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German Pages 389 [390] Year 2019
Katharina Stifel Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel (NHC VI,1)
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur (TU) Archiv für die Ausgabe der Griechischen Christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte Begründet von O. von Gebhardt und A. von Harnack Herausgegeben von Christoph Markschies
Band 182
Katharina Stifel
Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel (NHC VI,1) Neu herausgegeben, übersetzt und erklärt
Herausgegeben durch die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften von Christoph Markschies
ISBN 978-3-11-055942-2 e-ISBN (PDF) 978-3-11-055999-6 ISSN 0082-3589 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data Names: Stifel, Katharina, editor, translator. Title: Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel : (NHC VI,1) / Katharina Stifel ; neu herausgegeben, übersetzt und erklärt. Other titles: Acts of Peter and the Twelve Apostles. German Description: Boston ; Berlin : De Gruyter, 2018. | Series: Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Band/volume ; 182 | Includes bibliographical references and index. Identifiers: LCCN 2018030270 (print) | LCCN 2018045061 (ebook) | ISBN 9783110559996 (electronic Portable Document Format (pdf) | ISBN 9783110559422 (print : alk. paper) | ISBN 9783110559996 (e-book pdf) Subjects: LCSH: Acts of Peter and the Twelve Apostles. Classification: LCC BT1392.A37 (ebook) | LCC BT1392.A37 G37 2018 (print) | DDC 229/.925--dc23 LC record available at https://lccn.loc.gov/2018030270 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die für den Druck leicht veränderte und mit Registern versehende Fassung meiner Dissertation, die im Sommersemester 2016 von der Theologischen Fakultät zu Berlin als Promotionsschrift angenommen wurde. Ohne die fachliche – und auch persönliche – Begleitung vieler Menschen hätte diese Arbeit nicht entstehen können. An erster Stelle möchte ich meinem Doktorvater Prof. Dr. Hans-Gebhard Bethge danken. Während des Studiums hat er mich für die koptische Sprache begeistert. Jeden Mittwoch bot er eine Übersetzungsübung an und Studierende der Theologie, Ägyptologie und Geschichte haben sich gemeinsam sukzessive eine Nag-Hammadi-Schrift und die koptische Grammatik er-schlossen. Ich denke sehr gern an diese Zeit zurück. Die vorliegende Arbeit hat er all die Jahre in ihrer Entstehung begleitet: durch regelmäßige Gespräche, das Vermitteln von Kontakten und schließlich durch das Erstgutachten. Auch die Tatsache, dass meine Tochter Karlotta während unserer Gespräche durch sein Büro krabbeln und mit dem Spielzeug seiner Enkel spielen durfte, war ein großes Geschenk. Mein herzlicher Dank gilt auch Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Christoph Markschies, an dessen Doktorandencolloquium ich teilnehmen durfte. Die Forschungsprojekte aus dem weiten Feld der Kirchengeschichte waren für mich eine Bereicherung und regten mich dazu an, über den eigenen fachlichen Manuskriptrand hinaus zu blicken. Sehr glücklich bin ich darüber, dass Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Christoph Markschies das Zweitgutachten für diese Arbeit übernommen hat. Sein fachlich-kritischer Blick hat diese Arbeit sehr befördert und er setzte sich für ihre Aufnahme in die Reihe „Texte und Untersuchungen“ ein. Vielen Mitgliedern des Berliner Arbeitskreises für koptisch-gnostische Schriften bin ich dankbar verbunden. Tagelang vergrübelte Knoten der koptischen Grammatik wusste Dr. Uwe-Karsten Plisch kompetent und schnell zu lösen und auch PD Dr. Ursula Ulrike Kaiser war bei Fragen stets ansprechbar. Konrad Schwarz verdanke ich viele hilfreiche Tipps zu koptischen Schriftsätzen, literarischen Gattungen und erster Hilfe bei Kinderkrankheiten. Ohne die Förderung der Konrad-Adenauer-Stiftung hätte diese Arbeit nicht entstehen können. Natürlich bin ich für die finanzielle Förderung sehr dankbar, aber bereichert hat mich gerade auch der wissenschaftliche Austausch mit den anderen Promovierenden. Besonders Prof. Dr. Notger Slenczka danke ich für sein Engagement als Vertrauensdozent und die Begleitung in der Promotionszeit. Er bot unserer Hochschulgruppe ein Plenum für fachlichen Austausch und sorgte mit kulturellen Angeboten und Ruderausfahrten für Abwechslung im Arbeitsalltag. Für die unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem Verlag Walter de Gruyter und besonders Stefan Selbmann bin ich zu Dank verpflichtet. Und schließlich: Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Familie. Meine Eltern haben mir immer wieder Freiräume geschaffen. Meine Mutter, Renate Schwarz, erkundete mit meiner Tochter bereitwillig die Berliner Spielplätze, damit ich in Ruhe arbeihttps://doi.org/10.1515/9783110559996-201
VI
Vorwort
ten konnte. Mein Mann, Jonas Stifel, hat mich immer wieder ermutigt, wenn ich an mir und meiner Arbeit gezweifelt habe. Und meine Tochter Karlotta hat diese Arbeit auf ihre eigene Weise unterstützt: Schon mit 18 Monaten konnte sie maau zu mir sagen – das koptische Wort für Mutter. Berlin, Pfingsten 2018
Katharina Stifel
Inhaltsverzeichnis Vorwort V
I
Einführung in die Schrift
1
Eine ungewöhnliche Erzählung 3
2
Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi 4 Äußeres Erscheinungsbild und Material 4 Schreibung und Sprache 5 Die ActPt als Teil von Nag-Hammadi-Codex VI 9 Die Schreibernotiz und die Auftraggeber des Code 11
2.1 2.2 2.3 2.4
3 Historische Einordung der „Taten des Petrus und der zwölf Apostel“ 13 3.1 Datierung und Lokalisierung 13 3.2 Verfasser 17 3.3 Religionshistorische Verortung 18 4 Forschungsüberblick 22 4.1 Faksimile-Ausgabe und Editionen des koptischen Textes 22 4.2 Erster Forschungsschwerpunkt: Redaktions- und Quellentheorien 22 4.2.1 Drei-Quellen-Modelle 22 4.2.2 Zwei-Quellen-Modelle 24 4.3 Zweiter Forschungsschwerpunkt: Textverständnis und intertextuelle Bezüge 25 4.4 Ein „hybrider Großtext“? Die Frage nach der Gattung der ActPt 26 4.4.1 Die Klassifizierung als Apostelgeschichte 26 4.4.2 Ein heterogener Text 27 4.4.3 Jenseits der neutestamentlich geprägten Gattungen 28 4.4.4 Eine fiktionale Erzählung zwischen Apostelgeschichte und Dialogevangelium 30 4.4.5 Die ActPt: Eine Parabel 30
VIII
Inhaltsverzeichnis
II Textedition 1
Erläuterung zu Textedition, Übersetzung, kritischem Apparat und Register 37
2
Text und Übersetzung 40
3 Register 62 3.1 Koptische Wörter 62 3.2 Koptische Wörter griechischen Ursprungs 85 3.3 Eigennamen 88 3.4 Satzmuster 88 3.5 PTN-Determinatoren 94
III Kommentar 1 1.1 1.1.1 1.1.2
Zur Methodik 101 Aufbau des Kommentars und zugrundeliegende Methodik 101 Analyse des Erzähltextes 101 Analyse der Symbolik 103
2 Bezüge zu anderen Schriften 107 2.1 Die Beziehungen zu den kanonischen Evangelien 108 2.1.1 Das Petrusbekenntnis 108 2.1.2 Gott als Vater 109 2.1.3 Jesus als Königssohn und Herr 109 2.1.4 Die Herrschaft der Himmel 109 2.1.5 Das Symbol der Perle 110 2.1.6 Schlussfolgerung 111 Der „Brief des Jakobus“ (NHC I,2) 111 2.2 Der Mensch als Stadt 112 2.2.1 2.2.2 Bekleidungsmetaphorik 113 2.2.3 Erzählchronologie 113 2.2.4 Schlussfolgerungen 113 2.3 Der Himmelabstieg in der Epistula Apostolorum 114 2.4 Die Thomasakten 115 Christus und Thomas als Ärzte und die Heilung der Seele 116 2.4.1 Die Perle als anthropologisch-soteriologisches Symbol 117 2.4.2 Die Askese und der vielgestaltige Christus 117 2.4.3 2.4.4 Schlussfolgerungen 118 Aphrahat und seine bilderreiche Sprache 118 2.5
Inhaltsverzeichnis
IX
2.5.1 Das Bauwerk des Glaubens als Wohnstätte Christi 119 2.5.2 Bildreiche Christologie, Askese und medizinische Metaphorik 119 2.5.3 Schlussfolgerungen 120 2.6 Der Liber Graduum 121 2.6.1 Vervollkommnung des Menschen auf dem spirituellen Weg in die Stadt Christi 121 2.6.2 Ekklesiologie und Spiritualität 122 2.6.3 Körperliche und seelische Heilung 123 2.6.4 Schlussfolgerungen 123 2.7 Die kostbare Perle des Lebens in den Schriften des PseudoMakarios 124 2.8 Lukians unglaubliches Spiel mit dem Leser 125 3 Einführung in die Erzählung 128 3.1 Die Erzählwelt 128 3.2 Die Erzählzeit 129 3.3 Die Handlungsträger 130 3.3.1 Lithargoel 130 3.3.2 Die Bedeutung des Namens „Lithargoel“ 131 3.3.3 Der Arzt 132 3.3.4 Jesus Christus 132 3.3.5 Petrus und die Jünger 133 3.3.6 Die Menschen in der Stadt „Wohne“ 133 3.3.7 Nebenfiguren 134 3.3.8 Schlussfolgerungen aus der Figurenkonstellation 135 3.4 Wichtige Symbole der Erzählung 135 3.4.1 Die Städte-Symbolik 135 3.4.2 Der Weg 141 3.4.3 Die Perle als Symbol der Vollkommenheit 142 3.5 Die Christologie der Erzählung 146 3.5.1 Lithargoel 146 3.5.2 Der Arzt 149 3.5.3 Der offenbare Jesus Christus 150 3.5.4 Jesus Christus als Vorbild der Bewährung 151 3.5.5 Doketistische Christologie? 151 3.5.6 Jesus Christus als Rollenspieler 152 3.6 Petrus – Anführer mit Ambivalenzen 153 3.7 Heil und Heilung 155 3.7.1 Medizin, Ärzte und Heilung in den ActPt 155 3.7.2 Die Verbindung von Heilung und Verkündigung 158 3.7.3 Heilung durch Jesus Christus, den Arzt 158 3.7.4 Die Sünde als Krankheit der Seele 160
X
Inhaltsverzeichnis
3.7.5 3.7.6 3.7.7 4
Die Abgrenzung von der weltlichen Medizin 160 Die Jünger als Nachfolgende 162 Heilung für Körper und Seele 162 Kommentierung durch die Abschnitte der Schrift 163
Anhang Abkürzungen 335 Literaturverzeichnis 336 Namens-/Sachregister 348 Stellenregister 351
I Einführung in die Schrift
1 Eine ungewöhnliche Erzählung Die Schrift, die – vermutlich sekundär – als „Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel“ (ActPt) untertitelt wurde, ist eine außergewöhnliche Erzählung der antiken christlichen Literatur. In einer mythischen Welt verschwimmen Realität und Fiktion, Jesus Christus erscheint in wechselnden Rollen und täuscht Petrus und die anderen Jünger. Die ActPt entfalten ihre Theologie vor dieser surrealen Kulisse und setzen dabei auf die aktive Mitarbeit des Lesers.1 Sie thematisieren die Frage nach der Erlösung des Menschen, der richtigen imitatio Christi und geben Richtlinien für das Zusammenleben in der Gemeinde. Die Geschichte beginnt mit einer Seefahrt der Apostel in eine mysteriöse Inselstadt „Wohne“,2 die wohl die Kirche symbolisieren soll. Die Stadt wird Schauplatz der visionär-allegorischen Erzählung von einem Perlenkaufmann namens Lithargoel. Petrus beobachtet, wie dieser durch die Straßen geht und eine unsichtbare Perle anpreist. Nachdem die reichen Einwohner ihn verspotten, interessieren sich die Armen für ihn und bitten den Kaufmann, ihnen seine Perle zu zeigen. Lithargoel verspricht, ihnen die Perle sogar zu schenken, falls sie den schwierigen Weg in seine Stadt „Neun Pforten“ bewältigen, auf dem Löwen, Hunde, Räuber und Stiere lauern. Nur wer diesen Weg ohne Wasser, Proviant und kostbare Kleidung geht, wird in der Stadt ankommen, in der die Perle verschenkt wird. Die Apostel gehen den gefährlichen Weg und treffen in der Stadt wirklich den Perlenverkäufer Lithargoel wieder. Er hat sich nun als Arzt verkleidet und heilt einen Menschen. Nach einer Weile offenbart er den Aposteln jedoch seine dritte und wahre Identität: Er streift die Verkleidung ab und vor den Jüngern steht Jesus. Dieser beauftragt seine Jünger in die Welt zurückzukehren, um dort die Einwohner an Leib und Seele zu heilen und für die armen Menschen zu sorgen. Die Reichen hingegen sollen sie meiden und richten, da sie sündig seien und andere Gemeindemitglieder zur Sünde verleiten würden.
1 Es werden maskuline Bezeichnungen gebraucht, die femininen sind gedanklich darin inkludiert. 2 Die Namen der beiden Städte in der Erzählung sind längere Phrasen, vgl. 6.4.1. In dieser Arbeit werden sie in der Regel mit den Kurztiteln „Wohne“ und „Neun Pforten“ bezeichnet. https://doi.org/10.1515/9783110559996-001
2 Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi 2.1 Äußeres Erscheinungsbild und Material Die Erzählung steht als erste Schrift im Codex VI der Schriften von Nag Hammadi, der 78 mit schwarzer Tinte beschriebene Papyrusseiten enthält. Die Erzählung selbst füllt knapp 12 Seiten. Die Seiten wurden mittig gefaltet und auf diesem Falz in einen Einband aus Schafleder eingenäht und gebunden. Der Einband ähnelt den Umschlägen der Nag-Hammadi-Codices IX, X und – mit einigen Einschränkungen – II.1 Erst nach dem Einbinden wurden sie beschrieben, davon zeugt das sogenannte blotting, also spiegelbildliche Tintenspuren auf gegenüberliegenden Seiten, die z. B. auf den Seiten 2 und 3 zu sehen sind. Dank angebrachter Lederbänder konnte der Umschlag fest verschlossen und der Codex zusammengehalten werden. Zur Verstärkung der Kartonage wurden bei der Herstellung des Codex alte Dokumente eingebunden. Innerhalb des Einbands von Codex VI fanden sich Namenslisten, die wohl der Besteuerung dienten.2 Die Kartonagedokumente konnten in die zweite Hälfte des 4. Jh. datiert werden. Nach einer Untersuchung von Eric Gardner Turner betrug die durchschnittliche Dauer, nach der ein Papyrus eventuell wiederverwendet wurde, ungefähr 25 Jahre, aber das Beispiel des Papyrus Berolinensis 8502 zeigt, dass diese zeitliche Entfernung mitunter größer sein konnte.3 Demnach wäre Codex VI frühestens in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. und spätestens in der ersten Hälfte des 5. Jhs. erstellt worden.4 Codex VI hat zwei Besonderheiten: er enthält eine persönliche Notiz des Schreibers und in den Einbanddeckel war – neben dem Beginn von der Schrift „Der Ursprung der Welt“ – auch der Traktat „Die dreigestaltige Protennoia“ aus Codex XIII eingesteckt. Anscheinend ging der Schreiber davon aus, dass der/die Auftraggeber von Codex VI bereits hermetische Schriften besaßen und entschuldigt sich für das eigenmächtige Hinzufügen einer hermetischen Schrift. Ob damit das sogenannte „Hermetische
1 Vgl. Robinson, Codicological Analysis, 30. Eine ausführliche Beschreibung der Codices findet sich auch bei Lundhaug, Nag Hammadi Codices. Für allgemeine Informationen zur Herstellung von Codices sei verwiesen auf Buzi/Emmel, Coptic Codicology. 2 Khosroyev, Bibliothek von Nag Hammadi, 4. 3 Turner, Recto und Verso, 106. Der Codex Berolinensis Gnosticus wird in das 5. Jh. datiert (Till/ Schenke, Papyrus Berolinensis, 21), dessen Kartonagedokumente aber bereits in das frühe 4. Jh. (Treu, Christliches Empfehlungsschreiben, 53 f.). 4 Lundhaug, Images of Rebirth, 6–9, stellt die frühen Datierungen einiger Nag-Hammadi-Codices in Frage, besonders im Fall von Codex II. Mit Blick auf Codex II, der kein datierbares Material wie Briefe oder Urkunden in der Kartonage enthält, spricht er sich für eine spätere Datierung und die Annahme eines terminus ante quem im 5. Jh. aus. https://doi.org/10.1515/9783110559996-002
2 Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi
5
Dankgebet“ oder der „Asklepios“-Dialog gemeint ist, ist unklar.5 Plausibler erscheint es, dass der Schreiber ohne Beauftragung nur das gut eine Seite lange Gebet einfügte und nicht den langen Dialog, der weitaus mehr teuren Papyrus beansprucht hätte. Für die Einfügung der „Protennoia“-Seiten sind zwei Erklärungen denkbar: Der Besitzer entfernte die Seiten aus Codex XIII, weil er den Codex tauschen oder verkaufen, die „Protennoia“ aber behalten wollte.6 Oder, und das ist m. E. überzeugender, wegen der inhaltlichen Bezüge zwischen der „Protennoia“ und vor allem der „Brontê“, dem „Asklepios“ und den ActPt, vereinte er die Schriften in einem (Ein-)Band.7 Die Schriften teilen Vorstellungen von einer himmlischen, polymorphen Offenbarungsgestalt, die sich in Selbstbeschreibungen offenbart und als Logos in die Welt kommt und Jesus „anzieht“.
2.2 Schreibung und Sprache Die Codices, die heute zum Nag-Hammadi-Corpus zählen, wurden 1945/46 in Ober ägypten in der Nähe der gleichnamigen Stadt gefunden.8 Die lange Zeit der Lagerung und wohl auch die teilweise unsachgemäße Behandlung der Schriften nach dem Fund haben die ersten acht Seiten von Codex VI stark beschädigt. Der Text im oberen Drittel ist jeweils lückenhaft. Davon abgesehen, ist der Text aber gut erhalten und regelmäßig geschrieben. Die ActPt füllen die ersten 12 Seiten von Codex VI, die letzte Seite ist allerdings nur halb beschrieben. Auf einer Seite stehen durchschnittlich 32 bis 35 Zeilen mit jeweils ca. 19 bis 22 koptischen Zeichen. Auf jeder Papyrusseite steht ein Textblock. Rechts und links sind Ränder gelassen, der linke Rand ist klar gezogen, über den rechten hat der Schreiber gelegentlich hinausgeschrieben. Die Buchstaben a, k und e hat der Schreiber am Zeilenende oft schmuckhaft verlängert und über den Rand laufen lassen. Der Titel wurde auf der letzten Seite unter die Schrift gesetzt und durch spitze Klammern und Striche gerahmt. Der Supralinearstrich steht regulär als Silbenanzeiger über den Konsonanten m, n und r. Er ist immer leicht gerundet, selbst wenn er über zwei oder drei Konsonanten gesetzt ist. Eine Besonderheit ist die Setzung des Supralinearstriches über der Silbe Hi- in ihren verschiedenen Kombinationen. Außerdem steht der Supralinear-
5 Khosroyev, Bibliothek von Nag Hammadi, 10 f., geht davon aus, dass sich die Notiz auf Asklepios bezieht. Williams/Jenott, Inside the Covers, 1037–1043, argumentieren mit Blick auf die Verteilung des Textes m. E. plausibler, dass sich die Notiz auf das Gebet bezieht. 6 Khosroyev, Bibliothek von Nag Hammadi, 8 f. 7 Williams/Jenott, Inside the Covers, 1048–1052. 8 Eine ausführliche Version der Fundgeschichte bietet Robinson, Nag Hammadi Story, 1–43.64 f. Vgl. dazu die kritischen Anfragen von Lewis/Blount, Rethinking the Origins, 399–419.
6
I Einführung in die Schrift
strich über den Nomina Sacra is und xs, und – einmal – über dem Namen liqar
gohl. Zudem markiert er das Zahlzeichen q (p. 6,24).
Als Gliederungszeichen dient der Apostroph, der in den ActPt sehr häufig einem t folgt. Er dient der silbischen Trennung nach Relativkonvertern oder Nominalbildungspräfixen wie mnt- oder Sat-. Der Apostroph steht auch nach dem Konjunktiv und häufig am Wortende bei p, r und m. Nur bei wenigen Ausnahmen begegnet er innerhalb eines Wortes, z. B.: mes~t’Hht‘ (p. 2,25). Zur Abgrenzung von Satz-, Sinn- und Sprecheinheiten wird der hochgestellte Punkt verwendet, der durchweg auf dem oberen Drittel der Zeile steht. Das Trema erscheint regulär über dem i, z. B. in nai+, tai+, paI oder eHrai+. Die ActPt sind nur in Codex VI überliefert. Zu anderen Nag-Hammadi-Schriften wurden Parallelen gefunden, z. B. in den Oxyrhynchos-Fragmenten, im Codex Tchacos oder Berolinensis Gnosticus, aber die ActPt haben keine weitere schriftliche Bezeugung. Wahrscheinlich liegt in NHC VI,1 auch nicht das Original, sondern eine Übersetzung vor. Diese Übersetzung könnte sich auf ein vielleicht griechisches oder – falls die Schrift auf Koptisch verfasst wurde – bohairisches Original gründen, das in ein Koptisch sahidischen Dialekts übersetzt wurde. Im Gegensatz zu anderen NagHammadi-Schriften, in denen z. B. ein stehengebliebener Akkusativ auf eine mögliche ursprünglich griechische Abfassung hinweist, haben wir in den ActPt keine Indizien für eine griechische Vorlage. Die vielen griechischen Vokabeln sind kein Beweis für ein verlorenes griechisches Original, da „Lehnwörter“ in der koptischen Sprache weit verbreitet sind. Eine gewisse Beweiskraft haben möglicherweise die beiden Vokative petre und w petre (p. 9,15; 10,23) – sie sind jedoch wahrscheinlich durch biblische Sprache motiviert, die Handschriften des sahidischen Neuen Testaments ließen mitunter die griechischen Vokative stehen.9 Manchmal begegnen in den ActPt Umstandssätze, die nicht nur im Rahmen einer perfektischen Periode stehen, sondern über längere Passagen Sinneseindrücke beschreiben und evtl. eine ursprünglich griechische Partizipialwendung wiedergeben. In p. 2,29 liegt ein solcher Schachtelsatz vor: nere teFsmh sNs\n pe eFHor\S eFSaJe? eFwS. Wörtlich ins Deutsche übertragen lautet der Satz: „Seine Stimme hallte durch die Stadt, wobei er langsam war, wobei er sprach, wobei er rief (…).“ Dieses Phänomen begegnet häufiger in Übersetzungen ursprünglich griechischer Texte. Falls(!) den ActPt ein griechisches Original zugrunde lag, stand hier vielleicht: „(…) φωνή αὐτοῦ βραδὺς λεγῶν καλῶν (…).“ Der Liber Bartholomaei beweist allerdings, dass solche aneinander gereihten Umstandssätze auch ein Stilmerkmal der späteren koptischen Sprache sind.10
9 Vgl. z. B. Lk 22,34; Apg 10,13; 11,7. 10 Im Liber Bartholomaei (verfasst auf Koptisch, vermutlich im 8. oder 9. Jh. in einem Kloster im südlichen Oberägypten) begegnen solche Reihungen im Circumstantialis noch ausgeprägter, vgl. Ms. C 31,25–32,16. Dieses Phänomen findet sich häufiger in späteren sahidischen Texten (vgl. Westerhoff, Auferstehung und Jenseits, 33 f. und 226 f.).
2 Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi
7
Wie zahlreiche Nag-Hammadi-Texte sind auch die Schriften in Codex VI in einem von benachbarten Dialekten beeinflussten Sahidisch geschrieben. Codex VI ist stark dialektal geprägt. Die ActPt gelten unter den Nag-Hammadi-Schriften als „unique phenomenon“.11 Sie fallen durch besondere sprachliche Heterogenität auf; ihr Sahidisch ist sowohl vom nördlichen Bohairisch als auch von südlichen Dialekten, wie dem Lykopolitanischen, beeinflusst.12 Die sprachliche Vielschichtigkeit der Texte resultiert vielleicht daraus, dass die Schriften in Ägypten kursierten und im Abschreibe- bzw. Transponierungsprozess Spuren der jeweiligen Dialekte aufnahmen – zumal die Dialekte ohnehin nicht klar voneinander abgegrenzt waren.13 Wegen der vielen Beeinflussungen durch das Bohairische schlug Wolf-Peter Funk einen nördlichen Entstehungshintergrund für den Text vor. Die sprachlichen Besonderheiten, wie die Spuren südlicher, nicht-sahidischer Dialekte, sprechen für ihn allerdings dafür, dass der Text unter anderen Umständen in ein „quasi-Sahidisch“ transponiert wurde als andere bohairisch geprägte Texte der Nag-Hammadi-Codices.14 Der Übersicht halber sollen die auffälligsten und häufigsten sprachlichen Besonderheiten der ActPt im Folgenden aufgelistet werden. In den ActPt begegnen Varianten bestimmter Schreibungen und Formen, die sich jedoch noch im Rahmen des standardisierten Sahidisch bewegen. Dazu zählen vor allem: – -i statt -ei, z. B. piwt (p. 6,18) – -i statt -ei in griechischen Wörtern, z. B. pirasmos (p. 7,9 f.) – -ei statt -i+, z. B. moeit (p. 12,7) – die Kontraktion von eou zu eu, z. B. euN (p. 2,13) Gelegentlich sind Buchstaben verdoppelt, vgl. meeue (p. 2,33) statt meue oder mooSe (p. 8,18) statt moSe. Mitunter steht ein zusätzlicher Laut am Wortanfang oder -ende, z. B. eHh (p. 11,8) anstelle von Hh oder nae (p. 4,18.20.22) statt na. Dialektbedingt variieren einzelne Vokale. So steht anstelle eines a häufig ein e, z. B. mete (p. 1,10) statt mate. Mitunter tritt a für o ein, z. B. kaeiHe (p. 2,26) für koeiH. In den ActPt begegnet das Phänomen der Pleneschreibung neben der Schreibung von Nomen und Verben auch bei: – Präfixkonjugationen, z. B. eei- (p. 2,9) oder neei- (p. 2,17) – dem status pronominalis der Präposition e- (p. 9,13) und der Objektsanknüpfung n- (p. 9,6) mit dem Suffix der 1. Person Singular 11 Funk, Linguistic Aspect, 128. 12 Funk, Linguistic Aspect, 128. Viele sprachliche Abweichungen und Auffälligkeiten sind auch verzeichnet bei Krause/Labib, Gnostische und hermetische Schriften, 36–41. 13 Zu diesem Schluss kommt auch Khosroyev, Bibliothek von Nag Hammadi, 36–38 und 58. 14 Funk, Linguistic Aspect, 128.
8
I Einführung in die Schrift
Der Einschub eines o vor u15 ist aus süd- und nordägyptischen Dialekten bekannt. In ActPt finden sich dazu folgende Formen: – thou, shou, erhou und Nnhou (Belege s. Register) Einige Stativformen weichen von der üblichen Schreibung ab, z. B.: – talhout, \stoe Ein typisches Merkmal des nördlichen Dialekts ist der häufige Gebrauch von pi-, T- und ni- in den ActPt, deren Bedeutung semantisch zwischen bestimmtem und demonstrativem Artikel steht. Außerdem finden sich typisch bohairische Lexeme im Text, z. B. baIaik (p. 5,11), und es werden Zahlenwerte, keine Zahlwörter verwendet (vgl. p. 6,24 q für yis). Gleichzeitig gibt es viele Spuren südlicher Dialektbeeinflussungen. Der Infinitiv eime wird ohne i geschrieben: Mme (p. 11,12), die Präposition e- (sahidisch) wird häufig mit a- gebildet (p. 2,9; 7,18) und anstelle der Konjunktion Hina wird Jekaas (p. 4,23 u. a.) gebraucht. Die Stativformen von eire und T repräsentieren o und to. Als Vergleichspartikel wird rhte (p. 7,25; 11,13) verwendet anstelle der typisch sahidischen Form Nqe. In den ActPt finden sich für einen Ausdruck gelegentlich zwei Formen: eine sahidische und eine andere Dialektvariante. – Die sahidische Form ouwS hat ein Pendant mit Sproßvokal: ouwSe (p. 8,22). – Die Verben loiGe und Ji stehen in plene neben der sahidischen Schreibung: loeiGe (p. 5,30; 6,6.8), Jei (p. 12,5). – Die Schreibung von Demonstrativpronomen wechselt zwischen plene und normal. Auffällig ist der Gebrauch des Demonstrativpronomens ph mit folgender Relativform: – ph mit Relativpronomen steht neben p mit Relativpronomen (p. 10,11; 11,3). – ph mit Relativkonverter steht neben p mit Relativkonverter (p. 6,19; 10,12). Defektivschreibung begegnet nur bei: – qalassa, das artikellos erscheint (p. 1,14.29). Das q am Wortanfang wurde vom Schreiber wohl als femininer Artikel t kontrahiert mit Halassa gelesen. Der Direktanschluss griechischer Verbalstämme findet sich zweimal (φορέω, p. 2,11; παραγγέλλω, p. 9,33), sonst wurde die Verbindung -r gebraucht.
15 Z. B. p. 6,27 f.: Nnhou.
2 Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi
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Besonderheiten der Konjugation: Auffällig sind die besonderen Formen des relativen Perfekts: – die Konjugation etaei- steht neben Ntai+-, der im Sahidischen üblicheren Form. Diese abweichende Schreibweise ist allerdings in mehreren süd- und nordägyptischen Dialekten belegt. Häufig stehen in den ActPt Präfixe des circumstantial transponierten Existenzsatzes in kontrahierter und unkontrahierter Form dicht nebeneinander (p. 2,13 f.): – eun- und eoun-. Es treten Formen anderer, vor allem nördlicher Dialekte ohne sahidische Parallelen in der Schrift auf. Dazu zählen lykopolitanisch geschriebene Konjugationsformen: – des Temporalis: \ntareF– des negativen Aorists: mare– die fokalisierende Transposition des erweiterten Adverbialsatzes (Futur II): ena Der Finalsatz des „Futur“ wird mit Jekaas, nicht mit Hina eingeleitet (p. 4,23).
2.3 Die ActPt als Teil von Nag-Hammadi-Codex VI Codex VI wurde oft als planlos und inkohärent beschrieben: „a miscellaneous collection of spiritual pieces without any clear ideological tendency running throughout.“16 Die Zusammenstellung christlicher, hermetischer, philosophischer Texte und Offenbarungsschriften wirkt zunächst tatsächlich heterogen. Bei näherer Betrachtung der Inhalte der Texte finden sich jedoch Sinnbezüge und Leitmotive zwischen den Texten. Darauf machen Michael Williams und Lance Jenott sehr treffend aufmerksam, die die Konzeption des Codex untersuchen und eine gemeinsame Botschaft ausmachen „about a great power who is transcendent yet whose presence is effective everywhere, though commonly unrecognized (…) about the divine healing of the body and soul; about the struggles in this life (…)“.17 Den ActPt als erster Schrift kommt innerhalb von Codex VI besondere Bedeutung zu. Sie führen Jesus Christus als verkleidete Offenbarungsgestalt ein, als göttlichen Arzt und als eine „große Kraft, die Kraft gibt“ (p. 6,17). Mit dieser großen Kraft beschäftigen sich auch die anderen Schriften des Codex. Laut der Abhandlung „Das Verständnis unserer großen Kraft“ tritt im seelischen Äon der Mensch auf, der die große Kraft erkennt und empfängt (p. 40,25 ff.). Im Kontext wird klar – vor allem für
16 Robinson, Nag Hammadi Library, 331. 17 Williams/Jenott, Inside the Covers, 1044.
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I Einführung in die Schrift
christliche Leser – dass dies auf Jesus Christus zutrifft. Die Offenbarungsstimme in der „Brontê“ stammt aus der Kraft und spricht von der großen Kraft (p. 13,2 f.; 21,8). Und im Dialog mit Tat erläutert Hermes, hier in der Rolle des Mystagogen, dass er Kraft empfing, die in ihm ist und die er weitergeben kann – offenbar bei Initiationen („Über die Achtheit und Neunheit“, p. 52,13–27; 58,10–14). In den ActPt zeigt sich Jesus in verschiedenen Erscheinungen. Diese Vorstellung von einer polymorphen Offenbarungsgestalt ist in Codex VI präsent. In der „Brontê“ spricht z. B. die laute Stimme des vielfältigen Logos (p. 14,13 f.). So gelesen ist es nicht verwunderlich, dass die Schrift „Die dreigestaltige Protennoia“ (NHC XIII,1) in Codex VI hineinverlegt wurde. Offenbar wurde die Offenbarungsrede, in der eine dreigestaltige Kraft spricht, die in allem wirkt, sich in unterschiedlichen Manifestationen zeigt, sich unter den Menschen und Gewalten verbirgt und unterschiedliche Gestalten anund auszieht – und schließlich auch Jesus vom Kreuz weg in die Wohnungen des Vaters trägt – als passend zu dem Leitthema des Codex empfunden. Die ActPt bestimmen die Stadt „Neun Pforten“ als Heimat Jesu, zu der die Menschen wandern sollen. Die zehnte Pforte liegt noch darüber und ist die höchste (p. 6,19–26). Leser des Codex verbanden dieses Bild vermutlich mit der Schau der Enneas in „Über die Achtheit und Neunheit“. Dort sieht der Myste, wie die Engel die Neunheit und ihre Kräfte lobpreisen. In der Neunheit wohnen die göttlichen Kräfte. Gott als Höchster thront wohl noch über ihnen (p. 59,28–60,1). Auch der seelische Mensch, der die Pforten der Himmel öffnet, dürfte in diesem Kontext zu verstehen sein (p. 41,5 ff.). In den ActPt erteilt Jesus Christus seinen Jüngern den Befehl zur Heilung der Seelen (p. 11,14–26). Auch alle folgenden Schriften des Codex beschäftigen sich mit der Natur der unsterblichen Seele, mit ihrer Heilung und Rettung. Immer wieder wird bildhaft beschrieben, wie die Seele im Körper leidet und in der Materie krank wird: „Die Wunde [gemeint sind die Leidenschaften des Menschen] aber frisst an der Seele, so dass sie verfault durch diese Wunde der Schlechtigkeit und stinkt“ (Askl p. 66,20 ff.). Heilung, so ist der Konsens aller anderen Schriften des Codex VI, gibt es nur durch Erkenntnis. Diese wird durch die Rätselrede in der „Brontê“ vermittelt, die Schrift Authentikos Logos belehrt über die Herkunft der Seele, ihre irdische Existenz und ihre Heimkehr ins Lichtreich. Im Mittelpunkt steht die Heilung der kranken Seelen durch den Logos (vor allem p. 27,25–29,3). Die Schrift „Das Verständnis unserer großen Kraft“, wobei die Kraft eine Umschreibung für die Seele ist, thematisiert deren Herkunft, Reinigung und Rettung. Über die Natur der Seele und ihre Rettung geht es auch in dem Ausschnitt aus Platons Politeia (vgl. z. B. p. 48,31–49,1). Die Schrift „Über die Achtheit und Neunheit“ ist ein Lehrgespräch, mit dem Ziel, geheimes Wissen zu vermitteln, damit die Seele zur göttlichen Schau gelangen kann. Der Text „Asklepios“ behandelt das Geschick der individuellen Seele nach dem Tod. Und natürlich zieht sich die Forderung asketischer Enthaltung von den Verführungen der Welt durch alle Schriften, ein Kernthema vieler Nag-Hammadi-Schriften.
2 Die Überlieferung der Erzählung in Codex VI der Schriften von Nag Hammadi
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Insgesamt betrachtet lassen sich in Codex VI gemeinsame Themenfelder erkennen, die die einzelnen Schriften mit ihrem je eigenen weltanschaulichen Hintergrund natürlich unterschiedlich behandeln. Ein christlicher Leser kann allerdings – damals wie heute – eine übergreifende und für ihn relevante religiöse Botschaft in diesen Texten erkennen: Es gibt eine allgegenwärtige göttliche Kraft, zu der die Menschen in Askese streben können und die sie und ihren Seelen heilt.
2.4 Die Schreibernotiz und die Auftraggeber des Codex Zwischen dem „Hermetischen Dankgebet“ (NHC VI,7) und dem „Asklepios“ (NHC VI,8) steht eine kleingeschriebene Botschaft des Schreibers an seinen bzw. seine Auftraggeber (p. 65,8–14). Ob sie sich auf das vorangegangene Gebet bezieht oder auf die ihr folgende Schrift, wird kontrovers diskutiert.18 In der Notiz befürchtet der Schreiber, seine Auftraggeber würden die hermetische Schrift, die er aufgeschrieben hat, vielleicht schon besitzen, da zahlreiche hermetische Abhandlungen im Umlauf seien. Das lässt darauf schließen, dass die Auftraggeber keine hermetische Gruppe waren, denn sonst würde der Schreiber wohl kaum befürchten, sie mit einer solchen Schrift zu belasten bzw. hätte seine Worte anders gewählt.19 Doch die Notiz setzt auch voraus, dass der Schreiber glaubt, seine Adressaten besäßen bereits hermetische Traktate und hätten Interesse an ihnen. Da die ActPt als dezidiert christliche Schrift den Codex eröffnen, waren die Auftraggeber wohl auch Christen. Gemäß der Inhalte von Codex VI waren sie an tieferen Offenbarungen und Weisheitsschriften interessiert und von einer asketischen Lebensweise überzeugt. Es ist also gut vorstellbar, dass der Codex von einer asketische oder monastischen Gruppe in Auftrag gegeben worden war, was gut mit dem Fundort der Nag-Hammadi-Schriften korrespondieren würde. In dieser Gruppe wurden solche Schriften vielleicht zur privaten Erbauung oder als Konsultationsbücher gelesen.20 Denkbar wäre auch eine Art pädagogische oder missionarische
18 Tröger, NHD, Bd. 2, 523, und Khosroyev, Bibliothek von Nag Hammadi, 10–14, außerdem Colpe/ Holzhausen, Corpus Hermeticum Deutsch, Bd. 2, 539 f., beziehen die Notiz auf den „Asklepios“, da der Schreiber ab p. 63 platzsparender schreibt. Tröger überlegt, ob der Schreiber sich verkalkuliert hat und die folgenden „Asklepios“-Kapitel nicht mehr unterbringen konnte (in Codex VI befindet sich nur ein Auszug des Werkes), wofür er sich in der Notiz entschuldigt. Khosroyev vermutet, dass der Schreiber den „Asklepios“ eigenmächtig eingefügt hat und vor der Schrift Platz ließ, um seine Wahl von den Auftragsschriften abzutrennen. Da nach dem „Asklepios“ kein Platz mehr für seine Botschaft war, musste er sie in eben jenen Freiraum vor dem „Asklepios“ setzen. Hier muss man sich fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Schreiber eine so lange Schrift eigenmächtig einfügt. Williams/Jenott, Inside the Covers, 1036 ff., hingegen beziehen die Notiz auf das vorausgehende „Dankgebet“. Durch das enge Schreiben habe der Schreiber genau die Anzahl an Zeilen gespart, die das „Dankgebet“ und die Notiz umfassen. Sie gehen von einer durchdachten und geplanten Entscheidung aus. 19 Zu diesem Schluss kommt Markschies, Sitz im Leben, 85 f. 20 Vgl. Markschies, Sitz im Leben, 85 f.
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Funktion, denn die zusammengestellten Schriften in Codex VI knüpfen an verschiedene sozioreligiöse Phänomene an – an die Orakel-, Offenbarungstradition und Hermetik – und lassen sich unter christlichem Vorzeichen lesen und (neu) interpretieren. So könnte man sich erklären, warum Codex VI kaum Bibelzitate enthält – der/die Auftraggeber rechneten nicht mit dem entsprechenden Vorwissen der intendierten Leser.
3 Historische Einordung der „Taten des Petrus und der zwölf Apostel“ 3.1 Datierung und Lokalisierung Da sich in den ActPt keine auswertbaren Angaben für eine Datierung und Lokalisierung finden, wird ihre historische Einordnung kontrovers diskutiert. Die Datierungsvorschläge bewegen sich zwischen 90 n. Chr. und der zweiten Hälfte des 4. Jhs. n. Chr. Fred Lapham vermutet die Entstehung der ActPt im Ostjordanland oder Syrien, zwischen 90 und 110 n. Chr., den terminus post quem stellt für ihn die Offenbarung des Johannes dar, als terminus ante quem bestimmt er die Christenverfolgung des Kaisers Trajan in Kleinasien.1 Die ActPt enthalten allerdings ein Zitat aus Mt 16,16 sowie deutliche Anspielungen auf Mt 16,18 und johanneische Aussendungsaussagen. Dies setzt die schriftliche Textfassung der Evangelien voraus, eine so frühe Abfassung vor dem Jahr 110 ist daher unwahrscheinlich.2 Die Datierung der ActPt Mitte des 2. Jhs. bis Anfang des 3. Jhs. findet breite Zustimmung in der Forschung.3 Hans-Martin Schenke hält die Entstehung in einem judenchristlichen Kontext für plausibel und denkt an das Ebionitentum oder Wanderasketen im syrischen Raum. Seine Position hat eine gewisse Nähe zu Jürgen Tubach, der einen Bezug zu Schriften Ostsyriens bzw. des südlichen Mesopotamiens sieht.4 Peter Nagel denkt allgemeiner an eine Küstenstadt im östlichen Mittelmeerraum in der Mitte des 2. Jhs. Maßgeblich für seine Datierung ist Jesu Befehl zur Verkündigung in den ActPt, der nicht auf eine Aufteilung der Missionsgebiete in vier Himmelsrichtungen eingeht, was er als einen integralen Bestandteil von Missionsgeschichten seit der Epistula Apostolorum und den Thomasakten sieht. Doch den ActPt geht es nicht um „Weltmission“. Die Jünger sollen gerade die Menschen belehren, die bereits glauben(!) und zwar an einem bestimmten Ort, nämlich der Stadt „Wohne“, die vielleicht für die christliche Gemeinschaft steht (p. 10,1–7). Diese vorausgesetzte christliche Struktur spricht wohl für eine spätere Datierung der Schrift. Andrea Lorenzo Molinari nimmt an, dass die Endredaktion der ActPt unmittelbar nach der decianischen Verfolgung in Alexandrien stattfand, also zwischen 251 und 256 n. Chr.5 Seiner Meinung nach beziehen sich die ActPt auf einen Zusammen-
1 Lapham, Peter, 12. Nur den Grundbestand der Erzählung datiert er so früh. Einzelne Quellenschichten und redaktionelle Bearbeitungen datiert er später. 2 Wenn man von einer Entstehung des Matthäusevangeliums um 90 und des Johannesevangeliums um 100 ausgeht (vgl. Pokorný/Heckel, Einleitung, 478 und 584, oder Schnelle, Einleitung, 521). Gegen eine so frühe Datierung der ActPt wendet sich auch Nagel, Taten, 347. 3 So datieren Wilson/Parrott, Acts, 202; Scopello in Meyer, Nag Hammadi Scriptures, 359; Tubach, Reisewege der Apostel, 461. 4 Schenke, NHD, Bd. 2, 445; Tubach, Reisewege der Apostel, 471–475. 5 Molinari, Acts, 235. https://doi.org/10.1515/9783110559996-003
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hang von Christenverfolgung und Apostasie, den er mit dem Konflikt zwischen den armen und reichen Menschen (die sich z. B. libelli erkauften) und der Christenverfolgung unter Decius verbindet. Die ActPt reflektieren jedoch keine akute Verfolgungssituation, sondern fordern in Vorbereitung auf den asketischen Weg lediglich dazu auf, in Prüfungen und Bedrängnissen standzuhalten und das Joch des Glaubens zu tragen (p. 7,9 f.13–17). Das ist ein typischer Zug vieler asketischer und monastischer Schriften. Victor Ghica und István Czachesz datieren die Endredaktion der Schrift in das 4. Jh. und rechnen mit älteren Quellenschichten. Dazu zählen sie vor allem die Allegorie vom Perlenkaufmann, deren Entstehung Ghica ins 1. Jh. nach Alexandrien verlegt, da das Perlensymbol und der Name Lithargoel nach seiner Auffassung auf ein judenchristlichen Milieu hinwiesen. Die späteren Erweiterungen und Bearbeitungen verortet er im inneren Ägypten in Kreisen der Meletianer zwischen den Jahren 303 und 309.6 Czachesz sieht einen engen Zusammenhang mit dem pachomianischen Mönchtum und votiert für die Zusammenstellung der Schrift in Oberägypten in der zweiten Hälfte des 4. Jhs.7 Die spätere Datierung der Schrift und ihre Verbindung mit einem asketischen Milieu ist plausibel. Die Verbindung mit Meletius von Lykopolis und den nach ihm benannten Meletianern, der sogenannten „Kirche der Märtyrer“, impliziert aber wieder eine Verfolgungssituation, die man nur in die Erzählung hinein-, nicht aber aus ihr herauslesen kann. Viele Datierungen projizieren eine historische Situation, wie die Decianische Verfolgung, in den Text hinein oder berücksichtigen zu wenig die Erzählwelt der Geschichte und ihre Symbolik – wie Nagel, der den Lehrauftrag Jesu als generellen Missionsbefehl auslegt. Aufschlussreich für die Datierung der ActPt ist es, ihre Motive und Vorstellungen zu analysieren und mit anderen christlichen Schriften zu vergleichen. Die Analyse wichtiger Motive liefert Anhaltspunkte für eine Verortung in Zeit und Raum. Besonders fällt die ausführliche Darstellung Jesu als Arzt auf, der Seelen und Körper heilt und den Jüngern himmlische Arznei übergibt. Die Ausgestaltung des Bildes von Christus als Arzt begann im Laufe des 2. Jhs. (s. u. 3.7. zu „Heil und Heilung“).8 Seine bildreiche Entfaltung, auch in Frontstellung gegen Asklepios oder Mani, ist erst ab dem späteren 3. Jh. denkbar. Da die ActPt auf dieser Idee des Christus Medicus aufbauen, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie vor dem 3. Jh. entstanden sind. Die Darstel6 Ghica, Actes (2007), 815 f. 7 Czachesz, Commission Narratives, 172. 8 „Die Echtheit der Briefe und die Datierung um 117 vorausgesetzt, haben wir am Beginn des zweiten Jahrhunderts erstmalig ein direktes Zeugnis, dass Christus Arzt genannt wird“ (Dörnemann, Einer ist Arzt, 105). Dörnemann arbeitete in seiner Studie „Krankheit und Heilung in der Theologie der frühen Kirchenväter“ heraus, wie das „Christus-Medicus-Motiv“ ab Beginn des 2. Jhs. weiterentwickelt wurde. Auch in dem Projekt „Heil und Heilung in der Spätantike“, getragen vom Lehrstuhl für Ältere Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der HU Berlin und Christoph Markschies, wurde auf den engen Zusammenhang von christlicher Mission, Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen aufmerksam gemacht. Die Verbindung von Heilung und Mission, die bereits im Wirken des historischen Jesus geschildert wird, findet sich auch in den ActPt (p. 10,31 ff.).
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lung Jesu und seiner Apostel als Heiler und Ärzte war generell beliebt, mit Blick auf die Thomasakten, die Abgarlegende9 und entsprechende Motive bei Aphrahat10 und Ephraem11 lässt sich sagen, dass sie im syrischen Raum besonders populär gewesen zu sein scheint. In der Erzählwelt der ActPt werden eine kleine Insel, die für die Gemeinde steht und eine Himmelsstadt, in die nur der Asket gelangen kann, gegenübergestellt. Dazwischen scheint sich eine asketische Mittelebene zu befinden (p. 6,33–7,19). Die Bildung einer „Kirche in der Kirche“ oder dem „Herz der Kirche“ ist als Phänomen wohl erst im 3. Jh. greifbar,12 verbunden mit Wachstum und Anerkennung der Kirche. Besonders in Schriften aus dem syrischen Raum begegnet die Vorstellung von einer kleineren Gemeinschaft asketischer Christen, die als innere Kirche beschrieben werden.13 Im Liber Graduum haben die „Perfekten“ der inneren Kirche bereits zu Lebzeiten spirituell Zugang zur Stadt Christi, dem himmlischen Jerusalem.14 Die Bekleidungssymbolik, nach deren Schema Jesus in den ActPt als Lithargoel und Arzt erscheint, bevor er sein „Gewand“ abstreift und sich als Christus offenbart, ist typisch für die ostsyrische Christologie. Sie findet sich vor allem bei Aphrahat, begegnet aber – in Variation – auch in Schriften, die in Ägypten gelesen und dort vielleicht auch verfasst wurden, z. B. in der Pistis Sophia (p. 12,1 ff.), der Epistula Apostolorum (p. 13–14), oder im „Zweiten Logos des großen Seth“ (NHC VII,2 p. 56,20 ff.).
9 Nach der Legende lud König Abgar aus der syrischen Stadt Edessa Jesus wegen seiner Krankheit brieflich zu sich ein. Christus schrieb zurück, er könne nicht kommen, würde nach seiner Himmelfahrt aber einen Jünger senden. So sandte dann Thomas den Apostel Judas Thaddäus, nach syrischer Überlieferung Addai genannt, zum König. Die älteste Version der Abgarlegende findet sich in den beiden ersten Bücher der Kirchengeschichte des Eusebius von Cäsarea (ca. 260–339), deren Endfassung 324/325 vorlag; die Legende ist also vermutlich spätestens im ersten Viertel des 4. Jh. entstanden (vgl. Illert, Doctrina Addai, 18). In den ActPt läuft ein junger Schüler hinter dem als Arzt wirkenden Jesus her und wird von diesem offenbar ausgebildet (p. 8,17–20). Vielleicht handelt es sich hier um eine verwandte Vorstellung: Christus lehrt einen Schüler die Heilkunst und sendet ihn später als Apostel aus. 10 Aphrahat, der wohl älteste syrische Kirchenvater (* 260–275, † nach 345), entwickelte eine Christologie, die weitgehend unabhängig vom Streit um die Naturenlehre Christi war, der im römischen Reich geführt wurde. Er war Asket und Mitglied einer asketischen Gemeinschaft und erlebte die Unterdrückung der Christen unter dem sassanidischen König Schapur II. 11 Ephraem wurde um 306 in Nisibis, einer Grenzstadt zwischen dem römischen und dem persischen Reich, geboren und lehrte dort als Asket. Nachdem die Stadt den Persern überlassen werden musste, lebte er in der Nähe von der Stadt Edessa (Syrien), wo er weiterhin lehrte, predigte und Schriften verfasste, bis er 373 verstarb. 12 In der Apologie Pseudo-Melitons (Anfang 3. Jh.) sind jene im qyāmā (im Bund mit Gott), die auf Sichtbares verzichten, nur Gott bedenken und ihn so zu sehen vermögen. Genauer greifbar wird dieser Terminus erst bei Aphrahat und Ephraem; vgl. Bumažnov, Qyāmā, 65–82. 13 Murray, Symbols, 13 f. Îḥîḏāyâ, das syrische Äquivalent für μονογενής und μοναχός, ist mit Christus-Nachfolge verbunden, einer strengen Askese, die konstituierend für die Bildung einer inneren Kirche ist. 14 Die Bezüge zum Liber Graduum sind unten in 2.6 näher ausgeführt.
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Typisch für ostsyrische Frömmigkeit ist auch das Bild von der Einwohnung Gottes im Menschen, wie es besonders Aphrahat entfaltet hat. Es ist mit dem Sündenfall Adams und dem Verlust der Gottesebenbildlichkeit verbunden, die wiederhergestellt werden muss. Solche Vorstellungen reflektieren die ActPt mit ihrem Bild von der Stadt, die bewohnt sein muss, damit ein Königreich aus ihr hervorgehen kann (p. 7,10–12) und wohl auch mit der Forderung seelischer Heilung (p. 10,33–11,1), damit die Gesunden in die Stadt Gottes gelangen können. Wie bei Aphrahat und Ephraem verdeutlichen die bildreiche Sprache mit Motiven aus den Bereichen der Medizin und Heilung abstrakte Begriffe wie Erhörung, Vergebung, Buße, Askese. Diese Symbolsprache und die Ablehnung von Reichtum und Geld, die harte Askese zur Vervollkommnung und die Vorstellung von Christus als Arzt der Seelen sind typische Eckpunkte ostsyrischer Frömmigkeit. Die Forderungen des täglichen Fastens, des Besitzverzichtes und die radikale Reichtumskritik lassen sich ebenfalls in diesen Kontext einordnen. Sie sind allerdings auch in monastischen Kreisen Ägyptens gut vorstellbar. Die Berührungen mit manichäischen Überzeugungen dürften darauf beruhen, dass Mani aus Mesopotamien stammte und sich in Nordmesopotamien bzw. im östlichsten Syrien aufhielt und seine Lehre natürlich eine gewisse Nähe zu der dortigen Frömmigkeit aufweist, in der er aufgewachsen ist und die ihn prägte.15 Allerdings sind nur in Nordafrika Spuren einer Lithargoel-Tradition erhalten. Sie sind jünger als die ActPt und werden in das 6./7. Jh. datiert. In den koptischen „Büchern der Einsetzung der Erzengel Michael und Gabriel“ wird Lithargoel als Heil engel erwähnt und in der Kathedrale von Faras (Nubien) wurde eine Abbildung von dem Engel Lithargoel entdeckt, die mit einer Bitte um Schutz verbunden ist. Diese Belege könnten wirkungsgeschichtliche Spuren sein – dann wäre aus Jesu engelähnlichem alter ego ein richtiger Engel geworden. Plausibler erscheint es, dass Lithargoel als Heilungsengel in bestimmten Gebieten sehr populär war und die ActPt wie die anderen Belege auf diese Tradition zurückgehen.16 Angesichts ihrer Symbolik und Motive sollte die Schrift nicht zu früh datiert werden. Die ausführliche Darstellung von Jesus als Arzt, der Seelen und Körper durch die Übergabe himmlischer Arznei heilt, und die Vorstellung der Gemeinde als einer 15 In manichäischen Psalmen ist die Perle auch ein zentrales Symbol und Jesus wird häufig als Arzt oder als Arznei gepriesen. Vgl. Bêma-Psalm 228,5: „Er legt das Heilmittel des Lebens in seine Hände, damit er die Verwundeten heile“, und 219,17: „Jesus, der Arzt der Verwundeten, der Erretter der le bendigen Seelen, der Weg, nach dem die Verirrten suchen, das Tor zum Schatzhaus des Lebens.“ Diese Arzt-Symbolik findet sich auch in mitteliranischen Texten: „Im Preis Jesu, des Lebendigmachers: Herbei als Arzt, der (Du) ganz Arznei (bist)! (…) Zum Heil herbei, neuer Herrscher und neuer Arzt!“ (zitiert nach: Andreas, Mitteliranische Manichaica, Abschnitt M 28 II V II 7–26). Eventuell könnte es sich beim Vorstellung von Jesus als Arzt mit einem medizinischen Schüler auch um eine antimanichäische Speerspitze handeln, die zeigt, wie manichäisches Gedankengut in die christliche Tradition integriert wurde. 16 Vgl. Schenke, NTApo5, Bd. 2, 374.
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Stadt, die mit einer himmlischen Stadt verbunden ist, sowie die Überzeugung, dass der Mensch sich durch strikte Askese vervollkommnen kann, um schon zu Lebzeiten die Stadt Christi zu schauen, weisen eher in das ausgehende 3. Jh. und darüber hinaus. Es ist auffällig, dass sich zentrale Symbole der ActPt in ostsyrischen Schriften des 3. und 4. Jhs. finden. Auch die assoziative und bildreiche Sprache weist nach Syrien. In Syrien, vor allem in der entlegenen Osrhoëne mit dem Hauptort Edessa und im östlich anschließenden Mesopotamien entwickelte sich ein vielfarbiges Christentum. Das Gebiet war häufiger isoliert durch Kriege und politische Auseinandersetzungen.17 Die Entstehung einer heterogenen Schrift wie der ActPt ist, falls mit einer ursprünglich griechischen Abfassung gerechnet wird, gut vorstellbar in dieser Gegend, in der Marcionismus, Manichäismus und strikte Askese besonders erfolgreich waren. Vielleicht sind die ActPt dort entstanden und kamen dann nach Ägypten. Die dialektalen Auffälligkeiten lassen darauf schließen, dass die Schrift im Norden, vermutlich in Alexandrien, übersetzt wurde und dann den Nil hinab weiter verbreitet, dialektal angeglichen, gelesen und schließlich in Codex VI eingeschrieben wurde.18 Andererseits gilt es zu bedenken, dass Syrien und Ägypten in einem engen kulturellen Austausch standen. Syrische Schriften wurden übersetzt und waren in Ägypten verbreitet. Es gab wohl auch Wanderasketen und Lehrer, die die syrische Frömmigkeit kommunizierten. Für die spätere Zeit ist die Präsenz syrischer Mönche belegt, die sich z. B. im Norden Ägyptens im Wadi al-Natrun niederließen und dort ein eigenes Kloster gründeten.19 Die ActPt könnten also auch vor einem solchen Hintergrund entstanden sein. Dann wären sie vermutlich im Norden Ägyptens auf Bohairisch verfasst und dann weiter nach Süden verbreitet worden.
3.2 Verfasser Wer die ActPt geschrieben hat, wissen wir nicht. Aus den Inhalten kann mit gebührender Vorsicht geschlossen werden, dass dem Autor20 eine strenge Askese zur Ver17 McCullough, Short History of Syriac Christianity, 53. 18 Vgl. Funk, Linguistic Aspect, 128. 19 Mehrere Wüstenväter und Mönche kamen aus der Fremde in das Wadi: „The final quarter oft he 4th century, the classical period of Egyptian monasticism, witnessed a veritable tourist boom in the Egyptian desert which seems to have held a special attraction for foreign visitors“ (Brune, Multiethnic Character, 15). Unter anderem sollen sich im 4. Jh. dort Apa Zenon aus Syrien, Apa Johannes aus Persien und Apa Cassian aus der römischen Provinz Scythia aufgehalten haben (ebd., 15). 20 Wenn hier vom „Autor“ gesprochen wird, ist damit ein offener Begriff gemeint, möglicherweise stehen auch mehrere Autoren oder, wenn auch unwahrscheinlich, eine Autorin hinter der Erzählung. Natürlich sind die Grundintentionen des Autors nur indirekt aus der Erzählung zu erschließen. Dennoch vertreten die ActPt teilweise vehement Überzeugungen, die dem Autor sicher wichtig waren. Zum Begriff „Autor“ s. u. 5.2.
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vollkommnung des Christen wichtig war. Er legt einen Schwerpunkt auf die Heilung der Seele und verbindet sie mit der körperlichen Heilung im Namen Jesu. Materielle Armut wird verherrlicht und mit reichen Gemeindemitgliedern ins Gericht gegangen. Hauptintention der ActPt ist die Ermutigung zum asketischen Weg, der aus Besitzverzicht, Fasten und dem geduldigen Ausharren in Prüfungen besteht. Der Brauch, dass „die Reichen“ Gemeindemitglieder zu Gastmählern in ihre Häuser einladen, wobei sie andere angeblich zu Parteienbildung und Sünde verleiten, wird kritisiert. Ferner scheint der Autor asketische Zirkel zu kennen, die sich innerhalb von Kirchengemeinden bilden und die er sehr schätzt. Wahrscheinlich reflektieren die ActPt (vor allem p. 11,26–12,8) Konflikte, die aus dem Neben- und Miteinander solcher Gruppen entstanden sind. Der Autor verwirft diese Organisationsform trotz der Spannungen in der Gemeinde nicht, sondern schlägt eine doppelte Lösung vor. Die Armen und Kranken sollen gestärkt werden – sowohl materiell als auch spirituell – bis ihre Gottebenbildlichkeit wiederhergestellt ist. Die Reichen hingegen sollen zurechtgewiesen werden. Der Autor lässt sich vermutlich in einen asketischen oder monastischen Kontext einordnen. Er stellt sich Christus bildhaft und als Vorbild vor. Das Bekleidungsschema dient der Beschreibung seiner Menschwerdung und die Perle als Symbol für Christus ist ihm bekannt. Petrus scheint für ihn die maßgebliche Autorität unter den Jüngern zu sein. Der Autor will definitiv unterhalten. Er scheint Erzählungen wie jene von Lukian oder Apuleius zu kennen und versucht, deren Stil nachzuahmen. Sein Spiel mit dem Leser zeugt von Humor und Kreativität. Er regt den Leser zum Mitdenken an und will spielerisch überzeugen. Die ActPt weisen einige literarische Merkmale von Offenbarungsschriften auf, z. B. die Chiffre „Lithargoel“ oder die doppeldeutige Symbolik. Der Autor schien solche Traditionen zu schätzen. Merkwürdigerweise zitiert der Autor kaum Bibelstellen, erst recht nicht mit einer entsprechenden Einleitungsformel. Im Unterschied zu anderen Schriften, in denen Jesus den Jüngern erscheint, geht es den ActPt weniger um Auslegung und Belehrung. Das Erzählen und Unterhalten steht im Mittelpunkt, erst am Schluss wird eine lehrhafte Konsequenz gezogen.
3.3 Religionshistorische Verortung Es herrscht weitgehend Konsens, dass die ActPt eine christliche Schrift sind. Krause und Molinari sehen zwar deutliche gnostische Spuren, vor allem in der Vielgestaltigkeit Jesu, den Gefahren auf dem Weg zu Christi Stadt „Neun Pforten“ und der Distanz zur Welt.21 Aber diese Züge sind eher der Tatsache geschuldet, dass sich hier ein sehr
21 Krause, Petrusakten, 56, sieht in den ActPt eine gnostische Apostelgeschichte. Molinari, Acts, 129 und 164 f., vermutet eine „underlying gnostic structure“, zu der die mythischen Elemente der Erzäh-
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spezielles Christentum artikuliert. Gerade in ostsyrischen Schriften, wie den demonstrationes Aphrahats und im Liber Graduum finden sich ähnliche Motive. Typische Züge „gnostischer“ Texte fehlen.22 Die Erzählung reflektiert kein mythologisches Drama und beschreibt weder einen fernen Gott, noch einen Demiurgen.23 Die strikte Askese und die damit verbundene Ablehnung materieller Dinge waren typisch für asketische Gruppen. Ein negatives Weltverständnis findet sich in vielen antiken christlichen Schriften,24 auch bereits im Neuen Testament (z. B. 1Joh 2,15 ff.; 5,4 f.). In den ActPt artikuliert sich ein spezielles Christentum.25 Liest man die Schrift vor dem Hintergrund frühsyrischer Frömmigkeit, dann ist sie eine Parabel darüber, wie sich der Christ durch Askese vervollkommnen kann, zur Christusschau gelangt und
lung gehören, z. B. der präexistente Erlöser, die Jünger, die zur Erde hinab kommen und die feindlichen Mächte im Pleroma. Zu diesen Deutungen gelangt Molinari aber vor allem, weil er die Erzählung z. T. mit „gnostischen“ Augen liest. Er sieht auch doketistische Einflüsse, weil z. B. die Beschreibung von Lithargoels Körper die Wundmale Jesu nicht erwähnt und Jesus sich den Jüngern offenbart, indem er seine Kleidung verliert. 22 Der Gebrauch und die Definition der Termini „Gnosis“ und „Gnostizismus“ wird in der Forschung immer noch kontrovers diskutiert. Williams kritisiert die Begriffskonstruktion „Gnostizismus“ und deren unterschiedlichen Gebrauch in der Forschung. Sein Vorschlag, stattdessen von „biblical demiurgical traditions“ zu sprechen (Rethinking „Gnosticism“, 51), hat sich bisher nicht durchgesetzt, allerdings meint auch King, dass sich der Terminus wohl abschaffen wird (What Is Gnosticism? 219). Der Begriff wird allerdings weiterhin gebraucht, meistens in Anführungszeichen, z. B. von Denzey Lewis, die von einer Definition der Gnosis bzw. des Gnostizismus absieht und die Begriffe in Anführungszeichen verwendet (Cosmology and Fate, 13 Anm. 1). Auch Brakke hält an dem Terminus „Gnostizismus“ fest. Er verbindet damit vor allem den sogenannten „Sethianismus“ und betont: „there was in fact a Gnostic school of thought, the literary remnants of which can be described and studied, albeit sketchily“ (Gnostics, x). Ebenso muss an dieser Stelle Dunderbergs Monografie „Beyond Gnosticism“ genannt werden. Er untersucht – aufbauend auf der Schlussfolgerung in Markschies’ Studie „Valentinus Gnosticus?“, dass Valentinus weder ein Gnostiker noch Valentinianer sei – Grundzüge der valentinianischen Schule und Lehre. Verallgemeinert gibt es hauptsächlich zwei Herangehensweisen, die Termini „Gnosis“ und „Gnostizismus“ zu definieren. Versucht werden einerseits eher weitere, existential gefasste Beschreibungen. So erklärt Aland, dass das Phänomen „Gnosis“ die „christliche, durch Offenbarung aufgedeckte und durch Offenbarung angesagte Erfahrung von Fall und Erlösung wiedergibt“ und somit eine Variante der Evangeliumsinterpretation ist (Einführung, 2). Andererseits wird versucht, anhand der Quellen das Phänomen zu beschreiben und Grundzüge herauszuarbeiten. Dazu entwarf Markschies ein typologisches Modell (Gnosis, 25 f.), das die gemeinsamen Motive aus den entsprechenden Quellen zusammenfasst. Es ist bei der religionshistorischen Einordnung von Texten sehr hilfreich, vorausgesetzt es wird kritisch angewendet, denn ein Text muss nicht alle Motive beinhalten, um „gnostisch“ zu sein, ebenso kann er einige Motive enthalten ohne „gnostisch“ zu sein. 23 Vgl. das typologische Modell, das Markschies, Gnosis, 25 f., erarbeitet hat. Neben den oben genannten drei Motiven, nennt er noch die Einfügung göttlicher Figuren, die dem Menschen näher sind als der ferne Gott, außerdem eine erkenntnisvermittelnde Erlösergestalt, die auch lehrt, dass der Mensch durch die Erkenntnis des Göttlichen in ihm erlöst wird, und einen ausgeprägten Dualismus. 24 Vgl. z. B. den Diognet- oder den 2. Clemensbrief. 25 Vgl. Schenke, NHD, Bd. 2, 445.
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wie er dann, als Vollkommener, in die Gemeinde zurückkehrt, um anderen Christen zu dienen. Der so beschriebene Weg passt nicht zu asketischen Einsiedlern oder Wanderpredigern, auch nicht so recht zu einer klostergebundenen monastischen Gemeinschaft, die weitgehend unter sich blieb. Die ActPt beschreiben eine spirituelle Elite, die in engem Kontakt zur weiteren Gemeinde bleibt und ihr mit Lehre und Seelsorge dient. Laut Aphrahats und Ephraems Schriften waren solche Konzepte in Syrien verbreitet.26 Vor diesem Hintergrund lassen sich auch die Perle, der Auftritt Jesu als Arzt und die Aufforderung zur Heilung der Seelen verstehen – es geht um die Wiederherstellung der Gottebenbildlichkeit des Menschen bzw. um den Wiedergewinn des Geistes, der dem Mensch nach dem Sündenfall Adams entzogen wurde.27 Erst in der Taufe als seiner Wiedergeburt erhält der Mensch den göttlichen Geist – ein „Teilchen der Gottheit“ (Aphrahat, dem. 6,14) – zurück. Nach dem Tod kehrt der göttliche Geist in die himmlische Sphäre zurück. Aphrahat versteht die Askese als Vorwegnahme der Auferstehung; nach seiner Auffassung kann eigentlich nur der Asket den in der Taufe erworbenen Geistbesitz dauerhaft sichern und so schon zu Lebzeiten Träger der Auferstehungshoffnung und Teilnehmer der Auferstehung werden (dem. 6,14.18). Ephraem ist der ähnlichen Meinung, dass der Asket, indem er die Lebensweise der Engel wählt, sich ihnen angleicht und so schon im Diesseits mit der himmlischen Welt vereint ist.28 Christus ist nach Aphrahat Geistträger und zugleich Mittler des göttlichen Geistes, der den Schatz des Vaters unter den Gläubigen verteilt (dem. 6,12) – so ist es verständlich, dass Christus in den ActPt als Perle bezeichnet wird und zugleich jedem Asketen, der in seine Stadt gelangt, eine Perle schenkt (p. 4,10–15.29–5,1; 5,14–18; 10,25–30). Vor diesem Hintergrund lässt es sich auch verstehen, dass die Menschen als Asketen bereits zu Lebzeiten in Christi Stadt „Neun Pforten“ gelangen können (vgl. Lithargoels Einladung in seine Stadt, p. 4,15 ff., und die Jünger, die die Stadt erreichen – aber für ihren Dienst wieder zurückgeschickt werden, p. 8,3 ff.; 10,1 ff.). Insgesamt fügt sich die Erzählung der ActPt gut in den Kontext der frühsyrischen Frömmigkeit, wie sie die Schriften Aphrahats oder Ephraems vermitteln. Sie ist eine spirituelle Anleitung, die erbauen will, die aber auch eine Lösung für soziale Missstände in der Gemeinde anbietet: Die vollkommenen Asketen sollen als Lehrer, Für26 Brock, Luminous Eye, 135. Die sechste Unterweisung in Aphrahats demonstrationes richtet sich direkt an die bnay qyāmā. Bruns, Aphrahat, Bd. 1, 180, gibt den Terminus mit „Bundessöhne“ wieder und weist darauf hin, dass er nur unvollkommen übersetzt werden kann. Die Bezeichnung verweist nicht nur auf den Bundesgedanken, sondern auch auf einen kirchlichen Stand und die endzeitliche Auferstehung. Bruns betont, dass solche Vorstellungen, die mit anderen Schriften des syrischen Raumes übereinstimmen, auf eine weite Verbreitung dieses Konzepts innerhalb monastischer Kreise schließen lassen. 27 Aphrahat, dem. 6,14–18; 17,7; 18,2; Cramer, Engelvorstellungen, 154. 28 Eine ausführliche Darstellung zur Anthropologie und Eschatologie des Aphrahat bei Bruns, Aphrahat, Bd. 1, 67 ff. Zu Ephraems Konzept von Askese und Erlösung vgl. Cramer, Engelvorstellungen, 156–163.
3 Historische Einordung der „Taten des Petrus und der zwölf Apostel“
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sorger und Richter in der Gemeinde wirken. Dass es die Erzählung in die „Bibliothek“ von Nag Hammadi schaffte, zeigt, dass ihre tiefe Christusfrömmigkeit und die Ermutigung zur Vervollkommnung auch für andere asketische Kreise und monastische Gruppen interessant war.
4 Forschungsüberblick 4.1 Faksimile-Ausgabe und Editionen des koptischen Textes Die editio princeps der ActPt mit deutscher Übersetzung erschien 1971 in der zweibändigen Textedition „Gnostische und hermetische Schriften aus Codex II und VI“, herausgegeben von Martin Krause und Pahor Labib. Im Rahmen eines internationalen, durch die UNESCO geförderten Projektes wurden von 1972 bis 1979 die Codices von Nag Hammadi als Faksimile-Ausgaben nach und nach ediert. Bereits 1972 wurde in diesem Rahmen Codex VI in der „Facsimile Edition of the Nag Hammadi Codices“ von Shafik Farid in Zusammenarbeit mit einem international zusammengestellten Wissenschaftskollegium herausgegeben. In der Reihe „Nag Hammadi Studies“ edierte Douglas M. Parrott 1979 die Schriften des Codex VI mit einer gründlichen kodikologischen Analyse von James M. Robinson, gemeinsam mit einigen Schriften aus Codex V und Papyrus Berolinensis 1 und 4.1 Durch Untersuchungen mit ultraviolettem Licht konnten dabei der Text und die Größe der Lakunen genauer erfasst werden. Dieser Textedition wurde eine kurze Einleitung vorangestellt. Victor Ghica reichte 2006 seine Dissertation über die ActPt ein, die einen philologischen Schwerpunkt hat und eine Textedition mit kritischem Apparat und französischer Übersetzung beinhaltet.2 Da sie erst demnächst in der Reihe „Bibliothèque copte de Nag Hammadi“ der Université Laval in Québec veröffentlicht werden soll, wird hier auf das Manuskript der Doktorarbeit zurückgegriffen, um relevante Textvarianten und Gedanken vorzustellen und zu diskutieren.3 Zuletzt (2014) edierte Peter Nagel im ersten Band seines „Codex apocryphus gnosticus Novi Testamenti“ den koptischen Text der ActPt nebst deutscher Übersetzung zusammen mit einem Apparat, in den die Angaben aus den Editionen von Krause bzw. Wilson und Parrott eingearbeitet wurden.4
4.2 Erster Forschungsschwerpunkt: Redaktions- und Quellentheorien 4.2.1 Drei-Quellen-Modelle In den ersten Jahrzehnten der Erforschung der ActPt wurde die Erzählung auf ihre stilistischen und narrativen Inkohärenzen hin untersucht mit dem Ziel, ihre Redaktions-
1 D. M. Parrott (Hg.), Nag Hammadi Codices V,2–5 and VI with Papyrus Berolinensis 8502, 1 and 4, NHS 11, Leiden 1979. 2 Ghica, Les Actes. 3 Victor Ghica hat mir dankenswerterweise gestattet, aus seiner Arbeit zu zitieren. 4 Nagel, Taten. https://doi.org/10.1515/9783110559996-004
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geschichte zu rekonstruieren und die verarbeiteten Quellen auszumachen. Stilistisch ist der Wechsel dreier Erzählstimmen auffällig. Die apostolische Erzählstimme wechselt zwischen „Wir“-Erzähler und Petrus als „Ich“-Erzähler. Während der Wechsel zwischen dem „Ich“- und „Wir“-Stil in p. 1,1–3,13 und ab 6,8 auf die Erzählstimme des Petrus zurückgeht und nur pluralisch erzählt, wenn alle Apostel gemeinsam etwas tun, beginnt in p. 8,20 ein „Wir“-Stil, der auch von Petrus in der 3. Person Singular erzählt. Große Erzählabschnitte, p. 3,14–6,8 und ab 9,30 bis zum Ende der ActPt, werden von einer unbekannten, allwissenden Stimme bestritten. Quellenmodelle, die sich an dem Wechsel der drei Erzählstimmen orientieren, postulieren entsprechend drei Quellenstränge. Martin Krause sieht die ActPt im Prinzip als Komposition aus drei Quellen.5 Er beschreibt die Perlenerzählung (p. 1,29–7,23) als älteste Quelle, nach seiner Auffassung ursprünglich eine nichtchristliche, asketische Legende über den Gott der Perle. Nach einem redaktionellen Zwischenteil sei eine gnostische Apostelgeschichte daran angeschlossen (p. 8,13–12,19) und zuletzt ein apostolischer Rahmen vor beide Erzählungen gesetzt worden (p. 1,1–29). In den ActPt vermutet Krause den verlorenen Beginn der alten Petrusakten, die auch die Manichäer benutzten – eine These, die er nicht weiter ausführt und die keine Unterstützung gefunden hat.6 Hans-Martin Schenke publizierte 1973 in der Theologischen Literaturzeitung einen Artikel zu den ActPt mit einer deutschen Übersetzung des Berliner Arbeitskreises.7 Der Beitrag leistet Bahnbrechendes für die Rekonstruktion des Textes und für die religionsgeschichtliche Einordnung der Schlüsselfigur Lithargoel und macht auf deren Bedeutung in der koptischen Engellehre aufmerksam. Zunächst zog Schenke eine Entstehung der ActPt aus einer Predigt des Petrus in Betracht, die sukzessive erzählerisch ausgestaltet wurde. Später, in seiner Einleitung in die ActPt, die er in der fünften Auflage der „Neutestamentlichen Apokryphen“ veröffentlicht hat, sieht er in der Erzählung auch drei Quellen verarbeitet: die Erzählung einer legendären Seefahrt (bis p. 7,18), mit der die Visionsschilderung vom Perlenverkäufer Lithargoel verwoben wurde und auf die eine Epiphaniegeschichte folgt.8 Stephen Patterson hat eine detaillierte Drei-QuellenHypothese publiziert, die sich streng am Wechsel der Erzählstimmen orientiert:9 Die ältere „Ich, Petrus“-Quelle (p. 1,1–3,11; 5,5–8,9) sei ein Mythos über die apostolischen
5 Krause, Petrusakten, 50. 6 Sowohl in seiner Dissertation zu den ActPt als auch in einer Studie zu der Schrift „Die Tat des Petrus“ (ActusPt, BG 8502.4) argumentiert Molinari überzeugend für die Unabhängigkeit der beiden Schriften. Sie sind weder als apokryphe Apostelgeschichte zu bezeichnen, noch passen sie hinsichtlich des Stils, des Ortes der Erzählung und der Darstellung des Petrus zusammen. Molinari, Acts, 54–64; Molinari, Coptic Acts, XXXIII. 7 Schenke, Taten, 13–19. 8 Schenke, NTApo5, Bd. 2, 273. 9 Patterson, Sources, Redaction and Tendenz.
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Ursprünge, die mit der „3.-Person“-Quelle (p. 3,11–5,5 und 9,30–12,29) und der „WirQuelle“ (p. 8,10–9,29) zusammengearbeitet wurde.
4.2.2 Zwei-Quellen-Modelle Nicht nur die stilistischen, auch inhaltliche Spannungen fielen auf und wurden als Grundlage für Kompositionstheorien verwendet: (1) Der doppelte Anfang (p. 1,1–11 und 1,12 ff.), der den Terminus „Apostel“ nennt, obwohl später nur elf Jünger erwähnt werden (p. 9,21). (2) Der mehrtägige Weg, der nicht zu der kleinen Insel passt, die Schauplatz der Erzählung ist (p. 1,28 f.; 5,19–6,8). (3) Die Tatsache, dass die Apostel vor der Stadt „Neun Pforten“ abgefangen und mit Medizin zurück zur Stadt „Wohne“ geschickt werden, obwohl allen, die den Weg zur Stadt Jesu bewältigen, dort eine Perle versprochen wurde (p. 4,10–15). (4) Auf Figurenebene irritiert es, dass der als Arzt verkleidete Lithargoel sein Gewand fallen lässt und sich plötzlich als Jesus Christus offenbart (p. 9,15–18). Mit Blick auf diese inhaltlichen Auffälligkeiten wurden im Rahmen der Kompositionskritik zwei Quellen postuliert. Wilson und Parrott sehen von einer detaillierten Quellenanalyse ab, halten aber die Darstellung Jesu als Arzt für sekundär.10 Diese Einschätzung übernimmt Peter Nagel und geht ebenfalls von mindestens zwei Quellen aus: einer Darstellung der Begegnung der Apostel mit Lithargoel und einer anderen mit dem Arzt.11 Andrea Lorenzo Molinari vermutet, der Redaktor habe eine ursprünglich gnostische Allegorie vom Perlenkaufmann (p. 1,1–9,1) an eine Epiphaniegeschichte (p. 9,1–29) angeschlossen und einen eigenen theologischen Nachtrag geschrieben (p. 9,30–12,19).12 Die beiden Quellen habe er dabei umfassend überarbeitet, gnostische Züge gemildert, aber doketistische eingetragen, außerdem habe er das Symbol der Perle uminterpretiert und die Arztszene eingeschrieben. Auch für Ghica ist die Erzählung vom Perlenkaufmann die älteste Quelle, er datiert sie ins 1. Jh., und vermutet einen judenchristlichen Ursprung in Alexandrien. Als zweite Quelle macht er eine Erscheinungsgeschichte von Jesus Christus in Arztgestalt aus. Die beiden Quellen habe ein Redaktor im 2. Jh. zu einer Missionsgeschichte verarbeitet – zu Beginn der Zeit, in der die Acta-Literatur entstand. In einer zweiten Redaktion zwischen 303 und 309 habe dann ein Asket aus meletianischen Kreisen die Geschichte asketisch überarbeitet und z. B. den gefährlichen Weg und die Auslegung des Namens der Stadt (p. 6,33–7,19) eingetragen. Resümierend lässt sich sagen, dass die Quellentheorien gravierend voneinander abweichen. Es ist methodisch fragwürdig, die Redaktionskritik nur auf Erzähl-
10 Wilson/Parrott, Acts, 201. 11 Nagel, Taten, 337. 12 Molinari, Acts, 131.
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stimmenwechsel zu stützen, denn wir wissen wenig über den antiken Stil und seine bewusste Variation und in einen immer wieder transponierten, vielleicht sogar übersetzten Text schleichen sich Fehler ein. Die inhaltlichen Spannungen hingegen lösen sich fast alle bei einer genaueren Lektüre auf. Trotzdem wurden in den ActPt vermutlich Quellenmaterial und Traditionen verarbeitet. Die völlig verschiedenen Quellentheorien sind aber ein Indiz dafür, dass der Vorgang der Komposition nachträglich schwer zu rekonstruieren ist. Ziel des Autors war vermutlich ohnehin das Erschaffen einer eigenen und neuen Erzählung. Als solche werden die ActPt in dieser Arbeit wahrgenommen und analysiert.
4.3 Zweiter Forschungsschwerpunkt: Textverständnis und intertextuelle Bezüge In den letzten Jahren erschienen verschiedene Studien mit anderen Schwerpunkten: Fred Lapham sieht Parallelen zwischen ActPt und vor allem dem Lukasevangelium und der Offenbarung des Johannes – aber er liest die Geschichte auch streng und ausschließlich vor dem Hintergrund des Neuen Testaments.13 In den ActPt erkennt er die Kritik eines „weltlichen“ Christentums und zieht eine Verbindung zur späteren Gnosis. István Czachesz macht auf enge Berührungen zwischen den ActPt und dem Perlenhymnus der Thomasakten (108 ff.) sowie dem pachomianischen Mönchtum aufmerksam.14 Jesse Sell belegt sehr plausibel einen Bezug zum Evangelium nach Matthäus15 und Jürgen Tubach richtet den Fokus auf religionsgeschichtliche Fragestellungen und sieht einen traditionsgeschichtlichen Zusammenhang mit der mandäischen Religion und religiösen Anschauungen im südlichen Mesopotamien.16 Von Mitzi Jane Smith wurde die Erzählung erstmalig – sehr gewinnbringend – unter narratologischen Gesichtspunkten analysiert, aus der Perspektive des „Modell-Lesers“ und mit der Annahme, dass sich der Text dem Leser als eine sinnvoll zusammenhängende Erzählung erschließt.17 So kann sie m. E. überzeugend darlegen, dass die ActPt eine sorgfältig komponierte Parabel über Erlösung und Himmelreich sind. Sie wies auf die zweite Sinnstruktur der Erzählung hin, die unter dem Text liegt und die symbolisch gedeutet werden muss, um den Gehalt und die Aussage der ActPt ganz zu erfassen.
13 Lapham, Peter, 71–82. 14 Czachesz, Commission Narratives, 162–183. 15 Sell, Simon Peter’s „Confession“. 16 Tubach, Reisewege der Apostel. 17 Smith, „Understand Ye A Parable“.
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4.4 Ein „hybrider Großtext“18? Die Frage nach der Gattung der ActPt Auf die Frage nach der Gattung der ActPt werden in der Forschung bisher drei Antworten gegeben. Dem (Unter-)Titel entsprechend wird die Erzählung als Apostelakte gelesen, bzw. unter „Apostolisches“ verbucht.19 Aufgrund der vielen Unterschiede zwischen den ActPt und den bekannten großen Apostelakten wird diese Klassifizierung aber auch angezweifelt und nach anderen Gattungsbestimmungen gesucht. So erkennt Molinari im ersten Teil der Erzählung eine narratio fabulosa mit Grundzügen einer homoeosis, im zweiten Teil sieht er einen Offenbarungsdialog.20 Smith beschreibt die ActPt als unkonventionelle Parabel.21 Eine dritte Perspektive verzichtet auf die Klassifizierung und beschreibt die ActPt als einen Großtext, der aus verschiedenen Einzeltexten unterschiedlicher Gattungen zusammengefügt wurde.22 Die verschiedenen Positionen werden im Folgenden diskutiert.
4.4.1 Die Klassifizierung als Apostelgeschichte Krause, der die erste Textedition der ActPt herausgab, bestimmt die Erzählung als gnostische Apostelgeschichte.23 Denn nur die Rahmenhandlung zu Beginn (p. 1), die die Reise der Apostel schildert, könne man als typische apokryphe Apostelgeschichte bezeichnen, nicht aber den zweiten (p. 1,29–7,23) und dritten Teil (p. 8,13–12,19) der Erzählung, in denen er ursprünglich selbstständige, „gnostisch“ geprägte Quellen sieht. Leider begründet er seine Einordnung der ActPt nicht und es bleibt im Dunkeln, worin die Unterschiede zwischen einer „typisch apokryphen“ und einer „gnostischen“ Apostelgeschichte bestehen und welche Merkmale letztere haben müsste. Wilson und Parrott äußern sich bei der Frage nach der Gattung nur zurückhaltend, rechnen die ActPt aber zur Gruppe der frühen Apostelgeschichten: „Acts Pet. 12 Apost. almost certainly is to be grouped with the apocryphal Acts of the second and the third centuries, rather than with the later ones, with which it has little in common.“24 Pheme Perkins stimmt dieser Einschätzung zu, allerdings nur für den ersten Teil der Erzählung, den zweiten stuft sie als Offenbarungsdialog ein.25 Insgesamt beurteilt sie
18 Schenke, NHD, Bd. 2, 445. 19 Vgl. die Einordnung der ActPt unter „Apostolisches“ in NTApo5, Bd. 2, 368–380. 20 Molinari, Acts, 77.83–92. 21 Smith, Understand Ye a Parable. 22 Schenke, NHD, Bd. 2, 445. 23 Krause, Petrusakten, 56. 24 Wilson/Parrott, Acts, 202. 25 Perkins, Gnostic Dialogue, 127.
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die ActPt als „unusual variant of the Actstradition“.26 Hans-Josef Klauck nimmt die ActPt in seinen Sammelband „Apokryphe Apostelakten“ auf, räumte aber ein, dass diese Gattungsbestimmung für die gesamte Erzählung nicht zuträfe, da es nur wenige Gemeinsamkeiten mit Apostelakten gebe. Er resümiert: „Das ganze wirkt jetzt am ehesten wie eine Allegorie mit visionärem Einschlag oder eine allegorische Visionsschilderung, die am Ende wieder auf die Erde zurücklenkt.“27 Zuletzt sind die ActPt in der Sammlung von Nagel erschienen, der – trotz der Annahme einer Redaktion mehrerer Quellen – erstaunlich klar urteilt: „Nicht nur dem Titel, auch dem Inhalt nach ist es eine Apostelgeschichte (…).“28 Dies ist insofern bemerkenswert, als die Forscher, die die ActPt unter quellen- und redaktionsgeschichtlicher Sicht untersucht haben, meist auf eine Gattungsdefinition verzichten oder die jeweils separierten Quellenstränge verschiedenen Gattungen zuordnen – mitunter wirkt dies ein wenig gezwungen.
4.4.2 Ein heterogener Text Angesichts dieser Vielschichtigkeit ist es nicht verwunderlich, dass unter quellenkritischem Gesichtspunkt oft auf die nähere Formbestimmung des Textes verzichtet wird. „Die ActPt gehören keiner natürlichen Textsorte an,“ urteilt Schenke, „sondern sind ein hybrider Großtext, entstanden aus verschiedenen Einzeltexten; er enthält Apostellegende, Visionsschilderung bzw. Allegorie, Paränese und Kirchenordnung.“29 Den Titel hielt er für sekundär und daher sei dieser ungeeignet als Ausgangspunkt für eine formgeschichtliche Bestimmung.30 An dieser Einschätzung orientiert sich auch Ghica, der die Erzählung insgesamt wegen der komplexen Redaktionsgeschichte und der unterschiedlichen verarbeiteten Gattungen für nicht klassifizierbar hält: „Sans cette vision large, requise par la complexité du processus rédactionnel dont les AcPil2Ap sont visiblement le résultat, un tel écrit, protéiforme et ductile, reste non seulement non classé mais aussi non classable.“31 Allerdings bestimmt er die Gattungen der vier von ihm ausgemachten Quellen innerhalb des Textes.32 So enthalten die ActPt nach seiner Auffassung eine Allegorie über den Perlenverkäufer und eine Auferstehungsgeschichte mit Jesus in Arztgestalt, der die Jünger zum Heilen auffordert. Die beiden Erzählungen seien dann zu einer Missionsgeschichte zusammengeschrieben worden, so dass die Missionsge-
26 Perkins, Peter, 146. 27 Klauck, Apokryphe Apostelakten, 192. 28 Nagel, Taten, 335. 29 Schenke, NHD, Bd. 2, 445. 30 Schenke, NHD, Bd. 2, 446. 31 Ghica, Les Actes, 47. 32 Ghica, Actes (2007), 811–815.
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schichte zu einer apostolischen Parabel über individuelle Erlösung und die Kontinuität der Kirche wurde. Zuletzt sei ein Hymnus über die Geduld eingefügt worden. Resümierend lässt sich feststellen, dass die Klassifizierung der ActPt als Apostelgeschichte aus folgenden Gründen kritisiert wurde: Man konzentrierte sich auf verschiedene Quellenschichten unterschiedlicher Gattungen und sah die Gesamterzählung als ein Ergebnis verschiedener Redaktionen und nicht als bewusst geplante Gesamterzählung. Der eventuell spätere Titel wurde außer Acht gelassen. Außerdem beruhte die Einschätzung, was eine Apostelakte ausmache und was nicht,33 auf der Studie von Rosa Söder,34 die folgende Gattungselemente in den fünf großen Apostelakten herausgearbeitet hat: (1) das Reisemotiv, (2) das Heldenmotiv (ein sogenanntes „aretalogisches Element“), (3) wunderhafte Züge, (4) lehrhafte Elemente, und (5) das erotische Motiv (mit klar asketischer Tendenz). Abgesehen von den erotischen Zügen, finden sich alle Elemente in den ActPt, allerdings weit weniger ausgeprägt als in den „big five“ der Apostelakten.
4.4.3 Jenseits der neutestamentlich geprägten Gattungen Molinari versucht, die Gattungsfrage für die ActPt mithilfe spätantiker rhetorischer Kategorien zu klären. Im ersten Teil der Erzählung erkennt er eine zusammenhängende Quellenschicht, die nach seiner Auffassung, abgesehen von den redaktionellen Zusätzen, eine Komposition aus zwei Gattungen ist, aus einer narratio fabulosa und einer homoeosis. Die homoeosis wurde von Diomedes beschrieben, einem Grammatiker, der in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. lebte. Er führt zwölf Tropen auf, die zur Obergattung der Metapher gehören, darunter auch die homoeosis. Sie wird als lebendige Schilderung einer weniger bekannten Sache durch eine bekanntere beschrieben und ihr werden die rhetorischen Figuren Bild, Parabel und Beispiel zugeordnet.35 Die mythischen Elemente innerhalb der Erzählwelt der ActPt zählt Molinari zu dieser Gattung. Sie konstruieren die Erzählwelt der narratio fabulosa. Dieser Gattung ordnet der spätantike römische Grammatiker und Philosoph Macrobius Ciceros Traum des Scipio und Platons Jenseitsbericht des Er zu.36 Die narratio fabulosa soll den Leser zu 33 Vgl. Ghica, Les Actes, 46 f.: „Deux alternatives se présentent alors: soit le système de classification de Sôder est défectueux, soit les AcPil2Ap n’appartiennent pas à la catégorie littéraire des actes des apôtres.“ 34 Söder, Apostelgeschichten, 21–148. Krause, Petrusakten, 54, bezieht sich auf Söder, auch Molinari, Acts, 56–64, und Ghica, Les Actes, 46 f. 35 Bei der Darlegung der Ausführungen von Diomedes in dessen ars grammatica bezieht sich Molinari, Acts, 80 auf Rollinson, Classical Theories, 87–98. 36 Genaue Ausführungen bei Molinari, Acts, 83–92. Der Jenseitsbericht des Kriegers namens Er in Platons Politeia erzählt, wie die Seele eines gefallenen Kriegers den Körper verlässt, das Jenseits und die Geschicke der Seelen schaut und wieder in den Körper zurückkehrt (Plat. rep. 10). Der Traum des Scipio von Cicero schildert auf lehrhafte Weise, dass die Seele unsterblich ist und nach dem Tod den
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guten Taten motivieren und thematisiert im Gegensatz zur einfachen Fabel das Gute, Wahre und Göttliche. Das verbindende Element zwischen dem Traum des Scipio, dem Jenseitsbericht des Kriegers Er und den ActPt sieht Molinari in dem jeweils beschriebenen Aufstieg der Seele. Den zweiten Teil der Erzählung in den ActPt bestimmt er als einen Offenbarungsdialog mit Zügen einer Kirchenordnung.37 Man muss Molinari zugutehalten, dass er sich intensiv mit der Frage der Gattung auseinandersetzt und dabei über die neutestamentlichen Gattungen hinausgeht und in der antiken Literaturwelt nach Parallelen sucht. Die zweideutig bildhaften Züge, die einen Großteil der Erzählung der ActPt durchziehen, hat er treffend beobachtet und problematisiert. Die rhetorische Figur der homoeosis ist jedoch nur ein anderer Terminus zur Bezeichnung der allegorischen Passagen innerhalb der ActPt, als Gattungsbezeichnung kann sie schwerlich dienen, da sie eigentlich für kurze Sprachfiguren steht. Wie Molinari selbst einräumt, wurde die Bezeichnung narratio fabulosa von Macrobius mit der defensiven Intention eingeführt, Ciceros und Platons Erzählungen von anderen Fabeln abzugrenzen, deren Inhalte er als anstößig und für Philosophen als ungeeignet empfand, z. B. die Komödien des Menander. Die Abgrenzung beruht nicht auf einem formalen, sondern auf einem inhaltlichen Unterschied, beschreibt also mehr ein Ausschlusskriterium als ein eigenes literarisches Genre. Dementsprechend knapp und konzeptionell verschieden sind auch die Beispiele, die Macrobius über Scipios Traum und den Jenseitsbericht bei Platon hinaus aufführt, nämlich kultische Darstellungen von heiligen Riten, die Erzählungen des Hesiod, die orphische Dichtung und die mystischen Texte der Pythagoreer. Als Gattungsbestimmung für die ActPt erscheint die narratio fabulosa deswegen ungeeignet. Sie ist keine Genrebezeichnung, sondern eine künstliche Kategorie des Macrobius zur inhaltlichen Klassifizierung verschiedener Texte. Abgesehen davon weist der Traum des Scipio und der Visionsbericht des Er recht wenige Gemeinsamkeiten mit den ActPt auf. Die beiden paganen Texte sind als eigenständige metadiegetische Erzählungen jeweils in einen Dialog eingebettet. Als außerweltliche, fantastische Mythen werden sie inhaltlich klar von einer realistischen Erzählung abgegrenzt. In den ActPt ist dagegen nur das Gespräch des Petrus mit dem Greis als Vision geschildert (p. 6,28–7,19), die das postmortale Geschick der Menschen in den Blick nimmt, von der Seele wird dort jedoch nicht direkt gesprochen. Vielleicht wäre Molinari den letzten Schritt seiner Gattungsbestimmung besser nicht gegangen, sondern bei der Fabel geblieben. Zwischen den fabelartigen Erzählungen der antiken Literatur und den ActPt gibt es nämlich durchaus interessante Berührungen, z. B. mit den Metamorphosen des Apuleius. Auch die parabolischen Himmel erreicht, wenn sie es verdient hat. Der Großvater des Scipio verheißt seinem Enkel im Traum die ewige Seligkeit als Lohn für einen erfolgreichen Staatsdienst (Cic. rep. 6,9–29). 37 Molinari, Acts, 76: „it may be profitable to view it as located somewhere in the gray area between a revelation dialogue (not like the gnostic dialogues in emphasis) and a church order.“ Er entscheidet sich für einen Offenbarungsdialog mit Zügen einer Kirchenordnung (ebd., 54.77).
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Sprachzüge innerhalb der ActPt sind typische Stilmerkmale der Gattungen Fabel, Parabel und Gleichnis.
4.4.4 Eine fiktionale Erzählung zwischen Apostelgeschichte und Dialogevangelium Da die ActPt durchaus bestimmte Züge mit anderen bekannten Apostelgeschichten teilt, wurde sie auch so verstanden, das bezeugt bereits der (sekundäre) Titel. Doch wir haben eine Schrift vor uns, die unterschiedliche Gattungsmerkmale in sich vereint. Die Erzählung beginnt im Stil einer Apostelakte, mit Reisebericht und der Ankunft in der Stadt „Wohne“ (p. 1,12–2,10). An die Begegnung von Petrus und Lithargoel ist die Perlenparabel angeschlossen (p. 3,11–5,1). Nach einem längeren Dialog, in dem Lithargoel dem Petrus seinen und den Namen seiner Stadt mitteilt und den Weg dorthin beschreibt (p. 5,1–6,28), folgt ein Visionsbericht (p. 6,28–7,19). Nachdem die Apostel in der Stadt „Neun Pforten“ angekommen sind, erinnern die Epiphanie und die Gesprächsszene zwischen Jesus und den Jüngern an ein sogenanntes Dialogevangelium (p. 9,1 ff.), wie z. B. die Epistula Apostolorum. Selbst wenn man jeweils weite Definitionen zugrundelegt, wird es schwierig, die ActPt insgesamt einer der genannten Gattungen zuzuordnen. Eine Apostelgeschichte erzählt Erlebnisse der Apostel. In den ActPt allerdings steht Jesus in seinen verschiedenen Erscheinungsweisen im Zentrum. In Erscheinungsevangelien ist der Auferstandene der Mittelpunkt, der seinen Schülern eine abschließende Lehre mitgibt. Doch nur im letzten Viertel der ActPt findet solch ein Gespräch statt. Die ActPt sind deutlich zweigeteilt. Die erste Hälfte scheint eine ungewöhnliche Apostelgeschichte zu sein, die zweite Hälfte ein ungewöhnliches Dialogevangelium. Aber dennoch mag die märchenhafte Erzählwelt zu keiner dieser beiden Gattungen recht passen.
4.4.5 Die ActPt: Eine Parabel Die mehrdeutigen und uneigentlichen Aussagen der ActPt gehören zum typischen Erzählstil einer Parabel. Außerdem findet sich in der Erzählung selbst das Signalwort παραβολή (p. 10,24). Daran orientierte sich Mitzi Jane Smith und bezeichnete die ActPt – in Zusammenarbeit mit François Bovon und Karen King – als Parabel.38 Die Perlenerzählung in der Stadt „Wohne“ (p. 3,11–5,1) sieht sie als den Kern der Parabel, gerahmt von einer erzählenden Einführung (p. 1,1–3,11) und der Interpretation (p. 5,15–12,18). Aufbauend auf dieser konstruktiven Analyse soll gezeigt werden, dass die Eigenarten der ActPt mit der Kategorie der Parabel gut beschrieben werden können.
38 Smith, Understand Ye a Parable. Smith gibt Bovon und King als Co-Autoren an.
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Allgemein ist die Parabel eine schwer abzugrenzende Gattung. Das liegt zum einen an dem Alter dieser Form und an den vielen und unterschiedlichen Texten, die unter dieser Kategorie zusammengefasst werden, zum anderen an dem Begriff selbst. Παραβολή wurde in der antiken Rhetorik unterschiedlich definiert, meist nicht klar abgegrenzt, und kann mitunter auch Bild, Metapher, Vergleich, Gleichnis und Allegorie subsumieren.39 Diese Einteilung stützt sich teilweise auf die Rhetorik des Aristoteles, der zwei Arten von παραδείγματα unterscheidet, einerseits das Berichten früherer Taten und andererseits das Erdichten von etwas Ähnlichem (rhet. 2,20). Im Hinblick auf die zweite Art unterscheidet er die Unterarten Fabel und Parabel, letztere erläutert er im Gegensatz zur Fabel nur knapp. Als Erbe der antiken Rhetorik hat sich die enge Verwandtschaft zwischen den beiden Kategorien gehalten, so eng, dass die Begriffe oft äquivalent gebraucht werden.40 Überhaupt liefen in der Antike parabolische Texte unter wechselnden Bezeichnungen um und wurden neben παραβολή auch αἶνος, fabula, μῦθος oder λόγος genannt. Gattungsbezeichnungen wurden nicht trennscharf voneinander unterschieden.41 An dieser Stelle wird, angelehnt an Rüdiger Zymner, die Gattung Parabel in einem weiten Sinn definiert.42 Die parabolische Sprache ist das erste und markante Merkmal, aus der sich das zweite ergibt, nämlich die längere Ausführung ihrer Bilder, was die Parabel von der knappen Allegorie unterscheidet. Das dritte Merkmal ist die direkte oder indirekte Aufforderung an den Leser, das Erzählte als Beispiel zu nehmen und daraus das Gemeinte als Allgemeines abzuleiten. Der Leser muss abstrahieren und die Geschichte auf eine andere Ebene übertragen. Die Abgrenzung zur Fabel kann bei dieser weiten Definition nur inhaltlich erfolgen. Nach Zymner können „menschliches Figural zusammen mit der Realität entlehnten, global anthropomorphisiertem Figural (…) die Textform der Fabel indizieren“.43 Wenn also sprechende Tiere, Pflanzen oder Himmelskörper auftreten, haben wir es mit einer Fabel zu tun. Imaginiertes Figural, z. B. Engel oder Götter – in den ActPt Lithargoel oder der schwebende Greis – gehören jedoch noch in den Bereich der Parabel. Die so umrissenen Grundzüge der Parabel finden wir in den ActPt sehr ausgeprägt. Die ganze Erzählwelt ist symbolisch und erhebt nicht den Anspruch, realistisch zu wirken. Die Erzählung wird nicht chronologisch eingebettet und es gibt nur vage Zeitangaben, z. B. beginnen die Apostel ihre Reise zu einem „günstigen Zeitpunkt,
39 Einen gattungsgeschichtlichen Überblick zur Parabel gibt Zymner, Parabel, 503–508. 40 Zymner, Parabel, 503, und ders., Uneigentlichkeit, 64 f. 41 Zymner, Parabel, 504. 42 Zymner der mit seinem Modell der „textuellen Appellstruktur der Uneigentlichkeit“ auf weitgehenden Konsens gestoßen ist, definiert die Parabel als episch-fiktionalen Text, der (1) ein Initialsignal der Uneigentlichkeit gibt und dadurch (2) auch ein Transfersignal der zur Richtungsänderung der semantischen Kohärenzbildung gibt, und entweder (3) eine Richtungsbestimmung des Transfers allein durch den Kotext oder aber (4) durch den Kontext aufweist; vgl. Zymner, Uneigentlichkeit, 62. 43 Zymner, Uneigentlichkeit, 145.
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der ihnen durch den Herrn gegeben wurde“ (p. 1,15 ff.). Auch geografisch wird die Handlung nicht verortet, im Gegenteil, die Orts- und Personennamen sind chiffrierte Verweise, so wie die Stadt „Wohne“ (p. 2,2; 7,4 ff.) und „Neun Pforten“ oder der Name Lithargoel (p. 5,15–18). Darin liegt auch ein Unterschied zu einer Apostelgeschichte und zum Erscheinungsdialog, die bemüht sind, das Erzählte chronologisch, geografisch und meist auch biografisch zu verankern bzw. mit Jesu Leben und Wirken in Beziehung zu setzen. Innerhalb der ActPt finden wir verschiedene Deutungssignale, eine Reihe impliziter und ein explizites. Die symbolischen Namen und Orte, aber auch die bildlichen Anspielungen, z. B. auf die Kreuzigungsmale, sind implizite Aufforderungen. Explizit wird Petrus, quasi als Stellvertreter für den Leser, aufgefordert, er solle doch das Gleichnis, das Jesus ihm erzählt hat, verstehen (p. 10,23 ff.). In diesem bildhaften Setting wird die surreale Geschichte der ActPt erzählt. Durch die Lenkung des Herrn finden die Apostel ein Schiff und fahren dank des günstigen Windes in eine kleine Inselstadt mit dem symbolischen Namen „Wohne“ in der Mitte des Meeres. Dort trifft Petrus auf Jesus, der sich, offensichtlich verkleidet, als Lithargoel ausgibt und unsichtbare Perlen anpreist. In seiner Stadt mit dem symbolischen Namen „Neun Pforten“ will er den Armen eine Perle schenken. Obwohl wir uns auf einer kleinen Insel befinden, führt in diese Stadt ein mehrtägiger Weg quer durch gefährliches Ödland. Bevor die Apostel losziehen, erlebt Petrus eine Vision mit einem Greis, der offenbar über der Stadt schwebt. Bei der Stadt angekommen, begegnet ihnen der als Arzt verkleidete Lithargoel, der sich sodann als Jesus offenbart. In diese kuriosen Begebenheiten werden immer wieder Andeutungen eingestreut, die den Leser zur Deutung auffordern sollen. Als Petrus Lithargoel mustert, beschreibt er die Stellen, an denen die Nägelmale und der Lanzenstich des Gekreuzigten zu sehen wären, auch erwähnt er, Lithargoel halte eine ähnliche Buchschatulle wie er in der Hand (p. 2,19 ff.). Die Begrüßungsszene zwischen Petrus und Lithargoel dreht sich darum, dass Lithargoel Bruder und fremder Freund sei (p. 3,8 ff.). Im Dialog zwischen Petrus und dem Greis wird der symbolische Name der Stadt gedeutet (p. 6,28–7,19) und der Leser animiert, so auch mit dem Namen der Stadt „Neun Pforten“ zu verfahren und die beiden Städte in Beziehung zueinander zu setzen. Auch die Deutung der unsichtbaren Perle (p. 4,10–15.29–5,1; 5,14–18; 10,27–30) und die Bemerkungen, dass Lithargoel selbst auf den Vater, der Jesus gesandt hat, vertraue (p. 6,17–19), und dass Lithargoel der Sohn eines großen Königs sei (p. 8,31 f.), drängen den Leser zur Interpretation. Der zweite Teil hingegen (p. 9,1 ff.) bricht mit dem parabolischen Stil. Er wurde wohl als Auslegung und Resümee an die Parabel angeschlossen. Gerade in religiösem Kontext erhalten Parabeln und Gleichnisse häufig eine nachgeschaltete Deutung oder Deutungshilfe. Man denke nur an den Hirten des Hermas, wo den Gleichnissen eine ermahnende Interpretation durch eine divine Deutefigur angefügt ist.44 In den ActPt
44 Z. B. das fünfte Gleichnis, das sich mit dem Fasten auseinandersetzt und das achte und neunte Gleichnis, die thematisch Sünde und Buße behandeln, zeigen diese Struktur.
4 Forschungsüberblick
33
weist Jesus Christus in der wörtlichen Rede selbst darauf hin, dass es sich bei dem ersten Teil der Erzählung um eine parabolh handele (p. 10,24). Und der Deutungsteil nimmt gezielt die Grundzüge dieser Erzählung auf, um paränetische Schlussfolgerungen abzuleiten. Die kurze Erzählung von den Armen und Reichen wird auf die Gemeinde übertragen und zu der Aufforderung zugespitzt, sich den Armen zuzuwenden (p. 10,9 ff.), die Reichen aber zu richten (p. 12,8 f.). Das kurze Auftreten Jesu als Arzt wird genutzt, um zur Krankenheilung aufzufordern (p. 10,33 ff.). Die Gattung der Parabel erfüllt hauptsächlich zwei Funktionen. Sie soll unterhalten, aber vor allem überzeugen. Diese beiden grundlegenden Intentionen werden sicher auch in den ActPt erfüllt. Ihren literarischen Unterhaltungswert beziehen die ActPt hauptsächlich aus den unterschiedlichen Identitäten und Verwandlungen Christi, die eine Spannung aufbauen, zu deren Auflösung der Leser mit geschickten Andeutungen angeregt wird. Dieses Versteckspiel und die Rollenwechsel erinnern an antike Verwandlungsromane wie die Metamorphosen des Apuleius oder Ovid und an die humoristischen Geschichten des Lukian. Zudem wird in den ActPt viel mit Symbolen und chiffrierten Verweisen erzählt bzw. angedeutet. Offenbar soll die Geschichte geheimnisvoll wirken und den Eindruck erwecken, sie enthalte eine besondere zu entschlüsselnde Wahrheit. Das Auftreten Jesu als Deuter und Mahner im zweiten Teil der Erzählung verstärkt diesen Eindruck noch. Obwohl der zweite Teil eine Auslegungshilfe für die Interpretation der unsichtbaren Perle bietet (p. 10,23 ff.) und paränetische Schlussfolgerungen aus der Erzählung ableitet, werden die symbolischen Namen und die Erzählwelt mit den beiden Rollen Jesu allerdings nicht erläutert. Diese Offenheit der Geschichte, die mit dem Leser spielt, ihn unwissend lässt, hinters Licht führt und narrt, wurde wohl bewusst für sich stehen gelassen. Eine Grundintention einiger antiker Unterhaltungsromane, die mit Versteckspielen und Verwandlungen arbeiten, ist es, ihre Leser nicht nur zu erfreuen, sondern auch zu verunsichern, ihnen eine „richtige“ Deutung vorzuenthalten und damit zur eigenen Interpretation zu motivieren. Ein gutes Beispiel dafür sind die Metamorphosen des Apuleius.45 Auch sie verwirren den Leser durch lange Binnenerzählungen verschiedener Gattungen und durch eine Erzählstimme, die nicht nur unglaubwürdig ist, sondern auch häufiger wechselt. Bereits zu Beginn wird das Spiel mit dem Leser angekündigt: „Leser pass auf, du wirst Freude haben“.46 Das Vergnügen wird an die
45 John J. Winkler hat in seiner narratologischen Studie zu Apuleius’ Metamorphosen gezeigt, dass die Form des unzuverlässigen Erzählers nicht erst ein modernes, sondern bereits ein klassisches Konzept ist. Im Schlusswort fasst er seine Erkenntnisse zum Spiel des Autors mit dem Leser zusammen: „But if I am right in my contention that The Golden Ass deliberately lacks key elements of authorization and that it resembles a set of games for readers to play, provoking them to decide, and if my ‚Auctor and Actor‘ has in its own ludicrous way aided you in playing those games, then the last word belongs neither to Apuleius nor to me but to you“ (Winkler, Auctor and Actor, 321). 46 Apul. met. 1,1: Lector intende: laetaberis.
34
I Einführung in die Schrift
Bedingung der aufmerksamen Lektüre geknüpft. Erst die aktive Mitarbeit verschafft das Surplus zum Unterhaltungsanspruch. Aus diesem Grund dürfte auch in den ActPt vieles unerklärt in der Schwebe bleiben. Der Leser soll sich selbst Gedanken über die Rollen Jesu machen und sie eventuell mit christologischen Vorstellungen verbinden. Die Entschlüsselung des Namens „Lithargoel“ als Perle und deren Parallelsetzung mit Jesus Christus ist z. B. eine solche Eigenleistung zur Interpretation. Der Leser muss die Erzählwelt selbst mit einem Konzept von Gemeinde, von Vervollkommnung und Erlösung in Zusammenhang bringen.
II Textedition
1 Erläuterung zu Textedition, Übersetzung, kritischem Apparat und Register Die Schwerpunkte dieser Arbeit liegen auf dem koptischen Text und der Übersetzung, samt sprachlicher Erschließung und Kommentar. Die Textedition und der Kommentar stehen in der Tradition des Berliner Arbeitskreises, denn sowohl die Textedition als auch der Aufbau des Registers und des Kommentars orientieren sich an entsprechenden Publikationen von Mitgliedern des Arbeitskreises. Die Textausgabe gliedert den in Codex VI der Nag-Hammadi-Schriften in scriptio continua geschriebenen koptischen Text zur besseren Übersicht in größere Erzählabschnitte. Die einzelnen Abschnitte wurden in der nachfolgenden Textausgabe mit Zwischenüberschriften versehen. Diese Abschnitte werden im Kommentar bei der narrativen Analyse wieder aufgegriffen. Der koptische Text wird als Fließtext, aber zeilengetreu ediert. Die Zeilen-, auch die Seitenangaben, die sich auf den Codex beziehen, sowie die Abstände zwischen den Wörtern dienen der Strukturierung des Textes und haben keinen grafischen Anhalt im Codex. Die Edition des Textes in maschineller Druckschrift geht mit einer Standardisierung der Zeichen einher. Für einen Eindruck der unterschiedlichen Form und Länge der Supralinearstriche, des Apostrophs, für die Abstände nach dem Hochpunkt oder die schmuckhafte Ausführung einzelner Buchstaben muss auf die Faksimile-Ausgabe zu Codex VI verwiesen werden. Auch antike Korrekturen, die vermutlich vom Schreiber stammen, wurden nur durch geschweifte Klammern markiert und im Apparat verzeichnet. Die Übersetzung folgt jeweils dem koptischen Textabschnitt und wird nicht zeilengetreu präsentiert. Dieses Verfahren legte sich nahe, da bereits die Editionen von Krause bzw. Wilson und Parrott die Übersetzung – soweit überhaupt möglich – zeilengetreu darbieten. Nur die Seitenzahlen sind – wie auch in der Textausgabe – vermerkt. Sie entsprechen den Seitenmarkierungen im Codex, die noch rechts bzw. links oberhalb jeder Seite ersichtlich sind, sofern der obere Rand nicht zerstört ist. Unter der Übersetzung wird in Fußnoten auf Übersetzungsalternativen hingewiesen, sofern sie für das Textverständnis relevant sind. Die Übersetzung folgt relativ eng dem koptischen Text. Eine etwas freiere und sprachlich schöne deutsche Übersetzung der ActPt hat z. B. Hans-Martin Schenke vorgelegt. Auf sie soll auch an dieser Stelle verwiesen werden.1 Im Kommentar weicht die präsentierte Übersetzung an einigen Stellen von der Übersetzung im Rahmen der Textedition ab. Denn im Kommentar sind mitunter Rekonstruktionen übersetzt, die plausibel und relativ sicher erscheinen, die in der Textedition aber nur im Apparat aufgelistet sind und nicht übersetzt werden. In
1 Vgl. Schenke, NHD, Bd. 2, 448–453, und NTApo5, Bd. 2, 374–380. https://doi.org/10.1515/9783110559996-005
38
II Textedition
solchen Fällen erscheinen die Rekonstruktionen gleich zu Beginn des kommentierten Abschnittes und es wird darauf verwiesen, dass diese Variante oben in der Übersetzung übernommen wurde.2 In den kritischen Apparat wurden alle Texteditionen zu den ActPt eingearbeitet, auch die bisher unveröffentlichte von Ghica. Auch die französische Konkordanz von Cherix wurde berücksichtigt, da der Text der ActPt dort im Anhang steht und, obgleich er sich stark an Wilson und Parrott orientiert, einige alternative Lesarten bietet. Mitunter werden auch deutsche Übersetzungen herangezogen, vor allem von Hans-Martin Schenke, wenn sie das zugrunde liegende koptische Textverständnis erkennen lassen. Außerdem wird auf handschriftliche Anmerkungen aufmerksam gemacht, die Schenke handschriftlich in seinem Exemplar der Textedition von Parrott und Wilson notiert hat.3 Im koptischen Apparat ist jeweils der abweichende Text verzeichnet. Auch unterschiedliche Zeichensetzung ist gelegentlich vermerkt. Bei der Auflistung der Setzung von Häkchen als Morphem- und Silbentrenner wird Krause allerdings nicht aufgeführt, da das Häkchen in seiner Textedition nicht wiedergegeben wird. Im anschließenden grammatischen Register sind alle Textelemente – Wörter, Namen, grammatische Elemente wie Konjugationen usw. – entsprechend eingeordnet und verzeichnet. Nur einzeln stehende Buchstaben zwischen korrupten Textteilen sind dort natürlich nicht enthalten. Die Grundformen der koptischen Wörter werden in Anlehnung an Crum, Coptic Dictionary, geboten. Die Satzmuster und grammatischen Termini orientieren sich weitgehend an Layton, A Coptic Grammar. Folgende Bezeichnungen und Siglen werden im Apparat verwendet: Texteditionen Cherix Ghica
Krause
Nagel
Pierre Cherix, Concordance des textes de Nag Hammadi, le Codex VI, BNCH.C 2, Sainte-Foy 1993. Victor Ghica, Les Actes de Pierre et des douze apôtres. La vie d’un écrit apocryphe. Rédaction, remaniement, traduction, Dissertation, Université Laval, Québec 2006. Martin Krause, Die Akten des Petrus und der 12 Apostel, in: Martin Krause/Pahor Labib (Hg.), Gnostische und hermetische Schriften aus Codex II und VI, Bd. 2, Glückstadt 1971, 107–121. Peter Nagel, Codex apocryphus gnosticus Novi Testamenti, WUNT 326, Tübingen 2015, 352–369.
2 Dies ist z. B. im Kommentar zu p. 8,7–10 der Fall. 3 Hans-Gebhard Bethge und Uwe-Karsten Plisch haben mir diese Ausgabe dankenswerterweise zugänglich gemacht.
1 Erläuterung zu Textedition, Übersetzung, kritischem Apparat und Register
39
Wilson/Parrott Wilson, Robert M./Parrott, Douglas M., The Acts of Peter and the Twelve Apostles, in: Douglas M. Parrott (Hg.), Nag Hammadi Codices V,2–5 and VI with Papyrus Berolinensis 8501, 1 and 4, NHS 11, Leiden 1979, 197–230. Übersetzungen Hans-Martin Schenke, NHD, Bd. 2, 443–453. Schenke Philologisches und Anmerkungen BAK nicht publizierte Randnotizen von Hans-Martin Schenke und gesammelte Rekonstruktionen vom Berliner Arbeitskreis für koptisch-gnostische Schriften Browne Gerald M. Browne, Textual Notes on the Nag Hammadi Codex VI, ZPE 13 (1974), 305–309. Czachesz István Czachesz, Commission Narratives. A Comparative Study of the Canonical and Apocryphal Acts, Leuven 2007, 162–183. Übersicht der Sigla ‹abg› antike Tilgung des Textes ab[g] Ergänzung des Textes durch die/den Herausgeber ab?g unsichere Lesart aufgrund mehrdeutiger Buchstabenspuren Änderung (Emendierung) des Textes durch die/den Herausgeber (abc) erläuternde Zusätze durch den/die Herausgeber
2 Text und Übersetzung p. 1,1–12 Die apostolische Einmütigkeit im Dienst (p. 1) 1[±8]Je e¡[±8] 2 [±5 p]r?ofas?[is ±7] 3 [±4]s: Je asS[wp]e? \n?[±4] 4 [±4]wt’ Mmon? e?bol e¡[. . .] 5 [±4]Îon napo?stolo?s a[±2] 6 [±6]e an\rHwt’ en[. . .]\n 7 [±4]M?piswma: m~n Henk?e8[koou]e euo \nroouS H~m pe?[u]9[Hht’ :] auw \nsa Hht~n an\r ou10H?[ht] ouwt’ anT mete eJek 11 Tdiakonia ebol
etaFtoS~n 12 eros \nGi pJoeis :
p. 1,12–29 Die göttlich gefügte Seereise auw anT 15
13
\nousuntagh \nnenerhou
ka ta oueukairia easSwpe \nouJoei eFmone epekro anSaJe m~n \nneeF \nte
20
18
16
14
an—ei ebol eJ\n qalassa:
nan ebol —Hit~n pJoeis : anGi17ne
eFsobte MmoF eGwou ebol: 21
19
auw
pJoei etrenale n~mmau : \n toou Hwou
au\r ounoG M22m~n~t’maeirwme n~mman ka23ta net’thS ebol —Hit~m pJoeis 24 asSwpe de \nta!rnGwou 25 ebol an\r Hwt’ : an\r ouHoou
26
m~n ououSh : m~n\nsa naei 27 authou niFe \nsa pJoei aF 28 bek~n eHrai+
eukouei Mpolis 29 esH~n tmhte \nqalassa:
∙ 1,1 [±8]Je e¡[±8] mit Cherix, Wilson/Parrott; [naI ne NSa]Je e¡[. . . . . . . .] Ghica; [nai ne NSa]Je et?[auSaJe] Krause; [paei pe pSw]Je et?[anSwJe NHht~F] Nagel; [paI pe pSa]Je et?[a petros JooF] BAK. ∙ 1,2 [±5 p]r?ofas?[is ±7] mit Cherix, Wilson/ Parrott; [. . . . . .e]roI ra . [. . . . . . . . .] Ghica; [Mmoou NGi k]e?fas [m~n Naposto] Krause; [kata oup]rofas?[is ebol HitM] Nagel; [etbe tp]®oƒas?[is NtmNtapos] BAK. ∙ 1,3 [±4]s: Je asS[wp]e? \n?[tar. . .] Cherix, Wilson/ Parrott; [. . . . .]s: JeasS[wp]e? N?[tarou] Ghica; [lo]s?: Je asS[wpe NtarN] Krause; [pJoei]s: Je asS[wp]e? \n[ta] Nagel; [tolo]s: Je asS[wp]e? \n[tarou] BAK. ∙ 1,4 [. ]wt’ \mmon? e?bol e[. ] Cherix, Wilson/ Parrott; [ouw]wt’ Mmon? e?bol et[ren. . .] Ghica; [ ]wt Mmon? e?bol eē[su] Krause; [rNSw]wt’ Mmon e?bol eē[sun] Nagel; [ouw]wt’ \mmon? e?bol ep[imar] BAK. ∙ 1,5 [±4]Îon napo?stolo?s mit Cherix, Wilson/Parrott; [. . . a]n?on napo?stolo?s: a[n. .] Ghica; [nedr]Îon napo?stolo?s: a?[n] Krause; [Hedr]Îon napo?stolo?s: a[. .] Nagel; [tur]Îon napo?stolo?s: a[uw] BAK. ∙ 1,6 [±6]e an\rHwt’ en[. . .]\n mit Cherix, Wilson/Parrott; [. . . .] . [. .]e anRHwt’ Ghica; [ ] eanr Hwt en . [ ] . Krause; [. . . .] . [. .]eanR Hwt/ en . [.] . N Nagel; [anmooSe] eanRHwt’ en[Hn . .]N BAK. ∙ 1,7 [±4]\m?piswma: m~n Henk?e mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [ ] . piswma: mN Hen . [ ]e? Krause. ∙ 1,8 [koou]e mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [±4]e Krause; | pe?[u] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; pe?[ ] Krause. ∙ 1,9 [Hht’ :] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [. . .] Krause. ∙ 1,10 H[ht’] ouwt’ mit Ghica, Krause; H[ht’] ouwt’: Cherix, Nagel, Wilson/Parrott – im Manuskript ist aber kein hochgestellter Punkt zu erkennen. ∙ 1,14 an—ei mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; anei‘ Krause. ∙ 1,20 n~mmau: mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/ Parrott; n~mmau. Krause. ∙ 1,23 pJoeis: Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott. An der Stelle, wo der Hochpunkt vielleicht stand, ist ein Stück Papyrus herausgebrochen. Der jetzige Zustand des Papyrus lässt keine Interpunktion mehr erkennen. https://doi.org/10.1515/9783110559996-006
2 Text und Übersetzung
41
p. 1,1–12 Die apostolische Einmütigkeit im Dienst (p. 1) […] Vorsehung1 […] Es geschah, […] uns […] Apostel […] wir segelten […]2 Körper, mit einigen [anderen], die sich Sorge machten in ihrem [Herzen].3 Und wir waren sogleich ein[mütig.]4 Wir stimmten überein, den Dienst auszuführen, den der Herr uns aufgetragen hatte.
p. 1,12–29 Die göttlich gefügte Seereise Und wir trafen eine Verabredung miteinander (und) wir brachen zum Meer auf zu einem günstigen Zeitpunkt, der uns durch den Herrn zuteil wurde.5 Wir fanden ein Schiff, das am Ufer festgemacht war (und) bereit war auszulaufen. Und wir sprachen mit den Matrosen des Schiffes, um mit ihnen an Bord zu gehen. Sie waren auch sehr freundlich6 zu uns, wie es durch den Herrn bestimmt war.7 Es geschah aber, nachdem wir ausgelaufen waren, (dass) wir einen Tag und eine Nacht segelten. Danach blies ein Wind hinter dem Schiff (und) er brachte uns in eine kleine Stadt,8 die in der Mitte des Meeres lag.
1 Wilson/Parrott: „Vorwand“; Schenke: „Anlass“. 2 Übersetzung der Rekonstruktionen des Beginns der Schrift, die auf Überlegungen des BAK beruhen: „[Dies ist das Wort, das Petrus sprach] 2 [über die] Veranlassung [des Apostolates]: 3 [Es geschah, nachdem] 4 wir [ausgesandt waren] 5 [in das Martyrium der] Apostel [und] 6 [wir reisten,] wir segelten [in …]“ (p. 1,1–7). 3 Wilson/Parrott und Molinari übersetzten m~n- als negativen Existenzsatz: „[Andere] waren nicht besorgt in [ihrem Herzen]“ (p. 1,7–9). 4 Schenke: „einer Meinung“. 5 Vermutlich gemeint: Vorsehung bzw. Ratschluss des Herrn. 6 Krause: „Gastlichkeit“. 7 Schenke: „wie es vom Herrn (vorher) bestimmt war“. 8 Ghica: „und wir strandeten in einer kleinen Stadt“. Ghica vermutet, dass das Verb bek\n vom bohairischen biJi abstammt, das intransitiv gebraucht wird – hier also „Schiffbruch erleiden, zerstört werden“ bedeuten würde.
42
II Textedition
p. 1,29–2,10 Die Ankunft in der Stadt „Wohne“ anok 30 de petros aeiSine \nsa pran 31 \ntei+polis \ntootou \nHoei
(p. 2) 1 [±9]Hht[±8] [±8 \n]tei+p[olis[±4] [±7 p]a?[i+] p?e taJr[o . . .] [±4 Hu]p?o?[mo] n?h? : auw[±5] 5 [. . .] p?eHhge?[m]wn et~nH[hte. .] 6 [. . .] M?pbae Mfht‘ \n?[±6] 7 a?s?[S]wpe de \ntar~nbĒ[k m~n pi] 8 sk?e?uos epikro : aeibĒ[k eHoun] 9 e[T]polis eeikwte api[±5] 10 \n?sa ouma !nsqo : 32
ne Mpma et~maau : euaHe33ratou —HiJ\n temrw : aFouwS~b 2
3
4
p. 2,10–32 Petrus begegnet dem Perlenverkäufer aF—ei eb[ol] 11 \n?Gi ourwme eFfori \noul?[e]n?t?[i]12on : eFmhr MmoF eJ\n teFTpe : 13 eu\n ou?moJ~H \nnoub eFmhr Mm[oF] 14 eou\n kesoudarion mhr eJ\n te?[F]15mes~tqht‘ : eFtalhout eJ~n 16 neFSwp~S eFHwb~s \nteFape
17
m~n neFGiJ: neeimouH pe \nsa pi18rwme Je neousaeie
pe HM peF moun~k m~n teFGinaHerat~F : Fto20ou Mmeros etaeinau
eroou
21
19
H~m peFswma: \nGop \nte neF
22
ouerhte m~n oumeros
\nteF mes~t’Hht‘ : m~n qwme \nte neF GiJ m~n teF—Hikwn : nai+ entai+ 23
25
24
G~mGom enau eroou: eu\n ou26kaeiHe \nJwme \mprhte Nna?27Jm?e H~n
teFGiJ \nHbour : eu28\n ouSbwt’ \nSe \nsturac H~n 29 teFGiJ \nounam: nereteF30smh s~ns~n pe eFHor~S eFSaJe? 31 eFwS ebol H~n Tpolis
Je ma[r]32gariths margariths :
∙ 2,1 [NGi oua ebol N]Hht BAK, Ghica; [\nGi ourwme N]Hht Cherix, Krause, Nagel, Wilson/ Parrott | Hht[ou eFJw \m] BAK, Cherix, Ghica, Nagel; Wilson/Parrott; H?h¡[ou eFJw] Krause. ∙ 2,2 [mos Je pran N] BAK, Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [Mmos Je pran] Krause | p[olis pe Je] BAK, Cherix, Nagel, Wilson/Parrott; p[olis pe] Ghica; Krause. ∙ 2,3 [Gwr\G ete p]a?[i+] pe taJro?[. . . .] Cherix, Wilson/Parrott; [Gwr\G ete p]a?[i+] p?e taJr[o H~n] Ghica, Nagel; [Je GwrG] a?n?e?i etaJr[o epJoI] Krause; Gwr~G ete p]a?[i+] p?e taJr[o Mmok] BAK. ∙ 2,4 [. . .Hu]p?o?[mo]n?h?: auw [. . . . . .] Cherix, Wilson/Parrott; [ouHu] po[mo]nh: auw n?[. . . . . .] Ghica; [ ]to?.[. .]n?h auw.[ ] Krause; [ouHu]po[mo]nh: auw p?[oua ete] Nagel; [HN ouHu]p?o?[mo]n?h? : auw[±5] BAK. ∙ 2,5 [NGi] p?eHhge[m]wn etNH[hte] BAK, Ghica; [\nGi] p?eHhge?[m]wn et\nH[htou] Cherix, Wilson/Parrott; [ ]p?eHhge[m]wn et~nH?[ ] Krause; [NtoF] p?e
Hhgemwn e!tnH[htou] Nagel. ∙ 2,6 [. . .] M?pbae Mfht’ \n?[±6] mit Ghica; [eFJi] M?pbae Mfht’ N?[temrw] Cherix, Wilson/Parrott; [ ].pbae Mfht N?[ ] Krause; [eFJi] M?pbae Mfht’ M[peFGerwb] Nagel. ∙ 2,7 [k m\n pi] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/ Parrott; [k ] Krause. ∙ 2,8 sk?e?uos epikro : aeibĒ[k eHoun] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; e?®[ ]uos epikro: aeibĒ[k ] Krause. ∙ 2,9 e[T]polis eeikwte api[±6] mit Ghica; e[T]polis eeikwte api[SoJne] Cherix, Wilson/Parrott; e[t]polis eeikwte api[tN] Krause, doch die Lakune ist zu groß für nur zwei Buchstaben; e[T]polis eeikwte api[sa !mn ph] Nagel. ∙ 2,15 mes~t’qht’ Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 2,26 Nna? mit Cherix, Wilson/Parrott;
Nna?[r] Schenke; Nna?[na] Ghica, wenig sinnvoll, außerdem hätte der Schreiber weit über den Rand
geschrieben; nnÎ Krause; Nn[.] Nagel. ∙ 2,27 Jm?e mit Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; JWn Schenke | nH~n Cherix, Krause; {n}H~n Ghica, Nagel, Wilson/ Parrott.
2 Text und Übersetzung
43
p. 1,29–2,10 Die Ankunft in der Stadt „Wohne“ Ich aber, Petrus, fragte bei einigen (Leuten) aus jenem Ort, die am Hafen standen, nach dem Namen dieser Stadt. Es antwortete (p. 2) […] dieser [Stadt …] Gründe [… Geduld].9 Und […] dein Oberster, der [in dir ist…]10 den Palmenzweig an der Spitze […]. 11 Es geschah aber, nachdem wir [mit dem] Gepäck an Land gegangen waren, (dass) ich in [die] Stadt [hinein]ging um nach […] zu suchen, wegen einer Herberge.12
p. 2,10–32 Petrus begegnet dem Perlenverkäufer Es kam ein Mann, bekleidet mit einem [Leinentuch], das ihm um seine Hüfte gebunden war. Er hatte einen goldenen Gürtel, der [darum] geschnallt war. Er hatte auch ein Schweißtuch13 um [seine] Brust gebunden, das um seine Arme gelegt war und seinen Kopf und seine Hände bedeckte. Ich blickte den Menschen an, denn er war schön von Angesicht und in seinem Auftreten. Vier Teile (waren es), die ich von seinem Körper sah: seine Füße, einen Teil seiner Brust und seine Handflächen und sein Gesicht. Diese (Dinge) vermochte ich zu sehen. Er hatte eine Buchhülle nach der Art meiner Bücher14 in seiner linken Hand. In seiner rechten Hand hatte er einen Stab aus Styraxholz. Seine Stimme hallte wider, als er langsam sprach, und in die Stadt hineinrief: „Perlen, Perlen.“15
9 Übersetzung der Rekonstruktionen, die auf Überlegungen des BAK gründen: „[einer] von [ihnen und sagte: 2 „Der Name] dieser [Stadt lautet: 3 ‚Wohne‘ – das heißt: Gründe dich 4 [auf Geduld!]“ (p. 2,1–4). 10 Schenke: „So [wird] dein Herrscher, der in [dir] ist […]. “ 11 Wilson/Parrott und Molinari: „Und der Führer [unter ihnen hielt] einen Palmenzweig an der Spitze des [Hafens].“ Nagel übersetzt entsprechend seiner Rekonstruktion: „Und der [eine, der] Oberhaupt unter [ihnen war, trug] einen Palmenzweig an der Spitze [seines Stabes].“ 12 Übersetzung der Lakunenfüllung durch Wilson/Parrott, Cherix, Schenke und Molinari: „um nach einem [Ratschlag] für eine Herberge zu suchen“; Nagel: „und wandte mich nach [hier und nach dort] (auf der Suche) nach einer Herberge.“ 13 Nagel: „Schal“. 14 Molinari: „Herrscher“; Nagel: „wie bei Schriftrollen (üblich)“. 15 Schenke ergänzt: „Perlen (sind hier zu haben)!“
44
II Textedition
p. 2,32–3,11 Petrus spricht den Perlenkaufmann an anok 33 Hw neImeeue pe Je ourw[me \n] 34 Tpolis et~mmau pe: peJaÏ 35 naF Je pason auw paSbhr (p. 3) 1 [±7]naI HĒ[±8] 2 [±4]ws akJ?o?[os ±7] 3 [. . .p]aSbhr?? [. .] pet[±5] 4 [±4 \n]toot› : pe[J]aI naF Je [. . .] 5 [±5 o]uma n~sqo erok a?[n]ok? 6 [m~n \n]kesnhu ebol Je a[no]n 7 [HenS~]~mmo Mpima: peJaF [n]aI 8 [Je e]tbe paI aei\r Sor~p \nJo?[o] s 9 [anok] Hw Je pason auw paSbh[r] 10 eb?ol Je anok ouSbhr \ nS~m11m?o Hw Mpek’rhte: p. 3,11–31 Die Ablehnung der Reichen nai+ de
12
NtaFJoou aFwS ebol Je 15
13
margariths margariths :
auswt~m eteFsmh \nGi \nr~m mao \nTpolis et~mmau : neutamion
17
16
auei ebol H~n
eq?h?p‘ : Henkooue de neu GwS~t‘ ebol H~n Ntamion 18
\n19te pouhei : Henkooue au20GĒS~t› ebol H~n neuSou
et’Jose: auw Mpounau —Hi teFnaH~b : oude etbe tou
26
14
24
22
23
21
S~t’
elaau \ntoot~F ebol Je M m~n phra
m~n mour H~m peFlention
25
m~n pisoudarion :
m~n~t’Sasrwme de \mpou S~nt~F rw eHraF : \ntoF Hw28wF 27
Mp~FouonH~F nau ebol: 29 aukotou eHoun eneuta30mion euJw Mmos Je ere31p?eIrwme swbe Mmon :
p. 3,32–4,10 Die erste Bitte der Armen 32 auw auswt~m NGi NHhke (p. 4) 1 [NTpolis et~]~m?mau [eteFsmh:] 2 [±9] p?rwme? p?[±5] 3 [peIma]r?g?[arit]hs ebol: p?[eJau] 4 [naF Je] THoei ∙ 2,33 Hw neImeeue mit Ghica, Krause, Wilson/Parrott; neImeeue Cherix. Die Partikel Hw ist jedoch im Manuskript deutlich zu erkennen. ∙ 3,1 [aFouwS~b] naI HĒ[wF eFJw Mmos] Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [NtoF peJaF] naI HĒ[wF Je] Krause. ∙ 3,2 [Je kal] ws Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [kal]ws Krause | akJ?o?[os Je pason] Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 3,3 [auw p]aSbhr Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/ Parrott | [ou] Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott | pet?[kSine] Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott; pe¡[ekSine] Cherix. ∙ 3,4 [eroF N]toot› : Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott | [TSi5ne Nsa o]uma n~sqo Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 3,5 a?[n]ok? mit Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; [n]a?Î Krause. ∙ 3,6 [m~n \n] mit Cherix, Krause, Nagel, Wilson/Parrott; [!mnna] Ghica. ∙ 3,8 Sor~p’ Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 3,9 [anok] mit Ghica, Krause, Nagel; [ano]k? Cherix, Wilson/Parrott. 3,11 Mpek’rhte mit Ghica, Cherix; Mpekrhte Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 4,1 mit Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 4,2 [au—ei ebol e]p?rwme? Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; [auw aunau ep]rwme? Krause | p?[aI et’T] M? Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; p?[etT Mp] Krause. ∙ 4,3 [peIma]r?g?[arit]hs ebol: p?[eJau] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [eIma]®g?[arit]h?s? ebol: p?[eJaF Je] Krause. ∙ 4,4 [naF Je] THoei M?mok‘ \ng’t[amon] mit Cherix, Ghica, Wilson/Parrott, Nagel (Nagel liest kein Apostroph nach k und g); [!tn]THoe? M?mok Ngt[sabon] Krause.
