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German Pages 285 Year 2012
Beiträge zum Parlamentsrecht Band 72
Die Sonderbeiträge von Abgeordneten an Partei und Fraktion Von
Christoph Lontzek
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTOPH LONTZEK
Die Sonderbeiträge von Abgeordneten an Partei und Fraktion
Beiträge zum Parlamentsrecht Band 72
Die Sonderbeiträge von Abgeordneten an Partei und Fraktion
Von
Christoph Lontzek
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover hat diese Arbeit im Jahre 2011 als Dissertation angenommen.
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Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6674 ISBN 978-3-428-13921-7 (Print) ISBN 978-3-428-53921-5 (E-Book) ISBN 978-3-428-83921-6 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
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Vorwort Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2011/12 von der Juristischen Fakultät der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover als Dissertation angenommen. Literatur, Gesetzgebung und Rechtsprechung konnten bis zum Februar 2012 berücksichtigt werden. Mein Dank gilt zuvorderst meinem Doktorvater Prof. Dr. Hermann Butzer, der mich seit meinem zweiten Studiensemester gefördert und nach meinem ersten Staatsexamen im Wissen um mein politisches Interesse das Thema dieser Arbeit vorgeschlagen und mich bei ihrer Entstehung betreut hat. In unseren häufigen Diskussionen hat er viele wertvolle Anregungen gegeben. Außerdem wusste er mich stets zu ermutigen, wenn der erfolgreiche Abschluss noch so fern erschien. Schließlich hat er durch seine Art der Lehrstuhlführung dafür gesorgt, dass mir neben meiner Tätigkeit genug Zeit zum Promovieren blieb. Dank schulde ich ferner Prof. Dr. Volker Epping, der das Zweitgutachten erstellte und mit einigen gezielten Anregungen nochmals zu einer Abrundung der Arbeit vor Drucklegung beitrug. Weiterhin danke ich meinen Kollegen Torsten Soffner, Aaron Bogan und AnnChristin Badtke, die mir als Mitdoktoranden Diskussionspartner und Motivationshilfe zugleich waren und mit denen ich eine schöne Zeit am Lehrstuhl verbringen durfte, sowie Gabriele Behmann, die für uns alle stets interessiert und hilfsbereit war und ist. Ich bedanke mich zudem bei meinen Freunden, die mich während der Entstehung dieser Arbeit begleitet haben und damit eine wichtige Säule waren. Besonderer Dank gilt meinen Eltern und meinem Bruder, die mir auf meinem Weg stets vertrauen und auf die ich mich immer verlassen kann. Vor allem aber danke ich Anke für – alles. Burgwedel, im Juni 2012
Christoph Lontzek
Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 B. Überblick zum Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 I. Relevante Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . 18 II. Diskussionsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 C. Eingrenzung der Untersuchung auf Sonderbeiträge von Abgeordneten . . . . . . . . . 23 I. Der Unterschied zwischen den rechtlichen Status der Abgeordneten und der kommunalen Mandatsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Folgen des Unterschieds für die Bedeutung der rechtlichen Probleme . . . . . . 26 III. Übertragbarkeit einzelner Ergebnisse auf die Kommunalebene . . . . . . . . . . . . 27 D. Partielle Einbeziehung der Abgeordneten des Europäischen Parlaments . . . . . . . . 28 E. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 § 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge . . 31 I. Historische Tradition der Mandatsträgerbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Regelungen aus der Zeit von 1871 bis 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Regelungen ab 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Umfang der Mandatsträgerbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Anteil der Mandatsträgerbeiträge an den Parteienhaushalten . . . . . . . . . . . 39 2. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Bundestagsabgeordneten . . . . . . . . . . 43 3. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten des Europäischen Parlaments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Landtagsabgeordneten . . . . . . . . . . . 48
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Inhaltsverzeichnis 5. Exkurs: Sonderregelungen der Grünen bis zum Jahre 2000 . . . . . . . . . . . . 49 III. Mandatsträgerbeiträge im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 1. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Luxemburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 4. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5. Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 6. Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 IV. Einfachrechtliche Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . 59 1. Verhältnis zwischen Partei und Parteimitglied . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 2. Rechtliche Verpflichtung zur Beitragszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Einschlägige Vorschriften des Parteiengesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 b) Satzungen und Finanzordnungen der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) CDU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 cc) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 dd) Bündnis 90/Die Grünen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 ee) Die Linke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 ff) FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 c) Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3. Einfachrechtliche Verbote der Beitragszahlung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 a) § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Mandatsträgerbeiträgen? . . . . . . . 68 aa) „Zuwendungen“ im Sinne des § 27 Abs. 2 NdsAbgG . . . . . . . . . . . 69 bb) Zuwendungen „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ . . . . . . . . . . . . . . . . 70 cc) Der Wille des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 b) Ungeeignetheit der Vorschrift als eindeutiges Verbot . . . . . . . . . . . . . . . 76 B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten. 77 I. Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Urteil vom 5. November 1975 („Diätenurteil“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Beschluss vom 19. Mai 1982 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
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c) Urteil vom 14. Juli 1986 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 d) Urteil vom 9. April 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 e) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. Streitstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 3. Beurteilungen der Sachverständigenkommissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 a) Die Fürst-Kommission von 1983 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 b) Die Sendler-Kommission von 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 c) Die v. Wedel-Kommission von 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Verfassungsrechtliche Maßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Maßstab auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Maßstäbe auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 a) Das freie Mandat des Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Gebot der angemessenen Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 c) Rechte und Pflichten der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 d) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Maßstab auf unionaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4. Auswirkungen einer möglichen Verfassungswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Vereinbarkeit der Mandatsträgerbeiträge mit dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . 104 1. Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Schutzbereich des freien Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Sachliche Grenzen des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Zeitliche Grenzen der Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Vereinbarkeit mit dem Abgeordnetenbild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 aa) Das Abgeordnetenbild in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 bb) Das Abgeordnetenbild in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 cc) Konsequenzen für die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge . . . . . . . 115 2. Vereinbarkeit mit dem Gebot der angemessenen Entschädigung . . . . . . . . 116 a) Primäre Gewährleistungen des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Das Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Anspruch auf eine angemessene Entschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . 117
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Inhaltsverzeichnis cc) Verbot der Einrechnung in die Diäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (1) Bemessung der Diäten auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 (2) Bemessung der Diäten auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (3) Keine Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung der Sonderbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (4) Konsequenzen im Falle des Nachweises der Einrechnung . . . . . 126 b) Erweiterung des Schutzbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 aa) Sinn und Zweck des Entschädigungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . 127 bb) Auswirkungen des Telos auf den Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . 128 (1) Allgemeiner Schutz des Einkommens des Abgeordneten . . . . . 129 (2) Schutz des Abgeordnetenvermögens vor Forderungen der Partei 132 (a) Verbot der Mandatsträgerbeiträge durch Art. 48 GG nicht geboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (b) Begrenzung der Mandatsträgerbeiträge als angemessener Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 c) Erste Ausnahme: Landtagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 d) Zweite Ausnahme: Deutsche Abgeordnete des Europäischen Parlaments 141 3. Vereinbarkeit mit dem Gebot der Staatsfreiheit der Parteien und dem Gebot der Chancengleichheit der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Verfassungsrechtliche Grundlagen und Gewährleistungen der Gebote . . 142 b) Konsequenzen für die Erhebung und Zahlung der Mandatsträgerbeiträge 144 aa) Verbot der Beitragserhebung für die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) Verbot der Abführung von Diäten an die Parteien . . . . . . . . . . . . . . 145 cc) Verbot der Einrechnung in die Diäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Exkurs: Konsequenzen für die staatliche Teilfinanzierung der Parteien . 149 aa) Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der staatlichen Teilfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (1) Unmittelbare staatliche Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (2) Mittelbare staatliche Parteienfinanzierung nach §§ 10b Abs. 2, 34g EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 bb) Zulässige staatliche Parteienfinanzierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 (1) Verteilungskriterien für die verfügbaren staatlichen Mittel . . . . 152 (2) Mittelbare Parteienfinanzierung durch staatlichen Steuerverzicht 153
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cc) Verfassungsrechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (1) Verfassungswidrigkeit der Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge im Rahmen des § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (2) Verfassungswidrigkeit der Begünstigungsgrenzen der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (3) Verfassungswidrigkeit des Förderungshöchstbetrages in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 4. Vereinbarkeit mit dem Gebot der innerparteilichen Demokratie . . . . . . . . . 164 a) Grundsatz der Gleichbehandlung aller Parteimitglieder . . . . . . . . . . . . . 164 aa) Ableitung aus den Grundrechten der Parteimitglieder . . . . . . . . . . . 164 (1) Unmittelbare Geltung politischer Grundrechte im innerparteilichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (2) Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf den innerparteilichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 bb) Ausstrahlungswirkung des Gebots innerparteilicher Demokratie auf den innerparteilichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 b) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung . . . . . . . 172 IV. Kritische Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 1. Grundsätzliche Verfassungskonformität der Mandatsträgerbeiträge . . . . . . 175 2. Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Verfassungswidrigkeit der Berücksichtigung bei der staatlichen Parteienfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 4. Rechtspolitische Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Parteifinanzierungsverbot für Abgeordnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Deckelung aller Leistungen eines Abgeordneten an seine Partei . . . . . . 185 c) Verbot der Normierung der Mandatsträgerbeiträge in den Parteisatzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 d) Erhöhung der Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 § 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge . . . . . . 190 I. Historische Tradition der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 1. Regelungen aus der Zeit von 1848 bis 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 2. Regelungen ab 1949 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193
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Inhaltsverzeichnis II. Umfang der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Mangelnde Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . 196 2. Höhe der Fraktionsbeiträge von Bundestagsabgeordneten . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Höhe der Fraktionsbeiträge von Landtagsabgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . 205 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 III. Einfachrechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Verhältnis zwischen Fraktionsmitglied und Fraktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Rechtliche Verpflichtung zur Beitragszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 a) Einschlägige Vorschriften der Abgeordneten- und Fraktionsgesetze . . . 211 b) Geschäftsordnungen der Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Einfachrechtliche Verbote der Beitragszahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 a) § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Fraktionsbeiträgen . . . . . . . . . . . . 217 aa) Fraktionsbeiträge als Leistungen „mit Rücksicht auf das Mandat“ erfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 bb) Gegenleistungen der Fraktionen nur im außerparlamentarischen Bereich denkbar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 (1) Das Problem der Zweckbindung der nicht-staatlichen Mittel der Fraktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (2) Fraktionsbeiträge als gegenleistungslose Zuwendungen verboten 223 b) § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG als Verbot von Fraktionsbeiträgen . . . . . . . . 224 aa) „Zuwendungen“ im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG . . . . . . . . 224 bb) Zuwendungen „Dritter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 cc) Fraktionsbeiträge vom Annahmeverbot erfasst . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 c) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 I. Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 1. Streitstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 2. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Verfassungsrechtliche Maßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 1. Maßstab auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 2. Maßstäbe auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233
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III. Vereinbarkeit der Fraktionsbeiträge mit dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . 234 1. Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten . . . . . . . . . . . . . . . 234 a) Schutzwirkungen des freien Mandats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 b) Fraktionsbinnenrecht als Grenze des freien Mandats . . . . . . . . . . . . . . . 236 aa) Unzulässiger Fraktionszwang und zulässige Fraktionsdisziplin . . . . 236 bb) Rechtsqualität fraktionsinterner Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Konsequenzen für die Regelungen eines Fraktionsbeitrages . . . . . . 240 2. Vereinbarkeit mit Gebot der angemessenen Entschädigung . . . . . . . . . . . . 242 a) Gewährleistungen des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Konsequenzen für die Erhebung eines Fraktionsbeitrages . . . . . . . . . . . 243 aa) Verbot der Einrechnung in die Diäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 bb) Kein absoluter Schutz gegenüber Forderungen der Fraktion . . . . . . 245 cc) Begrenzung der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 IV. Kritische Auseinandersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 1. Grundsätzliche Verfassungskonformität der Fraktionsbeiträge . . . . . . . . . . 250 2. Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 3. Rechtspolitische Vorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 a) Verbot der privaten Fraktionsfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 b) Keine Normierung in den Geschäftsordnungen und kein Beschluss . . . . 256 c) Erhöhung der Transparenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 § 4 Zusammenfassung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
§ 1 Einleitung In der deutschen Öffentlichkeit wird vielfach über den Sinn und das Ausmaß der staatlichen Partei- und Fraktionsfinanzierung diskutiert. Ebenso ist der wissenschaftliche Diskurs um die Partei- und Fraktionsfinanzierung geprägt von Beiträgen zum staatlichen Anteil an dieser Finanzierung. Angesichts des Umstands, dass die Regelung der Höhe und der Modalitäten der staatlichen Finanzierung in den Händen der Parlamente liegt, die nahezu ausnahmslos aus Partei- und Fraktionsmitgliedern bestehen, wird in diesem Zusammenhang häufig kritisch vom selbstbegünstigenden „Griff in die Staatskasse“ gesprochen. Darüber hinaus rückte durch die „Spendenskandale“1 der letzten Jahrzehnte die Parteifinanzierung über umfangreiche Spenden mehr und mehr in den Fokus. Dies verstellt oftmals die Sicht auf das dritte große Standbein der Parteien- und Fraktionsfinanzierung: Die Finanzierung durch die Mitglieder. Diese originäre Form der Parteien- und Fraktionsfinanzierung wird vor allem in der Öffentlichkeit weitgehend als unproblematisch wahrgenommen. Sie berührt (scheinbar) weder Steuergelder wie im Falle der staatlichen Parteienund Fraktionsfinanzierung, noch geht von ihr die Gefahr der Fremdbeeinflussung der Politik aus wie im Falle von Großspenden. Negative Auswirkungen drohen nicht für die Allgemeinheit, sondern allenfalls für die Geldbeutel der Mitglieder. Und die haben sich ihren Verpflichtungen nun einmal freiwillig unterworfen. So weit, so unbedenklich – so scheint es. Die folgende Untersuchung wendet sich einem Teilbereich der Mitgliederfinanzierung politischer Parteien und Fraktionen zu, auf den dieses Unbedenklichkeitsurteil nicht ohne Weiteres zutrifft: Die Finanzierung mittels Mandatsträgerbzw. Fraktionsbeiträgen. Unter Mandatsträgerbeiträgen sind regelmäßige Geldleistungen zu verstehen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus an seine Partei leistet.2 Ist also ein Parteimitglied bei einer Wahl erfolgreich, so hat er seine Partei für die Dauer seiner Amtszeit durch zu1
Hier ist insbesondere an die Flick-Parteispendenaffäre in den 1980er Jahren und die CDUSpendenaffären in den 1990er Jahren zu denken. Zuletzt gerieten Anfang 2010 die FDP und die CSU aufgrund der Entgegennahme der sog. Mövenpick-Spenden in die Schlagzeilen. 2 So die Legaldefinition in § 27 Abs. 1 S. 2 PartG. In der Literatur werden synonym auch die Begriffe „Mandatsträgerabgaben“ oder „Parteisteuern“ verwandt. Die Parteien sprechen in ihren Satzungen hingegen meist allgemeiner von „Sonderbeiträgen“ und fassen darunter zusätzlich noch die sog. Amtsträgerbeiträge. Amtsträgerbeiträge sind Sonderbeiträge von Parteimitgliedern, die bezahlte Ämter bekleiden, die keine öffentlichen Wahlämter sind (z. B. Parlamentspräsidenten, Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer, Regierungsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretäre, Aufsichtsratsmitglieder, Verwaltungsratsmitglieder, Beiratsmitglieder).
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§ 1 Einleitung
sätzliche Beiträge zu unterstützen. Erzielt er gar mehrere Ämter, so kumulieren sich seine Sonderbeiträge an die Partei. Alle Parteien verlangen derartige Zusatzbeiträge von all ihren Mandatsträgern auf allen Ebenen, von den Abgeordneten des Europäischen Parlaments, des Bundestages und der Länderparlamente ebenso wie von Kreis-, Gemeinde- und Ortsräten sowie Bürgermeistern und Landräten. Hierbei ist die Höhe des Beitrages für den einzelnen Mandatsträger nicht unbeachtlich. Die Bundestagsabgeordneten leisten beispielsweise aktuell je nach Partei zwischen 500 und 1.500 Euro Mandatsträgerbeiträge pro Monat.3 Für die Parteien ist die Finanzierung über die Sonderbeiträge ihrer Mitglieder nicht wegzudenken. Ihr Umfang beträgt bei den im Bundestag vertretenen Parteien derzeit zwischen 6 und knapp 19 Prozent aller Einnahmen.4 Im Verlauf des 20. Jahrhunderts haben sich die Mandatsträgerbeiträge von einem Hilfsfinanzierungsinstrument zur Abfederung von Deckungslücken in den Parteihaushalten zu einem fest etablierten, normierten und in seinem Ausmaß bedeutsamen Bestandteil der Parteienfinanzierung entwickelt. Entgegengesetzt proportional verlief die Entwicklungsgeschichte der Fraktionsbeiträge, zumindest auf Bundes- und Länderebene. Fraktionsbeiträge sind regelmäßige Beiträge, die ein Fraktionsmitglied – zusätzlich zu seinen Mandatsträgerbeiträgen – an seine Fraktion im Parlament oder in einer kommunalen Vertretung zahlt. Die Fraktionsfinanzierung über Fraktionsbeiträge war vor der Einführung der staatlichen Finanzierung der Bundestagsfraktionen im Jahre 1949 bei allen Fraktionen üblich und wurde auch im Anschluss daran noch lange beibehalten. Im Verlauf der letzten drei Jahrzehnte verzichteten sodann immer mehr Landtags- und Bundestagsfraktionen auf die Erhebung eines solchen Beitrages, wenngleich die Option der Beitragserhebung in einigen Fraktionsgeschäftsordnungen nach wie vor erwähnt wird. Bei denjenigen Fraktionen, bei denen noch ein Fraktionsbeitrag gezahlt wird, ist der Stellenwert dieser Finanzierungsform bei weitem nicht mit dem Stellenwert der Mandatsträgerbeiträge für die Parteien vergleichbar. Umfragen zufolge liegt der Beitrag bei einigen Landtagsfraktionen zwischen 20 und 110 Euro im Monat.5 Die Bedeutung der Fraktionsbeiträge nimmt demnach faktisch ab. Die rechtlichen Probleme bleiben aber aktuell. Denn die Historie der Partei- und Fraktionsfinanzierung zeigt, dass die Wiederbelebung der Fraktionsbeiträge bei entsprechender Kassenlage nicht auszuschließen ist.
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Siehe hierzu näher unten unter § 2 A. II. 2. Siehe dazu im Einzelnen unten unter § 2 A. II. 1. Siehe hierzu ausführlich unten unter § 3 A. II. 3.
B. Überblick zum Meinungsstand
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A. Problemaufriss Die mandatsbedingten Sonderbeiträge an Partei und Fraktion sind in mehrerlei Hinsicht rechtlich problematisch. Aus der Perspektive des zahlenden Partei- bzw. Fraktionsmitgliedes stellt sich zuallererst die Frage, ob diese finanzielle Zusatzbelastung wegen eines Wahlerfolgs rechtlich einwandfrei ist. Inhaber öffentlicher Wahlämter erhalten ihr Mandat von ihren Wählern und sollen es frei und unabhängig von Fremdbestimmung, d. h. unter anderem auch frei von Instruktionen ihrer Parteien und Fraktionen, ausüben. Dem scheint es grundsätzlich zu widersprechen, wenn ihnen finanzielle Verpflichtungen auferlegt werden. Weiterhin könnten die Forderungen auf die teilweise Abschöpfung der Entschädigungen der Mandatsträger abzielen. Da die Entschädigung bei den Abgeordneten der Absicherung ihrer Unabhängigkeit dient, könnten die Sonderbeitragsforderungen auch aus diesem Grunde einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Abgeordneten darstellen. In der folgenden Untersuchung soll daher der Frage nachgegangen werden, ob die Sonderbeiträge mit dem rechtlichen Status der Mandatsträger vereinbar sind. Darüber hinaus ist zu erforschen, ob die der Sonderbeitragserhebung inhärente innerparteiliche Ungleichbehandlung der Mandatsträger gegenüber anderen Parteimitgliedern, die kein Mandat innehaben, rechtlich haltbar ist. Aber nicht nur aus der Perspektive der Mandatsträger ergeben sich rechtliche Fragen. Geht man von der nahe liegenden Annahme aus, dass die Sonderbeiträge aus Einkommen bestritten werden, welches den Mandatsträgern von Seiten des Staates zugeflossen ist, dann eröffnen sich einem auch die gemeinwohlorientierten Probleme dieser Zahlungen. Möglicherweise erbringen die Mandatsträger gar kein eigenes finanzielles „Opfer“. Vielleicht werden hier lediglich staatliche Gelder abgerufen, die den Parteien und Fraktionen an der offiziellen staatlichen Partei- und Fraktionsfinanzierung vorbei zugeleitet werden sollen. Diätenerhöhungen erscheinen unter diesem Blickwinkel zugleich als Geldbeschaffungsmaßnahme der Parteien und Fraktionen. Es ist demnach zu untersuchen, ob die Sonderbeiträge nicht gegen die Regelungen über die Partei- und Fraktionsfinanzierung verstoßen.
B. Überblick zum Meinungsstand Die nachfolgende Untersuchung kann auf vorhandenen Studien zum Thema Sonderbeiträge von Abgeordneten aufbauen. Diese befassen sich überwiegend mit den Mandatsträgerbeiträgen. Zur Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge gibt es nur vereinzelte Stellungnahmen. Insgesamt mangelt es bislang jedoch – wie hier schon einmal vorweggenommen werden darf – an einer Untersuchung, die die empirischen und rechtlichen Grundlagen zusammenträgt und die verfassungsrechtlichen Aspekte genauer und umfassend hinterfragt.
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§ 1 Einleitung
I. Relevante Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat über die Zulässigkeit der Mandatsträger- und Fraktionsbeiträge noch nicht explizit entschieden. Es hat jedoch in einigen Entscheidungen6 die Leistungen der Abgeordneten an ihre Parteien und Fraktionen angesprochen und damit Interpretationsspielräume bezüglich seiner grundsätzlichen Haltung zu den Sonderbeiträgen eröffnet. Zunächst hat das Bundesverfassungsgericht in seinem sogenannten Diätenurteil7 vom 5. November 1975 im Rahmen seiner Ausführungen zu den Grundsätzen der Diätenbemessung hervorgehoben, dass die Abgeordnetenentschädigung allein der wirtschaftlichen Absicherung des Abgeordneten dienen solle. „Anderen Zwecken als dem der Unterhaltssicherung, beispielsweise einer Mitfinanzierung der Fraktion oder politischen Partei oder der Beteiligung an Wahlkosten, hat die Entschädigung nicht zu dienen.“8 Dieser Satz kann isoliert betrachtet so verstanden werden, dass das Gericht den Abgeordneten Leistungen aus den bezogenen Diäten an ihre Parteien und Fraktionen untersagen wollte. Im Zusammenhang mit den vorangehenden Ausführungen des Gerichts ist die Passage hingegen nach hier vertretener Ansicht so zu interpretieren, dass Leistungen des Abgeordneten an seine Partei oder Fraktion lediglich bei der Bemessung der Diäten nicht zu berücksichtigen sind. In diese Richtung deutet auch ein Kammerbeschluss9 des Zweiten Senats, der am 19. Mai 1982 erging. Darin stellte das Gericht fest, dass die Leistungen des Abgeordneten an die Fraktion, eine politische Partei oder zur Finanzierung des Wahlkampfes zwar für die Bemessung der Entschädigung nicht zu berücksichtigen seien. Daraus folge jedoch nicht, dass es dem Abgeordneten, der eine nach diesen Grundsätzen bemessene Entschädigung erhalte, verwehrt wäre, aus den empfangenen Mitteln Beiträge oder Spenden an die von ihm unterstützte Partei oder Fraktion zu leisten. Zwar erfolge die Entschädigung aus öffentlichen Mitteln, sie gehe jedoch mit ihrer Leistung in die private Verfügungsgewalt eines jeden Abgeordneten über.10 In seinem Urteil11 vom 14. Juli 1986 hat das Bundesverfassungsgericht diese Linie weiter verfolgt. Es führte aus, dass die Abgeordnetendiäten zwar aus öffentlichen Mitteln stammten. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es sich bei den Beiträgen der Fraktionsmitglieder an die Parteien um Zuwendungen eben dieser 6 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296; BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 = DÖV 1983, 153; BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40; BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. 7 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296. 8 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316). 9 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 = DÖV 1983, 153. 10 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. 11 BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40.
B. Überblick zum Meinungsstand
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Abgeordneten handele.12 Das Gericht hat hiermit die Überlegung der in diesem Verfahren antragstellenden Partei Die Grünen zurückgewiesen, wonach der Abgeordnete mit seinen Sonderbeitragszahlungen staatliche Mittel an die Parteien weiterleite.13 Schließlich sprach das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung14 zur Parteienfinanzierung vom 9. April 1992 die Mandatsträgerbeiträge das erste und bislang einzige Mal wortwörtlich an15, freilich ohne auf deren Zulässigkeit einzugehen.
II. Diskussionsstand in der Literatur Der zentrale Beitrag zu den Mandatsträgerbeiträgen ist eine wissenschaftliche Abhandlung des im Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Niedersächsischen Landtages tätigen Christian Wefelmeier (Zulässigkeit von Mandatsträgerbeiträgen, Niedersächsische Verwaltungsblätter [NdsVBl.] 2003, S. 286 – 294). Er stellt fest, dass die Abgeordneten durch die Erhebung der Mandatsträgerbeiträge eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber den anderen Parteimitgliedern erführen, weshalb die Mandatsträgerbeiträge nicht mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und daher unzulässig seien.16 Darüber hinaus ist das Schrifttum zum Thema Mandatsträgerbeiträge geprägt von zahlreichen kürzeren Anmerkungen Hans Herbert von Arnims, dessen Feststellungen häufig von anderen Autoren17 übernommen werden. von Arnim hält die Mandatsträgerbeiträge für verfassungswidrig und begründet dies hauptsächlich mit den folgenden drei Argumenten: Erstens würden durch die Mandatsträgerbeiträge die Mittel der Abgeordneten verringert, obwohl die Abgeordnetenentschädigung der Finanzierung einer der Bedeutung des Amtes angemessenen Lebensführung dienen solle.18 Zweitens werde auf diese Weise die Abhängigkeit des Abgeordneten von seiner Partei vertieft, obwohl diese mit dem Leistungsanspruch aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG, welcher die Freiheit des Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG in wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht ergänze, gerade verhindert werden solle. Denn bei Verweigerung der Beitragszahlung seien innerparteiliche Sanktionen in Form der Nichtnominierung für die nächste Wahl bis zum Parteiausschluss möglich, was für den Abge12
BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (100). Zu dieser Argumentation der Antragstellerin siehe näher BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (50 f.). 14 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. 15 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (311 f.). 16 Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291 f.). 17 Siehe etwa Drysch, NVwZ 1994, 218 (223); derselbe, DStR 2008, 1217 (1218); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 376; Stober, ZRP 1983, 209 (212). 18 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 122 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315. 13
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ordneten das Ende seiner politischen und in der Regel auch seiner beruflichen Karriere bedeute. Um dies zu verhindern, seien die Abgeordneten gezwungen, die Sonderbeiträge zu leisten.19 Drittens werde das Verbot einer verdeckten Parteienfinanzierung verletzt. Die Beiträge blieben nämlich bei der Bemessung der Diäten, welche die Abgeordneten in eigener Sache festlegten nicht unberücksichtigt, und würden demnach zu einer absichtlichen Überzahlung der Mandatsträger zugunsten der Parteikassen führen.20 Es gibt allerdings auch Vertreter im Schrifttum, die sich den vorgenannten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht anschließen wollen. Sie streichen insbesondere heraus, dass die Abgeordnetenentschädigung ab dem Zeitpunkt, in dem sie in den Besitz des Abgeordneten gelange, uneingeschränkt dem privaten Lebensbereich zuzuordnen sei, innerhalb dessen der Einzelne, mit oder ohne faktische Zwänge, frei darüber verfügen könne.21 Folglich könne sich der Abgeordnete wie jeder andere Bürger durch den Beitritt zu Vereinen verschiedenster Art zur Zahlung von Beiträgen in beliebiger Höhe verpflichten. Seine Unabhängigkeit als Abgeordneter werde dadurch grundsätzlich nicht berührt, sondern allenfalls sein Lebensstandard.22 Dementsprechend sei auch gegen eine aufgrund des freiwilligen Parteibeitritts freiwillig eingegangene Verpflichtung des Abgeordneten zur Leistung eines Mandatsträgerbeitrags nichts zu erinnern.23 Zudem sei der nur mittelbare Bezug zwischen Abgeordnetenentschädigung und Mandatsträgerbeitrag zu vage, um verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Aspekt der gebotenen Staatsferne politischer Parteien zu begegnen.24 Für einige dieser Vertreter ist die Grenze zum Verstoß gegen die Unabhängigkeit des Abgeordneten jedoch dann überschritten, wenn ihm nach der Zahlung seines Mandatsträgerbeitrags nur noch ein so geringer Teil der Abgeord19
von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 121 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071). 20 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316 f.; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); derselbe, ZRP 2007, 223 (224). 21 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6 f.; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; Welti, DÖV 2001, 705 (711). Im Hinblick auf die Ungebundenheit der ausgezahlten Diäten zustimmend auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289). 22 Henkel, DÖV 1977, 350 (354). Ähnlich auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). Eine Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit des Abgeordneten verneinen ausdrücklich ebenfalls Launhardt, MIP 1999, 37 (41 und 44 f.); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288 ff.). 23 Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. 24 Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26.
B. Überblick zum Meinungsstand
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netenentschädigung verbliebe, dass er in finanzielle Not gerate und ihm keine angemessene Lebens- und Amtsführung mehr gestattet sei.25 Ebenso halten es manche Vertreter für verfassungsrechtlich erforderlich, dass der Abgeordnete seine Bezüge zunächst vollumfänglich zur eigenen Verfügung erhalte und sie nicht ganz oder teilweise direkt an die Parteien abgeführt würden.26 Deutlich knapper sind Stellungnahmen zu den Fraktionsbeiträgen. Lediglich Martina Mardini widmet diesem Thema in ihrer Dissertation (Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990) ein Kapitel27. Darin legt sie den Schwerpunkt auf die Vereinbarkeit der Beiträge mit dem freien Mandat.28 Sie kommt zu dem Ergebnis, dass die durch Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Unabhängigkeit des Abgeordneten eine Verpflichtung zur Abgabe eines Fraktionsbeitrages verbiete. Denn die Mandatsausübung werde für Fraktionsmitglieder auf diesem Wege unzulässigerweise an Verpflichtungen gekoppelt, die außerhalb des parlamentarischen Entscheidungsprozesses lägen.29 Die Gegenposition zu Mardini nimmt Sven Hölscheidt in seiner Habilitationsschrift (Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001) ein, in der er sich in einem Unterabschnitt30 mit den Fraktionsbeiträgen befasst. Er vertritt die Auffassung, dass es die Unabhängigkeit des Abgeordneten nicht beeinträchtige, wenn der freiwillig einer Fraktion beigetretene Abgeordnete die freie Entscheidung treffe, der demokratisch herbeigeführten Entscheidung der Fraktion über eine Beitragsleistung nachzukommen.31 Allerdings hält Hölscheidt die Fraktionsbeiträge auch nicht uneingeschränkt für zulässig. Im Anschluss an die entsprechenden Auffassungen zu den Mandatsträgerbeiträgen32 vertritt er die Ansicht, dass sich die Verfassungswidrigkeit der Fraktionsbeiträge aus ihrer Höhe33 oder aus der Art ihrer Zahlung34 ergeben könne. 25
Haverkate, AöR 109 (1984), 460 (463); Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355). 26 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. 27 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, Siebtes Kapitel (S. 138 – 194). 28 Die Vereinbarkeit mit Art. 48 GG wird demgegenüber nur auf zweiten Seiten abgehandelt. Siehe Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 193 f. 29 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 192. 30 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, § 16 (S. 650 – 657). 31 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655 f. 32 Siehe hierzu soeben mit den Nachweisen in Fn. 25 und 26. 33 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 34 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657.
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Im Übrigen werden in der Literatur meist die Argumente wiederholt, die für und wider die Verfassungsmäßigkeit der Mandatsträgerbeiträge sprechen: Auf der einen Seite wird betont, dass die Fraktionsbeiträge die Abgeordnetenentschädigung schmälerten und damit deren unabhängigkeits- und unterhaltssicherndem Zweck zuwiderliefen.35 Zudem würden auch sie bei der Diätenbemessung berücksichtigt.36 Auf der anderen Seite wird hervorgehoben, dass es sich bei den ausgezahlten Diäten um private Mittel handele, über die der Abgeordnete frei verfügen könne.37 Der schlichte Transfer der Argumentation lässt nicht erkennen, dass das Verhältnis zwischen dem fraktionsangehörigen Mandatsträger und seiner Fraktion verfassungsrechtlich anders zu beurteilen ist als das Verhältnis zwischen dem parteiangehörigen Mandatsträger und seiner Partei. Außerdem besteht die Gefahr, die strikte Trennung von Partei- und Fraktionsfinanzierung, die in Deutschland vorgenommen wird, zu missachten. Um derartige Ungenauigkeiten zu vermeiden, werden die beiden Beitragsarten in dieser Untersuchung getrennt voneinander betrachtet. Das Thema der Sonderbeiträge von Abgeordneten ist nach alledem nur lückenhaft abgehandelt. Es besteht insbesondere das Bedürfnis, die rechtlichen und empirischen Grundlagen dieser Beiträge einmal umfangreich zu beleuchten. Diese Betrachtung ist einerseits erforderlich, um die Bedeutung dieser Beitragsform für die Parteien und Fraktionen zu beurteilen. Andererseits ist sie notwendig, um Thesen, die bislang mehr von Vermutungen getragen werden, zu verifizieren oder zu widerlegen. Des Weiteren sind die rechtlichen Stellungnahmen und Begründungen, die vom Schrifttum meistens nur sehr dürftig und mitunter ungenau untermauert werden, auf den Prüfstand zu stellen.
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Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243); derselbe, MIP 1995, 87 (112 f.). 36 Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255. 37 Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 152 f.; Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a; Welti, DÖV 2001, 705 (711).
C. Eingrenzung der Untersuchung auf Sonderbeiträge von Abgeordneten
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C. Eingrenzung der Untersuchung auf Sonderbeiträge von Abgeordneten Unter den Gruppen von Mandatsträgern erbringen die Kommunalvertreter in der Summe unzweifelhaft den Löwenanteil des Aufkommens an Mandatsträgerbeiträgen.38 Dies lässt sich bereits aus ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit schließen. Die rechtlichen Probleme scheinen zudem auf den ersten Blick auf Kommunalebene gleich gelagert zu sein. Dies müsste zumindest für die Mandatsträger in den Kreis-, Gemeinde- und Ortsräten gelten, die den Abgeordneten stark zu ähneln scheinen39, zumal sie ebenfalls noch zusätzlich Fraktionsbeiträge leisten.40 Aus diesen Gründen fiel es schwer, die folgende Untersuchung lediglich auf die Zulässigkeit der Sonderbeiträge von Abgeordneten zu beschränken und die Zulässigkeit der Sonderabgaben kommunaler Mandatsträger unberücksichtigt zu lassen. Die Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands war allerdings erforderlich, weil Abgeordnete und Kommunalvertreter unterschiedliche rechtliche Status innehaben, die einer generalisierenden Betrachtung der Zulässigkeit der Mandatsträger- und Fraktionsbeiträge im Wege stünden (unter I.). Es kommt erschwerend hinzu, dass ein Teil der rechtlichen Fragen, die Sonderbeiträge aufwerfen, überhaupt erst durch die besonderen Rechte der Abgeordneten hervorgerufen, zumindest aber verstärkt werden (unter II.). Soweit es um die Fragen der innerparteilichen Gleichbehandlung und der verschleierten Parteien- und Fraktionsfinanzierung geht, sind die Ergebnisse hingegen auf die kommunale Ebene übertragbar (unter III.).
I. Der Unterschied zwischen den rechtlichen Status der Abgeordneten und der kommunalen Mandatsträger Der rechtliche Status der kommunalen Mandatsträger ist mit dem der Abgeordneten bereits deshalb nicht vergleichbar, weil er nicht verfassungsrechtlich, sondern nur einfachgesetzlich abgesichert ist.41 Zwar wird die Freiheit des Mandats
38 So auch die Einschätzungen in der Wissenschaft. Siehe nur von Arnim, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 135 = BT-Drucks. 12/4425, S. 55. 39 Bei den Bürgermeistern und Landräten sind von vornherein Bedenken gegen die Vergleichbarkeit angebracht. Sie sind zwar ebenfalls Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes und werden in fast allen Ländern direkt vom Volk gewählt. Sie sind aber im Gegensatz zu Abgeordneten nicht Mitglied eines Kollektivorgans und daher nicht Inhaber eines freien Mandats. Stattdessen sind sie Wahlbeamte und unterliegen den Bestimmungen der jeweiligen Beamtengesetze. 40 Zu den Fraktionsbeiträgen auf Kommunalebene siehe Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 382. 41 Nierhaus, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 28 Rn. 18.
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in den Gemeindevertretungen auch aus Art. 28 Abs. 1 GG abgeleitet.42 Dennoch bleibt die konkrete Ausgestaltung der Rechtsstellung der Mitglieder kommunaler Vertretungen Sache des staatlichen Gesetzgebers.43 Das freie Mandat ist demzufolge nur unterverfassungsrechtlich in den Kreis- und Gemeindeordnungen der Länder44 normiert.45 Gleiches gilt für die Entschädigungsansprüche46 der Kommunalvertreter, auf die es hier ebenfalls entscheidend ankäme. Letztere sind darüber hinaus noch nicht einmal verfassungsrechtlich verwurzelt. Da die vorliegende Arbeit verfassungsrechtliche Schwerpunkte setzen will, ist schon aus diesem Grunde eine Fokussierung auf die verfassungsrechtlichen Probleme der Sonderbeiträge von Abgeordneten angezeigt. 42 Das Bundesverwaltungsgericht stellt hierbei vor allem auf Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG ab, wonach das Volk in den Ländern, Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muss, die aus unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Diese Bestimmung übertrage die in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG getroffene Grundentscheidung der Verfassung für die Prinzipien der Volkssouveränität und der Demokratie auf die Ebene der Gemeinden. Daraus folge, dass die Gemeindevertretung die Gemeinde repräsentiere und demnach die Gemeindevertreter nach Maßgabe der Eigenverantwortlichkeit ein freies Mandat hätten. So BVerwG, Urt. v. 27. 3. 1992 – 7 C 20.91, BVerwGE 90, 104 (105). Ebenso bereits Frotscher, ZParl 1976, 494 (496 f.); Zuleeg, JuS 1978, 240 (241). In der Literatur wird teilweise zusätzlich die Homogenitätsklausel des Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG herangezogen, wonach die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den für die Bundesebene angelegten strukturellen Grundsätzen entsprechen muss. Zur verfassungsmäßigen Ordnung in diesem Sinne gehöre auch der Aufbau der Kommunen als organisatorisches Binnengefüge der Länder. Das freie Mandat werde dadurch als wesensmäßiges Kernstück des Repräsentationsprinzips zwingend mittransportiert. Siehe hierzu jeweils mit weiteren Nachweisen Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 203; Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 240 f. 43 BVerfG, Beschl. v. 21. 6. 1988 – 2 BvR 975/83, BVerfGE 78, 344 (348). 44 Siehe zu den Regelungen betreffend das freie Mandat auf Gemeinde- und Ortsebene §§ 32 Abs. 3, 72 GemO BW; §§ 30 Abs. 1, 46 Abs. 5 BbgKVerfG; § 20 VerfBrhv; §§ 35 Abs. 1, 82 Abs. 2 HGO; §§ 23 Abs. 3, 42 Abs. 4 KV M-V; §§ 54 Abs. 1, 91 Abs. 4 NKomVG; § 43 Abs. 1 GO NW; §§ 30 Abs. 1, 75 Abs. 8 GemO RP; §§ 30 Abs. 1, 72 Abs. 4 SaarlKSVG; §§ 35 Abs. 3, 69 Abs. 1 SächsGemO; §§ 42 Abs. 1, 86 Abs. 8 GO LSA; §§ 32 Abs. 1, 46 Abs. 6, 47c Abs. 3 GO SH; § 24 Abs. 1 ThürKO. Das freie Mandat der Mitglieder der Kreistage ist demgegenüber geregelt in § 26 Abs. 3 LKrO BW; §§ 30 Abs. 1, 131 Abs. 1 BbgKVerfG; § 28 Abs. 1 HKO; § 105 Abs. 2 KV M-V; § 54 Abs. 1 NKomVG; § 28 Abs. 1 KrO NW; § 23 Abs. 1 LKO RP; § 157 Abs. 1 SaarlKSVG; § 31 Abs. 3 SächsLKrO; § 31 Abs. 1 LKO LSA; § 27 Abs. 1 KrO SH; § 103 Abs. 1 ThürKO. 45 Vgl. zum freien Mandat der Gemeindevertretungsmitglieder näher auch Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 239 ff.; Nolte, DVBl. 2005, 870 (874 ff.). 46 Siehe zu den Ansprüchen der Mitglieder der Vertretungen auf Gemeinde- und Ortsebene im Einzelnen §§ 19, 72 GemO BW; Art. 20a BayGO; §§ 30 Abs. 4, 45 Abs. 5 BbgKVerfG; § 13 VerfBrhv; § 27 HGO; § 27, 42 Abs. 4 KV M-V; §§ 55 Abs. 1, 91 Abs. 4 NKomVG; §§ 45 f. GO NW; §§ 51, 74 Nr. 14 SaarlKSVG; § 21 SächsGemO; §§ 33, 86 Abs. 8 GO LSA; § 24 GO SH; § 13 ThürKO. Die Entschädigung der Mitglieder der Kreistage ist geregelt in § 15 LKrO BW; Art. 14a LKrO Bay; §§ 30 Abs. 4, 131 Abs. 1 BbgKVerfG; § 28 Abs. 2 HKO i.V.m. § 27 HGO; § 105 Abs. 6 i.V.m. § 27 KV M-V; § 55 Abs. 1 NKomVG; §§ 30 f. KrO NW; § 171 Nr. 14 i.V.m. § 51 SaarlKSVG; § 19 SächsLKrO; § 31 Abs. 5 LKO LSA i.V.m. § 33 GO LSA; § 27 Abs. 3 KrO SH i.V.m. § 24 GO SH; § 95 ThürKO.
C. Eingrenzung der Untersuchung auf Sonderbeiträge von Abgeordneten
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Im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen Abgeordneten und Kommunalvertretern ist außerdem zu bedenken, dass Parlamente und Kommunalvertretungen Organe unterschiedlicher Staatsgewalten sind. Die Parlamente sind Organe der Legislative. Die Gemeindevertretungen sind hingegen keine Parlamente, sondern Organe der Selbstverwaltungskörperschaften. Demnach ist die Rechtssetzungstätigkeit der Gemeinden trotz eines gewissen legislativen Charakters im System der staatlichen Gewaltenteilung dem Bereich der Exekutive und nicht der Legislative zuzuordnen.47 Eine gemeinsame Untersuchung beider Gruppen von Mandatsträgern unterläge immer der Gefahr, diesen unterschiedlichen Ausgangspunkten nicht vollends gerecht zu werden. Neben den formellen Aspekten gibt es darüber hinaus auch materielle Differenzen der rechtlichen Status. Das freie Mandat wird auf kommunaler Ebene durch die Regelungen in den Kreis- und Gemeindeordnungen zwar in vergleichbarer Weise gewährleistet wie auf Bundes- oder Landesebene.48 Jedoch ist das freie Mandat auf kommunaler Ebene durch die Verschwiegenheits- und Treuepflichten sowie Mitwirkungsverbote stärker eingeschränkt. Zudem kennen die Gemeindeordnungen nicht die flankierenden Sicherungen des freien Mandats der Abgeordneten durch Indemnität und Immunität.49 Wenngleich diese Besonderheiten beim vorliegenden Untersuchungsgegenstand im Einzelnen wohl kaum eine Rolle spielten, können sie bei einer generellen Betrachtung des rechtlichen Status der Mandatsträger nicht unberücksichtigt bleiben. Noch deutlicher sind die Unterschiede zwischen Abgeordneten und Kommunalvertretern, wenn man die Regelungen betreffend die finanziellen Entschädigungen miteinander vergleicht. Soweit die kommunalen Mandatsträger keine Bürgermeister oder Landräte sind, haben sie im Gegensatz zu den Abgeordneten keinen Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung im Sinne einer Vollalimentation. Ihr Anspruch beschränkt sich vielmehr auf den Ersatz des Verdienstausfalls und der notwendigen Auslagen (z. B. Fahrt- und Reisekosten) sowie eine Aufwandsentschädigung. Damit sollen finanzielle Nachteile der gemeinwohlorientierten Tätig47
BVerwG, Beschl. v. 7. 9. 1992 – 7 NB 2.92, BVerwGE 90, 359 (362). Siehe auch BVerfG, Beschl. v. 22. 11. 1983 – 2 BvL 25/81, BVerfGE 65, 283 (289); BVerfG, Beschl. v. 21. 6. 1988 – 2 BvR 975/83, BVerfGE 78, 344 (348). Ebenso Dreier, in: derselbe (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 28 Rn. 76; Tettinger/Schwarz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 28 Rn. 80. Für einen Teil der Literatur greift die Zuordnung der Gemeinde zur Verwaltung angesichts der Funktion der Gemeinden im Staatsaufbau zu kurz. Diese Einordnung setze nämlich die Eingliederung in eine hierarchische Struktur und eine mittelbare demokratische Legitimation über die parlamentarische Verantwortlichkeit des Ministers voraus. Wegen deren Fehlens werden die Kommunen stattdessen als dritte Ebene des Bundesstaates beschrieben. Infolgedessen wird den Gemeindevertretungen auch Parlamentsähnlichkeit zugesprochen. Siehe dazu mit weiteren Nachweisen Nolte, DVBl. 2005, 870 (872 ff.). 48 Siehe zu dieser Vergleichbarkeit der Mandatsfreiheit auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene Nolte, DVBl. 2005, 870 (874 ff.). 49 Siehe zu diesen Unterschieden Dreier, in: derselbe (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 28 Rn. 76.
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§ 1 Einleitung
keit ausgeglichen, nicht aber Gewinne erzielt werden.50 Es handelt sich durchweg um (teilweise pauschalierten) Ersatz tatsächlich erlittener finanzieller Benachteiligungen infolge der Wahrnehmung des Mandats, der für einige Berufsgruppen von fingierten Regelungen ausgeht. In keinem Fall aber ist die Alimentierung des Gemeindevertreters im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den staatlichen Parlamentariern beabsichtigt.51
II. Folgen des Unterschieds für die Bedeutung der rechtlichen Probleme Aus diesem beschriebenen Unterschied der rechtlichen Status der Mandatsträger resultieren Unterschiede für die Bedeutung der rechtlichen Probleme der Mandatsträger- und Fraktionsbeiträge. Zunächst einmal kann die berufliche Abhängigkeit von Partei und Fraktion, die den Mandatsträger nach weit verbreiteter Ansicht zur Zahlung der Sonderbeiträge zwingt, bei den kommunalen Mandatsträgern niemals die Qualität erreichen wie bei den Abgeordneten. Die Abhängigkeit eines Mandatsträgers von Partei und Fraktion wird nämlich umso intensiver, je stärker das Mandat zu einem Fulltime-Job wird. Dies ist auf der Gemeindeebene aber nachweislich nicht der Fall.52 Kommunalvertreter üben ihr Mandat in der Regel nebenberuflich aus. Ihre berufliche Zukunft und ihre Versorgung sind nicht mit der Haltung ihrer Partei gegenüber der eigenen Person verknüpft. Lediglich ihr kommunalpolitisches Wirken könnte durch die Nichtleistung der Sonderbeiträge gefährdet werden.53 Eine Ausnahme bilden an dieser Stelle die hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte, die sich aber wiederum nicht auf ein freies Mandat berufen können. Ferner sind die aus dem Entschädigungsanspruch der Abgeordneten resultierenden Bedenken nicht auf die Kommunalebene zu übertragen.54 Angesichts der 50 Ehlers, in: Mann/Püttner (Hrsg.), Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 1, 3. Aufl., 2007, § 21 Rn. 17. 51 Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 377, der jedoch zugleich darauf hinweist, dass in einigen Großstädten die Entschädigungsansprüche der ehrenamtlichen Kommunalvertreter alimentative Züge erreichen. Als Beispiel führt er München und Nürnberg an, wo einem Ratsmitglied ohne Führungsfunktion in den 1980er Jahren über 2.200 DM Aufwandsentschädigung gezahlt wurde, zuzüglich Verdienstausfallentschädigung und Reisekostenvergütung. Zu den strukturellen Unterschieden zwischen den nachteilsausgleichenden Aufwandsentschädigungen für Gemeinderäte und den alimentativen Abgeordnetenentschädigungen ferner SächsOVG, Urt. v. 26. 5. 2009 – 4 A 486/08, NVwZ-RR 2009, 776 (777). 52 Ebenso Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 153. 53 Nur aus diesem Grund wird die Rechtmäßigkeit der Sonderbeiträge auf Kommunalebene ebenfalls in Zweifel gezogen von Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 379. 54 Insoweit übereinstimmend Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 377.
C. Eingrenzung der Untersuchung auf Sonderbeiträge von Abgeordneten
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Tatsache, dass die kommunalen Mandatsträger nicht von den Entschädigungen abhängig sind, kann ihre Unabhängigkeit nicht durch Sonderbeitragsforderungen, die vermeintlich auf einen Teil dieser Entschädigungen abzielen, gefährdet werden. Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der Sonderbeiträge für Kommunalvertreter deutlich geringer ausfällt.55 Die These, dass ein Mandatsträger aufgrund der Sonderbeitragsforderungen in Liquiditätsprobleme komme, mag bei Abgeordneten angesichts der Diätenhöhen schon fragwürdig erscheinen. Bei kommunalen Mandatsträgern ist sie dagegen abwegig. Es könnte lediglich vorgebracht werden, dass die Sonderbeiträge auf Kommunalebene gleichermaßen dem Sinn und Zweck der Entschädigungen widersprechen. Die Entschädigungen sollen nämlich unter anderem die passive Wahlrechtsgleichheit absichern, indem sie einen Verzicht auf die Mandatsübernahme aus finanziellen Gründen verhindern. Treten die finanziellen Nachteile nun trotz der Entschädigungen wegen der Sonderbeitragsforderungen auf, könnten sie ursächlich für einen Mandatsverzicht sein.56 Zuletzt kann der Gedanke, dass Abgeordnete ihre Diäten mit Rücksicht auf ihre Sonderbeiträge erhöht festsetzen, auf kommunaler Ebene nicht zum Tragen kommen. Die Gemeindevertretungen legen die Berechnungsgrundlagen für die Ersatz des Verdienstausfalls und der notwendigen Auslagen sowie ihre Aufwandsentschädigungen nach den Regelungen der Kreis- und Gemeindeordnungen zwar ebenfalls eigenständig fest, und zwar durch Satzung. Im Unterschied zu den Diätenfestsetzungen unterliegt die Beurteilung der Angemessenheit dieser Satzungsregelungen aber im Einzelnen der Rechtsaufsicht der Kommunalaufsichtsbehörden und ist demzufolge sogar gerichtlich überprüfbar. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass unter Berücksichtigung der rechtlichen Unterschiede zwischen Abgeordneten und Kommunalvertretern eine einheitliche Bewertung der Zulässigkeit von Mandatsträger- und Fraktionsbeiträgen nicht möglich ist. Da die Sonderbeiträge von Abgeordneten ein weitaus größeres Konfliktpotential bergen, ist der Untersuchungsgegenstand nachfolgend auf diese Beiträge beschränkt.
III. Übertragbarkeit einzelner Ergebnisse auf die Kommunalebene Die Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes schließt freilich nicht aus, dass einzelne Untersuchungsergebnisse auf Kommunalebene gleichermaßen Geltung beanspruchen können und dementsprechend übertragen werden können. So steht der Einwand, dass mit den Sonderbeiträgen staatliche Gelder an die Parteien und Fraktionen abgeführt würden und es sich um eine verdeckte staatliche Partei- und 55 Zum einen sind die Beträge der Sonderbeiträge auf kommunaler Ebene geringer. Zum anderen zahlen Abgeordnete nicht nur Beiträge an den Bundes- bzw. Landesverband, sondern ebenso an die nachgeordneten Parteigliederungen. 56 Dies klingt an bei Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 379.
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§ 1 Einleitung
Fraktionsfinanzierung handele, hier ebenso im Raum.57 Außerdem könnten die Sonderbeiträge für die kommunalen Mandatsträger genauso eine innerparteiliche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Parteimitgliedern darstellen wie für die Abgeordneten.58
D. Partielle Einbeziehung der Abgeordneten des Europäischen Parlaments Obgleich sich die Untersuchung auf das nationale Verfassungsrecht konzentriert, werden die Abgeordneten des Europäischen Parlaments partiell mit einbezogen. Soweit diese Abgeordneten nämlich Mitglieder deutscher Parteien sind und Sonderbeiträge an deutsche Parteigliederungen leisten, handelt es sich um einen innerdeutschen Sachverhalt, der nach deutschem Verfassungsrecht zu beurteilen ist. In diesem Zusammenhang können die Statusrechte der Abgeordneten, die unionsrechtlich verankert sind, selbstverständlich nicht ungeachtet bleiben. Die Mandatsträgerbeiträge der deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments sind also ebenfalls Teil des Untersuchungsgegenstands. Demgegenüber werden eventuelle Fraktionsbeiträge der Abgeordneten als rein unionaler Sachverhalt nicht berücksichtigt.
E. Gang der Untersuchung Die Untersuchung der Zulässigkeit der mandatsbedingten Sonderbeiträge von Abgeordneten erfolgt getrennt nach Mandatsträgerbeiträgen (unter § 2) und Fraktionsbeiträgen (unter § 3). Zwar sind in beiden Fällen dieselben verfassungsrechtlichen Rechte der Abgeordneten betroffen, sodass ein gewisser Parallelverlauf der Überprüfung der beiden Beitragsformen zu erwarten ist. Aus diesem Grunde wird die Zulässigkeit der Mandatsträger- und Fraktionsbeiträge in der Literatur teilweise einheitlich beurteilt. Diese Vorgehensweise ist jedoch nicht konsequent. Denn eine einheitliche Bewertung läuft immerzu Gefahr, die Trennlinien zwischen Parteien und Fraktionen zu verwischen. Speziell im Bereich ihrer Finanzierung sind Parteien und Fraktionen strikt auseinanderzuhalten. Diese Trennung resultiert aus der unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Verortung der Parteien und der Fraktionen und ihrer unterschiedlichen Funktion im Staatsgefüge. Aus der Perspektive der Parteien 57 Hierauf weist ebenfalls hin Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 380. 58 Ein überschießendes rechtliches Problem allein der Kommunalebene ist gar die Frage, ob parteiangehörige kommunale Mandatsträger durch die Sonderbeitragsforderungen nicht gegenüber Mandatsträgern kommunaler Wählergemeinschaften, die wohl eine solche Sonderbeitragspraxis nicht pflegen, diskriminiert werden. Siehe hierzu Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 379 f.
E. Gang der Untersuchung
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und der Fraktionen werden daher im Rahmen der Prüfung unterschiedliche Verfassungsrechte zu beachten sein. Zur Verdeutlichung dieser Unterschiede, ist eine gesonderte Prüfung der beiden Beitragsarten erforderlich. Neben diesen rechtlichen Aspekten kommt faktisch hinzu, dass die historische Entwicklung der Mandatsträgerbeiträge und der Fraktionsbeiträge entgegengesetzt verlaufen. Auch dieser Umstand wird erst bei einer Trennung nach den beiden Beitragsarten sichtbar. Im Übrigen verläuft die Untersuchung der beiden Beitragsformen weitgehend synchron. Der Untersuchung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit (unter B.) ist jeweils eine Bestandsaufnahme der historischen, empirischen und einfachrechtlichen Grundlagen vorangestellt (unter A.). Diese beginnt mit einer Darstellung der historischen Entwicklung der Beitragsform (unter I.). Sodann wird der aktuelle Umfang der Sonderbeiträge betrachtet, und zwar einerseits anhand ihres Anteils an der Parteien- bzw. Fraktionsfinanzierung und andererseits anhand ihrer Höhe für den einzelnen Abgeordneten (unter II.). Abweichungen vom Gleichlauf beider Grundlagenteile erfolgen im Hinblick auf die Mandatsträgerbeiträge zum einen durch einen Exkurs, in dem die Sonderregelungen der Grünen bis zum Jahre 2000 dargestellt werden (unter § 2 A. II. 5.). Die Partei Bündnis 90/Die Grünen war und ist in der jüngeren Zeit die Partei mit den höchsten Sonderbeitragspflichten. Wenngleich sie sich im Jahre 2000 mit ihren Regelungen den anderen Parteien angenähert hat, können die vorangegangenen Regelungen als Beispiel dafür dienen, wie intensiv man diese Beitragspraxis betreiben kann. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass ihrem Beispiel andere, vornehmlich neu aufstrebende Parteien in Zukunft folgen werden. Zum anderen richtet sich der Blick bei den Mandatsträgerbeiträgen auch in einige andere europäische Staaten, in denen die Parteien ähnliche Sonderbeiträge erheben (unter § 2 A. III.). Da in den europäischen Staaten vielfach nicht so deutlich zwischen Parteien und Fraktionen unterschieden wird wie in Deutschland, war eine vergleichbare Darstellung für die Fraktionsbeiträge nicht möglich. In beiden Hauptabschnitten wiederum gleich schließt sich sodann eine Darlegung der einfachrechtlichen Grundlagen an (unter § 2 A. IV. bzw. § 3 A. III.), die zunächst das rechtliche Verhältnis zwischen Beitragszahler und Beitragsempfänger (unter 1.) und dann die konkreten Rechtssätze aufzeigt, die die Beitragspflichten auslösen (unter 2.). Der Grundlagenteil endet mit der Erörterung zweier unterverfassungsrechtlicher landesrechtlicher Normen, die einer Beitragserhebung möglicherweise entgegenstehen, nämlich § 27 Abs. 2 NdsAbgG im Hinblick auf die Mandatsträgerund Fraktionsbeiträge und § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG in Bezug auf die Fraktionsbeiträge (unter 3.). Dieser letzte Punkt bildet gleichzeitig den Übergang zu den verfassungsrechtlichen Aspekten des Themas, da beide Vorschriften nicht interpretiert werden können, ohne die hinter ihnen stehenden verfassungsrechtlichen Wertungen mit einzubeziehen. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Untersuchung (unter B.) wird zuerst der – soeben bereits überblicksmäßig eingeführte – Stand der Diskussion in Literatur und Rechtsprechung dargestellt (unter I.). Es folgt jeweils eine Erörterung der verfas-
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§ 1 Einleitung
sungsrechtlichen Maßstäbe auf Bundes- und Länderebene sowie im Hinblick auf die Mandatsträgerbeiträge auch auf unionaler Ebene (unter II.). Ein Vergleich der Maßstäbe zeigt, dass die Rechte, die bei der sich anschließenden Überprüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit zu beachten sind, auf allen Ebenen in etwa gleich gewährleistet werden. Aus diesem Grunde kann die Prüfung in der Folge jeweils einheitlich anhand der Normen des Grundgesetzes erfolgen (unter III.). Bei der Bewertung der Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge findet sowohl der verfassungsrechtliche Status der Abgeordneten als auch der verfassungsrechtliche Status der Parteien Beachtung. Diese Beiträge werden überprüft auf ihre Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten (unter 1.), dem Gebot angemessener Entschädigung (unter 2.), den Geboten der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien (unter 3.) sowie dem Gebot der innerparteilichen Demokratie (unter 4.). Dabei wird in einem Exkurs auch die Zulässigkeit der Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien analysiert (unter § 2 B. III. 3. c)). Die Beurteilung der Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge muss einerseits wiederum den verfassungsrechtlichen Status des einzelnen Abgeordneten und andererseits die Position der Fraktionen im Verfassungsgefüge berücksichtigen, die ihrerseits aus dem Status der einzelnen in einer Fraktion zusammengeschlossenen Abgeordneten abgeleitet wird. Die Fraktionsbeiträge werden untersucht auf ihre Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten (unter 1.) und dem Gebot der angemessenen Entschädigung (unter 2.). Bei Letzterem ergeben sich viele Parallelitäten zur Prüfung der Mandatsträgerbeiträge, sodass weitläufig auf diese Prüfung verwiesen werden kann, um Wiederholungen zu vermeiden. Zum Abschluss erfolgt jeweils eine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten für und wider die Verfassungsmäßigkeit der Sonderbeiträge (unter IV.). Dabei werden nicht nur verfassungsrechtlich gebotene Maßnahmen, sondern auch rechtspolitisch erwägenswerte Vorschläge erörtert.
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge I. Historische Tradition der Mandatsträgerbeiträge Die Praxis der Parteien, von ihren Mandatsträgern finanzielle Sonderbeiträge einzufordern, hat in Deutschland eine weit zurückreichende Tradition. Die Sozialdemokratie hat eine derartige Abgabepflicht bereits im Kaiserreich eingeführt. Weitere, vornehmlich kleinere Parteien folgten in der Weimarer Republik.1 Die liberalen, mitte-rechten und rechten Parteien begannen hingegen zum Teil erst in den 1960er Jahren mit der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen. 1. Regelungen aus der Zeit von 1871 bis 1949 Historisch betrachtet ist die Erhebung von Sonderbeiträgen durch die Parteien eine Folge des Umstands, dass die Abgeordneten im Deutschen Reich zunächst keine Diäten aus der Staatskasse bezogen.2 Nach Art. 32 der Reichsverfassung, dem sogenannten „Unentgeltlichkeitsartikel“, durften nämlich „die Mitglieder des Reichstags als solche keine Besoldung oder Entschädigung beziehen“. Mit dieser Regelung wollte Bismarck zum einen auf Diäten angewiesene, also nur mit deren Hilfe abkömmliche Personen vom Parlament fernhalten.3 Zum anderen wollte er die Sitzungszeit des Parlaments dadurch verkürzen, dass die Abgeordneten Reise- und Aufenthaltskosten selbst tragen mussten und daher ein Interesse daran hatten, möglichst selten und möglichst kurz zu tagen. Als offizielles Hauptargument brachte er jedoch vor, dass durch die Diätenzahlung die Abgeordneten Berufspolitiker würden und somit ein „gewerbsmäßiger Parlamentarismus“ entstehen könne. Diesen Absichten Bismarcks entsprechend litten unter dem Unentgeltlichkeitsartikel vornehmlich die nicht begüterten Abgeordneten der SPD. Für sie war es schwer, ihre Berufstätigkeit und ihre Parlamentstätigkeit, zu der umfangreiche Vorbereitung für 1
Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 80 f. Klatt, ZParl 1976, 61 (63). 3 Siehe hierzu und zum Folgenden Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 54. Zu den Gründen für den Unentgeltlichkeitsartikel ferner Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 47 ff.; Hatschek, Das Parlamentsrecht des Deutschen Reiches, Bd. I, 1915, S. 609 f.; Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 38. 2
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
die Gesetzgebung sowie das Wirken im Wahlkreis und in der Partei hinzukamen, miteinander zu vereinbaren.4 Um dem entgegenzuwirken, unterstützten die Sozialdemokraten wie auch einige liberale Parteien ihre Abgeordneten durch Privatdiäten aus den Parteikassen.5 Diese Parteien zahlten ihren Abgeordneten zumindest einen geringfügigen Betrag aus, damit die Abgeordneten ihren Aufgaben nachkommen konnten.6 Der Reichstag hatte in der Folgezeit unzählige Male die Einführung der Diäten beschlossen, stieß aber immer wieder auf den Widerstand des Bundesrats.7 Dieser stimmte erst 1906 einem entsprechenden Gesetzentwurf zu, nachdem die Diätenlosigkeit in zunehmendem Maße zur Beschlussunfähigkeit des Parlaments geführt hatte.8 Die Mitglieder des Parlaments erhielten fortan eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von 3.000 Mark jährlich.9 Nun baten die Parteien umgekehrt ihre Mitglieder zur Kasse. Nach Einführung der Diäten aus der Staatskasse erschien es allen Parteien selbstverständlich, durch Einbehalten eines Teils dieser Entschädigung die Parlamentarier zur Finanzierung ihrer Organisation heranzuziehen.10 Das Geld gelangte dabei größtenteils nicht auf direktem Wege in die Parteikassen, sondern es wurde zunächst von den jeweiligen Fraktionen eingezogen und dort
4 Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 56. Siehe auch Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 42. Zu den Argumenten der Befürworter von Entschädigungsleistungen an die Abgeordneten vgl. Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 50 ff. 5 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 42 f.; Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 142 ff.; Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 56 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (63); Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 39; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 63 f.; Molt, Der Reichstag vor der improvisierten Revolution, 1963, S. 44 ff. 6 Daraufhin entstand ein juristischer Streit darüber, ob nach dem Unentgeltlichkeitsartikel Zahlungen von den privatrechtlich organisierten Parteien zulässig waren. Es stellte sich zum einen die Frage, ob sich das Verbot nur auf staatliche oder auch auf private Mittel beziehen würde, und zum anderen die Frage, ob die Annahme von privaten Mitteln seitens eines Abgeordneten strafbar sei und wie sie verhindert werden könne. Siehe dazu Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 57; Molt, Der Reichstag vor der improvisierten Revolution, 1963, S. 45 mit Fn. 17. Zu Prozessen, die wegen des Verstoßes gegen Art. 32 RV gegen sieben Reichstagsabgeordnete geführt wurden, siehe Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 181 ff. 7 Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 57 f. Ausführlich Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 103 ff.; Hatschek, Das Parlamentsrecht des Deutschen Reiches, Bd. I, 1915, S. 610 f. 8 Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 58. Näher Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 247 ff.; Hatschek, Das Parlamentsrecht des Deutschen Reiches, Bd. I, 1915, S. 612 f. Zu den politischen Fehlentwicklungen infolge der Diätenlosigkeit siehe Butzer, ebenda, S. 147 ff. 9 Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 58. 10 Klatt, ZParl 1976, 61 (63).
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen
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teilweise für Fraktionszwecke verwandt und teilweise an die Parteien abgeführt.11 Insoweit handelte es sich bei den Beiträgen der Abgeordneten nach der hier verfolgten Terminologie strenggenommen (noch) nicht um Mandatsträgerbeiträge, sondern um durchgeleitete Fraktionsbeiträge. Vor allem bei der SPD machten die Einnahmen aus weitergeleiteten Fraktionsbeiträgen ihrer Abgeordneten von nun an einen nicht unerheblichen Teil der Gesamteinnahmen der Partei aus.12 Diese Praxis setzte sich in der Weimarer Republik fort. In der Zeit von 1919 bis 1933 ist die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen bzw. die Weiterleitung von Fraktionsbeiträgen der Abgeordneten belegt bei der SPD13, der Wirtschaftspartei14, der Bayerischen Volkspartei15, der Deutschen Demokratischen Partei16, der Deutschen Volkspartei17 und der Zentrumspartei18. Die kommunistische und die natio11 Vgl. Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 43 f.; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 66 ff. 12 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 44. 13 Bei der SPD wurde ein Großteil des Aufkommens an Fraktionsbeiträgen an die Partei weitergeleitet. Ende der 1920er Jahre hatten die sozialdemokratischen Abgeordneten von ihren Diäten, die damals 750 Mark im Monat betrugen, soweit sie in Berlin wohnten, 20 Prozent abzugeben und die Auswärtigen 10 Prozent. Ein Drittel der Einnahmen wurde für das Fraktionsbüro und die übrigen Unkosten der Fraktion verwandt, zwei Drittel flossen aber dem allgemeinen Parteifonds zu. Auf diese Weise kamen im Jahre 1928 von der Reichstagsfraktion 104.000 Mark und von der preußischen Landtagsfraktion 75.500 Mark in die Parteikasse. Siehe Lewinsohn, Das Geld in der Politik, 1930, S. 64 f. 14 Die Abgeordneten der Wirtschaftspartei führten 10 Prozent ihrer Diäten an die Parteikasse ab. Siehe Schumacher, Mittelstandsfront und Republik, 1972, S. 72. 15 Ab 1923 führten die Reichstags- und Landtagsabgeordneten der BVP 10 Prozent ihrer Bezüge an das Generalsekretariat der Partei ab. Siehe Schönhoven, Die Bayerische Volkspartei 1924 – 1932, 1972, S. 83. 16 Die Nationalversammlungsfraktion der DDP einigte sich in ihrer Sitzung vom 14. 10. 1919 darauf, jeden Abgeordneten zu verpflichten, einen monatlichen Mindestbeitrag von 50 Mark von ihrer Aufwandsentschädigung an die Parteikasse abzuführen. Genau denselben Beschluss fasste die preußische Landtagsfraktion am 22. 10. 1919. Siehe dazu Wegner, Linksliberalismus in der Weimarer Republik, 1980, S. 95 mit Fn. 4 und 5 sowie S. 104. Auf dem Hamburger Parteitag der DDP im Jahre 1927 teilte der Schatzmeister der DDP, Hermann Fischer, mit, dass die Partei sich zu 30 Prozent durch die Beiträge der Reichstags- und der preußischen Landtagsfraktion finanzierte. Siehe Stang, Die Deutsche Demokratische Partei in Preußen 1918 – 1933, 1994, S. 36. Zur Höhe der Beiträge der preußischen DDP-Landtagsabgeordneten im Einzelnen siehe auch ebenda, S. 37 f. 17 Der Geschäftsführende Ausschuss der DVP beschloss in seiner Sitzung vom 8. 12. 1927 in Berlin, den Fraktionen des Reichtages und des preußischen Landtages gegenüber den Wunsch zum Ausdruck zu bringen, von der zu erwartenden Diätenerhöhung einen Betrag von je 50 Mark pro Mitglied und Monat an die Zentrale abzuführen. Davon versprach man sich zusätzliche Einnahmen von 4.000 Mark im Monat, um die Finanzen der Partei für den anstehenden Wahlkampf in Ordnung zu bringen. Siehe Kolb/Richter, Nationalliberalismus in der Weimarer Republik, 2. Halbbd., 1999, S. 737 und 742. 18 Beim Zentrum wurden die Sonderbeiträge der Abgeordneten in der Regel von der Fraktion erhoben und dann anteilig oder als einmaliger Sonderzuschuss an das Generalsekretariat der Partei weitergeleitet. So beschloss der Vorstand der Reichstagsfraktion auf seiner
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
nalsozialistische Fraktion führten diese Praxis gar so weit, dass sie die Aufwandsentschädigung für ihre Mitglieder abhoben und ihnen davon nur einen ganz geringen Betrag auszahlten.19 Aus der Zeit des Nationalsozialismus ist dokumentiert, dass die NSDAP die Aufwandsentschädigung bei Abgeordneten, die zugleich hauptamtlich bei der Partei angestellt waren, auf das von Seiten der Partei zu zahlenende Gehalt anrechnete und ihnen nur noch die Differenz auszahlte. Dadurch wurde ein beträchtlicher Teil der Personalkosten auf den Staat abgewälzt.20 Im weiteren Sinne kann diese Methode der Entlastung der Parteikasse ebenfalls als Mandatsträgerbeitrag angesehen werden. 2. Regelungen ab 1949 Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Besatzungszeit wurden die Abgeordneten des Bundestages und der Länderparlamente sehr bald wieder zur Finanzierung ihrer Parteien herangezogen. Einhergehend mit der Einführung von steuerlichen Vergünstigungen für Parteispenden21 und der Entwicklung der staatlichen FraktionsfiSitzung am 15. 12. 1927, dass 55 Prozent des Fraktionsbeitragsaufkommens für die Zwecke des Fraktionsbüros und 45 Prozent für das Generalsekretariat verwendet werden solle. Siehe Morsey, Die Protokolle der Reichstagsfraktion und des Fraktionsvorstands der Deutschen Zentrumspartei 1926 – 1933, 1969, S. 167 und S. 169. Am 6. 3. 1928 wurde beschlossen, zur Finanzierung des anstehenden Wahlkampfes sofort einen Zuschuss in Höhe von 5.000 Mark aus der Fraktionskasse an das Generalsekretariat zu überweisen. Siehe ebenda, S. 193. Zu weiteren derartigen Querfinanzierungen siehe ebenda, S. 551 und 578. Ferner Morsey/Ruppert, Die Protokolle der Reichstagsfraktion der Deutschen Zentrumspartei 1920 – 1925, 1981, S. 387. 19 Siehe Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 81. Ende der 1920er Jahre mussten die kommunistischen Parlamentarier, nach dem Vorbild Sowjetrusslands, ihre gesamten Diäten an die Parteikasse abführen und erhielten von dort das Gehalt eines Parteisekretärs: 450 Mark. Effektiv gaben sie damit von den Diäten in der damaligen Höhe von 750 Mark 40 Prozent an die Partei ab. Siehe Lewinsohn, Das Geld in der Politik, 1930, S. 65. 20 Die Methode wurde in der Partei jedoch nicht ganz einheitlich praktiziert, was für Unmut in Parteikreisen sorgte. Insbesondere Reichstagsabgeordnete, die zugleich höhere Staats- und Kommunalbeamte waren, wurden vielfach nicht von dieser Regelung erfasst. Jegliche Versuche, an dieser Stelle eine einheitliche Regelung zu schaffen, indem man die Anrechnung entweder für alle Abgeordneten abschaffte oder sie auf alle Abgeordneten erstreckte, scheiterten am Widerstand Hitlers. Siehe zu alledem Hubert, Uniformierter Reichstag, 1992, S. 312 f. 21 Sie wurden erstmals eingeführt durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl. I 1954, S. 373). Danach waren Spenden an politische Parteien steuerlich absetzbar, und zwar nach § 10b EStG und § 11 Nr. 5 KStG als „Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke“ bis zur Höhe von zehn Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte eines Einkommensteuerpflichtigen bzw. bis zur Höhe von fünf Prozent des Einkommens eines Körperschaftsteuerpflichten oder jeweils bis zur Höhe von zwei Promille der Summe des gesamten Umsatzes und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter. Diese Regelung wurde jedoch alsbald durch das Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, weil sie einkommensstarke Bürger sowie Parteien, die diese Klientel besonders ansprachen, unzulässig begünstigte. Siehe hierzu BVerfG, Urt. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51. Erst mit dem Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 (BGBl. I 1967, S. 773) wurden
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nanzierung22 setzte sich jetzt immer mehr die praktische Vorgehensweise durch, dass die Abgeordneten ihre Beiträge direkt an die Parteien leisteten oder die Parteien das Geld bei den Parlamentsverwaltungen einzogen. In den 1950er Jahren, als eine staatliche Parteienfinanzierung noch unmöglich erschien, stellten die Mandatsträgerabgaben insbesondere für die kleineren Parteien, wie z. B. die Bayernpartei23, die Kommunistische Partei Deutschlands24, die Zentrumspartei25 und besonders den Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten26, eine bedeutende Einnahmequelle dar.27 Denn diese Parteien konnten aufgrund ihrer geringen Mitgliederzahlen weder ein hohes Aufkommen an regulären Beiträgen noch umfangreiche Spenden verbuchen. Regelmäßige Zusatzbeiträge forderten zu dieser Zeit jedoch nicht allein die kleineren Parteien ein, sondern ebenso die mitgliederstarke Sozialdemokratie28, die sich neben überragenden Beitragseinnahmen auch auf ansehnliche „Werbebeiträ-
steuerliche Vergünstigungen für Beiträge und Spenden an politische Parteien wiedereingeführt. Nach § 10b Abs. 2 EStG waren diese Zahlungen nun bis zu einer Höhe von insgesamt 600 DM und im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zu einer Höhe von insgesamt 1.200 DM im Kalenderjahr abzugsfähig und nach § 11 Nr. 5 KStG bis zu einer Höhe von insgesamt 600 DM im Kalenderjahr. Diese Regelung wurde vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erachtet. Vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 3. 12. 1968 – 2 BvE 1/67, 2 BvE 3/67 und 2 BvE 5/67, BVerfGE 24, 300 (357 ff.). Später wurden die abzugsfähigen Beträge kontinuierlich erhöht. So wurden sie etwa durch das Gesetz zur Änderung und Vereinfachung des Einkommensteuergesetzes und anderer Gesetze vom 28. August 1980 (BGBl. I 1980, 1537) auf 1.800 DM bzw. 3.600 DM verdreifacht. 22 Zur staatlichen Fraktionsfinanzierung nach 1945 siehe ausführlich Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 102 ff. Die stetige Steigerung des Umfangs dieser Finanzierung wird illustriert durch die Tabellen bei Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 278; Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3244 ff.; Schüttemeyer, Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949 – 1997, 1998, S. 49. 23 Vgl. Unger, Die Bayernpartei, 1979, S. 123 ff. 24 Vgl. Kluth, Die KPD in der Bundesrepublik, 1959, S. 87. 25 Vgl. Schmidt, in: Stöss (Hrsg.), Parteien-Handbuch, Bd. I, 1983, S. 1192 (1231). 26 Siehe die Tabelle bei Neumann, Der Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten, 1968, S. 362. Danach machten die Abgaben der Abgeordneten zusammen mit den Sonderabgaben der Minister und Staatssekretäre zu dieser Zeit ungefähr zwei Drittel der Gesamteinnahmen des bayerischen Landesverbandes aus. Für das Rechnungsjahr 1952/53 und das Rechnungsjahr 1954/55 konnte genauer ermittelt werden, dass allein die Einnahmen aus Mandatsträgerbeiträgen etwa ein Drittel der Gesamteinnahmen betrugen. 27 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 259; Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 206; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (423 f.). 28 Bei den Bundestagsabgeordneten erhob die SPD 20 Prozent der Aufwandsentschädigung, d. h. 254 von 1.270 DM. Siehe Dübber, Parteifinanzierung in Deutschland, 1962, S. 25. Ebenso derselbe, Geld und Politik, 1970, S. 36. Siehe ferner Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 260.
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ge“29 von parteieigenen Unternehmungen stützen konnte.30 Die Beiträge stellten eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung für manche SPD-Abgeordneten dar, die oftmals neben der Aufwandsentschädigung über keine weiteren Einkünfte verfügten, anders als die Abgeordneten der liberalen, mitte-rechten und rechten Parteien. In Notfällen stellten deshalb Abgeordnete öfters Anträge auf zeitweiligen Erlass der Sonderabgaben oder auf generelle Kürzung der Beiträge.31 Auch die Parteien mit hohen Spendenaufkommen, die CDU, die CSU und die FDP, scheuten damals vor der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen nicht zurück.32 Die Parteien stießen hier bei vielen Mandatsträgern, die ihre Diäten als erforderliche Entschädigung bzw. persönliches Einkommen betrachteten, auf deutliche Widerstände.33 Dennoch finanzierte die CSU ihre Landesgeschäftsstelle größtenteils über Mandatsträgerbeiträge, teilweise lag das Verhältnis der Einnahmen aus diesen Beiträgen zu normalen Mitgliedsbeiträgen bei 4,5 zu 1.34 Die CDU schöpfte diese Finanzierungsquelle nur zögernd aus und konnte bei ihren Abgeordneten mit Forderungen nach Erhöhung der Sonderabgaben nicht durchdringen.35 Nicht zuletzt deshalb besaß diese Art der Parteienfinanzierung bei der CDU zu Anfang noch keine große Bedeutung.36 Trotz wiederholter Anregungen war es zu einer einheitlichen und verbindlichen Regelung durch die Bundespartei bis 1961 nicht gekommen.37 Dies 29 Hierunter sind Beiträge von Unternehmungen an die Partei zu verstehen, mit denen diese unentgeltliche Dienstleistungen der Organisation wie z. B. die Abonnentenwerbung honorieren. Siehe Dübber, Parteifinanzierung in Deutschland, 1962, S. 26. 30 Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (424). Nähere Angaben zum Beitragsaufkommen und den Erträgen aus den Betrieben im direkten oder indirekten Parteibesitz finden sich bei Dübber, Parteifinanzierung in Deutschland, 1962, S. 24 ff. 31 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 260. 32 Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (424). Hierzu näher Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 262 ff.; Plate, Parteienfinanzierung und Grundgesetz, 1966, S. 45 ff. 33 Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (424). Siehe auch Dübber, Geld und Politik, 1970, S. 36. 34 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 263. Nach § 6 des CSU-Finanzstatuts vom 1. 6. 1957 sollten Bundestagsabgeordnete zu dieser Zeit monatlich 350 DM und Landtagsabgeordnete 130 DM an die Partei abführen. Siehe dazu Plate, Parteienfinanzierung und Grundgesetz, 1966, S. 46 Fn. 9. 35 Dübber, Parteifinanzierung in Deutschland, 1962, S. 25 mit Fn. 162. 36 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 262; Dübber, Parteifinanzierung in Deutschland, 1962, S. 25; Schleth, in: Scheuch/Wildenmann (Hrsg.), Zur Soziologie der Wahl, 1965, S. 215 (237). Für 1963 wurde errechnet, dass die Leistungen der Mandatsträger der SPD 2,7 Millionen, der CDU 0,5 Millionen und der FDP 0,2 Millionen DM einbrachten. Siehe Plate, Parteienfinanzierung und Grundgesetz, 1966, S. 46. 37 In einigen CDU-Landesverbänden war dagegen schon vor 1961 geregelt, dass die Partei einen bestimmten Teil der Aufwandsentschädigung ihrer Landtagsabgeordneten einbehält. Darüber hinaus ließ ein großer Teil der Mandatsträger in Bund, Ländern und Kreisen, wenn auch nicht einer übergeordneten Parteigeschäftsstelle, so doch dem eigenen Kreis- oder Ortsverband bzw. der Wahlkreisgeschäftsstelle einen Sonderbeitrag zukommen. Er lag bei den
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änderte sich aufgrund finanzieller Nöte erst in den 1960er Jahren.38 Auch bei den anderen Parteien trieben die Kassierer die Sonderbeiträge zu dieser Zeit mit größerem Nachdruck ein, um die teils enormen Schulden zu tilgen und um die laufenden Kosten, die vor allem durch zunehmend aufwendigere Wahlkämpfe ständig stiegen, zu decken.39 Es kam hinzu, dass das Bundesverfassungsgericht den Parteien im Jahre 1966 die Finanzierung aus dem Staatshaushalt, die man durch schlichten Ausweis im Haushaltsplan seit 1959 praktiziert hatte40, weitgehend verbot. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts41, die eine teilweise Staatsfinanzierung der gesamten politischen Tätigkeit der Parteien untersagte42 und nur den Ersatz der notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes zuließ43, stürzte die beteiligten Gruppierungen bei unterschiedlichen Wahlkampfschulden in finanzielle Bedrängnis: manche Schrift musste ihr Erscheinen einstellen, sämtliche Geschäftsstellen Bürokosten einsparen, etliche Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz aufgeben, und alle Schatzmeister riefen zu freiwilligen Sonderumlagen für die anstehenden Wahlkämpfe auf.44 In dieser Situation kam der Vorschlag, auf dem Wege über Hilfskräfte, die bei den Abgeordneten einzustellen wären, die Parteiapparate wieder zu besetzen oder über eine Diätenerhöhung und eine gleichzeitige Erhöhung der Parteibeiträge einen Teil der allgemeinen Parteiausgaben auf die Abgeordneten zu verlagern.45
CDU-Bundestagsabgeordneten durchschnittlich bei 100 DM im Monat und bei den CDULandtagsabgeordneten im Schnitt bei 50 DM pro Monat. Siehe zum Ganzen Schleth, in: Scheuch/Wildenmann (Hrsg.), Zur Soziologie der Wahl, 1965, S. 215 (237). 38 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 262 f.; Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 206. 39 Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (425). So ging beispielsweise die FDP aus dem Bundestagswahlkampf von 1961 mit Schulden in Höhe von 3,6 Millionen DM hervor, und die CDU hatte nach dem Bundestagswahlkampf von 1965 ein Minus von 6 Millionen DM. Die CSU erhöhte in Anbetracht ihrer finanziellen Lage die Mandatsträgerbeiträge im September 1966 auf 400 DM pro Monat für Bundestagsabgeordnete und auf 210 DM pro Monat für Landtagsabgeordnete. Siehe Dübber, Geld und Politik, 1970, S. 35 f. 40 Im Jahre 1959 waren erstmals Mittel für die Parteien als „Zuschuss für die politische Bildungsarbeit der Parteien“ im Bundeshaushalt vorgesehen. Im Jahre 1962 wurde dann ein Titel „Sondermittel für die politische Bildungsarbeit“ und ein Titel „Sondermittel für die Aufgaben der politische Parteien nach Art. 21 GG“ ausgewiesen, bevor ab 1963 die „Tarnformel“ Bildungsarbeit wegfiel und die Mittel insgesamt als Sondermittel für die Aufgaben der Parteien geführt wurden. Vgl. hierzu ausführlich Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 112 ff. 41 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56. 42 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (102). 43 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (113). 44 Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (426). Siehe hierzu näher Dübber, Geld und Politik, 1970, S. 102 f. 45 Dübber, Geld und Politik, 1970, S. 103; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (426).
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Anschließend wuchsen bei den etablierten Parteien die Mandatsträgerbeiträge in den 1970er und 1980er Jahren immer weiter an.46 Ebenso erschlossen die Grünen diese Finanzierungsquelle schnell und weitreichend. In ihren Anfangsjahren zog die Partei – wie bereits angesprochen47 und unten noch näher aufgezeigt48 – im Vergleich zu anderen Parteien sehr hohe Mandatsträgerbeiträge ein.49 Auch die Einführung einer umfassenden staatlichen Teilfinanzierung in den 1990er Jahren konnte den Finanzbedarf der Parteien nicht vollständig befriedigen und der Praxis der Parteien, ihre Einnahmen über Abgaben ihrer Mandatsträger zu erhöhen, keinen Einhalt gebieten. Die zunehmende Erhöhung der Diäten50 sowie die Erweiterung der staatlichen Unterstützung der Abgeordneten (z. B. durch bezahlte Mitarbeiter) begünstigten darüber hinaus die Zahlung dieser Abgaben.51
II. Umfang der Mandatsträgerbeiträge Die Mandatsträgerbeiträge haben beträchtliche finanzielle Auswirkungen. Bei den Parteien tragen sie wesentlich zur Finanzierung bei, und den einzelnen Abgeordneten können sie finanziell erheblich belasten. Dies zeigt eine genauere Betrachtung des zahlenmäßigen Umfangs dieser Beiträge. Im Hinblick auf die Zahlen zum Anteil der Mandatsträgerbeiträge an den Gesamteinnahmen der Parteien ist vorab ausdrücklich hervorzuheben, dass diese nicht nur die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten beinhalten, sondern auch – und das in absolut größerem Umfang – die Mandatsträgerbeiträge von kommunalen Mandatsträgern. Insoweit ist kein isoliertes Datenmaterial, das sich nur auf die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten bezieht, verfügbar. Allerdings liefern in der Vergangenheit durchgeführte Umfragen unter den Parteiführungen und den Abgeordneten sowie freiwillige Angaben in der Presse und im Internet Anhaltspunkte zur konkreten Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten. Da diese Daten für eine verfassungsrechtliche Bewertung der Mandatsträgerbeiträge ausreichen, wurde im Rahmen dieser Arbeit auf die Durchführung einer neuerlichen Umfrage verzichtet.
