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German Pages 252 Year 1976
Schriften zum Öffentlichen Recht Band 297
Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen Unter besonderer Berücksichtigung der Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Von
Andreas Gallas
Duncker & Humblot · Berlin
ANDREAS GALLAS
Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen
Schriften
zum öffentlichen B a n d 297
Recht
D i e Staatsaufsicht ü b e r die wissenschaftlichen Hochschulen unter besonderer Berücksichtigung der Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Von D r . Andreas Gallas
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Gallas, Andreas Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen: unter bes. Berücks. d. Staatsaufsicht über d. Studentenschaften. — 1. Aufl. — Berlin: Duncker u n d Humblot, 1976. (Schriften zum Öffentlichen Hecht; Bd. 297) I S B N 3-428-03663-8
Alle Rechte vorbehalten © 1976 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1976 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3 428 03663 8
Meinen
Eltern
Vorwort Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen — der Gegenstand dieser Untersuchung — hat i n der letzten Zeit unerwartete Aktualität erfahren. Nach einer langen Periode eines nahezu störungsfreien Verhältnisses zwischen Staat und Hochschule ist, vor allem zur Lösung schwerer Konflikte, i n der jüngsten Vergangenheit, i n den Jahren der Auseinandersetzungen und der Reformen an den deutschen Universitäten, vermehrt von den Mitteln staatlicher Aufsicht gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule und ihren Gliedkörperschaften Gebrauch gemacht worden. Die vorliegende Arbeit versteht sich als ein Beitrag zur historischen und begrifflichen Kennzeichnung der Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen und bemüht sich um eine Darstellung ihrer rechtlichen Grundlagen. Dabei ist nicht nur versucht worden, die Rechtslage zu schildern, wie sie durch Grundgesetz und Landesverfassungen, Hochschulgesetze und Hochschulgewohnheitsrecht vorgegeben ist; besondere Aufmerksamkeit galt auch exemplarischen Fällen aus der Verwaltungspraxis der Aufsichtsbehörden, um die Reichweite der Anwendung dieses Instituts i n unserer Zeit aufzuzeigen. Die Untersuchung wurde i m März 1973 abgeschlossen. Sie wurde von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen und i m Frühjahr 1975 überarbeitet. Dabei konnten die Gesetzgebung des Bundes und der Länder sowie Schrifttum und Rechtsprechung noch bis M a i 1975 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Dr. h. c. Ernst Friesenhahn. Er hat die Arbeit betreut und mit wertvollen Anregungen und Hinweisen gefördert. Ich danke auch Herrn Ministerialrat a. D. Dr. J. Broermann, der die Abhandlung i n seine Reihe „Schriften zum Öffentlichen Recht" aufgenommen hat. Bonn, i m Oktober 1975 Andreas
Gallas
Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einleitung. Der Begriff der Staatsaufsicht § 1 Einleitung: Staat u n d wissenschaftliche Hochschule
17
A. Gegenstand der Untersuchung
17
B. Staat u n d wissenschaftliche Hochschule als Beteiligte der Staatsaufsicht. Das Erscheinungsbild der wissenschaftlichen Hochschule
18
C. Gliederung der Untersuchung
22
D. Beschränkungen des Umfangs der Untersuchung
23
§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht A. Grundlagen I. Kennzeichnung des Begriffs Aufsicht
24 24 24
I I . Kennzeichnung des Begriffs Staatsaufsicht. Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen staatlicher oder zwischenstaatlicher Aufsicht 25 B. Träger u n d Adressat der Staatsaufsicht
26
C. Umfang u n d Grenzen der Staatsaufsicht
28
I. Geschichte der allgemeinen Staatsaufsicht I I . Staatsaufsicht u n d Selbstverwaltung
28 29
1. Allgemeine Kennzeichnung
29
2. Geschichte der Selbstverwaltung
29
3. Moderne Selbstverwaltung
31
I I I . Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht 1. Grundlagen 2. Abgrenzungen zur Fach- oder Zweckmäßigkeitsaufsicht .. I V . Aufsichtsmaßstab u n d Handhabung der Staatsaufsicht D. Die Zwecke der Staatsaufsicht
33 33 34 34 36
10
Inhaltsverzeichnis E. Die M i t t e l der Staatsaufsicht
36
I. Einteilung nach der Schwere des Eingriffs
37
I I . Einteilung nach dem Zweck
37
I I I . Genehmigungen, Bestätigungen, Zustimmungen
37
F. Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der Staatsaufsicht
38
G. Zusammenfassende Kennzeichnung
38
Zweiter
Teil
Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen 1. Abschnitt Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule als ganze
39
§ 3 Die Geschichte der staatlichen Aufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
39
A . Einleitung: Das Verhältnis Staat — Universität i n der Geschichte
39
I. Einleitung
39
I I . Der Grundsatz der Abhängigkeit der Universität v o m Staat .. B. Das Mittelalter I. Die vier Universitätsgründungsepochen hundert
40 41
bis zum 18. Jahr-
I I . Die \?erfassung der deutschen Universität i m Mittelalter
41 42
I I I . Die Aufsicht des Landesherrn oder der Städte
42
I V . Die Ubergangszeit bis zur Gründung der Universität Marburg, 1527
43
C. Das Zeitalter des Absolutismus (17./18. Jahrhundert)
44
I. Grundlagen
44
I I . Die Verfassung der Universitäten Halle/a. d. S. u n d Göttingen I I I . I n h a l t u n d Grenzen der Staatsaufsicht
45 47
1. Begriffliche Festlegung. „ D i r e k t o r i u m "
47
2. Ursprüngliche M i t t e l der Aufsicht. Die „Visitation"
48
3. Die Leitungsgewalt des Kanzlers
48
4. Begrenzungen. Der I n h a l t der überkommenen tionsrechte der Universität
Korpora-
49
Inhaltsverzeichnis D. Das 19. Jahrhundert
50
I. Ausgangspunkt: Die universitätsrechtlichen Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794
50
I I . Die geschichtliche Entwicklung der Universität i m 19. Jahrhundert. Die preußische Universitätsreform
51
1. Einleitung: Drei Grundgedanken der Entwicklung
51
2. Der erste Grundgedanke: Die Ausformung des konstitutionellen liberalen Rechtsstaates
52
3. Der zweite Grundgedanke: Die Neubesinnung auf geistigen Grundlagen der deutschen Universität
52
die
4. Der dritte Grundgedanke: Die Herausbildung des Prinzips der Selbstverwaltung i m Rahmen staatlicher Tätigkeit I I I . Einzelheiten zur Staatsaufsicht
56 59
1. Die Regelung i n den Statuten der Universität Bonn von 1827 59 2. Die Reaktionszeit. Der Regierungsbevollmächtigte
61
3. Ausbildung des Gedankens der Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht nach 1848
61
E. Die Übergangszeit von 1919 bis 1945 § 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule i n der Gegenwart A. Einleitung: Rechtsgrundlagen der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule I. Einleitung I I . Rechtsgrundlagen der Staatsaufsicht
62 64 64 64 64
B. Träger u n d Adressat der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
66
C. Staatsaufsicht u n d Hochschulverfassung; Umfang u n d Grenzen der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
67
I. Grundsätzlicher Zusammenhang I I . Freiheit der Wissenschaft u n d freiheitliche Hochschulverfassung
67 68
1. Lehrmeinungen
68
2. A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG als Grundlage der freiheitlichen Hochschulverfassung
70
a) Grundsätzlicher Zusammenhang. Vorgänger von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG 70 b) Der Schutzbereich des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG: Wissenschaft, Forschung u n d Lehre 71 c) Der Kreis der Berechtigten i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG (hochschulbezogen) 77
Inhaltsverzeichnis d) Wissenschaftliche Hochschule als Raum „verfaßter Freiheit". A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG u n d seine Bedeutung als institutionelle (Komplementär-) Garantie e) Die Auswirkungen des Verfassungsrechts auf Verfassung u n d Organisation der wissenschaftlichen Hochschule .. f) Folgerungen aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG f ü r die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
85
3. Die Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule i m einzelnen
86
a) Die Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschule b) Innere Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule .. c) Das Recht der wissenschaftlichen Hochschule auf akademische Selbstverwaltung aa) bb) cc) dd)
Rechtsgrundlagen Kennzeichnung Umfang der akademischen Selbstverwaltung Akademische Selbstverwaltung heute
I I I . Kennzeichnung, Umfang und Grenzen der staatlichen Hochschulaufsicht 1. Staatliche Hochschulaufsicht als Rechtsauf sieht 2. Abgrenzungen:
80 81
86 88 90 91 91 95 96
99 99 100
a) zur Kommunalaufsicht b) zur Schulaufsicht
100 101
3. Begriffliche Kennzeichnung
102
a) Staatsaufsicht gegenüber dem Selbstverwaltungsbereich „Wissenschaftliche Forschung u n d Lehre" 102 b) Staatsaufsicht gegenüber dem Selbstverwaltungsbereich „Universitätsausbildung" 103 c) Abgrenzung zur Fach-/Dienstaufsicht i m Bereich „ W i r t schafts- u n d Personalangelegenheiten" 104 4. Zweck der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule 105 5. Aufsichtsmaßstab u n d Handhabung der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule 106 a) Aufsichtsmaßstab b) Handhabung der Staatsaufsicht
106 107
6. Die M i t t e l der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule 109 a) Grundlagen aa) Abgrenzung zum Kommunalrecht bb) Hochschulgesetzliche Regelungen b) Nicht eingreifende A u f sich tsmittel aa) Beratung, Hinweise, Warnungen bb) Informationsrecht, Auskunftsverlangen cc) Zusammenfassendes Beispiel
109 110 111 112 112 113 114
Inhaltsverzeichnis c) Eingreifende Aufsichtsmittel
116
aa) Beanstandung bb) Anordnung cc) Finanzsperre
117 120 124
d) Verrichtende u n d beseitigende Aufsichtsmittel
124
aa) Abgrenzung zu den eingreifenden Aufsichtsmitteln 125 bb) Beschränkungen schulrecht
der
Anwendung
im
Hochschul-
cc) Einzelfälle:
126 131
α) Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme 131 ß) Bestellung eines Staatsbeauftragten 134 γ) Organauflösung; Ersetzung von autonomer Rechtsetzung u n d Selbstverwaltung 139 7. Staatsaufsichtliche Genehmigungs-, Zustimmungs-, Bestätigungsvorbehalte gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule 140 a) Rechtsgrundlagen b) Kennzeichnung aa) Genehmigung als rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Staates bb) Genehmigung als staatlicher M i t w i r k u n g s a k t cc) Unterschiede der Genehmigungsvorbehalte zu den bisher behandelten Aufsichtsmitteln dd) Zweckmäßigkeitsüberprüfung u n d Ermessensspielr a u m bei der Ausübung des Genehmigungsrechts c) Umfang der Genehmigungsvorbehalte: aa) i m Bereich „Wissenschaftliche Forschung u n d Lehre" bb) i m Bereich „Universitätsausbildung" cc) i m Bereich „Wirtschafts- und Personalangelegenheiten" dd) Die Bestätigung nach der W a h l des Universitätspräsidenten. Übergang zu den staatlichen M i t w i r kungsrechten
140 144 144 145 145 148 149 149 155 160
160
D. Zusammenfassende Kennzeichnung der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule 161 E. Anhang: Die Aufsicht des Präsidenten/Rektors über die zentralen Organe der wissenschaftlichen Hochschule 161 I. Rechtsgrundlagen I I . Kennzeichnung I I I . Umfang u n d Grenzen
161 162 164
14
Inhaltsverzeichnis 2. Abschnitt Die Staatsaufsicht über die der wissenschaftlichen
Gliedkörperschaften Hochschule
166
§ 5 Die Staatsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche
166
A. Fakultäten/Fachbereiche als ständige Einheiten von Forschung und Lehre 166 I. Aufgaben
166
I I . Rechtsnatur u n d Organisation
167
B. Die Staatsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche
168
I. Grundsätzliche Zweigleisigkeit
168
I I . Staatliche Körperschaftsaufsicht bereiche
über
die
Fakultäten/Fach-
169
I I I . Inneruniversitäre Organaufsicht
170
I V . Zusammenfassende Kennzeichnung
171
§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
172
A. Die Entstehung verfaßter Studentenschaften an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen 172 I. Einleitung
172
I I . Rechtslage i n Preußen von 1920 bis 1933
173
1. Die Preußische Studentenschaftsverordnung 1920
173
2. Die Preußische Studentenschaftsverordnung 1927
174
I I I . Die Studentenschaften von 1933 bis 1945
175
I V . Rechtslage nach 1945
175
1. Das Studentenschaftsrecht gesetzlicher Regelungen
bis zum Ergehen
hochschul-
175
2. Die hochschulgesetzlichen Regelungen des Studentenschaftsrechts 176 B. Die Studentenschaft
179
I. Allgemeine Kennzeichnung
179
I I . Das Wesen der Studentenschaft
179
I I I . Rechtsnatur u n d Verfassung der Studentenschaft 1. Die Studentenschaft als Gliedkörperschaft schaftlichen Hochschule
181 der
wissen-
181
2. Die Rechtsfähigkeit der Studentenschaft
182
3. Die Organisation der Studentenschaft
184
I V . Satzungsgewalt und Recht auf Selbstverwaltung 1. Grundlagen
186 186
Inhaltsverzeichnis 2. Das autonome Satzungsrecht der Studentenschaft 3. Das Recht der Studentenschaft auf Selbstverwaltung a) b) c) d)
eigenverantwortliche
Rechtsgrundlagen, Umfang M i t w i r k u n g an der akademischen Selbstverwaltung Wahrnehmung der studentischen Belange Die Inanspruchnahme des sog. „politischen Mandats" . .
C. Die Studentenschaftsaufsicht I. Rechtsquellen
187 188 188 188 190 191 194 194
I I . Zweigleisigkeit der Studentenschaftsaufsicht
195
1. Rechtslage i n Preußen von 1920 bis 1933
195
2. Die Studentenschaftsaufsicht von 1933 bis 1945
197
3. Die Studentenschaftsaufsicht nach 1945
199
a) vor dem Inkrafttreten der Hochschulgesetze
199
b) nach dem Inkrafttreten der Hochschulgesetze
201
I I I . Träger u n d Adressat der Studentenschaftsaufsicht I V . Umfang der Studentenschaftsaufsicht
204 204
1. Studentenschaftsaufsicht als Rechtsauf sieht
204
2. Zwecke der Studentenschaftsaufsicht
205
3. M i t t e l der Studentenschaftsaufsicht
206
a) Grundlagen b) Einzelne M i t t e l aa) Nichteingreifende Aufsichtsmittel bb) Eingreifende Aufsichtsmittel cc) Maßnahmen der Studentenschaftsaufsicht, verbunden m i t der Ausübung des akademischen Hausrechts dd) Verrichtende u n d beseitigende Aufsichtsmittel ee) Aufsichtliche Genehmigungen
206 210 210 215 221 232 235
3. Abschnitt Zusammenfassung §7 Schlußbetrachtung
236 236
A. Standort der heutigen Hochschulaufsicht
236
B. Hochschulaufsicht u n d Hochschulreform. Die Bedeutung der Hochschulgesetzgebung 237 Literaturverzeichnis
241
Verzeichnis der zitierten Hochschulgesetze und -Satzungen
249
ERSTER T E I L
Einleitung. Der Begriff der Staatsaufsicht § 1 E i n l e i t u n g : Staat u n d wissenschaftliche Hochschule A. Gegenstand der Untersuchung Gegenstand dieser Untersuchung ist die Aufsicht des Staates über die wissenschaftlichen Hochschulen. Das bedarf der Rechtfertigung, da doch die Staatsaufsicht ein Institut des Staats- und Verwaltungsrechts ist, dessen rechtliche Struktur i m wesentlichen feststeht und dessen bedeutsame Anwendungsfälle von Gesetzgebung, Rechtsprechung und rechtswissenschaftlichem Schrifttum ins einzelne entwickelt worden sind. Allerdings, so scheint es, i n anderem rechtlichem Zusammenhang als dem des Hochschulrechts: wiewohl die deutschen Universitäten und die ihnen gleichstehenden anderen wissenschaftlichen Hochschulen über die Jahrhunderte hinweg einer Aufsicht unterlagen, die Teil der landesherrlichen, städtischen oder staatlichen Gewalt war, liegen hier, anders als etwa i n einem so klassischen Gebiet institutionalisierter Staatsaufsicht wie dem des Gemeinderechts, neuzeitliche Gesetzesvorschriften erst als Frucht der 1968 einsetzenden Hochschulgesetzgebung, neue Gerichtsentscheidungen und Erörterungen des Themas i m einschlägigen Schrifttum erst als Folge der seit etwa derselben Zeit in der Bundesrepublik Deutschland zu beobachtenden Studentenunruhen vor. Eine eingehende rechtswissenschaftliche Behandlung des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit ist, soweit ersichtlich, nach 1945 nicht erfolgt 1 . Gründe für diesen Vorgang sind schwer auszumachen. Sie mögen einmal darin liegen, daß die wesentlichen Teile des Rechts der wissenschaftlichen Hochschulen, i m Gegensatz zu anderen Zweigen des besonderen Verwaltungsrechts, seit der Zeit der Entstehung des konstitutionellen Rechtsstaates nicht Gegenstand gesetzlicher Regelungen, sondern bis in die jüngste Vergangenheit hinein weitgehend von zahl1 Thiemes (Hochschulrecht) u n d Oppermanns ausführliche rechtswissenschaftliche Untersuchungen des deutschen Universitätsrechts unter der H e r r schaft des Grundgesetzes w i d m e n der Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen u n d deren Gliedeinrichtungen nur wenige Seiten. Ein kürzerer Überblick findet sich bei Waibel, WissR 1972, S. 258 ff.
2 Gallas
18
§ 1 Einleitung
reichen und schwer zu ermittelnden gewohnheitsrechtlichen Grundsätzen beherrscht wurden. Zum anderen scheint — und die Teile der Arbeit, die sich mit der Universitätsgeschichte befassen, werden diese Aussage zu erhärten versuchen — ein bestimmtes, von der Mitte des 19. bis i n die Mitte der 60er Jahre dieses Jahrhunderts zu beobachtendes, spannungsarmes und insgesamt konfliktloses Verhältnis des Staates zu seinen wissenschaftlichen Hochschulen eine Ursache dafür gewesen zu sein, daß sich gesetzgeberische und rechtswissenschaftliche Aufmerksamkeit anderen Dingen als der Universitätsaufsicht zuwandte. I n Teilaspekten w i r d das Verhältnis Staat — wissenschaftliche Hochschule i m Verlauf der Arbeit immer wieder zur Erörterung anstehen. Es ist i m Thema der gesamten Arbeit mit Inbegriffen, verweist dieses Thema doch auf zwei Beteiligte, den Staat und die wissenschaftliche Hochschule, die über das M i t t e l der Staatsaufsicht i n (öffentlich-) rechtlicher Beziehung zueinander stehen. B. Staat und wissenschaftliche Hochschule als Beteiligte der Staatsaufsicht. Das Erscheinungsbild der wissenschaftlichen Hochschule Formalrechtlich t r i t t der Staat i n diesem Spannungsverhältnis als eine Aufsichtsgewalt ausübende bestimmte Behörde i n Erscheinung. Schon unter der Herrschaft des Universitätsgewohnheitsrechts konnte der konkrete Träger der Aufsichtsgewalt ohne große Mühe ermittelt werden: ursprünglich kam sie dem Landesherrn zu, später, unter den Vorzeichen des gewaltenteilenden Rechtsstaates, war sie einem bestimmten Organ der staatlichen Exekutive zugewiesen. Auch die neuen Hochschulgesetze sorgen dafür, daß genau feststeht, wer Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule ausüben soll. Schwieriger ist das Erscheinungsbild der wissenschaftlichen Hochschule zu bestimmen. Ihre rechtliche Verfassung hat i m Laufe der Universitätsgeschichte mannigfachem Wandel unterlegen; die Darstellung dieses Wandels einschließlich der Bestimmung des augenblicklichen Rechtszustandes sind ein späteres Ziel dieser Untersuchung. A n dieser Stelle soll vor allem die Frage nach der begrifflichen Kennzeichnung der wissenschaftlichen Hochschule i m weiteren, sozialen Sinne gestellt werden. Eine A n t w o r t hierauf kann nicht ohne einen kurzen historischen Rückblick gegeben werden. Die wissenschaftliche Hochschule ist, das verrät schon ihr Name, eine Einrichtung, an der Wissenschaft i m weitesten Sinne betrieben wird. I n Deutschland ist eine solche Einrichtung i n erster Linie die Universität. Seit dem ausgehenden Mittelalter war diese zunächst allein die
Β . Erscheinungsbild der wissenschaftlichen Hochschule
19
Stätte, an der wissenschaftliche Forschung, Lehre und Ausbildung i m Sinne der abendländischen Tradition einer „hohen Schule" betrieben wurden. I m Zeitalter der Aufklärung und i m 19. Jahrhundert werden Fach-Hochschulen für angewandte Wissenschaften (insbesondere medizinischer-technischer-wirtschaftswissenschaftlicher Prägung) eingerichtet, für die bald ein den Universitäten gleichrangiger Status gefordert wird 2 . Das führt zur Begriffsbildung „wissenschaftliche Hochschule"; die begrifflichen Kriterien werden dem zu Beginn des 19. Jahrhunderts formulierten Modell entnommen, das den neugegründeten Reformuniversitäten Berlin, Bonn und Breslau zugrunde lag. Heute besteht kein Zweifel, daß neben den Universitäten die Technischen Hochschulen zu den wissenschaftlichen Hochschulen i m hier angenommenen Sinne gehören. Die geschriebenen hochschulischen Rechtsquellen enthalten i n der Regel keine zusammenfassende gesetzliche Definition der wissenschaftlichen Hochschule als solcher 3 , sondern normieren nach der Aufzählung der i n einem bestimmten Geltungsbereich vorzufindenden wissenschaftlichen Hochschulen 4 deren rechtliche Verfassung und deren Aufgabenbereich. Letzteren können dann materielle Kriterien zur Begriffsbestimmung entnommen werden. Herkömmlicherweise werden etwa folgende Merkmale zur Charakterisierung des Wesens und der Aufgabe einer wissenschaftlichen Hochschule genannt: 2
Schelsky, Einsamkeit, S. 36 ff. Vgl. ζ. B. die Gründungen des Collegium Medico Chirurgicum Berlin, 1724; der Tierarzneischule B e r l i n 1790; der Bergakademien B e r l i n 1770, Clausthal 1775, Freiberg/Sachsen 1776; der Technischen Hochschulen München 1868, Aachen 1870, B e r l i n 1879 u n d Stuttgart 1890. Z u m ganzen auch Thieme, Hochschulrecht, S. 12 f. 3 Einen M i t t e l w e g geht die Verfassung von Nordrhein-Westfalen. Sie enthält i n ihrem A r t . 16 Abs. 1 zwar keine eigenständige Definition des Begriffs der wissenschaftlichen Hochschule, aber zumindest eine Verweisung auf das überkommene Modell der Universität i n ihrem historisch gewachsenen Erscheinungsbild, w e n n sie „die Universitäten u n d diejenigen Hochschulen, die ihnen als Stätten der Forschung u n d der Lehre gleichstehen", unter ihren besonderen Schutz nimmt. 4 Vgl. ζ. B. die Aufzählungen i n § 1 BaWüHschG, § 1 NWHschG. I n BadenWürttemberg w i r d auch die Vermehrung der Zahl der wissenschaftlichen Hochschulen von einem ausdrücklichen Gesetzesbefehl abhängig gemacht, § 1 Abs. 2 BaWüHschG. Der B u n d geht denselben Weg, indem er i n seinen Gesetzen auf die nach Landesrecht anerkannten wissenschaftlichen Hochschulen verweist, vgl. § 1 Abs. 1 EHschRG. Die Zahl der nach Auffassung des Bundes förderungswürdigen wissenschaftlichen Hochschulen der B u n desrepublik Deutschland ist festgehalten i n der Anlage zum „Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe ,Ausbau u n d Neubau von wissenschaftlichen Hochschulen 4 (Hochschulbauförderungsgesetz)" v o m 1. 9.1969, BGBl. I, S. 1556, geändert durch Gesetz v o m 23.12.1971, B G B l . I, S. 2140. Die Anlage i n der
— — — —
2*
20
§ 1 Einleitung
— sie ist die Stätte, an der wissenschaftliche Forschung und wissenschaftliche Lehre i n vom Staat garantierter Freiheit betrieben werden; — sie nimmt, damit zusammenhängend, eine durch die Verbindung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre qualifizierte, i m öffentlichen Interesse erfolgende Ausbildungsfunktion wahr; — sie hat die Fähigkeit, einen m i t Promotion, bzw. Habilitation verknüpften akademischen Status zu verleihen und nimmt sich ganz allgemein der Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an; — sie ist i m Augenblick nach Organisationsgrundsätzen verfaßt, die durch das Prinzip der Kollegialität gekennzeichnet sind und ihr die auf wissenschaftliche Forschung und Lehre bezogenen, sog. akademischen Angelegenheiten weitgehend zur eigenverantwortlichen Erledigung überlassen 5 . Dieser Katalog nennt nur das Wichtigste und ist, wie noch zu zeigen sein wird, nicht i n allen seinen Bestandteilen unumstritten. Einer beliebigen Anerkennung bereits bestehender oder noch zu gründender Einrichtungen als wissenschaftliche Hochschulen beugt er allerdings vor 6 . Dieser verhältnismäßig enge, vor allem Universitäten, Technische, Medizinische und Wirtschafts-Hochschulen umfassende Begriff hat i n neuer Zeit eine Ausdehnung auf Einrichtungen des Ausbildungsbereichs erfahren, die früher nur unter einen weiteren Begriff von Hochschule subsumiert werden konnten 7 . Hierher gehören etwa die der Fassung der „Sechsten Verordnung zur Ergänzung der Anlage zum Hochschulbauförderungsgesetz" v o m 21.12.1973, BGBl. I 1974, S. 37 enthält 45 wissenschaftliche Hochschulen, 7 Gesamthochschulen u n d 20 Pädagogische Hochschulen. I n Nordrhein-Westfalen ist m i t t l e r w e i l e die „Fernuniversität Hagen" als Gesamthochschule gegründet worden, Gesetz über die Errichtung einer Fernuniversität i n Nordrhein-Westfalen — F U E G — v o m 26.11.1974, N W GVB1., S. 1470. s Vgl. Thieme, Hochschulrecht, S . 2 f f . ; Waibel, S. 18; Gerber, HdWSW, S. 473. Dazu auch V o t u m der Kommission f ü r Hochschulrecht der Westdeutschen Rektorenkonferenz v o m 12. 2.1959 (Köln). 6 Kritisch zu dieser Aussage Hennis , Der Weg i n die Krise, Christ und Welt, Nr. 21 v o m 23. 5.1969, S. 11/12. 7 § 1 S. 1 EHschRG lautet: „Dieses Gesetz gilt f ü r die Einrichtungen des Bildungswesens, die nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind." I n der Begründung zu dieser Vorschrift heißt es u. a. : „Der E n t w u r f verfolgt das Ziel, die institutionellen Schranken u n d die rechtlichen Unterschiede i m Hochschulbereich abzubauen; er differenziert nicht nach Hochschularten u n d betont damit die funktionale Einheit des Hochschulwesens. Diese Einheit findet ihren stärksten Ausdruck i n der Gesamthochschule (§§ 4 u n d 5) . . . I n den Geltungsbereich des Entwurfs fallen daher nach Satz 1 alle Einrichtungen, die ,nach Landesrecht staatliche Hochschulen sind'. Positiv bedeutet
Β . Erscheinungsbild der wissenschaftlichen Hochschule
21
L e h r e r a u s b i l d u n g d i e n e n d e n Pädagogischen Hochschulen; i n Hessen s i n d diese z u „ E r z i e h u n g s wissenschaftlichen" A b t e i l u n g e n der U n i v e r s i t ä t e n g e w o r d e n . D e r A u s b a u v o n sog. „ G e s a m t h o c h s c h u l e n " w i r d die E n t w i c k l u n g z u e i n e r E r w e i t e r u n g des B e g r i f f e s wissenschaftliche Hochschule noch v e r s t ä r k e n 8 . D i e v o r l i e g e n d e A r b e i t w i r d sich a u f die U n i v e r s i t ä t als d e m T y p u s v o n wissenschaftlicher Hochschule k o n z e n t r i e r e n , dessen h i s t o r i s c h gewachsener B e s t a n d f e s t l i e g t u n d der die o b e n festgestellten M e r k male (mit geringfügigen Abweichungen untereinander) aufweist. Die B e g r i f f e wissenschaftliche Hochschule u n d U n i v e r s i t ä t k ö n n e n d a m i t f ü r die Z w e c k e dieser U n t e r s u c h u n g s y n o n y m g e b r a u c h t w e r d e n 9 . D i e deutsche wissenschaftliche Hochschule ist h e r g e b r a c h t e r m a ß e n eine i m Ö f f e n t l i c h e n w u r z e l n d e , insbesondere d u r c h ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n K o n s t i t u t i v a k t g e g r ü n d e t e E i n r i c h t u n g der L ä n d e r . E i n e Reichsoder B u n d e s u n i v e r s i t ä t h a t es m i t d e r e i n e n A u s n a h m e v o n S t r a ß b u r g ( i n d e n J a h r e n v o n 1 8 7 2 - 1918) n i c h t g e g e b e n 1 0 ' 1 1 . N a c h d e m V e r t e i l u n g s k a t a l o g des Grundgesetzes a u f d e m G e b i e t der K u l t u r p f l e g e l a g die K o m p e t e n z z u r E r r i c h t u n g u n d U n t e r h a l t u n g v o n wissenschaftl i c h e n Hochschulen u r s p r ü n g l i c h ganz b e i d e n L ä n d e r n 1 2 ; erst n e u e r Satz 1, daß der E n t w u r f für staatliche Hochschulen jeder A r t gilt, also insbesondere für die Universitäten und Technischen Hochschulen (auch die auf einzelne Fachrichtungen beschränkten, wie die Medizinischen Hochschulen, Landwirtschaftlichen Hochschulen und Tierärztlichen Hochschulen), die Pädagogischen bzw. Erziehungswissenschaftlichen Hochschulen, die Sporthochschulen, ferner f ü r die Hochschulen, die nach Landesrecht nicht wissenschaftliche Hochschulen sind, insbesondere die Kunsthochschulen einschließlich der Musikhochschulen u n d die Fachhochschulen; der E n t w u r f g i l t selbstverständlich auch f ü r Gesamthochschulen." Auch i n A r t . 91 a Abs. 1 Nr. 1 GG ist der Begriff wissenschaftliche Hochschulen durch Hochschulen ersetzt worden, 27. Ä n d G zum GG v o m 31. 7.1970, BGBl. I, S. 116. 8 Die Pädagogischen Hochschulen werden durch neue Hochschulgesetze i n den Kreis der wissenschaftlichen Hochschulen m i t einbezogen, vgl. ζ. B. § 1 NWHschG, der auch die Pädagogischen Hochschulen Rheinland, Ruhr und Westfalen-Lippe nennt. Probleme haben sich hier vor allem daraus ergeben, daß den Pädagogischen Hochschulen bis vor kurzem ein eigenes Promotions- u n d Habilitationsrecht nicht zukam, essentialia einer wissenschaftlichen Hochschule. — Z u r „Gesamthochschule" vgl. § 4 u n d 5 EHschRG. 9 Vgl. dazu etwa § 1 BaWüHschG, der n u r noch Universitäten kennt; technische, wirtschaftliche u n d landwirtschaftliche wissenschaftliche Hochschulen werden lediglich durch einen den Namen begleitenden Zusatz gekennzeichnet, z.B. „Universität Stuttgart (Technische Hochschule)". 10 Außer Betracht bleiben soll gleichzeitig die Zeit von 1933 - 1945, i n der wesentliche Teile des Hochschulwesens zentral beim Reich organisiert waren, die aber für die Universitätsgeschichte i n dieser Beziehung folgenlos geblieben ist. n Z u r Verfassung der Universität Straßburg Kluge, S. 95 f.; vgl. auch Röttgen, Universitätsrecht, S. 22, 28. 12 Einzelheiten bei Gerber, HdWSW, S. 473; Thieme, Hochschulrecht, S. 111 und vor allem Peters, K u l t u r v e r w a l t u n g nach dem GG, S. 289 ff., 298. Beson-
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§ 1 Einleitung
dings sind hier durch Änderung des Grundgesetzes dem Bund Gesetzgebungszuständigkeiten eingeräumt worden 1 3 . Unbekannt sind i n der Bundesrepublik Deutschland bisher private Stiftungsuniversitäten 14 ; eine solche private Gründung w i r d man jedoch, sofern nur ein ausreichender Staatseinfluß zur Sicherstellung der öffentlichen Belange eines derartigen Unternehmens gewährleistet wäre, nicht als verfassungs- und rechtswidrig ansehen können 1 5 . C. Gliederung der Untersuchung M i t diesen Beteiligten, dem Staat als Träger von Aufsichtsgewalt und der wissenschaftlichen Hochschule i n der oben umrissenen Gestalt, sowie m i t der zwischen ihnen hergestellten speziellen Rechtsbeziehung, genannt Staatsaufsicht, werden sich die folgenden Kapitel dieser Arbeit auseinandersetzen. Dabei soll folgendermaßen vorgegangen werden. A m Anfang steht die Herausarbeitung eines allgemeinen Begriffes der Staatsaufsicht, der dann für die Weiterführung des Themas zugrundegelegt wird. Der anschließende Hauptteil handelt von der Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen, i n einem ersten Abschnitt über sie als ganze, einschließlich eines kurz zusammengefaßten Überblicks über die Geschichte der staatlichen Universitätsaufsicht; i n einem zweiten Abschnitt soll dann die Staatsaufsicht über die der Hochschule verbundenen Gliedeinheiten, insbesondere die Studentenschaften, erderheiten galten früher f ü r die städtischen Stiftungsuniversitäten (ζ. B. Frankfurt/M., K ö l n ) : dazu Thieme, S. 113 ff. 13 Ursprünglich bestand n u r die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes nach A r t . 74 Nr. 13 GG (Förderung der Forschung) m i t der Möglichkeit, unmittelbare oder mittelbare bundeseigene Verwaltungsträger zu errichten, A r t . 87 Abs. 3 GG. Das ist durch das 21. und 22. Änderungsgesetz zum Grundgesetz nicht unwesentlich geändert u n d erweitert worden. Durch das 21. Ä n d G zum GG (FinanzreformG) v o m 12. 5.1969, BGBl. I, S. 359, wurden durch die neugeschaffenen A r t . 91 a Abs. 1 Nr. 1 (i. d. F. des 27. ÄndG, vgl. Anm. 7) und 91 b GG der Ausbau u n d Neubau von Hochschulen einschließlich der Hochschulkliniken sowie die Bildungsplanung u n d wissenschaftliche Forschung zu Gemeinschaftsaufgaben zwischen B u n d u n d Ländern gemacht. Erste Frucht dieser Reform w a r das bereits erwähnte Hochschulbauförderungsgesetz des Bundes. Durch das 22. Ä n d G zum GG v o m 12. 5.1969, BGBl. I, S. 363, wurde A r t . 74 Nr. 13 geändert u n d insbesondere A r t . 75 Abs. 1 Nr. 1 a GG eingeführt, der dem B u n d eine neue Rahmenkompetenz zur Regelung der allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens einräumt. Der „ E n t w u r f eines Hochschulrahmengesetzes" (EHschRG) der Bundesregierung v o m 30.11.1973 beruht auf dieser neuen Verfassungslage. 14 Privaten Stiftungsuniversitäten vergleichbar wären allenfalls die kirchlichen Hochschulen; zu deren Verfassung Thieme, Hochschulrecht, S. 116 ff. 15 Zusammenfassend behandelt Tiemann, S. 116 f. die Problematik. Vgl. auch Peters. K u l t u r v e r w a l t u n g nach dem GG, S. 293 : „ E i n Monopol auf Kulturpflege steht weder dem Bunde, noch den Ländern, noch überhaupt dem Staate zu"; sowie A r t . 138 Abs. 1 der Bayerischen, A r t . 61 S. 1 der Hessischen Verfassung.
D. Beschränkungen des Umfangs der Untersuchung
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örtert werden. Ein abschließender dritter Abschnitt soll das Ergebnis der Untersuchung zusammenfassen. D. Beschränkungen des Umfangs der Untersuchung A m Schluß dieses einleitenden Kapitels mögen Bemerkungen stehen zu Einschränkungen des Themas dieser Arbeit, die vorzunehmen der Verfasser sich für berechtigt gehalten hat. Die Arbeit begnügt sich einmal m i t der Untersuchung des i n der Bundesrepublik Deutschland vorgefundenen Rechtszustandes. Die Entwicklung des Hochschulwesens in der Deutschen Demokratischen Republik hat einen Verlauf genommen, der von der ganz anderen verfassungsrechtlichen und sozialen Struktur dieses Staates bestimmt ist. Ein gemeinsamen rechtlichen Grundsätzen folgendes Institut der Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen besteht nicht. Zum anderen sieht sich der Verfasser vor die Schwierigkeit gestellt, daß die von Bund, Ländern und den wissenschaftlichen Hochschulen selbst betriebene Hochschulreform die Entwicklung des Hochschulrechts i n Fluß hat kommen lassen. Der Prozeß ist nicht abgeschlossen, so daß eine an sich wünschenswerte abschließende Wertung dieser Reform wegen ihres bisher noch fragmentarischen Charakters nicht möglich ist. Soweit für die Untersuchungen dieser Arbeit erforderlich, sind die die Reformbemühungen widerspiegelnden neuen gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen, die selbst noch dauernder Veränderung unterliegen, erfaßt worden. Der Verfasser ist dabei insgesamt bestrebt gewesen, nicht die unübersehbare Zahl der Reformvorschläge durch eigene zu vermehren, sondern sich zuvor um die i h m unerläßlich scheinende Aufarbeitung der Einzelheiten des bestehenden Rechtszustandes zu bemühen. Die Gefahr, daß einige seiner Aussagen durch die Entwicklung des Hochschulrechts alsbald überholt sein könnten, mußte er notwendigerweise i n Kauf nehmen 16 .
16 Kimminich, Rechtsstellung der Studenten, S. 679: „ I n der gegenwärtigen Entwicklungsphase des deutschen Hochschulrechts ist es fast unmöglich, gültige Aussagen zu irgendeinem hochschulrechtlichen Einzelproblem zu machen. Was heute noch gilt, ist morgen schon überholt, u n d was vor kurzem noch revolutionär erschien, w i r k t heute schon altväterlich." Diese 1968 abgegebene Stellungnahme hat nichts von ihrem Aussagewert eingebüßt.
§ 2 D e r B e g r i f f der Staatsaufsicht A. Grundlagen I . Kennzeichnung des Begriffs Aufsicht
Staatsaufsicht ist zuerst einmal Aufsicht. Aufsicht ist zweckgerichtete Beobachtung einer Tätigkeit. Die mit der Beobachtung verbundenen Zwecke sind dabei: 1. auf die genannte Tätigkeit des zu Beaufsichtigenden einzuwirken, u m sie m i t einem vorgegebenen Maßstab i n Übereinstimmung zu bringen und/oder 2. bei festgestelltem Abweichen von diesem Richtmaß die Übereinstimmung — gegebenenfalls durch Eingriff — wiederherzustellen u n d zu erhalten.
Diese Definition einschließlich ihrer Eingrenzungen beruht i m wesentlichen auf der bislang unübertroffenen Herleitung des Begriffs Aufsicht, die Triepel, auf dem Sprachgebrauch aufbauend, gegeben hat 1 . Sie gilt für den außerrechtlichen wie für den rechtlichen Bereich und stellt klar heraus, daß Aufsicht nicht bloß tendenzloses „Daraufsehen" auf ein bestimmtes Objekt, sondern zweckgerichtetes Beobachten von Verhaltensweisen ist 2 . Weiterhin ist nach dieser Begriffsbestimmung festzustellen, daß sich der Beaufsichtigte i n Abhängigkeit vom Träger der Aufsicht befindet, sowie gebunden ist an ein festgelegtes Richtmaß, an dem seine Tätigkeit gemessen werden soll und über dessen richtige Anwendung i m Konfliktsfall der Träger der Aufsicht befindet. Insofern schränkt jede ι Triepel, S. 108 ff., insbesondere S. 111, 119-120. Der doppelte Zweckgedanke k o m m t bei T. deutlich zum Ausdruck: . . . „ u n d so darf man getrost behaupten: i. S. des Sprachgebrauchs sowohl des Lebens, w i e der Gesetze gehört zu einer vollen Beaufsichtigung nicht n u r das Beobachten zum Zwecke der E i n w i r k u n g , sondern auch die E i n w i r k u n g auf G r u n d der Beobachtung", S. 120. Übergehend zur Aufsicht i m Recht, besonders zur Staatsaufsicht, fährt T. fort: . . . „Aufsicht führen oder üben i. S. des Rechts ist regelmäßig Obachtgeben u n d Zurechtrücken, w e n n es nottut". Folgerichtig unterscheidet T. unter dem Oberbegriff Aufsicht deren Beobachtungsfunktion u n d deren Berichtigungsfunktion, die zusammen i h r Wesen ausmachen. Ebenso Fro wein, S. 17; Salzwedel, W D S t R L 22, S. 206 ff., 213; ähnlich H. J. Wolff , V e r waltungsrecht I I , § 77 I I a, der von Beobachtung auf der einen, Beeinflussung des Beaufsichtigten auf der anderen Seite spricht. Vgl. zur Berichtigungsf u n k t i o n — allerdings i n historischem Zusammenhang — auch Krüger, S. 556. 2 Triepel, S. 111.
Α. Grundlagen
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Aufsicht einen dem Beaufsichtigten zugestandenen Freiheitsspielraum ein und regelt ihn 3 . I I . Kennzeichnung des Begriffs Staatsaufsicht. Abgrenzung zu anderen Erscheinungsformen staatlicher oder zwischenstaatlicher Aufsicht
«Staatsaufsicht ist zusätzlich staatliche Tätigkeit gegenüber nachgeordneten selbständigen Verwaltungsträgern des öffentlichen Rechts4. Diese Begrenzung läßt von vornherein andere Erscheinungsformen staatlicher oder zwischenstaatlicher Aufsicht, wie die i m Völkerrecht oder die i m Recht der Europäischen Gemeinschaften, sowie die sogenannte Bundesaufsicht des Bundes über die Länder, aus der Definition herausfallen, da es sich hier u m Aufsicht unter i n ihrer Eigenschaft als Staat Gleichgeordneten handelt 5 ' 6 . Zwar um nachgeordnete, aber dennoch wegen ihrer Einreihung i n eine feste Hierarchie von Herrschaft und Unterordnung nicht selbständige staatliche Einrichtungen handelt es sich bei den Behörden 7 ; die hier stattfindende „Organaufsicht" des übergeordneten Ressorts ist ebenso wie die „Dienstaufsieht" über den einzelnen Beamten nicht Staatsaufsicht i m oben bezeichneten Sinne 8 . Neueren Erkenntnissen folgend sollen zuletzt gemäß der gegebenen Definition die vielfältigen Erscheinungsformen staatlicher Aufsicht über Private, insbesondere über private Unternehmen i m Bereich der Wirtschaft, ausgeschieden werden. Es w i r d sich hier meist um ehemals der „polizeilichen" Ordnungsfunktion zugerechnete Überwachungstätigkeiten 9 oder u m i m öffentlichen Interesse erfolgende 3 H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I a. 4 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 206 ff., 207; Bullinger, V V D S t R L 22, S. 264 ff., 266; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I b 3. 5 F ü r das Völkerrecht u n d das Gemeinschaftsrecht vgl. die Beispiele bei H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I b 1. So konnte die „Europäische Gemeinschaft f ü r Kohle u n d Stahl", eine supranationale Organisation m i t eigener Rechtspersönlichkeit i m zwischenstaatlichen Verkehr, Aufsichtsmaßnahmen gegenüber den beteiligten vertragschließenden Staaten ergreifen, A r t . 5 Abs. 2 Nr. 1, 3, 4, 6 des Vertrages v o m 18. 4.1951 über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle u n d Stahl (Gesetz v o m 29. 4.1952, BGBl. I I , S. 445). β Z u r Bundesaufsicht s. A r t . 84 Abs. 3; 85 Abs. 4; 93 Abs. 1 Nr. 3 GG. Eine Definition befindet sich bei Fr owein, S. 17. 7 Forsthoff, S. 411 f., 415. β Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 208; H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 77 I I b 4-6. 9 Röttgen, H d B K o m m W P I, S.217; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I a nennt hier Bau-, Berg-, Gesundheits-, Gewerbe-, Wasser-, Wegeaufsicht u. a. m. Wie noch zu zeigen sein w i r d , sahen sich i n vorkonstitutioneller Zeit der einzelne u n d die Gesellschaft auf G r u n d einer v o m Landesherrn umfassend verstandenen Staatsaufsicht i n weitgehender Abhängigkeit von kontrollierenden staatlichen Eingriffen. I m Verlauf des 19. Jahrhunderts
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§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
M a ß n a h m e n der L e n k u n g u n d G e f a h r e n a b w e h r z u m Schutze einzelner, a m Wirtschaftsprozeß Beteiligter, handeln10. Demgegenüber begreift sich Staatsaufsicht i m h i e r b e n ü t z t e n engen S i n n e als K o r r e k t i v einer v o m S t a a t z w a r u n a b h ä n g i g o r g a n i s i e r t e n , i h m aber dennoch z u z u rechnenden Verwaltungstätigkeit 11. B. Träger und Adressat der Staatsaufsicht V e r t i e f u n g e r f ä h r t diese Aussage d u r c h das E r g e b n i s eines w e i t e r e n Gedankenganges. T r ä g e r d e r Staatsaufsicht ist der Staat, v e r t r e t e n d u r c h seine oder v o n i h m a u s d r ü c k l i c h m i t dieser A u f g a b e beliehene O r g a n e 1 2 . D e r Staatsaufsicht u n t e r w o r f e n s i n d ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h o r g a n i s i e r t e , selbständige, m e i s t , aber n i c h t n o t w e n d i g , rechtsfähige T r ä g e r v o n V e r w a l t u n g s a u f g a b e n , i m w e s e n t l i c h e n die K ö r p e r s c h a f t e n , A n s t a l t e n u n d S t i f t u n g e n des ö f f e n t l i c h e n Rechts 1 3 . I m Gegensatz z u sind solche staatlichen Eingriffsmöglichkeiten immer weiter zurückgedrängt worden u n d treffen heute den einzelnen Bürger n u r noch i n gesetzlich genau abgegrenzten, seine Handlungsfähigkeit möglichst geringfügig einschränkenden Bereichen. H. Krüger, S. 555 f., insbes. S. 557, bezeichnet die hier dem Staat verbliebene Überwachungs- und Ordnungstätigkeit als „ein Instrument zur E r w i r k u n g eines funktionsgerechten Freiheitsgebrauchs" (erg. . . . des einzelnen). Das hat m i t Staatsaufsicht i. e. S. nichts zu tun. 10 Z u denken ist hier etwa an die Bankenaufsicht und die Aufsicht über die privaten Versicherungsträger, an Maßnahmen der L o h n - und Preisgestaltung oder an die sog. Kartellaufsicht u. ä. mehr. Einzelheiten bei Bullinger, S. 264 ff., 271 f., 293 ff. n Wie der Verfasser Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 208 ff.; H. J. Wolff, V e r waltungsrecht I I , §77 I I a ; 63. Anderer Ansicht die h. L., die von Staatsaufsicht auch bei dem ganzen Spektrum staatlicher Ordnungs-, Überwachungs-, Lenkungs- u n d Eingriffsmaßnahmen i m Bereich der privaten u n d der sich privatrechtlicher Formen bedienenden öffentlichen Wirtschaft spricht; etwa E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, § 4 6 1 3 c; Forsthoff, S. 477, 485 u n d die bei Bullinger, S. 264 Anm. 3, 4 Genannten. Ebenso der Gesetzgeber, vgl. etwa § 32 ff. des Gesetzes über das Kreditwesen v o m 10. 7.1961, BGBl. I, S. 881. Neuerdings hat allerdings Bullinger den Versuch unternommen, durch die Überprüfung der verschiedenartigen Formen staatlicher „ A u f sicht" i m Bereich der Wirtschaft zu einer klaren Abgrenzung des Begriffs Staatsaufsicht zu kommen. Dabei hat er viele Bereiche, die bisher darunter fielen, aus dem Begriff der Staatsaufsicht i n der Wirtschaft ausgeschieden u n d sie etwa dem Gebiete der Wirtschaftslenkung u n d -förderung zugeordnet. Dennoch sind auch f ü r i h n die Parallelen bei einem erheblichen Teil der hier beobachteten staatlichen Maßnahmen zum Bereich der selbständigen Verwaltungsträger so augenscheinlich, daß er sich nicht entschließen kann, den Begriff Staatsaufsicht aufzugeben. Vgl. etwa S. 274 f., 296 f., 299, L e i t sätze Nr. I 2, 3; I I I 8. 12 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 207; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , §77 I I b 3. 18 Wie noch zu zeigen sein w i r d , ist der Begriff der Staatsaufsicht i m wesentlichen i m Zusammenhang m i t dem Begriff der körperschaftlichen Selbstverwaltung entwickelt worden. K e r n p u n k t jeder Selbstverwaltung ist die Fähigkeit zu selbständiger, d. h. eigenverantwortlicher, durch den W i l l e n der eigenen Organe getragener, weisungsungebundener Erledigung eigener
Β . Träger u n d Adressat der Staatsaufsicht
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P r i v a t e n u n d p r i v a t e n ( v e r b a n d s m ä ß i g organisierten) U n t e r n e h m e n , denen eine n a t ü r l i c h e H a n d l u n g s f r e i h e i t v o n v o r n h e r e i n z u k o m m t , gew i n n e n diese ö f f e n t l i c h r e c h t l i c h e n O r g a n i s a t i o n e n i h r e n eigenen H a n d l u n g s s p i e l r a u m d u r c h d e n v o m S t a a t v e r l i e h e n e n S t a t u s eines T r ä g e r s v o n A u t o n o m i e , ausgestattet m i t d e m Recht z u r e i g e n v e r a n t w o r t l i c h e n E r l e d i g u n g d e r v o m S t a a t überlassenen oder zugewiesenen V e r w a l t u n g s a u f g a b e n 1 4 . N o t w e n d i g e s K o r r e l a t dieser d u r c h A u s g l i e d e r u n g aus d e m staatlichen, h i e r a r c h i s c h o r g a n i s i e r t e n V e r w a l t u n g s b e r e i c h g e w o n nenen Unabhängigkeit u n d Privilegierung m i t einem „freiheitlichen S e l b s t v e r w a l t u n g s s t a t u s " ist die S t a a t s a u f s i c h t 1 5 . Diese B e a u f s i c h t i g u n g v o n V e r w a l t u n g s t ä t i g k e i t , d e r e n f r e i gestaltbare W a h r n e h m u n g v o n v o r n h e r e i n b e s c h r ä n k t ist d u r c h die Festsetzungen des d e n f r e i h e i t l i c h e n Status v e r l e i h e n d e n Staatsaktes, ist, w i e Salzwedel gezeigt h a t , wesensverschieden — d a m i t e r h ä r t e t sich das oben g e f u n d e n e E r g e b n i s — v o n e i n e r e i n öffentliches Interesse b e r ü c k s i c h t i g e n d e n s t a a t l i c h e n Überwachung privater, ursprünglich unbeschränkter Handlungsfreiheit16. Angelegenheiten. Soweit das bei ihnen gegeben ist, können aber auch A n stalten u n d Stiftungen des öffentlichen Rechts m i t dem Recht der Selbstverwaltung ausgestattet sein, dem allerdings dann Staatsaufsicht notwendig korrespondiert. Vgl. Forsthoff, S. 470 (Staatsaufsicht über Anstalten), S. 474 (Staatsaufsicht über Stiftungen); Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 212, 217; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 84 I V b. Abweichend E. Becker, H d B K o m m W P I, S. 116 f., der den Begriff der Selbstverwaltung auf rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts beschränkt und bei Anstalten von „Eigenverwaltung" spricht. Gleichzeitig ist das Recht der Selbstverwaltung zu unterscheiden und unabhängig zu machen v o m Problem der seinem Träger meist ebenfalls verliehenen Rechtsfähigkeit. Eigenverantwortlichkeit u n d Weisungsungebundenheit können auch ohne die Fähigkeit bestehen, Zuordnungssubjekt von Rechten u n d Pflichten zu sein. Selbst bei der für die Entwicklung der Selbstverwaltungsproblematik Modell stehenden Körperschaft des öffentlichen Rechts gehört die Rechtsfähigkeit, anders als es die überwiegende Lehre annimmt, nicht zu den konstituierenden Merkmalen. Dazu E. Becker, S. 116 f.; Forsthoff, S. 457; E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, §1813, S. 184; Peters, Grenzen, S. 20, 36; ders.: Lehrbuch der Verwaltung, S. 110 ff.; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 216. Z w a r kann diese Ansicht geltend machen, daß die Körperschaft des öffentlichen Rechts i n der F o r m der juristischen Person des öffentlichen Rechts durchaus der Regelfall ist. Dennoch nennt H. J. Wolff, § 84 I I I a, m i t dessen Auffassung die des Verfassers übereinstimmt, Beispiele von teil-rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie ζ. B. die Fakultäten und verfaßten Studentenschaften der wissenschaftlichen Hochschulen! (Nicht dazu gehören allerdings, w i e Wolff meint, Bundestag u n d Bundesrat, die zwar körperschaftlich verfaßt sein mögen — vgl. A r t . 59 Abs. 2 GG — aber nicht zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts gehören. Einzelheiten bei Maunz / Dürig / Herzog, zu A r t . 38, Rdnr. 7.) 14 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 208 ff.; vgl. auch H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 84 V b. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 211; vgl. auch E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, § 18 I I 2 a, S. 188. 16 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 208- 211.
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§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
C. Umfang und Grenzen der Staatsaufsicht I. Geschichte der allgemeinen Staatsaufsicht Das Institut der Staatsaufsicht i n seinem heutigen rechtlichen Umfang bleibt unverständlich ohne einen kurzen Rückblick auf seine Geschichte. Alle staatlichen Aufsichts-, Ordnungs-und Überwachungsrechte haben sich entwickelt aus dem schon i m 16. Jahrhundert bekannten Oberaufsichtsrecht des Landesherrn, dem ius supremae inspectionis 17 . Es wurde verstanden als Inbegriff der Fürsorge des Landesherrn für die Untertanen, erfaßte den ganzen Bereich gesellschaftlicher und staatlicher Betätigungen und gab dem Monarchen, der sich dabei auf die Grundsätze des gemeinen Wohls berief, umfassende Untersuchungs-, Kontroll- und Eingriffsrechte. Seine beispielhafte gesetzliche Ausprägung hat das Recht der monarchischen Oberaufsicht i m „Preußischen Allgemeinen Landrecht" des Jahres 1794 gefunden. Als Beispiel für viele mag sein § 1-3 I I 13 dienen, der, bedeutungsvoll i m Hinblick auf die von Staat und Gesellschaft eingerichteten Verbände und Verwaltungseinrichtungen, den folgenden Wortlaut hat: „ A l l e i m Staate vorhandene(n) u n d entstehende(n) Gesellschaften und öffentliche(n) Anstalten sind der Auffsicht des Landesherrn, nach dem Zwecke der allgemeinen Ruhe, Sicherheit, und Ordnung, unterworfen."
Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts erfährt dieses uneingeschränkte, zwar am Gemeinwohl orientierte, aber i n den Eingriffsbefugnissen umfassend verstandene Oberaufsichtsrecht des Monarchen mehr und mehr Einschränkungen. Es sind die auch die allgemeine Entwicklung des Verwaltungsrechts kennzeichnenden Gründe, die zu diesem Substanzverlust führen 1 8 . Zum ersten war der sich emanzipierende Bürger nicht mehr bereit, sich einer umfassenden Untertanenaufsicht über seine Lebensführung und Erwerbstätigkeit zu unterwerfen. Sodann geht mit der allmählichen Ersetzung der absoluten durch die konstitutionelle Monarchie die Forderung nach der Unterstellung allen obrigkeitlichen Handelns unter die Postulate des auf Gewaltenteilung und liberalem Gesetzesbegriff beruhenden Rechtsstaates einher. Auch die Aufsichtsbefugnisse des Staates sollen dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit allen Verwaltungshandelns folgen. Aufsichtsbefugnisse werden enumeriert; der Einsatz bestimmter Aufsichtsmittel w i r d an die Voraussetzung einer bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gebunden. Für die Durchführung von Auf17 Einzelheiten siehe i m Verlauf der Arbeit u n d bei Bornhak, S. 30 ff.; Bullinger, S. 275 ff.; H. Krüger, S. 555/556; Salzwedel, V V D S t R L 22, S.206; Triepel, S. 112 ff. 18 Hierzu u n d zum folgenden vor allem Bornhak a.a.O. u n d Forsthoff, S. 437 ff.
.
g und
re
der Staatsaufsicht
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sichtsmaßnahmen werden feste rechtliche Grundsätze entwickelt. Zuletzt kommt es zur Aufgliederung i n einzelne Aufsichtsarten; insbesondere gewinnt die Staatsaufsicht i m Bereich des öffentlichen Verbandswesens klare Konturen. Dieses weitet sich i m Verlauf des Jahrhunderts erheblich aus. Die Entwicklung von Technik und Industrie, verbunden mit einer schnell ansteigenden Bevölkerungszahl, führen zur Intensivierung und Spezialisierung aller Verwaltungstätigkeit. Eine der Folgen dieser Entwicklung ist die Ausgliederung wichtiger Verwaltungszweige auf unterstaatliche, oft verbandsmäßig organisierte Verwaltungsträger. A m Beginn stehen die Frhr. v. Steinschen Reformen des preußischen Gemeinderechts. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben w i r d den Gemeinden das Recht zur Selbstverwaltung verliehen und ihnen damit ein Bereich eigenverantwortlichen Handelns i m Rahmen der für sie geltenden Gesetze und Satzungen eingeräumt. I I . Staatsaufsicht und Selbstverwaltung
1. Allgemeine
Kennzeichnung
Diese auf Selbstbestimmung gründende Selbstverwaltungstätigkeit läßt umfassende Oberaufsicht i m alten Sinne nicht mehr zu; das neue Institut Staatsaufsicht gewinnt seine Inhalte aus seinem Spannungsverhältnis zum Institut der Selbstverwaltung. So muß dieses zunächst begrifflich näher eingegrenzt werden. 2. Geschichte der Selbstverwaltung I m preußischen Gemeinderecht des beginnenden 19. Jahrhunderts erhält das Prinzip der Selbstverwaltung seine ersten rechtlichen Konturen 1 9 . Es überließ unter dem Oberbegriff Selbstverwaltung den als rechtsfähigen, öffentlichrechtlichen Gebietskörperschaften organisierten Gemeinden autonome Rechtsetzung und Verwaltung i n einem zu eigenen Angelegenheiten der Kommune erhobenen Aufgabenbereich, den bis dahin die staatliche Landesexekutive verwaltet hatte. Der politische Sinn der Gemeindereform v. Steins war die Gewinnung dieses Raums für die sich vom Staat unabhängig sehenden gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere für das ehrenamtlich tätige, politisch mündig werdende Bürgertum 2 0 . Der das 19. Jahrhundert kennzeichnende Dualismus von Staat und Gesellschaft prägt allgemein das rechtliche 19 Einzelheiten bei Forsthoff, S. 437 ff. u n d Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 228 ff. Z u r Trennung der Begriffe Autonomie u n d eigentliche Selbstverw a l t u n g s. u. 20 Z u r soziologischen Analyse dieses Vorgangs Preuss, Polit. Mandat, S. 24/25.
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§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
Verständnis der Selbstverwaltung, die bald auch außerhalb des Gemeinderechts aufzufinden ist. So unterscheiden die Schriften Lorenz v. Steins klar staatliche und „freie" Verwaltung, wobei mit der letzteren Selbstverwaltung und Vereinswesen gemeint sind 2 1 . Nicht so deutlich ist diese Prämisse i n der die nachfolgende Staatsrechtslehre stark beeinflussenden Definition Gneists des Begriffes Selbstverwaltung, die, auf einer zweifelhaften Analogie zum englischen Recht aufbauend, den Akzent auf eine staatliche Landesverwaltung durch persönliche Ehrenämter legt und damit die Konturen verwischt 2 2 . Diese Ansicht Gneists stellt gleichzeitig den Übergang dar zu einer neuen, sich bald darauf durchsetzenden Auffassung von Selbstverwaltung, die an das veränderte tatsächliche Erscheinungsbild der öffentlich-rechtlichen Verbände und den Begriff „mittelbare Staatsverwaltung" anknüpft 2 3 . Das Bedürfnis nach Dezentralisation und Dekonzentration einer sich immer mehr vervielfältigenden Verwaltungstätigkeit führte außerhalb des Kommunalrechts zur Ausgliederung ganzer Verwaltungszweige auf unterstaatliche, sich selbst verwaltende Verbände. Als rechtlicher Rahmen für eine solche Verwaltungseinheit diente die Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Zahl sich ständig vermehrte, und die als Selbstverwaltungsaufgaben vielfach ursprünglich dem Staat und seinen Organen zugeordnete Staatsverwaltung wahrnahm. Die Bezeichnung „mittelbare Staatsverwaltung" bot sich um so mehr an, als der Staat durch substantiierte Durchnormierung der zur Selbstverwaltung überlassenen Materien den Umfang der eigenverantwortlichen Entscheidungsfreiheit des Selbstverwaltungsträgers immer weiter einengte und die Kompliziertheit der gesetzlichen Regelung die Ersetzung des Ehrenbeamten durch den fachlich geschulten Berufsbeamten erforderte. Selbstverwaltung war damit die Wahrnehmung an sich staatlicher Aufgaben durch selbständige Verwaltungsträger des öffent21 L. v. Stein, Die Verwaltungslehre, Nachdruck 1962, T e i l 1 Abt. 2, S. 127 ff. 22 Gneist, S. 882. Streit besteht i m neueren Schrifttum darüber, ob die theoretische Auffassung Gneists eher der von L. v. Stein m i t ihrer Vorstellung einer staatsfreien gesellschaftlichen Selbstverwaltung ähnelt (so offenbar Forsthoff, S. 439: „ A b e r i n der Zeit, als diese den Vorstellungen der preußischen Reformer nahekommende Definition aufgestellt wurde . . . " ) , oder ob Gneist schon als Zeuge der neuen Lehre von der staatsbezogenen, aus der Staatsverwaltung lediglich ausgegliederten Selbstverwaltung zu kennzeichnen ist (so Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 228/229). I n Wahrheit stellt die Position Gneists einen Übergang zwischen beiden Lehren dar, da er einerseits die i n der Selbstverwaltung zu leistende Tätigkeit als Ausführung staatlicher F u n k t i o n bezeichnet, andererseits ihre Träger i m Bereich der Gesellschaft findet. Wesentliche Bedeutung k o m m t dem Streit angesichts des vereinzelt gebliebenen Versuchs Gneists, englische Modelle i m preußischdeutschen Rechtsbereich wiederzufinden, nicht zu. 23 E. Becker, H d B K o m m W P Grenzen, S. 19 ff.
I, S. 115/116; Forsthoff,
S. 439 ff.;
Peters,
.
g und
re
der Staatsaufsicht
31
liehen Rechts geworden 24 . Die Krise der Selbstverwaltung i n den 30er Jahren m i t der Folge vermehrten staatlichen Eingriffs i n die Autonomie der Selbstverwaltungsträger (etwa i n der Form der Finanzkuratel) sowie der Zugriff des zentralistisch organisierten Staates i n den Jahren von 1933 - 1945 verstärkte diese Entwicklung 2 5 . 3. Moderne Selbstverwaltung Nach 1945 ist ein gewisser Umschwung zu verzeichnen. Ein Teil der Lehre bemüht sich u m Differenzierung und betont bei der Erfassung des Prinzips der Selbstverwaltung wieder stärker den eigenständigen Verwaltungsbereich, i n dem die dort zusammengefaßten gesellschaftlichen Kräfte eigenverantwortlich tätig sind 2 6 . Salzwedel, einer dieser Autoren, unterscheidet zwei Arten von Selbstverwaltung: 1. die „gesellschaftliche", d. h. die Wahrnehmung eigener, aus dem A u f gabenbereich des Staates schlechthin ausgeschiedener Angelegenheiten; 2. Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung, d. h. die Wahrnehmung an sich staatlicher, lediglich ausgegliederter Verwaltungstätigkeit durch Träger von Selbstverwaltung 2 7 .
Die überwiegende Lehre hat freilich diese Unterscheidung, die als den „Kernbereich" der Selbstverwaltung die erste Form i m Auge hat, nicht mitgemacht, sondern hält mit verschiedener Begründung an der überkommenen Charakterisierung von Selbstverwaltung als verbandsmäßig durchgeführter „mittelbarer" Staatsverwaltung fest 28 . Nebenher w i r d allenfalls eine gewisse ehrenamtliche Seite i n manchen Erscheinungen der Selbstverwaltung anerkannt. Beide Auffassungen sollen an dieser Stelle lediglich einander gegenübergestellt werden; ihre Überprüfung i m einzelnen soll am Beispiel der Hochschulselbstverwaltung erfolgen. Nur soviel: gewiß fordert Salzwedel nicht einen völlig vom Staat losgelösten Selbstverwaltungstyp, da er an der Einheit der Staatsgewalt festhält und folgerichtig seine „staatsfreie" Selbstverwaltung dem staatlichen Gesetzgebungs2 2
* Forsthoff, S. 440. 5 Einzelheiten bei Forsthoff,
26
S. 441 ff.; Salzwedel,
V V D S t R L 22, S. 230/231.
Diese Lehre hat vor allem i m Gemeinderecht Anhänger u n d ist verbunden m i t einer weitgehenden Auslegung der institutionellen Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung i n A r t . 28 GG. So lehnt Gönnenwein, K o m munalaufsicht, S. 533, die Kennzeichnung des Kerns der gemeindlichen Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung ab u n d spricht von „eigenständiger bürgerschaftlicher Ortsverwaltung". Vgl. auch A n m . 27. 27 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 223, 226 f., 233 ff. 28 z.B. Forsthoff, S. 440; Becker, H d W K o m m W P I, S. 116. Unmittelbar gegen Salzwedel vor allem W. Weber i n V V D S t R L 22, S. 342 f.
32
§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
und Rechtsprechungsvorbehalt unterstellt 2 9 . Aber den K r i t i k e r n ist insofern zuzustimmen, als auch i n diesem eigenverantwortlichen Bereich der eigentlichen Selbstverwaltung durch direkte oder indirekte Teilnahme des Staates mehr und mehr Boden entzogen wird. W. Weber erinnert hier vor allem an die häufig zu beobachtende Erscheinung der verwaltungsmäßigen Zusammenarbeit, den sog. Verwaltungsverbund, den der Staat m i t seinen Körperschaften pflegt 30 . Selbstverwaltung bleibt an dieser Stelle begrifflich von zwei anderen Erscheinungsformen abzugrenzen. Z u trennen von ihr sind einmal die sog. Auftragsangelegenheiten; hierbei handelt es sich u m auf den Selbstverwaltungsträger aus Erwägungen einer zweckmäßigen Verwaltungsgestaltung heraus übertragene Staatsverwaltung 31 . Einen Zwischenplatz 32 nehmen zum anderen die sog. Pflichtaufgaben nach Weisung ein, die die Gemeindeordnungen einiger Länder kennen 33 . Hier handelt es sich zwar grundsätzlich u m eigene Angelegenheiten der Gemeinde, aber ihre Eigenverantwortlichkeit kann durch ein i n Weisungen sich äußerndes, meist gesetzlich eingeschränktes Direktionsrecht des Staates gemindert werden 3 4 . Historisch ist Selbstverwaltung, ebenso wie bisher für die Zwecke dieser Untersuchung, i n einem umfassenden Sinne verstanden worden. I n dieser weiten Bedeutung setzt sie sich wiederum zusammen aus zwei selbständigen Komponenten: der Autonomie und dem Recht zur Selbst,,Verwaltung" i m engeren Sinne. Die beiden Unterbegriffe sind klar zu scheiden 35 . Autonomie oder Satzungsgewalt ist auf staatlicher gesetzlicher Ermächtigung beruhende Rechtsetzung, ist „Fähigkeit zur Selbstgesetzgebung" 36 , während das einem Träger von Satzungsgewalt daneben eingeräumte Recht auf Selbstverwaltung, i m engeren Sinn verstanden, besagt, daß der Staat Verwaltungsbefugnisse einem Ver29 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 255/256; vgl. auch Holstein, S. 14: „ . . . A l l e Selbstverwaltung besteht ihrem Wesen nach innerhalb des Staates u n d k r a f t Zulassung des Staates." 30 W. Weber, V V D S t R L 22, S. 342 f. 31 Forsthoff, S. 445. 32 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 218, unter Berufung auf OVG Münster, U r t e i l v. 15. 7. 58 - V I I A 1063/56 i n : Kottenberg / Steffens / Henrichs, Rechtsprechung zum kommunalen Verfassungsrecht des Landes Nordrhein-Westfalen zu § 3 GO, Nr. 3. Einzelheiten bei Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 105 ff. Als Auftragsangelegenheiten sehen die Pflichtaufgaben nach Weisung an Forsthoff, S. 535 u n d BVerfG, U r t e i l v. 23.1. 57, Az.: 2 B v F 3/56, BVerfGE 6, S. 104 ff., 116. 33 § 2 Abs. 2, 3 GO Baden-Württemberg; §§ 4, 135 GO Hessen; § 3 Abs. 2 GO Nordrhein-Westfalen; §3 Abs. 2 GO Schleswig-Holstein. 34 Vgl. Forsthoff, S.445; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 218, 225 f. 35 Forsthoff, S. 446; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 241. 36 H. Schneider, S. 523; zum Erfordernis der gesetzlichen Ermächtigung Forsthoff, S. 446.
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g und
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der Staatsaufsicht
33
band des öffentlichen Rechts zur eigenverantwortlichen Erledigung überträgt 3 7 . I n den Worten der Gewaltenteilungslehre gesprochen, handelt es sich einmal um Legislative, das andere Mal u m Exekutive. Beide Unterbegriffe sind jedoch durch das gemeinsame Band der Eigenverantwortlichkeit verknüpft. Neben die geschichtliche Überlieferung des Begriffs, nach der Selbstverwaltung umfassend verstanden wurde, t r i t t außerdem der verständliche Wunsch, dort, wo ganz neutral verfassungsmäßige Sicherungen der Selbstverwaltung vorliegen, etwa für die Gemeinden i n A r t . 28 Abs. 2 S. 1 GG, autonome Rechtsetzungsgewalt an dieser Gewährleistung teilhaben zu lassen 38 . Das rechtfertigt die Beibehaltung sowohl eines weit als auch eines eng verstandenen Begriffs von Selbstverwaltung. Als Arbeitsgrundlage mag zunächst der weiter aufgefaßte Begriff beibehalten werden. Danach wäre Selbstverwaltung zu definieren als die i n der Form von autonomer Rechtsetzung und Verwaltung erfolgende, selbständige und eigenverantwortliche Erledigung eigener öffentlicher Aufgaben durch i n der Regel rechtsfähige unterstaatliche Träger öffentlicher Verwaltung 3 9 . I I I . Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht
1. Grundlagen Die Emanzipation der Selbstverwaltung von der Staatsverwaltung ist nicht ohne Einfluß auf die mit ihr korrespondierende Staatsaufsicht geblieben. Diese wandelt sich von der alles umfassenden Oberaufsicht des Landesherrn zur Gesetzmäßigkeitskontrolle des Selbstverwaltungshandelns i n Form der Rechtsauf sieht 40 . Die vom Staat zugestandene eigenverantwortliche und selbständige Erledigung von Verwaltungsaufgaben schließt eine Lenkung und Einflußnahme, die über die dem Rechtsstaat immanente Kontrolle der Gesetzmäßigkeit des Selbstverwaltungshandelns hinausgeht, aus. (Rechtsstaatliche Ansprüche fordern weiterhin, daß Staatsaufsicht ihrerseits der gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ermächtigung bedarf und ihre Ausübung an 37 Vgl. Forsthoff, S. 437 ff. 38 Dieses M o t i v liegt w o h l der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde, vgl. U r t e i l v. 7. 3.1958, Az.: B V e r w G V I I C 84/ 57, B V e r w G E 6, S. 247 ff., 252. (Das U r t e i l ist i m wesentlichen m i t der Hochschulautonomie befaßt!) Auch das Bundesverfassungsgericht bezieht die Autonomie i n die Garantie der Selbstverwaltung m i t ein, vgl. Beschluß v. 2.5.1961, Az.: 1 B v R 203/53, BVerfGE 12, S. 319 ff., 325 u n d Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 144 f. 39 So etwa auch Peters, Grenzen, S. 36 u n d H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 84 V b. 40 Vgl. H. Krüger, S. 556; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 206 f. 3 Gallas
34
§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
Recht und Gesetz gebunden ist 41 .) Für den so bedeutsamen Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung etwa gehen folgerichtig nahezu alle nach 1945 erlassenen Verfassungen der Bundesländer — Ausnahme sind die Stadtstaaten Berlin und Hamburg — davon aus, daß staatliche Beaufsichtigung des kommunalen Selbstverwaltungshandelns sich auf die Gesetzmäßigkeitsüberwachung zu beschränken habe 42 . I n dieser auf die Rechtsaufsicht reduzierten Form soll daher der Begriff Staatsaufsicht für die folgende Untersuchung benützt werden. 2. Abgrenzungen zur Fach- oder Zweckmäßigkeitsaufsicht Einige klärende Abgrenzungen sind noch zu treffen. Rechtsaufsicht ist die Kehrseite von Eigenverantwortung. Daher ist von unserer Betrachtung der Bereich zu trennen, i n dem die Träger von Selbstverwaltung staatliche Auftragsangelegenheiten wahrnehmen; zwar mag man hier von Staatsaufsicht i m weiteren Sinne sprechen 43 , aber richtigerweise handelt es sich bei der hier von den Aufsichtsorganen ausgeübten Fach- oder Zweckmäßigkeitsaufsicht u m dienstliche Leitung 4 4 . Die hier grundsätzlich unbeschränkten Lenkungs- und Kontrollbefugnisse, die der staatlichen Aufsichtsbehörde zur Verfügung stehen, decken sich nicht mehr mit dem oben gefundenen engen Begriff der Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht. Ähnlich ist es bei den bereits erwähnten „Pflicht auf gaben nach Weisung" des Gemeinderechts. Dem Staat steht hier ein an bestimmte gesetzliche Tatbestandsmerkmale gebundenes, Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte aber umfassendes allgemeines oder besonderes Weisungsrecht zu 4 5 . Auch hier liegt nicht Staatsaufsicht i m engeren Sinne vor. I V . Aufsichtsmaßstab und Handhabung der Staatsaufsicht
Staatsaufsicht findet sich i n jedem Verwaltungszweig, je nachdem auf welchem Gebiet, etwa der Kommunal-, Wirtschafts-, Sozial- oder Kulturverwaltung, die mit dem Recht der Selbstverwaltung ausge41
h. L., statt aller Röttgen, Universitätsrecht, S. 197. Baden-Württemberg, A r t . 75 Abs. 1; Bayern A r t . 83 Abs. 4; Bremen A r t . 147; Hessen A r t . 137 Abs. 3; Niedersachsen A r t . 44 Abs. 5; NordrheinWestfalen A r t . 78 Abs. 4; Rheinland-Pfalz A r t . 49 Abs. 3; Saarland A r t . 127; Schleswig-Holstein A r t . 39 Abs. 3. Die Gemeindeordnungen der Länder schließen sich dem an. Vgl. auch W. Weber, Kommunalaufsicht, S. 17; Gönnenwein, Kommunalaufsicht, S. 513/514. 43 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 216; Becker i n einer Diskussionsbemerkung V V D S t R L 22, S. 362. Sehr kritisch zu der engen Begrenzung — allerdings ohne weitere Begründung — H. Krüger, ebenda (VVDStRL 22), S. 368. 44 Forsthoff, S. 445. 45 Becker, H d B K o m m W P I, S. 165; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 218, H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 77 I I c 3. 42
C. Umfang u n d Grenzen der Staatsaufsicht
35
statteten Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts tätig sind 4 6 . Sie ist immer Handeln der Exekutive, niemals Rechtsetzung oder Rechtsprechung 47 ; je nach ihrem Einfluß auf den mit dem Recht auf Autonomie und Selbstverwaltung verbundenen Freiheitsspielraum t r i t t sie — wie Salzwedel es nennt — i n den Spielarten von „gebundener" oder „gelenkter" Gesetzmäßigkeitsaufsicht auf 4 8 . I m Gegensatz zur „gesetzesgebundenen" Aufsichtsmaßnahme, die die getroffene Selbstverwaltungsentscheidung nur i m Falle des Verstoßes gegen freiheitseinschränkende gesetzliche Gebote und Verbote berichtigen oder beseitigen darf, ist es bei der „gesetzesgelenkten" Staatsaufsicht der staatlichen Aufsichtsbehörde grundsätzlich gestattet, vor dem endgültigen Placet zu einer Maßnahme der Selbstverwaltung eigene, durch gesetzliche Richtlinien vorbestimmte, ermessensrichtige Vorstellungen vortragen zu können. Es w i r d hier auch von Vorbehalts- oder Einzelaufsicht gesprochen 49 ; vor allem ein Teil der staatlichen Genehmigungsvorbehalte, die Wirksamkeitsvoraussetzungen konkreten Selbstverwaltungshandelns sind, fallen hierunter. Von diesem Gegensatzpaar ist das sogenannte „Opportunitätsprinzip" begrifflich zu trennen. Dieses knüpft an an das Problem, ob die A u f sichtsbehörde bei erkannter Rechtswidrigkeit der Selbstverwaltungsmaßnahme auf sichtlich einschreiten muß oder nicht. Das Opportunitätsprinzip besagt, daß i n einem solchen Falle der Aufsichtführende grundsätzlich einen i n sein pflichtgemäßes Ermessen gestellten Handlungsspielraum des Ob oder Ob-nicht hat 5 0 ; umgekehrt kann i n Ausnahmefällen auch eine gesetzlich ausgesprochene Pflicht zum aufsichtlichen 46
Zur Ausdehnung der Selbstverwaltung vgl. Forsthoff, S. 443. M Becker, H d B K o m m W P I, S. 165; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 173 Anm. 7; Peters, Grenzen, S. 219 f. Abweichend, insbesondere für die Einbeziehung der Rechtsprechung i n die Staatsaufsicht, Triepel, S. 136 u n d neuerdings Bullinger, S. 297, insbes. Anm. 142, für den Bereich der „Wirtschaftsaufsicht". Es darf insoweit auf Peters verwiesen werden, der den U n t e r schied zwischen rechtsprechendem A k t u n d exekutivem Staatsaufsichtsakt klar herausgearbeitet hat. 48 Hierzu u n d zum folgenden Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 220, 236 ff., 243 ff. 4 9 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 243 ff.; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I c 4, 5 (zu beachten ist allerdings, daß W. eine abweichende Nomenk l a t u r benutzt. Er nennt Vorbehaltsaufsicht die aufsichtartigen, m i t der Hingabe von Geldmitteln verbundenen Bedingungen und Auflagen, während die Ausübung von Genehmigungsvorbehalten bei i h m Einzelaufsicht genannt wird) und Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 197 ff., 206 ff. G. stellt fest, daß i m Gemeinderecht f ü r diesen Bereich z. T. auch der Begriff „Sonderaufsicht" gebraucht w i r d . Vgl. dagegen § 106 Abs. 2 GO Nordrhein-Westfalen, der den Begriff „Sonderaufsieht" i n dem wesensverschiedenen Bereich der Pflichtaufgaben nach Weisung kennt und als Ersatz f ü r den Begriff Fachaufsicht benutzt. 50 Einzelheiten bei Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 179; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 221 ff. 3*
§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
36
Einschreiten bei Rechtsverletzungen des Selbstverwaltungsberechtigten bestehen 51 . W i r d staatliche Aufsichtsgewalt ausgeübt, erstreckt sie sich grundsätzlich auf den gesamten Raum der einem Selbstverwaltungsträger zugestandenen eigenverantwortlichen Rechtsetzungs- und Verwaltungsbefugnisse. Sie ist insofern universell, muß jedoch i n Übereinstimmung mit der das ganze Verwaltungsrecht durchziehenden Forderung nach Einhaltung des Übermaßverbotes (Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Verwaltungsmittel zum angestrebten Erfolg) gehandhabt werden 5 2 . D. Die Zwecke der Staatsaufsicht Die Zwecke einer jeden staatlichen Rechts aufsieht sind i n erster Linie Schutz der Adressaten und der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Maßnahmen der Organe der m i t Autonomie und Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Dazu kommt die vorbeugende M i t w i r k u n g des Staates, um von vornherein rechtmäßige Selbstverwaltungsentscheidungen i m Interesse der ordnungsmäßigen Ausübung aller Staatsgewalt Zustandekommen zu lassen. Letzteres gilt insbesondere für den Bereich, i n dem Selbstverwaltung mittelbare Staatsverwaltung ist 5 3 . Neuerdings w i r d der Einsatz staatsaufsichtlicher M i t t e l auch damit gerechtfertigt, daß er i n notstandsähnlicher Lage für den Selbstverwaltungsträger dessen Funktionsfähigkeit i m Bereich von autonomer Rechtsetzung und eigenverantwortlicher Selbstverwaltung zu garantieren oder wiederherzustellen vermag. Auf letzteren Punkt w i r d i m einzelnen zurückzukommen sein 54 . E. Die Mittel der Staatsaufsicht Die herkömmlichen M i t t e l der Staatsaufsicht werden für den Bereich der „gebundenen" Gesetzmäßigkeitsaufsicht i n Gruppen zusammengehörender A r t aufgeteilt. Das Schrifttum entwickelt dabei unterschiedliche Benennungen. Es lassen sich aber zwei Hauptprinzipien der Einteilung feststellen, entweder nach der Eingriffsintensität der jeweils ergriffenen Aufsichtsmaßnahme oder nach dem mit dieser verfolgten 51
Wie sie z. B. die GO Bayern i n ihrem A r t . 112 kennt. 52 Dazu statt aller H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I, § 30 I I b 1 m. w. N. Aus der Rechtsprechung Bundesverfassungsgericht, Beschluß v o m 15.12.1965, Az.: 1 B v R 513/65, BVerfGE 19, S. 342 ff., 348/349; Bundesverwaltungsgericht, U r t e i l v o m 4. 7.1969, Az.: V I I C 29/67, B V e r w G E 32, S. 308 ff. 53 Forsthoff, S. 457. 54 Da er bisher vor allem f ü r den Bereich der akademischen Selbstverw a l t u n g bedeutungsvoll geworden ist. Vgl. § 4, C I I I , 6 d der Arbeit.
E. M i t t e l der Staatsaufsicht
37
Zweck. Eine zusammenfassende Darstellung findet sich bei H. J. Wolff der i m wesentlichen gefolgt werden soll.
55
,
I. Einteilung nach der Schwere des Eingriffs
Die von der Schwere des Eingriffs her gesehen schwächste Stufe ist die Gruppe der „nicht eingreifenden" Aufsichtsmittel, die i m wesentlichen die Möglichkeiten der Unterrichtung und Untersuchung der Aufsichtsbehörde gegenüber dem Aufsichtsunterworfenen umfaßt. Eine zweite Stufe umfaßt den Bereich der eingreifenden Aufsichtsmittel, deren wesentliche die Beanstandung und — nach Wolff — die Aufhebung von Selbstverwaltungsbeschlüssen sind. Eine dritte Stufe sieht Ersatzvornahme des Selbstverwaltungsakts durch staatliche Maßnahme und Einsetzung von staatlichen Beauftragten vor; von Wolff werden sie verrichtende Aufsichtsmittel genannt. Salzwedel sieht richtig noch eine vierte Stufe vor, i n der das eigenverantwortliche Handeln des Selbstverwaltungsträgers durch Selbsteintritt staatlicher Organe zur Gänze beseitigt w i r d 5 6 . Innerhalb dieser Gruppen werden die einzelnen Aufsichtsmittel unterschieden; auf sie w i r d i m Verlauf der Untersuchung jeweils gesondert eingegangen werden. I I . Einteilung nach dem Zweck
Nach dem Zweck, der mit der staatlichen Aufsicht verfolgt wird, kann unterschieden werden nach 1. überwachenden u n d vorbeugenden Aufsichtsmitteln, die rechtswidriges Verhalten des Beaufsichtigten nach Möglichkeit verhindern, u n d 2. korrigierenden, repressiven Aufsichtsmitteln, Fehler korrigieren bzw. beseitigen sollen 5 7 .
die einmal
eingetretene
I I I . Genehmigungen, Bestätigungen, Zustimmungen
I m Bereich der „gelenkten" Gesetzmäßigkeitsaufsicht folgt die Genehmigung/Zustimmung/Bestätigung von Rechtsetzungsakten und eigenverantwortlichen Einzelentscheidungen der Selbstverwaltungsträger eigenen Grundsätzen und fällt daher nicht unter die oben entworfene Einteilung. Die hierbei geltenden Rechtsgrundsätze sollen aus Gründen der Geschlossenheit der Darstellung bei der Abhandlung über Genehmigungsvorbehalte i m Bereich des Hochschulrechts erörtert werden. 55 H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 77 I I d; andere Einteilungsprinzipien finden sich für die M i t t e l der Kommunalaufsicht bei Becker, H d B K o m m W P I, S. 168; auf die dort genannten Einzelheiten darf verwiesen werden. 56 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 252. 57 H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 77 I I e.
38
§ 2 Der Begriff der Staatsaufsicht
F. Rechtsschutz gegenüber Maßnahmen der Staatsaufsicht Von wenigen Ausnahmen abgesehen (ζ. B. der auf sichtlichen Beratung) stellen sich Maßnahmen der „gesetzesgebundenen" Rechtsauf sicht gegenüber dem Aufsichtsunterworfenen als belastende Verwaltungsakte, die Erteilung von Genehmigungen/Zustimmungen/Bestätigungen als begünstigende, ihre Versagung als belastende Verwaltungsakte dar. Der Schutz der Verwaltungsgerichte kann i m Verwaltungsstreitverfahren (§ 40 ff. VwGO; Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs[Vornahme]klage) begehrt werden. G. Zusammenfassende Kennzeichnung Zusammenfassend läßt sich Staatsaufsicht i n der Form der Rechtsaufsicht bezeichnen als Inbegriff aller auf gesetzlicher Grundlage beruhenden beobachtenden und berichtigenden (eventuell funktionssichernden) Verwaltungsmaßnahmen 58 des Staates gegenüber dem eigenverantwortlichen Handeln eines mit dem Recht der autonomen Rechtsetzung und Selbstverwaltung ausgestatteten Trägers, die den Zweck haben, die Rechtmäßigkeit dieses Selbstverwaltungshandelns herbeizuführen.
58
Die überwiegende Lehre sieht die Ausübung der Staatsaufsicht durch die dafür vorgesehenen staatlichen Organe als Verwaltungstätigkeit an, was angesichts des Charakters der konkreten Aufsichtsmaßnahme als V e r w a l tungsakt Zustimmung verdient. Statt aller: Peters, Grenzen, S. 218. a. A. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 213, ohne weitere Begründung.
ZWEITER T E I L
Die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen 1. Abschnitt D i e Staatsaufsicht ü b e r d i e w i s s e n s c h a f t l i c h e H o c h s c h u l e als g a n z e § 3 D i e Geschichte der Staatlichen A u f s i c h t ü b e r die wissenschaftliche Hochschule A. Einleitung: Das Verhältnis Staat — Universität in der Geschichte I. Einleitung
Der i m vorhergehenden Kapitel ermittelte Begriff der Staatsaufsicht gilt für das ganze öffentliche Recht. Seine Allgemeinheit rechtfertigt es, ihn mit der gebotenen Behutsamkeit zum Anknüpfungspunkt einer Untersuchung zu machen, die sich m i t der Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen befassen w i l l . Es w i r d auch hier, ganz grundsätzlich gesprochen, u m staatliche Maßnahmen beobachtender und/oder berichtigender Natur gehen, die ein zu beaufsichtigendes Objekt, die wissenschaftliche Hochschule, betreffen. Deren heutiges soziales Erscheinungsbild ist bereits umrissen worden. Wie dieses Erscheinungsbild selbst ist auch das Institut der staatlichen Aufsicht über die Universität nicht genügend zu erklären, ohne seine Entwicklung i n der Geschichte verfolgt zu haben. Bevor daher m i t der Schilderung der heutigen Universitätsverfassung (im rechtlichen Sinne) und der für sie charakteristischen, durch das M i t t e l der Staatsaufsicht hergestellten Verbindung zum Staate begonnen werden kann, ist ein Blick auf die Universitätsgeschichte zu werfen. Da es hier an ausführlichen, auch neueren Darstellungen nicht fehlt 1 , soll dieser Rekurs auf 1 Z u nennen sind hier vor allem die Untersuchungen von Kluge u n d Schelsky (Einsamkeit u n d Freiheit), denen der Verf. wesentliche Erkenntnisse verdankt.
40
§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
die Geschichte nur dazu beitragen helfen, die heute gültigen Prinzipien i m Verhältnis des Staates zu seinen Hochschulen aus ihrer Entstehung heraus deutlicher zu machen. I I . Der Grundsatz der Abhängigkeit der Universität vom Staat
A m Anfang mögen einige grundsätzliche Bemerkungen stehen. Durch ihre ganze Geschichte hindurch bis auf die heutige Zeit findet sich die deutsche Universität i n einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihren landesherrlichen, städtischen oder staatlichen Obrigkeiten. Allerdings hat der Grad von Abhängigkeit i n diesem Verhältnis ständigem Wandel unterlegen. Nachdem es der deutschen Universität i m Mittelalter auf Grund ihrer vom Ausland übernommenen Verfassung und der ihr gleichzeitig gewährten Privilegien gelungen war, sich eine weitgehende Unabhängigkeit von ihren Stiftern, den Landesherren oder Städten, zu bewahren, unterliegt sie i m Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung einem umfassenden Regiment des fürstlichen Staates. Es folgt die Epoche des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, i n der, vor allem i n Preußen, zwar rein rechtlich die Praedominanz der Entscheidung i n allen universitären Belangen bei der staatlichen Exekutive liegt, gleichzeitig aber den Universitäten diese Abhängigkeit infolge des Einfühlungsvermögens einer fachlich hochstehenden Kulturbürokratie nur verdeckt erscheint. Dazu bleiben die eigentliche Forschung und Lehre von staatlichen Eingriffen unangetastet. Trotz einiger Reformansätze ist dieser Rechtszustand i n der Zeit der Weimarer Republik i m wesentlichen unverändert geblieben; der Versuch des Staates zwischen 1933 und 1945, die wissenschaftlichen Hochschulen total i n Pflicht zu nehmen, hat lediglich den Charakter einer Episode. Nach 1945 ist endgültig die rechtliche und tatsächliche Emanzipation des universitären Kernbereichs, dessen Umfang zu klären sein wird, vom Staat gelungen. Neuerdings sind allerdings Erscheinungen zu beobachten, nach denen hier eine rückläufige Bewegung einsetzen könnte. Ein Mittel, vom Staat her auf die wissenschaftlichen Hochschulen Einfluß zu nehmen, ist neben der Rechtsetzung vor allem die Aufsicht. Es ist eine geschichtliche Gesetzmäßigkeit dahingehend zu beobachten, daß jedesmal der Grad des Abhängig-werdens der Universität zum Staat begleitet w i r d von einer Intensivierung der Staatsaufsicht. I n der dabei entstehenden Spannung w i r d die Antinomie sichtbar zwischen einem die Regelung und Verwaltung des gesamten Kulturbereichs beanspruchenden Staat und einer die Freiheit und Eigenständigkeit ihres Sachgebiets Wissenschaft fordernden Hochschule, die einer i n ein Aufsichts- oder Fürsorgebegehren gekleideten möglichen staatlichen Be-
Β. Das Mittelalter
41
vormundung den Wunsch nach Autonomie und eigenverantwortlicher Verwaltung der eigenen Angelegenheiten entgegensetzt. Nach dem Ausmaß der in der jeweiligen historischen Situation erreichten Distanz zwischen Staat und der nach Selbständigkeit strebenden wissenschaftlichen Hochschule lassen sich die rechtsrichtige Einordnung der Staatsaufsicht ebenso wie die der Universitätsverfassung und des Status des einzelnen Universitätsmitgliedes bestimmen. Der Gedanke der Distanz zwischen Staat und wissenschaftlicher Hochschule, wie ich ihn i n Anschluß an einen Argumentationsgang Röttgens 2 nennen möchte, beherrscht durch die Geschichte hindurch das Verhältnis von Staat und Universität ganz allgemein; ein Teilaspekt dieses Verhältnisses ist die staatliche Hochschulaufsicht. B. Das Mittelalter I . Die vier Universitätsgründungsepochen bis zum 18. Jahrhundert
M i t Schelsky können für das deutsch-sprachige Gebiet vom ausgehenden Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert hinein vier, nach ihrem jeweiligen Gründungsimpuls zu trennende „Wellen" von Universitätsgründungen unterschieden werden 3 . Die erste, durch Abwanderungen von Dozenten aus Paris und Prag gekennzeichnet, führt von den Gründungen von Wien (1365) und Heidelberg (1386) bis zu der von Leipzig (1409); eine zweite läßt sich zurückführen auf die neuen I m pulse, die vom Wissenschaftsideal des Humanismus ausgehen, und hat die Stiftungen von Freiburg/Br. (1455/56) bis Frankfurt/O. (1507) zur Folge. Zum dritten entstehen zur Zeit von Reformation und Gegenreformation 18 kleinere Universitäten, von Marburg, der ersten protestantischen Landesuniversität (1527), bis Innsbruck (1672); diese Epoche w i r d abgelöst durch den „Impuls" Aufklärung, eine Zeit, der vor allem die Gründung von Halle (1694) und Göttingen (1734) zu verdanken ist. Zum Ende des 18. Jahrhunderts gab es i m deutschen Sprachraum 42 Einrichtungen, die sich als Universitäten bezeichnen konnten.