2 Text und Übersetzung
45
p. 2,32–3,11 Petrus spricht den Perlenkaufmann an Ich selbst dachte, dass er ein Mann [aus] jener Stadt sei. Ich sprach zu ihm: „Mein Bruder und mein Freund.“ (p. 3) […] mir […] du hast gesagt[… mein] Freund […] bei mir[?“] Ich sprach zu ihm: „[…] dich […] Unterkunft – ich [und die] anderen Brüder, denn wir sind Fremde an diesem Ort.“ Er sprach [zu] mir[: „]Deswegen habe auch ich vorhin gesagt: ‚Mein Bruder und mein Freund‘. Denn ich bin selbst ein fremder Freund16, wie du.“
p. 3,11–31 Die Ablehnung der Reichen (Nachdem) er aber diese (Dinge) gesagte hatte, rief er aus: „Perlen, Perlen.“ Die Reichen jener Stadt hörten seine Stimme. Sie kamen aus ihren verborgenen Zimmern17 heraus. Einige andere aber blickten aus den Zimmern ihrer Häuser. (Wieder) andere blickten aus ihren hohen Fenstern. Und sie sahen nichts bei ihm. Denn er hatte weder einen Reisesack auf seinem Rücken, noch ein Bündel in seinem Leinentuch oder dem Schweißtuch18. Aber wegen ihrer Menschenverachtung erkundigten sie sich nicht einmal nach ihm. Er hingegen offenbarte sich ihnen nicht. Sie kehrten in ihre Zimmer zurück und sprachen: „Dieser Mensch verspottet uns.“
p. 3,32–4,10 Die erste Bitte der Armen Und die Armen (p. 4) jener [Stadt] hörten [seine Stimme.] […] der Mensch […] [diese Perle]. [Sie sprachen zu ihm:] „Mach dir die Mühe und [zeige uns diese] Perle, auch
16 Schenke: „Fremdling“. 17 tamion, andere deutsche Übersetzungsmöglichkeiten: „Vorratskammer“ (so Molinari) oder „Gemach“ (so Schenke). 18 Nagel: „unter seinem Schal“.
46
II Textedition
M?mok’ n~g’t[amon]
[epi]margariths: kan N?[t~nnau] 6 e[r]o?F? \nnenbal: Je anon [HenHhke:] 7 m~[~n]tan de Mmau \nteÏ[noG \nti] 8 m?h etaas HaroF : alla m[±5] 9 [N]t~nJoos \nnenSbeer’ J?[e annau] 10 eumarga5
riths \nnenbal:
p. 4,10–15 Das Gastgeschenk
aF?ou11wS~b eFJw Mmos nau Je eSJe 12 ou\n SGom’ amheit~n etapolis : 15
13
ou monon Ntatamwt~n eroF
14
Nnet~nbal: alla NtataaF
nh t~n NJinJh :
p. 4,15–29 Die zweite Bitte der Armen auswt~m de Hwou Je epidh anon T margariths
18
20 22
16
NGi NHhke NTpolis et~mmau
17
euJw Mmos
HenSat’m~n~tnae : auw t~nso oun Je m arerwme 19
NSat’m~n~tnae : alla ouoeik
eSauJit~s : te nou Ge pnae et~noueS Jit\F
23
21
m~n ousateere
\ntoot~k Jekaas
eketsabon 24 epimargariths Nnenbal: 25 auw Nt~nJoos NnenSbeer H~n
26
ouSouSou Je annau eumar27gariths Nnenbal: ebol Je 28
mauHe eroF Nt~n Hhke malist[a] 29 nireFtwb~H Mpirhte:
p. 4,29–5,1 Die Wiederholung des Gastgeschenks
aFouw30S~b peJaF nau Je eSJe ouN 31 SGom’ amheit~n Hwt’ thut~n
32
etapolis : ou monon Nta33tsabwt~n eroF : alla NtataaF 34 nht~n
NJinJh : auraSe NGi 35 niHhke m~n nireFtwb~H etbe (p. 5) 1 pir[eFT NJ] inJh :
∙ 4,5 \n?[t~nnau] mit Ghica; [Nt~nnau] Cherix, Krause; [N]t~nnau Nagel; [.]t\nnauHen Wilson/ Parrott. ∙ 4,6 [HenHhke:] mit Cherix, Ghica, Krause, Nagel; [NHhke] Wilson/Parrott. ∙ 4,7 f. [noG \nti] 8 m?h mit Cherix, Ghica, Nagel; NteÏ[ti]8m?h? Krause; NteI[tima] 8 m?h Wilson/Parrott. ∙ 4,8 m[atamon] Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; alla a[niF] Krause. ∙ 5,1 mit Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott.
2 Text und Übersetzung
47
(wenn) [wir] sie (nur) mit unseren Augen [sehen (können)]. Denn wir sind [Arme.] Und wir haben nicht diese [große Summe], um dafür zu bezahlen. Aber […] damit wir unseren Freunden erzählen (können), [dass wir] eine Perle mit unseren (eigenen) Augen [gesehen haben].“ p. 4,10–15 Das Gastgeschenk Er antwortete (und) sagte zu ihnen: „Wenn es möglich ist, kommt in meine Stadt. Nicht nur zeige ich sie euch vor euren Augen, sondern ich gebe sie euch für Nichts.“
p. 4,15–29 Die zweite Bitte der Armen (Das) hörten aber die Armen jener Stadt (und) sagten: „Weil wir Bettler sind, wissen wir auch, dass kein Mensch einem Bettler eine Perle gibt, sondern Brot und einen Stater bekommen sie gewöhnlich. Jetzt hingegen bitten wir dich um die Barmherzigkeit, dass du uns die Perle vor unseren Augen zeigst.19 Und wir können zu unseren Freunden stolz sagen, dass wir eine Perle mit unseren (eigenen) Augen gesehen haben. Denn man findet sie gewöhnlich nicht bei Armen, vor allem nicht bei Bettlern dieser Art.“ p. 4,29–5,1 Die Wiederholung des Gastgeschenks Er antwortete und sprach zu ihnen: „Wenn es euch möglich ist, ihr – kommt in meine Stadt! Nicht nur zeige ich sie euch, sondern ich gebe sie euch für Nichts.“ Die Armen und die Bettler freuten sich, weil (p. 5) dieser [Mensch] (eine Perle) für Nichts [gibt].20
19 Schenke: „Darum also ist die Gnade, die wir von dir empfangen möchten, dass du die Perle unseren Augen zeigst (…).“ (p. 4,21-24). 20 Schenke: „Da freuten sich die Armen und die Bettler über (p. 5) den, [der solche] Geschenke [macht].“ (p. 4,34-5,1).
48
II Textedition
p. 5,1–6 Petrus und die Mühen des Weges a?[±8] 2 rw[±4]a? ni—His?e? N?[±7] 3 a?[Fou]WS~b NG[i] p[et]r?os[±4] 4 [. . .] naI etaFswt~m e¡[. . .] 5 N¡[eI]—Hih : ebol Je Henre?[. .]Ē¬ 6 —His[e r]W ne H~n teudiakonia:
p. 5,7–14 Petrus fragt nach dem Namen und dem Weg in die Stadt 7 pe[Ja]F? Mprwme et’T Mpe‹e›?F? 8 m[arg]ariths : ebol Je TouwS 9 e[M]me epekran m~n N—Hise N10t?e?—Hih etek’polis : Je anon 11 HenS~mmo m~n HenbaIaik Nte12pnoute : anag’kh eron es~r pi 13 SaJe
Nte pnoute ebol H~m 14 polis nim H~n ouT mete :
p. 5,14–18 Der Perlenkaufmann offenbart seinen Namen aF15ouwS~b peJaF Je eSJe kSi16ne Nsa paran : l~i~q~a~r~g~o~h~l 17 pe
paran ete peFouwH~m pe18Je pwne NGaHse etasiwou
p. 5,19–25 Lithargoels Bedingungen für den Weg auw pkemoeit’ etak’S~n~t’ 20 eroF Nte Tpolis eeietamok 21 eroF :
marerwme nim eS —ei 22 —Hi qih et~mmau : ebol eoua 23 n~F\Rapotasse
NNka nim e24t~ntaF : auw n~F\rnhsteue 25 Mmhne Jin monh Sa monh :
∙ 5,1 a?[uSine \nGi ni] Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [aFJoos NGi pi] Krause. ∙ 5,2 Cherix, Wilson/Parrott; rw[me Nsa] ni—His?e? N?[te—Hih ±4] Ghica; rw[me Je] niH~is?[e NteH~ih naSwou] Krause; rw[me \nsa] ni—His?[e ±7] Nagel. ∙ 5,3 p[et]r?os [auw aF] Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; p?[et]®os [auw] Krause. ∙ 5,4 J?o?[ou:] naI etaFswt~m en?[i_Hise] Cherix; [.]o?[u e]naI etaFswt~m e¡[bhhtou] Ghica; p?[e]J?[aF] naI etaFswt~m e[nH~ise] Krause; etaFswtM en?[i—Hise] Wilson/ Parrott; denkbar: [tame] naI etaFswt~m et?[bhhtou]. ∙ 5,5 \n¡[e]_Hih: ebol Je Henr[eFb]Ēl [\nni] Cherix, Wilson/Parrott; N¡[eI]@Hih: ebol JeHenr[eF]S?p? Ghica; N¡[e t] H?~ih: ebol Je Henr[…]. Krause; N¡[e t]H~ih: ebol Je Henr[eFS]p? Nagel. ∙ 5,6 —His[e r] w? ne H~n teudiakonia: mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; H~i s[ ]. Ne H~n teudiakonia Krause. rw[me \nsa] ni—Hise? e?[petros:]
∙ 5,7 MpeF? Ghica; Mpeei Krause; MpeeÎ Cherix, Nagel, Wilson/Parrott. Der Schreiber versuchte vermutlich das zweite e zu tilgen, indem er das F teilweise darüber geschrieben hat.
2 Text und Übersetzung
49
p. 5,1–6 Petrus und die Mühen des Weges […] die Mühen […]. 21 Petrus antwortete […] die (Dinge), die er gehört hatte […] diesen Weg. Denn sie waren selbst [. .] Mühen22 in ihrem Dienst.
p. 5,7–14 Petrus fragt nach dem Namen und dem Weg in die Stadt Er [sprach] zu dem Mann, der seine23 Perle anbot: „Ich möchte deinen Namen wissen und die Mühen des Weges zu deiner Stadt. Denn wir sind Fremde und Diener Gottes. Es ist notwendig für uns, das Wort Gottes in jeder Stadt übereinstimmend zu verbreiten.“ p. 5,14–18 Der Perlenkaufmann offenbart seinen Namen Er antwortete (und) sagte: „Wenn du nach meinem Namen fragst, Lithargoel ist mein Name (und) seine Bedeutung lautet: der leichte Gazellenstein24. p. 5,19–25 Lithargoels Bedingungen für den Weg Und ich werde dir auch den Weg zu der Stadt mitteilen, nach dem du mich gefragt hast. Kein Mensch kann auf jenem Weg gehen, es sei denn, er verlässt jeglichen Besitz, den er hat; und fastet täglich von Aufenthalt zu Aufenthalt.
21 Cherix, Ghica, Wilson/Parrott: „[Die Menschen] [fragten Petrus] nach den Mühen.“ 22 Ghica, Nagel: „[Dulder von] Mühen“; Molinari: „[Ausleger der] Mühen“. 23 Anscheinend hat der Schreiber den zuerst gebrauchten Demonstrativartikel in einen Possessivartikel geändert. 24 Krause: „der Gazellenstein, der leicht ist“; Wilson/Parrott, Molinari: „der leichte, gazellenartige Stein“; Schenke: „der leichte Glanzstein“.
50
II Textedition
p. 5,26–6,8 Die Gefahren des Weges ebol Je naSe Nlhsths m~n petnaFi oeik n~mmaF NtloeiGe
31
N nioeik:
29
27
Nqhrion et’—Hi te—Hih et~m28mau :
epmoeit’ SareniouHoor N30kame HotbeF
petnaFi
NouH~bsw
32
naF
estaeihou
Nte
(p. 6) [NtloeiGe NTH]~b?sw : p?[etnaFi] mo?[o]ē 2 [naF SareNou]wn~S [HotbeF N]tlo3[eiGe Mpmoo] u [e]neuobe [Mmo]F? : 4 [petn]aFi [p]®oouS NHen[aF] m~?n? 5 [Henou]oote : Sarenimo?[uei o]uo6[m]~F? [Nt]loeiGe NniaF : eF?S?[an]\r bol 7 N?t?o?ot~F Nnimouei : Sare?[ni]mase 8 omk~F NtloeiGe Nniouote[:] 33
piko smos SareNlhsths HotbeF
1
p. 6,8–19 Die Kraft des Namens Jesus [na]I N9tareFJoou naI aeiFi aHom [NH]ht‘ 10 mauaat’ eeiJw Mmos Je [Nno]G? 11 N—Hise —Hi pmoeit’ : Hamaei rw N12te\i\s TGom nan Nt~nbwk —Hiwws : etbe ou eroF :
19
17
13
15
aFnau eroI erepaHo ok~m eei14Fi aHom : peJaF naI Je
kFiaHom : eSJe ksooun rw M16peIran Je \i\s auw knaHte
ounoG NGom pe eTGom : ebol 18 Je anok Hw TnaHte epiwt’
ph etaFtaouoF? :
p. 6,19–28 Die Stadt „Neun Pforten“ aeiouaHmet’ 20 eroF eISine MmoF Je nim er~n et~kna eroF
22
etekpolis : peJaF naI Je
23
21
pran ‹et~k›Npma
paI pe pran Ntapolis
Je Hen24@q Nro mar~nT eoou Mpnou25te : en\rmeleta Je pimaHmht’ 26
pe Tape : m~n\nsa naI aI—ei ebol 27 —Hitoot~F H~n oueirhnh : ei+Nnh28ou
emoute enaSbeer :
∙ 5,29 epmoeit’ mit Ghica, Krause; epimoeit’ Cherix, Nagel, Wilson/Parrott. ∙ 6,1 [\ntlo-
eiGe \nTH]~b?sw mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [\ntloiGe \nTH~b]sw Krause | mo?[o]ē
mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/ Parrott; M]mo?[o]V Krause. ∙ 6,3 Mpmoo]u mit Cherix, Krause, Nagel, Wilson/Parrott; Mpimoo]V Ghica | [e]neuobe mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; J?[e] n?euobe? Krause. ∙ 6,4 [p]®oouS mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [N]®oouS Krause. ∙ 6,5 f. o]uo6[m]~F? mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; Ho6[tbeF] Krause. ∙ 6,7 N?t?o?ot~F mit Cherix, Ghica, Krause; Nagel; N?t?o?ot Wilson/Parrott. ∙ 6,10 Je [\nno]G? mit Cherix, Ghica; Je \n?n?o?G Wilson/Parrott; Je [naS]e? Krause, Nagel. ∙ 6,19 Krause zieht auch etaFtaouoÎ in Betracht. Im Manuskript wurde wohl ein i in ein F korrigiert. ∙ 6,20 nim er~n mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; nim pe Krause. ∙ 6,21 Nach pran ist im Manuskript et~k diagonal durchgestrichen. pran ‹et~k›\npma mit Cherix, Ghica, Nagel; pran Npma et~kna Krause; {pran N}pma Wilson/Parrott.
2 Text und Übersetzung
51
p. 5,26–6,8 Die Gefahren des Weges Denn es sind zahlreiche Räuber und wilde Tiere auf jenem Weg. Den, der Brot auf dem Weg mitnehmen wird, den töten die schwarzen Hunde wegen der Brote. Den, der ein kostbares weltliches Gewand mitnehmen wird, den töten die Räuber (p. 6) [wegen des] Gewandes. [Den, der] Wasser [mitnehmen wird, den töten die] Wölfe [wegen des Wassers, nach dem] sie dürsteten. [Den, der] sich sorgt um [Fleisch] und Gemüse25, den [fressen] die [Löwen] wegen des Fleisches. Wenn er den Löwen entkommt, zertrampeln26 ihn [die] Stiere wegen des Gemüses.
p. 6,8–19 Die Kraft des Namens Jesus Nachdem er mir dies gesagt hatte, seufzte ich bei mir selbst und ich sagte: „[Große] Mühen (sind) auf dem Weg! Oh, dass doch Jesus uns Kraft geben möge, in ihr zu gehen.“27 Er blickte mich an, mein Gesicht war traurig, und ich seufzte. Er sprach zu mir: „Warum seufzt du? Wenn du doch diesen Namen ‚Jesus‘ kennst und auf ihn vertraust? Er ist eine große Kraft, um (dir) Kraft zu geben. Denn ich selbst vertraue auf den Vater, der ihn gesandt hat. p. 6,19–28 Die Stadt „Neun Pforten“ Ich erwiderte ihm erneut (und) fragte ihn: „Wie heißt der Name ‹den du› des Ortes, zu dem du gehst, in deine Stadt?“ Er sprach zu mir: „Dies ist der Name meiner Stadt: ‚In neun Pforten lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass die zehnte das Haupt28 ist.‘“29 Danach ging ich in Frieden von ihm weg (und) lief (los), um meine Freunde zu rufen.
25 Wörtlich: „Den, der Sorge um Fleisch oder Gemüse trägt (…)“; Krause übersetzt „Kräuter“. 26 Krause, Wilson/Parrott: „verschlingen“. 27 Schenke übersetzt als Parallelismus: „O ihr großen Mühen auf dem Weg! O, dass (…).“ In der schmalen Lakune auf Zeile 10 fand jedoch vermutlich nur das Attribut „groß“ Platz. 28 Nagel und Schenke übersetzen „Haupttor“. Schenke vermutet im griechischen Original stand κεφαλή, was auch „Oberstes“ bedeuten kann. 29 Krause, Nagel und Wilson/Parrott beginnen mit dem Imperativ einen neuen Satz. Dann wird so oder ähnlich übersetzt: „,Neun Tore‘. Lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass das zehnte das Haupt ist.“
52
II Textedition
p. 6,28–7,19 Die Vision des Petrus aei29nau eHenHoeim m~n HennoG 30 \nJolJ~l euJose eukwte 31 enikro \nte Tpolis: aei\r32Sphre \nniGom eTnau eroou
33
aeinau euH~llo
Nrwme eF Hmoos aeiS~nt\F epran NTp[o] lis Je ne ontws 34
35
(p. 7) 1 [Gwr\G pe: a]Ft[±11] 2 [±5]Je G[wr~G ±11] 3 [±4]n[. .]pe?J[aF] nai+ J?[e . . . 4 . . H]N? oum~ntme: enG[wr~G ebol 5 Je en]\®Hupomine Nnima? [aei]6o?[uw]S~b peJai+ Hw Je dikaiĒ[s 7 . . .]n? Nrwme auT r~nt~s J[.] 8 [. . .]r~p›: ebol Je ouon nim 9 [et]a\rHupomine Ha neFpira10s[m]o?s pesran
SauGwr~G
NGi
Henpolis
—ei ebol NHhtou: Je
13
11
auw
Sareoum~nt~rro 14
esta12eihout›
se@rHupomine Ntmhte Nni Gol m~n nemkaH
NNthou 15 Jekaas Ntei+He ouon nim 16 etFi Ha p—Hise Nte peFnaH~b 17
Nte pinaHte snaGwr~G NGi
18
teFpolis : auw Fnawp’ a19tm~nt\rro
NNphue:
p. 7,19–26 Aufbruch in die Stadt aeiGeph 20 aeibwk aeimoute enaSbe21er Jekaas enabwk etpo22lis etaFT nheie nan eros 25
23
Je liqargohl: H~n oumour
an\rapotas se NNka nim kata prhte
26
24
Nte pnaHte
etaFJoos
p. 7,26–8,3 Die Apostel trotzen den Gefahren des Weges an\r bol etoo27tou Nnilhsths Je Mpou28Gine NteuH~bsw Ntoot~n: 29
an\r bol Ntootou Nniou30wn~S Je MpouG\m pmoou
etouobe MmoF :
32
33
31
Ntoot~n
an\r bol Ntootou Nnimou ei Je MpouGine
∙ 7,1 [Gwr~G pe: a]Ft[±11] mit Cherix, Wilson/Parrott; [Gwr~G pe:] . Ft[ ] Nagel; [pe ph Ghica; [pe Gwr~G a]F¡[ ] Krause. ∙ 7,2 [±5]Je G[wr~G ±11] mit Cherix, Krause, Wilson/Parrott, Nagel; [Tr~n]t?~[~s] JeG[wr~G moun euHu] Ghica. ∙ 7,3 [. . . .]n[. .]pe?J[a]F? nai+ J?[e kSa] Cherix, Wilson/ Parrott; [pomo]nh: pe?J[aF] naI J?[e. . . .] Ghica; [ ]na?Î pe?J[aF] n?aI J?[e] Krause; [. . .]n . :pe?J[a]F? nai+ [Je. . .] Nagel. ∙ 7,4 [Je H]\n? oum~ntme: enG[wr~G ebol] Cherix, Wilson/Parrott; [. .H~]~n?ouMntme: enG[or~G. .] Ghica; [H]n? oum~ntme: enG?[wr~G] Krause, Nagel. ∙ 7,5 Je? [en]\®Hupomine \nnima? a?e?[i] Cherix, Wilson/Parrott; [Jet~n]\rHupomine Nnima? a?e?[i] Ghica; [en]\®Hupomine Krause; Je? [en]\®Hupomine \nnima? Nagel. ∙ 7,7 [. . .]n? \nrwme auT r~nt~s Je? mit Cherix, Wilson/Parrott; [Ge o]n? Nrwme autr~nt~s J[e] Ghica; [ ]. Nrwme auT r~nt~s J[e] Krause; [. . .] . \nrwme auT r~nt~s J[in] Nagel. ∙ 7,8 [. . .]r~p’: ebol Je ouon nim mit Krause, Wilson/Parrott; [. . .] r~p’: ebol Je ouon nim [et] Cherix; [TSw]r~p’: ebol Je ouon nim [e] Ghica; [NSw] r~p’: ebol Je ouon nim Nagel. ∙ 7,9 [et]a\rHupomine mit Wilson/Parrott; a\rHupomine Cherix; [tn]aRHupomine Ghica; [etn]aRHupomine Krause, Nagel. etaFtaaF nas eaF]
2 Text und Übersetzung
53
p. 6,28–7,19 Die Vision des Petrus Ich sah Wellen und große Zäune30, die hoch waren (und) die Ufer der Stadt umgaben. Ich wunderte mich über diese Kräfte, die ich sah. Ich sah einen alten Mann dasitzen (und) fragte ihn nach dem Namen der Stadt – ob ihr Name wirklich (p. 7) [„Wohne“ ist. … ]31 Er […Wohne… Er] sagte zu mir: „[…] in Wahrheit. Wir [wohnen] an diesem Ort, [weil wir] geduldig sind.“ [Ich] aber antwortete (und) sagte: „Zu Recht […] haben sie die Menschen genannt […]32 Denn ein jeder, [der] geduldig war in seinen Prüfungen – (dessen) Städte sind bewohnt,33 und ein herrliches Königreich geht aus ihnen hervor, weil sie geduldig sind inmitten der Wellen34 und Bedrängnisse der Stürme.35 So (muss es geschehen), damit die Stadt eines jeden bewohnt ist,36 der die Last seines Glaubensjoches trägt. Und so wird er zum Königreich der Himmel gezählt werden.
p. 7,19–26 Aufbruch in die Stadt Ich eilte, ging (los) und rief nach meinen Freunden, damit wir in die Stadt hineingingen, die er, Lithargoel, für uns bestimmt hatte. Gebunden im Glauben37 gaben wir jeden Besitz auf,38 so wie er es gesagt hatte. p. 7,26–8,3 Die Apostel trotzen den Gefahren des Weges Wir entkamen den Räubern, denn sie fanden keine Kleidung für sich bei uns. Wir entkamen den Wölfen, denn sie fanden nicht das Wasser bei uns, nach dem sie dürsteten.
30 Krause: „große Hecken“; Schenke übersetzt: „gewaltige hohe Mauern (von Wasser)“. 31 Schenke: „(…) [der sei, den] er [ihr gegeben hatte, als er sie] ‚Wohne [auf Geduld!‘ nannte]“ (p. 7,1– 3). 32 Ghica und Schenke übersetzen: „[‚Erste‘]“. Nagel: „[von Anfang an]“. 33 Krause: „denn für jeden, der seine Versuchungen aushalten wird, werden Städte bereitet“. 34 Das Wort Gol bedeutet sahidisch „Lügen“. Oben ist an die Übersetzung von Schenke angeschlossen, der das Homonym „Woge, Welle“ vermutet, dass durch unterägyptischen Texteinfluss zustande gekommenen ist, und übersetzt: „(…) weil sie inmitten der Wogen (…) geduldig ausharren.“ 35 Krause: „denn sie (= die Städte) halten inmitten der Lügen und der Pein der Winde aus.“ 36 Schenke: „Und das dient zum Gleichnis dafür, daß die Stadt eines jeden (…) bewohnt sein wird (…).“ 37 Wörtlich: „In einem Band des Glaubens“. 38 Schenke: „(…) entsagten wir allen Dingen (…)“. Hier wird in Analogie zu p. 5,23 wieder „Besitz“ übersetzt.
54
II Textedition
Ntepiqu34m[i]a Nte niaF Ntoot~n : (p. 8) 1 [an\r bol Ntooto]u N[nimase] 2
[±10]ank[±7] 3 [. . MpouGine N]Nouo?te[:]
p. 8,3–13 Erbauliche Gespräche am Stadttor [aFSw4pe na]n? NGÎ o?unoG NraS[e m~n ou5m~n~t’]a?troouS HN ouei®[hnh . . .] 6 [.]e[. .]penJoeis : an[Mton M]7m?on —Hirws NTpulh : a[±5] 8 [e]nJi NHran m~n nenerhou [. . .]9te NouJi HraF an Nte piko?[smos] 10 pai+ : alla nenmhn pe eu[me]le11th Nte pnaHte : entauo Nni12lhsths et—Hi pmoeit’ etan\r 13 bol eroou: p. 8,13–20 Lithargoel, der Arzt eis Hhhte aF—ei ebol
Mpesmot’ Nousaein oualou Nsbouei
18
14
16
NGi liqargohl eFS~bbioeit’ \ntoo15t~n : eFo
eou\n ounartos MpaHre Ha
17
peFJo : euN
mooSe NswF eFFi Nouglos19sokwmon eFmeH
MpaHre : 20 anon Mp~nsouwn~F
p. 8,20–27 Petrus erkundigt sich nach dem Haus Lithargoels aFouw21S~b
NGi
petros
peJaF
oum~n~t’ maeirwme n~mman Je anon 23
naF
24
Je
22
t~nouwSe
etrek\r
HenS~mmo Ng’Jit~n ephei Nli-
qargohl empaterouHe Sw26pe : peJaF Je H~n ousoout~n 27 NHht’
25
Tnatamwt~n eroF :
∙ 8,1 [an\r bol \ntooto]u \n[nimase] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [an\r bol Krause. ∙ 8,2 [±10]ank[±7] mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [m~n nimase Je m\nt]an k[reas auw] Krause; [NtauGwr~G nan] ank[ton ebol] BAK. ∙ 8,3 [. . MpouGine \n]\nouo?te [:] mit Cherix, Wilson/Parrott; [Je MpouGine N] Nouo?te[:] Ghica, Nagel; [mNtan laau] \nouo?te Krause; [auw \mpouGine \n]\nouo?te [Ntoot~n] BAK. \ntooto]u \n[niouHoor]
∙ 8,3 [aFSw4pe na]n? mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; [asSw4pe na]n? Krause. ∙ 8,4 mit Cherix, Ghica Nagel, Wilson/Parrott; \nraS[e en] Krause. ∙ 8,5 [m~n~t’] a?troouS H\n ouei®[hnh. . .] mit Ghica, Nagel; [m~n~t’]a?troouS H\n ouei®[hnh \nqe M] Wilson/Parrott; [m~n~t’]a?troouS H\n ouei®[hnh. . . M] Cherix; [o\n]a?troouS H~n oueή[hnh] Krause; [m~n~t]a?troouS H~n oueir?[hnh \nqe pnou] BAK. ∙ 8,6 [.]e[. .]penJoeis : an[Mton M] mit Ghica; [p]e[t]\n?penJoeis : an[Mton M] Wilson/Parrott; [.]e[.]N? penJoeis: an[Mton M] Cherix; e[.]. penJoeis: an[on ta] Krause; e[.]. penJoeis: an[Mton de M] Nagel; [t]e [H\]m? penJoeis: an[Mton M] BAK. ∙ 8,7 m?on —Hirws \nTpulh: a[uw] Cherix, Wilson/Parrott; m?on —Hirws \nTpulh: a[nJwn~t] Ghica; l?on H~i rws NTpulh: a[uw a] Krause; m?on —Hirws \nTpulh: a[narxei] Nagel. ∙ 8,8 [a]nJi \nHran m~n nenerhou [epe] Cherix, Wilson/Parrott; [e]nJi NHran m~nnenerhou [Mprh] Ghica; nJi NHran m~n nenerhou [e] Krause; [e]nJi NHran m~n nenerhou [paI e] Nagel. NraS[e m~n ou]
∙ 8,19 MpaHre : mit Ghica, Krause, Nagel; MpaHre Cherix, Wilson/Parrott.
2 Text und Übersetzung
55
Wir entkamen vor den Löwen, denn sie fanden nicht die Begierde nach Fleisch bei uns. (p. 8) [Wir entkamen den Stieren], [… sie fanden kein] Gemüse.39 p. 8,3–13 Erbauliche Gespräche am Stadttor [Es kam] eine große Freude [über uns und eine] Unbesorgtheit im [Frieden …] unser Herr. Wir [ruhten uns] bei dem Tor [aus].40 […] wir unterhielten41 uns miteinander […] nicht eine Plauderei dieser [Welt],42 sondern wir verblieben in einer Besinnung auf den Glauben. Dabei sprachen wir (über) die Räuber auf dem Weg, denen wir entkommen waren. p. 8,13–20 Lithargoel, der Arzt Siehe, es kam Lithargoel heraus, der vor uns verändert war.43 Er war in Gestalt eines Arztes, der einen Arzneikasten44 unter seinem Arm hatte und dem ein junger Schüler mit einem Köfferchen45 voller Medizin folgte. Wir erkannten ihn nicht.
p. 8,20–27 Petrus erkundigt sich nach dem Haus Lithargoels Petrus antwortete (und) sprach zu ihm: „Wir wollen, dass du uns einen Gefallen46 tust, weil wir Fremde sind. Könntest du uns zum Haus des Lithargoel führen, bevor es Abend wird?“ Er sagte: „Ich werde es euch mit aufrichtigen Herzens zeigen.“
39 Krause: „[Wir entkamen den Hunden und den Stieren, weil wir kein Flei]sch [hatten und auch kein] Kraut.“ 40 Krause: „wir [stellten] uns vor das Tor“. 41 Krause: „wir scherzten“. 42 Schenke übersetzt: „(…) das war nicht eine Unterhaltung über diese Welt (…)“. Czachesz versucht die Äquivokation der Wendung Ji Hra wiederzugeben: „Wir unterhielten uns über das, was nicht Gerede dieser Welt ist.“ 43 Freier übersetzt Schenke: „(…) Lithargoel kam heraus, in einer anderen Gestalt als der, die wir kannten (…)“. 44 Krause übersetzt „Narden-Heilmittel“; Nagel: „mit heilkräftigem Nardenöl (in einer Kapsel)“. 45 Eigentlich ein kleines Köfferchen zum Transport von Mundstücken für Flöten. Schenke übersetzt: „Koffer“. 46 Wörtlich: „Menschenliebe“. Schenke übersetzt: „Freundlichkeit“.
56
II Textedition
p. 8,28–32 Lithargoel, der Königssohn alla T\r Sphre Je pws ate29t~nsouwn piagaqos Nrwme
30
emaFouonH~F gar NtoF erw31me nim : ebol Je NtoF HwwF 32 pShre NounoG N\rro pe :
p. 8,33–9,1 Lithargoel geht und heilt jemanden Mton Mmwt~n Noukouei N34tabwk Nta\r paHre epei+rw35me Nta—ei :
aFelwl MmoF aF—ei (p. 9) 1 [t]axu
p. 9,1–7 Der furchtsame Petrus peJaF M[p]etros : Je Je pws aFsouwn
4
2
[p]e?tros : aFnouS~p de \nGi 5
3
p?etros
peFran Je petros : aFou wS~b \nGi petros
Mpswthr 6 Je ek’sooun Mmoei twn 7 Je akmoute Mparan :
p. 9,8–15 Das Bekenntnis des Petrus aF8ouwS~b NGi liqargohl Je T 9 ouwS S~nt~k Je nim aFT pi 10 ran
erok Je petros : pe11JaF naF Je i~s pex~s pe pSh12re Mpnoute eton~H NtoF
souwn~t’
15
13
aFT piran eroei: aFouwS~b
14
peJaF Je anok pe
petre :
p. 9,15–23 Jesus offenbart sich aFboS~F NTH~bsw 16 et~stoe —HiwwF tai+ etaFS~b17t~F Ntoot~n NHht~s etaFou18wn~H eron H~n oum~ntme Je 19 NtoF pe : anpaHt~n eJ~m 20 pkaH
anouwS~t’ MmoF anon
21
nenmaH m~n~t’oue Mmaqh22ths : aFsout~n
teFGiJ ebol 23 aFtaHon erat~n
∙ 8,35 aFelwl mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; aFslwl Krause. ∙ 9,6 ek’sooun mit Cherix, Ghica; eksooun Wilson/Parrott, Nagel. ∙ 9,10 erok mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; erok: Krause. ∙ 9,11 f. pShre: das p wurde aus einem N korrigiert, der supralineare Strich ist nicht getilgt worden. ∙ 9,17 etaFouwn~H mit Cherix, Ghica, Krause, Nagel; e{ta}Fouwn~H Wilson/Parrott. ∙ 9,21 m\ n t’oue mit Browne, Wilson/Parrott; ne nmaHm\nt’oue Cherix, Krause; nenmaHm\nt’oue Ghica, Nagel. nenmaH
2 Text und Übersetzung
57
p. 8,28–32 Lithargoel, der Königssohn „Aber ich wundere mich: Woher kennt ihr47 diesen guten Menschen? Denn nicht jedem Menschen offenbart er sich, weil er selbst der Sohn eines großen Königs ist.“
p. 8,33–9,1 Lithargoel geht und heilt jemanden Ruht euch ein wenig aus, ich gehe (und) heile diesen Menschen und komme (zurück). Er beeilte sich (und) kam (p. 9) schnell (zurück). p. 9,1–7 Der furchtsame Petrus Er sprach zu Petrus: „Petrus!“ Petrus aber war erschrocken, denn wieso kannte er seinen Namen: ‚Petrus‘? Petrus antwortete dem Erlöser: „Woher kennst du mich, dass du meinen Namen rufst?“ p. 9,8–15 Das Bekenntnis des Petrus Lithargoel antwortete: „Ich will dich (etwas) fragen: Wer hat dir diesen Namen: ‚Petrus‘ gegeben?“ Er sprach zu ihm: „Jesus, der Christus, war es, der Sohn des lebendigen Gottes. Er hat mir diesen Namen gegeben.“ Er antwortete (und) sprach: „Ich bin es. Erkenne mich, Petrus!“ p. 9,15–23 Jesus offenbart sich Er zog das Gewand aus, das er anhatte, dieses, durch das er sich vor uns verwandelt hatte. Als er uns wahrhaftig offenbarte, dass er es war, fielen wir auf die Erde nieder (und) huldigten ihm. Wir waren elf Jünger. Er streckte seine Hand aus (und) ließ uns aufstehen.
47 Wörtlich: „Aber ich wundere mich, denn wie kennt ihr (…)“.
58
II Textedition
p. 9,23–29 Die Jünger bitten um Kraft anSaJe
n~m24maF
H~n
ouq~bbio
:
nereJwn
25
Gol~J
epit~n
H~n
oum~n~t’Jpi26ht’ enJw Mmos Je petek27ouoS~F t~nnaaaF : alla
ma28T nan NouGom etreneire 29 MpeteHnak Nshou nim :
p. 9,30–10,13 Jesus sendet die Jünger in die Stadt „Wohne“ aFT nau Mpinardos Nte 31 Tm~n~t’saeit’ m~n piglosso32kwmon et~ntoot~F Mpialou 33 aFparag’gile nau Mpirhte (p. 10) 1 eFJw Mmo[s] J?e bwk eHoun [eT]2polis etatet~n —ei ebol N[Hht~s :] 3 taI etoumoute eros Je Gwr~G? NnaI throu etaunaHte Nte
pinaHte : anok
8
6
4
moun euHupomonh etet~nT
eparan : Je aei\rHupomine
7
5
sbw
H~n Hen—Hise
TnaT nht~n Mpet~nbeke : ni9Hhke NTpolis
et~mmau T nau 10 Ntouxria —Hina eunawn~H eros : 11 SanTT nau Mph
et’sot~p’ : 12 ph etaeiJooF nht~n Je Tnata13aF nht~n NJinJh :
p. 10,13–30 Der zweifelnde Petrus aFouwS~b
14
NGi petros peJaF naF Je pJo15eis Ntok akT sbw
nan e\ra16potasse Mpikosmos m~n N17ka nim et~ntaF ankaau Nswn
18
etbhht~k: qre NouHoou ou19wt‘ pet~nFi MpesroouS :
G~n Txria twn et~kSine NGi pJoeis peJaF Tparabolh
25
23
21
20
enaS
Mmon eros etaas NNHhke : aFouwS~b
Je w petre nesMpSa pe
etaeiJoos nak: ksooun an
26
24
etreksouwn
Je paran et~kT sbw
MmoF 27 Fouot\b em~ntr~mmao nim : 28 auw tsofia Nte pnoute 29 souot~b epnoub m~n fat’ 30 m~n pwne ete naSe sou\nt~F :
p. 10,31–11,26 Jesus beauftragt die Jünger zu heilen aFT nau Mpiglossokwmon
32
Nte nipaHre eFJw Mmos Je
p?aran: aF\r Hote NGi petros
2
ari
(p. 11) [e] [e]ouaHmeF eroF MpmeHsep 3 [s]
paHre enireFSwne th rou Nte Tpolis nh et’naHte 34
33 1
nau : aFkim eph et’—Hitou4wF ete IwHannhs pe Je Sa5Je Hwwk
Mpisop’ :
aFouw6S~b NGi IwHannhs peJaF 7 Je pJoeis t~nR Hote
∙ 9,31 Tm~n~t’saeit’; zu lesen ist sicherlich: Tm~n~t’saei – vgl. Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Schenke, Wilson/Parrott. ∙ 9,33 aFparag’gile mit Cherix, Ghica, Nagel, Wilson/Parrott; aFparaghle Krause. ∙ 10,2 \n[Hht\s :] mit Nagel; \nH?[h]t?~s : Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; \nH?[ht~s] Krause. ∙ 10,12 nht~n mit Cherix, Ghica, Krause, Nagel, Wilson/Parrott; Schenke vermutet eine Textverderbnis und liest n.
2 Text und Übersetzung
59
p. 9,23–29 Die Jünger bitten um Kraft Wir redeten ihn in Demut an. Unsere Köpfe waren vor Scham nach unten gebeugt. Wir sagten: „Das, was du willst, werden wir tun. Aber gib uns Kraft, damit wir allezeit das tun, was du wünschst.“ p. 9,30–10,13 Jesus sendet die Jünger in die Stadt „Wohne“ Er gab ihnen den Arzneikasten48 und das Köfferchen, das der Junge in der Hand hatte. Auf diese Art wies er sie an (p. 10) und sagte: „Geht hinein [in die] Stadt, aus [der] ihr gekommen seid, diese, die ‚Wohne, bleibe in Geduld‘ genannt wird. (Und) lehrt all jene, die an meinen Namen glauben49, dass ich geduldig war in den Mühen des Glaubens. Ich selbst werde euch euren Lohn geben50. Gebt den Armen jener Stadt ihren Lebensbedarf, bis ich ihnen jenes Bessere gebe. Das, wovon ich zu euch gesagt habe51, dass ich es euch für Nichts geben werde.“
p. 10,13–30 Der zweifelnde Petrus Petrus antwortete (und) sprach zu ihm: „Herr, du hast uns gelehrt, diese Welt und alle ihre Güter zu verlassen und wir haben sie deinetwegen zurückgelassen. Die Speise eines einzigen Tages ist es, für die wir sorgen. Wo können wir den Lebensbedarf52 finden, den du uns aufträgst, den Armen zu geben?“ Der Herr antwortete (und) sprach: „O Petrus, es wäre wichtig, dass du das Gleichnis verstehst, das ich dir erzählt habe. Weißt du nicht, dass mein Name, den du lehrst, mehr wert ist als jeder Reichtum? Und (dass) die Weisheit Gottes mehr wert ist als Gold, Silber und Edelsteine53?“
p. 10,31–11,26 Jesus beauftragt die Jünger zu heilen Er gab ihnen das Köfferchen mit Medizin (und) sagte: „Heilt alle Kranken dieser Stadt, die (p. 11) [an] meinen Namen glauben.“ Petrus fürchtete sich, ihm ein zweites Mal [zu] antworten. Er gab dem, der ihm am nächsten stand, das war Johannes, ein Zeichen: „Sprich du dieses Mal!“ Johannes antwortete (und) sprach: „Herr, wir fürchten uns davor, vor dir viele Worte zu machen54. 48 Krause übersetzt „Nardenöl des Arztgewerbes“; Nagel: „Nardenöl der Heilkunst“. 49 Schenke: „(…) die zum Glauben an meinen Namen gekommen sind (…).“ Molinari übersetzt Vergangenheit: „die an meinen Namen geglaubt haben“. 50 Wörtlich: „(…) das, was ihr verdient, geben.“ 51 Schenke vermutet, hier stand ursprünglich das Suffixpronomen „ihnen“, und übersetzt: „(…) wovon ich gesagt habe (…)“. 52 Krause: „die fehlende Sache“; Schenke: „das Nötige“. 53 Wörtlich: „Steine, die sehr wertvoll sind“. 54 Schenke: „(…) einen Einwand zu machen.“
60
II Textedition
Ha tek8eHh eJe oumhhSe NSaJe : 9 alla Ntok’ et’Sine Mmon 10
eteItexnh eaas Mpoutse11bon eros e\r saein : pws Ge 12 t~nnaMme
e\r paHre eHensw13ma kata prhte etakJoos nan : 14 aFouwS~b naF Je kalws ak15Joos IwHannhs Je Tsooun Nte pikosmos Nte niyuxh
19
17
eSau\r paHre ena pkosmos :
18
16
Je Nsaein
nisaein Ntoou
eSau\r paHre epiHht’ : ari pa20Hre oun eniswma
NSor~p’ Je21kaas ebol —Hitootou Nni22Gom et’Soop‘ Nte pitalGo
23
Mpouswma aJ~n paHre Nte 24 piaiwn paI NsenaHte erwt~n : 25 Je
ouN SGom Mmwt~n etalGe 26 nikeSwne Nte NHht’ :
p. 11,26–12,8 Die Ablehnung der Reichen nir~m27mao Ntoou Nte Tpolis nh28Ntoou ete MpouMpSa
29
rw
eS~n~t’ eHrai+ : alla eu ounoF Mmoou HN teumN tr~mmao m~n 30
31
teum~n~t’saS32rwme : nai+ oun Mpirhte (p. 12) 1 Mp~rouwm n~mau H~m [p]
o[u]h[ei]
2
oude Mp~rR Sbhr eroou: [N]3nesSwpe nht~n NGi toum~n
treFJi Ho : Je aumhhSe gar
5
Jei pHo Nnir~mmao ebol Je
6
4
se\r
nobe Hwou H~n niekklh sia: auw seT moeit’ NHen kooue eeire 7
: alla T Hap’ NGi
9
11
eroou H~n ousoout~n : Je10kaas esnaJi eoou
te t~ndiakonia: auw anok Hw
ni ek’klhsia: 13
8
12
n~FJi eoou NGi paran H~n
p. 12,13–19 Jesu Verabschiedung auouwS~b
NGi
peteuMpSa
16
14
Nmaqhths
peJau
Je
eHe
NaaF : aunoJou eJ~m pkaH
17
15
H~n
oume
:
paÍ
auouwS~t’ MmoF :
aFtaHo18ou eratou aFbwk ebol —Hi19tootou H~n oueirhnh Hamhn
p. 12,20–22 Der Titel 20
nipracis \nte pe21tros m~n pim~n~t’sno22ous \napostolos
∙ 11,9 \ntok’ mit Cherix, Ghica, Nagel; \ntok Wilson/Parrott. ∙ 11,14 ak mit Cherix, Nagel, Wilson/Parrott; ak’ Ghica. ∙ 12,1 p?o[u]he?[i] Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; [p]o[u]hÎ Krause, Nagel. ∙ 12,2 [N] mit Cherix, Krause, Nagel, Wilson/Parrott; [Je] Ghica. ∙ 12,3 toum~n mit Cherix, Ghica, Wilson/Parrott; toum?n Krause, Nagel. ∙ 12,13 ek’klhsia mit Cherix; ekklhsia Ghica, Nagel, Wilson/Parrott.
2 Text und Übersetzung
61
Aber du ersuchst uns, diese Kunst auszuüben. Wir wurden nicht darin ausgebildet, als Arzt zu wirken. Wie also sollen wir (es) verstehen, die Körper zu heilen, so wie du es uns aufgetragen hast?“ Er antwortete ihm: „Gut hast du gesprochen, Johannes, denn ich weiß, dass die Ärzte dieser Welt heilen, was zur Welt gehört. Die Ärzte der Seelen – sie heilen das Herz. Heilt also zuerst die Körper, damit sie euch angesichts dieser wirksamen Kräfte der Heilung an ihren Körpern ohne Medizin von dieser Welt, glauben,55 dass ihr folglich auch die Krankheiten der Herzen heilen könnt.“56
p. 11,26–12,8 Die Ablehnung der Reichen „Die Reichen der Stadt aber, jene, die es überhaupt nicht für wert hielten, nach mir zu fragen, son–dern sich erfreuen an ihrem Reichtum und ihrer Menschenverachtung – (mit) derartigen (Leuten) nun (p. 12) sollt ihr nicht zusammen in [ihrem Haus] essen und keine Freundschaft schließen. Ihr sollt sie nicht bevorzugen57. Denn viele nämlich haben die Reichen bevorzugt, weil sie selbst (= die Reichen) in den Gemeinden sündigen. Und sie verleiten andere, (ebenso) zu handeln.58 Richtet sie hingegen aufrichtig, damit euer Dienst geehrt wird und (damit) auch ich, mein Name, in den Gemeinden geehrt wird.“
p. 12,13–19 Jesu Verabschiedung Die Jünger antworteten (und) sprachen: „Ja, wahrhaftig, es ist richtig, dieses zu tun.“ Sie warfen sich zu Boden (und) huldigten ihm. Er wies sie an aufzustehen und er ging in Frieden von ihnen. Amen. p. 12,20–22 Der Titel Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel.
55 Krause: „damit sie euch durch die existierenden Kräfte der Heilung für ihren Körper ohne Heilmittel dieses Äons glauben“. 56 Schenke übersetzt p. 11,19–26: „Heilt also zuerst die Körper, damit aufgrund dieser aufweisbaren Wunder der Heilung ihres Leibes, (die) ohne Arznei aus diesem Äon (erfolgt), sie euch glauben, dass ihr die Vollmacht habt, auch die Krankheiten des Herzens zu heilen.“ 57 Schenke übersetzt freier: „(…)[so wird] es euch nicht unterlaufen, sie zu bevorzugen“; Krause: „Parteilichkeit“. 58 Schenke übersetzt p. 12,4–6: „(…); viele haben nämlich schon die Reichen bevorzugt! Denn (wo es Reiche) in den Kirchen (gibt,) sündigen sie selbst und verleiten auch andere zu sündigen.“
3 Register 3.1 Koptische Wörter ale alou amheit\n an
\n-…an
Vb. itr. hinaufgehen, an Bord gehen Subst. m./f. Kind s. ei Part. neg.
asai+
Pers.pron. 1. Pers. Sg. ich in Extraposition: nachgestellt: Prädikat eines NS: Pers.pron. 1. Pers. Pl. wir Prädikat eines NS: Subst. f. Kopf Vb. itr. leicht sein, genesen
at-
Negationspräfix s.
anok
anon ape
†asiwou
roouS auw
Konj. und
aSh
Subst. f. Menge
aF
Subst. m. Fleisch Vb. refl. (von wHe, †aHe, mit erat# kontrahiert) sich hinstellen, stehen Auftreten
aSe
aHerat#
GinaHerat\F aHeratou aHom
Fi aHom
aJNbae beke
T-beke
bwk
Subst. m. Seufzer Vb. itr. seufzen, ächzen Präp. ohne
1,20 8,17; 9,32 10,25 8,9 1,29; 2,32; 6,18; 10,7; 12,11 [3,5.9] 3,10; 9,14 8,20; 9,20 [3,6]; 4,6.17; 5,10; 8,23 2,16; 6,26 5,18
1,9.12.19; 2,4.35; 3,9.21.32; 4,18.25; 5,19.24; 6,16; 7,11.18; [8,7]; 10,28; 12,7.11 5,26 6,[4].6; 7,34
2,19 1,32 f. 6,9.14.15 11,23
Subst. m. Palmenzweig 2,6 Subst. m. Lohn, Bezahlung Lohn zahlen, belohnen 10,8 Subst. m. Diener, Sklave
https://doi.org/10.1515/9783110559996-007
3 Register
baIaik bwk
bak# bekN eHraI \r-bwk bwk ebol bwk eHoun ebal bol
\r-bol
boS
boS# boS\F e-
Pl. Diener, Sklaven Vb. itr. gehen
5,11 2,7; 6,12; 7,20.21; 8,34
hinauffahren Vb. itr. gehen verlassen hineingehen, eintreten Subst. m. Auge Subst. m. Äußeres entkommen Vb. tr. lösen, verlieren
1,28 2,7 12,18 [2,8 f.]; [10,1] 4,6.10.14.24.27 6,6; 7,26.29.32; 8,[1].12 f.
9,15 Präp. zu, in, an, nach, gegen, gegenüber
a ero#: eroI eroei erok eroF eros eron erw!tn eroou
63
+ Inf.
in fester Verbindung mit Vb. oder Subst. s. ei, kwte, ran, T, tsabo, He, Ho
1,17.28; 2,8; 3,14.22.29; 4,[1].[2].[5].6.10.12.24.26.32; 5,2.4.9.10.22.29; 6,18.20.22.28.29.33.34; 7,20.21; 8,[8].10.24.30.34; 9,25; 10,4.6.27.29.33; 11,[1].3.10.12.17.19.20; 12,18 2,9;7,18 6,13 9,13 3,5; 9,10 4,[6].13.33; 5,20.21; 6,16.20.21; 8,27; 11,2 1,12; 7,22; 10,3.10.21; 11,11 5,12; 9,18 11,24 2,20.25; 6,32; 8,13; 12,2.9 1,10.18; 2,9.25; 4,8; 5,9.12; 6,17.28; 10,15.21; 11,[2].8.10.11.12.25.29; 12,8. s. a. kausativer Infinitiv
64
II Textedition
als Bildungselement von Adv. und Präp. s. eHoun, ebol
ebol
T ebol
Adv. (von bol) hinaus, heraus Vb. tr. verkaufen in fester Verbindung mit Verben s. bwk, Jwk,
1,4; 5,22; 9,22 5,7 f.
ei, eire, wS, ouwn\H, Gwou
ebol eelwl ene-
ne-
erhu
nenerhou etbe-
etbe paI etbe ou etbhht# etbhht\k
als Bestandteil von zusammengesetzten Präp./Pron. s. HN-, HitN-, Je Vb. itr. ungeduldig sein, besorgt sein part. interrog. Subst. m./f. Gefährte, Gefährtin häufig mit Poss.pron. als Ausdruck der Reziprozität einander:
Präp. zu, bei
eoou
Subst. m. Ehre, Herrlichkeit Vb. tr. preisen, ehren Vb. itr. verherrlicht werden Konj. wenn Part. ja, fürwahr s. Hh Adv. (von HraI) nach oben, aufwärts
T-eoou Ji eoou eSJe eHe eHh eHraI
6,35
1,13; 8,8 Präp. wegen, über, bezüg- 3,25; 4,35 lich deswegen, deshalb [3,8] Interrogativpron. weshalb? 6,14 weswegen?
et\n-
etoot# etootou
1,4 8,35
10,18
7,26 f. 6,24 12,10.12 4,11.30; 5,15; 6,15 12,14 11,29
3 Register
65
eJ\n-
in fester Verbindung mit Verben s. bwk Adv. (von Houn) hinein (häufig eine folgende Präp. verstärkend) in fester Zusammensetzung mit Vb. s. bwk Präp. auf, über, wegen, für
hI
Subst. m. Haus
q
Zahlzeichen neun
6,24
ei
Vb. itr. kommen Imp. Pl. hinausgehen, herauskommen Vb. itr. Durst haben
3,16; 5,21; 8,35bis. 4,12.31 1,14; [2,10]; 6,26; 7,12; 8,13; 10,2
eHoun
eJM-
hei
amheitN ei ebol eibe
†obe
eime
Mme eis
eis Hhhte
eire
\r-
\r-apotasse,
Vb. tr. wissen, verstehen, erkennen Interjektion Siehe! Siehe! (vor Vb.) Vb. tr. tun, machen, werden, etwas sein mit folgendem Vb. griechischen Ursprungs s. Register 3.2:
\r-nhsteue, \r-meleta, \r?-Hupomine
in Zusammensetzung mit Subst. zur Bildung von Vb. composita s. bwk, bol, Hht, Hote, Hwt, me, nobe, paHre, roouS, ouwm, Sbhr, Sphre, Sor\p
3,29
1,14; 2,12.14.15 9,19; 12,16
3,19; 8,24; [12,1]
6,3; 7,31
5,[9]; 11,12 8,13 9,28; 12,8 1,25; 11,11
66
II Textedition
aa#
aaF aas ari †o
9,27; 12,16 10,21; 11,10 1,8; 8,15 9,25
eiwt
Imp. s. paHre sein Subst. m. Erde, Boden Subst. m. Vater
ke
Adj. andere/r, auch
2,14; 3,6; 5,19; 11,26
(e)it\n
iwt
ke Pl. kooue kekooue kw
kaa# kw ebol kaas ebol kw Nsa kw \nsw# kaau \nswn kame kim koui
kouei
kro kwte
kwte e kwte a kot# kotou kaH koeiH
kaeiHe
laau
6,18
3,17.19; 12,8
Vb. tr. setzen, stellen, legen, lassen Vb. vergeben
Vb. refl. hinter sich lassen Adj. m. schwarz Vb. tr. (sich) bewegen, rütteln Adj. klein, wenig Subst. m. Küste, Ufer, Damm Vb. tr. (sich) wenden, umkehren suchen, begehren, umgeben
Subst. m. Erde Subst. m. Hülle
Pron. irgendjemand, irgendetwas
[1,7 f.]
11,21
10,17 5,30 11,3
1,28; 8,33 1,17; 2,8; 6,31
6,30 2,9 3,29 9,20; 12,16 2,26
3 Register
loeiGe ma
ma \nsqo me
maei m\ntmaeirwme \r-m\ntmaeirwme me
m\ntme meeue mkaH \mmhne Mmau
et\mmau m\n-
m\n-
n\mma# n\mmaF n\mmau n\mman m\nm\n\nsam\nt-
moone
mit Negation: niemand, nichts Subst. f. Vorwand, Grund
3,22
Subst. m. Ort, Stelle Subst. m. Zufluchtsort, Herberge Vb. tr. lieben; Subst. m. Liebe part. conj. liebend Subst. f. Freundlichkeit Vb. itr. liebenswürdig sein, freundlich sein Subst. f. Wahrheit Subst. f. Wahrheit Vb. itr. denken Subst. m. Schmerz, Schwierigkeit, Trauer Adv. täglich, jeden Tag Adv. dort jene(r) (nach determiniertem Ausdruck) Präp. mit und (zwischen Subst.)
1,32; 3,7; 6,21; 7,5 2,10; 3,5
67
5,30; 6,[1].[2 f.]6.8
1,22 1,21 f.; 8,22 f. 12,15 7,4; 9,18 2,33 7,14 5,25 4,7 1,32; 2,34; 3,15; 4,[1].16; 5,22.27 f.; 10,9 1,19; 2,[7]; 8,8 1,7.26; 2,17.19.22.23.24; 3,[6].25; 4,21.35; 5,9.11.26; 6,4.29; 7,14; [8,4]; 9,31; 10,16.29.30; 11,31; 12,21 5,28; 9,23 f. 1,20; 12,1 1,22; 8,23
s. Register 3.4: Existenzsätze Präp. nach (temporal) 1,26; 6,26 Nominalpräfix zur Bildung fem. Abstrakta s. me, na, rwme, r\mmao, \rro, roouS, saein, swS, Sws, Site, Ji, Jpio Vb. itr. einlaufen (in den Hafen), an Land kommen
68
II Textedition
mone mouei moun
†mhn moun\k mour
†mhr mour \mpSa \mrw
mrw
maremase mesqht
mes\tqht
mht
m\ntmhte moi+t
moeit T-moeit mate
T-mate T-mete \mton
\mton \mmo# \mton \mmon mton \mmwt\n moou moute mouH mouH
meH maH# meH-/maH-
Subst. m./f. Löwe Vb. itr. bleiben, warten
Subst. m. Form, Gestalt Vb. tr. gürten, binden gebunden sein Subst. m. Bündel, Band, Fessel Vb. itr. wert sein, verdienen 10,23; 11,28; 12,15 Subst. f. Hafen 1,33; [2,6] s. Register 3.4: Satzmuster Subst. m. Kalb, Jungtier 6,7; [8,1] Subst. f. Oberkörper, Brust 2,15.23 Numerale m. zehn 6,25 zur Bildung von Kardinalzahlen s. oua, snau Subst. f. Mitte 1,29; 7,13 Subst. m. Weg 5,19.29; 6,11; 8,12 Vb. itr. Gelegenheit geben 12,7 Vb. tr. erreichen, erlangen, treffen, erfreuen Vb. itr. anerkennen, übereinstimmen, zustimmen 1,10; 5,14 (subst.) Vb. itr. ruhig sein Vb. refl. sich ausruhen [8,6 f.] 8,33 Subst. m. Wasser 6,[1.3]; 7,30 Vb. itr. rufen 6,28; 7,20; 9,7; 10,3 Vb. itr. blicken 2,17 Vb. tr. füllen 8,19 9,21 als Präfix zur Bildung von Ordinalzahlen s. mht, snau
mhhSe
1,17 6,[5].7; 7,32 f. 10,4 8,10 2,19 3,24; 7,23 2,12.13.14 3,24; 7,23
Subst. m. Menge
11,8; 12,4
3 Register
mooSe moJ\H \n-
M\n-
\m na# naI nak nan
Vb. itr. gehen, wandeln Subst. m. Gürtel
8,18 2,13
zur Anknüpfung eines Attr.
2,13.26.27.28bis.29; 3,10; [4,7]; 5,26.27.29; 6,11.17.24.30.33; 8,4.17.27.29.32; 11,8; 12,22
s. auch ma (assim.) Präp. des Dat. für, zu (assim.)
nht\n nau
\n-
zur Anknüpfung eines Gen.
\m\n-
(assim.) zur Anknüpfung eines direkten Obj.
\m-
(assim.)
\mmon \mmos
1,21.28; 2,20; 8,16; 9,21 1,13; 2,28; 4,9.15.20.25; 8,33; 10,5.21; 12,7 6,24; 9,1.5 3,1.[7]; 6,9.14.22; 7,3 10,25 1,16; 6,12; 7,22; [8,4]; 9,28; 10,15; 11,13 2,35; 3,4; [4,4]; 5,32; [6,2]; 8,21; 9,11; 10,14; 11,14 4,14 f.34; 10,8.12.13; 12,3 3,28; 4,11.30; 9,30.33; 10,9.11.31
naF
\mmo# mmoei \mmok \mmoF
69
1,29.31; 2,[2].6.22.26; 4,[1].16; 5,5.9.18.30; 6,[1].6.8.21.23.34; 7,13.14.19; 8,7.15.24.32; 10,9.18; 12,5 2,6; [6,3]; 9,12 1,13.17; 2,11.16; 4,7; 5,23.31; 6,4; 7,25.28.33; 8,[3].8.11.18.35; 9,15.28; 10,10 2,6; 5,7; 6,15.24; 9,7.29.30; 10,8.11.16.19.31; 11,23 9,6 4,4 1,18; 2,12.[13]; 6,20; 7,31; 8,35; 9,20; 10,26; 12,17 1,4; 3,31; 8,6 f.; 10,21; 11,9 3,30; 4,11.17; 6,10; 9,26; 10,[1].32
70
II Textedition
\mmwt\n \mmoou \n-
\m-
s. auch \mton der Identität
\n-
(assim.) Präp. in, durch, bei, auf, von, mit
\m-
(assim.)
\mmo#: \mmoF
\n\n-
na, nae
Satm\ntnae ne
nei, nhie T-nheie
nobe
\r-nobe
noub
noub \nka nim nim \nsa-
\nsw# \nswF \nte-
\nta# \ntaF
s. auch \nqe (unter He), \nsa, rhte zur Anknüpfung eines Infinitivs Part. neg. s. an Subst. m. Mitleid, Erbarmen Subst. m. Bettler s. ene Subst. f. Zeit bestimmen, verabreden Subst. m. Sünde Vb. itr. sündigen Subst. m. Gold Adj. golden Subst. m. Ding, Besitz enklit. Art. jeder, alle Interrogativpron. Wer? Was? Präp. nach, hinter, außer
s. auch kw, Hh Präp. von, bei bei, im Besitz von * mit Relativum
11,25 11,30 1,8.31; 6,7; 7,27.29.32; 8,1; 11,21 8,15; 9,32 [2,33]; 3,15; 4,6.10.14.24.27.34; 5,[1]. [5].30; 6,[1].[2].[6].8.32; 7,5.13.15; 8,33; 9,29.32; 10,13 1,32; 2,6; 3,7.11; 5,7; 8,19; 11,2.5 [6,3]
12,16
4,22 4,18.20
7,22 12,6 10,29 2,13 5,23; 7,25; 10,16 f. 5,14.21.23; 7,25; 8,31; 9,29; 10,17.27 6,20; 9,9 1,27.30; 2,10.17; 5,16 8,18 5,20 5,24*, 10,17*
3 Register
\nte-
zur Umschreibung des Gen.
\ntok
Pers.pron. 2. Pers. Sg. m. du 10,15; 11,9 Präp. in, bei, mit, von, durch, zu, für
\nt\n-
\ntoot#: \ntoot \ntoot\k \ntoot\F \ntoot\n \ntootou NtwtN
-thutN \ntoou
\ntoF nau
†nhu \nnhou nou
†na
noute nouJe
noJ# noJou neeF niFe nouSp naSenaH\b naH\b naHte
71
1,19; 2,6.21.23; 3,18 f.; 5,11.13.32; 6,31; 7,16.17.24.34; 8,9.11; 9,30; 10,7.28.32.34; 11,16.18.22. 23.26.27; 12,20
4,28
[3,4]
Pers.pron. 2. Pers. Pl. ihr s. Hw(w)# Pers.pron. 3. Pers. Pl. m. sie Pers.pron. 3. Pers. Sg. m. er Vb. itr. sehen Stat. zu ei kommen, im Begriff sein zu Vb. itr. gehen gehen werden, im Begriff sein Subst. m. Gott Vb. tr. werfen
Subst. m. Segler, Matrosen Vb. itr. blasen Vb. itr. ängstlich sein Eigenschaftsverb zahlreich sein Subst. f. Rücken, Schultern Subst. m. Joch Vb. itr. vertrauen, glauben
4,23 3,22; 6,7 7,28.31.34; 8,14 f.; 9,17 1,31; 7,29.32; [8,1]
1,20 f.; 11,18.27.28 3,27; 8,30.31; 9,12.18 2,20.25; 3,21; 4,[5].[9].26; 6,13.29.32.33
6,27 f. 6,21 5,12.13; 6,24 f.; 9,12; 10,28
12,16 1,19 1,27 9,2 5,26; 10,30 3,23 7,16 6,16.18; 7,17.24; 10,5.7.34; 11,24
72
II Textedition
\nGi
8,11 1,21; [4,7]; 6,[10].17.29; 8,4.32 zur Einführung der nach- 1,12; 2,11; 3,14.32; 4,16.34; träglichen Explikation des 5,[3]; 7,10.17; 8,4.14.21; nom. Subj. 9,2.5.8; 10,14.22; 11,1.6; 12,3.10.12.13
oeik
Subst. m. Brot
pe
s. Register 3.4: Satzmuster Subst. f. Himmel Pl. 7,19 Vb. mit nachgestelltem Subj. sagen, sprechen
noG
pe
phue
peJe-
peJa# peJai+ peJaF
peJau
Subst. m. Glaube Adj. groß, stark
paHre
Subst. m. Medizin heilen
pwHt
Vb. itr. niederfallen
\r-paHre ari paHre paHt# paHt\n rMmao
m\NtrMmao ro rw rwme
rM(N) m\NtrMmao
4,20; 5,28.31
2,34; [3,4]; 7,6 3,7; 4,30; 5,[7].15; 6,14.22; 7,[3]; 8,21.26; 9,1.10 f.14; 10,14.22; 11,6 4,[3]; 12,14 8,16.19; 10,32; 11,23 8,34; 11,12.17.19 10,33; 11,19 f.
9,19 Adj. reich Subst. m. reicher Mensch, der Reiche Subst. f. Reichtum Subst. m. Mund, Eingang Part. überhaupt, sogar, aber, wirklich, selbst Subst. m. Mensch, Mann
s. auch me Nominalbildungspräfix (mit Gen.) Mensch von… s. rMmao
11,26 f.; 12,5 3,14 f. 10,27; 11,30 f. 6,24 3,27; [5,6]; 6,11.15; 11,29 2,[1].11.18.[33]; 3,31; 4,2.19; 5,7.21; 6,33; 7,7; 8,29.30 f.34 f.
3 Register
mNtSasrwme m\ntsaSrwme reF-
ran
ren nim eren nim er\n T-ran T-r\nts Rro
m\ntero rat
rat# rhte
Mprhte \n Mpirhte Mpekrhte roouS
m\ntatroouS Fi-r?oouS R-roouS o-\nroouS raSe rouHe saeie
saeie
sbw
T-sbw
sbouei swbe sobte smh smot snau
s. auch Sws s. auch swS Nominalbildungspräfix einer, der… s. twb\H, T, Swne, Ji Subst. m. Name
Wie heißt …? Vb. itr. Namen geben, nennen Subst. m. König Subst. f. Königreich Subst. m. Fuß, Bein s. taHo Subst. m. Art, Weise wie, in der Art von
Subst. m. Sorge Adj. sorglos Vb. tr. interessiert sein, sich sorgen um Vb. tr. besorgt sein Vb. itr. freuen — Subst. m. Freude Subst. m. Abend Adj. schön sein (subst.) Subst. f. Lehre, Einsicht lehren Subst. m. Schüler Vb. tr. verspotten Vb. itr. (vor)bereiten Subst. f. Stimme Subst. m. Gestalt Numerale m. zwei
1,30; 5,9.16.17; 6,16.21.23.34.35; 9,4.7; 10,6.26; 11,1; 12,12
6,20 9,9 f.13 7,7 8,32 7,11.19
7,25; 11,13 2,26 4,29; 9,33; 11,32 3,11 1,8 [8,5] 6,4; 10,19
1,8 4,34 [8,4] 8,25
2,18 10,4 f.15.26 8,17 3,31 1,18 2,30; 3,14; [4,1] 8,15 [11,3]
73
74
II Textedition
m\nt/snoous meHsepsnau
sop
Numerale m. zwölf zweites Mal Subst. m. Arzt Arznei Subst. m. Bruder Pl. Brüder Subst. m. Mal, Zeitpunkt
swr
Vb. tr. verstreuen, säen
s\ns\n
shu
Vb. itr. widerhallen Subst. f. Münze (Stater) Vb. tr. auswählen ausgewählt, auserlesen sein Subst. m. Zeit
souen
Subst. m. Preis, Wert
soou\n
Vb. tr. wissen, erkennen
soout\n
Subst. m. Aufrichtigkeit Vb. tr. strecken, aufrecht sein ausstrecken Vb. itr. hören
saIn
m\ntsaein son
snhu sep s\r-
sateere swtp
†sotp
shou
sou\nt# sou\nt\F souwn# souwn\t souwn\F soout\n
soutN- ebol swtM
soS m\ntsaSrwme
Vb. tr. verachten, verspotten proklitische Form Subst. f. Spott
T
Vb. tr. geben
swS
taa# taas taaF ma maT
Imp.
12,21 f. 11,2 f. 8,15; 11,11.16.18 9,31 2,35; 3,9 3,6 11,5 11,2 5,12 2,30 4,21 10,11
9,29
10,30 4,18 f.; 6,15; 9,6; 10,25; 11,15 8,29; 9,3; 10,24 9,14 8,20 8,26; 12,9
9,22 3,14.32; 4,15; 5,4
11,31 f. 1,12; 4,19; 5,7; 6,12.17; 9,30; 10,8.9.11.31 4,8; 10,21 4,14.33; 10,12 f. [4,8] 9,27 f.
3 Register
reF T T ebol T-beke T-mete T-moeit T-nheie T-eoou T-ran T-sbw T-suntagh \stoe T-Hoei T-Hap
einer, der gibt s. ebol s. beke s. mate s. moeit s. nei s. eoou s. ran s. sbw s. suntagh s. Hi s. HoI s. Hap
twb\H
Subst. m. Bitte Bettler Vb. tr. ehren, verehren
reFtwb\H ta(e)io
†taeihu/taeihout taeihou talo
†talhu talhout
Vb. tr. aufheben, hinaufgehen gesetzt sein, gelegt sein
talGo
Vb. tr. heilen
tamo
Subst. m. Heilung Vb. tr. erzählen, zeigen
talGe talGo tamo# tamok tamon tamwt\n
thr#
Interrogativpron. Wo? Woher? Subst. f. Lenden, Hüften Adj. ganz, alle
twre
Subst. f. Hand
twn Tpe
throu
toot# toot\F
siehe auch die Präp.
etN-, NtN-, HitNtsabo
Vb. tr. belehren, zeigen
[5,1]
4,29.35 7,11 f. 5,32
2,15 11,25 11,25 11,22
5,20 [4,4.8] 4,13; 8,27 9,6; 10,20 2,12 10,5.33 f.
9,32
75
76
II Textedition
tsabo# tsabon tsebon tsabwt\n tsto
Ma !nsqo taouo
tauo taouo# taouoF thou touw#
Hitoun Hitouw# petHitouw# _HitouwF twS
twS# twS\n †thS taHo
taHo# taHo# erat# taHon erat\n taHoou q\bbio taJro
ou-
Vb. itr. zurückbringen (Kausativ von swt) s. ma Vb. tr. aussenden, ausrufen, benennen, zitieren
Subst. m. Wind Subst. f. Busen Präp. neben, nächster Nachbar Vb. tr. beschränken, bestimmen, entscheiden, festsetzen
Vb. tr. aufstellen, veranlassen
4,23 11,10 f. 4,33
8,11 6,19 1,27; 7,14
11,3 f.
1,11 1,23
Vb. tr. auf die Füße stellen
9,23 12,17 f. Subst. m. Demut 9,24 Vb. tr. festsetzen, gründen, 2,3 stark/fest sein indef. Art. Sg.
1,9.13.15.17.21.25.26.28; 2,10.11bis.13.18.22.25.28.33; 3,[5].10; 4,20.21.26; 5,14.31; 6,17.27; 7,4.11.23; 8,4.[4].5 .9.15.16.17.18.22.26.32.33; 9,18.24.25.28; 10,18; 11,8; 12,9.15.19
3 Register
( )uou oua
m\ntoue oun-
eun-
ounam ounou
tenou
ounoF ouerhte ouon
ouon nim ouwm
r-ouwm ouom# ouomF% [6,5 f.]
Interrogativpron. Was? Numerale und Indefinitpron. (m.) eins, einer, jemand elf s. Register 3.4: Existenzsätze s. Register 3.4: Existenzsätze s. auch Gom Subst. f. rechts, rechte Hand Subst. f. Stunde Adv. nun, jetzt Vb. itr. sich erfreuen Subst. f. Fuß, Bein Indefinitpron. jemand, etwas ein jeder Vb. tr. essen, fressen essen
1,28; 4,10.26; 6,33; 8,10; 10,4 3,3 5,22
9,21
2,29
4,21 f. 11,30 2,22
7,8.15 12,1 12,1
Vb. tr. zeigen, offenbaren
9,17 f.
ouoote
Subst. m. Gemüse
ouwt
Adj. einzig, allein, ein und derselbe Adj. allein, nur, selbst
8,30 3,28 6,[5] 6,8; 8,3 1,10; 10,18 f.
ouwn\H
ouonH# ouonHF% ouonHF% ebol ouote
mauaa# mauaat
†ouot\b
Vb. tr. wechseln, überqueren höher sein, übertreffen
ouwS
Vb. tr. wollen, lieben
ouwt\b
ouwSe oueS-
6,10
10,27.29 5,8; 9,9 8,22 4,22
77
78
II Textedition
ouwS# ouoSF% ouwS\b
Vb. tr. antworten
ouwSt
Vb.tr. verehren, anbeten
ouSh
Subst. f. Nacht Subst. m. Wolf Subst. m. Deutung, Übersetzung Vb. itr. antworten
ouwS\t
ouw!n!S ouwHM
ouwHM ouaHm# ouaHmet ouaHmeF ouHor
Subst. m./f. Hund Pl. Hunde
w
Interjektion O! Vb. itr. schwermütig, traurig sein
ouHoor
wkM
†ok\m wne wnk
omk# omk\F wn\H
†on\H wp wS
wS ebol
S-, eS-
SaSe SBio
†SBbioeit
Sbwt Sbhr
Subst. m. Stein Vb. tr. aufspringen, sich erheben
Vb. itr. leben lebendig Vb. itr. zählen, rechnen Vb. tr. rufen Vb. itr. ausrufen, schreien Vb. (impers.) können, vermögen s. auch Gom Präp. hin, zu, bis Subst. m. Holz Vb. tr. ändern Vb. itr. verändert sein Subst. m. Rute, Stab Subst. m. Freund/Freundin
9,27 1,33; 4,10 f.29 f.; 5,[3].15; 7,[6]; 8,20 f.; 9,4 f.8.13; 10,13.22; 11,5 f.14; 12,13 9,20; 12,17 1,26 [6,2]; 7,29 f. 5,17
6,19 11,2 5,29 5,29 10,23
6,13 5,18; 10,30
6,8 10,10 9,12 7,18 2,31; 3,12 5,21; 10,20
5,25 2,28 8,14 2,28 2,35; 3,3.[9].10
3 Register
Sbeer R-Sbhr r~r Sbhr Sibe
SBt# SBt\F SMmo Sine
S\nt# S\nt S\nt\k S\nt\F Swne
Swne reFSwne Sphre
R-Sphre
Swpe
†Soop Sw!p!S Shre Sor!p
R-Sor!p N-
NSor!p Sws
Sas m\ntSasrwme
Site
Sat-
SouSt
SouS@t
SouSou SaJe
Pl. Freunde Freundschaft schließen Vb. tr. verändern, verwandeln
Subst. m. Fremdling, Gast Vb. tr. fragen, suchen
Vb. intr. krank sein Subst. m. Krankheit Subst. m. Kranker Subst. f. Wunder, Zeichen sich wundern Vb. itr. werden, geschehen, existieren, bleiben sein Subst. m. Arm, Schulter Subst. m. Sohn Subst. m. erster präverbal: (etwas) früher, zuvor, zuerst (tun) Adv. zuerst, früher, zuvor Vb. tr. verachten, hassen proklitische Form Subst. f. (Menschen-)Verachtung Vb. tr. betteln, begehren Präf. Part. con. s. na Subst. m. Fenster Subst. m. Stolz Vb. itr. reden, sagen — Subst. m. Wort, Rede
4,9.25; 6,28; 7,20 f. 12,2
9,16 f. 3,[7].10 f.; 5,11; 8,24 1,30; 5,15 f.; 6,20; 10,20; 11,9 5,19; 11,29 9,9 3,27; 6,34 11,26 10,33 6,31 f.; 8,28 1,[3].15.24; 2,[7]; 8,[3 f.].25 f.; 12,3 11,22 2,16 8,32; 9,11 f. 3,8 11,20
3,26
3,20 f. 4,26 1,19; 2,30; 9,23; 11,4 f. (Imp.); 11,8 5,13
79
80
II Textedition
SoJne
Subst. m. Beschluss, Bera- [2,9] tung, Ratschlag
Fi
Vb. tr. tragen, nehmen s. aHom s. r?oouS Numerale m. vier
Fi aHom Fi roouS Ftoou Ha-
Haro# HaroF He
He e He eroF
He Hh, eHh
Hht# Nsa Hht\n Hi-
Ho
Ji Ho
m\ntreFJi Ho Hra# Ji Hra# Ji \nHran Ji HraF eHrn eHra# eHraF
2,19 f.
Präp. unter, wegen, für, zu, 7,9.16; 8,16; 11,7 gegen
Vb. itr. fallen finden Subst. f. Art, Weise Subst. f. Vorderseite, Beginn, Anfang davor, sodann, danach Präp. auf, zu, in, bei, und, oder
Hiww#
Hiwws T-Hi †sto s%toe —HiwwF
5,28.31; 6,1; 7,16; 8,18
Vb. tr. anziehen, tragen bekleiden
4,8
4,28 7,15 11,8
1,9 3,23; 5,22.27; 6,11; 8,12 s. HirN-
6,12
9,16 6,13; 12,5
Subst. m. Gesicht ansehen, beachten, respektieren, aufwarten, bevorzugen Subst. f. Aufmerksamkeit, 12,3 f. Gefälligkeit, Bevorzugung Vb. itr. sich unterhalten Subst. m. Verwirrtheit, Zerstreuung nach, gegenüber, zu, zwischen
8,8 8,9
3,27
3 Register
HoI
T-HoeI
Hw(w)#
Hw Hwwk HwwF Hwou Hwt thut\n Hbour Hwb\s
H\bsw Hih Hoeim Hoeine Hko
Hhke
H\llo Hamoi+
Hamaei
Hwme †Hmoos H\n-
\Hm {n}H\n \nHht# NHhte [2,5] \nHht\s \nHhtou ebol H\n ebol HMHen-, Hn-
Hne
Subst. m. Mühe, Arbeit Vb. tr. bemühen, belästigen, sich Mühe machen Pron. (betonend, kontrastierend) selbst, auch, aber
Verstärkung des Pers. pron. 2. Pers. Pl. Subst. f. links, linke Hand Vb. tr. bedecken Subst. f. Gewand Subst. f. Weg Subst. m. Welle Subst. m./f. (als Pl. gebraucht) einige, manche Subst. m. Hunger Subst. m. armer Mensch Subst. m. Greis Ausruf Oh, dass…! Subst. f. Handfläche Vb. itr. sitzen Präp. in, durch, mit, von
(assim.)
in Zusammensetzungen: von, aus indef. Art. Pl.
Vb. itr. gewillt sein, wollen
81
4,4
2,33; 3,9.11; 6,18; 7,6; 12,11 11,5 3,27 f.; 8,31 1,21; 4,15; 12,6 4,31 2,27 2,16 5,31; [6,1]; 7,28; 9,15 5,5.10.22.27 6,29 1,31 f.
3,32; 4,[6].16.28.35; 10,9.21 6,33 6,11 2,23 6,34 1,29; 2,28.31; 4,25; 5,6.14; 6,27; 7,[4].23; 8,5.26; 9,18.24.25; 10,7; 11,30; 12,6.9.12.15.19 1,8; 2,18.21; 3,24; 12,1 2,27 6,9; 8,27 9,17; [10,2] 7,12 3,16.18.20 5,13 1,7; 3,[7].17.19; 4,[6].18; 5,5.11bis; 6,4.[5].23.29bis; 7,10; 8,24; 10,7; 11,12; 12,7
82
II Textedition
Hna# Hnak Hap
T-Hap Hwp
†Hhp Hrai+ Hre
qre
HroS
†Hor\S
Subst. m. Gericht, Gerechtigkeit Vb. tr. richten Vb. tr. verbergen, verstecken verborgen sein Subst. m. Oberes, Unteres s. eHrai+ Subst. f. Essen, Speise (monograf. Schreibung mit vorangehendem Art. def. f.) Vb. itr. langsam, schwer sein
HirN-
Präp. auf, an, bei
Hise
Subst. m. Leid, Mühe Subst. m. Silber, Geld Subst. m. Sinn, Herz, Verstand Vb itr. eines Sinnes sein, einmütig sein Subst. m. Rand, Spitze s. eis Präp. von, durch durch, bei, von, mittels (assim.)
Hirw# Hirws Hat, Hate Hht
\r-Hht Hht Hhhte Hit\n-
ebol Hit\n ebol Hit\m Hitoot# Hitoot\F _Hitootou
Hwt\b
Subst. f. Furcht Vb. itr. sich fürchten Subst. m. Sack, Tasche segeln Vb. tr. töten
Hoou
Subst. m. Tag
Hote
\r-Hote
Hwt
\r-Hwt
Hotb# HotbeF
9,29
12,8
3,17
10,18
2,30
8,7 5,2.[6].9; 6,11; 7,16; 10,7 10,29 [1,9]; 8,27; 11,19; 11,26 1,9 f. 2,6
1,16 1,23 6,27 11,21; 12,18 f. 11,1.7 1,6.25
5,30.33; [6,2] 1,25; 10,18
3 Register
83
HiJ\n-
Präp. auf, über
1,33
Je
Konj. meist unübersetzt (zur Einleitung einer direkten oder indirekten Rede bzw. Frage und nach Verben der Wahrnehmung)
1,3; 2,31.33.35; 3,4. [8].9.12.30; 4,[4]. [9].11.17.19.26.30; 5,8.15.18; 6,10.14.16.20.22.23.25.35; 7,[3].6.7; 8,21.26; 9,1.4.6.8.9.10.11.14.26; 10,1.3.12.14.23.32; 11,4.7.14; 12,14 1,3; 2,18; 4,6; 5,10; 7,12.27.30.33; 8,23.28; 9,3; 10,6; 11,15; 12,4 7,23; 9,7.18; 10,26; 11,16.20.25 3,6.10.22; 4,27; 5,5.26; 6,17 f.; 7,[4 f.].8; 8,31; 12,5 [2,6]; 12,5
denn, weil (kausal)
nämlich, dass (explikativ) ebol Je
Konj. weil, da
Ji, Jei
Vb. tr. nehmen, empfangen, erhalten, ergreifen
Jit# Jit\s Jit\F Jit\n e m\ntreFJi Ji eoou Ji \nHran, Ji HraF Jh
JinJh Jo Jw
führen, geleiten s. Ho s. eoou s. Ho Subst. m. etwas, bisschen Subst. m. Leere, Nichts Subst. m. Achselhöhle Vb. tr. sagen
Je Joo# JooF Joos Joou Jwk ebol
Konj. dass, damit Vb. tr. vollenden, erfüllen
JoI
Subst. m. Schiff, Boot
Jekaas
Jek ebol Joei
4,21 4,22 8,24
4,15.34; [5,1]; 10,13 8,17 3,30; 4,11.17; 6,10; 9,26; 10,1.32 11,8 10,12 [3,2.8]; 4,9.25; 7,26; 10,25; 11,13.15 3,12; 6,9 4,23; 7,15.21; 12,9 f. 1,10 f. 1,17.20.27
84
II Textedition
6,30 2,26 2,27 5,25
Jpio
Subst. m. Zäune Subst. m. Buch Plur. Präp. von, seit Vb. tr. tadeln, überführen
Joeis
Schuldbewusstsein Subst. m. Herr
9,25 f. 1,12.16.23; 8,6; 10,14 f.22; 11,7
JolJ\l Jwme
Jme Jin(-)
†Jpiht m\ntJpiht
Jise
†Jose
JwJ
Jw# Jwn Ge Gol GwlJ
†Gol\J Gom
G\mGom ouN SGom
Gin-
GinaHerat Gine
G\n G\mGeph Gop Gwr\G Gwou ebol GwSt
GwS\t GaHse GiJ
Vb. tr. erheben, erhöhen hoch sein Subst. m. Kopf
3,21; 6,30
9,24 Part. nun, aber, doch, also Subst. m. Lüge, Lügner Vb. tr. verwickeln, festmachen, haften gebeugt sein Subst. f. Macht, Kraft, Stärke Vb. itr. fähig sein, vermögen, können Vb. comp. es ist möglich für jem. Präfix zur Bildung fem. nomina actionis s. aHerat Vb. tr. finden
Vb. itr. eilen Subst. f. Fußsohle Vb. itr. wohnen, verweilen in See stechen, auslaufen, segeln Vb. itr. blicken, schauen Subst. f. Gazelle Subst. f. Hand
4,22; 11,11 7,14
9,25 6,12.17bis.32; 9,28; 11,22 2,25 4,12.30 f.; 11,25
1,16 f.; 7,28.33; [8,3] 10,20 7,30 7,19 2,21 7,[1].[2].[4].10.17; 10,3 1,18.24 f. 3,18 3,20 5,18 2,17.24.27.29; 9,22
3 Register
85
3.2 Koptische Wörter griechischen Ursprungs aiwn
αἱών
alla
ἀλλά
agaqos anagkh
ἀγαθός ἀνάγκη
\r-apotasse
ἀποτάσσεσθαι
\r-apotasse apostolos glossokwmon
γάρ γλωσσόκκομον
de
δέ
dikaiws
δικαίως διακονία εἰρήνη ἐκκλησία ἐπειδή
gar
diakonia eirhnh ekklhsia epidh
eukairia
ἐπιθυμία εὐκαιρία
fori
φορεῖν
qalassa
θάλασσα θηρίον Adj. καλώς κἄν κόσμος
epiqumia
qhrion kalws kan kosmos
Subst. m. Äon, Zeit, 11,24 Zeitraum Konj. aber, sondern 4,8.14.20.33; 8,10.28; 9,27; 11,9.29; 12,8 Adj. gut 8,29 5,12 Subst. f. Notwendigkeit, Zwang, als Wendung: es ist notwendig Vb. tr. aufgeben, verlassen 5,23; 7,24 f.; 10,15 f. Subst. m. Apostel 1,5; 12,22 Konj. denn, weil 8,30; 12,4 Subst. m. (grie8,18 f.; 9,31 f.; 10,31 chisch. n.) Beutel Part. aber, doch, 1,24.30; 2,7; und 3,11.17.26; 4,7.15.22; 9,2 Adj. gerecht [7,6] Subst. f. Dienst 1,11; 5,6; 12,11 Subst. f. Frieden 6,27; [8,5]; 12,19 Subst. f. Gemeinde 12,6 f.13 Konj. nachdem, als 4,17 nun, weil ja Subst. f. Begierde 7,33 f. Subst. f. gute Gele- 1,15 genheit, passender Zeitpunkt Vb. tr. tragen (Klei- 2,11 dung, Waffen o. ä.), anhaben Subst. f. Meer 1,14.29 Subst. m. Wildtiere 5,27 schön [3,2]; 11,14 Konj. dann 4,5 Subst. m. Welt 5,32 f.; [8,9]; 10,16; 11,16.17
86
II Textedition
kata
κατά
lention
λέντιον
lhsths malista
λῃστής μάλιστα
margariths
μαργαρίτης
maqhths
μαθητής μελετή
meleth \r-meleta meros
μέρος
monh
μονή
monon
μόνον οὐ μόνον νάρθηξ
ou monon
nartos
nardos nhsteue
νηστεύειν
ontws
ὀντῶς s. monon οὐδέ
\r-nhsteue
ou oude
paraggile
οὖν s. auch Gom παραβολή παραγγέλλω
pirasmos
πειρασμός
polis
πόλις
oun parabolh
Präp. gemäß, entsprechend Subst. m. (griechisch n.) Mantel, Umhang Subst. m. Räuber Sup. von μάλα am meisten Subst. m. Sg. Perle
Subst. m. Schüler Subst. f. Übung, Meditation, Eifer Vb. itr. bedenken Subst. m. (griechisch n.) Teil, Gegend, Ort Subst. f. Aufenthalt, Bleiben, Verweilen Adv. allein, nur nicht nur Subst. m. Kästchen, Büchse 9,30 Vb. itr. fasten 5,24 Adv. wirklich
1,14 f. 22 f.; 7,25; 11,13 [2,11 f.]; 3,24
5,26.33; 7,27; 8,12
[4,28]
2,31.32; 3,13bis; 4,[3].5.10.19.24.26 f.; [5,8] 9,21 f.; 12,14 [8,10 f.] 6,25 2,20.22
5,25bis
4,13.32 8,16
6,35
Konj. und nicht, nicht einmal Partikel nun, also
3,23; 12,2
Subst. f. Gleichnis Vb. itr. befehlen, gebieten Subst. m. Versuchung, Prüfung Subst. f. Stadt
10,24 9,33
11,20.32
[7,9 f.]
1,28.31; 2,[2].9.31.34; 3,15; 4,[1].12.16.32; 5,10.14.20; 6,22.23.31.34 f.;
3 Register
phra
πήρα
pracis
πρᾶξις πρόφασις πώς
profasis pws pulh skeuos
πύλη σκεῦος
soudarion
σοφία σουδάριον
sturac
στύραξ
suntagh
συνταγή
T-suntagh swma
Vb. tr. verabreden, vereinbaren σῶμα
tamion
ταμεῖον
taxu
ταχύς
texnh
τέχνη
timh Hhgemwn
τιμή ἁμήν ἡγεμών
Hikwn
εἰκών
Hina
ἵνα
Hupomonh
ὑπομονή
sofia
Hamhn
Subst. f. Reisebeutel, Tasche Subst. f. Tat Subst. f. Vorsehung Interrogativpronomen Wie? Wieso? Subst. f. Tor, Pforte Subst. m. (griechisch n.) Gepäck, Gefäß, Gerät Subst. f. Weisheit Subst. m. (griechisch n.) Schweißtuch Subst. m. (griechisch m. und f.) Styrax Subst. f. Bund, Verabredung 1,12 f. Subst. m. (griechisch n.) Körper Subst. m. (griechisch n.) Schatzkammer, Zimmer, Gemach Adv. schnell, eilends Subst. f. Fertigkeit, Kunst, Können Subst. f. Preis, Wert wahrlich, so sei es Subst. m. Oberster, Fürst, Statthalter Subst. m. Bild, Portrait Konj. damit, so dass (konsekutiv) Subst. f. Geduld
7,10.18.21 f.; 10,2.9.34; 11,27 3,23 12,20
[1,2]
8,28; 9,3; 11,11 8,7 2,8
10,28 2,14; 3,25
2,28
1,13
1,7; 2,21; 11,12 f.20.23 3,16.18.29 f.
[9,1] 11,10 [4,7 f.]
12,19 2,5 2,24
10,10 [2,4]; 10,4
87
88
II Textedition
\r?-Hupomine xria
χρεία
yuxh
ψυχή
Vb. itr. verweilen, ausharren Subst. f. Gebrauch, Bedürfnis Subst. f. Seele
7,5.9.13; 10,6 10,10.20 11,18
3.3 Eigennamen \i\s IwHannhs petros
petre swthr l\i\q\a\r\g\o\h\l \x\s
Nom. sacr. Jesus Johannes Petrus
6,12.16; 9,11 11,4.6.15 1,30; [5,3]; 8,21; 9,1. [2].3.4.5.10; 10,14; 11,1; 12,20 f. Petrus (griechisch Vokativ 9,15; 10,23 Erlöser 9,5 Lithargoel 5,16; 7,23; 8,14.24 f.; 9,8 Nom. sacr. Christus 9,11
3.4 Satzmuster 3.4.1 Nominalsätze Zweigliedrig interlokutiv anokanon-
3,10 3,6; 4,6.17; 5,10; 8,23 f.
Zweigliedrig delokutiv pe ne
* pron. Subjekt durch Inf. erweitert Präteriale Transposition ne … pe
Relativische Transposition ete … pe
2,33 f.; 6,17*.23; [7,1]; 8,32; 9,14.19 5,6
2,18
5,17; 11,4
3 Register
Dreigliedrig
89
6,26; 9,11
pe
3.4.2 Cleft Sentences 3,3; 12,15 (+ rel. Adverbialsatz)
p-
3.4.3 Existenzsätze ou\n(M)mN-
es gibt, s. Gom es gibt nicht
Circumstantiale Transposition eu\n-
eou\n-
3,22 f.24
2,13.25.27 f.; 8,17 2,14; 8,16
3.4.4 Possessivsatz m\nta#
m\ntan
nicht haben
[4,7]
3.4.5 Durativsätze (zweiteiliges Schema) ohne Formen des Verbs Relativische Transposition etete
* mit folgendem H monografisch q geschrieben Präsens TksF-
2,5; 3,17*; 5,18.23 f.27; 8,12; 9,32; 10,17; 11,3 [8,8 f.]; 9,29; 10,30; 11,4.28
[3,4]; 5,8; 6,18; 8,28; 9,8;
10,24; 11,15 5,15; 6,15bis.16; 10,25 10,29 10,27
90
II Textedition
se-
4,18; [7,5]; 8,22; 11,7 7,13; 12,6.7
Circumstantiale Transposition des Präsens ohne Verb: ere+ nom. Subj.
3,30; 6,13
t\n-
eei-
eIeF-
esenetet\neu-
Relativische Transposition des Präsens ohne pronominale Aufnahme des Bezugswort et-
2,9; 6,10.13 6,20.27 1,17.18; 2,11.12.13.15.16.30bis.31; 4,11; 6,33; 8,14.15.18.19; 10,1.32 1,29; 5,32; 7,11 6,25; 7,4; 8,11; 9,26 10,4 1,8.32; 3,30; 4,17; 6,30bis
1,23*; 3,21; 5,7; 7,16; 9,12.16; 10,11.17.34; 11,9.22
6,32 6,21; 10,20.26 etek9,26 et\n4,22; 10,19 etou7,31; 10,3 eteu12,15* (* in Verbindung mit den Determinativpronomen p- oder n-) eT-
et\k-
Fokalisierende Transposition des Präsens eu-
9,6 11,29
Präteriale Transposition des Präsens (Imperfekt) nere+ nom. Subj.
2,29*; 9,24
ek-
ne(e)inesnenneu-
(* mit Partikel pe)
2,17*.33* 10,23* 8,10*; 9,21 3,17
3 Register
91
Circumstantiale Transposition der Präteritalen Transposition eneu[6,3] Futur TnaFnasnat\nna-
Relativische Transposition des Futur etna-
Fokalisierende Transposition des Futur esnaeuna-
8,27; 10,8.12 7,18 7,17 9,27; 11,12
5,28.31; [6,1.4]
12,10 10,10
3.4.6 Verbalsätze (dreiteiliges Schema) Hauptsatzkonjugationen Perfekt (affirmativ) aei-
aIakan-
aF-
asatet\nau-
1,30; 2,8; 3,8; 6,9.19.28.31.33.34; 7,[5].19.20bis; 10,6 6,26 3,2; 9,7; 10,15; 11,14 1,6.9.10.12.14.16.19.25bis; 4,[9].26; 7,24.26.29.32; 8,[1]. [6].8; 9,19.20.23; 10,17 1,27.33; 2,10; 3,12; 4,10.29; 5,[3].14; 6,13; 7,1; 8,[3].13.20.35bis; 9,2.3. 4.7.9.13bis.15.22.23.30.3 3; 10,13.22.31; 11,1.3.5.14; 12,16.17.18 1,3.24; 2,7 8,28 f. 1,21.27; 3,14.16.19.29.32; 4,15.34; 7,7; 12,4.13.17
92
II Textedition
Circumstantiale Transposition des affirm. Pf. eas-
Relativische Transposition des affirm. Pf. ohne Aufnahme des pron. Bezugswortes etaentaei-
entai+ etaeietaFetan(e)ntatet\n-
etatet\n-
10,2
(e)ntau-
etau-
10,5
Fokalisierende Transposition des affirm. Pf. ntaF-
Negatives Perfekt
3,12
3,28 8,20 3,21.26 f.; 7,27.30.33; [8,3]; 11,10.28
\mp\F\mp\n\mpou-
Affirmativer Aorist
5,29.33; 6,[2].5.7; 7,11 7,10
SareSau-
Relativische Transposition des affirmativen Aorist eSau-
Fokalisierende Transposition des affirmativen Aorist eSau-
mare-
[7,9]
2,24 2,20; 10,12.25 5,19; 11,13 1,11; 5,4; 6,19; 7,22.26; 9,16.17 8,12
etak-
Negativer Aorist
1,15
+ nom. Subjekt
4,21
11,17.19
4,19; 5,21
3 Register
meu-
mau-
93
4,28
Circumstantiale Transposition des negativen Aorists emeF-
emaF-
8,30
Affirmativer Optativ eie-
eeie-
5,20 4,23
ekeene-
ena-
7,21; 10,20
Negativer Optativ
12,2 f.
\nnes-
Negativer Kompletiv empate-
Nebensatzkonjugationen Konjunktiv \nte\nta\ng\nt\n\nF\nse-
Temporalis \ntareF-
\ntaFNtar\n-
Konditionalis eFS?an-
+ nom. Subj. noch nicht
8,25
+ nom. Subj.
6,11 f. 4,13.14.32.33; 8,33 f.34.35 4,4; 8,24 4,[5].9.25; 6,12 5,23.24; 12,12 11,24
6,8 f. 3,12 1,24; 2,7
[6,6]
94
II Textedition
Limitativ
10,11
SanT-
Kausative Konjugationen Kausativer Infinitiv im Adverbialsatz
8,22; 10,24 1,20; 9,28
etreketren-
Kausativer Imperativ
6,24
mar\n-
Negativer kausativer Imperativ MpR-
12,1.2
3.5 PTN-Determinatoren 3.5.1 Bestimmter Artikel p-
pe pt-
Sg. m.
(* mit folgendem H monografisch f geschrieben) s. auch rhte als Det.pron. mit folgendem Relativkonverter Sg. f.
1,12.16.20.23.27.30.32; 2,6.6*; 4,2.22; 5,7.12.13.18.19; 6,[3]. [4].11.18.21bis.23.24.34; 7,16.24.25.30; 8,[8].11.12.24.32; 9,5.11.12.20.25.29; 10,14.22.28.29bis*.30; 11,2.7.13.17; 12,5.16
1,17; 2,5; 8,15; 9,11 3,3; 5,28.31; [6,1.4]; 9,26; 10,8.19; 12,15 1,14**.23.29.29**; 2,23* 5,22*.30; 6,[1].2.[6].8; 7,13.19.21.33; 10,18*.28
3 Register
te\n-
ne N-
(* mit folgendem H monografisch q geschrieben; ** haplografisch geschrieben) Pl.
* haplografisch geschrieben als Det.pron. mit folgendem Relativkonverter
95
1,33; [2,6]; 5,[5].10.27 1,19; 2,21; 3,[6].14.18.32; 4,6.16.20*; 5,9.26.27.33; 6,[2].8.[10]; 7,7.14.19; 8,3; 10,21; 11,16.26; 12,14
7,14 1,23
3.5.2 Demonstrativartikel pi-
Sg. m.
T-
s. auch rhte Sg. f.
ni-
Pl. m./f.
peI teI
1,7. 16; 2,[7].8.9.17; 3,7.25; 4,5.24; 5,1.12.29.32; 6,25; 7,17; 8,9.29; 9,9.13.30.31.32; 10,7.16.31; 11,5.16.19.22.24; 12,21 1,11; 2,[9].31.34; 3,15; 4,[1].16; 5,20; 6,[1].26.31.34; 8,7; 9,15.31; 10,1.9.20.24.34; 11,27 4,29.35bis; 5,2.29.31; 6,5.6.7.[7].8.31.32; 7,5.13.27.29.32.34; 8,[1].11; 10,8.32.33; 11,18bis.20.21.26bis; 12,5.6.12.20 3,31; [4,3]; 6,16; 8,34 1,31; 2,2; 4,7; 7,15; 11,10
3.5.3 Demonstrativpronomen paei
paI
Sg. m. dieser
[2,3]; 6,23; 8,10; 11,24; 12,15
96
II Textedition
ph taei
taI
s. auch etbe paI (unter etbe) Sg. m. jener 6,19; 10,11.12; 11,3 Sg. f. 9,16; 10,3
naei
Pl.
nh
Pl. m./f. jene
naI
1,26 2,24; 3,11; 5,4; 6,[8].26; 10,5; 11,32 10,34; 11,27
enttonte Formen pe, te, ne als pron. Subj. im zweigliedrigen Nominalsatz bzw. als Kopula im dreigliedrigen Nominalsatz: s. o. 3.4: Satzmuster: Nominalsätze enttonte und verkürzte Form p- als Anfang der glose in adjekt. Cleft Sentences s. 3.4: Satzmuster: Adjektivische Cleft Sentences
3.5.4 Possessivartikel p(e)#
pa-
pe pek peF-
Sg. m.
s. auch rhte
pes pen petN peu pout(e)#
ta tek teF tet\n teu tou-
Sg. f.
2,35bis; 3,[3].9bis; 5,16.17; 6,13; 9,7; 10,6.26; 11,1; 12,12 2,5 5,9 2,18.21; 3,24; 5,[7].17; 7,16; 8,17; 9,4 6,35; 10,19 8,6 10,8 [1,8] 3,19; 11,23; [12,1]
4,12.32; 6,23 5,10; 6,22; 11,7 2,12.[14].16.19.22.24.27.29bis; 3,14.23; [4,1]; 7,18; 9,22 12,10 f. 5,6; 7,28; 11,30.31 3,25; 10,10 12,3
3 Register
n(e)#
na nen net\n neF neu-
Pl.
2,26; 6,28; 7,20 4,6.9.10.24.25.27 4,14 2,16.17.21.23; 7,9 3,16.20.29
3.5.5 freies Possessivpronomen nominaler Besitzer na + kosmos
11,17
97
III Kommentar
1 Zur Methodik Der Kommentar behandelt die besonders auffälligen Bezüge zu anderen Schriften und zentrale Elemente und Themen der ActPt zu Beginn, damit sie nicht, zergliedert in Exkurse, irgendwo im Kommentar nachgeschlagen werden müssen. Außerdem werden die ActPt als zusammenhängende Erzählung mit narratologischen Verfahren analysiert und literarkritische Fragestellungen treten eher zurück. Ein zentrales Anliegen der Arbeit ist es, die ActPt als antike christliche Erzählung vorzustellen. Dabei soll auf Ebene der Erzählung analysiert werden, wie erzählt wird, wobei Konzeption, Symbolik und Stil untersucht werden. Ebenso wird untersucht, was erzählt wird, wie der Inhalt vor dem zeitlichen Hintergrund des 3./4. Jhs. zu verstehen ist, welche Intentionen hinter der Erzählung stehen und welche Lesewirkung der Text auf damalige Leser vielleicht hatte.
1.1 Aufbau des Kommentars und zugrundeliegende Methodik 1.1.1 Analyse des Erzähltextes Jeder Text steht in einem Beziehungsgeflecht zu anderen Texten, referiert auf andere Schriften und übernimmt geprägte Motive oder Inhalte. Solche Bezugnahmen1 können Hinweise auf den kulturellen Hintergrund des Autors und die intendierten Leser geben. Die Beziehungslinien zwischen Schriften geben auch Anhaltspunkte für die Datierung und Lokalisierung. Darum eröffnen die Ergebnisse des intertextuellen2 Vergleichs den Kommentar. Die Bezüge der ActPt zu anderen Schriften bestimmten bereits im Einleitungsteil die Frage nach der historischen Einordnung der ActPt und sind maßgeblich für die eher spätere Datierung der Nag-Hammadi-Schrift.
1 Solche Bezugnahmen können literarischer Art sein, in Form direkter oder indirekter Zitate. Der Traditionsbezug kann aber auch über bestimmte gemeinsame Topoi verlaufen. In diesem Fall werden gedankliche Konzepte oder Vorstellungen genannt, die in einem Begriff oder Wortkombinationen gebündelt sind, oder es wird mit Bildern oder Symbolen auf solche Topoi angespielt. Vgl. Ebner/Heininger, Exegese, 237 f. 2 In der Debatte um die Bedeutung des Begriffs „Intertextualität“ herrscht Unstimmigkeit. Vor allem die Frage, wie weit der Begriff zu fassen sei, wird kontrovers diskutiert (vgl dazu Berndt/Tonger-Erk, Intertextualität, 11–13). Genette, Palimpseste, 10, bestimmt den von Julia Kristeva eingeführten Begriff „Intertextualität“ als „Beziehung der Kopräsenz zweier oder mehrerer Texte“. Intertextualität liegt mit der „effektive[n] Präsenz eines Textes in einem anderen Text“ vor. Beispiele für diese Form der Textbeziehung sind also das Zitat und die Anspielung – vor allem letztere ist für die Bezugnahmen der ActPt von Bedeutung. Gattungsbezüge zwischen Texten bestimmt Genette als „Architextualität“ und meint damit, dass sich ein Text auf einen anderen bezieht, indem er dessen Aufbau oder auch Stilistik nachahmt (Palimpseste, 13). Auch diese Art der Intertextualität spielt in den ActPt eine Rolle (vgl. z. B. 2.8). https://doi.org/10.1515/9783110559996-008
102
III Kommentar
Für den hier vorliegenden Kommentar konnte auf die Studien von Molinari und Ghica und mehrere Aufsätze und kleinere Publikationen zu den ActPt zurückgegriffen werden. Der Fokus und die Methodik dieser Arbeit unterscheiden sich allerdings von vorherigen Publikationen. In dieser Arbeit wird die Erzählung als Einheit betrachtet und als solche interpretiert. Es wird vorausgesetzt, dass ein Verfasser in dem Text bewusst Sinnstrukturen angelegt hat, die den Leser zur Interpretation desselben führen. Diese eigentlich selbstverständliche Aussage über die Textproduktion ist erläuterungsbedürftig. Zum einen wurden die ActPt bisher hauptsächlich als Quellenkomposition wahrgenommen. Die Tiefenstruktur der Erzählung wurde kaum beachtet. Wenn man ihrer doch gewahr wurde, wie Molinari, ging man davon aus, dass die Symbolik nicht kohärent und aus der Quelle von der Erzählung über den Perlenverkäufer importiert bzw. von einem Redaktor eingearbeitet sei.3 Zum anderen wird die unreflektierte Rede von Autor und Leser in der Literaturtheorie als anstößig empfunden. Die Annahme, dass die Absicht des Autors eines Textes nicht zu rekonstruieren sei, da der Text seine Interpretation nur und durchaus verschieden durch den jeweiligen Leser erlange, führt in der Literaturwissenschaft zur Etablierung einer rein textgestützten Interpretation, die Sinn nicht mehr (nur) vom Autor und seiner Biografie her bestimmen muss.4 Allmählich kehrt der reale, historische Autor allerdings wieder in die Erzähltheorie zurück.5 In dieser Arbeit wird bewusst von einem Autor gesprochen und davon ausgegangen, dass nach einer Lektüre und Analyse der Erzählung – mit gegebener Vorsicht – einige Rückschlüsse auf den Autor gezogen werden können. Dieses Bild vom Autor ist natürlich nicht deckungsgleich mit dem historischen Autor und muss sicher auch von der petrinischen Erzählstimme bzw. den anderen Erzählstimmen in den ActPt unterschiedenen werden. Ähnliches gilt umgekehrt für den Begriff der „intendierten Leser“.6 Der Autor hatte gewisse Vorstellungen von seinen Lesern, setzt ein bestimmtes Vorwissen bei ihnen voraus und wählte seine Erzählstrategien und Themen entsprechend aus. Doch diese intendierten Leser sind nicht identisch mit den realen Lesern. Methodisch wird die Erzählung zunächst mit Verfahren der strukturalistischen Erzählforschung untersucht. Grundlegend sind die Analysekategorien nach Genette, der Texte unter den Hauptgesichtspunkten der Erzählzeit, des Modus – der Mittelbar-
3 Molinari, Acts, 76. 4 Grundlegend dafür ist der 1968 erschiene Aufsatz „Der Tod des Autors“ von Roland Barthes. Es haben sich daraufhin neue Begriffsmodelle etabliert, um das Phänomen „Autor“ zu umschreiben: z. B. der „implizite Autor“, den der Leser als zweites Ich des Autors aus dem Text erkennen kann (vgl. Booth, Rhetoric of Fiction, 70–77), oder der „Modell-Autor“, den der Leser aus dem Text deduzieren könne (Eco, Lector in fabula, 76 f.). 5 Vgl. Finnern, Narratologie, 50. 6 Diesen Begriff prägte Wolff, Der intendierte Leser.
1 Zur Methodik
103
keit und Perspektive des Erzählten – und der Erzählstimme untersucht.7 Mittels dieser „textualen Bestandsaufnahme“ lässt sich erfassen, welche Textpartien besonders hervorgehoben werden und in welchen Zusammenhängen die für die ActPt typischen Perspektiv- oder Erzählstimmenwechsel stehen. Die Interpretation wird durch Analyseschritte vertieft, die Sönke Finnern in seiner Studie zu „Narratologie und biblischer Exegese“ entwickelt hat. Die Analysekategorien von Sönke Finnern gehen über den sehr textbezogenen Strukturalismus hinaus, da er die Entwicklungen des sogenannten cognitive und cultural turn in der Erzählforschung aufnimmt und damit die Perspektive auf die Rezipienten erweitert und z. B. Fragen nach deren Vorwissen, dem Prozess des Verstehens, Rezeptionsemotionen und deren Einfluss auf das Textverständnis einarbeitet. Er setzte sich mit den verschiedenen narratologischen Theorien auseinander und führte sie in einem eigenen induktiven Ansatz zusammen. Bei der Untersuchung der ActPt wird auf die von Finnern beschriebenen Schritte zur Analyse der Erzählwelt, der Handlung und der Figuren ein besonderer Schwerpunkt gelegt. Da der Raum der ActPt häufig indirekt beschrieben ist und in ihm Begegnungen, Visionen oder Meditation stattfinden, wird an vielen Stellen auf seine Bedeutung als Ereignisraum und dessen Wahrnehmung eingegangen.8 Die Erzählwelt der ActPt ist zudem mythisch und mit Symbolen ausgestattet, die wichtig für die Interpretation der Erzählung sind. Beim Leser wird entsprechendes Vorwissen zur Deutung vorausgesetzt, dass heute zumeist fehlt. In dieser Arbeit wird versucht, auf das vorausgesetzte Vorwissen bei den zeitgenössischen Lesern hinzuweisen und in die Auslegung einfließen zu lassen.
1.1.2 Analyse der Symbolik Die ActPt beinhalten zwei Deutungsebenen, die miteinander verwoben sind. Auf der ersten Sinnebene wird eine Missionsreise der Jünger geschildert, die einem verkleideten Jesus Christus begegnen, der sie über den schwierigen Weg zum Himmelreich unterweist. Die Apostel meistern diesen Weg, treffen Jesus, erhalten von ihm Anweisungen für das Leben und die Unterweisung in der Gemeinde und werden wieder zurückgeschickt. Die zweite Sinnebene vertieft diese Erzählstruktur. Hier wird ein Gemeindekonflikt zwischen den wohlhabenden Gemeindemitgliedern und Asketen thematisiert und es wird für den asketischen Weg geworben, auf dem der Mensch see-
7 Die Erzählzeit wird von Genette am ausführlichsten untersucht und differenziert nach Ordnung, Dauer und Frequenz dargestellt; vgl. Genette, Erzählung. 8 Katrin Dennerleins Konzept vom „Ereignisraum“ wird hier aufgenommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Verbindung von Raum und Ereignis besonders signifikant ist und nimmt an, „dass der Modell-Leser einen Ausschnitt des Raumes der erzählten Welt als räumliche Komponente einer Situation memoriert“ (Dennerlein, Narratologie des Raumes, 119). Bei der ereignisbezogenen Thematisierung von Raum entstehen also Ereignisregionen, die wiederum die Gestalt von Räumen haben.
104
III Kommentar
lische Heilung erlangt, wieder vollkommen wird und so, zumindest innerlich, Zugang zum Himmelreich hat. Diese zweite Sinnebene entsteht durch eine entsprechende Deutung der mythischen Welt und ihrer Symbole und der allegorischen Auslegung einzelner Passsagen, z. B. der Aufforderung, den Armen ihren Bedarf zu geben (p. 10,9–30). Für das Verständnis der ActPt ist eine sorgfältige Analyse der Symbolik daher unerlässlich. Der Kommentar hat das Ziel, die entsprechenden Deutungsebenen und die verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Erzählung gerade im zeitlichen Kontext des 3./4. Jh. aufzuzeigen.9 Dazu werden Symbole und geprägte Motive eingehend untersucht. Da der Begriff „Symbol“ problematisch ist, muss hier näher darauf eingegangen werden. Die moderne Literaturwissenschaft verhält sich diesem Begriff gegenüber zurückhaltend, meistens wird er gemieden oder umschrieben.10 Doch da seit einigen Jahren die Analyse von Sprachbildern und Metaphern in der Exegese stärker berücksichtigt wird, bietet es sich an, den Ausgangspunkt hier zu suchen und das Symbol von der Metapher abzugrenzen. Die Forschung ist von einer einheitlichen Definition der Metapher weit entfernt. Über folgende Beschreibung, die hauptsächlich auf Ricœur fußt,11 besteht aber weitestgehend Konsens: Die Metapher ist ein Textphänomen, bei dem zwei üblicherweise nicht aufeinander bezogene Sinneinheiten so in Beziehung gesetzt werden, dass eine neue, zunächst irritierende semantische Kohärenz entsteht. Das Symbol hingegen ist keine Sprachfigur, sondern ein Sinnbild innerhalb eines Zeichensystems. Die Beziehung zwischen dem Zeichen und dem, was es bezeichnet, beruht auf Konventionen einer Sprach- und Kulturgemeinschaft. Das symbolische Sprachzeichen ist durchsichtig für den dahinterliegenden Sinnkomplex, der transzendente Züge haben kann. Dabei sind die Grenzen zum Mythos mitunter fließend. Im Gegensatz zur Metapher ist das Symbol in sich semantisch kohärent. In diese Beschreibung lässt sich das umfangreiche Set von Symbolen in der Erzählung einordnen: Die beiden Städte „Wohne“ und „Neun Pforten“, die Perle, der Weg, die Gefahren auf dem Weg, der Arzt und seine Medizin. Die Analyse eines Symbols besteht in der Regel aus sechs Leitfragen, die von der Erzählung ausgehend aufeinander aufbauen:12 1. Textsignale in der Syntax: Weisen „uneigentliche Ausdrucksweise“, Spannungen oder Brüche darauf hin, dass ein Wort über seine literarische Bedeutung hinaus verstanden werden soll?
9 Neuere Kommentare setzen sich zunehmend dieses Ziel als Schwerpunkt. Sehr gewinnbringend ist m. E. der 2014 erschienene Kommentar zum Thomasevangelium von Simon Gathercole, der versucht, die Logien und deren Verständnis im zeitlichen Horizont des 2. Jhs. zu interpretieren, vgl. Gathercole, Gospel of Thomas, 183 f. 10 Das bemerkt z. B. Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, 66. 11 Ricœur, Die lebendige Metapher, VI. 12 Die Leitfragen orientieren sich z. T. an der methodischen Annäherung an die Bildexegese von Zimmermann, Geschlechtermetaphorik, 47–50.
1 Zur Methodik
105
2. Verbindung von Text und Kontext: Wie ist das Bild mit dem Kontext oder evtl. anderen Bildern verbunden? 3. Semantische Analyse: Was bedeutet das Bild in seinem Kontext bzw. welchen Bedeutungsumfang hat es? Aus welchem Bereich stammt es und in welchen ist es hier eingebettet? 4. Einordnung in die Tradition: Ist das Bild in anderen Texten belegt? Was besagt es dort? Sind diachron Grundstrukturen und Entwicklungslinien erkennbar? 5. Pragmatische Analyse: Welche Assoziationen löst das Bild produktiv aus? Hilft die bildhafte Sprache, fehlende Begrifflichkeiten oder gar kontradiktorische Urteile zu überbrücken? Welche affektiven Elemente bestimmen das Bild? Welche Gefühle werden geweckt? In welchen Erfahrungsbereich wird der Leser durch das Bild versetzt? Welche innere Parteinahme fordert das Bild heraus? Worin könnte die Intention des Autors liegen, dieses Bild zu verwenden? 6. Rezeptionsanalyse: In welcher Weise reflektiert das Bild die Erfahrungs- und Lebenswelt einer Kulturgemeinschaft? Wo wird ein ähnlicher Bildbereich ver wendet? Für die Symbolik erweisen sich vor allem frühsyrische Schriften als hermeneutischer Schlüssel für die genauere Interpretation der ActPt. Hier lassen sich viele stilistische und inhaltliche Gemeinsamkeiten belegen. Eine Parallele ist sicherlich die Verwendung der Perle bei Aphrahat. Aber auch das Konzept einer asketischen Gemeinschaft, die in und doch außerhalb der christlichen Gemeinde lebt, ist hilfreich für das Verständnis der beiden Städte „Wohne“ und „Neun Pforten“. Das subtile Neben- und Miteinander der Erzählebenen, also märchenhafte Züge, die mit faktualen Elementen verwoben sind, und Symbolik und Typologie sind Merkmale der Thomasakten.13 Hinsichtlich des Fundortes der ActPt und der Lithargoel-Tradition, die nach Nordafrika verweist, werden im Kommentar natürlich auch Bezüge und Parallelen zu Schriften der Nag-Hammadi-Bibliothek, zur Epistula Apostolorum oder z. B. zur vita Antonii behandelt. Im Kommentar werden jedem größeren Erzählabschnitt die relevanten Ergebnisse der narratologischen Analyse vorangestellt. Dabei wird weitestgehend auf Fachbegriffe verzichtet, weil die Erzählforschung keine einheitliche Terminologie bietet und gerade Genettes Nomenklatur häufig als kontraintuitiv kritisiert wird und den Lesefluss hemmt.14 Die Kommentierung der Erzählung erfolgt satzweise. Lange und wichtige Sätze werden allerdings mitunter in Satzteile untergliedert oder zwei kürzere Sätze zusam13 Drijvers, NTApo5, Bd. 2, 293. 14 Die Begriffe von Genette, wie z. B. extra-, intra- und metadiegetisch sind zwar sehr bekannt und zur Kategorisierung bei der Analyse hilfreich, sie bringen aber keinen eigenen Erkenntnisgewinn und werden daher umschrieben, z. B. als Erzählstimme der ersten, zweiten oder dritten Ebene. Vgl. Finnern, Narratologie, 55 f.
106
III Kommentar
mengestellt. Der Kommentar besteht in der Regel aus jeweils drei Abschnitten: Philologische Anmerkungen zum Text und ggf. zu seiner Rekonstruktion erfolgen zu Beginn, dann wird auf wichtige Begriffe und Motive und deren Verwendung in anderen antiken Schriften eingegangen. Im dritten Teil werden die Ergebnisse der narratologischen und philologischen Analyse sowie der Textrecherche gebündelt und mit Blick auf die Bedeutung des Satzes und seiner Funktion in der Erzählung zusammengefasst.
2 Bezüge zu anderen Schriften Jeder Text steht in einem Beziehungsgeflecht zu anderen Texten, referiert auf andere Schriften und übernimmt geprägte Motive oder Inhalte. Solche Bezugnahmen1 können Hinweise auf den kulturellen Hintergrund des Autors und die intendierten Leser geben. Die Beziehungslinien zwischen Schriften geben auch Anhaltspunkte für die Datierung und Lokalisierung. Darum werden hier der Frage nach der historischen Einordnung der ActPt die Ergebnisse des intertextuellen2 Vergleichs nachgestellt, die z. T. maßgeblich für die eher spätere Datierung der Nag-Hammadi-Schrift sind. In Anspielungen und Zitaten greifen die ActPt auf das Evangelium nach Matthäus zurück. Auch wenn die Erzählung vermutlich eine Übersetzung ist, stimmt an den Referenzstellen der koptische Text wörtlich mit den entsprechenden Passagen in sahidischen Bibelhandschriften überein (p. 9,11–13; 10,33). Die Bezugnahme auf dieses Evangelium ist nicht verwunderlich, es war in der altkirchlichen Tradition am angesehensten und galt als das älteste. Als ein weiterer Referenztext wird der „Brief des Jakobus“ (NHC I,2) herangezogen, da sich hier ebenfalls die sonst seltene Vorstellung findet, dass jedem Menschen eine Stadt zugeordnet ist. Überhaupt scheinen sich die beiden Schriften bei christologischen Themen, aber auch hinsichtlich der Textkonzeption nahe zu stehen. Auf die Epistula Apostolorum wird aufgrund ihrer christologischen Vorstellung vom Himmelsabstieg und der Gestaltänderung Jesu mit Blick auf die ActPt eingegangen. Die ActPt weisen dagegen wenige Gemeinsamkeiten mit den großen Apostelakten auf, es gibt aber einige inhaltliche Berührungen mit den Thomasakten, die im Folgenden vorgestellt werden. Sodann ergeben sich außerordentlich viele Bezüge zu der Bildsprache und den Vorstellungen von Aphrahat, vor allem hinsichtlich der Perlenmetapher und des Aus-
1 Solche Bezugnahmen können literarischer Art sein, in Form direkter oder indirekter Zitate. Der Traditionsbezug kann aber auch über bestimmte gemeinsame Topoi verlaufen. In diesem Fall werden gedankliche Konzepte oder Vorstellungen genannt, die in einem Begriff oder Wortkombinationen gebündelt sind, oder es wird mit Bildern oder Symbolen auf solche Topoi angespielt. Vgl. Ebner/Heininger, Exegese, 237 f. 2 In der Debatte um die Bedeutung des Begriffs „Intertextualität“ herrscht Unstimmigkeit. Vor allem die Frage, wie weit der Begriff zu fassen sei, wird kontrovers diskutiert (vgl dazu Berndt/Tonger-Erk, Intertextualität, 11–13). Genette, Palimpseste, 10, bestimmt den von Julia Kristeva eingeführten Begriff „Intertextualität“ als „Beziehung der Kopräsenz zweier oder mehrerer Texte“. Intertextualität liegt mit der „effektive[n] Präsenz eines Textes in einem anderen Text“ vor. Beispiele für diese Form der Textbeziehung sind also das Zitat und die Anspielung – vor allem letztere ist für die Bezugnahmen der ActPt von Bedeutung. Gattungsbezüge zwischen Texten bestimmt Genette als „Architextualität“ und meint damit, dass sich ein Text auf einen anderen bezieht, indem er dessen Aufbau oder auch Stilistik nachahmt (Palimpseste, 13). Auch diese Art der Intertextualität spielt in den ActPt eine Rolle (vgl. z. B. 3.4.8). https://doi.org/10.1515/9783110559996-009
108
III Kommentar
und Anziehens Jesu. In diesem Zusammenhang wird auch auf den syrischen Liber Graduum eingegangen, in dem der Weg in die himmlische Stadt, strenge Askese und die Heilung der Seele zentrale Themen sind. Für die Symbolik der Perle wird der 10. Logos des Pseudo-Makarios herangezogen, in dem sich auffällige Parallelen zur Funktion der Perle in den ActPt finden. Schließlich erinnern die zweideutige Erzählweise und das Spiel mit dem Leser an die Erzähltechnik Lukians von Samosata. Die Beziehungen sind hier „architextuell“3 und naturgemäß schwerer greifbar als inhaltliche Berührungen.
2.1 Die Beziehungen zu den kanonischen Evangelien 2.1.1 Das Petrusbekenntnis Die Erzählung der ActPt enthält keine eingeleiteten Zitate, aber eine deutliche Bezugnahme auf das Petrusbekenntnis und das Wortspiel mit dessen Namen nach Mt 16,16.18. Die matthäische Szene wird in den ActPt als Namensgebung interpretiert. Petrus antwortet auf die Frage Jesu, wer ihm seinen Namen gegeben hätte, mit einem Nominalsatz, dessen relativische Erweiterung parallel zum Bekenntnis des Petrus in ָ ֵכbzw. Κηφᾶς wird Mt 16,16 formuliert ist (ActPt p. 9,11 f.).4 Die Namensdeutung mit יפא auch bei der Berufung des Petrus im Evangelium nach Johannes erzählt (Joh 1,42), in den Evangelien nach Markus und Lukas wird der Name nur beiläufig erwähnt (Mk 3,16; Lk 6,14). Das Petrusbekenntnis in den ActPt ist nach dem Wortlaut von Mt 16,16 formuliert. Der Verweis auf die Szene im Matthäusevangelium hebt Petrus deutlich aus dem Jüngerkreis heraus, da er in diesem Evangelium eine besonders wichtige Rolle spielt, die durch die Perikope in Mt 16,13–20 konstituiert wird. Dort wiederholt er das Bekenntnis aller Jünger zur Gottessohnschaft Jesu, das diese nach der Sturmstillung abgelegt hatten (Mt 14,33). Mit seiner knappen Antwort „Ich bin es“ bestätigt Jesus in den ActPt das Bekenntnis des Petrus (p. 9,14). Nur bei Matthäus reagiert Jesus ebenfalls so positiv, nach Markus und Lukas verhält er sich recht spröde.5
3 Diesen Begriff prägt Gerard Genette: „Der fünfte (ich weiß), abstrakteste und impliziteste Typus ist die oben definierte Architextualität. Hier handelt es sich um eine unausgesprochene Beziehung, die bestenfalls in einem paratextuellen Hinweis (z. B. Untertitel) auf die taxonomische Zugehörigkeit des Textes zum Ausdruck kommt“ (Genette, Palimpseste, 13). 4 Mt 16,16 sa.: aFouwSb NGi simwn petros eFJw Mmos Je Ntok pe pexristos pShre Mpnoute eto!nH. Vgl. ActPt p. 9,10 ff.: peJaF naF Je i~s pe x~s pe pShre Mpnoute eton~H NtoF aFT piran eroei:
5 Das Bekenntnis wird nur nach Matthäus mit Lob und Verheißung erwidert (Mt 16,17–19). Nach Markus und Lukas hingegen werden die Jünger angefahren und mit einem Schweigegebot belegt (Mk 8,30; Lk 9,21).
2 Bezüge zu anderen Schriften
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2.1.2 Gott als Vater Im Neuen Testament wird Gott meist als κύριος oder θεός bezeichnet. In Jesu Rede begegnet jedoch häufig die Anrede „Vater“ (z. B. Mk 14,36 parr; vgl. Joh 12,27; 18,11). In den Evangelien nach Matthäus und Johannes ist „Vater“ das häufigste Gottesprädikat6 und diese Anrede begegnet oft personalisiert: Jesus bezeichnet Gott als „meinen Vater“, vor den Jüngern spricht er von „eurem Vater“. In den ActPt spricht Lithargoel von Gott als „diesem Vater“ und nicht von „seinem Vater“ (p. 6,18). So erscheint Gott ferner und unnahbarer, da er nicht mit einer Beziehungsaussage verbunden ist. In den Evangelien nach Lukas und Markus begegnet die Vatermetaphorik weitaus seltener und meist ebenfalls nicht personalisiert. Insgesamt erinnert die Formulierung „der Vater, der ihn gesandt hat“ (p. 6,18 f.) an johanneische Sendungsaussagen (vor allem Joh 5,36 f.).
2.1.3 Jesus als Königssohn und Herr In den ActPt beschreibt Lithargoel Jesus als Sohn eines großen Königs (p. 8,32). Die nahe „Königsherrschaft Gottes“ war Jesu zentrale Botschaft nach den synoptischen Evangelien (Mk 1,14 f.). Im Matthäusevangelium wird meist von Jesus selbst als König gesprochen (Mt 2,2; 21,5), ebenso in den anderen kanonischen gewordenen Evangelien, in denen der Titel allerdings nicht so häufig begegnet wie bei Matthäus. In der Bildsprache der matthäischen Gleichnisse wird allerdings die Königsmetapher auf Gott bezogen (Mt 18,23; 22,2–13) und Jesus dann als Sohn des großen Königs beschrieben (Mt 22,2). Der Begriff Joeis („Herr“) begegnet in den ActPt oft. In den erzählenden Passagen wird Jesus damit bezeichnet, in dialogischen Szenen damit angesprochen (p. 1,12.16.23; 8,6; 10,14 f.22; 11,7). So wird das griechische Äquivalent κύριος auch in den kanonischen Evangelien gebraucht (z. B. Mk 7,28 par), wo er darüber hinaus noch als Hoheitstitel verwendet wird (z. B. Mk 1,3 parr/Joh 1,23; Mk 11,3 parr).
2.1.4 Die Herrschaft der Himmel Die zentrale Botschaft von der Gottesherrschaft ist nur im Matthäusevangelium als Himmelsherrschaft bezeichnet. Sie ist pluralisch formuliert als βασιλεία τῶν οὐρανῶν und steht ebenso in den ActPt als tm~n~tRro NNphue. Hier wird sie nur einmal
6 Gnilka, Matthäus, 534. Während die lukanische Fassung des „Vaterunsers“ stärker an Q orientiert ist und nur den Vater anspricht (Lk 11,2), eröffnet Matthäus mit der Akklamation „Unser Vater“ (Mt 6,9).
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III Kommentar
erwähnt (p. 7,19) und steht als futurische Erwartung. Das Eingehen in die Himmelherrschaft wird allen verheißen, die geduldig ausharren und die Last des Glaubensjoches tragen. In einem ähnlichen Zusammenhang findet sich der Terminus im Matthäusevangelium. Im matthäischen Sondergut kann er auch im Zusammenhang mit dem zukünftigen Rechenschaftsablegen oder dem göttlichen Gerichtsurteil stehen (vor allem Mt 5,20; 7,21; 18,13; 19,23–30). Die Rede von dieser Kraft der Gottes- bzw. Himmelsherrschaft (vor allem Mt 13,24–30.44.45 f.) findet sich in den ActPt nicht. Im Matthäusevangelium werden große Anstrengungen für den Eingang in die Himmelherrschaft vorausgesetzt (z. B. Mt 5,20; 7,21; 18,3; 21,31). Die ActPt geben mit ihrer Aufforderung zu totalem Besitzverzicht, täglichem Fasten (p. 5,21–25) und pauschalem Gericht über die Reichen (p. 12,8 f.) noch striktere und klarer formulierte Anweisungen. Die ActPt bewerten die materielle Armut positiv und rücken die Armen in die Nähe der Himmelherrschaft. Es sind die Armen, die in Jesu Stadt eingeladen werden (p. 4,11 ff.29 ff.).
2.1.5 Das Symbol der Perle Die offensichtlichste Berührung mit dem Matthäusevangelium findet sich auf der Bildebene im Symbol der Perle, die das Himmelreich repräsentiert. Die matthäischen Gleichnisse vom Schatz und von der Perle (Mt 13,44–46; vgl. EvThom 76 und 109) verdeutlichen das Geschenk und das Geheimnis der Himmelherrschaft. In ethischer Hinsicht wollen die beiden Gleichnisse das menschliche Handeln angesichts des Himmelreiches auf den Prüfstand stellen und Matthäus scheint den Besitzverzicht als einen Teil des Weges der Gemeinde zur Vollkommenheit zu verstehen.7 Perle und Schatz stehen sowohl im Matthäus- als auch im Thomasevangelium als Bild für das Gottesreich. In den ActPt wird die Perle nach erfolgreicher Bewährung in der Askese und Christusnachfolge überreicht und steht symbolisch für die dadurch erlangte Vollkommenheit. Damit ist sie auch ein Symbol der Belohnung. Sie wird erst in Jesu Stadt von Christus übergeben. Letzteres impliziert einen Bezug zum himmlischen Bereich. Hier zeigt sich eine Parallele zur Bedeutung der Perle in Mt 13,45 f.: Die erfolgreichen Asketen, die die Perle besitzen, weilen in Jesu Stadt, haben also teil an seinem Reich. Im Unterschied zu Matthäus ist die räumliche Dimension in den ActPt allerdings verschoben: Die Menschen finden oder kaufen die Perle nicht einfach, sondern erarbeiten sie sich mühsam auf einem Weg und erhalten sie an einem spirituellen Ort, der irgendwie mit dem Himmelreich verbunden ist und nur für Menschen erreichbar ist, die konsequent Christus nachfolgen.
7 Luz, Matthäus, 353 f.
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2.1.6 Schlussfolgerung Die ActPt zeigen einige Berührungen mit den kanonisch gewordenen Evangelien und an manchen Stellen fällt eine besondere Nähe zum Matthäusevangelium auf, vor allem im Falle des Petrusbekenntnisses, im Hinblick auf den Terminus „Herrschaft der Himmel“ und das Symbol der Perle. Natürlich beziehen sich die ActPt nicht allein auf das Matthäusevangelium. Die Erwähnung des Vaters, der Jesus gesandt hat (p. 6,17–19) lässt die Kenntnis des Johannesevangeliums vermuten. Die Hochschätzung der Armut erinnert auch an das Evangelium nach Lukas, ebenso wie die Schilderungen der einmütigen, missionarisch motivierten Apostel (z. B. p. 1,9–11). In der bildreichen Schilderung Lithargoels wird auf die Offenbarung des Johannes Bezug genommen.8 Umfangreichere wörtliche Übereinstimmungen bestehen in den ActPt allerdings nur mit dem Evangelium nach Matthäus.
2.2 Der „Brief des Jakobus“ (NHC I,2) Der „Brief des Jakobus“ ist als zweite Schrift im ersten Codex der Nag-HammadiSchriften überliefert und kann zu den sogenannten Dialogevangelien9 gezählt werden. Die Schrift wird durch einen Brief gerahmt, wie in den ActPt werden also zwei Textsorten miteinander kombiniert. Die ActPt sind deutlich zweigeteilt, bis p. 9,1 lesen sie sich als parabolische Erzählung, das darauf folgende Gespräch zwischen Jesus und den Jüngern trägt deutliche Züge eines Dialogevangeliums. Datierung und Lokalisierung des „Briefes des Jakobus“ ist umstritten, hier teilt er das Schicksal vieler Nag-Hammadi-Schriften. Da er die schriftlichen Evangelien offenbar voraussetzt, ist eine frühe Datierung Ende des 1. bzw. zu Beginn des 2. Jhs. unwahrscheinlich. Der „Brief“ ist vermutlich erst im 3. Jh. entstanden, wobei Ägypten oder Syrien als mögliche Abfassungsorte diskutiert werden.10
8 ActPt p. 2,6 vgl. Offb 7,9; ActPt p. 2,13 vgl. Offb 1,13; ActPt p. 2,26 vgl. Offb 20,12; ActPt p. 2,29 f. vgl. Offb 1,10 ff., 5,2 u. a. Vgl. dazu unten im Kommentar die Ausführungen zu ActPt p. 2,13. 9 Der Begriff ist von Hartenstein, Die zweite Lehre, 250 ff., geprägt und bezeichnet Schriften, in denen Jesus den Jüngern nach seiner Auferstehung erscheint, um einen Dialog mit ihnen zu führen. Sie legt dem Begriff folgende Kriterien zugrunde: (1) Jesus Christus erscheint als Gesprächsführer; (2) sein Erscheinen liegt chronologisch nach der Auferstehung und erfolgt zu Beginn der Schrift; (3) der Dialog mit ihm prägt die ganze Schrift (ebd., 1 f.) 10 Hartenstein/Plisch, NHD, Bd. 1, 12 f.
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III Kommentar
2.2.1 Der Mensch als Stadt Mit den ActPt hat der „Brief des Jakobus“ das Motiv der Stadt gemeinsam. In den ActPt ordnet Petrus in seiner erbaulichen Rede jedem geduldigen Menschen eine bewohnte Stadt zu, die schließlich ein Königreich hervorbringt (p. 7,8–12). Die umgekehrte Relation ist häufig zu finden, so vergleicht z. B. Paulus die Gemeinde mit einem Leib (1Kor 12,12–27). Wird eine Gemeinschaft, die aus einer Vielzahl von Menschen besteht, mit einer einzelnen Größe verglichen, transportiert das Bild den Gedanken der Einheit und Zusammengehörigkeit. Das Bild in den ActPt hebt sich davon deutlich ab. Es ist kein Vergleich, sondern der affirmative Aorist vermittelt die Vorstellung, dass zu jedem Menschen eine Stadt gehört, die im positiven Fall bewohnt ist: „Denn ein jeder, [der] geduldig ist in seinen Prüfungen – (dessen) Städte sind bewohnt (…)“ (p. 7,8–10). Der Schwerpunkt des Bildes liegt auf dem Bewohnen. In der neutestamentlichen Perikope von der „Rückkehr des bösen Geistes“ wird der Mensch mit einem Haus (οἶκος) verglichen (Mt 12,44/Lk 11,24), um sein Erfülltwerden durch Gottes Geist bzw. seine Zerstörung durch böse Geister zu verdeutlichen. Die Formulierung τὸ σῶμα ὑμῶν ναὸς τοῦ ἐν ὑμῖν ἁγίου πνεύματός ἐστιν (1Kor 6,19), die zwar argumentativ eine andere Zielrichtung hat, vermittelt auch die Vorstellung des Körpers als Wohnung für Gottes Geist. Solche Bilder mögen im Hintergrund der zunächst befremdlichen Darstellung des Menschen als einer Stadt stehen. Im „Brief des Jakobus“ findet sich ein Vergleich, der dem in den ActPt sehr nahe steht. Jesus ordnet jedem Menschen eine Stadt zu. Er warnt davor, diese Stadt zu verlassen, da sonst andere dort einziehen und der von dort fliehende Mensch ergriffen werden würde (p. 11,17–27). Das Bild des Wohnens zieht sich durch die Schrift, wenn auch anders und nicht so prägnant wie in den ActPt: Petrus und Jakobus sollen keinen Raum in sich leer lassen, sondern sich mit Geist füllen (p. 3,35–37; 4,18 f.) und der Geist wiederum umgibt sie wie eine Mauer (p. 5,21–24). Diese Aussage ist wohl positiv gemeint und vermittelt das Bild einer gut geschützten Stadt, in die keine Fremden eindringen können (vgl. p. 11,17–27). Und es wird auch von wechselseitigem Wohnen gesprochen: Jesus kam herab und wohnte bei den Menschen, damit jene zukünftig bei ihm wohnen können (p. 9,1–4). Vor dem Hintergrund des „Briefes des Jakobus“ lässt sich das Bild von der Stadt und dem Königreich in der Rede des Petrus in den ActPt verstehen. Der Mensch als Wohnstätte für das Göttliche wird mit dem Bild der Stadt veranschaulicht. In beiden Schriften wird der Begriff πόλιϛ für Stadt verwendet. Dahinter steht nicht die griechische Idee vom demokratischen Staat, sondern die Stadt wird als Schutzort gesehen, als wehrhaftes Gebilde mit hohen Mauern, das Angreifer abwehren kann. Die Vorstellung, dass eine solche Stadt zu einem Königreich gezählt wird, verleiht dem statischen Bild in den ActPt etwas Dynamik. Das Göttliche wohnt im Menschen und macht ihn zu einer festen Stadt. Entfernt er sich von Gott, verwaist seine Stadt. Bleibt er jedoch geduldig und fest im Glauben, geht seine Stadt – also der göttlich bewohnte Teil in ihm – ins Himmelreich ein (p. 7,11 ff.). Diese Zusage (vgl. p. 7,18 f.) nimmt die räumliche Dimension des Bildes auf.