46 Vgl. dazu ausführlich Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 261 und 263 f.; Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 207 f.; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (427 f.). Zur Entwicklung des Aufkommens an Mandatsträgerbeiträgen im Zeitraum von 1968 bis 1981 siehe auch die Auswertung der Rechenschaftsberichte der Parteien durch die Fürst-Kommission in Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 120 f. 47 Siehe oben unter § 1 E. 48 Siehe sogleich unter § 2 A. II. 5. 49 Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 264. 50 Vgl. zur Entwicklung der Diäten die Tabelle bei Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3215 f. 51 So Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 207.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen
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1. Anteil der Mandatsträgerbeiträge an den Parteienhaushalten Die Modalitäten der Parteienfinanzierung sind seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland immer wieder verändert worden.52 Anlass der Änderungen war auf der einen Seite der stetig wachsende Finanzbedarf der Parteien. Er bewirkte gesetzliche Regelungen, bei denen sich die Politik vielfach weit vorwagte. Dies führte auf der anderen Seite dazu, dass das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber einige Male „einfing“ und ihn damit zu Korrekturen der Gesetzeslage zwang.53 Daneben machten Umgehungen der geltenden Gesetze weitere Änderungen erforderlich. Bei diesem fortlaufenden Prozess wurden die Mandatsträgerbeiträge mehrfach in die Diskussionen mit einbezogen. Besonders die Sachverständigenkommissionen, die jeweils mit der Erarbeitung von Änderungsvorschlägen zur Parteienfinanzierung betraut waren, beschäftigten sich mit dieser Einnahmeart und ermittelten zu diesem Zweck auch deren Umfang.54 So gelangte erstmals im Jahre 1983 die Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Parteienfinanzierung (sog. Fürst-Kommission) zu der Erkenntnis, dass der Anteil der „Fraktionsmitgliederbeiträge“55 an den Gesamteinkünften der im Bundestag vertretenen Parteien im Jahre 1981 bei der CSU 15,4 Prozent, bei der CDU 14,9 Prozent, bei der SPD 13,0 Prozent und bei der FDP 9,4 Prozent betrug.56 Bei der Betrachtung dieser Zahlen ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Kommission sich hierbei auf eine Analyse der Rechenschaftsberichte der Parteien stützte57 und dass darin die Fraktionsmitgliederbeiträge nicht völlig isoliert aufgeführt wurden. Die Parteien mussten die Fraktionsmitgliederbeiträge nämlich nach § 24 Abs. 2 Nr. 2 Parteiengesetz (PartG)58 zusammen mit „ähnlichen regelmäßigen 52
Ein grober Überblick zur Geschichte der Parteienfinanzierung in Deutschland findet sich bei Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 436 ff. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 53 Siehe dazu die grundlegenden Urteile zur Parteienfinanzierung: BVerfG, Urt. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51; BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56; BVerfG, Urt. v. 3. 12. 1968 – 2 BvE 1/67, 2 BvE 3/67 und 2 BvE 5/67, BVerfGE 24, 300; BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63; BVerfG, Urt. v. 14.7.1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40; BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. 54 Zu den rechtlichen Einschätzungen der Kommissionen betreffend die Mandatsträgerbeiträge ausführlich unten unter § 2 B. I. 3. 55 Dieser Begriff ist insoweit ungenau, als die Fraktionsmitgliedschaft des Mandatsträgers keine notwendige Bedingung für die Sonderbeitragspflicht war. Entscheidend war vielmehr die Mandatserlangung. Die Kommission hatte diesen Begriff in Anlehnung an die Terminologie des Parteiengesetzes in der damals geltenden Fassung gewählt. 56 Vgl. Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 120. 57 Zu den vollständigen Ergebnissen dieser Analyse siehe Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 120 ff. 58 Gesetz über die politischen Parteien (Parteiengesetz) vom 24. Juli 1967 (BGBl. I 1967, S. 773), in der zu dieser Zeit geltenden Fassung, als es zuletzt geändert war durch das Dritte
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Beiträgen“ als einen Einnahmeposten in ihren Rechenschaftsberichten ausweisen.59 Unter letzteren waren solche Sonderzahlungen zu verstehen, die Parteimitglieder aufgrund einer besonderen politischen Funktion – mit Ausnahme öffentlicher Wahlämter – über ihren Mitgliedsbeitrag hinaus leisteten.60 Darunter fielen insbesondere die sogenannten Amtsträgerbeiträge. Das sind regelmäßige Beiträge, die ein Parteimitglied an seine Partei zu entrichten hat, wenn er ein bezahltes Amt auf Vorschlag der Partei bekleidet.61 Da die Mandatsträgerbeiträge demnach für sich genommen keinen eigenen Rechnungsposten darstellten, konnten den Rechenschaftsberichten keine exakten Angaben über die Summe der Mandatsträgerbeiträge entnommen werden. Freilich werden die Mandatsträgerbeiträge angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit der Mandate und der regelmäßig niedrigeren Höhe der Amtsträgerbeiträge den weit überwiegenden Teil dieses Rechnungspostens eingenommen haben. Da die Fürst-Kommission die Mandatsträgerbeiträge für verfassungswidrig hielt, empfahl sie dem Gesetzgeber, die diesbezügliche Rechnungslegungspflicht aus dem Parteiengesetz zu streichen.62 Dieser Empfehlung folgte der Gesetzgeber.63 Aus diesem Grunde verschwanden die Mandatsträgerbeiträge in der Folgezeit aus dem Blickfeld, ohne dass ihre Erhebung aber seitens der Parteien eingestellt wurde. Sie wurden von den Parteien fortan „getarnt“ als Beiträge oder Spenden verbucht.64 Eine Analyse der Parteieinnahmen aus Mandatsträgerbeiträgen wurde damit nahezu unmöglich. In dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das zum Urteil vom 9. April 199265 führte, konnten jedoch weitere Zahlen zu den Mandatsträgerbeiträgen in Erfahrung gebracht werden. Die antragstellende Partei Bündnis 90/Die Grünen hatte den Anteil der Einnahmen aus Mandatsträgerabgaben am Gesamtspendenaufkommen für das Jahr 1989 auf etwa 50 Prozent beziffert. Eine Befragung Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die politischen Parteien vom 21. Dezember 1979 (BGBl. I 1979, S. 2358). 59 Diese Regelung galt bereits seit Inkrafttreten des Parteiengesetzes von 1967 und damit erstmalig für das Rechnungsjahr 1968. Vgl. § 24 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 41 S. 2 PartG vom 24. Juli 1967 (BGBl. I 1967, S. 773). 60 Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 24 Rn. 30; Rixen, in: Kersten/derselbe (Hrsg.), PartG, 2009, § 24 Rn. 41. 61 Die Kommission fasste darunter etwa die Sonderbeiträge von Ministern und Parlamentarischen Staatssekretären, von Parlamentspräsidenten und -vizepräsidenten, von politischen Beamten und von Mitgliedern in Aufsichts- und Verwaltungsgremien. Siehe die Aufzählung in Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 121. 62 Siehe Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 188. Dazu näher unten unter § 2 B. I. 3. a). 63 Durch das Vierte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I 1983, S. 1577) wurde § 24 Abs. 2 Nr. 2 PartG mit Wirkung zum 1. Januar 1984 außer Kraft gesetzt. 64 Siehe von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 312. 65 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264.
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der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien im Rahmen des Verfahrens ergab zudem, dass der Anteil dieser Beiträge am Gesamtbeitragsaufkommen der CDU, CSU und SPD im Jahre 1989 zwischen 18 und 29 Prozent lag.66 Diese Parteien verbuchten die Mandatsträgerbeiträge seinerzeit als Beitragseinnahmen. Gemessen an den Gesamteinnahmen67 dieser Parteien machten die Mandatsträgerbeiträge somit zu dieser Zeit bei den Grünen einen Anteil von 10 Prozent und bei den anderen Parteien einen Anteil von 5 bis 14 Prozent aus. Die im Anschluss an dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil eingesetzte Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung (sog. SendlerKommission) erhielt bei einer Befragung der Parteien ähnliche Auskünfte, und zwar wiederum für das Jahr 1989.68 Die CDU gab an, in diesem Jahr Mandatsträgerabgaben in Höhe von 14,9 Millionen DM verbucht zu haben, was einem Anteil von 18,6 Prozent an den Mitgliedsbeiträgen entsprach. Die CSU erhielt im Vergleichsjahr auf diesem Wege ca. 3,5 Millionen DM (23,2 Prozent der Mitgliedsbeiträge) und die SPD vereinnahmte 34,9 Millionen DM (28,8 Prozent der Mitgliedsbeiträge). Die Angaben der FDP ließen hingegen keine fundierten Berechnungen zu. Gleiches galt für die Grünen und die PDS. Aus den vorliegenden Anhaltswerten zog die Kommission den Schluss, dass sich der Gesamtanteil der Mandatsträgerabgaben auf etwa zwischen 20 und 25 Prozent aller Mitgliedsbeiträge belief. Setzt man die von der Kommission ermittelten Zahlen wiederum ins Verhältnis zu den Gesamteinnahmen der Parteien im Jahre 1989, machten die Mandatsträgerbeiträge demzufolge bei der CDU einen Anteil von 7,2 Prozent, bei der CSU einen Anteil von 6,1 Prozent und bei der SPD einen Anteil von 13,5 Prozent aus. Die momentan letzte Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung aus dem Jahr 2001 (sog. von Wedel-Kommission) förderte aktuellere Angaben zutage. Nach ihrem Bericht69 betrug der Anteil der Mandatsträgerabgaben an den Gesamteinkünften der Parteien nach den Angaben der Schatzmeister der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien zu diesem Zeitpunkt bei Bündnis 90/Die Grünen rund 20 Prozent, bei der SPD 13 Prozent, bei der PDS etwa 9 Prozent, bei der CSU rund 8 Prozent und bei der FDP etwa 3 Prozent. Die CDU konnte mangels separater Erfassung keine näheren Angaben machen. Darüber hinaus wurden die Mandatsträgerbeiträge auf Empfehlung der von Wedel-Kommission70 kurze Zeit später wiederum der gesonderten Rechnungsle66
BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (311 f.). Siehe dazu die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 1989 auf BT-Drucks. 11/8130, S. 2 f., 22 f., 40 f., 74 f. 68 Siehe hierzu Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 41 = BT-Drucks. 12/4425, S. 18. 69 Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 77 = BT-Drucks. 14/6710, S. 39. 70 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 = BT-Drucks. 14/6710, S. 39. Dazu näher unten unter § 2 B. I. 3. c). 67
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
gungspflicht unterstellt. Seit 200371 müssen sie wieder zusammen mit „ähnlichen regelmäßigen Beiträgen“ als separater Posten in den Rechenschaftsberichten der Parteien ausgewiesen werden, und zwar nunmehr gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 2 PartG72. Wenngleich die dort angegebenen Werte die alleinigen Einnahmen aus Mandatsträgerabgaben nicht abbilden, lassen die Angaben dennoch eine Einschätzung des Umfangs dieser Einnahmequelle zu. In den derzeit jüngsten Rechenschaftsberichten73 der Bundestagsparteien für das Kalenderjahr 2009 betrug der Anteil der „Mandatsträgerabgaben und ähnlichen regelmäßigen Beiträge“ an den Gesamteinnahmen der Parteien bei Bündnis 90/Die Grünen 18,7 Prozent (= 5,7 Mio. Euro)74, bei der SPD in etwa 12,9 Prozent (= 22,3 Mio. Euro)75, bei der CDU 11,3 Prozent (= 18,4 Mio. Euro)76, bei der Partei Die Linke ungefähr 9,8 Prozent (= 2,7 Mio. Euro)77, bei der CSU in etwa 7,2 Prozent (= 3,0 Mio. Euro)78 und bei der FDP rund 6,0 Prozent (= 2,6 Mio. Euro)79.80 Nach alledem lässt sich konstatieren, dass die Mandatsträgerbeiträge einen beträchtlichen Anteil an den Parteihaushalten ausmachen. Mit Ausnahme der FDP und der CSU wird der Anteil an den Gesamteinkünften der Parteien in etwa zwischen 71 Die Wiedereinführung der Rechungslegungspflicht bezüglich der Mandatsträgerbeiträge erfolgte durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2268) mit Wirkung zum 1. Januar 2003. 72 In der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 149), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I 2011, S. 1748). 73 Dazu BT-Drucks. 17/4800 vom 16. Februar 2011. 74 BT-Drucks. 17/4800, S. 179. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 182 ff. 75 BT-Drucks. 17/4800, S. 97. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 100 ff. 76 BT-Drucks. 17/4800, S. 3. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 6 ff. 77 BT-Drucks. 17/4800, S. 215. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 218 f. 78 BT-Drucks. 17/4800, S. 249. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 252. 79 BT-Drucks. 17/4800, S. 145. Eine Aufteilung der Einnahmen nach den im Einzelnen empfangenden Gliederungen der Partei findet sich auf S. 148 f. 80 Bei der SPD und den Grünen nehmen die „Mandatsträgerbeiträge und ähnlichen regelmäßigen Beiträge“ zugleich den zweithöchsten Posten im Rahmen der privaten Parteienfinanzierung ein. Ein höheres Aufkommen wird hier nur noch durch die originären Mitgliedsbeiträge generiert. Bei der CDU, der FDP und der Linkspartei rangiert der Rechnungsposten demgegenüber hinter Mitgliedsbeiträgen und Spenden (natürlicher und juristischer Personen) auf Platz drei und bei der CSU sogar noch hinter den Einnahmen aus eigenwirtschaftlicher Tätigkeit auf Platz vier. Lässt man die staatlichen Mittel unberücksichtigt, so betrug der Anteil der „Mandatsträgerbeiträge und ähnlichen regelmäßigen Beiträge“ an den nichtstaatlichen Einnahmen der Parteien im Jahre 2009 bei Bündnis 90/Die Grünen 29,3 Prozent, bei der SPD 16,7 Prozent, bei der Partei Die Linke 16,2 Prozent, bei der CDU 15,2 Prozent, bei der CSU 9,9 Prozent und bei der FDP 8,4 Prozent. Vgl. hierzu nochmals die Rechenschaftsberichte der Parteien für das Jahr 2009 auf BT-Drucks. 17/4800.
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einem Zehntel und einem Sechstel liegen. Mithin stellen diese Beiträge einen wesentlichen Faktor für die Parteienfinanzierung dar. Dabei muss noch einmal betont werden, dass der Hauptanteil des Aufkommens an Mandatsträgerbeiträgen von den kommunalen Mandatsträgern erbracht wird.81 2. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Bundestagsabgeordneten Wie hoch die finanzielle Belastung für den einzelnen Abgeordneten ist, lässt sich aus den soeben aufgeführten Daten nicht herleiten.82 Diese Frage kann aber anhand von wissenschaftlichen Erhebungen ebenso beantwortet werden. Für das Jahr 1975 ermittelte Hartmut Klatt für Bundestagsabgeordnete folgende Höhen der Mandatsträgerbeiträge als Schätzwerte83: Bundestagsabgeordnete der SPD hatten insgesamt zwischen 650 und 900 DM monatlich an die verschiedenen Gliederungen der Partei abzuführen.84 Ein Abgeordneter der CDU leistete mindestens 580 DM im Monat an seinen Landesverband. Hinzu kamen wahrscheinlich noch regelmäßige Zahlungen an lokale Parteiorganisationen. Die Parlamentarier der CSU mussten an die unterschiedlichen Gliederungen ihrer Partei zusammen 400 DM pro Monat entrichten und die Parlamentarier der FDP monatlich 200 DM an den Landesverband und 100 DM an den Kreisverband.85 Eine von Christine Landfried im Jahre 1988 vorgenommene Umfrage unter den Abgeordneten des Deutschen Bundestages förderte Folgendes zutage86 : Ein Mitglied 81
Siehe hierzu bereits oben unter § 1 B. Dies konstatierte bereits die Fürst-Kommission in Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 122. 83 Siehe dazu Klatt, ZParl 1976, 61 (62). 84 Das deckt sich mit den Angaben, die der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel im Jahre 1977 zu seinen mandatsbedingten Ausgaben machte. Er bezifferte seine Leistungen an den SPD-Landesverband und den SPD-Kreisverband zusammen auf 10.200 DM (= 850 DM/ Monat). Gansel war von 1972 bis 1997 Mitglied des Deutschen Bundestages und veröffentlichte in dieser Zeit regelmäßig seine durch das Mandat bedingten Ausgaben. Abgedruckt sind sie unter anderem in Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3226 f. 85 Zusammen mit den regulären Mitgliedsbeiträgen und den Fraktionsbeiträgen, die Hartmut Klatt ebenfalls ermittelte, bewegten sich die Sonderbeiträge der Bundestagsabgeordneten zu dieser Zeit ungefähr im Rahmen von 415 DM bis 1.600 DM. Siehe Klatt, ZParl 1976, 61 (61 f.). Einen ähnlichen Rahmen an Zahlungsverpflichtungen für Bundestagsabgeordnete stellte seinerzeit Hans Herbert von Arnim fest, der ihn auf 650 DM bis 1.400 DM im Monat bezifferte. Siehe von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, 1976, S. 40. Die Fürst-Kommission stellte 1983 fest, dass sich bei Bundestagsabgeordneten im Jahre 1981 gegenüber Partei und Fraktion monatliche Zahlungsverpflichtungen von 1.000 bis 1.500 DM ergeben konnten. Siehe Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 122. 86 Siehe zu den Ergebnissen der Umfrage im Einzelnen Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 98. 82
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
der CDU/CSU-Fraktion gab an, monatlich bis 50 DM an die Partei zu zahlen, ein weiteres Mitglied gab an, 50 bis 100 DM zu leisten, neun Mitglieder nannten einen Zahlungsbetrag von 100 bis 500 DM, siebzehn einen Betrag von 500 bis 1.000 DM, drei einen Betrag von 1.000 bis 1.500 DM und ein Mitglied sogar einen Betrag von über 1.500 DM. In der SPD-Fraktion antworteten neun Fraktionsmitglieder, dass sie im Monat einen Betrag zwischen 100 bis 500 DM an die Partei zahlten, dreiundzwanzig gaben an, 500 bis 1.000 DM zu leisten, achtzehn nannten einen Betrag zwischen 1.000 und 1.500 DM und sechs sogar einen Betrag von über 1.500 DM.87 In der FDP-Fraktion gaben vier Mitglieder an, zwischen 100 und 500 DM pro Monat an die Partei zu zahlen und sieben Mitglieder teilten mit, 500 bis 1.000 DM zu leisten.88 Bei diesen Zahlen ist zu berücksichtigen, dass sie die regulären Mitgliedsbeiträge der Bundestagsabgeordneten mit einschließen. Nach einer von Bernd Becker im Herbst 1994 und Frühjahr 1995 durchgeführten Befragung der Parteiführungen89 zahlten Bundestagsabgeordnete der SPD zu diesem Zeitpunkt monatlich 500 DM an den Parteivorstand, 450 bis 600 DM an ihre Bezirke und Landesverbände sowie 300 bis 700 DM auf der Unterbezirks- bzw. Kreisebene.90 Demnach kam ein SPD-Bundestagsabgeordneter auf eine durchschnittliche Sonderbeitragshöhe von 1.250 bis 1.800 DM pro Monat, was 12 bis 17 Prozent der damaligen Grundentschädigung von 10.366 DM91 entsprach. Die Ergebnisse der Befragung divergierten bei der CDU sehr stark, da die einzelnen Landesverbände die Höhe der Beiträge ungleich festgelegt hatten und ihre Auskünfte darüber unterschiedlich detailliert ausfielen. Die Sonderbeitragshöhe für 87 Das korrespondiert wiederum mit den Zahlen, die Norbert Gansel für das Jahr 1987 veröffentlichte. Seine Abgaben an die Partei betrugen in diesem Jahr insgesamt 14.320 DM (= 1.193 DM/Monat). Siehe dazu Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3227. 88 In ihrer Erhebung befragte Christine Landfried die Bundestagsabgeordneten ebenfalls zu deren Fraktionsbeiträgen. Aus den Ergebnissen ermittelte sie folgende Durchschnittswerte für die Beiträge an Partei und Fraktion: Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion zahlten monatlich 920 DM, Mitglieder der SPD-Fraktion 1.492 DM und Mitglieder der FDP-Fraktion 988 DM. Siehe Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 98. 89 Die Ergebnisse der Befragung sind zusammengefasst abgedruckt in ZParl 1996, 379 ff. 90 Das entspricht in etwa den Angaben Norbert Gansels für das Jahr 1995. Er bezifferte in diesem Jahr seine Leistungen an den SPD-Landesverband und den SPD-Kreisverband zusammen auf 12.000 DM (= 1.000 DM/Monat). Abgedruckt in Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3227. Ähnliche Zahlen lieferte der FOCUS Nr. 23/1995 vom 3. 6. 1995 in dem Artikel „Von der Partei erpreßt“. Darin wurde berichtet, dass die SPD-Bundestagsfraktion zunächst im Januar 1995 eine Verringerung des Sonderbeitrages an die Bundespartei von 500 auf 100 DM beschlossen hatte, nach einer Auseinandersetzung mit der SPD-Schatzmeisterin dann aber rückwirkend zum 1. Januar 1995 einen Beitrag von 250 DM festlegte. Bis dato hätten die Sonderbeiträge der SPD-Bundestagsabgeordneten an die einzelnen Gliederungen der Partei insgesamt 1.500 DM pro Monat betragen. 91 Vgl. dazu Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3216.
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einen Bundestagsabgeordneten betrug nach diesen unvollständigen Angaben zwischen 350 und 2.600 DM pro Monat (3 bis 25 Prozent der Grundentschädigung). Bei der CSU ergaben sich demgegenüber schon aus der Beitragsordnung exakte Angaben über die Höhe der Mandatsträgerbeiträge. Demnach führten Bundestagsabgeordnete der CSU im Monat 920 DM (9 Prozent der Grundentschädigung) an die CSU-Landesgeschäftsstelle ab. Ähnlich verhielt es sich bei der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Auf der Bundesversammlung der Partei vom 12. bis 14. November 1993 wurde ein monatlicher Sonderbeitrag der Bundestagsabgeordneten in Höhe von 15 Prozent der Abgeordnetenentschädigung beschlossen. Bei einer Grunddiät von 11.300 DM, die ab Oktober 1995 gezahlt wurde, waren dies 1.695 DM. Die Bundestagsfraktion der Grünen gab zudem an, dass jedes Fraktionsmitglied weitere 1.000 DM pro Monat zahle.92 Bei der FDP ergab weder die Umfrage ein eindeutiges Ergebnis noch konnten der Satzung nähere Angaben entnommen werden. Die Bundesgeschäftsstelle teilte lediglich mit, dass die Mandatsträger Sonderbeiträge leisteten, dass diese jedoch freiwillig gezahlt würden. Die PDS verweigerte jede Auskunft über die Sonderzahlungen ihrer Funktionsträger. Weitere Angaben über die Höhe der Mandatsträgerbeiträge lassen sich der Presse entnehmen. Der FOCUS berichtete Anfang 199693, dass die Bundestagsabgeordneten der Grünen 32.000 DM pro Jahr (= 2.667 DM/Monat) an die Partei zahlen müssten und dass Ähnliches für die Abgeordneten der PDS gelte. Die SPD-Bundestagsabgeordneten müssten hingegen jährlich zwischen 20.000 und 28.000 DM (= 1.667 bis 2.333 DM/Monat) leisten. Bei Union und FDP schwanke die Höhe der jährlichen Abgaben an die Partei meist zwischen 10.000 und 12.000 DM (= 833 bis 1.000 DM/Monat). Nach einem Bericht der Berliner Zeitung vom Anfang des Jahres 200094 betrugen die Abgaben einzelner SPD-Bundestagsabgeordneter an ihre Partei von 750 DM bis 1.100 DM. Bei CDU-Parlamentariern schlugen die Beiträge mit bis zu 1.000 DM im Monat zu Buche und bei Mitgliedern der CSU-Landesgruppe mit 750 DM. Bei Bündnis 90/Die Grünen flossen hingegen monatlich 2.931 DM an die Parteizentrale und bei der PDS 1.700 DM. Nach einem jüngeren Bericht der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahre 200795 zahlten Bundestagsabgeordnete der CSU zu dieser Zeit laut Beitragsordnung einen monatlichen Mandatsträgerbeitrag von 470 Euro. Sozialdemokraten wurden stattdessen in einigen Regionen 1.000 Euro im Monat abverlangt. Abgeordnete der Linksfraktion hatten 870 Euro zu entrichten und 92
Im FOCUS Nr. 23/1995 vom 3. 6. 1995 („Von der Partei erpreßt“) wurde berichtet, dass die Sonderabgabe der Bundestagsabgeordneten an den Bundesverband der Grünen 1.592 DM pro Monat betrage und die Abgeordneten zudem 1.000 DM von ihrer Kostenpauschale an den Bundesverband überweisen müssten. Gleichlautend Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 209. Diese Angaben bezogen sich noch auf die bis Oktober 1995 geltende Höhe der Grunddiät (10.366 DM). 93 FOCUS Nr. 8/1996 vom 17. 2. 1996 („Das Millionen Ding“). 94 Berliner Zeitung vom 5. 1. 2000 („Grüne zahlen am meisten an die Partei“). 95 Süddeutsche Zeitung vom 30. 5. 2007 („Abgeordnete im Griff der Schatzmeister“).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
durften für jedes unterhaltspflichtige Kind 50 Euro abziehen und die Bundestagsabgeordneten der Grünen leisteten 19 Prozent ihrer Diäten an die Partei, was damals 1.332 Euro im Monat entsprach. Sie durften allerdings je Kind mit KindergeldAnspruch 250 Euro zum Abzug bringen. Inzwischen veröffentlichen einige, vornehmlich linke Abgeordnete des Bundestages und der Länderparlamente ihre Abgaben an die Partei auch auf ihrer Homepage im Internet.96 Von der SPD-Bundestagsfraktion gibt beispielsweise Sabine Bätzig an, monatlich Mandatsträgerbeiträge in Höhe von 1.000 Euro an die Partei abzuführen.97 Bärbel Kofler beziffert ihre monatlichen Abgaben an die Partei auf 1.100 Euro.98 Bettina Hagedorn gibt für das Jahr 2010 Beiträge und Spenden an verschiedene SPD-Gliederungen in Höhe von insgesamt 11.358 Euro (= 947 Euro/ Monat) an99, Martin Dörmann gibt für das Jahr 2008 Parteispenden von insgesamt 11.000 Euro (= 950 Euro/Monat) an100 und Ulrich Kelber für das Jahr 2009 über vier Jahre angesammelte Mandatsträgerabgaben von insgesamt 18.000 Euro (= 4.500 Euro/Jahr = 375 Euro/Monat)101. Von der Bundestagsfraktion der Grünen gibt Toni Hofreiter an, monatlich insgesamt 1.300 Euro an die Partei zu leisten102, und Ute Koczy beziffert ihre Parteispenden auf 1.457 Euro im Monat103. Vorbildlich transparent sind die Angaben der Linksfraktion im Bundestag. Auf ihrer Homepage geben nahezu alle Fraktionsmitglieder ihre Abgaben an die Bundespartei und teilweise auch ihre Abgaben an nachgeordnete Parteigliederungen an. Die Abgaben an die Partei bewegen sich danach insgesamt im Rahmen von 720 bis 1.750 Euro im Monat und liegen im Schnitt bei etwa 1.132 Euro.104 Aus einer Pressemitteilung der 96 Man nehme hierzu nur eine Internet-Recherche unter dem Suchbegriff „Gläserne Abgeordnete“ oder „Mandatsträgerabgabe“ vor. 97 http://www.sabine-baetzing.de/index.php?inhalt=inhalt1&cat=die_glaeserne_abgeord nete&nav=sabine_baetzing [Stand: 29. Februar 2012]. 98 http://www.baerbel-kofler.de/html/25707/welcome/Glaeserne-Abgeordnete.html [Stand: 29. Februar 2012]. 99 http://www.bettina-hagedorn.de/index.php?mod=content&menu=800&page_id=683 [Stand: 29. Februar 2012]. 100 http://www.martin-doermann.de/live/wp-content/uploads/2008/02/glaeserne-taschen.pdf [Stand: 29. Februar 2012]. 101 http://www.ulrich-kelber.de/glaesernermdb/spendenueberblick/index.html [Stand: 29. Februar 2012]. 102 http://www.toni-hofreiter.de/glaesern.php [Stand: 29. Februar 2012]. 103 http://www.ute-koczy.de/cms/default/rubrik/16/16628.glaeserne_abgeordnete.html [Stand: 29. Februar 2012]. 104 Siehe hierzu die Angaben der Abgeordneten auf der Homepage der Bundestagsfraktion Der Linken (http://www.linksfraktion.de/): Jan van Aken (860 E), Dietmar Bartsch (940 E), Herbert Behrens (1.100 E) Karin Binder (1.000 E), Matthias Birkwald (1.600 E), Martina Bunge (1.415 E), Sevin Dagdelem (1.750 E), Werner Dreibus (770 E), Dagmar Enkelmann (1.220 E), Klaus Ernst (1.100 E), Wolfgang Gehrke (1.100 E), Nicole Gohlke (1.300 E), Inge Höger (1.520 E), Barbara Höll (720 E), Katja Kipping (1.100 E), Jan Korte (1.020 E), Katrin Kunert (1.100 E), Carsten Lay (1.100 E), Sabine Leidig (1.220 E), Stefan Liebich (1.100 E), Gesine Lötzsch (1.100 E), Thomas Lutze (1.100 E), Cornelia Möhring (1.400 E), Kornelia
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Bundestagsfraktion Die Linke105 geht ferner hervor, dass die Fraktionsmitglieder im Jahre 2009 in der Regel 1.100 Euro an die Partei abführten. Es zeigt sich, dass sich die Sonderbeitragshöhe zwischen den Parteien und zum Teil auch unter den Abgeordneten einer Partei enorm unterscheidet. Die durchschnittliche Beitragshöhe für einen Bundestagsabgeordneten kann daher kaum berechnet werden. Noch weniger kann die aus den Beiträgen resultierende, finanzielle Belastung für den einzelnen Abgeordneten geklärt werden, da sie von den individuellen Einkünften des Abgeordneten neben seinen Diäten abhängt. Es kann allenfalls festgestellt werden, dass sich die Mandatsträgerbeiträge für einen Bundestagsabgeordneten in einer Spanne von 500 bis 1.500 Euro pro Monat bewegen und dass die Beiträge bei den Abgeordneten der linken Parteien tendenziell höher sind als bei den Abgeordneten der CDU, der CSU und der FDP.106 3. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten des Europäischen Parlaments Die Höhe der Mandatsträgerbeiträge der deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments konnte Bernd Becker in seiner Umfrage Mitte der 1990er Jahre ebenfalls beleuchten.107 Danach leisteten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments fast durchgängig dieselben Beträge wie die Bundestagsabgeordneten.108 Die SPD-Abgeordneten mussten im Schnitt 1.250 bis 1.800 DM im Monat an die Partei abführen. Bei der CDU schwankten die monatlichen Sonderbeiträge je nach Landesverband zwischen 350 und 2.260 DM. Die CSU forderte von ihren Abgeordneten laut Beitragsordnung 920 DM pro Monat. Schließlich hatte ein Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen 15 Prozent seiner Entschädigung zu zahlen. Dem entsprachen bis Dezember 1995 ein monatlicher Beitrag in Höhe von 1.555 DM und anMöller (870 E), Thomas Nord (1.100 E), Petra Pau (1.300 E), Jens Petermann (1.100 E), Richard Pitterle (1.220 E), Yvonne Ploetz (1.100 E), Paul Schäfer (1.600 E), Michael Schlecht (940 E), Herbert Schui (870 E), Ilja Seifert (1.100 E), Petra Sitte (870 E), Sabine Stürmer (1.200 E), Kersten Steinke (1.230 E), Frank Tempel (920 E), Katrin Werner (1.370 E), Jörn Wunderlich (770 E), Sabine Zimmermann (820 E) [Stand: 29. Februar 2012]. 105 Pressemitteilung des stellvertretenden Pressesprechers der Bundestagsfraktion Die Linke, Michael Schlick, vom 27. 4. 2010. Siehe auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28. 4. 2010, S. 4. 106 Dies korreliert mit der soeben gewonnenen Erkenntnis, dass der Anteil der Mandatsträgerbeiträge an den Gesamteinkünften der Parteien bei den linken Parteien tendenziell höher ist als bei den anderen Parteien. 107 Siehe hierzu im Einzelnen B. Becker, ZParl 1996, 377 (379 ff.). 108 Dies mag vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die Europaabgeordneten zu diesem Zeitpunkt noch nahezu dieselben Entschädigungsansprüche hatten wie Bundestagsabgeordnete. Siehe hierzu §§ 9 ff. des Europaabgeordnetengesetzes (EuAbgG) in der seinerzeit geltenden Fassung, als es zuletzt geändert war durch Art. 2 des Gesetzes vom 4. November 1994 (BGBl. I 1994, S. 3346). Danach erhielten die Europaabgeordneten eine Grundentschädigung in Höhe von 10.366 DM (§ 9 S. 1 EuAbgG).
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schließend ein Betrag von 1.695 DM.109 Im Hinblick auf die FDP und die PDS lieferte die Umfrage hingegen auch an dieser Stelle keine Erkenntnisse. 4. Höhe der Mandatsträgerbeiträge von Landtagsabgeordneten Im Rahmen seiner Umfrage vom Herbst 1994 und Frühjahr 1995 konnte Bernd Becker des Weiteren zumindest im Hinblick auf die SPD und die Unionsparteien auch nähere Angaben zur Höhe der Mandatsträgerbeiträge auf Landesebene ermitteln.110 Über die Beitragshöhe der Landtagsabgeordneten von FDP, Bündnis 90/ Die Grünen und PDS konnte er dagegen nichts Näheres in Erfahrung bringen. Den Ergebnissen der Umfrage zufolge hatten Landtagsabgeordnete der SPD im Monat zwischen 500 und 600 DM an ihre Bezirke bzw. Landesverbände abzuführen. Hinzu kamen Beiträge an ihre örtlichen Gliederungen in Höhe von etwa 200 bis 450 DM. Somit kam ein SPD-Landtagsabgeordneter auf eine monatliche Beitragshöhe von 700 bis 1.050 DM. Bei der CSU ergab sich bereits aus der Beitragsordnung, dass die Landtagsabgeordneten 810 DM pro Monat an die CSU-Landesgeschäftsstelle abzuführen hatten. Bei der CDU ergaben sich wie bereits oben erwähnt nur fragmentarische Resultate. In Berlin und Brandenburg zahlten die Parlamentarier zwischen 15 und 20 Prozent ihrer Abgeordnetenentschädigung. In Berlin wurde zu dieser Zeit eine Abgeordnetenentschädigung von 4.600 DM im Monat gezahlt111, so dass diesen Sätzen Mandatsträgerbeiträge in Höhe von 690 bis 920 DM entsprachen. In Brandenburg, wo die Abgeordneten ab 1. Januar 1995 eine Entschädigung in Höhe von 6.230 DM erhielten112, lagen die Beiträge somit zwischen 935 und 1.246 DM. In Hamburg zahlten CDU-Bürgerschaftsabgeordnete monatlich 200 DM. CDU-Landtagsabgeordnete aus Nordrhein-Westfalen mussten 525 DM pro Monat abführen und solche aus dem Saarland 300 DM. In Sachsen zahlten Mandatsträger der CDU fünf Prozent ihrer Abgeordnetenentschädigung. Dies bedeutete für sächsische Landtagsabgeordnete bei einer Grundentschädigung von damals 6.592 DM113 einen 109
Im Dezember 1995 wurde das EuAbgG an die kurz zuvor erfolgte Erhöhung der Diäten für Bundestagsabgeordnete auf 11.300 DM angepasst. Dies geschah in der Form, dass § 9 EuAbgG fortan dynamisch auf § 11 Abs. 1 und Abs. 3 AbgG verwies. Siehe hierzu Art. 3 Nr. 1 des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I 1995, S. 1718). 110 Siehe hierzu im Einzelnen nochmals B. Becker, ZParl 1996, 377 (379 ff.). 111 Vgl. § 6 Abs. 1 BerlAbgG vom 21. Juli 1978 (GVBl. 1978, S. 1497) in der damals geltenden Fassung, als es zuletzt geändert war durch Gesetz vom 17. Oktober 1994 (GVBl. 1994, S. 428). 112 Vgl. § 5 Abs. 1 BbgAbgG vom 15. März 1991 (GVBl. I/91, [Nr. 01], S. 16) in der damals geltenden Fassung, als es zuletzt geändert war durch Gesetz vom 4. Juli 1994 (GVBl. I/94, S. 263). 113 Vgl. § 5 Abs. 1 SächsAbgG vom 26. Februar 1991 (GVBl. 1991, S. 44) in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Mai 1994 (GVBl. 1994, S. 954), als es zuletzt geändert war durch Gesetz vom 18. April 1995 (GVBl. 1995, S. 141). Hiernach erhielten die sächsischen Landtagsabgeordneten rückwirkend zum 1. Januar 1995 eine Entschädigung von 6.592 DM.
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monatlichen Beitrag in Höhe von 330 DM. Zuletzt mussten die Parlamentarier der CDU aus dem Landtag in Sachsen-Anhalt monatlich 250 DM leisten. Nach diesen unvollständigen Angaben lag der Mandatsträgerbeitrag für Landtagsabgeordnete der CDU folglich zwischen 200 und 1.246 DM pro Monat. 5. Exkurs: Sonderregelungen der Grünen bis zum Jahre 2000 Der Sonderbeitragspraxis der Partei Bündnis 90/Die Grünen wurde in der Vergangenheit von der Literatur114 immer besondere Beachtung geschenkt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Partei Die Grünen sowie später die Partei Bündnis 90/Die Grünen mit ihren Regelungen zu den Sonderabgaben mehrfach aufgezeigt hat, wie intensiv man diese Finanzquelle erschließen kann. Erst im Jahre 2000 näherte sich die Partei den Regelungen anderer in den Parlamenten vertretener Parteien an. Sie können aber weiter als mögliches Szenario herhalten:115 Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass insbesondere jüngere Parteien mit (noch) kleiner Mitgliederbasis und daher vergleichsweise höherem Finanzbedarf in Zukunft ähnliche Wege beschreiten werden. Die Grünen hatten zunächst auf ihrer Bundesdelegiertenversammlung in Sindelfingen vom 16. Januar 1982 beschlossen, dass den Abgeordneten von ihrer Entschädigung nur ein Facharbeiterlohn verbleiben solle.116 Der Differenzbetrag zu den tatsächlich gezahlten Abgeordnetendiäten und Aufwandsentschädigungen war hingegen als Spende für den Bundesökofonds bzw. die Landesökofonds vorgesehen, aus denen Umweltprojekte und basisdemokratische Initiativen finanziert wurden. Konkret bedeutete dies beispielsweise im Jahre 1988, dass Bundestagsabgeordnete der Grünen eine bis auf 2.100 DM netto monatlich reduzierte Grunddiät behielten. Als Zulage wurden außerdem 500 DM netto monatlich für jede zu unterhaltende Person sowie ein Drittel der steuerfreien Aufwandspauschale von damals 5.078 DM, also in etwa 1.700 DM, in Ansatz gebracht. Der Rest war an die Fraktionskasse abzuführen. Von den monatlichen Abgaben der Abgeordneten behielt die Bundestagsfraktion dann einen geringen Teilbetrag, jährlich etwa 20.000 DM bis 30.000 DM, in einem sog. „Verfügungsfonds“ zurück, aus dem kleinere Fraktionsausgaben getätigt werden konnten. Der übrige Teil wurde an den Bundes-
114 Siehe z. B. Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 27 f. und Stober, ZRP 1983, 209 (212), die den Regelungen der Grünen jeweils einen gesonderten Abschnitt widmen. 115 Siehe etwa unten in Fn. 146, 429, 483, 520, 547 und 699. 116 Siehe hierzu und zum Folgenden Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 27 f.; Schrüfer, Die Grünen im Deutschen Bundestag, 1985, S. 123 ff. Ferner auch der Bericht im SPIEGEL Nr. 15/2005 vom 11. 4. 2005 („Geschichten aus dem Schatten“), S. 30 (32).
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ökofonds gespendet. In den Landtagen wurde von den Grünen ein entsprechendes Verfahren praktiziert.117 Auf dem Bundesparteitag in Aachen vom 12. – 14. November 1993 entwickelten die Delegierten dann ein neues System.118 Laut Beschluss der Versammlung sollten die Bundestagsabgeordneten künftig 15 Prozent ihrer Diäten freiwillig an die Partei spenden, was damals 1.555 DM bedeutete. Zusätzlich sollten die Abgeordneten „wegen des im Durchschnitt weniger üppigen Lebensstils als bei den anderen Parteien“ von ihrer Aufwandsentschädigung 1.000 DM abzweigen. Wer keinen doppelten Wohnsitz in Bonn brauchte, sollte noch einmal 500 DM extra leisten. Die Hälfte dieser Gelder diente der Förderung der Ökofonds. Die andere Hälfte floss in die Parteikasse. Da die steuerfreie Aufwandsentschädigung gemäß § 12 AbgG allerdings ausschließlich der Abgeltung der mandatsbedingten Aufwendungen dient, gerieten die Grünen mit der teilweisen Abführung dieser Mittel an die Partei in die Kritik.119 Aus diesem Grunde wurde diese Regelung im Zuge der Parteispendenaffäre der CDU im Jahre 2000 abgeschafft. Fortan sollten die Bundestagsabgeordneten monatlich 2.600 DM an die Partei spenden, wobei sie für jedes Kind 500 DM abziehen durften. Seit dem 1. Januar 2004 betrug der abzuführende Teil des Einkommens sodann 19 Prozent, was bei einem „einfachen“ Bundestagsabgeordneten einem monatlichen Betrag von 1.332 Euro entsprach.120 Schließlich beschlossen die Grünen auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz vom 14. – 16. November 2008 in Erfurt, dass die Höhe der Mandatsträgerbeiträge für Bundestagsabgeordnete weiterhin 19 Prozent der Diäten betragen soll.121 Pro kindergeldberechtigtem Kind dürfen 250 Euro pro Monat abgezogen werden. Zudem sollen Abgeordnete, die keinen zweiten Wohnsitz in Berlin benötigen und unterhalten, zusätzlich einen Betrag in Höhe von 250 Euro monatlich abführen.
117 Siehe etwa zur Regelung der Grünen im Niedersächsischen Landtag am Ende der 1980er Jahre Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 28. 118 Siehe hierzu und zum Folgenden B. Becker, ZParl 1996, 377 (381); SPIEGEL Nr. 2/2000 vom 10. 1. 2000 („Probleme mit Abgeordnetenspende“), S. 19; SPIEGEL Nr. 15/2005 vom 11. 4. 2005 („Geschichten aus dem Schatten“), S. 30 (32). 119 Siehe dazu und zur Folgeregelung SPIEGEL Nr. 2/2000 vom 10. 1. 2000 („Probleme mit Abgeordnetenspende“), S. 19; SPIEGEL-Online vom 24. Februar 2000 („Grüne schaffen rechtswidrige Spendenpraxis ab“) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,66240,00. html [Stand: 29. Februar 2012]; SPIEGEL Nr. 15/2005 vom 11. 4. 2005 („Geschichten aus dem Schatten“), S. 30 (32). 120 SPIEGEL Nr. 15/2005 vom 11. 4. 2005 („Geschichten aus dem Schatten“), S. 30 (30). 121 Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/258/ 258021.mandatstraeger.pdf [Stand: 29. Februar 2012].
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III. Mandatsträgerbeiträge im Ausland Die Erhebung von Mandatsträgerabgaben ist kein ausschließlich deutsches Phänomen. Vor allem im europäischen Ausland werden vielfach ähnliche regelmäßige Sonderbeiträge erhoben.122 Es gibt allerdings auch Staaten, in denen die Parteien traditionell auf eine Finanzierung mittels regelmäßiger Sonderabgaben ihrer Mandatsträger verzichten, wie z. B. in Großbritannien123. In den nachfolgend aufgeführten Ländern spielen die Mandatsträgerbeiträge eine vergleichbare Rolle für die Parteienfinanzierung wie in Deutschland. 1. Österreich In Österreich sind Mandatsträgerabgaben ebenso wie in Deutschland eine alt überkommene124 Einrichtung der politischen Parteien und machen einen nicht zu unterschätzenden Anteil der Gesamteinnahmen der Parteien aus.125 Die Abgaben werden in Österreich meist als „Parteisteuer“126 bezeichnet. Von einer „Parteisteuer“ wird dort immer dann gesprochen, wenn Personen, die ihre politische oder auch wirtschaftliche Position einer Partei verdanken, dieser dafür einen bestimmten Anteil ihres dafür bezogenen Gehalts abzuliefern haben127, wobei die Steuer an die jeweilige 122 Siehe hierzu zusammenfassend die rechtsvergleichende Betrachtung von Schefold, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 481 (511 ff.). 123 In Großbritannien finanzieren sich die Parteien ganz überwiegend durch (Groß-) Spenden. Diese Spenden stammen vor allem von natürlichen Personen, und zwar bei den kleineren Parteien von ihren Mitgliedern und bei der Conservative Party von Dritten. Nur die Labour Party wird traditionell sehr stark von den Gewerkschaften unterstützt. Gegenüber der Finanzierung durch Spenden spielt die Finanzierung durch festgelegte Mitgliedsbeiträge nur eine untergeordnete Rolle. Regelmäßige Sonderbeiträge der Mandatsträger werden von den Parteien gar nicht erhoben. Neben den Einnahmen aus privaten Quellen erhalten die Parteien bislang nur in geringem Maße Mittel aus dem britischen Staatshaushalt. Siehe zum Überblick über das Parteienfinanzierungsregime in Großbritannien Koß, Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 2008, S. 125 ff. und speziell zur Bedeutung der staatlichen Parteienfinanzierung ebenda, S. 150 f. Zum Ganzen auch Naßmacher/Naßmacher, Nachhaltige Wirtschaftspolitik in der parlamentarischen Demokratie, 2009, S. 168 ff. Aktuelle Zahlen zur Parteienfinanzierung finden sich auf der Website der Electoral Commission, einer vom britischen Parlament im Jahre 2000 eingerichteten, unabhängigen Institution, die unter anderem die Einhaltung der Regeln zur Rechenschaftlegung überwacht und die vierteljährlichen Rechenschaftsberichte der Parteien veröffentlicht. Siehe dazu im Einzelnen http://www.electoralcom mission.org.uk/party-finance/party-finance-analysis [Stand: 29. Februar 2012]. 124 Siehe zur historischen Entwicklung der Parteisteuer in Österreich Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 30 ff. 125 Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 9. 126 Ursprünglich bildete dieser Begriff eine ironische Beschreibung der Situation in den 1940er bis frühen 1970er Jahren, als Politikerbezüge zwar keiner Einkommensbesteuerung, aber eben einer funktional ähnlichen „Besteuerung“ durch ihre Partei unterlagen. So Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 226. 127 Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 30; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 115; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 226.
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Partei oder eine ihr nahe stehende Institution wie etwa den Klub128 geleistet wird129. Unter dem Begriff Parteisteuer werden insofern – anders als in Deutschland – die Beiträge an die Partei und den Klub zusammengefasst, was bei einer vergleichsweisen Betrachtung der Zahlen zu berücksichtigen ist. Des Weiteren ist zu beachten, dass zuweilen auch von Personen im Kammer- und Gewerkschaftsbereich, von höheren Beamten oder von Managern und Aufsichtsräten im Bereich der öffentlichen Wirtschaft eine Parteisteuer gezahlt wird.130 Solche Beiträge würden in Deutschland als „Amtsträgerabgaben“ bezeichnet. Die Parteisteuern werden in Österreich durch den Umstand gerechtfertigt, dass gewisse Ämter ohne die Unterstützung einer Partei faktisch nicht zu erreichen sind. Die Politiker werden daher dazu angehalten, die ihnen zuteilgewordene Unterstützung finanziell zu honorieren.131 Ebenso wie in Deutschland sind die Parteisteuern in Österreich nicht unumstritten.132 Sie werden aber grundsätzlich als zulässig angesehen.133 Die Höhe der Parteisteuer bemisst sich in der Regel nach einem Prozentsatz des Einkommens, welches eine Person aus dem Amt bezieht.134 Damit hängt die konkrete Höhe der Abgaben auch von der Anzahl der von der Partei übertragenen Positionen 128 Ein „Klub“ ist die Vereinigung von Abgeordneten grundsätzlich einer bestimmten wahlwerbenden Partei, die sich gemäß der Geschäftsordnung des jeweiligen Vertretungskörpers bildet und der insbesondere die sich aus der Geschäftsordnung ergebenden Rechte zukommen. Siehe dazu ausführlich Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 42 ff. Dem entsprechen in Deutschland in etwa die parlamentarischen Fraktionen. 129 Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 9. 130 Siehe hierzu näher und mit weiteren Nachweisen Kofler, in: Khol/Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1980, 1981, S. 361 (369); W. C. Müller/Hartmann, in: Gerlich/Müller (Hrsg.), Zwischen Koalition und Konkurrenz, 1983, S. 249 (252); Sickinger/ Nick, Politisches Geld, 1990, S. 31; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 116; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 227. 131 Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 89; Kofler, in: Khol/Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1980, 1981, S. 361 (368); Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 9; Pelinka, in: Khol/Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1977, 1978, S. 225 (227); Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 30; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 115; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 226. 132 Zur rechts- und politikwissenschaftlichen Diskussion um die Zulässigkeit der Parteisteuern in Österreich siehe ausführlich Stephan Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 10; Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 35 ff.; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 122 ff.; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 233 ff. 133 Dies hat der österreichische OGH jüngst bestätigt. Er wurde mit einem Fall befasst, in dem es um die Zulässigkeit einer individuellen Vereinbarung über die Parteisteuern eines Gemeinderatsmitglieds ging. Das Gericht strich heraus, dass Parteisteuern gesetzlich nicht verboten seien. Zudem könnte diese Steuer auch nicht als sittenwidrig angesehen werden, sofern den von Mandatsträgern (jedenfalls auf Gemeindeebene) vereinbarungsgemäß zu leistenden Parteisteuern konkrete, in Geld bewertbare Gegenleistungen gegenüberstünden. Siehe OGH, Entsch. v. 24. 6. 2010 – 6 Ob 54/10z, Umdruck, S. 9 ff. 134 Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 118; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 226.
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ab. Je mehr Funktionen ein Abgeordneter für die Partei wahrnimmt, desto höher ist seine Parteisteuer.135 Zudem leisten Nationalrats- und Landtagsabgeordnete ihre Abgaben nicht nur an die Bundespartei, sondern ebenfalls an die Landespartei sowie an die Bezirks- und Ortsorganisationen ihrer Parteien.136 Im Jahre 1997 mussten die Abgeordneten im Nationalrat und in den Länderparlamenten beispielsweise insgesamt zwischen 12 und 25 Prozent ihrer Bruttobezüge an Klub und Partei entrichten.137 Nach Schätzungen für die Mitte der 1990er Jahre beliefen sich die Parteisteuern zu dieser Zeit für die im Nationalrat vertretenen Parteien zusammen auf 250 Millionen ATS (= 18.168.208 Euro) im Jahr.138 Für das Jahr 2008 wurde die Höhe der Parteisteuern bei den höheren Parteifunktionären wiederum auf 12 bis 25 Prozent der Bruttobezüge und die aus Parteisteuern aufgebrachten Gesamteinnahmen ihrer Parteien bereits auf ungefähr 21 Millionen Euro geschätzt.139 Über die Höhe der Parteisteuereinnahmen der einzelnen österreichischen Parteien liegen keine vollständigen offiziellen Angaben vor. In den Rechenschaftsberichten der im Nationalrat vertretenen Parteien sind nach § 4 Abs. 5 Nr. 3 PartG zwar „besondere Beiträge von den der jeweiligen Partei angehörenden Mandataren und Funktionären“ auszuweisen. Allerdings betrifft diese Regelung nur die diesbezüglichen Einnahmen der Bundesparteien, sodass die Einnahmen der Landesparteien und der Bezirks- und Ortsorganisationen wie auch der Parlamentsklubs nicht erfasst werden.140 Für 1976 wurde die Gesamthöhe der Parteisteuern für die beiden großen 135
Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 89. Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 118; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 226 f. und 229. 137 So die Schätzungen von Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 119. Wolfgang C. Müller und Martin Hartmann bezifferten hingegen am Anfang der 1980er Jahre die Abzüge bei allen Parteien auf 12 Prozent bis hin zu 30 und 40 Prozent der jeweiligen Politikerbezüge. Siehe W. C. Müller/Hartmann, in: Gerlich/Müller (Hrsg.), Zwischen Koalition und Konkurrenz, 1983, S. 249 (253). Tendenziell liegt der Prozentsatz bei der FPÖ am unteren Rand und bei der SPÖ am oberen Rand dieser Spanne, während er bei der ÖVP wohl etwas unterhalb desjenigen bei der SPÖ liegen dürfte. Siehe dazu Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 33. 138 Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 121. 139 Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 229 ff. und 404. Des Weiteren haben die österreichischen Parteien noch Einnahmen aus den regulären Mitgliedsbeiträgen und Spenden sowie aus öffentlichen Zuwendungen. Der staatliche Anteil an der Parteienfinanzierung ist in Österreich sehr hoch. Insgesamt wurden im Jahr 2004 ohne Berücksichtigung der Gemeinden 147,2 Millionen Euro an Förderung für Parteien und Fraktionen ausbezahlt. Siehe hierzu mit weiteren Nachweisen Thienel, in: Manssen (Hrsg.), Die Finanzierung von politischen Parteien in Europa, 2008, S. 49 (95). Im internationalen Vergleich rangiert Österreich im Hinblick auf die staatliche Finanzierung der politischen Parteien im absoluten Spitzenfeld. In einem Vergleich von 14 westlichen Demokratien aus dem Jahre 2002 weist Österreich das höchste Subventionsniveau sowie den höchsten Subventionsanteil auf. Siehe Naßmacher, ÖZP 2002, 7 (16). Zu einem Vergleich der Staatsausgaben für politische Parteien zwischen Österreich, Schweiz und Deutschland siehe ebenfalls Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 231. 140 Siehe dazu auch Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 122; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 232. 136
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österreichischen Parteien, die Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ), auf jeweils 35 Millionen ATS (= 2.543.549 Euro) und für die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) auf 5 Millionen ATS (= 363.364 Euro) geschätzt.141 Im Verhältnis zu den ebenfalls geschätzten Gesamteinnahmen der Parteien hätte der Anteil an Einnahmen aus Parteisteuern somit damals bei der ÖVP und der FPÖ in etwa 13 Prozent und bei der SPÖ über 15 Prozent betragen.142 Andere Schätzungen gehen davon aus, dass die jährlichen Parteisteuereinnahmen der ÖVP am Ende der 1970er Jahre bereits bei 42,5 Millionen ATS (= 3.088.595 Euro) lagen143 und die der SPÖ sogar bei zumindest 50 Millionen ATS144 (= 3.633.642 Euro). Die jüngsten Annäherungsrechnungen beziehen sich auf das Jahr 2009 und gehen davon aus, dass die SPÖ und ÖVP inzwischen jeweils 9 Millionen Euro im Jahr aus Parteisteuern vereinnahmen, während die FPÖ auf diesem Wege 2,5 Millionen Euro, die Grünen 0,5 Millionen Euro und das Bündnis Zukunft Österreichs (BZÖ) 0,3 Millionen Euro erzielt.145 Bei den österreichischen Grünen existierte in der ersten Legislaturperiode, in der sie im Nationalrat vertreten waren (1986 – 1990), ein ähnliches System wie bei den deutschen Grünen.146 Die Abgeordneten sollten von ihren Bezügen lediglich einen festgelegten Anteil von 21.000 ATS (= 1.526 Euro) netto monatlich behalten. Sofern für eine weitere erwachsene Person zu sorgen war, erhöhte sich der Betrag um 3.000 ATS (= 218 Euro), bei Kindern um weitere 2.000 ATS (= 145 Euro). Zu diesem Betrag durfte – je nach Entfernung von der Bundeshauptstadt Wien – eine zusätzliche Aufwandsentschädigung von 3.000 bis 5.000 ATS (= 218 bis 363 Euro) (für Übernachtungen etc.) einbehalten werden. Darüber hinausgehende Beträge wurden nicht an die Partei, sondern an einen Verein abgeliefert, den sogenannten „Grün-Alternativen Verein zur Unterstützung von Bürgerinitiativen“, der z. B. Bürgerinitiativen die Führung von Musterprozessen ermöglichte. Nach geringfügigen Änderungen dieses Systems in der zweiten Legislaturperiode147 wurde es in den 141
Pelinka, in: Khol/Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1977, 1978, S. 225 (230). 142 Bezogen auf folgende, geschätzte Gesamteinnahmen der Parteien: SPÖ 226 Millionen ATS, ÖVP 262 Millionen ATS und FPÖ 38 Millionen ATS. Siehe dazu Pelinka, in: Khol/ Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1977, 1978, S. 225 (230). 143 Kofler, in: Khol/Stirnemann (Hrsg.), Österreichisches Jahrbuch für Politik 1980, 1981, S. 361 (368 f. und 381). 144 W. C. Müller/Hartmann, in: Gerlich/Müller (Hrsg.), Zwischen Koalition und Konkurrenz, 1983, S. 249 (253). 145 Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 404. 146 Siehe zu den Regelungen der österreichischen Grünen im Einzelnen Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 90; Sickinger/Nick, Politisches Geld, 1990, S. 31 f.; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 120. Zu dem ehemaligen Sonderbeitragssystem der deutschen Grünen siehe bereits oben unter § 2 A. II. 5. 147 Im Jahre 1991 durfte jeder Abgeordnete von seinem Nettogehalt, das zu dieser Zeit ca. 42.000 ATS (= 3.052 Euro) im Monat betrug, einen Sockelbetrag in Höhe von 26.500 ATS (= 1.926 Euro) behalten. Für Abgeordnete, die bereits in der zweiten Legislaturperiode für die
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1990er Jahren de facto durch die Vorgabe abgelöst, dass der Bürgerinitiativen- und Rechtshilfefonds jährlich ca. 1,5 Millionen ATS (= 109.009 Euro) aus Beiträgen der Nationalratsabgeordneten erhalten solle. Dies lief damals auf eine Ablieferung von etwa 10 Prozent der Bruttobezüge der Grünen-Nationalratsabgeordneten hinaus.148 Heutzutage gibt es bei den Grünen offiziell keine Parteisteuern mehr, wobei es auf lokaler Ebene durchaus noch einschlägige Regelungen gibt. Der Grund für Abschaffung der Abgabepflicht liegt nicht zuletzt darin, dass abweichend von den ursprünglichen egalitären Prinzipien die meisten Abgeordneten von Beginn an nicht bereit waren, derartige Beiträge abzuliefern, und dass Sanktionen bei Nichtbezahlung de facto nicht durchsetzbar waren.149 2. Frankreich Auch in Frankreich leisten Mandatsträger in großem Umfang Sonderbeiträge an ihre Parteien. Da die Einnahmen aus dieser Finanzierungsquelle in den Rechenschaftsberichten150 der Parteien als „contributions des élus“ ausgewiesen werden, ist es einfacher, die Bedeutung dieser Quelle zu analysieren als beispielsweise in Österreich. Aus den Rechenschaftsberichten für das Kalenderjahr 2008 lässt sich ablesen, dass die zwölf einnahmestärksten französischen Parteien zusammengenommen 33,3 Millionen Euro aus Mandatsträgerbeiträgen aufbrachten.151 Bei Gesamteinnahmen dieser Parteien in einer Höhe von 171,2 Millionen Euro betrug der Anteil der Mandatsträgerbeiträge somit 19,4 Prozent. Damit stellten die Sonderbeiträge für die besagten Parteien, hinter der staatlichen Parteienfinanzierung mit einem Anteil von 41,9 Prozent, die zweitgrößte Einnahmequelle dar. Der Anteil der
Grüne Alternative im Parlament waren, erhöhte sich dieser Betrag auf 29.500 ATS (= 2.144 Euro). Diese Beträge erhöhten sich um 2.000 ATS (= 145 Euro) für jedes minderjährige Kind, 3.000 ATS (= 218 Euro) für zu versorgende Erwachsende, 6.000 ATS (= 436 Euro) für die Betreuung von Kindern unter zwei Jahren und 5.000 ATS (= 363 Euro) für Abgeordnete aus den Bundesländern zur Abgeltung der Kosten für einen Zweitwohnsitz in Wien. Siehe hierzu Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 90. 148 So die Berechnung von Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 120. 149 Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 231 f. 150 Die Kurzzusammenfassungen der Rechenschaftsberichte werden im Amtsblatt der Französischen Republik veröffentlicht von der sogenannten Commission nationale des comptes de campagne et des financements politiques (CNCCFP). Die CNCCFP ist eine im Jahre 1990 ins Leben gerufene, unabhängige Einrichtung, deren Ziel es ist, die Ausgaben für den Wahlkampf und die Finanzierung politischer Parteien zu kontrollieren. Sie setzt sich zusammen aus jeweils drei Mitgliedern des Conseil d’État (Staatsrat), des Cour de cassation (Kassationshof) und des Cour de comptes (Rechnungshof). Die Mitglieder werden auf Vorschlag der jeweiligen Institution vom französischen Premierminister für fünf Jahre ernannt. Siehe hierzu ausführlich Schurig, Politikfinanzierung in Frankreich, 2006, S. 122 ff. 151 Siehe hierzu und zum Folgenden das Gutachten der CNCCFP für das Kalenderjahr 2008, in: Annexe au Journal officiel de la république française (JORF) No. 294 vom 19. 12. 2009, S. 6 f.
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Mitgliedsbeiträge belief sich dagegen lediglich auf 15,0 Prozent und der Anteil der Spenden natürlicher Personen auf 9,2 Prozent.152 Allerdings ist die Bedeutung der Einnahmen aus Mandatsträgerbeiträgen für die einzelnen Parteien höchst unterschiedlich. Zunächst einmal verteilen sich 33,0 Millionen der oben genannten 33,3 Millionen Euro allein auf sechs Parteien, nämlich auf die Parti communiste français (PCF) mit 15,9 Millionen Euro, die Parti socialiste (PS) mit 13,2 Millionen Euro, die Union pour un mouvement populaire (UMP) mit 1,7 Millionen Euro, Les Verts mit 1,6 Millionen Euro, den Front national (FN) mit 0,6 Millionen Euro und die Parti radical de gauche (PRG) mit 0,1 Millionen Euro. Des Weiteren ist zu beobachten, dass ideologisch eher links zu verortende Parteien in der Regel einen höheren Anteil der Sonderbeiträge an ihren Gesamteinnahmen verzeichnen als liberal und rechts einzuordnende Parteien.153 So machten die Mandatsträgerbeiträge bei der PCF im Jahre 2008 einen Anteil von 50,3 Prozent der Gesamteinnahmen aus, bei Les Verts einen Anteil von 29,8 Prozent, bei der PS einen Anteil von 22,3 Prozent und bei der PRG immerhin noch einen Anteil von 5,6 Prozent.154 Demgegenüber finanzierte sich die Mitte-Rechts-Partei UMP zu 3,3 Prozent, der liberale Nouveau Centre (NC) zu 2,9 Prozent und der zentristische Mouvement démocrate (MoDem) nur zu 1,3 Prozent aus derartigen Sonderbeiträgen. Beim rechtsextremen FN war der Anteil hingegen mit 15,3 Prozent ebenfalls recht hoch. Diese Unterschiede im Aufkommen erklären sich daraus, dass die Parteien sehr unterschiedliche Regelungen bezüglich der Sonderbeiträge getroffen haben. Hierüber liegen umfangreichere Angaben vom Ende der 1980er Jahre vor.155 Danach bekamen die Parlamentsmitglieder der PCF ihre Diäten überhaupt nicht vom Parlament ausgezahlt. Stattdessen zahlten die Nationalversammlung und der Senat die Diäten unmittelbar auf ein Sonderkonto der kommunistischen Partei. Als Weiterleitung erhielt jedes kommunistische Parlamentsmitglied von seiner Partei ein bescheidenes Gehalt in Höhe von ungefähr einem Viertel der Diäten, d. h. damals 9.000 FRF (= 1.372 Euro). Hinzu kamen Rückzahlungen für bestrittene Kosten, die mit der politischen Tätigkeit verbunden waren. Dagegen erhielten die Parlamentsmitglieder der anderen Parteien ihre Diäten zur eigenen Verfügung. Die Abgeordneten und Senatoren der PS hatten jedoch einen hohen monatlichen Sonderbeitrag von 14.000 FRF (= 2.134 Euro) an ihre Partei zu leisten, was etwas mehr als 41 Prozent ihrer monatlichen Diäten von seinerzeit 34.000 FRF (= 5.183 Euro) entsprach. Die sozialistischen Minister, die in Frankreich qua Verfassung ihr Abgeordnetenmandat 152 Zur Entwicklung der Einnahmen aus Sonderbeiträgen im Zeitraum 1994 bis 2001 siehe auch Schurig, Politikfinanzierung in Frankreich, 2006, S. 58 ff. 153 Siehe zu diesem Aspekt bereits Koß, Staatliche Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 2008, S. 128; Schurig, Politikfinanzierung in Frankreich, 2006, S. 60. 154 Siehe hierzu und zum Folgenden nochmals das Gutachten der CNCCFP für das Kalenderjahr 2008, in: Annexe au JORF No. 294 vom 19. 12. 2009, S. 7. 155 Siehe hierzu im Einzelnen Fromont, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 149 (158 f.).
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niederlegen müssen, mussten zudem 10.000 FRF (= 1.524 Euro) an die Partei zahlen. Demgegenüber forderten die Mitte-Rechts-Parteien Rassemblement pour la République (RPR) und Union pour la démocratie française (UDF)156 von ihren Parlamentsmitgliedern lediglich einen monatlichen Beitrag in Höhe von 2.000 FRF (= 305 Euro) bzw. 1.500 FRF (= 229 Euro), also 6 bzw. 4 Prozent der Diäten. 3. Luxemburg Auch in Luxemburg leisten Mandatsträger regelmäßige Pauschalabgaben an ihre Parteien.157 Die Nichtentrichtung dieser Abgaben kann zu Parteidisziplinarverfahren oder gar zum Parteiausschluss führen. Obgleich es Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien gibt, umfassen die von den Pauschalabgaben betroffenen Ämter auf nationaler Ebene in der Regel die Minister und Staatssekretäre, die Abgeordneten und Mitglieder des Staatsrats sowie die Vertreter oder die Mitglieder der Partei in Verwaltungsräten verschiedener privater oder halbstaatlicher Institutionen oder Gesellschaften. Auf lokaler Ebene werden Bürgermeister, Schöffen, Gemeinderatsmitglieder und Parteimitglieder in den kommunalen Kommissionen und Institutionen herangezogen. Die Höhe der Abgaben schwankt zwischen den einzelnen Parteien.158 Auch in Luxemburg ist der Zwang zur Diätenabgabe bei den linken Parteien stärker ausgeprägt als bei den liberalen und rechten Parteien. Nähere Angaben liegen auch hier vom Ende der 1980er Jahre vor. Seinerzeit galt für die Minister und nationalen Parlamentarier der Lëtzebuerger Sozialistesch Arbechterpartei (LSAP) in der Regel ein Satz von 25 Prozent der Diäten, während die Chrëschtlech Sozial Vollekspartei (CSV) einen Satz von 20 Prozent und die Demokratesch Partei (DP) einen Satz von 15 Prozent der Diäten forderte. In der Kommunistesch Partei Lëtzebuerg (KPL) und der Gréng Alternativ Partei (GAP) wurden die gesamten Diäten an die Partei abgeführt. Die regelmäßigen Abgaben der Mandatsträger stellen in Luxemburg den wichtigsten Anteil an der Parteienfinanzierung dar.159 Sie machen im Schnitt zwei Drittel der Gesamteinnahmen der Parteien aus. Im Jahre 1988 etwa erzielte die LSAP Einnahmen aus Mandatsträgerbeiträgen in Höhe von 6,7 Millionen LUF (= 166.086 Euro) bei Gesamteinnahmen von 9,5 Millionen LUF (= 235.496 Euro). Die 156 Die RPR ging im Jahre 2002 zusammen mit der Partei Démocratie Liberale (DL) auf in der UMP. Der neuen Partei schlossen sich zudem etliche Mitglieder der UDF an. Im Jahre 2007 spaltete sich die UDF erneut. Ein Teil der Mitglieder trat dem NC bei. Die Mehrheit der Mitglieder verblieb in der Partei, die im MoDem aufging. 157 Siehe hierzu und zum Folgenden Wivenes, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 309 (318). 158 Siehe hierzu und zum Folgenden Wivenes, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 309 (319). 159 Siehe hierzu und zum Folgenden Wivenes, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 309 (319).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
CSV nahm aus diesem Posten im Jahre 1990 8,8 Millionen LUF (= 218.143 Euro) ein, während sie Gesamteinnahmen von 12,5 Millionen LUF (= 309.863 Euro) verbuchen konnte. Die DP erzielte im Jahre 1990 insgesamt Einnahmen von 4 Millionen LUF (= 99.156 Euro), woraus ihr 2,5 Millionen LUF (= 61.973 Euro) aus Mandatsträgerbeiträgen zuflossen. 4. Schweiz In der Schweiz werden die Abgeordneten des National- und Ständerates ebenfalls von ihrer Partei und ihrer Fraktion zur Zahlung von Parteisteuern herangezogen.160 Zahlen zum Umfang dieser Art der Parteienfinanzierung auf Bundesebene liegen aus den 1980er Jahren vor.161 Danach betrugen die Einnahmen der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) etwa 40.000 CHF (= 28.209 Euro) pro Jahr, was ungefähr einem Anteil von 3,6 Prozent des jährlichen Gesamtaufwandes dieser Partei entsprach. Rund 100.000 CHF (= 70.522 Euro) jährlich erhielten die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP) von ihren Mandatsträgern, was bei der CVP 8,3 Prozent und bei der SVP sogar 20 Prozent des jährlichen Gesamtaufwandes ausmachte. Die Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) konnte hingegen rund 140.000 CHF (= 98.731 Euro) als Einnahme aus den Parteisteuern verbuchen. Dies waren rund 10 Prozent des jährlichen Gesamtaufwandes. 5. Niederlande In den Niederlanden werden nur von den linken Parteien Pflichtbeiträge erhoben, die von der parlamentarischen Besoldung geleistet werden müssen.162 Ende der 1980er Jahre war es innerhalb der Communistische Partij van Nederland (CPN) üblich, dass die Abgeordneten der Zweiten Kammer ihren Entschädigungsbetrag im Ganzen an die Partei abführten und von dieser einen Betrag ausgezahlt bekamen, der mit dem gesetzlichen Mindestlohn übereinstimmte. Das war zu dieser Zeit ein Viertel der Entschädigung, sodass der Partei dementsprechend drei Viertel der Entschädigung zuflossen. Ebenso wurde mit den Einkünften verfahren, die dem Fraktionsbeistand und den individuellen CPN-Kammermitgliedern zur Verfügung standen. Bei der Pacifistisch Socialistische Partij (PSP) wurden ebenfalls alle Mandatsträger zur Kasse gebeten. Allerdings mussten sie nur ein Viertel ihrer Entschädigung an die Partei weiterleiten. Bei der Partij van de Arbeid (PvdA) wurde der Pflichtbeitrag 160 Siehe dazu näher Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 91; Gruner, Die Parteien in der Schweiz, 2. Aufl., 1977, S. 221 f. 161 Siehe dazu den Bericht über die Unterstützung der politischen Parteien (Postulat beider Räte vom 7. Juni 1984) vom 23. November 1988, Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BBl.), Band I, 1989, S. 125 (227 ff.). 162 Siehe hierzu und zum Folgenden Elzinga, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 333 (355 ff.). Ferner Malanczuk, in: Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 131 (134).
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stattdessen auf nur 2 Prozent des Gehaltes oder der Vergütung festgelegt, die einem Stadtrat, Senator, Bürgermeister, Landtagsmitglied, Abgeordneten in der Gemeinde, königlichem Kommissar, Parlamentsmitglied, Minister oder Staatssekretär zustand. Die PvdA kam im Jahre 1987 auf Einnahmen in Höhe von 1.234.569 NLG (= 560.223 Euro) aus Pflichtbeiträgen. Dies entsprach rund 12 Prozent der gesamten Jahreseinnahmen dieser Partei.163 6. Bilanz An den Beispielen konnte aufgezeigt werden, dass die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen in Europa durchaus verbreitet ist. Der Anteil der Mandatsträgerbeiträge an der gesamten Parteienfinanzierung hat dabei zum Teil beträchtliche Ausmaße. Die Beiträge für den einzelnen Abgeordneten sind umso höher, je weiter die Partei politisch links steht. Dies geht zum Teil so weit, dass die Abgeordneten ihre gesamten Diäten an die Parteien abführen müssen und einen Teil von ihr zurückerhalten.
IV. Einfachrechtliche Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge Die konkrete Verpflichtung zur Leistung der Mandatsträgerbeiträge ergibt sich aus den Satzungen und Finanzordnungen der Parteien. Im Parteiengesetz werden die Mandatsträgerbeiträge zwar mehrfach ausdrücklich angesprochen. Ihre Erhebung wird von den entsprechenden Normen allerdings bereits vorausgesetzt. Den Ausgangspunkt für die rechtliche Möglichkeit, überhaupt derartige Beiträge erheben und dies in den Regularien der Parteien verankern zu dürfen, bietet das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und ihren Mitgliedern. Im innerparteilichen Bereich dürfen die Parteien die Beitragspflichten ihrer Mitglieder im Rahmen der gesetzlichen Grenzen autonom festlegen. 1. Verhältnis zwischen Partei und Parteimitglied Die Gründungsfreiheit der Parteien schließt die Freiheit mit ein, ihre Rechtsform frei zu wählen.164 Dabei kommen, da es sich bei den Parteien notwendig um im Raum der Gesellschaft angesiedelte Gebilde handelt165, nur die Rechtsformen des Privatrechts und hier nach den gesetzlichen Vorgaben nur diejenigen des rechtsfähigen (§ 21 BGB) oder nichtrechtsfähigen Vereins in Betracht (§ 54 BGB). Das wird be163 Siehe hierzu die Tabelle bei Elzinga, in: Tsatsos (Hrsg.), Parteienfinanzierung im europäischen Vergleich, 1992, S. 333 (351). 164 Siehe hierzu und zum Folgenden Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 219 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 274 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 165 Vgl. dazu König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 21 ff.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
stätigt durch § 11 Abs. 3 PartG, der für die Vertretung der Partei auf das BGB Bezug nimmt, und e contrario durch § 37 PartG, der die persönliche Haftung des Vorstands eines nichtsrechtsfähigen Vereins (§ 54 S. 2 BGB) und die Einspruchsbefugnis der Verwaltungsbehörde gegen die Eintragung des Vereins (§§ 61 – 63 BGB) für Parteien ausschließt. Die bestehenden Parteien sind aus historischen Gründen166 überwiegend in der Form des nichtrechtsfähigen Vereins organisiert. Das Recht der Parteien ist heute jedoch vornehmlich nicht im Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern im Parteiengesetz geregelt, das bezüglich etlicher bedeutsamer Aspekte (z. B. Parteifähigkeit, Namensrecht, Mitgliedschaft, demokratische Organisation) Sonderregelungen bereithält. Zudem modifiziert Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG die Bestimmungen des BGB über die innere Ordnung der Vereine. Diese Vorschriften gehen den Bestimmungen des BGB als höherrangige bzw. speziellere Regelungen vor.167 Die §§ 21 ff. BGB finden lediglich ergänzend Anwendung.168 Unter Beachtung dieser Maßgaben können die Parteien ihre innere Ordnung in Satzungen autonom bestimmen. Das Verhältnis zwischen der Partei und ihren Mitgliedern ist also ein durch wechselseitige Rechte und Pflichten gekennzeichnetes zivilrechtliches Rechtsverhältnis.169 Es ist durch das Vereinsrecht des BGB, das Parteiengesetz und die Satzungen der Parteien näher ausgeformt und begründet satzungsmäßige Befugnisse der Parteiorgane und Mitgliedschaftsrechte der Parteimitglieder.170 Im Rahmen dieses Mitgliedschaftsverhältnisses ist nach der Verpflichtung zur Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen zu suchen.171
166 Im Kaiserreich wurde den Parteien die Eintragung als Verein verweigert. Vgl. dazu mit weiteren Nachweisen Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 2 f. Später sahen die Parteien von der Eintragung in das Vereinsregister vielfach ab, weil mit der Eintragung bestimmte staatliche Kontrollen und Auflagen einhergehen. Diese Maßnahmen wollten die Parteien verhindern, da sie befürchten mussten, bei dieser Gelegenheit in ihrem Wirken behindert zu werden. Siehe Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 274 in Fn. 42 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 167 Siehe zum Verhältnis von Verfassungs- und Parteienrecht zum Zivilrecht Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 219 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6097. 168 Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, Vorbemerkungen § 21 Rn. 56; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, Einführung vor § 21 Rn. 17. Zu den für politische Parteien geltenden Vorschriften des Vereinsrechts im Einzelnen siehe Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6313 ff. 169 Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 73; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 170 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 85; Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 73; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 24 ff.; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 157. 171 Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, § 38 Rn. 21a; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6167 f.
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2. Rechtliche Verpflichtung zur Beitragszahlung Die Verpflichtung der Mandatsträger, einen Sonderbeitrag an die Partei zu leisten, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Parteiengesetz. Sie liegt vielmehr in den Satzungen und Finanzordnungen der Parteien. Jedoch lässt auch das Parteiengesetz die Mandatsträgerbeiträge nicht unerwähnt. a) Einschlägige Vorschriften des Parteiengesetzes Im Parteiengesetz findet sich keine Norm, die eine Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen zwingend vorschreibt. Allerdings werden die Mandatsträgerbeiträge vom fünften Abschnitt des Parteiengesetzes, der die Rechenschaftslegung der Parteien regelt, vorausgesetzt. So haben die Parteien gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 2 PartG in ihren Rechenschaftsberichten ihre Einnahmen in Form von „Mandatsträgerbeiträgen und ähnlichen regelmäßigen Beiträgen“ gesondert auszuweisen. Sofern die Summe der Mandatsträgerbeiträge und Spenden einer Person in einem Kalenderjahr 10.000 Euro übersteigt, ist sie gemäß § 25 Abs. 3 S. 1 PartG sogar unter Angabe des Namens und der Anschrift der Person im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen.172 Zudem wird der Begriff „Mandatsträgerbeiträge“ in § 27 Abs. 1 S. 2 PartG legaldefiniert. Dort heißt es: „Mandatsträgerbeiträge sind regelmäßige Geldleistungen, die ein Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) über seinen Mitgliedsbeitrag hinaus leistet.“
Diese Regelungen über die Rechenschaftslegung der Parteien deuten darauf hin, dass Mandatsträgerbeiträge faktisch erhoben werden. Sie nehmen diesen Zustand als gegeben hin. Gleichzeitig unterstellt die gesetzliche Erwähnung die Zulässigkeit derartiger Beiträge173 und gibt den Parteien die Möglichkeit, sich bei der Erhebung der Mandatsträgerbeiträge auf diesen Umstand zu berufen174. Als hinreichende 172 Der Zweck der Einbeziehung der Mandatsträgerbeiträge in die Rechenschaftspflicht des § 25 Abs. 3 S. 1 PartG liegt im Schutz der innerparteilichen Demokratie vor der Verselbstständigung einer sich zu stark eigenfinanzierenden Politikelite. So Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 25 Rn. 126. Ebenso bereits Morlok, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 281 = BT-Drucks. 14/6711, S. 75. Siehe auch Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 538. 173 So Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 114; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 119 und 514. Genauso schätzte die Fürst-Kommission die Wirkung der seinerzeit geltenden, ähnlichen Regelung im Parteiengesetz ein. Da sie die Auffassung vertrat, dass die Mandatsträgerbeiträge verfassungswidrig seien, schlug sie vor, die gesetzliche Erwähnung solcher Beiträge aus dem Parteiengesetz zu streichen. Siehe Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 188. Dazu näher unten unter § 2 B. I. 3. a). 174 So ausdrücklich die Grünen in ihrem jüngsten Beschluss über die Mandatsträgerbeiträge auf der Bundesdelegiertenkonferenz vom 14. – 16. November 2008 in Erfurt. Darin heißt es: „Die Bundespartei macht von ihrem durch Parteiengesetz und Bundessatzung vorgesehenen Recht, Mandatsträgerbeiträge von ihren MandatsträgerInnen und InhaberInnen von Regie-
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung können die Regelungen den Parteien indes nicht dienen.175 Denn sie enthalten keine konkret an die Parteien gerichtete Ermächtigung oder gar Anweisung, über solche Beiträge zu befinden und diese anschließend einzuziehen. Die Parteien werden von den Normen nur im Hinblick auf die Ausweisungspflicht aktiv angesprochen. Im Zusammenhang mit der Beitragsleistung selbst werden von den Normen als aktiv Handelnde nur die Mandatsträger genannt. Sie tätigen zusätzliche „regelmäßige Geldleistungen“ (§ 27 Abs. 1 S. 2 PartG) an ihre Partei. Die Vorschriften enthalten sich aber einer Aussage dazu, wer über das ob und das wie der Geldleistungen entscheidet. Darüber hinaus werden die Mandatsträgerbeiträge auch in den Vorschriften über die staatliche Parteienfinanzierung, dem vierten Abschnitt des Parteiengesetzes, genannt. § 18 Abs. 1 S. 2 PartG stellt klar, dass die Summe der Mandatsträgerbeiträge neben anderen einen Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel darstellt.176 Was dies konkret bedeutet, regelt dann § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG. Danach erhalten die Parteien jährlich im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung 0,38 Euro für jeden Euro, den sie als Zuwendung, d. h. als Mitglieds- oder Mandatsträgerbeitrag oder als Spende, erhalten haben. Bezuschusst werden dabei allerdings nur Zuwendungen bis zu einer Gesamthöhe von 3.300 Euro je natürliche Person. Nach diesen Vorschriften werden Mandatsträgerbeiträge nicht nur vorausgesetzt, sondern sie werden für die Parteien durch staatliche Zuschüsse sogar prämiert. Während die Regelungen über die Rechenschaftslegung als der Transparenz der Parteienfinanzierung dienend und damit gewissermaßen „neutral“ interpretiert werden können, gibt das Parteiengesetz an dieser Stelle ein klares Votum für die Mandatsträgerbeiträge ab und fördert somit deren Erhebung. Eine konkrete Rechtsgrundlage, die den Mandatsträger zur Zahlung der Beiträge verpflichtet, ist in diesen Vorschriften aber ebenfalls nicht zu sehen. Im Übrigen lässt sich dem Parteiengesetz nur die allgemeine Vorgabe entnehmen, dass die Parteien die Rechte und Pflichten ihrer Mitglieder in ihrer Satzung regeln müssen (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 PartG). Diese Vorschrift verdrängt insoweit § 58 Nr. 2 BGB. Demzufolge muss die Verpflichtung zur Zahlung der Mandatsträgerbeiträge in den Satzungen der Parteien niedergeschrieben sein. Die Regelung im Rahmen einer rungsämtern auf Bundes- und Europaebene zu erheben, Gebrauch.“ Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.gruene-partei.de/cms/default/dokbin/258/258021.mandatstraeger.pdf [Stand: 29. Februar 2012]. 175 Hartmut Klatt deutete die gesetzliche Erwähnung im Rahmen der Rechnungslegungspflicht zumindest als „eine Art zusätzliche Rechtsgrundlage“. Siehe Klatt, ZParl 1976, 61 (62 f.). 176 Die Mandatsträgerbeiträge wurden hier ausdrücklich erst durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, S. 3673) einbezogen. Auch zuvor sind Mandatsträgerbeiträge aber bei der Ermittlung eingeworbener Mittel berücksichtigt worden. Die Neuregelung sollte nur der Klarstellung dienen, dass Mandatsträgerbeiträge neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen auch zur Gesamtheit der Zuwendungen gehören. Siehe dazu BT-Drucks. 15/4246, S. 6.
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Finanzordnung, die Gegenstand der Satzungen sein kann177, liegt dabei nahe.178 Die konkrete Ausgestaltung der Beitragspflicht unterliegt jedoch der Satzungsautonomie der Parteien.179 b) Satzungen und Finanzordnungen der Parteien Die Ausgestaltung der Bestimmungen über die Mandatsträgerbeiträge unterscheidet sich von Partei zu Partei. Mehrheitlich stellt die Finanzordnung der Bundespartei lediglich die Pflicht zur Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen dem Grunde nach fest. Die Entscheidung über die konkrete Höhe der Beiträge wird demgegenüber an nachgeordnete Gliederungen oder bestimmte Organe der Parteien delegiert.180 aa) CDU Bei der CDU obliegt die Entscheidungskompetenz über die Sonderbeitragspflicht vollständig den CDU-Landesverbänden. Denn § 10 der Finanz- und Beitragsordnung181 der CDU stellt fest: „Die Landesverbände regeln in eigener Verantwortung durch Satzung, ob und in welcher Höhe die Amts- und Mandatsträger der CDU weitere Beiträge leisten. Sie können dieses Recht durch Satzungsbestimmung auf die Bezirks- und Kreisverbände übertragen, soweit es die Sonderbeiträge der kommunalen Amts- und Mandatsträger der CDU betrifft.“
Die Beitragspflicht wird dann durch die Finanzordnungen der CDU-Landesverbände konstituiert und die Höhe der Beiträge zum Teil als relativer Anteil der Diäten bzw. Aufwandsentschädigungen und zum Teil als absoluter Betrag geregelt. Hier soll exemplarisch auf die Regelungen betreffend die Abgeordneten der CDU in Niedersachsen und in Baden-Württemberg näher eingegangen werden. Die CDU in Niedersachsen regelt in § 7 Abs. 1 und 2 ihrer Finanzordnung182 die Abgabepflichten ihrer Abgeordneten:
177 Die Finanzordnung kann auch ein eigenständiges Regelwerk der Partei darstellen. Lediglich Form und Inhalt einer den Vorschriften des Fünften Abschnittes des Parteiengesetzes genügenden Finanzordnung müssen nach § 6 Abs. 2 Nr. 12 PartG zwingend in der Satzung bestimmt werden. Siehe dazu Augsberg, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 6 Rn. 23. 178 Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 904. 179 Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6167; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rn. 226. 180 Diese Vorgehensweise ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dazu Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, § 38 Rn. 21a; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rn. 211. 181 Beschlossen durch den Bundesparteitag am 17. 11. 1969, zuletzt geändert durch den Beschluss des Bundesparteitags vom 4. 12. 2007. 182 Verabschiedet auf dem Parteitag am 17./18. 4. 1979, zuletzt geändert auf dem Parteitag am 14. 6. 2008.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten „1. Bundestagsabgeordnete und Mitglieder des Europaparlamentes führen als Sonderbeitrag monatlich über ihre Landesverbände […] 5,7 % der jeweils gültigen Diäten an die CDU in Niedersachsen ab. 2. Landtagsabgeordnete führen monatlich über ihre Landesverbände als Sonderbeitrag […] 5,7 % der jeweils gültigen Diäten an die CDU in Niedersachsen ab. […]“
Bekleiden die Abgeordneten neben ihrem Abgeordnetenmandat noch ein weiteres Amt im Parlament oder in der Regierung, so werden neben den Mandatsträgerbeiträgen zusätzlich noch Amtsträgerabgaben fällig. Das gleiche gilt für sämtliche weiteren politischen Aufgaben, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird. In § 7 Abs. 4 der Finanzordnung heißt es dazu: „a) Die Mitglieder der Bundesregierung und Niedersächsischen Landesregierung führen monatlich 153,39 Euro als Sonderbeitrag an die Landesgeschäftsstelle der CDU in Niedersachsen ab. b) Der Landtagspräsident bzw. Landtagsvizepräsident und der Vorsitzende der CDULandtagsfraktion und seine Stellvertreter führen monatlich einen vom Vorstand der CDU in Niedersachsen festzusetzenden Sonderbeitrag an die Landesgeschäftsstelle der CDU in Niedersachsen ab. […] d) Parteimitglieder, die auf Vorschlag der Partei in eine politische Aufgabe berufen werden, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt wird, zahlen an die Partei (die CDU in Niedersachsen) einen Beitrag, den der Vorstand der CDU in Niedersachsen im Einzelfall festlegt.“
Die CDU in Baden-Württemberg legt in § 4 ihrer Finanzordnung183 hingegen die Sonderbeitragspflichten ihrer Abgeordneten in absoluten Beträgen fest. Danach haben Mitglieder des Europäischen Parlaments und Bundestagsabgeordnete, die aus dem baden-württembergischen Landesverband kommen, jeweils 175 Euro im Monat an die Partei abzuführen, während Landtagsabgeordnete monatlich 100 Euro leisten müssen. In Baden-Württemberg führen zumindest weitere Ämter im Parlament ebenso zu zusätzlichen Beiträgen.184 So haben Bundestagspräsidenten und Mitglieder der Bundesregierung jeweils 250 Euro im Monat an die Partei zu leisten und Landtagspräsidenten und Mitglieder der Landesregierung jeweils 150 Euro im Monat. bb) CSU Ähnlich wie die CDU in Baden-Württemberg hat die bayerische CSU seit jeher die Sonderbeitragsplicht ihrer Mandatsträger geregelt. In §§ 7 bis 12 der derzeit 183
Verabschiedet auf dem 1. Landesparteitag am 15./16. 1. 1971, zuletzt ergänzt durch den Beschluss des 46. Landesparteitages 24. 5. 2003. 184 In § 5 der Finanzordnung wird explizit herausgestellt, dass die Sonderbeiträge nach § 4 zusätzlich zu den regulären Mitgliedsbeiträgen zu zahlen sind und dass sich die Verpflichtung zur Zahlung der einzelnen Sonderbeiträge kumuliert, sofern mehrere der aufgeführten Ämter von einem Parteimitglied wahrgenommen werden.
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geltenden Beitragsordnung185 der CSU ist detailliert aufgeführt, in welcher Höhe die Mandatsträger Sonderbeiträge leisten müssen. Gemäß § 7 haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments monatlich 470 Euro an die CSU-Landesgeschäftsstelle zu zahlen. Die Bundestagsabgeordneten führen nach § 8 ebenfalls einen Mandatsträgerbeitrag in Höhe von 470 Euro im Monat über die CSU-Landesgruppe an die CSU-Landesgeschäftsstelle ab, und die Landtagsabgeordneten haben nach § 9 monatlich 415 Euro über die CSU-Landtagsfraktion an die CSU-Landesgeschäftsstelle zu überweisen. CSU-Regierungsmitglieder im Bund und in Bayern sowie Mitglieder der Parlamentspräsidien haben gemäß § 10 zusätzlich einen monatlichen Beitrag in Höhe von 6 Prozent der Bezüge, die sie aus diesen Ämtern erhalten, an die Landesgeschäftsstelle zu leisten. cc) SPD Die Finanzordnung186 der SPD stellt die Beitragspflicht der Mandatsträger grundsätzlich fest, überträgt die Entscheidungskompetenz bezüglich der konkreten Höhe der Beiträge aber grundsätzlich an den Vorstand des entsendenden Gebietsverbandes.187 In § 2 Abs. 1 FO heißt es: „Mitglieder der SPD, die öffentliche Ämter oder Mandate innehaben, leisten neben ihren satzungsmäßigen Mitgliederbeiträgen […] Sonderbeiträge (Mandatsträgerbeiträge).“
Und § 2 Abs. 4 S. 2 FO lautet: „Über die Höhe der Sonderbeiträge gemäß Abs. 1 beschließt der Vorstand des entsendenden Gebietsverbands, soweit der Parteivorstand bzw. die Landesverbände/Bezirke keine abweichenden Regelungen treffen.“
Auch für die Amtsträger werden bei der SPD zusätzliche Abgabepflichten normiert. In § 2 Abs. 2 und 3 FO heißt es hierzu: „(2) Mitglieder der SPD, die in Wahrnehmung von Funktionen für die Partei oder in Wahrnehmung öffentlicher Ämter und Mandate als Mitglieder von Aufsichts-, Verwaltungsoder Beiräten oder vergleichbaren Gremien Aufwandsentschädigungen, Tantiemen oder ähnliche Bezüge erhalten, haben von ihren Bezügen 30 Prozent an den Gebietsverband der entsprechenden Ebene abzuführen. […] (3) Mitglieder der SPD, die Regierungsämter innehaben, die keine Wahlämter sind, leisten einen Sonderbeitrag, dessen Höhe vom jeweiligen Landes- oder Bezirksvorstand, auf Bundesebene und für Mitglieder der Europäischen Kommission vom Parteivorstand fest185
In der Fassung vom 19. 11. 2004. Stand: 14. 11. 2009. 187 In der Geschäftsordnung der SPD-Bundestagsfraktion wird das Verfahren der Festlegung des Sonderbeitrages der Fraktionsmitglieder konkretisiert. Deren § 26 lautet: „Die Fraktionsmitglieder entrichten einen monatlichen Sonderbeitrag an die Partei, der von der Fraktion im Benehmen mit dem Parteivorstand zu Beginn der Legislaturperiode festgesetzt wird.“ Vgl. Geschäftsordnung der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag in der Fassung vom 3. Juni 1997, übernommen mit Änderungen zu Beginn der 17. Wahlperiode. Siehe hierzu näher unter § 3 A. III. 2. b). 186
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten gelegt wird. Die Pflicht Sonderbeiträge gemäß Abs. 1 und 2 zu leisten, bleibt hiervon unberührt.“
dd) Bündnis 90/Die Grünen Die Grünen legen in ihrer Satzung ebenfalls grundsätzlich die Beitragspflicht ihrer Amts- und Mandatsträger fest. Bei ihnen entscheidet jedoch nicht der Vorstand über die Beitragshöhe, sondern die Bundesversammlung. § 6 Abs. 3 der Satzung188 des Bundesverbands von Bündnis 90/Die Grünen lautet: „MandatsträgerInnen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Europaparlament und im Deutschen Bundestag sowie InhaberInnen von Regierungsämtern auf Bundesebene leisten neben ihren satzungsmäßigen Mitgliedsbeiträgen […] Sonderbeiträge an den Bundesverband. Die Höhe der Beiträge wird von der Bundesversammlung bestimmt.“
ee) Die Linke Ebenso konstituiert die Linke in ihrer Bundesfinanzordnung eine Beitragspflicht dem Grunde nach. Die Höhe der Beiträge wird hingegen auf der jeweiligen Gliederungsebene zwischen dem Parteivorstand und den Mandatsträgern – generell oder individuell – vereinbart. In § 4 Abs. 1 und 2 der Finanzordnung189 wird geregelt: „1. Mitglieder von Parlaments- und Kommunalvertretungen mit dem Mandat der Partei DIE LINKE sowie Parteimitglieder, die öffentliche Wahlämter innehaben bzw. die in Wahrnehmung öffentlicher Wahlämter und Mandate als Mitglieder von Aufsichts-, Verwaltungsund Beiräten Bezüge erhalten, leisten auf der jeweiligen Gliederungsebene der Partei neben ihren satzungsmäßigen Mitgliedsbeiträgen regelmäßig Sonderbeiträge in Form von Mandatsträgerbeiträgen. […] 2. Die Höhe des Mandatsträgerbeitrages wird auf der jeweiligen Ebene auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen den Vorständen der Partei und den Mandatsträgerinnen und den Mandatsträgern festgelegt.“
ff) FDP Eine Ausnahme innerhalb der Regelungen zu den Mandatsträgerbeiträgen bildet die Satzung der FDP. Denn sie formuliert als einzige sowohl das „Ob“ als auch das „Wie“ der Beitragserhebung als Soll-Vorschriften. In § 12 der Finanz- und Beitragsordnung der FDP190 heißt es: „Inhaber eines öffentlichen Wahlamtes (Mandatsträger) sollen außer ihrem Mitgliedsbeitrag zusätzlich einen regelmäßigen Mandatsträgerbeitrag entrichten. Höhe und Einzelheiten der 188
sung. 189
2007.