2 Röttgen, Universitätsrecht, S. 57, der die Distanz zwischen Staat und Universität freilich i n anderem Zusammenhang, nämlich i m Vergleich der akademischen m i t der kommunalen Selbstverwaltung entwickelt. 3 Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, S. 17. Dort auch Einzelheiten. Die Angaben über die Gründungsdaten schwanken i n der Literatur, je nachdem, welchem Gründungsteilakt die entscheidende Bedeutung beigemessen wird. Die oben genannten Zahlen sind dem Werk Schelskys entnommen.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht I I . Die Verfassung der deutschen Universität i m Mittelalter
Die Verfassung der deutschen Universität des Mittelalters orientiert sich zunächst am Vorbild von Paris (der Einfluß der italienischen Universitäten ist gering), um später Abweichungen auf zu weisen 4 . Die Universität, das „Studium Generale" der „universitates magistrorum et studentium", trägt eine dem Mittelalter geläufige, zunftmäßige, ständisch-genossenschaftliche Verfassung mit eigenen Statuten, Eigenverwaltungs- 5 und Gerichtsbarkeitsrechten und ist geprägt von der „libertas scolastica" 6 . Neben den Fakultäten gibt es die Plenarversammlung der Dozenten, die sich später zum Senat der Fakultätsbeauftragten verkleinert; an der Spitze der Korporation steht der Rektor, den ursprünglich ausschließlich die Artistenfakultät, später aber auch die höheren Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin) stellten. Die Ergänzung und Erweiterung des Lehrkörpers erfolgt i n der Frühzeit durch Kooptation: i n Paris kannte man 1. die „Lizenz" (Lehrbefugnis) u n d 2. die „inceptio" (symbolische Aufnahme i n den Lehrstand)
als die Formen päpstlicher Lehrermächtigung und gleichzeitiger Aufnahme i n die Gemeinschaft der Lehrer. — Die Universitäten sind m i t päpstlicher Erlaubnis errichtete, mit Einkünften ausgestattete Stiftungen des Landesherrn oder einer freien Stadt; hinzu treten die kaiserliche Gründungsbestätigung m i t einem den bereits bestehenden Rechtszustand anerkennenden Charakter. Die päpstliche Erlaubnis ist mit Privilegien verbunden, wie der Promotionserlaubnis oder der Befugnis, römisches und kanonisches Recht zu lehren 7 . I I I . Die Aufsicht des Landesherrn oder der Städte
Die Aufsicht über die Universitäten liegt beim Landesherrn oder den Städten. Das Recht zum aufsichtlichen Eingreifen bezieht der Landesherr aus seiner Eigenschaft als Stifter oder — wie etwa i n Heidelberg — als Oberhaupt (rector magnificentissimus) der Universität. Weiterer Rechtstitel ist die allgemeine obrigkeitliche Schutzaufsicht; die Aufsichtsrechte der Städte sind in den Universitätsgründungsverträgen geregelt 8 , 4 Einzelheiten bei Kluge, S. 1 ff., 20 ff.; Gerber, HdWSW, S. 471/472 und Brack, Staatslexikon. 5 Der Ausdruck Selbstverwaltung empfiehlt sich hier nicht, da diese sich auch i m Universitätsbereich als spezifisches I n s t i t u t erst i m 19. Jahrhundert entwickelt hat u n d dort auch ihre rechtlichen K o n t u r e n gewinnt (s. u.). Überhaupt k a n n i m Mittelalter von „ V e r w a l t u n g " i m modernen Sinne nicht gesprochen werden. Vgl. Forsthoff, S. 18 f. 6 Holstein, S. 2. 7 Gerber, HdWSW, S. 471/472; Holstein, S. 2.
Β . Das Mittelalter
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Die landesherrliche Aufsicht w i r d zunächst behutsam (in den städtischen Universitäten eher strenger) unter Beachtung der universitären Korporationsrechte gehandhabt; eine fest umrissene Rechtspraxis ist durch das ganze Mittelalter hindurch nicht zu erkennen. Mitwirkungsrechte des Aufsichtsträgers bestehen vor allem bei Berufungen und bei der i n der Regel erfolgenden landesherrlichen Bestätigung der Statuten 9 . Daneben treten allgemeine Visitationen. I n Heidelberg durch die Reformationen von 1452, 1498 und 1521, i n Leipzig durch die von 1502 und 1543, w i r d als Aufsicht eingekleidete Hochschulreform unter weitgehender Nichtbeteiligung der Universitäten betrieben 10 . Schon hier w i r d eine Tatsache sichtbar, die die ganze deutsche Universitätsgeschichte durchzieht: nicht die autonomen Universitäten selbst durch die Tätigkeit ihrer Organe, sondern der Landesherr bzw. der Staat veranlassen jeweils eine umfassende Hochschulreform. I V . Die Übergangszeit bis zur Gründung der Universität Marburg, 1527
Die Übergangszeit zwischen ausgehendem Mittelalter und der Zeit des absoluten Fürstenstaates läßt den Entfaltungsraum der ständischen und korporativen Rechte der Universität immer schmaler werden, während gleichzeitig der Einfluß des Landesherrn wächst. M i t t e l der landesherrlichen Einflußnahme ist die Aufsicht, Anknüpfungspunkt neben dem Berufungswesen vor allem sein für die Universitätsstatuten geltend gemachter Bestätigungsvorbehalt. Hier w i r d die mittelalterliche korporative Autonomie allmählich überlagert durch obrigkeitliches Rechtsetzungsrecht. So erhält die Universität Marburg, deren Gründungsakt 1527 die reformatorische „Gründungswelle" einleitete, w r eil sie ohne päpstliche Erlaubnis und Privilegienerteilung allein aus der Hoheit des evangelisch gewordenen Landesherrn heraus errichtet worden war 1 1 , am 1. 1.1653 ein neues „Privilegium" des Landgrafen Wilhelm; dies war verbunden mit dem am 16.6. 1653 erfolgenden landesherrlichen Erlaß der „ leges academiae Marpurgensis gener ales una cum statutis facultatum specialibus", den Marburger Universitätsstatuten, an deren Zustandekommen die Universität mit ihren Organen keinen A n t e i l hatte. Bornhak 12 bezeichnet sowohl die 8
Hierzu u n d zum folgenden Kluge, Beispiele bei Bornhak, S. 7. 10 Kluge, S. 34.
S. 32 ff.
9
11 Das zunächst fehlende Promotionsrecht wurde der Universität erst von Kaiser K a r l V. gewährt, Gerber, HdWSW, S. 472. Die Autorität, Promotionshoheit zu verleihen, ging i n der Folgezeit v o m Kaiser auf evangelischen Landesherrn über. Kluge sieht damit die letzten Spuren universalen H e r k u n f t der Universitäten beseitigt. Z u Einzelheiten, auch Rolle Luthers i n dieser Frage, vgl. Kluge, S. 50 f. 12 Bornhak, S. 7.
1541 die den der der
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
äußere Form dieser Statuten als auch den Rechtsgrund ihrer Geltung als die einer landesherrlichen Rechtsverordnung. Damit ist ein Kernstück der mittelalterlichen Universitätsverfassung, die korporative Autonomie, praktisch verschwunden. Jedoch war hier die Rechtsentwicklung nicht einheitlich und vollzog sich i n unterschiedlichen A b stufungen; so waren etwa an den Universitäten Jena und Tübingen noch zu Ende des 18. Jahrhunderts weitgehende Autonomie und Selbständigkeit i n der Erledigung eigener Angelegenheiten vorhanden 13 . C. Das Zeitalter des Absolutismus (17./18. Jahrhundert) I . Grundlagen
I m absoluten Staat des 17. und 18. Jahrhunderts ist die Universitätsaufsicht ein Unterfall der dem Landesherrn zustehenden, bereits geschilderten, umfassenden Oberaufsicht und -leitung über alle Einrichtungen des Staates und der Gesellschaft 14 . Die ständische, mit Privilegien verbundene Korporationsverfassung der Universität bleibt zwar als Mantel erhalten; der Sache nach handelt es sich jetzt aber um Staatsanstalten, die i n rational organisierte, nach kameralistischen Grundsätzen verwaltete Fakultätsbehörden gegliedert sind, an deren Leistungsfähigkeit der Monarch schon deshalb ein vermehrtes Interesse nimmt, weil die Universität seit dieser Zeit neben der Wissenschaftspflege die Ausbildung des höheren Beamtennachwuchses übernehmen soll 1 3 . Folgende Gründe sind für diese Entwicklung verantwortlich: 1. Seit dem beginnenden 17. Jahrhundert ist insbesondere an den kleinen deutschen Universitäten ein ständiges Absinken des wissenschaftlichen Niveaus u n d der Güte der Ausbildungsleistungen zu beobachten. Aus dieser Lage sich aus eigener K r a f t zu befreien ist die Universität nicht imstande, da jede Reform nicht zuletzt durch überholte verkrustete hierarchische Strukturen, schlechte materielle Versorgung der Professoren, ein korruptes Berufungswesen u n d den Verfall studentischer Sit-
13 Kluge, S. 36; Gundelach, S. 31. Diese w a r allmählich v o m Kaiser, dem sie ursprünglich zustand, der allgemeinen staatsrechtlichen Entwicklung folgend auf den Landesherrn des jeweiligen Partikularstaates übergegangen, Bullinger, S. 277, Anm. 59. is Kluge, S. 61 ff.; Gerber, HdWSW, S. 472 u n d Köttgen, Universitätsrecht, S. 37. Z u den rationalistischen Tendenzen und zur Rolle der Berufs- und Beamtenausbildung i m 18. Jahrhundert, Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit, S. 33 ff. So schreibt Kaiser Joseph I I . an seine i n seinen österreichischen Erblanden zur Hochschulreform eingesetzte Studienkommission: „Den jungen Leuten muß nicht gelehrt werden, was sie nachher entweder sehr seltsam oder gar nicht zum Besten des Staates gebrauchen können, da die Studien i n den Universitäten wesentlich für die B i l d u n g der Staatsbeamten dienen, nicht aber bloß zur Erziehung Gelehrter"; mitgeteilt bei Schelsky, S. 41. 14
45
C. Das Zeitalter des Absolutismus
ten verhindert w i r d 1 6 . Der Staat antwortet auf diesen Zustand einerseits durch Übertragung universitärer Funktionen auf neu gegründete wissenschaftliche Akademien u n d Fachhochschulen 17 , andererseits durch v e r stärkte Inpflichtnahme der Universität. 2. Die Verfassung des absoluten Staates und das Selbstverständnis seines Monarchen m i t seinem Streben nach umfassender Oberhoheit lassen ständische oder genossenschaftliche Hechtsetzung, V e r w a l t u n g oder Rechtsprechung nicht zu. K r a f t dieser Oberhoheit („summa potestas, ius eminens") verlangt der Landesherr oder an seiner Stelle, gestützt auf Befugnisse „ad m a n d a t u m domini", auch seine Minister u n d Beamten, die letztliche Entscheidungszuständigkeit i n allen Universitätsangelegenheiten, was — verbunden m i t einer umgekehrt ebenso streng aufgefaßten Verpflichtung zur Wahrung der salus publica — zur Bevormundung i n den geringfügigsten Angelegenheiten führen k a n n 1 8 . 3. Das für das 18. Jahrhundert typische Bedürfnis nach rationaler Organisation, verbunden m i t den Prinzipien kameralistischer V e r w a l t u n g und polizeistaatlicher Fürsorge, läßt nach damaliger Auffassung zentrale, von oben nach unten eingreifende D i r e k t i o n geboten erscheinen. Bei den Universitäten sind dies vornehmlich das landesherrliche, die Korporationsstatuten verdrängende Gesetzgebungs- u n d Verordnungsrecht sowie eine umfassend gehandhabte Staatsaufsicht. Das E r g e b n i s s i n d d i e fast v ö l l i g e A u f h e b u n g d e r zwischen S t a a t u n d wissenschaftlicher Hochschule bestehenden D i s t a n z z u L a s t e n einer w e i t e s t g e h e n d e n A b h ä n g i g k e i t d e r letzteren, s o w i e eine i n t e n s i v d u r c h g e f ü h r t e Staatsaufsicht. I I . Die Verfassung der Universitäten Halle/a. d. S. und Göttingen M u s t e r f ü r diese E n t w i c k l u n g s i n d die 1694 g e g r ü n d e t e U n i v e r s i t ä t H a l l e / a . d. S. u n d die 1734 g e g r ü n d e t e G e o r g i a - A u g u s t a z u G ö t t i n g e n . Schon d e r G r ü n d u n g s v o r g a n g d e r l e t z t e r e n m a c h t die v ö l l i g e rechtliche A b h ä n g i g k e i t der U n i v e r s i t ä t v o m W i r k e n des L a n d e s h e r r n
deutlich.
N a c h der a m 13.1.1733 d u r c h K a i s e r K a r l V I . g e w ä h r t e n E r t e i l u n g einer als P r i v i l e g ausgestatteten G r ü n d u n g s k o n z e s s i o n w e r d e n s o w o h l das k ö n i g l i c h e S t i f t u n g s p r i v i l e g v o m 7.12.1736, das bereits D e t a i l r e g e l u n g e n d e r s p ä t e r e n U n i v e r s i t ä t s v e r f a s s u n g e n t h ä l t , als auch d i e U n i v e r s i t ä t s s t a t u t e n , ebenfalls u n t e r diesem D a t u m , i m l a n d e s h e r r l i c h e n Ges e t z g e b u n g s v e r f a h r e n erlassen. D i e U n i v e r s i t ä t h a t t e l e t z t e r e z w a r i m E n t w u r f d e m K ö n i g v o r g e l e g t , j e d o c h h a n d e l t e es sich seiner Rechtsie Z u m ganzen Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit, S. 20 ff., 27 ff. 17 Vgl. hierzu die auf die Bestrebungen von Leibniz zurückgehende Gründung der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu B e r l i n 1700, der i n Konkurrenz zur Universität wissenschaftliche Aufgaben übertragen werden. N u r hier glaubte man die empirischen Wissenschaften des A u f klärungszeitalters pflegen zu können. Daneben die ersten Gründungen von Fachhochschulen (s.o. § 1 A n m . 2 der Arbeit); Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, S. 36 ff. 18 Kluge, S. 240 f.; Holstein, S. 3.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
natur nach hier nicht etwa u m ein lediglich zu bestätigendes autonomes Statut, sondern u m eine A r t gutachtliche Äußerung, die ihre Rechtswirkung erst durch königlichen Gesetzesbefehl erhielt 1 9 . Träger der höchsten Leitungs- und Aufsichtsgewalt über die Universität ist der Monarch, der i n dieser Eigenschaft auch die oberste Gesetzgebungs- und Verordnungshoheit innehatte. Daneben war dem Landesherrn als dem Stifter der Universität und meist deren rector magnificentissimus das inneruniversitäre allgemeine Direktionsrecht (iura collegialia) vorbehalten, das Aufsichtsbefugnisse mit einschloß 20 . Doch hat sich, m i t wenigen Ausnahmen — zu denken wäre hier etwa an Friedrich-Wilhelm I. von Preußen oder Joseph II. i n Österreich —, der Landesherr i n Person wenig um seine Universitäten gekümmert und die Aufsicht seinen Ministerialkollegien oder dem Kanzler/Kurator am Ort überlassen 21 . Dieser Kanzler ist nicht mehr nur Träger eines geistlichen Amtes wie i m Mittelalter, sondern Organ der Staatsverwaltung und wegen seiner Machtfülle trotz formal noch bestehender genossenschaftlicher Korporationsrechte der Universität materiell deren Regent. Beispielhaft ist hier die Figur des allerdings nur kurz i n Halle wirkenden Kanzlers V. L. v. Seckendorf f. Dank der neuen, die alte Korporationsverfassung überlagernden Struktur der Universität und seines Einflusses auf die einzelnen Professoren hat dieser Kanzler, der als Staatsbehörde außerhalb der Universität stand und dem Prorektor i m Rang vorgeordnet war, das staatsaufsichtliche Direktionsrecht seines Landesherrn umfassend geltend gemacht 22 . Seine Stellung erhellt aus seiner Bestallungsurkunde aus dem Jahre 1692, i n der es u. a. heißt, er solle „das directorium u n d Aufsicht führen, einen jeden dem Befinden nach zu seiner Schuldigkeit anweisen, wöchentlich ein oder zweymal i n seinem Hause oder wo es sich am besten schicket eine assemblee halten, m i t denen professoribus aldort, w i e sie ihre lectiones publicas et privatas am besten anstellen mögen, fleißig conferieren, der studierenden Jugend auch, wie sie ihre studia u n d künftige Reisen einzurichten, treulich eröffnen, ihre dubia erklären und ihnen m i t gutem Rath und That beystehen, die Universität, soviel an i h m ist, i n gute Ordnung, Aufnehmen u n d Flor bringen helfen, was er deshalb vorzustellen u n d zu erinnern haben w i r d , m i t denen dazu verordneten Obercuratoribus überlegen und uns an H a n d geben . . . " 2 3 .
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ähnlich sind die Verhältnisse i n Göttingen, wo unter der formellen Oberleitung der Ministerialinstanz, dem 19 Wie Gundelach, S. 8 ff., 12, unter Berufung auf Hubrich hebt. Dort auch Einzelheiten. 29 Kluge, S. 240 ff. 2 * Kluge, S. 57 f. 22 Kluge, S. 63. 23 Abgedruckt bei Kluge, S. 237.
richtig hervor-
C. Das Zeitalter des Absolutismus
47
Geheimen Rat i n Hannover, 2 Kuratorenstellen eingerichtet werden, die freilich zunächst i n der Person des Gründungskurators C. A. v. Münchhausen vereinigt werden. Dieser hat über 40 Jahre mit seiner beherrschenden Persönlichkeit die Universitätsgeschichte bestimmt 2 4 . Besonders seiner geschickten, für damalige Verhältnisse sehr großzügigen und kenntnisreichen Berufungspolitik, deren einzelne Entscheidungen wegen des fehlenden Nominationsrechts der Fakultäten i h m allein vorbehalten waren (obwohl er den Ratschlag einzelner Fakultätsmitglieder durchaus beachtete), ist der i m Gründungsjahrhundert hochstehende Ruf der Göttinger Universität zu verdanken. Später hat sich freilich i n Halle eine weniger auf die Einzelpersönlichkeit zugeschnittene Variante des Kanzleramtes entwickelt 2 5 , indem einem hervorragenden Mitglied des Lehrkörpers die Beratung des Prorektors, die Leitung des Spruchkollegiums und meist auch die Leitung der örtlichen Staatsaufsicht übertragen wurde. Dieser Kanzler ist nominell dem Prorektor nachgeordnet 26 , trotz seiner professoralen Besetzung aber nicht Selbstverwaltungsorgan, sondern Staatsbehörde. I I I . Inhalt und Grenzen der Staatsaufsicht
1. Begriffliche
Festlegung.
„Direktorium"
Die Universitätsaufsicht des absoluten Staates ist trotz des ihr beigelegten Attributs „klassisch" 27 i n ihrer inhaltlichen und begrifflichen Begrenzung unklar. A n sich werden die Begriffe Leitung und Direktorium auf der einen Seite, Aufsicht auf der anderen Seite zunächst noch auseinandergehalten. Letztere war ihrem Charakter nach Rechtsund Fachaufsicht, die sich mit der kontrollierenden Beobachtung der gesamten Universitätsarbeit befaßte und Mängel abstellte.
24 Z u r Person v. Münchhausens u n d zu seiner Praxis s. Gundelach, S. 28 ff. Andere bedeutende Universitätsorganisatoren sind D. v. Superville, auf dessen W i r k e n die Gründung der Universität Erlangen, 1743, zurückzuführen ist; mittelbar J. W. v. Goethe f ü r Jena, u n d die beiden van Swieten, die die österreichischen Universitäten reformierten, zu denen nicht n u r das das Hauptinteresse beanspruchende Wien, sondern auch das damals (1767) vorderösterreichische Freiburg/Br. gehörte, Kluge, S. 59/60; Gerber, HdWSW, S. 472; zur K r i t i k an den Josephinischen Universitätsreformen Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, S. 41 f. 2 5 Kluge, S. 64/65. 26 Vgl. hierzu S. C C C X C I X der sächsischen Universitätsordnung (status cancellarij): „Es ist auch aus bewegenden vrsachen vnser wille/ das Vnser cancellarius i n senatu, auch allen publicis Actibus u n d Conuentibus, die nechste stelle nach dem Rector haben sol . . . " 27 So Kluge, S. 226, f ü r das 18. Jahrhundert.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht 2. Ursprüngliche
Mittel
der Aufsicht.
Die
„Visitation"
28
M i t t e l w a r die V i s i t a t i o n . Neben den aufsichtsführenden Kanzler t r a t e n besondere, o f t a u f G r u n d eigens d a f ü r vorgesehener V i s i t a t i o n s i n s t r u k t i o n e n gesetzlich b e s t e l l t e „ V i s i t a t i o n s - C o m m i s s a r e " , die i n w e c h s e l n d e n Z e i t a b s t ä n d e n d i e U n i v e r s i t ä t u n d i h r e M i t g l i e d e r einer P r ü f u n g u n t e r z o g e n . I h r e B e r i c h t e g i n g e n i n e i n V i s i t a t i o n s d e k r e t der R e g i e r u n g ein, m i t d e m v e r s u c h t w u r d e , v o r g e f u n d e n e M ä n g e l a b z u stellen. So h e i ß t es i n d e r V o r r e d e der „ K i r c h e n - S c h u l - u n d U n i v e r s i t ä t s o r d n u n g des K u r f ü r s t e n v o n Sachsen" — g ü l t i g f ü r L e i p z i g u n d W i t t e n b e r g — aus d e m J a h r e 1580 2 9 : „ D a m i t aber solches alles i n guter und bestendiger Ordnung erhalten/ darüber denn besonders biss daher unsere Consistoria i h r fleissig auffsehen haben u n d wachen sollen/ haben w i r bey gedachten hohen Schulen/ neben jedes orts Cancellarlo , so der Vniuersitet stetigs bey wohnen u n d sein u n nachlessige inspection u n d auffsehen auff dieselbige/ besonders aber die Professores, haben solle/ auch perpetuos u n d immerwehrende Commissarios verordnet/ welche jherlich/ auff s wenigst ein mal/ die Vniuersiteten visitieren/ auch m i t l e r zeit/ und als offt die Hoffgericht gehalten/ ihere fleissige nachfrag haben/ so was ergerlichs bey denselben vorgefallen/ unnd w i e sie es allenthalben befunden/ uns genügsamen schrifftlichen bericht t h u n sollen/ darauff w i r uns jederzeit/ der gebür nach/ hoher Schul u n d gemeinem nutze zum besten zu erzeigen haben 3 0 ." 3. Die Leitungsgewalt
des
Kanzlers
E r s t m a l s s i n d d a m i t A n s ä t z e eines r e c h t l i c h genauer f a ß b a r e n V e r fahrens sichtbar. A b e r schon i n d e r g e n a n n t e n O r d n u n g h e i ß t es, daß d e m K a n z l e r n e b e n der I n s p e k t i o n auch Befugnisse der M i t - L e i t u n g z u s t ä n d e n u n d er b e i A b w e s e n h e i t der K o m m i s s a r i e n die k u r f ü r s t l i c h e G e w a l t ü b e r d i e U n i v e r s i t ä t e n a u s ü b e 3 1 . Dieser B e g r i f f der L e i t u n g
28 Dazu Kluge, S. 55 f. 29 A u f S. C C C L X X V I I ff. der Ordnung ist abgedruckt die „Verordnung / wie es i n seiner Churf. G. beyden Uniuersiteten — zu Leipzig u n d Wittenberg / m i t lahr / disciplin / und sonsten allenthalben / jetzo u n d k ü n f f t i g / gehalten werden sol". Vgl. auch Bullinger, S. 276. 30 S. 8 der Vorrede. 31 Die Aufgaben des Kanzlers finden sich i m einzelnen niedergelegt i m „Status Cancellarij", S. C C C X C V I ff. Zur Rechtsaufsicht des Kanzlers heißt es dort (S. C C C X C V I / C C C X C V I I ) : „ Z V m anderen/ u n d hergegen sol er/ unser Cancellarius, auch sein stetigs vnnachlessigs auffsehen/ inspection u n d sorg haben/ auff das v o m Rector, Regenten/ Studiosen/ auch übrigen zugewandten/ solcher unser Vniuersitet/ allen v n d jeden vorigen v n d vnsern approbirten v n d auff gerichteten Ordnungen/ Satzungen v n d statutis, die studia, mores, disciplinam, haußhaltung v n d anders/ bey dieser vnser Vniuersitet belangend/ m i t ernst/ vnnachleßlich voluzcgen/ gehalten/ v n d denselben von menniglichen/ souiel sie solche Ordnung/ Satzungen v n d statuta belangt v n d antreffen/ gelebt v n d nach-
C. Das Zeitalter des Absolutismus
49
oder des Direktoriums verdrängt oder überlagert i n der Folgezeit die alte durch Visitationen ausgeübte Rechts- und Fachaufsicht. Kanzler und Kuratoren wie Seckendorff (man beachte nur seine Bestallungsurkunde) und Münchhausen leiteten die Verwaltung der Universität und übten die Rechts- und Fachaufsicht über ihre Arbeit sowie die Dienstaufsicht über ihre beamteten Professoren aus. Hervorzuheben ist allerdings, daß die Handhabung des aufsichtlichen Direktoriums geleitet sein soll vom Gedanken der Fürsorge für die Universität. Dieser ist immer sichtbar, betrachtet man etwa die von Münchhausen sehr ernstgenommene Pflicht des Kurators, bei Berufungen der Universität jegliche Fürsorge angedeihen zu lassen, sie „ i n Flor zu bringen" 3 2 . Zuletzt waren die Ausübung der ökonomischen Curatel, die Leitung der staatlich gewordenen Vermögensverwaltung der Universität, i n die Hände des Kanzler/Kurators gelegt 33 . Alles dies, Universitätsleitung, Fach- und Dienstaufsicht, Fürsorge und Finanzcuratel fiel in den Begriffen Direktion, Aufsicht, Oberaufsicht zusammen 34 . Sie waren die Umschreibung eines der Sache nach rational und straff organisierten, nach kameralistischen und „Policey"-Grundsätzen geführten Regiments über die staatliche Universitäts-„Anstalt". 4. Begrenzungen. Der Inhalt der überkommenen Korporationsrechte der Universität Formal standen dieser umfassenden Aufsicht die nach wie vor vorhandenen Korporationsrechte der Universität gegenüber 35 . Holstein gesetzt/ auch denen zuwieder v n d entgegen/ schmelerung v n d abbruch/ nichts decernirt/ fuergenommen/ gehandelt noch gestattet werde." Weiterhin S. C C C X C V I I I : „ W E i l auch/ w i e vermeldet/ er Vnser Cancellarius, an stat Vnser/ i n abwesen Vnserer Commissariorum, befehlich v n d gewalt hat/ ob gemeiner Vniuersitet Priuilegien v n d Statutis, derselben zu gutem/ zuhalten/ So sol er auch i n Verrichtung solches seines ampts dermassen von Rector v n d Senatu erkendt werden/ v n d i m fall er hierunder sein officium gebrauchen müsste/ dasselbe sol Rector, Senatus, v n d menniglich/ solcher Vniuersitet angehörige/ von j h m e zum besten auff nehmen/ v n d i h m hierinnen billige folge leisten v n d erweisen." Z u Aufgaben der M i t l e i t u n g (S. C C C X C I X ) : ER/ Vnser Cancellarius, sol auch w i e von alters/ sein autoritatem, i n admissione examinandorum, & conferendi insignia Candidatis, auch was denselben i n k r a f f t der fundation/ alten herbringens v n d der Ordenung anhangt/ i n alle wege vngeschmelert behalten." 32 Kluge, S. 236. 33 Kluge, S. 243. 34 Kluge, S. 235, 240. 35 Vgl. Abschnitt I „Status Cancellarli" (S. CCCXCVI): Der Kanzler solle Aufsicht u n d Inspektion führen, „ d a m i t gemeiner Vniuersitet/ von Vnsern voreitern seligen/ v n d das gegebene v n d zugestalte Priuilegia, Immunitates, 4 Gallas
50
§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
betont, daß diese iura quaesita durch eine etwaige Ausübung des ius eminens des Landesherrn nie gänzlich beseitigt wurden 3 6 . Inhaltlich waren sie i m 18. Jahrhundert i m wesentlichen gegenstandslos, wobei — wie geschildert — der Rechtszustand i n den einzelnen Universitäten erhebliche Unterschiede aufwies. Eine Antinomie zwischen Korporationsverfassung und staatlichem Direktorium wurde von der Staatsrechtslehre nicht empfunden; die Professoren konnten sich mit der Einschränkung ihrer ständischen Rechte abfinden, weil, wie etwa i n Göttingen, ihr Einfluß auf den Wissenschaftsbetrieb durchaus erhalten blieb und ihnen eine weitgehende persönliche Forschungs- und Lehrfreiheit zugesichert w a r 3 7 . Immer wieder zitiert w i r d i n diesem Zusammenhang eine (im Zeitpunkt allerdings später liegende) Äußerung Friedrich Christoph Dahlmanns, der 1831 ausführte: „Unsere Zitadelle ist die ungeschmälerte Lehrfreiheit. Werden w i r i n diesem Mittelpunkt unserer Tätigkeit angegriffen, so können w i r nicht schweigen . . . 3 8 ." Ansonsten empfand man offenbar keine Bedrückung durch eine die Universitätsbelange fürsorglich berücksichtigende staatliche Leitung 3 9 . D. Das 19. Jahrhundert I. Ausgangspunkt: Die universitätsrechtlichen Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794
Maßgebend für die deutsche Universitätsgeschichte i m 19. und beginnenden 20. Jahrhundert ist die Entwicklung i n Preußen geworden. Seit 1794 galt dort das „Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten", das i n seinem 12. Titel des 2. Teiles Regelungen des Schulund Universitätswesens enthielt. Es war ein Gesetz, fest gefaßt i n die rationalen, gesamtkodifikatorischen Traditionen des absolutistischen Staates. § 1 I I 12 A L R wies die Universitäten als Veranstaltungen des Staates aus; § 2 machte die Gründung derartiger Anstalten vom Vorwissen und der Genehmigung des Staates abhängig. Die Rechtsnatur der Universität wurde aus dem reinen Wortlaut des Gesetzes nicht klar ersichtlich, da in den §§ 1 und 2 einerseits von Veranstaltung bzw. Anstalt gesprochen wird, i n § 67 I I 12 den Universitäten andererseits alle „Rechte privilegirter Corporationen" verliehen wurden. Auch hier Freiheiten v n d begnadigung/ w i e sich gebürt/ vngeschmelert/ v n d w i r k l i c h en gehalten v n d voluzogen werden". Vgl. auch Kluge, S. 244 u n d Köttgen, Universitätsrecht, S. 37 f. 36 Holstein, S. 3. 37 Kluge, S. 7; Gundelach, S. 33. 38 Abgedruckt bei Gundelach, S. 34. 39 Es galt die M a x i m e v. Münchhausens: „Der Curator achtet auf alles, aber mischt sich n u r dann ein, w e n n die Sachen nicht gehen w o l l e n " ; mitgeteilt bei Kluge, S.72; Gerber, HdWSW, S. 472.
D. Das 19. Jahrhundert
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ist wieder zu beobachten, daß die überkommenen Rechtsformen nicht verdrängt werden; i n § 68 klingen Statutarverfassung und Grundzüge einer eigenen inneren Verwaltung der Universität an. Der Streit, welche Rechtsnatur der Universität sich aus diesen Vorschriften ergibt, soll an dieser Stelle nicht i m Detail geschildert werden; hier nur soviel, daß die Ausgangsposition Röttgens einleuchtet, der unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte der Universitätsnormen des A L R den Akzent bei „Veranstaltungen des Staates" i n § 1 I I 12 A L R auf Staat i n seiner Bedeutung eines Garanten der universitären Freiheit von kaiserlichem und besonders kirchlichem Einfluß legt 4 0 . Angesichts des Umfangs der i m Jahre 1794 noch gehandhabten Direktorialaufsicht ist der Streit darüber, ob die Universität Korporation oder Staatsanstalt sei, zumindest für diese Zeit müßig. Rechtsgrundlagen für die Universitätsleitung waren damals auch i n Preußen das oberste Gesetzgebungsrecht der Majestät, § 6 I I 13 ALR, und die königlichen Vorbehaltsrechte als Stifter der Hochschule; die Staatsaufsicht mit ihren allein am gemeinen Wohl orientierten 4 1 Befugnissen war geregelt i n dem bereits zitierten (§ 2 der Arbeit) § 13 I I 13 ALR. Diese Bestimmungen sind i n den preußischen Gebieten teils als ausdrücklich gesetzte, teils — so i n den neuerworbenen Gebieten (1815, 1864, 1866) — als gewohnheitsrechtliche Rechtsgrundlage noch über die Zerschlagung Preußens i m Jahre 1945 hinaus i n Kraft gewesen 42 . Freilich wandelt sich in dieser Zeit die absolutistische zur jetzt gültigen UniversitätsVerfassung, w i r d ihr Verhältnis zum Staat auf eine andere Ebene gehoben. Dieser Entwicklung ist nachzugehen. I I . Die geschichtliche Entwicklung der Universität i m 19. Jahrhundert. Die preußische Universitätsreform
2. Einleitung:
Drei Grundgedanken
der Entwicklung
Es sind, wie ich sehe, i m 19. Jahrhundert vor allem drei Einflüsse, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Hochschule maßgebend werden und ihre Stellung zum Staat verändern und neu bestimmen. 40
Röttgen, Universitätsrecht, S. 26, 38. Ebenso Thieme, Hochschulrecht, S. 26. Kluge, S. 242 ff. 42 Rluge, S. 245; Thieme, Hochschulrecht, S. 25 ff. Thieme begründet ausführlich, w a r u m die Geltung der Universitätsnormen i n den neuerworbenen preußischen Gebieten auf preußischem Gewohnheitsrecht u n d nicht — wie sonst angenommen — auf gesetztem Recht (der Allerhöchsten Kabinettsordre v o m 6.3.1821, GS 1821, S. 30, bzw. den Besitznahmepatenten des Königs v o m 3.10.1866, GS 1866, S. 591) oder gemeindeutschem Gewohnheitsrecht (dies wegen des i n dem Recht der kleineren Staaten fehlenden, i m A L R ausgesprochenen Akzentes gegen Kaiser u n d Kirche) beruht. 4*
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
2. Der erste Grundgedanke: Die Ausformung des konstitutionellen liberalen Rechtsstaates Zum ersten ist es die Gedankenwelt des aufkommenden bürgerlichliberalen Verfassungs- und Rechtsstaates. Auch für die Universität werden jetzt dessen grundlegende Sicherungen gefordert: neben der ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Verankerung der persönlichen Forschungs- und Lehrfreiheit des einzelnen Hochschullehrers sind es vor allem die Grundsätze des Vorbehaltes der Gesetze und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die auch auf sie Anwendung finden sollen. Daß diesen Forderungen Wirksamkeit innewohnt, läßt sich am Beispiel des Erlasses von Universitätsstatuten zeigen. Trotz seines (rein äußerlichen) Bestätigungscharakters ist dieser Erlaß materiell immer noch ministerielle Verordnungstätigkeit; die Errungenschaft besteht jetzt aber darin, daß er nicht mehr auf der Grundlage eines unbegrenzten ad mandatum domini, sondern auf der eines konkret eingegrenzten Rechtssatzes erfolgt — etwa des § 68 I I 12 A L R oder eines gewohnheitsrechtlichen Satzes 43 . Allerdings kommt es nicht zu übertriebenen Fortschritten: nach wie vor fehlt es zunächst an gesetzlichen Grundsätzen für die Handhabung der sonstigen staatlichen Universitätsaufsicht; auch der Gedanke, die Universitäten könnten gegenüber staatlichen Maßnahmen Rechtsschutz vor den Gerichten begehren, ist dieser Zeit noch fremd. 3. Der zweite Grundgedanke: Die Neubesinnung auf die geistigen Grundlagen der deutschen Universität Ein zweiter Impuls geht aus von einer Neubesinnung auf die geistigen Grundlagen der deutschen Universität. Ihren Niederschlag hat diese Neubesinnung i n Schriften gefunden, von denen vor allem die W. ν . Humboldts Hervorhebung verdient 4 4 . Ihre Anregungen sind für die Reformgründungen der Universitäten Berlin, 1810, Breslau, 1811, und Bonn, 1818, vorbildlich geworden. Dieser Impuls, für den sich später das zusammenfassende A t t r i b u t der „klassischen Universitätsidee" fand 4 5 , hat i n jüngerer Zeit eine 43 Kluge, S. 245. J. G. Fichte, Deduzierter Plan einer i n B e r l i n zu errichtenden höheren Lehranstalt (1807); W. v. Humboldt, Über die innere u n d äußere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten i n B e r l i n (1810?); F. W. Schelling, Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums (1802); F. Schleiermacher, Gelegentliche Gedanken über Universitäten i m deutschen Sinn (1808); H. Steffens, Vorlesungen über die Idee der Universitäten (1808/1809); veröffentlicht i n Anrieh, Die Idee der deutschen Universität. 45 Dazu H. H. Klein, Demokratisierung, S. 24; vgl. auch Thieme, Hochschulrecht, S. 8 ff. 44
D. Das 19. Jahrhundert
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ausführliche Würdigung i n ihrem historischen, sozialen und geistesgeschichtlichen Zusammenhang durch Schelsky erfahren, auf den hier verwiesen werden darf 4 6 . Die tragenden Gedanken dieses Ideengebäudes seien an dieser Stelle aber nochmals stichwortartig zusammengefaßt. Humboldt wendet sich ab von der Einrichtung der i m wesentlichen ihrer Berufsausbildungsaufgabe verpflichteten „Fach"-Hochschule 47 , wie er sie als Frucht der Aufklärungszeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts allenthalben vorfindet. Nicht mehr das Trachten nach dem Erwerb der notwendigen Kenntnisse für den späteren Beruf, also Ausbildung, sondern die Bildung des persönlichen Charakters an vornehmlich von der Philosophie 48 zu findenden Maßstäben soll das vorrangige Ziel des Studenten sein. Der junge studierende Mensch soll nach der Beendigung seines Studiums i n die Lage versetzt sein, i m Denken und Handeln fest, kritisch und unabhängig zu sein gegenüber den Zwecken und Einflüssen seiner Umwelt. Zur Erreichung dieses „neuhumanistischen" Bildungsideals werden der Universität (neben der höheren Schule 49 ) von Humboldt neue Inhalte zur Bewältigung ihrer Aufgabe gewiesen. Bildung setzt nach Humboldts Auffassung Erkenntnisvermögen, dieses wiederum Teilnahme am Prozeß der wissenschaftlichen Wahrheitssuche voraus. „Bildung durch Wissenschaft", eines der Schlagworte der idealistischen Universitätsreform, bedeutet für die wissenschaftliche Hochschule, daß sie sich nicht mit der Übermittlung des überkommenen Wissensstoffes zur Erlangung beruflicher Fähigkeiten begnügen darf, sondern allen ihren Mitgliedern das Recht einräumt, teilzunehmen an der Suche nach „dem noch nicht ganz Gefundenen und nie ganz Aufzufindenden", wie Humboldt Wissenschaft definiert hat 5 0 . Teilnahme an der Wissenschaft gibt dem Studenten 46 Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit; eine zusammenfassende Darstellung bringt neuerdings auch H. H. Klein, Demokratisierung, S. 24 ff. 47 v. Humboldt hat m i t der Berliner Gründung das Prinzip der „Universalit ä t " der Universität gegen das Fachhochschulprinzip durchgesetzt, w i e es noch unter seinen Vorgängern an der Spitze der Unterrichtsverwaltung bevorzugt wurde. I m Zeitpunkt der Gründung der Universität gab es neben der Preußischen Akademie der Wissenschaften i n B e r l i n 6 Fach-Hochschulen, die sämtlich zwischen 1790 u n d 1806, i m wesentlichen zur Amtszeit des Fachhochschulanhängers v. Massoio, entstanden waren. Einzelheiten bei E. R. Hub er, Verfassungsgeschichte, Bd. I, S. 286/287. 48 Nach der Auffassung des deutschen Idealismus die „ K ö n i g i n " , die „reinste" der Wissenschaften. Dazu H. H. Klein, Demokratisierung, S. 27. 49 Eine hervorragende Stellung n i m m t hierbei das dem Humboldtschen Bildungsideal folgende humanistische Gymnasium ein. Es w i r d die Schule der bürgerlichen Führungsschicht i n Staat und Gesellschaft des 19. Jahrhunderts. Neben der Universität ist das humanistische Gymnasium die Stätte, i n die die Schwerpunkte der das gesamte Schul- u n d Hochschulwesen umfassenden, neuhumanistischen Bildungsreform gelegt werden. Dazu E. R. Huber, Verfassungsgeschichte I, S. 283/284. 50 v.Humboldt, i n : die Idee der deutschen Universität, S. 379.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
die Freiheit, überlieferte Lehrinhalte i n Frage zu stellen, und ein Recht, gemäß seinem Ausbildungsstand in der Forschung am Suchen nach Wahrheit teilzunehmen. Für den Forscher wiederum gilt es, die untrennbare Verbindung von freier Forschung und Lehre unter dem Ausschluß staatlicher Fremdbestimmung zu sichern: ein Ergebnis der Humboldtschen Universitätsreform ist das Beharren auf der Forderung an den Staat nach subjektiver Forschungs- und Lehrfreiheit. Lehrer und Lernender stehen i m Verhältnis wechselseitigen Angewiesenseins 51 , das seinen Ausdruck findet i n dem Kürzel der „Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden", ein ideal sich ausnehmender Zustand, dem Humboldts ganzes Streben gilt (wobei auch er zugeben muß, daß meist nur eine Minderheit von Studenten bereit sein wird, sich am Dialog der Wissenschaft zu beteiligen) 52 . Folgerung für das Verhältnis der Universität zum Staat ist die Forderung nach der Sicherung dieses „Doppel"-prinzips der Einheit und Freiheit von Forschung und Lehre i m oben geschilderten Umfang 53 . Wissenschaft kann am besten dann gedeihen, wenn sich der Staat des Eingriffs enthält 5 4 . Dieser hat denn auch i n der Folgezeit die „Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre", erstmals in § 152 der Paulskirchenverfassung von 1849, später i n A r t . 20 der Preußischen Verfassung von 185055, mit Verfassungsrang anerkannt. Umgekehrt sollen der Anstaltscharakter der Universität sowie die oberste Leitung derselben durch den Staat, verbunden mit umfassenden AufsichtsVgl. H. H. Klein, Demokratisierung, S. 26. 52 Z u m Ganzen Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit, S. 94 ff., insbesondere S. 97/98. Zwischen der Einheit von Forschung und Lehre für den Dozenten auf der einen, der Studienfreiheit des Studenten auf der anderen Seite, besteht nach Schelskys Ansicht ein Junktim. „Ohne diese nützt der Student der Forschung des Gelehrten nichts u n d bietet ,der Forscher' dem Studenten nichts; ohne diese Voraussetzung ist dieser Anspruch hinfällig u n d damit illegitim. Regulierte Studiengänge berauben den Studenten und den Professor der Freiheit der Selbstbestimmung und Selbsttätigkeit ihres geistigen Lebens an der Universität u n d damit der versittlichenden, i m eigentlichen Sinn erst bildenden Einsamkeit (Hervorhebungen durch den Verf.), aus der heraus sie sich ungezwungen zu dem sokratischen Dialog finden sollen, i n dem dann die ,reine Wissenschaft' i n der Einheit von Forschung u n d Lehre lebt" (S. 97). Vgl. auch v. Humboldts Organisationsplan 1810, bei Schelsky, S. 98. 53 Oppermann, S. 78. 54 E. R. Huber, Verfassungsgeschichte I, S. 288. 55 Anschütz, Verfassungsurkunde, S. 371 ff., zum Problem der Suspension des Artikels i m Bereich des „Schul- u n d Unterrichtswesens". Z u m I n h a l t des Freiheitsrechts behauptet Α., S. 373, sie bedeute die Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Zuletzt ist nach seiner Auffassung i n Preußen lediglich die Lehr-, nicht die Lernfreiheit (S. 378) geschützt. Dazu kritisch E. R. Hub er, Verfassungsgeschichte I I I , S. 119, der i n A r t . 20 PreuVerf. schon eine institutionelle Garantie, ein „Grundrecht der deutschen Universit ä t " i m Smendschen Sinne (s. u.) sehen w i l l .
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befugnissen, erhalten bleiben 5 6 ; das Recht, die Hochschullehrer auszuwählen und zu ernennen, ist ausschließliche Staatsangelegenheit 57 . E. R. Huber spricht von einer „Paradoxie", einer „DoppelWertigkeit der Institutionen", als er die gleichzeitig auftretenden Erscheinungen einer durch die Reformbewegung geschaffenen Freiheit der Bildung, Forschung und Lehre m i t der eines „äußersten Maßes an staatlicher Leitung und Verwaltung i m Schulwesen" vergleicht 58 . Letzteres ist nur erträglich, weil sich der Staat seit der Reformbewegung gegenüber der Universität nicht mehr als ein Förderer einer dem Fortkommen der Gesellschaft nützlichen Ausbildungsstätte begreifen soll, sondern als ein lediglich dem neuhumanistischen, idealen Bildungszweck verpflichteter Kulturstaat 5 9 . Dieser lebt i n einer doppelten Spannung: einmal t u t er Dienst an der Bildung durch die Sicherung des für deren Zwecke erforderlichen Freiheitsraumes und durch Abwehr des bloßen Utilitaritätsinteresses der Gesellschaft; zum anderen tut Bildung Dienst am Staat, indem K u l t u r an der Gestaltung des jetzt die Kulturhoheit tragenden Staates teilnimmt und, von der historischen Lage Preußens i m Jahre 1810 her gesehen, wesentlichen Anteil an dessen innerer Erneuerung nimmt, ja zuletzt Bestandteil der Staatsidee selbst w i r d 6 0 . Das Zusammenkommen von Bildungsidee und Staat zum Kulturstaat und sein sich aus diesem A t t r i b u t ergebendes, verpflichtendes Selbstverständnis bedeutet nach Ansicht der Reformer, daß umgekehrt dem Staat die volle Verantwortung für die kulturellen Einrichtungen, also auch die Universität; übertragen werden kann. Es bedeutet weiterhin, eine diesen Zielen verpflichtete Kulturbürokratie heranzuziehen, sich auch zum Kulturverwaltungsstaat 6 1 zu entwickeln. Das ist Preußen i m Verlauf des 19. Jahrhunderts in der Hochschulabteilung seines M i n i steriums „der Geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten" gelungen 62 . I m Ergebnis führten die Vorstellungen der Reformer zu 56 v.Humboldt, S. 386: A l l e (d.h. Akademie, Universität u n d Hilfsinstitute, der Verf.) stehen, allein die beiden letzteren mehr, die ersteren weniger, unter Leitung u n d Oberaufsicht des Staates." 57 Nach v. Humboldts Vorstellung vor allem zur Vermeidung eines schädlichen ständischen Zunftgeistes u n d damit indirekt zur Sicherung der akademischen Freiheit gedacht. Vgl. E. R. Hub er, Verfassungsgeschichte I, S. 288. 58 E. R. Huber, Verfassungsgeschichte I, S. 265. 59 Ausführlich, vor allem m i t Hinweisen auf die Schriften der Reformer, Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit, S. 131 ff., 135 ff. Über die wissenschaftliche Durchdringung des Kulturstaatsproblems i m 19. Jahrhundert berichtet ausführlich Oppermann, S. 21 ff. 60 So die Position E. R. Hub er s, Verfassungsgeschichte I, S. 265 f. 61 E. R. Hub er, Verfassungsgeschichte I, S. 267. 62 Das ist i m ersten T e i l des 19. Jahrhunderts der Ä r a v. Humboldt / v. Altenstein zu verdanken; letzterer trug von 1817 - 1840 die Verantwortung für die K u l t u r p o l i t i k i n Preußen.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
einem Verhältnis von Staat und wissenschaftlicher Hochschule, i n dem sich die einander gegenüberstehenden Kräfte die Waage halten: auf der einen Seite die umfassende Verantwortlichkeit und Leitungsgewalt eines Staates, der sich aber dem reformerischen Bildungsideal verpflichtet weiß; auf der anderen Seite eine u m ihren wesensnotwendigen Freiheitsraum besorgte und gegenüber jeglicher Einflußnahme empfindliche Universität, die sich zur Sicherung ihrer Freiheiten aber ganz staatlicher Lenkung anheim gibt. I m 19. Jahrhundert hat sich dieses seiner Struktur nach labile Kräfteverhältnis i m Gleichgewicht befunden. 4. Der dritte Grundgedanke: Die Herausbildung des Prinzips der Selbstverwaltung im Rahmen staatlicher Tätigkeit Den dritten feststellbaren Einfluß auf die Entwicklung der wissenschaftlichen Hochschule i m 19. Jahrhundert nimmt das Prinzip der vom Frhrn. v. Stein für das Kommunalrecht entwickelten Selbstverwaltung, das sich auf andere Zweige staatlicher Verwaltungstätigkeit auszudehnen beginnt und dem dort die Rolle eines Gegenpols zur umfassend verstandenen Staatsleitung und -aufsieht zukam. I m Bereich des Hochschulrechts führte der Gedanke der Selbstverwaltung zunächst nur zu einer Neubesinnung auf die überkommenen Korporationsrechte und Privilegien der Universität; er hat jedoch für diese i m 19. Jahrhundert keine dem Gemeindeverfassungsrecht vergleichbare Bedeutung erlangt und sich insbesondere i n der ersten Jahrhunderthälfte kaum durchsetzen können 63 » 64 . Verantwortlich zu machen für dieses zögernde Fortschreiten ist, wie ich meine, i n erster Linie die Tatsache, daß der Staat durch seine Reformtätigkeit und die Heranbildung einer die Belange der Universität gebührend berücksichtigenden Kulturbürokratie bewiesen hatte, daß ihm das gedeihliche Fortkommen und die kontinuierliche Weiterentwicklung seiner wissenschaftlichen Hoch63 a. A. w o h l E. R. Hub er, Verfassungsgeschichte I, S. 289, der seine Ansicht, die universitäre Selbstverwaltung habe i n der Folge der Humboldtschen Reformen eine Festigung erfahren, insbesondere auf die Tatsache stützt, daß durch Reglement v o m 28.12.1810, PreußGS S. 142, die universitätseigene akademische Gerichtsbarkeit neu geordnet wurde. Aber auch Hub er muß zugeben, daß umgekehrt die Reform „die anstaltlichen Wesenszüge" (mit der Folge der staatlichen Universitätshoheit) verstärkt hat. Z u m Ganzen auch Bundesverfassungsgericht, U r t e i l v o m 29.5.1973, 1 B v R 424/71 — 1 B v R 325/72, BVerfGE 35, S. 79 ff., 118 f. 64 Z u v. Humboldts Ansicht, die Selbstverwaltungsmaxime der Korporation der Hochschullehrer verhindere eine wirksame Hochschulreform, die daher folgerichtig der Staat zu übernehmen haben, Schelsky, Einsamkeit und Freiheit, S. 153 ff. Selbst das i m Gefolge der Karlsbader Beschlüsse 1819 erlassene Universitätsgesetz des Deutschen Bundes (s. u. Anm. 67) sah vor, daß die an Stelle der Kuratoren eingesetzten Regierungsbevollmächtigten die Staatsaufsicht „ohne unmittelbare Einmischung ins Wissenschaftliche oder die Lehrmethoden" ausüben sollten; vgl. BVerfGE 35, S. 118.
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schulen durchaus a n z u v e r t r a u e n w a r . Ursache w a r w e i t e r h i n , daß d e r S t a a t i n e i n e m k o n t i n u i e r l i c h ü b e r das J a h r h u n d e r t h i n wachsenden A u s m a ß e i n e n e i g e n s t ä n d i g e n B e r e i c h f r e i e r wissenschaftlicher F o r schung u n d L e h r e r e s p e k t i e r t e 6 5 , so daß u n t e r d e n Professoren w e n i g N e i g u n g bestand, sich i n der A u s e i n a n d e r s e t z u n g u m die K o r p o r a t i o n s verfassung, u m a u t o n o m e Rechtsetzungs- u n d S e l b s t v e r w a l t u n g s r e c h t e d e r U n i v e r s i t ä t z u e n g a g i e r e n 6 6 . Z u l e t z t s i n d g l e i c h z u B e g i n n des J a h r h u n d e r t s a l l e A n s ä t z e einer S e l b s t v e r w a l t u n g der U n i v e r s i t ä t e r s t i c k t w o r d e n d u r c h d i e m i t d e n K a r l s b a d e r Beschlüssen einsetzenden D e m a g o g e n v e r f o l g u n g e n 6 7 . Angesichts der d e m preußischen R e g i e r u n g s b e v o l l m ä c h t i g t e n i n d e n A r t i k e l n 2 bis 5 der „ P r e u ß i s c h e n I n s t r u k t i o n f ü r die außerordentlichen Regierungsbevollmächtigten bei den U n i v e r s i t ä t e n " v o m 18. 11. 1819 6 8 zugestandenen Befugnisse h a t , so b e h u t s a m diese i n der R e g e l g e h a n d h a b t w u r d e n , eine n e b e n h e r bestehende S e l b s t v e r w a l t u n g der U n i v e r s i t ä t e n k a u m i n E r s c h e i n u n g t r e t e n k ö n n e n 6 9 . E r s t die R e v o l u t i o n v o n 1848 u n d die i n i h r e m Gefolge a u f t a u c h e n d e n R e f o r m i d e e n h a b e n eine gewisse Ä n d e r u n g gebracht, so daß sich a n d e n U n i v e r s i t ä t e n eine bescheidene S e l b s t v e r w a l t u n g d u r c h zusetzen b e g a n n 7 0 . N u t z n i e ß e r w a r e n d a b e i v o r a l l e m die F a k u l t ä t e n . 65 Hier hatten nominell die Universitäten u n d ihre Fakultäten auch eigene Rechte, vgl. §§ 3, 10, 19 ff. der Bonner Statuten von 1819. 66 Überliefert ist neben den bereits zitierten Ausführungen v. Dahlmanns ζ. B. eine Äußerung F. A. Wolffs , der sich vernehmen ließ (abgedruckt bei Kluge, S. 76) : „denn da, w i e Voltaire sagt, schon aus vier klugen Leuten, i n ein K o l l e g i u m vereinigt, eine neue nicht immer kluge Person w i r d , wie mußte es gehen, da 28 M a n n ein Kollegium formierten, w o r i n zum Exempel die Ansetzung neuer Lehrer per p l u r i m a ! beschlossen oder angeraten wurde." Die auf die Eigenständigkeit der Universität als ganzer bedachte Gegenauffassung etwa Schleiermachers hat sich auch während seines Rektorats i n B e r l i n n u r i n Ansätzen durchsetzen können, vgl. Kluge, S. 79 f. 67 „Provisorischer Bundesbeschluß über die i n Ansehung der Universitäten zu ergreifenden Maßregeln", Universitätsgesetz v o m 20.9.1819; vgl. dazu Köttgen, Universitätsrecht, S. 198. es GS 1819, S. 233. 69 I n Bonn brach z. B. i m Jahre 1829 ein Verfassungskonflikt u m die „Selbstverwaltungs"befugnisse von Rektor und Senat auf der einen, dem K u r a t o r auf der anderen Seite aus. Die Universität versuchte, gestützt auf i h r Korporationseigentum an den Universitätsgebäuden, ökonomische V e r waltungsbefugnisse f ü r ihre Organe zu begründen (§§11, 50 Statut 1827). Der K u r a t o r u n d Regierungsbevollmächtigte hat dem unter Berufung auf § 11 der Statuten widersprochen u n d nach Vorlage an das Ministerium von dort m i t Reskripten v o m 18.4.1829 und 19.6.1829 i m wesentlichen Recht erhalten. A u f spätere ausführliche juristische Stellungnahmen des Senats hat das M i n i s t e r i u m nicht mehr geantwortet. Einzelheiten des K o n flikts bei Schäfer, S. 114 ff. 70 Ausführlich bei Kluge, S. 85 ff. Die Zwiespältigkeit der Entwicklung zeigt sich darin, daß die Reformdiskussion i n Preußen, dem wichtigsten L a n d i m kleindeutschen T e i l des Deutschen Bundes, andere Wege ging als i n den übrigen Ländern. So waren auf der beratenden Versammlung aller deutschen wissenschaftlichen Hochschulen i n Jena, v o m 21. - 24. 9.1848, die
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
Aber spätestens nach den Einigungskriegen (1864/1866/1870 - 71) ist i n Preußen schon wieder eine Umkehr zu verzeichnen. Das ist dort vor allem dem Ministerialdirektor i m Ministerium für Unterricht und Kultus, F. Althoff, zu verdanken, dessen beherrschende Persönlichkeit das Leben der preußischen Universitäten bestimmte und dessen Verwaltungsstil der Staatsbürokratie auf lange Zeit den entscheidenden Einfluß auf den Gang der Universitätsgeschäfte sicherte 71 . Eine echte Selbstverwaltung konnte daneben nicht bestehen. Bis ins 20. Jahrhundert hinein ist i n Preußen eher von einer teilweisen Erledigung von Angelegenheiten der Universität durch deren eigene Organe mit Billigung des Staates als von eigenverantwortlicher Selbstverwaltung i n allen akademischen Angelegenheiten zu sprechen. I m Gegensatz zur allgemeinen Entwicklung i m Korporationsrecht, insbesondere i m Recht der Gemeinden, konnte sich an den Hochschulen die Selbstverwaltung der eigenen Angelegenheiten nicht i n stärkerem Umfang gegen die unmittelbare Staatsverwaltung durchsetzen, obwohl sich die Sachbereiche Wissenschaft, Forschung und Lehre zu einer Ausgliederung aus dem staatlichen Verwaltungsbereich anboten und mit einer neuen Inhaltsbestimmung der überkommenen Korporationsverfassung der rechtliche Rahmen hätte eingerichtet werden können. Die Universitäten blieben ihrem Charakter nach Staatsanstalten. Für die süddeutschen Universitäten galt diese Entwicklung ebenso, wenn auch nicht mit derselben Eindeutigkeit. Jedenfalls hat der Gedanke der Selbstverwaltung i m Gegensatz zur Entwicklung i n anderen Rechtsgebieten zur inhaltlichen Bestimmung und Begrenzung der Staatsaufsicht wenig beigetragen. I m Gegenteil, die von der Mehrheit der positivistisch argumentierenden Staatsrechtslehrer vertretene Meinung 7 2 , die Universität habe die Rechtsnatur einer Staatsanstalt (durchaus verständlich bei einer so schwach entwickelten Selbstverwaltung), hat den Gedanken einer starken Staatsaufsicht eher befördert 73 .
preußischen Universitäten gar nicht oder nur m i t inoffiziellen Vertretern anwesend. Die Reformbestrebungen i n Preußen nahmen einen eigenen Verlauf, die i n dem E n t w u r f eines Unterrichtsgesetzes des Ministeriums v. Ladenberg kulminierten, dessen Abschnitt über das Hochschulwesen von Kluge vorbildlich genannt w i r d . Dieser E n t w u r f ist freilich nach der Reaktion des Jahres 1850 nicht Gesetz geworden. 71 Einzelheiten bei Kluge, S. 93 ff. m. w. N. Vgl. auch Röttgen, Universitätsrecht, S. 198. 72 Statt aller O. Mayer, S. 338. 73 Vgl. Kluge, S. 232. Die zu ebensolchen Ergebnissen kommende Betrachtung von Bornhak, insbesondere S. 28 ff., 38 ff., zeigt, daß der Rechtszustand der Universitäten von einigen schon damals (1910) als anachronistisch empfunden wurde.
D. Das 19. Jahrhundert
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I I I . Einzelheiten zur Staatsaufsicht
1. Die Regelung in den Statuten der Universität
Bonn von 1827
Die rechtliche Regelung der Staatsaufsicht knüpft in den neuen preußischen Universitätsstatuten zunächst an das absolutistische Vorbild an. Eine wichtige Änderung w i r d insofern vorgenommen, als dem Kurator als örtlichem staatlichen Aufsichtsorgan die Befugnisse der Gesamtleitung der Universität genommen und ganz dem Ministerium übertragen werden. So heißt es i n § 12 der Statuten der Universität Bonn vom 1. 9.1827, die hierzu nur den Inhalt der königlichen Stiftungsurkunde vom 18. 10.1818 (Nr. 17, 18) wiedergeben: „Die oberste Leitung u n d Aufsicht der Universität hat die oberste Unterrichtsbehörde Unseres Staates, Unser M i n i s t e r i u m der Geistlichen, U n t e r richts· u n d Medizinalangelegenheiten",
während i n § 11 der Kurator „zur nächsten Aufsicht, ingleichen zur unmittelbaren Leitung der ökonomischen u n d Kassen-Verwaltung der Universität u n d zur Wahrnehmung ihrer Gerechtsame, ihres inneren u n d äußeren Vortheils . . . " 7 4 , der U n i v e r s i t ä t vorgesetzt w i r d . L e i t u n g s b e f u g n i s s e b l e i b e n d e m K u r a t o r a u f d e m G e b i e t d e r (staatlichen) M i t t e l v e r w a l t u n g . Gesteigerte Rechte h a t erst w i e d e r der d e n K u r a t o r ersetzende R e g i e r u n g s b e v o l l mächtigte.
Nach dem Gesetzeswortlaut sind Oberleitung und Aufsicht des M i n i steriums nach wie vor umfassend. Trotz der sich mehr und mehr durchsetzenden Grundsätze des Rechtsstaates gelingt eine exakte juristische Begrenzung des Inhalts der Aufsicht nicht. So w i r d diese von der damaligen Staatsrechtslehre definiert als „1. Das Recht, dem Zwecke gemäß, von allem Kenntnis zu nehmen, was i n Absicht auf Erreichung des Staatszwecks wichtig ist . . . 2. Das Recht, zu billigen, zu genehmigen, zu bestätigen, was dem Staatszwecke gemäß. 3. Z u mißbilligen, aufzuschieben, zu hintertreiben, zu untersagen, zu v e r nichten, was i h m zuwider befunden w i r d , besonders das, was die Sicherheit aller oder einzelner bedroht. 4. Z u veranlassen, was mittelbar oder unmittelbar zur Erreichung des Staatszwecks dienen kann 7 ^."
Besonders die unter 4. genannte Generalklausel öffnet jedem staatlichen Eingriff, ist er nur am öffentlichen Wohl orientiert, Tür und Tor. 74 Die Stiftungsurkunde ist abgedruckt bei Schäfer, S. 381 ff., ebenso die Statuten von 1827, S. 421 ff. 75 Kluber, S. 552. F ü r Bartsch, S. 168, ist dies, unter ausdrücklicher Berufung auf Klub er, der Rechtszustand an der deutschen Universität bis 1945 gewesen. Dem k a n n i n dieser Allgemeinheit k a u m gefolgt werden (s. u.).
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
M i t Recht läßt Bornhak 76 diese Definition, gemessen an rechtsstaatlichen Maximen, wegen ihrer unbestimmten Weite nicht gelten. Trotz dieser umfassenden Befugnisse hat das Ministerium auf dem Sektor des Hochschulwesens von ihnen i m 19. Jahrhundert i n der Regel nur behutsam Gebrauch gemacht. Entscheidend ist vor allem das Zurücktreten der Fachaufsicht mit ihren Detailanweisungen hinter einer eigenen, wegen der nach wie vor vorhandenen Oberleitung allerdings nicht als Selbstverwaltung zu kennzeichnenden Eigenverwaltung der Fakultäten. Bezogen auf den Kurator heißt es schon in § 2 der „Instruktion für den Kurator der Universität Bonn" vom 8. 7.1819: „ I n dem, was die Universität als Gesammtheit u n d ihre Verfassung betrifft, w i r k t der K u r a t o r i n so weit m i t : 1. daß er zwar nicht die Befugnisse hat, i n den Gang der akademischen Geschäfte, i n w i e fern sie durch den Rektor, den akademischen Senat, die Fakultäten u n d ihre Dekane, und das akademische Gericht verwaltet werden, einzugreifen . . . 7 7 . "
Aber auch das Ministerium hat sich, wie die von Kluge 78 erwähnten Fälle zeigen, zurückgehalten und lediglich bei Berufungen und gelegentlichen Reformmaßnahmen, Gebiete, i n denen die staatliche Prärogative nicht bestritten wurde 7 9 , über die Universitätsorgane hinweg entschieden. Freilich sind auch andere Ansichten vorhanden, wie sie etwa i n einer Äußerung des Ministers v. Altenstein aus dem Jahre 1834 zum Ausdruck kommen, und i n der er fest auf seinem Oberleitungsrecht gegenüber den Universitäten beharrte 80 . Neben der ökonomischen Curatel w i r d der wichtigste Teil der kuratorialen Aufsicht die reine Rechtsaufsicht. § 2 der Bonner Kuratorialinstruktion fährt fort: „ . . . aber doch ebenso verpflichtet als berechtigt ist, dahin zu sehen, daß die der Universität angewiesene Bestimmung je länger, je mehr, erreicht, die durch die Stiftungsurkunde u n d das vorläufige Reglement i m Allgemei™ Bornhak, S. 31/32. Abgedruckt bei Schäfer, S. 404 ff. 78 Kluge, S. 247, 249. Als Reformmaßnahme sei die dort genannte Weisung des Ministers v. Altenstein an die Berliner Universität erwähnt, das i n Heidelberg entwickelte Modell der konversatorischen Vorlesung zu übernehmen. 79 Vgl. etwa v.Humboldt i n seinem Organisationsvorschlag, S. 385: „Die Ernennung der Universitätslehrer muß dem Staat ausschließlich vorbehalten bleiben, u n d es ist gewiß keine gute Einrichtung, den Fakultäten darauf mehr Einfluß zu verstatten, als ein verständiges und billiges K u r a t o r i u m von selbst t u n w i r d . " 80 „Die Selbständigkeit der Universitäten, die Wahl der Mitglieder und der Lehrer, die V e r w a l t u n g der Fonds müßten durch unmittelbare V o r gesetzte u n d höhere Leitung beschränkt werden. Erhöhte Fürsorge-Regierungen sind vielmehr Meister der Institute. Die Universitäten sind Bildungsu n d Erziehungsanstalten u n d sonst weiter nichts"; abgedruckt bei Kluge, S.248. 77
D. Das 19. Jahrhundert
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nen bereits verzeichnete, u n d durch die Statuten noch näher vorzuzeichnende Verfassung i n allen Stücken befolgt werde, und, w e n n desfallsige Unregelmäßigkeiten zu seiner K u n d e gelangen, die betreffenden akademischen Behörden u n d Personen darauf aufmerksam zu machen, oder nöthigen Falls an das M i n i s t e r i u m zu berichten."
Eine wichtige Rolle spielt neben der Rechtsaufsicht über die Universität noch die (selbst i n der Reaktionszeit wesentlich vom Fürsorgegedanken bestimmte) persönliche Aufsicht über deren Mitglieder, sei es als Dienstaufsicht über die Professoren (entscheidungsinstanzlich beim Ministerium) oder als Disziplinaraufsicht über die Studenten (vgl. §§ 5, 6 der Bonner Instruktion). Beispiel für einen Elemente der Rechts- und Dienstaufsicht umfassenden Fall ist das Reskript des Königlich Hannoverschen Universitäts-Curatoriums vom 22.11.1837, mit dem den VerfassungsVorstellungen der „Göttinger Sieben" i m Hannoverschen Verfassungskonflikt zu begegnen versucht wurde. Die Rechtsbelehrung der Professoren trägt vorbeugenden, die Behandlung der Angelegenheit fürsorgenden Charakter; erst nachdem der König von außen Nachricht von dem Vorfall erhielt, wurden die Professoren entlassen 81 . 2. Die Reaktionszeit: Der Regierungsbevollmächtigte Die Zeit des den Kurator ersetzenden Regierungsbevollmächtigten ging an den deutschen Universitäten i m allgemeinen glimpflich vorüber. A u f der anderen Seite wurde gerade i n Bonn einer der Vorkämpfer der deutschen Einheitsbewegung, der Dichter und Professor Ε. M. Arndt, i m Jahre 1820 für zwanzig Jahre von seinem Lehramt suspendiert, und es mußte der Philosoph F. Schlegel erst sein Entlassungsgesuch einreichen, ehe i h m die Staatsverwaltung ausreichende Wirkungsmöglichkeiten bot 8 2 . 3. Ausbildung des Gedankens der Staatsaufsicht als Rechtsauf sieht nach 1848 Nach 1848, m i t dem vorübergehenden Erstarken des Selbstverwaltungsgedankens, verstärken sich die Tendenzen h i n zur Rechtsaufsicht. Die Struktur einer modernen Un iversitäts aufsieht als Rechtsauf sieht schält sich heraus; die Fachaufsicht i n akademischen Angelegenheiten schwindet mehr und mehr. Dienstaufsicht und Disziplinarbefugnisse 81 Protestschreiben der Sieben an das Universitäts-Curatorium v. 18.11. 1837, das Reskript des Universitäts-Curatoriums v o m 22.11.1837 u n d die königliche Entlassungsurkunde v o m 11.12.1837 sind abgedruckt bei E. R. Huber, Dokumente, S. 252 - 256. Dort auch weitere Dokumente zum sich anschließenden Streit vor dem Bundestag des Deutschen Bundes i n F r a n k furt/M. 82 Einzelheiten bei v. Stein / Kamienski, bei Schäfer, S. 534.
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§ 3 Die Geschichte der staatlichen Hochschulaufsicht
werden gesondert. Die Abhängigkeit der preußischen wissenschaftlichen Hochschulen von der Hochschulabteilung ihres Ministeriums war freilich nach wie vor groß; daß sie nicht allzu einschränkend spürbar wurde, war dem Einfühlungsvermögen eben dieser Ministerialverwaltung zu verdanken, sowie der ruhigen Aufwärtsentwicklung der Universitäten vor dem Ersten Weltkrieg 8 3 . Noch 1932 konnte freilich Röttgen i m Hinblick auf die preußische Rechtslage behaupten, der m i t der kuratorialen Aufsicht verknüpfte Fürsorgegedanke öffne, wenn man ihn polizeistaatlich auslege, dem Staat das Tor zu umfassenden, jeder inhaltlichen Begrenzung entbehrenden Eingriffen; gleichzeitig unterstrich er aber, daß eine solche „überholte" Gedankenführung i n der Praxis keine entsprechenden Verwaltungsmaßnahmen hervorgerufen habe 84 . E. Die Übergangszeit von 1919 bis 1945 Die Zeit von 1919 bis 1933 hat trotz umfangreicher Teilreformen, etwa auf dem Gebiet des studentischen Verbandsrechts, eine durchgreifende Änderung des Rechtszustandes der Epoche vor dem Ende der Monarchie nicht herbeigeführt 8 5 . Historisch gehören etwa die Bestimmungen der am 1.1.1929 i n Kraft getretenen neuen Mustersatzung der Universität K i e l und ihre maßgebende Kommentierung durch E. Wende 86, dem zuständigen Referenten i m preußischen Ministerium für Unterricht und Volksbildung, zum preußischen Universitätsrecht des 19. Jahrhunderts. Umgekehrt ist i m Widerspruch zu der vom Ministerium vertretenen Rechtsauffassung i n dieser Zeit von der Staatsrechtswissenschaft das Modell einer weitgehend staatsunabhängigen, korporativ verfaßten, autonomen und mit dem Recht der Selbstverwaltung ausgestatteten Universität entwickelt worden 8 7 . Es war dies die für das allgemeine Hochschulrecht gezogene Konsequenz der neuen Auslegung, die R. Smend A r t i k e l 142 S. 1 der Weimarer Reichsverfassung (WRV) gegeben hatte 8 8 . Die Ergebnisse dieser Forschungen sind für das heutige Hochschulrecht und seine Wissenschaft unmittelbar maßgebend geworden, so daß auf sie bei der Schilderung des Rechtszustandes nach 1945 einzugehen ist, wo i m wesentlichen das, was die Weimarer Autoren gefordert hatten, geltendes Recht wurde 8 9 . 83 Rluge, S. 93/94. 84 Röttgen, Universitätsrecht, S. 199. 8 s Rluge, S. 99. 8 6 Wende, I I . Teil, S. 53 ff. 87 Wozu etwa die Werke von Röttgen u n d Holstein zu rechnen wären. 88 R. Smend i n V V D S t R L Bd. 4, 1928. Vgl. auch Thieme, Hochschulrecht, S. 71 f. 89 Z u r Bedeutung dieser Schriften für die Wiedererrichtung der deutschen Universität nach 1945, W. Weber, Felgentraeger Festschrift, S. 229.
E. Die Übergangszeit von 1919 bis 1945
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Die Zeit von 1933 bis 1945 ist rein hochschulrechtlich für die Zeit nach dem Zusammenbruch ohne Folgen geblieben. Eine eingehende Schilderung erübrigt sich daher.
§ 4 D i e Staatsaufsicht ü b e r die wissenschaftliche Hochschule i n der Gegenwart A. Einleitung: Rechtsgrundlagen der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule I . Einleitung
Der Überblick über die Geschichte der staatlichen Aufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen hat ergeben, daß 1. seit dem Beginn eines deutschen Hochschulwesens staatliche Einflußnahme auf die Universität i n Gestalt einer staatlichen Aufsicht i n ununterbrochener Reihenfolge bestanden hat u n d 2. der Umfang dieser staatlichen Aufsicht, d. h. die dem Staat gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule jeweils rechtlich zustehenden H e r r schafts- u n d Verwaltungsbefugnisse, korrespondiert m i t der jeweils feststellbaren rechtlichen Verfassung dieser Hochschule.
Von diesem Ergebnis ist auszugehen, wenn jetzt mit der Untersuchung der gegenwärtigen staatlichen Aufsicht über die wissenschaftliche Hochschule begonnen werden soll. A m Anfang steht die Feststellung, daß auch nach dem Wiederbeginn des Jahres 19451 von dem Moment an, als eigene deutsche staatliche Autorität i m Hochschulbereich wiederhergestellt war, eine staatliche Aufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen bestand und besteht. „Staat" sind i n diesem Zusammenhang die nach 1945 wieder oder neu entstandenen Bundesländer, die die Unterhaltung bereits bestehender Universitäten übernehmen und denen nach dem Entstehen der Bundesrepublik Deutschland 2 grundsätzlich die Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeit i m Hochschulbereich zusteht. I I . Rechtsgrundlagen der Staatsaufsicht
Unabhängig von ihrer begrifflichen Kennzeichnung und rechtlichen Einordnung bedarf jede staatliche Aufsicht — auch die über die wissen1 Als die wissenschaftlichen Hochschulen i n den drei westlichen Besatzungszonen, auf die sich die Untersuchung jetzt beschränkt, unter der behutsamen Führung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges ihre Geschäfte wieder aufnahmen. 2 M i t dem I n k r a f t t r e t e n des Grundgesetzes am 23. 5.1949, B G B l . I, S. 1. Einschränkungen der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder haben das 21., 22. u n d 27. Ä n d G zum GG gebracht, vgl. dazu Anm. 7 u n d 13 i n § 1 der Arbeit.
Α . Rechtsgrundlagen
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schaftliche Hochschule — einer ausreichenden Rechtsgrundlage, u m heutigen rechtsstaatlichen Anforderungen zu genügen. Nach 1945 handelt die Praxis zunächst i n Übereinstimmung m i t dem an den Rechtszustand vor 1933 anknüpfenden Universitätsgewohnheitsrecht 3 , bzw. es gilt, soweit der Universität die Rechtsverfassung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts vindiziert wird, das allgemeine Recht der Körperschaften des öffentlichen Rechts4. Beispielhafte Bedeutung für die Ermittlung des Umfangs des Gewohnheitsrechts haben, wie schon zur Zeit der Weimarer Republik, die einschlägigen Bestimmungen des Preußischen „Allgemeinen Landrechts" von 1794. I n einigen Ländern enthalten die nach 1945 ergangenen Landesverfassungen ausdrückliche Vorschriften über die staatliche Aufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen, so i n Baden-Württemberg, Art. 20 Abs. 2, Hessen, A r t . 60 Abs. 1, und Nordrhein-Westfalen, Art. 16 Abs. 1. Dieser Aufsicht kommt damit i n diesen Ländern der Rang eines Verf assungsgrundsatzes zu. Als Beispiel mag hier die hessische Bestimmung zitiert werden, die inhaltlich i m übrigen den gewohnheitsrechtlich allgemein geltenden Rechtszustand widerspiegelt: „Die Universitäten u n d staatlichen Hochschulen genießen den Schutz des Staates und stehen unter seiner Aufsicht."
I n allen Bundesländern sind inzwischen eigene Hochschulgesetze ergangen (in Niedersachsen nur für Teilbereiche). Soweit sie Bestimmungen über die staatliche Aufsicht enthalten, lösen sie das Universitätsgewohnheitsrecht als Rechtsgrundlage ab. So bestimmen — § 10 Abs. 1 S. 1 Hochschulgesetz Baden-Württemberg (Grundsatz) — A r t . 100 Bayerisches Hochschulgesetz (Grundsatz) — § 45 Universitätsgesetz Berlin — § 1 Abs. 4 S. 1 Universitätserrichtungsgesetz Bremen — § 2 Abs. 1 Universitätsgesetz Hamburg (Grundsatz) — § 3 Universitätsgesetz Hessen (Grundsatz) — § 1 Abs. 2 S. 2 Niedersächsisches Gesetz über die Organisation der Universitäten Oldenburg und Osnabrück 3
Oppermann, S. 365 m. w. N.; Thieme, Hochschulrecht, S. 95. Ä h n l i c h schon f ü r die Rechtslage i n der Weimarer Republik Pereis, S. 110 ff., insbesondere S. 114 f., wo sich auch Hinweise auf das ältere Schriftt u m finden. Die Korporationsnatur der Universität an dieser Stelle einmal vorausgesetzt, bestehen keine Bedenken, dem Körperschaftsbegriff korrespondierend ein Aufsichtsrecht des Staates zuzuordnen, vgl. § 2 der Arbeit. Problematisch ist bei Pereis Ansicht nur, daß, für den Rechtszustand i n der Weimarer Republik, der Universität so ohne weiteres die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unterstellt w i r d , was Bedenken weckt, da zu dieser Zeit die Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschulen durchaus umstritten war. Vgl. oben § 3 der Arbeit. 4
5 Gallas
6
6
§
4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
— § 49 Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen — § 69 Abs. 1 S. 1 Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz — § 1 Abs. 2 S . 2 Hochschulgesetz Saarland (Grundsatz); § 11 Abs. 1 S. 2 des Saarländischen Universitätsgesetzes — § 13 Abs. 1 S. 1 Hochschulgesetz Schleswig-Holstein, daß die wissenschaftlichen Hochschulen des jeweiligen Landes der Aufsicht des Staates unterliegen. Keine konstitutive Bedeutung kommt Bestimmungen i n den Statuten einer wissenschaftlichen Hochschule zu, die, wie etwa § 3 S. 2 der Bonner Verfassung vom 27. 6.1960 oder § 1 der Bielefelder Satzung vom 10. 2.1969, die jeweilige wissenschaftliche Hochschule der staatlichen Aufsicht unterwerfen. Solche Vorschriften geben lediglich den bereits bestehenden Rechtszustand deklaratorisch wieder; die Universität kann als Einrichtung des Staates nicht aus eigener Machtvollkommenheit ihre Rechtsbeziehungen zu diesem selbst regeln 5 . B. Träger und Adressat der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule Träger der Aufsicht über die wissenschaftliche Hochschule ist der Staat, konkret das Bundesland, dem die jeweilige wissenschaftliche Hochschule zugeordnet ist. Zuständig zur Ausübung der Aufsicht ist nach den Hochschulgesetzen entweder die Landesregierung als ganze6 oder der nach der Geschäftsordnung der jeweiligen Landesregierung zuständige Minister 7 , d. h., i n manchen Fällen vom Gesetz direkt angesprochen 8, der Kultusminister. Ein Instanzenzug zwischen Minister als Aufsichtsbehörde und Universität besteht nicht 9 . Aufsichtsunterworfen ist die vom Staat errichtete und unterhaltene wissenschaftliche Hochschule. 5 Thieme, Hochschulrecht, S. 86, der allerdings i n diesem Zusammenhang nicht von der Aufsicht handelt, sondern n u r allgemein feststellt, daß die wissenschaftlichen Hochschulen n u r i n ihrem eigenen Bereich autonome Satzungen erlassen (das folgt schon aus der jeder Autonomie gesetzten Grenze) u n d nicht etwa i h r Verhältnis zum Staat regeln können. Einzelheiten zur Autonomie s. u. e § 1 Abs. 4 S. 1 BremErrG. 7 §45 B e r l U n i G ; §63 Abs. 1 H a m b U n i G ; §49 Abs. 1 NWHschG. s So i n § 86 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG; A r t . 100 BayHschG; § 38 Abs. 1 HessHschG; § 1 Abs. 2 S. 2 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 69 Abs. 1 S.2 RhPfHschG; §11 Abs. 1 SaarlHschG; §11 Abs. 1 S. 2 SaarlUniG; §13 Abs. 1 S. 1 SHHschG. 9 Dazu Oppermann, S. 368/369. Die inneruniversitären Aufsichtsbefugnisse des Universitätspräsidenten (s. u.) stehen dieser Aussage nicht entgegen, obwohl i m Falle einer Ausübung dieser Befugniss der Eindruck eines Instanzenzuges entstehen kann.
C. Staatsaufsicht u n d freiheitliche Hochschulerfassung
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C. Staatsaufsicht und Hochschulverfassung Umfang und Grenzen der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule I . Grundsätzlicher Zusammenhang
Legt man die oben i n § 2 der Untersuchung gefundene zusammenfassende Kennzeichnung von „Staatsaufsicht" zugrunde, so ist diese notwendiges Gegenstück der Privilegierung, die i n dem Recht einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts liegt, übertragene öffentliche Aufgaben unter eigener Verantwortung wahrzunehmen. Z u prüfen ist i m folgenden, ob und i n welchem Umfang die Aufsicht des Staates über die wissenschaftlichen Hochschulen dieser Kennzeichnung entspricht. Das setzt generell eine Klärung der Frage nach der rechtlichen Verfassung der Hochschule voraus und verweist insbesondere auf die Unterfragen, ob und i n welchem Umfang 1. der wissenschaftlichen Hochschule eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, 2. ihre Organisationsstruktur verbandsmäßig-körperschaftliche staatsanstaltliche Züge trägt,
und/oder
und ob und i n welchem Umfang ihr 3. ein Recht auf Selbstverwaltung eingeräumt ist, sie also berechtigt ist, i n eigenen Angelegenheiten autonom Recht zu setzen u n d eigenverantwortliche Verwaltungsmaßnahmen zu treffen.
Die Rechtfertigung der Frage nach der rechtlichen Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule i m Zusammenhang m i t der staatlichen Aufsicht folgt aber nicht nur aus der Aufgabe, die Universitätsaufsicht definitorisch auf ihre Übereinstimmung mit dem zu Beginn der Untersuchung entwickelten konstitutionell-rechtsstaatlichen Begriff der Staatsaufsicht hin zu überprüfen, diese Frage ist außerdem Konsequenz der Tatsache, daß sich materiell Inhalt und Grenzen der Aufsicht des Staates über die Universitäten, ebenso wie i m übrigen bei der allgemeinen Staatsaufsicht, nicht festlegen lassen ohne Kenntnis vom Umfang des ihr vom Staat eingeräumten, i n ihrer Verfassung sich widerspiegelnden Freiheitsspielraums. Denn — wie i n der geschichtlichen Übersicht zu zeigen versucht wurde — der Grad der Abhängigkeit der Universität vom Staat, die ihren Ausdruck i n einer jeweils eingriffsintensiveren oder -schwächeren Aufsichtspraxis findet, steht i n unmittelbarer Beziehung zum Umfang der von der Universität jeweils erreichten Freiheit vom Staat, die sich ihrerseits an der mehr oder weniger emanzipatorischen Natur der Hochschulverfassung, insbesondere dem Umfang des zugebilligten Rechtes auf Selbstverwaltung, ablesen läßt 1 0 . io Z u r Frage der Abhängigkeit des Inhalts der Staatsaufsicht von dem der akademischen Selbstverwaltung vgl. Oppermann, S. 369; Stier-Somlo, S. 378; Thieme, Hochschulrecht, S. 95. 5*
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule I I . Freiheit der Wissenschaft und freiheitliche Hochschulverfassung
1. Lehrmeinungen Daß die derzeitige Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule i n ihrer konkreten rechtlichen Gestalt ausreichend umschrieben werden kann durch die Bezugnahme auf den vom Staat zugestandenen Freiheitsraum, i n dem sich wissenschaftliche Forschung und Lehre an der Universität entfalten sollen, ist von den Anhängern der Ansicht durchgesetzt worden, die meint, daß die Klärung dieser Problematik ihren Ausgangspunkt bei einer Auslegung von Art. 142 S. 1 der Weimarer Reichsverfassung bzw. A r t . 5 Abs. 3 S. 1 des Grundgesetzes nehmen müsse. Wie schon kurz angedeutet, war bereits dem A r t . 142 S. 1 WRV außer einer staatlichen Zusicherung persönlicher Forschungs- und Lehrfreiheit eine staatliche „Anerkennung der Eigengesetzlichkeit des wissenschaftlichen Lebens", ja ein „Grundrecht der deutschen Universität" entnommen worden 1 1 . Nachdem diese einem institutionellen Charakter der Grundrechtsverbürgung Raum gebende Auslegung erst einmal Zustimmung und gedankliche Ausweitung gefunden hatte 1 2 , wurden daraus hochschulorganisatorische Konsequenzen gezogen: als unerläßlich zur Sicherung dieses eigenständigen Sachgebiets Wissenschaft wurden für die staatliche wissenschaftliche Hochschule als dem herausragenden Ort wissenschaftlicher Betätigung die Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sowie ein umfassendes Recht zur Selbstverwaltung der eigenen, „akademischen" Angelegenheiten gefordert 1 3 . Nachdem 1945 für die Universitäten tatsächlich erreicht war, übernahmen S. 1 GG diese Interpretation. So sehen Stimme unter vielen zu nennen 14 , in fache Gewährleistung, nämlich
eine solche Hochschul Verfassung die Exegeten von A r t . 5 Abs. 3 v. Mangoldt / Klein, um nur eine Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eine drei-
11 Grundlegend Smend, V V D S t R L 4, S. 56 ff.; den Ausdruck „Grundrecht der deutschen Universität" ü b e r n i m m t Smend dabei von F. Paulsen , Gesammelte pädagogische Abhandlungen, S. 199, zitiert nach Smend, S. 57. Dabei bedeute, nach Smends Ansicht, das Grundrecht „ v o r allem die angemessene Rechtstellung einer großen öffentlichen Institution", S. 64. 12 Z u m Schluß übernahm sie auch Anschütz, Kommentar zur WRV, A r t . 142 Anm. 4, der vorher vertreten hatte, A r t . 142 W R V sei lediglich eine Ausprägung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit aller Verwaltung. Zusammenfassende Darstellungen der Kontroverse u m die Auslegung des A r t . 142 WRV, insbesondere auch zur Position Carl Schmitts, finden sich i n neuerer Zeit bei H.-H. Klein, AöR 1965, S. 132 ff.; W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 226 ff.; Rinken, Status, S. 257 f. 13 Dazu Köttgen, Universitätsrecht, S. 73 ff. 14 v. Mangoldt / Klein, S. 253, Anm. 2 b m. w. N. Vgl. insbesondere Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 291 ff.; ders. Grundrecht, passim; Friesenhahn, Staatsrechtslehrer, S. 11; Thieme, Hochschulrecht, S. 43 ff.
C. Staatsaufsicht u n d freiheitliche Hochschulerfassung
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1. eine „Garantie der gesellschaftlichen Sachverhalte (Einrichtungen i m natürlichen Sinn, Erscheinungsformen des Lebens, Lebensformen) Kunst u n d Wissenschaft, Forschung u n d Lehre"; 2. ein „subjektives öffentliches Recht auf Freiheit der Betätigung i n Kunst und Wissenschaft, Forschung u n d Lehre" und zuletzt 3. die „Garantie der Rechtseinrichtung der akademischen Selbstverwaltung". I n neuester Z e i t i s t jedoch diese A u s l e g u n g z u n e h m e n d e r K r i t i k ausgesetzt. K a n n m a n ü b e r die s u b j e k t i v e G e w ä h r l e i s t u n g des i n A r t . 5 A b s . 3 S. 1 G G ausgesprochenen G r u n d r e c h t s noch r e l a t i v schnell E i n i g u n g erzielen, s o l l u m g e k e h r t d i e F e s t s t e l l u n g , i n dieser N o r m sei auch e i n u n u m s t ö ß l i c h e r B e s t a n d hochschulrechtlicher O r g a n i s a t i o n s g r u n d s ä t z e 1 5 v e r f a s s u n g s k r ä f t i g festgelegt, k e i n e n 1 6 oder i n i h r e m A u s s a g e w e r t n u r sehr g e m i n d e r t e n B e s t a n d h a b e n 1 7 . Diskussionsgegens t a n d s i n d d a b e i insbesondere der m ö g l i c h e U m f a n g v o n R e f o r m e i n g r i f f e n i n die bestehende Hochschul Verfassung u n d - o r g a n i s a t i o n d u r c h d e n s t a a t l i c h e n Gesetzgeber u n d h i e r b e i w i e d e r die äußerst u m s t r i t t e n e F r a g e 1 8 , ob ü b e r h a u p t , u n d w e n n j a , i n w e l c h e m U m f a n g , die n i c h t h a b i l i t i e r t e n u n d studentischen M i t g l i e d e r der wissenschaftlichen H o c h schule a n d e r e n Rechtssetzung u n d E i g e n v e r w a l t u n g t e i l h a b e n sollen. D i e A u s e i n a n d e r s e t z u n g ü b e r dieses P r o b l e m , d i e sich a l l e r d i n g s b e r u h i g t h a t , n a c h d e m das B u n d e s v e r f a s s u n g s g e r i c h t 1 9 die i n d e n H o c h 15 Insbesondere Köttgen, Grundrecht, S. 55 f. spricht davon, daß A r t . 5 Abs. 3 S. 1 grundsätzlich Aussagen über die „ B i n n e n s t r u k t u r " der wissenschaftlichen Hochschule enthalte. Widersprüchlich allerdings, daß K . gleichzeitig die Möglichkeit, Wissenschaft zu verwalten, überhaupt leugnet, S. 45. 16 So neuerdings Roellecke, S. 726 ff. u n d Daliinger, S. 665 ff.; früher schon H. Peters, Hochschulreform, S. 325/326. Auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts hat die Garantie der Wissenschaftsfreiheit „weder das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität zur Grundlage, noch schreibt sie überhaupt eine bestimmte Organisationsform des Wissenschaftsbetriebs an den Hochschulen vor", U r t e i l v o m 29. M a i 1973, Az.: 1 BvR 424/71 — 1 B v R 325/72, BVerfGE 35, S. 79 ff., 116. 17 Dazu vor allem Rupp, Stellung der Studenten, S. 5 ff.; ders. JZ 1970, S. 165 ff.; kritisch auch W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 232. 18 Vgl. dazu die i n Anm. 16 u n d 17 Genannten, sowie H. H. Klein, Demokratisierung, insbes. S. 36 ff. Z u dem Beitrag von Dallinger kritisch Strauch, S. 43 ff.; Ekkehard Kaufmann, S. 45 ff.; Rupp, N J W 1972, S. 16 ff. 19 B V e r f G a.a.O., S. 125 ff. Dem U r t e i l zugrunde lag eine Verfassungsbeschwerde von 398 Hochschullehrern an niedersächsischen wissenschaftlichen Hochschulen gegen bestimmte Organisationsvorschriften des Niedersächsischen Vorschaltgesetzes. I m U r t e i l w i r d festgestellt, daß das organisatorische System der „Gruppenuniversität" (d. h. repräsentative Mitbeteiligung aller Hochschulangehöriger an den Selbstverwaltungsgremien der wissenschaftlichen Hochschule) als solches grundsätzlich m i t A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG vereinbar sei. Gleichzeitig ergebe aber eine richtige Auslegung der Verfassungsvorschrift, daß für den nach genau festzulegenden K r i t e r i e n abzugrenzenden Kreis der eigentlichen Hochschullehrer „maßgebender Einfluß" i n bestimmten Teilbereichen der akademischen Selbstverwaltung, insbesondere bei wissenschaftlicher Lehre
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0
§
4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Schulgesetzen zugrundegelegte sog. „ G r u p p e n u n i v e r s i t ä t " m i t der V e r -
fassung für vereinbar hält, braucht für diese Untersuchung nicht i n Einzelheiten verfolgt zu werden. Sie zeigt aber, daß die Grundrechtsvorschrift des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG, nach der Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre frei sein sollen, und die dadurch schon von ihrem Wortlaut her unmittelbaren Bezug zu den der wissenschaftlichen Hochschule obliegenden Aufgaben hat, die Möglichkeit von Aussagen über das Verhältnis des Staates zu dieser wissenschaftlichen Hochschule birgt, selbst wenn ihr bestimmte Organisationsgrundsätze nicht entnommen werden könnten. Eine Erörterung der Problematik der Auslegung von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG läßt sich daher für die hier zur Untersuchung anstehenden Fragen nicht umgehen; sie soll versucht wTerden unter Beschränkung auf die Auswirkungen, die die i n der Grundrechtsnorm ausgesprochene Gewährleistung auf Umfang und Grenzen staatlicher Aufsichtsbefugnisse gegenüber den Universitäten haben kann. 2. Art. 5 Abs. 3 S.1GG als Grundlage der freiheitlichen Hochschulverfassung a) Grundsätzlicher Zusammenhang Vorgänger von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG Die grundrechtliche Verbürgung der Freiheit der Wissenschaft i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG baut auf auf den i m wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechten von § 152 der Paulskirchenverfassung von 1849, Art. 20 der preußischen Verfassungsurkunde von 1850 und Art. 142 S. 1 der Weimarer Reichs Verfassung von 1919; sie steht damit i n einer festen Tradition 2 0 . Ihrem Wortlaut und Sinne nach gewähren alle vier Verund Forschung sowie i n Prüfungs- u n d Berufungsangelegenheiten, erhalten bleiben müsse; hieran anschließend werden bestimmte Folgerungen f ü r die Zusammensetzung der einzelnen organisatorischen Einheiten an der wissenschaftlichen Hochschule gezogen. Soweit die Vorschriften des Niedersächsischen Vorschaltgesetzes diesen Grundsätzen nicht genügen, werden sie für unvereinbar m i t dem Grundgesetz gehalten. — Die Richter Dr. Simon und Rupp — v. Brünneck halten es i n ihrer ab v/eichenden Meinung vor allem nicht f ü r vertretbar, daß m i t dem U r t e i l „aus der Verfassung detaillierte organisatorische Anforderungen für die Selbstverwaltung der U n i versität" hergeleitet worden seien, S. 149 ff. Kritisch Friesenhahn, Grundrechtsverständnis, S. G 32 f., der sich insbesondere gegen die Konstruktion eines verfassungsrechtlich gewährleisteten „organisatorischen Teilhaberechts" des Hochschullehrers am Wissenschaftsprozeß wendet. Soweit Einzelaussagen des Urteils für die folgenden Aussagen bedeutungsv o l l sind, w i r d auf sie gesondert verwiesen. 20 Den Traditionsgedanken betont Bettermann, Universität, S. 66/67. Zur Zurückführung der Wissenschaftsfreiheit auf die „Denkfreiheit" der A u f k l ä r u n g vgl. Smend, V V D S t R L 4, S. 56 ff.; Rinken, Status, S. 258, Anm. 11. Dagegen wollen andere die Wissenschaftsfreiheit als Unterfall der Meinungs-
C. Staatsaufsicht u n d freiheitliche Hochschulerfassung
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fassungsartikel Freiheit von staatlichem Eingriff dort, wo Wissenschaft betrieben w i r d ; doch nimmt die wissenschaftliche Hochschule hier insofern einen herausragenden Platz ein, als durch die Mitverbürgung der Freiheit der wissenschaftlichen Lehre der Bezug zu der Einrichtung hergestellt ist, an der i n Deutschland sowohl dem historischen als auch dem sozialen Befund nach Wissenschaft und Forschung zusammen mit deren Vermittlung durch die akademische Lehre betrieben werden. Gerade diese arteigene Verknüpfung, die den Universitäten etwa einen Vorrang vor den Schulen einräumt, wollen die Verfassungsnormen sichern. Die wissenschaftliche Hochschule ist also der hervorragende Platz, an dem sich das Grundrecht der Freiheit der Wissenschaft entfalten soll 2 1 ; auch ein Blick auf Art. 5 Abs. 3 S. 2 GG mit seiner Forderung nach Verfassungstreue gerade des akademischen Lehrers bestätigt dieses Ergebnis. b) Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG: Wissenschaft, Forschung und Lehre Der an der wissenschaftlichen Hochschule für Wissenschaft, Forschung und Lehre vom Grundgesetz geschaffene Freiheitsraum läßt sich i n seinem Inhalt und Umfang nicht bestimmen ohne eine festlegende Bezeichnung derer, die Träger dieser Freiheit sind, und eine Kennzeichnung der Tätigkeit, für die Freiheit beansprucht werden darf. Vorrang kommt dabei der Beantwortung der zweiten Frage zu, da die, die sich auf den Schutz des Grundrechts berufen dürfen, um ihrer Tätigkeit w i l l e n geschützt sind. freiheit i n A r t . 5 Abs. 1 GG ansehen, so neuerdings Roellecke, S. 727. Dagegen Knemexjer S. 780 ff. u n d H. H. Rupp, JZ 1970, S. 166. 21 Das ist zunächst n u r als eine historische u n d soziale Tatsache, nicht als ein andere ausschließendes rechtliches Privileg gemeint. Wortlaut u n d Zweck von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG sprechen keineswegs dagegen, die Vorschrift als ein Grundrecht a l l derer aufzufassen, die wissenschaftliche Forschung betreiben. Auch der Wissenschaftler, der etwa an einem „ M a x - P l a n c k I n s t i t u t zur Förderung der Wissenschaften" tätig ist, k o m m t folglich i n den Genuß des Grundrechts. Anders ist es nur m i t der Lehre, die i n Deutschland spezifisch akademischer Prägung ist. Z u m ganzen Thieme, Hochschulrecht, S. 49/50; H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 3; Bundesverfassungsgericht, Beschluß v o m 16.1.1963 — Az.: 1 B v R 316/60 — BVerfGE 15, S. 256 ff., 263. Anderer Ansicht sind W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 236/237, der von einer Beschränkung des Grundrechts auf den Hochschullehrer, u n d Kimminich, Wissenschaft, S. 545, der von einer Beschränkung auf „den Kreis der an wissenschaftlichen Hochschulen Tätigen" spricht. A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG gibt für eine solche Beschränkung nichts her; sie scheint ihren Ursprung i n der Meinung zu haben, die Vorschrift sanktioniere ein „ J u n k t i m " zwischen wissenschaftlicher Forschung u n d ihrer Lehre. Wieder anders legen Roellecke, S. 729 u n d i h m folgend Schlink, S. 249 f. die Betonung auf ein Grundrecht der i n einem besonderen staatlichen Gewaltverhältnis (etwa an der Universität) Tätigen. A u f Einzelheiten k a n n hier nicht eingegangen werden.
