41 Vgl. nur RGZ 138, 309, 313; BGHZ 31, 5, 10; 58, 343, 353; BGH, NJW 2000, 664, 666. 42 Zu dieser Einordnung des Prüfungsverhältnisses Staub/Zimmer, HGB, § 318 Rdn. 28; MünchKomm-HGB/Ebke, § 318 Rdn. 22.

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Person, plastisch gesprochen als ein mit bestimmten natürlichen Personen nicht gleichzusetzendes „ideales Ganzes“43, bezieht, führt diese Interessenbindung auf rechtlicher Ebene nicht zu Konflikten mit dem Gebot der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit.44 Schutz gegen die Beeinflussung der Prüfungstätigkeit durch sachfremde Eigeninteressen etwa der Organmitglieder der geprüften Gesellschaft, die an sich zur Willensbildung für die juristische Person – und gegebenenfalls zur Weisungserteilung für sie als Geschäftsherrin – berufen sind, ergibt sich aus der weitgehenden Regelung des Prüfungsverhältnisses durch zwingendes Recht und allgemeine Standards. Mit diesem zu ihr bestehenden Schuldverhältnis, das von dem Institut einer privatrechtlich ausgestalteten Abschlussprüfung nicht zu trennen ist, bildet die geprüfte Gesellschaft eine eigene, bevorrechtigte Kategorie unter den durch die Abschlussprüfertätigkeit möglicherweise Geschädigten. Die Haftung gegenüber allen anderen ist dementsprechende bloß ,Dritt-‘Haftung. Diese besondere Problematik der Wirtschaftsprüfer- oder Abschlussprüferhaftung, ob und inwieweit neben die Haftung im Prüfungsverhältnis eine Haftung gegenüber Dritten, die überdies selbst mit der geprüften Gesellschaft regelmäßig in Verbindung stehen, treten sollte, stellt sich bei der Notarhaftung nicht. Auch dieser Unterschied verbietet vorschnelle Gleichsetzungen. c) Die Haftungsrisiken in tatsächlicher Hinsicht Hervorhebung verdient nach dieser dogmatisch-rechtsgrundsätzlichen Betrachtung auch noch, dass sich die Haftungsrisiken eines Notar und eines Wirtschaftsprüfers in tatsächlicher Hinsicht unterscheiden. Für eine Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Dritten ergibt sich – vorbehaltlich besonderer Haftungsbeschränkungen – typischerweise ein nicht von vornherein begrenzter, unüberschaubarer Kreis von Geschädigten mit entsprechenden Folgen für das Haftungsrisiko. Demgegenüber sind die Risiken, denen sich der Notar ausgesetzt sieht, in der Regel personell und gegenständlich überschaubarer und leichter einzuschätzen. d) Verbleibende Ansatzpunkte für eine Orientierung an der Notarhaftung Zuzugestehen bleibt, dass die Amtshaftung des Notars gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 BNotO weiter gehen kann als die Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Dritten nach allgemein-privatrechtlichen Regeln. So kann eine Falschbeurkundung zu einer Haftung gegenüber jedem, der unmittelbar dadurch Schaden erlei43

So das Wort von Savigny, System, Bd. 2, 1840, § 86, S. 283 f., § 90, S. 283. Daher kann, anders als Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 201 dies andeutet, kein Gegensatz zwischen der Unparteilichkeit und der getreuen Wahrnehmung der Pflicht zur mandantenbezogenen Tätigkeit des Abschlussprüfers bestehen. Undeutlich insoweit auch Köndgen, Selbstbindung, 1981, S. 388. 44

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det, führen, auch wenn der möglicherweise betroffene Personenkreis nicht von vornherein übersehbar ist.45 Obwohl typischerweise zu erwarten sein dürfte, dass innerhalb eines großen Kreises möglicher Betroffener nur einzelne Personen wirklich Schaden erleiden, wohingegen sich die kapitalmarktrechtliche Wirtschaftsprüferhaftung eher auf breitgestreute Schädigungen bezöge, und obwohl die Unterschiede in der rechtlichen Stellung zwischen Notar und Wirtschaftsprüfer beachtlich sind, gibt es also einen Ansatzpunkt für einen Vergleich in der Haftungsfrage. Die Notarhaftung ist insoweit ein gewisses Vorbild, allerdings keineswegs ein zwingendes Argument, dafür, gesetzlich geregelte und formalisierte ,Beglaubigungen‘ auch gegenüber dritten Adressaten außerhalb des Nahbereichs einer Haftung zu unterwerfen. In seiner Aussagekraft geht dieser Befund allerdings nicht weit über die bereits behandelnden vertrauensbezogenen Begründungsansätze hinaus.46 Hinzu kommt allenfalls noch, dass eine neuere Tendenz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dahin geht, weniger den Unterschied zwischen der Amtsstellung des Notars und der Stellung des Wirtschaftsprüfers zu betonen, sondern eher die Ähnlichkeit in den Vordergrund zu stellen, die sich aus den zum Teil vergleichbaren, in beiden Fällen gesetzlich geregelten Pflichten ergäben.47 Dies mag als Indiz für eine Rechtsentwicklung gesehen werden, die zu größeren Parallelen zwischen dem Notar und privatrechtlich Tätigen mit ,Beglaubigungsfunktion‘ führen wird. 3. Ergebnis Im Ergebnis ist der Ertrag der berufshaftungsbezogenen Überlegungen gering. Die vermeintliche Neuheit dieses Anknüpfungspunktes, seine Nähe zu zeitweise verbreiteten soziologisch inspirierten Ansätzen und der offenkundig häufige berufliche Kontext rechtserheblichen Verhaltens mögen seine Verbreitung gefördert haben. Doch seine Tauglichkeit wird schon durch die Vagheit und Unbestimmtheit des Kriteriums des Berufs und der hinter der Berufshaftung stehenden Gründe beeinträchtigt. Insbesondere weisen sie, anders als die herkömmlichen vertragsnahen Haftungsgründe, keine immanente Begrenzung auf. Konkreter ist die These, nach der die Notarhaftung ein Vorbild für die Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Adressaten der von dem Wirtschaftsprüfer ausgehenden ,Beglaubigungen‘ darstellt. Allerdings übergeht sie besondere Gegebenheiten der notariellen Tätigkeit, die auch für die dem Notar auferlegte Haftung 45 Dazu ausführlicher Schippel/Bracker/Schramm, BNotO, § 19 Rdn. 35 ff., 45; vgl. etwa RGZ 78, 241, 246. Ferner Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 83 f. m.w. Nachw. 46 Vgl. insbes. oben im zweiten Kapitel unter § 5 III. 2. d), S. 108 ff. 47 BVerfGE 98, 49, 66: Der Wirtschaftsprüfer bekleide zwar kein öffentliches Amt, sei aber „öffentlich eingebunden“. Dazu auch Eylmann/Vaasen/Frenz, BNotO, § 2 Rdn. 18 f.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

mitbestimmend sind, insbesondere die Funktion der Notarhaftung angesichts seines öffentlichrechtlichen Tätigkeitseins und die besondere Verbindung des Wirtschaftsprüfers mit der Gesellschaft, mithin dem Emittenten. Letztlich verbleibt nur eine schwache Vorbildwirkung der Notarhaftung, die an den beglaubigenden Charakter der jeweiligen Tätigkeit anknüpft.

II. ,Produkthaftung‘ für den Bestätigungsvermerk? Gelegentlich wird Produkthaftung des geltenden Rechts als ein Parallelfall für eine zu schaffende Wirtschaftsprüferhaftung angesehen. Insbesondere Hirte stützt sich bei der Herleitung einer „unternehmerischen Außenhaftung“ gegenüber Drittbetroffenen auf diese These.48 1. Die Begründung für eine Gleichsetzung von dienstleistungs- und warenbezogener Haftung Hirte geht vor allem davon aus, dass eine haftungsrechtliche Ungleichbehandlung der Erbringung von Dienstleistungen einerseits und der Warenproduktion andererseits nicht, jedenfalls nicht mehr, zu rechtfertigen sei. Die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion habe gezeigt, dass sich Güter und Dienstleistungen nicht kategorial unterscheiden ließen;49 auch neige die neuere Gesetzgebung zu einer Gleichbehandlung beider Arten von Umsatzgeschäften.50 Eine Haftung des Leistungserbringers oder Warenproduzenten gegenüber Nichtvertragspartnern sei demnach gleichermaßen angezeigt, wenn jener ein Unternehmen sei.51 Außerdem wird angeführt, dass die Möglichkeit breit gestreuter und hoher Schadensersatzansprüche bei der Kapitalmarktinformationshaftung kein Hindernis sein könne, wenn dies bei der Produkthaftung bereits akzeptiert werde.52 Darüber hinaus seien auch die Argumente der ökonomischen Vorteilhaftigkeit und des Sozialschutzes von der Produkthaftung auf eine Wirtschaftsprüferhaftung übertragbar.53

48 Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 418: „Spiegelbild der Produkthaftung im Bereich der Produktion von Sachgütern“. In diese Richtung auch Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 105. 49 Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 212 ff. 50 Ebd. S. 338 f. 51 Ebd. S. 418 – insofern handelt es sich zugleich um eine Variante der ,Berufshaftungsansätze‘. 52 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 161. 53 Vgl. dazu krit. Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1977 f.; Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 311 f. Fn. 45.

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2. Kritik Durchaus zutreffend ist, dass bestimmte Aspekte der Produkthaftung mit der kapitalmarktrechtlichen Wirtschaftsprüferhaftung als Fall einer ,Dienstleistungshaftung‘ vergleichbar sind. Es handelte sich jeweils um eine Haftung über das Vertragsverhältnis hinaus, die Drittgeschädigten zugute käme. Doch es kommt letztlich nicht auf die für Hirte zentrale Frage an, ob eine Ungleichbehandlung von Waren und Dienstleistung zu rechtfertigen ist oder nicht,54 denn unabhängig davon unterscheidet sich die Produkthaftung in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht so sehr von der Wirtschaftsprüferhaftung, dass von jener in keinem Falle auf diese geschlossen werden kann. Die Produkthaftung setzt sowohl nach dem Produkthaftungsgesetz als auch nach allgemeinem Deliktsrecht voraus, dass absolute Rechte oder Rechtsgüter des Geschädigten verletzt worden sind. Reine Vermögensschäden führen nicht zu einer Ersatzpflicht, insbesondere nicht bloß der Minderwert (der ,Mangelunwert‘) des erworbenen Produkts.55 Demgegenüber geht es bei der kapitalmarktrechtlichen Wirtschaftsprüferhaftung – wie auch sonst bei der Haftung für gutachterliche Leistungen – gerade um den reinen Vermögensschaden, der sich daraus ergibt, dass der Betroffene im Verhältnis zu seinem Geschäftspartner infolge des fehlerhaften Bestätigungsvermerks eine zu niedrige Gegenleistung erhält beziehungsweise eine zu hohe Gegenleistung zu entrichten hat.56 Es handelt sich dabei um das vom Bundesgerichtshof in den Produkthaftungsfällen so genannte Äquivalenzinteresse, für das eine deliktsrechtliche Verantwortlichkeit von Nichtvertragspartnern nicht bestehen soll.57 Warum ein derartiger Schaden im Rahmen der Wirtschaftsprüferhaftung zu ersetzen ist, lässt sich aus einer Parallelbetrachtung des Rechts der Produkthaftung nicht entnehmen. 54 Es lässt sich sogar bezweifeln, dass die deliktsrechtliche Produkthaftung überhaupt auf dieser Ungleichbehandlung beruht, da Instruktions- oder Produktbeobachtungspflichtverletzungen nicht denknotwendig ein Sachprodukt voraussetzen. Unterstrichen wird dies noch, wenn man die deliktsrechtliche Produkthaftung mit Gsell, NJW 2004, 1913, 1914 f.; ausführlich dies., Substanzverletzung und Herstellung, 2003, S. 95 ff. insgesamt auf unterlassene Aufklärung stützt. 55 So nach § 1 Abs. 1 ProdHaftG und § 823 Abs. 1 BGB (zur näheren Abgrenzung BGHZ 86, 256, 258 ff.; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. B 110 ff. m.w. Nachw.); auch im Falle von § 823 Abs. 2 BGB i.V. m. auf die Produktsicherheit bezogenen Schutzgesetzen ergibt sich in aller Regel kein weitergehender Vermögensschutz, weil deren sachlicher Schutzbereich nicht über konkrete Rechte und Rechtsgüter hinausgeht (vgl. etwa §§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 GPSG). 56 Beispielhaft sei nur genannt: Glanzer v. Shepard, 135 N.E. 275 (N.Y. 1922) (per Cardozo, C.J.); BGHZ 127, 378. 57 BGHZ 86, 256, 259: „Denn die deliktischen Verkehrspflichten sind, wie schon gesagt, grundsätzlich nicht darauf gerichtet, die Erwartung des Käufers zu schützen, Wert und Nutzungsmöglichkeit einer mangelfreien Sache zu erhalten; der Schutz dieser Erwartung ist [. . .] allein Aufgabe der Vertragsordnung.“; auch § 1 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG, dazu Staudinger/Oechsler, BGB, § 1 ProdHaftG Rdn. 9 ff.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Mit den rechtlichen Unterschieden in der Betroffenheit des Geschädigten gehen tatsächliche Umstände einher, die die Produkthaftung, nicht aber eine Wirtschaftsprüferhaftung zu stützen vermögen. So hat die für Produkthaftungsfälle nicht untypische Gesundheitsverletzung besonderes Gewicht. Zudem kann die Entscheidung des Wertpapiererwerbers oder -veräußerers im Hinblick auf das beschriebene Äquivalenzinteresse durchaus als eine bewusste Risikoentscheidung behandelt werden, während dies für den Produkterwerb in Hinsicht auf das Interesse des Erwerbers an der Integrität seiner übrigen Rechte und Rechtsgüter nicht angeht.58 Hinzu kommt, dass der Anleger durch Diversifizierung das Risiko, durch fehlerhafte Publizität geschädigt zu werden, mindern kann, während einem Produkterwerber die Möglichkeit zur Eigenvorsorge nicht zur Seite steht.59 Auch unter Wertungsgesichtspunkten bedarf es daher weiterer und anderer Begründungen für eine Wirtschaftsprüferhaftung.

§ 14 Funktionen- und Individualschutz als kapitalmarktrechtliche Zielvorgaben für eine Wirtschaftsprüferhaftung Sollen die Möglichkeiten einer kapitalmarktspezifischen Begründung der Wirtschaftsprüferhaftung untersucht werden, so fällt der Blick bald auf den Funktionenschutz und den Individualschutz als übergeordnete Ziele oder Zwecke des Kapitalmarktrechts, die für die deutsche Rechtsordnung wohl zuerst von Hopt herausgestellt wurden.60 Dieser Zieldualismus hat die Entwicklung des Kapitalmarktrechts als eigenes Rechtsgebiet begleitet. Er ist jedenfalls als Ausgangspunkt vielfach von der Literatur aufgegriffen und weitgehend anerkannt worden, wobei diese Ansätze verfeinert oder terminologisch variiert worden sind.61 Auch in Rechtsakten auf europäischer Ebene und in Gesetzesbegründungen aus dem Bereich des Kapitalmarktrechts finden sich immer wieder Anklänge daran.62 All 58

Vgl. Goldberg, J. Legal Stud. 17 (1988), 295, 311 f. Fn. 45. Vgl. ebd.; Siliciano, Mich. L. Rev. 86 (1988), 1929, 1978. 60 Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 334 ff.; ders., Gutachten Juristentag, 1976, S. 47 ff. 61 Vgl. etwa Kübler, AG 1977, 85, 88 ff.; Schwark, Anlegerschutz, 1979, S. 10 f.; Assmann, ZBB 1989, 49, 49 ff.; Zimmer, in: Symposium Immenga, 2001, S. 39, 50 ff.; Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 799 f.; Baums, ZHR 167 (2003), 139, 143 f.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 22 ff.; Miller, Haftungsrecht als Instrument, 2003, S. 51 ff.; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2004, Rdn. 8.388 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 14 ff., 228 ff.; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 7 ff. 62 Etwa 42. Erwägungsgrund der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie; 2. Erwägungsgrund der Marktmissbrauchsrichtlinie; 1. Erwägungsgrund der Transparenzrichtlinie bzw. Begr. RegE 2. FMFG, BT-Drucks. 12/6679, S. 33 f.; Begr. RegE 4. FMFG, BTDrucks. 14/8017, S. 62 f. 59

§ 14 Funktionen- und Individualschutz als Zielvorgaben

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dies ist schon aufgrund des hohen Abstraktionsgrades des Zieldualismus nicht verwunderlich. Dadurch bleibt einiger Raum für in der Sache unterschiedliche Positionen, wie bei dem Ziel des Individualschutzes noch zu erörtern sein wird (unter II.). Demgegenüber ist das Ziel des Funktionenschutzes in seinem Aussagegehalt eindeutiger (sogleich unter I.); erst später ist auf seine Vereinbarkeit mit allgemeinen Grundsätzen des Haftungsrechts zurückzukommen.63 Eine nähere Klärung des Aussagegehalts dieser Ziele ist besonders für die rechtspolitische Beurteilung kapitalmarktrechtlicher Haftungstatbestände hilfreich, um Anforderungen an solche Tatbestände und ihre Funktionen zu bestimmen. Hinzu kommt, dass der Zieldualismus im Kapitalmarktrecht auch deswegen eine so weitgehende Beachtung gefunden hat, weil er dessen verschiedengestaltige Regelungen auf einen gemeinsamen Nenner bringen kann, indem er über die Unterscheidung zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht hinweggeht. Diese Betrachtungsweise ist für das Haftungsrecht, hier die kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung, von Interesse, weil diese originär privatrechtliche Materie damit in einen neuen Zusammenhang gestellt wird. Erst seit dem Ausbau und der Vervollständigung der Kapitalmarktinformationshaftung gegenüber der vormals häufig isoliert betrachteten traditionellen börsenrechtlichen Prospekthaftung64 wird dies stärker wahrgenommen.

I. Funktionenschutz als Verweis auf das Effizienzziel Mit dem Funktionenschutz soll erreicht werden, dass der Kapitalmarkt als Markt so funktionieren kann, dass sich ein möglichst großer gesamtwirtschaftlicher Nutzen ergibt.65 Dem Marktmechanismus wird dabei vor allem die Funktion beigelegt, eine effiziente Ressourcenallokation zu fördern.66 Insbesondere sollen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass informationsbedingtes Marktversagen minimiert wird.67 Eine wichtige Funktionsbedingung dafür ist das Vertrauen der Anlegerschaft darauf, dass ihr ausreichende und unverfälschte Informationen zugänglich gemacht werden.68 Andererseits gehört es zu den Aspekten 63

Siehe dazu unten in § 15, S. 254 ff. Dazu und bereits darüber hinausführend Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 7 ff., insbes. S. 67 ff. bzw. S. 213 ff. 65 Assmann, ZBB 1989, 49, 61; ders., in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl., 1997, § 1 Rdn. 22 ff.; Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 354 ff., 357: Der Markt soll seine „wesensmäßigen (verfahrensimmanenten) Funktionen“ erfüllen können. Vgl. auch oben Fn. 61. 66 Insbes. Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl., 1997, § 1 Rdn. 22 ff.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 25 f.; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 8. 67 Insbes. Assmann, ZBB 1989, 49, 59 f.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 23. 68 Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 25 f.: „Vertrauenskollektivschutz“; auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 348 ff., 350 mit dem treffenden Hinweis, dass 64

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

des Funktionenschutzes, dass die gesamtwirtschaftlichen Kosten der rechtlichen Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden und den Nutzengewinn nicht übersteigen.69 Mit diesen Konkretisierungen schließt das Funktionenschutzziel offenkundig an den Maßstab der gesamtwirtschaftlichen Effizienz an, auf den die ökonomische Untersuchung der Wirtschaftsprüferhaftung ausgerichtet ist.70 Diesem ökonomisch abgeleiteten Ziel gibt das normative Ziel des Funktionenschutzes als ein das Rechtsgebiet des Kapitalmarktrechts prägendes Prinzip seine Beachtlichkeit und sein Gewicht für das Recht. Dadurch wird Effizienz in diesem Bereich zu einem Rechtsprinzip.71 Das Effizienzziel zeichnet sich allerdings dadurch aus, dass es kein nur auf die Rechtsordnung selbst als Sollensordnung bezogenes und somit rein gedanklich handhabbares Prinzip ist, sondern die Erreichung realer, zumindest prinzipiell empirisch feststellbarer Ergebnisse fordert. Soll es durch Rechtsfortbildung oder Gesetzgebung umgesetzt werden, so bedarf es einer (eigentlich außerrechtlichen) Methodik für die Beurteilung der Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit denkbarer und rechtlich umsetzbarer Regelungsinstrumente. Freilich sind die praktischen Hindernisse für die direkte empirische Ermittlung wirklicher Effekte aufgrund ihrer Komplexität, vielfacher anderweitiger Einflüsse und mangelnder Vorhersehbarkeit wohl unüberwindlich. Es kann stattdessen nur auf die Analyse der anstehenden Fragen anhand theoretisch-modellhafter Ansätze der Rechtsökonomie zurückgegriffen werden, bei denen es sich gewissermaßen um den gegenwärtig am weitesten ausgebauten Behelf handelt. Nur auf diesem mittelbaren, heuristischen Weg gibt das Ziel des Funktionenschutzes die Methoden der ökonomischen Analyse in den bekannten Ausprägungen vor.72

II. Inhalt und selbständige Bedeutung des Individualschutzziels Was für ein Inhalt dem anderen Ziel, dem Individualschutz, zukommt und auf welche Weise es der gesetzgeberischen Fortentwicklung des Kapitalmarktrechts eine Richtung gibt, ist weniger deutlich als bei dem Ziel des Funktionenschutzes.73 Um dies mit Blick auf die kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung klären zu können (unter 2.), sind zunächst verschiedene Stellungnahmen aus der Funktionseffizienz des Marktes wiederum eine Voraussetzung für das Vertrauen der Marktteilnehmer ist. 69 Vgl. nur Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl., 1997, § 1 Rdn. 22 ff., 25; ders., ZBB 1989, 49, 61 ff. 70 Siehe oben im vierten Kapitel, insbes. unter § 10 III., S. 160 ff. 71 Vgl. Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 463 ff., in dessen Sinne es sich um ein „lokales“ Rechtsprinzip handelt. 72 Vgl. Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 356, der feststellt, dass das Ziel des Funktionenschutz eine bestimmte Methode nicht vorgebe. 73 Vgl. auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2004, Rdn. 8.419.

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Literatur, vor allem aus der Perspektive der Kapitalmarktinformationshaftung, daraufhin zu untersuchen, welchen Aussagegehalt sie dem Individualschutz beilegen (sogleich unter 1.). 1. Verschiedene Deutungen des Individualschutzes a) Individualschutz als ,Sozialschutz‘? Das Ziel des Individualschutzes wurde, als namentlich Hopt es aufgebracht hat, im Sinne eines ,Sozialschutzes‘ und damit als Ausprägung des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzips verstanden.74 Mit dieser Bedeutung stellte er es neben das andere Prinzip des Funktionenschutzes. Dem lag die Wahrnehmung zugrunde, dass ein solcher Sozialschutz durchgängiges Ziel neuzeitlicher Gesetzgebung mit börsen- und kapitalmarktrechtlichem Bezug sei. Sein Inhalt bestehe darin, vorgefundene Machtungleichgewichte aufgrund von Unterschieden der Beteiligten in ihrer wirtschaftlichen Stärke sowie in ihrem Wissenstand und ihren intellektuellen Fähigkeiten auszugleichen. Derartige Ungleichgewichte könnten den einzelnen in seiner Freiheit ebenso gefährden wie staatliche Eingriffe, so dass sachgemäßer Schutz geboten sei.75 Ein derart motivierter Schutz ist nicht von vornherein auf bestimmte Kapitalmarktrisiken begrenzt, sondern knüpft an die Position des Anlegers im Vergleich zu einem anderen Marktakteur an. Dementsprechend bezieht ihn Hopt auf eine Reihe von Einzelrisiken, deren Minimierung aus Sicht des Individualschutzes anzustreben sei.76 Ansatzpunkt für eine Haftungsregelung ist das sogenannte Informationsrisiko als das Risiko, durch Übervorteilung oder Täuschung von Seiten eines anderen Kapitalmarktakteurs Vermögensverluste zu erleiden, ohne sich selbst davor schützen zu können.77 Das Ziel des als Sozialschutz verstandenen Individualschutzes ist vielfach kritisiert und zurückgewiesen worden.78 Eine Schutzbedürftigkeit aus Schwäche und Unterlegenheit des Anlegers sei oft nicht gegeben, da es sich typischerweise

74 Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 288 f., anders nur ausnahmsweise in Randfragen, ebd. S. 337 Fn. 230; ähnlich Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, 1976, S. 16 ff. Diese Auffassung verteidigt und modifiziert Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 304 ff. 75 Hopt, Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 261 ff. Auch der Arbeitskreis Gesellschaftsrecht, Verbot des Insiderhandelns, 1976, S. 118 folgt diesem Ansatz, indem er in seinem Gesetzesvorschlag Kreditinstitute von dem Kreis der Anspruchsberechtigten ausnimmt. 76 Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 53 f., 288 ff.; dem im Grundsatz folgend Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 306. Zur Einteilung in Einzelrisiken auch Großkomm-AktG/Assmann, Einl Rdn. 367 ff. m.w. Nachw. 77 Hopt, Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 304. 78 Kübler, AG 1977, 85, 87 f.; Assmann, ZBB 1989, 49, 61; Mertens, Referat Juristentag, 1976, S. 10, 15 sowie die sogleich unter b), S. 224 ff., insbes. Fn. 86, 90, 93, 98 und 103 Behandelten.

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um wohlhabende Personen handele.79 Angesichts der unterschiedlichen Investitionsmotive und der Vielgestaltigkeit des Anlegerschutzrechts seien sozialschützerische Motive keine geeignete Regelungsrechtfertigung.80 Gegenüber diesen Einwänden verteidigt und modifiziert Merkt die These von einem sozialschützerischen Individualschutz, den er letztlich als nicht auf Sondergruppen beschränkten „fundamentalen Freiheitsschutz“ ansieht.81 Maßgebendes Kriterium für die Schutzwürdigkeit könnten entgegen der überzeichnenden Kritik nicht die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Anlegers sein.82 Es lasse sich eine Parallele zum Gläubigerschutz ziehen, der ebenfalls nicht an eine wirtschaftliche oder intellektuelle Unterlegenheit anknüpfe.83 Doch auch eigentlicher Sozialschutz habe nach wie vor eine Berechtigung, da mit einer zunehmenden Inanspruchnahme des Kapitalmarktes von breiteren Bevölkerungskreisen etwa zur Altersvorsorge zu rechnen sei.84 Insgesamt sei der Individualschutz weder als bloßer Schutz sozial Schwacher noch als reines unselbständiges Hilfsinstrument des Funktionenschutzes zu qualifizieren.85 b) Individualschutz als bloßes Mittel des Funktionenschutzes? Nicht selten ist die monistische Auffassung anzutreffen, wonach eigentliches Ziel des Kapitalmarktrechts nur der Funktionenschutz im Sinne der Förderung gesamtwirtschaftlicher Effizienz ist.86 Dennoch sprechen auch die Vertreter dieser Auffassung, etwa Assmann, davon, dass der „Aufbau individualschützender Positionen“ notwendig sein könne.87 Ein derartiger Individualschutz wird jedoch 79 Kübler, AG 1977, 85, 87 f.; Assmann, ZBB 1989, 49, 61 Fn. 145; auch Mertens, Referat Juristentag, 1976, S. 10, 15. 80 Assmann, ZBB 1989, 49, 61, 59 f. 81 Unternehmenspublizität, 2001, S. 304 mit Blick auf die „Primärebene“ der Publizitätspflichten. Weniger konsequent bezüglich der kursorisch behandelten Haftung als „Sekundärebene“, vgl. bereits oben im ersten Kapitel unter § 2 II. 4., S. 55 f. 82 Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 304 f. 83 Ebd. S. 305. 84 Ebd. 85 Ebd. S. 306. 86 Besonders deutlich Assmann, ZBB 1989, 49, 61; ders., in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl., 1997, § 1 Rdn. 62 ff. Dem zustimmend Ekkenga, Anlegerschutz, 1998, S. 30 f.; Mülbert, Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 1995, S. 111. Ebenfalls Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2004, Rdn. 8.388. Letztlich auch Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 37 f., 448 ff., der das Schadensersatzrecht als ein Instrument zur Absicherung kapitalmarktrechtlicher Gebote sieht, die er ihrerseits als „Marktpolizeirecht“ eingeordnet, ebd. S. 37 sowie Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 202 ff. in seiner „Rechtfertigung“ einer deliktischen Haftung. Im US-amerikanischen Schrifttum ist der entsprechende Standpunkt weit verbreitet, vgl. nur Langevoort, Ariz. L. Rev. 38 (1996), 639 ff.; Coffee, Colum. L. Rev. 106 (2006), 1534, 1586. 87 Assmann, ZBB 1989, 49, 61.

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nur als Mittel des Funktionenschutzes begriffen, der sich mithin an diesem Endziel auszurichten hat und ihm dadurch untergeordnet ist. Individualschutz ist dann kein eigenständiges, konkurrierendes Ziel. Ein solcher instrumenteller Individualschutz kann mit dem Funktionenschutz deshalb nicht prinzipiell in Widerstreit geraten und etwa das Hinnehmen von Ineffizienzen rechtfertigen. Ein ,Konflikt‘ ist nur in der Weise denkbar, dass bestimmte individualschützende Mittel nicht zweckmäßig im Hinblick auf ihre gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen sein mögen. Assmann führt zur Begründung seiner Auffassung an, dass eine Rechtfertigung des Anlegeschutzrechts mit sozialschützerischen Motiven nicht überzeuge.88 Für die haftungsrechtliche Ausgestaltung des Kapitalmarktrechts leitet er aus seinem Standpunkt ab, dass sie nicht auf Grundlage von ZweiParteien-Beziehungen erfolgen sollte, sondern mittels deliktsrechtlicher kapitalmarktbezogener Verhaltenspflichten, die einer monistischen, rein funktionalen Ausrichtung leichter zugänglich seien.89 Nicht immer wird die Einordnung des Individualanlegerschutzes als bloßes Instrument des Funktionenschutzes so klar dargelegt. So betont Dühn im Zusammenhang mit der Kapitalmarktinformationshaftung, dass der Anlegerschutz durchaus als „echter Individualanlegerschutz“ zu verstehen sei.90 Doch ordnet er ihn sogleich als ein „notwendig mitbezwecktes Zwischen- oder Nahziel zur Erreichung des Fern- oder Hauptziels des Funktionenschutzes“ ein, der mithin „allein funktional“ zu begründen sei.91 Als notwendiges Mittel erscheint ihm der so verstandene Individualschutz vor allem deswegen, weil die Schäden durch Fehlinformationen ohne Aussicht auf Ersatzleistungen das Anlegervertrauen als eine wesentliche Funktionsvoraussetzung beschädigten.92 Insgesamt betrachtet legt Dühn also ebenfalls eine monistisch-funktionale Zielkonzeption zugrunde. In ihrem Ausgangspunkt nicht völlig eindeutig ist auch die von Sauer in seiner Abhandlung über eine Sekundärmarktpublizitätshaftung eingenommene Position.93 Er spricht von einem „echten Zieldualismus“ und erkennt den Schutz individueller Anleger als Zweck an, sieht ihn jedoch seinerseits als nicht durch sozialpolitische und Verbraucherschutzerwägungen gerechtfertigt an, sondern „allein als notwendiges Neben- bzw. Zwischenziel zum Funktionsschutz“.94 Zwar ist die Bezeichnung als ein Nebenziel unklar, außerdem hebt Sauer die Bedeutung einer wohlinformierten Anlegerentscheidung hervor und hält „Zielkon88

Siehe bereits soeben unter a), S. 223. ZBB 1989, 49, 63; ders., in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2. Aufl., 1997, § 1 Rdn. 66. 90 Schadensersatzhaftung, 2003, S. 57. 91 Ebd. S. 57 f. 92 Ebd. S. 247 f., 295. Ebenso bereits Assmann, ZBB 1989, 49, 61 Fn. 145. 93 Falschinformation, 2004, S. 26 ff. 94 Ebd. S. 27. 89

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flikte“ für möglich.95 Doch sieht er in diesem Zusammenhang den Grundsatz der Privatautonomie nicht als überzeugende Begründung für informationellen Individualschutz an, sondern die Marktfunktionen.96 Die „Zielkonflikte“ nimmt er zum Anlass, davor zu warnen, dass zu weit gehender Individualschutz die Effizienz des Kapitalmarktes nachhaltig beeinträchtigen könne, und nimmt für sich in Anspruch, dies mit seinen haftungsrechtlichen Vorschlägen zu vermeiden.97 Diese Überordnung des Funktionenschutzes über den Individualschutz und die alleinige Begründung des letzteren mit ersterem zeigen, dass Sauer im Ergebnis wohl auch von einer monistisch-funktionalen Zielkonzeption ausgeht. In den Vordergrund gestellt wird der Funktionenschutz gegenüber dem Individualschutz zudem von Brellochs.98 Er zieht für die Begründung des Individualschutzes ausschließlich sozialpolitische Motive oder funktionenschutzbezogene Ziele in Betracht.99 Seine Feststellung, die kapitalmarktrechtliche Literatur habe sich seit den siebziger Jahren in Hinsicht auf die Ziele kapitalmarktrechtlicher Regelungen, insbesondere von Individualansprüchen, immer mehr von einer sozialstaatlich-verbraucherschutzbezogenen Argumentation abgewendet, führt ihn daher ohne weiteres zu dem Schluss, nunmehr sei die primär funktionenschutzbezogene Zielsetzung anzuerkennen. Beispielhaft bezieht er sich dabei auf die Prospekthaftung.100 Als besonderen Fall sieht er lediglich das Verhältnis des Anlegers zu einem Intermediär an, das durchaus verbraucherrechtlich geprägt sein könne.101 Zu diesen Intermediären dürfte der von ihm nicht ausdrücklich angesprochene Wirtschaftsprüfer im Bereich des organisierten Kapitalmarkts nicht zu rechnen sein, weil er dem einzelnen Anleger ebenso fern gegenübersteht wie der Emittent und weil die Beziehung des Anlegers zu ihm ebenso wenig individuell geprägt ist wie die zu dem Emittenten. Bei der konkreten Erörterung der Funktionsziele der Informationshaftung führt Brellochs zwar auch deren Kompensationsfunktion und die durch sie bedingte Zuweisung von Informationsverantwortlichkeiten und Kapitalmarktrisiken an, doch verdeutlicht er, dass dies der Erhaltung des „Marktvertrauens“ diene, nicht dem Schutz des Vertrauens des einzelnen Anlegers.102 Schließlich nimmt auch Kremer bei der Behandlung von Legitimationsgrundlagen individualschützender Regelungen im Kapitalmarktrecht den Standpunkt ein, die Förderung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts sei der eigentliche 95