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2.2.2 Bekleidungsmetaphorik Die ActPt teilen noch eine weitere Gemeinsamkeit mit dem „Brief des Jakobus“. Beide beschreiben die Gestaltwechsel Jesu mit Begriffen des Ausziehens und Ankleidens. Der „Brief“ ordnet das Ausziehen und Neu-Bekleiden allerdings klar dem himmlischen Aufstieg Jesu zu (EpJac p. 14,35 f.). In den ActPt steht Jesu Fähigkeit, die Gestalt zu wechseln, im Dienst seiner jeweiligen Funktion und wird von ihm situativ angewendet. Als Lithargoel steht er im Dienst der Perlenerzählung und soll eine Offenbarungsgestalt verkörpern und an den Gekreuzigten und Auferstandenen erinnern (ActPt p. 2,10–32). Sein Auftritt als Arzt illustriert Jesu Heilungsauftrag an die Jünger (ActPt p. 8,13–20; 10,31–11,26). Das Arztgewand wird abgelegt, damit die Jünger Jesus erkennen können (ActPt p. 9,15–23).
2.2.3 Erzählchronologie Neben diesen inhaltlichen Aspekten, berühren sich die ActPt und der „Brief des Jakobus“ bei ihren Angaben zur Erzählchronologie und hinsichtlich ihrer Kombination von Textsorten. Der „Brief“ gibt mit 550 Tagen einen längeren Zeitraum zwischen Auferstehung und Erscheinung an (EpJac p. 2,19 f.) und geht zudem von einer nachösterlichen Belehrung aus (EpJac p. 8,1–4). Auch in den ActPt liegen der Tod Jesu und die Beauftragung und Aussendung der Jünger bereits länger zurück (ActPt p. 1,10 f.; 5,12) – es wird sogar die Existenz von Gemeinden vorausgesetzt (ActPt p. 12,5 f.). Diese Chronologie wird freilich von der Erwähnung der elf Jünger durchbrochen (ActPt p. 9,20 f.). Der Dialog des „Briefes des Jakobus“ ist durch einen Briefanfang und -schluss gerahmt. Das zeugt von einem freien Umgang mit Textsorten, wie wir ihn auch in den ActPt finden, wo eine fiktionale Erzählung über Petrus und Lithargoel in einen unterweisenden Dialog mündet.
2.2.4 Schlussfolgerungen Beide Schriften, die ActPt und der „Brief des Jakobus“, gebrauchen das Bild von einer Stadt für den Gläubigen und verbinden es mit der Vorstellung der Einwohnung. Im „Brief des Jakobus“ wird allerdings dazu aufgefordert, sich mit Geist zu füllen, in den ActPt scheint hingegen die Einwohnung Christi durch Ausharren in Prüfungen und Askese im Blick zu sein. Hinsichtlich der Erzählchronologie fällt auf, dass der „Brief des Jakobus“ sich als frühe Schrift ausgibt, indem ein Treffen mit Jesus beschrieben wird, das 550 Tage nach seiner Auferstehung stattfindet. Die ActPt hingegen machen diesbezüglich keine Angaben, erwähnen aber eine gut entwickelte Gemeindestruktur und Konflikte mit reichen Gemeindemitgliedern. Im Vergleich mit dem „Brief des
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III Kommentar
Jakobus“ wirken die ActPt jünger. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Vorstellung von der Einwohnung und der Vergleich des Menschen mit einem Haus, einer Stadt oder auch einer Kirche offenbar breiter bekannt waren und auch in Schriften gebraucht wurden, die inhaltlich und wohl auch zeitlich nicht so eng zusammen stehen.
2.3 Der Himmelabstieg in der Epistula Apostolorum Mit der Epistula Apostolorum teilen die ActPt vor allem die Vorstellung, dass Jesus Christus in Gestalt eines Engels auftritt. Die Epistula Apostolorum, ebenfalls ein sogenanntes Dialogevangelium, dessen Abfassung in Kleinasien, Syrien oder Ägypten vermutet wird und das vielleicht in die Mitte des 2. Jhs. zu datieren ist,11 schildert den Abstieg Jesu durch die Himmel, wobei er die Gestalt der Engel und Erzengel annimmt. In der Gestalt des Erzengels Gabriel erscheint er dann Maria, kündigt ihr seine Geburt an und geht in ihren Leib ein.12 Dieser Gestaltwechsel wird als äußerlicher Vorgang geschildert, ähnlich wie bei einer Verkleidung steht das Motiv der Täuschung im Vordergrund. Durch die Kraft und Weisheit des Vaters, der Jesus sendet, erhält dieser die Vollmacht, seine Gestalt zu ändern und durch die Himmel an den Engeln vorbei hinabzusteigen, die ihn jeweils für einen ihrer Engelklasse halten. Jesus fasst diesen Vorgang in einer kurzen Aussage zusammen: „Ich bin geworden Engel unter Engeln. Ich bin geworden alles in jedem einzelnen.“13 Der Erzengel Gabriel wird zu einer sichtbaren Erscheinung des Logos-Christus, natürlich ohne Wesenseinheit, seine Gestalt wird ihm nur wie ein Stempel aufgedrückt.14 Vergleichbare Beschreibungen finden sich auch in anderen Schriften des 2. und 3. Jhs., z. B. in der „Himmelfahrt des Jesaja“, in Justins dialogus cum Tryphone, aber auch in der Pistis Sophia.15 Die Epistula Apostolorum enthält allerdings besonders
11 Müller, AcA, 1064 f. 12 Der Himmelsabstieg und die Empfängnis werden in einer äthiopischen und koptischen Variante erzählt. Im koptischen Text erstreckt sich dieser Erzählabschnitt über drei Papyrusseiten (p. 13–15), wofür immer noch die Textausgabe von Schmidt maßgeblich ist. In AcA, wo die Übersetzung des äthiopischen und koptischen Text synoptisch dargestellt ist, hat diese Passage die Nummerierung 13(24)–14(25) (AcA, 1070 f.). Die Übersetzung der äthiopischen Version wird im Folgenden stets nach AcA zitiert. 13 Koptisch (p. 15,3–5): aIHwpe Naggelos HN Naggelos : aiRpthrF HN ouan nim : 14 Vgl. Schmidt, Gespräche Jesu, 288. 15 In der „Himmelfahrt des Jesaja“ steigt Jesus durch die Himmel herab und nimmt jeweils die Gestalt der dort waltenden Engel an (10,8–27; NTApo5, Bd. 2, 559). Justin beschreibt Jesus Christus als große Kraft, die vom Heiligen Geist unter anderem auch Engel genannt wird (dial. 6,1). In der Pistis Sophia (p. 12,3–6, recto) erklärt der Auferstandene seinen Jüngern: „Ich hatte die Erscheinung von dem Engel Gabriel der Äonen und die Herrscher der Äonen erkannten mich nicht, sondern dachten, dass ich der Engel Gabriel bin.“
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entfaltete Bilder und Ausführungen, die erklären, warum Jesus in den ActPt relativ selbstverständlich als Lithargoel, dann als Arzt erscheint und schließlich diese Gestalten wie ein Gewand ablegt und sich als Jesus Christus offenbart. Der Name „Lithargoel“ deutet auf ein himmlisches Wesen hin und in der späteren Tradition erscheint er als Engel.16 Auch ein Himmelsabstieg ist gedanklich vorausgesetzt, denn als seine Heimat gibt Lithargoel eine Stadt an, die die Vorstellung von Himmelsphären impliziert: „In neun Pforten lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass die zehnte das Haupt ist“ (ActPt p. 6,23–26). Der johanneische Sendungsgedanke, wie er z. B. in Joh 3,13.18 und 6,62 anklingt und in Joh 20,12 deutlicher entfaltet wird, könnte hinter solchen Erzählungen stehen. Zumindest beziehen sich beide Schriften, die Epistula Apostolorum häufig, die ActPt einmal auf die Sendung Jesu durch den Vater.17 Beim Lesen der Epistula Apostolorum fällt sofort ein Unterschied zu den ActPt ins Auge. Die Epistula bezieht sich, im Gegensatz zu den ActPt, intensiv auf die Bibel und andere frühchristliche Traditionen. Natürlich untermauert sie ihre Autorität besonders stark durch Zitate und Verweise, weil sie gegen andere Lehrmeinungen argumentiert. Diese Intention haben die ActPt nicht. Das allerdings kaum Zitate vorhanden sind, ist sehr auffällig. Vor dem Hintergrund der Epistula Apostolorum lässt sich erklären, warum Lithargoel unter anderem Merkmale eines Engels hat und auf seine Heimatstadt verweist, deren Name nahelegt, dass sie im Himmel zu lokalisieren ist. Die Vorstellung von Christi Himmelsabstieg war in den ersten Jahrhunderten ein eher bekanntes Motiv (vgl. Anm. 65). Davon abgesehen teilen die beiden Schriften keine auffälligen Gemeinsamkeiten, die darauf hinweisen würden, dass gemeinsame Traditionen verwendet wurden oder sie sich gar aufeinander beziehen.
2.4 Die Thomasakten Die Thomasakten entstanden vermutlich im Laufe des 3. Jh. im syrischen Raum.18 Wie die ActPt können sie auf eine symbolisch-typologische Weise gelesen und gedeutet werden und spielen sehr subtil auf bestimmte Motive an. So bezieht sich die erste Tat der Thomasakten auf die Passion Jesu und seine Auslieferung durch Judas Iskariot und parallelisiert Thomas und Jesus:19 Judas Thomas will sich nicht nach Indien senden lassen. Da verkauft Jesus den Zimmermann(!) Thomas für drei Pfund Silber heimlich an den Kaufmann Abban (vgl. Mt 26,15 par). Dieser fragt Thomas, ob Jesus 16 Im „Buch von der Einsetzung des Erzengels Gabriel“: „Der fünfte Engel antwortete: ‚Ich bin Litharkuel (lIqarkouhl), in dessen Hand der Arzneikasten ist, gefüllt mit Lebensmedizin – ich heile jede Seele.‘“ (p. 71,2 ff.). 17 Z. B. im koptischen Text von EpAp p. 20,12, außerdem explizit in ActPt p. 6,18 f. 18 Klauck, Apokryphe Apostelakten, 157 f. 19 Drijvers, NTApo5, Bd. 2, 292 f.; vgl. auch Klauck, Apokryphe Apostelakten, 160.
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III Kommentar
auch sein Meister sei. Thomas antwortet: „Ja, er ist mein Herr.“ Abban berichtet ihm nun, er habe Thomas von Jesus gekauft und Thomas schweigt dazu (vgl. Mt 26,63 par). Jesus aber händigt Thomas seinen Kaufpreis aus – im Gegensatz zu Judas Iskariot. Später, auf der Hochzeit eines indischen Königs, fastet Thomas, um den Willen des himmlischen Königs zu erfüllen, legt einen Kranz auf sein Haupt und nimmt einen Rohrstab in die Hand (Mt 27,29 par). Einen solchen Erzählstil, der mit Symbolik und Typologie arbeitet, finden wir auch in den ActPt. Viele Partien sind so erzählt, dass sie wörtlich zwar zu verstehen sind, ihren eigentlichen Sinn aber erst auf übertragener Ebene entfalten. So verhält es sich mit den beiden Städten „Wohne“ und „Neun Pforten“ sowie dem Weg dorthin, so wird Lithargoel durch geschickte Anspielungen mit dem Gekreuzigten und Auferstandenen parallelisiert (p. 2,10–24) und die Perle steht für Bewährung und Vervollkommnung. Auch der Befehl Jesu zur Armenfürsorge (p. 10,9 f.) kann als Illustration des Lehrbefehls verstanden werden und der zur Heilung (p. 10,33–11,1) als Aufforderung zu rechter Askese bzw. Christusnachfolge.
2.4.1 Christus und Thomas als Ärzte und die Heilung der Seele Inhaltlich fällt auf, wie häufig in den Thomasakten das Arzt-Motiv verarbeitet ist. Vor allem in Akklamationen wird Jesus Christus als Arzt der Körper und Seelen bezeichnet, wobei der Schwerpunkt wie in den ActPt letztlich auf der Heilung der Seele liegt. Auch Thomas wird als Seelenarzt bezeichnet (ActThom 95,10), dies erinnert an die Forderung Jesu in den ActPt, die Jünger sollen – seinem Beispiel nachfolgend – Ärzte der Körper und Seelen sein (ActPt p. 11,19–24). In den Thomasakten werden die Sakramente häufig als Heilung beschrieben. Bei der Taufe der Mygdonia betet Thomas über dem Öl darum, dass sie durch die Ölsalbung geheilt werde.20 Mygdonia ist gesund, die Bitte um Heilung muss sich auf die Heilung ihrer Seele und den Erwerb der Unsterblichkeit beziehen. Später bezeichnet Mygdonia die Predigt des Thomas als Arznei des Lebens, ohne welche die Seele hässlich und in Sklaverei lebt (135,20 ff.). Auch die Ölsalbung des König Gundafors und seines Freundes Gad wird als Reinigung von Herz und Nieren mit medizinischen Kategorien beschrieben (27,15 f.). Als Thomas sich von Menschen verabschiedet, der er zum christlichen Glauben bekehrt hat, betet er, dass die Salbung mit dem heiligen Öl ihre Wunden heile und sie vor den raubenden Wölfen bewahre (67,8–10). Die Eucharistie reicht Thomas zur „Rettung und Freude und Gesundheit der Seelen“ (158,19 f.). In den Thomasakten gilt ausschweifendes Verhalten – Promiskuität, Habsucht und Völlerei – als Ursache der Erkrankungen der Seele, die wiederum die Körper schwächen und körperliche Gebrechen hervorrufen (28,6–16). Dies kritisieren auch die ActPt, hier werden die Reichen und
20 ActThom 121,8–10: ἱδρυνθήτω ἐπὶ τὴν δούλην σου Μυγδονίαν· καὶ ἴασαι αὐτὴν διὰ τῆς ἐλευθερίας ταύτης.
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die Tischgelage in ihren Häusern verurteilt (p. 12,1 ff.). Auffällig ist, dass die ActPt sich nicht mit Sexualität und Ehe auseinandersetzen, ein sonst zentrales Thema in allen fünf großen Apostelakten. In den Thomasakten gilt die Ehe, wenn sie eine sexuelle Komponente hat, als schwer heilbare, schwer zu behandelnde und in Ewigkeit bleibende Krankheit (15,4–8). Im Gegensatz zu den ActPt ist der Kausalzusammenhang zwischen der Sünde und der Erkrankung von Seele und Körper, was wiederum durch Verkündigung, Glauben und Sakramente geheilt werden kann, in den ActThom explizit entfaltet. In den ActPt scheint außerdem die Heilung von Körper und Seele separat gedacht zu sein. Die Vorstellung, dass die durch Sünde erkrankte Seele Ursache eines körperlichen Leidens ist, findet sich hier nicht.
2.4.2 Die Perle als anthropologisch-soteriologisches Symbol Das Symbol der Perle nimmt in den Thomasakten eine zentrale Stellung ein und wird in der neunten Tat in dem Hymnus über die Perle besungen (108–113). Das Lied beschreibt, wie die präexistente Seele ihre Heimat beim Vater verlassen muss, in die Welt geht und, nachdem sie dort vom Drachen die Perle erhascht hat, dorthin zurückkehrt.21 In diesem poetischen Kontext kann die Perle als Symbol für die Hinwendung zu Gott und die Wiederherstellung der Gottebenbildlichkeit gelesen werden. Um sie wiederzuerlangen muss der Mensch, beschrieben mit der Metapher des Königssohnes, einen gefährlichen Weg in die Fremde gehen und einem ebenso gefährlichen Tier trotzen. Die Perle in den ActPt bewegt sich in einem ähnlichen Bedeutungsspektrum, allerdings mit christologischer Zuspitzung. Durch die Askese und Christusnachfolge bewährt sich der Mensch und gelangt in die Stadt Christi, die Perle selbst erhält er aber von Christus (p. 10,11–13).
2.4.3 Die Askese und der vielgestaltige Christus Wie die ActPt idealisieren die Thomasakten Armut, Fasten und Besitzverzicht und illustrieren ihre asketische Überzeugung am Beispiel des Apostels. Die Armenfürsorge wird besonders gewürdigt. In der zweiten Tat verteilt Thomas all das Geld, das ihm König Gundafor zum Bau eines Palastes anvertraut hat, unter den Armen, Witwen und Waisen. Mehrfach wird betont, Thomas trage Sommer wie Winter nur ein Kleid, hätte keinen Besitz und lebe in andauerndem Fasten.22
21 Vgl. den Kommentar von Klijn, Acts of Thomas, 195. 22 ActThom 20,4–6.12–15; 66,21; 94 (die Seligpreisungen des Apostels); 136,11–15; 139,18 f.; 144–145 (die Selbstbeschreibungen des Apostels Thomas im Gebet, eingeleitet durch das Vaterunser).
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III Kommentar
Das beliebte Motiv des vielgestaltigen Christus wird in den Thomasakten ausführlicher als in anderen Schriften verarbeitet. Christus zeigt sich nicht nur seinen Jüngern in wechselnder Gestalt, sondern beeinflusst auch in verschiedener Gestalt die Handlung, z. B. verkauft er Thomas an Abban (2) oder predigt einer Königstocher und ihrem Verlobten in der Gestalt des Thomas (11–13). Dieses Agieren in unterschiedlicher Gestalt erinnert natürlich an sein Auftreten als Lithargoel und als Arzt in den ActPt. Auch das Attribut „menschenfreundlich“ für Gott oder Christus (123; 170) und die Vorstellungen vom schönen Christus (80; 149; 160) und dem Christus als Wegweiser (10; 167) finden wir ebenfalls in den ActPt.
2.4.4 Schlussfolgerungen Die Thomasakten und die ActPt teilen bestimmte Motive, haben eine Vorliebe für einen symbolischen Erzählstil und vertreten eine strenge Askese. Die Thomasakten erzählen allerdings viel romanhafter und stellen Thomas und seine Wundertaten, seine Askese und Verkündigung heldenhaft dar. Von einer heldenhaften Verklärung der Jünger sind die ActPt weit entfernt. Auch haben sie kein Interesse daran, Thomas hervorzuheben, sondern Petrus und – am Rande – Johannes. Die Thomasakten könnten dem Verfasser der ActPt zwar bekannt gewesen zu sein, er knüpfte allerdings konzeptionell oder inhaltlich nicht bewusst an sie an. Wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Schriften sind: (1) Der kausale Zusammenhang von Krankheit und Heilung in den ActThom, der in den ActPt nicht zu finden ist (2) die Symbolik der Perle, die nur in den ActPt eng mit Christus verbunden ist, (3) das alleinige Interesse an Petrus in den ActPt und (4) die fehlenden Aufforderungen zur Sexualaskese in den ActPt.
2.5 Aphrahat und seine bilderreiche Sprache Durch die praktische Ausrichtung der demonstrationes des Aphrahat liegt einer ihrer Schwerpunkte auf dem Tun guter Werke und religiöser Praktiken wie Fasten und Beten. Der Glaube ist für den Syrer ein Festmachen und Standhalten auf dem Boden Gottes bzw. dem „Felsen Christus“. Glauben und Beständigkeit gehören für ihn untrennbar zusammen.23
23 Bruns, Aphrahat, Bd. 1, 56.
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2.5.1 Das Bauwerk des Glaubens als Wohnstätte Christi Das Bild vom Standhalten auf dem Boden Gottes, dem Fundament des Glaubens, denkt Aphrahat mit dem Motiv des Einwohnens Gottes im Menschen zusammen: „So ist unseres ganzen Glaubens Fundament jener feste Fels, der unser Herr Jesus Christus ist. (…) Sobald sich jemand dem Glauben naht wird er auf den Fels gestellt. Und sein Bauwerk wird von den Wogen nicht erschüttert noch von den Winden beschädigt, noch bricht es durch die Stürme zusammen. (…) Sobald das Bauwerk vollendet ist [Aphrahat stellt uns nun den glaubenden Menschen als Gebäude vor] ist es Haus und Tempel für die Einwohnung Christi“ (dem. 1,2 f.). Das Symbol des festen Bauwerkes steht sowohl für die Kirche als auch für den einzelnen Glaubenden.24 Es zeigen sich enge Bezüge zu den ActPt, die ebenfalls wohl die Gemeinde als fest gegründete Stadt „Wohne“ beschreiben und jedem beharrlich Glaubenden eine bewohnte Stadt zuordnen, die den Wogen und Bedrängnissen standhält und schließlich zum Himmelreich gerechnet wird (ActPt p. 7,1–19). Aphrahats Vorstellung vom Christen, der in der Welt in der Fremde lebt und sich danach sehnt, in die Stadt zur Stätte der Gerechten zu gehen (dem. 22,9), fügt sich in den Kontext der ActPt, wo die Armen in die Stadt Christi, „Neun Pforten“, eingeladen werden. Die Einwohnung Gottes im Gläubigen ist für Aphrahat ein zentrales Motiv.
2.5.2 Bildreiche Christologie, Askese und medizinische Metaphorik Die Namenschristologie bei Aphrahat ist eng mit seiner symbolischen Sprache verbunden. Er knüpft Namen und Metaphern zu einer Christologie zusammen, das Symbol der Perle nimmt dabei eine zentrale Stellung ein.25 Ebenso wie die ActPt ist die Inkarnationsvorstellung in den demonstrationes vom Bekleidungsschema geprägt (dem. 23,11). Auch von den rigorosen asketischen Forderungen der ActPt lassen sich Linien zu Aphrahat ziehen. Er fordert den Christen dazu auf, den in der Taufe empfangenen Geist in Reinheit und asketischer Heiligkeit zu bewahren. Die Weltsicht Aphrahats ist negativ konnotiert, er sieht sich als Geisel, die für einen besseren Äon und himmlischen König bestimmt ist (dem. 22,9, vgl. ActPt p. 6,28–7,19). Er empfiehlt Weltentsagung, vor allem Fasten, das generelle Genügsamkeit und sexuelle Enthaltsamkeit einschließt (z. B. dem. 3,16). Diesen Grundton finden wir zweifelsohne auch in den ActPt. Mit Blick auf unsere Erzählung ist Aphrahats Sicht auf die Sakramente besonders erhellend. Taufe und Askese sind bei ihm eng verknüpft, auch wenn Askese 24 Das Motiv des Bauwerks findet sich in ähnlicher Verwendung auch in neutestamentlichen Schriften, vgl. 1Kor 3,1–11; Eph 2,19–22; Hebr 3,6; Offb 21,14. 25 Dem. 14,39: „Denn er (Christus) ist die gute Perle, und wir sind die Kaufleute, die wir unseren ganzen Besitz verkauft und sie gekauft haben. (…) Er ist das Tor zum Reich, das offensteht allen, die eintreten wollen.“ Ähnlich dem. 17,2.11.
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III Kommentar
nicht Voraussetzung für die Taufe oder zwingende Folge von ihr ist.26 Mit der Taufe ist eine Salbung verbunden (dem. 23,3), durch die die Schwachen gesalbt und zu der die Büßer herangeführt werden. Bei dem Schwachen handelt es sich wohl um ein Bild für den sündigen Menschen, denn medizinische Bilder sind bei Aphrahat im Zusammenhang mit der Buße sehr beliebt (dem. 7,2–8): Er ruft die im Kampf mit der Welt Verwundeten auf, sich das kostenlose Heilmittel zu nehmen, und ermahnt die Ärzte, es zu geben (dem. 7,8). Die Heranführung der Büßer ist möglicherweise ein frühes Zeugnis für den syrischen Brauch, den Büßer nach Bußzeit durch Salbung wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufzunehmen.27 Die Bußvollmacht war wohl an das kirchliche Amt geknüpft (dem. 14,25), stand aber auch in der Verfügung eines therapeutischen Seelenführers. In dem. 7,4 werden Seelenführer und Beichtväter als „Schüler des Arztes Christus“ bezeichnet. Notwendige Voraussetzung ist das Vertrauen in die Kunst des Seelenarztes. Fehlt es, kann es im Extremfall zu einem geistigen Krebsleiden und dem Tod des Sünders kommen (dem. 7,5). Das deckt sich mit der Forderung der ActPt, zuerst sollen die Körper geheilt werden, damit die Menschen glauben, dass auch ihre Seelen geheilt werden können (ActPt p. 11,19–26). Auch gebrauchen die ActPt medizinische Termini. Der Arzt Christus bildet einen Schüler aus (ActPt p. 8,17 f.), die Jünger werden als als Ärzte der Seelen bezeichnet und Jesus übergibt ihnen Medikamente, um die Kranken in der Stadt „Wohne“ zu heilen. Diese Medikamente sind keine Arznei dieser Welt und stehen für etwas anderes, so wie sie bei Aphrahat die Buße versinnbildlichen. Ein entscheidender Unterschied zu Aphrahat ist die Aufforderung, dass auch körperliche Heilungen erfolgen sollen (ActPt p. 11,19 f.).
2.5.3 Schlussfolgerungen Wie oben dargestellt teilen die ActPt und Aphrahats demonstationes gemeinsame Vorstellungen und Motive und stehen sich auch hinsichtlich der symbolischen und bildreichen Sprache nahe. Vielleicht sind die ActPt in einem ähnlichen Umfeld entstanden, also in Syrien oder im Persischen Reich. Möglichweise war der Verfasser der ActPt auch nur religiös und kulturell von entsprechenden Traditionen geprägt, schrieb die ActPt selbst aber in Ägypten, weil er sich dort aufhielt, z. B. in einem monastischen Umfeld oder sogar in einem Kloster. Im Wadi al-Natrun ist für das 4. Jh. die Präsenz syrischer Mönche belegt.28
26 Dem. 6,1; 7,19–22. 27 Bruns, Aphrahat, Bd. 1, 64. 28 Brune, Multiethnic Character, 15.
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2.6 Der Liber Graduum Der Liber Graduum, das „Buch der Stufen“, ist spirituelle Anleitung wie erbauliche Gemeinderegel und eröffnet dem Leser einen faszinierenden Blick auf die vormonastische Askese im syrischen Orient. Es wird in die zweite Hälfte des 4. Jhs. datiert und mit den Christenverfolgungen unter dem persischen König Schapur II. ab 339 in Verbindung gebracht.29 Als terminus post quem gilt das Jahr 400, da im Prolog die drei Kappadokier Basilius von Cäsarea, Gregor von Nyssa und Gregor von Nazianz sowie Evagrios Pontikos erwähnt werden. Der Liber Graduum besteht aus 30 einzelnen Homilien, genannt Memre (M), die zuerst Grundgebote zur Stärkung des Glaubens und zur Vervollkommnung erörtern (M 1–9), dann die fortschreitende Vollkommenheit in Augenschein nehmen (M 10–24) und schließlich die letzte Periode der Erlösung der Gerechten behandeln (M 25–30).30
2.6.1 Vervollkommnung des Menschen auf dem spirituellen Weg in die Stadt Christi Ein zentrales Moment in der älteren syrischen Frömmigkeit mit ihrer ausgeprägten asketischen Grundrichtung ist der andauernde Kampf mit dem Bösen, dem Satan, dem „nur der Asket erfolgreich widerstehen kann“.31 Das Ziel der Vollkommenheit des Menschen ist erreicht, wenn er im Kampf mit dem Satan bestanden hat und geistlich im himmlischen Jerusalem weilt (M 6,2).32 Dann ist er bis zum „Maß der geistlichen Wächterengel“ gelangt. Die Formulierung meint wohl: Der Mensch hat die höchste Vollkommenheit der Engel erreicht. Im Liber Graduum laufen die Argumentationen immer auf den einen Grundgedanken hinaus: Die Vollkommenen – die nicht arbeiten, keine diakonischen Tätigkeiten verrichten, nichts besitzen, täglich fasten, nur beten und predigen – müssen werden „wie die Engel im Himmel“, „die nicht begehren“.33 Der Liber Graduum vertritt strengste Askese, fordert zur absoluten Weltentsagung auf, lehnt irdische Güter ab, auch die Ehe, alle politischen Systeme und Ämter. Andererseits würdigt er die Rolle der „Gerechten“, die einen spirituell niedrigeren Status haben und arbeiten, um die Armen zu speisen und die Vollkommenen zu stützen. Das Hauptthema des Werkes lässt sich kurz zusammenfassen: Es ist die Rückkehr des Menschen in das geistliche Paradies und die Wiederherstellung der göttlichen Glorie, die Adam schuldhaft verloren hat.
29 Kitchen/Parmentier, Liber Graduum, Bd. 1, vii. 30 Die Gliederung folgt Kitchen, Becoming Perfect, 31. Die Memre im Liber Graduum sind assoziativ und bildreich geschrieben und verbinden die Themenkomplexe immer wieder miteinander. Die vorgestellte Gliederung ist nur eine grobe Orientierung. 31 Fuchs, Auflehnung und Fall, 15. 32 Fuchs, Auflehnung und Fall, 143. 33 Fuchs, Auflehnung und Fall, 144.
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Die Themen und Bilder des Liber Graduum sind eng mit den Gedanken Aphrahats verwandt. Für den Liber Graduum ist die Gegenüberstellung von sichtbarer und unsichtbarer Kirche bedeutsam, ebenso die Stadt Christi im Himmel, zu der die Vollkommenen pilgern und bereits zu Lebzeiten (vorläufigen) Zugang erlangen können. Dies ähnelt der Aufforderung der ActPt von der Stadt „Wohne“ (in der Christen leben und die wohl die Gemeinde repräsentiert) zu Christi Stadt zu wandern, in der Christi Gegenwart und die Perle versprochen werden. Auch die Heilung der Seele zur Vervollkommnung des Menschen wird im Liber Graduum ausführlich behandelt.
2.6.2 Ekklesiologie und Spiritualität Im Liber Graduum gibt es zwei Äonen, den einen unsichtbaren, himmlischen und vollkommenen bzw. den anderen sichtbaren, irdischen und unvollkommenen, die nicht dualistisch, sondern typologisch zueinander stehen, d. h. die erschaffenen Dinge sind Abbilder der himmlischen. Diese Anschauung lässt sich am Verhältnis von unsichtbarer und sichtbarer Kirche verdeutlichen: Die unsichtbare Kirche ist in der sichtbaren präsent, indem beide Arten von Kirche ineinander verwoben sind und einander bedingen (M 12). Einerseits ist die Kirche durch das typologische Verhältnis von Urbild und Abbild vertikal strukturiert, andererseits ist sie eschatologisch orientiert, indem der Vollkommene die himmlische Kirche erstrebt und im geistlichen Dienst präfiguriert, doch gelangt diese erst im neuen Äon zur Vollendung. Wie bereits Kmosko weist auch Fuchs darauf hin, dass es sich bei dieser Spekulation nicht um platonischen Einfluss handelt, sondern um die Weiterentwicklung eines gut bezeugten altorientalischen Schemas, dessen Spuren sich z. B. im Alten Testament finden (Ex 25,9.40; 26,30; 27,8; Num 8,4; Ijob 38,33).34 In die himmlische Kirche können die Vollkommenen schon zu Lebzeiten gelangen und dort Jesus begegnen (M 12,4). Ausgangspunkt ist die sichtbare Kirche, von der aus die „Kirche des Herzens“ erreicht wird und schließlich die unsichtbare Kirche in der Stadt Jesu. Der Weg dorthin wird durch Dämonen und böse Mächte behindert und erfordert asketische Kämpfe (M 12,7; 19; 20,5). Fast genauso verhält es sich in den ActPt: Zuerst reisen die Apostel in die Stadt „Wohne“ (die Kirche), von dort kann man in Jesu Stadt gelangen. Eine „Zwischenstation“ bildet vielleicht der weise Greis, mit dem Petrus ein erbauliches Gespräch führt (ActPt p. 6,33–7,19). Die „Armen“ können im Liber Graduum den Weg nur antreten, wenn ihr „Hunger gestillt“ wurde, die „Kranken“ müssen zuvor „geheilt“ werden (M 19,38). Ebenso in den ActPt: Jesus fordert die Jünger auf, nicht nur die Kranken zu heilen, sondern auch für die Armen der Stadt „Wohne“ Sorge zu tragen und scheint damit auf deren spirituelle Bedürfnisse abzuzielen (ActPt p. 10,9–30).
34 Fuchs, Auflehnung und Fall, 27 f.
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Typisch für den Liber Graduum ist die bildhafte Sprache, die in Teilen erstaunlich nah bei den Bildern der ActPt liegt. Menschen mit spirituellen Bedürfnissen werden als Arme, Hungernde oder Nackte beschrieben, die Vollkommenen – Asketen, die nichts besitzen! – sollen ihnen ihren Bedarf geben, sie speisen und kleiden (M 3,9–10). Der Weg zwischen den Kirchen ist gefährlich und wird nur vom standhaften Asketen bewältigt.
2.6.3 Körperliche und seelische Heilung Die gesamte siebte Memra steht unter dem Thema der Heilung. Die zur Sünde führende Versuchung durch den Satan wird als Krankheit dargestellt, die zum Tode führt. Gott als Arzt versteht diese Krankheit zu heilen. Vor den magischen, mit Dämonen verbundenen Praktiken wird gewarnt. Wegen der Krankheit des Körpers darf nicht die Krankheit der Seele in Kauf genommen werden, d. h. die Hilfe der Dämonen zur (scheinbaren) Heilung genutzt werden. Allen Schmerz soll der Herr heilen und so darf auch ein menschlicher Arzt nur im Namen Jesu heilen (M 7,14). Wie in den ActPt werden die Krankheit der Seele und die des Körpers auf der Bildebene miteinander verbunden. Der Autor fordert dazu auf, nach dem Vorbild des Herrn diejenigen, „die vom Krebsgeschwür der Sünde befallen sind, zu heilen wie ein guter Arzt“ (M 17,7). Nach der körperlichen Heilung ist der Mensch nicht gesund, wenn durch die gestörte Gottesbeziehung die Sünde weiter im Menschen wohnt. Der Mensch braucht nun spirituelle Leitung. Wahre Heilung führt den Menschen in den ursprünglichen Zustand der Vollkommenheit zurück: er wird vollkommen, wie er es vor dem Fall war (M 6,2). Heilung der Wunden ist daher gleichbedeutend mit der Rückkehr in das himmlische Paradies, aus dem Adam hinausging (M 25,5). Wegbereiter zum Himmel ist Christus.35 Diese Darlegungen erinnern stark an die Aufforderung Jesu in den ActPt, zuerst die Krankheiten des Körpers zu heilen und dann die des Herzens (ActPt p. 11,19–26). Auch in den ActPt werden weltliche Ärzte abgelehnt. In den ActPt übergibt Jesus den Jüngern Medizin. Im Liber Graduum werden medizinische Techniken beschrieben, die von Gott gegeben wurden (M 7,18) und die die Aufrechten anwenden dürfen.
2.6.4 Schlussfolgerungen Der Liber Graduum und die ActPt enthalten sehr verwandte Vorstellungen, vor allem hinsichtlich der Ekklesiologie, der Vervollkommnung des Menschen und des Themenkomplexes Krankheit und Heilung. Die Verfasser beider Schriften scheinen einen ähnlichen religiösen und kulturellen Hintergrund zu haben. Insgesamt sind die entspre-
35 Fuchs, Auflehnung und Fall, 38–40.
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chenden Punkte im Liber Graduum viel ausführlicher entfaltet und klarer beschrieben. Der Liber Graduum ist vermutlich jünger als die ActPt.
2.7 Die kostbare Perle des Lebens in den Schriften des Pseudo-Makarios Die Perle, die in den ActPt ein zentrales Symbol ist, wird auch in den Schriften, die unter dem Namen des Makarios36 überliefert sind, sehr häufig in metaphorischer und allegorischer Funktion gebraucht, um Christus, die Erlösung, die Vervollkommnung oder das Himmelreich zu illustrieren. Besonders eindrucksvoll ist der 10. Logos des Makarios „Über die geistliche Perle“.37 Ausgangspunkt dieser Rede ist das Gleichnis Jesu vom Kaufmann, der schöne Perlen sucht (Mt 13,45 f.). Bei Matthäus ist das Gleichnis sehr knapp und der Vergleichspunkt bleibt offen. Makarios erweitert das Gleichnis: „Das Himmelreich ist gleich einem Kaufmann, der schöne Perlen suchte. Und als er eine einzelne kostbare Perle fand, ging er hin, verkaufte alles, was er hatte, und kaufte jene Perle, damit er dem Kaiser sehr gefalle, wenn er sie ihm bringt, und er von jenem einer Belohnung gewürdigt werde, denn die Tyrannenkrone ist ja aus Edelsteinen gearbeitet“ (B 10,1). Im Folgenden legt Makarios das Gleichnis aus und deutet es teils allegorisch, teils typologisch. Der Perle schreibt er folgende allegorisch-metaphorische Bedeutungen zu:38 (1) Sie ist „der Geist Christi“ (τὸ τοῦ Χριστοῦ πνεῦμa), d. h. die große und schöne Erwerbung (τὴν μεγάλη καὶ καλὴν ἑπορίαν), damit die Seele in die herrliche Krone des himmlischen Kaisers Christus eingepasst werden kann (B 10,1,2,1). (2) Sie ist „der Heilige Geist“ (τὸ ἅγιον πνεῦμα), ohne den eine Seele dem Kaiser Christus nicht gefallen und zur Krone gehören kann (B 10,1,2,2). (3) „Die himmlische Perle“ ist „das Himmelreich“ (βασιλεία τῶν οὐρανῶν), das die Seelen nur dadurch erwerben werden, dass sie dem Herrn Christus nachfolgen und seine Jünger sind (B 10,1,5,1). (4) Durch seinen Tod ist der Herr Christus „die Perle des Lebens“ (τῆς ζοῆς μαργαρίτης) für die glaubende Seele geworden (B 10,1,6,1; vgl. 10,1,9,3). (5) Im Christus-Bild wird das Bild von der kostbaren Perle noch reicher: Christus ist nicht nur eine kostbare Perle sondern sogar „die Krone der Herrlichkeit“ (στέφανος τῆς δόξης)
36 Unter dem Namen Pseudo-Makarios bzw. dem künstlichen Doppelnamen Makarios/Symeon sind Schriften überliefert, die in den Handschriften (fälschlich) fast durchgängig Makarios dem Ägypter zugeschrieben sind, eine große Gestalt der ägyptischen Askese, gestorben im Jahre 390. Wer der Autor ist oder wer die Autoren dieser Texte sind, ist bis heute unbekannt. Diese unter dem Namen PseudoMakarios geführten Schriften werden im syrischen Raum oder auch im Perserreich verortet und größtenteils in das spätere 4. Jh. datiert. S. Fitschen, Pseudo-Makarios, 1–4 uns 7–9. 37 Fitschen, Pseudo-Makarios, 162 Anm. 192, vermutet, der Titel ist sekundär. 38 Vgl. dazu Nissilä, Perle, 22, der die rhetorische Struktur des 10. Logos untersucht und mit Mt 13,45 vergleicht.
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und „eine herrliche Krone der Kirche der Heiligen“ (στέφανος ἔνδοξος τῆς ἐκκλησίας τῶν ἁγίων), mit wertvollen Steinen verbunden (B 10,1,6). Ähnliche Bedeutungsebenen hat die Perle in den ActPt. Sie steht für Christus, mit dem sie über die Deutung des Namens „Lithargoel“ (p. 5,18: „der leichte Stein, der glänzt“) verbunden werden kann. Sie steht für die Vollkommenheit des Menschen, die er durch die Christusnachfolge erlangt, die durch strenge Askese und das Ertragen von Prüfungen gekennzeichnet ist (p. 4,10–15; 4,29–5,1; 5,19–6,8; 10,11–13). Zugleich ist sie, da sie nur in Christi Stadt „Neun Pforten“ erhältlich ist, mit dem Himmelreich verbunden (p. 4,10–15; 4,29–5,1). Durch die Verheißung, dass derjenige ins Himmelreich aufgenommen wird, der durch Christi Geist bewohnt ist („dessen Stadt bewohnt ist“, p. 7,8–13), wird die gedankliche Verbindung von Perle und Himmelreich in den ActPt verstärkt. Insgesamt ist das Bedeutungsfeld der Perle im 10. Logos von Makarios breiter und sprachlich präziser benannt. Denn er identifiziert sie explizit mit dem Geist Christi (B 10,1,2) und dem Himmelreich (B 10,1,5), er benennt Jesu Leiden als Preis für die Perle (B 10,1,4) und er nennt Christus „Perle des Lebens“, die bereits zu Lebzeiten erworben werden kann (B 10,1,6 f.). In den ActPt wird keine explizite Deutung vollzogen, es werden nur Deutungshinweise gegeben. Auch vom „Geist Christi“ ist nicht die Rede. Hinter den ActPt und dem 10. Logos des Makarios scheinen gemeinsame Traditionen zu stehen. Insgesamt finden sich in den Schriften, die unter dem Namen PseudoMakarios überliefert sind, einige Motive und Vorstellungen, die auch in den ActPt zentral sind. Dazu zählt die Vorstellung von der Einwohnung Christi, verbunden mit der Aufforderung, der Mensch solle zum Haus Gottes werden.39 Auch der mehrdeutige Kirchenbegriff ähnelt den ActPt, die bildlich von einer irdischen und einer himmlischen Kirche sprechen.40
2.8 Lukians unglaubliches Spiel mit dem Leser Was die ActPt erzählen, „scheint halb Wirklichkeit zu sein und halb Traum, halb Geschichte und halb Märchen, halb Apostellegende und halb Visionsschilderung bzw. Allegorie“.41 Der erste Teil der Erzählung wird von einem märchenhaften Stil getragen. Der Leser wird implizit und explizit aufgefordert, zwischen den Zeilen zu lesen, den tieferen Sinn zu suchen. Die Reiseerzählungen wirken unrealistisch und fallen aus
39 B 4,16; B 5,3,3. Vgl. die Ausführungen dazu bei Fitschen, Pseudo-Makarios, 25. 40 Fitschen, Pseudo-Makarios, 29–31, arbeitet die verschiedenen Bedeutungsebenen des Kirchenbegriffs in den Schriften des Pseudo-Makarios heraus: (1) Die Kirche steht darin für die Gemeinschaft der Gläubigen und das Gefüge der Seele (vgl. B 36,4,1). (2) Der Mensch Gottes wird zur Kirche Christi (B 52,1,1). (3) Es gibt eine himmlische Kirche der Heiligen, in der die Menschen Gottes bereits zu Lebzeiten weilen (B 9,1,4 f.). 41 Schenke, NHD, Bd. 2, 445.
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dem topografischen Rahmen. Eine wundersam vom Herrn gelenkte Schiffsreise bringt die Apostel zu einer kleinen Insel mitten im Meer, die sie aber auf einer mehrtägigen Reise durchs Ödland verlassen, um zu Jesu Stadt „Neun Pforten“ zu reisen. Solche mythologischen Reiseschilderungen finden sich auch in Lukians verae historiae. Der literarisch extrem produktive und viel rezipierte Syrer verfasste sie im 2. Jh. n. Chr. Der Beginn der Reiseerzählung ist inhaltlich fast identisch mit der Seereise in den ActPt (p. 1,9–29). Nachdem sich Lukian im Vorwort spöttisch von Reiseberichten seiner Zeit abgrenzt, erzählt er, wie er mit Kameraden gleicher Gesinnung in See sticht. Wie in den ActPt segeln sie einen Tag und eine Nacht bei sanftem Wind, danach treibt ein kräftiger Sturm das Schiff zu einer Insel mitten im Meer. Einige bleiben beim Schiff zurück, mit den anderen Gefährten geht Lukian die Insel auskundschaften (ver. hist. 1,5 f.). Bis zu diesem Punkt wird die Handlung realistisch dargestellt, das Folgende wird sagenhaft unglaubwürdig und sehr unterhaltsam erzählt. So unternehmen Lukian und seine Gefährten kurz darauf eine Luftreise zu einer anderen Insel, was an die Vision des Petrus erinnert, der die Stadt „Wohne“ von oben sieht (ActPt p. 6,28– 32). Wie in den ActPt sind die Reiseberichte von einer kollektiven Erzählstimme in der 1. Person Plural erzählt, agiert der Erzähler aber allein, wechselt die Stimme in die 1. Person Singular. Diese Erzählstimme berichtet allerdings manchmal auch Eindrücke, die alle Reisenden gemeinsam haben.42 Nun ist weder die Erzählstimme der ActPt unglaubwürdig, noch wird bewusst eine Lügengeschichte erzählt. Aber der surreale Stil, der normalen Alltagserfahrungen entgegensteht, erinnert sehr an den Stil Lukians. Solche stilistischen Gemeinsamkeiten sind allerdings schwerer fassbar. Die ActPt scheinen von einem solchen Erzählstil inspiriert, der mit subtilen Andeutungen vieles in der Schwebe lässt und mit dem Leser spielt. In Lukians Gespräch Cataplus, einer Kombination aus Götter- und Totengespräch, wird erzählt, wie der kynische Philosoph Cyniskus – er wird als Arzt der menschlichen Verkehrtheiten bezeichnet –, der arme Schuster Micyllus und der reiche Tyrann Megapenthes völlig unterschiedlich mit ihrem Tod umgehen. Der reiche Tyrann versucht zu fliehen, die Parzen zu bestechen, zu bedrohen – erfolglos versucht er alles, um sein Leben zurückzuerlangen. Der Kyniker und der arme Schuster hingegen freuen sich, von der Last des Lebens erlöst zu sein. Macht und Reichtum des Tyrannen sind nun nichtig, er wird gedemütigt und muss den armen Schuster auf den Schultern tragen. Im Totengericht zeigt sich, dass die Sünden der Menschen Narben und Brandmale auf ihrer Seele hinterließen. Die Jugendnarben des Kynikers waren bereits zu Lebzeiten durch die Weisheit verheilt und er darf auf die Inseln der Seligen, ebenso wie der arme und unversehrte Schuster. Der Tyrann hingegen beging viele Verbrechen und ist voller Flecken und Narben. Seine Nachttischlampe und sein Bett treten auf und bezeugen seine sexuelle Zügellosigkeit. Dieser Dialog Lukians setzt sich, wie die ActPt, sehr kri-
42 Z. B. bei dem Bericht, welche namhaften Männer bei den Mahlzeiten auf dem sogenannten Elysischen Gefilde anwesend waren, ver. hist. 2,17 f.
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tisch mit Reichtum auseinander und verbindet ihn mit allgemeiner Lasterhaftigkeit. Solche Sünden werden als Verwundung der Seele aufgefasst. Armut schützt davor, die Philosophie heilt seelische Wunden. Neben diesen inhaltlichen Gemeinsamkeiten gibt es architextuelle43 Berührungen hinsichtlich der Kombination zweier verschiedener Gattungen, hinzu kommen sagenhafte Elemente, wie die sprechenden Möbel. Es scheint, als sei der Erzählstil der ActPt von Lukians Werken inspiriert. Möglicherweise waren einige seiner Werke dem Verfasser der ActPt bekannt und für ihn interessant, weil darin Vorstellungen und Werte vertreten sind, die ihm wichtig waren.
43 Eine strukturelle Gemeinsamkeit hinsichtlich der Bauform von Texten; vgl. Genette, Palimpseste, 13 f. Ein solcher Bezug liegt hier nicht durch eine gemeinsame Gattung vor, sondern wird durch den ähnlichen Erzählstil und den freien Umgang mit unterschiedlichen Gattungselementen konstituiert.
3 Einführung in die Erzählung Zuerst sollen im Folgenden die zentralen Elemente der ActPt nur mit Blick auf die Erzählung vorgestellt werden (3.1–3). Danach werden die wichtigen Themen und Motive unter theologischem Gesichtspunkt analysiert, nämlich die Symbolik (3.4), die Figurenkombination Lithargoel-Arzt-Jesus (3.5), die Hauptfigur Petrus (3.6) und die Heilungsthematik (3.7).
3.1 Die Erzählwelt Betrachtet man den Raum schlicht als klassischen Ort und Handlungsraum, dann führen die ActPt den Leser in insgesamt vier Räume. Die Erzählung beginnt irgendwo am Meer (p. 1,1–29), die Apostel erreichen die Stadt „Wohne“ – die Schauplatz für die Begegnung und die Erlebnisse mit Lithargoel ist (p. 1,29–7,23) –, dann gelangen sie auf einem gefährlichen Weg (p. 7,23–8,3) zu Christi Stadt „Neun Pforten“, vor der sie bis zum Ende der Erzählung bleiben. In der Erzählung gibt es keine realen Ortsnamen und keinerlei Hinweise für eine geografische Verankerung. Die Räume werden als Aktionsraum geschildert, auf die Umwelt wird hauptsächlich dann eingegangen, wenn es für die Handlung von Belang ist. Nur zu Beginn der Vision des Petrus erzeugt die Darstellung des Raumes bewusst eine bestimmte Atmosphäre (p. 6,28 ff.) – hier wird die Inselstadt inmitten des stürmischen und bedrohlichen Meeres geschildert. Teilweise spiegelt der Raum Befindlichkeiten von Personen wider und gibt Deutungshinweise. Die Seefahrt bei günstigem Wind unterstreicht die Einmütigkeit der Apostel. Die Schilderung der Stadt „Wohne“ als kleine Insel, die mitten im Meer liegt und von Stürmen und Wellen bedroht ist (p. 6,28–7,19), deckt sich damit, dass der Greis, der sich mit Petrus in der Vision unterhält, von Prüfungen und geduldigem Ausharren spricht (p. 7,8–10). Die Raumstrukturen korrespondieren mit den Handlungsstrukturen. Die Stadt „Wohne“ symbolisiert ihre Bedeutung, indem sie im Meer liegt, von Wellen und Stürmen bedroht wird und ihre Bewohner zur Geduld aufgerufen sind. Die Herausforderungen der Askese auf dem Weg nach „Neun Pforten“ illustrieren die lebensgefährlichen Tiere und Räuber. Die Stadt „Neun Pforten“ umgibt eine friedliche Stimmung, dort findet man Heilung und die versprochene Perle. Die Orte „Wohne“, „Neun Pforten“ und Namen wie „Lithargoel“ sind Chiffren, ebenso wie der Weg in die Stadt, der wohl für den Fortschritt im Glauben steht. Die Geschichte von den Aposteln und Jesus Christus in seinen verschiedenen Rollen findet in einer mythisch-archetypischen Erzählwelt statt. Die Ausprägung dieser sagenhaften Züge variiert in der Erzählung. Der Weg zwischen den beiden Städten ist am stärksten mythisch geprägt, bedingt durch die summarische Schilderung und seine Inkompatibilität mit der Erzählwelt. Eine Wegstrecke, die mehrere Tage beansprucht, passt nicht auf eine kleine Insel https://doi.org/10.1515/9783110559996-010
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und die Gefahren wirken konstruiert und surreal, z. B. die Hunde, die wegen Brot töten (p. 6,28–31). Schon die Wegbeschreibung weist darauf hin, dass wir es hier mit einem innerlichen Weg im Glauben zu tun haben. Als Petrus Lithargoel fragt, wie er in die Stadt „Neun Pforten“ gelangen könne, erhält er asketische Anweisungen und keine topografischen Angaben (p. 5,19–6,8). Der Weg soll wohl durchweg übertragen gedeutet werden. Die beiden Städte hingegen stehen zwar für etwas anderes – für die gemischte christliche Gemeinschaft allgemein und für den Ort der vollkommenen Christen –, einige Handlungsstrukturen und Charakterisierungen haben aber Realitätsbezug und können ohne Übertragung verstanden werden. Die Menschenverachtung der Reichen, die positive Schilderung der Armen und das Gespräch des offenbarten Jesus mit den Jüngern, sowie die Aufträge an sie (p. 3,25 f.; 3,32–5,1; 9,30–12,19), bedürfen keiner weiteren Deutung – obwohl sie doppelbödig konzipiert sind und eine zweite Sinnebene enthalten. Auch die Seereise der Jünger zur Stadt „Wohne“ (p. 1,12– 29) wirkt verhältnismäßig realistisch. Die beiden Städte „Wohne“ und „Neun Pforten“ sind ein Kontrastpaar, ebenso wie die armen und die reichen Menschen einander gegenübergestellt sind. Dementsprechend existieren Wertoppositionen: die Reichen werden kritisiert und nicht in die Stadt eingeladen – im Gegensatz zu den Armen, denen dort sogar eine Perle versprochen wird. Das Versprechen Lithargoels, den Armen eine Perle zu schenken (p. 4,10–15), durchbricht die alltägliche Konvention, was wiederum auf die mythische Erzählwelt hinweist.
3.2 Die Erzählzeit Die Erzählung geizt mit Zeitangaben. Wir erfahren lediglich, dass die Apostel zu „einem günstigen Zeitpunkt“ ihre Reise antreten, dass sie einen Tag und eine Nacht segeln, bis günstiger Wind aufkommt und dass sie – angekommen vor „Neun Pforten“ – zum Haus des Lithargoel geführt werden möchten, ehe der Abend kommt (p. 8,20–27). Wie lange sie segelten oder wie lange sie auf dem gefährlichen Weg unterwegs waren, erfahren wir nicht. Die Erzählung setzt auch keinen chronologischen Fixpunkt für die Zeit der Erzählung. Man kann höchstens vermuten, dass sie, wie andere Gespräche des Auferstandenen mit seinen Jüngern, z. B. die Epistula Apostolorum, in den vierzig Tagen nach Jesu Auferweckung verortet werden soll.1 Anhalt dafür gibt die Bemerkung, dass die Apostel am Beginn ihres Wirkens stehen (z. B. p. 1,9–11) und noch der Ermutigung (p. 6,8–19) und Lehre (p. 10,4 ff.) des Herrn bedürfen.
1 Vgl. Apg 1,3.
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III Kommentar
3.3 Die Handlungsträger Petrus und Jesus sind die Protagonisten der Erzählung. Jesus nimmt dabei mehr Raum ein, denn er leitet Petrus und die Jünger in seinen drei Rollen durch das Geschehen. Zuerst tritt er als Lithargoel auf und preist Perlen an.
3.3.1 Lithargoel Das Aussehen von Lithargoel wird durch die Erzählstimme des Petrus aufwändig beschrieben. Er trägt ein Leinengewand, ein Schweißtuch bedeckt Kopf und Schultern, er hält eine Buchhülle in der einen und einen Styraxstab in der anderen Hand, außerdem trägt er einen goldenen Gürtel, er hat eine hallende Stimme und wird als sehr schöne Gestalt beschrieben (p. 2,10–32). Einige Attribute sind typisch für die Beschreibung von Engeln oder Offenbarungsgestalten, andere sind Anspielungen auf den Gekreuzigten und Auferstanden. Dazu gehören das Schweißtuch und die Bemerkung, dass Petrus nur vier Teile vom Körper Lithargoels erkennen kann: die Füße, seine Handflächen, einen Teil seiner Brust und sein Gesicht (p. 2,19–24).2 Füße, Hände und Brust sind die Körperpartien der Wundmale und verweisen zusammen mit dem Schweißtuch auf die Kreuzigung. Lithargoel ist ein starker Charakter, der angelomorphe Elemente und Aspekte des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus in sich vereint. So detail- und umfangreich wie Lithargoel wird keine andere Person, auch kein anderes Element in der Erzählung der ActPt geschildert. Er ist die Schlüsselfigur der Geschichte, denn sein Name ist wichtig für das Verständnis der Schrift und er beschreibt die Voraussetzungen für den Weg nach „Neun Pforten“ und leitet die Jünger letztendlich zur Offenbarung Christi. Er erfüllt auch die Rolle des klassischen Helfers: er belehrt die Jünger und gibt ihnen die notwendige Kraft, den Weg der Askese zu bestehen. Das Agieren Lithargoels ist nach dem Motiv des vom Himmel herabsteigenden, im Verborgenen wirkenden und sich erst im Nachhinein als Erlöser offenbarenden göttlichen Retters gestaltet. Nach diesem Muster ist auch der Engel Rafael im Buch Tobit dargestellt, der sich als Asarja ausgibt (vgl. Tob 5,4.13)3 und den jungen Tobias nach Medien und wieder zurück begleitet. Erst am Ende offenbart er sich als Engel des Herrn (Tob 12,15).
2 Hände und Füße als Erkennungsmerkmale des Auferstandenen: Lk 24,39; Hände und Seite: Joh 20,20. 3 Auf wundersame Wiese begegnet der Engel Rafael dem Tobias und gibt sich als Asarja (d. h. „der Herr ist mächtig“) aus der erdachten Herkunftsfamilie Hananias’ („Der Herr ist gnädig“) aus – die Namen sind Hinweise auf die kommenden Wunder.
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3.3.2 Die Bedeutung des Namens „Lithargoel“ Der Name Lithargoel gibt Rätsel auf. Eine Deutung erhält der Name bereits in ActPt p. 5,18: „Der glänzende (bzw. leichte) Stein der Gazelle“. Abgesehen von dem Namenselement liq- (λίθος) – dem koptisch wne („Stein“) entspricht – lassen sich die anderen Namensbestandteile nicht mit dieser Deutung vereinbaren. Aber die Übereinstimmung von dem Anfang des Namens mit der Deutung weist darauf hin, dass der Name wohl nicht nur eine Fantasiebildung ist, sondern seine Bedeutung – ebenso wie im Falle der beiden Städtenamen – für das Verständnis der Erzählung relevant ist. Die Bedeutung „glänzender/leichter Stein“ legt nahe, dass der Name Lithargoel eine Chiffre für die Perle sein soll. Die Gazelle kann höchstens mit dem Bild verbunden werden, wenn man eine Anspielung auf deren dunkle, glänzende Augen annimmt, die der Leser als Perlen deuten soll.4 Ghica machte einen plausiblen Vorschlag, wie die sperrige Übersetzung von Lithargoel entstanden sein könnte, der allerdings auf der – nicht unwahrscheinlichen – Annahme eines griechischen Originals beruht und von einem Missverständnis in der Textüberlieferung ausgeht.5 Er vertritt die Auffassung, dass die ursprüngliche Namenserklärung λίθος ἀργός war, also eng mit dem Namen Lithargoel zusammenhing. Im Laufe der Überlieferung wurde das polyseme Adjektiv ἀργός („glänzend, weiß schimmernd, flink, schnell“ – aber auch „untätig, unnütz“) durch δεδορκώς („strahlend“), das Partizip Perfekt von δέρκομαι ersetzt, außerdem wurde das Adjektiv ἐλαφρός („leicht“) ergänzt, vielleicht um die Anspielung auf die Perle zu präzisieren. So entstand die Phrase λίθος ἐλαφρὸς δεδορκώς. Da das Partizip Perfekt δεδορκώς nicht sehr gebräuchlich war, las ein Abschreiber oder Übersetzer δορκάς („Reh, Gazelle“). So entstand die Formulierung λίθος ἐλαφρὸς δορκάδος, also „der leichte Stein der Gazelle“. Die Erzählung jedenfalls stützt diese These. Mit der Bedeutung des Namens „Der leichte Stein, der glänzt“ kann im Zusammenhang mit den Perlen, die Lithargoel anbietet, nur eine Perle gemeint sein. Jesus Christus würde dann selbst jenes Gut verkörpern, das er anpreist. In der Forschung herrscht weitgehend Konsens darüber, dass Lithargoels Name als Chiffre für Jesus Christus steht.6 Das entspräche der frühchristlichen Bildsprache und würde den Leser auf die wahre Identität Lithargoels hinweisen. Darum wäre die Perle auch nur in der Stadt Jesu zu bekommen und darum belehrt Jesus Petrus: „Oh Petrus, es ist notwendig, dass du das Gleichnis verstehst, das ich dir erzählt habe!
4 So übersetzt Schenke, NHD, Bd. 2, 450: „der leichte Glanzstein“. 5 Fehlübersetzungen sind tatsächlich ein häufigeres Phänomen. Laut Ephraems vita beispielsweise diente sein Vater als Priester einem Götzenbild, dessen Name ‘bnyl/‘byzl aus der syrischen Version fälschlich als „Abizal“ vokalisiert oder als „Stein des (Gottes) El“ übersetzt wird. Der Name verdankt seine Existenz wohl erst der Textüberlieferung. Jürgen Tubach weist darauf hin, dass die frühe georgische Übersetzung der vita in ihrer syrischen Vorlage ’pwlwn bzw. ’plw las und den Gottesnamen – wohl richtig – mit Apollon wiedergibt (Tubach, Der von Ephraem Syrus’ Vater verehrte Gott). 6 Vgl. Molinari, Acts, 132 ff.; Wilson/Parrott, Acts, 198; Smith, Understand Ye A Parable, 49.
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III Kommentar
Weißt du nicht, dass mein Name (…) allen Reichtum übertrifft? Und dass die Weisheit Gottes Gold, Silber und Steine, die sehr wertvoll sind, übertrifft?“ (p. 10,23–30). Die Perle kann auch als Hinweis auf die Vollkommenheit verstanden werden, die der Mensch durch die Ausdauer und Askese auf dem Weg erwirbt.7 In diesem Sinne kann sie schlüssig mit Christus und dessen alter ego Lithargoel verbunden werden: Christus ist die volle Verwirklichung des Menschen und somit vollkommen. So wird er zum Symbol der Vollkommenheit und ist identisch mit der Perle. Aber er ist auch Führer zur Vollkommenheit, indem er den Weg zu seiner Stadt und der Perle aufzeigt. Gleichzeitig überreicht er den Menschen die Perle, vollzieht also deren Vervollkommnung. Diese enge Verwobenheit der Symbolik verursacht die Christozentrik der Erzählung: Im Mittelpunkt der ActPt stehen Christus und die geforderte imitatio Christi.
3.3.3 Der Arzt Bevor Lithargoel seine Identität als Christus offenbart, ist noch der Charakter des Arztes zwischengeschaltet. Diese Figur ist schwach gezeichnet und kaum ein eigenständiger Charakter. Der Arzt erscheint nur als verkleideter Lithargoel (p. 8,13–15). Er tritt nur kurz auf. Er führt ein knappes Gespräch mit Petrus über Lithargoel und geht schnell, damit Jesus die Bühne betreten kann. Obwohl unter dem Arztgewand eigentlich Lithargoel verborgen ist, steht nach dem Ablegen des Gewandes Jesus Christus vor den Jüngern. Die Rolle des Arztes bleibt mit dem offenbaren Jesus Christus verbunden, indem dieser seinen Jüngern aufträgt, zu heilen und ihnen dazu den Medizinkoffer und -beutel des Arztes übergibt.
3.3.4 Jesus Christus Jesus ist eine starke Figur und wird auch vor seinem offenbaren Auftreten immer wieder von den verschiedenen Erzählstimmen erwähnt. Alle extratextuellen Bezüge sind mit seiner Person verbunden. Er beauftragt die Jünger für den Dienst, den sie zu Beginn der Erzählung antreten, und er lenkt ihren Weg zur Stadt „Neun Pforten“ und gibt Petrus seinen Namen. Der offenbare Jesus Christus bezieht seine beiden Rollen in das Gespräch mit den Jüngern ein. So fordert er die Jünger auf, die Reichen zu richten, die sich in der Stadt von ihm abgewendet haben (p. 11,26–12,13). Die Darstellung von Jesus Christus wird unten ausführlich behandelt (s. 3.5).
7 Das Symbol hätte dann eine ähnliche Bedeutung und Funktion wie im sogenannten Perlenhymnus der ActThom (108–113).
3 Einführung in die Erzählung
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3.3.5 Petrus und die Jünger Petrus ist der zweite Hauptakteur, der als Sprecher und Anführer aus der Gruppe der Jünger hervortritt und als Gesprächspartner Jesu und alleiniger Offenbarungsempfänger Lithargoels auch sehr positiv hervorgehoben ist. Im ersten Teil der Erzählung schildert eine dem Petrus zugeordnete Erzählstimme in der 1. Person Singular die Szenen, in denen Petrus allein oder in exponierter Stellung agiert, die am Ende der ersten Seite eingeführt wird: „Ich aber, Petrus (…)“ (p. 1,29 f.). Im zweiten Teil werden solche Szenen von einer unpersönlichen Erzählstimme in der 3. Person Singular erzählt. Trotz seiner herausgehobenen Stellung wird Petrus ambivalent geschildert. Die Anforderungen des Weges betrüben ihn (p. 5,10–12), er erschrickt, als Jesus ihn anspricht (p. 9,2), er ist unverständig (p. 10,13–30) und furchtsam (p. 11,1.2). Diese Art der Petrusdarstellung, die sehr positiv ist, ihn aber auch als Menschen mit Schwächen zeichnet, erinnert an seine Charakterisierung in den kanonisch gewordenen Evangelien, besonders an das nach Matthäus.8 Die Jünger werden durchweg positiv geschildert. Sie erscheinen als harmonische Gruppe, die einmütig den Dienst ausführt, den ihnen der Herr aufträgt (p. 1,9–11; 5,10–14; 12,13–17), und gemeinsam einen tiefen Glauben lebt (p. 8,7–11). Sie bewältigen gemeinsam den Weg zur Stadt „Neun Pforten“ und verhalten sich gegenüber Jesus ehrfurchtsvoll und demütig (p. 9,23–29). Neben Petrus wird nur Johannes einmal aus der Gruppe hervorgehoben und dabei positiv von Petrus abgegrenzt (p. 11,1–15). Der Weg zur Stadt „Neun Pforten“ scheint auch für die Jünger eine Veränderung bzw. Stärkung der asketischen Lebenspraxis zu beschreiben, die zu einer tiefen Glaubenserfahrung führt. Zu Beginn wird erwähnt, dass die Jünger mit Gepäck reisen (p. 2,7 f.), das sie zurücklassen, bevor sie den Weg zu Christi Stadt „Neun Pforten“ antreten (p. 7,23– 26). Dort angekommen spüren sie Freude, Frieden und Erleichterung und verbleiben gemeinsam in einer Meditation des Glaubens (p. 8,3–11).
3.3.6 Die Menschen in der Stadt „Wohne“ 3.3.6.1 Die reichen Menschen Lithargoel, der in der Stadt „Wohne“ Perlen anbietet, wird von den reichen Menschen abgelehnt, weil sie keine Perlen bei ihm sehen. Auf symbolischer Ebene lässt sich dies als totale Ablehnung Jesu lesen, die allein durch das Auftreten und die Botschaft des Lithargoel ausgelöst wird. Die Reichen rufen beim Leser Antipathie hervor. Sie sind verschlossen, in ihrer Welt verhaftet und nur an materiell wertvollen Dingen interessiert, an denen sie sich bereichern können. Sie werden zwar im Plural geschildert, treten aber nicht als geschlossene Gruppe auf, sondern leben vereinzelt in ihrer
8 Vgl. Mt 14,29 ff.; 26,40.69–75.
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III Kommentar
Kammer oder in ihrem Haus. Die Erzählstimme charakterisiert sie als menschenverachtend (p. 3,25–27 und 11,27–31). Die Reichen scheiden als Zielgruppe für die Perle aus und Jesus offenbart sich ihnen nicht. Sie sind die Gegnergruppe in den ActPt. Die Erzählung endet mit einer Mahnrede, die vor den sündigen Reichen und dem Umgang mit ihnen warnt (p. 11,26–12,8). Diese Gruppe wird sehr knapp und stereotyp geschildert und steht im Kontrast zu den Armen und Bettlern. 3.3.6.2 Die armen Menschen Die armen Menschen wenden sich Lithargoel neugierig zu und sind schließlich erfreut über die Einladung in seine Stadt. Ihnen wird die Perle versprochen, falls sie in Christi Stadt „Neun Pforten“ gelangen. Ob ihnen das gelingen wird, bleibt offen. Die Schilderung der Armen ist viel dynamischer: sie gehen auf Lithargoel zu und beschreiben sich durch ihre Figurenrede selbst. Sie treten als harmonisch erscheinende Gruppe auf und haben Freunde. Auch die Armen treten kurzzeitig in Konflikt mit Lithargoel, lösen ihn allerdings und machen eine Entwicklung durch: Anfangs weisen sie das Perlengeschenk zurück, weil sie Lithargoel nicht glauben. Stattdessen wollen sie die Perle einfach nur sehen. Nach einem längeren Gespräch glauben sie ihm jedoch und brechen in große Freude aus (p. 3,32–5,1).
3.3.7 Nebenfiguren Die Nebenfiguren haben bestimmte Aufgaben in der Erzählung. Die freundlichen Matrosen sollen die Apostel zur Stadt „Wohne“ bringen (p. 1,19–23). Die Menschen am Hafen sollen Petrus in Empfang nehmen und ihm den Namen der Stadt „Wohne“ mitteilen und erste Deutungshinweise geben (p. 1,31–2,6). Der Greis, mit dem Petrus spricht, ist eine Figur zur Interpretation der Stadt „Wohne“ (p. 6,33–7,5). Er begründet den Namen und veranlasst Petrus zu einer erbaulichen Auslegung. Die Matrosen, die Menschen am Hafen und der Greis sind Helferfiguren, die das Geschehen voranbringen bzw. deuten. Die wilden Tiere und Räuber auf dem Weg sind klassische Opponenten, die die Entwicklung der Akteure behindern wollen und die mit den Idealen der Erzählung überwunden werden müssen. Die Nebenfiguren sind einerseits nur knapp geschildert und auf die Handlung hin instrumentalisiert. Andererseits wirken sie symbolisch, denn sie deuten z. B. Namen (p. 2,2 ff.; 7,3 ff.) und tragen eventuell Interpretationssymbole (p. 2,6) oder aber sie verkörpern Begierden oder Gefahren, die die Askese behindern (p. 5,26 ff.; 7,26 ff.).
3 Einführung in die Erzählung
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3.3.8 Schlussfolgerungen aus der Figurenkonstellation Ziehen wir die Gruppe der Apostel hinzu, die den Weg zur Stadt bewältigen, erhalten wir ein Bild von drei Gruppen, die in unterschiedlicher Konstellation zur Perle bzw. zu Jesus Christus stehen. Die Reichen reagieren mit totaler Abwehr – sie scheiden als Zielgruppe für die Perle aus. Die Armen sind aufgeschlossen, haben aber Bewährungsbedarf. Ihnen wird die Perle in Aussicht gestellt, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen. Die Apostel sind vorbildlich Nachfolgende. Sie fragen nicht nach der Perle, die Stadt „Neun Pforten“ ist nur als Missionsziel für sie interessant. Vermutlich stellt sie die Erzählung nicht als Zielgruppe für die Perle dar, weil sie diese bereits besitzen, denn sie sind schon mit Jesus verbunden. Dieses Schema erinnert an dreistufige Anthropologien „gnostischer“ Provenienz: die der Begierde verfallenen Hyliker bzw. Sarkiker, die keine Aussicht auf Rettung haben, die Psychiker, die untergeordnetes Heil erlangen und die vollkommenen Pneumatiker. Eine solche Dreiteilung findet sich auch in ekklesiologischen Konzeptionen, z. B. im syrischen Liber Graduum. Darin wird die Kirche auf drei Ebenen dargestellt. Die irdische, materielle Kirche ist nicht die wahre, doch von ihr ausgehend gelangt man in die Kirche des Herzens und dann, auf einem schwierigen und gefährlichen Weg der Askese, in die verborgene, himmlische Kirche.9 Möglicherweise steht ein ähnliches Schema hinter der Anthropologie der ActPt und die drei Menschengruppen sollen den drei Stufen der Kirche zugeordnet werden.
3.4 Wichtige Symbole der Erzählung 3.4.1 Die Städte-Symbolik In der Erzählung wird das Bild der Stadt allgemein für drei unterschiedliche Bereiche gebraucht. In der Vision des Petrus, in der aus dem Dialog mit dem Greis ein erbaulicher Monolog des Petrus entsteht, steht die Stadt für das Innerste des Menschen bzw. die Seele. Die beiden Städte „Wohne“ und „Neun Pforten“ – ihre Namen sind längere Phrasen und werden hier verkürzt gebraucht – sind die Schauplätze der Erzählung. Sie stehen für die christliche Gemeinde allgemein und für die Stadt Jesu, die mit dem Himmelreich verbunden ist und zu der nur die Vollkommenen Zutritt haben. Das Symbol der Stadt zieht sich durch die Erzählung, gliedert sie und ist der hauptsächliche Handlungsraum. Trotzdem differiert ihre Deutung und lässt sich nicht auf einen klaren Zielbereich eingrenzen.
9 Vgl. Kitchen/Parmentier, Liber Graduum, Bd. 2, viii, und besonders M 12.
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III Kommentar
3.4.1.1 Die Stadt als Symbol für das Innerste des Menschen Während seiner Vision (p. 6,28–7,19) wird Petrus eine erbauliche Aussage in den Mund gelegt, in der er jeden geduldigen Menschen mit einer Stadt vergleicht, die in ein herrliches Königreich eingeht (p. 7,8–14). Die Szene wird anschaulich aus der Perspektive des Petrus geschildert (p. 6,27.33), ein typisches Signal in der Erzählung an den Leser, dass die Ausführungen bildlich verstanden und gedeutet werden sollen (vgl. auch p. 2,10–32 und 8,13). Auch die unpräzisen Angaben und die mythisch-visionären Züge – Petrus sieht die Stadt „Wohne“ scheinbar von oben, wundert sich über die großen Dinge, die er schaut, und sieht einen Greis – heben den Textabschnitt auf eine bildliche Ebene. Der Abschnitt steht gleichsam wie ein Satellit isoliert von der Erzählung und ist nur durch zwei knappe Scharniere mit ihr verbunden (p. 6,26–28 und 7,19–22). Auch wird die Stadt anders ausgedeutet als in der weiteren Erzählung. Der von Petrus geäußerte Vergleich vermittelt hier, dass jedem Menschen eine Stadt zugeteilt ist, wobei die des Geduldigen bewohnt und die des Ungeduldigen wüst und leer ist. Es spricht einiges dafür, dass hier die menschliche Seele bzw. das Innerste des Menschen hinter der Stadtmetaphorik steht, denn ein jeder Mensch soll eine solche Stadt besitzen, wobei die der Geduldigen bewohnt sind und zum Himmelreich gezählt werden. Zudem ist der Vergleich eines Menschen mit einem Haus oder einer Stadt bzw. einem Staat nichts Ungewöhnliches10 und findet sich innerhalb der Nag-HammadiSchriften auch in den „Lehren des Silvanus“ (NHC VII,4 p. 85,2 ff.) und dem „Brief des Jakobus“ (NHC I,2 p. 11,17 ff.). In den „Lehren des Silvanus“ ist das Bild von der verwüsteten bzw. bewohnten Stadt besonders ausgeführt und wird direkt mit der Seele verglichen: die eine geht verloren, die andere wird errettet werden. Das Bild von einer bewohnten Stadt ist positiv, denn im Gegensatz zu einem Ort, der durch Krieg, Krankheit, Hunger und Abwanderung verwaist ist, zeugt sie von Leben, Gemeinschaft und Frieden. Diese Bildwirkung wird in den ActPt weiter verstärkt, da die bewohnte Stadt dem Himmelreich zugerechnet wird (p. 6,18 f.). Kontextualisiert mit dem Bildspektrum der Stadt in der Gesamterzählung, in der die Stadt „Wohne“ für die irdische und Christi Stadt „Neun Pforten“ für die vollkommene Gemeinde steht, kann das Bild der bewohnten Stadt für die Seele ekklesiologisch verstanden werden. Vielleicht soll der Ort mit dem geduldigen Greis für einen asketischen inneren Zirkel stehen, der sich positiv von der irdischen Gemeinde abhebt.
10 Vgl. Spr 18,11.19; 25,28; vgl. Mk 3,24 f.; Diog 6,1 ff. Unter dem Namen des Makarios/Symeon ist ein Städtegleichnis überliefert, in dem die Glaubenden als Städte bezeichnet werden, die durch die Kraft Christi befestigt sind (hom. 42). Bekannt ist der Vergleich zwischen Körper und Staat aus den Politica des Aristoteles. Zu Beginn des ersten Buches seiner Staatsphilosophie überträgt Aristoteles den Körper bildlich auf den Staat, um zu zeigen, dass dieser als das Ganze ursprünglicher sei, so wie auch der ganze Körper ursprünglicher ist als das einzelne Glied, das als totes nur noch dem Namen nach Hand oder Fuß ist.
3 Einführung in die Erzählung
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Dies würde einer gestuften Ekklesiologie entsprechen, wie sie der Liber Graduum und teilweise auch Aphrahat beschreiben.11 3.4.1.2 Die Stadt „Wohne“ als Symbol für die christliche Gemeinschaft Der Name der Stadt wird in der Erzählung dreimal genannt, ist allerdings nur in p. 10,3 f. gut erhalten: p. 10,3 f.: tai+ etoumoute eros Je Gwr~G? moun euHupomonh „diese (= gemeint ist die Stadt), die ‚Wohne, weile auf Geduld‘ genannt wird.“
Mit diesem Bezugspunkt könnte man die anderen beiden Stellen folgendermaßen rekonstruieren: p. 2,3 f.: [Gwr\G ete p]a?[i+] pe taJr[o. . . . . . .Hu]p?o?[mo]n?h?: [„,Wohne‘ – das heißt:] ‚Gründe [… Geduld‘“]. p. 7,2–5: G[wr\G ±15]n[. .]pe?J[aF] nai+ J?[e kSaJe H]N? oum~ntme: enG[wr~G ebol Je en]\®Hupomine Nnima? [Wohne … Er] sagte zu mir: „[Du sprichst] wahr. Wir [wohnen] an diesem Ort, [weil wir] geduldig sind.“
Das Verb Gwr~G („wohnen“) steht immer mit der Geduld zusammen, wohl verbunden mit taJro („gründen, stark sein“) oder moun („weile“). Der Name des Ortes scheint eine längere Phrase zu sein: „,Wohne‘, gründe bzw. weile in Geduld“. Der Name „Wohne“ ist das konstante Namenselement, die Apposition variiert inhaltlich, wobei sie jeweils an den Zusammenhang angepasst zu sein scheint. Sie beschreibt das Wohnen als ausdauerndes Warten. Der lange Ortsname, bereits Deutungshilfe für die Stadt, signalisiert, dass die Stadt exterritorial und allegorisch zu verstehen ist. Ihre Darstellung unterstreicht dies. Sie wird als kleine Stadt in der Mitte des Meeres vorgestellt (p. 1,28 f.), die von Stürmen und Wellen bedroht ist. In diesen Gefahren gilt es auszudauern. Die räumlichen Angaben zur Stadt erlauben es kaum, sie als einen realistischen Ort zu verstehen. Die Stadt hat einen Hafen, ist aber dennoch ringsum von hohen Mauern umgeben (p. 6,29–31). Obwohl die Inselstadt klein ist, absolvieren die Apostel einen mehrtägigen Weg durch Ödland (vgl. p. 5,24 f.). Während sich Petrus in der Stadt befindet, wird diese jedoch realistisch geschildert. Es gibt einen Hafen, Häuser, versteckte Speicher und hohe Fenster, dort leben arme und reiche Menschen. 11 Die 13. Memra, in der die dreistufige Ekklesiologie aus sichtbarer Kirche, Kirche des Herzens und verborgener, himmlischer Kirche entfaltet wird, ist die bekannteste und am häufigsten übersetzte Passage des Liber Graduum. Aphrahat beschreibt die Gemeinschaft der „Bundessöhne“ (dem. 6), eine Gruppe, die weder mit dem Klerus noch mit der Kirche in ihrer Gesamtheit identisch ist, aber unzweifelhaft als Elite eine Rolle im innerkirchlichen Leben spielt, vgl. Bruns, Aphrahat, Bd. 1, 180.
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III Kommentar
Da die Stadt „Wohne“ als Gegenstück zur Stadt „Neun Pforten“ fungiert und letztere die Stadt Christi ist, werden die beiden Orte häufig als Symbole für Erde und Himmel interpretiert.12 Im ersten Teil der Erzählung (p. 1,1–9,1) impliziert die Bildwelt diese Deutung. Die Stadt liegt als kleine Insel in den Fluten, in ihr leben positiv und negativ charakterisierte Menschen, wobei den positiven – also den Armen – eine Perle versprochen wird, wenn sie den Weg in die Stadt Lithargoels bewältigen. Im zweiten Teil wird die Stadt in Jesu Rede allerdings mit der ἐκκλησία identifiziert (p. 11,26–12,9). Jesus bezeichnet die Reichen der Stadt „Wohne“ als Sünder in christlichen Gemeinden und schickt seine Jünger zurück in diese Stadt „Wohne“, damit sie eben diese Sünder in den Gemeinden richten. Auch die Aussage von Petrus, die Menschen in der Stadt „Wohne“ sollten geduldig ausharren und das Joch des Glaubens tragen (p. 7,12–17), unterstützt die Deutung der Stadt „Wohne“ als Symbol für die christliche Gemeinschaft. Auch die Rekonstruktion von Schenke in p. 7,7 f. würde eine solche Deutung vertiefen: In einer visionären Szene erfährt Petrus die Bedeutung der Stadt „Wohne“ und bezeichnet sie daraufhin, wie Schenke meint, als „Erste“.13 Sollte die Rekonstruktion zutreffen, wäre es eine Parallele zum Hirten des Hermas. Dort heißt es, die Kirche (ἐκκλησία) sei als erstes gegründet worden (Herm[v] 2,4,1). Während die Armen und die Reichen der Stadt „Wohne“, wenn diese als Abbild der Welt gedeutet wird, dem Glauben gegenüber offene und verschlossene Menschen bedeuten, stehen sie bei einer Deutung der Stadt als ἐκκλησία für die christliche Gemeinschaft als corpus mixtum. Hier gibt es Menschen, die auf Jesu Botschaft hören und zu Askese und Vervollkommnung eingeladen werden, und andere, reiche und sündige Menschen, die gerichtet werden sollen. 3.4.1.3 Die Stadt „Neun Pforten“ als Gemeinschaft der Vollkommenen und Stadt Christi Der Name der Stadt ist eine längere Phrase: „In neun Pforten lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass die zehnte das Haupt ist“ (p. 6,23–27). Die Stadt „Neun Pforten“ ist die Stadt Christi, die nur durch Askese über einen gefährlichen Weg zu erreichen ist (p. 4,12.32; 5,19–25). Hier empfinden die Jünger Frieden und Freude, sie ruhen sich aus und besinnen sich auf den Glauben (p. 8,3–11). Hier wird ein Mensch von dem Arzt Jesus geheilt (8,34 f.). Wer die Stadt erreicht, bekommt von Jesus Christus die versprochene Perle überreicht (p. 4,14 f.; 10,11–13). Vor dem Tor der Stadt legt Lithargoel-Arzt schließlich seine Verkleidungen ab und offenbart sich als Jesus Christus (p. 9,15–23). Die Stadt ist extrem schwer erreichbar, ein harmonischer, heilender Ort, an dem Christus sich aufhält und offenbart. Entsprechend wurde sie oft als das Himmelreich gedeutet, in das Jesus als Lithargoel die Menschen aus der Stadt „Wohne“ einlädt,
12 Schenke, NTApo5, Bd. 2, 372; Klauck, Apokryphe Apostelakten, 197; Molinari, Acts, 95 f. 13 Schenke, NHD, Bd. 2, 451.
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um ihnen dort die Perle zu überreichen.14 Gerade die Kontrastierung mit der Stadt „Wohne“ stützt diese Deutung. Die Stadt als Bild für das Königreich der Himmel wäre dann nicht endzeitlich gedacht, wie z. B. das neue Jerusalem in der Offenbarung des Johannes. Die Stadt würde in Kontinuität zur Weltzeit und der Stadt „Wohne“ existieren. Die Vorstellung von der irdischen und der himmlischen Stadt würde in der Tendenz mit den Bildern zusammenpassen, auf die Paulus (Gal 4,26) und der Autor des Hebräerbriefes zurückgreifen (Hebr 12,22 f.). Die Gleichsetzung der Stadt „Neun Pforten“ mit dem Himmelreich bzw. dem himmlischen Jerusalem wirft auf der Ebene der Erzählung allerdings einige gewichtige Fragen auf. Das Symbol der Perle kann kaum plausibel mit dieser Deutung verbunden werden. Wenn sie als Chiffre für Jesus Christus interpretiert wird,15 bleibt offen, warum er den Menschen verborgen bleibt und sich nur im Himmelreich offenbart. Auch die mehrfache Aussage Christi, dass er den Menschen die Perle selbst schenken wird (p. 4,14 f.32 f.; 10,11–13), müsste dann als ein Art himmlische Selbsthingabe gedacht werden – eine schwierige und analogielose Vorstellung. Wird die Perle als Weisheit oder Kraft Christi interpretiert, so tritt die Erzählung gerade dafür ein, dass diese Güter irdisch präsent sein sollen (p. 6,17; 10,28 ff.) – und nicht erst im Himmel überreicht werden. Der größte Widerspruch ist die Permeabilität der beiden Städte. Das Himmelreich wäre durch eigene Anstrengung anscheinend zu Lebzeiten erreichbar. In anderen christlichen Texten sind entweder eine visionäre Entrückung bzw. die Führung durch ein Himmelswesen oder eben der Tod Voraussetzung für die Schau der göttlichen Sphären.16 Und die Erzählung setzt voraus, dass zwischen den Städten „Neun Pforten“ und „Wohne“ aus eigener Kraft hin- und hergewechselt werden kann (p. 10,1–3; 12,18 f.). Wenn eine Interpretation solche Spannung auf der Erzählebene auslöst, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie der ursprünglich vorgestellten Symbolbedeutung zur Zeit der Erzählkomposition und ihrer ersten Leser entspricht. Im Liber Graduum findet sich eine Parallele zu der Stadt Christi.17 Die Stadt Christi ist dort die Gemein-
14 Schenke, NTApo5, Bd. 2, 372; Klauck, Apokryphe Apostelakten, 197; Molinari, Acts, 95 f.; außerdem Ghica, Les Actes, 110 f. 15 Als Chiffre für Jesus interpretieren sie Wilson/Parrott, Acts, 201; Ghica, Les Actes, 111–113. Molinari, Acts, 144, differenziert auf Grundlage seiner Quellentheorie: In der Erzählung über den Perlenkaufmann ist die Perle ein Symbol für Erlösung, in der Theologie des Redaktors steht die Perle für Jesus Christus. 16 Nur einige Beispiele: In der „Apokalypse des Paulus“ wird der Apostel durch den Heiligen Geist entrückt (NHC V,2 p. 19,20 f.). In der „Himmelfahrt des Jesaja“ wird Jesaja von einem Engel geführt (AscIs 6–11; NTApo5, Bd. 2, 554–562). In der „Offenbarung des Petrus“ führt Jesus Christus durch die Vision (ApcPt 3, in Übersetzung des äthiopischen Textes, vgl. auch 17; NTApo5, Bd. 2, 567 und 578). 17 Die Vollkommenen schauen den ganzen Tag den Himmel, preisen und verherrlichen Gott, wandern im Geist durch die Herrlichkeiten des Himmels und leben mit dem Herrn im himmlischen Jerusalem, weil sie ihm ähnlich geworden sind (M 14,2). Diese himmlische Stadt der Vollkommenen wird
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III Kommentar
schaft der Vollkommenen, die aus Menschen besteht, die auf dem schwierigen Weg der Askese und imitatio Christi das Paradies und den paradiesischen Zustand wiedererlangten.18 Diese vollkommenen Christen bilden die himmlische Kirche, in der die Wahrheit Christi offen aufscheint, und begegnen dort Jesus Christus von Angesicht zu Angesicht (M 12,7). Sie lehren und richten aber in der irdischen Kirche und beten für die gerechten Christen dort.19 Diese Vorstellung einer gestuften Ekklesiologie ist der Schlüssel für das Verständnis der ActPt. Die Stadt „Wohne“ bildet die heterogene, irdische Gemeinde ab, aus der die ernsthaften Christen über den Weg der Vervollkommnung zu einem inneren, asketischen Kern in der Gemeinde eingeladen werden. Dieser quasi monastische Zirkel begreift sich als wahre und vollkommene christliche Gemeinschaft. Über die Askese und die imitatio Christi kehrt der Mensch wieder in den paradiesischen Zustand vor dem Sündenfall zurück und begegnet nun Christus, dem wahren Adam und der vollen Verwirklichung des Menschen. Die Perle ist das Symbol für die wiedererlangte Vollkommenheit des Menschen. Aus dem Namen der Stadt lassen sich die Zahlen Neun und Zehn ableiten. Sie lassen sich nicht direkt mit der Vorstellung einer gestuften Ekklesiologie verbinden. Sie würden sich eher in die räumliche Vorstellung eines nach oben gestuften Himmels fügen, wie er in vielen apokalyptisch geprägten Texten geschildert wird.20 In der „Apokalypse des Paulus“ (NHC V,2) wird eine Himmelreise erzählt, die im zehnten und wohl obersten Himmel endet. Die Zahl Zehn ist in pythagoreischer Tradition, die vom Neuplatonismus aufgenommen wurden, als die perfekte Zahl und als Symbol der Vollkommenheit verstanden.21 Pythagoras und seine Schüler gingen davon aus, dass Zahlen die Gesetzmäßigkeiten des göttlichen Universums enthalten und offenbaren. Da alle Zahlen nach der Zehn den ersten Zyklus wiederholen, offenbart die erste Dekade alle Geheimnisse. In auch „Stadt Jesu“ genannt: „Gebe mir nun die deine ganze Aufmerksamkeit, wenn du (…) zur Stadt unseres Herren Jesus reisen willst. Ich werde dir zeigen, wie du schnell in die Stadt unseres Königs gelangst, vorausgesetzt du bist stark genug (…)“ (M 19,1; ebenso 12,3). 18 Argárate, Ktābā dmasqātā, 257 f.: „Aus der Lesung der 30 Memre resultiert ein faszinierendes Bild einer asketisch und charismatisch geprägten Gemeinde. (…) Die Christen werden aufgerufen, ihren leidenden, armen und gedemütigten Herrn nachzuahmen. Ziel des Weges ist die Stadt Gottes, der Garten Eden, die Wiedererlangung des verlorenen Paradieses.“ 19 M 8,10.15.16; 14,3; vgl. Argárate, Ktābā dmasqātā, 251 f. 20 Hauptbeispiele dafür sind die „Himmelfahrt des Jesaja“, während der er bis in den siebenten Himmel hinaufsteigt, und die „Offenbarung des Petrus“ (äthiopischer Text), an deren Ende Jesus seine Jünger verlässt und in den ersten und danach in den zweiten Himmel geht, begleitet von Mose und Elias. 21 In den Schriften, die dem syrischen Neuplatoniker Iamblichos zugewiesen werden, ist ein umfangreiches Fragment der Lehre des Speusippos, Schüler und Neffe Platons, tradiert, in dem dieser sich mit der pythagoreischen Zahlenlehre auseinandersetzt. Darin schildert er die Zahl Zehn als perfekt, da sie u. a. gleichviele gerade wie ungerade Zahlen, gleichviele Primzahlen wie zusammengesetzte Zahlen enthält. Sie ist eine vollkommene Zahl als Summe ihrer Divisoren (Critchlow/Waterfield, PseudoIamblichos, 122 f., s. auch 25).
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der Zahl Zehn ist das Universum zusammengefasst, die Zehn steht für Fülle und Vollkommenheit. So wurde sie mit Gott, dem Höchsten und Perfekten, verbunden – auch in christlichen Schriften.22 Vor diesem Hintergrund lässt sich die Stadt, die hinter dem zehnten Tor liegt, als die vollkommene und höchste Stadt und als Ort Gottes deuten. Die Stadt „Neun Pforten“ als Stadt Christi wäre dieser Vollkommenheit und dem Göttlichen am nächsten.
3.4.2 Der Weg Das Motiv des Weges ist eines der ältesten Bilder, das in Erzählungen, natürlich auch in jüdischen und christlichen Texten, häufig begegnet. Schon von seinen Anfängen her hat das Volk Israel – ein Nomadenvolk – seine Geschichte als Weg und Unterwegssein gedeutet (vgl. Gen 12,1; 26,3). Immer wieder musste sich Israel auf seinem Weg durch die Zeit einüben in das Unterwegssein mit Gott. Zeitabschnitte und Ereignisse wurden nachträglich als Pfade gedeutet, die sich – je nach Perspektive – zwischen Verheißung (vgl. Ex 23,20; Jos 24,17) und Versuchung (vgl. 1Kor 10,1–11; Hebr 3,7–4,11) erstreckten. Der Weg hat zumeist eine übertragene Bedeutung. Das physische Gehen des Menschen wird häufig zum Sinnbild für Leben und Fortschritt im Glauben (Ijob 31,4; Spr 20,24). Narrativ entfaltet das Tobitbuch dieses Motiv eindrucksvoll. Es erzählt eine Weggeschichte, in deren Verlauf Menschen Erfahrungen mit dem Erwachsenwerden und Selbstständigsein machen. Da alle Wege Gottes Wege sind (Dan 5,23), und Gott auch die dem Menschen verborgenen Lebenswege kennt (vgl. Ijob 3,23), ist das Gehen auf diesen Wegen mit Anforderungen verbunden, die sich in den Geboten Gottes Ausdruck verschaffen (vgl. Mt 7,13 f.; Joh 12,35; Did 1–6). Im Hinblick auf Jesus ist das Bild des Weges häufig mit dem Aufruf zur Kreuzesnachfolge (Mk 8,34 parr) – in der Sprache der ActPt: mit dem „Tragen des Jochs“ (p. 7,16 f.) – verbunden. In den ActPt wird der Weg als gefährlicher Raum geschildert. Er wirkt surreal, denn er sprengt die räumlich sehr eingeschränkten Möglichkeiten der kleinen Inselstadt und beherbergt Räuber und Tiere, deren Vorlieben skurril wirken – z. B. brotfressende Hunde (p. 5,28–31). Die Wegbeschreibung zur Stadt „Neun Pforten“ ist ein weiteres Signal seiner allegorischen Bedeutung. Auf seine Frage nach dem Weg erhält Petrus keine topografische Beschreibung, sondern nur asketische Anweisungen: Jeder Wanderer, der Brot, Wasser, Gemüse, Fleisch oder kostbare Kleidung mitführt, wird nicht nur beraubt, sondern wegen dieser Güter getötet. Die Stadt „Neun Pforten“ ist
22 Vgl. ApcPt NHC VII,3 p. 70,14 ff.: „(…) und der Freude der zehnten Säule und als er [d. h. der Erlöser] ruhte auf der Zahl der lebendigen und unbefleckten Größe (…)“. Das „Apokryphon des Johannes“ (NHC II,1 p. 6,1 ff.) zählt zehn Äonen als Teilaspekte des ungezeugten Vaters auf.
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III Kommentar
nur durch Besitzlosigkeit und Fasten zu erreichen. Rigoroses Fasten und die Kontrolle der Leidenschaften werden gefordert. Die Anfechtungen der Askese werden mit wilden Tieren und Räubern verbildlicht – ein typisches Motiv monastischer Schriften.23 Der Liber Graduum beschreibt die Stufen des asketischen Weges zur Stadt Christi. Auf jeder Stufe wird der Mensch mit einer Sünde konfrontiert, mit der er bis zum Tode kämpfen muss. Nur so wird er durch Christus gerettet und erreicht seine Stadt (M 20,5). Der in den ActPt beschriebene Weg ist nach diesem Muster zu deuten: Er ist die allegorische Darstellung eines asketischen Lebensstils, der zur Vollkommenheit und zur Schau Christi führt. Wie auch im Liber Graduum ist der Weg eigentlich nicht zu bewältigen. Die Reaktion des Petrus spiegelt die mögliche Verzweiflung des Lesers. Petrus seufzt, ist traurig und klagt über die großen Mühen auf dem Weg (p. 6,6–19). Als Trost wird ihm die Kraft Jesu zugesagt, die dem Wanderer Kraft gibt. Der Weg, der imitatio Christi ist und zu Christus führt, ist ein soteriologisch wie christologisch bestimmtes Symbol.
3.4.3 Die Perle als Symbol der Vollkommenheit Bereits zu Beginn der Erzählung wird deutlich signalisiert, dass die Perle symbolisch zu verstehen ist und zugleich das zentrale Symbol der Geschichte ist. Lithargoel, der durch die Stadt geht und Perlen anpreist, wird in einer detaillierten und bildreichen Szene eingeführt (p. 2,10–32). Das Erzähltempo ist langsamer als der natürliche Ablauf der Szene wäre. Eine solche Dehnung der Erzählzeit findet sich in den ActPt nur hier, ein Zeichen für die besondere Bedeutung der Szene. Die Beschreibung Lithargoels bewegt sich mit subtilen Anspielungen auf Passion und Auferstehung bereits auf symbolischer Ebene. Die Schilderungen gipfeln im Perlenruf Lithargoels, der später noch einmal wiederholt wird (p. 2,32; 3,13). Die weitere Lektüre bestätigt die symbolische Funktion der Perle. Immer wenn sie erwähnt wird, steht sie konträr zu realistischen Erwartungen. Sie verletzt die Norm des Erzählraumes. So preist Lithargoel Perlen an, obwohl er gar keine dabei hat (p. 3,22 ff.; 4,10–15.29–34). Er will Perlen unter den Bettlern verschenken, was jene sofort als unsinnig ablehnen (p. 4,17 ff.). Die Perle ist außerdem mit der mysteriösen Namensbedeutung des Lithargoel verbunden, einer Chiffre für die Perle (p. 6,18). So hängt sie auch mit Jesus zusammen, der für den neuen, wahren Adam und die Vervollkommnung des Menschen steht. Der Weg zur Perle ist zugleich der Weg zu Christus, der die Perle wiederum überreicht (p. 10,11– 13). Schließlich ist die Perle mit der Stadt „Neun Pforten“ verbunden, einem anderen Symbol der Erzählung. Hier, in seiner Stadt, will Christus die Perle verschenken. Mit der Aufforderung, Petrus solle doch das Gleichnis verstehen, das Jesus ihm erzählt
23 Guillaumont, Actes Apocryphes, 146.
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hat (p. 10,22–30), wird zuletzt sogar explizit auf die allegorische Funktion der Perle verwiesen. Die Perle ist das zentrale Ziel und Heilsgut der Erzählung. Als Symbol verschränkt sie Anthropologie, Christologie und Soteriologie. Die Reichen disqualifizieren sich vor ihr (p. 3,21 f.25–27), den Armen wird sie als Hoffnung und Bewährungsgut vor Augen gestellt (p. 4,10–15.29–34), für die Apostel ist der Weg zu ihr eine Pflicht und ein Dienst, den sie sofort erfolgreich erfüllen (p. 5,7–14; 7,19–8,7). Als Heilsgut am Ende des asketischen Weges steht sie für die Vollkommenheit des Menschen. Da Lithargoel als Wegführer zur Perle erscheint und sein Name auf sie verweist, ist sie mit der Christologie verschränkt. Jesus ist Ur- und Vorbild des vollkommenen Menschen, weil er geduldig in den Mühen des Glaubens war. Durch ihre Verbindung mit der als Ruhe- und Friedensort dargestellten Stadt „Neun Pforten“ und durch die Zusage Christi, er werde die Perle persönlich den Menschen überreichen (p. 10,11–13), ist sie auch ein soteriologisches Symbol. Die Perle ist der Lohn der imitatio Christi und verbindet den vervollkommneten Menschen mit dem offenbarten Jesus. 3.4.3.1 Bezüge zur Perlensymbolik in anderen Schriften Perlen gehörten in der Antike zum materiell Kostbarsten, das ein Mensch besitzen konnte. Die Perle mit ihrem einzigartigen Schimmer, ihrer von Natur aus perfekten Form und ihrer Seltenheit umgab ein besonderer Zauber.24 In der alttestamentlichen Weisheitsliteratur ist die Perle als kostbarstes Gut beschrieben, das nur von der noch kostbareren Weisheit übertroffen wird (Ijob 27,23; 28,18; Spr 3,14 f.; 8,11; 20,15). Im rabbinischen Judentum ist die Perle ein geläufiges Bild für einen treffenden Gedanken, einen schönen Ausspruch oder eine gelungene Thora-Auslegung (bQid 39b). Mitunter steht sie für Israel oder die Thora selbst.25 Auch in den ActPt übertreffen die Weisheit Gottes und der Name Jesu allen Reichtum wie Gold, Silber und Perlen (p. 10,25–30). Gemeint sind damit materielle Perlen, im Gegensatz zu der Perle, die den Armen als Geschenk versprochen wird. Jene ist mit der Stadt Christi verbunden. Dies erinnert an neutestamentliche Traditionen, in denen die Perle als große Kostbarkeit das Himmelreich symbolisieren kann (Mt 13,45 f.; vgl. EvThom 76) oder für dessen Verkündigung steht (Mt 7,6; vgl. EvThom 93). Im Unterschied dazu erscheint die Perle in den ActPt als diesseitiges Gut, dass sich der Mensch durch persönliche Bewährung selbst erwirbt. In der Offenbarung
24 Vgl. Plin. nat. 9,56 und 58, der als besonders eindrucksvolles Beispiel die Legenden über das perlengeschmückte Hypogeion der Kleopatra und ihre kostbare Perle im Wert von 100 Millionen Seesternen erwähnt. Perlen galten in der Antike als Luxus- und Statussymbol der oberen Schichten, vgl. Böhme-Schönberger, Kleidung und Schmuck, 46 f. 25 Vgl. PesK 12,11; AgBer 68 (Flusser, Gleichnisse, 131).
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III Kommentar
des Johannes wird sie als eschatologisches Bild zur Schilderung der Herrlichkeit des künftigen Jerusalems gebraucht (Offb 21,21). Doch im Gegensatz zur Offenbarung, in der die Perlentore im Sinne einer Endzeiterwartung mit der künftigen Stadt verbunden sind, sind die Stadt „Neun Pforten“ und das Perlengeschenk in den ActPt nicht endzeitlich gedacht. Schon früh benutzten Christen die Perle als Bild für Christus.26 Einer Sage nach wurde Aphrodite, die griechische Göttin des Meeres, durch einen Blitzeinschlag im Inneren einer Muschel gezeugt.27 Diese Tradition übertrugen die Christen auf Maria und die Perle diente als Bild für Jesu Zeugung durch Gott in der Jungfrau Maria, bis sie schließlich ein Bild für Jesus Christus selbst wurde.28 Im Anschluss an die PerlenChristus-Symbolik „erinnern viele Ausleger daran, daß Christi Gottheit im Fleisch verborgen ist.“29 In frühsyrischen Schriften begegnet die Perle besonders häufig. Der Kirchenvater Aphrahat verwendet sie in schönen Sprachbildern, die Jesus beschreiben: „Für uns jedenfalls steht fest, dass Jesus, unser Herr, Gott ist, Sohn Gottes, König, Königssohn, Licht vom Licht, Sohn, Ratgeber, Wegführer und Weg, Erlöser, Hirte, Sammler, Tor, Perle und Leuchte“ (dem. 17,2).30 Auch in den Apostelakten bezeichnet die Perle Jesus. In einer hymnusartigen Zusammenstellung mit anderen Symbolen heißt es in den Petrusakten: „Diesen Jesus habt ihr, Brüder, die Tür, (…) die Perle, den Schatz, (…)“ (ActPe 20).31 Und im Dankgebet vor der Eucharistie preist ihn Johannes in den Johannesakten als „die unaussprechliche Perle“ (ActJ 109,8 f.). Diese Bedeutung findet sich auch in späteren Schriften des orientalischen Christentums, z. B. wird Jesus Christus im koptischen Liber Batholomaei als Perlenschatz des Vaters bezeichnet.32 Die Identifikation von Lithargoel/Jesus mit der Perle in den ActPt, wie sie auch Parrott, Molinari und Smith vermuten,33 lässt sich motivgeschichtlich gut absichern. Innerhalb des syrischen Christentums ist noch eine zweite bedeutende Tradition auszumachen: Im sogenannten Perlenlied der Thomasakten steht die Perle als Symbol für die wiederhergestellte Göttlichkeit des Menschen und seine Unsterblichkeit (ActThom 108–113).34 Inhaltlich haben dieses Gedicht und die ActPt das Motiv
26 Luz, Matthäus, 354. 27 Plin. nat. 9,107 f. Vgl. auch den Physiologus – eine frühchristliche Naturlehre mit heilsgeschichtlicher Ausdeutung, entstanden im 2.–4. Jh. –, der diese Vorstellung ebenfalls reflektiert (Kap. 44). 28 Clemens Alexandrinus führt diese Sage beispielsweise als Bild für Christi Zeugung an: paed. 2,12,118,4. Die Perle als Bezeichnung für Jesus in den Apostelakten: ActPe 20; ActJ 109 und 113; ActThom 108. 29 Luz, Matthäus, 355. Vgl. dazu z. B. Clem. paed. 2,12,118,5. 30 Bruns, Christusbild Aphrahats, 123; vgl. Aphrahat, dem. 17,2. 31 NTApo5, Bd. 2, 274. 32 Ms. C 25,12. 33 Wilson/Parrott, Acts, 201; Smith, Understand Ye a Parable, 49; Molinari, Acts, 144. 34 Menschen, die Kinder Gottes sind, werden auch im „Evangelium nach Philippus“ mit Perlen ver glichen (NHC II,3 p. 62,6–17) – die Seele oder ein Erlösungsvorgang sind jedoch nicht im Blick.
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des Reisewegs, die Gefährdung der menschlichen Seele in der Welt und deren Rettung im Glauben gemeinsam. Im Perlenlied ist das Symbol anthropozentrisch gefärbt, es steht für das wahre, göttliche Wesen des Menschen, für sein nicht-materielles, unvergängliches Wesen. Dies soll irdisch (zurück)erlangt werden: Ein Königskind wird ausgesandt, um in Ägypten die Perle zu holen, die von einem Drachen bewacht wird. Eine gefährliche Mission ist notwendig, um die Perle zu bekommen. Das Königskind muss sich der Welt enthalten und dem Drachen entkommen. Erst danach kann das Kind in die himmlische Heimat zurückkehren – die Perle ist dann auch ein Einlass-Symbol, eine Art Schlüssel. Auch in den ActPt hat die Perle eine soteriologischer Konnotation und wird durch ihre Verbindung mit Christus in die Nähe des himmlischen Bereiches gerückt. In der Verbindung mit Christus liegt der maßgebliche Unterschied in der Symbolbedeutung der Perle in den ActPt. Zwar muss sich der Mensch hier auch bewähren, der Weg der Bewährung ist allerdings Christusnachfolge und die Perle wird von Christus überreicht, der zugleich den Weg weist und zum Weg befähigt. Diese Verbindung der Perle mit Christus und seiner Einwohnung im Menschen und darüber hinaus mit dem Himmelreich findet sich auch bei Pseudo-Makarios in seinem 10. Logos „Über die himmlische Perle“ (vgl. B 10,1,2 und 5). 3.4.3.2 Bewährung zur Vollkommenheit als soteriologisches Ziel Die Symbolik der Perle steht der syrischen Tradition, also der Verwendungsweise bei Aphrahat, Pseudo-Makarios und im Perlenlied der Thomasakten besonders nahe. Die Verbindung dieses eigentlich christozentrischen Symbols mit der Anthropologie und Soteriologie in den ActPt lässt sich vor dem Hintergrund der Bewährungschristologie der Schrift verstehen (vgl. 3.5.4). Zentraler Punkt der Verkündigung ist die Geduld, Vorbild ist dabei Jesus Christus, der auch „in den Mühen des Glaubens geduldig war“ (ActPt p. 10,6 f.). Das schließt ein, dass das soteriologische Ziel des Menschen bzw. Christen die erfolgreiche asketische Bewährung ist, die in der Nachfolge Jesu realisiert werden soll. So überwindet der Mensch die Sünde, wird Christus ähnlich und erlangt die durch den Sündenfall Adams verlorene Gottebenbildlichkeit zurück. Neben dieser Bewährung sind keine Spuren anderer soteriologischer Modelle in den ActPt zu finden. Die Erlösung im Sinne hellenistisch-christlicher Vergöttlichung durch die Vermittlung des Gottmenschen Jesus Christus oder im Sinne der lateinischen Theologie durch das Opfer Jesu Christi am Kreuz sind nicht im Blick.
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III Kommentar
3.5 Die Christologie der Erzählung 3.5.1 Lithargoel Jesus Christus tritt zuerst verdeckt auf, als eine Gestalt mit dem Namen Lithargoel. Bereits das Namenselement el bzw. אל35 verweist auf eine Offenbarungsgestalt, die der himmlischen Sphäre zugeordnet ist. Die Beschreibung seines Aussehens enthält weitere Attribute eines Engels (p. 2,11–32): Lithargoel trägt ein Leinentuch und einen goldenen Gürtel, sowohl seine Gestalt als auch sein Aussehen beschreibt Petrus als schön, er hat eine hallende Stimme und stammt aus der Himmelsstadt „Neun Pforten“ (p. 6,23 f.). Zugleich wird die Engelsymbolik mit Anspielungen auf den Gekreuzigten und Auferstanden durchbrochen. Petrus erwähnt, dass er nur vier Teile vom Körper Lithargoels erkennen kann: die Füße, seine Handflächen, einen Teil seiner Brust und sein Gesicht (p. 2,19–24).36 Außerdem hat Lithargoel ein Schweißtuch um seine Brust gebunden, das Kopf und Arme bedeckt (p. 2,14–17).37 Füße, Hände und Brust sind die Körperpartien der Wundmale und verweisen zusammen mit dem Schweißtuch auf die Kreuzigung Jesu. Die Gestalt Lithargoel scheint angelomorphe Elemente und Aspekte des gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Jesus Christus in sich zu vereinen. Angelomorphe Christologie trägt andernorts subordinatianische Züge.38 In den ActPt drückt nur der Name der Stadt Christi eine Unterordnung aus: „In Neun Pforten lasst uns Gott preisen, wobei wir bedenken, dass die zehnte das Haupt ist.“ Die Zehn erscheint als höchste Zahl bzw. Zahl des Höchsten, die Neun steht dieser Zahl zwar am nächsten, bleibt jedoch hinter ihrer Vollkommenheit zurück. Da die Vorstellung von Gott als dem Haupt Christi verbreitet war,39 kann die Passage als weitere Anspielung auf Jesus verstanden werden. Sie könnte mit der Idee verbunden sein, dass Jesus
35 Engelnamen, wie Michael (z. B. Jud 1,9; Offb 12,7) oder Gabriel (Dan 8,17; Lk 1,19) enden gewöhnlich mit der hebräischen Gottesbezeichnung אל. 36 Hände und Füße als Erkennungsmerkmale des Auferstandenen: Lk 24,39; Hände und Seite: Joh 20,20. 37 Zu Leinenbinden und Schweißtuch vgl. Joh 20,6 f. Im sahidischen Neuen Testament steht für die Leinenbinde bzw. das Leinentuch das koptische Wort Hbwws (Joh 20,6) oder als griechisches Lehnwort sindwn (Lk 23,53; 24,12). 38 Besonders deutlich bei Just. dial. 61,1: „(…) ὅτι ἀρχὴν πρὸ πάντων τῶν κτισμάτων ὁ θεὸς γεγέννηκε δύναμίν τινα ἐξ ἑαυτοῦ λογικήν, ἥτις καὶ δόξα κυρίου ὑπὸ τοῦ πνεύματος τοῦ ἁγίου καλεῖται, ποτὲ δὲ υἱός, ποτὲ δὲ σοφία, ποτὲ δὲ ἄγγελος, ποτὲ δὲ θεός, ποτὲ δὲ κύριος καὶ λόγος (…)“. Justin nennt Christus einen Engel, insofern er Botendienste ausführt, seiner Natur nach ist er Gott wie der Vater, allerdings ihm untergeordnet. 39 Vgl. 1Kor 11,3: tape de N@pexristos pe pnoute.
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als Engelsgestalt durch die Himmel auf die Erde hinabgestiegen ist, die aus anderen antik-christlichen Apokryphen bekannt ist.40 Daneben gibt es in den ActPt noch zwei Passagen, die explizit etwas über die Relation von Jesus Christus zu Gott aussagen. Eine Bemerkung von Lithargoel gegenüber Petrus belegt die Vorstellung von der Sendung des Sohnes: „Er [d. h. der Name Jesus] ist eine große Kraft, die Kraft spendet. Denn ich selbst vertraue auf jenen Vater, der ihn gesandt hat“ (p. 6,17 ff.). Verglichen mit anderen Aussagen zu Sendung und Sohnschaft41 lassen diese knappen Aussagen der ActPt auf eine größere Distanz zwischen Jesus und Gott schließen. Wenn Jesus betont, er vertraue auf den Vater, impliziert diese Verhältnisaussage eine zweite Instanz. „Vertrauen auf“ benötigt ein Bezugsobjekt, entweder eine Aussage bzw. Einsicht oder eine andere Person. Das legt nahe, sich Gott als Größe neben oder über Jesus vorzustellen und weniger von einer Wesensgleichheit auszugehen, die ein wesentliches Merkmal der johanneischen Christologie ist.42 Die zweite Relationsaussage beschreibt Jesus als den Sohn eines großen Königs (p. 8,32).43 Chronologische Aspekte, die Vorstellungen von der Königherrschaft Gottes oft enthalten, bleiben hier außen vor.44 Im Hintergrund scheint die alttestamentliche Tradition von Gott als König zu stehen, der gegenwärtige und zugleich zeitübergreifende Gedanke der JHWH-König-Psalmen, wie sie z. B. Ps 95,3 enthält: „Denn der Herr ist ein großer Gott und ein großer König über alle Götter“. In den ActPt wird der Name „Jesus“ herausgestellt: sein Name ist eine große Kraft (p. 6,17), an den Namen wird geglaubt (p. 10,5 f.), er soll geehrt werden (p. 12,12) und er
40 Z. B. EpAp p. 13,6 ff.; Pistis Sophia p. 12,1 ff.; siehe dazu unten den Kommentar zu ActPt p. 6,23 f. Sowohl thematisch, als auch hinsichtlich der geografischen Verbreitung und vermutlichen Abfassungszeit weist die Epistula Apostolorum eine gewisse Nähe zu den ActPt auf. 41 Vgl. z. B. die göttliche Stimme bei Jesu Taufe und Verklärung (Mk 1,11 par; 9,7 par) oder Jesu „Jubelruf“ (Lk 10,21 f.) und natürlich die Sohn- und Sendungsaussagen bei Johannes (Joh 5,36 f.; 14,11 u. a.). 42 Neben der deutlichen Unterscheidung der beiden Personen (z. B. Joh 5,19–23 oder im „hohepriesterlichen Gebet“, 17,1.25) finden sich im Johannesevangelium auch Aussagen wie „Ich und der Vater sind eins“ (10,30), „Wer mich sieht, sieht den Vater“ (14,9) oder „Mein Herr und mein Gott“ (20,28), die eine gewisse Wesensgleichheit implizieren. 43 Diese Vorstellung entwickelte sich aus Deuterojesaja (z. B. Jes 52,7) und den JHWH-Königs-Psalmen (z. B. Ps 2 und 89). 44 Bereits alttestamentlich wird die Vorstellung vom Königtum Gottes sowohl mit Blick auf die Gegenwart gebraucht (vgl. Jesajas Berufung, Jes 6,5; die Zions- und JHWH-Königs-Psalmen Ps 47; 93; 96–99) als auch in exilisch-nachexilischer Zeit in eschatologischer Erwartung (vgl. Jes 52,7; Obd 21; Zef 3,15 und Jes 33; 24–27; Sach 12–14; Dan 2; 7). In den synoptischen Evangelien zeigen sich beide Stränge mit futurischen (vgl. die Kindersegnung, Mk 10,15.23 parr; Abendmahlwort, Mk 14,25 parr; Seligpreisung Lk 6,20 par; Vaterunser, Lk 11,2 par; Völkerwallfahrt, Lk 13,28 f. u. ö.; Einlaßwort, Mt 21,31; Seligruf, Lk 14,15) und präsentischen (vgl. die Fastenfrage bei Mk 2,18 ff. parr; Exorzismuswort, Mt 12,28 par; „Stürmerspruch“ Mt 11,12 f. par) Aussagen zum Königreich Gottes. Vgl. auch Theissen/Merz, Der historische Jesus, 226–240. Im Johannesevangelium findet sich eine präsentische Eschatologie, die präsentische und futurische Aussagen verbindet (Joh 14,2 ff.23).
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III Kommentar
wird mit der Weisheit Gottes parallelisiert (p. 10,25–30). Die frühchristliche Namenstheologie war geprägt von der jüdischen Vorstellung von der Macht des Gottesnamens.45 Im Philipperhymnus (Phil 2,9) wird Jesu Name über alle anderen gestellt. Der Name Jesu hat eine soteriologische Bedeutung. Das lässt sich z. B. aus dem Hirten des Hermas46 oder der Apostelgeschichte mit ihren Heilungserzählungen, die in Jesu Namen geschehen (Apg 3,6), herauslesen. In diesem Sinne kann der Name Jesu in den ActPt als Stärkung gelten und die Glaubenden vor den Gefahren des Weges bewahren (p. 6,11–19). Neben den angelomorphen und den Christus-Aspekten ist Lithargoel noch durch allgemeine, christliche Attribute charakterisiert. Er hat ein Buch in der Hand, das, wie Petrus in den ActPt sagt, seinen eigenen Büchern sehr ähnlich ist (p. 2,26 f.). Das Buch ist ein sehr beliebtes Symbol in der koptischen Kunst. Nicht nur die Apostel, sondern auch Christus, ebenso Mönche und Patriarchen halten bereits auf frühen Abbildungen ein mit Kreuzen und oft schön verziertes Buch in der Hand.47 Unter Christen hat sich das Buch als gebundener Kodex bereits im 2. Jh. durchgesetzt, schneller als in anderen Gruppen.48 Die Begrüßung „Mein Bruder und mein Freund“ (dreimal: p. 2,35; 3,2 f.9) entspricht christlichen Konventionen der Anrede und Begrüßung.49 Auch das FremdSein in der Welt (p. 3,10 f.) ist als christliche Existenzbeschreibung weit verbreitet.50
45 Dassmann, Kirchengeschichte, 23 f. 46 Herm(s) 9,14,6: „Siehst du nun, welche er unterstützt? Die, die aus ganzem Herzen seinen Namen tragen.“ Vgl. auch Brox, Hirt des Hermas, 415. 47 Paulus unterweist Thekla mit einem Buch auf dem Schoß, Wandmalerei in der Kapelle des Friedens in der christlichen Nekropole von Bagawat in der Westwüste Ägyptens, ca. 3./4. Jh. (Effenberger, Koptische Kunst, 36); Christus thront über den Aposteln, alle halten ein Buch in der Hand, Apsismalerei in einer Kapelle in Bawit, ein ehemaliges Kloster in Oberägypten, in dem Wandmalereien aus dem 6. Jh. entdeckt und rekonstruiert wurden (ebd., 79); die Mönche Onuphrius, Makarios der Große, Apollo und Phib mit Büchern, in den Klosterruinen von Sakkara, nördliches Ägypten, ca. 5.–7.Jh. (ebd., 87); Christus hält ein Buch, z. B. in der Kirche des Roten Klosters bei Sohag, südliches Ägypten, ca. 5.–7. Jh. (ebd., 100). 48 Blanck, Buch, 51 ff. Warum sich gerade im Christentum als erstes der Codex durchsetzte, wird kontrovers diskutiert. Als Argumente werden vorgebracht, dass ein Codex leichter nachzuschlagen und zu transportieren und außerdem das Material günstiger gewesen sei; außerdem konnten sich die Christen damit formal von der Synagoge und alten heidnischen Schriften und Kulten abgrenzen, die noch Buchrollen verwendeten. Doch alle diese Argumente lassen sich widerlegen. In einer Rolle lässt sich eine Textstelle nicht weniger schwer finden als in einem Codex, die Papyruspreise waren nicht so hoch wie oft angenommen usw. Vgl. Fouquet-Plümacher, Buch, 276 f. 49 Die gegenseitige Anrede als „Bruder“ oder auch „Schwester“ findet sich in fast jedem neutestamentlichen Brief, vgl. u. a. Röm 16,1.17; 1Petr 5,12; Hebr 13,22. Seltener belegt ist „Freund“ als Bezeichnung für einen Mitchristen, nur in 3Joh 15. Die Anrede als „Geliebte“ hingegen ist sehr häufig, nicht nur in den Johannesbriefen, sondern auch bei Paulus, vgl. 2Kor 7,1; Röm 16,5 etc., und wird im koptischen Neuen Testament der Regel mit merit übersetzt. Vielleicht steht Sbhr in den ActPt für diese Bezeichung. 50 Joh 15,19; 1Joh 5,4; 1Petr 1,1.17 u. ö.; Diog 5,5.
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Die Gestalt des Lithargoel bezieht ihre Symbolik aus drei verschiedenen Bereichen – dem allgemein christlichen, dem der engelhaften Offenbarungsgestalten und von Jesus Christus. Die Hinweise auf Christus sind subtil. Bevor Lithargoel seine wahre Identität vor Petrus enthüllt, soll der Rezipient gespannt sein und lediglich ahnen, dass mehr hinter dieser Gestalt steckt.
3.5.2 Der Arzt Vor dem Tor der Stadt „Neun Pforten“ begegnen die Jünger Lithargoel, der die Gestalt eines Arztes angenommen hat (p. 8,14 ff.). Im Vergleich zu Lithargoel wird der Arzt nur knapp geschildert und hat keinen eigenständigen Charakter, Lithargoel hat sich nur in ihn verwandelt. Die Bezeichnung Jesu als Arzt ist ein Allgemeinplatz in der christlichen Tradition. Es gibt zwei Stellen im Neuen Testament, in denen Jesus in einen Zusammenhang mit dem Arztberuf gebracht wird (Mk 2,17 parr; Lk 4,23). Doch aufgrund der Heilungswunder in allen vier Evangelien hat der Titel ἰατρός für Jesus eine beeindruckende Wirkungsgeschichte und wird im Zusammenhang mit der Vorstellung, dass Jesus Christus die durch Sünde gestörte Gottesbeziehung heilt, auch soteriologisch gefüllt.51 Auch in der apostolischen Literatur sind Heilungswunder sehr präsent, der Arzt-Titel geht sogar auf einige Apostel über, z. B. auf den Apostel Thomas (z. B. ActThom 95,10 ff.). Der therapeutische Aspekt war ein wirksames missionarisches Instrument in einer paganen Umwelt,52 in der Heilgötter wie Asklepios oder Isis populär waren.53 Gerade angesichts des florierenden Heilkultes ist es denkbar, dass das Auftraten Jesu als Arzt vom griechischen Gott Asklepios inspiriert ist.54 In den Schriften der Apologeten findet mitunter eine Auseinandersetzung mit dem Asklepioskult statt, die bemüht ist zu zeigen, dass der christliche Glaube in dieser Hinsicht äußerlich heidnischen Traditionen ähnelt, z. B. in der Apologie Justins: „Sprechen wir auch davon, dass er Lahme, Gichtbrüchige und von Geburt an Kranke gesund gemacht und Tote erweckt hat, so wird das dem gleichkommen, was von Aklepios berichtet wird.“55
51 Vgl. Dörnemann, Einer ist Arzt, 106. 52 Vgl. z. B. die Auferweckung des Artemispriesters, ActJ 47,10–15. 53 Vgl. Klauck, Umwelt des Urchristentums, 114 und 130. 54 Dies vermutete Schenke, NTApo5, Bd. 2, 374. Vgl. unten den Kommentar zu ActPt p. 8,15 ff. 55 Just. 1 apol. 22,6. Justin bezeichnet Jesus als θεραπευτής, im Gegensatz zu Ignatius aber nie als ἰατρός. Justin bestreitet die Heilkraft des Asklepios nicht, hält aber die des Logos – Jesus – für qualitativ besser, vgl. 1 apol. 30–31. Eine ausführliche Auflistung von Belegstellen zur Auseinandersetzung mit dem Asklepioskult findet sich bei Dörnemann, Krankheit und Heilung, 88–96.
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III Kommentar
Möglicherweise handelt es sich bei der Darstellung von Jesus als Arzt in den ActPt auch um eine antimanichäische „Speerspitze“. Der Manichäismus breitete sich im 3. Jh. rasch aus und sein Begründer Mani stilisierte sich u. a. als Arzt.56 Jesus heilt in den Evangelien aus göttlicher Vollmacht, im Gegensatz zur Darstellung in den ActPt natürlich ohne Arztgewand und Medizin, er gebraucht höchstens Hilfsmittel wie eine Berührung (Mk 5,30 f.; 6,56 par; 7,33), Exorzismus-Formeln (Mk 9,25 par) oder Speichel (Mk 8,23; Joh 9,6). Solche Heilungen stehen im Kontext der Reich-Gottes-Botschaft, sie bezeugen den Anbruch dieser heilschenkenden Herrschaft. Das Auftreten Christi als Arzt in den ActPt ist inhaltlich von diesem Kontext abgelöst. Er heilt einen Menschen vor den Pforten seiner Himmelsstadt, sinnvollerweise müsste dabei an eine seelische Heilung gedacht sein, dank derer dem Menschen Einlass in die Stadt gewährt wird. So aufgefasst stünde die Heilung in individueller, eschatologischer Perspektive. Jesus Christus tritt in den ActPt als Arzt auf, um seine Arztrolle auf die Apostel zu übertragen. In seiner Autorität als Auferstandener und Gottessohn übergibt er ihnen seine Arztausstattung mit dem Auftrag, zu lehren und zu heilen. Er ist Vorbild und befehligt zur Nachahmung. Die Heilungen, die den Jüngern aufgetragen werden, müssen differenziert betrachtet werden: die körperlichen sollen Vertrauen wecken, den Glauben daran, dass die Kraft Gottes durch die Apostel wirkt, die seelischen Heilungen sollen die zerstörte Gottesbeziehung wiederherstellen und den Zugang zur Stadt Christi ermöglichen.
3.5.3 Der offenbare Jesus Christus Beim Verlieren des Arztgewandes streift Lithargoel auch bisherige Charakterzüge und Gewohnheiten ab. Statt durch symbolische Zeichenhandlungen kommuniziert er nun durch die direkte und beauftragende Rede. Die Jünger, insbesondere Petrus, zuvor als selbstbewusste Apostel dargestellt, agieren verhalten und demütig vor ihrem Herrn. Zuvor war Petrus der Wortführer und Fragensteller gegenüber einem zurückhaltenden Lithargoel, nun wird Petrus getadelt. Jesu Befehl- und Mahnrede ist kein Offenbarungsdialog – sie gibt praktische Anweisungen und ist weitgehend monologisch (p. 9,30–12,8). Jesu Rede erstreckt sich über drei Papyrusseiten und ist nur zwei Mal von einer Jüngerfrage unterbrochen. Zuerst interveniert Petrus, der daraufhin als unverständig getadelt wird (p. 10,22 ff.), dann fragt Johannes (p. 11,7 ff.), der zwar von Jesus gelobt wird, aber keine eindeutige Antwort auf seine Frage bekommt.
56 Mit Rückbezug auf BeDuhn, der die Sprache im Kölner Mani-Codex mit ihren auffällig vielen medizinischen Termini untersucht hat, hält Coyle, Manichaeism, 101.111, fest, dass Mani den Titel „Arzt“ als eine seiner Selbstbezeichnungen führte.
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3.5.4 Jesus Christus als Vorbild der Bewährung Jesus wird als Vorbild der Geduld in den Mühen des Glaubens dargestellt (p. 10,6 f.). Dies korrespondiert inhaltlich mit der petrinischen Homilie in den ActPt über das Königreich der Himmel für diejenigen, die in Geduld und Ausdauer den Prüfungen standhalten und das Joch des Glaubens tragen (p. 7,8–19). Es scheint eine Art Bewährungschristologie vorzuliegen, die wiederum als imitatio Christi zur zentralen soteriologischen Kategorie wird. Aus soteriologischer Sicht ist es interessant, dass nicht Gott, sondern Jesus derjenige ist, der den Jüngern ihren Lohn bzw. den Armen die Perle gibt (p. 10,7 ff.). Dies entspricht dem christozentrischen Heilsverständnis der ActPt, die Jesus als polymorphen und unilokalen Offenbarer darstellen (p. 2,10 ff.), ihn als große Kraft sehen, mit der sich schier unmögliche Wege bewältigen lassen (p. 6,16 f.) und ihn zum himmlischen Arzt stilisieren (p. 8,15 ff.). Er ist die Weisheit Gottes, die allen Reichtum, Gold, Silber und Edelsteine übertrifft (p. 10,23–30). Auch die Ekklesiologie wird christologisch begründet: Die Gemeinde soll frei von Sünde sein und die Apostel sollen ihren Dienst aufrichtig ausführen, damit Jesu Name Ehre empfängt (p. 12,11 ff.). Dahinter könnten Vorstellungen stehen, die die Gemeinde als Leib oder Abbild Christi sehen, wie in 1Kor 12,27 oder Eph 5,30 f. Das Heilskonzept ist dualistisch. Nicht alle in der Gemeinde können sich auf dem Weg der radikalen Christusnachfolge bewähren. Den Reichen gelten die Zusage der Perle und der Lohn nicht. Auch vom Königreich der Himmel scheinen sie ausgeschlossen zu sein (vgl. p. 7,8–19).
3.5.5 Doketistische Christologie? Die unterschiedlichen Erscheinungsweisen Jesu, die er quasi an- und wieder auszieht (p. 9,15 ff.), und seine Hände, Füße und Brust, die Petrus deutlich sieht und beschreibt, ohne die Wundmale zu erwähnen (p. 2,19–24), werden in der Forschung mitunter als Hinweise auf eine „doketistische“ Christologie gesehen.57 Die Erwähnung 57 Als „doketistische“ Christologie gelten Anschauungen, die (1) die wahre Menschheit des Gottessohnes durch die Annahme eines Leibes von besonderer Qualität einschränken, oder (2) Leiden und Tod Jesu nur scheinbar gelten lassen – z. B. in dem Sinne, dass Jesus nicht wahrhaft in die Materie einging und Mensch geworden sei, sondern in Körper und Gestalten einfahre, ohne sich wirklich mit ihnen zu verbinden. Dann hätte er natürlich keine Wundmale, denn er wäre nicht gekreuzigt worden, sondern nur ein Scheinleib oder jemand anderes, wie z. B. Simon von Kyrene (vgl. z. B. ApcPt NHC VII,3 p. 81,3–82,17; 2LogSeth NHC VII,2 p. 60). Schließlich werden darunter auch Lehren verstanden, die (3) die Menschheit Jesu als nicht zum transzendenten Personenkern Christi gehöriges Akzidens charakterisieren (Löhr, Doketismus, 925) – besonders diese Definition ist problematisch weit. Molinari, Acts, 164 f., vermutet in den ActPt eine doketistische Tendenz, da Christi Körper ausführlich geschildert wird, ohne dass Spuren der Wundmale erwähnt werden.
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dieser Körperteile ohne die entsprechenden Wundmale scheint jedoch ein versteckter Hinweis auf die „wahre“ Identität von Lithargoel sein, wodurch mit der Phantasie des Lesers gespielt werden soll. Auch der Gestaltwechsel Jesu ist nicht „doketistisch“, sondern verweist auf die Göttlichkeit des Auferstanden und damit auf seine Fähigkeit, zwischen verschiedenen Erscheinungsformen zu wechseln – wie auch in einigen Epiphaniegeschichten (Lk 24,15 f.; Joh 20,14–16) oder in den Johannes- und Petrusakten.58 Typische Züge für „Doketismus“ fehlen in den ActPt: Jesu Leib ist offenbar kein Scheinleib, Menschwerdung und Passion werden zwar nicht erwähnt, aber auch nicht geleugnet. Außerdem soll Jesu irdische Existenz als Vorbild für die Glaubenden gelten, denn er war geduldig in den Mühen des Glaubens (p. 10,6 f.). Das klingt nicht nach einem Wesen, das nur einen Scheinleib angenommen hat und über der Materie steht, sondern nach einem Menschen, der Anfechtung und Leid aushalten musste.
3.5.6 Jesus Christus als Rollenspieler Wandlungsgeschichten waren spätantiken Lesern gut bekannt. Die Verwandlung ist ein typisches Motiv zentraler Göttersagen. Aus verschiedenen Motivationen heraus wechseln Götter die Gestalt, „verkleiden“ sich gewissermaßen. Besonders bekannt waren und sind die Geschichten um Zeus, der sich – meistens um seine libidinösen Ziele zu erreichen – verwandelt, zum Beispiel in einen Stier, um sich Europa anzunähern. Meistens geschieht die Verwandlung bewusst, z. B. zur Tarnung, die Identität der Charaktere bleibt erhalten. Solche Verwandlungen von Göttern sind im engeren Sinne Theophanien und können als narrative Metaphern gelesen werden. Zeus verwandelt sich hier in ein Tier, das für Kraft, Fruchtbarkeit und Geburt steht, in ein Symbol für das Göttliche. In den Zeugnissen der jüdischen und christlichen Literatur begegnen die Motive Verwandlung und Täuschung vor allem im Buch Tobit und in der Epistula Apostolorum. Im Buch Tobit gibt sich der Engel Rafael unter fiktivem Namen als Mensch aus (5,4.13), in der Epistula Apostolorum gleicht sich Jesus äußerlich einer Offenbarungsgestalt bzw. einem Εngel an (EpAp p. 13,6 ff.). Die ActPt erzählen die Verwandlung Jesu mit der Intention, einen Erlösungsweg erzählerisch darzustellen. Auch die Aufforderung des geoffenbarten Jesus, Petrus möge doch das Gleichnis verstehen, das er ihm erzählt hat (p. 10,22–25), weist darauf hin, dass Jesu Auftritte erzählte Theologie sind. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Auftritte Jesu in verschiedener Gestalt verstehen. Als Lithargoel tritt er verdeckt auf, inszeniert eine Allegorie, um die Menschen auf den Weg und die Himmelsstadt hinzuweisen. Dementsprechend trägt er Züge eines Engels bzw. einer Offenbarungsgestalt. Seine Arztrolle ist funktional – sie
58 In den Petrusakten wird die Vielgestaltigkeit Jesu damit begründet, dass Gott größer ist als unsere Gedanken (ActPe 21).
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wird benötigt, um die medizinische Ausstattung in Szene zu setzen und den Auftrag zur Heilung am Vorbild zu unterstützen. Mit dem geoffenbarten Jesus Christus ändert sich der Ton der Erzählung. Im Vergleich zu anderen Dialogszenen zwischen dem Auferstandenen und seinen Jüngern fällt auf, dass Christus hier weniger als Lehrer, mehr als vollmächtiger Auftraggeber agiert. Nach seiner Offenbarung treten auch die märchenhaften Züge der Erzählung zurück, die im Wesentlichen durch die mythische Erzählwelt und Lithargoel getragen werden.