In der zuletzt auf der Bundesdelegiertenkonferenz am 8. – 10. 5. 2009 geänderten FasBeschlossen durch die Parteitage der WASG und der Linkspartei.PDS am 24./25. 3.
190 In der Fassung vom 10. 5. 2002, geändert auf dem 56. ordentlichen Bundesparteitag am 5. 5. 2005.
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Entrichtung sollen die zuständigen Schatzmeister mit den Mandatsträgern bei Beginn der Amtsperiode für deren Dauer vereinbaren.“
Sofern diese Vorschrift genutzt wird, wovon in der Regel auszugehen ist, resultiert hier die Beitragspflicht letztlich aus den Vereinbarungen zwischen den zuständigen Schatzmeistern und den Mandatsträgern. c) Resümee Die Satzungsbestimmungen sind demnach mit Ausnahme der Bestimmungen bei der FDP als Muss-Vorschriften ausgestaltet. Wenn die Mandatsträger nicht gegen die Satzungen ihrer Parteien verstoßen wollen, haben sie die Sonderbeiträge zu entrichten. Neben dieser positiv formulierten Verpflichtung halten die Satzungen auch Sanktionen für den Fall bereit, dass ein Mandatsträger seine Zahlungen verweigert. So ist in einigen Satzungen vorgesehen, dass die Mitgliedschaftsrechte eines Parteimitgliedes ruhen, wenn er seinen Beitragspflichten über einen gewissen Zeitraum schuldhaft nicht nachgekommen ist.191 Teilweise gilt die Nichtzahlung trotz entsprechender Mahnungen nach einer bestimmten Frist sogar als Austrittserklärung.192 Im Übrigen laufen die Mandatsträger bei einer Zahlungsverweigerung Gefahr, mit einer allgemeinen Ordnungsmaßnahme ihrer Partei belegt zu werden. Die Maßnahmenkataloge der Parteien reichen bei Satzungsverstößen von Verwarnungen über die Enthebung aus Parteiämtern bis hin zum zeitweiligen Ruhen einzelner oder aller Mitgliedschaftsrechte.193 Im Extremfall droht sogar der Parteiausschluss.194 Die Beitragszahlung an sich ist den Mandatsträgern also satzungsrechtlich nicht freigestellt, weshalb nicht von freiwilligen Leistungen gesprochen werden kann.195 Die
191 Vgl. § 7 Abs. 2 Statut der CDU (Stand: 4. 12. 2007), der das Ruhen nach einem schuldhaften Zahlungsverzug von mehr als 6 Monaten anordnet. Ähnlich § 6 Abs. 5 Satzung der CSU (Stand: 18. 7. 2008), wonach die Rechte eines Mitglieds auf Beschluss des Orts- bzw. Kreisvorstands ruhen, wenn das Mitglied mit seiner Beitragsleistung mehr als drei Monate in Verzug ist und trotz Mahnung nicht innerhalb eines weiteren Monats zahlt. 192 Vgl. § 1 Abs. 5 FO SPD (Stand: 14. 11. 2009); § 3 Abs. 3 Satzung der Partei DIE LINKE (Stand: 15. 5. 2010). 193 Vgl. § 10 Statut der CDU; § 35 Organisationsstatut der SPD (Stand: 14. 11. 2009); § 6 Abs. 1 Satzung der FDP (Stand: 23. 4. 2010) und § 11 FBO der FDP (Stand: 5. 5. 2005); § 20 Abs. 2 Satzung Bündnis 90/Die Grünen (Stand: 8. 5. 2009); § 60 Satzung der CSU. § 37 Abs. 7 Satzung der Partei DIE LINKE erlaubt der zuständigen Schiedskommission dagegen ganz allgemein die Anordnung von „Maßnahmen, die der Wiederherstellung der satzungsmäßigen Ordnung in der Partei dienen.“ 194 Vgl. §§ 11 und 13 Statut der CDU; § 35 Organisationsstatut der SPD (Stand: 14. 11. 2009); § 6 Abs. 2 Satzung der FDP (Stand: 23. 4. 2010) und § 11 FBO der FDP (Stand: 5. 5. 2005); § 20 Abs. 3 Satzung Bündnis 90/Die Grünen; § 61 Satzung der CSU; § 3 Abs. 4 Satzung der Partei DIE LINKE. 195 So auch Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 189; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (287).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Mandatsträger sind vielmehr dazu verpflichtet, ihre Sonderbeiträge zu zahlen.196 Man kann die Freiwilligkeit allenfalls damit begründen, dass die Parteimitglieder freiwillig ihrer Partei beigetreten sind und sich dementsprechend auch freiwillig deren Satzungen unterwerfen, die durch entsprechende Mehrheiten von den zuständigen Parteiorganen verabschiedet wurden.197 3. Einfachrechtliche Verbote der Beitragszahlung? Die Bestimmungen der Satzungen und Finanzordnungen der Parteien dürfen nur im gesetzlichen Rahmen ausgestaltet werden, d. h. sie dürfen nicht gegen (höherrangige) Gesetze verstoßen. Wenn den Regelungen in den Parteiordnungen, die Sonderbeiträge fordern, einfachrechtliche Regelungen gegenüberstünden, die einen solchen Geldfluss verböten, dann wären diese Regelungen bereits nichtig, ohne dass es eines Rückgriffs auf Verfassungsvorschriften bedürfte. Bei der Durchsicht der in diesem Fall einschlägigen Vorschriften des Abgeordnetengesetzes des Bundes und der Abgeordnetengesetze der Länder fällt auf, dass nur in Niedersachsen eine Norm existiert, die den Geldfluss vom Abgeordneten zu einem Dritten überhaupt anspricht, nämlich § 27 Abs. 2 des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes (NdsAbgG)198. a) § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Mandatsträgerbeiträgen? In § 27 Abs. 2 NdsAbgG wird von einigen Vertretern in der Literatur199 ein Verbot der Leistung von Mandatsträgerbeiträgen für niedersächsische Landtagsabgeordnete erblickt. § 27 Abs. 2 NdsAbgG lautet folgendermaßen: 196
§ 7 Abs. 6 der Finanzordnung der CDU in Niedersachsen (Stand: 14. 6. 2008) lässt in Härtefällen auf Antrag zumindest eine Ermäßigung des Beitrages zu. 197 So Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 5; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26. Für Österreich auch Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 10. 198 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages in der Fassung des vom 20. Juni 2000 (Nds. GVBl. 2000, S. 129), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. 2011, S. 471). 199 Siehe von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn. 215 (Stand der Bearbeitung: März 1980); derselbe, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 319; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Neumann, Die Niedersächsische Verfassung, 3. Aufl., 2000, Art. 13 Rn. 18. Wilhelm Henke interpretiert diese Vorschrift zwar als ein Verbot von Mandatsträgerbeiträgen, hält sie aber zugleich für unpraktisch, weil die „Rücksicht auf das Mandat“ niemals mit Sicherheit nachzuweisen oder auszuschließen sei. Siehe Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21, Rn. 113 und 118. Dagegen kommt Christian Wefelmeier im Wege der Auslegung der Norm zu dem Ergebnis, dass sie sich nicht eindeutig gegen Mandatsträgerbeiträge richtet. Vgl. Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (292 ff.). Zum Teil wird § 27 Abs. 2 NdsAbgG im Schrifttum auch nur als gesetzliches Verbot von Fraktionsbeiträgen angeführt, wobei unklar ist, ob dabei bewusst zwischen Fraktions- und Mandatsträgerbeiträgen differenziert wird. Siehe etwa Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 168; Höl-
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„Abgeordnete dürfen niemandem Zuwendungen mit Rücksicht auf ihr Mandat machen.“
Obwohl die Vorschrift die Mandatsträgerabgaben nicht ausdrücklich nennt, wird die sie einschließende Interpretation im Schrifttum nicht näher begründet. Nicht zuletzt weil in Niedersachsen trotz dieser Vorschrift ebenfalls Mandatsträgerabgaben geleistet werden200, ist eine nähere Untersuchung allerdings angezeigt. Fraglich ist, wie die Gesetzesformulierung „Zuwendungen mit Rücksicht auf ihr Mandat“ zu verstehen ist. Da § 27 NdsAbgG ausweislich seiner Paragraphenüberschrift der „Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten“ dienen soll, ist eine Auslegung der maßgeblichen Wendung in § 27 Abs. 2 NdsAbgG ausschließlich auf der Ebene des Unterverfassungsrechts nicht möglich. Vielmehr muss auch die verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit des Abgeordneten (Art. 12 NdsVerf) einbezogen werden. aa) „Zuwendungen“ im Sinne des § 27 Abs. 2 NdsAbgG Zunächst einmal könnten mit dem Begriff „Zuwendungen“ ausschließlich freiwillige Geldleistungen gemeint sein. Hiervon würden dann insbesondere Spenden oder Geschenke eines Abgeordneten erfasst. Rechtlich geschuldete Beiträge wie die Mandatsträgerbeiträge oder Leistungen aus schuldrechtlichen Verträgen würden hingegen nicht darunter fallen. Inwiefern freiwillige Leistungen eines Abgeordneten seine Unabhängigkeit, deren Sicherung die Norm nach der Paragraphenüberschrift zu dienen bestimmt ist, mehr beeinträchtigen könnten als rechtlich geschuldete Leistungen, ist jedoch nicht ersichtlich. Es ist für die Auswirkung auf die Unabhängigkeit eines Abgeordneten unerheblich, ob eine Leistung formal rechtlich geschuldet oder freiwillig erfolgt. Dies schließt eine rein formelle Betrachtungsweise des Zuwendungsbegriffs in § 27 Abs. 2 NdsAbgG aus. Unter „Zuwendungen“ müssen in diesem Zusammenhang vielmehr alle Formen vermögenswerter Leistungen eines Abgeordneten verstanden werden. Nur so kann die Vorschrift effektiv die Unabhängigkeit der Abgeordneten aus Art. 12 NdsVerf schützen. Für diese Interpretation des Zuwendungsbegriffs in § 27 Abs. 2 NdsAbgG spricht zudem der Regelungszusammenhang mit § 27 Abs. 3 NdsAbgG.201 Dort heißt es: scheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 653; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 194. Dass hier eine Differenzierung zwingend geboten ist, wird im Folgenden aufgezeigt. 200 Siehe als Beleg dafür bereits die Mandatsträgerbeiträge einfordernden Regelungen in den Satzungen der niedersächsischen Landesverbände einiger im niedersächsischen Landtag vertretener Parteien, z. B. § 7 Abs. 2 der Finanzordnung der CDU in Niedersachsen (Stand: 14. 6. 2008); § 26 Abs. 2 des Organisationsstatuts des Bezirks Hannover der SPD (Stand: 17. 6. 2007); § 24 Abs. 3 des Bezirksstatuts des Bezirks Nord-Niedersachsen der SPD (Stand: 2011); § 25 Abs. 3 des Bezirksstatuts des Bezirks Weser-Ems der SPD (Stand: 8. 9. 2007); § 1 Abs. 2 der Beitrags- und Kassenordnung von Bündnis 90/Die Grünen Landesverband Niedersachsen (Stand: 15. 11. 2009); § 4 der Landesfinanzordnung der Partei DIE LINKE Niedersachsen (Stand: 1. 11. 2008). 201 Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (293).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten „Abgeordneten dürfen mit Rücksicht auf ihr Mandat keine anderen als die in diesem Gesetz vorgesehenen Zuwendungen gemacht werden. Insbesondere darf einem Abgeordneten eine Vergütung aus einem Dienst- oder Werkverhältnis nur gewährt werden, soweit dem Wert einer vom Abgeordneten tatsächlich erbrachten und mit seinem Mandat nicht zusammenhängenden Tätigkeit entspricht. Besondere Dienste, die der Abgeordnete seiner Fraktion leistet, dürfen vergütet werden.“
Durch die beispielhafte Aufzählung einzelner, aus schuldrechtlichen Verpflichtungen resultierender Vergütungen in den Sätzen 2 und 3 wird deutlich, dass in § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG unter „Zuwendungen“ auch rechtlich geschuldete Leistungen verstanden werden.202 Entscheidend für die Abgrenzung zu anderen vermögenswerten Leistungen ist stattdessen, dass einer „Zuwendung“ im Sinne des § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG keine wertentsprechende Gegenleistung des Leistungsempfängers gegenübersteht.203 Die Leistung muss ohne einen adäquaten Gegenwert erfolgt sein, egal ob hierfür formal ein rechtlicher Grund bestand oder nicht. Die ähnliche Formulierung der beiden Absätze des § 27 NdsAbgG deutet darauf hin, dass der Begriff in beiden Fällen die gleiche Bedeutung hat. Demzufolge sind mit den „Zuwendungen“ in § 27 Abs. 2 NdsAbgG neben freiwilligen Leistungen ebenfalls rechtlich geschuldete Leistungen des Abgeordneten gemeint. Folgt man der Parallelität der beiden Regelungen im Übrigen, so muss es sich bei den nach § 27 Abs. 2 NdsAbgG verbotenen „Zuwendungen“ zusätzlich um Leistungen des Abgeordneten handeln, der keine adäquate Gegenleistung des Leistungsempfängers entspricht. Sollten Mandatsträgerbeiträge nach dieser Vorschrift verboten sein, so dürften ihnen demnach keine entsprechenden Gegenleistungen der Parteien gegenüberstehen. Solche Gegenleistungen der Parteien könnten allerdings in der besonderen Unterstützung der Abgeordneten speziell in Zeiten des Wahlkampfs erblickt werden. Ebenso nehmen die Abgeordneten ihre Parteien zwischen den Wahlkämpfen in Anspruch. Fraglich ist, ob diese Gegenleistungen der Parteien den Mandatsträgerbeiträgen im Wert entsprechen. Dies wird im Einzelfall schwer zu bemessen und daher schwer zu bestreiten sein. Es könnte somit bereits infrage gestellt werden, ob die Mandatsträgerbeiträge überhaupt unter den Zuwendungsbegriff des § 27 Abs. 2 NdsAbgG fallen. bb) Zuwendungen „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ Weiterhin ist erörterungsbedürftig, in welchen Fällen Abgeordnete Zuwendungen „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ machen. Bei einer streng subjektiven Auslegung dieser Formulierung wäre es erforderlich, dass der Abgeordnete seine Zuwendung mit der Erwartung verbindet, diese Leistung werde sich in irgendeiner Form auf seine 202 Siehe zur Auslegung des § 27 Abs. 3 NdsAbgG ausführlich Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (172 ff.). 203 OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (385); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (231); VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (58).
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konkrete Mandatsausübung auswirken.204 Danach wären Zuwendungen eines Abgeordneten verboten, die er mit der Absicht leistet, seine Abgeordnetentätigkeit im Plenum und in den Ausschüssen damit zu beeinflussen. Dieses Verbot würde beispielsweise dann greifen, wenn ein Abgeordneter versuchte, sich durch Zuwendungen an die Fraktion oder die Partei einen Posten innerhalb des Parlaments oder den Ausschüssen zu „erkaufen“. Die Mandatsträgerbeiträge würden in diesem Fall hingegen nicht von dem Verbot erfasst. Denn sie werden von einem Abgeordneten nur deshalb geleistet, weil eine entsprechende satzungsrechtliche Verpflichtung aus dem Mitgliedschaftsverhältnis mit seiner Partei besteht. Bestimmte Erwartungen, die der Abgeordnete damit hinsichtlich seiner Mandatsausübung verbindet, sind im Allgemeinen nicht ersichtlich und werden im Speziellen nur schwer nachweisbar sein.205 Auf der anderen Seite kann die Wendung „Zuwendungen mit Rücksicht auf ihr Mandat“ streng objektiv so ausgelegt werden, dass sie sich auf alle Zuwendungen des Abgeordneten erstreckt, die ohne weitere Motive des Abgeordneten allein an das Innehaben des Mandats anknüpfen.206 Eine Zuwendung eines Abgeordneten erfolgte dann „mit Rücksicht auf [sein] Mandat“, wenn er sie gerade wegen seiner Abgeordnetenstellung leistete, wenn also eine solche gegenleistungslose Zuwendung von einer Person, die nicht Abgeordneter ist, nicht erfolgt wäre. Unerheblich ist dabei sowohl die Frage, ob der Zuwendungsempfänger auf die Mandatsausübung überhaupt Einfluss nehmen kann, als auch die Frage, ob die Zuwendung von dem Abgeordneten in der Absicht unzulässiger Einflussnahme auf die Mandatsausübung gezahlt worden ist.207 Folglich wären sämtliche Zuwendungen eines Abgeordneten, die in irgendeiner Weise durch sein Mandat veranlasst wurden, verboten. Hiervon wären die Mandatsträgerbeiträge eindeutig erfasst, soweit sie als gegenleistungslose Zuwendungen angesehen werden können. Sie knüpfen nämlich gerade an die Abgeordneteneigenschaft an und müssen von einem Parteimitglied, das kein Mandat innehat, nicht geleistet werden. Hierunter fielen jedoch auch jede Sonderspende, die der Abgeordnete für den nächsten Wahlkampf an seine Partei zahlt, jeder Kaffee, den er einem Praktikanten ausgibt, jeder Bildband über die Landeshauptstadt Hannover, den er seinen Kindern schenkt, um ihnen seinen Wirkungsort näher zu bringen, und strenggenommen sogar jeder Luftballon und jeder Kugelschreiber, die er im Wahlkampf an Bürger verteilt. 204
Vgl. die Erwägungen zur entsprechenden Formulierung in § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG durch das VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (59). Mit anderer Begründung im Ergebnis ähnlich bereits Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (294). 205 Wie hier Christian Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (294). 206 Entsprechend interpretierte diese Wendung in § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG das VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (59). Zustimmend von Arnim, NVwZ 2006, 249 (251); derselbe, NVwZ 2007, 1246 (1248 f.). 207 So die Auslegung der entsprechenden Formulierung in § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG seitens des OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (385 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (231 f.). Ebenso Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (173 f.).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Für ein derartiges Normverständnis spricht namentlich der Regelungszusammenhang mit § 27 Abs. 3 NdsAbgG. Nach dieser Vorschrift ist eine Zuwendung an einen Abgeordneten unzulässig, wenn sie für eine Vertretung der Interessen des Zahlenden im Landtag geleistet wird.208 Gemeint sind damit hauptsächlich die sogenannten Lobbygelder, die der Abgeordnete aus einem Angestelltenverhältnis, aus einem sogenannten Beratervertrag oder Ähnlichem erhält, nicht weil die danach geschuldeten Dienste von ihm tatsächlich gefordert würden, sondern weil von ihm erwartet wird, dass er im Parlament die Interessen des zahlenden Arbeitgebers, Unternehmers oder der zahlenden Großorganisation vertritt und nach Möglichkeit durchzusetzen versucht.209 Die vom Gesetzgeber in Satz 1 dieses Absatzes ebenfalls gewählte Formulierung „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ wird von Rechtsprechung210 und Literatur211 dabei so interpretiert, dass sie Zuwendungen an einen Abgeordneten erfasst, die gezielt wegen des Innehabens eines Mandats erfolgen, ohne dass es auf eine bestimmte Ausübung des Mandats im Sinne des Zuwendenden ankäme. Die Vorschrift greift also unabhängig davon, ob die Absicht unzulässiger Einflussnahme des Zahlenden bestand, bei jeglichem „arbeitslosen“ oder mindestens nicht „wertäquivalenten Einkommen“ des Abgeordneten.212 Ausnahmen hiervon werden nicht zugelassen, es sei denn, die empfangene Zuwendung liegt im Bereich sozialadäquaten Verhaltens213 (z. B. kleine Aufmerksamkeiten, Geschenke geringen Wertes, Bewirtungen bei Messebesuchen).214 208
Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (173). Siehe hierzu die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift, seinerzeit § 25 des Entwurfs, LT-Drucks. 8/2260, S. 14. Vgl. zudem den entsprechenden Appell des Bundesverfassungsgerichts an den Gesetzgeber, im Hinblick auf das Problem der Lobbygelder tätig zu werden, in BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (319). 210 Siehe OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (385 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (231 f.); VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (59). Zum Hintergrund dieser Urteile siehe ferner Muhle, ZParl 2006, 266 (266 ff.). 211 Siehe von Arnim, NVwZ 2006, 249 (251); derselbe, NVwZ 2007, 1246 (1248 f.); Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (173 f.). 212 von Arnim, NVwZ 2006, 249 (251); derselbe, NVwZ 2007, 1246 (1248 f.); Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (173 f.). Siehe ferner OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (385 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (231 f.); VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (59). 213 Solche Bagatellzuwendungen sind durch die gesetzliche Fiktion in § 27 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG auch nicht (mehr) vom Begriff der „verbotene[n] Zuwendung“ erfasst, deren Abführung an das Land von § 27 Abs. 4 S. 1 NdsAbgG angeordnet wird. § 27 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG wurde im Nachgang zu den hier vielfach zitierten Urteilen des OVG Lüneburg vom 13. 3. 2008 durch das Gesetz vom 10. Juni 2010 (Nds. GVBl. 2010, S. 238) angefügt. Siehe zur Gesetzesbegründung den Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen auf LT-Drucks. 16/2559, S. 2. 214 OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (386 f.); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (232 f.). Anderer Ansicht ist insoweit das VG Braunschweig, das in der Vorschrift des § 27 Abs. 3 NdsAbgG nur eine gesetzliche Vermutung für eine Interessentenzahlung erblickt, die von dem Abgeordneten im 209
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen
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Begründet wird dies vornehmlich mit dem Sinn und Zweck der Regelung, der Sicherstellung der Unabhängigkeit des Abgeordneten (Art. 12 NdsVerf). Leistungen, die der Abgeordnete neben seiner Abgeordnetenentschädigung aus öffentlichen Mitteln von Privaten erhalte, ohne dafür eine Gegenleistung erbracht zu haben, gefährdeten nicht nur die Unabhängigkeit, sondern auch die Gleichheit der Abgeordneten. Um dieser Gefahr zu begegnen, sei bereits die gegenleistungslose Geldleistung an Abgeordnete verboten worden, ohne dass es noch darauf ankäme, weitergehende Motive und Absichten des Zuwendenden festzustellen.215 Zudem wird die Systematik des § 27 Abs. 3 NdsAbgG, insbesondere der Zusammenhang der Sätze 1 und 2, angeführt. § 27 Abs. 3 S. 2 NdsAbgG verbiete, einem Abgeordneten eine Vergütung aus einem Werk- oder Dienstverhältnis zu gewähren, soweit sie nicht dem Wert einer von ihm tatsächlichen erbrachten und mit seinem Mandat nicht zusammenhängenden Tätigkeit entspreche. Der Gesetzgeber gehe also davon aus, dass eine Zahlung, die unter den Voraussetzungen des Satzes 2 erfolge, gerade wegen des Abgeordnetenmandats des Betroffenen gewährt werde und damit mit seiner Unabhängigkeit unvereinbar sei. So verstanden stelle Satz 2 ein Regelbeispiel des § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG dar, wie auch aus der Verwendung des einleitenden Wortes „insbesondere“ deutlich werde. Die Regelung in Satz 2 enthalte damit eine Konkretisierung zu Satz 1.216 Die spiegelbildliche Formulierung des § 27 Abs. 2 und des § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG spricht stark für die identische Auslegung beider Regelungen. Dementsprechend fielen in den Regelungsbereich des § 27 Abs. 2 NdsAbgG sämtliche gegenleistungslosen Zuwendungen eines Abgeordneten, die allein an seine Abgeordnetenstellung anknüpfen. Ein Vergleich der Wirkungsbereiche beider Normen legt demgegenüber eine Differenzierung nahe. Beide Vorschriften zielen darauf ab, die Unabhängigkeit des Abgeordneten zu sichern. Während die eine zu diesem Zweck eine durch Vermögensmehrung beeinflusste parlamentarische Handlung des Abgeordneten selbst verhindern will, beabsichtigt die andere, eine durch Vermögensminderung des Abgeordneten geleitete parlamentarische Handlung anderer zu unterbinden. Es leuchtet ein, dass jede noch so geringe Zuwendung an einen Abgeordneten Gefährdungspotential für dessen unabhängige Mandatsausübung bergen kann. Er selbst kann sie bewusst oder unbewusst interessengerecht steuern. Als Zuwendender kommt hier nahezu jede natürliche oder juristische Person in Betracht. Es ist umgekehrt nur in wenigen Fällen ersichtlich, dass eine derartige Zuwendung des Abgeordneten Einfluss auf seine Mandatstätigkeit haben kann, setzte dies doch voraus, dass der Zuwendungsempfänger die Mandatstätigkeit in irgendeiner Art und Einzelfall widerlegt werden kann. Siehe VG Braunschweig, Urt. v. 16. 11. 2005 – 1 A 163/05, NdsVBl. 2006, 55 (59). 215 OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (386); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (232). 216 OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 1/07, NordÖR 2008, 380 (386); OVG Lüneburg, Urt. v. 13. 3. 2008 – 8 LC 2/07, NdsVBl. 2008, 226 (232). Zur Systematik des § 27 Abs. 3 NdsAbgG ausführlich Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (172 ff.).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Weise steuern kann. Mit einer solchen Kompetenz ist von vornherein nur ein sehr geringer Personenkreis ausgestattet. Deshalb bedarf es bei der Fließrichtung der Zuwendung vom Abgeordneten zu einer anderen natürlichen oder juristischen Person einer eingehenderen Überprüfung, ob diese Zuwendung überhaupt das mandatliche Agieren des Abgeordneten beeinflussen kann. Ansonsten würden auch Leistungen des Abgeordneten verboten, die für die Sicherung seiner Unabhängigkeit evident irrelevant sind. Ein so umfassendes Verbot kann der Gesetzgeber nicht ernsthaft beabsichtigt haben.217 Um offensichtlich nicht verbotene Zuwendungen des Abgeordneten vom Regelungsbereich der Norm auszunehmen, reicht es freilich nicht aus, allein auf die gesetzliche Fiktion des § 27 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG218 zu verweisen. Nach dieser Vorschrift gilt einerseits „eine Sachzuwendung, durch die einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird,“ sowie andererseits „die Gewährung freien Eintritts zu Veranstaltungen“, an denen der Abgeordnete mandatsbedingt teilnimmt, nicht als verbotene Zuwendung, deren Wert gemäß § 27 Abs. 4 S. 1 NdsAbgG an das Land abzuführen ist. Die beschriebenen Zuwendungen werden auf diese Weise mittelbar aus dem Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 und Abs. 3 NdsAbgG herausgenommen. Zunächst einmal erscheint die gesetzliche Fiktion nach ihrem Wortlaut mehr auf den Fall des Empfangs einer Zuwendung (§ 27 Abs. 3 NdsAbgG) zugeschnitten als auf den Fall der Gewährung einer Zuwendung (§ 27 Abs. 2 NdsAbgG). Anwendbar ist hier allenfalls die Fiktion bezüglich der Sachzuwendungen, wobei auch Zuwendungen des Abgeordneten an andere, durch die der Abgeordnete einer „Rücksicht entspricht“, nur schwer vorstellbar sind. Darüber hinaus vermag die Regelung des § 24 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG lediglich solche Zuwendungen des Abgeordneten vom Anwendungsbereich der Norm auszuschließen, die aufgrund ihres geringfügigen Wertes keine Auswirkungen auf die Mandatsausübung haben sollen. Auf den Wert kommt es aber bei einer von Seiten des Abgeordneten getätigten Zuwendung, die seine Mandatsausübung beeinflussen könnte, im Zweifel gar nicht an. Entscheidend sind vielmehr die Person des Zuwendungsempfängers und seine Einflussmöglichkeiten auf die Mandatsausübung des Abgeordneten. Darum ist die Regelung des § 27 Abs. 2 NdsAbgG zusätzlich teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass sie nur gegenleistungslose Zuwendungen eines Abgeordneten verbietet, die in irgendeiner Weise Einfluss auf die Mandatsausübung haben können. Nur auf diese Weise wird der Anwendungsbereich der Norm auf die Fälle beschränkt, die eine Gefahr für die unabhängige Mandatsausübung eines Abgeordneten darstellen. Wie bei § 27 Abs. 3 S. 1 NdsAbgG ist es dagegen auch hier nicht erforderlich, im Einzelfall den Nachweis zu erbringen, dass ein Abgeordneter bei der Tätigung einer Zuwendung tatsächlich die entsprechende Beeinflussungsabsicht hatte. Verboten sind somit beispielsweise Zahlungen eines Abgeordneten an 217 218
Mit anderer Begründung im Ergebnis ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (293 f.). Siehe zu dieser Vorschrift auch oben in Fn. 213.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen
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die Fraktion, die ihm Vorteile in den parlamentarischen Organen oder bei der Verteilung von Posten bringen könnten.219 Die Mandatsträgerbeiträge sind hingegen nicht von dem Verbot erfasst, da sie von den Abgeordneten an die Partei gezahlt werden und die Parteien grundsätzlich außerhalb des Parlaments in der Gesellschaft angesiedelt sind.220 Auch wenn sie über die Abgeordneten und die Fraktionen in den Bereich der organisierten Staatlichkeit hineinwirken, ist kaum denkbar, dass die Mandatsträgerbeiträge auf diesem Wege Auswirkungen auf die Mandatsausübung zeitigen können. Zumal die Abgeordneten diese Beiträge in gleicher Höhe zahlen und sich damit keinen Vorteil gegenüber anderen verschaffen können. Mithin ist festzuhalten, dass Mandatsträgerbeiträge von den Abgeordneten nicht gemäß § 27 Abs. 2 NdsAbgG „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ geleistet werden. cc) Der Wille des Gesetzgebers Dass diese Lesart des § 27 Abs. 2 NdsAbgG dem Willen des Gesetzgebers entspricht, ist zu bezweifeln. In der Entstehungsgeschichte221 der Norm gibt es zumindest Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Mandatsträgerbeiträge verbieten wollte. Zwar geht die Gesetzesbegründung zu § 27 NdsAbgG mit keiner Silbe auf den Sinn und Zweck des Abs. 2 ein.222 Ebenso wurde in den parlamentarischen Beratungen nicht erörtert, ob Mandatsträgerbeiträge nach dieser Vorschrift verboten sein sollen.223 Allerdings wurde im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen, an den die Gesetzesvorlage zur federführenden Beratung überwiesen worden war, über die Zulässigkeit von Fraktionsbeiträgen diskutiert. Die Ausschussmitglieder befanden einhellig, dass diese Beiträge der Abgeordneten wegen der Rechtsprechung 219
Zu den Konsequenzen, die hieraus für die Zulässigkeit von Fraktionsbeiträgen zu ziehen sind, siehe näher unten unter § 3 A. III. 3. a). 220 Siehe zur verfassungsrechtlichen Verortung der Parteien König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 21 ff. 221 Vgl. dazu ausführlich Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (293 f.). Zur Entstehungsgeschichte des § 27 NdsAbgG ferner Butzer, NdsVBl. 2005, 169 (172). 222 Siehe LT-Drucks. 8/2260, S. 14. Dort wird zu dem damaligen § 25 der Gesetzesvorlage der Fraktionen der CDU, SPD und FDP lediglich ausgeführt: „Hervorzuheben ist schließlich, daß in § 25 entsprechend der Forderung im Urteil des Bundesverfassungsgerichts wenigstens versucht wird, das Problem der sogenannten Lobbygelder zu regeln. Die nach § 25 verbotenen Rechtsgeschäfte würden gemäß § 134 BGB nichtig sein. Die praktische Bewährung dieser Regelung bleibt abzuwarten.“ 223 Siehe zur ersten Beratung des Gesetzentwurfs den StenBer. der 58. Sitzung des 8. Niedersächsischen Landtages vom 17. 2. 1977, PlPr. 8/58, Sp. 5419 ff., zum Ergebnis der Ausschussberatungen den Antrag des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen, LTDrucks. 8/3252, sowie zur zweiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfs den StenBer. der 80. Sitzung des 8. Niedersächsischen Landtages vom 18. 1. 1978, PlPr. 8/80, Sp. 7702 ff. Daraus ergibt sich im Hinblick auf den damaligen § 25 Abs. 2 der Gesetzesvorlage nur der redaktionelle Änderungsvorschlag, das Wort „niemanden“ durch das Wort „niemandem“ zu ersetzen. Zum entsprechenden Beschluss des federführenden Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen siehe auch die Niederschrift über die 154. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 1. 12. 1977, S. 12.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
des Bundesverfassungsgerichts im sogenannten Diätenurteil224 durch § 27 Abs. 2 NdsAbgG verboten werden sollten.225 Dies könnte dafür sprechen, dass der Gesetzgeber die Mandatsträgerbeiträge, deren verfassungsrechtliche Probleme ähnlich gelagert sind wie die der Fraktionsbeiträge, ebenfalls verbieten wollte.226 Dem lässt sich jedoch wieder entgegenhalten, dass das Verständnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Diätenurteil als ein Verbot von Mandatsträger- und Fraktionsbeiträgen umstritten ist.227 Unabhängig davon hätte der Gesetzgeber, wenn er die Mandatsträgerbeiträge hätte verbieten wollen, diese Absicht im Gesetzeswortlaut oder zumindest in der Gesetzbegründung klar zum Ausdruck bringen müssen.228 b) Ungeeignetheit der Vorschrift als eindeutiges Verbot Im Ergebnis streitet viel dagegen, dass § 27 Abs. 2 NdsAbgG ein gesetzliches Verbot der Mandatsträgerbeiträge darstellt. Es ist bereits zweifelhaft, ob sich bei den Mandatsträgerbeiträgen um Zuwendungen im Sinne der Vorschrift handelt. Denn diesen Sonderbeiträgen könnten adäquate Gegenleistungen der zuwendungsempfangenden Parteien gegenüberstehen. Unabhängig davon spricht insbesondere der Sinn und Zweck des § 27 NdsAbgG, die Sicherung der verfassungsrechtlich verankerten Unabhängigkeit des Abgeordneten, nicht dafür, die Mandatsträgerbeiträge als Zuwendungen mit Rücksicht auf das Abgeordnetenmandat zu qualifizieren. Das gesetzgeberische Ziel gebietet nämlich nur ein Verbot von Zuwendungen des Abgeordneten, die seine Mandatstätigkeit in irgendeiner Weise beeinflussen können. Dies umfasst die Mandatsträgerbeiträge nicht, weil sie an die Parteien abgeführt werden und die Parteien keinen Einfluss auf die konkrete Mandatstätigkeit des Abgeordneten haben. Dieser Befund kann auch nicht durch den Umstand erschüttert werden, dass die Auslegung des dokumentierten Wortlauts der Ausschussberatungen zu dieser Norm auf ein weitergehendes Verständnis hindeuten könnte. Es ist nicht haltbar, allein auf Grundlage eines solchen mittelbaren Hinweises ein Verbot der Mandatsträgerbeiträge zu stützen. Wenn der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2 NdsAbgG ein Verbot von Mandatsträgerbeiträgen hätte statuieren wollen, hätte er dieses Ziel wenigstens in der Gesetzesbegründung erwähnen müssen. Die in der Literatur wiederholt geäußerte Einschätzung, es handele sich bei § 27 Abs. 2 NdsAbgG um ein beispielhaftes Vorbild eines gesetzlichen Verbots der Mandatsträgerbeiträge, geht insoweit fehl. Es wird allerdings an späterer Stelle229 darauf einzugehen sein, dass im Hinblick auf die Fraktionsbeiträge eine andere Bewertung erforderlich ist. 224
BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296. Vgl. die Niederschrift über die 143. Sitzung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen am 6. 10. 1977, S. 21. 226 Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (293). 227 Vgl. dazu die Ausführungen sogleich unter § 2 B. I 1. 228 So auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (293 f.). 229 Zur (Un-)Vereinbarkeit von Fraktionsbeiträgen mit § 27 Abs. 2 NdsAbgG siehe unten unter § 3 A. III. 3. a). 225
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten Die Mandatsträgerbeiträge berühren die Sphären zweier Verfassungsrechtssubjekte, nämlich zum einen den verfassungsrechtlichen Status der Abgeordneten und zum anderen den verfassungsrechtlichen Status der Parteien. Diese beiden Sphären müssen sich nicht zwingend konträr gegenüberstehen. Denn das mitgliedschaftliche Verhältnis zwischen einer Partei und einem Abgeordneten (als Privatperson) hat zunächst einmal nichts mit der parlamentarischen Abgeordnetentätigkeit zu tun. Lediglich weil die Parteien in den Bereich der Staatsorganisation hineinwirken, kann es zu Überschneidungen der Rechte der beiden Verfassungsrechtssubjekte kommen. Etwaige verfassungsrechtliche Kollisionen müssen dann zum schonenden Ausgleich gebracht werden.
I. Stand der Diskussion Die Ansichten zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge decken das gesamte denkbare Spektrum ab, von absolut verfassungswidrig über verfassungswidrig unter bestimmten Umständen bis hin zu verfassungsgemäß. Das Schrifttum knüpft in diesem Zusammenhang seine Haltung vielfach an das sog. „Diätenurteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 5. November 1975 und einen Kammerbeschluss vom 19. Mai 1982. 1. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat über die Zulässigkeit von Mandatsträgerbeiträgen noch nicht grundsätzlich entschieden. In einigen Entscheidungen geht es jedoch auf den Geldfluss vom Abgeordneten hin zu den Parteien ein und berührt somit den hier zu untersuchenden Sachverhalt. In einer Entscheidung tauchen die Mandatsträgerbeiträge sogar begrifflich in der Entscheidungsbegründung auf, was ebenfalls Rückschlüsse auf die Haltung des Gerichts zulässt. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelte sich chronologisch wie folgt: a) Urteil vom 5. November 1975 („Diätenurteil“) Im sogenannten Diätenurteil230 zeichnete das Gericht ein neues Bild des Abgeordneten. Der Typ des unabhängigen, als Einzelpersönlichkeit gewählten Honoratioren-Abgeordneten sei ganz überwiegend dem Typ des in die Partei eingebundenen Berufsparlamentariers gewichen. Der Umfang der Inanspruchnahme durch das 230
BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 = NJW 1975, 2331.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Mandat sei so stark gewachsen, dass der Abgeordnete in keinem Fall mit der im Arbeitsleben sonst üblichen Regelarbeitszeit seine Verpflichtungen bewältigen könne.231 Zudem sei die Dauer des Mandats in der Regel nicht auf eine Wahlperiode beschränkt, sondern auf die Dauer des von Partei und Wählern geschenkten Vertrauens angelegt.232 Es könne nicht mehr davon ausgegangen werden, dass ein Abgeordneter für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Parlament den wirtschaftlichen Rückhalt für sich und seine Familie aus eigenem Vermögen oder eigenem Einkommen aus beruflicher Tätigkeit erzielen könne.233 Aus der Änderung des Abgeordnetentypus ergab sich für das Bundesverfassungsgericht auch ein Wandel der Funktion der Abgeordnetenentschädigung. Aus einer Entschädigung für einen besonderen, mit dem Mandat verbundenen Aufwand sei eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus der Staatskasse geworden als Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten durch sein zur Hauptbeschäftigung gewordenes Mandat. Aus der Entschädigung des Inhabers eines Ehrenamtes habe sich die Bezahlung für die im Parlament geleistete Tätigkeit entwickelt.234 Aus diesen Feststellungen zog das Gericht Konsequenzen für die Bedeutung des Art. 48 Abs. 3 GG. Die dort für die Abgeordneten geforderte „angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung“ müsse für die Abgeordneten und ihre Familien während der Dauer ihrer Zugehörigkeit zum Parlament eine ausreichende Existenzgrundlage abgeben können. Sie müsse außerdem der Bedeutung des Amtes unter Berücksichtigung der damit verbundenen Verantwortung und Belastung und des diesem Amt im Verfassungsgefüge zukommenden Ranges gerecht werden. Die Bemessung des parlamentarischen Einkommens dürfe die Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten und die praktische Möglichkeit, sich seiner eigentlichen parlamentarischen Tätigkeit auch um den Preis, Berufseinkommen ganz oder teilweise zu verlieren, widmen zu können, nicht gefährden. Die Alimentation sei also so zu bemessen, dass sie auch für den, der aus welchen Gründen auch immer, kein Einkommen aus einem Beruf habe, aber auch für den, der infolge des Mandats Berufseinkommen ganz oder teilweise verliere, eine Lebensführung gestatte, die der Bedeutung des Amtes angemessen sei.235 Sodann hob das Bundesverfassungsgericht hervor, dass die Entschädigung allein der wirtschaftlichen Absicherung des Abgeordneten und nicht seiner Partei oder Fraktion dienen solle, indem es den Grundsätzen für die Bemessung der Entschädigung folgenden, im Zusammenhang mit Mandatsträgerbeiträgen oft zitierten Satz anfügte:
231 232
2331. 233 234 235
2331.
BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312 f.) = NJW 1975, BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (314) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (315 f.) = NJW 1975,
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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„Anderen Zwecken als dem der Unterhaltssicherung, beispielsweise einer Mitfinanzierung der Fraktion oder politischen Partei oder der Beteiligung an Wahlkosten, hat die Entschädigung nicht zu dienen.“236
Streng wörtlich genommen (und erst recht isoliert betrachtet) versah das Bundesverfassungsgericht die Abgeordnetenentschädigung in diesem Satz mit einer negativen Zweckbestimmung, indem es deren Verwendung zugunsten der Parteien und Fraktionen untersagte. Die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge aus Mitteln der Abgeordnetenentschädigung wäre damit in der Interpretation des Art. 48 Abs. 3 GG durch das Bundesverfassungsgericht als verbotene Verwendung unzulässig. Demgegenüber kann die Aussage des Gerichts auch nur als eine zusätzliche Vorgabe für die Bemessungsgrundlage der Abgeordnetenentschädigung angesehen werden. Im Zusammenhang mit den vorangegangenen Ausführungen kann die Passage schlicht so interpretiert werden, dass Zahlungen der Mandatsträger an die Parteien und Fraktionen oder Beteiligungen an Wahlkampfkosten bei der Bemessung der Diäten nicht zu berücksichtigen sind. Denn die Diäten sollen einzig und allein den Unterhalt des Abgeordneten und seiner Familie absichern. Eine derartige Interpretation dieser Passage des Diätenurteils verfolgte jedenfalls die Kammer des Zweiten Senats in einem Beschluss, der sechseinhalb Jahre später erging. b) Beschluss vom 19. Mai 1982 In dieser Entscheidung237 hatte die Kammer des Zweiten Senats unter anderem über die Zulässigkeit von Wahlwerbung durch eine Landtagsfraktion zu befinden. Die Beschwerdeführer hatten sie für unzulässig gehalten, weil sie unter Einsatz des der Fraktion aus Haushaltsmitteln gewährten Fraktionszuschusses finanziert worden wäre. Dies sah die Kammer indes als nicht erwiesen an, da der betroffenen Fraktion neben den Zuweisungen aus dem Landeshaushalt weitere Einnahmen aus Beiträgen von Abgeordneten und Deputierten zur Verfügung gestanden hätten, aus denen die Wahlwerbemaßnahmen der Summe nach ebenfalls finanziert worden sein könnten.238 Hilfsweise trugen die Beschwerdeführer vor, dass selbst die aus Beiträgen der Abgeordneten erzielten Einnahmen der Fraktion letztlich öffentliche Mittel darstellten, weil die den Abgeordneten gewährte Entschädigung aus Haushaltsmitteln erfolge und nicht der Mitfinanzierung der Partei oder Fraktion zu dienen habe. Diesem Einwand trat das Gericht entschieden entgegen. Zwar sei für die Bemessung der Höhe der Alimentation der Abgeordneten allein ausschlaggebend, den Abgeordneten eine der Bedeutung des Amtes angemessene Lebensführung zu ermöglichen. Leistungen des Abgeordneten an die Fraktion, eine politische Partei oder zur 236 237 238
153.
BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 = DÖV 1983, 153. BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983,
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Finanzierung des Wahlkampfes seien für die Bemessung der Entschädigung nicht zu berücksichtigen. Daraus folge jedoch nicht, dass es dem Abgeordneten, der eine nach diesen Grundsätzen bemessene Entschädigung erhalte, verwehrt wäre, aus diesen Mitteln Beiträge oder Spenden an die von ihm unterstützte Partei oder Fraktion zu leisten. Zwar erfolge die Entschädigung aus öffentlichen Mitteln, sie gehe jedoch mit ihrer Leistung in die private Verfügungsgewalt eines jeden Abgeordneten über. Sein Beitrag an die Fraktion erfolge daher aus diesen seinen ungebundenen, privaten Finanzmitteln.239 Zum einen beschränkt die Kammer hiermit die Aussage des Diätenurteils zum Geldfluss zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei bzw. seiner Fraktion auf deren Bedeutung für die Bemessung der Abgeordnetenentschädigung. Dass das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil hingegen auch die Ausgabemöglichkeiten für den Abgeordneten einschränken wollte, meint die Kammer nicht zu erkennen. Zum anderen will die Kammer den Abgeordneten auch jetzt keine Verfügungsbeschränkungen auferlegen. Stattdessen stellt sie fest, dass die Entschädigung mit ihrer Auszahlung in die private Verfügungsgewalt des Abgeordneten übergeht und damit die öffentlichen Mittel in dem ungebundenen, privaten Vermögen des Abgeordneten aufgehen. Die Verwendung des privaten Vermögens zum Zwecke der Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen unterliegt hiernach keinen Bedenken. c) Urteil vom 14. Juli 1986 Die mit dem Beschluss vom 19. Mai 1982 eingeschlagene Linie, die Abgeordnetenentschädigung mit ihrer Auszahlung an den Abgeordneten als dessen privates Vermögen anzusehen, das keinen Verfügungsbeschränkungen unterliegt, scheint das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung240 zur Parteienfinanzierung vom 14. Juli 1986 fortzuführen. Darin hatte das Gericht über die Verfassungsmäßigkeit einiger Änderungen im Parteien- und Steuerrecht zu entscheiden, nach denen die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an politische Parteien neu geregelt, die Zahlung eines Chancenausgleichs an Parteien eingeführt und die Wahlkampfkostenerstattung auf die Hälfte der Gesamteinnahmen einer Partei beschränkt worden war. Die Antragstellerin hatte vorgetragen, dass die Neuregelungen eine überwiegende staatliche Parteienfinanzierung zur Folge hätten, die mit der damaligen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der den politischen Parteien von Staats wegen nur die notwendigen Kosten eines angemessenen Wahlkampfes ersetzt werden dürften, nicht in Einklang zu bringen sei.241 Wahlkampfkostenerstattung und Chancenausgleich könnten eine Überfinanzierung aus öffentlichen Mitteln bewirken. Hinzu kämen die Einnahmen der Parteien aus den 239
153. 240
BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983,
BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40. Siehe zu dieser Passage der Antragsbegründung BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (50 f.). 241
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Diäten der Fraktionsmitglieder. Jedenfalls zusammen mit der mittelbaren Parteienfinanzierung durch steuerliche Begünstigung von Spenden und Beiträgen führe dies zu einer verfassungswidrigen überwiegenden staatlichen Vorsorge für die politischen Parteien. Das Bundesverfassungsgericht mochte jedoch die Einschätzung der Antragstellerin, dass die Einnahmen der Parteien aus den Diäten der Fraktionsmitglieder einen Teil der staatlichen Parteienfinanzierung darstellen, in seiner Entscheidung nicht teilen. Weshalb die „Einnahmen der Parteien aus den Diäten der Fraktionsmitglieder“ als staatliche Parteienfinanzierung zu qualifizieren seien, werde in der Antragsschrift nicht begründet und sei auch nicht ersichtlich. Zwar stammten die Abgeordnetendiäten aus öffentlichen Mitteln. Dies ändere jedoch nichts daran, dass es sich bei den Beiträgen der Fraktionsmitglieder um Zuwendungen eben dieser Abgeordneten an die Parteien handele. Sie würden daher zu Recht in die Gesamteinnahmen einer Partei im Sinne des § 18 Abs. 6 PartG einbezogen.242 Zwar spricht das Gericht Verfügungsbeschränkungen der Abgeordneten weder allgemein noch in Bezug auf ihre Parteien explizit an. Jedoch deutet die Feststellung, dass Einnahmen der Parteien aus den Diäten der Fraktionsmitglieder nicht ersichtlich als staatliche Parteienfinanzierung zu qualifizieren seien, darauf hin, dass das Gericht die Staatlichkeit der bereits ausgezahlten Diäten und daraus resultierende Verfügungsbeschränkungen nicht sieht. Die Abgeordnetendiäten stammen zwar aus öffentlichen Mitteln. Sie sind aber nicht mehr „öffentliche Mittel“, wenn sie in den Händen des Abgeordneten sind. Wäre das Bundesverfassungsgericht hier anderer Meinung, hätte es in dieser Entscheidung die Möglichkeit gehabt, dies kundzutun. d) Urteil vom 9. April 1992 In einer weiteren Grundsatzentscheidung243 zur Parteienfinanzierung vom 9. April 1992 spricht das Bundesverfassungsgericht die Mandatsträgerabgaben das erste und bislang einzige Mal wortwörtlich an. Allerdings ging der Zweite Senat in diesem Zusammenhang weder auf die Frage ein, ob diese Abgaben aus den Mitteln der Abgeordnetenentschädigung gezahlt werden dürfen, noch klärte er die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge grundsätzlich. Vielmehr setzte sich der Zweite Senat in dieser Entscheidung mit der Berechnung des Chancenausgleichs auseinander und stellte fest, dass es den politischen Parteien nach der damaligen Rechtslage in gewissen Grenzen möglich war, diese Berechnung durch eine entsprechende Satzungsgestaltung zu ihren Gunsten zu verändern.244 Die Berechnung knüpfe nämlich daran an, ob eine der Partei zugeflossene Einnahme eine Spende oder einen Beitrag darstelle. Da die Legaldefinition für Beiträge und Spenden die Einordnung der Geldleistung eines Parteimitglieds als Beitrag oder Spende le242 243 244
BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (100). BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (311).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
diglich formal an die Merkmale der Regelmäßigkeit und der satzungsrechtlichen Begründung anknüpfe, eröffne sie den Parteien einen Einfluss darauf, ob Geldleistungen ihrer Mitglieder als Beiträge oder Spenden zu verbuchen seien. Hierbei dienten dem Bundesverfassungsgericht die Mandatsträgerabgaben als Beispiel. Insbesondere bei ihnen zeige sich, dass die Parteien durch eine satzungsrechtliche Normierung der Abgabepflicht die von ihren Mitgliedern als Amts- oder Mandatsträger zu leistenden Zahlungen den Beitragseinnahmen zuordnen könnten. Unterbleibe hingegen eine solche satzungsrechtliche Regelung, gälten diese Zahlungen als Spenden. Die Summen, um die es dabei ginge, seien nicht unerheblich: So beziffere die Antragsstellerin (DIE GRÜNEN) ihre Einnahmen aus Mandatsträgerabgaben für das Jahr 1989 auf etwa 50 Prozent ihrer Gesamtspendeneinnahmen. Eine Befragung der im elften Deutschen Bundestag vertretenen Parteien während des Verfahrens habe ergeben, dass diese Mandatsträgerabgaben nunmehr nahezu vollständig als Beitragseinnahmen verbuchten. Bei CDU, CSU und SPD habe der Anteil der Mandatsträgerabgaben am Gesamtbeitragsaufkommen im Jahre 1989 zwischen 18 und 28 Prozent gelegen.245 Das Gericht hielt die Berechung des Chancenausgleichs aus diesem Grunde zumindest für verfassungsrechtlich problematisch. Obgleich das Bundesverfassungsgericht sich in dieser Entscheidung wiederum nicht ausdrücklich zur Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge äußerte, kann deren unkritisierte Erwähnung als ein Indiz dafür gewertet werden, dass das Gericht diese Abgaben für verfassungsrechtlich unbedenklich hielt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Gericht die Dimensionen des Beitragsaufkommens wegen der eigens durchgeführten Befragung bewusst waren, hätte es ansonsten die Möglichkeit zur rechtlichen Beurteilung dieses Geldflusses wohl nicht verstreichen lassen. Die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge über Diäten wird an dieser Stelle überhaupt nicht problematisiert. e) Zusammenfassung Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinen Entscheidungen niemals konkret zur Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge geäußert. Es hat jedoch über Einzelheiten dieser Beiträge Feststellungen getroffen, die für das Verständnis von Art. 48 Abs. 3 GG bedeutsam sind. So dürfen sie bei der Bemessung der Abgeordnetenentschädigung nicht mitberücksichtigt werden. Dass sie mitunter aus der Abgeordnetenentschädigung gezahlt werden, soll hingegen verfassungsrechtlich unproblematisch sein und keine staatliche Parteienfinanzierung darstellen. Denn mit der Auszahlung an die Abgeordneten unterstehe das Geld der freien Verfügungsgewalt der Abgeordneten. Diese großzügige Rechtsprechung im Hinblick auf Details der Mandatsträgerbeiträge lässt vermuten, dass das Bundesverfassungsgericht im Grundsatz erst recht nichts gegen diese Beiträge einzuwenden hat. Oder aber das Gericht hat die Probleme schlichtweg übersehen.
245
BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (311 f.).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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2. Streitstand in der Literatur Die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen wird von einem Teil der Literatur für verfassungswidrig oder zumindest verfassungsrechtlich bedenklich gehalten. Begründet wird dies zum einen damit, dass den Abgeordneten durch die Zahlung von Sonderbeiträgen an ihre Parteien ein Teil ihrer Diäten vorenthalten werde, obwohl die Abgeordnetenentschädigung der Finanzierung einer der Bedeutung des Amtes angemessenen Lebensführung dienen solle.246 Zum anderen werde auf diese Weise die Abhängigkeit des Abgeordneten von seiner Partei vertieft, obwohl diese mit dem Leistungsanspruch aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG, welcher die Freiheit des Mandats aus Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG in wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht ergänze, gerade verhindert werden solle. Denn bei Verweigerung der Beitragszahlung seien innerparteiliche Sanktionen in Form der Nichtnominierung für die nächste Wahl bis hin zum Parteiausschluss möglich, was für den Abgeordneten das Ende seiner politischen und in der Regel auch seiner beruflichen Karriere bedeute.247 Aus diesem Grunde erfolge die Zahlung auch nur scheinbar freiwillig. In Wahrheit könne sich ihr ein Abgeordneter nicht entziehen, ohne seine politische Karriere zu gefährden.248 Des Weiteren werde das Verbot einer verdeckten staatlichen Parteienfinanzierung, welches das Bundesverfassungsgericht aus Art. 21 Abs. 1 GG hergeleitet habe, 246 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 122 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; B. Becker, ZParl 1996, 377 (382); Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 375; Rübenkönig, Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, 2003, S. 122; Stober, ZRP 1983, 209 (212). 247 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 121 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); B. Becker, ZParl 1996, 377 (378); Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Roth, AöR 129 (2004), 219 (246 f.); Stober, ZRP 1983, 209 (212). 248 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 122; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; B. Becker, ZParl 1996, 377 (378); Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 290; Drysch, Parteienfinanzierung, 1998, S. 93; derselbe, DStR 2008, 1217 (1218); Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 120 f.; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 73; Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 376; Rübenkönig, Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, 2003, S. 122 mit Fn. 446; Stober, ZRP 1983, 209 (212). Rudolf Streinz hält die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge aufgrund ihres „faktischen Zwangscharakters“ für „mehr als zweifelhaft“. Siehe Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
durch die Forderung und die Zahlung solcher Sonderbeiträge verletzt. Die Beiträge blieben nämlich bei der Bemessung der Diäten, welche die Abgeordneten in eigener Sache festlegten, nicht unberücksichtigt249, und würden demnach aus den Abgeordneten zugeleiteten öffentlichen Mitteln geleistet.250 Da die Abgeordneten ihre Entschädigung im öffentlichen Interesse, nämlich zur Wahrung ihrer Unabhängigkeit, erhielten, erfolge der Abzug der Sonderbeiträge auf Kosten der Allgemeinheit. In Höhe des unter sozialem Zwang an die Partei abgeführten Sonderbeitrages könne die Entschädigung ihren Zweck, die Unabhängigkeit des Abgeordneten zu stärken, nämlich nicht erfüllen und werde insoweit unter dem hier allein relevanten Aspekt des öffentlichen Interesses funktions- und wertlos.251 Zudem verletze die Erhebung von Mandatsträgerabgaben den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien, da außerparlamentarische bzw. neu gegründete Gruppierungen nicht über derartige Möglichkeiten der Mitteleinnahme verfügten.252 249 Diese Vermutung wird in der Literatur teilweise ähnlich einer Feststellung geäußert. Siehe von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); derselbe, ZRP 2007, 223 (224); von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat, 2. Aufl., 1995, S. 173; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 114; Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 99 und 278; dieselbe, in: Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 61 (62); Lediger, Die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten, 2001, S. 62; Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255 f.; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 72 f.; Schleth, Parteifinanzen, 1973, S. 153; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (427). Teilweise werden hierfür zumindest Indizien gesehen. Siehe Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 48 Rn. 27; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194; Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 46. Mangels entsprechender empirischer Befunde kritisch dagegen Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 7; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). 250 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 124; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316 f.; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); derselbe, ZRP 2007, 223 (224); von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat, 2. Aufl., 1995, S. 173; Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 290; Drysch, NVwZ 1994, 218 (223); Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 99 und 278; dieselbe, ZParl 1992, 445 (446); dieselbe, in: Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 61 (62); Lediger, Die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten, 2001, S. 62; Roth, AöR 129 (2004), 219 (246). Als öffentliche Mittel qualifizierte solche Beiträge auch bereits Rabus, AöR 78 (1952/ 1953), 163 (190) und im Anschluss daran Leibholz, Strukturprobleme der modernen Demokratie, 3. Aufl., 1967, S. 129. 251 von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 124. 252 Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (427). Zur Kritik an der wettbewerbsverzerrenden Wirkung der gesetzlichen Vorschriften zur staatlichen Parteienfinanzierung allgemein siehe Köhler, Parteien im Wettbewerb, 2006, S. 205 ff. Angesichts rechtsvergleichender Untersuchungen hingegen kritisch gegenüber
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Schließlich wird darauf abgestellt, dass die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Mandatsträger gegenüber anderen Parteimitgliedern darstelle.253 Die aus der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen resultierende Ungleichbehandlung könne nicht durch besondere Unterstützungsleistungen seitens der Partei gerechtfertigt werden, da der Partei hierfür zum einen die staatliche Parteienfinanzierung zur Verfügung stehe und zum anderen zusätzliche Mittel aus der pauschalen Aufwandsentschädigung der Abgeordneten sowie weitere Sonderzahlungen aus Eigenmitteln der Abgeordneten insbesondere zur Wahlkampffinanzierung zuflössen. Zudem sei ein Verständnis der Wahl als einem Verfahren, in dem die Partei einem ausgewählten Kandidaten eine gut bezahlte Position verschaffe und sich im Anschluss daran durch Sonderbeiträge quasi als „Gegenleistung“ einen Teil der durch diese Position erworbenen Einkünfte sichere, mit dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes nicht vereinbar.254 Ein Teil des Schrifttums teilt die vorgenannten verfassungsrechtlichen Bedenken im Grundsatz nicht. Zwar dürften bei der Bemessung der Abgeordnetenentschädigung Leistungen des Abgeordneten an die Fraktion, an eine politische Partei oder zur Finanzierung des Wahlkampfes nicht berücksichtigt werden. Daraus folge jedoch nicht, dass es dem Abgeordneten verwehrt sei, aus seiner Abgeordnetenentschädigung, erst recht aus seinem sonstigen Einkommen und Vermögen, Beiträge oder Spenden an die von ihm unterstützte Partei oder Fraktion zu leisten.255 Vielmehr sei die aus öffentlichen Mitteln gewährte Alimentation der Abgeordneten ab dem Zeitpunkt, in dem sie in den Besitz des Abgeordneten gelange, uneingeschränkt dem privaten Lebensbereich zuzuordnen, innerhalb dessen der Einzelne, mit oder ohne faktische Zwänge, frei darüber verfügen könne.256 Der nur mittelbare Bezug zwischen Abgeordnetenentschädigung und Mandatsträgerbeitrag der „Erstarrungsthese“, dass öffentliche Zuschüsse den Wettbewerbsvorteil alter Parteien gegenüber neuen verstärken und so das bestehende Parteiensystem verfestigen, hingegen Naßmacher, ÖZP 2002, 7 (17 f.). Mit beispielhaftem Verweis auf die bundesdeutschen Grünen bereits derselbe, PVS 1987, 101 (112 f.). 253 Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291 f.). 254 Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (292). 255 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a. Ähnlich Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23); Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6; Launhardt, MIP 1999, 37 (43). 256 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713 f.); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655 f.; Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6 f.; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; Welti, DÖV 2001, 705 (711). Im Hinblick auf die Ungebundenheit der ausgezahlten Diäten zustimmend auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289).
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sei zu vage, um verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Aspekt der gebotenen Staatsferne politischer Parteien zu begegnen.257 Folglich könne sich der Abgeordnete wie jeder andere Bürger durch den Beitritt zu Vereinen verschiedenster Art zur Zahlung von Beiträgen in beliebiger Höhe verpflichten. Seine Unabhängigkeit als Abgeordneter werde dadurch grundsätzlich nicht berührt, sondern allenfalls sein Lebensstandard.258 Dementsprechend sei auch gegen eine aufgrund des freiwilligen Parteibeitritts freiwillig eingegangene Verpflichtung des Abgeordneten zur Leistung eines Mandatsträgerbeitrags nichts zu erinnern.259 Zudem würden Sonderbeiträge an die Parteien regelmäßig nicht in Erfüllung einer als drückend empfundenen rechtlichen oder faktischen Verpflichtung erbracht, sondern aus dem Bedürfnis einer als selbstverständlich verstandenen Solidarität mit derjenigen Organisation, mit der zusammen allein die Verwirklichung der eigenen politischen Ziele mit Aussicht auf Erfolg angestrebt werden könne.260 Zumindest aber sei eine von Seiten der Partei in ihrer Beitragssatzung in Gestalt des Mandatsträgerbeitrages vorgenommene Verknüpfung von finanziellen Lasten und persönlichem Nutzen der Mandatsträger nicht unangemessen.261 Der gemeinsame und insoweit unter den Bedingungen des die parlamentarische Demokratie beherrschenden Mehrheitsprinzips zustande gekommene Verzicht auf Teile des persönlichen Einkommens zugunsten gemeinsamer Zwecke könne keinen Verfassungsverstoß begründen. Die Zuerkennung angemessener Entschädigung zur Abgeltung des mit der Wahrnehmung eines Mandats und den dadurch bedingten Verzicht auf privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwandes bedeute noch nicht, dass Abgeordnetendiäten deshalb auch allein für private Zwecke verbraucht werden müssten.262 Allerdings ist für einige Vertreter die Grenze zum Verstoß gegen die Unabhängigkeit des Abgeordneten dann überschritten, wenn ihm nach der Zahlung seines Mandatsträgerbeitrags nur noch ein so geringer Teil der Abgeordnetenentschädigung 257
Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26. 258 Henkel, DÖV 1977, 350 (354). Ähnlich auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). Eine Verletzung der verfassungsrechtlich gewährleisteten Unabhängigkeit des Abgeordneten verneinen ausdrücklich ebenfalls Launhardt, MIP 1999, 37 (41 und 44 f.); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288 ff.). 259 Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. Für Österreich Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 10. 260 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 412 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); derselbe, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 261 Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 5; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65. 262 Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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verbleibe, dass er in finanzielle Not gerate und ihm keine angemessene Lebens- und Amtsführung mehr gestattet sei.263 Ebenso sei es unzulässig, wenn der Abgeordnete seine gesamten Bezüge zunächst an die Partei abführen müsse und dann von ihr nach Ermessen einen Teil zurückerhalte264 oder wenn die Mittel von der Parlamentsverwaltung einbehalten und direkt an die Parteien abgeführt würden.265 3. Beurteilungen der Sachverständigenkommissionen In den vergangenen 30 Jahren beriefen einige der deutschen Bundespräsidenten eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung ein.266 Sie waren jeweils aus gegebenem Anlass damit betraut, Vorschläge zur Reformierung des Rechts der Parteienfinanzierung zu erarbeiten. In ihren Beratungen beschäftigten sie sich unter anderem auch mehrfach mit der Frage, ob die Mandatsträgerbeiträge verfassungsgemäß sind. a) Die Fürst-Kommission von 1983 Im Jahre 1982 setzte Bundespräsident Karl Carstens auf Bitte der im Bundestag vertretenen Parteien eine unabhängige Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Parteienfinanzierung unter dem Vorsitz von Walther Fürst267 ein. Zuvor 263 Haverkate, AöR 109 (1984), 460 (463); Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. Als Anhaltspunkt für die schwer bestimmbare Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Sonderbeiträgen führt Joachim Henkel die Regelung des § 31 S. 3 AbgG ins Feld, nach welcher der Anspruch auf Abgeordnetenentschädigung nach § 11 AbgG nur bis zur Hälfte übertragbar ist. Siehe Henkel, DÖV 1977, 350 (355). Ihm folgend Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. Ähnlich auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 264 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657. 265 Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. 266 Seit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) findet diese Kommission auch Erwähnung im Parteiengesetz. Ihre Einsetzung durch den Bundespräsidenten war zunächst gemäß § 18 Abs. 6 und 7 PartG obligatorisch und mit konkreten Aufgaben verknüpft. Nach Erledigung dieser Aufgaben stellte nach dem Neunten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes von 22. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, S. 3673) zunächst § 18 Abs. 7 PartG und seit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I 2011, S. 1748) nunmehr § 18 Abs. 6 PartG die Einberufung einer solchen Kommission in das Ermessen des Bundespräsidenten. 267 Walther Fürst war einer der ersten Richter des im Jahre 1952 errichteten und 1953 eröffneten Bundesverwaltungsgerichts. Ab 1956 war er Vorsitzender Richter des 6. Senats, ab
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waren Versuche der Bundestagsfraktionen, die seinerzeit lebhafte diskutierte und in der Öffentlichkeit zunehmender Kritik ausgesetzte Parteienfinanzierung selbstständig neu zu regeln, gescheitert, weil unter ihnen kein Konsens über einen Gesetzentwurf erzielt werden konnte. Die Fürst-Kommission wurde damit beauftragt, Vorschläge zu unterbreiten, wie die Parteienfinanzierung unter Beachtung des grundgesetzlichen Auftrags der Parteien künftig geregelt werden sollte.268 Die Sachverständigenkommission wandte sich im Rahmen ihrer Untersuchungen unter anderem auch den Mandatsträgerbeiträgen zu. Diese Beiträge wurden nach der damaligen Fassung des § 24 Abs. 2 Nr. 2 PartG in den Einnahmerechnungen der Parteien unter dem Posten „Beiträge der Fraktionsmitglieder und ähnliche regelmäßige Beiträge“ gesondert ausgewiesen. Die Kommission vertrat die Auffassung, dass die Sonderbeiträge für Mandatsträger verfassungswidrig seien.269 Eine Schmälerung der Abgeordnetenentschädigung durch kaum ausweichbaren Druck und in zum Teil fast unzumutbarer Höhe gefährde die persönliche Unabhängigkeit der Abgeordneten, obwohl diese durch die Diäten gerade gesichert werden solle. Zudem erwecke die nahe liegende Gefahr Bedenken, dass die Höhe der Beiträge bei der Gestaltung von Diäten oder Kostenpauschalen eine Rolle spielen könnten. Die Beiträge flössen trotz ihrer Bezeichnung als private Sonderbeiträge aus öffentlichen Mitteln, über die die Abgeordneten zu diesem Zweck selbst beschlössen. Sie seien eine verschleierte und schon deshalb ungute Form der öffentlichen Parteienfinanzierung. Aus diesem verfassungsrechtlichen Befund zog die Kommission allerdings nicht die Konsequenz, ein eindeutiges gesetzliches Verbot der Mandatsträgerbeiträge vorzuschlagen. Stattdessen riet sie, § 24 Abs. 2 Nr. 2 PartG zu streichen.270 Denn das Parteiengesetz erkenne damit die Beiträge der Fraktionsmitglieder als legitime Einnahme der Parteien an. Die Kommission sah zwar ein, dass die Parteien möglicherweise im Falle der Streichung dieser gesetzlichen Vorschrift entsprechende Spendenerwartungen in ihren Satzungen festlegen könnten und damit ein gewisser Druck auf die Mandatsträger voraussichtlich bestehen bleiben könnte. Es mache aber einen Unterschied, ob dieser Druck nur von einer Parteisatzung ausgehe oder ob er eine scheinbare Legitimität durch die gesetzliche Vorschrift des § 24 Abs. 2 Nr. 2 erhalte.
1971 Vizepräsident und von 1976 bis 1980 Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Der 6. Senat war in dieser Zeit unter anderem für das öffentliche Dienstrecht zuständig. 268 Zu Organisation und Verfahren dieser Sachverständigenkommission siehe Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 13 ff. 269 Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 188. 270 Bundesanzeiger (Hrsg.), Bericht zur Neuordnung der Parteienfinanzierung, 1983, S. 188.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Bei der Änderung des Parteiengesetzes271, die auf das Gutachten der FürstKommission folgte, ging der Bundesgesetzgeber denn auch nicht über den Vorschlag der Kommission hinaus. Die gesonderte Ausweisung der Sonderbeiträge in den Einnahmenrechnungen der Parteien wurde abgeschafft. Dies hatte zur Folge, dass die Mandatsträgerbeiträge in den Bilanzen der Parteien untergingen272 und nicht identifizierbar in der Rechnungsposition „Mitgliedsbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge“ oder als „Einnahmen aus Spenden“273 erfasst wurden.274 Sie wurden damit lediglich dem Blickfeld der Öffentlichkeit entzogen, ohne dass sich an der Praxis ihrer Erhebung etwas geändert hätte.275 b) Die Sendler-Kommission von 1993 Rund zehn Jahre später setzte Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Sommer 1992 erneut eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung ein mit dem Auftrag, in voller Unabhängigkeit Vorschläge für eine künftige Regelung der mit der Parteienfinanzierung zusammenhängenden Fragen zu erarbeiten. Vorsitzender dieser Kommission war Horst Sendler276. Die Einsetzung der Kommission war erforderlich geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 9. April 1992277 wesentliche Teile der bis dahin geltenden Regelungen über die Parteienfinanzierung für verfassungswidrig erklärt hatte.278 Auch die Sendler-Kommission bezog die nach wie vor von den Parteien eingenommenen Mandatsträgerbeiträge in ihre Überlegungen mit ein. Sie warf zunächst die Frage auf, ob diese Beiträge bei der Bemessung staatlicher Parteizuschüsse wegen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts künftig nicht mehr berücksichtigt werden dürften, weil sie nicht Ausdruck der gesellschaftlichen Verwurzelung der Partei im Volk seien. Dieser Auffassung folgte die Kommission nicht, sofern die
271 Sie erfolgte durch das Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I 1983, S. 1577). 272 So die Feststellung der Sendler-Kommission in ihrem Gutachten aus dem Jahre 1993. Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 41 = BT-Drucks. 12/4425, S. 18. 273 Vgl. hierzu § 24 Abs. 2 Nr. 1 und 4 PartG in der Neufassung der Bekanntmachung vom 15. Februar 1984 (BGBl. I 1984, S. 242). 274 So U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321). 275 Olzog/Liese, Die politischen Parteien in Deutschland, 25. Aufl., 1999, S. 40. 276 Horst Sendler war ab 1966 Richter des 4. Senats, ab 1971 Vorsitzender Richter des 7. Senats, ab 1976 Vizepräsident und von 1980 bis 1991 Präsident des Bundesverwaltungsgerichts. Der 7. Senat war zu dieser Zeit unter anderem zuständig für Rechtsstreitigkeiten im Bereich des Parteienrechts. 277 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. 278 Zu Einsetzung, Auftrag und Arbeitsweise dieser Kommission siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 13 f. = BT-Drucks. 12/4425, S. 7.
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Beiträge freiwillig gezahlt würden.279 Dann nämlich seien sie nicht anders zu behandeln als andere Beiträge oder Spenden der Abgeordneten. Umgekehrt betonte die Kommission noch einmal, dass sie Mandatsträgerabgaben für ein unzulässiges Mittel der Parteienfinanzierung halte, wenn sie zwangsweise erhoben würden. Würden die Abgeordneten zu solchen Leistungen an ihre Parteien gezwungen, seien diese Abgaben verfassungswidrig. Der Zwang müsse beseitigt werden, weil er auf die Diäten ziele, die einzig und allein der Entschädigung des Abgeordneten dienen und seine Unabhängigkeit gewährleisten sollten, nicht aber für Zwecke der Parteienfinanzierung bestimmt seien. Deshalb seien alle derartigen Zahlungsverpflichtungen allgemeiner oder besonderer Art durch Satzung, Parteitags- oder Fraktionsbeschlüsse, Vereinbarung oder individuelle Zusage unzulässig. Entsprechende Regelungen in den Partei- oder Fraktionssatzungen müssten entfallen.280 Bei der sich anschließenden Änderung des Parteiengesetzes281 wurde aus den Beurteilungen der Sendler-Kommission im Hinblick auf die Mandatsträgerbeiträge keine gesetzgeberischen Konsequenzen gezogen. Auch in der Praxis änderte sich nichts.282 c) Die v. Wedel-Kommission von 2001 Zuletzt setzte Bundespräsident Johannes Rau im Winter 1999/2000 eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung unter dem Vorsitz von Hedda von Wedel283 ein. Er war hierzu gemäß § 18 Abs. 6 und 7 PartG in der damals geltenden Fassung284 sowie durch Art. 6 der Novelle zum
279 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 51 f. = BT-Drucks. 12/4425, S. 22. Abweichend von der Kommissionsmehrheit hielt das Kommissionsmitglied Hans Herbert von Arnim auch freiwillige Zahlungen für verfassungswidrig, da diese nur scheinbar freiwillig geleistet würden. Tatsächlich bestehe ein faktischer Druck zur Zahlung, weil derjenige, der nicht leiste, Gefahr laufe, bei den nächsten Wahlen wegen angeblicher „Undankbarkeit“ und „Unsolidarität“ gegenüber seiner Partei nicht wieder aufgestellt zu werden. Dieser faktische Zwang werde so lange fortbestehen, als die steuerliche Begünstigung der Mandatsträgerbeiträge und deren Berücksichtigung bei der Bemessung der staatlichen Teilfinanzierung erhalten blieben und nicht durch eine eindeutige gesetzliche Regelung ihre Rechtswidrigkeit klargestellt werde. Siehe dazu Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 135 f. = BT-Drucks. 12/4425, S. 55 f. 280 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 72 = BT-Drucks. 12/4425, S. 30. 281 Sie erfolgte durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142). 282 So Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (286). 283 Hedda von Wedel war von 1993 bis 2001 Präsidentin des Bundesrechnungshofes und von 2002 bis 2007 Mitglied des Europäischen Rechnungshofes. 284 Parteiengesetz vom 24. Juli 1967 (BGBl. I 1967, S. 773), seinerzeit zuletzt geändert durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 17. Februar 1999 (BGBl. I 1999, S. 146).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Parteiengesetz aus dem Jahre 1994285 verpflichtet. Danach sollte die Kommission dem Bundestag einerseits über die Auswirkungen der Neuregelung der Parteienfinanzierung durch die Novelle aus dem Jahre 1994 berichten und andererseits Empfehlungen im Hinblick auf mögliche Änderungen in der Struktur und Höhe der staatlichen Parteienfinanzierung vorlegen. Vor dem Hintergrund der im Winter 1999/ 2000 bekannt gewordenen Fälle von Fehlverhalten im Umgang mit Parteigeldern und Parteispenden (sog. CDU-Spendenaffären) gab Bundespräsident Johannes Rau der Kommission darüber hinaus den umfassenden Auftrag zu prüfen, ob Änderungen auf dem Gebiet der Parteienfinanzierung sinnvoll und nötig seien.286 Die von Wedel-Kommission holte zu den Fragen des Kommissionsauftrages zunächst zwei Gutachten mit dem Thema „Vorschläge zur Neuregelung des Rechts der Parteienfinanzierung“ ein. Diese kamen im Hinblick auf die Zulässigkeit von Mandatsträgerbeiträgen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Hans H. Klein teilte die von Seiten der Literatur vorgetragenen Bedenken nicht und erklärte diese Abgaben insgesamt für verfassungsrechtlich unbedenklich.287 Er stellte dabei vor allem darauf ab, dass die Mandatsträger diese Abgaben vornehmlich nicht aufgrund eines rechtlichen oder faktischen Zwangs leisteten, sondern in dem Bestreben, im Großen und Ganzen im Einklang mit derjenigen Organisation zu handeln, mit der zusammen allein die Verwirklichung der eigenen politischen Ziele mit Aussicht auf Erfolg angestrebt werden könne. Demgegenüber stellte Martin Morlok in seinem Gutachten fest, dass die Beiträge nur dann unbeanstandet bleiben könnten, wenn sie freiwillig gezahlt würden.288 Beide Gutachter plädierten jedoch dafür, die Mandatsträgerbeiträge in den Rechenschaftsberichten der Parteien wieder gesondert auszuweisen.289 Es bestehe hinreichender Anlass, dieses Feld der Politikfinanzierung im Überschneidungsbereich von Parteienfinanzierung und Abgeordnetenfinanzierung verstärkter Transparenz zu unterwerfen, um der Missbrauchsträchtig-
285 Sechstes Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142). 286 Zum Auftrag dieser Kommission siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 24 f. = BT-Drucks. 14/6710, S. 13 f. 287 Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 f. = BT-Drucks. 14/6711, S. 6 f. 288 Morlok, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 280 = BT-Drucks. 14/6711, S. 75. 289 Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 159 = BT-Drucks. 14/6711, S. 7; Morlok, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 280 f = BT-Drucks. 14/6711, S. 75.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
keit zu begegnen und auch um ein diffuses Klima von Verdächtigungen zu bekämpfen.290 Unter Berücksichtigung der beiden Gutachten kam die Kommission in ihrer abschließenden Bewertung zu dem Ergebnis, sich den in der verfassungsrechtlichen Literatur erhobenen Bedenken nicht anzuschließen. Zwar seien Mandatsträgerabgaben mit Blick auf die grundrechtlich geschützte Freiheit des Abgeordneten (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) unzulässig, wenn es sich um zwangsweise abzuführende Beträge handele. Das seien sie nach dem Wortlaut der Satzungsbestimmungen der Parteien indes nicht. Diese bezeichneten sie regelmäßig als „freiwillig“ und als funktionsbezogenen Mitgliedsbeitrag.291 Im Übrigen teilte die Kommission auch nicht den Einwand, dass auf diese Weise einer verdeckten Parteienfinanzierung Vorschub geleistet würde. Erstens bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mandatsträgerabgaben bei der Festsetzung der Höhe der Abgeordnetenentschädigung mitberücksichtigt würden.292 Zweitens erfolge die Entschädigung zwar aus öffentlichen Mitteln, sie gehe jedoch mit ihrer Leistung in die private Verfügungsgewalt eines jeden Abgeordneten über. Sein Beitrag an die Partei erfolge daher aus seinen ungebundenen, privaten Finanzmitteln.293 Allerdings empfahl die Kommission im Anschluss an die beiden Gutachten, die Mandatsträgerabgaben wegen ihres beachtlichen Umfangs transparent zu machen. Spenden und Beiträge von Mandatsträgern und Inhabern öffentlicher Ämter sollten – wie das die Rechtslage vor 1984 vorgesehen hatte – in den Rechenschaftsberichten der Parteien unter den Einnahmen gesondert aufgeführt werden. Falls sie im Einzelfall die Publizitätsgrenze von 20.000 DM überstiegen, sei auch der Name des Betreffenden anzugeben.294 Daraus folgte gesetzgeberisch die erneute Einführung der gesonderten Ausweisung der Mandatsträgerbeiträge in den Rechenschaftsberichten der Parteien. Im Rahmen der anschließenden Änderung des Parteiengesetzes295 wurde der bis heute geltende § 24 Abs. 4 Nr. 2 PartG eingeführt, nach welchem die Einnahmerechnun290 So Morlok, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 280 = BT-Drucks. 14/6711, S. 75. 291 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 77 = BT-Drucks. 14/6710, S. 39. 292 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 = BT-Drucks. 14/6710, S. 40. 293 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 = BT-Drucks. 14/6710, S. 40 unter Verweis auf den Kammerbeschluss vom 19. Mai 1982. Siehe dazu BVerfG, Beschl. v. 19.5.1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. 294 Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 f. = BT-Drucks. 14/6710, S. 40. 295 Sie erfolgte durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2268).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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gen der Parteien den Posten „Mandatsträgerbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge“ zu umfassen haben.296
II. Verfassungsrechtliche Maßstäbe Die Rechte, die bei der Überprüfung der Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge zu beachten sind, werden auf Bundesebene, auf Landesebene und auf unionaler Ebene in etwa gleich gewährleistet. 1. Maßstab auf Bundesebene Auf Bundesebene ist auf die Normen des Grundgesetzes abzustellen. Als Maßstab für die Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge sind auf Seiten des Bundestagsabgeordneten dessen Rechte aus Art. 38, 46 – 48 GG zu beachten. Konkret kommen hierbei eine Verletzung der Freiheit des Mandats (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) sowie eine Verletzung des Anspruchs auf eine angemessene, die Unabhängigkeit sichernde Entschädigung (Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG) in Betracht. Weiterhin könnte die Ungleichbehandlung des Abgeordneten im Verhältnis zu anderen Parteimitgliedern gegen das Gebot innerparteilicher Demokratie verstoßen (Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG). Auf Seiten der Parteien sind die Rechte und Pflichten, die ihnen aus Art. 21 GG erwachsen, zu berücksichtigen. Zu ihren Gunsten ist die Entscheidung der Verfassung für eine Parteiendemokratie (Art. 21 Abs. 1 GG) mit einzubeziehen. Hingegen ist der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien (Art. 21 Abs. 1 GG) sowie das Gebot der Chancengleichheit der Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) zu ihren Lasten zu beachten. 2. Maßstäbe auf Landesebene Auf Landesebene sind die Mandatsträgerbeiträge zunächst einmal an den Vorschriften der Landesverfassungen zu messen. Hiernach werden auf Seiten der Abgeordneten ebenfalls das freie Mandat und das Gebot der angemessenen Entschädigung gewährleistet. Im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten der Parteien ist hingegen auch auf Landesebene Art. 21 GG zugrunde zu legen. a) Das freie Mandat des Abgeordneten Das freie Mandat des Abgeordneten wird nach den Landesverfassungen in der Regel durch Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG im Wortlaut nahezu entsprechende Vorschrif-
296 Siehe zur Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/8778, S. 19. Dort heißt es: „Die Mandatsträgerbeiträge sind gerade bei den im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien ein bedeutender Posten bei den Einnahmen. Sie müssen nunmehr getrennt ausgewiesen werden.“
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
ten297 gewährleistet, oder aber die Wortlautabweichungen298 fallen nicht derart ins Gewicht, dass sie das freie Mandat in Frage stellen könnten.299 Ausnahmen von diesem Befund bilden einerseits die Verfassungen der Stadtstaaten Bremen und Hamburg und andererseits die Verfassung des Landes Hessen. In Bremen und Hamburg resultiert die Ausnahme nicht aus einer Wortlautabweichung, sondern aus anderen Verfassungsvorschriften, die das freie Mandat jeweils abschwächen. Den Mitgliedern der Bremischen Bürgerschaft wird in Art. 83 Abs. 1 BremVerf die Freiheit des Mandats grundsätzlich zugesichert. Sodann wird diese Freiheit jedoch durch eine besondere Treuepflicht gegenüber der Freien Hansestadt Bremen in Art. 83 Abs. 1 BremVerf, die Geheimhaltungspflichten in Art. 83 Abs. 2 BremVerf, das Mitwirkungsverbot in Art. 84 BremVerf und besonders durch die Möglichkeit des Ausschlusses aus der Bürgerschaft bei Mandatsmissbrauch gemäß Art. 85 BremVerf eingeschränkt.300 Ähnlich verhält es sich in der Freien und Hansestadt Hamburg. Dort gewährleistet Art. 7 Abs. 1 HmbVerf den Abgeordneten die Freiheit des Mandats, während Art. 7 Abs. 2 und 3 HmbVerf diese Freiheit durch die Möglichkeit des (zeitweisen) Ausschlusses einschränkt.301 Diese Ausnahmen mögen der geringeren territorialen Größe der Stadtstaaten geschuldet sein, die sie partiell in die Nähe der Kommunen rückt.302 Für das vorliegend betroffene Verhältnis zwischen Parlamentarier und Partei bleiben sie allerdings ohne Konsequenzen. Die hessische Verfassung weicht demgegenüber im Wortlaut von Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG ab und nimmt damit eine absolute Sonderstellung hinsichtlich der Regelung des freien Mandats ein. Sie verzichtet in Art. 77 vollständig auf die Gewissensklausel und die Untersagung der Bindung an Aufträge und Weisungen. Stattdessen wird nur 297 Vgl. Art. 27 Abs. 3 BWVerf; Art. 13 Abs. 2 BayVerf; Art. 38 Abs. 4 BerlVerf; Art. 22 Abs. 1 MVVerf; Art. 12 NdsVerf; Art. 79 Abs. 2 RPVerf; Art. 66 Abs. 2 SLVerf; Art. 39 Abs. 3 SächsVerf; Art. 41 Abs. 2 SachsAnhVerf; Art. 11 Abs. 1 SHVerf; Art. 53 Abs. 1 THVerf. 298 In Art. 30 Abs. 2 NWVerf heißt es: „Die Abgeordneten stimmen nach ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Volkswohl bestimmten Überzeugung; sie sind an Aufträge nicht gebunden.“ Und Art. 56 Abs. 1 BbgVerf lautet: „Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Niemand darf einen Abgeordneten zwingen, gegen sein Gewissen oder seine Überzeugung zu handeln.“ 299 Siehe zu dieser weitläufigen Homogenität auch Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 24 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 300 Die Regelungen bezüglich der Abgeordnetenpflichten werden als Ausfluss des Rechtsstatus des freien Mandats für zulässig erachtet. Die Möglichkeit des Ausschlusses wird ebenfalls nicht beanstandet, da sie auf verfassungsrechtlicher Ebene statuiert ist. Siehe hierzu Badura, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 26; Neumann, Die Verfassung der Freien Hansestandt Bremen, 1996, Art. 85 Rn. 2. Kritisch wird hingegen das Mitwirkungsverbot gesehen. Siehe dazu Neumann, Die Verfassung der Freien Hansestandt Bremen, 1996, Art. 84 Rn. 2. 301 Zur Unbedenklichkeit dieser Regelung siehe David, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 2. Aufl., 2004, Art. 7 Rn. 22 f. 302 Zumindest finden sich ähnliche Vorschriften für die Mitglieder der Kommunalvertretungen in den Kommunalgesetzen der Länder. Vgl. etwa § 54 Abs. 3 i.V.m. §§ 40, 41, 42 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 NKomVG sowie § 63 NKomVG.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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klargestellt, dass die Abgeordneten „Vertreter des ganzen Volkes“ sind. Trotz dieser deutlichen Verkürzung des Wortlauts gegenüber Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG wird in der Literatur303 und der Rechtsprechung304 nicht in Zweifel gezogen, dass Art. 77 HessVerf den hessischen Landtagsabgeordneten ein freies Mandat garantiert. Somit kann festgehalten werden, dass das freie Mandat nach dem Grundgesetz und den Landesverfassungen einen annähernd gleichen Schutz gegenüber Einflüssen der Parteien bietet. b) Gebot der angemessenen Entschädigung In Bezug auf das Gebot der angemessenen Entschädigung ist die Homogenität zwischen den Vorschriften des Grundgesetzes und den entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen deutlich geringer. Zwar beinhaltet gut die Hälfte der Landesverfassungen wortlautidentische305 oder wenigstens sinngemäß entsprechende306 Vorschriften zur Abgeordnetenentschädigung. Ansonsten ergeben sich aber mehr oder weniger weitreichende Abweichungen von Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG. In Bayern, Berlin, Bremen und Nordrhein-Westfalen verzichten die entsprechenden Vorschriften307 auf den Zusatz, dass die Entschädigung der Sicherung der Unabhängigkeit dienen soll.308 Während in Bayern und Nordrhein-Westfalen hieraus weder rechtliche309 noch praktische310 Konsequenzen resultieren, ist beim Berliner Abge303
Siehe Lohmeier, DVBl. 1977, 405 (407); Nell, JZ 1975, 519 (521 mit Fn. 32). Gerhard Konow interpretiert die Enthaltsamkeit des Art. 77 HessVerf so, dass sie die Anerkennung der Einflüsse von Partei und Fraktion zum Ausdruck bringen will, ohne dabei jedoch die Freiheit des Mandats in Frage zu stellen. Siehe Konow, in: Zinn/Stein (Hrsg.), Die Verfassung des Landes Hessen, Art. 77 Erl. 5 (Stand der Bearbeitung: Dezember 1976). 304 Siehe HessStGH, Urt. v. 7. 7. 1977 – P. St. 783, NJW 1977, 2065 (2070). 305 So Art. 22 Abs. 3 MVVerf; Art. 13 Abs. 3 NdsVerf; Art. 97 Abs. 1 RPVerf; Art. 42 Abs. 3 SächsVerf; Art. 56 Abs. 5 SachsAnhVerf; Art. 11 Abs. 3 SHVerf; Art. 54 Abs. 1 THVerf. 306 Art. 40 S. 1 BWVerf lautet: „Die Abgeordneten haben Anspruch auf eine angemessene Entschädigung, die ihre Unabhängigkeit sichert.“ In Art. 60 BbgVerf heißt es: „Mitglieder des Landtages erhalten eine ihrer Verantwortung entsprechende und ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung.“ Und Art. 13 Abs. 1 HmbVerf spricht statt einer Entschädigung von einem „Entgelt“. Mit letzterem bedient sich die hamburgische Verfassung lediglich einer zeitgemäßeren Terminologie als Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG. So David, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 2. Aufl., 2004, Art. 13 Rn. 16. 307 Vgl. Art. 31 BayVerf; Art. 53 BerlVerf; Art. 82 Abs. 2 BremVerf; Art. 50 S. 1 NWVerf. 308 Zudem verwendet die bayerische Verfassung den Begriff „Aufwandsentschädigung“ und die bremische Verfassung die Bezeichnung „Entgelt“. Die bayerische Verfassung will damit nur eine Mindestgarantie abgeben, schließt jedoch eine Vollalimentation des Abgeordneten nicht aus. Siehe hierzu BayVerfGH, Entsch. v. 15. 12. 1982 – Vf. 22-VII-80, DVBl. 1983, 706 (707); BayVerfGH, Entsch. v. 6. 5. 2005 – Vf. 21-IX-05, NVwZ-RR 2005, 754 (756). Ferner Möstl, in: Lindner/derselbe/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 31 Rn. 6. Zum Begriff des „Entgelts“ in der bremischen Verfassung siehe bereits oben die Anmerkung zu derselben Wortwahl in Art. 13 Abs. 1 HmbVerf in Fn. 306. 309 Zur unabhängigkeitssichernden Funktion der Entschädigung in Nordrhein-Westfalen siehe VerfGH NW, Urt. v. 16. 5. 1995 – VerfGH 20/93, DVBl. 1995, 921 (921); Dästner, Die
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
ordnetenhaus und der Bremischen Bürgerschaft zu beachten, dass sie sich als Halbtagsparlamente verstehen. Die Abgeordneten können dort (zumindest theoretisch) neben ihrer Mandatstätigkeit noch einer anderen Berufstätigkeit nachgehen. Dementsprechend erhalten die Parlamentarier keine Vollalimentation.311 Etwas Ähnliches gilt für die Hamburgische Bürgerschaft. Ihr Selbstverständnis geht gar nur von einem „Feierabendparlament“ aus, dessen Abgeordnete, verfassungsrechtlich explizit gewährleistet312, einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen können.313 Damit wird der unabhängigkeitssichernde Zweck der Entschädigung in gewissem Maße abgeschwächt. Diese stadtstaatenspezifischen Besonderheiten müssen bei einer Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Mandatsträgerbeiträge gegebenenfalls berücksichtigt314 werden. Im Übrigen sind die hessischen und saarländischen Bestimmungen zur Abgeordnetenentschädigung bemerkenswert. Die Hessische Verfassung spricht in Art. 98 Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., 2002, Art. 50 Rn. 1; Menzel, in: Löwer/ Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 50 Rn. 7. Zur entsprechenden Funktion in Bayern siehe Möstl, in: Lindner/derselbe/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 31 Rn. 1. 310 In beiden Ländern beziehen die Abgeordneten Entschädigungen in einer Höhe, die ihre unabhängigkeitssichernde Wirkung nicht in Zweifel ziehen kann. In Bayern erhalten die Abgeordneten derzeit monatlich eine Diät von 6.641 Euro (vgl. Art. 5 Abs. 1 S. 2 BayAbgG) und eine Kostenpauschale von 3.109 Euro (vgl. Art. 6 Abs. 2 S. 1 BayAbgG). In NordrheinWestfalen erhalten die Abgeordneten sogar monatliche Bezüge in Höhe von insgesamt 10.726 Euro (vgl. § 5 Abs. 1 NWAbgG). Davon werden jedoch 2.114 Euro einbehalten und als Pflichtbeitrag an das Versorgungswerk der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen abgeführt (vgl. § 5 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 10 Abs. 7 S. 1 und S. 2 NWAbgG). Außerdem müssen die Abgeordneten von ihren Diäten einen Teil ihrer mandatsbedingten Aufwendungen mitbestreiten, da ihre Amtsausstattung im Unterschied zum Bund und den meisten anderen Ländern nach § 6 Abs. 1 NWAbgG nur Sachleistungen umfasst. Immerhin bekommen die nordrheinwestfälischen Abgeordneten zusätzlich noch eine Mitarbeiterpauschale in Höhe von monatlich 3.776 Euro (§ 6 Abs. 3 S. 1 NWAbgG) sowie eine Erstattung der Kosten für Dienstreisen (§ 8 NWAbgG). 311 Siehe hierzu auch Korbmacher, in: Driehaus (Hrsg.), Verfassung von Berlin, 2. Aufl., 2005, Art. 53 Rn. 2; Lemmer, in: Pfennig/Neumann (Hrsg.), Verfassung von Berlin, 3. Aufl., 2000, Art. 53 Rn. 2 bzw. Neumann, Die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen, 1996, Art. 82 Rn. 8. 312 Vgl. Art. 13 Abs. 2 S. 1 HmbVerf. Das Hamburgische Verfassungsgericht hält diesen Gewährleistungsanspruch für einen selbstständigen Teil der Ausgestaltung des Entschädigungsanspruchs. Siehe HmbVerfG, Urt. v. 11. 7. 1997 – HVerfG 1/96, NJW 1998, 1054 (1056). Lediglich als ein an die Bürgerschaft gerichtetes Gebot, die Parlamentsarbeit berufsgerecht auszugestalten, interpretieren diese Norm hingegen Bahnsen, NJW 1998, 1041 (1041 f.); Müller-York/Irrgang, ZParl 1998, 295 (303 ff.). 313 Zu den daraus resultierenden Konsequenzen für die Entschädigungsansprüche siehe HmbVerfG, Urt. v. 11. 7. 1997 – HVerfG 1/96, NJW 1998, 1054 (1056 f.). Kritische Anmerkungen dazu von Bahnsen, NJW 1998, 1041 f.; Müller-York/Irrgang, ZParl 1998, 295 ff. Zum Ganzen ausführlich David, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 2. Aufl., 2004, Art. 13 Rn. 16 ff. 314 Siehe dazu unten unter § 2 B. III. 2. a) bb) sowie unter § 2 B. III. 3. b) bb) in Fn. 550.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Abs. 1 lediglich von einem Recht der Abgeordneten auf „Erstattung der Reisekosten sowie Sitzungsgelder“. Nach Ansicht des Schrifttums wird hierdurch jedoch ein weitergehender Anspruch auf Entschädigung, der sich nicht allein auf den durch Teilnahme an Sitzungen entstehenden konkreten Aufwand, sondern auf die gesamte Tätigkeit des Abgeordneten bezieht, nicht ausgeschlossen und ist unter Berücksichtigung der heutigen sozialen und politischen Verhältnisse aus dem unabhängigkeitssichernden Zweck der Entschädigung auch zu fordern.315 Die Verfassung des Saarlandes verzichtet demgegenüber vollständig auf eine Regelung über die Entschädigung der Abgeordneten und bildet damit eine besondere Ausnahme. Offenbar wurde hierauf vom saarländischen Verfassungsgeber aus Gründen der Selbstverständlichkeit verzichtet.316 Die Regelung sollte stattdessen wohl einem späteren Abgeordnetengesetz vorbehalten bleiben. Das Bundesverfassungsgericht hat hingegen im Diätenurteil entschieden, dass für das Saarland über Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG die aus Art. 48 Abs. 3 GG entwickelten Grundsätze ebenso gelten.317 Denn Art. 48 Abs. 3 GG gehöre zu den Essentialien des demokratischen Prinzips, das in Art. 28 Abs. 1 GG als ein für die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern wesentlicher Bestandteil gefordert werde.318 Im Ergebnis folgen aus den normativen Besonderheiten also keine praktischen Einschränkungen für die hessischen und die saarländischen Landtagsabgeordneten. Zuletzt muss noch einer Abweichung in den Verfassungen der Länder SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern Beachtung geschenkt werden, die im Unterschied zu den soeben dargestellten Variationen nicht hinter dem Regelungsgehalt des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zurückbleibt, sondern ein Mehr beinhaltet. Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf und Art. 11 Abs. 3 S. 2 SHVerf stellen jeweils fest, dass der 315
So Rupp-v. Brünneck/Konow, in: Zinn/Stein (Hrsg.), Die Verfassung des Landes Hessen, Art. 98 Erl. 3 (Stand der Bearbeitung: April 1970). 316 So wenigstens Brosig, Die Verfassung des Saarlandes, 2001, S. 157 und im Anschluss daran auch Zeyer/Grethel, in: Wendt/Rixecker, Verfassung des Saarlandes, 2009, Art. 84 Rn. 7. 317 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (319) = NJW 1975, 2331. 318 Die Frage, wie sich dies auf die Interpretation von Landesverfassungsbestimmungen auswirkt, die eine Regelung über die Entschädigung von Landtagsabgeordneten enthalten, ließ das Gericht dabei bewusst offen. In der Literatur wird teilweise angenommen, dass landesverfassungsrechtliche Vorschriften nach dieser Rechtsprechung nur Bestand hätten, soweit sie sich grundgesetzkonform auslegen ließen. So etwa von Arnim, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 26. Teilweise wird kritisiert, dass die Übertragung des Art. 48 Abs. 3 GG auf die Länder nicht mit deren Verfassungshoheit vereinbar sei. Insbesondere seien die Länder frei, sich für ein Vollzeitoder Teilzeitparlament zu entscheiden und müssten daher ihre Abgeordneten nicht zwingend voll alimentieren. So Menzel, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 50 Rn. 8 f. Da das Bundesverfassungsgericht seine Haltung zur obligatorischen Vollalimentation der Abgeordneten in der Folgerechtsprechung zu Art. 48 Abs. 3 GG revidiert (BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 [341 f.]) und die Möglichkeit eines Teilzeitparlaments ausdrücklich anerkannt hat (BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 [240]), beschränkt sich das Problem an der Judikatur jetzt auf die rein dogmatische Frage des verfassungssystematisch korrekten Ansatzes.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Entschädigungsanspruch weder übertragbar ist noch auf ihn verzichtet werden kann. Der Entschädigungsanspruch an sich wird somit per Verfassung der Disposition der Landtagsabgeordneten entzogen. Sie können über den Anspruch nicht frei verfügen. Diese landesverfassungsrechtliche Spezifität wird an gegebener Stelle319 zu berücksichtigen sein. c) Rechte und Pflichten der Parteien Im Hinblick auf die politischen Parteien existieren in einigen Landesverfassungen ebenfalls Regelungen.320 Sie sind inhaltlich nicht so umfangreich wie Art. 21 GG, sondern regeln jeweils nur Einzelfragen des Parteienrechts.321 Demnach wären sie als alleiniger Prüfungsmaßstab ungeeignet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts322 ist, soweit die verfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten der Parteien in Betracht kommen, aber ohnehin auf Art. 21 GG abzustellen und nicht auf landesrechtliche Vorschriften.323 Hiernach gilt Art. 21 GG nämlich nicht nur für den Bereich des Bundes, sondern unmittelbar auch für die Länder. Das Gericht begründet dies damit, dass Art. 21 GG zugleich Bestandteil der Landesverfassungen sei.324 Hierbei handele es sich um allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze, die, im Grundgesetz formuliert, als ungeschriebene Bestandteile auch der Landesverfassungen vorausgesetzt werden könnten und müssten.325 Insoweit kann für Landtagsabgeordnete an dieser Stelle unmittelbar der grundgesetzliche Prüfungsmaßstab angelegt werden. 319
Siehe dazu unten unter § 2 B. III. 2. c). Siehe Art. 15 BayVerf; Art. 20 Abs. 3 BbgVerf; Art. 3 Abs. 4 MVVerf; Art. 32 NWVerf; Art. 8 SLVerf. 321 So regeln Art. 15 BayVerf und Art. 32 NWVerf das Verbot von Wählergruppen oder Vereinigungen, an Wahlen und Abstimmungen teilzunehmen, und Art. 8 SLVerf sogar das Parteienverbot. Sie überschneiden sich mit Art. 21 Abs. 2 GG, weichen aber teilweise davon ab. Demgegenüber ähneln Art. 20 Abs. 3 BbgVerf und Art. 3 Abs. 4 MVVerf, soweit sie sich auf politische Parteien beziehen, sehr deutlich Art. 21 Abs. 1 S. 1 (und 3) GG. 322 BVerfG, Urt. v. 5. 4. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208 (227 f.); BVerfG, Urt. v. 6. 2. 1956 – 2 BvH 1/55, BVerfGE 4, 375 (378); BVerfG, Beschl. v. 7. 5. 1957 – 2 BvH 1/56, BVerfGE 6, 367 (375); BVerfG, Beschl. v. 16. 7. 1969 – 2 BvH 1/67, BVerfGE 27, 10 (17); BVerfG, Beschl. v. 9. 2. 1982 – 2 BvK 1/81, BVerfGE 60, 53 (61); BVerfG, Urt. v. 24. 1. 1984 – 2 BvH 3/83, BVerfGE 66, 107 (114). 323 Mit Art. 21 GG inhaltlich unvereinbare landesverfassungsrechtliche Regelungen (beispielsweise in Art. 15 BayVerf; Art. 32 NWVerf; Art. 8 SLVerf) sind demnach wegen Art. 31 GG nichtig, wohingegen inhaltsgleiches Landesverfassungsrecht (z. B. Art. 20 Abs. 3 BbgVerf; Art. 3 Abs. 4 MVVerf) neben Art. 21 GG Bestand hat. Siehe hierzu ausführlich Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 149 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 324 BVerfG, Urt. v. 5. 4. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208 (227). 325 BVerfG, Urt. v. 5. 4. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208 (233). Siehe zum Ganzen auch Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 148 f. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Zur Kritik an dieser „Bestandteil-Theorie“ des Bundesverfassungsgerichts vgl. Rozek, Das Grundgesetz als Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte, 1993, S. 100 ff. 320
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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d) Fazit Nach alledem ist zu konstatieren, dass das Niveau der hier in Betracht kommenden Rechte und Pflichten der Abgeordneten und der Parteien auf Bundes- und Landesebene in etwa gleich ist. Entweder sind die Normen des Grundgesetzes gleichermaßen auf Landesebene anwendbar, oder die Landesverfassungen gewährleisten einen ähnlichen Schutz. Es kann daher grundsätzlich von einem einheitlichen Prüfungsmaßstab für die Abgeordneten des Bundestages und der Landesparlamente ausgegangen werden. Die rechtlichen Unterschiede, die im Rahmen der nachfolgenden Untersuchung relevant werden könnten, betreffen einerseits den geringeren Umfang der Abgeordnetenentschädigung in den Stadtstaaten, der aus dem speziellen Status der Parlamente in den Stadtstaaten folgt. Andererseits könnte die verfassungsrechtliche Einschränkung der Dispositionsbefugnis in MecklenburgVorpommern und Schleswig-Holstein Einfluss auf das Ergebnis haben. Auf diese landesspezifischen Ausnahmen wird an passender Stelle326 einzugehen sein. 3. Maßstab auf unionaler Ebene Der verfassungsrechtliche Maßstab für Sonderbeiträge von Mitgliedern des Europäischen Parlaments an deutsche Parteien beschränkt sich auf Art. 21 GG. Nur diese Verfassungsnorm determiniert die Beziehungen zwischen den deutschen Abgeordneten des Europäischen Parlaments und ihren deutschen Parteien. Soweit es um die Statusrechte der Abgeordneten geht, kommt hingegen nicht deutsches Verfassungsrecht in Betracht, sondern anwendungsvorrangiges Unionsrecht. Obgleich unionsrechtliche Vorschriften im Rahmen dieser verfassungsrechtlichen Untersuchung keinen Schwerpunkt bilden können, müssen die unionalen Verhältnisse der Vollständigkeit halber mit einbezogen werden. Zu denken ist hierbei zunächst an die Verträge über die Europäische Union. Darin finden sich allerdings nur wenige Regelungen zum Status der Mitglieder des Europäischen Parlaments. In Art. 14 Abs. 2 EUV ist normiert, dass das Europäische Parlament sich aus „Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammensetzt“. Damit wird das Repräsentationsprinzip verdeutlicht. Zudem bestimmt Art. 14 Abs. 3 EUV, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments „in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt“ werden. Im Übrigen halten die Verträge lediglich eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von entsprechenden sekundärrechtlichen Regelungen bereit. Und zwar ermöglicht Art. 223 Abs. 2 AEUV, durch Verordnungen die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Wahrnehmung der Aufgaben der Mitglieder des Europäischen Parlaments festzulegen.