Ebd. Ebd. S. 28. 97 Ebd. 98 Publizität und Haftung, 2005, S. 14 ff. 99 Ebd. S. 16, deutlich Fn. 75. 100 Ebd. S. 17 ff. 101 Ebd. S. 19. 102 Ebd. S. 229 ff., insbes. S. 230 f., namentlich Assmann folgend. 96

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Regelungszweck einer solchen Schadensersatzhaftung.103 Dazu sei individueller Anlegerschutz, also Haftungsnormen, ein unerlässliches Mittel, das insofern mit dem Ziel des Funktionenschutzes „vertikal verschränkt“ sei.104 Eine sozialpolitische Begründung, die er alternativ erörtert, lehnt er ab.105 c) Individualschutz als Ergebnis des Funktionenschutzes? Anders verstanden wird der Begriff des Individualschutzes, wenn darauf verwiesen wird, dass Funktionen und Institutionen des Marktes letztlich zu dem Zweck geschützt werden, Individuen Nutzen zu bringen, insbesondere indem sie ihnen die Verfolgung ihrer jeweiligen Ziele erleichtern und sie vor Schäden bewahren.106 Der so verstandene Individualschutz ist dem Funktionenschutz weder als konkurrierendes Ziel neben- noch ihm als Mittel untergeordnet. Vielmehr wird das Ziel des Funktionenschutzes aus einer anderen Perspektive, nämlich aus derjenigen der Einzelperson, betrachtet und damit in Erinnerung gerufen, dass der Funktionenschutz kein Selbstzweck ist.107 Mit dieser Veränderung des Blickwinkels gegenüber dem nämlichen Ziel ist noch keine Stellungnahme auf der Ebene der unmittelbaren Ziele kapitalmarktrechtlicher Regelungen verbunden.108 Dass sich der Funktionenschutz nicht etwa rein abstrakt auswirkt – wie wäre dies auch vorstellbar –, sondern letztlich zum Vorteil einzelner Personen, folgt bereits aus dem Inhalt des Effizienzbegriffs. Ein gesamtwirtschaftlicher Nutzen, auf den sich dieser bezieht, ergibt sich – wie erwähnt109 – gedanklich erst daraus, dass die Auswirkungen auf Einzelpersonen vergleichend zusammengefasst werden. Über die Erinnerung an den Wert des Funktionenschutzes hinaus kommt dieser Betrachtungsweise allerdings keine Relevanz zu.110 Anders als der Individualschutz im gewöhnlichen Verständnis, der sowohl als End- wie auch als Zwischenziel unmittelbar durch die Rechtsfolgen einer kapitalmarktrechtlichen Regelung verwirklicht wird, schlagen sich die individuellen Auswirkungen des Funktionen103

Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 78. Ebd. 105 Ebd. S. 75 f. 106 Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 799. Insofern lässt sich der Funktionenschutz als „,Reflex‘ des Individualschutzes“, ebd., begreifen. Ebenso kann der Individualschutz als „,Funktion des Funktionenschutzes‘“ bezeichnet werden, Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 58. 107 So auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 304. 108 Allerdings nimmt Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 799 f. dazu außerhalb dieses Zusammenhangs Stellung, indem er die Kompensation von individuellen Schäden infolge pflichtwidrig-schuldhaften Verhaltens „allein schon aus Fairnessgründen“ für regelmäßig geboten erachtet; davon sei aus ökonomischen Gründen nur abzuweichen, wo erhebliche Transaktionskosten entstünden. Siehe dazu noch sogleich unter 2. a), S. 232 f. 109 Siehe oben im vierten Kapitel unter § 10 I., S. 162 f. 110 Ähnlich die Einschätzung von Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 304. 104

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schutzes losgelöst von den Rechtsfolgen und weit darüber hinaus nieder, so etwa Präventiveffekte in der Weise, dass zukünftige Normverstöße unterbleiben. Sie werden durch den Begriff des Funktionenschutzes angemessen erfasst. d) Individualschutz und Schutzgesetzeigenschaft Im Zusammenhang mit haftungsrechtlichen Regelungen ist das Ziel des Individualschutzes in der Vergangenheit bei der Einordnung kapitalmarktrechtlicher Normen als Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB in Betracht gezogen worden, und zwar vor allem in Hinsicht auf die Ad-hoc-Publizität nach § 15 WpHG.111 Dabei stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis der Individualschutz mit der Schutzgesetzeigenschaft steht. Die auf den ersten Blick naheliegende Gleichsetzung112 würde jedenfalls nicht überzeugen,113 wie schon aus dem Verständnis des Schutzgesetzes abzuleiten ist. Eine positive Definition, anhand deren die Schutzgesetzeigenschaft im Wege der einfachen Subsumtion ermittelt werden könnte, lässt sich zwar kaum aufstellen.114 Es ist jedoch weitgehend anerkannt, dass der Gesetzeszweck nicht isoliert herangezogen werden kann. Die Einordnung einer nicht schon selbst haftungsbegründenden Norm als deliktsrechtliches Schutzgesetz muss sich zusätzlich systematisch rechtfertigen lassen.115 Die Rechtsprechung bringt dies in der Formel zum Ausdruck, die Haftung müsse „im Lichte des haftpflichtrechtlichen Gesamtsystems tragbar“ erscheinen.116 Deswegen und weil der Individualschutz zunächst als Ziel des Kapitalmarktrechts insgesamt anzusehen ist,117 lässt er sich aus rechtspolitischer Sicht – ebenso wie aus der Sicht des Richters, der bei der Entscheidung über die Schutzgesetzeigenschaft nur recht vage gesetzlich festgelegt ist118 – nicht heranziehen, um kapitalmarktrechtlichen Pflichten schlechthin oder regelmäßig Haftungsfolgen beizulegen.119 Der Individualschutz ist nach je111

Zu diesem inzwischen wohl überholten Streit KMRK/Zimmer/Kruse, § 15 WpHG Rdn. 135; KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 107 ff.; Assmann/ Schneider, WpHG, § 15 Rdn. 307; Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 9. 112 In diese Richtung Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2004, Rdn. 8.419 ff. 113 Dahingehend auch Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 160; ders., in: Bankrechts-Handbuch, 2007, § 107 Rdn. 7. 114 Vgl. Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G16; Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 46 f. 115 Deutlich Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 47 f. 116 BGHZ 66, 388, 390 f.; 106, 204, 207; 125, 366, 374; 175, 276, Tz. 18; zust. MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 350 f.; Deutsch, Haftungsrecht, 1996, Rdn. 62, 308; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G4. 117 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 160; ders., in: Bankrechts-Handbuch, 2007, § 107 Rdn. 7. 118 MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 350; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G16.

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dem der unterschiedlichen Ansätze ein (Zwischen- oder End-)Ziel, das mit dem speziellen Instrument eines solchen Schadensersatzanspruchs nicht gleichgesetzt werden kann. So gewähren die inzwischen eingeführten §§ 37b, 37c WpHG der Ad-hoc-Publizitätspflicht in dem durch sie gesteckten Rahmen Individualschutz, ohne die Vorschrift des § 15 WpHG dadurch zu einem deliktischen Schutzgesetz werden zu lassen.120 Mit dem kapitalmarktrechtlichen Zieldualismus könnte allerdings die zur Haftungsbegründung gemäß § 823 Abs. 2 BGB als notwendig angesehene Voraussetzung in Zusammenhang gebracht werden, dass die betreffende Vorschrift nach ihrem Inhalt und Zweck dem Schutz von Individualinteressen zumindest neben Allgemeininteressen dienen soll.121 Nicht ausreichend sind bloße reflexhafte Auswirkungen auf den einzelnen, die von einer der Allgemeinheit dienenden Norm ausgehen.122 Ein Anhaltspunkt für eine auf den einzelnen bezogene Zweckrichtung ist insbesondere die Nennung eines bestimmten Verletzungsobjekts in der Norm, das vor einem bestimmten genannten Verhalten geschützt werden soll.123 Geht es um Normen, deren Verletzung zu reinen Vermögensschäden führt, so entspricht es diesem eigentlich auf Rechtsgutsverletzungen abstellenden Kriterium, wenn für eine Haftung wegen Schutzgesetzverletzung gefordert wird, dass sie einen ex ante erkennbaren Kreis konkret, erheblich und nachweisbar betroffener Rechtssubjekte betrifft.124 Ein unüberschaubarer Kreis potentiell 119 Einen generell abweichenden Ansatz vertritt Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 124: Im Wirtschaftsrecht sei die Schutzgesetzeigenschaft „großzügig“ zu bejahren, aber durch das Erfordernis mindestens grober Fahrlässigkeit zu „kompensieren“. Dies erscheint als zu schematisch und steht in Widerspruch zu dem Ausnahmecharakter der Haftungsfreistellung leichter Fahrlässigkeit (vgl. insbes. § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB); der Kompensationsgedanke bleibt unklar, da die Schutzgesetzeigenschaft nach § 823 Abs. 2 Satz 1 BGB primär von dem Gesetzeszweck abhängt und dieser nicht in Beziehung zu den unterschiedlichen haftungsrechtlicher Verschuldensgraden steht. Die systematische Rechtfertigung sollte nur als zusätzliches, einschränkendes Merkmal schon auf der Ebene der Ermittlung der Schutzgesetzeigenschaft verstanden werden. Für einen „Grundsatz der Haftung für grobe Fahrlässigkeit“ bei § 823 Abs. 2 BGB im Bereich des Kapitalmarktrechts auch Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 460 ff. Vgl. auch unten unter 2. b) cc) (2), S. 248 ff. Für eine Haftung bei leichter Fahrlässigkeit jedenfalls bei der Primärmarkthaftung Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 100, 131 ff. 120 So Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 9; KölnKomm-WpHG/ Möllers/Leisch, §§ 37b, c Rdn. 261. 121 BGHZ 12, 146, 148; 106, 204, 206; 116, 7, 13 f.; MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 346; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G19. 122 Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G23; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 823 Rdn. 155. 123 MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 347; vgl. BGHZ 100, 13, 15. Ähnlich Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 48 f.; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 823 Rdn. 158. 124 MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 BGB Rdn. 352, 184 f.

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Geschädigter spricht gegen eine Einordnung als den Schutz eines einzelnen bezweckende Norm.125 Hieran zeigt sich, dass für die Ermittlung eines solchen Zwecks eine besondere Betroffenheit der Eigeninteressen des Geschädigten und eine gewisse Gerichtetheit der Schädigung vorausgesetzt werden, mithin auf die unmittelbaren Folgen und die Art und Weise der Normverletzung gesehen wird. Will man, wie es naheliegt, das kapitalmarktrechtliche Individualschutzziel so auffassen, dass es zur Begründung der Schutzgesetzeigenschaft – vorbehaltlich eventueller gegenläufiger Gründe – beitragen könnte und mit den entsprechenden Anforderungen harmoniert, so würde das oben angeführte Verständnis als bloßes Zwischenziel und Mittel des Funktionenschutzes126 dem an sich nicht gerecht werden. Zwar ist unter dieser Prämisse die Überschaubarkeit einer Haftungsregelung durchaus wichtig. Die Haftung würde jedoch nicht um einzelner oder eines begrenzten Personenkreises willen und anhand deren Betroffenheit begründet werden, sondern durch die gesamtwirtschaftliche Nützlichkeit der von ihr erwarteten Wirkungen über den jeweiligen Fall hinaus. Aus dieser funktionalen Sicht handelt es sich im Grunde um Reflexwirkungen auf den einzelnen, selbst wenn der Individualschutz als „Zwischenziel“ bezeichnet wird. Die dem einzelnen letztlich zugute kommenden Ergebnisse des Funktionenschutzes sind ebenfalls zu weit entfernt von den Rechtsfolgen der haftungsbegründenden Norm, um als individualschützerische Normzwecke zu erscheinen.127 Ein Verständnis, das dem Individualschutz eine gleichrangige eigenständige Bedeutung gibt, wäre in Hinsicht auf dieses Erfordernis eher geeignet und würde insofern mit dem Grundsatz der Haftungsbegründung durch Schutzgesetze gemäß § 823 Abs. 2 BGB besser übereinstimmen. e) Stellungnahme Obwohl der Topos des Individualschutzes allgemein verwendet wird, unterscheidet sich sein Verständnis als ein eigenständiges Ziel, vor allem als Sozialschutz, grundsätzlich von einer Unterordnung unter das Funktionenschutzziel. Zwar werden denkbare Konflikte, die sich aus einer Konkurrenz zweier eigenständiger Prinzipien ergeben könnten, von Hopt als praktisch nicht bedeutsam bezeichnet.128 Doch geht dies zumindest als allgemeine Aussage zu weit.129 Gerade mit Blick auf die Neuschaffung von Schadensersatzansprüchen als beson125

Ebd. Siehe oben unter b), S. 224 ff. 127 Siehe oben unter c), S. 227 ff. Andeutungsweise anders Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 46. 128 Hopt, ZHR 159 (1995), 135, 159; ders., in: Bankrechts-Handbuch, 2007, § 107 Rdn. 6. 129 Auf Prinzipienkonflikte verweist Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 306. 126

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ders deutlicher Ausprägung einer individualschützerischen Regelung und die vielfältigen Fragen ihrer Ausgestaltung kann eine möglichst klare Zielbestimmung zur konsistenten Normsetzung beitragen. Sie ermöglicht es, dabei über eine den Einzelmerkmalen verhaftete Argumentation, die sich allzu sehr auf unzusammenhängend herangezogene, jeweils passend erscheinende Argumente stützen müsste, hinauszugelangen. Gerade wenn der Funktionenschutz als eigentliches, übergeordnetes Ziel anerkannt wird, wäre kapitalmarktrechtlich die möglichst weitgehende Ausgestaltung einer Wirtschaftsprüferhaftung nach den Anforderungen eines Präventionsinstruments geboten. Auf der anderen Seite könnte eine unter Funktionenschutzgesichtspunkten nicht optimal erscheinende Regelung durch eigenständige individualschützerische Gründe gerechtfertigt werden. Die Begründung des Individualschutzes mit sozialstaatlichen Erwägungen, also sein Verständnis als Sozialschutz im eigentlichen Sinne, lässt sich mit der verbreitet dagegen erhobenen Kritik130 nicht aufrechterhalten. Zwar finden sich nach wie vor einzelne kapitalmarktrechtliche Regelungen, die darauf abzielen, Anlegern eine gewisse Fürsorge durch andere Marktakteure zukommen zu lassen, so etwa die Informationspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß § 31 Abs. 2 ff. WpHG, die teilweise auf die in § 31a Abs. 2 und 3 WpHG enthaltene Differenzierung zwischen „professionellen Kunden“ und „Privatkunden“ Bezug nehmen.131 Die mit ihnen verfolgten Ziele, die durchaus als sozialpolitisch aufgefasst werden können, erlauben keine Verallgemeinerung. Schon die besondere Situation der individuellen Kontaktaufnahme zwischen einem unternehmerisch Tätigen einerseits und einem Privatanleger andererseits ist offenkundig nicht durchgängig typisch für den Sachbereich des Kapitalmarktrechts.132 Gerade Verhaltensregelungen gegenüber der Anlegerschaft an einem organisierten Markt behandeln den Anleger nicht allgemein ,rollenbezogen‘, sondern konkret mit Blick auf die Art und Weise seiner gegenwärtigen oder erwogenen Teilnahme am Marktgeschehen; dem entspricht auch der Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 30a Abs. 1 Nr. 1 WpHG, der für Emittenten gegenüber Wertpapierinhabern gilt.133 Die monistische Sichtweise, nach der es letztlich allein auf den Funktionenschutz ankommt, weckt bereits dadurch Zweifel, dass sie häufig lediglich negativ mit der Ablehnung des Sozialschutzkriteriums begründet wird.134 Die notwendige weitere Prämisse für diesen Schluss, dass eine anderweitige eigenständige 130

Siehe oben unter a), S. 223 f. In diesem Sinne Möllers, ZGR 1997, 334, 363 f. zu §§ 31 f. WpHG a. F. 132 Auch Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 230 weist den Verbraucherschutz nur der Beziehung zwischen Anleger und Intermediär zu. 133 Diese Vorschrift entspricht § 39 Abs. 1 Nr. 1, 1. Halbs. BörsG a. F. Die Gleichbehandlung von Anleihegläubigern verlangen auch §§ 4 Satz 2, 5 Abs. 2 Satz 2 SchVG. 134 Vgl. oben unter b), S. 224 ff. 131

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Erklärung des Individualschutzes nicht möglich oder zumindest abzulehnen sei, bleibt dabei ohne Erörterung. Hinzu kommt, dass gerade eine Haftungsnorm aufgrund ihrer Rechtsfolgen einen individualschützerischen Bezug besonders nahelegt, wie sich anhand des Kriteriums der Schutzgesetzeigenschaft im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB gezeigt hat.135 Dies gibt hinreichenden Anlass, um zunächst näher zu untersuchen, in welcher Weise sich der Eigenwert des Individualschutzes gerade im Hinblick auf die kapitalmarktrechtliche Wirtschaftsprüferhaftung begründen lässt.136 Zwar mag es kapitalmarktrechtliche Normbereiche geben, die sich ohne weiteres allein funktionenschützend verstehen lassen, doch ob dies auf eine kapitalmarktrechtliche Haftungsnorm, hier zulasten des Wirtschaftsprüfers, zutrifft, bleibt gegebenenfalls im Kontext des allgemeinen Haftungsrechts zu erörtern.137 2. Der Eigenwert des Individualschutzes durch Schadensersatzhaftung Der Befund, dass das Individualschutzziel als Sozialschutz nicht angemessen eingeordnet und eine monistisch funktionenschutzbezogene Konzeption ebenfalls nicht vorschnell zugrunde gelegt werden kann, weist den Weg für das weitere Vorgehen. Zu erörtern ist, in welcher Weise sich der Inhalt des Individualschutzziels gerade in Hinsicht auf seine Umsetzung durch haftungsrechtliche Regelungen konkretisieren lässt. Dabei ist das Verhältnis des Wirtschaftsprüfers zu dem Anleger besonders in den Blick zu nehmen. a) Wege zur Konkretisierung Gelegentlich finden sich in der kapitalmarktrechtlichen Literatur Ansätze, die auf einen eigenständigen Individualschutz hinauslaufen. Ihnen soll zunächst nachgegangen werden. aa) Fairness? Von Köndgen wird es als ein regelmäßiges Gebot der Fairness bezeichnet, die durch pflichtwidrig-schuldhaftes Verhalten zugefügten individuellen Schäden zu kompensieren; davon solle nur abgesehen werden, soweit die individuelle Rechtsverfolgung erhebliche Transaktionskosten verursachte.138 Diese These erkauft 135

Vgl. oben unter c), S. 227 ff. Dazu sogleich unter 2. 137 Siehe dazu unten in § 15, S. 254 ff. 138 Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 799 f.; ausführlicher ders., in: Fleischer/Zimmer, Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 100, 111 ff. Wohl ähnlich unter Berufung auf eine „elementare Gerechtigkeitsvorstellung“ Heukamp, ZHR 169 (2005), 471, 493. In verwandtem Zusammenhang bezieht sich KölnKomm-WpHG/Möllers/ Leisch, §§ 37b, c Rdn. 278 auf das Prinzip der ausgleichenden Gerechtigkeit. 136

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ihre umfassende Reichweite, die auf ein prima facie-Gebot des Schadensersatzes gegenüber jedem auch nur mittelbar Geschädigten hinausläuft, jedoch mit der Schwäche und Vagheit des Fairnessgesichtspunkts gerade im Hinblick auf fehlerhafte Kapitalmarktinformation.139 Es kommt hinzu, dass die im bürgerlichen Recht häufig beschränkte Schutzrichtung der verletzten Pflicht von dieser selbst nicht getrennt werden kann und dadurch das Fairnessurteil von vornherein mitbestimmt. Der haftungsrechtliche Grundsatz, dass nur der unmittelbar Geschädigte, nicht aber der mittelbar Geschädigte mit seinem Drittschaden ersatzberechtigt ist,140 kann vor diesem Hintergrund nicht als prima facie unfair angesehen werden.141 bb) Privatautonomie und ungestörte Willensbildung? Als Begründung eines Individualschutzes wird des Weiteren die Privatautonomie oder die ungestörte Willensbildung des Anlegers vorgebracht.142 Dies geschieht insbesondere im Zusammenhang mit der Frage, worin die Rechtsfolge der Schadensersatzansprüche gegen Emittenten gemäß §§ 39b, 37c WpHG besteht. Unter Berufung auf den Schutz der ungestörten Willensbildung des Anlegers vertreten einige die Auffassung, es sei nicht nur Geldersatz wegen der fehlinformationsbedingten Kursdifferenz zu leisten, sondern der fehlinformationsbedingte Erwerb beziehungsweise die Veräußerung im Wege des Schadensersatzes rückgängig zu machen.143 Neben den Positionen, die dem Schutz der Willensbildung des Anlegers eindeutig selbständige Bedeutung beimessen, stehen diejenigen weniger ergiebigen Stimmen, die zwar ein kapitalmarktrechtliches „Prinzip der rationalen Transaktionsentscheidung“ postulieren, jedoch nicht klar erkennen lassen, ob sie diesem Prinzip als Rechtswert eigenes Gewicht geben wollen oder ob sie darin lediglich eine Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes sehen.144

139 Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 100, 115 nimmt einen weitgehenden Gleichlauf von Funktionenschutz und Fairness-Gebot im Falle falscher Information an. 140 Zu diesem MünchKomm-BGB/Oetker, § 249 Rdn. 268 f.; Staudinger/Schiemann, Vor § 249 Rdn. 49; Palandt/Grüneberg, Vor § 249 Rdn. 103. 141 Krit. in diese Richtung auch Harrer, in: Gruber/Harrer, Probleme der Abschlussprüfung, 2006, S. 135, 140. 142 Hommelhoff, ZGR 2000, 748, 772; KölnKomm-WpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, c Rdn. 11, 258 ff., 278; Möllers, AcP 208 (2008), 1, 28. 143 Insbes. KölnKomm-WpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, c Rdn. 11, 240 ff.; EscherWeingart/Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1848 f. A.A. etwa KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 87 ff.; Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 73 ff. 144 Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 363 ff.; ihm folgend Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 27.

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Exemplarisch zeigt sich an der Frage nach der Rechtsfolge der §§ 37b, 37c WpHG, dass die Bezugnahme auf den Schutz der Willensbildung des Anlegers als maßgeblicher Gesichtspunkt im Kapitalmarktrecht zweifelhaft ist.145 Die Bedenken ergeben sich vor allem daraus, dass der Anleger nach der Informationseffizienzhypothese keinen Vorteil gegenüber der Marktrendite erzielen kann, indem er sich für seine Anlageentscheidung die Kenntnis bereits veröffentlichter Informationen verschafft.146 Grundsätzlich kann er sich darauf verlassen, dass ihm eine bessere Einschätzung des Wertes eines Finanzinstruments, als sie der Kurs bereits ausdrückt, zu angemessenen Kosten nicht möglich ist. Bei diesen Gegebenheiten ist es im Bereich des Sekundärmarktes vordringlich, die Marktpreisintegrität schadensersatzrechtlich abzusichern.147 Die Anlageentscheidung aufgrund der unmittelbaren Kenntnisnahme von Elementen der Sekundärmarktpublizität ist demgegenüber eher ein atypisches, akzidentielles Vorkommnis. Auch die gebotene Anlegergleichbehandlung lässt es deswegen zu und legt es sogar nahe, Anlegern, die ihre Anlageentscheidung ohne Kenntnisnahme von der Fehlinformation nicht getroffen hätten, nur den Kursdifferenzschaden zu ersetzen. Darüber hinaus erweist sich die Unterscheidung zwischen entweder gegebener oder fehlender Betroffenheit der Privatautonomie oder richtiger: der ungestörten Willensbildung148 bei näherer Betrachtung als nicht so trennscharf, wie dies in der Auseinandersetzung um ihre Relevanz unterstellt wird. Die Willensbildung, die zur Anlageentscheidung führt, beruht dann, wenn der Anleger die Fehlinformationen nicht selbst zur Kenntnis genommen hat, regelmäßig auf der Vorstellung, der Preis habe sich ,marktrichtig‘ ohne Beeinträchtigung durch Fehlinformationen gebildet. Diese Vorstellung liegt der Anlageentscheidung in vergleichbarer Weise – vornehmlich als selbstverständlich vorausgesetzt – zugrunde wie 145 Auf die Gesetzesbegründung braucht in diesem Zusammenhang nicht eingegangen zu werden. Insoweit entnehmen KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 87 mit Verweis auf Begr. RegE 4. FMFG, BT-Drucks. 12/8017, S. 93; Mülbert/ Steup, WM 2005, 1633, 1636; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 2008, § 33 Rdn. 199; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/ Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, 2008, § 29 Rdn. 121; Assmann/Schneider/ Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 73 der Gesetzesbegründung zumindest tendenziell eine Beschränkung auf die Kursdifferenz. Anders KölnKomm-WpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, c Rdn. 252 ff. 146 Vgl. oben im ersten Kapitel unter § 2 II. 5., S. 56. 147 So denn auch die wohl h. M.: KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 88; Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 12; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, 2008, § 29 Rdn. 121; Sauer, Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 26, 28, 353 f. Im Ergebnis auch Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 277 f. 148 Von einem Schutz der Privatautonomie vor Beeinträchtigungen durch Fehlinformation zu sprechen erscheint deswegen als weniger angemessen, weil die Privatautonomie als Prinzip und Korrelat der Rechtsordnung, vgl. Flume, Rechtsgeschäft, 1992, § 1 Nr. 1, 2, S. 1 f., im eigentlichen Sinne nur durch die Setzung zwingenden Rechts eingeschränkt wird.

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im anderen Fall diejenige, eine unmittelbar zur Kenntnis genommene Information sei zutreffend. Dass eine Fehlinformation das Ob im Gegensatz zum Wie der Anlageentscheidung beeinflusst, bedeutet mit Blick auf die Beeinträchtigung der Willensbildung einen quantitativen und keinen qualitativen Unterschied. Dies bestätigt die dem Schutz der ungestörten Willensbildung dienende Vorschrift des § 123 BGB, die auch dann zur Anfechtbarkeit eines Rechtsgeschäfts führt, wenn sich die Täuschung nur auf seinen Inhalt, nicht auf seine Vornahme ausgewirkt hat.149 Festzuhalten ist also, dass die Willensbildung prinzipiell durch jede Fehlinformation beeinträchtigt wird. Daraus allein folgt jedoch nicht, dass das (Kapitalmarkt-)Recht zu ihrem Schutz schlechthin berufen und ein Schadensersatzanspruch in jedem Falle zu gewähren wäre. Erforderlich ist eine ergänzende Begründung, denn die Beeinträchtigung der Willensbildung durch fehlerhafte oder unzureichende Informationen ist für sich betrachtet eine allgegenwärtige Erscheinung. Dementsprechend geht das bürgerliche Recht von dem in § 675 Abs. 2 BGB niedergelegten Grundsatz aus, dass eine Fehlinformation an sich keinen Haftungstatbestand bildet. Den quantitativen Unterschied zwischen den beiden Arten der Beeinflussung der Anlageentscheidung mag man zum Inhalt eines einmal anerkannten Anspruchs in Beziehung setzen; doch lässt sich die auf den Ersatz der Kursdifferenz begrenzte Rechtsfolge kapitalmarktrechtlicher Schadensersatzansprüche im Bereich der Sekundärmarktpublizität, wie im Hinblick auf die Informationseffizienzhypothese gezeigt, unabhängig davon begründen. Insgesamt gibt der Schutz der ungestörten Willensbildung keine hinreichende Erklärung für ein als eigenständig anzuerkennendes Individualschutzziel. cc) Die Aufgliederung in Einzelrisiken als geeigneter Ansatzpunkt Da sich die genannten, recht allgemeinen Ansätze zur Ausfüllung des Individualschutzziels als nicht hinreichend ergiebig erwiesen haben, verbleibt die Möglichkeit, stärker kapitalmarktbezogene Kriterien heranzuziehen und fortzuentwickeln. Hierzu kann auf die von Hopt vorgebrachte,150 aber auch sonst geläufige Aufgliederung von Anlegerrisiken in Einzelrisiken zurückgegriffen werden.151 Hopt bringt sie zwar im Rahmen seiner Konzeption mit dem Sozialschutzziel in Verbindung, indem er daraus ein Gebot zur Verminderung der Einzelrisiken ab149 RGZ 134, 43, 51; BGH, NJW 1964, 811, 811; MünchKomm-BGB/Kramer, § 123 Rdn. 12; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 123 Rdn. 37. 150 Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 337 ff. 151 Etwa Großkomm-AktG/Assmann, Einl Rdn. 367 ff.; Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 65 ff.; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 333 ff.; Zimmer, in: Symposium Immenga, 2001, S. 39, 50 f.; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 32 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 232 f.

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leitet.152 Doch ist dieser Zusammenhang nicht zwingend. Zunächst ist die Aufgliederung in Einzelrisiken als ein analytisches Hilfsmittel anzusehen, um anschließend zu der Frage übergehen zu können, warum und in welcher Weise eine bestimmte Risikozuweisung geboten erscheint.153 Eine Fortentwicklung der ursprünglichen Konzeption liegt bereits darin, sie von dem engen Sozialschutzzweck zu lösen.154 Die Aufgliederung in Einzelrisiken entspricht in besonderem Maße einer kapitalmarktspezifischen Sichtweise. Wesentlicher Gegenstand von Kapitalmarkttransaktionen ist über die verschiedenen Anlageformen hinweg das Handeln mit Risiken, also mit mehr oder weniger quantifizierbaren Ungewissheiten.155 Durch den Blick auf einzelne Risiken kann von anlagespezifischen, vornehmlich gesellschafts- oder schuldrechtlichen, Ausgestaltungen und den sie bestimmenden Rechtsprinzipien abstrahiert werden, ohne dass die Bedeutung der konkreten rechtlichen Ausgestaltung der Anlage für ihre spezifische Risikostruktur dadurch negiert wird. Dies entspricht zugleich der das Kapitalmarktrecht kennzeichnenden marktbezogenen Betrachtungsweise, die in der Kapitalmarkttransaktion einen gemeinsamen Bezugspunkt findet und die an ihr näher oder entfernter Beteiligten primär als Marktakteure begreift. Die Aufgliederung der Risiken nach den einzelnen Ansätzen in der Literatur, auf die aufgebaut werden kann, unterscheidet sich.156 Zu den regelmäßig angeführten Einzelrisiken gehört insbesondere das Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko, also die Gefahr, nicht die erwarteten Erträge zu erzielen oder sogar eine Minderung der Substanz der Anlage zu erleiden.157 Zu nennen ist außerdem das Informationsrisiko,158 das angesichts der hier gestellten Aufgabe zweckmäßig als das Risiko eines Mangels an solchen Informationen zu verstehen ist, über die ein anderer Kapitalmarktakteur verfügt und die für den Betroffenen relevant sein können.159 Damit wird das Informationsrisiko allein auf einen Informations152 Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 53 f., 288 ff. Schlechthin für Risikominderung spricht sich auch Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 67 aus. 153 Treffend denn auch Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 32 f., der kritisch anmerkt, aus der „bloße[n] Aneinanderreihung“ von Einzelrisiken ergebe sich noch keine bestimmte Zuweisung. 154 So insbes. Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 304, 308, 333 ff. 155 Zur Risikotransformation als (volkswirtschaftliche) Funktion des Kapitalmarktes etwa Franke/Hax, Finanzwirtschaft, 2004, S. 68 f. 156 Vgl. oben Fn. 150, 151. 157 Deutlich Großkomm-AktG/Assmann, Einl Rdn. 369; auch Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 33: „performance risk“. 158 Vgl. insbes. Hopt, Kapitalanlegerschutz, 1975, S. 338. 159 Dabei handelt es sich gewissermaßen um das Informationsrisiko i. e. S., denn in einem weiteren Sinne ließen sich alle Risiken auf einen Mangel an Information zurückführen und insofern als Informationsrisiken begreifen, vgl. Großkomm-AktG/Assmann, Einl Rdn. 373; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 33.

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zustand bezogen. Deswegen bleibt Raum für ein davon unterscheidbares Fehlinformationsrisiko, das als das verhaltensbezogene Risiko, falsch oder entgegen bestehenden Informationspflichten nicht informiert zu werden, zu verstehen ist.160 Dieses Risiko setzt letztlich ein benennbares Fehlverhalten natürlicher Personen wie der Organmitglieder oder des Wirtschaftsprüfers voraus. Dabei ist der Blick im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auf das Fehlinformationsrisiko, das sich aus einem den Anlegern nachteiligen Fehlverhalten des Wirtschaftsprüfers ergibt, gerichtet. b) Gründe und Wege der Risikozuweisung an den Wirtschaftsprüfer Mit der soeben ausgeführten Einteilung der Einzelrisiken ist der Boden bereitet, um sich den Gründen, Grenzen und Wegen der Zuweisung dieser Risiken an die Marktakteure, hier den Wirtschaftsprüfer einer kapitalmarktorientierten Gesellschaft, zuwenden zu können. Es kommt, da eine allein funktionenschutzbezogene Zielkonzeption defizitär wäre, darauf an, ob dem Individualschutz eigenständige Bedeutung beigelegt werden kann. Ihm müssen von dem Funktionenschutz unabhängige Gerechtigkeitsgründe zur Seite stehen, die einen Bezug zu allen von der Risikozuweisung Betroffenen haben. aa) Das Fehlinformationsrisiko im Vergleich zu anderen Einzelrisiken Eindeutig ist zunächst, dass das Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko bei dem Anleger verbleiben muss.161 Die Übernahme dieses Risikos durch ihn erfolgt bewusst und gewollt, wobei sich die Kapitalmarkttransaktion selbst als ein Instrument zur Handhabung dieses Risikos darstellt. Zugleich ist die Gegenleistung für den Erwerb oder die Veräußerung ein Ausgleich dafür, in dem sich regelmäßig risikoentsprechende Ertragserwartungen niederschlagen.162 Es besteht daher kein Anlass, solche hinreichend transparenten und regelmäßig mit Gewinnchancen untrennbar verbundenen Risiken schon auf dieser Ebene regulatorisch zu mindern. Auch wenn sie ein besonders hohes Maß annehmen, ist dies prinzipiell nicht bedenklich, denn dem Anleger bleibt es möglich, durch die Struktur seines Portfolios, vor allem durch dessen Diversifizierung, insgesamt ein seinen Präferenzen gemäßes Risikomaß zu erreichen.163 Den Gefahren für bestimmte (unerfahrene) Anlegergruppen, die den Ruf nach sozialfürsorgerischem Schutz wecken, ist 160 Vgl. Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 33; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 232: „bad faith risk“. Auch Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 344. 161 Großkomm-AktG/Assmann, Einl Rdn. 369. 162 Vgl. Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 348. Zum Verhältnis von Risiko und Ertrag in diesem Zusammenhang vgl. nur Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 9.2, S. 213 ff. mit Nachweisen; grundlegend Sharpe, J. Fin. 19 (1964), 425 ff.; Lintner, Rev. Econ. Stat. 47 (1965), 13 ff.