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Bei dem Versuch, Inhalt und Grenzen des das Freiheitsrecht charakterisierenden Begriffes Wissenschaft 22 festzulegen, steht der Exeget von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG einer Vielzahl einander entgegengesetzter Auffassungen gegenüber. Übereinstimmungen sind freilich vorhanden. So scheint wenigstens i n der Staatsrechtswissenschaft weitgehende Einigkeit darin zu bestehen, daß der historische Grundgesetzgeber, i n der festen Tradition von der Paulskirchen- bis zur Weimarer Verfassung stehend, bei der Statuierung von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG von dem Wissenschaftsbegriff und den dazu erarbeiteten Inhaltsbestimmungen ausgegangen ist, der auch jenen Verfassungen zu Grunde lag 2 3 . Das ist der in seinen Umrissen bereits geschilderte neuhumanistisch-idealistische Wissenschaftsbegriff, wie er seit dem Abschluß der preußischen Universitätsreform Inhalt jeder Wesensbestimmung der deutschen wissenschaftlichen Hochschule wurde 2 4 . Der diesem Ideal lebende Wissenschaftler und seine Wirkungsstätte, die Universität, i n einer an diesem Ideal gemessenen Organisationsform, die ihrerseits wieder in einem langen, vom Drängen der Wissenschaft selbst begleiteten emanzipatorischen Prozeß nach 1945 durchgesetzt wurde, haben bis 1949 den Verfassungen modellhaft zum Vorbild gedient. (Auch von diesem Blickw i n k e l her ist also die „Universitätsbezogenheit" des Grundrechts erkennbar.) Über dieses Ergebnis, die historische Bedeutung des neuhumanistisch-idealistischen Wissenschaftsbegriffs für das Selbstverständnis der deutschen wissenschaftlichen Hochschule und den Erkenntnisstand des Grundgesetzgebers zum Zeitpunkt der Verfassungsgebung, vermag man i m Schrifttum i m wesentlichen Einigkeit zu erzielen; um so umstrittener ist freilich die Frage, ob diese Idee von Wissenschaft noch mit der heutigen sozialen Wirklichkeit übereinstimmt. So ist K r i t i k bis hin zur völligen Verneinung am neuhumanistischidealistischen Wissenschaftsbegriff von Vertretern der Sozialwissenschaften geübt worden, die dessen Modifizierung bzw. Ablösung fordern. Es w i r d i n verschiedenen Varianten, etwa wie folgt argumentiert: Unter Berufung auf vorliegendes empirisches Material w i r d zunächst vorgetragen, daß ein vom „ K u l t u r " - zum „technischen Staat" sich wandelnder Staat und eine „Leistungs"- und „Überfluß"-Gesellschaft zur 22 Z u m Verhältnis der drei Begriffe Wissenschaft, Forschung, Lehre Thieme, Hochschulrecht, S. 46 ff.; Bettermann, Universität, S. 67; Geck, S. 45; Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 35, S. 79 ff., 113/114; die Meinung des Verfassers w i r d i m folgenden entwickelt. Die Freiheit der Kunst bleibt für die vorliegende Untersuchung außer Betracht. 23 Statt aller Thieme, Hochschulrecht, S. 48 ff. 24 Bei Topitsch, S. 7 f., 11, 24 ff. findet sich eine Würdigung der historischen Auswirkungen dieses Wissenschaftsbegriffes unter dem Blickpunkt einer „Wertfreiheit" für ihre Aussage beanspruchenden Ideologiekritik.
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Bedürfnissicherung und zur Behauptung i n der internationalen Auseinandersetzung um politischen und wirtschaftlichen Einfluß unabdingbar auf den wissenschaftlichen Fortschritt angewiesen seien. Wissenschaft habe daher vor allem die Aufgabe, theoretische Grundlagen und Erkenntnisse für den praktisch-technischen Anwendungsfall zu liefern — Technologiefunktion — und die zur Sicherung und Organisation des technisch/wirtschaftlichen Fortschritts und damit zur Aufrechterhaltung des gewonnenen Lebensstandards unerläßliche Ausbildung eines wissenschaftlich geschulten Nachwuchses zu besorgen — Ausbildungsfunktion 2 5 . I m Gegensatz zur neuhumanistisch-idealistischen Wissenschaft mit ihrem Streben, durch zweckfreie Wahrheitserforschung den Menschen zur Bildung zu führen, sei die heutige Universitätswissenschaft den oben geschilderten politisch/gesellschaftlichen Zwecken verpflichtet, was seine Auswirkung habe i n — einer gegenseitigen Durchdringung von Wissenschaft u n d Gesellschaft: „Verwissenschaftlichung der Gesellschaft, Vergesellschaftung der Wissenschaft" ; — der Dominanz der angewandten Naturwissenschaften gegenüber den i n ihrer Bedeutung zurücktretenden „Geistes"wissenschaften, insbesondere der Philosophie 2 6 ; — einem Verlust an Trennungsschärfe i m Verhältnis von Theorie zur Praxis infolge einer Vorherbestimmtheit wissenschaftlicher Wahrheitserforschung durch zuvor definierte spätere Anwendungszwecke und — einer finanziellen Abhängigkeit der immer teurer werdenden wissenschaftlichen (Groß)forschung von denjenigen, die die Anwendungszwecke bestimmen, also dem Staat oder dem Geldgeber aus einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppierung 2 7 .
Schelsky 28 zieht aus diesem Befund die Konsequenz, daß Hochschulwissenschaft als Einrichtung subjektiv und objektiv zur politischen Wissenschaft werde und gezwungen sei, sich zur Sicherung ihrer überkommenen Freiheiten gegenüber Staat und Gesellschaft als eine „autonome politische Kraft i m Gefüge der Gesellschaft zu organisieren", was seine Folgen für das Selbstverständnis des Wissenschaftlers und die Organisation seines Lebensbereiches i n der Universität haben müsse. 25
Vgl. dazu Habermas, Protestbewegung, S. 116. Habermas, Protestbewegung, S. 124 f., w i l l der Philosophie die Rolle einer Anregerin für die „Selbstreflexion der Wissenschaften" einräumen. 27 Der Verfasser berichtet hier zusammenfassend die Erkenntnisse, die Schelsky i n seinem Beitrag „Die politische Aufgabe der Wissenschaft" der 53. Plenarversammlung der Westdeutschen Rektorenkonferenz am 3. 2.1965 i n Würzburg vorgetragen hat. I n überarbeiteter F o r m ist dieser Vortrag abgedruckt i n Schelsky, Abschied, S. 178 ff. Dort auch die weiteren Einzelheiten. Ähnlich argumentieren Raiser, S. 15 ff.; Havemann, S. 125 f.; Hofmann, S. 128 ff. Ein vergleichbarer Ansatzpunkt findet sich bei Habermas / Wellmer, S. 133/134. 28 Schelsky, Abschied, S. 178, 190 ff. 26
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Andere kommen zwar nach einer Analyse der tatsächlichen Verhältnisse zu vergleichbaren Ergebnissen, insbesondere zur Eingebundenheit und Abhängigkeit der Wissenschaft von konkreten gesellschaftlichen Konstellationen, erheben daraufhin aber nicht die Forderung nach einer „politischen" Wissenschaft i. S. einer Organisation, die sich eigenständig an den täglichen Auseinandersetzungen i n Staat und Gesellschaft beteiligt. Wissenschaft habe vielmehr eine politisch-aufklärerische Rolle zu spielen. Sie solle auf der einen Seite bereit sein, anzuerkennen, daß die Voraussetzungen ihrer Existenz und Arbeit unabdingbar verknüpft sind m i t der Struktur einer konkreten Gesellschaft; auf der anderen Seite aber soll ihr, nachdem eine „Selbstreflexion" über diese Verknüpfung und die politischen Folgen wissenschaftlicher Tätigkeit für die Gesellschaft stattgefunden hat, die politisch zu verstehende Aufgabe zuwachsen, mit Aufklärungsabsicht die Machtverhältnisse i n dieser Gesellschaft mit den ihr innewohnenden Abhängigkeiten bloßzulegen und die technische Verwertbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse mit ihren sozialen Folgen aufzuzeigen 29 . Zweck dieser wissenschaftlichen Aufklärung soll dann sein, durch das Bereithalten „kritischer", auf „rationale" Veränderung zielender Maßstäbe Verhaltensmuster für das politische Handeln der (studentischen) Öffentlichkeit zu liefern 3 0 . Diese Aussage fordert die K r i t i k derer heraus, die Wissenschaft als eine wertfreie, methodisch richtige, voraussetzungslose Analyse „empirisch erfaßbarer Tatsachen und deren ursächlicher Zusammenhänge" begreifen 31 . Diese nur kurzen Hinweise lassen es als fragwürdig erscheinen, ob das dem historischen Grundgesetzgeber vorschwebende Modell einer 29 Habermas / Wellmer, S. 133 ff., 136 f.; U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 102 ff. so So fortfahrend U. K . Preuss, Pol. Mandat, S. 103; Havemann, S. 126/127. 3i So neuerdings wieder Topitsch, S. 9, 38 ff., 49 ff., unter Berufung vor allem auf Max Weber u n d die sog. „Wiener neopositivistische Schule". Wichtig die Bezugnahme auf die Ausführungen Max Webers i n „Wissenschaft als Beruf", S. 543 f., wo der Unterschied beider Wissenschaftsbegriffe am Beispiel der Analyse politischer Gegebenheiten v o m Hochschulkatheder herab einerseits verglichen w i r d m i t der Möglichkeit andererseits, von dort auf G r u n d bestimmter Symphatien direkt politisch Stellung zu nehmen. Letzteres w i r d von W. als unvereinbar m i t dem Berufe eines Wissenschaftlers abgelehnt: „Verlangen kann man von i h m (seil, dem akademischen Lehrer) n u r die intellektuelle Rechtschaffenheit: einzusehen, daß Tatsachenfeststellungen, Feststellung mathematischer oder logischer Sachverhalte oder der inneren S t r u k t u r von K u l t u r g ü t e r n einerseits, und andererseits die Beantwortung der Frage nach dem Wert der K u l t u r u n d ihrer einzelnen Inhalte u n d danach: w i e man innerhalb der Kulturgemeinschaft und der politischen Verbände handeln solle — daß dies beides ganz u n d gar heterogene Probleme sind. Fragt er dann weiter, w a r u m er nicht beide i m Hörsaale behandeln solle, so ist darauf zu antworten: w e i l der Prophet und der Demagoge nicht auf den Katheder eines Hörsaals gehören." Hiergegen U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 102.
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am neuhumanistisch-idealistischen Wissenschaftsbegriff orientierten Universität für die heutige Auslegung von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG umfassende Verbindlichkeit beanspruchen kann 3 2 . Aber die Frage nach der Verbindlichkeit nur eines, dann A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zugrundezulegenden Begriffes von Wissenschaft wäre auch falsch gestellt. Das dieser selbst innewohnende Prinzip des immerwährenden Zweifels 3 3 hat zu einer Vielzahl von wissenschaftlichen Aussagen über die Wissenschaft selbst geführt; an dieser Tatsache kann das Grundgesetz als „Grundordnung eines freien und offenen politischen Lebensprozesses", dessen Wandlungen auch die Wissenschaft unterliegt, nicht vorbeigehen, wenn es m i t deren Schutz ernst machen w i l l 3 4 . Damit ist der Exeget von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG jedoch nicht der A u f gabe enthoben, geschützte wissenschaftliche von nicht geschützter nichtwissenschaftlicher Tätigkeit an der seiner Beobachtung unterliegenden Universität abzugrenzen. Der Verzicht auf das maximale Ergebnis, einen Begriff von Wissenschaft als allein verbindlich der Freiheitsgarantie des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zugrunde legen zu können, befreit nicht von der Pflicht, zu ermitteln, was das Grundgesetz minimal noch als wissenschaftliche Tätigkeit unter seinen Schutz nimmt. Diese Aufgabe kann meines Erachtens nur dann gelingen, wenn zur Auslegung von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG darauf verzichtet wird, Wissenschaft von ihrem gerade aktuellen Platz in der Gesellschaft oder den von und mit ihr etwa beabsichtigten Zwecken her zu definieren 35 ' 3 ®. Hier ist keine Einigung zu erzielen, so daß sich anbietet, das Schwergewicht auf die bei der Ausübung von Wissenschaft von dem einzelnen Wissenschaftler verfolgte Tätigkeit zu legen. Ein i n diese Richtung gehender Definitionsversuch muß freilich Anleihe nehmen bei den Theoretikern des neuhumanistisch-idealistischen Wissenschaftsbegriffs, wenn jetzt für diese Arbeit formuliert wird, daß wissenschaftliche 32 Bettermann, Universität, S. 66 f., hält daran fest, daß eine verständliche Auslegung des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG ohne Rückgriff auf die Traditionen dieses Wissenschaftsbegriffes auch heute nicht gewonnen werden kann. 33 Dazu H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 11. Nach der Ansicht Roelleckes, S. 732/733, läßt sich Wissenschaft überhaupt „nicht verbindlich objektivieren". 34 Rinken, Status, S. 259. Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich gegen die grundgesetzliche Verbindlichkeit n u r einer bestimmten Auffassung von Wissenschaft oder einer bestimmten Wissenschaftstheorie ausgesprochen, vgl. BVerfGE 35, S. 79 ff., 113. 35 D a m i t soll der Nutzen, den die Öffentlichkeit aus der Wissenschaft zieht u n d aus dem die staatliche Förderung der Wissenschaft folgt, nicht verkannt werden. 36 Kritisch gegen jede Zweckbestimmung von Wissenschaft auch Roellecke, S. 730, der i n einer solchen Zweckbestimmung sogar Gefahren für die individuelle Wissenschaftsfreiheit sieht.
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Tätigkeit, soweit sie den Schutz von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG erwarten darf, nichts anderes sei, als eine subjektiv vorurteilslose, methodischen Gesetzen folgende Suche nach objektiver Wahrheit (so relativ diese auch immer sein mag) 37 . Diese Aussage ist zwar auch Bestandteil der Humboldtschen Vorstellung von Wissenschaft; sie verzichtet aber, anders als diese, auf jeden weiteren Zweckgedanken, wie den einer über wissenschaftliche Tätigkeit zu erreichenden Verbesserung menschlicher Lebensbedingungen oder eines von Wissenschaft geprägten Bildungsideals 38 . Wissenschaftliche Tätigkeit, die Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG schützen w i l l , soll operativ i m Sinne eines Vorgangs, dem der Suche nach Erkenntnis, verstanden werden: i n dieser reduzierten Form ist die oben gefundene Definition, wie ich meine, Bestandteil eines jeden, wie auch immer gearteten Verständnisses von Wissenschaft 39 ' 40 . Zugegebenermaßen unterscheidet sich wissenschaftliche Tätigkeit nach dieser Definition nicht von der in A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG ebenfalls geschützten Forschung, beide bedingen einander, die eine läßt sich nicht durch die andere definieren 41 . Das Verhältnis von Wissenschaft, Forschung und Lehre ist also nicht das eines strikten Nebeneinander, wie es der Wortlaut des Grundgesetzes vermuten läßt: wissenschaftliche Forschung als notwendige Verbindung einerseits, Lehre, die von wissenschaftlicher Forschung geprägt ist, andererseits, sind durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützt. Für die Lehre gilt damit, daß sie, um die Verfassungsgarantie zu genießen, der Verkündung wissenschaftlicher 37 Vgl. statt vieler v. Mangoldt / Klein, S. 254; Bettermann, Universität, S. 67 ; ff. ff. Klein, Demokratisierung, S. 29/30 m. w. N. ; Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 35, S. 113/114, die denselben Ausgangspunkt nehmen. Ähnlich sieht Scheuner, S. 8, den K e r n der Wissenschaftsfreiheit i n der „persönlichen Verantwortung des einzelnen Forschers i n seinem Streben nach Erkenntnis u n d Wahrheit" und f ü h r t diese Aussage gleichzeitig auf den idealistischen Wissenschaftsbegriff zurück. — Ablehnend U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 102 ff. 3 8 So definiert etwa noch Gerber, DVB1. 1954, S. 313, die Bedeutung von Forschung u n d Lehre als „den menschlichen Dienst an der Sicherstellung der Wahrheitsgeltung durch Erkenntnis und Bekenntnis von der Überzeugung aus, daß der Bestand der menschlichen Welt i n der Wahrheit beruht". Solche Folgerungen sind m i t der obigen Definition gerade nicht beabsichtigt. 39 Den operativen Gedanken betont auch E. Kaufmann, S. 46 und das OVG Hamburg, U r t e i l v. 7. 7. 1971, Az.: OVG Bf. I I I 9/70, JZ 1972, S. 17 ff., 18. 40 Der ganze Ansatzpunkt w i r d abgelehnt von U. K . Preuss, Pol. Mandat, S. 102 ff., der vor allem die „Neutralität des Wissenschaftlers gegenüber seinen Erkenntnisgegenständen" leugnet, ohne zu berücksichtigen, daß auch jede „objektive" Wahrheitssuche notwendigerweise subjektive Anstrengung ist, die ihre Relativierung von den persönlichen Vorgegebenheiten des Forschers her erfährt. 41 Vgl. dazu Thieme, Hochschulrecht, S. 48, der allerdings das Begriffspaar wissenschaftliche Forschung — wissenschaftliche Lehre bildet; Geck, Stellung der Studenten, S. 45.
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Forschungsergebnisse dienen muß, die umgekehrt immer wieder erneuter wissenschaftlicher Überprüfung unterliegen sollten. Soweit die akademische Lehre diesen Anforderungen genügt, ist sie vom Grundgesetzgeber der wissenschaftlichen Forschung gleichgestellt 42 . c) Der Kreis der Berechtigten i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG (hochschulbezogen) Soweit wissenschaftliche Forschung und Lehre unter den oben gekennzeichneten Voraussetzungen als Tätigkeit an der wissenschaftlichen Hochschule betrieben werden, gewährleistet der Staat i n Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG einen Freiheitsraum. Nutznießer und Anspruchsberechtigte dieser vom Staat eingeräumten Freiheit sind i n erster Linie die, die i n wissenschaftlicher Forschung und Lehre tätig sind 4 3 . Das personale Element des Grundrechts steht ganz i m Vordergrund; daran ist, wie gerade in jüngster Zeit wieder betont wurde, für die Auslegung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG festzuhalten 44 . So kann vor allem der habilitierte Hochschullehrer fordern, i n seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit vor jedweder sachwidriger Fremdbestimmung vornehmlich der Staatsgewalt geschützt zu sein (wobei dahingestellt bleiben kann, ob dieser Schutzanspruch sich positiv i n ein Recht wenden läßt, in freier Wahl Gegenstand, Form, Methode, Inhalt, gegebenenfalls auch Zeit und Ort von Forschung und Lehre zu bestimmen 4 5 ' 4 6 ). Das Grundrecht ist vorbehaltlos gewährleistet und findet seine Grenzen allenfalls i n der Ver42 Dazu H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 3. Nicht vertieft werden soll die Frage, ob die Verfassung i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG, bezogen auf die wissenschaftliche Hochschule, die unverrückbare Einheit von Forschung und Lehre fordere; zu diesem Problem vgl. Kimminich, Wissenschaft, S. 545; Klein, Demokratisierung, S. 29; Köttgen, Grundrecht, S. 29. Offen gelassen ist die Frage ebenfalls von Rupp, Stellung der Studenten, S. 2. 43 Dazu Roellecke, S. 727 : „ K u n s t u n d Wissenschaft, Forschung u n d Lehre als solche können auch nicht frei sein, w e i l Kunst nichts schafft, Wissenschaft nichts weiß, Forschung nichts forscht u n d Lehre nichts lehrt. Frei sein kann nur der einzelne (Hervorhebung i m Text) Künstler, Wissenschaftler, Forscher u n d Lehrer sein." Vgl. auch Rupp, JZ 1970, S. 165. 44 z.B. W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 232/233; Rinken, Status, S. 258; H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 5; Schlink, S. 249; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 35, S. 112 f. Insbesondere Roellecke hat i n seinem Beitrag den Versuch unternommen, nachzuweisen, daß das Grundgesetz i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG ausschließlich die persönliche Forschungs- und Lehrfreiheit garantieren wollte. Sich m i t der Deduktion R.'s i m einzelnen auseinanderzusetzen ist hier nicht der Platz; i h m ist von Knemeyer, S. 780 ff. u n d H. ff. Rupp, J Z 1970, S. 165 ff. ausführlich widersprochen worden. Eine zusammenfassende Würdigung dieser Auseinandersetzung findet sich bei Schlink, S. 244 ff. 45 Wie Geck, Stellung der Studenten, S. 49 ff., sich darzulegen bemüht. Dagegen Dallinger, S. 667. 46 I n § 3 Abs. 3 EHschRG ist eine einfachgesetzliche Gewährleistung dieses Rechts vorgesehen.
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fassung selbst 47 . I n diesem Zusammenhang kann freilich die soziale Wirklichkeit nicht außer acht gelassen werden: an der wissenschaftlichen Hochschule kann das Freiheitsrecht nur mit der Maßgabe ausgeübt werden, daß Organisation und Verwaltung von Wissenschaft und Ausbildung dort notwendigerweise nicht der Verfügungsgewalt einer einzelnen Person unterliegen, sondern durch Kooperation der an Forschung und Lehre Beteiligten und Koordination der Forschungs- und Lehrvorhaben erledigt werden 4 8 ; zum anderen ist festzustellen, daß sich der akademische Lehrer i n einer Verantwortung für das i h m zur wissenschaftlichen Forschung anvertraute Gut und die i h m zur Ausbildung anvertrauten Menschen sieht, die ihren Ausdruck i n dem i h m i n A r t . 5 Abs. 3 S. 2 GG auferlegten Treuegebot 49 und den seine status- und beamtenrechtlichen Pflichten regelnden Gesetzen gefunden haben. Soweit Dozenten, wissenschaftliche Assistenten und insbesondere Studenten am Prozeß der wissenschaftlichen Forschung und Lehre beteiligt sind, genießen sie ebenfalls den Schutz der Grundrechtsverbürgung des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG 5 0 . Ob aber die Teilnahme gerade der letzteren an wissenschaftlicher Forschung und Lehre der sozialen W i r k lichkeit an den deutschen Universitäten entspricht, ob sich nicht vielmehr der Status des Studenten und seine grundrechtliche Position besser beschreiben lassen mit einer letztlich aus seinem Recht auf berufliche Ausbildung (Art. 12 Abs. 1 GG) erwachsenden „Freiheit des Nehmens, des Erfassenlassens, der unbefangenen K r i t i k , des Selbstentscheids darüber, was er mit dem i h m angebotenen Stoff gedanklich anfängt" 5 1 , soll i n einer Untersuchung, die sich vornehmlich nicht m i t 47 Wie das Bundesverfassungsgericht zur wesensverwandten Kunstfreiheit m i t überzeugenden Gründen judiziert hat, Beschluß v o m 24.2.1971, Az.: 1 B v R 435/68, BVerfGE 30, S. 173 ff., 191 - 193. 48 E t w a auf Fakultäts- oder Fachbereichsebene. Fremdbestimmung einzelner Forschungs- u n d Lehrvorhaben ist dort eine Notwendigkeit. So sieht auch Geck, S. 51/52, daß die von i h m zuvor geäußerte Ansicht, das Grundrecht aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG bedeute für den Hochschullehrer die Freiheit von jeglicher Fremdbestimmung, der Modifikation bedarf. Nicht jegliche, sondern n u r an wissenschaftseigenen K r i t e r i e n gemessen sachfremde Fremdbestimmung w i l l das Grundrecht ausschließen, wobei es keinen Unterschied macht, ob eine solche Fremdbestimmung auf äußere (der Staat durch seine Behörden) oder universitätsinterne (Fakultätsbeschlüsse, die ebenfalls Teil der Staatsgewalt sind) Einflüsse zurückzuführen ist. Einzelheiten u. a. bei Schlink, S. 259; W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 256/257. Vgl. auch BVerfGE 35, S. 79 ff., 122. 49 Dazu Geck, Stellung der Studenten, S. 49/50; Thieme, Hochschulrecht, S. 241 f., 245 ff.; zur Treueklausel eingehend Friesenhahn, Staatsrechtslehrer, vor allem S. 25 ff., 31 ff. 50 H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 10; ablehnend v o r allem W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 232, der das Grundrecht den habilitierten Hochschullehrern vorbehalten w i l l . 51 H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 11; ders. JZ 1970, S. 168.
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dem Status der Mitglieder der Universität zueinander, sondern mit dem Verhältnis wissenschaftliche Hochschule als ganze / Staat befaßt, ebensowenig vertieft werden wie die so umstrittene Frage, ob und i n welchem Umfang das Freiheitsrecht des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG auch verfassungskräftig Teilhabe- und Mitwirkungsrechte an der universitären Rechtsetzung und Wissenschaftsverwaltung gewährleistet 52 . Jedoch ist m i t der bisherigen Aufzählung der Kreis derer, die sich auf das Grundrecht aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG berufen können, noch nicht abschließend umschrieben. Auch der wissenschaftlichen Hochschule selbst ist eine zumindest prozessuale Berufung auf das Grundrecht zugestanden worden, aus der Erwägung heraus, sie könne sich so als staatliche Einrichtung, die aber i n Wissenschaft, Forschung und Lehre vom Staat unabhängig sei, unerwünschter, w e i l sachwidriger Fremdbestimmung durch diesen Staat erwehren 5 3 . Die Übernahme dieses Gedankens bereitet denen keine Schwierigkeit, die, wie bereits kurz angedeutet, A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zuvörderst 54 oder zusätzlich 55 neben der Gewährleistung eines Individualgrundrechts des einzelnen Wissenschaftlers eine Garantie der Institution wissenschaftliche Hochschule entnehmen 56 . Zurückzuführen ist diese Annahme letztlich auf die Vorstellung, Wissenschaft folge eigenen Gesetzen und bedürfe zur artgerechten Verwirklichung einer rundum gesicherten Sphäre „freier Entfaltung" 5 7 , die ihr i n Deutschland traditionell i n der wissenschaftlichen Hochschule garantiert sei. Weiterhin wurden aus dieser Feststellung Schlüsse auf eine i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG erfolgte verfassungskräftige Absicherung bestimmter Rechts- und Organisationsgrundsätze gezogen (Universität als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit einem dem einfachen Gesetzgeber zur Regelung entzogenen Kernbestand an Autonomie und akademischer Selbstverwaltung 58 ). Gerade letztere Schlußfolgerungen aber, die auch für eine Aussage über die Rechts52
Vgl. dazu oben § 4 C, I I 1 und die i n Anm. 16 - 19 Genannten. 53 Bundesverfassungsgericht, Beschluß v o m 16.1.1963, Az.: 1 B v R 316/60, BVerfGE 15, S. 256 ff., 262 ff. Die Frage, ob der Universität auch materiell ein Grundrecht aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zusteht, läßt das Gericht allerdings offen. Die Aussage ist wiederholt i m Beschluß v o m 2.5.1967, Az.: 1 B v R 578/63, BVerfGE 21, S. 362 ff., 373 f. und i m U r t e i l v o m 29. 5.1973, BVerfGE 35, S. 79 ff., 116. 54 z.B. Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 291 ff., 300 ff.; Klein, AöR, Bd. 90, S. 129 ff., 132 ff.; ders., Demokratisierung, S.20f. 55 So W. Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 230. 56 Eine zusammenfassende kritische Auseinandersetzung findet sich bei Schlink, S. 252 ff., auf die hier verwiesen werden darf. Weitere Schrifttumsangaben bei v. Mangoldt / Klein, vgl. oben Anm. 14 u n d Waibel, Rechtsprechung, S. 29, A n m . 105. 57 So Rupp, Stellung der Studenten, S. 7. 58 So vor allem Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 320 ff.; zustimmend Klein, AöR, Bd. 90, S. 133 ff., 137 ff.
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natur und den Hang der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule wichtig wären, sind — wie schon gezeigt wurde — i n jüngster Zeit bestritten oder abgelehnt worden. Die eigene Auffassung i n diesem Streit knüpft notwendigerweise an die bisher über den Inhalt von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG getroffenen Feststellungen an. d) Wissenschaftliche Hochschule als Raum „verfaßter Freiheit". Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und seine Bedeutung als institutionelle (Komplementär-)Garantie Die bisherigen Erwägungen hatten die wissenschaftliche Tätigkeit des einzelnen, der forscht und lehrt, i m Auge, dem der Staat u m einer funktionsgerechten Erfüllung dieser Tätigkeit w i l l e n Freiheit von sachwidriger Fremdbestimmung gewährleistet. Jedoch entspricht der sozialen Wirklichkeit i n Deutschland nicht das B i l d des Privatgelehrten, sondern das der personalen und organisatorischen Zusammenfassung wissenschaftlicher Tätigkeit und akademischer Lehre in der staatlich errichteten und staatlich geförderten wissenschaftlichen Hochschule. Wissenschaftliche Tätigkeit ist ungenügend gekennzeichnet ohne die ergänzende Berücksichtigung des Erfordernisses ihrer Organisation und Verwaltung 5 9 an der Universität, wie es der für deutsches Herkommen typischen staatlichen Verantwortung für die Sache der Wissenschaft entspricht 60 . Garantiert nun der Staat individuelle Freiheit i n der Ausübung wissenschaftlicher Tätigkeit, weil er nur so deren arteigene Entfaltung sichern zu können glaubt, darf nicht umgekehrt über die für die wissenschaftliche Tätigkeit ebenso typische und notwendige Verbindung mit ihrer Organisation und Verwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule eine Minderung des i n seinem Umfang oben geschilderten individuellen Freiheitsbereiches eintreten. Insofern verdient der Gedanke Zustimmung, daß die in Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verbürgte Freiheit einer Einzelperson zu ihrer Aufrechterhaltung an der Universität einer „Rundumsicherung" 6 1 bedarf, die, wie ich meine, auf Status und Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule nicht ohne Einfluß sein kann. Von dieser Feststellung ausgehend ist einmal der Gedankengang des Bundesverfassungsgerichts wieder aufzunehmen und der wissenschaftlichen Hochschule selbst die Befugnis zur Geltendmachung des Grundrechts aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG einzuräumen. Denn, wiewohl vom 59
I n w i e w e i t hier von einem J u n k t i m von Wissenschaft u n d Wissenschaftsv e r w a l t u n g gesprochen werden kann, wie Rupp, Stellung der Studenten, S. 15, fordert, mag dabei dahingestellt bleiben. 60 Vgl. dazu BVerfGE 15, S. 265; BVerfGE 35, S. 115. 61 H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 7, vgl. A n m . 57.
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Staat gegründete und unterhaltene Einrichtung, es ist die wissenschaftliche Hochschule als Organisations- und Verwaltungseinheit „unmittelbar" dem durch das Grundrecht aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 gekennzeichneten und geschützten Lebens- und Arbeitsbereich der an ihr wissenschaftlich Tätigen „zuzuordnen", es ist „ihre Bildung und Betätigung Ausdruck" der hinter ihr stehenden, sich i n ihrer Tätigkeit frei entfalten dürfenden Menschen, deren spezifische Freiheit auch ihrer, der Universität, Fürsorge anvertraut ist 6 2 . Sie hat daher als Einrichtung dasselbe staatsgerichtete Abwehrrecht wie ihre Mitglieder selbst. Aber die Bedeutung des Grundrechts erschöpft sich nicht, wie das Bundesverfassungsgericht feststellt 63 , i n seiner Funktion als Abwehrrecht; zugleich hat es Teil an einem dem gesamten Grundrechtskatalog zugrundeliegenden, objektiv erfaßbaren Freiheits- und Wertsystem. Bezogen auf die Grundrechtsverbürgung des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG bedeutet dies, daß der Grundgesetzgeber, einer langen Tradition folgend, sich dafür entschieden hat, daß Freiheit für die Ausübung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre vorgegeben und unverzichtbar sei. Da sie die Stätte der Wissenschaft ist, gilt diese Aussage auch für die Universität als Institution. Daraus folgt, daß die wissenschaftliche Hochschule, um einerseits den Anforderungen des grundrechtlich statuierten Wertsystems zu genügen und andererseits den ihr gebührenden Platz i n diesem System einnehmen zu können, ein Gefüge „verfaßter Freiheit" sein muß. Insofern und insoweit sie diesen A n spruch erfüllt, steht sie als Einrichtung unter dem Schutz des die Grundrechtsverbürgung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG fördernden und sichernden Staates 64 . I n diesem Sinne mag man von einer institutionellen Garantie des „Sachgebiets" Wissenschaft an der wissenschaftlichen Hochschule sprechen, die neben das Individualfreiheitsrecht t r i t t und als Komplementärgarantie 6 5 dessen Absicherung dient. e) Die Auswirkungen des Verfassungsrechts auf Verfassung und Organisation der wissenschaflichen Hochschule Zu fragen bleibt jedoch, ob dieses staatliche Garantieversprechen notwendigerweise Aussagen über die rechtliche Struktur und Organi62
Dazu insbesondere BVerfGE 21, S. 369, 373/374. es BVerfGE 21, S. 372 m . w . N . ; ausführlich jetzt BVerfGE 35, S. 114. Es ist hier nicht der Ort, die Herleitung u n d Rechtfertigung dieser Aussage zu versuchen; für den Bereich der Wissenschaftsfreiheit vgl. die Darlegungen bei H. H. Rupp, N J W 1972, S. 16 f. 64 Verf. folgt hier i m wesentlichen H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 7 ff.; vgl. auch Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 35, S. 114 f.; Friesenhahn, Grundrechtsverständnis, S. G 32 ff. 65 w . Weber, Felgentraeger-Festschrift, S. 230, der von einer „ g r u n d -
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sation der wissenschaftlichen Hochschule enthält, die verfassungskräftige Wirkung entfalten und damit auch Umfang und Rang der staatlichen Hochschulaufsicht bestimmen. Auszugehen ist wieder von der Tatsache, daß wissenschaftliche Tätigkeit an der wissenschaftlichen Hochschule nur i n organisiertem Zusammenschluß stattfindet. Individuelle Freiheit, jeder wissenschaftlichen Tätigkeit schon vom Begriff her immanent und staatlichem Schutz an der Universität anvertraut, begegnet anderer individueller Freiheit. Verfassung der Universität und Organisation von wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Ausbildung müssen dem Rechnung tragen. Freiheitliche wissenschaftliche Tätigkeit als solche verträgt an der Universität keine hierarchische, sondern nur eine kollegiale Organisation, da das Freiheitsrecht allen denen, die sich auf es zu Recht berufen können, einen untereinander gleichen Rang verleiht 6 6 ; nach wie vor verdient die Behauptung Zustimmung, daß die wissenschaftliche Hochschule i n ihrem eigentlichen, umfangmäßig noch zu klärenden, akademisch-wissenschaftlichen Bereich grundsätzlich als eine „Genossenschaft der am Wissenschaftsprozeß Beteiligten" verfaßt sein müsse und von der Kommunikationsform „kritischer Dialog (von ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit her gesehen) gleichwertiger Beteiligter" geprägt sei 67 . Zum anderen — auch das wurde schon angedeutet — ist wissenschaftliche Tätigkeit an der Universität nicht vorstellbar ohne Apparat. Wissenschaftliche Forschung, Lehre und Ausbildung müssen i n Gang gebracht werden. Dieser Prozeß, der gut als „Wissenschaftsbetrieb" bezeichnet werden kann 6 8 , ist mit wissenschaftlicher Tätigkeit an der wissenschaftlichen Hochschule untrennbar verbunden und setzt, soll jene sich frei entfalten können, einen Grundbestand von Verfügungsgewalt der Betroffenen über den organisatorischen Rahmen und die darauf beruhende kollektive Planung, Verwaltung, Festlegung und Einsetzung der Bedingungen und M i t t e l wissenschaftlicher Arbeit voraus. Zusammenfassend ergibt sich aus diesen Betrachtungen ein Doppeltes, daß nämlich 1. universitätsintern die wissenschaftliche Hochschule die Verfassungsstrukt u r eines organisierten Zusammenschlusses grundsätzlich — an ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit als solcher gemessen — gleichwertiger M i t glieder hat, die i n den wissenschaftsbezogenen, akademischen Angelegenrechtlich-subjektiven" u n d einer „komplementär-institutionellen" Seite des Grundrechts spricht. 08 Statt aller H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 9. 67 Dazu ausführlich Thieme, Hochschulrecht, S. 8 ff. Nicht verkannt werden soll, daß auch diese Aussage ihre Wurzel i m neuhumanistisch-idealistischen Wissenschaftsverständnis hat. Sie gilt aber m. E. als Voraussetzung aller i m K o l l e k t i v betriebener u n d dennoch „freier" wissenschaftlicher Tätigkeit, es H. J. Wolff, Rechtsgestalt, S. 16.
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heiten eigenverantwortliche Leitungs- u n d Mitwirkungsbefugnisse an Organisation, Geschäftsführung u n d Verwaltung dieses Verbandes haben; der jeweilige Umfang dieser Befugnisse richtet sich dabei nach dem Gewicht der Funktionen u n d Verantwortlichkeit, m i t denen das angesprochene M i t g l i e d am Wissenschaftsprozeß beteiligt ist (weder Repräsentation einzelner Mitgliedergruppen noch Reduzierung der M i t w i r k u n g s rechte auf ein M i n i m u m ist nach dieser Aussage ausgeschlossen) 69 ; 2. nach außen, insbesondere i m Verhältnis zum Staat, die wissenschaftliche Hochschule selbst, da Ausdruck des Zusammenschlüsse der i n i h r w i s senschaftlich tätigen Mitglieder, eigene Rechtsetzungs- u n d Verwaltungsbefugnisse haben muß, die wiederum den Bereich der akademischen Angelegenheiten betreffen u n d sie insoweit von äußerer sachwidriger Fremdbestimmung, etwa durch den Staat, unabhängig machen; diese Rechtsetzung u n d V e r w a l t u n g w i r d dabei von Organen der Hochschule wahrgenommen u n d darf ihrerseits nicht die geschützte Freiheitssphäre des einzelnen Universitätsmitgliedes unsachgemäß u n d rechtswidrig beeinträchtigen.
Demnach sind insoweit Wissenschaftsorganisation und Wissenschaftsverwaltung an der Universität durch die Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG sowohl vorweg bestimmt als auch an dem durch die Garantie gewährleisteten Schutz beteiligt. Es bleibt die Aufgabe, unter den vom öffentlichen Recht zur Verfügung gestellten überkommenen Organisationsformen diejenige zu finden, die den oben herausgearbeiteten verfassungskräftigen Anforderungen an die rechtliche Struktur der wissenschaftlichen Hochschule am ehesten genügt — so unzureichend jene auch immer für diesen Zweck sein mögen 70 . Denn auch als ein vom Staat i n vieler Hinsicht unabhängiger „verfaßter Freiheitsraum" bedarf die Universität als staatlich errichtete und geförderte Einrichtung einer der Typik (öffentlich)-rechtlicher Organisationen entsprechenden Form, u m die rechtlichen Verhältnisse zu ihren Mitgliedern und Angestellten sowie zum Staat zu ordnen. Als angemessene Lösung der gestellten Aufgabe wurde sowohl nach 1945 wie auch nach dem In-Kraft-Treten des Grundgesetzes i m Jahre 1949 die rechtliche Kennzeichnung der wissenschaftlichen Hochschule als der einer verbandsmäßig verfaßten Körperschaft des öffentlichen Rechts angesehen, die mit Autonomie und dem Recht der eigenverantwortlichen Selbstverwaltung i n den akademischen Angelegenheiten ausgestattet ist. Inwieweit diese Feststellung i m geltenden einfachen Hochschulrecht ihre Stütze findet, w i r d zu prüfen sein. Nicht zwingend ist dabei der Schluß, die seit 1945 herausgebildete Rechtsstruktur der wissenschaftlichen Hochschule nähme an der Einrichtungsgarantie des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG teil und sei damit insbesondere gegen Änderungen des erworbenen Bestandes durch den ein69
Vgl. hierzu auch BVerfGE 35, S. 79 ff., 124 ff. 70 Dazu H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 12 ff. *
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fachen Hochschulgesetzgeber gefeit 71 . Denn beläßt der einfache Hochschulgesetzgeber den Universitäten nur den oben geschilderten Kernbestand, verändert er insbesondere nicht ihren Charakter eines Raumes verfaßter Freiheit, mag er sich zur Durchsetzung der Hochschulreform, einer Tätigkeit, die i h m bisher i n der Universitätsgeschichte nie bestritten wurde, auch völlig neuartige Formtypen mit anderslautenden Mitwirkungs- und Entscheidungssträngen bedienen. Nach wie vor gilt, daß „ A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG nicht ohne weiteres zu entnehmen sei, daß diese Vorschrift von Bundes wegen das M a x i m u m dessen hätte garantieren w o l len, was v o m Idealbild einer Universität her gesehen erwünscht wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, daß durch A r t . 5 Abs. 3 GG auf einem den Ländern nach dem Grundgesetz überlassenen Gebiete nicht mehr als dasjenige geschützt werden sollte, was sich i m Laufe der geschichtlichen E n t wicklung i n den einzelnen Ländern als unerläßlich für eine freie Betätigung der Universitäten i n Wissenschaft, Forschung u n d Lehre herausgebildet hatte"72.
Nehmen Körperschaftsverfassung, Autonomie und Recht auf Selbstverwaltung als Verfassungs- und Organisationsgrundsätze der wissenschaftlichen Hochschule auch nicht unmittelbar an der dieser gewährleisteten Einrichtungsgarantie für das oben spezifisch gekennzeichnete Sachgebiet Wissenschaft teil, so entspricht doch umgekehrt i m Augenblick eine solche Formtypik am ehesten den Anforderungen, die an einen Raum verfaßter Freiheit an der Universität zu stellen sind. Die freiheitsfördernde Bedeutung dieser rechtlichen Struktur für die wissenschaftliche Hochschule ist anerkannt und w i r d daher von einem Hochschulreform betreibenden Staat i m K e r n nicht angetastet. Dazu kommt ein weiteres. Zwar haben nach der hier vertretenen A n sicht Korporationsverfassung, Autonomie und akademische Selbstverwaltung keine bundesverfassungsrechtliche Einrichtungsgarantie erfahren, aber teilweise — vor allem soweit das Recht auf Selbstverwaltung betroffen ist — eine landesverfassungsrechtliche. Die besondere Bedeutung der Landesverfassungen i n diesem Zusammenhang ist nur vereinzelt erkannt worden 7 3 , offensichtlich deshalb, weil eine hier abgelehnte extensive Auslegung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG den Blick für deren eigenständige Aussagekraft verbaute 7 4 . So enthalten die 71
Z u dieser Auseinandersetzung vgl. die oben i n Anm. 15 - 19 Genannten. BVerfGE 15, S. 256 ff., 264; bestätigt i n BVerfGE 35, S. 116 ff. Das Bundesverwaltungsgericht, U r t e i l v o m 4.7.1969, Az.: V I I C 29/67, B V e r w G E 32, S. 308 ff., J Z 1970, S. 23 ff. m i t A n m e r k u n g von Gallwas, neigt neuerdings unter Modifizierung früherer weitergehender Positionen (BVerwGE 8, S. 170 ff., 172) ebenfalls zur Auffassung des Bundesverfassungsgerichts. 73 So von Peters, Hochschulreform, S. 326 ff. u n d dem Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 35, S. 116. 74 Deutlich etwa bei Röttgen, Grundrecht, S. 21, u n d bei H. H. Klein y AöR 72
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Landesverfassungen selbständige Anerkennungen der wissenschaftlichen Hochschule 75 als Institution oder gewähren dieser ein Recht auf eine „ihrem besonderen Charakter entsprechende" Selbstverwaltung 76 . Vereinzelt w i r d sogar expressis verbis ein Satzungsrecht der Universität anerkannt 7 7 . Diese Bestimmungen gewähren eine selbständige Einrichtungsgarantie für bestimmte Formprinzipien der Hochschulverfassung und binden insoweit den jeweiligen Landesgesetzgeber; der Bundesgesetzgeber, dem ja neuerdings auch i m Universitätsverfassungsrecht Kompetenzen zustehen, könnte sich allerdings über diese Gewährleistung hinwegsetzen. f) Folgerungen aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG für die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule Für die Handhabung der Staatsaufsicht gilt an dieser Stelle, daß sie, um nicht mit der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG i n Konflikt zu geraten, sich jeden sachwidrigen Eingriffs i n wissenschaftliche Tätigkeit, deren Organisation und Verwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule enthalten muß. Jede wissenschaftliche Tätigkeit, die den ihr vorgegebenen, i n seinem Umfang geschilderten rechtlichen Rahmen einhält, unterliegt ebensowenig staatlicher Beaufsichtigung wie der Staat nicht i n den eigentlich wissenschaftsbezogenen akademischen Angelegenheiten m i t den M i t t e l n der Staatsaufsicht weisend i n die Universitäts ver waltung eingreifen kann. Staatsaufsicht kann i n diesem Bereich weder fachlich eingekleidete, auf Bevormundung zielende Wissenschaftsaufsicht noch wissenschaftlich verbrämte, Weisungen enthaltende Fachaufsicht sein. Der Inhalt der Staatsaufsicht i m einzelnen w i r d sich nach einer Darstellung der Hochschulverfassung ergeben; auf deren Einzelheiten ist, soweit für das hier behandelte Thema von Bedeutung, i m folgenden näher einzugehen.
1965, S. 142 f. Bei letzterem auch eine ausführlichere Auseinandersetzung m i t den landesverfassungsrechtlichen Vorschriften. Eine solche findet sich auch bei Menzel, S. 168 f. 75 A r t . 20 Abs. 1 LVerf. Baden-Württemberg; A r t . 39 Abs. 1 S. 2 LVerf. Rheinland-Pfalz. 76 So vor allem A r t . 16 Abs. 1 LVerf. Nordrhein-Westfalen, aber auch A r t . 20 Abs. 2 LVerf. Baden-Württemberg; A r t . 138 Abs. 2 S. 1 LVerf. Bayern; A r t . 60 Abs. 1 S. 2 LVerf. Hessen; A r t . 39 Abs. 1 S. 2 LVerf. Rheinland-Pfalz u n d A r t . 33 Abs. 2 S. 1 LVerf. Saarland. 77 I n Nordrhein-Westfalen (Art. 16 Abs. 1) u n d i n der von diesem V o r b i l d herkommenden Verfassung von Baden-Württemberg (Art. 20 Abs. 2).
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
3. Die Verfassung der wissenschaftlichen
Hochschule im einzelnen
a) Die Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschule Wendet man sich der Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule zu, ist davon auszugehen, daß sie vom Staat errichtet und unterhalten w i r d ; außerdem hat dieser seine Rechtsbeziehungen zu ihr und den an ihr Tätigen weitgehend dem öffentlichen Recht unterworfen. Da Lehrpersonal (im weitesten Sinne) und Studenten an ihr einen mitgliedschaftlichen Status haben sollten, u m dem Kollegialitätsprinzip gerecht zu werden, und sie schon immer mit einer eigenen, spezifisch öffentlichen Hochschulgewalt ausgestattet war 7 8 , lag und liegt es nahe, für ihre äußere Rechtsgestalt die vom öffentlichen Recht zur Verfügung gestellte Organisationsform der rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts zu wählen. Das ist auch nach 1945 i n den Hochschulgesetzen, den Hochschulgesetzentwürfen und den neuen, auf den geltenden Rechtszustand Bezug nehmenden Hochschulsatzungen so geschehen: überall w i r d der wissenschaftlichen Hochschule der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zugestanden 79 » 80 . Oft werden die Universitäten noch zusätzlich als Veranstaltungen oder Einrichtungen des Staates bzw. Landes bezeichnet, eine Tatsache, die i m ehemals preußischen Gebiet gleichzeitig einen rechtsgeschichtlichen Bezug zum Preußischen „Allgemeinen Landrecht" herstellt 8 1 . Trotz dieser klaren Aussage der Rechtsvorschriften kann aber daraus nach Ansicht des Schrifttums nicht ohne weiteres auf den Korporationscharakter der wissenschaftlichen Hochschule geschlossen werden 8 2 . Übereinstimmung besteht lediglich dahin, daß den Vorschriften formal zu entnehmen sei, 78 Oppermann, S. 320, 324. 79 §10 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; A r t . 3 Abs. 1 BayHschG; § 1 Abs. 1 S. 2 B e r l U n i G ; § 1 Abs. 2 BremErrichtG; § 1 Abs. 1 H a m b U n i G ; § 1 Abs. 2 S. 1 HessUniG; § 1 Abs. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 1 Abs. 2 NWHschG; § 6 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG; § 1 Abs. 2 S. 1 SaarlHschG; § 10 Abs. 2 SaarlUniG; § 9 Abs. 1 S. 1 SHHschG; § 59 Abs. 1 S. 1 EHschRG. 80 § 1 S. 1 Grundordnung Heidelberg oder § 1 S. 2 Satzung Bielefeld, u m nur zwei Beispiele zu nennen, statuieren ebenfalls die Körperschaftsnatur der Universität. Das können sie freilich aus bereits erwähnten Gründen nicht k r a f t eigener Autonomie. Die Verleihung der Rechtsnatur einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist allein dem Staat vorbehalten. Universitätssatzungen können insoweit n u r den gesetzlichen Rechtszustand wiederholen oder, soweit (hochschul)gesetzliche Regelungen nicht vorliegen, auf die den K o n s t i t u t i v a k t der Verleihung enthaltende, i n der staatlichen Genehmigung der Satzung zum Ausdruck kommende B i l l i g u n g des Staates hinweisen. 81 ζ. Β . § 10 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; A r t . 3 Abs. 1 S. 2 BayHschG; § 1 Abs. 1 H a m b U n i G ; § 1 Abs. 2 HessUniG; § 1 Abs. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 1 Abs. 2 NWHschG; § 10 Abs. 2 S. 1 SaarlUniG; bundesweit v o r gesehen durch § 59 Abs. 1 S. 1 EHschRG. Ebenso § 2 Abs. 1 Verfassung Bonn 1960, vgl. auch Thieme, Hochschulrecht, S. 99. 82 Thieme, Hochschulrecht, S. 100.
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daß die Universitäten und die ihnen gleichstehenden wissenschaftlichen Einrichtungen heute juristische Personen des öffentlichen Rechts seien, so daß wenigstens die Frage ihrer Rechtsfähigkeit geklärt ist 8 3 . Die eigentliche Rechtsnatur sei aber dem Wesen und den Erscheinungsformen der Hochschule selbst zu entnehmen. Von dem modernen Erscheinungsbild der Universität herkommend, betont der eine Teil des Schrifttums deren Abhängigkeit vom Staat, die sich vor allem i n der umfassenden staatlichen Alimentierung der Hochschule und einer darauf beruhenden Durchsetzbarkeit des Staats willens gegenüber dem Hochschulwillen äußere, und kommt so zu einer Charakterisierung der Hochschule als Anstalt 8 4 , ja als Stiftung 8 5 des öffentlichen Rechts. Die Gegenmeinung betont den Verbandscharakter, das Kollegialprinzip, die Ausstattung mit Satzungsgewalt und Selbstverwaltungsbefugnissen, die die Universität zur Korporation mache 86 , während eine dritte, moderne Auffassung auf Grund des tatsächlichen sozialen und rechtlichen Befundes für die wissenschaftliche Hochschule eine Mischform annimmt, die sowohl körperschaftliche als anstaltliche Züge aufweise 87 . Ohne auf die i m Schrifttum vertretenen Meinungen i m einzelnen einzugehen, sei hier gleich die eigene Auffassung vorgetragen, die sich i m Ergebnis mit der modernen Ansicht von der Mischform deckt. Der ganze Meinungsstreit scheint m i r die Konsequenz einer i n der Universitätsgeschichte immer zu beobachtenden Erscheinung zu sein, daß die Universität als komplexes, einerseits unabhängiges, andererseits vom Staat abhängiges Gebilde sowohl das körperschaftliche wie das anstaltliche Moment i n sich trägt. Allerdings sollte man i n der Diskussion auf zweifelhafte Rückgriffe, etwa in die Begriffsbestimmungen des Preußischen „Allgemeinen Landrechts", verzichten, da sich die heutige definitive Festlegung der Begriffe Körperschaft und Anstalt des öffentlichen Rechts klar von der Vorstellungswelt des Jahres 1794 83 Thieme, Hochschulrecht, S. 98, 100. Einige Hochschulgesetze, w i e § 10 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; § 1 Abs. 1 H a m b U n i G ; § 1 Abs. 2 S. 1 HessUniG; §10 Abs. 2 S. 2 SaarlUniG, weisen darauf noch besonders hin. 84 E t w a Forsthoff, S. 455, 470, unter Berufung auf O. Mayer. Eine ausführliche K r i t i k dieser Ansicht, die auch weitere Hinweise enthält, findet sich bei F. Mayer, S. 18 ff. Kritisch auch Thieme, Hochschulrecht, S. 100 ff. 8 5 Dazu H. J. Wolff, Rechtsgestalt, S. 14 ff.; F. Mayer, S. 22 ff., m i t H i n weisen auf die durchweg der älteren L i t e r a t u r zugehörigen Vertreter dieser Ansicht. 86 E t w a Köttgen, Universitätsrecht, S. 33 ff. 87 Grundlegend H. J. Wolff, Rechtsgestalt, S. 19 ff.; Thieme, Hochschulrecht, S. 105 ff., 108 ff.; Oppermann, S. 322. Kritisch neuerdings F. Mayer, S. 34 ff., der einen eigenen Begriff entwickelt (äußerer Anknüpfungspunkt ist die Korporation). Dort auch Hinweise u n d Auseinandersetzung m i t der umfangreichen Rechtsprechung.
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unterscheidet. Das hat Thieme 88 überzeugend nachgewiesen. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG mit seiner Grundentscheidung für ein freiheitlich verfaßtes Sachgebiet Wissenschaft an der wissenschaftlichen Hochschule fordert — wie gezeigt wurde — Kollegialitätsprinzip bei der Findung der die akademischen Belange betreffenden Entscheidungen sowie ein Mindestmaß an Organisations-, Rechtsetzungs- und Verwaltungsbefugnissen der Universitätsmitglieder i n den wissenschaftsbezogenen „eigenen" Angelegenheiten. Eine dem Ideal der Herrschaftsfreiheit entsprechende Organisationsform, die diesen Anforderungen zusammenfassenden äußeren Ausdruck verleiht, steht nicht zur Verfügung; am nächsten kommt ihr jedoch unter den heute vorgegebenen Umständen die Körperschaft des öffentlichen Rechts, die somit — i n Ubereinstimmung m i t den Rechtsvorschriften — richtigerweise den Hauptanknüpfungspunkt bei der Bestimmung der Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschule und der Möglichkeiten ihres Auftretens i m Rechtsverkehr darstellt. Daneben darf aber nicht übersehen werden, daß die Universität auch anstaltliche Züge trägt. Das ist einmal zu beobachten an ihrer A b hängigkeit vom Staat bei der Mittelverwaltung, zum anderen an dem Teil ihrer Einrichtungen, die einen zweckgebundenen Bestand sachlicher M i t t e l einem bestimmten oder bestimmbaren Benutzerkreis zur Verfügung stellen. Es ist hier besonders an technische Einrichtungen des wissenschaftlichen Betriebes, wie Institute, Bibliotheken, K l i n i k e n etc. zu denken 89 . Zu beachten ist, daß sich die körperschaftliche Verbandsgewalt i n allen Forschung, Lehre und wissenschaftliches Lernen betreffenden Angelegenheiten auch auf diese Universitätsanstalten erstreckt. I m Ergebnis ist die wissenschaftliche Hochschule ihrer Rechtsnatur nach eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts, die auch anstaltliche Züge trägt. Das Verwaltungsrecht steht einem derartigen „compositum m i x t u m " nicht i m Wege 90 . Ein erstes Merkmal der für Staatsaufsicht am Beginn der Untersuchung gegebenen Definition ist damit erfüllt. b) Innere Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule Nur kurz braucht auf die innere Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule eingegangen zu werden. Ihre körperschaftliche Struktur 88 Thieme, Hochschulrecht, S. 102 ff. 89 Das U n i v e r s i t ä t s k l i n i k u m w i r d ζ. B. i n § 13 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG ausdrücklich als „rechtlich unselbständige Anstalt der Universität" bezeichnet. 90 Vgl. W. Weber i n Diskussionsbeitrag zu Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 342 f. Ablehnend F. Mayer, S. 34.
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kommt i n ihrer weiteren Organisation zum Ausdruck. Ihre horizontale Gliederung erfolgt in die Mitgliedergruppen Dozentenschaft, Assistentenschaft, Studentenschaft und die Gruppe der nicht wissenschaftlich Tätigen, vertikal i n Fakultäten und/oder Fachbereiche, die alle Universitätsmitglieder einer Fachrichtung vereinen 91 . Fakultäten und Studentenschaften sind Gliedkörperschaften der Universität, letztere ζ. T. mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet. Hierauf w i r d i m Verlauf der Arbeit noch ausführlicher eingegangen werden 9 2 . Die M i t glieder der Universität teilen sich in abgestufter Verantwortung deren Leitung. Es bestehen Leitungsorgane der gesamten Hochschule wie Großer Senat oder Konvent, Kleiner Senat und Präsident bzw. Rektor. Auf Fakultäts-Fachbereichsebene führen Fakultäts/Fachbereichskonferenz und Dekan die Geschäfte. Ein Wort zur obersten Leitung der wissenschaftlichen Hochschule. Die bisherige Rektoratsverfassung entsprach mit ihrem häufigen Wechsel i n der Person des Amtsinhabers, der auch die verschiedenen Fakultäten angemessen berücksichtigte, dem Kollegialitätsprinzip, hatte aber den Nachteil des Fehlens einer kontinuierlichen, Verwaltungserfahrung gewährleistenden Leitung, der angesichts der Vielzahl und der Komplexität der heute auf die Universität zukommenden Aufgaben immer augenfälliger wurde 9 3 . Die Hochschulgesetze gehen daher über zur Einrichtung einer Präsidentschaft über einen längeren Zeitraum hin 9 4 . Dieser Weg ist trotz seines Plus an Kontinuität und Effektivität i n der Erledigung der Leitungsaufgaben verfassungsrechtlich insofern bedenklich, als er i n einem bisher noch nicht zu übersehenden Ausmaß den zur Sicherung ihrer Freiheiten so wesentlichen Einfluß der wissenschaftlich tätigen Korporationsmitglieder auf ihre Exekutive mindert. Der i n den Hochschulgesetzen den Universitätspräsidenten zugewiesene 91 Einzelheiten des Aufbaus sind i m Detail i n den Hochschulgesetzen geregelt. A u f diese muß, v o m vorgesetzten Rahmen dieser Untersuchung her vorgegeben, summarisch verwiesen werden. Es ist eine Vielzahl von Einzelregelungen zu beobachten, die i n den Hochschulgesetzen getroffen werden, ζ. T. erheblich voneinander abweichen u n d die Bemühungen ebenso w i e die Verlegenheit eines auf „Organisationsreform" bedachten Hochschulgesetzgebers zum Ausdruck bringen. U m eine Systematisierung bemüht sich H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 93 I I I , Rechtsgestalt, S. 17, dem hier i m wesentlichen berichtend gefolgt wurde. 92 Einzelheiten i m Abschnitt „Die Staatsaufsicht über die Gliedkörperschaften der wissenschaftlichen Hochschule". 93 Z u den tatsächlichen Hintergründen ausführlich Schelsky, Abschied, S. 36 ff. Thieme, Hochschulrecht, S. 6 ff. m . w . N. hält (1956!) die Rektoratsverfassung für unabdingbar. 94 §18 BaWüHschG; A r t . 13 BayHschG; §§3 Nr. 1; 6 ff. B e r l U n i G ; § 25 ff. H a m b U n i G ; § 10 f f HessUniG; §§5, 29 NWHschG; §§34 Abs. 1, 41 ff. RhPfHschG; §§4, 7 SaarlHschG; §§19 Nr. 3, 27 ff. SaarlUniG; §§44 ff., 47 ff. SHHschG. Bloße Rektoratsverfassung kennt n u r noch Niedersachsen — vgl. §§4, 7 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück.
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Aufgabenkatalog 95 — Vertretung der wissenschaftlichen Hochschule nach innen und nach außen, Leitung der gesamten (!) Verwaltungsgeschäfte der Universität, Leitung oder M i t w i r k u n g i n den wichtigsten Gesamtorganen der Universität, Anhörungsrechte in den Organen der Gliedkörperschaften, Hausrecht und innerhochschulische Aufsicht, um nur die wichtigsten zu nennen — geben diesem, der nicht einmal wissenschaftlich ausgewiesenes Mitglied einer Hochschule gewesen sein muß, eine Machtfülle, die sich wirksamer Kontrolle durch die Korporationsmitglieder entzieht und die Gefahr staatlichen sachwidrigen Fremdeinflusses auf die Sache der Wissenschaft befürchten läßt 9 6 . Zumindest sollte jedes Hochschulgesetz, wie etwa i n Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen geschehen, es den satzungsgebenden Versammlungen der wissenschaftlichen Hochschulen selbst anheimgeben, ob sie die Rektorats- oder Präsidentschaftsverfassung wählen wollen 9 7 . c) Das Recht der wissenschaftlichen Hochschule auf akademische Selbstverwaltung Als rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt die wissenschaftliche Hochschule das Recht auf Selbstverwaltung i m weiteren Sinn: ihr kommt sowohl autonome Satzungsgewalt als auch die Befugnis zu, eigenverantwortlich ihre akademischen Angelegenheiten i m engeren Sinne zu verwalten. Trotz aller Zweifel daran, ob wissenschaftliche Forschung, Lehre und Ausbildung i m eigentlichen Sinne „verwaltet" werden können 9 8 , bedürfen diese doch, wie gezeigt wurde, der Organisation und der Mittelbereitstellung für ihre Zwecke; hier, i m Rahmen des Wissenschaftsbetriebes, haben akademische Rechtsetzung und Verwaltung ihren notwendigen Platz und erfüllen sie ihre komplementäre Funktion gegenüber individueller wissenschaftlicher Tätigkeit. Ist die akademische Verwaltung als „Selbst"verwal95 §18 Abs. 1 BaWüHschG; A r t . 14 BayHschG; § 8 B e r l U n i G ; §25 Hamb. U n i G ; §10 HessUniG; §29 NWHschG; §41 RhPfHschG; §27 SaarlUniG; § 47 SHHschG. 96 Vgl. zu diesen Befürchtungen H. H. Rupp, Stellung der Studenten, S. 14 f., der das W o r t v o m „kuratorialen Hochschulpräsidenten" prägt. 97 § 17 Abs. 1 BaWüHschG; § 28 Abs. 2 NWHschG. Einen vermittelnden Weg, orientiert an bayerischen Vorbildern, w i l l auch § 63 EHschRG einschlagen, w e n n den Hochschulen die W a h l zwischen einem gewählten hauptberuflichen Leiter m i t mindestens vierjähriger Amtszeit und einem gewählten Leitungsgremium m i t mindestens einem hauptberuflichen M i t g l i e d gelassen wird. 98 Dazu Köttgen, Universitätsrecht, S. 45 ff. F ü r den Begriff der Selbstverwaltung i m weiteren Sinn m i t ihren Unterteilungen i m Gebiet des Hochschulrechts ausdrücklich Verwaltungsgericht Köln, U r t e i l v o m 20.10. 1964, Az.: 1 Κ 1521/63 S. 11/12; das U r t e i l ist abgedruckt i n D U Z 1965, Heft3, S. 24 - 30.
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tung ausgestaltet, sichert die damit erreichte Privilegierung den an der Universität wissenschaftlich Tätigen zugleich eine i m idealen Fall ihre Freiheitsrechte am geringsten einschränkende gemeinsame M i t w i r kungsbefugnis an Organisation und Verwaltung von Wissenschaft. aa)
Rechtsgrundlagen
Folgerichtig haben nach 1945 die Landesverfassungen i m bereits geschilderten Umfang der wissenschaftlichen Hochschule das Recht zur Selbstverwaltung verliehen". Auch i n den Ländern, i n denen eine solche Verfassungsgewährleistung nicht vorlag, gestand der Staat von diesem Zeitpunkt an ein solches Recht zu. Heute räumen die neuen Hochschulgesetze und -entwürfe den wissenschaftlichen Hochschulen ein umfassendes Recht auf eigenverantwortliche Selbstverwaltung 1 0 0 i n den wissenschaftsbezogenen akademischen Angelegenheiten ein — einschließlich der Satzungsgewalt, die, soweit jedenfalls die Grundordnung bzw. das Statut der wissenschaftlichen Hochschule angesprochen ist, gesonderte Regelung erfährt 1 0 1 . bb)
Kennzeichnung
Umfang und Rang der den wissenschaftlichen Hochschulkorporationen zugestandenen Selbstverwaltung i m weiteren Sinn mit ihren Erscheinungsformen autonomes Satzungsrecht und eigenverantwortliche Verwaltung i m engeren Sinn werden bestimmt von ihrem Gegenstand, der Sache Wissenschaft. Gleichzeitig bestimmt sich von hierher ihr Verhältnis zur Staatsverwaltung, insbesondere auch zur Staatsaufsicht. Schon an dieser Stelle ist festzustellen, daß die oben erhobene Forderung nach weitestgehend freier Organisation und gleichberechtigt-kollegialer Verwaltung von Wissenschaft der akademischen Selbstverwaltung einen Rang gewährleistet, der ihren Trägern, den wissenschaftlichen Hochschulen, ein erhebliches Maß an Unabhängigkeit vom Staat (und damit von staatlicher Aufsicht) sichert. Dem ist i m einzelnen nachzugehen. Vgl. oben, § 4 C, I I 2 e. loo § 10 Abs. 2 S. 2 BaWüHschG; A r t . 3 Abs. 1 S. 1 BayHschG; § 1 Abs. 2 S. 1 B e r l U n i G ; § 1 Abs. 3 B r e m E r r G ; §2 Abs. 1 H a m b U n i G ; §21 Abs. 1 HessHschG; § 3 Abs. 1 HessUniG; § 1 Abs. 2 S. 1 NSOrgG Oldenburg und Osnabrück; § 1 Abs. 3 NWHschG; § 6 Abs. 2 S. 2 RhPfHschG; §11 Abs. 1 S. 1 SaarlUniG; § 9 Abs. 1 S. 2 SHHschG; § 59 Abs. 1 S. 2 EHschRG. ιοί §10 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG; A r t . 5 Abs. 1 S. 1 BayHschG; § 1 Abs. 2 S. 2 (allgemeines Satzungsrecht), § 5 (Universitätssatzung) B e r l U n i G ; § 9 B r e m E r r G ; § 3 H a m b U n i G (Abs. 1: Statut; Abs. 2: allgemeines Satzungsrecht); § 8 Abs. 1 HessUniG; § 5 Abs. 1 Nr. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 1 Abs. 5 NWHschG (allgemeines Satzungsrecht); §6 Abs. 3 RhPfHschG; § 1 Abs. 3 SaarlHschG; §11 Abs. 2 SaarlUniG; §12 Abs. 1 SHHschG; §59 Abs. 2 EHschRG.
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Der Versuch, das Wesen der akademischen Selbstverwaltung i m weiteren Sinne zu erfassen, kann beginnen mit der i m zweiten Kapitel dieser Untersuchung herausgearbeiteten doppelten Begriffsbestimmung Salzwedels von Selbstverwaltung als — „gesellschaftlicher" oder — „mittelbarer Staatsverwaltung", eine Unterscheidung, die er, wie erinnerlich, an sich für alle Arten von Selbstverwaltung, vor allem aber für die des Kommunalrechts, fruchtbar machen w i l l 1 0 2 . M i t der kommunalen hat die akademische Selbstverwaltung insofern Gemeinsamkeit, als es sich auch bei dieser der A r t des tatsächlichen Vorgehens nach u m eine dem Prinzip der staatlichen Behördenhierarchie nicht unterworfene Rechtsetzungs- oder Verwaltungstätigkeit handeln muß; hier gilt die formale gemeinsame Definition von Selbstverwaltung als der einem öffentlich-rechtlichen Verband eingeräumten Befugnis zur eigenen Erledigung der zugewiesenen öffentlichen Aufgaben. Ansonsten macht Wissenschaft die akademische zu einer Selbstverwaltung mit „besonderem" Charakter, wTie die Verfassungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zu differenzieren sich bemühen 1 0 3 . Meine Auffassung geht nun dahin, daß die akademische Selbstverwaltung ihren, „besonderen Charakter" von der jeweiligen Funktion der Hochschule her erhält, zu deren Ausfüllung sie zu dienen bestimmt ist. W i r können drei, allerdings miteinander verschränkte Funktionsbereiche der Universität unterscheiden. Da ist einmal der Kernbereich von wissenschaftlicher Forschung und Leh.re ; sodann ihre Funktion als Ausbildungsstätte für die Berufe, die ein akademisches Studium erfordern und zuletzt der Bereich der Verwaltung der personalen und sachlichen Mittel. Selbstverwaltung hat i n jedem der drei Bereiche ein anderes Gesicht. 1. I m Kernbereich wissenschaftlichen Forschens und Lehrens ist die akademische Selbstverwaltung „gesellschaftliche" i. S. Salzwedels, nicht etwa mittelbare Staatsverwaltung 1 0 4 . Das folgt in erster Linie aus der Tatsache, daß Wissenschaft als solche kein möglicher Zweck für staatlich-behördliche Verwaltungstätigkeit ist. Sie muß, damit an der Hochschule ihrem Wesen Gerechtigkeit widerfährt, zwar i m staatlich 102 v g l . § 2 C, I I 3 der Arbeit. i ° 3 Nach Geller l Kleinrahm ! Fleck, A r t . 16 Anm. 9, w u r d e unter Berufung auf den CDU-Abgeordneten Dr. Hoffmann, der offensichtlich dem V e r fassungsausschuß des nordrhein-westfälischen Landtags angehörte, die Fassung des A r t . 16 NWVerf. gerade deshalb gewählt, u m den Unterschied der akademischen zur kommunalen Selbstverwaltung deutlich zu machen. Die Verfassung von Baden-Württemberg ist hierin ihrem nordrhein-westfälischen V o r b i l d gefolgt. 104 Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 325/326; Thieme, Hochschulrecht, S. 76.
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vorgeordneten und geschützten, dennoch aber staatsverwaltungsfreien Raum angesiedelt sein 1 0 5 . Die Universität ist i m Kernsachgebiet Wissenschaft die vom Staat zur Verfügung gestellte Organisationsform, die den am Wissenschaftsprozeß Beteiligten ermöglicht, i n freier Verantwortung ihrer vom Aufgabenbereich des Staates unabhängigen Tätigkeit nachzugehen 106 . So richtig freilich der Ausdruck „gesellschaftliche" Selbstverwaltung hier den Akzent gegen die Annahme einer Selbstverwaltung i. S. einer mittelbaren Staatsverwaltung setzt, so darf doch nicht verkannt werden, daß das Salzwedelsche A t t r i b u t „gesellschaftlich" insofern zu Mißdeutungen Anlaß gibt, als es die Vermutung nahe legt, Wissenschaftsverwaltung habe den Charakter einer der Gesellschaft und ihren Gruppierungen überantworteten Tätigkeit. Das wäre nicht richtig. Denn Wissenschaft an der Universität zu treiben ist zwar kein der staatlichen Verwaltung zuzuordnender Zweck, aber auch kein bloß gesellschaftlicher, sondern ein vom Staat geschützter, i h m mittelbar wieder zugute kommender öffentlicher Zweck. Es handelt sich u m eine eigenständige Kategorie des „Öffentlichen" 1 0 7 » 1 0 8 . Dem Öffentlichkeitscharakter widerspricht m. E. nicht, daß der Staat Errichtung und Unterhaltung der wissenschaftlichen Hochschule besorgt; es w i r d damit vielmehr deutlich, daß der Staat, nicht etwa die Gesellschaft, für einen solchen, i m Öffentlichen wurzelnden Bereich die Verantwortung trägt. Festzuhalten ist, daß akademische Selbstverwaltung zur Erfüllung der Funktion „wissenschaftliches Forschen und Lehren" (in sehr begrenztem Maße auch wissenschaftliche Tätigkeit ausmachendes Lernen) keine mittelbare Staatsverwaltung ist, sondern daß es sich ihrer A r t nach u m die handelt, die Salzwedel mit seinem problematischen Ausdruck als „gesellschaftliche" bezeichnet und die i m folgenden, eine neuere terminologische Anregung aufgreifend 109 , besser „originäre" Selbstverwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule zu nennen ist. 2. Neben wissenschaftlicher Forschung w i r d an der Universität als zweite große Aufgabe wissenschaftsorientierte Ausbildung betrieben. Dort sind jedoch, i m Gegensatz zum ersten Bereich, staatliche Verwaltungszwecke durchaus ersichtlich. Das hat seinen Grund i n der Geschichte. Spätestens seit dem Beginn der Aufklärung war den Uni105
Vgl. zu dieser Ausgliederung allgemein Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 223. 106 Dazu Rupp, Stellung der Studenten, S. 7, 13 f. 107 Z u m Ganzen U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 37 ff., u n d ausführlich i n : „ Z u m staatsrechtlichen Begriff des Öffentlichen", insbesondere S. 42, 73 ff. los Zusammenfassend zum Begriff des Öffentlichen die ausführliche Darstellung von Rinken, i m hier interessierenden Zusammenhang insbesondere S. 22 ff., 94 ff., 202 - 213. Dort auch weitere Nachweise. A u f Einzelheiten kann i m Rahmen dieser A r b e i t nicht eingegangen werden. i ° 9 Schmidtchen i n seiner Untersuchung zur Staatsaufsicht über die H a m burger Universität.
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versitäten die Ausbildung für die Führungspositionen von Staat und Gesellschaft, vor allem die Ausbildung des Berufsbeamten für den höheren Dienst, anvertraut 1 1 0 . Der Staat überträgt damit an sich i h m obliegende Aufgaben auf die wissenschaftliche Hochschule. Das hat freilich nicht zur notwendigen Folge, jede Selbstverwaltungstätigkeit der Hochschule i m Rahmen der ihr obliegenden Ausbildung der Studenten als mittelbare Staatsverwaltung zu qualifizieren. Denn die Universitätsausbildung ist wissenschaftlich. Das war gerade der Grund ihrer dortigen Verankerung und gilt seit den preußischen Reformen als ihr unabdingbarer Bestandteil. Es findet also die für die deutsche Universität typische Verschränkung von Wissenschaft und Ausbildung statt, die, bei einer Praedominanz von Wissenschaft, den Charakter der akademischen Selbstverwaltung auch hier i m Kern als „originäre" erscheinen läßt. Freilich nicht mehr durchgängig, wobei die Abgrenzung angesichts der unmöglich durchführbaren sauberen Trennung zwischen Ausbildung und Wissenschaft schwer ist und zu Mischformen führt. Staatliche Verwaltungszwecke, die berücksichtigt werden müssen, machen Teile der universitären Selbstverwaltung hier zur „derivativen", d. h. mittelbaren Staatsverwaltung 1 1 1 . Ein Beispiel sind die Mitwirkungs- und Verwaltungsaufgaben der wissenschaftlichen Hochschulen bei der Immatrikulation oder bei Prüfungen, die auf Grund staatlicher Prüfungsordnungen ergehen. Die Grenzen sind fließend. 3. A m schwächsten ist die Eigenverantwortlichkeit der Hochschule auf dem Gebiet der Finanzverwaltung, dem Gebiet der Wirtschafts- und Personalverwaltung sowie der Verwaltung der Universitätsanstalten ausgeprägt. Hier handelt es sich entweder u m Auftragsverwaltung, die den Grundsätzen der Staatsverwaltung folgt, oder u m reine, jeden Anschein von akademischer Selbstverwaltung verlierende Staatsverwaltung 1 1 2 . Rein akademische, „originäre" Selbstverwaltung ist i n diesem Bereich nicht mehr vorzufinden; § 4 Abs. 3 S. 1 des Hamburger Universitätsgesetzes etwa spricht i n diesem Zusammenhang ausdrücklich von „staatlichen" Angelegenheiten. Es zeigt sich also, daß die Intensität der universitären Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit für die Selbstverwaltung der Hochschulangelegenheiten innerhalb der möglichen Bereiche 1 - 3 immer 110 Schelsky, Einsamkeit u n d Freiheit, S. 33 ff.; Thieme, Hochschulrecht, S. 104/105. 111 Den Ausdruck „ d e r i v a t i v " benutzt wieder Schmidtchen. Daß universitäre Selbstverwaltung auch mittelbare Staatsverwaltung sein kann, w i r d von denen bestritten werden, die w i e Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 325/326; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 234, w o h l auch Thieme, Hochschulrecht, S. 76, die Qualifizierung der akademischen Selbstverwaltung als mittelbare Staatsverwaltung i n vollem Umfang ablehnen. 112 Z u m ganzen Kaiisch, S. 237 ff.
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m e h r a b n i m m t ; schließlich e n d e t m a n b e i d e r r e i n e n S t a a t s v e r w a l t u n g .
cc) Umfang der akademischen Selbstverwaltung Für den Umfang der akademischen Selbstverwaltung und der auf sie zukommenden einzelnen Aufgaben mag § 2 Abs. 2 des Hamburger Universitätsgesetzes als Beispiel dienen, der einen i m wesentlichen für alle Bundesländer geltenden Rechtszustand kodifiziert. Danach gehören zu den der akademischen Selbstverwaltung zugewiesenen Angelegenheiten alle unmittelbar mit der Forschung und Lehre sowie der wissenschaftlichen Ausbildung und Fortbildung zusammenhängenden Aufgaben, insbesondere: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
der akademische Unterricht u n d die akademischen Prüfungen, die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die M i t w i r k u n g bei der Berufung der Angehörigen des Lehrkörpers, die Regelung der sich aus der Mitgliedschaft zur Universität ergebenden Rechte u n d Pflichten, die Entscheidung über I m m a t r i k u l a t i o n u n d Exmatrikulation, die Verleihung der Lehrbefugnis ( ) sowie akademischer Grade, W ü r den u n d Ehrungen, die Förderung der politischen B i l d u n g der Mitglieder der Universität auf wissenschaftlicher Grundlage i n Zusammenarbeit aller Fachbereiche, die Vorschläge der Universität f ü r den Haushaltsplan (...), die V e r w a l t u n g des eigenen Vermögens der Universität.
Der autonom erlassenen Universitätssatzung kommt die Aufgabe zu, die innere Ordnung der Universität zu regeln, § 3 Abs. 1 des Hamburger Universitätsgesetzes. Sie enthält damit i m wesentlichen Bestimmungen über die Organe der Hochschule, ihre Zusammensetzung und Befugnisse, soweit das nicht die Hochschulgesetze bereits selbst getan haben (aus diesem Grunde sind Befürchtungen laut geworden, diese schränkten die Autonomie der wissenschaftlichen Hochschule unzulässig ein) 1 1 3 , die Zahl und Zusammensetzung der an der Universität einzurichtenden Fakultäten und Fachbereiche (auf der Grundlage der staatlich zugestandenen Haushaltsbewilligungen), die Arbeit der ständigen Ausschüsse, die Vertretung der Studenten i n all diesen Gremien (soweit nicht i n den Hochschulgesetzen geschehen), die Zahl, Einrichtung und rechtliche Stellung der der Universität zugehörigen wissenschaftlichen Anstalten und Einrichtungen und, soweit erforderlich, die korporativen Rechte und Pflichten der Mitglieder der Universität 1 1 4 . Zum Selbstverwaltungsbereich 3 — Wirtschafts- und Personalangelegenheiten , die als staatliche Auftragsangelegenheiten (bzw. sogar 113 H. H. Klein i n seiner Abhandlung „Neuere Entwicklungen i m Hochschulrecht" i n AöR 1965, S. 143 ff. 114 Vgl. als Beispiel etwa die auf G r u n d des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes erlassene Grundordnung der Universität Heidelberg.
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i n unmittelbarer Staatsverwaltung) wahrgenommen werden und bei denen die Grundsätze staatlicher Verwaltung einschließlich der Unterworfenheit unter Einzelweisungen gelten — gehört nach § 4 Abs. 2 des Hamburger Universitätsgesetzes: 1. die Bewirtschaftung der der Universität zugewiesenen Mittel, 2. das Gebühren-, Kassen- u n d Rechnungswesen, 3. die V e r w a l t u n g der der Universität zur Verfügung gestellten Grundstücke u n d Einrichtungen, 4. die Personalangelegenheiten der Universitätsangehörigen, soweit sie nicht dem Senat oder dem Dienstvorgesetzten vorbehalten sind.
Diese Aufgabenkataloge zeigen, daß der wissenschaftlichen Hochschule i n den Angelegenheiten, die den eigentlichen Wissenschaftsbetrieb betreffen, vom Staat weitestgehende Unabhängigkeit und Eigenbestimmung zugestanden wurde. Idealiter genügt der Umfang der i n diesen Katalogen ausgesprochenen autonomen Rechtsetzungs- und Selbstverwaltungsbefugnisse der Forderung, daß an der wissenschaftlichen Hochschule eine eigenverantwortliche Organisation von freier Wissenschaft möglich sein soll. Die Gewährleistung eines so verstandenen Rechts der akademischen Selbstverwaltung i m weiteren Sinn ergänzt die universitäre Korporationsverfassung und bezeichnet zusammen mit dieser den Grad von Unabhängigkeit, den die Universität vom Staat gewonnen hat. Außerdem erfährt hierdurch der Umfang und die Grenzen der gegenüber der Universität geübten Staatsaufsicht seine Bestimmung. dd) Akademische Selbstvenualtung
heute
Das hier aus den Rechtsvorschriften der Hochschulgesetze ideal gewonnene B i l d einer mit umfassender Rechtsetzungsgewalt und Selbstverwaltung ausgestatteten, insoweit staatsunabhängigen Universität, die nur i n einem rechtlich fest umrissenen Umfang der Staatsaufsicht unterliegt, bedarf jedoch einer kurzen Überprüfung an der sozialen Wirklichkeit. Diese nötigt zu Korrekturen. Erste Einschränkungen der universitären Unabhängigkeit ergeben sich aus der von neueren Hochschulgesetzen angeordneten Präsidialverfassung und der in denselben Gesetzen zu beobachtenden Tendenz, den wissenschaftlichen Hochschulen die Befugnis zur autonomen satzungsmäßigen Regelung wichtiger Organisations- und Mitbestimmungsfragen i n den akademischen Organen vorzuenthalten. Die Autonomie der Universität erfährt damit nicht etwa Einschränkungen durch eine exzessiv gehandhabte Staatsaufsicht, sondern durch den demokratisch legitimierten und Reformideen verpflichteten staatlichen Gesetzgeber. Eine zweite Entwicklung, die ihre Unabhängigkeit einschränkt, ist die tatsächliche soziale Entwicklung an den wissenschaftlichen Hochschulen selbst. Dort ist seit
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langer Zeit deren i m m e r stärkere Inanspruchnahme m i t Ausbildungsa u f g a b e n z u beobachten. D i e F o l g e s i n d die E i n e n g u n g d e r Bereiche d e r wissenschaftlichen Forschung, der i n i h r e n E r g e b n i s s e n i m m e r w 7 ieder n e u ü b e r d a c h t e n wissenschaftlichen L e h r e u n d i h r e s Gegenübers, des wissenschaftlichen P r i n z i p i e n v e r p f l i c h t e t e n L e r n e n s 1 1 5 . A n d e r e n S t e l l e t r i t t d i e W e i t e r g a b e u n d A u f n a h m e v o n gesichertem Fachw i s s e n i n M a s s e n v o r l e s u n g e n u n d -Übungen. D e n n i n e i n e r Gesellschaft, die als F o l g e d e r „ V e r w i s s e n s c h a f t l i c h u n g " a l l e r Lebensbereiche i n u n g l e i c h h ö h e r e m M a ß e als f r ü h e r a n i h r e n F ü h r u n g s n a c h w u c h s d e n A n s p r u c h akademischer A u s b i l d u n g s t e l l t , ist der Besuch e i n e r w i s s e n schaftlichen Hochschule als T r ä g e r dieser A u s b i l d u n g u n d das Bestehen d e r d o r t v e r l a n g t e n P r ü f u n g e n z u r V o r a u s s e t z u n g gesteigerter L e b e n s chancen g e w o r d e n . Das h a t n e b e n a n d e r e n Ursachen, w i e d e r wachsend e n Z a h l der A b i t u r i e n t e n oder der a l l g e m e i n z u beobachtenden V e r l ä n g e r u n g d e r D a u e r der e i n z e l n e n S t u d i e n g ä n g e , z u d e m o f t geschild e r t e n M a s s e n a n s t u r m S t u d i e r w i l l i g e r a n die Hochschulen g e f ü h r t , die h ä u f i g v o n diesen n u r e r w a r t e n , i n m ö g l i c h s t r a t i o n e l l e r F o r m das d e m a n g e s t r e b t e n B e r u f z u g r u n d e l i e g e n d e Fachwissen v e r m i t t e l t z u b e k o m m e n 1 1 6 . Diese E r s c h e i n u n g h a t n u n n i c h t n u r A u s w i r k u n g e n auf d i e Forschungs- u n d L e h r t ä t i g k e i t des e i n z e l n e n D o z e n t e n oder auf d i e S t u d i e n b e d i n g u n g e n des e i n z e l n e n S t u d e n t e n ; es w e r d e n auch 115 I n der Auseinandersetzung m i t den zugrundeliegenden Konzeptionen der Neugründungen Bremen, Bochum, Regensburg auf der einen, Konstanz, Bielefeld auf der anderen Seite, t r i t t Hennis , S. 47 ff. energisch für den Ausbau der Ausbildungskapazitäten als vorrangige Aufgabe des Hochschulaus- und -neubaus ein. Biedenkopf hat als Rektor der Bochumer Universität die praktischen Nöte der Universität i m 2. Hearing zum ENWHschG vor dem Kulturausschuß des Nordrhein-Westfälischen Landtages am 9.7.1969 dahingehend geschildert, daß die wichtigsten Fragen der geplanten gesetzlichen Regelung die Neuregelung des Ausbildungsauftrages der Universitäten, die Reform der Studiengänge u n d die sich daraus ergebende Neuregelung der Personalstruktur an den wissenschaftlichen Hochschulen beträfen, vgl. F A Z Nr. 156 v o m 10.7.1969, S. 3. Demgegenüber warnen Köttgen, Grundrecht, S. 65 ff., und i h m folgend Rupp, Stellung der Studenten, S. 13, vor dieser Tendenz, die den Wissenschaftsauftrag der Universität immer mehr i n den Hintergrund treten lassen könnte. Rupp sieht die aus „der Wissenschaftsfreiheit, L e h r - u n d Lernfreiheit" abgeleitete wissenschaftliche Eigengesetzlichkeit der Universität n u r solange gewährleistet, „als die Verschulung der Universität nicht weiter fortschreitet und diese nicht i n die Rolle lediglich einer sozialstaatlichen Produktions- u n d Verteilerstelle beruflicher Chancen u n d Fertigkeiten gedrängt w i r d , nach denen der Fachmarkt verlangt". 116 Nach den Angaben des Statistischen Jahrbuches für die Bundesrepublik Deutschland aus dem Jahre 1974, S. 89 ff., betrug die Zahl der an den wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik i m WS 1971/72 i m m a t r i k u l i e r t e n Studenten 461 598 (434 654 deutsche und 26 944 ausländische Studierende). F ü r das WS 1967/68 hatten die Vergleichszahlen 295 102 (272 025 deutsche u n d 23 077 ausländische Studierende) geheißen. Eine A u f schlüsselung nach den einzelnen Hochschulen i n den jeweiligen Bundesländern ist i n Grunddaten, herausgegeben v o m Bundesminister für B i l d u n g u n d Wissenschaft, Bonn, März 1974, S. 68 - 79, enthalten.