326 Siehe dazu unten unter § 2 B. III. 2. a) bb) und unter § 2 B. III. 3. b) bb) in Fn. 550 bzw. unter § 2 B. III. 2. c).
100
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Konkretere primärrechtliche Regelungen zum Abgeordnetenstatus enthalten aber der sogenannte Direktwahlakt327 und das Protokoll über Vorrechte und Befreiungen328. Während sich letzteres vor allem den Fragen der Immunität und der Indemnität annimmt, sichert der Direktwahlakt in Art. 6 Abs. 1 das freie Mandat der Abgeordneten mit den Worten: „Die Abgeordneten geben ihre Stimmen einzeln und persönlich ab. Sie sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden.“
Im Übrigen werden die Statusrechte der Abgeordneten inzwischen unionseinheitlich329 durch das sogenannte Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments330 geregelt, welches kürzlich nach vorangegangener jahrelanger Diskussion331 auf Grundlage des Art. 190 Abs. 5 EGV (jetzt Art. 223 Abs. 2 AEUV) als Sekundär327 Beschluss und Akt zur Einführung allgemeiner Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments vom 20. September 1976 (ABl. 1976 Nr. L 278, S. 1), zuletzt geändert durch den Änderungsbeschluss vom 25. Juni und 23. September 2002 (ABl. 2002 Nr. L 283, S. 1). 328 Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union vom 8. April 1965 (ABl. 1967 Nr. 152, S. 13), zuletzt geändert durch den Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. 2007 Nr. C 306, S. 1). 329 Zuvor beruhte die Ausübung des Mandats im Europäischen Parlament ausschließlich auf einem Konglomerat aus nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Rechtsvorschriften. Siehe dazu im Einzelnen Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 190 EGV Rn. 42 ff. (Stand der Bearbeitung: Oktober 2009). Das freie Mandat etwa wurde für deutsche Mitglieder des Europäischen Parlaments nicht nur durch Art. 6 Abs. 1 des Direktwahlakts gewährleistet, sondern auch durch § 2 des Europaabgeordnetengesetzes (EuAbgG) vom 6. April 1979 (BGBl. I 1979, S. 413), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I 2008, S. 2020). Die materielle Absicherung der Abgeordneten war demgegenüber eine vorwiegend nationale Angelegenheit. So fanden sich etwa in §§ 9 ff. EuAbgG die Vorschriften über die Entschädigungsansprüche der deutschen Abgeordneten. Lediglich um Lücken zu füllen, hatte das Europäische Parlament kraft seines Selbstorganisationsrechts weitere Bestimmungen vorgenommen. Siehe zu den zahlreichen Regelungen betreffend die finanziellen Ansprüche der Abgeordneten näher Mittag, ZParl 2006, 713 (715 f. mit Fn. 21 f.); Schoo, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl., 2009, Art. 190 EGV Rn. 30 f. Zu dem daraus resultierenden Einkommensgefälle unter den Abgeordneten verschiedener Mitgliedsstaaten siehe die Aufstellung bei Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Art. 190 EGV Rn. 47 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2009). 330 Beschluss des Europäischen Parlaments vom 28. September 2005 zur Annahme des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments (ABl. 2005 Nr. L 262, S. 1). Nach Art. 30 dieses Status trat es „am ersten Tag der im Jahre 2009 beginnenden Wahlperiode des Europäischen Parlaments in Kraft“, also am 14. Juli 2009. 331 Vgl. zur Entstehungsgeschichte ausführlich Mittag, ZParl 2006, 713 (713 ff.). Kritisch begleitet wurde die Entstehung des Statuts in Deutschland vor allem durch Hans Herbert von Arnim, der speziell dessen Entschädigungsregelungen immer wieder monierte. Siehe dazu insbesondere seine Schriften zu einer früheren Version des Abgeordnetenstatuts, die zwar im Jahre 2003 vom Europäischen Parlament bereits beschlossen worden war, die aber mangels Zustimmung des Minsterrats dennoch nicht in Kraft trat. Vgl. von Arnim, 9053 Euro Gehalt für Europaabgeordnete?, 2004; derselbe/Schurig, DVBl. 2003, 1176 ff. Ähnlich, aber moderater äußert Bedenken auch Hölscheidt, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Art. 223 AEUV Rn. 86 ff. (Stand der Bearbeitung: August 2011).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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recht332 verabschiedet wurde. Das Statut legt im Hinblick auf das freie Mandat der Abgeordneten Folgendes fest: „Artikel 2 (1) Die Abgeordneten sind frei und unabhängig. (2) Vereinbarungen über die Niederlegung des Mandats vor Ablauf oder zum Ende einer Wahlperiode sind nichtig. Artikel 3 (1) Die Abgeordneten geben ihre Stimmen einzeln und persönlich ab. Sie sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden. (2) Vereinbarungen über die Art und Weise der Ausübung des Mandats sind nichtig.“
Die Regelungen sind umfangreicher als Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG. Dies ist aber vornehmlich darauf zurückzuführen, dass es sich um Sekundärrecht handelt. Der Regelungsgehalt der Vorschriften geht nicht über das hinaus, was den Bundestagsabgeordneten nach Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistet wird. Ähnlich verhält es sich mit den Regelungen des Statuts in Bezug auf die finanziellen Ansprüche der Abgeordneten. Sie sind zwar viel ausführlicher als das Grundgesetz, aber in ihrer Wirkung nicht wesentlich weitreichender. Die finanziellen Ansprüche der Abgeordneten werden in den Art. 9 bis 22 detailliert geregelt333 und umfassen unter anderem Ansprüche auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung in Höhe von 38,5 Prozent der Grundbezüge eines Richters am Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften334, ein Übergangsgeld nach Ende des Mandats335, ein Ruhegehalt mit Vollendung des 63. Lebensjahres336, eine Hinterbliebenenversorgung337 sowie die Erstattung der Kosten für mandatsbedingten
332 Dementsprechend lässt das Abgeordnetenstatut die primärrechtlichen Vorschriften des Direktwahlakts und des Protokolls über Vorrechte und Befreiungen unberührt. Dies steht einer kollisionsfreien Regelung des Abgeordnetenstatus in einem Dokument leider weiterhin im Wege und reduziert den Regelungsrahmen des Abgeordnetenstatuts zunächst auf die Bestimmung des finanziellen Status der Abgeordneten. Siehe Schoo, in: Schwarze (Hrsg.), EUKommentar, 2. Aufl., 2009, Art. 190 EGV Rn. 25 und 34. Das deutsche EuAbgG gilt demgegenüber jetzt nur noch, soweit nicht die Vorschriften des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments Anwendung finden (vgl. § 1 EuAbgG). 333 Vgl. hierzu im Einzelnen näher Mittag, ZParl 2006, 713 (722 ff.); Schoo, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl., 2009, Art. 190 EGV Rn. 36 ff. 334 Vgl. dazu Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments. 335 Siehe hierzu Art. 9 Abs. 2 und Art. 13 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments. 336 Vgl. hierzu Art. 9 Abs. 2 und Art. 14 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments. 337 Siehe dazu Art. 9 Abs. 4 und Art. 17 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Aufwand338. Ähnlich detaillierte Vorschriften zu den Ansprüchen der Abgeordneten finden sich national in den Abgeordnetengesetzen des Bundes und der Länder.339 Die Ursache für die Ausführlichkeit des Statuts liegt hier ebenfalls in der Tatsache begründet, dass es sich um Sekundärrecht handelt. Inhaltlich werden aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG auf bundesdeutscher Ebene vergleichbare Ansprüche abgeleitet, so dass sich die Abweichungen in Grenzen halten. Bemerkenswert ist jedoch eine andere Regelung des Abgeordnetenstatuts, die keine Entsprechung im deutschen Recht findet, und zwar Art. 9 Abs. 3. Dort heißt es: „Vereinbarungen über die Verwendung der Entschädigung, des Übergangsgeldes und des Ruhegehaltes zu anderen als privaten Zwecken sind unwirksam.“
Diese Bestimmung zielt unzweifelhaft auch auf Vereinbarungen des Abgeordneten mit seiner Partei ab. Dies ergibt sich aus den Erwägungen des Europäischen Parlaments, die dem Statut vorangestellt sind. Hier heißt es unter Ziffer 12: „Artikel 9 Absatz 3 ist erforderlich, weil Parteien häufig erwarten, dass ein Teil der in Artikel 9 Absätze 1 und 2 erwähnten Leistungen für ihre Zwecke verwendet wird. Diese Form der Parteienfinanzierung ist zu verurteilen.“
Den Besonderheiten des Unionsrechts, insbesondere Art. 9 Abs. 3 des Abgeordnetenstatuts, ist im Rahmen der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Mandatsträgerbeiträge Rechnung zu tragen.340 4. Auswirkungen einer möglichen Verfassungswidrigkeit Die Verfassungswidrigkeit der Mandatsträgerbeiträge führt nicht ohne Weiteres zu deren Abschaffung. Wie oben341 bereits angesprochen, erheben die Parteien die Mandatsträgerbeiträge nämlich auf der Grundlage von zivilrechtlichen Satzungsvorschriften und sind bei der Ausgestaltung dieser Vorschriften grundsätzlich frei. Dies ist Kernstück der gemäß Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG gewährleisteten Organisationsfreiheit.342 Im Hinblick auf die Mitgliedschaftsrechte und -pflichten findet die Satzungsautonomie ihre Grenzen auf verfassungsrechtlicher Ebene nur in Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG, der die innerparteiliche Demokratie postuliert. Es stellt sich daher die Frage, ob und inwieweit die zivilrechtlichen Vorschriften des Parteienrechts im Übrigen am Verfassungsrecht gemessen werden müssen, namentlich an Art. 38 und Art. 48 GG. Zur Klärung dieser Frage kann einerseits auf das allgemeine Vereinsrecht abgehoben werden. Die Schranken der Vereinsautonomie ergeben sich aus den 338 339 340 341 342
Vgl. dazu Art. 20 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments. Siehe etwa §§ 11 ff. AbgG; §§ 6 ff. NdsAbgG; §§ 5 ff. NWAbgG. Siehe dazu unten unter § 2 B. III. 2. d). Siehe dazu oben unter § 2 A. IV. 1. BVerfG, Beschl. v. 22. 5. 2001 – 2 BvE 1 – 3/99, BVerfGE 104, 14 (19).
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zwingenden Normen des Vereinsrechts, den öffentlichrechtlichen Vorschriften des Vereinsgesetzes sowie aus §§ 134 und 138 BGB.343 Der Anknüpfungspunkt für mögliche Auswirkungen verfassungsrechtlicher Vorschriften auf die zivilrechtlichen Pflichten der Abgeordneten könnte hierbei § 134 BGB sein.344 Denn Vereinssatzungen oder Teile von ihnen, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, sind gemäß § 134 BGB nichtig.345 Unter gesetzlichen Verboten sind in diesem Zusammenhang solche Vorschriften zu verstehen, die ein nach der Rechtsordnung grundsätzlich mögliches Rechtsgeschäft wegen seines konkreten Inhalts oder wegen der Modalitäten seines Zustandekommens untersagen.346 Verbotsgesetze im Sinne des § 134 BGB können unter anderem auch dem Verfassungsrecht entstammen.347 Eine Satzungsbestimmung, die Mandatsträger zur Zahlung von Sonderbeiträgen verpflichtet oder bestimmte Parteiorgane dazu ermächtigt, entsprechende Beiträge zu erheben, ist demnach gemäß § 134 BGB nichtig, wenn die Erhebung solcher Beiträge verfassungsrechtlich explizit untersagt ist.348 Neben diesem Ansatz wird in der Literatur349 vielfach vertreten, dass ein Verstoß satzungsrechtlicher Vorschriften gegen Verfassung, Parteiengesetz oder gegen zwingende Bestimmungen des BGB zu deren Nichtigkeit führe, ohne dass es dafür eines Rückgriffs auf § 134 BGB bedürfe. Dies sei schlichtweg die allgemeinen Rechtsfolge für verfassungswidrige Normen350 bzw. für Verstöße gegen zwingendes, die Privatautonomie zulässig einschränkendes Recht.351 Auf solchen Bestimmungen
343 Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, § 25 Rn. 25; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, § 25 Rn. 7; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rn. 28; Weick, in: Staudingers Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2005, § 25 Rn. 19. 344 Siehe zu diesem Aspekt Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 345 Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, § 25 Rn. 25; Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 88; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 35; derselbe, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 56; Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 26; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 446; Reuter, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, § 25 Rn. 24; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 268 f.; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rn. 28; Weick, in: Staudingers Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2005, § 25 Rn. 19. 346 Dörner, in: Handkommentar BGB, 7. Aufl., 2012, § 134 Rn. 4; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, § 134 Rn. 5. 347 Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, § 134 Rn. 33 ff.; Hefermehl, in: Soergel, BGB, Bd. 2, 13. Aufl., 1999, § 134 Rn. 5 und 7. 348 Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 349 So Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 260 mit Fn. 9 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 357 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 127. 350 So Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 127 Fn. 435. 351 So Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 260 (Stand der Bearbeitung: November 1991).
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beruhende Beschlüsse seien rechtlich unwirksam.352 Weil das Parteienrecht dem Zivilrecht zuzuordnen ist, erscheint der Weg über § 134 BGB jedoch unmittelbarer und daher exakter. Da sowohl der eine als auch der andere Ansatz zu dem Ergebnis führen, dass verfassungswidrige Satzungsbestimmungen nichtig sind, bleibt die Frage nach dem korrekten Ansatz letztlich akademischer Natur. Für die Praxis wichtiger ist demgegenüber folgendes zusätzliches Erfordernis: Damit die Regelung tatsächlich unanwendbar wird, muss die Nichtigkeit der innerparteilichen Regelung zunächst gerichtlich festgestellt werden. Wenn ein Abgeordneter eine entsprechende Klage anstrengte, stünde zu befürchten, dass er innerparteilich mit erheblichen Restriktionen zu rechnen hätte. Da eine erfolgreiche Klage präjudizielle Wirkung für weitere Klagen hätte, zöge der Abgeordnete sicherlich sogar den Unmut aller Parteien auf sich. Die finanziellen Auswirkungen für die Parteien wären beträchtlich. Dies dürften faktisch (zu) hohe Hürden für die praktische Durchsetzung der Verfassungskonformität sein.
III. Vereinbarkeit der Mandatsträgerbeiträge mit dem Grundgesetz Die Zulässigkeit von Mandatsträgerbeiträgen kann allein danach beurteilt werden, ob solche Beiträge mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Wenn das Grundgesetz den Bundestagsabgeordneten die Zahlung dieser Sonderbeiträge verbietet, dann gilt dies für die Landtags- und Europaabgeordneten entsprechend. Sofern sich abweichend davon Besonderheiten für die Europa- oder die Landesparlamentarier ergeben, wird darauf hinzuweisen sein. 1. Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten Der Abgeordnete ist satzungsrechtlich verpflichtet, die Mandatsträgerbeiträge zu leisten. Das freie Mandat des Abgeordneten soll allerdings verhindern, dass der Abgeordnete gewissen Zwangslagen ausgesetzt wird, und gewährleisten, dass der Abgeordnete seine mandatsbezogenen Entscheidungen frei treffen kann. a) Schutzbereich des freien Mandats Das freie Mandat des Abgeordneten kommt im letzten Satzteil des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG zum Ausdruck. Danach sind die Abgeordneten „an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Aufträge und Weisungen
352 So Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 260 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 357 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012).
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müssen dabei begrifflich nicht unterschieden werden.353 Eine Berufung auf sein Gewissen braucht der der Abgeordnete nicht zu begründen und ihm dürfen aus der fehlenden Begründung keine Nachteile erwachsen.354 Die Freiheit des Abgeordneten bezieht sich nicht nur auf Gewissensfragen im Sinne sittlicher Grundfragen, sondern darüber hinaus auf alle Entscheidungen, die der Abgeordnete im Parlament zu treffen hat.355 Die Freiheit umfasst die sachliche und die persönliche Unabhängigkeit, d. h. die grundsätzliche Unentziehbarkeit des Mandats.356 Sie richtet sich gegen alle staatlichen Maßnahmen, die den Bestand und die Dauer des Mandats beeinträchtigen und die inhaltliche Bindungen der Mandatsausübung herbeiführen oder sanktionieren. Darüber hinaus richtet sie sich auch gegen Private, insbesondere Parteien und Wähler. Rechtliche Bindungen können auch ihnen gegenüber nicht zustande kommen. Faktische Bindungen bleiben davon unberührt, sofern sie nicht die selbstverantwortliche und unabhängige Parlamentstätigkeit des Abgeordneten beeinträchtigen können.357 Die Abgeordneten können ihr Mandat also ausüben, ohne dass sie dabei rechtsverbindlich an Weisungen ihrer Parteigremien (Parteitagsbeschlüsse, innerparteiliche Wahlabsprachen, Rotationszusagen, Koalitionsverträge oder ähnliche Entschließungen ihrer Partei), an Mehrheitsbeschlüsse ihrer Fraktion oder an Absprachen mit Verbänden oder Interessengruppen über die konkrete Mandatsausübung gebunden werden dürfen.358 Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG beraubt demnach jeden Versuch einer Fremdbestimmung der Abgeordneten seiner rechtlichen Wirkung, gleichgültig von wem solche Versuche ausgehen, von Seiten des Staates oder von Seiten der Gesellschaft.359 Werden dem Abgeordneten dennoch „Aufträge und Weisungen“ erteilt, so sind diese ver353
Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 26. Siehe ferner Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 194 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 39 (Stand der Bearbeitung: August 2002); Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 86. 354 Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 26. Siehe auch Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 86; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 40 (Stand der Bearbeitung: August 2002). 355 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 86; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 146; Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 26. 356 Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 26. 357 Zu alledem Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 27. 358 Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 61. Zum Ganzen auch Badura, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 15; Butzer, in: Epping/ Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 88 ff.; derselbe, NdsVBl. 2005, 169 (170); H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 20 und 39 (Stand der Bearbeitung: August 2002); Wefelmeier, Repräsentation und Abgeordnetenmandat, 1991, S. 164. 359 Siehe hierzu und zum Folgenden Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 194 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Ferner Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (260).
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fassungswidrig. Entsprechende zivilrechtliche Verträge sind wegen des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB)360. All dies gilt jedoch nur, soweit sich die Bedeutung der Anweisungen oder Abreden in dem Versuch erschöpft, den Abgeordneten zu einem bestimmten Verhalten zu verpflichten.361 Das ist etwa bei Beschlüssen von Parteiorganen oder Fraktionen nicht der Fall: Zwar verfolgen auch sie den Zweck einer Inpflichtnahme der Abgeordneten, sie haben aber auch den Sinn, den politischen (Mehrheits-)Willen von Partei oder Fraktion gegenüber der Öffentlichkeit zu manifestieren. Da diese Intention mit der Garantie des freien Mandats nicht kollidiert, sind sie rechtswirksam, ohne allerdings eine rechtliche Bindung der Mandatsträger bewirken zu können. Entzieht sich der Abgeordnete dem Versuch, ihn zu binden, unterliegt er keiner Begründungspflicht362. Hieraus könnte gefolgert werden, dass die satzungsrechtliche Verpflichtung zur Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen als eine dem Abgeordneten erteilte Weisung nichtig sei. Zumindest ließe sich annehmen, dass eine solche Regelung den Abgeordneten rechtlich nicht binden könnte. Er könnte die Zahlung verweigern, ohne dies begründen zu müssen. b) Sachliche Grenzen des Schutzbereichs Allerdings ist zu beachten, dass der Schutzbereich des freien Mandats sich nur auf die parlamentarische Tätigkeit des Abgeordneten erstreckt, also auf die Tätigkeit im Plenum, in den Ausschüssen und in den sonstigen parlamentarischen Gremien einschließlich der Fraktionen.363 Das freie Mandat richtet sich demnach allein gegen
360 Siehe zu diesem Aspekt Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 38 Rn. 40; Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 88; derselbe, NdsVBl. 2005, 169 (170); Hagebölling, Niedersächsiche Verfassung, 2. Aufl., 2011, S. 88; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 146; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 39 (Stand der Bearbeitung: August 2002); Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 87. Laut Peter Badura bedarf es keines Rückgriffs auf § 134 BGB. Siehe Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 53 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008). 361 Siehe hierzu und zum Folgenden Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 194 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 362 Siehe zu diesem Gesichtspunkt Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 61; Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 47; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 146; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 87. 363 Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 38 Rn. 45; Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 54 und 85 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 20; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 158 f. und 176 ff.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 196 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010).
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Rechtsgeschäfte, die sich auf die konkrete Ausübung des Mandats beziehen.364 Es verbietet solche Einflussnahmen der Partei auf den Abgeordneten, die dazu bestimmt und geeignet sind, ein bestimmtes parlamentarisches Verhalten des Abgeordneten herbeizuführen.365 Dass die Erhebung von Mandatsträgerabgaben auf ein bestimmtes parlamentarisches Verhalten abzielt, ist allerdings nicht erkennbar. Diese Sonderbeiträge werden von den Parteien erhoben, also von Vereinigungen, die außerhalb des Parlaments in der Gesellschaft angesiedelt sind.366 Obgleich sie über ihre Abgeordneten und die Fraktionen in den Bereich der organisierten Staatlichkeit hineinwirken, sind sie rechtlich deutlich davon abzugrenzen. Die Zahlung des Sonderbeitrages stellt somit offensichtlich keine parlamentarische Handlung des Abgeordneten dar, sondern die Erfüllung von rein privaten satzungsrechtlichen Pflichten. Die Forderung der Leistung seitens der Partei genauso wie die Leistung seitens des Abgeordneten findet ausschließlich im außerparlamentarischen Bereich statt. Der unmittelbare Zweck dieses Vorgangs liegt in der Verbesserung der Finanzausstattung der Partei.367 Abgesehen von dieser isolierten Betrachtung des Zahlungsvorgangs ist ebenfalls nicht ersichtlich, welche weitergehenden mittelbaren Folgen für die Mandatsausübung aus der Erhebung, der Zahlung oder der Nichtzahlung der Mandatsträgerbeiträge resultieren könnten. Die Sonderbeiträge werden von allen Mandatsträgern in gleicher Weise und in gleicher Höhe eingefordert, völlig unabhängig vom parlamentarischen Wirken des einzelnen Abgeordneten. Eine Steuerungswirkung lässt sich auf diesem Wege nicht erzielen. Weiterhin ist kaum vorstellbar, wie die Partei die Zahlung der Beiträge positiv und deren Nichtzahlung negativ mit Auswirkung auf das Mandat sanktionieren könnte. Die Partei kann innerhalb des Parlaments keine Handlungen vornehmen, um die Mandatsausübung der einzelnen Abgeordneten in irgendeiner Form zu beeinflussen. Hierfür müsste sie sich immer der Abgeordneten bedienen, die sich wiederum auf ihre Unabhängigkeit berufen könnten. Ferner wirken sich auch die in den Satzungen geregelten Sanktionen368 im Falle der Nichtzahlung nicht auf die Arbeit des Abgeordneten im Parlament aus.369 Konse364 Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, § 134 Rn. 35; Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 55 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 146; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 365 Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 54 und 86 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 20; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 366 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Verortung der Parteien König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 21 ff. 367 Wie hier Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). 368 Siehe dazu bereits oben unter § 2 A. IV. 2. c). 369 Realiter kommt es wohl selten zu förmlichen Ordnungsmaßnahmen gegen säumige Abgeordnete. Stattdessen gibt es zahlreiche empirische Belege dafür, dass die Parteien mit anderen Mitteln Druck auf die Abgeordneten ausüben. Die Maßnahmen reichen von persönlichen Mahnschreiben über öffentliche Proskriptionslisten, in denen die Abgeordneten an-
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quenzen können sich daraus nur für sein Mitgliedschaftsverhältnis zur Partei ergeben. Sanktionen, die ausschließlich an innerparteiliche Pflichten jenseits der Mandatsausübung im Parlament und in seinen Ausschüssen und Gremien anknüpfen, sind aber vor Art. 38 GG zulässig.370 Es lässt sich somit festhalten, dass die Abgeordneten durch die Verpflichtung zur Zahlung der Mandatsträgerbeiträge nicht in ihrer parlamentarischen Tätigkeit beeinflusst werden. Die Parteien können dementsprechend von den Abgeordneten die Zahlung von Sonderbeiträgen einfordern, ohne die von Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG geschützte Unabhängigkeit der Abgeordneten zu verletzen. Mithin kann bereits kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG festgestellt werden.371 c) Zeitliche Grenzen der Gewährleistung Selbst wenn ein Eingriff in den Schutzbereich festgestellt werden könnte, bewahrte das freie Mandat den Abgeordneten zudem nur davor, sein aktuelles Mandat zu verlieren. Vor innerparteilichen Konsequenzen wäre er dadurch nicht geschützt. Die Gefahr, aufgrund der Nichtzahlung der Beiträge bei zukünftigen Wahlen nicht mehr aufgestellt zu werden oder bei der Verteilung von Ämtern unberücksichtigt zu bleiben372, bestünde beispielsweise fort.373 Dass diese Gefahr den Abgeordneten womöglich dazu zwingt, die Mandatsträgerbeiträge zu entrichten374, entspricht zwar geprangert werden, und die Inregressnahme des jeweiligen Landesverbandes bis hin zur Androhung der Nichtwiederaufstellung zu anstehenden Wahlen. Siehe hierzu nur beispielhaft das Interview mit dem Grünen-Abgeordneten Christian Magerl in SPIEGEL Nr. 27/1995 vom 3. 7. 1995 („Erzwungene Parteispende“) sowie die Berichte über die Grünen-Abgeordneten Petra Kelly, Hubert Kleinert und Oswald Metzger in SPIEGEL Nr. 15/2005 vom 11. 4. 2005 („Geschichten aus dem Schatten“), S. 30 (31 f.) und den SPD-Abgeordneten Otto Schily in FOCUS Nr. 21/2003 vom 19. 5. 2003 („Freiwilliger Zwang“). Mit weiteren Nachweisen auch Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 267. 370 Siehe dazu Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 94. 371 Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (288). Ähnlich Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Launhardt, MIP 1999, 37 (40 f.). 372 Auf diese Gefahren weist insbesondere Hans Herbert von Arnim stetig hin. Siehe von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 121 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071). Ähnlich auch B. Becker, ZParl 1996, 377 (378); Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 290; Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 73; Roth, AöR 129 (2004), 219 (247); Stober, ZRP 1983, 209 (212). Zu empirischen Belegen für die Androhung solcher Maßnahmen vgl. oben Fn. 369. 373 Dies erkennt auch Klatt, ZParl 1976, 61 (64). 374 Dass hier eine Art faktischer Zwang entstehen kann, ist in der Literatur nahezu einhellige Auffassung. Siehe von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 122; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; B. Becker, ZParl 1996, 377 (378); Boyken,
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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nicht dem Bild eines völlig unabhängigen Abgeordneten.375 Jedoch ist diesem Effekt mit der Gewährleistung des freien Mandats nicht beizukommen, weil das freie Mandat nicht für die Laufbahnsicherung eines Berufsabgeordneten konzipiert ist. Diesem Zweck kann es wegen seiner zeitlich begrenzten Wirkung nur im Hinblick auf eine Wahlperiode nutzen.376 Der Festigung eines gewissen Abhängigkeitsverhältnisses zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei bezüglich seines beruflichen Fortkommens vermag es hingegen nicht entgegenzuwirken. Zwar kann der Abgeordnete wegen seines politischen Verhaltens innerhalb oder außerhalb des Parlaments von seiner Partei nicht zur Rechenschaft gezogen werden, indem er abgewählt oder zurückberufen wird. Verfassungsrechtlich realisiert sich die Verantwortung des Abgeordneten vor dem „ganzen Volke“ jedoch über das demokratische Institut des Mandats „auf Zeit“ mit der Konsequenz, dass diejenigen, die ihn als Wahlkreis- oder Listenbewerber nominiert haben, künftig von einer erneuten Aufstellung absehen können.377 Es wäre paradox, wenn ein Abgeordneter, der sich nicht parteiloyal verhält, bei der Kandidatenauswahl gegenüber einem im Parlament loyalen Abgeordneten bevorzugt werden müsste und im Gegensatz zu diesem einen Anspruch auf Wiederaufstellung besäße.378 d) Vereinbarkeit mit dem Abgeordnetenbild Abgesehen von der formalen Betrachtung der Grenzen des Schutzbereiches der Mandatsfreiheit entspricht weder das Bild eines in jeder Hinsicht unabhängigen Honoratioren-Abgeordneten noch das Bild eines Abgeordneten nach der Lehre von Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 290; Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 5; Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 120 f.; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 73; Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 376; Roth, AöR 129 (2004), 219 (247); Rübenkönig, Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, 2003, S. 122 mit Fn. 446; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; Stober, ZRP 1983, 209 (212); Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194. Als „freiwillige funktionsbezogene Mitgliedsbeiträge“ werden sie hingegen regelmäßig von den Parteien bezeichnet. Mangels Nachweisen für die tatsächliche Vollziehung der Nichtwiederaufstellung kritisch auch Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 412 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Ferner Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 375 Nach der Ansicht von Hans Herbert von Arnim wird dadurch der Eindruck erweckt, der Abgeordnete müsse sich der Partei für seine Nominierung finanziell erkenntlich zeigen und der Abgeordnetentypus des „Parteisoldaten“ gefördert, der seiner Partei alles verdanke und sich deshalb von ihr völlig abhängig wisse. Siehe von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 318. 376 Ähnlich Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). 377 H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 20 (Stand der Bearbeitung: August 2002). 378 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 95.
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Gerhard Leibholz379, nach welcher der Nutzen der Mandatsfreiheit lediglich darin besteht, die äußersten Konsequenzen des Parteienstaates abzuwehren, dem Stand der Parlamentarismusentwicklung. Sowohl im Schrifttum380 als auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts381 wird weit überwiegend die Auffassung vertreten, dass sich Mandatsfreiheit und Parteiendemokratie sinnvoll ergänzen. aa) Das Abgeordnetenbild in der Literatur Es ist zwar so, dass Aufträge und Weisungen an Abgeordnete rechtlich unverbindlich sind, dass also ein imperatives Mandat verboten ist. Das gilt auch gegenüber Parteien und Fraktionen.382 Die verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit des Mandats begrenzt so den Einfluss der Parteien auf den Abgeordneten und damit auf das Parlament. Nur durch die Gewährleistung dieser Freiheit wird das Parlament zu selbstständigem politischen Handeln befähigt, ohne dabei auf irgendwelche zwischen Partei-, Parlaments- und Regierungsfunktionen bestehenden Vernetzungen Rücksicht nehmen zu müssen. Das freie Mandat ist deshalb ein Kernstück der parlamentarisch-repräsentativen Demokratie und als solches unverzichtbar. Bewusst bringt die Verfassung den einzelnen Abgeordneten als eine strukturbestimmende 379
Siehe dazu grundlegend Leibholz, Das Wesen der Repräsentation und der Gestaltwandel der Demokratie im 20. Jahrhundert, 3. Aufl., 1966, S. 235 ff.; derselbe, Strukturprobleme der modernen Demokratie, 3. Aufl., 1967, S. 112 ff. 380 Siehe hierzu Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 38, Rn. 34 ff.; Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 100 ff. (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 17 ff.; Hofmann/ Dreier, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 5 Rn. 42; Ipsen, Niedersächsische Verfassung, 2011, Art. 12 Rn. 8 ff.; Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (264); Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 115 ff.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 201 ff. (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); derselbe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 51 Rn. 6; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 144; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 44 ff. (Stand der Bearbeitung: August 2002); derselbe, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., 1994, § 13 Rn. 42 ff.; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 74 und 76; Wefelmeier, Repräsentation und Abgeordnetenmandat, 1991, S. 158 ff. 381 Siehe dazu insbesondere die jüngeren einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts wie etwa BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239 ff.); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (328 ff.), wobei das Bundesverfassungsgericht nach wie vor den Begriff des „Spannungsverhältnisses“ bemüht, um das Verhältnis zwischen der Mandatsfreiheit des Abgeordneten einerseits und seiner politischen Einbindung in Partei und Fraktion andererseits zu beschreiben, und damit Probleme bei der Vereinbarkeit beider Rechte andeutet. 382 Siehe hierzu und zum Folgenden Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 202 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Größe in den Prozess der parlamentarischen Willensbildung ein, um dadurch die Parteien gegen oligarchisierende Tendenzen abzuschirmen und die Offenheit der Willensbildung in Partei und Fraktion zu begünstigen. Die Freiheit seines Mandats befähigt den Abgeordneten zu offener Kommunikation, also zu unvoreingenommener Entgegennahme von Informationen und deren selbstverantwortlicher Verarbeitung.383 Durch seinen selbstständigen verfassungsrechtlichen Status ist der Abgeordnete in die Lage versetzt, in die Willensbildung der Fraktion und Partei eine jedenfalls temporär unangreifbare eigene Position einzubringen, die gegebenenfalls bis zum offenen Dissens im parlamentarischen Verhalten führen kann. Auf diese Weise wird nicht nur eine beliebige Unterdrückung der politischen Meinung des einzelnen Abgeordneten durch die Oligarchie an der Parteispitze gehindert, sondern auch die Offenheit der Willensbildung in Partei und Fraktion ermöglicht und gefördert.384 Das freie Mandat hat demnach keinen Antiparteieneffekt. Es gibt den Parlamentariern aber die rechtliche Möglichkeit eigenständigen Urteilens und Handelns. Die geschützte Position als Abgeordneter fördert damit in Partei und Fraktion das Austragen von Konflikten, die interne Demokratie, und steigert somit die Wahrnehmungsfähigkeit der Volksvertretung für in der Gesellschaft vorhandene Anliegen.385 Das freie Mandat sichert die Erfüllung der Aufgaben des Parlaments, in dem es den Abgeordneten normativ freistellt gegenüber staatlichen, durch Parteien vermittelte oder gesellschaftliche Bindungen, und so eine Mehrheitsbildung und Kompromisssuche ohne Bindung an Vergangenes ermöglicht und damit für die Zukunft offen hält.386 Diese Freiheit gibt der Abgeordnete auf der anderen Seite nicht auf, wenn er sich einer Fraktion anschließt. Fraktionszugehörigkeit, Fraktionssolidarität und Fraktionsloyalität sind die Voraussetzungen dafür, dass der einzelne Abgeordnete im Bundestag überhaupt politische Wirksamkeit entfalten kann.387 Denn das ist nur möglich, wenn er innerhalb der Gruppe, der er sich angeschlossen hat, eine Mehrheit für seine Auffassung gewinnt. Dafür muss er in der Fraktion, die ihm dafür das Forum bietet, zu streiten bereit sein und im Falle seines Unterliegens zumindest zeitweilig auf die Durchsetzung seiner Auffassung verzichten, nicht weil er dazu verpflichtet 383
Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 202 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 102 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008). 385 Morlok, in: Horst Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 144. 386 Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 76. 387 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 203 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Dies erkannte bereits Walther Lambach, Die Herrschaft der Fünfhundert, 1926, S. 11 f. Ein Abgeordneter behalte seine volle Freiheit nur, wenn er ein „Wilder“, d. h. fraktionslos bleibe, dafür verliere er dann aber so ziemlich alle Auswirkungsmöglichkeiten im Parlament und durch das Parlament. Zudem stellte Lambach fest, dass ein ungegliederter Haufen von fünfhundert „Wilden“ ebenso arbeits- und kampfunfähig sein würde, wie ein Haufen von fünfhundert Bewaffneten, die nicht an Zusammenarbeiten und Disziplin gewöhnt seien, aktionsunfähig sei. 384
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wäre, sondern weil er nur auf dieser Basis seine zukünftigen Durchsetzungschancen bewahren kann. Die „Fraktionsdisziplin“ beruht nicht auf einem rechtlichen Zwang. Sie ist vielmehr eine selbstauferlegte, mithin dem Grundsatz des freien Mandats entsprechende Bedingung parlamentarischer Wirksamkeit und damit eigener Aufgabenerfüllung des Abgeordneten. Dieser unterliegt in seiner Fraktion der „Fremdbestimmung“ nur, insofern er sich freiwillig der Mehrheit fügt, an deren Zustandekommen er wie jeder andere teilhat.388 Es kann nicht der Sinn des demokratischen freien Mandats sein, die Unabhängigkeit des Abgeordneten um ihrer selbst willen und als ein in sich selbst wertvolles Ideal zu garantieren.389 Das Parlament könnte dann seine Herrschaftsfunktion als eine Versammlung unabhängiger und sich von Fall zu Fall zusammenfindender Abgeordneter nicht erfüllen. Die durch die Parteizugehörigkeit bestimmte stabile Gruppierung der Abgeordneten in Fraktionen, durch die das Parlament erst „organisiert“ wird, ist eine politische und staatsrechtliche Vorgegebenheit und der unumgängliche Ausgangspunkt für die staatsrechtliche Deutung des freien Mandats, weil damit die Herrschaftsfähigkeit des Parlaments erreicht wird und weil dadurch ein Einfluss des einzelnen Abgeordneten, wie dessen wirksames parlamentarisches Arbeiten überhaupt, erst ermöglicht wird.390 bb) Das Abgeordnetenbild in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Auch das Bundesverfassungsgericht geht nicht mehr391 davon aus, dass sich das freie Mandat des Abgeordneten und sein Eingebundensein in eine Partei gegenseitig ausschließen. Das Gericht hebt auf der einen Seite immer wieder die Bedeutung der Freiheit und Gleichheit des Mandats für die Repräsentationsfähigkeit des Parlaments hervor. Es sieht im freien und gleichen Mandat gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG eine notwendige und zwingende Konsequenz der in Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG verbürgten freien und gleichen Wahl. Denn das Grundgesetz verlangt grundsätzlich, dass jeder Bürger frei und im Rechtssinne vor dem Gesetz gleich ist. Für das Demokratiegebot bedeutet dies, dass jedem Staatsangehörigen, der aufgrund seines Alters und ohne Verlust seines aktiven Wahlrechts wahlberechtigt ist, ein gleicher Anteil an der 388 Siehe zum Ganzen Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 203 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Zum Selbstverständnis der Abgeordneten siehe die Ergebnisse einer Studie zum Amtsverständnis, zur Amtsführung und zur gesellschaftlichen Vernetzung der deutschen Abgeordneten aus dem Jahr 1994 bei Patzelt, ZParl 1998, 323 (336 ff.). 389 Siehe hierzu und zum Folgenden Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 101 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008). 390 Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 101 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008). 391 Zunächst hatte sich das Bundesverfassungsgericht der Lehre von Leibholz angeschlossen. Siehe hierzu vor allem das Urteil zum Verbot der SRP vom 23. 10. 1952 – 1 BvB 1/51, BVerfGE 2, 1 (72 ff.), an welchem Leibholz als Berichterstatter selbst maßgeblich mitgewirkt hatte.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Ausübung der Staatsgewalt zusteht. Die unmittelbare Teilhabe an der Ausübung der Staatsgewalt äußert sich auf Bundesebene, abgesehen von Art. 29 und 146 GG, ausschließlich durch die Wahl der Bundestagsabgeordneten. Aus diesem Grund ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Wahlgleichheit nicht nach dem Wahlakt sogleich wieder verloren geht. Sie muss auf der zweiten Stufe der Entfaltung demokratischer Willensbildung, d. h. im Status der Tätigkeit des Abgeordneten fortwirken. Zu dem Status der Abgeordneten gehört deshalb das in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete Recht auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung.392 Der zweite Satz des Art. 38 Abs. 1 GG zieht mit dem Repräsentationsprinzip deshalb aus den Wahlrechtsgrundsätzen die Konsequenzen für die Ausübung eines in der Gesellschaft verwurzelten, aber innerhalb der Staatsorganisation wahrgenommenen Amtes, des freien Mandats. Die Vorschrift gewährleistet für jeden der nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG gewählten Abgeordneten sowohl die Freiheit in der Ausübung seines Mandats als auch die Gleichheit im Status der Vertreter des ganzen Volkes.393 Jeder Abgeordnete muss sein formal gleiches Mandat in Freiheit als Vertreter des ganzen Volkes wahrnehmen können. Die Gleichheit aller Staatsbürger in der freien Ausübung ihres Wahlrechts findet so im Parlament ihren Ausdruck in dem freien Mandat. Denn nur die rechtlich freie Entscheidung fördert das Denken in Alternativen, öffnet die Aufmerksamkeit für die Vielfalt der Interessen und ermöglicht deren Ausgleich.394 Der Abgeordnete hat mithin einen repräsentativen Status inne, übt sein Mandat in Unabhängigkeit, frei von jeder Bindung an Aufträge und Weisungen, aus und ist nur seinem Gewissen unterworfen.395 Auf der anderen Seite erkennt das Bundesverfassungsgericht die Einordung des Abgeordneten in Partei und Fraktion aber genauso als verfassungsrechtlich notwendig an. Das politische Eingebundensein des Abgeordneten in Partei und Fraktion ist verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt, denn das Grundgesetz weist den Parteien eine besondere Rolle im Prozess der politischen Willensbildung zu (Art. 21 Abs. 1 GG).396 Die von den Abgeordneten einer Partei gebildeten Fraktionen nehmen in diesem Prozess Koordinationsaufgaben wahr, bündeln die Vielfalt der Meinungen zur politischen Stimme, wählen aus und spitzen Themen als politisch entscheidbar 392
BVerfG, Beschl. v. 10. 5. 1977 – 2 BvR 705/75, BVerfGE 44, 308 (316); BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (217 ff.); BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1991 – 2 BvE 1/91, BVerfGE 84, 304 (321 f.); BVerfG, Beschl. v. 17. 9. 1997 – 2 BvE 4/95, BVerfGE 96, 264 (278); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (134). 393 BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (134). 394 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (238 f.). 395 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (314) = NJW 1975, 2331; BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 (341); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (324). 396 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (328).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
zu.397 Diese Aufgaben sind angesichts der Vielzahl und Vielschichtigkeit der im Parlament zu behandelnden Regelungsbedürfnisse für die parlamentarische Arbeit unabdingbar.398 Ohne die Formung des politischen Prozesses durch geeignete freie Organisationen kann eine stabile Demokratie in großen Gemeinschaften nicht gelingen.399 Wenn der einzelne Abgeordnete im Parlament politisch Einfluss von Gewicht ausüben will, wenn er gestalten will, bedarf er der abgestimmten Unterstützung seiner Fraktion.400 Daraus folgende Abhängigkeiten des einzelnen Abgeordneten von Fraktionsbeschlüssen sind im Rahmen funktioneller Differenzierung der Parlamentsarbeit auch mit Blick auf Art. 21 Abs. 1 GG hinzunehmende.401 Eine gewisse Bindekraft der Fraktionen im Verhältnis zum einzelnen Abgeordneten ist in einer repräsentativen Demokratie nicht nur zulässig, sondern notwendig.402 Eine Verpflichtung, die rechtlichen oder tatsächlichen Rahmenbedingungen der Parlamentsarbeit vorrangig auf größtmögliche tatsächliche Unabhängigkeit der Abgeordneten von Partei und Fraktion auszurichten, besteht von Verfassungs wegen nicht.403 Allerdings erfordert die Freiheit des Mandats, dass der Abgeordnete seine Gewissensentscheidung im Konfliktfall auch gegen seine Fraktion behaupten kann und diese so genötigt wird, in ihrem internen Willensbildungsprozess seinen Standpunkt ernst zu nehmen. Daher haben Regelungen vor Art. 38 Abs. 1 GG keinen Bestand, die die Abhängigkeit des Abgeordneten von der politischen Gruppe, der er angehört, übermäßig verstärken. Hierher gehört nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts etwa die systematische Ausdehnung von Funktionszulagen.404
397 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239 f.); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (329). 398 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239 f.); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135). 399 BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (328 f.). 400 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (240); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (329). 401 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (240). 402 BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1959 – 2 BvE 2/58 und 2 BvE 3/58, BVerfGE 10, 4 (14); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (329). 403 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (329 f.). Anderer Ansicht waren insoweit die vier in dieser Entscheidung unterlegenen Richter. Unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG sahen sie seine Funktion vornehmlich in der Gewährleistung der Unabhängigkeit des Abgeordneten von seiner Partei. Siehe BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (344 f.). 404 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (329).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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cc) Konsequenzen für die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge Der Abgeordnete gibt seine Freiheit nicht auf, wenn er seine Partei, der er wegen gleichgerichteter Interessen und Ziele beigetreten ist und die seine Kandidatur getragen hat, über die Dauer des Mandats hinweg weiterhin unterstützt. Er wird dies regelmäßig nicht widerwillig tun, nur um seine Chancen auf weitere Kandidaturen zu wahren, sondern weil er eine Solidarität mit derjenigen Organisation, mit der zusammen allein die Verwirklichung der eigenen politischen Ziele effektiv angestrebt werden kann, als selbstverständlich ansieht.405 Und das Mandat lässt diese Parteilichkeit zu. Es hält sich dem Einfluss der Parteien offen, und es verlangt von seinem Inhaber nicht, sich von der Partei zu lösen, für die er kandidiert hat. Er darf Parteiloyalität im Amt üben.406 Darum will ein Abgeordneter den Weg mit seiner Partei normalerweise nicht nur bis zur Tür des Parlaments gehen und ihr dann den Rücken kehren. Selbst dies ist ihm indessen aufgrund des freien Mandats möglich, und er kann die Unterstützung seiner Partei aufgeben, ohne dass ihm hieraus im Hinblick auf sein Mandat rechtliche Konsequenzen erwachsen.407 Man wird von den Abgeordneten auch ohne spezielle Schutznormen erwarten dürfen, dass sie notfalls die Courage besitzen, sich gegen ihre Partei zu stellen.408 Wenn der Abgeordnete die Mandatsträgerbeiträge für unangemessen hält, kann er diese Ansicht innerparteilich zum Ausdruck bringen und versuchen, eine Mehrheit für seine Haltung zu organisieren. Er kann ohnedies die Zahlung der Beiträge schlicht verweigern. Alle diese Handlungsvarianten eröffnet ihm Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG. Im Übrigen erscheint es aber nicht unangemessen, wenn von denjenigen Parteimitgliedern, die besonders stark von der Arbeit der Partei profitieren, auch besondere Beitragszahlungen für die Partei eingefordert werden.409
405 So auch Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 412 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); derselbe, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. Zustimmend Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. 406 Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (262). 407 Hierauf weist für österreichische Abgeordnete auch hin Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 10. 408 v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65. 409 Ebenso Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 5; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 7; Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
2. Vereinbarkeit mit dem Gebot der angemessenen Entschädigung Im Unterschied zu den allgemeinen Gewährleistungen des freien Mandats betrifft das Gebot der angemessenen Entschädigung speziell die finanzielle Ausstattung des Abgeordneten. Der Abgeordnete soll finanziell so gestellt werden, dass es einer Erschließung von Einkommensmöglichkeiten über die Diäten hinaus nicht bedarf. Dies ist erforderlich, um potentielle Abhängigkeiten des Abgeordneten von anderen Geldquellen zu verhindern, die unbefangenen Entscheidungen des Abgeordneten hinderlich im Wege stehen könnten. Da die Mandatsträgerbeiträge die finanzielle Ausstattung des Abgeordneten faktisch schmälern, erscheint ein Verfassungsverstoß hier von vornherein naheliegender als beim freien Mandat. a) Primäre Gewährleistungen des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG Ein Abgeordneter hat aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG in erster Linie einen Anspruch auf finanzielle Leistungen gegenüber dem Staat. Welchen Maßgaben diese Leistungen im Einzelnen gerecht werden müssen, hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Diätenurteil konkretisiert. aa) Das Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts Wie bereits oben410 ausführlich aufgezeigt wurde, beschrieb das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil411 ein zum damaligen Zeitpunkt neues Bild des Abgeordneten. Die Abgeordneten seien weniger unabhängige, als Einzelpersönlichkeit gewählte Honoratioren-Abgeordnete als vielmehr in die Partei eingebundene Berufsparlamentarier. Der Umfang der Inanspruchnahme durch das Mandat sei so stark gewachsen, dass der Abgeordnete in keinem Fall mit der im Arbeitsleben sonst üblichen Regelarbeitszeit seine Verpflichtungen bewältigen könne.412 Es könne deshalb nicht mehr davon ausgegangen werden, dass ein Abgeordneter für die Zeit seiner Mitgliedschaft im Parlament den wirtschaftlichen Rückhalt für sich und seine Familie aus eigenem Vermögen oder eigenem Einkommen aus beruflicher Tätigkeit erzielen könne.413 Aus der Änderung des Abgeordnetentypus ergab sich für das Bundesverfassungsgericht auch ein Wandel der Funktion der Abgeordnetenentschädigung. Aus einer Entschädigung für einen besonderen, mit dem Mandat verbundenen Aufwand sei eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus der Staatskasse geworden als Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten durch sein zur 410 411 412 413
Siehe unter § 2 B. I. 1. a). BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312) = NJW 1975, 2331.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Hauptbeschäftigung gewordenes Mandat. Aus der Entschädigung des Inhabers eines Ehrenamtes habe sich die Bezahlung für die im Parlament geleistete Tätigkeit entwickelt.414 Während das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil noch eine Entschädigung im Sinne einer Vollalimentation für notwendig erachtete415, nahm es in seiner späteren Rechtsprechung an, dass verfassungsrechtlich keine Pflicht zur dauernden Vollalimentation während der Mandatszeit bestehe. Vielmehr habe der Diätengesetzgeber einen breiten Spielraum bei der Festlegung des Umfangs der Entschädigung.416 Aus dem Wandel der Funktion der Abgeordnetenentschädigung zog das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil folgerichtig auch steuerrechtliche Konsequenzen für die bis dato steuerfreie Entschädigung. Nachdem die Bezüge der Abgeordneten im Wesentlichen den Charakter der Alimentation gewonnen hätten, handele es sich um Einkommen, welches nach Grundsätzen, die für alle gleich sind, der Besteuerung unterworfen werden müsse. Nur die Entschädigung für wirklich entstandenen, sachlich angemessenen, mit dem Mandat verbundenen besonderen Aufwand sei daneben noch echte Aufwandsentschädigung, die auch künftig steuerfrei bleiben könne.417 bb) Anspruch auf eine angemessene Entschädigung In der Verfassungswirklichkeit hat sich aus diesen Maßgaben eine Zweiteilung des Entschädigungsanspruchs aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG entwickelt: das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (AbgG)418 sieht einerseits eine zu versteuernde Entschädigung mit Alimentationscharakter (§ 11 AbgG) und andererseits eine steuerfreie Aufwandsentschädigung im Sinne einer Amtsausstattung (§ 12 AbgG) vor. Die alimentierende Entschädigung stellt dabei keine dauernde Vollalimentation dar, sondern beschränkt sich zeitlich grundsätzlich auf die Dauer der Parlamentszugehörigkeit.419 Im Hinblick auf die Höhe ist dabei zu berücksichtigen, dass die Entschädigung angemessen ist und die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichert, mithin dem Abgeordneten eine ausrei-
414
BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (314) = NJW 1975, 2331. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. 416 BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 (341 f.); BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (236 ff.). Ebenso auch schon das Sondervotum von Seuffert, in: BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 330 (338 f.). 417 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (328) = NJW 1975, 2331. 418 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I 1996, S. 326), zuletzt geändert durch das Neunundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 8. November 2011 (BGBl. I 2011, S. 2218). 419 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 16. 415
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
chende wirtschaftliche Lebensgrundlage bieten muss.420 Die Aufwandsentschädigung muss sachlich angemessen, also bei pauschalierender Bemessung am tatsächlichen Mandatsaufwand des Abgeordneten orientiert sein.421 Sie wird nach § 12 AbgG derzeit als Gesamtkostenpauschale gezahlt. In den Bundesländern ist die einfachgesetzliche Ausgestaltung im Grunde weitgehend identisch.422 Fast überall gibt es die Zweiteilung in eine Grundentschädigung und eine die mandatsbedingten Zusatzkosten abdeckende Aufwandsentschädigung.423 Die meisten Länder haben im Anschluss an das Diätenurteil ebenfalls eine vollalimentierende Entschädigung eingeführt. Eine Ausnahme bilden hier – wie oben424 ausgeführt – nur die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, deren Volksvertretungen sich als Teilzeitparlamente verstehen und demgemäß nur eine Teilalimentation an die Volksvertreter leisten. Dennoch muss die Entschädigung auch hier angemessen sein und die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichern, soweit er durch das Mandat in Anspruch genommen wird. Im Detail anders als im Bund sind freilich vielfach die Regelungen zur Aufwandsentschädigung.425 Der mandatsbedingte Aufwand wird in den Ländern oftmals nur in Teilen pauschaliert und im Übrigen gegen Nachweis abgegolten. Manchmal findet darüber hinaus eine Staffelung der Höhe statt, je nach Entfernung des Wohnsitzes des Abgeordneten zum Sitz des Landtages. Der Anspruch auf diese Leistungen besteht jeweils zwischen dem Abgeordneten und dem Staat. Der Abgeordnete hat einen gegen den Staat gerichteten Leistungsanspruch, nach welchem der Anspruchsgegner für die angemessene Versorgung des Anspruchsinhabers einstehen muss. Auf das Verhältnis zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei hat dies grundsätzlich keinerlei Auswirkungen, da der Anspruch auf das Innenverhältnis zwischen dem Abgeordneten und dem Staat abzielt. Ein Verbot 420 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 18. Zu den Konsequenzen, die sich aus der Finanzierung eines vollen Lebensunterhalts für die Pflichten des Abgeordneten ergeben siehe BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (325 f.). Kritisch dagegen die vier in dieser Entscheidung unterlegenen Richter. Dazu BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (344). 421 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 24. 422 Siehe Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 11 Rn. 102 sowie § 12 Rn. 91. 423 In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wurde die Zweiteilung vor einigen Jahren insoweit aufgegeben, als nun keine Pauschale für allgemeine mandatsbedingte Kosten mehr geleistet wird. Die Amtsausstattung ist stattdessen grundsätzlich auf Sachleistungen beschränkt. Lediglich die Kosten für die Mitarbeiter der Abgeordneten und für Dienstreisen werden gegen Nachweis oder – im Hinblick auf die Mitarbeiter in Nordrhein-Westfalen – pauschal erstattet. Im Gegenzug wurde die zu versteuernde Abgeordnetenentschädigung deutlich erhöht. Siehe hierzu im Einzelnen §§ 5 ff. NWAbgG bzw. §§ 6 ff. SHAbgG. Zum Sinn und Zweck dieser Gesetzesänderungen siehe für Nordrhein-Westfalen die Gesetzesbegründung auf LT-Drucks. 13/6596, S. 1 und 38 und für Schleswig-Holstein den StenBer. über die erste Lesung im Rahmen der 29. Sitzung des 16. schleswig-holsteinischen Landtages vom 4. 5. 2006, PlPr. 16/29, S. 2052 ff. 424 Siehe dazu bereits oben unter § 2 B. II. 2. b). 425 Siehe hierzu und zum Folgenden nur Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 91 ff.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen kann somit unmittelbar aus dem verfassungsrechtlichen Entschädigungsanspruch nicht hergeleitet werden.426 cc) Verbot der Einrechnung in die Diäten Allerdings kann Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG entnommen werden, dass Mandatsträgerbeiträge bei der Bemessung der Diäten nicht berücksichtigt werden dürfen. Im Diätenurteil betonte das Bundesverfassungsgericht, dass die Entschädigung allein die wirtschaftliche Absicherung des Abgeordneten und seiner Familie gewährleisten solle und nicht etwa die Unterstützung seiner Partei oder Fraktion.427 In der Literatur428 wird verbreitet angenommen, dass diese Maßgabe bei der Diätenbemessung nicht beachtet wird. Wenn die Abgeordneten über die Höhe der Diäten befänden und dabei in eigener Sache entschieden, würden diese Beiträge insgeheim mit eingerechnet. Diese Vermutung mag nahe liegen, zumal die Höhe der Mandatsträgerbeiträge nach den Statuten429 der Parteien mitunter anhand eines prozentualen Anteils der Grundentschädigung berechnet wird. Es ist jedoch nicht möglich, diese Annahme zweifelsfrei zu verifizieren.430 Aus theoretischer Sicht spricht bereits dagegen, dass
426 427
2331.
Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289). BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (315 f.) = NJW 1975,
428 Siehe von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); derselbe, ZRP 2007, 223 (224); von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat, 2. Aufl., 1995, S. 173; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 114; Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 99 und 278; dieselbe, in: Dimitris Th. Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 61 (62); Lediger, Die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten, 2001, S. 62; Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255 f.; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 72 f.; Schleth, Parteifinanzen, 1973, S. 153; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (427). Zumindest Indizien hierfür sehen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 48 Rn. 27; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194; Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 46. 429 Vgl. hierzu etwa die Regelungen betreffend die Mandatsträgerbeiträge der Grünen oder der CDU in Niedersachsen. Dazu bereits oben unter § 2 A. II. 5. bzw. § 2 A. IV. 2. b) aa). 430 Ebenso kritisch hinsichtlich dieser Vermutung Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 7; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). Letztlich wohl auch Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 46 mit Fn. 116. Mit Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien von der Nicht-Berücksichtigung ausgehend bereits Henkel, DÖV 1977, 350 (354).
120
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
die Höhe der Mandatsträgerbeiträge zwischen den Parteien sehr stark schwankt.431 Die Beiträge könnten demnach gar nicht einheitlich parteiübergreifend in die Berechnung mit aufgenommen werden.432 Vor allem aber ergeben sich aus der parlamentarischen Praxis schlichtweg keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abgeordneten bei der Festlegung der Diäten gerade diese Beiträge in ihre Erwägungen mit einbeziehen. Der Nachweis könnte an dieser Stelle schon deshalb schwerfallen, weil das Bundesverfassungsgericht433 dem Gesetzgeber bei der Bemessung der Diäten einen weiten Gestaltungsspielraum eingeräumt hat.434 Dennoch hat sich der zuständige Gesetzgeber auf Bundesebene und auf Länderebene bei der Berechnung der Entschädigung von Beginn an um Transparenz bemüht435, weswegen eine evidente Falschberechnung ins Auge fallen müsste. (1) Bemessung der Diäten auf Bundesebene Bei der Bemessung der Höhe der Grundentschädigung hat der Bundestag im Jahre 1977 maßgeblich auf das monatliche Durchschnittsgehalt eines kommunalen Wahlbeamten auf Zeit abgestellt, der in einer Gebietseinheit mit einer einem Bundestagswahlkreis entsprechenden Bevölkerungszahl von 250.000 Einwohnern tätig ist. Er begründete diesen Bezugspunkt mit der vergleichbaren Verantwortung und Belastung dieser Mandatsträger.436 Genau dieser Orientierungsmaßstab wurde denn auch im Jahre 1995 ausdrücklich in das Abgeordnetengesetz aufgenommen.437 Nach 431
Siehe zur Höhe der Mandatsträgerbeiträge der Bundestagsabgeordneten im Einzelnen bereits oben unter § 2 A. II. 2. und zur Höhe dieser Beiträge der Landtagsabgeordneten unter § 2 A. II. 4. 432 So auch Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321). 433 BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 (341 f.); BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (236 ff.). Ebenso auch schon das Sondervotum von Seuffert, in: BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 330 (338 f.). 434 So Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). 435 Zu einer transparenten Diätengesetzgebung war der Gesetzgeber ebenfalls durch das Diätenurteil verpflichtet worden. Siehe BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (317 f. und 327) = NJW 1975, 2331. Siehe hierzu auch Hagebölling, Niedersächsische Verfassung, 2. Aufl., 2011, S. 91. 436 Die Grundentschädigung wurde mit Wirkung vom 1. April 1977 auf 7.500 DM festgelegt durch § 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. I 1977, S. 297). Vgl. zu den Erwägungen die zur Festsetzung dieses Betrages führten die zur Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drucks. 7/5525) veröffentlichten Materialien auf BT-Drucks. 7/5531, S. 4 ff. sowie Bericht und Antrag des 2. Sonderausschusses auf BT-Drucks. 7/5903, S. 6. Siehe ferner den Vorschlag des Beirates für Entschädigungsfragen aus dem Jahre 1976 auf BT-Drucks. 7/5531, S. 36 und 40 ff., von dem der Gesetzgeber betragsmäßig nur um 500 DM nach oben abwich, da er den Vorschlag für leicht überholt erachtete und die Höhe der Entschädigung bis 1978 unverändert bleiben sollte. Siehe dazu nochmals BT-Drucks. 7/5903, S. 12. 437 Die Gesetzesänderung erfolgte durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten vom 15. Dezember 1995 (BGBl. 1995, S. 1718).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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§ 11 Abs. 1 S. 1 AbgG orientiert sich die Abgeordnetenentschädigung nunmehr an den Monatsbezügen eines kommunalen Wahlbeamten auf Zeit in der Besoldungsgruppe B 6. Da sich kommunale Wahlbeamte nach Stellung und Funktion von einem Abgeordneten unterscheiden438, schrieb der Gesetzgeber als zusätzliche Orientierungsgröße das Einkommen eines Richters bei einem obersten Gerichtshof des Bundes (Besoldungsgruppe R 6) ins Gesetz, weil die Richter bei der Ausübung ihres Amtes ähnlich wie die Abgeordneten unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind439. Beide Besoldungsgruppen sind in der Regel ungefähr gleich hoch, sodass sich daraus keine praktischen Konsequenzen ergaben. Die Grundentschädigung wurde in gewissen Zeitabständen angepasst, wobei man die Orientierungsgrößen nie erreichte und zum Teil sogar für einige Zeit auf eine Anpassung verzichtete.440 Teilweise wurden die Anpassungen flankiert durch Ratschläge von Sachverständigenkommissionen, die sich im Vorfeld mit der Frage der Angemessenheit der Diäten befasst hatten.441 Bei der Berechnung der pauschalierten Aufwandsentschädigung berücksichtigte der Gesetzgeber im Jahre 1977 die Aufwendungen, die einem Abgeordneten typischerweise entstehen. Er veranschlagte für die einzelnen, im Gesetz aufgeführten Aufwendungsposten jeweils einen monatlichen Betrag und fasste die Einzelbeträge zu einer Gesamtpauschale zusammen.442 Die Mandatsträgerbeiträge nahm er dabei 438 Dieser Gesichtspunkt wurde an der ursprünglichen Gesetzesbegründung moniert durch von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, 1976, S. 24 ff.; Henkel, DÖV 1977, 350 (351). 439 Siehe dazu die Gesetzesbegründung auf BT-Drucks. 13/3121, S. 1 f. und 8. 440 Siehe zu diesem Aspekt nochmals BT-Drucks. 13/3121, S. 1 sowie den Gesetzentwurf zur jüngsten Diätenanpassung (mit Wirkung vom 1. Januar 2012) auf BT-Drucks. 17/6291, S. 2, 7 und 11. Die Steigerung der Diäten im Zeitraum vom 1. 4. 1977 bis 1. 7. 1997 lässt sich ablesen aus der Tabelle bei Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3216. Die Steigerung im Zeitraum vom 1. 7. 1997 bis 31. 3. 2003 ergibt sich aus der Tabelle bei Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, 2005, S. 731 mit Fn. 2. In dem gesamten Zeitraum vom 1. 4. 1977 bis zum 31. 3. 2003 wurden die Diäten 18-mal erhöht, und zwar im Schnitt um ca. 3,42 Prozent. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von etwa 2,37 Prozent. 441 Siehe dazu etwa den Abschlussbericht des Sachverständigenrats aus dem Jahre 1990 auf BT-Drucks. 11/7398 sowie den Bericht der sog. Kissel-Kommission aus dem Jahre 1993 auf BT-Drucks. 12/5020. 442 Siehe hierzu die zur Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drucks. 7/5525) veröffentlichten Materialien auf BT-Drucks. 7/5531, S. 22. Daraus ergeben sich folgende Einzelansätze: Unterhaltung eines eingerichteten Büros im Wahlkreis – Miete, Heizung, Beleuchtung, Reinigung 450 DM – Porti 150 DM Telefonkosten im Wahlkreis 250 DM Büromaterial in Bonn und im Wahlkreis 100 DM Fachliteratur, Zeitungen, Zeitschriften 150 DM
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
explizit aus.443 In den Folgejahren bestätigte der Gesetzgeber die von ihm 1977 gewählten Einzelposten mehrfach dadurch, dass er sie bei Anpassungen der Kostenpauschale erneut zugrunde legte.444 Die Kostenpauschale wurde im Zuge der Anpassungen regelmäßig erhöht445, wobei man sich dabei zwar grob an den SteiSonstige Kosten – Veranstaltungen, Einladungen, Glückwünsche, Zeitungsanzeigen, Repräsentationsausgaben 350 DM Unterhaltung einer Zweit-Wohnung in Bonn 600 DM Verpflegung bei Abwesenheit vom Wohnsitz infolge des Mandats an 280 Tagen je 30 DM = 700 DM Übernachtungen bei Mandatsreisen, die nicht als Dienstreisen abgerechnet werden = monatlich 200 DM a) Fahrten im eigenen PKW 30.000 km jährlich á 0,54 DM = monatlich 1.350 DM b) Mietwagen- bzw. Fahrerkosten 200 DM oder alternativ zu den letzten beiden Posten: a) Fahrten im eigenen PKW 18.000 km jährlich á 0,665 DM = monatlich 1.000 DM b) Mietwagen- bzw. Fahrerkosten 550 DM Der in den Beratungen federführende 2. Sonderausschuss fasste auf Anregung des mitberatenden Finanzausschusses die im Entwurf vorgesehenen Einzelpauschalen zu einer Gesamtpauschale in Höhe von 4.500 DM zusammen, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die von dem Pauschalbetrag erfassten Aufwendungen bei den einzelnen Abgeordneten in unterschiedlicher Zusammensetzung anfallen. Siehe dazu Bericht und Antrag des 2. Sonderausschusses auf BT-Drucks. 7/5903, S. 12. Schließlich wurde die Gesamtpauschale auf 4.500 DM festgelegt durch § 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. I 1977, S. 297). Joachim Henkel hält die Berechnungsgrundlage aufgrund der Zusammenstreichung der Einzelpauschalen zu einer Gesamtpauschale für nicht mehr nachvollziehbar. Siehe Henkel, DÖV 1977, 350 (354). 443 Siehe dazu die zur Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drucks. 7/5525) veröffentlichten Materialien auf BT-Drucks. 7/5531, S. 5 sowie Bericht und Antrag des 2. Sonderausschusses auf BT-Drucks. 7/5903, S. 12. 444 Vgl. dazu insbesondere die Berichte über die Angemessenheit der Entschädigung, die der Bundestagspräsident dem Bundestag bis 1995 gemäß § 30 AbgG einmal jährlich zu erstatten hatte und die durchgängig die Vorlage für die nachfolgende Anpassung der Kostenpauschale bildeten. Darin werden die Einzelansätze von 1977 immer wieder aufgeführt und mit modifizierten Zahlen versehen. So etwa auf BT-Drucks. 10/464, S. 7 (daran anknüpfend auch im Bericht des federführenden Ausschusses im Gesetzgebungsverfahren auf BT-Drucks. 10/615, S. 9), BT-Drucks. 11/7318, S. 6 oder BT-Drucks. 12/8459, S. 24. Eine Gegenüberstellung der Empfehlungen des Bundestagspräsidenten und der anschließend umgesetzten Anpassungen findet sich bei Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3217 ff. 445 Zur Entwicklung der Kostenpauschale im Zeitraum vom 1. 4. 1977 bis 1. 7. 1997 siehe die Tabelle bei Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3216 und zur Entwicklung im Zeitraum vom 1. 7. 1997 bis 31. 3. 2003 siehe die Tabelle bei Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, 2005, S. 731 mit Fn. 2. In dem gesamten Zeitraum vom 1. 4. 1977 bis zum 31. 3. 2003 wurde die Pauschale 18-mal erhöht, und zwar im Schnitt um ca. 2,37 Prozent. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate von etwa 1,64 Prozent.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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gerungen der Lebenshaltungskosten orientierte, aber im Ergebnis mitunter deutlich hinter den realen Steigerungsraten zurückblieb446. Hierdurch wurden die ehemals zugrunde gelegten Einzelansätze de facto nach unten korrigiert. Im Jahre 1995 wurde sodann die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungsausgaben aller Privathaushalte als Anpassungsmaßstab ebenfalls in das Abgeordnetengesetz integriert (§ 12 Abs. 2 S. 2 AbgG).447 (2) Bemessung der Diäten auf Landesebene In den Bundesländern entsprechen die Entschädigungsregelungen in ihrer Grundsystematik dem Bundesrecht.448 Die Orientierung der Grundentschädigung an einer bestimmten Landesbesoldungsstufe ist jedoch nur in wenigen Abgeordnetengesetzen verankert.449 Im Übrigen bedienen sich die Parlamente hierbei den Ratschlägen von zu diesem Zwecke eingesetzten Sachverständigenkommissionen.450 Die Anpassung der Grundentschädigung erfolgt inzwischen in einer Vielzahl der Länder auf Basis eines gesetzlich festgelegten Index, der sich aus gewichteten Anteilen verschiedener Indizes zur Einkommensentwicklung zusammensetzt.451 Die 446
Siehe dazu beispielsweise das parlamentarische Verfahren, welches zur ersten Erhöhung der Kostenpauschale im Jahre 1983 um 200 DM führte. Diese Steigerung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Europaabgeordnetengesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I 1983, S. 1513) geht zurück auf die Beschlussempfehlung des in den Gesetzesberatungen federführenden Ausschusses, der in seinem Bericht (BT-Drucks. 10/615, S. 6 ff.) die Indexwerte des Statistischen Bundesamtes für die Preise der Lebenshaltungskosten und der Einzelhandelspreise zum Vergleich heranzog (+ 35,2 Prozent seit 1976) und trotzdem eine deutlich niedrigere Anpassung der Kostenpauschale empfahl (+ 4,4 Prozent). Auch bei der letzten Anpassung vor Einführung des Steigerungsmaßstabs in das AbgG im Jahre 1995 blieb der Gesetzgeber hinter der wirklichen Steigerung der Lebenshaltungskosten zurück. Siehe hierzu näher Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 14. Zum Vergleich der Steigerung der Kostenpauschale auf der einen und der Lebenshaltungskosten auf der anderen Seite siehe ferner BT-Drucks. 11/7318, S. 6 sowie BT-Drucks. 12/8459, S. 24 ff. 447 Die Änderung erfolgte wiederum durch Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsstellung der Abgeordneten vom 15. Dezember 1995 (BGBl. 1995, S. 1718). 448 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 11 Rn. 102 sowie § 12 Rn. 91. Zu den strukturellen Besonderheiten der Entschädigungen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein siehe bereits oben in Fn. 423. 449 Siehe § 6 Abs. 3 BerlAbgG; § 6 Abs. 1 MVAbgG; § 5 Abs. 1 SächsAbgG. 450 Vgl. etwa den Bericht einer Diätenkommission der Bremischen Bürgerschaft auf LTDrucks. 17/1343, S. 3 ff., den Bericht einer Diätenkommission der Hamburgischen Bürgerschaft auf LT-Drucks. 19/446, S. 2 ff. oder den Bericht einer Diätenkommission des sachsenanhaltischen Landtages auf LT-Drucks. 5/675, S. 11 ff. 451 Vgl. § 5 Abs. 3 BWAbgG; Art. 5 Abs. 3 BayAbgG; § 6 Abs. 4 BerlAbgG (gilt ab der 17. Wahlperiode); § 5 Abs. 3 BbgAbgG; § 5 Abs. 3 HessAbgG; § 6 Abs. 4 NdsAbgG (erstmalig am 1. Juli 2012); § 15 Abs. 2 NWAbgG; § 28 Abs. 1 SHAbgG; § 26 Abs. 1 und 3 THAbgG. Kombiniert wird diese Indexierung zumeist mit dem System der sog. „Staffeldiät“. Danach beschließt das Parlament nur ein einziges Mal während der Wahlperiode über die Diätenanpassungen einer gesamten Wahlperiode und legt dabei einen Zeitpunkt im Jahr fest, zu dem die Anpassung nach dem Index jeweils erfolgen soll. In Thüringen, wo die Indexierung der Entschädigung sogar verfassungsrechtlich verankert ist (Art. 54 Abs. 2 THVerf), kann sogar auf
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Regelungen zur Amtsausstattung sind auf Landesebene weithin detaillierter als das Abgeordnetengesetz des Bundes. Eine nachweisfreie Gesamtpauschale zur Abdeckung des Aufwandes außerhalb des Parlamentssitzes gibt es sonst nur noch in Bayern.452 In den übrigen Bundesländern wird hingegen lediglich eine geringe allgemeine Pauschale zur Abdeckung von Unkosten geleistet.453 Die übrigen Aufwendungen werden manchmal pauschaliert, vielfach aber auch nur gegen Nachweis, teilweise je nach Entfernung des Wohnsitzes zum Sitz des Landtages gestaffelt und oft nur bis zu einem festgelegten Limit erstattet. Die Anpassung der Gesamtpauschale in Bayern bzw. der Teilpauschalen in den übrigen Ländern orientiert sich genauso wie im Bund an dem Index der Lebenshaltungskosten oder vergleichbaren bzw. spezielleren Indizes.454 (3) Keine Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung der Sonderbeiträge Obgleich die Berechnungsmaßstäbe und die Anpassungsverfahren im Einzelnen kritisiert werden können455, so kann den Gesetzgebern zumindest nicht vorgehalten werden, dass ihre Vorgehensweise nicht transparent456 wäre und dass sich hier die diesen einmaligen Parlamentsbeschluss verzichtet werden. Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Bestimmung siehe THVerfGH, Urt. v. 16. 12. 1998 – VerfGH 20/95, NVwZ-RR 1999, 282 (284 f.); Linck, ZParl 1995, 372 (376 ff.). Zu entsprechenden Reformvorhaben auf Bundesebene siehe ausführlich von Arnim, NJW 1996, 1233 ff.; Linck, ZParl 1995, 683 ff.; Wiefelspütz, ZParl 2001, 765 ff. 452 Siehe Art. 6 Abs. 2 BayAbgG. 453 Siehe hierzu und zum Folgenden Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 92 f. 454 Vgl. § 6 Abs. 2a BWAbgG; Art. 6 Abs. 2 S. 3 BayAbgG; § 7 Abs. 5 BerlAbgG; § 6 Abs. 5 BbgAbgG; § 6 Abs. 1 Nr. 5 HessAbgG; § 28 Abs. 2 MVAbgG; § 6 Abs. 4 NWAbgG; § 6 Abs. 2 SächsAbgG; § 28 Abs. 1 SHAbgG; § 26 Abs. 2 und 3 THAbgG. 455 Siehe zur Kritik an der Orientierung der Grundentschädigung an der Beamtenbesoldung von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn. 93 (Stand der Bearbeitung: März 1980); derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 224 und 332 ff.; Hoven, ZParl 2008, 233 (243); Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 27 mit Fn. 61; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 48 Rn. 33. Siehe zur Kritik an der (Teil-)Pauschalierung der Aufwandsentschädigung von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn. 181 (Stand der Bearbeitung: März 1980); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 93; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 284 ff.; Hoven, ZParl 2008, 233 (239 f.); Hans Meyer, KritV 1995, 216 (249 f.). Alternativmodelle zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung diskutiert ausführlich v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 273 ff. 456 Die Forderungen nach mehr Transparenz sind freilich nach oben offen. Insbesondere wegen des Umstands, dass das Parlament bei den Entschädigungsregelungen „in eigener Sache“ entscheidet, fordert noch mehr Transparenz von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, 1976, S. 41; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn. 88 ff. (Stand der Bearbeitung: März 1980); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 28 ff.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 378 ff. Die Kontrollmöglichkeit der parlamentarischen Entscheidungsfindung durch die Öffentlichkeit und das Bundesverfassungsgericht betonte sehr
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Abgeordneten insgeheim willkürlich selbst bedienten. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, an welcher Stelle genau die Mandatsträgerbeiträge unterschwellig in die Berechnungen einbezogen worden sein sollen.457 Die unzulässige Unterbringung nicht anrechenbarer Kosten fällt umso schwerer, je mehr die Grundentschädigung an äußeren Faktoren, wie z. B. die Besoldung und deren Steigerung, gebunden ist und je weniger die Aufwandsentschädigung nachweisfrei und pauschaliert ist. Am anfälligsten für Missbräuche erscheint vor diesem Hintergrund die nachweisfreie Gesamtpauschale für die Bundestagsabgeordneten. Eine Schwäche dieser Pauschale ist sicherlich, dass die Grundlage der ursprünglichen Schätzung der Einzelansätze im Jahre 1977 nicht erkennbar ist. Eine entscheidende Rolle wird in diesem Zusammenhang der Bericht des Beirates für Entschädigungsfragen aus dem Vorjahr gespielt haben, der den Materialen zur Begründung des Gesetzentwurfes als Anhang beigefügt ist.458 Darin veranschlagte der Beirat ganz ähnliche Einzelansätze, die er auf plausible Berichte erfahrener Abgeordneter sowie an eigene Vorstellungen der Angemessenheit stützte und an Gesichtspunkte anknüpfte, die bereits vor dem Diätenurteil die Pauschalbeträge bestimmt hatten.459 Die Mandatsträgerbeiträge hatte auch er ausdrücklich unberücksichtigt gelassen.460 Der Beirat betonte jedoch zugleich, dass seine Empfehlung nur als vorläufige gelten solle, weil er sich mangels halbwegs verlässlicher Informationen über die tatsächliche Höhe der durchschnittlichen mandatsbedingten Aufwendungen außerstande sehe, einen den Maßgaben des Diätenurteils entsprechenden, endgültigen Vorschlag hinsichtlich der Erstattung der mandatsbedingten Aufwendungen zu unterbreiten.461 Es lässt sich nur erahnen, dass der im Nachgang dieses Berichts angefertigte, fraktionsübergreifende Gesetzentwurf auf verlässlicheren stark bereits Häberle, NJW 1976, 537 (540 und 542). Der Transparenz abträglich ist sicherlich, dass die Höhe der Kostenpauschale seit 1996 nicht mehr im AbgG beziffert wird, sondern nur im Haushaltsgesetz ausgewiesen wird (§ 12 Abs. 2 S. 3 AbgG), zumal sich daraus auch nur die jährliche Gesamtsumme der für die Kostenpauschale aufgewendeten Mittel ergibt (vgl. etwa Bundeshaushaltsplan 2011, Einzelplan 02, S. 6, Titel 41102-011). So auch Hoven, ZParl 2008, 233 (240 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn. 191 (Stand der Bearbeitung: Juni 1998); Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 48 Rn. 34. 457 Dies können ebenfalls nicht erkennen Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 7; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 458 Der Bericht des Beirats befindet sich auf BT-Drucks. 7/5531, S. 32 ff. 459 Der Beirat empfahl letztlich, die Kostenpauschale auf mindestens 3.400 DM und höchstens 4.000 DM festzusetzen. Bei zwei Kostenkomponenten sollte dabei eine Staffelung erfolgen, und zwar bei den Kosten für ein Büro im Wahlkreis in Abhängigkeit, ob ein eigenes Büro außerhalb der Wohnung unterhalten wird, sowie bei den mandatsbedingten Wohnungsmehrkosten in Abhängigkeit davon, ob eine zusätzliche Wohnung unterhalten werden muss. Siehe zu den diesbezüglichen Erwägungen des Beirats im Einzelnen ebenda, S. 43 ff., und zu seiner die Einzelansätze beinhaltenden Modellrechnung ebenda, S. 47. 460 Siehe ebenda, S. 36 und 46 ff. 461 Siehe ebenda, S. 46.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Angaben der Abgeordneten basierte.462 Ansonsten wäre die Berechnungsgrundlage für die Gesamtkostenpauschale unter dem Strich nicht hinreichend empirisch abgesichert.463 Dass an dieser Stelle ausgerechnet die Mandatsträgerbeiträge unzulässigerweise in die Berechnungen mit eingeflossen sind, dürfte dennoch sehr unwahrscheinlich sein. Die veranschlagten Beträge sind nicht so abwegig, als dass sie eine versteckte Berücksichtigung von Mandatsträger- und Fraktionsbeiträgen in einer Höhe von damals immerhin bis zu 1.500 DM464 im Monat zuließen. Zum anderen beinhaltete die Behauptung der insgeheimen Berücksichtigung an diesem Punkt zugleich den schweren Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung der Öffentlichkeit. Man unterstellte dem Gesetzgeber nämlich, dass er die Mandatsbeiträge berücksichtigt hat, obwohl er mehrfach betont und in den Parlamentsdokumenten465 schriftlich niedergelegt hat, dass er eben gerade dies nicht getan hat.466 Ohne tatsächliche Anhaltspunkte ist diese These nicht haltbar. Mangels entsprechender empirischer Belege muss somit davon ausgegangen werden, dass die Abgeordneten sich bei der Bemessung der Diäten an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts467 aus dem Diätenurteil halten, nach denen die Diäten einer Mitfinanzierung der Partei oder Fraktion nicht zu dienen haben.468 (4) Konsequenzen im Falle des Nachweises der Einrechnung Sollte sich die Einrechnung der Mandatsträgerbeiträge in die Diäten wider Erwarten doch nachweisen lassen, würde hieraus im Übrigen kein Verbot der Mandatsträgerbeiträge erwachsen. Verfassungswidrig wäre dann allein die Bemessung 462
Mangels Offenlegung derartiger Angaben geht hiervon nicht aus von Arnim, Reform der Abgeordnetenentschädigung, 1976, S. 39 ff. Inwiefern sein Vorschlag, die Daten ggf. durch Befragung einer repräsentativen Auswahl der Bundestagsabgeordneten zu erheben, zu anderen und vor allem verlässlicheren Ergebnissen führen sollte als ein fraktionsübergreifender Gesetzentwurf, bleibt freilich unklar. 463 So lautet noch aus heutiger Sicht die Kritik an der Kostenpauschale von Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn. 191 (Stand der Bearbeitung: Juni 1998); Trute, in: von Münch/ Kunig (Hrsg.), Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 48 Rn. 34. Für den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend halten die Bemessungsgrundlage hingegen Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 12 ff. 464 Siehe zur Gesamthöhe der Sonderbeiträge eines Bundestagsabgeordneten an Partei und Fraktion Mitte der 1970er Jahre bereits oben in Fn. 85. 465 Siehe nochmals BT-Drucks. 7/5531, S. 5, 36, 46 ff. sowie BT-Drucks. 7/5903, S. 12. 466 Auf diese schriftlich dokumentierte Tatsache weisen ebenfalls hin Braun/Jantsch/ Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 13. 467 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. 468 Auf einem ganz anderen Blatt steht die Frage, ob die Abgeordneten die Pauschale realiter nur für den mandatsbedingten Aufwand einsetzen oder daraus doch auch ihre Parteien und Fraktionen bedienen. Vereinzelte Belege für letzteres liefert etwa Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (430 ff.). Dies ist jedoch keine Frage der Diätenbemessung, sondern der Verfügungsfreiheit der Abgeordneten. Siehe dazu sogleich unten unter § 2 B. III. 2. b) bb) (1).