3.6 Petrus – Anführer mit Ambivalenzen Petrusschriften waren „Bestseller“ in der frühen Christenheit. In der apokryphen „Literaturszene“ nimmt kein anderer Apostel so häufig die Hauptrolle ein. Simon Petrus ist der Held der Petrusakten, Offenbarungsempfänger, Visionär in apokalyptischen Schriften und nimmt in vielen anderen Texten die Rolle des Sprechers der Apostel ein. In den „Taten des Petrus und der zwölf Apostel“ ist er, wie der Titel bereits anzeigt, der Wortführer und Organisator der Jünger. Bereits in älteren neutestamentlichen Texten erscheint er als Autorität (vgl. 1Kor 1,12; 3,22; 9,5; 15,5; Gal 2,7 f.). Seine Karriere, die ihresgleichen sucht, beginnt im Matthäusevangelium mit der Schlüsselübergabe und dem Felsenwort (Mt 18,18 f.). Im Mattäusevangelium ist er mehr als in den anderen beiden synoptischen Evangelien die eine maßgebliche Jüngergestalt. Andere Einzelpersonen des Zwölferkreises außer ihm spielen kaum eine Rolle. Selbst die beiden Zebedaiden, Jakobus und Johannes, werden nur noch dreimal erwähnt, und zwar immer in einer Dreiergruppe mit Petrus an der Spitze. Das um ein gutes Drittel kürzere Markusevangelium nennt sie immerhin noch zehnmal und lässt Johannes einmal mit Jesus alleine sprechen (Mk 9,38). Diese Tendenz zur Hervorhebung des Petrus teilen die ActPt mit dem Evangelium nach Matthäus.59 Obwohl Petrus in den vier kanonischen Evangelien positiv hervorgehoben wird, erscheint er als widersprüchlicher Charakter, der das enge Beieinander von Glauben und Zweifel bezeugt. Dieser Grundcharakterisierung folgt auch die Erzählung in den ActPt. Nachdem der Beginn der Reise im Wir-Stil gehalten ist, tritt Petrus bei der Ankunft in der Stadt „Wohne“ als Sprecher und Organisator auf. Er geht allein in die Stadt und sucht eine Unterkunft für die Gruppe der Jünger (p. 2,7 ff.), er organisiert die Mission (p. 5,10 ff.) und holt und führt die anderen Jünger (p. 6,27 f.; 7,19 ff.). Er spricht für die Jünger und wird von Jesus gezielt angesprochen (p. 9,1 ff.). Ebenso agiert er in der ihm typischen Rolle als Offenbarungsempfänger, die er bereits im Neuen Testament innehat, wo er als erster Osterzeuge genannt wird (1Kor 15,5; Lk 24,34), das Messiasbekenntnis formuliert und zugleich die Verantwortung
59 Hengel, Petrus, 41 f.
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dafür trägt, dass seine Aussage und seine Erfahrung geheim bleiben (Mk 8,29 parr; 9,2–10 parr). In den ActPt erfährt nur Petrus Lithargoels Namen sowie den seiner Stadt und nur Petrus wird ein Gleichnis erzählt (p. 10,23 ff.). Die Aussage, Lithargoel offenbare sich nicht jedem Menschen (p. 8,30 ff.), unterstreicht diese Exklusivität. Auch die Offenbarung von Jesus Christus vollzieht sich im persönlichen Gespräch mit Petrus (p. 9,1 ff.; 9,13–15). Dabei wird auf das Felsenwort aus Mt 16,18 angespielt und die wichtige Rolle des Petrus als Fundament der Kirche betont. Wie in den Evangelien ist Petrus derjenige, der Christus als den Sohn des lebendigen Gottes bekennt (p. 9,11 f.). Bereits in den kanonisch gewordenen Evangelien ist Petrus bei visionären Erscheinungen dabei, z. B. bei der Verklärung Jesu (Mk 9,2–10 parr). In der apokryphen Petrusliteratur wird seine Funktion als Visionsempfänger besonders betont. Teilweise wird der Inhalt seiner Vision dem Evangelium gleichgestellt, so heißt es in der arabischen Petrusapokalypse: „Bewahre, was ich dir sage, lass es für dich wie die Botschaft des Evangeliums sein.“60 Petrus erscheint auch in den ActPt als Visionär, dem sich übernatürliche Dinge offenbaren. So schaut er die Stadt „Wohne“ von oben und ein geheimnisvoller Greis deutet ihm in diesem Zwischenraum den Namen der Stadt (p. 6,27–7,19). Mit diesen Rollen als Sprecher, Anführer, Offenbarungsempfänger und Visionär wird Petrus als der herausragende Apostel dargestellt, der Traditionsgarant und Missionsleiter ist. Diese Exposition wird durch die Schilderung charakterlicher Ambivalenzen und das vortreffliche Auftreten des Johannes allerdings leicht nivelliert. Angesichts der Mühen auf dem Weg wird er traurig (p. 6,10 ff.). Er fürchtet sich, als der Arzt ihn mit seinem Namen „Petrus“ anspricht, obwohl er ihn nicht kennt (p. 9,2). Jesus rügt seine Unverständigkeit, da Petrus ein Gleichnis nicht verstanden hat und Jesu Forderung, für die Armen zu sorgen, missversteht (p. 11,22–30). Diese Charakterzüge orientieren sich an den Schilderungen der Evangelien, wo Petrus dem Nachfolgeruf zwar sofort vertraut, seine Kraft, seine Einsicht und sein Glaube aber in den entscheidenden Situationen versagen – er versinkt beim ersten Gegenwind im Wasser (Mt 14,28–31), er ist von der Jesu Lehre überfordert (Mk 8,32 parr), schläft im Garten Gethsemani (Mk 14,37 parr), verweigert die Fußwaschung (Joh 13,6–9), und das alles gipfelt in der dreimaligen Verleugnung Jesu (Mk 14,66–72 parr; Joh 18,15–18.25 ff.). Nach der Rüge für seine Unverständigkeit hat Petrus Angst, Jesus noch einmal anzusprechen, und schickt Johannes vor (p. 11,1 ff.). Die Anfrage von Johannes wird von Jesus als gut und verständig gelobt (p. 11,14–17). Die Autorität von Petrus und Johannes wird schon in Apg 3 sichtbar und besonders häufig als vergleichbar angesehen.61 Da Johannes auch in Texten, die die herausragende Stellung des Petrus anerkennen und unterstützen, sehr hohe Bedeutung haben kann, artikuliert sich in dieser
60 Mingana, Apocalypse of Peter, 279. 61 Berger, Unfehlbare Offenbarung, 319. Dieser Artikel bietet im Übrigen einen guten Überblick über die umfangreiche frühchristliche Petrusliteratur.
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Szene sicherlich kein genereller Rangkonflikt.62 Die enge Verbindung von Johannes und Petrus in einigen Texten weist eher auf eine Hochschätzung des Johannesevangeliums hin, das vor allem im syrischen Raum und – unter Berücksichtigung der engen Beziehungen zwischen dem syrischen und dem ägyptischen Christentum – auch in Ägypten, besonders in Alexandrien hohes Ansehen besaß.63 Auch die Szene zwischen Petrus, Johannes und Jesus in den ActPt erinnert an entsprechende Darstellungen von Petrus und dem Lieblingsjünger im Johannesevangelium. Die kirchliche Tradition setzte den Apostel Johannes mit dem Lieblingsjünger gleich. Die Intention der ActPt würde dann grob der johanneischen Szene von dem Wettlauf zum Grab entsprechen (Joh 20,4–8). Der Lieblingsjünger ist schneller als Petrus und überholt ihn auch im Glauben, lässt ihm aber den Vortritt, wenn es darum geht, wichtige Sachverhalte für den Glauben festzustellen. Auch in den ActPt scheint Johannes Jesu Rede und Aufträge besser verstanden zu haben als Petrus. Er erkennt aber dessen Führungsrolle an und schweigt, bis er von ihm zum Sprechen aufgefordert wird. Johannes ist führungsschwach, aber verständiger als Petrus. Aus all dem lässt sich schließen, dass die Führungsposition des Petrus mit allen genannten Komponenten im Umfeld der ActPt voll anerkannt wurde. Dies ist vor allem im Hinblick auf die sogenannten Dialogevangelien, das „Evangelium nach Maria“, die Epistula Apostolorum, den „Brief des Petrus an Philippus“ und den „Brief des Jakobus“, interessant, die die Rolle des Petrus relativieren und ihn nie als alleinigen Offenbarungsempfänger schildern, im „Evangelium nach Maria“ wird er sogar negativ gezeichnet.64 Eine solche Intention vertreten die ActPt nicht. Parallel zur Exposition des Petrus bezeugen sie eine starke Hochschätzung des Johannes, die sie in die Erzählung der ActPt aufnehmen.
3.7 Heil und Heilung 3.7.1 Medizin, Ärzte und Heilung in den ActPt Lithargoel begegnet den Jüngern als Arzt, bevor er sich als Jesus Christus offenbart (p. 8,13–20). In der Erzählung sind ihm mehrere Attribute beigeordnet, die mit dem Bereich der Medizin verknüpft sind. Bereits bei seinem ersten Auftreten in der Stadt
62 In den äthiopischen Acta Petri z. B. heißt es, Johannes habe alles erhalten wie Petrus, abgesehen von den Schlüsseln des Himmelreiches (Budge, Contendings of the Apostles, Bd. 2, 524). 63 In der arabischen Fassung der Petrusapokalypse wird Petrus zusammen mit Johannes nach Antiochien gesandt, wo man beide Jünger treffen kann (Mingana, Apocalypse of Peter, 377.381). Berger, Unfehlbare Offenbarung, 274, verweist darauf, dass für die meisten Petrusschriften der syrische Raum als Verbreitungs- und Entstehungsumfeld angenommen werden kann. 64 Vgl. zu der Rolle des Petrus im „Evangelium nach Maria“, in der Epistula Apostolorum, dem „Brief des Petrus an Philippus“ und dem „Brief des Jakobus“, Hartenstein, Die zweite Lehre, 265–267.
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„Wohne“ trägt Lithargoel einen Styraxstab, der vermutlich auf sein späteres Wirken als Arzt hinweisen soll (p. 2,28).65 Als Arzt (p. 8,13–20) hat er einen Schüler samt medizinischer Ausstattung dabei: Ein γλωσσόκομον, ein Medizinköfferchen, das der Schüler trägt, und einen νάρθηξ mit Medizin, einen Arzneikoffer, den er selbst in der Hand hält. Der Arzt erwähnt, er werde kurz einen Menschen heilen gehen. Zurück bei den Jüngern offenbart er sich als Jesus Christus. Er übergibt ihnen das Medizinköfferchen und den Arzneikoffer, zunächst verbunden mit dem Auftrag zu lehren, dann mit dem Auftrag, alle Kranken zu heilen. Dabei werden die Ärzte der Seelen den Ärzten der Welt übergeordnet, die nur den Körper heilen würden, der zur Welt gehört (p. 11,16–19). Die Jünger hingegen sollen „ganzheitlich“ therapieren und dabei in zwei Schritten vorgehen. Zuerst sollen sie, im Gegensatz zu den Ärzten der Welt, die Körper der Kranken ohne weltliche Medizin heilen (p. 11,23 f.). Danach sollen die Jünger die Krankheiten der Herzen heilen, da die Menschen ihnen dies angesichts der erfolgreichen Heilung nun zutrauen werden. Die körperliche Heilung ist zweckgebunden und soll die Menschen davon überzeugen, dass die Jünger auch die Herzen heilen können. Da die Jünger explizit ohne Medizin heilen sollen, stellt sich die Frage, wofür das Medizinköfferchen und der Arzneikasten bestimmt sind. Sie sollen sicherlich eine Medizin beinhalten, die „nicht von dieser Welt ist“. Vielleicht soll so die Anwendung bestimmter Pharmazeutika bei Heilungen legitimiert werden, indem diese den Jüngern als Himmelsmedizin übergeben wird.66 Das würde einem Überbietungsmotiv entsprechen: christliche Heiler hätten dann ganz besondere und bessere Medizin als weltliche Ärzte. Angesichts der expliziten Abgrenzung von der allgemeinen Medizin kurz zuvor (p. 11,15–17) und der Aufforderung, die Jünger sollten „ohne Medizin von dieser Welt“ heilen (p. 11,23 f.), wäre zu überlegen, ob die Arzneibehälter nicht symbolisch zu verstehen sind. Mehrere Textsignale sprechen dafür. Die hohe Symbolik der Erzählung legt nahe, dass Jesu Stilisierung als Arzt wieder allegorisch zu verstehen ist – wie bereits sein Auftreten als „Perlenverkäufer“. Auch die ausführliche und bildhafte Einführung des Arztes spricht dafür. Außerdem übergibt Jesus seinen Jüngern den Arzneikasten und das Köfferchen bereits beim Befehl zur Lehre (p. 9,30–32). Anlässlich des zweiten Befehls zur Heilung wird die Übergabe des Köfferchens (nochmal) erzählt (p. 10,31 f.). Dem ist nur ein Sinn abzugewinnen, wenn auch Medizin und Lehre miteinander in Verbindung gebracht werden können und nicht nur der Befehl zur Heilung. Außerdem werden Krankheit und Heilung bereits auf der Erzählebene als Bilder für Sünde und Erlösung bzw. die seelische Wiederherstellung des Menschen verstanden. Jesus spricht von den vielen Kranken in der Stadt „Wohne“. Während der Szenen in der Stadt werden aber keine kranken Menschen
65 Styraxharz war ein kostbares Heilmittel, angewandt bei Husten und katarrhalischen Beschwerden, vgl. Hünemörder, Styrax, 1063. 66 So urteilt Dörnemann, Krankheit und Heilung, 78 f., im Anschluss an Martin Wohlers.
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erwähnt, dafür Reiche und Sünder, auf die sich Jesus später auch bezieht (p. 10,33 f.; 11,26–12,8). Die Reichen und Sünder werden später anscheinend bildlich als „Kranke“ bezeichnet. Bei der Aufforderung zur „Heilung der Krankheiten des Herzens“ wird medizinische Begrifflichkeit auch ganz offensichtlich für etwas anderes verwandt (p. 11,26). Dennoch kann die Aufforderung zur Heilung nicht nur spirituell gedeutet werden, wenn man die explizite Aufforderung, zuerst die Körper zu heilen (p. 11,19 f.) ernst nimmt. Anscheinend sollen die Jünger zunächst kraft des Glaubens körperliche Gebrechen heilen, z. B. durch Gebet und Handauflegung, und anschließend durch die Verkündigung des Beispiels Jesu den Seelen Gesundung verschaffen. Da die ActPt Fasten und konsequente Askese lehren, soll dies sicherlich auch ein Schwerpunkt ihrer Lehre sein. Dem entspricht, dass Jesus den Jüngern aufträgt, ihre Verkündigung solle sich beispielhaft daran orientieren, wie er geduldig die Mühen des Glaubens ertrug (p. 10,4–7). Dem Fasten wurde generell eine heilende Wirkung für Körper und Geist zugeschrieben.67 Vor diesem Hintergrund kann der Lehrauftrag in den ActPt auch als Auftrag zur Heilung verstanden werden. Vielleicht kann daraus gefolgert werden, dass die Arzneibehältnisse als Symbole für wahren Glauben und richtige Verkündigung und die Kraft der Askese stehen. Mit beidem sollen die Apostel in der Stadt „Wohne“ (gemeint ist wohl die Gemeinde) Missstände beheben. Zu den Krankheiten des Herzens zählen vermutlich Besitzstreben und ausschweifendes Leben (vgl. die Kritik der Gastmähler mit den Reichen in p. 12,1). Ein solcher Lebenswandel wird durch die entsprechende Verkündigung natürlich kritisiert und kann durch Fasten korrigiert werden. Da die Erzählung Jesus Christus als Vorbild für die Nachfolge statuiert, ist es schlüssig, dass er das Wissen darüber vermittelt, also bildlich die „Arznei“ überreicht. Auch sein Auftreten als Arzt wird so plausibel: Jeder, der sein Beispiel nachahmt, wird von ihm geheilt. Generell ist die Verbildlichung von soteriologisch bedeutsamen Kategorien, wie z. B. Lehre, Schrift, Sakrament68 und in der syrischen Tradition vor allem Buße, Fasten und Gebet, mit medizinischen Begriffen breit belegt. Eine besonders ausgeschmückte Arzt-Metaphorik findet sich bei Ephraem. In seiner Homilie über das Jonabuch stilisiert er Jona als Arzt, der mit scharfen Arzneien in die Stadt voller Krankheiten, gemeint ist Ninive, gesandt wird. Dort öffnet und zeigt er seine Arzneien und lässt sie wirken.69 Hier steht das Bild für die Bußpredigt und die Buße, 67 Vgl. z. B. Bas. jej. 165,1–7: Εὐθύμησον, ὅτι σοι δέδοται παρὰ τοῦ ἰατροῦ φάρμακον ἁμαρτίας ἀναιρετικόν. Ὥσπερ γὰρ οἱ ἐν τοῖς ἐγκάτοις τῶν παίδων ζωογονούμενοι σκώληκες φαρμάκοις τισὶ δριμυτάτοις ἐξαφανίζονται, οὕτως ἁμαρτίαν, ὑποικουροῦσαν τῷ βάθει, ἐναποκτείνει τῇ ψυχῇ ἐπεισελθοῦσα νηστεία, ἥγε ὡς ἀληθῶς τῆς προσηγορίας ταύτης ἀξία. 68 Viele Belege aus den Texten der drei Kappadokier sind zusammengestellt bei Dörnemann, Einer ist Arzt, 120 f. Hier sei nur verwiesen auf Clemens Alexandrinus, der die Lehre als φάρμακον bezeichnet (prot. 10,106,2), ebenso die Taufe als ἀφιεμένων τῶν πλημμελημάτων ἑνὶ παιωνίῳ φαρμάκῳ, λογικῷ βαπτίσματι (paed. 1,29,5). 69 Ephr. Sermo in Ionam 305,4–7: Ἰατρὸς ἀπεστάλη τεμεῖν αὐτῶν τὰ ἕλκη καὶ στυπτικοῖς φαρμάκοις καθαρίσαι τὰς νόσους. Ἀνοίξας ἐδείκνυε τὰ ἑαυτοῦ φάρμακα, λίαν ὄντα φοβερά, αὐστηρὰ καὶ στυπτικά·
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an anderer Stelle verdeutlicht Ephraem damit den rechten Glauben oder das rechte Fasten.70
3.7.2 Die Verbindung von Heilung und Verkündigung In den ActPt sind Lehre und Heilung miteinander verknüpft. Dies beruht sicherlich darauf, dass schon in den Evangelien im Kontext der Aussendung Verkündigung und Heilung eng miteinander verbunden sind. Die ActPt nehmen die Aufforderung zur Heilung von Mt 10,8, netSwne ari paHre, mit der Formulierung ari paHre enireFSwne (ActPt p. 10,33) fast wörtlich auf. Generell ist das Evangelium nach Matthäus für die ActPt besonders prägend, wie sich an einigen Zitaten und Anspielungen erkennen lässt, die offenbar auf das Evangelium referieren.71 Im Evangelium nach Matthäus nun sind die Ausrüstung mit Jesu Vollmacht zur Heilung (Mt 10,1) und die Aufträge zur Verkündung und Heilung (Mt 10,7–8) eng miteinander verbunden und beide stehen gleichgewichtig nebeneinander.72 Die ActPt führen die Aufträge zur Verkündigung (p. 10,4 ff.) und Heilung (p. 11; 10,31 ff.) zwar viel weiter aus, aber der Heilungsauftrag folgt unmittelbar auf den Verkündigungsbefehl. Im Matthäusevangelium wird zuvor von Heilungen berichtet (Mt 8–9), die die Botschaft vom Heilswillen Gottes verdeutlichen sollen. Auch die ActPt verweisen mit Jesu Auftreten als Arzt und der Heilung eines Menschen auf sein Wirken. Hinter dieser Verbindung von Verkündigung und Heilung steht sicherlich die Vorstellung vom vollmächtigen Messias in Wort und Tat, die im Matthäusevangelium entworfen wird. Die ActPt knüpfen daran an, indem die Jünger den Dienst der Lehre und Heilung übernehmen. Sie sollen die Christen durch Lehre und Heilung stärken, damit sie den Weg zur Stadt Christi bewältigen können, um von Christus dort „jenes Bessere“ (d. h. die Perle; p. 10,11 f.) zu erhalten.
3.7.3 Heilung durch Jesus Christus, den Arzt Im Brief des Ignatius an die Christen in Ephesus werden Anfang des 2 Jhs. erstmalig Motive aus dem Bereich der Medizin mit der Christologie und der Soteriologie ver-
70 Im spirituellen Kampf schützt das Fasten vor dem Bösen. Der Asket kann den Angriffen widerstehen und beim Fasten trainiert er seinen Körper und seinen Geist für den Kampf. Besonders eindrucksvoll beschreibt dies Ephraem in seinen Hymnen. Gutes Fasten ist wie Medizin und heilt Seele und Geist und lenkt den Menschen zusammen mit seinen guten Taten zum ewigen Leben; vgl. dazu Panicker, Fasting, 143 f., der sich vor allem auf Ephraems Hymnus über das Fasten (1,4; 4,2.11; 5,3) bezieht. 71 Vgl. im Kommentar unter 2.1–2.1.6. die Bezüge zu den kanonischen Evangelien. 72 Vgl. Luz, Matthäus, 93.
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knüpft.73 Ignatius spiritualisiert den Arzt-Begriff und bezeichnet Jesus als den einen Arzt und das eucharistische Brot als Gegengift und Arznei der Unsterblichkeit. Kritisierte religiöse Vorstellungen parallelisiert er mit körperlichen Krankheiten und sie gelten ihm als schwer heilbar.74 Die medizinischen Metaphern scheinen sich weniger an den Wunderheilungen Jesu in den Evangelien zu orientieren, sondern auf der Vorstellung zu beruhen, dass Jesus Christus die durch Sünde zerstörte Gottesbeziehung der Menschen wieder herstellen kann.75 Diese quasi medizinische Vorstellung von der Erlösung des an Leib und Seele erkrankten Menschen wird von Theophilos von Antiochien, den Alexandrinern Clemens und Origenes und schließlich von den drei Kappadokiern und vor allem von Ephraem geteilt und sprachlich weiter ausgebaut.76 Die Bezeichnung von Jesus Christus als dem Arzt der Körper und Seelen, die sich in den Thomasakten häufiger findet, zeigt eine besondere Nähe zu der Darstellung Jesu als Arzt in den ActPt und ist wie dort mit der Aufforderung verbunden, die Menschen an Leib und Seele zu heilen. Auch die Vorstellung, dass ein Apostel ein Heilmittel für die Seele anwendet, begegnet bei der Austeilung der Eucharistie, die Thomas für die Gesundheit der Seelen reicht.77 Resümierend lässt sich sagen, dass die Arzt-Metaphorik mit soteriologischen Aussagen gekoppelt und meistens spiritualisiert mit der seelischen Heilung verbunden ist.78 Umso auffälliger ist es, dass Jesus in den ActPt ganz materiell in einem Arztgewand mit Schüler und einer medizinischen Ausstattung dargestellt wird. Diese 73 Die tatsächliche Abfassung des Briefes durch Ignatius, den Bischof von Antiochien, und die Datierung um 117 n. Chr. werden kontrovers diskutiert, vgl. Lindemann, Antwort, 185–194. 74 IgnEph 7,2: εἷς ἰατρός ἐστίν (…); 20,2: das eucharistische Brot als ἀντίδοτος τοῦ μὴ ἀποθανεῖν und φάρμακον ἀθανασίας; Gegner gelten als δυσθεραπεύτος (7,1). 75 Dörnemann, Einer ist Arzt, 108. 76 Dörnemann, Einer ist Arzt, 107.110 ff. Vgl. Ephr. HcHaer. 51, wo in sechszehn Strophen beschrieben wird, wie der Arzt Christus mit medizinischen Praktiken die „Krankheiten der Irrlehren“ kuriert. Die Bildwelt dieses Hymnus steht der Darstellung Jesu als Arzt in den ActPt besonders nahe. 77 ActThom 10,5 f.: (…) ὁ ἰατρὸς τῶν ἐν νόσω κατακειμένων ψυχῶν καὶ σωτὴρ πάσης κτίσεως (…); 37,27 f.: (…) καὶ ἀνάπαυσις ταῖς ψυχαῖς ὑμῶν, ἰατρὸς δὲ καὶ τῶν σωμάτων; 78,18–21: τί δὲ καὶ θαυμάζεις περὶ τῶν σωματικῶν αὐτοῦ ἰάσεων ἅτινα ἐνεργεῖται; καὶ μάλιστα ἐπιστάμενος ἐκείνην αὐτοῦ τὴν ἴασιν τὴν βεβαίαν καὶ παραμονὴν τῇ ἰδίᾳ φύσει προφέρει; 95,9–13: [Charis fragt:] Ποῦ ἦς; Ἣ δὲ ἀποκριθεῖσα εἶπεν· Εἰς τὸν ἰατρόν. Ὃ δὲ εἶπεν· Ἐκεῖνος ὁ ξένος ἰατρός ἐστιν; Ἣ δὲ εἶπεν· Ναί, ἰατρός ἐστιν ψυχῶν· οἱ γὰρ πολλοὶ τῶν ἰατρῶν σώματα ἰατρεύουσιν τὰ λυόμενα, οὗτος δὲ ψυχὰςτὰς μὴ φθειρομένας; vgl. 143,3–6; 156,21–25; die Eucharistie für die Gesundheit der Seele: 158,19 f. 78 So resümiert auch Dörnemann, Krankheit und Heilung, 337 f. Ein Beispiel aus Clem. prot. 1,8,1–3: „Lasst uns eilen zu unserem Heiland (…) manchmal schimpft er auch (…) andere wieder lässt er ein Lied hören, wie ein guter Arzt, der bei kranken Körpern bald ein Pflaster auflegt, bald etwas einreibt, bald eine Übergießung machen lässt, manchmal aber auch das Messer oder das Feuer oder die Säge verwendet, wenn es nur mit dem Verlust eines Teiles oder Gliedes möglich ist, den Menschen zu heilen.“ Clemens klammert allerdings die leibliche Dimension nicht aus, vgl. paid. 1,6,1–4, wo er die Vorgehensweisen des Arztes und des Erziehers miteinander verschränkt: „Aber der gute Erzieher, die Weisheit, das Wort (λογός) des Vaters, er, der den Menschen erschuf, sorgt für das ganze Geschöpf, und seinen Leib und seine Seele heilt der allheilende Arzt der Menschheit.“
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III Kommentar
ausführliche erzählerische Darstellung von Jesus als Arzt ist in der frühchristlichen Literatur vorher nicht zu finden und ein Alleinstellungsmerkmal der ActPt.
3.7.4 Die Sünde als Krankheit der Seele In die soeben skizzierte Traditionslinie lässt sich auch die in den ActPt belegte Vorstellung von den „Krankheiten des Herzens“ einordnen. Die Seele, die nicht zur Welt gehört, gilt als verwundet, vermutlich vor allem durch die Habsucht, die Sünde und Menschenverachtung der Reichen und ihrer Mitläufer, die nach dem Heilungsauftrag kritisiert werden (p. 11,30 f.; 12,4–8). Die Vorstellung von der heilungsbedürftigen Seele zieht sich durch die Schriften des Codex VI der Nag-Hammadi-Schriften und wird besonders in dem hermetischen Dialog „Asklepios“ thematisiert.79 Die Schriften unterschiedlicher Herkunft greifen dabei sicher auf gemeinsame philosophische Traditionen zurück, wenn sie der seelischen und nicht der körperlichen Heilung den Vorrang geben. Spätestens seit Sokrates, bevor er starb, mit letzten Worten bat, dem Asklepios, dem Gott der Ärzte, einen Hahn zu opfern, ist die Philosophie mit der Idee der Gesundung verbunden.80 Die Metapher des Arztes für den Philosophen, der Unwissenheit kuriert, damit der „Patient“ gesunden kann, gebrauchte vor allem Seneca.81 Wie in der philosophischen Tradition liegt auch bei den genannten christlichen Autoren und in den ActPt die Priorität auf der Heilung der Seele.82 Denn der Körper vergeht, aber die (wieder) gesunde, also ganz auf Gott ausgerichtete, Seele erlangt die Auferstehung – ein unvergängliches Gut.
3.7.5 Die Abgrenzung von der weltlichen Medizin Die Abwertung der Medizin „der Welt“ in den ActPt und der geforderte Verzicht darauf, steht im Widerspruch zu der Meinung aller sogenannten orthodoxen Kirchenväter, die die Heilkunde positiv sahen und die Kenntnisse von Hippokrates und Galen z. T. auch in ihren Hospitälern anwandten.83 Die Aufforderung in den ActPt, die Körper 79 Hermes belehrt Asklepios (NHC VI,8 p. 66,3 ff.) über das Schlechte in den Menschen, das aus dem Unwissen und den Leidenschaften im Menschen entsteht. So entstehe eine Wunde, die an der Seele fresse und diese stinkend und faul mache. 80 Plat. Phaid. 118a. Seine Bitte an Kriton wird in der Regel übertragen gedeutet: Der Tod ist eine Befreiung aus dem Gefängnis des Leibes und insofern eine Gesundung für den zum Tod verurteilten Sokrates. 81 Vgl. Sen. epist. 52,9. Vgl. auch die von Pindar und Platon verwendete Metapher vom kranken Staat, Plat. rep. 405a.d; Gorg. 523; Pind. P. 4,271–272. 82 Vgl. Dörnemann, Einer ist Arzt, 108. 83 Vgl. das Resümee von Dörnemann, Einer ist Arzt, 121 f.
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ohne Medizin zu heilen (p. 11,23 f.), fällt aus diesem Rahmen. Eine ähnliche Tendenz findet sich bei Tatian, dessen Kritik allerdings viel schärfer ist als die leichte Abwertung der Medizin in den ActPt. Mit ihm hören wir eine besonders frühe Stimme, da er noch der Generation vor Tertullian angehörte, seine oratio ad Graecos entstand um 165. Der ostsyrische Apologet verurteilt darin Medizin und Ärzte als Schwindel der Materie und deren Verwendung als Schwäche.84 Die Heilung des Menschen sei zwar etwas Gutes, dürfe aber nur unter Anrufung Gottes geschehen. Es sei unvereinbar und eine Sünde, Gott anzurufen und außerdem Heilmittel anzuwenden. Im orientalischen Mönchtum85 und gerade im syrischen Raum, wo besonders strenge und aufsehenerregende Formen der Askese gepflegt wurden, scheinen bestimmte Kreise der Medizin ablehnend gegenüberzustehen. Spätere Texte zeugen von einer solchen Haltung, wie wir sie bereits bei Tatian finden. In den unter dem Namen des Makarios überlieferten Homilien wird nur derjenige als wahrhaft Glaubender dargestellt, der keine weltlichen Ärzte aufsucht, sondern seine Heilung allein bei Christus erbittet.86 Schließlich heile dieser doch die ewigen und unheilbaren Wunden der unsterblichen Seele und so könne er auch die zeitlichen Leiden und Krankheiten des Körpers heilen. Auch die Berichte über syrische Asketen wie Simeon, den Styliten, die die bewusste Geringschätzung und Schädigung des Körpers beschreiben, implizieren eine medizinkritische Tendenz.87 Im Liber Graduum wird gewarnt, wegen der Krankheit des Körpers solle nicht die Krankheit der Seele in Kauf genommen werden, d. h. die Hilfe der Dämonen zur (scheinbaren) Heilung genutzt werden. Ein Arzt darf nur im Namen Jesu heilen (M 7,14). Wie in den ActPt werden die Krankheit der Seele und die des Körpers auf der Bildebene miteinander verbunden.88 Eine ähnliche Hierarchisierung, die die Seelengesundheit der körperlichen vorordnet – da mit der gesunden Seele das ewige Leben erworben wird –, scheint in den ActPt hinter der Gegenüberstellung der Ärzte der Welt mit jenen der Seele zu stehen. Den ActPt geht es nicht um die strikte Ablehnung von Ärzten und Pharmazeutika, denn den Ärzten der Welt wird ja zugestanden, dass sie die Körper heilen. Angesichts des vergänglichen Körpers ist jedoch die Heilung der Seele viel wichtiger und eine höhere Kunst. Dies wird verdeutlicht, indem der Stand des Seelenarztes hervorgehoben und von weltlicher Medizin abgegrenzt wird. 84 Tat. orat. 18,1; 20,1 ff. 85 Schulze, Medizin und Christentum, 184. 86 Mac. Aeg. hom. 48,57–59: (…) ἐπίστευες ἂν αὐτῷ δυνατῷ ὄντι θεραπεύειν καὶ τὰ πρόσκαιρα τοῦ σώματος πάθη καὶ νοσήματα, καὶ πρὸς αὐτὸν ἂν μόνον κατέφευγες, ὑπερορῶν ἰατρικῶν ἐπιτηδευμάτων καὶ θεραπειῶν. 87 So wendet Simeon vor dem Besteigen der Säule unterschiedliche asketische Praktiken an, z. B. das zu enge Einschnüren mit einem groben Seil, das seine Haut einschneidet, um seinen irdischen Körper zu transformieren und den Auferstehungsleib vorwegzunehmen, vgl. Rengler/Stellmacher, Asketenals Wissenskörper. 88 So fordert der Autor dazu auf, nach dem Vorbild des Herrn diejenigen, „die vom Krebsgeschwür der Sünde befallen sind, zu heilen wie ein guter Arzt“ (M 17,7).
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III Kommentar
3.7.6 Die Jünger als Nachfolgende Mit dem Heilungsauftrag Jesu geht die Arztrolle auf seine Jünger über, symbolisch ausgedrückt durch das Verlieren des Arztgewandes (p. 9,15–17) und Überreichen der Medizinbehälter (p. 9,30 f.; 10,31 f.). Im Evangelium nach Matthäus (Mt 10,1.8) wird die geistliche Zurüstung und Beauftragung der Jünger durch Jesus besonders hervorgehoben.89 Die Aufträge „Heilt Schwache, erweckt Tote, reinigt Aussätzige, treibt Dämonen aus!“ (Mt 10,8) rekurrieren im Kontext des Matthäusevangeliums auf die Heilungserzählungen der vorausgehenden Kapitel (Mt 8–9). Auch die ActPt scheinen mit einem Rückbezug zu arbeiten. Kurz vor seiner Offenbarung heilt Jesus einen Menschen in/ bei seiner Stadt (p. 8,33–9,1). Dieser Mensch steht paradigmatisch für jemanden, der den Weg der Nachfolge bewältigt hat und damit Heilung erlangt. Diesem Beispiel sollen die Jünger folgen und alle Menschen, die bereits glauben, in der Stadt „Wohne“ heilen (p. 10,33–11,1). Besonders heilungsbedürftig sind die Reichen in der Gemeinde, die Jesus kurz darauf kritisiert (p. 11,26–12,8).
3.7.7 Heilung für Körper und Seele Die ActPt nehmen mit ihrer Verbindung von körperlicher und seelischer Heilung zwei Traditionen auf. Der Imperativ, körperliche Gebrechen zu heilen, scheint an den Aufforderungen im Kontext der Aussendungsrede im Matthäusevangelium (Mt 10,8; ActPt p. 10,33) orientiert zu sein. Der Befehl, die Seelen zu heilen, verweist auf die Vorstellung vom Messias, der die zerstörte Gottesbeziehung wieder herstellt, die Seele von Sünde befreit und wieder auf Gott ausrichtet. Diese Vorstellung beginnt mit Ignatius von Antiochien und dominiert später in den Schriften der sogenannten Kirchenväter. Falls die Arzneibehälter symbolisch zu verstehen sind und für die heilende Kraft der Christusnachfolge stehen, dann erteilt Jesus den Jüngern hier die Aufträge, die Christen durch die Lehre seines Beispiels und durch körperliche Heilungen und Seelsorge zur richtigen Christusnachfolge zu befähigen. Dies würde sich mit der Hauptintention der ActPt decken, moralische Laxheit, mangelnden Glaubensernst und soziale Missstände in der Gemeinde zu korrigieren. Solche Schieflagen sollen durch den asketischen Weg der Bewährung, wie ihn auch Jesus Christus ging, begradigt werden.
89 Die Bevollmächtigung und Beauftragung ist bei Matthäus im Vergleich zu Mk 6,7.13; Lk 10,1.6 und EvThom 14,4 besonders ausführlich erzählt. Die Jünger sollen πα̃ σαν νόσον καὶ πα̃ σαν μαλακίαν heilen (Mt 10,1) und dieser Auftrag wird weiter ausgeführt in der Aufforderung, sie sollen Kranke heilen, Tote auferwecken, Aussätzige reinigen und Dämonen austreiben (Mt 10,8).
4 Kommentierung durch die Abschnitte der Schrift Titel (p. 12,20–22) p. 12,20–22 Die Taten des Petrus und der zwölf Apostel Wie bei vielen Nag-Hammadi-Texten ist der Titel auch in den ActPt grafisch hervorgehoben und an das Ende der Schrift gesetzt.1 Das griechische Nomen im Singular – hier pracis statt praceis – wird durch den entsprechenden koptischen Artikel pluralisch gebraucht.2 Der Titel steht in deutlicher Spannung zum Text, in dem elf Jünger erwähnt werden (p. 9,21 f.). Zudem werden Jesu Schüler in den ActPt als „Jünger“, „Freunde“ und „Fremde“ bezeichnet, nur in der Einleitung (p. 1,5) wird von Aposteln gesprochen – dies greift der Titel wieder auf. Entgegen den Erwartungen, die der Titel weckt, werden kaum Aposteltaten beschrieben, sondern Lithargoel und Jesus sind die Handlungsträger der ActPt. Petrus und die anderen Jünger erscheinen als Beobachter, als Nachfolgende und Gehorchende. So steht der Titel in einer inhaltlichen Spannung zu anderen Petrus- oder Apostelakten, deren Zentrum die Wunder- und Missionstaten der apostolischen Helden sind.3 Aus alledem wurde geschlossen, der Titel sei nicht ursprünglich, sondern nach einer oberflächlichen Lektüre sekundär unter die Schrift gesetzt.4 Doch der Titel ist auch in sich widersprüchlich: Die Rede von Petrus und den zwölf Aposteln legt nahe, dass an dreizehn Apostel gedacht ist. Gerard Godron hat überlegt, ob Paulus in die apostolische Gruppe inkludiert ist, also in dem Titel wirklich von dreizehn Aposteln ausgegangen wird.5 In der Erzählung, die nur von elf Aposteln spricht, gibt es allerdings keinerlei Anhalt für diese Vermutung. Der Titel müsste sekundär von einem phantasiebegabten Kopisten unter die Schrift gesetzt worden sein, denn in der Regel wird von zwölf Aposteln ausgegangen.6 1 Schriften, die einen Titel nur in der subscriptio aufweisen sind z. B. die Evangelien nach Thomas (NHC II,2) und Philippus (NHC II,3), der Authentikos Logos (NHC VI,3), der „Zweite Logos des großen Seth“ (NHC VII,2) und die „Drei Stelen des Seth“ (NHC VII,5). 2 Griechische Wörter bleiben im Plural gewöhnlich unverändert, vgl. Till, Koptische Dialektgrammatik, § 61. 3 Die Acta Pauli (im Hamburger Papyrus und Koptischen Heidelberger Papyrus untertitelt als Πράξεις Παύλου) schildern titelgemäß das Wirken der Hauptfigur Paulus, so wie die Johannes- oder Thomasakten sich mit den Tates des Johannes bzw. Thomas befassen (Schneemelcher, NTApo5, Bd. 2, 195). 4 Schenke, NHD, Bd. 2, 446. Wilson/Parrott, Acts, 197; Klauck, Apokryphe Apostelakten, 191; Lapham, Peter, 71 Anm. 1; Ghica, Les Actes, 38; Patterson, Sources, Redaction and Tendenz, 1. 5 Godron, Compte rendu, 55. 6 Es ist keine eine Schrift bekannt, in der von einer solchen Gruppe aus 13 Aposteln gesprochen wird. Es ist daher eher unwahrscheinlich, dass ein Schreiber auf eine so ungewöhnliche Idee kam. https://doi.org/10.1515/9783110559996-011
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Der Titel muss auch nicht additiv verstanden werden – als ob es sich um dreizehn Apostel handele –, sondern lässt sich erklären, wenn man davon ausgeht, dass er die vielen Szenen zusammenfasst, in denen Petrus allein auftritt, aber auch jene, in denen von der Gruppe der Jünger berichtet wird. Petrus als apostolischer Hauptakteur sollte dabei vermutlich hervorgehoben werden. Der Begriff pracis für irgendwie apostolische Erzählungen ist weit verbreitet. Auch wenn in den ActPt keine Machttaten der Apostel erzählt werden, kann der Titel trotzdem als passend empfunden worden sein, weil die Erzählung auch über die Apostel berichtet. In den Nag-Hammadi-Schriften bezeichnet pracis fast immer das menschliche Handeln und Erleben.7 Werden die Reise der Jünger, die Begegnungen des Petrus in der geheimnisvollen Stadt, die Abenteuer der Jünger auf dem Weg und schließlich die Aussendung der Apostel als „Taten“ im Sinne von Erfahrungen oder Erlebnissen verstanden, die für den Leser wichtig sind und über die er aufgeklärt werden soll, dann ist vor diesem Hintergrund deren Bezeichnung als pracis berechtigt und sinnvoll. Der Widerspruch allerdings, dass in der Erzählung elf Jünger, im Titel hingegen zwölf Apostel erwähnt werden, lässt sich kaum auflösen. Er stützt die Vermutung, dass der Titel nachträglich von einem Kopisten unter die Schrift gesetzt wurde, der versuchte die abgeschriebene Erzählung zu benennen. Der Verweis auf elf Jünger (p. 9,20 f.) war ihm nicht mehr präsent oder er überging ihn, so dass er zwölf Apostel untertitelte. Innerhalb der Nag-Hammadi-Schriften ist das kein singuläres Phänomen. So wurde z. B. der Titel „Der zweite Logos des großen Seth“ wahrscheinlich nachträglich unter das Traktat gesetzt und wirkt dort merkwürdig unpassend.8
Die Apostolische Einmütigkeit im Dienst (p. 1,1–12) Vom Beginn der Erzählung ist leider wenig erhalten, von den ersten sieben Zeilen haben wir nur Bruchstücke. Immerhin der Begriff „Apostel“ und das dynamische Verb Swpe, die Erzählstimme der ersten Person Plural, das aus dem maritimen Kontext stammende Verb RHwt und das Nomen swma sind noch zu lesen. Danach werden die Einmütigkeit der Apostel und ihre Zustimmung zum Dienst geschildert. Thematisch und sprachlich wirkt dieser Anfang wie der stark komprimierte Beginn einer Apostelgeschichte, die anscheinend mit einer Ortsbestimmung, einer göttlichen Beauftragung und einer Seereise eröffnet wird.9 Dieser Abschnitt, der wie ein Vorwort 7 UW NHC II,5 p. 127,16; LibThom NHC II,7 p. 142,2; Silv NHC VII,4 p. 114,20; Zostr NHC VIII,1 p. 43,26; 116,10; TestVer NHC IX,3 p. 67,11; 69,32. 8 Pellegrini, NHD, Bd. 2, 572. 9 Bedauerlicherweise ist der Beginn älterer Apostelakten oft verloren, z. B. der der Andreas-, Petrusund Paulusakten. Die Thomasakten weisen aber einen Einstieg auf, der ähnliche, aber viel ausführlichere Züge enthält: er nennt die Namen der Apostel, enthält eine Ortsangabe und teilt jedem Apostel
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wirkt, da die eigentliche Handlung erst in der zwölften Zeile beginnt, steht in merkwürdiger Spannung zur Erzählung. Bisher ist es nicht gelungen, die weggebrochenen Textpartien zufriedenstellend und sinnvoll zu rekonstruieren. Angesichts der großen Beschädigungen – ein Fünftel des Textbestandes der ersten Seite fehlt – und der eben beschriebenen Spannung, ist es ratsam, sich mit Rekonstruktionen zurückzuhalten. Die Apostel scheinen hier am Anfang ihres Wirkens zu stehen. Sie entschließen sich, ihren Dienst anzutreten und brechen auf. In der Erzählung werden nur elf Schüler erwähnt (p. 9,20 f.), diese Bemerkung verschiebt die Chronologie noch weiter zurück. Die Erzählzeit soll also noch vor der Nachwahl des Matthias liegen (vgl. Apg 1,26). Es liegt nahe, dass die Ereignisse in den vierzig Tagen zwischen Auferstehung und Himmelfahrt stattfinden sollen, in denen Jesus seinen Jüngern laut dem Vorwort der Apostelgeschichte (1,3) häufig erschien. Viele der sogenannten Dialogevangelien beziehen sich mehr der weniger direkt auf diese Bemerkung und füllen sie narrativ aus.10 p. 1,1–7 […] Vorsehung […] Es geschah, […] uns […] Apostel […] wir segelten […] Körper, Vom Anfang der Erzählung ist wenig erhalten. Häufig wird der Beginn in der ersten Zeile so rekonstruiert, dass er mit einer Incipit-Formel beginnt: [naI ne NSa]Je e¡.11 Diese Einleitungsformel entspricht genau der Größe der Lakune. Innerhalb der Nag-Hammadi-Schriften findet sie sich häufig – sie steht am Anfang des Evangeliums nach Thomas und der „Zweiten Apokalypse des Jakobus“ und begegnet in ähnlicher Form im „Buch des Thomas“ und im „Evangelium des Judas“. An diese Einleitungsformel könnte ein relativer Nebensatz angeschlossen gewesen sein, der den Urheber der Worte bzw. den Sprecher angibt, vielleicht e¡[apetros Joou] oder e¡[anJitou]. Peter Nagel veröffentlichte in seiner Textedition einen alternativen Vorschlag zur Rekonstruktion: [paei pe pSw]Je e¡[anSwJe NHh!tF] („[Dies ist der Kampf], den [wir geführt haben].)“ Seine Ergänzung stimmt mit den erhaltenen Buchstaben überein. SwJe bezeichnet im neutestamentlichen und frühchristlichen Sprachgebrauch den geistlichen, besonders den asketischen Kampf. Die Eröff-
per Los ein Missionsgebiet zu. Danach organisiert Jesus dem zunächst widerspenstigen Apostel Thomas die Seereise nach Indien (ActThom 1–3). 10 Z. B. explizit SJC z. B. NHC III,4 p. 91,14 ff.; aber auch die Erscheinungsberichte in Epistula Apostolorum (vgl. den Dialog zwischen Jesus und seinen Jüngern, p. 12,2 ff.); AJ NHC II,1 bzw. IV,1 p. 1; 1ApcJac NHC V,3 p. 30; 31; EpPt NHC VIII,2 p. 133,12–134,9; 138,3–7; 140,15–23; EvMar BG 1 p. 9,5–20 können in diese Zeitspanne eingeordnet werden. Es gibt jedoch auch Schriften, die Jesu Erscheinung, von der sie erzählen, chronologisch explizit später verorten, z. B. EpJac NHC I,2 p. 2,19–21 (550 Tage nach Jesu Auferstehung). 11 Vgl. die Rekonstruktionen von Ghica, Les Actes, 281, und Krause, Akten, 107, s. o. im Apparat der Textausgabe zu p. 1,1 ff.
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III Kommentar
nung würde also mit den Grundzügen der Erzählung übereinstimmen. Entsagung und Ausharren im Glauben werden in der Erzählung allerdings nie als Kampf bezeichnet, sondern bildhaft umschrieben als Weg, Geduldig-Sein und Tragen des Jochs des Glaubens. Den Anfechtungen entrinnen (Rbol) die Apostel, Ausdrücke zur Bezeichnung von Auseinandersetzungen, Widerstreit oder Kampf finden sich in der Erzählung sonst nicht. Auch dürften die elf Buchstaben die Lakune gesprengt haben, der Schreiber hätte sicherlich über den Rand geschrieben – was bei der ersten Zeile ungewöhnlich wäre. In der zweiten Zeile erfolgt die Berufung auf eine πρόφασις. Das Bedeutungsspektrum dieses Wortes umfasst „Voraussagung, Rat, Grund, Veranlassung, Absicht, Entschuldigung, Zweck und Ziel“. In Septuaginta und Neuem Testament steht es vor allem in negativer Konnotation und lässt sich meist mit „Vorwand, Vortäuschung oder Ausrede“ übersetzen.12 In der Einleitung der ActPt legen sich die Bedeutungen „Vorsehung“ oder „Veranlassung“13 als Legitimation der Schrift oder des apostolischen Dienstes nahe. Der Einstieg scheint ab ovo zu beginnen und wirkt in seiner inhaltlichen Exposition wie ein Vorwort. Die Fragmente der nächsten Zeilen mit den dynamischen Verben Swpe und @r-Hwt wirken wie Reste eines Reiseberichtes. Dafür spräche auch die Erzählstimme in der 1. Person Plural, denn der pluralische Erzählstil findet sich häufig in Reiseberichten.14 Es irritiert, dass dem Verb „segeln“ anscheinend das Objekt „Körper“ zugeordnet ist (piswma, p. 1,7). Leider ist der Zusammenhang nicht mehr rekonstruierbar. Von dem Buchstaben vor dem demonstrativen Artikel sind nur noch ein unteres Häkchen und oben eine Spur erhalten. Die Reste könnten von einem a, e, k, l, s oder M stammen. Für ein M spräche, dass Konstruktionen mit Präposition oder Genitiv- bzw. Dativpartikel vor einem Artikel sehr häufig sind. Martin Krause und Peter Nagel vermuten, dass die ersten zwölf Zeilen eine Apostelversammlung und die Reise dorthin schildern, auf der die Apostel beschließen, den befohlenen Dienst auszuführen.15 Die Verben und Wortfelder unterstützen jedoch nur die Annahme einer Reisesituation – die Apostel segeln, das Nomen „Körper“ ist erhalten, es wird von Sorge und Einmütigkeit gesprochen. Eine Versammlung, ein Ort oder Beschlüsse werden im erhaltenen Text nicht erwähnt, auch keine Apostelnamen. Der Reisekontext im Zusammenhang mit swma erinnert zwar an apokalyptische Schriften, in
12 Vgl. Ps 140,4; Spr 18,1; Hos 10,4; Mk 12,40; Lk 20,47; Joh 15,22; Apg 27,30; Phil 1,18; 1Thess 2,5. 13 So auch in Dan 6,5 f. Schenke, NHD, Bd. 2, 448, übersetzt „Anlass“. 14 Das pluralische Erzählen war seit Homers Odyssee ein beliebtes Stilmittel der Reiseliteratur (vgl. Pervo, Acts, 395). Vgl. dazu Apg 16,10–17; 20,5–16; 21,1–18; 27,1–28,16. 15 „[Das sind die Wor]te, die 2 [K]ephas [und die Aposte]l 3 [sprachen]: „Es [gescha]h, a[ls wir] 4 uns [ ] zu einer 5 Apostel-Ratsversammlung 6 [ ]“ (Krause, Akten, 107). Vgl. Krause, Petrusakten, 46. Nagel, Taten, 353, ergänzt in ähnlicher Weise (p. 1,3–5): Denn es geschah, [als wir] uns [entschieden hatten] zu einem Apostel[konzil]“.
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denen außerkörperliche Erfahrungen oft die Voraussetzung einer Offenbarungsübermittlung sind,16 da die Erzählung jedoch im realistischen Stil weitergeführt wird, ist dieser Zusammenhang eher unwahrscheinlich. p. 1,7–10 mit einigen [anderen], die sich Sorge machten in ihrem [Herzen]. Und wir waren sogleich ein[mütig.] Der Umstandssatz bestimmt die Situation näher: Gemeinsam mit den Aposteln segeln andere Menschen. Die beiden kontrastierenden Sätze sind mit Hht parallel formuliert. Die Rekonstruktion der beiden Lakunen mit Hht („Herz“) ist relativ sicher, der Kontext und die Größe der Lakunen sprechen dafür, zumal die zweite noch Spuren eines H zeigt. Der Sorge der einen Gruppe ist als Kontrast die Einmütigkeit der Apostel gegenübergestellt. Die Wendung Nsa HhtN ist ungewöhnlich. Die Verbindung der Präposition mit dem Substantiv Hht („Herz“) ist sonst m. W. nicht belegt. Hier steht die Präposition mit dem status pronominalis des Nomens Hh („Vorderseite, Anfang“) zusammen. Die Präposition Nsa- erfordert häufig eine temporale Übersetzung, oft mit der Bedeutung „vorher, danach“.17 Der Zwölferkreis und die Gemeindemitglieder werden in der Apostelgeschichte nach dem Ideal der Einmütigkeit (griechisch ὁμοθυμαδόν, Apg 2,46; 4,24; 5,12) stilisiert. Die Formulierung in den ActPt, wörtlich „wir machten ein einziges Herz“, erinnert an die Jerusalemer Urgemeinde in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte, besonders Apg 4,32: „Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele“.18 Im sahidischen Neuen Testament wurde neben καρδία auch νου̃ ς mit Hht „Herz“ übersetzt, das zeigt, dass das Herz als Zentralvorstellung der Geistigkeit galt.19 Vor diesem Hintergrund handelt es sich also auch hier wohl nicht nur um die gefühlsmäßige Zustimmung der Apostel zum Dienst, um ein sentimentales Gefühl, sondern um eine bewusste, kognitive Entscheidung. Das Stichwort „Herz“ wird später wieder aufgegriffen, wenn Jesus seine Jünger auffordert, die Krankheiten des Herzens zu heilen (p. 11,19 ff.). Vielleicht ist die Sorge der Menschen eine solche Krankheit des Herzens, die der Glaube heilen kann. In diesen beiden Sätzen fällt das erste Mal der weite Fokus der Erzählstimme auf, die mitunter im auktorialen Stil Details erwähnt, die über die Perspektive der Apostel
16 Körper und Geist werden voneinander getrennt und Geist unternimmt eine Himmelsreise, z. B. in ApcPl NHC V,2 p. 19,20 ff. oder in der AscIs 7,5 (NTApo5, Bd. 2, 555). 17 Crum, Coptic Dictionary, 641a; vgl. auch Cherix, Concordance, 332. 18 Ähnlich formuliert, allerdings mit N- der Identität und folgender attributiver Anknüpfung durch N-: neuo NouHht Nouwt. 19 1Kor 14,14; Tit 1,15; Offb 17,9 sa.; vgl. auch Böhlig/Wisse, Hellenismus, 7.
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III Kommentar
hinausgehen. Hier bekommen wir Einblick in das Gefühlsleben der anderen Akteure (p. 1,8 f.), später werden die Elemente der göttlichen Fügung geschildert: der Herr bestimmt einen günstigen Zeitpunkt (p. 1,15 f.) und die Freundlichkeit der Matrosen des Schiffes (p. 1,22 f.). Die Apostel werden positiv hervorgehoben und von den anderen Menschen abgegrenzt. Bereits jetzt erfüllen sie die Grundforderung der ActPt, sich nicht zu sorgen, sondern in allen Belangen auf Christus zu vertrauen. p. 1,10–12 Wir stimmten überein, den Dienst auszuführen, den der Herr uns aufgetragen hatte. Sowohl die entsprechende Bemerkung von Petrus in ActPt p. 5,12–14 als auch die Bedeutung von διακονία20 im Neuen Testament legen nahe, dass der Dienst der Apostel der Mission gelten soll. An beiden Stellen, hier und in p. 5,14, unterstreicht das Verb T-mete den übereinstimmenden Entschluss der Jünger dazu, außerdem wird die göttliche Autorisierung des Auftrages betont. Die apostolische Missionstätigkeit wird als Dienst bezeichnet, dessen Herr und Urheber Jesus Christus ist, der oft im Zusammenhang solcher Formeln genannt wird.21 Der Satz greift analeptisch auf eine Beauftragung zurück, die nicht erwähnt, sondern beim Rezipienten vorausgesetzt wird. Im Zusammenhang der Verkündigung erhalten Jesu Jünger in den neutestamentlichen Schriften zweimal einen Auftrag: bei der Aussendung der 12 (Mt 10,1 ff.) bzw. 72 Jünger (Lk 10,1 ff.) und beim Missionsbefehl (Mt 28,18 ff.; Lk 24,47 ff.; Mk 16,15). Die positive Charakterisierung der Apostel wird fortgeführt. Sie entspricht dem Idealbild: Die Apostel liegen im Einklang mit dem Willen des Herrn und wollen frei- und einmütig ihren Verkündigungsdienst ausführen.
Die göttlich gefügte Seereise (p. 1,12–29) Dieser Abschnitt wirkt wie ein zweiter Beginn. Nachdem das maritime Wortfeld der beschädigten Zeilen zuvor bereits auf eine Segelreise schließen ließ, wird nun ausführlich die Seefahrt der Apostel eingeleitet und geschildert. Aufgrund der Textbeschädigungen lässt sich nur vermuten, dass auf den vorangehenden elf Zeilen der
20 Neben den Bedeutungen „Verpflegung“ und „Dienstleistung“ bezeichnet das Substantiv meistens den Dienst der Verkündigung, vor allem im Zusammenhang mit dem Apostolat: Röm 11,13; 2Kor 4,1, 6,3 f., 11,8; 2Tim 4,5.11; Apg 1,17.25; 20,24. 21 U. a. Apg 20,24; 2Kor 5,18; 1Tim 1,12.
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erste Beginn des apostolischen Wirkens umrissen wurde, vielleicht in einer Art Proömium.22 In der zwölften Zeile wird eine Zäsur gesetzt. Nun wird der Aufbruch zu der Missionsreise der Apostel beschrieben, die durch die göttliche Fügung von höchster Instanz legitimiert ist. Der Verweis auf die göttliche Lenkung ist vermutlich stilistisch bedingt, er ist ein typisches Element apostolischer Reiseberichte. Dementsprechend wird der Erzählraum beschrieben: Das Meer und das Schiff wirken freundlich und die Apostel treten als einmütige Gruppe auf. Die kleine Stadt in der Mitte des Meeres erscheint surreal-mythisch. Die Abläufe werden summarisch gerafft. In den Zeilen 25 f. wird nur erwähnt, dass die Apostel 24 Stunden segelten, über das Wie erfährt der Leser nichts. Die Handlung wird weiter in der 1. Person Plural erzählt, aus der Perspektive der Apostel. Dem Leser werden allerdings interne Einblicke in den göttlichen Willen gewährt. p. 1,12–16 Und wir trafen eine Verabredung miteinander (und) wir brachen zum Meer auf zu einem günstigen Zeitpunkt, der uns durch den Herrn zuteilwurde. Das anlautende q des griechischen Substantives qalassa hat vermutlich den femininen Artikel stumm assimiliert und ist haplografisch geschrieben, wie im gesamten Codex VI.23 Das aus dem Griechischen übernommene Nomen συνταγή ist im biblischen Sprachgebrauch selten (Ri 20,38 und PsSal 4,5). Dessen Hauptbedeutung „Verabredung“ fügt sich hier am besten in den Kontext des Aufbruchs ein. Durch den Umstandssatz ist eindeutig, dass der günstige Zeitpunkt durch den Herrn gefügt und den Aposteln offenbart wurde. Die Vorstellung von einer göttlichen Vorsehung, die die Mission fügt und lenkt, ist ein typisches Merkmal von Apostelgeschichten.24 Das Substantiv εὐκαιρία und das entsprechende Adjektiv εὔκαιρος werden im Neuen Testament nie zur Beschreibung einer göttlichen Fügung gebraucht.25 In den synoptischen Evangelien wird damit die günstige Gelegenheit bezeichnet, die Judas sucht, um Jesus zu verraten (Mk 14,11 parr). Im Markusevangelium findet Herodes Antipas einen „gelegenen Tag“ (ἡμέρας εὐκαίρου) für ein Fest, auf dem die Tochter der Hero-
22 Ein solches Vorwort, das eine invocatio enthält und kurz den Inhalt der Schrift zusammenfasst findet sich z. B. auch am Beginn von Ovids Metamorphosen (1,1–4). 23 Vgl. p. 1,29; 45,31; 73,14; 75,19.32. 24 Apg 8,29; 11,12; 13,2 ff.; 16,6 f.; 23,11; 27,23 ff. In den Paulusakten begleitet Paulus die Gnade Gottes auf seiner Reise nach Rom und während der Verkündigung. Sein Wirken gilt als Element des göttlichen Heilsplanes: δόξαι τὸν κύριον Χριστὸν Ἰησοῦν τὸν προοικονομοῦντα Παύλῳ (ActPl 7,24). In den Petrusakten hat Petrus eine Erscheinung, in der der Herr ihn beauftragt nach Spanien zu reisen (ActPe 1, NTApo5, Bd. 2, 259). In den ersten beiden Kapiteln der Thomasakten schickt der Herr die Apostel an ihren Missionsort. Zuerst wird die Fügung per Los ermittelt, der sich sträubende Thomas wird durch das persönliche Auftreten und Agieren des Herrn seinem Schicksal übergeben. 25 Vgl. Ghica, Les Actes, 340.
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dias tanzt und ihre Mutter den Kopf von Johannes dem Täufer fordert (Mk 6,21). Mit positiver Konnotation steht es nur zweimal: Es gibt einen günstigen Zeitpunkt für die Predigt des Wortes (2Tim 4,2) und für den Empfang der Gnade (Hebr 4,16). Die Formulierung in 2Tim 4,2 steht dem Sinn von eukairia hier am nächsten: in erster Linie soll zum Ausdruck kommen, dass der Zeitpunkt günstig für eine Seereise ist, aber der übergeordnete Grund der Reise ist die Verkündigung von Gottes Wort. In p. 1,12 erfolgt ein abrupter Raumwechsel. Eben befanden sich die Apostel auf einer Reise und segelten in den Dienst, nun verabreden sie sich auf festem Boden, um sich am Hafen zu treffen.26 Abgesehen davon, schließen die Ereignisse chronologisch schlüssig aneinander an: Nachdem die Apostel den Beschluss zum Dienst getroffen haben, verabreden sie sich dafür und gehen zum Meer, um ihre Missionsreise zu beginnen. Der Reisebeginn knüpft an das idealisierende Schema an. Menschliches Handeln und göttliche Fügung greifen ineinander: Die Apostel stellen sich ganz in den Dienst, der wiederum umfassend vom Herrn geleitet wird. p. 1,16–18 Wir fanden ein Schiff, das am Ufer festgemacht war (und) bereit war auszulaufen. Die beiden dem Hauptsatz beigeordneten koordinierenden Umstandssätze im Präsens drücken Gleichzeitigkeit aus. Doch warum legt ein Schiff an, um gleich wieder auszulaufen? Entweder ist die Erzählung bewusst zeitraffend gestaltet, um schnell in media res zu gehen und die Reise beginnen zu lassen. Oder die Wendung gibt eine Partizipialstruktur aus der möglichen griechischen Vorlage wieder, die eine temporale Bedeutung hatte.27 Das koptische Wort kro bedeutet hauptsächlich Ufer, ein Hafen (mrw), wie in p. 1,33 ist nicht erwähnt. Neben dem „geschlossenen“ Hafen im Schutz von Molen und Mauern, der mitunter sogar in die Stadtmauer mit einbezogen sein konnte, gab es in der Antike auch den „offenen“ Hafen am ungeschützten Ufer.28 In der Acta-Literatur beginnen größere Missionsreisen in der Regel zu Schiff. In den Johannesakten bricht Johannes getrieben von einem Gesicht in Milet auf, um nach Ephesus zu fahren (ActJ 1829). Erst auf dem Weg erfährt er, dass er dort große Dinge für den Herrn tun wird.
26 Die Konjunktion auw und der Raumwechsel zeigen an, dass hier ein neuer Abschnitt beginnt. 27 Griechische Partizipialstrukturen werden häufig durch Umstandssätze widergegeben, vgl. Lk 9,18.28.37 sa. Daran ist wohl die Übersetzung von Schenke, NHD, Bd. 2, 449, orientiert: „Wir fanden ein Schiff am Ufer vor Anker liegen (…)“. Doch in statischer Bedeutung wird moone i. d. R. nur mit der Präposition eHoun gebraucht, vgl. Crum, Coptic Dictionary, 174a. 28 Höckmann, Antike Seefahrt, 144. 29 Der Anfang der Johannesakten ist verloren. Bonnet, Acta, Bd. 1, 151 ff., stellt seiner Textedition zwei kurze jüngere Texte als Kapitel 1–14 voran und setzt mit Kapitel 18 eine Zäsur. Schäferdiek, NTApo5,
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Die gleiche final gefügte Spontanität begegnet in den ActPt: Die Apostel finden ein seefertiges Schiff und scheinen die Reise anzutreten, ohne ihr Ziel zu kennen, denn erst bei der Ankunft (p. 1,30 f.) erkundigt sich Petrus am Hafen nach dem Namen der Stadt. p. 1,19–23 Und wir sprachen mit den Matrosen des Schiffes, um mit ihnen an Bord zu gehen. Sie waren auch sehr freundlich zu uns, wie es durch den Herrn bestimmt war. Aus dem Kontext ergibt sich, dass Joei ein Segelschiff bezeichnet – es ist auf günstigen Wind angewiesen (p. 1,26 ff.). Die Verben R-Hwt und Gwou stehen meist für „segeln“ bzw. im Kontext von „Segel setzen“.30 Der kausative Infinitiv drückt das Vorhaben der Apostel aus: Sie fragen die Matrosen, ob sie mit an Bord gehen dürfen, und es wird ihnen gewährt. Das Verb toS bedeutet „anweisen, bestimmen“ und bezeichnet Befehle von einer höheren Hierarchieebene. Das Motiv der gottgewirkten Freundlichkeit anderer Menschen zu einem Apostel findet sich häufiger in Apostelgeschichten.31 Als Paulus in der lukanischen Apostelgeschichte nach Rom zum Kaiser gebracht wird, ist Julius freundlich zu ihm und während sie in Sidon ankern, erlaubt er Paulus, seine Freunde zu besuchen und sich pflegen zu lassen (Apg 27,3). Nach dem Schiffbruch erweisen ihnen die Leute auf Malta „eine nicht geringe Freundlichkeit“ (Apg 28,2). Die Mitnahme von Reisenden wurde bereits in der Odyssee geschildert. Die meisten Stellen stehen zwar im Zusammenhang mit Sklaverei,32 aber auch reisende Kaufleute wurden an Bord mitgenommen.33 Im 1. Jh. n. Chr. war die Personenbeförderung zu Schiff bereits fest etabliert. Kaufleute, Zivilbeamte und Offiziere waren zwischen den Provinzen unterwegs und immer mehr Touristen besuchten vor allem Griechenland.34 Frachtsegler, die auch über Nacht fuhren, waren die schnellste und beste Verbindung auf Fernreisen.35 Doch es wurden wohl kaum elf unangemeldete Fremde in letzter Minute an Bord gelassen. Bd. 2, 156, vermutet, im Anfangsteil wurde die Reise von Jerusalem nach Milet erzählt. Seine deutsche Übersetzung der Johannesakten beginnt mit Kapitel 18. 30 Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 470. Vgl. Apg 27,6.40 sa. 31 Auf Gottes Weisung hin besteigt Petrus in den Petrusakten (ActPe 5, NTApo5, Bd. 2, 262) in letzter Minute ein Schiff, wo er vom Kapitän Theon großzügig und freudig empfangen wird, der alles mit ihm teilt. In den Paulusakten reist Paulus auf dem Schiff des freundlichen und dankbaren Kapitäns Artemon, den Petrus getauft hatte (ActPl 7). 32 Z. B. Hom. Od. 7,8 ff.; 14,293ff und 341 ff. 33 Hom. Od. 2,319 f.; 8,158 ff.; 15,415 ff. Es wird auch der Brauch erwähnt, dass Reisende, die zu Gastfreunden gewordene Besucher waren, per Schiff in ihre Heimat zurückgefahren wurden – ein Ehrengeleit, für das besonders die Phäaken berühmt waren (Od. 7,191 f.317 f.; 8,31 ff.565 f.; 13,174; 16,227). 34 Höckmann, Antike Seefahrt, 87. 35 Höckmann, Antike Seefahrt, 88 f.
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Die Ermöglichung dieser Unwahrscheinlichkeit soll verdeutlichen, wie der Herr den Weg der Apostel vorherbestimmte. Wie bereits in Zeile 11 gebraucht der Autor toS um die göttliche Lenkung anzuzeigen. Der allmächtige Herr steuert das Geschick der Apostel, wobei ihm Zeit, Menschen und Natur untertan sind. p. 1,24–26 Es geschah aber, nachdem wir ausgelaufen waren, (dass) wir einen Tag und eine Nacht segelten. Der Hauptsatz wird durch einen Temporalis unterbrochen, an den der Autor asyndetisch den zweiten Teil des Hauptsatzes anknüpft: anR Hwt : anR ouHoou m~n ououSh. Im zweiten Teil wird poetisch-elliptisch das Verb R-Hwt ausgespart, wörtlich übersetzt hieße es: „Wir segelten, wir machten einen Tag und eine Nacht“. Große Schiffe segelten bei Tag und Nacht. Tagsüber orientierten sie sich mit einem Gnomon, einer Art Sonnenuhr, nachts mit einem Astrolabium, einem Peilgerät, das dabei half, die Höhe markanter Fixsterne und damit Zeit und Standort zu bestimmen.36 In den ActPt segeln die Apostel 24 Stunden auf dem Meer. Es handelt sich nicht mehr um eine kurze Überfahrt, wie sie Paulus auf seinen Reisen unternahm, wenn er im Mittelmeer unterwegs war und an einem Tag nach Kos fuhr und am folgenden nach Rhodos oder von Troas nach Samothrake (Apg 16,11; 21,1). p. 1,26–29 Danach blies ein Wind hinter dem Schiff (und) er brachte uns in eine kleine Stadt, die in der Mitte des Meeres lag. Zuvor ist zwar keine Flaute erwähnt, aber der Satz stellt klar, dass nach den 24 Stunden – die Präposition Mn~nsa drückt die Nachzeitigkeit aus – ein starker oder günstiger Wind aufkommt, der das Schiff in eine kleine Inselstadt bringt. Sie liegt in der Mitte des Meeres, wie der attributive Umstandssatz erläutert. An diesem Satz lässt sich exemplarisch zeigen, wie die ActPt in der bisherigen Forschung vor dem Hintergrund der lukanischen Apostelgeschichte und der Apostelakten interpretiert wurden und man typische Motive von dort hineinlas. Unwetter und Schiffbruch sind beliebte Erzählelemente der Reiseberichte in Apostelgeschichten37 und haben formal die Aufgabe, den Weg der Akteure zu verkomplizieren und sie an ungewöhnliche Orte zu bringen.38 Vor diesem Hintergrund übersetzte Schenke: „Danach erhob sich ein Sturm
36 Höckmann, Antike Seefahrt, 163 f. 37 Apg 27,13–44; Hom. Clem. 1,8,3 f. Vgl. auch in den synoptischen Evangelien die „Sturmstillung“ (Mk 4,35–41 parr) und den „Seewandel“ (Mk 6,45–52 par; Joh 6,16–21). 38 Z. B. Hom. Clem. 1,8,3: nachdem Clemens in See gestochen war, wurde er von widrigen Winden nach Alexandria statt zu seinem eigentlichen Ziel Judäa getrieben.
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gegen das Schiff und trieb uns zu einer kleinen Stadt (…)“.39 Doch nsa- bedeutet in Verbindung mit Verben fast immer „hinter, nach“40 und kein „Sturm“ (Hathou), sondern nur ein „Wind“ (thou) weht auf dem Meer. Victor Ghica und Peter Nagel sehen hier sogar eine Schiffbruchs-Erzählung.41 Ghica vermutet, die Verbform bekN stamme vom bohairischen biJi, das intransitiv gebraucht werde und dann „Schiffbruch erleiden, zerstört werden“ bedeutet. Dazu verweist er auf das gängige Motiv des Schiffbruches in der Acta-Literatur und auf 2Kor 11,25 und 1Tim 1,19, die einzigen Belege des Verbs im bohairischen Neuen Testament.42 Doch in ActPt wird das w auch an anderen Stellen durch ein e ersetzt, z. B. in p. 1,10, wo Jek ebol anstelle des sahidischen Jwk ebol steht. Auch der Kontext lässt nicht auf einen Schiffbruch schließen: die Apostel stranden nicht irgendwo, sondern kommen am Hafen an, sie schwimmen nicht an Land, sondern gehen mit dem Gepäck von Bord, und zuvor erfragt Petrus bei den Hafenleuten noch den Namen der Stadt (p. 1,29–2,8). Bei einem Schiffbruch wären die Dinge nie so geordnet abgelaufen. In der Regel wird ein solcher Vorfall dramatisch erzählt, selten nur beiläufig erwähnt (vgl. Apg 27,13-44). Doch was ist das für ein rätselhafter Ort, an dem die Apostel landen? Die Apostel segeln 24 Stunden und danach noch einige Zeit bei günstigem Wind. Sie müssen mindesten 26 Segelstunden von ihrem Startpunkt und die Insel muss weit vom Festland entfernt sein. Tatsächlich wird von ihr gesagt, dass sie in der Mitte des Meeres liegt. Eine reale Mittelmeerinsel als Referenz für die Insel in den ActPt scheidet aus. Vorgelagerte Inselstädte für militärische Zwecke und die vielen Inseln im Ägäischen Meer kommen wegen ihrer geringen Entfernung zum Festland nicht infrage. Die Adria und das weitere Mittelmeer sind zwar groß genug und weisen kleine Inseln auf. Doch dort gab es keine kleine Stadt mitten im Meer, die mehr als 24 Stunden vom Festland entfernt und trotzdem wohlhabend war, abgesehen davon, dass eine solche Insel zu klein wäre, ihre Bewohner agrarisch selbst zu versorgen und zu abgelegen, um rege Handelsbeziehungen für den Import zu führen. Jürgen Tubach vermutet, dass sich der Verfasser der ActPt eine Reise durch den Persischen Golf zur Insel Bahrayn denkt.43 Bahrayn ist allerdings eine große Insel und auch von den kleineren, vorgelagerten Inseln sind Bahrayn und die Küste des Festlandes immer in Sichtweite. Nicht nur die geografischen Schwierigkeiten sprechen für einen imaginären Ort, sondern auch der
39 Schenke, NHD, Bd. 2, 449. 40 Crum, Coptic Dictionary, 314a. 41 Ghica, Les Actes, 316 f.; Nagel, Taten, 335 f. 42 2Kor 11,25 bo.: a pJoi biJi Karoi Ng% Nsop; 1Tim 1,19 bo.: aubiJi Ken pinaHT. 43 Tubach, Reisewege der Apostel, 470. Er vermutet, dass die Apostel ihre Reise in der antiken Hafenund Handelsstadt Spasinou Charax (Hauptstadt des antiken Reiches Charakene nordwestlich des heutigen Basra im Irak) begonnen und an der Insel Harg oder Bahrayn geankert hätten. Dort wehe das ganze Jahr hindurch günstiger Wind und durch Überschwemmung im Frühjahr könnten kleinere Inseln wie Städte im Meer wirken.
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symbolische Name der Stadt, der als Grundlage für eine Kurzpredigt des Petrus dient (p. 7), und die visionären Züge in der Erzählung selbst. Petrus schaut hohe Wellen und wundert sich (p. 6,28 ff.), der Gestaltwandel vom Lithargoel-Perlenkaufmann zu Lithargoel-Arzt zu Jesus (p. 8,13 ff.; 9,15) erscheint surreal und der gefährliche Weg der Apostel (p. 5,19 ff.) wirkt allegorisch-existentiell und sprengt mit mehreren Tagesreisen die Größenordnung einer kleinen Inselstadt. Analog zur kleinen Inselstadt soll auch die Stadt „Neun Pforten“ (p. 6,23; 8,3 ff.) symbolisch gedeutet werden.44 Die Zivilisation mitten im Meer, die weit entfernt vom Festland den Gefahren und lebensfeindlichen Gewalten trotzt, steht wohl für die christliche Gemeinde. Jesu Stadt „Neun Pforten“ bezeichnet wohl einen Kreis asketischer Christen, die in der Nachfolge nach Vollkommenheit streben. Das die Erzählwelt umgebende Meer ist ein wichtiges Element für die Stimmung des Raumes. Als Symbol innerhalb von Erzählungen hat das Meer neben seinem nährenden Aspekt natürlich die bedrohliche Seite als unberechenbare Chaosflut.45 Die Bewohner der Inselstadt sind von dem Meer bedroht, sie müssen ausharren in den Wellen und Stürmen (p. 7,12 ff.). Nur wer sich in diesen Anfechtungen bewährt, wird zum Himmelreich gezählt.
Die Ankunft in der Stadt „Wohne“ (1,29–2,10) Im Vergleich zum summarischen Stil des Beginns der Erzählung wird mit der Ankunft in der Inselstadt das Erzähltempo gedrosselt. Einzelheiten wie der Name der Stadt, der Palmwedel des Obersten oder das Gepäck werden erwähnt. Solche Details sind für den Leser und die Einordnung der Stadt „Wohne“ von großer Bedeutung. Trotzdem werden sie von der petrinischen Erzählstimme nur kurz erwähnt und nicht kommentiert. Der Erzählstil der ActPt ist geprägt von solchen Symbolen, aber auch von Anspielungen. Gerade in dem Dialog um das Fremdsein und in der Begrüßung „Mein Bruder und mein Freund“ (p. 2,34–3,11) finden sich solche Fingerzeige, ebenso in den vieldeutigen Namen – z. B. der Stadt „Wohne“ – die scheinbar beiläufig fallen, aber entschlüsselt werden wollen. All dies verleiht der Schrift einen geheimnisvollen Charakter. Mit der Einführung von Petrus wechselt die Erzählstimme von der 1. Person Plural in die 1. Person Singular. Die Erzählebene wird dabei nicht verlassen. Weiterhin wird 44 Ghica, Les Actes, 342, vermutet, dass der Autor bis p. 1,29 historisierend erzählt, der Handlung danach aber eine symbolische Wende gibt, die mit der Ankunft in der Stadt „Wohne“ beginnt, welche der Autor selbst ebenfalls als Symbol sieht. 45 Vgl. Gilgamesch-Epos 11; Gen 6,17–7,24; Jona 1,4 ff. In Psalmen stehen Wasserfluten als Bild für Bedrohungen, vgl. z. B. Ps 18,5.17; 46,3; 60,2 ff.; 74,13; 93,3 f. Für das Meer als Symbol in antiken Erzählungen siehe auch Höckmann, Antike Seefahrt, 144.
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die Geschichte von „innen“ erzählt, aus der Sicht einer ihrer Akteure. Dieser Wechsel von der „Wir“- zur „Ich“-Erzählstimme nach dem Bericht einer Schiffsreise ist in Apostelakten ein häufiges Phänomen.46 Dem Leser der ActPt mag der Wechsel der Erzählstimme kaum auffallen, wenn er davon ausgeht, dass Petrus zuvor aufgrund der Anwesenheit der anderen Apostel und der Gepflogenheiten des Reisestils pluralisch erzählt hat. Die Apostel werden nicht unfreundlich empfangen. Die Menschen am Hafen geben Petrus bereitwillig Auskunft. Abgesehen vom Namen erfährt der Leser nichts über die Stadt. Der Abschnitt funktioniert in der Geschichte als Passage. Der Wechsel vom Meer in die Stadt wird schnell erzählt, um vor dieser Kulisse dann zur Begegnung [von Petrus?] mit dem Perlenverkäufer als einem Schwerpunkt der Erzählung überzuleiten. p. 1,29–32 Ich aber, Petrus, fragte bei einigen (Leuten) aus jenem Ort, die am Hafen standen, nach dem Namen dieser Stadt. Petrus erscheint hier exponiert als Sprecher der Jünger. Die Frage des Petrus ist der einzige Hinweis darauf, dass das Schiff von der geplanten Route abgekommen sein soll: Die Apostel, wahrscheinlich auch die Schiffer, wissen nicht, wo sie angelegt haben. Die göttliche Fügung hat das Schiff in neues Terrain getrieben. Erzählkompositorisch dient die Frage des Petrus als narratives Scharnier, um den neuen Aufenthaltsort einzuführen, dessen symbolischer Name von großer Bedeutung für die Erzählung ist – immerhin wird er p. 7,1 ff. in einer erbaulichen Meditation ausgelegt und auch Jesus erwähnt den Namen der Stadt wieder (p. 10,3). p. 1,32–2,4 Es antwortete […] von […] dieser [Stadt …] Gründe [… Geduld]. Das erste Drittel der zweiten Seite ist stärker beschädigt. Möglicherweise lautete die Passage: aFouwS~b (p. 2) 1 [\nGi oua ebol \n]Hht[ou eFJw M2mos Je pran \n]tei+p[olis pe Je 3 Gwr~G ete p]a?[i+] p?e taJr[o Mmok 4 HN ouHu] p?o?[mo]n?h? („Es antwortete [einer] von [ihnen und sagte: ‚Der Name] dieser [Stadt lautet „Wohne“ – das] heißt: Gründe [dich auf Geduld]‘“). Cherix, Krause bzw. Wilson und Parrott rekonstruieren für die erste Textlakune (p. 2,1) „ein Mensch“. Für die hier gewählte Füllung mit „einer“ spricht aber, dass in den ActPt nur der Perlenverkäufer mit rwme bezeichnet wird und andere Menschen
46 Vgl. den Wechsel zwischen der 1. Person Plural und der 3. Person Singular in ActJ 19 (Seereise nach Ephesus) und 60–62 (Rückreise nach Ephesus); vgl. auch die Übergänge in Apg 16,17 zu Vers 18; 20,5–16 zu Vers 18; 21,1–18 zu Vers 19; 27,1–28,16 zu 28,17.
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zuvor unter „einige, einer“ subsumiert werden.47 Die Antwort auf die Frage nach dem Namen der Stadt scheint in einem dreigliedrigen Nominalsatz konstruiert zu sein mit folgendem pe zur Einleitung des zitierten Namens der Stadt. Ghica kritisiert, dass die Konstruktion pe mit folgendem Je grammatisch falsch sei, und schließt die wörtliche Rede ohne Konjunktion an.48 Für die Einleitung mit Je spricht jedoch, dass sie in den ActPt zweimal gebraucht wird: Lithargoel offenbart seinen Namen und schließt dessen Erklärung mit pe Je an (p. 5,17 f.). Nachdem Johannes zum Sprechen aufgefordert wird, folgt ebenfalls das Je zur Markierung der wörtlichen Rede dem pe des zweigliedrigen Nominalsatzes (p. 11,4). Auch außerhalb der ActPt wird diese Wendung gebraucht, z. B. von Schenute von Atripe.49 Die Füllung der Lakune mit GwrG als Namen der Stadt legt sich von p. 7,2 und 10,3 her nahe. Im Sahidischen und Achmimischen gibt es zwei Homonyme mit dem Stamm GwrG, die einerseits das Bedeutungsfeld „jagen, auflauern, nachstellen“, substantiviert „Schlinge, Falle, Fallstrick“ bezeichnen, und andererseits „ausrüsten, versorgen, zubereiten und gründen, besiedeln, bewohnen“, substantiviert „Vorbereitung, Zurüstung und Gründung, Siedlung“ – auch belegt als Bestandteil von Ortsnamen.50 Das Bedeutungsfeld um den Begriff „Jagd“ scheidet kontextbedingt aus, aber alternativ zu „Wohne“ könnte der Name der Stadt auch mit „Vorbereitung“ oder „Zurüstung“ übersetzt werden. Sinnvollerweise sollte der Name der Stadt mit seiner Auslegung in p. 7 zu vereinbaren sein. Der Name „Vorbereitung“ bzw. „Zurüstung“ würde durchaus passen zu der zentralen Forderung nach Geduld (p. 7,4.8 f.) und zu der Vorstellung, dass das Ausharren in der Stadt auf das Königreich vorbereitet (p. 7,8 ff.). Mit dem zweimal genannten Gedanken, dass die Städte von denen, die geduldig glauben, bewohnt sein werden (p. 7,10.17 f.), ist jedoch der Ortsname „Wohne“ besser kompatibel. Dem Ortsnamen scheint eine Erklärung angefügt zu sein, der Text kann – unter Rückgriff auf p. 7 – vielleicht folgendermaßen rekonstruiert werden: taJr[o Mmok 4 HN ouHu]p?o?[mo]n?h?: („Gründe [dich auf Geduld]“). In der imperativischen Formulierung müsste taJro im status absolutus stehen, das pronominale Objekt wird mit Mmo# angeknüpft. Die Lakune in Zeile 3 wäre gut ausgefüllt, denn das m in Codex VI ist sehr breit geschrieben. Zu Beginn von Zeile 4 sind sechs Buchstaben ergänzt, relativ viel für die knapp 3 Zentimeter breite Lakune – dieser Raum wird sonst von maximal fünf Buchstaben ausgefüllt. Allerdings ist das H auf dieser und den fol-
47 In p. 5,21 und 7,7 ist allgemein von Menschen die Rede, es handelt sich nicht um eine direkte Bezeichnung. Dem „alten Menschen“ in p. 6,33 ist das Attribut H~llo beigeordnet. Der Gebrauch „einige andere“ und „einige“ findet sich auch in p. 1,7.31. 48 Ghica, Les Actes, 317. 49 S. die Beispiele bei Layton, Coptic Grammar, 217: „Teprw te Je Nse noei an Nnegrafh ShEnch 79,31–33 […] ouanomia gar nhtN te Je etetNsHaI sou Sh III 26,4 […] neumeris ne Nqe etshH Je senaSwpe Nto NbaSoor Sh III 47,19 f.“ 50 Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 467; Crum, Coptic Dictionary, 831b.
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genden Seiten recht schmal geschrieben. Alternativ könnte die Präposition HN- am Ende von Zeile drei gestanden haben – in diesem Fall hätte der Schreiber über den Rand geschrieben. Der Name der kleinen Inselstadt scheint als Ortsbezeichnung kaum Relevanz zu haben. Wichtig sind der symbolische Gehalt des Namens und die richtige Deutung der Stadt. Ein metaphorischer Ortsname enthält meistens den Schlüssel zu seiner Deutung. Solche Städtenamen oder die ätiologische Ableitung ihres Namens sind vor allem in der Genesis häufig zu finden. Die rückblickenden Erklärungen zu realen Ortsnamen wie Babel (Gen 11,4), Zoar (19,22), Beerscheba (26,33) und Bethel (28,19) unterscheiden sich allerdings von denen in der ActPt. Hier werden fiktive, symbolische Orte für die Erzählkulisse geschaffen. In der Erzählung geht es nicht um eine geografische Verankerung von Legenden oder die Deutung von Gottes Wirken in der Geschichte, sondern die Kulisse soll charakterisiert und Botschaften und Inhalte sollen plastisch zusammengefasst werden. Vergleichbare Phänomene finden sich bei Ezechiel, in den Weissagungen gegen Gog soll eine Stadt als Zeichen seiner Niederlage „Stadt der Heerhaufen“ heißen (המונה, Ez 39,16) und der Name der künftigen Gottesstadt lautet „Hier ist der Herr“ (יהוה שמה, 48,35). Drastisch zeichenhafte Namen erhalten auch die Kinder des Propheten Hoseas: Jesreel (Hos 1,4; die Ebene Jesreel steht für ein Schlachtfeld), Lo-Ruhama (1,6; „Kein-Erbarmen“) und Lo-Ammi (1,9; „Nicht-mein-Volk“). Wie in den ActPt werden die symbolischen Namen erklärt und halten dem Leser die entsprechenden Botschaften plastisch vor Augen. Als Schlüssel für die Deutung der Stadt „Wohne“ gibt es zum einen die Auslegung ihres Namens innerhalb der Erzählung (ActPt p. 6,33–7,19). Auf diese Deutung stützt sich auch die Lakunenfüllung „Gründe [dich in Geduld]“, wobei das griechische Substantiv Hupomonh relativ sicher ist, es ist bis auf die ersten zwei Buchstaben fast vollständig erhalten. Wir haben zum anderen die Aufforderung von Jesus an die Jünger, in die Stadt „Wohne“ zurückzugehen, um die Glaubenden zu unterweisen, zu heilen und für die Armen zu sorgen (p. 10,1–10.33 ff.), und schließlich die Abgrenzung dieser Stadt von der anderen Stadt „Neun Pforten“ (p. 6,23 f.). Da die Menschen in der Stadt „Wohne“ bereits Christen sind und die reichen Menschen als sündige Gemeindemitglieder bezeichnet werden (p. 10,4 ff.; 12,4 ff.), symbolisiert die Stadt wohl die christliche Großgemeinde, die von den Bedrängnissen der Welt, symbolisiert durch das Meer, umgeben ist.51 Diese Deutung passt auch zu der Auslegung des Greises, mit dem Petrus spricht, der die Stadt „Wohne“ als Ort der Glaubensprüfung inmitten 51 Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Ghica, Les Actes, 338: „la ville ‚Demeure, persévère dans l’endurance‘ symbolise l’Église, plus précisément l’Église militante“. Er meint aber vor allem die streitende Kirche und scheint bereits eine Institution vor Augen zu haben, die mahnt, den Glauben in der Verfolgung nicht zu verleugnen. Die Deutung der Stadt „Wohne“ als Gemeinde unterscheidet sich von der dominierenden Interpretation der Stadt „Wohne“ als Erde und der Stadt „Neun Pforten“ als
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von Schwierigkeiten und Stürmen bezeichnet (p. 7,8–14). Die Intention der Rede des Greises ist eine Ermahnung an die Christen, sich trotz der Anfechtungen im Glauben zu bewähren. Dafür wird das Bild einer bewohnten, aber zugleich von außen bedrohten Stadt gebraucht (p. 7,9 f.13 f.). In der Erzählung erscheint das Symbol der Stadt allerdings weniger geschlossen. Auch von innen ist sie bedroht, denn hier leben die als menschenverachtend und sündig beschriebenen Reichen, die Lithargoel nicht beachten (p. 3,25 ff.). Sie wohnen zwar in der Stadt, doch das Königreich der Himmel wird aus ihrer Stadt nicht hervorgehen (p. 7,11 f.), denn ihnen gilt die Zusage der Perle nicht (vgl. p. 10,9 ff. mit p. 12,6 ff.). Die Bewohner der Stadt sind mit den vorbildlichen Armen und den sündigen Reichen schematisch-flach gezeichnet. Die Stadt „Wohne“ symbolisiert die christliche Gemeinde als corpus mixtum, das mit inneren Anfechtungen – reichen Menschen, die den christlichen Glauben nicht ernsthaft leben – und einer feindlichen Umwelt – Vorurteile, vielleicht Verfolgung – umgehen muss. Der erklärende Ergänzung gibt das gewünschte Verhalten der Christen dort an: „Gründe [dich in Geduld]!“ Die Christen sollen ausharren und auf die angekündigte Gerechtigkeit warten.52 Die Geduld erscheint dabei als wichtigste Tugend. p. 2,4–6 Und […] dein Oberster, der [in dir ist, …] den Palmenzweig an der Spitze […] Das Verständnis des Satzes hängt maßgeblich von der Übersetzung des Elementes pe vor Hhgemwn ab. Im Anschluss an Krause übersetzen Wilson und Parrott hier den maskulinen Artikel Singular und rekonstruieren dementsprechend: „Und (…) der Oberste [von ihnen hielt] einen Palmenzweig an der Spitze des Hafens.“53 Der maskuline Artikel Singular steht jedoch selten in silbischer Form und auch nur vor Doppelkonsonanz.54 Folglich übersetzt Nagel pe als Element eines Nominalsatzes: „Und der [eine, der] Oberhaupt unter [ihnen war, trug] einen Palmenzweig an der Spitze [seines Stabes].“55 Nagels Rekonstruktionen korrespondieren mit der Beschaffenheit der Lakunen und fügen sich gut in den narrativen Kontext. So entsteht eine realistische Szene mit einem Stadtobersten am Hafen, der die Reisenden begrüßt. Allerdings muss Nagel für den bestimmten Artikel vor Hhgemwn emendieren. Schenke fasst das Element als Possessivartikel der 2. Person Singular fem. auf und übersetzt: „So [wird] dein Herrscher, der in [dir] ist […, indem er] den Palmenzweig […] an der Spitze
Himmelreich. Vgl. Schenke, NTApo5, Bd. 2, 372; Molinari, Acts, 96, und im Anschluss daran Klauck, Apokryphe Apostelakten, 194. 52 Vgl. Röm 5,3 f.; 8,25; 12,12; 2Kor 1,6; 2Thess 1,4 f.; Jak 1,3 f.; 1,12; 2Tim 4,7–8; Hebr 10,35 f.; Offb 2,2 f.19; 3,10. 53 Wilson/Parrott, Acts, 206. 54 S. Layton, Coptic Grammar, §52a. 55 Nagel, Taten, 354.
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[des …]“.56 Ghica schließt sich dieser Übersetzung an,57 der auch hier der Vorzug gegeben wird, denn sie bedarf keines Texteingriffes und knüpft schlüssig an die vorangehende Gesprächssituation an. Sie scheint auf eine Konsequenz des geduldigen Ausharrens hinzuweisen. Das Besondere an dieser Übersetzung ist, dass die Stadt selbst angesprochen wird. Das korrespondiert treffend mit der Bildwelt der ActPt, in der die Stadt die christliche Gemeinde symbolisiert, aber jeder Menschen auch mit einer Stadt verglichen wird, die, so sie bewohnt ist, zum Himmelreich gerechnet wird oder eben nicht, falls sie verlassen ist (p. 7,15–19). Dieses Bild wäre hier angewendet: Die Stadt des Geduldigen ist bewohnt und ihr Herrscher hält einen Palmenzweig in der Hand, ein Symbol für das Standhalten im Leiden und die Ehre der Märtyrer. Ghica schließt sich diesem Textverständnis an, orientiert sich aber an einer früheren Anmerkung von Schenke, in der dieser klom („Siegeskranz, Kampfpreis“) statt bae („Palmwedel“) übersetzt.58 Schenke geht dabei davon aus, dass mit bae eigentlich das griechische Nomen βραβει̃ον („Kampfpreis, Siegeskranz“) gemeint ist, sahidisch klom. In der bohairischen Übersetzung von 1Kor 9,24 und Phil 3,14 erscheint bai als Äquivalent dafür. Dem steht allerdings entgegen, dass das Symbol der Belohnung in der Erzählung die Perle ist, die erst in Jesu Stadt überreicht wird (p. 4,11–15.30–34; 10,11–13). Und der Palmenzweig kann durchaus sinnvoll in die Szene integriert werden. Palmenzweige galten bei Griechen und Römern als Siegessymbol und stehen auch in biblischen Texten als Zeichen des Sieges und der Huldigung.59 Alttestamentlich gilt die Palme als Symbol für Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit (Ps 91,13), so sitzt die Richterin Deborah unter einer Palme (Ri 4,5). In der christlichen Symbolik wurde der Palmenzweig in der Hand ein Merkmal für die Vorbilder im Glauben (vgl. dazu Offb 7,9), vor allem für Märtyrer.60 Hinter dem zunächst doppeldeutigen Symbol der Stadt in den ActPt steht vermutlich die Vorstellung von der Einwohnung des Geistes Gottes.61 Er leitet und belebt die Gemeinde und jeden Christen. Vor diesem Hintergrund ist der Terminus Hhgemwn 56 Schenke, NHD, Bd. 2, 449. 57 Die Form pe- begegnet als Possessivartikel der 2. P. Sg. fem. in den sahidischen, aber dialektal beeinflussten Nag-Hammadi-Texten ziemlich häufig (s. Plisch, Einführung, 10), vgl. dazu Silv NHC VII,4 p. 85,24 f. An Schenke anknüpfend rekonstruiert Ghica, Les Actes, 282: auw n[FTtaeio] 5 [NGi] p?eHhge[m]wn e!tnH[hte 6 ne] („[Demeure, c’est]-à-dire reste ferm[e en] [en]du[ran]ce pour que ton diri[g]eant qui est e[n toi] [te] [fasse don] de la branche de palmier du coeur“). 58 Schenke, NTApo5, Bd. 2, 375 Anm. 2. Ghica, Les Actes, 319, übernimmt diese Deutung. 59 Neumann-Gorsolke, Palme, 1004 f. Vgl. 1Makk 13,37; 2Makk 14,4; Joh 12,13; Offb 7,9. 60 Käch, Bildzeichen, 9. Vgl. dazu Offb 7,9. Damit ist der symbolische Gehalt des Palmenzweiges in christlichen Texten natürlich nicht erschöpft. Er steht auch für die Stadt Jerusalem, vgl. Jesu Einzug in die Stadt (Joh 12,13). 61 Die Vorstellung von der Einwohnung Christi oder Gottes findet sich auch bei Aphrahat, dem. 1,2 f.; EpJac NHC I,2 p. 5,21–24; 9,1–4; 11,17–27; Mac. Aeg. Logos B 5,3,3.
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interessant. Nicht nur weltliche Führer und Beamte oder heidnische Priester wurden ἡγεμών genannt,62 im Neuen Testament und den Schriften der sogenannten Apostolischen Väter werden die Leiter einer Gemeinde und Vorbilder im Glauben so bezeichnet.63 Die Szene lässt sich, analog zur zweifachen Bedeutung des Symbols der Stadt, doppelt deuten. Sie beschreibt die Begrüßung am Hafen, wobei der Palmenzweig auf den Gemeindeleiter als Vorbild im Glauben hinweisen könnte, der das mühevolle Joch des Glaubens trägt. Das passt zu der Beschreibung der Stadt als einem Ort, an dem in Bedrängnis und Geduld im Glauben ausgeharrt wird (p. 7,3 ff.). Es entspricht den Forderungen der ActPt, „die Last des Jochs des Glaubens auf sich zu nehmen“ (p. 7,15 f.) und „in den Mühen des Glaubens geduldig zu sein“ (p. 10,6 f.). Andererseits wird auf die spätere Zusage des Himmelreiches für die Geduldigen angespielt (p. 7,15–19): Derjenige, der geduldig ausharrt, dessen Stadt bleibt bewohnt und er wird den Palmenzweig, also himmlische Ehre erlangen. Hier steht die bewohnte Stadt für die Menschen, die Gottes Geist in sich bewahrt haben, indem sie geduldig ausharren und den Anfechtungen trotzen. p. 2,7–10 Es geschah aber, nachdem wir [mit dem] Gepäck an Land gegangen waren, (dass) ich in [die] Stadt [hinein]ging, um nach […] zu suchen, wegen einer Herberge. Füllt man die Lakune der neunten Zeile mit SoJne,64 hätte der Schreiber in diesem Fall über den Rand geschrieben. Das Nomen ist in den ActPt auch sonst nicht belegt.65 Inhaltlich ist die Textfüllung zwar plausibel, aber nicht alternativlos.66 Die Erzählung lässt sich auch ohne Textergänzung sinnvoll erschließen: Wie in p. 1,24 leitet die Konstruktion asSwpe mit Temporalis eine kurze, summarische Erzählpassage ein, um
62 Im nichtchristlichen Sprachgebrauch vgl. z. B. Soph. Phil. 386. Jüdisch-christlicher Gebrauch s. 1Clem 5,7; 32,2; 37,2.3; 51,5; 55,1; 1Makk 9,30; 2Makk 14,16; Sir 17,17; 30,27; 41,17; Ez 43,7. 63 Meist im Plural als ἡγούμενοι: Hebr 13,7.17.24; Herm(v) 2,2,6; 3,9,7; 1Clem 1,3; 21,6; vgl. auch Lk 22,26 (der Führende sei wie der Dienende); Apg 15,22 (Judas Barsabbas und Silas als führende Männer unter den Brüdern). 64 „Rat, Ratschlag“; so ergänzten Wilson/Parrott, Acts, 206 und Cherix, Concordance, 449. 65 Diese beiden Gründe schließen die Ergänzung freilich nicht aus. Das Schriftbild tritt häufig über den Rand, auch im Umfeld dieser Zeile, z. B. p. 2,9 oder in p. 1,33 und 2,19. Da die Schrift relativ kurz ist, sind viele Wörter darin nur einmalig belegt, vgl. aSe, p. 5,26; baIaik, p. 5,11; bae, p. 2,6; moun\k, p. 2,19 u. v. m. 66 Die Konstruktion „suchen nach“ könnte bspw. auch mit Hmot („Freundlichkeit, Gunst“), ouwH („Aufenthaltsort, Platz“) oder Sbhr („Freund“) bzw. son („Bruder“) verbunden gewesen sein. Petrus spricht den Perlenverkäufer immerhin gezielt als Bruder und Freund an, als er ihn nach einer Unterkunft fragt (p. 2,35).
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schnell zu der wichtigen Begegnung überzuleiten.67 Bereits mit dem Perfekt aeibwk im darauffolgenden Satz wird das Erzähltempo gedrosselt. Die Suche des Petrus initiiert alle erstaunlichen „Funde“ des Petrus – seine Begegnung mit Lithargoel und schließlich Jesu Stadt „Neun Pforten“, vor der die Jünger anders Herberge finden, als sie es erwartet haben. Auch wenn häufiger erwähnt wird, dass Apostel bei reichen Familien oder Gemeindemitgliedern Quartier nehmen,68 wird mitunter von einem Aufenthalt in einer Herberge berichtet, z. B. als die Begleiter des Johannes in den Johannesakten nur eine verlassene Herberge für ihn finden, mit einem Bett ohne Decken, auf das sie ihre Mäntel legen, damit Johannes dort ausruhen kann. Ganz so verlassen ist der Ort, nebenbei bemerkt, nicht, er beherbergt zahllose Wanzen, die Johannes jedoch fabelhaft dressiert (ActJ 60 f.). Das Gepäck, das in den ActPt erwähnt wird, könnte Fracht des Schiffes sein, die in der Stadt entladen wird. Wenn das Schiff jedoch ungeplant in die kleine Stadt getrieben wurde, deren Name den Schiffern offenbar nicht bekannt war, ist es wahrscheinlicher, dass das Schiff bald wieder auslief und es sich um Gepäck der Apostel handelt. In der Lakune am Ende der siebten Zeile könnte auch nen- („unser Gepäck“) gestanden haben. Angesichts der Aussendungsregeln, die in den synoptischen Evangelien formuliert sind (Mk 6,7–9 par), erscheint der Gedanke an Reisegepäck absurd. Nur mit Blick auf die Passion und die neue Lage der Jünger findet sich im Lukasevangelium die Aufforderung Jesu, einen Geldbeutel, eine Tasche und ein Schwert mitzunehmen (Lk 22,36). In den Apostelakten wird Gepäck mitunter erwähnt. Der Apostel Thomas bringt Gepäck an Bord, aber es gehört nicht ihm, sondern dem indischen Kaufman Abbas (ActThom 3). Und als Paulus in den Petrusakten nach Rom abreist, scheint eine größere Menge an Gepäck aus Reisebedarf und Geschenken zu bestehen, die ihm die Römer mitgeben. Bei der Ankunft des Paulus in Rom tragen Claudius und Artemon Schiffsgepäck in das Haus.69 Falls das Erwähnen von Gepäck nicht einfach dem Reiseberichtsstil geschuldet ist, könnte es sich um eine Bemerkung in ironischer Abgrenzung handeln. Das Gepäck würde zu dem Besitz gehören, den die Apostel später zurücklassen (p. 7,23 ff.), um die Bedingungen Lithargoels zu erfüllen.
67 In p. 1,24 wird knapp erwähnt, dass die Apostel einen Tag und eine Nacht segelten, um die Ankunft in der Stadt „Wohne“ ausführlicher zu schildern. Während hier nur gerafft erzählt wird, dass die Apostel mit dem Gepäck von Bord gingen, wird die anschließende Begegnung zwischen Petrus und dem Perlenverkäufer szenisch ausgeführt und detailliert beschrieben. 68 So findet Petrus in den Petrusakten nach seiner Ankunft in Rom in der Wohnung des Presbyters Narcissus Unterkunft, s. NTApo5, Bd. 2, 264. 69 NTApo5, Bd. 2, 236.261.
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Petrus erscheint hier in seiner Rolle als Sprecher der Apostel. Er übernimmt die Erzählstimme und ist Handlungsträger – er hat sich nach dem Namen der Stadt erkundigt und geht nun hinein, um eine Herberge für die Apostel zu organisieren.
Petrus begegnet dem Perlenverkäufer (p. 2,10–32) Die Begegnung des Petrus mit dem Perlenverkäufer ist erzählerisch am aufwändigsten gestaltet. Obwohl in diesem langen Abschnitt der Handlungsstrang nicht weitergesponnen wird, ist er einer der spannendsten Partien der ActPt. Er hat große Bedeutung für die Einordnung der Figurentrias Lithargoel-Arzt-Jesus, da er den Charakter Lithargoel mit Christus verbindet. Das Aussehen des Perlenverkäufers wird detailliert und bildreich von der Erzählstimme des Petrus und durch seine Augen beschrieben. Petrus bewundert ihn. Er wirkt schön, ist edel gekleidet und hat kostbare Accessoires. Einige seiner Merkmale spielen auf Jesu Kreuzigung bzw. Auferstehung an. Die meisten Begriffe lassen sich den semantischen Feldern „Kleidung“ und „Körper“ zuordnen. Der Styrax-Stab, Lithargoels Buchhülle und die angepriesene Perle als besondere Attribute von Lithargoel durchbrechen dieses Muster. Das Erzähltempo ist langsamer, als der natürliche Ablauf der Szene wäre. Eine solche Dehnung der Erzählzeit findet sich in den ActPt nur in diesem Abschnitt, ein Zeichen für seine besondere Bedeutung innerhalb der Geschichte. Die Stadt wirkt zunächst eng und verlassen, die Menschen sind abweisend (p. 3,25 ff.). Die Stimme des Perlenverkäufers hallt durch die Straßen. Dann kommen Menschen aus verborgenen Kammern, manche bleiben in ihren Gemächern oder blicken aus hohen Fenstern (p. 3,19). Erst mit dem Auftreten der Armen hinterlassen die Stadt und ihre Bewohner einen freundlicheren Eindruck. p. 2,10–12 Es kam ein Mann, bekleidet mit einem [Leinentuch], das ihm um seine Hüfte gebunden war. Folgt kein präpositionales e-, kann die Wendung ei ebol einfach mit „kommen“, nicht nur mit „hinauskommen“ übersetzt werden.70 Der Mann muss also nicht aus der Stadt in die Nähe des Hafens gekommen sein, sondern die Erzählung hat bereits den Schauplatz gewechselt und Petrus befindet sich in der Stadt und begegnet dort dem Mann, der ihm anscheinend entgegen kommt.
70 Vgl. Crum, Coptic Dictionary, 71a; „heraus aus“ übersetzen Wilson/Parrott, Acts, 207; Krause, Akten, 108 und Ghica, Les Actes, 296.
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Das Leinentuch ist als Kleidungsstück besonders mit dem religiösen Bereich verbunden.71 In vielen Mysterienreligionen wurde ein weißes Leinengewand für kultische Zwecke vorgeschrieben.72 Im Alten Testament gehören Leinengewänder zur Priesterkleidung.73 Auch Verstorbene werden nach dem jüdischen Bestattungsritus in Leinentücher gewickelt.74 In Anspielung auf alttestamentlich-priesterliche Motive tragen die Gerechten, die an Christi Reich teilhaben in der Offenbarung des Johannes Leinenkleidung (Offb 19,8), ebenso das Heer des Himmels, das Christus auf weißen Pferden folgt (19,14). Engel sind oft in weiße Leinengewänder gehüllt.75 Das Leinengewand ist in der Regel gebunden und steht in Verbindung mit dem Verb mour, das meist relativisch und nicht – wie hier – circumstantial angeknüpft wird.76 In diesem Abschnitt der ActPt fällt ohnehin die Häufung von Umstandssätzen auf, die darauf hinweisen könnte, dass griechische Partizipialsätze ins Koptische übersetzt wurden. Bildlich hat man es sich wohl so vorzustellen, dass der Mann das Leinentuch über die eine Schulter geschlagen hatte und dann die oberen Enden mit den unteren in der Hüfte zusammengebunden waren.77 Der Perlenverkäufer wird später mit Jesus identifiziert, in dieser Hinsicht ist es interessant, dass Jesus sich im Johannesevangelium mit einen Leinentuch für die Fußwaschung gürtet.78 Dort steht das Umgürten mit dem Leinengewand allerdings als Anlegen des Arbeits- bzw. Sklavenschurzes, um Jesu dienendes Verhalten den Jüngern gegenüber bildlich zu unterstreichen. Vor diesem Hintergrund sieht Ghica in dem Leinengewand in den ActPt die Kleidung eines Apotaktiten und folgert, dass Jesus durch diese Kleidung als Exempel für eine vorbildliche, praktische Askese statuiert wird.79 Die Accessoires des Perlenverkäufers, die nicht so recht
71 Leinenbinden und Schweißtuch vgl. Joh 20,6 f. Im sahidischen Neuen Testament steht für die Leinenbinde bzw. das Leinentuch das koptische Wort Hbwws (Joh 20,6) oder – wie hier – griechisch sindwn (Lk 23,53; 24,12). 72 Nach der Andania-Inschrift (datiert auf 92 v. Chr.) müssen Initianden weiße Leinenchitone tragen, s. SIG 736,15, auch im Dionysos- und Isiskult war dies Pflicht, vgl. Maier, Kleidung, 20 f. 73 Ex 28,5 ff.15.39; Ez 44,17. 74 Vgl. die Bestattung Jesu und die Bemerkung, Josef von Arimathäa hätte ihn in Leinentuch gewickelt (Mk 15,46 parr; Joh 19,40). 75 Ez 9,3.11; 10,2.6 f.; Dan 7,9; 10,5; 12,6 f. 76 Vgl. das Beispiel bei Förster, Wörterbuch, 468, aus einem Brief: tHoite plention etmhr mmos; vgl. auch Joh 13,4: auw eFotou Mplention etmhr MmoF. 77 Die Erwähnung der Hüfte könnte eventuell auf den Lanzenstich in Jesu Seite bei seiner Kreuzigung hinweisen (Joh 19,34), allerdings steht im sahidischen Neuen Testament spir und nicht Tpe. 78 Vgl. Oepke, ζώνη, 306. 79 Ghica, Les Actes, 340. Die Bezeichnung „Apotaktiten“ geht zurück auf das griechische Nomen ἀποτακτικός und den in Lk 14,33 geforderten Verzicht auf Güter. Gegen Ende des 4. Jhs. gab es diesen Titel als eine Art Berufsbezeichnung für christliche Asketen, die auf Ehe und Besitz verzichteten. Auch Vorsteher der pachomianischen Gemeinschaften führten diesen Titel. Epiphanius von Salamis überliefert den Begriff als Selbstbezeichnung rigoroser asketischer Gruppen in Kleinasien, die er anklagt, die apostolische Praxis der Armut und Weltentsagung für alle Christen verbindlich machen zu wollen (haer. 61); vgl. Elm, Apotaktiken, 655.
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zu einem Apotaktiten passen, z. B. der goldene Gürtel und der wertvolle Styraxstab, erklärt er dadurch, dass Jesus durch vier verschiedene Bearbeiter angekleidet wurde, wobei jeder seine Lieblingsstücke eintrug. An dieser Stelle wäre folglich der Bearbeiter am Werk, der auch den asketischen Diskurs über die Gefahren und das richtige Verhalten auf dem Weg (p. 5,19–6,8) eingefügt hat. Das Phänomen der unterschiedlichen Attribute lässt sich einfacher erklären. Viele Stellen in den ActPt scheinen von der Offenbarung des Johannes inspiriert zu sein.80 Nimmt man an, dass der Perlenverkäufer ein Leinengewand trägt, da es auf seine himmlische Heimat verweisen und ihn als Offenbarungsgestalt kennzeichnen soll, steht es nicht im Widerspruch zu den anderen Komponenten seiner Aufmachung. p. 2,13 Er hatte einen goldenen Gürtel, der [darum] geschnallt war. Nicht mit einem Possessivsatz, dem geläufigsten Ausdruck für „haben“ bzw. „nicht haben“,81 sondern in Existenzsätzen werden die Kleidungsstücke und Attribute des Perlenverkäufers erläutert. Der circumstantial transponierte Umstandssatz bestimmt den goldenen Gürtel näher. Der Gürtel des Perlenverkäufers könnte einen dreifachen Zweck gehabt haben. Zunächst einen ganz praktischen: er hält das Leinentuch zusammen und befestigt es.82 Außerdem wird ein Gürtel auch als Tasche und Aufbewahrungsort für Kostbarkeiten verwendet. Er ist also auch ein passendes Accessoire für einen Perlenkaufmann. Schließlich tragen vor allem Engel und der erhöhte Christus mitunter goldene Gürtel.83 Vor allem in den Engeltraditionen der äthiopischen und koptischen Kirche werden sie als Träger von Leinentüchern mit goldenen Gürteln beschrieben. Insofern harmonieren die beiden Komponenten hier sehr gut.84 Dem Petrus begegnet Lithargoel als stattlicher, edel gegürteter Mann. Zuerst wurden die Attribute eingeführt, die auf eine Offenbarungsgestalt hinweisen.
80 Vgl. z. B. ActPt p. 2,6 mit Offb 7,9; ActPt p. 2,13 mit Offb 1,13; ActPt p. 2,26 mit Offb 20,12; ActPt p. 2,29 f. mit Offb 1,10 ff.; 5,2. 81 Layton, Coptic Grammar, §383. 82 Ein Gürtel war ein gängiges Mittel zum Umgürten oder Aufschürzen eines Kleidungsstückes. So schürzt Diogenes den Mantel, um sein Fass zu rollen, vgl. Lukian, Quomodo historia conscribenda sit 3. 83 Engel: Dan 10,5; Offb 15,6; LB Ms. C 45,10 f.; Jesus: Offb 1,13. 84 Wegen der Parallelen zur Offenbarung des Johannes hält Ghica, Les Actes, 341, es für sehr unwahrscheinlich, dass der Gürtel aus einer Engelschilderung übernommen sein könnte. Für ihn ist er allein ein Element des verherrlichten Christus und er sieht in dem Gürtel einen suggestiven Hinweis darauf, dass der Perlenverkäufer sich später als Christus offenbart. Doch Christus ist nur in Offb 1,13 gemeint, außerdem trägt er den Gürtel dort über die Brust geschnürt, ein Körperteil des Perlenverkäufers, der ja
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p. 2,14–17 Er hatte auch ein Schweißtuch um [seine] Brust gebunden, das um seine Arme gelegt war und seinen Kopf und seine Hände bedeckte. Wieder wird durch zwei circumstantial transponierte Umstandssätze die Aussage des Existenzsatzes näher beschrieben. talhout ist die bohairische Stativform des Verbs talo („auf-, hochheben“). Die unterschiedlichen Schreibungen sind auffällig, allerdings nicht ungewöhnlich. Das circumstantial transponierte Element des Existenzsatzes in p. 2,13 wurde assimiliert euN geschrieben, hier ist es ausgeschrieben. mes~tqht („Brust“) ist hier, eigentlich irregulär, als Assimilation von t und H mit q geschrieben, wenige Zeilen später allerdings mes~tHht. In den Nag-Hammadi-Schriften treten häufiger solche orthografischen Inkonsequenzen auf. Die Unkonzentriertheit eines Schreibers, unterschiedliche Bearbeiter oder phonetische Zusammenhänge85 könnten Gründe dafür sein. Nachdem das Leinentuch und der goldene Gürtel mit Engeldarstellungen und dem verherrlichten Christus verbunden sind, verweist das Schweißtuch auf den Gekreuzigten und Auferstandenen. Es ist mit der Erzählung vom leeren Grab Jesu verbunden. Nach Johannes gehen Petrus und der Jünger, den Jesu lieb hatte, am Ostermorgen hinein und finden Jesu Schweißtuch dort (20,7).86 Nach jüdischem Bestattungsgebrauch wurde ein Schweißtuch um den Kopf eines Verstorbenen gewickelt, so ist auch Lazarus’ Kopf in ein soudarion gehüllt, als er aus seinem Grab kommt (Joh 11,44).87 Die Assoziation mit der Grablegung und Auferstehung Christi wird durch die Erwähnung des Schweißtuches auf dem Kopf des Perlenverkäufers vertieft. Die Wickeltechnik eines Schweißtuches, das einerseits um die Brust gelegt ist, andererseits den Kopf bedeckt und dann noch über die Arme zu den Händen hin verläuft, wirkt künstlich und wenig realistisch. Vermutlich soll es ein Hinweis auf die Kreuzigungsmerkmale sein, die Spuren auf der Brust und die Male an den Händen (Joh 20,25; vgl. eventuell auch Lk 24,39 f.). Gerade in Kombination mit der Betonung von Brust und Händen ruft das Schweißtuch Kreuzigung und Auferstehung Jesu ins Bewusstsein, doch nur gerade unbekleidet ist. In Offb 15,6 ist explizit das Heer des Himmels mit goldenen Gürteln genannt – und damit Engel. Außerdem scheint Ghica die koptische und äthiopische Engeltradition bei seinem Urteil nicht bedacht zu haben. 85 In Zeile 14 folgt auf euN der unbestimmte Artikel ou, möglicherweise der Grund, warum nicht eouN geschrieben wurde. 86 Im sahidischen Neuen Testament steht ebenfalls soudarion, vgl. auch Joh 11,44. Wilson/Parrott, Acts, 207; Schenke, NTApo5, Bd. 2, 373, und Patterson, Sources, Redaction and Tendenz, 13, sehen hier auch eine Anspielung auf die Grabkleidung Jesu. Molinari, Acts, 165, hingegen geht von einem großen Tuch aus, in das auch kleinerer, wertvoller Besitz eingewickelt wurde, im Sinne von Lk 19,20. 87 Nach Joh 20,7 war auch um Jesu Haupt ein Schweißtuch gewickelt.
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als subtile Anspielung. Die Wunden bleiben verdeckt, wie überhaupt die Identität des Perlenverkäufers hier verborgen ist und dem Leser nur durch Hinweise angedeutet wird. p. 2,17–19 Ich blickte den Menschen an, denn er war schön von Angesicht und in seinem Auftreten. Der Wechsel ins Präteritum unterstreicht, dass Petrus den Perlenverkäufer außergewöhnlich lang anschaut,88 was seiner detailreichen Schilderung und dem langsamen Erzähltempus der Szene entspricht. moun\k („Aussehen, Form“) findet sich relativ häufig, das Kompositum GinaHerat kommt in anderen Nag-Hammadi-Texten hingegen nicht vor. Zusammengesetzt aus dem Präfix Gin- für Nomen der Aktion mit dem Verb aHerat („stehen“) ist die Übersetzung mit „Auftreten“ in diesem Zusammenhang sinnvoll. Zwei verschiedene Aspekte des Perlenverkäufers werden als schön beschrieben: sein Äußeres und seine Art sich zu bewegen bzw. seine Ausstrahlung insgesamt. Das koptische Substantiv saeie hat im Griechischen die Entsprechung τὸ καλόν, das zwei Bedeutungsebenen besitzt. In ideeller Hinsicht steht es für „das Gute, die Tugend“ und in ästhetischer für „das Schöne, die Schönheit“. Bei Platon hängt καλόν eng mit der Idee des αγαθόν zusammen, die mit dem Göttlichen gleichgesetzt wird.89 Diesen spezifischen Charakter des καλόν nimmt Philo wieder auf und bezeichnet das Göttliche ebenfalls als καλόν.90 Auch in der hermetischen Literatur gehört das καλόν zur Welt Gottes.91 In biblischen Texten steht die sittliche Bedeutung des Wortes im Vordergrund, hinter der die die ästhetische ganz zurücktritt.92 Allerdings – und dieser Beleg ist für die ActPt sicherlich ein maßgeblicher – erhält im Evangelium nach Matthäus die Perle im Vergleich mit dem Himmelreich das Attribut καλός (Mt 13,45). Hinsichtlich der Tatsache, dass Perlen als Inbegriff der Schönheit galten (vgl. Offb 21,21), steht bei Mt 13,45 die ästhetische Funktion im Vordergrund und Schönheit, Glaube und Gottesreich sind in diesem Bild eng miteinander verbunden. Ab dem 2. Jh. scheint diese äußerliche Komponente mehr in den Fokus zu treten. In den pseudoclementinischen Homilien wird Gott in der schönsten Gestalt beschrieben, die ein
88 Till, Koptische Dialektgrammatik, § 270. 89 Plat. Tim. 87c: πᾶν δὴ τὸ ἀγαθὸν καλόν (…). 90 Philo, Sacr. 63 f.: οὐδὲν γάρ ἐστι τῶν καλῶν, ὃ μὴ θεοῦ τε καὶ θεῖον. 91 CH 11,3,6–8: [Hermes] Ἡ δὲ τοῦ θεοῦ σοφία τί ἔστι; [Geist] Τὸ ἀγαθὸν καὶ τὸ καλὸν καὶ εὐδαιμονία καὶ ἡ πᾶσα ἀρετὴ καὶ ὁ αἰών. 92 Zur Bedeutung „sittlich, gut“ vgl. Mal 2,17; Num 24,1; Dtn 6,18; 12,28; Spr 3,4. „Gute Taten“ vgl. Mt 5,16; 25,35–45 oder auch Mk 14,3 ff., ebenso 1Tim 3,1; 5,10.25; 6,18.
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Mann nur haben kann.93 Hinter solchen Beschreibungen stehen jüdische Traditionen vom Abbild der Herrlichkeit des Herren (vgl. Ez 1,26–29).94 Auf diesen Traditionen baut wohl auch die Vorstellung von einem schönen Christus auf.95 Vor allem in der außerkanonischen Apostelakten-Literatur wird Jesus als schöner oder wohlgestalteter Jüngling beschrieben und sogar als „der Schöne“ angesprochen.96 Jesus wird als körperlich, aber auch als sittlich schön geglaubt. Dahinter mag einerseits die hellenistische Idee von der Schönheit der göttlichen Sphäre stehen, andererseits wird Jesus von der Auferstehung her gedacht und in der göttlichen Herrlichkeit vorgestellt. Die Schönheit des Perlenverkäufers soll ihn als etwas Besonderes erscheinen lassen und unterstützt die bildliche Vorstellung. Und mit Blick auf die Tradition des schönen Christus, haben wir es wieder mit einem versteckten Hinweis auf Jesu Identität zu tun. p. 2,19–24 Vier Teile (waren es), die ich von seinem Körper sah: seine Füße und einen Teil seiner Brust und seine Handflächen und sein Gesicht. Der Satzanfang ist elliptisch knapp gestaltet, aber das vorangestellte Objekt deutet schon an, dass keine verbale Handlung, sondern die Körperteile des Perlenverkäufers im Mittelpunkt stehen sollen. Das griechische Nomen εἰκών wird im Koptischen sehr selten für „Gesicht“ gebraucht, sondern bedeutet meist „Bild/Abbild“, „Person“, „Ähnlichkeit“ oder im Plural auch „Leibesmerkmale“.97 Da es hier jedoch als Kör-
93 Hom. Clem. 17,7: (…) μορφὴν γὰρ ἔχει – διὰ πρῶτον καὶ μόνον κάλλος – καὶ πάντα μέλη, οὐ διὰ χρῆσιν· (…). 94 Fossum, Jewish Christian Christology, 260–287. 95 Clem. str. 2,5,21,1: ὁ σωτὴ ἡμῶν ὑπερβάλλει πᾶσαν ἁνθρωπίνην φύσιν. καλός μὲν (…). 96 Zu Christus als „Schöner“, eine „Schönheit“, „schöner Jüngling“ vgl. ActThom 129,7 f.: Mygdonia sehnt sich danach Christus zu sehen: ἵνα τάχιον ἀπελθοῦσα ἴδω τὸν ὡραῖον ἐκεῖνον (…); 149,4 f.: Thomas sagt über Christus: ὡραῖος γὰρ ὢν προσάγει με λέγειν ἀεὶ περὶ τοῦ αὐτοῦ κάλλους ὁποῖόν ἐστιν (…); 160,10 f.: Thomas vor seinem Matyrium: ἵνα ἀπελθὼν ἀπολάβω τὸν ὡραῖον ἐκεῖνον (…); ActJ 73,2– 4: Christus oder der Heilige Geist erscheinen als Jüngling: καὶ περὶ τὸν τάφον τῆς Δρουσιανῆς εἶδόν τινα νεανίσκον εὔμορφον μειδιῶντα· ὃν ἰδὼν ὁ Ἰωάννης κράξας ἔφη· Καὶ ὧδε φθάνεις ἡμᾶς ὁ καλός; 88,15 f.: Johannes und sein Bruder Jakobus sehen Christus in verschiedenen Gestalten: οὐχ ὁρᾷς δὲ τὸν ἑστῶτα ἄνδρα εὔμορφον καλὸν ἱλαροπρόσωπον. In den Paulusakten könnte der schöne Knabe für Christus, vielleicht auch für einen Engel stehen: καὶ διαμαρτυρομένου ταῦτα Παύλου εἰσῆλθεν παῖς λείαν εὐειδὴς ἐν χάριτι καὶ ἔλυσεν τὰ δεσμὰ Παύλου μειδειάσαντος τοῦ παιδὸς καὶ εὐθέω̣ς ἀνεχώρησεν (ActPl 3,12–15). 97 Förster, Wörterbuch, 229 f. In den Nag-Hammadi-Schriften steht es meist für „Ebenbild, Ur- oder Abbild“, vgl. u. a. TractTrip NHC I,5 p. 90,31; AJ NHC II,1 p. 14,21; Noêma NHC VI,4 p. 47,23; OgdEnn NHC VI,6 p. 56,13; Askl NHC VI,8 p. 65,16; 70,4; 74,32.
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III Kommentar
perteil angekündigt wird und mit drei anderen Körperpartien zusammensteht, ist die Übersetzung mit „Gesicht“ die einzig sinnvolle.98 Die Aufzählung zieht ein Resümee aus den vorherigen Versen. Es wird erwähnt, welche Körperpartien nicht von der aufwändigen Bekleidung bedeckt sind. Interessanterweise wird mit Gop besonders auf die Füße hingewiesen. Häufig wird Gop mit „Fußsohle“ übersetzt – dann soll vielleicht betont werden, dass der Fuß eines echten Lebewesens die Erde berührt.99 Naheliegender ist hier eine Anspielung auf die Male der Kreuzigung an den Füßen. Auch die anderen drei Körperstellen stehen mit der Passion Jesu in Verbindung. An den Handflächen sind Wundspuren zu vermuten, vielleicht stehen die Nägelmale aus Joh 20,25 im Hintergrund. Der entblößte Teil der Brust könnte auf den Lanzenstich in Jesu Seite anspielen (Joh 19,34). Das Gesicht soll vielleicht mit der Dornenkrone (Mk 15,17 ff. par; Joh 19,2) und dem Schlagen auf Jesu Haupt100 verknüpft werden. Möglicherweise wurde das Nomen ape („Kopf“) – was hier eigentlich besser passen würde als —Hikwn – nicht benutzt, da der Kopf bereits durch das Schweißtuch bedeckt war. Diese Stelle setzt voraus, dass der Leser mit den Passionsberichten Jesu vertraut ist und spielt auf diese an, um einen weiteren subtilen Hinweis zur wahren Identität des Perlenverkäufers zu geben. Es ist hochinteressant, dass Petrus die relevanten Partien der Kreuzigungsmale sieht, doch Jesus nicht erkennt. Daher wird die Stelle mitunter als Beleg für Doketismus in den ActPt genommen, da Jesu Leib unversehrt scheint.101 Hier steht vermutlich das Motiv im Hintergrund, dass die Jünger erst beim Betasten der Passionsmale Jesus wahrhaftig erkennen.102 Und wenn so eindringlich die Körperstellen der Wundmale erwähnt werden und durch das Schweißtuch, vielleicht auch das Leinengewand, die leibliche Kontinuität des beerdigten und auferstandenen Jesu betont wird, dann hat man es eher mit dem Gegenteil zu tun, nämlich mit einer ausgeprägten Leidens- und Auferstehungsfrömmigkeit.
98 Das Ostrakon Nr. 1133 aus der Leningrader Eremitage bietet einen Beleg dafür, dass das Wort auch im Sinne von Angesicht, Antlitz gebraucht werden kann (verso Zeile 3). Vgl. Schenke, NTApo5, Bd. 2, 375 Anm. 2a. 99 In der Epistula Apostolorum berührt Jesus die Erde und hinterlässt Fußspuren, was belegen soll, dass er kein Geist, sondern eine reale Erscheinung ist (EpAp p. 12,7–10). Anders in den Johannesakten: Jesus hinterlässt keine Spuren und wird polymorph geschildert (ActJ 93,1–4) – damit soll wohl die Herrlichkeit des Erhöhten unterstrichen werden. 100 Vgl. Mk 15,19 par; Joh 19,2 f. 101 Molinari, Acts, 165: „there is no reference (…) to Jesus’ crucifixion. At the moment when a Christian reader would most expect a reference to Jesus’ wounds, it is absent. This evidence suggests that the redactor of ActsPet12Apost. had docetic leanings.“ 102 EpAp p. 4,10–15; Joh 20,27 f.
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p. 2,24–25 Diese (Dinge) vermochte ich zu sehen. Das Pronomen eroou weist auf die sichtbaren Körperstellen zurück und das Perfekt markiert einen Abschluss der Szene und signalisiert, dass das Anschauen des Perlenverkäufers in der Vergangenheit liegt. Diese beiden Zeilen bilden den hinteren Rahmen um das Resümee, das aus der Beobachtungsszene von p. 2,10–19 gezogen wird. Den vorderen Rahmen bilden die Zeilen 19b–21a, die die Schussfolgerung einleiten. Durch diese Abgrenzung vom Makrotext wirkt der Komplex p. 2,19–24 in sich geschlossen. Ghica sieht dies als Indiz dafür, dass in dem Komplex 2,19b–21a eine gesonderte Bearbeitungsschicht vorliegt. Doch der kleine Abschnitt passt zu der Intention des Kontextes, Parallelen zwischen Jesus und dem Perlenkaufmann herzustellen. Er scheint ganz bewusst hier zu stehen, um die Körperteile, die der christliche Leser mit der Kreuzigung und Jesus verbindet, zu wiederholen. Möglicherweise sollte dieser resümierende Abschnitt durch einen Rahmen markiert werden, weil er für besonders wichtig gehalten wurde. Die Körperteile sollten noch einmal hervorgehoben werden, um mit einer gewissen Redundanz die Gedanken des Lesers in Richtung Kreuzigung zu lenken. p. 2,25–27 Er hatte eine Buchhülle nach der Art meiner Bücher in seiner linken Hand. In diesem und dem nächsten Existenzsatz wird beschrieben, was der Perlenverkäufer in seinen Händen hält. Am Ende von Zeile 26 ist wohl ein a zu ergänzen, der obere Haken ist noch erhalten. Der Beginn von Zeile 27 ist wegen des starken blotting schwer lesbar. In allen Textausgaben ist die Pluralform Jme („Bücher“) rekonstruiert. Das e könnte allerdings auch von oude auf der dritten Seite abgedruckt sein und der Bogen, der davor zu erkennen ist, kann sowohl von einem m als auch von einem w stammen. So erklärt sich die Lesung von Hans-Martin Schenke mit a?[r]xwn („Beamter“, griech. ἄρχον) an dieser Stelle.103 Bei dieser Lesung muss das folgende n vor der Präposition HN- nicht getilgt werden.104 Man muss allerdings mit einer unwahrscheinlich breiten Schreibung des w rechnen. Es fällt zudem schwer, dem Verweis auf den Beamten im Erzählverlauf einen Sinn abzuringen. Die Rekonstruktion „nach der Art meiner Bücher (Jme)“ fügt sich im Gegensatz dazu gut in den
103 Schenke, NHD, Bd. 2, 449 Anm. 8; dass Lesung und Deutung des Wortes problematisch sind, merkt er hier selbst an. 104 Sie ist bei Wilson/Parrott, Acts, 208 und Ghica, Les Actes, 282, getilgt: J?me{n}HN. Bei einer Tilgung muss von einem unbemerkten Schreibfehler ausgegangen werden, da der Schreiber sonst korrigierte (vgl. p. 6,21).
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III Kommentar
Kontext ein. Neben der verbindenden Gemeinsamkeit zwischen Petrus und Lithargoel wäre es wieder ein Hinweis auf Jesus Christus. Beim Nomen „Hülle“, sahidisch meist kaiH, wurde i als ei ausgeschrieben und am Ende durch e verlängert. Während im sahidischen Neuen Testament γραφή aus dem Griechischen übernommen wird (grafh) und immer „Schrift“ bedeutet, gibt Jwme fast ausschließlich das griechische βίβλος oder βιβλίον wieder und hat demnach ein breites Bedeutungsspektrum: Brief, Buchrolle und Bücher der Schrift, aber auch pagane Bücher bzw. Zauberbücher.105 Ob der Perlenkaufmann eine Buchrolle oder einen gebundenen Codex in der Hand haben soll, geht aus der Formulierung nicht hervor. Hüllen waren für beides gebräuchlich. Beamte benutzten meistens Rollen. Eine Rolle schützte man oft durch einen Überzug aus Pergament, eine sogenannte Pänula, mitunter purpurgefärbt. Mehrere Rollen eines Werkes wurden in einem tragbaren Rollenkasten aufbewahrt.106 Mit Jwme könnte auch ein Kodex gemeint sein, den die Christen bereits im 2. Jh. bei der Herstellung von Handschriften der Rolle vorzogen.107 Da der Perlenkaufmann als christlicher Charakter beschrieben wird, ist ein gebundener Kodex sehr wahrscheinlich – zumal Petrus ähnliche Bücher besitzen soll.108 Auch für Codices gab es Hüllen, meistens einfache Lederumschläge, manchmal auch verziert mit nomina sacra und einfachen Mustern oder sogar prachtvoll mit christlichen Symbolen.109
105 Jwme für βίβλος/βιβλίον: Mt 1,1 (Buch); 5,31 (Brief = Scheidebrief); 19,7 (Brief = Scheidebrief); Mk 10,4 (Brief = Scheidebrief); 12,26 (Buch des Mose); Lk 3,4 (Buch des Jesaja); 4,17 ff. (Buch des Jesaja); 20,42 (Buch der Psalmen); Joh 20,30 (Buch des Johannes); 21,25 (Bücher); Apg 1,20 (Buch der Psalmen); 7,42 (Buch der Propheten); 19,19 (Zauberbücher); Gal 3,10 (Buch des Gesetzes); Phil 4,3 (Buch des Lebens); 2Tim 4,13 (Bücher); Hebr 9,19 (Buch); 10,7 (Buch); Offb 1,11 (Buch); 3,5 (Buch des Lebens); 5,1–8 (Buch mit 7 Siegeln = Buchrolle); 10,2.8 ff. (βιβλαρίδον = Büchlein); 13,8 (Buch des Lebens); 17,8 (Buch des Lebens); 20,12.15 (Gerichtsbücher/Buch des Lebens); 21,27 (Buch des Lebens); 22,7.9 f.18.19 (Buch der Offenbarung selbst). 106 Tib. 3,1,9: lutea sed niveum involvat membrana libellum; Catull. 22,7 f.: lora rubra membranae; 68,33 ff.: huc una ex multis capsula me sequitur; Mart. epigr. 1,3,2: cum tibi, parve liber, scrinia nostra vacant; 3,2,10: et te purpura delicata velet; und 14,84: Ne toga barbatos faciat vel paenula libros, haec abies chartis tempora longa dabit. Vgl. auch Aristoph. Equ. 1000 ff. 107 Dafür scheint es verschiedene Gründe gegeben zu haben. Neben solchen Vorteilen wie der günstigeren Herstellung und der Praktikabilität – der gebundene Codex war beidseitig beschreibbar und einfacher zu handhaben – waren wohl auch soziale Hintergründe ausschlaggebend. Vgl. Nicklas, Christentum in der Spätantike, 5. 108 Effenberger, Koptische Kunst, 214; Fouquet-Plümacher, Buch, 276 f.; vgl. auch Stanton, Jesus and Gospel, 84 f. 109 In einen Bucheinband aus dem 8. Jh. wurde ein kreuzförmiger Stern mit Davidstern eingearbeitet (Tafel 204 im Katalog zur Ausstellung „Koptische Kunst“ im Kunsthaus Zürich). Auf einem Ikonenbild (um 580/590) ist ein Bischof mit einem kunstvoll verzierten Buch abgebildet; eine Abbildung auf Holz (6. Jh.) aus Bawit (ehemaliges Kloster in Oberägypten) zeigt Christus mit einem Buch in einem prachtvollen Umschlag in der Hand (Effenberger, Koptische Kunst, 73 und 195).
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In der koptischen Kunst wird Christus, der sich hinter dem Perlenverkäufer verbirgt, häufiger mit einem Buch in der Hand dargestellt. Das Buch als Attribut ist auch mit Darstellungen von Jesus in der frühen christlichen Kunst vereinbar, auf einigen Bildern hält er einen Codex in der Hand.110 Das Buch als Verbindungselement zwischen Petrus und dem Christus incognitus weist sowohl auf eine Hochschätzung von Büchern als auch auf ihre Bedeutung in der Mission hin. Zugleich legt die Bemerkung des Petrus nahe, dass er in dem Perlenverkäufer einen Bruder, also Mitchristen, oder einen anderen Missionar erkennt. Aufgrund dieser Wahrnehmung wird der Perlenverkäufer von Petrus später als „Mein Bruder und mein Freund“ begrüßt (p. 2,35). Dass der Perlenverkäufer mit der linken Hand das Buch hält, hat wohl keine tiefere Bedeutung, sondern ist der Tatsache geschuldet, dass es grade nicht benutzt wird und ein Gehstock meist in der rechten Hand gehalten wird. Es ist jedoch nicht gut vorstellbar, dass Petrus wirklich die Handflächen des Mannes sehen konnte (p. 1,23 f.), wenn dieser in der einen Hand ein Buch und in der anderen einen Stab gehalten hat. An dieser Stelle bricht der Autor mit seinem Bild, es ist ihm lediglich wichtig, dem Leser die Körperteile der Kreuzigung ins Bewusstsein zu rufen. p. 2,27–29 In seiner rechten Hand hatte er einen Stab aus Styraxholz. Dieser Existenzsatz ist parallel zum vorherigen gestaltet. Das Subjekt, der Stab, ist direkt angeschlossen und dessen nähere Bestimmung, das Styraxholz, folgt mit attributivem N-. Für „Stab“ ist Gerwb geläufig (vgl. Mk 6,8; Mt 10,10; Lk 9,3). Das hier verwendete Synonym Sbwt ist im sahidischen Sprachgebrauch selten belegt. Von dem Styraxbaum, der in Syrien heimisch war, wurde Styraxharz gewonnen, ein kostbares Heilmittel, angewandt bei Husten und katarrhalischen Beschwerden, sowie Räucherwerk, das privaten, medizinischen und kultischen Zwecken diente.111 Da Styraxholz für sein heilendes Harz berühmt war und der griechische Heilgott Asklepios mit einem Stab dargestellt wird, könnte eine Assoziation mit ihm intendiert sein112 – zumal Jesus später als Arzt auftritt, heilt und den Jüngern seine Medizin übergibt. Es ist allerdings nicht bekannt, welche Vorstellung darüber bestand, aus welchem Holz 110 Darstellungen vom lehrenden Christus, der zwischen den zwölf akklamierenden Aposteln sitzt, die rechte Hand im Redegestus erhoben, in der linken das Buch haltend, sind für das 4. Jh. in einer römischen Apsis belegt (im Oratorium am Monte della Giustizia) ebenso ein Apsismosaik in S. Pudenziana und ein Nischenfresko in der Bäckergruft der Domitilla-Katakomben (Ihm, Apsismalerei, 15, und Bildtafeln II und III). In diesem Stil finden sich auch Nischenfresken im Bawiter Apollonkloster in mehreren Kapellen (6./7. Jh.) (ebd., Bildtafeln XIV, XXIII, XXIV, XXV). 111 Hünemörder, Styrax, 1063. 112 Schenke, Taten, 14; Klauck, Apokryphe Apostelakten, 195.