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neue Anforderungen an die Universitätsverwaltung gestellt. Erinnert sei hier nur an die Verwaltungstätigkeit zur Bereitstellung oder Versagung von Studienplätzen, zur Neuerrichtung oder dem Ausbau bestehender Universitätseinrichtungen und an die immer wieder neu zu überdenkende Ausarbeitung von Studienordnungen. Vor diesen A n forderungen zu bestehen ist die akademische Selbstverwaltung allein nicht mehr i n der Lage. Folgerichtig wächst auf dem Ausbildungssektor der Einfluß des Staates ununterbrochen und mindert sich die Bedeutung von Hochschulautonomie und -Selbstverwaltung. I m wesentlichen zwei Gründe sind dafür ursächlich. Einmal das Interesse des Staates selbst an vermehrten hochschulischen Ausbildungsmöglichkeiten und einer kontinuierlichen Vermehrung der Zahl der Akademiker. Der Staat macht sich hier zum Sprachrohr der Bedürfnisse einer sich nach soziologischen Erkenntnissen als „Leistungsgesellschaft" verstehenden Gesellschaft; außerdem genügt er nach seinem Verständnis mit einem vermehrten Angebot von Ausbildungsplätzen an der Hochschule dem demokratischen Gebot nach den „gleichen Bildungschancen für alle". Die Errichtung bzw. Umwandlung von bestehenden Bildungseinrichtungen i n sog. „Gesamthochschulen" ist, gemessen an diesen Bedürfnissen, nur ein konsequenter Schritt 1 1 7 . Die andere Ursache ist der zur Lösung dieser Aufgaben erforderliche Geldbedarf der Universitäten 1 1 8 . Der Staat, zu dessen Aufgaben die finanzielle Unterhaltung der wissenschaftlichen Hochschulen seit langem gehört, sichert sich bei der Planung und Verwaltung der notwendig gewordenen großen Summen Mitwirkungsrechte; das hat zur Folge, daß daraus resultierende oder davon abhängige Verwaltungsentscheidungen der Universität, etwa die Einführung von Zulassungsbeschränkungen zum Studium, von vornherein i n ihrem Ergebnis festgelegt sind. Die Entscheidung der Staatsbürokratie präjudiziert i n weiten Teilen des Ausbildungssektors die Selbstverwaltungsentscheidung der Universität. Das leitet über zu einer dritten Komponente. Nicht nur bei der Selbstverwaltungstätigkeit auf dem Gebiet ihrer Ausbildungsfunktion, sondern auch sonst ist die Hochschule abhängig von Mittelgewährung und -Verwaltung des Staates. Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Die Universität bemüht sich, einen maßgebenden naturwissenschaftlichen Gelehrten zu gewinnen. Der Kultusminister ist bereit, auf Grund der Vorschlagsliste der Universität den Ruf zu erteilen, der Berufene geneigt, 117
Dazu s. ο. § 1 Β der Arbeit. Ausweislich des Bundesberichts Forschung V (Faktenteil, Tabellen 12 und 14) v o m 28. A p r i l 1975, Bonn 1975, stiegen die Aufwendungen des Bundes für Hochschulen von 939,6 Mio. D M i m Jahre 1970 auf 1426,2 Mio. D M i m Jahre 1973; die Aufwendungen der Bundesländer u n d Gemeinden für denselben Zweck stiegen von 5470,6 Mio. D M i m Jahre 1970 auf 9218,4 Mio. D M i m Jahre 1973. 118
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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dem Ruf zu folgen. Dann scheitern aber die Berufungsverhandlungen, da der Finanzminister, den Grundsätzen sparsamer Haushaltsführung folgend, wegen ihrer Höhe die Bereitstellung der M i t t e l zur Errichtung eines i n den Berufungszusagen vereinbarten lehrstuhlbezogenen Instituts verweigert. Das Vorschlagsrecht der Fakultät, ein Kernpunkt der Selbstverwaltungsgarantie, w i r d so, zwar nicht formell, aber materiell ausgehöhlt; die Universität muß sich ihrem Geldgeber beugen. Hier ist der über A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zugestandene Raum „verfaßter Freiheit", sind die vom Staat gewährleistete Autonomie und Selbstverwaltung der Hochschulen immer wieder von bestandsverändernden und -gefährdenden Einschränkungen bedroht. I I I . Kennzeichnung, Umfang und Grenzen der staatlichen Hochschulaufsicht
Die Staatsaufsicht kommt i n dieser Schilderung der staatlichen Einflußmöglichkeiten, die die rechtlich abgesicherte Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Hochschule gefährden könnten, nicht vor. Die Veränderungen gehen aus von den Eingriffen des Hochschulgesetzgebers und den Abhängigkeiten der wissenschaftlichen Hochschule von ihrem staatlichen Geldgeber. Demgegenüber muß sich staatliche Aufsicht als Rechtsinstitut strikt an den vorgegebenen rechtlichen Rahmen halten. Das ist eine unverzichtbare rechtsstaatliche Forderung. Danach hat die staatliche Hochschulaufsicht auszugehen von der gegenwärtigen Korporationsverfassung der wissenschaftlichen Hochschule m i t einem fest umrissenen Kernbereich von Satzungshoheit und akademischer Selbstverwaltung. Sie sind das institutionelle Gefäß, i n dem sich freie wissenschaftliche Forschung und Lehre sowie freies wissenschaftlich orientiertes Lernen entfalten können, und dienen dazu, den Sachgebieten Wissenschaft und Ausbildung an der wissenschaftlichen Hochschule ihre arteigene, staatlich garantierte, existentielle Freiheitssphäre zu sichern. Sie sind insoweit — wie die individuellen Freiheiten i n Art. 5 Abs. I I I S. 1 GG — konstituierende Merkmale der augenblicklichen Verfassung der wissenschaftlichen Hochschule. 1. Staatliche Hochschulaufsicht als Recht sauf sieht Staatliche Aufsicht in diesem freiheitlichen, der eigenverantwortlichen Gestaltung des körperschaftlich verfaßten Verbandes Hochschule überlassenen Bereich ist ihrem Inhalt nach folgerichtig ausschließlich Rechtsauf sieht 119. Ihr Begriff deckt sich mit der i n § 2 dieser Arbeit na So die Hochschulgesetze, vgl. § 86 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; A r t . 101 Abs. 1 BayHschG; § 1 Abs. 4 S. 1 B r e m E r r G ; §2 Abs. 1 H a m b U n i G ; §3 HessUniG; § 1 Abs. 2 S. 2 SaarlHschG; § 11 Abs. 1 S. 2 SaarlUniG. Der Sache
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
gegebenen Definition von Staatsaufsicht, da auch mit staatlicher Aufsicht über die Universitäten gemeint ist der Inbegriff aller beobachtenden und berichtigenden Verwaltungsmaßnahmen gegenüber der eigenverantwortlichen, akademischen Tätigkeit der mit Autonomie und Selbstverwaltung ausgestatteten, korporativ verfaßten wissenschaftlichen Hochschule, die beabsichtigen, die Rechtmäßigkeit ihres Selbstverwaltungshandelns herbeizuführen. Es entfällt i m akademischen Bereich grundsätzlich jede Zweckmäßigkeitsüberprüfung des Handelns der Universität durch den Staat 1 2 0 . Staatliche Hochschulaufsicht ist Staatsaufsicht als Rechtsaufsicht. 2. Abgrenzungen a) zur Kommunalaufsicht Sucht man nach Einzelaussagen über den Inhalt dieser Rechtsaufsicht über die Universitäten, ergeben sich die folgenden Feststellungen: Modell für körperschaftliche Selbstverwaltung überhaupt und ihr Gegenstück, die Staatsaufsicht, ist i m Bereich des öffentlichen Rechts immer das Kommunalrecht gewesen. Das galt, wie gezeigt wurde, nicht nur für die öffentlichrechtlichen Träger von Selbstverwaltung allgemein, sondern i m 19. Jahrhundert auch für die sich erst entwickelnde Universitätsselbstverwaltung. Es lag und liegt daher nahe, zur rechtlichen Bestimmung und Eingrenzung der staatlichen Universitätsaufsicht das Vorbild der Staatsaufsicht über die Gemeinden heranzuziehen, vor allem, da diese vom Gesetzgeber in Einzelvorschriften normiert und von Rechtslehre und Rechtsprechung in ausführlichen Untersuchungen und Entscheidungen inhaltlich festgelegt wurde. Diese Parallele versagt jedoch angesichts der unterschiedlichen, der Staatsaufsicht jeweils zugrunde liegenden Zwecke akademischer und kommunaler Selbstverwaltung 1 2 1 . Der Zweck, freie wissenschaftliche Tätigkeit i n Forschung, Lehre und Lernen zu organisieren, hat zunächst keine Gemeinsamkeit mit dem Zweck, allgemein-staatliche nach auch i n § 49 NWHschG; § 69 RhPfHschG u n d § 13 Abs. 1 S. 1 SHHschG. § 60 Abs. 1 S. 1 EHschRG sieht bundeseinheitlich Rechtsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen vor. I m Schrifttum h. L., vgl. Oppermann, S. 369; Kluge, S. 251; schon Holstein, S. 14; Geller / Kleinrahm / Fleck, A r t . 16 A n m . 12 a. U n k l a r Thieme, Hochschulrecht, S. 96, der behauptet, daß Staatsaufsicht gegenüber der Hochschule „vornehmlich" Rechts aufsieht sei. 120 Daß etwa für den Bereich des Kommunalrechts die verfassungsrechtlich anerkannte Garantie des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden „unveräußerlich" die Beschränkung der Staatsaufsicht auf die Rechtsaufsicht bedinge, meint W. Weber, Kommunalaufsicht, S. 19/20. Gleiche Grundsätze gelten für das Hochschulrecht. 121 Z u m ganzen Problem auch Thieme, Hochschulrecht, S. 95 u n d Kluge, S. 251 f.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Verwaltungsbedürfnisse örtlich und sachlich zu dezentralisieren und deren Erledigung zur „Mobilisierung des politischen Bürgersinns" (Kluge) ehrenamtlich tätigen Gemeindebürgern oder gemeindeeigenen Behördenorganisationen anzuvertrauen 122 . Trotz aller ihrer Eigenständigkeit bleibt aber die Gemeinde staatlichen Verwaltungszwecken verpflichtet 1 2 3 ; der Staat hat daher das mit dem M i t t e l der Staatsaufsicht wahrgenommene Bedürfnis nach Überwachung zur Gewährleistung der rechtmäßigen Ausführung dieser Zwecke. Demgegenüber ist wissenschaftliche Tätigkeit als solche kein bloß staatlicher Verwaltungszweck; die Garantie des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG soll gerade verhindern, daß Wissenschaft durch derartige staatliche Zwecke vorherbestimmt w i r d 1 2 4 . I m Vordergrund der Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule kann daher nicht so sehr das Bedürfnis stehen, durch Gesetzmäßigkeitskontrolle die ordnungsgemäße Erledigung lediglich ausgegliederter Verwaltungsaufgaben zu sichern, sondern vielmehr freie wissenschaftliche Betätigung zu gewährleisten durch die Beobachtung und Abwehr sachwidriger Fremdbestimmung. Staatsaufsicht ist damit, von ihrem Bezugsgegenstand her gesehen, selbst zur Sicherung freier Wissenschaft aufgerufen. Tauglicher Anknüpfungspunkt für die Hochschulaufsicht ist die Kommunalaufsicht allerdings hinsichtlich der dort entwickelten Aufsichtsmittel. Hier ist ein umfangreicher Katalog erstellt worden, der recht genau die einzelnen Möglichkeiten rechtsstaatlichen Aufsichtseingreifens umschreibt. Unter Zugrundelegung des Katalogs w i r d jedes einzelne M i t t e l auf seine Verwendbarkeit für die Hochschulaufsicht zu überprüfen sein. b) zur Schulaufsicht Untauglich für eine Übernahme i n das Recht der wissenschaftlichen Hochschule sind weiterhin die Grundsätze der Schulaufsicht, wie sie i n Art. 7 Abs. 1 GG ihren verfassungsrechtlichen Niederschlag gefunden haben. Staatliche Leitungs- und Eingriffsbefugnisse, wie sie i n den Regelungsbefugnissen der staatlichen Kultusbehörden über die Organisation der Schule, die an ihnen zu benutzenden Ausbildungspläne, die einzuschlagenden Unterrichtsmethoden und die einzuhaltenden Unterrichtsinhalte liegen, sind gegenüber der Universität undenkbar 1 2 5 . Eine 122 Kluge S. 251. Das gegen die Tendenzen Salzwedels, dem Gemeinderecht einen K e r n bereich „gesellschaftlicher" Selbstverwaltung zuzubilligen. Die Distinktion Salzwedels hat aber, gerade für das Hochschulrecht, dennoch Bestand. Vgl. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 233 ff. und oben § 2 der Arbeit. 124 Köttgen, Freiheit der Wissenschaft, S. 326. 125 Z u m I n h a l t der Schulaufsicht statt aller Maunz / Dürig / Herzog, A r t . 7, 123
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
wie immer geartete Verfügungsgewalt des Staates über den Wissenschaftsstoff der wissenschaftlichen Hochschule, die gleichzeitig insoweit deren Eigenverantwortlichkeit beseitigen würde, widerspräche der Freiheitsgewährleistung des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG 1 2 6 . Schon das 19. Jahrhundert hat für die Universitäten die Überwindung aller schulaufsichtlichen Tendenzen gebracht. 3. Begriffliche
Kennzeichnung
Die Folge ist die Forderung nach der Eigenständigkeit der Hochschulaufsicht. I n der Literatur ist dies anerkannt 1 2 7 . Allerdings mag man sich dort zu einer erschöpfenden begrifflichen Definition nicht zu entschließen. Es werden lediglich einzelne, die Hochschulaufsicht charakterisierende Gesichtspunkte vorgetragen (Abhängigkeit vom Umfang der akademischen Selbstverwaltung, reine Rechtsauf sieht etc.). Diese Merkmale sind, ebenso wie bei der allgemeinen Staatsaufsicht, konstituierende Merkmale der Hochschulaufsicht. Diese unterscheidet sich von jener denn auch nicht generell, sondern nur i n universitätstypischen Einzelheiten, die letztlich alle auf die Tatsache zurückzuführen sind, daß an der wissenschaftlichen Hochschule Wissenschaft (Forschung, Lehre und Ausbildung) betrieben wird. Diese Einzelheiten sind i m folgenden zu ergänzen, um, wenn nicht zu einer präzisen Kurzformel der staatlichen Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule, so doch zu einer eingrenzenden Beschreibung zu gelangen. a) Staatsaufsicht gegenüber dem Selbstverwaltungsbereich „Wissenschaftliche Forschung und Lehre" I n dem oben dem Sachgebiet Wissenschaft zugeordneten Kernbereich von Universitätsautonomie und „originärer" akademischer Selbstverwaltung kann Staatsaufsicht nur behutsames rechtliches Beanstanden und Korrigieren von sich vor allem i n Kompetenzüberschreitungen manifestierendem Fehlverhalten akademischer Organe sein. Wissenschaftliches Forschen, Lehren und Lernen folgt den eigenen sachbezogenen Gesetzen, die wiederum die zu fällenden korporativen EntRdNr. 14 ff. m. w. N.; aus der Rechtsprechung Bundesverwaltungsgericht, Beschluß v o m 28.12.1957, Az.: V I I Β 9/57, B V e r w G E 6, S. 101 ff., 104 u n d U r t e i l v o m 31.1. 1964, Az.: V I I C 49/62, B V e r w G E 18, S. 38 ff., 39. 126 Dazu Thieme, Hochschulrecht, S. 95, u n d vor allem Oppermann, S. 365 ff. O. betont den Unterschied zwischen dem Freiheitsrecht des A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG u n d der Aufsichtsregelung des A r t . 7 Abs. 1 GG, die an der Spitze der gesamten verfassungsrechtlichen Normierung über das Schulwesen steht. 127 Oppermann, S. 368 ff.; Thieme, Hochschulrecht, S. 95/96. Die Unterschiede zur Schulaufsicht nicht eindeutig bei Geller / Kleinrahm / Fleck, A r t . 16 A n m . 12.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
103
Scheidungen praejudizieren. Die wegen ihrer Wissenschaftsbezogenheit unvertretbare Entscheidung oder Maßnahme der akademischen Organe muß schon den Makel offensichtlicher Rechtswidrigkeit tragen, um aufsichtliches Eingreifen rechtfertigen zu können. Einer intensiven Staatsaufsicht i m Bereich „originärer" akademischer Selbstverwaltung steht weiterhin die bereits umrissene Kategorie des Öffentlichen entgegen. Sie unterstreicht zugunsten der Universität und ihrer Verantwortung für die Sache der Wissenschaft die Distanz zum Staat. Die Verfassungsgewährleistungen und eine erst zu erstellende Kennzeichnung ihres Verantwortungsbereiches als „öffentlich" 1 2 8 sind es nach 1945 gewesen, die der wissenschaftlichen Hochschule eine gesteigerte Unabhängigkeit von der Staatsbürokratie i n der Organisation und Verwaltung des „Wissenschaftsbetriebs" gebracht haben; folgerichtig mußte auch der mit dem M i t t e l der Staatsaufsicht wahrgenommene Einfluß des Staates zurückgehen. I m „originären" Wissenschaftsbereich kann — um es m i t E. Becker zu formulieren — Staatsaufsicht über die Universität nur noch „Staatsnachsicht" sein 1 2 9 . b) Staatsaufsicht gegenüber dem Selbstverwaltungsbereich „Universitätsausbildung" Diese Aussage muß mit Einschränkungen gelten i m Bereich Ausbildung. Auch hier ist die Staatsaufsicht reine Rechtsauf sieht, jedoch besteht an ihrem Bestehen ein vermehrtes staatliches Interesse, da i m Umkreis der Ausbildung, wie gezeigt wurde, durchaus staatliche Verwaltungszwecke ersichtlich sind. So hat Staatsaufsicht hier auch die Aufgabe, die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Zwecke durch Gesetzmäßigkeitskontrolle zu sichern. I n einem Teilbereich, bei universitären Studien- und Prüfungsordnungen, ist dem Staat sogar eine VorwegRechtskontrolle in Gestalt eines besonderen Genehmigungsverfahrens bei universitären Satzungen eingeräumt. Hier handelt es sich um Regelungen, die der Staat zur Durchsetzung seiner Ziele auch häufig selbst erläßt, sei es, wie früher, i n rechtsstaatlich bedenklicher Form als Verwaltungsanordnung mit bloßer Innenwirkung oder, wie heute i n der Regel, als staatliches Gesetz bzw. Rechtsverordnung auf Grund eines Gesetzes 130 ' 131 . Neben die nur die Rechtmäßigkeit sichernde Aufsicht 128
Zur Kategorie des „Öffentlichen" vgl. oben § 4 C, I I 3 c der Arbeit. E. Becker i n einer Diskussionsbemerkung zum Referat Salzwedel i n V V D S t R L 22, S. 361, vertreten allerdings m i t Blick auf die staatliche Handhabung der Kommunalaufsicht. 130 Dazu Thieme, Hochschulrecht, S. 97, der allerdings von staatlichen Instanzen erlassene Rechts- u n d Verwaltungsanordnungen unmittelbar den Aufsichtsmaßnahmen zuordnet. 131 Vgl. als Ermächtigungsvorschrift zum Erlaß staatlicher Rechtsverord129
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
t r i t t i m Ausbildungsbereich reglementierendes Staatsgesetz oder reglementierende Staats-Rechtsverordnung, die den Spielraum des universitätseigenen Rechtsetzungs- und Verwaltungshandelns nach vorgeprägten staatlichen Zielen h i n einschränken. Der Staat w i r d Prüfungsordnungen häufig als Gesetz oder Rechtsverordnungen erlassen wollen 1 3 2 , da er sich, würde i h m hier nur die rechtsaufsichtliche Genehmigung zugestanden, die als Aufsichtsmaßnahme nicht die Qualität eines parlamentarisch zustandegekommenen Gesetzes oder einer auf parlamentarischer Gesetzesermächtigung beruhenden Rechtsverordnung hat, jeder unbeschränkten Sachkontrolle des dann vorangehenden universitätseigenen Rechtsetzungshandelns enthalten müßte 1 3 3 . Insbesondere ist die staatliche Rechtsaufsicht kein Mittel, „ m i t dem bestimmte K u l t u r - oder sogar speziell berufspolitische Ziele verfolgt werden können" 1 3 4 . c) Abgrenzung zur Fach-/Dienstaufsicht i m Bereich „Wirtschafts- und Personalangelegenheiten" M i t der Kennzeichnung der staatlichen Hochschulaufsicht als Rechtsaufsicht i m Bereich der akademischen Angelegenheiten Wissenschaft und Ausbildung unvereinbar ist eine etwaige Befugnis des Kultusministers zu fachbezogenen, seinem Verwaltungsermessen unterworfenen Einzelweisungen. Diese sind nur möglich i m dritten Bereich hochschulischer (staatlicher bzw. Auftrags-)verwaltung der Wirtschafts- und Personalangelegenheiten, deren Erörterung bezüglich der Aufsichtsfragen bisher zurückgestellt worden war. Die staatliche Aufsicht ist hier Fachaufsicht 135 und fällt damit aus dem i m § 2 der Arbeit gezogenen Rahmen der eigentlichen Staatsaufsicht heraus. Sie erfolgt in der Regel durch allgemeine Weisungen 136 . Den Umfang dieser Fachaufsicht steckt § 86 Abs. 2 des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes ab, wenn er dem Kultusminister das Recht einräumt, „Weisungen zu erteilen (Fachaufsicht)": „1. i n Personalangelegenheiten der an der Universität tätigen Bediensteten einschließlich der Bestellung, Einstellung oder Verlängerung von Dienstverhältnissen von Lehrbeauftragten, Gastprofessoren u n d Gastdozenten, wissenschaftlichen Hilfskräften und Tutoren, nungen i m Prüfungsrecht § 66 Abs. 2 HambUniG, der i n den Fällen A n w e n dung finden kann, i n denen eine staatliche Abschlußprüfung m i t der Universität vereinbart wurde. 132 w i e z . B. die Prüfungsordnungen zur 1. juristischen Staatsprüfung. 133 A u f Einschränkungen dieses Grundsatzes w i r d bei der Schilderung des aufsichtlichen Genehmigungsverfahrens noch eingegangen werden. 184 Oppermann, S. 368. 185 Vgl. Geller ! Kleinrahm ! Fleck, A r t . 16 Anm. 12 b; Staff, S. 39 ff. 136 v g l . etwa § 3 Abs. 4 HessHschG 1966 u n d die ausführliche Kommentierung bei Staff.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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2. für die Bewirtschaftung der i m Haushaltsplan veranschlagten M i t t e l u n d für die Verwendung der durch diese M i t t e l erworbenen Vermögensgegenstände 1 3 7 , 3. auf dem Gebiet des Haushalts-, Kassen- u n d Rechnungs- und des Gebührenwesens, 4. für die V e r w a l t u n g und Benutzung der den Zwecken der Universität dienenden Grundstücke, Gebäude und Räume u n d ihrer Ausstattung m i t beweglichem Gerät (sowie i n Angelegenheiten nach §§ 68 bis 77) 1 3 8 , 5. für die Organisation der V e r w a l t u n g der Universität, der Versorgungseinrichtungen, Güter u n d sonstigen Wirtschaftsbetriebe, 6. für die Gewährleistung der Krankenversorgung i m Universitätsklinikum sowie der sonstigen der Universität auf dem Gebiet des öffentlichen Gesundheitswesens obliegenden A u f g a b e n 1 3 9 . "
Vergleichbar ist die Rechtslage an den anderen wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik. 4. Zweck der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche
Hochschule
Stellt man die i n dieser Untersuchung nicht eingehender zu verfolgenden Aufsichtsformen, die i m Bereich der Wirtschafts- und Personalangelegenheiten der Hochschule sowie für deren beamtete Mitglieder dienstrechtlich gelten, zurück, so dient die staatliche Rechts aufsieht über die wissenschaftliche Hochschule i n deren Kerngebieten autonome Wissenschaftsorganisation und eigenständige Verwaltung der akademischen Angelegenheiten i n erster Linie den Zielen, die auch für die allgemeine staatliche Rechtsauf sieht gelten: Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs nach außen und Sicherung wissenschaftlicher Tätigkeit nach innen vor freiheitsbeschränkenden und rechtswidrigen Maßnahmen einzelner Hochschulorgane oder Teilkörperschaften, die der Hochschule als ganzer zuzurechnen sind. (Schutzbedürftig i m Innenverhältnis können dabei sein: einzelne Mitglieder oder Angehörige der wissenschaftlichen Hochschule und einzelne Organe oder Teilkörperschaften gegenüber anderen Organen oder Teilkörperschaften.) Auf der einen Seite hat die Rechtsaufsicht also Überwachungs- und Sicherungsfunktion; zutreffend gibt A r t . 101 Abs. 1 des Bayerischen Hochschul137 Hier sei angemerkt, daß dadurch nicht die freie Bestimmung des Forschers über den konkreten Einsatz der i h m zur Verfügung gestellten M i t t e l bei eigenen Forschungsvorhaben beeinträchtigt werden darf. 138 Die K l a m m e r n sind v o m Verf. hinzugefügt. Dieser Teil der Vorschrift, der i n der ursprünglichen Fassung — § 63 Abs. 2 Nr. 4 BaWüHschG a. F. — nicht enthalten war, sieht ein Weisungsrecht des Kultusministers i n Angelegenheiten des Ordnungs- und Hausrechts vor. Z u der sich anschließenden Problematik s. u. § 6 C I V , 3 b, Anm. 193 der Arbeit. 139 Die V e r w a l t u n g der K l i n i k e n als Krankenanstalten ist oft als reine Staatsverwaltung ausgestaltet (s. o.), was das Weisungsrecht ipso iure zur Folge hat.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
gesetzes den Rechtszustand wieder, wenn er anordnet: „Die staatliche Aufsicht beschränkt sich i n Körperschaftsangelegenheiten darauf, die Erfüllung der durch Gesetz oder auf Grund Gesetzes festgelegten Aufgaben und Verpflichtungen sowie die Rechtmäßigkeit der Tätigkeit der Hochschulen zu überwachen (Rechtsaufsieht)." A u f der anderen Seite steht die staatliche Vorwegüberprüfung (deren Umfang i m einzelnen unten zu schildern ist) i n all den Fällen, i n denen die Universität zur Wirksamkeit ihres eigenverantwortlichen Handelns einer staatlichen Genehmigung bedarf. 5. Aufsichtsmaßstab und Handhabung der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule Für das staatsaufsichtliche Verfahren haben sich dabei i m Umgang mit den Universitäten grundsätzlich spezifische Verhaltensweisen der Staatsbürokratie entwickelt, die von behutsamer Rücksichtnahme und Eingehen auf die akademischen Vorstellungen gekennzeichnet sind 1 4 0 ; nochmals sei hier unterstrichen, daß dem Kultusminister und seiner Behörde i n akademischen Angelegenheiten grundsätzlich jegliche Einflußnahme auf die sachliche Richtigkeit und Zweckmäßigkeit von korporativen Rechtsetzungsakten und Verwaltungsmaßnahmen der wissenschaftlichen Hochschule verwehrt ist. a) Aufsichtsmaßstab Aufsichtsmaßstab, an dem autonome Rechtsetzung und eigenverantwortliches Verwaltungshandeln der wissenschaftlichen Hochschule gemessen werden, sind i m wesentlichen Gesetz, Rechtsverordnung, Universitätsgewohnheitsrecht und das eigene, bereits bestehende Satzungsrecht der konkreten Hochschule, einschließlich ihrer i m legislativen Satzungsverfahren zustandegekommenen allgemein bindenden Organbeschlüsse 141 . Dieser Kreis von Normen und Rechtssätzen bindet, die Rechtsgültigkeit der Regelung jeweils vorausgesetzt, das freiheitlicheigenverantwortliche Handeln der wissenschaftlichen Hochschule; einen Hinweis auf den gültigen Rechtszustand enthalten wiederum die Landesverfassungen von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen 142 . 140 Einzelheiten bei Oppermann, S. 370/371 u n d Kluge, S. 255, der auch ein Beispiel aus der Frankfurter Praxis nennt. 141 Dazu allgemein W. Weber, Kommunalaufsicht, S. 19; für das Hochschulrecht Thieme, Hochschulrecht, S. 96/97, der allerdings die zweifelhaften ministeriellen Verwaltungsvorschriften als für die Hochschule bindend einbezogen wissen w i l l . 1 4 2 A r t . 20 Abs. 2 LVerf. Baden-Württemberg; A r t . 16 Abs. 1 LVerf. Nordrhein-Westfalen: „ . . . eine ihrem besonderen Charakter entsprechende Selbstverwaltung i m Rahmen der Gesetze und ihrer staatlich anerkannten
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Ein Verstoß der wissenschaftlichen Hochschule gegen diesen Kreis von Rechtsvorschriften oder deren unrichtige (auch ermessensfehlerhafte) Anwendung kann repressive rechtsaufsichtliche Maßnahmen auslösen 1 4 3 ; durch die Zurückführung des freiheitlich-eigenverantwortlichen Handelns der Universität auf das rechtlich Erlaubte übt die Behörde mit dem von ihr rechtsrichtig auszuwählenden Aufsichtsmittel i n der Regel gebundene Gesetzmäßigkeitskontrolle i m Sinne Salzwedels aus 144 . Richtlinienhaft vorbestimmte eigene Vorstellungen, „gelenkte" Gesetzmäßigkeitsaufsicht also, könnte der aufsichtführende Minister nach der Lehre Salzwedels nur bei der besonderen Rechtsgrundsätzen folgenden Vorwegkontrolle i n der Gestalt der staatlichen Genehmigung geltend machen; inwieweit die Salzioedelsche Distinktion für die gesetzlich vorgesehenen Genehmigungserfordernisse des Hochschulrechts gilt, w i r d zu klären sein. b) Handhabung der Staatsaufsicht Auch zur Handhabung der staatlichen Hochschulaufsicht gilt, daß sie den ganzen Raum akademischer Selbstverwaltung und autonomer Rechtsetzung umfaßt — Universalitätsprinzip 1 4 5 . Einschränkungen dieses Grundsatzes können sich allerdings aus der bereits erwähnten Tatsache ergeben, daß eine Mehrzahl der Entscheidungen hochschulischer Organe „wissenschaftsgeprägt" und, wenn ein Rechtsverstoß nicht offensichtlich ist, damit staatlicher Überprüfung mit den Kategorien der Aufsicht nur bedingt unterworfen ist 1 4 6 . Das leitet über zu einem zweiten Grundsatz i n der Handhabung der Hochschulaufsicht: dem Opportunitätsprinzip 1 4 7 . Danach ist die Aufsichtsbehörde zum aufsichtlichen Eingreifen nicht verpflichtet, obwohl sie, gemessen am gesetzlichen Aufsichtsmaßstab, eingreifen dürfte, weil Satzungen." Gesetz i. S. der Verfassungsbestimmungen ist nach dem oben Gesagten jeder formelle u n d materielle Rechtssatz (mit Ausnahme der universitätseigenen Satzungen). 143 Oppermann, S. 369. 144 v g l . § 2 C, I V der Arbeit. 145 s. o. §2 der A r b e i t u n d Thieme, Hochschulrecht, S. 96; Oppermann, S. 369. Die Universalität reicht so weit als auch die akademische Selbstverwaltung ihrerseits universell ist. Bedenken bei Gallwas, S. 121. 146 Vgl. dazu unten den F a l l „Germanistische Vorlesung F U Berlin", i m Abschnitt „eingreifende Aufsichtsmittel". 147 F ü r die Studentenschaftsaufsicht anerkannt v o m V G Sigmaringen, U r t e i l v o m 2. 2.1968, Az.: I I I 364/67, DVB1.1968, S. 267 ff., 270. Der Grundsatz gilt jedoch für das gesamte Hochschulrecht. A l l e i n Bayern schließt — in Übereinstimmung m i t den Regelungen der Bayerischen Gemeindeordnung — bei eingreifenden Aufsichtsmitteln i m Bereich des Hochschulrechts (Beanstandung, Anordnung) das Opportunitätsprinzip aus u n d verlangt ein Tätigwerden der Aufsichtsbehörde. Vgl. A r t . 101 Abs. 3 BayHschG u n d oben § 2 der Arbeit, Anm. 51.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
gegen ein konkretes Selbstverwaltungshandeln der Universität der Rechtswidrigkeitsvorwurf erhoben werden kann 1 4 8 . Das Opportunitätsprinzip hat für die Ausübung von Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule seinen guten Sinn deshalb, weil i m Bereich der akademischen Selbstverwaltung die Überprüfung einer Entscheidung an den Maßstäben des Verwaltungsrechts besonders häufig ein eindeutiges rechtliches Verdikt nicht zulassen wird. Das ist die Folge der schon geschilderten Tatsache, daß die Grundsätze staatlichen Verwaltungshandelns auf „Wissenschaf tsver waltung" nur i n sehr begrenztem Umfang anzuwenden sind, so daß eine Verpflichtung des Staates, bei jeder von seiner Kulturbürokratie als fehlerhaft beargwöhnten Selbstverwaltungsentscheidung der Universität eingreifen zu müssen, zu unangemessen kleinlicher Besserwisserei führen könnte 1 4 9 . Allerdings sind die Grenzen des Opportunitätsprinzips dort zu ziehen, wo durch das Selbstverwaltungshandeln der Hochschule die Verletzung absoluter Rechte einzelner, vor allem einzelner Hochschulangehöriger, zu befürchten ist; dasselbe gilt dort, wo Ansprüche der Hochschule selbst bzw. ihrer Organe auf aufsichtliches Einschreiten bestehen, weil i m konkreten Fall das pflichtgemäß auszuübende Ermessen der Behörde — ob sie aufsichtlich eingreifen w i l l oder nicht — auf „ n u l l reduziert" ist 1 5 0 . Die bis i n die jüngste Zeit zu beobachtende behutsame Handhabung der M i t t e l der Hochschulaufsicht durch die Hochschulabteilungen der K u l tusministerien könnte ein Indiz dafür sein, daß von dem eingeräumten Opportunitätsermessen in großem Umfang Gebrauch gemacht wurde; die Regel werden i n zweifelhaften Fällen die vorherige Absprache und Herstellung eines Einvernehmens mit den Selbstverwaltungsorganen der Universität sein. Bei universitätsinternen Streitigkeiten ist die Tendenz zu beobachten, zunächst hochschuleigene Schlichtungsinstanzen tätig werden zu lassen. Zuletzt gelten auch für die Handhabung der staatlichen Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule die Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit, die, i n der Verfassung vorgegeben, das gesamte Verwaltungsrecht durchziehen und demnach ohne weiteres auch für die staatliche Hochschulaufsicht Anwendung finden. Es gelten die allgemeinen Erkenntnisse 151 , auf die hierzu verwiesen werden darf. 148
Vgl. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 221. 149 Eine oft unzureichende personale Ausstattung der K u l t u r b ü r o k r a t i e zur Kontrolle der „Wissenschafts"verwaltung befürchtet Oppermann, S. 367. 150 Z u diesen Grenzen des Opportunitätsprinzips i m Bereich der K o m munalaufsicht vgl. W. Weber, Kommunalaufsicht, S. 20/21. Die dort von Weber entwickelte Auffassung ist m. E. auch auf das Hochschulrecht zu übertragen. 151 H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I, § 30 I I 6 1, vgl. § 2 der Arbeit. Für
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
109
Erwähnung verdient an dieser Stelle die Forderung, daß grundsätzlich der beabsichtigte Vollzug eines eingriffsintensiven Aufsichtsmittels den betroffenen Organen der wissenschaftlichen Hochschule vorher anzudrohen ist 1 5 2 . Die Androhung kann ausdrücklich geschehen oder i n einem Rechtsverbindlichkeit beanspruchenden Hinweis enthalten sein, der die Erklärung über die beabsichtigte Aufsichtsmaßnahme begleitet. 6. Die Mittel der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule a) Grundlagen A n nächster Stelle stehen die Mittel, die die Aufsichtsbehörde i m Rahmen ihrer Rechtsaufsichtsgewalt gegen die wissenschaftliche Hochschule ergreifen kann. Die Hochschulgesetze enthalten dazu entweder keine 1 5 3 oder voneinander abweichende Regelungen. I n neuerer Zeit ist eine Tendenz zur Systematisierung zu beobachten 154 . Trotzdem bleibt aber festzustellen, daß ein allgemein als verbindlich akzeptierter und nach der Schwere der zur Verfügung stehenden M i t t e l geordneter Katalog, der sich den Landesgesetzgebern zur Übernahme angeboten hätte, für den Bereich der Hochschulaufsicht nicht zu bestehen scheint. I m Grunde ist i n den Hochschulgesetzen nur der schon zuvor bestehende ungewisse Rechtszustand über den Umfang hochschulrechtlicher Aufsichtsmittel perpetuiert worden 1 5 5 : weder sind die i n den Hochschulgesetzen enthaltenen Regelungen vollständig, noch, wegen der gelegentlich anzutreffenden Bereitschaft des Gesetzgebers, ihrer Eingriffsintensität nach schwere Aufsichtsmittel zur Verfügung zu stellen, verfassungsrechtlich bedenkenfrei. Diese Aussagen bedürfen der Begründung. das Hochschulrecht vgl. Verwaltungsgericht München, Beschluß v o m 25.2. 1969, Nr. 3038/69, S. 9 f.; Bundesverwaltungsgericht, w i e Anm. 72. 152 Das gilt nicht für die Beanstandung u n d i h r verwandte Mittel, da deren Wesen einer vorhergehenden Androhung entgegensteht. 153 So die Hochschulgesetze von Bremen und Berlin. 154 Etwa i n den Hochschulgesetzen von Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen u n d Saarland. § 60 Abs. 1 S. 2 EHschRG sieht vor, daß die M i t t e l der Staatsaufsicht (Rechtsaufsicht) durch Landesgesetz bestimmt sein müssen. 155 Für die Ungewißheit über den Umfang der i m Hochschulrecht zur Verfügung stehenden Aufsichtsmittel vor dem Inkrafttreten der Hochschulgesetze sind die Ausführungen Thiemes, Hochschulrecht, S. 97, eindrucksvoller Beleg. Vorsichtig werden dort nur gewisse schwere M i t t e l für die Hochschulaufsicht ausgeschlossen; eine Systematik fehlt. Andere Autoren, wie Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 254, übernehmen berichtend Thiemes A u f fassung.
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§4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
aa) Abgrenzung zum Kommunalrecht Da es vor dem Erlaß der Hochschulgesetze eine eingehende normative Regelung der bei der Handhabung der Hochschulaufsicht rechtsstaatlich zulässigen M i t t e l nicht gab, blieb nur der Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze, konkret auf die Rechtssätze und Lehren, die zur staatlichen Kommunalaufsicht entwickelt worden sind. Dort nämlich sind, spätestens seit der „Deutschen Gemeindeordnung" vom 30.1.1935 156 , deren Rechtsvorschriften über die staatliche Aufsicht inhaltlich i m wesentlichen unverändert nach dem 2. Weltkrieg von den Nachfolgegemeindeordnungen der Bundesländer übernommen wurden 1 5 7 , die zulässigen M i t t e l der Rechtsaufsicht systematisch erfaßt und gesetzlich angeordnet. Diese Regelung ist als Vorbild nicht nur von der Lehre, sondern auch vom Gesetzgeber 158 für das allgemeine Staatsaufsichtsrecht über Träger von Selbstverwaltung übernommen worden. Als eine der Sache nach erforderliche und angemessene, an den Prinzipien des Rechtsstaates überprüfte Regelung eines typischen Bereiches von Verwaltungshandeln konnten diese Vorschriften daher auch einer Bestimmung der zulässigen M i t t e l der staatlichen Hochschulaufsicht zugrunde liegen 1 5 9 . Bei dieser allgemein gehaltenen Aussage endet jedoch die Parallele. Die dem Schutz der Wissenschaft dienenden Garantien, die über die den Körperschaften des öffentlichen Rechts sonst zugestandenen hinausgehen 160 , machen für die wissenschaftliche Hochschule ergänzende und einschränkende Aussagen erforderlich. Dabei geht es angesichts der rechtsstaatlichen Erprobtheit der aus dem allgemeinen Staatsaufsichtsrecht (Gemeinderecht) zu übernehmenden Regelungen weniger darum, daß die Hochschulgesetze zur Sicherung von universit é RGBl. I, S. 49. Statt aller §112 ff. BaWüGemeindeordnung. 158 Beispiele sind etwa die ausdrückliche Verweisung i n § 20 NordrheinWestfälisches Landesorganisationsgesetz v o m 10.7.1962, GVB1. S. 421, u n d § 9 ff. des Berliner „Gesetzes über die Zuständigkeiten i n der allgemeinen Berliner V e r w a l t u n g (AZG)" v o m 2.10.1958, GVB1. S. 947; auf letztere V o r schriften bezieht sich auch der Senator für Wissenschaft u n d Kunst, wenn er A u f sich tsmittel gegenüber den Berliner Universitäten einsetzen w i l l ; vgl. V G B e r l i n wie A n m . 193. 159 Grundsätzlich richtig daher die amtliche Begründung zu § 60 Abs. 1 EHschRG: „ A l s Aufsichtsmittel, die nach Satz 2 durch Landesgesetz zu bestimmen sind, kommen die nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zulässigen Maßnahmen i n Betracht." Schleswig-Holstein geht diesen Weg, w e n n i n § 13 Abs. 1 SHHschG wegen der Handhabung und der zulässigen M i t t e l der Hochschulaufsicht auf § 50 des Schleswig-Holsteinschen Landesverwaltungsgesetzes (GuVBl. 1967, S. 131) Bezug genommen w i r d ; die dort getroffenen Regelungen (§ 50 i. V. m. § 52) wiederum verweisen wegen des Umfangs u n d der zulässigen M i t t e l der Staatsaufsicht auf die entsprechenden Vorschriften der Schleswig-Holsteinschen Gemeindeordnung. 160 Dazu V G Karlsruhe, Beschluß v o m 5. 6.1968, Az.: I I I 109/68, DVB1. 1968, S. 715 ff., 716 2. Sp. 157
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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tärer Autonomie und Selbstverwaltung überhaupt eine enumerative Aufzählung zulässiger M i t t e l enthalten; wichtiger noch ist eine „ i n stitutionsgerechte" Überprüfung eines jeden dieser Mittel an dem Maßstab der hochschulischen Essentialia, u m i m Anschluß allgemein ihre Übernahme i n das Hochschulrecht zu bejahen oder zu verwerf e n ^ , 162^ Zusammenfassend ist der Rechtszustand, der nach 1945 hochschulaufsichtsrechtlich gilt, dahingehend zu kennzeichnen, daß grundsätzlich der Katalog der letztlich dem Gemeindeaufsichtsrecht entstammenden Aufsichtsmittel angewandt werden kann, vorbehaltlich möglicher Einschränkungen, die Folge der Prüfung sind, inwieweit eine solche Anwendbarkeit mit den festgesetzten Maßstäben der freiheitlichen Hochschulverfassung übereinstimmt oder n i c h t 1 6 3 ' 1 6 4 . bb) Hochschulgesetzliche
Regelungen
Die Systematik der Hochschulgesetze i m einzelnen ist folgende. Soweit sie das Bestehen von Rechtsaufsicht als solcher anordnen, wollen sie bezüglich der M i t t e l auf ein rechtsstaatlich gesichertes Instrumentarium und die bisherige Verwaltungsübung verweisen. Andere, wie das hamburgische, begnügen sich mit der Aufzählung einiger weniger Mittel; insoweit ist die nach dem bis dahin bestehenden Recht erlaubte Praxis in die Betrachtung mit einzubeziehen, da nicht anzunehmen ist, daß sich der aufsichtführende Minister zulässiger, ihm bereits zustehender M i t t e l begeben wollte 1 6 5 . Soweit sie, wie etwa das nordrheinwestfälische, einen vollständig systematisierten Katalog enthalten, ist die Anknüpfung an das Kommunalrecht zwar deutlich 1 6 6 und weitestgehende Vollständigkeit erreicht; zu prüfen bleibt aber die verfassungsrechtliche Zulässigkeit besonders der eingriffsintensiven Mittel. M i t Salzwedel kann freilich aus einer so vollständigen enumerativen iei Z u m ganzen Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 252, 254 f. Die „hochschulfesten" Aufsichtsmittel können dann ohne weiteres auch i n den Ländern ohne ausdrückliche hochschulgesetzliche Regelung eingesetzt werden. 163 So gibt zwar die amtliche Begründung zu § 60 Abs. 1 EHschRG die Tatsache der Rezeption der allgemeinen Staatsaufsichtsmittel richtig wieder, enthält aber keinen Hinweis auf eine Überprüfung dieses Ergebnisses an den Essentialia der wissenschaftlichen Hochschule. 164 Thieme, Hochschulrecht, S. 97, bemängelte schon 1956 das Fehlen einer wissenschaftlichen Untersuchung der M i t t e l der hochschulischen Rechtsaufsicht. 16 5 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 255, hält den Einsatz leichterer M i t t e l immer dann für rechtlich zulässig, w e n n schwerere i m Gesetz ausdrücklich genannt sind. Das V G Karlsruhe, a.a.O., w i l l die Aufsichtsmittel des baden-württembergischen Kultusministers auf die i n § 63 (a. Fassung) HschG genannten beschränken (?). 166 Besch, Kommentar, zu § 49 NWHschG, S. 86, zeichnet k l a r die Parallele von § 49 NWHschG zu § 106 ff. N W Gemeindeordnung. 162
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
gesetzlichen Aufzählung geschlossen werden, daß der Landesgesetzgeber die Anwendung schwererer als des i m Gesetz jeweils genannten eingriffsintensivsten Aufsichtsmittels nicht zulassen wollte 1 6 7 . b) Nicht eingreifende Aufsichtsmittel Die Gruppe der nicht eingreifenden Aufsichtsmittel läßt, wie schon ihr Name sagt, die selbstverantwortliche Entscheidung der Universität unangetastet. Die wissenschaftliche Hochschule kann durch die A n wendung dieser Aufsichtsmittel allenfalls zum Handeln veranlaßt werden; das Wie der i m einzelnen von ihr erwarteten und auszuführenden Maßnahme bestimmt sie jedoch selbst. Die Gruppe der nicht eingreifenden Aufsichtsmittel kann daher i n vollem Umfang aus dem allgemeinen Staatsaufsichtsrecht i n das Hochschulrecht übernommen werden. Beschränkungen für den aufsichtführenden Minister, die i n der auf freiheitliches Handeln angelegten Verfassung der Universität ihren Grund haben könnten, bestehen insoweit nicht. αα) Beratung, Hinweise, Warnungen Eingeleitet w i r d der Katalog der nicht eingreifenden Aufsichtsmittel mit Beratung und Hinweis. Gemeint ist die Tätigkeit der Aufsichtsbehörde, die auf Verlangen der Universität Auskunft und Rat i n Rechtsfragen erteilt, die Hinweise auf die Rechtslage oder die Voraussetzungen rechtmäßigen zukünftigen Selbstverwaltungshandelns der Organe der beaufsichtigten Hochschule ausspricht, gutachterliche Äußerungen und verbindliche Stellungnahmen abgibt, aber auch vor rechtswidrigem Verhalten der Organe des Aufsichtunterworfenen warnt oder geeignete Erwiderungsmaßnahmen für einen solchen Fall androht. Umfassende Beratung i n diesem Sinne sollte i m Mittelpunkt der Aufsichtstätigkeit des Ministers gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule stehen und quantitativ ihren größten Teil ausmachen 168 . Um so erstaunlicher ist es, daß keines der Hochschulgesetze einen entsprechenden Hinweis enthält. Die als Vorstufe aller eingriffsintensiveren Aufsichtsmittel i n Betracht kommende Beratung, die bereits Ansätze möglicher Konflikte i m Keim ersticken kann, setzt freilich ein Vertrauensverhältnis zwischen Minister und Universität voraus, auf Grund dessen diese gern auf den durch den größeren Apparat bedingten Sachverstand des Ministeriums zurückgreift. I n Zeiten guten Einvernehmens zwischen Ministerium und Hochschule erschöpft sich die Aufsicht, von der Sache der Wissenschaft 167 Salzwedel V V D S t R L 22, S. 255. 168 Nach Becker, K o m m H d B I, S. 168, ist auch i m Kommunalrecht die Beratung „Kernstück" der Aufsicht. Kritisch dazu Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 186.
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h e r vorgegeben, i m w e s e n t l i c h e n i n e i n e m b e s t i m m t e r F o r m e n des g l e i c h b e r e c h t i g t e n U m g a n g s sich b e d i e n e n d e n Gedankenaustausch ü b e r anstehende F r a g e n 1 6 9 . Dieses g u t e E i n v e r n e h m e n scheint a l l e r d i n g s n i c h t m e h r ü b e r a l l z u h e r r s c h e n 1 7 0 . H e r v o r z u h e b e n i s t noch, daß der d e r Hochschule e r t e i l t e R a t f ü r diese — w i e sich schon aus d e m B e g r i f f selbst e r g i b t — k e i n e B i n d u n g s w i r k u n g e n t f a l t e t 1 7 1 . A u f d e r a n d e r e n Seite k a n n d i e A u f s i c h t s b e h ö r d e m i t t e l s eines a u f s i c h t l i c h e n H i n w e i s e s eine Rechtslage als f ü r sich v e r b i n d l i c h feststellen u n d d a d u r c h i h r k ü n f t i g e s V e r h a l t e n anzeigen. bb) Informationsrecht,
Auskunftsverlangen
D i e b i s h e r besprochene G r u p p e w i r d ergänzt v o n w e i t e r e n M i t t e l n v o r b e r e i t e n d e r A r t . Es h a n d e l t sich h i e r b e i u m M a ß n a h m e n d e r U n t e r r i c h t u n g u n d des V e r l a n g e n s der e r f o r d e r l i c h e n A u s k ü n f t e z u r V o r b e r e i t u n g einer ( A u f sieht s-) E n t s c h e i d u n g des M i n i s t e r s sowie u m solche 169 s. o. § 4 A n m . 140 m. w. N. i™ Als Beispiel für den Verlust an Vertrauen unter den Beteiligten dürfen die sich über das ganze Sommersemester 1971 hinziehenden Auseinandersetzungen zwischen dem K u l t u s m i n i s t e r i u m Baden-Württemberg u n d der Universität Heidelberg i m F a l l Conze (Einzelheiten s. u.) genannt werden. Der nach 1 l/2jähriger Amtszeit nach dem SS 1971 zurückgetretene Prorektor der Universität Heidelberg, A. Podlech, schreibt i n einer abschließenden Stellungnahme zu seiner Tätigkeit u.a.: „ . . . Das Ziel des Rektorats Rendtorff w a r es von Anfang an, latente Konflikte durch Beseitigung oder Rationalisierung der Konfliktursachen u n d offen ausgebrochene Konflikte durch V e r m i t t l u n g zu entschärfen, u m Beginn u n d Fortgang der notwendigen Reformen zu ermöglichen. Dieses Ziel, sozusagen zwischen L i n k s - u n d Rechtsaußen den Raum für Reformen offen zu halten, ist jedoch vorwiegend durch einen Umstand zunehmend i n Frage gestellt worden, nämlich durch die eindeutige Option des Kultusministers zugunsten reformunwilliger Hochschullehrer. Er hat das Ziel des Rektors als „ V e r m i t t l u n g zwischen Recht und Unrecht" abqualifiziert. Es gibt keinen Rechtsstreit zwischen der Universität u n d dem M i n i s t e r i u m oder zwischen Universitätsmitgliedern und dem Rektorat, m i t dem er befaßt war, i n dem er als Rechtsaufsichtsbehörde nicht auf der Seite der Reformgegner gestanden hätte; m i r ist andererseits kein Wort des Ministers bekannt, i n dem er letztere auf ihre Rechtspflicht zur Hochschulreform nach § 2 des (Baden-Württembergischen) Hochschulgesetzes (a. F. / Ergänzungen v o m Verf.) hingewiesen hätte" ; abgedruckt i m Heidelberger „unispiegel aktuell" 31/71 v. 23. J u l i 1971. Umgekehrt heißt es i n der nächsten Ausgabe dieses Periodikums, Nr. 32/71 v o m 30. J u l i 1971: „Die Spannungen, die seit Monaten das Verhältnis der Stuttgarter Regierune zur Universität Heidelberg bestimmen, haben sich weiter verschärft. Der Regierungschef (Ministerpräsident Filbinger, erg. v. Verf.), unterstützt von Kultusminister Hahn, erklärte vor Journalisten, daß die akademische Selbstverwaltung i n Heidelberg, der Rektor Rendtorff vorsteht, bei der Sicherung der Lehrfreiheit an der ältesten deutschen Hochschule „ v ö l l i g versagt" habe. „Das L a n d Baden-Württemberg ist nicht länger bereit, dies hinzunehmen", betonte Filbinger. Es sei unmöglich, daß Millionen Steuergroschen i n eine I n s t i t u t i o n hineingepumpt würden, die „eine Handvoll revolutionär gesinnter Leute" u m die Früchte ihrer A r b e i t bringen könnte" . . . — I n einem solchen K l i m a wechselseitiger Beschuldigungen k a n n keine vertrauensvolle Zusammenarbeit gedeihen. 171 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 186. 8 Gallas
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Aufsichtstätigkeit, die eine förmliche Untersuchung einleitet und durchführt. Die Verwandtschaft aller dieser Mittel, die sich aus ihrer vorbereitenden, nicht eingreifenden und möglichst vorbeugenden Natur ergibt, rechtfertigt ihre gemeinsame Übernahme i n das Hochschulrecht. Zum anderen folgt schon aus dem Begriff der Aufsicht, daß deren Träger M i t t e l zur Verfügung stehen müssen, die noch nicht die eigene Entscheidung betreffen, sondern das Verfahren überhaupt erst i n Gang bringen. Einige Hochschulgesetze bezeichnen dann auch das Recht des Kultusministers, sich über einzelne Angelegenheiten der wissenschaftlichen Hochschule zu unterrichten und Berichte des Hochschulpräsidenten oder Rektors anzufordern, als zulässiges Aufsichtsmittel 1 7 -. Freilich darf hierunter nicht mehr die aus der Universitätsgeschichte bekannte umfassende Visitation verstanden werden; eine solche Staatskuratel wäre mit dem Umfang der heute der wissenschaftlichen Hochschule gewährleisteten Autonomie unvereinbar 1 7 3 . Der aufsichtführende Minister w i r d sich vielmehr der verwaltungsüblichen und rechtsstaatlich gesicherten Einzelmittel wie des sich der Hochschule gegenüber als Verwaltungsakt darstellenden Auskunftsverlangens 174 , des Verlangens, A k t e n eines einzelnen Vorgangs zur Einsicht vorgelegt zu erhalten (die wissenschaftliche Hochschule hat insoweit eine Berichtspflicht 1 7 5 ) und der fall weisen Unterrichtung durch Berichterstattung der betroffenen Universitätsorgane bedienen müssen. A n den Schluß kann dabei noch eine eigene rechtsverbindliche Stellungnahme der aufsichtführenden Behörde treten, verbunden mit der Aufforderung an die zuständigen Universitätsorgane, etwa beobachtete und festgestellte Mängel abzustellen. cc) Zusammenfassendes Beispiel A m Abschluß der Erörterung dieser Gruppe von Aufsichtsmitteln mag beispielhaft der Bericht über einen Vorgang stehen, der sich i m Sommersemester 1971 an der Universität Heidelberg zugetragen hat und der das Zusammenwirken von Auskunftsverlangen des Ministers, 172 § 87 Abs. 1 BaWüHschG; A r t . 101 Abs. 2 S. 1 BayHschG; § 37 HessHschG; §49 Abs. 4 NWHschG; §11 Abs. 2 SaarlHschG; §85 Abs. 2 SaarlUniG. 173 Genau daher § 87 Abs. 1 BaWüHschG u n d § 37 HessHschG, die v o m Informationsrecht bezüglich „einzelner" Angelegenheiten der wissenschaftlichen Hochschule sprechen. A r t . 101 Abs. 2 S. 1 BayHschG u n d § 49 Abs. 4 NWHschG, die demgegenüber ein Unterrichtungsrecht des Ministers über „die Angelegenheiten" der Hochschule normieren, dürfen nach dem oben Gesagten nicht so ausgelegt werden, daß die Universität etwa umfassend über i h r Handeln A u s k u n f t zu geben hätte. Auch das Gemeinderecht kennt keine regelmäßige Berichterstattungspflicht über alle angefallenen Vorgänge, Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 184; Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 248. 174 Den Charakter des Auskunftverlangens als Verwaltungsakt betont Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 248. 175 Vgl. Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 184.
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Auskunftserteilung des Rektors und nachfolgendem rechtsverbindlichen Hinweis des Ministeriums aufzeigen soll. Während des ganzen Semesters kommt es zwischen Ministerium und Universität zu Auseinandersetzungen u m die Kompetenz zum Erlaß einer sog. „ K l i n i k ordnung" für die Universitätskliniken gemäß § 6 Abs. 3 des BadenWürttembergischen Hochschulgesetzes (a. F.). Der vom Ministerium dazu vorgelegte „ E n t w u r f einer Klinikordnung" wurde inhaltlich von Gruppierungen innerhalb aller baden-württembergischen Universitäten bekämpft, u. a. auch von der Gruppe der Assistenzärzte der Heidelberger Universitätskliniken. A u f Einzelheiten braucht an dieser Stelle nicht eingegangen zu werden 1 7 6 . Das Kultusministerium erfährt von geplanten „Kampfmaßnahmen" dieser Gruppe 1 7 7 und fragt daher unter dem 21. 6.1971 beim Rektor der Universität Heidelberg an: „ D e m Vernehmen nach beabsichtigen Mitglieder des akademischen M i t t e l baus der Universität Heidelberg, i n der Zeit v o m 21. bis 23. J u n i 1971 i m klinischen Bereich i n einer ,Urabstimmung 4 festzustellen, ob der ,Erlaß einer K l i n i k o r d n u n g ' durch das K u l t u s m i n i s t e r i u m abgelehnt w i r d u n d ob für den F a l l des Erlasses bestimmte Kampfmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Gegen die zur A b s t i m m u n g gestellten Fragen bzw. Maßnahmen bestehen schwerwiegende rechtliche Bedenken, da sich die angesprochenen ,Kampfmaßnahmen' nicht m i t den verfassungsrechtlichen, beamtenrechtlichen und dienstlichen Verpflichtungen der Angehörigen des akademischen Mittelbaus vereinbaren ließen u n d zudem dazu geeignet wären, die K r a n kenversorgung zu gefährden. — Das K u l t u s m i n i s t e r i u m b i t t e t daher, die Sachlage unter den vorstehenden Gesichtspunkten unverzüglich zu prüfen, das ,Urabstimmungskomitee' auf die Bedenken hinzuweisen u n d über das Veranlaßte zu berichten."
Der Rektor antwortet, daß er den Inhalt des Schreibens des M i n i steriums dem Hauptausschuß der wissenschaftlichen Assistenten und akademischen Räte der Universität Heidelberg zur Stellungnahme zugeleitet habe. Anschließend faßt er den Inhalt der Stellungnahme des Hauptausschusses zusammen, wonach als Kampfmaßnahmen der Assistenzärzte gegen den Erlaß der geplanten Klinikordnung u. a. die Errichtung eines „Notdienstes wie an Sonn- und Feiertagen" und gezielter „Boykott" der Beschlüsse des (durch die Klinikordnung einzurichtenden) „Vorstandes des Klinikums" vorgesehen ist. Diese geplanten Maßnahmen werden vom Rektorat als mit dem Recht übereinstimmend angesehen. Dazu Heidelberger „unispiegel aktuell" Nr. 13/71 v o m 22.3.1971, der den Text des geplanten Entwurfes enthält, Nr. 14/71 v o m 5.4.1971 m i t kritischen Stellungnahmen, Nr. 19/71 v. 13. 5.1971 u n d Nr. 27/71 v o m 29.6. 1971, der die Stellungnahme der Assistenzärzte enthält. 177 Zur rechtlichen Einordnung von Kampfmaßnahmen von Mitgliedern der Universität siehe den folgenden Text u n d unten, K a p i t e l „Staatsaufsicht über die Studentenschaften", § 6 C, I V der Arbeit. 8*
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Das Kultusministerium antwortet mit folgendem Erlaß: „Die sogenannten ,Kampfmaßnahmen', welche i m Bereich der K l i n i k e n der Universität Heidelberg tätige Angehörige des Akademischen Mittelbaus zu ergreifen beabsichtigen, verstoßen i m Falle ihrer Durchführung gegen die diesem Kreis von Bediensteten obliegenden Dienstpflichten. Entgegen der i m Bericht von der Universität geäußerten Rechtsauffassung steht Beamten ein Streikrecht nicht zu. Diese Rechtsauffassung entspricht der nahezu einhelligen Meinung i n Wissenschaft u n d Rechtsprechung. Soweit es sich u m Angestellte handelt, sind die beabsichtigten Maßnahmen, welche sich praktisch als Streikmaßnahmen darstellen, deshalb rechtswidrig, w e i l ein Streikrecht n u r zur Durchsetzung einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen insbesondere i n Bezug auf L o h n und Arbeitszeit besteht. Eine derartige Zielrichtung ist i m vorliegenden F a l l eindeutig nicht vorhanden . . . Es w i r d ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sich diejenigen Bediensteten, welche sich an der Durchführung der angekündigten Maßnahmen beteiligen, möglicherweise strafbar machen (§ 330 c StGB). Ferner ist auf die V e r pflichtung zum Schadensersatz f ü r etwa enstehende Schäden hinzuweisen . . . Gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 1 HschG w i r d die Universität angewiesen, k ü n f t i g entsprechend der Rechtsauffassung des Kultusministeriums zu verfahren. Der i n Betracht kommende Personenkreis ist über den I n h a l t dieses p r i a s ses4 i n geeigneter Form 4 zu unterrichten. 4 '
Rechtlich ungenau an diesem Erlaß des Ministeriums ist die Schlußanweisung an die Universität, die auf § 63 Abs. 2 Nr. 1 BaWüHschG (a. F.) gestützt wird. Maßnahmen der Dienstaufsicht (um solche handelt es sich bei § 63 Abs. 2 Nr. 1), i n denen Thieme 178 die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung rechtsaufsichtlicher Verfügungen gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule sieht, können nicht gegenüber der Universität als ganzer, sondern nur gegenüber einzelnen Mitgliedern derselben (ζ. B. Rektor, die Gruppe der Assistenzärzte) i n ihrer Eigenschaft als Beamte oder Angestellte des Landes Baden-Württemberg ergriffen werden. c) Eingreifende Aufsichtsmittel Der Übergang von den nicht eingreifenden Aufsichtsmitteln zu den eingreifenden läßt i n qualitativem Unterschied zu bisher Einschränkungen der selbstverantwortlichen Entscheidungsfreiheit der wissenschaftlichen Hochschule i n Rechtsetzung und Verwaltungsbeschlußfassung möglich werden. Denn i n jedem Falle bedeutet der Eingriffscharakter dieser jetzt l zu erörternden Aufsichtsmaßnahmen, daß — immer bezogen auf die Funktion der Staatsaufsicht als Gesetzmäßigkeitskontrolle — die betroffene Entscheidung des konkreten Universitätsorgans keinen rechtlichen Bestand hat oder dieses Organ zum Handeln gezwungen wird, wo es untätig bleiben wollte. Jedes der hier i n Betracht kommenden Aufsichtsmittel — Beanstandung, " 8 Thieme, Hochschulrecht, S. 98.
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Anordnung, Finanzsperre — bedarf daher vor seiner Übernahme i n die Hochschulaufsicht der Überprüfung auf seine Übereinstimmung mit der der Universität zugestandenen Rechtsetzungsgewalt und ihrem Recht auf eigenverantwortliche Selbstverwaltung i n den akademischen Angelegenheiten. aa) Beanstandung A m Anfang steht die Beanstandung. Sie ist die verbindliche Feststellung der überwachenden Aufsichtsbehörde, daß die beanstandete Entscheidung, Norm, Verfügung oder Maßnahme eines Organs der aufsichtunterworfenen Körperschaft rechtswidrig ist 1 7 9 . Die Beanstandung ist für die von ihr betroffene Korporation Verwaltungsakt 1 8 0 . Sie enthält einen Eingriff i n die Rechte des Selbstverwaltungsträgers insofern, als dessen von seinen Organen i n eigener Verantwortlichkeit getroffene Maßnahme ganz oder teilweise unbeachtlich w i r d oder rechtliche Verbindlichkeit nie entfalten konnte. Grundsätzlich ist ihr Charakter negativ, da sie die Rechtsgültigkeit der Selbst Verwaltungsentscheidung teilweise oder insgesamt verneint 1 8 1 und es dann den Organen der betroffenen Korporation überläßt, der Verpflichtung zur Aufhebung der beanstandeten Maßnahme nachzukommen, sofern diese noch Rechtswirkungen i n die Zukunft zeitigt, oder das zukünftige Verhalten i n Übereinstimmung m i t der Rechtsauffassung der Aufsichtsinstanz zu bringen, wenn die beanstandete Entscheidung nicht mehr rückgängig zu machen ist 1 8 2 . Nach der begrifflichen Kennzeichnung ist die rechtliche Zulässigkeit einer Übernahme des Aufsichtsmittels der Beanstandung i n das Hochschulrecht zu prüfen. Die Hochschulgesetze gehen von dieser Zulässigkeit aus, indem sie dem Kultusminister das Recht einräumen, rechtswidrige Beschlüsse und Maßnahmen der wissenschaftlichen Hochschule 179 Salzwedel, 180
V V D S t R L 22, S. 250.
Helmreich / Widtmann, zu A r t . 112 A n m . 7; Kunze / Schmid / Rehm, zu § 125 A n m . 2. 181 Die Beanstandung w i r d als negative Staatsaufsicht bezeichnet, da sie als Aufsichtsmittel selbst „ k e i n positives Gestalten zum I n h a l t " habe, Kunze / Schmid / Rehm, zu §121 A n m . I, 1. Freilich hat das A t t r i b u t „negativ" hier nur einen relativen Wert. Es erscheint auch eine Beanstandung der A r t denkbar, daß die betroffene Maßnahme ihren Rechtswidrigkeitscharakter verliert, sofern n u r die Organe der aufsichtunterworfenen Korporation bei einer eventuellen neuen Beschlußfassung gewisse i n der Beanstandungsverfügung genau formulierte Auflagen oder zusätzliche Ergänzungen beachten. I n einem solchen F a l l k a n n m. E. durchaus davon gesprochen werden, daß die Aufsichtsbehörde durch einen i n dem Verlangen konkreter Auflagen liegenden „positiven" Gestaltungswillen die Neubeschließung der beanstandeten Maßnahme beeinflußt hat. 182 Äußert die beanstandete Maßnahme Rechtswirkungen i n die Zukunft, hat die Beanstandungsverfügung aufschiebende Wirkung, Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 187.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
mit aufschiebender W i r k u n g zu beanstanden. Verbunden w i r d damit die schon i m Beanstandungsrecht vorgegebene Befugnis, die Aufhebung oder Änderung der betroffenen Maßnahmen durch die zuständigen Organe der Universität verlangen zu können 1 8 3 . Gegen diese gesetzliche Regelung bestehen keine Bedenken: die Beanstandung ist zulässiges M i t t e l der Hochschulaufsicht. Das folgt einmal aus ihrer, wie Gönnenwein formuliert, „engsten Beziehung" zu der jeder Rechtsaufsicht zuvörderst obliegenden Aufgabe der Gesetzmäßigkeitskontrolle 184 . Diese kann nur ausgeübt werden, wenn dem Aufsichtführenden das Recht eingeräumt ist, die Gesetzlosigkeit von Beschlüssen und Maßnahmen des Aufsichtunterworfenen rechtsverbindlich festzustellen, um entweder deren Aufhebung oder Abänderung zu veranlassen oder sie — i m Wege der i m Anschluß zu besprechenden Ersatzaufhebung — als Aufsichtsbehörde selbst zu beseitigen. Vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit her gesehen ist die Beanstandung eine notwendige erste Stufe i n der Handhabung der eingreifenden Aufsichtsmittel. Dieser „aufsichtliche" Stellenwert macht die Beanstandung für das Hochschulrecht unverzichtbar. Zum anderen ist auch der Kernbereich der der Universität zugestandenen Gewährleistungen durch eine ermessensrichtig ergangene ΒeanstandungsVerfügung des Kultusministers nicht tangiert. Die Hochschule hat die Aufhebung des beanstandeten Korporativaktes durch eigene Entscheidung zu veranlassen; die Aussage der Aufsichtsbehörde beschränkt sich auf das Gesetzwidrigkeitsurteil. Bei einem etwaigen erneuten Beschluß i n derselben Sache wären die Universitätsorgane nur zur Beachtung der Rechtsauffassung des Ministeriums verpflichtet; die Beurteilung etwa der wissenschaftlichen Tragweite der anstehenden Entscheidung bleibt ausschließlich dem in den Organen der Universität beheimateten wissenschaftlichen Sachverstand überlassen. Dem Beispiel für eine Beanstandungsverfügung des aufsichtführenden Kultusministeriums gegenüber der Universität, hier deren Organ Rektor, soll wiederum ein Vorfall an der Universität Heidelberg zugrunde liegen 1 8 5 . Es handelt sich um die nach Auffassung des Ministers 183
Beanstandungsrecht allein: § 63 Abs. 1 HambUniG. Beanstandungsrecht kombiniert m i t dem Recht, Aufhebung zu verlangen: § 88 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; A r t . 101 Abs. 3 S. 1 BayHschG (Mußbestimmung); §38 Abs. 1 S. 1 HessHschG; §49 Abs. 1 S. 1 NWHschG; §11 Abs. 3 SaarlHschG; §85 Abs. 3 SaarlUniG. Die Formulierungen der saarländischen Gesetze kommen den oben gemachten Ausführungen am nächsten: „ . . . Die Beanstandung erfolgt gegenüber dem Präsidium. Sie enthält die Aufforderung, binnen einer . . . Frist den Beschluß aufzuheben oder die Maßnahme zu beseitigen." 184 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 187. iss Verfügung des baden-württembergischen Kultusministers v o m 26.3. 1971, abgedruckt i n „unispiegel aktuell" der Universität Heidelberg Nr. 15/71 v. 19. 4.1971. Die Verfügung ist hier i n Auszügen wiedergegeben.
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r e c h t s w i d r i g e W a h r n e h m u n g des sog. „ a l l g e m e i n p o l i t i s c h e n M a n d a t s " d u r c h e i n O r g a n d e r U n i v e r s i t ä t . V o n dieser a n g e b l i c h e n B e f u g n i s v o n G l i e d k ö r p e r s c h a f t e n oder O r g a n e n der wissenschaftlichen Hochschule, zu allgemein politischen Fragen i m N a m e n der v o n ihnen vertretenen K o r p o r a t i o n Stellung nehmen zu können, w i r d i m K a p i t e l „Staatsaufsicht ü b e r die S t u d e n t e n s c h a f t e n " noch a u s f ü h r l i c h e r d i e Rede sein. H i e r n u r i n A u s z ü g e n d i e Rechtsauffassung des M i n i s t e r s , w i e sie i n seiner B e a n s t a n d u n g s v e r f ü g u n g v o m 26. 3.1971 A u s d r u c k findet: „ A n den Rektor der Universität Heidelberg. Magnifizenz! Die gemeinsame öffentliche E r k l ä r u n g v o m 10. J u n i 1970, m i t der Sie als Rektor u n d die Herren P. u n d N. als Prorektoren der Universität Heidelberg eine Einladung des Natobefehlshabers General Po. zu einem Nato-Sommerfest aus politischen Gründen zurückgewiesen haben, muß ich beanstanden. Jeder Staatsbürger darf i n unserem Lande seine Meinung frei äußern und sich politisch betätigen, w i e er mag. Beamte i n B u n d u n d Ländern müssen jedoch dabei diejenige Mäßigung u n d Zurückhaltung wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Gesamtheit u n d aus Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben (§ 35 Abs. 2 B R R G u n d § 66 LBG). Daran haben Sie es ebenso wie die beiden Prorektoren bei der öffentlichen E r k l ä rung v o m 10. 6.1970 fehlen lassen. Die Pflichten Ihres Amtes ergeben sich aus dem Hochschulgesetz. Danach obliegt Ihnen die Leitung der akademischen V e r w a l t u n g u n d insofern die Vertretung der Universität. Diese amtliche Aufgabe schließt ein allgemeinpolitisches Mandat nicht ein. Das gilt nicht n u r — was die Gerichte bereits entschieden haben — f ü r die als Gliedkörperschaft organisierte Studentenschaft, sondern für jedes Organ der Universität. Denn die Universität ist eine Stätte der wissenschaftlichen Forschung u n d Lehre sowie der beruflichen Vorbereitung u n d wissenschaftlichen Fortbildung. F ü r diese Aufgabe, zu deren E r f ü l l u n g alljährlich enorme Finanzmittel aus dem Steueraufkommen des Landes bereitgestellt werden, müssen Sie als Rektor tätig sein, und für diese Aufgabe ist die akademische Selbstverwaltung gewährleistet. Die Freiheit der Universität i n wissenschaftlicher Forschung u n d wissenschaftlicher Lehre enthält keinen Freibrief f ü r allgemein-politische Deklarationen oder A k t i o n e n irgendeines Universitätsorgans. . . . Ich spreche die E r w a r t u n g aus, daß Sie u n d die Herren Prorektoren sich k ü n f t i g an die Grenzen ihrer amtlichen Befugnisse u n d Zuständigkeiten halten werden. . . . gez. H. (Kultusminister) " E i n e A u f h e b u n g der b e a n s t a n d e t e n M a ß n a h m e d u r c h d i e U n i v e r s i t ä t k a m w e g e n d e r e n abgeschlossener W i r k u n g n i c h t i n B e t r a c h t . A u c h h i e r ist w i e d e r e i n di enstaufsichtsrechtlicher E i n s c h l a g d e r V e r f ü g u n g des M i n i s t e r s z u beobachten.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
bb) Anordnung Das nächste Aufsichtsmittel aus der Gruppe der eingreifenden Aufsichtsmittel ist die Anordnung. Sie setzt den Fall voraus, daß die Organe des Aufsichtunterworfenen i n pflicht- und damit rechtswidriger Untätigkeit verharren. Hier kann die aufsichtführende Behörde einmal die Untätigkeit als rechtswidrig beanstanden; die Beanstandung enthält die Aufforderung zum Tätigwerden. Zum anderen kann sie anordnen, daß die zur Erfüllung der durch die Untätigkeit verletzten Pflichten erforderlichen Beschlüsse oder Maßnahmen erlassen bzw. durchgeführt werden. Das Aufsichtsmittel der Anordnung ist Verwaltungsakt und hat mit der Beanstandung gemeinsam, daß die Aufsichtsbehörde bei der Herbeiführung der gebotenen Entscheidung das endgültige Handeln dem Aufsichtunterworfenen überläßt 1 8 6 . Auf der anderen Seite bezeichnet sie den Punkt des Übergangs zur Ersatz vornähme dadurch, daß die aufsichtliche Anordnung den auslösenden W i l len des Selbstverwaltungsträgers zum konkreten Handeln und Gestalten ersetzt 187 . Dieser muß auf die Anordnung hin seine gesetzliche Pflicht i m vorgegebenen Rahmen erfüllen. Allerdings nur diese; Einzelweisungen, wie sie die fachaufsichtliche Anordnung kennt, braucht er nicht hinzunehmen. Ebenso wie die Beanstandung ist auch die Anordnung grundsätzlich ein universitätsgewohnheitsrechtlich und hochschulgesetzlich zulässiges Aufsichtsmittel. Soweit die Hochschulgesetze einschlägige Bestimmungen enthalten, kennen sie i n der Regel für den Fall pflichtwidriger Untätigkeit der Hochschule die Anordnung mit Fristsetzung zur Veranlassung des Erforderlichen 1 8 8 . Einen i n der Sache übereinstimmenden, i n der Wortwahl anderen Weg gehen die Hochschulgesetze von Bayern, Rheinland-Pfalz und Saarland, wenn sie von einer „ A u f forderung" des Ministers sprechen, die Hochschule möge i m Fall der Pflichtversäumung durch Unterlassung das Erforderliche veranlassen bzw. ihre Pflicht erfüllen 1 8 9 . I m Kommunalrecht setzt die aufsichtliche Anordnung ein gesetzwidriges, weil pflichtwidriges Untätigsein der Gemeinde voraus; es w i r d daher auch von positiver Staatsaufsicht gesprochen, da mit der 186 Kunze / Schmid / Rehm, zu § 122 A n m . 1. 187 Einzelheiten zum Verhältnis der einzelnen Aufsichtsmittel dieses Bereichs zueinander s.u. Abschnitt I I I 6 d; dort auch die Auseinandersetzung m i t Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 251, worauf hier bereits hingewiesen sei. 188 So §38 Abs. 2 S. 1 HessHschG; §49 Abs. 2 S. 1 NWHschG. §88 Abs. 2 BaWüHschG handelt zwar v o n der Ersatzvornahme, setzt aber die rechtsaufsichtliche (eigenartigerweise gekoppelt m i t der wesensverschiedenen fachaufsichtlichen, s. o.) Anordnung expressis verbis voraus. 189 A r t . 101 Abs. 3 S. 2, 3 BayHschG (Mußbestimmung); §69 Abs. 2 S. 2 RhPfHschG; § 11 Abs. 4 S. 1 - 3 SaarlHschG; § 85 Abs. 4 S. 1 - 3 SaarlUniG.
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Anordnung die Gemeinde zu einem bestimmten Tun angehalten w i r d 1 9 0 . Die Anordnung ist insofern die Umkehrung der Beanstandung, was sie, wie diese, wiederum aus denselben spezifisch „aufsichtlichen" Gründen auch i m Hochschulrecht unentbehrlich macht. Die öffentlich-rechtlichen Pflichten, deren Einhaltung die wissenschaftliche Hochschule oder ihre Gliedkörperschaften durch Untätigkeit verletzen können, sind i m wesentlichen i n den i n den Hochschulgesetzen niedergelegten Aufgabenkatalogen enthalten, die den Umfang der der wissenschaftlichen Hochschule obliegenden Rechtsetzungs- und Selbstverwaltungstätigkeit festsetzen. Die Ausführung dieser Aufgaben kann entweder den Organen der wissenschaftlichen Hochschule selbst oder denen ihrer Gliedkörperschaften obliegen. Zweite Voraussetzung einer zulässigen rechtsaufsichtlichen Anordnung i m Hochschulbereich ist, daß den aufsichtunterworfenen Organen ein eigener Handlungs- und Entscheidungsspielraum bei der Einzelfestsetzung der gebotenen Maßnahme erhalten bleibt. Hier gilt ähnliches wie bei der Beanstandung. Wenn die wissenschaftliche Hochschule es etwa pflichtwidrig unterlassen hat, eine Prüfungsordnung zu erlassen oder die reibungslose Durchführung der Lehrveranstaltungen zu sichern, muß sie zwar der Anordnung zum Tätigwerden Folge leisten und die konkret bezeichneten Mängel durch Erfüllung konkret ihr obliegender Handlungs- und Entscheidungspflichten abzustellen versuchen. Die Universität braucht sich aber nicht einem i n der Anordnungsverfügung bereits konkret bezeichneten Detail zu beugen, dessen Regelung nach der Grundentscheidung der Hochschulgesetze gerade nicht ohne Beteiligung der zu verantwortlicher wissenschaftlicher Tätigkeit Berufenen erfolgen soll. Noch mehr wäre eine rechtsaufsichtliche Anordnung des Kultusministers unzulässig, die konkrete Weisungen zum Inhalt und der Ausgestaltung von Forschungs- und Lehrveranstaltungen enthielte und so — i m Übergang zur unzulässigen Fachaufsicht — i n die durch A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützten Bestimmungsrechte einzelner Hochschullehrer oder korporativer Zusammenschlüsse an der wissenschaftlichen Hochschule eingriffe. Die Reihe der Beispiele zum aufsichtlichen Anordnungsrecht soll ein weiteres M a l m i t Vorfällen an der Universität Heidelberg i m Sommersemester 1971 eingeleitet werden. I m Laufe dieses Semesters kommt es zu mehrfachen heftigen Störungen der Lehrveranstaltungen des o. Professors für neuere Geschichte Conze, der sich daraufhin gezwungen sieht, seinen Lehrbetrieb einzustellen. Andere Dozenten des Fachbereichs Geschichte der philosophisch-historischen Fakultät stellen 190
S. 189.
Kunze / Schmid / Rehm, zu §122 Anm. 1; Gönnenwein,
Gemeinderecht,
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
aus S o l i d a r i t ä t ebenfalls i h r e L e h r t ä t i g k e i t ein. Z u m Z e i t p u n k t noch der S t ö r u n g e n befaßt sich d i e L a n d e s r e g i e r u n g B a d e n - W ü r t t e m b e r g m i t d e n V o r g ä n g e n . D e r Beschluß der L a n d e s r e g i e r u n g z u d e n V o r f ä l l e n v o m 25. 5.1971 w i r d d e m R e k t o r der U n i v e r s i t ä t H e i d e l b e r g v o m a u f s i c h t f ü h r e n d e n K u l t u s m i n i s t e r m i t Schreiben v o m 3 . 6 . 1 9 7 1 m i t g e t e i l t , i n d e m es u. a. h e i ß t : „Darüber hinaus hat mich der Ministerrat beauftragt, Sie aufzufordern, geeignete u n d wirksame Maßnahmen zu treffen, u m die Durchführung der Vorlesungen von Prof. Dr. Conze i m Sinne von A r t . 5 des Grundgesetzes zu sichern. Der Ministerrat ist der Ansicht, daß bei Verletzung von Grundrechten es nicht die Aufgabe des Rektors ist, nur zwischen Beteiligten zu vermitteln, sondern die Grundrechte durch eindeutige Stellungnahmen u n d Maßnahmen zu verteidigen. W i r sehen die seinerseits i m F a l l der V o r lesungsstörungen bei Professor Hans Schneider angewandten M i t t e l als geeignet an, auch i n dieser Lage eingesetzt zu w e r d e n 1 9 1 . Sollten Sie sich Ihrerseits nicht i n der Lage sehen, schützend einzugreifen, so muß ich Sie bitten, dies unverzüglich der Landesregierung mitzuteilen, damit sie diesem Umstand Rechnung tragen k a n n 1 9 2 . " D i e „ A u f f o r d e r u n g " i m Schreiben des M i n i s t e r s ist eine A n o r d n u n g a n d e n R e k t o r z u m T ä t i g w e r d e n , w e i l dieser i h m nach A u f f a s s u n g der A u f s i c h t s i n s t a n z o b l i e g e n d e spezielle H a n d l u n g s p i l i c h t e n n i c h t w a h r g e n o m m e n hatte. E i n z w e i t e s B e i s p i e l n i m m t B e z u g a u f e i n e n V o r g a n g a n der F r e i e n U n i v e r s i t ä t B e r l i n v o m W i n t e r s e m e s t e r 1970/71. D i e i m V o r l e s u n g s verzeichnis d e r U n i v e r s i t ä t a n g e k ü n d i g t e n L e h r v e r a n s t a l t u n g e n — Deutsche L i t e r a t u r von der K a p i t u l a t i o n bis zur Währungsreform (Proseminar) ; — L i t e r a t u r des CDU Staates (Proseminar); — Proseminar: L i t e r a t u r zum Aufbau des Sozialismus i n der D D R ; s o l l t e n v o n d e n m i t d e r A b h a l t u n g b e t r a u t e n L e h r k r ä f t e n entsprechend einer A n k ü n d i g u n g der sog. „ R o t e n Z e l l e G e r m a n i s t i k " u n t e r f o l g e n d e n T i t e l n abgehalten werden: „— L i t e r a t u r zur Restauration des Kapitals i n Westdeutschland; — Dokumente des Kampfes der K P D für die Entmachtung der Monopolherren u n d die Einigung der Arbeiterklasse i n den Westzonen; — L i t e r a t u r der antifaschistischen Ordnung u n d des Beginns des sozialistischen Aufbaus i n der DDR." 191 Professor H. Schneider, o. Professor an der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg, hatte i m Sommersemester 1970 ebenfalls unter Störungen seiner Vorlesungen u n d Übungen leiden müssen. Die juristische F a k u l t ä t hatte darauf m i t der Einstellung ihres Vorlesungsbetriebes reagiert; die Einstellung w a r später v o m V G Karlsruhe, Beschluß v o m 29.12.1970, Az. : I I I 450/70, für rechtlich zulässig gehalten worden. 192 Das Schreiben des Ministers ist insoweit abgedruckt i n Rhein-NeckarZeitung v o m 5. J u n i 1971.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Als der Präsident der F U Berlin die Abhaltung dieser Lehrveranstaltungen weder beanstandete, noch deren Abänderung oder Aufhebung verlangte, wozu er nach Auffassung des aufsichtführenden Senators für Wissenschaft und Kunst gem. § 8 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 3 des Berliner Universitätsgesetzes universitätsintern verpflichtet gewesen wäre, wies ihn dieser m i t Bescheid vom 29.12. 1970 an, die Lehrveranstaltungen i m Vorlesungsverzeichnis zu streichen, ihre Durchführung zu unterbinden und dafür zu sorgen, daß eine Ausgabe von Seminaroder Übungsscheinen unterbleibe. Begründet wurde die Anordnungsverfügung mit einer durch die Untätigkeit des Präsidenten herbeigeführten Verletzung eines Beschlusses des zuständigen Fachbereichsrates vom 4.11.1970, i n dem die verfassungsfeindliche Zielsetzung der Lehrveranstaltungen festgestellt und ihre Durchführung als verfassungsfeindliche Handlung gerügt worden war. Das Verwaltungsgericht Berlin, das mit dem Fall befaßt wurde, hat i n seinem Hauptverfahren die rechtsaufsichtliche Anordnungsverfügung des Senators für Wissenschaft und Kunst als rechtswidrig angesehen 193 . Begründet hat es seine Entscheidung, die vom Oberverwaltungsgericht Berlin i n vollem Umfang gebilligt wurde 1 9 4 , mit tatsächlichen (es fehle der Nachweis der „Äußerung verfassungsfeindlicher Ideen durch Agitation und Propaganda" in den beanstandeten Lehrveranstaltungen) und rechtlichen Erwägungen (im wesentlichen Verletzung einer i m konkreten Fall bestehenden Erkundigungspflicht des beklagten Senators, einer Pflicht zur vorrangigen Beachtung universitätsinterner Kontrollbefugnisse der betroffenen Universitätsorgane und einer Pflicht zur Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes). Zusammengefaßt läßt sich die auch vom Gericht erkannte Problematik dieses Falles auf die Antithese zweier Prinzipien zurückführen. Auf der einen Seite ist der auf die Ausübung der Rechts aufsieht beschränkte Präsident (universitätsintern 1 9 5 ) oder Senator (universitätsextern) durch das dem einzelnen Universitätsdozenten nach A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG zustehende Abwehrrecht daran gehindert, durch eine A r t fachaufsichtliche Einzelweisung Einfluß auf Inhalt, Methode und Gestaltung der Lehrveranstaltung zu nehmen. A u f der anderen Seite kann derselbe Dozent sein Grundrecht verwirken, wenn er außerhalb jeder Verantwortung als Wissenschaftler verfassungsfeindliche Agitation betreibt und zum Umsturz der gegenwärtigen verfassungsmäßigen Grundordnung auf193 V G Berlin, U r t e i l v o m 15.3.1971 — Az.: V G I I A 2/71 — abgedruckt i n JZ 1971, S. 615 ff.; die Gründe des Vorverfahrens sind enthalten i m Beschluß des V G B e r l i n v o m 12.1.1971, Az.: V G I I A 1/71, abgedruckt i n DVB1. 1971, S. 155 ff. 194 OVG Berlin, U r t e i l v o m 1.6.1972, Az.: O V G V B 2 8 . 7 1 , abgedruckt i n DVB1. 1972, S. 736 ff. 195 Zur universitätsinternen Aufsicht des Präsidenten s. u. § 4 E der Arbeit.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
ruft, A r t . 5 Abs. 3 S. 2, 18 GG. Dadurch kann er insbesondere, wie das Gericht hervorhebt 1 9 6 , gleichzeitig die i n den Hochschulgesetzen niedergelegte Verpflichtung der wissenschaftlichen Hochschule zur ordnungsgemäßen Ausbildung der ihr anvertrauten Studenten i n einem solchen Umfang verletzen, daß ein rechtsaufsichtliches Einschreiten der mit der Sicherstellung dieser gesetzlichen Aufgabe betrauten Selbstverwaltungsorgane der Universität oder das des aufsichtführenden Ministers gerechtfertigt erscheint. cc) Finanzsperre Nur kurz ist auf das von Wolff 197 den eingreifenden Mitteln zugerechnete, besonders i m Gemeinderecht einiger Länder der ehemaligen Britischen Besatzungszone vorzufindende, atypische Aufsichtsmittel der Finanzsperre einzugehen. Gemeint ist die Möglichkeit der Aufsichtsbehörde, bestimmte Zuschüsse oder Finanzmittel zu sperren, zu kürzen oder zu streichen, wenn es der Aufsichtunterworfene unterlassen hat, über eine längere Zeit hinweg seinen Pflichten trotz Aufforderung nachzukommen 198 . Ein solches Aufsichtsmittel hat i m Hochschulrecht keinen Platz; es ist auch den Hochschulgesetzen unbekannt. Wissenschaftsverwaltung bestimmten erwünschten Inhalts kann nicht mit dem Druck der Kürzung der Finanzmittel erzwungen werden. Ein solches Vorgehen des Kultusministers wäre mit dem i n der Freiheitsgarantie der Verfassungen m i t enthaltenen unabhängigen Rang von wissenschaftlicher Selbstverwaltung unvereinbar. Einflußnahme des Staates auf die Mittelzuweisung ist allerdings denkbar, wenn Gelder eines konkreten Haushaltstitels rechts- oder zweckwidrig ausgegeben werden: es handelt sich dann u m eine Maßnahme der mit der Rechts aufsieht verwandten Finanzaufsicht. d) Verrichtende und beseitigende Aufsichtsmittel Helfen die Organe einer aufsichtunterworfenen Körperschaft einer Beanstandung nicht durch Abänderung bzw. Aufhebung und, wenn erforderlich, Neuvornahme der gerügten Maßnahme oder Neufassung des betroffenen Beschlusses ab oder kommen sie den i n einer Anordnung enthaltenen Forderungen nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde nach den Grundsätzen der allgemeinen Staatsaufsicht von sich aus die beanstandeten Maßnahmen und Beschlüsse aufheben oder die angeordnete Entscheidung selbst vollziehen. Sie hat damit die Stufe von Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme erreicht. 196 V G Berlin, JZ 1971, S. 615 ff., 619. 197 H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I d 3. 198 H. J. Wolff, ebd.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
aa) Abgrenzung zu den eingreifenden
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Aufsichtsmitteln
Die genaue Abgrenzung von Beanstandung und Anordnung einerseits, (Ersatz)aufhebung und Ersatzvornahme andererseits w i r d i m Schriftt u m nicht immer klar vollzogen 1 9 9 . So soll zwischen Beanstandung und der nach Ablauf einer vorher gesetzten angemessenen Frist durch den Aufsichtsträger selbst vorgenommenen Aufhebung ein derart enger Zusammenhang bestehen, daß letztere i m Beanstandungsrecht m i t enthalten sei. Dieser Ansicht, von Gönnenwein für das Kommunalrecht vorgetragen, ist zu widersprechen 200 . Sie w i r d schon durch die Gemeindeordnungen selbst widerlegt, die entweder neben dem Beanstandungsrecht ein ausdrückliches (sofortiges!) Aufhebungsrecht kennen 2 0 1 , nach der Beanstandung ein gesondertes Aufhebungsverfahren fordern 2 0 2 oder die Aufhebung i n die Ersatzvornahme einbeziehen 203 . Eine Trennung der Beanstandung und Anordnung von der Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme ist aber auch aus sachlichen Gründen geboten. Salzιυedel 204 unterstellt richtigerweise die eigene aufsichtsbehördliche Aufhebung dem Oberbegriff der Ersatzvornahme ( = „Ersatzaufhebung"), weist sie einer neuen Intensitätsstufe i n der Rangordnung der Aufsichtsmittel zu und macht durch seine Einteilung deutlich, daß hier die Aufsichtsbehörde, die bei der Beanstandung lediglich ihren Willen dem des Selbstverwaltungsträgers gegenüber gestellt hat, ihre Entscheidung an Stelle des Aufsichtunterworfenen trifft. Schwieriger ist die Abgrenzung zwischen Anordnung und Selbstvornahme durch die Aufsichtsbehörde zu treffen. A n ihrem qualitativen Unterschied ist grundsätzlich festzuhalten, wie es etwa auch den Regelungen i m Gemeinderecht entspricht 2 0 5 . Trotzdem rückt, wie schon angedeutet, das i n der Anordnung der Aufsichtsbehörde zum Ausdruck kommende Verlangen, der Aufsichtunterworfene möge einer bestimmten Verpflichtung i n bestimmter Weise nachkommen, jene i n die Nähe der eigentlichen Ersatz vornähme. I n der nächsten Stufe ersetzt dann die Ersatzvornahme den „korporativen Willens Vollzug" des Selbstverwaltungsträgers 206 . 199 Auch die Gesetze, etwa die Gemeindeordnungen, sprechen n u r von Aufhebung, nicht von Ersatzaufhebung; bei der Ersatzvornahme ist die Begriffsbildung eindeutig. Vgl. zu den hier gebrauchten Begriffen Salzwedel. V V D S t R L 22, S. 251. 200 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 188. 2 ° i Hessen, §138 GO; Rheinland-Pfalz, §121 GO. 2 2 Nordrhein-Westfalen, § 108 GO. 2 °3 Baden-Württemberg, § 123 GO; Bayern A r t . 113 GO. 2 °4 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 251. Z u Gönnenwein u n d der Regelung i n den Gemeindeordnungen der Bundesländer äußert sich Salzwedel auf derselben Seite i n A n m . 122. 205 v g l . insofern die eindeutigen Lösungen i n Baden-Württemberg, § 123 GO, Bayern, A r t . 113 GO, Nordrhein-Westfalen, A r t . 109 GO. Dazu Kunze / Schmid / Rehm zu §123 A n m . 2; Helmreich / Widtmann zu A r t . 113 Anm. 2 b. 2 06 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 251, der dabei i m Gegensatz zur hier
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Daraus ergibt sich, daß i m Gegensatz zu dem oben referierten Einteilungsschema Wolffs die Gruppe der eingreifenden Aufsichtsmittel i m wesentlichen nur Beanstandung und Anordnung umfaßt, während Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme bereits der nächsten Gruppe der verrichtenden Aufsichtsmittel i. S. Wolffs zuzurechnen sind 2 0 7 . Die genaue Abgrenzung beider Gruppen war deshalb erforderlich, weil der Übergang zu den verrichtenden Aufsichtsmitteln eine entscheidende Grenzlinie der hochschulischen Rechtsaufsicht markiert. bb) Beschränkungen der Anwendung im Hochschulrecht Nach der i m spärlich vorhandenen Schrifttum vorherrschenden Auffassung 208 , der sich vereinzelt auch die Rechtsprechung angeschlossen hat 2 0 9 , ist der Kultusminister bei der Handhabung seiner Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule nämlich grundsätzlich beschränkt auf die Gruppen der nicht eingreifenden und der eingreifenden Aufsichtsmittel. Nach deren Ausschöpfung soll Hochschulaufsicht i n der Regel enden; der Minister kann dann allenfalls versuchen, zur Durchsetzung seiner vorher zum Ausdruck gelangten Rechtsauffassung Mittel der Dienstaufsicht gegenüber dem betroffenen Amtsinhaber des rechtsfehlerhaft handelnden Organs einzusetzen 210 . M i t den Mitteln der Rechtsaufsicht anstelle der Universität selbst zu handeln soll ihm wegen deren auch verfassungsrechtlich geschützten besonderen Charakters verwehrt sein. I m Grundsatz ist dieser Auffassung i n vollem Umfang zuzustimmen. Der den wissenschaftlichen Hochschulen i m Grundgesetz und den Landesverfassungen zugesicherte „Raum verfaßter Freiheit" mit den daraus folgenden Privilegien eines spezifischen Rechtsetzungs- und Selbstverwaltungsrechts macht die universitätseigene Organisation und Verwaltung des Sachgebiets Wissenschaft i n hohem Maße „aufvertretenen Ansicht keinen qualitativen Unterschied zwischen Anordnung und Ersatzvornahme mehr sieht, sondern nur zwei aufeinander folgende Etappen eines Vorgangs. 207 h . j . Wolff , Verwaltungsrecht i i , § 77 i i d 3, 4. Dagegen Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 251, dem hier gefolgt w i r d . 208 Grundlegend Thieme, Hochschulrecht, S. 97; i h m folgend Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 254; Oppermann, S. 370. 209 γ α Berlin, U r t e i l v o m 30. 4.1970, Az.: V G X I I A 126 - 132, 139/70, DVB1. 1970, S. 940 ff., 943. 210 Thieme, Hochschulrecht, S. 98; Kluge, S. 253 ff., 255; Oppermann, S. 370. Hierbei ist der Minister allerdings auf Maßnahmen gegenüber solchen M i t gliedern und Angehörigen der wissenschaftlichen Hochschule beschränkt, die zum Staat i n einem besonderen Treue- u n d Gewaltverhältnis stehen. Gegen studentische Mitglieder eines Universitätsorgans etwa ist Dienstaufsicht nicht vorstellbar; bei groben Verstößen gegen die universitäre Ordnung mag allenfalls das Ordnungsrecht Anwendung finden. Vgl. dazu V G Karlsruhe, wie A n m . 160 S. 716.