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der Diäten.469 Insoweit richtet sich Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG ausschließlich an den Staat bzw. genauer an den Diätengesetzgeber. Die Parteien könnten aus dieser verfassungsrechtlichen Warte trotzdem solche Beiträge erheben, und die Abgeordneten könnten die Beiträge weiterhin leisten.470 Etwas anderes gälte nur dann, wenn eine weitergehende Schutzwirkung des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zugunsten des Vermögens des Abgeordneten festgestellt werden könnte. b) Erweiterung des Schutzbereichs Eine Ausweitung des Schutzbereichs über den rein monetären Leistungsanspruch hinaus könnte damit begründet werden, dass der gegen den Staat gerichtete Anspruch für sich genommen nicht ausreicht, um den Schutzzweck des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zu erreichen. Die finanzielle Unabhängigkeit des Abgeordneten ist nur dann vollständig garantiert, wenn entweder die Einnahmeseite des Abgeordneten seinen individuellen Bedürfnissen angepasst wird oder auf der Ausgabeseite diejenigen Verfügungen ausgeschlossen werden, die den unabhängigkeitssichernden Zweck der Entschädigung gefährden könnten. aa) Sinn und Zweck des Entschädigungsanspruchs Der verfassungsrechtliche Entschädigungsanspruch soll die Unabhängigkeit des Abgeordneten und damit seine Entschließungsfreiheit sichern, und zwar sowohl im Verhältnis zur öffentlichen Gewalt als auch gegenüber gesellschaftlichen Machtgruppen oder gegenüber der eigenen Partei und seiner Fraktion.471 Die der Bedeutung des Amtes angemessene Entschädigung soll dem Abgeordneten ermöglichen, als Vertreter des ganzen Volkes frei von wirtschaftlichen Zwängen zu wirken.472 Der Abgeordnete soll in die Lage versetzt werden, bei allen seinen politischen Entscheidungen seine eigenen wirtschaftlichen Partialinteressen außer Acht zu lassen und somit die sich aus seinem repräsentativen verfassungsrechtlichen Status ergebenden Rechte und Pflichten in wirtschaftlicher Freiheit wahrzunehmen.473 Es geht 469
Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). Zu einer Verletzung des Gebots der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien durch die potentielle Einrechnung der Mandatsträgerbeiträge in die Diäten siehe sogleich unten unter § 2 B. III. 3. b) cc). 471 BVerfG, Urt. v. 16. 3. 1955 – 2 BvK 1/54, BVerfGE 4, 144 (150); BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (103); BVerfG, Beschl. v. 21. 10. 1971 – 2 BvR 367/69, BVerfGE 32, 157 (163 f.); BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (310 ff.); BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239 f.); BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (328); Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 15; Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 17; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 48 Rn. 21. 472 BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (239). 473 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 15; Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 17. 470
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also darum, weitestgehend auszuschließen, dass wirtschaftliche Abhängigkeiten der Bewerbung um ein Mandat und der unabhängigen Ausübung desselben hinderlich im Wege stehen.474 Die Vorschrift soll die durch das passive Wahlrecht garantierte Freiheit der Kandidatur auch faktisch, und zwar für alle Wahlberechtigten, wirksam werden lassen. Ebenso verfolgt sie das Ziel, eine freie Ausübung des Mandats in Unabhängigkeit zu ermöglichen.475 Aus dieser die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichernden Ratio des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG wird in der Literatur476 teilweise ein Verbot der Erhebung von Mandatsträgerabgaben gefolgert. Die Erhebung dieser Beiträge laufe dem unabhängigkeitssichernden Zweck der Abgeordnetenentschädigung zuwider. Die Beiträge schmälerten das Vermögen des Abgeordneten, beeinträchtigten dadurch die Zweckerfüllung der Abgeordnetenentschädigung und verringerten auf diese Weise die finanzielle Grundlage der verfassungsrechtlich postulierten Unabhängigkeit. Unter Umständen sei der Abgeordnete sogar dazu gezwungen, sich nach anderen Einnahmequellen zur Aufbesserung seiner Mandatsbezüge umzusehen. bb) Auswirkungen des Telos auf den Schutzbereich Dem kann der verfassungsrechtliche Anspruch auf angemessene Entschädigung allerdings nur dann entgegenwirken, wenn ihm über den reinen Leistungsanspruch hinaus weitere Wirkungen zukommen. Es läuft also auf die zentrale Frage hinaus, ob der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung die Unabhängigkeit des Abgeordneten durch eine entsprechend hohe Bemessung477 lediglich ermöglichen oder 474 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn. 22 (Stand der Bearbeitung: Dezember 2007). Siehe ferner BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 277 (343); von Arnim, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 48 Rn. 4 ff. (Stand der Bearbeitung: März 1980); Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 48 Rn. 2 und 20 f. 475 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 48 Rn. 23 f. (Stand der Bearbeitung: Dezember 2007). 476 Siehe zu diesem Argument von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 122 f.; derselbe, DÖV 1983, 155 (156); derselbe, JA 1985, 207 (212); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 16 Rn. 98 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 315; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); B. Becker, ZParl 1996, 377 (382); Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 121; Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255; Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 375 f.; Rübenkönig, Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, 2003, S. 122; Stober, ZRP 1983, 209 (212). 477 In der Literatur wird vereinzelt der Ansatz verfolgt, dass die Unabhängigkeit des Abgeordneten nicht durch eine (einheitlich) hohe Bemessung der Entschädigung zu erzielen sei, sondern durch einen für jeden Abgeordneten individualisierten Diätenanspruch. Es wird gefordert, dass der alimentative Teil der Abgeordnetenentschädigung, die Grundentschädigung, nicht weiter in einer einheitlichen Höhe geleistet werden solle. Stattdessen sollten die Abgeordneten eine Entschädigung im Sinne einer lebensstandarderhaltenden Verdienstausfallentschädigung erhalten, d. h. sie sollten den Verlust an Einkommen ersetzt bekommen, den sie durch die Wahrnehmung ihres Mandats tatsächlich erlitten. Dies führe zum einen dazu, dass
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diese darüber hinaus auch in jeder Hinsicht absichern soll und kann. Um den Abgeordneten von privatrechtlichen Forderungen jedweder Art oder zumindest von Forderungen seiner Partei abzuschirmen, müsste eine Schutzwirkung des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zugunsten desjenigen Vermögens des Abgeordneten angenommen werden, das er aus dem Anspruch auf angemessene Entschädigung erzielt hat.478 (1) Allgemeiner Schutz des Einkommens des Abgeordneten Es erscheint vor der Ratio des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG geboten, den Geldfluss vom Staat zum Abgeordneten bis zu einem gewissen Grade vor Forderungen privater Dritter zu schützen, damit der Abgeordnete wenigstens zu irgendeinem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über seine Einkünfte erhält.479 Diesem Zweck tragen § 31 S. 2 bis 4 AbgG480 Rechnung, nach denen die Übertragung des Anspruchs auf eine Amtssich Kandidaten nicht weiter um der monetären Zugewinne bzw. Verluste willen um ein Abgeordnetenmandat bewürben bzw. nicht bewürben. Zum anderen fördere eine Verdienstausfallentschädigung die Unabhängigkeit der Abgeordneten von ihrem Abgeordnetenamt, da sie nach Ablauf ihrer Mandatszeit nicht wegen des Wegfalls des Entschädigungsanspruchs ein großes Einkommensgefälle befürchten müssten. Siehe hierzu von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 241 f.; derselbe, PVS 1998, 345 (345 f.); derselbe, DÖV 2007, 221 (228 in Fn. 69); derselbe, DÖV 2007, 897 (903 f.); Determann, BayVBl. 1997, 385 (387 und 392 ff.); Roth, AöR 129 (2004), 219 (221 ff.). Speziell für die Landesparlamente Holthoff-Pförtner, Landesparlamentarismus und Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 118 ff. Mit ökonomischen Argumenten auch Dirk Meyer, PVS 1998, 329 (337 f.). Gegen jegliche Form eines individualisierten Diätenanspruchs spricht das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG herausgelesene Gebot der formalen Gleichstellung aller Abgeordneten. Dieses Gebot erfordert, dass jedem Abgeordneten grundsätzlich eine gleich hoch bemessene Entschädigung zusteht, unabhängig davon, ob die Inanspruchnahme durch die parlamentarische Tätigkeit größer oder geringer ist, ob der finanzielle Aufwand oder das berufliche Einkommen verschieden hoch ist. Ausnahmen hat das Bundesverfassungsgericht nur für den Bereich der Funktionszulagen anerkannt, die Abgeordneten in bestimmten besonders herausgehobenen parlamentarischen Ämtern (Bundestagspräsident und -vizepräsidenten sowie Fraktionsvorsitzende) zusätzlich gezahlt werden dürfen. Siehe zu alledem BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (317 f.); BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (237 ff.). Ferner Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 48 Rn. 19 ff. 478 Diese Schlussfolgerung zieht auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289). 479 Ähnlich Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 480 Ähnliche Regelungen finden sich in den meisten Abgeordnetengesetzen der Länder. Vgl. § 23 S. 2 bis 4 BWAbgG, Art. 26 S. 2 bis 4 BayAbgG, § 25 S. 2 und 3 BerlAbgG, § 26 S. 2 bis 4 BbgAbgG, § 25 S. 2 und 3 HessAbgG, § 25 S. 2 und 3 RPAbgG, § 26 S. 2 bis 4 SLAbgG, § 30 S. 2 bis 4 SachsAnhAbgG, § 25 Abs. 1 S. 2 bis 4 SächsAbgG, § 29 S. 2 und 3 THAbgG. Teilweise beschränkt sich das Übertragungsverbot nach den Regelungen der Länder auf über die Grundentschädigung hinausgehende Leistungen an die Abgeordneten, z. B. Aufwandsentschädigungen, Reisekostenerstattungen, Übernachtungsgelder. Vgl. § 26 S. 2 BremAbgG, § 25 S. 2 HmbAbgG, § 27 Abs. 1 S. 2 NdsAbgG. Umfassender ist die Regelung hingegen in Nordrhein-Westfalen. Nach § 20 Abs. 1 S. 2 NWAbgG ist der Entschädigungsanspruch nur bis zu einem Viertel übertragbar. Eine noch weitergehende Sicherung des Entschädigungsanspruchs wird den Landtagsabgeordneten Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins von Verfassungs wegen zuteil. Nach Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf bzw. Art. 11 Abs. 3 S. 2
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
ausstattung nach § 12 AbgG unzulässig, die Übertragung des Anspruchs auf eine Abgeordnetenentschädigung nach § 11 AbgG nur bis zur Hälfte zulässig ist und im Übrigen die Pfändungsgrenzen der §§ 850 ff. ZPO anwendbar sind. Im Hinblick auf letztere ist besonders an § 851 Abs. 1 ZPO zu denken, welcher nicht übertragbare Forderungen von der Pfändung ausnimmt. Der Anspruch auf die Amtsausstattung sowie die Hälfte des Anspruchs auf Grundentschädigung können demnach weder vom Abgeordneten übertragen oder verpfändet werden, noch können Gläubiger insoweit eine Pfändung vornehmen. Durch diese Bestimmungen ist das Einkommen des Abgeordneten so weit geschützt, dass er seine Mandatsausübung wie auch seinen Lebensunterhalt angemessen bestreiten kann. Die Hälfte der Grundentschädigung stellt notfalls noch einen so substantiellen Teil dar, dass sie in der Lage ist, die Unabhängigkeit des Abgeordneten hinreichend zu sichern.481 Für die Amtsausstattung ergeben sich, neben den Verfügungsbeschränkungen des § 31 AbgG zum Schutz des Abgeordneten, noch weitere Beschränkungen aus ihrer Funktion. Da eine steuerfreie Amtsausstattung nach dem Diätenurteil482 ausschließlich der Abgeltung des mandatsbedingten Aufwandes dienen soll, darf der Abgeordnete diese Mittel auch nur gebunden an diesen Zweck ausgeben. In § 12 Abs. 2 AbgG werden einzelne Gesichtspunkte des mandatsbezogenen Aufwandes beispielhaft aufgelistet. Für andere Zwecke als für die Abgeordnetenaufgaben innerhalb und außerhalb des Parlaments darf die Amtsausstattung nicht genutzt werden. Dementsprechend ist beispielsweise eine Verwendung der Kostenpauschale für die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge verboten.483
SHVerf ist ihr Anspruch auf Entschädigung nicht übertragbar. Zu den hieraus resultierenden Konsequenzen siehe näher unten unter § 2 B. III. 2. c). 481 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 482 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (328) = NJW 1975, 2331. 483 So auch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 2 mit Fn. 5; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 184; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. Aus diesem Grund war die bis zum Jahre 2000 geltende Regelung der Grünen, wonach die Bundestagsabgeordneten einen Teil ihrer Aufwandsentschädigung an Partei oder Fraktion abzuzweigen hatten, unzulässig. Siehe hierzu näher oben unter § 2 A. II. 5. In der Praxis lässt sich die Einhaltung dieser Verfügungsbeschränkung freilich schwer kontrollieren und eine tatsächliche Verwendung der Pauschale zugunsten der Partei oder der Fraktion demnach nicht vollständig ausschließen. Belege dafür, dass die Kostenpauschale vereinzelt für Leistungen an Parteien oder Fraktionen zweckentfremdet wird, liefert z. B. Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (430 ff.). Die Möglichkeit der Zweckentfremdung der Aufwandsentschädigung ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass Geldleistungen der Amtsausstattung für Bundestagsabgeordnete in Form einer nachweisfreien Gesamtkostenpauschale geleistet werden. Siehe dazu näher bereits oben unter § 2 B. III. 2. a) cc) (1) und (3). Dem könnte im bestehenden System der Pauschalierung nur dadurch begegnet werden, dass eine Rechnungslegungspflicht der Abgeordneten hinsichtlich dieser Mittel eingeführt wird. Derartiges regt an Klein, in: Bundesprä-
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Ein umfassenderer Einkommensschutz als der durch diese Vorschriften gewährleistete kommt nicht in Betracht. Im privatrechtlichen Verhältnis zwischen dem Abgeordneten und seinen Vertragspartnern ist nämlich die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Vertragsfreiheit zu achten.484 Sie würde für die privaten Vertragspartner des Abgeordneten unverhältnismäßig eingeschränkt, wenn das Einkommen des Abgeordneten nur geringfügig oder überhaupt nicht pfändbar wäre. Womöglich gereichte dies dem Abgeordneten sogar zum Nachteil, weil er sich aufgrund seines besonderen Schutzes als weniger attraktiver Vertragspartner herausstellte. Gegen einen weitreichenderen Schutz spricht auch bereits die Entstehungsgeschichte des § 31 AbgG.485 Denn der Gesetzentwurf sah damals vor, dass sämtliche Ansprüche aus dem Abgeordnetengesetz um der Unabhängigkeit des Abgeordneten willen nicht übertragbar und damit nach § 851 Abs. 1 ZPO auch nicht pfändbar sein sollten (§ 43 S. 2 EAbgG).486 Dagegen erhob in den Gesetzesberatungen zunächst der mitberatende Rechtsausschuss verfassungsrechtliche Bedenken.487 Er schlug vor, die Übertragbarkeit von Leistungen nach dem Abgeordnetengesetz nur insoweit auszuschließen, als dies zur Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten erforderlich sei. Der Sonderausschuss, der ursprünglich vom Bundestag mit der Erarbeitung eines ersten Entwurfs zum Abgeordnetengesetz beauftragt worden und nun in den Beratungen federführend war, teilte diese Bedenken. Er beschloss eine Änderung des Gesetzentwurfs dahingehend, dass die Übertragbarkeit allein für den Anspruch auf die Amtsausstattung und die Hälfte der Entschädigung ausgeschlossen war. Diese Fassung des § 31 AbgG wurde schließlich vom Gesetzgeber unverändert übernommen.488 Weitere allgemeine Verfügungsbeschränkungen erscheinen auch nicht vor dem Hintergrund geboten, dass die Abgeordnetenentschädigung aus dem Staatshaushalt stammt. Denn die Diäten gelangen ohne Zweckbindung in das Privatvermögen des Abgeordneten und unterliegen damit seiner vollen privaten Verfügungsgewalt.489 Sie werden zwar aus öffentlichen Mitteln gewährt und richten sich insofern gegenüber privatrechtlichen Einnahmen nach bestimmten Sonderbestimmungen. Jedoch gilt dies nur bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie in den Besitz des Abgeordneten gelangt sind
sidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 484 Siehe zu diesem Gesichtspunkt Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289 f.). 485 Siehe zur Entstehungsgeschichte des § 31 AbgG auch Henkel, DÖV 1977, 350 (354). 486 Vgl. den Wortlaut des damaligen § 43 S. 2 des Gesetzentwurfs auf BT-Drucks. 7/5525, S. 10 und die entsprechende Gesetzesbegründung auf BT-Drucks. 7/5531, S. 25 f. 487 Siehe hierzu und zum Folgenden Bericht und Antrag des 2. Sonderausschusses auf BT-Drucks. 7/5903, S. 15 und 38. 488 Siehe das Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. I 1977, S. 297). 489 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153 (154).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
und in dessen Vermögen aufgehen.490 Von diesem Zeitpunkt an sind sie uneingeschränkt dem privaten Lebensbereich des Abgeordneten zuzuordnen, und es bleibt der Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten überlassen, welchen finanziellen Verpflichtungen er sich im Einzelnen unterwerfen will.491 Nur unter dieser Prämisse können die Diäten als Ersatz für das Einkommen angesehen werden, das dem Abgeordneten durch die Mandatstätigkeit und den damit verbundenen Verzicht auf anderweitige Erwerbstätigkeit entgeht. Über das Einkommen aus anderweitiger Erwerbstätigkeit könnte er nämlich ebenso frei verfügen. Im Hinblick auf die nach § 31 S. 3 AbgG übertragbare Hälfte des Anspruchs auf Abgeordnetenentschädigung gemäß § 11 AbgG ist der Abgeordnete demnach in seiner Verfügungsbefugnis überhaupt nicht eingeschränkt. Auch die nach dieser Vorschrift nicht übertragbare Hälfte kann er unter Berücksichtigung des Übertragungsverbots verwenden, ohne dabei an irgendwelche Zwecke gebunden zu sein.492 (2) Schutz des Abgeordnetenvermögens vor Forderungen der Partei Nach diesen allgemeinen Überlegungen ließe sich ein Verbot der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG nur dann ableiten, wenn diese Vorschrift statt einer globalen Schutzwirkung gegenüber Forderungen jedes beliebigen Dritten, einen gezielten Schutz des Abgeordnetenvermögens gegenüber jeglichen Forderungen der Parteien entfaltete. Ein solcher Schutz könnte sich ohnehin nur auf den Teil des Vermögens erstrecken, der durch das Abgeordneteneinkommen erzielt wurde. Sonstiges Einkommen des Abgeordneten ist nämlich nicht vom Regelungsbereich des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG erfasst. Aber selbst wenn man den Schutz auf das aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG generierte Vermögen beschränkte, wäre ein so weit reichendes Verständnis der Parteiunabhängigkeit des Abgeordneten vor dem Hintergrund des Ausgleichs, der zwischen Art. 38 und 48 GG einerseits und Art. 21 GG andererseits zu suchen ist, mehr als zweifelhaft. Würde es doch die verfassungsrechtlich anerkannte Parteiendemokratie stark zurückdrängen und die Freiheit 490 So auch Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143 f.; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 491 Ebenso Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713 f.); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655 f.; Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6 f.; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/ Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22 f.; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289); Welti, DÖV 2001, 705 (711). So auch explizit vom Bundesverfassungsgericht geurteilt in BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153 (154). 492 Anders ist es bei den Mitteln, die den Fraktionen aus dem Staatshaushalt zufließen. Sie dürfen von den Fraktionen gemäß § 50 Abs. 4 AbgG nur für Aufgaben verwendet werden, die ihnen nach dem Grundgesetz, dem Abgeordnetengesetz oder der Geschäftsordnung des Bundestages obliegen. Eine Verwendung für Parteiaufgaben ist dagegen unzulässig. Die Zweckbindung der Mittel ist in diesem Fall verfassungsrechtlich geboten, weil sich die staatliche Finanzierung der Fraktionen ausschließlich durch ihre gesetzlichen Aufträge rechtfertigt, während der Abgeordnete Einkommen aus anderweitiger Erwerbstätigkeit kompensieren muss.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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des Mandats über die Maßen betonen. Es liegt demgegenüber nahe, einen Ausgleich der beiden sich ergänzenden Verfassungsrechtspositionen im Wege der Begrenzung der Mandatsträgerbeiträge zu suchen. (a) Verbot der Mandatsträgerbeiträge durch Art. 48 GG nicht geboten Wie bereits ausgeführt493 ist die These vom verfassungsrechtlichen Spannungsverhältnis zwischen der Freiheit des Mandats und der Parteiendemokratie der Überzeugung gewichen, dass beide sich sinnvoll ergänzen. Dieses Sichergänzen kann aber nur auf eine Art und Weise erfolgen, die beide Seiten berücksichtigt und keine der beiden Seiten bis zur Unkenntlichkeit verdrängt. Würde man aus dem Sinn und Zweck des Entschädigungsanspruchs, der das freie Mandat in finanzieller Hinsicht ergänzt, ein Verbot aller finanziellen Forderungen seitens der Parteien folgern, käme dies aber einer vollständigen Verdrängung des Art. 21 GG nahe. Dies kann verfassungsrechtlich nicht gewollt sein. Es ist zwar so, dass Gefährdungen der Unabhängigkeit des Abgeordneten heute, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, „nicht mehr vom Staat, sondern eher von der politischen Partei, der er angehört, und vor allem von einflussreichen Gruppen der Gesellschaft“494 ausgehen. Nicht zuletzt deshalb wird das Bundesverfassungsgericht im Diätenurteil darauf hingewiesen haben, dass die Entschädigung „anderen Zwecken als dem der Unterhaltssicherung, beispielsweise einer Mitfinanzierung der Fraktion oder politischen Partei oder der Beteiligung an Wahlkosten, […] nicht zu dienen“495 habe. Ob das Gericht mit dieser Feststellung nur die Berücksichtigung eventueller Mandatsträgerbeiträge bei der Diätenbemessung oder darüber hinaus auch die Leistung dieser Beiträge verbieten wollte, ist in der Literatur jedoch umstritten.496 Der oben497 dargelegte Verlauf der Folgerechtsprechung spricht dafür, dass das Bundesverfassungsgericht Verfügungen der Abgeordneten an ihre Parteien und Fraktionen nicht grundsätzlich untersagen wollte. Die Sicherung der größtmöglichen Unabhängigkeit des Abgeordneten von Partei und Fraktion ist nach dem Dafürhalten des Bundesverfassungsgerichts verfas493
Siehe oben unter § 2 B. III. 1. d). BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (313) = NJW 1975, 2331. 495 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. 496 Vgl. zur restriktiven Interpretation des Diätenurteils Henkel, DÖV 1975, 819 (821); Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23); Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a; Launhardt, MIP 1999, 37 (43). Zur weiten, die Mandatsträgerbeiträge verbietenden Auslegung siehe Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 266; Breitling, in: Kaase (Hrsg.), Politische Wissenschaft und politische Ordnung, 1986, S. 292 (300 in Fn. 7); Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 207; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 72 f.; Neumann, Die Niedersächsische Verfassung, 3. Aufl., 2000, Art. 13 Rn. 18. 497 Siehe unter § 2 B. I. 1. b) bis d). 494
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
sungsrechtlich nicht geboten. Dies hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt durch seine Entscheidung vom 2. Juli 2007498 verdeutlicht.499 Die Antragsteller trugen in diesem Verfahren vor, dass das verfassungsrechtliche Leitbild des Abgeordneten in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG auf die Sicherung der Unabhängigkeit von Partei und Fraktion angelegt sei und dass zu diesem Zweck besondere Freiräume für neben dem Mandat fortgeführte Berufe notwendig seien. Denn nur auf diese Weise sei der Abgeordnete davon unabhängig, sein Mandat mit Unterstützung seiner Partei fortführen zu müssen, um in Zukunft weiter Diäten zu beziehen können.500 Dieser Argumentation wollte sich das Gericht nicht anschließen. Mit der Regelung in Art. 48 Abs. 3 GG gehe das Grundgesetz davon aus, dass die Unabhängigkeit der Abgeordneten durch die ihnen zustehende Entschädigung ausreichend gesichert werde. Aus welchem Grund das verfassungsrechtliche Leitbild des Abgeordneten in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG gleichwohl auf eine darüber hinaus gehende Sicherung der Unabhängigkeit durch Gewährung besonderer Freiräume an bestimmte Berufsgruppen angelegt sein soll, erschließe sich nicht. Soweit die Antragssteller die Unabhängigkeit der Abgeordneten von den politischen Parteien ins Feld führten, sei daran zu erinnern, dass die politische Einbindung des Abgeordneten in Partei und Fraktion verfassungsrechtlich erlaubt und gewollt sei.501 Eine Verpflichtung, die rechtlichen oder tatsächlichen Rahmenbedingungen der Parlamentsarbeit vorrangig auf größtmögliche tatsächliche Unabhängigkeit der Abgeordneten von Partei und Fraktion auszurichten, bestehe von Verfassungs wegen weder generell noch insoweit, als etwa eine möglichst geringe Angewiesenheit auf den Bezug von Diäten angestrebt werden müsste.502 Stattdessen ziele die Verfassungsnorm des Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG, indem sie den Abgeordneten zum Vertreter des ganzen Volkes bestimme und ihn in dieser Eigenschaft für weisungsfrei und nur seinem Gewissen unterworfen erkläre, auch auf die Unabhängigkeit von Interessengruppen.503 Die Wahrung der Unabhängigkeit der Abgeordneten nach dieser Seite hin habe besonders hohes Gewicht. Denn hier gehe es um die Unabhängigkeit gegenüber Einwirkungen, die, anders als der Einfluss der Parteien und Fraktionen im Prozess der politischen Willensbildung, nicht durch Entscheidungen des Wählers vermittelt seien.504 Hiernach sieht das Gericht die Unabhängigkeit des Abgeordneten durch eine entsprechende finanzielle Ausstattung hinreichend gesichert. Zusätzliche Maßnahmen zur „Abschirmung“ des Abgeordneten vor Einflüssen der Parteien und Frak498 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244. Zu den besonderen Eigenarten dieser Entscheidung, die mit vier zu vier Stimmen ergangen ist, siehe eingehend Cornils, Jura 2009, 289. 499 Siehe dazu BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (327 ff.). 500 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (303 und 327). 501 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (328). 502 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (329 f.). 503 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (330). 504 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (330 f.).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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tionen hält es dagegen nicht für erforderlich. Die Argumentation der Antragsteller birgt indes ein weiteres Problem: Es erscheint widersprüchlich, zunächst unter Berufung auf ihre unabhängigkeitssichernde Wirkung Diäten in einer nicht unerheblichen Höhe zu beanspruchen und dann anschließend wiederum mit dem Argument der Unabhängigkeitssicherung zusätzlich eine möglichst geringe Angewiesenheit auf diese hoch bemessenen Diäten zu fordern. Die Verfassung verlangt die Unabhängigkeit des Abgeordneten bei der Mandatsausübung und nicht die Unabhängigkeit des Abgeordneten vom Abgeordnetenamt. Der Abgeordnete repräsentiert einerseits in Freiheit das Staatsvolk und ist andererseits in die Strukturen innerhalb seiner Partei integriert. Dieser Doppelrolle kann er nur gerecht werden, wenn er einen Weg zwischen Freiheit und Eingebundensein findet. In Bezug auf die Mandatsträgerbeiträge bedeutet dies, dass der Abgeordnete sich frei an der innerparteilichen Diskussion und Meinungsbildung über Mandatsträgerbeiträge und deren Höhe beteiligen kann. Das gewährleistet ihm nicht nur seine Mandatsfreiheit, sondern auch das Gebot der innerparteilichen Demokratie aus Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG. Des Weiteren kann er unter Berufung auf seine Mandatsfreiheit die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge verweigern, ohne Konsequenzen für sein Mandat erwarten zu müssen. Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG ergänzt die Mandatsfreiheit in finanzieller Hinsicht und gewährleistet, dass der Abgeordnete sich gegen die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen zur Wehr setzen kann, ohne dabei finanzielle Einbußen für die Zukunft befürchten zu müssen.505 Wenn er durch die Zahlungsverweigerung allerdings gegen die Mehrheitsmeinung seiner Partei agiert, kann er umgekehrt nicht weiter mit der Unterstützung der Mehrheit seiner Partei bei innerparteilichen Wahlen und Abstimmungen rechnen. Er kann nicht ernsthaft erwarten, von einer Partei getragen zu werden, in die er sich selbst nicht einzufügen bereit ist. Vor diesem Konflikt mit seiner Partei will der Entschädigungsanspruch nicht schützen, selbst wenn ein solches Verhalten die Chancen mindert, bei der nächsten Kandidatenaufstellung wiederum berücksichtigt zu werden.506 So viel Freiheit kann Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG nicht gewähren, ohne dabei Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG zu überspielen. Denn anders als die Rechte der Parteien aus Art. 21 GG unterliegen die Gewährleistungen des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zeitlichen Grenzen. Der Abgeordnete kann sich auf seinen Entschädigungsanspruch und dessen Sinn und Zweck nur berufen, solange er dem Parlament angehört.507 Insoweit gilt das zu Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bereits Gesagte508. Hieraus folgt, dass Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG dem Abgeordneten auch in seinen erweiterten Wirkungen keinesfalls 505
Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). So auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). Im Übrigen ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Abgeordneter, der sich bereits im politischen Leben öffentlich profiliert hat, bei einer Neunominierung tatsächlich an seiner Säumnis mit der Sonderbeitragszahlung scheitert, wohl recht gering einzuschätzen. Dies sieht ebenso Launhardt, MIP 1999, 37 (47). 507 Vgl. BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (315) = NJW 1975, 2331. 508 Siehe dazu oben unter § 2 B. III. 1. c). 506
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
dazu verhelfen kann, von seiner Partei wiederaufgestellt zu werden und auf diesem Wege seine Politikerkarriere zu sichern.509 Sofern es dadurch zu einer Abhängigkeit des Abgeordneten von seiner Partei in Bezug auf seine politische Laufbahn kommt, vermag der Entschädigungsanspruch nicht darüber hinwegzuhelfen. Umgekehrt betrachtet stimmt der Abgeordnete, falls er seiner Partei nicht ausschließlich zum Zwecke des Mandatserwerbs beigetreten ist, zum großen Teil mit den politischen Inhalten und Zielen seiner Partei überein. Demzufolge unterstützt er sie zwangsläufig auch durch eine an den gemeinsamen Inhalten und Zielen orientierte Mandatsausübung. Er handelt hierbei vollkommen frei und gleichzeitig in Übereinstimmung mit seiner Partei. Ebenso wird er die Partei regelmäßig finanziell unterstützen, um mit ihr gemeinsam politisch handeln zu können. Er zahlt die Mandatsträgerbeiträge im Bewusstsein, sie nicht zahlen zu müssen, und gleichsam mit der Überzeugung, dass sie die Partei und deren Ziele, die auch seine Ziele sind, voranbringen.510 Und selbst wenn er im Rahmen der Mandatsausübung teilweise nicht vollständig nach der eigenen Ansicht agiert, sondern sich an der Mehrheitsmeinung in seiner Partei orientiert, ist ihm dies von Verfassungs wegen nicht untersagt. Er kann sich freiwillig den Ansichten seiner Partei unterwerfen und ihren Beschlüssen entsprechend handeln. Würde ihm dies verboten, würde die Einrichtung der Fraktionen grundsätzlich infrage gestellt. Mithin kann auch aus dem Telos des Entschädigungsanspruches kein absolutes Verbot der Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen abgeleitet werden. Dem Abgeordneten ist es grundsätzlich zuzumuten, die Mandatsträgerbeiträge entweder zu bezahlen oder die ihm zur Verfügung stehenden rechtlichen und tatsächlichen Mittel zu nutzen, um sich der Verpflichtung zu erwehren.511 (b) Begrenzung der Mandatsträgerbeiträge als angemessener Ausgleich Es führte allerdings den unabhängigkeitssichernden Sinn und Zweck der Abgeordnetenentschädigung ad absurdum, wenn die Parteien ihren Abgeordneten Mandatsträgerbeiträge in unbegrenzter Höhe abverlangen könnten. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wäre zumindest in dem Extremfall berührt, wenn der Abgeordnete infolge solcher Sonderbeiträge in finanzielle Not und damit womöglich in finanzielle Abhängigkeit von der Partei selbst oder anderen nicht-staatlichen Geldgebern geriete.512 Der Zweck der Diäten, den Lebensunterhalt des Empfängers zu decken und 509
Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). Ähnlich Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 412 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); derselbe, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 511 Wie hier Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). Ähnlich auch Launhardt, MIP 1999, 37 (44 f.). 512 So auch Haverkate, AöR 109 (1984), 460 (463); Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Seifert, Die poli510
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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ihn insoweit unabhängig zu stellen, würde auf diese Weise vollständig vereitelt. Den Abgeordneten in einem solchen Fall allein unter den Schutz des § 31 AbgG bzw. die entsprechende landesrechtliche Norm zu stellen, würde der besonderen verfassungsrechtlichen Konstellation nicht gerecht. Es würde verkannt, dass sich das privatrechtliche Verhältnis zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei von den meisten anderen privatrechtlichen Verhältnissen dadurch unterscheidet, dass die Beteiligten eine verfassungsrechtliche Stellung innehaben, in der sie sich ergänzen sollen. Wenn sich daraus Probleme ergeben, sind die Lösungen vornehmlich auf der Ebene des Verfassungsrechts zu suchen. Außerdem schützt § 31 AbgG den Abgeordneten lediglich vor einer Beitreibung der Sonderbeiträge im Wege der Pfändung, zu der es in der Wirklichkeit angesichts der engen Verbindung der Abgeordneten und ihrer Parteien wohl kaum käme. Ebenso wäre es verfassungsrechtlich zu kurz gegriffen, den Abgeordneten in diesem Fall auf die eigene Wehrhaftigkeit innerhalb der eigenen Partei zu verweisen.513 Das Nebeneinander zweier sich ergänzender Verfassungsnormen kann nicht dadurch in Einklang gebracht werden, dass die eine faktisch ermöglicht, was die andere zu verhindern beabsichtigt. Dem wäre aber so, wenn die Parteien unter Berufung auf Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG qua Satzung immens hohe Beiträge von ihren Abgeordneten fordern und damit faktisch eine Abhängigkeit der Abgeordneten von anderen Geldquellen herbeiführen könnten, obgleich Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG gerade dies unterbinden will. Die beiden verfassungsrechtlichen Positionen werden sich weitestgehend durch ein effektives Wahrnehmen der beiderseitigen Rechte vereinbaren lassen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass es Kernbereiche dieser Positionen gibt, die als unantastbar geschützt werden müssen. Die Sicherung der Existenz des Abgeordneten dürfte dem unantastbaren Kernbereich des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zuzuordnen sein. Demzufolge müssen die Mandatsträgerbeiträge im Interesse der Unabhängigkeit des Abgeordneten auf einen bestimmten Teil der Diäten beschränkt bleiben.514 Dies lässt sich als Umkehrschluss ebenfalls aus der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts herleiten. Das Gericht hat bereits im Diätenurteil festgestellt, dass das Abgeordnetenmandat zum Fulltime-Job geworden ist und der Abgeordnete daher einen Anspruch auf Vollalimentation hat.515 Kürzlich hat es geurteilt, dass die tischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 295 f. Ähnlich Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. Wohl auch Launhardt, MIP 1999, 37 (44 f. in Fn. 43). 513 So jedoch der allgemeine Ansatz von Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). 514 Für eine Begrenzung der Sonderbeiträge sprechen sich explizit aus Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. In Erwägung zieht dies auch Launhardt, MIP 1999, 37 (44 f. in Fn. 43). 515 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (314) = NJW 1975, 2331.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Mittelpunktregelung des § 44a Abs. 1 AbgG mit der Verfassung vereinbar ist516 und dass von Verfassungs wegen keine möglichst geringe Angewiesenheit auf den Bezug von Diäten anzustreben ist517. Es geht somit davon aus, dass ein Abgeordneter grundsätzlich keine Nebeneinkünfte haben muss und von seinen Diäten leben kann. Daraus folgt aber umgekehrt, dass die Diäten, wenn sie die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichern sollen, bis zu einer gewissen Höhe dem Abgeordneten und seiner Familie für ihren Lebensunterhalt vorbehalten bleiben müssen. Soll diese Maßgabe nicht an den Realitäten vorbeigehen, muss sie sich unter anderem gegen die Forderungen der Parteien und Fraktionen richten, die besonders eng mit dem Abgeordneten verbunden sind. Wo die Grenze zwischen einer zulässigen und einer unzulässigen Höhe der Sonderbeiträge genau verläuft, ist allerdings schwer zu bemessen. Als Anhaltspunkt lässt sich hier der Gedanke des § 31 AbgG518 bzw. einer vergleichbaren Norm519 auf Landesebene fruchtbar machen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Bundestagsabgeordneter nach § 31 AbgG die Hälfte seiner Entschädigung nach § 11 AbgG an Dritte übertragen darf, dann muss ihm umgekehrt notfalls die andere Hälfte ausreichen, um damit seinen Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten. Die Hälfte der Grundentschädigung bietet dem Abgeordneten eine angemessene Existenzgrundlage, von der er leben kann, ohne in Abhängigkeit von anderen Geldgebern zu geraten. Somit dürften die Sonderbeiträge des Abgeordneten insgesamt maximal die Hälfte der Grundentschädigung betragen.520 Es ist darüber hinaus nicht erforderlich, zusätzlich zu berücksichtigen, dass Übertragungen im Sinne des § 31 AbgG im Gegensatz zur Zahlung der Mandatsträgerbeiträge auch dem Lebensunterhalt dienen können, und die Grenze daher erheblich niedriger anzusetzen.521 Denn es geht hier nur darum, ein Mindestmaß für den Schutz der Existenzgrundlage des Abgeordneten 516
BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (323 ff.). BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (329 f.). 518 Als Anhaltspunkt ziehen an dieser Stelle § 31 AbgG ebenfalls heran Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 519 Siehe zu ähnlichen landesrechtlichen Normen oben in Fn. 480. 520 Im Ergebnis ebenso Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. Hiermit unvereinbar war die bis 1993 geltende Regelung der Grünen, nach der dem Abgeordneten von der Entschädigung nur ein Facharbeiterlohn verbleiben und der Rest an die Ökofonds gespendet werden sollte. Siehe hierzu näher oben unter § 2 A. II. 5. Inwiefern durch diese Regelung der Eindruck erweckt wurde, dass die Abgeordneten von der Partei und nicht vom Bundeshaushalt bezahlt worden wären, erschließt sich allerdings nicht. Denn der Geldfluss verlief eindeutig vom Abgeordneten zur Partei und nicht umgekehrt. Ohne Begründung dahingehend aber Stober, ZRP 1983, 209 (212) und im Anschluss daran Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 521 So aber Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 114 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 517
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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zu finden. Alles Weitere ist der innerparteilichen Diskussion und Entscheidung anheimgestellt. Des Weiteren könnte man in Erwägung ziehen, die Art der Zahlung der Mandatsträgerbeiträge aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten zu reglementieren. In der Praxis werden die Beiträge oftmals direkt von den Parlamentsverwaltungen an die Parteien überwiesen und die Diäten um den entsprechenden Betrag gekürzt.522 Dies erscheint insofern bedenklich, als die Abgeordneten in diesem Fall zu keinem Zeitpunkt über ihre gesamten Diäten die freie Verfügungsgewalt erhalten und es sich daher strenggenommen (noch) nicht um private Mittel des Abgeordneten handelt. Man könnte annehmen, dass die Mandatsträgerbeiträge nur vom Abgeordneten selbst angewiesen werden dürfen.523 Wenn der Abgeordnete keine Einwände gegen die Mandatsträgerbeiträge hat und die Höhe der Beiträge nicht verfassungswidrig ist, verkommt diese Einschränkung der Zahlungsweise allerdings zu einem symbolischen Akt, der überdies einen zusätzlichen Zahlungsvorgang beansprucht. Es ist daher zu differenzieren. Solange die Direktüberweisung von den Parlamentsverwaltungen an die Parteien auf einer individuellen Abtretungserklärung des Abgeordneten beruht und soweit er sich dabei der übertragbaren Teile524 seiner Entschädigung bedient, ist diese Vorgehensweise nicht zu beanstanden.525 Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wird einerseits durch die individuelle Erklärung und andererseits durch den Rest der Entschädigung hinreichend gewahrt. Verfassungswidrig wäre es demgegenüber, wenn die Parlamentsverwaltungen die Diäten mit oder ohne Anweisung des Abgeordneten komplett an die Partei überwiesen und der Abgeordnete seine Bezüge im Anschluss daran von der Partei erhielte.526 Ebenso 522
Siehe zu dieser Praxis nur den Bericht der von Wedel-Kommission, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 = BT-Drucks. 14/6710, S. 40. Siehe ferner auch Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 260 und 262. 523 So Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. Ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. Die von Wedel-Kommission erhob gegen die derartige Praxis der Bundestagsverwaltung ebenfalls Bedenken, weil sie Anlass zu Missverständnissen geben könne. Sie empfahl daher diese Vorgehensweise einzustellen. Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 78 = BT-Drucks. 14/6710, S. 40. 524 Für Bundestagsabgeordnete gilt hier wiederum die Grenze des § 31 AbgG. Zu den vergleichbaren Regelungen auf Landesebene siehe bereits oben in Fn. 480 sowie zu den besonderen verfassungsrechtlichen Regelungen in Mecklenburg-Vorpommern und SchleswigHolstein sogleich unten unter c). Nicht übertragbare Forderungen können gemäß § 400 BGB i.V.m. § 851 Abs. 1 ZPO ohnehin nicht rechtswirksam abgetreten werden. 525 Ähnlich Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6. 526 Ähnlich war die Praxis der ehemaligen KPD im Bundestag. In der ersten und zweiten Wahlperiode des Bundestages hatten die Mitglieder der KPD-Fraktion einem Vorstandsmitglied zu Beginn jeder Wahlperiode eine Vollmacht erteilt, aufgrund derer dieses Mitglied die Diäten kollektiv bei der Amtskasse abholte. Siehe hierzu näher Henke, Das Recht der politi-
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
wäre es unzulässig, wenn die Parlamentsverwaltungen die Diäten ohne entsprechende Erklärung des Abgeordneten aufteilten und einen Teil direkt an die Partei und den Rest an den Abgeordneten überwiesen. c) Erste Ausnahme: Landtagsabgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Für die Abgeordneten des mecklenburg-vorpommerischen und des schleswigholsteinischen Landtages sind die soeben erzielten Untersuchungsergebnisse aufgrund einer landesverfassungsrechtlichen Besonderheit leicht abzuwandeln. Es wurde bereits oben527 darauf hingewiesen, dass nach Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf bzw. Art. 11 Abs. 3 S. 2 SHVerf der Entschädigungsanspruch der Abgeordneten nicht übertragbar ist. Daraus folgt gleichsam die Unpfändbarkeit des Entschädigungsanspruchs gemäß § 851 Abs. 1 ZPO. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass Gläubiger Druck auf die Abgeordneten ausüben und damit ihre Unabhängigkeit beeinflussen können.528 Anders als im Bund und in der Mehrzahl der Länder ist hier also eine Verfügungsbeschränkung nicht in den Abgeordnetengesetzen verankert, sondern in der Verfassung. Zudem betrifft sie nicht einen Teil der Entschädigung, sondern den gesamten Anspruch. Das Einkommen der Abgeordneten aus der Entschädigung ist dadurch noch stärker vor privatrechtlichen Forderungen geschützt. Auf der anderen Seite erscheint eine solch weitreichende Verfügungsbeschränkung vor der nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten Privatautonomie nicht ganz unbedenklich. Potentielle Vertragspartner der Abgeordneten werden sich dieses Vollstreckungshindernisses bewusst sein, und der Abgeordnete muss die Konsequenzen daraus tragen. Für die Sonderbeitragsforderungen der Parteien resultiert daraus zweierlei. Erstens können die Parteien nicht von der – sowieso nur theoretisch bestehenden – Möglichkeit Gebrauch machen, die Mandatsträgerbeiträge auf dem Wege der Pfändung beizutreiben. Zweitens ist es hier den Abgeordneten keinesfalls erlaubt, die Beitragsforderungen seitens der Parteien durch teilweise Abtretung ihres Entschädigungsanspruchs zu begleichen. Die Verwendung des Einkommens zu Parteizwecken wird den Landtagsabgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein hingegen ebenso nicht untersagt wie den Abgeordneten des Bundes und der anderen Länder. Nach Auszahlung der Diäten unterliegen auch sie der freien Verfügungsgewalt der Abgeordneten. schen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143 mit Fn. 59; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657. 527 Siehe dazu oben unter § 2 B. II. 2. b). 528 Tebben, in: Litten/Wallerath (Hrsg.), Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2007, Art. 22 Rn. 46 bzw. Caspar, in: derselbe/Ewer/Nolte/Waack (Hrsg.), Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2006, Art. 11 Rn. 98; Hübner, in: von Mutius/Wuttke/derselbe, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 11 Rn. 27.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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d) Zweite Ausnahme: Deutsche Abgeordnete des Europäischen Parlaments Für die Mitglieder des Europäischen Parlaments, die zugleich Mitglieder deutscher Parteien sind, ist der Befund aufgrund unionsrechtlicher Regelungen zu modifizieren. Wie bereits erwähnt529, schränkt das Abgeordnetenstatut des Europäischen Parlaments die Verfügungsbefugnis der Abgeordneten stärker ein als sich dies aus Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG herleiten lässt. Und zwar sind nach Art. 9 Abs. 3 dieses Regelwerks Vereinbarungen über die Verwendung der Entschädigung, des Übergangsgeldes und des Ruhegehaltes zu anderen als privaten Zwecken unwirksam. Es könnte darüber spekuliert werden, was mit den hier erwähnten „privaten Zwecken“ gemeint ist und ob nicht Beiträge an Parteien gerade zu diesem Privatbereich der Abgeordneten gehören. Folglich wären Vereinbarungen zwischen den Abgeordneten und ihren Parteien nicht von der Regelung erfasst. Die Erwägungsgründe, die dem Abgeordnetenstatut vorangestellt sind, greifen solchen Spekulationen allerdings vor. Aus dem Erwägungsgrund unter Ziffer 12 geht nämlich hervor, dass Art. 9 Abs. 3 erforderlich sei, weil Parteien häufig erwarteten, dass ein Teil der in Art. 9 Abs. 1 und Abs. 2 erwähnten Leistungen für ihre Zwecke verwendet werde. Diese Form der Parteienfinanzierung sei zu verurteilen. Demnach sollen speziell die Vereinbarungen über Mandatsträgerbeiträge in den Regelungsbereich der Vorschrift fallen. Es ist indes fraglich, ob Art. 9 Art. 3 des Abgeordnetenstatuts das im Erwägungsgrund intendierte Ziel, die Parteienfinanzierung über Leistungen nach dem Abgeordnetenstatut zu verhindern, überhaupt verwirklichen kann. Bezogen auf das Verhältnis zwischen einem Abgeordneten und seiner Partei folgt aus dieser Regelung nämlich exakt, dass Vereinbarungen zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei, welche die (teilweise) Abführung seiner Entschädigung, seines Übergangsgeldes oder seines Ruhegehalts an die Partei regeln, unwirksam sind. Dies heißt freilich nicht, dass der Abgeordnete diese Leistungen nicht für Parteizwecke verwenden darf, sondern nur, dass er über die Verwendung keine rechtswirksame Vereinbarung treffen kann. Er könnte also sogar eine Vereinbarung mit seiner Partei treffen. Diese wäre aber nicht rechtswirksam. Im Ergebnis unterbindet Art. 9 Abs. 3 des Statuts lediglich, dass eine rechtswirksame Vereinbarung über Mandatsträgerbeiträge in Form einer Satzungsregelung oder einer Individualvereinbarung im Raum steht, die sich konkret auf die genannten Leistungen nach dem Statut bezieht. Sie schließt umgekehrt aber nicht aus, dass der Abgeordnete regelmäßige Beiträge an seine Partei ohne eine entsprechende Vereinbarung leistet. Daneben sind Vereinbarungen über Mandatsträgerbeiträge, die nicht eindeutig auf die betreffenden Leistungen nach dem Abgeordnetenstatut abzielen, sondern auf sonstiges Einkommen oder Vermögen des Abgeordneten, ohnehin nicht zu beanstanden.
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Siehe unter § 2 B. II. 3.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
3. Vereinbarkeit mit dem Gebot der Staatsfreiheit der Parteien und dem Gebot der Chancengleichheit der Parteien Die politischen Parteien sollen nach den Maßgaben des Grundgesetzes in der Gesellschaft angesiedelt sein und aus dieser Position heraus an der politischen Willensbildung mitwirken. Hierbei sollen sie mit den anderen Parteien chancengleich in einem freien Wettbewerb der politischen Meinungen stehen. Diese Aufgaben erfordern die Freiheit der Parteien von staatlichen Einflüssen sowohl in inhaltlicher als auch in finanzieller Hinsicht. Das Gebot der Staatsfreiheit der Parteien erlaubt daher lediglich eine staatliche Teilfinanzierung der Parteien in einem gesetzlich geregelten Umfang. Dieser gesetzliche Rahmen würde unterlaufen, wenn zusätzlich staatliche Gelder mit der Absicht an die Abgeordneten ausgezahlt würden, dass diese die Mittel – in Form von Mandatsträgerbeiträgen – an ihre Parteien weiterleiteten. Es handelte sich dann um eine (verbotene) verdeckte Parteienfinanzierung. Infolgedessen wäre auch das Gebot der Chancengleichheit der Parteien betroffen. Der Staat stellte nämlich die Parteien, die in den Parlamenten vertreten sind und deren Abgeordnete Mandatsträgerbeiträge leisten, gegenüber anderen Parteien besser. a) Verfassungsrechtliche Grundlagen und Gewährleistungen der Gebote Das Gebot der Staatsfreiheit der Parteien hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit Verfassungsfragen der Parteienfinanzierung aus Art. 21 Abs. 1 GG entwickelt.530 Es gewährleistet, dass die Parteien fortdauernd in der Gesellschaft verankert bleiben und eine Einfügung in den Bereich der organisierten Staatlichkeit vermieden wird.531 Es untersagt eine Einflussnahme des Staates auf die Willensbildung in den Parteien und damit auf den Prozess der politischen Willensbildung insgesamt.532 Das Gebot der Staatsfreiheit der Parteien erfordert nicht nur die Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit vom Staat, sondern auch, dass die Parteien sich ihren Charakter als frei gebildete, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnde Gruppen bewahren.533 Aus diesem Grunde ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts534 nur eine Teilfinanzierung der allgemeinen Tätigkeit der politischen Parteien aus staatlichen Mitteln erlaubt. Denn die Parteien müssen nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich auf die Zustimmung der Bürger angewiesen bleiben. Durch die öffentlichen Mittel darf ihnen das Risiko des Fehl530 Siehe insbesondere BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 sowie auch bereits BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40. 531 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (283). 532 BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (87); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287). 533 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (101 f.); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287). 534 Siehe hierzu besonders das Grundsatzurteil zur staatlichen Parteienfinanzierung vom 9. April 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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schlagens ihrer Bemühungen um eine hinreichende Unterstützung in der Wählerschaft nicht abgenommen werden.535 Der Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien wird durch die Gewährung staatlicher Zuwendungen dann verletzt, wenn durch sie die Parteien der Notwendigkeit enthoben werden, sich um die finanzielle Unterstützung ihrer Aktivitäten durch ihre Mitglieder und ihnen nahestehende Bürger zu bemühen. Wird dies außer Acht gelassen, laufen die Parteien Gefahr, sich aus ihrer gesellschaftlichen Verwurzelung zu lösen.536 Das Gebot der Chancengleichheit der Parteien ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts537 in Art. 21 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) verortet und ergibt sich aus der Bedeutung, die der in Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten Freiheit der Parteigründung und dem Mehrparteienprinzip für die freiheitliche Demokratie zukommt.538 Es gilt nicht nur für den Wahlvorgang selbst, sondern auch für 535
BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (86); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287). 536 BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (88); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287). 537 BVerfG, Beschl. v. 21. 2. 1957 – 1 BvR 241/56, BVerfGE 6, 273 (280); BVerfG, Beschl. v. 14. 2. 1978 – 2 BvR 523/75, 2 BvR 958/76 und 2 BvR 977/76, BVerfGE 47, 198 (225); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (88); BVerfG, Beschl. v. 25. 4. 1985 – 2 BvR 617/84, BVerfGE 69, 257 (268); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 5/83, BVerfGE 73, 1 (29); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (65 und 88); BVerfG, Urt. v. 29. 9. 1990 – 2 BvE 1/90, 2 BvE 3/90, 2 BvE 4/90 und 2 BvR 1247/90, BVerfGE 82, 322 (337); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (297); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 1/93, BVerfGE 91, 262 (269); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 2/93 und 2 BvB 3/93, BVerfGE 91, 276 (286). Zum Teil zieht das Bundesverfassungsgericht zusätzlich den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG heran. Vgl. beispielsweise BVerfG, Beschl. v. 3. 9. 1957 – 2 BvR 7/57, BVerfGE 7, 99 (107); BVerfG, Beschl. v. 14. 2. 1978 – 2 BvR 523/75, 2 BvR 958/76 und 2 BvR 977/76, BVerfGE 47, 198 (225); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (296 und 312). Zum Teil bemüht es zusätzlich das Demokratieprinzip. Siehe hierzu zum Beispiel BVerfG, Urt. v. 1. 4. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208 (242); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 1/93, BVerfGE 91, 262 (269); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 2/93 und 2 BvB 3/93, BVerfGE 91, 276 (286). Jüngst stellte es auf Art. 3, Art. 21 und Art. 38 GG ab. Siehe BVerfG, Beschl. v. 22. 5. 2001 – 2 BvE 1 – 3/99, BVerfGE 104, 14 (19 f.). 538 In der Literatur wird die verfassungsrechtliche Verortung der Chancengleichheit der Parteien hingegen kontrovers diskutiert. Vgl. dazu den Überblick bei Kißlinger, Das Recht auf politische Chancengleichheit, 1998, S. 17 ff. Siehe zur Herleitung aus Art. 21 GG allein Grimm, in: Benda/Maihofer/Vogel (Hrsg.), Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl., 1994, § 14 Rn. 42; Häberle, JuS 1967, 64 (72); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 33; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 93; derselbe, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 34; Lipphardt, Die Gleichheit der politischen Parteien vor der öffentlichen Gewalt, 1975, S. 117 f. und 692 f.; Preuß, in: Alternativkommentar zum GG, Bd. 1, 2. Aufl., 1989, Art. 21 Abs. 1, 3 Rn. 45; Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 150 ff.; Westerwelle, Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen, 1994, S. 63 f. Zur Verortung in Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 GG bzw. im Hinblick auf Wahlen mit Art. 38 Abs. 1 GG siehe Brenner, AöR 116 (1991), 537 (579 f.); Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 218 (Stand der Bearbeitung:
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
die Wahlvorbereitung und den Wettbewerb der Parteien um die Erlangung von Spenden sowie für die Gewährung staatlicher Finanzhilfen an die politischen Parteien.539 Des Weiteren hängt das Gebot der Chancengleichheit eng mit dem Grundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl zusammen, die ihre Prägung durch das Demokratieprinzip erfahren. Deshalb ist in diesem Bereich, ebenso wie bei der durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl verbürgten gleichen Behandlung der Wähler, die Gleichheit strikt und formal.540 Auch der Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien ist demzufolge strikt zu handhaben. Wenn die öffentliche Gewalt in den Parteienwettbewerb in einer Weise eingreift, die die Chancen der politischen Parteien verändern kann, sind ihrem Ermessen daher besonders enge Grenzen gesetzt. Insbesondere darf der Gesetzgeber die vorgefundene Wettbewerbslage nicht verfälschen. Der Grundsatz der Chancengleichheit verlangt einerseits nicht, vorgegebene Unterschiede auszugleichen mit dem Ziel, eine Wettbewerbsgleichheit herzustellen. Er verwehrt es dem Gesetzgeber andererseits aber, durch finanzielle Zuwendungen bestehende faktische Ungleichheiten der Wettbewerbschancen zu verschärfen.541 b) Konsequenzen für die Erhebung und Zahlung der Mandatsträgerbeiträge Aus den aufgeführten Maßgaben lässt sich weder folgern, dass den Parteien die Erhebung von Mandatsträgerbeiträgen verboten ist, noch lassen sie den Schluss zu, dass die Abgeordneten diese Beiträge nicht zahlen dürfen. Aus den Geboten der September 1991); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 304 f. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 76; Starck, in: von Mangoldt/Klein/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2010, Art. 3 Rn. 40; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 131 f.; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 122. Zur Ableitung aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 2 GG siehe von Arnim, DÖV 1984, 85 (87); Böckenförde, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, 3. Aufl., 2004, § 24 Rn. 44. Zur Herleitung aus dem Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 21 GG im Hinblick auf Wahlen und im Übrigen allein aus Art. 3 Abs. 1 GG siehe Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 88. 539 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (116); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (89); BVerfG, Urt. v. 24. 1. 1984 – 2 BvH 3/83, BVerfGE 66, 107 (114); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (89); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (297). 540 BVerfG, Beschl. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51 (64 f.); BVerfG, Urt. v. 29. 9. 1990 – 2 BvE 1/90, 2 BvE 3/90, 2 BvE 4/90 und 2 BvR 1247/90, BVerfGE 82, 322 (337); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (297). 541 BVerfG, Beschl. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51 (65 ff.); BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (118); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (89); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (88 f.); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (297); BVerfG, Urt. v. 26. 10. 2004 – 2 BvE 1/02 und 2 BvE 2/02, BVerfGE 111, 382 (398).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien kann wiederum nur abgeleitet werden, dass die Einrechnung der Sonderbeiträge bei der Bemessung der Diäten unzulässig ist. aa) Verbot der Beitragserhebung für die Parteien Ein Verbot der Erhebung der Mandatsträgerbeiträge kann aus den Geboten der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der Parteien nicht hergeleitet werden, weil diese Grundsätze sich ausschließlich an den Staat richten und diesen gegenüber den Parteien zu einem bestimmten Handeln bzw. Unterlassen verpflichten. Der Staat muss gewährleisten, dass seine Regelungen zur Parteienfinanzierung nicht eine Entwurzelung der Parteien aus dem gesellschaftlichen Bereich bewirken oder einzelne Parteien gegenüber anderen Parteien bevorteilen. Die Parteien sind hingegen Begünstigte der genannten Grundsätze und können aus ihnen selbst Rechte gegenüber dem Staat geltend machen. Verpflichtungen oder Verbote, die auf das privatrechtliche Verhältnis zwischen Partei und Parteimitglied einwirken, können den Parteien daraus nicht erwachsen.542 Somit ist die Verpflichtung zur Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen, die in den Satzungen der Parteien verankert ist, aufgrund dieser Gebote nicht zu beanstanden. bb) Verbot der Abführung von Diäten an die Parteien Ähnliches gilt zunächst einmal auch für die Abgeordneten. Sie sind als Abgeordnete ebenso wie die Parteien keine Adressaten der Gebote der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der Parteien. Allerdings sind sie anders als die Parteien in die organisierte Staatlichkeit eingebunden und daher bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben an die für den Staat geltenden Grundsätze gebunden.543 Es widerspricht der Mandatsfreiheit nicht, dass der einzelne Abgeordnete an Gesetz und Recht gebunden ist und bleibt. Er ist deshalb nicht nur an die verfassungsrechtlichen, geschäftsordnungsrechtlichen und gesetzlichen Verfahrens- und Ordnungsvorschriften gebunden, sondern auch an das allgemein geltende materielle Recht, sofern nicht Sondervorschriften des Parlamentsrechts greifen und solange nicht die Änderung gerade dieser Gesetze im Bundestag beraten und beschlossen wird.544 Dies gilt vor allem für den Bereich der Gesetzgebung, aber ebenso bei der Ausgabe staatlicher Mittel. Um die Gebote der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien durch die Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen in irgendeiner Weise beeinträchtigen zu können, müsste sich der Geldfluss zwischen dem Mandatsträger und seiner Partei dementsprechend als ein Geldfluss zwischen dem Staat und der Partei erweisen. 542
Siehe zu diesem Aspekt Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). Vgl. zu den Pflichten des Abgeordneten Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 222 ff. (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 544 Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 61a. 543
146
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Dieser Geldfluss wird von einem Teil der Literatur darin erblickt, dass der Abgeordnete die Mandatsträgerbeiträge aus seinen Abgeordnetendiäten abführt. Und diese Mittel seien aufgrund ihrer Herkunft öffentliche Mittel.545 Diese Argumentation setzt zwei Prämissen voraus. Erstens müssten die Mandatsträgerbeiträge zwingend aus den Mitteln stammen, die der Abgeordnete als Abgeordnetenentschädigung erhalten hat. Sofern er die Beiträge aus seinem sonstigen Vermögen leistet, welches er beispielsweise aus Nebentätigkeiten erzielt hat, ist dies verfassungsrechtlich nämlich unproblematisch.546 Und zweitens müssten die Diäten nach ihrer Auszahlung an den Abgeordneten weiterhin staatliche Mittel darstellen. Es mag zwar Indizien dafür geben, dass die Mandatsträgerbeiträge auf eine Teilabschöpfung der Diäten abzielen. So spricht etwa die Bemessung der Sonderbeitragshöhe anhand eines Prozentsatzes der Diäten, die von einigen Parteien praktiziert wird547, für eine solche Zielsetzung der Sonderbeitragsforderungen. Ebenso ließe sich für eine solche Verknüpfung anführen, dass Abgeordnete mit hohem Nebeneinkommen keine höheren Beiträge leisten müssen.548 Allerdings kann dieser Praxis der Parteien gleichermaßen die Überlegung zugrunde liegen, dass die Abgeordnetenentschädigung das Mindesteinkommen eines jeden Abgeordneten darstellt und dass der Beitrag für alle Abgeordneten gleich hoch sein soll. Zudem würde der Nachweis dieser Verknüpfungsabsicht noch nicht belegen, dass die Abgeordneten die Sonderbeiträge tatsächlich aus ihren Diäten zahlen. Solange die Abgeordneten nicht über die Verwendung ihrer Entschädigung Rechenschaft ablegen und ihre Ausgaben protokollieren müssen549, wird sich eine eindeutige Zuordnung der Mandatsträgerbeiträge zu den Diäten letztlich nicht zweifelsfrei feststellen lassen.550
545 So die Argumentation von von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); B. Becker, ZParl 1996, 377 (382); Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 290; Drysch, NVwZ 1994, 218 (223); Roth, AöR 129 (2004), 219 (246 f. mit Fn. 120). Ebenso bereits Rabus, AöR 78 (1952/1953), 163 (190) und im Anschluss daran Leibholz, Strukturprobleme der modernen Demokratie, 3. Aufl., 1967, S. 129. 546 Dazu Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a. 547 Vgl. hierzu etwa die Regelungen betreffend die Mandatsträgerbeiträge der Grünen oder der CDU in Niedersachsen. Dazu bereits oben unter § 2 A. II. 5. bzw. § 2 A. IV. 2. b) aa). 548 So Roth, AöR 129 (2004), 219 (246 Fn. 120). 549 Vgl. hierzu Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655, der zu bedenken gibt, dass eine Rechnungslegungspflicht der Abgeordneten mit der verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre der Abgeordneten kollidieren würde. 550 Ebenso Welti, DÖV 2001, 705 (711). Das gilt insbesondere für die Abgeordneten in den Teilzeitparlamenten der Stadtstaaten. Sie gehen regelmäßig neben der Mandatstätigkeit noch einem Beruf nach. Ob sie die Mandatsträgerbeiträge aus der Abgeordnetenentschädigung oder ihrem sonstigen Einkommen leisten, ist praktisch nicht feststellbar. Zu den rechtlichen Besonderheiten in den Stadtstaaten siehe bereits oben unter § 2 B. II. 2. b).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
147
Es kommt entscheidend hinzu, dass die Diäten nach ihrer Auszahlung eben gerade nicht weiter als staatliche Mittel bewertet werden können. Wie bereits oben551 dargelegt, sind die Diäten nur so lange als öffentliche Mittel anzusehen, bis sie in den Besitz des einzelnen Abgeordneten gelangt sind und in dessen Vermögen aufgehen.552 Von diesem Zeitpunkt an sind sie uneingeschränkt dem privaten Lebensbereich des Abgeordneten zuzuordnen, und es bleibt der Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten überlassen, welchen finanziellen Verpflichtungen er sich im Einzelnen unterwerfen will.553 Denn die Diäten gelangen ohne Zweckbindung in das Privatvermögen des Abgeordneten und unterliegen damit seiner vollen privaten Verfügungsgewalt.554 Nur unter dieser Voraussetzung können sie überhaupt als Ersatz für das Einkommen angesehen werden, das dem Abgeordneten durch die Mandatstätigkeit und den damit verbundenen Verzicht auf anderweitige Erwerbstätigkeit entgeht. Über das Einkommen aus anderweitiger Erwerbstätigkeit könnte er nämlich ebenso frei verfügen. Der lediglich mittelbare Bezug zwischen der staatlichen Herkunft der Abgeordnetenentschädigung und dem Mandatsträgerbeitrag ist zu vage, um mit dem Gebot der Staatsferne politischer Parteien zu kollidieren.555 Mithin sind die Gebote der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der Parteien durch den Vorgang der Zahlung der Mandatsträgerbeiträge von Seiten der Abgeordneten gar nicht betroffen. Hier werden den Parteien nicht staatliche, sondern private Mittel zugeleitet. Um dies deutlich hervorzuheben und nicht zuletzt um einen anderen Eindruck in der Öffentlichkeit zu verhindern, wäre es sinnvoll, dass die Diäten von den Parlamentsverwaltungen in voller Höhe an die Abgeordneten ausgezahlt und nicht teilweise direkt an die Parteien abgeführt werden. Soweit die Direktzahlung an die Parteien jedoch auf einer individuellen Ermächtigung des Abgeordneten beruht, ist gegen diese Vorgehensweise aus rechtlicher Sicht nichts zu erinnern.556
551
Siehe unter § 2 B. III. 2. b) bb) (1). So auch Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 143 f.; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 553 Ebenso Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713 f.); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655 f.; Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22 f.; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Schwarz, in: Kersten/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (289); Welti, DÖV 2001, 705 (711). 554 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153 (154). 555 So auch Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6; Schwarz, in: Kersten/ Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26. 556 Wie hier Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6. Siehe zur Zahlungspraxis bereits oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b). 552
148
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
cc) Verbot der Einrechnung in die Diäten Allerdings sind die Abgeordneten bei der Festlegung der Diäten als Gesetzgeber an die hier in Rede stehenden Grundsätze gebunden. Daraus folgt, dass sie bei dieser Festlegung die Grenzen der verfassungsrechtlich zulässigen staatlichen Parteienfinanzierung achten müssen. Einzelne Parteien dürfen demnach wegen des Grundsatzes der Chancengleichheit nicht bevorzugt und die Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft wegen des Grundsatzes der Staatsfreiheit nicht gefährdet werden. Diese Maßgaben wären beeinträchtigt, wenn die Abgeordneten bei der Berechnung der Höhe der Diäten die zu leistenden Mandatsträgerbeiträge mit einrechneten, wenn dabei also nicht allein der Bedarf an Lebensunterhalt bzw. der reale mandatsbedingte Aufwand zugrunde gelegt würde. Entsprechende Vermutungen werden in der Literatur557 oftmals und teilweise nahezu feststellend geäußert. In diesem Fall riefen die Abgeordneten tatsächlich nur staatliche Mittel ab, um sie anschließend den Parteien zukommen zu lassen. Dadurch würden nicht im Parlament vertretene Parteien benachteiligt, weil sie nicht in den Genuss dieser staatlichen Mittel kommen könnten.558 Zudem befinde sich diese Form der staatlichen Parteienfinanzierung außerhalb der durch das Parteiengesetz vorgesehenen und verfassungsrechtlich zulässigen Teilfinanzierung. Es handele sich vielmehr eine Art verdeckte Parteienfinanzierung, die es verfassungsrechtlich zu verhindern gilt.559 Wie oben560 bereits eingehend erörtert wurde, ist jedoch die Einrechnung der Mandatsträgerbeiträge in die Diäten ebenso wenig nachweisbar wie die gezielte 557
Siehe von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); derselbe, ZRP 2007, 223 (224); von Beyme, Die politische Klasse im Parteienstaat, 2. Aufl., 1995, S. 173; Kunig, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 114; Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 99 und 278; dieselbe, in: Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 61 (62); Lediger, Die Entschädigung der Bundestagsabgeordneten, 2001, S. 62; Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255 f.; Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 72 f.; Schleth, Parteifinanzen, 1973, S. 153; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (427). Zumindest Indizien hierfür sehen Schulze-Fielitz, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 48 Rn. 27; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194; Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 46. 558 So der Einwand von Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 375; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 194; Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (430 ff.). 559 Hierauf stellen ab von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 123 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 316; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071); B. Becker, ZParl 1996, 377 (382); Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 99 und 278; dieselbe, ZParl 1992, 445 (446); dieselbe, in: Tsatsos (Hrsg.), Politikfinanzierung in Deutschland und Europa, 1997, S. 61 (62); Lösche, Wovon leben die Parteien?, 1984, S. 72 f.; Schleth, Parteifinanzen, 1973, S. 153 f. 560 Siehe unter § 2 B. III. 2. a) cc).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
149
Abführung der Diäten an die Parteien.561 Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Gesetzgeber vom Bundesverfassungsgericht562 bei der Bemessung der Diäten ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt wurde.563 Abgesehen davon waren die parlamentarischen Verfahren zur Ermittlung der Entschädigungshöhe in der Vergangenheit regelmäßig transparent gestaltet. Und dennoch ist keine unzulässige Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge an irgendeiner Stelle ersichtlich. Zudem divergiert die Höhe der Mandatsträgerbeiträge unter den Parteien sehr stark, so dass die Beiträge gar nicht einheitlich parteiübergreifend in die Berechnung mit aufgenommen werden könnten.564 Solange nicht der Gegenbeweis gelingt, ist demnach davon auszugehen, dass die Abgeordneten sich bei der Bemessung der Diäten an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts565 aus dem Diätenurteil halten, nach denen die Diäten einer Mitfinanzierung der Partei oder Fraktion nicht zu dienen haben. Anderenfalls wäre weder die Erhebung der Mandatsträgerbeiträge noch die Zahlung dieser Beiträge verfassungswidrig, sondern allein die Bemessung der Diäten.566 c) Exkurs: Konsequenzen für die staatliche Teilfinanzierung der Parteien Ganz anders verhält es sich mit der Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge im Rahmen der staatlichen Parteienfinanzierung. Hier fließen die Beiträge in mehrfacher Hinsicht mit ein. Diese Begünstigung der Mandatsträgerbeiträge auf „sekundärer Ebene“ ist mit den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Parteienfinanzierungsentscheidung vom 9. April 1992 nicht vereinbar und verletzt die Gebote der Chancengleichheit und der Staatsfreiheit der Parteien.
561
Ebenso kritisch hinsichtlich dieser Annahme Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 7; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). Letztlich wohl auch Volkmann, Politische Parteien und öffentliche Leistungen, 1993, S. 46 mit Fn. 116. Mit Hinweis auf die Gesetzgebungsmaterialien von der Nicht-Berücksichtigung ausgehend bereits Henkel, DÖV 1977, 350 (354). 562 BVerfG, Beschl. v. 30. 9. 1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256 (341 f.); BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (236 ff.). Ebenso auch schon das Sondervotum von Seuffert, in: BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 330 (338 f.). 563 Ebenso Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (290). 564 So auch Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 7; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321). 565 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. 566 So auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291).