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III Kommentar
der Asklepiosstab hergestellt war. Auf älteren Darstellungen ist es ein gewöhnlicher, schlanker Stock, umwunden von der Schlange, auf den sich der Halbgott stützt – diese gestützte Körperhaltung ähnelt anderen Göttern. Später wurde daraus ein dicker Knotenstock.113 Motivgeschichtlich lässt sich der Stock auch in anderen Traditionen verorten. Er gehört zur Ausrüstung eines Wanderers, besonders die Kyniker als Wanderphilosophen waren dafür berühmt.114 In der jüdisch-christlichen Tradition ist der Hirtenstab ein geläufiges Symbol, passend zur Vorstellung von Gott bzw. Jesus als gutem Hirten.115 Und – im Gegensatz zum Matthäus- und Lukasevangelium – gebietet Jesus seinen Jüngern im Markusevangelium, einen Wanderstock mitzunehmen (Mk 6,8). So gibt es viele Abbildungen, auf denen Apostel, aber auch Erzengel und der erhöhte Christus einen Stab in der Hand halten.116 Die Erzählstimme des Petrus berichtet, dass er das Styraxholz aus der Distanz erkennt, obwohl es sich optisch kaum von anderen Hölzern unterscheidet. Dem Autor muss dieses Attribut wichtig gewesen sein. Wie der goldene Gürtel, die Perle oder die Schönheit, könnte der Styraxstab ein weiteres Merkmal sein, das die himmlische Heimat des Perlenverkäufers symbolisieren soll und bereits auf seine Rolle als Arzt hinweist. p. 2,29–32 Seine Stimme hallte wider, als er langsam sprach und in die Stadt hineinrief: „Perlen, Perlen!“ Der Satz ist präterital transponiert, nach dem Infinitiv folgen drei Verben, die circumstantial mit eF- angeknüpft sind. Die Verben haben ein maskulines Subjekt, beziehen sich also nicht auf smh, sondern auf den Perlenverkäufer. Der ganze Satz hat die Stimme und den Sprechakt im Fokus, auch der Stativ eFHorS („schwer/langsam sein“) bezieht sich darauf, daher ist er hier adverbial übersetzt und eFSaJe zugeordnet.117 Solche Aneinanderreihungen circumstantial transponierter Verben sind häufiger zu finden (z. B. Offb 18,19 sa.) und geben oft griechische Partizipialwendungen wieder (ebd.) oder sind ein Merkmal der späteren koptischen Sprache.118 113 Krug, Heilkunst und Heilkult, 128. 114 Voss, Keule der Kyniker, 124. 115 Gott als guter Hirte: Ps 22,4; Jes 40,11; Ez 34,11 ff.; Jesus: Joh 10,11; Hebr 13,20; vgl. auch Mk 6,34; Herm(v) 5,1,1. 116 Grabar, Kunst, 137.139.152.335; zu Petrus ebd., 187; alle Abbildungen gehören in das 6. Jh. 117 Vgl. dazu den Stativ in Jak 1,19 eFHorS NnouGs („langsam zum Zorn“). 118 Sie finden sich häufig in späterer koptischer Literatur, z. B. in dem ins 8./9. Jh. datierten Liber Bartholomaei (Ms. C 31,25–32,16: bei der Vision der himmlischen Herrlichkeit des ersten Menschenpaares).
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Sollte der Leser mit dem Styrax-Stab wirklich eine Art Hirtenstock verbinden, würde die Erwähnung der langsamen, widerhallenden Stimme ins Bild passen, zumindest nach Joh 10,3.16.27: Die Stimme des Hirten soll gehört werden und die Seinen sollen ihr folgen. Die hallende, langsame Stimme erinnert auch an die akustischen Beschreibungen der Johannesoffenbarung, dort ist die ounoG Nsmh vor allem Engeln, Geistern und Geistträgern – also den Wesen der himmlischen Sphäre – zugeordnet.119 Eine widerhallende, langsame Stimme ist laut und deutlich, die Sprache des Perlenverkäufers passt zu seiner himmlischen Heimat. Wie ein Verkäufer auf dem Marktplatz bietet er Perlen an. Schon die langsame und widerhallende Stimme verdeutlicht, dass er sein Gut wiederholt und eindringlich anpreist und der zweifache Ruf „Perlen, Perlen“ unterstreicht dies. Nachdem Perlen in der antiken Welt bekannt wurden, galten sie bald als besondere Kostbarkeit und wurden zu einem Bild für den höchsten Wert auf der Welt.120 Als kostbarstes Gut wird die Perle in der alttestamentlichen Weisheitsliteratur gebraucht, um zu zeigen, dass sie nur von der Weisheit übertroffen wird, die noch kostbarer ist (z. B. Spr 3,14 f.; 8,11). Im rabbinischen Judentum ist die Perle ein geläufiges Bild für einen treffenden Gedanken, einen schönen Ausspruch oder eine gelungene Thora-Auslegung.121 Im Neuen Testament steht sie für eine große Kostbarkeit und kann die verborgene Wirklichkeit des Gottesreiches symbolisieren (Mt 13,45 f.). In der Offenbarung des Johannes wird sie als eschatologisches Motiv zur Schilderung der Herrlichkeit des künftigen Jerusalems gebraucht (Offb 21,21). Besonders in der syrisch-christlichen Frömmigkeit war die Perle ein zentrales Symbol. Aphrahat steht exemplarisch für die Tendenz, neutestamentliche Bilder in poetischer Weise auf Christus zu applizieren. Die Perle symbolisiert für den syrischen Kirchenvater das kostbare und unerforschliche Wesen des Gottessohnes.122 In den ActPt steht die Perle als soteriologisches Symbol für die Vervollkommnung des Menschen durch die imitatio Christi und als Chiffre für Christus. Sie soll geheimnisvoll, mehrdeutig und dem menschlichen Denken entzogen bleiben, genauso wie das Himmelreich oder der Gottessohn.
119 Offb 6,10 (die Seelen der Märtyrer); 14,7.9.15; 18,2; 19,7 (Engel); 10,8; 11,12; 14,13 (Himmelsstimme). 120 Vgl. Plin. nat. 9,56 und 58, der als eindrucksvolles Beispiele das perlengeschmückte Hypogeion der Kleopatra und ihre kostbare Perle im Wert von 100 Millionen Seesternen erwähnt. Perlen galten in der Antike als Luxus- und Statussymbol der oberen Schichten, vgl. Böhme-Schönberger, Kleidung und Schmuck, 46 f. 121 bQid 39b. 122 Bruns, Christusbild Aphrahats, 177 f.; vgl. Aphrahat, dem. 17,2.
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III Kommentar
Petrus spricht den Perlenkaufmann an (p. 2,32–3,11) Die ausführliche Schilderung des Perlenverkäufers beruht auf seiner besonderen Rolle als erstem Part der verborgenen Protagonistentrias der ActPt. Seine Identität mit Christus wird mehrfach angedeutet. Die beim Leser geweckte Ahnung, dass der Charakter mit Christus verbunden ist, ist ein Element der Spannungssteigerung. In dem Dialog im folgenden Abschnitt erhöht sich das Erzähltempo nur minimal, die Spannung aber steigt weiter. Petrus, zuvor passiver Beobachter, spricht mit dem geheimnisvollen Mann. Die Ereignisse werden weiterhin aus seiner Perspektive erzählt. Er ergreift die Initiative, begrüßt den Perlenverkäufer auffallend persönlich und spricht ihn als „Bruder“ an. Die Figur des Perlenverkäufers strahlt Souveränität aus. Petrus wird für seine Begrüßung gelobt und auf seine Anfrage erhält er eine ausweichend geheimnisvolle Antwort. Der mit den vielen Hinweisen suggerierte Eindruck, dass sich Christus hinter dem Perlenverkäufer verbirgt, wird damit weiter verstärkt. Wieder markiert eine „Ich“-Bemerkung des Petrus den Beginn eines neuen Abschnitts. Seine selbstreflexive Äußerung verdeutlicht, dass das geheimnisvolle Aussehen des Perlenverkäufers und die Attribute, die auf Jesus Christus hinweisen, nicht ins Bewusstsein der Erzählfigur getreten sind. Sie sind – wenn auch durch die Augen des Petrus – lediglich als Hinweise für den Leser geschildert worden. Hier zeigt sich erstmals ein besonderes Merkmal der Erzählstimme der ActPt: Es wird hauptsächlich allwissend aus der Retroperspektive erzählt, wobei bewusst Informationen ausgelassen und Andeutungen eingeflochten sind, ähnlich dem Stil eines Kriminalromans. Auch die petrinische Erzählstimme wird für dieses Konzept instrumentalisiert. Der Perlenverkäufer wird so geschildert, dass durch explizite Hinweise auf Jesus Christus Vermutungen und Spannung evoziert werden – mit einem nachempfundenen Erleben des Petrus hat dies wenig zu tun. Das Konzept der petrinischen Erzählstimme ist überhaupt sehr interessant. Da der intendierte Leser aus den Beobachtungen des Petrus andere Schlussfolgerungen ziehen soll als dieser, entsteht ein hierarchisches Gefälle zwischen der Figur und dem Leser. Der Leser weiß mehr als Petrus. Er soll Zeuge werden, wie Petrus getäuscht wird, erhebt sich über sein Wissen und dürfte gewisse Einsichten der Erzählstimme des Petrus als unzureichend bewerten. Im Gespräch zwischen den beiden Charakteren werden die Redebeiträge besonders betont. Mit Hww# und anderen Pronomen wird auf die Figuren und ihre Gedankengänge verwiesen. Die Anrede „Bruder und Freund“ und die Selbstbezeichnung als „fremd“ stehen in Opposition zueinander. Die Gesprächspartner werden als Vertraute dargestellt, die eine gemeinsame Fremdheit gegenüber der Welt verbindet. Das scheint der Intention dieses Abschnittes zu entsprechen. Das Gespräch soll eine unerklärte Nähe zwischen Petrus und dem Doppelcharakter Perlenverkäufer-Jesus vermitteln, um auf die Vertrautheit zwischen Petrus und Jesus hinzuweisen.
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p. 2,32–34 Ich selbst dachte, dass er ein Mann [aus] jener Stadt sei. Die präteritale Transposition signalisiert die Vorzeitigkeit im Verhältnis zum folgenden Satz und begründet, warum Petrus den Perlenverkäufer angesprochen hat: Er hoffte, als Ortskundiger könne ihm der Perlenverkäufer eine Herberge empfehlen. Diesen Gedanken des Petrus gibt ein kurzer Nominalsatz wieder. In den ActPt wird dialogische oder gedankliche Rede häufig in knappen Nominalsätzen geschildert oder so eingeleitet.123 Ein Teil des rechten Randes der Zeile ist weggebrochen, das N vor polis ist ergänzt und mit präpositionalem Gebrauch übersetzt. Obwohl polis ein Demonstrativartikel vorangestellt ist, folgt zusätzlich ein Adverb mit demonstrativer Funktion. Das ist oft der Fall, wenn von Menschen im Zusammenhang mit der Stadt „Wohne“ gesprochen wird (p. 3,15; 4,16; 10,9). Hier wird eine Verwechslungssituation erzählt, die für Begegnungen der Jünger mit dem Auferstandenen typisch ist. So hält Maria Jesus für den Gärtner und Kleopas sieht in ihm nur einen Fremden (Joh 20,15; Lk 24,18). Solche Szenen vermitteln, dass Auferstehung nicht Fortsetzung des Vergangenen ist, sondern Aufbruch und Durchbruch in eine neue Dimension des Lebens mit Gott. So kann Christus in den ActPt als Auferstandener und Verherrlichter seine Gestalt ändern. Hier tritt er als Perlenverkäufer auf und Petrus meint, einen Bürger der Stadt zu sehen. Später erkennt er in ihm einen Arzt, bis ihm schließlich Jesus offenbar vor Augen steht. p. 2,34–35 Ich sprach zu ihm: „Mein Bruder und mein Freund.“ Nun wird wieder im Perfekt erzählt. Die Übersetzung kann die parallele Gestaltung der Begrüßung nur unzureichend wiedergeben. Dem Possessivpronomen pa- folgt jeweils ein einsilbiges Nomen, dadurch klingt die kurze Formel rhythmisch. Als Brüder – im Sinne einer geistlichen Bruderschaft – bezeichneten sich Christen untereinander. Im Neuen Testament ist diese Anrede sehr häufig belegt.124 Durch die Kombination mit der Anrede „mein Freund“ unterscheidet sich diese Begrüßungsformel hier von der neutestamentlichen. In der Septuaginta stehen ἀδελφός und φίλος oft mit verwandten Begriffen oder im parallelismus membrorum zusammen.125 Doch nur in Spr 17,17 und Sir 29,10 sind sie in ähnlich äquivalenter Bedeutung wie in
123 Vgl. ActPt p. 3,6; 4,6; 5,10.17 f.; 6,17.23; 8,32; 9,14. 124 Z. B. Apg 9,17; 21,20; Phlm 1,16; 1Joh 2,10 u. v. m. Vgl. auch Mk 3,33 ff. parr. 125 Z. B. φίλος und πλησίον: Ps 37,12, 87,19, 121,8; mit ἑται̃ρος: Sir 37,4 f.
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III Kommentar
ActPt gebraucht.126 Im Neuen Testament findet sich zwar keine gleichlautende Kombination, doch im Johannesevangelium werden die Jünger von Jesus „Freunde“ und „Geliebte“ genannt127 und im Lukasevangelium spricht Jesus seine Jünger mit „meine Freunde“ an (Lk 12,4). Im Postskript des 3. Johannesbriefes scheint „Freunde“ eine Selbstbezeichnung der Christen zu sein. In späteren christlichen Schriften findet sich die Anrede „Freund“ häufiger. So adressiert Jesus seine Jünger in der Pistis Sophia mit „meine Schüler, meine Freunde, meine Brüder“128 und in den Petrusakten wird Jesus von Petrus im Lobpreis als Freund angesprochen.129 Clemens Alexandrinus erwähnt Valentins Homilie „Über die Freunde“ und die gegenseitige Bezeichnung als „Gottesfreunde“ in seinen Kreisen.130 Die Anrede „Bruder und Freund“ als Signal der Zusammengehörigkeit ist breit belegt. Der Erzähler scheint hier – ähnlich wie im Johannesevangelium (vgl. Joh 6,32–34; 18,37) – mit dem Motiv des Missverständnisses zu spielen. Petrus denkt, dass nur ein Bürger der Stadt vor ihm steht, und äußert aber mit der Begrüßungsformel eine Zugehörigkeitsaussage, fast ein Bekenntnis, wenn man berücksichtigt, dass Jesus hinter Lithargoel steht. Damit drückt Petrus eine tiefe Wahrheit aus, ohne zu verstehen, wie sehr er die Wahrheit sagt. Nach dem Wissensstand des Petrus erkennt er in dem Perlenverkäufer höchstens einen Bruder im Glauben, weil er ein ähnliches Buch in der Hand trägt. Dem entspricht, dass Petrus seine Mitapostel „meine Freunde“ nennt (p. 6,28; 7,20 f.). Der Leser hingegen ahnt, dass mit der Grußformel nicht nur ein anderer Christ, sondern wohl der Christus begrüßt wird. Diese Doppeldeutigkeit ist zugleich ein Textsignal, dass auf die zwei Sinnebenen des folgenden Dialogs hinweist. p. 3,1–4 [Er antwortete] mir [gleich und sagte: „Gut] hast du gesagt[: ‚Mein Bruder und] mein Freund‘; wonach [suchst du] bei mir?“ Von den ersten Zeilen der dritten Seite ist wieder viel Textbestand weggebrochen. In der ersten Zeile sind nur naI und vermutlich der Beginn des Pronomens Hw(w)# zu erkennen, hier wohl als Partikel HwwF gebraucht und mit „sogleich“ übersetzt. Da die Rekonstruktion der ersten vier Zeilen relativ sicher und in allen bisherigen Textausgaben sehr ähnlich ist, wurde sie als deutsche Übersetzung bereits dem Kommentar vorangestellt. Sie beruht auf folgenden Lakunenfüllungen: [aFouwS~b] nai+
126 Spr 17,17 LXX: εἰς πάντα καιρὸν φίλος ὑπαρχέτο σοι, ἀδελφοὶ δὲ ἐν ἀνάγκαις χρήσιμοι ἔστωσαν τούτου γὰρ χάριν γεννῶνται; Sir 29,10 LXX: ἀπόλεσον ἀργύριον δι’ ἀδελφὸν καὶ φίλον (…). 127 Joh 11,11; 13,34; 15,9.13 f. 128 Pistis Sophia p. 211,24: i~s peJaF NneFmaqhths Je eti Ge namaqhths auw naSbeer auw nasnhu:
129 ActPe 39 (NTApo5, Bd. 2, 288). 130 Clem. str. 6,6,52,3 ff.
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HĒ[wF eFJw Mmos 2 Je kal]ws akJ?o?[os Je pason 3 auw p]aSbh®
[ou] pet[kSine 4 eroF \n]toot’ : Diese Rekonstruktion ist inhaltlich plausibel, da dem Kontext zufolge in der ersten Zeile der Sprecherwechsel erfolgen muss, weil die zweite bereits die Antwort des Perlenverkäufers enthält. Die Antwort des Perlenverkäufers wird in der dritten und vierten Zeile durch einen Fragesatz abgeschlossen, formuliert als cleft sentence. Die Lakune am Ende der dritten Zeile ist so schmal, dass dort nur sinnvoll das Verb Sine stehen kann. Anstelle von pe¡[kSine] ergänzt Cherix vor dem Verb als Relativsatz die Nebenform pe¡[ekSine]. Die ActPt bieten zwar beide Varianten des Relativsatzes, z. B. etouobe (p. 7,31) und peteuMpSa (p. 12,15), die Lakune ist für einen weiteren Buchstaben aber zu schmal, der Schreiber hätte über den Rand geschrieben. Der Perlenverkäufer, der sich später als Jesus Christus offenbart, nimmt die Anrede „Mein Bruder und mein Freund“ bemerkenswert selbstverständlich für sich an und lobt Petrus für seine passende Wortwahl. Abgesehen von einem polemischen Schmähwort (Lk 7,34 par.) spricht Jesus nur im Johannesevangelium von seiner Liebe zu den Jüngern und von seiner Freundschaft mit ihnen (vor allem Joh 15,9–14). Der Perlenverkäufer in den ActPt, der sich erst gegen Ende der Erzählung als Jesus Christus offenbart, nimmt das Motiv der Freundschaft wohl im johanneischen Sinne auf: die Christen, die Jesu Freunde und untereinander Freunde sind, sind zugleich die neuen Freunde Gottes. Sie gehören zur Gottesfamilie, in diesem Sinne trifft auch die Bezeichnung „Bruder“ für Jesus zu (vgl. Joh 20,17). War die Wendung vorher ein Signal für eine Gruppenzugehörigkeit, wird sie im Munde des verborgenen Jesus Christus eine Relationsaussage über die Gottesbeziehung. In ganz ähnlicher Weise sind in einer Homilie Aphrahats Glauben und Freundschaft miteinander verknüpft, denn er schreibt, dass Gott die ihm wohlgefälligen Menschen seine Kinder und Freunde nennt.131 Auch in Justins dialogus cum Tryphone wird jeder Gläubige ein Freund Gottes genannt (28,4) und die Christen nennt er „Freunde Christi“ (8,1).132 Das souveräne Agieren des Perlenverkäufers ist auffällig. Er stellt sich über Petrus, wenn er ihn für die Anrede „Mein Bruder und mein Freund“ lobt, anstatt sie einfach zu erwidern. Der Figur ist deutlich mehr Wissen zugeschrieben als Petrus. Lithargoel weiß, mit wem er spricht und erkennt in seinem Gegenüber Petrus. Die Frage des cleft sentence signalisiert zwar die Offenheit für das Anliegen des Gegenübers, aber markiert auch den Perlenverkäufer als Gesprächsführer und -lenker. Diese Beobach131 Aphrahat, dem. 17,3: „Die Menschen, an denen Gott sein Wohlgefallen hat, nannte er meine Söhne und meine Freunde“ (vgl. auch dem. 1,8). Aphrahat verknüpft diese alttestamentliche Paraphrase später ausdrücklich mit Jesu Wort zu seinen Jüngern in Joh 15,15: „Ich habe euch meine Freunde genannt“ (dem. 17,11). 132 Just. dial. 8,1: (…) ὁι εἰσι Χριστου φίλοι; 28,4: (…) καὶ φίλος ἐστὶ τῷ θεω (…).
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tungen sprechen dafür, dass wir es mit einer Figurenkongruenz zwischen dem Perlenverkäufer und Jesus Christus zu tun haben. Bereits bei der ersten Begegnung lässt der Autor Petrus viele Details schildern, die auf Jesus Christus hinweisen. Dazu gehört auch das Verhalten des Mannes. Der Leser dürfte bereits ahnen, wer der Perlenverkäufer ist, und dieser wurde ohnehin mit souveränem Wissen ausgestattet. Nur Petrus ist unwissend und unterliegt der Täuschung durch den Perlenverkäufer. p. 3,4–7 Ich sprach zu ihm: „[Ich frage] dich [nach] einer Unterkunft – ich [und die] anderen Brüder, denn wir sind Fremde an diesem Ort.“ ouwSB leitet nicht die Antwort ein. Das zeigt, wie flexibel die Verben des Sprechens und Antwortens in den ActPt gebraucht werden – oft wird sie nach einer Frage mit peJe- oder Jw eröffnet. Die Rekonstruktion des korrupten Textes ist relativ sicher und liegt der oben angegebenen Übersetzung zugrunde: pe[J]ai+ naF Je [TSi]5[ne Nsa o]uman~sqo erok a?[n]ok? 6 [m~n \n]kesnhu ebol Je a[no] n 7 [HenS]Mmo Mpima: Die Lakunenfüllung mit Sine ist plausibel, da kaum ein anderes Wort des Suchens oder Erkundens in die kleine Lücke passt, es geläufig ist und in den ActPt häufig vorkommt. Die gesperrte Wortstellung in dem Satz ist auffällig: Zwischen Sine („fragen“) und dem mit e- angeknüpften, pronominalen Objekt dürfte das präpositionale Objekt mit Nsa- eingeschoben sein. Und die Phrase, die in der Übersetzung mit einem Gedankenstrich abgetrennt ist, wurde nicht durch eine Dativverbindung mit na# angeknüpft, sondern mit dem Personalpronomen ohne präpositionalen Bezug eingeschoben. Das Nomen man~sqo ist selten, zusammengesetzt aus ma („Ort“), dem attributiven N- und dem Verb tsto (hier: „einkehren“). Nach dem Subjekt „Ich“ ist als Apposition die nähere Erläuterung „und die anderen Brüder“ angefügt. Als Begründung folgt ein Nominalsatz. Wenn Petrus von seinen Mitaposteln als den anderen Brüdern spricht, macht dies deutlich, dass er den Perlenverkäufer wohl als Mitchristen erkannt hat. Es liegt nahe, dass er ihn nun nach einer Unterkunft fragt. Die frühe christliche Mission beruhte auch auf dem Prinzip der Gastfreundschaft.133 Wandermissionare übernachteten möglichst bei anderen Christen oder Menschen mit offenen Ohren für ihre Botschaft, damit war Gastfreundschaft ein Dienst am Evangelium.
133 Die synoptischen Evangelien berichten, dass Jesus die Sendung seiner ersten Jünger auf die Gastfreundschaft stützt (Mt 10,11 ff.; Lk 10,5 ff.). Überhaupt spielen Gastfreundschaft und Gastfreiheit in den Evangelien eine große Rolle (Lk 7,36 ff.; 9,51 ff.; 10,38 ff.; Mt 25,35 ff.) sowie in der Paränese der Briefe (Röm 12,13; 1Petr 4,9; Hebr 13,2; 1Tim 3,2 und 5,10; Tit 1,8).
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Die Apostel werden hier als Fremde bezeichnet. Die Suche nach einer Herberge und Fremdsein sind semantisch eng verbunden. Die beiden Begriffe zeugen von der gegenseitigen Spannung, in der der Fremde und seine Umgebung zueinander stehen. Der Fremde wirkt als Unbekannter und Andersartiger befremdend, ebenso wirkt die unvertraute Umgebung auf ihn fremd und bedrohlich. Gastfreundschaft überwindet diesen Zwiespalt, sie bietet dem Fremden Herberge und Schutz. p. 3,7–9 Er sprach [zu] mir[: „]Deswegen habe auch ich vorhin gesagt: ‚Mein Bruder und mein Freund.‘“ Wieder ist die Antwort auf eine Frage mit peJaF eingeleitet. Das Präverbal R-Sor~p N- signalisiert, dass der Perlenverkäufer auf sein vorheriges Lob der Anrede mit „Mein Bruder und mein Freund“ Bezug nimmt. Der Satz weist wieder eine gesperrte Wortstellung mit anok auf, dem das Pronomen Hw# folgt. Diese Verbindung findet sich in den ActPt häufiger (p. 6,18, 12,11; vgl. auch 3,11 und 7,6) – ein singuläres Phänomen in Codex VI und auch sonst eher selten. Die Bezeichnung „Mein Bruder und mein Freund“ übernimmt der Perlenverkäufer von Petrus, der ihn so begrüßt hat. Der Perlenverkäufer scheint diese Wendung, die er nur würdigend wiederholt, nun für sich zu beanspruchen. Drei Erklärungsmöglichkeiten bieten sich dafür an. Ghica vermutet, dass diese narrative Inkohärenz durch den Redaktor entstanden sein könnte, der die Redeanteile der beiden Protagonisten während der Bearbeitung des Textes verwechselte.134 Doch das Gespräch wirkt in sich kohärent. Andererseits könnte auf irgendeine unbekannte apokryphe Tradition Bezug genommen sein, in der Petrus von Jesus so bezeichnet wurde. Mit einem Blick auf die Erzählung drängt sich aber eine schlichte Erklärung für diese redundante Wiederholung auf: Der Verkäufer bezieht sich erneut auf die Begrüßungsformel, weil sie eine Schlüsselfunktion hat und auf die verborgene Identität des Perlenverkäufers und seine Verbindung mit Petrus hinweisen soll. p. 3,10–11 „Denn ich bin selbst ein fremder Freund, wie du.“ Die ersten Buchstaben der Zeilen 11 und 12, ebenso wie der Zeile 17 sind aufgrund des blotting schwer lesbar. Die zweite und dritte Seite wurden zu schnell aufeinander gelegt. So hinterließ die noch frische Farbe der zweiten Seite spiegelverkehrte Abdrücke auf der dritten Seite – am Ende der Zeilen 12, 13 und 19. Der Codex war vermutlich bereits gebunden, als der Text aufgeschrieben wurde.
134 So urteilt Ghica, Les Actes, 351. Es legt sich der Verdacht nahe, dass Ghica hier seine Quellentheorie in den Text hineinliest, denn das Gespräch ist in sich nicht widersprüchlich.
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Der Perlenverkäufer begründet mit seinem Fremdsein, warum er Petrus keine Herberge empfehlen kann. ouSbhr \nS~mmo („fremder Freund“) ist mit dem doppelten S eine schöne lautmalerische Alliteration. Während Petrus nur von einem Fremdsein im wörtlichen Sinne als Ortsfremdheit sprach, hat die Bezeichnung „fremder Freund“ für den Perlenverkäufer noch eine zweite Bedeutungsebene. Mpekrhte signalisiert, dass er sein Fremdsein im metaphysischen Sinne versteht. Es umfasst die Fremdheit als innere Distanz zur Welt und die Freundschaft als Liebe zu Gott und den christlichen Geschwistern. Es ist eine Folge des Christseins bzw. Christus-Seins und seiner Bezeichnung als Bruder und Freund. Mitunter wird hinter dieser Stelle ein „gnostisches“ Motiv vermutet, da das Fremdsein ein geläufiges Element entsprechender Vorstellungen ist.135 Dieses allgemein weisheitliche Motiv ist aber auch in anderen religiösen Kontexten anzutreffen.136 Im Neuen Testament und in anderen antiken christlichen Schriften weist das Motiv des „Fremdsein“ auf die himmlische Heimat hin. Besonders in der johanneischen Tradition wird von dem Hass (Joh 15,18) und dem Nicht-Erkennen der Welt (Joh 1,10; 1Joh 3,1) gegenüber Jesus gesprochen, der nicht von dieser Welt, sondern „von oben“ stammt (Joh 8,23; 17,14.16). In der Rede vom Weltgericht wird Jesus als Fremder dargestellt, im übertragenden Sinne als bildliche Identifikation und Aufforderung zu praktischer Nächstenliebe.137 Das Fremdsein in der Welt gilt auch für die Christen,138 wenn sie in ihrem neuen Sein von Gott geboren und seine Kinder sind (vgl. Joh 1,12 f.; 3,3–8). In einigen Schriften wird das „Fremdsein“ zur Daseinsbeschreibung der Christen, z. B. im Brief des Diognet:139 „Sie [d. h. die Christen] bewohnen das eigene Vaterland, aber wie Beisassen. Sie nehmen an allem teil wie ein Bürger, und alles ertragen sie wie Fremde. Jede Fremde ist ihr Vaterland und jedes Vaterland eine Fremde. (…) Auf Erden weilen sie, aber im Himmel sind sie Bürger“ (Diog 5,5.9)140
135 Molinari, Acts, 103; auch Krause, Petrusakten, 53. 136 Βei Philo findet sich die aus Gen 15,13 entwickelte Vorstellung, dass der Leib eine ἀλλοδαπὴ χώρα sei (Her. 267), nur eine ξένη πόλις (Cher. 120), in der es kein κατοικεῖν gibt, sondern nur ein παροικεῖν (Her. 267). 137 In Jesu Rede vom Weltgericht in den sogenannten „Werken der Barmherzigkeit“: „Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen“ (Mt 25,35, sa.: neio NSMmo pe). 138 Joh 15,19; 17,14.16; 1Joh 2,15 f.; 3,1.13; 4,4–6; 5,4; Phil 3,20; 1Petr 1,1; 2,11. 139 Eine Datierung des „Briefes“ ist schwierig. Da Bezüge zu sehr frühen Schriften, aber auch zu solchen von Hippolyt von Rom und Klemens von Alexandrien in dem apologetisch wirkenden Schreiben zu finden sind. Ein Mittelweg wäre es, ihn Ende des 2. Jh./ Anfang des 3. Jh. zu datieren (Marrou, À Diognète, 260). 140 Vgl. Herm(s) 1,1: „Er sprach zu mir: ‚Wisset, dass ihr Diener Gottes in der Fremde wohnet! Denn eure (Heimat-)Stadt ist weit entfernt von dieser Stadt.‘“ Vgl. auch mit Zuordnung zu Christus EvPhil NHC II,3 p. 52,2–4: „Die fremd waren, sind es, die er loskaufte.“
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Am Ende des kurzen Dialoges werden Petrus und der Perlenverkäufer durch ihr Fremdsein und ihre Freundschaft miteinander verbunden. Wieder ein Textsignal an den Leser, das ein Stück von der wahren Identität des Perlenverkäufers durchscheinen lässt und Fragen nach seiner Herkunft und der Art der Verbindung zwischen ihm und Petrus aufwirft.
Die Ablehnung der Reichen (p. 3,11–31) Dem Dialog zwischen Petrus und dem Perlenverkäufer folgt ein parabelartiger Erzählabschnitt (p. 3,11–5,1), die „Perlenparabel“. Die Akteure wechseln, nun interagieren die Reichen und die Armen mit dem Perlenverkäufer. Petrus tritt ganz in den Hintergrund und wird erst p. 5,3 wieder erwähnt. Die Erzählstimme spricht nicht mehr aus der IchPerspektive des Petrus, sondern hat allwissende Einblicke, die für eine außerhalb der Erzählung stehende, sogenannte heterodiegetische Erzählinstanz charakteristisch sind. Durch die Wechsel der Erzählstimme und den Wechsel auf der Figurenebene wirkt der Abschnitt (p. 3,11–5,1) in sich geschlossen. Folglich wird er häufig als gesonderte Tradition gesehen.141 Der Abschnitt ist aber gut mit seinem Kontext verknüpft. Der Hauptakteur, Ort, Zeit und Raum werden beibehalten. Allerdings verändern sich die Wortfelder und das Kontrastpaar Reiche/Arme tritt in den Vordergrund. Die Handlung wird für sich erzählt, zugespitzt auf die Pointe des Perlenversprechens. Einerseits ist die Handlung als eine gewöhnliche Marktszene angelegt, andererseits „verletzt“ sie die Realität durch das außergewöhnliche Versprechen des Verkäufers und wirkt „doppelbödig“. Gemeinsam mit der deutlichen Abgrenzung dieses Abschnittes vom Erzählkontext spricht dies dafür, dass hier eine in sich geschlossene Parabel erzählt wird. Konzeptionell ist die „Perlenparabel“ der Mittelpunkt in der Erzählung. Haupt intention der bisherigen Handlung war es, Petrus zu Lithargoel zu bringen, und alle weiteren Ereignisse können als Resultate und kommentierende Schlussfolgerungen der „Perlenparabel“ verstanden werden. Die Askese der Apostel und ihre Reise zur Stadt „Neun Pforten“, Jesu Erscheinen und sein Auftrag an die Apostel, in die Stadt zurückzugehen, um die Armen zu lehren, für sie zu sorgen und die Reichen zu richten, sind durch die Perlenparabel motiviert. Jesus tritt als Arzt auf und heilt Ankömmlinge bei der Stadt „Neun Pforten“, weil die Perle für die Vervollkommnung des Menschen durch Christus steht und damit auch die „Heilung“ von Sünde und Begierde bedeutet. Ein Hinweis darauf, dass die Perlenparabel als eigene Erzähleinheit in der Erzählung konzipiert wurde, bietet ihre Bezeichnung als „Parabel“ im Munde Jesu (p. 10,24). In der bisherigen Forschung hat man sich in der Auslegung gegen das Ver141 Ghica, Actes (2007), 811–812, nimmt an, die Allegorie vom Perlenverkäufer sei ursprünglich eine separate Erzählung gewesen, die mit der Abkehr von den Armen und ihrem himmlischen Weg hin zur Stadt Lithargoels endete. Auch Krause, Petrusakten, 50.53 f., geht von einer selbstständigen, nichtchristlichen Quelle aus, ebenso Molinari, Acts, 52.
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ständnis ausgesprochen, dass die Erzählung eine Parabel enthalte, und die Bemerkung Jesu als Bezugnahme auf eine außernarrative Tradition betrachtet.142 Der Grund dafür ist sicherlich ein Gleichnisverständnis, das sich bei der Definition vor allem an den Gleichnissen des Neuen Testaments orientiert. Für Mitzi Jane Smith, die sich mit den ActPt erzählanalytisch auseinandersetzt, ist es eindeutig, dass in dem Komplex p. 3,12–5,1 eine Parabel geschildert wird.143 Natürlich ist es eine Besonderheit, dass hier kein Gleichnis als metadiegetische Erzählung von einer Figur erzählt wird, sondern Jesus selbst, verkleidet und unter Täuschung aller Anwesenden, ein Gleichnis inszeniert – und so, quasi mit einer ausgeweiteten Zeichenhandlung, selbst zum Gleichnis wird. Durch diese Erzählform werden die ethische Belehrung und die soteriologische Aussage einprägsam illustriert. Den impliziten Apell, den Inhalt der Parabel tiefer zu deuten, geben die ActPt ohnehin an einigen Stellen. Doch die in sich geschlossene parabolische Struktur fordert den Rezipienten noch einmal gesondert zu einem Bedeutungstransfer auf und bietet dazu verschiedene Bildelemente an – die negativen Reichen, vor deren dunkler Folie die Armen vorbildhaft leuchten, ihr Interesse am Perlenverkäufer, das sich später als Interesse an Jesus entpuppt, und die Perle, die in der Stadt des Perlenverkäufers umsonst verschenkt wird. Stil und Inhalt erinnern an die Erzählungen von inszenierten Gleichnishandlungen bei Lukian und in der kynischen Literatur. Die Idealisierung der Armen und die Verwerfung der Reichen ist dort ein Hauptthema, auch wird in den Erzählungen meist eine Grenze zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt durchbrochen, um herkömmliche Wertmaßstäbe infrage zu stellen.144 Wenn der Perlenverkäufer die Armen in seine Stadt einlädt, um ihnen die Perle dort zu schenken, verwischt dies nicht nur die Grenze zwischen irdischer und himmlischer Welt, sondern werden auch herkömmliches Verhalten und Werte in ihr Gegenteil verkehrt, worüber sich die Armen wundern: „(…) wir wissen, dass kein Menschen dem Bettler eine Perle schenkt“ (p. 4,8ff). Der Erzählstil der Perlenparabel ist zwar nicht ganz so offenkundig ironisch und appellativ wie in vielen kynischen Texten, doch wenn Jesus in Gestalt des Lithargoel als Perlenverkäufer durch die Straßen geht und Perlen anpreist, die er gar nicht dabei hat, und die interessierten 142 Vgl. Patterson, Sources, Redaction and Tendenz, 45; Schenke, NHD, Bd. 2, 452 Anm. 18. 143 Smith, Understand Ye a Parable, 32.42. 144 Die bestehende soziale Hierarchie wird in ihr Gegenteil verkehrt, so darf z. B. in Lukians Cataplus der arme Schuster auf den Schultern eines mächtigen Tyrannen sitzen (Cat. 19). In Lukians Timon wird Armut mit Tugend und Reichtum mit Verlorensein und Untugend gleichgesetzt. Dieser Perspektivwechsel resultiert aus Erfahrungen, die die Figuren bei einer Grenzüberschreitung machen: In Lukians Erzählung Icaromenippos konstruiert sich der Mensch Menippos Flügel und fliegt zu den Göttern hinauf. Oft vollzieht sich auch ein Wechsel zwischen Erde und Totenreich, z. B. in Senecas Apocolocyntosis muss der abgewiesene Claudius nach seinem Tod den Himmel wieder verlassen, kommt hinab in die Unterwelt und wird erniedrigt (apocol. 11 f.). Zur weiteren Analyse kynischer, vor allem menippeischer Literatur s. Neumann, Lukas und Menippos, 267–288. Neumann weist darauf hin, dass der Evangelist Lukas vermutlich von kynischer Philosophie beeinflusst gewesen sei.
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Armen zweimal in seine Stadt einlädt, um ihnen dort eine Perle zu schenken, liegen Absurdität und Ernst dicht beieinander. Auch von Diogenes ist überliefert, dass er Ernsthaftes skurril und zeichenhaft inszenierte. So soll er einen gerupften Hahn in die Schule Platons gebracht haben, mit den Worten: „Dies ist der Mensch Platons“.145 Kynische Texte mischen oft Gattungen und arbeiten mitunter mit einem Wechsel der Erzählstimme.146 Falls die ActPt von solchen Traditionen beeinflusst sind, wäre es eine Erklärung für den Wechsel der Erzählstimme und die generelle parabolische Erzählweise. p. 3,11–13 (Nachdem) er aber diese (Dinge) gesagt hatte, rief er aus: „Perlen, Perlen!“ Das Perfekt wird hier in temporaler Funktion gebraucht und drückt eine vorzeitige Handlung im Verhältnis zum Hauptsatz aus. Eine vergleichbare Konstruktion findet sich im „Buch des Allogenes“.147 Der Hauptsatz steht im affirmativen Perfekt und leitet mit der Konjunktion Je den Perlenruf des Verkäufers ein. Das unabhängige Demonstrativpronomen naI weist zurück auf das Gespräch mit Petrus, das der Verkäufer durch seinen Perlenruf jäh beendet. margariths ist ein Lehnwort aus dem Griechischen, das vermutlich ursprünglich aus dem Sanskrit übernommen wurde. Denn aus Indien wurden die wertvollen Perlen in den Mittelmeerraum importiert, in dem sie erst seit Alexander dem Großen bekannt sind.148 Wie der weitere Erzählverlauf zeigt, sind aber keine echten Perlen gemeint. Kostbarkeiten werden oft als Bild für ideelle Güter gebraucht. Im Kolosserbrief werden die Schätze der Weisheit und Erkenntnis beschrieben, die in Christus verborgen sind (Kol 2,3). Auch die dem Christen eigene Herrlichkeit des neuen Lebens wird als θησαυρός („Schatz“) bezeichnet, der in dem tönernen Gefäß des irdischen Leibes getragen wird (2Kor 4,7). In den Petrusakten wird Christus selbst Perle und θησαυρός genannt.149
145 Um angeblich eine anthropologische Definition Platons zu persiflieren: „Der Mensch ist ein zweifüßiges, einfaches, federloses Lebewesen“ (Overwien, Sprüche, 46). Auch ist überliefert, dass Diogenes einem Steuereintreiber seinen leeren Beutel ausgebreitet habe und auf die Frage, wo sein Reichtum sei, von dem er gesprochen hatte, auf seine Brust gezeigt und gesagt habe: „Da ist mein Reichtum, wo du ihn nicht sehen und bekommen kannst“ (ebd., 107 f.). Auch soll er auf einen hohen Platz gestiegen und die Menschen zusammengerufen haben, um ihnen zu sagen: „Ich habe nicht euch gerufen, sondern Menschen!“ (ebd., 116). 146 Senecas Satire Apocolocyntosis (ca. 54 n. Chr.) eröffnet in der 1. Person Singular und erzählt später in der 3. Person Singular weiter. 147 Allogenes NHC XI,3 p. 57,24: naI de NtasJoou (…). 148 Plisch, Thomas-Evangelium, 192.194 Anm. 1. 149 ActPe 21 (NTApo5, Bd. 2, 276).
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In den ActPt erscheint die Perle als christologisches und soteriologisches Symbol, das mit Jesus Christus und der Vervollkommnung des Menschen durch ihn verbunden ist. Wieder ist der Perlenverkäufer der Aktive, er lenkt und beendet nun das Gespräch. Gerahmt und abgegrenzt wird es durch seinen Ruf „Perlen, Perlen“. Mit dem ersten Ruf hatte sich der Verkäufer den Menschen der Stadt zugewandt, danach Petrus und nun wendet er sich mit diesem Ausruf von Petrus ab und wieder den Menschen der Stadt zu. p. 3,14–15 Die Reichen jener Stadt hörten seine Stimme. Folgt swtM die Präposition e-, entspricht der Verbindung häufig eine Übersetzung mit „hören auf“ oder „gehorchen“ (vgl. Ex 18,19; Spr 1,33 sa.). Das mit e- angeknüpfte Nomen kann aber auch wie ein Akkusativ der Ortsbestimmung als Objekt ohne präpositionalen Anschluss übersetzt werden.150 polis, bereits durch den femininen Demonstrativartikel determiniert, ist zusätzlich etMmau nachgestellt (ebenso p. 4,16 und 10,9). polis steht in den ActPt so oft mit T, dass der demonstrative Bezug vielleicht nicht mehr so deutlich war und etMmau dazu gestellt wurde. Möglicherweise ist die doppelte demonstrative Bezeichnung auch bewusst so gewählt, als Verstärkung oder mit lokaler Zuweisung im Sinne von „die Reichen jener Stadt dort“, um die Stadt „Wohne“ und ihre Menschen von der Stadt „Neun Pforten“ abzugrenzen (vgl. auch p. 4,16). Als neue Akteure werden „die Reichen“ als Gruppe eingeführt. Die Art und Weise, in der erzählt wird, legt nahe, dass hier die Erzählstimme wechselt. Als das Auftreten und Aussehen des Perlenverkäufers aus der Perspektive des Petrus geschildert wurden, hat seine Erzählstimme sehr detailliert und alles in der Reihenfolge der natürlichen Wahrnehmung berichtet, indem sie von den allgemeinen Auffälligkeiten in die besonderen, kleineren Details ging. Diese Schritte werden nun summarisch übersprungen, wenn von den Reichen gesprochen wird. Die Perspektive des Petrus wird dabei nicht einbezogen, es wird nicht erwähnt, wie er die Menschen sieht. Der Erzähler scheint kein Interesse an einer tieferen Auseinandersetzung mit dieser Gruppe zu haben und sie wird entsprechend eindimensional geschildert. Die Reichen treten als geschlossene Gruppe auf, sie werden nicht personalisiert und es wird kein einzelner Akteur aus ihnen hervorgehoben.
150 Ähnliche Konstruktion in Joh 4,42: answtM eroF („wir hörten ihn“). Siehe auch Jes 32,9; Hebr 5,7 sa.
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p. 3,16–17 Sie kamen aus ihren verborgenen Zimmern heraus. Das griechische Wort ταμεῖον steht in der Septuaginta und im sahidischen Neuen Testament meistens für die versteckte bzw. innerste, private Kammer (2Regn 13,10; 3Regn 1,15; 4Regn 9,2; 2Par 18,24, 22,11; Mt 6,6; 24,26; Lk 12,3) oder die Vorratskammer (Lk 12,24). Mit den Zimmern der Reichen könnten Vorratskammern gemeint sein, in denen Güter gesammelt und verwahrt werden, etwa im Sinne von Lk 12,24. Mit der Perikope Lk 12,22–34 wird dort an die Beispielerzählung vom reichen Kornbauer (Lk 12,16–21) ein mahnender Abschnitt über falsches und richtiges Sorgen angeschlossen. Dabei wird der Schatz (θησαυρός) im Himmel den materiellen Gütern kontrastierend gegenübergestellt. Inhaltlich entspricht das der Ausrichtung von ActPt p. 3,11–31. Der Perlenverkäufer preist Perlen an, die es in Christi Stadt „Neun Pforten“ gibt. Die Reichen reagieren auf seinen Ruf zwar sofort, sind aber nur an materiellen Gütern interessiert. Nachdem sie gesehen haben, dass der Verkäufer keine Perlen dabeihat – weil seine Perlen etwas anderes symbolisieren, das sie nicht verstehen und nicht interessiert –, wenden sie sich sofort ab. Doch zunächst kommen sie aus ihren Vorratskammern heraus auf die Straße, begierig, die angepriesenen Perlen zu sehen. Sie haben verborgene Kammern, vielleicht im Keller ihrer Häuser, geschützt vor unerwünschten Blicken und Dieben. Das Wissen um die verborgenen Kammern ist wieder ein Indiz dafür, dass die Erzählstimme allwissende Einblicke zulässt und sich nicht mehr mit der Perspektive des Petrus deckt. Als passiver Beobachter konnte Petrus nichts von den versteckten Zimmern wissen. p. 3,17–19 Einige andere aber blickten aus den Zimmern ihrer Häuser. Dieser Satz führt vermutlich kontradiktisch den vorherigen weiter, im Sinne von „die einen – die anderen aber“, und schließt im Imperfekt an das erzählende Perfekt an. Der Genitiv wird mit der Präposition Nte- umschrieben, obwohl sowohl Bezugswort als auch Objekt durch einen Artikel determiniert sind: \ntamion \nte pouhei. In der Regel wird das Objekt in solchen Fällen mit der Genitivpartikel N- angeschlossen. Dieses Phänomen findet sich aber in den ActPt und anderen Schriften des NagHammadi-Korpus häufiger.151 151 Vgl. in NHC VI: ActPt VI,1 p. 1,19; 2,21.23; 7,16.34; 10,28; 11,16; Brontê VI,2 p. 13,22.30; Noêma VI,4 p. 38,2; 42,2; 43,5; 44,19; 45,12. Nach Layton, Coptic Grammar, 148, eine Konstruktion der Zugehörigkeit (für die es in den Nag-Hammadi-Schriften ca. 117 Belege gibt).
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Die zweite Gruppe der Reichen hat Häuser mit Zimmern, aus denen sie hinausschauen können, sie müssen nicht auf die Straße kommen. Dadurch wirkt die Gruppe bequem – sie macht sich nicht die Mühe hinauszugehen, sondern verbleibt im Haus. Auf der narrativen Ebene könnte dieses Verhalten als Hängen an der eigenen Weltsicht, an ihren schützenden Mauern, also (Vor-)Urteilen, gedeutet werden. Sie verlassen ihren Raum nicht, um nicht auf den Perlenverkäufer und damit auf Neues zuzugehen. p. 3,19–21 (Wieder) andere blickten aus ihren hohen Fenstern. Die Erzählung wird im Perfekt fortgesetzt. Die dritte Fraktion innerhalb der Reichen wird wieder mit Henkooue eingeleitet. Hohe Fenster setzen ein größeres Haus voraus, mit hohen Räumen, vielleicht mit mehreren Etagen. Im antiken Profanbau gab es bereits zu Beginn der römischen Kaiserzeit fast überall Stockwerkhäuser, vor allem in den Städten. Meist waren jedoch nur das Erdgeschoss und das erste Stockwerk halbwegs geräumig und komfortabel und entsprechend von begüterten Menschen bewohnt.152 Die Gruppe der Reichen wird aufsteigend nach der Höhe ihres Aufenthaltortes eingeführt. In dieser Reihenfolge steigt auch der Abstand zum Geschehen auf der Straße. Die einen kommen aus ihren verborgenen Kammern heraus, die anderen blicken aus den Kammern ihrer Häuser hinaus und wieder andere schauen aus ihren hohen Fenstern dem Geschehen von oben zu. Die Bildebene macht deutlich: Die Reichen sind unbeweglich. Sie bleiben sie in ihrer eigenen Welt und halten Abstand zu dem Geschehen auf der Straße. p. 3,21–25 Und sie sahen nichts bei ihm. Denn er hatte weder einen Reisesack auf seinem Rücken, noch ein Bündel in seinem Leinentuch oder dem Schweißtuch. Dem negativen Perfekt folgen nau mit der Präposition e- als Objektsanschluss und zwei Existenzsätze im Sinne von „nicht haben“, gebildet mit mN-. Dieser Verbindung folgen die Subjekte phra („Reisesack“) und mour („Bündel“) indeterminiert. Vor soudarion steht ein Demonstrativartikel und verweist auf das Schweißtuch. Am Ende von Zeile 22 ist nach ebol Je der Beginn des Wortes kaeiHe von p. 2,26 spiegelbildlich aufgedruckt. Reisende, auch Händler, trugen oft eine Art Rucksack (πήρα) für persönliche Dinge oder kleine Waren. Den Jüngern wird in der Aussendungsrede in den synoptischen
152 Deichmann, Architektur, 153 ff.
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Evangelien ein solcher Reisesack verboten (Mk 6,8 parr). Im Gürtel wurden häufig kleine Kostbarkeiten oder Münzen aufbewahrt, aber dass sich der Perlenkaufmann ein Bündel in sein Schweißtuch gebunden haben könnte, ist schwer vorstellbar. Vielleicht ist an dieser Stelle ein Bündel gemeint, das unter dem Schweißtuch zu tragen ist, z. B. eine über die Schulter geworfene Tasche oder ein kleiner Beutel. Die Reichen sehen jedoch nichts von alledem. Im Unterschied zu Petrus nehmen sie den Perlenverkäufer nicht als Ganzes wahr, sie sehen nicht seine schöne Gestalt und die interessanten Attribute. Sie mustern ihn nur nach Taschen, in denen die begehrten Perlen sein könnten. Und so sehen sie und sehen doch nichts. Vielleicht klingt hier das „Nicht-Hören“ der Gleichnistheorie an: Je euenau ebol Nsenau ebol an (Mt 13,13). Auf narrativer Ebene ist festzuhalten, dass die Erzählstimme wieder Einsichten in die – dem Petrus verborgene – Wahrnehmung der reichen Menschen hat. Obwohl die Reichen es nicht kommunizieren, wird davon berichtet, dass sie beim Perlenverkäufer Taschen suchen und keine finden. Erzählt wird aus einer allwissenden Perspektive, die ganz auf die Reichen fokussiert ist. p. 3,25–27 Aber wegen ihrer Menschenverachtung erkundigten sie sich nicht einmal nach ihm. Das Kompositum mn~tSasrwme („Menschenverachtung“) erhält durch die Spitzenstellung im Satz besonderes Gewicht und wird durch die Partikel rw emphatisch verstärkt. Im sahidischen Neuen Testament ist der Ausdruck nicht belegt, griechische Äquivalente sind ὑπερήφανος („hochmütig“) oder ὕβρις („Hochmut, Spott“) und die Verben ἀτιμάζω und ἐξουθενέω („verächtlich behandeln“). Die Schreibung innerhalb der ActPt variiert, p. 11,31 f. bietet m\ntsaSrwme. In der Erzählung steht es im Gegensatz zu der m~ntmaeirwme („Menschenliebe“) der Segler (p. 1,22). Die ὕβρις steht im antiken Sprachgebrauch für Übermaß und Überheblichkeit. Bei Homer bezeichnet es den Übergriff über den eigenen Machtbereich hinaus. Die Überheblichen und Ungerechten sind kontrastierend den Gastfreundlichen und Gottesfürchtigen gegenüber gestellt.153 Bei Platon sind ὕβρις und εὐνομία Gegensatzpaare des menschlichen Verhaltens.154 Bei Sokrates richtet sich ὕβρις gegen Untergebene, niedriger Stehende, Arme und Ungeschützte, für die die Götter rächend eintreten.155 153 Hom. Od. 6,120; 9,175; 13,201. 154 Sokrates erwähnt im Gespräch mit Theodorus die Gewohnheit der Götter, sich bei den Menschen Übermut und Frömmigkeit anzuschauen: ὕβρεις τε καὶ εὐνομίας τῶν ἀνθρώπων καθορᾶν (Plat. soph. 216b). 155 Am besten im Sinne von „Frevel/Schande“ zu übersetzen, s. Plat. leg. 761e (unrechtmäßiges Entwenden von Eigentum, Bestechlichkeit); 777d (Sklaven aus Frevel und Übermut schlecht behandeln); 927b–d (schändliche Vormünder, die Waisen unrecht behandeln).
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III Kommentar
Das Bedeutungsspektrum in der Septuaginta ist sehr breit, meistens ist ὕβρις dem göttlichen Willen entgegengesetzt.156 In weisheitlichen Sentenzen werden damit Spott und verächtliches Verhalten beschrieben, also ein ähnliches Betragen, wie es hier die Reichen zeigen.157 So wird in der jüdischen Weisheitsliteratur natürlich vor dem Hochmut und dessen negativen Folgen gewarnt,158 z. B. bei Sir 13,24: „Wie der Hochmütige verachtet, was gering ist, so verachtet auch der Reiche den Armen.“ In den Psalmen gelten die Hochmütigen als ὑπερήφανος, die Gott und den frommen Menschen feind sind.159 Hochmut wird zunächst als gegen Gott gerichtet aufgefasst, er bezeichnet aber auch eine überhebliche Nichtachtung, mit der Mitmenschen behandelt werden. In einigen Schriften der sogenannten Apostolischen Väter erscheint Hochmut nicht als Eigenschaft der Gottlosen und der Feinde der Christen, sondern als eine Versuchung, der auch ein Glaubender anheimfallen kann.160 Im griechischen Neuen Testament begegnet ὕβρις kaum, im Lasterkatalog Röm 1,30 wird es zusammen mit ὑπερήφανος erwähnt und in 1Tim 1,13 als Selbstbezeichnung des Paulus. Das Verb ἀτιμάζω hingegen findet sich häufig. In der sahidischen Übersetzung wird für beides NreFswS verwendet, denn im sahidischen Neuen Testament wird anstelle des Kompositums mn~tSasrwme das hinsichtlich der Bedeutung sehr ähnliche Verb swS gebraucht.161 Dies steht häufig für ἀτιμάζω („verachten, verächtlich behandeln“), was dem Benehmen der Reichen hier sehr nahe kommt. Die Reichen scheinen an Menschen nicht interessiert zu sein und sind daher nicht neugierig, warum jemand Perlen anpreist, der keine besitzt. Das Stammverb von mn~tSasrwme ist Sws („hassen“). Im Hinblick auf p. 11,31 kann sogar gefolgert werden, dass den Reichen generell kein mitmenschliches Verhalten zu eigen ist. Sie scheinen nur auf ihren eigenen Vorteil, auf ihre ausschweifenden Mahlzeiten und vor allem auf materielle Güter bedacht, die sie aber nicht mit den Armen teilen. Die Segler mit ihrer m~ntmaeirwme („Menschenliebe“, p. 1,22) werden positiv dargestellt, sie behandeln die Apostel zuvorkommend und freundlich. Die Reichen sollen das Gegenteil davon sein, nämlich missgünstig und unfreundlich. Die Charakterisierung der allwissenden Erzählstimme passt zu dem Verhalten der Reichen im Raum. Dort agieren sie statisch und halten Abstand zu den Menschen auf der Straße. Nur wenige kommen
156 Eigensucht, Stolz, Bosheit oder schändliches Verhalten als widergöttliches Handeln, vgl. Lev 26,19; 1Makk 3,20; 2Makk 8,17; Spr 8,13; 11,2; Hos 5,5/7,10. 157 Vgl. Spr 1,22; 13,10; 16,18 LXX. 158 Ijob 40,11 f.; Spr 8,13; 13,10; Sir 10,7.12; 13,24; 15,8; 23,8; 27,28. 159 Ps 93,2; 16,10; 30,19.24; 35,12; 59,13; 72,6 LXX. 160 In 1Clem 35,5; 57,2, auch Did 2,6; 5,1 und Herm(m) 6,2,5; 8,3; in Herm(s) 8,9,1 wird vor der Sünde des Hochmutes gewarnt, die den Christen auf den falschen Weg führt. 161 Es beschreibt auch widergöttliches, menschenverachtendes Handeln, vgl. „verächtlich behandeln“ (Mk 9,12; Lk 20,11; Apg 5,41), „entehren“ (Joh 8,43), und „misshandeln“ (Mt 22,6; Lk 18,32).
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auf die Straße, die anderen blicken aus ihren Fenstern. Sie sind und bleiben verhaftet in ihrer eigenen, materiellen Welt. p. 3,27–28 Er hingegen offenbarte sich ihnen nicht. Nach der Partikel HwwF, die hier kontrastierend übersetzt ist, steht das dritte negative Perfekt in der Satzfolge. Zuvor waren es die Reichen, die nichts sahen und desinteressiert waren. Dies erwidert der Perlenverkäufer mit seiner Reaktion, sich nicht zu offenbaren. ouon~H, profan auch „zeigen, erklären“, bedeutet hier natürlich „offenbaren“. Drei semantische Ebenen weist das Verb in den ActPt auf. Es bedeutet Verheißung, denn die Armen erhalten mit der Einladung in die Stadt das Versprechen des Perlengeschenkes. Andererseits bezeichnet es die Offenbarung wichtiger Informationen, z. B. die Gefahren auf dem Weg in die Christi Stadt und den Namen Lithargoel und seine Bedeutung (p. 5,15 ff.; 8,30). Und schließlich offenbart sich Jesus den Jüngern personal in seiner wahren Identität (p. 9,17 f.). An allen drei Ebenen haben die Reichen jedoch keinen Anteil. Dieses Offenbarungsverständnis, überhaupt die Erwähnung, dass der Perlenverkäufer sich nicht offenbart habe, greift proleptisch dem erzählten Inhalt voraus. Für den Leser ist es ein Signal, dass der Perlenverkäufer Eigenschaften besitzt, die er noch bekanntgeben oder enthüllen wird. Die Signalwirkung ist noch stärker für jene Leser, die bereits andere Schriften in Codex VI gelesen haben, denn dort beschreibt ouon~H meistens das Erkennbarwerden von göttlichen Zeichen oder Wesen (Brontê p. 15,34; OgdEnn p. 61,22; 63,13; Noêma p. 36,10; 44,3; AuthLog p. 26,9; 35,20). Analogien finden sich auch im Neuen Testament, z. B. gebietet Jesus den geheilten Menschen, ihn nicht zu offenbaren (Mk 3,12 par, griechisch φανερὸν ποιεῖν, koptisch ouon~H ebol, vgl. auch Mk 8,30). Ein Grund für das Unterlassen der Offenbarung in den ActPt könnte die Aussichtslosigkeit dieser Handlung in der beschriebenen Situation sein. Nur wer Verheißungen gegenüber aufgeschlossen ist, wer suchend, also „bedürftig“ ist, dem kann sich durch Verheißungen, Wunder oder offenbarte Inhalte ein neues Daseinsverständnis erschließen. Die Reichen jedoch, die starr in ihrer eigenen Welt verharren, würden diese Inhalte ohnehin nicht begreifen (wollen). p. 3,29–31 Sie kehrten in ihre Zimmer zurück und sprachen: „Dieser Mensch verspottet uns.“ Hier endet die Darstellung der Reaktion der Reichen auf den Perlenverkäufer. Im affirmativen Perfekt wird berichtet, wie sie die Szene verlassen. kwte eHoun gibt hier ihr Ab- und Zurückwenden wieder.
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III Kommentar
swbe steht im sahidischen Neuen Testament hauptsächlich für das griechische Verb (ἐμ)παίω in den synoptischen Passionsberichten und ist eng mit körperlicher Gewaltanwendung und jüdischer Leidensfrömmigkeit162 verknüpft. Das Verb wird allerdings auch gebraucht, um zu berichten, wie die Magier aus dem Osten den König Herodes an der Nase herumführen (Mt 2,16 sa.).
In diesem Sinne entspricht es auch der Sicht der Reichen: Sie glauben, dass der Perlenverkäufer sie an der Nase herumführt, indem er vortäuscht, etwas zu verkaufen, das er gar nicht besitzt. Damit bekommt die Charakterisierung dieser Gruppe tiefere Züge. Ihnen wird Aufmerksamkeit und Schläue zugeschrieben, immerhin bemerken sie, dass der Mann nicht der Perlenverkäufer ist, der er vorgibt zu sein. Aber ihre Erkenntnisfähigkeit beschränkt sich auf den materiellen Bereich. Sie haben kein Interesse nachzufragen, wer dieser Mann ist und aus welcher Motivation er so handelt. Es ist bezeichnend, dass sie sich wieder ihren Vorratskammern und damit den weltlichen Schätzen zuwenden, die doch von dem Namen Jesu und der Weisheit Gottes übertroffen werden (p. 10,26–30).
Die erste Bitte der Armen (p. 3,32–4,10) Als zweite Gruppe kommen nun Arme und Bettler zu dem Perlenverkäufer, der sich immer noch auf der Straße befindet. Im Gegensatz zu den Reichen wird diese Gruppe als kontaktfreudig und interessiert dargestellt. Während die Reichen die Rolle der Opponenten innehatten, spielt die Gruppe der Armen figurenanalytisch die Rolle des Adjuvanten. Sie unterstützen den Hauptakteur und bringen die Erzählung im positiven Sinne voran. Der Wortwechsel zwischen den Armen und dem Perlenverkäufer wird, mit wenigen Modifikationen, zweimal erzählt, ein klares Signal dafür, dass das Verhalten der Armen, ihre Einladung in die Stadt und die Verheißung der Perle zentrale Schlüsselstellen für die Interpretation der ActPt sind. Das Verhalten der Armen wird von außen geschildert, in ihre Gedanken und Gefühlswelt wird kein Einblick gegeben. Sie erscheinen als Suchende und Staunende. Höflich bitten sie um einen Blick auf die Perle. Während die Reichen jeweils allein waren, treten die Armen – wie auch die Jünger – als Gruppe auf und bezeichnen ihre Gefährten als Freunde. Diese drei Gruppen lassen sich nach ihrem Verhalten gegenüber dem Perlenverkäufer klassifizieren. Negativ gezeichnet sind die Reichen, sie reagieren desinteressiert und verärgert und werden später angeklagt (p. 11,26 ff.). Die Armen werden positiv dargestellt, sie sind offen, interessiert und erfreut über die Perlenverheißung. Vortrefflich agieren jedoch Petrus und die Jünger. Während die Reichen das Perlenversprechen auf mate-
162 Vgl. 1Makk 9,26; 2Makk 7,7.10; 8,17; 3Makk 5,22.
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rieller Ebene deuten, scheint Petrus den tieferen Sinn zu verstehen und bewältigt mit den Jüngern den asketischen Weg in die Stadt „Neun Pforten“. Diese dreistufige Anthropologie kann ein Merkmal „gnostischer“ Systeme sein, findet sich aber ansatzweise auch in christlichen Konzepten.163 p. 3,32–4,1 Und die Armen jener [Stadt] hörten [seine Stimme.] Mit diesem Satz wird die neue Personengruppe eingeführt. Von den ersten Zeilen der vierten Seite sind zwar nur Reste erhalten, aber hier stand wohl fast der gleiche Wortlaut wie zuvor bei der Einführung der Reichen (p. 3,14). Allerdings scheint das Satzgefüge anders organisiert und ist nicht parallel gestaltet. Dank des Verbs swtM („hören“) auf der letzten Zeile der dritten Seite, das sicherlich der Stimme des Perlenverkäufers zugeordnet ist, lässt sich die erste Zeile rekonstruieren. Es wird nur angedeutet, dass der Perlenverkäufer wieder laut seine Perlen anpreist, denn die Armen hören seine Stimme. Damit wird auch die dritte Begegnung mit dem Perlenruf abgetrennt, diesmal nur implizit. Die Armen werden vor der dunklen Folie der Reichen eingeführt und strahlen so besonders hell. Dieses Übertreffungsschema ist relativ häufig. Am Ende des Richterbuches werden Verbrechen und innenpolitische Unsicherheit geschildert, um die folgende Ära der Könige als rettende und bessere Zeit vorzubereiten (Ri 19–21). Nach den Fehlern Sauls tritt der große König David auf (vgl. 1Regn 15,1–26; 18,6–30; 31,1–4; 2Regn 7,15 f.). In den Petrusakten geht der Protagonist aus der Gegenüberstellung mit Simon auf dem Forum als vorbildlicher Sieger hervor.164 „Armut“ wird innerhalb vieler Nag-Hammadi-Schriften häufig kosmologisch als Mangelhaftigkeit der Welt und Materie verstanden165 und nicht, wie hier in den ActPt, als wirtschaftliche Armut. Das Auftreten der Armen als einer positiv geschilderten Gruppe ist innerhalb dieser Schriftensammlung etwas Besonderes. Die Beispielrolle der Armen erinnert an Züge der lukanischen Konzeption des Evangeliums, das Jesus
163 Z. B. werden nach der Beschreibung des Irenäus im gnostischen System der Valentinianer angeblich drei Menschengruppen geschildert: die vollkommen in der Materie verhafteten „Hyliker“ bzw. „Sarkiker“, die verloren sind, die „Psychiker“, die untergeordnetes Heil erlangen, und die „Pneumatiker“, die den göttlichen Geist besitzen (Iren. haer. 1,1,14). Solche trichotomischen Aussagen finden sich auch in UW NHC II,5 p. 122,6–9; TractTrip NHC I,5 p. 118,14–119,33 und 2LogSeth NHC VII,2 p. 61,23–62,1. Aber Hierarchien hinsichtlich der spirituell-geistlichen Entwicklung finden sich auch z. B. bei Origenes: gemäß dem dreifachen Schriftsinne soll sich der Einfältige am Fleisch der Schrift erbauen, der Fortgeschrittene an ihrer Seele, der Vollkommene aber an dem geistigen Gesetz (Or. princ. 4,2,4). 164 ActPe 23–28 (NTApo5, Bd. 2, 278 ff.). 165 Vgl. u. a. AJ NHC II,1 p. 31,18; UW NHC II,5 p. 110,13; 112,13; Dial NHC III,5 p. 132,5; AuthLog NHC VI,3 p. 27,27.
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III Kommentar
als Retter der Armen darstellt.166 Im Kontext der frühchristlichen Askese war der Arme eine Vorbildfigur, besonders eindrücklich im Liber Graduum: „Die Vollkommenen (d. h. Asketen) aber besitzen nichts (…) sie leben wie Arme in Gnade. (…) Sie arbeiten nicht um Speise und Kleidung, sondern leben ärmlich durch Almosen.“167 Die Reichen sind in den ActPt besonders negativ konnotiert, weil sie, wie bei einer „Sandwich“-Methode, zwischen dem herausragenden Jünger Petrus und der vorbildlichen Gruppe der Armen stehen. Im Falle der Begegnung mit den Armen der Stadt erfolgt der Perlenruf nicht in direkter Rede, es wird nur angedeutet, dass der Perlenverkäufer wieder laut seine Perlen anpreist, weil die Armen ihn hören. Damit wird auch die dritte Begegnung mit dem Perlenruf abgetrennt, diesmal aber nur implizit. p. 4,2–3 [Sie kamen zu diesem] Menschen, [der diese Perle anbot]. Da trotz Lakune mehrere wichtige Bestandteile des Satzes erhalten sind, ist die Rekonstruktion mit der angegebenen Übersetzung relativ sicher: [au—ei ebol e]p?rwme? p?[ai+ et’T M3pei+ma]r?g?[arit]hs ebol: Der Anfang ist allerdings strittig. Martin Krause rekonstruiert folgendermaßen: [auw aunau ep]rwme („[Und sie sahen zu dem] Menschen“). Für die Verbindung ei ebol („herbeikommen“) spricht, dass die Reichen schon vorher so eingeführt wurden (p. 3,16) und den Armen dadurch ein Platz im Raum der Erzählung, nämlich beim Perlenverkäufer gegeben wird. nau würde offenlassen, wie die Armen zu verorten sind. steht in der Mehrzahl der biblischen Belege für „verkaufen“.168 So hat sich in der Forschung auch die Bezeichnung „Perlenverkäufer“ für Lithargoel etabliert, obwohl dies dem tieferen Sinn der Figur widerspricht.
T ebol
Im Gegensatz zu den Reichen treten die Armen als Gruppe auf, die gemeinsam auf den Perlenverkäufer zugeht. Durch diese Einheit wird ihre positive Wirkung weiter unterstrichen, denn die Einheit einer geschlossenen Gruppe steht kontrastierend der Vereinzelung gegenüber.
166 In der Antrittsrede bei Lukas wird Jesu Botschaft programmatisch als Evangelium für die Armen bezeichnet (Lk 4,18). Vgl. weiterhin Lk 1,51 ff.; 3,11; 6,20 f.24–26; 14,12 ff.; 16,19–31; 19,8. 167 LG M 14,1. 168 Gen 41,56; Lev 25,14.23; Jes 24,2; Ez 7,13; Mt 21,12; 13,46; vgl. Crum, Coptic Dictionary, 394b.
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p. 4,3–6 [Sie sprachen zu ihm:] „Mach dir die Mühe und [zeige uns diese] Perle, auch (wenn) [wir] sie (nur) mit unseren Augen [sehen (können)]. Mit einem einfachen Imperativ fordern die Armen den Perlenverkäufer auf, ihnen die Perle zu zeigen. THoei wird auch in Mk 5,35 gebraucht und ist der Bedeutung nach fast äquivalent mit dem geläufigen Kompositum THise. In Verbverbindungen steht häufig nicht die eigenständige Imperativform ma-, sondern die Infinitivform T, obwohl – wie an dieser Stelle – ein imperativischer Gebrauch ganz deutlich ist (vgl. p. 6,12; 12,8). Zwei Konjunktivformen scheinen den Imperativ fortzusetzen. Die Konjugation N- in der vierten Zeile ist gut zu erkennen, die zweite Form ist nur rekonstruiert, sie folgt der ursprünglich griechischen Konjunktion kan, die meistens konditional gebraucht ist,169 aber auch mit Konjunktiv stehen kann (2Kor 11,16; Gal 1,8 sa.). Für tamo stehen im sahidischen Neuen Testament oft die griechischen Verben δείκνυμι und ἐμφανίζω. Das Verb kann einerseits im Sinne von „erzählen“ und „informieren“ übersetzt werden, auch Jüngerbelehrungen werden damit eingeleitet (Mt 16,21; Lk 6,47; 12,2). Oder es steht für Mitteilungen (Apg 23,22) und das Aufzeigen von Sachverhalten durch die Schrift (Apg 18,28). Andererseits meint es auch ein exemplarisches Zeigen im performativen Sinne, z. B. wird Paulus durch den Herrn gezeigt, wie viel man leiden muss (Apg 9,16) oder er demonstriert eine beispielhafte Lebensführung (Apg 20,35). In der Bitte der Armen ist es als Zeigen in performativer Bedeutung aufzufassen, denn die Armen wollen die Perle sichtbar vor Augen haben. Ihre gegenständliche Vorstellung davon wird durch den Zusatz „mit unseren eigenen Augen“ unterstrichen. Im Gegensatz zu den Reichen trauen sie dem geheimnisvollen Mann zu, dass er eine Perle besitzt. Während die Reichen mit berechnenden, gierigen Augen schauen, vertrauen die Armen seinem Perlenruf und lassen sich darauf ein. p. 4,6–8 Denn wir sind [Arme.] Und wir haben nicht diese [große Summe], um dafür zu bezahlen.“ Die Konjunktion Je hat kausale Funktion und leitet einen Begründungssatz ein. Ihm folgt ein negierter Possessivsatz, der Ausdruck des Habens zieht das Adverb Mmau nach sich, im Koptischen ein häufiges Phänomen, das im Deutschen nicht sinnvoll zu übersetzen ist. Die Lakunenrekonstruktion [noG \nti]8m?h ist inhaltlich und mit Blick auf die beiden erhaltenen Buchstaben mh relativ sicher. Wilson und Parrott ergänzen 169 ApcPt NHC VII,3 p. 75,2; Silv NHC VII,4 p. 98,16; 103,6; 116,17; Zostr NHC VIII,1 p. 123,6; Sextus NHC XII,1 p. 28,17; Mt 21,21; 26,35; Lk 12,38; 17,4; Joh 8,14.16; 11,25.
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III Kommentar
in ihrer Ausgabe Ntei+[tima]8m?h (griechisch τό τίμημα). Im Gegensatz zu timh ist dieses Nomen in koptischen Texten allerdings kaum bezeugt.170 Vermutlich wählen sie diese Form, weil die Lakune allein für die beiden Buchstaben ti zu groß wäre. Mit dem vorgeschalteten Attribut noG ist sie allerdings gut ausgefüllt. Die Selbstaussage „Wir sind Arme“ ist klar und selbstbewusst ausgesprochen. Die Aussage ist nicht bedauernd, die Armen entschuldigen sich auch nicht dafür, dass sie die Perle nur sehen wollen, aber kein Geld besitzen, um eine zu kaufen. Vor allem mit Blick auf andere Passagen in den ActPt scheint hinter der Erzählung eine ausgeprägte Armenfrömmigkeit zu stehen, die nicht unbedingt enkratitisch sein muss.171 Bereits in der Bibel ist die Auffassung, die Armen seien die echten Frommen, breit belegt.172 Im anachoretischen und koinobitischen Kontext wurde dieses Ideal weiterentwickelt und gelebt.173 Doch eine Sonderstellung des Armen vor Gott, etwa im Sinne der Seligpreisung (Lk 6,20) oder wie im Liber Graduum (M 14,1) ist weniger im Blick, eher wird der Arme als Objekt der Wohltätigkeit gesehen (Barn 14,9; 19,6; 2Clem 16,4; Did 15,4). Allerdings wird betont, dass seine Frömmigkeit und sein Gebet eine besondere Wirkung haben und er für den Reichen, der ihm Almosen gibt in der Fürbitte vor Gott eintritt (Herm[s] 2,1–10; 1Clem 15,6). Die ActPt beinhalten beide Sichtweisen, der Arme ist Fürsorgeempfänger und er wird als idealer Christ gezeigt, wenn er von den negativ gesehenen Reichen positiv abgegrenzt wird. So, wie die Armen den Perlenverkäufer einordnen und auf ihn zugehen, bleiben sie trotzdem im Bereich des Materiellen. Sie sind neugierig und begehren eine echte Perle zu sehen, von der sie denken, dass sie mit Geld zu bezahlen sei.
170 timh findet sich im sahidischen Neuen Testament in Mt 27,9; 1Kor 12,23; Kol 2,23; 1Thess 4,4; 2Tim 2,21; 1Petr 3,7; außerdem in vielen Urkunden des 7./8. Jh., vgl. Förster, Wörterbuch, 809. 171 Gegen Ghica, Actes (2007), 816, der im Zusammenhang seiner Quellenhypothese mindestens eine enkratitische Bearbeitungsschicht annimmt. 172 Vgl. Ps 22,25–27; 37; 72,1–4.12–14; 140,12–14; Jes 29,19–21; Lk 1,51–53; Mt 5,3–6; Lk 6,20–26; 12,31–34; 16,19–26 u. a. 173 Auch die pachomianischen Regularien betonen die (geregelte) Armut besonders. Sie gilt als wichtiges Mittel zur Erlangung der Demut, wobei dem Einzelnen die freie Verfügbarkeit über seinen bescheidenen Besitz bleibt (vgl. Rousseau, Pachomius, S. 87 f.). In ähnlicher Weise betont die Benediktinerregel, ein Abt dürfe sich keine Sorgen um vergängliche und irdische Dinge machen (Regel 2,33–36) und ein Mönch kein Eigentum besitzen (Regel 33).
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p. 4,8–10 Aber [zeige (sie) uns,] damit wir unseren Freunden erzählen können, [dass wir] eine Perle mit unseren (eigenen) Augen [gesehen haben]. Die Konjunktion alla leitet einen neuen Hauptsatz ein und bezieht sich adversativ auf Je (p. 4,6) zurück. Sie dient nicht nur zum Verbinden von Satzgliedern, sondern auch als Satzeinleitung.174 Danach muss ein Verb des Zeigens gestanden haben, vermutlich tamo, da auch in der anfänglichen Bitte der Armen tamo stand (p. 4,4), auf die hier wohl rekurriert wird. Da vor der Lakune klar ein m zu erkennen ist, muss man annehmen, dass das Verb hier – im Gegensatz zu p. 4,4 – mit ma, der Imperativform von T zusammensteht, also m[atamon]175 – diese Rekonstruktion ist oben übersetzt. Der Konjunktiv führt dann den Imperativ fort, bis der neue Satz durch Je als Redeeinleitung beginnt. ist in den ActPt ein häufiger Begriff, die Freunde der Armen werden so bezeichnet, ebenso wie die Apostel, Petrus und der Perlenverkäufer sich so anreden (p. 2,35; 3,3.10; 6,28; 7,20 f.). Für ihre Bitte, ihnen die Perle zu zeigen, bringen die Armen noch eine zweite Begründung: Sie wollen ihren Freunden davon erzählen. Damit wird eine dritte Gruppe, die der Freunde, eingefügt, vermutlich andere Arme, aber es bleibt offen, wer gemeint ist. Petrus bezeichnet seine Mitapostel als Freunde und spricht den Perlenverkäufer als Freund an, der sich auch selbst so bezeichnet. Der Begriff „Freund“ ist in den ActPt meistens christlich konnotiert. Möglicherweise signalisiert der Terminus hier, dass die Armen auch Christen sind, die von ihren Glaubensgeschwistern sprechen. In Kombination mit tamo sprechen die Armen sicherlich von ihren physischen Augen, nicht von den geistigen, wie es Philo tat,176 ein Bild, das auch in einigen biblischen Schriften zu finden ist.177
Sbeer
Die Figurengruppe der Armen wird positiv, als sozial eingebettet und kommunikativ dargestellt. Sie sind allerdings deutlich von Petrus und der Gruppe der Jünger abgegrenzt. Im Gegensatz zu Petrus sind sie begierig die Perle zu sehen und deuten die Botschaft des Perlenverkäufers nur auf der materiellen Ebene.
Das Gastgeschenk (p. 4,10–15) Die Antwort des Perlenverkäufers verletzt die realistische Ordnung innerhalb der Perlenparabel. Das Versprechen, Perlen an Arme und Bettler zu verschenken, ent174 S. Mk 13,24 sa.; vgl. auch Mt 8,8; 11,8.13; Mk 3,27; 9,13.22; 11,23; 13,20; 16,7. 175 Ganz ähnlich steht auch in ActPt p. 9,27 f. mit maT solch eine verstärkte Imperativform. 176 Philo, Conf. 92; Spec. 3,6. 177 Mt 13,15; Lk 24,16.31; Eph 1,18.
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III Kommentar
spricht nicht den Norm- und Wertvorstellungen der irdischen Welt. Es beinhaltet eine Forderung und eine Verheißung. Die Verheißung ist sogar parallel gesteigert: „Nicht nur zeige ich sie euch, sondern ich gebe sie euch für Nichts.“ Das außergewöhnliche Versprechen soll zum Nachdenken und Deuten der Perle anregen, was der auffordernden Rede einen symbuleutischen Charakter verleiht. Immer noch wird die Geschichte von einer Erzählstimme erzählt, die unpersönlich und detailarm das Geschehen schildert. p. 4,10–15 Er antwortete und sagte zu ihnen: „Wenn es möglich ist, kommt in meine Stadt. Nicht nur zeige ich sie euch vor euren Augen, sondern ich gebe sie euch für Nichts.“ Je leitet die Antwort des Perlenverkäufers als direkte Rede ein. In Mt 26,39 hat die Wendung eSJe ouN SGom den gleichen Aufforderungscharakter wie hier und in Röm 12,18 leitet sie eine Reihe von Paränesen ein. Einen ähnlich appellativen Charakter hat der Sprechakt hier, unterstützt durch den Imperativ Plural von ei, fortgesetzt durch zwei Konjunktive. Innerhalb des sahidischen Neuen Testaments ist ameit~n dreimal im Johannesevangelium belegt (Joh 1,39; 4,29; 21,12). Jesus fordert zwei Johannesjünger auf, ihm zu folgen, damit er ihnen zeigen kann, wo er wohnt (Joh 1,39) – eine Situation, die der Einladung in die Stadt des Perlenverkäufers in den ActPt sehr nahe kommt. Ein Mann, der Perlen anpreist, offenkundig aber keine dabeihat und alle Interessierten in seine Stadt einlädt, um sie ihnen dort zu schenken, handelt skurril oder ist ein Narr, wofür die Reichen ihn auch halten. Um widersprüchliche Aussagen zu verstehen bzw. fehlende zu ergänzen, werden in hermeneutischen Prozessen thematisch naheliegende Wissensgebiete zum Verständnis mit herangezogen. Den Lesenden, die die Einladung vor dem Hintergrund anderer christlicher Schriften zu deuten versuchen, wird die Ähnlichkeit mit dem Nachfolge-Ruf (vgl. Mk 1,17 f.par.) vielleicht nicht auffallen, aber die Stadt „Neun Pforten“ verstehen sie vermutlich als Stadt Jesu und setzen sie in Verbindung mit dem Motiv der himmlischen Stadt. Sie ist ein zentrales Bild der Johannesoffenbarung, in diesem Zusammenhang ergeben sich Assoziationen mit dem himmlischen Jerusalem (Offb 21 f.). Einige Hebräerbriefstellen beschreiben ebenfalls das himmlische Jerusalem, nach Hebr 11,10.16 hätten schon die Patriarchen von dieser Stadt gewusst, die Gott ihnen bereitet hat und die „Berg Zion und Stadt des lebendigen Gottes“ sei (Hebr 12,22–24). Die zukünftige Stadt wurde zum Hoffnungsbild, dem Christen entgegenharren in der Überzeugung, „auf Erden keine bleibende Stadt“ zu haben (13,14). Von der himmlischen Stadt mit einer ganz anderen Ordnung wird auch im Hirten des Hermas gesprochen: „Sie weilen hier wie in einer fremden, unter anderen Gesetzen lebenden Stadt, im Gegensatz zu ihrer Stadt, in die sie heimkehren werden, wenn sie ihr Gesetz nicht verleugnen“ (Herm[s] 1,1). In den ActPt sind die beiden Städte jedoch anders konnotiert. Die Stadt „Wohne“ ist nicht unwirtlich
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und fremd, sie schützt ihre Bewohner vor den Fluten und Stürmen und in ihr wohnen die Ausdauernden und Geduldigen. Und die Stadt „Neun Pforten“ steht als Stadt Christi zwar in Beziehung mit dem Himmelreich, kann aber von einem standhaften Asketen zu Lebzeiten betreten und anscheinend auch wieder verlassen werden. Petrus und die Mitapostel, die vor die Stadt treten und wieder zurückgeschickt werden, sind ein Exempel dafür. Das Versprechen des Perlenverkäufers, in der Stadt eine Perle zu verschenken, hat Anklänge an die Offenbarung des Johannes, dort heißt es, Jesus Christus würde im himmlischen Jerusalem den Dürstenden umsonst Wasser aus der Quelle des Lebens schenken, koptisch wie in den ActPt mit NJinJh formuliert (Offb 21,6; 22,17). Das Versprechen verdeutlicht, dass die Stadt des Perlenverkäufers ein Raum ist, in dem normale Ordnungen und Wertmaßstäbe nicht gelten. Das erinnert an die Umkehrung menschlicher Wertmaßstäbe in den sogenannten „Reich-Gottes-Gleichnissen“ (vgl. Mt 20,1–16; 22,1–14, vgl. Lk 14,15–24), ein weiterer Hinweis dafür, dass die Stadt des Perlenverkäufers irgendwie mit dem Königreich des Himmels verbunden ist.
Die zweite Bitte der Armen (p. 4,15–29) Die beiden Bitten sind keine Dubletten,178 die zweite baut ergänzend auf der ersten auf. Strukturell sind die Bitten nicht parallel gestaltet, beinhalten aber gemeinsame Elemente. Beide haben einen einleitenden Bittsatz, der erste ist fordernd mit Imperativ und Konjunktiv, der zweite drückt den Wunsch mit energetischem Futur aus. Zentral ist der Wunsch, die Perle „vor Augen“ zu haben, in jeder Bitte wird er zweimal betont. Ein festes Element sind auch die Freunde, denen die Armen von der Perle erzählen möchten. In beiden Bitten ist die Armut der Grund, warum die Bettler die Perle sehen möchten (p. 4,5–8; 4,27–29). Die zweite Bitte ist ausführlicher und beinhaltet eine Auseinandersetzung mit dem Versprechen des Perlenverkäufers, das zunächst zurückgewiesen wird. p. 4,15–21 (Das) hörten aber die Armen jener Stadt und sagten: „Weil wir Bettler sind, wissen wir auch, dass kein Mensch einem Bettler eine Perle gibt, sondern Brot und einen Stater bekommen sie gewöhnlich. Die Armen werden durch die Partikel Hwou und die Subjektsmarkierung NGi- hervorgehoben und mit der Ortsangabe „jener Stadt“ nochmals eingeführt, obwohl sie bereits in p. 3,32 f. vorgestellt wurden. Dies ist vielleicht ein Textsignal, um den Raum178 Gegen Ghica, Les Actes, 356. Ghica geht von der Umformulierung und doppelten Verwendung einer Quelle durch einen Bearbeiter aus.
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III Kommentar
wechsel zu erleichtern – zuvor wurde von der Stadt des Perlenverkäufers gesprochen, nun sind wir wieder in der Stadt, in der die Armen leben, die mit dem fremden Mann in den Dialog treten. Die griechische Konjunktion ἐπειδή wird koptisch sowohl kausal (Mt 25,21; Lk 11,6; Apg 13,46) als auch temporal (Lk 7,1; NHC VI,5 p. 48,16) gebraucht. Dem entspricht since („seitdem, da“) im Englischen, womit Wilson und Parrott in ihrer Übersetzung auch die Rede der Armen einleiten. Schenke wählt „da“ und übersetzt einen Begründungssatz. Die Übersetzung mit einem begründenden Nebensatz liegt näher als eine temporale, denn die Armen begründen ihren Einwand durch ihr Erfahrungswissen als Bettler. SatmNtnae („Bettelnder, Bettler“) ist selten belegt (im sahidischen Neuen Testament nur Joh 9,8; Apg 3,2.10) und als nomen agentis aus der proklitischen Form Sat- des Verbs Site („betteln, begehren“), dem Präfix mNt- und dem Nomen na („Gnade“) zusammengesetzt. Cherix ordnet die proklitische Form allerdings Swwt („schneiden, ermangeln“) zu.179 Grammatisch ist das möglich, müsste aber als „Erbarmen- bzw. Almosenermangelnde“ übersetzt werden, was wenig sinnvoll ist. mNtna(e) bedeutet Almosen, mit der Ableitung von Site (sogenanntes participium coniunctum) ergibt sich „Almosenbegehrende“ oder „Bettler“. Nach einem Adverbialsatz schließt mit explikativem Je („dass“) die Begründung der Armen an: Kein Mensch verschenkt Perlen an Bettler, sondern – adversativ angeschlossen mit alla – Brot und Münzen werden verteilt. Der Aorist signalisiert, dass der Satz einen regelmäßigen, folgerichtigen Sachverhalt ausdrückt. Der Stater war eine der wichtigsten antiken Münzen, die in unterschiedlichen Prägungen und Währungssystemen umlief. Für die Datierung oder Lokalisierung der Schrift ist dieser Hinweis daher unbrauchbar. Überhaupt werden die unterschiedlichen griechischen Münzwerte, wie z. B. Drachme oder Denar, im sahidischen Neuen Testament fast immer standardisiert mit dem in Ägypten bekannten Stater wiedergegeben.180 Insofern handelt es sich vermutlich um eine geprägte Wendung, ähnlich der deutschen Redewendung „auf Heller und Pfennig zurückzahlen“, der weder ein bestimmter Geldbetrag, noch das aktuelle Währungssystem entspricht. Die Erwiderung der Armen zeigt, dass der Perlenverkäufer auch bei ihnen auf Unglauben stößt. Die Bettler sind irritiert von der Ordnung in der Stadt des Perlenverkäufers, und halten ihm argumentativ die Realität ihrer alltäglichen Erfahrung entgegen. Sie bleiben weiter auf der materiellen Ebene.
179 Cherix, Concordance, 310. Ghica, Les Actes, 415, ordnet Sat- auch dem Verb Site zu. 180 Vgl. Mk 12,15 parr sa.: Denar ist mit mit sateere übersetzt. Ebenso verhält es sich bei Mt 18,28; 20,2; Offb 6,6.
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p. 4,21–24 Jetzt hingegen bitten wir dich um die Barmherzigkeit, dass du uns die Perle vor unseren Augen zeigst. Die wörtliche Rede der Armen führt zunächst der Adverbialsatz weiter (Zeile 21–23), wörtlich übersetzt: „Jetzt hingegen (ist) die Barmherzigkeit, die wir von dir zu empfangen wünschen (…)“. Als feste Wendung ist Ji na im lykopolitanischen Dialekt (L) belegt für „Almosen empfangen, Erbarmen mit jemandem haben“.181 Das steht dem inhaltlichen Sinn der Bitte, die Perle nur sehen zu wollen, allerdings entgegen und wirkt übertrieben. Eine sinngemäße Übersetzungsvariante wäre: „um den Gefallen bitten“. Danach leitet Jekaas einen Finalsatz mit energetischem Futur ein, der den Wunsch der Armen, die Perle zu sehen, unterstreicht (Zeile 23–24). Die erste Bitte der Armen wird mit dem Verb tamo wiedergegeben, das auch in der Antwort des Perlenverkäufers wieder aufgegriffen ist. Hier, in der zweiten Bitte, wird an den gleichen Stellen tsabo e- verwendet, mit äquivalenter Bedeutung. Die Partikel Ge hat auch adversative Funktion.182 Damit wird die Argumentation der Armen unterstützt: Zuerst wiesen sie die Antwort des Perlenverkäufers als außergewöhnlich zurück und sagten, worum sie normalerweise bitten. Nun müssen sie ihre aktuelle Bitte davon abgrenzen, die ebenfalls ungewöhnlich ist. na ist im sahidischen Neuen Testament häufig belegt183 und steht für Erbarmen und Barmherzigkeit, griechisch ἔλεος. Als spezieller Terminus des religiösen Sprachgebrauchs war das Nomen in der Amts- und Alltagssprache wenig präsent.184 Für die Wahl der obigen Übersetzung spricht, dass der Text hier vermutlich von biblischer Sprache inspiriert ist. Biblisch bedeutet na die Barmherzigkeit Gottes gegenüber dem Menschen oder die mitmenschliche Barmherzigkeit. Obwohl die Armen ihre Bitte an den Jesus incognitus richten, bleiben sie im mitmenschlichen Bereich, da sie seine versteckte Identität nicht ahnen und an die Freundlichkeit des Perlenverkäufers appellieren.
Die Armen stehen für Menschen, die zwar vorurteilsfrei und offen auf den Perlenverkäufer zugehen, aber die Perle auf materieller Ebene deuten. Auf der Figurenebene gehen sie von der alltäglichen Erfahrung aus, dass ihre Existenz Mitleid hervorruft und durch barmherzige Taten der anderen Stadtbewohner erhalten wird. Wenn es richtig ist, dass na ein Reflex biblischer Sprache ist, könnte das Nomen ein Signal zur Deutung des Perlensymbols sein. Steht die Perle als Chiffre für die Vervollkommnung des Menschen, dann ist klar, dass sich der Mensch nur mit Christi Hilfe und 181 Crum, Coptic Dictionary, 217a. 182 Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 444 f. 183 Insgesamt 57×: 31× mit der Bedeutung „Erbarmen“, 26× mit „Barmherzigkeit“. 184 Förster, Wörterbuch, 247.
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Kraft vervollkommnen kann (p. 6,17). Die Perle ist nur durch göttliche Barmherzigkeit zu erreichen. Ohne dies zu wissen, sagen die Armen mehr als sie wissen. Es ist eine Gnade, die Perle sehen zu dürfen. So verstanden, symbolisiert das hartnäckige Bitten der Armen das anhaltende und eindringliche Gebet zu Gott.185 p. 4,25–27 Und wir können zu unseren Freunden stolz sagen, dass wir eine Perle mit unseren (eigenen) Augen gesehen haben. Der Konjunktiv setzt den optativischen Modus des energetischen Futurs fort. Die mit der Konjunktion Je angefügte Aussage würde sich in dieser futurischen Vorstellung auf ein vergangenes Ereignis beziehen und steht daher im Perfekt. Das Substantiv SouSou bedeutet „Prahlerei, Stolz, Hochmut, Ruhm“ und steht im sahidischen Neuen Testament vor allem für καύχημα. Es kann neutral für „Ruhm“ gebraucht werden, z. B. Röm 4,2. Positiv bezeichnet es den Ruhm bei Gott (2Kor 1,12.14) und das Sich-Rühmen Gottes bzw. der Hoffnung (Röm 5,11; Hebr 3,6). Geht es um den Ruhm in der Welt oder bei den Menschen, z. B. durch Prahlerei mit dem eigenen Vermögen, ist eine negative Konnotation damit verbunden (1Joh 2,16; Offb 18,7). Mit dieser Bedeutung steht das Nomen hier. Die Armen möchten mit der Perle vor ihren Freunden angeben, möchten ihr Erstaunen wecken, von ihnen bewundert werden. Gleichzeitig steigert dieser Wunsch die Eindringlichkeit ihrer Bitte. Da die Perle auch für Christus steht, kann das Weitergeben der Information auch als Verkündigung oder Mission gedeutet werden. Ahnt der Rezipient bereits, dass die Perle mit Christus in Verbindung steht und beachtet die petrinische Definition von Mission – die Verbreitung von Gottes Wort in jeder Stadt (p. 5,12–14) –, kann das Weitererzählen der Armen so verstanden werden. Diese tiefere Deutung, die sich erst beim gründlichen Lesen erschließt, entspräche den mehreren Sinn-Ebenen, die die Erzählung hat. p. 4,27–29 Denn man findet sie gewöhnlich nicht bei Armen, vor allem nicht bei Bettlern dieser Art.“ Der negative Aorist drückt einen regelmäßigen Zustand aus, in der Übersetzung mit dem Adjektiv „gewöhnlich“ wiedergegeben. Die Präposition NtN- bezieht sich auf das artikellos nachfolgende Dativobjekt. Malista, Superlativ des griechischen 185 In hom. 22,1–3 veranschaulicht Pseudo-Makarios den eindringlich Bittenden vor Gott mit einem Bettler, der sich nicht verjagen lässt, bis er Brot, Kleid oder Schuhe erhält. Der Bettler gilt als Sinnbild der menschlichen Seele, auch sie ist, bettelarm, angewiesen auf dringliches Bitten, bis ihr das gegeben wird, was sie für das ewige Leben benötigt. Vgl. dazu die Kommentierung von Dörries, Theologie, 125 f.
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Adverbs μάλα, steht als gesteigerter Vergleich und entspricht dem koptischen NHouo. Unter den Armen wird die Gruppe der Bettler besonders herausgehoben (vgl. p. 4,35), gebildet als nomen agentis mit dem Präfix reF- und twbH% („bitten, flehen“). Das nachgestellte Mpirhte verstärkt die Unterscheidung zwischen Armen und Bettlern. Arme werden im sahidischen Neuen Testament mit Hhke bezeichnet, reFtwbH% findet sich hingegen nur einmal im Johannesevangelium (Joh 9,8) und als Verb mit der Bedeutung „betteln“ bei Lukas (Lk 16,3; 18,35). Die Gruppe der Armen bezeichnet meist insgesamt die Gruppe der Bedürftigen, denen auch Almosen zukommen sollen.186 Die betonte Niedrigkeit, das hoffnungsvolle Vertrauen und das eindringliche Bitten der Armen erinnert an die Bittsteller vor Jesus im Neuen Testament, die sich erniedrigen und gehört werden, wie die blutflüssige Frau und die syrophönizische Frau (Mk 5,24–34 parr; 7,24–30 par; vgl. auch 10,46–52 parr) oder die Sünderin, die die Füße Jesu salbt (Lk 7,36–50). Nahe liegt auch die Parabel vom Gebet des stolzen Pharisäers und des demütigen Zöllners (Lk 18,9–14). Es wird deutlich, dass ein Blick auf die Perle ein außergewöhnliches Ereignis für die Armen wäre, eine einmalige Gelegenheit. Mit dem Verweis auf die Bettler, offenbar die Ärmsten unter den Armen, erniedrigen sie sich und illustrieren ihre Aussichtslosigkeit, jemals eine Perle zu sehen. In dieser Bedürftigkeit kommen sie zum Perlenkaufmann und setzen ihre Hoffnung auf ihn. Dieser verzweifelten Bitte entspricht die Verheißung, die der Perlenverkäufer den Armen nun ein zweites Mal geben wird.
Die Wiederholung des Gastgeschenks (p. 4,29–5,1) Der Perlenverkäufer wiederholt seine Einladung und bricht damit das Misstrauen der Armen. Sie waren in der Lage sich in die Ordnung des anderen Raumes hineinzudenken und diese zu akzeptieren. Im Gegensatz zu den Reichen haben sie auf die Botschaft des Perlenverkäufers gehört und wurden davon positiv berührt. Ihre Freude erinnert an die Verheißung an die Armen in der Feldrede (Lk 6,22). p. 4,29–34 Er antwortete und sprach zu ihnen: „Wenn es möglich ist, ihr – kommt in meine Stadt! Nicht nur zeige ich sie euch, sondern ich gebe sie euch für Nichts.“ Die Antwort des Perlenverkäufers ist inhaltlich fast identisch mit seiner ersten Erwiderung in p. 4,10–15. In der Wortwahl variiert sie leicht, es steht peJe statt Jw und aus der Bitte der Armen wurde tsabo als Prädikat übernommen und der Zusatz „vor euren Augen“ fehlt. Die Aufforderung wird durch das betonte Suffixpronomen
186 Mk 14,4.7 par; Lk 14,13; Röm 15,26; vgl. auch Herm(s) 2,1–10.
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III Kommentar
der 2. Person Plural mit Hwt verstärkt.187 Ähnlich eindringlich ist es bei den Synoptikern im Nachfolgeruf bei der Berufung von Simon Petrus und Andreas formuliert: amheitN oueHthutN NswI (Mk 1,17 par). Der Perlenverkäufer geht nicht auf die Zweifel und Einwände der Armen ein. Er behält seine rätselhafte Form der Kommunikation bei. So wie er den Perlenruf oder Äußerungen seines Gesprächspartners wiederholt (p. 3,2 f.9), so wiederholt er seine Verheißung, anstatt sie zu erklären. Der Perlenverkäufer offenbart sich nur dem, der seiner Botschaft würdig ist. Seine Botschaft wiederum offenbart er nur in Bildern, Analogien und Symbolen. Den Armen, die ihm offen entgegentreten und unvoreingenommen zuhören, wird mehr offenbart als den Reichen. Dies verleiht dem ganzen Abschnitt den Charakter einer performativen Gleichnisrede, die nur Auserwählte erkennen und hören.188 Diese Gleichnisrede wird selten erklärt, sie steht für sich und scheidet zwischen denen, die sich vor ihr verschließen und denen, die davon angesprochen werden. So wenden sich die Reichen verärgert ab, die Armen hingegen freuen sich. p. 4,34–5,1 Die Armen und die Bettler freuten sich, weil dieser [Mensch] (eine Perle) für Nichts [gibt]. Das obere Viertel der fünften Seite ist stark zerstört, aber der Beginn der ersten Zeile lässt sich vor dem Hintergrund von p. 4,15 relativ sicher rekonstruieren. Die Freude der Armen wirkt unvermittelt, sie haben nichts erhalten außer dem Versprechen eines kostbaren Geschenkes. Trotzdem glauben sie der unsicheren Aussage eines fremden Mannes, der nicht mal eine Perle als Anschauungsmaterial dabeihat. Die abrupte Emotion steht der erwarteten Reaktion entgegen und die Irritation dürfte eine tiefere Deutung herausfordern. Rezipienten, die die Perle bereits symbolisch deuten und die Identität des Perlenkaufmannes hinterfragen, könnten die Freude der Armen auch als Freude über den Empfang der Frohbotschaft, des Evangeliums, verstehen. Die Verknüpfung der Freude mit der Gottesbotschaft oder dem Glauben dürfte ein bekanntes Motiv gewesen sein, sie findet sich häufig, wenn auch unterschiedlich konnotiert, in entsprechenden Schriften. So heißt es in den OdSal 7,1 f.: „Meine Freude ist der Herr und mein Lauf zu ihm“ (s. auch OdSal 7,17; 32,1) oder am Beginn des Evangelium Veritatis: „Das Evangelium der Wahrheit ist Freude (hier: telhl) für die, die Gnade empfangen haben vom Vater der Wahrheit“ (NHC I,3
187 -thut~n steht in der Regel nach dem status nominalis des Infinitivs, hier aber nach amheit~n, Imperativ von ei. Vgl. Plisch, Einführung, 13, und Layton, Coptic Grammar, 85.205. 188 Die Performativität liegt darin, dass der Perlenverkäufer seine Rede ausfüllt, indem seine Kleidung und sein ganzes Auftreten quasi theatralisch eingesetzt werden. Erst durch diesen prozesshaften Vollzug wird Sinn konstituiert und verändert. Vgl. Lagaay, Züge und Entzüge, 299.
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p. 16,31 f.). Im Neuen Testament hat die Freude häufig eine soteriologische Dimension. Neben der intensiven Freude in der lukanischen Vorgeschichte (Lk 1,14; 2,10), gibt es die Freude darüber, dass der eigene Name im Himmel geschrieben ist (Lk 10,20), die Freude über das Reich Gottes (Röm 14,17) oder auch über die Verkündigung Jesu (Phil 1,18 f.). Diese Deutung der Freude als Freude über die Errettung bzw. das Reich Gottes provoziert implizit eine Deutung des Verhaltens der Armen und Reichen in derselben Richtung. Der Schlusssatz der Perlenparabel setzt ein Deutungssignal, das die Heilsrelevanz der Perle unterstreicht. Die Freude soll dem Ärger der Reichen entgegengesetzt werden, jene wohl als Annahme Jesu und seiner Botschaft, dieser als Ablehnung gesehen werden. Die Dramatik der Handlung ist in dieser Schlusspointe gebündelt, die mehrere Funktionen hat. Blickt man nur auf die Perlenparabel setzt sie ein hermeneutisches Signal, die Armen als offene und menschenfreundliche Gruppe zu verstehen, die das Leben trotz widriger Umstände unvoreingenommen und positiv wahrnehmen kann. Auf der Ebene der Erzählung, mit der Ahnung bzw. dem Wissen um Lithargoels wahre Identität, stehen die Armen für Menschen, die der Verkündigung offen gegenüberstehen und weiterer Unterweisung und der Perle würdig sind. Die Parabel hat eine wichtige Funktion in der Erzählstruktur, denn sie bereitet jene Aufträge Jesu vor, die die Zuwendung zu den Armen und das Richten der Reichen fordern (p. 10,9 f.; 11,26–12,9). Mit der zweiten Verheißung ist das Misstrauen der Armen überwunden. Durch ihre Freude erweisen sie sich der Botschaft und Offenbarung des Perlenkaufmanns würdig. Danach nehmen sie nicht mehr aktiv am Gespräch teil.
Die Mühen des Dienstes (p. 5,1–6) In diesem Abschnitt wird über Petrus in der 3. Person Singular gesprochen und damit nun explizit der Wechsel in den Modus einer unbeteiligten, allwissenden Erzählstimme angezeigt. Auch der Erzählerkommentar (p. 5,5 f.), der eine kurze Erklärung zum Aposteldienst einschiebt, ist typisch für eine solche Instanz, die außerhalb der Erzählung steht. Die Erzählstimme wechselte schon in der parabolischen Erzählung über die Reichen und die Armen. Bereits in p. 3,16 f. werden verborgene Schatzkammern erwähnt, die nur eine allwissende Erzählstimme kennen kann. Im Vergleich zum Kontext sind die folgenden sechs Zeilen nur knapp und summarisch gehalten und lassen sich logisch schwer in die Erzählung eingliedern. Der kurze Abschnitt enthält hauptsächlich Begriffe aus dem Wortfeld der Kommunikation und „Dienst“, „Mühe“ und „Weg“ lassen sich unter dem Oberbegriff der Arbeit zusammenfassen. Der Wortwechsel über die Mühen auf dem Weg greift hinter die Erzählung zurück (p. 5,4). Petrus spricht über Dinge, die er vor der erzählten Zeit erfahren hat. Mit seinen
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eigenen Einsichten über die „Mühen auf dem Weg“ hat Petrus mit dem Perlenverkäufer wieder eine Gemeinsamkeit, die sie beide verbindet und von den Armen und natürlich auch von den Reichen unterscheidet. p. 5,1–2 […] die Mühen […] Die Rekonstruktion des kurzen Satzes ist kompliziert. Er kündigt wohl einen Sprecherwechsel an, denn in der nächsten Zeile antwortet Petrus auf eine Frage. Die Lakunen werden in bisherigen Publikationen unterschiedlich rekonstruiert. Es gibt hauptsächlich drei Möglichkeiten, Petrus wieder in das Gespräch einzubinden und die Textlücken zu füllen. In den Textausgaben von Cherix, Ghica bzw. Wilson und Parrott wird so rekonstruiert, dass die Armen nach den Mühen fragen. Allerdings lässt sich schwer erklären, woher die Armen wissen, dass der Weg mühevoll ist, denn dies wird erst p. 5,8.19 ff. bekannt. Zudem stand zu Beginn der zweiten Zeile sicher rwme, die Armen wären nicht wie sonst als Hhke und twbH beschrieben, sondern mit rwme, was sonst fast ausschließlich als Bezeichnung für den Perlenverkäufer steht (p. 2,11.18.33; 3,32; 4,2; 5,7; 8,29).189 Cherix bzw. Wilson und Parrott ergänzen am Ende der zweiten Zeile Petrus, vermuten also, die Armen hätten Petrus nach den Mühen gefragt. Geht man von einem natürlichen Erzählverlauf aus, ist es jedoch unwahrscheinlich, dass Petrus befragt wird, der bisher als unbeteiligter Zuhörer dabei stand, und nicht der Perlenverkäufer, mit dem die Armen bisher kommunizierten und der den Weg zur Stadt kennt. Wohl aufgrund dieses Widerspruchs lässt Ghica offen, wer befragt wird und rekonstruiert: „[Die Menschen fragten nach] den Mühen [auf dem Weg.]“ Demzufolge müsste Petrus danach auf eigene Initiative in das Gespräch eingreifen, da er und nicht der Perlenverkäufer die Frage beantwortet (Zeile 3). Doch es wäre sehr verwunderlich, wenn Petrus hier über die Mühen des Weges sprechen sollte und gleich im Anschluss an sein Referat den Perlenverkäufern nach den Mühen des Wegs fragt (p. 5,7 ff.). Eine Alternative wäre, dass der Perlenverkäufer Petrus nach den Mühen des Weges fragt. Aus mehreren Gründen erscheint diese Variante, die Molinari vorschlug,190 plausibel. Die Bezeichnung rwme weist auf den Perlenverkäufer hin und es wäre schlüssig, warum Petrus danach über die Mühen des Weges spricht. Auch entspräche es der bisherigen Charakterisierung der Figur, dass der Perlenverkäufer leitender Akteur ist und Szenen einleitet und abschließt. Die Perlenparabel ist nach der
189 Ausnahmen sind nur die Textrekonstruktion in p. 2,1, außerdem p. 7,7 (Plural) und p. 8,34 – an beiden Stellen steht rwme allerdings in der wörtlichen Figurenrede und nicht als Bezeichnung durch die Erzählstimme. 190 Molinari, Acts, xvii. Molinari bietet keine Textedition, deswegen hat er die Textlakunen nicht rekonstruiert, sondern bringt diese Variante nur in seiner Übersetzung.
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Schlusspointe p. 4,34–5,1 abgeschlossen. Nun wendet sich der Perlenverkäufer wieder Petrus zu, wie er sich p. 3,11 f. von ihm ab- und den Stadtbewohnern zuwandte. Außerdem ist ihm bekannt, dass Petrus ein Reisender auf Quartiersuche ist. Die Frage nach den Mühen seiner Reise lässt sich zwanglos aus dem Figurenwissen und dem bisherigen Erzählverlauf erklären. Gleichzeitig hätte seine Frage Scharnierfunktion und würde den mühevollen Weg in die Stadt „Neun Pforten“ als neues Thema einleiten. Demzufolge ließe sich die Lakune rekonstruieren: a?[FSine NGi pi] 2 rw[me Ns] a? ni—His?e? N?[te—Hih:] („Der Mensch fragte Petrus nach den Mühen auf dem Weg“). In den Nag-Hammadi-Schriften bezieht sich Hise auch auf die Mühen der Verkündigung,191 meistens aber auf die Mühen der Gotteserkenntnis bzw. die Suche nach Gott.192 In der Regel steht es also für Glaubensanstrengungen im kognitiven Sinne. Die Bedeutung von Hise in den ActPt steht eher dem Gebrauch im sahidischen Neuen Testament nahe. Hier bezeichnet Hise neben der Arbeit in der Verkündigung oder den Todesleiden Christi auch das Leiden im und für den Glauben.193 Besonders im 1. Petrusbrief wird die existentielle Dimension von Hise als Leiden deutlich und in diesem semantischen Rahmen bewegt sich der Begriff innerhalb der ActPt. Für die weitere Erzählung ist Hise (hier: „Mühe“) ein Schlüsselbegriff, der auf die Mühen im Glauben abzielt. p. 5,3–5 Petrus antwortete […] die (Dinge), die er gehört hatte […] diesen Weg. Die Textlakune am Anfang der vierten Zeile ist schwer zu rekonstruieren. Die Ergänzung von Cherix bzw. Wilson und Parrott mit J?o?[ou:] nai+ unterbricht mit dem ergänzten Satzzeichen nach Joou den natürlichen Erzählverlauf und Satzzusammenhang. Da das Verb im status pronominalis allerdings kein weiteres Objekt haben kann, ist danach eine Satztrennung notwendig. Hier wird folgende Variante vorgeschlagen: a?[Fou]WS~b NG[i] p[et]r?os [auw aF4tame] naI etaFswt~m e¡[bhhtou] 5 N¡[eI]—Hih: („Petrus antwortete [und teilte ihnen] die (Dinge) [mit], [von denen] er auf dem Weg gehört hatte“). Das Verb tamo wird häufiger in den ActPt gebraucht, würde in die Lakune passen
191 LibThom NHC II,7 p. 144,39; Silv NHC VII,4 p. 113,24.29; Inter NHC XI,1 p. 18,17. 192 TractTrip NHC I,5 p. 125,21; 126,12; EvPhil NHC II,3 p. 63,21; AuthLog NHC VI,3 p. 34,20; 35,1; ParSem NHC VII,1 p. 40,21; Mar NHC X p. 1,12. 193 Arbeit/Mühen für die Verkündigung: Joh 4,38; Apg 9,16; 1Kor 3,8; 15,58; 2Kor 6,5; 10,15; 11,23.27; Kol 4,13; 1Thess 2,2.9; 3,5; Mühen bzw. Arbeit im Glauben: 2Kor 1,6; 1Thess 1,3; Leiden im bzw. wegen des Glaubens: 1Petr 5,9; Jak 5,10; Offb 2,2; 14,13; Leiden Christi bzw. Leidensgemeinschaft mit ihm: Phil 3,10; Hebr 2,9.10.18. Nur an drei Stellen (Röm 8,18; 2Thess 3,8; Offb 21,4) steht Hise allgemein für Leid oder Mühe.
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III Kommentar
und könnte im status nominalis naI anschließen.194 Laut seiner Übersetzung in Nag Hammadi Deutsch scheint auch Hans-Martin Schenke mit dieser Lakunenfüllung zu rechnen.195 Am Ende der vierten Zeile196 sind nach dem e entweder Reste eines t oder n erhalten – falls es sich nicht um Schmierspuren handelt. Wilson und Parrott bzw. Cherix lesen ein n und ergänzen en?[i_Hise]. Krause rechnet nicht mit dem silbische Artikel vor Doppelkonsonanz und ergänzt en?[_Hise]. Wilson und Parrott konjizieren zuvor außerdem . Dies ist aber nicht notwendig, in der Regel wird das Objekt zu swtM mit e- angeschlossen, in diesem Fall en?[i—Hise]. Darüber hinaus wäre auch ein substantivierter Relativsatz197 möglich: naI etaFswtM en[etH]5Nt[eI]H~ih. Er würde beschreiben, dass es um das geht, was „er von denen gehört hat, die auf diesem Weg sind“ – also um unzuverlässige Nachrichten von anderen Reisenden. Ghica vermutete ein t und rekonstruierte e¡[bhhtou] – eine relativ lange Füllung, der Schreiber hätte etwas über den Rand schreiben müssen – das tat er allerdings häufig, auf dieser Seite allein am Ende der Zeilen 20, 28 und 33. Da naI bereits auf die Mühen verweist und die erhaltende Spur vor der Lakune mehr auf den Oberstrich eines t hinweist, erscheint Ghicas Rekonstruktion plausibel. Scheinbar erzählt Petrus nicht von seinen eigenen Reiseerfahrungen, denn das erhaltene swtm e- belegt, dass er auf die Berichte von anderen Reisenden zurückgreift. Für seine Antwort hätte sich Petrus mindestens auf die eine Reise beziehen können, von der auch der Text berichtet (p. 1,12 ff.). Warum erzählt Petrus, selbst Reisender, nur von den Erzählungen anderer? Möglichweise ist hier bewusst eine Irritation gesetzt, die bereits zur übertragenen Deutung der Mühen auf dem Weg einladen soll. Spätestens ab p. 5,21 wird ohnehin der Begriff „Weg“ mit seinem symbolischen Gehalt aufgegriffen und ausführlich behandelt. Sollte Petrus hier also über die Mühen des Glaubens sprechen, wäre der Leser gefordert, er müsste die Aussage selbst in einen sinnvollen Kontext einordnen. Als Jünger des engsten Kreises um Jesus war Petrus natürlich ein Hörer von Jesu Verkündigung und nach Mt 16,18 f. verantwortlich für die Tradierung und rechte Auslegung der Lehre. Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass Petrus nur erzählt, was er gehört hat. Es scheint, als würden in diesem Abschnitt Jesu Verkündigung, als auch der Dienst der Verkündigung (Zeile 5 f.) im existentiellen Sinne mit mühevoller Arbeit und Leiden verbunden. In der weiteren Erzählung werden die Themenbereiche Nachfolge und Glauben mit Hise bzw. dem Tragen des Jochs auch explizit miteinander verschränkt 194 Vgl. im sahidischen Neuen Testament Lk 9,36: Mpoutame laau; Joh 5,15: aFtame
Nioudai; Apg 9,24: autame paulos; Apg 25,14: aFtame pRro.
195 Schenke, NHD, Bd. 2, 450: „Petrus antwortete [und teilte ihnen] die (Dinge) [mit], (…).“ 196 ActPt p. 5,3–5: aF] 4 J?o?[ou :] nai+ etaFswt~m en?[iH~ise] 5 N¡[eI]—Hih : 197 Ähnliche Relativsätze finden sich in Mk 4,15 sa., als Umstandssatz Mk 8,27.
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(p. 7,15–17 und 10,6–7). Dies entspricht der Hauptlinie der Erzählung, den Glauben als ein geduldiges Ausharren zu beschreiben, das von Verzicht und Askese geprägt ist. p. 5,5–6 Denn sie waren selbst […] Mühen in ihrem Dienst. Am Ende der fünften Zeilen scheinen nur zwei Buchstaben weggebrochen zu sein, doch obwohl die Lücke so schmal ist, konnte der Text bisher nicht plausibel rekonstruiert werden. Wilson und Parrott bzw. Cherix rekonstruieren bwl als Verbform des nomen agens, was mit „Ausleger, Interpreten“ übersetzt werden kann.198 Aus paläografischer Sicht überzeugt diese Füllung, denn die Spuren im Manuskript weisen auf ein w oder S und ein l hin. Probleme bereiten der folgende Genitivanschluss und der Pluralartikel von Hise, die der Schreiber über den Rand gesetzt haben müsste. Ghica füllt die Lakune mit r[eF]S?p?Hise, wobei er auf die Übersetzung von Schenke zurückgreift, der bereits „Dulder“ an dieser Stelle eingesetzt hat.199 Bei dieser Variante müsste das p allerdings mit außerordentlich schwungvollem Haken geschrieben worden sein, falls es sich bei dem Häkchen, das am Zeilenende zu erkennen ist, nicht um blotting handelt.200 Inhaltlich scheint dieser Vorschlag passend, denn das zusammengesetzte Nomen korrespondiert semantisch mit den Leiden im Glauben201 und ist vor dem Hintergrund paulinischer Peristasenkataloge motivgeschichtlich mit der apostolischen Existenz202 verbunden. In den ActPt ist das Leiden allerdings nicht exklusiv mit dem Apostelamt verknüpft, sondern gilt als allgemeine christliche Erfahrung. Das Abmühen im Glauben wird als Prüfung und Geduldsprobe verstanden (p. 7,9 f.), was der alttestamentlichen und jüdischen Leidensdeutung entspricht.203 Mit den Reichen als Verursachern von Leid und Sünde, ist es auch irdisch bedingt (p. 11,26). Es ist soteriologisch ausgerichtet, dem Geduldigen im Leiden werden Vervollkommnung, Begegnung mit Christus und das Himmelreich versprochen (p. 7,4.8 ff.15–19; 10,4.7 f.). Jesus Christus wird als Vorbild
198 Es steht ebenfalls als nomen agens für die Ausleger der Glossolalie in 1Kor 14,28 sa. Substantiviert bedeutet bwl oft „Deutung, Auslegung, Erklärung“, vgl. 2Petr 1,20; Gal 4,24 sa. 199 Schenke, NHD, Bd. 2, 450. 200 Das Häkchen könnte von einem l, evtl. auch von einem m oder J stammen. 201 Vgl. Röm 8,17; Phil 1,29; 2Thess 1,5 sa. 202 Im Kontext der paulinischen Leidenstheologie, in der Schwäche und Leiden mit Christus verbinden und apostolische Würde verleihen, vgl. 2Kor 10–13 und Wolter, Apostel, 538. 203 Viele Texte spiegeln die Überzeugung, dass auch der Gerechte nicht von Leid verschont bleibt und sich an Gott wendet. Oft dient ihm das Leid als Form der Bewährung. Kleinknecht, Der leidende Gerechtfertigte, zeigt auf, wie sich dieses Motiv durch die alt- und zwischentestamentlichen Schriften zieht, und arbeitet es u. a. aus den Psalmen (z. B. Ps 3; 5; 7; 13; 28; 30; 56) den Klageliedern Jeremias, den Gottesknechtliedern Jesajas oder dem Buch Hiob heraus.
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III Kommentar
in den Mühen des Glaubens gezeigt (p. 10,6 f.), jeder Leidende im Glauben ist mit ihm verbunden. Aus diesen und den genannten paläografischen Gründen wirkt die Rekonstruktion mit bwl etwas plausibler. „Denn sie waren selbst [Erklärer dieser] Mühen in ihrem Dienst“ wäre eine Aussage, die das Leiden als allgemeine Erfahrung christlicher Existenz im Blick hat. Auch an verschiedenen Stellen im Neuen Testament werden Anfechtungen, Bewährung des Glaubens, Geduld und Freude – alles zentrale Begriffe der ActPt – in einen Zusammenhang gebracht. Was mit Leiden gemeint ist, wird jedoch unterschiedlich bestimmt. In religiösen Minderheits- bzw. Verfolgungssituationen204 gelten Leiderfahrungen meist als existentiell bedrohlich. Wird das Leiden jedoch als Standhaftigkeit der Glaubensmüdigkeit205 entgegengesetzt, entspricht es einer Geduldsprobe und einer Entsagung, eventuell auch einer selbst gewählten Beschränkung der Lebenspraxis. Letzterem scheinen die ActPt zu entsprechen, die keine direkten Hinweise auf konkrete Verfolgungen enthalten. Hier erscheint die Askese als selbstauferlegtes Leiden in Kontrast zu der inneren Bedrohung, die vor allem reiche Gemeindemitglieder darstellen. In den ActPt werden die Apostel mit dieser Interpretation des Glaubens und der christlichen Existenz verknüpft. Sie gehen den entsagungsvollen Weg zur Stadt „Neun Pforten“ und erhalten den Auftrag, Jesus als Vorbild in den Mühen des Glaubens zu verkündigen (p. 10,5–7).
Petrus fragt nach dem Namen und dem Weg in die Stadt (p. 5,7–14) Die wörtliche Rede ist hier direkt eingeleitet, was für die ActPt ungewöhnlich ist, meist sind längere Phrasen wie „Er antwortete, indem er sagte (…)“ vorgeschaltet. Die Begründung für die Frage nach dem Namen des Perlenverkäufers und dem Weg greift auf die Bereitschaft für den Dienst und das Motiv des Fremdsein vom Anfang der Erzählung zurück (p. 1,10 f.; 3,7). Petrus erscheint als Botschafter der Apostel und Koordinator des Dienstes, er wirkt interessiert, eifrig, gründlich. Der Abschnitt hat die Intention, die Motivation der Apostel hervorzuheben, und soll gleichzeitig das Gespräch mit dem Perlenkaufmann einleiten.
204 Leid durch Benachteiligung, soziale Isolation, Ausgrenzung, mitunter durch Verfolgungen; vgl. Wolter, Apostel, 536. 205 In diesem Kontext werden wohl im Jakobusbrief die Anfechtungen als Gelegenheit zur Bewährung verstanden, die helfen, die Tugend der Geduld einzuüben, um die Krone des Lebens zu empfangen (vgl. Jak 1,2–12).
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p. 5,7–10 Er [sprach] zu dem Mann, der seine Perle anbot: „Ich möchte deinen Namen wissen und wie mühsam der Weg in deine Stadt ist. Am Ende der siebten Zeile steht vor margariths anstelle des üblichen Demonstrativartikels peI („diese“) entweder peei oder peeF. Krause, Wilson und Parrott bzw. Cherix nehmen an, dass der Demonstrativartikel falsch geschrieben wurde und das i nach unten verschmiert ist. Ghica sieht ein F und liest daher den Possessivartikel. Das scheint mit Blick auf die Abbildung in der Facsimileedition überzeugend. Es sieht so aus, als ob der Schreiber zunächst Mpee schrieb und dann, als er seinen Irrtum bemerkte, das letzte e in ein F korrigierte. Die Zeilen 10 bis 14 legen nahe, dass Petrus hier nicht in übertragender Bedeutung Name und Wegesmühen erfragt. Der Weg in die Stadt scheint wegen seiner Missionspläne für ihn von Interesse zu sein. Das entspricht dem typischen Muster der ActPt: Petrus erfragt oder nennt einen Namen im buchstäblichen Sinne und erhält eine übertragene Deutung. So verhält es sich auch bei den Fragen nach den Namen der beiden Städte (p. 2,3 ff.; 6,23 ff.) und dem Haus des Lithargoel (p. 8,24 ff.). Das häufige Erklären und Nennen von Namen zeigt die hohe Bedeutung von Namen in den ActPt. Die Namen der beiden Städte haben tragende Funktion für das Textverständnis und werden ausgelegt, die Jünger benennen die Räuber auf dem Weg (p. 8,11 ff.), Jesus offenbart sich Petrus, indem er ihn beim Namen ruft (p. 9,2), und der Name Jesu gilt als große, kraftspendende Macht (p. 6,16). Viele christliche Zauberformeln beinhalten als zentrales Element bei der Anrufung Namen von Gottheiten, oft als Rätselnamen, oder umschreiben den Namen Gottes mit geheimnisvollen Phrasen.206 In Codex VI entspricht die hermetische Schrift „Über die Achtheit und Neunheit“ diesem Stil. Tat ruft dort den geheimen Namen Gottes an, der in ihm, Tat selbst, verborgen ist (OgdEnn p. 61,9) und die Kenntnis von bestimmten Götternamen offenbart höhere Erkenntnis und verleiht dem Mysten magische Vollmacht (p. 61,18–62,24; 63,29). Auch für den Aufstieg und die tiefere Erkenntnis des göttlichen Geheimnisses haben Namen eine hohe Bedeutung.207
206 Unzählige Beispiele finden sich bei Kropp, Zaubertexte. Immer zu Anfang, meist auch während und gegen Ende von Beschwörungsformeln, werden Götter- und Engelnamen angerufen oder genannt. Darunter sind bekannte Namen wie der des Erzengels Gabriel, aber auch unbekannte, z. B. Nanaiel oder Atheriel und Phantasienamen, die als wahrer Name des ewigen Gottes ausgegeben werden, vgl. u. a. ebd., Bd. 2, XIII (Kairo 45060), 1–4.14.15; XIV (London Hay 10391), 1–4. Vgl. dazu auch das Anrufen des Namens JHWH in Gen 4,26; 12,8; 13,4; 26,25; 1Regn 18,24; vgl. auch Ex 3,14; begünstigt durch das Bilderverbot wurde der Gottesname JHWH fast eine Art „Doppelgänger“ seines Wesens und stand an bestimmten Kultorten für Gottes Gegenwart. 207 Vgl. Brontê NHC VI,2 p. 20 f.; Noêma NHC VI,4 p. 36,16.
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III Kommentar
Die Überzeugung, die hinter solchen Stellen steht, scheinen auch die ActPt zu teilen: Die Namen von göttlichen Wesen beinhalten deren Macht, die durch Kennen und Aussprechen des Namens verfügbar wird. Wer den wahren Namen eines Gottes kennt, kann sich seiner bemächtigen bzw. ihn anrufen und um Hilfe bitten (vgl. ActPt p. 6,14– 17). Auf der Figurenebene ist die Frage des Petrus allerdings ganz wörtlich zu verstehen. Er möchte die notwendigen Informationen, um in die Stadt des Perlenverkäufers zu reisen. Erst die Antwort (p. 5,16–18) eröffnet den oben genannten Bedeutungsraum. p. 5,10–12 Denn wir sind Fremde und Diener Gottes. baIaik, der Plural vom Nomen bwk („Diener“), findet sich vorwiegend in bohairischen Texten und entspricht dem sahidischen HMHal („Diener, Sklave“). Petrus nimmt das Motiv des Fremdseins wieder auf (p. 3,7), diesmal erweitert durch den Bezug auf den Dienst für Gott. Der Name des Perlenkaufmanns als Ansprechpartner und eventuell als Bürge oder Herbergsvater in dessen Stadt wäre für die Apostel auf Missionsreisen hilfreich. Immerhin erkundigen sich die Apostel bei ihrer Ankunft in der Stadt „Neun Pforten“ als erstes nach dem Haus des Lithargoel (p. 8,22–25). Vielleicht wird die Frage nach dem Namen deswegen mit dem Fremdsein begründet. Die Bezeichnung eines Apostels als Diener Christi oder Diener des Herrn ist neutestamentlich geprägt.208 Explizit von Aposteln als Dienern Gottes spricht allerdings nur die Apologie in 2Kor 6,4 (vgl. auch 1Kor 3,9; 1Thess 3,2). Damaligen christlichen Lesern dürfte diese Wendung aber bekannt gewesen sein. Innerhalb der Erzählung sind der Dienst, aber auch die Fügung des Schicksals der Apostel immer mit Joeis („Herr“) verknüpft, einer Bezeichnung für Jesus. Erstaunlicherweise wird dieser Titel hier im Gespräch mit Lithargoel vermieden und von noute („Gott“) gesprochen. Auf der Figurenebene betrachtet kann die Bezeichnung „Diener Gottes“ Verschiedenes bedeuten, wenn man davon ausgeht, dass sie eine Person der Spätantike hört, die an viele Kulte und Religionen gewöhnt ist. Vielleicht steht Vorsicht hinter dieser Bezeichnung, denn Petrus lässt offen, welchem Gott er dient. Seine Formulierung entspricht dem verborgenen Agieren von Jesus. p. 5,12–14 Es ist notwendig für uns, das Wort Gottes in jeder Stadt übereinstimmend zu verbreiten.“ Der Adverbialsatz zieht die Konsequenz aus dem vorherigen Begründungssatz: mit dem Fremdsein und dem Dienst geht die Verpflichtung zur Verkündigung einher.
208 Lk 1,54; Joh 12,26; Apg 26,16; Röm 15,6; 1Kor 3,5; 4,1; 2Kor 1,23; 11,23.
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Die Verbindung „Wort Gottes“ steht meistens mit Singularartikel209 und meint hier die Lehre im Namen Jesu, auf die Petrus später von Jesus auch angesprochen wird (p. 10,26). Steht die hauptsächlich aus bohairischen Texten bekannte Wendung T-mate substantiviert, bezeichnet sie oft eine Übereinkunft (z. B. 1Kor 7,5 bo.) oder Gemeinschaft (z. B. 2Kor 6,15 bo.) als dialogisches Geschehen. Das Verb T-mate mit HN- und unbestimmtem Artikel bildet häufig adverbiale Ausdrücke, dem die Übersetzung mit „übereinstimmend“ entspricht. Die Präposition HN- steht hier nicht in einem zeitlichen Zusammenhang, sondern weist auf den einmütigen Beschluss der Apostel zum Dienst zurück (p. 1,10), der ebenfalls mit der Wendung T-mete ausgedrückt ist. Die Bedeutung der Präposition ist referierend zu verstehen als „gemäß, wegen“, vergleichbar mit κατά im Griechischen.210 Inhaltlich bedeutet dies, dass die Apostel das Wort Gottes wegen ihres einmütigen Beschlusses nun in jeder Stadt verbreiten wollen.211 Das setzt die Vorstellung von den Aposteln als „Weltmissionaren“ voraus, die noch zu ihren Lebzeiten das Christentum überall verbreiten.212 Der Satz knüpft an die idealtypische Schilderung der Apostel zu Beginn der Erzählung an. Er stellt auch klar, dass Petrus die Stadt aus einer anderen Motivation heraus besuchen möchte als die Armen. Jene würden wegen der Perle dorthin reisen, die Apostel nur für den Verkündigungsdienst.
Der Kaufmann offenbart seinen Namen (p. 5,14–18) Diese Szene ist ein Spannungshöhepunkt der Erzählung. Als Reaktion und Antwort auf die Fragen des Petrus ist sie insgesamt kausal motiviert. Lithargoel antwortet knapp und informativ, denn er liefert die Übersetzung seines Namens gleich mit. Falls das Namenselement „Stein“ auf die Perle anspielt, die wiederum ein Bild für Christus ist, haben wir es hier mit einer Prolepse zu tun, die sich auf die Offenbarung Jesu (ab p. 9,15) bezieht.
209 Mk 7,13 par; Lk 3,2; 5,1 sa; 8,11. 210 HN- kann ein griechisches κατά wiedergeben, vgl. Lk 1,18 sa. 211 Meist wird dies als Betonung des Missionsdienstes gesehen und dem Bearbeiter zugeordnet, der den apostolischen Rahmen geschaffen (p. 1,1 ff.) oder die Belehrung über die Mühen des Weges eingefügt hat (p. 5,19–6,8). Vgl. Krause, Petrusakten, 50; Ghica, Les Actes, 363. 212 Diese Vorstellung ist bereits im sogenannten Missionsbefehl (Mt 28,19) angelegt und wird von späteren Schriften weiter entfaltet, vgl. das Losorakel zu Beginn der Thomasakten, mit dessen Hilfe die Apostel über die Gegenden der Erde verteilt werden (ActThom 1).
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III Kommentar
p. 5,14–18 Er antwortete (und) sagte: „Wenn du nach meinem Namen fragst, Lithargoel ist mein Name (und) seine Bedeutung lautet: ‚der leichte Gazellenstein‘. Der geheimnisvolle Name wird in einem Nominalsatz mitgeteilt und eine kurze Erklärung angefügt – ein typisches Muster für bedeutsame Namensmitteilungen in den ActPt (p. 2,[2–4]; 6,22–26). Der Name Lithargoel ist im Manuskript durch einen langen Supralinearstrich als ein diviner gekennzeichnet. GaHse („Gazelle“) schließt mit attributivem N- an wne („Stein“) an, worauf sich auch der attributive Relativsatz bezieht. Als Übersetzung ergibt sich „der Gazellenstein, der leicht ist“.213 Bei einer übertragenen Übersetzung kann „Glanz, glänzend“ anstelle von „Gazelle“ stehen, wenn man annimmt, dass die Gazelle wegen ihrer dunklen, glänzenden Augen den Stein näher beschreibt.214 wird im sahidischen Neuen Testament meist im Sinne von „übersetzen“ gebraucht.215 An dieser Stelle steht es substantiviert für „Bedeutung“ oder „Erklärung“, denn die Erläuterungen zum Namen sind nicht dessen Übersetzung, sondern ein Schlüssel für den Leser, um die Figur des Lithargoel innerhalb der ActPt zu deuten. Sollte der leichte, gazellenartige Stein wirklich auf eine Perle hinweisen, wäre er ein hermeneutisches Scharnier zwischen der Figur des Lithargoel und Jesus.216 Falls die Gazelle wegen ihrer dunklen Augen mit einer Perle in Verbindung gebracht werden soll, kommen nur schwarze Perlen in Frage, die sehr kostbar und auch im Roten Meer verbreitet waren. Perlen wurden zu den Edelsteinen gerechnet, es ist denkbar, dass hier „Stein“ als rätselhaftes Synonym gewählt wurde (vgl. auch p. 10,30). Auch im Physiologus wird die Perle gemeinsam mit dem Achat wie ein Stein behandelt217 und Christus wird in diesem Zusammenhang als kostbare Perle bezeichnet. Trotzdem wirkt dieser Erklärungsversuch sehr bemüht und vernachlässigt den realen Bildgehalt. Beim leichten Gazellenstein sind der Stein und die Gazelle die Bildspender, auf
ouwHM
213 Krause, Akten, 112: „Gazellenstein, der leicht ist“; Wilson/Parrott, Acts, 215: „Der leichte, gazellenartige Stein“; dieser Übersetzung folgen auch Molinari, Acts, xviii, und Klauck, Apokryphe Apos telakten, 196. 214 So übersetzt Schenke, NHD, Bd. 2, 450, „der leichte Glanzstein“, ihm folgt Meyer, Nag Hammadi Scriptures, 363. 215 Mt 1,23; Mk 5,41; Joh 1,38.41.42; 9,7; Apg 4,36; 9,36 sa. 216 So deuten Wilson/Parrott, Acts, 201; Molinari, Acts, 135; Ghica, Les Actes, 101. 217 Der Physiologus ist vermutlich in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. in Ägypten entstanden, wurde viel rezipiert (eventuell bereits von Tertullian und Clemens Alexandrinus, relativ wahrscheinlich aber von Origenes) und war weit verbreitet, es existieren auch Fragmente koptischer Übersetzungen (vgl. Alpers, Physiologus, 598, und Lauchert, Geschichte des Physiologus, 70 ff.) Für diese Arbeit wurde v. a. der Wiener Codex Theol. 128 konsultiert, eine griechische Handschrift, die Lauchert veröffentlicht hat und von der er vermutete, dass der frühe Codex evtl. einen relativ ursprünglichen Textbestand wiedergibt. Der Physiologus beschreibt Achat und Perle gemeinsam und verbindet sie mit Christus (s. Lauchert, Geschichte des Physiologus, 274 f.)
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die sich vermutlich das Adjektiv „leicht“ bezieht. Weder sind die Augen einer Gazelle im Bildfeld, noch ist attributiv oder relativisch von „Glanz“ oder „glänzend“ die Rede. Die leichte Gazelle und ein Stein sind zwei Begriffe, die sonst nicht miteinander verknüpft sind und für sich existieren. Das Bild des Steines wurde mit unterschiedlichen christologischen Aussagen verbunden. Alttestamentliche Steinaussagen wurden auf Jesus gedeutet, er galt als Schluss- oder Grundstein des neuen Tempels, der Eckstein steht für seine Verwerfung und Erhöhung (Mk 12,10 parr), an dem sich Heil und Unheil entscheiden (Lk 20,18 par, vgl. Röm 9,32; 1Petr 2,4–8). Auch pantheistische Vorstellungen im Sinne einer Schöpfungsmittlerschaft konnten mit dem Stein verbunden werden.218 Stein-Messias-Vergleiche waren später fester Bestandteil des christologischen Schriftbeweises, Cyprian gebraucht „Stein“ sogar als selbstverständliche Metapher für Jesus.219 Die Gazelle wurde in Oberägypten als Haustier gehalten, doch wegen ihrer Schnelligkeit und Anmut auch verehrt.220 In Verbindung mit der Göttin Anuket, die in der Spätzeit oft als Gazelle dargestellt wurde, erhielt sie göttlichen Status. Einer Sage nach wurde bei der Suche nach einer Grabplatte für einen Herrscher in der Wüste eine Gazelle gesehen, die auf einem Stein ihr Junges zur Welt brachte. Die Gazelle wurde geopfert und der Stein als Sarkophag-Platte verwendet.221 Es gibt aber keinen Beleg dafür, dass sie mit Perlen oder anderen Edelsteinen verbunden wurde. In christlichen Auslegungen des Hoheliedes (Hld 2,8 f.) konnte die Gazelle mit ihrem scharfen Blick mit Christus verglichen werden, an ein geprägtes Motiv ist dabei aber nicht zu denken.222 Im Physiologus werden die scharfen Augen der Gazelle auf den wissenden Blick Christi gedeutet, der die Werke aller Menschen sieht. Hier lässt sich also die Verbindung Gazelle – Auge – Christus erkennen. Doch selbst wenn man annimmt, dass die Bedeutung des Namens Lithargoel davon inspiriert ist, fehlt noch die Perle in der Gedankenkette. Sie könnte freilich vor dem Hintergrund der Geschichte dazu addiert sein. Doch diese Überlegungen sind hypothetisch. Klar festhalten lässt sich nur, dass die Gazelle in den ActPt mit ihrer Leichtigkeit und dem friedlichen Wesen einen Kontrast zu den wilden und räuberischen Tieren des Weges bildet.