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C. Die staatliche Hochschulaufsicht
sichtsfest". (Allenfalls der Gesetzgeber kann i n einem fest umgrenzten Maße [organisatorische] Regelungen treffen.) Das hat seinen Grund letztlich darin, daß die i n den mitgliedschaftlich-kollegial verfaßten Leitungsorganen der Universität für die Bereiche wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Ausbildung getroffenen Entscheidungen, die dort verabschiedeten Satzungsbestimmungen, wegen ihrer Wissenschaftsbezogenheit unvertretbar sind 2 1 1 . Sowohl für die originär eigenverantwortliche Rechtsetzung und Verwaltung i m Bereich wissenschaftlicher Forschung und Lehre als auch für die Teilgebiete der wissenschaftlichen Ausbildung an der Universität, bei denen ein überwiegender Bezug zur Wissenschaft hergestellt werden kann (bei aller Schwierigkeit der Abgrenzung i m einzelnen), haben die Organe der Universität und ihrer Gliedkörperschaften wegen des i n ihnen zusammengefaßten Sachverstandes ein Entscheidungs- und Beschlußfassungsmonopol. Der aufsichtführende Minister kann also grundsätzlich nicht die wenn auch rechtsrichtige Entscheidung seines Hauses an die Stelle der der Organe der wissenschaftlichen Hochschule setzen, mag sein Personal — insbesondere das des höheren Dienstes — i m Einzelfall auch noch so qualifiziert zu einer solchen Entscheidung sein. Die staatlich geschützte, den Mitgliedern der wissenschaftlichen Hochschule zugesicherte Freiheit zu wissenschaftlicher Tätigkeit mit ihren spezifischen Gesetzen wissenschaftlicher „Richtigkeit" enthält zugleich eine verbindliche Aussage über die i n den einschlägigen Bestimmungen der Verfassungen zum Ausdruck kommenden Wertvorstellungen, nach denen i m Konfliktsfall die Funktionäre des Staates nur den „richtigen" Anstoß geben können, die Universitätsorgane selbst aber die „richtige" Entscheidung treffen müssen. Aufsicht über die Hochschule i m Bereich Wissenschaft ist nicht nur beschränkt auf die Rechts aufsieht; deren sonst i m allgemeinen zur Verfügung stehende M i t t e l können darüber hinaus nur bis zu dem Grade eingesetzt werden, als diese nicht korporative „Willensbildung" und korporativen „WillensVollzug" der Universität i n Gänze durch eine staatliche Entscheidung verdrängen würden. Eine Untersuchung der M i t t e l der staatlichen Rechtsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen kann jedoch nicht an dieser Stelle abbrechen und sich damit begnügen, eine etwa vorhandene weitergehende gesetzliche Regelung oder eine gegenüber der hier vorgetragenen Auffassung schärfere Verwaltungspraxis einfach i n den Bereich der Verfassungswidrigkeit zu verweisen. Zwar mag die hier vertretene Meinung den Rechtszustand vor Inkrafttreten der Hochschulgesetze einigermaßen korrekt wiedergeben. Das folgt schon aus der Tatsache, daß Aufsichtsmittel, die über Beanstandung und Anordnung 211
Ebenso Oppermann,
S. 370; ähnlich Schmidtchen,
S. 79 f.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
hinausgingen, i n der hochschulischen Verwaltungspraxis kaum vorgekommen sein werden, da die Hochschulaufsicht auf das Behutsamste gehandhabt wurde. Eine als verfassungswidrig zu bezeichnende Verwaltungspraxis ist bis zu diesem Zeitpunkt nicht festzustellen. Fraglich ist aber, ob dieses U r t e i l nicht seit der Verabschiedung der Hochschulgesetze einer Änderung unterworfen werden muß. Besonders die neueren unter ihnen kennen, i n Anlehnung an das allgemeine, insbesondere kommunale Staatsaufsichtsrecht durchaus auch eingriffsintensivere Aufsichtsmittel gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule als Beanstandung und A n o r d n u n g 2 1 2 ' 2 1 3 . Ebenso ist i n neuerer Zeit eine Verwaltungspraxis zu beobachten, die gegenüber den Universitäten auch verrichtende M i t t e l der Rechtsaufsicht einsetzt. Die hier vertretene Rechtsauffassung stimmt mit der neu entstandenen tatsächlichen Rechtslage nicht überein. Das verlangt nach einer Stellungnahme. Die Bestimmungen der Hochschulgesetze können verschiedenartig ausgelegt werden. Geht eine solche Auslegung i n die Richtung, daß die Hochschulgesetze dem aufsichtführenden Minister einen Katalog von verrichtenden und beseitigenden Aufsichtsmitteln zur Ausübung der gewöhnlichen Rechtsauf sieht i n schweren Einzelfällen (eklatante Gesetzesverstöße über eine gewisse Zeit hin, dauernder Mißbrauch von Amtsbefugnissen, schwere Eingriffe i n die Rechte einzelner) zur Verfügung stellen wollen, wären dagegen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken zu erheben, die sich nach der oben vorgetragenen Auffassung auf die Annahme eines Verstoßes dieser Gesetzesvorschriften gegen A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG und die die freiheitliche Universitätsverfassung sichernden Bestimmungen der Landesverfassungen stützen würden 2 1 4 . 212 Z u nennen sind ζ. B. die neuen Hochschulgesetze von Baden-Württemberg, Hessen u n d Nordrhein-Westfalen. A u f die Bestimmungen i m einzelnen w i r d unten eingegangen werden. 213 V o m Wortlaut her erheblichen Bedenken begegnet A r t . 101 Abs. 3 S. 3 BayHschG, der nicht die überkommenen verrichtenden (oder beseitigenden) Aufsichtsmittel übernimmt, sondern anordnet, daß das Staatsminister i u m für Unterricht u n d K u l t u s bei rechtswidrigem Untätigbleiben der Universität „die notwendigen Maßnahmen anstelle der Hochschule verfügen u n d vollziehen kann". § 88 Abs. 2 BaWüHschG enthält eine vergleichbare Regelung. Sofern hierbei über Ersatzaufhebung u n d Ersatzvornahme hinausgegangen werden soll, müßte jedenfalls gefordert werden, daß die Aufsichtsbehörde keine rechtsaufsichtliche Verfügung treffen darf, die die Hochschule über das m i t den überkommenen Aufsichtsmitteln erreichbare Maß hinaus beschweren würde. Die „notwendigen Maßnahmen" i. S. beider Vorschriften müssen sich i n den der Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule gezogenen Grenzen halten. 214 Deumeland zu § 49, S. 63 f., hält ohne jede Differenzierung die eingriffsintensiven Aufsichtsmittel, die das NWHschG vorsieht, nicht nur für verfassungswidrig, sondern sogar für verfassungsfeindlich und w i l l bei A n w e n dung dieser M i t t e l durch den aufsichtführenden Minister der Hochschule ein Streikrecht (begründet i m Widerstandsrecht) zur „Verteidigung der verfassungsmäßig verbrieften Wissenschaftsfreiheit" einräumen.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Dasselbe müßte gelten für eine sich an dieser Auslegung der Gesetzesbestimmungen orientierende Verwaltungspraxis. Auch schwere Gesetzesverstöße, die auf dem Handeln von Universitätsorganen beruhen, können wegen der Unvertretbarkeit der von diesen getroffenen Entscheidung (unvertretbar zumindest insoweit als die Wissenschaftsbezogenheit der Entscheidung reicht) allenfalls durch rechtsaufsichtliche Beanstandung für Dritte unbeachtlich gemacht werden; gegebenenfalls kann die Aufsichtsbehörde mit dienstaufsichtlichen Mitteln arbeiten. Die Auslegung über den Anwendungsbereich der gesetzlichen Bestimmungen über die verrichtenden und beseitigenden Aufsichtsmittel kann jedoch auch noch zu einem anderen, i n seinen Auswirkungen begrenzteren Ergebnis führen. Auszugehen ist von den Zwecken, die vom Gesetzgeber mit der Bereitstellung solch schwerer Eingriffsmittel verfolgt werden. Hier sind es, wie ich meine, nicht so sehr schwere Gesetzesverstöße der m i t Autonomie und dem Recht der Selbstverwaltung ausgestatteten Korporation, die bekämpft werden sollen; vielmehr sollen die verrichtenden und beseitigenden Aufsichtsmittel in den Fällen als mögliche Abhilfe zur Verfügung stehen, i n denen die Organe der betroffenen Korporation i n dauernder und umfassender rechtswidriger Untätigkeit verharren bzw. funktionsunfähig sind. Gerade wegen ihres schwerwiegenden Eingriffscharakters sind diese M i t t e l nämlich auch dazu geeignet, überhaupt eine ordnungsgemäße eigenverantwortliche Rechtsetzung und Verwaltung der Körperschaft wiederherzustellen. Fraglich ist in diesen Fällen nur, ob ein solcher Selbsteintritt des Staates noch Ausübung von Rechtsaufsicht ist, mögen die dabei angewendeten M i t t e l dieser auch zugerechnet werden 2 1 5 . Solche M i t t e l haben i m Grunde keinen Teil mehr an der das Wesen der Rechtsaufsicht sonst ausmachenden Überwachungs- und Berichtigungsfunktion, vielmehr handelt der Staat hier zur Beseitigung notstandsähnlicher Zustände an der m i t Selbstverwaltung ausgestatteten Korporation. Soweit, und nur insoweit, ist die Übernahme der eingriffsintensiven „Aufsichts"-Mittel i n das Hochschul recht gerechtfertigt. 215 Die der Aufsicht i n manchen Gemeindeordnungen zugeschriebene „Schutzfunktion" — vgl. A r t . 108 BayGO; §11 HessGO; §12 NSGO; §9 N W G O ; §9 SchleswHolstGO —, wonach der Aufsicht auch der Schutz der Erfüllung der Aufgaben durch die Gemeinden zukommen soll, legt die Akzente anders. Ist nach dem oben Gesagten schon zweifelhaft, ob der Rechtsaufsicht als solcher (die Gemeindeordnungen sprechen von Aufsicht) eine solche Schutzfunktion zukommt — zurückhaltend insofern Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 178 —, so k a n n sie m. E. nur den I n h a l t haben, daß die staatliche Aufsicht die E r f ü l l u n g der Selbstverwaltungsaufgaben von A n g r i f fen von dritter Seite schützen soll. Hier ist aber von Funktionsunfähigkeit der Organe einer Selbstverwaltungskörperschaft die Rede und von der Wiederherstellung ihrer Handlungsfähigkeit m i t den Mitteln, die der Aufsicht zugerechnet werden.
9 Gallas
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Sicherung der Funktionsfähigkeit der wissenschaftlichen durch staatlichen Eingriff ist dabei i m Grunde genommen übung von Rechtsaufsicht, sondern staatliche Hilfe i n dem fall einer i n Existenznot geratenen staatlich errichteten haltenen Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Hochschule keine AusAusnahmeund unter-
Die Rechtsprechung ist einer solchen Auslegung der Sache nach gefolgt, indem sie den Einsatz schwerer „Aufsichts"-Mittel gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule dann für verfassungsrechtlich zulässig hält, wenn nur durch deren Einsatz „die Erfüllung der der Universität obliegenden Aufgaben" möglich w i r d 2 1 6 . Vorstellbar ist das jedoch nur i n einzelnen, genau zu überprüfenden Fällen. I n einer der hier vorzustellenden Ausnahmesituationen wäre auch eine Berufung der Universität auf ihre verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte kein entgegenstehendes Argument, da die Ausübung staatlicher „Aufsicht" gerade die tatsächlichen Voraussetzungen wiederherstellen soll, die unabdingbar für eine ordnungsgemäße Organisation und Verwaltung von Wissenschaft sind. Als Regeln für einen derartigen Ausnahmefall, und nur als solche, können die einschlägigen Bestimmungen der neueren Hochschulgesetze über eingriffsintensive Aufsichtsmittel Bestand haben und verfassungskonform angewendet werden 2 1 7 . Daß auch der Hochschulgesetzgeber gelegentlich neue Wege geht, die der hier vertretenen Auffassung über den geltenden Rechtszustand nahekommen, zeigt das Hamburger Universitätsgesetz i n seinen §§ 63 Abs. 2, 1. Alt., 67: „Die zuständige Behörde k a n n anstelle der Universität handeln, wenn deren Organe handlungsfähig sind" . . .218 u n d „Soweit der Senat oder die zuständige Behörde i n diesem Gesetz ermächtigt w i r d , i m Bereich der Selbstverwaltung anstelle der Universität zu 216 Hessischer V G H , U r t e i l v o m 13.12.1969, Az.: I I OG 55/69, N J W 1970, S. 295 ff.; V G Berlin, U r t e i l v o m 30.4.1970, Az.: V G X I I A 126 - 132, 139/70, DVB1. 1970, S. 940 ff., 943. § 86 Abs. 3 BaWüHschG, A r t . 101 Abs. 4 BayHschG u n d § 13 Abs. 3 SHHschG machen die Schließung der Universität v o m V o r liegen eines solchen Tatbestandes abhängig. Einzelheiten s. u. 217 M i t dem Verfasser i m Ergebnis übereinstimmend hält Oppermann, S. 370, den Einsatz der Aufsichtsmittel von Ersatzvornahme bis Einsetzung eines Staatskommissars i m Hochschulrecht nur i n „alleräußersten E x t r e m fällen" f ü r denkbar. Anders ist w o h l der Gedanke U. K . Preuss', Pol. Mandat, S. 100, gemeint, der der staatlichen Aufsicht generell die Rolle der „ F u n k tionssicherung" der Universität zubilligt. 218 Die Vorschrift fährt fort: „oder die Universität es rechtswidrig unterläßt zu handeln." Hier fehlt die hinweisende Ergänzung, daß es sich u m ein auf Dauer u n d Beharrlichkeit angelegtes umfassendes Unterlassen handeln muß. Bei n u r rechtswidrigem Unterlassen einer einzelnen der U n i versität obliegenden Rechtspflicht mag das Aufsichtsmittel der Anordnung helfen u n d ausreichen. Ebenso muß etwa § 69 Abs. 3 RhPfHschG ausgelegt werden.
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handeln, darf davon nur Gebrauch gemacht werden, u m die Wahrnehmung der Aufgaben der Universität nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu gewährleisten 2 1 9 ."
Liegen diese hier zusammengefaßt noch einmal genannten Voraussetzungen nicht vor, bleibt es für den Regelfall bei der Feststellung, daß der Einsatz verrichtender und beseitigender Aufsichtsmittel zur Handhabung der Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule verfassungswidrig wäre. Die hier vertretene Auffassung über die rechtlich sehr begrenzte Möglichkeit des Einsatzes eingriffsintensiver „Aufsichts"-mittel über die wissenschaftlichen Hochschulen meint den Rechtszustand sowohl i n den Ländern m i t als auch i n denen ohne einschlägige hochschulgesetzliche Regelungen. Das ist die Folge der Vorgegebenheiten des bundesweite Geltung beanspruchenden A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG sowie der i n der Sache übereinstimmenden hochschulrechtlichen Bestimmungen der Landesverfassungen. Anhand einiger bekannt gewordener Fälle, die sich i n verschiedenen Bundesländern zugetragen haben, ist i m folgenden die Aufsichtspraxis i n diesem umstrittenen Bereich der verrichtenden und beseitigenden Aufsichtsmittel darzustellen. cc) Einzelfälle α) Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme Nachdem i m Vorangehenden die notwendigen eingrenzenden Vorbehalte gemacht worden sind, soll i m Folgenden, der besseren Klarheit wegen, die überkommene Begriffsbildung beibehalten werden. Danach stehen am Beginn der verrichtenden Aufsichtsmittel Ersatzaufhebung und Ersatzvornahme. Erstere bezeichnet die Befugnis des aufsichtführenden Ministers, rechtswidrige Entscheidungen, Beschlüsse und Maßnahmen der Hochschule, die er i m Regelfall zunächst beanstandet haben wird, selbst aufzuheben. Die Ersatzvornahme gibt ihm die Möglichkeit, nach einer erfolglosen Anordnung und dem Ablaufen einer festgesetzten Frist, von sich aus, an Stelle der Hochschule, das Erforderliche zu veranlassen, da die Organe der wissenschaftlichen Hochschule rechtswidrig untätig oder funktionsunfähig sind. Die Hochschulgesetze kennen sowohl Ersatzaufhebung 220 wie Ersatzvornahme 221 ; bei dieser w i r d gelegentlich ausdrücklich die Befugnis des Ministers 219
Z u diesen Vorschriften auch Schmidtchen, S. 80. 0 §88 Abs. 1 S. 3 BaWüHschG; §63 Abs. 1 2. A l t . H a m b U n i G ; §38 Abs. 1 S. 3 HessHschG; §49 Abs. 1 S. 3 NWHschG; §69 Abs. 2 RhPfHschG; §11 Abs. 3 S. 4 SaarlHschG; §85 Abs. 3 S. 4 SaarlUniG. 22
221 §63 Abs. 2 H a m b U n i G ; §38 Abs. 2 S. 2 HessHschG; §49 Abs. 2 S. 2 NWHschG; §69 Abs. 3 S. 1 RhPfHschG; §11 Abs. 4 S. 4 SaarlHschG; §85 Abs. 4 S. 4 SaarlUniG. Der Sache nach auch i n § 88 Abs. 2 BaWüHschG und A r t . 101 Abs. 3 S. 3 BayHschG.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
genannt, auch selbst die etwa erforderlichen Rechtsvorschriften erlassen zu können 2 2 2 » 2 2 3 . Ablehnung verdient von vornherein § 69 Abs. 2 des Rheinland-Pfälzischen Hochschulgesetzes, der ein Aufhebungsrecht des Ministers für Unterricht und Kultus auch dann sanktioniert, wenn die betroffenen Beschlüsse der Universität „die Grundsätze der W i r t schaftlichkeit" verletzen: damit ist dem Minister i m Widerspruch zu den Prinzipien gebundener repressiver Gesetzmäßigkeitsaufsicht eine Zweckmäßigkeitskontrolle eröffnet worden 2 2 4 . Als Beispiel für eine rechtsaufsichtliche Ersatzaufhebung sei die Verfügung des Berliner Senators für Wissenschaft und Kunst vom 21. A p r i l 1970 genannt, m i t der er während des Wintersemesters 1969/70 ergangene Prüfungsentscheidungen der Fakultät für Architektur der Technischen Universität Berlin aufhob. Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen u m ein an dieser Fakultät gehandhabtes Prüfungsverfahren, dem das Verwaltungsgericht Berlin, das über den Fall zu entscheiden hatte, „schwerwiegende Verstöße gegen Prüfungsgrundsätze und Prüfungsbestimmungen vorwarf 2 2 5 . Wegen dieser Auseinandersetzungen trat Anfang März 1970 der Dekan der betroffenen Fakultät zurück, so daß es von diesem Zeitpunkt an an einer voll handlungs- und beschlußfähigen Fakultätsvertretung fehlte. A m 5. 3.1970 beanstandete der Universitätspräsident, gestützt auf § 8 Abs. 2 des Berliner Universitätsgesetzes, intern die Zeugnisse von 118 geprüften Kandidaten der Fakultät und forderte vom amtierenden Prodekan, die durch die Unterzeichnung der Zeugnisurkunden getroffenen Entscheidungen aufzuheben. Die Aufforderung wurde vom Prodekan m i t Schreiben vom selben Tage zurückgewiesen; nach Vorlegung der Streitigkeit kam es dann zu der eingangs erwähnten Aufhebungsentscheidung des aufsichtführenden Senators. M i t billigenswerten Gründen hat das Verwaltungsgericht die Befugnis des Senators zur Aufhebung der Prüfungsentscheidungen bejaht. Für die an dieser Stelle erforderlichen Feststellungen erübrigt sich ein Eingehen auf die Urteilsgründe i m einzelnen; jedenfalls stand für das Gericht i m Ergebnis fest, daß von dem verrichtenden Aufsichtsmittel der Ersatzaufhebung i n einem Ausnahmefall Gebrauch gemacht wurde, 222
So die Regelungen i n Hessen u n d Nordrhein-Westfalen. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 252 ordnet den Erlaß von Rechtsvorschriften i m Selbstverwaltungsbereich den beseitigenden Aufsichtsmitteln zu. 224 Den dort weiterhin genannten gesonderten Aufhebungsgrund „wegen Verstoßes gegen den beschlossenen Hochschulgesamtplan" w i r d man demgegenüber m i t noch zu schildernden Gründen (bei der aufsichtlichen Genehmigung, s. u. Abschnitt 7 c) f ü r zulässig erachten können. 225 V G Berlin, U r t e i l v o m 30.4.1970, Az.: V G X I I A 126 - 132, 139/70, DVB1.1970, S. 940 ff. Dort auch eine ausführliche Schilderung des gesamten Falles u n d die gründliche Herleitung des Rechtswidrigkeitsurteils über die Handhabung des Prüfungsverfahrens. 223
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der den oben genannten Anforderungen genügt. Die Fakultät konnte i m März/April 1970 ihre Funktion als Prüfungsstelle für Examenskandidaten über eine längere Zeit hinweg nicht mehr ordnungsgemäß wahrnehmen: sie hatte weder eine ordnungsgemäße Vertretung noch wurde ein Prüfungsverfahren angewendet, das i m mindesten rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wurde; die Streitigkeiten der Fakultätsmitglieder untereinander drohten die Fakultät handlungsunfähig zu machen. Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes — vorausgehende inneruniversitäre aufsichtliche Maßnahmen zeigten keine Wirkung und wurden mit rechtswidriger Untätigkeit beantwortet — konnte der Senator hier seine Aufhebungsentscheidung an die Stelle der Prüfungsentscheidungen der Fakultät setzen, u m dadurch zu versuchen, deren Funktion als Veranstalterin eines ordnungsmäßigen Prüfungsverfahrens überhaupt wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht hat selbst den Einsatz des Aufsichtsmittels Ersatzaufhebung nur deshalb als zulässig angesehen, weil eine durch das Verhalten der Fakultätsmitglieder und -organe verursachte notstandsähnliche „außergewöhnliche Situation" entstanden war 22®. Problematischer ist der Fall, der als Beispiel für eine aufsichtliche Ersatzvornahme gegenüber einer untätigen Universität dienen soll. Das am 1. A p r i l 1968 i n K r a f t getretene Baden-Württembergische Hochschulgesetz schrieb i n seinem § 66 Abs. 5 a. F. den Universitäten des Landes zwingend vor, binnen eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Grundordnung zu verabschieden. Die Universität Tübingen hatte wegen fehlender Einigkeit i n der Grundordnungsversammlung nach Ablauf dieser Frist keinen Entwurf einer Grundordnung zur Genehmigung vorlegen können. Daraufhin erließ das Kultusminister i u m i m Wege der Ersatzvornahme eine Grundordnung für die Universität Tübingen, die am 1. Oktober 1969 i n K r a f t t r a t 2 2 7 . Der Tübinger Rektor L. Raiser akzeptierte i n einer veröffentlichten Stellungnahme die i m Wege der Ersatzvornahme erteilte Grundordnung, obwohl diese inhaltlich weitgehend von den Entwürfen der Tübinger Grundordnungsversammlung abwich. Raiser führte u. a. aus, der Kleine Senat der Universität habe i n einem Beschluß von der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage gegen den Erlaß des Kultusministeriums deshalb abgesehen, weil „durchgreifende Bedenken rechtlicher A r t gegenüber der Ersatzvornahme kaum erhoben werden könnten" 2 2 8 . 226 V G Berlin, a.a.O., S. 944. 227 Erlaß des Kultusministeriums v o m 26. September 1969 — H 5004/37 — m i t Änderungen gemäß „ K o r r e k t u r b l a t t für die Amtlichen Mitteilungen Nr. 16", abgedruckt i n v. Campenhausen / Lerche, Schulgesetze, unter Nr. 190
(8).
228 Zitiert
nach
einem
Pressebericht
der
Rhein-Neckar-Zeitung
vom
134
§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Demgegenüber ist festzuhalten, daß Ausarbeitung und Verabschiedung der Grundordnung das Kernstück autonomer Rechtsetzung der wissenschaftlichen Hochschule sind; sie hat die Ordnung nicht nur der Wissenschaftsverwaltung, sondern auch die Organisation des gesamten Wissenschaftsbetriebes der Universität zum Inhalt. Das spricht dafür, die Beschlußfassung über den Inhalt ihrer einzelnen Bestimmungen einem universitätseigenen Gremium sachverständiger Mitglieder der Korporation als unverzichtbare Aufgabe anzuvertrauen. Umgekehrt macht ihre zentrale Bedeutung als Verfassung der Hochschule ihr tatsächliches Vorhandensein unabdingbar, so daß eine Lösung gefunden werden muß, wenn das m i t der Ausarbeitung betraute Universitätsgremium diese Aufgabe nicht erfüllen kann. Dazu kam i m konkreten Fall noch, daß das neu geschaffene Baden-Württembergische Hochschulgesetz durchgreifende Reformen und Veränderungen der Universitätsstruktur vorsah, die landeseinheitlich zu einem Zeitpunkt an allen Landesuniversitäten ihre Wirksamkeit entfalten sollten, so daß sich eine Weiteranwendung der bisherigen Tübinger Universitätssatzung verbot. Diese Tatsachen einer wiederum festzustellenden Ausnahmesituation lassen die Hinnahme der oktroyierten Grundordnung durch die Organe der Universität Tübingen verständlich erscheinen. Es fragt sich aber, ob damit nicht ein unverzichtbarer Kern von Autonomie und unvertretbarer Entscheidungsteilhabe an der Regelung der Organisation der Universität von eben derselben preisgegeben wurde. Autonomie heißt insofern auch, daß die Universität frei sein muß von der Verpflichtung zur Übernahme von zweckorientierten Entscheidungen und Bestimmungen, die von der Ministerialbürokratie stammen. ß) Bestellung eines Staatsbeauftragten Der Schwere des Eingriffs nach intensivste Aufsichtsmittel, die der Aufsichtsbehörde aus dem Kreis der verrichtenden M i t t e l zur Verfügung stehen, sind Suspendierung und die Bestellung eines Staatsbeauftragten. Besonders letzterer soll hier die Aufmerksamkeit gelten. Ihre Folge ist, daß ein von der Aufsichtsbehörde bestellter (beamteter) Staatskommissar die Geschäfte (oder einen Teilbereich derselben) des funktionsunfähig gewordenen Organs der Körperschaft übernimmt 2 2 9 . Wegen der Schwere des die Selbstverwaltungskörperschaft betreffenden Eingriffs ist die unbedingte Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes mit seiner Forderung nach Ausschöpfung aller milderen M i t t e l und die zeitliche und sachliche Begrenzung der Beauftragung auf das unerläßliche Maß unverzichtbar 2 3 0 . 11. 8.1969, Nr. 182, S. 2, der weitere Einzelheiten enthält. Vgl. auch F r a n k furter Allgemeine Zeitung v o m 12. 8.1969, Nr. 184, S. 1. 229 Einzelheiten bei Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 190 ff.
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Nur die Hochschulgesetze von Hessen und Nordrhein-Westfalen haben expressis verbis das Recht des aufsichtführenden Kultusministers vorgesehen, als ultima ratio des Aufsichtshandelns einen Beauftragten zu bestellen, der „die Befugnisse einzelner Organe oder einzelner M i t glieder von Organen der Hochschule i m erforderlichen Umfang" ausü b t 2 3 1 ; § 87 des Saarländischen Universitätsgesetzes kennt die Möglichkeit, einen kommissarischen Leiter „ m i t der Wahrnehmung der Geschäfte des Universitätspräsidenten" zu beauftragen. Das Hamburger Universitätsgesetz sieht die bereits erwähnte Möglichkeit des Selbsteintritts der Aufsichtsbehörde vor. Daß der Einsatz solcher M i t t e l i m Hochschulrecht auf den extremen Ausnahmefall beschränkt ist, braucht nach der hier vertretenen Auffassung nicht nochmals eigens unterstrichen zu werden. Der Vorbehalt des äußersten Ausnahmefalls hat nicht verhindern können, daß aufsichtführende Kultusminister von diesem so beschränkten Recht Gebrauch gemacht haben, an der wissenschaftlichen Hochschule Beauftragte zur Wahrnehmung von wissenschaftsbezogenen Selbstverwaltungsaufgaben einzusetzen. Zwei exemplarische Fälle mögen, ihrer grundsätzlichen Bedeutung wegen, hier ausführlicher erörtert werden. A n den hessischen Universitäten sind i n den Jahren 1968 bis 1970 mehrfach bisher amtierende Rektoren kommissarisch als Staatsbeauftragte eingesetzt worden, weil sonst die Universitäten ihre Handlungsfähigkeit nach außen verloren hätten. So wurde der Rektor der Universität Frankfurt m i t Erlaß des Kultusministers vom 27.12.1968 kommissarisch mit der Führung der Rektoratsgeschäfte über den 1.1.1969 hinaus beauftragt, weil sonst die Universität ohne Vertretungsorgan gewesen wäre 2 3 2 . A m 14.1.1970, zum Zeitpunkt des Erlasses eines Urteils des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes i n einer Verwaltungsstreitsache der Technischen Hochschule Darmstadt gegen das Land Hessen (Kultusminister), hatte diese wissenschaftliche Hochschule nach Feststellung des Gerichts weder einen rechtmäßig bestellten Rektor, noch einen rechtmäßig besetzten Großen Senat, noch eine rechtmäßig vertretene Studentenschaft, weil die Studentenschaftssatzung weder ordnungsgemäß genehmigt noch bekannt gemacht worden war und außerdem keine ordnungsgemäße Wahl der studentenschaftlichen Vertreter i n die zentralen Organe der Universität statt230 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 190; V G Berlin, Beschluß v o m 3. 9.1970, Az.: I I A 44/70, DVB1. 1971, S. 154 f., 155. 23 * §38 Abs. 3 HessHschG; §49 Abs. 3 NWHschG, nach denen auch der Wortlaut zitiert ist. 232 Dazu HessVGH, U r t e i l v o m 3.12.1969, Az.: I I OG 55/69, N J W 1970, S. 295 f.
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gefunden hatte. Man behalf sich damit, Rektor und AStA-Vorsitzende zu Staatsbeauftragten zu bestellen und zur Weiterführung der Geschäfte zu veranlassen 233 . Nach Inkrafttreten des neuen Hessischen Hochschulgesetzes und des neuen Hessischen Universitätsgesetzes am 20. 5.1970 traten Rektoren und Prorektoren aller hessischen wissenschaftlichen Hochschulen aus Protest gegen die Gesamtkonzeption der Gesetze zurück; sie wurden kommissarisch mit der Führung der Geschäfte beauftragt 2 3 4 . Allen diesen Vorgängen ist gemeinsam, daß die betroffenen Universitäten ohne die Bestellung des Beauftragten weitestgehend handlungsunfähig gewesen wären. Insofern war die Voraussetzung des notstandsähnlichen Ausnahmefalls gegeben; hiervon ausgehend hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof seine i m Ergebnis billigenswerte Rechtsprechung über die Verpflichtung des Staates eingeleitet, mit geeigneten eingriffsintensiven M i t t e l n der Rechts aufsieht die Funktionsfähigkeit der Universität schlechthin wieder herzustellen 235 . Ein zweiter Gesichtspunkt verdient bei dieser Praxis des hessischen Kultusministers Beachtung: beauftragt wurden immer die bisherigen Amtsinhaber, so daß persönlicher Sachverstand des Staatskommissars und dessen Fähigkeit, die wissenschaftliche Tragweite seiner kommissarisch zu treffenden Entscheidungen zu übersehen, gewährleistet waren 2 3 6 . Dennoch stellen sich rechtliche Bedenken zu dieser A r t der A u f Sichtführung ein. Eine vergleichende Analyse aller Fälle läßt den Verdacht entstehen, daß mit der rechts auf sichtlichen Bestellung des bisherigen Amtsinhabers zur Weiterführung der Geschäfte eine w i r k same Methode gefunden wurde, Mängel i n der vorangehenden Praxis der Aufsichtführung (warum konnte die Darmstädter Studentenschaft nach einer wegen formaler Fehler ungültigen Satzung verfahren?) und Mängel i n der Reformgesetzgebung (offenbar bereitet es Schwierigkeiten, m i t der erforderlichen Schnelligkeit Universitätsorgane nach 233 Dazu Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 14, v o m 17.1.1970, S. 6. 234 Dazu Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 105, v o m 8. 5.1970, S. 4 u n d den i n A n m . 237 genannten A r t i k e l von Gillessen. 235 HessVGH, w i e A n m . 232. 236 Der oben erwähnte § 87 SaarlUniG macht die Geeignetheit eines kommissarischen Leiters der Universität davon abhängig, daß bei i h m die Voraussetzungen vorliegen, die gemäß § 28 Abs. 1 des Gesetzes bei der Bestellung zum Universitätspräsidenten zugrundegelegt werden. Hiernach w i r d die Befähigung zu diesem A m t e durch „mehrjährige selbständige verantwortliche Tätigkeit i m Bereich der Wissenschaft, der Wirtschaft oder des öffentlichen Lebens" erworben. A n diesen Vorstellungen ist die Praxis der baden-württembergischen Landesregierung zu messen, die i m Dezember 1972 vorübergehend den ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten T. Diez zum Staatsbeauftragten für die Universität Konstanz ernannte, nachdem Rektor u n d Prorektor der Universität zurückgetreten waren; vgl. dazu Frankfurter Allgemeine Zeitung v o m 21.12.1972, S. 1.
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den neuen Bestimmungen zu bilden oder zu wählen, wenn gruppenparitätische M i t w i r k u n g vorgesehen ist) zu überdecken 237 . Eingriffe mit Mitteln der staatlichen Rechtsaufsicht sind aber kein rechtlich geeigneter Weg, eine nachlässige Verwaltungsübung oder eine i n ihren Auswirkungen nicht überdachte Hochschulgesetzgebung auf Kosten der Eigenverantwortlichkeit der wissenschaftlichen Hochschule zu korrigieren. Der andere Fall betrifft wiederum die Auseinandersetzungen um das Prüfungsverfahren an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität Berlin. I n dem den oben geschilderten Vorgängen nachfolgenden Sommersemester 1970 verschärfen sich die Streitigkeiten innerhalb der Fakultät; es kommt zu Einbrüchen i n die Dienstzimmer der Hochschullehrer und Entwendung von Prüfungsunterlagen, zur Besetzung von Lehrstühlen, zum Eindringen und Stören von Prüfungen der Kandidaten, die sich nach den geltenden Bestimmungen prüfen lassen. Der Universitätspräsident macht von seinen Rechten nach § 8 Abs. 2 und 3 des Berliner Universitätsgesetzes keinen Gebrauch, obwohl er auf die Funktionsunfähigkeit der Fakultät hingewiesen und von Fakultätsmitgliedern (u. a. dem ehemaligen Dekan) zum Handeln aufgefordert wird. A m 2. 7.1970 geben 21 Hochschullehrer der Fakultät folgende Stellungnahme ab: „Der Großteil der Hochschullehrer war, u m die Ausgangsbasis f ü r gemeinsame Reformansätze nicht zu verlieren, immer wieder bereit (vgl. V e r schleiß an Dekan u n d Prodekan), die Erkenntnis zu verdrängen, daß es sich nicht vorwiegend u m eine fachliche, sondern u m eine m i t allen M i t t e l n geführte politische Auseinandersetzung handelt. I n den vergangenen Wochen ist auch dem letzten M i t g l i e d der Gruppe der Hochschullehrer deutlich geworden, daß die Probleme m i t den der Fakultät zur Verfügung stehenden M i t t e l n nicht zu lösen s i n d 2 3 8 . "
A m 4. 8.1970 bestellte daraufhin der Senator für Wissenschaft und Kunst den Diplom-Politologen Dr. S zu seinem Beauftragten für die Wahrnehmung der Aufgaben der Fakultätsvertretung i n Prüfungsangelegenheiten des Diplom-Prüfungsausschusses sowie der Aufgaben des Prüfungsobmannes der Fakultät für Architektur. 237 Gillessen, ein scharfer K r i t i k e r der neuen Hochschulgesetzgebung, schreibt: „Kommissarische Regime sind stets Zeichen für grobe Mängel oder gar Zusammenbrüche der Selbstverwaltung. Gesetzgeber u n d Kultusminister haben ihre neuen Hochschulgesetze auf Voraussetzungen gegründet, die i n den Universitäten nicht vorhanden sind, vielleicht gar nicht vorhanden sein können. Die kommissarischen Regime zeigen an, daß wichtige Rechnungen nicht aufgegangen sind." Die Passage entstammt dem A r t i k e l „Das Regime der Kommissare", F r a n k f u r t e r Allgemeine Zeitung Nr. 233 v o m 8.10.1970, S. 2, i n dem sich der Verfasser m i t der oben geschilderten Verwaltungspraxis auseinandersetzt. 238 Vgl. Anm. 239.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Das V e r w a l t u n g s g e r i c h t B e r l i n 2 3 9 h a t t e sich m i t diesem F a l l z u b e schäftigen, da d i e Technische U n i v e r s i t ä t gegen d i e B e s t e l l u n g des B e a u f t r a g t e n K l a g e erhob. I m V e r f a h r e n der e i n s t w e i l i g e n A n o r d n u n g b i l l i g t das G e r i c h t das aufsichtliche V o r g e h e n des Senators u n d m a c h t i h m z u r A u f l a g e , die g e t r o f f e n e M a ß n a h m e s t ä n d i g z u ü b e r w a c h e n u n d gegebenenfalls nach Besserung der Z u s t ä n d e sofort r ü c k g ä n g i g z u machen, da d i e B e s t e l l u n g eines B e a u f t r a g t e n als D a u e r m a ß n a h m e n i c h t zulässig sei. D e r K e r n p u n k t d e r G r ü n d e des Beschlusses faßt die z u diesem F a l l z u t r e f f e n d e n E r w ä g u n g e n präzise z u s a m m e n u n d deckt sich v o l l s t ä n d i g m i t der A u f f a s s u n g des Verfassers. E r s o l l daher h i e r i m W o r t l a u t wiedergegeben werden: „ A l s ausschlaggebend f ü r die Entscheidung hat die K a m m e r berücksichtigt, daß der an sich schwere Eingriff des Antragsgegners ( = Senators für Wissenschaft u n d Kunst) i n den Hochschulbereich die B i l l i g u n g der unmittelbar betroffenen Hochschullehrer, insbesondere auch des Vertreters der Beigei., findet. Die Maßnahme der Staatsaufsicht t r i f f t auch nicht den Kernbereich des Grundrechts auf Freiheit der Wissenschaft, Forschung und Lehre. Der Aufgabenkreis des Staatsbeauftragten ist begrenzt. E r hat i n erster L i n i e Entscheidungen über den A b l a u f der Prüfungen zu treffen und sicherzustellen, daß nicht — w i e es ein T e i l der Diplomanden m i t allen M i t t e l n versucht — die noch nicht bestätigte u n d damit nicht gültige ,Alternative Studien- u n d Prüfungsordnung* für die Studienrichtungen der Fakultät für A r c h i t e k t u r angewandt w i r d . Die eigentlichen Prüfungsaufgaben obliegen w e i t e r h i n den dafür zuständigen Hochschullehrern. I m Gegensatz zu den Hochschullehrern i n der Fakultätsvertretung, i m Diplomprüfungsausschuß u n d zu dem Prüfungsobmann steht der Staatsbeauftragte nicht unter dem Druck von Diplomanden, die unter allen Umständen eine Anwendung der maßgeblichen Prüfungsbestimmungen verhindern u n d m i t der Zugrundelegung der ,Alternativen Studien- u n d Prüfungsordnung' den Antragsgegner, der über die Bestätigung noch nicht entschieden hat, vor vollendete Tatsachen stellen wollen. I m gegenwärtigen Zeitpunkt ist nicht erkennbar, m i t welchen anderen M i t t e l n der Antragsgegener, der auch i m Bereich der Selbstverwaltung dafür zu sorgen hat, daß die Universität ihre Aufgaben erfüllt, gewährleisten könnte, daß die am 23. 7. 70 begonnenen D i p l o m p r ü fungen ordnungsgemäß abgewickelt u n d die zu erteilenden Diplome vor der Rechtsordnung Bestand haben u n d von der Gesellschaft anerkannt werden. Die Aufhebung der Prüfungsentscheidungen nach einem v o l l durchlaufenen Prüfungsverfahren t r i f f t i m Ergebnis die Beteiligten, insbesondere die Diplomanden schwerer als eine Maßnahme, m i t der von vornherein ein rechtmäßiger Prüfungsablauf sichergestellt werden s o l l 2 4 0 . " U n v e r s t ä n d l i c h angesichts der k o n k r e t e n U m s t ä n d e des h i e r geschild e r t e n F a l l e s erscheint die R e a k t i o n der Westdeutschen R e k t o r e n konferenz, d i e i m O k t o b e r 1970 zu d e n V o r g ä n g e n S t e l l u n g n a h m u n d u. a. e r k l ä r t e :
239 V G Berlin, Beschluß v o m 3.9.1970, Az.: I I A 44/70, DVB1. 1971, S. 154 f. Dort auch die oben geschilderten Ausführungen der 21 Hochschullehrer. 240 V G Berlin, w i e A n m . 239, S. 155.
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„Die Westdeutsche Rektorenkonferenz sieht i n der Einsetzung eines Staatskommissars kein angemessenes M i t t e l zur Wahrnehmung der staatlichen Rechtsaufsicht gegenüber den Hochschulen, solange nicht alle geeigneten Schritte zur Beilegung von Konflikten zwischen Organen der Hochschulen u n d dem zuständigen Minister/Senator unternommen worden sind. Sie empfiehlt insbesondere die Einsetzung von Schlichtungsausschüssen i n denen Vertreter beider Seiten zusammenwirken 2 4 1 ."
Schlichtungsausschüsse der vorgeschlagenen A r t , die sich aus vertretungsberechtigten Mitgliedern der wissenschaftlichen Hochschule und Beamten der Aufsichtsbehörde zusammensetzen, widersprechen dem Charakter der Rechtsaufsicht, die i n strikter Kompetenzabgrenzung eine Reaktion einer Staatsbehörde auf fehlerhaftes oder fehlerhaft unterlassenes Selbstverwaltungshandeln der öffentlichrechtlichen Körperschaft vorsieht. Die Bildung von Schlichtungsausschüssen ist allenfalls inneruniversitär zur Beilegung von Streitigkeiten denkbar. I m vorliegenden Fall war aber allen hochschulinternen Schlichtungsbemühungen kein Erfolg beschieden. Besserung versprach nur noch ein selbständiger intensiver staatlicher Eingriff. γ) Organauflösung; Ersetzung von autonomer Rechtsetzung und Selbstverwaltung Die letzte, von Salzwedel 242 als gesonderte Intensitätsstufe eingeführte Gruppe der beseitigenden Aufsichtsmittel kommt für die Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule wohl nicht i n Betracht. Es handelt sich dabei u m die M i t t e l der Organauflösung und die auf Dauer angelegte Ersetzung von autonomer Rechtsetzung und eigenverantwortlicher Selbstverwaltung durch staatliche Verordnungsund Verwaltungstätigkeit. Angesichts des eigenständigen Charakters von Wissenschaft und der davon beeinflußten Verwaltung dieses Sachgebiets scheint eine solche Lösung selbst i n schwersten Fällen des Versagens der wissenschaftlichen Hochschule kaum vorstellbar. Die Hochschulgesetze kennen denn diese M i t t e l auch nicht, was von vornherein ihre Anwendung i n den Ländern mit gesetzlicher Einzelregelung der Staatsaufsicht ausschließen dürfte 2 4 5 2 4 4 . Die völlige Inpflichtnahme der Universität mit Wirkungen, wie sie das aufsichtliche Direktionsrecht längst vergangener Zeiten auszeichnete, würde aber ebenso dem i m 20. Jahrhundert entwickelten Universitätsgewohnheitsrecht wider? 4 1 Abgedruckt i n „Heidelberger unispiegel" Nr. 5/70 v o m 19.10.1970, S. 7. 242 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 252. 243 Vgl. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 255. 244 Richtigerweise sieht Salzwedel staatliches Reglement u n d staatlichen Selbsteintritt aber auch dann als ausgeschlossen an, w e n n nach dem konkreten Rechtszustand n u r allgemein Staatsaufsicht ohne Nennung einzelner M i t t e l vorgesehen ist.
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sprechen. Einschlägige Fälle einer solchen Verwaltungspraxis sind dem Verfasser auch nicht bekannt geworden. 7. Staatsaufsichtliche Genehmigungs-, Zustimmungs-, Bestätigungsvorbehalte gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule
Der vorgehend geschilderte Katalog von Mitteln der Staatsaufsicht steht dem aufsichtführenden Minister gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule i n dem Bereich zur Verfügung, in dem er Rechtsaufsicht als gebundene Gesetzmäßigkeitskontrolle ausübt. Gesonderte rechtliche Grundsätze, die auch i n einem häufig gebrauchten Sonderbegriff „Vorbehalts· oder Einzelaufsicht" zum Ausdruck kommen, gelten für den Teil der staatlichen Aufsichtsgewalt, i n dem sich der Staat für die Durchführung einer aufsichtlichen Maßnahme auf ihm zustehende Genehmigungs-, Zustimmungs- und Bestätigungsbefugnisse stützt. a) Rechtsgrundlagen Genehmigungs- und Bestätigungsvorbehalte zugunsten des Staates sind i m Hochschulrecht allenthalben anzutreffen. Wichtigste Fälle sind die Genehmigungsbedürftigkeit autonomer Rechtsetzungsakte der wissenschaftlichen Hochschule, hier insbesondere die der Universitätsverfassung (Grundordnung, Universitätssatzung). Schon vor 1945 war es unumstritten, daß die die Universitätsverfassung regelnde Hochschulsatzung dann staatlicher Anerkennung bedurfte, wenn sie nicht mehr als Rechtsverordnung der Landesregierung erlassen worden w a r 2 4 5 . Staatliche Genehmigung der Satzung anstelle von deren „Oktroyierung" war notwendige Folge der sich durchsetzenden Auffassung von der Korporationsnatur der wissenschaftlichen Hochschule: das Privileg, sich i m Wege autonomer Rechtsetzung ein eigenes Organisationsstatut geben zu können, wurde verknüpft mit dem gegenüber dem bisherigen Oktroi der Verfassung erheblich milderen M i t t e l einer vorangehenden staatlichen Prüfungsmitwirkung. Einige Landesverfassungen, wie die von Baden-Württemberg, Art. 20 Abs. 2, und die von Nordrhein-Westfalen, A r t . 16 Abs. 1, griffen diesen Rechtszustand auf und statuierten seine verfassungsmäßige Verbindlichkeit, indem sie von einer Garantie der universitären Selbstverwaltung i m Rahmen der Gesetze und „staatlich anerkannten Satzungen" 245 Thieme, Hochschulrecht, S. 30 ff.; Gerber, Hochschule u n d Staat (1953!), S. 13. Nach der zweifelhaften Auslegung des V G Köln, wie Anm. 98, S. 30 bedeutet „Anerkennung" i n A r t . 16 der Verfassung Nordrhein-Westfalen ein Weniger als „Genehmigung".
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C. Die staatliche Hochschulaufsicht
s p r e c h e n 2 4 6 , 2 4 7 . D i e n e u e r e n Hochschulgesetze sehen d u r c h w e g die Gen e h m i g u n g der G r u n d o r d n u n g e n d u r c h d e n z u s t ä n d i g e n T r ä g e r der Staatsaufsicht ( L a n d e s r e g i e r u n g , z u s t ä n d i g e r L a n d e s m i n i s t e r ) v o r 2 4 8 . Jedoch b e d ü r f e n n i c h t n u r die G r u n d o r d n u n g e n a l l e i n , s o n d e r n auch andere k o r p o r a t i v e Rechtsetzungsakte der wissenschaftlichen H o c h schule e i n e r s t a a t l i c h e n G e n e h m i g u n g . H i e r i s t jedoch eine e i n h e i t l i c h e Rechtslage n i c h t festzustellen. D i e B u n d e s l ä n d e r h a b e n i n i h r e n Hochschulgesetzen d e n K a t a l o g m ö g l i c h e r g e n e h m i g u n g s b e d ü r f t i g e r k o r p o r a t i v e r Rechtsetzungsakte d e r w i s s e n schaftlichen Hochschule verschieden abgegrenzt. D i e U n t e r s u c h u n g des geschriebenen Rechts f ö r d e r t d e m n a c h G e n e h m i g u n g s v o r b e h a l t e z u g u n sten des Staates zutage, d i e a u f einzelne L ä n d e r b e s c h r ä n k t sind. I m e i n z e l n e n ist u n t e r B e s c h r ä n k u n g a u f das W i c h t i g e folgendes festzustellen. G e n e h m i g u n g s b e d ü r f t i g k ö n n e n sein: 1. i m B e r e i c h des Organisationsrechts G r u n d o r d n u n g e n selbst
der
Universität
neben
den
— die F a k u l t ä t s - oder F a c h b e r e i c h s o r d n u n g e n 2 4 9 , — die E r r i c h t u n g , Ä n d e r u n g u n d A u f h e b u n g u n d zentralen Einrichtungen 250,
von
Fachbereichen
246 Z u r Auslegung von A r t . 20 Abs. 2 Landesverfassung Baden-Württemberg und den sich aus dieser Vorschrift ergebenden rechtlichen Folgen für die Hochschulsatzungen der landeseigenen wissenschaftlichen Hochschulen vor dem Wirksamwerden der einschlägigen hochschulgesetzlichen Regelungen ausführlich V G H Baden-Württemberg, Beschluß v. 27.2. 1969, Az.: I V 107/69, S. 22 ff.; einen zusammenfassenden Bericht über das U r t e i l gibt Waibel, WissR 1969, S. 276. 247 Eine ausführliche Schilderung der Verfassungsgebung der wissenschaftlichen Hochschulen nach 1945, die auch Hinweise auf die förmlichen staatlichen Genehmigungs-/Bestätigungsverfahren enthält, findet sich bei Gerber, Recht der wissenschaftlichen Hochschulen, Bd. I, Kap. 2 b, c. Das Werk Gerbers ist vor I n k r a f t t r e t e n der neuen Hochschulgesetze der Länder erschienen u n d gibt den Rechtszustand an den 1965 i n der Bundesrepublik Deutschland bestehenden wissenschaftlichen Hochschulen wieder. 248 §10 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG; A r t . 5 Abs. 1 S. 2 BayHschG, der einen allgemeinen Genehmigungsvorbehalt für alle Satzungen der wissenschaftlichen Hochschule enthält; § 5 Abs. 4 (Zustimmung des Kuratoriums), § 47 Abs. 1 Nr. 1 (Bestätigung durch den Senator für Wissenschaft u n d Kunst) B e r l U n i G ; §9 Abs. 1 B r e m E r r G ; §64 Abs. 1 S. 1 H a m b U n i G ; §36 Abs. 1 Nr. 1 HessHschG; §48 Abs. 2 Nr. 1 NWHschG; §70 Abs. 1 Nr. 1 RhPfHschG; § 1 Abs. 3 SaarlHschG; §11 Abs. 2 SaarlUniG; §14 Abs. 1 S. 1 SHHschG enthält ebenfalls einen allgemeinen Genehmigungsvorbehalt für alle Satzungen der wissenschaftlichen Hochschule. 240 §47 Abs. 1 Nr. 2 B e r l U n i G ; §36 Abs. 1 Nr. 1 HessHschG i . V . m . §22 Abs. 1 S. 1 HessUniG; §48 Abs. 2 Nr. 2 NWHschG. 2 50 §12 Abs. 3 S. 2 BaWüHschG (beschränkt auf zentrale Einrichtungen); §36 Abs. 1 Nr. 4 HessHschG; §6 Abs. 2 i . V . m . §6 Abs. 1 Nr. 2 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 34 Abs. 3 S. 2 NWHschG (zustimmungsbedürftiger Beschluß der Hochschule); §70 Abs. 1 Nr. 6 RhPfHschG; §14 Abs. 1 S. 3 SaarlUniG (Zustimmung des „Universitätsrats" erforderlich). § 61 Abs. 1
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule — d i e O r d n u n g e n e i n z e l n e r oder e i n e r V i e l f a l t v o n U n i v e r s i t ä t s a n s t a l t e n w i e B i b l i o t h e k s o r d n u n g e n oder K l i n i k O r d n u n g e n 2 5 1 , — die W a h l o r d n u n g e n z u U n i v e r s i t ä t s o r g a n e n 2 5 2 ;
2. i m B e r e i c h des H a u s - u n d O r d n u n g s r e c h t s die H a u s o r d n u n g e n u n d Ordnungsvorschriften 253 ; 3. i m B e r e i c h d e r A u s b i l d u n g des wissenschaftlichen Nachwuchses — die P r o m o t i o n s o r d n u n g e n , — d i e H a b i l i t a t i o n s o r d n u n g e n , die t e i l s v o n d e n F a k u l t ä t e n / F a c h bereichen, t e i l s v o n d e n O r g a n e n der U n i v e r s i t ä t erlassen w e r den254; Nr. 2 EHschRG sieht hier bundeseinheitlich ein Zusammenwirken von L a n d und Hochschule vor. Nach der amtlichen Begründung zu dieser Vorschrift (B-Tags-Drucksache 7/1328 v. 30.11.1973, S. 73) bedeutet Zusammenwirken „mindestens die Pflicht zur Information u n d Konsultation, bevor wichtige Entscheidungen getroffen werden. Stärkere Formen des Zusammenwirkens sind Vorschlagsrechte u n d staatliche Genehmigungsvorbehalte . . . " Der EHschRG legt also i n dieser Vorschrift die F o r m des Zusammenwirkens nicht fest. 2δΐ Bibliotheksordnungen: §14 Abs. 5 S. 1 BaWüHschG; §47 Abs. 1 Nr. 3 B e r l U n i G ; § 70 Abs. 1 Nr. 7 RhPfHschG. K l i n i k o r d n u n g e n : §13 Abs. 2 Nr. 6 BaWüHschG (Zustimmung des „ V e r waltungsrats", soweit es sich u m Benutzungsordnungen handelt; die Organisation des Universitätsklinikums w i r d durch Rechtsverordnung des Kultusministeriums i m Benehmen m i t der Universität geregelt, § 13 Abs. 7 S. 1 BaWüHschG); ähnlich die Regelungen i n §83 Abs. 6 - 8 SaarlUniG; §64 Abs. 1 S. 2 H a m b U n i G ; §64 Abs. 4 SHHschG (bloße Zustimmung des Senats vorgesehen). 252 §25 Abs. 1 S. 4 BaWüHschG; §47 Abs. 1 Nr. 4 B e r l U n i G ; §64 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. § 52 Abs. 2 H a m b U n i G ; § 36 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 23 HessHschG; § 14 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 26 Abs. 1 S. 1 SHHschG. I n Bayern (Art. 33 Abs. 5 S. 1) u n d i n Niedersachsen (§ 8 NSVorschaltG) werden die Wahlordnungen durch Rechtsverordnungen des Staatsministeriums für Unterricht u n d K u l t u s bzw. des Kultusministers geregelt. 253 §64 Abs. 2 Nr. 4 H a m b U n i G ; §36 Abs. 1 Nr. 1 HessHschG; §48 Abs. 2 Nr. 5 NWHschG; i n Rheinland-Pfalz ist die Hausordnung Bestandteil der Hochschulsatzung, §17 Abs. 2 RhPfHschG; §75 Abs. 2 S. 1 SaarlUniG. 254 — § 65 Abs. 3 S. 2 BaWüHschG (Die Promotions-/Habilitationsordnungen werden auf Vorschlag der Fakultäten v o m Senat erlassen, vgl. § 65 Abs. 3 S. 1 BaWüHschG; §§52 Abs. 2, 25 Abs. 1 Heidelberger GrundO.); — A r t . 70 Abs. 2 BayHschG (Promotions-/Habilitationsordnungen werden nach Ausarbeitung eines Vorschlags des beteiligten Fachbereichs v o m Senat erlassen, A r t . 70 Abs. 4 S. 2 BayHschG); — § 47 Abs. 1 Nr. 7, 8 B e r l U n i G (Promotions-/Habilitationsordnungen werden v o m Fachbereich erlassen, §15 Abs. 3 Nr. 6 BerlUniG); — § 64 Abs. 2 Nr. 6 H a m b U n i G (Prom./Habil.Ordnungen werden v o m Fachbereich erlassen, §41 Abs. 3 S. 1 HambUniG); — § 36 Abs. 1 Nr. 5 HessHschG (Prom./Habil.Ordnungen werden v o m Fachbereich erlassen, § 22 Abs. 2 HessUniG) ; — § 6 Abs. 2 S. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück (Promotions-/Habilitationsordnungen werden v o m Senat erlassen, § 6 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes) ; — § 48 Abs. 2 Nr. 2, 4 i. V. m. §§ 19 Abs. 1, 2, 20 Abs. 1, 34 Abs. 2 NWHschG
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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4. i m Bereich der Ausbildung der Studenten — die Immatrikulationsordnungen 2 5 5 ' 2 5 6 , — die Einführung und Änderung von Studiengängen 257 , — die akademischen Studienpläne (-Ordnungen) und Prüfungsordnungen 2 5 8 ; 5. soweit Studentenschaften eingerichtet sind, bedürfen die Satzungen der Studentenschaften staatlicher (ministerieller oder hochschu(Promotions-/Habilitationsordnungen werden nach diesen Gesetzesbestimmungen w o h l von den Fachbereichen erlassen; der Erlaß w a r bisher Aufgabe der Fakultäten, vgl. §§ 45 I, 47 I Bonner Verfassung 1969. Das HschG spricht i n § 20 Abs. 1 von Prüfungsordnungen der Hochschule. — I m übrigen ist noch zu §§ 45 I I , 47 I Bonner Verfassung 1969 anzumerken, daß die i n diesen Vorschriften ausgesprochenen Genehmigungsvorbehalte n u r einen die Hechtslage deklarierenden Charakter haben: die Autonomie der Universität reichte nicht so weit, von sich aus konstitutiv staatliche Mitwirkungsrechte festzusetzen. Vgl. oben §4 A n m . 5 der Arbeit); — § 70 Abs. 1 Nr. 5 RhPfHschG (Die Promotions-/Habilitationsordnungen werden v o m Fachbereich erlassen, § 46 Abs. 1 Nr. 7 RhPfHschG) ; — § 5 Abs. 1 S. 1 SaarlUniG (Promotions-/Habilitationsordnungen werden nach Ausarbeitung eines Vorschlags des beteiligten Fachbereichs v o m Senat erlassen, §§16 Abs. 1 Nr. 3, 21 Abs. 1 Nr. 1 SaarlUniG); — § 14 Abs. 1 S. 1 SHHschG (Promotions-/Habilitationsordnungen werden von den Fachbereichen erlassen, §§ 86 Abs. 6, 87 SHHschG). 255 §58 Abs. 2 S. 2 BaWüHschG; §47 Abs. 1 Nr. 5 B e r l U n i G : i n B e r l i n erfolgt die I m m a t r i k u l a t i o n auf G r u n d der Universitätsordnung, § 30 Abs. 1 S. 1 B e r l U n i G ; §64 Abs. 2 Nr. 1 H a m b U n i G ; §48 Abs. 2 Nr. 3 NWHschG; §70 Abs. 1 Nr. 4 RhPfHschG; §68 Abs. 1 S. 2 SaarlUniG; §14 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 79 SHHschG. I n Bayern werden die Einzelbestimmungen über I m m a t r i k u l a t i o n , Beurlaubungen, E x m a t r i k u l a t i o n etc. durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Unterricht u n d K u l t u s i m Benehmen m i t der jeweiligen wissenschaftlichen Hochschule erlassen, A r t . 57 Abs. 2 BayHschG. 256 Grundlage des Rechts der Zulassungsbeschränkungen ist der zwischen den Bundesländern abgeschlossene „Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen" v o m 20.10.1972. Dem Staatsvertrag haben durch Gesetz zugestimmt: Baden-Württemberg am 10.4.1973 (GBl. S. 85), Bayern am 24.5. 1973 (GVB1. S. 261), B e r l i n am 22.3.1973 (GVB1. S. 518), Bremen am 24.4.1973 (GBl. S. 71), H a m b u r g am 9.4.1973 (GVB1. S. 67), Hessen am 4. 4.1973 (GVB1. I. S. 135), Niedersachsen am 3. 4.1973 (GVB1. S. 95), Nordrhein-Westfalen am 18. 4. 1973 (GVB1. S. 220), Rheinland-Pfalz am 27. 2.1973 (GVB1. S. 44, 106), Saarland am 28. 2.1973 (ABl. S. 192) u n d Schleswig-Holstein am 21.12.1972 (GVB1. S. 243). §§28 bis 38 EHSchRG sehen eine bundeseinheitliche Rahmenregelung f ü r den Zugang zur Hochschule vor. 257 § 70 Abs. 1 Nr. 2 RhPfHschG. 258 § 65 Abs. 3 S. 2 BaWüHschG für Hochschulprüfungsordnungen; A r t . 62 Abs. 3 (Studienordnungen), A r t . 70 Abs. 2 (Prüfungsordnungen) BayHschG; §47 Abs. 1 Nr. 6 B e r l U n i G ; §64 Abs. 2 Nr. 5 H a m b U n i G (akademische Prüfungsordnungen) ; § 36 Abs. 1 Nr. 5 HessHschG (akademische Prüfungsordnungen) ; § 22 Abs. 1 S. 2 NWHschG (Studienordnungen sind dem K u l t u s minister anzuzeigen) ; § 48 Abs. 2 Nr. 4 NWHschG (Prüfungsordnungen) ; § 70 Abs. 1 Nr. 3 RhPfHschG (Studienpläne u n d Prüfungsordnungen) ; § 5 Abs. 1 5. 1 SaarlUniG (Prüfungsordnungen); §84 Abs. 1 (Studienordnungen); §86 Abs. 6 S. 1 (Prüfungsordnungen) i. V. m. § 14 Abs. 1 S. 1 SHHschG; § 17 Abs. 1 S. 1 EHschRG (Prüfungsordnungen der Hochschule).
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
lischer) Genehmigung; hierauf w i r d beim Kapitel „Aufsicht über die Studentenschaften" eingegangen werden. Aber auch bestimmte Einzelakte der universitären Selbstverwaltung können ohne staatliche Anerkennung nicht wirksam werden. So bedarf die Wahl des Universitätspräsidenten durch den Großen Senat (das Konzil) überall da staatlicher Bestätigung, wo jene nicht vom Staat selbst i m Einvernehmen mit (nach Anhörung, auf Vorschlag) der Universität ernannt werden 2 5 9 . b) Kennzeichnung aa) Genehmigung als rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung
des Staates
A n dieser Stelle bedarf die oben getroffene Behauptung der Überprüfung, daß die dem Staat zustehenden Genehmigungs-, Zustimmungsund Bestätigungsbefugnisse Teil seiner i h m über die wissenschaftliche Hochschule zustehenden Aufsichtsgewalt seien. Hier ist wiederum ein Rückgriff auf das Schrifttum, vor allem das der Kommunalrechtswissenschaft, nützlich. Dort ist i n ausführlichen Untersuchungen dargetan worden, daß staatliche Genehmigungsvorbehalte i m Bereich der 259
Die Regelung ist uneinheitlich: — §18 Abs. 2 S. 2 BaWüHschG: Ernennung des Präsidenten durch den Ministerpräsidenten des Landes auf G r u n d eines gemeinsamen Vorschlags von Kultusminister u n d Großem Senat; — A r t . 13 Abs. 1 S. 1 BayHschG: W a h l durch die Versammlung, danach Vorschlag seiner Bestellung, die dem Staatsminister für Unterricht u n d K u l t u s gegenüber erfolgt; — § 6 Abs. 1 S. 3 B e r l U n i G : W a h l durch Konzil, Bestätigung durch den Senat von B e r l i n ; — § 2 Abs. 3 S. 1 B r e m E r r G : Bestellung des Gründungsrektors durch den Senat der Freien Hansestadt Bremen auf Vorschlag des Gründungssenats; — §26 Abs. 1 H a m b U n i G : Bestellung durch den Senat der Freien u n d Hansestadt H a m b u r g nach Erörterung m i t dem Akademischen Senat u n d i m Einvernehmen m i t dem Universitätskonzil; — § 11 Abs. 1 HessUniG: Wahl durch Konvent auf Vorschlag des Senats; Bestätigung durch den Kultusminister; — § 5 Abs. 1 NWHschG: W a h l durch die Hochschule, Ernennung durch die Landesregierung ; — §42 Abs. 3 RhPfHschG: Wahl durch die Versammlung der Hochschule, Dreiervorschlag des Senats, der i m Einvernehmen m i t dem Minister für Unterricht u n d K u l t u s erstellt w i r d ; — § 28 Abs. 2, 3 SaarlUniG: W a h l durch K o n z i l aus einer v o m Universitätsrat aufzustellenden Dreierliste; Bestätigung durch die Landesregierung; — §48 Abs. 3 S. 1, 2 SHHschG: W a h l durch Senat auf der Grundlage eines Dreiervorschlages, der i m Einvernehmen m i t dem Kultusminister erstellt wird. Bundeseinheitlich soll eine M i t w i r k u n g des Staates vorgesehen werden, § 63 Abs. 3 EHschRG.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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gemeindlichen Selbstverwaltung jedenfalls dann Bestandteil der staatlichen Aufsichtsgewalt sind, wenn durch sie die für die Rechtsaufsicht typische staatliche, i m Rahmen der Gesetze stattfindende Überwachung der Gesetzmäßigkeit gemeindlichen Rechtsetzungs- und Selbstverwaltungshandelns stattfinden soll 2 6 0 . Diese Aussage rechtfertigt sich aus der Tatsache, daß die staatliche Erteilung einer Genehmigung, der die Überprüfung der Gesetzmäßigkeit des dem Genehmigungsvorbehalt unterliegenden korporativen Aktes vorausgegangen ist, insoweit nichts anderes ist, als eine rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Staates, die die Elemente der oben gefundenen Definition von Staatsaufsicht als Rechtskontrolle enthält. Soweit staatliche Genehmigungen, Bestätigungen oder auch Zustimmungen solche rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigungen aussprechen, sind sie, ohne daß es nach richtiger Auffassung auf die Bezeichnung i m einzelnen ankäme 2 6 1 , M i t tel der staatlichen Rechtsauf sieht; die Grundsätze des Kommunalrechts können hier wegen Gleichgelagertheit der Fälle für das Hochschulrecht übernommen werden. bb) Genehmigung als staatlicher
Mitwirkungsakt
Zu trennen von diesen aufsichtlichen Genehmigungen sind nach billigenswerter Auffassung Salzwedels 202 staatlich-hoheitliche M i t w i r kungsrechte des Staates, die i n die Form von Genehmigungs-/Zustimmungs-/Bestätigungsvorbehalten gekleidet sind und dem Staat über die Kontrolle von Selbstverwaltungshandeln hinaus eine Mitentscheidung einräumen. Diese braucht sich dann nicht an die gesetzlich bindenden Maßstäbe des Aufsichtshandelns zu halten, da Staat und Selbstverwaltungsträger außerhalb des Bereiches von Aufsicht zusammenwirkend handeln. I n der Terminologie Salzwedels liegt hier staatliche Sanktion, nicht staatliche Aufsicht vor. cc) Unterschiede der Genehmigungsvorbehalte zu den bisher behandelten Aufsichtsmitteln Die Unterscheidung staatlicher Genehmigungsbefugnisse i n solche, die den Charakter von Sanktionen, und i n solche, die den Charakter 260
Gönnenwein, Kommunalaufsicht, S. 517 ff., insbes. 526/527 m. w . N.; Gemeinderecht, S. 198 ff. Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 204 ff., insbesondere S. 206. Demgegenüber wollen der Verfassungsgerichtshof für Rheinland-Pfalz, Entscheidung v. 5.12.1950 Nr. 5/50, VerwRSpr. 3, S. 529 ff., 530 u n d der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen, U r t e i l v o m 21. 8. 1954, Az.: V G H 3/53, VerwRspr. 7, S. 584 ff., 591, die Genehmigung grundsätzlich nicht zu den Aufsichtsmitteln rechnen, sondern immer von staatlichen Mitwirkungsrechten sprechen. 261 Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 204, 206. 262 Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 206; zustimmend H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 77 I I c 4. 10 Gallas
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
von aufsichtlichen Unbedenklichkeitsbescheinigungen haben, macht es erforderlich, den oben lediglich i n seinem Umfang erörterten Katalog hochschulrechtlicher staatlicher Genehmigungsbefugnisse zu systematisieren. Das Schwergewicht soll dabei, vom Thema der Untersuchung her vorgegeben, auf den auf sichtlichen Genehmigungs-/Zustimmungs-/Bestätigungsvorbehalten liegen. Diese unterscheiden sich dabei von den bisher behandelten Mitteln der staatlichen Hochschulaufsicht i n gewichtigen Punkten. Eine erste Unterscheidung ergibt sich aus der Feststellung, daß der Grundsatz der Universalität insofern Einschränkungen erleidet, als dem Staat aufsichtliche Kontrollrechte m i t der Wirkung der Erteilung bzw. Versagung einer Genehmigung nur i n den hochschulgesetzlich oder universitätsgewohnheitsrechtlich ausdrücklich vorgesehenen Fällen zustehen 263 . Ein zweiter Unterschied liegt darin, daß das eigenverantwortliche Handeln der wissenschaftlichen Hochschule, ihr konkret ergangener Rechtsetzungsakt oder die bereits vorgenommene Maßnahme aus dem Selbstverwaltungsbereich, schwebend unwirksam ist bis zur Erteilung der begehrten Genehmigung; vor ihrem Wirksamwerden findet die aufsichtliche Uberprüfung statt 2 6 4 . Der auf sichtliche Genehmigungsvorbehalt w i r k t immer präventiv; von den bisher behandelten präventiven Aufsichtsmitteln (etwa der Beratung) unterscheidet er sich dadurch, daß er bis zur Erteilung der Genehmigung ein rechtlich beachtliches Handeln der Universität überhaupt unterbindet, während jene lediglich ein rechtswidriges Handeln verhindern sollen 2 6 5 . Aus diesen Feststellungen folgt weiterhin, daß der wissenschaftlichen Hochschule überall da, wo einer der von ihr erzeugten Rechtsetzungsakte staatlicher Genehmigung bedarf, ein Anspruch auf aufsichtliches Tätigwerden zuzubilligen ist, so daß die Aufsichtsbehörde zur Entscheidung über einen ihr vorgelegten Antrag auf Erteilung der erforderlichen Genehmigung verpflichtet ist. Untätigkeit, etwa aus politischen Motiven heraus, ist der Behörde verwehrt. Zu begründen ist dies letztlich damit, daß es m i t dem der Korporation Universität zugestandenen Recht auf autonome Selbstgestaltung ihrer akademischen Angelegenheiten unvereinbar wäre, wenn etwa ein die Zeichen offensichtlicher Rechtswidrigkeit nicht tragender Rechtsetzungsakt durch das Verhal263
Dazu Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 204. Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 203. 265 Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 203, sieht zu Recht, daß aus dem Präventivcharakter des Genehmigungsvorbehalts allein noch kein zusätzliches K r i t e r i u m zu gewinnen ist. Die Unterscheidung muß bei der durch den Genehmigungsvorbehalt hervorgebrachten W i r k u n g der schwebenden U n w i r k s a m k e i t des eigenverantwortlichen Handelns der Universität ansetzen. 264
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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ten der Aufsichtsbehörde i m Zustand schwebender Unwirksamkeit verbliebe. So ist das v o m K u l t u s m i n i s t e r i u m des Landes Baden-Württemberg eingeschlagene Verfahren, weder den Satzungsentwurf der Universität Mannheim aus dem Jahre 1954 noch den Satzungsänderungsentwurf derselben Universität v o m 21./31.12.1968 zu genehmigen, sondern es „hinzunehmen", daß entsprechend den E n t w ü r f e n „verfahren" w i r d , u n d sich gleichzeitig wegen einzelner Bestimmungen des Änderungsentwurfs ein Beanstandungsrecht vorzubehalten, n u r schwerlich m i t dem Recht vereinbar. (Nur i n Ausnahmefällen, etwa zur Erprobung neuer Hochschulorganisationsformen, w i r d man sich m i t einer dann allerdings förmlichen Ermächtigung an die Universität begnügen dürfen, nach dem von i h r vorgelegten E n t w u r f eine beschränkte Zeit lang zu verfahren.) Auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg sieht i n dem v o m K u l t u s m i n i s t e r i u m eingeschlagenen Verfahren nicht die f ü r den konkreten F a l l nach A r t . 20 Abs. 2 der Landesverfassung erforderliche „Anerkennung der S a t z u n g " 2 6 c .
Bei autonomen Rechtsetzungsakten der wissenschaftlichen Hochschule muß sich der Träger der Aufsicht daher zu einer förmlich abzusetzenden Entscheidung durchringen, ob er die erforderliche Genehmigung erteilen bzw. ganz oder teilweise versagen w i l l 2 6 7 . Die wissen266 Z u m ganzen F a l l vgl. V G H Baden-Württemberg, Beschluß v. 27. 2. 1969, Az.: I V 107/69, S. 22 ff. (vgl. A n m . 246). Der V G H wendete i n diesem Normenkontrollverfahren Mannheimer ordentlicher Professoren gegen wesentliche Bestimmungen der Änderungssatzung der Universität Mannheim v o m 21./31.12.1968 u n d 3. 2.1969 § 4 BaWüHschG (a. F.), der das Genehmigungserfordernis f ü r die Änderung von Grundordnungen enthält, nicht an, da es sich bei vorliegender Änderungssatzung noch nicht u m eine Grundordnung i. S. des am 1. 4.1968 i n K r a f t getretenen Hochschulgesetzes gehandelt habe. Das Verhalten des Kultusministeriums erfüllte jedoch nach Ansicht des Gerichts auch nicht die Voraussetzungen des nach der Landesverfassung Baden-Württemberg angeblich n u r vorgeschriebenen formlosen Anerkennungsverfahrens, das vor Wirksamwerden des Hochschulgesetzes i n BadenWürttemberg eingehalten werden muß te; die angegriffenen Bestimmungen der Änderungssatzung hätten u. a. deshalb Rechtsgültigkeit nicht erlangen können. Zweifelhaft bleibt freilich, ob nicht auch vor Wirksamwerden der Bestimmungen des Hochschulgesetzes das baden-württembergische U n i versitätsgewohnheitsrecht entgegen der Auffassung des Gerichts ein förmliches Satzungsgenehmigungsverfahren erforderte. So w a r etwa die Grundordnung der Universität Freiburg v o m 23. 6.1954/10. 6.1956 durch Erlaß der Baden-Württembergischen Landesregierung v o m 3.8.1956, A B l . K u l t u s ministerium, S. 449, förmlich bestätigt worden. Dazu Gerber, Recht der wissenschaftlichen Hochschulen, Bd. I, S. 47, Bd. I I Anm. 78. Bei Gerber, Bd. I, S. 47 - 66, auch eine ausführliche Schilderung der Verfassungsgebung der anderen baden-württembergischen Landesuniversitäten nach 1945. 267 Diese Feststellung hat am Rande m i t dem Opportunitätsprinzip bei der Handhabung von M i t t e l n der Staatsaufsicht zu tun. Sie unterscheidet sich von diesem Prinzip aber dadurch, daß dem Eingreifen von Opportunitätsgesichtspunkten die Feststellung der Rechtswidrigkeit des vorgelegten Korporationsaktes vorausgehen muß, Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 221. Die oben getroffene Aussage g i l t aber unabhängig von der Frage, ob der zur Genehmigung anstehende Rechtsetzungsakt der wissenschaftlichen Hochschule der Aufsichtsbehörde rechtmäßig oder rechtswidrig erscheint. 10*
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
schaftliche Hochschule, die ihrerseits die Pflicht zur Vorlage des genehmigungsbedürftigen Aktes hat 2 6 8 , kann versuchen, die Erteilung der Genehmigung m i t der verwaltungsgerichtlichen Verpflichtungs(Vornahme)klage zu erstreiten 2 6 9 . dd) Zweckmäßigkeitsüberprüfung und Ermessensspielraum bei der Ausübung des Genehmigungsrechts Eine weitere Schwierigkeit i n der rechtsrichtigen Einordnung der aufsichtlichen Genehmigungsvorbehalte i m Hochschulrecht liegt darin, daß die hochschulgesetzlichen Bestimmungen, die Regelungen zur Versorgung von Genehmigungen enthalten, mehrheitlich als Kann-Bestimmungen gefaßt sind 2 7 0 . A n diese gesetzliche Regelung anknüpfend liegt der Schluß nahe, dem Staat sei jedenfalls bei der Ausübung seines Versagungsrechts, vielleicht aber auch bei der Erteilung von Genehmigungen, i n derselben Weise ein Entscheidungsermessen eingeräumt, wie es i n anderen Rechtsgebieten (etwa i m Kommunalrecht) für Genehmigungsvorbehalte ganz allgemein behauptet w i r d 2 7 1 . A n diese Problematik anschließend ist die Frage aufzuwerfen, ob und wenn, dann i n welchem Umfang, die Hochschulgesetze dem aufsichtführenden Minister mit der Einräumung von Entscheidungsermessen eine Berufung auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte zugestehen, wenn er die begehrte Genehmigung erteilt oder, soweit die Gesetze das Ermessen hierauf beschränken, versagt. Solche Zweckmäßigkeitserwägungen können von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen. I n Anlehnung an die Untersuchungen Salzwedels zu den allgemeinen staatsaufsichtlichen Genehmigungsvorbehalten sind drei Gruppen zu unterscheiden 272 : — Genehmigungsvorbehalte zur Sicherung einer vorwegnehmenden staatlichen Gesetzmäßigkeitskontrolle; die Behörde ist bei der Erteilung und Versagung der Genehmigung beschränkt auf die Uberprüfung des korporativen Aktes i n rechtlicher Hinsicht; 268 v g l . i m Gemeinderecht, Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 185. 269 Vgl. Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 243. 270 v g l . §85 BaWüHschG; A r t . 62 Abs. 2, 70 Abs. 2 BayHschG; § 48 Abs. 1 S. 2 B e r l U n i G ; §64 Abs. 3 H a m b U n i G ; §36 Abs. 2 HessHschG; §48 Abs. 3 NWHschG; §70 Abs. 2 RhPfHschG; §14 Abs. 2 SHHschG. Die bayerischen und schleswig-holsteinischen Vorschriften enthalten Mußbestimmungen i n soweit, als eine Genehmigung wegen Verstoßes der Satzung gegen Rechtsvorschriften versagt werden soll. 271 Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 203; Köttgen, H d B K o m m W P I, S. 220/221, der auch auf die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Genehmigung als bloßer Legalitätskontrolle u n d Genehmigung als Möglichkeit gestaltender Staatsintervention hinweist. 272 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 245 ff.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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— Genehmigungsvorbehalte, die eine Zweckmäßigkeitsüberprüfung i m „recht verstandenen eigenen Interesse" des Selbstverwaltungsträgers eröffnen; — und solche, die aus Zweckmäßigkeitserwägungen die Durchsetzung bestimmter staatlicher Interessen auf Kosten der Eigeninteressen des Selbstverwaltungsträgers gestatten. Der Bereich der Rechtsaufsicht wäre i n den ersten beiden Gruppen nicht überschritten; i n der zweiten hätte sich der Aufsichtsmaßstab lediglich, wie bereits oben unter Berufung auf Salzwedel gezeigt wurde 2 7 3 , von der „gebundenen" h i n zur m i t der Selbstverwaltungsgewährleistung konform gehenden richtlinienhaft „gelenkten" Gesetzmäßigkeitskontrolle verschoben. Bei der dritten Gruppe ist die Grenze zur staatlichen M i t w i r k u n g i n Form der Sanktion erreicht, wenn nicht überschritten 274 . Der Ansatzpunkt Salzwedels ist für das Hochschulrecht fruchtbar zu machen, wobei es allerdings nicht ausreicht, dem aufsichtführenden Minister bei der Erteilung oder Versagung hochschulrechtlicher Genehmigungen ohne weiteres das Recht zur Geltendmachung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu vindizieren 2 7 5 . Vielmehr bedarf es einer systemgerechten Einordnung. c) Umfang der Genehmigungsvorbehalte aa) im Bereich „Wissenschaftliche
Forschung und Lehre"
Die bisherige Untersuchung hat ergeben, daß der Staat i n dem Bereich, i n dem die wissenschaftliche Hochschule autonom das Sachgebiet Wissenschaft organisiert und „verwaltet", auf die Wahrnehmung staatlicher Aufsicht i n der Form der strikten Gesetzmäßigkeitskontrolle beschränkt ist. Dasselbe gilt insoweit für die aufsichtliche Vorwegkontrolle von Rechtsetzungsakten der wissenschaftlichen Hochschule, die der Staat auf Grund von Genehmigungs-/Zustimmungs-/Bestätigungsvorbehalten ausübt: damit ist die Geltendmachung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zur Unterstützung der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung ausgeschlossen. Eine die Aufsichtsentscheidung beeinflussende Berücksichtigung wie immer 273 §2 der Arbeit. 274 So H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , §77114. 275 Salzwedel, Genehmigungsvorbehalte, S. 203, etwa n i m m t ohne weitere Begründung an, daß der Kultusminister bei der Entscheidung, ob er eine Promotionsordnung genehmigen w i l l oder nicht, Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte berücksichtigen kann. Ebenso weitgehend bei der Versagung von Genehmigungen § 85 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG und § 64 Abs. 3 S. 1 HambUniG.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
gearteter „wohlverstandener eigener Interessen" oder gar von Interessen des Staates braucht die wissenschaftliche Hochschule bei der Überprüfung ihrer i m Bereich „originärer" Selbstverwaltung ergehenden Rechtsetzungsakte nicht hinzunehmen. Diese Forderung gründet auf der Feststellung der Unvertretbarkeit aller wissenschaftsbezogenen Entscheidungen an der Universität, die bereits oben die Anwendbarkeit schwerer Aufsichtsmittel i m Hochschulrecht einschränkte. Die i n den satzungsgebenden Organen der wissenschaftlichen Hochschule versammelten Korporationsmitglieder können, solange es um die Wissenschaftsbezogenheit eines Beschlusses geht und solange sie sich i m Rahmen von Gesetz und Recht (auch i n dem des eigenen vorangehenden Satzungsrechts!) halten, grundsätzlich „fehlerhaft", weil unzweckmäßig, entscheiden. Daraus folgt, daß die staatliche Aufsichtsinstanz nicht etwa versuchen kann, eine von ihr wegen möglicher unerwünschter hochschulpolitischer Auswirkungen für verfehlt und unzweckmäßig gehaltene universitätseigene Organisationsreform i m Genehmigungsverfahren zu Fall zu bringen, wenn diese Reform das K r i t e r i u m der Wissenschaftsbezogenheit für sich beanspruchen kann und mit Recht und Gesetz übereinstimmt. Weiterhin ist der von einigen Hochschulgesetzen dem aufsichtführenden Kultusministerium eingeräumte begrenzte Ermessensspielraum, nach dem dieses eine von der Universität beantragte Genehmigung „aus rechtlichen Gründen" versagen könne, ohne wesentliche Bedeutung. Dieser Ermessensspielraum ist schon vom Gesetzgeber zweifach begrenzt worden: er soll nur v/irksam sein bei der Versagung von Genehmigungen und jene nur aus Rechtsgründen erfolgen können. Die gesetzlichen Bestimmungen laufen darüber hinaus ins Leere, da der Behörde i n Wahrheit auch keine richtlinienhaft gelenkte Entscheidungsfreiheit mehr bleibt, wenn ihr die Berufung auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte verwehrt ist. Jedesmal, wenn sie bei der Vorwegkontrolle eines universitären Korporativaktes des „originären" Bereichs keinen Gesetzes- oder Rechtsverstoß ausfindig macht, muß sie ohne weitere Erörterung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten die Genehmigung erteilen; insoweit hat die wissenschaftliche Hochschule einen Anspruch auf Erteilung. Kann die Aufsichtsinstanz umgekehrt einen offensichtlichen Rechtsfehler ermitteln, muß sie, da zur Entscheidung „aus rechtlichen Gründen" verpflichtet, ganz ihre Versagung aussprechen oder — bei teilweiser Gültigkeit — eine Teilgenehmigung verfügen 27®. I h r Ermessensspielraum ist „auf N u l l reduziert", da i n dem Versagungsgrund „aus rechtlichen Gründen" alle denkbaren Gesichtspunkte ent276 Z u r Zulässigkeit der Teilgenehmigung einer Grundordnung ausführlich V G H Baden-Württemberg, Beschluß v o m 9.10.1969, Az.: IV687/69, E S V G H 20, S. 12 ff., 14.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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halten sind, weitergehendes administratives Ermessen verdrängen 2 7 7 und — wie Salzwedel richtig bemerkt — „Gesetzesverstöße nie i m recht verstandenen, objektiven Interesse des Selbstverwaltungsträgers liegen" können 2 7 8 . Daraus folgt, daß nur eine Entscheidung der Behörde rechtmäßig sein kann 2 7 9 . Zusammenfassend eröffnen die staatlichen Genehmigungsvorbehalte i m „originären" Kernbereich Wissenschaftsorganisation und Wissenschaftsverwaltung eine ausschließlich rechtsaufsichtliche Gesetzmäßigkeitskontrolle, bei der die aufsichtführende Behörde sich i n der Rolle des „Legalitätsgaranten" befindet, die mit ihrer Zustimmung eine rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung erteilt bzw. m i t ihrer Versagungserklärung eine solche ablehnt 2 8 0 . Nun kennen freilich einige Hochschulgesetze, wie die von Berlin 2 8 1 , Nordrhein-Westfalen 2 8 2 , Rheinland-Pfalz 2 8 3 und Schleswig-Holstein 284 nicht nur den mit (angeblichem) Entscheidungsermessen verbundenen Versagungsgrund aus rechtlichen Gründen. Sie normieren darüber hinaus für den hier zu erörternden Kernbereich „originärer" Wissenschaftsorganisation und -Verwaltung, daß eine Genehmigung dann versagt werden könne, wenn die vorgesehene universitäre Maßnahme 1. gegen den Hochschulgesamtplan verstoße oder 2. die Wahrnehmung der dem Land obliegenden rechtlichen Pflichten wesentlich behindere oder unmöglich mache 285 . 277 Ausführlich zur Problematik des Verhältnisses von Verwaltungsermessen u n d unbestimmtem Rechtsbegriff Ossenbühl, S. 87, auf den hier verwiesen werden darf. 278 Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 247. Anders als der Verfasser ordnet Salzwedel allerdings diese Bemerkung bei seinen Ausführungen zur Gruppe derjenigen Genehmigungsvorbehalte ein, die dem Staat eine bestimmte Zweckmäßigkeitskontrolle eröffnen sollen. Der Satz k a n n aber für jede vorweggenommene aufsichtliche Gesetzmäßigkeitskontrolle Geltung beanspruchen. 279 Vgl. auch die Begründung zum ERhPfHschG, Drucksache Landtag Rheinland-Pfalz Nr. VI/2020, zu §71: „Es entspricht rechtsstaatlichen Erfordernissen, daß eine Genehmigung zu versagen ist, w e n n die beabsichtigte Entscheidung oder Maßnahme gegen das geltende Recht verstößt." Opportunitätsgesichtspunkte müssen hier hintan stehen. Folgerichtig hat denn auch der bayerische und schleswig-holsteinsche Gesetzgeber i n den i n Anm. 270 genannten Rechtvorschriften angeordnet, daß eine Genehmigung bei Verstoß der Satzung gegen Rechtsvorschriften versagt werden muß. 28 ° Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 246; Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 200, ist für das Kommunalrecht der Ansicht, daß wegen der Landesverfassungsbestimmungen dem Staat i n den Genehmigungsvorbehalten ausschließlich eine Gesetzmäßigkeits- ohne Zweckmäßigkeitskontrolle eröffnet sei. 281 § 48 Abs. 1 S. 1 BerlUniG. Der Sonderfall der Genehmigung der Grundordnungen baden-württembergischer Universitäten, § 85 Abs. 1 BaWüHschG, w i r d unten gesondert erörtert. 282 § 48 Abs. 3 S. 2 NWHschG. 283 § 70 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG. 284 § 14 Abs. 2 SHHschG. 285 Z i t i e r t nach § 14 Abs. 2 SHHschG. I n § 1 Abs. 4 B r e m E r r G ist ab-
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Deumeland bezeichnet diese Versagungsgründe als „außerrechtlich" und hält daher eine Regelung, wie die von § 48 Abs. 3 S. 2 des Nordrhein-Westfälischen Hochschulgesetzes für schlicht verfassungswidrig, da sie die wissenschaftliche Hochschule i n ihren von Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützten autonomen Selbstverwaltungsrechten verletze 2 8 6 . Einer genaueren Prüfung hält dieses absolute Verdikt jedoch nicht stand. Eine richtige, insbesondere verfassungskonforme Auslegung dieser vom Gesetzgeber geschaffenen Versagungsgründe ergibt, daß die Genehmigungsbehörde die ihr zugestandene Befugnis zur bloßen Rechtskontrolle nicht überschreitet, wenn sie eine Genehmigung mit den obengenannten Gründen versagt. Beide Fälle verweisen auf gesetzliche Bestimmungen oder Rechtsvorschriften und sind daher lediglich klarstellende Unterfälle einer Versagung aus rechtlichen Gründen. Was zunächst den Versagungsgrund „Widerspruch zur Landeshochschulplanung" angeht, ist nach dem oben Gesagten allerdings zu fordern, daß den angesprochenen Plänen Rechtsnormqualität (ζ. B. als Rechtsverordnung) zukommt oder zumindest ihr Entstehen auf ein dem Rechtsetzungsverfahren gleichkommenden förmlichen Verfahren beruht. Bloß entgegenstehende planerische Absichtserklärungen oder vom Ministerium verwaltungsintern erlassene Planungsdaten reichen für die Versagung der Genehmigung einer autonomen Satzungsbestimmung nicht aus 2 8 7 . Ohne die Frage nach der Rechtsnatur von Bildungsgesamtplänen zu vertiefen, genügen meines Erachtens die Berliner und die rheinland-pfälzische Regelung diesen Ansprüchen. Gemäß § 8 Abs. 1 des Rheinland-Pfälzischen Hochschulgesetzes kommt der Hochschulgesamtplan (des Landes) durch Zusammenwirken der Landesregierung mit den wissenschaftlichen Hochschulen des Landes, der Fachhochschule des Landes etc. zustande und w i r d vom Landtag m i t förmlichem Beschluß (sog. „schlichter" Parlamentsbeschluß) verabschiedet 288 . Ebenso beruht der Berliner Hochschulentwicklungsplan gemäß § 2 Abs. 6 des Berliner weichend von den sonstigen hochschulgesetzlichen Regelungen vorgesehen, daß sich die gesamte Aufsicht auf die Angelegenheiten erstrecke, die V e r pflichtungen des Landes Bremen gegenüber dem B u n d und, aus der konkreten Situation der Universität Bremen heraus verständlich, gegenüber anderen Bundesländern betreffen. Gemeint sind hier neben den Bundesgesetzen w o h l vor allem auch die bindenden Verwaltungsabkommen der Länder zur Förderung u n d Unterstützung der Errichtung der Universität Bremen. 286 Deumeland, Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen, zu § 48, S. 61/62. Zur Frage, ob A r t . 5 Abs. 3 S. 1 G G die universitäre Selbstverwaltung schützt, s. o. 287 a. A. Besch, Hochschulgesetz Nordrhein-Westfalen, zu § 48, S. 85, der keinerlei Formliòhkeit der Planbestimmungen fordert. Besch gibt allerdings zu, daß sich die Tragweite von § 48 Abs. 3 S. 2 NWHschG „z. Z. noch k a u m abschätzen" läßt. Z u r Rechtsnatur von Bildungsplänen Wimmer, S. 305 ff. 288 Dazu Wimmer, S. 307. Ähnlich wie die rheinland-pfälzische die bayerische Regelung, vgl. A r t . 8 Abs. 2 BayHschG.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Universitätsgesetzes auf einem Beschluß des Abgeordnetenhauses von Berlin 2 8 9 . Problematisch ist § 18 Abs. 1 des Schleswig-Holsteinischen Hochschulgesetzes, der vorsieht, daß die Landesregierung nach Beratung mit den Hochschulen, aber ohne Beteiligung des Landtages den Hochschulgesamtplan aufstellt: wegen der Unbestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage w i r d man diesen Plänen kaum den Charakter von Rechtsverordnungen zubilligen können 2 9 0 . Das Nordrhein-Westfälische Hochschulgesetz enthält keine Bestimmungen über Rechtsnatur und Entstehung der Landeshochschulplanung; die i n § 41 ff. des Gesetzes genannten Struktur- und Entwicklungspläne sind intern auf die Hochschule bezogen. Man w i r d qualitativ vergleichbare rechtliche Sicherungen wie i n Berlin und Rheinland-Pfalz fordern müssen 291 . Ein solcher Landesgesamtplan hat für die betroffene wissenschaftliche Hochschule Rechtsverbindlichkeit; ihre Satzungen dürfen dagegen nicht verstoßen. Eine Versagung der staatlichen Genehmigung wegen Verstoßes gegen einen so qualifizierten Plan erfolgt aus Rechtsgründen; sie ist nicht grundsätzlich autonomiefeindlich 292 . Allerdings sind hier Ausnahmefälle denkbar, i n denen doch einmal das der Aufsichtsbehörde eingeräumte Entscheidungsermessen von Bedeutung sein kann. Planwidrigkeiten tragen oft den Stempel der Rechtswidrigkeit nicht so offensichtlich. Es erscheint vertretbar, eine korporative Maßnahme der wissenschaftlichen Hochschule trotz eines 289 I n Hessen gehört die Aufstellung und Fortschreibung des Landesgesamthochschulplanes zu den Aufgaben des als Körperschaft des öffentlichen Rechts verfaßten Landeshochschulverbandes, §§ 1 Abs. 2 S. 1, 2 Abs. 1 Nr. 2 HessHschG; er w i r d den Plan folgerichtig i m autonomen Satzungsverfahren erlassen. I n Hessen ist auch, m i t den hier vertretenen Ansichten übereinstimmend, ein besonderer Versagungsgrund wegen Verstoßes gegen die Landeshochschulplanung i n die gesetzliche Regelung nicht aufgenommen worden; das HessHschG nennt i n seinem § 36 Abs. 2 S. 1 nur die Versagung aus rechtlichen Gründen. 290 Vergleichbar § 3 Abs. 1 BaWüHschG. Kritisch zu derartigen Regelungen Wimmer, S. 306/307. — § 69 S. 1 EHschRG ordnet neutral an, daß das „ L a n d " nach gemeinsamer Beratung m i t den Hochschulen einen mehrjährigen Hochschulgesamtplan aufstellt u n d fortschreibt; die Ausgestaltung i m einzelnen ist dem Landesgesetzgeber überlassen. 29 * Diese Pläne werden gemäß § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 NWHschG v o m Senat der Hochschule förmlich beschlossen. Zweifelhaft ist angesichts dieses legislativen Beschlußverfahrens m i t bindenden Folgen die Ansicht Deumelands, HschG Nordrhein-Westfalen, zu § 41, S. 56, der den Plänen den Charakter von Rechtsvorschriften abspricht u n d ihnen p r i m ä r eine Informationswirkung (?) zumißt. 292 Allenfalls die Planermächtigungsgrundlagen selbst, etwa § 8 RhPfHschG, können wegen der von ihnen vorgesehenen Auswirkungen auf die hochschulische Autonomie zu verfassungsrechtlichen Bedenken (Art. 39 Abs. 1 S. 1 LVerf. Rheinland-Pfalz!) Anlaß geben. Dieser V o r w u r f t r i f f t aber nicht die Genehmigungsregelung i n § 70 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG, was Deumeland zu § 48, bei seiner Kommentierung der entsprechenden Regelung i n Nordrhein-Westfalen zu übersehen scheint.