150
§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
aa) Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der staatlichen Teilfinanzierung Die Mandatsträgerbeiträge werden zum einen nach den Vorschriften des Parteiengesetzes bei der Verteilung der den Parteien zur Verfügung stehenden Mittel berücksichtigt. Zum anderen führen sie bei den Mandatsträgern aufgrund der Regelungen des Einkommensteuergesetzes zu einer geringeren steuerlichen Belastung. Sie spielen demnach sowohl bei der unmittelbaren als auch bei der mittelbaren staatlichen Parteienfinanzierung eine Rolle. (1) Unmittelbare staatliche Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG Die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge bedingt, dass die Parteien zusätzliches Geld aus der Staatskasse beziehen. Denn die Summe der Mandatsträgerbeiträge bildet gemäß § 18 Abs. 1 S. 2 PartG unter anderem einen Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel.567 Konkret bedeutet dies, dass die Parteien jährlich für jeden von einer natürlichen Person zugewendeten Euro im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung 0,38 Euro aus der Staatskasse erhalten (§ 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG). Dies gilt für sämtliche Zuwendungen, d. h. Mitglieds- oder Mandatsträgerbeiträge oder rechtmäßig erlangte Spenden, bis zu einer Höhe von insgesamt 3.300 Euro je natürliche Person. Somit kann jedes Parteimitglied durch seine Zuwendungen bewirken, dass aus dem Staatshaushalt zusätzlich bis zu 1.140 Euro pro Jahr in die Parteikasse fließen. (2) Mittelbare staatliche Parteienfinanzierung nach §§ 10b Abs. 2, 34g EStG Die Mandatsträgerbeiträge führen überdies für den jeweiligen Abgeordneten zu einer geringeren steuerlichen Belastung, da sie als Zuwendung an eine politische Partei gemäß §§ 34g und 10b Abs. 2 EStG absetzbar sind. Zuwendungen an Parteien werden gemäß § 10b Abs. 2 S. 2 EStG vorrangig nach § 34g EStG behandelt. Danach führen sie zu einer Reduzierung der Steuerschuld um die Hälfte des zugewendeten Betrages, wobei als solcher maximal ein Betrag von jährlich 1.650 Euro (im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten ein Betrag von 3.300 Euro) Berücksichtigung findet. Demnach werden bis zu 825 Euro (im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zu 1.650 Euro) von der Steuerschuld abgezogen. Übersteigt die Summe der Zuwendungen diese Höchstbeträge, so können sie im Übrigen gemäß § 10b Abs. 2 S. 1 EStG als Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden. Auch hier gibt es allerdings die kalenderjährliche Obergrenze 567 Die Mandatsträgerbeiträge finden in § 18 Abs. 1 S. 2 PartG erst seit dem Neunten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I 2004, S. 3673) explizite Erwähnung. Auch zuvor sind Mandatsträgerbeiträge aber bei der Ermittlung eingeworbener Mittel berücksichtigt worden. Die Neuregelung sollte nur der Klarstellung dienen, dass Mandatsträgerbeiträge neben Spenden und Mitgliedsbeiträgen auch zur Gesamtheit der Zuwendungen gehören, die den Maßstab für die Verteilung staatlicher Mittel bilden. Siehe dazu die Begründung des Gesetzentwurfes auf BT-Drucks. 15/4246, S. 6.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
151
von 1.650 Euro bzw. 3.300 Euro für zusammen veranlagte Ehegatten. Insgesamt ergeben sich somit erhebliche steuerliche Vorteile für Zuwendungen an Parteien bis zu einer Höhe von 3.300 Euro bzw. 6.600 Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten. bb) Zulässige staatliche Parteienfinanzierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992 Die gesetzlichen Regelungen zur staatlichen Teilfinanzierung der Parteien müssen im Einklang stehen mit dem Urteil568 des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992. In diesem Urteil hat das Gericht aus dem Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien hinsichtlich des Umfangs einer allgemeinen staatlichen Parteienfinanzierung und in Bezug auf die Kriterien der Mittelverteilung bestimmte Maßgaben abgeleitet, die zugleich dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien Rechnung tragen.569 Diese Maßgaben betreffen unter anderem570 die – hier in Rede stehenden – Bezugsgrößen, nach denen die den Parteien zufließenden staatlichen Mittel zu verteilen sind.571 Außerdem hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Urteil auch Grenzen für eine mittelbare staatliche Parteienfinanzierung aufgezeigt, welche
568
BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (288 ff.). 570 Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht vorgegeben, dass eine relative Obergrenze festzulegen sei, bis zu der einer Partei bezogen auf ihre Gesamteinnahmen staatliche Mittel zufließen dürften. Siehe dazu BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (289 f.) Des Weiteren müsse eine absolute Obergrenze des Gesamtvolumens staatlicher finanzieller Zuwendungen an alle Parteien statuiert werden. Hierzu BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (290 ff.). Durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) in der Neufassung des Parteiengesetzes vom 31. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 149) ist die relative Obergrenze in § 18 Abs. 5 S. 1 PartG verankert worden, und die absolute Obergrenze wurde in § 18 Abs. 2 PartG festgelegt auf 230 Millionen DM (umgerechnet ungefähr 117,6 Millionen Euro). Die absolute Obergrenze wurde zunächst durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 17. Februar 1999 (BGBl. I 1999, S. 146) auf 245 Millionen DM (umgerechnet etwa 125,3 Millionen Euro) erhöht. Mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2268) ist der Betrag sodann auf die Währung „Euro“ umgestellt und auf 133 Millionen Euro angehoben worden. Schließlich wurde die Obergrenze (bislang letztmalig) durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 23. August 2011 (BGBl. I 2011, S. 1748) für das Jahr 2011 auf 141,9 Millionen Euro und für das Jahr 2012 auf 150,8 Millionen Euro erhöht. Bei den Steigerungen orientierte sich der Bundestag jeweils an der Entwicklung des Preisindexes der für eine Partei typischen Ausgaben (sog. parteienspezifischer Preisindex). Der parteienspezifische Preisindex wurde durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes als Richtgröße für die Anpassung gesetzlich festgeschrieben, und zwar in § 18 Abs. 6 S. 2 PartG der damaligen Fassung. Mit dem Zehnten Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes wurde das Erfordernis eines Bundestagsbeschlusses über die Anpassung (§ 18 Abs. 6 PartG a. F.) nunmehr aufgehoben. Ab dem Jahr 2013 erhöht sich die absolute Obergrenze qua Gesetz jährlich abhängig von der Entwicklung des parteienspezifischen Preisindexes (§ 18 Abs. 2 S. 3 PartG). 571 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292 ff.). 569
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
durch den staatlichen Steuerverzicht bei Zuwendungen Privater an die Parteien erfolgt.572 (1) Verteilungskriterien für die verfügbaren staatlichen Mittel Nach der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist für die Verteilung der den Parteien zur Verfügung gestellten Mittel der Erfolg ausschlaggebend, den eine Partei erstens beim Wähler, zweitens bei der Summe der Mitgliedsbeiträge sowie drittens beim Umfang der von ihr eingeworbenen Spenden erzielt.573 Diese drei Verteilungskriterien begegnen der Gefahr, dass politische Parteien sich von ihren Mitgliedern oder den ihre Politik unterstützenden Teilen der Bürgerschaft entfremden oder von ihnen lösen oder dass unmittelbare Abhängigkeiten vom Staat entstehen und damit Möglichkeiten staatlicher Einflussnahme auf die Parteien begründet werden. Ein diesen Anforderungen entsprechendes staatliches Finanzierungssystem verstärkt die Anstrengungen einer Partei, sich um Zustimmung und aktive sowie finanzielle Unterstützung in der Bevölkerung zu bemühen und damit die erwünschte Einbeziehung des Volkes in die politische Willensbildung zu fördern. Ein System staatlicher Parteienfinanzierung, das diesen Vorgaben genügt, führt dazu, dass die Entscheidung darüber, ob eine Partei staatliche Leistungen erhält und in welchem Umfang dies geschieht, nach gesetzlich vorbestimmten Regeln beim Bürger selbst verbleibt. Auf der anderen Seite genügt es ebenfalls dem Anspruch, die autonome Entscheidung der Parteien über ihre innere Struktur und die Strategie, mit der sie den größtmöglichen Erfolg bei den Wählern erzielen wollen, möglichst wenig zu beeinflussen.574 Mit welchem Anteil die genannten Verteilungskriterien in den einheitlichen Verteilungsmaßstab eingehen, hat das Bundesverfassungsgericht hingegen der Entscheidung des Gesetzgebers überlassen.575 Allerdings dürfen, soweit das Spenden- und Beitragsaufkommen der Parteien Berücksichtigung findet, anders als bei der Bestimmung der relativen Obergrenze nur Zuwendungen in einer Größenordnung berücksichtigt werden, wie sie alle Parteien ungeachtet ihrer politischen Zielvorstellungen verzeichnen und von den Beziehern durchschnittlicher Einkünfte auch geleistet werden können. Sonst wären die Chancengleichheit der Parteien und 572
BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (312 ff.). BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292). Diese Maßgabe wurde durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) in der Neufassung des Parteiengesetzes vom 31. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 149) als Grundsatz der staatlichen Parteienfinanzierung in § 18 Abs. 1 S. 2 PartG niedergelegt. 574 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292 f.). 575 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292). Der Gesetzgeber regelte den Verteilungsmaßstab inklusive der Gewichtung der einzelnen Verteilungskriterien durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) in der Neufassung des Parteiengesetzes vom 31. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 149) in § 18 Abs. 3 und Abs. 4 PartG. 573
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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das Recht der Bürger auf gleiche Teilhabe am politischen Willensbildungsprozess beeinträchtigt.576 Ebenso muss bei dem Kriterium des durch Wählerstimmen abgebildeten Erfolges einer Partei dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber darf die Zuwendung staatlicher Mittel an eine Partei zwar an die Bedingung knüpfen, dass sie einen Mindestanteil an Stimmen erreicht, der die Ernsthaftigkeit ihres Bemühens um einen Wahlerfolg und damit um die Verwirklichung eines politischen Programms belegt. Dieser Mindeststimmenanteil muss allerdings erheblich unter der Grenze von fünf Prozent liegen. Anders als im Wahlrecht, in dem Regelungen wie die Sperrklausel mit Blick auf die Funktionsfähigkeit der Parlamente einer Zersplitterung der Wählerstimmen entgegenwirken sollen und daher verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich sind, würde eine solch hohe Grenze an dieser Stelle neu entstehenden und kleineren Parteien den Eintritt in den politischen Wettbewerb über die Maßen erschweren.577 (2) Mittelbare Parteienfinanzierung durch staatlichen Steuerverzicht Die mittelbare staatliche Parteienfinanzierung, welche durch den staatlichen Steuerverzicht bei Zuwendungen Privater an die Parteien erfolgt, wird nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts einerseits von dem Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung und andererseits von dem Grundsatz der Chancengleichheit determiniert.578 Das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe ist durch den staatlichen Steuerverzicht dann verletzt, wenn bei einer gleichhohen Parteispende Personen mit einem höherem zu versteuerndem Einkommen wegen des für sie maßgeblichen Grenzsteuersatzes eine erheblich umfangreichere „Spendenbeteiligung“ des Staates erzielen können als Bürger mit mittlerem oder niedrigerem Einkommen.579 Für die Chancengleichheit der Parteien bedeutete dies, dass Parteien, die mit ihrem Programm einkommensstarke Bevölkerungskreise ansprechen, gegenüber anderen Parteien bevorzugt würden.580 Der Staat verfälscht durch die steuerliche Begünstigung von Spenden an politische Parteien folglich deren vorgefundene Wettbewerbslage, wenn dadurch Parteien bevorzugt werden, die eine größere Anziehungskraft auf Steuerpflichtige mit hohen 576 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (293). Der jährlich maximal berücksichtigungsfähige Betrag wurde durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) in der Neufassung des Parteiengesetzes vom 31. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 149) in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG festgelegt auf 6.000 DM (entspricht ungefähr 3.068 Euro) je natürliche Person. Siehe dazu auch BT-Drucks. 12/5774, S. 14. 577 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (293 f.). 578 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (315). Ebenso bereits BVerfG, Beschl. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51 (65 ff.); BVerfG, Urt. v. 3. 12. 1968 – 2 BvE 1/67, 2 BvE 3/67 und 2 BvE 5/67, BVerfGE 24, 300 (358 ff.); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (88); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (71). 579 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (313 f.). 580 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (314).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Einkünften ausüben als andere Parteien.581 Die verfassungsrechtliche Grenze einer zulässigen steuerlichen Begünstigung von Beiträgen und Spenden an politische Parteien verläuft mithin da, wo sie ein Ausmaß erreicht, das geeignet ist, die vorgegebene Wettbewerbslage zwischen den Parteien in einer ernsthaft ins Gewicht fallenden Weise zu verändern. Diese Grenze ist nicht erreicht, wenn die steuerliche Begünstigung von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen in gleicher Weise genutzt werden kann.582 Aufgrund dieser Aspekte erklärte das Bundesverfassungsgericht zum einen die steuerliche Begünstigung von Spenden, die Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne von § 1 Abs. 1 KStG den Parteien zuwenden, für verfassungswidrig. Denn die Begünstigung von Spenden dieser juristischen Personen verschafft denjenigen natürlichen Personen, die hinter den juristischen Personen stehen, eine zusätzliche Möglichkeit vom Staat geförderter Einflussnahme auf die politische Willensbildung, die anderen Bürgern vorenthalten bleibt.583 Zum anderen erlaubte das Gericht die Gewährung steuerlicher Vorteile für Zuwendungen natürlicher Personen auch nur insoweit, als diese Zuwendungen in einer Größenordnung verbleiben, die für den durchschnittlichen Einkommensempfänger erreichbar ist.584 581 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (313). Siehe ferner BVerfG, Beschl. v. 24. 6. 1958 – 2 BvF 1/57, BVerfGE 8, 51 (65 ff.); BVerfG, Urt. v. 3. 12. 1968 – 2 BvE 1/67, 2 BvE 3/67 und 2 BvE 5/67, BVerfGE 24, 300 (358 f.); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (88 ff.); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 1 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (89). 582 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (313). Ähnlich bereits BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (91). 583 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (315). Infolgedessen erklärte das Bundesverfassungsgericht § 9 Nr. 3 lit. b) und c) KStG in der damals geltenden Fassung für verfassungswidrig. 584 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (316). Aus diesem Grunde erklärte das Bundesverfassungsgericht die Regelung in § 10b Abs. 2 EStG in der seinerzeit geltenden Fassung für verfassungswidrig. Sie erlaubte die steuerliche Abzugsfähigkeit von Mitgliedsbeiträgen und Spenden an politische Parteien bis zur Höhe von 60.000 DM im Kalenderjahr, bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten bis zu 120.000 DM. Die Regelung des § 34g EStG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I 1983, S. 1577), die eine Steuerermäßigung auf Zuwendungen begrenzten Umfangs beschränkte und ihre Höhe unabhängig vom Steuersatz bemaß, entsprach nach Auffassung des Gerichts demgegenüber den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Nach dieser Vorschrift ermäßigte sich bei Steuerpflichtigen, die Ausgaben zur Förderung staatspolitischer Zwecke leisteten, die tarifliche Einkommensteuer um 50 Prozent der Ausgaben, höchstens um 600 DM, im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten höchstens um 1.200 DM. Zuwendungen an politische Parteien führten mithin bei ledigen Steuerpflichtigen bis zu einem Höchstbetrag von 1.200 DM und bei Verheirateten bis zu einem Betrag von 2.400 DM zu einer Verminderung der Einkommensteuerschuld in Höhe von jeweils der Hälfte der geleisteten Ausgaben. Die Grenzbeträge in § 10b Abs. 2 EStG wurden daraufhin durch Art. 4 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142) herabgesetzt auf 3.000 DM (ca. 1.534 Euro) bzw. 6.000 DM (ca. 3.068 Euro) bei zusammen veranlagten Ehegatten. In diesem Zuge wurden die Höchstbeträge der Steuerermäßigung in § 34g EStG heraufgesetzt auf 1.500 DM (ca. 767 Euro) bzw. 3.000 DM (ca. 1.534 Euro) bei
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cc) Verfassungsrechtliche Bedenken Gegen die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien werden in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Erstens wird bemängelt, dass die Mandatsträgerbeiträge keinen tauglichen Indikator für die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft darstellten und daher im Sinne der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts585 nicht als Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel (§ 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG) heranzuziehen seien.586 Zweitens wird vorgetragen, dass die Grenze der steuerrechtlichen Berücksichtigung nach §§ 10b Abs. 2, 34g EStG mit 3.300 Euro bzw. 6.600 Euro viel zu hoch angesetzt sei587 und dass diese Höhe nur eine Folge des steuerlichen Eigeninteresses der Abgeordneten darstelle.588 Der Rahmen möglicher Zuwendungen eines durchschnittlichen Einkommensempfängers, welcher laut der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts589 die verfassungsrechtliche Grenze für die steuerliche Begünstigung bilde, sei an dieser Stelle überschritten. Es ginge den Abgeordneten daher bei der Festlegung dieser Grenze nur um die steuerliche Begünstigung der eigenen Beiträge. In ähnlicher Weise wird bezweifelt, dass sich der ebenfalls auf 3.300 Euro festgesetzte Höchstbetrag in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG noch im Bereich der Leistungsfähigkeit der Bezieher durchschnittlicher Einkommen bewegt.590 Auch hierbei gilt nach den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts der Rahmen möglicher Zuwendungen eines durchschnittlichen Einkommensempfängers als verfassungsrechtliche Grenze.591 Schließlich wird drittens moniert, dass zusammen veranlagten Ehegatten. Siehe dazu näher die Gesetzesbegründung auf BT-Drucks. 12/5774, S. 19 f. 585 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292 f.). 586 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 317; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1073); Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 189 f. und 290; Koch, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 18 Rn. 10; Launhardt, MIP 1999, 37 (50); Lenz, ZRP 2001, 297 (302); derselbe, NVwZ 2002, 769 (775); Naßmacher, APuZ B 16/2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26). Allgemeine Bedenken gegen die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge im Rahmen der Zuwendungen nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG formulieren auch B. Becker, ZParl 1996, 377 (382); Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 537 f. in Fn. 110. 587 Drysch, NVwZ 1994, 218 (222 f.); Herud, PVS 2001, 492 (499); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 137; Launhardt, MIP 1999, 37 (50); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 99; H.-P. Schneider, in: Nahamowitz/Breuer (Hrsg.), Politik – Verfassung – Gesellschaft, 1995, 335 (345); Schütte, ZParl 1994, 262 (263 f.). 588 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73 f. und 318 f.; derselbe, Das System, 2001, S. 101; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1070 ff.); derselbe, DÖV 2007, 221 (224); Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Kaltefleiter/Naßmacher, ZParl 1994, 253 (258); Naßmacher, APuZ B 16/2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26); Sendler, NJW 1994, 365 (366). 589 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (316). 590 Koch, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 18 Rn. 30. 591 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (293).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
sich durch die doppelte staatliche Privilegierung der Mandatsträgerbeiträge der Druck auf die Abgeordneten erhöhe, die Beiträge zu zahlen.592 (1) Verfassungswidrigkeit der Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge im Rahmen des § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG Es erscheint in der Tat von vornherein zweifelhaft, dass das Mandatsträgerbeitragsaufkommen die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft indizieren soll und infolgedessen als Maßstab für die Verteilung der staatlichen Mittel dienen kann. Dagegen spricht bereits, dass die Mandatsträgerbeiträge aufgrund einer satzungsrechtlichen Verpflichtung geleistet werden. Es liegt nicht nahe, in der Einnahme von rechtlich erzwingbaren Beiträgen die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft zu erkennen.593 Allerdings werden die regulären Mitgliedsbeiträge ebenfalls auf Grundlage der Parteisatzungen abverlangt und stellen dennoch unbestritten594 ein Indiz für die Verwurzelung der Partei in der Gesellschaft dar. Der Umstand der Obligation zu derartigen Beiträgen an sich widerspricht noch nicht der Tauglichkeit als Maßstab für die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft. Jedoch gebietet ein Vergleich der Rückschlüsse, die aus der Höhe des Mitgliederbeitragsaufkommens einerseits und der Höhe des Mandatsträgerbeitragsaufkommens andererseits zu folgern sind, eine unterschiedliche Beurteilung dieser Beitragsformen. Obgleich die regulären Mitgliedsbeiträge nicht für jedes Parteimitglied gleich hoch sind595, bildet die Höhe der Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen mittelbar in etwa die Zahl der Mitglieder einer Partei ab. Die Zahl der Mitglieder einer Partei ist ein deutlicher Ausdruck für die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft. Demgegenüber spiegelt die Höhe des Aufkommens an Mandatsträgerbeiträgen mittelbar die Zahl der Mandatsträger wider. Und die Zahl der Mandatsträger gibt den Erfolg einer Partei bei Wahlen und damit die Unterstützung einer Partei aus der Gesellschaft wieder.596 Der Wahlerfolg einer Partei wird jedoch im 592 von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 317 f.; Launhardt, MIP 1999, 37 (50); Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 537 f. in Fn. 110. 593 So von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 317. 594 Vgl. nur die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Verteilung der staatlichen Mittel zur Parteienfinanzierung in BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292 f.). 595 Die Höhe des Mitgliedsbeitrages ist nach den Finanz- und Beitragsordnungen der Parteien in der Regel gestaffelt nach dem (selbst eingeschätzten) Einkommen des Parteimitgliedes. Siehe § 1 Abs. 1 Finanzordnung der CSU (Stand: 19. 11. 2004); § 8 Abs. 2 der Finanzund Beitragsordnung der FDP (Stand: 5. 5. 2005); § 1 Abs. 1 Finanzordnung der SPD (Stand: 14. 11. 2009); Ziff. 6 Beitrags- und Kassenordnung der Partei Bündnis 90/Die Grünen (Stand: 8. 5. 2009); § 2 Abs. 2 i.V.m. der Beitragstabelle Bundesfinanzordnung der Partei Die Linke (Stand: 25. 3. 2007). Außerdem werden Vergünstigungen für bestimmte Personengruppen vorgesehen, wie etwa Geringverdiener, junge Parteimitglieder und Familien. Dazu z. B. § 1 Abs. 2 und 4 FO CSU; § 8 Abs. 3 FBO FDP; § 1 Abs. 2 FO SPD. 596 Hans H. Klein sieht dagegen in der Zahl der Mandatsträger den zuverlässigsten Ausdruck der Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft. Siehe Klein, in: Bundespräsidialamt
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung bereits berücksichtigt, indem eine Partei gemäß § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 oder 2 PartG Mittel für jede für sie abgegebene Stimme erhält. Es leuchtet nicht ein, warum der Wahlerfolg durch die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der Zuweisung der Mittel nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG nochmals abgegolten werden soll.597 Ferner kann gegen die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge vorgebracht werden, dass es sich bei den Mandatsträgerbeiträgen um zusätzliche Leistungen von Inhabern öffentlicher Ämter an ihre Parteien handelt und sie daher nicht als Indikator für die gesellschaftliche Verwurzelung einer Partei angesehen werden können.598 Anders als bei den Mitgliedsbeiträgen zahlen hier nicht Bürger ihre Beiträge an ihre Partei, sondern die Inhaber staatlicher Spitzenämter leisten zusätzliche Beiträge an die Organisationen, die sie unterstützen. Hier besteht die Möglichkeit der Verselbstständigung einer sich zu stark eigenfinanzierenden Politikelite.599 Wenn dieser enge Finanzkreislauf in der Parteispitze aufgrund der Parteienfreiheit zwar nicht unterbunden werden kann, so darf er aus Gründen der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien aber nicht durch Zuschüsse aus der Staatskasse gefördert werden. Die staatliche Bezuschussung dieser Beiträge birgt entgegen den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts600 die Gefahr, dass die Parteien sich von ihren Mitgliedern und den ihre Politik unterstützenden Teilen der Bürgerschaft entfremden und die Entscheidung darüber, ob eine Partei staatliche Leistungen erhält, nicht beim Bürger selbst verbleibt. Die Folge wäre eher eine Entwurzelung der Parteien aus der Gesellschaft als eine Stärkung der Verwurzelung in derselben. Dies alles spricht gegen eine Berücksichtigung des Aufkommens an Mandatsträgerbeiträgen einer Partei bei der zuwendungsbezogenen staatlichen Teilfinanzierung. Vielmehr erscheint die derzeitige Rechtslage nach § 18 PartG verfassungswidrig. (2) Verfassungswidrigkeit der Begünstigungsgrenzen der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG Ebenso sind die in der Literatur geäußerten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Begünstigungsgrenzen berechtigt. Das Bundesverfassungsgericht601 hat hin(Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 159 = BT-Drucks. 14/6711, S. 7. 597 Im Gesetzgebungsverfahren wurde nicht begründet, warum die Mandatsträgerbeiträge durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes (BGBl. I 2002, S. 2268) in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG aufgenommen wurden. Vgl. insbesondere BT-Drucks. 14/8778, S. 14 f. 598 So Koch, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 18 Rn. 10. 599 Siehe dazu Morlok, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 281 = BT-Drucks. 14/6711, S. 75. 600 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (292). 601 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (316).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
sichtlich der Begünstigungsgrenzen vorgegeben, dass bei der Festsetzung dieser Grenzen die Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Einkommensempfängers leitend sein soll. Dieser Maßstab ist richtig. Auf diese Weise ist nämlich gesichert, dass eine Mehrzahl der Steuerpflichtigen die Steuerbegünstigung in annähernd gleichem Maße602 nutzen kann und eine staatliche Bevorteilung von „Großspendern“ mit hohen zu versteuernden Einkünften vermieden wird. Eine derartige Bevorteilung muss ausgeschlossen werden, um die Attraktivität von Zuwendungen an Parteien nicht einseitig für die Unterstützer derjenigen Parteien zu erhöhen, die Steuerpflichtige mit hohen Einkommen besonders ansprechen. Ansonsten käme es zu einer staatlich vermittelten Verzerrung der Wettbewerbslage zwischen den Parteien. Legt man demnach den Maßstab des Bundesverfassungsgerichts zugrunde, so ist der von §§ 10b Abs. 2, 34g EStG aktuell berücksichtigte Maximalbetrag mit 3.300 Euro (bzw. 6.600 Euro) sehr hoch angesetzt. Schließlich setzt dies eine private Zuwendung von durchschnittlich 275 Euro (bzw. 550 Euro) pro Monat voraus. Ob Zuwendungen in dieser Größenordnung von einem Arbeitnehmer, dem derzeit im Schnitt monatlich etwa 1.500 Euro netto zur Verfügung stehen603, geleistet werden können, ist doch äußerst fragwürdig.604 Eine genauere Betrachtung der Entstehungsgeschichte605 der Begünstigungsgrenzen nährt diese Zweifel. Die Grenzen gehen im Grunde auf das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze606 zurück607, mit dem die 602
Aufgrund der Steuerprogression ist der steuerliche Vorteil nicht für alle Spender, die denselben Betrag spenden, gleich hoch. Der tatsächliche Vorteil hängt vielmehr von der individuellen Besteuerung ab. Diese Unterschiede im Hinblick auf den tatsächlichen Steuervorteil werden sich jedoch im komplexen Steuersystem kaum beseitigen lassen. Sie können lediglich durch eine niedrig angesetzte Begünstigungsgrenze eingedämmt werden. 603 Dieser Betrag entspricht dem durchschnittlichen Nettomonatsverdienst eines Arbeitnehmers im Jahre 2009. Siehe Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.14. 604 So auch von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73 f.; derselbe, Das System, 2001, S. 101; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1070); Drysch, NVwZ 1994, 218 (222); Herud, PVS 2001, 492 (499); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 99; Naßmacher, APuZ B 16/2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26); Sendler, NJW 1994, 365 (366). Ebenso schon Breitling, in: Kaase (Hrsg.), Politische Wissenschaft und politische Ordnung, 1986, S. 292 (298). Die von Wedel-Kommission hielt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Grenzbeträge zumindest für gerechtfertigt, empfahl aber letztlich keine Änderung der geltenden Vorschriften. Siehe dazu Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 81 = BT-Drucks. 14/6710, S. 41 f. 605 Vgl. hierzu eingehend Hofmann, NJW 1994, 691 (695). 606 Siehe das Sechste Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 28. Januar 1994 (BGBl. I 1994, S. 142). 607 Seither wurden lediglich die seinerzeit in Deutschen Mark festgesetzten Beträge durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I 2002, S. 2268) in Euro umgerechnet und um ungefähr 7,6 Prozent auf den heutigen Stand angehoben. Letzteres diente der Anpassung der Beträge an die Einkommenssteigerung im Zeitraum von 1994 bis 2002 und ist daher für sich genommen nicht zu beanstanden. Vgl. hierzu nur die
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Maßgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. April 1992608 umgesetzt werden sollten. In der Entscheidung hatte das Bundesverfassungsgericht zwar nicht beziffert, wo die Grenze möglicher Zuwendungen eines durchschnittlichen Einkommensempfängers zu ziehen ist. Jedoch hatte es zum einen die Regelung des § 34g EStG in der damals geltenden Fassung609 für verfassungsgemäß erklärt. Diese sah eine Steuerermäßigung für Zuwendungen bis zu 1.200 DM bzw. 2.400 DM610 bei zusammen veranlagten Ehegatten vor. Das Gericht urteilte, dass der Gesetzgeber mit guten Gründen der Meinung gewesen sein könne, dass im Veranlagungszeitraum 1984, für den die Vorschrift erstmals zur Anwendung gekommen sei, ein Beitrags- und Spendenvolumen von 1.200/2.400 DM für den Durchschnittsverdiener erreichbar gewesen wäre.611 Zum anderen hatte das Bundesverfassungsgericht eine dem Anstieg der Durchschnittseinkommen entsprechende Anhebung dieser Beträge für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten.612 Hiermit hatte das Gericht zumindest die Eckpunkte des Rahmens möglicher Zuwendungen eines durchschnittlichen Einkommensempfängers bestimmt.613 Die anlässlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingesetzte Sendler-Kommission hatte eine Anhebung der Beträge in § 10b Abs. 2 und § 34g EStG auf jeweils 2.000/4.000 DM614 für verfassungsrechtlich zulässig und angemessen erachtet.615 Nach dem Vorschlag der Kommission sollte allerdings nur eine alternative Anwendung dieser beiden Abzugsmöglichkeiten gestattet werden, so dass die steuerliche Vorteile insgesamt auf Zuwendungen bis zu einer Höhe von 2.000/4.000 DM begrenzt gewesen wären. Hiermit hatte die Kommission die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die Anpassung der Beträge schon bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen ausgereizt.616 Denn die Entwicklung der Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer im Zeitraum von 1994 bis 2002. Siehe Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.13. 608 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264. 609 Siehe § 34g EStG in der Fassung des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I 1983, S. 1577). 610 Umgerechnet ca. 614 bzw. 1.227 Euro. 611 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (316). 612 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (316 f.). 613 So interpretierte auch die Sendler-Kommission die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts. Siehe dazu Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 76 ff. = BT-Drucks. 12/4425, S. 31 f. Ebenso von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73; Drysch, NVwZ 1994, 218 (222); Schütte, ZParl 1994, 262 (263 f.); Sendler, NJW 1994, 365 (366). 614 Umgerechnet ca. 1.023 bzw. 2.045 Euro. 615 Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 76 ff. = BT-Drucks. 12/4425, S. 31 f. 616 So die Einschätzung der Sendler-Kommission selbst, die eine weitergehende Anhebung der Beträge auf der Grundlage des Urteils als nicht mehr zulässig ansah. Siehe hierzu Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Durchschnittseinkommen hatten sich in dem besagten Zeitraum von 1984 bis 1994 geschätzt maximal um 50 Prozent erhöht617, weshalb eine Anhebung auf 1.800/3.600 DM korrekt gewesen wäre. Ungeachtet dessen brachten die Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP anschließend einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein, wonach Zuwendungen an politische Parteien zunächst nach § 34g EStG bis zu einer Höhe von 3.000/6.000 DM618 berücksichtigt werden konnten und bei Überschreitung dieser Grenzen bis zu einer Höhe von nochmals 3.000/6.000 DM nach § 10b Abs. 2 EStG abzugsfähig waren.619 Somit konnten steuerliche Vorteile für Zuwendungen bis zu 6.000/12.000 DM620 erzielt werden, was dem Fünffachen der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und dem Dreifachen der Empfehlungen der Sendler-Kommission entsprach. Aus diesem Grunde wurden im Gesetzgebungsverfahren mehrfach verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Begünstigungsgrenzen vorgebracht.621 Die Fraktionen, die den Gesetzentwurf eingebracht hatten, hielten dennoch an ihrem Vorschlag fest. Zur Begründung führten sie an, dass die Senkung der Grenze von vormals 60.000/120.000 DM auf nun 6.000/12.000 DM beträchtlich sei und in Anbetracht der den Parteien nun drohenden deutlichen Rückgänge im Spendenaufkommen daher die neue Grenzziehung verfassungsrechtlich vertretbar sei.622 Außerdem habe das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung nicht darauf abgestellt, in welcher Höhe die Bürger tatsächlich spendeten, sondern auf die Erreichbarkeit der Begünstigungsgrenzen für durchschnittliche Einkommensempfänger. Damit sei die Möglichkeit angesprochen, dass jemand beispielsweise nur in einem Jahr in Form von Spenden und Beiträgen 6.000 DM aufwende. Anhand des Parteienfinanzierung, 1994, S. 78 = BT-Drucks. 12/4425, S. 32. Ebenso von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73; Drysch, NVwZ 1994, 218 (222). 617 So jedenfalls die Schätzungen von von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73; H.-P. Schneider, in: Nahamowitz/Breuer (Hrsg.), Politik – Verfassung – Gesellschaft, 1995, 335 (345); Sendler, NJW 1994, 365 (366). Das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers hatte sich in dem Zeitraum von 1984 bis 1994 sogar nur um ca. 35 Prozent erhöht. Siehe dazu Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.13. 618 Umgerechnet ca. 1.534 bzw. 3.068 Euro. 619 BT-Drucks. 12/5774, S. 8. 620 Umgerechnet ca. 3.068 bzw. 6.136 Euro. 621 Siehe hierzu den von der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Änderungsantrag auf BT-Drucks. 12/6139, S. 3 f. Ferner bereits den Entschließungsantrag der Gruppe Bündnis 90/Die Grünen auf BT-Drucks. 12/5777, S. 2. Siehe weiterhin die Redebeiträge der Abgeordneten Gerd Wartenberg (SPD) und Werner Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) während der Schlussberatungen des Deutschen Bundestages über den Gesetzentwurf, StenBer. der 190. Sitzung des 12. Bundestages vom 12. 11. 1992, PlPr. 12/190, S. 16405 und 16408. Siehe zudem die vom Land Schleswig-Holstein in der Beratung des Bundesrates zum diesem Beratungsgegenstand zu Protokoll gegebene Erklärung, StenBer. der 664. Sitzung des Bundesrates vom 17. 12. 1993, S. 647 f. 622 Siehe die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses auf BT-Drucks. 12/6090, S. 22.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
161
Spendeneingangs der Parteien lasse sich ein Spendenrhythmus feststellen, wonach eine Person oder ein Ehepaar eine Partei nicht kontinuierlich jedes Jahr mit gleich hohen Spenden unterstütze, sondern vielfach vor Wahlen eine besonders hohe Spende leiste. Dieser Spendenpraxis könne der Gesetzgeber bei der Regelung der Steuerbegünstigung entgegenkommen.623 Diese Begründung kann nur wenig überzeugen. Die drohenden Rückgänge im Spendenaufkommen der Parteien können nach der hier verfolgten Auffassung des Bundesverfassungsgerichts überhaupt nicht als Argument angeführt werden, weil nach dieser Auffassung allein die finanziellen Möglichkeiten eines durchschnittlichen Einkommensempfängers die Richtschnur für die Grenzbeträge darstellen. Die Konsequenzen für die Parteikassen sind insoweit nicht zu beachten. Auch der asynchrone Spendenrhythmus kann nur bedingt für eine Anhebung der Begünstigungsgrenzen über den vom Bundesverfassungsgericht gezogenen Rahmen hinaus streiten. Denn das Bundesverfassungsgericht hat mit seinen Hinweisen im Hinblick auf die Regelung des seinerzeit geltenden § 34g EStG deutlich zum Ausdruck gebracht, wo es eine Festlegung dieser Grenzen seitens des Gesetzgebers in etwa erwartet. Hätte es Raum für eine grundsätzlich andere Bemessung der Grenzen gesehen, verlöre seine Feststellung, dass eine Anhebung der Grenzen des damaligen § 34g EStG entsprechend der Einkommensentwicklung zulässig sei, nämlich jeglichen Sinn.624 Der Hinweis auf den asynchronen Spendenrhythmus kann daher allenfalls eine geringfügige Anhebung dieser Grenzen rechtfertigen. Der Vorschlag der Sendler-Kommission erscheint hier angemessen625, während die Verdreifachung dieses Vorschlages in jedem Fall zu weit geht.626 Diese Begünstigungsgrenzen können nicht von der Mehrzahl der Steuerpflichtigen genutzt werden und verletzen damit das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung.627 Bei einer derartigen Regelung besteht zudem die Gefahr, dass Parteien, die mit ihrem Programm einkommensstarke Bevölkerungskreise ansprechen, vom Staat gegenüber anderen Parteien bevorzugt werden und damit die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt wird.
623
Siehe die Beschlussempfehlung und den Bericht des Innenausschusses auf BTDrucks. 12/6090, S. 22 f. 624 Hierauf weist auch hin von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73. 625 Dem entsprächen in der aktuellen Fassung der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG aus dem Jahre 2002 die Grenzbeträge von 1.100 Euro bzw. 2.200 Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten. Denn diese Beträge stellen ein Drittel der dort festgelegten Begünstigungsgrenzen dar. Zur Berechnung des heutigen Standes der Grenzen siehe ausführlich unten unter § 2 B. IV. 3. 626 Ebenso von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73 f.; H.P. Schneider, in: Nahamowitz/Breuer (Hrsg.), Politik – Verfassung – Gesellschaft, 1995, 335 (345). Wohl auch Drysch, NVwZ 1994, 218 (222). 627 Wie hier Drysch, NVwZ 1994, 218 (222); Sendler, NJW 1994, 365 (366).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Die von Wedel-Kommission befasste sich im Jahre 2001 erneut mit den Begünstigungsgrenzen der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG.628 Sie hielt den Vorschlag der Sendler-Kommission zwar für durchaus erwägenswert, empfahl aber dennoch keine Änderungen hinsichtlich der Höhe der Grenzen. Sie gab zu bedenken, dass die Parteien auf Spenden und Mitgliedsbeiträge von Bürgern mit höheren Einkommen angewiesen seien, deren steuerliche Unterstützung durch den Staat daher durchaus willkommen sein müsse. Hinzu komme, dass die durchschnittlichen Einkommen inzwischen gestiegen seien. Im Übrigen sei die jetzige Regelung inzwischen eingeübt und weithin akzeptiert. Sie habe sich in der Praxis bewährt. Von daher dürfe wenig Aussicht, aber auch kein zwingender Grund dafür bestehen, die Grenze deutlich zu senken. Die Argumentation der Kommission kann wiederum nicht überzeugen. Das Angewiesensein der Parteien auf Zuwendungen von Bürgern kann ebenso wenig als Argument für die Höhe der Begünstigungsgrenzen vorgetragen werden wie die im Gesetzgebungsverfahren vorgetragenen drohenden Spendenrückgänge. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist nämlich hierbei lediglich die Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Einkommensempfängers entscheidend. Die Perspektive der Partei ist hingegen irrelevant. Des Weiteren hatten sich die Durchschnittseinkommen im Jahre 2001 im Vergleich zum Jahre 1994 noch nicht einmal um 50 Prozent erhöht629, so dass eine Anhebung der von der Sendler-Kommission vorgeschlagenen Beträge auf das Dreifache auch insoweit nicht gerechtfertigt werden kann. Schließlich können auch die Hinweise der Kommission auf die ständige Übung und die weitgehende Akzeptierung einer Regelung nicht deren Verfassungswidrigkeit heilen.630 Der in der Literatur631 vielfach geäußerte Verdacht, dass die Begünstigungsgrenzen von den Abgeordneten nur deshalb in einer solchen Höhe festgelegt wurden, weil sie damit ihre eigenen Mitglieds- und Sonderbeiträge an die Parteien steuerlich besser stellen wollten, liegt zwar nahe. Er wird sich aber letztlich nicht nachweisen lassen. Denkbar wäre auch, dass der Gesetzgeber hierbei ganz allgemein die 628 Siehe hierzu und zum Folgenden Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 81 = BTDrucks. 14/6710, S. 41 f. 629 So von Arnim, DVBl. 2002, 1065 (1070 f. in Fn. 38). Das durchschnittliche Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers hat sich in dem Zeitraum von 1994 bis 2001 gar nur um ca. 11 Prozent erhöht. Vgl. dazu Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.13. 630 Ebenso von Arnim, DVBl. 2002, 1065 (1070 f. in Fn. 36); Herud, PVS 2001, 492 (499). 631 Siehe von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73 f. und S. 318 f.; derselbe, Das System, 2001, S. 101; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1071 f.); derselbe, DÖV 2007, 221 (224); Drysch, DStR 2008, 1217 (1218); Kaltefleiter/Naßmacher, ZParl 1994, 253 (258); Naßmacher, APuZ B 16/2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26). Als rhetorische Frage formuliert diese Vermutung Sendler, NJW 1994, 365 (366). Ähnlich bereits Breitling, in: Kaase (Hrsg.), Politische Wissenschaft und politische Ordnung, 1986, S. 292 (298).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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„Großspender“ im Blick hatte. Die tatsächlichen Beweggründe für die Festlegung dieser Grenzen können aber dahingestellt bleiben, da die Grenzen in Anbetracht der hier für korrekt befundenen Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts und der Entstehungsgeschichte ohnehin verfassungswidrig sind. (3) Verfassungswidrigkeit des Förderungshöchstbetrages in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG Gleiches gilt für den Förderungshöchstbetrag von 3.300 Euro je natürliche Person in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG. Das Bundesverfassungsgericht632 hatte in der Entscheidung vom 9. April 1992 ausgeführt, dass auch bei der Verteilung der Mittel im Rahmen der unmittelbaren staatlichen Teilfinanzierung finanzielle Zuwendungen an die Parteien nur in einer Größenordnung berücksichtigt werden dürften, wie sie von den Beziehern durchschnittlicher Einkünfte geleistet werden könnten. Die für die steuerliche Begünstigung von Mitgliedsbeiträgen und Spenden maßgebende verfassungsrechtliche Grenze sei auch hier zu beachten. Der Verweis auf die Maßgaben hinsichtlich der steuerlichen Begünstigungsgrenzen verdeutlicht, dass die vom Gericht dort gezogene Grenze auch bei der staatlichen Bezuschussung von finanziellen Zuwendungen an politische Parteien gilt. Es liegt somit nahe, die Grenzbeträge für beide Formen der staatlichen Parteienfinanzierung einheitlich festzulegen. So reagierte auch der Gesetzgeber im Anschluss auf dieses Urteil. Mit Verweis auf die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Parallelität übernahm er die für die steuerliche Begünstigung ermittelte Grenze von 6.000 DM ebenfalls als Höchstbetrag berücksichtigungsfähiger Zuwendungen im Rahmen der unmittelbaren Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG.633 Seitdem wurde der Betrag – wiederum im Gleichschritt mit den §§ 10b Abs. 2, 34g EStG634 – lediglich durch das Achte Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002635 in Euro umgerechnet und um ungefähr 7,6 Prozent auf den heutigen Stand angehoben. Letzteres dürfte als Anpassung der Beträge entsprechend der Einkommenssteigerung im Zeitraum von 1994 bis 2002636 nicht zu beanstanden sein. Jedoch sind die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des Ausgangsbetrages von 6.000 DM hier in der gleichen Weise angebracht wie bei den steuerlichen Begünstigungsgrenzen. Ein solcher Betrag ist für einen Durchschnittsverdiener kaum erreichbar und entspricht nicht den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieser Betrag kann in der Regel nur von Beziehern höherer 632
BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (293). Siehe hierzu nochmals den Entwurf des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze auf BT-Drucks. 12/5774, S. 3 und 14. 634 Siehe dazu bereits oben den Hinweis in Fn. 607. 635 BGBl. I 2002, S. 2268. 636 Vgl. hierzu nur die Entwicklung der Durchschnittseinkommen der Arbeitnehmer im Zeitraum von 1994 von 2002. Siehe Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.13. 633
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
Einkommen ausgeschöpft werden, die damit größtmöglichen Einfluss auf die Verteilung staatlicher Mittel an die politischen Parteien nehmen können. Der Durchschnittsverdiener, dem diese Möglichkeit nicht offen steht, ist daher in seinem Recht auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung verletzt. Zudem besteht die Gefahr, dass Parteien, die mit ihrem Programm einkommensstarke Bevölkerungskreise ansprechen, vom Staat gegenüber anderen Parteien bevorzugt werden und damit die Chancengleichheit der Parteien beeinträchtigt wird. Mithin ist der Grenzbetrag in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG ebenfalls verfassungswidrig. 4. Vereinbarkeit mit dem Gebot der innerparteilichen Demokratie Die Mandatsträgerbeiträge führen auch im Innenverhältnis zwischen den politischen Parteien und ihren Mitgliedern zu einem verfassungsrechtlichen Problem. Denn diejenigen Parteimitglieder, die Mandatsträgerbeiträge leisten müssen, werden gegenüber den übrigen Parteimitgliedern637 benachteiligt. Dem steht entgegen, dass das Gebot innerparteilicher Demokratie grundsätzlich die Gleichbehandlung aller Parteimitglieder erfordert. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur zulässig, wenn die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. a) Grundsatz der Gleichbehandlung aller Parteimitglieder Das Verhältnis zwischen Parteimitglied und Partei ist ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis. Das Zivilrecht ist ausgerichtet an dem Leitgedanken der Gleichordnung der beteiligten Rechtssubjekte und geprägt vom Grundsatz der Privatautonomie. Es ist deshalb nicht ohne Weiteres ersichtlich, ob die Normen der Verfassung, die sich weitgehend an den übergeordneten, an den Vorbehalt des Gesetzes gebundenen Staat richten, gleichermaßen eine privatrechtliche Rechtsmaterie determinieren können. Aus diesem Grunde wird in Literatur und Rechtsprechung darüber gestritten, wie der Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteimitglieder verfassungsrechtlich hergeleitet werden kann. Auf der einen Seite werden die – unmittelbar oder mittelbar angewendeten – Grundrechte der Parteimitglieder ins Feld geführt. Auf der anderen Seite wird auf das Gebot der innerparteilichen Demokratie selbst abgestellt. Dem letzteren Ansatz ist zu folgen. aa) Ableitung aus den Grundrechten der Parteimitglieder Der Streit um die Anwendung der Grundrechte im innerparteilichen Bereich resultiert aus der exponierten Stellung, die die politischen Parteien im Verfassungsgefüge einnehmen. Als Bindeglied zwischen Volk und Staatsorganen sind die 637 Gegenüber den – hier nicht näher berücksichtigten – kommunalen Mandatsträgern, die ebenfalls Mandatsträgerbeiträge leisten, ist bereits keine Ungleichbehandlung gegeben. Zu den kommunalen Mandatsträgern siehe die Ausführungen oben unter § 1 B.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Parteien nämlich rechtlich im Übergangsbereich zwischen Gesellschaft und Staat angesiedelt.638 Sie sind einerseits von Bürgern frei gebildete, im gesellschaftlichpolitischen Raum wurzelnde Gruppen639 und daher keine Staatsorgane oder Träger öffentlicher Gewalt.640 Andererseits werden sie durch Art. 21 Abs. 1 GG in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben.641 Sie sind in den systematischen Zusammenhang nicht der Grundrechte, sondern der Staatsorganisation gestellt642 und wirken insbesondere durch ihre Beteiligung an Wahlen in den Bereich institutionalisierter Staatlichkeit hinein643. Aus dieser Doppelstellung erwachsen unterschiedliche Ansichten über die Anwendbarkeit der Grundrechte im Innenverhältnis. (1) Unmittelbare Geltung politischer Grundrechte im innerparteilichen Bereich Zum Teil wird vertreten, dass zumindest die Grundrechte, die selbst demokratische Aussagen enthalten, wie etwa Art. 5, 8 und 9 GG, im innerparteilichen Bereich anwendbar sind, dass sie also unmittelbare Drittwirkung erlangen.644 Zur Begrün638
BVerfG, Urt. v. 2. 3. 1977 – 2 BvE 1/76, BVerfGE 44, 125 (145); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 159 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 1. 639 So BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (100 f.); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (85); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 1/93, BVerfGE 91, 262 (268 f.); BVerfG, Beschl. v. 17. 11. 1994 – 2 BvB 2/93 und 2 BvB 3/93, BVerfGE 91, 276 (285 f.). 640 Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 1. Siehe auch Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 156 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 641 St. Rspr. seit BVerfG, Urt. v. 1. 4. 1952 – 2 BvH 1/52, BVerfGE 1, 208 (225); BVerfG, Urt. v. 23. 10. 1952 – 1 BvB 1/51, BVerfGE 2, 1 (73). Siehe auch BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (100); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (82); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 2/84 und 2 BvR 442/84, BVerfGE 73, 40 (85); BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (284). 642 Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 1. 643 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (101); BVerfG, Urt. v. 24. 7. 1979 – 2 BvF 1/78, BVerfGE 52, 63 (82 f.); BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1986 – 2 BvE 5/83, BVerfGE 73, 1 (33). 644 LG Bonn, Urt. v. 9. 7. 1997 – 7 O 55/97, NJW 1997, 2958 (2959); Hesse, VVDStRL 17 (1959), S. 11 (32 f.); König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 38 ff.; Lenz/Sasse, JZ 1962, 233 (239 f.); Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 25; Preuß, in: Alternativkommentar zum GG, Bd. 1, 2. Aufl., 1989, Art. 21 Abs. 1, 3 Rn. 67; Risse, Der Parteiausschluß, 1985, S. 126; Trautmann, Innerparteiliche Demokratie im Parteienstaat, 1975, S. 185 ff.; Zimmermann, Rechtsstaatsprinzip und Parteigerichtsbarkeit, S. 137 f. Wohl auch Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 58; derselbe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 119; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 214. Beschränkt auf die Art. 3 und 5 GG auch Luthmann, DVBl. 1962, 166 (167 ff.). Karl-Heinrich Hasenritter vertritt darüber hinausgehend sogar die Auffassung, dass die Parteien als „quasi-öffentliche“ Gewalt unmittelbar an alle Grundrechte gebunden sind. Denn die Parteien wiesen Merkmale staatlichen Handelns auf, indem sie nach Art. 21 GG einer ver-
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
dung wird angeführt, dass diese Grundrechte für den politischen Willensbildungsprozess innerhalb der Partei, der gemäß Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG demokratischen Grundsätzen genügen müsse, konstitutiv seien.645 Der Zweck des Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG sei vor allem, eine oligarchische Abschottung der Parteien zu verhindern und sie zum Volk hin offen zu halten. Demzufolge gewönnen die Grundrechte für die Konkretisierung des Inhalts dieser Vorschrift besondere Bedeutung, denn die Gewährleistung der Freiheit und Offenheit des politischen Prozesses sei eine der wichtigsten Funktionen der Grundrechte.646 Das Gebot innerparteilicher Demokratie habe die zum Bestand der freiheitlichen demokratischen Ordnung gehörigen Freiheitspositionen und aktiven Mitwirkungsrechte unmittelbar in die Willensbildungsstruktur der Partei transformiert. Denn sein Gebotszweck bestehe darin, die individuellen Freiheitsrechte und die aktiven politischen Statusrechte der Parteibürger vor oligarchischen Auswüchsen der Gruppenmacht zu schützen.647 Zudem nähmen die Parteimitglieder diese Grundrechte primär nicht als Abwehrrechte wahr, sondern als durch Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG aufgewertete Teilhaberechte am innerparteilichen Willensbildungsprozess.648 Hiernach müsste ebenfalls der vorliegend betroffene allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, der eine Grundbedingung der Demokratie darstellt649, innerparteilich zur Anwendung kommen.650 Diese Sichtweise widerspricht indessen bereits dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 3 GG, nach dem nur die öffentliche Gewalt an die Grundrechte gebunden ist. Politische Parteien sind kein Teil der Staatsorganisation und üben keine Staatsgewalt aus und können dementsprechend nicht unmittelbar Adressaten der Grundrechte sein.651 Ihrer fassungsrechtlich begründeten Aufgabe nachgingen und mit einer Begrenzung der innerparteilichen Betätigung eines Parteimitglieds einseitig rechtgestaltend in dessen Grundrechtsausübung eingreifen könnten. Siehe hierzu Hasenritter, Parteiordnungsverfahren, 1981, S. 26. 645 So Lenz/Sasse, JZ 1962, 233 (240); Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 25. Ähnlich Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 58; derselbe, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 40 Rn. 119. Nach der Ansicht Karl-Heinz Seiferts sind wegen Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG doch zumindest die Kernbestände der Grundrechte auch im internen Parteienrecht zu achten. Siehe Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 214. 646 So König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 38. 647 So Lenz/Sasse, JZ 1962, 233 (240). 648 So Trautmann, Innerparteiliche Demokratie im Parteienstaat, 1975, S. 185 f. 649 Dazu Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 I Rn. 17 (Stand der Bearbeitung: 1980); Jarass, in: derselbe/Pieroth, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 20 Rn. 8; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 20 Rn. 21; Stein, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 20 Abs. 1 – 3 III Rn. 33. 650 So ausdrücklich König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 38 und 49 ff. 651 So ebenfalls BGH, Urt. v. 29. 6. 1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (203 f.); Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 73; Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 86; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 268 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011,
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Verwurzelung im gesellschaftlich-politischen Raum entsprechend ist das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien und ihren Mitgliedern privatrechtlicher Natur. Die diesem Rechtsverhältnis immanente Gleichordnung der Beteiligten lässt für die nach Art. 1 Abs. 3 GG gegen Akte des Staates gerichteten Grundrechte keinen Raum.652 Dieser Befund wird durch die Systematik der Grundrechte gestützt. Nur in Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG wird die Wirkung eines Grundrechts explizit auf private Rechtsverhältnisse erstreckt. Dies lässt e contrario den Schluss zu, dass es in allen anderen Fällen nicht so ist.653 Außerdem liefe eine Grundrechtsbindung Privater dem Sinn und Zweck der Grundrechte zuwider. Die Rechte gegenüber der öffentlichen Gewalt würden zu Pflichten gegenüber allen Mitbürgern. Die Folge wäre eine weitgehende Freiheitsbeschränkung.654 Zuletzt ist zu bedenken, dass Grundrechte von ihrem Adressaten, soweit erforderlich und verhältnismäßig, bis auf den Wesensgehalt eingeschränkt werden können, während privatrechtliche Positionen nicht der rechtlichen Disposition des Partners unterliegen. Die faktische Abhängigkeit eines Bürgers von einem anderen wird demnach nicht einfach dadurch behoben, dass man seine Rechte zu Grundrechten aufwertet.655 Es obliegt dem Zivilrecht, möglicherweise entgegengesetzte Grundrechtspositionen von Prozessbeteiligten, die beide Grundrechtsträger sind, zum Ausgleich zu bringen. Postulierte man im Verhältnis von Grundrechtsträgern zueinander die Grundrechtsgeltung, müssten sich zwangsläufig Konfliktlösungsmodelle herausbilden, die in der Substanz nicht andere sein könnten als diejenigen des Zivilrechts, aber mit Verfassungsrang versehen wären.656 Außerdem kann die erforderliche subjektiv-rechtliche Absicherung der innerparteilichen Demokratie sehr viel spezifischer durch die Mitgliedschaftsrechte erreicht werden als durch die Grundrechte, die für das Verhältnis des Bürgers zum Staat entworfen sind und für die Parteien als eigene Grundrechtsträger nicht passen.657 Mithin ist eine unmittelbare Geltung der Grundrechte im zivilrechtlichen Mitgliedschaftsverhältnis abzulehnen. Das Gebot innerparteilicher Demokratie aus Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG muss stattdessen auf zivilrechtlicher Ebene zur Geltung kommen. Art. 21 Rn. 76; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 368 und 385 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Kluth, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 21 Rn. 159; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 131; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 446; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162. 652 Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 76. 653 Pieroth/Schlink, Grundrechte, 27. Aufl., 2011, Rn. 191. 654 Dreier, in: derselbe (Hrsg.), GG, Bd. I, 2. Aufl., 2004, Art. 1 Abs. 3 Rn. 13; Pieroth/ Schlink, Grundrechte, 27. Aufl., 2011, Rn. 191. 655 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 86. 656 Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 77. 657 Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 268 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 78 ff.; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 131; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/ Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
(2) Ausstrahlungswirkung der Grundrechte auf den innerparteilichen Bereich Andere Stimmen in der Literatur verfolgen den Ansatz, dass die Grundrechte der Parteimitglieder zwar im Verhältnis zu ihrer Partei nicht anwendbar sind, sie aber dennoch mittelbar in den parteiinternen Bereich ausstrahlen, d. h. mittelbare Drittwirkung entfalten.658 Es sei nämlich die Aufgabe der Gesetzgebung und Rechtsanwendung, dasjenige Maß an Freiheit zu bestimmen, welches dem Mitglied einer Partei innerhalb derselben zusteht. Dabei hätten Gesetzgeber und Rechtsanwendungsorgane wie auch sonst im Privatrecht die Ausstrahlung der Grundrechte, d. h. ihre wertsetzende Bedeutung, auf das Rechtsverhältnis zwischen Partei und Mitglied zu beachten.659 Art. 21 Abs. 1 S. 3 i.V.m. Abs. 3 GG erlege dem Staat die Pflicht auf, die demokratischen Partizipationsrechte der Mitglieder zu gewährleisten, sei es durch die Gesetzgebung, sei es durch die Rechtsprechung.660 Die Grundrechtsprinzipien, die Anteil am demokratischen Prinzip hätten, könnten auch auf das Leben der Partei einwirken.661 Die Maßstabsnorm für die innerparteiliche Freiheit und Gleichheit der Parteimitglieder ist aber auch nach diesem Ansatz das Gebot innerparteilicher Demokratie selbst.662 Wenn es um die Rechtsstellung und die Mitwirkungsrechte der Mitglieder innerhalb der Partei geht, hat Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG Vorrang.663 Die Wertungen der Grundrechte können nur insoweit Geltung erlangen, als sie den „demokratischen Grundsätzen“ im Sinne des Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG entsprechen.664 Die Rechte der Parteimitglieder sind daher verfassungsrechtlich näher an Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG geknüpft als an die Grundrechte. Konsequenterweise sind sie demnach gesondert von den Grundrechten als Ausfluss des Gebots innerparteilicher Demokratie zu entwi658
BGH, Urt. v. 29. 6. 1987 – II ZR 295/86, BGHZ 101, 193 (204); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 369 und 385 f. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Kluth, in: Epping/ Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 21 Rn. 159; Maurer, JuS 1991, 881 (883 f.); Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6169; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 446; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/ Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162; Tsatsos, in: Bernhardt/Geck/Jaenicke/Steinberger (Hrsg.), Völkerrecht als Rechtsordnung, 1983, S. 997 (1017). 659 So Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 385 f. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Ähnlich Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162. 660 So Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 131; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162. 661 So Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 446; Tsatsos, in: Bernhardt/Geck/Jaenicke/Steinberger (Hrsg.), Völkerrecht als Rechtsordnung, 1983, S. 997 (1017). 662 Siehe Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 385 f. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162. Ähnlich Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 130 f. 663 Maurer, JuS 1991, 881 (884). 664 Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 73.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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ckeln.665 Für diese verfassungsrechtliche Verortung spricht zudem systematisch, dass das Gebot innerparteilicher Demokratie vornehmlich eine Schranke für die Parteienfreiheit aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Aus der Gründungsfreiheit der Parteien folgt nämlich grundsätzlich auch die Freiheit ihrer inneren Organisation. Jedoch steht diese Freiheit unter dem Vorbehalt, dass die innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entspricht.666 Mithin ist ein Gleichbehandlungsgebot der Parteimitglieder weder unmittelbar noch mittelbar aus den Grundrechten der Parteimitglieder herzuleiten, sondern direkt aus dem Gebot innerparteilicher Demokratie. bb) Ausstrahlungswirkung des Gebots innerparteilicher Demokratie auf den innerparteilichen Bereich Die verfassungsrechtlichen Rechte der Parteimitglieder strahlen also mittels Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG in das zivilrechtliche Verhältnis zwischen den Parteimitgliedern und ihrer Partei aus. Die Abgeordneten können innerhalb ihrer Partei ihre Gleichbehandlung mit den anderen Parteimitgliedern einfordern. Auf der anderen Seite können die Parteien unter Berufung auf das ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Recht der Parteienfreiheit aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG Differenzierungen bei der rechtlichen Behandlung der Parteimitglieder vornehmen. Diese gegenläufigen Rechte sind in Ausgleich zu bringen, um das zulässige Maß der Einschränkung der Freiheit und Gleichheit der Mitglieder durch das Mitgliedschaftsverhältnis zu bestimmen.667 Für die Bewertung der Sonderbeitragspflicht der Abgeordneten stellt sich konkret die Frage, unter welchen Umständen eine beitragsmäßige Ungleichbehandlung der Parteimitglieder gerechtfertigt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat die Anforderungen an die innerparteiliche Demokratie dahin zusammengefasst, dass der Aufbau einer Partei von unten nach oben erfolgen muss, die Mitglieder also nicht von der Willensbildung ausgeschlossen sein dürfen und dass die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Mitglieder sowie die Freiheit von Eintritt und Ausscheiden gewährleistet sein muss.668 Daraus folgt in erster Linie, dass die Parteifunktionen durch regelmäßige Wahlen, deren Verfahren 665 Ähnlich Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 87; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 268 (Stand der Bearbeitung: November 1991). Siehe auch Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 78 ff., der allerdings die zivilrechtliche Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Partei und Mitglied noch mehr betont und die Freiheitsrechte der Mitglieder unmittelbar aus dem zivilrechtlichen Grundsatz der Privatautonomie herleitet. 666 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 275 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). 667 Ebenso Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 268 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 80 und 82; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 386 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012); Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 162. Siehe auch Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 74. 668 BVerfG, Urt. v. 23. 10. 1952 – 1 BvB 1/51, BVerfGE 2, 1 (40).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
demokratischen Anforderungen genügen, zu besetzen sind.669 Gleichermaßen müssen die Kandidaten für die Volksvertretungen mittels demokratischer Wahlen ermittelt werden.670 Zudem müssen die maßgeblichen Richtungsentscheidungen in den Parteien Kollegialorganen vorbehalten bleiben.671 Daneben verbürgen die demokratischen Grundsätze ein gewisses Maß an Gleichheit.672 Die Parteimitglieder müssen bei der Ausübung ihrer Parteitätigkeit grundsätzlich gleichbehandelt werden. Insbesondere bei Wahlen und Abstimmungen und bei der Wahrnehmung sonstiger politischer Partizipationsrechte im Rahmen der innerparteilichen Willensbildung, beispielsweise bei Reden und Anträgen, müssen die einzelnen Parteimitglieder aktiv wie passiv gleichberechtigt sein.673 Ansonsten könnte nicht von einer praktizierten innerparteilichen Demokratie gesprochen werden. Darum gelten hier eine strenge, formale Ausprägung der Mitgliedergleichheit, die Klasseneintei669 Siehe dazu näher Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 56 ff.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 340 ff. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Entsprechend sind die Regelungen des Parteiengesetzes zur inneren Ordnung (§§ 6 ff. PartG) gestaltet. Zur Dauer der Wahlperiode vgl. §§ 8 Abs. 1 S. 2, 11 Abs. 1 S. 1 PartG. Zur eingeschränkten Möglichkeit kraft Satzung der Mitgliederversammlung oder dem Vorstand anzugehören vgl. §§ 9 Abs. 2, 11 Abs. 2 S. 1 PartG. Zur Stimmgewichtsgleichheit vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 PartG, zur Geltung des Mehrheitsprinzips vgl. § 15 Abs. 1 PartG und zum Wahlgeheimnis vgl. § 15 Abs. 2 PartG. 670 Dazu Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 350 ff. (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Vgl. hierzu allgemein § 17 PartG sowie zum Verfahren der Aufstellung eines Wahlkreisbewerbers § 21 BWG und zu dessen größtenteils entsprechender Anwendung auf die Aufstellung von Landeslisten § 27 Abs. 5 BWG. 671 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 348 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Vgl. hierzu die Maßgaben des § 9 PartG, insbesondere Abs. 3. Zur Gestaltung des Antragsrechts unter besonderer Berücksichtigung von Minderheiten siehe § 15 Abs. 3 S. 1 PartG. 672 Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 77; Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 87 f.; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 268 (Stand der Bearbeitung: November 1991); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 82; König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 49 ff.; Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 58; Lenz/Sasse, JZ 1962, 233 (239 f.); Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 6170; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 219 f.; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291); Wolfrum, Die innerparteiliche demokratische Ordnung nach dem Parteiengesetz, 1974, S. 143 f. Zur Gleichheit als Grundbedingung der Demokratie siehe Herzog, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 20 I Rn. 17 (Stand der Bearbeitung: 1980); Jarass, in: derselbe/Pieroth, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 20 Rn. 8; Schnapp, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 20 Rn. 21; Stein, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 20 Abs. 1 – 3 III Rn. 33. 673 Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 77; Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 87 f.; König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 51 f.; Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 58; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 219 f.; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). Zur Stimmgewichtsgleichheit vgl. § 10 Abs. 2 S. 1 PartG. Zur Gestaltung des Antragsrechts unter besonderer Berücksichtigung von Minderheiten siehe § 15 Abs. 3 S. 1 PartG. Zur Gleichheit des Vorschlagsrechts bei der Nominierung von Kandidaten für Volksvertretungen vgl. § 21 Abs. 3 S. 2 BWG ggf. i.V.m. § 27 Abs. 5 BWG.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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lung und Sonderrechte grundsätzlich ausschließen, und ihre Unabdingbarkeit.674 So wird einerseits eine hinreichende politische Kontrolle der Inhaber führender Parteifunktionen gewährleistet, und andererseits können unterschiedliche Ideen und Strömungen innerhalb der Parteien angemessen zur Geltung kommen. Für die sonstigen Mitgliederrechte, also diejenigen, die nicht politische Partizipationsrechte sind, und den Bereich der Mitgliederpflichten ist unter demokratischen Gesichtspunkten ein solch strenges Maß an Gleichbehandlung hingegen nicht geboten. Für sie gilt demnach nur ein abgeschwächtes Gebot der Gleichbehandlung im Sinne eines Willkürverbots.675 Insoweit sind Differenzierungen möglich, wenn sie auf einen ausreichenden sachlichen Grund gestützt werden können. So ist es beispielsweise zulässig, Mitgliedsbeiträge nach der Höhe des Einkommens zu staffeln.676 Mithin sind Ungleichbehandlungen zwischen den Parteimitgliedern hier in dem Maße zulässig, als sie durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind.677 Nach alledem kann festgehalten werden, dass sich aus dem Gebot innerparteilicher Demokratie ein Gleichbehandlungsgrundsatz aller Parteimitglieder herleiten lässt. Im Bereich der politischen Partizipationsrechte gilt dieser Grundsatz streng formal und lässt demnach keine Differenzierungen zu. Im Übrigen wirkt der Gleichbehandlungsgrundsatz als Willkürverbot und erlaubt Ungleichbehandlungen, soweit sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt sind.678 674 Henke, Das Recht der politischen Parteien, 2. Aufl., 1972, S. 87 f.; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 219 f. 675 Siehe Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 220, der das abgeschwächte Gebot der Gleichbehandlung allerdings direkt aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ableitet. Im Ergebnis auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). 676 Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 77; König, Die Verfassungsbindung der politischen Parteien, 1993, S. 53; Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 58; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 220 und 295; Wolfrum, Die innerparteiliche demokratische Ordnung nach dem Parteiengesetz, 1974, S. 144. 677 Dieses Maß an Gleichbehandlung fordert im Übrigen auch der vereinsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, der jede von Seiten der Vereinsorgane unternommene sachwidrige und willkürliche Schlechterstellung einzelner Vereinsmitglieder gegenüber anderen und damit die Erhebung sachlich nicht gerechtfertigter Sonderbeiträge verbietet. Siehe hierzu BGH, Urt. v. 24. 3. 1954 – II ZR 33/53, NJW 1954, 953; BGH, Urt. v. 11. 7. 1960 – II ZR 24/58, NJW 1960, 2142 (2143); BGH, Urt. v. 20. 4. 1967 – II ZR 142/65, BGHZ 47, 381 (385 f.); BGH, Urt. v. 3. 3. 1971 – KZR 5/70, BGHZ 55, 381 (387); KG Berlin, Urt. v. 12. 3. 1962 – 1 W 76/62, NJW 1962, 1917 (1917); LG Bonn, Urt. v. 20. 1. 1992 – 9 O 117/90, DB 1992, 879 (881); Dörner, in: Handkommentar BGB, 7. Aufl., 2012, § 38 Rn. 5; Hadding, in: Soergel, BGB, Bd. 1, 13. Aufl., 2000, § 38 Rn. 19; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, § 35 Rn. 3; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 12. Aufl., 2010, Rn. 838 ff.; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 219 und 295; Stöber, Handbuch zum Vereinsrecht, 9. Aufl., 2004, Rn. 171 ff. und 217; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). 678 Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man auch dann, wenn man der hier vertretenen Herleitung des Gleichbehandlungsgebots aus Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG nicht folgt, sondern auf die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte abstellt. Wendet man nämlich den allgemeinen
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
b) Verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Die Ungleichbehandlung der Mandatsträger gegenüber anderen Parteimitgliedern durch die Sonderbeitragspflicht wäre demnach verfassungsgemäß, wenn sie durch sachliche Gründe gerechtfertigt wäre. Die Sonderbeiträge könnten dadurch gerechtfertigt sein, dass die Mandatsträger die Strukturen der Partei insbesondere im Rahmen der Wahlvorbereitung deutlich stärker in Anspruch nehmen als andere Parteimitglieder. Sie profitieren unmittelbar von der Arbeit der Parteigeschäftsstellen und der Wahlkampfhelfer und von der Wahlwerbung. Es ist sicherlich zu weit gegriffen, den Erfolg einer Kandidatur im Wesentlichen der Partei zuzuschreiben und die Mandatsträgerbeiträge quasi als Gegenleistung für die Besorgung des Mandats mitsamt seinem Einkommen anzusehen.679 Besonders Wahlkreisbewerber zehren vielmehr aus dem persönlichen Kontakt zu ihren Wählern und den Wahlkampfauftritten in ihrem Wahlkreis. Zudem verdanken die Wähler ihr Mandat nach dem Demokratieverständnis des Grundgesetzes vornehmlich dem Wähler und weniger der Partei.680
Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) auf Ungleichbehandlungen im Parteimitgliedschaftsverhältnis an, so ist ebenfalls zu differenzieren: Ungleichbehandlungen im Bereich der politischen Partizipationsrechte müssen nach den sog. „Neuen Formeln“ beurteilt und damit einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden. Denn solche Ungleichbehandlungen sind, obwohl in der Regel keine personenbezogene, sondern nur eine sachverhaltsbezogene Differenzierung vorliegen wird, zumindest als sachbezogene Ungleichbehandlungen mit schweren Auswirkungen auf die innerparteiliche Demokratie zu werten. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung stellt sich sodann jede Ungleichbehandlung als unzulässig heraus, da bereits kein legitimer Zweck für Ungleichbehandlungen in diesem Bereich zu finden ist. Im Ergebnis gilt der allgemeine Gleichheitssatz hier also formal. Bei anderen Ungleichbehandlungen handelt es sich demgegenüber um sachbezogene Differenzierungen mit allenfalls geringen Auswirkungen auf die innerparteiliche Demokratie, sodass sie lediglich mit der Willkürformel vereinbar, d. h. mit einem vernünftigen Sachgrund zu rechtfertigen sein müssen. Siehe zur Willkürformel BVerfG, Urt. v. 23. 10. 1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14 (52); BVerfG, Beschl. v. 19. 12. 1978 – 1 BvR 335, 427, 811/76, BVerfGE 50, 57 (77) und zu den Neuen Formeln BVerfG, Beschl. v. 7. 10. 1980 – 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72 (88); BVerfG, Urt. v. 17. 11. 1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234 (255); BVerfG, Beschl. v. 26. 1. 1993 – 1 BvL 38, 40, 43/92, BVerfGE 88, 87 (97). Zum Verhältnis der Formeln im Einzelnen Epping, Grundrechte, 5. Aufl., 2012, Rn. 804 ff. Ferner Jarass, in: derselbe/Pieroth, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 3 Rn. 17 ff.; Kannengießer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 3 Rn. 16 f. 679 So aber Breitling, in: Kaase (Hrsg.), Politische Wissenschaft und politische Ordnung, 1986, S. 292 (298); Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 295. Nach Hartmut Klatt lautet so größtenteils auch die Begründung der Parteien. Siehe Klatt, ZParl 1976, 61 (63). Entsprechend für Österreich Lenzhofer, Die Parteienfinanzierung in Österreich, 2010, S. 9. Wie hier kritisch dagegen von Arnim, Das System, 2001, S. 101; Launhardt, MIP 1999, 37 (47); Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (291). 680 Dies betont sehr nachdrücklich Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (292).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Allerdings können in einer Parteiendemokratie die Parteien vor und nach der Wahl nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg eines Mandatsträgers ausbliebe. Die Mandatsträger sind auf die umfangreiche Unterstützung ihrer Partei angewiesen und nehmen diese auch in Anspruch. Nicht zuletzt wird ihnen insoweit das eigene finanzielle Risiko einer Kandidatur genommen, die in manchen Wahlkreisen oder bei manchen Listenplatzierungen alles andere als erfolgversprechend bzw. als aussichtslos erscheinen kann. Da erscheint es nicht unbillig, dass die Abgeordneten die jeweilige sie unterstützende Partei an ihrem Wahlerfolg teilhaben lassen.681 Überdies stehen die Parteien ihren Kandidaten nicht nur im Wahlkampf zur Seite, sondern unterstützen sie auch während ihrer Mandatszeit.682 Es ist daher angemessen, sie finanziell stärker an den Kosten ihrer Partei zu beteiligen als andere Parteimitglieder. Umgekehrt betrachtet wäre es nicht gerechtfertigt, diese Kosten auf alle Mitglieder umzulegen oder sie ausschließlich mit der steuerfinanzierten staatlichen Teilfinanzierung zu bestreiten und diese womöglich deshalb noch zu erhöhen. An diesem Befund ändert auch die Tatsache nichts, dass es Sinn und Zweck der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien ist, Wahlkampfkosten wie auch Kosten für die allgemeine politische Tätigkeit außerhalb der konkreten Wahlkämpfe zu ersetzen.683 Denn es handelt sich hierbei einerseits nur um eine teilweise Finanzierung der allgemeinen Tätigkeit der politischen Parteien aus staatlichen Mitteln.684 Der Umfang dieser Finanzierung hat sich auf das zu beschränken, was zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Parteien unerlässlich ist und von ihnen nicht selbst aufgebracht werden kann.685 Vorrang vor der Staatsfinanzierung der Parteien hat wegen des Gebots der Staatsfreiheit der Parteien nämlich andererseits nach wie vor ihre Selbstfinanzierung durch Beiträge und Spenden.686 Ansonsten liefen die Parteien Gefahr, von den staatlichen Leistungen abhängig zu werden. Gewichtiger erscheint hingegen auf den ersten Blick ein anderer Einwand. In der Praxis der Parteienfinanzierung beteiligen sich die Kandidaten um ein Mandat oft in erheblichem Umfang aus ihrem Vermögen an ihrer Wahlkampffinanzierung.687 Zudem leisten sie im Falle der erfolgreichen Kandidatur während der Legislaturperiode neben den Mandatsträgerbeiträgen wohl teilweise noch ge-
681
Ebenso v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65. 682 So auch Olzog/Liese, Die politischen Parteien in Deutschland, 25. Aufl., 1999, S. 39. 683 So aber Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (292) mit Verweis auf BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (284 ff.). Im Hinblick auf die nachträgliche Abgeltung der Wahlkampfkosten ebenso bereits von Arnim, Parteienfinanzierung, 1982, S. 121. 684 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (287). 685 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (290). 686 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (289 f.). 687 Vgl. dazu die Angaben bei Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 121 ff. Ferner Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 261; Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 207.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
sonderte Zahlungen aus der pauschalen Aufwandsentschädigung an die Parteien.688 Aus diesen Gründen könnte die Höhe der Mandatsträgerbeiträge als unverhältnismäßig erachtet werden.689 Dem muss zunächst einmal entgegengehalten werden, dass die Verwendung der Kostenpauschale zugunsten der Parteien – wie bereits ausgeführt690 – verfassungsrechtlich verboten ist. Es ist nicht überzeugend, die vermeintlich unrechtmäßige Ungleichbehandlung bei der Beitragserhebung letztlich damit zu begründen, dass die Abgeordneten ihre Kostenpauschale widerrechtlich verwenden. Ferner ist zu beachten, dass die Ungleichbehandlung durch die Sonderbeitragspflicht bereits durch einen sachlichen Grund verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Eines Nachweises der Verhältnismäßigkeit bedarf es demgegenüber nicht. Ob die rechtmäßige private Beteiligung der Abgeordneten an ihrer Wahlkampffinanzierung also allein genügt, um sämtliche Leistungen der Parteien angemessen abzugelten, kann daher hier offen bleiben. Die besondere innerparteiliche Stellung des Abgeordneten und seine intensivere Nutzung des Parteiapparates stellen jedenfalls ausreichende sachliche Gründe dar, die eine Ungleichbehandlung der Abgeordneten im Hinblick auf ihre Beitragspflichten rechtfertigen. Eine willkürliche Regelung der Parteien kann darin nicht erblickt werden. Somit verstoßen die Mandatsträgerbeiträge auch nicht gegen das Gebot innerparteilicher Demokratie aus Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG in seiner Ausprägung als Gleichbehandlungsgrundsatz aller Parteimitglieder.
IV. Kritische Auseinandersetzung Bei kritischer Auseinandersetzung mit den Argumenten für und wider die Verfassungsmäßigkeit der Mandatsträgerbeiträge ist festzustellen, dass derartige Beiträge grundsätzlich mit der Verfassung vereinbar sind. Allerdings ergeben sich Grenzen der Verfassungskonformität, bei deren Überschreitung die Beiträge verfassungswidrig würden. Zudem sind die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der staatlichen Parteienfinanzierung sowie die Höhe der steuerlichen Begünstigungsgrenzen nach derzeitiger Rechtslage verfassungswidrig. Ferner ist es rechtspolitisch überlegenswert, Maßnahmen zu ergreifen, die zur Reduktion des verfassungsrechtlichen Spannungspotentials der Sonderbeitragszahlungen von Abgeordneten an ihre Parteien beitragen.
688
Dies belegen wenigstens die Angaben bei Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (430 ff.). Siehe hierzu auch Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 210. 689 So der Einwand von Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (292). 690 Siehe dazu bereits ausführlich oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (1).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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1. Grundsätzliche Verfassungskonformität der Mandatsträgerbeiträge Die Mandatsträgerbeiträge sind unter Berücksichtigung aller in diesem Zusammenhang relevanten Verfassungsnormen grundsätzlich nicht verfassungswidrig.691 Die Pflicht zur Zahlung der Mandatsträgerbeiträge ist eine durch Satzung begründete Pflicht aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem parteiangehörigen Abgeordneten und seiner Partei. Das innerparteiliche Mitgliedschaftsverhältnis ist ein zivilrechtliches Rechtsverhältnis, welches den Regelungen des Verfassungsrechts weitgehend entzogen ist. Daran kann die verfassungsrechtliche Stellung des Abgeordneten nur insoweit etwas ändern, als diese Stellung durch die Parteien nicht angetastet werden kann. Das Mandat wie auch die finanzielle Ausstattung kann dem Abgeordneten nicht genommen werden, unabhängig davon, ob er sich innerparteilich rechtstreu verhält oder nicht, und somit unabhängig davon, ob er die Mandatsträgerbeiträge zahlt oder nicht. Die sonstigen verfassungsrechtlichen Vorgaben an das Parteienrecht lassen ebenfalls nicht auf die Unzulässigkeit solcher Beiträge schließen. Im Einzelnen kann aus folgenden Gründen keine Verfassungswidrigkeit der Mandatsträgerbeiträge festgestellt werden: Das freie Mandat der Abgeordneten wird durch die Beiträge nicht eingeschränkt. Denn die Beiträge nehmen keinen Einfluss auf die konkrete Mandatsausübung der Abgeordneten. Dem Abgeordneten steht es verfassungsrechtlich frei, die Mandatsträgerbeiträge zu leisten, ohne bei deren Nichtleistung den Verlust seines Mandats fürchten zu müssen. Sanktionen, die dem Abgeordneten bei einer Zahlungsverweigerung drohen, betreffen lediglich die innerparteiliche Sphäre, insbesondere die weitere politische Karriere des einzelnen Abgeordneten. Und in diesem Bereich vermag Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG keine Schutzwirkung zu entfalten. Ebenso wird das Gebot auf eine angemessene Entschädigung im Grundsatz nicht verletzt. Der Entschädigungsanspruch ist in erster Linie ein gegen den Staat gerichteter Leistungsanspruch. Verfassungsrechtlich untersagt ist die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge seitens des Gesetzgebers bei der Diätenbemessung. Eine solche Einrechnung der Sonderbeiträge in die Diäten lässt sich empirisch nicht 691 Zu diesem Endergebnis kommen auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23); Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6 f.; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6; Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 7; derselbe, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 412 (Stand der Bearbeitung: August 2005); Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a; Launhardt, MIP 1999, 37 (51); U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Schwarz, in: Kersten/ Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 18 Rn. 26; v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65. Bezogen auf die Fraktionsbeiträge mit den gleichen Argumenten auch Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
belegen und würde im Falle des Nachweises ausschließlich zu einer Verfassungswidrigkeit der Diätenbemessung führen und nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Mandatsträgerbeiträge selbst. Auf den innerparteilichen Bereich kann Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG hingegen bloß dann einwirken, wenn diese Norm zur Sicherung der Unabhängigkeit des Abgeordneten darüber hinaus dessen Vermögen umfassend schützen soll. Dieser Schutz könnte durch eine Verfügungsbeschränkung hinsichtlich des Abgeordneteneinkommens gewährleistet sein. Im Allgemeinen können Verfügungsbeschränkungen an dieser Stelle aber lediglich in beschränktem Maße gerechtfertigt werden, weil die Diäten mit ihrer Auszahlung in die private Verfügungsgewalt des einzelnen Abgeordneten übergehen und der Abgeordnete sie ab diesem Zeitpunkt privatautonom verwenden kann. Nur so können die Diäten ihre Funktion als Ersatz für mandatsbedingtes Ausbleiben sonstigen Einkommens erfüllen. Und im Besonderen müsste die Schutzwirkung des Entschädigungsanspruchs speziell gegen die Forderungen der Parteien gerichtet sein, damit aus ihr ein vollständiges Verbot von Mandatsträgerbeiträgen erwachsen könnte. Eine solch umfassende Verfügungsbeschränkung speziell gegenüber den Parteien lässt sich aus Art. 48 Abs. 1 S. 3 GG aber nicht herleiten, da dies die Parteienfreiheit aus Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG zu stark zurückdrängen würde. Geht man nämlich von der verfassungsrechtlichen Vorgabe aus, dass sich die Unabhängigkeit des Abgeordneten und sein Eingebundensein in die Partei sinnvoll ergänzen sollen, kann nicht das Recht der Parteien an einer so wichtigen Stelle wie der Beitragspflicht vollständig zugunsten der Unabhängigkeit des Abgeordneten zurückgedrängt werden. Der Entschädigungsanspruch stellt allerdings sicher, dass der Abgeordnete sein Einkommen behält, egal wie er sich im Hinblick auf die Forderung von Mandatsträgerbeiträgen verhält. Des Weiteren kann durch die Mandatsträgerbeiträge selbst kein Verstoß gegen die Gebote der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien festgestellt werden. Diese Gebote richten sich an den Staat und können daher die Forderung von Mandatsträgerbeiträgen durch die Parteien ohnehin nicht unterbinden. Der Staat verletzte diese Gebote im Zusammenhang mit Mandatsträgerbeiträgen nur dann, wenn diese Beiträge bei der Bemessung der Diäten mit eingerechnet würden. Derartiges ist nicht ersichtlich. Etwas anderes gilt für die staatliche Bezuschussung und steuerliche Begünstigung der Mandatsträgerbeiträge, die zu Recht verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen (dazu sogleich 3.). Schließlich kann in den Mandatsträgerbeiträgen ebenfalls keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Abgeordneten gegenüber anderen Parteimitgliedern erblickt werden und damit ein Verstoß gegen das Gebot innerparteilicher Demokratie bejaht werden. Zwar verdanken die Abgeordneten ihr Mandat dem Wähler und nicht den Parteien, weshalb die Mandatsträgerbeiträge keine Gegenleistung für die Besorgung des Mandats darstellen dürfen. Dennoch partizipieren die Abgeordneten besonders stark an den Leistungen der Parteiapparate, insbesondere zu Wahl-
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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kampfzeiten. Es ist demzufolge angemessen, sie auf der anderen Seite auch in besonderem Maße an den Kosten zu beteiligen. Dies erscheint vor allen Dingen gerechter, als diese Kosten auf alle Parteimitglieder umzulegen oder gar die staatliche Parteienfinanzierung weiter auszubauen. Ein willkürliches Verhalten der Parteien kann hierin nicht erblickt werden. 2. Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit Die Mandatsträgerbeiträge können allerdings unter bestimmten Bedingungen die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschreiten. Dies wäre zunächst der Fall, wenn sie eine unzulässige Höhe erreichten.692 Die Beiträge müssen so bemessen sein, dass der verfassungsmäßige Zweck des Entschädigungsanspruchs, dem Abgeordneten und seiner Familie einen angemessenen Lebensunterhalt zu sichern, nicht vereitelt werden kann. Einem Abgeordneten, dem kein Vermögen zur Verfügung steht, der also auf das Einkommen aus den Diäten angewiesen ist, muss nach Abzug der Mandatsträgerbeiträge zumindest noch so viel Geld zur Verfügung stehen, dass er seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Familie selbstständig bestreiten kann. Es ist nämlich durch Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG verfassungsrechtlich ausgeschlossen, dass ein Abgeordneter auf finanzielle Leistungen seiner Partei oder anderer Geldgeber angewiesen sein soll. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Abgeordnete in eine Abhängigkeit von anderen geriete, die der Entschädigungsanspruch gerade zu verhindern sucht. An diesem Maßstab muss jede Forderung seitens der Parteien gemessen werden. Die hiermit einhergehende Beeinträchtigung der Parteienfreiheit ist insoweit zum Schutz der Abgeordneten gerechtfertigt. Die praktische Konkordanz zwischen Art. 21 Abs. 1 GG und Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG ist nur dann möglich, wenn nicht die aus der einen Norm ableitbaren Freiheiten die aus der anderen Norm ableitbaren Rechte bis zur Bedeutungslosigkeit verdrängen. Dies wäre aber der Fall, wenn die Parteien ihren Abgeordneten unter Berufung auf Art. 21 Abs. 1 S. 2 GG unbegrenzt hohe Mandatsträgerbeiträge abverlangen könnten. Ab welcher Beitragshöhe genau die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschritten wäre, lässt sich schwer beziffern. Die Normen des Grundgesetzes bieten keine konkreten Hinweise, welcher Geldbetrag einem Abgeordneten zur Verfügung stehen muss, um ein von Dritten unabhängiges Leben zu führen. Bei der Ermittlung
692
Mit unterschiedlichen Beurteilungen hinsichtlich der zulässigen Höhe in die gleiche Richtung argumentieren Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 f. (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656; Seifert, Die politischen Parteien im Recht der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 295 f. Ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. Die Festlegung einer Obergrenze in Erwägung zieht auch Launhardt, MIP 1999, 37 (44 f. in Fn. 43). Mit anderer Begründung im Ergebnis auch Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (294).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
dieses Betrages kann jedoch der Gedanke des § 31 AbgG693 bzw. einer entsprechenden landesrechtlichen Norm694 als Anhaltspunkt herangezogen werden. Danach sind die Entschädigungsansprüche mit Ausnahme der Hälfte der Grundentschädigung nicht übertragbar und demzufolge auch nicht pfändbar. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Abgeordnete notfalls mit der Hälfte der Grundentschädigung auskommen muss, um damit seinen Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten. Die Hälfte der Grundentschädigung muss genügen, um dem Abgeordneten ein von anderen Geldquellen unabhängiges Leben zu ermöglichen. Seine mandatsbedingten Kosten werden zudem durch die Aufwandsentschädigung abgegolten, die gar nicht übertragbar ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der einfache Gesetzgeber mit seiner Einschätzung, dass die Hälfte der Grundentschädigung im Extremfall zur Lebensunterhaltung ausreicht, gegen Verfassungsnormen verstieß.695 Der Gedanke des § 31 AbgG bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Normen kann daher auf die verfassungsrechtliche Ebene übertragen werden. Es ist mit Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG vereinbar, anzunehmen, dass die Hälfte der Grundentschädigung dem Abgeordneten eine angemessene Existenzgrundlage bietet, von der er leben kann, ohne in Abhängigkeit von anderen Geldgebern zu geraten. Hieraus lässt sich im Umkehrschluss folgern, dass die Sonderbeiträge an Partei und Fraktion insgesamt allerhöchstens die Hälfte der Grundentschädigung betragen dürfen. Die Hälfte der Grundentschädigung ist verfassungsrechtlich das Maximum, welches als Ergebnis der innerparteilichen Entscheidungsvorgänge als Sonderbeitragshöhe festgestellt werden kann. Alle weiteren Entscheidungen bezüglich der Höhe der Mandatsträgerbeiträge sind den innerparteilichen Handlungsabläufen überlassen. Darin nimmt der Abgeordnete eine durch Art. 38 und Art. 48 GG insoweit gestärkte Position ein, als ihm jegliche Handlung bis hin zur Zahlungsverweigerung weder sein Mandat noch sein Einkommen kosten kann. Ferner kann auch die Art und Weise der Zahlung der Mandatsträgerbeiträge verfassungswidrig sein. Es wäre nicht zulässig, wenn die Parteien die Diäten ihrer Abgeordneten zunächst in voller Höhe von den Parlamentsverwaltungen einzögen und den Abgeordneten anschließend einen Teil davon auszahlten. Denn die Diäten stehen den Abgeordneten persönlich zu. Weiterhin ist es zumindest verfassungsrechtlich bedenklich, wenn die Parlamentsverwaltungen die Mandatsträgerbeiträge direkt an die Parteien überweisen und den entsprechenden Betrag von den Diäten abziehen. Denn die Mittel entstammen dann strenggenommen nicht dem Privatvermögen des Abgeordneten, sondern der Staatskasse. Der Abgeordnete hat die Diäten zu keinem Zeitpunkt vollumfänglich in seiner Verfügungsgewalt gehabt. Um 693
Hierauf stellen ebenfalls ab Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 694 Siehe zu vergleichbaren landesrechtlichen Vorschriften bereits oben in Fn. 480. 695 So auch Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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die freie Verfügung des Abgeordneten sicherzustellen, müsste man verlangen, dass er die Beiträge selbstständig anweist.696 Eine solche Vorgabe ist allerdings nicht mehr als ein symbolischer Akt, wenn der Abgeordnete keine Einwände gegen die Beiträge hat und die Höhe der Mandatsträgerträge nicht verfassungswidrig ist. Aus diesem Grunde dürfte es ausreichen, wenn man eine Direktüberweisung der Beiträge zulässt, solange sie auf einer individuellen Abtretungserklärung des Abgeordneten basiert und soweit er sich dabei auf die übertragbaren Teile seiner Entschädigung bezieht.697 Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wird hierbei einerseits durch die individuelle Erklärung und andererseits durch den Rest der Entschädigung hinreichend gewahrt. Etwas anderes gilt selbstverständlich für den Fall, dass eine Übertragung des Entschädigungsanspruchs per Gesetz oder gar per Verfassung ausdrücklich verboten ist. Ein solches Verbot existiert bislang lediglich in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, und zwar nach Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf bzw. Art. 11 Abs. 3 S. 2 SHVerf.698 Im Hinblick auf die deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments sind darüber hinaus die Regelungen des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments zu beachten. Nach Art. 9 Abs. 3 dieses Statuts sind Vereinbarungen zwischen dem Abgeordneten und seiner Partei über die Verwendung der Leistungen, die der Abgeordnete nach dem Abgeordnetenstatut bezieht, unwirksam. Demzufolge können Mitglieder des Europäischen Parlaments keine rechtswirksamen Vereinbarungen in Bezug auf die Zahlung von Mandatsträgerbeiträgen aus ihren Entschädigungen, Übergangsgeldern oder Ruhegehältern treffen und die Parteien können keine teilweise Abführung dieser Leistungen einfordern. Die aktuelle Praxis einiger Parteien, bei der Berechnung der Höhe der Sonderbeiträge auf einen bestimmten Teil der Diäten des Abgeordneten abzustellen699, ist aus diesem Grunde mit Art. 9 Abs. 3 des Abgeordnetenstatuts unvereinbar. Die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge ohne vorherige rechtswirksame Vereinbarung ist den Abgeordneten hingegen ebenso nicht verboten wie die vereinbarungsgemäße Entrichtung der Beiträge aus ihrem sonstigen Einkommen oder Vermögen.700
696
So Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6. Ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. 697 Ähnlich Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 6. 698 Siehe hierzu ausführlich bereits oben unter § 2 B. III. 2. c). 699 So beispielsweise § 7 Abs. 1 der Finanzordnung der CDU in Niedersachsen (Stand: 14. 6. 2008) oder der derzeit gültige Parteitagsbeschluss der Grünen zur Sonderbeitragspflicht ihrer Abgeordneten aus November 2008. Siehe dazu http://www.gruene-partei.de/cms/default/ dokbin/258/258021.mandatstraeger.pdf [Stand: 29. Februar 2012]. Zu beiden Regelungen auch bereits oben unter § 2 A. II. 5. bzw. § 2 A. IV. 2. b) aa). 700 Siehe zum Ganzen ausführlich bereits oben unter § 2 B. III. 2. d).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
3. Verfassungswidrigkeit der Berücksichtigung bei der staatlichen Parteienfinanzierung Verfassungswidrig ist die Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der zuwendungsbezogenen staatlichen Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG.701 Die Mandatsträgerbeiträge stellen kein zusätzliches Indiz für die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft dar, das nicht bereits durch die anderen, in § 18 PartG aufgeführten Tatbestände berücksichtigt und staatlich bezuschusst wird. Soweit auf diese Weise der in der Mandatsträgeranzahl zum Ausdruck kommende Wahlerfolg einer Partei prämiert werden soll, wird dieser bereits durch die stimmenbezogene Bezuschussung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 PartG abgegolten. Die Mandatsträgerbeiträge dürfen demnach nicht zur Bemessung der Höhe der staatlichen Teilfinanzierung herangezogen werden. Zudem birgt die staatliche Förderung dieser Sonderbeiträge die Gefahr, dass sich der ohnehin vorhandene, verselbstständigte Finanzkreislauf in der Parteispitze noch weiter verstärkt. Die Parteien könnten sich immer mehr durch ihre Spitzenrepräsentanten finanzieren und würden dabei auch noch vom Staat unterstützt. Die Entscheidung darüber, ob eine Partei staatliche Leistungen erhält, verbliebe entgegen der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts immer weniger bei den Bürgern. Die Parteien könnten sich so immer mehr von ihren Mitgliedern und den ihre Politik unterstützenden Teilen der Bevölkerung entfremden. Abhilfe müsste hier zumindest durch eine Streichung des Wortes „Mandatsträgerbeiträge“ aus § 18 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG geschaffen werden. So würde der Bezuschussung der Beiträge der Anschein der Rechtmäßigkeit genommen. Noch weiter ginge ein ausdrücklich normiertes Verbot der Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge. Dies führte vermutlich dazu, dass die Mandatsträgerbeiträge von den Parteien künftig als Spenden gemäß § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG verbucht würden und dadurch wiederum in den Genuss der staatlichen Bezuschussung kämen. Deshalb müsste zusätzlich auch die Bezuschussung von Spenden der Abgeordneten untersagt werden. Dies ist gerechtfertigt, weil die andere „Etikettierung“ der Mandatsträgerbeiträge nichts an der Tatsache ändert, dass diese Beiträge keinen Ausdruck der Verwurzelung der Partei in der Gesellschaft darstellen. Wenn man die Bezuschussung von Abgeordnetenspenden aufrechterhält, bliebe es wahrscheinlich im Endeffekt nur bei einem unerwünschten Verlust an Transparenz. 701
Zu diesem Ergebnis kommt ebenfalls Launhardt, MIP 1999, 37 (50). Zumindest als verfassungsrechtlich problematisch qualifiziert diese Regelung auch Koch, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 18 Rn. 10. Als „geradezu widersinnig“ bzw. „ans Groteske grenzend“ bezeichnet sie von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 317; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1073). Ähnlich kritisch äußern sich vor dem Hintergrund der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass die im Rahmen der staatlichen Teilfinanzierung zu berücksichtigenden Zuwendungen Ausdruck der Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft sein müssen, weiterhin Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 189 f.; Lenz, ZRP 2001, 297 (302); derselbe, NVwZ 2002, 769 (775); Naßmacher, APuZ B 16/2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge
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Des Weiteren muss die Höhe der steuerlichen Begünstigungsgrenzen der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG wie auch der daran orientierte Förderungshöchstbetrag in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG auf ein angemessenes Niveau gesenkt werden.702 Die derzeitigen Beträge sind für einen Bezieher durchschnittlicher Einkommen kaum erreichbar und entsprechen damit nicht den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts. Die Beträge können in der Regel nur von Bürgern mit höheren Einkommen ausgeschöpft werden, die damit zum einen stärker aus den steuerlichen Vorteilen zehren und zum anderen einen größeren Einfluss auf die Verteilung der staatlichen Mittel an die politischen Parteien nehmen können als Durchschnittsverdiener. Auf diese Weise werden einerseits diejenigen Parteien vom Staat bevorteilt, die einkommensstärkere Bevölkerungskreise ansprechen, andererseits wird das Recht des Bürgers auf gleiche Teilhabe an der politischen Willensbildung verletzt. Angemessen erscheint eine Senkung der Beträge auf das Niveau, welches seinerzeit von der Sendler-Kommission vorgeschlagen wurde. Sie hatte im Jahre 1994 eine steuerliche Berücksichtigung von insgesamt 2.000 DM bzw. 4.000 DM bei zusammen veranlagten Ehegatten für verfassungsrechtlich zulässig und angemessen erachtet.703 Dem entsprächen in Euro umgerechnet in etwa Beträge von 1.023 bzw. 2.045 Euro. Zusätzlich müsste eine Steigerung der durchschnittlichen Einkommen von rund 20 Prozent seit 1994 berücksichtigt werden.704 Somit ergäben sich aktuell steuerliche Begünstigungsgrenzen von 1.250 Euro bzw. 2.500 Euro bei zusammen veranlagten Ehegatten. Würden diese Beträge zugrunde gelegt und blieben die betroffenen Vorschriften des EStG im Übrigen unverändert, so müssten folgende Änderungen vorgenommen werden: Die Beträge in § 10b Abs. 2 S. 1 EStG müssten von 1.650 auf 625 Euro bzw. von 3.300 auf 1.250 Euro gesenkt werden. Die Beträge in § 34g S. 2 EStG müssten von 825 auf 312,50 Euro bzw. von 1.650 auf 625 Euro reduziert werden. In Anlehnung an diese Reduktionen müsste zudem der Betrag in § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG von 3.300 auf 1.250 Euro herabgesetzt werden. Diese Maßnahme hätte sicherlich positive Begleiterscheinungen im Hinblick auf die Mandatsträgerbeiträge. Die Reduktion des steuerlichen Anreizes für die Zuwendungen an politische Parteien lieferte den Abgeordneten zugleich ein Argument 702 Dies fordern ausdrücklich oder mindestens indirekt gleichermaßen von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 73 f.; derselbe, Das System, 2001, S. 101; derselbe, DVBl. 2002, 1065 (1070 ff.); derselbe, DÖV 2007, 221 (224); Drysch, NVwZ 1994, 218 (222 f.); Herud, PVS 2001, 492 (499); Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 137; Kaltefleiter/Naßmacher, ZParl 1994, 253 (258); Launhardt, MIP 1999, 37 (50); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 99; Naßmacher, APuZ B 16/ 2000, 15 (22); derselbe, in: Klein, Welche Finanzierung für die Parteien?, 2000, S. 15 (26); H.-P. Schneider, in: Nahamowitz/Breuer (Hrsg.), Politik – Verfassung – Gesellschaft, 1995, 335 (345); Schütte, ZParl 1994, 262 (263 f.); Sendler, NJW 1994, 365 (366). 703 Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 76 ff. = BT-Drucks. 12/4425, S. 31 f. 704 Vgl. hierzu nur die Entwicklung der Bruttoeinkommen der Arbeitnehmer im Zeitraum von 1994 bis 2009. Siehe Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Statistisches Taschenbuch 2010, Gliederungspunkt 1.13.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
für die innerparteiliche Diskussion um die Höhe der Mandatsträgerbeiträge und würde ihren Standpunkt insofern stärken. Vermutlich würden die Sonderbeiträge abgesenkt.705 Ferner würde ein eventuell für den Abgeordneten bestehender Druck, Mandatsträgerbeiträge zu leisten, weil sie für ihn steuerliche Vorteile bringen706, immerhin partiell abgebaut. Wenn man der hier vertretenen Auffassung, die unmittelbare Bezuschussung von Mandatsträgerbeiträgen nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG zu verbieten, nicht folgt, hätte die Absenkung der Begünstigungsgrenzen darüber hinaus zumindest den Effekt, dass die Höhe dieser Bezuschussung reduziert würde. Verfassungspolitisch könnte man weitergehend sogar über die gänzliche Beseitigung der steuerlichen Begünstigung der Mandatsträgerbeiträge nachdenken.707 Denn auf dem Wege der steuerlichen Begünstigung partizipieren die Mandatsträgerbeiträge doch an der staatlichen Parteienfinanzierung, wenn auch nur mittelbar. Allerdings kommen die steuerlichen Vorteile mehr den Mandatsträgern zugute als den Parteien. Der Vorteil für die Parteien lässt sich dagegen kaum bemessen.708 Im Sinne der Einschränkung der staatlichen Parteienfinanzierung ist die Abschaffung der steuerlichen Begünstigung der Mandatsträgerbeiträge darum nicht notwendig. Warum den Abgeordneten ihr gesamter steuerlicher Vorteil genommen werden sollte und sie demzufolge gegenüber anderen Bürgern benachteiligt werden sollten, ist hingegen nicht nachvollziehbar. 4. Rechtspolitische Vorschläge Neben den verfassungsrechtlich gebotenen Änderungen gibt es rechtspolitische Optionen, die der Entschärfung des durch die Mandatsträgerbeiträge hervorgerufenen verfassungsrechtlichen Konflikts dienen könnten. Zu nennen ist hierbei zunächst die einschneidendeste Maßnahme in Form der gesetzlichen Normierung eines vollständigen Verbots von Mandatsträgerbeiträgen. Weniger tiefgreifend wäre eine gesetzliche Begrenzung der Mandatsträgerbeiträge. Da sowohl das Verbot als auch die Begrenzung der Mandatsträgerbeiträge durch eine Umwidmung der Beiträge in Mitgliedsbeiträge oder Spenden leicht umgangen werden könnten, müssten in beiden Fällen alle Leistungen eines Abgeordneten an seine Partei erfasst werden. Zusätzlich 705
Ähnlich von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 319. Auf den Zahlungsdruck, der von den mittelbaren Folgen der Zahlung der Mandatsträgerbeiträge ausgeht, weisen hin von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 318; Launhardt, MIP 1999, 37 (50); Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 537 f. in Fn. 110. 707 Hierfür plädieren von Arnim, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 136 f. = BTDrucks. 12/4425, S. 55 f.; derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 319; Launhardt, MIP 1999, 37 (50). 708 Siehe zu diesem Aspekt auch BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (290). 706
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ist einerseits an die Abschaffung der Normierung der Mandatsträgerbeiträge in den Parteisatzungen zu denken oder andererseits an die Erhöhung der Transparenz. a) Parteifinanzierungsverbot für Abgeordnete Zum Teil wird in der Literatur gefordert, die Mandatsträgerbeiträge gesetzlich zu verbieten.709 Es solle im Parteiengesetz ausdrücklich festgeschrieben werden, dass diese Beiträge nicht zulässig seien. Diese Maßnahme allein führte aber in der Praxis vermutlich nur dazu, dass die Mandatsträgerbeiträge künftig von den Parteien als (erhöhte) Mitgliedsbeiträge oder als Spenden deklariert würden.710 Damit wäre nichts gewonnen außer Intransparenz. Man müsste also weitergehen und den Abgeordneten jegliche finanziellen Leistungen an ihre Parteien verbieten. Flankiert werden könnte dieses vollumfängliche Parteifinanzierungsverbot für Abgeordnete mit strafrechtlichen Sanktionen für den Fall der Nichteinhaltung. Ein solch umfassendes Finanzierungsverbot für Abgeordnete drängte jedoch die Parteienfreiheit sehr stark zurück und wäre daher verfassungsrechtlich bedenklich. Denn die Parteien sollen sich aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht nur inhaltlich, sondern auch finanziell auf die Gelder aus ihrer Mitgliedschaft und dem ihre Politik unterstützenden Teil der Gesellschaft stützen.711 Warum hiervon gerade die Abgeordneten vollständig ausgenommen werden sollen, leuchtet nicht ein. Die Abgeordneten unterscheiden sich zwar von den anderen Parteimitgliedern durch ihr Abgeordnetenmandat, sodass sie als besonderer Teil der Mitgliedschaft auch eine besondere Behandlung erfahren könnten. Es ist aber geradezu widersprüchlich, dass sich mit der Gruppe der Abgeordneten gerade die Parteimitglieder mit keinem Cent an der Finanzierung beteiligen müssten, die zur Erreichung ihrer Sonderstellung am stärksten auf die Hilfe ihrer Partei angewiesen sind. Die Parteimitglieder, die am meisten von der Arbeit der übrigen Parteimitglieder profitieren, müssten sich finanziell am wenigsten an der Parteiarbeit beteiligen, nämlich gar nicht. Bedenkt man weiter, dass die Parteivorstände in vielen Fällen aus Abgeordneten bestehen, hätten damit die einflussreichsten Parteimitglieder das Privileg, sich nicht an der Finanzierung derjenigen Vereinigung beteiligen zu müssen, die sie selbst führen. Diese Konsequenz wäre ebenfalls unverständlich. Die Aufteilung der Parteimitglieder in eine Gruppe nicht zahlender, aber wichtige Entscheidung treffender Abgeordneter und eine Gruppe zahlender und auf wenige Mitwirkungsmöglichkeiten beschränkter 709 So z. B. von Arnim, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 319; Hans Meyer, KritV 1995, 216 (245 in Fn. 110); Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (456). 710 So reagierten die Parteien in jedem Fall als im Jahre 1983 die gesetzliche Verpflichtung zur gesonderten Ausweisung der Mandatsträgerbeiträge in den Rechenschaftsberichten gestrichen wurde. Die Parteien verbuchten die Mandatsträgerbeiträge fortan unter der Rechnungsposition „Mitgliedsbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge“ oder als „Einnahmen aus Spenden“. Siehe dazu ausführlich bereits oben unter § 2 B. I. 3. a). 711 BVerfG, Urt. v. 9. 4. 1992 – 2 BvE 2/89, BVerfGE 85, 264 (289 f.).