218 Vgl. EvThom 77 (s. auch P.Oxy. 1,27 f.). 219 Z. B. Barn 6,2–4; Just. dial. 34,2; 36,1; 70,1; 76,1; 86,2 f.; 90,5; 100,4; 113,6; 114,4; 126,1; Cyprian formuliert in seinen Leitsätzen über Christus, dass dieser auch Stein genannt wird: Quod idem et lapis dictus sit (testim. 2,16; vgl. auch 2,17). 220 In Oberägypten fand man zahlreiche Mumien von Gazellen in Grüften in der Nähe von Komir, wo ein Kultort der Lokalgötting lag. Anuket erhielt wohl dort den Beinamen „Herrin des Himmels, Fürstin der Götter“ (Felde, Ägyptische Gottheiten, 6 f.). 221 Couyat/Montet, Ouadi Hammamat, Nr. 110, 113, 192, 205. 222 Die Gazelle kann mit Christus verglichen werden. Gregor von Nyssa stellt vor allem ihren scharfen Blick in den Mittelpunkt (hom. in Cant. 5, 139,14; 141,1 ff.).
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III Kommentar
Durch seine Widersprüchlichkeit und Rätselhaftigkeit wird der Name in den Mittelpunkt der Erzählung gerückt und fordert den Leser hermeneutisch heraus. Auch die ausführliche Einleitung der Offenbarung unterstreicht die Wichtigkeit des Namens. Die Offenbarung ist exklusiv und setzt eine ernstgemeinte Anfrage voraus. Das verdeutlicht Lithargoels Rückbezug auf die Frage des Petrus „Wenn du nach meinem Namen fragst“.
Lithargoels Bedingungen für den Weg (p. 5,19–25) Lithargoel behandelt die Fragen des Petrus in der erfragten Reihenfolge und erläutert nun die Mühen des Weges. Er antwortet ausschließend: „Kein Mensch kann (…)“ – das lässt die Beschreibung dramatisch wirken. Dynamischen Wörtern der Fortbewegung wie „gehen“ und „verlassen“ sind „fasten“ oder „Aufenthalt“ als statische Ausdrücke gegenübergestellt. Die Frage des Petrus deutet bereits darauf hin, dass der Weg nicht (nur) wörtlich als Route zwischen zwei geografischen Punkten verstanden wird, denn er erkundigte sich nach „den Mühen auf dem Weg“ (p. 5,8–10) und nicht nach einer Wegbeschreibung. In diesem Abschnitt werden Besitzverzicht und Fasten als Grundbedingungen gefordert, zwei religiös motivierte Handlungen, die für einen normalen Weg nicht erforderlich sind und darauf hinweisen, dass der „Weg“ bildlich zu verstehen ist. Der Weg ist ein so altes und verbreitetes Symbol,223 dass er fast ein Polysem224 geworden ist. Die Bedeutung einer Wortverbindung wie z. B. „Lebensweg“ erschließt sich so selbstverständlich, dass sie eigentlich nicht mehr als Metapher gelten kann. Auch in der deutschen Sprache ist die Bedeutungserweiterung des Weges als „Art und Weise“ oder „Methode“ fest etabliert. Der Gebrauch innerhalb der Erzählung zeugt von einem routinierten Umgang mit diesem Begriff und Sprachbild. Beide Bedeutungsbereiche werden unkommentiert miteinander verbunden. Als Route verbindet der Weg die beiden Städte „Wohne“ und „Neun Pforten“ und dient auf konzeptioneller Ebene der Erzählung dazu, die Apostel von dem einen Ort zum anderen zu bringen. Wenn die Erzählstimme des Petrus berichtet, dass die Apostel allen Besitz verließen, um in die Stadt hineinzugehen, allen Gefahren entkamen und schließlich, am Ziel, vor dem Stadttor lagerten, dann werden viele Begriffe aus dem
223 In der Septuaginta und in neutestamentlichen Schriften wird das Wort ὁδός sehr häufig im bildhaften Sinne gebraucht, um das gerechte Leben, den Heils-, Lebens- und Glaubensweg zu bezeichnen (u. a. Ps 24,4; 36,5; 118,1.3.9; Joh 14,6), in den koptischen Übersetzungen meistens mit Hih ausgedrückt, das auch in den ActPt verwendet wird. 224 Darunter wird eine systematische Mehrdeutigkeit eines sprachlichen Zeichens verstanden aufgrund einer Verwandtschaft der einzelnen Bedeutungen, die eine gemeinsame Grundbedeutung oder gemeinsame Kernbedeutung haben, was vielfach – aber nicht zwangsläufig – auf eine gemeinsame etymologische Wurzel zurückzuführen ist (vgl. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, 193).
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einen Bildbereich in den anderen transferiert. Der Weg im topografischen Sinne wird mit dem asketischen Leben verbunden, das durch Fasten, Besitzverzicht und dem Bestehen in Anfechtungen charakterisiert ist. Dabei wird der Begriff „Weg“ als Methode verstanden, da Askese eine Art und Weise ist, den Glauben zu leben, bzw. in der Gedankenwelt der Erzählung die einzige Art und Weise ist, die Perle zu erlangen. p. 5,19–21 Und ich werde dir auch den Weg zu der Stadt mitteilen, nach dem du mich gefragt hast. Steht ke- zwischen Artikel und Nomen hat es häufig die Bedeutung „der andere“,225 die Übersetzung mit „auch der“ ist selten, aber belegt.226 Im Gespräch mit den Armen steht das Verb tamo mit demonstrativer Bedeutung für das versprochene Zeigen der Perle in der Stadt des Perlenverkäufers. Hier wird es im Sinne von „mitteilen/informieren“ gebraucht und leitet die anschließende Belehrung über den Weg ein. Diesmal spricht der Perlenverkäufer nicht von „seiner“ Stadt. Und die Frage des Petrus wird zwar wieder aufgegriffen, nicht aber seine Formulierung „Mühen auf dem Weg“. Der Perlenverkäufer spricht von „dem Weg“, auch wenn danach keine Weg-, sondern eine Mühenbeschreibung folgt. Der Dialog wirkt sehr geordnet, der Perlenverkäufer geht genau der Reihe nach die Fragen des Petrus durch, der sich zuerst nach dem Namen und dann nach den Wegesmühen erkundigt hat. So geordnete und knappe Antworten vom Offenbarenden sind außergewöhnlich. In Gesprächen zwischen dem Auferstandenen und seinen Jüngern, den sogenannten „Dialogevangelien“227, oder anderen, z. B. hermetischen Offenbarungsschriften, fallen die Fragen kurz und die Antworten meist lang und abstrakt aus.228 Manchmal wird dieser Stil als Resultat der nachträglichen Dialogisierung gesehen, die die Schrift dann wie ein durch Fragen unterbrochenes, weisheitliches Traktat erscheinen lässt.229 Auch in den ActPt wird der lebendige Erzählstil von einem referierenden Stil abgelöst, nachdem sich Jesus offenbart hat (p. 10,23). Dies lässt sich zwanglos aus der Erzählung erklären, denn nun spricht der erhabene Lehrer mit seinen Schülern, der Stil wechselt demzufolge in einen Vortragsstil mit Elementen der symbuleutischen Rede. 225 Vgl. AuthLog NHC VI,3 p. 30,23; NHC VI,5 p. 49,9.30; Askl NHC VI,8 p. 72,29. 226 Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 55. 227 Zu dieser Gattung vgl. die Ausführungen bei Hartenstein, Die zweite Lehre, 250 ff. 228 In AJ NHC II,1 p. 2; 22; 25 u. ö. bittet Johannes um Erkenntnis (und erhält seitenlange kosmomythologische Belehrungen). Ähnlich, wenn auch knapper und weniger abstrakt sieht der Dialog zwischen Jesus und seinen Jünger in SJC NHC III,4 p. 94,1 ff.; 95 ff.; 100 ff. usw. und in EpJac NHC I,2 p. 4 ff. aus. 229 Dies trifft vor allem für das „Apokryphon des Johannes“ und vermutlich auch das „Buch des Thomas“ oder die „Weisheit Jesu Christi“ zu.
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III Kommentar
Hier hingegen bewegt sich die Erzählung noch auf der parabolischen Ebene. Es wird bildhaft erzählt, der Erzähler „spielt“ mit dem Leser und arbeitet mit dem verborgenen Jesus und dem Motiv der Täuschung. p. 5,21–24 Kein Mensch kann auf jenem Weg gehen, es sei denn, er verlässt jeglichen Besitz, den er hat; Der negative Aorist macht eine klare Ausschlussaussage: Kein Mensch kann auf jenem Weg gehen. Die Konjunktion ebol e- leitet den konditionalen Nebensatz ein. Der Wendung entspricht die griechische Konjunktionialphrase εἰ μήτι, die in vielen sahidischen Texten mit dieser Funktion steht.230 Die Aussage des Hauptsatzes wird damit eingeschränkt und die Bedingung angegeben, unter der das Bewältigen des Weges möglich ist. Dem Besitz, den es zu verlassen gilt, ist wieder nim nachgestellt – diese Doppelstruktur des nim unterstreicht die drastische Generalität der Aussage: Jeder Mensch muss allen Besitz verlassen. Hier ist ganz wörtlich der Verzicht auf materielle Güter gemeint und nicht nur eine innere Unabhängigkeit davon. Denn die nächsten Zeilen legen fest, dass der Wanderer weder Brot, wertvolle Kleidung, Wasser, Gemüse und Fleisch dabeihaben darf. Freiwillige Armut war von Anfang an ein Grundzug christlicher Verkündigung, der sich aus der jüdischen Armenfrömmigkeit entwickelte.231 Lithargoels Forderungen erinnern an Jesu Aussendungsregeln für die Jünger (Mk 6,7–13 parr).232 Der Verzicht auf wichtige Güter steht für ein Leben aus vollem Gottvertrauen. Die Forderungen der Aussendungsregeln dienen allerdings der Glaubwürdigkeit der Botschaft, die Askese der ActPt dient dem Asketen selbst, macht ihn vollkommen und der Perle würdig. Das Aufgeben des Besitzes für eine Perle ist natürlich eine deutliche Parallele zu dem kurzen Gottesreichsgleichnis in Mt 13,45 f. Was dort allerdings als gern geleistete Tat erscheint, ist hier eine imperativische Voraussetzung. Hinter der Radikalität der ActPt bleiben selbst die Aussagen im Lukasevangelium zurück, die zwar vor den Gefahren des Reichtums warnen und eine gerechte Güterverteilung anstreben, aber nie völlige Besitzlosigkeit als Voraussetzung für die Nachfolge sehen.233 Auch die Idealisierung
230 Im nördlich beeinflussten Sahidisch und im Bohairischen erscheint ebol e- als Entsprechung zu εἰ μήτι, vgl. Crum, Coptic Dictionary, 35a. In klassischen sahidischen Texten steht meistens eimhti selbst, s. Röm 13,1: mn ecousia gar eimhti ebol HitM pnoute („Es gibt keine Vollmacht außer von Gott). 231 Ps 21,25–27; 36; 71,1–4.12–14; 139,12–14; Jes 29,19–21 LXX. 232 Auch die Jünger sollen auf Geld und Wertgegenstände verzichten, kein zweites Hemd und keinen Ranzen mitnehmen und sich lediglich auf Zuwendungen anderer Menschen verlassen. 233 Die Seligpreisungen richten sich an arme Menschen, die Wehrufe verwerfen die Reichen (Lk 6,20–24). Die Lehrrede über die Gefahren des Reichtums und die Warnung vor Habgier wird mit der Aufforderung eingeleitet, sich um eine bessere Verteilung des Besitzes zu kümmern (Lk 12,13–34).
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der Armen im Jakobusbrief (Jak 2,5 f.) und die Kritik an den Reichen inner- und außerhalb der Gemeinde (Jak 2,1–9; 5,1–6) schließt nicht alle Besitzenden aus dem Reich Gottes aus. Das Aufgeben des Besitzes und Verlassen der Welt findet sich sehr häufig in monastischen Schriften, denn die Besitzlosigkeit stand am Beginn des monastischen Lebens und war eine erste Grundforderung an die Mönche.234 Die rigorosen Forderungen der ActPt, die nur die individuelle Askese im Blick haben und z. B. keine bessere Verteilungsgerechtigkeit anstreben, legen nahe, dass die Perle nicht (nur) für das Himmelreich steht, sondern für die Vervollkommnung des Einzelnen. Bisher schienen die Apostel diesen Anforderungen allerdings nicht zu entsprechen – in die Stadt „Wohne“ sind sie wohl noch mit Gepäck gereist (p. 2,7 f.). Die Figurengruppe der Apostel entwickelt sich im Laufe der Erzählung im Glauben weiter. Sie steht exemplarisch für den Christen, der diesen Ermahnungen Folge leistet. Die Armen hingegen, die vermutlich als Zuhörer danebenstehen, scheinen die Voraussetzung bereits zu erfüllen. p. 5,24–25 und fastet täglich von Aufenthalt zu Aufenthalt. Die Konjunktion auw verbindet die beiden Nebensätze, die die Bedingungen für den Weg festhalten. Die Präposition M- vor mhne ist fest mit dem Adverb verbunden.235 Es steht in iterativer Funktion und signalisiert, dass es um tägliches Fasten geht, Tag für Tag. Die beiden Präpositionen Jin- und Sa- sind aufeinander bezogen. Sie haben temporale und zugleich abgrenzende Bedeutung: das Fasten gilt immer bis zum Erreichen des nächsten Aufenthaltes, an diesem Ort oder Zeitpunkt selbst ist es aber aufgehoben. Als Nomen zu μένω bezeichnet das aus dem Griechischen stammende monh mitunter das Gebiet, in dem man bleibt (Joh 14,23 sa.), und oft den Aufenthaltsort, manchmal auch eine Herberge oder Taverne (Joh 14,8 und Apg 28,15 sa.). Ein bezahltes Quartier kann sich ein Besitzloser natürlich nicht leisten, hier ist entweder an eine unentgeltliche Unterkunft in einem Privathaushalt, Kloster oder lediglich an einen Unterschlupf zu denken. Ghica vermutet, es handele sich jeweils um Klöster, in denen Mönche Station nehmen, die von Kloster zu Kloster wandern. Dies setzt die Annahme einer späten Abfassung oder Überarbeitung der ActPt im 4. Jh. voraus, da erst um 325
234 Johnsén, Reunication, 82, der die Schriften von Cassian, Dorotheus von Gaza und Climacus hinsichtlich dieser Forderung untersucht und feststellt, dass sie meist zentral steht und zu Beginn erfolgt. 235 Vgl. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 94.
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das erste Kloster gegründet wurde.236 Aber natürlich könnte monh auch für eine einfache Unterkunft von Asketen stehen, damit könnte an Ghicas Vermutung angeknüpft werden, ohne die Notwendigkeit eines chronologischen Fixpunktes.237 Geht man davon aus, dass monh den täglich erreichten nächtlichen Aufenthalt bezeichnet, scheint hier ein Fasten tagsüber im Blick zu sein. Die strenge Fastenvorschrift, die den ganzen Tag Enthaltsamkeit fordert und sogar Wasser ausschließt, ist eine Radikalisierung der kirchlichen Praxis, die in der Regel zwei, maximal drei wöchentliche Fastentage vorsah.238 Derartig strikte Askese ist vor allem aus Syrien bekannt,239 in späteren Quellen wird auch über armenische Einsiedler berichtet, dass sie sich tagsüber Nahrung und Wasser versagt hätten.240 Egal in welcher Form, generell galt Fasten bei Anachoreten und Koinobiten als eine Waffe im Kampf gegen die gefährlichen Begierden und Leidenschaften, die der Heiligung des Menschen diente.241 Vor diesem Hintergrund ist es plausibel, dass die Fastenpraxis als Abwehr der wilden Tiere und Räuber auf dem Weg zur Stadt des Perlenkaufmanns notwendig ist.
Die Gefahren des Weges (p. 5,26–6,8) In diesem Abschnitt bedingt eine Anfrage auf der wörtlichen Ebene der Erzählung (p. 5,8 ff.) wieder eine Antwort auf symbolischer Ebene. Lithargoel wollte Petrus den Weg zu seiner Stadt sagen, doch er gibt ihm keine Streckenbeschreibung, sondern belehrt ihn aus allwissender Perspektive über die Anforderungen des asketischen Wegs. Er kennt nicht nur die tödlichen Gegner auf dem Weg, sondern auch deren Motivation und weiß, warum die Räuber und die wilden Tiere jeweils töten. Seine
236 Ghica, Les Actes, 174 und 365. Pachomius gründete um 325 bei Tabennisi (Oberägypten) das erste christliche (Gemeinschafts-)Kloster. 237 Μονή hat ein weites Bedeutungsfeld und bezeichnet neben Herberge, Unterkunft auch den Aufenthaltsort von Mönchen oder Nonnen, vgl. Lampe, Patristic Greek Lexicon, s. v. 238 In Did 8,1 und Didaskalia Apostolorum 21 ist der Brauch des Mittwochs- und Freitagsfastens belegt. Rom fügte ein samstägliches Fasten hinzu, das auf das legendäre Fasten des Petrus vor seiner Auseinandersetzung mit Simon Magus zurückgeführt wird (Johannes Cassianus, inst. 3,10). 239 Vgl. Kretschmar, Ursprung frühchristlicher Askese, 132–146. 240 „(…) ihre Nahrung ist ohne Wohlgeschmack, das Kraut des Feldes mit Salz gewürzt und reines Wasser, das sie aus der Spende der Wolken in Zisternen sammeln. Doch auch dies nehmen sie nie untertags zu sich zur Stillung ihrer Leibesbedürfnisse, sondern einmütig fasten sie den langen Tag hindurch und gönnen es sich erst beim Untergang der Sonne“ (Worte der Ermahnung über die Einsiedler, Elische Wardapet zugeschrieben, zitiert nach Weber, Ausgewählte Schriften der armenischen Kirchenväter, 292). Auch Aphrahat berichtet von Asketen, die sich sogar des Wassers und des Brotes enthalten (dem. 3,1). 241 Vgl. z. B. Bas. jej. 2,1.
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Expertenposition wird durch den monologischen Vortrag noch verstärkt. Durch diese Art der Rede entsteht Distanz zwischen den beiden Gesprächspartnern und zum Leser. Obwohl die Warnungen in einem Dialog mit Petrus geäußert werden, wirken sie unpersönlich, wie eine allgemeingültige Lehre formuliert. So heben sie sich von der Ebene der Erzählung ab und reichen möglicherweise in die Lebenswirklichkeit der Lesenden hinein. Der Weg wird als gefährlicher Raum geschildert, der durch die merkwürdigen Vorlieben der Tiere skurril wirkt. Auch die Zusammenstellung der Tiere überrascht. Löwe, Stier, Hund und Wolf hatten zwar ihren festen Platz in der altägyptischen Götterwelt,242 doch selbst wenn die Schrift in Ägypten verfasst sein sollte, in der Zeitspanne der Abfassung fand wohl keine polemische Auseinandersetzung mit der alten Götterwelt mehr statt. Die Wahl der Tiere könnte von Ps 21 inspiriert sein. Dort treten Stiere, Hunde, Räuber und Löwen auf, die für Feinde und Beschwerden stehen, die als dämonische Mächte interpretiert werden und den Leidenden von Gott trennen. Die wilden Tiere in den ActPt scheinen Sinnbilder für die menschlichen Begierden zu sein, die den Asketen bei seiner Nachfolge bedrohen. Die Begründung, warum sie angreifen, wird jeweils mit loeiGe eingeleitet.243 Der Proviant oder die Kleidung sind vielleicht nur ein Vorwand für den Anschlag auf den Wanderer. Ihn zu Fall zu bringen, wäre dann das eigentliche Ziel. Wilde Tiere als Symbole für die Leidenschaften des Menschen waren ein populäres Stilmittel und dem damaligen Leser wohl aus anderer Literatur bekannt, z. B. aus dem Gleichnis im neunten Buch von Platons „Staat“ (rep. 588b–589b). Die christliche Literatur knüpft daran an, in der vita Antonii wird Antonius vom Teufel durch dämonische Tiergestalten versucht, Clemens beschreibt im paedagogus den Menschen als wildes Tier, das durch Jesus gezähmt werden muss und in den Lehren des Silvanus symbolisieren Tiere die abgründigen Begierden des Menschen.244
242 Löwenkulte waren weit verbreitet, schließlich wurde der Löwe sogar eine Erscheinungsform des Sonnengottes und symbolisierte mit Sonnenscheibe auf dem Haupt Wiedergeburt und Erneuerung. Schakale, unter die Hunde und Wölfe subsumiert wurden, identifizierte man mit dem Totengott Anubis. Stierkulte gab es viele. Der Stier hatte die Aufgabe Himmelswege oder Tore zu bewachen. In der Unterwelt gaben Stiere den Weg frei, wenn der Tote ihren richtigen Namen wusste oder eine Prüfung bestand. Dann halfen sie ihm, in den Himmel zu gelangen (Graf, Der ägyptische Glaube, 73–90). 243 loeiGe steht für griechisch πρόφασις oder ἀιτία und bezeichnet im sahischen Neuen Testament – mit Ausnahme von Apg 22,24 – einen Scheingrund wie „Entschuldigung, Vorwand, Ausrede“ (Mk 12,40; Joh 15,22; Phil 1,18) oder „Schuld/ Grund“ (Joh 19,6; Apg 22,24). Die in dieser Ausgabe gewählte Übersetzung mit „wegen“ ist relativ frei. 244 Vgl. Ath. v. Anton. 9 sowie Clem. paed. 1,13,101 und Silv NHC VII,4 p. 85,7–16; 93,9–21.
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p. 5,26–28 Denn es sind zahlreiche Räuber und wilde Tiere auf jenem Weg. Dieser Satz begründet die beiden Vorschriften der Besitzlosigkeit und des Fastens auf dem Weg. An das Eigenschaftsverb naSe- schließen die wilden Tiere und die Räuber als nachgestellte Subjekte an. Im Gegensatz zum κλέπτης („Dieb“) kennzeichnet der λῃστής („Räuber“) einen härteren, grausamen Typ.245 Im sahidischen Neuen Testament steht dafür das koptische Nomen soone.246 Räuber waren, neben Wildtieren, ein generelles Problem für Reisende. Aus Ägypten und Palästina ist überliefert, dass Banden regelmäßig Dörfer zerstörten und von den Plünderungen lebten.247 Häufig steht λῃστής in symbolischer Bedeutung und bezeichnet Dämonen oder schlechte Gedanken.248 Wie Räuber weckten auch wilde Tiere negative Assoziationen. Der Ausdruck θηρίον wird meist für Wildtiere gebraucht und umfasst in Gegensatz zu ζῷον („Lebewesen“) die Tierwelt im Unterschied zur Menschheit.249 Θηρία gefährden den Menschen und stehen mit ihrer Triebverhaftung dem Menschen als Ebenbild Gottes entgegen. So sind in der Bildsprache der Offenbarung des Johannes die satanisch-dämonischen Mächte stets als Tiere in Form von Heuschrecken (Offb 9,1 ff.), Pferden (9,16 ff.), Drachen (12,3 ff.), Fröschen (16,13 f.) und als schreckliches Tier (13,1 ff.) geschaut. Das Symbol des wilden Tieres kann als Bild für Dämonisches dienen, das die Gottesebenbildlichkeit des Menschen und seine Seele bedroht.250 Im Rahmen asketischer Abhandlungen repräsentieren gefährliche Tiere häufig die widerstreitenden Leidenschaften des Menschen.251 Geht man davon aus, dass Lithargoel übertragen über den Weg des Glaubens spricht, sind die Räuber und Tiere hier als Bilder für geistliche Gefahren im Sinne von Versu-
245 Mit dem Begriff λῃστής („Räuber“) ergeben sich semantische Verknüpfungen zu „Räuberbande“, „Piraterie“, „plündern“ (Liddell-Scott, s. v.). Er gilt als Opposition zu κλέπτης („Dieb“), der hauptsächlich mit „schmuggeln“, „stehlen“ und „Mundraub“ verbunden wird und eher mit Geschicklichkeit und Heimlichkeit assoziiert ist (Liddell-Scott, s. v.). 246 Lk 10,30; Mk 14,48 par; 2Kor 11,26. 247 Cass. Dio 75,2,4. Ghica, Les Actes, 365 f., beschreibt das Problem der Räuberei im römischen Reich ausführlich. 248 So bei Meth. res. 2,4,8. 249 Vgl. dazu beispielsweise Clem. paed. 2,1,1,4. Über den Seelenteil der Leidenschaft, die etwas Tierisches ist, vgl. paed. 3,1,1,2 f. 250 Für den Teufel und seine Engel in Form einer Schlange, vgl. Clem. prot. 1,7,4. Das dämonischtriebhafte als Tiergestaltiges im Menschen, vgl. Clem. paed. 3,2,5,3. Für das Tier, das Hermas als Abbild der großen Trübsal bedroht, vgl. Herm(v) 4,2,5. 251 In v. Anton. 9,5–7 schildert Athanasius, wie Antonius vom Teufel in Gestalt eines Wolfes, Löwen oder Bullen versucht wird.
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chungen und Prüfungen zu verstehen, die den Menschen auf seinem spirituellen Weg bedrohen und denen der Mensch durch Askese entgegenstehen soll. p. 5,28–31 Den, der Brot auf dem Weg mitnehmen wird, den töten die schwarzen Hunde wegen der Brote. In dem Abschnitt, der die Gefahren auf dem Weg beschreibt (p. 5,28–6,6) sind die Sätze parallel nach dem gleichen Schema strukturiert: Relatives Instans mit Subjekt, gefolgt von Objekt und einem mit Aorist gebildeten Satz samt Grundangabe. Hier wird nicht in der Vergangenheitsform erzählt. Der Perlenverkäufer bezieht seine Warnung direkt auf seine Zuhörer, denn das Instans signalisiert, dass es sich im ersten Teil des Satzes um ein erwartetes, zukünftiges Ereignis handelt. Der folgende Aorist hingegen beschreibt das regelmäßige Schicksal, das jeden, der so handelt, jederzeit ereilt. Vor den „Hunden“ und dem „Brot“ (p. 5,31) steht der Demonstrativartikel im Plural, den die deutsche Übersetzung nicht aufnimmt. Vor „Brot“ verweist er vermutlich auf den mitgenommenen Brotproviant (p. 5,28). Der Demonstrativartikel steht in den ActPt aber auch häufig in nicht-demonstrativer Funktion, an dieser Stelle wohl vor den schwarzen Hunden. Das mit N- angeschlossene Attribut kame steht im Singular – da das Bezugswort im Plural steht, wäre eigentlich der Plural kamauei zu erwarten. Auch wenn Hunde durchaus Brot fressen, ist Fleisch die Hauptnahrung. Brot erbeutende Hunde sind ungewöhnlich. Und sie rauben nicht nur das Brot als Beute, sie nehmen es als Grund oder Vorwand, um den Wanderer zu töten. Trotz ihrer vegetarischen Vorliebe sind die Hunde grausam, ihre Farbe soll das wohl unterstreichen. Schwarz wurde in der Antike mit Finsternis, Schrecken, Tod und Trauer verbunden.252 In christlichen Schriften begegnet es als apokalyptische Farbe, die negativ assoziiert ist und für die Laster und Begierden des Menschen steht oder sogar den Teufel kennzeichnet.253 Gleichzeitig hatte Schwarz eine hohe Bedeutung im Zauberkult, da man damit starke dämonische Kräfte verbunden sah, die man sich z. B. durch die kundige Benutzung der Milch einer schwarzen Kuh oder des Hornes eines schwarzen Widders zu Nutze machen konnte.254 252 Hom. Il. 2,834; Od. 12,92. 253 Herm(v) 4,1,10; (s) 9,1,5 und 9,15. In Barn 4,9 (vgl. auch 20,1) wird Schwarz mit dem Teufel verbunden. 254 PGrM I, 5.58 f. (Magus soll schwarze Isisbinde tragen); II, 46 (Hirn und Fußpartien eines schwarzen Widders sollen geopfert werden); IV, 171 ff. (der Magus soll einen schwarzen Efeukranz und eine schwarze Augenbinde tragen); IV, 1352 (ein Dämon wird mit der Farbe schwarz verbunden); IV, 1439 f. (verkohlter Flachs und Mist von einer schwarzen Kuh als magiefördernde Zutaten); IV, 2551 (Fluch zauber mit Anrufung der Mondgöttin, die in schwarzem Gewand vorgestellt ist).
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Die Verbindung von Schwarz, Hund und dem Tod lässt mit Blick auf Ägypten an Anubis denken, den Gott der Toten.255 Auf diesen Bezug macht Ghica aufmerksam und vermutet, hinter den schwarzen Hunden stehe Anubis als Dämon, denn in einer christlichen Schrift wären die ägyptischen Götter natürlich negativ besetzt.256 Aus drei Gründen erscheint eine Assimilation mit Anubis aber eher unwahrscheinlich: Erstens schritt die Christianisierung Ägyptens seit dem Ende des 2. Jh. schnell voran. Zweitens stehen die Hunde im Plural und drittens auch mit anderen Tieren zusammen, wobei die Gazelle eindeutig positiv konnotiert ist – obwohl auch sie das Symbol einer ägyptischen Göttin war.257 Soweit muss auch gar nicht gegangen werden, denn im Orient galt der Hund allgemein als unreines Tier (vgl. Lev 11,27). Der Vergleich mit dem Hund war entehrend und ein Schimpfwort.258 Der Leidenspsalm 21 spricht von Hunden, die das Leben des Beters bedrohen (Ps 21,17) und gottlose Feinde oder dämonische Mächte repräsentieren. Im Anschluss an Paulus (Phil 3,2 sa.) wurden auch Irrlehrer als „Hunde“ bezeichnet.259 Brot ist das Grundnahrungsmittel schlechthin, das sogar in der strengsten Askese erlaubt war. Mitunter wird in der kirchlichen Literatur allerdings Brotverzicht erwähnt, um die Ernsthaftigkeit der Askese zu illustrieren.260 Die vorangestellte Forderung, auf das Brot zu verzichten, zeigt hier die Strenge des asketischen Weges. Bereits das Mitnehmen eines einfachen Grundnahrungsmittels gilt als Sorge um das eigene Leben. Die schwarzen Hunde als dämonische Mächte packen den Menschen, der sein Leben nicht vollständig Gott anvertraut. p. 5,31–6,1 Den, der ein ehrenvolles weltliches Gewand mitnehmen wird, den töten die Räuber [wegen des Gewandes]. Das stereotype Satzmuster wird durch einen Umstandssatz erweitert, der das Objekt – das Gewand – näher bestimmt. Das Verb ta(e)io steht meistens für „ehren“, „rühmen“ oder „anerkennen“, der Stativ taeihou beschreibt das Gewand als ein ehrenvolles. Diese Übersetzung ist der bisherigen Übersetzung mit „kostbar“ vorzu-
255 Graf, Der ägyptische Glaube, 82. 256 Ghica, Les Actes, 367. 257 Die Gazelle war mit der Göttin Anuktet verbunden; vgl. Eilenstein, Isis, 122–124. 258 Siehe: 1Regn 17,43; 24,15; 2Regn 9,8; 16,9; 3Regn 20,23 f.; Spr 26,11; Jes 56,10 f.; Ps 21,17; Mt 7,6 sa.; Phil 3,2; Offb 22,15; 2Petr 2,22. 259 In IgnEph 7,1 warnt der Autor vor Irrlehrern, die er mit wütenden und heimlich beißenden Hunden vergleicht. 260 Die Asketen, die nach Aphrahat das „Joch der Heiligen“ tragen, sollen nicht einmal um das tägliche Brot bitten (dem. 6,8).
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ziehen.261 Außerdem bezeichnet das Verb in den ActPt ein ruhm- bzw. ehrenvolles Reich (p. 7,11) und „kostbar/wertvoll“ ist mit souen wiedergegeben (p. 10,30). Es wird also nicht (nur) vor einem kostbaren Gewand gewarnt, sondern vor einem, das Status und Würde seines Trägers betont. Der Umstandssatz unterstreicht die eschatologische Bedeutung des Verzichts: das Gewand ist wertvoll in der Welt – nicht vor Gott. Wären die Sätze aufsteigend nach der Wertehierarchie der Gegenstände angeordnet, ergäbe sich diese Abfolge: Wasser/Brot – Fleisch und Gemüse – ehrenvolles Gewand. Doch das Gewand steht bereits an zweiter Stelle. Falls den Sätzen also überhaupt eine logische Ordnung zugrunde liegt, wurden sie vielleicht nach dem Gefahrenpotential der Gegner angeordnet. Die schwarzen Hunde wären dann am wenigsten gefährlich, die Räuber schon weitaus mehr und die Löwen und Stiere am bedrohlichsten. Gute Kleidung wird häufig als begehrtes Beutegut erwähnt, auch in neutestamentlichen Texten.262 Diese Passage dürfte an die Räuber aus dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter erinnern, die einen Reisenden überfallen, ihn ausziehen und halbtot liegen lassen (Lk 10,30). Generell entsprach es einer sinnvollen Askeseordnung, dass auf wertvollen Besitz verzichtet wird.263 Anachoreten bzw. Wanderasketen waren bewusst ärmlich gekleidet.264 Die neutestamentliche Ermahnung, sich nicht um weltliche Gewänder zu sorgen (Mt 6,25.28; Lk 12,22 f.) wird im monastischen Rahmen durch das Ablegen des eigenen Gewandes und das Anlagen der klösterlichen Kleidung befolgt.265 Kostbare Kleidung hätte an Ehren des ererbten gesellschaftlichen Status erinnern können und ist vor allem ein Einfallstor für Neid und Stolz, der der Demut entgegensteht, die auch die ActPt fordern (p. 9,23–25). Wenn Kleidung den weltlichen Status betont, wirkt sie der asketischen Vollkommenheit und der Errettung entgegen. Der Verzicht auf ein entsprechendes Gewand könnte auch zeichenhaft für den Verzicht auf die frühere Stellung in der Welt, also das Zurücklassen des „alten Menschen“266 stehen. kosmos ist an dieser Stelle negativ konnotiert, aber wohl nicht dualistisch als demiurgische Schöpfung oder Gottesferne
261 Bisher wurde „kostbar“ übersetzt, vgl. Schenke, NHD, Bd. 2, 450; Ghica, Les Actes, 300, und Wilson/Parrott, Acts, 215. 262 Mt 5,40/Lk 6,29; Lk 10,30 sa.; vgl. Mk 15,24 parr; Joh 19,24 sa. 263 Nach Hieronymus verboten die Klosterregeln des Pachomius den Mönchen jeglichen Privatbesitz (praec. 81). 264 Einige ägyptische Asketen im späten 3. Jh. verwirklichten das Armutsideal so radikal, dass sie wohl gänzlich auf Kleidung verzichteten, vgl. Nagel, Motivierung der Askese, 91–94. 265 Die von Hieronymus überlieferten Pachomiusregeln verlangen, dass jeder Novize seine Weltkleider ablegt und die Mönchskleidung anzieht (praec. 49). Vgl. Hanslik, Klosterregeln, 139 f. 266 Vgl. Röm 6,6.
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gedacht. Die Räuber stehen für Eitelkeit und Stolz, beides kann den Asketen zu Fall bringen und ihn von dem Weg zu Christus abbringen. p. 6,1–3 [Den, der] Wasser [mitnehmen wird, den töten die] Wölfe [wegen des Wassers, nach dem] sie dürsteten. Die ersten Zeilen der sechsten Seite sind nur lückenhaft erhalten. Sie können jedoch relativ sicher rekonstruiert werden, da die Gefahren auf dem Weg sich in p. 7,26–8,3 summarisch wiederholen. Wieder wird das Satzmuster durch einen Umstandssatz im Imperfekt mit dem Stativ von eibe („durstig sein“) erweitert. Wolfspopulationen waren bis zum Ende des Mittelalters im ganzen Orient, auch in Nordafrika verbreitet, dort besiedelten sie hauptsächlich den Norden Ägyptens.267 In den ActPt wird zwischen Wölfen und Hunden unterschieden, die alten Ägypter fassten die beiden ähnlichen Tiere meist unter der Bezeichnung „Schakal“ zusammen. In den biblischen Schriften wird zwischen Hund und Wolf differenziert und der Wolf (ouwn~S) wird als negatives Tier dargestellt. Wie in den ActPt gilt er als gefährlich268 und steht im Neuen Testament synonym für die Bedrohungen durch weltliche Dinge und Irrlehren.269 Die Wölfe, die hier wasser- und nicht blutdurstig sind, sprengen das bekannte Bild. Doch gerade in trockenen Gegenden ist Wasser auch für Raubtiere ein wertvolles Gut. Das wurde literarisch verarbeitet, so wird z. B. erzählt, dass der Garten des Heiligen Antonius durch wilde Tiere aus der Wüste zertrampelt wurde, die aus seinem Brunnen trinken wollten.270 Wasser ist eine Grundvoraussetzung für Leben und überlebensnotwendig. Auf dem Weg, also vermutlich tagsüber auf Wasser zu verzichten, ist eine Askesevorschrift, die so streng ist, dass sie an die Extremformen der Askese erinnert. Das Wasserverbot verdeutlicht, dass der Weg den Verzicht auf lebensnotwenige Grundbedürfnisse voraussetzt und nur für den zu bewältigen ist, der bereit ist seine körperlichen Bedürfnisse ganz zurückzustellen.
267 Knispel Rueness u. a., Cryptic African Wolf, 1. 268 Gen 49,27; Jer 5,6; Ez 22,27; Hab 1,8; Zef 3,3 (LXX: λυκός). 269 Mt 7,15; Mt 10,16 und Lk 10,3; Joh 10,12; Apg 20,29 sa. 270 Ath. v. Anton. 50.
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p. 6,4–8 [Den, der] sich sorgt um [Fleisch] und Gemüse, den [fressen] die [Löwen] wegen des Fleisches. Wenn er den Löwen entkommt, zertrampeln ihn [die] Stiere wegen des Gemüses. Zwischen dem Subjekt nimouei („Löwen“, Plural) und dem Pronomen ntootF (Singular; p. 6,7), das sich kataphorisch darauf bezieht, scheint eine Inkongruenz vorzuliegen. Die Konstruktion Ntoot~F Nni- findet sich auch in anderen Nag-HammadiTexten,271 wobei das Singularsuffix auf zuvor genannte Phänomene summarisch zu verweisen scheint. An dieser Stelle in den ActPt wird gleich im Anschluss mit dem N- der Identität auf das Objekt im Plural verwiesen, ein Schreibfehler ist daher unwahrscheinlich. Eine Konjektur des koptischen Textes ist eher unangebracht, aber der deutschen Übersetzung liegt Ntoot zugrunde. Mit mase könnten auch Kälber gemeint sein, doch angesichts des Kontextes ist hier wohl von gefährlichen Stieren die Rede. Während TGe Gemüse und Obst im Allgemeinen bezeichnet, steht ouoote für grünes Gemüse oder Kräuter.272 wmk# könnte der status pronominals von wmk („verschlingen“) oder wnk („aufspringen, sich erheben“) sein. Letzeres erscheint sinnvoller und heißt bildlich vorgestellt: auf den springen die Stiere, zertrampeln ihn also.273 Der Stier sticht aus der Aufzählung der bedrohlichen Tiere hervor, da er nach jüdischem Maßstab von den hier genannten Tieren das einzige reine Tier ist (vgl. Lev 11,3). Durch die Objektserweiterung im Relativsatz list hier die Sorge das direkte Objekt, nicht die Wegzehrung. Die gleiche Verbverbindung (Fi roouS) begegnet in der Bergpredigt als Sorge um Nahrung, Kleidung und den morgigen Tag274 und im Gleichnis vom Sämann als Sorge um die Zeit, die das Wort erstickt.275 Da Lithargoels „Wegweisungen“ von der Bergpredigt inspiriert scheinen, liegt es nahe, dass hier vor der Sorge gewarnt wird, die den Asketen auf seinem Weg bedroht. Schon allein das Verlangen nach Genüssen wie Fleisch und Gemüse beschwert auf dem Weg, stachelt Begierden an und lockt „Dämonisches“ wie Löwen und Stiere, selbst wenn solches als Proviant nicht vorhanden ist. Das Resümee des Petrus unterstützt diese Interpretation (p. 7,32 ff.): „Wir entkamen vor den Löwen, denn sie fanden nicht die Begierde (epiqumia) nach Fleisch bei uns“. epiqumia steht im sahidischen Neuen Testament immer für negatives, weltliches Verlangen. Da die Jünger sich von diesem Verlangen befreit haben, werden sie nicht von den wilden Tieren bzw. weltlichen Versuchungen zu Fall gebracht. Die Begründung der Hauptsätze ist jedoch schwer mit dieser Interpretation zu vereinbaren, denn hier töten Löwen und Stiere wegen Fleisch und 271 Vgl. EV NHC I,3 p. 29,6 f.; 40,1 und Nagel, Taten, 358, Anmerkung zu p. 6,7 im Apparat. 272 Crum, Coptic Dictionary, s. v. 273 In diesem Sinn übersetzt auch Schenke, NHD, Bd. 2, 450: „(…) zerstampfen ihn [die] Stiere (…)“. 274 Mt 6,27 f.31.34.35 sa. 275 Mk 4,19 parr sa.
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Gemüse und nicht nur wegen des Verlangens danach – im Gegensatz zur Aussage in p. 7,32 ff. Daher übersetzen andere Interpreten: „[Wer sich] mit [Fleisch] und Gemüse versorgt (…)“.276 Hier wird jedoch davon ausgegangen, dass die Hauptsätze einfach dem stereotypen Begründungsschema der vorherigen Sätze folgen. Die Verbindung des Löwensymbols mit der menschlichen Begierde kann aus der platonischen Anthropologie als bekannt vorausgesetzt werden, in der der Löwe das zentrale Symbol für die höheren Begierden des Menschen ist. Vor allem in der Diskussion im neunten Buch von Platons Staat spielt er eine zentrale Rolle und wird mit Schwelgerei assoziiert.277 Von diesem Text scheinen nicht nur einige Nag-Hammadi-Texte inspiriert,278 sondern er findet sich sogar übersetzt als fünfte Schrift in Codex VI. Die gleiche platonische Symbolik könnte hier in den ActPt im Hintergrund stehen. So interpretiert, sind die beiden Sätze der Gipfel der asketischen Forderungen: Der Wanderer, der tagsüber auf Wasser und Brot verzichten muss, muss auch seine Gedanken rein halten. Schon allein die Sehnsucht nach kulinarischen Genüssen würde seinen asketischen Fortschritt gefährden.
Die Kraft des Namens Jesus (p. 6,8–19) Der Abschnitt schildert die Reaktion, die die asketischen Forderungen bei Petrus auslösen. Es entsteht ein emotionales Gespräch zwischen Petrus und Lithargoel. Die Erzählzeit deckt sich mit der erlebten Zeit. Zusammen mit den Beschreibungen von Reaktionen und Gefühlen trägt dies dazu bei, dass der Leser diese Szene sehr nah erlebt. Der Fokus der Szene liegt ganz auf den beiden Gesprächspartnern und der Wechsel der Erzählstimme in die 1. Person Singular unterstützt dies. Die Ich-Erzählstimme bleibt aber nicht konsequent mit Petrus verbunden, sondern beschreibt seine Mimik implizit durch die Augen Lithargoels (p. 6,13 f.). Das Zwiegespräch zeugt von einer überraschenden Vertrautheit und Offenheit der beiden Gesprächspartner, denn sie greifen die Emotionen des anderen auf und berufen sich beide auf den Namen Jesus. Der Sprechakt hat eine kausale Verlaufslinie: Entstanden als Reaktion auf die vorherige Handlung, beginnt er mit einem verzweifelten Wunsch des Petrus. Der Perlenkaufmann reagiert darauf mit Trost und Erbauung im Namen Jesu. Darin liegt die Intention des Abschnitts: Der Leser, der sich in der Verzweiflung des Petrus über die
276 Vgl. Schenke, NHD, Bd. 2, 450. 277 Der Löwe als Symbol für den Zornesmut reißt den Menschen zu den Begierden hin, die als vielköpfiges Ungeheuer beschrieben werden. Dies endet so, dass der lasterhafte Mensch für ein wenig Gold sein edelstes Selbst in den Rachen des Ungeheuers wirft und sich quasi selbst verzehrt (Plat. rep. 588b–589b; vgl. NHC VI,5). 278 EvThom 7; EvPhil NHC II,3 p. 60,15–26 (Spruch 40a).
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harte Askese wiederfindet, soll wieder aufgebaut werden, indem sein Vertrauen auf Christi Kraft und Beistand gestärkt wird. p. 6,8–12 Nachdem er mir dies gesagt hatte, seufzte ich bei mir selbst und ich sagte: „[Große] Mühen (sind) auf dem Weg! Oh, dass doch Jesus uns Kraft geben möge, in ihr zu gehen.“ Nach dem Temporalis steht der Hauptsatz mit dem Prädikat Fi-aHwm im Perfekt. Die Wendung ist bohairisch häufig belegt, sahidisch steht meistens aS-aHwm.279 Ein koordinierender Umstandssatz leitet die Antwort des Petrus ein, als elliptischen Ausruf ohne Verb. Die Interjektion Hamaei begegnet im Sahidischen sonst selten.280 Zusammen mit dem Konjunktiv und der Partikel rw unterstreicht sie die Verzweiflung des Petrus und den starken Wunschcharakter seines Ausrufes. In diesem Satz findet sich eine Inkongruenz: Das feminine Suffix der Präposition Hiww# bezieht sich auf Gom („Kraft“). Es ist ein Charakteristikum einiger Nag-Hammadi-Schriften, dass sie mitunter die Gefühlswelt der Jünger bzw. Apostel schildern.281 Die Charakterisierung des Petrus als einen ambivalenten Menschen, der exemplarisch das dichte Beieinander von Glauben, Zweifel und Unglauben verdeutlicht, ist aber vor allem aus den kanonischen Evangelien bekannt, in späteren christlichen Schriften hat er diese Rolle selten.282 Jesus wird in den ActPt meistens „Herr“ (Joeis) genannt,283 sein Name wird nur zweimal erwähnt. Einmal an dieser Stelle, das andere Mal im Bekenntnis des Petrus (p. 9,11). So steht der Name „Jesus“ jeweils im Zusammenhang mit einer Akklamation, hier ist sie nicht bekenntnishaft, sondern verzweifelt-bittend.
279 Vgl. z. B. Ijob 9,27: aS-aHwm (sa.), Fi-aHwm (bo.), s. Crum, Coptic Dictionary, 24b. 280 Im Neuen Testament nur Gal 5,12 (HamoI). Bohairisch ist die Interjektion häufig belegt, z. B. Ex 16,3; 1Kor 4,8; 2Kor 11,1. 281 Vgl. EpJac NHC I,2 p. 11; 1ApcJac NHC V,3 p. 28; 30,11; 32,23 ff.; ApcPt NHC VII,3 p. 72,4 ff.; EvMar BG1 p. 9,6 f. 282 Er bekennt Christus, will ihn aber kurz darauf von seinem Weg abbringen (Mk 8,29 ff.). Er vertraut Jesu Nachfolgeruf, aber sein Glaube schwindet beim ersten Gegenwind auf dem See (Mt 14,29 ff.). Laut Joh 13,6–9 will er sich nicht die Füße von Jesus waschen lassen. Er schläft im Garten Gethsemane vor der Gefangennahme Jesu (Mk 14,37.40 par). Dann soll er nach Joh 18,10 mit Waffengewalt Jesu Verhaftung zu verhindern versucht haben: hier wird er wohl mit dem namenlosen Jünger identifiziert, der einem Soldaten der Tempelwache laut Mk 14,47 ein Ohr abhieb. Sein Versagen gipfelt in der Verleugnung Jesu. Als das Krähen eines Hahnes im Morgengrauen Petrus an Jesu Vorhersage erinnert, beginnt er zu weinen (Mk 14,66–72). Im Evangelium nach Maria wird Petrus negativ charakterisiert. Petrus wird eifersüchtig auf die Erwählung Marias und die Offenbarungsübermittlung an sie. Levi entgegnet ihm, er sei schon immer jähzornig gewesen (EvMar BG1 p. 17,18 ff.). 283 ActPt p. 1,11.16.23; 8,6; 10,15.22; 11,17.
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III Kommentar
Die Szene gibt Einblick in die Emotionen von Petrus. Er ist besorgt, atmet schwer und zweifelt an seiner eigenen Kraft. Im Gegensatz zu dem triumphalen Helden der Petrusakten wird er hier als verletzlicher Apostel gezeigt, mit dem sich Leser vielleicht eher identifizieren können. Da Petrus dem Leser als gut informiert über die Mühen des Weges vorgestellt wurde (p. 5,3–6), überrascht sein verzagter Ausruf. Die asketischen Anweisungen Lithargoels übertreffen die Mühen, die Petrus bisher kannte. Für den Leser wird vor dem Hintergrund seiner bzw. der allgemein menschlichen Schwäche die Bedeutung von Jesus Christus im Kontext von Glauben und Erlösung besonders hervorgehoben. Nur durch dessen Kraft ist es möglich, die asketischen Auflagen zu befolgen und auf dem Weg zu bestehen. p. 6,13–14 Er blickte mich an, mein Gesicht war traurig, und ich seufzte. Dem Hauptsatz im Perfekt sind zwei adverbiale Umstandssätze parataktisch beigeordnet. Für die szenische Schilderung von Beobachtungen ist dieser Stil in den ActPt charakteristisch.284 Da eroI das Objekt von nau ist und nicht – wie es bei einem summarischem Stil vielleicht zu erwarten wäre – Ho, wirken die Protagonisten emotional nah und die Person des Petrus wird betont. Obwohl die Erzählstimme des Petrus als Ich-Erzähler die Szene schildert, verbindet er die Schilderung seiner Reaktion mit der Perspektive Lithargoels. Andernfalls hieße es nur: „(…) ich war traurig und seufzte.“ In den kanonischen Evangelien wird die Trauer der Jünger oft als eine Reaktion auf Jesu Verhalten beschrieben.285 In den Nag-Hammadi-Schriften wird häufiger das Selbstmitleid der Jünger als Trauer um das eigene Schicksal dargestellt.286 Auch hier fürchtet Petrus um sein Leben auf dem Weg und wird als zaghafter und ängstlicher Charakter beschrieben. Erst spricht er von der Notwendigkeit, in die Stadt Lithargoels zu reisen (p. 5,8–14), angesichts der Mühen schreckt er dann zurück. Seine Darstellung als verzagender Apostel ist offenbar an seiner Charakterisierung in den Evangelien orientiert. Durch die traurige Reaktion des Petrus wird deutlich, dass sein Wunsch nach Jesu Beistand kein hoffnungsfroher ist, sondern ein banger, zweifelnder Ausruf.
284 Vor allem p. 2,10–17. 285 Vgl. Mk 14,19 par; Mt 17,23; 26,75; Lk 24,17; Joh 16,20; 21,17. 286 1ApcJac NHC V,3 p. 32,23; ApcPt NHC VII,3 p. 72,4 ff.; EvMar BG1 p. 9,6 f.
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p. 6,14–17 Er sprach zu mir: „Warum seufzt du? Wenn du doch diesen Namen ‚Jesus‘ kennst und auf ihn vertraust? Er ist eine große Kraft, um (dir) Kraft zu geben.“ Die Antwort Lithargoels erfolgt mit einfachen Adverbialsätzen. Der zweigliedrige delokutive Nominalsatz enthält eine Alliteration mit Gom. Die Antwort stellt die Sorge des Petrus als unbegründet dar. Entweder der Name Jesu oder Jesus als Person selbst – syntaktisch müssten sich das Pronomen eroF und das Subjekt des Nominalsatzes pe auf den Namen „Jesus“ zurückbeziehen – geben die benötigte Kraft. Jesus wird als Kraftträger von Geburt an und begabt mit besonderer Kraft beschrieben,287 von ihm geht Kraft aus, er stattet seine Jünger mit Kraft aus288 und seine Macht richtet sich auch auf den Einzelnen und sein Schicksal.289 Der Name „Jesus“ ist oft hervorgehoben, er wird angerufen, gepriesen und ihm wird eine soteriologische Bedeutung zugesprochen.290 Als logischer Bezugspunkt könnte an dieser Stelle auch Jesus als Person gemeint sein. Da Namen in den ActPt eine hohe Bedeutung beigemessen wird, kann die Antwort Lithargoels vor dem Hintergrund einer solchen Namenschristologie verstanden werden. Außerdem könnte hier der Gedanke im Spiel zu sein, dass der Heilige Geist als Kraft verstanden wird, den die Jünger zur Stärkung erhalten. Diese Kraft ist fest mit Jesus verbunden – er wird sie den Menschen senden, die auf ihn vertrauen.291 Die Verbindung der großen Kraft mit dem Namen „Jesus“, ohne dass Gott als Ursprung der Kraft erwähnt wird, ist typisch für die Christozentrik der ActPt. Eine personale Beziehung zum Herrn ist die Voraussetzung für die Ausrüstung mit Gotteskraft: der Name „Jesus“ muss gekannt und auf ihn vertraut werden. Das Anrufen von Jesu Namen und das Vertrauen auf ihn soll beim Erfüllen der asketischen Auflagen helfen. Das Wirken von Jesu Kraft ist hier intrinsisch, als Stärkung des Glaubenden bei seiner Askese gedacht – nicht als äußerlich wirkende Macht, die die wilden Tiere auf dem Weg zähmt. Von den asketischen Auflagen auf dem Weg zur Stadt können das Vertrauen und das Anrufen des Namens nicht befreien.
287 Z. B. Lk 4,36; 6,19; Mk 5,30 par. 288 Lk 9,1; 10,19. 289 Lk 1,49; Hebr 2,18. 290 Phil 2,9 f.; Apg 4,12; Herm(v) 4,2,4: Καλῶς ἐξέφυγες, φησίν, ὅτι τὴν μέριμνάν σου ἐπὶ τὸν θεὸν ἐπέριψας καὶ τὴν καρδίαν σου ἤνοιξας πρὸς τὸν κύριον, πιστεύσας ὅτι δι’οὐδενὸς δύνῃ σωθῆναι εἰ μὴ διὰ τοῦ μεγάλου καὶ ἐνδόξου ὀνόματος. 291 Vgl. auch Lk 24,49; Joh 15,26; 16,7; 20,12 f.
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III Kommentar
p. 6,17–19 „Denn ich selbst vertraue auf den Vater, der ihn gesandt hat.“ ebol Je leitet den Adverbialsatz als Begründungssatz ein, dem ein Relativsatz folgt, der sein Beziehungswort – den Vater – durch das vorangestellte Demonstrativpronomen ph besonders hervorhebt. Die Sendungsaussage selbst steht im Perfekt. Ihr Inhalt und die Konstruktion sind an die johanneische Sendungstheologie angelehnt. Die entsprechenden Aussagen Jesu im griechischen Text des Johannesevangeliums stehen im Aorist, der im Koptischen meist mit einem Relativsatz im Perfekt wiedergegeben wird,292 der sein Bezugswort pronominal wieder aufnimmt. Lithargoel verbirgt seine wahre Identität, daher steht das Suffixpronomen hier in der 3. Person Singular. Neutestamentlich ist der Verweis auf die Gotteskraft hinter Jesu Handeln belegt.293 In Verbindung mit einer Sendungsaussage begegnet er z. B. Joh 3,34: „Denn der, den Gott gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn er gibt den Geist nicht nach Maß.“294 Doch im Gegensatz zur johanneischen Vorstellung von einer weitgehenden Einheit von Vater und Sohn, zeugt diese Stelle in den ActPt von mehr Distanz. Das liegt nicht nur daran, dass Lithargoel über Jesus in der dritten Person sprechen muss und nicht sagen kann „Denn ich selbst vertraue auf meinen Vater, der mich gesandt hat“, sondern daran, dass „vertrauen auf“ ein Bezugsobjekt benötigt. Vater und Sohn werden als voneinander getrennt vorgestellt, Gott scheint eher als Größe neben oder über Jesus gedacht zu sein. Die Aussage ist ein kurzes Bekenntnis zum Glauben an Gott, den Vater, der seinen Sohn gesandt hat. Im Gespräch mit Petrus ist dieser Satz eine bekräftigende Zusage. Seine Einleitung als Begründungssatz signalisiert, dass sich auch der Perlenverkäufer auf diese große Kraft verlässt. Für den Leser, der ahnt, dass Jesus als wahre Identität hinter dem Perlenverkäufer steht, ist der Satz auch eine christologische Aussage. Jesus Christus, der gesandte Sohn, steht in vertrauensvoller Beziehung zu seinem Vater, der ihm so die Kraft gibt, eine große Kraft zu sein und Kraft zu spenden.
292 Da der Aorist keine Vergangenheitszeitstufe ist (s. Layton, Coptic Grammar, 337); vgl. Joh 6,29: epentaFph tNnoouF; 7,29: petMmau pentaFtaouoei; 8,42: petMmau pentaFtaouoei. 293 Z. B. in der Jesu Verteidigung auf die Anschuldigung, er treibe Geister durch ihren Obersten aus (Lk 11,14–20). 294 Vgl. zur Bezeichnung von Christus als Gesandtem im Joh z. B. 5,37.57; 6,44; 7,28.29; 8,16.18.26.29.42; 12,49.
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Die Stadt „Neun Pforten“ (p. 6,19–28) Das Gespräch um den Namen der Stadt „Neun Pforten“ ist ein lebendiger Dialog. Der Leser wird in den Wechsel von Frage und Antwort mit hineingenommen. Nicht nur durch die sprachliche Gestaltung mit den verhältnismäßig vielen Verben, sondern auch durch die Thematik erzeugt das Gespräch Spannung. Mit der Offenbarung des Namens der Stadt erreicht die Spannung einen Höhepunkt. Die Mitteilung steht als Schlusspunkt hinter dem Gespräch mit Lithargoel und erhält dadurch besonderes Gewicht. Nach diesem Gespräch verlässt die Erzählung den Raum der Stadt „Wohne“. Die Offenbarung des Namens der nächsten Stadt leitet diesen Wechsel bereits ein. p. 6,19–22 Ich erwiderte ihm erneut (und) fragte ihn: „Wie heißt der Name ‹den du› des Ortes, zu dem du gehst, in deine Stadt?“ Das Verb ouwHm#, sahidisch häufig wie hier ouaHm# geschrieben, steht auch für das wiederholte Tun und weist darauf hin, dass Petrus erneut nach der Stadt fragt. In der Wendung nim er~n („Wie heißt …“; p. 6,20) steht das Interrogativpronomen zusammen mit der Präposition e- und dem status nominalis von ran.295 Die Wendung steht meistens für sich,296 das zusätzliche Objekt ran ist nicht notwendig. Diese Doppelung scheint hier der rhetorischen Verstärkung zu dienen, um die Frage nach dem Namen besonders hervorzuheben. Die Dittografie von et~k- (Zeile 21) hat der Schreiber selbst korrigiert und mit zwei diagonalen Linien durchgestrichen. tekpolis ist wohl als Apposition zu Npma gedacht, wird jedoch mit der Präposition e- parataktisch an das Satzende gestellt. In der Frage wird davon ausgegangen, dass der Perlenverkäufer in seine Stadt gehen wird. Davon war allerdings nie die Rede, er hatte seine Zuhörer nur dorthin eingeladen. Durch diesen Zusatz nimmt die Frage mehr Raum ein und wird in den Mittelpunkt gerückt. Mit der gleichen Intention wird die Frage hier zum zweiten Mal gestellt – Petrus erkundigte sich bereits zuvor nach dem Namen der Stadt (p. 5,9). Die Wiederholung unterstreicht die Wichtigkeit der Frage und die Bedeutung der Antwort. So wird die Offenbarung des Namens eingeleitet und gerahmt. Auf der Figurenebene könnte die erneute Frage auch ein Signal und Appell dafür sein, dass der Zuspruch Lithargoels wirkt und Petrus sich nun zutraut, die Mühen des Weges mit dem Beistand der Kraft Jesu aufzunehmen.
295 Vgl. Mk 5,9: nim er~ntk. Die Wendung ist auch sonst belegt, s. Crum, Coptic Dictionary, 297b, und Layton, Coptic Grammar, 138. Mit nim als Nominalsatz ist sie konstruiert bei Lk 8,30: nim pe pekran. 296 S. Crum, Coptic Dictionary, 297b, der auf Mk 5,9 sa. und Gen 32,27 (nim rNtk) verweist.
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III Kommentar
p. 6,22–26 Er sprach zu mir: „Dies ist der Name meiner Stadt: ‚In neun Pforten lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass die zehnte das Haupt ist.‘“ Dem Namen der Stadt ist die Präposition Hen- vorangestellt, die den Hauptsatz mit kausativem Imperativ nach sich zieht, dem ein adverbialer Umstandssatz mit Nominalsatz folgt. Der Name der Stadt ist also ein längeres Satzgefüge. Mit der kurzen Phrase „Neun Pforten“ ließe er sich nur übersetzen, wenn Hen- hier als Indefinitartikel gebraucht wäre, was jedoch unwahrscheinlich ist, da Zahlen mit Singularartikel stehen.297 Nagel hingegen übersetzt bewusst „Neuntor“, denn keine Stadt, so merkt er an, trüge einen so langen Namen, nicht einmal in der Phantasie. Das hat allerdings zur Konsequenz, dass aus dem Hen- „vorerst nicht erklärbare Buchstaben vor dem Zahlzeichen“298 werden bzw. man von einem fälschlich gesetzen Indefinitartikel ausgehen muss. Das Nomen ro steht meistens für „Mund“, kann aber auch „Tür“ bedeuten. ape wird in dieser Wendung meistens mit „Kopf“ oder „Haupt“ übersetzt, kann aber übertragen auch „Oberster, Anführer“ heißen.299 Das semantische Umfeld mit ape und dem Prädikat T-eoou („loben, preisen“) und die Tatsache, dass in den ActPt an anderer Stelle pulh für „Tor“ steht (p. 8,7) legen zunächst die Übersetzung von ro mit „Mund“ nahe: Mit neun Mündern lasst uns Gott preisen, indem wir bedenken, dass der zehnte der Oberste ist.“ So übersetzt Ghica und vermutet, es sei ein Gleichnis für neu gegründete Kirchen, die sich auf ihr Haupt und ihre Mutterkirche in Rom besinnen. Für diese Vermutung finden sich in den ActPt jedoch keine Anhaltspunkte. Wenn man mit einer Abfassung der ActPt vor dem 5. Jh. rechnet, ist die Annahme einer solchen Rückbindung an Rom nicht zu belegen. Doch die Übersetzung von ro mit der Bedeutung „Mund“ ist durchaus plausibel und zu bedenken. Denn der Rätselname scheint in enger Verbindung mit Jesus zu stehen, schließlich treffen die Apostel ihn in der Stadt und der Name steht für Jesu Aufenthaltsort. Der Name würde direkt auf ihn verweisen, wenn Jesus als Haupt über neun himmlischen Hierarchien gedacht wäre – ein Bild das (Pseudo-)Dionysius von Areopagita entfaltet hat.300 Engel, die Lobpreis singen, sind auch ein häufiges Bild in der koptischen Lite-
297 Das geben auch Schenke, NTApo5, Bd. 2, 371 f., und Ghica, Les Actes, 371, zu bedenken. Krause, Akten, 114; Nagel, Taten, 361, und Wilson/Parrott, Acts, 217, übersetzen jedoch „Neun Pforten“, „Neuntor“ bzw. „Nine Gates“. Vgl. auch Cherix, Concordance, 284. 298 Nagel, Taten, 361 Anm. 17. 299 S. Crum, Coptic Dictionary, 13b, der auf Ri 11,11 sa. verweist. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass ape mit maskulinem Artikel in der Regel „Oberhaupt“ bedeutet, also für die Spitze einer Hierarchie steht und nicht für den Körperteil. S. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 10. 300 Der syrische Mönch schreibt in De caelesti hierarchia (zwischen 476 und 510) über neun himmlische Wesen, unterteilt in jeweils drei Ordnungen: Πάσας ἡ θεολογία τὰς οὐρανίας οὐσίας ἐννέα κέκληκεν ἐκφαντορικαῖς ἐπωνυμίαις· (c. h. 6,2,1 f.). Alle tragen Namen, die über ihr Wesen Aufschluss geben.
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ratur.301 Nach Ghicas Übersetzung muss man sich Jesus oder Gott als zehnten und höchsten, ebenfalls lobpreisenden Mund vorstellen. Verbindet man Jesus mit dem zehnten Mund, ist es verwunderlich, dass er als Höchster bezeichnet wird und nicht auf den Vater verwiesen wird. Die Vorstellung von Gott als zehntem, lobpreisenden Mund ist noch schwieriger und weiter nicht belegt. Aus diesen Gründen wird hier die Übersetzung mit „Pforten“ vorgezogen. Schenke vermutet, hinter dem symbolischen Namen „In neun Toren lasst uns Gott preisen, bedenkend, dass das zehnte das Haupttor ist“302 steht das himmlische Jerusalem, das in apokalyptischen Schriften mit wertvollen Steinen – auch Perlen – und vielen Stadttoren verbunden ist.303 Seine Überlegungen sind insofern plausibel, als hinter Christi Stadt sicherlich das Motiv der himmlischen Gottesstadt steht. Die Schilderung von Christi Stadt in den ActPt weicht allerdings deutlich von der Konzeption des himmlischen Jerusalems ab, wie wir es in Offb 21,21 finden, denn dort gibt es zwölf Tore. In den ActPt scheint aber bereits die zehnte Pforte mit Jesus, vermutlich auch mit Gott, verbunden zu sein. Versucht man das Rätselwort räumlich zu deuten, scheint die zehnte Pforte mit der höchsten Himmelssphäre verbunden zu sein. Eine solche Deutung würde zu der Christozentrik und den mehrdeutigen Begriffkonzeptionen der ActPt passen. Die Stadt verweist auf Jesus selbst, Lithargoel hätte also gerade die Mühen auf dem Weg zu Jesus beschrieben. Diese Übersetzung und Deutung scheint gedanklich gestufte und hierarchisch nach oben geordnete Himmel vorauszusetzen. Solche Vorstellungen finden sich auch in Schriften, die ähnliche Züge wie die ActPt enthalten. So steigt Jesus in der Epistula Apostolorum in sich wandelnder Gestalt durch die Himmel zur Erde hinab (p. 13–15), ähnlich wie in der „Himmelfahrt des Jesaja“ (AscIs 10,8–27). Jesaja wird in die höchsten Himmel emporgehoben (AscIs 7–10), ebenso gelangt Paulus in der „Apokalypse des Paulus“ in den zehnten – und vermutlich letzten – Himmel (ApcPl NHC V,2 p. 19,20–24,3). Paulus passiert die nächste Himmelssphäre auch jeweils durch ein Tor, allerdings steht hier pulh. So gedeutet wären die Gefahren auf dem Weg, vor denen Lithargoel warnt, die Mächte in den Himmeln, die den Asketen bei seinem mystischen Aufstieg behindern. Doch auch wenn die intertextuellen Bezüge diese Interpretation nicht unwahrscheinlich wirken lassen, entspricht die gut verborgene Bedeutung dem Charakter
301 EpJac NHC I,2 p. 15,6–29 schildert die himmlische Schau der Apostel Petrus und Jakobus mit Lobgesängen von Engeln und Himmelsgrößen. Viel ausgestalteteter begegnet das Bild in der späteren Literatur, vgl. die Engelschöre in Büchern wie jene „Von der Einsetzung der Erzengel Michael und Gabriel“ oder die Engelshymnen im Liber Bartholomaei (z. B. Ms. C 29,20–31,14; 33,16–34,19). 302 S. Schenke, NTApo5, Bd. 2, 372 und NHD, Bd. 2, 451. Er übersetzt „Haupttor“, da er vermutet, dass im griechischen Original κεφαλή stand, das auch „Oberstes“ bedeuten kann. 303 Z. B. Offb 21,21: „Und die zwölf Tore waren zwölf Perlen, je eines der Tore war aus einer Perle, und die Straße der Stadt reines Gold, wie durchsichtiges Glas.“ Vgl. Schenke, NTApo5, Bd. 2, 371 f.
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III Kommentar
des Rätselwortes. Es könnte auch ein kombiniertes Buchstaben- und Zählenrätsel sein oder eine bewusst irritierende Chiffre, die gar nicht entschlüsselt werden soll. p. 6,26–28 Danach ging ich in Frieden von ihm weg (und) lief (los), um meine Freunde zu rufen. Mit der Mitteilung des rätselhaften Namens der Stadt hat die Spannungskurve der Erzählung einen Höhepunkt erreicht. Der nachfolgende Satz bricht das Gespräch abrupt ab und leitet zum nächsten Geschehen über. Diese schnellen Szenenwechsel mit Verben der Bewegung haben die Funktion eines narrativen Scharniers und verbinden auch zwei weitere wichtige Szenen der ActPt (p. 7,19 f.; 8,35–9,1). Die Verbindung von Verben des Weggehens mit einem Friedenswunsch ist aus Abschiedsformeln bekannt.304 Hier lässt sich das Gefühl des Petrus nicht aus der Handlung erklären und scheint stilistisch motiviert zu sein. Es signalisiert einen Abschied und den Abschluss eines größeren Erzählabschnittes. Der Satz ist dynamisch und beschreibt das Verlassen der Stadt „Wohne“ und den Aufbruch zur Stadt „Neun Pforten“. Hinsichtlich der Erzählkonzeption ist es sehr interessant, dass solche „Scharniersätze“ immer einen stilistischen Wechsel anzeigen. Nach diesem Satz beginnt die Schilderung einer Vision. Die sehr ähnliche Bemerkung in p. 7,19 („Ich eilte, ging [los] und rief nach meinen Freunden“) beendet die Vision und leitet den Weg in die Stadt ein. Das Weggehen und Wiedererscheinen Lithargoels (p. 8,35 f.: „Er beeilte sich (und) kam schnell [zurück]“) beendet die parabolische Verwechslungserzählung und leitet den unterweisenden Dialog des offenbarten Christus mit seinen Jüngern ein. Besondere Funktion hat diese Scharnierstelle zusammen mit jener in p. 7,19–23, denn sie rahmen die Vision des Petrus und sein Gespräch mit dem Greis und grenzen sie vom vorherigen bzw. folgendem Kontext ab.
Die Vision des Petrus (p. 6,28–7,19) Der lange Abschnitt unterbricht den Erzählverlauf und ist mit dem Kontext inhaltlich nur über die Figur des Petrus und das Motiv der Stadt mit der Erzählung verbunden. Es ist ein Satellit, der seinen eigenen Zweck verfolgt und sich außerhalb der Haupterzählung befindet. Wäre p. 7,19b direkt an p. 6,28a angeschlossen, würde der Leser keinen Einschnitt bemerken und keine Information vermissen – das zeigt wie wenig dieser Abschnitt zur Handlung beiträgt. Auch hinsichtlich der szenischen Konstellation hebt sich dieser Abschnitt ab. Petrus befindet sich nun an einem anderen Ort, außerhalb der Stadt, aber scheinbar 304 Mk 5,34 par; Lk 7,50 sa.; vgl. auch EpPt NHC VIII,2 p. 140,17.
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in Sichtweite zu ihr. Ein neuer Akteur tritt auf und ein neues Thema wird behandelt. Selbst der Charakter des Petrus, der hier als erbaulicher Prediger auftritt, erscheint anders als in der Haupthandlung, wo er wortkarg gezeigt wird, knappe Fragen stellt und seine Antworten oft nur summarisch erwähnt werden. Innerhalb der Erzählung hat der Abschnitt nicht die Funktion, die Handlung voranzubringen, sondern zu deuten. Dem entsprechen das surreale Setting außerhalb der Stadt und der Greis, der wie eine Deutefigur wirkt. Dabei bezieht sich der Abschnitt auf die bereits geschehene Handlung in der Stadt „Wohne“ und steht, wie eine hermeneutische Hilfe, abschließend am Ende, bevor die Erzählung den Ort wechselt. Wegen der Schilderung von Petrus’ Wahrnehmung und seines Wortwechsels mit dem Greis wirkt der Abschnitt nur anfangs erzählerisch lebendig. Die darauffolgende Erwiderung des Petrus ist als lehrhaft-erbaulicher Monolog gestaltet. Der Greis spricht über die Bewohner der Stadt „Wohne“ und ihre Geduld, Petrus hingegen vergleicht darin jeden geduldigen Menschen mit einer bewohnten Stadt. Was zunächst nicht recht zusammenpasst, wird beispielsweise vor dem Hintergrund der EinwohnungsMetaphorik bei Aphrahat verständlich: „Sobald der Mensch seinen Schöpfer erkannt hat, wird Gott im Inneren des menschlichen Denkens geformt und empfangen“ (dem. 17,7). So wird der Mensch zum Tempel Gottes. Dies beschreibt Aphrahat analog dazu, dass Gott Adam aus dem Innersten seines Denkens gezeugt hatte und ihm den Geist einhauchte. Von diesem doppelten Bezug zeugt auch die Unterweisung über den Glauben (dem. 1,5), in der dargelegt wird, dass Christus in den Menschen wohnt, die an ihn glauben und zugleich das Fundament ist, auf dem das ganze Bauwerk des Glaubens steht. So lässt sich der vermeintliche Gedankensprung des Petrus verstehen. Die Stadt „Wohne“ ist die Kirche bzw. das Bauwerk des Glaubens, das die Christen bewohnen. Darin haben sie aber nur Bestand, wenn sie selbst von Gott bewohnt bleiben und in seinem Geist leben. Der Vergleich scheint auf die Gegenwart der intendierten Leser abzuzielen. Mit der Intention, zu erbauen und die Ausdauer im Glauben zu stärken, soll er in ihre Situation hineinsprechen. p. 6,28–32 Ich sah Wellen und große Zäune, die hoch waren und die Ufer dieser Stadt umgaben. Ich wunderte mich über die Kräfte, die ich sah. Wie so häufig bei den Szenen, die durch die Augen des Petrus geschildert werden, sind dem Hauptsatz im Perfekt Umstandssätze angefügt, die die Objekte näher beschreiben. Das Nomen JolJ~l bezeichnet eher botanische Abgrenzungen, z. B. Rundhecken, aber auch Zäune.305 Im Zusammenhang mit der Befestigung einer Stadt erwartet man eigentlich Mauern (sobt) oder Deiche und Dämme (thne).
305 Vgl. Crum, Coptic Dictionary, s. v.; Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, s. v.
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III Kommentar
Worüber staunt Petrus? In den ActPt steht Gom immer für „Kraft“, das Bedeutungsspektrum umfasst aber auch „Macht“, „Vermögen“ oder „Autorität“.306 Die Szene scheint eine visionäre Schau zu sein, wie sie auch die „Apokalypse des Paulus“ schildert. Dort werden Paulus in seinem enthobenen Zustand die Mächte und Gewalten im siebten Himmel gezeigt, die die Menschen an die Materie binden und sie am Aufstieg hindern.307 Auch Petrus ist der Stadt gerade enthoben, er scheint sich in der Luft über ihr befinden, wenn er sie offenbar von oben schauen kann. Dort könnte er sich über die starken Befestigungssysteme der Stadt wundern oder eben über die Dinge, die sich ihm in seinem enthobenen Zustand zeigen und die die Erzählung dem Leser vorenthält. Die Stadt im Meer soll durch „Zäune“ gut vor der gefährlichen Brandung und Flut geschützt sein. Als Ort mitten im bedrohlichen Meer wirkt sie wie eine Festung, in die man schwer hinein oder aus der man schlecht herausgelangen kann. Es ist nicht sinnvoll, den Zaun mit Blick auf Eph 2,14 als eine Grenze zu interpretieren, da dort geschildert wird, dass Christus sie eingerissen habe.308 Die Zäune sind in den ActPt sicher positiv konnotiert, da sie die Stadt „Wohne“ vor den Fluten schützen. Das Bild der Gemeinde, die durch ein festeres Fundament und Sicherungen geschützt ist, findet sich in Aphrahats Unterweisung über den Glauben (vor allem dem. 1,7). Dort erscheint Christus als Grundstein, auf dem der Glaube gegründet ist. Der Glaube wiederum ist ein festes Fundament und sichert die Kirche. Christus selbst fährt in die Höhe über alle Himmel in der Art der Spitze eines Mauerwerkes, so dass das ganze Bauwerk vollendet ist mit Steinen von oben und von unten. Eine ähnliche Vorstellung könnte hier im Hintergrund stehen. Die Kirche ist eine sichere Insel in den feindlichen Fluten. Die Befestigungsanlagen umgeben die Stadt ringsum und können nur durch den Weg nach oben, himmelwärts, verlassen werden. Für diesen mystischen Aufstieg gelten die Wegregelungen Lithargoels. p. 6,33–35 Ich sah einen alten Mann dasitzen (und) fragte ihn nach dem Namen der Stadt – Das Nomen Hllo, das „Greis“ oder auch „Mönch“ bedeutet,309 steht meistens allein,310 hier ist es aber als Attribut rwme vorangestellt. Dem Satz im Perfekt folgt ein delokutiver Nominalsatz, eingeleitet mit Je und der Fragepartikel ne. Die ersten Zeilen der siebten Seite sind stark beschädigt. Glücklicherweise ist das Gespräch auf
306 Schenke, NHD, Bd. 2, 451, übersetzt „Wunder“. Aber inhaltlich wirft auch diese Übersetzung Fragen auf. 307 ApcPl NHC V,2 p. 23,20 ff. Hier steht allerdings nicht Gom, sondern eniarxh mN niecousia. 308 Auch in Eph 2,14 wird die Grenze als MpJolJ~l beschrieben. 309 Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, s. v. 310 Vgl. Lk 1,18 sa.
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der vorherigen Seite bereits eingeführt und der weitere Erzählverlauf lässt sich gut antizipieren und – mit aller Vorsicht – rekonstruieren. Wo und worauf der alte Mann sitzt ist unklar. Auf jeden Fall befindet er sich außerhalb der Stadt. Das Bild erinnert an eine Szene in der „Apokalypse des Paulus“, in der sich Paulus mit dem Demiurgen unterhält. Jener sitzt als Greis auf einem Thron im siebten Himmel.311 Mit dem Demiurgen hat der Greis in den ActPt zwar nichts gemein – aber auch hier hat man sich wohl einen Mann vorzustellen, der im Himmel über der Stadt sitzt. In Visionsreisen bzw. Apokalypsen wird häufig von einer Reise durch die Himmelssphären berichtet, in denen unterschiedliche Wächter oder Engel sitzen.312 Dagegen wirkt der alte Mann wie eine Deutefigur und bezeichnet sich als Bewohner der Stadt (p. 7,4). Im Unterschied zur „Apokalypse des Paulus“ eröffnet hier Petrus das Gespräch. Seine Frage ist keine überflüssige Wiederholung oder unvermittelt und deswegen auch kein sicheres Indiz für eine neue Quelle.313 Natürlich hat Petrus den Namen der Stadt bereits erfahren (p. 2,2 ff.). Angesichts der zentralen Stellung von Namen in den ActPt ist ein bewusstes Anknüpfen an diesen Erzählstrang aber plausibel. Und in den narrativen Zusammenhang fügt sich die Frage gut ein, denn kurz zuvor hat Petrus den Namen der „Himmelsstadt“ gehört. Bevor die Reise in die Stadt Christi beginnt, wird dem Leser noch eine Deutung der Stadt „Wohne“ in die Hand gegeben, die durch diese Frage eingeleitet wird. Der Greis hat die Funktion die Handlung zu deuten. Sein Lebensalter unterstreicht seine Weisheit und Würde. Da Hllo auch Mönch bedeuten kann, assoziierten Leser mit dem Greis vielleicht auch einen Eremiten oder Mönch. p. 6,35–7,3 ob ihr Name wirklich (p. 7) [jener ist, den er ihr gegeben hatte, als er sie] ‚Wohne, [weile auf Geduld‘ nannte.] Von den ersten drei Zeilen ist leider wenig erhalten. Der Buchstabe G und peJaF und naI sind zu erkennen, sichere Anzeichen dafür, dass ein Gespräch über den Namen der Stadt initiiert wurde. Das bestätigt auch der Kontext, denn nach diesen Zeilen bejaht der Greis den Namen der Stadt, dann folgt seine erbauliche Auslegung. Die obige Übersetzung beruht auf dieser Rekonstruktion der ersten Zeilen, die dem Erzählverlauf inhaltlich plausibel entsprechen würde: 7,1[Gwr\G pe ph eta]
311 ApcPl NHC V,2 p. 22,25 ff. 312 Vgl. neben der Schilderung in der „Apokalypse des Paulus“ z. B. die Stimmen und Engel beim Aufstieg in den siebten Himmel in der „Himmelfahrt des Jesaja“ (AscIs 7–9, NTApo5, Bd. 2, 555–557) oder die Erzengel in der Epistula Apostolorum (p. 13,7 ff.), die Jesus bei seinem Abstieg unbehelligt passieren kann, da er je deren Gestalt angenommen hat. 313 Ghica, Les Actes, 373.
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III Kommentar
Ft[aaF nas eaF]2[Tr~n]t?~[~s] Je G[wr~G moun euHu]3[pomo]nh: (…). Diese
Rekonstruktion basiert auf der Lakunenfüllung von Schenke, der allerdings den Namen der Stadt mit „Wohne auf Geduld“ in Zeile 2 kürzer rekonstruierte. Da auf den ersten Seiten von Codex VI durchschnittlich 19 Buchstaben auf einer Zeile stehen, füllt die Rekonstruktion von Ghica mit dem Zusatz moun („weile“) die Zeile besser aus. Dieser Kurzname der Stadt wird außerdem von der Erzählung gesichert (p. 10,3 f.). Die besondere Form des Perfekts ist an der Eigenheit der ActPt orientiert, dem Perfekt in der Regel et- statt nt- als Relativkonverter voranzustellen. Cherix bzw. Wilson und Parrott rekonstruieren Gwr\G pe: a am Beginn der ersten Zeile. Für sieben Buchstaben erscheint die Lakune aber zu schmal. p. 7,3–4 [Er] sagte zu mir: „[…] in Wahrheit. Wir [wohnen] an diesem Ort, [weil wir] geduldig sind.“ Inhaltlich ist die Rekonstruktion relativ sicher, da von den Zeilen genügend markante Bruchstücke erhalten geblieben sind. In den meisten Ausgaben ist RHupomine in der Lakune die fokalisierende Transposition des Präsens vorgeschaltet,314 aber ein einfaches Präsens ist ausreichend, zumal in den ActPt das fokalisierende selten gebraucht ist. Der Greis scheint den Namen der Stadt zu bestätigen. Durch seine Begründung in dem Kausalsatz wird deutlich, dass der Name symbolisch zu verstehen ist. Der Greis spricht in der 1. Person Plural, zählt sich also zu den Einwohnern der Stadt, obwohl er sich außerhalb von ihr befindet. p. 7,5–8 [Ich] aber antwortete (und) sagte: „Die Menschen haben sie […] zu Recht [die ‚Erste‘] genannt.“ Die parataktische Konstruktion mit zwei aufeinanderfolgenden Verben des Sprechens leitet die Antwort des Petrus ein. Als Bekräftigung ist ihr dikaiws vorangestellt. In der Textlücke danach stand vermutlich ein Element, das das Adverb rhetorisch unterstrich. Dort ist nur für drei Buchstaben Platz und es sind Reste eines n erhalten. Vorstellbar wäre oun, das in den ActPt als bekräftigende Partikel erscheint (p. 11,20.32): „Die Menschen haben sie also zu Recht [,Erste‘] genannt.“ Ghica, der von einer griechischen Vorlage ausgeht, vermutet, dass hier Ge on stand als Übersetzung der griechischen Wendung διὰ τοῦτο.315 Doch abgesehen davon, dass es keine sicheren
314 Krause, Akten, 114; Wilson/Parrott, Acts, 218 und Cherix, Concordance, 451, rekonstruieren die Lakune so. Nur Ghica, Les Actes, 288, vermutet, dass dort einfaches Präsens stand. 315 Ghica, Les Actes, 326.
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Indizien für eine solche Vorlage gibt, findet sich Ge on sonst nicht in den ActPt. Die Füllung der zweiten Lakune stützt sich auf die Überlegung von Schenke, hier sei die Geduld als erste Tugend gemeint. Falls das richtig ist, wäre es eine textexterne Anspielung. Sollte es sich dabei um die Kardinaltugend der Mäßigung bzw. Besonnenheit handeln, wird hier mit Hupomine ein anderer Begriff als ihre klassische Bezeichnung316 mit σωφροσύνη317 verwendet. Im Neuen Testament hat die ὑπομονή („Geduld“) bei der Frage nach dem angemessenen Verhalten der Christen einen zentralen Stellenwert und wird in den Pastoralbriefen mehrfach neben den Grundhaltungen πίστις und ἀγάπη („Glaube“ und „Liebe“) genannt.318 Die Vorstellung von einer ersten Tugend ist daraus jedoch nicht unmittelbar ableitbar. Nagel rekonstruiert J[in 8 NSw]r~p’ und übersetzt: „Mit Recht haben die Menschen sie [von Anfang an] so genannt“. Für die Partikel „so“, die auf Gwr~G verweist, gibt es allerdings kein koptisches Äquivalent, weder im erhaltenen, noch in dem von Nagel rekonstruierten Text. Er müsste in der Lakune zu Beginn der siebten Zeile NteiHe ergänzen, um so zu übersetzen. In der Lakune sind allerdings maximal vier Buchstaben unterzubringen. Ghica vermutet, die Bezeichnung „Erste“ bezieht sich auf die Stadt „Wohne“. Sie soll die Gemeinschaft der Christen bzw. die ἐκκλησία symbolisieren, die hier „Erste“ genannt wird.319 Vielleicht steht dahinter die Vorstellung von Jesus Christus als Erstgeborenem der Schöpfung und der Gemeinde als seinem Leib.320 Ein Anhalt dafür fände sich im Hirten des Hermas, wo gesagt wird, dass „die Kirche […] vor allem als erstes gegründet“ worden sei.321 Diese Interpretation korrespondiert mit der Deutung der Stadt „Wohne“ als Bild für die christliche Gemeinde. Die folgende Auslegung des Petrus bezieht sich aber eindeutig auf Hupomine als wichtigster Eigenschaft für das Himmelreich – und nicht direkt auf die Kirche. Hinsichtlich des Gesprächsverlaufes und des Inhaltes erscheint Schenkes Überlegung, dass hier die Geduld als erste Tugend bezeichnet wird, plausibel.
316 Plat. rep. 427d–435c. 317 Im Gegensatz zu ὑπομονή findet sich σωφροσύνη nicht als Lehnwort im sahidischen Neuen Testament und den Nag-Hammadi-Schriften. 318 1Tim 6,11; 2Tim 3,10; Tit 2,2. 319 So Ghica, Les Actes, 157 ff. 320 Kol 1,15.18; Eph 1,22 f.; 5,23. 321 Herm(v) 2,4,1: Ἡ Ἐκκλησία […] πάντων πρώτη ἐκτίσθη·
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III Kommentar
p. 7,8–14 „Denn ein jeder, [der] geduldig ist in seinen Prüfungen – (dessen) Städte sind bewohnt, und ein herrliches Königreich geht aus ihnen hervor, weil sie geduldig sind inmitten der Wellen und Bedrängnisse der Stürme.“ ebol Je steht in konsekutiver Funktion und leitet die Auslegung über die Bedeutsamkeit der Geduld ein. Nach ouon nim, dem Subjekt, wird der Hauptsatz von dem Nebensatz unterbrochen, der sich mit neF relativisch auf ouon nim bezieht. Danach setzt der Hauptsatz wieder ein, unterbricht jedoch den Satzzusammenhang, weil er mit neuem Subjekt und Prädikat weitergeführt wird. In der Übersetzung lässt sich der fehlende grammatische Bezug der Satzteile am besten durch einen Spiegelstrich wiedergeben. Denn die Erklärung der folgenden Zeilen „die Stadt eines jeden wird bewohnt sein“ (p. 7,15.17 f.) zeigt, dass sich die Satzelemente logisch aufeinander beziehen. Die Wendung „Wellen und Bedrängnisse“ könnte auch mit „Lügen und Bedrängnisse“ übersetzt werden. Das hängt davon ab, ob das sahidische Substantiv Gol („Lüge, Heuchelei“) übersetzt wird oder ob von Jol, einem Homonym unterägyptischer Herkunft, dialektverändert Gol geschrieben, ausgegangen wird, das „Woge, Welle“ bedeutet und synonym für Hoeim stünde. Letzteres passt besser in das von Witterung gezeichnete Bild einer Insel im Meer inmitten von Wellen (p. 6,28). Die Übersetzung „Lügen und Bedrängnisse der Stürme“ hat zwar Analogien in weisheitlichen Warnungen davor, sich nicht von jedem Wind umhertreiben zu lassen und sich von Lügen, sprich anderen Lehren, fernzuhalten.322 Sie fügt sich aber weniger gut in den Kontext des Städtegleichnisses ein, das mit der Mahnung zur Geduld ein anderes Thema verfolgt. Es ist auffällig, dass hier nicht die Pluralform mkooH, sondern der Singular mkaH mit Pluralartikel verwendet wird. Die Schreibweise der Stativform von taIo (Zeile 11 f.) zeigt die unterschiedlichen orthografischen Varianten innerhalb der ActPt – hier wird sie mit auslautendem t geschrieben, in p. 5,32 hingegen ohne. Die These, mit der die Auslegung des Petrus beginnt, wird nun begründet. Der Vergleich mit Städten und einem Königreich soll den Gewinn des Geduldigen verdeutlichen. Er wird von Aussagen über die Geduld gerahmt, dem Hauptthema dieser Zeilen. Der Abschnitt beginnt im Perfekt, also in der Vergangenheit, der Aorist beschreibt das positive Ergebnis der Geduld. Der erste Satz scheint sich zunächst allgemein auf einen jeden Menschen zu beziehen. Danach setzt der zweite Satz mit kausalem Je und Präsens ein. Er bezieht sich auf die Einwohner der Stadt „Wohne“ und knüpft an das Bild einer Stadt in der Mitte des Meeres an (p. 1,29), die von Wellen und Stürmen bedroht wird – parallel zu den geschauten Wellen und Mauern formuliert, die Petrus gesehen hat (p. 6,29 f.). Die Prüfungen werden bildhaft mit dem unruhigen Meer und Stürmen verglichen und sie sind individualisiert, wenn von einem jeden in „seinen“ Prüfungen die Rede ist.
322 Vgl. Eph 4,14; Jak 1,6.
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Aus der Bildrede geht hervor, dass mit der Geduld nicht Langmut (μακροθυμία), sondern das Ausharren in Bedrängnissen und das Erdulden von Leiden in Gelassenheit gemeint sind. Der Ausdruck ὐπομένω hat im nichtchristlichen Sprachgebrauch eine aktive Note, wenn es den tapferen Widerstand gegen eine feindlich andringende Sache bezeichnet und neben die Tugenden ἀνδρεία und καρτερία tritt.323 An dieser Stelle handelt es sich zunächst um ein statisches Ausharren, das jedoch als Resultat Bewegung hervorbringt. Das Ausharren ist notwendig, um das Königreich zu gründen. Der Begriff „Königreich“ scheint in p. 7,11 und 7,17 f. in unterschiedlicher Bedeutung gebraucht zu sein. Zunächst soll wohl der Geduldige durch die Einwohnung Christi das Reich Gottes in sich selbst gründen, um dann, in eschatologischer Aussicht, im Reich Gottes aufgenommen zu werden. Als standhaftes Aushalten und Glaubensbewährung der Christen in den Schwierigkeiten der Welt findet sich ὐπομένω häufig im Neuen Testament.324 Auch an dieser Stelle in den ActPt geht es um Bewährung. Darüber, ob die Prüfungen in den ActPt auf bestimmte Notlagen anspielen oder einfach nur als typische christliche Existenzbeschreibung zu verstehen sind, lässt sich nur spekulieren. Konvergent zu den Haupt intentionen der ActPt könnte damit die Herausforderung gemeint sein, einen asketischen Lebensstil gegen die Versuchungen der Bequemlichkeit und des Zweifels oder angesichts von Reichtum, Bestechungen etc. durchzuhalten.325 Wie zuvor die Prüfungen, so ist auch der Vergleich des Geduldigen mit einer Stadt personalisiert. Einem jeden Menschen scheinen eine oder sogar mehrere Städte zugeordnet zu sein, wobei nur die des Geduldigen bewohnt, die des Ungeduldigen vermutlich wüst und leer sind. Auf die Bezüge zu Aphrahats Einwohnungs-Metaphorik wurde bereits hingewiesen. Allgemein war der Vergleich eines Menschen mit einem Haus oder einer Stadt bzw. einem Staat in der antiken Literatur nichts Ungewöhnliches.326 In den Lehren des Silvanus wird eine verlorene Seele mit einer verwüsteten Stadt voller wilder Tiere und Räuber verglichen.327 Auch hier steht das Innere des Menschen, vielleicht als Seele vorgestellt, hinter der Stadtmetaphorik, denn ein jeder Mensch soll eine solche Stadt besitzen, wobei die der Geduldigen bewohnt sind und zum Himmelreich gezählt werden. Zudem ist die Heilung der Seelen eine zentrale Forderung der ActPt (p. 11,14–26).
323 Vgl. Aristot. eth. Nic. 1115b; Hom. Il. 16,814; Plat. Tht. 177b. 324 Mk 13,13 parr; Röm 8,25; 1Kor 13,7; 2Petr 1,6. 325 Gemäß der Kritik an den Reichen (p. 3,11–31 und 11,26–12,4), den asketischen Forderungen (p. 5,26–6,8) und der Aufforderung zu vertrauen (p. 6,15 f.) 326 Spr 18,11.19; 25,28; vgl. Mk 3,24 f.; Diog 6,1 ff. Bekannt ist der Vergleich zwischen Körper und Staat aus den Politica des Aristoteles. Zu Beginn des ersten Buches seiner Staatsphilosophie überträgt Aristoteles den Körper bildlich auf den Staat, um zu zeigen, dass dieser als das Ganze ursprünglicher sei, so wie auch der ganze Körper ursprünglicher ist als das einzelne Glied, das als totes nur noch dem Namen nach Hand oder Fuß ist. 327 Silv NHC VII,4 p. 85,2 ff.
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III Kommentar
Passend zu seiner beobachtenden Position außerhalb der Stadt „Wohne“ spricht Petrus nicht nur über die Stadt, sondern hält auch einen allgemeinen Vortrag über die Bewährung des Christen und seine soteriologische Hoffnung. Für das Königreich ist das geduldige Ertragen der Prüfungen vonnöten, so wie zur Stadt „Neun Pforten“ ein gefährlicher Weg bewältigt werden muss. Das geduldige Bestehen ist heilsnotwendig. Hinter dem Leitgedanken des Vortrages von Petrus und dem „Weg“, dem Leitbild der Erzählung, steht eine voraussetzungsreiche Soteriologie. p. 7,15–18 „So (muss es geschehen), damit die Stadt eines jeden bewohnt ist, der die Last seines Glaubensjoches trägt.“ Jekaas leitet einen Finalsatz ein, der mit einfachem Instans gebildet ist.328 Das Subjekt „ein jeder“ (ouon nim) wird hier wieder aufgegriffen (von p. 7,8) und ihm eine Stadt und ein Glaubensjoch zugeordnet. „Ein jeder“ steht für jeden Christen, denn die Geduld ist in den ActPt eine wichtige Eigenschaft des Christen und hier wird über die gesprochen, die in Geduld bestehen. Dem Joch ist ein Possessivartikel vorangestellt, es ist ein individuelles, schweres Joch des Glaubens. Das Bild vom schweren Glaubensjoch ist zuerst ungewöhnlich, es steht im Gegensatz zu dem bekannten Bild vom sanften Joch Christi (Mt 11,29 f.).329 Hier steht das Joch zwar auch sinnbildlich für die Nachfolge und Gebote Christi, wird aber in entgegengesetzter Form erlebt. Das Verständnis hängt auch von der Übersetzung von Hise ab, das „Arbeit“, „Mühe“ und „Leid“ bedeuten kann. In den ActPt steht es meistens für „Mühe“.330 Ausschlaggebend ist aber die fast parallele Aussage, in der sich Jesus als Geduldiger in den „Mühen des Glaubens“ bezeichnet (p. 10,6 f.). Dort ist „Mühe“ die einzig sinnvolle Übersetzung und die beiden Aussprüche scheinen aufeinander zu verweisen. Es ist also kein Joch, das einen mehr trägt, als man es selber trägt, sondern es bringt Mühen mit sich, die es zu ertragen gilt. In der Tradition wird anstelle von der Kreuzesaufnahme viel häufiger vom Tragen des Jochs gesprochen, das als imitatio Christi verstanden wird.331 So heißt es in der syrischen Didache: „Denn wenn du das ganze Joch des Herrn zu tragen vermagst, wirst du vollkommen sein; wenn du es nicht vermagst, so tu, was du kannst“ (6,2). Auch der Verkündigungs- bzw. Aposteldienst 328 Meistens steht Jekaas mit energetischem Futur oder fokalisierend transponierten Instans, vgl. Plisch, Einführung, 26. Daher emendiert Ghica, Les Actes, 327 snaGwrG. 329 Das Bild vom Joch begegnet im sogenannten Heilandsruf (Mt 11,28–30): „Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ Vgl. die Parallele in EvThom 90. 330 ActPt p. 5,2.9; 6,11; 10,7. 331 Z. B. Aphrahat, dem. 15,8. Zum „Trages des Jochs“ bei Aprahat vgl. Juhl, Askese, 95 f.: „Für ihn [d. h. Aphrahat] ist vielmehr das „Tragen des Jochs“ [und nicht das Tragen des Kreuzes] Typus des Christseins, das er als Imitatio Christi versteht. (…) Das Joch steht als Synonym für die Imitatio Christi, die für Weltchristen und Asketen verschiedene Inhalte hat.“
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entspricht dem Aspekt der Arbeit, den das Bild enthält. Er kann unter das Joch des Glaubens subsumiert werden, schließlich bezeichnet Petrus die Herausforderungen des Apostolates als „Mühen im Dienst“ (p. 5,6). An Verfolgungen ist an dieser Stelle eher nicht zu denken, da die Erzählung dazu nichts erwähnt.332 Nicht nur Tiere, auch Menschen benutzen Joche, um damit Lasten zu tragen. Eine mühevolle Arbeit, die Unterwürfigkeit und Dienstbereitschaft symbolisiert. Das Leben und Bekennen des Glaubens ist hier mit dem Erfahren von Mühen und Schwierigkeiten verknüpft. Sicher ist damit die harte Askese gemeint, der sich die ActPt verschrieben haben. Das Glaubensjoch ist ein zentrales Element der Christusnachfolge. Der enthaltsam und bezeugend Lebende und auf den Herrn Hoffende wird seine Stadt bewohnt halten, d. h. das Göttliche in sich bewahren. p. 7,18–19 „Und so wird er zum Königreich der Himmel gezählt werden.“ Mit dieser soteriologischen Zusage endet der Vortrag des Petrus. Mit dem maskulinen Possesivartikel wird erneut an das Subjekt ouon nim angeknüpft und nicht an das Bild der Stadt. Wie im Deutschen kann das Verb wp („zählen, rechnen“) unterschiedlich gewichtet werden. Es drückt eine Hoffnung oder Erwartung aus, im Sinne von „mit etwas rechnen“,333 steht aber auch für ein arithmetisch sicheres „zählen“ und „rechnen“. Die Übersetzung im letzteren Sinne rechtfertigen das Instans, das die Erwartung anzeigt, dass sich die Zugehörigkeit zum Königreich der Himmel in der Zukunft realisieren wird, und die kompositorische Stellung des Satzes am Ende des erbaulichen Vortrages. Dort steht der Satz als Versicherung und Ansporn. „Königreich der Himmel“ ist ein typischer Ausdruck in der Sprachwelt des Matthäusevangeliums. In den Makarismen der Bergpredigt wird es z. B. denen zugesagt, die der Gerechtigkeit oder Christi wegen verfolgt werden (Mt 5,10). Diese lassen sich aber nur im übertragenden Sinne als Geduldige deuten. Verbunden mit einer soteriologischen Zusage wird die Geduld zweimal im sahidischen Neuen Testament erwähnt. In der Endzeitrede des Markusevangeliums und der Parusierede des Matthäusevangeliums heißt es: „Der aber ausharrt bis zum Ende, dieser wird gerettet werden“ (Mk 13,13 par).334 Im Lukasevangelium (Lk 22,28 f.) ist das Ausharren auch mit der Zusage des Königreiches verbunden: „Ihr aber seid es, die ihr mit mir in meinen Prü-
332 Gegen Molinari, Acts, 235 f., und Ghica, Les Actes, 374 f., die beide davon ausgehen, dass in den ActPt Verfolgungserfahrungen von Christen verarbeitet werden. 333 Ähnlich dem griechischen λογίζομαι, das im sahidischen Neuen Testament häufig (22×) mit wp übersetzt wird. 334 Mk 13,13: (…) petnaHupomine de Sabol pai petnaouJaei.
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III Kommentar
fungen ausgeharrt habt. Ich werde das Königreich für euch errichten, so wie mein Vater ein Königreich mit mir errichtet hat“.335 In den ActPt wird die Rettung nicht durch das Anerkennen des einmaligen Geschehens am Kreuz bestimmt, sondern durch die Bindung an Jesus Christus, durch die Nachfolge. Den Asketen, die den Weg der Bedürfnislosigkeit gehen und Strapazen geduldig ertragen, scheint – ohne eschatologischen Vorbehalt – diese Heilszusage des Königreiches zu gelten.
Aufbruch in die Stadt (p. 7,19–26) Dieser Abschnitt enthält hauptsächlich dynamische Elemente und Verben der Bewegung wie eilen, gehen, rufen und aufgeben, die eine Stimmung des Aufbruchs und der Veränderung erzeugen. Der Aufbruch wird im Zeitraffer erzählt mit Verben, die unverbunden aneinandergereiht sind: „ich eilte, ich ging, ich rief“ (Zeile 19 f.). Die Szene ist kausal motiviert, denn sie ist die positive Reaktion auf die Aufforderung Lithargoels, in seine Stadt zu kommen. Konzeptionell ist sie ein Scharnier und verklammert die Vision des Petrus mit dem Aufbruch der Apostel in die Stadt. Im Gegensatz zum vorherigen Abschnitt, dem Gespräch zwischen Petrus und dem Greis, ist dieser durch Rückbezüge in die Erzählung eingebunden. Auf die Einladung Lithargoels und die Besitzlosigkeit wird in zwei Analepsen (Zeilen 22 und 24 f.) Bezug genommen. Die Charakterisierung der Apostel als gemeinsam Vertrauende ähnelt der Anfangsszene, in der die Gruppe als einmütig im Dienst beschrieben wird (p. 1,9–11). Beide Beschreibungen werden von der apostolischen Erzählstimme in der 1. Person Plural erzählt, denn in diesem Abschnitt wechselt die Erzählstimme wieder in die apostolische Sicht. Die Fokalisierung bleibt intern – allerdings wird nun die Stimmung der Gruppe geschildert, der Fokus liegt nicht mehr auf Petrus. Die Szene betont allerdings seine Leitungsposition, da er derjenige ist, der den Aufbruch in die Stadt initiiert. Es gibt eine interne Anspielung, die ein Bezug auf die Gesprächsszene mit dem Greis zu sein scheint. In dem Städtegleichnis wird das Joch des Glaubens mit soteriologischer Intention erwähnt (p. 7,16 f.) und in der neuen Szene brechen die Apostel gebunden im Glauben auf. So werden die Apostel als ideale Gruppe gezeichnet, die angemessen auf den Perlenruf und die Einladung Lithargoels reagiert und der die Zusage des Himmelreiches aus dem Städtegleichnis gilt. Diesen Eindruck unterstützt auch die rahmende Funktion des Substantives naHte („Glauben“): Am Anfang und am Ende des Weges wird der Glaube der Apostel besonders betont (p. 7,23–24 und 8,10–11).
335 Lk 22,28 f.: NtwtN de nentauHupomine nMmai HN napeirasmos. anok Hw
Tnasmine Mmos nMmhtN. Nqe enta paeiwt smine Mmos nMmai NoumNtero.
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Bereits in der Scharnierszene p. 6,26–28 bricht Petrus auf, um die Freunde zu rufen. Hier wird sein Aufbruch zum zweiten Mal und ausführlicher erzählt. Das zeigt, dass die Gesprächsszene mit dem Greis noch eng mit dem Ort der Stadt verbunden ist. Außerdem beweist dieser zweite Aufbruch, dass die Gesprächsszene den chronologischen Erzählfaden so unterbricht, dass es notwendig scheint, repetitiv an ihn anzuknüpfen. p. 7,19–23 Ich eilte, ging (los) und rief nach meinen Freunden, damit wir in die Stadt hineingingen, die er, Lithargoel, für uns bestimmt hatte. Der asyndetische Beginn mit den drei Verbformen lässt das Handeln des Petrus schnell und dynamisch erscheinen. Der anschließende finale Nebensatz wird mit Jekaas und fokalisierendem Futur eingeleitet.336 Der Satz wird mit einem relativen Nebensatz beendet, dessen Subjekt, Lithargoel, am Ende steht und das mit explikativem Je eingeleitet wird, womit der Konjunktion eine subjektanzeigende Funktion zukommt, die sonst NGi- übernimmt. Dieser Satz leitet von der erbaulichen Rede zum Weg in die Stadt über und tut dies auf abrupte Weise. Im Zeitraffer wird erzählt, wie Petrus aufbricht und drei Räume mit den jeweiligen Personenkreisen passiert. Irgendwie scheint er seine entrückte Position außerhalb der Stadt bei dem Greis zu verlassen, eilt zu den Jüngern am Hafen und macht sich mit ihnen auf den Weg in die Stadt Lithargoels. Inwiefern Lithargoel die Stadt für Petrus und die Jünger „bestimmt“ haben soll, bleibt offen. Wahrscheinlich ist damit die Einladung in seine Stadt gemeint, die Lithargoel den Armen, aber auch Petrus gemacht hat. p. 7,23–26 Gebunden im Glauben gaben wir jeden Besitz auf, so wie er es gesagt hatte. mRre steht für praktische Schnürformen wie Gürtel und Bänder oder freiheitsbeschränkend für Kette und Fessel. Die Bandmetaphorik vermittelt hier ein Bild der Einheit, wie es auch im Epheser- und Kolosserbrief verwendet ist:337 die Apostel sind im Glauben verbunden. Das Bild transportiert auch einen festen, starken Glauben, denn was zusammengeschnürt ist, kann nicht leicht getrennt werden. 336 Grammatisch wäre auch affirmativer Optativ möglich, der in Codex VI meistens mit -a gebildet ist, vgl. ActPt p. 10,20; Noêma p. 40,28.29.30.31.33; OgdEnn p. 53,30; PrecHerm p. 64,11.12; Askl p. 74,35. Jekaas wird in den ActPt jedoch meistens mit fokalisierendem Futur konstruiert, vgl. p. 7,15; 12,9 f. 337 „Band des Friedens“ (Eph 4,3 sa.) und „Band der Vollkommenheit“ (Kol 3,14 sa.), beides mit mRre konstruiert.
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III Kommentar
Der Glaube bezog sich bisher auf Jesus Christus, der Kraft für den Weg gibt (p. 6,15 ff.), und auf die Mühen des Glaubens (p. 7,15 ff.). Hier werden beide Linien miteinander verbunden, wenn der schwierige Weg im Vertrauen auf Jesus angetreten wird. Der Relativsatz bezieht sich zurück auf die Mahnung Lithargoels, nur der könne auf dem Weg bestehen, der jeden Besitz verlässt (p. 5,21 ff.), und gibt diese auch mit den gleichen Worten wider. Das Bild verdeutlicht, dass der Glaube die eigentliche Kraft und der Antrieb hinter der Geduld ist. Aus ihm wächst die Kraft, den Besitz aufzugeben und materiellen Versuchungen zu widerstehen, und aus ihm resultiert die Standhaftigkeit der Geduld.
Die Apostel trotzen den Gefahren des Weges (p. 7,26–8,3) Die Apostel bewältigen den schwierigen Weg voller Gefahren. Obwohl er aus der Perspektive der Apostel erzählt wird, erfährt der Leser viel weniger, als die Situation bieten würde. Der Weg wäre hervorragend geeignet für eine Schilderung der heldenhaften Apostel, die allen Angriffen widerstehen oder Tiere wunderhaft zähmen. Stattdessen wird nur knapp berichtet, dass sie allen Gefahren entkamen – wobei diese nicht mal vollständig aufgezählt werden, denn die schwarzen Hunde mit Brothunger tauchen nicht mehr auf. Diese unprätentiöse Schilderung der Apostel und ihrer Taten ist ein augenfälliger Unterschied zu ihrer Darstellung in den „großen“ Apostelakten. Sprachlich ist dieser Abschnitt einfach strukturiert. Die Sätze sind immer gleich gestaltet, mit zwei Hauptsätzen im Perfekt, die parataktisch mit Je verbunden sind. Zuerst wird festgestellt, dass und welchem Gegner die Apostel entkommen sind, der zweite Hauptsatz gibt mit negativem Perfekt den Grund dafür an. Wie wenig dem Verfasser an erzählerischer Dramatik gelegen war, beweist auch, dass Lithargoels Ankündigungen der Gefahren des Weges (p. 5,26–6,8) ausführlich und dramatischer sind als der Weg selbst, der summarisch im Zeitraffer erzählt wird und keine Spannung, sondern Distanz zur Erzählung hervorruft. Während Lithargoel den Weg als mehrtägige Reise beschreibt, auf der bis zum jeweiligen Aufenthalt gefastet werden muss, wirkt er hier kurz. Es wird lediglich erwähnt, dass die Apostel ihren Besitz aufgeben und wegen der fehlenden Beute allen Jägern entkommen. Innerhalb der Erzählung ist der Weg ein wichtiges Element, da er zur angepriesenen Perle und der Stadt „Neun Pforten“ führt. Er steht für die Distanz zwischen den beiden Städten und fungiert als Grenze. Die Apostel können diese Grenze passieren, da sie die materiellen Güter und die Begierden des irdischen Bereichs abgelegt haben.
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p. 7,26–34 Wir entkamen den Räubern, denn sie fanden keine Kleidung für sich bei uns. Wir entkamen den Wölfen, denn sie fanden nicht das Wasser bei uns, nach dem sie dürsteten. Wir entkamen vor den Löwen, denn sie fanden nicht die Begierde nach Fleisch bei uns. Die Hauptsätze sind immer gleich gestaltet. Sie werden mit dem Perfekt von R-bol eingeleitet, das hier stets die Präposition Ntoot# nach sich zieht,338 es folgt ein Nomen, angeknüpft mit dem N- der Identität und daran schließt der Nebensatz mit Je an.339 Die Gefahren des Weges, die Lithargoel zuvor geschildert hat (p. 5,26–6,8), werden hier im Wesentlichen wiederholt. Doch es gibt zwei Abweichungen. Zunächst fehlen die schwarzen Hunde. Vermutlich sind sie den Wölfen „zum Opfer gefallen“ – sie wurden vom Autor schlicht übergangen, denn die schwarzen Hunde wecken ohnehin die Assoziation, Wölfe zu sein. Davon abgesehen zeugt das Vergessen von einer knappen, flüchtigen Erzählweise. Es passt aber zu den beiden kurzen und stereotypen Berichten (p. 5,26–6,8 und 7,26–8,3) über die Gefahren auf dem Weg. An einer dramatischen Schilderung der Gefahren und der heldenhaften Apostel war dem Autor nicht gelegen. Der Hauptzweck des Weges ist die Verbindung bzw. Trennung der beiden Städte. Zudem weicht die Begründung, warum man den Löwen entkam, ab. Nicht wegen des Fleisches, schon allein wegen der Begierde danach hätten die Löwen zugeschlagen.340 Sachlich-summarisch wird erzählt, dass und warum die Apostel den Weg bewältigen. Ihr Glaube, der das Fundament ihrer asketischen Stärke ist und ihnen Kraft für das Bestehen des Weges gibt, wurde schon p. 7,23 f. erwähnt. Angesichts der asketischen Herausforderungen und dieser Gefahren auf dem Weg bekommt das Bild „Gebunden im Glauben“ einen wappnenden Aspekt. Mit Glauben gegürtet sind die Apostel fähig, allem Besitz zu entsagen und als Enthaltsame den Weg zu bestehen. p. 8,1–3 [Wir entkamen den Stieren], [… sie fanden kein] Gemüse. Das obere Viertel der achten Seite ist beschädigt und von den ersten drei Zeilen sind nur wenige Buchstaben erhalten. Da sich die Satzstruktur bei der Schilderung der Gefahren auf dem Weg bisher stetig wiederholte, lassen sich die Zeilen 1 und 3 relativ sicher rekonstruieren. Die zweite Zeile fällt aus dem stereotypen Satzmuster.
338 Dies ist in den ActPt immer der Fall, vgl. p. 6,6 f.; 8,[1].12 f. 339 Aller Regelmäßigkeit zum Trotz ist Gine in Zeile 30 im status nominalis geschrieben und das N- zur Anknüpfung des Objekts entfällt haplografisch nach dem auslautenden m. 340 Weitere Erläuterungen dazu s. Kommentar zu p. 6,4–8.
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III Kommentar
Bisher hat Krause als einziger eine Rekonstruktion dieser drei Zeilen vorgeschlagen: „Wir entkamen den Hunden und den Stieren, denn wir hatten kein Fleisch und kein Gemüse.“341 Abgesehen davon, dass die Reihenfolge der Gefahren auf dem Weg hier unterbrochen wäre, ist die Lakune in der ersten Zeile zu schmal, um die Hunde zu beherbergen, außerdem hatten es die Hunde auf Brot, nicht auf Fleisch abgesehen. Zudem wird in den ActPt für Fleisch das koptische Wort aF gebraucht und nicht das griechische κρέας, wie Krause rekonstruiert. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Terminologie hier wechselt. Auch die veranschlagten 23 Buchstaben für die zweite Zeile sind zu viel – in der Regel birgt eine Zeile in Codex VI um die 20 Zeichen. Eine halbwegs sichere, inhaltlich gerechtfertigte Rekonstruktion der zweiten Zeile ist nicht möglich. Sie unterbricht das gewohnte Schema und der erhaltene Rest ank ist einfach zu spärlich. Inhaltlich wurden hier vermutlich die Stiere näher charakterisiert oder die bedrohliche Situation beschrieben. Aber nachdem auch die Stiere den Aposteln nichts anhaben konnten, haben sich die gefährlichen Gegner erschöpft und die Apostel den Weg bestanden.
Erbauliche Gespräche am Stadttor (p. 8,3–13) Die Szene ist eine Art retardierendes Moment in der Erzählung. Die Verzögerung in einem fünfaktigen Bühnenstück erfolgt häufig im vierten Akt. Vom Mengenverhältnis ist das hier ähnlich, drei Viertel der Geschichte sind bereits erzählt, man erwartet nun den finalen Akt in der Himmelsstadt. Doch zunächst legt die Erzählung eine Ruhepause ein. Die Szenen vor dem Stadttor sind die einzigen Ruhemomente in den ActPt, das unterstreichen mehrere statische Elemente. Die Apostel „ruhen“ (mton) vor dem Tor und „verbleiben“ (mhn) in einer „Besinnung“ (meleth) des Glaubens. Auch die Erzählchronologie pausiert und blickt zurück auf die Gefahren des Weges. Die dynamischen Elemente, die der Abschnitt besitzt, gehen alle in die Introspektive. Die meisten Wortarten lassen sich den Wortfeldern „Glaube“ und „Gefühl“ zuordnen. Dementsprechend reduziert der narrative Modus, der eine detaillierte Szene schildert, die Erzähldistanz. Der Ort vor dem Stadttor steht mit seiner Ruhe und seinem Frieden dem lebensgefährlichen Weg diametral entgegen. Nicht nur im erzählten Raum, auch innerhalb der Szene werden Oppositionen deutlich. Die Gruppe der Räuber und die vom Weg im Glauben gestärkten Apostel treten als Gegensatzpaar auf. Ihr Glaube wird den Dingen der Welt gegenübergestellt. Beides haben die Hauptakteure überwunden: den Räubern sind sie entkommen, von weltlichen Dingen sprechen sie nicht. Primäre Intention dieses Abschnittes scheint die Etablierung der Apostel als Glaubensvorbilder zu sein. Durch den asketischen Weg haben sie eine Entwicklung durchgemacht
341 ActPt p. 8,1: [an\r bol \ntooto]u \n[niouHoor] 2 [m~n nimase Je m\nt]an k[reas
auw] 3 [mNtan laau] \nouo?te.
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und stehen für das geistliche Ideal der ActPt, indem sie Ruhe und Verweilen mit einem starken Glauben verbinden. Außerdem wird ihre Einmütigkeit als Gruppe unterstrichen. Sie sind durch Freude und eine friedvolle Sorglosigkeit miteinander verbunden und unterhalten sich über gemeinsam absolvierte Herausforderungen. p. 8,3–6 [Es kam] eine große Freude [über uns und eine] Unbesorgtheit im [Frieden …] unser Herr. Die Lakunen lassen sich recht sicher füllen, Diskussionsbedarf bieten jedoch die unterschiedlichen Rekonstruktionen am Ende der fünften Zeile. Inhaltlich muss ein Bezug zwischen den beiden Objekten bestanden haben, also zwischen dem Frieden und Jesus Christus. An dieser Stelle sind die Textausgaben von Krause, Nagel bzw. Wilson und Parrott unpräzise. Krause und Nagel füllen die Lakune nicht, übersetzen aber eine Genitivverbindung: „(…) Frieden unseres Herren (…)“. Vor penJoeis hätten sie [M] rekonstruieren müssen. Wilson und Parrott rekonstruieren inhaltlich einleuchtend, aber die Variante ist grammatisch schwierig: ouei®[hnh \nqe M]6[p] e[t]\n?penJoeis – anstelle des maskulinen Artikels p müsste t stehen, da das Bezugswort feminin ist. Und sollten wirklich noch sieben Buchstaben am Ende der fünften Zeile gestanden haben, hätte der Schreiber über den Rand geschrieben. Was allerdings in Codex VI und sogar hier auf Seite 8 häufiger vorkommt (Zeilen 10 und 13). Allerdings wird nqe in den ActPt kaum zum Beschreiben von Vergleichsbeziehungen verwendet – diese Funktion übernimmt meistens rhte.342 In den ActPt werden selten Gefühle beschrieben. Werden sie jedoch erwähnt, stehen sie meist mit dem Glauben oder dem Handeln Gottes in Verbindung.343 Die hier erwähnte Freude und Erleichterung der Apostel scheint nicht nur aus dem erfolgreichen Bewältigen des gefährlichen Weges zu resultieren. raSe bezeichnet in den Nag-Hammadi-Schriften häufig eine Freude, die mit Jesus Christus verbunden ist. Der Glaube an ihn und seine Offenbarungen erregen Freude,344 er verheißt Freude345 und auch das Göttliche selbst wird als große Freude bezeichnet.346 Im unmittelbaren Kontext von Sorglosigkeit und dem Frieden Christi, von Ruhe und erbaulichen Gesprä-
342 Vgl. ActPt p. 2,26; 3,11; 4,29; 7,25; 9,33; 11,32. 343 Die Apostel ziehen einmütig in den Dienst (ActPt p. 1,9 ff.). Die Matrosen sind freundlich, weil der Herr es angeordnet hat (p. 1,22). Die Reichen verachten den Perlenverkäufer und hören seine Botschaft nicht (p. 3,25 ff.), die Armen freuen sich über ihn (p. 4,35). Petrus ist traurig und seufzt angesichts der Mühen auf dem Weg und wird von Lithargoel mit dem Vertrauen auf Jesus getröstet (p. 5,13 ff.). Petrus fürchtet sich vor Jesus (p. 9,2; 11,1). 344 EV NHC I,3 p. 18,28; Dial NHC III,5 p. 129,[5]; EpPt NHC VIII,2 p. 139,5; 2ApcJac NHC V,4 p. 57,19; ApcPt NHC VII,3 p. 72,23. 345 EpPt NHC VIII,2 p. 140,20. 346 ParSem NHC VII,1 p. 3,33.
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III Kommentar
chen wird hier auf eine solche religiöse Freude angespielt. So wie die Armen nach dem Versprechen der Perle froh sind (p. 4,34), was an die typische Reaktion bei der positiven Aufnahme der Gottesreichbotschaft erinnert,347 so haben die Apostel Kraft ihres Glaubens einen Weg bewältigt, der für einen inneren Prozess steht und sie in die Nähe des Gottesreiches bringt. Ähnlich verhält es sich mit der Sorglosigkeit, die als Gelassenheit des Glaubens mit Jesus Christus verknüpft ist, der auch als „die völlige Gelassenheit der Einzelnen“ bezeichnet werden kann.348 Auch der Friede ist mit Joeis verbunden, mit dem Jesus Christus gemeint ist. eirhnh kann über das Gefühl innerer Ruhe hinaus auch auf das Heilsgeschehen durch Christus verweisen.349 Der „Aufstieg“ der Apostel, verbunden mit der Bedingung harter Askese, erinnert an eine zweistufige Soteriologie, wie wir sie z. B. im syrischen Bereich in den Schriften Aphrahats oder im Liber Graduum finden. Die Vorstellung, dass die weltliche Gemeinde Abbild der himmlischen Gemeinde ist, führte zu der Ansicht, dass für die Gerechten die irdische Kirche der Heilsweg ist. Für die Vollkommenen jedoch, die die Welt verlassen haben, ist es möglich, bereits in dieser Welt Mitglied der himmlischen Kirche zu werden: „Die Gerechten erben unterhalb der Stadt der Vollkommenen. Die Vollkommenen aber werden mit unserem Herrn in Eden und im oberen Jerusalem sein“.350 Passenderweise empfinden die Apostel diese große Freude und Erleichterung im Frieden Christi vor den Toren der Himmelsstadt, was die Emotionen der Apostel auch als ein Stück eschatologischer Freude erscheinen lässt. p. 8,6–7 Wir [ruhten uns] bei dem Tor [aus]. Krause rekonstruiert an[on ta]7l?on („Wir stellten uns“), da er das Häkchen zu Beginn von Zeile 7 als l liest. Am Ende von Zeile 6 vermutete er nur vier Buchstaben, aber die Lakune bietet genügend Raum für sechs Zeichen. Wilson und Parrott rekonstruieren daher an[Mton M]7m?on, denn das Häkchen könnte ebenso die zweite Hälfte eines m sein. Alle weiteren Textausgaben schließen sich ihrer Variante an. Das Bild der sich ausruhenden Apostel fügt sich plausibel in das narrative Umfeld ein. Im Gegensatz zum Schlaf ist Ruhe positiv konnotiert und wird oft übertragen im eschatologischen und überkosmischen Sinne gebraucht.351 Die Schilderung der Ruhe der Apostel ist umgeben von Wörtern aus dem religiösen Kontext: Freude, Erleichte347 Mt 13,44; Lk 19,6–10; Im Gegensatz dazu: Mk 10,22 par. 348 Dial NHC III,5 p. 121,17: „Du bist [der] Gedanke und die völlige Gelassenheit der Einzelnen.“ 349 Vgl. auch Röm 5,1 f. 350 LG M 14,2. 351 Vor allem in den Nag-Hammadi-Schriften wird Gott als Ruhe und Ruheort bezeichnet, z. B. EV NHC I,3 p. 23,29; 24,20; 33,36; EvPhil NHC II,3 p. 67,17; Zostr NHC VIII,1 p. 3,21; 10,18 u. ö. Aber auch im Neuen Testament, vgl. Mt 11,29 und vor allem Hebr 4,1 ff.
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rung, Frieden, erbauliche Gespräche und Meditation im Glauben. Ihre Ruhe lässt sich wieder in doppelter Hinsicht deuten – vorausgesetzt, die Rekonstruktion entspricht dem ursprünglichen Inhalt der Zeilen. Nach den körperlichen Strapazen des Weges finden die Apostel physische Ruhe vor dem Tor. Nach den seelischen Anstrengungen erfahren sie transzendentale Ruhe vor der friedlichen Himmelsstadt. In der ganzen Erzählung betreten die Apostel nie die Himmelsstadt, sie kommen nur bis zu diesem Stadttor, vor dem sie sich ausruhen. Merkwürdigerweise wird für die Stadtpforte der Stadt „Neun Pforten“ (@q Nro) nicht das gleiche Wort wie in ihrem Namen verwendet, also rw. Hier steht das ursprünglich griechische Nomen pulh. Das könnte eine Anspielung auf die enge Pforte auf dem Weg des Lebens sein (Mt 7,13 f., vgl. Lk 13,24), für die im sahidischen Neuen Testament auch pulh steht. Auch der schwierige Weg zur Stadt, den nur der Besitzlose überlebt, steht für eine gewisse Heilspartikularität. Anderseits ist pulh die in den Nag-Hammadi-Schriften geläufige Bezeichnung für die Tore der Himmelsphären bzw. die Himmelspforte.352 Christi Stadt wird räumlich beschrieben, als eine Stadt, die wie eine irdische ein Stadttor und Häuser besitzt. Diese analoge Vorstellung ist vermutlich am Motiv des himmlischen Jerusalem bzw. der Gottesstadt orientiert.353 Aber warum gehen die Apostel nicht in die Stadt hinein, sondern lagern vor dem Tor? Zwei Erklärungen sind denkbar. Das Lagern vor dem Tor könnte auf die gängige monastische Praxis anspielen, dass Postulanten vor den Klostermauern einige Zeit ausharren mussten, bis sie Aufnahme fanden.354 Das würde eine sehr späte Abfassung der ActPt voraussetzen. Der Grund sollte besser in der Logik der Erzählung gesucht werden. Ziel und Versprechen ist die Perle in der Himmelsstadt. Wenn hinter der Perle die Vervollkommnung des Menschen und Jesus Christus stehen, dann erreichen die Apostel beides und das Versprechen Lithargoels wird erfüllt. Sie sind besitzlos und glaubensstark und gleich werden sie Christus treffen. p. 8,7–10 [Wir begannen] uns miteinander [über das] zu unterhalten, [was] nicht eine Plauderei dieser [Welt] ist, Die Lakune am Ende der siebenten Zeile fasst gut 4 bis 5 Zeichen. a[uw], die Ergänzung von Wilson und Parrott ist sehr knapp. Krause nimmt noch die Konjugation des 352 Paulus passiert in seiner Vision die Himmelstore: ApcPl NHC V,2 p. 20,10; 21,27; 22,11. Außerdem als Tore des Himmels bzw. der Himmelssphären: Noêma NHC VI,4 p. 41,7; ParSem NHC VII,1 p. 36,2; 2LogSeth NHC VII,2 p. 56,26; 58,10. 353 Das Motiv der Gottesstadt z. B. in den Zionspsalmen (vgl. u. a. Ps 46; 47; 48); als Himmelreich verbunden mit eschatologischer Hoffnung im Neuen Testament vor allem in Hebr 12,22; 13,14; Offb 21 und 22. 354 Johannes Cassianus berichtet, dass Neuankömmlinge bei den ägyptischen Wüstenvätern wenigstens zehn Tage an der Pforte stehen und alle vorübergehenden Brüder um Aufnahme anflehen mussten, jedoch absichtlich Zurückweisung und Verachtung erfuhren (inst. 4,3).
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III Kommentar
Perfekts dazu: a[uw a], die Wilson und Parrott in der Lakune am Anfang von Zeile 8 vermuten und Krause ungefüllt lässt. Ghica vermutet, am Ende von Zeile 7 begann der Satz mit Jwnt im Perfekt und wurde mit adverbialen Umstandssatz fortgesetzt: a[nJwn~t8e]nJi („Wir begannen uns zu unterhalten“). Diese Variante ist oben in der Übersetzung übernommen. Auch ein anderer Satzanfang wäre denkbar, z. B. mit Hmoos („sitzen“) oder moun („verweilen“). Die Verbindung der beiden Sätze am Ende der achten Zeile muss ebenfalls rekonstruiert werden. Krause ergänzt lediglich [e]9te, Wilson und Parrott nehmen eine relative Konnexion mit Präposition und Artikel an: [epe]9te. Dieser Vorschlag erscheint sowohl hinsichtlich der Lakunengröße als auch inhaltlich angemessen und ist in die Übersetzung oben aufgenommen. Ghica, der rhte ergänzt, kritisiert, es sei unwahrscheinlich, dass ein Relativkonverter ohne Konjugation den Satzteil einleite. Das wäre in Codex VI allerdings kein Einzelfall.355 Ji Hra#, zusammengesetzt aus Ji („nehmen“) und Ho („Gesicht“), steht im weitesten Sinne für Unterhaltung und Beschäftigung, z. B. sich die Zeit vertreiben, sich vergnügen, sich mit etwas beschäftigen und sich unterhalten.356 Hier wird es zweimal mit jeweils unterschiedlicher Bedeutung eingesetzt. Das geistliche Gespräch wird deutlich von einer Unterhaltung über weltliche Dinge abgegrenzt. Die Übersetzung von Schenke gibt diese Äquivokation gut wieder: „[Und] wir unterhielten uns miteinander; das war nicht eine Unterhaltung über diese [Welt]“.357 Hier soll der Gegensatz durch „Unterhaltung“ und „Plauderei“ deutlich werden. p. 8,10–11 sondern wir verblieben in einer Besinnung auf den Glauben. Der Satz im Imperfekt charakterisiert die Unterhaltung der Apostel näher. Die griechische Konjunktion alla bezieht sich adversativ auf die Verneinung im vorherigen Satz: Das Gespräch war kein weltliches Gespräch, sondern eine Besinnung im Glauben. mhn, der Stativ von moun, lässt sich hier am besten mit „verbleiben“ übersetzen. In der Apostelgeschichte ist mhn mit beharrlichem Glauben verbunden (Apg 2,46; 5,42; 18,5). Hier in den ActPt wird dieser statische Eindruck durch meleth noch verstärkt. Wie „Übung“ im Deutschen kann meleth im praktischen Sinne „(Er-)Probe(n), Gewohnheit oder Gebrauch“ bedeuten oder im geistigen Sinne „Sorge, Betrachtung,
355 Askl NHC VI,8 p. 65,32; 71,4; 72,14; 75,18. 356 Vgl. im sahidischen Neuen Testament 1Tim 1,4: „sich beschäftigen“ (griechisch προσέχω); 1Thess 4,11: „sich um die eigenen Aufgaben kümmern“ (griechisch πράσσω τὰ ἱδία); Lk 10,40: „beschäftigt sein“ (περισπάομαι περί). 357 Schenke, NHD, Bd. 2, 451.
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Nachdenken“.358 Der Glaubensbezug legt den geistigen Bedeutungsbereich nahe und in dem kommunikativen Kontext bietet sich die Übersetzung mit „Nachsinnen“ an. Die Apostel stehen hier für das Idealbild des Glaubens, wie es in den ActPt entworfen wird. Danach gehören der Glaube und das Bestehen und Ausdauern fest zusammen. Hier verbleiben die Apostel bei einem besinnlichen Glaubensdiskurs. Die Schilderung dieser harmonischen Szene lässt den Weg als Glaubenspflege oder Glaubenswachstum erscheinen. Er ist zwar mit Gefahren verbunden, stärkt aber das Gottvertrauen und an dessen Ende steht einmütiger Glaube. p. 8,11–13 Dabei sprachen wir (über) die Räuber auf dem Weg, denen wir entkommen waren. tauo, das Prädikat des adverbialen Hauptsatzes, steht im Allgemeinen für „eine Person bzw. ein Wort aussenden“ und wird häufig „ausrufen“ oder „benennen“ übersetzt.359 In die Unterhaltung über die Räuber fügt sich die Übersetzung mit „sprechen über“ inhaltlich besser ein. Es liegt im Wesen eines erbaulichen Gespräches, dass erlebte Dinge wiederholt, beschrieben und gedeutet werden. Krause übersetzt das N vor lhsths als Präposition des Dativs: „indem wir zu den Räubern, die auf dem Wege waren, sprachen (…)“. Da gerade – zumal im Perfekt – erwähnt wird, dass die Apostel den Räubern entkommen sind, ist ein Gespräch mit ihnen unwahrscheinlich. Das N- kann nur die Objektsanknüpfung sein. Die Räuber sind das Objekt, auf das sich auch die beiden folgenden Relativsätze beziehen. Bei der Schilderung der Gefahren des Weges wurde eingangs zwischen „Räubern“ (lhsths) und „wilden Tieren“ (qhrion) differenziert (p. 5,26 f.). Hier stehen die Räuber als Oberbegriff für alle Gefahren auf dem Weg. Diese Gefahren werden in einer geistlich-erbaulichen Unterhaltung besprochen. Das ist wieder ein Indiz dafür, dass der Weg symbolisch zu verstehen ist und für die imitatio Christi steht, für die Besitzlosigkeit und strenge Askese vonnöten sind. Die gefährlichen Gegner auf dem Weg sind nun zu Gesprächsstoff in einer erbaulichen Unterhaltung geschrumpft. Sie wirken überwindbar und verlieren an Schrecken. Zuvor steht Petrus exemplarisch für den Zweifel und die Angst der Apostel (p. 6,13 ff.). Diese Charakterisierung wird nun revidiert. Die Apostel erscheinen als souverän und fest im Glauben stehend. Sie haben eine positive Entwicklung erfahren, die mit dem Absolvieren des Weges einhergeht. Der Weg wird mit einer Vertiefung des Glaubens, Vertrauen und spiritueller Reife in Verbindung gebracht.
358 Vgl. Lampe, Patristic Greek Lexicon, s. v. μελέτη. 359 Das Wort ist eher mit kurzen Ausrufen oder dem Benennen von Namen verbunden, vgl. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, s. v. Im sahidischen Neuen Testament steht es aber gelegentlich für λέγω und längere Äußerungen, vgl. Mk 14,39.71 und Hebr 9,5; vgl. auch Crum, Coptic Dictionary, s. v.
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III Kommentar
Lithargoel, der Arzt (p. 8,13–20) Wie bereits zu Beginn in der Stadt „Wohne“ (p. 2,12 ff.) initiiert wieder Lithargoel die Begegnung, diesmal vor der Stadt „Neun Tore“. In der vorausgehenden Erzählung ist das Treffen in – nicht vor – der Stadt angekündigt (p. 4,10–12.29–32). Diese Ankündigung betrifft aber mehr die Armen als die Jünger, letztere sind besondere „Gäste“. Das Aufeinandertreffen der Jünger mit ihrem Herrn wird durch Lithargoel eingeleitet. Das entspricht dem bisherigen Erzählverlauf, in dem wichtige Ereignisse immer final gefügt werden. Das (veränderte) Aussehen Lithargoels wird nur summarisch beschrieben, längst nicht so ausführlich wie bei seiner ersten Begegnung mit Petrus (p. 2,10–32). Die Erzählstimme der Apostel gibt einen rückblickenden Erzählerkommentar: „Wir erkannten ihn nicht“.360 Innerhalb der Erzählung wird nicht erwähnt, dass die Jünger die Erscheinung des Perlenverkäufers und des Arztes nach der Offenbarung Jesu miteinander verbinden. Die Bemerkung verlegt diese Reflexion in die Retrospektive. Und für die Verlässlichkeit der Erzählstimme ist diese Reflexion ein unverzichtbarerer Vorgang, denn sie bezieht sich auf ihre Gewährsmänner Petrus bzw. die Jünger zurück, aus deren Perspektive sie vorgibt, rückblickend zu erzählen. Der Abschnitt fällt durch die wenigen Konjunktionen und Pronomen auf. Das Aussehen Lithargoels und seines Schülers wird durch Existenzsätze mit erweiterten Umstandssätzen beschrieben, wie bereits bei der ersten Begegnung. Die meisten Wörter kommen aus dem medizinischen Bereich. Lithargoel wirkt und agiert wie ein gut ausgestatteter Arzt. p. 8,13–20 Siehe, es kam Lithargoel heraus, der vor uns verändert war. Er war in Gestalt eines Arztes, der einen Arzneikasten unter seinem Arm hatte und dem ein junger Schüler mit einem Köfferchen voller Medizin folgte. Wir erkannten ihn nicht. eis Hhhte leitet den Hauptsatz ein und lenkt mit Signalfunktion die Aufmerksamkeit auf einen neuen Einschnitt in der Geschichte. Die Interjektion ist hier stilistisch motiviert, auch in den Evangelien – besonders bei Matthäus – steht sie zur Betonung wichtiger Ereignisse und zur Steigerung der Spannung.361 Der Stativ von Sebio beschreibt, dass Lithargoel verändert zu den Jüngern kommt, in Zusammenstellung mit der Präposition Ntoot#362 ist das Verb kaum belegt. Da sich Lithargoel vor den Augen der Jünger zeigt, wären beispielsweise eher (e)HhtN oder HiHh Mmon363 zu erwarten. Obwohl ein adverbialer Umstandssatz im Präsens meist vorzeitig übersetzt
360 Vgl. die Erzählerkommentare im Johannesevangelium, die die Reaktionen der Jünger von außen oder rückblickend erklären (Joh 7,39; 10,6; 20,9). 361 Z. B. Mt 3,16.17; 4,11; 7,4; 8,2.24.29.32.34 sa. 362 Hauptbedeutungen der Präposition Ntoot#: „in, bei, von, mit, durch, zu, für“. 363 (e)Hht bzw. HiHh n-: „vor“.