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Verstoßes (in seinen Auswirkungen oft nicht recht übersehbar) gegen vorgegebene Planbestimmungen oder -daten zu genehmigen, vom „Muß" einer Versagung wegen Rechtswidrigkeit abzuweichen und so gleichzeitig dem Rang der universitären Autonomie Respekt zu bezeugen. Die hochschulgesetzlichen Bestimmungen tragen so dem u. U. vorhandenen Bedürfnis nach administrativer Flexibilität Rechnung. Strengeren Anforderungen muß die Versagung der Genehmigung aus Gründen der landesrechtlichen Bindung an gesetzliche Verpflichtungen genügen; die wissenschaftliche Hochschule muß auf das Land übertragene Verpflichtungen, die sich ζ. B. aus dem Hochschulbauförderungsgesetz des Bundes ergeben, als vom Land errichtete Körperschaft des öffentlichen Rechtes berücksichtigen. Die Genehmigung eines vorgelegten Korporationsaktes, der gegen diese bundesgesetzlich angeordneten Verpflichtungen verstößt, ist zu versagen. Ein Ermessensspielraum der aufsichtführenden Behörde ist nicht ersichtlich 293 . Der Kreis der für das Gebiet „originärer" Wissenschaftsorganisation und -Verwaltung i n Betracht kommenden Genehmigungsvorbehalte ist eng zu fassen. I n erster Linie i n Betracht kommt das Genehmigungserfordernis für die Grundordnungen und Fakultäts/Fachbereichssatzungen, soweit diese Regelungen für den oben umschriebenen Bereich enthalten. Aber schon die Genehmigungsbedürftigkeit der Neuerrichtung oder die über bloße Neuabgrenzung bestehender Einrichtungen hinausgehende Änderung von Fachbereichen etwa eröffnet dem Staat eine über die bloße Vorweg-Rechtskontrolle hinausgehende, sanktionsartige Mitwirkungsbefugnis, da diese Errichtungs- oder Änderungszuständigkeit wie die zur Errichtung einer wissenschaftlichen Hochschule selbst ursprünglich staatlich ist 2 9 4 . Bei den hochschulischen A n stalts- und Benutzungsordnungen w i r d man trotz der Abgrenzungs293 Auch hier können freilich i n noch nicht absehbarem Umfang Planungsdaten für die Entscheidung i m Genehmigungsverfahren maßgebend werden. Gem. § 5 Abs. 1 HochschulbauförderungsG kommen B u n d und Länder ihrer Gemeinschaftsaufgabe (vgl. A r t . 91 a Abs. 3 GG) durch Aufstellung eines Rahmenplanes nach. Überlegungen zu dessen Rechtsnatur bei Wimmer, S. 309. 294 Diese Rechtsauffassung w i r d bestätigt durch die Regelung i n § 34 Abs. 3 NWHschG: „Über die Errichtung, Änderung, Zusammenlegung u n d Auflösung von Fachbereichen beschließt die Hochschule. Der Beschluß bedarf der Genehmigung des zuständigen Ministers. Fachbereiche können auch durch Beschluß der Landesregierung i m Benehmen m i t der Hochschule errichtet, geändert, zusammengelegt oder aufgelöst werden." S. 2 bringt richtigerweise zum Ausdruck, daß es sich bei der Errichtung u n d Änderung von Fachbereichen u m eine originär staatliche Befugnis handelt. I n die Genehmigungsentscheidung beim Verfahren nach S. 1 können daher Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte (etwa haushaltsrechtlicher A r t ) einfließen. Ä h n l i c h § 45 Abs. 2 RhPfHschG, § 18 Abs. 3 Nr. 2 SHHschG.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Schwierigkeiten i m einzelnen den Staat auf die bloße Gesetzmäßigkeitskontrolle beschränken müssen, soweit diese die Organisation von Wissenschaft regeln. Ähnliches gilt für die Wahlordnungen zu Universitätsorganen. Schwierig ist die Einordnung der Studien- und Prüfungsordnungen, soweit sie die Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuchses für die Universität betreffen, also insbesondere der Promotions- und Habilitationsordnungen. Letztere erfüllen, vom Blickpunkt unserer Untersuchung her gesehen, einen doppelten Zweck. Einmal regeln sie das Verfahren zur Ausweisung wissenschaftlicher Fähigkeiten und zu der sich daran anschließenden Verleihung eines akademischen Status; zum anderen sind ihre Bestimmungen Ausbildungsvorschriften für akademische Berufe wie den des Hochschullehrers an einer Universität. Wie schon an anderer Stelle beobachtet, ist eine scharfe Trennung beider Aspekte schwer vorzunehmen. Soweit die Wissenschaftsbezogenheit der Regelungen überwiegt, ist der Staat bei ihrer Genehmigung auf die Legalitätskontrolle beschränkt; i m übrigen gelten noch zu schildernde Grundsätze 205 . bb) im Bereich
„Vniversitätsausbildung"
Für den Funktionsbereich Ausbildung, der neben der Pflege von wissenschaftlicher Forschung und Lehre den wissenschaftlichen Hochschulen obliegt, müssen die bisher zum Genehmigungsverfahren entwickelten Grundsätze modifiziert werden. Wie bereits oben i n den Ausführungen zum akademischen Selbstverwaltungsrecht gezeigt wurde, sind i n diesem „derivativen" Bereich hochschulischer Tätigkeit zusätzliche Zwecke des Staates ersichtlich, die von seinem Bedürfnis nach akademisch ausgebildetem Nachwuchs für Führungsstellen in Staat und Gesellschaft herrühren; weiterhin hat die universitätsgeschichtliche Analyse ergeben, daß die den Universitäten zugestandene Autonomie und das Recht zur eigenverantwortlichen Verwaltung ihrer Angelegenheiten nie das Recht des Staates verdrängt hat, auf Ausbildungsgänge an den Universitäten, deren Beginn und Abschluß, Einfluß zu nehmen. Diese Argumentationskette ist hier wieder aufzunehmen. Wenn sich der Staat entschließt, den wissenschaftlichen Hochschulen den Kreis der hier i n Frage kommenden korporativen Rechtssetzungsakte, im wesentlichen — die Immatrikulationsordnungen, — die Bestimmungen von Zulassungsbeschränkungen, — die Einrichtung und Änderung von Studiengängen, — die Studien- und Prüfungsordnungen und 295 Das zur A n t w o r t auf Salzwedel, vgl. Anm. 275. Wie der Verfasser V G Karlsruhe, U r t e i l v o m 4.5.1972, Az.: I I I 145/71, WissR 1973, S. 166.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
— als Teil der letzteren, i n dem oben geschilderten geminderten Umfang, die Promotions- und Habilitationsordnungen, zur eigenverantwortlichen Regelung zu überlassen und sich mit deren Genehmigungserfordernis zu begnügen, so heißt das nicht, daß er nicht auch zur eigenen Regelung (mit geminderter Beteiligung der wissenschaftlichen Hochschule) befugt wäre. Daher könnte der staatlichen Aufsichtsbehörde i m Genehmigungsverfahren durch die Hochschulgesetze grundsätzlich eine über die reine Vorwegrechtskontrolle hinausgehende M i t w i r k u n g eingeräumt werden, ohne die Universitäten i n ihrem geschützten Kernrechtsbereich zu verletzen. Wo hochschulgesetzliche Regelungen fehlen, ergibt sich diese Mitwirkungsbefugnis universitätsgewohnheitsrechtlich. I m Bereich Universitätsausbildung sind auch i m Salzwedelsdaen Sinne sowohl zusätzliche hochschuleigene Interessen, wie ordnungsgemäßes Funktionieren der überfüllten Hochschule, als auch staatliche Interessen, wie Durchführung von Hochschulreformen zur breiteren Streuung und Effektivitätssteigerung der akademischen Ausbildung, festzustellen. Infolge der geschilderten vermehrten Einflußmöglichkeiten sind diese Interessen i m staatlichen Genehmigungsverfahren durchsetzbar und rechtfertigen es hier, der staatlichen Aufsichtsbehörde grundsätzlich eine über die Rechtskontrolle hinausgehende, durch den Gesetzeszweck richtlinienhaft eingegrenzte und auf pflichtgemäß auszuübendes Ermessen sich stützende Zweckmäßigkeitskontrolle einzuräumen. Das Genehmigungsverfahren verändert hier seinen Charakter: es kann nur noch schwer als die Ausübung staatlicher Rechtsaufsicht bezeichnet werden, gelangt vielmehr an die Grenze des Übergangs zur kondominialen staatlichen M i t wirkung. Freilich gilt das Recht des Staates, i m Genehmigungsverfahren von Korporativakten des hochschulischen Ausbildungsbereichs Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte geltend machen zu können, nicht unbegrenzt. Soweit die Hochschulgesetze Regelungen enthalten, gehen sie, da sie den i n dieser Arbeit entwickelten Unterschied zwischen Wissenschaftsfunktion und Ausbildungsfunktion nicht kennen 2 9 6 , auch bei dieser von der rechtsaufsichtlichen Genehmigung als Normalfall aus, wie es der Gewährleistung von autonomer Selbstverwaltung entspricht. Darüber hinaus w i r d in einer numerisch festgelegten Anzahl von Fällen (meist Studien- und Prüfungsordnungen einschließlich der problematischen Promotions/Habilitationsordnungen, Einschreibordnungen, Regelungen von Aufnahmebeschränkungen) der Versagungsgrund des Widerspruchs gegen „die i m Hochschulwesen gebotene Einheitlichkeit" einge296 Das w i r d , i n der Sache übereinstimmend, auch von Schmidtchen, bedauert.
S. 82,
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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führt 2 9 7 . Damit ist eine richtlinienhaft gelenkte Zweckmäßigkeitskontrolle eröffnet, die wegen ihres Richtliniencharakters noch rechtsaufsichtliche Züge trägt. Weitergehende hochschulrechtlich und hochschulreformerisch legitime Zwecke, sowohl hochschuleigenbestimmte, als auch staatliche, die an sich nach dem oben Gesagten i n das Genehmigungsverfahren eingeführt werden könnten, können dann keine Berücksichtigung finden, wenn der Katalog der Versagungsgründe i n den Hochschulgesetzen („kann nur versagt werden") abschließend geregelt ist 2 ^ 8 ' 2 9 9 . Die aufsichtführende staatliche Exekutive muß diese ihr vom Gesetzgeber auferlegte Einschränkung hinnehmen. Soweit umgekehrt allerdings der Gesetzgeber den Versagungsgrund „Verstoß gegen die i m Hochschulwesen gebotene Einheitlichkeit" auf die wissenschaftsorientierten Funktionen der Universität unterschiedslos ausdehnt 3 0 0 oder gar für alle Genehmigungsvorbehalte ohne Trennung der Universitätsfunktionen neben der Rechtskontrolle eine Zweckmäßigkeitskontrolle zuläßt, sind gegenüber diesen gesetzlichen Festlegungen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken anzumelden 301 . A n dieser Stelle mag abschließend ein Fall vorgetragen werden, der die bisher vorgetragene Problematik aufsichtlicher Genehmigungsverfahren i m Hochschulrecht zusammenfaßt. Einer Änderung der Grundordnung der Universität Heidelberg vom 31. 3.1969, die i m Februar 1971 gegen die Stimmen des größten Teiles der Dozenten und ordentlichen Professoren vom Großen Senat verabschiedet worden war und 297 Ausdrücklich i n der Beschränkung auf den oben genannten Kreis von Universitätssatzungen: A r t . 62 Abs. 3, 70 Abs. 2 BayHschG; §36 Abs. 2 S. 2 HessHschG; §48 Abs. 3 S. 3 NWHschG; §70 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG; §14 Abs. 3 Nr. 1 SHHschG. I n Bayern kann bei Prüfungsordnungen die Genehmigung außerdem noch versagt werden, wenn jene den Empfehlungen der an bayerischen Hochschulen einzurichtenden Studienkommission widerspricht oder dem Leistungsprinzip zuwiderläuft, vgl. A r t . 70 Abs. 2 BayHschG. 298 Nach § 48 Abs. 1 S. 2 B e r l U n i G kann die Bestätigung von Prüfungsund Habilitationsordnungen auch „aus anderem wichtigen Grunde" versagt werden. Es ist nicht ganz eindeutig, ob hiermit ein unbestimmter Rechtsbegriff v o m Gesetzgeber eingeführt wurde oder ob eine weitergehende richtlinienhaft gelenkte Zweckmäßigkeitskontrolle eingeführt werden sollte. 299 Die „Nur"-Einschränkung findet sich i n § 70 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG. 300 So i n Berlin, § 48 Abs. 1 S. 1 BerlUniG. soi So i n Baden-Württemberg, § 85 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG u n d i n H a m burg, §64 Abs. 3 S. 1 H a m b U n i G ; die Versagung aus Gründen der i m Hochschulwesen gebotenen Einheitlichkeit taucht lediglich als Unterfall der allgemeinen Zweckmäßigkeitskontrolle auf. Ipsen / Rittstieg / Schmidtchen, i n : Diskussion zu Schmidtchen, S. 87, stellen zumindest Widersprüchlichkeit dieser Regelung m i t § 2 Abs. 1 H a m b U n i G fest, wo der Universität das Recht zur eigenverantwortlichen V e r w a l t u n g der akademischen Angelegenheiten unter Rechtsaufsicht des Staates eingeräumt sei; Schmidtchen selbst neigt dabei zur „mittelbaren" (?) Verfassungswidrigkeit der Hamburger Bestimmungen.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
eine Erweiterung der Mitbestimmung von Studenten i n Prüfungsund Personalangeiegenheiten (Promotions-, Habilitations-, Berufungsverfahren) vorsah, wurde von der aufsichtführenden Landesregierung Baden-Württemberg die Genehmigung versagt. Die Universität erhob gegen diesen Beschluß verwaltungsgerichtliche Klage, weil sie der Meinung war, die Landesregierung habe sich i n ihrem Versagungsbeschluß „ i n einer Reihe von Punkten nicht auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Grundordnungsänderungen beschränkt, sondern eigene Zweckmäßigkeitserwägungen angestellt",
so daß ein „schwerer Eingriff i n die durch das Hochschulgesetz garantierte verantwortlichkeit der Hochschule"
Selbst-
vorliege. Demgegenüber berief sich die Landesregierung i n der Begründung zu ihrem Beschluß auf einen „allgemeinen Grundsatz des Hochschulrechts", nach dem „ A r t u n d Umfang der M i t w i r k u n g sowie die zahlenmäßige Zusammensetzung der kollegialen Organe, Ausschüsse u n d sonstigen Gremien sich nach deren Aufgaben sowie nach der F u n k t i o n der Mitglieder i n der Hochschule bestimmen",
weiterhin darauf, daß bei der Entscheidung i n akademischen Personalangelegenheiten „ n u r solche Personen stimmberechtigt seien, die auf G r u n d ihres Amtes, ihrer Leistungen u n d Erfahrungen Gewähr böten, daß sie die fachlichen Leistungen der Bewerber beurteilen könnten"
und daß die vorgesehenen Änderungen der Grundordnung hinausliefen,
darauf
„den Einfluß des Personenkreises, dem auf G r u n d seiner wissenschaftlich anerkannten Qualifikation, der Erfahrung und der besonderen Bindung an die Universität durch das übertragene A m t ein besonderes Gewicht beigemessen werden muß, zu schmälern" 3 0 2 .
Insofern machte die Landesregierung keine Zweckmäßigkeitserwägungen geltend, sondern stellte nur Rechtsgesichtspunkte heraus, die zwar umstritten sind, aber i m Ansatzpunkt auch i n dieser Arbeit vertreten wurden. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe, das den Streitfall zu entscheiden hatte, stellte i n seinen Gründen — mit den hier entwickelten Grundsätzen übereinstimmend — fest, daß sich der Prüfungsmaßstab, der von der Landesregierung bei der Genehmigung einer universitären Grundordnung anzulegen sei, nach dem jeweiligen ihren Regelungsgegenstand bildenden Sachbereich richte. Falle der i n der Grund302 Z u m ganzen F a l l Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 187 v o m 16. 8. 1971; Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 185 v o m 14./15. 8.1971, S. 5.
C. Die staatliche Hochschulaufsicht
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Ordnung geregelte Gegenstand i n den Bereich der i n A r t . 5 Abs. 3 S. 1 des Grundgesetzes, A r t . 20 Abs. 1 der Landesverfassung, § 4 Abs. 2 S. 1 des (Baden-Württembergischen) Hochschulgesetzes (a. F.) verbürgten Freiheit von Forschung und Lehre oder anderweitig i n den Bereich der akademischen Selbstverwaltung i. S. von Art. 20 Abs 2 der Landesverfassung, § 4 Abs. 2 S. 2 des Hochschulgesetzes, so könne die Landesregierung die entsprechenden Bestimmungen der Grundordnung bei der Genehmigung nur auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Erst i n dem Bereich der i n § 63 Abs. 2 des Hochschulgesetzes (a. F.) der Fachaufsicht unterstellten Angelegenheiten umfasse die Prüfungsbefugnis der Landesregierung auch Erwägungen hochschulpolitischer Zweckmäßigkeit 3 0 3 . Die Entscheidung erging unter der Herrschaft des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes i n seiner alten Fassung, das eine ins einzelne gehende Regelung des Genehmigungsverfahrens nicht kannte. Die Landesregierung war während des Verfahrens der Ansicht, daß grundsätzlich bei der Zustimmung zu Grundordnungen baden-württembergischer Universitäten ein staatliches Mitwirkungsrecht bestehe, das die Möglichkeit einer — wenn auch zurückhaltend zu handhabenden — generellen Zweckmäßigkeitskontrolle einschließe. Diese Auffassung hat sich inzwischen i n dem geänderten Baden-Württembergischen Kochschulgesetz durchgesetzt. § 85 Abs. 1 des Gesetzes sieht vor, daß die Zustimmung zur Grundordnung aus Rechts- und wichtigen Sachgründen versagt werden kann, insbesondere — bei Verstößen gegen die Hochschulgesamtplanung, — bei einer Gefährdung der i m Hochschulwesen gebotenen Einheitlichkeit, — wenn Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, einer sparsamen Verwaltung und einer entsprechenden Organisation nicht berücksichtigt sind und — wenn die Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber dem Bund oder anderen Ländern nicht gesichert ist. Die Vorschrift differenziert nicht, wie es noch das Verwaltungsgericht Karlsruhe getan hatte, nach dem Charakter der i n der zu prüfenden Grundordnungsbestimmung jeweils geregelten Sachmaterie. Soweit sie der Landesregierung eine Zweckmäßigkeitskontrolle gegenüber universitären Satzungsbestimmungen einräumt, die dem originären Bereich geschützter akademischer Selbstverwaltung zuzuordnen sind, dürften gegen sie erhebliche, auf einen Verstoß gegen A r t . 20 der 303 γ α Karlsruhe, U r t e i l v o m 4. 5.1972, Az.: I I I 145/71, zitiert nach Waibel, Rechtsprechungsbericht i n WissR 1973, S. 84/85. I m Ergebnis ebenso Walter, S. 693 ff., insbesondere S. 695 f.
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Landesverfassung gründende verfassungsrechtliche Bedenken geltend zu machen sein. cc) im Bereich „Wirtschafts-
und Personalangelegenheiten"
I m Bereich Wirtschafts- und Personalangelegenheiten der wissenschaftlichen Hochschule eröffnen Genehmigungsvorbehalte, wie sie etwa auf dem Sektor der Universitätsfinanzverwaltung vorstellbar sind 3 0 4 , dem Staat eine i n sein pflichtgemäßes Ermessen gestellte Zweckmäßigkeitskontrolle, die über richtlinienhaft gelenkte „Gesetzmäßigkeitskontrolle" hinausgeht; hier hat der Staat überhaupt das Recht, mit zweckmäßigen Einzelanweisungen Dienst- und Fachaufsicht zu üben. dd) Die Bestätigung nach der Wahl des Universitätspräsidenten. Übergang zu den staatlichen Mitwirkungsrechten Schwierigkeiten bereitet zum Schluß noch die rechtliche Einordnung des staatlichen Bestätigungsrechts nach der Wahl des Universitätspräsidenten 305 . Hier muß die Tatsache berücksichtigt werden, daß zusammen mit dem Präsidentenamt die Einheitsverwaltung hochschulgesetzlich eingeführt wurde 3 0 6 , wobei sich an der grundsätzlichen sachlichen Trennung zwischen akademischer Selbstverwaltung und staatlicher Wirtschafts- und Finanzverwaltung mit erheblichem Staatseinfluß nichts änderte. Bezogen auf letzteren Bereich muß richtigerweise dem Staat das Recht zustehen, die fachliche und persönliche Eignung des Gewählten zu überprüfen 3 0 7 . Folgerichtig hat die Mehrheit der Hochschulgesetze, wie gezeigt wurde, die staatliche Ernennung des Präsidenten nach vorherigem M i t w i r k e n der Universität vorgesehen. Es handelt sich um kondominiales Zusammenwirken, so daß es naheliegt, i n den Fällen, i n denen lediglich ein „staatsaufsichtliches" Bestätigungsrecht vorgesehen ist, diesem i m Salzwedelschen Sinne „sanktionsartige" Züge zuzubilligen. Jedenfalls aber erscheint die Überlegung vertretbar, die Aufsichtsbehörde (meist die Landesregierung als ganze) hier nicht, wie bei der früheren Rektorwahl, allein zum Garanten einer ordnungs304 v g l . den Katalog vorheriger Zustimmungserfordernisse i m Bereich der Wirtschafts- u n d Finanzverwaltung i n § 7 BremErrG. 305 Daß die Bestätigung der W a h l von Personen zu dem hier erörterten Kreis aufsichtlicher Genehmigungsvorbehalte gehört, zeigt für das Gemeinderecht k l a r Gönnenwein, Gemeinderecht, S. 197. 306 §18 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG; A r t . 31 Abs. 1 S. 1 BayHschG; §8 Abs. 1 S. 2 B e r l U n i G ; w o h l auch §3 Abs. 2 S. 1 B r e m E r r G ; §25 Abs. 2 S. 1 H a m b U n i G ; §10 Abs. 2 S. 1 HessUniG; §29 Abs. 2 NWHschG; §41 Abs. 1 S. 1 RhPfHschG; §§ 10, 11, 44 SHHschG. 307 E i n weiterer G r u n d für die Problematik des Präsidentenamtes an einer wissenschaftlichen Hochschule. Auch insoweit ist gegenüber alten Rektoratsverfassungen ein verstärkter Staatseinfluß festzustellen.
E. Organaufsicht des Präsidenten/Rektors
161
gemäß durchgeführten Wahl zu machen, sondern ihr die Befugnis zur Eignungsprüfung des Gewählten einzuräumen. Auch die Bestätigung des Präsidenten bezeichnet damit den Übergang zu Mitwirkungsrechten des Staates über den Bereich der Rechtsaufsicht hinaus 3 0 8 . D . Zusammenfassende Kennzeichnung der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Die Untersuchung der Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule als ganze ist damit abgeschlossen. Nochmals zusammengefaßt handelt es sich bei jener ausschließlich um Rechtsauf sieht; die Zahl der anzuwendenden Aufsichtsmittel ist grundsätzlich begrenzt und die m i t der Aufsicht zu verfolgenden Zwecke sind mit wenigen Ausnahmen auf die reine Legalitätskontrolle des autonomen Rechtsetzungs- und Selbstverwaltungshandelns der öffentlichrechtlichen Körperschaft wissenschaftliche Hochschule beschränkt. E. A n h a n g : D i e Aufsicht des Präsidenten/Rektors über die zentralen Organe der wissenschaftlichen Hochschule I. Rechtsgrundlagen
Soweit die Hochschulgesetze die Präsidialverfassung eingeführt oder der wissenschaftlichen Hochschule deren Einführung zur Wahl überlassen haben, enthalten sie eine Neuerung: sie sehen eine interne Aufsicht des Präsidenten (Rektors) über die Organe der Hochschule vor 3 0 9 . Diese Aufsicht hat wie die Körperschaftsaufsicht die Form einer Gesetzmäßigkeitskontrolle, sieht i n der Regel als M i t t e l die Beanstandung (in Bayern auch die Ersatzvornahme) vor und soll die Rechtmäßigkeit des Handelns der Universitätsorgane herbeiführen. A n dieser Stelle gilt die Untersuchung der Aufsicht über die zentralen Universitätsorgane. Typisch ist etwa § 25 Abs. 3 des Hamburger Universitätsgesetzes, der folgendermaßen lautet: „ H ä l t der Universitätspräsident einen Beschluß oder eine Maßnahme anderer Stellen der Universität für rechtswidrig, so hat er den Beschluß oder die Maßnahme zu beanstanden u n d auf Abhilfe zu dringen. Die Beanstandung hat aufschiebende W i r k u n g . W i r d keine Abhilfe geschaffen, ist die zuständige Behörde zu unterrichten."
Die Vorschrift enthält gleichzeitig das regelmäßig einzuhaltende Verfahren, wobei eigenartig berührt, daß unter Abweichung vom 308 v g l . Salzwedel, V V D S t R L 22, S.248; V G Gelsenkirchen, U r t e i l v o m 13. 1.1971, Az.: 4 Κ 1017/70, WissR 1973, S. 78. 309 §§ 18 Abs. 1 S. 4, 5; 22 Abs. 1 S. 3 BaWüHschG; A r t . 14 Abs. 4 BayHschG; §8 Abs. 2 B e r l U n i G ; §3 Abs. 3 B r e m E r r G ; §25 Abs. 3 H a m b U n i G ; §10 Abs. 5 - 7 HessUniG; §§ 29 Abs. 5, 31 Abs. 2 NWHschG; § 41 Abs. 6 RhPfHschG; §27 Abs. 7 SaarlUniG; §47 Abs. 3 SHHschG. 11 Gallas
162
§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
Grundsatz der Opportunität dem Präsidenten eine Verpflichtung zur Beanstandung auferlegt w i r d 3 1 0 . I I . Kennzeichnung
Die Gesetzesvorschriften über die interne Aufsicht des Präsidenten sind doppelter Auslegung zugänglich. Einmal könnte angenommen werden, daß jene ihrem Charakter nach ausschließlich inneruniversitär ist. Sie wäre dann Organaufsicht und nicht Korporationsaufsicht und soll vermeiden helfen, die Staatsaufsicht des Ministers gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule i n ihrer Eigenschaft als Korporation eingreifen zu lassen, wenn diese aus eigener K r a f t die Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer zentralen Organe herbeiführen kann. Unter solchen Vorzeichen wäre auch die gelegentlich normierte Eilzuständigkeit des Präsidenten zu rechtfertigen 311 . Das Hamburger Universitätsgesetz geht offensichtlich von einer derartig unterscheidbaren, zweigleisigen Aufsicht aus, wenn es die inneruniversitäre mit der staatlichen i n der Weise verknüpft, daß es i n § 63 Abs. 2 den Einsatz staatlicher Aufsichtsmittel i n der Regel überhaupt erst Platz greifen läßt, wenn inneruniversitäre Aufsichtsmaßnahmen, denen damit auch ein erhebliches Schlichtungselement innewohnt, keine oder keine rechtzeitige Abhilfe schaffen konnten. Dieser Grundsatz des „nachfolgenden Staatseingriffs" sollte, da er der Forderung nach weitgehender Eigenverantwortlichkeit der akademischen Organe für das Geschehen an der wissenschaftlichen Hochschule entspricht, allgemein für die Handhabung staatlicher Hochschulaufsicht übernommen werden, wenn eine interne Aufsicht gesetzlich angeordnet ist. I n diesem System zweier voneinander getrennter Aufsichtsarten kann der Minister gegebenenfalls mit „seinen" Aufsichtsmitteln den Universitätspräsidenten als Organ der aufsichtunterworfenen Universität zum inneruniversitären aufsichtlichen Tätigwerden anhalten. Die zweite mögliche Auslegung der gesetzlichen Vorschriften über die Aufsicht des Universitätspräsidenten würde dahin gehen, daß diesem ein Teil der staatlichen Rechtsaufsicht übertragen sei. Dieser Auslegung neigt bedenklicherweise für das Berliner Universitätsgesetz das Verwaltungsgericht Berlin zu 3 1 2 . Sie macht den Universitätspräsidenten 310 Ebenso die anderen Hochschulgesetze, m i t Ausnahme von § 10 Abs. 6 HessUniG, der f ü r Beschlüsse von Organen oder Gremien ohne Entscheidungsbefugnis eine Kann-Lösung vorsieht. su Vgl. A r t . 14 Abs. 5 BayHschG; §25 Abs. 4 H a m b U n i G ; §10 Abs. 7 HessUniG; §29 Abs. 5 S. 4, HS. 2 NWHschG; §41 Abs. 5 RhPfHschG; §27 Abs. 8 S. 3 SaarlUniG; §47 Abs. 3 S. 4 SHHschG. s« V G Berlin, U r t e i l v o m 16.12.1971, Az.: I I A 30/71, DVB1. 1972, S. 349 ff. I n den Entscheidungsgründen heißt es, der Gesetzgeber habe m i t dem Universitätsgesetz einen Teil der Rechtsaufsichtsbefugnisse des Senators für Wissenschaft u n d K u n s t auf den Universitätspräsidenten übertragen.
E. Organaufsicht des Präsidenten/Rektors
163
i n Angelegenheiten, die den akademischen zuzuordnen sind und i n denen deshalb sein A m t sonst als ein neben den anderen zentralen Universitätsorganen i m Range gleichberechtigtes akademisches Organ der Körperschaft wissenschaftliche Hochschule konzipiert ist, zur Staatsbehörde, die körperschaftliche Aufsicht nicht über eine Korporation als ganze, sondern über einzelne Organe derselben ausüben soll; außerdem gibt sie i h m der Sache nach gegenüber diesen zentralen Organen (auf bestimmte rechtsaufsichtliche M i t t e l beschränkte) kuratoriale Befugnisse. Ein Universitätspräsident als Inhaber oder Delegatar ursprünglich staatlicher Aufsichtsbefugnisse und i n Konfliktfällen als Garant (die Hochschulgesetze enthalten Mußbestimmungen!) einer über die Rechtsaufsicht geltend gemachten Staatskontrolle ließe so den Verdacht entstehen, der Hochschulgesetzgeber habe sich mit der Schaffung dieses Amtes längst vergangen geglaubten Vorstellungen angeschlossen313. Nicht aufgelöst ist auch der folgende Widerspruch. Die Ausstattung des Universitätspräsidenten mit originär staatlichen Aufsichtsbefugnissen würde doch entweder bedeuten, daß der Minister auf einen Teil seiner Zuständigkeiten verzichten mußte 3 1 4 , oder zur Folge haben, daß der Präsident vom Minister im Falle rechtswidriger Untätigkeit als untere Verwaltungsinstanz i m Wege der behördlichen Einzelweisung zum aufsichtlichen Handeln angehalten werden kann. Es entsteht das B i l d eines Universitätsorgans, das — immer bezogen auf den Zusammenhang mit akademischen Angelegenheiten — einerseits über die anderen zentralen Organe herausgehoben ist, da es diesen gegenüber staatliche Gesetzmäßigkeitskontrolle ausüben darf, andererseits aber i n Widerspruch zu seinem sonstigen Rang behördliche Einzelweisungen hinnehmen müßte. Dieses B i l d ist offenbar abschreckend. So hat gerade der aufsichtführende Berliner Senator für Kunst und Wissenschaft i n hierzu vergleichbaren 315 Fällen gegenüber den ihr Aufsichtsrecht gar nicht oder fehlerhaft ausübenden Universitätspräsidenten nicht etwa zur Einzelweisung, sondern seinerseits wieder zur Aufsichts313 Z u den Motiven des Berliner Hochschulgesetzgebers vgl. V G Berlin, wie A n m . 312. Kritisch zu der Rechtsprechung des V G B e r l i n auch Waibel, WissR 1972, S. 258 f., 262. 314 Demgegenüber sehen §§25 Abs. 3, 63 Abs. 1 H a m b U n i G vor, daß ein Beanstandungsrecht des zuständigen Senators neben dem des Universitätspräsidenten besteht; § 3 Abs. 3 B r e m E r r G statuiert, daß die Aufsicht des Gründungsrektors „unbeschadet der Rechtsaufsicht des Senats der Freien Hansestadt Bremen" auszuüben ist. 315
Es w a r i n diesen Fällen nicht auf Maßnahmen von zentralen Organen der Universität, sondern auf solche der Fakultäten/Fachbereiche bzw. der wissenschaftlichen Zentralinstitute v o m Präsidenten rechtsaufsichtlich zu reagieren. Die rechtlichen Grundsätze sind aber dieselben. Vgl. auch unten § 5 der Arbeit. 31*
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§ 4 Die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule
maßnahme gegriffen 3 1 6 . Alle diese Schwierigkeiten werden vermieden, wenn man der ersten Auslegung folgt und den Sinn der gesetzlichen Kreierung eines inneruniversitären Aufsichtsrechts nur dahin versteht, daß ein Universitätsorgan mit der rechtlichen Überwachung des Handelns anderer Universitätsorgane betraut wurde, u m sowohl die Rechtmäßigkeit dieses Handelns zu gewährleisten, als auch, und vor allen Dingen, ministeriale und damit staatliche Aufsicht überhaupt von der wissenschaftlichen Hochschule fernzuhalten. Ausdrückliches Beispiel für eine diese Auffassung begünstigende gesetzgeberische Lösung ist die des Hamburger Universitätsgesetzes. I I I . Umfang und Grenzen
Eine andere strikt zu beachtende Grenze der inneruniversitären Aufsicht i n akademischen Angelegenheiten ist ihre Beschränkung auf die Gesetzmäßigkeitskontrolle, wie sie schon i n der Normierung eines Beanstandungsrechts bei Rechtsverstößen zum Ausdruck kommt. Ausdrücklichen Bedenken wegen eines Verstoßes gegen die Gewährleistung der universitären Selbstverwaltung in Art. 39 Abs. 1 S. 2 der Verfassung von Rheinland-Pfalz unterliegt daher § 41 Abs. 6 S. 1 des Rheinland-Pfälzischen Hochschulgesetzes, der ein Widerspruchsrecht ( = Beanstandungsrecht) des Universitätspräsidenten gegen Beschlüsse und Maßnahmen anderer Hochschulorgane auch dann zuläßt, wenn sie „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit" verletzen. Eine solche Regelung könnte nämlich dahingehend ausgelegt werden, daß hier i n akademischen Angelegenheiten (nur insoweit ist die Aussage relevant) via Präsident eine staatliche Fachaufsicht eingeführt werden könnte. Keine Bedenken bestehen dagegen, daß gelegentlich dem Präsidenten vom Gesetz ein Auskunfts- und Unterrichtungsrecht gegenüber den betroffenen zentralen Universitätsorganen zugestanden wird 3 1 7 » 3 1 8 . Sie sind Voraussetzung seiner Rechtskontrolle. Ihre Handhabung w i r d man freilich mit der Forderung verknüpfen müssen, daß genügend 316 Vgl. den unter A n m . 312 genannten Fall, aber auch die oben bereits erörterten Berliner Fälle „Vorlesungsverzeichnis des Fachbereichs German i s t i k " u n d „Prüfungsbeauftragter i n der Fakultät für Architektur". si? A r t . 14 Abs. 3 S. 2 BayHschG; §25 Abs. 5 S. 1 H a m b U n i G ; §29 Abs. 5 S. 5 NWHschG; §41 Abs. 3 S. 1 RhPfHschG; §27 Abs. 3 S. 1 SaarlUniG; §44 Abs. 3 S. 1 SHHschG. Vergleichbar ist das Recht, des Präsidenten, an Sitzungen der betroffenen Organe teilnehmen zu können, vgl. § 18 Abs. 1 S. 10 BaWüHschG; A r t . 14 Abs. 3 S. 2 BayHschG; §8 Abs. 4 B e r l U n i G ; §25 Abs. 5 S. 3 ff. H a m b U n i G ; § 10 Abs. 8 HessUniG; § 41 Abs. 3 S. 2 RhPfHschG; §27 Abs. 3 S. 3 SaarlUniG; §44 Abs. 3 S. 3 SHHschG. 318 Fraglich ist, ob § 8 Abs. 2, 3 S. 2, 3 B e r l U n i G ein präsidiales Anordnungsrecht entnommen werden kann, wie das V G B e r l i n meint. Jedenfalls soll nach Auffassung des Gerichts der Präsident nicht einen Staatsbeauftragten auf Grund seines Aufsichtsrechts einsetzen können.
E. Organaufsicht des Präsidenten/Rektors
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Verdachtsmomente für ein Einschreiten des Präsidenten gegeben sein müssen. Die Gleichberechtigung der Universitätsorgane untereinander mit ihren spezifischen Aufgabenzuständigkeiten verbietet es, ein Organ mit einem umfassenden Visitationsrecht auszustatten. Ein solches hat ja auch der Minister gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule als ganzer nicht.
2. Abschnitt D i e Staatsaufsicht ü b e r d i e Gliedkörperschaften der wissenschaftlichen Hochschule § 5 D i e Staatsaufsicht ü b e r die F a k u l t ä t e n / F a c h b e r e i c h e A . Fakultäten/Fachbereiche als ständige Einheiten v o n Forschung und Lehre
Die Körperschaft des öffentlichen Rechts wissenschaftliche Hochschule ist vertikal und horizontal gegliedert. Wie bereits gezeigt wurde, erfolgt die horizontale Gliederung i n die Mitgliedsgruppen Dozentenschaft, Assistenten- und Studentenschaft sowie die Gruppe der nichtwissenschaftlich Tätigen, die vertikale i n Fakultäten und/oder Fachbereiche ( = ständige Einheiten von Forschung und Lehre), die alle Universitätsmitglieder einer Fachrichtung vereinen 1 . Die Fakultäten und/oder neuerdings Fachbereiche sind dabei, den Definitionen neuerer Hochschulgesetze folgend, die „organisatorischen Grundeinheiten für Forschung und Lehre an der Hochschule" 2 . I . Aufgaben
Von dieser Kennzeichnung her bestimmt sich der Aufgabenbereich der Fakultäten/Fachbereiche. Einige Hochschulgesetze enthalten Aufgabenkataloge, von denen hier als typisches und repräsentatives Beispiel der des Berliner Universitätsgesetzes genannt werden mag. § 15 Abs. 3 des Gesetzes statuiert, daß die Fachbereiche insbesondere zuständig seien für 1. die Koordinierung der L e h r - u n d Forschungsprogramme ihrer Fachgebiete; 2. die Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses; 3. die geordnete Durchführung der Lehre u n d der Prüfungen . . . ; 4. den Erlaß von Studienplänen und, soweit nichts anderes bestimmt ist, von Prüfungsordnungen; 5. die Studienberatung; 1
Dazu oben § 4 der Arbeit, A n m . 91. 2 So, statt aller, § 34 Abs. 1 S. 1 NWHschG.
. Die F a k u l t ä t / F a c h b e r e i c h
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6. die Durchführung der Promotionen u n d Habilitationen sowie den Erlaß der Promotions- u n d Habilitationsordnungen, soweit nichts anderes bestimmt ist; 7. die Verteilung der sächlichen Ausgaben i m Benehmen m i t den Beteiligten i m Fachbereich; 8. Vorschläge zur Ergänzung des Lehrkörpers u n d zur Verleihung der Würde eines Professors; 9. den Erlaß der Fachbereichsordnungen; 10. Vorschläge für die Einstellung u n d Entlassung der wissenschaftlichen Mitarbeiter u n d der nichtwissenschaftlichen Dienstkräfte sowie die Entscheidungen über ihren Einsatz.
Mögen auch i n einigen Punkten Abweichungen bestehen (insbesondere die sub 7 und 10 genannten Aufgaben haben eine nur für Berliner Universitäten aussagekräftige Regelung erfahren), so gibt dieser Katalog doch i n etwa den Kreis der Aufgaben wieder, der regelmäßig von Fakultäten/Fachbereichen zu erledigen ist. Zusammenfassend geschieht hier die Organisation und Verwaltung des Sachgebiets Wissenschaft, die Durchführung des „Wissenschaftsbetriebes" in einem fachlich abgrenzbaren Teilgebiet der an der Universität insgesamt unternommenen wissenschaftlichen Forschung, Lehre und Ausbildung. I Ï . Rechtsnatur und Organisation
Ihrer rechtlichen Organisationsform nach ist die Fakultät/der Fachbereich eine Gliedkörperschaft der wissenschaftlichen Hochschule ohne eigene Rechtspersönlichkeit und Vermögensfähigkeit 3 . Das w i r d zwar i n den Hochschulgesetzen nicht ausdrücklich ausgesprochen, ist aber heute allgemein anerkannt 4 . Mitglieder und Angehörige dieser Gliedkörperschaft sind die Professoren, Dozenten, wissenschaftlichen und nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter i m weitesten Sinne und Studenten einer bestimmten Fachrichtung; als Organe zur Durchführung der den ständigen Einheiten von Forschung und Lehre obliegenden Aufgaben sind grundsätzlich eine kollegial organisierte Fakultäts/Fachbereichs3 Die Fakultät k a n n Benefiziar i h r von außen gemachter Zuwendungen sein, die haushaltsrechtlich zweckgebundener Bestandteil des Hochschulvermögens werden. 4 Eine satzungsmäßige Regelung ist i n der Satzung der Universität Würzburg v o m 16. 7.1968 enthalten. Danach kennt die Universität Würzburg als „nichtrechtsfähige Teilkörperschaften" die Fakultäten (Art. 39 Abs. 1 der Satzung), die Assistentenschaft (Art. 56 Abs. 2) u n d die Studentenschaft (Art. 60 Abs. 2 S. 1). A l l e Teilkörperschaften haben das Recht, bestimmte zugewiesene Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen. Das Satzungsrecht ist eingeschlossen. I m Schrifttum ist diese Rechtsnatur der Fakultäten/Fachbereiche anerkannt von Thieme, Hochschulrecht, S. 188; Reinhardt, S. 385 ff., 387; H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 93 f. 5, der aber eigenartigerweise die Fakultäten als ganze unter der Überschrift „Organe der Universität" einordnet.
168
§5 Die Staatsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche
konferenz m i t einem die laufenden Geschäfte betreibenden Dekan eingerichtet, wobei die Hochschulgesetze i n der Benennung und insbesondere i n den Grundsätzen der Zusammensetzung des Kollegialorgans erheblich voneinander abweichen. Zum Teil bestehen auch Untergliederungen 5 . Einzelheiten sind i m Rahmen dieser Untersuchung nicht weiter zu verfolgen. Aus ihrer Eigenschaft als nicht rechtsfähige Gliedkörperschaften folgt für die Fakultäten/Fachbereiche, daß sie einmal das Recht zur autonomen Gestaltung und zur eigenverantwortlichen Erledigung der ihnen übertragenen Angelegenheiten haben, diese Rechte zum zweiten nur i n unmittelbarem Zuordnungszusammenhang zur wissenschaftlichen Hochschule als ganzer bestehen können und zuletzt grundsätzlich mit der körperschaftlichen Privilegierung rechtliche Beaufsichtigung verknüpft ist. B. D i e Staatsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche I . Grundsätzliche Zweigleisigkeit
Die Aufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche ist i n akademischen Angelegenheiten Rechtsaufsicht und entspricht in den Grundsätzen der Handhabung sowie i n den zur Verfügung stehenden Mitteln ganz den bisherigen Feststellungen zur staatlichen Aufsicht über die Universität als ganze. Ihrer A r t nach kann sie staatlich-ministeriell oder universitätsintern sein. Sie ist dann entweder Unterfall der staatlichen Körperschaftsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule als ganze und w i r d vom zuständigen Kultusminister bzw., theoretisch denkbar, vom Universitätspräsidenten in der Eigenschaft eines Delegatars staatlicher Befugnisse ausgeübt; oder sie ist interne Aufsicht der wissenschaftlichen Hochschule über ihr Glied, die ständige Einheit von Forschung und Lehre, wobei die Handhabung der Aufsicht dem Präsidenten/Rektor i n seiner Eigenschaft als vertretungsberechtigtem Exekutivorgan der übergeordneten Körperschaft zufällt. Beide Arten von Aufsicht können nebeneinander existieren, da die ständige Einheit von Forschung und Lehre als Körperschaft auch Glied einer übergeordneten Einheit ist®. 5 So bestehen an der Universität Heidelberg 16 Fakultäten m i t den Organen Fakultätskonferenz und Dekan, die ihrerseits wieder i n Fachgruppen m i t den Organen Fachgruppenkonferenz u n d Leiter der Fachgruppe untergliedert sind, §§ 38 Abs. 1, 39 ff, 51 ff der Heidelberger Grundordnung. I n einer Anlage zur Grundordnung sind die Fachgruppen der 16 Fakultäten aufgeführt, wonach sich etwa die juristische Fakultät i n drei Fachgruppen — Zivilrecht (mit doppeltem Stimmgewicht), S traf recht u n d öffentliches Recht — untergliedert. 6 Dabei sind freilich weder Hochschulgesetzgeber noch Universitätssatzungsgeber daran gehindert, eine hochschulinterne Fakultätsaufsicht i n
Β. Die Fakultäts-/Fachbereichaufsicht
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I I . Staatliche Körperschaftsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche
Über eine ministeriale Rechtsauf sieht gegenüber den Fakultäten/ Fachbereichen enthalten die Hochschulgesetze keine Regelungen; auch gesonderte Grundsätze des Hochschulgewohnheitsrechts sind, soweit ersichtlich, nicht entwickelt worden 7 . Aus diesem Mangel auf das gänzliche Fehlen zu solcher Befugnis zu schließen, wäre jedoch verfehlt; vielmehr ist festzustellen, daß ein gesondertes, der Sache nach bestehendes Aufsichtsrecht des Ministers gegenüber den ständigen Einheiten von Forschung und Lehre keine selbständige Bedeutung gewonnen hat, da es i m Regelfall in der der wissenschaftlichen Hochschule als ganzer gegenüber gehandhabten Aufsicht aufgeht 8 . Das hat seinen Grund in der Tatsache, daß der den Fakultäten/Fachbereichen zur Erledigung zugewiesene Aufgabenbereich den wichtigsten Teil der der Hochschule insgesamt obliegenden Aufgaben ausmacht. Fakultätsaufgaben und Hochschulaufgaben sind deckungsgleich; von der Staatsaufsicht her gesehen ist das Handeln der Fakultätsorgane der Hochschule insgesamt zuzurechnen, unter Außerachtlassung des Organisationsschemas Gliedkörperschaft. So kann in der Regel eine ministeriale Aufsichtsmaßnahme gegenüber der Universitätskorporation als ganzer ergehen, wenn sie die Fakultäten/Fachbereiche treffen soll. Die tatsächliche Praxis der Kultusminister 9 bestätigt dieses Ergebnis ebenso wie die Universitätsgeschichte 10 .. I n der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gewinnt daher die ministeriale Staatsaufsicht über die ständigen Einheiten von Forschung und Lehre keine eigenständige Bedeutung; jedoch zeigt ein Beispiel, daß i n einem der allgemeinen Universitätsselbstverwaltung ferner liegenden Gebiet akademischer Handlungsden M i t t e l n — ebenso wie die bereits erörterte Aufsicht des Präsidenten über die zentralen Organe — zu beschränken. 7 So kennt Thieme, Hochschulrecht, S. 336, zwar eine Fakultätsaufsicht, aber nicht den gebotenen Unterschied zwischen ministerialer und u n i versitätsinterner Aufsicht. 8 Vgl. Thieme, wie A n m . 7. 9 Vgl. etwa den F a l l der „Aufhebung von Prüfungsentscheidungen an der Fakultät für A r c h i t e k t u r der T U Berlin und die nachfolgende Bestellung eines Staatsbeauftragten". (Dabei soll hier der zweifelhafte Rechtsaufsichtscharakter der Maßnahmen einmal außer Betracht bleiben, Einzelheiten s. o. § 4 C, I I I 6 d der Arbeit.) Derselbe Grundsatz gilt für die aufsichtliche Genehmigung von Fakultäts-/Fachbereichsatzungen. 10 Der K u r a t o r als Vertreter des Ministers nahm sich auf Grund seiner umfassenden Direktorialbefugnisse über die Universität das Recht, i n die Fakultäten hineinzuregieren. So hat v. Münchhausen jahrelang die Berufungspolitik für die Universität Göttingen betrieben. Dazu Gundelach, S. 28 ff. Auch Studienreformerlasse wurden etwa i m 19. Jahrhundert den Fakultäten via Universität i m Wege der ministerialen Aufsichtsanordnung aufgezwungen, vgl. die Einführung des Heidelberger Modells der konversatorischen Vorlesung an den preußischen Universitäten; dazu Kluge, S. 247/ 249 und oben § 3 der Arbeit, Anm. 78.
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§ 5 Die Staatsauf sieht über die Fakultäten/Fachbereiche
pflichten der Fakultäten sehr wohl gesonderte Rechtsaufsichtsbefugnisse des Ministers gegenüber der Gliedkörperschaft wichtig werden können: I n einem von Quaritsch gebildeten F a l l werden die Vorlesungen eines Professors immer wieder gestört. Er w i l l sie daraufhin zur Abschreckung auf eine gewisse Zeit h i n ausfallen lassen. A u f seinen A n t r a g h i n berät die Fakultät über die erforderliche Erlaubnis zu dieser Maßnahme ihres M i t glieds. Lehnt sie diese Erlaubnis unter Außerachtlassung der gebotenen Kollegialitäts- u n d Fürsorgepflichten rechts- u n d ermessensfehierhaft ab, so soll der Professor nach Quaritschs Ansicht auf dem Wege der Aufsichtsbeschwerde rechtsaufsichtliches Einschreiten des Kultusministers gegen die Fakultät begehren können 1 1 . I I I . Inneruniversitäre Organaufsicht
Anders als die ministeriale hat die präsidiale Aufsicht über das eigenverantwortliche Handeln der Fakultäten/Fachbereiche hochschulgesetzliche Regelung erfahren. Freilich nicht in der eigentlich zu erwartenden Gestalt einer Körperschaftsaufsicht der Mutterkörperschaft, vertreten durch den Präsidenten, sondern vielmehr i n der A r t einer Organaufsicht eines universitären Zentralorgans über die Organe des Gliedes 12 . Die Hochschulgesetzgeber gingen offensichtlich i n diesem Falle davon aus, daß die Zuordnung der Fakultätsaufgaben zu denen der Hochschule als ganzer, die Gliedeigenschaft der Fakultät, stärkere rechtliche Auswirkungen haben sollte als deren den organisatorischen Rahmen abgebende Rechtsnatur einer Körperschaft. Aufsicht des Präsidenten/Rektors über die Fakultäten/Fachbereiche ist infolgedessen nicht Körperschafts-, sondern Organaufsicht. Die schwierige und umstrittene 1 3 Frage, ob der Präsident dabei als Delegatar staatlicher oder Subjekt inneruniversitärer Aufsichtsmacht handelt, ist i n Übereinstimmung m i t den oben entwickelten Auslegungsgrundsätzen zur Präsidialaufsicht über die universitären Zentralorgane i m Sinne der letzteren Ansicht zu beantworten. Bezogen auf die akademischen A n gelegenheiten sind Fakultäts-/Fachbereichskonferenz und Dekan neben den zentralen Organen der wissenschaftlichen Hochschule gleichberechtigt; der Wortlaut der Hochschulgesetze unterstützt diese Auffassung.
11
Quaritsch, S. 471 ff., 476. 12 §§ 41 Abs. 6; 34 RhPfHschG; § 27 Abs. 8 SaarlUniG; § 47 Abs. 3 SHHschG: Aufsicht über „die Organe" (d. h. auch die der Fachbereiche) der Universität. §§29 Abs. 5 S. 2; 31 Abs. 2 S. 4 NWHschG: Aufsicht über die „Organe der Fachbereiche". §18 Abs. 1 S. 4 BaWüHschG; ähnlich A r t . 14 Abs. 4 BayHschG; §10 Abs. 6 S. 1 HessUniG: Aufsicht über „Gremien". §8 Abs. 2 S. 1 B e r l U n i G ; §25 Abs. 3 S. 1 H a m b U n i G : Aufsicht über „andere Stellen" der wissenschaftlichen Hochschule. Vgl. § 4 der Arbeit, A n m . 312.
Β . Die Fakultäts-/Fachbereichaufsicht
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I V . Zusammenfassende Kennzeichnung
Zusammengefaßt ist die Rechtsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche der wissenschaftlichen Hochschule i n zweierlei Hinsicht untypisch. Das ist eine Folge ihrer Rechtsnatur als nicht-rechtsfähige Gliedkörperschaften des öffentlichen Rechts. Die staatliche, ministeriale Aufsicht t r i f f t i m beinahe ausschließlichen Regelfall Aufsichtsmaßnahmen gegenüber der Hochschulkorporation als ganzer, wenn sie die Fakultäten/Fachbereiche treffen w i l l ; die universitätsinterne Aufsicht des Präsidenten/Rektors w i r d i m „Durchgriff" als Organaufsicht ausgeübt. Die direkte staatliche ( = ministeriale) Körperschaftsaufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche selbst bleibt auf den Ausnahmefall beschränkt.
§ 6 D i e Staatsaufsicht ü b e r d i e Studentenschaften A . Die Entstehung verfaßter Studentenschaften an der deutschen wissenschaftlichen Hochschule I. Einleitung
Von den Mitgliedergruppen, die die horizontale Gliederung der wissenschaftlichen Hochschule ausmachen, haben bisher nur die Studentenschaften eine so gefestigte rechtliche Organisation erfahren, daß eine staatliche Beaufsichtigung i n Betracht kommen kann. Soweit ersichtlich, haben weder die Mitgliedergruppe der Professoren und Universitätsdozenten noch die erst neuerdings von einigen Hochschulgesetzen überhaupt m i t mitgliedschaftlichem Status ausgestattete Gruppe der nicht-wissenschaftlichen Mitarbeiter 1 überhaupt irgendwelche eigene öffentlichrechtliche Organisationsformen innerhalb des Hochschulverbandes entwickelt; bei der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter zeigen sich i n Gestalt der auf Hochschul- bzw. Fakultätsebene eingerichteten Assistentenräte, die vor allem die anschließend i n den Organen der Fakultät zu vertretenden Belange der Betroffenen koordinieren und formulieren sollen, Ansätze einer eigenständigen Organisation 2 .
1 Überkommen war die Unterscheidung zwischen Mitglieder und Angehörige (nicht-wissenschaftlich tätige Beamte, Angestellte und Arbeiter der U n i versitätsverwaltung) der wissenschaftlichen Hochschule. Neuerdings ist die Rechtslage uneinheitlich geworden. Zu den Mitgliedern der Universität werden die nicht-wissenschaftlich Tätigen gezählt i n § 11 Abs. 1 Nr. 6 BaWüHschG; Art. 9 Abs. 1 Nr. 6 BayHschG; §4 Abs. 1 Nr. 5 BerlUniG; §6 Abs. 1 Nr. 5 HambUniG; §4 Abs. 1 Nr. 6 HessUniG (nach §5 HessUniG bilden die „Angehörigen" der Universität jetzt die Ehrensenatoren, Emeriti, Honorarprofessoren, Gastprofessoren und -dozenten, Lehrbeauftragten, nebenberuflich tätigen Tutoren und Gasthörer, die nur ein Benutzungsrecht der Universitätseinrichtungen haben sollen) ; § 2 NSVorschG (mittelbar); §51 Abs. 1 Nr. 7 SaarlUniG; §23 Abs. 1 Nr. 5 SHHschG; vgl. auch §39 Abs. 1 EHschRG. §4 NWHschG und §15 RhPfHschG haben demgegenüber die Mitgliedeigenschaft aller der wissenschaftlichen Hochschule Zugehörigen abgeschafft und sprechen nur noch von Angehörigen. 2 Dazu H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , §93 U l f 6; §78 Verfassung Bonn. Art. 56 Abs. 1 der Satzung der Universität Würzburg, die die Assistentenschaften als „nicht-rechtsfähige Teilkörperschaften" der Universität ansieht, ist als Regelung nicht typisch.
Α. Die Entstehung verfaßter Studentenschaften
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I I . Rechtslage in Preußen von 1920 bis 1933
1. Die Preußische Studentenschaftsv er Ordnung 1920 Die Studentenschaften sind als Einrichtung eine verhältnismäßig junge Erscheinung der deutschen Universitätsgeschichte 3 . Ihre Entstehung fällt zusammen mit dem Ende des Ersten Weltkrieges. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten an den Universitäten allenfalls privatrechtlich organisierte Studentenausschüsse bestanden, die i m wesentlichen Repräsentationsaufgaben zu erfüllen hatten 4 . Nach 1918 nimmt sich der Staat der aus dem Krieg zurückgekehrten, Not leidenden Studenten an und verfügt durch Rechtsverordnung die Bildung von Studentenschaften mit öffentlichrechtlicher Organisationsstruktur. Voran geht Preußen mit seiner staatsministerialen „Verordnung über die Bildung von Studentenschaften an den preußischen Hochschulen vom 18.9. 1920" 5 ; die nichtpreußischen Länder folgen mit vergleichbaren Regelungen 6 . Die Studentenschaft ist nach § 1 der preußischen Verordnung der Zusammenschluß aller vollimmatrikulierten Studenten deutscher Staatsangehörigkeit an einer wissenschaftlichen Hochschule; i m A n schluß an die staatliche Genehmigung ihrer Satzung w i r d die Studentenschaft „verfassungsmäßiges Glied" der Hochschule und untersteht wie diese der staatlichen Hochschulaufsicht, § 4 der Verordnung. Expressis verbis ergibt sich über die Rechtsnatur der Studentenschaften aus diesen Vorschriften nichts; wegen ihrer mitgliedschaftlichen Struktur sowie des ihnen eingeräumten Rechtes zur autonomen Rechtsetzung und eigenverantwortlichen Verwaltung der genau i n der Verordnung umschriebenen eigenen Angelegenheiten ist ihnen der Status einer Gliedkörperschaft des öffentlichen Rechts ohne Rechtsfähigkeit zuzusprechen 7. Der i n § 2 normierte Aufgabenkatalog gibt den grund3 Diese Darstellung begnügt sich m i t einem Überblick über die Geschichte der Studentenschaften. Ausführlichere Untersuchungen finden sich bei Schapals, S. 29 - 62 und Bartsch, S. 10 - 23. Vgl. auch U r t e i l des Verwaltungsgerichts K ö l n v. 20. 10. 1964, wie § 4 der Arbeit, Anm. 98. Neuerdings liegt auch eine ausführliche politikwissenschaftliche Untersuchung der Studentenschaftsbewegung von 1918 - 1923 vor, auf die hier lediglich verwiesen sei: Jürgen Schwarz, Studenten i n der Weimarer Republik, Schriftenreihe ordo politicus, Band 12, B e r l i n 1971, 488 S. 4 Schapals, S. 30 ff. 5 Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung i n Preußen 1921, S. 8 ff.; der Text der Verordnung ist abgedruckt bei Kersten, S. 155 ff. 6 Einzelheiten bei Scho,pals, S. 43. 7 Kersten, S. 62 ff., 114 f.; Köttgen, Universitätsrecht, S. 160. Rechtsfähigkeit sollte damals ausnahmsweise n u r der Studentenschaft der Technischen Hochschule Darmstadt zukommen, so die h. L. i n der Weimarer Zeit, ζ. B. Köttgen, S. 164. Diese Rechtsfähigkeit wurde dem Umstand entnommen, daß die hessische „Verordnung, die Verfassung der Technischen Hochschule Darmstadt betreffend", v o m 8.12.1920, RegBl. 1920, S. 356, auch die Hochschule als Körperschaft des öffentlichen Rechts statuierte und aus deren Körperschafts-
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
sätzlich heute noch gültigen Umfang studentenschaftlicher Selbstverwaltungsbefugnisse wieder. Danach war die Studentenschaft — um nur das Wichtigere zu nennen — zur Vertretung der Gesamtheit ihrer Mitglieder, zur Wahrnehmung der sozialen Fürsorge für die Studenten, zur Teilnahme an der universitären Selbstverwaltung i n studentischen Angelegenheiten und zur Pflege des geistigen, geselligen und sportlichen Lebens der Studierenden aufgerufen. Eine parteipolitische oder religiöse Zielsetzung sollte ausdrücklich ausgeschlossen sein. 2. Die Preußische Studentenschaftsverordnung
1927
Die Zeit von 1920 bis 1927 ist geprägt von den Kämpfen, die in der „Deutschen Studentenschaft", dem Dachverband aller reichsdeutschen, deutsch-österreichischen und sudetendeutschen Studentenschaften, u m die Frage der rassischen Zugehörigkeit der studentischen Mitglieder der i n diesem Dachverband vertretenen Studentenschaften ausgefochten wurden. Dem „Rasse- oder Arierprinzip" stand das Prinzip der erweislichen „Zugehörigkeit zur deutschen Kulturgemeinschaft durch Sprache, Bildung und Bekenntnis" gegenüber („national-kulturelles Prinzip") 8 . I n der Deutschen Studentenschaft setzte sich das Arierprinzip durch. Der Versuch der preußischen Regierung, durch eine Novellierung des Studentenschaftsrechts dem „national-kulturellen Prinzip" zum Siege zu verhelfen, scheiterte 1927. Die „Verordnung über die Bildung von Studentenschaften an den preußischen Hochschulen" vom 23. 9.1927 9 setzte zum 1.10.1927 die alte Verordnung von 1920 außer K r a f t (§ 15) und machte die Bildung staatlicher Studentenschaften von einer Abstimmung unter den Studenten abhängig, die m i t einer Ausnahme negativ verlief 1 0 . Die Verordnung 1927 erlangte damit zum ganz überwiegenden Teil keine Rechtsverbindlichkeit, so daß von 1927 - 1933 an 26 von 27 preußischen Universitäten keine öffentlichrechtlich organisierten Studentenschaften bestanden; zum Teil traten
natur auf die Rechtsfähigkeit geschlossen wurde. Gegen diese Begründung erheben Schapals, S. 157 f. u n d Reinhardt, S. 389 A n m . 22, Bedenken. Letzterer weist nach, daß auch der hessische Verordnungsgeber damals den Studentenschaften keine öffentlichrechtliche Sonderstellung neben der Universität einräumen wollte. 8 Z u den Auseinandersetzungen Schapals, S. 50 ff.; die Kennzeichnung des „ n a t i o n a l - k u l t u r e l l e n Prinzips" beruht auf einer Übernahme des Textes von § 1 Abs. 2 S. 2 PreuStudVO 1927. 9 Zentralblatt f ü r die gesamte Unterrichtsverwaltung i n Preußen 1927, S. 325 ff.; der Text der Vorschriften ist wiederum abgedruckt bei Kersten, S. 159 ff. 10 N u r die katholische Theologisch-Philosophische Akademie Braunsberg votierte für die Einrichtung staatlicher Studentenschaften nach dieser Verordnung.
Α. Die Entstehung verfaßter Studentenschaften
„Freie Studentenschaften" Stelle 11 .
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auf vereinsmäßiger Grundlage an deren
I I I . Die Studentenschaften von 1933 bis 1945
Rechtsgrundlage des i m Gegensatz zum allgemeinen Hochschulrecht kodifizierten Studentenschaftsrechts i n der Zeit von 1933 - 1945 sind das Rahmenvorschriften enthaltende reichseinheitliche „Gesetz über die Bildung von Studentenschaften an den wissenschaftlichen Hochschulen" vom 22. 4. 1933 12 und die entweder vor (wie die Preußische Studentenschaftsverordnung vom 12. 4.1933 13 ) oder nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassenen Studentenschaftsgesetze/-verordnungen der Länder. Letztere sind i m wesentlichen inhaltsgleich. Neben der Übernahme bewährter Organisationsstrukturen und bei grundsätzlicher Beibehaltung des Aufgabenkatalogs w i r d doch mit der Einführung des sogenannten „Führerprinzips" 1 4 , der konsequenten Durchsetzung des Ariergedankens 15 und der Einbringung nationalsozialistischen Gedankengutes 16 eine vollständig neue Gewichtsverteilung vorgenommen. Die Studentenschaften der einzelnen wissenschaftlichen Hochschulen bildeten die „Deutsche Studentenschaft". I V . Rechtslage nach 1945
1. Das Studentenschaftsrecht bis zum Ergehen hochschulgesetzlicher Regelungen Letztere allein w i r d 1945 durch A r t . 1 Nr. 2 i. V. m. Anhang Nr. 37 des Kontrollratsgesetzes Nr. 2 vom 10.10.1945 17 ausdrücklich als typisch n Einzelheiten bei Schapals, S. 55 ff.; Wende, S. 179; OVG Münster, U r t e i l v o m 8. 9. 1966, Az.: V A 243/65, S. 27 f. 12 RGBl. I, S. 215. 13 Zentralblatt f ü r die gesamte Unterrichtsverwaltung i n Preußen 1933, S. 118 ff. ι 4 So w i r d für jede Studentenschaft einer Universität ein Führer bestellt; der Bestellvorgang erfolgt nach dem beispielhaften § 5 Abs. 1 der w ü r t t e m bergischen „Verordnung des Kultusministeriums über die B i l d u n g von Studentenschaften an den württembergischen Hochschulen" v o m 1.5.1933, RegBl. 1933, S. 124 ff., so, daß der Führer von seinem Vorgänger m i t Zustimmung der Führung der Deutschen Studentenschaft nach Anhörung der beiden Ältesten auf ein Jahr berufen w i r d . Von demokratischer Legitimierung ist nicht die Rede. ι 5 Die Studentenschaft w i r d gebildet durch die volleingeschriebenen Studenten deutscher Abstammung u n d Muttersprache, § 1 Reichsgesetz, § 1 Abs. 1 WürttStudVO. 16 So hat die Studentenschaft ihre gegenüber Volk, Staat u n d Hochschule obliegenden Pflichten zu erfüllen u n d die Studenten zur Wehrhaftigkeit und zur Einordnung i n die Volksgemeinschaft durch Wehr- und Arbeitsdienst u n d Leibesübungen zu erziehen, § 3 Buchstaben a, e der WürttStudVO. 17 Amtsblatt des Kontrollrats i n Deutschland 1945, S. 19 ff.
176
§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
nationalsozialistische Organisation aufgehoben, während das übrige Studentenschaftsrecht formell i n Kraft bleibt. Nach dem Wiederbeginn des Forschungs- und Lehrbetriebes an den wissenschaftlichen Hochschulen der drei westlichen Besatzungszonen entstehen auch Studentenschaften mit Organen, die aus demokratisch abgehaltenen Wahlen hervorgegangen sind. Dabei w i r d der Sache nach an die aus der Zeit der Weimarer Republik überkommenen Rechtssätze angeknüpft, so daß dem Streit, ob bis zum Erlaß der Hochschulgesetze Einzelheiten des Studentenschaftsrechts auf einer alte Rechtsgrundsätze wieder anwendenden gewohnheitsrechtlichen Grundlage oder auf dem vom typisch nationalsozialistischen Gedankengut gereinigten, formell weiterhin gültigen Recht von 1933 beruhen, eher akademische Bedeutung zukommt. Inhaltlich ist beide Male derselbe Rechtszustand gemeint 18 . Einige Landesverfassungen sprechen von einer „Beteiligung" der Studenten an der Hochschulselbstverwaltung i n den sie betreffenden Angelegenheiten, andere sehen eine „ M i t w i r k u n g " der Studenten bei der Erledigung ihrer eigenen Angelegenheiten vor 1 9 . Nach 1945 neu ergangene Hochschulsatzungen haben Studentenschaften an der jeweils betroffenen wissenschaftlichen Hochschule als Einrichtung ausdrücklich anerkannt 2 0 . 2. Die hochschulgesetzlichen Regelungen des Studentenschaftsrechts Die Mehrzahl der i n den Bundesländern ergangenen Hochschulgesetze übernimmt und bestätigt die vorgefundene Rechtslage. So bestehen verfaßte Studentenschaften auf gesetzlicher Grundlage i n BadenWürttemberg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz und i m Saarland 21 . 18 F ü r eine gewohnheitsrechtliche Lösung etwa Oppermann, S. 395, Kluqe, S. 101, O L G Köln, U r t e i l v. 7.7.1961, Az.: 4 U 278/59, N J W 1961, S. 1930, 1931, während Schapals, S. 73 f., V G H Freiburg, U r t e i l v o m 12.9.1955, Az.: 49/53, JZ1956, S. 18 ff., OVG Münster, w i e Anm. 11 u n d der V G H Baden-Württemberg, U r t e i l v o m 23.7.1968, Az.: I V 159/68, DVB1. 1968, S. 705 ff., 706 f. der Fortgeltung des bereinigten Rechts von 1933 zuneigen. Z u r ganzen K o n t r o verse ausführlich auch V G Köln, wie § 4, Anm. 98. 19 Die Beteiligungsformel findet sich i n A r t . 138 Abs. 2 S. 2 der Bayerischen und A r t . 60 Abs. 1 S. 2 der Hessischen Verfassung; die Mitwirkungsformel i n A r t . 39 Abs. 2 S. 3 der Rheinland-Pfälzischen u n d A r t . 33 Abs. 2 S. 3 der Saarländischen Verfassung. Aus diesen Vorschriften w i r d man die verfassungsrechtliche Anerkennung eines eigenen studentischen Selbstverwaltungsrechts herauslesen können, ohne jedoch zwingend auf die Folge des Bestehens einer verfaßten Studentenschaft schließen zu müssen. Oppermann, S. 395, spricht von einer Anerkennung des „Grundsatzes der studentischen Selbstverwaltung" i n allen Landesverfassungen und zieht dann daraus den Schluß, daß die dort enthaltenen Bestimmungen die unmittelbar nach 1945 vollzogene Neugründung der Studentenschaften rechtlich sanktionierten. 20 Statt vieler § 79 Abs. 1 der Verfassung der Universität Bonn. §59 S. 1 BaWüHschG; §55 Abs. 1 H a m b U n i G ; §26 Abs. 1 HessHschG; § 73 Abs. 1 S. 1 RhPfHschG; § 69 Abs. 1 SaarlUniG.
Α. Die Entstehung verfaßter Studentenschaften
177
I n Niedersachsen hat der Kultusminister, rechtsstaatlich zweifelhaft, mittels eines Erlasses Grundsätze des Studentenschaftsrechts bestimmt, die zumindest noch für einen Teil der niedersächsischen wissenschaftlichen Hochschulen gültig sind 2 2 ; i n Bremen w i r d eine Studentenschaft auf Grund der „Vorläufigen Universitätsverfassung" der Universität Bremen eingerichtet 23 . Abweichend ist die Rechtslage i n Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Dort bestanden bis zum 31.7.1969 ebenfalls Studentenschaften auf gesetzlicher 24 bzw. satzungsmäßiger 25 Grundlage. Das neue bayerische Hochschulrecht sieht keine verfaßte Studentenschaft mehr vor, A r t . 104 Abs. 5 des Bayerischen Hochschulgesetzes. Nach § 55 des am 1. 8.1969 i n K r a f t getretenen Berliner Universitätsgesetzes werden die an den Berliner Universitäten bestehenden Studentenschaften nach einer Übergangszeit aufgelöst 20 ; die von dem neuen Gesetz nicht mehr geregelten, bis dahin von den Studentenschaften wahrgenommenen Aufgaben sollen auf noch zu gründende privatrechtliche Vereinigungen übertragen werden. I n NordrheinWestfalen ist, dem Beispiel der Verfassung der neugegründeten Universität Bochum folgend 27 , dem Universitätssatzungsgeber vorbehalten, ob Studenten zum Zwecke der M i t w i r k u n g an der Hochschulselbstverwaltung körperschaftlich organisiert werden sollen, § 24 Abs. 5 des Nordrhein-Westfälischen Hochschulgesetzes. Das birgt die Gefahr der Rechtszersplitterung i n einem Bundesland in sich 28 . Ähnlich ist die 22 § 1 des Runderlasses des Kultusministers v o m 6.7.1964, „betreffend allgemeine Bestimmungen über die Studentenschaften der wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Niedersachsen", NdSMBl. Nr. 26/1964, S. 655. Die Studentenschaften der neu gegründeten Universitäten Oldenburg u n d Osnabrück beruhen auf gesetzlicher Grundlage, § 16 Abs. 1 S. 1 NSOrgG Oldenburg und Osnabrück. 23 § 78 Vorläufige Universitätsverfassung der Universität Bremen v o m 27. M a i 1972. 24 § 22 Satzung der F U B e r l i n v o m 4.11.1948, beschlossen von der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin, veröffentlicht durch Sonderdruck, Formmangel geheilt durch § 1 Abs. 3 des Berliner „Gesetzes über die Verkündung von Gesetzen u n d Rechtsverordnungen" v o m 29.1.1953, GVB1., S. 106. § 13 Gesetz über die T U B e r l i n v o m 12. 7.1956, GVB1., S. 916. 25 Statt aller § 79 Abs. 1 der Verfassung der Universität Bonn. 26 Bereits i m Wintersemester 1969/70 bestand an der F U B e r l i n keine verfaßte Studentenschaft mehr. 27 § 10 Abs. 1 S. 1 der Verfassung der Universität Bochum, beschlossen v o m Konvent am 25. 6.1969. Danach ist es i n das Belieben der Bochumer Studenten gestellt, i n welchem Umfang sie eine Teilkörperschaft Studentenschaft bilden wollen. 28 So bestehen Studentenschaften i n diesem Bundesland bisher nicht nur an den alten wissenschaftlichen Hochschulen. Vielmehr sieht § 107 Abs. 1 S. 1 der am 10.2.1969 i n K r a f t getretenen Satzung der neu gegründeten Universität Bielefeld i m Gegensatz zu Bochum ausdrücklich die Beibehaltung der Studentenschaft i m überkommenen Sinne vor.
12 Gallas
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Rechtslage i n Schleswig-Holstein, wo sich die Mehrheit der Studenten einer Universität i n einer Urabstimmung dafür aussprechen kann, eine Studentenschaft zur Wahrnehmung von fachlichen, kulturellen, hochschulpolitischen, sportlichen und sozialen Belangen der Studenten zu errichten 29 . Z u erklären ist diese Abkehr des Gesetzgebers vom hergebrachten Organisationsmodell einer verfaßten Studentenschaft wohl vor allem m i t dem seit der Mitte des Jahres 1967 zu beobachtenden Auftreten oft gewaltsamer Unruhen an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen, für die i n einem hohen Maße die Organe der jeweils betroffenen Studentenschaften verantwortlich gemacht wurden 3 0 . Offenbar erhoffte man von der gesetzlichen Auflösung der Studentenschaften ein A b klingen dieser Unruhen. Dazu kamen Bedenken, die von gerichtlicher und rechtswissenschaftlicher Seite gegen die Zwangsmitgliedschaft aller Studenten einer Universität i n den Studentenschaften erhoben wurden 3 1 . Die i n den neueren Hochschulgesetzen vorgesehene M i t w i r kung von studentischen Vertretern an der akademischen Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule wurde auf gesamtuniversitärer ebenso wie auf fachbereichlicher Ebene ohne verfaßte Studentenschaft organisiert; Musterbeispiel hierfür sind die neuen bayerischen Bestimmungen 3 2 . Die Dachorganisation der Studentenschaften jeweils eines Bundeslandes (Landesstudentenschaftskonferenz) oder des Bundes (Verband Deutscher Studentenschaften, VDS) sind energische Gegner dieser Entwicklung 3 3 . Daß diese nicht i n eine Richtung verläuft, zeigt auch der neue „Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes" des Bundes, der i n seinem § 44 Abs. 1 die bundeseinheitliche Beibehaltung einer verfaßten Studentenschaft zur „Wahrnehmung hochschulpolitischer, sozialer und kultureller Belange der Studenten sowie zur Pflege der überregionalen und internationalen Studentenbeziehungen" vorsieht 3 4 . 29
§ 28 Abs. 1 SHHschG. Markierungspunkt ist der F a l l Ohnesorg. A m 2. 6.1967 w a r der Berliner Student Benno Ohnesorg bei einem Polizeieinsatz erschossen worden, der der Auflösung einer Demonstration galt, die gegen die P o l i t i k des auf Staatsbesuch i n B e r l i n weilenden Schah des I r a n gerichtet war. 3 * Einzelheiten s. u., Abschnitt Β I V , 3 b. 32 Vgl. A r t . 18, 19, 28 BayHschG auf der einen, A r t . 58 auf der anderen Seite. 33 Über die Dachorganisationen der Studentenschaften, für die hier ein Hinweis genügen soll, ausführlich Gerber, Hochschulrecht, Bd. I, S. 129 m. w. N. A m 10. M a i 1975 ist i n Gießen der Verband „Vereinigte Deutsche Studentenschaften" gegründet worden, der die bislang getrennt organisierten Verbände der Hochschulen (VDS) u n d der Fachhoch- u n d Gesamthochschulen (SVI) ablöst. Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 109 v o m 13.5.1975, S. 4; A n t w o r t der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Vogel u. Gen. v. 29. 7.1975, BT-Drucksache Nr. 7/3898. 30
Β . Die Studentenschaft
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Β. Die Studentenschaft I . Allgemeine Kennzeichnung
Die Studentenschaft, eingerichtet, u m sich den Belangen der Studenten einer bestimmten wissenschaftlichen Hochschule zu widmen, ist der i n einer verbandsmäßig-öffentlichrechtlichen Organisationsform verfaßte Zwangszusammenschluß aller Studenten dieser Hochschule. Die Studenten sind vom Zeitpunkt ihrer Immatrikulation bis zu dem der Exmatrikulation Mitglieder dieses Verbandes, dem zur Erfüllung des oben genannten Zwecks bestimmte, von seinen Organen wahrzunehmende Aufgaben übertragen sind 3 5 . Diese allgemeine Kennzeichnung bedarf der Erörterung i m einzelnen. I I . Das Wesen der Studentenschaft
Sie beginnt mit einer Beschreibung des Wesens der Studentenschaft, an deren Anfang am besten eine negative Abgrenzung steht. Zu den Studentenschaften einer heutigen wissenschaftlichen Hochschule ist keine rechtliche Beziehung herzustellen von den das Leben der mittelalterlichen Universität bestimmenden ständischen Korporationen, Bursen oder Landsmannschaften. Sie sind ferner zu unterscheiden von den an der Universität bestehenden religiösen, landsmannschaftlichen, gesellschaftlichen oder parteipolitischen Gruppierungen, wie den studentischen Verbindungen, Vereinigungen, Hochschulbünden usw., die privatrechtlich organisiert sind. Ein öffentlichrechtlicher Verband wie die Studentenschaft, der ohne Ausnahme alle Studenten einer Universität mit den verschiedenartigsten Bekenntnissen, Meinungen und politischen Anschauungen sowie dem unterschiedlichsten Herkommen umfaßt, repräsentiert demgegenüber alle i n ihrer Eigenschaft als Student 3 6 . Die Studentenschaft ist weiterhin keine Interessenvertretung ihrer Mitglieder i n einem gewerkschaftlichen Sinne 37 . Die i n ihrem Um34 I m Gegensatz zum E n t w u r f der Bundesregierung w i l l der Bundesrat allerdings eine Kann-Vorschrift durchsetzen, die die Errichtung von Studentenschaften i n das Belieben des Landesgesetzgebers stellt, vgl. Nr. 43 der Stellungnahme des Bundesrates zur A n r u f u n g des Vermittlungsausschusses, BT-Drucksache Nr. 7/3279 v. 26. 2.1975. 35 Vgl. dazu die Definitionen von Reinhardt, S. 387, Schapals, S. 27, Berner, S. 242, sowie § 1 PreuStudVO 1920. 36 Vgl. Thieme, Studentenschaft u n d Hochschule, S. 6. Gegen die K e n n zeichnung der Studentenschaften als „ständische Repräsentation" ausdrücklich Knoke, S. 544. 37 Dagegen verwahrte sich schon 1920 der damalige Unterstaatssekretär i m preußischen M i n i s t e r i u m für Wissenschaft, K u n s t u n d Volksbildung, C. H. Becker, der i n der Diskussion u m die PreuStudVO 1920 u. a. ausführte: „ . . . Auch der naheliegende Vergleich m i t den Gewerkschaften ist grundfalsch. Die Studentenschaft ist kein Stand, sondern ein Zustand: für die gewerkschaftlichen Zwecke existiert j a bereits eine A k a d e m i k e r - G e w e r k -
12*
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
fang noch zu schildernde studentenschaftliche M i t w i r k u n g an der Hochschulselbstverwaltung etwa ist ihrer A r t nach kein Aushandeln besserer Arbeitsbedingungen für die Studenten. Inhalt und Erfüllung der der gegenwärtigen wissenschaftlichen Hochschule und ihren M i t gliedern obliegenden Aufgaben steht nicht zur Disposition irgendwelcher universitärer Koalitionspartner, insbesondere nicht einer (auch gar nicht existenten) „organisierten Professorenschaft", die hier gegenüber studentenschaftlichen Forderungen verfügungsberechtigt wäre. Das Wesen der Studentenschaften findet Ausdruck i n den ihnen übertragenen Aufgaben. Diese, die zusammenfassend als die Wahrnehmung studentischer Belange innerhalb der Gesamtuniversität bezeichnet wurden, sind der Sache nach Bestandteil der der wissenschaftlichen Hochschule selbst obliegenden Aufgaben, die nur inneruniversitär einem eigens zu diesem Zwecke öffentlichrechtlich organisierten Verbände zur Erledigung überlassen worden sind 3 8 . Der Umfang der studentenschaftlichen Aufgaben läßt sich gliedern in zwei Stränge: einmal betreffen sie die M i t w i r k u n g an der hochschuleigenen akademischen Selbstverwaltung in allen die Studenten betreffenden Angelegenheiten; zum anderen obliegt der Studentenschaft die in eigener Verantwortlichkeit betriebene Betreuung ihrer Mitglieder i n sozialer, kultureller und sportlicher Hinsicht. Einem wissenschaftliche Forschungs- und Lehrtätigkeit erst ermöglichenden, von der wissenschaftlichen Hochschule organisierten und in Verwaltung genommenen „Wissenschaftsbetrieb" entspricht vom studentischen Lernen her gesehen der Begriff „Studierbetrieb". A n dessen Organisation und Verwaltung i n den Beschlußgremien der Gesamtuniversität und — auf fachschaftlicher Ebene — i n den Organen der Fakultäten/Fachbereiche mitzuwirken ist eine ihr Wesen bestimmende Aufgabe der Studentenschaft, wie eng oder weit man auch immer den Kreis dieser Mitwirkungsbefugnisse ziehen mag 39 » 40 . Sinn einer Übertragung dieser Aufgabe auf einen zwangsmitgliedschaftlich organisierten Verband ist es immer gewesen, dem Interesse der zwar mitgliederstärksten, von dem Einfluß der Einzelperson her gesehen aber schwächsten Mitgliedergruppe der wissenschaftlichen Hochschule dort ausreichend Gehör zu verschaffen, wo die Stimme des einzelnen Studenten ungehört untergehen würde. I n einer überfüllten und in ihren Entscheidungsverfahren unüberschaubaren schaft i m Reichsverband der akademischen Berufsstände. Die Studentenschaft i. S. des Entwurfs ist davon grundsätzlich zu unterscheiden." . . m i t g e t e i l t bei Berner, S. 246; vgl. auch Reinhardt, S. 386. 38 Reinhardt, S. 385. 39 Sehr weitgehend U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 54 ff., insbesondere als Folge seiner Gleichstellung von wissenschaftlichem Forschen und Lehren m i t „wissenschaftlichem Lernen". 40 Einzelheiten zu diesen Mitwirkungsbefugnissen, s. u., Abschnitt Β IV, 3 b.
Β. Die Studentenschaft
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Universität, der ein Stück seiner beruflichen Zukunft anvertraut ist, soll sich der einzelne Student von Repräsentanten seines Vertrauens vertreten sehen, die hochschulpolitisch erfahren sind und wegen des zahlenmäßigen Gewichtes des von ihnen vertretenen Verbandes das i m studentischen Interesse Richtige und Gebotene eher als er selbst durchsetzen können. Darüber, ob dieses ganze hier geschilderte Modell, das von der Kooperationsbereitschaft der an den universitären Entscheidungsprozessen Beteiligten ausgeht, noch der augenblicklichen sozialen Wirklichkeit an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen entspricht, w i r d i m folgenden ausreichend gehandelt werden. A u f der anderen Seite w i r d das Wesen der Studentenschaft gekennzeichnet durch die zweite ihr obliegende Aufgabe der eigenverantwortlichen Betreuung der Studenten i n sozialer, kultureller und sportlicher Hinsicht. Sie teilt sich diese Aufgabe m i t anderen Stellen der Universität, wobei insbesondere die von den Studentenschaften zu unterscheidenden Studenten werke hervorzuheben sind 4 1 . Neben seiner sozialen Sicherung soll diese Betreuung wiederum die Vereinzelung des Studenten an der heutigen „Massenuniversität" überwinden helfen. Hierher gehört auch der von Schmitt Glaeser 42 entwickelte Gedanke, ein mit der Errichtung von Studentenschaften verfolgter Zweck sei es, dem einzelnen Studenten durch das Angebot einer Mitarbeit i n den Studentenschaftsorganen die Möglichkeit zu eröffnen, Eigeninitiative und Verantwortung für die Gesamtheit in einem nach demokratischen Grundsätzen geführten Verband zu erlernen und zu bewähren. I I I . Rechtsnatur und Verfassung der Studentenschaft
1. Die Studentenschaft als Gliedkörperschaft der wissenschaftlichen Hochschule Die Studentenschaft ist ein Verband, dessen Mitgliedschaft von Studenten der betreffenden wissenschaftlichen Hochschule, zugleich mit seiner Mitgliedschaft zu dieser selbst, durch den Rechtsakt der Immatrikulation erworben w i r d 4 3 . Die verbandsmäßige Struktur, zu41 I n den Bundesländern Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen, Nordrhein-Westfalen u n d Schleswig-Holstein sind eigene Studentenwerksgesetze (Bremen: Sozialwerksgesetz) ergangen; i n Bayern, Hamburg und Rheinland-Pfalz ist die Rechtsstellung der Studentenwerke i n den Hochschulgesetzen geregelt. Danach sind die Studentenwerke rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts m i t eigenem Satzungs- u n d Selbstverwaltungsrecht. I n Niedersachsen liegt keine gesetzliche Regelung vor; abweichend vom Üblichen ist das Studentenwerk der Universität Göttingen gemäß A r t . 106 der Universitätssatzung eine Stiftung des Öffentlichen Rechts. 42 Schmitt Glaeser, S. 15 f. m. w. N. 43 Vgl. §59 S. 1 BaWüHschG; §55 Abs. 1 HambUniG.
182
§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
sammen mit einer Organisation, die wie die der Hochschule dem öffentlichen Recht folgt, machen die Studentenschaft zur Körperschaft des öffentlichen Rechts, ihre Eingliederung i n die Hochschule zur Gliedkörperschaft wie etwa die Fakultäten/Fachbereiche 44 . Die neuen Hochschulgesetze, nach denen die Studentenschaften ebenfalls Gliedkörperschaften der wissenschaftlichen Hochschule sind, bestätigen diese Aussage 45 . 2. Die Rechtsfähigkeit
der Studentenschaft
Schwierigkeiten bereitet die Lösung der Frage, ob und wenn, dann i n welchem Umfang, die Studentenschaften als Gliedkörperschaften des öffentlichen Rechts eigene Rechtspersönlichkeit besitzen. I m Schriftt u m werden i m wesentlichen drei Meinungen vorgetragen. Eine erste geht dahin, daß m i t der Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts begriffsnotwendig Rechtsfähigkeit verbunden sei 46 . Bedenken gegen diese Auffassung wurden bereits vorgetragen 47 : ihr müßte auch die rechtsrichtige Einordnung der Fakultäten/Fachbereiche schwerfallen, die zwar Gliedkörperschaften sind, denen aber, soweit ersichtlich, noch niemand Rechtsfähigkeit vindiziert hat. Rechtsfähigkeit kommt einer Körperschaft nicht wesensnotwendig zu, sondern bedarf der Verleihung durch staatlichen Hoheitsakt 4 8 . Einige Hochschulgesetze folgen dieser Auffassung und verleihen den Studentenschaften die Rechtsfähigkeit ausdrücklich 49 ; andere begnügen sich mit der Statuierung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und geben so höchstens indirekt zu verstehen, daß damit offenbar (wie für die Anhänger der oben abgelehnten ersten Auffassung) Rechtsfähigkeit verbunden sein soll 5 0 . 44 Grundlegend Reinhardt, insbes. S. 387 ff.; Bartsch, S. 197 ff.; vgl. auch die Preußischen Studentenschaftsverordnungen, § 2 S. 1 des Studentenschaftsgesetzes von 1933 u n d H. J. Wolff , Verwaltungsrecht I I , § 93 I I I f. 7. 45 § 59 S. 2 BaWüHschG; § 55 Abs. 2 H a m b U n i G ; § 26 Abs. 2 HessHschG; § 16 Abs. 1 S. 2 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; § 69 Abs. 2 S. 1 Saarl UniG. Eine abweichende Regelung enthält §73 Abs. 1 S. 2 RhPfHschG: hier werden die Studentenschaften lediglich als Körperschaften bezeichnet, was — i m Gegensatz zu den anderen Hochschulgesetzen — ihrer Rechtsnatur nicht i n vollem Umfang gerecht w i r d u n d zudem wegen der gleichfalls v o m Gesetzgeber den Studentenschaften eingeräumten Rechtsfähigkeit die t a t sächlich sich bereits abzeichnende Gefahr einer Ausgliederung aus der Hochschule verstärkt. Das Gesetz entschärft allerdings selbst seine zuvor eingenommenen Position dadurch, daß es i n § 73 Abs. 4 den Studentenschaften Selbstverwaltungsaufgaben n u r „unbeschadet der Aufgaben der Hochschule" zuweist. — Nach § 44 Abs. 2 S. 1 EHschRG ist die Studentenschaft „Teilkörperschaft" der Hochschule. 46 Bartsch, S. 208 ff. m. w. N. 47 Vgl. § 2 der A r b e i t A n m . 13. 48 Forsthoff, S. 432, 442; Peters, Verwaltung, S. 108. 49 § 59 S. 2 BaWüHschG; § 55 Abs. 2 H a m b U n i G ; § 16 Abs. 1 S. 2 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück.