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
weiterer Mitglieder ließe sich auch mit dem Gebot der innerparteilichen Gleichbehandlung kaum vereinbaren. Des Weiteren träfe das Verbot eine Partei umso schwerer, je mehr Abgeordnete sie in ihren Reihen verzeichnet. Eine Partei müsste auf unter Umständen hohe Leistungen der Abgeordneten verzichten, die sich besonders mit der Partei identifizieren, die stark von der Arbeit profitieren und die möglicherweise sogar gerne dazu bereit sind, die Partei finanziell zu unterstützen. Selbst wenn sich das Verbot aber nur minimal in den Parteikassen bemerkbar machte, führte dies dennoch zu dem Ergebnis, dass den Parteien Wahlerfolge zum finanziellen Nachteil gereichten. Diese Auswirkung wäre unlogisch und liefe der verfassungsrechtlichen Zielsetzung der Parteien zuwider. Darüber hinaus würden auch die Freiheiten der Abgeordneten erheblich beschnitten. Es erscheint zweifelhaft, dass sich die Abgeordneten noch nicht einmal an der Finanzierung ihrer Partei beteiligen dürfen, auch wenn sie daran möglicherweise großes Eigeninteresse haben.712 Durch das Parteifinanzierungsverbot würden die Abgeordneten in ihrer Verfügungsbefugnis deutlich eingeschränkt. Bliebe ihnen bei einem alleinigen Verbot der Mandatsträgerbeiträge wenigstens noch die Möglichkeit, an ihre Partei zu spenden, dürften sie bei einem vollständigen Verbot weder aus ihrer Abgeordnetenentschädigung, die ihr während der Mandatszeit ausbleibendes Einkommen ersetzen soll, noch aus ihrem sonstigen Vermögen freiwillig Gelder an ihre Partei leisten. Eine solche Beschränkung wäre vor dem Hintergrund der vom Grundgesetz garantierten Privatautonomie fragwürdig, obwohl sie im Endeffekt dem Schutz des Vermögens des Abgeordneten diente. Wenn man bedenkt, dass der Abgeordnete rechtlich jegliche Zahlung verweigern kann, wäre dieser Eingriff in die Privatautonomie des Abgeordneten nicht erforderlich und demnach unverhältnismäßig. Nur um dem eventuell auf den Abgeordneten ausübten faktischen Druck beizukommen, einen solch schwerwiegenden Eingriff in dessen Freiheit vorzunehmen, ginge zu weit. Weiterhin ist im Hinblick auf Praxis der Parteienfinanzierung zu fragen, wer die wegfallenden Mitgliedsbeiträge, Mandatsträgerbeiträge und Spenden der Abgeordneten im Falle eines Verbots ersetzen sollte. Während Parteien mit breiter Mitgliederbasis die Ausfälle noch durch ungerechte, aber mögliche höhere Forderungen gegenüber den übrigen Mitgliedern ausgleichen könnten, hätte dies für Parteien mit einer schmaleren Mitgliederbasis weitreichende finanzielle Folgen bis hin zu einer verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Benachteiligung.713 Jeder Spendenaufruf eines Abgeordneten im Vorfeld eines Wahlkampfes verlöre an Bedeutung, wenn den Mitgliedern bewusst wäre, dass der Aufrufende selbst keinen noch so kleinen Finanzierungsbeitrag leistet. Die Solidarität zwischen den Abgeordneten und den 712
Ähnlich Launhardt, MIP 1999, 37 (49). Siehe hierzu auch Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 159 = BTDrucks. 14/6711, S. 7. 713
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anderen Parteimitgliedern, die gerade zu Wahlkampfzeiten nahezu unentbehrliche Unterstützung leisten, nähme auf diese Weise vermutlich stark ab. Der Rückhalt des Abgeordneten in der eigenen Partei könnte darunter leiden, ohne dass der Abgeordnete etwas dagegen unternehmen dürfte. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu bedenken, dass ein Wahlkreisabgeordneter, der erneut zur Wahl antritt, gegenüber seinen Konkurrenten benachteiligt wäre. Während die Konkurrenten zur Finanzierung ihres Wahlkampfs in unbegrenzter Höhe beitragen könnten, wäre der Abgeordnete darauf verwiesen, bei den anderen Mitgliedern um Unterstützung zu bitten. Ferner ist zu überlegen, wie mit kommunalen Mandatsträgern zu verfahren wäre. Bezöge man das Parteifinanzierungsverbot aufgrund des verfassungsrechtlichen Unterschieds714 zwischen kommunalen Mandatsträgern und Abgeordneten nur auf Abgeordnete, so dürfte diese rein rechtlich gebotene Differenzierung den kommunalen Mandatsträgern nur schwer zu vermitteln sein. Insbesondere im Bereich der Finanzierung einer Vereinigung werden Privilegierungen eines Teils der Mitgliedschaft besonders kritisch beäugt. Wenn dann auch noch die exponiertesten Repräsentanten per Gesetz bevorteilt werden, wird dies kaum jemanden überzeugen. Nähme man demgegenüber die kommunalen Mandatsträger mit in den Regelungsbereich des Finanzierungsverbots auf, so wären die finanziellen Folgen für die Parteien beträchtlich. Wenn die kommunalen Mandatsträger ihre Partei nicht mehr finanziell unterstützen dürften, bräche selbst den Parteien mit breiter Mitgliederbasis ein wichtiges Standbein ihrer Finanzierung weg. Kleinere kommunale Parteigliederungen, die neben den Mandatsträgern nur wenige Mitglieder haben, könnten sich womöglich gar nicht mehr selbst finanzieren. Es spricht demnach sehr viel gegen ein absolutes Parteifinanzierungsverbot für Abgeordnete. Verböte man hingegen allein die Mandatsträgerbeiträge, würden diese Mandatsträgerbeiträge vermutlich künftig weiterhin gezahlt, nur unter einem anderen „Etikett“.715 Das Verbot bliebe damit ohne Auswirkungen auf die tatsächlichen Gegebenheiten. Sein Nutzen beschränkte sich vielmehr auf eine symbolische Wirkung. b) Deckelung aller Leistungen eines Abgeordneten an seine Partei Als Mittelweg zwischen einem schwer vertretbaren Verbot sämtlicher Leistungen und einem wahrscheinlich ineffektiven Verbot der Mandatsträgerbeiträge ist zu erwägen, alle Leistungen eines Abgeordneten an seine Partei per gesetzlicher Regelung 714
Siehe dazu ausführlich oben unter § 1 B. I. So reagierten jedenfalls die Parteien als man auf Vorschlag der Fürst-Kommission im Jahre 1983 zwischenzeitlich die Pflicht zur gesonderten Ausweisung der Mandatsträgerbeiträge in den Rechenschaftsberichten der Parteien abschaffte. Die Mandatsträgerbeiträge wurden trotzdem weiter erhoben, aber als „Mitgliedsbeiträge und ähnliche regelmäßige Beiträge“ oder „Spenden“ verbucht. Siehe dazu näher § 2 B. I. 3. b). 715
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
zu deckeln.716 Mitglieds- und Sonderbeiträge sowie Spenden des Abgeordneten wären erlaubt, allerdings für jeden Abgeordneten insgesamt immer nur bis zu einer bestimmten Höhe. Eine solche Regelung berücksichtigte zum einen die Freiheit der Parteien, auch von ihren Abgeordneten Spenden und Beiträge verlangen zu dürfen, und zum anderen die Freiheit des Abgeordneten, über sein Einkommen frei verfügen zu dürfen. Beide Freiheiten wären jedoch begrenzt durch die Festlegung eines bestimmten Betrags. Die Begrenzung der Parteienfreiheit ließe sich dadurch rechtfertigen, dass der Abgeordnete die Partei im Unterschied zu anderen Parteimitgliedern stärker in der Öffentlichkeit repräsentiert. Es fände auf diesem Wege Beachtung, dass nicht nur der Abgeordnete von der Partei profitiert, sondern auch die Partei vom Abgeordneten. Im Gegenzug müssten die Parteien eine Beschränkung ihrer Forderungen gegenüber ihren Abgeordneten auf einen bestimmten Betrag hinnehmen. Die Beschränkung der Privatautonomie des Abgeordneten könnte damit begründet werden, dass der Abgeordnete seine Partei durch seine Abgeordnetentätigkeit stärker unterstützen darf als andere Parteimitglieder. Die durch eine Begrenzung der Beitrags- und Spendenzahlungen eventuell entstehenden Nachteile des Abgeordneten würden durch seine Vorteile bei der aktiven Parteiarbeit kompensiert.717 Außerdem würde die finanzielle Unabhängigkeit des Abgeordneten vergrößert, weil ihm künftig privat mehr Geld zur Verfügung stünde. Die Deckelung sämtlicher Leistungen des Abgeordneten könnte im Gegensatz zu dem alleinigen Verbot der Mandatsträgerbeiträge nicht durch einfache Umwidmung der Leistungen umgangen werden. Der auf sämtliche Leistungen bezogene Gesetzeswortlaut wirkte nämlich allen Überlegungen zur Umgehung der Begrenzung der Höhe bereits im Ansatz entgegen. Die Abgeordneten wären zudem nicht weiter dem vermeintlichen Druck ausgesetzt, notfalls über Umwege weitere Gelder an ihre Parteien zu leisten. Dass die hier vorgeschlagene Begrenzung der finanziellen Zuwendungen von einzelnen Parteimitgliedern nicht nur theoretisch möglich, sondern auch praktisch umsetzbar ist, zeigen ähnliche Regelungen in diversen anderen westlichen Demokratien, wie beispielsweise in Großbritannien718 oder in Kanada719. 716 So auch die Vorschläge von Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 292; Wefelmeier, NdsVBl. 2003, 286 (294). 717 Ähnlich Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 292. 718 In Großbritannien besteht für die Bewerber um ein Abgeordnetenmandat seit jeher eine Limitierung ihrer Wahlkampfausgaben. Bereits seit dem „Corrupt and Illegal Practices Act“ von 1883 schreibt der „Representation of the People Act“ für die Wahlkampfausgaben jedes Wahlkreiskandidaten bestimmte Höchstgrenzen vor, deren Einhaltung durch öffentliche Rechnungslegung der Kandidaten kontrolliert wird. Bei Nichteinhaltung der Höchstgrenzen verliert ein erfolgreicher Kandidat ohne Weiteres sein Mandat, und in seinem Wahlkreis findet eine Nachwahl statt. Siehe dazu Naßmacher/Naßmacher, Nachhaltige Wirtschaftspolitik in der parlamentarischen Demokratie, 2009, S. 168. 719 Auch in Kanada sind die Wahlkampfausgaben für jeden Kandidaten gedeckelt. Die Höhe des Ausgabenlimits ergibt sich dabei aus einer Berechnungsformel, die zum einen die Be-
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Bei welcher Höhe die Leistungen des Abgeordneten an seine Partei gedeckelt werden sollten, ist letztlich eine Wertungsfrage und kann der Politik überlassen werden. Allerdings lassen sich Überlegungen zu einem Rahmen anstellen, in dem sich die Maximalhöhe der Leistungen des Abgeordneten bewegen sollte. Zunächst einmal sollte sich der Maximalbetrag mindestens auf einen einjährigen, wenn nicht sogar auf einen zweijährigen Zeitraum beziehen, um einem asynchronen Leistungsrhythmus des Abgeordneten entgegenzukommen. Des Weiteren müsste der „Deckel“ betragsmäßig zumindest deutlich niedriger angesetzt werden als die oben720 ermittelte, verfassungsrechtlich gebotene Begrenzung der Höhe der Mandatsträgerbeiträge, die nach hier vertretener Auffassung bei der Hälfte der Grundentschädigung des Abgeordneten liegt. Diese Grenze ergibt sich nämlich bereits aus der Verfassung. Sie müsste nicht durch eine einfachgesetzliche Regelung nachgezeichnet werden. Zu denken wäre daher in etwa an ein Viertel der Grundentschädigung als Obergrenze. Legte man hierbei – und dies wäre ein Entgegenkommen gegenüber den Parteien – die Grundentschädigung eines Bundestagsabgeordneten zugrunde, so käme man somit auf eine Obergrenze von derzeit 23.814721 Euro pro Jahr, also rund 24.000 Euro. Im Hinblick auf die Untergrenze ist zu berücksichtigen, dass es dem Abgeordneten mindestens erlaubt sein muss, so viel an seine Partei zu leisten, wie es ein durchschnittlicher Einkommensempfänger zu leisten vermag. Der „Deckel“ wäre demnach mindestens so hoch anzusetzen wie die soeben722 gefundene steuerliche Begünstigungsgrenze von 1.250 Euro pro Jahr. Innerhalb des so ermittelten Rahmens von mindestens 1.250 Euro bis hin zu 24.000 Euro pro Jahr dürften viele Lösungen mit guten Argumenten vertretbar sein. Eine entsprechende gesetzliche Regelung könnte als Leistungsverbot für den einzelnen Abgeordneten in die Abgeordnetengesetze integriert werden. Einfacher wäre es, die Parteien in die Pflicht zu nehmen und die Limitierung als Annahmeverbot in das bundesweit geltende Parteiengesetz aufzunehmen. Man könnte sich dabei an dem Katalog der Spendenannahmeverbote des § 25 Abs. 2 PartG orientieren. Allerdings müsste sich die Vorschrift auf sämtliche Geldleistungen des Abgeordneten beziehen, sodass der Katalog nicht einfach um die Limitierung für Abgeordnete ergänzt werden könnte. Man wird daher letztlich nicht umhinkommen, dem Parteiengesetz im Bereich des § 25 einen weiteren Paragraphen hinzuzufügen, der sich nur auf die Annahme von Leistungen der Abgeordneten bezieht und diese begrenzt. Im Hinblick auf die Sanktionen für zu Unrecht angenommene Leistungen könnte der zu schaffende Paragraph dann auf das Sanktionensystem des § 25 Abs. 4 völkerungszahl und zum anderen die Besiedlungsdichte des Wahlkreises berücksichtigt. Siehe dazu im Einzelnen Oldopp, Auf dem Weg ins Parlament, 2001, S. 79 ff. 720 Siehe oben unter § 2 B. IV. 2. 721 Die Bundestagsabgeordneten beziehen derzeit eine monatliche Grundentschädigung von 7.960 Euro (§ 11 Abs. 1 S. 2 AbgG) abzüglich einem Dreihundertfünfundsechzigstel (§ 11 Abs. 3 AbgG), also ungefähr 7.938 Euro im Monat. Das Einkommen aus der Grundentschädigung beträgt somit jährlich 95.256 Euro. Ein Viertel dieses Betrages sind 23.814 Euro. 722 Siehe oben unter § 2 B. IV. 3.
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§ 2 Die Mandatsträgerbeiträge von Abgeordneten
und § 31c PartG verweisen. Auf diese Weise könnten die Leistungen des Abgeordneten an seine Partei effektiv begrenzt werden. c) Verbot der Normierung der Mandatsträgerbeiträge in den Parteisatzungen Zusätzlich zur Deckelung der Leistungen des Abgeordneten könnte man erwägen, die Normierung der Mandatsträgerbeiträge in den Parteisatzungen zu unterbinden.723 So würde der Konflikt der Mandatsträgerbeiträge mit der Freiheit und Unabhängigkeit des Mandats entschärft und die Freiwilligkeit der Leistung sichtbar unterstrichen. Obgleich die Abgeordneten ihr Mandat nicht verlieren können, wenn sie die die Beiträge nicht zahlen, hätte diese Maßnahme über den Abgeordnetenstatus hinaus mehr als nur symbolische Wirkung. Sie würde den Abgeordneten nämlich die rechtliche Verpflichtung zur Zahlung dieser Beiträge nehmen. Die Abgeordneten könnten mit Ausnahme des Mitgliedsbeitrags rechtlich frei über ihre Leistungen an die Partei entscheiden. Entsprechende Forderungen der Partei könnten nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden. Infolgedessen könnten allerdings zwischen den Abgeordneten und den Parteien individuelle Vereinbarungen bezüglich der Sonderbeiträge getroffen werden, die wiederum eine rechtliche Verpflichtung begründen. Demgegenüber hat die satzungsrechtliche Normierung den Vorteil, dass die Abgeordneten in etwa gleich beansprucht werden. Zudem ist die Höhe der Mandatsträgerbeiträge durch den Ausweis in den Satzungen transparenter als sie es bei individuellen, womöglich mündlichen Vereinbarungen wäre. Verböte man auch solche Sondervereinbarungen, so entfiele jegliche rechtliche Zahlungsverpflichtung der Abgeordneten und es könnte nur noch faktischer Druck auf die Abgeordneten ausgeübt werden.724 Auf der anderen Seite führte dies zu einem Verlust an Kontrolle und Publizität im Hinblick auf die Leistungen der Abgeordneten an ihre Parteien. Es dürfte dann sehr schwer nachvollziehbar sein, welche Gelder des Abgeordneten im Einzelnen an die Partei fließen. d) Erhöhung der Transparenz Darum wäre es sinnvoller, die Normierung der Mandatsträgerbeiträge in den Parteisatzungen nicht zu verbieten und stattdessen die Transparenz sämtlicher 723
So Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 6; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 21 Rn. 413 (Stand der Bearbeitung: Januar 2012). Anders noch Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 158 = BT-Drucks. 14/6711, S. 7. Ähnliches schlug bereits die Sendler-Kommission vor. Siehe Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 72 = BT-Drucks. 12/4425, S. 30. 724 Sprachlich anlehnen ließe sich eine solche Regelung an Art. 9 Abs. 3 des Abgeordnetenstatuts des Europäischen Parlaments. Siehe hierzu bereits ausführlich oben unter § 2 B. II. 3.
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Leistungen der Abgeordneten an ihre Parteien zu steigern.725 Diese Maßnahme ergänzte die Deckelung aller Leistungen eines Abgeordneten zweckmäßig, da sich auf diesem Wege die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen effektiv kontrollieren ließe. Bislang müssen die Parteien gemäß § 24 Abs. 4 Nr. 2 PartG in ihren Rechenschaftsberichten die Gesamtsumme der Einnahmen aus „Mandatsträgerbeiträgen und ähnlichen regelmäßigen Beiträgen“ ausweisen. Des Weiteren müssen Spenden und Mandatsträgerbeiträge, deren Gesamtwert in einem Kalenderjahr 10.000 Euro übersteigt, nach § 25 Abs. 3 S. 1 PartG unter Angabe des Namens des Leistenden und der Gesamthöhe der Leistung im Rechenschaftsbericht verzeichnet werden. Zunächst einmal sollte die Publizitätsgrenze von 10.000 Euro (mindestens für Abgeordnete) deutlich abgesenkt werden, damit im Rechenschaftsbericht ein deutlicheres Bild über die Leistungen der Abgeordneten an ihre Parteien erkennbar wird.726 Dies allein reicht indessen nicht aus. Es sollte gesondert erfasst und angegeben werden, welche regelmäßigen Mandatsträgerbeiträge die Bundestags- und Landtagsabgeordneten pro Kopf leisten und welche zusätzlichen Beiträge ihnen abgefordert werden. Zusätzlich sollten die Spenden der Abgeordneten zumindest im Schnitt explizit angegeben werden. Eine entsprechende Offenlegungspflicht der Parteien müsste gesetzlich verankert werden. Sie wäre durch das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG gedeckt. Auf diese Weise würden die Finanzströme zwischen den Abgeordneten und ihren Parteien aufgedeckt und in der Öffentlichkeit präsenter. Der Wähler würde über diese Form der Parteienfinanzierung und deren Bedeutung detaillierter aufgeklärt. Vielleicht führte dies am Ende sogar zu einer freiwilligen Selbstbeschränkung der Forderungen der Parteien gegenüber ihren Abgeordneten.
725 Für mehr Transparenz plädieren auch U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1321); Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (456 f.). 726 Zur allgemeinen Kritik an der Höhe der Publizitätsgrenze des § 25 Abs. 3 S. 1 PartG siehe Boyken, Die neue Parteienfinanzierung, 1998, S. 336 f.; Gusy, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 21 Rn. 105; Ipsen, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 21 Rn. 110 ff. und 135; Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 25 Rn. 51 f.; Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 159 ff.; Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 305; Rübenkönig, Die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien nach Art. 21 Absatz 1 Satz 4 Grundgesetz, 2003, S. 127 ff.; Streinz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 21 Rn. 208. Ferner Volkmann im SPIEGEL Nr. 23/2010 vom 7. 6. 2010 („Notorisch korruptionsanfällig“), S. 14. Für verfassungsrechtlich hinnehmbar halten diese Regelung hingegen Kunig, in: von Münch/derselbe (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 21 Rn. 66; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 115.
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge I. Historische Tradition der Fraktionsbeiträge Die Fraktionsbeiträge können in Deutschland auf eine noch längere Geschichte zurückblicken als die Mandatsträgerbeiträge. Sie wurden von den Parlamentsfraktionen bereits zu einer Zeit erhoben, als sich noch keine Parteien etabliert hatten. Sie entstanden aus dem Bedürfnis heraus, dass eine organisierte Gemeinschaft von Parlamentariern für ihre gemeinschaftliche Tätigkeit eine finanzielle Ausstattung benötigt. 1. Regelungen aus der Zeit von 1848 bis 1949 Schon in den Statuten der Fraktionen der Frankfurter Nationalversammlung, die vom 18. Mai 1848 bis zum 31. Mai 1849 tagte, sind Fraktionsbeiträge der Abgeordneten dokumentiert.1 Die Fraktionen waren seinerzeit noch lockere Verbünde gleichgesinnter Parlamentarier, die sich in sogenannten Klubs zusammenfanden, um anstehende Fragen zu diskutieren und eine gemeinsame Meinung zu bilden.2 Sie 1
So lautete etwa § 9 S. 1 der Statuten Milani: „Der Aufwand für Miethe und die Bedürfnisse der Gesellschaft wird durch Beyträge der Mitglieder aufgebracht.“ Siehe den Abdruck der Statuten bei Eisenmann, Die Parteyen der teutschen Reichsversammlung, ihre Programme, Statuten und Mitglieder-Verzeichnisse, 1848, S. 10. Fast wortgleich regelte § 10 S. 1 der Statuten Casino: „Der Aufwand für Miethe und die Bedürfnisse der Gesellschaft wird durch monatliche vorauszuzahlende Beyträge der Mitglieder aufgebracht.“ Siehe ebenda, S. 16. In § 12 S. 1 und 3 der Statuten Landsberg hieß es hingegen: „Zur Bestreitung der nothwendigen Auslagen wird von jedem Mitgliede bey Unterzeichnung der Statuten ein Gulden an den Schazmeister entrichtet. […] Die ferneren Beyträge werden nach dem festzustellenden Bedürfnisse ausgeschrieben und eingezogen.“ Siehe ebenda, S. 21. Ähnlich bestimmte § 7 der Statuten Württemberger Hof: „Zur Bestreitung der nothwendigen Auslagen wird von jedem Mitgliede bey Unterzeichnung der Statuten 1 sl. als Beytrag eingezahlt. Nach Erschöpfung der hierdurch gebildeten Kasse wird der Ausschusz über die Verwendung der Einlagen Rechnung ablegen und eine neue Beysteuer beantragen.“ Siehe ebenda, S. 26. Auch § 7 der Statuten Westendhall lautete fast gleich: „Kosten. Zur Bestreitung der Gesellschaftskosten zahlt jedes Mitglied einen Beytrag von einem Gulden. Nach Erschöpfung der hierdurch gebildeten Kasse beantragt der Schazmeister, nach vorgängiger Rechnungslegung, einen neuen Beytrag.“ Siehe ebenda, S. 34. Schließlich normierte § 13 der Statuten Teutscher Hof schlicht: „Zur Deckung der Ausgaben leistet jedes Mitglied einen angemessenen Monatsbeytrag.“ Siehe ebenda, S. 40. 2 Vgl. zur Entstehung der Fraktionen während der Nationalversammlung mit weiteren Nachweisen Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968,
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trugen üblicherweise die Bezeichnung ihres Versammlungsorts, z. B. Café Milani, Württemberger Hof oder Deutscher Hof. Die monatlichen Fraktionsbeiträge der Abgeordneten bildeten damals die einzige Finanzquelle der Fraktionen. Parteiorganisationen befanden sich erst in ihrem Entstehen, und von staatlicher Seite fehlte die institutionelle Anerkennung.3 Mit den eingenommenen Geldern bestritten die Fraktionen die Ausgaben, die mit ihren Zusammenkünften verbunden waren. Ungefähr zur gleichen Zeit finanzierten sich auch bereits die Fraktionen im Preußischen Abgeordnetenhaus, von 1848 bis 1918 die gewählte zweite Kammer des Preußischen Landtags, aus Beiträgen ihrer Mitglieder.4 Im Reichstag des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reiches verlagerte sich die Fraktionsfinanzierung erst einmal von den Abgeordneten auf die Parteien. Da die Abgeordneten bis 1906 keine Diäten erhielten, leisteten die Parteien Zuschüsse an ihre Fraktionen, um ihnen ihre Arbeit zu ermöglichen.5 Darauf beschränkten sich die Leistungen der Parteien allerdings nicht. Weil es den Abgeordneten teilweise schwer fiel, ihre Berufstätigkeit und ihre Parlamentstätigkeit miteinander zu vereinbaren, unterstützten einige Parteien ihre Abgeordneten gleichermaßen durch Privatdiäten aus den Parteikassen. Dies betraf vor allem die nicht begüterten Abgeordneten der SPD. Aber auch bei einigen liberalen Parteien wurden finanzielle Hilfen für die Abgeordneten geleistet.6 Nachdem im Jahre 1906 das Diätengesetz erlassen worden war, änderte sich die Zahlungspraxis erneut. Nun mussten die Abgeordneten des Reichstages von ihren Diäten einen bestimmten, durch Fraktionsbeschluss festgesetzten Betrag oder prozentualen Anteil an die Fraktionskasse abführen.7 Mit diesen Geldern bestritten die Fraktionen nicht nur ihre allgemeinen Ausgaben. Sie ließen einen Teil davon auch den Parteien zukommen, um deren Zahlungen aus der Vergangenheit auszugleichen. Abgesehen von einigen staatlichen Vergünstigungen, wie etwa die Raumnutzung im S. 23 ff.; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 32 ff. 3 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 60. 4 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 60. 5 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 63. 6 Zu den Privatdiäten siehe Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 42 f.; Butzer, Diäten und Freifahrt im Deutschen Reichstag, 1999, S. 142 ff.; Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 56 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (63); Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 39; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 63 f.; Molt, Der Reichstag vor der improvisierten Revolution, 1963, S. 44 ff. Siehe hierzu und zum Folgenden näher auch bereits oben unter § 2 A. I. 1. 7 Siehe hierzu und zum Folgenden Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 66. Ferner Adams, Parteienfinanzierung in Deutschland, 2005, S. 43 f.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Reichstagsgebäude, stellten die Fraktionsbeiträge nahezu die einzige Einnahmequelle der Fraktionen dar. In der Weimarer Republik (1918 – 1933) war die mitgliedschaftliche Fraktionsfinanzierung bei den extremistischen Fraktionen besonders stark ausgeprägt. So hoben die kommunistische und die nationalsozialistische Fraktion die Aufwandsentschädigung für ihre Mitglieder in voller Höhe ab und zahlten ihnen davon nur einen geringen Betrag aus.8 Im Übrigen ist aus dieser Zeit die Erhebung von Fraktionsbeiträgen ebenfalls bei der SPD9, der Deutschen Demokratischen Partei10 und der Zentrumspartei11 dokumentiert. Da die interne Arbeitsteilung in den Fraktionen des Weimarer Reichstages immer mehr zunahm und demzufolge immer neue Fraktionsämter installiert wurden, wuchs auch der Koordinationsbedarf. Fraktionsbüros wurden eingerichtet und mit berufsamtlichen Kräften besetzt. Der daraus resultierende Finanzbedarf der Fraktionen wurde durch die Mitgliedsbeiträge der Abgeordneten abgedeckt.12
8 So jedenfalls Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 81. Richard Lewinsohn berichtet hingegen, dass die kommunistischen Parlamentarier Ende der 1920er Jahre, nach dem Vorbild Sowjetrusslands, ihre gesamten Diäten (selbst) an die Parteikasse abführen mussten und von dort das Gehalt eines Parteisekretärs in Höhe von 450 Mark (zurück)erhielten. Effektiv gaben sie von den Diäten in der damaligen Höhe von 750 Mark demgemäß 40 Prozent an die Partei ab. Siehe dazu Lewinsohn, Das Geld in der Politik, 1930, S. 65. 9 Ende der 1920er Jahre hatten die sozialdemokratischen Abgeordneten von ihren Diäten, die damals 750 Mark im Monat betrugen, soweit sie in Berlin wohnten, 20 Prozent abzugeben und die Auswärtigen 10 Prozent. Ein Drittel des Aufkommens wurde für das Fraktionsbüro und die übrigen Unkosten der Fraktion verwandt, zwei Drittel flossen hingegen dem allgemeinen Parteifonds zu. Siehe hierzu Lewinsohn, Das Geld in der Politik, 1930, S. 64 f. 10 Vgl. zur Höhe der Fraktionsbeiträge der preußischen DDP-Landtagsabgeordneten im Einzelnen Stang, Die Deutsche Demokratische Partei in Preußen 1918 – 1933, 1994, S. 37 f. 11 Am 15. 3. 1922 beschloss die Reichstagsfraktion des Zentrums, den Fraktionsbeitrag auf 50 Mark monatlich festzusetzen. Siehe Morsey/Ruppert, Die Protokolle der Reichstagsfraktion der Deutschen Zentrumspartei 1920 – 1925, 1981, S. 322. Im Zuge der einsetzenden Hyperinflation wurde dieser Betrag bereits am 19. 5. 1922 per Fraktionsbeschluss auf 150 Mark erhöht und am 18. 10. 1922 auf 2.500 Mark. Siehe ebenda, S. 339 und 391. Nach Anpassung der Diäten an die Inflation wurde der Fraktionsbeitrag dann in der Fraktionssitzung vom 24. 11. 1922 zunächst nur vorläufig und in der Sitzung vom 14. 12. 1922 endgültig auf 10 Prozent der Diäten festgesetzt. Siehe ebenda, S. 419 und 422. Diese Regelung bestand laut Protokoll der Fraktionssitzung vom 15. 12. 1926 auch noch zu dieser Zeit fort. Siehe Morsey, Die Protokolle der Reichstagsfraktion und des Fraktionsvorstands der Deutschen Zentrumspartei 1926 – 1933, 1969, S. 78. Schließlich beschloss die Reichstagsfraktion des Zentrums am 15. 10. 1931 eine Erhöhung des Fraktionsbeitrages von 10 auf 20 Prozent der Aufwandsentschädigung. Siehe ebenda, S. 551. Über den regulären Fraktionsbeitrag hinaus wurden vor anstehenden Wahlen teilweise zusätzliche Sonderabzüge vereinbart. So wurde der Fraktionsbeitrag z. B. vor den Reichstagswahlen vom 20. 5. 1928 zur Wahlkampffinanzierung um 5 Prozent erhöht. Siehe ebenda, S. 193 f. 12 Edinger, Wahl und Besetzung parlamentarischer Gremien, 1992, S. 124; Lambach, Die Herrschaft der Fünfhundert, 1926, S. 17.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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Über die NS-Zeit ist bekannt, dass die Mitglieder der nationalsozialistischen Reichstagsfraktion ein Zehntel ihrer Diäten an die Fraktion abführen mussten.13 Die Fraktionsbeiträge wurden den Abgeordneten hierbei direkt von den Diäten abgezogen, so dass nur der Restbetrag in ihren Besitz gelangte.14 2. Regelungen ab 1949 Ab 1949 erfuhren die Fraktionen eine institutionelle Anerkennung15 als ständige Gliederungen der Parlamente und erhielten demzufolge Zuschüsse aus dem Staatshaushalt. Mit diesen Mitteln konnten allerdings nicht sämtliche Fraktionsausgaben gedeckt werden. Daher wurden weiterhin regelmäßige Beiträge von den Abgeordneten eingezogen, um so den zusätzlichen Geschäftsbedarf finanzieren zu können.16 Dieser Beitrag reichte im Ersten Deutschen Bundestag (1949 – 1953) von monatlich 30 DM bei der CDU/CSU-Fraktion bis zu 320 DM bei der SPD-Fraktion.17 Damals betrug die Höhe der Diäten ungefähr 2.000 DM.18 Sofern die Abgeordneten den Fraktionsbeitrag aus ihren Diäten leisteten, mussten sie demnach zwischen 1,5 und 16 Prozent der Diäten an die Fraktion abführen. Ende der 1960er Jahre entrichteten die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen Monatsbeitrag von 13 Die Reichstagsmitglieder mussten von der Aufwandsentschädigung in Höhe von monatlich 600 Mark einen Betrag von 60 Mark an ihre Fraktion abführen. Siehe Hubert, Uniformierter Reichstag, 1992, S. 311. 14 Hubert, Uniformierter Reichstag, 1992, S. 311. 15 Vom Grundgesetz werden die Fraktionen erst seit Inkrafttreten der Notstandsverfassung vom 24. 6. 1968 (BGBl. I 1968, S. 709) und nur an einer Stelle erwähnt, und zwar in Art. 53 a Abs. 1 S. 2 GG. Im Übrigen erfolgte die Anerkennung auf Bundesebene durch die die Rechtsverhältnisse der Fraktionen regelnden Bestimmungen des Abgeordnetengesetzes (§§ 45 ff. AbgG) und der Geschäftsordnung des Bundestages (v. a. §§ 10 ff. GOBT). In der Mehrzahl der Bundesländer finden sich hingegen konkretere Vorschriften zu den Rechten und Pflichten der Fraktionen bereits in den Verfassungen. Siehe dazu näher unten unter § 3 B. II. 2. 16 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 103; Rabus, AöR 78 (1952/1953), 163 (190). 17 Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, 1969, S. 85. Ähnlich die Angaben bei Klemens Kremer, der Anfang der 1950er Jahre die Fraktionsbeiträge bei den Fraktionen der großen Parteien auf 30 bis 120 DM bezifferte. Siehe Kremer, Der Abgeordnete zwischen Entscheidungsfreiheit und Parteidisziplin, 2. Aufl., 1956, S. 29. 18 Die Höhe der Diäten war zu dieser Zeit noch nicht für alle Abgeordneten einheitlich. Die Entschädigung setzte sich aus einer einheitlichen (steuerfreien) Aufwandsentschädigung in Höhe von 600 DM, Tagegeldern pro Sitzungstag in Höhe von 30 DM, einem teilweise pauschalierten und teilweise gegen Nachweis berechneten Unkostenersatz in Höhe von mindestens 100 bis zu 300 DM sowie einem ebenfalls zum Teil pauschalierten und zum Teil gegen Nachweis ermittelten Reisekostenersatz zusammen. Legt man dem 15 Sitzungstage, den maximalen Unkostenersatz und eine durchschnittliche Entfernung zum Wahlkreis von 400 km sowie je zwei Hin- und Rückfahrten pro Monat zugrunde, so bezog der Abgeordnete damals eine monatliche Entschädigung von insgesamt ca. 2.000 DM. Siehe zu den Berechnungsgrundlagen und Schätzwerten Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3214 f. mit Fn. 2 – 5.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
60 DM an ihre Fraktion, während die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion 350 bis 400 DM an die Fraktion zahlten.19 Bei einer Entschädigung in Höhe von rund 4.850 DM, die zu dieser Zeit im Schnitt gezahlt wurde20, machte dies nunmehr noch 1,2 bzw. 7,2 bis 8,2 Prozent der Diäten aus. Die Fraktionsbeiträge der SPD-Abgeordneten wurden hierbei allerdings nicht mehr zur Finanzierung der Fraktion verwendet, sondern in vollem Umfang direkt an die Parteikasse weitergeleitet.21
II. Umfang der Fraktionsbeiträge In der heutigen Zeit spielen die Fraktionsbeiträge nach Einschätzungen der Wissenschaft22 in Deutschland23 nur noch eine geringe Rolle für die Fraktionsfi19 Siehe hierzu die Ermittlungen von von Seysenegg, Die Fraktionen im Bundestag und ihre verfassungsrechtliche Stellung, 1971, S. 148 f. in Fn. 49. 20 Die Diäten setzten sich Ende der 1960er Jahre aus einer einheitlichen (steuerfreien) Aufwandsentschädigung von 2.360 DM (1. 1. 1968 – 30. 6. 1968)/2.450 DM (1. 7. 1968 – 31. 3. 1969)/2.570 DM (1.4.1969 – 31.12.1969), einem Tagegeld in Form einer Monatspauschale in Höhe von 1.000 DM, die im Falle des Fernbleibens an einzelnen Sitzungstagen gekürzt wurde, einem pauschalen Unkostenersatz in Höhe von 600 DM und einem nach Entfernungszonen gestaffelten pauschalen Reisekostenersatz zusammen. Legt man dem die Anwesenheit an sämtlichen Sitzungstagen sowie eine durchschnittliche Entfernung des Wohnsitzes von 400 km zugrunde, so erhielt ein Abgeordneter zu dieser Zeit zwischen 4.740 und 4.970 DM und damit gemittelt ca. 4.850 DM. Siehe zu den Berechnungsgrundlagen und Schätzwerten wiederum Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3214 f. mit Fn. 1, 7, 9 und 10. 21 Siehe hierzu nochmals von Seysenegg, Die Fraktionen im Bundestag und ihre verfassungsrechtliche Stellung, 1971, S. 149 in Fn. 49. 22 Vgl. etwa Bundespräsidialamt (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung, 1994, S. 80 = BT-Drucks. 12/4425, S. 33; von Arnim, DÖV 1983, 155 (155); derselbe, Die Partei, der Abgeordnete und das Geld, 1996, S. 313; Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167; Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 74; Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (712); Jekewitz, ZParl 1984, 14 (22 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 253; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 23; Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 117; Schüttemeyer, Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949 – 1997, 1998, S. 48; Wolters, Der Fraktions-Status, 1996, S. 125 in Fn. 22. 23 Im Ausland werden von den Parlamentsfraktionen nur vereinzelt Beiträge erhoben, die den deutschen Fraktionsbeiträgen in etwa entsprechen. So wird beispielsweise in Österreich von den Mitgliedern der Nationalrats- und Landtagsklubs (zum Begriff des „Klubs“ siehe bereits oben unter § 2 Fn. 128) in der Regel ein sogenannter „Klubbeitrag“ geleistet. Dieser Beitrag wird in Form eines Prozentsatzes vom Gesamtbruttogehalt des Abgeordneten berechnet und betrug Mitte der 1990er Jahre beim ÖVP-Nationalratsklub 5 Prozent, beim SPÖ-Nationalratsklub 3,5 Prozent und beim FPÖ-Nationalratsklub 12 Prozent. Bei den Nationalratsklubs der SPÖ und der ÖVP gelten diese Sätze bis heute fort. Der Parlamentsklub der Grünen erhebt dagegen derzeit formell keine eigenen Klubabgaben. Es gibt aber die Vorgabe, 5 Prozent der
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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nanzierung. Der Grund für den Rückgang dieser Finanzierungsquelle wird zum einen darin gesehen, dass es für die Fraktionsbeiträge im Gegensatz zu den Mandatsträgerbeiträgen keine Steuervergünstigungen24 gebe und die Abgeordneten demnach vornehmlich an die Parteien leisteten. Zum anderen wird auf die staatliche Fraktionsfinanzierung verwiesen, welche den finanziellen Bedarf der Fraktionen ausreichend decke. Die staatliche Finanzierung der Fraktionen ist im Unterschied zur staatlichen Parteienfinanzierung nicht auf eine Teilfinanzierung beschränkt. Anders als die Parteien sind die Fraktionen nämlich als ständige Gliederungen der Parlamente dem Bereich der organisierten Staatlichkeit zugeordnet.25 Sie nehmen vielfältige Aufgaben wahr, die im Interesse des ganzen Parlaments liegen. Als Teil der Staatsorganisation haben sie einen Anspruch auf staatliche Finanzierung ihrer Aufgaben.26 Diese institutionelle Anerkennung der Fraktionen und mit ihr die Form der Finanzierung durch regelmäßige Leistungen aus dem Staatshaushalt existieren seit dem Zusammentritt des ersten Deutschen Bundestages im Jahre 1949.27 Die Mittel aus der Bezüge an einen von den Grünen eingerichteten Bürgerinitiativen- und Rechtshilfefonds zu spenden. Siehe dazu Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 117; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 227 f. Auch in Frankreich unterstützen die Parlamentarier ihre Fraktionen, und zwar einerseits durch Beiträge, die je nach politischer Ausrichtung von geringfügigen Beträgen bis monatlich 1.000 Euro und mehr reichen, und andererseits durch die Überlassung eines Teils ihrer Mittel für die Anstellung von persönlichen Mitarbeitern. Siehe hierzu Schurig, Politikfinanzierung in Frankreich, 2006, S. 237 mit Fn. 278. Sowohl in Österreich als auch in Frankreich werden die von den Fraktionen vereinnahmten Mittel allerdings teilweise auch zur Finanzierung der hinter den Fraktionen stehenden Parteien eingesetzt. Zu diesem Aspekt Schurig, Politikfinanzierung in Frankreich, 2006, S. 237 f.; Sickinger, Politikfinanzierung in Österreich, 1997, S. 117 f.; derselbe, Politikfinanzierung in Österreich, 2009, S. 228. Diese Vorgehensweise ist dort nicht verboten, weil rechtlich nicht so strikt zwischen Parteien und Fraktionen und Partei- und Fraktionsfinanzierung unterschieden wird wie in Deutschland. Sie erschwert jedoch eine exakte Unterscheidung zwischen Mandatsträger- und Fraktionsbeiträgen und zuverlässige Feststellungen zum alleinigen Umfang der Fraktionsfinanzierung durch Fraktionsbeiträge. 24 Siehe zu den Steuervergünstigungen, die durch die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge entstehen, oben unter § 2 B. III. 3. c) aa) (2) und zur berechtigten Kritik an der Höhe der Begünstigungsgrenzen oben unter § 2 B. III. 3. c) cc) (2). 25 BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (104 f.); BVerfG, Beschl. v. 3. 11. 1982 – 2 BvH 3/80, BVerfGE 62, 194 (202); BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (231). Siehe auch Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 140; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 26 Daher regelt § 50 Abs. 1 AbgG: „Die Fraktionen haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch auf Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt.“ Ähnliche Regelungen finden sich in den Ländern. Vgl. §§ 2 f. BWFraktG; Art. 2 f. BayFraktG; § 8 BerlFraktG; § 3 BbgFraktG; § 40 BremAbgG; §§ 2 f. HmbFraktG; §§ 2 f. HessFraktG; § 54 MVAbgG; §§ 31 f. NdsAbgG; §§ 3 f. NWFraktG; § 2 RPFraktG; § 5 SLFraktG; §§ 2 f. SächsFraktG; §§ 2 f. SachsAnhFraktG; § 6 SHFraktG; § 49 THAbgG. 27 Zur Fraktionsfinanzierung nach 1945 siehe Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 102 ff. Ferner Jekewitz, ZParl 1982, 314 (319 ff.).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
staatlichen Fraktionsfinanzierung wurden von da ab kontinuierlich gesteigert28 und machen inzwischen ganz offensichtlich den Großteil der Gesamteinnahmen der Fraktionen aus. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Fraktionen die ihnen zufließenden staatlichen Mittel ausschließlich für ihre gesetzlichen Aufgaben verwenden dürfen und nicht etwa zugunsten der hinter ihnen stehenden Parteien.29 Eindeutige Belege für die Einschätzung des geringen Stellenwerts der privaten Fraktionsfinanzierung im Vergleich zur staatlichen Fraktionsfinanzierung gibt es kaum. Die Rechenschaftsberichte der Fraktionen in Bund und Ländern liefern keine gesicherten Erkenntnisse über das Verhältnis der staatlichen Fraktionsfinanzierung zur privaten Fraktionsfinanzierung, weil die Fraktionen darin allem Anschein nach nur über ihre staatlichen Mittel Rechnung legen. Dies stellt ein starkes Transparenzdefizit gegenüber der Parteienfinanzierung dar. Allerdings zeichnen Umfragen30, die in der Vergangenheit bei den Abgeordneten oder den Fraktionen durchgeführt worden sind, ein ungefähres Bild über die Höhe derartiger Beiträge. Der Verfasser hat diese Umfragen punktuell ergänzt, indem er aktuelle Daten bei den Bundestagsfraktionen und den niedersächsischen und nordrhein-westfälischen Landtagsfraktionen abgefragt hat. Die Auswahl der Landesparlamente erfolgte hierbei aufgrund der Tatsache, dass in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen der Erhebung der Fraktionsbeiträge entgegenstehende gesetzliche Regelungen existieren31. Diese Daten dürften eine hinreichende empirische Basis für die verfassungsrechtliche Bewertung der Fraktionsbeiträge bieten. 1. Mangelnde Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung Ein oberflächlicher Blick in die Rechenschaftsberichte der Bundestagsfraktionen legt den Schluss nahe, dass der Anteil der Fraktionsbeiträge an den Gesamteinnahmen der Fraktionen maximal 3,5 Prozent betragen kann. In den Rechen28 Vgl. zu deren zahlenmäßiger Entwicklung auf Bundesebene im Zeitraum von 1949 bis 1998 anschaulich die Tabellen bei Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 278; Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3244 ff.; Schüttemeyer, Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949 – 1997, 1998, S. 49. Zur Entwicklung der Zuschüsse im Zeitraum von 1994 bis 2003 siehe Feldkamp, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1994 bis 2003, 2005, S. 732 ff. 29 Aus diesem Grunde heißt es in § 50 Abs. 4 AbgG: „Leistungen nach Absatz 1 dürfen die Fraktionen nur für Aufgaben verwenden, die ihnen nach dem Grundgesetz, diesem Gesetz oder der Geschäftsordnung des Bundestages obliegen. Eine Verwendung für Parteiaufgaben ist unzulässig.“ Ähnliche Vorschriften existieren in den Ländern. Vgl. § 3 Abs. 2 BWFraktG; Art. 2 BayFraktG; § 8 Abs. 4 BerlFraktG; § 4 Abs. 1 BbgFraktG; § 40 Abs. 4 BremAbgG; § 2 Abs. 1 und 5 HmbFraktG; § 2 Abs. 4 HessFraktG; § 54 Abs. 2 MVAbgG; § 31 Abs. 3 NdsAbgG; § 3 Abs. 4 NWFraktG; § 2 Abs. 1 RPFraktG; § 5 Abs. 5 SLFraktG; § 2 SächsFraktG; § 2 SachsAnhFraktG; § 6 Abs. 5 SHFraktG; § 51 THAbgG. 30 Eine Zusammenfassung einiger Umfragen findet sich mit Nachweisen bei Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 651 ff. 31 Siehe dazu näher unten unter § 3 A. III. 3.
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schaftsberichten werden die Fraktionsbeiträge zwar nicht gesondert ausgewiesen. Sie können aber thematisch nur unter den „sonstigen Einnahmen“ bzw. teilweise noch genauer unter den „übrigen Einnahmen“ innerhalb der „sonstigen Einnahmen“ verbucht worden sein.32 Und die Anteile derartiger Einnahmen an den Gesamteinnahmen der Fraktionen sahen auf Bundesebene im Kalenderjahr 2009 wie folgt aus: CDU/CSU 1,38 Prozent (= 326.011 Euro), SPD 0,23 Prozent (= 51.771 Euro), FDP 2,31 Prozent (= 256.124 Euro), Die Linke 0,86 Prozent (= 87.304 Euro), Bündnis 90/Die Grünen 2,20 Prozent (= 219.471 Euro).33 Auf den zweiten Blick erweist sich diese Rechnung jedoch als unbrauchbar. Die Pflicht zur Rechnungslegung nach § 52 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages34 (AbgG) erstreckt sich nämlich nach dem Wortlaut des Gesetzes lediglich auf die Herkunft und Verwendung der Mittel, die den Fraktionen gemäß § 50 Abs. 1 AbgG aus dem Bundeshaushalt zugeflossen sind. Die Fraktionen des Bundestages müssen demzufolge Einnahmen aus privaten Quellen, wie etwa die Fraktionsbeiträge oder auch Zuwendungen von privaten Dritten, nicht in ihren Rechenschaftsberichten ausweisen. Der Bundesrechnungshof beschränkt seine Anforderungen an den Ausweis „sonstiger Einnahmen“ auf solche Einnahmen, die mit staatlichen Mitteln erzielt wurden, insbesondere Zinserträge.35 Bei der Durchsicht der entsprechenden Vorschriften der Länder36 ergibt sich kein homogenes Bild. In vier Fällen erstreckt sich die Rechnungslegungspflicht der
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Dies nimmt ebenfalls an Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 251. 33 Siehe dazu die Rechenschaftsberichte der Bundestagsfraktionen für das Kalenderjahr 2009 auf BT-Drucks. 17/2755. 34 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Februar 1996 (BGBl. I 1996, S. 326), zuletzt geändert durch das Neunundzwanzigste Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes vom 8. November 2011 (BGBl. I 2011, S. 2218). 35 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 52 Rn. 10. Diese Rechtslage wird in der Literatur kritisiert. Es wird die Auffassung vertreten, dass das für die Partei formulierte Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG erst recht für das dem politischen Entscheidungsprozess weit nähere „Staatsorgan“ der Fraktion gelten müsse. Zudem spreche das Rechenschaftsgebot des Art. 114 GG, das grundsätzlich alle Einnahmearten erfasse, dafür, dass auch nicht-staatliche Einnahmen publizitätspflichtig seien. So U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1317). Vor der Normierung der Fraktionsfinanzierung im Abgeordnetengesetz forderte dies bereits Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 154. Trotz des eindeutigen Wortlauts des § 52 Abs. 1 AbgG gehen von einer Rechenschaftspflicht bezüglich nicht-staatlicher Einnahmen aus Ebbinghausen, Die Kosten der Parteiendemokratie, 1996, S. 234; Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (720); Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 173 f. = BT-Drucks. 14/6711, S. 15; Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 205. 36 Die Pflicht zur Rechnungslegung ist in sämtlichen Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetzen der Länder vorgesehen. Bis auf Thüringen sind die Rechnungen der Fraktionen auch zu veröffentlichen. Vgl. §§ 6 f. BWFraktG; Art. 6 f. BayFraktG; § 8 BerlFraktG; §§ 10 f. BbgFraktG; § 42 BremAbgG; § 3 HmbFraktG; § 6 HessFraktG; § 55 MVAbgG; §§ 33a f.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Fraktionen nach dem Wortlaut der Gesetze ebenso wie bei den Bundestagsfraktionen eindeutig nur auf ihre staatlichen Mittel.37 In acht Fällen sprechen die Gesetze demgegenüber ganz allgemein von einer Rechnungslegungspflicht der Fraktionen im Hinblick auf „ihre Einnahmen und Ausgaben“.38 Dies schließt nach dem Wortlaut auch Einnahmen aus nicht-staatlichen Quellen mit ein. Wenn dies in der Praxis so gehandhabt würde39, dann müssten die Fraktionsbeiträge als Teil der „sonstigen Einnahmen“ in den Rechenschaftsberichten angegeben werden. Unter dieser Prämisse belegten die Rechenschaftsberichte der Fraktionen tatsächlich, dass der Anteil der Fraktionsbeiträge an ihren Einnahmen lediglich marginal ist. Aus den Rechenschaftsberichten der Fraktionen des nordrhein-westfälischen Landtags für das Kalenderjahr 200940 ergeben sich beispielsweise folgende Anteile der „Sonstigen Einnahmen“ an den Gesamteinnahmen der Fraktionen: CDU 3,32 Prozent (= 122.457 Euro), SPD 0,64 Prozent (= 22.069 Euro), FDP 2,00 Prozent (= 29.838 Euro), Bündnis 90/Die Grünen 2,03 Prozent (= 35.083 Euro). Ein vergleichbares Bild liefern die Rechenschaftsberichte der Fraktionen des niedersächsischen Landtags für das Kalenderjahr 200941 ab. Danach betrugen die Anteile der „Sonstigen Einnahmen“ an den Gesamteinnahmen der CDU-Fraktion 1,89 Prozent (= 42.396 Euro), der SPD-Fraktion 1,90 Prozent (= 37.125 Euro), der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen 1,24 Prozent (= 11.927 Euro) und der Fraktion Die Linke
NdsAbgG; § 7 f. NWFraktG; § 4 RPFraktG; § 7 SLFraktG; §§ 5 f. SächsFraktG; §§ 6 f. SachsAnhFraktG; § 8 SHFraktG; § 54 THAbgG. 37 Vgl. Art. 6 Abs. 1 BayFRaktG; § 42 Abs. 1 BremAbgG; § 55 Abs. 1 MVAbgG; § 8 Abs. 1 SHFraktG. Ähnlich lautet der Wortlaut des § 8 Abs. 11 BerlFraktG. Allerdings müssen nach § 8 Abs. 8 BerlFraktG Zuwendungen einer natürlichen oder juristischen Person an eine Fraktion, die jährlich 500 Euro überschreiten, unter Angabe des Namens und der Anschrift des Zuwendenden sowie der Gesamthöhe der Zuwendung in einer Anlage zum Rechenschaftsbericht verzeichnet werden. Somit werden nicht-staatliche Einnahmen zumindest teilweise angegeben. Zuwendungen der Fraktionsmitglieder sind von dieser Publikationspflicht jedoch explizit ausgenommen. 38 Vgl. § 6 Abs. 1 BWFraktG; § 3 Abs. 2 HmbFraktG; § 6 Abs. 1 HessFraktG; § 33a Abs. 1 NdsAbgG; § 7 Abs. 1 NWFraktG; § 7 Abs. 1 SLFraktG; § 5 Abs. 1 SächsFraktG; § 6 Abs. 1 SachsAnhFraktG. 39 Gegen diese Annahme spricht nach Ansicht von Udo Müller und Susanne Albrecht die Praxis der Landesrechnungshöfe, in der sich allem Anschein nach die Anforderungen an den Ausweis „sonstiger Einnahmen“ und die Prüfungstätigkeit auf die staatlichen Mittel und die aus ihnen generierten Einkünfte (insbes. Zinseinkünfte) beschränken. Siehe U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1318). Allerdings entspricht die auf staatliche Mittel beschränkte Prüfung auch dem gesetzlichen Auftrag bzw. der gesetzlichen Befugnis der Rechnungshöfe. Vgl. § 9 BWFraktG; § 4 Abs. 1 HmbFraktG; § 7 HessFraktG; § 33d NdsAbgG; § 9 Abs. 1 NWFraktG; § 8 Abs. 1 SLFraktG; § 7 Abs. 1 SächsFraktG; § 8 SachsAnhFraktG. Daher kann hieraus nicht zwingend auf eine Rechnungslegung der Fraktionen geschlossen werden, die sich allein auf die staatlichen Mittel beschränkt. 40 Siehe LT-Drucks. 15/493. 41 Siehe LT-Drucks. 16/3655.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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0,67 Prozent (= 6.000 Euro42). Die FDP-Fraktion hatte hingegen gar keine solchen Einnahmen zu verzeichnen. Diese Auflistung ließe sich mit den Angaben aus den Rechenschaftsberichten der Fraktionen anderer Landesparlamente beliebig erweitern. Der Anteil der „Sonstigen Einnahmen“ an den Gesamteinahmen der Fraktionen macht nie mehr als 4 Prozent aus. Dementsprechend könnten die Fraktionsbeiträge keine weitergehende Bedeutung für die Fraktionsfinanzierung haben. Deren Bedeutung wäre im Gegenteil meistens deutlich geringer, da unter die „Sonstigen Einnahmen“ auch noch andere Einnahmen der Fraktionen gefasst werden. Nach der Gesetzeslage eindeutig erscheint eine weitreichendere, die privaten Finanzquellen umfassende Rechnungslegungspflicht der Fraktionen im thüringischen Landtag. Denn in § 54 Abs. 1 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Thüringer Landtags43 (THAbgG) heißt es: „Die Fraktionen haben über die Herkunft und die Verwendung der Mittel, die ihnen innerhalb eines Kalenderjahres (Rechnungsjahr) zugeflossen sind, Rechenschaft zu geben.“
Die Tatsache, dass die Fraktionen die Herkunft der Mittel angeben müssen, deutet darauf hin, dass sie auch Mittel ausweisen müssen, die nicht-staatlicher Herkunft sind.44 Folglich müssten hier die Fraktionsbeiträge zumindest als Teil der „sonstigen Einnahmen“ angegeben werden. Welchen Anteil die „sonstigen Einnahmen“ an den Gesamteinnahmen der Fraktionen in Thüringen haben, lässt sich indes nicht feststellen, weil die Rechnungen der Fraktionen in Thüringen – als einzigem Bundesland – nicht veröffentlicht werden.45
42 Bei den im Rechenschaftsbericht der Fraktion Die Linke im Niedersächsischen Landtag angegebenen 6.000 Euro handelt es sich nachweislich um die Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen. Denn hier ist die Angabe mit folgendem Klammerzusatz versehen: „freiwillige Umlage der Fraktionsmitglieder“. Siehe dazu LT-Drucks. 16/3655, S. 14. Diese Annahme wurde dem Verfasser in einem Telefonat, welches er mit der Geschäftsführung der Fraktion Die Linke im Niedersächsischen Landtag auf deren Bitte am 9. Februar 2012 führte (siehe hierzu auch sogleich Fn. 85), ausdrücklich bestätigt. Es hieß weiter, die Fraktion Die Linke sei die einzige Fraktion im Niedersächsischen Landtag, die ihre Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen im Rechenschaftsbericht angebe. 43 Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Thüringer Landtags (Thüringer Abgeordnetengesetz – ThürAbgG) in der Fassung vom 9. März 1995 (Thür. GVBl. 1995, S. 121), zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Oktober 2008 (Thür. GVBl. 2008, S. 374). 44 Die Herkunft ihrer Mittel müssen nach dem Gesetzeswortlaut ebenfalls die Fraktionen im Bund (§ 52 Abs. 1 AbgG), in Bremen (§ 42 Abs. 1 BremAbgG), in Mecklenburg-Vorpommern (§ 55 Abs. 1 MVAbgG) sowie in Schleswig-Holstein (§ 8 Abs. 1 SHFraktG) angeben. Jedoch beschränkt der Wortlaut die hiervon betroffenen Mittel im Bund, in Bremen und in SchleswigHolstein gleichsam auf die staatlicherseits zugeflossenen. In Mecklenburg-Vorpommern ergibt sich dies hingegen aus den Anforderungen an die Gliederung des Rechenschaftsberichts (§ 55 Abs. 2 MVAbgG). Insofern läuft die Pflicht zur Angabe der Herkunft der Mittel letztlich ins Leere. 45 Auch auf schriftliche Anfrage des Verfassers vom 29. 10. 2010 wurden die Rechenschaftsberichte vom Landtagspräsidium nicht zur Verfügung gestellt.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Noch klarer sind die Regelungen in Berlin und Brandenburg. Dort sind nichtstaatliche Einnahmen der Fraktionen zumindest teilweise publizitätspflichtig. Nach § 8 Abs. 8 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin46 (BerlFraktG) müssen die Fraktionen Zuwendungen einer juristischen oder natürlichen Person, die jährlich 500 Euro überschreiten, unter Angabe des Namens und der Anschrift des Zuwendenden sowie der Gesamthöhe der Zuwendung in einer Anlage zum Rechenschaftsbericht verzeichnen. Hiervon sind Zuwendungen der Fraktionsmitglieder allerdings explizit ausgenommen.47 Somit können die Rechenschaftsberichte der Berliner Fraktionen ebenfalls keine Hinweise zum Anteil der Fraktionsbeiträge an der Fraktionsfinanzierung liefern. Nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Landtag Brandenburg48 (BbgFraktG) müssen die Fraktionen die Summe ihrer Einnahmen aus Spenden in ihren Rechenschaftsberichten ausweisen. Sofern die Spenden einen Betrag von 500 Euro überschreiten, muss zudem die Höhe der einzelnen Spende und der Name des Spenders angegeben werden. In den Berichten für das Kalenderjahr 200949 gaben fast alle Landtagsfraktionen an, keinen Euro aus Spenden eingenommen zu haben. Nur die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen wies eine Einzelspende des Fraktionsvorsitzenden in Höhe von 1.500 Euro aus.50 Demzufolge werden die Fraktionsbeiträge in Brandenburg nicht als Spenden verbucht, oder es wurden im Jahre 2009 keine derartigen Beiträge geleistet. Im Hinblick auf die Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen vorbildlich transparent sind die Rechenschaftsberichte der Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags. Denn die Fraktionen müssen gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 c) des Gesetzes zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen51 (RPFraktG) den Gesamtbetrag der Fraktionsbeiträge in ihren jährlichen Rechenschaftsberichten angeben.52 Aus den Rechenschaftsberichten für das Kalenderjahr 200953 ergeben sich folgende Zahlen: Die SPD-Fraktion hat aus Fraktionsbeiträgen insgesamt 12.900 Euro (= 0,79 Prozent der Gesamteinnahmen) eingenommen und die CDU-Fraktion 12.725 Euro (= 0,72 Prozent der Gesamteinnahmen). Die FDP-Fraktion verzeichnete indessen keine 46 Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin (Fraktionsgesetz – FraktG) vom 8. Dezember 1993 (Berl. GVBl. 1993, S. 591), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. Dezember 2009 (Berl. GVBl. 2009, S. 874). 47 Siehe hierzu auch bereits oben in Fn. 37. 48 Gesetz über die Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen im Landtag Brandenburg (Fraktionsgesetz – FraktG) vom 29. März 1994 (Bbg. GVBl. I/94, [Nr. 08], S. 86), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 29. Mai 2006 (Bbg. GVBl. I/06, [Nr. 06], S. 66, 70). 49 Siehe LT-Drucks. 5/1627. 50 Siehe dazu LT-Drucks. 5/1627, S. 69. 51 Gesetz zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen (Fraktionsgesetz RheinlandPfalz) vom 21. Dezember 1993 (Rh.-Pf. GVBl. 1993, S. 642), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 7. April 2009 (Rh.-Pf. GVBl. 2009, S. 165). 52 Gleiches gilt im Übrigen für die Gesamtsumme der Einnahmen aus Zuwendungen Dritter. Vgl. § 4 Abs. 3 Nr. 1 b) RPFraktG. 53 Siehe LT-Drucks. 15/4809.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen. Dividiert man diese Werte durch die Anzahl der Abgeordneten, so lässt sich feststellen, dass ein rheinland-pfälzischer SPD-Abgeordneter im Jahre 2009 im Schnitt ca. 20 Euro im Monat an die Fraktion abführte und ein CDU-Abgeordneter rund 28 Euro. Nach alledem lassen sich nur in Rheinland-Pfalz auf Grundlage der Rechenschaftsberichte sichere Aussagen über den Gesamtumfang der Fraktionsbeiträge und ihren Anteil an der Fraktionsfinanzierung machen. Die Bundestagsfraktionen und die Landtagsfraktionen aus Bayern, Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein müssen hingegen bereits gesetzlich nicht über ihre Einkünfte aus privaten Zuwendungen der Abgeordneten Rechnung legen. Bei den übrigen Ländern liegt die Vermutung nahe, dass die Fraktionen dies unter Berufung auf die Praxis im Bund faktisch genauso handhaben. Darum kann der Gesamtumfang der Fraktionsbeiträge in fast allen Fällen nur anhand der Beitragshöhe und der Anzahl der Fraktionsmitglieder errechnet werden.54 Auf das Problem der Intransparenz der privaten Fraktionsfinanzierung wird an späterer Stelle55 noch näher einzugehen sein. 2. Höhe der Fraktionsbeiträge von Bundestagsabgeordneten Die in der Vergangenheit durchgeführten Umfragen zur Höhe der Fraktionsbeiträge sind nicht frei von Widersprüchen. In seinem 1976 erschienenen Beitrag56 rechnet Hartmut Klatt vor, dass Angehörige der SPD-Bundestagsfraktion zum damaligen Zeitpunkt mit einem Monatsbeitrag von 450 DM über 10 Prozent ihrer Grunddiäten an die Fraktion abzuführen hätten.57 Demgegenüber mussten Bundestagsabgeordnete der CDU nach den Angaben Klatts zu dieser Zeit lediglich 60 DM pro Monat, Bundestagsabgeordnete der CSU nur 50 DM im Monat und Mitglieder der FDP-Fraktion monatlich 75 DM zahlen. Eine von Christine Landfried im Jahre 1988 vorgenommene Umfrage unter den Abgeordneten des Elften Deutschen Bundestages förderte Folgendes zutage58: Siebzehn Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion gaben an, monatlich bis 50 DM an die 54 So im Ergebnis auch Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 23. 55 Siehe dazu unten unter § 3 B. IV. 3. c). 56 Klatt, ZParl 1976, 61 (61). 57 Das deckt sich in etwa mit den Angaben, die der SPD-Bundestagsabgeordnete Norbert Gansel über seine mandatsbedingten Ausgaben im Jahre 1977 machte. Er bezifferte seine Leistungen an die SPD-Bundestagsfraktion in diesem Jahr auf 5.850 DM (= 487,50 DM/ Monat). Gansel war von 1972 bis 1997 Mitglied des Deutschen Bundestages und veröffentlichte in dieser Zeit regelmäßig seine durch das Mandat bedingten Ausgaben. Abgedruckt sind sie unter anderem in Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3226 f. 58 Siehe zu den Ergebnissen der Umfrage im Einzelnen Landfried, Parteifinanzen und politische Macht, 1990, S. 98.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Fraktion zu zahlen, einer gab an, 50 bis 100 DM zu leisten, sieben nannten einen Zahlungsbetrag von 100 bis 500 DM und drei einen Betrag von 500 bis 1.000 DM. In der SPD-Fraktion antworteten einundfünfzig Fraktionsmitglieder, dass sie im Monat einen Betrag zwischen 100 bis 500 DM zahlten, lediglich drei gaben an, 500 bis 1.000 DM zu leisten.59 In der FDP-Fraktion gaben vier Mitglieder an, zwischen 50 und 100 DM pro Monat zu zahlen, fünf Mitglieder nannten einen Betrag von 100 bis 500 DM und ein Abgeordneter teilte mit, 500 bis 1.000 DM zu leisten. Nach einer von Bernd Becker im Herbst 1994 und Frühjahr 1995, d. h. zu Beginn der 13. Legislaturperiode, durchgeführten Befragung der Fraktionsführungen60 betrug der Fraktionsbeitrag der Angehörigen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu diesem Zeitpunkt 50 DM pro Monat, während die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion monatlich 100 DM in die Fraktionskasse einzahlten. Die SPD-Bundestagsfraktion teilte demgegenüber mit, dass neben den Mandatsträgerbeiträgen keine Fraktionsabgabe erhoben werde. Dies steht im Widerspruch zur Umfrage Landfrieds, nach welcher fast alle Teilnehmer aus der SPD-Bundestagsfraktion einen Betrag in der Spanne von 100 bis 500 DM nannten.61 Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Fraktionsführung die Freiwilligkeit des Fraktionsbeitrags betonen wollte und sich deshalb gegen die Formulierung „Erhebung einer Fraktionsabgabe“ verwehrte. Oder aber die SPD-Bundestagsfraktion hatte den Fraktionsbeitrag zwischenzeitlich abgeschafft. Gegen letzteres spricht das Ergebnis einer Umfrage von Andreas Linde am Ende derselben Legislaturperiode. Im Juli/August 1998 führte Linde erneut eine Befragung von Bundestagsabgeordneten durch.62 Danach ergaben sich folgende monatliche Fraktionsbeiträge63 : SPD 250 DM, CDU/CSU 50 DM, FDP 100 DM und PDS 50 bis 100 DM. Bei Bündnis 90/Die Grünen wurde hingegen keine Fraktionsabgabe erhoben. Legt man diese Zahlen zugrunde und multipliziert sie mit der Zahl der Bundestagsabgeordneten der einzelnen Fraktionen zu diesem Zeitpunkt, resultierten aus den Fraktionsbeiträgen der Abgeordneten damals jährlich insgesamt 756.000 DM für die Fraktionskasse der SPD, 176.400 DM für den Haushalt der CDU/CSUFraktion, 56.400 DM für die FDP-Fraktion und 18.000 bis 36.000 DM für die Gruppe 59 Dem entsprechen wiederum die Zahlen, die Norbert Gansel für das Jahr 1987 veröffentlichte. Seine Abgaben an die SPD-Bundestagsfraktion betrugen in diesem Jahr 6.000 DM (= 500 DM/Monat). Siehe dazu Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3227. 60 Die Ergebnisse der Umfrage sind abgedruckt in: B. Becker, ZParl 1996, 377 (378 und 380). Zur Sonderregelung der Grünen siehe bereits oben unter § 2 A. II. 5. 61 Ebenso gab Norbert Gansel an, im Jahre 1995 insgesamt 3.000 DM (= 250 DM/Monat) an die SPD-Bundestagsfraktion geleistet zu haben. Siehe Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949 bis 1999, 1999, Bd. III, S. 3227. 62 Vgl. zu den Modalitäten der Umfrage im Einzelnen Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 27. 63 Zu den Ergebnissen der Befragung siehe Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 254.
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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der PDS-Abgeordneten. Im Vergleich zu den Einnahmen, die die Fraktionen im Kalenderjahr 1997, dem letzten vollständigen Kalenderjahr des 13. Deutschen Bundestages, aus staatlichen Mitteln verzeichnen konnten64, erreichten die Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen der Abgeordneten zu dieser Zeit folgende Größenordnungen: SPD 1,76 Prozent, CDU/CSU 0,43 Prozent, FDP 0,45 Prozent und PDS 0,24 Prozent bis 0,49 Prozent. Die Umfrage65 des Verfassers unter den Bundestagsfraktionen im Januar/Februar 2012 kam zu dem Ergebnis, dass derzeit lediglich von den Mitgliedern der FDPBundestagsfraktion Beiträge an ihre Fraktion geleistet werden, wobei es sich selbst bei diesen Beiträgen nicht um die üblichen Fraktionsbeiträge zur Deckung der Kosten der Fraktion handelt. Die FDP-Bundestagsfraktion teilte mit, dass die Fraktionsversammlung von der in der Geschäftsordnung66 vorgesehenen Möglichkeit der Erhebung eines Fraktionsbeitrages zur Deckung ihrer Kosten in der aktuellen Wahlperiode keinen Gebrauch gemacht habe. Allerdings leisteten die Mitglieder der Fraktion freiwillige Beiträge an eine „Sozialkasse“, aus der ggf. unvorhersehbare persönliche Notsituationen kompensiert würden. Am Ende der Wahlperiode erfolge die Rückzahlung der nicht verbrauchten Beiträge an die Abgeordneten.67 Auf zweimalige Nachfrage68 zur Höhe der Beiträge an die „Sozialkasse“ erhielt der Verfasser keine Antwort.69 Der Umstand, dass die Beiträge der FDP-Bundestagsabgeordneten vermeintlich nicht auf der einschlägigen Geschäftsordnungsvorschrift oder einem entsprechenden Beschluss der Fraktionsversammlung beruhen und dass die Gelder aus der „Sozialkasse“ nach Fraktionsangabe für persönliche Notsituationen eingesetzt werden, lässt diese Beiträge auf den ersten Blick nicht als Fraktionsbeiträge erscheinen. Berücksichtigt man aber, dass die Fraktion diese Beiträge vereinnahmt und die „Sozialkasse“ verwaltet, so ist diese Einschätzung zu revidieren. Denn der Geldfluss im Binnenbereich der Fraktion eröffnet die Möglichkeit, dass die Beitragsverweigerung eines Abgeordneten als Grundlage für gegen ihn 64 Vgl. dazu die Rechenschaftsberichte der Fraktionen für das Kalenderjahr 1997 auf BTDrucks. 13/11264. 65 Die Umfrage erfolgte per E-Mail am 30. Januar 2012. Den Fraktionen wurden dabei jeweils folgende drei Fragen gestellt: 1. Leisten die Mitglieder Ihrer Fraktion einen regelmäßigen Beitrag an die Fraktion oder an eine der Fraktion nahestehende Vereinigung? 2. Wie hoch ist dieser Beitrag (ggf. im Schnitt)? 3. Auf welcher Grundlage wird dieser Beitrag erhoben? Beschluss der Fraktionsversammlung, Beschluss des Fraktionsvorstandes o. ä.? 66 Siehe § 1 Abs. 9 der Geschäftsordnung der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag in der Fassung vom 26. 10. 2009. Dazu näher auch unten unter § 3 A. III. 2. b). 67 E-Mail der FDP-Bundestagsfraktion an den Verfasser vom 6. Februar 2012. 68 E-Mails des Verfassers an das Mitglied der FDP-Bundestagsfraktion, das die Erstauskunft erteilt hatte, vom 7. und 18. Februar 2012. 69 Nach einem Bericht der Berliner Zeitung von Anfang 2000 zahlten die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion bereits zu dieser Zeit einen regelmäßigen Beitrag in einen Sozialfonds. Die Höhe des Beitrages betrug damals 100 DM. Siehe Berliner Zeitung vom 5. 1. 2000 („Grüne zahlen am meisten an die Partei“).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
gerichtete innerfraktionelle Konsequenzen genutzt wird. Eine solche Möglichkeit ist ein typisches Kennzeichen des Fraktionsbeitrages. Dies spricht dafür, die Beiträge der Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion – entgegen der Darstellung der Fraktion – doch als Fraktionsbeiträge zu qualifizieren. Auch die Mitglieder der Bundestagsfraktion Die Linke leisten aktuell Beiträge. Hier fällt es jedoch schwer von Fraktionsbeiträgen zu sprechen, weil diese Beiträge an einen rechtlich selbstständigen Verein geleistet werden. Die Bundestagsfraktion Die Linke erklärte auf die Anfrage des Verfassers, dass die Fraktionsmitglieder keinen regelmäßigen Beitrag an die Fraktion leisteten. Sie hätten lediglich gemeinsam mit etlichen Fraktionsmitarbeitern den „Verein der Bundestagsfraktion Die Linke e.V.“ zur Förderung linker, sozialer und kultureller Projekte gegründet.70 An diesen Verein zahlten die Abgeordneten einen monatlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 30 Euro sowie einen Beitrag von 200 Euro in einen von dem Verein verwalteten Spendenfond.71 Über die Höhe dieser Beiträge entscheide die Mitgliederversammlung des Vereins.72 Die Beiträge der Mitglieder der Bundestagsfraktion Die Linke werden also nicht von der Fraktion selbst erhoben, sondern von einem rechtlich selbstständigen eingetragenen Verein. Sie sind vor diesem Hintergrund eher mit den Mandatsträgerbeiträgen vergleichbar. Für eine Bewertung als Fraktionsbeiträge lässt sich einzig die Tatsache anführen, dass die Mitglieder der Fraktion und die Mitglieder des Fraktionsvereins nahezu identisch sind. Dies eröffnet auch hier die Möglichkeit, innerhalb der Fraktion auf die Beitragsverweigerung einzelner Mitglieder zu reagieren. Dieser Zusammenhang dürfte jedoch im Ergebnis nicht genügen, um Vereinsbeiträge in verschleierte Fraktionsbeiträge umzudeuten. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilte auf die Anfrage des Verfassers mit, dass in ihrer Fraktion de facto seit dem Jahr 2000 kein Fraktionsbeitrag mehr erhoben werde73, obwohl die Arbeitsordnung74 der Fraktion der Fraktionsversammlung diese Möglichkeit nach wie vor einräume. Die Bundestagsfraktion der Grünen antwortete, dass die Fraktionsmitglieder keinen Beitrag an die Fraktion leisteten.75 Ebenso reagierte die SPD-Bundestagsfraktion.76 70
Vgl. dazu näher die Homepage des Vereins: http://www.fraktionsverein.de/. Diese Zahlen ergaben sich auch bereits aus einer Pressemitteilung des stellvertretenden Pressesprechers der Bundestagsfraktion Die Linke, Michael Schlick, vom 27. 4. 2010. Veröffentlicht u. a. in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 28. 4. 2010, S. 4. 72 E-Mails der Bundestagsfraktion Die Linke an den Verfasser vom 31. Januar 2012. 73 Nach dem Bericht der Berliner Zeitung von Anfang 2000 führten die Mitglieder der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu diesem Zeitpunkt noch einen Beitrag von monatlich 50 DM an die Fraktion ab. Siehe Berliner Zeitung vom 5. 1. 2000 („Grüne zahlen am meisten an die Partei“). 74 Siehe § 11 Abs. 1 der Arbeitsordnung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der 17. Wahlperiode vom 18. Januar 2010. Dazu näher auch unten unter § 3 A. III. 2. b). 75 E-Mail der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen an den Verfasser vom 8. Februar 2012. 76 E-Mail der SPD-Bundestagsfraktion an den Verfasser vom 15. Februar 2012. 71
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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Nach den vorstehenden Angaben muss die eingangs erwähnte Einschätzung, dass die Finanzierung der Fraktionen über die Beiträge ihrer Mitglieder lediglich eine marginale Bedeutung habe, im Hinblick auf die Bundestagsfraktionen korrigiert werden: Bei den Bundestagsfraktionen findet eine Fraktionsfinanzierung über Fraktionsbeiträge zum jetzigen Zeitpunkt gar nicht statt. Nur die Mitglieder der FDPBundestagsfraktion leisten noch Beiträge an ihre Fraktion, die jedoch nicht zur Finanzierung der Fraktion eingesetzt werden77 und die nur deshalb als Fraktionsbeiträge bezeichnet werden können, weil sie von der Fraktion vereinnahmt und verwaltet werden. 3. Höhe der Fraktionsbeiträge von Landtagsabgeordneten Nähere Angaben über die Fraktionsbeiträge der Abgeordneten der Landesparlamente konnte Martina Mardini für das Jahr 1988 feststellen.78 Danach mussten im baden-württembergischen Landtag die Abgeordneten der CDU- und der SPDFraktion jeweils 150 DM im Monat an die Fraktion abführen, während die Mitglieder der FDP-Fraktion sogar 200 DM zahlten. Für Bayern ließ sich nur ermitteln, dass die Mitglieder der SPD-Fraktion monatlich 100 DM zu zahlen hatten. In der Bremischen Bürgerschaft leisteten die Abgeordneten der SPD-Fraktion einen Monatsbeitrag von ca. 250 DM. Im Hessischen Landtag waren je Abgeordneten der CDU-Fraktion 200 DM zu entrichten. Für den sächsischen Landtag konnte festgestellt werden, dass die Mitglieder der CDU-Fraktion monatlich 75 DM an ihre Fraktion leisteten.79 Die SPD-Landtagsfraktion in Rheinland-Pfalz erhob zudem in unregelmäßigen Abständen Beträge von zum Teil über 1.000 DM, um die Fraktionsarbeit projektbezogen zu finanzieren. Teilweise ermittelte Mardini jedoch auch, dass die Fraktionen gar keine Mitgliedsbeiträge mehr erhoben. So verlangten die Fraktionen im niedersächsischen Landtag von ihren Abgeordneten keine Zahlungen. In der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg und im saarländischen Landtag leisteten die Abgeordneten der SPD-, CDU- und FDP-Fraktion keine Beiträge an ihre Fraktionen. Im Abgeordnetenhaus von Berlin und im Landtag von Nordrhein-Westfalen zogen zumindest die SPD- und die FDP-Fraktionen keine regelmäßigen Mitgliedsbeiträge mehr ein. Gleiches galt für die SPD- und die CDU-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein, die CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft und die FDP-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag. 77 Ob die Verwendung von Fraktionsgeldern zu anderen Zwecken als dem der Finanzierung der Fraktionsaufgaben überhaupt zulässig ist, steht auf einem anderen Blatt. Siehe hierzu ausführlich unten unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 78 Siehe hierzu und zum Folgenden Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 25 ff. 79 Gleiches ermittelte Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167.
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Knapp 20 Jahre später konnte die fraktionsübergreifende Abschaffung des Fraktionsbeitrags im niedersächsischen Landtag nicht bestätigt werden. Denn im Jahre 2007 stellte Gerold Papsch für die Fraktionen des niedersächsischen Landtages Folgendes fest80: Die Mitglieder der CDU-Landtagsfraktion entrichteten zu dieser Zeit im Monat 40 Euro an die Fraktion, während SPD-Abgeordnete monatlich 50 Euro leisteten. Die Landtagsabgeordneten der FDP zahlten monatlich 30 Euro in die Fraktionskasse und die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen sogar 120 Euro. Im Februar 2012 fragte der Verfasser erneut die aktuelle Höhe der Fraktionsbeiträge bei den Fraktionen des niedersächsischen Landtages ab.81 Das Ergebnis dieser Umfrage schließt an die Feststellungen Gerold Papschs an. Die CDU-Landtagsfraktion gab bekannt, dass ihre Mitglieder monatlich 40 Euro und Vorstandsmitglieder monatlich 50 Euro zahlten.82 Die SPD-Landtagsfraktion teilte mit, dass ihre Mitglieder des Landtages monatlich 50 Euro an die Fraktion leisteten und dass Funktionsträger und Bezieher von Aufwandsentschädigungen gestaffelt je nach Höhe ihrer Entschädigungen sogar mehr zahlten.83 Die Landtagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen antwortete, dass ihre Abgeordneten jeden Monat einen Beitrag von 110 Euro an die Fraktion leisteten, wobei die Mitglieder des Vorstandes hiervon befreit seien, weil die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden in ihrer Fraktion keine Funktionszulagen erhielten.84 Die Landtagsfraktion Die Linke erklärte, dass die Fraktionsmitglieder eine Fraktionsumlage in Höhe von monatlich 50 Euro zahlten.85 Die FDP-Landtagsfraktion teilte mit, dass die Mitglieder der Fraktion keinen finanziellen Beitrag an die Fraktion leisteten.86 Die zeitgleich durchgeführte Umfrage87 des Verfassers unter den nordrheinwestfälischen Landtagsfraktionen war im Ergebnis weniger erfolgreich. Lediglich 80 Siehe hierzu Papsch, Die Fraktionsgeschäftsordnungen der Landtagsfraktionen als parlamentsrechtliche Subebene, 2008, S. 57. 81 Die Umfrage erfolgte per E-Mail am 9. Februar 2012. Es wurden hierbei dieselben Fragen gestellt wie bei der Umfrage unter den Bundestagsfraktionen. Siehe hierzu oben Fn. 65. 82 E-Mail der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag an den Verfasser vom 27. Februar 2012. 83 E-Mail der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag an den Verfasser vom 10. Februar 2012. 84 E-Mail der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im niedersächsischen Landtag an den Verfasser vom 9. Februar 2012. 85 Diese Auskunft erhielt der Verfasser im Rahmen eines Telefonats mit der Fraktionsgeschäftsführung am 9. Februar 2012. Der Verfasser war in der Antwort-E-Mail der Fraktion Die Linke im niedersächsischen Landtag vom selben Tage um diesen Telefonanruf gebeten worden, damit ihm die Details mitgeteilt werden könnten. 86 E-Mail der FDP-Fraktion im niedersächsischen Landtag an den Verfasser vom 15. Februar 2012. 87 Die Umfrage erfolgte per E-Mail ebenfalls am 9. Februar 2012. Es wurden hierbei dieselben Fragen gestellt wie bei der Umfrage unter den Bundestagsfraktionen. Siehe hierzu oben Fn. 65.