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demgegenüber auf der Vertriebsebene im Verhältnis des Anlegers zu seinem Anlageberater usw. angemessen zu begegnen.164 Rechtlich definiert und strukturiert wird das Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko durch das Recht, durch welches die jeweilige Anlage hervorgebracht wird, also das Gesellschaftsrecht, das Investmentrecht oder das Schuldrecht in Verbindung mit den jeweiligen Anleihebedingungen. Das bloße Informationsrisiko wird dem Anleger im Verhältnis zum Emittenten in erster Linie durch Informationspflichten abgenommen.165 Die Reichweite solcher Informationspflichten ist dem Gegenstand dieser Untersuchung vorgelagert, so dass ihr nicht weiter nachzugehen ist.166 Das Gesetz sieht mit der (auch) kapitalmarktbezogenen Regelpublizität in Verbindung mit der Ad-hoc-Publizität, wonach kursrelevante Informationen weitgehend zu veröffentlichen sind,167 gegenüber dem Anleger eine möglichst vollständige Abnahme des Informationsrisikos vor, soweit es sich in der Preisbildung niederschlagen kann. Als ergänzendes oder alternatives Mittel der Zuweisung des Informationsrisikos sind außerdem Marktanreize zu nennen; im Grundsatz kann ein Emittent kaum erwarten, auf Nachfrage für von ihm ausgegebene Finanzinstrumente zu stoßen, wenn er der Anlegerschaft keine Informationen zukommen lässt.168 Das Fehlinformationsrisiko fällt zunächst bei dem Adressaten der zu erteilenden Information an, also bei dem Anleger. Es wird nach der gegenwärtigen Rechtslage im Bereich des Sekundärmarktes nur bruchstückhaft – im Umfang der §§ 37b, 37c WpHG – auf den Emittenten und – im Wege der Vorsatzhaftung – daneben auf Organmitglieder und den Wirtschaftsprüfer verlagert. Für eine umfassendere, über besondere Publizitätsformen hinausgehende Risikoverlagerung in diese Richtungen lässt sich eine Reihe von Gründen anführen: Der Anleger ist auch auf weitergehende Informationen von Seiten des Emittenten einschließlich des Bestätigungsvermerks angewiesen, denn eine Selbstinformation oder eine Verifizierung ist ihm praktisch nicht möglich.169 Er muss seine Anlageentscheidung auf die veröffentlichten Informationen einschließlich der Fehlinformationen stützen, auch wenn er sie nicht unmittelbar zur Kenntnis nimmt und sie sich nur 163 Vgl. hierzu grundlegend Markowitz, J. Fin. 7 (1952), 77 ff.; im Überblick Brealey/Myers/Allen, Corporate Finance, 2008, Kap. 8 f., S. 172 ff.; Gerke, in: Handwörterbuch, 2001, Sp. 1694 ff. 164 Zutreffend Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 230. Vgl. oben unter 1. e), S. 231 f. 165 Zimmer, in: Symposium Immenga, 2001, S. 39, 50 f.; Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 343; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 167 ff. 166 Vgl. oben im vierten Kapitel unter § 9 II., S. 159 f. 167 Vgl. oben im ersten Kapitel unter § 2 I., S. 40 ff. 168 Vgl. bereits oben im vierten Kapitel unter § 9 II., S. 159 f. 169 In diese Richtung auch Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 33 unter Verweis auf die Position der Financial Services Authority des Vereinigten Königreichs; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 232 f.

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durch die Preisbeeinflussung auswirken.170 Damit beeinträchtigt eine Fehlinformation unmittelbar eine wesentliche Grundlage der Anlageentscheidung, indem sie das Äquivalenzverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung des Erwerbs- oder Veräußerungsgeschäfts stört. Ein Ersatzanspruch übernähme in dieser Lage zugunsten des Anlegers hilfsweise die Funktion, die in erster Linie der Kapitalmarktpublizität zukommt. Er stellte das durch die Fehlinformation gestörte Äquivalenzverhältnis zugunsten des Erwerbers oder des Veräußerers wieder her. Allerdings ist ein Gleichlauf des spezielleren Fehlinformationsrisikos mit dem primären Informationsrisiko, wodurch es dem Anleger abgenommen werden würde, kein unabweisbares Gebot der Folgerichtigkeit. Zu beachten ist, dass das Fehlinformationsrisiko ein sich von Fall zu Fall realisierendes Verhaltensrisiko darstellt und deswegen (unter Berücksichtigung der Verbindung des Wirtschaftsprüfers mit dem Emittenten) emittentenspezifisch ist.171 Demgegenüber erfolgt die Zuweisung des Informationsrisikos zumindest innerhalb bestimmter Teilbereiche des Kapitalmarktes durchgängig und einheitlich mit Hilfe von Informationspflichten sowie aufgrund von Marktanreizen. Als verhaltensbezogenes und emittentenspezifisches Risiko weist das Fehlinformationsrisiko eine Parallele mit dem Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko auf. Es wird zwar von ihm nicht mitumfasst, weil das Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko als typisierende Kategorie dadurch gekennzeichnet ist, dass es durch die gesellschaftsrechtliche, investmentrechtliche oder schuldrechtliche Ausgestaltung des jeweiligen Finanzinstruments vermittelt wird und damit primär von der finanziellen Lage des Emittenten selbst abhängt. Seine Auswirkungen auf den Anleger sind dennoch im Ergebnis vergleichbar. So macht es für einen Anlegeraktionär letztlich keinen Unterschied, ob sich das Vermögen des Emittenten durch betriebswirtschaftliche Vorgänge mindert oder ob der für ihn maßgebende Kurs nach dem Erwerb der Aktie infolge der Aufdeckung eines vormals kurserhöhenden fehlerhaften und fehlerhaft testierten Abschlusses absinkt. Es ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Frage nach der richtigen Zuweisung des Fehlinformationsrisikos einen kapitalmarktspezifischen und zugleich dem Individualschutzziel entsprechenden Ansatz bietet, um gegebenenfalls – wenn dem Anleger dieses Risiko abgenommen werden soll – eine Kapitalmarktinformationshaftung zu begründen. Der Ansatz ist kapitalmarktspezifisch, weil er die Risikobetrachtung in den Mittelpunkt stellt, die den Gegenstand des Handels am Kapitalmarkt systematisiert und dabei von bestimmten konkreten Anlageformen abstrahiert. Dem Individualschutzanliegen wird er gerecht, wenn die Risikozuweisung nicht aus Funktionenschutzgesichtspunkten abgeleitet wird, 170

Vgl. zur Informationseffizienz oben im ersten Kapitel unter § 2 II. 5., S. 56 ff. Zur Unterscheidung emittentenspezifischer und nicht emittentenspezifischer Risiken auch Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 66. 171

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sondern letztlich aus Gerechtigkeitsgründen, die mit kapitalmarktbezogenen und allgemeinen rechtlichen Wertungen gleichermaßen in Einklang stehen. Diesem Vorgehen steht nicht entgegen, dass sich daraus ein Widerspruch zu den Geboten des Funktionenschutzes ergeben kann. Erst wenn ein solcher Befund vorliegen sollte, lässt sich der Widerstreit durch Abwägung und Entscheidung zwischen den unterschiedlichen Folgerungen auflösen. bb) Risikozuweisung innerhalb der Rechtsbeziehungen Bislang sind gegenläufige wertungsbezogene Gerechtigkeitgründe lediglich als allgemeine Abwägungsgesichtspunkte vorgebracht und allein auf den Anleger als den von dem Risiko Betroffenen bezogen worden. Davon ausgehend soll eine weitergehende Konkretisierung gerade hinsichtlich einer Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern angestrebt werden. Die Abnahme des Fehlinformationsrisikos zugunsten des Anlegers lässt sich von dessen Zuweisung an einen anderen Marktakteur nicht trennen. Eine die Risikozuweisung tragende individualschützerische Begründung muss daher beiden Seiten in ihrer Verbundenheit gerecht werden. Auf diese Weise wird das Defizit der allein präventivfunktionenschutzbezogenen Ableitung, nach der die Ersatzberechtigung und die Haftungsverpflichtung je eigene, in ihren Folgerungen nicht korrespondierende Teilfunktionen erfüllen, vermieden.172 (1) Die kapitalmarktrechtliche Rechtsbeziehung im Hinblick auf das Fehlinformationsrisiko im Bereich der Sekundärmarktpublizität Rechtstechnisch ist eine bereits vor der Verwirklichung des Risikos bestehende Rechtsbeziehung wie ein Schuldverhältnis oder ein gesellschaftsrechtliches Mitgliedschaftsverhältnis der naheliegendste Rahmen für eine derartige Risikozuweisung. Ein solcher Rahmen, dessen Prototyp das Vertragsverhältnis bildet, ist von vornherein auf eine gewisse Ausgewogenheit gegenseitiger Rechte und Pflichten angelegt; er gibt Raum für eine rechtliche Strukturierung der vielfältigen Interaktionen der Kapitalmarktakteure. Die Haftung aus einem solchen Rechtsverhältnis wäre eine schuldrechtliche Haftung, wie sie nunmehr am allgemeinsten in den §§ 280 ff. BGB niedergelegt ist, wenngleich sie – wie häufig – auch spezialgesetzlich so ausgestaltet sein kann, dass ein Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften nicht erforderlich ist. Sie wäre damit keine deliktische Haftung nach dem Vorbild der §§ 823 ff. BGB.173 172

Siehe dazu bereits oben unter 1. e), S. 231 f. Nicht gefolgt werden kann der singulären These von Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 226, der, wesentlich gestützt auf die rechtsvergleichende Diagnose eines „Entwicklungsrückstandes“ des deutschen Kapitalmarktrechts (ebd. S. 220 f.), „kapitalmarktrechtliche Sonderrechtsverhältnisse“ zwischen Marktteilnehmer schon de 173

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Die Rechtsbeziehung, die für das eigentliche Risiko des Anlegers, das Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko, bestimmend ist, besteht zu dem Emittenten. Insoweit ist für ihre gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Ausgestaltung in erster Linie das jeweils das Finanzinstrument hervorbringende Recht der Aktiengesellschaft, der Anleihe usw. zuständig. Ebenso wie bereits bei der Aufgliederung in Einzelrisiken der Kapitalmarktakteure 174 kann bei der normativen Zuweisung der kapitalmarktspezifischen Risiken, hier des Fehlinformationsrisikos, davon abstrahiert werden. Doch diese Abstraktion braucht über die Unterschiedlichkeiten zwischen verschiedenen Arten von Finanzinstrumenten nicht hinauszugehen. Dann kann die Zuweisung des Fehlinformationsrisikos als ein parallel verlaufender kapitalmarktrechtlicher, das heißt auch gemeinsamer, Aspekt dieser schon bestehenden Rechtsbeziehungen gesehen werden. Innerhalb einer solchen Rechtsbeziehung zwischen dem Anleger (als Erwerber oder fortwirkend als Veräußerer des Finanzinstruments) und dem Emittenten können Risiken zugewiesen werden, die sich aus der beiderseitigen Kapitalmarktinanspruchnahme ergeben. Diese Risikozuweisung unter abstrahierender Anknüpfung an vorfindliche Rechtsverhältnisse müsste allerdings durch den Gesetzgeber erfolgen. Anlass oder Berechtigung zu einer über den gegenwärtigen Rechtszustand hinausgehenden Rechtsfortbildung besteht nicht. Insbesondere könnte es kaum überzeugen, außervertragliche Sonderverbindungen zu postulieren, für die sich keine hinreichende gesetzliche Grundlage nachweisen lässt.175 Insofern sind die Möglichkeiten und Grenzen einer sach- und systemgerechten und somit dogmatisch verträglichen ,Rechtsfortbildung durch den Gesetzgeber‘ Gegenstand der hier angestellten Überlegungen. Der dargestellte Ansatz ist als solcher offen für eine Unterscheidung nach Marktsegmenten, denn die entsprechende Aufgliederung des Marktes ist ein das deutsche und europäische Kapitalmarktrecht auch sonst bestimmendes Prinzip.176 Für Marktsegmente, die vergleichsweise risikoarm ausgestaltet sein sollen, kann den für eine Risikoabnahme durch Haftungsrecht sprechenden Gründen gesetzgeberisch das Übergewicht gegeben werden, wodurch eine solche – nicht auf bestimmte Publizitätsformen zu beschränkende – Emittentenhaftung (auch) individualschützerisch begründet wäre.177 In der das Fehlinformationsrisiko dem Emitlege lata postuliert. Obwohl er sie ausdrücklich als „gesetzliche Schuldverhältnisse“ bezeichnet (ebd. S. 226), sollen Pflichtverletzungen zu Ansprüchen aus § 823 Abs. 2 BGB führen (sic). Dies lässt sich in das geltende (Schuld-)Recht schlechterdings nicht einordnen und widerspricht dessen Grundbegriffen fundamental. 174 Siehe oben unter 2. a) cc), S. 235 f. 175 Vgl. in diesem Zusammenhang etwa oben Fn. 173. 176 Ausführlich dazu Merkt, Unternehmenspublizität, 2001, S. 365 ff.; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 48 ff. 177 Daraus lässt sich dann auch die dogmatische Schlussfolgerung ziehen, dass die Einordnung einer solche Kapitalmarktinformationshaftung als Haftung in einem bestehenden Schuldverhältnis angemessen ist, so KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c

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tenten zuweisenden Rechtsbeziehung besteht dabei insofern eine Gegenseitigkeit, als sich die Wertschätzung dieser Zuweisung durch die Anleger im Grundsatz – wenn sie sich nicht auf Null beläuft – auf den Marktpreis der emittierten Finanzinstrumente auswirkt; gegebenenfalls folgt daraus mittelbar, dass sich der Emittent zu günstigeren Bedingungen am Kapitalmarkt refinanzieren kann.178 Eine zusätzliche Stütze der Risikozuweisung an den Emittenten ergäbe sich aus der Beschränkung der Haftung auf bestimmte Marktsegmente, wenn die Haftung zugleich von der Entscheidung des Emittenten abhängig gemacht werden würde, die Zulassung des betreffenden Finanzinstruments in diesem Segment zu beantragen. Mit der Beschränkung etwa auf den regulierten Markt oder Teilbereiche davon könnte der Emittent in gewissem Maße – wie auch sonst – die Risikostruktur des Finanzinstruments beeinflussen. Es obläge dann nicht allein dem Gesetzgeber, einheitlich und im Vorhinein darüber zu urteilen, inwieweit die Haftung aus Sicht der Marktteilnehmer von Wert ist. Sie hätte sich dann zumindest im Rahmen eines Vergleichs der Marktsegmente zu bewähren. Für das Verhältnis zwischen dem Anleger und dem Wirtschaftsprüfer ist allerdings festzustellen, dass eine entsprechende Rechtsbeziehung, an die sich die Zuweisung des Fehlinformationsrisikos für die durch ihn bedingten Informationsfehler in Gestalt fehlerhafter Testate anlehnen könnte, nicht besteht. Der Wirtschaftsprüfer, vornehmlich als Abschlussprüfer, tritt nur mit dem Emittenten in eine Rechtsbeziehung ein, in der er zudem die Gegenleistung, unter anderem mit Rücksicht auf das Haftungsrisiko, vereinbart. Diese Beziehung ist von anderer Qualität als der Kontakt zu dem Anleger als einem Rechnungslegungsadressaten. So ergeben sich aus Prüfung und Bestätigungsvermerk für den Emittenten als Aktiengesellschaft nicht nur Informations-, sondern auch Tatbestandswirkungen;179 dazu gehört, dass das Ausbleiben der Prüfung nach § 256 Abs. 1 Nr. 2 AktG zur Nichtigkeit des festgestellten Jahresabschlusses führt. Aus dem Prüfungsverhältnis folgen außerdem besondere Geheimhaltungspflichten nach § 323 Abs. 1 Satz 2 HGB und gegenläufige Pflichten zur Unterstützung der Prüfungsdurchführung nach § 320 HGB. Auch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks ist kein Anhaltspunkt für eine direkte Beziehung des Wirtschaftsprüfer zu dem Anleger, etwa im Sinne eines ,Informationsschuldverhältnisses‘, denn der Wirtschaftsprüfer hat seine Prüfungsergebnisse in Form des Prüfungsberichts,

WpHG Rdn. 6 ff.; Veil, ZHR 167 (2003), 365, 392; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637 f. Es handelt sich nicht um eine für das Deliktsrecht typische Zufallsbeziehung mit nur punktueller Betroffenheit der Rechtssphäre des Geschädigten. Vgl. zum weiteren Ausbau der bislang nur bruchstückhaften sekundärmarktbezogenen Emittentenhaftung unten unter § 15 III. 2. c) aa) bei und in Fn. 335, S. 276. 178 Zu diesem Zusammenhang Chapman, Can. Bus. L.J. 20 (1992), 180, 196; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 94; vgl. auch Sauer, Falschinformation, 2004, S. 341. 179 Siehe oben im ersten Kapitel unter § 2 II. 3. a), S. 49 f.

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des Bestätigungsvermerks und mündlicher Erläuterungen dem Emittenten zu übermitteln, dessen eigene handels- und kapitalmarktrechtliche Verpflichtung es dann ist, den Bestätigungsvermerk offenzulegen.180 Der Wirtschaftsprüfer als Abschlussprüfer besorgt mit seiner Prüfungstätigkeit in diesem Zusammenhang gewissermaßen ein Geschäft des Emittenten oder bereitet es jedenfalls vor.181 Zugleich fungiert er in Hinsicht auf die Informationspflichten des Emittenten gegenüber den Anlegern gewissermaßen wie ein Erfüllungsgehilfe, der als solcher nicht selbst mit dem Gegenüber des Schuldners verbunden ist. Die zusätzlich die Risikoübernahme durch den Emittenten rechtfertigende eigene Wahl bestimmter haftungsunterworfener Marksegmente ließe sich ebenfalls kaum auf den Wirtschaftsprüfer erstrecken. Sachfremd wäre es etwa, die Entscheidungsfreiheit des Emittenten über die Modalitäten der Inanspruchnahme des Kapitalmarktes durch ihn im Hinblick auf daraus folgende Haftungsgefahren für den Wirtschaftsprüfer von dessen Mitwirkung abhängig zu machen, vor allem wenn es sich um den gesetzlichen Bestätigungsvermerk handelt. (2) Abgleich mit der Zuweisung des Fehlinformationsrisikos (auch) an den Wirtschaftsprüfer durch die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung Ergibt sich also nach dem Vorstehenden, dass die Voraussetzungen, unter denen eine kapitalmarktrechtliche Risikozuweisung innerhalb von Rechtsbeziehungen an den Wirtschaftsprüfer dogmatisch und damit auch rechtspolitisch gerechtfertigt wäre, nicht gegeben sind, so wirft dies die Frage auf, ob und wie die Haftung des Wirtschaftsprüfers im Rahmen der – insbesondere bürgerlichrechtlichen – Prospekthaftung mit einem solchen Befund vereinbar ist, zumal darin vielfach eine Haftung aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis gesehen wird.182 Dazu sind die jeweils maßgebenden Verhältnisse im Primär- und im Sekundärmarkt zu untersuchen. Im Bereich der Sekundärmarktpublizitätshaftung ist der Emittent als juristische Person gewissermaßen der zentrale Knotenpunkt in einem Netz von Rechtsbeziehungen zu weiteren Handelnden und Interessierten, die ihrerseits mit Rücksicht auch auf Kapitalmarktanforderungen ausgestaltet sein können, wenn sie unmittelbar nur zu dem Emittenten und nicht zu den Anlegern bestehen. Ein hervorgehobenes Beispiel für eine solche weitere, an den Emittenten anknüpfende Rechtsbeziehung, die dementsprechend einer abstrakt-generellen Regelung unterliegt, ist die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers als Abschlussprüfer; als Beispiel lässt sich auch das Verhältnis des Emittenten zu seinen Organen nennen, worauf 180 181 182

Vgl. oben im ersten Kapitel unter § 3 II. 2., S. 79 ff. Siehe bereits oben unter § 13 I. 2. b), S. 215 ff. Siehe dazu bereits oben im zweiten Kapitel unter § 5 V. 2., S. 121 ff.

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das Kapitalmarktrecht etwa dadurch Zugriff nimmt, dass es Rückgriffsansprüche gegen Vorstandsmitglieder wegen der Ad-hoc-Publizitätshaftung des Emittenten gemäß §§ 37b Abs. 6, 37c Abs. 6 WpHG für unverzichtbar erklärt.183 Auf diese Weise wird zudem ein Ausgleich mit den Interessen anderer Betroffener möglich, die neben den Anlegern mit dem Emittenten in Verbindung stehen und auch bei einer primär kapitalmarktbezogenen Betrachtung nicht aus dem Blick geraten dürfen.184 An dem die Haftung veranlassenden Rechtsgeschäft, dem Erwerb oder der Veräußerung des Finanzinstruments unter Anlegern, ist der Emittent dabei nicht beteiligt. Seine Verbindung dazu besteht in der Rechtsbeziehung, die durch das Finanzinstrument verkörpert wird und als deren kapitalmarktrechtlicher Aspekt die Risikozuweisung des Fehlinformationsrisikos zum Emittenten zu sehen ist.185 Von diesen Gegebenheiten unterscheidet sich das Geflecht rechtlicher Beziehungen bei der Prospekthaftung, insbesondere der bürgerlichrechtlichen, in zwei Hinsichten. Zum einen werden im Fall einer Emission von Finanzinstrumenten die Beziehungen durch die Besonderheiten des Emissionsvorgangs geprägt. An ihm sind neben dem Emittenten weitere Akteure beteiligt, die über eine bloße Informationsbeschaffung im Vorfeld hinaus mitwirken an der Emission und wirtschaftlich an ihr interessiert sind. In einem geregelten Marktsegment kann es sich um eine Emissionsbank handeln, in nicht geregelten Bereichen etwa um Gründer und Initiatoren ohne unmittelbare rechtliche Verbindung mit dem Emittenten.186 Solche Beteiligten machen in einem weiteren, nicht rechtsförmlichen Sinne zusammen mit dem Emittenten die Anbieterseite aus, die dem Anleger als Vertreter der Erwerberseite gegenübersteht. Ob etwa die Emissionsbank infolge einer Übernahme der Finanzinstrumente im Verhältnis zum Anleger der Erstveräußerer ist, hat wegen der Einheitlichkeit des Emissionsvorgangs und wegen der Unabhängigkeit der Anlegerinteressen von solchen frei gestaltbaren Modifikationen rechtlich kein entscheidendes Gewicht erhalten. Stattdessen bestimmt die Prospekthaftung die Risikozuweisung durch eigenständige Anknüpfungsmerkmale, wobei das Bild des prospektbeeinflussten Emissionsvorgangs als ein Inbeziehungtreten einer Anbieterseite mit einer Erwerberseite gewahrt bleibt.

183 Für die Aktiengesellschaft deutschen Rechts ergibt sich Vergleichbares bereits aus § 93 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 Satz 3 AktG, vgl. auch KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 123, doch belegt diese spezielle Regelung die Rücksichtnahme der kapitalmarktrechtlichen Haftungsnorm auf den beim Emittenten ansetzenden Interessenausgleich. 184 Dazu auch Ehricke, ZGR 2000, 351, 381 f.; Zimmer, WM 2004, 9, 13 f.; Grotheer, WM 2005, 2070, 2078. 185 Vgl. oben unter bb), S. 240 ff. 186 Vgl. Groß, Kapitalmarktrecht, §§ 44, 45 BörsG Rdn. 32 ff. bzw. BGHZ 71, 284, 287; 72, 382, 387; 79, 337, 340 ff.; 145, 121, 125 f.; 158, 110, 115.

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Zum anderen eignet sich der Emittent speziell für die kapitalmarktrechtliche Haftung im ungeregelten Kapitalmarkt weniger als ein zentraler Anknüpfungspunkt des Interessenausgleichs. Das Zusammenwirken einzelner Beteiligter war und ist noch erheblich weniger typisiert als etwa die Emission von Aktien im regulierten Markt. So wird insbesondere die Kommanditgesellschaft in ,kapitalistischer‘ Ausgestaltung als ,Emittent‘ gerade außerhalb des Anwendungsbereichs eingesetzt, den das Gesetz für diese Rechtsform an sich voraussetzt. Hinzu kommt, dass Verflechtungen unter den Beteiligten für die Anleger intransparent bleiben.187 Namentlich der Wirtschaftsprüfer kann im Zusammenhang mit dem Angebot und der Veräußerung von Kapitalanlagen außerhalb des geregelten Kapitalmarktes vielgestaltige, über den Kern seiner prüfenden Berufstätigkeit hinausgehende Aufgaben oder Funktionen übernehmen und sogar unmittelbar am Erfolg des Angebots interessiert sein; es liegt nahe, dass er dann – was für seine Haftung maßgebend ist – nach außen hin als „Garant“ in Erscheinung tritt.188 Für die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung, die als außerordentliche Rechtsfortbildung einem besonderen Regelungsbedürfnis gerecht werden sollte, ist die Anknüpfung der Passivlegitimation an tatsächliche Funktionen auf der Anbieterseite189 deshalb besonders folgerichtig.190 Insgesamt zeigt sich, dass die Prospekthaftung des Wirtschaftsprüfers auf einer spezifischen Anknüpfung der Rechtsbeziehungen beruht.191 Bei der Prospekthaftung, vor allem der bürgerlichrechtlichen, sind dabei in erster Linie die Besonderheiten der Primärmarktsituation mit ihrem Gegenüberstehen der Anbieterseite und der Erwerberseite maßgebend, und zusätzlich die typischen Gegebenheiten auf der Anbieterseite in nicht geregelten Marktsegmenten. Im Sekundärmarktbereich bildet demgegenüber die Rechtsbeziehung zwischen den Anlegern und dem Emittenten den Ansatzpunkt für die Risikozuweisung, wobei die Transaktion unter den Anlegern den ersatzfähigen Schaden nur auslöst, ohne selbst Ansprüche innerhalb dieser Beziehung zu begründen.192

187 Vgl. BGHZ 79, 337, 345; 77, 172, 176 f.; 111, 314, 317 f.; 115, 213, 218 f.; 145, 121, 125 f. 188 Vgl. BGH, WM 1984, 19, 20; BGHZ 158, 110, 115; BGH, WM 2006, 423 Tz. 15. 189 Etwa durch die Einbeziehung von Initiatoren, Gründern und Gestaltern der Gesellschaft, soweit sie das Management bilden oder beherrschen, sowie von hinter der Gesellschaft stehenden Personen, die neben der Geschäftsleitung besonderen Einfluss auf sie ausüben, BGHZ 71, 284, 287; 72, 382, 387; 79, 337, 340 ff.; 145, 121, 125 f.; 158, 110, 115. 190 In abgeschwächter Form gilt dies auch für den Aktienhandel außerhalb geregelter Aktienmärkte, vgl. BGHZ 123, 106, 109 f. 191 Dem entspricht es, die (bürgerlichrechtliche) Prospekthaftung jedenfalls nicht als deliktische Haftung zu verstehen; für ein gesetzliches Schuldverhältnis auch BGHZ 79, 337, 340. Zu dieser hier nicht zu vertiefenden Streitfrage Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2007, § 6 Rdn. 25 ff.; Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze, §§ 44, 45 BörsG (a. F.) Rdn. 34 ff. jeweils m.w. Nachw.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

cc) Risikozuweisung außerhalb der Rechtsbeziehungen Eine nach dem Ausgeführten möglich bleibende individualschützerische Zuweisung des Fehlinformationsrisikos hinsichtlich fehlerhafter Wirtschaftsprüfertätigkeit außerhalb der Rechtsbeziehungen ist nicht von vornherein ausgeschlossen; hier eröffnet sich auch der Raum für Sonderdeliktstatbestände. Aus individualschützerischer Sicht sind dafür jedoch auch unter den Gegebenheiten des kapitalmarktrechtlichen Sachbereichs Gerechtigkeitsgründe von besonderem Gewicht zu fordern, denn als Ansatzpunkt und Rahmen einer regulären, von insbesondere kapitalmarktspezifischen Zweckmäßigkeitsüberlegungen bestimmten und insofern planmäßigen Risikozuweisung ist die (insoweit nicht bestehende) Rechtsbeziehung identifiziert worden. Zu einer entsprechenden Zurückhaltung des Gesetzgebers beim Gebrauch seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit drängt bereits die einheitlich mit Blick auf verschiedene allgemeine Rechtsinstitute und Haftungsgründe gewonnene Erkenntnis, dass die Haftung des Wirtschaftsprüfers im Allgemeinen auf eine Nahbereichs- und Vorsatzhaftung begrenzt ist.193 (1) Anlehnung an § 826 BGB als Ansatzpunkt Der eindeutigste Fall eines in diesem Sinne überragenden Gerechtigkeitsgrundes ist die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung gemäß § 826 BGB. So wird verständlich, warum zur Begründung einer Kapitalmarktinformationshaftung für grobe Fahrlässigkeit, wie sie bruchstückhaft bereits in §§ 37b, 37c WpHG umgesetzt ist, die These vertreten wird, es handele sich dabei letztlich um eine ,kapitalmarktrechtliche Version des § 826 BGB‘.194 Eine so verstandene kapitalmarktrechtliche Haftungsnorm kann verschiedene Anliegen verfolgen. Sie kann eine sich in der Sache bereits aus § 826 BGB ergebende Schadensersatzhaftung konkretisieren und dadurch verdeutlichen oder die Haftung nach Tatbestand und Rechtsfolge erweitern und kapitalbezogenen Besonderheiten anpassen. Eine kapitalmarktbezogene Konkretisierung ohne eine Erweiterung gegenüber dem Umfang des § 826 BGB ließe sich treffend als eine ,kapitalmarktrechtliche Version‘ dieses Haftungstatbestandes bezeichnen. Sie wäre als eine Risikozuweisung außerhalb der Rechtsbeziehungen ohne weiteres gerechtfertigt. Doch be192 Zum Nichteingreifen der kaufrechtlichen Haftung insoweit siehe nur Bamberger/ Roth/Faust, BGB, § 453 Rdn. 7, 20 ff.; Soergel/U. Huber, BGB, § 437 Rdn. 32, 35. Kaum überzeugend (denn auch vorsichtig-selbstkritisch) anders Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 108. 193 Vgl. oben im zweiten Kapitel in § 5 VI., S. 123 f. Aus rechtsökonomischer Sicht in diese Zurückhaltung einstimmend Ott, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 171, 182, 189 ff. 194 Fleischer, ZGR 2004, 437, 466; dahingehend bereits Spindler, DStR 2002, 1576, 1580.

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steht im Bereich einer so groben, namentlich vorsätzlich-schädigenden Überschreitung rechtlicher Grenzen kaum Anlass für derartige bloße Verdeutlichungen der Rechtslage, wenn die Voraussetzungen des § 826 BGB, wie sie die Rechtsprechung zugrunde legt, insbesondere hinsichtlich der Kausalität und des Verschuldens unverändert blieben. Ein engerer Haftungstatbestand als der des § 826 BGB käme von vornherein nicht in Betracht, denn eine derartige Spezialregelung stünde im Widerspruch zu der sogenannten Überwindungsfunktion des § 826 BGB, wonach eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung durch an sich bestehende, in diesem Fall aber als bloß formal erscheinende Rechtspositionen nicht gerechtfertigt wird.195 Eine Anpassung mit besonderer praktischer Relevanz wäre es nach der bisherigen Rechtsprechung zur Informationsdeliktshaftung in Kapitalmarktsachverhalten, wenn auf das Erfordernis verzichtet wird, dass die konkrete fehlerhafte Information die individuelle Anlageentscheidung veranlasst hat,196 und wenn somit das abstrakte Vertrauen auf die Marktpreisintegrität ausreicht. Für diesen Fall wäre eine auf den Differenzschaden, um den das Finanzinstrument prüfungsfehlerbedingt zu teuer erworben oder zu billig veräußert wurde, beschränkte Haftung folgerichtig.197 Darin läge ungeachtet der Aufrechterhaltung des Vorsatzerfordernisses eine nicht unerhebliche Haftungsausweitung, weil prinzipiell jede Transaktion in Bezug auf das betroffene Finanzinstrumente innerhalb des fehlinformationsbetroffenen Zeitraums anspruchsbegründend wirkte.198 Ob sich eine solche Ausweitung noch als kapitalmarktrechtliche Version oder Entsprechung des § 826 BGB ansehen ließe, kann allerdings bezweifelt werden, weil die Erforderlichkeit des konkreten Vertrauens nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade aus dem Kernmerkmal der Sittenwidrigkeit abzuleiten ist.199 Erst und gerade gegenüber demjenigen, der sich unmittelbar auf eine konkrete Fehlinformation verlässt, ist die vorsätzlich fehlerhafte Information als sittenwidrig anzusehen. Unabhängig davon, dass gegen diese Einschränkung von Teilen der Literatur Widerspruch erhoben wird,200 erscheint sie in Kapitalmarktsachverhalten jedoch rechtspolitisch als verzichtbar, ohne dass dadurch die Anlehnung an 195 Staudinger/Oechsler, BGB, § 826 Rdn. 13; Deutsch, in: Festschr. f. Jahr, 1993, S. 251, 264. 196 Vgl. oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 2. b), S. 118 ff. 197 KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 90; auch Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 75; Hopt/Voigt, in: dies., Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 130; Maier-Reimer/Paschos, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Hdb. Kapitalmarktinformation, 2008, § 29 Rdn. 128 je m.w. Nachw. 198 Zum Kausalitätsaspekt auch Ott, in: Festschr. f. H.-B. Schäfer, 2008, S. 171, 184 ff. 199 KMRK/Zimmer/Grotheer, §§ 37b, 37c WpHG Rdn. 117. Vgl. BGH, WM 2007, 1557, 1560 i.V. m. BGH, NJW 1979, 1599, 1600. 200 Etwa Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37 b, 37 c Rdn. 121; KölnKommWpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, 37c Rdn. 415 m.w. Nachw.