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wird, drücken sowohl der Stativ als auch die Reaktion der Apostel aus, dass Lithargoels Veränderung schon stattgefunden hat. Die kurze Phrase scheint elliptisch zu sein und kann so verstanden werden, wie Schenke – etwas freier – übersetzt: „Siehe, da kam Lithargoel heraus, in einer anderen Gestalt als der, die wir kannten“.364 Die Szene ist keine Verwandlung vor den Augen der Apostel, wie bei der Verklärung Jesu (Mk 9,2 parr). Deswegen sind die Apostel weder entsetzt noch erstaunt, sondern sie erkennen Lithargoel einfach nicht, weil sie ihn bereits in Arztgestalt antreffen. Häufig geht aus Erscheinungsgeschichten nicht hervor, warum Jesus von seinen Jüngern nicht erkannt wird.365 Hier ist es begründet. smot kann auch signalisieren, dass sich die gesamte leibliche Gestalt geändert hat.366 In den beiden Existenzsätzen wird der Arzt durch weitere Attribute charakterisiert. Er hat ein nartos dabei, griechisch νάρθηξ. Dabei handelt es sich nicht um Nardenöl, wie Krause vermutet, sondern um ein Kästchen, dass für Salben und Arzneien verwendet wurde.367 Der Ausdruck νάρθηξ wird als Eigenname für Arzneikästchen verwendet, die attributive Erweiterung mit paHre macht verstärkend auf den Zweck des Behälters aufmerksam. Er wird unter der Schulter bzw. der Achsel (Jo) getragen, also unter den Arm geklemmt. alou bedeutet „Kind“, aber auch „Jüngling“ – im Gegensatz zum Shre, was nur für Kind steht und meistens im sahidischen Neuen Testament und den Nag-Hammadi-Schriften verwendet wird. Das Attribut dazu, sboui („Schüler“), deckt den Wortbereich der Erziehung und Lehre ab und empfiehlt die Übersetzung mit „Lehrling“ oder „Schüler“. Dieser läuft368 hinter dem Arzt her und transportiert für ihn Medizin in einem „Glossokomon“, eigentlich einem Köfferchen für die Mundstücke von Flöten. Auch ein chirurgisches Instrument zum Einrenken von Luxationen oder Frakturen wurde als γλωσσόκομον bezeichnet.369 Da das glossokwmon hier den Zweck eines Medizinbehälters erfüllt, ist wohl ein kleiner Koffer oder ein ähnliches Gefäß gemeint, für das der Begriff auch gebraucht wurde.370 Die Apostel als Nichterkennende stehen durch vorangehendes anon in Extraposition.
364 Schenke, NHD, Bd. 2, 451. 365 Bei Emmaus werden die Augen der Jünger „gehalten“ und sie erkennen Jesus nicht (Lk 24,16); Maria hält ihn am Grab für den Gärtner (Joh 20,15). 366 smot steht auch für das Annehmen einer anderen leiblichen Gestalt, vgl. Lk 3,22 sa. 367 Menge, Großwörterbuch, s. v. Vgl. „Das Buch von der Einsetzung des Erzengels Gabriel“ p. 6,1 ff.: Der Arzneikasten, den „Litharkuel“ dort in der Hand hält, ist ebenfalls ein nardIc (…) eFmeh MpaHre. 368 Im Adverbialsatz steht der Infinitiv von mooSe, ein Stativ des Verbs ist nicht bekannt. 369 Das Instrument wird im Corpus Galenicum beschrieben, s. In Hippocratis librum de fracturis commentarii III 18b,502–505; 580,6. 370 Als Geldbeutel ist die Bezeichnung im Johannesevangelium belegt (Joh 12,6; 13,29 sa.).
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III Kommentar
Die apostolische Erzählstimme der ersten Person Plural berichtet hier als allwissender Erzähler. Sie erläutert, dass sich in Wirklichkeit Lithargoel hinter dem auftretenden Arzt verbirgt und dass die Apostel ihn nicht erkennen. Das muss kein Bruch sein,371 dahinter könnte ein durchaus bewusst gewählter Erzählstil stehen. Diese Hinweise des allwissenden Erzählers sind notwendig, andernfalls könnte ein Leser die Synthese Lithargoel – Arzt – Jesus gar nicht nachvollziehen, weil nur die Verwandlung des Arztes in Jesus vor den Augen der Apostel (und des Lesers) vollzogen wird. Lithargoel wechselt völlig unvermittelt seine Gestalt in die eines Arztes. Der bisherige Erzählverlauf steht dieser Verwandlung entgegen, die Leseerwartung dürfte auf seine Stadt „Neun Pforten“ und die Perle konzentriert sein. Lithargoels zweite Identität als Arzt, die eng mit Jesus verbunden ist, steht für das Anliegen der ActPt, die „seelische Heilung“, also die Vervollkommnung des Menschen, mit der imitatio Christi zu verbinden.372 Bisher ist Lithargoel als Offenbarungsfigur charakterisiert, als geheimnisvoller Lehrer. Durch subtile Hinweise ist er mit Jesus Christus verbunden worden. Der Aspekt des Heilens wird ihm nun – wie das Arztgewand – übergezogen. Die Erzählung bereitet diese neue Rolle nicht vor und erklärt sie auch nicht. Darüber hinaus sind mit dem Auftreten des Arztes zwei narrative Inkongruenzen verbunden, die den Schluss nahe legen, dass diese Episode möglicherweise nachgetragen wurde.373 Erstens merkt die Erzählstimme an, dass die Jünger Lithargoel nicht erkennen, obwohl Lithargoel zuvor nur mit Petrus Kontakt hat. Zweitens hat der Arzt Medizin dabei, die Jesus den Jüngern später überreicht, obwohl sie die Körper doch „ohne Medizin von dieser Welt“ (p. 11,23 f.) heilen sollen. Die Überlegung von Schenke, Lithargoel sei als Heilengel ursprünglich eine Art jüdischer Asklepios gewesen,374 nehmen Wilson und Parrott mit ihrer Vermutung auf, dass diese Passage eingefügt wurde, um Jesus Christus als Asklepios darzustellen, vielleicht mit der Intention, diesen zu überbieten.375 Auch Asklepios wird auf Darstellungen mitunter von einem Jungen begleitet, dem Heilgott Telesphoros.376
371 Patterson, Sources, Redaction and Tendenz, 4; Molinari, Acts, 13. 372 Kollmann, Wundertäter, 339 f., sieht in dieser Stelle einen Beweis dafür, dass Mission und Heilung miteinander verbunden waren und hier die Anwendung von Medizin legitimiert werden sollte: „ActPt zeigen, dass Krankenheilungen im Zuge der Mission von Bedeutung waren und dass man dabei über weitreichende pharmakologische Kenntnisse verfügte.“ Dem steht allerdings entgegen, dass Jesus die Jünger auffordert, ohne Arznei von dieser Welt zu heilen, und ein Schwerpunkt auf der Heilung der Seele liegt (vgl. ActPt p. 11,19–26). Außerdem sollen nur jene geheilt werden, die bereits an Jesu Namen glauben (p. 10,31–11,1). 373 Wilson/Parrott, Acts, 201, die in ihrer Einleitung der ActPt keinen Schwerpunkt auf das Erstellen einer Quellentheorie legen, halten dennoch fest, dass diese Passage „seems quite clearly secondary“. 374 Schenke, Taten, 14b. 375 Wilson/Parrott, Acts, 201 f. 376 Telesphoros wird inschriftlich wohl erstmals in einer pergamenischen Weihinschrift von 98–102 n. Chr. erwähnt. Auf Abbildungen trägt er meistens einen Kapuzenmantel und ist von zwergenhafter Gestalt (Ehling, Telesphoros, 159–161).
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Die Erzählung enthält allerdings keine direkten Hinweise auf Asklepios oder Spuren eines Überbietungsmotivs, z. B. Aussagen wie „Christus ist der wahre Arzt“. Allerdings werden die Ärzte der Seelen positiv von den Ärzten der Welt abgegrenzt. Überhaupt könnte hinter der Darstellung des Arztes zunächst mehr der antike Arzt zu stehen, der natürlich einen Instrumente- bzw. Arzneikasten und Lehrlinge hatte, die oft mitgenommen wurden, denn die Heilkunst wurde vor allem durch die Weitergabe von Erfahrung und das frühe Assistieren erlernt.377 Wenn man Bezüge zur Umwelt sucht, könnte es auch sein, dass hier an griechische und auch römische Ansätze der Philosophie angeknüpft ist, die den Philosophen mit dem Arzt parallelisieren, und die Vorstellung unterstreichen, dass richtige Erkenntnis und richtiges Handeln eng mit der Gesundheit des Körpers zusammenhängen. Das Motiv von der wahren Erkenntnis, die Körper und Seele heilt, findet sich zudem auch in anderen Schriften von Codex VI und es passt zu der bisherigen Darstellung Lithargoels als lehrhafter Offenbarungsgestalt. Doch soweit muss man vielleicht nicht gehen. Näher liegt, dass hier auf die bereits etablierte Vorstellung von Jesus als himmlischem Arzt zurückgegriffen und diese bildlich entfaltet wird. Zumindest als Titel und Anruf Christi wurde die Bezeichnung „Arzt“ ab dem 2. Jh. üblich und in den Apostelakten begegnet sie sehr häufig.378 Verwandlungen Jesu werden oft mit der Intention erzählt, Erstaunen zu evozieren und auf seine Göttlichkeit und Wunderkraft hinzuweisen.379 Dies mag hier zusätzlich im Hintergrund stehen. Es ist interessant, dass auch der Arzt Jesus einen Jünger hat – einen Schüler, den er ausbildet. Vielleicht soll es sich dabei um einen Engel handeln, der Jesus assistierte. Möglicherweise steht auch die Abgar-Legende im Hintergrund, nach der Jesus dem kranken König Abgar zusichert, ihm nach seinem Tod einen Apostel zu senden, 377 Vgl. Matthäus, Arzt, 8–15. In der Frühzeit der griechischen Medizin ist das Handwerk vielfach innerhalb der Familie tradiert worden. So spricht noch der hippokratische Eid von Verhältnissen, die eine Vater-Sohn-Beziehung zwischen Lehrer und Schüler zur Grundlage haben. Im Hellenismus und in römischer Zeit hat sich dies gewandelt. Manche Ärzte unterrichteten gegen Honorar und manch einer von ihnen hat eine größere Zahl von Schülern ausgebildet. 378 Die Vorstellung von Jesus als Seelenarzt könnte in dem Logion Mk 2,17 angelegt sein. Der Vers zog den christologischen Titel ἰατρός nach sich, vgl. z. B. Or. Cels. 2,67, wo als Anspielung auf Mk 2,17 notiert ist, dass der Kyrios als guter Arzt zu den Sündern gekommen sei (καὶ ἦλθε σωτὴρ ὁ κύριος ἡμῖν μᾶλλον ὡς ἰατρὸς ἀγαθὸς τοῖς ἁμαρτιῶν μεστοῖς ἢ τοῖς δικαίοις). In den Apostelakten ist „Arzt“ einer der häufigsten Titel für Jesus, vgl. u. a. ActJ 22,5; 108,5; ActThom 156,6; ActPhil 41,3; EpAp p. 21,15. Bei Dörnemann, Krankheit und Heilung, findet sich eine Zusammenstellung sämtlicher ἰατρόςBezeichnungen für Christus. Er zieht den Schluss: „Seit Ignatius und den apokryphen Apostelakten ist die Bezeichnung ‚Arzt‘ ein christologischer Titel“ (ebd., 311). 379 Z. B. in den Epiphaniegeschichten in Lk 24, Joh 20 f. oder in den Johannes- und Petrusakten. In den Petrusakten wird die Vielgestaltigkeit Jesu damit begründet, dass Gott größer ist als unsere Gedanken (ActPe 21, NTApo5, Bd. 2, 277). Im „Apokryphon des Johannes“ erscheint Jesus sogar dreigestaltig als Kind, alter Mann und Diener (NHC II,1/IV,1 p. 2,1 ff.; vgl. BG 2 p. 21), um seine Herrlichkeit und Größe zu demonstrieren.
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der ihn heilen soll.380 So könnte man überlegen, ob der in den ActPt erwähnte Medizinschüler für Addai steht, der nach der Legende später zu Abgar geschickt wird. Die bildhafte Aufnahme medizinischer Begriffe findet sich in ganz ähnlicher Weise auch in manichäischen Schriften. Mani verstand sich wohl als Repräsentant Jesu und wird in Psalmen auch als Arzt und Heiler gepriesen.381 In den Bêma-Psalmen begegnet die Vorstellung von Seelenärzten, die – wie in den ActPt – zwei Medizinbehälter dabeihaben. Einer enthält heiße, brennende Medizin, nämlich die Gebote. Der andere hingegen milde, kühlende Arznei, die Vergebung der Sünden.382 Auch die Medizinbehälter in den ActPt sind sicherlich symbolisch zu verstehen und stehen vielleicht für die christliche Lehre und die Heilkraft der Askese. Da die ActPt sich nicht erkennbar mit dem Manichäismus auseinandersetzen und weder entsprechende Lehrelemente noch Kritik enthalten, ist diese Passage sicherlich nicht vom Manichäismus inspiriert, sondern zeigt lediglich, dass eine solche medizinische Metaphorik sehr verbreitet war. Während die Gestalt Lithargoels detailliert beschrieben wird, erfährt der Leser nichts über das Aussehen des Arztes. Seine medizinische Ausstattung wird ausführlich geschildert und scheint dementsprechend wichtig zu sein. Dem Erzähler schien weniger an der Entwicklung der Rolle gelegen zu sein, als an ihrer Funktion. Die Arztrolle soll mit Jesus Christus verbunden werden und das Thema der Heilung symbolisch unterstützen.
Petrus erkundigt sich nach dem Haus Lithargoels (p. 8,20–32) Das Gespräch mit dem Arzt – der eigentlich Lithargoel ist und sich später als Jesus offenbart – über Lithargoel ist ein unterhaltsamer Gipfel des Versteck- und Verwandlungsspiels der ActPt. Neben dieser stilistischen, hat es auch eine Funktion auf Ebene der Handlungschronologie, denn es muss die Charaktere Lithargoel und Jesus in einen Zusammenhang bringen. Bevor sich Jesus Christus aus seiner Rolle als Arzt offenbart, muss Lithargoel mit Jesus identifiziert werden, damit auch dessen Rolle und Charakter in der Geschichte plausibel wird und die Protagonistentrias LithargoelArzt-Jesus verständlich ist. In diesem Abschnitt fällt der Wechsel der Erzählstimme explizit auf. Bereits mit dem Aufbruch in die Stadt „Neun Pforten“ wechselt die Stimme in die 1. Person Plural.
380 Eus. h. e. 1,13; Doctrina Addai 7–10. Illert, Doctrina Addai, 35, geht davon aus, dass die mündlich überlieferte Erstfassung der Legende gegen Ende des 3. oder zu Beginn des 4. Jhs. zu datieren ist. Die Doctrina Addai an sich wird in das ausgehende 4. Jh. datiert. 381 Van Oort, Manichaeism, 764. 382 Bêma-Psalm 239; auch die „Auserwählten“ (electi) haben solche Medizin und ähneln dem vernünftigen Arzt, vgl. Kephalaion 82 (Ibscher et al., Kephalaia, 198,26–199,9). Vgl. auch die Bemerkungen von Coyle, Manichaeism, 113.115.
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Doch erst hier wird über Petrus in der 3. Person berichtet (p. 8,20 f.). Damit ist klar, dass seit dem Aufbruch nicht die petrinische Erzählstimme im Plural erzählt, die die anderen Jünger inkludiert, sondern eine unpersönliche Instanz das Wort hat. Sie spricht kollektiv für alle Jünger und hat auch Einsicht in deren Gedanken und Emotionen. ouwSB („antworten“) leitet hier die Bitte des Petrus ein, was mitunter als Indiz für den Beginn einer neuen Quellenschicht genommen wird.383 Da Petrus das Gespräch initiiert und ihm keine Frage gestellt wird, wirkt das Verb hier sperrig. Mitunter steht ouwSB allerdings für „sprechen“384 – in diesem Sinne muss es hier verstanden werden. Das Gespräch mit Lithargoel wirkt nah, d. h. es baut durch die wörtliche Rede und den flüssigen Stil mit wenigen Pronomen und Konjunktionen kaum Lesedistanz auf. p. 8,20–25 Petrus antwortete (und) sprach zu ihm: „Wir wollen, dass du uns einen Gefallen tust, weil wir Fremde sind. Könntest du uns zum Haus des Lithargoel führen, bevor es Abend wird?“ Der kausative Infinitiv in der Wendung „einen Gefallen tun“ (wörtlich: „Menschenliebe erweisen“) ist mit der vorangehenden Präposition e- verbunden, doch anstelle der üblichen Übersetzung mit „um zu“ bietet es sich hier an, einen Nebensatz mit „dass“ einzuleiten. Nach dem mit Je eingeleiteten Nominalsatz setzt der Konjunktiv in der Frage des Petrus den kausativen Infinitiv fort. Der negative Kompletiv ist circumstantial transponiert und wörtlich nicht zu übersetzen („wobei noch nicht Abend ist“), am besten übersetzt man ihn temporal mit „bevor“, als stünde ein Haqh davor. Neben den stilistischen Inkohärenzen – Petrus antwortet, obwohl es keine Frage gab, außerdem wird der Wechsel der Erzählstimme deutlich, da über Petrus in der 3. Person berichtet wird – fällt auf, dass hier die Themen „Reise“ und „Ankunft“ vom Beginn der Erzählung aufgegriffen werden. „Menschenliebe“ erfahren die Apostel von den Matrosen des Schiffes (p. 1,21 f.). In der Stadt „Wohne“ angekommen, fragt Petrus Lithargoel nach einer Unterkunft, weil die reisenden Apostel Fremde sind (p. 3,4–7). Auch hier wird der Brauch, bei einem Bekannten zu übernachten, der der Verkündigung nahesteht, aufgegriffen (vgl. p. 3,4–7). Das Verhalten der Apostel wird anlässlich der beiden Reisen nach dem Schema einer Missionsreise beschrieben. Die Apostel reisen nicht wegen der Perle in die Stadt
383 Vgl. Patterson, Sources, Redaction and „Tendenz“, 6 f. 384 Häufig nach wörtlicher Rede, vgl. im sahidischen Neuen Testament: Apg 2,14; 21,40; 24,9; 2Petr 2,16; Offb 7,13. Auch in der „Apokalypse des Paulus“ (NHC V,2) findet sich häufig zusammenhangslos ouwSB: p. 18,13; 19,9; 20,13; 21,3.9; 22,19 f.
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„Neun Pforten“, sondern für die „Verbreitung des Wortes Gottes“, so wie von Petrus im Gespräch mit Lithargoel angekündigt (p. 5,12–14; vgl. 1,10–12). Am Anfang beruhten der Zeitpunkt der Reise, die Freundlichkeit der Segler, der Weg zur und die Ankunft in der Stadt und das Auftreten Lithargoels jeweils auf göttlicher Fügung. Nachdem die Apostel den Weg bewältigt haben und dabei allein als Akteure hervorgehoben sind, ist das Handlungsgeschehen nun wieder stärker final gefügt. Gleich vor der Stadt kommt Jesus incognitus den Aposteln entgegen, damit sich ein Gespräch ergeben kann. p. 8,26–27 Er sagte: „Ich werde es euch aufrichtigen Herzens zeigen.“ Substantiviert steht sooutN für die Richtung nach oben, im übertragenen Sinne für Aufrichtigkeit.385 Ohne das Attribut NHht müsste es hier adverbial übersetzt werden: „sogleich, sofort“. In der Genitivverbindung mit Hht („Herz“), was hier nicht emotional, sondern kognitiv zu verstehen ist, bietet sich „aufrichtige Gesinnung“ an, in der der Arzt den Weg zu dem Haus weisen will. Diese Aussage steht im Gegensatz zur späteren Handlung. Der Protagonist will die Apostel gar nicht zum Haus führen, einige Zeilen später initiiert er bewusst seine Offenbarung. Außerdem müsste er sich bei der Frage nach Lithargoel direkt angesprochen fühlen, aber er verbirgt seine Identität. Beides ist natürlich nicht aufrichtig. Die Darstellung eines lügenden Jesus ist hier vermutlich nicht inszeniert, um zu irritieren oder anstößig zu wirken. Immerhin bedient sich Jesus bei Lukas im Zusammenhang der Emmaus-Szene auch eines Täuschungsmanövers, indem er den Jüngern vortäuscht, er wolle weiter gehen.386 Und in der christlichen Literatur finden sich häufiger Szenen, in denen Jesus mit seinen Beobachtern ein polymorphes Wechselspiel betreibt.387 Dies geschieht jedoch weniger, um andere zum Narren zu halten, sondern um seine Göttlichkeit und Allgegenwart zu beweisen. Vor dem Hintergrund solcher Szenen ist diese Aussage zu verstehen. Sie soll Spannung erzeugen und zeigen, wie undurchschaubar und vielfältig Jesu Gestalt und sein Wirken sein können.
385 Vgl. Lk 7,43; 10,28; 20,21; Hebr 1,8 sa. 386 Vgl. Lk 24,28: καὶ αὐτὸς προσεποιήσατο πορρώτερον πορεύεσθαι. 387 Vgl. z. B. das „Apokryphon des Johannes“ mit dem Erscheinen Jesu als Knabe, Greis und Diener (NHC II,1/IV,1 p. 2,1 ff.; vgl. BG 2 p. 21).
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p. 8,28–32 „Aber ich wundere mich: Woher kennt ihr diesen guten Menschen? Denn nicht jedem Menschen offenbart er sich, weil er selbst der Sohn eines großen Königs ist.“ alla als adversative Konjunktion leitet die Einschränkung Lithargoels ein. Mit Je und dem griechischen Fragepronomen pws kann ein separater Fragesatz übersetzt werden. Die pronominale Partikel NtoF wird hier zweimal eingesetzt, um Lithargoel besonders hervorzuheben. In dem Nominalsatz wird dieser Effekt durch die nachgestellte Partikel HwwF noch verstärkt – „er selbst“ ist der Sohn. Die Besonderheit seiner Person betont auch die fokalisierende Transposition des negativen Aorists, die nim rwme („jeden Menschen“) hervorhebt und die Exklusivität seiner Offenbarung zeigt. Die reflexive Wendung „ich wundere mich“ begegnet in Codex VI auch in dem Gespräch zwischen Asklepios und Hermes Trismegistos in ähnlicher Bedeutung (Askl p. 69,3). Asklepios staunt über die Offenbarungen des Hermes. Auch an unserer Stelle ist es ein (vorgetäuschtes) positives Staunen des Arztes darüber, dass sich Lithargoel den Aposteln offenbart hat. Sein Staunen ist ein indirektes Lob der Apostel, die zu den Menschen gezählt werden, die seiner Offenbarung würdig sind.388 Der Grund für die seltene Offenbarung Lithargoels wird gleich nachgereicht. Er ist wieder ein Hinweis auf seine wahre Identität – Jesus – und ist christologisch konnotiert. Der Titel „Sohn eines großen Königs“ erinnert gerade im Zusammenhang mit der Perle an den Königssohn der Thomasakten, der seine Identität vor den Ägyptern verbirgt und am Ende mit der errungenen Perle zum Tor des Königs der Könige reisen soll.389 Jesus erscheint hier als Prinz, der hierarchisch unter dem König steht. Dahinter muss keine Tendenz zur Subordination stehen, sondern einfach der Einfluss alttestamentlicher „Gott-ist-König“Traditionen.390 In den JHWH-König-Psalmen wird der gegenwärtige und zugleich zeitübergreifende Gedanke vom Königtum Gottes bildreich entfaltet, z. B. in Ps 95,3: „Denn der Herr ist ein großer Gott und ein großer König über alle Götter“. Die andere Charakterisierung in den ActPt, „guter Mensch“, hat keine Züge eines Hoheitstitels. Die Antwort meistert das Versteckspiel mit Bravour: Lithargoel müsste wissen, dass ihn nur Petrus kennt, mit dem er hier (in seiner Arztgestalt) spricht. Doch er verbirgt dieses Wissen und wundert sich, dass „sie“ – die Jünger – ihn kennen. Sein Erstaunen wird nur in den Raum gestellt und veranlasst Petrus nicht zu einer Antwort. Seine Aussage soll keinen Dialog initiieren, sondern die Offenbarung Jesu vorbereiten. Diese Äußerung, in der Lithargoel fast mit einer christologischen Formel gepriesen wird, ist der letzte und deutlichste Hinweis auf seinen wahren Charakter. Damit ist ein 388 Auch Ghica, Les Actes, 380, betont, dass das Lob hier bewusst eingesetzt ist, um die Rolle der Jünger hervorzuheben und nicht – wie Krause, Petrusakten, 49, urteilt – im Gegensatz zur Handlung steht. 389 ActThom 108–113. 390 Der Einfluss ist auch im Neuen Testament belegt, z. B. Mt 18,23 ff.35; 22,1 f.; 1Tim 6,15; Offb 15,3.
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Spannungshöhepunkt erreicht, dessen Auflösung mit dem Abtritt Lithargoels und der kurzen Vertröstung der Jünger noch herausgezögert wird.
Lithargoel geht und heilt jemanden (p. 8,33–9,1) Die folgenden vier Zeilen bereiten die Bühne für die Offenbarung Jesu vor. Sie dürften also stilistisch motiviert sein. Es wird sehr komprimiert und nur mit Blick auf den Arzt erzählt. Ähnlich wie bei den anderen Scharnierstellen in den ActPt finden sich viele Verben der Bewegung. Hier sind die Bewegung und Eile Lithargoels der Ruhe der Jünger gegenübergestellt. p. 8.33–9,1 „Ruht euch ein wenig aus, ich gehe (und) heile diesen Menschen und komme (zurück).“ Er beeilte sich und kam (p. 9) schnell (zurück). kouei ist im Sinne von kekouI gebraucht und bezeichnet eine kurze Zeitspanne. Auf den Infinitiv, der als Imperativ die Jünger zur Ruhe auffordert, folgt der Konjunktiv. Er schließt an den Infinitiv an, setzt dessen hortative Funktion aber nicht fort. Vor rwme steht der Demonstrativartikel, der hier keine demonstrative Funktion hat, sondern als einfacher Artikel gebraucht ist, wie so oft in Codex VI. elwl, hier mit „beeilen“ übersetzt, ist sehr selten belegt. Innerhalb der Nag-Hammadi-Schriften findet sich das Verb noch zweimal: im Tractatus Tripartitus mit ähnlicher Bedeutung, im Evangelium Veritatis im Sinne von „verängstigt“.391 Das retardierende Moment zeigt Jesus vor seiner Offenbarung als einen beschäftigten Arzt. Wen und was er heilt, bleibt der Fantasie des Lesers überlassen. Da er sich außerhalb der Stadt befindet und erst später wieder hineingehen will, um die Apostel zum Haus zu führen, scheint er den gefährlichen Weg zur Stadt zu betreten. Vielleicht heilt er dort jemanden, der auf dem Weg verwundet wurde. Möglicherweise eilt er auch zu einem Asketen auf dem Weg, um ihn zu stärken (vgl. p. 6,17). Dieser „Heilung“ kommt höhere Priorität zu, die Apostel müssen warten, das bereitet die Wichtigkeit des Heilungsauftrages vor, den die Apostel später erhalten werden. Der Abgang und die eilige Rückkehr des Arztes sind sicherlich stilistisch begründet. Denn die Offenbarung Jesu verläuft ziemlich schematisch392 und wird mit einem Überraschungseffekt eingeleitet, für die der Verfasser eine neue Szene benötigte.
391 TractTrip NHC I,5 p. 103,34; EV NHC I,3 p. 26,18. Ghica, Les Actes, 329, weist darauf hin, dass das Verbum in manichäischen Schriften verhältnismäßig häufig auftritt. 392 Die Offenbarung wirkt wie die bei Johannes narrativ entfaltete Begegnung von Jesus und Maria am Grab (Joh 20,14–16). Maria hält Jesus zunächst für den Gärtner. Erst als er ihren Namen ruft, erkennt sie ihn.
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Der furchtsame Petrus (p. 9,1–7) Der Name des Petrus steht in Spitzenstellung und leitet die Offenbarung Jesu ein. Die herausragende Stellung des Jüngers wird weiter betont. Genau genommen offenbart sich Jesus sogar nur Petrus, die anderen Jünger sind stumme Beobachter. Innerhalb der Erzählung ist die Szene ein abrupter Bruch, der sich nicht aus dem bisherigen Erzählverlauf ergibt. Ursprünglich wurden in Christi Stadt das Wiedersehen mit Lithargoel und das Geschenk der Perle angekündigt. Nach vielen subtilen Anspielungen auf die rätselhafte Identität der Hauptfigur, wird sie nun geklärt und nach dieser Wendung ändert sich der Stil der Erzählung. Die Szene wird durch die Wiederkehr des Arztes eingeleitet und hat mehrere Bezüge zu neutestamentlichen Bekenntnisund Erscheinungsgeschichten. Es wird auf die Namensgebung (Mt 16,18) und das Messiasbekenntnis des Petrus (Mt 16,16) angespielt, auch das Erschrecken und der zögerliche Erkenntnisprozess der Jünger sind typische Züge (Lk 24,37; Joh 20,14 f.). Die Offenbarungsszene hat eine wichtige Stellung innerhalb der ActPt, dementsprechend dramatisch ist sie erzählt. Sie ist als Dialog gestaltet, mit kurzen und schnell wechselnden Redebeiträgen. Es finden sich viele Verben der Kommunikation in dem Abschnitt, die Aussagen werden jeweils mit Je eingeleitet. Die pluralische Erzählstimme der Jünger schildert die Szene, die allerdings intern fokalisiert ist, weil sie Einblick in die Gefühlswelt von Petrus hat. Fünfmal fällt der Name Petrus in diesem kurzen Abschnitt, das ist bedeutsam für seine Rolle als Sprecher und Leitfigur der Jünger, die diese Szene betont. Gleichzeitig wird an die frühere Darstellung seines zaghaften Charakters angeknüpft, er wird nicht heldenhaft, sondern als ambivalente Figur geschildert. p. 9,1–7 Er sprach zu Petrus: „Petrus!“ Petrus aber war erschrocken, denn wieso kannte er seinen Namen: ‚Petrus‘? Petrus antwortete dem Erlöser: „Woher kennst du mich, dass du meinen Namen rufst?“ Der Name Petrus wird besonders hervorgehoben. Er ist zweimal als Subjekt mit NGi nachgestellt und mit Je am Ende des ersten Fragesatzes positioniert. Innerhalb der ActPt ist Petrus der einzige Charakter, dessen Gefühle und Gedanken geschildert werden. Das Verb nouSp steht für „Ängstlich-Sein“ und „Erschrecken“, aber auch dafür, einen anderen Menschen das „Fürchten zu lehren“.393 Der Jesus incognitus spielt auf die Verheißung an Petrus an, die mit der Namensgebung verbunden ist (Mt 16,17–19), um seinen Erkenntnisprozess zu beschleunigen. In Epiphanien sind es häufig unverwechselbare Zeichen, Situationen (Joh 20,20; 21,6 f.; 393 Solch ein einschüchterndes Gegenübertreten bezeichnet das Verb z. B. in Mk 13,13 f. sa.: Die Menschen, die Kinder zu Jesus bringen, werden von den Jüngern „angefahren“.
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Lk 24,30 f.) oder eben die persönliche Anrede (Joh 20,16), die dem Empfänger die Augen öffnen. Für Petrus reicht es nicht, seinen Namen zu hören, um Jesus zu erkennen – im Gegensatz zu Maria bei Johannes, die Jesus an seinem Grab zunächst für den Gärtner hält (Joh 20,15 f.). Er erschrickt zunächst. Die Reaktion des Petrus wirkt zunächst übertrieben, in Epiphanien ist das Erschrecken zu Beginn allerdings eine typische Reaktion.394 Die Schilderung der Reaktion des Petrus scheint also hauptsächlich stilistisch bedingt und dient weniger der plastischen Figurendarstellung. Im Gegensatz zu klassischen Epiphanien wird seine Furcht nicht durch die Angst vor einer vermeintlichen Geisterscheinung verursacht (wie z. B. bei Lk 24,37). Hinter der Angst steht auch keine Verfolgungssituation.395 Es ist erstaunte Bestürzung darüber, wie ein Fremder so tiefen Einblick in seine Person, in seine Rolle und Bedeutung im Dienst und schließlich in seine Geschichte mit Jesus Christus haben kann.396 Der Name „Petrus“ konstituiert ihn als Jünger mit herausragender Funktion. Der Arzt hat ihn erkannt, seinen Namen genannt und hat damit – nach antiker Vorstellung – eine gewisse Macht über Petrus. Besonders ist, dass nicht von außen sein Erschrecken, sondern mit Blick nach innen sein Gefühl und der Gedankengang erzählt werden. Daraus geht kausal seine Frage an den Arzt hervor. Dieser wird hier unvermittelt als „Erlöser“ bezeichnet. Die proleptische Bemerkung greift damit der Offenbarung bereits vor, wieder ein Merkmal der allwissenden Erzählstimme. Abgesehen von !xs, dem nomen sacrum für Christus (p. 9,11), ist swthr (griechisch σωτήρ) der einzige Hoheitstitel in den ActPt. Es ist auffällig, dass Jesus in seiner Arztgestalt dieser Titel zugeschrieben wird, der in der Antike u. a. auch für Asklepios gebräuchlich war.397 Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich in der Erzählung eine Auseinandersetzung um den Komplex Asklepioskult und christliche Heiltätigkeit spiegelt.
394 Vgl. Lk 24,37; Mt 28,10. Auch in 2ApcJac NHC V,4 p. 50,16 erschrickt Jakobus, als ihm Jesus erscheint. Eine ähnliche Reaktion der Jünger wird in EpAp p. 11,9 ff. beschrieben. 395 Molinari, Acts, 204 f., geht davon aus, dass die ActPt an vielen Stellen die Bedrohungen während der Christenverfolgungen durch Diokletian reflektieren. 396 Der Name „Petrus“ konstituiert Simons religiöse Identität und verbindet ihn eng mit Gott. Im Zusammenhang mit dem religiösen Bereich haben Namen kulturanthropologisch eine besondere Bedeutung. Der Religionswissenschaftler Burkhard Gladigow betont, dass der Name nicht nur das Personsein konstituiert, sondern auch als Träger der Lebenskraft und Macht galt und gilt: „Da der Name (…) die Person voll repräsentiert, ist seine Kenntnis potentielle Verfügungsmacht über die menschliche und in Analogie dazu auch die göttliche Person“ (Gladigow, Götternamen, 19). 397 Wie im Alten Testament wird auch im Neuen der Titel σωτήρ für Gott verwendet (Lk 1,47; 1Tim 1,1; Tit 1,3), und darüber hinaus für Jesus (vgl. Lk 2,11; Joh 4,42; Apg 5,31; Phil 3,20; 2Tim 1,10 u. ö.). Da in der Antike verschiedene Götter und Herrscher bzw. verdienstvolle Menschen so bezeichnet wurden, steht der christologische Titel in Konkurrenz und im Widerspruch zum zeitgenössischen Gebrauch in der Umwelt (vgl. Kollmann, Einführung, 147 ff.).
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Es ist symptomatisch für die Darstellung des Petrus innerhalb der ActPt, dass er Jesus Christus nicht erkennt. Die subtilen Hinweise auf Lithargoels wahre Natur im Verlauf der Geschichte erreichen ihn nicht und auch die persönliche Anrede und Lithargoels Frage öffnen Petrus nicht die Augen. Neben seiner Rolle als Sprecher der Jünger und dem Einsatz für die Verkündigung, wird immer wieder auf sein Unverständnis und sein Gespalten-Sein zwischen Vertrauen und Angst eingegangen.
Das Bekenntnis des Petrus (p. 9,8–15) Der Dialog vor dem Stadttor wird mit einer Gegenfrage des Arztes als Jesus incognitus weitergeführt. Dieser wird mit seiner ersten Rolle, also als Lithargoel eingeführt, vermutlich mit der Intention, eine plausible Protagonistentrias zu schaffen. Lithargoel erklärt Petrus nicht, woher er ihn kennt, sondern will ihn durch geschicktes Fragen selbst zur Antwort führen. So führt er Petrus zum Bekenntnis, für die Erkenntnis von Lithargoels wahrer Identität reicht es nicht. Der Hinweis auf den Ursprung seines Namens „Petrus“ ist eine Analepse, die sich hinter die Erzählung zurück auf das Evangelium nach Matthäus und die Namensdeutung in Mt 16,18 bezieht. Der Dialog zwischen Petrus und Lithargoel zeugt von einer exklusiven Beziehung zwischen den beiden. Obwohl die anderen Jünger bei der Gesprächsszene dabei sind, werden sie nicht mit einbezogen. Es wird bewusst auf ein Ereignis Bezug genommen, dass nur Jesus und Petrus miteinander verbindet. Das Bekenntnis des Petrus aus Mt 16,16 wird wiederholt und verstärkt Petrus’ Vorrangstellung innerhalb des Jüngerkreises. Trotz des persönlichen Inhalts klammert die Erzählstimme Gedanken oder Gefühle der beiden Dialogpartner aus. So wird das Erzähltempo beschleunigt und der eigentliche Höhepunkt der ActPt, die Offenbarung Jesu, kann schnell erzählt werden. Lithargoel erweist sich wieder als überlegener Gesprächspartner. Petrus wird weiter nach dem Konzept der ActPt charakterisiert, indem er nur schwerfällige Reflexionsprozesse zeigt, aber auch als treuer Apostel voll missionarischem Eifer erscheint. Der Dialog ist bewusst auf das Bekenntnis des Petrus hin konzipiert. Lithargoel fordert es ein, bevor er seine wahre Identität zeigt. Die Szene ist als Epiphaniegeschichte konzipiert, davon zeugen typische Stilelemente, z. B. die persönliche Ansprache vor der Offenbarung und das Niederfallen der Jünger danach. Die ActPt haben zwei narrative Hauptlinien. Die erste läuft auf die Enthüllung von Lithargoels wahrer Identität zu. Seit seinem ersten Auftreten (p. 2,10) werden immer wieder Hinweise auf Jesus gegeben, die (vermutlich) nur für die intendierte Leserschaft gedacht sind, von Petrus jedoch zunächst nicht bemerkt oder reflektiert werden. Der zweite Erzählfaden der Geschichte stellte das Geschenk der Perle in der Stadt „Neun Pforten“ in Aussicht. An diesen Erzählfaden wird nun mit Veränderungen angeknüpft. Die Erzählung endet vor dem Stadttor und das Geschenk der Perle scheint mit der Offenbarung Jesu zusammenzufallen. Mit seiner Offenbarung laufen die beiden Erzählfäden zusammen und werden beendet.
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III Kommentar
p. 9,8–15 Lithargoel antwortete: „Ich will dich (etwas) fragen: Wer hat dir diesen Namen: ‚Petrus‘ gegeben?“ Er sprach zu ihm: „Jesus, der Christus, war es, der Sohn des lebendigen Gottes. Er hat mir diesen Namen gegeben.“ Er antwortete (und) sprach: „Ich bin es. Erkenne mich, Petrus!“ Die Offenbarung Jesu ist der dramatische Höhepunkt in der Erzählung. Der Dialog kommt ohne lange Redeeinleitungen aus. Die Anfrage Lithargoels besteht aus zwei Teilen. Zunächst wird seine Anfrage auf der Ebene der Erzählung im Präsens angekündigt. Seine Frage referiert dann extratextuell auf ein Ereignis in der Vergangenheit und steht im Perfekt. Die Antwort des Petrus ist in einem Nominalsatz verfasst, dessen relativische Erweiterung parallel zum Bekenntnis des Petrus in Mt 16,16398 formuliert ist. In der Antwort des Petrus folgt hier nach der hymnischen Formel mit dem Hoheitstitel ein kurzer Satz, der die Frage Lithargoels wieder aufnimmt. Das Pronomen NtoF steht darin in Spitzenstellung und legt die Betonung auf Jesus Christus. In der Aufforderung Jesu, ihn zu erkennen, steht der Name des Petrus im Vokativ (petre). Das ist allerdings kein ausreichender Hinweis auf ein griechisches Original, anstelle eines stehengebliebenen griechischen Vokativs könnte es sich um eine bewusste Orientierung an der Sprache der Referenzstelle handeln. Denn in den sahidischen Übersetzungen der griechischen Bibeltexte steht meistens der Vokativ in Aufforderungen an Petrus. Schreiber und Leser bzw. Hörer dürften mit dieser Form und deren Bedeutung vertraut gewesen sein. Die Erzählstimme greift wieder den Namen Lithargoel auf und knüpft damit an p. 8,13 an, dort wird er als Arzt eingeführt. Ghica sieht in p. 9,5–8 den Beweis für eine redaktionelle Bearbeitung, die bemüht war, alle drei Quellen mit den verschiedenen Charakteren Lithargoel, Arzt und Jesus Christus zusammenzuschreiben.399 Denn obwohl die Jünger mit dem Arzt sprechen, wird dieser von der Erzählstimme mal Erlöser, mal Lithargoel genannt. Doch aus der Erzählung geht klar hervor, dass die zwei bzw. drei Charaktere zusammengehören. Lithargoel und der Arzt sind identisch, er tritt lediglich in der Gestalt eines Mediziners auf (p. 8,15) – und natürlich nennt die Erzählstimme diesen weiterhin Lithargoel. Es erstaunt zwar, dass in p. 9,5 unvermittelt der Erlöser erwähnt wird, aber da die Szene als Epiphanie erzählt ist, könnte diese Bemerkung der Vorbereitung des Lesers geschuldet sein. Die Antwort des Petrus ist der einzige deutliche Bezug auf eine Bibelstelle innerhalb der ActPt. Mit der Frage nach dem Ursprung von Petrus’ Namen wird auf seine 398 Mt 16,16: aFouwSb NGi simwn petros eFJw Mmos Je Ntok pe pexristos pShre Mpnoute eto!nH. 399 „Car Lithargoël s’est déjà transformé en médecin et le vendeur de perle a définitivement quitté la scène. Les quatre lignes 9,5–8 concentrent ainsi la double métamorphose de l’écrit: le médecin y est appelé respectivement ‚sauveur‘ et Lithargoël. L’anachronisme dont font état les deux désignations de 9,5 et 9,8 met en lumière avec une clarté exceptionnelle le travail rédactionnel“ (Ghica, Les Actes, 381).
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Ausdeutung durch Jesus in Mt 16,18 verwiesen.400 Sie ist hier als Namensgebung interpretiert, vielleicht vor dem Hintergrund alttestamentlicher Erzählungen, in denen ein Namenswechsel mit einer göttlichen Verheißung und Pflichten verbunden wird (vgl. Gen 17,5–14). Die Szene, auf die die ActPt anspielen, ist nur bei Matthäus überliefert. Das Bekenntnis des Petrus und die Verheißung an ihn zeugen von seiner wichtigen Rolle zu Beginn des Christentums und von seiner Bedeutung innerhalb der Matthäustradition. In den ActPt wird seine exponierte Stellung noch verstärkt, wenn auf eine persönliche Namensgebung durch Jesus hingewiesen wird und Jesus sich ihm im persönlichen Gespräch offenbart. Die Frage, wer ihm seinen Namen gab, beantwortet Petrus in den ActPt mit dem gleichen Bekenntnis, mit dem er auch die Frage nach Jesu Identität beantwortet hat (Mt 16,15 f.). In dieser Situation, wie sie die ActPt hier erzählen – Christus hat sich noch nicht offenbart –, ist es kein Bekenntnis vor dem Sohn, sondern im missionarischen Kontext ein Glaubensbekenntnis zu Gott und seinem Sohn. „Lebendiger Gott“ ist ein alttestamentliches Gottesprädikat, mit dem die leblosen Götzenbilder von JHWH unterschieden werden.401 Es betont, dass Gott Leben in sich hat und als Schöpfer Leben schenkt. In christlicher Perspektive zielt es auch auf die Lebensfülle Gottes, an der Jesus als Auferweckter Anteil hat. So etabliert sich θεὸς ζῶν im griechischsprachigen Judentum und erscheint im Neuen Testament vor allem in der Missionsverkündigung als Kurzformel für den Glauben.402 Mit seiner knappen Antwort „Ich bin es“ bestätigt Jesus das Bekenntnis für sich. Nur bei Matthäus reagiert Jesus ebenfalls so positiv auf das Bekenntnis, nach Markus und Lukas verhält er sich recht spröde.403 Jesus leitet seine Offenbarung in den ActPt mit einer Aufforderung an Petrus ein, obwohl er sich vor dem versammelten Jüngerkreis zu erkennen gibt. Diese Exklusivität verstärkt Petrus’ herausragende Position. Er ist der Jünger, dem er sich bereits als Lithargoel zuwandte und vor dem er sich im Gespräch offenbart. Gleichzeitig wird Petrus in die Pflicht gerufen, denn die Aufforderung suggeriert, dass es ihm zukommt, Jesus zu identifizieren. Jesu Antwort und seine Offenbarung illustrieren narrativ das Gottesprädikat „Sohn des lebendigen Gottes“. Jesus bezeugt vor seinen Jüngern, wie der Sohn in der 400 Die Bedeutung des aramäischen Wortes יפא ָ ֵכּbzw. κηφᾶς (griechisch) ist „Stein“ und lautet in das Griechische übersetzt πέτρα („Stein, -brocken“). 401 Eindrücklich ausgeführt in Jer 10,10 ff.: Während die anderen Götter nur tote Machwerke kunstfertiger Menschenhände sind, wird der Gott Israels als der wahre und lebendige Gott gepriesen. Vgl. Jos 3,10; Dan 6,27; Dtn 5,26; Ps 41,3; 83,3. 402 Vgl. vor allem Mt 22,32; Apg 14,15; Röm 9,26; 2Kor 3,3; 6,16; 1Thess 1,9; 1Tim 3,15; 4,10; Hebr 3,12; 9,14; 10,31; 12,22; 1Petr 1,23; Offb 7,2. Vgl. Luz, Matthäus, 466 f. 403 Das Bekenntnis wird nur nach Matthäus mit einem Lob und der Verheißung erwidert. Nach Markus und Lukas hingegen werden die Jünger gleich angefahren und mit einem Schweigegebot belegt (Mk 8,30/Lk 9,21).
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Auferstehung von Gott lebendig gemacht wurde. In seinem Auftreten als Lithargoel vor Petrus und den Menschen in der Stadt „Wohne“, mit seiner Einladung und nun als geoffenbarter Sohn vor den Jüngern demonstriert er Gottes lebensfreundlichen Beziehungswillen. Auch hinter den folgenden Ermahnungen zur Armenfürsorge, Heilung und Lehre steht Gottes menschenfreundlicher Wille, der die Menschen, die an ihn glauben, lebendig erhalten will und ihnen Anteil am ewigen Leben geben möchte.
Jesus offenbart sich (p. 9,15–23) Nachdem sich Jesus im Gespräch mit Petrus offenbart hat, vollzieht er nun die „Entwandlung“ vor seinen Jüngern. Die Szene ist dynamisch erzählt und voller Bewegung: der Arzt alias Jesus zieht das Gewand aus, die Jünger werfen sich zu Boden, Jesus streckt seinen Arm aus, die Jünger stehen auf. Der Ablauf wird der Reihenfolge nach erzählt, nur eine kurze Bemerkung (p. 9,16 f.) verweist zurück auf den Anfang der Szene, als die Jünger Lithargoel in seinem Arztgewand nicht erkannt haben (p. 8,13–15). Das schnelle Erzähltempo übergeht Einzelheiten der Verwandlung und das Aussehen Jesu. Die Erzählstimme spielt auf ein internes Detail an, das nicht erklärt wird, denn sie erwähnt, dass die Jünger „wahrhaftig“ erkennen, dass nun Jesus vor ihnen steht. Zuvor steht Petrus im Fokus, nun wird er wieder in die Gruppe der Jünger und ihre pluralische Erzählstimme inkludiert. Neben den Verben der Bewegung treten Wörter rund um das Feld „Verkleiden“ auf: Gewand, anziehen, ausziehen, verwandeln. Für Epiphanien typische Termini beschreiben die Sicht und Reaktion der Jünger: offenbaren, Wahrheit, niederfallen, verehren. Ihr Verhalten ähnelt sehr dem in der Epiphaniebeschreibung in der Epistula Apostolorum.404 Nachdem Jesus die Jünger und besonders Petrus dort tadelt, weil sie ihn nicht erkennen, sehen sie, dass er wahrhaftig auferstanden ist und fallen auf die Erde und bekennen ihre Sünden. Die Demut und Scham der Jünger erzählen die ActPt im nächsten Abschnitt (p. 9,24 f.) und Jesu Tadel trifft später Petrus (p. 10,23 ff.). In den Darstellungen der Jünger lassen sich also einige Parallelen erkennen. Sie brauchen Gewissheit, um Jesus zu erkennen, und schämen sich später dafür. Auch die Hierarchieebenen sind deutlich gestuft: die Jünger werfen sich auf die Erde, um Jesus zu verehren. Sie erscheinen als Dienende, Jesus hingegen als Herrscher mit Macht und Autorität. Mit diesem Abschnitt wird das Rollenspiel Jesu beendet und die fabelhafte Erzählung geht in eine Jüngerunterweisung über. Die beiden Rollen, Lithargoel und Arzt, hat Jesus nicht einfach hinter sich gelassen. Sie illustrierten wichtige Aspekte Christi und werden nun in seiner Person zusammengeführt.405 Jesus wird in den ActPt nicht 404 EpAp p. 12,12 f. Das Niederfallen der Jünger wird auch im Matthäusevangelium erzählt (Mt 28,17). 405 Die Beziehungen zwischen Metamorphose und Metapher arbeitete Harzer, Erzählte Verwandlung, heraus. Er unterscheidet metaphorische und metonymische Verwandlungen (ebd., 43). Er weist vor allem anhand von Beispielen aus der antiken Literatur nach, dass viele Verwandlungserzählun-
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„Arzt“ genannt oder als Erhöhter und himmlischer Herrscher gepriesen, sondern diese wesentlichen Eigenschaften von ihm werden szenisch entfaltet. Dieser Erzählstrang wird nun aufgelöst und von einer Unterweisung abgelöst. p. 9,15–17 Er zog das Gewand aus, das er anhatte, dieses, durch das er sich vor uns verwandelt hatte. An den Hauptsatz im Perfekt schließen zwei Nebensätze an, die sich beide auf das Gewand im Hauptsatz beziehen. Hbsw steht für Kleidungsstücke wie „Gewand“, „Tuch“ oder „Mantel“. Auch das Gewand Jesu wird so bezeichnet.406 Abgeleitet vom Verb Hwbs, das außer „bekleiden“ auch „bedecken“ und „verhüllen“ bedeutet, transportiert das Nomen noch den Aspekt des Verbergens, ähnlich dem Bedecken und der Decke im Deutschen. Das verdeutlicht die Doppelfunktion des Arztgewandes in den ActPt, das natürlich auch die Funktion hat, Jesu bzw. Lithargoels Identität zu verhüllen. Dieses Gewand wird nun ausgezogen bzw. gelöst – diese Übersetzung von bwS wäre auch möglich. Aus grammatischer Sicht ist die Übersetzung von Schenke am besten: „Er entledigte sich des Gewandes“, denn boS steht reflexiv mit maskulinem Suffix.407 Die Übersetzung mit „Ausziehen“ ist an den heutigen Sprachgewohnheiten orientiert. Im ersten Nebensatz steht die Stativform sto mit der Präposition Hi- zusammen, die als Infinitivform T Hi- („anziehen“) regulär mit dieser Präposition konstruiert ist. Die Wendung Sibe Ntoot~n, mit der der zweite Nebensatz als Relativsatz eingeleitet wird, beschreibt auch das veränderte Erscheinungsbild von Lithargoel als Arzt (p. 8,14 f.).408 Die Erzählchronologie ist hier also gestört, denn unter dem Gewand des Arztes verbirgt sich eigentlich Lithargoel, doch nun offenbart sich Jesus. Die Erzählung erwähnt nur, dass, nicht wie sich der Arzt verkleidet hatte. Lithargoel ist auffällig angezogen und mit vielen Attributen ausgestattet (p. 2,10–29), seine Erscheinung ließe sich nur schwer durch ein Obergewand oder Himation bedecken. Sollte man sich Lithargoel und seine Kleidung aber doch unter einem langen Mantel verborgen vorstellen, wäre nach Abwerfen desselben Lithargoels Kleidung im Blick, die Petrus bekannt ist und unter der er schwerlich sofort Jesus erkannt hätte. Vergen einen Vergleichszusammenhang zwischen Ausgangs- und Endpunkt der Verwandlung herstellen. Diese bezeichnet er als metaphorische Metamorphosen, narrative Explikationen der Metapher. Zwischen den beiden Polen gibt es einen Identitätszusammenhang. Nach diesem Muster lässt sich auch die Protagonistentrias der ActPt verstehen. Den Gegensatz dazu bildet die „metonymische Metamorphose“ (ebd., 43), die diese Identität verweigert: Der Zusammenhang zwischen den beiden Polen ist real, aber nicht im Sinne einer gemeinsamen Identität. 406 Lk 23,11 und Joh 19,24 sa. 407 Schenke, NHD, Bd. 2, 452. 408 ActPt p. 8,14 f.: eFS~bbioeit‘ \ntoo15t~n; p. 9,16 f.: etaFS~b17t~F Ntoot~n:.
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mutlich ist bei der Konzeption des Arztes von Anfang an Jesus als zugrunde liegende Gestalt vorgestellt. Die fließenden Übergänge zwischen den drei Figuren legen dies nahe. Trotzdem muss im Erzählerkommentar wohl von Lithargoel hinter der Arztgestalt gesprochen werden (p. 8,13; 9,8), um die Offenbarungsszene nicht vorwegzunehmen und den Zusammenhang der Protagonistentrias zu betonen. Die Veränderung von Lithargoel bzw. Jesus wird mit Sibe beschrieben. Das Bedeutungsspektrum des Verbs reicht über den Aspekt des Verkleidens hinaus, es steht im weiteren Sinne für Veränderung und Transformation. In der Verklärung Jesu wird das griechische μεταμορφόω mit Sibe übersetzt.409 Dort, wie auch in anderen Erzählungen, in denen Jesus seine Gestalt verändert,410 handelt es sich um äußerliche Veränderungen, bei denen die innere Identität gewahrt bleibt. In den ActPt erhalten die beiden Rollen, in denen Jesus auftritt, der Arzt und vor allem Lithargoel, ungewöhnlich viel eigenen Charakter. Doch hinter beiden ist relativ deutlich Jesu Identität verborgen. Die beiden Verwandlungen Jesu stehen nicht im Gegensatz zu einem kontinuierlichen Identitätskonzept. Es entspricht der Göttlichkeit des Erhöhten, dass er sich der Welt in unterschiedlichen Gestalten zeigen kann. Überhaupt waren Verwandlungsgeschichten ein beliebter literarischer Unterhaltungsstoff, an dem sich die ActPt vermutlich orientieren. In der griechischen Mythologie ist der Gestaltwechsel der Götter ein festes und häufiges Motiv. Besonders wandlungslustig war Zeus, der bei seinen amourösen Eskapaden und auf der Flucht vor seiner Ehefrau ständig das Aussehen wechseln musste. So verwandelte er sich z. B. in einen Stier, um die schöne Europa zu entführen oder erscheint Alkmene in der Gestalt ihres Ehemannes Amphitryon und verleitet sie zum unfreiwilligen Ehebruch.411 Die beiden Verwandlungen Jesu haben ähnliche Funktionen. Sie dienen der Unterhaltung, sind aber zugleich lehrhafte Demonstrationen, da sie Askese und Heilung durch Jesu Exempel demonstrieren. p. 9,17–20 Als er uns wahrhaftig offenbart hatte, dass er es war, fielen wir auf die Erde nieder (und) huldigten ihm. Der Satz beginnt als Relativsatz im Perfekt, der sich logisch auf Jesus bezieht, aber keinem Beziehungswort beigeordnet ist. Daher emendieren Wilson und Parrott in 409 Die meisten Handschriften des sahidischen Neuen Testaments beschreiben die Veränderung der Gestalt Jesu mit Sibe (Mk 9,2; Mt 17,2). 410 In den Johannesakten wird von Jesus in verschiedenen Erscheinungen berichtet (ActJ 87,1–93,16). In den Petrusakten erscheint den blinden Witwen bei ihrer Heilung Jesus als älterer Mann, Jüngling und Knabe (ActPe 21, NTApo5, Bd. 2, 276 f.). 411 Diesen Stoff nimmt der römische Komödiendichter Plautus in seiner Verwechslungskomödie Amphitryon wieder auf. Am umfangreichsten verarbeitet aber Ovid die Verwandlungsgeschichten in seinen bekannten und weit rezipierten „Metamorphosen“.
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ihrer Textausgabe einen Umstandssatz im Präsens: e{ta}Fouwn@H. Der Relativsatz im Perfekt steht hier in temporaler Funktion, ist dem folgenden Satz im Perfekt untergeordnet („fielen wir auf die Erde nieder [und] huldigten ihm.“) und vorzeitig zu verstehen.412 Danach ist mit Je ein delokutiver Nominalsatz eingeschoben. Die Reaktion der Jünger wird in zwei kurzen Sätzen im Perfekt beschrieben. Das Verb ouwS~t wird in koptischen Übersetzungen häufig als Äquivalent für προσκυνέω gebraucht.413 Da das Niederwerfen – wie im Islam beim rituellen Salah noch heute – eine übliche Gebetsgeste war, bedeuten die beiden Wörter „verehren“ und „anbeten“, bezeichnen aber auch die Bewegung des Niederfallens, die damit oft einhergeht. Diese körperliche Gestik wird bereits durch pwHt beschrieben, daher soll ouwS~t wohl das huldigende Verhalten der Jünger gegenüber Jesus bezeichnen. Das Niederfallen ist ein typisches Verhalten angesichts der Offenbarung Jesu.414 Der Akt des Niederbeugens, der auch im Hofzeremoniell beheimatet war,415 drückt Demut und Dienstbarkeit aus und kann die Gottesverehrung schlechthin bezeichnen.416 Im Neuen Testament wird die Haltung der Jünger und Sympathisanten gegenüber Jesus in der Regel nur mit προσκυνέω beschrieben und ist meist als bittendes oder huldigendes Niederfallen zu verstehen.417 Hier, in Kombination mit pwHt, ist das demütige Verhalten der Jünger besonders betont. Es geht über die körperliche Ebene hinaus und zeigt ihre innere Ehrfurcht. Doch woran erkennen die Jünger, dass Jesus Christus vor ihnen steht? An dieser Stelle wird dem Leser Wissen vorenthalten. Wir bleiben hinter dem Erkenntnisstand der Jünger zurück, es wird nicht erwähnt, wie sie Jesus identifizieren. Es ist typisch für Erscheinungsgeschichten, dass sie mit Auslassungen, Andeutungen und paradoxen Wendungen erzählen. Jesus wird erkannt und doch wieder nicht, er ist der Gleiche und doch irgendwie anders, er wird berührt, obwohl er unberührbar ist (Joh 20,17.27). Im Anhang des Markusevangeliums wird vermerkt, dass Jesus den Jüngern in anderer Gestalt erschien (Mk 16,12), Matthäus berichtet, dass einige zweifelten (Mt 28,17), die Augen der Emmausjünger „wurden gehalten“ (Lk 24,16) und bei Johannes wird Jesus am Grab von Maria für den Gärtner gehalten (Joh 20,15) und die Jünger erkennen Jesus am Seeufer nicht, trauen sich aber nicht zu fragen, wer er sei, denn „sie wussten, dass es der Herr war“ (21,12). In den meisten Erscheinungsgeschichten erkennen die Jünger ihren Herrn anhand der Kreuzigungs412 Vgl. die Übersetzung von Schenke, NHD, Bd. 2, 452. 413 Vgl. neben Mt 28,9.17 und Lk 24,52 sa. vor allem die Zusammenstellungen bei Crum, Coptic Dictionary, s. v. 414 Vgl. im Evangelium nach Matthäus das Niederfallen der Frauen, als Jesus ihnen am Grab erscheint (Mt 28,9), und der elf Jünger auf dem Berg in Galiläa (28,17). In der Epistula Apostolorum werfen sich die Jünger auf die Erde, nachdem sie sich überzeugt haben, dass wahrhaftig Jesus vor ihnen steht (EpAp p. 12,12 ff.). 415 Vgl. 2Regn 14,33; Mt 2,2.8. 416 Vgl. Dtn 4,19 und Gen 24,26. 417 Vor allem bei Matthäus, vgl. Mt 2,11; 8,2; 9,18; 14,33; 20,20 und 28,9.17; aber auch Lk 24,52.
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male. Im Johannesevangelium erkennen die Jünger Christus an seinen Nägelmalen und dem Lanzenstich (Joh 20,20.25). Das Sehen und Berühren der Hände und Füße Jesu ist auch ein wichtiges Element der Erscheinungserzählung bei Lukas (Lk 24,39 f.) und in der Epistula Apostolorum (p. 12,4 ff.). Da die ActPt betonen, dass Jesus sein Gewand auszieht, erkennen die Jünger ihn wohl anhand von körperlichen Merkmalen. Vermutlich spielt die Szene auf das Enthüllen der Wundmale Jesu an. Denn das Verb bwS, mit dem zuvor das Entkleiden ausgedrückt ist, wird auch gebraucht, um Nacktheit auszudrücken.418 Demnach könnte man sich die Szene so vorstellen, dass Jesus mit freiem Oberkörper vor den Jüngern steht, damit sie seine Seite sehen können. Dieses Bild wäre nach dem Schema bekannter Epiphanien konzipiert. Die Reaktion der Jünger stärkt Jesu erhabene Position. Er ist es, der den Tod besiegt hat und aus seiner Stadt in die Stadt „Wohne“ hinabgestiegen ist, der sich in mehreren Gestalten gezeigt und die Jünger durch Lehre und Beistand bis hierher gebracht hat. Ihm gebührt Verehrung. p. 9,20–22 Wir waren elf Jünger. In der ersten Textausgabe zu den ActPt übersetzt Krause einen appositionellen Nebensatz: „wir, die elf Jünger“ und liest anon ne n{maH}m~ntoue Mmaqhths – die Elemente ne und maH übersetzt er nicht.419 Der asyndetisch angeschlossene Satz wirkt zwar sperrig und vom Kontext abgelöst, kann aber mit allen Satzelementen übersetzt werden. Bei nenmaH handelt es sich um die Imperfektkonjugation und bei meH-, um den status nominalis von mouH, der häufig mit Zahlen zusammensteht.420 In der Erzählung stehen die Begriffe „Jünger“ (hier und p. 12,14) und „Apostel“ nebeneinander. Die Bezeichnung „Apostel“ begegnet allerdings nur im Titel, der vielleicht später nach oberflächlicher Lesung ergänzt wurde (p. 12,22), und in der stark beschädigten Einleitung, wo der Zusammenhang nicht mehr rekonstruierbar ist (p. 1,5). Es ist gut vorstellbar, dass die beiden Begriffe situativ variiert wurden. Allein auf Reisen und zusammenfassend im Titel wird von Aposteln gesprochen, die, wenn sie mit Jesus agieren, aber „Jünger“ genannt werden. Der Begriff Jünger und die Zahl elf passen in den Kontext der Epiphanie. Die Zahl elf datiert die Begegnung mit Jesus in die Zeit 418 Das Verb kann auch mit „entblößen“ übersetzt werden, substantiviert bedeutet es „Nacktheit“ und als Kompositum mit ebol „nackt sein“, s. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, s. v. Es wurde gebraucht, um γύμνωσις und die entsprechenden Ableitungen zu übersetzen, s. Crum, Coptic Dictionary, s. v. 419 Krause, Akten, 117. 420 Vgl. Crum, Coptic Dictionary, s. v., der als Beispiele u. a. Apg 19,7 und Pistis Sophia p. 340,14–16 nennt. Eine ausführliche grammatische Analyse zu dieser Stelle der ActPt findet sich bei Browne, Textual Notes, 305 f.
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zwischen dem Tod des Judas und der Nachwahl des Matthias (vgl. Apg 1,25–26 sa.). Im Vorwort der Apostelgeschichte wird bemerkt, Jesus sei den Aposteln innerhalb der vierzig Tage zwischen Ostern und Himmelfahrt häufiger erschienen (Apg 1,3). Diese Bemerkung regt natürlich die schriftstellerische Phantasie an und öffnet das Tor für weitere Epiphanie- und Unterweisungsgeschichten. In dieser Zeit gab es offenbar nur einen Elferkreis. Die ActPt schließen vielleicht an diese Tradition an und sollen als Erzählung aus dieser Zeit eine „Lücke“ füllen. Die kurze Bemerkung ordnet die Erzählung chronologisch ein. Ihr zufolge schildern die ActPt die Anfänge des apostolischen Wirkens. Die Tatsache, dass Jesus sich mit allen Jüngern unterhält und nicht nur mit einer exklusiven Auswahl einiger von ihnen, signalisiert, dass seine Erklärungen und Aufträge kein Geheimwissen sind, sondern für alle gelten sollen. p. 9,22–23 Er streckte seine Hand aus (und) ließ uns aufstehen. Die beiden Perfektsätze sind unverbunden, sie verweisen aber inhaltlich aufeinander, denn die Geste Jesu bedingt das Aufstehen der Jünger im zweiten Satz. Das Verb sooutN („ausstrecken“), hier als Kompositum soutN ebol, steht substantiviert für „Aufrecht-Sein“ und eine Bewegung in die Höhe.421 Die Geste, die man sich vorstellen soll – eine ausgestreckte Hand, die nach oben geführt wird – ist noch heute in der Körpersprache geläufig und bedeutet einem Menschen, sich zu erheben. Die Jünger reagieren entsprechend und „stellen sich auf ihre Füße“, so die wörtliche Übersetzung der Wendung taHo erat#. Innerhalb der neutestamentlichen Epiphanieberichte wird nur bei Matthäus das Niederfallen erwähnt, aber in der Epistula Apostolorum fordert Jesus seine Jünger auch zum Aufstehen auf.422 Die hoheitliche Geste und die gehorchenden Jünger unterstützen das Bild von dem himmlischen Herrscher, dem die Jünger dienen.
Die Jünger bitten um Kraft (p. 9,23–29) Die Reaktion der Jünger auf Jesu Offenbarung ist lebendig erzählt. Die Szene ist durch viele Verben der Bewegung dynamisch. Es gibt wenig Pronomen und Konjunktionen, die Aussagen schließen oft asyndetisch aneinander an. Damit weist die Textstruktur bereits auf die szenische Erzählkomposition hin, die Einzelheiten erwähnt, die in den summarischen Passagen der ActPt übergangen werden. Die äußere Haltung der elf Jünger wird beschrieben, sie stehen mit gesenkten Köpfen vor Jesus. Auch ihr Inneres 421 S. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, s. v.; Crum, Coptic Dictionary, s. v. 422 Mt 28,9.17; vgl. Lk 24,5; EpAp p. 12,14.
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wird charakterisiert. Sie verhalten sich demütig, sie schämen sich. Damit gewährt die Erzählstimme der Jünger dem Leser interne Einblicke in die Gefühle der Apostel. Zwei Themen dominieren die Wortstruktur der kurzen Szene. Einerseits wird auf hierarchischer Ebene die Niedrigkeit der Jünger ausgedrückt – durch die Demut, die gebeugten Köpfe und ihre Scham. Außerdem werden der Wille Jesu und das Handeln der Jünger korrespondierend miteinander verbunden. Innerhalb der Erzählung blickt die Szene voraus und soll die Handlung vorantreiben. Die Jünger sagen Jesus ihren Dienst bereits zu, ohne die Aufgaben erhalten zu haben, die ihnen erst ab p. 9,33 gegeben werden. Nur auf der inhaltlichen, nicht auf der chronologischen Ebene streift die Erzählung kurz zurück zu der Gesprächsszene zwischen Petrus und Lithargoel, in der Jesus als große Kraft bezeichnet wird, die Kraft gibt (p. 6,17). Um eine solche Kraft wird Jesus nun gebeten. p. 9,23–26 Wir redeten ihn in Demut an. Unsere Köpfe waren vor Scham nach unten gebeugt. Nach der Offenbarung ergreifen die Jünger als erste das Wort. Ihre Demut ist nicht nur das angemessene Verhalten gegenüber dem auferstandenen und verherrlichten Christus, sondern sollte überhaupt das Verhalten der Christen untereinander und zu Gott prägen.423 So wie der Zöllner nicht zum Himmel aufblicken will, als er demütig vor Gott tritt (Lk 18,13), so blicken auch die Jünger nach unten. Der folgende Adverbialsatz beschreibt, wie die Jünger sich schämen und eine dafür typische Körperhaltung einnehmen. Jpiht („beschämt, bescheiden“), der Stativ von Jpio, kann auch einen schamhaften Gesichtsausdruck beschreiben.424 In der Epiphanieschilderung der Epistula Apostolorum berühren die Jünger Jesus, als er ihnen erscheint, um zu überprüfen, ob er wahrhaftig als Auferstandener vor ihnen steht (p. 12,10 ff.). Danach werfen sie sich zu Boden und bitten, dass ihnen ihr Unglauben verziehen wird, von dem sogar als Sünde die Rede ist. In ganz ähnlicher Weise könnte also die Scham der Jünger in den ActPt daraus resultieren, dass sie – vor allem Petrus – Jesus nicht erkennen. Sie werden nicht nur als Jesus ehrende, respektvolle und damit vorbildliche Gruppe charakterisiert, sondern stehen exemplarisch für die Menschen, die vor dem Göttlichen naturgemäß imperfekt erscheinen, sündigen und unverständig sind.
423 Demut, griechisch ταπεινοφροσύνη, vor Gott verlangt z. B. Paulus in 1Kor 4,7, da der Mensch alles von Gott empfange. Rechtfertigung erlangt nach Lk 18,14 derjenige, der demütig vor Gott tritt und sich selbst erniedrigt. 424 Crum, Coptic Dictionary, s. v. In bohairischen Handschriften des Neuen Testaments steht oumetJfihT (sa. mntJpiht) nur in 1Tim 2,9, in der Aufforderung an die Frauen, sich schamhaft zu verhalten.
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p. 9,26–29 Wir sagten: „Das, was du willst, werden wir tun. Aber gib uns Kraft, damit wir allezeit das tun, was du wünschst.“ Ein koordinierender Umstandssatz leitet die Worte der Jünger ein. Die Jünger verkündigen, sie seien Jesus zu Diensten. Was sie tun, hängt von Jesu Willen ab. Auf der Satzebene wird das durch den Bezug zwischen eire auf ouoS im übergeordneten Satz ganz deutlich. Der folgende Aufforderungssatz ist zugleich eine Einschränkung dieser Zusage. Nur wenn die Jünger Kraft bekommen, können sie Jesu Willen ausführen. Hier wurde das Verb T mit seiner eigentlich selbstständigen Imperativform ma- kombiniert, die beiden Formen stehen häufig miteinander verbunden.425 In chiastischer Form beginnt und endet die Rede der Jünger mit dem Verweis auf Jesu Willen. Hne, das abschließend gebraucht wird, steht als Synonym zu dem Verb ouwS, das ihre Rede einleitet. steht in den ActPt immer im Verhältnis zu Gott.426 Petrus bittet Lithargoel um Kraft für den asketischen Weg, woraufhin dieser erwidert, der Name „Jesus“ sei eine große Kraft, die Kraft gibt (p. 6,12.17). Bei seiner Vision sieht Petrus im Himmel „große Kräfte“ (p. 6,32). Die Jünger sollen ohne weltliche Medizin, sondern mittels göttlicher Kraft Heilungen vornehmen (p. 11,22). Im Zusammenhang einer Epiphanie ist es nicht ungewöhnlich, dass Apostel um Jesu Beistand bitten. Im „Brief des Jakobus“ wollen die Jünger Jesus gehorchen, Jakobus bittet Jesus aber, sie dabei vor den Versuchungen des Teufels zu beschützen (EpJac NHC I,2 p. 4,23–30). In den ActPt wurde bereits die Bitte des Petrus um Jesu Beistand erfüllt, nur so kommen die Apostel unversehrt und scheinbar mühelos in Christi Stadt. Anthropologisch betrachtet, steht hinter den Aposteln die Vorstellung vom fehlbaren und schwachen Menschen, der auf Gottes Kraft angewiesen ist. Das Fehlen von Wundern oder apostolischen Machttaten und die Selbstzweifel der Apostel innerhalb der ActPt unterstützen dieses Konzept. An diesem Punkt besteht Nähe zum paulinischen Menschenbild, wie es im 2. Korintherbrief entfaltet wird. Dort wird in defensiver Auseinandersetzung der menschlichen Selbstherrlichkeit positiv die Schwäche entgegengestellt, in der Gottes Kraft am tiefsten zu erfahren ist.427 Gom
Die Jünger mögen unvollkommen sein, an Diensteifer und Fleiß mangelt es ihnen in den ActPt nicht. In anderen Apostelgeschichten wird erwähnt, dass manche vor ihrem
425 S. Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, 85. 426 S. ActPt p. 6,12.17.32; 9,28; 11,22. 427 2Kor 12,9 f.; 13,4. In 2Kor 10–13 verteidigt Paulus seinen Aposteldienst und stellt seine Schwäche als Voraussetzung für Gottes Wirken durch ihn dar.
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Dienst fliehen wollten, z. B. der Apostel Thomas.428 Hier sagen sie bereits ihren Dienst zu und bitten vorsorglich um Kraft, bevor ihnen eine Aufgabe übertragen wird.
Jesus sendet die Jünger in die Stadt „Wohne“ (p. 9,30–10,13) Der Stil und der Ton der Erzählung ändern sich. Der persönliche Erlebnisbericht der Apostel wird von der unterweisenden Auftragsrede Jesu abgelöst. Damit geht der Wechsel der Erzählstimme einher. Die Geschichte wird nicht mehr von der persönlichen Erzählstimme des Petrus bzw. der Gruppe der Jünger erzählt, sondern von einer unbekannten und unbeteiligten Erzählinstanz. Sie hat allwissende Einblicke (vgl. p. 11,1), gibt aber kaum nonverbale Vorgänge oder Details der Erzählwelt preis, da sie allein im Dienst der Rede Jesu steht. Es wird nur auf die Jünger eingegangen, damit Jesus ihre Reaktion aufnehmen und weitersprechen kann. Auch diese Szene beschreibt nur knapp Jesu Handeln und leitet dann seine Rede ein. Die Fokussierung auf Jesu Worte und das Zurücktreten anderer Handlungs- und Dialogelemente ist typischer Erzählstil in den sogenannten Dialogevangelien, wie z. B. der Epistula Apostolorum oder dem „Brief des Jakobus“ (NHC I,2). Zu Beginn dieser Szene wird die Erzählwelt aufgenommen, denn mit der Übergabe der medizinischen Ausstattung wird an die vorherige Arztszene angeknüpft. Die Übergabe dieser Gegenstände ist wohl final bestimmt, da die Jünger laut göttlichem Auftrag zur Heilung autorisiert und befehligt werden. Ganz abgesehen davon, dass anfangs von dem Geschenk einer Perle die Rede war, ist es merkwürdig, dass die Jünger hier medizinisches Equipment in die Hand bekommen, aber keinen Befehl zur Heilung erhalten. Die Anweisungen zur Heilung werden erst später gegeben und mit einer erneuten Übergabe des Medizinbeutels eingeleitet (p. 10,31 ff.) – obwohl dieser bereits im Besitz der Jünger ist. Der Verweis auf die Perle – „Das, wovon ich zu euch gesagt habe, dass ich es euch für Nichts geben werde“ (p. 10,12 f.) – bezieht sich zurück auf Lithargoels Perlenverheißung an die Armen (p. 4,10–15.29–34). Die Analepse zeugt von der Identitätsverbindung zwischen den beiden Charakteren Lithargoel und Jesus. Durch diesen Verweis bekennt sich Jesus vor seinen Jüngern quasi indirekt zu seinem Auftritt als Lithargoel. Insgesamt schließt die Szene chronologisch schlüssig an die Offenbarung und die Dienstbereitschaft der Jünger an. Der zentrale Auftrag, in die Stadt „Wohne“ zurückzukehren, steht am Beginn von Jesu Rede und leitet diese ein.
428 Thomas will partout nicht nach Indien gehen, auch eine Erscheinung des Herrn mit der Zusage seines Beistandes kann das nicht ändern. Gegen seinen Willen muss er von Jesus als Sklave und Zimmermann dorthin verkauft werden (ActThom 1–2).
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Jesus tritt in der Szene autoritativ auf. Seine Handlungen und Worte werden erzählt, die Reaktionen der Schüler nicht. Sie sind ihm dienstbar untergeordnet und werden nur pronominal als Empfänger seiner Gaben und Befehle erwähnt. p. 9,30–32 Er gab ihnen den Arzneikasten und das Köfferchen, das der Junge in der Hand hatte. Der Arzneikasten und das Köfferchen sind bereits erwähnt worden, als die Jünger den Arzt mit seinem Schüler treffen (p. 8,16.18 f.). Im Vergleich zu dieser Stelle finden sich hier zwei orthografische Inkongruenzen. Statt nartos MpaHre (für griechisch νάρθηξ) steht hier nardos Nte Tm~ntsaeit. Eine abweichende Schreibung wie nardos mit d findet sich innerhalb einer Schrift häufiger, auch in den ActPt.429 Das Substantiv saeit mit Abstraktum mnt ist nicht belegt, die Wendung müsste mit „Kasten der Berühmtheit“ oder „Kasten des Berichtes“ übersetzt werden. Da das wenig sinnvoll ist, konjizieren die meisten Textausgaben saei, „Kasten der Arztkunst“, gemeint ist ein Arzneikasten.430 Diese Lesung ist sehr wahrscheinlich, denn der Arzt (saein) trat mit diesem Kasten unterm Arm auf und hier wird gedanklich an das Bild von p. 8,15 ff. angeknüpft. Das erwähnte Köfferchen war ebenfalls im Bild und ist dort als Medizinköfferchen näher beschrieben. Ein weiterer Import aus jener Szene ist der rätselhafte Jüngling, einst Schüler des nun verwandelten Arztes. Hier wird noch einmal auf ihn verwiesen, danach verschwindet er aus den Augen der Erzählstimme. Am Ende verlässt Jesus allein die Erzählwelt und auch die Jünger scheinen allein zurückzubleiben. Über den Verbleib des Schülers erfährt der Leser nichts. Die Erwähnung des Jünglings, des Arzneikastens und des Beutels haben eine wichtige Funktion innerhalb der Erzählkomposition, da sie der Epiphanieszene einen Rahmen geben. Bevor Jesu imperativische Lehrrede beginnt, wird an die vorherige Arztszene angeknüpft, um deren medizinische Ausstattung sinnvoll in den weiteren Erzählverlauf einzubetten. Der Erwähnung von zwei Medizinbehältern und deren Übergabe, die doppelt erzählt wird, versucht Schenke einen Sinn abzuringen, indem er überlegt, ob die Behälter vielleicht verschiedene Funktion haben sollen.431 Davon ausgehend, könnte man überlegen, ob der Arzneikasten, den Jesus unter dem Arm trägt, für die Heilung der Seelen gedacht ist. Das Köfferchen, das der Schüler trägt, sollen die Jünger vielleicht zur wundersamen Heilung der körperlichen Krankheiten verwenden. Doch 429 Die sahidische Form ouwS hat ein Pendant mit Sprossvokal: ouwSe (p. 8,22). Die Verben loiGe und Ji stehen plene neben der sahidischen Schreibung: loeiGe (p. 5,30; 6,6.8), Jei (p. 12,5). 430 Wilson/Parrott, Acts, 224, setzen eine Konjektur, Ghica, Les Actes, 291, bietet sie im Apparat. Krause, Akten, 118, korrigiert nicht, übersetzt aber „Arztgewerbe“. Genauer genommen kommt er zu der Übersetzung „Nardenöl des Arztgewerbes“, da er nardos mit „Nardenöl“ übersetzt. 431 Schenke, NTApo5, Bd. 2, 373.
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III Kommentar
bleibt fraglich, wieso Jesus bei seinem Auftrag zur Lehre beide Behälter überreicht und nicht später, bei der Aufforderung zur Heilung. Auch Jesu Befehl „ohne Medizin von diesem Äon“ zu heilen (p. 11,23 f.), lässt sich nicht zwanglos mit dieser Deutung vereinbaren. Der Auferstandene erscheint selten als Überbringer materieller Gegenstände, in der Regel wird er als Lehrer gezeigt, der allenfalls ankündigt, dass seine Schüler zu einer bestimmte Zeit an einem Ort gewisse Dinge erhalten werden. Zu Beginn der Thomasakten übergibt er Thomas den Geldbetrag, für den Jesus ihn an Abban verkauft hatte. Die Intention dort ist nur erzählintern, der Kauf soll rechtmäßig besiegelt sein, außerdem wäre es anstößig, wenn Jesus das Geld behielte. Die Medizinübergabe der ActPt soll hingegen in die Lebenswelt der Leser hineinreichen, denn die Verwendung bestimmter „Medizin“ scheint durch Jesu Geste generell legitimiert, ja sogar geboten. p. 9,33–10,4 So gab er ihnen Anweisungen (p. 10) (und) sagte: „Geht hinein [in die] Stadt, aus [der] ihr gekommen seid, diese die ‚Wohne, weile auf Geduld‘ genannt wird.“ Der Satz wird mit dem griechischen Lehnwort paraggile („anweisen, befehlen“) eingeleitet, dass am Beginn der Auftragsrede Jesu steht. Als Signalwort zeigt es an, dass eine anweisende Rede nun den erzählenden Stil ablöst. Die Wendung Mpirhte („auf diese Weise“) bezieht sich im Satz voraus auf die Anweisungen Jesu. Diese beginnen mit einem Imperativ: „Geht!“ Die Zeit vor der Stadt „Neun Pforten“ wird also sofort begrenzt, kaum angekommen, werden die Jünger in die Stadt „Wohne“ zurückgeschickt. Einige Textausgaben nehmen eine Satztrennung nach Gwr\G vor und übersetzen moun („bleiben“) nicht als Jussiv im Namen der Stadt, sondern als imperativischen Satzanfang: „Geht in die Stadt, aus der ihr gekommen seid, die „Wohne“ genannt wird. Bleibt in Geduld, indem ihr alle belehrt (…)“.432 Der Rand der zehnten Seite ist stark beschädigt, möglicherweise stand nach Gwr@G („Wohne“) ein Punkt, vorausgesetzt der Schreiber schrieb über den Rand hinaus. Gemäß der Namensdeutung im Gespräch des Petrus mit dem Greis (p. 7,5.9) gehört die Aufforderung zur Geduld jedoch zum Namen der Stadt. Eine solche Übersetzung ist inhaltlich auch sinnvoller, denn Hupomonh wird in den ActPt immer im Kontext von Versuchungen bzw. Prüfungen gebraucht. Es ist als Ausharren in Widrigkeiten, nicht als geduldiges Dableiben zu verstehen. Mit dem Bewältigen des Weges haben die Jünger bewiesen, dass sie – kraft des Glaubens – den großen Herausforderungen standhalten. Diese „Glaubenstugend“ sollen sie nun durch die Lehre weitergeben. Zu dieser Lehrtätigkeit werden sie jetzt aufgefordert und nicht zur Standhaftigkeit, die sie bereits bewiesen haben. 432 So übersetzen Krause, 118, und Wilson/Parrott, Acts, 224. Sie rekonstruieren allerdings keinen satztrennenden Punkt im koptischen Text.
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Aus Sicht der Armen, die sich auf das Perlengeschenk in der Himmelsstadt gefreut haben, müsste dieser Befehl eine tragische Wende bedeuten. Nach dem gefährlichen Weg werden die Jünger nicht mit der versprochenen Perle in der Himmelsstadt belohnt, sondern müssen in die widrige Stadt „Wohne“ zurück. Bewusst oder unbewusst wurde hier das Motiv von der Rückkehr des Helden verarbeitet. Ein ähnliches Schicksal ereilt auch den Weisen in einem der bekanntesten Gleichnisse der antiken Philosophie. Im Höhlengleichnis von Platon fühlt sich derjenige, der zur Schau der höchsten Idee des Guten durchgedrungen ist, genötigt, wieder in die Höhle zurückkehren, um sein Wissen in der Schattenwelt weiterzugeben und andere zur Erkenntnis zu führen.433 Der Weise verfügt nach Platon über die Tugend der Gerechtigkeit und fühlt sich dieser Aufgabe verpflichtet. Die Jünger in den ActPt sind es, weil ihre Aufgabe die Mission ist. Sie stehen im Dienst des Herrn und wollen sein Wort in jeder Stadt verbreiten (p. 1,10 f.; 5,13 f.). Das Höhlengleichnis war (und ist) ein viel rezipierter und verarbeiteter Text, gerade in christlichen Kreisen. Die beiden Grundzüge, die Gefangenschaft in der finsteren Welt, aus der eine Befreiung mit einem Aufstieg zum Licht erfolgt, wurden mit christlichen Vorstellungen verbunden.434 Die ActPt erzählen freilich nicht das christlich überformte Gleichnis, nehmen aber seine Grundzüge in der Erzählung auf: Die Apostel fühlen sich als Fremde in einer Gemeinschaft, die voller Bedrängnisse ist (p. 6,29 f.; 7,12–14). Mit der Hilfe Lithargoels gelingt es den Aposteln auf einem schwierigen Weg zu entkommen, der wie ein Aufstieg wirkt und zur friedlichen Stadt des Höchsten führt, die ihnen als ein Ort voller Ruhe und Frieden erscheint. Sie lagern vor dem Tor, das auch bei Platon die Trennlinie zwischen der Höhle und der Sonne bildet. Die Vervollkommnung in der Askese und die Rede Jesu stehen für den Erkenntnisprozess und an dieser Stelle wird die spätere Rückkehr der Jünger angedeutet, um die anderen Menschen zu belehren. Besondere Parallelen finden sich zwischen der Bildwelt der ActPt und Gregor von Nyssas Anwendung des Höhlengleichnisses auf das Leben und den Tod des Menschen. Gregor vergleicht das irdische Leben mit einem Gefängnis und die himmlische Welt mit einer herrlichen Stadt. Das Element der Rückkehr nimmt er nur so auf, dass er bemerkt, diejenigen, die schon im Jenseits seien, also außerhalb des Gefängnisses lebten, müssten weinen und klagen über alle Menschen, die noch auf Erden weilen.435
433 Plat. rep. 514a–521.539d–541b. Das Gleichnis veranschaulicht den philosophischen Bildungsweg, der als Befreiungsprozess dargestellt wird. Für den Aufstieg aus der Höhle des Nichtwissens und der Schattenwissenschaften zur Schau der wahren Ideen und Erkenntnis benötigen die Menschen Hilfe. Darum wird der Weise, der sich der Gerechtigkeit verpflichtet fühlt, umkehren. 434 So verarbeiten Arnobius der Ältere, Gregor von Nyssa, Papst Gregor I. und schließlich Symeon, der Neue Theologe, das Gleichnis in zentralen Texten (gesammelt bei Blum, Höhlengleichnisse). 435 Der Grund, den Gregor für ihre Trauer angibt, knüpft an den erkenntnistheoretischen Hintergrund des Höhlengleichnisses an: „weil sie diese Schönheiten der jenseitigen Welt, die gänzlich ohne Materie sind, nicht sehen“ (zitiert nach: Blum, Verbindung, 47).
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III Kommentar
In den ActPt ist die Rückkehr durch eine Synthese aus Lehre und Diakonie begründet. Die Jünger sollen in erster Linie lehren – den Armen „ihren Bedarf“ geben – aber auch körperliche wie seelische Krankheiten heilen (p. 10,4–10; 11,19–26). Die Rückkehr und das Ausführen dieser Aufgaben wird nicht mehr erzählt. Davon sollen vielleicht andere Berichte zeugen, wie die kanonisch gewordene Apostelgeschichte und andere Apostelakten, die dem Verfasser- und Leserkreis der ActPt vermutlich mindestens teilweise bekannt waren. p. 10,4–7 „(Und) lehrt all jene, die an meinen Namen glauben, dass ich geduldig war in den Mühen des Glaubens.“ Der Umstandssatz, der in der Übersetzung mit „und“ einen neuen Satz einleitet, bezieht sich auf die vorangehende Aufforderung in die Stadt „Wohne“ zurückzukehren. Dort angelangt, sollen die Apostel Jesu Verhalten als Vorbild verkündigen. Damit ist keine Mission gemeint, sondern die Unterweisung von Menschen, die bereits zum Glauben gefunden haben. Der Umstandssatz im Perfekt drückt klassisch die Vorzeitigkeit aus: die Menschen glauben bereits an Jesu Namen. Mit Blick auf die Erzählwelt der Stadt „Wohne“ scheinen damit zunächst die Armen und Bettler gemeint zu sein. Sie haben auch dem Perlenversprechen Lithargoels Glauben geschenkt und es in großer Freude aufgenommen. Die Formulierung „an den Namen glauben“ ist eine typische Wendung im frühen christlichen Sprachgebrauch.436 Der Name Jesu ist von seiner Person nicht zu trennen. Was „in Jesu Namen“ geschieht, ereignet sich nicht nur in der Vollmacht oder im Auftrag Jesu, sondern wirklich durch ihn, den auferstandenen und erhöhten Herrn, dessen Wirken allgegenwärtig ist.437 Die Wendung „Name Jesu“ kann meist – wie auch an dieser Stelle – durch „Jesus“ ersetzt werden. Die Jünger erhalten keinen Missionsbefehl, sondern einen speziellen Verkündigungsauftrag. Der bereits bestehende Glaube an Jesus Christus soll durch das Beispiel des geduldigen Jesus vertieft werden. Damit wird die Geduld, ein Hauptthema der ActPt, wieder aufgegriffen und christologisch verankert. Zwei Dinge sind bemerkenswert an dieser Forderung: einerseits, dass Jesus als Vorbild der Geduld dargestellt wird, andererseits, dass vom Glauben Christi, nicht vom Christus-Glauben die Rede ist. Bereits im Gespräch mit Petrus hat Lithargoel alias Jesus betont, dass er auf den Vater vertraut, der Jesus gesandt hat (p. 6,18 f.). In diesem Kontext ist seine Geduld in den Mühen des Glaubens wohl als das geduldige Ausführen des Willens Gottes, seines Vaters, zu verstehen. Das scheint auf das ganze irdische Leben Jesu, vielleicht beson436 Vgl. Joh 1,12; 2,23; 3,18; 1Joh 3,23; 5,13: pisteue epeFran/epran; vgl. auch EpAp 36; 37 (äthiopischer Text). 437 Vgl. Apg 3,6.15 f.; 4,7.10.12; 8,12; 26,9.
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ders auf sein Verhalten während seiner Passion hinzuweisen (z. B. Mk 14,36 parr). Ganz ähnlich wird Jesus im Hebräerbrief als „Anführer und Vollender des Glaubens“ und geduldiges Vorbild im Leiden gepriesen (Hebr 12,2 f.).438 In frühchristlichen Schriften wird die Geduld als Element der Nachfolge des geduldigen Jesus häufiger betont. Tertullian hebt die übernatürliche Geduld in Jesu ganzem Leben hervor und lobt sie als beispielhaft.439 Meistens wird die Geduld aber mit Jesu Leiden, mitunter auch mit dem Schicksal christlicher Märtyrer verknüpft. So fordert Polykarp von Smyrna im Brief an die Philipper zur Nachahmung der Geduld Christi im Leiden auf,440 auch Pseudo-Makarios lobt Christus als Vorbild der Geduld im Leiden.441 Auch in den ActPt ist die Geduld als Ausharren verstanden und mit Christi Leiden verknüpft. Allerdings wird nirgends erwähnt, dass um des Bekenntnisses willen gelitten werden sollte, und es werden keine physischen Gewalterfahrungen reflektiert. Die Annahme einer Christenverfolgung als Hintergrund kann aus den ActPt nicht direkt abgeleitet werden.442 Jesus Christus wird zwar als Exempel für die Geduld in den Mühen des Glaubens dargestellt, doch wird damit nicht implizit zum Ertragen von Gewalt und Tod aufgefordert. Nimmt man an, dass das Vorbild Jesu als Imperativ für die Menschen der Stadt „Wohne“ bzw. den intendierten Leserkreis der ActPt wirken soll, dürften die Mühen des Glaubens auf ihrer Ebene dann die asketischen Forderungen Lithargoels sein.
438 Die Formulierung τῆς πίστεως ἀρχηγὸν καὶ τελειωτὴν Ἰησοῦν (Hebr 12,2) lässt Jesus, der auf dem Glaubensweg weitergeht und ans Ziel führt, neben die Glaubenszeugen des alten Bundes treten. 439 Besonders im dritten Kapitel von de patientia betont Tertullian die Geduld Christi, die freilich göttlicher Art sei und von keinem Menschen so erbracht werden könne (patient. 3,3): Et haec quidem diuinae patientiae species quasi de longinquo (…). 440 Polyc 8,2: μιμηταὶ οὖν γενώμεθα τῆς ὑπομονῆς , καὶ ἐὰν πάσχομεν διὰ τὸ ὄνομα αὐτοῦ, (…). 441 Die Mitbürger der himmlischen Stadt werden wollen, müssen auch mit Christus auf dem engen Weg wandeln und leiden. Jesus Christus und sein Leidensweg dienen als Vorbild, Mac. Aeg. hom. 12,55 f.: (…) τύπος ἡμῖν γιγνόμενος. διὰ ὕβρεων στέφανον ἀκάνθινον ἐπὶ τῆς κεφαλῆς ἐφόρεσεν, ἐμπτύσματα ὑπέστη, ῥαπίσματα, σταυρόν. 442 Molinari, Acts, 204, legt dar, dass während der decianischen Verfolgung besonders viele und vor allem reiche Gemeindemitglieder ihren Glauben verleugneten und nimmt an, dies stehe hinter der harschen Kritik an den Reichen in den ActPt. Außerdem verweist er auf eine Krankheitswelle („plague“, ebd., 226 ff.), die Nordafrika nach der Verfolgung heimsuchte. Die Versorgung der körperlich Kranken, aber auch der seelisch Kranken (lapsi) seien große Herausforderungen für die Gemeinden gewesen, zu denen die ActPt auffordern. Doch die ActPt nehmen nicht auf Verfolgung oder Martyrium Bezug und Reichtum wird aus einer asketischen Überzeugung heraus kritisiert.
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III Kommentar
p. 10,7–8 „Ich selbst werde euch euren Lohn geben.“ In seiner wörtlichen Rede wird Jesus durch die Satzstellung hervorgehoben, denn das Pronomen anok („ich“) eröffnet den Satz. Dieser Betonung seiner Person entspricht das „selbst“ in der Übersetzung. Der Satz ist futurisch transponiert. Die Jünger erhalten das Versprechen, dass sie in unbestimmter Zeit eine Belohnung von Jesus bekommen werden. T Mpbeke findet sich als geprägte Wendung für das Zahlen eines Lohnes, wobei μιστός das griechische Äquivalent für beke ist.443 Wird dem Menschen von Gott Lohn in Aussicht gestellt, so wird dieser im Neuen Testament im Hinblick auf das Reich Gottes verheißen.444 Der göttliche Lohn ist weltlicher Anerkennung und materiellen Gütern entgegengesetzt. Neutestamentlich steht für diesen Lohn mitunter in metaphorischer Sprache klom (griechisch στέφανος) als Kranz des Lebens (Jak 1,12), der Gerechtigkeit (2Tim 4,8) oder Herrlichkeit (1Petr 5,4). Nur in Bildern wird von der zukünftigen Teilhabe am Himmelreich gesprochen, das sich der menschlichen Vorstellung entzieht. Etwas deutlicher wird das Himmelreich in der Bergpredigt als achtfache Heilszusage verheißen (Mt 5,3–10). Natürlich ist keine individuelle Auferstehung nach dem Tod, sondern die Teilhabe an der neuen Welt Gottes im Blick, die mit Jesu Parusie verknüpft ist. Darum ist Jesus oft als Überbringer des Lohnes im Bild (2Tim 4,8; 1Petr 5,4; Kol 3,24; Offb 22,12; vgl. auch 2Clem 3,3 und Barn 1,3–5). So ähnlich dürfte das Lohnversprechen an die Jünger hier in den ActPt zu verstehen sein, wenn man die futurische Formulierung ernst nimmt. Dieser Lohn ist nicht mit der Perle identisch. Die versprochenen Güter haben allerdings einige Gemeinsamkeiten: Beide werden nach Erfüllen bestimmter Bedingungen in der Zukunft von Jesus Christus verliehen (p. 4,10–15.29–34; 10,11). Die Perle ist mit der Stadt Christi verknüpft und erfordert das Bewältigen des Weges. Der Lohn ist mit dem Lehrauftrag verbunden. Beide Begriffe scheinen an der Schnittstelle zwischen Soteriologie und Eschatologie zu stehen. Die Erzählung verwendet beide Begriffe separat. Denn im nächsten Atemzug (p. 10,11–13) wird in einem anderen Zusammenhang die Perle erwähnt, die Jesus den Armen und den Jüngern(!) versprochen hat. p. 10,8–13 „Gebt den Armen jener Stadt ihren Lebensbedarf, bis ich ihnen jenes Bessere gebe. Das, wovon ich zu euch gesagt habe, dass ich es euch für Nichts geben werde.“ Nach der kurzen Bemerkung über den Verdienst der Jünger wird ihr Dienst für die Armen weiter beschrieben. Mit dem Imperativ „Gebt!“ wird an die vorherige Aufforde-
443 Crum, Coptic Dictionary, s. v. 444 Vgl. die Zuspitzung am Ende der Seligpreisungen/Feldrede (Mt 5,11 f./Lk 6,22 f.), in der vergleichenden Rede vom Erntefeld Gottes (Joh 4,36), und im Bild vom Ackerfeld und vom Baumeister (1Kor 3,8.14 ff.).
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rung, in die Stadt zu gehen, angeknüpft. Dort sollen die Jünger den Armen nicht nur Lehre, sondern auch ihren Lebensbedarf geben. Aus dieser Forderung geht hervor, dass die Armen bereits glauben, die positive Charakterisierung dieser Gruppe innerhalb der Erzählung bestärkt diese Annahme. Sie wird auch durch die Struktur und Anordnung der Befehle Jesu bestärkt. Sie werden in dieser Reihenfolge erteilt: (1) Geht in die Stadt zurück; (2) lehrt – all diese, die an meinen Namen glauben; (3) gebt den Armen ihren Bedarf; (4) heilt – jene, die an meinen Namen glauben. Da der erste Befehl nur die Voraussetzung für die folgenden ist, ist nur der dritte Auftrag nicht beschränkt – vermutlich weil die Armen die Glaubensvoraussetzung voll erfüllen. Der an xria anknüpfende Finalsatz „damit sie leben werden“ legt nahe, dass das griechische Lehnwort hier im Sinne von „Bedarf“ übersetzt werden sollte. In Kombination mit dem Finalsatz wurde verkürzt „Lebensbedarf“ übersetzt, wörtlich hieße es: „Den Armen jener Stadt, gebt ihnen ihren Bedarf, damit sie leben werden davon.“ Je nachdem wie man den Bezug der präpositionalen Wendung eros ausmacht, die sich sowohl auf xria als auch auf polis („Stadt“) beziehen könnte, sollen die Armen von dem Bedarf leben bzw. in der Stadt (über)leben. Der Bezug auf die Stadt, „damit sie leben werden in ihr“, würde inhaltlich mit der Aussage des Greises korrespondieren, dass die Stadt eines jeden Geduldigen bewohnt ist (p. 7,10). Allerdings steht dort Gw!rG („wohnen“), hier wn\H („leben“), das macht einen Bezug eher unwahrscheinlich. Sollte hier doch auf den Vergleich des Greises angespielt sein, stünde wn\H für das wahre Leben in der Stadt, das zur Unsterblichkeit führt.445 In der Übersetzung wurde aber von dem Zusammenhang mit xria, also dem Bedarf ausgegangen, da dies der syntaktisch näherliegende Bezug ist. Der Limitativ (SanTT) zieht eine zeitliche Grenze: Die Jünger sollen ihre Aufgabe ausführen, bis Jesus den Armen das Bessere gibt. Damit ist die Perle gemeint, die Lithargoel den Armen und Bettlern versprochen hat. Hier erklärt Jesus, er werde sie den Armen umsonst geben, ohne die Bedingung des Weges zu nennen. Daraus muss nicht gefolgert werden, dass sich die erzählerische Konzeption oder die inhaltliche Bestimmung der Perle verändert hätten.446 Rückblenden wiederholen häufig nur die Punkte, die für den aktuellen Handlungsstrang wichtig sind. Umgekehrt lässt sich aus dem Verschweigen der Bedingung folgern, dass damit gerechnet wird, dass jene Menschen, die an Jesus glauben, den Weg bewältigen
445 wn\H bezeichnet sowohl das irdische Leben (vgl. Röm 7,9; 1Kor 7,39) als auch das jenseitige Leben durch Christus (vgl. 1Kor 15,36; 2Kor 13,4; s. auch Joh 4,10), ganz ähnlich der Hieroglyphe, die für das irdische Leben steht, als Anch-Symbol aber auf das jenseitige Leben hinweist. 446 Ghica, Les Actes, 385 f., konzentriert sich in seiner Analyse darauf, dass sich an dieser Stelle die Konzeption der Perle geändert hat, und nimmt dies als Indiz für redaktionelle Bearbeitung. Die Perle werde nun ohne persönliche Anstrengung vergeben, stehe entsprechend für das sola gratia und leugne die paulinische Lehre von der Zusammenarbeit mit der göttlichen Gnade und dem Willen des Einzelnen im Erlösungsgeschehen.
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werden, sich seine Geduld zum Vorbild nehmen und sich an das Vorbild der Apostel halten. Viel erstaunlicher ist, dass die Rückblende die Jünger in den Kreis inkludiert, den Lithargoel in der Stadt „Wohne“ ansprach. Dort stand nur Petrus dabei, die anderen Jünger warteten am Hafen. Vermutlich wird die Gruppe der Apostel einfach mit Petrus gleichgesetzt, da Jesus sich bei seinen Aufträgen allen Aposteln zuwendet und sie in der 2. Person Plural anspricht. Vielleicht wird auch die entsprechende wörtliche Rede von p. 4,14 f. wiederholt. Schenke rechnet mit einem Flüchtigkeitsfehler des Schreibers. Er gleicht die Inkohärenz durch eine Konjektur aus und löst das Problem des zweiten nht~n („euch“), indem er Je die direkte Rede einleiten lässt – und Jesus sich damit selbst zitiert: „(…) wovon ich gesagt habe: ‚Ich werde es euch zum Geschenk machen.‘“447 Dieser Eingriff in den Text dient der logischen Wiedergabe des Erzählverlaufs. Jesu Aussage ist aber auch ohne Konjektur verständlich. Klärungsbedürftig ist die Frage nach dem Verständnis dieser Forderung. Ist mit dem Lebensbedarf der materielle Unterhalt gemeint oder wird von geistlicher Nahrung gesprochen? Ghica liest aus diesen Versen eine sozial-diakonisch motivierte Theologie, die er der redaktionellen Ebene zuweist.448 Ebenso interpretiert Molinari diese Verse auf materieller Ebene und schließt daraus, dass die ActPt auf eine soziale Not-, sogar Hungersituation reagieren.449 Zweifelsohne ist die Forderung der Armenfürsorge als ethischer Grundbestand des jüdisch-christlichen Glaubens in der frühchristlichen Literatur sehr präsent. Im Hirten des Hermas sollen sich wohlhabende Christen anstatt irdischer Äcker und Häuser bedrängte Seelen „kaufen“, gemeint ist, Witwen, Waisen, Kranken und Armen materielle Unterstützung zukommen zu lassen, um so Grundstücke in der himmlischen Stadt zu erwerben.450 Der Apostel Thomas schenkt das Geld des Königs Gundaforan den Armen und baut ihm einen himmlischen Palast anstelle eines irdischen.451 Der Auftrag einer materiellen Armenfürsorge fügt sich widerspruchslos in diesen Kontext ein. Auch Petrus versteht Jesu Forderung im Folgenden so (p. 10,20 f.) und fragt, wie er dies ohne finanzielle Mittel bewerkstelligen soll. Darauf kritisiert ihn Jesus und belehrt ihn, er besäße mit dem Glauben einen unerdenklichen Reichtum,
447 In p. 10,12 liest Schenke, NHD, Bd. 2, 452, n statt nht~n. 448 Ghica, Les Actes, 386: „Le passage commenté ici, avec sa théologie sociale mince, certes, mais claire, est de toute évidence un rajout rédactionnel.“ Ghica sieht Zusammenhänge zwischen den sozial motivierten Forderungen in Herm(s) 1,8 f. und 10,4,2 f. An den beiden Stellen wird innergemeindliches, soziales Engagement als Voraussetzung für das Gottesreich gesehen. Dort sind die Christen in Gesamtheit angesprochen, in den ActPt jedoch nur die Jünger. 449 Ghica, Les Actes, 226 ff. 450 Herm(s) 1,8–9. 451 ActThom 18–20.
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der Armenfürsorge ermögliche (p. 10,22–30). Jesu metaphorische Antwort weist darauf hin, dass an dieser Stelle wieder mit den Erwartungen der Leser gespielt wird und wir eine übertragende Deutung in Betracht ziehen sollten. Angesichts der beliebten Zweideutigkeit in den ActPt sollen vielleicht sogar beide Deutungen gültig nebeneinander stehen. Sowohl Nahrung als auch die Lehre und Verkündigung können als lebensnotwendig gelten.452 Möglicherweise sollen die Apostel für beides Sorge tragen. Das eine erhält am Leben, das andere führt zum ewigen Leben. Mit einer solchen Deutung ließe sich die Antwort Jesu jedenfalls plausibel machen.
Der zweifelnde Petrus (p. 10,13–30) Jesus erteilt den Jüngern zwei Aufträge für die Stadt „Wohne“, auf die seine Jünger jeweils mit einer zweifelnden Nachfrage reagieren. Petrus und Johannes werden dabei einander gegenübergestellt. Petrus wird nach seiner Frage mangelndes Verständnis vorgeworfen, Johannes hingegen für sein Wissen gelobt. Der Dialog zwischen Petrus und Jesus ist szenisch geschildert, dabei aber nur auf den Wortwechsel fokussiert, er gibt keine internen Einblicke in die Charaktere. Das ist ein deutlicher Unterschied zu dem Gespräch mit Lithargoel, in dem Petrus’ Gefühle, sein Seufzen und trauriges Gesicht erwähnt wurden (p. 6,8–19). Der Wortwechsel liest sich wegen der wenigen Konjunktionen und Pronomen flüssig. Die Anfrage des Petrus ist durch eine Analepse und eine Prolepse mit der Haupthandlung verknüpft. Sie bezieht sich auf die Forderungen Lithargoels in der Stadt „Wohne“ zurück (p. 10,15–19) und blickt voraus auf die Aufgabe der Apostel in der Stadt „Wohne“ (p. 10,20 f.). Jesus verweist analeptisch auf ein Gleichnis, das er Petrus bereits erzählt hat (p. 10,24). Falls ein extratextueller Bezug vorliegt, könnte eine Interpretation vom Gleichnis von der kostbaren Perle im Hintergrund stehen (Mt 13,45 f.). Die Selbstverständlichkeit, mit der hier auf ein Gleichnis verwiesen wird, impliziert, dass es Petrus – und wohl auch dem intendierten Leserkreis – bekannt sein soll. Das legt nahe, die Bezüge zunächst innerhalb der Erzählung zu suchen. Hier kommt die Interaktion zwischen Lithargoel, den Reichen und Armen in der Stadt „Wohne“ als Bezugstext in Frage (p. 3,11–5,1). Die dort angepriesenen Perlen sind ein Schatz, der von Jesus verliehen wird und sicherlich alle irdischen Reichtümer übertrifft. Jesu Antwort beginnt mit der Aufforderung zum Verstehen und der Vergleich wird mit der rhetorischen Frage „Weißt du nicht?“ eingeleitet. Stilistisch gesehen ist seine Antwort mehr Ermahnung als Belehrung. Die Aufforderung zum Verstehen und der Vergleich nehmen den Leser in die Pflicht, der die Antwort vor dem Hintergrund der Erzählung selbst deuten muss. Dies, aber auch
452 Vgl. die Antwort des hungrigen Jesus an den Versucher in Mt 4,4: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, dass aus dem Mund Gottes geht“ (verkürzt bei Lk 4,4; vgl. Dtn 8,3).
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die Tatsache, dass Petrus in seiner Frage ebenfalls auf die Szene in der Stadt „Wohne“ zurückblickt, lässt die Vermutung plausibel erscheinen, dass die Perlenverkäuferszene der gesuchte Referenztext ist. p. 10,13–18 Es antwortete Petrus (und) sprach zu ihm: „Herr, du hast uns gelehrt diese Welt und alle ihre Güter zu verlassen und wir haben sie deinetwegen zurückgelassen.“ In Petrusʼ Antwort wird Jesus durch die Satzeröffnung mit dem unabhängigen Personalpronomen ntok („du“) hervorgehoben. Petrus bezieht sich in seiner Rechtfertigung auf die Bedingungen für den Weg, die Lithargoel ihm in der Stadt „Wohne“ mitgeteilt hat (p. 5,21–23). Teilweise werden die Formulierungen wörtlich wieder aufgenommen, z. B. mit dem Lehnwort apotassw und der Formulierung nka nim („alle Güter“). In der Übersetzung steht „zurückgelassen“ für kw Nsa-, die Wendung verhält sich synonym zu apotassw. In ähnlicher Weise wird in dem Gespräch zwischen Lithargoel und den armen Menschen zwischen tamo (p. 4,13) und tsabo (p. 4,23.33) variiert, beide Verben können „zeigen“ bedeuten. Das Pluralsuffix am Verb kw Nsa- bezieht sich sowohl auf die Welt, als auch auf alle irdischen Güter. Die Jünger haben beides hinter sich gelassen. Die Wendung nka nim (hier: „Güter“) steht häufig für das griechische πᾶς und kann auch mit „alles“ übersetzt werden, wobei in der Regel unbelebte Dinge gemeint sind.453 Der Begriff kosmos scheint für die materielle Welt an sich zu stehen. In den Nag-Hammadi-Schriften sind die materielle und die jenseitige, wahre Welt häufig als Kontrastpaare gegenübergestellt. Innerhalb des Codex VI finden sich ganz ähnliche Anklänge im Authentikos Logos, wo vor den Verlockungen der Welt gewarnt wird, die sich als „Speisen zum Tode“ erweisen.454 Durch Verzicht und strenge Askese hatten sich die Apostel aus dieser Welt zurückgezogen. Die Jünger besitzen also nichts mehr, auch keinen Nahrungsvorrat. Als Reaktion auf Jesu Verkündigung haben die Jünger alles zurückgelassen. Die Bemerkung könnte sich auf entsprechende Verzichtsforderungen außerhalb des Textes beziehen, z. B. auf Lk 14,33: „So also kann keiner von euch ein Schüler von mir sein, wenn er nicht seinen ganzen Besitz verlassen wird.“455 Mit ὑπάρχω, das auch die koptischen Übersetzungen aufnehmen, konzentriert sich diese Bedingung auf persönlichen Besitz. Einen plausiblen Bezug für die Antwort des Petrus gibt es auch innerhalb der Erzählung: Petrus könnte auf Lithargoels Bedingungen für den Weg verweisen (p. 5,21–25, vgl. auch 5,26–6,8). Petrus, der sich zu diesem Zeitpunkt allein mit Lithargoel unterhalten hat,
453 Vgl. Crum, Coptic Dictionary, s. v. nka. 454 AuthLog NHC VI,3 p. 30,4–31,24. 455 Lk 14,33 sa.: tai Ge te qe Nouon nim ebol NHhtthutN. enFnaapotasse an NneFHuparxonta throu. mN Gom etreFSwpe nai Mmaqhths.
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wäre in diesem Fall wieder mit der Gruppe der Jünger gleichgesetzt (vgl. p. 10,12 f.). Die beiden Begriffspaare „Welt“ und „Güter“ würden dann über den materiellen Besitz hinaus auch für einen Vorrat an Nahrung und Wasser stehen, die auf dem Weg untersagt waren. Wenn hier eine Anspielung auf Lithargoels „Wegweisungen“ vorliegt, dann wäre es wieder ein Beleg für die enge Verbindung zwischen Jesus und dessen alter ego. Bei dieser Annahme bleibt natürlich der Widerspruch, dass Petrus wüsste, dass Lithargoel und Jesus identisch sind, denn Jesus hatte sich den Jüngern aus seiner Arztrolle heraus offenbart. Doch auch Jesus setzt voraus, dass die Jünger seine drei Rollen zusammenbringen (vgl. p. 11,26–31) – der Leser soll wohl von diesem Erkenntnisprozess ausgehen, obwohl er nicht erzählt wird. Wörtlich fordert Lithargoel nur radikale Besitzlosigkeit, keine Abwendung von „der Welt“. Inhaltlich stehen seine Anforderungen natürlich für Weltverzicht, wenn Fasten und Besitzlosigkeit gefordert werden, somit müsste dieser Zusatz in der Antwort des Petrus nicht erstaunen. p. 10,18–21 „Die Speise für einen einzigen Tag ist das, wofür wir sorgen. Wo können wir diesen Lebensbedarf finden, den du uns aufträgst, den Armen zu geben?“ Nach Hre („Speise“), hier monografisch qre geschrieben, ist die nähere Bestimmung durch N- angeschlossen, wobei N- hier als Präposition oder Genitivanknüpfung stehen kann. Anstelle des präpositionalen Objektes „für einen einzigen Tag“, kann auch eine Genitivverbindung übersetzt werden: „die Speise eines einzigen Tages“.456 Vor roouS, dem Objekt des Relativsatzes, steht der feminine Possessivartikel pes-, der sich auf Hre bezieht. Die Verbindung Fi roouS nimmt häufig das Bezugswort in einem Possessivpronomen auf, z. B. in Lk 10,34: aFFipeFroouS. In Übersetzungen aus dem Griechischen werden auf diese Weise Formen von αὐτός wiedergegeben, vgl. Lk 10,34: ἐπεμελήθη αὐτοῦ. Der Fragesatz steht im Optativ und erhält durch twn („wo?“) eine lokale Ausprägung. Schenke variiert bei der Übersetzung von xria, denn in p. 10,10 übersetzte er „das was sie zum Leben brauchen“, hier „das Nötige“. Sprachlich klingt seine Übersetzung (p. 10,20) schöner: „Wo können wir das Nötige finden (…)?“ Krause übersetzt frei: „Wo können wir die fehlende Sache finden (…)?“ Da xria aber semantisch auf das gleiche Wort in Jesu Auftrag Bezug nimmt (p. 10,10), wurde es hier ebenfalls mit „Lebensbedarf“ übersetzt. Die Aussage von Petrus, jeweils nur eine Tagesration Essen im Kopf zu haben, scheint zunächst den Vorschriften für den Weg zu widersprechen (p. 5,24), insofern dort
456 Schenke, NHD, Bd. 2, 452, übersetzt eine Genitivverbindung: „Die Nahrung eines einzigen Tages“.
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III Kommentar
Fasten geboten ist.457 Allerdings gilt das Fastengebot nur tagsüber, von Aufenthalt zu Aufenthalt. Nun gelten diese Vorschriften ohnehin nur auf dem Weg, auf dem sich die Apostel nicht mehr befinden und sie gelten auch nicht in der Stadt „Wohne“. Petrusʼ Rechtfertigung erweckt den Eindruck, als richteten sich die Jünger noch danach. Das zeigt, wie selbstverständlich der Weg und sein Reglement innerhalb der Erzählung symbolisch auf eine entsprechende Glaubens- und Lebenspraxis der Christen, den Lebensweg des Christen angewendet werden. Die Frage, wie die Jünger Jesu Auftrag realisieren sollen, steht einerseits für Petrus’ Zweifel, andererseits soll sie weiteren Erklärungen Raum geben. Gespräche mit dem Auferstanden oder dem erscheinenden Jesus sind häufig durch das Frage-AntwortSchema zwischen Jesus und seinen Jüngern strukturiert.458 Auch Unsicherheiten, ob und wie z. B. ein Auftrag Jesu realisierbar sei, kommen zur Sprache. So erkundigt sich Jakobus im „Brief des Jakobus“, wie die Jünger Prophezeiungen aussprechen können.459 Der Apostel Thomas fragt Jesus im „Buch des Thomas“, was er den blinden Menschen verkündigen soll, die in der Materie verfangen sind.460 Oft stehen die Jüngerfragen ganz im Dienst der Rede Jesu und fordern zur Vertiefung eines Themas auf oder führen ein neues ein. Hier ist die Frage des Petrus eher praktisch orientiert als an Lehre interessiert und steht für die typischen Missverständnisse in der Kommunikation. Die Jünger, die selbst Arme geworden sind, sollen nun den Lebensbedarf für die Gruppe der Armen und Bettler bereitstellen. Petrus denkt an materiell lebensnotwendige Dinge wie Essen und Unterkunft und entspricht damit der ersten Lesererwartung. Mit seinem Zweifel entspricht er einem vernünftigen Menschen der Welt. Auch wenn seine Sorge nicht auf sich, sondern auf andere gerichtet ist, reagiert er ähnlich wie der Mensch, der voller Sorge fragt, was er essen und was er trinken soll (Mt 6,31). Und gerade deswegen zeigt seine Frage, dass es ihm an zwei Dingen mangelt. Erstens an Vertrauen in Jesus und seine Kraft; seine Zweifelsucht diesbezüglich kommt schon im Gespräch mit Lithargoel zu Tage (p. 6,9 ff.) und konnte offenbar durch das erfolgreiche Bewältigen des Weges nicht gestillt werden. Zweitens versteht er Jesu Auftrag nur als Aufforderung zur Armenfürsorge und erkennt nicht, dass sein Lehrer auch auf die geistliche Nahrung anspielt, die ebenfalls lebensnotwenig ist.
457 Ghica, Les Actes, 388, sieht hier einen Widerspruch und kontrastiert die Aussage des Petrus auch mit Mt 6,25–34. 458 In den sogenannten Dialogevangelien prägt die Form des Dialogs die ganze Schrift, so z. B. im „Brief des Jakobus“ (NHC I,2), in der „Weisheit Jesu Christi“ (NHC III,4 bzw. BG 3), in der „Ersten Apokalypse des Jakobus“ (NHC V,3), im „Brief des Petrus an Philippus“ (NHC VIII,2), im „Evangelium nach Maria“ (BG 1) und in der Epistula Apostolorum. 459 EpJac NHC I,2 p. 6,21–29. 460 LibThom NHC II,7 p. 141,19–21 und 142,24–26.
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p. 10,22–25 Der Herr antwortete (und) sprach: „O Petrus, es wäre wichtig, dass du das Gleichnis verstehst, das ich dir erzählt habe.“ Jesu Antwort ist mit einem Ausruf eingeleitet, im koptischen Text steht die griechische Vokativform petre. In der älteren Forschung galt solch ein „stehengebliebener“ Vokativ als Indiz für eine griechische Vorlage. Auch wenn dies ein kleiner Hinweis auf eine griechische Quelle sein kann, ist Vorsicht geboten. In den koptischen Übersetzungen des Neuen Testaments stehen ebenfalls Vokative, auch in Gesprächsszenen zwischen Jesus und Petrus.461 Beim Schreiben, Abschreiben oder Übersetzen eines Textes – gleich welcher Sprache – hatte der Schreibende eventuell eine entsprechende biblische Passage im Kopf und wählte den Vokativ aus stilistischen Gründen. Steht wie hier eine Interjektion vor dem Namen, evoziert dies noch verstärkt die Vokativform. Daraus lässt sich als zweites Argument ableiten, dass eine entsprechende Textrezeption die Sprachproduktion beeinflusst. Menschen, deren Vorstellung und Sprache durch (koptische und z. T. auch griechische) biblische Texte geprägt waren, und dazu zählt der Verfasser oder auch Abschreiber bzw. Übersetzer der ActPt sicherlich, integrierten diese in ihren Wortschatz, indem sie automatisch bestimmte Begriffe und Wendungen übernahmen. Auch die spontane Sprache ist somit von biblischen Begriffen geprägt. Deutlich sichtbar ist dies etwa an den Schriften von Pachomius und Horsiese, die viele griechische Lehnwörter biblischer Prägung enthalten, auch außerhalb bewusster Zitate.462 Der Satz Jesu beginnt im Imperfekt und kann als Protasis eines Irrealis übersetzt werden. Der Satz wird dann allerdings mit kausativem Infinitiv und im Perfekt fortgeführt: „das Gleichnis, das ich erzählt habe“.463 Das griechische parabolh steht in der früheren christlichen Literatur für bildhafte Sprachformen, die als Geschichte oder kurzer Spruch erzählt werden.464 In unserer
461 Lk 22,34; Apg 10,13; 11,7. 462 Joest, Règlements, untersucht die sogenannten „Règlements“, ein sahidisch geschriebener Regelkomplex, der dem Pachomianer Horsiese zugeordnet wird, auch nach dem Anteil der Bibelzitate und Lehnwörter und vergleicht den Befund mit anderen Schriften von Horsiese und Pachomius. Bei beiden Autoren finden sich pro Satz ca. 15,5% griechische Lehnwörter. In den Briefen, Exzerpten und Katechesen von Pachiomus hat Joest insgesamt 226 Bibelstellen ausmachen können, von denen nur knapp 9% von Pachomius entsprechend eingeführt und gekennzeichnet sind. Indirekte Zitate, die den biblischen Wortlaut und auch entsprechende Lehnwörter wiedergeben, sind in der Mehrheit. 463 Da der Satz hier aber nicht mit präterital transponiertem Instans fortgesetzt ist, wird keine Apodosis gebildet, vgl. Plisch, Einführung, 59. 464 Die Gattungsbezeichnung „Parabel“ wurde beginnend mit ihrer Definition in der „Rhetorik“ des Aristoteles für unterschiedliche Sprachformen gebraucht, vgl. oben im Einführungsteil 4.4.5. Als Hauptbedeutungen lassen sich für den Begriff παραβολή in der früheren christlichen Literatur ausmachen: Vergleich, (Sinn-)Bild, spezielle rhetorische Form („Gleichnis“), die ein Argument veranschaulichen oder auf eine externe Wahrheit hinweisen soll, Spruch, der eine evtl. verborgene Bedeutung
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III Kommentar
Erzählung begegnete bisher kein typisches, vom Kontext abgrenzbares Gleichnis, kein Wechsel von einer semantischen Ebene zu einer Bildebene mit eigener Handlung und eigenem, doppelbödigen Inhalt. Bei der Frage, worauf parabolh sich nun bezieht, bieten sich drei Möglichkeiten an. Geht man davon aus, dass das Wort auf eine typische rhetorische Figur referiert, wie wir sie in den meisten Evangelien oder z. B. im Hirten des Hermas finden, muss man außerhalb der Erzählung suchen. Schenke vermutet, dass hier auf eine außerhalb der ActPt liegende Petrus-Tradition Bezug genommen wird, da auch Jesu Antwort an Johannes (p. 11,14–19) ein über den Erzählrahmen hinausgehender Verweis sei.465 Bei einer Suche nach passenden Gleichnissen, kann man vor allem bei Mt 13,45–46 fündig werden. In der aktuellen Gesprächssituation ist das Gleichnis aber schwer anzuwenden. Vergleichsgegenstand bei Mt 13,45 f. ist explizit das Königreich der Himmel, die folgende Interpretation in den ActPt hat als Vergleichsgrößen jedoch den Namen Jesu und die Weisheit Gottes im Blick. Eine Alternative wäre es, innerhalb der Erzählung zu bleiben und dafür auf ein enges, formkritisches Verständnis des Begriffs parabolh zu verzichten. Diesem Ansatz folgen Molinari und Ghica, die die Geschichte vom Perlenverkäufer (p. 3,11–5,1) als Referenztext und sowieso als unabhängige Primärquelle der ActPt ausmachen,466 und Smith, die die ganze Erzählung als Parabel sieht.467 Als Kern der Parabel arbeitet sie das Gespräch zwischen Lithargoel und den Menschen in der Stadt „Wohne“ heraus (p. 3,12–5,1). Die Einladung Lithargoels in seine Stadt und das Perlengeschenk sind der zentrale Mittelpunkt und Schlüssel der Passage, die darum zweimal erzählt werden. In dieser Szene ist Petrus als stummer Beobachter allein vor Ort, die anderen Jünger warten am Hafen. Das erklärt, warum Jesus hier speziell Petrus anfährt, der das Gleichnis allerdings nicht erzählt bekommen, sondern miterlebt hat. Und da der Begriff parabolh eben auch „Sinnbild“ bedeuten kann, könnte hier durchaus auf die Szene mit Lithargoel und sein Perlenversprechen angespielt sein. Auch im Hebräerbrief ist der Begriff zweimal im Sinne von „Symbol“ oder „Sinnbild“ zu verstehen. Das Sündopfer des großen Versöhnungstages am Gnadenthron der Stiftshütte wird als parabolh für die gegenwärtige Zeit bezeichnet (Hebr 9,9),468 ebenso wie die Verschonung Isaaks eine parabolh für den lebendig machenden Gott ist (Hebr 11,19).
beherbergt und einer Deutung bedarf, Rätselwort; jeweils mit Belegen aufgeführt bei Lampe, Patristic Greek Lexicon, 1008b–1009a. 465 Schenke, NHD, Bd. 2, 452 Anm. 18. 466 Molinari, Acts, 85–86, Ghica, Les Actes, 392 f. 467 Smith, Understand Ye A Parable, 49: „I have attempted to identify ActP12 as an organic parable narrative (…) ActP12 is structurally similar to other parable narratives. It is framed by a pretext and by an interpretation of the parable.“ 468 In Hebr 9,9 ist mit der gegenwärtigen Zeit wohl die Zwischenzeit als Frist der Bewährung (vgl. 10,36) gemeint. Vgl. zum Bildhintergrund die Konzeption der Stiftshütte in Ex 25,17–22 und die kultische Konzeption des großen Versöhnungstages laut Lev 16,11–14.
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Hält man den Verweis Jesu in den ActPt für eine Analepse innerhalb der Schrift, kann man relativ plausibel erklären, warum hier so selbstverständlich auf eine parabolh verwiesen wird, die dem Leser anscheinend bekannt sein soll. Man muss sich allerdings fragen, wieso es so klingt, als sei eine klassische Gleichnissituation vorausgesetzt: Jesus bezeichnet sich als Erzähler und Petrus als seinen Zuhörer. Außerdem ist das Gespräch in der Stadt nur mit Schwierigkeiten auf die aktuelle Anfrage Petri anzuwenden (s. dazu den folgenden Kommentar zu p. 10,25–30). Einen Ausweg böte die dritte Möglichkeit, mit dieser Anspielung umzugehen, nämlich die Annahme, dass hier eine „Nullreferenz“ vorliegt, also auf kein bestimmtes Gleichnis verwiesen wird. Jesu Tadel hätte dann die stilistische Funktion, Petrus als unverständigen Schüler darzustellen und den rätselhaften Zug der Erzählung zu stärken. Denn nun ist der antizipierte Leser in der Pflicht, muss bekannte Gleichnisse heranziehen und ein passendes an dieser Stelle anwenden. In Gesprächen zwischen Jesus und seinen Jüngern findet sich häufiger das Motiv des Tadels und der Hinweis, dass Jesus bereits alles gesagt habe.469 Welcher der drei Ansätze am plausibelsten erscheint, wird anhand der nächsten beiden Fragen von Jesus erörtert, die auf die Aussage des Gleichnisses Bezug nehmen dürften, falls eine konkrete Referenz vorliegt. p. 10,25–30 „Weißt du nicht, dass mein Name, den du lehrst, mehr wert ist als jeder Reichtum? Und (dass) die Weisheit Gottes mehr wert ist als Gold, Silber und Edelsteine?“ Die beiden Sätze stehen hier als rhetorische Fragen. Da sie aber nicht durch ein Interrogativum als Fragesatz gekennzeichnet sind, könnten sie auch als Aussagesätze übersetzt werden. Sie enthalten zwei Vergleiche, durch die Präposition e- ausgedrückt, die sich im Bildbezug steigern. Die Genitivverbindung „die Weisheit Gottes“ wird mit der Präposition Nte- umschrieben, trotz Determination des vorangehenden Bezugswortes. In den Nag-Hammadi-Texten, deren Sahidisch von anderen Dialekten beeinflusst ist, ist das Phänomen häufiger anzutreffen.470 Petrusʼ Frage wird nicht direkt beantwortet. Seine Rolle als lehrender Apostel wird hervorgehoben, aber auch sein Unwissen getadelt. Die Wortverbindung T sbw („lehren“) begegnet auch in Apg 5,28, wo allerdings nicht Petrus allein angesprochen
469 EpPt NHC VIII,2 p. 135,3–8; EpAp p. 37,9–11, besonders stark im äthiopischen Textzeugen, wo Jesus dem Dank und der Freude der Jünger über seine Worte entgegenhält: „Begreift ihr nicht diese Worte?“ 470 Vgl. z. B. EV NHC I,3 p. 16,3; 21,9.18; 24,34; 25,6; SJC NHC III,4 p. 98,15.24; 111,2; Brontê NHC VI,2 p. 13,22.30; Allog NHC XI,3 p. 48,37; 49,9; 50,27; 54,24. Eine ausführliche Zusammenstellung sämtlicher Belege bei Ghica, Les Actes, 265.
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III Kommentar
ist, sondern alle Apostel angeklagt werden, da sie trotz eines Verbotes im Namen Jesu lehren.471 In Gesprächen mit dem Auferstandenen setzt die Einleitung von Jesu Antwort häufig ein Signal für die Lesewirkung. Sollen Darlegungen neu oder verborgen wirken, werden sie oft aufwändig eingeleitet.472 Auch der indirekte Tadel an dieser Stelle in den ActPt gibt einen Hinweis zur Rezeption: „Weißt du nicht …?“ impliziert, dass von einer Selbstverständlichkeit gesprochen wird. Die gedankliche Konsultation bekannter Textpassagen in und außerhalb dieser Erzählung, auf die sich die Anspielung beziehen könnte, wird angeregt. Jesu Kritik an den Jüngern ist aber auch ein typisches Merkmal von Lehrgesprächen, das sich öfter in Gesprächen des Auferstandenen mit seinen Jüngern findet.473 Im „Brief des Jakobus“ verfährt Jesus mit den Jüngern besonders ruppig. Mit Ausnahme von Jakobus und Petrus schließt er sie von seinen Belehrungen aus (EpJac NHC I,2 p. 1,22–25). Er wirft ihnen Unwissen vor: Sie hätten ihn nicht verstanden, obwohl er ihnen den Glauben viele Male dargelegt habe (p. 14,1 ff.) und eine Antwort eröffnet er mit vorwurfsvollem „Wisst ihr nicht …?“ (p. 6,29 f.). Nicht einmal die Auslegung der Gleichnisse hätten sie begriffen: „Früher habe ich zu euch in Gleichnissen geredet und ihr habt´s nicht begriffen. Jetzt wiederum rede ich offen mit euch und ihr versteht (immer noch) nicht“ (p. 7,1 ff.). An den Tadel ist in den ActPt ein Vergleich angeschlossen, der bereits eine Interpretation des angesprochenen Gleichnisses ist, das Petrus nicht verstanden hat. Zunächst soll der Vergleich isoliert betrachtet werden, danach wird er unter Berücksichtigung der vorangestellten Anspielung mit Blick auf die Erzählung interpretiert. Jesu Name (J) ist mehr wert als aller Reichtum (X), die göttliche Weisheit (W) wird mit Bildbestandteilen des Oberbegriffes „Reichtum“ verglichen, nämlich mit Edelmetallen (x1 und x2) und wertvollen Steinen (x3). Der Vergleich wird übersichtlicher, 471 Apg 5,28: (…) mh HN ouparaggelia MpNparaggile nhtN etMTsbw eHrai eJM peiran (…). 472 So leitet Jesus seinen soteriologischen Exkurs im „Apokryphon des Johannes“ mit indirektem Lob und einem Verweis auf die Komplexität des Themas ein: „Groß sind die Dinge, die in deinem Denken aufgestiegen sind (…)“ (AJ NHC II,1 p. 25,19–20). 473 Gescholten werden die Jünger beispielsweise in EpJac NHC I,2 p. 11,11–14: „Als er aber sah, dass wir uns freuten, sprach er: ‚Wehe euch, die ihr eines Beistandes bedürft. Wehe euch, die ihr die Gnade nötig habt!‘“ Daneben fallen innerhalb des Nag-Hammadi-Korpus die „Apokalypse des Petrus“ (NHC VII,3) und der „Brief des Petrus an Philippus“ (NHC VIII,2) durch Jüngertadel auf. In der „Apokalypse des Petrus“ wird Petrus von Jesus wiederholt auf bereits erfolgte Unterweisungen verwiesen, die Petrus nicht mehr präsent sind. So leitet Jesus seine Ermahnungen ein mit: „Petrus, ich habe dir viele Male gesagt (…)“ (p. 72,4 ff.), oder: „Ich habe dir gesagt, dass diese Blinde und Taube sind (…)“ (p. 73,10–13). Als Petrus ängstlich die Flucht vorschlägt, erwidert Jesus: „Ich habe dir (bereits) gesagt, lass Blinde in Ruhe“ (p. 81,29–30). Im „Brief des Petrus an Philippus“ bitten die Jünger Jesus um Antworten auf existentielle Fragen. Jesus jedoch meint, dass er ihnen all das bereits gesagt habe, doch „wegen ihres Unglaubens“ noch einmal sagen wird (p. 135,3–8). Auch hierbei wird auf frühere Lehre verwiesen „Ich habe euch oftmals gesagt (…)“.
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wenn man ihn als Formel aufschlüsselt: J > X und W > x1 + x2 + x3. Jesu Name und die göttliche Weisheit werden mit dem gleichen Bezugswert verglichen (denn x1 + x2 + x3 = X), den sie beide übertreffen. Es handelt sich nicht um eine gestufte Wertigkeit, denn sowohl der Name als auch die Weisheit sind gleich wertvoll und übertreffen alle irdischen Schätze. Der erste Vergleich bezieht sich auf Jesus, hinter der Weisheit im zweiten Vergleich muss nicht die Allwissenheit Gottes stehen, als Bezugsgrößen wären auch die menschliche Weisheit, die von Gott gegeben wird oder auch Jesus Christus denkbar. Sollte die Weisheit als Allwissenheit Gottes gemeint sein, könnte man sie als göttliche Vorsehung verstehen und die Antwort Jesu so deuten: Petrus soll darauf vertrauen, dass er durch ihre Leitung die notwendigen Güter für die Armenfürsorge erlangen wird. Im Reisebericht zu Beginn der ActPt fügt der Herr den Weg der Apostel, allerdings immer direkt mit HitN pJoeis ausgedrückt (p. 1,16.23), womit sehr wahrscheinlich Jesus gemeint ist. Nun findet man σοφία bzw. חכמהdurchaus als Gottesattribut474 – allerdings meistens auf dessen Handeln als Schöpfer und Bewahrer bezogen. Die meisten Belege beziehen die Weisheit aber auf den Menschen, häufig als Eigenschaft, die ihm von Gott gegeben wird. Der Vergleich zielt dann auf den Fortschritt der Armen im Glauben. Durch die Lehre der Apostel erlangen sie Weisheit. Beide Dinge sind so wertvoll, dass die Apostel ihre Sorge darauf richten sollen. „Weisheit Gottes“ war auch ein Prädikat für Jesus Christus.475 Da in den ActPt generell Jesus derjenige ist, der die Apostel beauftragt, leitet und ihnen Kraft gibt, könnte die Weisheit Gottes als Prädikation ihm gelten. Hinsichtlich der Christozentrik der Erzählung ist diese Möglichkeit die wahrscheinlichste. In diesem Falle beziehen sich beide Glieder des Vergleichs auf Jesus. Wenn sein Name und er selbst als die Weisheit Gottes wertvoller als irdischer Reichtum sind, heißt das im Hinblick auf die Frage des Petrus, dass Jesus spirituellen „Lebensbedarf“ meint und die Jünger ihn und seinen Namen lehren sollen.
474 Im Alten Testament ist die Weisheit meistens auf den Menschen bezogen, steht aber auch im Zusammenhang mit Gott: Ijob 15,8; 26,12; Jes 40,13 f.28; Jer 10,12; 51,15; Ps 103,24; Spr 3,19 f.; Dan 2,20 f. 475 Innerhalb des Neuen Testamentes ist die Weisheit im 1. Korintherbrief ein wichtiger Begriff, an mehreren Stellen kann man sie als Attribut für Jesus lesen (1Kor 1,24.30; 2,7). Im apologetischen Kontext spricht Justin (dial. 61,1.3 ff.) von der präexistenten Kraft, die auch Weisheit genannt wird (gemeint ist Christus), und Athenagoras (leg. 24,1) nennt Christus in einer trinitarischen Reihung νοῦς, λόγος, und σοφία Gottes. Ferner wird Christus in manichäischen Texten häufig mit der Weisheit identifiziert, z. B. in einer Segensformel in der Londoner chinesischen Hymnenrolle: „Durch die Kraft des Vaters, durch den Segen der Mutter und durch die Weisheit des Sohnes“ (126). Jesus wird „der große Weise des Wohltatlichtes“, „Kraft“ und „lebensvolle Weisheit“ genannt (105; 64; 68; zitiert nach: Wilckens, σοφία, 513).