Β . Die Studentenschaft
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Eine zweite Meinung sieht die Studentenschaften grundsätzlich als nichtrechtsfähig an, wenn nicht der Gesetzgeber das Entgegengesetzte normiert hat 5 1 . Als dritte Lösung wurde schließlich vorgeschlagen, der Studentenschaft privatrechtliche Teil-Rechtsfähigkeit zu verleihen, u m so vor allem einem angeblichen Bedürfnis nach privatrechtlicher Handlungsfähigkeit der Organe und der Bildung eines haftenden Eigenvermögens der Studentenschaft gerecht zu werden 5 2 . Diesem Vorschlag ist der für das Hochschulrecht insoweit zuständige Landesgesetzgeber bisher nicht gefolgt. Es bestehen gegen ihn verfassungsrechtliche Bedenken, die auf einer möglichen Verletzung des grundgesetzlichen Zuständigkeitskatalogs zur Gesetzgebung gründen (Art. 72 Abs. 2, 74 Nr. 1 GG: es ist einleuchtend, daß mit der Schaffung der typischen Form „Gesamtrechtsfähigkeit" i n den §§ 1, 21 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches und i n den Verfahrensgesetzen eine konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit, A r t . 74 Nr. 1 GG, für den augenblicklichen Zeitpunkt bundesrechtlich erschöpfend ausgefüllt ist, so daß für eine landesrechtliche Regelung kein Platz bleibt) 5 3 . Dem augenblicklichen Rechtszustand entspricht allein die zweite Auffassung. Danach sind die Studentenschaften, soweit sie noch bestehen, grundsätzlich keine juristischen Personen, es sei denn, der Gesetzgeber habe ihnen Rechtsfähigkeit ausdrücklich oder inzidenter verliehen. Noch nicht m i t abschließender Sicherheit kann festgestellt werden, ob i n dieser Verleihung nicht ein gesetzgeberischer Mißgriff lag, der die Gefahr birgt, daß das Band der Zugehörigkeit der Studentenschaft zu ihrer Hochschule gelockert und eine bereits bestehende Frontstellung beider Einrichtungen zueinander verstärkt w i r d 5 4 ' 5 5 . Die Ge50 § 26 Abs. 2 HessHschG; §73 Abs. 1 S. 2 RhPfHschG; §69 Abs. 2 S. 1 SaarlUniG; §28 Abs. 1 S. 1 SHHschG. Es erhebt sich die Frage, ob aus der Ausstattung m i t einem Vermögen (§30 Abs. 2 S. 1 HessHschG; §75 Abs. 3 RhPfHschG; §69 Abs. 3 SaarlUniG) auf die umfassende Rechtsfähigkeit geschlossen werden darf. §33 Abs. 2 HessHschG 1966 hatte die Studentenschaften noch als rechtsfähige Gliedkörperschaften bezeichnet. si H. J. Wolff, Verwaltungsrecht I I , § 93 I I I f. 7. 52 Reinhardt, S. 388 ff. 53 Dazu ausführlich Bartsch, S. 210 ff. Privatrechtliche Teilrechtsfähigkeit (etwa i n § 2 Abs. 1 BundesbahnG v. 13.12.1951) ist i n einigen Fällen durch den Bundesgesetzgeber geschaffen worden. 54 Die Ausgliederung ist vollendet, w e n n man den Studentenschaften das Recht zur M i t w i r k u n g an den Selbstverwaltungsaufgaben der Hochschule vorenthält u n d einzelnen von einer Studentengesamtheit gewählten studentischen Vertretern überläßt. Dazu s. u. 55 Einen neuen Weg w i l l offenbar § 44 Abs. 2 S. 1 EHschRG gehen, wenn er den Studentenschaften die Eigenschaft einer „Teilkörperschaft der Hochschule" zuerkennt. I n der amtlichen Begründung zu der Vorschrift heißt es u.a (BT-Drucksache 7/1328 v. 30.11.1973, S. 66): „Die Rechtsstellung als Teilkörperschaft sichert der Studentenschaft herkömmliche Merkmale einer Körperschaft wie Handlungsfähigkeit i m Rechtsverkehr u n d Satzungsauto-
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
schichte der Handhabung der Studentenschaftsaufsicht in den letzten Jahren, deren eindringlichste Beispiele auf noch zu schildernden Vorfällen an Universitäten mit rechtsfähigen Studentenschaften beruhen (Berlin, Frankfurt/M., Heidelberg), beweist das Bestehen dieser nicht ermutigenden Frontstellung. Die vom Gesetzgeber verfügte Ausstattung der Studentenschaften mit Vertretungsrechten, Beitrags- und Etathoheit kann auch ohne die Verleihung von Rechtsfähigkeit hochschulgesetzlich oder satzungsmäßig eingerichtet, das Bedürfnis nach einem geldwerten Haftungsobjekt durch die Bildung eines Sondervermögens der Studentenschaft i m Rahmen des Hochschulvermögens (anstelle eines studentenschaftlichen Eigenvermögens) 56 befriedigt werden. 3. Die Organisation der Studentenschaft Die Organisation der Studentenschaften folgt einem immer wiederkehrenden Grundschema. Dieses Schema hat i n den Grundzügen hochschulgesetzliche Regelungen erfahren 5 7 ; bedeutsame Rechtsquelle für die rechtliche Organisation der Studentenschaften sind daneben deren autonom erlassene Satzungen 58 . Als typisches Beispiel mag hier die Satzung der Bonner Studentenschaft dienen 59 . Danach besteht ein oberstes Rechtsetzungs- und Beschlußfassungsorgan, das Studentenparlament 6 0 , das sich aus einer bestimmten Anzahl von der Gesamtstudentenschaft gewählter und dem Satzungswortlaut nach weisungsungebundener 61 studentischer Vertreter zusammensetzt 62 . Die Befugnomie; Absatz 2 gewährleistet ausdrücklich das Selbstverwaltungsrecht und die Beitragshoheit. Zugleich bringt die Rechtsstellung als Glied der Hochschule zum Ausdruck, daß die Studenten auch als verfaßte Studentenschaft zur Hochschule gehören." 56 § 63 Abs. 3 BaWüHschG; § 16 Abs. 6 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §62 H a m b U n i G ; §75 Abs. 3 RhPfHschG; §69 Abs. 3 SaarlUniG sehen die ausschließliche Haftung des Eigenvermögens der Studentenschaft vor. 57 §61 Abs. 1 BaWüHschG; §57 H a m b U n i G ; §28 HessHschG; §16 Abs. 4 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §73 Abs. 2 RhPfHschG; §70 SaarlUniG; § 28 Abs. 4 SHHschG. 58 Vgl. §62 Nr. 1 BaWüHschG; §59 Abs. 2 Nr. 1 H a m b U n i G ; §29 Abs. 4 Nr. 1 HessHschG; §16 Abs. 4 a. E. NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §73 Abs. 2 RhPfHschG; § 70 SaarlUniG; § 28 Abs. 4 SHHschG. 59 V o m Jahre 1963. 60 Die Organe der Studentenschaft der Universität Bonn sind aufgezählt i n § 4 Abs. 2 der Studentenschaftssatzung. 61 Vgl. §§ 6 Abs. 1, 8 der Studentenschaftssatzung. Der offensichtlich an A r t . 38 Abs. 1 S. 2 GG u n d den herkömmlichen Prinzipien parlamentarischer Repräsentation, vgl. statt aller Maunz / Dürig / Herzog, A r t . 38, Rdnr. 2, 9 - 1 2 , 17, orientierte § 8 Abs. 1 der Studentenschaftssatzung darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch die Mitglieder der Studentenparlamente i n ihrem überwiegenden T e i l Angehörige politisch divergierender, privatrechtlich organisierter Studentengruppen sind, die u m Einfluß i n der Studentenschaft ringen. Auch Studentenparlamente kennen die Beeinflussung u n d Festlegung
Β. Die Studentenschaft
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nisse des Studentenparlaments umfassen den ganzen Katalog studentenschaftlicher Aufgaben, insbesondere auch Wahl und Kontrolle der Mitglieder des Exekutivorgans sowie die Verabschiedung des Haushaltsplans 63 . Die laufenden Geschäfte, sowie die Vertretung der Studentenschaft nach außen erledigt ein Exekutivorgan, der Allgemeine Studentenausschuß (AStA), der einen dem Studentenparlament i n seiner Geschäftsführung verantwortlichen Vorsitzenden hat. Dieser w i r d von den für einzelne Zweige der Studentenschaftsarbeit zuständigen Referenten unterstützt 6 4 . Studentenparlament und Allgemeiner Studentenausschuß teilen sich i n der Verantwortung für die Mitarbeit in den Selbstverwaltungsorganen der Universität Bonn 6 5 . Zuletzt ist auf gesamtstudentenschaftlicher Ebene noch ein Kontrollorgan eingerichtet, der Ältestenrat, der sich, wie schon sein Name sagt, aus einer kleinen Zahl von i n studentenschaftlicher Arbeit erfahrenen Mitgliedern zusammensetzt und der für die Kontinuität der studentischen Selbstverwaltung, die Streitschlichtung bei Auseinandersetzungen unter den Studentenschaftsorganen und die Einhaltung der Satzung Sorge tragen soll 6 6 . A u f Fakultäts-/Fachbereichsebene ist die Studentenschaft i n Fachschaften untergliedert 6 7 , die für die dort zu erledigende Studentenihrer Mitglieder durch Vorabentscheidungen, die i n den Hochschulgruppen außerhalb des Studentenparlaments fallen, und an die sich ein Fraktionszwang anschließt. Die hochschulpolitische Zielrichtung i n der Arbeit der Studentenschaftsorgane ist ganz wesentlich von der hochschulpolitischen Zusammensetzung u n d Färbung eines Studentenparlaments bestimmt, dessen Mitglieder sich nicht mehr der F i k t i o n gewordenen Weisungsungebundenheit verpflichtet fühlen. 62 Zweifelhaft ist angesichts der für die wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland typischen geringen Wahlbeteiligung der Studenten i n vielen Fällen, ob der eigentliche Mehrheitswille i n den Organen der Studentenschaft repräsentiert ist. A n vierzehn von 35 Hochschulen, die i n einer Dokumentation der Westdeutschen Rektorenkonferenz v o m Jahre 1969 (Az. : E / V I I 1264) erfaßt wurden, betrug die Wahlbeteiligung der Studenten zu ihrer Studentenschaftsvertretung unter 50 °/o, an neun lag sie nur geringfügig über 50 °/o. F ü r den E n t w u r f einer Satzung der Studentenschaft sehen §§ 29 Abs. 3 HessHschG, 73 Abs. 3 RhPfHschG jetzt bestimmte M e h r heiten vor, die bei der A b s t i m m u n g über die Verabschiedung des Entwurfs von der Gesamtstudentenschaft eingehalten werden müssen. 63 § 5 Satzung der Studentenschaft Bonn. β4 §§ 15 - 17 Satzung der Studentenschaft Bonn. 65 Einzelheiten i m Beschluß des Senats der Universität Bonn v o m 16.1. 1969, Anhang I I zur Universitätsverfassung. 66 §§ 25, 28 Satzung der Studentenschaft Bonn. 67 Zur fachschaftlichen Gliederung vgl. auch § 62 Nr. 1 BaWüHschG; § 58 H a m b U n i G ; §§26 Abs. 3, 27 HessHschG; §70 Abs. 2 SaarlUniG; §28 Abs. 5 SHHschG.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
schaftsarbeit i n eine Fachschaftsversammlung aller Mitglieder-Studenten einer Fachrichtung, i n einen Fakultätsausschuß und i n einen Fachschaftsvorstand organisiert sind 6 8 . Die Zuordnung der studentenschaftlichen Aufgaben zu denen der Hochschule als ganzer sowie die Rechtsnatur der Studentenschaften als Gliedkörperschaften soll die Organe der Studentenschaft — ebenso wie die der Fakultäten/Fachbereiche — zu Hochschulorganen machen 6 9 ' 7 0 . Dieser Aussage ist zuzustimmen für die nicht-rechtsfähigen Studentenschaften. Sie ist aber rechtlich zweifelhaft geworden für den Rechtszustand i n den Ländern, die hochschulgesetzlich eine rechtsfähige Studentenschaft eingeführt haben. Rechtsfähigkeit und eigenes Vermögen machen die Studentenschaft zum rechtlich selbständigen Zuordnungs- und Haftungsobjekt; sie kann die Verantwortung für das Handeln ihrer Organe unabhängig von der wissenschaftlichen Hochschule übernehmen. I V . Satzungsgewalt und Recht auf Selbstverwaltung
1. Grundlagen Zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben sind die Studentenschaften als Gliedkörperschaften mit- dem Recht zur autonomen Rechtsetzung und dem der eigenverantwortlichen Selbstverwaltung (zusammenfassend Selbstverwaltung i m weiteren Sinne) ausgestattet 71 ; aus dieser Privilegierung folgt wiederum, daß sie auch staatlicher Aufsicht unterliegen. Es ist versucht worden, die studentenschaftliche Autonomie und ihr Recht zur eigenverantwortlichen Selbstverwaltung ebenso über eine Einrichtungsgarantie aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG verfassungskräftig abzusichern wie das bei der wissenschaftlichen Hochschule selbst geschehen ist 7 2 . Hierzu ist auf die oben vorgetragenen Argumente Bezug zu nehmen: es ist mehr als zweifelhaft, ob die Bundesverfassung zu einer Absicherung bestimmter überkommener hochschulischer oder gleichartiger studentenschaftlicher Struktur- und Organisationsformen herangezogen werden kann, selbst wenn die studentenschaftliche als derjenige Teil der gesamthochschulischen Wissenschaftsselbstverwal68
§§ 21 - 23 Satzung der Studentenschaft Bonn. 69 Gerber, Hochschulrecht I, S. 125. 70 Soweit die Organe der Studentenschaft öffentliche Verwaltungsaufgaben erfüllen, sind sie außerdem Behörden, vgl. V G H Baden-Württemberg, Beschluß v o m 18.1.1972, Az.: I V 956/71, N J W 1972, S. 887. 7 * Dazu Gerber, Hochschulrecht I, S. 113, 115/116; Schmitt Glaeser, S. 6 A n m . 5; Thieme, Hochschulrecht, S. 331. 72 U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 58 f.
. Die Studentenschaft
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tung bezeichnet wird, durch den, zur gesamten Hand der „wissenschaftlich" Studierenden an der Universität, der „Studierbetrieb" organisiert und verwaltet w i r d 7 3 . Den Landesverfassungen kann allenfalls die Gewährleistung eines studentischen Selbstverwaltungsrechts entnommen werden, ohne daß dies dem Wortlaut der Bestimmungen nach zwingend dem überkommenen Modell einer verfaßten Studentenschaft zugeordnet werden muß 7 4 . 2. Das autonome Satzungsrecht der Studentenschaft Es bestehen allerdings einfachgesetzliche Gewährleistungen. So ist den Studentenschaften einmal ein von den ihr übertragenen Aufgaben her beschränktes Satzungsrecht verliehen, wobei Hochschulgesetze75 oder Universitätssatzungen 76 als die erforderliche rechtliche Ermächtigungsgrundlage dienen. Der Umfang der Autonomiegewalt der Gliedkörperschaft ist weiterhin bestimmt durch ihre Einbindung i n die Gesamtkörperschaft wissenschaftliche Hochschule: sie muß sich i n deren Grenzen halten. Die i m Wege der Urabstimmung unter den studentischen Mitgliedern zu verabschiedende Hauptsatzung der Studentenschaft, die außerdem noch ministerialer oder hochschulinterner Genehmigung bedarf 7 7 , soll insbesondere folgende Regelungen über die Organisation der Studentenschaften treffen: — die Wahl, die Zusammensetzung, die Befugnisse und die Beschlußfähigkeit der Organe der Studentenschaft, — die Amtszeit der Mitglieder von Organen der Studentenschaft und den \^erlust der Mitgliedschaft, — die A r t der Beschlußfassung sowie die Form und Bekanntgabe der Organbeschlüsse, — die Beiträge, 73 17. K. Preuss, ebenda, wobei hier die Bedenken gegen Preuss'* Feststellung einer Gleichrangigkeit von Wissenschaftsbetrieb u n d Studierbetrieb dahingestellt bleiben mögen; vgl. auch oben A n m . 39. 74 Vgl. oben A n m . 19. 75 §62 BaWüHschG; §59 H a m b U n i G (Hauptsatzung, Wirtschaftsordnung) — §60 Abs. 2 S. 1 H a m b U n i G (Beitragsordnung); §29 Abs. 1 HessHschG; § 16 Abs. 3 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück (Satzung, Wahlordnung, Finanzordnung); §73 Abs. 3 S. 1 RhPfHschG (Hauptsatzung) — § 75 Abs. 1 RhPfHschG (Beitragsordnung); §70 Abs. 1 SaarlUniG (Hauptsatzung) — §71 Abs. 1 SaarlUniG (Beitragsordnung); §28 Abs. 4 S. 3 SHHschG. 76 Statt aller § 79 Abs. 1 S. 2 Verfassung Universität Bonn. 77 Einzelheiten s.u. Z u m Verfahren der Urabstimmung enthalten §29 Abs. 3 HessHschG u n d §73 Abs. 3 RhPfHschG eine ins einzelne gehende Regelung.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
— die Aufstellung, Verabschiedung und Ausführung des Haushaltsplanes. Dieser vom hessischen Hochschulgesetzgeber aufgestellte Katalog enthält eine für alle Studentenschaften beispielhafte Aufzählung 7 8 . 3. Das Recht der Studentenschaft auf eigenverantwortliche Selbstverwaltung a) Rechtsgrundlagen, Umfang Weiterhin gewähren Hochschulgesetze79 und Hochschulsatzungen 80 den Studentenschaften ein Recht auf eigenverantwortliche Erledigung der ihnen zugewiesenen Aufgaben (Selbstverwaltung i m engeren Sinn). Art, Umfang und Grenzen dieses Rechts sind bestimmt durch die Eingliederung der Studentenschaft i n die wissenschaftliche Hochschule. Studentenschaftliche Selbstverwaltungsaufgaben sind Teil der der Hochschule insgesamt zukommenden Aufgaben, wobei nicht nur deren Verwaltung von Wissenschaft und Ausbildung gemeint ist, sondern auch deren Aufgaben der sozialen Betreuung, die ihr insbesondere den studentischen Hochschulmitgliedern gegenüber obliegen und die bisher noch nicht i n die Betrachtung einbezogen worden waren 8 1 . Studentenschaftliche Selbstverwaltung folgt den rechtlichen Grundsätzen der akademischen Selbstverwaltung und kann über diese i n ihren Zuständigkeiten und Befugnissen nicht hinausgehen 82 . b) M i t w i r k u n g an der akademischen Selbstverwaltung Wie bereits angedeutet, läßt sich der Katalog der den Studentenschaften zugewiesenen Aufgaben i n zwei Teile gliedern. I m Vordergrund steht die Vertretung der Belange aller Studenten einer wissenschaftlichen Hochschule durch Mitarbeit der Organe der Studentenschaft oder deren Repräsentanten i n den Organen der Hochschule selbst 83 . 78 § 29 Abs. 4 HessHschG. 79 §60 Abs. 1 BaWüHschG; §56 Abs. 1 S. 1 H a m b U n i G ; §27 Abs. 1 S. 1 HessHschG; § 16 Abs. 2 S. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; der Sache nach auch § 73 Abs. 4 S. 1 RhPfHschG u n d § 69 Abs. 2 SaarlUniG. Vgl. auch § 44 Abs. 2 S. 2 EHschRG. 80 Statt aller wieder § 79 Abs. 2 Verfassung Universität Bonn. 81 Grundlegend dazu Reinhardt, S. 385. 82 Salzwedel, Gutachten Sozialbeitrag, S. 14; Thieme, Hochschulrecht, S. 337 ; vgl. auch V o t u m der Westdeutschen Rektorenkonferenz v o m 28./29.6.1963 zum Studentenschaftsrecht, abgedruckt bei Kalischer, S. 381 ff. S3 Vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 H a m b U n i G ; § 27 Abs. 1 S. 2 HessHschG; § 16 Abs. 2 S. 2 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; vgl. auch Senatsbeschluß v o m 16.1.1969, Anhang I I Verfassung der Universität Bonn — nach § 24 Abs. 5
. Die Studentenschaft
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Diese studentenschaftliche M i t w i r k u n g reicht von einem bloßen A n hörungsrecht i n studentischen Angelegenheiten neuerdings bis zu voller Teilhabe an der Selbstverwaltungsarbeit der Universität, ihrer Gliederungen und Einrichtungen; sie umfaßt dann den ganzen Bereich akademischer Selbstverwaltung, von der Organisation und Verwaltung des Wissenschafts- und Ausbildungsbetriebes bis h i n (soweit hochschulische Selbstverwaltungsrechte bestehen) zur Wirtschafts- und Personalverwaltung. Wie die universitäre ist folgerichtig auch die studentenschaftliche Selbstverwaltung insoweit ihrer A r t nach entweder „originäre" oder „derivate" Selbstverwaltung. Die Ausgestaltung der studentischen M i t w i r k u n g an der akademischen Selbstverwaltung, insbesondere die Zusammensetzung der Stimmen i n den Organen, ist von Land zu Land verschieden; die Hochschulgesetze versuchen eine Fülle verschiedenartiger Reformmodelle durchzusetzen 84 . Hinzuweisen ist allerdings auf die folgende Entwicklung. M i t der Ausdehnung der Mitteilhabe der Studenten an der Hochschulselbstverwaltung geht das Bestreben des Gesetzgebers einher, den Organen der verfaßten Studentenschaft einen unmittelbaren Einfluß auf die Besetzung der Stellen von studentischen Vertretern i n den Hochschulorganen zu nehmen. Vielmehr w i r d der Gesamtheit der Studenten auf Hochschulebene bzw. fachgebunden auf Fakultäts-/Fachbereichsebene die Wahl der studentischen Mitglieder in den akademischen Organen übertragen 85 . Der verfaßten Studentenschaft bleibt oft nur eine beschränkte rechtliche Befugnis zur Besetzung 86 . Die landesverfassungsrechtlichen Gewährleistungen stehen nicht entgegen, da dort nur von studentischen, nicht studentenschaftlichen Beteiligungsrechten gesprochen wird. Ein Mißtrauen des Hochschulgesetzgebers gegen die verfaßte Studentenschaft kommt i n solchen Regelungen offen zum Ausdruck und beraubt die betroffenen Studentenschaften des wichtigsten Teils ihres Selbstverwaltungsrechts. Zur gleichen Zeit w i r d die Frage NWHschG bleibt die B i l d u n g von Studentenschaften zum Zwecke der M i t w i r k u n g an der Hochschulselbstverwaltung den Universitäten selbst überlassen. 84 Diese Untersuchung begnügt sich m i t der grundsätzlichen Darstellung. Z u den verfassungsrechtlichen Grenzen, die dem Landeshochschulgesetzgeber neuerdings durch das Hochschulurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 35, S. 79 ff.) gezogen worden sind, vgl. oben, § 4 C I I der Arbeit. So i n Baden-Württemberg, Bayern und B e r l i n (wo keine verfaßten Studentenschaften mehr bestehen), für Teilbereiche i n Hamburg u n d Hessen, i n Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. U n k l a r ist die Regelung i m Saarland, vgl. § 69 Abs. 2 S. 2 SaarlUniG. 86 I n Hamburg sitzen 2 Mitglieder des A S t A i m Universitätskonzil, § 38 Abs. 1 Nr. 5 HambUniG. I n Hessen, wo die studentischen Mitglieder des Senats bisher v o m Studentenparlament gewählt wurden, ist den Studentenschaften dieses Mitwirkungsrecht durch eine Neufassung des § 17 Abs. 2 HessUniG genommen worden.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
gestellt, ob es dann noch gerechtfertigt sei, die Studentenschaft als einen öffentlichrechtlichen Zwangsverband zu organisieren 87 . Da es keiner eigenen studentenschaftlichen Organisation bedarf, u m die M i t w i r k u n g der Studenten an der akademischen Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule zu regeln 88 , hat eine die Studentenschaft ausschließende gesetzliche Regelung zur Folge, daß dieser die zur Legitimierung ihrer Zwangsverbandsnatur erforderliche Basis genuin öffentlichrechtlicher Aufgaben entzogen w i r d 8 9 . Diese Entwicklung w i r d noch verschärft, wenn zusätzlich die wichtigeren sozialen Verwaltungszuständigkeiten der Studentenschaften den Studentenwerken übertragen werden und zusammen damit der studentenschaftliche Einfluß auf diese gekürzt wird. Der Katalog sog. „eigener Aufgaben", dem sich i m Anschluß die Aufmerksamkeit zuwenden soll, vermag allein den öffentlichrechtlichen Zwangsverbandscharakter der Studentenschaften nur schwerlich zu rechtfertigen 90 , selbst wenn ein Bezug zu ursprünglich der Universität selbst obliegenden sozialen Aufgaben verblieben sein sollte 9 1 . Es liegt nahe, die Frage nach der weiteren Existenzberechtigung der verfaßten Studentenschaft zu stellen. c) Wahrnehmung der studentischen Belange Der zweite Bereich studentenschaftlicher Selbstverwaltung w i r d i m allgemeinen mit der Aufgabe der Wahrnehmung „eigener" studentischer Belange umschrieben. Damit sind die hochschulpolitischen, sozialen und kulturellen Aktivitäten der Studentenschaften gemeint 92 . Die Hochschulgesetze enthalten hierzu einen Katalog von Aufgaben, der, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, den überkommenen Bestand studentenschaftlicher Tätigkeit i n diesem Bereich wiedergibt. Nach dem ausführlichen Katalog des Hessischen Hochschulgesetzes obliegt danach der Studentenschaft 87 Z u m ersten Male i n der Rechtsprechung gestellt i m Zusammenhang m i t der Frage nach der Berechtigung eines „allgemeinpolitischen Mandats" der Studentenschaften (dazu s. u. Abschnitt Β I V , 3 d) v o m V G Sigmaringen, Beschluß v o m 2.7.1968, Az.: I I I 214/68, DVB1. 1968, S. 717 ff. Dort auch eine Vertiefung des Problems. 88 Besch, Zwangsmitgliedschaft, S. 230. 89 Besch, Zwangsmitgliedschaft, S. 227 ff. unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht; grundlegend U r t e i l v o m 29.7.1959, Az.: 1 B v R 394/58, BVerfGE 10, S. 89 ff., 102; Beschluß v o m 25.2.1960, Az.: 1 B v R 239/52, BVerfGE 10, S. 354 ff., 362 ff. 9 0 So richtig Besch, Zwangsmitgliedschaft, S. 230 ff. 91 So offenbar Reinhardt i n seiner Erwiderung auf Besch, Zwangsmitgliedschaft, S. 235. 92 Einschließlich der Pflege der überregionalen u n d internationalen Studentenbeziehungen, vgl. § 44 Abs. 1 EHschRG.
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. Die Studentenschaft
1. die Vertretung der Gesamtheit ihrer Mitglieder i m Rahmen ihrer gesetzlichen und satzungsmäßigen Befugnisse, 2. die Wahrung der hochschulpolitischen Belange ihrer Mitglieder, 3. die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Selbsthilfe, nicht dem Studentenwerk übertragen ist, 4. die M i t w i r k u n g i n der Studentenförderung,
soweit
sie
5. die Förderung der politischen Bildung und des staatsbürgerlichen Verantwortungsbewußtseins der Studenten, 6. die Pflege internationaler Studentenbeziehungen, 7. die Unterstützung kultureller und musischer Interessen der Studenten, 8. die Förderung des freiwilligen Studentensports, soweit nicht die Hochschule dafür zuständig ist 9 3 . Die Fachschaften sollen sich umfassend der Förderung aller Studienangelegenheiten auf Fakultäts-/Fachbereichsebene annehmen 94 . d) Die Inanspruchnahme des sog. „politischen Mandats" Die Mehrzahl der westdeutschen und (früher) West-Berliner Studentenschaften nahm und nimmt noch einen dritten Bereich studentenschaftlicher Tätigkeit i n Anspruch, die ungenau m i t der Wahrnehmung des sogenannten „politischen Mandats" bezeichnet w i r d 9 5 . Juristisch richtiger sollte hier von der Frage nach der Berechtigung der Studentenschaften gesprochen werden, als Verband zu allgemeinpolitischen, nicht unbedingt hochschulbezogenen tatsächlichen Ereignissen Stellung zu nehmen und gegebenenfalls einer solchen Stellungnahme entsprechende Maßnahmen zu ergreifen 96 . Wenige Probleme des Studen93
§ 27 Abs. 2 HessHschG; ähnlich § 60 Abs. 2 BaWüHschG; § 56 Abs. 2 H a m b U n i G ; § 2 Abs. 2 Nieders. V O Studentenschaften u n d § 16 Abs. 2 NS OrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §73 Abs. 4 RhPfHschG. I n Bayern, A r t . 58 BayHschG, werden diese Aufgaben abweichend von den sonstigen hochschulgesetzlichen Regelungen von einem „studentischen K o n v e n t " u n d einem „Sprecherrat" wahrgenommen. 94 So § 27 Abs. 3 HessHschG. 95 Weder gibt es eine dem Abgeordneten„mandat" vergleichbare, auf die Wahrnehmung politischer Stellungnahmen beschränkte Repräsentation des Staatsvolkes durch die Studentenschaften oder ihre Vertreter, worauf U. K . Preuss, S. 77/78 hingewiesen hat; noch gibt es, w e n n man „ M a n d a t " i. S. eines Auftrages versteht, irgendeine Beauftragung der dafür zuständigen wissenschaftlichen Hochschule, auf G r u n d derer die Studentenschaften allgemein politisch tätig werden sollten (die Hochschule hätte rechtlich keine solche Möglichkeit), vgl. dazu V G Sigmaringen, U r t e i l v o m 2. 2.1968, Az.: I I I 364/67, J Z 1968, S. 262 ff., 264. 96 v g l . υ. K . Preuss, Pol. Mandat, ebd. I m folgenden soll zur Erleichterung des Verständnisses der eingebürgerte Ausdruck „politisches Mandat" weiterh i n gebraucht werden.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
tenschaftsrechts sind seit etwa 1960 so umstritten wie die hier skizzierte Berechtigung. I m rechtswissenschaftlichen Schrifttum w i r d für und gegen das politische Mandat eingetreten 97 , in der Rechtsprechung 98 ist sein Bestehen verneint worden. Das hat die Organe der Studentenschaften nicht daran gehindert, trotzdem für ihren Verband allgemeinpolitische Stellungnahmen abzugeben und allgemeinpolitisch motivierte Maßnahmen (Demonstrationen etc.) zu veranlassen. Diesem von der Aufsichtsbehörde als rechtswidrig angesehenen Verhalten entgegenzutreten ist mit dem Mittel der Staatsaufsicht versucht worden; inzwischen kann schon von einem typischen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung des „allgemeinpolitischen Mandats" und aufsichtrechtlichem Einschreiten gegenüber den Studentenschaften gesprochen werden. Von hierher rechtfertigt sich ein kurzes Eingehen auf die entstandenen Streitfragen zu dieser angeblichen Berechtigung der Studentenschaften. Die Rechtfertigung des Bestehens eines „allgemeinpolitischen Mandats" der Studentenschaften ist i m wesentlichen von zwei Seiten her versucht worden. Einmal wurden die bestehenden Rechtsquellen des Hochschul- und Studentenschaftsrechtes herangezogen, um dort die Verankerung einer solchen Berechtigung zu finden. Die Gerichte haben jedoch überzeugend nachgewiesen, daß weder das vor-, noch das nachkonstitutionelle Hochschul- und Studentenschaftsrecht, weder die 97 Die L i t e r a t u r ist inzwischen unübersehbar geworden. Vgl. an größeren Arbeiten die Untersuchungen von Berner, Bettermann, Gutachten vom 27. 6. 1967, Härdle, Knoke, U. K. Preuss (mit den Beiträgen von Havemann, Hof mann, Habermas / W elimer), Thieme, Studentenschaft und Hochschule, sowie die i n Heft 8/9-1968 der „Deutschen Universitätszeitung" enthaltenen Aufsätze u n d Stellungnahmen, u. a. von Gerhardt; Leibfried / Preuss, zehn Thesen (Abdruck); Litten; Simon; Brammerts; W. Schnur; H. Wagner; Wildenmann; Langeheine; Martin; Benzinger; Moersch und Dietzel. — Dazu V o t u m der Kommission für Hochschulrecht der Westdeutschen Rektorenkonferenz vom 28./29. 6. 1963, LS I I 7, 8, abgedruckt bei Kalischer, S. 381 ff., 383; Feststellungen der Kultusministerkonferenz v o m 28.11.1968, Sammlung „Beschlüsse der K M K " Nr. 1889; umgekehrt Charta des VDS (14. Mitgliederversammlung v o m 12. - 18. 3.1962) zu b I I I , VDS, Bericht des Vorstandes 1963/64, abgedruckt bei Gerber, Hochschulrecht I I , Anm. 179 zu Kap. 7 m. w. N. 98 I. V G Sigmaringen (wie Anm. 95); V G H Baden-Württemberg, U r t e i l v o m 23.7.1968, Az.: I V 159/68, DVB1. 1968, S. 705 ff.; BVerwG, U r t e i l vom 26.9.1969, Az.: V I I C 65/68, JZ 1970, S. 576 ff. m i t A n m . v. Thieme. I I . V G Köln, U r t e i l v o m 11.4.1968, Az.: I L 90/68, DVB1. 1968, S. 710 f.; OVG Münster, U r t e i l v o m 19.8.1968, Az.: V A 608/68, N J W 1969, S. 1044 ff. u n d Beschluß v o m 31.5.1968, Az.: V Β 296/68, DVB1. 1968, S. 709 ff. I I I . V G Berlin, U r t e i l v o m 17.10.1967, Az.: I I A17/67, JZ 1968, S.2601; OVG Berlin, U r t e i l v o m 9.9.1968, Az.: OVG I I I Β 1/68, abgedruckt bei U. K. Preuss, S. 162 ff., WissR 1969, S. 81. I V . F ü r eine eingeschränkte Berechtigung der Hamburger Studentenschaft zur Geltendmachung des politischen Mandats neuerdings OVG Hamburg. U r t e i l v o m 7.7.1971, Az.: O V G Β f I I I 9/70, JZ 1972, S. 17 ff.
. Die Studentenschaft
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neuen Hochschulgesetze99 und -Satzungen noch ein irgendwie geartetes Universitätsgewohnheitsrecht den Anspruch der Studentenschaften begründen können 1 0 0 . Es wurden umgekehrt sogar Befürchtungen laut, die Ausübung dieses Anspruchs könne zum Konflikt m i t i h m entgegenstehenden Prinzipien des Bundesverfassungsrechts führen 1 0 1 . Der zweite Weg, der mit dem Ziel einer rechtlichen Absicherung des allgemeinpolitischen Mandats der Studentenschaft eingeschlagen wurde, führt über eine Auslegung von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG. Insbesondere U. K . Preuss hat diese Lösung vorgetragen 102 . Von einem angeblich auch von der Verfassung geschützten sozialwissenschaftlichen Wissenschaftsbegriff herkommend, der, wie schon gezeigt wurde, die dauernde Reflexion der politischen Auswirkungen von Wissenschaft i n der Gesellschaft fordert, w i r d nicht nur die Berechtigung der insoweit mit einem eigenen Grundrecht ausgestatteten wissenschaftlichen Hochschule selbst, sondern auch die der gleichermaßen privilegierten Studentenschaft 103 abgeleitet, zu allgemeinpolitischen Fragen Stellung zu nehmen. Einwände gegen diese Argumentation sind einmal dahingehend zu machen, daß angesichts der wissenschaftsbegrifflichen Neutralität des Grundgesetzes das von Preuss zugrundegelegte Wissenschaftsverständnis nicht die Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen kann, die eine darauf beruhende allgemeinpolitische Stellungnahme der Gesamtuniversität oder der Gesamtstudentenschaft voraussetzen müßte. Zum anderen sollen allgemeinpolitische Stellungnahmen dieser Gremien Meinungsäußerungen sein, die unmittelbare Folge wissenschaftlicher (Selbst-)Reflexion sind: diese Behauptung steht i m Widerspruch zu der Tatsache, daß wissenschaftliche Meinungsäußerungen immer nur denen zugerechnet werden können, die selbst wissenschaftlich tätig sind, während der öffentlichrechtlich organisierte Verband wissenschaftliche Hochschule zwar grundrechts-, nicht aber wissenschaftsfähig ist. Ein qualitativer Unterschied zwischen einer wissen99 E i n Versuch der Hamburger Studentenschaft, das allgemeinpolitische Mandat i n das Hamburger Universitätsgesetz aufzunehmen, ist gescheitert. 100 Z u r Rechtsprechung der Gerichte siehe die i n A n m . 98 angegebenen Entscheidungen. 101
Dazu Berner, S. 244/245 unter Berufung auf Bundesverfassungsgericht, U r t e i l v o m 19.7.1966, Az.: 2 B v F 1/65 (Parteienfinanzierung), BVerfGE 20, S. 56 ff., 99. Vgl. auch Bundesverfassungsgericht, U r t e i l v o m 30.7.1958, Az.: 2 B v G 1/58 (Umfrage zur Atombewaffnung), BVerfGE 8, S. 122 ff. Die verfassungsrechtlichen Prinzipien sind der Grundsatz der staatsfreien p o l i t i schen Willensbildung des Volkes u n d der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung. Kritisch Dietzel, S. 58, Knoke, S. 546 f. 102 U. K . Preuss, Pol. Mandat, passim, insbesondere S. 95 ff., 102 ff. 103 Herrührend aus der angeblich verfassungsrechtlich vorgeformten Gleichbehandlung von wissenschaftlichem Forschen und Lehren m i t wissenschaftlichem Lernen; vgl. dazu U. K . Preuss, Pol. Mandat, S. 54 ff., u n d A n m . 39. 13 Gallas
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
schaftlich motivierten Meinungsäußerung selbst der Summe aller an der Universität tätigen Wissenschaftler einerseits und der politischen Stellungnahme des Verbandes wissenschaftliche Hochschule i n seiner Eigenschaft als juristische Korporation andererseits bestände auch dann, wenn, soziologisch richtig, die Universität i n Deutschland als der Ort bezeichnet wird, i n dem kollektiv Wissenschaft betrieben wird. Ist nach dieser (notwendig verkürzten) Darstellung schon kein allgemeinpolitisches Mandat der wissenschaftlichen Hochschule selbst ersichtlich, so gilt das um so mehr für ihr Glied, die Studentenschaft. Auf eine solche angebliche Befugnis sich stützendes Handeln der Studentenschaft und ihrer Organe stimmt mit dem Recht nicht überein, wobei es unerheblich ist, i n welcher politischen Richtung eine solche Praxis verläuft 1 0 4 . Allenfalls denkbar sind allgemeinpolitische Stellungnahmen und davon motivierte Maßnahmen der Universitäten oder ihrer Studentenschaften dann, wenn der jenen grundgesetzlich zugesicherte Raum verfaßter Freiheit i n Gefahr gerät, weil insgesamt das Gefüge der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung" zu wanken droht. Nur i n einem solchen notstandsähnlichen Fall, der, wie das Beispiel des Jahres 1933 zeigt nicht unvorstellbar ist und den Bestand ihrer wesensnotwendigen Wissenschaftsfreiheit gefährdet, ist die wissenschaftliche Hochschule zur Verteidigung ihres Grundrechts aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG und der dahinter stehenden Wertordnung berufen 1 0 5 . Die von den Studentenschaften zum Anlaß genommenen Vorfälle, ihr angebliches allgemeinpolitisches Mandat auszuüben, gründeten nicht i n einer solchen Notstandslage 106 . Co Die Studentenschaftsaufsicht I. Rechtsquellen
Als eine mit dem Privileg des Rechts zur eigenverantwortlichen Selbstverwaltung (im weiteren Sinne) ausgestattete Gliedkörperschaft 104 Dazu Wildenmann, a.a.O., S. 37 : „Politische Andachtsstunden w o h l gefälliger A r t sind ebensowenig am Platze w i e politische Demonstrationen, was immer das heißen soll. M a n k a n n nicht erwarten, daß sich der A S t A heute für den 17. J u n i begeistert, u n d i h m morgen verwehren, daß er das Gleiche für die Anerkennung der Oder/Neiße L i n i e tut." los Der Verfasser folgt hier dem Gedankengang Knokes, S. 545 ff. Dieser Gedankengang ist neuerdings aufgenommen worden v o m OVG Hamburg, w i e A n m . 98 I V . 106 Die i m M a i 1968 zu verabschiedenden sog. „Notstandsgesetze" etwa ließen noch keine akuten Einschränkungen der universitären Freiheiten befürchten. Studentenschaftlich geäußerte Ablehnung dieses Gesetzespaketes, mochte sie auch von den Organen der verfaßten Studentenschaften i n als Informations- u n d Lehrveranstaltungen bezeichneten, pseudowissenschaftlichen „teach-ins" vorbereitet u n d von einem großen T e i l der Studenten akklamiert worden sein, überschritt die rechtlichen Befugnisse des V e r bandes Studentenschaft.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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unterliegt die Studentenschaft der Aufsicht. Hochschulgesetze und Satzungen der wissenschaftlichen Hochschulen enthalten dementsprechende Regelungen und knüpfen damit an einen Rechtszustand an, der seit der Einrichtung verfaßter Studentenschaften i m Jahre 1919 kontinuierlich bestanden hat 1 0 7 . I I . Zweigleisigkeit der Studentenschaftsaufsicht
Wie bei der Aufsicht über die Fakultäten/Fachbereiche stellt sich auch bei der Studentenschaftsaufsicht die Frage, ob sie ihrem rechtlichen Charakter nach 1. staatliche Körperschaftsauf sieht, auszuüben vom zuständigen Minister oder dem Präsidenten/Rektor als Delegatar ministerialer Befugnisse oder 2. hochschulinterne Glied-Auf sieht ist, die, hochschulgesetzlich oder universitätssatzungsrechtlich angeordnet, den Rechtsgrundsätzen staatlicher Aufsicht folgt und von einem damit eigens beauftragten zentralen Universitätsorgan wahrgenommen wird. Es kommt auch ein 3. Nebeneinander beider Aufsichtsformen i n Betracht. 1. Rechtslage in Preußen von 1920 bis 1933 Die Beantwortung der Frage beginnt mit einer Schilderung des Rechtszustandes vor 1945. § 5 der Preußischen Studentenverordnung 1920 bestimmte, daß nach der ministeriellen Genehmigung ihrer Satzung die Studentenschaft a) „verfassungsmäßiges Glied der Hochschule" werde und b) „damit unter die jeweiligen Aufsichtsrechte des Staates gegenüber der Hochschule" trete. Der Wortlaut spricht dafür, daß die vom Minister ausgeübte Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule die Aufsicht über deren Studentenschaft mitumfassen sollte. Dazu waren i n der Verordnung mehrere Genehmigungsvorbehalte für das Ministerium vorgesehen. Diese klare Regelung wurde aber modifiziert durch § 14 der Verordnung. Bei Satzungsverstößen der Studentenschaft standen a) „dem Rektor" oder b) „der an der Hochschule bestehenden staatlichen Aufsichtsstelle" (also dem Kurator) ein Recht zur Beanstandung zu, gegen welche Maßnahme die Studentenschaft Einspruch zum Minister erheben io? Ausdrücklich § 60 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; § 35 HessHschG; § 16 Abs. 2 S. 1 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §76 RhPfHschG; §69 Abs. 4 Saarl. U n i G ; § 29 SHHschG; § 79 Abs. 5 Verfassung Universität Bonn; § 110 Satzung Bielefeld. Vgl. i m übrigen Bartsch, S. 168 ff.; Thieme, Hochschulrecht, S. 337. 1*
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
konnte. Scheiterte der Einspruch und beharrten die Organe der Studentenschaft gleichzeitig auf ihrer beanstandeten Entscheidung, kam ein vom Minister einzuleitendes Suspendierungsverfahren i n Gang. Die Auslegung dieser Vorschrift war i m Schrifttum umstritten. Die eine Meinung 1 0 8 sah i n § 14 lediglich eine nähere Ausgestaltung des § 5 hinsichtlich der Aufsichtsmittel, betrachtete den Minister als Herrn des Verfahrens und sah auf den Rektor lediglich Befugnisse „staatlicher" Aufsicht delegiert. Die Gegenansicht 109 behauptete, immer dann, wenn der Rektor sein Beanstandungsrecht ausübe, mache er ein hochschulinternes Aufsichtsmittel gegenüber der Studentenschaft geltend und handele nicht als Beauftragter des Ministers. Sie stützte sich dabei auf einen Erlaß des preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung vom 5. 3.1921, i n dem es heißt, „daß sich die Zuständigkeit zur Beanstandung nach den für jede Hochschule geltenden, aus ihren Statuten oder sonstigen Rechtsvorschriften sich ergebenden Verfassung u n d der aus i h r folgenden Verteilung der Befugnisse zwischen Rektor u n d der Aufsichtsstelle e r g i b t " 1 1 0 .
Kersten 111 zog daraus den richtigen Schluß, daß der Rektor danach vornehmlich i n akademischen Angelegenheiten, der Kurator i n denen der studentenschaftlichen Finanzen tätig werden sollte. Zusammenfassend ist die Rechtslage nach 1920 folgendermaßen zu beurteilen. Der Wortlaut des § 5 a. E. der Verordnung und die erheblichen Befugnisse des Ministers (Suspendierungsverfahren nach § 14 Abs. 2, 3) lassen eine Staatsaufsicht über die preußischen Studentenschaften als Teil der staatlichen Hochschulaufsicht bestehen. Daneben besteht aber i n akademischen Angelegenheiten der studentischen Selbstverwaltung ein hochschulinternes Aufsichtsrecht des Rektors, das seine Stütze findet i n § 5 der Verordnung, der die Studentenschaften zu verfassungsmäßigen Gliedern ihrer Hochschule macht, i n § 14 Abs. 1 und i n dem die Auffassung des Ministeriums wiedergebenden Erlaß vom 5. 3.1921, der auf die Universitätsstatuten verweist. Gegenüber den Studentenschaften w r urde also eine zweigleisige Aufsicht eingeführt, die, i m Gegensatz zur Fakultätsaufsicht, auch ausdrückliche Regelung durch den Verordnungsgeber erfuhr. Die Preußische Studentenschaftsverordnung 1927 sah bezüglich des Aufsichtsrechts erhebliche Änderungen vor. Die Zweigleisigkeit der Aufsicht ist nicht mehr so eindeutig sichtbar. Zunächst fiel die i n § 5 der Verordnung 1920 getroffene Bestimmung ersatzlos weg. Damit war " β Conti, S. 25. io® Kersten, S. 57. no Zentralblatt f ü r die gesamte Unterrichts Verwaltung i n Preußen 1921, S. 154, Auszug abgedruckt bei Kersten, S. 56. m Kersten, S. 56.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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zwar, wie Kersten 112 unterstreicht, endgültig geklärt, daß die Studentenschaften jedenfalls nur der jR echtsauf sieht des Staates unterliegen sollten — durch Streichung der Bezugnahme auf die (damals noch weitgehend umfassend verstandene) staatliche Universitätsaufsicht —, aber der Wegfall brachte nicht etwa eine Eingrenzung der Befugnisse des Ministers zugunsten des Rektors. Jene wurden vielmehr verstärkt durch ein endgültiges Entscheidungsrecht des Ministers gegen studentenschaftliche Einsprüche ohne die frühere Möglichkeit eines folgenden Suspendierungsverfahrens, § 11 S. 3, 4 Verordnung 1927, sowie das Recht des Ministers, zu der Ausgestaltung der Verordnung Richtlinien zu erlassen und über ihre Auslegung zu entscheiden, § 13. Nach wie vor sollten Rektor bzw. die mit der Aufsicht am Ort betraute Stelle ein Beanstandungsverfahren gegen die Studentenschaft einleiten können, freilich jetzt beschränkt auf Verstöße der Studentenschaft „gegen diese Verordnung oder die Satzung" (nicht mehr wie bisher i n § 14 Verordnung 1920 „gegen die allgemeinen oder die besonderen Satzungen"), §11 S. 1 Verordnung 1927. Das spricht dafür, daß das alte, hochschulinterne Aufsichtsrecht des Rektors erhalten bleiben sollte, so daß wohl nach wie vor von einer Zweigleisigkeit der Aufsicht über die Studentenschaften gesprochen werden kann. 2. Die Studentenschaftsaufsicht
von 1933 bis 1945
Allerdings ist die Verordnung 1927 nicht wirksam geworden 113 . Entscheidend kommt es für die Folgezeit daher auf die Regelung der Aufsicht an, die die auf Grund von § 3 des Reichsstudentenschaftsgesetzes 1933 erlassenen Verordnungen der Länder getroffen haben. Die Bestimmungen über die Aufsicht haben i n allen Verordnungen i m wesentlichen denselben Wortlaut. § 12 Abs. 2 der als Beispiel dienenden Württembergischen Studentenschaftsverordnung 1933 114 übernimmt fast wörtlich die Regelung des alten § 5 Preußische Verordnung 1920. Die Studentenschaft w i r d mit der Genehmigung der Satzung verfassungsmäßiges Glied der Hochschule und t r i t t „damit unter die Aufsichtsrechte des Staates gegenüber der Hochschule". Damit besteht eine Staatsaufsicht des Ministers über die Studentenschaft i n der alten Form— als Teil der Staatsaufsicht über die Hochschule selbst. § 13 Abs. 1 bestimmt unter der Überschrift „Aufsicht des Rektors und des Senatsdaß Rektor und Senat der Hochschule das satzungsgemäße Verhalten der Studentenschaft zu überwachen haben. Der örtliche Aufsichtsbeauftragte des Ministeriums ist verschwunden. I n Absatz 2 112
Kersten, S. 92 Anm. 372; Einzelheiten zu der Kontroverse s.u. Vgl. oben Abschnitt A I I , 2 der Arbeit u n d O V G Münster, wie Anm. 11. 114 w i e Anm. 14.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
und 3 folgen das Beanstandungsrecht von Rektor und Senat bei Verstößen der Studentenschaft gegen „die allgemeinen Gesetze, die Bestimmungen dieser Verordnung oder der Satzung" und das Einspruchsrecht des vertretungsberechtigten Organs der Studentenschaft beim Ministerium. Dazu gilt, daß nach § 12 Abs. 1 der Verordnung das Recht, die Studentenschaftssatzung zu genehmigen, jetzt dem Rektor und dem Senat zustehen 115 , so daß das neue Recht insgesamt verstärkte Aufsichtsbefugnisse der Gesamtuniversität über ihre Gliedeinheit, die Studentenschaft, mit sich bringt. Die Zweigleisigkeit ist deutlich sichtbar; die interne Universitätsaufsicht über die Studentenschaft üben die Universitätsorgane dabei nicht als Delegatare staatlicher Aufsicht aus 116 . Es muß daher auch 1933 von dem Rechtszustand ausgegangen werden, daß neben der Staatsaufsicht über die Studentenschaften, die als Teil der staatlichen Hochschulaufsicht zu begreifen war, eine abgrenzbar eigene hochschulinterne Aufsicht über das verfassungsmäßige Glied bestand. Der übergeordnete Rang des Ministers blieb dadurch gewahrt, daß er 1. jederzeit selbst gegen die Studentenschaft aufsichtlich tätig werden konnte; 2. wenn er dies zunächst nicht wollte, die wissenschaftliche Hochschule i m Wege der i h m zustehenden Universitätsaufsicht anhalten konnte, daß sie gegenüber der Studentenschaft auf sichtlich eingreifen sollte; nicht geklärt war 1933 dabei die Frage, ob dem Minister nur eine Rechts- oder auch eine Fachaufsicht über die Universitäten zustehe (die sich i n der Praxis wohl aber dadurch löste, daß von 1933 bis 1945 die Tendenz unwidersprochen auf eine staatliche Direktion i n allen Universitätsfragen zielte), so daß je nach Standpunkt der Minister entweder weitgehende Weisungsbefugnisse oder nur das Recht hatte, einem festgestellten Rechts verstoß der Universitätsorgane bei der Handhabung ihrer Studentenschaftsaufsicht seinerseits auf sichtlich entgegenzutreten; 3. über den Einspruch abschließend entschied, den die Studentenschaft gegen eine etwa getroffene Beanstandungsverfügung von Rektor oder Senat bei i h m einlegte; eine verwaltungsgerichtliche Nachprü115
Dieser 1933 erstmalig erfolgte Verzicht des Staates hatte sich 1945 erhalten. Anders heute wieder die Hochschulgesetze, vgl. unten Abschnitt C I V , 3 b und Bartsch, S. 171. ne Unter dem alten preußischen Studentenschaftsrecht w a r die Rechtslage insoweit klar, w e i l die Einrichtung des staatlichen Beauftragten (Kurators) am Ort bestand. Nach dem neuen Recht ist die Lage nicht anders geworden. Das ergibt sich auch aus der Tatsache, daß der jetzt m i t Aufsichtsbefugnissen ausgestattete Senat, der als kollegial organisiertes Selbstverwaltungsorgan strukturiert ist, nicht wie der Rektor auch Funktionen einer Staatsbehörde wahrnimmt.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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fung dieser Entscheidung war weder nach den preußischen Studentenschaftsverordnungen noch nach dem Rechtszustand von 1933 vorgesehen. 3. Die Studentenschaftsaufsicht
nach 1945
a) vor dem Inkrafttreten der Hochschulgesetze Diese Rechtslage hat i n ihren Grundsätzen das Jahr 1945 überdauert, indem entweder die aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Länderverordnungen von 1933 als Recht nicht typisch nationalsozialistischen Inhalts fortgalten 1 1 7 oder die i n ihnen enthaltenen Grundsätze i n einer A r t gewohnheitsrechtlicher Rezipierung bis zum Inkrafttreten neuer gesetzlicher Bestimmungen angewandt wurden. Solche Bestimmungen kommen bis zum Inkrafttreten der ersten Hochschulgesetze nur von hochschulischer Seite 1 1 8 . Die Regelung der Studentenschaftsaufsicht i n den neuen Hochschulsatzungen verlagert das Gewicht auf die hochschulinterne Aufsicht, da die Universitäten auf Grund ihrer Autonomie nur ihr Verhältnis, nicht das des Staates, zu den Studentenschaften regeln können. So entsteht bei manchen Beobachtern der Eindruck, die Staatsaufsicht des Ministers sei ganz von einer hochschulinternen A u f sicht der Gesamtkörperschaft Universität über ihre Teilkörperschaft Studentenschaft abgelöst worden 1 1 9 . Zur Unterstützung dieser Ansicht mag die Beobachtung beigetragen haben, daß sich die wissenschaftliche Hochschule nach 1945 stark vom Staat emanzipierte und auf ihre Eigenständigkeit berief und daß eine neuere, unsichere Rechtszustände klärende staatliche Gesetzgebung fehlte. I n Wahrheit ist aber die alte Zweigleisigkeit — jedenfalls i n der Regel — nicht aufgehoben. Entgegen den anderslautenden Ansichten ist nämlich daran festzuhalten, daß über die Studentenschaft eine staatliche Aufsicht entweder der Landesexekutive oder eines beauftragten Universitätsorgans besteht 1 2 0 . Das folgt aus der Tatsache, daß die Studentenschaft als Glied der Hochschule nicht von der über diese bestehenden Staatsaufsicht ausgeschlossen sein kann. Staatliche Studentenschafts aufsieht ist Unterfall der staatlichen Hochschulaufsicht; insoweit hat sich seit dem Jahre 1920 rechtlich nichts geändert. Dazu kommt aber neuerdings ein zweiter Gesichtspunkt, der an die vom Gesetzgeber verfügte Verleihung von Rechtsfähigkeit an die Studentenschaften anschließt. Je mehr sich diese dadurch zu einer eigenständigen, mit den Privilegien von Auto117 Bartsch, S.171; vgl. oben, Abschnitt A I V . u 8 Vgl. § 79 Abs. 5 (Aufsicht des Rektors) Verfassung Universität Bonn. Ii» Oppermann, S. 401; w o h l auch Thieme, S. 337. 120 F ü r eine ausschließlich staatliche Aufsicht über die Studentenschaften Schapals, S. 99 ff., m i t i m wesentlichen historischer Argumentation.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
nomie und eigenverantwortlicher Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaft des öffentlichen Rechts außerhalb des Verbandes der Hochschulkorporation entwickeln sollte, desto mehr würde das Bedürfnis nach einer gesonderten, von der allgemeinen Universitätsaufsicht zu trennenden staatlichen Studentenschaftsaufsicht wachsen. Daneben besteht allerdings i n den meisten Bundesländern eine hochschulinterne Aufsicht der Universität über ihre Studentenschaft 121 . Sie ist die Folge der nach 1945 kontinuierlich verlaufenden Universitätsgeschichte und, soweit i n Universitätssatzungen enthalten, rechtlich abgesichert durch die Autonomie der wissenschaftlichen Hochschule, die beim Fehlen staatsgesetzlicher Regelungen die Berechtigung enthält, Satzungsbestimmungen über die organisatorischen Zusammenschlüsse der Hochschulmitglieder und deren rechtliche Überwachung zu treffen. Als für den allgemeinen heutigen Rechtszustand repräsentatives Beispiel mag hier die Verfassung der Universität Bonn i. d. F. 1968 dienen, die i n ihrem § 79 Abs. 1 vorschreibt: „Die Gesamtheit der an der Universität i m m a t r i k u l i e r t e n Studenten bildet die Studentenschaft. Sie gibt sich eine Satzung, die der Genehmigung des Senats bedarf."
Abs. 5 dieser Vorschrift lautet: „Der Rektor hat die Aufsicht, insbesondere über Kassenführung Rechnungswesen. "
und
Unfähig, ihre Rechtsbeziehungen oder die ihrer organisatorisch selbständigen Glieder zum Staat von sich aus zu regeln, kann die Universität Bonn in dieser Satzungsvorschrift nur die Konstituierung einer internen Aufsicht über ihre Studentenschaft angeordnet haben 1 2 2 . Solange und soweit der Staat diese Aufsicht nicht durch die Anordnung einer ausschließlichen Staatsaufsicht modifiziert oder abgelöst hat, besteht sie eigenständig neben dieser. Konsequent ordnet daher § 58 Abs. 3 der vorläufigen Satzung der Universität Regensburg nach den Bestimmungen über die hochschulinterne Aufsicht des Rektors an: „Das staatliche Aufsichtsrecht w i r d hierdurch nicht b e r ü h r t 1 2 3 . " Wie der Verf. Bartsch, S. 168 ff. 122 Wenn manche Studentensatzungen sich ihrerseits der Aufsicht des Rektors unterwerfen, vgl. z. B. § 2 Abs. 2 der Satzung der Studentenschaft der Universität Köln, so bedeutet das nach den schon mehrmals erwähnten Grundsätzen wieder eine bloße Deklaration, keine Konstituierung der hochschulinternen Aufsicht, da deren Regelung der Satzungsautonomie der Hochschule vorbehalten ist. Bartsch, S. 168 ff., w ä h l t bei seiner Berufung auf § 2 Abs. 2 der Kölner Satzung daher ein unglückliches Beispiel für seine richtige These des Bestehens einer universitären Studentenschaftsaufsicht. 123 Diese Vorschrift, i n K r a f t seit dem 5. 6.1967, stößt auch deshalb auf Interesse, w e i l i n ihren Abs. 1 u n d 2, die sich m i t den Aufsichtsrechten des Rektors befassen, i n einer modernen Universitätssatzung (1967!) die Rechts-
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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b) nach d e m I n k r a f t r e t e n d e r Hochschulgesetze Diesen nach 1945 zu beobachtenden z w e i g l e i s i g e n A u f b a u der A u f s i c h t ü b e r die S t u d e n t e n s c h a f t e n h a b e n d i e n e u e n Hochschulgesetze g r u n d sätzlich ü b e r n o m m e n 1 2 4 , t e i l w e i s e aber e r h e b l i c h e n M o d i f i k a t i o n e n u n t e r w o r f e n , die z u k l ä r e n sind. A l s B e i s p i e l e f ü r eine j e w e i l s sehr entgegengesetzte P o s i t i o n , d e r e n E r ö r t e r u n g g l e i c h z e i t i g die n o c h u n g e k l ä r t e R a n g f r a g e zwischen s t a a t l i c h e r u n d u n i v e r s i t ä t s i n t e r n e r S t u dentenschaftsaufsicht k l ä r e n soll, s o l l e n h i e r die K o n z e p t i o n e n des hessischen u n d des b a d e n - w ü r t t e m b e r g i s c h e n Gesetzgebers e i n a n d e r gegenübergestellt werden. § 35 des Hessischen Hochschulgesetzes l a u t e t : „Die Studentenschaft steht unter der Rechtsaufsicht des Landes. Die Rechts aufsieht w i r d v o m Präsidenten (Rektor) als Aufsichtsbehörde und v o m Kultusminister als oberster Aufsichtsbehörde ausgeübt . . . " M i t dieser R e g e l u n g besteht i n Hessen k e i n e h o c h s c h u l i n t e r n e A u f sicht ü b e r die Studentenschaft, s o n d e r n eine r e i n staatliche, die neben der Staatsaufsicht ü b e r d i e U n i v e r s i t ä t als ganze e i n g e r i c h t e t i s t 1 2 5 » 1 2 6 . D e r P r ä s i d e n t h a n d e l t als u n t e r e A u f s i c h t s b e h ö r d e eines z w e i t e i l i g e n s t a a t s b e h ö r d l i c h e n Instanzenzuges u n d n i c h t als akademisches Selbstv e r w a l t u n g s o r g a n der H o c h s c h u l k ö r p e r s c h a f t 1 2 7 ' 1 2 8 . D i e i m V e r g l e i c h läge, j a beinahe der Wortlaut des Zustandes nach 1933 übernommen wurde. Der Rektor hat bei Gesetzesverstößen der Studentenschaft ein Beanstandungsrecht, das die studentenschaftliche Maßnahme einstweilen außer K r a f t setzt u n d ihre Ausführung einstweilen einstellt. Die Studentenschaft kann dagegen die Entscheidung des kleinen Senats (nicht mehr des Ministers) beantragen. Dann steht — das ist allerdings neu u n d nach A r t . 19 Abs. 4 GG i. V. m. § 40 ff. V w G O eine Selbstverständlichkeit — der Weg zum V e r w a l tungsgericht offen. 124 Abweichungen fanden sich i n § 35 Abs. 2 des H a m b U n i G von 1921 (abgedruckt bei Thieme, Hochschulrecht, S. 405), der eine reine Staatsaufsicht über die Studentenschaft der Hamburger Universität vorsah. Die Vorschrift stimmte m i t § 5 PreuStudVO 1920 überein und galt bis zum I n k r a f t t r e t e n des neuen Hamburger Universitätsgesetzes. *25 Vgl. Hessischer V G H , Beschluß v o m 14.1.1974, Az. : V I T G 66/73, E S V G H 24, S. 35 ff., 37/38; Staff , Anm. zum gleichlautenden §39 HessHschG 1966; Bartsch, S. 171; Oppermann, S. 401, Anm. 401, der zugeben muß, daß i n Hessen ausschließlich Staatsaufsicht (mit Delegierung an den Rektor) besteht. Das ändert aber nichts an seiner Auffassung, daß die Aufsicht über die Studentenschaften „innerakademische K o n t r o l l e der Gesamthochschulorgane über einen Teil der Hochschule sei". Richtigerweise sind i n § 10 Abs. 6 HessHschG, der die hochschulinterne Organaufsidht des Präsidenten regelt, die Organe der Studentenschaft nicht genannt. 127 E i n weiterer Hinweis zur „kuratorialen" Stellung des Hochschulpräsidenten nach den neuen Hochschulgesetzen. 128 Nach richtiger Ansicht des V G Frankfurt, Beschluß v o m 21.4.1969, A z . : I I / l — H — 40/69 ist nicht der Rektor der Universität F r a n k f u r t selbst, sondern das L a n d Hessen, vertreten durch den Rektor, i n Verwaltungs-
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
mit anderen wissenschaftlichen Hochschulen insoweit schwächere Rechtsstellung der hessischen Universitäten gegenüber ihren studentenschaftlichen Gliedern bestätigt erneut die These einer i m neueren Studentenschaftsrecht sichtbaren Desintegrationstendenz. Die gesetzliche Einführung einer rein staatlichen Studentenschaftsaufsicht, die i m übrigen den Kernbereich universitärer Selbstgesetzgebungs- und -Verwaltungsgewährleistungen (Art. 60 der hessischen Verfassung) nicht verletzen würde, da das Studentenschaftsrecht traditionell staatsgesetzlicher Prärogative unterliegt, setzt nur konsequent die Linie fort, die mit der Verleihung eigener Rechtspersönlichkeit an die Studentenschaften begann. § 60 Abs. 1 S. 1 des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes (früher § 48 Abs. 1 S. 1 und § 50 S. 1) schreibt umgekehrt vor, daß Präsident oder Rektor die Aufsicht über die Studentenschaften ausüben. Eine Auslegung der Vorschriften ergibt nicht, daß damit eine ausschließlich hochschulinterne Aufsicht eingeführt werden sollte. Denn grundsätzlich bleibt durch diese Regelung eine konkurrierend bestehende staatliche Studentenschaftsaufsicht, die Unterfall der staatlichen Hochschulaufsicht ist, unberührt. Dabei ist allerdings, anders als i n Hessen, auch die Aufsicht des Präsidenten/Rektors nicht bloß als erstinstanzliche Staatsaufsicht i m Auftrag des Ministers zu bezeichnen. Sie ist eine hochschulgesetzlich angeordnete hochschulinterne Studentenschaftsaufsicht. Diese Ansicht w i r d unterstützt durch die amtliche Begründung zum Hochschulgesetz (a. F.), deren hier einschlägiger Teil lautet: „Die Eingliederung (seil, der Studentenschaften) i n die Universität findet darin ihren Ausdruck, daß der Senat über die Genehmigung der Satzung entscheidet, und der Rektor die Rechtsauf sieht f ü h r t 1 2 9 . "
I n Baden-Württemberg ist also die Zweigleisigkeit der Studentenschaftsaufsicht verwirklicht. Die hochschulinterne Aufsicht ist dabei auf Grund der Sanktionierung durch ein staatliches Gesetz gestärkt hervorgegangen. I m praktischen Ergebnis bedeutet das, daß der Staat den Selbstverwaltungsorganen der wissenschaftlichen Hochschule die Ausübung der Aufsicht über die Studentenschaften i n eigener Verantwortung überläßt. Das bedeutet keinen Verzicht auf konkurrierende eigene Rechte, aber eine Selbstbindung der staatlichen Aufsichtsbehörde. I h r übergeordneter Rang bleibt auch dadurch gewahrt, daß sie jederzeit i m Wege der Rechtsauf sieht die wissenschaftliche Hochschule gerichtsverfahren passiv legitimiert, die Aufsichtsverfügungen gegen die Studentenschaft der Universität F r a n k f u r t zum Gegenstand haben. 129 Abgedruckt i n : „4. Landtag von Baden-Württemberg, Beilage I V Nr. 4650 S. 8005; Begründung zu den § § 4 5 - 4 8 EHschG (a. F.)." A n diesem Rechtszustand hat sich durch die Neufassung des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes nichts geändert.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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selbst anhalten kann, ein vom Ministerium als rechtswidrig angesehenes Untätigsein gegenüber der Studentenschaft aufzugeben und ihrerseits dieser gegenüber aufsichtlich tätig zu werden. Der Präsident/ Rektor handhabt die Studentenschaftsaufsicht nicht als Staatsbehörde, sondern als übergeordnetes akademisches Zentralorgan der wissenschaftlichen Hochschule; folgerichtig ist er nicht i n einen behördlichen Instanzenzug eingebunden und selbst zur Erledigung etwaiger Widersprüche gegen seine Aufsichtsmaßnahme zuständig 130 . Handhabung, Bereitstellung und Auswahl der M i t t e l der hochschulinternen folgen den Rechtsgrundsätzen der staatlichen Studentenschaftsaufsicht, so daß beide i n ihren Rechtsfolgen grundsätzlich identisch sind 1 3 1 . Die Organe der Studentenschaft stehen sich gleich, ob sie, wie i n Hessen, einer staatsaufsichtlichen oder, wie i n Baden-Württemberg, einer hochschulinternen Aufsichtsmaßnahme unterliegen. Die Rechtslage i n den übrigen Bundesländern ähnelt jeweils einer der beiden hier dargestellten Konzeptionen. Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Schleswig-Holstein kennen eine rein staatliche Studentenschaftsaufsicht, wobei einmal dem Kultusminister 1 3 2 , das andere Mal den Rektoren als Delegataren 133 die Aufsicht übertragen ist. I n Hamburg 1 3 4 , Nordrhein-Westfalen, i m Saarland 1 3 5 und i n Ländern ohne hochschulgesetzliche Regelungen herrschen zweigleisige Systeme 136 . 130 So die richtige Heidelberger Praxis, vgl. Beanstandungsverfügung des Heidelberger Rektors v o m 28.11.1969, m i t angeschlossener Rechtsmittelbelehrung. Abgedruckt i n „unispiegel aktuell" Nr. 7 v. 28. 9.1969, S. 2. 131 § 60 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG. 132 § 76 S. 1 RhPfHschG. 133 Der niedersächsische Runderlaß (vgl. Anm. 22) enthält außer staatlichen Genehmigungsvorbehalten für die studentenschaftlichen Hauptsatzungen und Finanzordnungen, §§ 1 Abs. 3, 5 Abs. 1 S. 2, keine Bestimmungen zur Aufsicht. Eine eindeutige Regelung ist jetzt f ü r die neuen Universitäten Oldenburg u n d Osnabrück getroffen worden: sie stehen unter der Aufsicht des Landes — ausgeübt w i r d diese durch den Rektor, § 16 Abs. 2 S. 1 i. V. m. § 16 Abs. 7 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück. Nach § 92 S. 3 der Universitätssatzung Göttingen übt der Rektor die Studentenschaftsaufsicht aus; aus dem Zusammenhang der Vorschrift ergibt sich, daß er dies als Delegatar des Kultusminister tut. — Wie i n Hessen ist die Regelung i n Schleswig-Holstein, §29 SHHschG. 134 i n Hamburg erfolgt die Genehmigung der Studentenschaftssatzung durch den zuständigen (staatlichen) Senator, § 59 Abs. 3 HambUniG. Außerdem hat der Universitätspräsident ein hochschulinternes Aufsichtsrecht über andere „Stellen" der Universität, § 25 Abs. 3 HambUniG, worunter w o h l auch die Studentenschaft fallen w i r d (?). (Vgl. die Klausel des „nachfolgenden Staatseingriffs" i n § 63 Abs. 3.) Die Hamburger Regelung ist ungenau und gibt zu Zweifeln Anlaß. (Sind m i t „Stellen" n u r Hochschulorgane oder auch die rechtsfähige (!) Studentenschaft oder n u r deren Organe gemeint?) 135 i n Nordrhein-Westfalen ist die Regelung der Studentenschaftsaufsicht den Universitätssatzungsgebern verblieben, so daß es beim vorhochschulgesetzlichen Zustand verbleibt. I m Saarland untersteht die Studentenschaft der Aufsicht des Universitätspräsidenten; die Satzung bedarf jedoch der
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften I I I . Träger und Adressat der Studentenschaftsaufsicht
Als Träger der Aufsicht über die Studentenschaften kommt danach i n Frage: 1. die Aufsicht w i r d als staatliche i n der Form eines Unterfalls zur Hochschulaufsicht wahrgenommen; Träger ist die Landesexekutive, vertreten durch den zuständigen Kultusminister oder — wie i n Niedersachsen — durch den Rektor kraft Delegation; 2. die staatliche Studentenschaftsaufsicht hat sich neben der staatlichen Hochschulaufsicht verselbständigt — Fall Hessen, RheinlandPfalz —; Träger ist die Landesexekutive, zuständig kann i n erster Instanz der Präsident/Rektor, i n zweiter der Minister sein; 3. eine hochschulinterne Studentenschaftsaufsicht w i r d durch Rektor und Senat ausgeübt. Adressat staatlicher sowie auch hochschulinterner Aufsichtsmaßnahmen ist die Studentenschaft, vertreten durch die Organe, die i m konkreten Fall für diese zu handeln berechtigt waren. I m Regelfall ist das die studentische Exekutive, also der AStA. Aber auch das Handeln von Studentenparlament oder Ältestenrat, deren Beschlüsse der aufsichtlichen Kontrolle unterliegen, kann durch Aufsichtsmaßnahmen betroffen werden. Empfänger der Aufsichtsverfügung sind dann Parlamentspräsident bzw. der Vorsitzende des Ältestenrats. I V . Umfang der Studentenschaftsaufsicht
1. Studentenschaftsauf sieht als Rechtsaufsicht Wie die Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen sind sowohl die staatliche als auch die hochschulinterne Aufsicht über die Studentenschaften ausschließlich Rechtsaufsicht. Das ist heute unbestritten 1 3 7 . Beim Regelfall der staatlichen Studentenschaftsaufsicht ergibt sich das aus ihrer Natur als Körperschaftsaufsicht; die hochschulinterne Studentenschaftsaufsicht folgt denselben Regeln, soweit sie über rechtsfähige Studentenschaften ausgeübt wird. Sind die zu beaufsichtigenden Studentenschaften nicht rechtsfähig, handelt es sich um Genehmigung des Ministers f ü r Kultus, Unterricht und Volksbildung, §§ 69 Abs. 4, 70 Abs. 1 SaarlUniG. 136 I n Bremen üben Rektor und Konvent die Studentenschaftsaufsicht aus, vgl. §§ 6 Abs. 6, 10 Vorläufige Universitätssatzung. Die staatliche Aufsicht ist nicht geregelt. 137 Ausdrücklich bestimmt i n § 60 Abs. 1 S. 1 BaWüHschG; § 35 HessHschG; §16 Abs. 2 S. 1 NSOrgG Oldenburg und Osnabrück; §76 S. 1 RhPfHschG; §69 Abs. 4 S. 1 SaarlUniG; i n §29 SHHschG w i r d auf §50 des SchleswigHolsteinschen Landesverwaltungsgesetzes verwiesen, s. auch Bartsch, S. 169 f. ; Oppermann, S. 401 ; Thieme, Hochschulrecht, S. 337.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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hochschulinterne Organaufsicht wie über die Fakultäten/Fachbereiche: Unterschiede ergeben sich nicht, da es sich auch hierbei um Rechtsaufsicht handelt. 2. Zwecke der Studentenschaftsaufsicht Erster Zweck der studentenschaftlichen Rechtsauf sieht ist die Gesetzmäßigkeitskontrolle der Satzungsgebung und des Selbstverwaltungshandelns der studentenschaftlichen Organe. A n dem Selbstverwaltungsrecht der Studentenschaft findet sie denn auch naturgemäß ihre inhaltliche Bestimmung und Begrenzung. Damit folgt die gesamte Studentenschaftsaufsicht den Regeln, die für die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule selbst auch gelten. Von diesem Grundsatz ausgehend können die i m ersten Teil der Arbeit entwickelten Grundlagen entsprechend für die Studentenschaftsaufsicht übernommen werden. Auch der noch zur Weimarer Zeit bestehende Streit 1 3 8 , ob dem Staat bzw. der wissenschaftlichen Hochschule neben der Rechtskontrolle von Satzungs- und Selbstverwaltungsangelegenheiten der Studentenschaften auch eine Einzelweisungen ermöglichende Fachaufsicht zustehe, ist damit heute obsolet geworden. I n einem Zeitpunkt, wo es über die wissenschaftlichen Hochschulen ausschließlich eine staatliche Rechtsaufsicht gab, konnte die Aufsicht über die Studentenschaft nur den gleichen Grundsätzen folgen 1 3 9 . Auf einen bedeutsamen Unterschied der Studentenschaftsaufsicht von der Aufsicht über die Hochschule ist noch hinzuweisen. Er hat seinen Grund i n der Gliedeigenschaft der Studentenschaften und ist nach Auffassung des Verfassers seit der Zeit der Unruhen an den deutschen Universitäten klarer hervorgetreten. Die Aufsicht über die Gliedkörperschaften der Hochschule, vor allem über die Studentenschaft, hat neben der Gesetzmäßigkeitskontrolle ihres Selbstverwaltungshandelns noch einen weiteren Zweck. Er kann die „Befriedungsfunktion" der Studentenschaftsaufsicht geConti, S. 24 ff. ; Kersten, S. 56 f., die sich für eine reine Rechtsaufsicht über die Studentenschaften schon damals aussprachen, gegen Wende, S. 182, der auch eine Fachaufsicht über die Studentenschaften forderte. Z u m Ganzen Bartsch, S. 170. 139 Z u r Weimarer Zeit stand noch nicht unbestritten fest, ob es über die wissenschaftliche Hochschule selbst n u r eine staatliche Rechtsaufsicht i n akademischen Angelegenheiten gebe, oder ob dort auch eine Fachaufsicht zugelassen sei. Diese Kontroverse ergab sich aus der Tatsache, daß das kodifizierte Hochschulrecht i n Preußen (PreuALR von 1794) den Zeitanforderungen nicht mehr entsprach. Diesen Zustand zu ändern, w a r eines der Anliegen der von C. H. Becker beabsichtigten preußischen Universitätsreform, die i h m lediglich auf dem Gebiet des Studentenschaftsrechts gelang. Der preußische Verordnungsgeber konnte dabei von den inzwischen entwickelten neuen Vorstellungen i m Gemeinde- u n d Korporationsrecht ausgehen, so daß vieles dafür spricht, daß er für die Studentenschaftsaufsicht bereits 1920 die veralteten Grundsätze des Hochschulrechts verlassen sehen wollte.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
nannt werden. Diese Funktion kommt vor allem einer hochschulinternen Aufsicht zu und meint das Hecht der Gesamtkörperschaft, i m Konfliktsfall durch rechtsaufsichtliche Maßnahmen das gedeihliche Zusammenwirken des Glieds „verfaßte Studentenschaft" mit anderen Organen und Gliedern der Gesamtuniversität wiederherzustellen, um diese arbeitsfähig zu erhalten. Die „linke" studentische Propaganda spricht hier von „Disziplinierung der Studentenschaften", übersieht aber dabei eine natürlich gegebene Überordnung der Gesamtkörperschaft über ihre Teile sowie ihre Angewiesenheit auf eine Zusammenarbeit der Teile. 3. Mittel der Studentenschaftsaufsicht a) Grundlagen Bei der Frage, welche und i n welchem Umfang Aufsichtsmittel zur Handhabung sowohl der staatlichen als auch der hochschulinternen Studentenschaftsaufsicht verfügbar sind, folgt das Studentenschaftsrecht dem Recht der Aufsicht über die wissenschaftliche Hochschule als ganzer 140 . Wiederum hat das seinen Grund i n der Gliedeigenschaft der verfaßten Studentenschaft; dabei kann es auch für die Handhabung der Studentenschaftsaufsicht nicht ohne Einfluß sein, daß studentenschaftliche Autonomie und Selbstverwaltung grundsätzlich an der Autonomie und Selbstverwaltung der Gesamtuniversität mit ihren abgestuften Privilegierungen teilhaben. Diese Aussage ist i n einem wichtigen Punkte zu ergänzen. I n einer bestimmten Fallkonstellation kann auf das Handeln der Studentenschaft m i t dem Einsatz eingriffsintensiver verrichtender, i n Extremfällen unter Umständen sogar beseitigender Aufsichtsmittel reagiert werden, ohne daß es eines Nachweises der strengen rechtlichen A n forderungen bedarf, die an einen solchen Einsatz gegenüber der Universität als ganzer zu stellen wären. Nicht eine „notstandsähnliche" Handlungsunfähigkeit der Organe der Studentenschaft selbst, die unter der Zuhilfenahme schwerer Aufsichtsmittel wiederherzustellen wäre, sondern umgekehrt die Fälle der Bedrohung der Handlungsfähigkeit der Gesamthochschule durch zielgerichtetes rechtswidriges Handeln eines ihrer Glieder lassen es gerechtfertigt erscheinen, mit Hilfe einer eingriffsintensiven Aufsicht gegenüber diesem Glied die Abwehr einer solchen, notstandsähnliche Folgen auslösenden Bedrohung der Mutterkörperschaft zu versuchen. Die bereits genannte Funktion der Studenten schaf tsauf sieht zur (Wieder)-Herstellung des inneren Universitätsfriedens, der angesichts der arteigenen, von ihrer freiheitlichen Ver140 § 60 Abs. 2 BaWüHschG u n d § 35 S. 2 HessHschG verweisen ausdrücklich auf die Aufsichtsmittel der Hochschulaufsicht.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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fassung herrührenden Verletzlichkeit der wissenschaftlichen Hochschule Bestandsvoraussetzung ihrer Arbeit ist, bietet den rechtlichen A n knüpfungspunkt zu dieser staatsaufsichtsrechtlichen „Schlecht er S t e l lung" der Studentenschaft 141 . Das grundsätzliche Bedürfnis nach rechtlicher Gleichstellung von Mutter- und Gliedkörperschaft muß dann zurücktreten, wenn es u m die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit nur der Mutterkörperschaft geht, die sich ihrerseits, anders als das Glied, nicht rechtswidrig gegen die Gesetze universitären Zusammenlebens aufgelehnt hat. Seit dem Jahre 1967, dem Zeitpunkt des Entstehens von Unruhen an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen, ist von der Aufsicht über die Studentenschaften verstärkt Gebrauch gemacht worden. Es liegen Beispielsfälle vor, die zeigen, daß die Träger der Studentenschaftsaufsicht mit Billigung der mehrmals darob angegangenen Verwaltungsgerichte die ganze Skala der von der Verwaltungsrechtslehre entwickelten Aufsichtsmittel eingesetzt haben. Daneben wurden spezifisch hochschulbezogene M i t t e l entwickelt und angewendet. Vor der Erörterung dieser Aufsichtsmittel i m einzelnen ist die Tatsache festzuhalten, daß es wenige, immer wiederkehrende Fallgruppen studentenschaftiichen Fehlverhaltens waren, die staatliches oder hochschulinternes Aufsichtshandeln hervorgerufen haben. Die Darstellung der Aktionen der Studentenschaft i n einem zusammenhängenden Überblick ist daher Voraussetzung für eine angemessene rechtliche Bewertung der auf jene Aktionen hin ergangenen Aufsichtsmaßnahmen. I m wesentlichen sind zwei Fallgruppen zu beobachten. Einmal ist es die Berufung auf das sogenannte „allgemeinpolitische Mandat", die, wenn sie mit Aktionen verbunden ist, Aufsichtsmaßnahmen gegenüber den Organen der Studentenschaft hervorruft. Bereits oben wurde (jedenfalls für die ganz überwiegende Regel) kein Rechtssatz des Hochschulrechts gefunden, der eine Wahrnehmung eines „allgemeinpolitischen Mandats" von Organen der wissenschaftlichen Hochschule oder ihrer Gliedkörperschaften erlaubt 1 4 2 . I n der anderen Fallgruppe versuchen die Organe der Studentenschaften, gestützt auf ihre Befugnis 1 4 3 zur Wahrnehmung der hochschulpolitischen Belange ihrer studentischen Mitglieder, ihre eigenen 141 Daß die Studentenschaftsaufsicht oft das einzige M i t t e l zur Wiederherstellung des Universitätsfriedens sein w i r d , erhellt auch aus der Tatsache, daß Maßnahmen des Haus- und/oder Ordnungsrechts gegenüber einzelnen studentischen Störern an der fehlenden A u f k l ä r b a r k e i t der Person des konkreten Störers, an der Länge des Ordnungsverfahrens oder an der Wirkungslosigkeit der zuletzt ausgesprochenen Ordnungsmaßnahme zu scheitern pflegen. ι 4 2 Vgl. § 6 Abschnitt Β I V , 3 d) der Arbeit. 143 Vgl. z.B. §60 Abs. 2 S. 1 BaWüHschG; §27 Abs. 2 Nr. 2 HessHschG.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Vorstellungen einer gesamten Hochschulreform durchzusetzen. Dagegen ist solange nichts einzuwenden, als der Rahmen, den die Rechtsordnung zur Verfügung stellt, eingehalten wird. Als legale Wege zur Durchsetzung solcher Reformbemühungen stehen den Organen der Studentenschaften, die die Studenten als die Hauptleidtragenden der Unzulänglichkeiten an der deutschen wissenschaftlichen Hochschule sehen, i m wesentlichen folgende rechtliche Möglichkeiten offen 1 4 4 : 1. Die Organe der Studentenschaft haben einmal das Recht, ihre M i t glieder i n dauernden Aufklärungsaktionen auf Mißstände hinzuweisen, die eigenen Vorstellungen zu entwickeln und die gelungenen und mißlungenen Bemühungen aufzuzeigen, die zur Erreichung des Reformzieles unternommen wurden; 2. soweit es ihnen gesetzlich oder satzungsmäßig eingeräumt ist, haben sie weiterhin das Recht, i n den gesamtuniversitären Organen und Gremien mitzuarbeiten, wo sie versuchen können, ihre Vorstellungen auf demokratischem Wege durchzusetzen; 3. öffentliche Demonstrationen, von den Studentenschaften i m Rahmen der Gesetze organisiert, können eine weitere Öffentlichkeit mit den hochschulpolitischen Problemen der Studenten bekannt machen; mit diesem M i t t e l kann legitim Einfluß auf die Willensbildung staatlicher und politischer Institutionen genommen werden; 4. zuletzt muß es den Studentenschaften auch gestattet sein, neben den Reformbestrebungen des Staates und der Hochschule eigene Reformmodelle zu verwirklichen. Z u denken ist hier vor allem an eine Einrichtung, zu deren Kennzeichnung häufig der Begriff „Kritische Universität" benutzt w i r d ; es geht u m die Installierung von wissenschaftlichen Arbeitsvorhaben, die, von studentenschaftlicher Initiative getragen, neben den Vorlesungsbetrieb der Hochschule treten. Die Organe der Studentenschaft hielten sich bei den hochschulpolitischen Auseinandersetzungen m i t der Universität jedoch nicht an diese von Gesetz und Recht vorgegebenen Grenzen. Die politischen Überzeugungen der meinungsbildenden Mitglieder von Studentenschaftsvertretungen brachte es an einigen deutschen wissenschaftlichen Hochschulen mit sich, daß zwischen akademischen Organen und Studentenschaften keinerlei Übereinstimmung mehr bestand über die Ziele und Methoden einer Hochschulreform. Auf Einzelheiten braucht hier nicht eingegangen zu werden. Die Folge war jedenfalls, daß sich die Organe dieser Studentenschaften M i t t e l zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen 144
S. 18.
Z u m ganzen V G Frankfurt, Beschluß v o m 27.1.1969, Az.: II/l-G-3/69,
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bedienten, die rechtswidrig sind und keine Stütze i n ihrem Selbstverwaltungsrecht zur Wahrnehmung der hochschulpolitischen Belange der Studenten finden. I m Rahmen einer Untersuchung über die Staatsaufsicht interessiert der Weg und die Mittel, mit denen die Studentenschaften ihre hochschulpolitischen Ziele durchzusetzen versuchten. Drei Arten des Vorgehens von studentenschaftlichen Organen konnten immer wieder beobachtet werden: 1. Flugblatt- oder Plakatkampagnen gegen einzelne oder Gruppen von Angehörigen der Universität, die entgegengesetzter Meinung sind oder wegen ihrer amtlichen Tätigkeit Mißfallen erregt haben. Die Verantwortlichen für den Inhalt solcher Blätter schrecken dabei vor solchen ehrenrührigen Diffamierungen nicht zurück, die Tatbestände der §§185 ff. des Strafgesetzbuches verwirklichen. Die Vertreter der Studentenschaft können sich dabei nicht auf das Recht der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Denn unabhängig von der Streitfrage, ob sich die Studentenschaft als Gliedkörperschaft überhaupt auf ihr zustehende Grundrechte in der Auseinandersetzung mit anderen Einrichtungen und Angehörigen der Universität berufen kann 1 4 5 , gehen hier jedenfalls, wie die Gerichte richtig festgestellt haben, „die Gesichtspunkte des Ehrenschutzes den Grundrechten des Art. 5 Abs. 1 GG v o r " 1 4 6 . 2. „Störungen" des Vorlesungs- und Institutsbetriebes, die einzelne Dozenten dazu veranlassen sollen, ihre Lehrveranstaltungen abzubrechen oder sich die Verfügung über und die Verantwortung für den Lehrstoff und die Institutsarbeit aus der Hand nehmen zu lassen. Solche Aktionen einer öffentlichrechtlichen Gliedkörperschaft verstoßen rechtswidrig gegen die i n Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewährleistete persönliche Forschungs- und Lehrfreiheit, brechen den universitätsinternen Hausfrieden und verwirklichen dazu häufig die Straftatbestände der Nötigung und der Sachbeschädigung 1 4 7 . 3. A k t i v e „Boykott-", „Streik-" und Besetzungsmaßnahmen als schärfste Form der Auseinandersetzung. Ziel ist die Lahmlegung des wissenschaftlichen Betriebes in einem Teilbereich oder in der ganzen betroffenen Hochschule. Vorzufinden sind zwei Varianten ΐ4δ Für die Grundrechtsfähigkeit der Studentenschaften U. K. Preuss, Pol. Mandat, S. 54 ff. 14 6 Vgl. A r t . 5 Abs. 2 GG. Wie der Verfasser V G Frankfurt, Beschluß vom 20.1.1969, Az.: II/l-G-2/69, N J W 1969, S. 630. Vgl. auch Maunz/Dürig/Herzog, zu A r t . 5 Rdnr. 260. 147 Einzelheiten zur Problematik der Vorlesungsstörungen s. u. Abschnitt C I V , 3 b. 14 Gallas
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
des Streiks, für die sich, ohne die Sachverhalte des Arbeitsrechts zu treffen (Hochschulreform ist kein Aushandeln besserer Arbeitsbedingungen), die Bezeichnungen „legal" und „illegal" eingebürgert haben. Legal soll die Durchführung eines „Streiks" der Studenten sein, wenn die studentenschaftlichen Vertreter zur Beschlußfassung über die Durchführung eine Urabstimmung aller betroffenen studentischen Fachschafts- bzw. Universitätsmitglieder herbeigeführt haben, sich die Studenten dann i n einem demokratischen Grundsätzen verpflichteten Verfahren i n ihrer Mehrheit zum Streiken entschlossen haben und zuletzt von den Vertretern der Studentenschaft versichert wird, man werde die Einhaltung des Streikbeschlusses gegenüber lehrwilligen Dozenten und studierwilligen Studenten nicht mit Gewalt herbeiführen. Jedenfalls „illegal" w i r d die Durchführung eines solchen „Streiks" dagegen, wenn für sie, gedeckt von den Beschlüssen einer Minderheit oder manipulierten Mehrheit, Nötigungsmittel eingesetzt werden, die Lehrende und Studierende zu einem ungewollten Lehr- und Studienverzicht zwingen sollen 1 4 8 . A u f solches rechtswidriges Verhalten der Studentenschaft, die sich das Handeln ihrer Organe zurechnen lassen muß, antworteten die Träger der Studentenschaftsaufsicht mit dem Einsatz aller ihnen zur Verfügung stehenden Aufsichtsmittel. A u f diese soll i m folgenden i m einzelnen eingegangen werden. b) Einzelne M i t t e l aa) Nichteingreif ende Aufsichtsmittel A m Anfang stehen die nicht eingreifenden Aufsichtsmittel beratenden und hinweisenden Charakters, deren Anwendung gegenüber den Studentenschaften ebensowenig rechtlichen Bedenken unterliegt, wie gegenüber den wissenschaftlichen Hochschulen selbst 149 . Einige Beispiele mögen die Praxis der aufsichtführenden Stellen erleuchten. A n der Universität Bonn kommt es i m Verlauf des Sommersemesters 1969 zu Auseinandersetzungen u m den damals von der Landesregierung vorgelegten ersten Entwurf eines nordrhein-westfälischen Hochschulgesetzes. Eine von A S t A und Studentenparlament initiierte, auf ihren hochschulpolitischen Reformauftrag gestützte Urabstimmung unter allen Studenten soll einen gewaltlosen Vorlesungsboykott er148 Z u r Illegalität des „Studentenstreiks" vgl. O V G Lüneburg, Beschluß v o m 29.10.1973, Az.: I I O V G Β 107/73, N J W 1974, S. 820. ι 4 9 Das V G Frankfurt, U r t e i l v o m 25.3.1969, Az.: II/l-G-3/69, S. 13, hält diese Aufsichtsmittel ausdrücklich f ü r zulässig gegenüber den Studentenschaften.
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möglichen, u m Landtag und Öffentlichkeit auf die nach studentenschaftlicher Ansicht vorliegenden Mängel des Entwurfs hinzuweisen. Das Verfahren stößt auf den Widerstand der politisch anders zusammengesetzten Fachschaften, die schärfere, gewaltsames Handeln nicht ausschließende „Streik"bedingungen durchsetzen wollen. I n einem Hinweis vom 9. 6.1969 an die Mitglieder der Universität, i n erster Linie ersichtlich die betroffene Studentenschaft, warnt der Rektor vor einem Übergang vom legal zustandegekommenen zum gewaltsamen illegalen Streik 1 5 0 . A n der Universität Frankfurt kommt es während des ganzen Wintersemesters 1968/69 zu Unruhen, die mehrmals das Verwaltungsgericht Frankfurt beschäftigen. Unterstützt von politischen Studentengruppierungen ruft der A S t A i n Plakaten, Zeitschriften und Flugblättern zu Vorlesungsstörungen, Streikaktionen und Hörsaalbesetzungen auf, um seine Hochschulreformmodelle durchzusetzen 151 . Später w i r d auch eine „Streikzentrale" eingerichtet, für die der A S t A Räume, Geld, Material und Personal zur Verfügung stellt. Es liegen die oben ausführlich geschilderten typischen Verhaltensweisen rechtswidrigen Selbstverwaltungshandelns der Organe der Studentenschaft vor. Einzelheiten sind aus den Tatbeständen der verwaltungsgerichtlichen Urteile und Beschlüsse ersichtlich 152 . Der Rektor als untere staatliche Aufsichtsbehörde geht dagegen m i t den verschiedensten Aufsichtsmitteln vor, von denen hier der zunächst i n Plakaten „an die Studenten der Universität Frankfurt" am 6.1.1969 veröffentlichte Hinweis interessiert, i n dem darauf aufmerksam gemacht wird, daß „bei Fortdauer der Sabotierung des Studierbetriebes 1. die Nichtanrechnung von Vorlesungen und Übungen i n den betroffenen Fächern, 2. die Schließung von Fakultäten 3. oder auch der ganzen Universität die unausweichliche Folge s e i " 1 5 3 .