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§ 826 BGB aufgegeben wird. Zum einen bedingt es die Informationseffizienz des Kapitalmarktes, dass die konkrete Kenntnisnahme von einzelnen Elementen der Unternehmenspublizität für den Anleger oftmals verzichtbar ist, so dass die Abhängigkeit davon unter allein kapitalmarktbezogenem Blickwinkel willkürlich erscheinen kann. Zum anderen ist bereits das vorsätzliche Handeln, also in diesem Fall die zumindest bedingt vorsätzliche Kursbeeinflussung, von erheblichem Gewicht: Es besteht kein dringender Anlass, den Wirtschaftsprüfer vor den sehenden Auges herbeigeführten Haftungsfolgen zu bewahren. (2) Gleichbehandlung grober Fahrlässigkeit mit Vorsatz außerhalb der Rechtsbeziehungen Soweit bisher Vorschläge zur Gesetzgebung im Bereich der Kapitalmarktinformationshaftung gemacht worden sind, gehen sie allerdings weit überwiegend einen wesentlichen Schritt weiter, indem sie zusätzlich das Verschuldenserfordernis auf grobe Fahrlässigkeit absenken wollen.201 Darin liegt eine praktisch wirksame Ausweitung der Haftung, da die Rechtsprechung das Vorsatzerfordernis im Rahmen des § 826 BGB – anders als ihr gelegentlich vorgehalten wird – aufrechterhält.202 Die Anspruchsvoraussetzungen ließen sich dann allein anhand objektiver Kriterien bejahen, etwa wegen eines besonders deutlich hervortretenden Prüfungsfehlers, ohne dass dem Wirtschaftsprüfer die schon mit bedingtem Schädigungsvorsatz einhergehende Pflichtvergessenheit vorgeworfen werden müsste. Der Rechtsprechung wird dadurch im Einzelfall auch deswegen zusätzlicher Raum gegeben, weil die Grenzziehung zur leichten Fahrlässigkeit recht unsicher ist. Ob sich eine derartige Risikozuweisung außerhalb der Rechtsbeziehungen noch auf den Grundgedanken des § 826 BGB stützen und daraus ableiten lässt, hängt vor allem davon ab, eine wie weitreichende und grundlegende Bedeutung 201 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn. 186; Fleischer, Gutachten Juristentag, 2002, S. 104; Dühn, Schadensersatzhaftung, 2003, S. 279; Sauer, Falschinformation des Sekundärmarktes, 2004, S. 322; Zimmer, WM 2004, 9, 17; Hopt/Voigt, in: dies., Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 9, 127 f.; H.-B. Schäfer, in: Hopt/Voigt, Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005, S. 161, 174 f.; Kremer, Verantwortlichkeit des Wirtschaftsprüfers, 2007, S. 303; tendenziell weitergehend Köndgen, in: Festschr. f. Druey, 2002, S. 791, 807 ff.; auch Nann, Wirtschaftsprüferhaftung, 1985, S. 201. Gegen eine Einbeziehung von grober oder leichter Fahrlässigkeit Thümmel, DB 2001, 2331, 2333. Schon de lege lata im Rahmen einer ausgeweiteten Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB für eine grundsätzliche Haftung bei grober Fahrlässigkeit Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 124; Hellgardt, Kapitalmarktdeliktsrecht, 2008, S. 460 ff.; vgl. dazu oben Fn. 119. Für die Einbeziehung leichter Fahrlässigkeit jedenfalls in die Primärmarkthaftung Köndgen, in: Fleischer/Zimmer, Effizienz als Regelungsziel, 2008, S. 100, 131 ff. 202 Dazu bereits oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 2. b), S. 118 ff.

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der tatbestandsmäßigen Beschränkung auf vorsätzlich-schädigendes Handeln zukommt. Zur Auslegung des § 826 BGB hat bereits Fleischer angesichts der engen Fassung der Vorschrift durch den Gesetzgeber Zweifel geäußert, ob grobe Fahrlässigkeit aufgrund einer „Aufweichung“ des Vorsatzerfordernisses mit dem Vorsatz gleichbehandelt werden kann.203 Für eine Gleichbehandlung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit jedenfalls in begrenzten Rechtsbereichen scheint zu sprechen, dass sich außerhalb des § 826 BGB nicht wenige dahingehende Beispiele nennen lassen. So treten rechtlich vorgegebene Haftungserleichterungen etwa bei Verträgen über unentgeltliche Leistungen gemäß §§ 521, 599 BGB oder bei der Arbeitnehmerhaftung204 bereits bei grober Fahrlässigkeit ebenso wie bei Vorsatz zurück,205 zudem hindert vielfach schon grob fahrlässige Unkenntnis den guten Glauben als Voraussetzung des Erwerbs vom Nichtberechtigten, so nach §§ 932 Abs. 2, 990 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 366 HGB.206 Gerade im kapitalmarktrechtlichen Zusammenhang sind außerdem die spezialgesetzliche Prospekthaftung, hier § 45 Abs. 1 BörsG, und die sich daran anlehnenden Normen wie § 13 VerkProspG und § 12 Abs. 2 WpÜG sowie die §§ 37b, 37c WpHG anzuführen, die ebenfalls die grobe Fahrlässigkeit neben den Vorsatz stellen. Doch einer näheren Betrachtung hält diese Hypothese, dass grobe Fahrlässigkeit in Bezug auf die Fehlinformation ein im Wege der Abstraktion zu gewinnendes, dem Vorsatz vergleichbares Kriterium für die Zuweisung des Fehlinformationsrisikos außerhalb der Rechtsbeziehungen an den Wirtschaftsprüfer sei, nicht stand. In der Rechtsentwicklung finden sich zwar parallel zu der Entwicklung dieser Aufgliederung der Zurechnungsgründe Belege für die Gleichsetzung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Doch war es – über die besondere Frage der Fassung des § 826 BGB hinaus – bereits vor der Schaffung des BGB der Standpunkt der Praxis und Teilen der Lehre, dass diese Gleichsetzung für die Haftung innerhalb eines Rechtsverhältnisses spezifisch und außerhalb von Rechtsverhältnissen abzulehnen sei.207 Dieser Standpunkt wurde in die Kodifizierung des bürgerlichen Rechts übernommen. Die angeführten Einzelbeispiele aus dem BGB belegen gerade dies, denn sie beziehen sich auf die Rechtsfolgen innerhalb von 203

ZIP 2005, 1805, 1806; allgemeiner ders., Informationsasymmetrie, 2001, S. 433. So BAG (GS), NZA 1994, 1083, 1084 m.w. Nachw. aus der Rspr. 205 Dies hebt auch BGHZ 88, 157, 164 f. aus Anlass der Auslegung von Art. 29 Abs. 1 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) hervor, der ein Verschulden, das „dem Vorsatz gleichsteht“, voraussetzt. 206 Umfassender die Zusammenstellung bei MünchKomm-BGB/Grundmann, § 276 Rdn. 83 ff.; kürzer auch Palandt/Grüneberg, BGB, § 277 Rdn. 4; Bamberger/Roth/Unberath, BGB, § 277 Rdn. 7. 207 RGZ 21, 162, 165 f. (Urt. v. 11.5.1888) mit redaktionellen Nachweisen; ebenso Jhering, JbDogm 4 (1861), 1, 12. A.A. außerhalb von Schuldverhältnissen Windscheid, Pandektenrecht, 1906, 2. Bd., § 470, S. 1052; ebd., 1. Bd., § 101, S. 524 Fn. 10b je mit umfangreichen Nachweisen. 204

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Rechtsverhältnissen.208 Speziell mit Blick auf die systematische Einordnung der bereits bestehenden Emittentenhaftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz bestätigt dies übrigens im Rückschluss, dass sie systemgerecht nicht als deliktische, sondern als (Vertrauens-)Haftung innerhalb eines gesetzlichen Schuldverhältnisses angesehen werden sollte.209 Die prinzipielle Ablehnung einer Informationshaftung für grobe Fahrlässigkeit außerhalb des Schuldverhältnisses hat speziell in der Nichtaufnahme der mensorischen Dritthaftung in das BGB Ausdruck gefunden, die sich in § 675 Abs. 2 BGB manifestiert und die bereits als maßgebender Grund für die Unverträglichkeit einer eigentlichen Berufshaftung mit der lex lata dargelegt worden ist.210 (3) Abgleich mit der Schutzgesetzhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB Bestätigt wird dieser Befund durch die Erscheinungsformen der deliktischen Schutzgesetzhaftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB. Von Bedeutung ist der Abgleich mit dieser Vorschrift besonders deswegen, weil sie gewissermaßen den Prototyp einer Haftung außerhalb von Rechtsbeziehungen für Vermögensschäden wegen bloßer Verletzung gesetzlicher Pflichten bildet. Für sich genommen stellt die Vorschrift des § 823 Abs. 2 Satz 2 BGB nur sicher, dass für eine haftungsbegründende Schutzgesetzverletzung zumindest leichte Fahrlässigkeit gefordert wird, auch wenn die verletzte Norm dies nicht voraussetzt. Geht man über die allein am Gesetzeswortlaut ansetzende abstrakte Betrachtung hinaus, so zeigt sich allerdings, dass die Strafbarkeit einer Verletzung der Norm als ein wesentliches Kriterium oder ,Indiz‘ für die Beurteilung des Schutzgesetzcharakters herangezogen wird.211 Dies wird zum einen durch die von der Rechtsprechung zugrunde gelegte Subsidiarität der Schutzgesetz208 So letztlich auch MünchKomm-BGB/Grundmann, § 276 Rdn. 83: „im Vertragsrecht“ verlaufe die wichtigste Grenzlinie zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit. Der darüber hinausgehende These von Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S. 16 ff., dem Gesetz liege hinsichtlich der Haftung für Informationen generell ein „Vorsatzdogma“ zugrunde, braucht hier nicht weiter nachgegangen zu werden; krit. dazu etwa Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 431 ff.; Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 100. 209 Dazu bereits oben Fn. 177. 210 Siehe oben unter § 13 I. 1. a), b), S. 210 ff. Im Zusammenhang mit der mensorischen Haftung findet sich in den Quellen besonders deutlich die Aussage zur Gleichsetzung von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit: „lata culpa plane dolo comparabitur“, D. 11.6.1.1 (Ulpian, 24 ad ed.). Vgl. auch die Bezugnahme von Fleischer, ZIP 2005, 1805, 1806; ders., Informationsasymmetrie, 2001, S. 433, 583, 782 auf ein entsprechendes Rechtssprichwort. 211 BGHZ 42, 313, 317 f.; 84, 312, 314 ff.; Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 58 ff.; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G17; Bamberger/Roth/Spindler, BGB, § 823 Rdn. 157. Krit. dazu, aber im Ergebnis wenig abweichend oder nicht überzeugend Teile der Lit., etwa MünchKomm-BGB/Wagner, § 823 Rdn. 330; Soergel/ Spickhoff, BGB, § 823 Rdn. 199; Erman/Schiemann, BGB, § 823 Rdn. 158.

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funktion verdeutlicht, wonach der Einordnung als Schutzgesetz grundsätzlich entgegensteht, dass die Belange des Geschädigten anderweitig abgesichert sind, etwa durch eine Bußgeldbewehrung. Das soll jedoch nicht gelten, wenn die Normverletzung strafbar ist.212 Die Bedeutung der Strafnormeigenschaft für die Einordnung als Schutzgesetz führt nun aber dazu, dass in erster Linie vorsätzliches Handeln die Schutzgesetzhaftung begründet. Fahrlässige Normverstöße sind nur in vergleichsweise wenigen Fällen mit Strafe bedroht, weil gerade die Vorsätzlichkeit in besonderem Maße zur sozialethischen Verwerflichkeit und damit zur Strafwürdigkeit eines Fehlverhaltens beiträgt. Dieses Verhältnis zwischen dem Vorsatzdelikt als strafrechtlichem Regelfall und der besonderen Fahrlässigkeitsstrafbarkeit hat im Strafrecht in § 15 StGB Ausdruck gefunden. Weiter gemindert wird die selbständige Bedeutung fahrlässiger Verstöße gegen gesetzliche Verhaltensanforderungen dadurch, dass die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit vielfach nicht den bloßen Vermögensschutz abdeckt, sondern die eingetretene oder drohende Verletzung von Rechtsgütern und absoluten subjektiven Rechten, die entweder bereits nach § 823 Abs. 1 BGB zur Haftung führt oder die zumindest in deren Vorfeld liegt.213 Zu dem gleichen Ergebnis führt es, wenn die Vorschriften der §§ 823 Abs. 1, 826 BGB als Paradigma des Deliktsrechts verstanden werden, das als solches auch auf die Auslegung des § 823 Abs. 2 BGB ausstrahlt.214 Eine Haftung für reine Vermögensschäden außerhalb der Rechtsbeziehungen aus § 823 Abs. 2 BGB schon bei bloß fahrlässigen Gesetzesverstößen bleibt somit bei typisierender Betrachtung eine Ausnahme.215 Für die Wirtschaftsprüferhaftung wird dies dadurch bestätigt, dass gegenüber Dritten eine Schutzgesetzhaftung nur wegen vorsätzlicher Verletzung der Berichtspflicht nach § 332 Abs. 1 HGB gegeben ist.216 Die Parallele zur Schutzgesetzhaftung lässt sich nicht in dieser Weise ziehen, soweit in Hinsicht auf § 823 Abs. 2 BGB eine grundsätzliche abweichende Konzeption vertreten wird. Dabei handelt es sich um Auffassungen, die den §§ 823 Abs. 1, 826 BGB keinen paradigmatischen Gehalt zuerkennen, sondern in Verhaltenspflichten nach dem Vorbild der Verkehrssicherungspflichten mögliche Schutzgesetze sehen.217 In kapitalmarktrechtlicher Hinsicht entspricht diesen Auffassungen der Ansatz, den Assmann für die Prospekthaftung ausgeführt hat: 212

BGHZ 116, 7, 14; Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G6. Insofern wird der Anknüpfung an die Schutznorm durch § 823 Abs. 2 BGB eine Verdeutlichungs- und Präzisierungsfunktion zugesprochen bzw. eine Ergänzungs- und Erweiterungsfunktion in das Vorfeld der Rechts(guts)verletzungen, etwa durch die Anknüpfung an Gefährdungsdelikte, Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G 1 f.; Soergel/ Spickhoff, BGB, § 823 Rdn. 181 f. 214 BGHZ 175, 276, Tz. 20; in diesem Sinne insbes. bereits Canaris, in: Festschr. f. Larenz, 1983, S. 27, 58 ff.; zust. Staudinger/Hager, BGB, § 823 Rdn. G17; Bamberger/ Roth/Spindler, BGB, § 823 Rdn. 158. 215 In der Analyse wie hier Soergel/Spickhoff, BGB, § 823 Rdn. 199. 216 Siehe oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 1. b), S. 114 f. 213

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Er versteht die Prospekthaftung als eine deliktische, nämlich von kapitalmarktbezogenen Verkehrspflichten getragene Haftung.218 Ausdrücklich sieht er einen Vorteil seines Verständnisses darin, dass die Haftung auf diese Weise von „Kontraktbeziehungen“ unabhängig werde; Bezugspunkt der Haftung sind für ihn „Verhaltenspflichten in Marktsystemen“.219 Soweit ein solcher Ansatz dazu herangezogen wird, gesetzliche Haftungspflichten dogmatisch einzuordnen oder ihre rechtspolitische Fortentwicklung zu befördern, kann ihm nicht der Einwand entgegengehalten werden, die Behandlung von richterrechtlich entwickelten Verkehrspflichten als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sei mit der lex lata unvereinbar.220 Allerdings verliert der Ansatz mit der Schwierigkeit der Anknüpfung der spezialgesetzlichen, deliktisch verstandenen ,Verkehrspflichten zum Schutz des Vermögens‘ an die deliktsrechtliche Konzeption des allgemeinen bürgerlichen Rechts erheblich an Folgerichtigkeit. Darüber hinaus führt dieses Verständnis in Hinsicht auf die kapitalmarktrechtliche Haftung wieder zurück auf eine monistisch funktionenschutzbezogene Zielsetzung der Haftung, bei der nicht mehr die Frage gestellt wird, warum (gerade) der als ersatzpflichtig ins Auge Gefasste (gerade) dem angedachten Ersatzberechtigten haften soll. Insofern sind die Gründe, die zur Ablehnung dieser monistischen Sichtweise geführt haben,221 auch maßgeblich für die Ablehnung des hier angeführten erweiterten Schutzgesetzverständnisses. Insgesamt bleibt es also bei dem Ergebnis, dass auch im Hinblick auf § 823 Abs. 2 BGB und damit auf das allgemeine Deliktsrecht als das Recht der Schadensersatzhaftung außerhalb von Rechtsbeziehungen insgesamt eine Haftung für Vermögensschäden aus (grob) fahrlässig falscher Information atypisch ist. Für die Abnahme des Fehlinformationsrisikos in diesem Umfang durch den Wirtschaftsprüfer gegenüber dem Anleger lassen sich also insbesondere aus rechtssystematischer Sicht keine besonderen Gerechtigkeitsgründe ausmachen. c) Zusammenfassendes Ergebnis Für die eigenständige Begründung des Individualschutzziels als Grundlage einer kapitalmarktrechtlichen Haftung des Wirtschaftsprüfers gegenüber Anlegern haben sich vage Kriterien wie ,Fairness‘ ebenso wie der zu unspezifische Schutz der ungestörten Willensbildung als nicht geeignet erwiesen. Analytisch führt die 217 So etwa Bar, Verkehrspflichten, 1980, S. 204 ff. Vgl. bereits m.w. Nachw. oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 1. c) bei und in Fn. 172, S. 115. 218 Assmann, Prospekthaftung, 1985, S. 252 ff., 273 ff. 219 Assmann, in: ders./Schütze, Kapitalanlagerecht, 2007, § 6 Rdn. 39 f. Tendenziell auch Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 123 ff., vgl. oben Fn. 119. 220 Dazu bereits oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 1. c), S. 115 f. 221 Siehe oben unter 1. e), S. 230 ff.

§ 14 Funktionen- und Individualschutz als Zielvorgaben

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Abgrenzung von Einzelrisiken weiter, die jeweils bestimmten Marktakteuren zugewiesen werden können. Zu diesen Risiken zählt das Fehlinformationsrisiko in Hinsicht auf die Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers an der kapitalmarktbezogenen Publizität. Damit wird ein Risiko erfasst, das sich gerade aus der Inanspruchnahme des Kapitalmarktes ergibt und dadurch in den Regelungsbereich des Kapitalmarktrechts fällt. Allerdings impliziert diese Analyse noch keine bestimmte Zuweisung dieses Risikos im Verhältnis zwischen dem Wirtschaftsprüfer und dem Anleger; es handelt sich hierbei prima facie um einen Grenzfall. Der angemessene Ort für eine planvolle Risikozuweisung sind Rechtsbeziehungen, in denen einzelne gegenseitige Rechte und Pflichten einen Rahmen finden, aufeinander abgestimmt und ausgeglichen werden können. Eine solche Rechtsbeziehung besteht als Inhalt des Finanzinstruments zwischen dem Anleger und dem Emittenten. Wird von der spezifischen Ausgestaltung durch das sie in ihrem hauptsächlichen Inhalt bestimmende Recht oder Rechtsgeschäft abstrahiert, so zeigt sich, dass diese Rechtsbeziehung auch durch die Kapitalmarktinanspruchnahme geprägt ist; insofern handelt es sich zugleich um eine kapitalmarktrechtliche Rechtsbeziehung. Allerdings besteht diese vorfindliche, von der Position des Anlegers ausgehende Rechtsbeziehung nur zu dem Emittenten, nicht auch zu dem Wirtschaftsprüfer. Insofern lässt sich keine Parallele zu der weitergehenden Einbeziehung des Wirtschaftsprüfers und anderer Beteiligter in die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung ziehen, die durch Besonderheiten der Verhältnisse des Primärmarktes bedingt ist. Für eine planvolle Zuweisung des Fehlinformationsrisikos, das sich bei dem Anleger im Rahmen der laufenden Publizität verwirklicht, an den Wirtschaftsprüfer innerhalb von Rechtsbeziehungen bietet dieser Befund also insgesamt keinen Anhalt. Es bleibt die Risikozuweisung außerhalb der Rechtsbeziehungen. Schon weil sie mit diesem Charakteristikum von vornherein punktueller und nicht vergleichbar planvoll angelegt ist, bietet sie weniger Raum für kapitalmarktspezifische Zweckmäßigkeitserwägungen. Dementsprechend hat die Vereinbarkeit mit den allgemeinen Grundsätzen der deliktischen Haftung für Vermögensschäden infolge von Fehlinformationen entscheidendes Gewicht. Eine Ausweitung der Rechtsfolgen vorsätzlich fehlerhafter Information seitens des Wirtschaftsprüfers über die recht restriktive Rechtsprechung im Punkt der (konkreten) Kausalität und damit des Schadensumfangs hinaus steht mit diesen Grundsätzen noch in Einklang, weil dadurch lediglich besondere Gegebenheiten des Kapitalmarkts nachvollzogen werden. Die praktisch vor allem relevante Ausdehnung der Haftung für primäre Vermögensschäden auf den Bereich der leichten oder groben Fahrlässigkeit geht dagegen über das Prinzip der §§ 823 Abs. 1, 826 BGB hinaus. Dieses Prinzip wird bei typisierender Betrachtung auch durch die Schutzgesetzhaftung des § 823 Abs. 2 BGB, verstanden als Prototyp eines Haftungstatbestandes (auch) für unvorsätzlich herbeigeführte reine Vermögensschäden, nicht aufgehoben.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Die angestellte Betrachtung mit dem Ziel, die Möglichkeit und die Modalitäten einer eigenständigen individualschützerischen Begründung der kapitalmarktrechtlichen Wirtschaftprüferhaftung gegenüber Anlegern im systematischen Zusammenhang auszuloten, führt somit zu dem Ergebnis, dass dafür nur in (verhältnismäßig engen) Grenzen Raum ist. Insbesondere für eine unmittelbare Haftung bereits wegen leichter oder grober Fahrlässigkeit besteht aus Sicht des Individualschutzes keine Rechtfertigung. Es bedarf keiner Erläuterung, dass sich der Gesetzgeber über derartige Bedenken hinwegsetzen kann. Allerdings nehmen die aufgezeigten Grenzen für sich in Anspruch, gerade aus der dualistischen Zielkonzeption des Kapitalmarktrechts, sofern sie als dualistisch ernst genommen wird, abgeleitet zu sein. Dem steht nicht entgegen, dass die Ausfüllung des Individualschutzziels für die Haftung außerhalb von Rechtsbeziehungen maßgeblich durch allgemeine systematische Grundsätze geprägt ist. Je stärker das Kapitalmarktrecht im Zuge seiner Entwicklung über ein Organisationsrecht und „Marktpolizeirecht“ 222 hinaus auch zu einem bereichspezifischen Privatrecht wird, desto mehr gewinnen die Kohärenz und das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung auch in diese Richtung an Gewicht.

§ 15 Die Funktionalisierung der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung vor dem Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts Lässt sich die Haftung des Wirtschaftsprüfers für fehlerhafte Kapitalmarktinformation nur in sehr begrenztem Umfang auf das Ziel des Individualschutzes stützen, so muss es für die rechtspolitische Entscheidung über ihre Einführung darauf ankommen, ob sie allein mit Blick auf gesamtwirtschaftliche, namentlich präventive, Wirkungen begründet werden kann. Aus der kapitalmarktrechtlichen Perspektive bietet das anerkannte Ziel des Funktionenschutzes dafür eine Grundlage, auch wenn eine klare Antwort der Ökonomie auf die Frage nach der Möglichkeit einer effizienten Ausgestaltung nicht erwartet werden kann.223 Dies gilt vor allem, wenn zu den Zielen des Kapitalmarktrechts ein Standpunkt eingenommen wird, der auf eine monistische Konzeption hinausläuft.224 Doch der alleinige, gewissermaßen verengte Blick auf die kapitalmarktrechtlichen Prämissen würde darüber hinweggehen, dass das als Instrument herangezogene Recht der Schadensersatzhaftung seinerseits mit diesem monistisch verstandenen Ziel vereinbar sein müsste. Die Eigengesetzlichkeit des ,Mittels‘ mit den 222 223 224

So die Bezeichnung von Weber, Kapitalmarktrecht, 1999, S. 37. Vgl. oben im vierten Kapitel, insbes. in § 12., S. 205 ff. Dazu bereits kritisch oben unter § 14 II. 1. e), S. 230 ff.

§ 15 Funktionalisierung vor Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts

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daraus folgenden Rückwirkungen auf mögliche Gründe und Ziele der Haftung ist also zu beachten. Im Zusammenhang mit dem Recht der Schadensersatzhaftung spiegelt sich die Frage nach den kapitalmarktrechtlichen Zielen in der Diskussion um den Präventivzweck von Haftungsnormen wider. Die angesprochene Eigengesetzlichkeit ist dabei vor allem dem geltenden Recht zu entnehmen. Sie ergibt sich aus dessen Prinzipien in der Weise, dass sich die Rechtsetzung im Haftungsrecht ungeachtet weiter gesteckter verfassungsrechtlicher Grenzen daran messen lassen muss, ob sie zur Fortbildung und Verbesserung des Rechts im Sinne innerer Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit des Systems beiträgt.225 Besonders gewichtig für diese Eigengesetzlichkeit sind Eigenschaften des Haftungsrechts, die nur um den Preis aufgegeben werden können, dass eine Regelung nicht mehr als ein Institut des Haftungsrechts anzusehen wäre. Es entspräche damit nicht mehr diesem privatrechtlichen Typus.

I. Bedeutung und Relevanz des Präventivzwecks im allgemeinen Haftungsrecht Wenn von Prävention als Kennzeichen des Haftungsrechts die Rede ist, dann wird damit noch kein eindeutiger und klarer Zusammenhang zwischen diesem Zweck und den betreffenden Schadensersatzansprüchen hergestellt. Die unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten zeigen sich in der Literatur insbesondere in allgemeineren Erörterungen und Festlegungen über die mehr oder weniger eigenständige und prägende Bedeutung präventiver und damit funktionaler Ziele, denen im Folgenden nachgegangen wird. 1. Prävention als Nebenwirkung oder Nebenzweck Die Einordnung der Prävention als Zweck unterscheidet sich zunächst von der bloßen Feststellung tatsächlicher präventiver Wirkungen.226 Diese stehen unverbunden neben einem eigentlichen Zweck oder Grund der Haftung, zu dem beziehungsweise dessentwegen ein Schaden ausgeglichen werden soll. Sie erlauben keine Rückschlüsse auf den Inhalt der jeweiligen Normen und können daher nicht zur Auslegung beitragen; als rein faktischer Befund sind sie auf der normativen Ebene nicht erheblich. Die ebenfalls vorzufindende Bezeichnung der Prävention im Haftungsrecht als Neben- oder Sekundärzweck oder als unselbständiger oder nachrangiger Zweck227 ist von der Einordnung als Nebenwirkung nicht leicht abzugrenzen. Sie lässt nicht deutlich erkennen, ob der ,Nebenzweck‘ zu-

225

Vgl. bereits oben die Eingangsbemerkung zum fünften Kapitel, S. 207 f. Larenz, Schuldrecht, Bd. I, 1987, § 27 I, S. 423 f.; Herm. Lange, Schadensersatz, 1990, III 2 b, S. 10; Schiemann, Fortbildung des Schadensrechts, 1981, S. 190; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht, Bd. I/2, 1993, § 30 II, S. 160 f. 226

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

mindest in Teilen oder Einzelfragen des Haftungsrechts erklärende oder die Auslegung fördernde Bedeutung haben soll.228 Soweit dies nicht aufgezeigt wird, scheint lediglich ein weiteres Begriffsverständnis des Normzwecks vorzuliegen, das vorhersehbare tatsächliche Auswirkungen einschließt und sich nicht auf Zwecke im Sinne von normativen, auf den Inhalt der Vorschrift zurückwirkenden Prinzipien beschränkt.229 Dann handelt es sich bei der Einordnung als Nebenzweck im Vergleich zu der als Nebenwirkung nur um eine terminologische Variation. Von einigen wird der Standpunkt eingenommen, die Prävention sei jedenfalls in bestimmten Bereichen des Haftungsrechts als maßgeblicher Zweck anerkannt.230 Weitergehende Schlüsse auf die Zweckrichtung und den funktionalen Einsatz des Haftungsrechts im Allgemeinen können daraus allerdings kaum gezogen werden. Zum Teil wird, etwa mit Blick auf das Schmerzensgeld, die Prävention mangels weitergehender Reflexion vorschnell in den Vordergrund gestellt, ohne anderweitige Erklärungen in den Blick zu nehmen und zu untersuchen.231 In anderen Fällen, in denen der Präventionsgedanke als maßgeblich anzuerkennen ist, können dafür Besonderheiten des verletzten Rechts oder typischer Fallsituationen, namentlich die besondere Verletzlichkeit und Schutzlosigkeit des immateriellen Rechts, angeführt werden, die gegen eine Verallgemeinerung dieses Verständnisses sprechen.232 Folgerungen aus Fällen immateriellen Schadensersatzes sind zudem von begrenzter Aussagekraft angesichts der typischen Unbestimmtheit des Schadens, die einen gewissen Spielraum für die Bestimmung des Schadensausgleichs mit sich bringt und Pauschalierungen oder Näherungsverfahren erfordern kann. Die genannten fragmentarischen Ansätze führen demnach in grundsätzlicher Hinsicht nicht weiter.

227 Hans Stoll, Haftungsfolgen, 1993, S. 151, 184 f., 209; zustimmend Canaris, in: Festschr. f. Deutsch, 1999, S. 85, 105; MünchKomm-BGB/Mertens, 3. Aufl., Vor §§ 823–853 Rdn. 41 ff.; Deutsch, JZ 1971, 244, 246. 228 So etwa bei Wagner, AcP 206 (2006), 352, 421, wenn er den EuGH im Sinne von „Verhaltenssteuerung durch vollen Schadensausgleich“ interpretiert; weitergehend ders., ebd. S. 469 ff. 229 Im Ergebnis ebenso Löwe, Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 135. 230 Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 409 ff.; C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 414 ff.; H. Koch, JZ 1999, 922, 924 ff.; Bachmann, in: ders. u. a., Steuerungsfunktionen des Haftungsrechts, 2007, S. 93, 98. 231 Siehe dazu näher unten unter III. 1. a), S. 263 ff. So auch zur dreifachen Schadensberechnung im gewerblichen Rechtsschutz und beim Urheberrecht P. Müller, Punitive Damages, 2000, S. 122 ff.; H. Koch, JZ 1999, 922, 927. Kritisch dazu auch C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 417 f. 232 Siehe dazu näher unten unter III. 1. b), S. 264 ff. So außer der ,Geldentschädigung‘ bei Persönlichkeitsrechtsverletzung auch die doppelte GEMA-Lizenzgebühr bei Verletzung musikalischer Urheberrechte, BGHZ 17, 376, 383; 59, 286, 291; C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 418 f.

§ 15 Funktionalisierung vor Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts

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2. Prävention als bestimmender Hauptzweck Die eigentlichen Befürworter des Präventivzwecks wollen diesen dagegen in der beschriebenen Weise dem Haftungsrecht normativ zugrunde legen.233 Er soll auf der Ebene der Haftungsbegründung die Entscheidung ermöglichen, ob ein Schaden einem Dritten anzulasten ist oder bei dem Geschädigten verbleiben soll.234 Großes Gewicht für die Handhabung des Präventivzwecks hat in diesem Zusammenhang die ökonomische Analyse des Rechts, mit der zugleich auch die gegenläufigen Kosten der Prävention berücksichtigt werden können.235 Auch auf der Rechtsfolgenebene, im eigentlichen Schadensersatzrecht, wird der Prävention zum Teil selbständige, prägende Bedeutung gegeben.236 Zur Begründung dieses Standpunktes wird zunächst angeführt, dass eine über den einzelnen Fall hinausgehende gesamtwirtschaftliche Betrachtung gerade für das Haftungsrecht geboten sei. Dafür wird zum einen auf neuere Erkenntnisse über derartige Auswirkungen und über das Haftungsrecht als Regelungsinstrument verwiesen, das aus dieser Sicht ein gegenüber dem öffentlichen Recht vorteilhaftes Steuerungsinstrument sein könne.237 Zum anderen werden Veränderungen in der Rechtswirklichkeit herangezogen, etwa die Verbreitung der Haftpflichtversicherung und die Einrichtung von Unfall- und Sozialversicherungssystemen, die zum Teil Aufgaben des Haftungsrechts übernähmen und die darüber hinaus als mögliche Alternativen zum traditionellen bürgerlichrechtlichen Haftungsrecht dessen Rechtfertigung in Frage stelle.238 Die Argumentation beruht auch darauf, dass eine strikte Trennung von Zweck und Wirkung nicht statthaft sei, sondern dass die Normzwecke in Übereinstimmung mit den ermittelten Wirkungen der Haftungsnormen zu bringen seien.239 Hinzu kommt, dass der Scha233 MünchKomm-BGB/Wagner, Vor §§ 823–853 Rdn. 41 (besonders deutlich); H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 126; Marton, AcP 162 (1963), 1, 42, 45; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 469 ff.; Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 644 ff.; Löwe, Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 122 ff., 133 (Präventivzweck präge die Feststellung des Schadens und die Kausalität). Ferner Brüggemeier, Prinzipien des Haftungsrechts, 1999, S. 3: Prävention als eine der „traditionellen Hauptfunktionen“. Früher bereits Mataja, Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, 1888, S. 19. 234 MünchKomm-BGB/Wagner, Vor §§ 823–853 Rdn. 41; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 469 f.; Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 645. 235 Beispielhaft H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 126; früh in diesem Sinne bereits der Nationalökonom Mataja, Recht des Schadensersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, 1888, S. 19. Vgl. auch die umfassende Bestandsaufnahme von Taupitz, AcP 196 (1996), 114 ff. m.w. Nachw. 236 Löwe, Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 122 ff., 133; Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 154; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 470: „Abgesang auf das Bereicherungsverbot“. 237 Etwa von H. Koch, JZ 1999, 922, 927; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 434 ff. Implizit auch Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 646 ff. 238 Vgl. MünchKomm-BGB/Wagner, Vor §§ 823–853 Rdn. 40 f. 239 Vgl. Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 153.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

densausgleich als taugliches alternatives Leitprinzip in Frage gestellt wird, da er die Schadenszuordnung nicht begründen könne.240 3. Fazit und weiteres Vorgehen Diese Einordnung des Präventivzwecks als bestimmender Hauptzweck des Haftungsrechts ist es, die mit der kapitalmarktrechtlichen Betrachtungsweise korrespondiert, wonach der Funktionenschutz in den Vordergrund gestellt wird und dem Individualschutz letztlich keine selbständige Bedeutung zukommt.241 Nur sie wirft die nunmehr näher zu untersuchende Frage auf, ob und wie sich eine Haftungsnorm mit dem Präventivzweck vereinbaren lässt. Das Verständnis der Prävention als einer Nebenwirkung ist dagegen unproblematisch, selbst wenn sie eines der gesetzgeberischen Motive zur Rechtsetzung gewesen sein mag. Entscheidend ist, dass eine solche Nebenwirkung weder allgemein noch im einzelnen Anwendungsfall für sich in Anspruch nimmt, der tragende, ihn gegenüber den Parteien sachlich rechtfertigende Grund für den Schadensersatzanspruch zu sein. Dafür kommt es auf eine davon unabhängige Begründung an.242

II. Gesetzgebung und traditionelle Sicht auf die Schadensersatzhaftung im bürgerlichen Recht Den natürlichen Ausgangspunkt für jede Untersuchung in die beschriebene Richtung bildet das bürgerlichrechtliche Haftungsrecht in der Gestalt, die es durch die Kodifizierung im BGB erlangt hat und die im wesentlich erhalten geblieben ist. 1. Das allgemeine Haftungsrecht in der Kodifizierung durch das BGB Bei der Kodifizierung des Haftungsrechts, die im Schadensrecht der §§ 249 ff. BGB, im Recht der unerlaubten Handlungen der §§ 823 ff. BGB und in den Regeln über die vertragliche Haftung Ausdruck gefunden hat, lagen mögliche gesamtwirtschaftliche Wirkungen und Folgen nicht im Blickfeld der Gesetzesverfasser. Der Gedanke, durch Schadensersatzpflichten zukünftiges Verhalten zu beeinflussen und dadurch Wirkung über das konkrete Rechtsverhältnis hinaus zu erzielen, hat demgemäß die gesetzliche Konzeption des Haftungsrechts nicht 240 Schiemann, Fortbildung des Schadensrechts, 1981, S. 185 f.; MünchKomm-BGB/ Wagner, Vor §§ 823–853 Rdn. 38 f.; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 453 f.; auch Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 644 f. 241 Dazu oben unter § 14 II. 1., insbes. e), S. 223 ff. 242 Vgl. dazu bereits oben unter § 14 II. 2., insbes. c), S. 232 ff.