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III Kommentar
Jesus beauftragt die Jünger zu heilen (p. 10,31–11,26) Das Gespräch lässt sich nach inneren Kriterien in drei Teile untergliedern. Die äußeren Gegebenheiten verändern sich nicht, Jesus und die Jünger bleiben zusammen am Tor vor der Stadt. Aber die Sprecher und die Perspektive wechseln jeweils. Am Beginn und am Ende der abgetrennten Gesprächsszene hat jeweils Jesus das Wort, es wird aus neutraler Außenperspektive erzählt und die Handlung wird durch die wörtliche Rede Jesu getragen. Im Mittelteil hingegen gewährt uns die Erzählstimme einen Einblick in Petrusʼ Gefühle, und nachdem Petrus und Johannes zunächst untereinander agieren, spricht Johannes Jesus an. Jesus beginnt das Gespräch, wendet sich von Petrus ab und allen Jüngern zu (p. 10,31–11,1) und erteilt ihnen den Auftrag zu heilen. Dabei wird proleptisch vorausgesetzt, dass die Jünger in die Stadt „Wohne“ zurückkehren werden. Andererseits blickt die kurze Szene zurück auf Lithargoel in Arztgestalt, wenn Jesus den Jüngern zum nunmehr zweiten Mal (nach p. 9,31) den Medizinbeutel überreicht. Im zweiten Teil der Gesprächsszene (p. 11,1–13) geht die Erzählstimme auf die Perspektive des Petrus ein, der einzige Jünger, dem dieses Privileg zuteil wird. Seine Furcht ist der Grund für die Interaktion mit Johannes und dessen Wortwechsel mit Jesus im dritten Teil dieser Szene (p. 11,14–26). Über dieses Gefühl hinaus wird kurz auf die Körperhaltung und Gestik von Petrus eingegangen und – nur hier in der gesamten Erzählung – ein Wortwechsel innerhalb der Jüngergruppe geschildert. Diese intimere Art zu erzählen erregt die Aufmerksamkeit des Lesers und der Sprecherwechsel erleichtert den Übergang zu der neuen Fragestellung, in der es darum geht, wie die Jünger als Laien Heilungen vornehmen können. Die beiden Problembereiche, über die Jesus spricht, sind folglich personal mit jeweils einem Jünger verbunden: mit Petrus bespricht er die geforderte Zuwendung zu den Armen, mit Johannes den Auftrag zu heilen. Das Verhalten des Petrus erfüllt die Erwartungen von Lesern, die Texte kennen, in denen Petrus auch ambivalent dargestellt wird, z. B. in den kanonisch gewordenen Evangelien, aber auch im zweiten Kapitel des Galaterbriefes, oder wo er gar negativ gezeichnet ist, wie im „Evangelium nach Maria“ oder in EvThom 13 und 114. Da Johannes seine Frage demütiger und vorsichtiger vorbringt und dafür Lob erntet, hebt sich Petrusʼ Verhalten vor dieser hellen Folie noch negativer ab. Jesu Antwort auf Johannes’ Frage im dritten Teil des Gespräches (p. 11,14–26), schließt das Thema Heilung ab und leitet zugleich Jesu abschließenden Monolog ein, der danach mit der Kritik an den Reichen eine neue thematische Ausrichtung bekommt. Sowohl in der Frage des Johannes als auch in Jesu Antwort begegnen viele Wörter aus den Bereichen der Medizin und der Anthropologie: Arzt, heilen, Krankheit und Seele, Herz, Körper.
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p. 10,31–11,1 Er gab ihnen das Köfferchen mit Medizin und sagte: „Heilt alle Kranken dieser Stadt, die (p. 11) [an] meinen Namen glauben.“ Wieder leitet ein Imperativ den Auftrag Jesu ein, der durch den nachgestellten Relativsatz eingeschränkt wird: „jene, die an meinen Namen glauben“. Die Übergabe des Medizinkoffers, den der Junge in der Hand gehalten hat, wird hier zum zweiten Mal erzählt. Jesus überreicht ihn bereits vor Beginn seiner Rede, zusammen mit dem Arzneikasten (p. 9,30 ff.). Hinsichtlich der Handlungschronologie erscheint die Übergabe der Medizin hier, zusammen mit dem Auftrag zur Heilung, sinnvoller. p. 11,1–5 Petrus fürchtete sich, ihm ein zweites Mal [zu] antworten. Er gab dem, der ihm am nächsten stand, das war Johannes, ein Zeichen: „Sprich du dieses Mal!“ Das Verb ouwHM, das hier mit Bezug zu \r-Hote („fürchten“) steht, bezeichnet auch das Wiederholen von Handlungen und steht im Gespräch mit Lithargoel für das erneute Stellen der gleichen Frage (p. 6,19). Hier, im Gespräch mit Jesus, wiederholt sich zwar nicht der Inhalt, aber der Zweifel des Petrus. Dementsprechend übersetzt Schenke sinngemäß: „Petrus scheute sich, ihm zum zweiten Mal einen Einwand zu machen“. Nach Jesu Kritik agiert Petrus viel zurückhaltender als zuvor Lithargoel gegenüber. Vorher scheut er nicht davor zurück, seine Frage erneut zu stellen. Jetzt hingegen schickt er Johannes vor. Das Verb kim, das im weitesten Sinne für „bewegen“ steht, kann intransitiv auch „ein Zeichen geben“ bedeuten, welches durch eine Bewegung mitgeteilt wird. Die Wendung „dem, der neben ihm war“ (Johannes) kann auch „dem, der an seiner Brust war“ übersetzt werden und erinnert dann an den Lieblingsjünger im Johannesevangelium, der an Jesu Brust lag (Joh 13,23 f.), koptisch mit der gleichen Wendung ausgedrückt. Das „ihm“ dürfte sich aber auf Petrus und nicht auf Jesus beziehen, die Parallelität also reiner Zufall sein.476 Sehr bewusst hingegen scheint das Motiv des furchtsamen Petrus eingesetzt zu sein. Da Petrus in der Erzählung als Gesprächspartner Jesu und alleiniger Offenbarungsempfänger Lithargoels auch sehr positiv hervorgehoben ist, erinnert die Petruskritik eher an die der kanonisch gewordenen Evangelien, besonders an das nach Matthäus.477 Dort fällt er häufig hinter seine voreilige Courage zurück, fürchtet sich auf dem
476 Das vermutet auch Schenke, NTApo5, Bd. 2, 379 Anm. 20, da hier eine ganz andere Situation vorausgesetzt ist. 477 In apokryphen Texten, die „gnostische“ Tendenzen zeigen, wird Petrus z. T. sehr negativ dargestellt, z. B. im „Evangelium nach Maria“. Die kanonischen Evangelien hingegen stellen ihn als ambivalenten Charakter dar. Neben seiner Zugehörigkeit zum engsten Kreis Jesu und seiner Rolle
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III Kommentar
See und sinkt (Mt 14,30) und fürchtet um Jesu Leben, wofür er besonders scharf kritisiert wird (16,21 f.). Hier in den ActPt scheint in einem Satz die Ambivalenz von Petrus Charakter auf, denn neben der Kritik wird zugleich seine exponierte Stellung im Jüngerkreis deutlich: Er, der sich nicht traut, Jesus noch einmal anzusprechen, ist gleichzeitig Sprecher und Anführer der Jünger und erteilt Johannes bestimmend das Wort. Mit Petrus und seinem Bruder Jakobus gehört Johannes, der Sohn des Zebedäus, zum engsten Jüngerkreis um Jesus.478 In mehreren neutestamentlichen Schriften wird Johannes als eine Führungsperson in der frühen Christenheit dargestellt.479 Später wird ihm auch die Abfassung des Johannesevangeliums zugeschrieben und das relativ weit rezipierte „Apokryphon des Johannes“ beruft sich auf ihn.480 Hier wählt ihn Petrus als seinen Stellvertreter und so tritt Johannes – abgesehen von Petrus – als einziger Jünger innerhalb der ActPt aus der Gruppe heraus. Anstelle des Johannes wird in anderen christlichen Schriften Jesu Bruder Jakobus neben, mitunter auch über Petrus gestellt.481 Obwohl die ActPt sich hauptsächlich auf das Evangelium nach Matthäus beziehen, zeigen sich in der Erzählung auch einige Reflexe johanneischer Theologie. Hier scheint die Erzählung dieser johanneischen Traditionslinie zu folgen, verbindet den Lieblingsjünger mit Johannes zu verbinden und hebt ihn hervor.
als Sprecher, Bekenner und Bewahrer wird auch sein menschliches Versagen geschildert. Seine Angst wird besonders eindrücklich bei der Verleugnung Jesu geschildert (Mk 14,66–72 par; Joh 18,25– 27). 478 Mit Andreas, dem Bruder des Petrus, gehören sie zu den erstberufenen Jüngern (Mk 1,19 f. parr). Besonders persönliche, spannungs- und/oder offenbarungsreiche Situationen teilt Jesus nur mit diesen drei Schülern, vgl. die Totenauferweckung der Tochter des Jairus (Mk 5,37), die Verklärung Jesu auf dem Berg (Mk 9,2) und die Verzweiflung vor seiner Passion im Garten Gethsemane (Mk 14,33). 479 Im Galaterbrief (Gal 2,9) werden Jakobus, Petrus (dort aramäisch „Kephas“) und Johannes als Säulen der Jerusalemer Gemeinde oder der jungen christlichen Gemeinschaft dargestellt. Bei der Heilung des Gelähmten durch Petrus ist Johannes passiv beteiligt (Apg 3,1 ff.) und gemeinsam mit Petrus gehört er zu den ersten Jüngern (s. o.). 480 In der altkirchlichen Tradition werden der Jünger, „den Jesus lieb hatte“ (Joh 21,24), und der Evangelist als ein und dieselbe Person angesehen und mit dem Apostel Johannes identifiziert und für den Verfasser des Evangeliums gehalten (vgl. Joh 21,20–24); vgl. Iren. haer 3,1,1. Ferner wird ihm in der westkirchlichen Tradition die neutestamentliche Offenbarung zugeschrieben. Das „Apokryphon des Johannes“ beruft sich im Incipit und im Titel bzw. Untertitel auf ihn (jeweils die erste Schrift in NHC II/III/IV sowie BG 2). 481 Jakobus, dem Herrenbruder (z. B. EvThom 12; 2ApcJac NHC V,4 p. 44,13 f. und Eus. h. e. 2,1,2), wird traditionell auch ein breites Spektrum an frühchristlicher Literatur zugeschrieben, z. B. der neutestamentliche und auch der apokryphe Jakobusbrief (NHC I,2) und zwei Apokalypsen (NHC V,3 und 4).
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p. 11,5–13 Johannes antwortete (und) sprach: „Herr, wir fürchten uns davor, vor dir viele Worte zu machen. Aber du ersuchst uns diese Kunst auszuüben. Wir wurden nicht darin ausgebildet, als Arzt zu wirken. Wie also sollen wir (es) verstehen, die Körper zu heilen, so wie du es uns aufgetragen hast?“ Nachdem Petrus zuvor von der Erzählstimme explizit als furchtsam charakterisiert wird, bezieht der Redebeitrag des Johannes die Eigenschaft auf alle Jünger. Wie Petrus spricht Johannes Jesus zunächst direkt an. Joeis steht in Spitzenstellung und eröffnet seinen Redebeitrag, ein typisches Stilmittel in Dialogen mit dem Auferstandenen, wie wir sie in den Nag-Hammadi-Schriften finden.482 eHh steht hier für Jesu Gesicht, quasi Jesu „Vorderes“.483 Adversativ eingeleitet, fasst Johannes Jesu Auftrag zusammen, sein Einwand wird im negativen Perfekt formuliert. Daraus scheint sich logisch seine Frage abzuleiten, denn wer nicht in der Heilkunst ausgebildet ist, kann schwerlich Körper heilen. Die beiden Fragen von Petrus und Johannes unterscheiden sich im Aufbau voneinander. Petrus beginnt mit einer Rechtfertigung, er stellt dar, dass und wie die Jünger Jesu Lehre des Besitzverzichtes befolgt haben. Daraus leitet er kausal die Frage nach den Gütern für die Armenversorgung ab. Johannes beginnt mit einer Entschuldigung, die der typischen Demut eines Schülers vor seinem Lehrer entspricht. Dann wiederholt er Jesu Auftrag, wie er ihn verstanden hat, und schaltet seine Frage nach. Johannes tritt Jesus gegenüber ehrfurchtsvoller und zurückhaltender auf als Petrus. Johannes bezeichnet das Heilen der Kranken als „Kunst“ (texnh) und geht davon aus, dass der ärztlichen Tätigkeit eine Unterweisung vorausgehen müsse. In der Antike gab es keine gesetzlichen Regelungen bezüglich des Arztberufes und der Ausbildung dafür, so gab es vom wandernden Wunderheiler bis hin zum Spezialarzt ein breites Arztspektrum.484 Jesu Auftrag zu heilen könnte Johannes aber im Sinne der hippokratischen Tradition verstanden haben als Aufforderung, Körper durch medizinische Heilkünste zu therapieren. Zumindest der Terminus texnh verweist darauf. Im Corpus Hippocraticum wird die Medizin – paradigmatisch für alle späteren Künste – als Heilkunst, τέχνη genannt, begründet.485 Eine Ausbildung für das Handwerk des ἰατρός bzw. medicus konnte durch Wissentransfer innerhalb einer Arztfamilie, privat bei einem anerkannten Arzt oder an einer Ärzteschule erfolgen.486
482 Vgl. z. B. AJ NHC II,1 p. 13,18; 22,10; EpJac NHC I,2 p. 5,37; SJC NHC III,4 p. 94,1; 95,19; an den teilweise parallelen Stellen im BG steht „Christus“ (pex~s) als Anrede. 483 Vgl. Mk 1,2 sa. 484 Vgl. Schulze, Medizin und Christentum, 29. Lediglich Kaiser Severus Alexander erließ ein Edikt bezüglich der Besoldung aus Staatsmitteln für Ärzte, die ihr Wissen an Schüler weitergaben, und gestatte ihnen die Nutzung öffentlicher Gebäude für diese Lehrtätigkeit (Eckart, Geschichte, 4–8). 485 Vgl. Toellner, Heilkunde, 746. 486 Vgl. Schulze, Medizin und Christentum, 27–29.
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Unter den Jüngern Jesu war kein Arzt, in den kanonischen Evangelien erscheint Johannes als Fischer (Mk 1,19–20 parr). Seine Skepsis gegenüber Jesu Auftrag ist verständlich und drückt Respekt gegenüber dem Arzthandwerk aus. Respekt vor Jesus soll vermutlich durch die Redeangst der Jünger ausgedrückt werden. Sie verweist nicht auf das Ideal der ἀνάπαυσις, der „Ruhe“, das in christlichen wie gnostischen Texten oft angestrebt wird.487 Die hier erwähnte Scheu, vor Jesus viel zu sprechen, korrespondiert mit einem Verhalten, dass die Jünger dem Auferstandenen gegenüber häufig zeigen. Oft sind knappe Fragen im Gespräch mit Jesus stilistisch bedingt und dienen der Strukturierung von Jesu Rede. Mitunter bringen die Jünger den Respekt vor ihrem Herrn auch direkt zur Sprache und entschuldigen sich dafür, dass sie ihn mit Fragen belästigen – die Erhabenheit des Auferstandenen wird so betont.488 p. 11,14–19 Er antwortete ihm: „Gut hast du gesprochen, Johannes, denn ich weiß, dass die Ärzte dieser Welt heilen, was zur Welt gehört. Die Ärzte der Seelen – sie heilen das Herz.“ Jesus würdigt einen Ausspruch von Johannes mit einer rhetorischen Lobformel. Ιm neutestamentlichen Griechisch wird eine treffende Aussage häufig als καλῶς bezeichnet, was in den sahidischen Übersetzungen übernommen wird und in dieser Funktion auch in den ActPt steht.489 Die Wendung begegnet bereits relativ zu Beginn der Erzählung als Jesus gegenüber Petrus bekräftigt: „[Gut] hast du gesagt[: ‚Mein Bruder und] mein Freund‘“ (p. 3,2 f.). Dort fungiert Je als Redeeinleitung und markiert den Beginn des Zitates, hier wird es als kausale Konjunktion übersetzt.490 Man könnte Je auch als Signal der wörtlichen Rede übersetzen, dann würde Jesus Johannes zitieren: „Gut hast du gesprochen, Johannes: ‚Ich weiß, dass die Ärzte dieser Welt heilen, was zur Welt gehört. Die Ärzte der Seelen (aber) heilen das Herz.‘“491 Dieser Möglichkeit geben Schenke und Ghica in ihren Übersetzungen den Vorzug, da sie die lobende Bestätigung „ich weiß“ aus Jesu Munde als fehl am Platze empfinden. Allerdings stellt 487 Dies vermutet Ghica, Les Actes, 394, der Parallelen zu AuthLog NHC VI,3 p. 27,9–13 und EvMar BG 1 p. 17,4–7 zieht. Das Schweigen an diesen Stellen ist jedoch anders motiviert. Im Authentikos Logos erträgt der wahrhaftig Erkennende die Grobheit der Welt schweigend, sein Schweigen bezeugt die Abkehr von der Welt. Im „Evangelium nach Maria“ wird von dem Aufstieg der Seele in ihre Heimat der Ruhe berichtet, danach schweigt Maria, weil die Rede des Erlösers an dieser Stelle endet. 488 So wenden sich die Jünger in EpAp 36 (äthiopische Überlieferung, AcA, 1077) an Jesus: „Herr, bereits schämen wir uns nämlich, dass wir dich oftmals fragen und belästigen.“ 489 Vgl. dazu sowohl im griechischen als auch im sahidischen Text: Mk 7,6 par; 12,28.32; Lk 20,39; Joh 4,17; 13,13. 490 Ebenso übersetzt Krause, Akten, 120: „Gut hast du gesprochen, Johannes, denn ich weiß, daß die Ärzte der Welt die (Krankheiten) der Welt zu heilen pflegen.“ Wilson/Parrott, Acts, 226: „Rightly you have spoken, John, for I know, that the physicians of the world heal what belongs to the world.“ 491 Übersetzung nach Schenke, NHD, Bd. 2, 453; vgl. ebd., Anm. 19. Die Übersetzung von Ghica, Les Actes, 314, folgt Schenke.
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sich dann die Frage, woher das Johannes-Zitat stammt. Es wird in der Erzählung offenbar als bekannt vorausgesetzt, aber in den Evangelien, den apokryphen Apostelakten oder anderen bekannten antiken christlichen Schriften ist bisher keine passende Aussage von Johannes gefunden worden.492 Inhaltlich besteht ein eindeutiger Bezug zwischen der Frage des Johannes und Jesu Lob und Antwort. Der Jünger gibt zu bedenken, dass sie es nicht verstünden, wie Ärzte die Körper zu heilen. Da die Körper zur Welt gehören, wie Jesus im Folgenden klarstellt (p. 11,19–26), kann er Johannesʼ Aussage zustimmen und pointieren: Die Ärzte der Welt heilen, was zur Welt gehört. Sperrig hingegen bleibt seine selbstbestätigende Formulierung „denn ich weiß“. Sie passt eher in die Antwort eines Schülers, der belehrt wurde, nicht zum bisher als würdevoll charakterisierten Auferstandenen. Die Ärzte der Welt und die Ärzte der Seelen werden als Kontrastpaare gegenübergestellt, wobei wieder die Präposition Nte- jeweils den Genitiv umschreibt, trotz Determination. Mit Aorist wird ausgedrückt, dass die einen die Leiden der Welt und die anderen die Herzen zu heilen pflegen. Hht verhält sich hier synonym zu yuxh, steht auch in Übersetzungen gelegentlich für das griechische ψυχή.493 Bereits im Neuen Testament wird der Begriff verschieden, teilweise mehrdeutig gebraucht, was auch daran liegt, dass die Septuaginta נֶ ֶפשׁkonsequent mit ψυχή übersetzt. Hinter dem Begriff kann gedanklich das Innerste des Menschen stehen – quasi ein geistiges Prinzip im Menschen, dass ihn eng mit dem lebensspendenden Geist Gottes verknüpft. Dann kann die ψυχή auch getrennt vom σῶμα gedacht werden.494 Bei den Apologeten und Kirchenvätern gehen die Vorstellungen darüber auseinander, ob die Seele fest zum Körper gehört oder von ihm getrennt ist, ob sie materiell oder immateriell ist.495 Hinter der Kontrastierung in unserer Erzählung scheint ein Leib-Seele-Dualismus zu stehen, der davon ausgeht, dass der Körper zur Welt gehört, die immaterielle Seele aber in den göttlichen Bereich. Die Vorstellung, dass die Seele etwas anderes als der Körper sei und diesen folglich auch überlebe, war weit verbreitet, anschaulich verarbeitet von Platon in der Dialogschrift Phaidon. Dort lässt er Sokrates über die materialistische Vorstellung der Seele scherzen, ob denn diese, wenn der Tod nicht bei Windstille, sondern bei Sturm eintrete, buchstäblich auseinanderwehen würde.496 Daraus resultiert natürlich eine deutliche Vorrangstellung der Seele vor dem Körper, deren Reflex wir auch in den ActPt finden: Weltliche Ärzte heilen nur das Vergängliche – im
492 Ghica, Les Actes, 85, nimmt an, dass die Erzählung hier auf einen Klassiker der johanneischen Tradition zurückgreift, der vielleicht nur mündlich überliefert umlief. 493 Vgl. im sahidischen Neuen Testament Joh 10,24 und Kol 3,23. 494 Vgl. Gen 2,7 und Mt 10,28. 495 Tertullians Ansicht beispielsweise, dass die Seele körperlich sei (anim. 4,1), teilt Origenes nicht, der sie zwar auch als Substanz definiert, die ein Vorstellungs- und Strebevermögen hat, sie aber immateriell versteht (princ. 2,8,1). 496 Plat. Phaid. 77d–f.
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Gegensatz zu den Seelenärzten. Und die Apostel sollen erst die Körper heilen, damit ihnen geglaubt wird, dass sie auch die Seelen heilen können – die körperliche Heilung erscheint hier nur als Mittel zum Zweck der seelischen. Die Vorstellung von einem Arzt, der Seelen heilt, ist in der frühen christlichen Literatur breit belegt, sie wurde sowohl auf Gott,497 als auch auf Jesus498 und Mönche oder besondere kirchliche Würdenträger499 und die seelsorgerliche Unterweisung im Glauben angewendet.500 Als seelische Gebrechen galten die Sünde, die schlechten Leidenschaften oder auch Irrlehren, die die Seele verwunden können. Die antike Vorstellung von „zwei Disziplinen“ der Heilkunde, findet sich z. B. bei Clemens Alexandrinus: „‚Denn die Heilkunst‘, so Demokrit, ‚heilt die Krankheiten des Körpers, die Weisheit aber befreit die Seele von den Leidenschaften.‘“501 Die gleiche gedankliche Dynamik entwickelt die Erzählung, allerdings nicht auf Jesus, sondern auf die Jünger bezogen. Johannes bezieht sich zunächst auf die erlernbare, menschliche Heilkunst. Jesus stellt erst die menschliche und die geistliche nebeneinander, um die Jünger im Folgenden aufzufordern, beide anzuwenden. p. 11,19–26 „Heilt also zuerst die Körper, damit sie euch angesichts dieser wirksamen Kräfte der Heilung an ihren Körpern ohne Medizin von dieser Welt, glauben, dass ihr (folglich) auch die Krankheiten der Herzen heilen könnt.“ Jesus, der die Jünger bereits angewiesen hat, die Kranken zu heilen (p. 10,33–11,1), zieht nun die Schlussfolgerungen aus dem Wortwechsel mit Johannes. Eingeleitet mit der resümierenden Partikel oun, expliziert er seinen Auftrag, der zunächst wieder mit dem Imperativ ari paHre („Heilt!“) einsetzt. Mit Jekaas beginnt ein Finalsatz, der nach einem längeren Einschub mit Konjunktiv als Finalsatz fortgesetzt
497 Als Hermas die himmlische Version seiner ehemaligen Herrin Rhode erscheint, ermuntert sie ihn zu Gott zu beten, der seine, aber auch die Sünden seines ganzen Hauses heilen wird (Herm[v] 1,1,9). 498 Christus als Arzt heilt von den Bissen der Irrlehrer, IgnEph 7,1 f.: ἰατρὸς δὲ ἡμῶν ἐστιν ὁ μόνος ἀληθινὸς θεός (…). Auch bei Or. Cels. 4,15 wird Christus als Heiler (θεραπεύων) der Seelen beschrieben. Ebenso findet sich bei Clemens die Vorstellung vom Wort des Vaters, dass die Krankheiten der Seele heilt (paed. 1,2,6: θεραπευτικὸς […] τῆς ψυχῆς παθῶν), Auch (Pseudo-)Makarios beschreibt Jesus als den einzigen Arzt, der die Seele heilen und retten kann, vgl. hom. 20,56 f.: οὕτως οὖν ἐτραυματίσθη, ὥστε μηδενὶ δυνατὸν εἶναι ἰάσασθαι, εἰ μὴ μόνῳ τῷ κυρίῳ· 499 Theodoret berichtet, der Mönch Maron habe nicht nur Krankheiten kuriert, sondern auch die Seelen geheilt: Οὐ μόνον δὲ τὰς σωματικὰς ἀρρωστίας ἰᾶτο, ἀλλὰ καὶ ταῖς ψυχαῖς τὴν πρόσφορον θεραπείαν προσέφερε, (…). (h. rel. 16). 500 Gregor von Nazianz meint, so wie die Körper je nach Krankheit andere Therapien bedürfen, sollen auch die Seelen, um geheilt zu werden, immer wieder anders belehrt und geleitet werden (or. 2,30). 501 Clem. paed. 1,2,6: Ἰατρικὴ μὲν γὰρ κατὰ Δημόκριτον σώματος νόσους ἀκέεται, σοφίη δὲ ψυχὴν παθῶν ἀφαιρεῖται·
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wird.502 Durch diese gesperrte Satzstellung wird der Einschub, der die körperlichen Heilungen ohne Medizin fordert, über den Finalsatz erhoben und besonders betont. Die Wendung oun SGom Mmo# (wörtlich: „also ist Kraft bei“) steht häufig für δύναμαι und wird in dieser Übersetzung mit „können“ wiedergegeben. Es ist schwer, die Struktur des Satzes in einer deutschen Übersetzung genau aufzugreifen. Das doppelte oun gliedert nur scheinbar die Satzstruktur. Die präpositionale Wendung ebol —Hitoot# (wörtlich: „durch sie, die [Kräfte]“) ist mit Rücksicht auf ein besseres Verständnis des Satzes mit „angesichts“ übersetzt und die Wendung NniGom etSoop (wörtlich: „die Kräfte, die vorhanden sind“) als „diese wirksamen Kräfte“. Das Nomen aiwn („Äon“) bezeichnet in spekulativen Konzeptionen Himmelssphären,503 aber auch, mehr zeitlich gedacht, den göttlichen Raum, selten die materielle Welt. Hier steht es in Bezug zu kosmos und ist daher mit „Welt“ übersetzt. In der Regel steht für die materielle Welt kosmos, innerhalb der Nag-HammadiSchriften gibt es nur wenige Belege, wo sie als aiwn bezeichnet wird.504 Möglicherweise wurde hier aiwn und nicht kosmos gewählt, um implizit den vergänglichen und den unvergänglichen Äon gegenüberzustellen. Die Formulierung aJN paHre Nte piaiwn provoziert gedanklich die Ergänzung „sondern mit Medizin von jenem Äon“ (piaiwn etMmau). In dieses Bild würde sich auch die Übergabe der Medizin in der Stadt „Neun Pforten“ einfügen, als Medizin aus dem anderen Äon. Solche indirekten Gegenüberstellungen begegnen mitunter, z. B. in der Rahmenhandlung des „Apokryphon des Johannes“.505 Häufig sind Äonen chronologisch voneinander abgegrenzt, vor allem in apokalyptischen Sequenzen.506 Hinsichtlich der ActPt scheint es so, als stünde die Stadt „Wohne“ für den „Äon“ der „Welt“ (kosmos), die Stadt „Neun Pforten“ hingegen reicht schon in den unvergänglichen Äon hinein, bzw. in das Reich Gottes. Beide existieren nebeneinander und sind durch den Weg miteinander verbunden.
502 Jekaas mit Konjunktiv und eingeschobenem Adverbialsatz ist ein häufigeres Satzmuster, vgl. Layton, Coptic Grammar, 355, und Plisch, Einführung, 69. 503 Vgl. z. B. UW NHC II,5 p. 112,14 ff. 504 Abgesehen von den Weltperioden in apokalyptischen Szenen nur ÄgEv NHC IV,2 p. 71,7.14; 2LogSeth NHC VII,2 p. 57,22; ApcPt NHC VII,3 p. 73,18; 83,8. 505 Jesus geht zurück von dieser Welt zu dem Ort, von dem er gekommen ist, zum vollkommenen Äon (z. B. AJ BG 2 p. 19,15–16; 75,14 f.). Petrus wird verflucht in diesen Äonen, aber gepriesen in der Erkenntnis (ApcPt NHC VII,3 p. 73,18 ff.). 506 So die Äonenfolge in Noêma NHC VI,4 p. 42,20 ff. In apokalyptischen Konzeptionen begegnet häufig ein Zwei-Äonen-Schema. Auch wenn die Äonen nicht streng dualistisch gedacht werden, also der künftige Äon oft bereits in den bestehenden Äon hineinwirken soll, steht „dieser Äon“ in einem gewissen Gegensatz zu dem kommenden Äon und „dieser Äon“ erscheint auch als „Welt der sündigen Verderbtheit, der Ungerechtigkeit, der Drangsale, der Schmerzen und des Todes“ (vgl. Vögtle, Zukunft des Kosmos, 56).
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Die Unterordnung der Ärzte dieser Welt und die Ablehnung ihrer Medizin war keine vorherrschende Meinung der Christen in den ersten Jahrhunderten. Obwohl auch die wissenschaftliche Medizin oft eng mit ärztlicher Tätigkeit an einem Asklepieion und paganer Tradition verbunden war, taucht der Arzt nicht in den Listen verbotener Berufe für Taufbewerber auf, die Apologeten halten sich mit Polemik gegenüber der medizinischen Tätigkeit insgesamt erstaunlich zurück und es gab wohl nicht wenige christliche Ärzte.507 Es gibt kaum Belege für explizite Kritik.508 Vor allem christliche Asketen im orientalischen Mönchtum dürften jedoch medizinisches Eingreifen z. T. abgelehnt haben.509 Das wiederum passt zu dem asketischen Hintergrund der ActPt und der im Hintergrund mitschwingenden negativen Weltsicht der Schrift, die diese Welt als Zwischenstation schildert, in der die Christen als Fremde ausharren und leiden müssen. Interessant ist, dass nun körperliche Heilungen ohne weltliche Medizin gefordert werden. Als Heilungswunder sollen diese körperlichen Genesungen Glauben wecken und nachträglich die Heilung der Seele ermöglichen. Die Pharmazeutika, die Jesus seinen Jüngern überreicht, könnten für die Heilung der Körper gedacht sein, als Medizin aus dem anderen Äon. So soll vielleicht die Anwendung einer bestimmten Medizin legitimiert werden, die als göttliche Arznei eingeführt wird. Wahrscheinlicher ist m. E., dass die Medizin symbolisch für die Heilkraft des Glaubens steht, sei es durch die Askese oder die Sakramente.510 So ist die Stelle zumindest später verstanden worden, das belegt das Auftreten Lithargoels als Engel, der die Seelen heilt im „Buch von der Einsetzung des Erzengels Gabriel“.511 Auffällig ist, dass zuerst die Körper, dann die Seelen geheilt werden sollen. In den Unterweisungen bei Kirchenvätern findet sich in der Regel die umgekehrte Vorstellung – durch die Heilung der Seele verschwinden auch körperliche Leiden, da Sünde
507 Vgl. Schulze, Medizin und Christentum, 31 f. Schulze trägt auch epigrafische und papyrologische Zeugnisse von christlichen Ärzten zusammen und kann nachweisen, dass das Arzthandwerk unter den Christen der ersten Jahrhunderte durchaus verbreitet und auch anerkannt war. Allein an epigrafischem Material aus dem 2. bis 6. Jh. versammelt er über 90 Inschriften christlicher Ärztinnen und Ärzte. 508 Einer der wenigen Belege findet sich bei Tatian, der nicht an die Wirkung von Arzneien glaubt und meint, wenn sie doch wirken, so müsse man dies wohl Gott zuschreiben (orat. 20,1). 509 Im syrischen Liber Graduum werden weltliche Ärzte abgelehnt, die nicht im Namen Jesu heilen. Vor deren magischen, mit Dämonen verbundenen Praktiken wird gewarnt. Wegen der Krankheit des Körpers darf nicht die Krankheit der Seele in Kauf genommen werden, d. h. die Hilfe der Dämonen zur (scheinbaren) Heilung genutzt werden (M 7,14). 510 So wird z. B. in den Ignatianen das eucharistische Brot als φάρμακον ἀθανασίας bezeichnet (IgnEph 20,2). 511 Zu Beginn von p. 71 tritt der Engel „Litharkuel“ auf, der einen Arzneikasten mit Lebensmedizin in der Hand hält, um jede Seele zu heilen: @anok pe lIqarkouhl, petere\pnardIc NtootF eFmeH MpaHre nwnH% eIerpaHre e%yuxh nIm.
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Krankheit bedingt.512 Die Auslegungen des syrischen Liber Graduum sind hingegen nah an den ActPt und helfen, den Auftrag Jesu hier zu verstehen. Der Autor des Liber fordert dazu auf, nach dem Vorbild des Herrn diejenigen, „die vom Krebsgeschwür der Sünde befallen sind, zu heilen wie ein guter Arzt“ (M 17,7). Nach der körperlichen Heilung ist der Mensch nicht gesund, wenn durch die gestörte Gottesbeziehung die Sünde weiter im Menschen wohnt. Der Mensch braucht nun spirituelle Leitung. Wahre Heilung führt den Menschen in den ursprünglichen Zustand der Vollkommenheit zurück: er wird vollkommen, wie er es vor dem Fall war (M 6,2). Diesem Muster entsprechen die ActPt: Die Heilung der Seelen ist jener der Körper übergeordnet, sie erscheint schwieriger und wichtiger. Vermutlich soll sie dazu befähigen, den Weg zu Christi Stadt zu gehen und stünde dann auch in Verbindung mit der Vervollkommnung des Menschen. Der Befehl Jesu zur Heilung der Seelen ist nicht nur eine Schlüsselstelle zum Verständnis der Erzählung, sondern auch für die Komposition des Codex VI der NagHammadi-Schriften. Die ActPt als eröffnende Schrift geben mit der Aufforderung zur Heilung der Seelen dessen Leitthema vor. Alle folgenden Schriften beschäftigen sich mit der Natur der unsterblichen Seele, mit ihrer Heilung und Rettung.513 Immer wieder wird bildhaft beschrieben, wie die Seele im Körper leidet und in der Materie krank wird: „Die Wunde [gemeint sind die Leidenschaften des Menschen] aber frisst an der Seele, so dass sie verfault durch diese Wunde der Schlechtigkeit und stinkt“ (Askl NHC VI,8 p. 66,20 ff.). Heilung, so ist der Konsens der anderen Schriften des Codex VI, gibt es nur durch Erkenntnis. Das betonen die ActPt zwar auch, allerdings bekommen die Jünger mit der medizinischen Ausstattung noch ein anderes Mittel in die Hand. Den Jüngern wird an dieser Stelle große Verantwortung übertragen. Sie sind nicht nur für die richtige Lehre, sondern auch für körperliche Heilungen und die seelische wie spirituelle Vervoll-
512 Prägnant formuliert in der Taufkatechese des Cyrill von Jerusalem, der am Beispiel des Gichtleidenden erklärt, Jesus, der Arzt für Seele und Leib, habe zuerst dessen Seele geheilt, um dann auch dem Körper Heilung zu bringen. Ἐπειδὴ γὰρ διὰ τὴν τῆς ψυχῆς ἁμαρτίαν παρελύθη τὸ σῶμα, προεθεράπευσε τὴν ψυχὴν, ἵνα ἐπαγάγῃ καὶ τῷ σώματι τὴν ἴασιν (catecheses ad illuminandos 10,13,7– 9). 513 Die „Brontê“ will als Rätselrede solche Erkenntnisse vermitteln, die der Rettung der Seele dienen sollen. Der Authentikos Logos ist eine homiletisch-didaktische Abhandlung über die Herkunft der Seele, ihre irdische Existenz und ihre Heimkehr ins Lichtreich. Im Mittelpunkt steht die Heilung der kranken Seelen durch den Logos (vor allem p. 27,25–29,3). Eine didaktische Abhandlung ist auch die Schrift „Das Verständnis unserer großen Kraft“, wobei die Kraft eine Umschreibung für die Seele ist, um deren Herkunft, Reinigung und Rettung es in dem Traktat geht. Über die Natur der Seele und ihre Rettung geht es auch in dem Ausschnitt aus Platons Politeia. „Über die Achtheit und Neunheit“ ist ein Lehrgespräch, mit dem Ziel geheimes Wissen zu vermitteln, damit die Seele zur göttlichen Schau gelangen kann. Der „Asklepios“ behandelt exzerptartig das Geschick der individuellen Seele nach dem Tod. Nähere Ausführungen dazu oben in der Einleitung unter 2.3.
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kommnung der Menschen verantwortlich. Mit Blick auf das Liber Graduum lässt sich wohl sagen, dass die Heilung der seelischen Wunden gleichbedeutend mit der Wiederherstellung des Menschen ist und die Rückkehr in das himmlische Paradies bedeutet514 – für das vielleicht die Stadt „Neun Pforten“ steht. Für die Jünger war Jesus der Wegbereiter zu seiner Stadt. Nun sollen die Jünger diese Aufgabe übernehmen. Dabei tritt der Aspekt der Mission in den Hintergrund. Die Jünger sollen nur die bereits glaubenden Menschen lehren und heilen. Ihre Aufgabe erscheint als Dienst in der Gemeinde.
Die Ablehnung der Reichen (p. 11,26–12,13) Im Abschluss von Jesu Rede wird argumentativ konzentriert das Kernanliegen der ActPt gebündelt. Der Abschnitt wirkt wie das Resümee aus der Perlenverkäufererzählung (p. 3,11–5,1), salopp formuliert: „und die Moral aus der Geschicht‘: verbrüdert euch mit Reichen nicht“. Der Abschnitt ist wie eine Kurzrede mit symbuleutischer Ausrichtung gegliedert. Begonnen wird mit einem Rückblick auf das negativ bewertete Verhalten der Reichen in der Stadt „Wohne“ (p. 11,26–31). Daraus werden drei restriktive Befehle für das zukünftige Handeln abgeleitet (p. 11,32–12,3). Es folgt eine Begründung, die sich nicht auf die Stadt „Wohne“, sondern auf eine Gemeindesituation bezieht (p. 12,4–8). Als conclusio (p. 12,8–13) wird ein positiver Auftrag erteilt, mit soteriologischer Zuspitzung, da dem entsprechenden Aposteldienst Ehre in Aussicht gestellt wird. Der Abschnitt ist zwar mit der Erzählung verbunden, denn er blickt zurück auf die Szene mit Lithargoel, den Reichen und den Armen (p. 3,11–5,1), überträgt diese Szene aber auf eine allgemeine Ebene (p. 11,32) und nimmt in der Begründung unvermittelt Bezug auf eine externe Situation (p. 12,4–8). Die vielen Imperative bezeugen den restriktiven Sprechakt. Die Apostel sollen abschließend, wohl stellvertretend für den anvisierten Leserkreis, vom Hauptanliegen der ActPt überzeugt und entsprechend instruiert werden. Molinari und Ghica sehen in diesem Abschnitt Widersprüche, die auf die Redaktion mehrerer Quellen hinweisen. Das betrifft hauptsächlich die Erzählchronologie: Zu Beginn der Erzählung begeben sich die Apostel in die Mission, um das Wort Gottes zu verkündigen, hier scheint aber bereits eine gut situierte Gemeindestruktur zu beste-
514 Nach der körperlichen Heilung ist der Mensch nicht gesund, wenn durch die Gottesbeziehung die Sünde weiter im Menschen wohnt. Der Mensch braucht nun spirituelle Leitung. Diese wahre Heilung führt den Menschen in den ursprünglichen Zustand der Vollkommenheit zurück: er wird vollkommen, wie er es vor dem Fall war (M 6,2). Heilung der Wunden ist daher gleichbedeutend mit der Rückkehr in das himmlische Paradies, aus dem Adam hinausging (M 25,5). Wegbereiter zum Himmel ist Christus (vgl. dazu Fuchs, Auflehnung und Fall, 38–40).
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hen.515 Diese Gemeindesituation ist auch schwer vereinbar mit der Tatsache, dass die Epiphanieszene vor elf Jüngern chronologisch vor der Nachwahl eines Apostels und vor der Himmelfahrt Jesu platziert sein müsste. Nun sind der parabolische erzählende und der unterweisende Teil der ActPt generell sehr verschieden. Das könnte natürlich an der jeweiligen Verarbeitung unterschiedlicher Quellen liegen. Es ist aber auch vorstellbar, dass der Autor die Widersprüche selbst hineinschrieb in dem Bestreben, die parabolische Erzählung zu deuten und einen aktuellen, paränetischen Bezug herzustellen. Der Text jedenfalls zeugt von dem Versuch, eine vermutlich aktuelle Situation – soziale Konflikte, eine ausgebaute Gemeindestruktur und die Auseinandersetzung um Medizin – mit einer Geschichte zu vernetzen, die in der Vergangenheit spielt. Dabei erscheinen die Apostel als Vorbilder, denen (bestimmte) Gemeindemitglieder nacheifern sollen. p. 11,27–12,2 „Die Reichen der Stadt aber, jene, die es überhaupt nicht für wert hielten, nach mir zu fragen, sondern sich erfreuen an ihrem Reichtum und ihrer Menschenverachtung – (mit) derartigen (Leuten) nun (p. 12) sollt ihr nicht zusammen in ihrem Haus essen und keine Freundschaft schließen.“ Die deutsche Übersetzung gibt eine Satzstruktur wieder, die im koptischen durch den Hochpunkt klar dreigeteilt ist. Der erste Satzteil wird durch das Pronomen Ntoou gegliedert, das mit dem negativen Perfekt die Rückblende auf die Perlenverkäuferszene anzeigt. Der nächste Satz wird mit der Konjunktion alla angefügt und verhält sich zum ersten wie eine additive Steigerung: Die Reichen sind nicht nur desinteressiert, sondern auch selbstgefällig und überheblich. Aus diesem Verhalten zieht der dritte Satzteil die proleptische Schlussfolgerung, sich zukünftig derartigen Menschen gegenüber distanziert zu verhalten. Die beiden Verbote sind im negativem Imperativ formuliert und durch die griechische Konjunktion oude miteinander verbunden. Sie definieren den Umgang mit den Reichen. Der Kontakt mit ihnen darf nicht freundschaftlich werden, wohl damit die Apostel sich nicht abhängig machen, sondern sie kritisch zurechtweisen (vgl. p. 12,3.8). Interessant ist, dass mit m\nt/saSrwme (p. 11,31 f.) auf den Bericht von der Menschenverachtung der Reichen in der Stadt „Wohne“ verwiesen wird (p. 3,26), dort allerdings m\nt/Sasrwme geschrieben – folglich von Sws („verachten, hassen“) und nicht, wie hier, von swS („verachten, verspotten“) abgeleitet. Da beide Begriffe inhaltlich und phonetisch fast äquivalent sind, wird die Wortbedeutung auf der Ebene der Erzählung wohl die gleiche sein. In den ActPt werden die Reichen hart kritisiert. Sie gelten als exemplarisch schlechte Menschen. Ihnen wird keine positive Verhaltensoption angeboten. Das fällt auf, da sich in anderen Schriften darum bemüht wird. Dort wird nicht der Reichtum an sich, 515 Molinari, Acts, 12; Ghica, Les Actes, 86.
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sondern werden Habsucht und Geiz verworfen und häufig wird darauf hingewiesen, dass ein Reicher, der großzügige Almosen gibt und tugendhaft lebt, Gott wohlgefällig sein kann.516 Innerhalb der Nag-Hammadi-Schriften findet sich keine ähnlich starke Kritik, allerdings vielerorts die Forderung, sich von weltlichen Begierden loszureißen. Aber materieller Reichtum an sich wird selten einseitig getadelt. Allerdings findet sich rMmao häufig umgedeutet als göttlicher Reichtum oder Reichtum an Erkenntnis, der mitunter dualistisch der Armut der Welt entgegen steht.517 Neben den ActPt fällt vor allem das Thomasevangelium auf, das explizite Reichtumskritik beinhaltet.518 Auch wegen dieser einseitigen Kontrastierung von Arm und Reich werden die ActPt mitunter für eine sehr frühe Schrift gehalten, denn es besteht große Nähe zu neutestamentlichen Texten, die Arme selig preisen, Reiche verwarnen (Mt 5,3–6; Lk 6,20–26) und irdischen Besitzverzicht fordern.519 Und in früh datierten christlichen Texten findet sich auch eine vergleichbar kompromisslose Reichtumskritik: In Did 5 und Barn 20 wird vor dem Weg der Finsternis gewarnt, auf dem jene wandeln, die „den Reichen“ beistehen und eine Forderung in EpAp p. 38,9–14 steht den ActPt besonders nah: „Ihr dagegen, aufrichtig und schön, predigt und lehrt, indem ihr euch vor niemandem scheut und indem ihr euch vor niemandem fürchtet, besonders aber nicht vor den Reichen, denn jene tun nicht meine Gebote, sondern sie schwelgen in ihrem Reichtum.“ Doch auch in einigen späteren Texten, die meistens dem orientalischen Raum zugeordnet werden können, findet sich harsche Reichtumskritik und das Ideal der Besitzlosigkeit.520 In den ActPt gelten die Reichen als „menschenverachtend“, als Misanthropen – ein starker Vorwurf. In Lukians Dialog Timon erkennt der Protagonist, dass seine ver516 Im Hirten des Hermas wird Hermas die dritte Vision vom Turmbau gedeutet, in der weiße runde Steine nicht in den Bau passen. Daraus wird gefolgert, dass die Reichen in der Welt nur brauchbar für den Herrn werden, wenn ihnen der Reichtum beschnitten wird (Herm[v] 3,6). Andere Passagen erwähnen, dass der Reiche sich durch das Geben von Almosen brauchbar macht und die Fürbitte der Armen erhält, so auch 1Clem 38,2: ὁ πλούσιος ἐπιχορηγείτω τῷ πτωχῷ, ὁ δὲ πτωχὸς εὐχαριστείτω τῷ θεῷ (…). Differenziert und ausführlich behandelt Clemens Alexandrinus die Frage, welcher Reiche gerettet werden wird und hält fest, dass den Reichen Begierde und Unreinheit vom Himmelreich ausschließen, nicht aber der Reichtum an sich, q. d. s. 20,6: ἀπαθῶν γὰρ καὶ καθαρῶν ψυχῶν ἐστιν ἡ σωτηρία. 517 Vgl. TractTrip NHC I,5 p. 53,17; 57,28; 71,31; 73,14; AJ NHC II,1 p. 30,15; EvThom 29 und 85; UW NHC II,5 p. 101,[33]; ÄgEv NHC III,2 p. 67,9; 2ApcJac NHC V,4 p. 47,[7]; Brontê NHC VI,2 p. 15,1; AuthLog NHC VI,3 p. 26,9; ExpVal NHC XI,2 p. 28,37; außerdem SJC BG 3 p. 88,1; 125,3.8. 518 EvThom 64; 72; 81; 95. 519 Lk 12,31–34 par; 14,33; 16,9; 18,25 parr; Jak 5,1–6. 520 Vor allem Überlieferungen aus dem Gebiet des Zweistromlandes, des alten Mesopotamiens, zeugen von besonderen asketischen Bemühungen dort. Hier sind vor allem die Homilien zu nennen, die unter dem Namen des Makarios überliefert wurden und von denen Teile aus der Feder des Symeon stammen, einem syrischen Asketen. Sie sind wohl im 4. und 5. Jahrhundert verfasst und zeugen von der Auffassung, der Asket müsse seine Familie und seine Heimat verlassen, der Welt entsagen und alle Leidenschaften überwinden (vgl. Mac. Aeg. hom. 19; 21; 29; 49).
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meintlichen Freunde seinen Reichtum nur ausnutzen und ihn ausbeuten. Er lebt nur noch für sich und seinen Reichtum. Er wird zum Menschenhasser, den Eigenschaften wie Härte, Grobheit und Ungeselligkeit kennzeichnen.521 In den ActPt wird der Vorwurf schwach und nicht konkret begründet. Kritisiert werden vor allem Mahlzeiten in den Häusern der Reichen. Molinari vermutet, dass an dieser Stelle das gemeinsame Herrenmahl mit Apostaten verboten wird, also mit Christen, die während der Verfolgung ihren christlichen Glauben verborgen oder ihm abgeschworen haben.522 Die Spannungen zwischen Arm und Reich legen eher nahe, dass hier einfach Gastmähler, eventuell auch Agapen523 kritisiert werden, die die Reichen feierten. Zu solchen Anlässen wurden anscheinend andere Gemeindemitglieder eingeladen (vgl. p. 12,1). Solche Mahlzeiten bergen zweierlei Gefahr. Soziale Gegensätze werden verschärft, falls nur ein Teil der Gemeinde eingeladen ist. Ebenso können die Gastmähler Ursache von Streit und Konventikelbildung werden, falls ein Teil der Gemeinde aus (asketischer) Überzeugung nicht daran teilnimmt – obwohl prinzipiell alle eingeladen sind. Auch andere Schriften mit asketischem Schwerpunkt warnen eindringlich davor, an Gastmählern teilzunehmen oder mit „bösen Menschen“ zu verkehren.524 Das ablehnende Verhalten der reichen Menschen in der Stadt „Wohne“ Lithargoel gegenüber dient als negatives Paradigma für das zukünftige Verhalten in dieser Stadt. Es ist bemerkenswert, wie einseitig in den ActPt die Reichen geschildert und wie harsch sie kritisiert werden. Die ActPt sind ein Askese propagierender Text, der wenig Interesse daran erkennen lässt, wohlhabende Menschen konstruktiv in die christliche Gemeinschaft zu integrieren. p. 12,3–8 „Ihr sollt sie nicht bevorzugen. Denn viele nämlich bevorzugen die Reichen, weil sie selbst in den Gemeinden sündigen. Und sie verleiten andere, (ebenso) zu handeln.“ Die drei aneinandergereihten Verbote beginnen konkret (mit dem Gastmahlverbot) und werden dann allgemeiner. Zuvor wird die Freundschaft untersagt, nun jegliche Parteilichkeit für die Reichen.
521 Timon 44,1–3: καὶ ὄνομα μὲν ἔστω ὁ Μισάνθρωπος ἥδιστον, τοῦ τρόπου δὲ γνωρίσματα δυσκολία καὶ τραχύτης καὶ σκαιότης καὶ ὀργὴ καὶ ἀπανθρωπία· 522 Molinari, Acts, 214. 523 Elm, Schon auf Erden Engel, 489 f., macht darauf aufmerksam, dass solche asketische Kritik an Agapefeiern im privaten Raum z. B. auf der Synode von Gangra (341/342) für den pontisch-armenischen Raum abgewehrt wurde (can. 11). Es wurde festgehalten, dass Agapen als Ausdruck einer religiösen Gemeinschaft gefeiert werden sollen. 524 So z. B. Aphrahat, dem. 6,8; bei Aphrahat findet sich auch die Forderung, mit bösen Menschen nicht zu verkehren und mit schandbaren nicht zu sprechen (ebd.).
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III Kommentar
Die feminine Konjugation des negativen Futurs bezieht sich auf das zusammengesetzte Abstraktum mNtreFJi Ho („Aufmerksamkeit, Gefälligkeit, Bevorzugung“). Der anschließende Begründungssatz beginnt mit der Konjunktion Je, verstärkt durch gar an dritter Stelle, das hier auch mit kausaler Funktion steht. Schenke übersetzt die Begründung freier: „(…) viele haben nämlich schon die Reichen bevorzugt! Denn (wo es Reiche) in den Kirchen (gibt,) sündigen sie selbst und verleiten auch andere zu sündigen.“ In seiner Übersetzung wird mit der Konjunktion ebol Je („denn“) ein neuer Satz eingeleitet und ein Bezug zu dem freien, interpretierenden Zusatz „wo es Reiche gibt“ hergestellt. Im koptischen Text bezieht sich die Konjunktion aber wahrscheinlich auf den vorherigen Satz zurück. Das Verb seR nobe kann sich sowohl auf die Reichen, als auch auf die vielen, die die Reichen bevorzugen, beziehen. Entweder sündigen viele bereits selbst und bevorzugen deswegen die Reichen oder die Reichen werden bevorzugt, weil sie sündigen. Die obige Übersetzung lässt den Bezug bewusst offen. Jesus warnt die Apostel vor dem Umgang mit und vor einer Parteinahme für die Reichen. Die Apostel stehen sicherlich exemplarisch für Personen, die in der Gemeinde das Wort ergreifen, lehren und die Autorität haben zu richten – bzw. sich diese nehmen. Vermutlich wird auf Konflikte angespielt, in die geistliche Führer, vielleicht auch Vorsteher der Gemeinde mit einbezogen sind, die parteilich auf der Seite der Reichen stehen. Ähnliche Mahnungen finden sich im Hirten des Hermas, der die Reichen zu Almosen und zu Barmherzigkeit auffordert und gleich danach die Vorsteher der Gemeinde, sich zu beherrschen und einmütig zu sein (Herm[v] 3,9). Die Probleme, die sich in Gemeinden mit großen sozialen Unterschieden ergeben können, umreißt Ambrosius von Mailand: „Nichts belastet den Ruf, oder vielmehr den Glauben so sehr, als wenn man in der Rechtsprechung die Sache eines Niedereren dem Mächtigeren ausliefert, oder einen unschuldigen Armen beschuldigt, den schuldigen Reichen entschuldigt. Ist doch das Menschengeschlecht geneigt, Höhergestellte zu begünstigen, damit sie sich nicht beleidigt, nicht, weil unterlegen, gekränkt fühlen“ (off. 2,24,125). Auch die ActPt fordern Unparteilichkeit, um einer Konventikelbildung entgegen zu wirken und die sozialen Spannungen abzumildern. Leider wird nicht konkretisiert, welche Sünden mit den Reichen verbunden werden. Mit Blick auf die gesamte Erzählung lassen sich folgende Punkte nennen: (1) die Reichen sind den tieferen Geheimnissen des Glaubens gegenüber verschlossen; (2) sie sind auf materielle Güter fixiert; (3) als Misanthropen sind sie vermutlich ungesellig und haben kein offenes Herz für andere, z. B. die Armen; (4) sie halten (vielleicht zu üppige?) Gastmähler ab. Da die Kritik nur beim Verbot des gemeinsamen Essens konkret wird, ist dies vielleicht der Hauptpunkt, an dem sich der Konflikt zwischen unterschiedlichen Gruppierungen entzündet hat. Vor dem Hintergrund der strikten Nahrungsaskese auf dem Weg zu Christi Stadt ist dies nachvollziehbar, denn jegliches Essen bringt den Asketen zu Fall (p. 5,26–6,8).
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Die flache, unkonkrete Darstellung der Reichen zeigt auch, dass der Autor auf ein geprägtes Feindbild zurückgreift. Er scheint davon auszugehen, dass seine intendierten Leser die Gruppe der Reichen beispielhaft vor Augen haben und wissen, worauf er anspielt. Die Tatsache, dass die Reichen sich hier innerhalb der christlichen Gemeinden befinden, verstärkt den Eindruck, dass die Erzählung vom Perlenverkäufer, den Armen und den Reichen in der Stadt „Wohne“ (p. 3,32–5,1) gleichnishaft für das Verhalten dieser Gruppen in der Gemeinde steht und die Stadt exemplarisch als Symbol für die ἐκκλησία zu verstehen ist. Laut Jesu Vorwurf blickt die Erzählung auf eine gut entwickelte Gemeindelandschaft. Es gibt viele Gemeinden, auch mit wohlhabenden Christen. p. 12,8–13 „Richtet sie hingegen aufrichtig, damit euer Dienst geehrt wird. Und (damit) auch ich, mein Name, in den Gemeinden geehrt wird.“ Dies ist der letzte Auftrag Jesu an die Jünger, der sich logisch aus den vorherigen Ermahnungen und der Kritik an den Reichen ableitet. alla leitet als Konjunktion des Gegensatzes den Wechsel von den Verboten zu dem positiven Imperativ ein. In der Aufforderung zu richten steht sooutN in Verbindung mit HN- als Adverb.525 Wie im Deutschen bei dem Wort „gerade“ – oder griechisch εὐθύς – ergeben sich zwei Bedeutungslinien, eine temporale, im Sinne von „sogleich“, und die Bedeutung „gerade (aus)gerichtet“ – im Gegensatz zu krumm, sowohl räumlich als auch moralisch gebraucht. Letzteres trifft hier zu, das Adverb steht im Gegensatz zu dem sündigen Verhalten im vorherigen Satz. Nicht zufällig sind die beiden Kategorien räumlich gedacht, sowohl das sündige Verhalten, das anderen Menschen Raum gibt, sich genauso schlecht zu verhalten (p. 12,7 f.), als auch das geforderte gerade/aufrechte Richten. Dem letzten Satz (p. 12,11–13), der mit Konjunktiv den Finalsatz im Instans fortsetzt, ist anok Hw vorgeschaltet. Jesus Christus als Sprechender wird hervorgehoben. Das Prädikat „verherrlicht“ bezieht sich allerdings nur auf „mein Name“. Gottgefälliges und sündiges Verhalten wird häufig mit zwei Wegen beschrieben, besonders ausführlich in der Gemeindeordnung Didache, die auch im Barnabasbrief verarbeitet ist.526 Die Aufforderung zum Richten wird hier in den ActPt mit finalem Nebensatz begründet, der wieder nahelegt, dass die Aufforderungen an die Apostel implizite Aufforderungen an geistliche Führer oder Gemeindevorsteher sind.527 Das Zurechtweisen der Reichen, hier konstitutiv für einen ehrenvollen Dienst, wird im 1. Timotheusbrief als Aufgabe des Gemeindeleiters genannt (1Tim 6,17–19). Die Vor-
525 Vgl. die gleiche Formulierung in sa. Lk 7,43: akkrine HN ousooutN. 526 Vgl. Did 1–6 und Barn 18–21. 527 In ähnlicher Weise wird in 1Tim 6,17–19 zur Zurechtweisung reicher Gemeindemitglieder aufgefordert.
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stellung, dass der apostolische Dienst nachträglich geehrt wird, beschreibt auch der 1. Petrusbrief mit dem Empfangen des unverwelklichen Kranzes der Herrlichkeit (1Petr 5,4). In den ActPt verdeutlicht der Finalsatz, dass hier ebenfalls das eschatologische Heil im Blick ist. Der Name „Jesus Christus“ ist in den ActPt eine zentrale Größe, hier soll er geehrt werden, an anderer Stelle wird an diesen Namen geglaubt (p. 6,15 f.) und er selbst als große Kraftquelle bezeichnet (p. 6,17). Ob er Ehre empfängt, hängt vom Verhalten ab, „richtiger“ Glaube oder „richtige“ Liturgie erscheinen nicht als wichtige Kategorien. Wenn der Jakobusbrief kritisiert, dass die Reichen mit ihrem Verhalten Christi Namen verlästern würden (Jak 2,7), hat die Schieflage in der Gemeinde die gleiche Konsequenz: unchristliches Verhalten spottet dem Namen, mit richtigem wird er geehrt. Der letzte Auftrag Jesu zieht die Konsequenz aus dem Verhalten der Reichen und aus der gesamten Erzählung: Die Reichen in der Gemeinde sollen gerichtet, d. h. ernsthaft ermahnt werden.
Jesu Verabschiedung (p. 12,13–19) Immer noch vor dem Tor der Stadt „Neun Pforten“ endet die Erzählung mit der Dienstbereitschaft und Bestätigung der Jünger und dem Weggang Jesu. Die Gestik der Akteure – niederfallen, huldigen, aufstehen lassen – ist genau die gleiche wie bei Jesu Offenbarung und hat rahmende Funktion. Die Szene wird sehr komprimiert geschildert. Ein besonderer Schluss wird häufig eingesetzt, um Jesu Hoheit zu betonen, wenn dieser z. B. mit übernatürlichen Phänomenen in den Himmel gehoben wird. Dass in den ActPt darauf verzichtet wird, passt zu dem Gesamtkonzept der Erzählung, die kaum Wunder- oder Machttaten berichtet, um die Protagonisten zu verherrlichen. Auch der Schluss wird von der unpersönlichen Erzählstimme geschildert, die seit p. 9,30 die Erzählung übernommen hat. Der Schluss ist auf beiden Ebenen der Erzählung deutlich markiert. Inhaltlich durch den klaren Abschluss des Erkenntnisgewinns für die Jünger, den sie durch die Offenbarungen und Jesu Anweisungen für den Gemeindedienst erhalten haben. Auch der Abschied der Protagonisten setzt einen klaren Schlussakkord: Jesus geht weg und die Jünger werden in die Stadt „Wohne“ zurückkehren. Stilistisch bestehen sachliche Parallelen zum Beginn der Erzählung, auch dort war von einem Dienst die Rede, den der Herr den Aposteln aufgetragen hat und den diese einmütig ausführen wollen (p. 1,10 f.). Formal betrachtet ist die Erzählung zyklisch komponiert, am Ende scheint sie wieder an den Anfang zurückzukehren: die Apostel erhalten wieder einen Auftrag und stehen wieder am Beginn ihres Dienstes. Nach einer langen Rede Jesu kommen am Ende noch einmal die Jünger zu Wort und der Wechsel von der wörtlichen Rede zur abschließenden Szene, die Gestik und
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Weggang schildert, setzt eine deutliche Zäsur. Verstärkt wird dies durch das abschließende Amen und den nachgestellten Titel der Schrift. p. 12,13–17 Die Jünger antworteten (und) sprachen: „Ja, wahrhaftig, es ist richtig, dieses zu tun.“ Sie warfen sich zu Boden (und) huldigten ihm. Das Verhalten der Jünger bei Jesu Verabschiedung ähnelt ihrer Reaktion nach seiner Offenbarung. Auch dort fallen sie zu Boden, huldigen ihm und versicheren, ihm zu Diensten zu sein (p. 9,19–27). Die Partikel eHe drückt ihre Zustimmung aus, verstärkt durch HN oume („in einer Wahrheit“), hier adverbial übersetzt.528 Die folgende cleft sentence kann sich auf alle Anweisungen Jesu beziehen oder auch nur die Aufforderung zum Richten der Reichen als richtig bezeichnen. Krause, der anstelle der cleft sentence einen Nominalsatz mit Infinitiv erkennt, übersetzt: „Das ist ihr Los es zu tun“. Diese Übertragung ist sprachlich und inhaltlich sperrig. \mpSa bedeutet in der Regel „Würde“ oder „Würdigkeit“, ist also ein positiv konnotiertes Wort, die Übersetzung mit „Los“ ist schwierig. Außerdem sind die Apostel diejenigen, die gerade ermahnt worden sind, etwas zu tun. Nachdem die Apostel auf die Beauftragungen zur Armenfürsorge und zur Heilung mit Nachfragen und Zweifeln reagiert haben, reagieren sie auf den Auftrag zu richten positiv. Ihre uneingeschränkte Zustimmung und das Niederfallen sind allerdings stilistisch motiviert und rahmen Jesu Kommen und Gehen (vgl. p. 9,19 ff.). Die Jünger sind schematisch als gehorsam Ausführende und Helfer Jesu dargestellt. p. 12,17–19 Er wies sie an aufzustehen und er ging in Frieden von ihnen. Amen. Der Abgang Jesu ist sehr knapp und schematisch erzählt. Mit der Aufforderung aufzustehen, beendet Jesus die Proskynese der Jünger, wie bereits nach seiner Offenbarung in p. 9,23 – auch mit dem gleichen Wortlaut beschrieben. Nach Jesu Abgang beschließt die Erzählstimme ihre Erzählung mit einem bestätigenden „Amen“. Dieser Abschluss begegnet häufiger am Ende von Nag-Hammadi-Schriften. Auch in den Langversionen des „Apokryphon des Johannes“ (NHC II,1/IV,1) und in der „Weisheit Jesu Christi“ (NHC III,4) wird Jesu Weggang damit beschlossen. Im „Apokryphon des Johannes“ wird damit die Bekenntnisformel „Jesus (ist) der Christus“ bekräftigt, in der „Weisheit Jesu Christi“ steht es wie hier ohne Vorsatz. Der knappe Abtritt Jesu erinnert an den Schluss des Matthäusevangeliums, das nach dem Missionsbefehl abbricht, allerdings nicht ohne den Jüngern Jesu Gegen-
528 Die Verbindung findet sich im sahidischen Neuen Testament häufig als affirmative Verstärkung, vgl. Lk 20,21; 22,59; Joh 4,18.
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wart zuzusprechen. Einen solchen Zuspruch erhalten die Jünger hier in den ActPt nicht, auch keinen Segen. Diese Kürze ist auffällig. Ähnlich knapp endet nur die „Weisheit Jesu Christi“ (NHC III,4 p. 119,8–10 und BG 3 p. 126,18–127,1) und vor allem das „Apokryphon des Johannes“ – dort verschwindet Jesus einfach (NHC II,1 p. 32,2 f. und Parallelen). Andere Erscheinungsgeschichten schildern Jesu Abschied viel ausgestalteter. In der Epistula Apostolorum wird Jesus unter Wetterphänomenen und mit Engelsstimmen in den Himmel aufgenommen und sagt zu seinen Jüngern: „Gehet hin in Frieden“.529 Einen solchen Friedenszuspruch empfangen die Jünger häufig am Ende, auch in der „Apokalypse des Petrus“ (NHC VII,3 p. 84,11), im „Brief des Petrus an Philippus“ (NHC VIII,2 p. 140,15–23) und im „Evangelium nach Maria“ (BG 1 p. 8,11– 9,6). Im „Brief des Jakobus“ empfangen die Jünger keinen Segen, aber der Abgang Jesu ist mit der Aufnahme in den Geist-Wagen thematisch und bildlich viel stärker als Abschiedsszene entfaltet (NHC I,2 p. 14,32 ff.). Hier gehört der Frieden zu Jesus und ist mit seinem Weggehen verbunden. Der Friede scheint mit der Reaktion der Jünger zu korrespondieren. Frieden ist möglich, da seine Jünger bestätigt haben, die Gebote Jesu durchzuführen und somit seinen Namen zu ehren. Auch geht Jesus in den Frieden, denn er wendet sich von den Jüngern ab und geht – zumindest wenn man der Bildwelt der ActPt folgt – wieder in seine Stadt „Neun Pforten“. Mit der Stadt ist der Friede des Herrn verbunden, dies spüren die Apostel bereits, als sie vor dem Tor lagern (p. 8,5 f.). Mit dem Schlusssatz kehrt die Erzählung auch wieder an den Anfang zurück, wo die Apostel einmütigen Herzens in den Dienst ziehen, den Jesus ihnen aufgetragen hat. Durch die affirmative Bekräftigung des Friedens mit „Amen“ hat der letzte Satz der ActPt den abschließenden Charakter einer liturgischen Schlussformel.530
529 EpAp 62 (äthiopischer Text, AcA, 1091 f.) 530 „Amen“ begegnet als liturgischer Abschluss, aber ebenso als Bestätigung bestimmter Aussagen oder Ereignisse, nicht nur im „Apokryphon des Johannes“ und der „Weisheit Jesu Christi“, sondern auch im Liber Bartholomaei (z. B. während der Hadesfahrt des Erlösers, Ms. C 16,19).
Anhang
Abkürzungen Die bibliografischen Abkürzungen und Kürzel biblischer und verwandter Schriften einschließlich Philo richten sich nach Siegfried M. Schwertner, IATG3 – Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin 32014. Die Bezeichnungen und Abkürzungen der Texte aus dem Corpus der Nag-Hammadi-Schriften folgen der „Übersicht über die Schriften aus Nag Hammadi, dem Codex Berolinensis und dem Codex Tchacos“ aus Hans-Martin Schenke/Hans-Gebhard Bethge/Ursula Ulrike Kaiser (Hg.), Nag Hammadi Deutsch, Bd. 1, GCS NF 8, Berlin 2001, IX–XXI. Griechische Kirchenväter und ihre Werke werden nach Geoffrey W. H. Lampe, A Patristic Greek Lexicon, Oxford 101991, abgekürzt. Abkürzungen zur paganen antiken Literatur orientieren sich an dem erweiterten Abkürzungsverzeichnis in Hubert Cancik/Helmuth Schneider/Manfred Landfester (Hg.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. 3, Stuttgart 1997, VIII–XLIV. Weitere Abkürzungen AcA Markschies/Schröter/Heiser, Antike christliche Apokryphen anim. Tertullian, De anima bo. bohairisch Cat. Lukian, Cataplus CH Corpus Hermeticum dem. Aphrahat, demonstrationes epigr. Martialis, epigrammata HcHaer. Ephraem, Hymni contra haereses inst. Johannes Cassianus, institutiones LB Liber Bartholomaei LG Liber Graduum Liddell-Scott Liddell/Scott, Greek-English Lexicon M Memre, Memra (in LG) off. Ambrosius, De officiis patient. Tertullian, De patientia P.Oxy. Papyrus Oxyrhynchus praec. Hieronymus/Pachomius, praecepta sa. sahidisch testim. Cyprian, testimonia ver. hist. Lukian, verae historiae 1–4Regn 1–4Regnorum (1–2Sam, 1–2Kön LXX) 2Par 2Paralipomenon (2Chr LXX)
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Namens- und Sachregister (in Auswahl) Das Namens- und Sachregister listet eine Auswahl wesentlicher Begriffe aus der Einleitung und dem Kommentar auf. Begegnet ein Stichwort lediglich in einer Anmerkung, ist die Stellenangabe mit einem „A“ gekennzeichnet. Abbild 122, 138, 151, 187, 187 A., 240 A, 270 Abgar 15, 15 A., 277, 278 Abstieg 107, 114, 257 A. Addai 278 Ägypten 5, 6 A., 7, 14–17, 111, 114, 120, 145, 148 A., 155, 190, 218, 232 A., 233, 233 A., 238 A., 239, 240, 242, 244 Allegorie 14, 24, 27, 31, 125, 152, 201 A., Anthropologie 135, 143, 145, 211, 246, 314 Aphrahat 15, 16, 19, 20, 105, 107, 118–120, 122, 137, 144, 145, 179 A., 193, 197, 242A., 255, 256, 261, 270 Apostel 3, 15, 23, 24, 26, 27, 30–32, 103, 111, 128, 134, 135, 149, 150, 153–155, 157, 163–175, 181 f., 192, 201, 208, 215, 228, 230–237, 247 f., 264–282, 292, 294–296, 304 f., 320, 324 f., 328–332 Armut 18, 110 f., 117, 127, 183 A., 202 A., 211, 214 A., 217, 236, 243 A., 326 Arzt 3, 9, 14–16, 20, 24, 32 f., 104, 113, 115–116, 118, 120, 123, 126, 128, 132, 138, 149–151, 155–161, 174, 182, 191 f., 195, 201, 274–290, 296 f., 307, 314, 317–323 Askese 11, 15 A., 16, 17, 19, 20, 20 A., 108, 110, 113, 116–119, 121, 124 A., 125, 128, 130, 134, 135, 138, 140, 142, 157, 161, 183, 201, 212, 227, 228, 235–238, 241–244, 247, 249, 263, 270, 273, 278, 290, 299, 306, 322, 327, 328 Asklepios 5, 10 f., 14, 149, 160, 191, 276 f., 281, 284, 323 A. Auferstehung 27, 111 A., 113, 142, 160 f., 165, 182, 185, 187 f., 195, 288, 302 Aufstieg 29, 113, 229, 253, 256, 257 A., 270, 299, 318 A. ausharren 13, 110, 113, 128, 138, 166, 174, 176, 178, 179 f., 227, 261, 263, 271, 298, Bedrohung 174 A., 228, 244, 284 A. Begierde 134 f., 174, 201, 238 f., 241, 245 f., 266 f., 326 Belehrung 18, 113, 202, 213, 231, 235, 305, 312 Bettler 134, 142, 202, 210, 215, 217 f., 220–222, 300, 303, 308 https://doi.org/10.1515/9783110559996-014
(Ab-)Bild 10, 14, 16, 28, 31, 104 f., 112, 119 f., 122–124, 131, 135, 136, 138–140 A., 141, 144, 157, 174 A., 178–180, 186, 187, 190 A., 191, 193, 203, 215 f., 220 A., 222, 231, 232 f., 239, 240, 244, 252, 256 f., 259–263, 265 f., 270, 292 f., 302, 312 Blindheit 290 A., 308, 312 A. Bruder 32, 144, 148, 174, 180, 187 A., 191, 194–200, 271 A., 316, 318, 324 Buße 16, 32 A., 120, 157, 238 Christus 9 f., 10, 14–16, 18–20, 24, 33 f., 103, 110, 111 A., 114 f., 116–120, 123–126, 128, 130–132, 135, 138–140, 142, 144–153, 157, 158 f., 168, 182 f., 184 f., 187, 191, 193 f., 198, 200, 217, 232 f., 250, 256, 259, 270, 284 f., 286 f., 300 f., 313, 330 Dienst 20, 113, 122, 132, 133, 143, 146 A., 151, 158, 164–166, 168, 170, 198, 223, 226–228, 230, 231, 263, 264, 269, 284, 291, 294, 295–297, 299, 302, 308, 324, 329–332 Dualismus 19 A., 319 Edessa 15 A., 17 Ekklesiologie 122 f., 137, 140, 151 Engel 10, 16, 20, 23, 31, 114 f., 121, 130, 139 A., 146 f., 152, 183–185, 187 A., 192, 193, 229 A., 252, 253 A., 257, 276 f., 322, 332 Erbarmen / Barmherzigkeit 47, 177, 200 A., 218 f., 219 f., 228 Erkenntnis 10, 19 A., 33 A., 203, 225, 229, 235 A., 277, 299, 321 A., 323 Erlöser / Erlösung / erlösen 19 A., 130, 141 A., 144, 283 f., 286, 318 A., 332 A. Fleisch 141, 142, 144, 211 A., 236, 241, 243, 245, 267 f. fremd / Fremder / Fremd-Sein 32, 112, 117, 119, 148, 163, 171, 174, 194 f., 199–201, 216, 218, 222, 228, 230, 279, 284, 299, 322 Freude 33, 116, 133 f., 138, 141 f., 221–223, 228, 269 f., 300, 311 A. Friede 133, 136, 138, 143, 254, 265 A., 268, 269 f., 271, 299, 332
Namens- und Sachregister (in Auswahl)
Gebet 5, 11, 117 A., 144, 147 A., 157, 214, 220 f., 291 Geduld 18, 28, 110, 112, 128, 136 f., 138, 143, 145, 151, 166, 176 f., 178 f., 180, 227 f., 255, 258–264, 266, 298, 300 f. Geist /geistlich 20, 112 f., 114 A., 119, 121 f., 124 f., 139 A., 157, 158 A., 162, 165, 167, 179 f., 187 A., 188 A., 193, 195, 211 A., 215 A., 240, 249 f., 255, 269, 272 f., 284, 304, 308, 319 f., 328 f., 332 Glaube 13 f., 110, 112, 116 f., 118, 119–121, 124, 128 f., 133, 134, 136 A., 138, 141, 143, 145, 148 f., 150–155, 157, 161f, 166 f., 176 f., 178–180, 186, 196, 208, 210, 215, 218, 222, 225–228, 234 A., 235, 237, 239 A., 240, 247, 249, 249, 250, 255, 256, 259, 261, 262 f., 264, 265 f., 267, 268–273, 287, 294, 298, 300, 301, 303, 304, 308, 312, 313, 315, 320, 322, 324, 327 f., 330 Gnosis / gnostisch 18, 19, 23–26, 135, 200, 211, 315, 318 Haus 16 A., 18, 112, 114, 117, 119, 124, 125, 129, 134, 136 f., 181, 205, 206, 229, 230, 233, 237, 261, 271, 278–282, 304, 320 A., 327 Heilung / heilen 10, 14 A. 16, 18, 20, 33, 104, 108, 113, 116 f., 118, 120, 122, 123, 128, 148 f., 150, 153, 155–160, 161 f., 162 f., 201, 261, 276 f., 278, 282, 288, 290, 295 f., 297 f., 314 f., 315 A., 320 f., 322–324, 331 Himmel / Himmelfahrt / Himmelstadt 10, 13, 15, 25, 29 A., 31, 103, 104, 107, 109–111, 114 f., 119, 121–125, 130, 135, 136, 138, 139 f., 143, 145–147, 150, 151, 156, 165, 174, 178 f., 179, 180, 183, 185 f., 193, 200, 202 A., 205, 217, 223, 227, 233 A., 237, 239 A., 253, 256 f., 259, 261, 262 f., 268, 270 f., 302, 310, 321 Hochmut 207 f., 220 Hund 3, 129, 141, 239, 241–244, 266, 267 f. Joch 14, 110, 138, 141, 151, 166, 180, 226, 242 A., 262 f., 264 Johannes (Apostel) 108 f., 118, 133, 144, 150, 153–155, 170, 176, 181, 183, 184, 187 A., 235 A., 305, 310, 314–321, Jünger 3, 10, 13, 103, 108, 109, 111, 113, 116, 118, 120, 129 f., 133, 153, 155, 156 f., 162, 163 f., 168, 181, 183, 185, 188, 192, 195, 196–198, 210, 211, 213, 215, 236, 247, 248 f., 274 275,275, 278–280 f., 283, 285–288,
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291–300, 302, 304, 306 f., 312, 314, 316, 323 f., 331 f. Kampf 120 f., 122, 142, 158 A., 165 f., 179, 238 Kirche 3, 14, 15, 18, 28, 29, 114, 119, 122 f., 125, 135, 137 A., 138, 140, 144, 154, 252, 255 f., 259, 270, 319, 322, 328 Kleidung 3, 15, 18, 19 A., 113, 114, 119, 138, 141, 143 A., 182 f., 184, 185 A., 188, 193 A., 212, 222 A., 236, 239, 243, 245, 289 Kloster 6 A., 17, 20, 120, 148 A., 190 A., 191 A., 237, 238, 243 A., 271 Körper 10, 14, 16, 18, 19 A., 28 A., 112, 116 f., 120, 123, 130, 136 A., 146, 150, 151 A., 152, 156–162, 166 f., 182, 187–189, 191, 210, 261 A., 276 f., 291, 314, 317, 319 f., 322 f. Krankheit 14 A., 15 A., 117, 118, 123, 136, 156 f., 159, 160–162, 167, 277 A., 297, 300, 301 A., 314, 318 A., 320, 322 f. Lehrer 17, 20, 153, 235, 242, 276, 277 A., 298, 308, 317, 321 A. Leid 10, 117, 120, 125, 140 A., 151 A., 152, 161, 179, 188, 210, 213, 225 f., 227 f., 261, 301, 322 f. Lithargoel 3, 14–16, 18, 19 A., 23, 24, 30–32, 34, 105, 109, 111, 113, 115 f., 118, 125, 128 f., 130–132, 134, 138, 142, 143, 146–149, 150, 152 f., 155, 156, 163, 174, 176, 178, 181, 181, 184, 190, 196, 197, 201 f., 209, 212, 223, 229, 2230–238, 245–247 f., 249–251, 253, 254, 256, 264–266, 261, 274–278–280, 282, 282, 285–287 288, 289, 290, 294, 296, 299–301, 303–308, 310, 314, 315, 322, 324, 327 Löwe 3, 239, 240 A., 243, 245 f., 267 Märtyrer 14, 179, 193 A., 301 Medizin 16, 24, 104, 115 A., 116, 119 f., 123, 132, 150, 153, 155, 156–162, 191, 274–278, 286, 295–298, 314 f., 317, 320–325 Name 3 f., 6, 14, 18, 24, 30, 32–34, 108, 115, 119, 128, 130–132, 134, 137 f., 140, 143, 146–148, 175–177, 228–234, 246–249, 251–253, 257 f., 283–287, 298, 300, 303. 309 f., 311–313, 329 f. Neun 10, 140, 146, 229, 252 f. Offenbarung 5, 11–13, 19 A., 26, 29, 113, 130, 146, 153–155, 162, 184, 209, 223, 231, 234, 251, 269, 274, 276, 280–285, 287, 291, 293–295, 330, 331
350
Namens- und Sachregister (in Auswahl)
Perle 3, 14, 16, 18, 20, 23, 24, 32–34, 102, 104, 105, 110 f., 116, 117 f., 119, 122, 124 f., 125, 128, 129, 131 f., 135, 139, 140, 142–145, 186, 193, 202 f., 222 f., 231–235, 253, 281, 302 f. Räuber 3, 128, 134, 141 f., 233, 240, 243, 261, 273 Schönheit / schön 118, 124, 130, 146, 182, 186 f., 192 Schüler 15 A., 16 A., 30, 120, 156, 159, 163, 165, 196, 235, 274 f., 277 f., 297 f., 306, 311, 316 A., 317, 319 Seele 3, 10, 11, 14, 16, 18, 20, 28 A., 29, 108, 115 A., 116 f., 120, 123, 124, 136, 159–161 f., 240, 261, 276 f., 297, 318–320, 322 f. Stier 3, 239, 243, 245, 267 f. Sünde 3, 16, 18, 20, 32 A., 117, 120, 123, 126, 128, 138, 142, 145, 149, 151, 156 f., 159, 160 f., 162, 201, 227, 277 A., 278, 288, 294, 320, 322 f., 324 A., 328 Syrien 13, 15 A., 16, 17, 20, 111, 114, 120, 191, 238 Thomas 13, 15, 115–118, 149, 159, 165 A., 169 A., 181, 187 A., 296, 298, 304, 308 Tier 3, 127, 162, 249, 250, 252, 254, 255 Tod 20, 30, 123, 130, 134, 136, 149, 161, 170, 212, 251, 252, 287, 302, 303, 309 311, 312, 329, 333
Unsterblichkeit / unsterblich 10, 28, 116, 144, 159, 161, 303, 323 Vater 10, 20, 32, 109, 111, 114, 155, 117, 144, 147, 159 A., 222, 250, 252, 264, 300, 313, 319 f. verborgen 130, 132, 135, 137, 139, 141, 144, 182, 186, 193 f., 197, 199, 203, 205, 206 f., 223, 229, 230, 236, 253, 289, 290, 309, 312, 327 Verklärung 118, 147, 154, 275, 290, 316 A. Vorbild 18, 123, 135, 143, 145, 150–153, 157, 161 A., 178–180, 183, 202, 211, 212, 227, 228, 294, 300, 301, 304, 323, 325 Wadi 17, 120 Weg 3, 9, 23, 24, 26, 28, 30, 34, 40, 58 f., 61, 65, 78, 91, 113, 114, 118, 120, 126, 127, 131–133, 138–141, 143–145, 147, 148, 150–155, 161 f., 164, 168, 172, 174, 176, 180, 182, 184, 218, 219, 221, 233–236, 238, 239, 244, 245, 248, 250, 251, 254, 255, 257, 258, 257, 263, 264, 266, 272, 274 f., 276–281, 283, 290, 309, 313, 316, 331 Weisheit 114, 126, 132, 139, 143, 148, 151, 159 A., 193, 200, 203, 208, 210, 235, 257, 260, 308 A., 310, 311–320 Wunder 149, 159, 163, 209, 277, 295, 297, 307, 322, 330 Wolf 116, 239 A., 240 A., 244, 267
Stellenregister Altes Testament Gen 2,7 319 4,26 229 6,17–7,24 174 11,4 177 12,1 141 12,8 229 13,4 229 15,13 200 17,5–14 287 19,22 177 24,26 291 26,3 141 26,25 229 26,33 177 28,19 177 32,27 251 41,56 212 49,27 244 Ex 3,14 229 16,3 247 18,19 204 23,20 141 25,9 122 25,17–22 310 25,40 122 26,30 122 27,8 122 28,5ff. 183 28,15 183 28,39 183 Lev 11,3 245 11,27 242 16,11–14 310 25,14 212 25,23 212 26,19 208 Num 8,4 122 https://doi.org/10.1515/9783110559996-015
24,1 186 Dtn 4,19 291 5,26 287 6,18 186 8,3 305 12,28 186 Jos 3,10 287 24,17 141 Ri 4,5 179 11,11 252 19–21 211 20,38 169 1Regn 15,1–26 211 17,43 242 18,6–30 211 18,24 229 24,15 242 31,1–4 211 2Regn 7,15–16 211 9,8 242 13,10 205 14,33 291 16,9 242 3Regn 1,15 205 20,23–24 242 4Regn 9,2 205 2Par 18,24 205 22,11 205
352
Stellenregister
Jud 1,9 146 Tob 5,4 130, 152 5,13 130, 152 12,14 130 1Makk 3,20 208 9,26 210 9,30 180 13,37 179 2Makk 7,7 210 7,10 210 8,17 208 14,4 179 14,16 180 3Makk 5,22 210 Ps 2 147 3 227 5 227 7 227 13 227 16,10 208 18,5 174 18,17 174 21 239 21,17 242 21(22),25–27 214, 236 22,4 192 24,4 234 28 227 30 227 30,19 208 30,24 208 35,12 208 36 236 36,5 234 37 214 37,12 195 41,3 287 46 271
46,3 174 47 147, 271 48 271 56 227 59,13 208 60,2ff. 174 71(72),1–4 214, 236 71(72),12–14 214, 236 72,6 208 74,13 174 83,3 287 87,19 195 89 147 91,13 179 93 147 93,2 208 93,3–4 174 95,3 147, 281 96–99 147 103,24 313 118,1 234 118,3 234 118,9 234 121,8 195 139(140),12–14 214, 236 140,4 166 Spr 1,22 208 1,33 204 3,4 186 3,14–15 143, 193 3,19–20 313 8,11 143, 193 13,10 208 17,17 195, 196 18,1 166 18,11 136, 261 18,19 136, 261 20,15 143 20,24 141 25,28 136, 261 26,11 242 Hld 2,8–9 233 Ijob 3,23 141
9,27 247 15,8 313 26,12 313 27,23 143 28,18 142 31,4 141 38,33 122 Sir 8,13 208 10,7 208 10,12 208 11,2 208 13,24 208 15,8 208 17,17 180 23,8 208 27,28 208 29,10 195 30,27 180 37,4–5 195 41,17 180 PsSal 4,5 169 Hos 1,4 177 1,6 177 1,9 177 5,5 208 7,10 208 10,4 166 Obd 21 147 Jona 1,4ff. 174 Hab 1,8 244 Zef 3,3 244 3,15 147 Sach 12–14 147
Altes Testament
Mal 2,17 186 Jes 6,5 147 24–27 147 24,2 212 29,19–21 214, 236 32,9 204 33 147 40,11 192 40,13–14 313 40,28 313 52,7 147 56,10–11 242 Jer 5,6 244 10,10ff. 287 10,12 313 51,15 313 Ez 1,26–29 187 7,13 212 9,3 183 9,11 183 10,2 183 10,6–7 183 22,27 244 34,11ff. 192 39,16 177 43,7 180 44,17 183 48,35 177 Dan 2 147 2,20–21 313 7 147 5,23 141 6,5–6 166 6,27 287 7,9 183 8,17 146 10,5 183, 184 12,6–7 183
353
354
Stellenregister
Rabbinische Literatur AgBer 68 143 bQid
39b
143, 193
PesK 12,11 143
Neues Testament Mt 1,1 190 1,23 232 2,2 109, 291 2,8 291 2,11 291 2,16 210 3,16 274 3,17 274 4,4 305 4,11 274 5,3–10 302 5,3–6 214, 326 5,10 263 5,11–12 302 5,16 186 5,20 110 5,31 190 5,40 243 6,6 205 6,9 109 6,25–34 308 6,25 243 6,27–28 245 6,28 243 6,31 245, 308 6,34 245 6,35 245 7,4 274 143, 242 7,6 7,13–14 141, 271 7,15 244 7,21 110 8–9 158, 162 8,2 274, 291 8,8 215 8,24 274 8,29 274 8,32 274 8,34 274
9,18 291 10,1 158, 162 10,7–8 158 10,8 158, 162 10,10 191 10,11ff. 198 10,16 244 10,28 319 11,8 215 11,12–13 147 11,13 215 11,28–30 262 11,29–30 262 11,29 270 12,28 147 12,44 112 13,13 207 13,15 215 13,24–30 110 13,44–46 110 13,44 110, 270 13,45–46 110, 124, 143, 193, 236, 305, 310 124, 186 13,45 13,46 212 14,28–31 154 133, 247 14,29ff. 14,30 316 14,33 108, 291 14,37 154 16,13–20 108 16,15–16 287 16,16 13, 108, 283, 285, 286 16,17–19 108, 283 16,18–19 226 13, 108, 154, 283, 285, 287 16,18 16,21–22 316 16,21 213 17,2 290 17,23 248
18,3 110 18,13 110 18,18–19 153 18,23ff. 281 18,23 109 18,28 218 18,35 281 19,7 190 19,23–30 110 20,1–16 217 20,2 218 20,20 291 21,5 109 21,12 212 21,21 213 21,31 110, 147 22,1–4 217 22,1–2 281 22,2–13 109 22,2 109 22,6 208 22,32 287 24,26 205 25,21 218 25,35ff. 198 25,35–45 186 25,35 200 26,15 115 26,35 213 26,39 216 26,40 133 26,63 116 26,69–75 133 26,75 248 27,9 214 27,29 116 28,9 291, 293 28,10 284 28,17 288, 291, 293 28,18ff. 168 28,19 231 Mk 1,2 317 1,3 109 1,11 147 1,14–15 109 1,17–18 216 1,17 222
Neues Testament
316, 318 1,19–20 2,17 149, 277 2,18ff. 147 3,12 209 3,16 108 3,24–25 136, 261 3,27 215 3,33ff. 195 4,19 245 4,35–41 172 5,9 251 5,24–34 221 5,30–31 150 5,30 249 5,34 254 5,35 213 5,37 316 5,41 232 6,7–13 236 6,7–9 181 6,7 162 6,8 191, 192, 207 6,13 162 6,21 170 6,34 192 6,45–52 172 6,56 150 7,6 318 7,13 231 7,24–30 221 7,28 109 7,33 150 8,23 150 8,29ff. 247 8,29 154 8,30 108, 209, 287 8,32 154 8,34 141 9,2–10 154 9,2 275, 290, 316 9,7 147 9,12 208 9,13 215 9,22 215 9,25 150 9,38 153 10,1ff. 168 10,4 190 10,15 147
355
356
Stellenregister
10,22 270 10,23 147 10,46–52 221 11,3 109 11,23 215 12,10 233 12,15 218 12,26 190 12,28 318 12,32 318 12,40 166, 239 13,13–14 283 13,13 261, 263 13,20 215 13,24 215 14,3ff. 186 14,4 221 14,7 221 14,11 169 14,19 248 14,25 147 14,33 316 14,36 109, 301 14,37 247 14,39 273 14,40 247 14,47 247 14,48 240 14,66–72 154, 247, 316 14,71 273 15,17ff. 188 15,19 188 15,24 243 15,46 183 16,7 215 16,12 291 16,15 168 Lk 1,14 223 1,18 231, 256 1,19 146 1,47 284 1,49 249 1,51ff. 212 1,51–53 214 1,54 230 2,10 223 2,11 284
3,2 231 3,4 190 3,11 212 3,22 275 4,4 305 4,17ff. 190 4,18 212 4,23 148 4,36 249 5,1 231 6,14 108 6,19 249 6,20–26 214, 326 6,20–24 236 6,20–21 212 6,20 147, 214 6,22–23 302 6,22 221 6,24–26 212 6,29 243 6,47 213 7,1 218 7,34 197 7,36ff. 198 7,36–50 221 7,43 280, 329 7,50 254 8,11 231 8,30 251 9,1 249 9,3 191 9,18 170 9,21 108, 287 9,28 170 9,36 226 9,37 170 9,51ff. 198 10,1ff. 168 10,1 162 10,3 244 10,5ff. 198 10,6 162 10,19 249 10,20 223 10,21–22 147 10,28 280 10,30 240, 243 10,34 307 10,38ff. 198
10,40 272 11,2 109, 147 11,6 218 11,14–20 250 11,24 112 12,2 213 12,3 205 12,4 196 12,13–34 236 12,16–21 205 12,22–34 205 12,22–23 243 12,24 205 214, 326 12,31–34 12,38 213 13,24 271 13,28–29 147 14,12ff. 212 14,13 221 14,15–24 217 14,15 147 183, 306, 326 14,33 16,3 221 16,9 326 16,19–31 212 16,19–26 214 17,4 213 18,9–14 221 18,13 294 18,14 294 18,25 326 18,32 208 18,35 221 19,6–10 270 19,8 212 19,20 185 20,11 208 20,18 233 20,21 280, 331 20,39 318 20,42 190 20,47 166 22,26 180 22,28–29 263, 264 22,34 6, 309 22,36 181 22,59 331 23,11 289 23,53 146, 183
Neues Testament
24 277 24,5 293 24,12 146, 183 24,15–16 152 24,16 215, 275, 291 24,17 248 24,18 195 24,28 280 24,30–31 284 24,31 215 24,34 153 283, 284 24,37 24,39–40 185, 292 24,39 130, 146 24,47ff. 168 24,49 249 24,52 291 Joh 1,10 200 1,12–13 200 1,12 300 1,23 109 1,38 232 1,39 216 1,41 232 1,42 108, 232 2,23 300 3,3–8 200 3,13 115 115, 300 3,18 3,34 250 4,10 303 4,17 318 4,18 331 4,29 216 4,36 302 4,38 225 4,42 204, 284 5,15 226 5,19–23 147 5,36–37 109, 147 5,37 250 5,57 250 6,16–21 172 6,29 250 6,32–34 196 6,44 250 6,62 115
357
358
Stellenregister
7,28 250 7,29 250 7,39 274 8,14 213 8,16 213, 250 8,18 250 8,23 200 8,26 250 8,29 250 8,42 250 8,43 208 9,6 150 9,7 232 9,8 218, 221 10,3 193 10,6 274 10,11 192 10,12 244 10,16 193 10,24 320 10,27 193 10,30 147 11,11 196 11,25 213 11,44 185 12,6 275 12,13 179 12,26 230 12,27 109 12,35 141 12,49 250 13,4 183 13,6–9 154, 247 13,13 318 13,23–24 315 13,29 275 13,34 196 14,2ff. 147 14,6 234 14,8 237 14,9 147 14,11 147 14,23 147, 237 15,9–14 197 15,9 196 15,13–14 196 15,15 197 15,18 200 15,19 148, 200
15,22 166, 239 15,26 249 16,7 249 16,20 248 17,1 147 17,14 200 17,16 200 17,25 147 18,10 247 18,11 109 18,15–18 154 18,25ff. 154 18,25–27 316 18,37 196 19,2 188 19,6 239 19,21–22 188 19,24 243, 289 19,34 183, 188 19,40 183 20–21 277 20,4–8 155 146, 183 20,6–7 20,6 146, 183 20,7 185 20,9 274 20,12–13 249 20,12 115 152, 282 20,14–16 20,14–15 283 20,15–16 284 20,15 195, 275, 291 20,16 284 20,17 197, 291 20,20 130, 146, 283, 292 20,25 185, 188, 292 20,27–28 188 20,27 291 20,28 147 20,30 190 21,6–7 283 21,12 216, 291 21,15 190 21,17 248 21,20–24 316 21,24 316 Apg 1,3
129, 165, 293
1,17 168 1,20 190 1,25–26 293 1,25 168 1,26 165 2,14 279 2,46 167, 272 3 154 3,1ff. 316 3,2 218 3,6 148, 300 3,10 218 3,15–16 300 4,7 300 4,10 300 4,12 249, 300 4,24 167 4,36 232 5,12 167 5,28 311, 312 5,31 284 5,41 208 5,42 272 7,42 190 8,12 300 8,29 169 9,16 213, 225 9,17 195 9,24 226 9,36 232 10,13 6, 309 11,7 6, 309 11,12 169 13,2ff. 169 13,46 218 14,15 287 15,22 180 16,6–7 169 16,10–17 166 16,11 172 16,17–18 175 18,5 272 18,28 213 19,7 292 19,19 190 20,5–16 166, 175 20,18 175 20,24 168 20,29 244
Neues Testament
20,35 213 21,1–18 166, 175 21,1 172 21,19 175 21,20 195 21,40 279 22,24 239 23,11 169 23,22 213 24,9 279 25,14 226 26,9 300 26,16 230 27,1–28,16 166, 175 27,3 171 27,6 171 27,13–44 172, 173 27,23ff. 169 27,30 166 27,40 171 28,2 171 28,15 237 28,17 175 Röm 1,30 208 4,2 220 5,1–2 270 5,3–4 178 5,11 220 6,6 243 7,9 303 8,17 227 8,18 225 8,25 178, 261 9,26 287 9,32 233 11,13 168 12,12 178 12,13 198 12,18 216 13,1 236 14,17 223 15,6 230 15,26 221 16,1 148 16,5 148 16,17 148
359
360
Stellenregister
1Kor 1,12 153 1,24 313 1,30 313 2,7 313 3,1–11 119 3,5 230 3,8 225, 302 3,9 230 3,14ff. 302 3,22 153 4,1 230 4,7 294 4,8 247 6,15 231 6,19 112 7,5 231 7,39 303 9,5 153 9,24 179 10,1–11 141 11,3 146 12,12–27 112 12,23 214 12,27 151 13,7 261 14,14 167 14,28 227 15,5 153 15,36 303 15,58 225 2Kor 1,4 220 1,6 178, 225 1,12 220 1,23 230 3,3 287 4,1 168 4,7 203 5,18 168 6,3–4 168 6,4 230 6,5 225 6,16 287 7,1 148 10–13 227, 295 10,15 225 11,1 247
11,8 168 11,16 213 11,23 225, 230 11,25 173 11,26 240 11,27 225 12,9–10 295 13,4 295, 303 Gal 1,8 213 2,7–8 153 2,9 316 3,10 190 4,24 227 4,26 139 5,12 247 Eph 1,18 215 1,22–23 259 2,14 256 2,19–22 119 4,3 265 4,14 260 5,23 259 5,30–31 151 Phil 1,18–19 223 1,18 166, 239 1,29 227 2,9–10 249 2,9 148 3,2 242 3,10 225 3,14 179 3,20 200, 284 4,3 190 Kol 1,15 259 1,18 259 2,3 203 2,23 214 3,14 265 3,23 319 3,24 302 4,13 225
1Thess 1,3 225 1,9 287 2,2 225 2,5 166 2,9 225 3,2 230 3,5 225 4,4 214 4,11 272 2Thess 1,4–5 178 1,5 227 3,8 225 1Tim 1,1 284 1,4 272 1,12 168 1,13 208 1,19 173 2,9 294 3,1 186 3,2 198 3,15 287 4,10 287 5,10 186, 198 5,25 186 6,11 259 6,15 281 6,17–19 329 6,18 186 2Tim 1,10 284 2,21 214 3,10 259 4,2 170 4,5 168 4,7–8 178 4,8 302 4,11 168 4,13 190 Tit 1,3 284 1,8 198 1,15 167
Neues Testament
2,2 259 Phlm 1,16 195 Hebr 1,8 280 2,9 225 2,10 225 225, 249 2,18 3,6 119, 220 3,7–4,11 141 3,12 287 4,1ff. 270 4,16 170 5,7 204 9,5 273 9,9 310 9,14 287 9,19 190 10,7 190 10,31 287 10,35–36 178 10,36 310 11,10 216 11,16 216 11,19 310 12,2–3 301 12,2 301 12,22–24 216 12,22–23 139 12,22 271, 287 13,2 198 13,7 180 13,14 216, 271 13,17 180 13,20 192 13,22 148 13,24 180 Jak 1,2–12 228 1,3–4 178 1,6 260 1,12 178, 302 1,19 192 2,1–9 237 2,5–6 237 2,7 330
361
362
Stellenregister
5,1–6 237, 326 5,10 225 1Petr 1,1 148, 200 1,17 148 1,23 287 2,4–8 233 2,11 200 3,7 214 4,9 198 5,4 302, 330 5,9 225 5,12 148 2Petr 1,6 261 1,20 227 2,16 279 2,22 242 1Joh 2,10 195 2,15ff. 19 2,15–16 200 2,16 220 3,1 200 3,13 200 3,23 300 4,4–6 200 5,4–5 19 5,4 148, 200 5,13 300 3Joh 15
148, 196
Offb 1,10ff. 111, 184 1,11 190 1,13 111, 184 2,2–3 178 2,2 225 2,19 178 3,5 190 3,10 178 5,1–8 190 5,2 111, 184 6,6 218
6,10 193 7,2 287 7,9 111, 179, 184 7,13 279 9,1ff. 240 9,16ff. 240 10,2 190 10,8ff. 190 10,8 193 11,12 193 12,3ff. 240 12,7 146 13,8 190 14,7 193 14,9 193 14,13 193, 225 14,15 193 15,3 281 15,6 184, 185 16,13–14 240 17,8 190 17,9 167 18,2 193 18,7 220 18,19 192 19,7 193 19,8 183 19,14 183 20,12 111, 184, 190 20,15 190 21 271 21–22 216 21,4 225 21,6 217 21,14 119 21,21 144, 186, 193, 253 21,27 190 22 271 22,7 190 22,9–10 190 22,12 302 22,15 242 22,17 217 22,18 190 22,19 190
Weitere frühchristliche Schriften
Weitere frühchristliche Schriften ActJ 18 170 19 175 22,5 277 47,10–15 149 60–62 175 60–61 181 73,2–4 187 87,1–93,16 290 88,15–16 187 93,1–4 188 108,5 277 109,8–9 144 113 144 ActPe 1 169 5 171 20 144 21 152, 203, 277, 290 23–28 211 39 196 ActPhil 41,3 277 ActPl 3,12–15 187 7 171 7,24 169 ActThom 1–3 165 1–2 296 1 231 2 118 3 181 10 118 10,5–6 159 11–13 118 15,4–8 117 18–20 304 20,4–6 117 20,12–15 117 27,15–16 116 28,6–16 116 37,27–28 159
66,21 117 67,8–10 116 78,18–21 159 80 118 94 117 95,9–13 159 95,10ff. 149 95,10 116 108ff. 25 108–113 117, 132, 144, 281 108 144 121,8–10 116 123 118 129,7–8 187 135,20ff. 116 136,11–15 117 139,18–19 117 143,3–6 159 144–145 117 149 118 149,4–5 187 156,6 277 156,21–25 159 158,19–20 116, 159 160 118 160,10–11 187 167 118 170 118 Ambrosius von Mailand off. 2,24,125 328 Aphrahat dem. 1,2–3 119, 179 1,5 255 1,7 256 1,8 197 3,1 238 3,16 119 6 137 6,1 120 6,8 242, 327 6,12 20 6,14–18 20 6,14 20
363
364
Stellenregister
6,18 20 7,2–8 120 7,4 120 7,5 120 7,8 120 7,19–22 120 14,25 120 14,39 119 15,8 262 17,2 119, 144, 193 17,3 197 17,7 20, 255 17,11 119, 197 18,2 20 22,9 119 23,3 120 23,11 119 AscIs 6–11 139 7–10 253 7–9 257 7,5 167 10,8–27 114, 253 Athanasius von Alexandrien v. Anton. 9 239 9,5,7 240 50 244 Athenagoras leg. 24,1 313 Barn 1,3–5 302 4,9 241 6,2–4 233 14,9 214 18–21 329 19,6 214 20 326 20,1 241 Basilius von Cäsarea jej. 2,1 238 165,1–7 157
Buch der Einsetzung des Erzengels Gabriel p. 6,1ff. 275 p. 71 322 p. 71,2ff. 115 Clemens Alexandrinus paed. 1,2,6 320 1,6,1–4 159 1,13,101 239 1,29,5 157 2,1,1,4 240 2,12,118,4 144 2,12,118,5 144 3,1,1,2–3 240 3,2,5,3 240 prot. 1,7,4 240 1,8,1–3 159 10,106,2 157 q.d.s. 20,6 326 str. 2,5,21,1 187 6,6,52,3ff. 196 1Clem 1,3 180 5,7 180 15,6 214 21,6 180 32,2 180 35,5 208 37,2 180 37,3 180 38,2 326 51,5 180 55,1 180 57,2 208 2Clem 3,3 302 16,4 214 Cyprian von Karthago testim. 2,16 233 2,17 233
Weitere frühchristliche Schriften
Cyrill von Jerusalem catecheses ad illuminandos 10,13,7–9 323
165 292 188 294 291 288 293 253 15 147, 152 257 115 277 311 326
Didaskalia Apostolorum 21 238
p. 12,2ff. p. 12,4ff. p. 12,7–10 p. 12,10ff. p. 12,12ff. p. 12,12–13 p. 12,14 p. 13–15 p. 13–14 p. 13,6ff. p. 13,7ff. p. 20,12 p. 21,15 p. 37,9–11 p. 38,9–14
Diog 5,5 148, 200 5,9 200 6,1ff. 136, 261
Eusebius von Cäsarea h.e. 1,13 278 2,1,2 316
Dionysius Areopagita c.h. 6,2,1–2 252
Gregor von Nazianz or. 2,30 320
Doctrina Addai 7–10 278
Gregor von Nyssa hom. in Cant. 5 139,14 233 141,1ff. 233
Did 1–6 141, 329 2,6 208 5 326 5,1 208 6,2 262 8,1 238 15,4 214
Ephraem der Syrer Sermo in Ionam 305,4–7 157 Hymnus über das Fasten 1,4 158 4,2 158 4,11 158 5,3 158 HcHaer. 51 159 Epiphanius von Salamis haer. 61 183 EpAp 36 (äth.) 37 (äth.) 62 (äth.) p. 4,10–15 p. 11,9ff.
300, 318 300 332 188 284
Herm (v) 1,1,9 (v) 2,2,6 (v) 2,4,1 (v) 3,6 (v) 3,9 (v) 3,9,7 (v) 4,1,10 (v) 4,2,4 (v) 4,2,5 (v) 5,1,1 (m) 6,2,5 (m) 8,3 (s) 1,1 (s) 1,8–9 (s) 2,1–10 (s) 8,9,1 (s) 9,1,5 (s) 9,14,6
320 180 138, 259 326 328 180 241 249 240 192 208 208 200, 216 304 214, 221 208 241 148
365
366
Stellenregister
(s) 9,15 (s) 10,4,2–3
241 304
Hieronymus praec. 49 243 81 243 Hom. Clem. 1,8,3–4 172 17,7 187 IgnEph 7,1–2 320 7,1 159, 242 7,2 159 159, 322 20,2 Irenäus haer. 1,1,14 211 3,1,1 316 Johannes Cassianus inst. 3,10 238 4,3 271 Justin der Märtyrer 1 apol. 30–31 149 dial. 6,1 114 8,1 197 28,4 197 34,2 233 36,1 233 61,1 146, 313 61,3 313 70,1 233 76,1 233 86,2–3 233 90,5 233 100,4 233 113,6 233 114,4 233 126,1 233
LB (Ms. C) 16,19 332 25,12 144 29,90–31,14 253 31,25–32,16 6, 192 33,16–34,19 253 45,10–11 184 LG M 1–9 M 3,9–10 M 6,2 M 7,14 M 7,18 M 8,10 M 8,15 M 8,16 M 10–24 M 12 M 12,3 M 12,4 M 12,7 M 13 M 14,1 M 14,2 M 14,3 M 17,7 M 19 M 19,1 M 19,38 M 20,5 M 25–30 M 25,5
121 123 121, 123, 323, 324 123, 161, 322 123 140 140 140 121 122, 135 140 122 122, 140 137 212, 214 139, 270 140 123, 161, 323 122 140 122 122, 142 121 123, 324
Makarios der Ägypter/Symeon hom. 12,55–56 301 19 326 20,56–57 320 21 326 22,1–3 220 29 326 42 136 48,57–59 161 49 326 Logoi B 4,16 125 B 5,3,3 125, 179 B 9,1,4–5 125
B 10,1 B 10,1,2 B 10,1,2,1 B 10,1,2,2 B 10,1,4 B 10,1,5 B 10,1,5,1 B 10,1,6–7 B 10,1,6 B 10,1,6,1 B 10,1,9,3 B 36,4,1 B 52,1,1
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus
124 125, 145 124 124 125 125, 145 124 125 125 124 124 125 125
Methodius von Olympus res. 2,4,8 240 OdSal 7,1–2 222 7,17 222 32,1 222 Origenes Cels. 2,67 277 4,15 320 princ. 2,8,1 319 4,2,4 211
Physiologus 44 144 Pistis Sophia p. 12,1ff. p. 12,3–6 p. 13–15 p. 15,3–5 p. 211,24 p. 340,14–16
15, 147 114 114 114 196 292
Polyc 8,2 301 Tatian orat. 18,1 161 20,1ff. 161 20,1 322 Tertullian anim. 4,1 319 patient. 3,3 301 Theodoret von Cyrus h. rel. 16 320
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus NHC I,2 EpJac p. 1,22–25 p. 2,19–21 p. 2,19–20 p. 4ff. p. 4,23–30 p. 5,21–24 p. 5,37 p. 6,21–29 p. 6,29–30 p. 7,11–12 p. 8,1–4 p. 9,1–4 p. 11 p. 11,11–14 p. 11,17ff.
312 165 113 235 295 179 317 308 312 312 113 179 247 312 136
p. 11,17–27 p. 14,1ff. p. 14,32ff. p. 14,35–36 p. 15,6–29
179 312 332 113 253
NHC I,3 EV p. 16,3 p. 16,31–32 p. 18,28 p. 21,9 p. 21,18 p. 23,29 p. 24,20 p. 24,34 p. 25,6
311 223 269 311 311 270 270 311 311
367
368
Stellenregister
p. 26,18 p. 29,6–7 p. 33,36 p. 40,1
282 245 270 245
NHC I,5 TractTrip p. 53,17 326 p. 57,28 326 p. 71,31 326 326 p. 73,14 p. 90,31 187 p. 103,34 282 p. 118,14–119,33 211 p. 125,21 225 p. 126,12 225 NHC II,1 AJ p. 1 p. 2 p. 2,1ff. p. 6,1ff. p. 13,18 p. 14,21 p. 22 p. 22,10 p. 25 p. 25,19–20 p. 30,15 p. 31,18 p. 32,2–3
165 235 277, 280 141 317 187 235 317 235 312 326 211 332
NHC II,2 EvThom 7 246 12 316 13 314 29 326 14,4 162 64 326 72 326 76 110, 143 77 233 81 326 85 326 90 262 93 143 95 326 109 110 114 314
NHC II,3 EvPhil p. 52,2–4 p. 60,15–26 p. 62,6–17 p. 63,21 p. 67,17
200 246 144 225 270
NHC II,5 UW p. 101,33 p. 110,13 p. 112,13 p. 112,14ff. p. 122,6–9 p. 127,16
326 211 211 321 211 164
NHC II,7 LibThom 308 p. 141,19–21 p. 142,2 164 p. 142,24–26 308 p. 144,39 225 NHC III,2 ÄgEv p. 67,9
326
NHC III,4 SJC p. 91,14ff. p. 94,1ff. p. 94,1 p. 95ff. p. 95,19 p. 98,15 p. 98,24 p. 100ff. p. 111,2 p. 119,8–10
165 235 317 235 317 311 311 235 311 332
NHC III,5 Dial p. 121,17 p. 129,5 p. 132,5
270 269 211
NHC IV,2 ÄgEv p. 71,7 p. 71,14
321 321
NHC V,2 ApcPl p. 18,13 p. 19,9 p. 19,20ff.
279 279 167
p. 19,20–24,3 p. 19,20–21 p. 20,10 p. 20,13 p. 21,3 p. 21,9 p. 21,27 p. 22,11 p. 22,19–20 p. 22,25ff. p. 23,30ff.
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus
253 139 271 279 279 279 271 271 279 257 256
NHC V,3 1ApcJac 247 p. 28 p. 30 165 p. 30,11 247 p. 31 165 p. 32,23ff. 247 p. 32,23 248 NHC V,4 2ApcJac 316 p. 44,13–14 p. 47,6 326 p. 50,16 284 p. 57,19 269 NHC VI,1 ActPt p. 1,1ff. p. 1,1–9,1 p. 1,1–3,13 p. 1,1–3,11 p. 1 p. 1,1–29 p. 1,1–12 p. 1,1–11 p. 1,1–7 p. 1,3–5 p. 1,5ff. p. 1,5 p. 1,7–10 p. 1,7 p. 1,8–9 p. 1,9ff. p. 1,9–29 p. 1,9–11 p. 1,10–12 p. 1,10–11 p. 1,10 p. 1,11
165, 231 24, 138 23 23, 30 26 23, 128 164–168 24 165–167 166 32 163, 292 167–168 166, 176 168 269 126 111, 129, 133, 264 168, 280 113, 228, 299, 330 7, 173, 231 172, 247
p. 1,12ff. p. 1,12–2,10 p. 1,12–29 p. 1,12–16 p. 1,12 p. 1,14 p. 1,15–16 p. 1,16–18 p. 1,16 p. 1,19–23 p. 1,19 p. 1,21–22 p. 1,22–23 p. 1,22 p. 1,23–24 p. 1,23 p. 1,24–26 p. 1,24 p. 1,25–26 p. 1,26ff. p. 1,28–29 p. 1,29–7,23 p. 1,29–2,10 p. 1,29–2,8 p. 1,29–32 p. 1,29–30 p. 1,29 p. 1,30–31 p. 1,31–2,6 p. 1,31 p. 1,32–2,4 p. 1,33 p. 2,1 p. 2,2ff. p. 2,2–4 p. 2,2 p. 2,3ff. p. 2,3–4 p. 2,3 p. 2,4–6 p. 2,4 p. 2,6 p. 2,7ff. p. 2,7–10 p. 2,7–8 p. 2,9 p. 2,10ff. p. 2,10–32
369
24, 226 30 129, 168–174 169–170 109, 170 8 168 170–171 109, 247, 313 134, 171–172 205 279 168 207, 208, 269 191 109, 247, 313 172 180, 181 169 171 24, 137 23, 26, 128 174–182 173 175 133 8, 169, 174, 260 171 134 176 175 170, 180 175, 224 134, 257 232 32 229 137 176 178–180 176 111, 134, 180, 184 153 180 133, 237 7, 8, 180 151 113, 130, 136, 142, 182–193, 274
370
Stellenregister
p. 2,10–29 p. 2,10–24 p. 2,10–19 p. 2,10–17 p. 2,10–12 p. 2,10 p. 2,11–32 p. 2,11 p. 2,12ff. p. 2,13–14 p. 2,13 p. 2,14–17 p. 2,14 p. 2,17–19 p. 2,17 p. 2,18 p. 2,19ff. p. 2,19–24 p. 2,19–21 p. 2,19 p. 2,21 p. 2,23 p. 2,24–25 p. 2,25–27 p. 2,25 p. 2,26–27 p. 2,26 p. 2,27–29 p. 2,27 p. 2,28 p. 2,29–32 p. 2,29–30 p. 2,29 p. 2,32–3,11 p. 2,32–34 p. 2,32 p. 2,33 p. 2,34–3,11 p. 2,34–35 p. 2,35 p. 3,1–4 p. 3,2–3 p. 3,3 p. 3,4–7 p. 3,6 p. 3,7–9 p. 3,7 p. 3,8 p. 3,9
289 116 189 248 182 285 146 8, 224 274 9 7, 111, 184, 185 146, 185–186 185 186–187 7 224 32 130, 146, 151, 187–188, 189 189 180 205 205 189 189–191 6 148 7, 111, 184, 189, 206, 269 191–192 189 156 192–193 111, 184 6 194–201 195 142 7, 224 174 195–196 148, 180, 191, 215 196–198 148, 222, 318 215 198–199, 279 195 199 228, 230 32 148, 222
p. 3,10–11 p. 3,10 p. 3,11–5,5 p. 3,11–5,1 p. 3,11–31 p. 3,11–13 p. 3,11–12 p. 3,11 p. 3,12–5,1 p. 3,12 p. 3,13 p. 3,14–6,8 p. 3,14–15 p. 3,14 p. 3,15 p. 3,16–17 p. 3,16 p. 3,17–19 p. 3,19–21 p. 3,19 p. 3,21–25 p. 3,21–22 p. 3,22ff. p. 3,22 p. 3,25ff. p. 3,25–27 p. 3,25–26 p. 3,26 p. 3,27–28 p. 3,29–31 p. 3,32–5,1 p. 3,32–4,10 p. 3,32–4,1 p. 3,32–33 p. 3,32 p. 4,2–3 p. 4,2 p. 4,3–6 p. 4,4 p. 4,5–8 p. 4,6–8 p. 4,6 p. 4,8ff. p. 4,8–10 p. 4,10–15 p. 4,10–12 p. 4,11ff. p. 4,11–15
148, 199–201 215 24 30, 201, 305, 310, 324 201–210, 261 203–204 225 199, 269 202, 310 199 142, 199 23 204 211 195 205, 223 212 205–206 206 182, 199 206–207 143 142 206 178, 182, 269 134, 143, 207–209 129 325 209 209–210 129, 134, 329 210–215 211–212 217 224 212 224 213 215 217 213–214 195, 215 202 215 20, 24, 32, 125, 129, 142, 143, 215–217, 221, 296, 302 274 110 179
p. 4,12 p. 4,13 p. 4,14–15 p. 4,15ff. p. 4,15–29 p. 4,15–21 p. 4,15 p. 4,16 p. 4,17ff. p. 4,18 p. 4,20 p. 4,21–24 p. 4,21–23 p. 4,22 p. 4,23–24 p. 4,23 p. 4,25–27 p. 4,27–29 p. 4,29ff. p. 4,29–5,1 p. 4,29–34 p. 4,29–32 p. 4,29 p. 4,30–34 p. 4,32–33 p. 4,32 p. 4,33 p. 4,34–5,1 p. 4,34 p. 4,35 p. 5,1–6,28 p. 5,1–6 p. 5,1–2 p. 5,2 p. 5,3–6 p. 5,3–5 p. 5,3 p. 5,4 p. 5,5–8,9 p. 5,5–6 p. 5,7ff. p. 5,6 p. 5,7–14 p. 5,7–10 p. 5,7 p. 5,8ff. p. 5,8–14 p. 5,8–10 p. 5,8
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus
138 306 138, 139, 304 20 217–221 217–218 222 195, 204 142 7 7 219–220 219 7 219 8, 9, 306 220 217, 220–221 110 20, 32, 125, 221–223 142, 143, 221, 296, 302 274 269 179 139 138 306 222–223, 225 270 221 30 223–228 224–225 201, 262 248 225–227 224 223, 226 23 223, 226, 227 224 263 143, 228–231 229–230 224 238 248 234 224
p. 5,9 p. 5,10–14 p. 5,10–12 p. 5,10 p. 5,11 p. 5,12–14 p. 5,12 p. 5,13ff. p. 5,13–14 p. 5,14–18 p. 5,14 p. 5,15ff. p. 5,15–12,18 p. 5,15–18 p. 5,16–18 p. 5,17–18 p. 5,18 p. 5,19ff. p. 5,19–6,8 p. 5,19–25 p. 5,19–21 p. 5,20 p. 5,21ff. p. 5,21–25 p. 5,21–24 p. 5,21–23 p. 5,21 p. 5,24–25 p. 5,24 p. 5,26ff. p. 5,26–6,8 p. 5,26–28 p. 5,26–27 p. 5,26 p. 5,28–6,6 p. 5,28–31 p. 5,28 p. 5,30 p. 5,31–6,1 p. 5,31 p. 5,32 p. 5,33 p. 6,1–3 p. 6,4–8 p. 6,6–19 p. 6,6–7 p. 6,6 p. 6,7
371
251, 262 133, 229 133, 230 195 8, 180 168, 220, 230–231, 280 113 269 299 20, 32, 231–234 168 209 30 32 230 176, 195 125, 131 174, 224 24, 125, 129, 184, 231 138, 234–238 235–236 226 266 110, 306 236–237 306 176, 226 137, 237–238 307 134 238–246, 261, 266, 267, 306, 328 240–241 273 180 241 141, 241–242 226, 241 8, 297 242 241 260 226 244 245–246, 267 142 267 8, 297 245
372
Stellenregister
p. 6,8ff. p. 6,8–19 p. 6,8–12 p. 6,8 p. 6,9ff. p. 6,10ff. p. 6,11–19 p. 6,11 p. 6,12 p. 6,13ff. p. 6,13–14 p. 6,14–17 p. 6,15ff. p. 6,15–16 p. 6,16–17 p. 6,16 p. 6,17ff. p. 6,17–19 p. 6,17 p. 6,18–19 p. 6,18 p. 6,19–28 p. 6,19–26 p. 6,19–22 p. 6,19 p. 6,20 p. 6,21 p. 6,22–26 p. 6,23ff. p. 6,23–27 p. 6,23–26 p. 6,23–24 p. 6,23 p. 6,24 p. 6,26–28 p. 6,27–7,19 p. 6,27–28 p. 6,27 p. 6,28ff. p. 6,28–7,19 p. 6,28–32 p. 6,28–31 p. 6,28 p. 6,29–31 p. 6,29–30 p. 6,32 p. 6,33–7,19
23 129, 246–250, 305 247–248 8, 297 308 154 148 262 213, 295 273 246, 248 230, 249 266 261, 330 151 229 147 32, 111, 250 9, 139, 147, 195, 220, 282, 294, 295, 330 109, 115, 136, 300 7, 109, 142, 199 251–254 10 251 8, 315 251 189, 251 232, 252–254 229 138 115 146, 147, 177 174, 195 6, 8 136, 254, 265 154 8, 153 136 128, 174 29, 30, 32, 119, 128, 136, 254–264 126, 255–256 129 196, 215, 254, 260 137 260, 299 295 15, 24, 122, 177
p. 6,33–7,5 p. 6,33–35 p. 6,33 p. 6,35–7,3 p. 7 p. 7,1ff. p. 7,1–19 p. 7,2–5 p. 7,2 p. 7,3ff. p. 7,3–4 p. 7,4 p. 7,5–8 p. 7,5 p. 7,6 p. 7,7–8 p. 7,7 p. 7,8ff. p. 7,8–19 p. 7,8–14 p. 7,8–13 p. 7,8–12 p. 7,8–10 p. 7,8–9 p. 7,8 p. 7,9–10 p. 7,9 p. 7,10–12 p. 7,10 p. 7,11ff. p. 7,11–12 p. 7,11 p. 7,12ff. p. 7,12–17 p. 7,12–14 p. 7,13–17 p. 7,13–14 p. 7,15ff. p. 7,15–19 p. 7,15–18 p. 7,15–17 p. 7,15–16 p. 7,15 p. 7,16–17 p. 7,16 p. 7,17–18 p. 7,18–19 p. 7,18 p. 7,19ff.
134 256 136, 176 257–258 174, 176 175 119 137 176, 258 134, 180 258 176, 227, 257 258–259 298 199 138 176, 224 176, 227 151 136, 178, 260–262 125 112 112, 128 176 262 7, 14, 178, 227 298 16 176, 303 112 178 243, 260, 261 174 138 299 14 178 266 179, 180, 227 262–263 227 180 260, 265 141, 264 205 176, 260, 261 112, 263–264 8, 23 153
p. 7,19–8,7 p. 7,19–26 p. 7,19–23 p. 7,19–22 p. 7,19–20 p. 7,19 p. 7,20–21 p. 7,22 p. 7,23ff. p. 7,23–8,3 p. 7,23–26 p. 7,23–24 p. 7,24–25 p. 7,25 p. 7,26ff. p. 7,26–8,3 p. 7,26–34 p. 7,30 p. 7,31 p. 7,32ff. p. 7,34 p. 8,1–3 p. 8,1 p. 8,2 p. 8,3ff. p. 8,3–13 p. 8,3–11 p. 8,3–6 p. 8,3 p. 8,5–6 p. 8,5 p. 8,6–7 p. 8,6 p. 8,7–11 p. 8,7–10 p. 8,7 p. 8,8 p. 8,10–9,29 p. 8,10–11 p. 8,10 p. 8,11ff. p. 8,11–13 p. 8,12–13 p. 8,13ff. p. 8,13–12,19 p. 8,13–20 p. 8,13–15 p. 8,13 p. 8,14ff.
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus
143 264–266 254, 265 136 254, 264 110, 254 196, 215 264 181 128 133, 265–266 264, 267 264 8, 269 134 244, 266–268 267 267 197 245, 246 205 267, 268 267 268 20, 174 268–273 133, 138 269–270 267 332 269 270–271 109, 247 133 38, 271–272 252, 270, 271, 272 272 24 264, 272–273 269 229 273 267 174 23, 26 113, 155, 156, 274–278 132, 288 136, 269, 286, 290 149
p. 8,14–15 p. 8,15ff. p. 8,15 p. 8,16 p. 8,17–20 p. 8,17–18 p. 8,18–19 p. 8,18 p. 8,20–32 p. 8,20–27 p. 8,20–25 p. 8,20–21 p. 8,20 p. 8,22–25 p. 8,22 p. 8,24ff. p. 8,26–27 p. 8,28–32 p. 8,29 p. 8,30ff. p. 8,30 p. 8,31–32 p. 8,32 p. 8,33–9,1 p. 8,34–35 p. 8,34 p. 8,35–9,1 p. 8,35–36 p. 9,1ff. p. 9,1–29 p. 9,1–7 p. 9,1–4 p. 9,1 p. 9,2 p. 9,5–8 p. 9,5 p. 9,6 p. 9,8–15 p. 9,8 p. 9,10ff. p. 9,11–13 p. 9,11–12 p. 9,11 p. 9,13–15 p. 9,13 p. 9,14 p. 9,15ff. p. 9,15–23 p. 9,15–18
289 149, 151, 297 286 297 15 120 297 7 278–282 129 279–280 279 23 230 8, 297 229 280 281–282 224 154 209 32 109, 147, 195 162, 282 138 224 254 254 30, 32, 153, 154 24 283–285 112 111 133, 154, 229, 269 286 286 7 285–288 286, 290 108 107 108, 154 247, 284 154 7 108, 195 151, 231 113, 138, 288–293 24
373
374
Stellenregister
p. 9,15–17 p. 9,15 p. 9,16–17 p. 9,17–20 p. 9,17–18 p. 9,19ff. p. 9,19–27 p. 9,20–22 p. 9,20–21 p. 9,21–22 p. 9,21 p. 9,22–23 p. 9,23–29 p. 9,23–26 p. 9,23–25 p. 9,23 p. 9,24–25 p. 9,26–29 p. 9,27–28 p. 9,28 p. 9,30ff. p. 9,30–12,29 p. 9,30–12,19 p. 9,30–12,8 p. 9,30–10,13 p. 9,30–32 p. 9,30–31 p. 9,30 p. 9,31 p. 9,33ff. p. 9,33–10,4 p. 9,33 p. 10,1ff. p. 10,1–10 p. 10,1–7 p. 10,1–3 p. 10,3–4 p. 10,3 p. 10,4ff. p. 10,4–10 p. 10,4–7 p. 10,4 p. 10,5–7 p. 10,5–6 p. 10,6–7 p. 10,7ff. p. 10,7–8 p. 10,7
162, 289–290 6, 174 288, 289 290–292 209 331 331 292–293 113, 164, 165 163 24 293 133, 293–296 294 243 331 288 295–296 215 295 315, 330 24 24, 129 150 296–305 156, 297–298 162 23 314 294 298–300 8, 269 20 177 13 139 137, 258 175, 176 129, 158, 177 300 157, 300–301 227 228 147 145, 151, 152, 180, 227, 228, 262 151 227, 302 262
302–305 33, 178 104, 122 116, 223 195, 204 307 117, 125, 138, 139, 142, 143, 179, 302 p. 10,11–12 158 8, 302 p. 10,11 p. 10,12–13 296, 307 p. 10,12 8, 304 133, 305–313 p. 10,13–30 p. 10,13–18 306–307 p. 10,14–15 109 p. 10,15–19 305 p. 10,15 247 p. 10,18–21 307–308 p. 10,20–21 304, 305 265, 307 p. 10,20 p. 10,22ff. 150 143, 305 p. 10,22–30 152, 309–311 p. 10,22–25 p. 10,22 109, 247 p. 10,23ff. 32, 33, 154, 288 132, 151 p. 10,23–30 6, 235 p. 10,23 p. 10,24 30, 33, 201, 305 20, 143, 148, 311–313 p. 10,25–30 210 p. 10,26–30 p. 10,26 231 p. 10,27–30 32 p. 10,28ff. 139 p. 10,28 205 p. 10,30 232, 243 p. 10,31ff. 14, 158, 296 p. 10,31–11,26 113, 314–324 p. 10,31–11,1 276, 314, 315 p. 10,31–32 156, 162 p. 10,33ff. 33, 177 p. 10,33–11,1 16, 115, 162, 320 p. 10,33–34 157 p. 10,33 107, 158, 162 p. 11 158 p. 11,1ff. 154 p. 11,1–15 133 p. 11,1–5 315–316 p. 11,1–3 314 p. 11,1 133, 269, 296 p. 10,8–13 p. 10,9ff. p. 10,9–30 p. 10,9–10 p. 10,9 p. 10,10 p. 10,11–13
p. 11,2 p. 11,3 p. 11,4 p. 11,5–13 p. 11,7ff. p. 11,7 p. 11,8 p. 11,12 p. 11,13 p. 11,14–26 p. 11,14–19 p. 11,14–17 p. 11,15–17 p. 11,16–19 p. 11,16 p. 11,17 p. 11,17–27 p. 11,19ff. p. 11,19–26
Nag-Hammadi-Schriften, Codex Berolinensis Gnosticus
133 8 176 317–318 150 109 7 8 8 10, 261, 314 310, 318–320 154 156 156 205 247 112 167 120, 123, 276, 300, 319, 320–324 116 p. 11,19–24 p. 11,19–20 120, 157 258 p. 11,20 p. 11,22–30 154 p. 11,22 295 p. 11,23–24 156, 161, 276, 298 p. 11,26ff. 210 p. 11,26–12,13 132, 324–330 p. 11,26–12,9 138, 223 p. 11,26–12,8 18, 134, 157, 162 p. 11,26–12,4 261 p. 11,26–31 307, 324 p. 11,26 157, 227 p. 11,27–12,2 325–327 p. 11,27–31 134 p. 11,30–31 160 p. 11,31–32 207, 325 p. 11,31 208 p. 11,32–12,3 324 p. 11,32 258, 269, 324 p. 12,1ff. 117 p. 12,1 157, 327 p. 12,3–8 327–329 p. 12,3 325 p. 12,4ff. 177 p. 12,4–8 160, 324 p. 12,5–6 113 p. 12,5 8, 297 p. 12,6ff. 178
p. 12,7–8 p. 12,7 p. 12,8–13 p. 12,8–9 p. 12,8 p. 12,9–10 p. 12,11ff. p. 12,11–13 p. 12,11 p. 12,12 p. 12,13–19 p. 12,13–17 p. 12,14 p. 12,15 p. 12,17–19 p. 12,18–19 p. 12,20–22 p. 12,22
329 7 324, 329–330 33, 110 213, 325 265 151 329 199 147 330–332 133, 331 292 197 331–332 139 163–164 292
NHC VI,2 Brontê 10 p. 13,2–3 p. 13,22 205, 311 p. 13,30 205, 311 p. 14,13–14 10 p. 15,1 326 p. 15,34 209 p. 20–21 229 p. 21,8 10 NHC VI,3 AuthLog 209, 326 p. 26,9 p. 27,9–13 318 p. 27,25–29,3 10, 323 p. 27,27 211 p. 30,4–31,24 306 p. 30,23 235 p. 34,20 225 p. 35,1 225 p. 35,20 209 NHC VI,4 Noêma p. 36,10 209 p. 36,16 229 p. 38,2 205 p. 40,25ff. 9 p. 40,28 265 p. 40,29 265 p. 40,30 265 p. 40,31 265
375
376
Stellenregister
p. 40,33 p. 41,5ff. p. 41,7 p. 42,2 p. 42,20ff. p. 43,5 p. 44,3 p. 44,19 p. 45,12 p. 45,31 p. 47,23
265 10 271 205 321 205 209 205 205 169 187
NHC VI,5 (Plat. rep. 588a–589b) 218 p. 48,16 p. 48,31–49,1 10 p. 49,9 235 p. 49,30 235 NHC VI,6 OgdEnn 10 p. 52,13–27 p. 53,30 265 p. 56,13 187 p. 58,10–14 10 p. 59,28–60,1 10 p. 61,9 229 p. 61,18–62,24 229 p. 61,22 209 p. 63,13 209 p. 63,29 229 NHC VI,7 PrecHerm 265 p. 64,11 p. 64,12 265 NHC VI (Schreibernotiz) p. 65,8–14 11 NHC VI,8 Askl p. 65,16 p. 65,32 p. 66,3ff. p. 66,20ff. p. 69,3 p. 70,4 p. 71,4 p. 72,14 p. 72,29 p. 73,14 p. 74,32
187 272 160 10, 323 281 187 272 272 235 169 187
p. 74,35 p. 75,18 p. 75,19 p. 75,32
265 272 169 169
NHC VII,1 ParSem p. 3,33 269 p. 36,2 271 p. 40,21 225 NHC VII,2 2LogSeth 15 p. 56,20ff. p. 56,26 271 p. 57,22 321 p. 58,10 271 p. 60 151 p. 61,23–62,1 211 NHC VII,3 ApcPt 3 (äth.) 17 (äth.) p. 70,14ff. p. 72,4ff. p. 72,23 p. 73,10–13 p. 73,18ff. p. 73,18 p. 75,2 p. 81,3–82,17 p. 81,29–30 p. 83,8 p. 84,11
139 139 141 247, 248, 312 269 312 321 321 213 151 312 321 332
NHC VII,4 Silv p. 85,2ff. p. 85,7–16 p. 85,24–25 p. 93,9–21 p. 98,16 p. 103,6 p. 113,24 p. 113,29 p. 114,20 p. 116,17
136, 261 139 179 239 213 213 225 225 164 213
NHC VIII,1 Zostr p. 3,21 270 p. 10,18 270 p. 43,26 164
p. 116,10 p. 123,6
Weitere antike Texte
164 213
NHC VIII,2 EpPt p. 133,12–134,9 165 p. 135,3–8 311, 312 p. 138,3–7 165 p. 139,5 269 p. 140,2 269 p. 140,15–23 165, 332 p. 140,17 254 NHC IX,3 TestVer 164 p. 67,11 p. 69,32 164 NHC X Mar p. 1,12
225
NHC XI,1 Inter p. 18,17
225
NHC XI,2 ExpVal 326 p. 28,37 NHC XI,3 Allog
p. 48,37 p. 49,9 p. 50,27 p. 54,24 p. 57,24
377
311 311 311 311 203
NHC XII,1 Sextus p. 28,17 213 BG 1 EvMar p. 8,11–9,6 p. 9,5–20 p. 9,6–7 p. 17,4–7 p. 17,18ff. BG 2 AJ p. 19,15–16 p. 21 p. 75,14–15
332 165 247, 248 318 247 321 277, 280 321
BG 3 SJC p. 88,1 326 p. 125,3 326 p. 125,8 326 p. 126,18–127,1 332
Weitere antike Texte Apuleius met. 1,1 33 Aristophanes Equ. 1000ff. 190 Aristoteles eth. Nic. 1115b 261 rhet. 2,20 31 Bêma-Psalmen 219,17 16 228,5 16 239 278
Cassius Dio 75,2,4 240 Catullus 22,7 190 68,33ff. 190 CH 11,3,6–8 186 Cicero rep. 6,9–29 29 Galen In Hippocratis librum de fracturis commentarii III 18b,502–505 275 18b,580,6 275
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Weitere antike Texte
Homer Il. 2,834 241 16,814 261 Od. 2,319–320 171 6,120 207 7,8ff. 171 7,191–192 171 7,317–318 171 8,31ff. 171 8,158ff. 171 8,565–566 171 9,175 207 12,92 241 13,174 171 13,201 207 14,293ff. 171 14,341ff. 171 15,415ff. 171 16,227 171 Kephalaia 82 278 Lukian Cat. 19 202 Quomodo historia conscribenda sit 3 184 Timon 44,1–3 327 ver. hist. 1,5–6 126 2,17–18 126 Martialis epigr. 1,3,2 190 3,2,10 190 14,84 190 Ovid met. 1,1–4 169 Philo Cher. 120 200
Conf. 92 215 Her. 267 200 Sacr. 63–64 186 Spec. 3,6 215 Pindar P. 4,271–272 160 Platon Gorg. 523 160 leg. 761e 207 777d 207 927b–d 207 Phaid. 77d–f 319 118a 160 rep. 10 28 405a.d 160 427d–435c 259 514a–521 299 539d–541b 299 588b–589b 239, 246 soph. 216b 207 Tht. 177b 261 Tim. 87c 186 Plinius der Ältere nat. 9,56 143, 193 9,58 143, 193 9,107–108 144 Seneca apocol. 11–12 202 epist. 52,9 160
Papyri, Inschriften
Sophokles Phil. 386 180
Tibullus 3,1,9 190
Papyri, Inschriften P.Oxy. 1,27–28 233
PGrM I, 5 I, 58–59 II, 46
241 241 241
IV, 171ff. IV, 1352 IV, 1439–1440 IV, 2551
241 241 241 241
SIG 736,15 183
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