Es handelt sich hier u m eine i n dieser Form auch an anderen Universitäten immer wieder vorkommende Ankündigung künftigen Verhaltens der Universitätsbehörden gegenüber der (meist rechtsfähigen) 150 Die Warnung ist enthalten i n einem v o m amtierenden Rektor Partsch herausgegebenen Flugblatt, das am 9. 6.1969 i n den Räumen der Universität Bonn öffentlich angeschlagen w i r d . 151 Unter Berufung auf die angebliche Befugnis nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 HessHschG 1966, die hochschulpolitischen Belange der Studenten wahrzunehmen. 152 V G F r a n k f u r t , Beschlüsse v o m 20.1.1969, w i e A n m . 146, v o m 27.1.1969, wie A n m . 144, u n d das i n letzterem Verfahren ergangene U r t e i l v o m 25. 3. 1969, w i e A n m . 149. 153 V G Frankfurt, Beschluß v o m 20.1.1969, w i e A n m . 146, S. 631.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Studentenschaft. Diese w i r d als solche z u m A d r e s s a t e n dieser H i n w e i s e u n d d a m i t z u m V e r a n t w o r t l i c h e n f ü r das V e r h a l t e n i h r e r Organe gemacht. D a z u k o m m e n w a r n e n d e Schreiben a n d e n A S t A selbst. So v e r f ü g t der F r a n k f u r t e r R e k t o r als Rechtsaufsichtsbehörde i n e i n e m Schreiben a n d e n A S t A v o m 9.1. 1969 u. a.: „ A l s Rechtsaufsichtsbehörde weise ich Sie darauf hin, daß selbstverständlich alle Beschlüsse der Organe der Studentenschaft, die der Unterstützung oder Vorbereitung von sog. ,Streiks' und von Störungen des Universitätsbetriebes dienen, rechtswidrig u n d deshalb u n w i r k s a m s i n d 1 5 4 . " Ä h n l i c h e M a ß n a h m e n w e r d e n b e i v e r g l e i c h b a r e r L a g e auch an a n d e r e n wissenschaftlichen Hochschulen e r g r i f f e n , ζ. B . an der F r e i e n Universität Berlin 155. V e r g l e i c h b a r e aufsichtliche R e a k t i o n e n l i e g e n auf eine I n a n s p r u c h n a h m e des a l l g e m e i n p o l i t i s c h e n M a n d a t s d u r c h die Studentenschaft v o r . N a c h d e m die V e r w a l t u n g s g e r i c h t e ü b e r e i n s t i m m e n d e i n sog. „ a l l gemeinpolitisches M a n d a t " der S t u d e n t e n s c h a f t e n v e r n e i n t haben, gehen d i e A u f s i c h t s b e h ö r d e n d a v o n aus, daß d i e I n a n s p r u c h n a h m e dieser „ B e f u g n i s " d u r c h O r g a n e der Studentenschaft r e c h t s w i d r i g ist. So h a t t e n i m F e b r u a r 1969 A S t A u n d K o n v e n t der Studentenschaft der F r e i e n U n i v e r s i t ä t B e r l i n Beschlüsse geiaßt, die zu S t ö r a k t i o n e n a n l ä ß l i c h der i m gleichen Z e i t r a u m i n B e r l i n s t a t t f i n d e n d e n W a h l des B u n d e s p r ä s i d e n t e n u n d eines Besuchs des P r ä s i d e n t e n der V e r e i n i g t e n 154 Schreiben des Rektors der Universität F r a n k f u r t an den A S t A vom 9. 1. 1969, abgedruckt i n „Pressemitteilung der Presse- und Informationsstelle, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, F r a n k f u r t / M . " v. 9.1.1969, 1/69. 155 Erklärung des Senators für Wissenschaft und Kunst v o m 10.1.1969 zum „ S t r e i k " - A u f r u f an der Freien Universität, abgedruckt i n „ F U Information", Jahrgang 5 Nr. 2 v o m 13.1.1969, S. 3: „Bestimmte Gruppen u n d Studentenvertreter haben dazu aufgerufen, Lehrveranstaltungen an der Freien Universität zu bestreiken'. Dazu erklärt der Senator für Wissenschaft und Kunst folgendes: 1. Ob Studenten ihre Lehrveranstaltungen besuchen oder nicht, entscheiden sie i m Rahmen ihrer Lernfreiheit selbst. Jeder muß selber wissen, ob er es für nützlich hält, Vorlesungen und Übungen zu versäumen. 2. Die Lernfreiheit gibt zwar das Recht, Lehrveranstaltungen nicht zu besuchen, sie verbietet aber auch, diejenigen zu behindern, die weiterhin ordnungsgemäß studieren wollen. 3. Der Senator für Wissenschaft und Kunst ist davon überzeugt, daß alle an der Freien Universität tätigen Lehrkräfte nach wie vor ihre Lehrveranstaltungen durchführen v/ollen. Die Freie Universität B e r l i n w i r d i h r Lehrangebot so vollständig wie möglich aufrechterhalten. 4. Eine unzumutbare Behinderung des Dozenten gibt i h m das Recht, die Lehrveranstaltungen abzubrechen. Weder er, noch die Fakultät, tragen in diesem Fall für die Folgen, bis h i n zur Nichtanerkennung des Semesters, die Verantwortung. 5. Wer glaubt, durch die vorsätzliche Behinderung von Lehrveranstaltungen die Rechte anderer verletzen zu können, muß damit rechnen, daß die Universität sich m i t Hilfe von Ordnungsverfahren dagegen wehrt."
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Staaten von Amerika aufriefen. Der Senator für Wissenschaft und Kunst hob als Aufsichtsbehörde in einem Schreiben an A S t A und Konvent diese Beschlüsse auf (dazu s. u.), weil „diese Gremien k e i n Recht haben, derartige allgemein-politische Erklärungen abzugeben, und ein solches allgemein-politisches Mandat für sich i n Anspruch zu nehmen".
Gleichzeitig warnte der Senator davor, die angekündigten Störaktionen vorzunehmen 1 5 6 . Eine andere beispielhafte Fallgruppe betrifft Warnungen der Aufsichtsbehörde an die Studentenschaftsvertretungen, in denen — i n Verbindung mit Aktionen auf Grund des „allgemeinpolitischen Mandats" — vor Aufrufen zu strafbarem Tun durch die Vertreter gewarnt wird. So stellte der Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst am 18. 4. 1968 den seiner Rechtsauf sieht unterstehenden Studentenvertretungen der Freien und Technischen Universität Berlin staatsaufsichtliches Eingreifen in Aussicht, wenn die einzelnen Vertreter es nicht unterließen, i m Zusammenhang mit den i m Frühjahr 1968 stattgefundenen Demonstrationen gegen den Zeitungsverleger Springer zu strafbaren Körperverletzungen und Sachbeschädigungen aufzurufen 1 5 7 . A n der Universität Heidelberg, wo gegen fünf Studenten, unter ihnen den AStAVorsitzenden, ein Strafverfahren wegen einer ungenehmigten, gewaltsamen politischen Demonstration anhängig gemacht worden war, warnte der Rektor rechtsauf sichtlich mit Schreiben vom 9. 1. 1969 an den AStA davor, Sympathisanten i n Räumlichkeiten des AStA zu sammeln, um eine Vollziehung des gegen die fünf obengenannten Studenten ausgesprochenen Haftbefehls zu verhindern und sich so einer strafbaren Begünstigung schuldig zu machen 158 . 156 Schreiben des Senators für Wissenschaft u n d Kunst an den A S t A und den Konvent der Studentenschaft der F U B e r l i n v o m 12. 2. 1969, auszugsweise abgedruckt i n Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 37 v o m 13. 2. 1969, S. 3. 157 Der Hinweis, abgedruckt i n „Landespressedienst Berlin", Nr. 99, vom 21.5.1968, S. 2, ist Teil der Senatsantwort auf die kleine Anfrage des Abgeordneten Bruno Böttcher zu den Aufrufen der genannten Studentenvertretungen, i n denen sich diese für die Anwendung von Gewalt gegen Sachen aussprachen. 158 Brief des Rektors Baldinger an den A S t A der Studentenschaft der Universität Heidelberg v o m 9.1.1969, abgedruckt i n Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 7, v o m 10. 1. 1969, S. 3: „ . . . I n Erfüllung meiner allgemeinen Fürsorgepflicht und i n Wahrnehmung der m i r obliegenden Rechtsaufsicht über die Studentenschaft mache ich auf folgendes aufmerksam: 1. Den Angeklagten steht es frei, durch ihren Verteidiger oder selbst, beim Gericht zu beantragen, daß die Haftbefehle außer Vollzug gesetzt werden. Die Voraussetzungen dafür sind i n § 116 der Strafprozeßordnung geregelt. Die Aussetzung des Vollzugs k a n n danach v o m Gericht angeordnet w e r den, wenn die E r w a r t u n g hinreichend begründet ist, daß der Zweck des
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Es w i r d deutlich, daß aufsichtliche Hinweise, Stellungnahmen und Warnungen häufig von den Aufsichtsbehörden eingesetzte M i t t e l der studentenschaftlichen Aufsichtführung sind 1 6 9 . Ihre Beliebtheit bei der Aufsichtsbehörde mag Folge der Tatsache sein, daß die Begründung eines bindenden Hechtsverhältnisses zwischen den Beteiligten, i n dem alle tatsächlichen und rechtlichen Auswirkungen dargestellt sind, zusammenwirkt m i t dem Vorteil, i. S. des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein mildes und damit „gerichtsfestes" M i t t e l angewandt zu haben. Eine Steigerung i n der Wahl der Aufsichtsmittel folgt daher i n der Mehrzahl der beobachteten Fälle nur dann, wenn die Hinweise und Warnungen keinen Erfolg bewirkt haben. A u f der anderen Seite verliert das diese M i t t e l ergänzende Aufsichtsmittel der Beratung der Studentenschaft durch die sachverständigen Angehörigen des Rektorats zunehmend an Bedeutung, da an vielen wissenschaftlichen Hochschulen das Vertrauensverhältnis zwischen Aufsichtsinstanz und Aufsichtsunterworfenem verloren gegangen ist. Die weiteren nicht eingreifenden Aufsichtsmittel vorbereitender A r t , wie die Maßnahmen der Unterrichtung, des Verlangens nach genauen Auskünften und der förmlichen Untersuchung, sind, i n demselben Umfang wie gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule selbst, auch gegenüber deren Studentenschaften anwendbar. § 60 Abs. 1 S. 2 i n Verbindung mit § 87 Abs. 1 des Baden-Württembergischen Hochschulgesetzes benennt das Hecht des Rektors/Universitätspräsidenten, sich über einzelne Angelegenheiten der Studentenschaft zu informieren, ausdrücklich als zulässiges Aufsichtsmittel. Einzelheiten zu diesem Informationsrecht finden sich ζ. B. i n § 2 Abs. 2 der Kölner Studentenschaftssatzung, der dem Rektor den Z u t r i t t zu allen Sitzungen der Studentenschaftsorgane eröffnet und i h m das Recht einräumt, auf Verlangen angehört zu werden 1 6 0 . Als Beispiel aus der Praxis der Universitäten mag zur Gruppe „Unterrichtung von Vorgängen" ein Fall aus Frankfurt dienen. Es handelt sich u m die einleitende Maßnahme des aufsichtführenden Rektors gegenüber den gewählten Fachschaftsvertretern i n der FrankHaftbefehls auch durch weniger einschneidende Maßnahmen erreicht werden kann. 2. Die Begünstigung der Angeklagten ist strafbar. Wer dem Täter oder Teilnehmer eines Vergehens wissentlich Beistand leistet, u m i h n der Bestrafung zu entziehen, setzt sich nach § 257 des Strafgesetzbuches einer Geldstrafe oder gar Gefängnisstrafe aus. Ich b i n verpflichtet, Sie vor einer solchen strafbaren Handlung zu warnen." 159 So jedenfalls der Eindruck des Verfassers nach der Z a h l der i h m bekannt gewordenen Beispielsfälle. 160 Bartsch, S. 171, meint, diese Vorschrift könne inhaltlich als ungeschriebener Rechtssatz entsprechend f ü r alle anderen Studentenschaften Geltung beanspruchen.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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furter Studentenschaft. Diese hatte es hier nach Auffassung des Rektors an ausreichender Unterrichtung über die Fachschaftsarbeit sowie an der Übersendung notwendiger Unterlagen fehlen lassen. I m Schreiben des Rektors vom 2.1.1969 heißt es unter anderem: „Insbesondere b i n ich auch verpflichtet (erg. als Rechtsaufsichtsbehörde. Der Verf.) nachzuprüfen, ob die Fachschaften als Glieder der Studentenschaft die i h r nach §34 Abs. 3 HessHschG (1966. Der Verf.) obliegenden Aufgaben rechtmäßig erfüllen. Eine solche Nachprüfung ist m i r n u r möglich, w e n n ich hinreichend von den Fachschaften informiert werde. Ich weise Sie deshalb als Rechtsaufsichtsbehörde an, m i r unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Verzögern) folgendes mitzuteilen: 1. Besteht eine Fachschaftsordnung u n d w a n n wurde sie v o m Studentenparlament genehmigt? (Beweisende Unterlagen beifügen . . . ) 2. Wer sind die gemeldeten Vertreter der Fachschaften? . . . Außerdem fordere ich Sie auf, i n Z u k u n f t folgende Pflichten zu erfüllen . . . " (Es folgt die Aufforderung, Protokolle v o n Fachschaftsversammlungen zu übersenden u n d Änderung i n der Zusammensetzung der Fachschaftsvertretungen mitzuteilen 1 6 1 .)
Diese Maßnahmen betreffen die Einleitung des Verfahrens; sie bereiteten weitere, noch darzustellende Aufsichtsentscheidungen vor. Ein anderer Fall von der Freien Universität Berlin betrifft den Bereich der studentischen M i t w i r k u n g an der Selbstverwaltung der Universität. Studentische Beisitzer und ihre Stellvertreter hatten sich geweigert, weiterhin ihre Plätze i n dem auf Grund einer neuen gesamtuniversitären Disziplinarordnung vom 1. 4.1966 gebildeten Disziplinarausschuß einzunehmen. I n mehreren Schreiben forderten danach sowohl der Senator für Wissenschaft und Kunst als auch der Rektor als Aufsichtsbehörden die Studentenvertretung auf, diesen Ausschuß pflichtgemäß zu besetzen. Die Studentenvertretung kam dieser Aufforderung nicht nach 1 6 2 . bb) Eingreifende
Aufsichtsmittel
Das Beanstandungsrecht, u m zur Gruppe der eingreifenden Aufsichtsmittel überzugehen, hatte als hervorragendes M i t t e l der Studentenschaftsaufsicht bereits i n § 14 Abs. 1 S. 1 der Preußischen Studentenschaftsrechtsverordnung 1920 Eingang gefunden, wurde i n § 11 S. 1 161 Schreiben des Rektors der Universität F r a n k f u r t an die Fachschaftsvertreter der Studentenschaft der Universität F r a n k f u r t v o m 21.1.1969, als Anlage der Pressemitteilung der Presse- u n d Informationsstelle der JohannWolfgang-Goethe-Universität F r a n k f u r t / M . Nr. 28/69, v o m 25. 2.1969, beigefügt. Vgl. auch V G F r a n k f u r t , Beschluß v o m 21.4.1969, Az.: II/l-H-40/69. Vgl. zum ganzen F a l l auch unten i m Abschnitt „verrichtende u n d beseitigende" Aufsichtsmittel. 162 Vgl. „ F U Pressedienst" v. 5. 8.1968.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
der Verordnung 1927 übernommen und findet sich als gesetzliche Regelung auch i n den Studentenschaftsverordnungen der Länder aus dem Jahre 1933, ζ. B. i n § 13 Abs. 2 der Württembergischen Studentenschaftsrechtsverordnung 1933. Zur heutigen Rechtslage ist als Beispiel § 58 Abs. 1 der vorläufigen Satzung der Universität Regensburg zu nennen. Die Beanstandung ist anerkanntes Aufsichtsmittel i m modernen Studentenschaftsrecht 163 . Die Handhabung und Bewährung des Aufsichtsmittels Beanstandung mag am Beispiel der Unruhen an der Universität Heidelberg zu Beginn des Sommersemesters 1968 dargestellt werden 1 6 4 . Diese Unruhen, die ihren Höhepunkt Ende Mai 1968 i n vom AStA initiierten Streikbeschlüssen und einer Universitätsblokade aus Anlaß einer Kampagne gegen die damals stattfindenden Debatten des Bundestages über die Notstandsgesetzgebung hatten, begannen mit einem „offenen Brief" des A S t A vom 6. 5. 1968 an den Senat der Universität, in dem Öffentlichkeit einer Senatssitzung gefordert wurde und in dem die Studenten aufgefordert wurden, die Öffentlichkeit zu erzwingen; weiterhin rief der A S t A unter Berufung auf sein „allgemeinpolitisches Mandat" am 8.5.1968 zu einer „Desertionskampagne" gegen die in Heidelberg stationierten Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika auf. Der Rektor setzte die Senatssitzung nach einem Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Bestrebens, die Öffentlichkeit von Senatssitzungen zu erzwingen, ab; der Desertionsaufruf wurde förmlich unter Hinweis auf § 109 c des Strafgesetzbuches i. V. m. A r t . 7 Abs. 2 Nr. 3 des Vierten Strafrechtsänderungsgesetzes vom 11. 6. 1957 165 als rechtswidrig beanstandet. Ebensolche Beanstandungen wurden später zu den Streikaufrufen anläßlich der Notstandsgesetzgebungskampagne vorgenommen. Diese Beanstandungen, die den AStA zur Rücknahme seiner Maßnahmen veranlassen sollten, erwiesen sich als wirkungslos. Sie wurden nicht beachtet 166 . 163 § 60 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG und § 35 S. 3 HessHschG übernehmen die M i t t e l der Universitätsaufsicht i m Wege der gesetzlichen Verweisung i n das Studentenschaftsrecht. 164 Ein wichtiges Beispiel aus dem Aufgabenbereich „ M i t a r b e i t an der Selbstverwaltung der Hochschule" liefert ebenfalls Heidelberg. Durch Verfügung vom 28.11.1969 beanstandet der Heidelberger Rektor einen Beschluß des Studentenparlaments v o m 5.11.1969 über den „ B o y k o t t der Grundordnung" als rechtswidrig. Gleichzeitig w i r d ein Flugblatt der Fachschaft Medizin, die i n der Verfügung als Organ der Studentenschaft bezeichnet w i r d , wegen desselben Inhalts als rechtswidrig beanstandet. Die Verfügung des Rektors, die zudem noch ein Verbot enthält (dazu s. u.), ist m i t Begründung abgedruckt i n : „unispiegel aktuell" Nr. 7, v o m 28.11.1969, herausgegeben v o m Rektor der Universität Heidelberg. 165 BGBl. I, S. 597. 166 Vgl. Tatbestand des Beschlusses des V G Karlsruhe Az.: I I I 109/68, DVB1. 1968, S. 715 ff.
vom
5.6.1968,
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Das Beispiel zeigt eine dem Aufsichtsmittel Beanstandung innewohnende Schwäche, wenn nicht zu zusätzlichen Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörde, etwa zur Aufhebung, gegriffen wird. Auf den in der Beanstandung enthaltenen Appell, seine als rechtswidrig erkannten Maßnahmen zurückzunehmen oder nicht auszuführen, reagiert der Heidelberger AStA des Sommersemesters 1968 nicht. Eine solche Reaktion der Organe von Studentenschaften ist eine immer wieder zu beobachtende Tatsache, die auch darin erhellt, daß trotz aller entgegenstehender Hinweise und Beanstandungen, das „allgemeinpolitische Mandat" von den Studentenschaften weiterhin i n Anspruch genommen wird. Das Ziel der Beanstandung, „daß der Selbstverwaltungsträger entweder die beanstandete Handlung von sich aus vermeidet oder korrigiert oder daß er den beanstandeten Zustand der Untätigkeit von sich aus beendet" 1 6 7 ,
ist in vielen Fällen i m Aufsichtsverfahren gegen die Studentenschaften nicht durchzusetzen. Folgerichtig hat das Heidelberger Rektorat in seinem in obiger Sache beim Verwaltungsgericht eingereichten Schriftsatz darauf abgehoben 168 , daß seine erfolglos gebliebenen Beanstandungen als erstes Stadium i m Auf sichts verfahr en anzusehen seien, um so dem Grundsatz genüge zu tun, es vor dem eingriffsintensiveren zunächst mit dem schwächeren M i t t e l versucht zu haben. Denn ebenso wie i m Kommunalrecht 1 6 9 sollte auch i m Studentenschaftsrecht das Beanstandungsverfahren dem Einsatz schwerwiegender Aufsichtsmittel vorgeordnet sein: eine Auswirkung der Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der M i t t e l sowie eine Rücksichtnahme auf die der Studentenschaft gewährleistete Selbstverwaltung, wonach, wenn nur irgend möglich, ein Handeln der studentenschaftlichen Organe dem Eigeneingriff des Aufsichtführers vorzuziehen ist. Prozeßtaktisch gesehen dient eine solche voraussichtlich erfolglos bleibende Beanstandung der Absicherung des Rektorats in einem späteren Streitverfahren. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat i m konkreten Fall dieses Vorgehen der Aufsichtsbehörde honoriert und das Rektorat gegen den Vorwurf einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel in Schutz genommen 170 . Ebenso wie i m Beanstandungsrecht des Kultusministers gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule selbst die Befugnis enthalten ist, die w
Salzwedel, V V D S t R L 22, S. 250. Die A k t e n standen dem Verfasser zur Einsicht zur Verfügung. 1δ9 Die Regelungen sind verschiedenartig, aber i n ihrer Forderung eindeutig: vgl. §108 GO Nordrhein-Westfalen, §§ 121 ff. GO Baden-Württemberg, dazu Kunze / Schmid / Rehm, zu §123 A n m . 2 a; A r t . 112, 113 GO Bayern, dazu Helmreich / Widtmann, zu A r t . 113 Anm. 1. 17 ° V G Karlsruhe, DVB1. 1968, S. 717. 168
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Aufhebung der beanstandeten Maßnahme verlangen zu können, appelliert auch die Beanstandung i m Rahmen der Studentenschaftsaufsicht an die Organe der Studentenschaft, jetzt ihrerseits tätig zu werden. Die Rücknahme der betroffenen Entscheidung kann dabei auch ausdrücklich verlangt werden 1 7 1 . So verlangt ζ. B. der vom Kultusminister mit der Aufsicht beauftragte Rektor der Universität Göttingen vom Göttinger A S t A am 10.12.1968 ausdrücklich, er möge sich förmlich vom Inhalt eines von i h m initiierten Flugblattes obszönen und verleumderischen Inhalts distanzieren 172 . Die Beanstandung des Flugblatts als rechtsw i d r i g war darin inzidenter enthalten. Für das Aufsichtsmittel der Anordnung bei pflichtwidrigem Untätigsein der Studentenschaft, das an nächster Stelle i n der Gruppe der eingreifenden Aufsichtsmittel steht, sind dem Verfasser keine ausdrücklichen Beispiele aus der Praxis bekannt geworden 1 7 3 . Gegen die Zulässigkeit dieses Aufsichtsmittels auch gegenüber den Organen der Studentenschaft bestehen aus den schon oben genannten Gründen keine Bedenken 1 7 4 . Ebenso wie bei der wissenschaftlichen Hochschule selbst ist auch bei der Studentenschaft eine Verletzung ihr ausdrücklich kraft Gesetzes oder Satzung auferlegter Pflichten durch Untätigkeit oder rechtswidriges Unterlassen einer gebotenen Maßnahme Voraussetzung der Anwendung der auf sichtlichen Anordnung; als Pflichten der Studentenschaft kommen hier insbesondere die der M i t w i r k u n g ihrer gewählten Vertreter i n den Selbstverwaltungsorganen der wissenschaftlichen Hochschule oder den von jenen gebildeten Gremien i n Betracht. So hätte ohne Verstoß gegen das Recht der aufsichtführende Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst dem A S t A der Studentenschaft der F U Berlin i m oben geschilderten Fall der Besetzung des Disziplinarausschusses nach erfolgloser Aufforderung auch i m Wege der Anordnung gebieten können, daß studentenschaftliche Vertreter ihre obligatorischen Plätze i n den Disziplinarausschüssen der Universität einzunehmen hätten. Die Studentenschaft hatte i n diesen Gremien eine Mitwirkungspflicht, die durch den „Boykott" des Ausschusses mit Hilfe einer Politik des leeren Stuhles verletzt worden war. 171 z. B., wenn sie durch Fristsetzung verschärft ist; vgl. § 121 Abs. 1 GO Baden-Württemberg. Kunze / Schmid / Rehm, zu § 123 Anm. 2 a, bb, bezeichnen eine solche ausdrückliche Aufforderung als Anordnung. 172 Z u m ganzen F a l l Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 288 v o m 11.12. 1968, S. 6. 173 Allenfalls die oben genannte (vgl. A n m . 161) „Aufforderung" des Rektors der Universität F r a n k f u r t an die Fachschaftsvertreter, i n Z u k u n f t ihre Informa tionspflichten gegenüber dem Rektorat zu erfüllen, könnte am Übergang zur Anordnung stehen. 174 F ü r die Zulässigkeit auch V G Karlsruhe, Beschluß v o m 11.7.1969, Az.: I I I 132/69.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Allerdings erscheint es gerade i n einem solchen Fall richtig zu sein, vor dem Einsatz des Aufsichtsmittels Anordnung studentenschaftsinterne Kontroll- und Schlichtungsmechanismen, etwa die Einsetzung des Ältestenrates, auszulösen, u m studentenschaftliche Eigenverantwortlichkeit i n weitestgehendem Maße unangetastet zu lassen. Einer wegen ihres Gebotscharakters mit der Anordnung verwandten, atypischen, von den Verwaltungsgerichten aber als Aufsichtsmittel angesehenen Maßnahme bedient sich der Frankfurter Rektor gegenüber dem Frankfurter A S t A i n seinem bereits oben zitierten Schreiben vom 9.1.1969, als er angesichts der an der Frankfurter Universität umlaufenden Unruhen verfügt: „ I n Ausübung der m i r durch § 39 des Hessischen Hochschulgesetzes (1966, der Verf.) übertragenen Pflicht zur Ausübung der Rechtsaufsicht über die Studentenschaft fordere ich Sie auf, m i r bis zum 10.1.1969, 12 Uhr, folgende Verpflichtungserklärung vorzulegen : I n Z u k u n f t w i r d der Allgemeine Studentenausschuß nicht mehr zum s t r e i k ' , zum ,Boykott 4 v o n Lehrveranstaltungen oder zu anderen Störungen des Universitätsbetriebes aufrufen oder dies i n irgendeiner anderer Form unterstützen. Sollten Sie diese Verpflichtungserklärung nicht abgeben, werde ich i m Wege der einstweiligen Anordnung gegen Sie vorgehen 1 ^."
Es folgt die Begründung. Als der A S t A binnen der angegebenen Frist die Verpflichtungserklärung nicht abgibt, w i r d vom Rektor der Erlaß einer einstweiligen Anordnung obigen Inhalts (§ 123 VwGO) beim Verwaltungsgericht Frankfurt beantragt. Das Gericht hat zweimal zugunsten des Rektors entschieden17®. Es hat eine „Aufforderung zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung" als gültige Rechtsaufsichtsmaßnahme i m Bereich des Studentenschaftsrechts angesehen, da sie nach A r t und Umfang nicht ersichtlich außerhalb des Bereichs der Rechtsaufsicht läge, sie insbesondere auch nicht den Kern des studentenschaftlichen Selbstverwaltungsrechts verletze. Dem Gericht kann grundsätzlich zugestimmt werden. Die hinter der „Aufforderung" stehende Drohung, i m Falle der Weigerung m i t einem gerichtlichen Verfahren gegen die Studentenschaft vorzugehen, gibt jener einen zwingenden Charakter und rückt sie i n die Nähe der aufsichtlichen Anordnung. Von dieser unterscheidet sie sich wiederum dadurch, daß sie nicht an eine Untätigkeit der Studentenschaft anknüpft, sondern, ebenso wie die i m Anschluß zu besprechenden Verbote, der Wiederholung eines bereits geschehenen rechtswidrigen Ver-
175 v g l . A n m . 154. 176 V G F r a n k f u r t , Beschluß v o m 27.1.1969, Az.: I I / l - G - 3 / 6 9 ; U r t e i l vom 25. 3.1969, dasselbe Aktenzeichen, vgl. Anm. 152.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
lialtens der Studentenschaft für die Zukunft vorbeugen w i l l . Zweifel an der rechtsrichtigen Einordnung unter den Aufsichtsmitteln entstehen freilich dann, wenn mit der „Aufforderung zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung bestimmten Inhalts" nur eine gerichtliche Unterlassungsklage vorbereitet werden sollte: der Tenor eines obsiegenden Urteils hätte den Wortlaut der Verpflichtungserklärung zum Inhalt, verbunden mit den gerichtlich angeordneten Zwangsmitteln i m Falle des Ungehorsams. Ein solches Vorgehen, für das i m Frankfurter Fall die Vermutung spricht, würde des für die Rechtsaufsicht typischen abschließenden Charakters entbehren; es ist ein Formmißbrauch, wenn Rechtsaufsicht dazu dienen soll, ein von vornherein erwartetes Gerichtsverfahren einzuleiten 1 7 7 . I n denselben Zusammenhang zum Aufsichtsmittel Anordnung gehören auch gewisse Verbote, mit denen die Träger der Rechtsauf sieht unter Berufung auf ihr Aufsichtsrecht zu verhindern versucht haben, daß von den Organen der Studentenschaft bestimmte Maßnahmen ergriffen, aufrechterhalten oder fortgeführt wurden. Wegen ihres gebietenden Charakters stehen diese Verbote in der Nähe der Anordnung, von der sie sich ebenfalls dadurch unterscheiden, daß keine pflichtwidrige Untätigkeit der Studentenschaftsorgane, sondern vielmehr ein das Verbot provozierendes rechtswidriges Verhalten vorausgeht. (Eine Maßnahme w i r d vorbereitet oder ist schon ergangen.) So enthalten sie auch Elemente der Beanstandung. Die Verbote verlangen die Unterlassung von Maßnahmen; wie bei Beanstandung und Anordnung gibt es keinen Vollzug durch die Aufsichtsbehörde selbst. Gegen ihre rechtliche Zulässigkeit i m Studentenschaftsrecht ist nichts einzuwenden, solange die allgemeinen Grundsätze, vor allem das hier wichtige Übermaßverbot, eingehalten werden. Als Beispiel mag hier eine Verbotsverfügung des Frankfurter Rektors gegen den Frankfurter A S t A vom 2. 2. 1969 dienen, in der u. a. „der Studentenschaft untersagt w i r d , die — asta — information Nr. 2 vom 6. 2.1969 zu verbreiten oder dies zuzulassen. Sie w i r d verpflichtet, die noch nicht ausgegebenen Exemplare zu vernichten".
177 Erhellend auch die Begründung des V G Karlsruhe i n einem bei gleicher Sachlage ergangenen Beschluß v o m 11.7.1969, Az.: I I I 132/69. Das Gericht gibt an, das Versagen des aufsichtsrechtlichen Eingreif ens(!) rechtfertige u.a. ein solches die Studentenschaft — i n diesem F a l l der Heidelberger U n i versität — zu bestimmtem Verhalten verpflichtendes gerichtliches Verfahren. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof, Beschluß v o m 14.1.1974, A z . : V I T G 66/73, E S V G H 24, S. 35 ff., ist zu Recht der Auffassung, daß Anträgen des Universitätspräsidenten auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach § 123 V w G O gegen die Studentenschaft grundsätzlich das Rechtsbedürfnis fehlen w i r d , solange u n d soweit er m i t M i t t e l n der Rechtsaufsicht schneller und einfacher zum Ziele kommen kann.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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I n der Begründung heißt es: „Die asta-information enthält Beleidigungen, Verleumdungen u n d U n w a h r heiten, die so schwerwiegend sind, daß ich sie als Rechtsauf Sichtbehörde nicht hinnehmen darf und einschreiten muß (§39 H H G [1966])i'S."
Ein zweites Beispiel liegt in der oben bereits genannten Verfügung des Heidelberger Rektors vom 5. 11. 1969, mit der ein Beschluß des Studentenparlaments, in dem zum „Boykott der Grundordnung" aufgerufen wurde, als rechtswidrig beanstandet und mit einem Verbot an die Adresse der Studentenschaft versehen wurde, weiterhin zu einem solchen Boykott aufzurufen 1 7 9 . Als letztes Beispiel mögen die Verbote der aufsichtführenden Rektoren an die jeweils aufsichtunterworfenen Studentenschaften genannt sein, weiterhin die in ihren Haushaltssatzungen vorgesehenen Beiträge an den „Verband Deutscher Studentenschaften" abzuführen, nachdem dessen Vorstand seit dem März 1969 von Mitgliedern des „Sozialistischen Deutschen Studentenbundes" gebildet wurde 1 8 0 . cc) Maßnahmen der Studentenschaft sauf sieht verbunden mit der Ausübung des akademischen Hausrechts Bevor sich die Untersuchung den verrichtenden und beseitigenden Aufsichtsmitteln zuwendet, ist einzuhalten, u m die Rechtsnatur von Maßnahmen zu erörtern, die auch, aber nicht ausschließlich dem Bereich der Rechtsaufsicht zugehören und ihre Eigenart den spezifischen tatsächlichen Zuständen an der wissenschaftlichen Hochschule verdanken. Es ist dies die Summe der Maßnahmen und Verfügungen der its Verfügung des Rektors der Universität F r a n k f u r t v o m 2.2.1969, abgedruckt i n „Pressemitteilung" der Presse- u n d Informationsstelle der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt/M., Nr. 18/69, v o m 10.2. 1969, S. 1. I n einem ähnlichen F a l l wurde dem Frankfurter A S t A die Verbreitung von Plakaten verleumderischen Inhalts verboten, dazu V G Frankfurt, wie Anm. 146. Vgl. oben Anm. 164. 180 Verfügung des Rektors der Universität F r a n k f u r t gegen den AStA, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 160, v o m 15. 7.1969, S. 7. Begründet w i r d die Verfügung i m wesentlichen m i t der Unvereinbarkeit der i m „ S t r u k t u r p r o g r a m m " des VDS v o m 7.3.1969 festgelegten Ziele m i t den Aufgaben einer Studentenschaft, die die Vorschriften des HessHschG 1966 einzuhalten habe. Dasselbe Ziel erreichte der Heidelberger Rektor damit, daß er m i t Verfügung v o m 16.10.1969, abgedruckt i n „unispiegel aktuell" vom 21.10.1969, dem einschlägigen Haushaltstitel i m Haushaltsplan der Studentenschaft seine Genehmigung verweigerte. Damit waren i m Wege der der Rechtsaufsicht verwandten Finanzaufsicht die i n dem konkreten Titel vorgesehenen M i t t e l zur Ausgabe gesperrt. Das ist keine Finanzsperre, die für das Studentenschaftsrecht ebensowenig i n Frage kommen dürfte wie für das allgemeine Hochschulrecht. Vgl. zur Problematik der finanziellen Zuwendungen der Studentenschaften an den VDS auch V G Köln, U r t e i l v o m 7.12.1971, Az.: A L 182/71, DVB1. 1972, S. 343 ff.; V G H Baden-Württemberg, U r t e i l v o m 13.7. 1972, Az.: I V 277/72, LS abgedruckt i n DÖV 1973, S. 65.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
akademischen Behörden, die von schlagnahmen und Einziehung von des Lehrbetriebes eines Professors, Fakultäten bis zur Schließung einer
der Räumung von Hörsälen, BeFlugblättern, über die Einstellung der Schließung von Instituten und ganzen Universität reichen.
Soweit derartige Verfügungen eines Professors, eines Fachbereichs oder einer Fakultät, des Senats und Präsidenten/Rektors einer Universität Reaktion auf rechtswidriges Handeln von Organen der Studentenschaft oder einer ihr untergliederten Fachschaft darstellen, können sie Elemente der Rechtsaufsicht enthalten. Die Befugnis zur Rechtsaufsicht über die Studentenschaften allein vermag allerdings solche Maßnahmen noch nicht rechtlich zu stützen: einmal ist der Kreis derer, die rechtlich zulässig am Aufsichtsverfahren beteiligt sein können, u m Fakultäten/Fachbereiche und einzelne Professoren erweitert; auf der anderen Seite betrifft etwa die Schließung von Gebäuden einer Universität deren betroffene Mitglieder i n toto, nicht nur die Studentenschaft oder deren Organe. Eingriffe dieser A r t bedürfen daher einer über die Befugnis zur Rechtsaufsicht hinausgehenden Legitimation. Diese bietet das der wissenschaftlichen Hochschule eingeräumte sog. „akademische Hausrecht", auf dessen Rechtsnatur i m folgenden näher einzugehen ist. Soweit die oben geschilderten Verfügungen rechtswidriges Verhalten von Organen der Studentenschaft ahnden sollen, können — i n der Regel werden — Rechtsaufsicht und Ausübung des Hausrechts zusammenwirken; der aufsichtsrechtliche Teil der Maßnahme kann dabei hinter den hausrechtlichen zurücktreten oder ganz verschwinden. Der rechtliche Zusammenhang zwischen Aufsicht und Hausrecht ist i n diesen Fällen von den Verwaltungsgerichten gesehen und ausdrücklich bestätigt worden 1 8 1 . Die genaue rechtliche Einordnung des akademischen Hausrechts kann nicht erfolgen ohne Bezugnahme auf das Verständnis, dem jeweils die Rechtsnatur der Universität unterlag. Das hat Folz überzeugend nachgewiesen 182 . Die akademische Ordnungsgewalt geht i n ihren A n fängen zurück auf die vom Landesherrn unabhängige „akademische Obrigkeit" der Universität des Mittelalters, u m dann, m i t der Einbeziehung der Universität i n die allgemeine Staatsgewalt der absoluten Monarchie und ihrem Ubergang zur Staatsanstalt, Teil der vom Staat auf die Hochschule delegierten Anstaltsgewalt zu werden. Das akademische Hausrecht hatte damit öffentlichrechtlichen Charakter, stand i m ganzen zur Disposition des Landesherrn und konnte mit einem sich aus der besonderen Entwicklung des Universitätsrechts ergebenden 181 ζ. B. v o m V G F r a n k f u r t i n seinem Beschluß v o m 20.1.1969, Az.: I I / l - G 2/69, N J W 1969, S. 630 ff., 631 Sp. 2.
182 Folz, S. 43 f.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Vorbehalt als das bezeichnet werden, was i n der älteren verwaltungsrechtlichen Literatur unter „Anstaltspolizei" begriffen wurde. Diese Deduktion w i r d freilich heute angesichts der Korporationsnatur der wissenschaftlichen Hochschule nicht mehr aufrecht erhalten werden können. Zuzustimmen ist Folz 1 8 3 darin, daß die neue Festlegung der körperschaftlichen Struktur der wissenschaftlichen Hochschule nicht etwa die Existenz und den öffentlichrechtlichen Charakter des überkommenen akademischen Hausrechts i n Frage stellt. Folz ordnet m i t der Feststellung, daß es zu den „hergebrachten Einrichtungen" gehöre, das Hausrecht dem Bereich der akademischen Selbstverwaltung zu; nach seiner Auffassung nimmt es sogar an der Einrichtungsgewährleistung des A r t . 5 Abs. 3 GG teil. Damit ist es zwar gelungen, das Hausrecht als ein hochschuleigenes, i m öffentlichen Recht wurzelndes Institut herauszustellen, doch vernachlässigt diese Eingruppierung den spezifisch ordnungsrechtlichen Charakter des Hausrechts, der zu den eigentlich akademischen Angelegenheiten lediglich i n einen mittelbaren, diese allenfalls unterstützenden Funktionszusammenhang gebracht werden kann. Das erhellt unter anderem aus der Tatsache, daß akademische Selbstverwaltung sich nahezu ausschließlich auf Tätigkeiten von Mitgliedern und Angehörigen der Hochschule bezieht, während das Hausrecht sich ebenso gegenüber Hochschulfremden bewähren muß. So erscheint es angebracht, das akademische Hausrecht als Teil der bereits festgestellten spezifisch korporationsrechtlichen, „öffentlichen, aber von der allgemeinen Staatsgewalt zu unterscheidenden Hoheitsgewalt" der wissenschaftlichen Hochschule anzusehen 184 . Als Konkretisierung dieser Hoheitsgewalt unterliegt das Hausrecht den für die akademische Hoheitsgewalt selbst geltenden Rechtsgrundsätzen. Seine Rechtsnatur ist vergleichbar mit der Ordnungsgewalt der wissenschaftlichen Hochschule gegenüber ihren Mitgliedern; auch diese ist ja eine Einzelausprägung der akademischen Hoheitsgewalt 1 8 5 . Diese Auffassung w i r d unterstützt durch die A r t der Regelung, die das Hausrecht i n den Hochschulgesetzen und -Satzungen gefunden hat. Die Mehrheit kennt — an anderer Stelle und unabhängig von der 183 Folz, S. 44. 184 Oppermann, S. 325 f., der ausdrücklich den Zusammenhang zwischen akademischem Hausrecht u n d Hoheitsgewalt der Universität herstellt. Folz selbst argumentiert i n seiner historischen Analyse des Hausrechts m i t dessen Ableitung aus dem jeweiligen Träger der Hochschulgewalt. 185 Hausrecht u n d Ordnungsgewalt werden ausdrücklich als Parallelen angesehen von den Hochschulgesetzen von Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen u n d Saarland; Fundstellen A n m . 186.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Normierung der Selbstverwaltungsaufgaben der Universität — ein gesondert geregeltes Hausrecht des Präsidenten oder Rektors 1 8 6 . Als beispielhaft i. S. der Auffassung des Verfassers darf § 5 Abs. 4 der neuen Grundordnung der Universität Heidelberg gelten. Zunächst w i r d dort in Wiederholung von § 22 i. V. m. § 18 Abs. 1 S. 7 des BadenWürttembergischen Hochschulgesetzes das Hausrecht des Rektors statuiert. Erst in zweiter Linie ist dem Großen Senat eine Zuständigkeit zum Erlaß einer die Einzelheiten des Verfahrens regelnden Hausordnung eingeräumt, m i t h i n beim Übergang zum Verfahren auch der zum Bereich der Selbstverwaltungsaufgaben erreicht. Die ursprüngliche Haus-Macht des Rektors als personifizierter Hochschulgewalt bleibt damit unberührt. Zu beachten ist, daß die Beschlußfassung über die Hausordnung nicht dem sonst für die allgemeinen Selbstverwaltungsaufgaben der Universität zuständigen Kleinen Senat, sondern dem für Rektorwahl, Grundordnungsänderungen etc. zuständigen Großen Senat übertragen wurde (§§ 5 Abs. 4 S. 2, 15 Nr. 6 GO Heidelberg). Eine Ausnahme von der sonst in den einschlägigen Gesetzen und Satzungen üblichen Regelung machen A r t . 4 Abs. 2 Nr. 7 des Bayerischen Hochschulgesetzes, § 25 Abs. 7 des Hamburger Universitätsgesetzes und § 47 Abs. 1 S. 3 des Schleswig-Holsteinischen Hochschulgesetzes. Die bayerische Bestimmung ordnet die Ausübung des Hausrechts den „staatlichen" Angelegenheiten der Hochschule zu. Die Hamburger Vorschrift lautet: „Der Universitätspräsident übt i m Gelände und i n den Einrichtungen der Universität das Hausrecht u n d die Ordnungsgewalt (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) als Auftragsangelegenheiten (§ 4 Abs. 3) aus« 7 ."
I m Schleswig-Holsteinischen Gesetz heißt es: „ E r (d. h. der Präsident) übt i m Bereich der Hochschule das Hausrecht des Landes aus; er kann diese Befugnis übertragen."
Das Hausrecht der wissenschaftlichen Hochschule ist hiernach staatliche (polizeiliche) Angelegenheit, die der Präsident lediglich i m Wege der delegierten Befugnis wahrnimmt. Folz müßte eine solche Regelung für verfassungswidrig halten. Selbst wenn man seine Auffassung von der verfassungsmäßigen Einbettung des akademischen Hausrechts nicht teilen sollte, ist gegen die oben genannten Regelungen einzuwenden, 186 §18 Abs. 1 S. 7 BaWüHschG; §8 Abs. 3 S. 1 B e r l U n i G ; §10 Abs. 3 HessUniG; §29 Abs. 6 NWHschG; §27 Abs. 7 SaarlUniG. 187 Hamburger „Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG)" v o m 14.3.1966, GVB1. S. 77. A u f die i n § 4 Abs. 3 H a m b U n i G ausgesprochene Möglichkeit, staatliche Angelegenheiten als Auftragsangelegenheiten der Universität zu delegieren, sei ergänzend hingewiesen, vgl. auch § 4 C I I , 3 c der Arbeit.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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daß sie ein originär hochschulisches Hausrecht gar nicht erst entstehen (oder fortbestehen) lassen, sondern durch ein Stück allgemeiner staatlicher Polizeigewalt ersetzen, die es zu delegieren gilt. Die betroffenen Universitäten sind damit eines wichtigen Bestandteils ihrer eigenen Hoheitsgewalt entkleidet; gleichzeitig ist ihr Präsident insoweit staatliche Polizeibehörde. Trotz aller Verankerung des akademischen Hausrechts i n einer korporativen Hochschulgewalt ist freilich nicht zu leugnen, daß jenes i m wesentlichen zwei Zielen, — der Gefahrenabwehr i m polizeilichen Sinne und — der Sicherstellung der i n der Hochschule verfolgten Aufgaben und Zwecke, zu dienen bestimmt ist und damit inhaltlich wieder i n die Nähe der „Anstaltspolizei" gerät. Das Hausrecht ist ein Beispiel, u m die Zweiseitigkeit der Rechtsverfassung der wissenschaftlichen Hochschule zu verdeutlichen: diese ist öffentlichrechtliche Korporation i m Rechtsverkehr nach außen und i n ihrer Zuordnung zur akademischen Selbstverwaltung, schützt aber gleichzeitig ihre Einrichtungen vor Außenstehenden und den i n ihrer Eigenschaft als Benutzer zu sehenden Mitgliedern mit den M i t t e l n ihrer Anstaltsgewalt. Der Auffassung von Folz 188, der einen „anstaltspolizeilichen" Charakter des modernen Hochschulrechts gänzlich leugnet, kann insoweit nicht zugestimmt werden. A l l e i n aus polizeirechtlichen Grundsätzen folgt auch, daß das akademische Hausrecht nicht nur den Kreis der Hochschulmitglieder und anderer von i h r zugelassener Benutzer, sondern auch ihr sonst fern stehende Dritte erfaßt, wenn diese sich als „Störer" auf dem Kochschulgelände betätigen 1 8 9 . Für die wissenschaftliche Hochschule als ganze w i r d das Hausrecht vom Präsidenten oder Rektor ausgeübt. Konkurrierend gibt es ein originäres Hausrecht der Dekane und Institutsdirektoren für ihren Bereich, ja des einzelnen Dozenten i m Hörsaal während der Dauer seiner Lehrveranstaltung 1 9 0 . Diese Hausrechte werden unabhängig vom Willen der Universitätsspitze wahrgenommen 1 9 1 » 1 9 2 . 188
Folz, S. 43. Dazu Lerche, Sub. 1. Bei i h m u n d Folz auch die ausführlichen Stellungnahmen zur Frage des Verhältnisses von Handhabung des Hausrechts u n d allgemeinem Eingreifen der staatlichen Polizeibehörden. 190 Folz, S. 43; Quaritsch, S.473; vgl. §76 BaWüHschG. 191 Für die gewohnheitsrechtliche Lösung u n d gegen jede K o n s t r u k t i o n einer Delegation v o m Hausrecht des Rektors her Quaritsch, S. 473. Daher begegnet die Delegationskette i n § 25 Abs. 7 S. 2 H a m b U n i G ebenfalls rechtlichen Bedenken, während § 10 Abs. 3 S. 2 des HessUniG richtig davon ausgeht, daß es ein Verhältnis der Hausrechte mehrerer Hausrechtsinhaber zueinander gibt. 189
15 Gallas
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Ein Neben- und Untereinander von Hausrechten kennt die Rechtsordnung auch sonst: erinnert sei nur an das neben dem Hausrecht des Gerichtspräsidenten bestehende Ordnungsrecht des Vorsitzenden i m Gerichtssaal, § 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes. I n den Ländern, i n denen das akademische Hausrecht als Teil der eigenständigen Hoheitsgewalt der wissenschaftlichen Hochschule ausgestaltet ist, kann der Kultusminister als staatliches Organ keinerlei Verfügungen i m Bereich des Hausrechts treffen — das gilt auch, wenn Maßnahmen der Rechtsaufsicht damit gleichzeitig verbunden werden. Überschreitet der Rektor die rechtlichen Grenzen bei der Ausübung des Hausrechts oder unterläßt er dessen Handhabung pflichtwidrig, kann der Minister nur m i t Mitteln der Hochschulauî sieht die konkrete hausrechtliche Verfügung des Rektors beanstanden, anordnen oder unter Umständen sogar aufheben 193 . Bei schweren Eingriffen auf Grund des Hausrechts — etwa der Schließung der Universität — w i r d man wegen ihrer den Staat berührenden Tragweite die Rechtspflicht des jeweils betroffenen akademischen Organs (Präsident/Rektor, Dekan) annehmen müssen, das Ministerium von der geplanten Verfügung vorher zu informieren und dessen Vorstellungen bei der endgültigen Entscheidung i m Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens mit zu berücksichtigen. Einige Hochschulgesetze, wie die von Baden-Württemberg, Bayern und Schleswig-Holstein, nehmen wegen der Schwere und Tragweite des Eingriffs die Befugnis zur Schließung von Teilen der Universität oder zur Schließung einer ganzen Universität den akademischen Organen aus der Hand und weisen sie dem Kultusminister oder der Landesregierung zu 1 9 4 . Die Gesetze machen die Schließungsverfügung von der Voraussetzung abhängig, daß auf andere Weise die Funktionsfähigkeit der wissenschaftlichen Hochschule nicht gesichert 192 Quaritsch, S. 473, rechtfertigt das Hausrecht des einzelnen Dozenten noch zusätzlich m i t dem Gedanken, daß sonst sein über A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG abgesichertes Recht, I n h a l t u n d Methoden seiner Lehrveranstaltungen selbst zu bestimmen, „ i n h a l t l i c h leerliefe". 193 Anders die Praxis i n Baden-Württemberg. Den Gründen eines Beschlusses des V G Karlsruhe v o m 11.2.1972, Az.: I I I 40/72, DVB1. 1972, S. 351, ist zu entnehmen, daß schon unter der Herrschaft des BadenWürttembergischen Hochschulgesetzes i n seiner alten Fassung der K u l t u s minister mittels „Weisung" den Rektor der Universität Heidelberg zur Ausübung seines Hausrechts i n einem Einzelfall anhielt. Inzwischen ist diese Vorstellung Gesetz geworden: §86 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. §76 BaWü. HschG geben dem Kultusminister die Befugnis, Einzelweisungen i m Rahmen der Ausübung des akademischen Hausrechts zu erteilen. Eine solche gesetzliche Lösung dürfte schwerlich m i t der an anderer Stelle i m Gesetz festgelegten (vgl. A n m . 186) Einordnung des Hausrechts als eines originären Rechts der Universität zu vereinbaren sein. 194 § 86 Abs. 3 BaWüHschG (der Kultusminister muß bei Teilschließungen i m Benehmen m i t dem Universitätspräsidenten oder Rektor handeln); A r t . 101 Abs. 4 BayHschG; § 13 Abs. 3 SHHschG.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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oder wiederhergestellt werden kann; die Parallele zu den oben geforderten Voraussetzungen für den Einsatz verrichtender (und beseitigender) Aufsichtsmittel gegenüber der wissenschaftlichen Hochschule ist deutlich. Wenn man sich den Beispielsfällen des Zusammenwirkens von Studentenschaftsaufsicht und akademischem Hausrecht zuwendet, so stehen am Beginn flankierende Maßnahmen, die rechtsaufsichtliche Verfügungen gegenüber der Studentenschaft mit der Absicht ergänzen, deren Durchsetzung i m Ergebnis sicherzustellen. Es handelt sich um Einzelanordnungen polizeilichen Inhalts zur Gewährleistung des Universitätsfriedens. So läßt der Frankfurter Rektor während der Unruhen i m Wintersemester 1968/69 sein Verbot an den AStA, bestimmte Plakate verleumderischen Inhalts anzubringen, begleiten von einer Beschlagnahmeverfügung für bereits aufgehängte Plakate. Die Plakate werden auf Veranlassung des Rektorats abgenommen. Die Verfügung des Frankfurter Rektors vom 2.2.1969, mit der dem A S t A die Verbreitung seiner „asta-information Nr. 2" untersagt w i r d (s. o.) enthält als Punkt 2: „Die i m Universitätshauptgebäude ausgelegten Exemplare werden eingezogen u n d v e r n i c h t e t 1 9 5 . "
Einem Rechtsstreit zwischen Rektor und Studentenschaft der Universität Münster, der sich 1968 an einer von den Organen der Studentenschaft unter Wahrnehmung ihres angeblichen allgemeinpolitischen Mandats initiierten „Kampagne zur Notstandsgesetzgebung" entzündete, war eine erfolglose Aufforderung des Rektors an Studentenparlament und A S t A vorausgegangen, einen als „Organisations- und Streikzentrale" benutzten, für diesen Gebrauch aber nicht zugelassenen Hörsaal zu räumen. Diese Räumungsaufforderung wurde vom Oberverwaltungsgericht Münster 19 ® ausdrücklich dem akademischen Hausrecht des Rektors zugeordnet. Solche Maßnahmen gegenüber den Studentenschaften sind zulässig. Sie sind als Einzelmaßnahmen des Polizeirechts den Polizeigesetzen bekannt 1 9 7 und dienen Sicherheit und Ordnung i n der Universität. Bei der zweiten Fallgruppe von Maßnahmen, wo die Ausübung von Rechtsaufsicht m i t der Wahrnehmung des Hausrechts zusammenwirkt, überwiegt das hausrechtliche Element. Gemeint sind die Schließung von 195 w i e A n m . 178. m OVG Münster, Beschluß v o m 31.5.1968, Az. : V Β 296/68, N J W 1968, S. 1901 ff. = DVB1. 1968, S. 709 f. 19 7 Vgl. u. a. § 26 ff. BaWüPolG i. d. F der Bekanntmachung v o m 16.1.1968, GBl. S. 61; A r t . 23 ff. BayPolizeiaufgabenG i. d. F. v o m 3.4.1963, GVB1. S. 95, ber. S. 210; § 18 ff. HessG über die öffentliche Sicherheit u n d Ordnung i. d. F. v o m 26.1.1972, GVB1. I, S. 24 ff. 15*
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Institutsgebäuden und Instituten, sodann die Schließung von Fakultätsgebäuden bis h i n zur Schließung der ganzen Hochschule selbst. Diese Maßnahmen, mögen sie auch von rechtswidrigen Handlungen der Studentenschaftsorgane provoziert sein, betreffen i n ihren Auswirkungen nicht mehr die Studentenschaft allein, sondern alle Instituts-, Fakultäts-, Universitätsmitglieder und -angehörigen. Sollen sie Bestand haben, bedürfen sie der rechtlichen Absicherung durch das akademische Hausrecht oder durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Die Begriffsbildung „Schließung von Instituten, Fakultäten und Universitäten" ist ungenau: geschlossen auf Grund des Hausrechts werden lediglich die Instituts-, Fakultäts- oder Universitätsgebäude. Dazu kommt i n der Regel die Einstellung des Forschungs- und Lehrbetriebes durch Beschluß eines Professors, eines Institutsdirektors, der lehrenden Mitglieder eines Fachbereichs oder einer Fakultät etc. 198 . Die Schließungsverfügung ist vom Beschluß der Einstellung des Forschungs- und Lehrbetriebes rechtlich zu trennen. Die eine hat polizeirechtlichen Ordnungscharakter; der andere ist Folge der Forschungsund Lehrverantwortung eines einzelnen Hochschullehrers oder einer in Institut bzw. Fachbereich/Fakultät zusammengeschlossenen Hochschullehrermehrheit. Der Einstellungsbeschluß ist i n der Mehrzahl der Fälle Folge von „Vorlesungsstörungen" oder „Besetzungen", bei denen einzelne studentische Mitglieder der wissenschaftlichen Hochschule oder auch die Studentenschaft (Fachschaft) als ganze versuchen, Einfluß auf die vom Dozenten beabsichtigten Lehrinhalte und -methoden zu nehmen oder gar einen Abbruch konkreter Lehrveranstaltungen zu erzwingen 1 9 9 . Das Recht des einzelnen Hochschullehrers zur Einstellung bei einer solchen Bedrohung seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit w i r d letztlich aus seiner wissenschaftlichen und amtlichen Verantwortung für Gegenstand, Inhalt und Methode seiner Forschung und Lehre erwachsen; die Berechtigung der Fakultät oder Universität folgt aus der Tatsache, jeweils zur gesamten Hand Träger der subjektiven Einzelrechte der i n ihnen zusammengefaßten lehrenden Mitglieder zu sein sowie aus der 198 Einstellung u n d Schließung müssen nicht gekoppelt sein. Das gilt dann, wenn n u r eine Minderheit von Dozenten den Einstellungsbeschluß faßt. Freilich ist umgekehrt eine ordnungsgemäße Durchführung des Forschungsu n d Lehrbetriebs bei geschlossenen Gebäuden n u r unter Mühen oder überhaupt nicht möglich. 199 Z u dem, was hier i m einzelnen rechtmäßig, was rechtswidrig ist, vgl. die ausführlichen Gründe der Beschlüsse des V G Karlsruhe v o m 11. 7.1969, Az.: I I I 132/69 u n d v o m 10.1.1973, Az.: I I I 319/72, DVB1. 1973, S. 283, bestätigt durch Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg v o m 9. 3.1973, Az.: I V 70/73, E S V G H 24, S. 41 ff.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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ihnen gesetzlich und hochschulsatzungsmäßig obliegenden Pflicht zur Verantwortung für den gesamten Forschungs- und Vorlesungsbetrieb 200 , den es vor Störungen zu bewahren gilt, soll nicht der von A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG geschützte „Raum verfaßter Freiheit" beeinträchtigt werden 2 0 1 . Es ist hier nicht der Platz, auf Einzelheiten einzugehen: es darf auf eine umfangreichere Literatur verwiesen werden 2 0 2 . Die Gerichte haben die Einstellung des Forschungs- und Lehrbetriebes i n den Fällen der „Störung oder Umfunktionierung von Vorlesungen" und der „Besetzung" gebilligt 2 0 3 . Hohe Anforderungen sind an die Ermessenserwägungen vor Beschlußfassung zu stellen; insbesondere hat eine Güterabwägung zwischen der Bedrohung der Forschungs- und Lehrfreiheit und dem Anspruch auf unbehinderte Durchführung des Studiums von Seiten nicht störender Studierwilliger stattzufinden, die von der Einstellung ebenfalls betroffen sind. Als Beispiel für das Zusammenwirken von Einstellung des Lehrbetriebes und hausrechtlicher Schließung mögen Vorgänge an der Universität Heidelberg i m Januar/Februar 1969 dienen 2 0 4 . Unruhen unter den Heidelberger Studenten, die i m 10.1.1969 ihren Anfang bei der Verhaftung von fünf prominenten Heidelberger Studentenfunktionären (unter ihnen der AStA-Vorsitzende) nehmen 2 0 5 und i n Vorlesungs200 Vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 3 BerlUniG, §§ 40, 52 Heidelberger Grundordnung für die Fachbereiche/Fakultäten. Z u m ganzen Thieme, Hochschulrecht, S. 191 ff.; Oppermann, S. 384. 201 Die Bedrohung der Forschungs- u n d Lehrfreiheit k a n n es sogar rechtfertigen, daß nicht von Vorlesungsstörungen betroffene Dozenten aus Solidarität m i t dem betroffenen Kollegen ihren Lehrbetrieb einstellen können. Sie können sich dabei auf das Prinzip der Kollegialität berufen. Das V G Koblenz, Beschluß v o m 18.12.1972, Az.: 3 L 63/72, N J W 1973, S. 1244, ermittelt eine aus A r t . 5 Abs. 3 S. 1 GG der wissenschaftlichen Hochschule erwachsende Verpflichtung, sich bei rechtswidrigen Vorlesungsstörungen schützend vor den betroffenen Dozenten zu stellen. 2 2 ° Vgl. Geck, Stellung der Studenten, S. 49 ff., 54 ff.; Rupp, Stellung der Studenten, S. 7 u n d die ausführliche Diskussion zu diesen Referaten; hier insbesondere Ipsen, V V D S t R L 27, S. 199 f., W. Weber, V V D S t R L 27, S. 196 f., 212. Außerdem Quaritsch, S. 476, u n d der Aufsatz von Pieroth. 203 OVG Berlin, Beschluß v o m 24.1.1969, Az.: V S 1/69; V G Karlsruhe, wie Anm. 199. 204 I n s t r u k t i v auch ein Beispiel aus Berlin. I m Januar 1969 k o m m t es zur Einleitung von Hausordnungsverfahren gegen 4 Studenten der Freien Universität. Die A n t w o r t sind „Solidarisierungsmaßnahmen" m i t „Streikund Besetzungsaufrufen", die v o m A S t A unterstützt werden. Als es daraufhin zu Störaktionen an der Juristischen Fakultät kommt, bei der auch gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen „ s t r e i k " w i l l i g e n auf der einen, hörw i l l i g e n Gruppen von Studenten auf der anderen Seite vorfallen, entschließen sich die Dozenten der F a k u l t ä t am 15.1.1969 einstimmig zur Einstellung des Vorlesungsbetriebes u n d zur Schließung des Fakultätsgebäudes. Vgl. F A Z Nr. 7 v o m 9.1.1969, S. 6; Nr. 13 v o m 16.1.1969, S. 2, 3; Nr. 22 v o m 27.1.1969, S. 7. Einstellung u n d Schließung w u r d e n v o m V G B e r l i n durch Beschluß gebilligt, Az.: V G I I 3/69. Vgl. auch F A Z v o m 3.2.1969, Nr. 28, S. 8. 2 5 Vgl. oben bei A n m . 158.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
Störungen und Institutsbesetzungen ihren Höhepunkt finden, führen am 13.1.1969 zur Schließung des juristischen Seminargebäudes durch den geschäftsführenden Direktor und am 15.1.1969 nach einer zweitägigen „Besetzung" zur Schließung des Instituts für politische Wissenschaften. A m 13.1.1969 drohen Rektor und Senat i n folgendem Beschluß die Schließung der gesamten Universität an. Es heißt hier u. a.: „Rektor u n d Senat haben daher im Einvernehmen beschlossen:
mit dem
Kultusminister
1. Lehrveranstaltungen werden i m Falle von Störungen bis auf weiteres eingestellt. 2. Institute, Seminare u n d sonstige Universitätseinrichtungen, bei denen Störungen vorkommen, werden geschlossen. 3. Sollten Störungen, Besetzungen u n d Gewaltmaßnahmen bis Donnerstag, den 16. Januar, andauern, w i r d die gesamte Universität geschlossen. 4. . . . gez. der Rektor der U n i v e r s i t ä t 2 0 6 .
Als es anschließend zur Beruhigung der Lage und zur Räumung der besetzten Institute kommt, beschließen Rektor und Senat am 17.1.1969 den Verzicht auf die Schließung der Universität, behalten sich aber folgende Maßnahmen vor: „Sollten weiterhin Störungen vorkommen, so sind die Mitglieder des L e h r körpers berechtigt, die Lehrveranstaltungen — gegebenenfalls auch für die Dauer des laufenden Semesters — einzustellen"
und „Institute, Seminare u n d Universitätseinrichtungen, die besetzt werden oder i n denen Gewaltmaßnahmen vorkommen oder zu Gewaltmaßnahmen aufgerufen w i r d , werden geschlossen" 207 .
Anfang Februar gibt es erneut Auseinandersetzungen. Ein gewaltsamer Einbruch i n das Rektorat und die studentische Besetzung des Universitätshauptgebäudes veranlassen den Rektor, gestützt auf den Beschluß vom 17.1.1969, am 4. 2.1969 das Universitätshauptgebäude für 6 Tage zu schließen. A m 10. 2.1969 wurde das Universitätshauptgebäude wieder geöffnet. Der Vorlesungsbetrieb war — abweichend von der sonstigen Regel — nicht offiziell eingestellt worden, aber wegen des Wegfalls aller wichtigen Hörsäle der Universität äußerst behindert 2 0 8 . Die Einstellung des Vorlesungsbetriebes an Fakultäten und Universitäten, verbunden mit der einer auf Grund des akademischen Hausrechts erfolgenden Schließung von Universitätsgebäuden w i r d von der 200
Abgedruckt i n Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 10 v o m 14.1.1969, S. 3. Abgedruckt i n Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 14 v o m 18./19.1.1969, S. 5. 2 °8 Einzelheiten i n : Rhein-Neckar-Zeitung Nr. 29 v o m 5.2.1969, S. 3 und Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 30 v o m 5. 2.1969, S. 5. 207
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Rechtsprechung für zulässig gehalten 2 0 9 . Für die Einstellung ergibt sich die Rechtfertigung aus dem Vorliegen einer unerträglichen Gefährdung der subjektiven Lehrfreiheit. Die Schließung w i r d man als letztes M i t t e l zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung für zulässig halten müssen. Letztere erscheinen insbesondere dann gefährdet, wenn die für wissenschaftliches Arbeiten erforderliche ungestörte Benutzungsmöglichkeit von Arbeitsplatz und Arbeitsmitteln erheblich beeinträchtigt w i r d und wenn der Schutz der m i t öffentlichen Geldern angeschafften und unterhaltenen, oft sehr wertvollen wissenschaftlichen Einrichtungsgegenstände nicht mehr auf andere Weise gesichert werden kann. Bei drohenden oder erfolgreichen „Besetzungen" der bei den oben geschilderten Heidelberger Vorfällen beobachteten A r t ist der Eintritt dieser Voraussetzungen i n der Regel zu bejahen. Doch sind gerade bei dem schwerwiegenden Eingriff der Schließung an die Abwägung der einzelnen Entscheidungsgesichtspunkte und die genaue Beachtung der Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit besonders strenge Anforderungen zu stellen 2 1 0 . Senat und Minister sind an der Entscheidung des für die Ausübung des akademischen Hausrechts letztverantwortlichen Präsidenten/Rektors zu beteiligen. Das ist i m Heidelberger Beispiel durch das Zusammenwirken von Rektor und Senat bei der Beschlußfassung geschehen; das Einvernehmen mit dem Kultusminister war vorher hergestellt worden. Mildere M i t t e l sind vorher zu prüfen. So kann ein Vorgehen auf Fakultätsebene oder das ordnungsrechtliche Vorgehen gegen einzelne bekannte Stör er ausreichen 211 . Eine befristet ausgesprochene Schließung darf nur bei Wiederholungsgefahr aufrecht erhalten werden 2 1 2 . Weiterhin sind Maßnahmen der Rechts aufsieht zu erwägen oder mitauszusprechen, wenn sich Studentenschaftsorgane an Störungen und Besetzungen aktiv beteiligen. 209 γ α Berlin, Beschluß, Az.: V G I I A 3/69; V G Frankfurt, Beschluß vom 20.1.1969, Az.: II/l-G-2/69, N J W 1969, S. 630 ff., 631; V G München, Beschluß v o m 25.2.1969, Az.: 3038/69, i n Leitsätzen abgedruckt i n : Recht der Jugend u n d des Bildungswesens 1969, S. 189. 210 w i e es f ü r letzteren Grundsatz insbesondere das V G München i n seinem oben genannten Beschluß unterstrichen hat. Der v o m Gericht zu entscheidende F a l l betraf allerdings nicht eine wissenschaftliche Hochschule, sondern die Akademie der Bildenden Künste i n München; daraus folgt jedoch keine abweichende Beurteilung. 211 14 Mitglieder der sog. „Basisgruppe Jura" w u r d e n am 5.2.1969 für 4 Tage v o m geschäftsführenden Direktor des juristischen Seminars der Universität Heidelberg m i t einem Hausverbot belegt, es sei denn, sie würden sich von Programmzielen unterschriftlich distanzieren, „soweit damit Störungen des Seminarbetriebs gemeint sind". Einzelheiten i n Rhein-NeckarZeitung v o m 6. 2.1969, Nr. 30, S. 6. E i n anderes Hausverbot an der Universität Heidelberg betrifft der der Entscheidung des V G Karlsruhe v o m 10.1.1973 (wie Anm. 199) zugrunde liegende Fall. 212 So auch V G München, wie A n m . 210.
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§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
dd) Verrichtende
und beseitigende
Aufsichtsmittel
Wenn sich die Untersuchung nunmehr den verrichtenden Aufsichtsmitteln zuwendet — Ersatzaufhebung, Ersatzvornahme, Suspendierung, Bestellung eines Staatsbeauftragten —, so steht am Anfang die Feststellung, daß die aufsichtführenden Kultusminister und Präsidenten/Rektoren von ihnen vor allem dann Gebrauch gemacht haben, wenn es den durch das Verhalten der studentenschaftlichen Organe gefährdeten Universitätsfrieden und die durch sie bedrohte Arbeitsfähigkeit der gesamten Hochschule zu sichern galt. Die „Befriedungsfunktion" der Studentenschaftsaufsicht vermag den Einsatz dieser schweren Mittel gegenüber den Studentenschaften zu rechtfertigen 213 . Die zu besprechenden Beispielsfälle sind alle i m Verlauf der Arbeit bereits erwähnt worden. So wurde schon hingewiesen auf die Aufhebungsverfügung des Berliner Senators für Wissenschaft und Kunst vom 12. 2.1969, von der Entschließungen des Konvents und des AStA der Studentenschaft der Freien Universität Berlin betroffen waren, die sich gegen den Besuch des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und die Abhaltung der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten i n Berlin richteten 2 1 4 . Zu überlegen ist, ob nicht das mildere M i t t e l der Beanstandung dieser Entschließungen als rechtsw i d r i g (weil auf dem angemaßten „allgemeinpolitischen Mandat" beruhend) ausgereicht hätte, u m das von dem Senator verfolgte Hauptziel eines Verbreitungsverbots des Inhalts dieser Entschließungen durchzusetzen. A u f der anderen Seite kann für die Entscheidung der Aufsichtsbehörde i n diesem Fall angeführt werden, daß die mit diesen studentenschaftlichen Entschließungen ebenfalls geplanten Störaktionen nicht nur den Universitätsfrieden sondern auch den politischen Frieden des Landes Berlin gefährdet haben würden. I m Frankfurter „Fachschafts-Fall" 215 kommen die einzelnen Fachschaften der Frankfurter Universität i n der Folgezeit ihrer Verpflichtung zur umfassenden Unterrichtung des Rektors über die rechtlichen Grundlagen der Fachschaftsarbeit nicht nach. Dieser vermutet auf Grund seiner Informationslage, daß rechtswidrige Unregelmäßigkeiten bei einigen Fachschaften i m Auswahl- und Bestellungsverfahren der Fachschaftsvertreter zum Studentenparlament eingetreten sind. An. der 218 Z u einfach macht es sich das V G Karlsruhe, Beschluß v o m 5. 6.1968, Az.: I I I 109/68, D V B l . 1968, S. 715 ff., 716 (vgl. §4 A n m . 160), w e n n es gegenüber den Studentenschaften das gesamte „allgemein anerkannte Instrument a r i u m der Rechtsaufsicht" zuläßt, w e i l diese nicht an den Privilegien der wissenschaftlichen Hochschule selbst teil hätten. Das ist, w i e oben, Abschnitt C I V , 3 am Anfang, gezeigt wurde, als Grundsatz nicht richtig. 214 Vgl. Schreiben des Senators v o m 12. 2.1969, w i e A n m . 156. 215 Vgl. oben bei Anm. 161.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
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Beschlußfassung des Studentenparlaments, insbesondere an der wichtigen Wahl der AStA-Vertreter, haben jedoch über eine beobachtete Zeit hinweg solche unter zweifelhaften Umständen berufene Fachschaftsvertreter stimmberechtigt teilgenommen. U m zu erreichen, „daß i n Zukunft Organe der Studentenschaft Arbeit leisten, die nicht nur auf die Fiktion einer Legitimation zurückführbar ist, sondern durch rechtlich einwandfreie Beschlüsse der Studierenden bestätigt w i r d " , verfügt der Rektor am 24. 3.1969: „1. Die i n den Sitzungen des Studentenparlaments v o m 5. Dezember 1968 u n d 14. Januar 1969 gefaßten Beschlüsse sind wegen Beschlußunfähigkeit ungültig. 2. Die Verfügung unter 1. w i r d insoweit unwirksam, als die Beschlußfähigkeit des Studentenparlaments f ü r die infragekommende Sitzung nachgewiesen w i r d . 3. Bis zur W a h l eines neuen Allgemeinen Studentenausschusses oder bis zum Nachweis der Beschlußfähigkeit des Studentenparlaments i n seiner Sitzung v o m 5. Dezember 1968 w i r d der zur Zeit amtierende Allgemeine Studentenausschuß m i t der Wahrnehmung der Geschäfte des Allgemeinen Studentenausschusses b e t r a u t 2 1 6 . "
I n einer späteren Verfügung vom 27. 3.1969 wurde es „den zur Zeit amtierenden Vertretern der Fachschaft (Völkerkunde, Chemie, Meteorologie, Pharmazie, Geographie, Soziologie, Slawistik, Geophysik, Wirtschaftswissenschaften, Psychologie u n d Deutsche Volkskunde) untersagt, weiterhin f ü r diese aufzutreten. Die zur Zeit amtierenden Fachschaftsvertreter werden beauftragt, eine Fachschaf tsvoll Versammlung f ü r die Neuwahl der Fachschaftsvertreter vorzubereiten u n d einzuberufen" 2 1 7 .
Die Maßnahmen des Rektors stellen sich dar als Ersatzaufhebung, Suspendierung und kommissarische Beauftragung gegenüber Organen der Studentenschaft. Läßt man die problematische Überbürdung der Beweislast i n der ersten Verfügung 2 1 8 für diese Untersuchung außer Betracht und unterstellt, daß i m Bestellungsverfahren der Fachschaftsvertreter Rechtsfehler unterlaufen waren, war die ordnungsmäßige Funktionsfähigkeit der Studentenschaftsorgane nur auf dem vom Rektor eingeschlagenen Wege wiederherzustellen. Der Einsatz eingriffsintensiver Aufsichtsmittel diente i n diesem Fall weniger der Befriedung als der Funktionssicherung, ein Zweck der Aufsicht, der der Studentenschaft gegenüber i n demselben Umfang gerechtfertigt ist 216 Schreiben des Rektors der Universität F r a n k f u r t an die Studentenschaft der J.-W.-Goethe-Universität F r a n k f u r t v o m 24.3.1969, Az.: 410-06. 217 Schreiben des Rektors der Universität F r a n k f u r t an 11 Fachschaften v o m 27.3.1969, i m Auszug wiedergegeben i n einer Pressemitteilung der Presse- u n d Informationsstelle der J.-W.-Goethe-Universität Frankfurt, Nr. 44/69 v o m selben Tage. 218 Das V G Frankfurt, Beschluß v o m 21.4.1969, Az.: II/l-H-40/69, das i m einstweiligen Anordnungsverfahren nach § 80 Abs. 5 V w G O m i t dem F a l l beschäftigt war, äußert hier ebenfalls Zweifel.
234
§ 6 Die Staatsaufsicht über die Studentenschaften
wie er es i n einem vergleichbaren Fall fehlerhafter Organzusammensetzung der Universität als ganzer gegenüber gewesen wäre. Ebenfalls i n diesen Zusammenhang gehört die vom Berliner Senator für Wissenschaft und Kunst vorgenommene aufsichtliche Beauftragung eines pensionierten Verwaltungsgerichtsrats mit den Aufgaben eines studentischen Beisitzers i m Disziplinarausschuß der Universität, nachdem sich die Studentenschaft trotz Aufforderung geweigert hatte, den ihr zustehenden Platz zu besetzen 219 . Hier war die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Universität i n einem Teilbereich berührt. Der letzte an dieser Stelle zu erörternde Fall betrifft die Suspendierung des A S t A der Studentenschaft durch den Rektor der Universität Heidelberg m i t Verfügung vom 29.5.1968. Gleichzeitig wurde ein Beamter des höheren Dienstes aus der Universitätsverwaltung mit der Wahrnehmung der laufenden Kassengeschäfte des A S t A beauftragt. Zu der Suspendierung war es gekommen, nachdem sich die vom AStA initiierten Kampagnen gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze durch den Bundestag und gegen die i n Heidelberg stationierten Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika ausweiteten zu einer Verbarrikadierung der Universitätsgebäude und zur Bildung von „Streikposten", die zutrittswilligen Dozenten und Studenten den Eintritt i n diese Gebäude gewaltsam verwehrten. Vorausgehende Beanstandungen der Entschließungen der Studentenschaftsorgane hatten sich, wie gezeigt, als wirkungslos erwiesen 220 . Das Verwaltungsgericht Karlsruhe 2 2 1 hat das Vorgehen des Rektors rechtlich gebilligt. Diesem blieb zur Wiederherstellung des Universitätsfriedens und der Wiederaufrichtung der Arbeitsfähigkeit der gesamten Universität keine andere Wahl als der Griff zu einem solch eingriffsintensiven Aufsichtsmittel; vorangehende mildere blieben auf das Verhalten der Studentenschaftsorgane ohne Eindruck. Diese hatten durch ihr Handeln i m übrigen zu verstehen gegeben, daß sie um der von ihnen verfolgten politischen Zielsetzung willen bereit zu einer andauernden Rechtsverweigerung waren. Trotzdem wurde nicht etwa zu einem beseitigenden Aufsichtsmittel Zuflucht genommen, dessen Einsatz grundsätzlich den Studentenschaften gegenüber ebensowenig i n Betracht kommen dürfte wie gegenüber der wissenschaftlichen Hoch-
219 Vgl. oben bei Anm. 162. Die i n diesem F a l l diskutierte Frage, ob sich der aufsichtführende Senator m i t der kommissarischen Beauftragung eines Mitglieds des Disziplinarausschusses begnügen könne oder ob er nicht vielmehr sämtliche Mitglieder des Ausschusses kommissarisch bestellen müsse, haben einige Hochschulgesetze i m ersten Sinne gelöst. Vgl. § 38 Abs. 3 HessHschG; §49 Abs. 3 NWHschG u n d oben §4 der A r b e i t Anm. 231. 220 Vgl. oben Abschnitt C I V , 3 b der Arbeit. 22 * Wie A n m . 213.
C. Die Studentenschaftsaufsicht
235
schule selbst; die S u s p e n d i e r u n g s v e r f ü g u n g h a t t e v o n v o r n h e r e i n den C h a r a k t e r einer v o r l ä u f i g e n M a ß n a h m e . ee) Auf sichtliche
Genehmigungen
Z u m aufsichtlichen G e n e h m i g u n g s v e r f a h r e n g e l t e n i m S t u d e n t e n schaftsrecht k e i n e v o m a l l g e m e i n e n Hochschulrecht abweichenden Grundsätze. D i e H a u p t s a t z u n g der Studentenschaft u n d die Fachschaftssatzungen u n t e r l i e g e n der V o r w e g r e c h t s k o n t r o l l e 2 2 2 ; ebenfalls z u r G e n e h m i g u n g v o r g e l e g t w e r d e n müssen B e i t r a g s o r d n u n g 2 2 3 u n d H a u s h a l t s p l a n 2 2 4 der Studentenschaft, w o die A u f s i c h t s b e h ö r d e n n e b e n der R e c h t m ä ß i g k e i t s ü b e r p r ü f u n g auch Z w e c k m ä ß i g k e i t s g e s i c h t s p u n k t e gelt e n d machen können.
222 §62 S. 1 BaWüHschG: die Genehmigung erteilt der Große Senat; §59 Abs. 3 H a m b U n i G : Genehmigung durch den zuständigen Senator, Anhörungsrecht des Akademischen Senats; § 36 Abs. 1 Nr. 2 HessHschG: Genehmigung durch den Kultusminister, Recht des Präsidenten auf eine gutachtliche Stellungnahme, §29 Abs. 2 S. 2 HessHschG; §16 Abs. 3 NSOrgG Oldenburg und Osnabrück: Genehmigung des Kultusministers; §§73 Abs. 3 S. 5, 76 S. 2 RhPfHschG: Genehmigung durch den Minister f ü r Unterricht u n d Kultus, Anhörungsrecht des Präsidenten; §70 Abs. 1 S. 1 SaarlUniG: Genehmigung durch den Minister für Kultus, Unterricht u n d Volksbildung; 14 Abs. 1 SHHschG: allgemein für Satzungen der Hochschule Genehmigung des K u l t u s ministers. I n Nordrhein-Westfalen ist die Genehmigungsbedürftigkeit der Studentenschaftssatzungen i n den Universitätssatzungen geregelt, vgl. § 79 Abs. 1 S. 2 der Satzung der Universität Bonn, § 107 Abs. 2 der Satzung der Universität Bielefeld. 223 §63 Abs. 1 S. 2 BaWüHschG; §§60 Abs. 2 S. 4, 59 Abs. 3 H a m b U n i G ; § 36 Abs. 1 Nr. 6 HessHschG; § 16 Abs. 3 NSOrgG Oldenburg u n d Osnabrück; §76 S. 2 RhPfHschG; §71 Abs. 2 S. 2 SaarlUniG. 224 § 63 Abs. 2 S. 2 BaWüHschG; § 61 Abs. 1 H a m b U n i G ; § 33 Abs. 3 HessHschG; § 75 Abs. 2 S. 1 RhPfHschG.
3.
Abschnitt
Zusammenfassung § 7 Schlußbetrachtung Eine zusammenfassende Betrachtung der heutigen Staatsaufsicht über die wissenschaftlichen Hochschulen ergibt das folgende Bild. A. Standort der heutigen Hochschulaufsicht Von der alten, umfassenden, landesherrlichen „Direktions-Aufsicht" des 18. Jahrhunderts sind voneinander unabhängige Teile übriggeblieben. Kluge nennt neben der Rechtsaufsicht einschließlich der staatlichen Genehmigungsvorbehalte noch die parlamentarische Hochschulgesetzgebung, die allgemeine Hochschulverwaltungstätigkeit einschließlich Berufungsrecht und Disziplinaraufsicht sowie die Etathoheit m i t einer mehr oder weniger ausgeprägten staatlichen (Auftrags-)verwaltung i n den Wirtschafts- und Personalangelegenheiten 1 . Eine diese Teilgebiete zusammenfügende Klammer, wie sie etwa i m 18. Jahrhundert i n der Person des Landesherrn m i t seinem Ministerium zu sehen war, existiert nicht mehr. Als staatliche „Aufsicht" i m eigentlichen Sinne ist nur noch die hier eingehender untersuchte Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule anzusehen. Die Zurückführung einer umfassenden Direktorialaufsicht hin zur reinen Rechtsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule ist einhergegangen m i t deren Emanzipierung von staatlicher Bevormundung. Die freiheitliche Hochschulverfassung m i t ihren Strukturelementen korporative Rechtsnatur, Autonomie und Recht auf eigenverantwortliche akademische Selbstverwaltung, hat das Verhältnis Staat — wissenschaftliche Hochschule umgewandelt und neu bestimmt. I m Verlauf der Arbeit ist zu zeigen versucht worden, i n welchem Umfang es der Universität nach 1945 gelungen ist, ihr Sachgebiet Wissenschaft eigenständig und frei vom Staat zu organisieren und zu verwalten 2 . Legt man wiederum den Distanzgedanken als Maßstab an, ist die ι Kluge, S. 250.
2
Ihre Abhängigkeit vom staatlichen Geldgeber soll dabei nicht geleugnet werden.
B. Hochschulaufsiçht u n d Hochschulreform
237
wissenschaftliche Hochschule frei und muß sich der Staat jeglichen über das M i t t e l der Staatsaufsicht ausgeübten Leitungseinflusses enthalten 3 . Wenn weiterhin die Staatsaufsicht über die Universitäten auf die Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt ist und allenfalls i n gewissen, genau abgrenzbaren Einzelfällen der Funktionssicherung und der Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit und des Friedens an der Hochschule dient, hat sie gleichzeitig ihre Tauglichkeit für den Staat eingebüßt, mit ihrer Hilfe darüber hinausgehende hochschulbezogene Staatszwecke zu verfolgen. Sie ist kein M i t t e l mehr zur Durchsetzung einer bestimmten Hochschulpolitik oder zur Erreichung bestimmter Hochschulreformmaßnahmen. B. Hochschulaufsicht und Hochschulreform. Die Bedeutung der Hochschulgesetzgebung I m Gegensatz zu diesen Erkenntnissen, die i m Bereich der staatlichen Rechtsaufsicht dem Staat kaum Einflußmöglichkeiten auf die wissenschaftlichen Hochschulen lassen, scheint eine Analyse der gegenwärtigen Zustände zu ergeben, daß umgekehrt das Bestreben des Staates, die Universitäten i n Pflicht zu nehmen, groß ist, ja daß bereits eine vor einigen Jahren noch schwer vorstellbare staatliche „Reglementierung" der wissenschaftlichen Hochschulen gelungen ist. Die vielfach geschilderte, beklagte und m i t HeilungsvorSchlägen bedachte „Krise" der deutschen Universität 4 hat zur Folge gehabt, daß deren verbürgte Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit i n Zweifel gezogen wurden und der Staat zum Retter aus dieser „Misere" sowohl gerufen wurde als auch sich selbst berief. Von einer Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Hochschule vom Staat, wie sie i n dieser Untersuchung über die Hochschulaufsicht behauptet wurde, scheint offenbar keine Rede mehr zu sein. Solche Widersprüchlichkeit bedarf der Erklärung. Die deutschen Universitäten, 1945 i m wesentlichen nach Weimarer Modell restituiert, haben nach dem Kriege eine Epoche des Wiederaufbaus, des Ausbaus und vor allem der Ruhe erlebt, die begleitet 3 Dieser Einfluß kann nicht etwa über den der absolutistischen Aufsicht so vertrauten Fürsorgegedanken eingeführt werden. Dieser Gedanke ist dem Begriff der modernen Rechtsauf sieht fremd; staatliche Fürsorge für die wissenschaftlichen Hochschulen ist heute eine „Selbstverständlichkeit", Köttgen, Universitätsrecht, S. 199. A r t . 60 Abs. 1 der LVerf. Hessen formuliert denn auch, daß die Universitäten „den Schutz des Staates genießen und unter seiner Aufsicht stehen". Fürsorge u n d Aufsicht sind getrennt. 4 Die F l u t der L i t e r a t u r zu diesem Thema ist unübersehbar. Sie umfaßt Stellungnahmen aus allen staatlichen, politischen, gesellschaftlichen und hochschulischen Instanzen u n d Gruppierungen. U m sich nicht dem V o r w u r f der Parteilichkeit auszusetzen verzichtet der Verfasser auf jedes Zitat.
238
§7 Schlußbetrachtung
w a r von einem gelösten Verhältnis zum Staat und gekennzeichnet von der oben geschilderten rechtlichen Selbständigkeit der Hochschulen. Schwierigkeiten u n d ein latentes Reformbedürfnis der Universitäten wurden erst m i t dem Ausbruch der Studentenunruhen, etwa seit M i t t e 1967, einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, die sich seitdem m i t den universitären Nöten konfrontiert sieht. Begleitet von dauernden Unruhen ist eine auf Abhilfe sinnende Hochschulreformdiskussion i n Gang gekommen, die erste Erfolge gezeitigt hat. M i t i m wesentlichen drei Gruppen von Maßnahmen hat dabei der Staat tief i n das bisher von i h m unangetastete Eigenleben der Universitäten eingegriffen und seine Distanz zu ihnen verkürzt. Z u m ersten wurde auf die studentischen Unruhen u n d auf die Störungen des Universitätsbetriebes neben der Aufsicht m i t dem Einsatz eines neuen Ordnungsrechts reagiert, dessen Durchsetzung freilich zweifelhaft geblieben ist 5 . Z u m zweiten hat der Staat durch gesetzgeberischen Eingriff die Hochschulreform, zumindest die Organisationsreform, von sich aus i n Gang gebracht. Durch Einführung der sogenannten „Mitbestimmung" der wissenschaftlichen Mitarbeiter, Studenten u n d anderen Angehörigen i n den akademischen Entscheidungsgremien der Hochschule sind i n einem bisher unbekannten Maße 6 überkommene u n d bis dahin unangetastete Verantwortungsbereiche neu definiert worden. E i n Rahmengesetz des Bundes soll bundeseinheitlich Reformgrundsätze festlegen. Z u m dritten wurde sich der Staat eindringlich der oben bereits geschilderten Probleme einer überfüllten Universität, der Unübersichtlichkeit der universitären Ausbildung u n d der Überlastung der akademischen Selbstverwaltungsorgane bewußt u n d hat hier, vom Hochschulneubau angefangen, durch Gesamtplanung u n d großzügigere Mittelausstattung zu helfen versucht. Das w a r verbunden m i t dem verständlichen Anspruch auf Mitbestimmung u n d M i t w i r k u n g ; ihre finanzielle Abhängigkeit schmälert die Eigenverantwortlichkeit der Universität mehr und mehr. Das neue Verhältnis Staat — Universität w i r d also bestimmt durch Ordnungsgesetz, Hochschulgesetz, Etatgesetz, nicht durch die Aufsicht. Seit den Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts u n d den vereinzelt gebliebenen Universitätsgesetzen der Stadtstaaten, wie etwa dem Hamburger v o n 19217, ist i n Ländern der Bundesrepublik 5 Vgl. Staatsvertrag der Ministerpräsidenten der Länder vom 27. 3.1969, abgedruckt i n Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 96 vom 25. 4.1969, S. 12. Der Vertrag ist allerdings nur von der Freien und Hansestadt Hamburg ratifiziert worden. Ins Detail gehende Ordnungsvorschriften enthalten die Hochschulgesetze von Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg und Schleswig-Holstein. 6 Die Rechtslage, die seit 1948 an der Freien Universität Berlin herrschte, war ohne Nachahmung geblieben. 7 Gesetz vom 4. 2.1921, GVB1., S. 65, außer K r a f t gesetzt durch das neue Hamburger UniG.
Β . Hochschulaufsicht u n d Hochschulreform
239
Deutschland erstmalig wieder Hochschulrecht unterhalb der Verfassungsebene kodifiziert worden. Der Staat greift zu diesem Mittel, weil es seine Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten gegenüber einer Rechtsaufsicht entscheidend vermehrt. Der generell-abstrakte Charakter der Hochschulgesetze macht die für erforderlich gehaltene landeseinheitliche Regelung möglich; ihr parlamentarisches Zustandekommen vermag Änderungseingriffe i n die universitäre Autonomie zu legitimieren und berücksichtigt die i m Lande vorhandenen Ansichten der gesellschaftlichen und politischen Kräfte zur Hochschulpolitik; zuletzt nehmen sie den Universitäten, indem sie diese zu gesetzeskonformen Satzungsänderungen zwingen, die Hochschulreform aus der Hand. Hierzu wäre eine staatliche Rechtsauf sieht nicht i n der Lage. Hochschulreform ist es gerade, die der Staat durch sein Hochschulgesetz betreiben w i l l und betreiben kann, beeinträchtigt er nur nicht die durch die Verfassungen vorgegebenen Grenzen des Freiheitsraums der wissenschaftlichen Hochschule. Diese Grenzen hat der Hochschulgesetzgeber jedoch in der Regel eingehalten. Die den wissenschaftlichen Hochschulen zugestandene Korporationsverfassung, Forschungs- und Lehrfreiheit, Autonomie und akademische Selbstverwaltung sind in ihrem Kern bisher nicht angetastet worden. Eine neuen Zielen verpflichtete Hochsdiulpolitik und -reform durch staatliches Gesetz bleibt auch bei tiefgreifenden Eingriffen i n die bisherige Universitätsstruktur möglich, ohne daß die freiheitliche Ausübung von Wissenschaft gefährdet sein muß. Gegen gesetzgeberische Mißgriffe kann die betroffene Universität oder ihr betroffenes Mitglied den Schutz der Gerichte i n Anspruch nehmen. Wieder ist jedenfalls eine Epoche der Universitätsreform angebrochen, i n der der Staat und nicht die Universität selbst die Initiative ergriffen hat, eine Beobachtung, die i m Verlauf der Universitätsgeschichte immer wieder gemacht werden konnte 8 . Abschließend ist festzustellen, daß die Staatsaufsicht über die wissenschaftliche Hochschule i n ihrer Beschränkung auf die Rechtsauf sieht zwar noch Beobachtungs-, Kontroll- und gelegentlich auch Funktionssicherungsmittel ist, nicht mehr aber — wie i n der Geschichte — dazu dienen kann, Ziele staatlicher Hochschullenkung und Hochschulreform durchzusetzen. Diese findet durch demokratisch legitimiertes Gesetz und ständige Novellierung dieses Gesetzes statt. Innerhalb der dort ausgesprochenen Zielvorstellungen des Staates haben die wissenschaft8 Der Rektor der Universität Göttingen klagte i m WS 1968/69 angesichts der erfolgreichen Obstruktion der Studentenschaft gegen alle Reformbemühungen an dieser Universität, daß „der Versuch der letzten größeren deutschen Universität, aus eigenen K r ä f t e n eine zeitgemäße Hochschulreform zustandezubringen, gescheitert" sei, u n d stellte sich die Frage, ob man nicht jetzt eine „ B a n k r o t t e r k l ä r u n g " abgeben u n d ein „Hochschulgesetz vom Parlament annehmen solle", zitiert nach Frankfurter Allgemeine Zeitung v o m 16.12.1968, S. 5.
240
§7 Schlußbetrachtung
liehen Hochschulen und ihre Glieder nach wie vor volle autonome Gestaltungsfreiheit und das Recht, ihre akademischen Angelegenheiten eigenverantwortlich zu organisieren und zu gestalten. Die Aufsicht des Staates überwacht lediglich die Gesetz- und Rechtmäßigkeit ihres Tuns. Insoweit hat die deutsche wissenschaftliche Hochschule die nach 1945 errungene und ihr Wesen verbürgende Unabhängigkeit bewahrt.
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i)
Rheinland-Pfalz Landesgesetz über die wissenschaftlichen Hochschulen i n RheinlandPfalz (Hochschulgesetz — HochSchG) v o m 22. Dezember 1970, GVB1. 1971, S.5 — RhPfHschG —
j) Saarland Gesetz Nr. 917 über die Hochschule des Saarlandes v o m 29. A p r i l 1970, A B l . 1970, S. 510, geändert durch Gesetz v o m 7. J u l i 1971, A B l . 1971, S. 506 — SaarlHschG — Saarländisches Universitätsgesetz v o m 7. J u l i 1971, A B l . 1971, S. 506 — SaarlUniG — k)
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2.
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Bremen Vorläufige Universitätsverfassung der Universität Bremen v o m 27. M a i 1972, A B l . 1972, S. 361, bestätigt v o m Senat am 20. J u n i 1972, A B l . 1972, S. 374
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