§ 15 Funktionalisierung vor Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts

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beeinflusst.243 Ausdrücklich abgelehnt wurde es insbesondere, „moralisierende“ oder strafrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen.244 Letztlich wurden öffentliche Interessen nur unter diese Kategorien gefasst und dadurch aus dem bürgerlichrechtlichen Schadensersatzrecht herausgenommen. Der Schadensersatz wurde (nur) als Ausgleichung eines entstandenen Nachteils verstanden,245 also als Herstellung des Zustandes, der ohne den ersatzverpflichtenden Umstand bestehen würde.246 Vor allem in der Ausgestaltung des Haftungsrechts in rechtspolitisch umstrittenen Punkten wurde dieser Grundsatz konsequent umgesetzt. So wurde eine Abstufung der Rechtsfolgen nach Verschuldensgraden im Bereich der Fahrlässigkeit, aber auch gegenüber dem Vorsatz, abgelehnt.247 Außerdem wurde dem Schadensersatzrecht das Prinzip der Totalreparation zugrunde gelegt, so dass im Grundsatz nicht nur der vorhersehbare, sondern der gesamte adäquat-kausale Schaden zu ersetzen ist.248 Deutlich wird der Gedanke des Ausgleichs entstandener Nachteile auch am Vorrang der Naturalrestitution gegenüber dem Geldersatz:249 Anliegen des Schadensersatzes ist es demnach, den entstandenen Nachteil möglichst weitgehend ,ungeschehen zu machen‘. Auch der grundsätzliche Ausschluss des Geldersatzes für Nichtvermögensschäden nach § 253 BGB (nunmehr § 253 Abs. 1) entspricht diesem Gedanken eines realen Ausgleichs, da sich immaterielle Nachteile durch eine geldliche Vermögensmehrung kaum aufwiegen lassen und der Schaden nicht direkt in Geld bemessbar ist.250 Es bestehe daher, so die Gesetzesverfasser, insbesondere die Gefahr, dass ein etwaiger Geldersatz bei immateriellen Schäden ohne die Möglichkeit einer gesetzlichen Bindung des Richters nach sachfremden Gesichtspunkten bestimmt werden würde.251 Im Wesentlichen wich nur der Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 847 BGB a. F. (nunmehr § 253 Abs. 2) davon ab. Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift wird jedoch besonders betont, und es wird darauf hingewiesen, dass sie auch als Ausgleich für nur schwer feststellbare Vermögensnachteile verstanden werden 243 Die von Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 149 ff. angeführte parlamentarische Diskussion über die Wildschadenshaftung nach § 835 Abs. 1 BGB a. F. war eine durch Sonderinteressen geprägte Spezialfrage ohne Belang für die Konzeption des Haftungsrechts (vgl. Mugdan, Bd. II, S. 1353–1385). 244 Mot., S. 17 f. = Mugdan, Bd. II, S. 10; Mot., S. 22 = Mugdan, Bd. II, S. 12; Mot., S. 742 = Mugdan, Bd. II, S. 414. Dazu auch Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 409 f. 245 Prot., S. 593 f. = Mugdan, Bd. II, S. 513. 246 Mot., S. 17 f. = Mugdan, Bd. II, S. 10; Mot., S. 19 f. = Mugdan, Bd. II, S. 11. 247 Mot., S. 729 = Mugdan, Bd. II, S. 407; Mot., S. 772 = Mugdan, Bd. II, S. 431. 248 Vgl. auch Prot., S 2727 = Mugdan, Bd. II, S. 1077 f. 249 Vgl. Mot., S. 739 = Mugdan, Bd. II, S. 413; Prot., S. 593 f. = Mugdan, Bd. II, S. 513. 250 Vgl. Prot., S. 1244 f. = Mugdan, Bd. II, S. 516; Prot., S. 1247 f. = Mugdan, Bd. II, S. 517. 251 Mot., S. 22 = Mugdan, Bd. II, S. 12; Prot., S. 1247 f. = Mugdan, Bd. II, S. 517.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

könne252. Außerdem stand den Gesetzesverfassern die Lehre vor Augen, dass das Schmerzensgeld als Mittel zur Bewirkung einer „angenehmen Empfindung“ erlittene Schmerzen aufwiegen könne,253 wodurch es sich ebenfalls als Sonderfall des Ersatzes immaterieller Schäden darstellt. Das Verständnis des Schadensersatzanspruchs als Ausgleich entstandener Nachteile, als Restitution, hat auch Auswirkungen auf seinen Tatbestand. Es ist dann nicht primär oder ausschließlich an bestimmte gefährliche Handlungen anzuknüpfen, sondern es sind „Rechtskreise der Einzelnen, innerhalb deren sie ihre individuelle Freiheit entfalten und ihre Interessen verfolgen dürfen, von einander abzugrenzen“254. Dies geschieht zwar auch durch konkrete Ge- und Verbote, die Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, wobei vorwiegend an strafrechtliche Normen gedacht war,255 aber vor allem und typischerweise durch absolute subjektive Rechte, nämlich Vermögens- und Persönlichkeitsrechte.256 Das Verschuldensprinzip, an dem strikt festgehalten wurde, hat dann die Funktion, die objektiven Rechtskreisgrenzen in konkrete Verhaltensanforderungen zu transformieren. Indem es sich gerade auf die Rechtsverletzung bezieht, nicht auf die Haftungsfolgen, steht es einer Haftung wegen im Einzelfall nicht vorhersehbarer Rechtsverletzungen entgegen und sichert auf diese Weise die Handlungsfreiheit.257 2. Rechtspolitische Ansätze zur Neukonzeption Das Haftungsrecht unterlag in der Folgezeit in seiner Konzeption kaum wesentlichen gesetzgeberischen Eingriffen. Grundsätzliche Änderungen wurden lediglich auf rechtspolitischer Ebene vorgeschlagen. So behandelte die besonders auf ,Rechtserneuerung‘ erpichte Literatur der nationalsozialistischen Ära auch das Haftungsrecht eingehend. Auf die Überzeugung, dass der Gedanke der Volksgemeinschaft im Vordergrund zu stehen habe, wurden dabei die Schadensverhütung und die Sanktionierung von Fehlverhalten gestützt und als maßgeblich 252 Mot., S. 800 = Mugdan, Bd. II, S. 447. Bereits im gemeinen Recht war das Schmerzensgeld neben dem an sich ausschließlichen Ersatz des Vermögensinteresses von Praxis und Wissenschaft anerkannt, wenn auch nicht unbestritten. Vgl. Windscheid, Pandektenrecht, Bd. 2, 1906, § 455 Fn. 29 ff., S. 980 f. 253 Sog. Entschädigungstheorie im Gegensatz zu der Straftheorie, dafür RGZ 8, 117, 118 (Urt. v. 17.11.1882); auch Windscheid, a. a. O. (Vornote). Vgl. Mot., S. 802 = Mugdan, Bd. II, S. 448. Zum ganzen auch die Erläuterungen von Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 448 ff. 254 Prot., S. 2711 = Mugdan, Bd. II, S. 1073. 255 Prot., S. 2712 = Mugdan, Bd. II, S. 1073 f.; Denkschrift, S. 97 = Mugdan, Bd. II, S. 1267. 256 Prot., S. 2711 f. = Mugdan, Bd. II, S. 1073 f.; Denkschrift, S. 97 = Mugdan, Bd. II, S. 1267. 257 Prot., S. 2712 ff. = Mugdan, Bd. II, S. 1074.

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herausgestellt.258 Diese Betrachtungsweise unterscheidet sich zwar von dem Ziel der Förderung gesamtwirtschaftlicher Effizienz im modernen Sinne, schon wegen ihrer ideologischen Unterlegung und mangels eines weiterführenden Gesamtkonzepts. Sie steht jedoch in ihrer Orientierung an überindividuellen Zielen, gegenüber denen ein Schadensausgleich um des Verletzten willen in den Hintergrund tritt, ebenfalls deutlich im Gegensatz zu der Konzeption des BGB. Dabei verdeutlichen die Vorschläge zu Einzelpunkten den Zusammenhang zwischen der Zielkonzeption und der jeweiligen gesetzlichen Ausgestaltung des Haftungsrechts: So sollten der Vorrang der Naturalrestitution aufgegeben werden, eine Abstufung des Haftungsumfangs nach Verschuldensgraden stattfinden und gegebenenfalls auch die Vermögensverhältnisse der Beteiligten berücksichtigt werden können. Auch Strafzahlungsverpflichtungen über den Schaden hinaus wurden vorgeschlagen.259 Diese Vorschläge zeigen den Diskussionsstand in der Wissenschaft auf, haben jedoch auf das geltende Recht nicht unmittelbar eingewirkt. 3. Die Erweiterung der Schmerzensgeldberechtigung als Änderung des allgemeinen Schadensersatzrechts In der Folgezeit sind Vorschläge für eine neue Ausrichtung oder grundlegende Umgestaltung des allgemeinen Haftungsrechts, die Aussicht auf Umsetzung gehabt hätten, kaum zu verzeichnen.260 Erst das Zweite Schadensersatzrechtsänderungsgesetz von 2002 hat insbesondere durch die Erweiterung des Schmerzensgeldanspruchs in § 253 Abs. 2 BGB den Grundsatz berührt, dass für Nichtvermögensschäden kein Geldersatz gewährt wird. Die Motivation dieser Gesetzesänderung bestätigt, dass die Entschädigung auch in Gestalt des Schmerzensgeldes dem Schadensausgleich dient. Angeführt wird, dass dies von der neueren Rechtsprechung als zentral angesehen werde und dass auf dieser Grundlage der Schmerzensgeldanspruch über Fälle des eigenen Verschuldens hinaus 258 Heinr. Stoll, in: Jahrbuch AkDR, 1936, S. 140, 144 f., 152; Heinr. Lange, in: Nat.soz. Hdb., 1935, S. 933, 941, 944. Im Überblick auch Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 419 ff. 259 Heinr. Stoll, in: Jahrbuch AkDR, 1936, S. 140, 150; Heinr. Lange, in: Nat.-soz. Hdb., 1935, S. 933, 944; Wilburg, Elemente des Schadensrechts, 1941, S. 57; 283 ff.; Michaelis, Gliederung und Weiterbildung des Schadensrechts, 1943, S. 136 f. Diese Elemente bezeichnet denn auch P. Müller, Punitive Damages, 2000, S. 95 ff. als Wesensmerkmale der (präventiven) Privatstrafe. 260 1967 ist ein Referentenentwurf, der eine Reduktion des Schadensersatzes aus Billigkeitsgründen bei leichtem Verschulden ermöglichen sollte, vorgelegt worden, mit dem ein bereits 1940 gemachter Vorschlag aufgegriffen wurde. Vgl. Herm. Lange, Schadensersatz, 1990, Einleitung VI 1, S. 19 f.; Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 423 ff., 421. So bereits zuvor der Beschluss 1. a) des 43. Dt. Juristentages, Verhandlungen, Bd. II, 1960, S. C 117, 121. Nur theoretisch geblieben ist auch eine weitgehende „Haftungsersetzung durch Versicherungsschutz“, dazu m.w. Nachw. Herm. Lange, Schadensersatz, 1990, Einleitung VI 8, S. 24 ff.

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bei der Gefährdungshaftung gewährt werden könne.261 Der ursprünglich von den Gesetzesverfassern des BGB eingenommene Standpunkt der grundsätzlichen Unabhängigkeit der Schadensersatzrechtsfolge von dem jeweiligen Haftungsgrund ist dadurch erneut und in erweitertem Maße zur Geltung gekommen.262 Dagegen lässt sich ein Einfluss präventiver Gesichtspunkte auf die gesetzgeberische Entscheidung nicht nachweisen.263

III. ,Wandlungen‘ des Haftungsrechts Die Entwicklung des Haftungsrechts unabhängig von Einflüssen des deutschen Gesetzgebers, gelegentlich als ,Wandlungen‘ des Haftungsrechts apostrophiert, betrifft in verschiedener Weise auch die mit ihm verbundenen Funktionen. Dies lässt sich eher exemplarisch an konkreten Rechtsfragen nachvollziehen und belegen als durch allgemeine Erörterungen über Zwecke und Funktionen des Haftungsrechts, die durch den Grad ihrer Abstraktion allzu leicht an Aussagekraft einbüßen. Solche Beispiele mit Einfluss auf die Entwicklung des Haftungsrechts finden sich in der Rechtsprechung (sogleich unter 1.), aber auch im europäischen Recht (unter 2.), das keinen durchgängig systematisierenden Ansatz verfolgt. 1. Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung In der Rechtsprechung lässt sich die Bedeutung des Präventivziels und damit von Zwecken im allgemeinen Haftungsrecht, die über das konkrete Schuldverhältnis hinausgehen, gerade anhand des Schmerzensgeldes und der Entschädigung bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ermitteln.264

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Begr. RegE 2. SchRÄndG, BT-Drucks. 14/7752, S. 14 f. Wie ebd. S. 15 angeführt, hielt das RG bereits 1906 für zweifelhaft, ob die enge Fassung des § 847 BGB a. F. gerechtfertigt sei, RGZ 65, 17, 21. Sie ist in jedem Fall eine Besonderheit gewesen, die sich aus der Sonderstellung des Schmerzensgeldes in seiner historischen Entwicklung und als ausnahmsweiser Ersatz immaterieller Schäden ergeben hatte. 263 „Ökonomische Auswirkungen“ werden nur als „Mehrbelastungen“ angesprochen, die jedoch kein unerträgliches Ausmaß erreichen würden. Rückwirkungen auf das Verhalten möglicher Schädiger bleiben außer Betracht. Vgl. Begr. RegE 2. SchRÄndG, BT-Drucks. 14/7752, S. 15 f. Ferner Rechtsausschuss, Begr. Beschlussempfehlung 2. SchRÄndG, BT-Drucks. 14/8780, S. 21. 264 Dazu auch Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 122; H.-B. Schäfer/ Ott, Ökonomische Analyse, 2005, S. 128; C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 420 ff.; J. Koch, JZ 1999, 922, 925; Kern, AcP 191 (1991), 247, 252 ff.; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 380 ff. Ein weiterer (Spezial-)Bereich ist die Schadensberechnung im Immaterialgüterrecht, vgl. Dreier, Kompensation und Prävention, 2002, S. 274 ff.; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 373 ff. 262

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a) Funktionen des Schmerzensgeldes Für das Schmerzensgeld als eine Ausnahme von dem Grundsatz der Nichtersatzfähigkeit von immateriellen Schäden hatte vor allem die ,Genugtuungsfunktion‘ Bedeutung, die nach Auffassung des Großen Senats des Bundesgerichtshofs von 1955 neben der Ausgleichsfunktion stehen und den „Charakter der Buße“ haben sollte.265 Aus ihr ergebe sich das Gebot der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles bei der Bemessung des Schmerzensgeldes, also etwa des Verschuldensgrades und der Vermögensverhältnisse der Beteiligten sowie die Zuerkennung von Schmerzensgeld bei geminderter Empfindungsfähigkeit des Geschädigten.266 Wenngleich Sinn und Inhalt der Genugtuungsfunktion unterschiedlich beurteilt werden,267 wird verschiedentlich gerade der Präventivgedanke als eines ihrer Elemente angesehen.268 An der Bedeutung einer Genugtuungsfunktion für das Schmerzensgeld und damit auch an einer größeren Relevanz des Präventivgedankens im Vergleich zu dem Ersatz von Vermögensschäden bestehen jedoch erhebliche Zweifel. Sie haben auch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beeinflusst, die – mit weitgehend gleichbleibenden Ergebnissen in der Fallentscheidung – nunmehr einen weiter gefassten Begriff des Ausgleichs bei Körper- und Gesundheitsschäden zugrunde legt. Danach kann ein Geldausgleich schon wegen der „Einbuße der Persönlichkeit“ unabhängig von der Empfindungsfähigkeit gerechtfertigt sein.269 Angesichts des rechtlichen Ausgangspunkts, dass auch für immaterielle Einbußen eine Geldentschädigung gewährt werden soll, obwohl Einbuße und Ausgleich verschiedenartig sind, ist dies folgerichtig. Dabei kann die Beeinflussung des gestörten Wohlbefindens durch die Geldentschädigung im Einzelfall deren Bemessung mitbestimmen.270 Diesen Gesichtspunkt ausschließlich heranzuziehen würde dem immateriellen Wert der geschädigten Rechtsgüter aber nicht gerecht werden und den Schutzumfang auf das Lustempfinden verengen.271 Auch andere Kriterien wie etwa der Grad und Dauer der Persönlichkeitsbeeinträchti265

BGHZ (GS) 18, 149, 154 f. (Beschl. v. 6.7.1955); BGH, NJW 1976, 1147, 1148 f. BGHZ (GS) 18, 149, 157 ff.; BGH, NJW 1976, 1147, 1148 f. 267 Vgl. Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 458: „schillernder Begriff“; Kern, AcP 191 (1991), 247, 248 f. Auch BGH, NJW 1976, 1147, 1148. 268 C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 420 f.; Kern, AcP 191 (1991), 247, 249; Herm. Lange, Schadensersatz, 1990, § 7 IV 2, S. 438. 269 BGHZ 120, 1, 7; 138, 388, 393 f. Vgl. auch die dahingehenden Stellungnahmen in der Literatur: MünchKomm-BGB/Oetker, § 253 Rdn. 13; Canaris, in: Festschr. f. Deutsch, 1999, S. 85, 102 ff. m.w. Nachw. Auch bereits Hupfer, NJW 1976, 1792 f. (Anm. zu BGH, NJW 1976, 1147). Davon zu unterscheiden ist die ältere Kritik an der Genugtuungsfunktion, die ausgleichendes Schmerzensgeld bei mangelnder Empfindungsfähigkeit nicht zuerkennen wollte, etwa Niemeyer, NJW 1976, 1792 (Anm. zu BGH, NJW 1976, 1147) m.w. Nachw. 270 Vgl. oben Fn. 253. Allein darauf abstellend noch Gerlach, VersR 2002, 917, 921. 271 Deutlich MünchKomm-BGB/Stein, 3. Aufl., § 847 Rdn. 4. 266

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gung bilden einen ähnlich annähernden Maßstab der Geldentschädigung. Ein so verstandener Ausgleich schließt die Berücksichtigung von Umständen nicht aus, die zuvor der Genugtuungsfunktion zugerechnet wurden, wenn sie zugleich die Schwere der konkreten Persönlichkeitsbeeinträchtigung mitbeeinflussen, wie dies besonders bei vorsätzlichem Täterhandeln der Fall sein kann.272 Die Berücksichtigung solcher Umstände ist daher für sich genommen noch kein Hinweis auf präventive Bestimmungsfaktoren.273 Diese Rechtsprechung ist durch die Erweiterung des Schmerzensgeldanspruchs gemäß § 253 Abs. 2 BGB auf die vertragliche und allgemein die Gefährdungshaftung, wie oben angesprochen, bestätigt worden. Eine besondere oder über das allgemeine Schadensersatzrecht hinausgehende Präventivfunktion lässt sich mit Blick auf das Schmerzensgeld also letztlich nicht aufzeigen.274 b) Die Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Bei der sogenannten Geldentschädigung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts tritt das Präventionsziel dagegen deutlich hervor.275 Da § 253 (nunmehr:) Abs. 1 BGB den Schadensersatz in Geld bei Nichtvermögensschäden grundsätzlich ausschließt, griff die Rechtsprechung zur Begründung zunächst auf die analoge Anwendung des § 847 Abs. 1 BGB a. F. zurück und zog dadurch eine enge Parallele zum Schmerzensgeld.276 Davon rückte sie jedoch bald wieder ab und nahm stattdessen unmittelbar auf das verfassungsrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 GG Bezug, dessen schwerwiegende und anders nicht hinreichend sanktionierte Verletzung einen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB begründen soll.277 Dadurch entfiel der Anlass für die Ausrichtung der Geldentschädigung an dem Schmerzensgeld. Nunmehr kann sich die Rechtsprechung offen dazu bekennen, dass der Sanktionscharakter dieser ,Geldentschädigung‘ ganz im Vordergrund stehe, der außer durch Genugtuung vor allem durch die Notwendigkeit wirkungsvoller Prävention geprägt sei.278 272 BGHZ 128, 117, 120 f., 121 ff.: In diesem Sinne ist der vormalige Genugtuungsaspekt ein „zusätzliche[r] Bewertungsfaktor im Rahmen des Schadensausgleichs“. Dem Gedanken des Schadensausgleichs widerspricht dies entgegen C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 421 mit Fn. 101; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 382 f. nicht. 273 So aber Wagner, AcP 206 (2006), 352, 382 f. Dies widerspricht entgegen Wagner, ebd., C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 421 mit Fn. 101 nicht dem Gedanken des Schadensausgleichs. 274 So ausdrücklich auch MünchKomm-BGB/Oetker, § 253 Rdn. 14. 275 Etwa BGHZ 128, 1, 15 f. – Caroline v. Monaco. 276 BGHZ 26, 349, 356 – Herrenreiter. 277 BGHZ 35, 363, 367 f. – Ginseng; 128, 1, 15. Vgl. zuvor BVerfGE 34, 269, 282, 292 – Soraya. Auch MünchKomm-BGB/Rixecker, Anh. § 12 Rdn. 222.

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Diese klare Abgrenzung gegenüber dem Schmerzensgeld ist folgerichtig und insofern zu begrüßen. Zwar mag die ,Geldentschädigung‘ wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung je nach Einzelfall auch Elemente des immateriellen Schadensersatzes für erlittene Belästigungen enthalten, wofür keine anderen Grundsätze als die für das eigentliche Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB maßgeblichen gelten können.279 Die Sanktionskomponente gründet sich dagegen auf den Gedanken, dass ein wirksamer Rechtsschutz für das leicht verletzliche allgemeine Persönlichkeitsrecht sonst fehlen würde. Durch einen Akt außerordentlicher Rechtsfortbildung in einer Frage, bei welcher der Gesetzgeber untätig geblieben ist, hat die Rechtsprechung auf diese Weise ein neuartiges Rechtsinstitut geschaffen. Es wurde zunächst in enger Anlehnung an das bisherige Recht und gewissermaßen in dessen äußerer Einkleidung entwickelt und dann fortschreitend verselbständigt. Funktional entspricht diese ,Geldentschädigung‘ am ehesten dem Ordnungsgeld im Sinne des § 890 ZPO, durch das Unterlassungen zwangsvollstreckungsrechtlich erzwungen werden. Auf das an sich für diese Rechtsfolge wesentliche Element der Verletzung einer vollstreckbar titulierten Unterlassungspflicht wird ausnahmsweise verzichtet. Zu rechtfertigen ist dies nur im Interesse des effektiven Rechtsschutzes, obwohl dadurch der Inhalt der Unterlassungspflicht zunächst vergleichsweise unbestimmt bleibt. Als Gründe für die ungewöhnliche Vorverlagerung der Sanktionierung lassen sich die Schwierigkeit der nachträglichen Wiedergutmachung solcher Persönlichkeitsrechtsverletzungen und die geminderte Schutzwürdigkeit des regelmäßig zumindest in tatsächlicher Hinsicht vorsätzlich handelnden Verletzers benennen. Aufgrund der sie bestimmenden Sanktionskomponente kann die ,Geldentschädigung‘ durchaus als Fall der Privatstrafe angesehen werden,280 wenn nicht verkannt wird, dass dieser der volle ,Ernst der staatlichen Strafe‘ fehlt.281 Sie ist dadurch im Gegensatz zum Schmer-

278 BGHZ 128, 1, 15; BGH, NJW 1996, 984, 985. Billigend BVerfG, NJW 2000, 2187, 2187 f. Auch der Gesetzgeber erkennt diese Unterschiedlichkeit an und hat die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts richtigerweise nicht in die Neuregelung des Schmerzensgeldes durch das 2. SchRÄndG einbezogen, BT-Drucks. 14/7752, S. 24 f., 55. A.A. Katzenmeier, JZ 2002, 1029, 1033. 279 Vgl. dazu die Kriterien bei Steffen, NJW 1997, 10, 11 ff., allerdings ohne klare Unterscheidung zwischen der Ausgleichs- und Sanktionskomponente. 280 Großfeld, Privatstrafe, 1961, S. 125 et passim; Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 522. Dagegen – aus den genannten Gründen nicht überzeugend – MünchKommBGB/Rixecker, Anh. § 12 Rdn. 222, 225. Gegen „Bestrafung und Abschreckung“ im Zivilrecht wendet sich BGHZ 118, 312, 344 in Bezug auf punitive damages; dazu kritisch Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 528; P. Müller, Punitive Damages, 2000, S. 371 f. je m.w. Nachw. 281 Zu diesen Worten BVerfGE 9, 167, 171. Auf einer Gleichsetzung beruht die Ablehnung des Begriffs der Privatstrafe bei Steffen, NJW 1997, 10, 11. Als „strafähnlich“ wird auch das Ordnungsgeld nach § 890 ZPO bezeichnet, BVerfGE 20, 323, 332; 58, 159, 162 f.; 84, 82, 87, ferner Zöller/Stöber, ZPO, § 890 Rdn. 5; Rosenberg/Gaul/

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zensgeld282 ein Instrument der Repression und auch der Prävention.283 Konsequenterweise unterscheidet sich die Art und Weise der Bemessung der ,Geldentschädigung‘ durch die Rechtsprechung grundsätzlich von der Ermittlung eines auszugleichenden Schadens, sie entspricht nicht zufällig eher den für § 890 ZPO geltenden Bemessungsgrundsätzen. Nur die im Vergleich zum Schmerzensgeld unterschiedliche Funktion des Rechtsinstituts vermag es zu rechtfertigen, dass die ,Geldentschädigung‘ etwa bei Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Presse andere Größenordnungen erreichen kann als beispielsweise das Schmerzensgeld bei einfachen Körperschäden.284 Die von der Rechtsprechung angestoßene Rechtsfortbildung ist wohl noch nicht zum Abschluss gelangt, denn es verbleiben Friktionen, die ein gesetzgeberisches Eingreifen empfehlenswert erscheinen lassen.285 So ist es nicht leicht zu rechtfertigen, dass die festgesetzte Sanktion dem in seinem Persönlichkeitsrecht Verletzten selbst vollständig zugute kommt, auch soweit er keinen immateriellen – oder materiellen – Schaden erlitten hat. Überzeugender wäre es, wenn der überschüssige Betrag entsprechend seiner Natur als einem bloßen Hilfsmittel gegenüber dem Verpflichteten zur Durchsetzung der Unterlassungspflicht dem Fiskus zugewiesen wäre, wie dies der Rechtslage beim Ordnungsgeld gemäß § 890 ZPO entspricht.286 c) Fazit Es zeigt sich, dass das Schmerzensgeld keinen besonderen, über das konkrete Schuldverhältnis hinausgehenden Zwecken wie der Prävention dient, die es gegenüber dem Ersatz von Vermögensschäden auszeichnen würden. Die ,Geldent-

Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 1997, § 73 III, S. 993. Pointiert differenzierend zwischen Präventiv- und Strafzwecken Wagner, AcP 206 (2006), 352, 360 ff., 384 f. 282 Vgl. auch Steffen, NJW 1997, 10, 10: „Rechtsinstitut neben dem Schmerzensgeld [. . .] mit eigenständigen Bemessungskategorien“ und „nicht so sehr Schadensersatz, sondern ergänzender Rechtsschutz“. A.A. aber Deutsch, ZRP 1998, 291, 292; Canaris, in: Festschr. f. Deutsch, 1999, S. 85, 86. 283 Zur Diskussion um die Rechtsnatur des § 890 ZPO vgl. MünchKomm-ZPO/Gruber, § 890 Rdn. 2; Musielak/Lackmann, ZPO, § 890 Rdn. 1; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 1997, § 73 III, S. 993. 284 Kritisch dazu, wenngleich nach den hiesigen Prämissen nicht stichhaltig, Canaris, in: Festschr. f. Deutsch, 1999, S. 85, 106 f. 285 So auch Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 521 ff.; Steffen, in: Festschr. f. Odersky, 1996, S. 723, 734 f. spricht von einer „Aushilfsaufgabe des Schmerzensgeldes“. 286 Dafür spricht auch, dass sie allein dem Schutz der immateriellen Interessen des Verletzten dienen soll und dass ein Missbrauch vermieden wird. Davon abgesehen gibt jene Norm eine Obergrenze vor (250.000 Euro), die jedenfalls de lege ferenda, möglicherweise auch schon de lege lata zu berücksichtigen ist. Kritisch zur Begünstigung des Verletzten auch Canaris, in: Festschr. f. Deutsch, 1999, S. 85, 107.

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schädigung‘ wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung fällt dagegen als eine Sanktion eigener Art aus dem allgemeinen Haftungsrecht heraus, soweit sie nicht den Schadensausgleich in sich aufnimmt. Sie beruht auf einer situativ bedingten Rechtsfortbildung und ist aufgrund der begrenzten Möglichkeiten der Rechtsprechung im Vergleich zum Gesetzgeber bislang ohne Rückwirkungen auf die haftungsrechtliche Gesamtkonzeption geblieben. Den Legitimationsschwächen dieser Rechtsfortbildung hat der Gesetzgeber bislang nicht abgeholfen. Insgesamt bieten die hier verfolgten Entwicklungen keinen Ansatz für einen Wandel des Rechts der Schadensersatzhaftung zu einem präventiven Instrument. 2. Europarechtliche Vorgaben zur Zwecksetzung des Haftungsrechts Die Diskussion um die präventive Funktion der Schadensersatzhaftung wird zunehmend durch europarechtliche Vorgaben beeinflusst.287 Das Gemeinschaftsrecht nimmt dazu gerade auch im Hinblick auf den Abschlussprüfer – wofür es zunächst bei einer Empfehlung zu Haftungsbeschränkungen geblieben ist –288, aber auch sonst im gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen 289 Zusammenhang sowie in anderen Rechtsbereichen290 Stellung. a) Das Antidiskriminierungsrecht als Paradigma? Wohl zuerst ist der Einfluss des europäischen Rechts auf Schadensersatzansprüche im deutschen Recht in Hinsicht auf geschlechtsbezogener Benachteiligungen von Arbeitnehmern deutlich geworden. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang statuiert, eine Umsetzung des richtlinienrechtlichen Gebots der Sanktionierung von Benachteiligungen291 erfordere, wenn sie durch eine zivilrechtliche Haftungsregelung erfolge, dass diese „eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber hat“.292 Darauf hat der Gesetzgeber durch Anpassungen der betroffenen Umsetzungsnorm des § 611a BGB reagiert, 287 Vgl. auch Löwe, Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 215 ff. und wohl auch Schlobach, Präventionsprinzip, 2003, S. 160; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 389 ff. 288 Siehe die Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung. 289 Vgl. Art. 18 der Prospektrichtlinie; 17. Erwägungsgrund und Art. 7 der Transparenzrichtlinie; 19. Erwägungsgrund, Art. 30 Abs. 2 und Art. 31 der Abschlussprüfungsrichtlinie. 290 Exemplarisch die Produkthaftungsrichtlinie; Art. 6 der Richtlinie 76/207/EWG sowie Art. 15 der Richtlinie 2000/43/EG, Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 14 der Richtlinie 2004/113/EG. 291 Siehe Art. 6 der Richtlinie 76/207/EWG. 292 EuGH, Slg. 1984, 1891, Tz. 28 – von Colson und Kamann; Slg. 1984, 1921, Tz. 28 – Harz; Slg. 1990, I-3941, Tz. 23 – Dekker; Slg. 1997, I-2212, Tz. 25 – Draempaehl.

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der zunächst eine Begrenzung des Schadensersatzes im Wesentlichen auf die Bewerbungskosten und später auf drei Monatsgehälter vorsah. Inzwischen findet sich diese Regelung ohne derartige durchgängige Beschränkungen in § 15 AGG und eine entsprechende Haftungsnorm für Sachverhalte außerhalb des Arbeitsrechts in § 21 AGG. Mit diesen Vorschriften sollen zugleich die erweiterten und zum Teil neu gefassten ,Antidiskriminierungsrichtlinien‘293 umgesetzt werden. In ihrem Gebot zur Sanktionierung von Benachteiligungen, die unter anderem durch Schadensersatzleistungen erfolgen könne, nehmen sie die Formulierung des Gerichtshofs auf und ordnen an, solche Sanktionen müssten „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein.294 Die Haftungsnormen und die Rechtsprechung des Europäische Gerichtshofs sind in der Literatur stark kritisiert worden, besonders dahingehend, dass sie eine Privatstrafe oder ein bloßes Steuerungsmittel verlangten und mit dem auf Ausgleich bedachten deutschen Recht der Schadensersatzhaftung unvereinbar seien.295 Positiv gewendet liegt dieser Kritik die Annahme zugrunde, das europäische Gemeinschaftsrecht begründe und fordere den Einsatz des Haftungsrechts als vorrangig präventiv-verhaltenssteuerndes Regelungsinstrument. Dem wird jedoch entgegengehalten, dies sei eine einseitige und fehlerhafte Deutung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.296 Dieser betone durchaus, dass die haftungsrechtliche Sanktionierung nicht im Missverhältnis zum erlittenen Schaden stehen solle.297 Abschreckung gleichsam als automatische Folge sei also nur in dem Rahmen geboten, der durch den Ausgleich des Schadens (auch des immateriellen Schadens) aus der Benachteiligung gesteckt werde.298 Dieses Verständnis eines Schadensausgleichs beruht entscheidend auf der Annahme, dass der Gerichtshof einen weiten Schadensbegriff zugrunde legt: Dieser unterscheide sich von vornherein von dem entsprechenden Begriff des deutschen Rechts, welcher stark durch den Vermögensschaden geprägt sei; die Benachteili293 Vgl. in Hinsicht auf die Haftungsfolgen insbes. Art. 15 der Richtlinie 2000/43/ EG, Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG sowie Art. 14 der Richtlinie 2004/113/EG. Dazu im Überblick MünchKomm-BGB/Thüsing, § 21 AGG Rdn. 2; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 400 f. 294 Siehe die Richtlinien, a. a. O. (Vornote). Vgl. zur Begründung dieser Formel EuGH, Slg. 1989, 2965, Tz. 23 – Kommission ./. Griechenland. 295 Staudinger/Annuß, BGB, § 611a Rdn. 19 ff.; auch MünchKomm-BGB/MüllerGlöge, 4. Aufl., § 611a Rdn. 61; P. Müller, Punitive Damages, 2000, S. 151; Ebert, Pönale Elemente, 2004, S. 354; Annuß, NZA 1999, 738, 741; C. Schäfer, AcP 202 (2002), 397, 411. 296 Insbes. Wagner, AcP 206 (2006), 352, 394 ff., zust. ErfKomm/Schlachter, § 15 AGG Rdn. 1. 297 Vgl. EuGH, a. a. O. (oben Fn. 292). 298 Wagner, AcP 206 (2006), 352, 394, 398; auch MünchKomm-BGB/Thüsing, § 15 AGG Rdn. 14 ff. (für eine besondere Berücksichtigung präventiver Elemente bei der Schadensbemessung aber ders., ebd. § 21 AGG Rdn. 62 f.); ErfKomm/Schlachter, § 15 AGG Rdn. 1.

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gung als solche, etwa verstanden als verlorene Chancen, werde von dem Gerichtshof als ausgleichsfähig anerkannt.299 Bei formaler Betrachtung ermöglicht es diese Modifikation des Schadensbegriffs, den Anspruch mit dem Grundsatz des Schadensausgleichs zu vereinbaren. Allerdings wird dies den Bedenken, die wohl eigentlich hinter der Kritik an der Forderung des Gerichtshofs nach einem weitreichenden Schadensersatzanspruch stehen, nicht gerecht. Sie liegen nicht in erster Linie auf der Seite der Rechtsfolgen, sondern dürften sich aus der Erkenntnis ergeben, dass das Ausmaß und der Inhalt eines Schadensersatzanspruchs prinzipiell in enger Beziehung zu dem Begründungstatbestand stehen, aus dem sich die Haftung ableitet, und ihn dadurch widerspiegeln. Die Benachteiligung führt in der Sache dazu, dass dem Betroffenen gewisse ,Entfaltungsmöglichkeiten‘ oder Möglichkeiten der Lebensgestaltung vorenthalten werden.300 Es handelt sich dabei jedoch um Möglichkeiten, die durch Rechtsgeschäft gewährt werden und hinsichtlich deren im Allgemeinen nur und erst aufgrund des Rechtsgeschäfts ein Schutz gegenüber der Versagung besteht. Die mangelnde Korrespondenz zwischen dem Begründungstatbestand der Benachteiligung und einem Anspruch letztlich im Hinblick auf die Versagung von Vorteilen lässt die Erklärung mit einem bloß modifizierten Verständnis des Schadensausgleichs, sei es auch unter Berufung auf europäisches Recht, als vordergründig erscheinen. Der Verweis darauf, dass mit der Benachteiligung zugleich eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliege,301 kann dem nicht abhelfen. Zunächst ist dies nicht unzweifelhaft;302 jedenfalls ist eine objektive Benachteiligung nicht stets als eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzusehen. Eine solche Verletzung würde sich erst aus zusätzlichen Umständen des Einzelfalls ableiten lassen. Vor allem lässt sich das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das den auf Selbstbewahrung angelegten Charakter eines Rechtsgut hat und die „engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen“ gewährleisten soll303, nicht in einen Leistungsanspruch umdeuten.304 Davon abgesehen ist die Bezugnahme auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts für die These, es handele sich um Schadensausgleich, schon deswegen nicht schlüssig, weil die ,Geldentschädigung‘ wegen Ver-

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Wagner, AcP 206 (2006), 352, 394 f. In der Analyse zutreffend BAG, NJW 1990, 65, 65; ebenso Wagner, AcP 206 (2006), 352, 396. 301 So etwa MünchKomm-BGB/Thüsing, § 15 AGG Rdn. 15; Wagner, AcP 206 (2006), 352, 395 f. mit Verweis auf BAG, NJW 1990, 65, 65; NJW 1990, 67, 68. 302 Dagegen wendet sich die Kritik von Volmer, BB 1997, 1582, 1583 f.; Annuß, NZA 1999, 738, 741. 303 BVerfGE 54, 148, 153. 304 Insofern in seiner Allgemeinheit zweifelhaft BAG, NJW 1990, 65, 65; NJW 1990, 67, 68. 300

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letzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ihrerseits ein (nicht von Friktionen freier) Ausnahmerechtsbehelf mit Sanktionscharakter ist.305 Da das europäische ,Antidiskriminierungsrecht‘ eine Sanktionierung fordert, ohne ein bestimmtes Mittel oder im Besonderen Schadensersatzansprüche vorzuschreiben, sind die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nachvollziehbar, die einerseits das Sanktionierungsgebot bekräftigen, andererseits aber die vom deutschen Gesetzgeber gewählte Umsetzung durch Schadensersatzansprüche nicht in Frage stellen.306 Aus der Perspektive des deutschen Rechts ergibt sich daraus noch kein stimmiges Konzept, auch nicht durch den Verweis auf einen abweichenden Schadensbegriff in der europäischen Rechtsprechung. Die Diskussion verdeutlicht jedoch mit dem Versuch, den Ersatzanspruch als Schadensausgleich zu deuten, dass die alleinige Begründung der Ersatzansprüche mit dem Präventionsanliegen weithin als unzureichend angesehen wird. Eine anderweitige, im Systemzusammenhang tragfähige tatbestandliche Begründung erweist sich dadurch wiederum als besonders wichtig. b) Schadensersatz als Mittel zur Durchsetzung des europäischen Wettbewerbsrechts Auch im europäischen Wettbewerbsrecht haben sich der Europäische Gerichtshof und die Europäische Kommission in den letzten Jahren der Frage des Schadensersatzanspruchs als Mittel zur Prävention von Wettbewerbsverstößen angenommen. aa) Stellungnahmen des Europäischen Gerichtshofs Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung ,Courage‘ von 2001 hervorgehoben, dass ein Schadensersatzanspruch die Durchsetzungskraft der europäischen Wettbewerbsregeln erhöhen und von wettbewerbswidrigem Handeln abhalten könne. Daraus hat er das Gebot abgeleitet, dass die Mitgliedstaaten jedem, der durch wettbewerbsbeschränkendes oder wettbewerbsverfälschendes Verhalten Schaden erleide, einen Ersatzanspruch gewähren müssten.307 Die Anforderungen, die an den Schadensersatzanspruch europarechtlich zu stellen sind, wurden von dem Gerichtshof mit dem sogenannten Äquivalenzgrundsatz und dem sogenannten Effektivitätsgrundsatz konkretisiert.308 Der Äquivalenzgrundsatz fordert 305

Siehe bereits oben unter III. 1. b), S. 264 ff. Vgl. oben Fn. 292. 307 EuGH, Slg. 2001, I-6297, Tz. 26 ff. – Courage; bestätigend EuGH, Slg. 2006, I6619, Tz. 60 f. – Manfredi. 308 EuGH, Slg. 2001, I-6297, Tz. 29 – Courage; bestätigend EuGH, Slg. 2006, I6619, Tz. 92 ff. – Manfredi. Zuvor allgemein etwa EuGH, Slg. 1989, 2965, Tz. 23 ff. – Kommission ./. Griechenland. 306

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demzufolge, dass dieser Anspruch in seinen Modalitäten nicht weniger günstig als entsprechende Ansprüche im nationalen Recht ausgestaltet ist. Durchaus vereinbar mit europäischem Recht sei es dabei, den Schadensersatzanspruch so zu begrenzen, dass er „nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Anspruchsberechtigten führt“.309 Wie der Gerichtshof 2006 auf die Vorlagefrage nach einem Abschreckungszwecken dienenden wettbewerbsrechtlichen „Strafschadensersatz“ ausdrücklich klargestellt hat, ist ein Anspruch, dessen Umfang über den eingetretenen und deswegen ausgleichsfähigen Schaden hinausginge, nicht originär europarechtlich geboten. Ein solches Gebot lasse sich nur aus dem Äquivalenzgrundsatz ableiten, sofern es sich bereits um einen Standard des betreffenden nationalen Rechts handelt sollte.310 Nach dem Effektivitätsgrundsatz darf die Geltendmachung des Anspruchs nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert werden.311 Dies versteht der Gerichtshof im Wesentlichen so, dass der Schadensersatzanspruch nicht auf das „damnum emergens“ beschränkt sein darf, sondern das „lucrum cessans“ (und Zinsen) mitumfassen muss.312 Für das deutsche Recht dürfte diese Aussage ohne Belang sein, weil generell eine Unterscheidung zwischen der gewissermaßen positiven und der negativen Seite des Schadens unter dem Gesichtspunkt der Ersatzfähigkeit nicht stattfindet.313 Sie widerspräche dem Grundsatz des deutschen Schadensersatzrechts, den Zustand herzustellen, der ohne das zum Ersatz berechtigende Ereignis bestünde (§ 249 Abs. 1 BGB). Sprachlich misslungen ist die deutsche Sprachfassung der betreffenden Entscheidung des Gerichtshofs allerdings insofern, als nach deren Wortlaut der entgangene Gewinn zu dem „Ersatz des Vermögensschadens“ hinzukäme.314 Einem etwaigen Missverständnis, dadurch sei ein Ersatz über den (Vermögens-)Schaden hinaus geboten, wirkt jedoch die ausdrückliche Erwähnung der traditionellen lateinischen Begriffe entgegen.315

309

Ebd. Tz. 30 bzw. Tz. 94. So in diesem Zusammenhang EuGH, Slg. 2006, I-6619, Tz. 98 f. – Manfredi. 311 Ebd. Tz. 95 f. 312 Ebd. Tz. 95, 100. 313 Bloß klarstellend § 252 S. 1 BGB. Eine besondere Behandlung erfährt der Gewinnentgang, seiner ungewissen Natur entsprechend, nur beweisrechtlich, etwa gemäß § 252 S. 2 BGB. 314 EuGH, Slg. 2006, I-6619, Tz. 95, 100 – Manfredi. 315 Auch die englische („actual loss“), französische („dommage réel“) und italienische („danno reale“) Sprachfassung sind eindeutiger. 310

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

bb) Prävention durch Schadensersatzansprüche in der europäischen Rechtsetzung Die Europäische Kommission hat den Ansatz, Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung des europäischen Wettbewerbsrechts als Mittel zu dessen Durchsetzung heranzuziehen, ebenfalls aufgegriffen. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs legt die Verordnung des Rates zur Durchführung der Wettbewerbsregeln von 2003 dem Schadensersatzrecht im Verhältnis zu der behördlichen Durchsetzung des Wettbewerbsrechts eine Ergänzungsfunktion bei.316 In einem Grünbuch aus dem Jahr 2005 stellt die Kommission die Erwägung an, den zu leistenden Schadensersatz bei bestimmten schwerwiegenden Wettbewerbsverstößen zu verdoppeln.317 Im weiteren Verlauf der Diskussion ist die Kommission davon jedoch abgerückt, wie sich aus einem im April 2008 vorgelegten Weißbuch ergibt.318 Darin wird zwar weiterhin angeführt, dass Schadensansprüche abschreckende Wirkung entfalteten und zur Befolgung des Wettbewerbsrechts beitrügen. Besonders hervorgehoben wird jedoch nunmehr, dass die vollständige Entschädigung des einzelnen Geschädigten „wichtigstes Leitprinzip“ sei. Davon ausgehend wird die Abschreckungswirkung als „zwangsläufig“ eintretende Folge eingeordnet.319 Eine Abkehr von einer betonten, selbständigen Bedeutung des Präventivzwecks wird zudem daran deutlich, dass die Kommission die nunmehr vorgeschlagenen Maßnahmen als auf die „europäische Rechtskultur und -tradition“ gestützt sehen will.320 In diesem Kontext dürfte dies als Entgegensetzung zur US-amerikanischen Rechtsordnung, der gerade im Kartellrecht das Präventionsinstrument des dreifachen Schadensersatzes geläufig ist,321 zu verstehen sein. Außerdem wird bekräftigt, dass Schadensersatzansprüche die behördliche Durchsetzung nicht etwa ganz oder teilweise ersetzen sollten.322 In Hinsicht auf den Umfang des Schadensersatzes, der für das eigentlich den Ersatzanspruch prägende Prinzip besonders aussagekräftig ist, folgt die Kommission den Aussagen, die der Europäische Gerichtshof in diesem Zusammenhang gemacht hat: Es solle vollständiger Ersatz geleistet werden, ohne dass es zu einer 316

7. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1/2003. Eur. Kommission, Grünbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EUWettbewerbsrechts, 2005, S. 7 f. Dafür namentlich auch Monopolkommission, Wettbewerbsrecht in der Siebten GWB-Novelle, 2004, Tz. 75–83. 318 Eur. Kommission, Weißbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EUWettbewerbsrechts, 2008. Krit. zu flankierenden Vorschlägen darin und Inkonsequenz rügend Ritter, WuW 2008, 762, 765 f., 766 ff. 319 Eur. Kommission, Weißbuch, a. a. O. (oben Fn. 318), S. 3. 320 Ebd. 321 Sog. ,treble damages‘, § 4(a) Clayton Act (codified in 15 U.S.C. § 15(a)). 322 Eur. Kommission, Weißbuch, a. a. O. (oben Fn. 318), S. 3 f. 317

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ungerechtfertigten Bereicherung der Geschädigten komme.323 Eine demnach abzulehnende „unbillige Mehrfachentschädigung“ wird auch angenommen, wenn ein Betroffener Ersatz erhielte, der den Nachteil aus wettbewerbswidrigem Verhalten auf seine Kunden abwälzen konnte und somit im Ergebnis keine Vermögensminderung zu verzeichnen hat. Demgemäß spricht sich die Kommission dafür aus, den Einwand der Schadensabwälzung324 zugunsten des Schädigers anzuerkennen.325 cc) Die Anpassung des deutschen Wettbewerbsrechts durch die Siebte GWB-Novelle Der deutsche Gesetzgeber hat den kartellrechtlichen Schadensersatzanspruch bereits auf Grundlage der Entscheidung ,Courage‘ des Europäischen Gerichtshofs durch die Siebte GWB-Novelle von 2005 mit § 33 Abs. 3 GWB neu gefasst.326 Der Anspruch wurde in seinem Tatbestand dadurch erweitert, dass die Schutzgesetzeigenschaft der jeweils verletzten Norm des Wettbewerbsrechts nicht mehr eigens von der Rechtsprechung festgestellt werden muss. Vielmehr sind die Vorschriften des GWB, die Art. 81 und 82 EG-Vertrag und kartellbehördliche Verfügungen nunmehr ex lege geeignet, einen Schadensersatzanspruch auszulösen, wenn ihre Verletzung zu vertreten ist. Insbesondere der Schadensersatzumfang wurde nicht ausgeweitet. In § 33 Abs. 3 Satz 2 GWB findet sich lediglich eine Vorschrift,327 mit der beabsichtigt ist zu gewährleisten, dass der Einwand der Schadensabwälzung als Problem der Vorteilsausgleichung behandelt wird, wie es der bisher herrschenden und die Vorteilsausgleichung verneinenden Meinung im Schrifttum entspreche328 Die gewünschte Abschreckung soll „zugleich“ mit dem wirksamen Ausgleich für den Geschädigten erreicht werden.329 Allerdings wird betont, dass daneben besondere Regelungen zur Vorteilsabschöpfung und weiterhin die ordnungswidrigkeitenrechtliche Ahndung von 323

Ebd. S. 8 f. Sog. ,passing-on defense‘, vgl. Hanover Shoe, Inc. v. United Shoe Machinery Corp., 392 U.S. 481, 488 ff. (1968). 325 Eur. Kommission, Weißbuch, a. a. O. (oben Fn. 318), S. 9. Mit ökonomisch geprägter Begründung konsequent abl. Kersting, ZWeR 2008, 252, 261 ff. Andererseits krit. zur Erschwerung des Einwandes durch die vorgeschlagenen Beweisregeln Ritter, WuW 2008, 762, 770 f. 326 Vgl. Begr. RegE 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/3640, S. 35 f.; ferner Immenga/Mestmäcker/Emmerich, GWB, § 33 Rdn. 7 ff. 327 Sie lautet: „Wird eine Ware oder Dienstleistung zu einem überteuerten Preis bezogen, so ist der Schaden nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert wurde.“ 328 Ausschuss für Arbeit und Wirtschaft, Begr. Beschlussempfehlung 7. GWB-Novelle, BT-Drucks. 15/5049, S. 17, 49. Vgl. auch Begr. RegE, a. a. O. (Vornote), S. 35. Ferner Immenga/Mestmäcker/Emmerich, GWB, § 33 Rdn. 53 f. 329 Begr. RegE, a. a. O. (oben Fn. 326), S. 35. 324

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Wettbewerbsverstößen sicherstellen sollten, dass solches Handeln den betreffenden Unternehmen nicht lohnend erscheine.330 dd) Schlussfolgerungen für die Relevanz des Präventivziels über das Wettbewerbsrecht hinaus Die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben in der Siebten GWB-Novelle ist im vorliegenden Zusammenhang von begrenzter Relevanz. Dies gilt bereits deswegen, weil sich die Norm grundsätzlich im Rahmen der bekannten Linien des Schadensersatzrechts bewegt, wonach die Prävention durch Schadensausgleich als Nebeneffekt anerkannt wird.331 Mit Blick auf die hier verfolgte Absicht, Vorgaben des europäischen Rechts zu ermitteln und zu beurteilen, kommt hinzu, dass die Norm nur den bei ihrer Schaffung gegebenen Zwischenstand des europäischen Wettbewerbsrechts in der Schadensersatzfrage gemäß der ,Courage‘-Entscheidung berücksichtigen konnte. Im europäischen Wettbewerbsrecht selbst ist gegenwärtig – ohne dass die wechselhaften und unter Umständen zufälligen politischen Einflüsse verkannt werden – eine Zurückhaltung der Europäischen Kommission gegenüber ,schadensersatzrechtlichen Sanktionen‘, die das Maß des verursachten Schadens überschreiten würden, unverkennbar. Darin wird man nicht lediglich ein Zurückgehen auf den status quo ante sehen können. Vielmehr sind inzwischen, besonders durch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, diese Wirkungen und die Möglichkeit, sie rechtspolitisch mitzubedenken, deutlich in das Bewusstsein getreten. Gerade dies macht indessen die Trennlinie sichtbar, die zwischen der bloßen Erkenntnis, dass jeder Schadensausgleich durch Rückgängigmachung der Folgen einer unerwünschten Handlung ,zugleich‘ präventiv wirkt, und einer positiv am Präventivziel ausgerichteten und entscheidend dadurch motivierten Gestaltung einer haftungsrechtlichen Vorschrift, deren Merkmale dann durch dieses Ziel geprägt wären, verläuft.332 Erst im letzteren Fall stellen sich Probleme, und zwar sowohl für das europäische Recht spezifische – wie die Unterschiede in den schadensersatzrechtlichen Regelungen, ihrer Anschauung und Praxis zwischen den Mitgliedstaaten und die begrenzten Möglichkeiten der europarechtlichen Einwirkung darauf – als auch allgemeine, nämlich das schon angedeutete Gebot der konzeptionell stimmigen, nicht widersprüchlichen Ausgestaltung zielgerechter haftungsrechtlicher Normen.

330 331 332

Ebd. S. 36. Vgl. bereits oben unter I. 1., S. 255 f. Vgl. dazu auch oben unter I., S. 255 ff.

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c) Schadensersatz in den Richtlinien zur Kapitalmarktpublizität und Abschlussprüfung Die europäischen Richtlinien, die sich mit der Unternehmens- und Kapitalmarktpublizität sowie der Abschlussprüfung befassen, beschränken sich auf allgemein gehaltene Gebote zu haftungsrechtlichen Folgen unzureichender oder fehlerhafter Informations- beziehungsweise Prüfungstätigkeit. Dennoch sind sie der sachnächste Anhaltspunkt zur Ermittlung der Ziele, die aus der Sicht des europäischen Rechts für eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung in Betracht kommen. aa) Publizitätsbezogene Richtlinien Zu den publizitätsbezogenen Richtlinien, in denen die Frage der Haftung bei Fehlinformationen angesprochen wird, gehören insbesondere die Prospektrichtlinie und die Transparenzrichtlinie sowie, nicht eigentlich kapitalmarktspezifisch, die aktuellen Fassungen der Jahresabschlussrichtlinie und der Konzernbilanzrichtlinie. Die Prospektrichtlinie von 2003 verpflichtet die Mitgliedstaaten, eine Prospekthaftung sicherzustellen, und gebietet ihnen, Prospektmängel „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ zu sanktionieren. Die Sanktionierungspflicht in Art. 25 Abs. 1 steht dabei unverbunden neben der Regelung über die Prospekthaftung in Art. 6, dadurch dass beide regelungstechnisch voneinander getrennt sind und dass die Sanktionierung durch „Verwaltungsmaßnahmen [. . .] oder Verwaltungssanktionen“ sowie „unbeschadet“ etwaiger zivilrechtlicher Haftungsvorschriften erfolgen soll. In gleicher Weise unterscheiden die Bestimmungen der Jahresabschlussrichtlinie und der Konzernbilanzrichtlinie, jeweils eingefügt durch die Abänderungsrichtlinie von 2006. In beiden Richtlinien weitgehend gleichlautend, schreiben sie den Mitgliedstaaten vor, eine Haftung der Organmitglieder zumindest gegenüber der Gesellschaft sicherzustellen (Art. 50c beziehungsweise Art. 36b), und gesondert, Sanktionen wegen Verstößen gegen die Umsetzungsvorschriften festzulegen (Art. 60a beziehungsweise Art. 36b). Die nicht näher spezifizierten, aber demnach mit den Haftungsregeln nicht deckungsgleichen Sanktionen müssen den bereits zur Prospektrichtlinie angeführten dreifachen Anforderungen genügen. Die 2004 erlassene Transparenzrichtlinie, deren Gegenstand vornehmlich die laufende, für den Sekundärmarkt relevante Kapitalmarktpublizität ist, unterscheidet zwar auch zwischen dem Gebot in Art. 7, gemäß dem die Mitgliedstaaten eine Haftung für die zu veröffentlichende Information sicherzustellen haben, und der Verpflichtung zur Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen in Art. 28. Diese Sanktionierungspflicht nimmt jedoch „zivil-[. . .]rechtliche Sanktionen“ zumindest alternativ in den Kanon der Maßnahmen auf, die der Mitglied-

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staat mit dem Ziel einer wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionierung zu ergreifen hat. Bereits in dem ersten veröffentlichten Entwurf der Transparenzrichtlinie findet sich diese Einreihung zivilrechtlicher Umsetzungsmaßnahmen in die Sanktionierungspflicht.333 Deshalb ist nicht ersichtlich, warum sich diese Formulierung gerade von derjenigen in der Prospektrichtlinie, mit der die Transparenzrichtlinie konzeptionell verbunden ist, unterscheidet. Gründe lassen sich dafür kaum nennen, so dass alles für eine eher zufällige Verschiedenheit spricht. Auch die Erwähnung der zivilrechtlichen Sanktionen in den Erwägungsgründen der Vorschlagsfassung und deren Fortfall in der verabschiedeten Fassung des 37. Erwägungsgrundes ist kaum aussagekräftig, da diese Änderung vornehmlich redaktionell begründet wurde.334 Mit ihrem allgemein gefassten Gebot, haftungsrechtliche Rechtsfolgen vorzusehen, das die Haftungsadressaten und die Begünstigten jeweils weitgehend offen lässt, bleibt die Transparenzrichtlinie insgesamt im Vagen, noch unterstrichen durch den 17. Erwägungsgrund, wonach die Mitgliedstaaten in der Bestimmung des Haftungsausmaßes frei sein sollen.335 bb) Abschlussprüfungsrichtlinie Die Abschlussprüfungsrichtlinie unterscheidet in ihrer geltenden Fassung wiederum zwischen der Pflicht in Art. 30 Abs. 2 zur wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionierung vorschriftswidrigen Handelns des Abschlussprüfers, die unbeschadet der Haftungsvorschriften der Mitgliedstaaten besteht, und dem Art. 31, dessen Gegenstand die Haftung des Prüfers ist. Diese haftungsbezogene Regelung besteht lediglich darin, dass die Kommission verpflichtet wird, einen Bericht über die Auswirkungen der gegenwärtigen mitgliedstaatlichen Haftungsregeln auf die Kapitalmärkte und die Versicherungsbedingungen einschließlich einer Analyse der Haftungsbeschränkungen vorzulegen. Auf dieser Grundlage sollte die Kommission gegebenenfalls Empfehlungen an die Mitgliedstaaten übermitteln. Um dem nachzukommen, hat die Kommission die London Economics-Studie in Auftrag gegeben.336 Außerdem geht die Ab-

333 Vgl. Eur. Kommission, Vorschlag für eine Transparenzrichtlinie, 2003, S. 62 (zu Art. 24 Abs. 1). 334 Vgl. Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Eur. Parlaments, Entwurf einer Entschließung, in: Bericht über den Vorschlag für eine Transparenzrichtlinie, 2004, S. 5, 20 f. (zu Erwägung 27). 335 Siehe auch die Folgerungen für den Anpassungsbedarf des deutschen Rechts bei Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1653 f.; dies., in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, 2008, § 33 Rdn. 227; Veil, ZBB 2006, 162, 168; Brellochs, Publizität und Haftung, 2005, S. 95; Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, §§ 37b, 37c Rdn. 28; KölnKomm-WpHG/Möllers/Leisch, §§ 37b, c Rdn. 18, 43. 336 London Economics, Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, 2006. Zu dieser bereits oben im vierten Kapitel § 10 III. 3. a), S. 179 f.

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schlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung auf diesen Auftrag der Richtlinie zurück.337 Lediglich in den Erwägungsgründen der Abschlussprüfungsrichtlinie wird bekräftigt, dass die Abschlussprüfer für Schäden durch unsorgfältige Prüfung haften „sollten“.338 Offenkundig wird jedoch vorausgesetzt, dass dies nach den mitgliedstaatlichen leges latae bereits der Fall ist. Für eine präventive Funktion der Wirtschaftsprüferhaftung gibt der Erwägungsgrund keinen Anhalt, denn zur Begründung der Haftung wird nur auf die ,Verantwortlichkeit‘ des Wirtschaftsprüfers für sorgfältige Arbeit verwiesen. Besorgt gibt sich der Erwägungsgrund im Einklang mit dem Prüfungsauftrag des Art. 31 darüber, ob eine unbeschränkte Haftung der Verfügbarkeit einer (scilicet: umfassenden) Haftpflichtversicherung etwa entgegensteht. In dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission für die Abschlussprüfungsrichtlinie war noch eine Sanktionsklausel ähnlich derjenigen in der Prospektrichtlinie enthalten. Sie schloss zivilrechtliche Sanktionen – nach Wahl der Mitgliedstaaten zumindest alternativ zu verwaltungs- und strafrechtlichen – ein.339 Erst im Zuge der parlamentarischen Beratungen wurde ein Schwerpunkt auf die Vermeidung einer als unversicherbar gerügten unbeschränkten Haftung gelegt.340 Außerdem wurde der Berichtsauftrag des Art. 31 an die Kommission entsprechend einem „im informellen Trialog vereinbarten Kompromiss“341 in den Richtlinienentwurf eingefügt. Zugleich wurde die Sanktionsklausel derart modifiziert, dass sie zivilrechtliche Sanktionen nicht mehr ausdrücklich nennt.342 Dies ist folgerichtig, denn die Sorge um die umfassende Versicherbarkeit der Haftung ist ohne weitere Erklärung mit einer sanktionierenden Zwecksetzung schwerlich vereinbar.343 Ambivalent war darüber hinaus bereits die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Stärkung der Abschlussprüfung von 2003, worin sie betonte, die Haftung werde von ihr „in erster Linie als Mittel zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung“ verstanden, jedoch zugleich eine Haftungsbegrenzung zur Wah337

Dazu oben im vierten Kapitel § 10 III. 3., S. 178 ff. 19. Erwägungsgrund. 339 Eur. Kommission, Vorschlag für eine Abschlussprüfungsrichtlinie, 2004, S. 28 (zu Art. 30 Abs. 2). 340 Vgl. Rechtsausschuss des Eur. Parlaments, Entwurf einer Entschließung, in: Bericht über den Vorschlag für eine Abschlussprüfungsrichtlinie, 2005, S. 5, 22 f. (zu Erwägungsgrund 27a), 79 (Begr.); zust. Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Eur. Parlaments, Stellungnahme, in: Bericht über den Vorschlag für eine Abschlussprüfungsrichtlinie, 2005, S. 80, 81 f. (Begr.), 104 f. (zu Art. 43a). 341 Vgl. Rechtsausschuss des Eur. Parlaments, a. a. O. (Vornote), S. 51 (zu Art. 30a); mithin vereinbart zwischen dem Rat, der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament. 342 Ebd. S. 50 (zu Art. 30 Abs. 2) mit einer in diesem Punkt unergiebigen Begründung. 343 Vgl. dazu bereits oben im vierten Kapitel unter § 11 II., S. 193 ff. 338

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rung der „Verhältnismäßigkeit“ für notwendig erachtet.344 Gerade mit Blick hierauf erwog sie, die wirtschaftlichen Auswirkungen untersuchen zu lassen, was sich sodann in Art. 31 der Abschlussprüfungsrichtlinie niedergeschlagen hat. cc) Schlussfolgerungen mit Blick auf die Richtlinien Die haftungsrechtlichen Aussagen in den angeführten Richtlinien bleiben (der Natur der Richtlinie gemäß) – ungeachtet der Unterschiedlichkeiten und Modifikation im Verfahren – wenig bestimmt. Man mag auch davon ausgehen, dass sich partikuläre politische Interesse der Betroffenen stärker in der Richtliniensetzung auswirken als eine in höherem Maße reflektierte und ausgleichende Gesamtschau, die über den jeweiligen Anwendungsbereich einzelner Richtlinien und die Abwägung der von ihnen unmittelbar betroffenen Interessen hinausginge. Mit diesen Vorbehalten bleibt festzustellen, dass Schadensersatzansprüche tendenziell in den kapitalmarktbezogenen Richtlinien und besonders klar in der Abschlussprüfungsrichtlinie dem Zweck der präventiven Verhaltenssteuerung nicht unterworfen werden. Europarechtlich werden sie insofern – über die jedem Schadensausgleich ohnehin innewohnende handlungsleitende Wirkung hinaus – nicht als eigentliche Sanktionsinstrumente behandelt. d) Zwecksetzung des Haftungsrechts in der Rom-II-Verordnung Das europäische Recht befasst sich außerdem in der Rom-II-Verordnung über das internationale Privatrecht der außervertraglichen Schuldverhältnisse ausdrücklich mit Ansprüchen auf „Schadensersatz mit abschreckender Wirkung oder Strafschadensersatz“345. In einem ersten Vorschlag der Europäischen Kommission war noch vorgesehen, solche Schadensersatzansprüche, wenn sie eine Entschädigung über den Schadensausgleich hinaus gewähren, für unvereinbar mit der öffentlichen Ordnung der Gemeinschaft und damit für unanwendbar zu erklären.346 Mit dieser besonderen Regel über den ordre public hätte das europäische Recht selbst Stellung bezogen zu der Frage der Präventivwirkung von Schadensersatzansprüchen. Die Stellungnahme hätte sich allerdings nicht gegen jeden präventiv begründeten Schadensersatz gerichtet, sondern nur gegen solche Ansprüche, die zugleich in ihrem Umfang über den Ersatz eines rechtlich fassbaren Schadens hinausgingen, wie etwa punitive damages US-amerikanischer Ausprägung oder der Ersatz eines 344 Eur. Kommission, Mitteilung ,Stärkung der Abschlussprüfung‘, 2003, Ziff. 3.10. Dies aufnehmend mit neuerlichem Hinweis auf die Notwendigkeit einer Ausgewogenheit der Haftung EWSA, Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Abschlussprüfungsrichtlinie, 2004, Ziff. 3.4. 345 Siehe 19. Erwägungsgrund. 346 Eur. Kommission, Vorschlag für eine Rom-II-Verordnung, 2003, S. 43 (Art. 24).

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Mehrfachen des Schadens.347 Damit bezöge sich die Regelung nur auf besonders klare und in ihrer Einordnung wenig streitige Fälle präventiv-verhaltenssteuernder Schadensersatzansprüche, wobei diese Abgrenzung schon durch das Anliegen, zu einer rechtssicheren und vorhersehbaren Regelung zu gelangen,348 gerechtfertigt wäre. In der schließlich nach einem längeren Rechtsetzungsverfahren verabschiedeten Fassung der Verordnung ist diese unmittelbare europarechtliche Stellungnahme nicht mehr enthalten. Es wird lediglich der ordre public des Gerichtsstaats als Grenze der Anwendbarkeit ausländischen Rechts bekräftigt und in einem Erwägungsgrund klargestellt, dass dieser mitgliedstaatliche ordre public den bezeichneten, über den Schadensausgleich hinausgehenden Schadensersatzansprüchen entgegenstehen könne.349 Dadurch nimmt die Verordnung selbst weder im positiven noch im negativen Sinne dazu Stellung, ob solche Schadensersatzansprüche hinzunehmen sind. Allerdings ist ihr dennoch eine rechtsgrundsätzlich relevante Aussage zu diesen Schadensersatzsprüchen zu entnehmen: Die haftungsrechtliche Grundsatzfrage der Zwecksetzung oder der Begründung von Schadensersatzansprüchen ohne Rücksicht auf bestimmte Zwecke soll europarechtlich dem Recht der Mitgliedstaaten zugewiesen bleiben. Dies korrespondiert mit der in den publizitäts- und abschlussprüfungsbezogenen Richtlinien anzutreffenden Zurückhaltung gegenüber der Forderung nach ,zivilrechtlichen Sanktionen‘ und dem weiten Ausgestaltungsermessen, das sie den Mitgliedstaaten in haftungsrechtlicher Hinsicht einräumen.350 Daran wird deutlich, dass der europäischen Rechtsetzung durchaus ein Bewusstsein dafür zugrunde liegt, dass an das Institut der Schadensersatzhaftung Zwecke, die es verfolgen soll, nicht beliebig von außen herangetragen werden können, ohne dass eine eingehende Abstimmung mit diesem Institut im Ganzen stattgefunden hat.

IV. Vereinbarkeit eines bestimmenden Präventivzwecks mit dem Recht der Schadensersatzhaftung In der Entwicklung des deutschen Rechts der Schadensersatzhaftung sind Prävention und Abschreckung zwar verschiedentlich angeführt und auch zur Erklärung herangezogen worden. Die nähere Betrachtung hat aber gezeigt, dass es sich dabei um keineswegs zwingende Deutungen handelt und dass die tatsächlich Ab347 Vgl. ebd., auch S. 32 (Begr. zu Art. 24). Nicht überzeugend, jedenfalls unklar die Interpretation der Vorschlagsfassung von Wagner, AcP 206 (2006), 352, 421 f., wonach primär präventiv begründete Schadensersatzansprüche generell betroffen wären. 348 Vgl. Eur. Kommission, a. a. O. (oben Fn. 346), S. 5: „Allgemeines Ziel – Größere Berechenbarkeit des anwendbaren Rechts“. 349 Art. 26 bzw. 19. Erwägungsgrund der Rom-II-Verordnung. 350 Dazu bereits oben unter c), S. 275 ff. Besonders deutlich der 17. Erwägungsgrund der Transparenzrichtlinie und der 3. Erwägungsgrund der Abänderungsrichtlinie.

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schreckungszwecken dienende ,Geldentschädigung‘ bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen einen besonderen Fall der Rechtsfortbildung bildet. Das europäische Recht lässt vermeintlich, gerade im Bereich der Publizität und Wirtschaftsprüfertätigkeit, Ansätze für die Begründung von Schadensersatzansprüchen mit dem Präventionsanliegen erwarten, doch ist hier eine deutliche Zurückhaltung und eine durchgängige Differenzierung zwischen Sanktion und Schadensersatz festzustellen. Bereits für sich genommen untermauert dies die Zweifel, die sich in Hinsicht auf die Tragfähigkeit einer maßgeblich präventiv-funktionenschutzbezogenen Begründung der Wirtschaftsprüferhaftung ergeben. Daraus folgt zugleich der Ansatz für eine eingehendere Stellungnahme. Zunächst ist der in der jüngeren Literatur häufiger vertretenen These zu entgegnen, wonach die Prävention jedenfalls heute als ein bestimmender Zweck bereits des geltenden Haftungsrechts anerkannt werden sollte (sogleich unter 1.). Sie bildet gewissermaßen das Fundament, auf das auch eine entsprechend ausgerichtete Wirtschaftsprüferhaftung aufbauen würde. Weitere, vom positiven Recht unabhängige Gesichtspunkte sind sodann mit Blick auf die ungewisse Erreichbarkeit des Realziels der Effizienzförderung und den Zusammenhang zwischen Mittel und erwogenem Ziel im Haftungsrecht zu verfolgen (unter 2. beziehungsweise 3.). 1. Das Problem der normativen Fundierung der These von der Prävention als bestimmender Zweck Ein einzelner Akt der Gesetzgebung zur Schaffung oder Ausgestaltung eines besonderen Haftungstatbestandes, hier der Wirtschaftsprüferhaftung, träte in Beziehung zur lex lata. Damit diese Einwirkung auf das geltende Recht zu seiner Fortbildung und Verbesserung beiträgt, ist es geboten, die innere Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit des Systems zu wahren.351 Zwar könnte der Gesetzgeber ohne weiteres, auch teilweise, in dieses System eingreifen. Doch handelt es sich gerade bei der Frage nach der prinzipiellen Ausrichtung des Haftungsrechts um eine solche, die – wie verdeutlicht worden ist – eine weitgehende Einheitlichkeit über verschiedene Rechtsbereiche hinweg aufweist, welche nur in außerordentlichen Einzelfällen durchbrochen wird.352 Gerade deswegen liegt auch der Versuch nahe, eine einheitliche Deutung der Ausrichtung des Haftungsrechts zu verfechten, die auf eine Anerkennung der Prävention als bestimmender Zweck hinausläuft.353 351 Vgl. bereits oben die Eingangsbemerkungen zum fünften Kapitel, S. 207 f. und zu § 15, S. 254 f. 352 Vgl. zusätzlich zur Einheitlichkeit der Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung im Recht der freien Berufe bereits oben im vierten Kapitel unter § 11 II. 2. b) cc), S. 203 ff. 353 Dazu oben unter I. 2., S. 257 f., siehe inbes. die dort in Fn. 233 Angeführten.

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Diese These wird jedoch von außen an das geltende Haftungsrecht herangetragen und soll ihm eine Richtung geben, die es von sich aus nicht hat. Zwar ist zuzugestehen, dass die wissenschaftliche Bearbeitung des Rechts, zu der neben der eigentlichen Auslegung auch die Darlegung leitender Grundsätze, also die dogmatische Durchdringung gehört, grundsätzlich der Gesetzgebung selbständig gegenübertritt. Sie beschränkt sich nicht darauf auszusprechen, was der Gesetzgeber bereits selbst gedacht oder gesagt hat. Doch ebenso wie die eigentliche Rechtsfortbildung ist auch diese wissenschaftliche Bearbeitung des Rechts zugleich an das Gesetz gebunden. Um die Grenze dieser Bindung zu bestimmen, ist es hilfreich, das ,politische Element‘ des Rechts, das die das Rechtsleben prägenden Grundentscheidungen enthält, von dem ,technischen Element‘ zu unterscheiden, das sich auf die Art und Weise der dogmatischen Abbildung und der konstruktiven Umsetzung des Rechts bezieht.354 Jenes politische Element ist die eigentliche Domäne des Gesetzgebers. Dies ergibt sich bereits aus der verfassungsmäßig beschränkten Aufgabe des Richters und damit des Rechtsanwenders schlechthin gegenüber dem Gesetzgeber, also unter modernen rechtsstaatlichen Gegebenheiten aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Hinzu kommt im demokratischen Staat, dass die unmittelbare demokratische Legitimation für politische Grundentscheidung dem parlamentarischen Gesetzgeber zukommt. Nur unter außergewöhnlich, gesetzgeberisch nicht vorbedachten Fallumständen wird ein außerordentlicher Akt der Rechtsfortbildung durch die Gerichte erforderlich und dann auch statthaft sein. Die Einordnung der Prävention als bestimmender Zweck des Haftungsrechts betrifft letztlich dieses politische Element des Haftungsrechts. Dies wird deutlich, wenn ausdrücklich – und abweichend etwa von dem besonders geprägten Fall der ,Geldentschädigung‘ bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen355 – die ökonomische Analyse des Rechts zugrunde gelegt. Der Präventivzweck verlangt eine solche gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise, weil er notwendig auf künftiges Verhalten aller in Betracht kommenden Personen bezogen ist. Mit dieser gesamtwirtschaftlichen Sinngebung würde das nach der ursprünglich gesetzgeberischen Konzeption auf das einzelne Rechtsverhältnis bezogene und sich darin erschöpfende Haftungsrecht als ein Steuerungsinstrument auf eine andere Grundlage gestellt. Er würde eine andere dogmatische Erfassung und Betrachtung des Haftungsrechts zur Folge haben müssen356 und die praktische Anwendung des Haftungsrechts insgesamt in ihren Ergebnissen beeinflussen. Ein solcher Wandel betrifft daher nicht nur oder im Schwerpunkt eine technische Frage. Was allgemeiner für das Verhältnis der ökonomischen Analyse des Rechts zur Auslegung

354 Zu dieser Unterscheidung Jakobs, Wissenschaft und Gesetzgebung, 1983, S. 41 ff. mit Verweis auf Savigny, Beruf unserer Zeit, 1814, S. 78. 355 Vgl. oben unter III. 1. b), S. 264 ff. 356 Zutreffend hierzu Marburger, AcP 192 (1992), 1, 31.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

und Fortbildung des geltenden Rechts zutrifft,357 gilt ebenso für die hier behandelte Problematik: Ohne positive normative Vorgabe für das Haftungsrecht in seiner Breite kann das Ziel der ökonomischen Effizienz durch Prävention nicht als Kriterium der Rechtsfortbildung herangezogen werden. 2. Legitimationsschwächen einer Realziele verfolgenden Wirtschaftsprüferhaftung Auch wenn sich aus einer abstrakten Zielsetzung bestimmte Rechtsnormen nicht zwingend folgern lassen, muss eine gültige Zielkonzeption darüber hinaus einen wesentlichen Beitrag zur Begründung und Rechtfertigung solcher Regelungen leisten. Da die Prävention als Ableitung aus dem Streben nach ökonomischer Effizienz358 ein Realziel ist, hängt die Tragfähigkeit der Begründung einer allein auf deren Förderung gestützten Regelung davon ab, inwieweit dies wirklich gelingt. Dadurch unterscheidet sich dieses Realziel von rein normativen Prinzipien, die sich aus der Rechtsordnung selbst ergeben und über die daher allein juristisch-normativ geurteilt werden kann. Dies hat zur Folge, dass die Zweifel und Ungewissheiten, die gegenüber dem effizienzfördernden Effekt der Wirtschaftsprüferhaftung bestehen und die letztlich nicht ausgeräumt werden können, gewissermaßen auf die Haftungsregelung durchschlagen, indem sie ihre Legitimität fortwährend mit derselben Ungewissheit belasten und insofern in Frage stellen. Zwar wird nicht davon auszugehen sein, dass ein solches Legitimationsdefizit verfassungsrechtliche Relevanz erlangt, denn von Verfassungs wegen wird dem Gesetzgeber bei der Beurteilung der Geeignetheit einer Norm als Anforderung des Rechtsstaatsprinzips ein besonders weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt.359 Doch dies ist kein Hindernis dafür, dennoch eine möglichst tragfähige Begründung anzustreben, zumal eine unzureichend legitimierte Norm mangelnder Akzeptanz und dem Wechsel der rechtspolitischen Meinungen wesentlich eher ausgesetzt wäre. 3. Erforderlichkeit eines inneren Zusammenhangs des Zwecks mit der Ausgestaltung des Haftungsrechts Ein entscheidender Prüfstein für die Prägekraft und Reichweite des Präventivzwecks ist es schließlich, inwieweit er in einem inneren Zusammenhang mit 357 Ausführlich Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S. 454 ff., 486 ff. Zum Haftungsrecht auch Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 144, 149 ff. 358 Vgl. dazu bereits oben unter § 14 I., S. 221 f. 359 Vgl. nur BVerfGE 30, 250, 2. Ls.; BVerfGE 49, 89, 4. Ls. sowie S. 131 ff.; BVerfGE 83, 1, 18. Vgl. auch bereits oben die Eingangsbemerkung zum fünften Kapitel, S. 207 f.

§ 15 Funktionalisierung vor Hintergrund des allgemeinen Haftungsrechts

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der Ausgestaltung des Haftungs- und Schadensersatzrechts steht. Es kommt nicht nur darauf an, ob Prävention gewissermaßen als ein von außen an das Haftungsrecht herangetragener Zweck angesehen werden kann, sei es auch als ein punktuelles Motiv des Gesetzgebers oder als Folgerung aus dem Effizienzziel. Noch entscheidender ist, ob dieses Prinzip das Haftungs- und Schadensersatzrecht als Teilgebiet der Rechtsordnung in seinen wesentlichen Eigenschaften erklären kann oder zumindest mit ihnen nicht in Widerspruch steht.360 Diese Anforderung ist auch rechtspolitisch relevant, denn es ist nur dann sinnvoll, eine Haftungsregelung dem Präventivzweck zu widmen, wenn dieser Zweck mit dem Rechtsinstitut der Schadensersatzhaftung vereinbar ist. Ansonsten wird die äußere Form der Haftungsnorm funktionswidrig in Anspruch genommen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Haftungsbegründung oder der Haftungstatbestand einerseits und die Haftungsfolgen, das eigentliche Schadensersatzrecht, andererseits zwar im Ansatz zu unterscheiden sind und je für sich bestimmten Grundsätzen unterliegen können. Dennoch wird jeglicher Zweck, der dem Haftungsrecht beizulegen sein mag, nur durch das Zusammenwirken der beiden Elemente erreicht, so dass eine gesonderte Zuschreibung von Zwecken nicht möglich ist.361 Das Fehlen dieses Zusammenhangs lässt sich in verschiedenen Hinsichten verdeutlichen, wie bereits im Zusammenhang mit der ökonomischen Analyse ausgeführt wurde: So wird der Anforderung einer präventiven Verhaltenssteuerung, dass der Umfang der gegebenenfalls eintretenden Schadensersatzpflicht vorhersehbar ist,362 durch die haftungsrechtliche Totalreparation363 nicht Rechnung getragen. Auch die ökonomisch geforderte Spürbarkeit364 der Sanktionierung vermag das Haftungsrecht nach seiner Grundanlage nicht zu gewährleisten; scheinbar einfache ,Korrekturen‘ daran in einzelnen Anwendungsfällen, insbesondere durch einen zwingend vorgeschriebenen Selbstbehalt, haben sich bei näherer Betrachtung als problematisch und nicht empfehlenswert erwiesen.365

360 Vgl. Savigny, Beruf unserer Zeit, 1814, S. 48 zum systematischen Sinn des Juristen, der darin besteht, „jeden Begriff und jeden Satz in lebendiger Verbindung und Wechselwirkung mit dem Ganzen anzusehen, d.h. in dem Verhältniß, welches das allein wahre und natürliche ist“; Larenz, Methodenlehre, 1991, S. 474 ff.: „Prozeß ,wechselseitiger Erhellung‘“ zwischen Norm und Prinzip. Spezieller auch Marburger, AcP 192 (1992), 1, 31: Präventionsvorrang führte zur Veränderung der dogmatischen Struktur des Haftungsrechts. 361 Anders aber Kötz, in: Festschr. f. Steindorff, 1990, S. 643, 645; Vieweg, in: Staudinger-Eckpfeiler, 2005, S. 365, 399 ff.; MünchKomm-BGB/Oetker, § 249 Rdn. 8 f.; Löwe, Prävention im deutschen Schadensersatzrecht, 2000, S. 106. Dagegen mit Recht Schlobach, Präventionsprinzip, 2003, S. 267 f. 362 Siehe oben im vierten Kapitel unter § 10 I. 2. a) bei Fn. 50, S. 168. 363 Siehe dazu oben unter II. 1., S. 258 ff. 364 Vgl. oben im vierten Kapitel unter § 10 I. 2. a), S. 167 ff., sowie § 11 II., S. 193 ff. 365 Vgl. oben im vierten Kapitel unter § 11 II. 2. c), S. 204 f.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Im Verhältnis des Anspruchstellers und des Anspruchsgegners zueinander ist ferner festzustellen, dass das schadensersatzrechtliche Spezifikum der Übereinstimmung dessen, was der Anspruchsgegner zu leisten hat, mit demjenigen, was der Anspruchsteller beanspruchen kann, allein durch den Gesichtspunkt des Funktionenschutzes nur unzureichend begründet wird.366 Nur aus dem Aspekt der effizienten Schadensverteilung (loss spreading) könnte abgeleitet werden, dass die Passiv- und Aktivseite der schadensersatzrechtlichen Zuweisung notwendig korrespondieren. Doch ist diese Teilfunktion, wie beispielhaft für die Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Anlegern ausgeführt, schon aus ökonomischer Sicht nicht von ausschlaggebender Bedeutung.367 Unter dem zentralen Aspekt der Prävention ist es dagegen nicht plausibel, warum die Belastung des Schädigers und die Begünstigung des Geschädigten nach demselben Maßstab bestimmt werden sollten, obwohl sie nach diesem instrumentellem Verständnis gänzlich unterschiedliche Funktionen erfüllen: Einerseits die abschreckende Sanktionierung, andererseits den Anreiz, die Rechtsverfolgung in die eigenen Hände zu nehmen.368 Beispielsweise könnte ein Haftungshöchstbetrag auf der Passivseite zur Vorhersehbarkeit und Bemessung der Sanktionierung beitragen,369 er wäre unter dem Aspekt des Klageanreizes auf der vielfach aufgesplitterten Aktivseite aber funktionswidrig. Es erschließt sich dabei außerdem nicht, warum allein der Geschädigte, und dies nur im Umfang seiner individuellen Schädigung, befugt sein sollte, die gesamtwirtschaftlich erwünschte Sanktionierung zu veranlassen, obwohl dritte Private gegen eine entsprechende ,Entlohnung‘ ebenso gut tätig werden könnten.370 Insofern ist es durchaus widersprüchlich, sich im Ausgangspunkt weitgehend an der überkommenen Figur des bürgerlichrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu orientieren, wenn gleichzeitig die Maßgeblichkeit des Präventivzwecks verfochten wird. Dieser Einwand trifft in gleicher Weise auf die im US-amerikanischen Schrifttum häufig anzutreffende funktional-präventive Auffassung des Schadensersatzanspruchs zu.371 Er wird letztlich dadurch bestätigt, dass die Rechtsprechung des U.S. Supreme Court, für den sich in stärkerem Maße als für das stark rechtspolitisch geprägte Schrifttum die Aufgabe der stimmigen Auslegung von Einzelmerkmalen stellt, in der Frage der an § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 anknüpfenden Haftung dem Aspekt der Prävention keine vordringliche Bedeutung beimisst.372 366

Vgl. Weinrib, Val. U. L. Rev. 23 (1989), 485, 494, 501 ff. Siehe oben im vierten Kapitel unter § 10 II., S. 172 ff. 368 Weiterführend Weinrib, Val. U. L. Rev. 23 (1989), 485, 501 ff. 369 Vgl. den Ansatz des § 37a Abs. 5 WpHG-E des DiskE KapInHaG, NZG 2004, 1042, 1043 mit Begr., ebd. S. 1048. 370 Weinrib, Val. U. L. Rev. 23 (1989), 485, 508. 371 Siehe oben im dritten Kapitel unter § 8 I. bei Fn. 162, S. 153. 372 Siehe oben im dritten Kapitel unter § 8 I., S. 151 f. 367

§ 16 Schluss

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4. Fazit Das zu konstatierende Fehlen einer normativen Fundierung des Präventivzwecks im gegenwärtigen Recht über die besondere Frage der Wirtschaftsprüferhaftung hinaus ist nicht nur ein zufälliges Ergebnis der Rechtsentwicklung. Dies wird zum einen durch die immanente Schwäche der Legitimationskraft gegenüber den betroffenen Parteien, die eine letztlich ökonomisch-gesamtwirtschaftliche Ausrichtung des Haftungsrechts auszeichnet, belegt. Ein noch grundsätzlicheres Hindernis für die Anerkennung der Prävention als bestimmender Zweck bildet der Mangel des erforderlichen inneren Zusammenhanges zwischen dem Präventivzweck und dem ihm gewidmeten Mittel, hier einer Wirtschaftsprüferhaftung. Davon unberührt bleibt, dass die Prävention eine tatsächliche (Neben-)Wirkung anderweitig und damit erst wirklich begründeter Schadensersatzansprüche sein kann, die sich in unspezifischer Weise äußert. Da dann eine ,normative Rückwirkung‘ solcher bloß tatsächlichen Auswirkungen auf das Ob und Wie eines Haftungstatbestandes nicht in Betracht kommt, stehen jene Hindernisse dieser Erkenntnis nicht entgegen.

§ 16 Schluss I. Auf der europäischen Ebene hat die rechtspolitische Diskussion um die Wirtschaftsprüferhaftung zunächst in die AbschlussprüferhaftungsbeschränkungsEmpfehlung der Europäischen Kommission gemündet. Vorläufig wurde vermieden, Stellung dazu zu nehmen, ob der Wirtschaftprüfer dem Anleger für seine Mitwirkung an fehlerhafter Kapitalmarkinformation schadensersatzrechtlich verantwortlich sein sollte. Für das deutsche Recht bleibt hiervon unabhängig die Aufgabe bestehen, die Kapitalmarktinformationshaftung den europarechtlichen Anforderungen in Bezug auf die zu erfassenden Publizitätsformen anzupassen. Die Frage nach einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung ist vor diesem Hintergrund rechtspolitisch weiterhin offen, zumal nach den bisherigen Erfahrungen damit zu rechnen ist, dass etwaige zukünftig eintretende oder bekannt werdende Schädigungen durch fehlerhafte Rechnungslegungspublizität neuen Anstoß zu entsprechenden Bestrebungen geben werden. Die kapitalmarktrechtliche Einbindung erweist sich dabei als Chance, die Wirtschaftsprüferhaftung von ihrer Isoliertheit als einer für sich stehenden Frage zu befreien. Aus der rechtsvergleichend gestützten und rechtssystematisch geprägten Analyse ergeben sich Leitlinien und Wegweiser, die weiter führen als eine bloße Zusammenstellung und Abwägung von Einzelaspekten und Gemeinplätzen oder ein rechtspolitisch fortwährend ,bewegliches System‘. Erst mit Hilfe von

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

Argumenten, die sich an den Zielen des Kapitalmarktrechts orientieren und die zugleich den Eigenschaften und Prinzipien des in Anspruch genommenen Rechtsinstituts selbst gerecht werden, besteht die Aussicht, zu Ergebnissen zu gelangen, die nicht von Tagesbedürfnissen übermäßig geprägt oder Partikularinteressen bestimmter Gruppen ohne weiteres zugänglich sind. Mit Blick auf die Ziele des Kapitalmarktrechts gelangt die Untersuchung unter Zusammenführung verschiedener Ansatzpunkte zu einer Relativierung des Funktionenschutz- oder Effizienzziels. Vor dem Hintergrund der Einführung privatrechtlicher Haftungstatbestände ist dem Individualschutz ein von jenem Ziel unabhängiger Eigenwert beizulegen. Dabei sind insbesondere die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten, aus denen sich (auch) die kapitalmarkttypische planmäßige Zuweisung von Risiken ableiten lässt, maßgebend. Die durch solche Rechtsverhältnisse konstituierte rechtliche Ordnung des geregelten Kapitalmarktes kann nicht übergangen werden. Es steht mit diesem Befund in Übereinstimmung, dass das Institut der Schadensersatzhaftung, das die kapitalmarktbezogene Risikozuweisung verwirklichen würde, nach wie vor und mit gewisser Notwendigkeit nicht in erster Linie final, etwa präventiv, sondern kausal angelegt ist. Bestimmend ist insofern das geschützte Interesse, also der Haftungsgrund, von dem letztlich auch der Kreis der geschützten Personen bestimmt wird. Hieraus ergibt sich konkret, dass ein besonderer kapitalmarktrechtlicher Tatbestand der Wirtschaftsprüferhaftung dazu berufen sein würde, vornehmlich in den Punkten der Kausalität und des Schadensersatzumfangs für eine Anpassung an den – besonders für Emittenten am geregelten Kapitalmarkt – bereits vorgezeichneten Stand zu sorgen. Dadurch können Grenzen und Anwendungsschwierigkeiten, die sich aus der Nichtberücksichtigung der Kapitalmarktverhältnisse im Rahmen der allgemeinen bürgerlichrechtlichen Vorsatzhaftung ergeben, überwunden werden. Demgegenüber ist es nicht gerechtfertigt, in dem Verhältnis zwischen Wirtschaftsprüfer und Anlegern die Schwelle der Vorsätzlichkeit der Haftung zu unterschreiten. Die Frage nach einer gesetzlichen Höchstgrenze stellt sich dann insoweit nicht, da sie im Falle des Vorsatzes – auch unter Berücksichtung der Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung – nicht in Betracht kommt.

II. Die in der vorliegenden Untersuchung erzielten wesentlichen Ergebnisse zu den einzelnen Kapiteln lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Die kapitalmarktrelevante Unternehmenspublizität zeichnet sich gerade im Falle des Jahres- oder Konzernabschlusses, auf den sich eine Wirtschaftsprüferhaftung in erster Linie bezöge, nach wie vor durch eine Multifunktionalität aus.

§ 16 Schluss

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Die testierten Abschlüsse zielen dementsprechend nicht nur auf die Interessen der Kapitalanleger als solche, sondern auch auf die der Aktionäre, Gläubiger und anderen Betroffenen. Zu den nicht kapitalmarktspezifischen Funktionen des Jahresabschlusses zählen insbesondere seine Tatbestandswirkungen im Rahmen des Kapitalerhaltungssystems. Mit diesem Befund tritt die fortschreitende Orientierung an internationalen Rechnungslegungsstandards nicht grundsätzlich in Widerspruch. Unter den Funktionen der veröffentlichten Abschlüsse ist die Informationsvermittlung, und zwar unmittelbar zu eigenen Zwecken der Informationsadressaten, diejenige, an die eine Kapitalmarktinformationshaftung anknüpfen könnte. Solche Informationsadressaten sind insbesondere die Kapitalanleger, verstanden als Personen, die über den Erwerb oder die Veräußerung von Finanzinstrumenten, welche von der betreffenden Gesellschaft emittiert wurden, entscheiden oder dies erwägen. Da solche Personen als Marktteilnehmer bezeichnet werden können, lässt sich die pflichtige oder freiwillige Veröffentlichung als ein „Korrelat der Marktteilnahme“ verstehen. Eine Einengung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf die Aktionäre (gegenüber den Erwerbern oder Veräußerern sonstiger Finanzinstrumente) ist damit nicht zu vereinbaren. Abgesehen von den normativ geprägten Funktionen bildet die Beeinflussung des Kurses, also des Preises des Finanzinstruments, durch die Information eine wesentliche faktische Grundlage für eine Haftung wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformation gegenüber den Anlegern. Dieser Zusammenhang wird durch die These von der Informationseffizienz des Kapitalmarktes erklärt und ist in hinreichendem Umfang belegt. Zugleich wird die Informationshaftung dadurch zu einem Rechtsbehelf, durch den das fehlinformationsbedingt gestörte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei dem Erwerb oder der Veräußerung von Finanzinstrumenten unter Anlegern wiederhergestellt werden kann. Dabei muss nicht vorausgesetzt werden, dass sich der Preis des Finanzinstruments bei zutreffender Information fundamental richtig bilden würde und insofern dessen ,wahren Wert‘ wiedergäbe. Ausreichend ist, dass er unter Einbeziehung der Gegebenheiten des Marktes und der Marktteilnehmer als richtig, also als ,marktrichtig‘, aufgefasst werden kann. Unmittelbarer Anknüpfungspunkt einer Wirtschaftsprüferhaftung wären der Prüfungsvorgang und der Bestätigungsvermerk. Dabei entfaltet die Wirtschaftsprüfertätigkeit eine Kontrollfunktion. Die Kontrollfunktion ist, wie bereits die geprüften Abschlüsse selbst, nicht ausschließlich auf die Interessen der Kapitalmarktteilnehmer ausgerichtet. Sie verwirklicht sich bereits mit der Prüfung selbst, so dass sie eine Kapitalmarktinformationshaftung des Wirtschaftsprüfers nicht impliziert. Dem Bestätigungsvermerk kann außerdem eine Beglaubigungsfunktion beigelegt werden, die darin besteht, dem geprüften Abschluss zusätzliche Glaubhaftigkeit zu verschaffen. Sie ist nicht als Garantie der Ordnungsgemäßheit des Abschluss, sei es auch nur nach Maßgabe der Prüfungsstandards, zu verstehen. Auch aus dieser Funktion ist an sich kein Argument für die Haftungs-

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

bewehrung zu gewinnen. Die Prüfungsfunktion und die Beglaubigungsfunktion sind nichtsdestoweniger offen für eine sie ergänzende Haftung. 2. Die allgemein-bürgerlichrechtlichen Haftungsnormen des geltenden Rechts führen, wie die Untersuchung gezeigt hat, im Verhältnis des Wirtschaftsprüfers zu Dritten lediglich zu einer Nahbereichs- und Vorsatzhaftung. Die Nahbereichshaftung betrifft den vertragsnahen Bereich, der sich vor allem durch die grundsätzliche Überschaubarkeit des Haftungsrisikos auszeichnet. Mögliche Haftungsgründe sind der Auskunftsvertrag und besonders der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte. Der mit der Schuldrechtsreform in das BGB aufgenommene § 311 Abs. 3 führt entgegen verschiedenen in der Literatur vorgebrachten Thesen nicht zu einer Haftungsausweitung. Weiter geht die Vorsatzhaftung, die sich unter dieser engen subjektiven Voraussetzung aus unerlaubter Handlung nach den Vorschriften der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB ergibt. Die bürgerlichrechtliche Prospekthaftung reicht zwar in Fällen der Fahrlässigkeit über den Nahbereich hinaus. Sie lässt sich jedoch nicht, etwa unter pauschaler Berufung auf die typisierte Vertrauensinanspruchnahme, in Richtung auf die Sekundärmarktpublizitätshaftung des Wirtschaftsprüfers verallgemeinern, denn weitere Begründungselemente sind eng mit den Besonderheiten der Informationserteilung in Prospekten außerhalb des geregelten Kapitalmarktes verknüpft. 3. Das US-amerikanische Recht der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung, das näher in den Blick genommen wurde, ist in den letzten Jahren durch die Rechtsprechung und die Gesetzgebung erheblich beeinflusst worden. Die Tendenz dieser Rechtsentwicklung geht dahin, die Voraussetzungen für eine Klage der Anleger zu verschärfen und die Haftung einzugrenzen. Dieses Bestreben wird durch das Ziel geprägt, nicht hinreichend substantiierte Klagen frühzeitig abweisen zu können, so dass kein Anlass zu Vergleichsverhandlungen gegeben wird. Besonders deutlich ist die Tendenz bei der Haftung von Drittbeteiligten wie dem Wirtschaftsprüfer. Das Ziel der Prävention unzureichender Prüfungsleistungen, das – im Rahmen eines prononciert instrumentellen Rechtsverständnisses in den Vereinigten Staaten – noch in den achtziger Jahren die Diskussion prägte und die Rechtsprechung nicht weniger Gerichte beeinflusste, tritt dabei in den Hintergrund. Es wird stattdessen eher den Aufsichtsbefugnissen der SEC zugeordnet. Fälle wie ,Enron‘ oder ,WorldCom‘ haben insofern keine gegenläufigen Entwicklungen bewirkt. Stellt man die Frage, ob das US-amerikanische Recht der kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung als ein ,entwickeltes Recht‘ Vorbild für die euro-

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päische oder deutsche Gesetzgebung sein sollte, so ist vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass es seinerseits durch fortwährende Entwicklungen gekennzeichnet ist. Zudem muss eine funktional ausgerichtete Rechtsvergleichung davon ausgehen, dass die entsprechenden Vorschriften des US-amerikanischen Rechts vor allem im Zusammenhang mit dem Streben der Kläger nach einem Vergleich relevant werden. Das gerichtliche Verfahren fungiert hierbei vorab als ein Filter. Angesichts der abweichenden Rahmenbedingungen des deutschen Rechts, die über vordergründige Unterschiedlichkeiten wie etwa das Nichtbestehen eines Sammelverfahrens nach Art der class action hinausgehen, führt eine Orientierung an den Einzelheiten des Haftungstatbestandes und dem Haftungsumfang des US-amerikanischen Rechts daher kaum zu belastbaren Aussagen. Man wird das Bestehen einer Wirtschaftsprüferhaftung gegenüber Kapitalanlegern auch nicht als einen anzustrebenden internationalen Standard sehen können. Solche Standards wären abstrakter zu fassen, etwa als die Forderung nach wirksamer Regulierung und möglicherweise zumindest nach der Chance, für fehlinformationsbedingte Schäden Ersatz zu erlangen, wofür in erster Linie die Emittentenhaftung zur Verfügung steht. 4. Die Bewertung der ökonomischen Bestimmungsfaktoren für eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung muss von der Erkenntnis ausgehen, dass eine zu weitgehende Vereinfachung der Wirkungszusammenhänge in die Irre führt. Die mit einer Haftung aus ökonomischer Sicht idealerweise angestrebte Zuweisung der gesamtwirtschaftlichen Kosten an denjenigen, der ihre Entstehung durch sein Verhalten am leichtesten vermeiden könnte, wird vornehmlich durch Reputationswirkungen und die übliche Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers modifiziert. Dagegen ist die in gewissem Umfang bestehende Abhängigkeit der Prüfung von individuellen Wertungen des Wirtschaftsprüfers kein Hindernis für mögliche Steuerungswirkungen einer Haftung. Auch das im US-amerikanischen Recht zentrale Problem von Kosten, die durch nicht hinreichend begründete, aber dennoch zu Vergleichen Anlass gebende Klagen entstehen, dürfte nicht in diesem Ausmaß zu erwarten sein. Ein gewissermaßen natürliches Ergebnis einer kapitalmarktbezogenen Haftung wäre allerdings eine Verteuerung der Prüfung (idealerweise entsprechend dem Maß der Verbesserung der Prüfungsqualität), die sich in der Prüfungsvergütung niederschlagen dürfte. Zweifel an der Effizienz einer kapitalmarktbezogenen Haftung bestehen vor allem in zwei Hinsichten: Zunächst ist die rechtliche Vorherbestimmung des unter Effizienzgesichtspunkten optimalen Sanktionsmaßes kaum möglich. Ihr steht im Ausgangspunkt entgegen, dass die durch Fehlinformationen erlittenen individuellen Vermögensschäden nicht mit den gesamtwirtschaftlich maßgebenden Kosten zusammenfallen. Letztere lassen sich nicht quantifizieren, etwa ange-

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sichts von Folgekosten mit Blick auf die Verhältnisse im Markt für Wirtschaftsprüfungsdienstleistungen für börsennotierte Gesellschaften. Hinzu kommt die Beeinflussung der Wirkungen einer Schadensersatzhaftung durch Reputationseffekte: Ihnen kann der Wirtschaftsprüfer zwar nicht durch eine Versicherung entgehen. Sie sind jedoch außerordentlich unscharf, besonders in Hinsicht auf das Ausmaß der Öffentlichkeitswirkungen, die letztlich betroffenen Personen und die mangelnde Abhängigkeit von der Feststellung eines tatsächlichen Fehlverhaltens. Damit genügen sie wesentlichen Anforderungen an Instrumente der Verhaltenssteuerung nicht. Die finanziellen Auswirkungen einer Schadensersatzpflicht werden zudem durch eine Haftpflichtversicherung des Wirtschaftsprüfers erheblich abgeschwächt. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass hinreichende sekundäre Steuerungseffekte über die Bemessung der Versicherungsprämien erzielt werden. Der näher behandelte Vorschlag eines gesetzlich vorgeschriebenen Selbstbehalts für eine solche Versicherung bietet keine empfehlenswerte Lösung. Zum anderen würde eine Wirtschaftsprüferhaftung aus ökonomischer Sicht Zielkonflikte mit sich bringen. Die Prävention erfordert eine fühlbare finanzielle Belastung des fehlerhaft prüfenden Wirtschaftsprüfers selbst. Sie kann jedoch im Schadensfall Folgen für den Markt für Prüfungsdienstleistungen haben, die ihrerseits langfristig nachteilig wären. Zugleich erfordert die Aufrechterhaltung eines Klageanreizes, dass tatsächlich Aussicht besteht, Ersatz zumindest für einen gewissen Anteil des Schadens zu erlangen, wozu wiederum – angesichts der begrenzten Leistungsfähigkeit des Wirtschaftsprüfers – eine Versicherung erforderlich sein kann. 5. Die Untersuchung rechtlicher Grundsätze, mit denen sich eine kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung begründen lässt und aus denen Anforderungen abgeleitet werden können, beginnt bei nicht kapitalmarktspezifischen Ansätzen zur Haftungsbegründung. Vorschläge, die eine Berufshaftung befürworten, leiden jedoch an der übermäßigen Vagheit und Unbestimmtheit des Berufskriteriums und vor allem an dem Fehlen einer ihm immanenten Haftungsbegrenzung. Parallelen zur Notarhaftung lassen sich nur in allgemeiner Form ziehen; letztlich unterscheidet sich die Stellung des Notars tatsächlich und in ihrer rechtlichen Ausgestaltung erheblich von derjenigen des Wirtschaftsprüfers. Der – vordergründig für ,Finanzprodukte‘ einschlägige – Versuch, aus einer Gleichsetzung von Sachprodukten mit Dienstleistungen eine gewissermaßen erweiterte ,Produkthaftung‘ gegenüber Dritten auch für Leistungen wie den Bestätigungsvermerk abzuleiten, scheitert an der Unterschiedlichkeit der jeweils betroffenen Interessen. Dies gilt sowohl in Hinsicht auf den Inhalt der Haftung als auch auf die charakteristischen Fallkonstellationen. Im Ergebnis vermögen diese nicht kapitalmarktspezifischen Begründungsansätze somit nicht zu überzeugen.

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Weiterführend ist es dagegen, bei den kapitalmarktrechtlichen Zielen des Funktionen- und Individualschutzes anzusetzen. Das Ziel des Funktionenschutzes ist dabei in seinem Sinngehalt recht eindeutig. Es gibt der gesamtwirtschaftlichen Effizienz, die bislang nur als ökonomischer Beurteilungsmaßstab herangezogen wurde, eine rechtlich-normative Legitimation und transformiert sie dadurch in ein rechtliches Prinzip. Das Ziel des Individualschutzes wird demgegenüber, obwohl es als solches allgemein anerkannt ist, unterschiedlich gedeutet. Der verbreitete monistische Ansatz lässt es letztlich im Ziel des Funktionenschutzes aufgehen. Dagegen beziehen sich Sichtweisen, nach denen dem Individualschutz ein Eigenwert zukommt, traditionell auf sozialpolitische Erwägungen und sind davon abgesehen wenig konkret. Nach dem Standpunkt, der in der vorliegenden Untersuchung gewonnen wurde, lässt sich der monistische Ansatz gerade mit Blick auf die Schadensersatzhaftung nicht aufrechterhalten. Um den somit entscheidenden Gehalt des Individualschutzes für diesen Bereich zu ermitteln, kann analytisch bei der Aufgliederung in kapitalanlagebezogene Einzelrisiken angesetzt werden. Daraus leitet sich die Frage nach der Zuweisung des Fehlinformationsrisikos, das sich originär bei dem Kapitalanleger verwirklicht, an den Wirtschaftsprüfer ab. Der angemessene Ort für eine planvolle Risikozuweisung dieser Art sind bereits bestehende, anderweitig begründete Rechtsbeziehungen, in denen gegenseitige Rechte und Pflichten einen Rahmen finden, aufeinander abgestimmt und ausgeglichen werden können. Eine solche vorfindliche Rechtsbeziehung besteht aus der Sicht des Anlegers zu dem Emittenten, nämlich in Gestalt des Finanzinstruments. Sie bildet, abstrahiert von ihren verschiedenen typischen Erscheinungsformen, zugleich eine kapitalmarktrechtliche Rechtsbeziehung, in der auch entsprechende allgemeine kapitalmarktbezogene Risiken wie das Fehlinformationsrisiko zugewiesen werden können. Dagegen fehlt es im Verhältnis zwischen dem Wirtschaftsprüfer und dem Anleger an einem vergleichbaren Ansatz für eine planvolle Risikozuweisung. Die anschließend betrachtete Risikozuweisung außerhalb von Rechtsbeziehungen erfordert im Vergleich eine stärkere Abstimmung mit allgemeinen Grundsätzen. Paradigmatisch dafür stehen mit Blick auf primäre Vermögensschäden die allgemeinen deliktischen Haftungsnormen der §§ 823 Abs. 2, 826 BGB. Während eine Erleichterung der Kausalitätsanforderungen ebenso wie Modifikationen des Schadensersatzumfangs mit den so abgeleiteten Anforderungen der individualschützerischen Risikozuweisung vereinbar wäre, trifft dies auf eine Unterschreitung der Schwelle der Vorsätzlichkeit nicht mehr zu. Lässt sich die Haftung demnach insgesamt nur in begrenztem Umfang auf das Ziel des Individualschutzes stützen, so kommt es umso mehr darauf an, ob sie sich darüber hinausgehend allein mit Blick auf gesamtwirtschaftliche, namentlich präventive, Wirkungen, also mit dem Ziel des Funktionenschutzes, begründen ließe. Ausschlaggebend dafür ist (über die Zwecktauglichkeit solcher Ansätze aus ökonomischer Sicht hinaus), ob das dann als Instrument herangezogene

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Recht der Schadensersatzhaftung seinerseits mit diesem Ziel vereinbar ist. Eigengesetzlichkeiten dieses ,Mittels‘, die sich aus dem geltenden Recht insgesamt ergeben, sprechen zunächst dagegen. Zwar wird zum bürgerlichrechtlichen Haftungsrecht die gegenläufige These, die Prävention von Schädigungen sei allgemein oder sektoral als ihr bestimmender Hauptzweck anzusehen, öfter vertreten. Doch eine nähere Untersuchung zunächst der haftungsrechtlichen Grundkonzeption, in deren wesentliche Strukturelemente der Gesetzgeber nicht eingegriffen hat, ebenso wie vermeintlicher ,Wandlungen des Haftungsrechts‘ durch die Rechtsprechung bieten keine Anknüpfungspunkte für die Verfolgung von Zwecken, die über das konkrete Schuldverhältnis hinausgehen. Auch Vorgaben des europäischen Rechts, die gerade für die Wirtschaftsprüferhaftung relevant sein können, führen bei näherer Betrachtung nicht zu anderen Ergebnissen. So wird im paradigmatischen Bereich des Antidiskriminierungsrechts eine Umsetzung des richtlinienrechtlichen Sanktionierungsgebotes durch Schadensersatzansprüche zwar gebilligt, aber vom Europäischen Gerichtshof keineswegs als zwingend geboten angesehen. In vergleichbarer Weise zeigt sich der europäische Gesetzgeber im Wettbewerbsrecht eher zurückhaltend in Hinsicht auf präventiv motivierte Schadensersatzansprüche. Die unmittelbarer einschlägigen Richtlinien im Bereich der Kapitalmarktpublizität und Abschlussprüfung enthalten eher unbestimmte Gebote zur Sanktionierung und zivilrechtlichen Haftung, die dem Sanktionszweck nicht etwa systematisch untergeordnet werden. Auf derselben Linie liegt die Rom-II-Verordnung, die sich speziell auf Schadensersatz mit abschreckender Wirkung bezieht. Gegen die Auffassung, nach der die Schadensersatzhaftung in der Hauptsache (auch) präventiven Zwecken dienen solle, sprechen weitere Gründe. Als eine fortentwickelte Interpretation des geltenden Rechts lässt sich diese These nicht aufrechterhalten, denn dadurch würde einer politischen Wertungsentscheidung vorgegriffen, die dem Gesetzgeber vorbehalten ist und die er für das Haftungsrecht in seiner Breite nicht getroffen hat. Zweifel über das positive Recht hinaus ergeben sich aus dem Charakter der Effizienzförderung als Realziel, da so die Ungewissheit seiner Erreichbarkeit auf die Legitimität des Haftungstatbestandes durchschlägt. Zudem vermag der Präventivzweck den Schadensersatzanspruch in seinem inneren Zusammenhang zwischen der Aktiv- und Passivseite nicht zu erklären und zu begründen, obwohl der Zusammenhang für dieses Rechtsinstitut besonders charakteristisch ist.

III. Während sich für die Regelung einer kapitalmarktbezogenen Wirtschaftsprüferhaftung Grenzen ergeben haben, ist – gewissermaßen bei Gelegenheit der vor allem auf diese bezogenen Untersuchung – festzuhalten, dass die Haftung des Emittenten für die Sekundärmarktpublizität am geregelten Kapitalmarkt mit den

§ 16 Schluss

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aufgezeigten Anforderungen in vollem Umfang harmoniert. Ihre Erweiterung in Bezug auf die erfassten Publizitätsformen ist nicht nur europarechtlich geboten, sondern vor diesem Hintergrund auch deswegen gefordert, um die sachlich kaum begründbare, nur als Zwischenstand zu verstehende gegenständliche Beschränkung auf die Ad-hoc-Publizität (gemäß §§ 37b, 37c WpHG) zu überwinden. Im Ergebnis mag es sich trotz der hier aufgezeigten, verhältnismäßig engen Grenzen empfehlen, eine sie beachtende Wirtschaftsprüferhaftung ausdrücklich zu regeln. Abgesehen von der Anpassung der Kausalitätsanforderungen und der Rechtsfolgenbestimmung würde eine bereichsspezifische Vorschrift zur Klarheit ebenso wie zur Verdeutlichung der Rechtslage beitragen und könnte dadurch eine Signalwirkung entfalten. Sie entspräche dem Umstand, dass Prävention durch drohende Schadensersatzverpflichtungen kein bestimmender Grund, aber doch ein erwünschter Effekt von Haftungsvorschriften ist. Wenngleich die Schwelle der Vorsätzlichkeit in Bezug auf ein anlegerschädigendes Fehlverhalten des Wirtschaftsprüfers besondere Anforderungen stellt, verhält es sich andererseits nicht so, dass eine solche Haftung nur in theoretischen Fällen relevant werden würde oder dass Vorsätzlichkeit jedenfalls nie nachweisbar wäre. Vielmehr ist der Bundesgerichtshof Entscheidungen der Instanzen, die diesen Eindruck befördert haben, entgegengetreten.373 Daneben darf nicht übersehen werden, dass der Wirtschaftsprüfer in jedem Fall der von ihm geprüften Gesellschaft, dem Emittenten, haftungsrechtlich verantwortlich ist. Wenn die Voraussetzungen der (auf die Abschlusspublizität zu erweiternden) Haftung des Emittenten erfüllt sind, dann wird zugleich die Inanspruchnahme des Wirtschaftsprüfers im Regressweg ermöglicht. Mit Blick auf die Pflicht des Emittenten gegenüber den Anlegern, die pflichtgemäße Publizität zu gewährleisten, gelangt der Wirtschaftsprüfer dabei sogar in die Stellung eines Erfüllungsgehilfen des Emittenten, wenn anerkannt wird, dass es zum Pflichtenkreis des Emittenten – zumal als juristischer Person – gehört, die Richtigkeit und Vollständigkeit der publizierten Jahres- oder Konzernabschlüsse auch gegenüber den zu ihrer Aufstellung berufenen Organmitgliedern sicherzustellen, nämlich mit Hilfe des Wirtschaftsprüfers. Die Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers an der Erfüllung solcher kapitalmarktbezogenen Pflichten neben den Organmitgliedern des Emittenten kann durchaus Rückwirkungen auf sein Rechtsverhältnis zu dem Emittenten haben. So ist es kaum angemessen, wenn der Wirtschaftsprüfer bei gegebener eigener Pflichtverletzung dem Emittenten dessen Mitverschulden entgegenhalten kann, das auf zugerechnetem Fehlverhalten der Organmitgliedern des Emittenten beruht, obwohl sich die haftungsbegründende Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers letztlich auf eine drittgerichtete Pflicht des Emittenten bezieht, deren ordnungsgemäße Erfüllung mit und auch gegenüber den Organmitgliedern erreicht werden soll. Dem entspricht es eher, den Wirtschaftsprüfer auf 373

Vgl. oben im zweiten Kapitel unter § 5 IV. 2. a), b), S. 116 ff.

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5. Kap.: Anforderungen an kapitalmarktbezogene Wirtschaftsprüferhaftung

den Rückgriff bei den Organmitgliedern und den Ausgleich mit ihnen zu verweisen. In der Parallele zu den Organmitgliedern tritt außerdem die gesetzliche Haftungsbeschränkung zugunsten des Wirtschaftsprüfers, die gemäß § 323 Abs. 2 HGB bei Fahrlässigkeit besteht, scharf hervor. Dieses im Grunde seit der Notverordnung zur Einführung der Pflichtprüfung von 1931 bestehende Privileg mag gerechtfertigt erscheinen, wenn die Abschlussprüfertätigkeit wie eine beliebige von den Organen der Gesellschaft in Auftrag gegebene Geschäftsbesorgung für die Gesellschaft angesehen wird. Dann kann im Rahmen der zwingenden Regelung dieses Rechtsverhältnisses, die zur Ausgestaltung der Pflichtprüfung gewählt wurde, ohne weiteres berücksichtigt werden, dass entsprechende Haftungsbegrenzungen bei solchen Aufträgen zur Geschäftsbesorgung üblicherweise vereinbart werden würden und der Billigkeit entsprechen. Sobald jedoch in Betracht gezogen wird, dass die Prüfungstätigkeit letztlich ein Hilfsmittel zur Erfüllung drittbezogener gesetzlicher Publizitätspflichten der Gesellschaft ist, erscheint dies fragwürdig. Zumindest wird ein Spannungsverhältnis zu der Unbeschränkbarkeit der Haftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft (§§ 93 Abs. 4 Satz 3, 116 Satz 1 AktG, vgl. auch §§ 37b Abs. 6, 37c Abs. 6 WpHG) unübersehbar. Freilich ist der status quo eines gesetzlichen Haftungshöchstbetrages durch die Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung der Europäischen Kommission einstweilen gefestigt worden. Für diesen solitären Regelungsvorschlag ist es durchaus bezeichnend, dass er allein auf einen instrumentellen, das Ziel der Effizienz für sich in Anspruch nehmenden Begründungsansatz gestützt ist.

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Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union I. Richtlinien, Verordnungen und Empfehlungen Die Angaben verstehen sich einschließlich etwaiger nachfolgender Änderungen. Abänderungsrichtlinie: Richtlinie 2006/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 zur Änderung der Richtlinien des Rates 78/660/EWG über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, 83/349/EWG über den konsolidierten Abschluss, 86/635/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten und 91/674/ EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Versicherungsunternehmen, ABl. EU Nr. L 224 vom 16.8.2006, S. 1 Abschlussprüferhaftungsbeschränkungs-Empfehlung: Empfehlung 2008/473/EG der Kommission vom 5. Juni 2008 zur Beschränkung der zivilrechtlichen Haftung von Abschlussprüfern und Prüfungsgesellschaften, ABl. EU Nr. L 162 vom 21.6.2008, S. 39 f. Abschlussprüfungsrichtlinie: Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/ 349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, ABl. EU Nr. L 157 vom 9.6.2006, S. 87 Fair value-Richtlinie: Richtlinie 2001/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/ EWG und 86/635/EWG des Rates im Hinblick auf die im Jahresabschluss bzw. im konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen und von Banken und anderen Finanzinstituten zulässigen Wertansätze, ABl. EG Nr. L 283 vom 27.10.2001, S. 28 GmbH und Co.-Richtlinie: Richtlinie 90/605/EWG des Rates vom 8. November 1990 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG über den Jahresabschluss bzw. den konsolidierten Abschluss hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, ABl. EG Nr. L 317 vom 16.11.1990, S. 60 IAS-Verordnung: Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, ABl. EG Nr. L 243 vom 11.9.2002, S. 1 Insider-Richtlinie: Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABl. EG Nr. L 334 vom 18.11.1989, S. 30

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Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union

Jahresabschlussrichtlinie: Vierte Richtlinie 78/660/EWG des Rates vom 25. Juli 1978 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den Jahresabschluß von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, ABl. EG Nr. L 222 vom 14.8.1978, S. 11 Konzernbilanzrichtlinie: Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über den konsolidierten Abschluß, ABl. EG Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1 Modernisierungsrichtlinie: Richtlinie 2003/51/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2003 zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG, 83/349/ EWG, 86/635/EWG und 91/674/EWG über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen, von Banken und anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsunternehmen, ABl. EU Nr. L 178 vom 17.7.2003, S. 16 Produkthaftungsrichtlinie: Richtlinie 85/374/EWG des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte, ABl. EG Nr. L 210 vom 7.8.1985, S. 29 Prospektrichtlinie: Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl. EU Nr. L 345 vom 31.12.2003, S. 64 Prüferbefähigungsrichtlinie: Achte Richtlinie 84/253/EWG des Rates vom 10. April 1984 aufgrund von Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungslegungsunterlagen beauftragten Personen, ABl. EG Nr. L 126 vom 12.5.1984, S. 20 Publizitätsrichtlinie: Erste Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl. EG Nr. L 65 vom 9.3.1968, S. 8 Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. EG Nr. L 39 vom 14.2.1976, S. 40 Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl. EG Nr. L 180 vom 19.7.2000, S. 22 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. EG Nr. L 303 vom 2.12.2000, S. 16 Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl. EU Nr. L 373 vom 21.12.2004, S. 37

Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union

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Rom-II-Verordnung: Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), ABl. EU Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 40 Transparenzrichtlinie: Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/ EG, ABl. EU Nr. L 390 vom 31.12.2004, S. 38 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. EG Nr. L 1 vom 4.1.2003, S. 1 Verordnung (EG) Nr. 1725/2003 der Kommission vom 29. September 2003 betreffend die Übernahme bestimmter internationaler Rechnungslegungsstandards in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. EU Nr. L 261 vom 13.10.2003, S. 1 Wertpapierdienstleistungsrichtlinie: Richtlinie 93/22/EWG des Rates vom 10. Mai 1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABl. EG Nr. L 141 vom 10.5.1993, S. 27

II. Sonstige Verlautbarungen Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments: Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments, in: Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (KOM(2003) 138 – C5-0151/2003 – 2003/ 0045(COD)) vom 25.2.2004, S. 5–94 – Stellungnahme für den Rechtsausschuss vom 17.3.2005, in: Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (KOM(2004) 177 – C60005/2004 – 2004/0065(COD)) vom 1.7.2005, S. 80–107 Europäische Kommission: Geänderter Vorschlag einer fünften Richtlinie des Rates nach Artikel 54 Abs. 3 Buchstabe g) des Vertrages über die Struktur der Aktiengesellschaft sowie die Befugnisse und Verpflichtungen ihrer Organe vom 19. August 1983, ABl. EG Nr. C 240 vom 9.9.1983, S. 2 (synoptisch auch BT-Drucks. 10/467) – Grünbuch Rolle, Stellung und Haftung des Abschlussprüfers in der Europäischen Union vom 24.7.1996, KOM(96) 338 endgültig, ABl. EG Nr. C 321 vom 28.10. 1996, S. 1 – Grünbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts, KOM(2005) 672 endgültig vom 19.12.2005 – Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament, Stärkung der Abschlussprüfung in der EU, ABl. EU Nr. C 236 vom 2.10.2003, S. 2

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Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen der Europäischen Union

– Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates, KOM(2004) 177 endgültig vom 16.3.2004 – Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, KOM(2003) 138 engültig vom 26.3. 2003 – Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), KOM (2003) 427 endgültig vom 22.7.2003 – Weißbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts, KOM(2008) 165 endgültig vom 2.4.2008 EWSA: Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates“ vom 15.12.2004, ABl. EU Nr. C 157 vom 28.2005, S. 115 London Economics: Study on the Economic Impact of Auditors’ Liability Regimes, Final Report to EC-DG Internal Market and Services, London Economics in association with Professor Ralf Ewert, September 2006, verfügbar unter http:// ec.europa.eu/internal_market/auditing/docs/liability/auditors-final-report_en.pdf Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments: Entwurf einer legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments, in: Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung des Jahresabschlusses und des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien 78/ 660/EWG und 83/349/EWG des Rates (KOM(2004) 177 – C6-0005/2004 – 2004/ 0065(COD)) vom 1.7.2005, S. 5–79

US-amerikanische Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen I. Gesetze und Verordnungen des Bundes Clayton Act: Clayton Antitrust Act of 1914, ch. 323, 38 Stat. 730 (Oct. 15, 1914) (codified as amended at 15 U.S.C. §§ 12–27, 29 U.S.C. §§ 52–53) Form 10-K, for Annual and Transition Reports pursuant to Sections 13 or 15(d) of the Securities Exchange Act of 1934, 17 C.F.R. § 249.310 Form 10-Q, for Quarterly and Transition Reports under Sections 13 or 15(d) of the Securities Exchange Act of 1934, 17 C.F.R. § 249.308a FRCP: Federal Rules of Civil Procedure, Rules of Civil Procedure for the United States District Courts, effective Sept. 16, 1938, as amended to Dec. 1, 2007, prescribed by the U.S. Supreme Court pursuant to 28 U.S.C. § 2072 PSLRA: Private Securities Litigation Reform Act of 1995, Pub. L. No. 104-67, 109 Stat. 737 (Dec. 22, 1995) (codified in scattered sections of 15 U.S.C.) Regulation 12B, Registration and Reporting (Rules 12b-1 to 12b-37), 17 C.F.R. part 240 Regulation 13A, Reports of Issuers of Securities Registered pursuant to Section 12 of the Securities Exchange Act of 1934 (Rules 13a-1 to 13a-17), 17 C.F.R. part 240 Regulation 14A, Solicitation of Proxies (Rules 14a-1 to 14b-2), 17 C.F.R. part 240 Regulation 14C, Distribution of Information pursuant to Section 14(c) of the Securities Exchange Act of 1934 (Rules 14c-1 to 14c-101), 17 C.F.R. part 240 Regulation 15D, Reports of Registrants under the Securities Act of 1933 (Rules 15d-1 to 15g-100), 17 C.F.R. part 240 Regulation S-K, Standard Instructions for Filing Forms under the Securities Act of 1933, Securities Exchange Act of 1934, and Energy Policy and Conservation Act of 1975, 17 C.F.R. part 229 Regulation S-X, Accounting Rules, Form and Content of Financial Statements, 17 C.F.R. part 210 Rule 10b-5, Employment of Manipulative and Deceptive Devices, 17 C.F.R. § 240.10b51 Rule 12g-1, Exemption from Section 12(g) of the Securities Exchange Act of 1934, 17 C.F.R. § 240.12g-1

1

Rule 10b-5 und § 10(b) SEA werden oben auf S. 129 in Fn. 28 wiedergegeben.

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US-amerikanische Rechtsakte und amtliche Verlautbarungen

Rule 15c1-2, Fraud and Misrepresentation, 17 C.F.R. § 240.15c1-2 SA: Securities Act of 1933 (codified as amended at 15 U.S.C §§ 77a–77aa) SEA: Securities Exchange Act of 1934 (codified as amended at 15 U.S.C. §§ 78a– 78mm)2 SLUSA: Securities Litigation Uniform Standards Act of 1998, Pub. L. No. 105-353, 112 Stat. 3227 (Nov. 3, 1998) (codified in scattered sections of 15 U.S.C.) SOA: Sarbanes-Oxley Act (Public Company Accounting Reform and Investor Protection Act) of 2002, Pub. L. No. 107-204, 116 Stat. 745 (July 30, 2002) (codified in scattered sections of 11, 15, 18, 28 and 29 U.S.C.)

II. Gesetze und Verordnungen der Einzelstaaten Cal. Corp. Code: California Corporations Code

III. Sonstige Verlautbarungen SEC: Administrative policy on financial statements, SEC Accounting Series Release No. 4 (Apr. 25, 1938), 11 Fed. Reg. 10913 (Sept. 27, 1946) – Audit Committee Disclosure, SEC Release No. 34-42266 (Dec. 22, 1999), 64 Fed. Reg. 73389 (Dec. 30, 1999). – Notice of Adoption of Amendments to Rules 14a-3, 14c-3 and 14c-7 under the Securities Exchange Act of 1934 („Exchange Act“) to Improve the Disclosure in, and the Dissemination of, Annual Reports to Security Holders and to Improve the Dissemination of Annual Reports on Form 10-K or 12-K Filed with the Commission under the Exchange Act, SEC Release No. 34-11079 (Oct. 31, 1974), 39 Fed. Reg. 40761 – Order Regarding Section 103(a)(3)(B) of the Sarbanes-Oxley Act of 2002, SEC Release No. 33-8222, 34-47745 (Apr. 25, 2003), 68 Fed. Reg. 23335 (May 1, 2003) – Report Pursuant to Section 308(c) of the Sarbanes Oxley Act of 2002, 2007, verfügbar unter http://www.sec.gov/news/studies/sox308creport.pdf – Statement of Policy on the Establishment and Improvement of Accounting Principles and Standards, SEC Accounting Series Release No. 150 (Dec. 20, 1973), [1937– 1982 Accounting Series Releases Transfer Binder] Fed. Sec. L. Rep. (CCH) ¶ 72,172 U.S. Congress, Committee of Conference: Securities Litigation Reform, Conference Report, To accompany H.R. 1058, 104th Congress, 1st Session, H. Rpt. No. 104-369 (Nov. 28, 1995), 1995 U.S.C.C.A.N. 730

2

Rule 10b-5 und § 10(b) SEA werden oben auf S. 129 in Fn. 28 wiedergegeben.

Regeln für die Wirtschaftsprüfertätigkeit (Prüfungsstandards) IASB: Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements IDW: PS 200, Prüfungsstandard: Ziele und allgemeine Grundsätze der Durchführung von Abschlussprüfungen (IDW PS 200), WPg 2000, 706–710 – PS 201, Prüfungsstandard: Rechnungslegungs- und Prüfungsgrundsätze für die Abschlussprüfung (IDW PS 201), WPg 2000, 710–713 – PS 345, Prüfungsstandard: Auswirkungen des Deutschen Corporate-GovernanceKodex auf die Abschlussprüfung (IDW PS 345), WPg 2003, 1002–1020 – PS 900, Prüfungsstandard: Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen (IDW PS 900), WPg 2001, 1078–1084 IFAC: International Framework for Assurance Engagements – ISA 120, Framework of International Standards on Auditing, zum 1.1.2005 abgelöst durch das „International Framework for Assurance Engagements“ – ISA 800, The Auditor’s Report on Special Purpose Audit Engagements – ISAE 3000 (Revised), Assurance Engagements other than Audits or Reviews of Historical Financial Information, Revised – ISAE 3400, The Examination of Prospective Financial Information (vormals ISA 810) – ISRE 2400, Engagements to Review Financial Statements (vormals ISA 910) – ISRE 2410, Review of Interim Financial Information Performed by the Independent Auditor of the Entity PCAOB: Rule 3200T, Interim Auditing Standards, PCAOB Release No. 2003-006 (Apr. 4, 2003)

Personenverzeichnis Assmann 224, 251 Baetge 32 Baums 32 Brellochs 226 Calabresi 162 Canaris 100, 101, 102, 105, 109, 110

Hirte 218, 219 Hopt 55, 56, 209, 220, 223, 230, 235 Kalss 51, 54 Kersting 100, 102, 103, 106, 109 Köndgen 232 Kremer 226

Dühn 225

Lammel 210 Lutter 32

Ebke 29

Merkt 55, 56, 224

Fama 57 Fischer, Chr. 32 Fleischer 32, 249

Nann 29

Grunewald 209

Sauer 225

Ruhnke 70

Sachverzeichnis § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 129 – aiding and abetting 136 – anteilige Haftung (proportionate liability) 145 – Birnbaum rule 134, 150 – controlling person liability 142, 143 – fraud on the market 135, 139, 148 – Kausalität 135 – material fact 130 – pleading standard 132, 155 – punitive damages 147 – recklessness 131 – reliance 135 – scheme liability 138 – scienter 131 Abschlussprüfung 66, 74, 81, 216, 292 – Haftung gegenüber der Gesellschaft 84 Abschlussprüfungsrichtlinie 276 Ad-hoc-Publizität 42, 69, 238 – Haftung 31, 229, 244, 293 – Schutzgesetz 228 – Zielrichtung 48 Antidiskriminierungsrichtlinien 268 Arbeitskreis ,Abschlussprüfung und Corporate Governance‘ 32 Arbeitskreis Gesellschaftsrecht 31 Auskunftsvertrag 91, 124 Behavioral Finance 62, 63 Berufshaftpflichtversicherung siehe Haftpflichtversicherung Berufshaftung 208, 217, 250, 290 Bestätigungsvermerk 39, 74, 81, 114, 144, 213, 242 – Beglaubigungsfunktion 79, 82, 83, 217, 287 – US-Recht 126

Big Five 30 Big Four 179, 189 BilMoG 41, 46, 47, 67, 71 BilReG 41 Capital Asset Pricing Model 60, 64 cheapest cost avoider 168, 171 – Anleger 171 – geprüfte Gesellschaft 170 – Versicherer 171 – Wirtschaftsprüfer 169, 187 class action 132, 149, 154, 184, 289 Courage (EuGH) 270, 273, 274 deep pockets 173 deliktische Haftung 113 – Verletzung von Schutzgesetzen 113, 250 – Vorsatzhaftung 124 – vorsätzliche sittenwidrige Schädigung 116, 156, 246 D&O-Haftpflichtversicherung 172, 175, 199, 204 Effizienz 34, 167, 184, 222, 224, 226, 261, 289 – als Kriterium der Rechtsfortbildung 282 – als Realziel 282 – als Ziel rechtlicher Regelung 161 – gesetzliche Informationspflichten 159 – Schadensverteilung 172 Eigengesetzlichkeit des Mittels 254, 292 Eigenversicherungsunternehmen 180 Einzelrisiken 223, 235, 241, 253, 291 – Fehlinformationsrisiko 174, 237, 238, 240, 246, 249, 253, 291 – Informationsrisiko 223, 236, 238

334

Sachverzeichnis

– Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko 236, 237, 241 Emittentenhaftung 152, 241, 250, 289 Enforcement 81, 156, 191 Enron 30, 137, 151, 152, 180, 188 Entsprechenserklärung 41, 71 Europäische Kommission 29, 33, 67, 178, 179, 180, 182, 194, 270, 272, 274, 277, 278, 285, 294 Expertenhaftung gegenüber Drittbetroffenen 100, 104, 112 – Einwendungserstreckung 111 – Prospektgarantenhaftung 103 – Reichweite 101 – Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 102 – Vertrauensschutz 101, 108 – wirtschaftliches Projekt 101, 104 Fairness 232, 252 Fehlinformationsrisiko siehe Einzelrisiken Form 10-K 126 Form 10-Q 126 Funktionenschutz 55, 220, 221, 227, 230, 254, 258, 284, 286 – monistische Sichtweise 224, 231, 232, 252, 254, 291 gatekeeper 169, 185, 186, 187, 192 Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung 264, 267, 270, 280, 281 Generally Accepted Accounting Principles 127 grobe Fahrlässigkeit 32, 132, 183, 200, 229, 246, 248, 253 Haftpflichtversicherung 33, 34, 91, 171, 174, 193, 194, 200, 203, 205, 257, 277, 289 Haftungsbeschränkung 169, 180, 202, 216, 267, 276 – durch vorformulierte Vertragsbedingungen 91

– gesetzliche 98, 294 – vertragliche 85, 99 Hauptversammlungspublizität 45 holding claims 150 homo oeconomicus 160 IAS/IFRS 41, 46, 47, 66 Individualschutz 55, 114, 115, 220, 222, 233, 252, 258, 291 – als Ergebnis des Funktionenschutzes 227 – als Mittel des Funktionenschutzes 224 – als Sozialschutz 223, 231 – Eigenwert 232, 237, 286 – und Schutzgesetzeigenschaft 228 Information – als Rechenschaftsablegung 51 – unmittelbar zu Zwecken des Adressaten 53 Informationsdeliktshaftung siehe deliktische Haftung Informationseffizienz 248 – Anomalien 61, 64 – empirische Untersuchungen 59 – Hypothese 57, 63, 234, 287 Informationseffizienz des Kapitalmarktes 57 Informationsrisiko siehe Einzelrisiken Jahresabschluss 40, 66, 114, 120 Jahresabschlussrichtlinie 46, 71, 275 Kaldor-Hicks-Kriterium 162 KapInHaG 33, 158, 199 KapMuG 184 Klageanreiz 181, 183, 197, 206, 284, 290 Konzernabschluss 66, 114 Konzernbilanzrichtlinie 275 Kosten – primäre 162 – sekundäre 163, 173 – tertiäre 175

Sachverzeichnis last period problem 186 Legitimationsschwächen bei Realzielen 282, 285 London Economics-Studie 33, 179, 276 loss spreading 173, 284 Markt für Prüfungsdienstleistungen 178, 182, 290 Marktsegmente 42, 43, 241, 244 – Markt für internationale Prüfungsdienstleistungen 179 Nahbereichs- und Vorsatzhaftung 123 Notarhaftung 213, 217, 290 Organhaftung 158 Pareto-Optimalität 162 politisches Element des Rechts 281 Prävention – als bestimmender Hauptzweck 257, 280, 285 – als haftungsrechtlicher (Neben-)Zweck 255 – als tatsächliche Wirkung 255 – europarechtliche Vorgaben 267, 292 – innerer Zusammenhangs des Zwecks mit dem Haftungsrecht 282, 285 Präventivwirkung 157, 166, 171, 201, 203, 206, 278 Privatautonomie 88, 226, 233 Produkthaftung 218, 290 Prospekthaftung 120, 221, 226, 251, 275 – bürgerlichrechtliche 121, 123, 243, 253, 288 – spezialgesetzliche 120, 249 Prospektrichtlinie 275, 277 Prüferische Durchsicht 68, 80, 127 Prüfung 65 – Ad-hoc-Publizität 69 – Entsprechenserklärung 71

335

– freiwillige 74 – Kontrollfunktion 76, 78, 79, 81, 83, 287 – US-Recht 126 Prüfungsbericht 75, 78, 114 Publizität – Adressatengruppen 48 – Korrelat der Marktteilnahme 55, 287 – Zielrichtung 48 Rechnungslegung 40, 46, 71 – als Prüfungsgegenstand 77 – Ausschüttungsbemessungsfunktion 49 – Funktionen 45 – Informationsfunktion 46, 66, 78 – Informationswirkungen 50 – Konzernrechnungslegung 41 – Kosten fehlerhafter 169, 170 – Prüfung 215 – Prüfungsmaßstab 66 – Tatbestandswirkungen 49, 66, 78, 83 – US-Recht 127 – Zielrichtung 48 – Zwecke 50 Rechnungslegungsstandards 46, 128, 166, 287 Redepflicht des Abschlussprüfers 72, 78 Regierungskommission Corporate Governance 31 reine Vermögensschäden 163, 219, 229, 251, 253 repeat player 188 Reputation 81, 169, 172, 179, 186, 187, 190, 192 Reputationsintermediär 186 Reputationswirkungen 190, 193, 196, 205, 289 Risikostruktur des Finanzinstruments 54, 236, 242 Risikozuweisung 236, 239, 253 – außerhalb der Rechtsbeziehungen 246, 291

336

Sachverzeichnis

– Gründe und Wege 237 – innerhalb der Rechtsbeziehungen 240, 291 Rom-II-Verordnung 278, 292 Sachwalterhaftung 100, 102, 104, 105, 108, 110, 111, 112 Schadensersatzanspruch im europäischen Wettbewerbsrecht 270 Schmerzensgeld 256, 259, 261, 263, 264, 266 – Genugtuungsfunktion 263 scienter siehe § 10(b) SEA i.V. m. Rule 10b-5 Selbstbehalt – gesetzlich vorgeschriebener 197, 198, 200, 203, 204, 206, 283, 290 – in der Versicherungspraxis 197 – Umfang 201 Siebte GWB-Novelle 273 Sonderprüfungsbericht 74 Sozialschutz 223, 231 Sperrwirkung 87 Strafschadensersatz 271, 278 Streuschäden 184 Substanzerhaltungs- und Ertragsrisiko siehe Einzelrisiken technisches Element des Rechts 281 Transparenzrichtlinie 68, 275 Übermaßhaftung 165 U.S. Supreme Court – Central Bank 136, 140, 141, 151, 154 – Dabit 151, 153

– Dura 146, 151, 152, 154 – Stoneridge 139, 151, 152, 153 Verletzung von Schutzgesetzen siehe deliktische Haftung Verschuldenshaftung 114, 176 Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte 93, 124 – § 311 Abs. 3 Satz 1 BGB als Grundlage 96 – Erkennbarkeit 95 – Haftungssummenbeschränkung nach § 323 Abs. 2 HGB 97, 100 – Interessenwiderstreit 94 – Leistungsnähe 93 vorsätzliche sittenwidrige Schädigung siehe deliktische Haftung VorstAG 198 Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung 34, 203, 207, 254, 255, 280 Wirtschaftsprüferhaftung im geltenden Recht 84 – Auskunftsvertrag 91 – deliktische Haftung siehe dort – gegenüber der Gesellschaft 84 – gegenüber Dritten 91 – Prospekthaftung 120 – Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte siehe dort WorldCom 30, 151, 188, 288 Zieldualismus 220, 225, 229 Zivilprozess 191, 193 Zweites Schadensersatzrechtsänderungsgesetz 261