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die CDU-Landtagsfraktion äußerte sich ausführlich. Sie teilte mit, dass die Fraktion einen Beitrag von 50 Euro monatlich pro Mitglied erhebe.88 Die Landtagsfraktion Die Grünen erteilte lediglich die Auskunft, dass ihre Mitglieder einen monatlichen Beitrag entrichteten.89 Auf eine Nachfrage90 des Verfassers zur Höhe dieses Beitrages antwortete die Fraktion, dass sie hierzu keine Auskunft geben könne.91 Sowohl die FDP-Landtagsfraktion als auch die Landtagsfraktion Die Linke wollten sich trotz mehrfacher Nachfrage92 nicht zum Fraktionsbeitrag erklären, sondern verwiesen nur auf die veröffentlichten Daten der Fraktionen93 bzw. Abgeordneten94. Diese enthalten freilich keine Angaben zu den Fraktionsbeiträgen. Die SPD-Landtagsfraktion reagierte gar nicht auf die Anfrage des Verfassers, obgleich die Anfrage auch hier einmal wiederholt wurde95. 4. Zusammenfassung Zusammenfassend ist zu konstatieren, dass die Rechenschaftsberichte der Fraktionen – mit Ausnahme der Berichte der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktionen – keine Schlüsse auf den Umfang der Fraktionsbeiträge zulassen. Auch die Umfragen unter den Fraktionsführungen und Abgeordneten sind nur eingeschränkt aussagekräftig. Zum Teil sind die Ergebnisse unvollständig, weil die Fraktionen zu den Fraktionsbeiträgen oder zu deren Höhe keine Auskunft erteilen wollten. Zum Teil weist das Datenmaterial Unstimmigkeiten auf. Dies vorausgeschickt, kann auf Grundlage der vorhandenen Daten näherungsweise festgehalten werden, dass sich die Höhe der Fraktionsbeiträge in den Landesparlamenten derzeit in einer Spanne von etwa 20 bis zu 110 Euro pro Monat bewegt. Im Bundestag leisten aktuell nur die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion Beiträge, die als Fraktionsbeiträge bezeichnet werden können. In den übrigen Bundestagsfraktionen sowie in zahlreichen Landtagsfraktionen werden hingegen inzwischen wohl gar keine Fraktionsbeiträge mehr gezahlt. Darüber hinaus lässt sich feststellen, dass die Fraktionsbeiträge, soweit 88 E-Mail der CDU-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag an den Verfasser vom 15. Februar 2012. 89 E-Mail der Fraktion Die Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag an den Verfasser vom 9. Februar 2012. 90 Zweite E-Mail des Verfassers an die Fraktion Die Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag vom 9. Februar 2012. 91 E-Mail der Fraktion Die Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag an den Verfasser vom 18. Februar 2012. 92 E-Mails des Verfassers an die FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag vom 13. Februar 2012 und an Fraktion Die Linke im nordrhein-westfälischen Landtag vom 9. und 18. Februar 2012. 93 E-Mails der FDP-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag an den Verfasser vom 13. und 17. Februar 2012. 94 E-Mail der Fraktion Die Linke im nordrhein-westfälischen Landtag an den Verfasser vom 9. Februar 2012. 95 Der Verfasser versandte die ursprüngliche E-Mail vom 9. Februar 2012 am 18. Februar 2012 erneut an die SPD-Landtagsfraktion.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
sie noch geleistet werden, im Vergleich zu den Mandatsträgerbeiträgen deutlich geringer ausfallen. Ferner ist das Volumen der privaten Fraktionsfinanzierung gegenüber dem Volumen der staatlichen Fraktionsfinanzierung minimal.
III. Einfachrechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge Die Erhebung der Fraktionsbeiträge beruht in der Regel auf einem entsprechenden Beschluss der Fraktionsversammlung. Die Möglichkeit, einen solchen Beschluss zu fassen, ist dabei meistens ausdrücklich in den Fraktionsgeschäftsordnungen niedergeschrieben. Von den Fraktions- und Abgeordnetengesetzen werden die Fraktionsbeiträge hingegen nur vereinzelt angesprochen. Das Verhältnis zwischen der Fraktion und ihren Mitgliedern bildet also den maßgeblichen rechtlichen Rahmen für die Beitragserhebung. 1. Verhältnis zwischen Fraktionsmitglied und Fraktion Die Frage nach dem Verhältnis zwischen der Fraktion und dem fraktionszugehörigen Abgeordneten ist nur unter Betrachtung des Akts der Fraktionsbildung, d. h. der Begründung der Rechtsstellung der Fraktion, zu beantworten. Juristisch gesehen geschieht die Fraktionsbildung „in Ausübung des Mandats“ der Abgeordneten, die sich in ihr zusammenschließen. Die Bildung erfolgt also aufgrund freien Entschlusses und nicht aufgrund einer normativen Vorgabe.96 Es liegt in der 96
Siehe zu dieser rechtlichen Begründung der Fraktionsbildung Arndt/Schweitzer, ZParl 1976, 71 (78); Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 89 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); Bollmann, Verfassungsrechtliche Grundlagen und allgemeine verfassungsrechtliche Grenzen des Selbstorganisationsrechts des Bundestages, 1992, S. 70; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 112 f.; Haberland, Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition nach dem Grundgesetz, 1995, S. 66 f.; Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 41 f.; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 374; Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (263 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 241 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 1145 (1147); Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 35; Winkler, Die Parlamentsfraktionen im deutsch-spanischen Rechtsvergleich, 1997, S. 41 f. Nach einer Gegenauffassung im Schrifttum liegt die eigentliche konstruktive Grundlage der Fraktionen bereits in der Wahl. Sie gebe die natürliche Binnengliederung des Parlaments in Fraktionen bereits vor. Die Fraktionsbildung bedürfe daher keines besonderen Willensentscheides der Abgeordneten, sondern sie erfolge als zwangsläufige Konsequenz der Wahl von selbst, gleichsam automatisch. Siehe hierzu vor allem Borchert, AöR 102 (1977), 210 (229 f.); Jekewitz, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 37 Rn. 36 f.; Hans Meyer, in: Däubler-Gmelin/Kinkel/derselbe/Simon (Hrsg.), Gegenrede, 1994, S. 319 (333 ff.); Wolters, Der Fraktions-Status, 1996, S. 230 f. Nicht eindeutig Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 108, der die Fraktionen wegen der Parteizugehörigkeit der Wahlbewerber als unmittelbar von der Wählerschaft eingerichtet sieht, aber
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durch Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verbürgten, freien Entscheidung des Abgeordneten, ob er sich einer Fraktion anschließen will oder nicht (solange eine Fraktion ihn aufzunehmen bereit ist).97 Er trifft diese Entscheidung in Ausübung seines Assoziationsrechts.98 Mindestens zwei Abgeordnete schließen sich also freiwillig zusammen mit der Absicht, ihre parlamentarischen Wirkungsmöglichkeiten zu verbessern.99 Der Akt der Fraktionsbildung begründet zugleich ein Mitgliedschaftsverhältnis der sich zusammenschließenden Abgeordneten.100 Die Abgeordneten unterstellen sich freiwillig der innerparlamentarischen Organisationseinheit Fraktion. Für die meisten Abgeordneten bildet demnach die Konstituierung ihrer Fraktion die Grundlage für ihr mitgliedschaftliches Verhältnis zur Fraktion. Unabhängig davon kann das Mitgliedschaftsverhältnis durch Beitritt zu einer bestehenden Fraktion begründet werden.101 Des Weiteren ist das Mitgliedschaftsverhältnis als öffentlichrechtliches Verhältnis zu qualifizieren.102 Dies ist weniger eine Folge der öffentlichrechtlichen Natur der auf das Innenverhältnis der Fraktionen anzuwendenden Rechtsvorschriften103 oder der Zuordnung der Fraktionen zum Öffentlichen Recht104. Es ergibt sich vielmehr aus dem Sachzusammenhang mit den Aufgaben der Fraktionen, die ausschließlich das Gebiet des Öffentlichen Rechts betreffen.105 Bei der Fraktionsarbeit geht es nämlich um eine politisch wirksamere Ausübung der den einzelnen Fraktionsmitgliedern als Parlamentsmitgliedern zustehenden Kompetenzen. Die Aufgabenwahrnehmung als Fraktionsmitglied ist somit wie die Aufgabenwahrnehmung als organisierte Fraktion von öffentlich-rechtlicher Qualität. Infolgedessen ist das Mitgliedschaftsverhältnis ebenfalls als öffentlich-rechtlich einzuordnen. Die Ausgestaltung des soeben beschriebenen öffentlich-rechtlichen Mitgliedschaftsverhältnisses obliegt den Fraktionen. In den Grenzen des Verfassungsrechts dennoch den Zusammenschluss zu einer Fraktion in das Belieben der gewählten Abgeordneten stellt. 97 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 241 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 98 BVerfG, Beschl. v. 14. 12. 1976 – 2 BvR 802/75, BVerfGE 43, 142 (149); BVerfG, Urt. v. 14. 1. 1986 – 2 BvE 14/83 und 2 BvE 4/84, BVerfGE 70, 324 (354); BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (218 und 220); BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1991 – 2 BvE 1/91, BVerfGE 84, 304 (322). 99 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 375. 100 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 374. 101 Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 183. 102 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 374; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 251 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 103 Zur öffentlich-rechtlichen Natur des Fraktionsbinnenrechts vgl. näher Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 74. 104 Zur Zuordnung der Fraktionen zum Öffentlichen Recht siehe mit weiteren Nachweisen Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 126. 105 OVG NW, Beschl. v. 21. 11. 1988 – 15 B 2380/88, DÖV 1989, 592 (593); Erdmann, DÖV 1988, 907 (909); Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 164 f.; dieselbe, JuS 1996, 306 (308); Zuleeg, JuS 1978, 240 (241).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
und der Abgeordneten- und Fraktionsgesetze sind die Fraktionen wegen der Mandatsfreiheit ihrer Mitglieder berechtigt, ihre inneren Angelegenheiten autonom zu regeln106. Mit diesem Recht korrespondiert die Pflicht der Fraktionen, sich selbst zu organisieren, um ihre Funktion effektiv wahrnehmen zu können.107 Als verbindliche Regelungsinstrumente stehen ihnen dabei einerseits ihre Geschäftsordnungen108 zur Verfügung und andererseits schlichte Beschlüsse109 ihrer Organe, insbesondere der Fraktionsversammlungen. In diesem Kontext können die zur Fraktion zusammengeschlossenen Abgeordneten nicht nur bestimmen, wie sie ihre Rechte adäquat wahrnehmen können. Sie können sich ebenso Pflichten auferlegen, die mit einem Zusammenschluss zu einem gemeinsamen Zweck notwendig einhergehen.110 Bei 106 Zur Herleitung der Autonomie aus der Mandatsfreiheit siehe Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 138; Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 134 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Jekewitz, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 37 Rn. 55; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 263 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 69 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 1029; Zeh, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 52 Rn. 9. Als Resultat der Übertragung eines Teils der Autonomie des jeweiligen Parlaments sieht die Geschäftsordnungsautonomie hingegen an Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 200. Zustimmend Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 56. Dagegen Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 110 f. 107 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 263. 108 Siehe hierzu ausführlich Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 263 ff. Zur Einordnung der Geschäftsordnungen als verbindliche Binnenrechtsregelungen, die rechtlich bindende Kraft für die Fraktionsmitglieder innerhalb des fraktionsmitgliedschaftlichen Verhältnisses entfalten, siehe Abmeier, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, 1984, S. 199; Jekewitz, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 37 Rn. 55; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 76; Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 58; Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 113 f. Die Parlamentsfraktionen sind in fast allen Fällen gesetzlich dazu verpflichtet, sich eine eigene Geschäftsordnung zu geben. Siehe dazu § 48 Abs. 2 AbgG; § 1 Abs. 4 BWFraktG; § 6 BerlFraktG; § 2 BbgFraktG; § 39 Abs. 2 BremAbgG; § 1 Abs. 4 HmbFraktG; § 1 Abs. 2 HessFraktG; § 52 Abs. 2 MVAbgG; § 2 Abs. 2 NWFraktG; § 1 Abs. 3 RPFraktG; § 4 Abs. 2 SLFraktG; § 1 Abs. 3 SächsFraktG; § 1 Abs. 3 SachsAnhFraktG; § 4 Abs. 2 SHFraktG; § 46 THAbgG. Nur im BayFraktG und im NdsAbgG finden sich keine vergleichbaren Regelungen. 109 Zur Bindungswirkung von Fraktionsbeschlüssen siehe Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 181 ff.; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 127 f.; Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 200 f. 110 Zu dieser zwangsläufigen Konsequenz siehe Abmeier, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, 1984, S. 198; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 434; Kasten, ZParl 1985, 475 (479); Moecke, DÖV 1966, 162 (164 f.); Stevens, Die Rechtsstellung der Bundestagsfraktionen, 2000, S. 180 f. Zu den innerfraktionellen Pflichten des Abgeordneten im Einzelnen siehe Hagelstein, Die Rechtsstellung der Fraktionen im Deutschen Parlamentswesen, 1992, S. 139; Hauenschild,
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alledem haben sie das Parlamentsrecht mit dessen verfassungsrechtlichen, gesetzlichen und geschäftsordnungsrechtlichen Vorgaben zu achten.111 Die Pflicht zur Zahlung eines Fraktionsbeitrages ist demnach in den Vorschriften zu suchen, die das öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis des Fraktionsmitgliedes determinieren. 2. Rechtliche Verpflichtung zur Beitragszahlung Im Unterschied zu den Mandatsträgerbeiträgen, die im Parteiengesetz ausdrücklich angesprochen werden112, finden die Fraktionsbeiträge in fast allen Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetzen in Bund und Ländern keine Erwähnung. Die im Hinblick auf die Finanzierung einschlägigen Vorschriften dieser Gesetze beziehen sich – wie im Speziellen für die Rechenschaftspflicht bereits festgestellt113 – fast ausschließlich auf die staatliche Fraktionsfinanzierung. Die Grundlage für die Verpflichtung der Abgeordneten, einen Fraktionsbeitrag zu leisten, ergibt sich normativ ausschließlich aus den Geschäftsordnungen114 der Fraktionen. In den meisten Fällen sieht die Geschäftsordnung die Erhebung eines Fraktionsbeitrages lediglich fakultativ vor. In diesen Fällen sowie in den Fällen, in denen es einer Normierung gänzlich mangelt, bedarf es zur konkreten Ausgestaltung der Beitragspflicht eines Beschlusses der Fraktionsversammlung oder eines anderen Fraktionsorgans. Aufgrund der vorhandenen Regelungen kann auch hier wieder nicht von einer freiwilligen Beitragsleistung gesprochen werden. a) Einschlägige Vorschriften der Abgeordnetenund Fraktionsgesetze In den Vorschriften des Bundesabgeordnetengesetzes, die Regelungen über die Fraktionen treffen (§§ 45 – 54 AbgG), werden Fraktionsbeiträge nicht angesprochen. In § 50 Abs. 1 AbgG ist stattdessen geregelt, dass die Fraktionen zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch auf Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt haben. Zudem haben die Fraktionen über die Herkunft und Verwendung der ihnen auf diesem Wege zugeflossenen Mittel gemäß § 52 Abs. 1 AbgG öffentlich Rechenschaft abzulegen.
Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 67 ff.; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 50 ff. 111 Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 138. 112 Siehe dazu näher oben unter § 2 A. IV. 2. a). 113 Siehe dazu oben unter § 3 A. II. 1. Zu diesbezüglichen Verbesserungsvorschlägen siehe unten unter § 3 B. IV. 3. c). 114 Die Geschäftsordnungen der Fraktionen tragen mitunter auch die Bezeichnung „Fraktionsordnung“, „Fraktionssatzung“ oder „Arbeitsordnung“. Im Folgenden wird für diese Regelwerke einheitlich der Begriff „Geschäftsordnung“ verwandt.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Ein ähnlicher Befund ergibt sich bei der Durchsicht der Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetze der Länder.115 Darin werden im Hinblick auf die Finanzierung der Fraktionen nur die Leistungen aus den Landeshaushalten116 und die Pflicht zur öffentlichen117 Rechnungslegung geregelt. Der Wortlaut der Regelungen118 zur Rechnungslegungspflicht einiger Länder lässt vermuten, dass diese auch über ihre nicht-staatlichen Einnahmen Rechenschaft abzulegen hätten.119 Eindeutig sind insoweit nur die Vorschriften in Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Thüringen, wobei der Gesetzeswortlaut in Brandenburg120 und Thüringen121 auf mögliche Beiträge der Fraktionsmitglieder ebenfalls keinen Bezug nimmt. In Berlin werden „Zuwendungen der Fraktionsmitglieder“ ausdrücklich von der Pflicht der Fraktionen nach § 8 Abs. 8 BerlFraktG, über private Zuwendungen teilweise Rechenschaft zu geben122, ausgenommen. Diese für die Transparenz der mitgliedschaftlichen Fraktionsfinanzierung nachteilige Vorschrift legt den Umkehrschluss nahe, dass das Fraktionsgesetz Beiträge der Fraktionsmitglieder kennt und mangels entsprechender Verbote für zulässig erachtet. Denselben Schluss, aber auf direktem Wege, lässt § 4 Abs. 3 Nr. 1 RPFraktG für Rheinland-Pfalz zu. Hiernach 115 Vgl. BWFraktG; BayFraktG; BerlFraktG; BbgFraktG; §§ 36 – 45 BremAbgG; HmbFraktG; HessFraktG; §§ 50 – 57 MVAbgG; §§ 30 – 33d NdsAbgG; NWFraktG; RPFraktG; SLFraktG; SächsFraktG; SachsAnhFraktG; SHFraktG; §§ 44 – 58 THAbgG. 116 Vgl. hierzu §§ 2 f. BWFraktG; Art. 2 f. BayFraktG; § 8 BerlFraktG; § 3 BbgFraktG; § 40 BremAbgG; §§ 2 f. HmbFraktG; §§ 2 f. HessFraktG; § 54 MVAbgG; §§ 31 f. NdsAbgG; §§ 3 f. NWFraktG; § 2 RPFraktG; § 5 SLFraktG; §§ 2 f. SächsFraktG; §§ 2 f. SachsAnhFraktG; § 6 SHFraktG; § 49 THAbgG. 117 Nur das thüringische Abgeordnetengesetz verzichtet auf eine Publikationspflicht hinsichtlich der Rechnungen der Fraktionen (vgl. § 54 THAbgG). 118 Vgl. §§ 6 f. BWFraktG; Art. 6 f. BayFraktG; § 8 BerlFraktG; §§ 10 f. BbgFraktG; § 42 BremAbgG; § 3 HmbFraktG; § 6 HessFraktG; § 55 MVAbgG; §§ 33a f. NdsAbgG; § 7 f. NWFraktG; § 4 RPFraktG; § 7 SLFraktG; §§ 5 f. SächsFraktG; §§ 6 f. SachsAnhFraktG; § 8 SHFraktG. 119 Siehe hierzu und zum Folgenden ausführlich bereits oben unter § 3 A. II. 1. 120 In Brandenburg sind Einnahmen aus Spenden publizitätspflichtig. Nach § 10 Abs. 3 Nr. 1 b) BbgFraktG müssen die Fraktionen die Summe ihrer Einnahmen aus Spenden in ihren Einnahmerechnungen ausweisen. Sofern die Spenden einen Betrag von 500 Euro überschreiten, muss zudem die Höhe der einzelnen Spende und der Name des Spenders angegeben werden. Das Fraktionsgesetz anerkennt somit die Fraktionsfinanzierung durch Spenden. Es ist jedoch fraglich, ob die Fraktionsbeiträge als Spenden verbucht werden. 121 In Thüringen müssen die Fraktionen nach § 54 Abs. 1 THAbgG über die Herkunft ihrer Mittel Rechenschaft geben. Dies deutet nur darauf hin, dass die Fraktionen in ihren Rechenschaftsberichten auch Mittel ausweisen müssen, die nicht-staatlicher Herkunft sind. Dementsprechend werden Mittel nicht-staatlicher Herkunft vom Abgeordnetengesetz grundsätzlich für zulässig erachtet. Über die Zulässigkeit von Fraktionsbeiträgen ist damit freilich noch nichts gesagt. 122 Nach § 8 Abs. 8 BerlFraktG müssen die Fraktionen Zuwendungen einer juristischen oder natürlichen Person, die jährlich 500 Euro überschreiten, unter Angabe des Namens und der Anschrift des Zuwendenden sowie der Gesamthöhe der Zuwendung in einer Anlage zum Rechenschaftsbericht verzeichnen.
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haben die Fraktionen des rheinland-pfälzischen Landtags in ihren Rechenschaftsberichten den Gesamtbetrag ihrer Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen auszuweisen. Das Gesetz geht demnach von der Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge aus. Zudem sorgt die Rechnungslegungspflicht bezüglich der Einnahmen aus diesen Beiträgen für eine bundesweit einmalige Transparenz der mitgliedschaftlichen Fraktionsfinanzierung.123 Eine Beitragspflicht kann aber selbst aus den Vorschriften in Berlin und Rheinland-Pfalz nicht abgeleitet werden. b) Geschäftsordnungen der Fraktionen Die Geschäftsordnungen der Fraktionen sind nur vereinzelt publiziert.124 Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass eine gesetzliche Verpflichtung zur Publikation nur in wenigen Ausnahmefällen existiert, und zwar für die Landtagsfraktionen Nordrhein-Westfalens125, die Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft126 und die Fraktionen des Abgeordnetenhauses von Berlin127. Einige Gesetze schreiben statt123
Siehe dazu bereits oben unter § 3 A. II. 1. Dieser Umstand wird in der Literatur kritisiert. Es sei nicht ersichtlich, was dafür spreche, die Geschäftsordnung einer vom Staat finanzierten rechtsfähigen Vereinigung, die ihre Organisation an den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie auszurichten habe, nicht vollständig zu publizieren. Siehe Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 264. Ähnlich bereits von Seysenegg, Die Fraktionen im Bundestag und ihre verfassungsrechtliche Stellung, 1971, S. 150 mit Fn. 53. Dem ist zuzustimmen. Es gibt keinen Grund dafür, die Fraktionsgeschäftsordnungen nicht als Drucksache oder im Zeitalter des Internets auf den Websites der Parlamente zur Verfügung zu stellen. 125 Nach § 2 Abs. 4 NWFraktG veröffentlicht der Präsident des Landtags die Fraktionsgeschäftsordnungen. Bis zur Änderung durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung der Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen vom 5. April 2005 (GV. NRW 2005, S. 259) war in § 2 Abs. 4 NWFraktG zudem der Ort der Publikation explizit geregelt. Der Präsident hatte die Fraktionsgeschäftsordnungen „im Handbuch des Landtags“ zu veröffentlichen. Diese Passage wurde aus dem Gesetz gestrichen, um dem Präsidenten mehr Freiheiten bei der Veröffentlichung zu gestatten und beispielsweise eine Publikation im Internet zu ermöglichen. Siehe dazu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Hauptausschusses auf LT-Drucks. 13/6727, S. 5 und 15, die für die Gesetzesänderung ursächlich waren. Nach einer telefonischen Auskunft des Landtages vom 3. 11. 2010 hat die Gesetzesänderung allerdings bislang nichts an der Veröffentlichungspraxis geändert. Die Geschäftsordnungen der Fraktionen würden nach wie vor im Handbuch des Landtages publiziert. Die zuletzt abgedruckten Fraktionsgeschäftsordnungen der 14. Wahlperiode (2005 – 2010) finden sich in Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Handbuch des Landtags NordrheinWestfalen, Bd. 3, 2006, S. 109 ff. 126 Gemäß § 1 Abs. 4 HmbFraktG sind die Fraktionsgeschäftsordnungen als Bürgerschaftsdrucksache zu veröffentlichen. Dies erfolgte zuletzt am Beginn der 20. Wahlperiode auf Bürgerschaftsdrucks. 20/252 vom 20. 4. 2011. 127 Nach § 7 Abs. 3 BerlFraktG sind die Fraktionsgeschäftsordnungen vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses im Amtsblatt für Berlin zu veröffentlichen. Die zuletzt publizierten Geschäftsordnungen der 16. Wahlperiode finden sich im BerlABl. 2007, S. 1291 f. (SPD), S. 1294 ff. (CDU), S. 1298 ff. (Die Linke), S. 1302 ff. (Bündnis 90/Die Grünen) und S. 1306 ff. (FDP). 124
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
dessen nur eine Hinterlegung der Geschäftsordnungen beim Parlamentspräsidenten vor128, der Rest enthält sich vollständig einer Regelung. Dementsprechend können die Fraktionen hier frei darüber entscheiden, ob und wie sie ihre Geschäftsordnungen der Öffentlichkeit zugänglich machen.129 Soweit dies ersichtlich ist, bilden die Geschäftsordnungen der Fraktionen vielfach den rechtlichen Ausgangspunkt für die Erhebung des Fraktionsbeitrages. Darin wird der Fraktionsbeitrag dem Grunde nach geregelt, während die konkrete Höhe durch Beschluss der Fraktionsversammlung festgelegt wird. Auf diese Art und Weise agiert beispielsweise die Bundestagsfraktion der CDU/CSU, die nach eigenem Bekunden von dieser Möglichkeit freilich derzeit keinen Gebrauch macht130. In § 11 Abs. 1 der Arbeitsordnung der CDU/CSU-Fraktion des 17. Bundestages131 heißt es: „Die Fraktionsversammlung kann mit einfacher Mehrheit einen Fraktionsbeitrag beschließen.“
Ähnlich lautet die Regelung in der Geschäftsordnung der FDP-Fraktion des 17. Bundestages132. Deren § 1 Abs. 9 lautet: „Zur Deckung der Kosten der Fraktion kann ein monatlich im voraus zu entrichtender Beitrag erhoben werden; die Höhe des Beitrags wird von der Fraktion festgesetzt.“133
Die Landtagsfraktionen der CDU und der SPD im nordrhein-westfälischen Landtag haben in ihren Geschäftsordnungen vergleichbare Bestimmungen zu den Fraktionsbeiträgen niedergelegt. Der § 12 der Geschäftsordnung der CDU-Landtagsfraktion der 14. Wahlperiode134 trägt bereits die Bezeichnung „Mitgliederbeitrag“. In der Vorschrift selbst wird dann Folgendes ausgeführt: 128 Vgl. § 1 Abs. 5 BWFraktG; § 39 Abs. 2 BremAbgG; § 1 Abs. 2 HessFraktG; § 52 Abs. 2 MVAbgG; § 1 Abs. 3 RPFraktG; § 1 Abs. 3 SächsFraktG; § 1 Abs. 3 SachsAnhFraktG; § 46 THAbgG. 129 Einige Fraktionen haben sich freiwillig dazu entschieden, ihre Geschäftsordnungen zu publizieren. So sind die Geschäftsordnungen der Bundestagsfraktionen beispielsweise gesammelt abgedruckt in Ritzel/Bücker/Schreiner, Handbuch für die Parlamentarische Praxis, Bd. 2. Darüber hinaus wird das Internet als Verbreitungsform genutzt. Die Geschäftsordnung der SPD-Fraktion im Landtag Brandenburg findet sich z. B. unter http://www.spd-fraktion. brandenburg.de/files/geschaeftsordnung.pdf [Stand: 29. Februar 2012]. 130 Siehe dazu das Ergebnis der Umfrage des Verfassers unter den Bundestagsfraktionen oben unter § 3 A. II. 2. 131 Arbeitsordnung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion der 17. Wahlperiode vom 18. Januar 2010. 132 Geschäftsordnung der FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag in der Fassung vom 26. 10. 2009. 133 Die FDP-Bundestagsfraktion macht von dieser Vorschrift nach eigener Aussage momentan zwar auch keinen Gebrauch. Allerdings leisten die Fraktionsmitglieder Beiträge an eine „Sozialkasse“, die als Fraktionsbeiträge zu qualifizieren sind. Siehe dazu bereits oben unter § 3 A. II. 2. 134 Die Geschäftsordnung der CDU-Landtagsfraktion der 14. Wahlperiode ist abgedruckt in Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Handbuch des Landtags Nordrhein-
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„Die Fraktionsversammlung kann mit einfacher Mehrheit der anwesenden Mitglieder die Erhebung eines Beitrages von allen Mitgliedern zur Finanzierung gemeinschaftlicher Ausgaben im Zusammenhang mit Fraktionsveranstaltungen beschließen. Die Fraktion verwaltet diese Beiträge gesondert von den Fraktionsfinanzen durch den Parlamentarischen Geschäftsführer. […]“
Die Geschäftsordnung der SPD-Landtagsfraktion der 14. Wahlperiode135 äußert sich demgegenüber nur sehr knapp zu Fraktionsbeiträgen. In dem Paragraphen zur Fraktionsversammlung (§ 7) heißt es in Abs. 6: „Die Fraktionsversammlung beschließt über den Fraktionsbeitrag.“
Mitunter wird der Fraktionsbeitrag in den Geschäftsordnungen sogar der Höhe nach geregelt. In § 4 Abs. 9 der Geschäftsordnung der SPD-Fraktion in der 20. Hamburgischen Bürgerschaft136 heißt es etwa: „Die Fraktionsmitglieder verpflichten sich, einen jährlichen Betrag in Höhe von 100,00 Euro für einen Umlagefonds für Ausgaben für Abgeordnete an die Fraktion zu entrichten.“
Teilweise enthalten die Geschäftsordnungen zwar keine Bestimmungen, welche die Erhebung eines Fraktionsbeitrages konkret regeln. Jedoch werden die Fraktionsbeiträge erwähnt und damit ihre Erhebung bzw. die Möglichkeit ihrer Erhebung implizit vorausgesetzt. So statuiert beispielsweise § 8 Abs. 2 S. 3 der Geschäftsordnung der Bundestagsfraktion Die Linke137 die Pflicht ihrer Revisoren, der Fraktionsversammlung einmal im Jahr einen Prüfungsbericht über die Verwendung des Fraktionsbeitrages vorzulegen. Diese Regelung macht nur dann Sinn, wenn ein Fraktionsbeitrag erhoben werden kann. Wie bereits erwähnt138, erhebt die Bundestagsfraktion Die Linke nach eigener Aussage gegenwärtig keinen Fraktionsbeitrag, weswegen die Geschäftsordnungsregelung zurzeit leerläuft. Wird der Fraktionsbeitrag in der Fraktionsgeschäftsordnung nur angesprochen wie im Falle der Bundestagsfraktion Die Linke, beruht die Beitragspflicht rechtlich ausschließlich auf einem entsprechenden Beschluss der Fraktionsversammlung oder auf individuellen Vereinbarungen zwischen der Fraktion und ihren Mitgliedern. Ebenso ist es in den Fällen, in denen die Fraktionen einen Beitrag von ihren Mitgliedern erheben, obwohl Westfalen, Bd. 3, 2006, S. 109 ff. Die Geschäftsordnung der 15. Wahlperiode ist bislang noch nicht publiziert. 135 Die Geschäftsordnung der SPD-Landtagsfraktion der 14. Wahlperiode, beschlossen am 7. Juni 2005, findet sich in Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Handbuch des Landtags Nordrhein-Westfalen, Bd. 3, 2006, S. 120 ff. Die Geschäftsordnung der 15. Wahlperiode ist bislang noch nicht publiziert. 136 Siehe die Geschäftsordnung der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Stand 24. Februar 2011, auf Bürgerschaftsdrucks. 20/252, S. 2 ff. 137 Geschäftsordnung der Fraktion „DIE LINKE“ im 17. Deutschen Bundestag, beschlossen am 9. Oktober 2009, zuletzt geändert am 6. Juli 2010. 138 Siehe dazu das Ergebnis der Umfrage des Verfassers unter den Bundestagsfraktionen oben unter § 3 A. II. 2.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
die Geschäftsordnungen überhaupt keine Aussage hinsichtlich eines Fraktionsbeitrages treffen.139 Die SPD-Bundestagsfraktion erhebt inzwischen ebenfalls keine Fraktionsbeiträge mehr. Ihre Geschäftsordnung140 enthält dennoch eine bemerkenswerte Regelung. In § 26 heißt es: „Die Fraktionsmitglieder entrichten einen monatlichen Sonderbeitrag an die Partei, der von der Fraktion im Benehmen mit dem Parteivorstand zu Beginn der Legislaturperiode festgesetzt wird.“
Auf diese Weise statuiert die Fraktionsgeschäftsordnung eine Zahlungsverpflichtung der Fraktionsmitglieder gegenüber der Partei, die rechtlich betrachtet außerhalb des Parlaments steht. Diese Zahlungsverpflichtung gegenüber einem Dritten kann rechtlich keine Wirkung entfalten, da die Regelungsbefugnis der Fraktionen nur ihren Binnenbereich betrifft. Es gehört nicht zu den Funktionen einer staatlichen Organisationseinheit, wie es die Fraktion ist, Beschlüsse über die Finanzierung ihrer eigenen Partei zu fassen.141 Der besagten Regelung in der Fraktionsgeschäftsordnung kann daher neben § 2 der Finanzordnung der SPD nur deklaratorische Wirkung zukommen. 3. Einfachrechtliche Verbote der Beitragszahlung Die Fraktionen dürfen das innerfraktionelle Rechtsverhältnis autonom ausgestalten. Sie dürfen dabei allerdings nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen. Bereits ein Verstoß gegen eine einfachgesetzliche Vorschrift führt zur Nichtigkeit der entsprechenden Regelung der Fraktion. Auf verfassungsrechtliche Vorschriften muss dann nur insoweit abgestellt werden, als deren Berücksichtigung bei einer Interpretation von einfachgesetzlichen Vorschriften betreffend die Fraktionen und Abgeordneten unentbehrlich erscheint. Bei der Durchsicht der Fraktions- bzw. Abgeordnetengesetze des Bundes und der Länder fällt neben dem bereits im Zusammenhang mit den Mandatsträgerbeiträgen angesprochenen § 27 Abs. 2 NdsAbgG noch eine weitere Vorschrift ins Auge, welche die Erhebung eines Fraktionsbeitrages
139 In den vom Verfasser durchgeführten Umfragen verwiesen diejenigen Fraktionen, die einen Fraktionsbeitrag erheben, hinsichtlich der Rechtsgrundlage auf einen entsprechenden Beschluss der Fraktion. So in der E-Mail der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im niedersächsischen Landtag vom 9. Februar 2012, in der E-Mail der SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag vom 10. Februar 2012, in der E-Mail der CDU-Fraktion im nordrheinwestfälischen Landtag vom 15. Februar 2012 und in der E-Mail der CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag vom 27. Februar 2012. Zu den Umfragen näher siehe oben unter § 3 A. II. 3. 140 Geschäftsordnung der Fraktion der SPD im Deutschen Bundestag in der Fassung vom 3. Juni 1997, übernommen mit Änderungen zu Beginn der 17. Wahlperiode. 141 Hans Meyer, KritV 1995, 216 (242 in Fn. 99).
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verbieten könnte, und zwar § 3 Abs. 4 S. 3 des nordrhein-westfälischen Fraktionsgesetzes (NWFraktG)142. a) § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Fraktionsbeiträgen Nach der hier143 verfolgten Auslegung des § 27 Abs. 2 NdsAbgG verbietet diese Vorschrift Zuwendungen der Abgeordneten an jeden beliebigen Zahlungsempfänger unter den folgenden zwei Voraussetzungen: Erstens darf der Zuwendung des Abgeordneten keine adäquate Gegenleistung des Leistungsempfängers entsprechen. Es muss sich also um eine gegenleistungslose oder nicht gleichwertige Zuwendung handeln.144 Und zweitens muss die Zuwendung in irgendeiner Weise Einfluss auf die konkrete Mandatsausübung des Abgeordneten haben können. Vor allem die zweite Bedingung wird durch die Mandatsträgerbeiträge nicht erfüllt, da die Parteien, die diese Beiträge empfangen, außerhalb des Parlaments in der Gesellschaft angesiedelt sind und daher keinen Einfluss auf die Mandatsausübung des Abgeordneten nehmen können.145 Aus diesem Grunde sind die Mandatsträgerbeiträge nach § 27 Abs. 2 NdsAbgG nicht verboten.146 Dies ist im Fall der Fraktionsbeiträge anders zu beurteilen. aa) Fraktionsbeiträge als Leistungen „mit Rücksicht auf das Mandat“ erfasst Zunächst besteht im Fall der Fraktionsbeiträge bei der zahlungsempfangenden Fraktion zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass sie aus der Zahlung bzw. der Nichtzahlung des Fraktionsbeitrages Konsequenzen für die Mandatsausübung des einzelnen Abgeordneten zieht. Denn die Fraktionen agieren im Gegensatz zu den Parteien unmittelbar im parlamentarischen Raum. Es wäre den Fraktionen beispielsweise möglich, den Abgeordneten bei der Besetzung von Posten oder bei der Verteilung von Aufgaben zu bevorteilen bzw. zu benachteiligen oder gar unberücksichtigt zu lassen. Allein diese theoretische Möglichkeit genügt, um den Fraktionsbeitrag als eine Leistung des Abgeordneten zu qualifizieren, die – in dem von § 27 Abs. 2 NdsAbgG gemeinten Sinne – „mit Rücksicht auf [sein] Mandat“ erfolgt. Die Vorschrift soll nämlich jegliche Form der finanziellen Einflussnahme auf die Mandatsausübung bereits im Ansatz unterbinden, ohne dass es dafür im Einzelfall auf den Nachweis einer konkreten Beeinflussungsabsicht des Abgeordneten ankäme.147 142 Gesetz über die Rechtsstellung der Fraktionen im Landtag von Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2001 (GV. NRW 2001, S. 866), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 5. Juli 2011 (GV. NRW 2011, S. 336). 143 Siehe dazu ausführlich oben unter § 2 A. IV. 3. 144 Siehe hierzu speziell oben unter § 2 A. IV. 3. a) aa). 145 Siehe dazu im Einzelnen oben unter § 2 A. IV. 3. a) bb). 146 Siehe hierzu wiederum oben unter § 2 A. IV. 3. b). 147 Siehe dazu näher nochmals oben unter § 2 A. IV. 3. a) bb).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
bb) Gegenleistungen der Fraktionen nur im außerparlamentarischen Bereich denkbar Des Weiteren ist im Unterschied zu den Mandatsträgerbeiträgen nicht ersichtlich, dass den Fraktionsbeiträgen wertentsprechende Gegenleistungen der Fraktion gegenüberstehen könnten. Die Fraktionen erbringen gegenüber ihren Mitgliedern im Parlamentsbetrieb zwar etliche werthaltige Leistungen, und zwar vor allem in Form von Tätigkeiten des Fraktionspersonals. Allerdings werden diese Leistungen vollständig aus den staatlichen Mitteln der Fraktionen finanziert. Die staatlich finanzierten Leistungen können den Fraktionsbeiträgen also nicht wertentsprechend gegenüberstehen. Als wertentsprechende Gegenleistungen kämen demnach nur noch solche Leistungen der Fraktion infrage, die nicht aus staatlichen Mitteln finanziert werden dürfen. Derartige Gegenleistungen sind im innerfraktionellen Verhältnis durchaus denkbar. So könnten die Fraktionsbeiträge beispielsweise die Aufwendungen der Fraktion für interne Geschenke, Fraktionsabende oder Ausflüge ersetzen. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Fraktionsbeiträge überhaupt für diese Zwecke genutzt werden dürften. Denn es ist höchst umstritten, ob die Verwendung der nichtstaatlichen Mittel der Fraktionen nicht denselben Zweckbindungen unterliegt wie die Verwendung der staatlichen Mittel. Die einer Fraktion staatlicherseits zugeflossenen Mittel unterliegen verfassungsrechtlich gebotenen148 und gesetzlich festgelegten Bindungen. Gemäß § 31 Abs. 3 NdsAbgG149 dürfen die Landtagsfraktionen die Zuschüsse, die sie nach § 31 Abs. 1 AbgG aus dem Landeshaushalt erhalten haben, nur zur Wahrnehmung ihrer parlamentarischen Aufgaben und nicht für Zwecke der Parteien verwenden. Müsste diese Zweckbindung auch bei der Verwendung der nicht-staatlichen Mitteln beachtet werden, dann dürften die Fraktionen ihre Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen nicht für Leistungen verwenden, die mit ihren parlamentarischen Aufgaben in keinem Zusammenhang stehen. Es wäre den Fraktionen somit rechtlich überhaupt nicht möglich, den Abgeordneten gegenüber Gegenleistungen zum Ausgleich für ihre Fraktionsbeiträge zu erbringen. Infolgedessen müssten die Fraktionsbeiträge als gegenleistungslose Zuwendungen der Abgeordneten qualifiziert werden, die für niedersächsische Landtagsabgeordnete nach § 27 Abs. 2 NdsAbgG verboten sind. Es 148 Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dienen die Fraktionszuschüsse ausschließlich der Finanzierung von Tätigkeiten des Bundestages, die den Fraktionen nach Verfassung und Geschäftsordnung obliegen. Das Gericht verweist dabei besonders auf die der Koordination dienende Parlamentsarbeit der Fraktion. Siehe hierzu grundlegend BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (231). 149 Eine ähnliche Regelung findet sich für die Bundestagsfraktionen in § 50 Abs. 4 S. 1 AbgG und für die Fraktionen in den anderen Landesparlamenten in den Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetzen der Länder. Siehe dazu im Einzelnen § 3 Abs. 2 BWFraktG; Art. 2 BayFraktG; § 8 Abs. 4 BerlFraktG; § 4 Abs. 1 BbgFraktG; § 40 Abs. 4 BremAbgG; § 2 Abs. 1 und 5 HmbFraktG; § 2 Abs. 4 HessFraktG; § 54 Abs. 2 MVAbgG; § 3 Abs. 4 NWFraktG; § 2 Abs. 1 RPFraktG; § 5 Abs. 5 SLFraktG; § 2 SächsFraktG; § 2 SachsAnhFraktG; § 6 Abs. 5 SHFraktG; § 51 THAbgG.
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kommt hiernach also entscheidend auf die Frage an, ob die nicht-staatlichen Mittel der Fraktionen zweckgebunden sind. (1) Das Problem der Zweckbindung der nicht-staatlichen Mittel der Fraktionen Mit der Zweckbindung der staatlichen Mittel soll hauptsächlich verhindert werden, dass diese Gelder direkt oder indirekt den Parteiaufgaben verwendet werden.150 Die Parteien dürfen von Verfassungs wegen nicht durch diese Mittel finanziert werden, weil es damit auf Umwegen zu einer unzulässigen Aufstockung der staatlichen Parteienfinanzierung käme. Die staatlichen Leistungen an Fraktionen sind nur durch deren verfassungsrechtlich gebotene Aufgaben gerechtfertigt151 und sollen demzufolge auch nur auf den finanziellen Bedarf für die Fraktionsaufgaben zugeschnitten werden. Die hinter den Fraktionen stehenden Parteien bleiben hierbei unberücksichtigt. Wenngleich § 31 Abs. 3 NdsAbgG und die entsprechenden Parallelvorschriften152 in Bund und Ländern nach ihrem Wortlaut eindeutig nur auf die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt abzielen, herrscht Uneinigkeit darüber, ob die Verwendung der nicht-staatlichen Fraktionsmittel aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten denselben strengen Zweckbindungen unterliegt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem oben153 erwähnten Kammerbeschluss154, die Finanzierung von Wahlwerbemaßnahmen einer Fraktion aus ihren sogenannten „freien“ Einnahmen für zulässig erachtet und damit mittelbar eine Zweckbindung der nicht-staatlichen Einnahmen der Fraktionen verneint. Während sich die Verfassungsgerichte der Länder dieser Rechtsprechung scheinbar angeschlossen haben155, wurde sie im Schrifttum überwiegend kritisiert. Wie alle Mittel, 150 Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 52 Rn. 17. Demselben Zweck dient im Parteiengesetz die Regelung des § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG. Hiernach dürfen die Parteien keine Spenden von Parlamentsfraktionen oder Fraktionen und Gruppen von kommunalen Vertretungen annehmen. Vgl. zu diesem Zusammenhang auch Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (715). 151 Siehe zur Begründung der staatlichen Fraktionsfinanzierung BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (104 f.); BVerfG, Beschl. v. 3. 11. 1982 – 2 BvH 3/80, BVerfGE 62, 194 (202); BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (231); Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 110 f.; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 174 ff.; Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 82; Fensch, ZRP 1993, 209 (209); Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 158 ff.; Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 324 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (64 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Lange, Der Staat 11 (1972), 313 (317); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 391 f.; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 1145 (1147 f.); G. C. Schneider, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe, 1997, S. 75 ff. 152 Siehe dazu bereits oben in Fn. 149. 153 Siehe oben unter § 2 B. I. 1. b). 154 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. 155 Der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen entschied, dass wahlwerbende Annoncen von Fraktionen, die sich in einem gewissen, für Staatsorganteile zu fordernden
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
über die Staatsorgane (oder Teile von ihnen) verfügten, so dürften auch die Mittel der Fraktionen nur für Gemeinwohlzwecke ausgegeben werden.156 Aus welcher Quelle die Mittel stammten, sei dabei irrelevant. Damit, dass sie in die Verfügungsgewalt der Fraktionen als einer in die organisierte Staatlichkeit eingegliederten Einrichtung gelangten, unterlägen sie den entsprechenden Gemeinwohlbindungen. Insoweit bestehe kein Unterschied zu staatlichen Organen anderer Art, bei denen ebenfalls nicht danach differenziert werde, ob sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel aus privatfiskalischen Geschäften oder z. B. im Wege hoheitlicher Abgabenerhebung eingenommen haben.157 Die Fraktionen fänden ihre verfassungsrechtliche Anerkennung allein in der Herstellung und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Parlamente.158 Aufgrund ihrer Einbindung in die institutionalisierte Staatlichkeit erfasse diese verfassungsrechtliche Vorgabe das gesamte Wirken der Fraktionen. Dem ist zuzustimmen. Ebenso wie die Abgeordnetenentschädigung mit ihrer Auszahlung im Vermögen des Abgeordneten aufgeht und ab diesem Zeitpunkt seiner privaten Verfügungsgewalt unterliegt, gehen jegliche Zahlungen an die Fraktionen auch im Fraktionsvermögen auf und unterliegen sodann den ihnen für die Ver-
Rahmen von Objektivität und Sachlichkeit bewegten, zwar grundsätzlich zulässig seien. Allerdings dürften derartige Anzeigen nicht mit Mitteln finanziert werden, die den Fraktionen aus der Staatskasse zugeflossen sind. Siehe StGH Bremen, Entsch. v. 16. 11. 1996 – St 5/96, NVwZRR 1997, 329 (331). Indirekt erklärte der Staatsgerichtshof damit wahlwerbende Anzeigen für zulässig, sofern sie aus nicht-staatlichen Mitteln finanziert werden. Ein wenig eindeutiger erschließt sich die Haltung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig zu dieser Frage. Das Oberverwaltungsgericht erachtete wahlwerbende Veröffentlichungen von Parlamentsfraktionen für unzulässig, soweit dafür staatliche Mittel verwandt werden. In seinen Feststellungen zur Sache ließ es sodann die Veröffentlichung einer Broschüre der SPD-Landtagsfraktion unbeanstandet, weil zu deren Finanzierung nachweislich keine staatlichen Fraktionsmittel eingesetzt worden seien. Siehe OVG Schleswig, Urt. v. 30. 9. 1997 – 2 K 9/97, NordÖR 1998, 70 (73 f.). 156 Siehe hierzu und zum Folgenden von Arnim, DÖV 1983, 155 (155 f.); derselbe, Staatliche Fraktionsfinanzierung ohne Kontrolle?, 1987, S. 40; derselbe, Finanzierung der Fraktionen, 1993, S. 25 f. Ganz ähnlich Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 181; Hardmann, Die Wahlkampfwerbung von Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, 1992, S. 57 ff.; Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (716 f.); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 612; Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 382 und 392. Der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts schließen sich aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 50 Abs. 4 AbgG, der sich ausschließlich auf die Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt bezieht, im Ergebnis hingegen an Braun/Benterbusch, ZParl 2002, 653 (663 f.); Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 50 Rn. 19. Hans H. Klein hält den Gegenschluss aus dem Gesetzeswortlaut zumindest für nicht abwegig. Allerdings spricht aus seiner Sicht das Gebot „politischer Hygiene“ für ein ausnahmsloses Verbot von Finanztransfers von Fraktionen an Parteien. Siehe Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 173 f. = BTDrucks. 14/6711, S. 15. 157 Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 392. 158 G. C. Schneider, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe, 1997, S. 155.
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wendung auferlegten Bindungen.159 Ansonsten ergäben sich im Übrigen unlösbare Abgrenzungsprobleme zwischen den Gemeinwohlaufgaben der Fraktionen und ihren sonstigen, dann wohl meist Parteizwecken dienenden Tätigkeiten.160 Dies gilt insbesondere für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Staatsfinanzierte Öffentlichkeitsarbeit einer Fraktion ist nur zulässig, wenn sie einen hinreichenden Bezug zur parlamentarischen Arbeit der Fraktion aufweist und auf eine ausdrückliche Werbung für die Partei verzichtet.161 Ob eine Anzeige, ein Prospekt oder ein Flyer durch seinen Inhalt, seine Aufmachung oder die Umstände seiner Veröffentlichung im Einzelfall noch Informationshandeln der Fraktionen über ihre parlamentarische Arbeit darstellt und daher aus staatlichen Mitteln finanziert werden darf oder ob solche Maßnahmen bereits Werbung für die hinter den Fraktionen stehenden Parteien darstellen und demnach aus den „freien“ Einnahmen finanziert werden müssen, wird oftmals nur schwer zu bestimmen sein. Die ohnehin sehr schwierige Abgrenzung zwischen zulässiger und unzulässiger Öffentlichkeitsarbeit von Fraktionen162 würde 159
Diese logische Konsequenz hat die Kammer des Zweiten Senats in ihrem Beschluss nicht gezogen. Stattdessen hat sie die Mittel des Abgeordneten aus seiner Entschädigung dem privaten Lebensbereich des Abgeordneten zugeordnet und den Fraktionen eine Trennung ihrer Mittel in Einnahmen aus staatlichen und nicht-staatlichen Quellen zugebilligt. Siehe nochmals BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. Auf diese Widersprüchlichkeit in der Argumentation des Gerichts weist auch hin von Arnim, DÖV 1983, 155 (155 f.). 160 Auch der Vorschlag von Ulrike Bick, sich dem Problem mittels einer Differenzierung nach dem öffentlichen oder privaten Charakter der einzelnen Fraktionsmaßnahme zu nähern und diese der zweckgebundenen und jene der freien Finanzierung zu unterwerfen, vermag die Abgrenzungsschwierigkeiten nicht zu beseitigen. Siehe dazu Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 153. 161 RPVerfGH, Urt. v. 19. 8. 2002 – VGH O 3/02, NVwZ 2003, 75 (78); Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 25 Rn. 68; Schröder, NVwZ 2005, 1280 (1281). Vgl. hierzu ausführlich Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 245 ff. 162 Eine eindeutige Grenzziehung ist hier vor allem wegen der personellen und der inhaltlichen Überschneidungen zwischen den Fraktionen und „ihren“ Parteien nur sehr schwer möglich. Zu diesen sowieso bestehenden Abgrenzungsproblemen siehe StGH Bremen, Entsch. v. 29. 7. 1996 – St 3/95, NVwZ 1997, 264 (266); StGH Bremen, Entsch. v. 16. 11. 1996 – St 5/96, NVwZ-RR 1997, 329 (331); OVG Schleswig, Urt. v. 30. 9. 1997 – 2 K 9/97, NordÖR 1998, 70 (73 f.); RPVerfGH, Urt. v. 19. 8. 2002 – VGH O 3/02, NVwZ 2003, 75 (77 ff.); Braun/Benterbusch, ZParl 2002, 653 (660 ff.); Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 184 ff.; Hardmann, Die Wahlkampfwerbung von Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, 1992, S. 60 f.; Heintzen, DVBl. 2003, 706 (707 ff.); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (715 ff.); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 604 ff.; Kretschmer, ZG 2003, 1 (4 ff.); Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 159 ff.; Hubert Meyer, NdsVBl. 2010, 62 (65 f.); Morlok, NJW 1995, 29 (31); derselbe, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 21 Rn. 107; U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1324 f.); Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 120; G. C. Schneider, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe, 1997, S. 164 ff.; Schröder, NVwZ 2005, 1280 (1281 ff.). Ein umfassender Lösungsansatz hierzu wird vorgenommen von Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript,
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
durch die zweigleisige Finanzierung zusätzlich erschwert.163 Zudem wäre es den Fraktionen sehr leicht möglich, die Zweckbindung der staatlichen Mittel zu umgehen. So könnte eine Fraktion, der tatsächlich eine finanzielle Unterstützung der hinter ihr stehenden Partei nachgewiesen wird, sich immer mit der Behauptung, sie hätte diese Unterstützung aus Fraktionsbeiträgen geleistet, salvieren. Eine gerichtliche Kontrolle der Zweckbindung würde damit praktisch unmöglich.164 Daneben folgten aus den mutmaßlichen Werbemaßnahmen der Fraktionen auch Probleme für die begünstigten Parteien. Da Spenden im Sinne des Parteiengesetzes gemäß § 27 Abs. 1 S. 4 PartG auch „geldwerte Zuwendungen aller Art“165 sind, könnten solche Aktivitäten nämlich bereits als Fraktionsspende angesehen werden und damit unter das Spendenannahmeverbot des § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG fallen.166 Noch bedenklicher wäre vor diesem Hintergrund freilich eine direkte Querfinanzierung der Parteien mittels der Durchleitung nicht-staatlicher Einnahmen der Fraktionen. In diesem Fall böten nämlich die Kassen der Fraktionen, in denen die nicht-staatliche Einnahmen verwaltet werden, ein „Schlupfloch“ für die hinter den Fraktionen stehenden Parteien, um das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und die daraus resultierende öffentliche Rechnungslegungspflicht der Parteien zu umgehen. Die Fraktionen würden somit zu idealen „Spendenwaschanlagen“. Gesammelte Spenden und Beiträge könnten von der Fraktion in einem Betrag an die Parteien weitergegeben werden, ohne dass es zu einer weitergehenden Offenlegung der Herkunft käme. Der Sinn und Zweck des § 25 Abs. 3 PartG würde unterlaufen. Aus diesem Grunde werden jedenfalls direkte Fraktionsspenden aus
2005, S. 245 ff. Für künstlich herbeigeredet hält die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung hingegen Cancik, ZG 2007, 349 (360 ff.). Ihrer Ansicht nach liege die Ursache für die regelmäßig wiederholte Einstufung der Abgrenzungsfrage als schwierig in dem Nutzen, den die Fraktionen aus diesen Schwierigkeiten zögen. Denn der Fehler derjenigen, die sich mit Abgrenzung schwertäten oder sie fälschlich verkennten, sei nicht so groß, wenn diese Abgrenzung nur schwer zu treffen sei. Siehe ebenda, S. 361. 163 Ebenso Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (717); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 612. 164 Wie hier von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung ohne Kontrolle?, 1987, S. 40; derselbe, Finanzierung der Fraktionen, 1993, S. 25 f.; Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 181 f. 165 Siehe zur näheren Bestimmung dieser Wendung Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 27 Rn. 17. Ausführlich Krumbholz, Finanzierung und Rechnungslegung der politischen Parteien und deren Umfeld, 2010, S. 246 ff. 166 Siehe zu diesem Aspekt U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1323 ff.). Für die staatsfinanzierte parteiergreifende Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen gilt dies ohnehin. Dazu VG Berlin, Urt. v. 26. 11. 2004 – 2 A 146/03, NVwZ 2005, 1101 (1102); Braun/Benterbusch, ZParl 2002, 653 (660 in Fn. 33); Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 25 Rn. 23; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, 2009, § 27 Rn. 27; Schröder, NVwZ 2005, 1280 (1281).
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nicht-staatlichen Mitteln nach ganz herrschender und richtiger Meinung im Schrifttum167 von der Regelung des § 25 Abs. 2 Nr. 1 PartG erfasst. Nach alledem unterliegt die Verwendung der nicht-staatlichen Einnahmen der Fraktionen aus Fraktionsbeiträgen oder Zuwendungen Dritter aus guten Gründen denselben Bindungen wie die Verwendung der staatlichen Mittel. Nur auf diesem Wege lässt sich überhaupt erst eine klare Trennung zwischen Partei- und Fraktionsfinanzen verwirklichen und die Einhaltung des Verbots der Umwegfinanzierung der Parteien mithilfe der staatlichen Fraktionsmittel praktisch kontrollieren.168 (2) Fraktionsbeiträge als gegenleistungslose Zuwendungen verboten Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist es den Fraktionen des niedersächsischen Landtages rechtlich nicht möglich, den Abgeordneten gegenüber Gegenleistungen zu erbringen, die nicht bereits durch die staatlichen Mittel abgegolten sind. Demzufolge handelt es sich bei den Fraktionsbeiträgen um gegenleistungslose Zuwendungen der Abgeordneten, die in den Regelungsbereich des § 27 Abs. 2 NdsAbgG fallen. Da die Abgeordneten diese Beiträge auch im Sinne des § 27 Abs. 2 NdsAbgG „mit Rücksicht auf ihr Mandat“ leisten, sind Fraktionsbeiträge nach dieser Vorschrift verboten.169 Es erscheint vor diesem Hintergrund mehr als bedenklich, dass die niedersächsischen Landtagsfraktionen – wie oben170 ausgeführt – mehrheitlich Fraktionsbeiträge leisten. Die Fraktionen sind gemäß § 27 Abs. 4 S. 1 NdsAbgG dazu verpflichtet, die verbotenen Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen an das Land Niedersachsen abzuführen. Sie sind von dieser Pflicht auch nicht durch die gesetzliche 167 Siehe von Arnim, Das System, 2001, S. 102 mit Anm. 45; Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (717); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 612; Jochum, in: Ipsen (Hrsg.), ParteienG, 2008, § 25 Rn. 22; Kersten, in: derselbe/Rixen (Hrsg.), PartG, § 25 Rn. 67; Krumbholz, Finanzierung und Rechnungslegung der politischen Parteien und deren Umfeld, 2010, S. 74; Küstermann, Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs. 1 S. 4 GG und seine Ausgestaltung durch das Parteiengesetz, 2003, S. 147 f.; Lenz, NVwZ 2002, 769 (771); Morlok, NJW 2000, 761 (764 f.); U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1322 ff.); Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 116 ff. und 528. Anderer Ansicht sind an dieser Stelle vor allem die Bundestagsparteien und -fraktionen. Siehe hierzu etwa die Unterrichtung des Bundestagspräsidenten auf BT-Drucks. 14/4747, S. 25. 168 Um die Einhaltung der Zweckbindungen kontrollieren zu können, muss zudem die Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung deutlich verbessert werden. Siehe zu diesem Problem bereits oben unter § 3 A. II. 1. sowie unter § 3 A. III. 2. a). Zu diesbezüglichen Verbesserungsvorschlägen siehe unten unter § 3 B. IV. 3. c). 169 Ohne nähere Begründung interpretieren § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Fraktionsbeiträgen ebenfalls Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 168; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 653; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 194. Darüber hinaus entspricht diese Lesart des § 27 Abs. 2 NdsAbgG auch der Absicht des Gesetzgebers. Siehe dazu näher bereits oben unter § 2 A. IV. 3. a) cc). 170 Siehe zu den diesbezüglich vom Verfasser ermittelten Zahlen oben unter § 3 A. II. 3.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Fiktion des § 27 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG befreit, die bestimmte Zuwendungen von der Abführungspflicht ausnimmt. Denn diese Vorschrift umfasst, soweit sie überhaupt auf den Fall der Gewährung einer Zuwendung durch den Abgeordneten (§ 27 Abs. 2 NdsAbgG) anwendbar ist171, keine Geldzuwendungen. Der Präsident des Landtages muss demnach sein Recht aus § 27 Abs. 4 S. 3 NdsAbgG wahrnehmen und den Anspruch auf Abführung der verbotenen Zuwendungen im Namen des Landtages geltend machen. b) § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG als Verbot von Fraktionsbeiträgen Nachdem § 27 Abs. 2 NdsAbgG als Verbot von Mandatsträgerbeiträgen qualifiziert wurde, fragt sich nunmehr, ob Gleiches für § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG gilt. Auch diese Vorschrift spricht die Fraktionsbeiträge nicht explizit an, sodass erneut eine Auslegung des Gesetzeswortlauts erforderlich sein wird, und zwar unter Einbeziehung der verfassungsrechtlichen Grundlagen. In § 3 NWFraktG werden die staatlichen Geld- und Sachleistungen an die nordrhein-westfälischen Landtagsfraktionen geregelt. In § 3 Abs. 4 NWFraktG heißt es dazu: „Die Fraktionen dürfen die ihnen gewährten Leistungen nur für eigene Zwecke verwenden. Eine Verwendung für Parteiaufgaben ist unzulässig. Finanzielle Zuwendungen Dritter dürfen nicht angenommen werden.“
Die Fraktionsbeiträge könnten hier unter das Annahmeverbot des S. 3 fallen. Dies setzt freilich voraus, dass die Fraktionsbeiträge als „finanziellen Zuwendungen Dritter“ zu verstehen sind. aa) „Zuwendungen“ im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG Zuallererst müssten die Fraktionsbeiträge von dem Zuwendungsbegriff des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG erfasst sein. Wie bereits oben172 im Zusammenhang mit § 27 Abs. 2 NdsAbgG angesprochen, könnte die gesetzliche Formulierung „Zuwendung“ auch nur freiwillige Leistungen umfassen. Demzufolge würden die Fraktionsbeiträge, die auf Grundlage geschäftsordnungsrechtlicher Vorschriften oder einer individuellen Vereinbarung erhoben werden, nicht in den Regelungsbereich der Norm fallen. Ebenso wie bei § 27 Abs. 2 NdsAbgG spricht aber einiges dafür, dass es an dieser Stelle nicht darauf ankommt, ob die finanzielle Leistung aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung erfolgt oder nicht, sondern vielmehr darauf, ob der Leistung des Dritten eine wertangemessene Gegenleistung der Fraktion gegenübersteht. Denn unter Berücksichtigung der anderen beiden Sätze des § 3 Abs. 4 NWFraktG kann es nur Sinn und Zweck dieser Norm sein, die Alleinfinanzierung der Fraktionen 171 Siehe zur Anwendbarkeit des § 27 Abs. 4 S. 4 NdsAbgG auf den Fall des § 27 Abs. 2 NdsAbgG näher bereits oben unter § 2 A. IV. 3. a) bb). 172 Siehe oben unter § 2 A. IV. 3. a) aa).
A. Historische, empirische und rechtliche Grundlagen der Fraktionsbeiträge
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durch staatliche Mittel abzusichern. Während sich die ersten beiden Sätze der Ausgabeseite zuwenden und vorschreiben, dass die staatlicherseits gewährten Mittel nur für Fraktionszwecke verwendet werden dürfen, geht es im dritten Satz um die Einnahmeseite, die nicht durch private Zuwendungen erhöht werden soll. Mit der ersten Bestimmung soll verhindert werden, dass es zu – verfassungsrechtlich verbotenen173 – Querfinanzierungen insbesondere zugunsten der hinter den Fraktionen stehenden Parteien kommt und dass die staatlichen Leistungen an die Fraktionen zu diesem Zweck womöglich betragsmäßig erhöht werden. Mit der zweiten Bestimmung soll demgegenüber vermieden werden, dass es zu privat oder staatlich-privat gemischten Finanzierungen der Fraktionstätigkeiten kommt und dass sich eine Fraktion durch zusätzliche private Mittel Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen Fraktionen verschafft. Alles in allem ist es das Ziel der Norm, Partei- und Fraktionsfinanzierung strikt voneinander zu trennen. Dieser Befund wird gestützt durch die Begründung des Gesetzentwurfs174. Darin heißt es zu § 3 Abs. 4 NWFraktG: „Die Beschränkung der gewährten Zuwendungen nur für eigene Zwecke soll sicherstellen, dass es nicht zu einer unzulässigen verdeckten Parteienfinanzierung durch die im Landtag vertretenen Fraktionen kommt. Die Fraktionszuschüsse dienen ausschließlich der Finanzierung von Tätigkeiten und Aufgaben, die den Fraktionen nach der Verfassung, dem Fraktionsgesetz und der Geschäftsordnung obliegen (BVerfGE 80, 188/231). Da die Fraktionen – anders als die Parteien – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in vollem Umfang aus der Staatskasse finanziert werden dürfen, besteht für finanzielle Zuwendungen Dritter kein Raum.“
Der Gesetzgeber wollte demnach sicherstellen, dass die Fraktionen ihre Aufgaben mit staatlichen Mitteln, aber eben auch nur mit diesen Mitteln, finanzieren. Unter den vorgenannten Prämissen muss der Zuwendungsbegriff in § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG möglichst weit ausgelegt werden, damit er alle erdenklichen finanziellen Leistungen Dritter mit einbezieht. Ausgenommen werden dürften lediglich die Leistungen Dritter, die aus einer wertangemessenen Gegenleistung der Fraktion resultieren. Zu denken wäre hier insbesondere an Zinserträge, welche die Fraktion durch die Anlage ihrer Mittel erzielt. Sie sind unproblematisch. Dies dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht die Formulierung „Leistungen“ wählte, sondern den Begriff „Zuwendungen“. Mit Ausnahme dieser durch eine Gegenleistung der Fraktion begründeten Leistungen sind sämtliche finanziellen Leistungen Dritter unzulässig, gleichgültig ob sie auf einer rechtlichen Verpflichtung beruhen oder nicht. Bei einem rein formellen Normverständnis ließe sich im Übrigen das Annahmeverbot des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG leicht durch eine entsprechende „Zuwendungsverpflichtung“ umgehen. 173
Siehe grundlegend BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (231) und dazu näher bereits oben in Fn. 148. Zur Zweckbindung der Fraktionsmittel ausführlich auch oben unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 174 Siehe dazu LT-Drucks. 13/1766, S. 12.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Somit ist der Zuwendungsbegriff des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG genauso zu interpretieren wie der Zuwendungsbegriff des § 27 Abs. 2 NdsAbgG. In beiden Fällen werden gegenleistungslose oder wenigstens nicht gleichwertige Zuwendungen erfasst. Es wurde im Zusammenhang mit § 27 Abs. 2 NdsAbgG bereits festgestellt, dass Fraktionsbeiträge als gegenleistungslose Zuwendungen des Abgeordneten zu werten sind. Da beide Vorschriften denselben Zuwendungsbegriff verwenden und auch im Übrigen keine Unterschiede bestehen, kann zur Begründung dieser Wertung in vollem Umfang auf die obigen175 Ausführungen verwiesen werden. Es bleibt mithin festzuhalten, dass Fraktionsbeiträge als Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG einzustufen sind. bb) Zuwendungen „Dritter“ Darüber hinaus müsste es sich bei den Abgeordneten um „Dritte“ im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG handeln. Hiervon ist nicht ohne Weiteres auszugehen, weil die Abgeordneten immerhin Teil der Fraktion sind und in ihrer Gesamtheit die Fraktion darstellen. Unter „Dritten“ würde man in erster Linie Außenstehende erwarten, die nicht selbst am Betrieb der Fraktion teilnehmen. Stellt man allerdings darauf ab, dass § 3 NWFraktG ausschließlich die staatlichen Leistungen an die Fraktionen regelt und somit allein das Verhältnis zwischen der rechtlich eigenständigen Fraktion und dem Land betrifft, dann wäre der einzelne Abgeordnete im Vergleich zu diesem Verhältnis ebenso ein „Dritter“ wie jeder andere Außenstehende. Aus dieser Warte ist von der Einbeziehung der Fraktionsbeiträge in den Regelungsbereich der Norm auszugehen. cc) Fraktionsbeiträge vom Annahmeverbot erfasst Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen ist zu konstatieren, dass sich § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG zwar nicht speziell gegen Fraktionsbeiträge richtet, sondern allgemein gegen alle nicht-staatlichen gegenleistungslosen Zuwendungen an die Fraktionen. Allerdings werden damit unter anderem auch Fraktionsbeiträge vom Regelungsbereich der Norm erfasst. Denn diesen Beiträgen der Abgeordneten stehen keine wertangemessenen Gegenleistungen der Fraktionen gegenüber. Da die Fraktionen die Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen nur zweckgebunden für ihre verfassungsrechtlich gebotenen Gemeinwohlaufgaben verwenden dürfen, besteht für weitergehende Gegenleistungen gegenüber den Abgeordneten kein Raum. Es handelt sich daher bei den Fraktionsbeiträgen um gegenleistungslose Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG. Weil die Abgeordneten zudem „Dritte“ im Sinne des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG sind, dürfen diese Beiträge von den nordrheinwestfälischen Landtagsfraktionen nicht angenommen werden.
175
Siehe oben unter § 3 A. III. 3. a) bb).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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Ungeachtet dieser Vorschrift vereinnahmen zumindest einige Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag Fraktionsbeiträge. Die CDU-Landtagsfraktion und die Landtagsfraktion Die Grünen haben im Rahmen der Umfrage176 des Verfassers ausdrücklich erklärt, dass derartige Beiträge geleistet würden. Darüber hinaus hat die Landtagsfraktion der SPD – wie oben177 erwähnt – in ihrer Geschäftsordnung eine entsprechende rechtliche Grundlage geschaffen. Es ist daher zu vermuten, dass auch diese Fraktion einen Fraktionsbeitrag erhebt. Für sämtliche Landtagsfraktionen wird die Beitragserhebung dadurch begünstigt, dass das nordrhein-westfälische Fraktionsgesetz keine Handhabe gegen verbotene Zuwendungen bietet. Anders als in Niedersachsen, wo der Landtagspräsident stellvertretend für den Landtag verbotene Zuwendungen gemäß § 27 Abs. 4 S. 1 und 3 NdsAbgG herausverlangen muss, hält das Fraktionsgesetz keine Norm bereit, nach welcher der Empfang verbotener Zuwendungen sanktioniert werden könnte. c) Fazit Es zeigt sich somit, dass zumindest für die Landtagsfraktionen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ein gesetzliches Verbot für die Zahlung bzw. Annahme von Fraktionsbeiträgen besteht. Die entsprechenden Vorschriften könnten jedoch noch eindeutiger formuliert werden. Außerdem müsste vor allem das nordrhein-westfälische Fraktionsgesetz um eine Sanktionsnorm für den Fall der Nichteinhaltung ergänzt werden, damit die Verbotsnorm nicht wirkungslos bleibt. Schließlich sind die Normadressaten dazu aufgefordert, die Verbotsnormen auch praktisch einzuhalten bzw. durchzusetzen.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge Eine Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Fraktionsbeiträge muss auf der einen Seite den verfassungsrechtlichen Status des einzelnen Abgeordneten berücksichtigen. Auf der anderen Seite muss die Position der Fraktionen im Verfassungsgefüge einbezogen werden, die ihrerseits aus dem Status der einzelnen in einer Fraktion zusammengeschlossenen Abgeordneten abgeleitet wird. Die Rechte und Pflichten des einzelnen Abgeordneten müssen dabei mit den Erweiterungen und Beschränkungen, die sich aus der Assoziation der Abgeordneten naturgemäß ergeben, zum Ausgleich gebracht werden.
176 177
Siehe zu dieser Umfrage näher oben unter § 3 A. II. 3. Siehe dazu näher oben unter § 3 A. III. 2. b).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
I. Stand der Diskussion Im Schrifttum finden sich nur wenige ausführliche Äußerungen zur Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge. Meistens werden die Fraktionsbeiträge eher beiläufig in einem Atemzug mit den Mandatsträgerbeiträgen genannt und beurteilt, oder aber die Argumente für oder gegen die Mandatsträgerbeiträge178 werden auf das Problem der Fraktionsbeiträge transferiert. 1. Streitstand in der Literatur Ein Teil der Literatur ist der Ansicht, dass die Fraktionsbeiträge verfassungswidrig oder zumindest verfassungsrechtlich bedenklich sind. Es wird dabei zunächst einmal auf einen Verstoß gegen Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG abgestellt. Die Abgeordnetenentschädigung diene ausschließlich zur Absicherung einer die Unabhängigkeit des Abgeordneten garantierenden, ausreichenden Existenzgrundlage des Abgeordneten und seiner Familie.179 Das Gebot der angemessenen Entschädigung sei daher verletzt, wenn durch die Fraktionsbeiträge die Diäten empfindlich geschmälert würden und somit die finanzielle Unabhängigkeit der Abgeordneten gefährdet werde.180 Die für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehende Summe schrumpfe infolge der Belastungen unter Umständen so beträchtlich, dass die unzureichend gewordene Alimentation Abgeordnete in die Zwangslage versetze, sich entweder nach anderen Einnahmequellen zur Aufbesserung ihrer Mandatsbezüge umzusehen oder aber die Fraktionsbeiträge – entgegen den Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts – bei der Ermittlung der Höhe der Diäten zu berücksichtigen.181 Jedenfalls liefen diese Beiträge dem unabhängigkeits- und unterhaltssichernden Zweck der Abgeordnetenentschädigung zuwider.182 Außerdem könnten Fraktionsbeiträge, Mandatsträgerabgaben und andere, nicht aus der Amtsausstattung bezahlte Wahlkampfkosten und Repräsentationsaufgaben in der Summe dazu beitragen, den ökonomischen Anreiz zur Annahme eines parlamentarischen Mandates zu mindern und dadurch langfristig die Zahl der für die parlamentarische Tätigkeit besonders qualifizierten Bewerber zu reduzieren.183 Des Weiteren wird ein Verstoß gegen das freie Mandat festgestellt, sofern die Fraktionsbeiträge nicht freiwillig, sondern aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung geleistet werden. Eine vom Abgeordneten eingegangene Verpflichtung zur Abgabe 178 Siehe zum Streitstand bezüglich der Zulässigkeit der Mandatsträgerbeiträge oben unter § 2 B. I. 2. 179 Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243); derselbe, MIP 1995, 87 (112 f.). 180 Klatt, ZParl 1976, 61 (64). 181 Klatt, ZParl 1976, 61 (64). Die Einrechnung der Fraktionsbeiträge in die Diäten nimmt ebenso an Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255. 182 Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (64). 183 Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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des Fraktionsbeitrages könne für ihn nicht bindend sein, da sie im engen Zusammenhang mit seiner Mandatsausübung, d. h. seiner parlamentarischen Einflussmöglichkeit als Fraktionsmitglied, stünde. Die durch das freie Mandat begründete Unabhängigkeit des Abgeordneten gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bedeute nämlich das Verbot, die Ausübung des parlamentarischen Mandats an Verpflichtungen zu koppeln, die außerhalb des Entscheidungsprozesses lägen, sowie deren rechtliche Unverbindlichkeit und Nichtigkeit.184 Doch trotz dieser Unverbindlichkeit wird die Freiwilligkeit der Fraktionsbeiträge angesichts der politischen Druckmittel, über die die Fraktionen verfügen, wie etwa die Abwahl oder Nichtwiederwahl im Hinblick auf Fraktionsämter oder die Erschwerung oder Verweigerung einer erneuten Kandidatur, in Zweifel gezogen.185 Der andere Teil der Literatur will sich den vorgetragenen Bedenken nicht anschließen. Zwar dürften die Fraktionsbeiträge ebenso wie die Mandatsträgerbeiträge bei der Bemessung der Diäten nicht berücksichtigt werden. Daraus könne aber nicht abgeleitet werden, dass es dem Abgeordneten verwehrt sei, aus seiner Abgeordnetenentschädigung, erst recht aus seinem sonstigen Einkommen und Vermögen, Beiträge an die von ihm unterstützte Partei oder Fraktion zu leisten.186 Die Abgeordnetenentschädigung gehe ab dem Zeitpunkt der Auszahlung in das Eigentum des Abgeordneten über. Dann handele es sich um ungebundene Privatmittel, über die der Abgeordnete frei verfügen könne.187 Er sei daher nicht daran gehindert, der Erhebung eines Fraktionsbeitrages zuzustimmen und diesen in der Folgezeit an die Fraktion abzuführen.188 Aus dem Teil seines Privatvermögens, der nicht aus den Diäten stamme, könne der Abgeordnete seine Fraktion ohnehin unterstützen. Denn es lasse sich nicht aus der Verfassung entnehmen, dass sich die Fraktionen ausschließlich aus staatlichen Mitteln finanzieren müssen.189 Ferner werde auch die Unabhängigkeit des Abgeordneten durch die Erhebung der Beiträge nicht berührt, da hierdurch kein Einfluss auf die Entscheidungen des Ab184 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 192. 185 Siehe dazu Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 168; Klatt, ZParl 1976, 61 (63 f.); Kohler, Politikfinanzierung, 2010, S. 48 und 334; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 193. 186 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a. Ähnlich Henkel, DÖV 1975, 819 (821). 187 Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 152; Henkel, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Klein, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Welti, DÖV 2001, 705 (711). 188 Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 152 f.; Henkel, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655. 189 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
geordneten im Parlament ausgeübt werde.190 Es beeinträchtige das freie Mandat des Abgeordneten nicht, wenn er eine freie Entscheidung fälle und sich verpflichte, einen Fraktionsbeitrag zu entrichten.191 Der Abgeordnete habe sich seiner Fraktion freiwillig angeschlossen. Wenn die Fraktion einen Beitrag festlege, so beruhe das auf einer demokratischen Entscheidung, an der der Abgeordnete mitgewirkt habe, zumindest aber habe mitwirken können.192 Außerdem erfolge auch die Zahlung der Beiträge freiwillig, weil sie rechtlich nicht erzwungen werden könne.193 Der Abgeordnete könne sogar die Zahlung verweigern, ohne dass dies einen Grund für den Ausschluss aus der Fraktion bilden könne.194 Die den Fraktionen im Übrigen zur Verfügung stehenden Druckmittel seien zulässiger Ausdruck des Spannungsverhältnisses von freiem Mandat und Parteienrecht.195 Die Grenze zur Verfassungswidrigkeit sehen einige Vertreter allerdings dann als überschritten an, wenn die Fraktionsbeiträge eine Höhe erreichten, welche den Abgeordneten jener Unabhängigkeit beraube, zu deren Sicherung die Entschädigung bestimmt sei.196 Teilweise wird es auch für unzulässig erachtet, wenn die Fraktionsbeiträge direkt von den Parlamentsverwaltungen an die Fraktionen gezahlt werden. Als freiwillig geleistet könnten die Beiträge nämlich nur dann angesehen werden, wenn die Diäten zunächst in voller Höhe an die Abgeordneten ausgezahlt würden und die Abgeordneten die Beiträge dann selbst anwiesen.197
190
Henkel, DÖV 1977, 350 (355). Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Kretschmer, Fraktionen, 2. Aufl., 1992, S. 168. 192 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655. 193 Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 153. Auf die Freiwilligkeit der Fraktionsbeiträge stellt auch ab Welti, DÖV 2001, 705 (711). 194 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 195 Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 153. 196 Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Als Anhaltspunkt für die schwer bestimmbare Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Sonderbeiträgen führt Joachim Henkel die Regelung des § 31 S. 3 AbgG ins Feld, nach welcher der Anspruch auf Abgeordnetenentschädigung nach § 11 AbgG nur bis zur Hälfte übertragbar ist. Siehe Henkel, DÖV 1977, 350 (355). Ihm folgend Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. Ähnlich auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 197 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657. 191
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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2. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat sich bislang noch nicht mit der Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge befasst. In zwei – oben198 bereits ausführlich dargestellten – Entscheidungen wurden die Leistungen der Abgeordneten an ihre Fraktionen allerdings in die Erwägungen des Gerichts mit einbezogen, und zwar im Diätenurteil199 vom 5. November 1975 und in dem Kammerbeschluss200 vom 19. Mai 1982. Im Diätenurteil definierte der Zweite Senat die Maßgaben des Art. 48 Abs. 3 GG neu, indem es den Wandel der Abgeordnetenentschädigung von einer Aufwandsentschädigung zu einer Vollalimentation postulierte.201 Zur Bemessung dieser Alimentation führte der Senat aus, dass sie allein die wirtschaftliche Absicherung des Abgeordneten und seiner Familie gewährleisten solle und nicht etwa die Unterstützung seiner Partei oder Fraktion. Anderen Zwecken als dem der Unterhaltssicherung, beispielsweise einer Mitfinanzierung der Fraktion oder politischen Partei oder der Beteiligung an Wahlkosten, habe die Entschädigung nicht zu dienen.202 Mit dieser Formulierung wollte das Gericht den Abgeordneten jedoch nicht vorschreiben, dass sie ihre Diäten nicht zugunsten ihrer Partei oder Fraktion verwenden dürfen. Vielmehr wollte das Gericht dem Gesetzgeber an dieser Stelle nur Maßgaben für die Bemessung der Höhe der Diäten an die Hand geben. Bei der Berechnung des Bedarfs eines Abgeordneten sollen seine Abgaben an seine Partei oder Fraktion nicht mit eingerechnet werden. Für ein derartiges Verständnis des Diätenurteils sprechen zumindest die Ausführungen des Gerichts im Kammerbeschluss vom 19. Mai 1982. In diesem Beschluss betonte die Kammer des Zweiten Senats, dass Leistungen des Abgeordneten an die Fraktion, eine politische Partei oder zur Finanzierung des Wahlkampfes für die Bemessung der Entschädigung nicht zu berücksichtigen seien. Daraus folge jedoch nicht, dass es dem Abgeordneten, der eine nach diesen Grundsätzen bemessene Entschädigung erhalte, verwehrt sei, aus diesen Mitteln Beiträge oder Spenden an die von ihm unterstützte Partei oder Fraktion zu leisten. Zwar erfolge die Entschädigung aus öffentlichen Mitteln, sie gehe jedoch mit ihrer Leistung in die private Verfügungsgewalt eines jeden Abgeordneten über. Sein Beitrag an die Fraktion erfolge daher aus diesen seinen ungebundenen, privaten Finanzmitteln.203 Darüber hinaus ließ die Kammer in diesem Beschluss Wahlwerbemaßnahmen einer Parlamentsfraktion unbeanstandet, soweit diese unter Einsatz von nicht-staatlichen Einnahmen
198
Siehe unter § 2 B. I. 1. a) und b). BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 = NJW 1975, 2331. 200 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 = DÖV 1983, 153. 201 Siehe dazu BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (312 ff.) = NJW 1975, 2331. 202 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (316) = NJW 1975, 2331. 203 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. 199
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
der Fraktionen aus Beiträgen von Abgeordneten finanziert würden.204 Diese Feststellung lässt für sich genommen schon den Schluss zu, dass die Kammer keine Bedenken bezüglich der Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge hat.
II. Verfassungsrechtliche Maßstäbe Die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für die Überprüfung der Fraktionsbeiträge unterscheiden sich gegenüber den Maßstäben205 für die Überprüfung der Mandatsträgerbeiträge insoweit, als die Fraktionen sich nicht auf Art. 21 GG berufen können. Ihre Rechte werden vielmehr aus dem freien Mandat ihrer Mitglieder hergeleitet. Dies gilt sowohl für die Bundes- als auch für die Landesebene. 1. Maßstab auf Bundesebene Zugunsten der Bundestagsabgeordneten sind an dieser Stelle wiederum das freie Mandat (Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG) und das Gebot der angemessenen Entschädigung (Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG) zu berücksichtigen. Die auf der anderen Seite zu beachtenden Rechte der Fraktionen lassen sich hingegen nicht unmittelbar aus dem Grundgesetz herleiten. Die Fraktionen werden im Grundgesetz nur an ganz entlegener Stelle und in einem speziellen Zusammenhang erwähnt, nämlich in Art. 53a Abs. 1 S. 2 GG. Die Rechte der Fraktionen müssen demnach verfassungsrechtlich als zusammen wahrgenommene Rechte derjenigen Abgeordneten eingeordnet werden, die in den Fraktionen zusammengeschlossenen sind.206 Abzustellen ist insoweit ebenfalls auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG.207 204 BVerfG, Beschl. v. 19. 5. 1982 – 2 BvR 630/81, NVwZ 1982, 613 (614) = DÖV 1983, 153. Zur berechtigten Kritik des Schrifttums speziell an dieser Passage des Beschlusses siehe näher bereits oben unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 205 Siehe dazu oben unter § 2 B. II. 206 Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 119. 207 Der verfassungsrechtliche Status der Fraktionen ist nahezu unumstritten. Etwas anderes gilt für dessen verfassungsrechtliche Verortung. Das Bundesverfassungsgericht stellt hierbei teilweise auf Art. 21 Abs. 1 GG (BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1959 – 2 BvE 2/58 und 2 BvE 3/58, BVerfGE 10, 4 [14]; BVerfG, Beschl. v. 14. 12. 1976 – 2 BvR 802/75, BVerfGE 43, 142 [148]; BVerfG, Urt. v. 14. 1. 1986 – 2 BvE 14/83 und 2 BvE 4/84, BVerfGE 70, 324 [350]; BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1991 – 2 BvE 1/91, BVerfGE 84, 304 [324]) und teilweise auf Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG (BVerfG, Urt. v. 14. 1. 1986 – 2 BvE 14/83 und 2 BvE 4/84, BVerfGE 70, 324 [363]; BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 [220]; BVerfG, Urt. v. 16. 7. 1991 – 2 BvE 1/91, BVerfGE 84, 304 [317 f. und 322]) ab. In der Literatur ist das Spektrum der Ansichten noch breiter. Es reicht von einer Verankerung in Art. 38 Abs. 1 S. 2, Art. 21 Abs. 1 oder Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG allein über unterschiedlich stark gewichtete Kombinationen dieser Verfassungsnormen bis hin zu einem Verfassungsrecht sui generis. Vgl. hierzu den Überblick bei Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 237 ff. Siehe zur alleinigen bzw. vornehmlichen Herleitung aus Art. 38 Abs. 1 GG Arndt/Schweitzer, ZParl 1976, 71 (78);
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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2. Maßstäbe auf Landesebene Für die Landesebene gilt grundsätzlich nichts anderes. Es wurde bereits erörtert, dass die Landesverfassungen sowohl das freie Mandat208 als auch das Recht auf eine angemessenen Entschädigung209 in ganz ähnlicher Weise gewährleisten wie das Grundgesetz. Infrage steht, ob die Landesverfassungen konkretere Vorschriften über die Rechte und Pflichten der Fraktionen bereithalten. Dies ist wenigstens für die Mehrzahl der Verfassungen zu bejahen.210 Allerdings betreffen die Regelungen jeweils fast ausschließlich das Handeln der Fraktionen nach außen im Parlament und seinen Gremien. Nur vereinzelt finden sich Vorschriften zum Binnenrecht der Fraktionen, die zudem allesamt nur Pflichten der Fraktionen begründen.211 Soweit nachfolgend die Rechte der Fraktionen im Verhältnis zu ihren Mitgliedern in BeBadura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 89 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 42; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 112 f.; Demmler, Der Abgeordnete im Parlament der Fraktionen, 1993, S. 269 f.; Haberland, Die verfassungsrechtliche Bedeutung der Opposition nach dem Grundgesetz, 1995, S. 67 f.; Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 244 f.; Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (263); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 253; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 176; derselbe, DVBl. 1991, 998 (999); derselbe, NJW 1995, 29 (30); Pieroth, in: Jarass/ derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 35; Scherer, AöR 112 (1987), 189 (200 f.); SchmidtJortzig/Hansen, NVwZ 1994, 1145 (1147); Umbach, in: Fürst/ Herzog/derselbe (Hrsg.), Festschrift für Wolfgang Zeidler, Bd. 2, 1987, S. 1235 (1256). Zur (hauptsächlichen) Verortung in Art. 21 Abs. 1 GG siehe Borchert, AöR 102 (1977), 210 (223); Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 59 ff.; Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 165; Röper, ZParl 1984, 7 (11 ff.); von Seysenegg, Die Fraktionen im Bundestag und ihre verfassungsrechtliche Stellung, 1971, S. 124 ff.; Zeh, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 52 Rn. 6. Zur Herleitung aus Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG siehe Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 171; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 151. Zur Legitimation der Fraktionen durch das Prinzip der Funktionsfähigkeit der Parlamente siehe G. C. Schneider, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe, 1997, S. 54 ff. 208 Zu den Parallelvorschriften in den Landesverfassungen und deren geringfügige Abweichungen von Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG siehe im Einzelnen oben unter § 2 B. II. 2. a). 209 Zu den Parallelvorschriften in den Landesverfassungen und deren partiellen Abweichungen von Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG siehe näher oben unter § 2 B. II. 2. b). 210 Vgl. etwa Art. 16a Abs. 2 BayVerf; Art. 40 Abs. 2, 41 Abs. 2 und 44 Abs. 2 und 3 BerlVerf; Art. 67, 69 Abs. 1, 70 Abs. 2 und 73 BbgVerf; Art. 78 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 2 BremVerf; Art. 25 Abs. 2 und 3, Art. 26 Abs. 2 und 3 und Art. 34 Abs. 2 MVVerf; Art. 19 Abs. 2 NdsVerf; Art. 85a Abs. 2 und 3, 86, 91 Abs. 1 und 130 Abs. 1 RPVerf; Art. 98 und 101 Abs. 3 SLVerf; Art. 52 Abs. 2 S. 1 SächsVerf; Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 2 SachsAnhVerf; Art. 12 Abs. 1, 18 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 2 SHVerf; Art. 59 Abs. 2, 60 Abs. 2 und 80 Abs. 1 Nr. 4 THVerf. 211 Siehe Art. 67 Abs. 2 BbgVerf und Art. 77 Abs. 3 BremVerf, die Fraktionszwang für unzulässig erklären, sowie Art. 85a Abs. 2 RPVerf, wonach die innere Organisation und Arbeitsweise der Fraktionen den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie entsprechen muss.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
tracht kommen, wird demnach auf Landesebene gleichermaßen auf das freie Mandat abzustellen sein.
III. Vereinbarkeit der Fraktionsbeiträge mit dem Grundgesetz Die Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge kann allein auf Grundlage ihrer Vereinbarkeit mit Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG bewertet werden. Die Ergebnisse sind jeweils auf die Landesebene übertragbar, da die maßgeblichen Normen – wie eben erwähnt – auf Landesebene nahezu identisch sind. Soweit sich für die Landtagsabgeordneten aufgrund landesverfassungsrechtlicher Vorgaben Besonderheiten ergeben, wird darauf hinzuweisen sein. 1. Vereinbarkeit mit dem freien Mandat des Abgeordneten Anders als die Mandatsträgerbeiträge werden die Fraktionsbeiträge parlamentsintern erhoben; Zahlender und Zahlungsempfänger handeln innerhalb des Parlaments. Da der Abgeordnete bei seiner Tätigkeit im Parlament vielfach auf seine Fraktion angewiesen ist, können eventuelle Sanktionen der Fraktion, die aus der Nichtleistung der Fraktionsbeiträge resultieren, die Mandatstätigkeit konkret beeinträchtigen. Aus diesem Grunde ist eine potentielle Verletzung des freien Mandats hier von vornherein naheliegender als bei den Mandatsträgerbeiträgen212. In jedem Fall macht dieser Umstand eine differente Bewertung erforderlich. a) Schutzwirkungen des freien Mandats Wie oben213 bereits umfassend dargestellt, hat das freie Mandat des Abgeordneten den Zweck, das Mandat unabhängig von der konkreten Ausübung durch seinen Inhaber zu erhalten. Es richtet sich gezielt gegen alle staatlichen oder privaten Maßnahmen, die den Bestand und die Dauer des Mandats beeinträchtigen und inhaltliche Bindungen der Mandatsausübung herbeiführen oder sanktionieren.214 Die Abgeordneten können im Hinblick auf ihre Mandatsausübung von niemandem 212 Zur Vereinbarkeit der Mandatsträgerbeiträge mit dem freien Mandat siehe ausführlich oben unter § 2 B. III. 1. 213 Siehe unter § 2 B. III. 1. a) und b). 214 Siehe hierzu und zum Folgenden Pieroth, in: Jarass/derselbe, GG, 11. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 27. Außerdem Badura, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 15; Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 88 ff.; derselbe, NdsVBl. 2005, 169 (170); Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 61; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 20 und 39 (Stand der Bearbeitung: August 2002); Wefelmeier, Repräsentation und Abgeordnetenmandat, 1991, S. 164.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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rechtlich gebunden werden. So sind beispielsweise Weisungen ihrer Parteigremien, Mehrheitsbeschlüsse ihrer Fraktion oder Absprachen mit Verbänden oder Interessengruppen über die konkrete Mandatsausübung für die Abgeordneten nicht rechtsverbindlich. Ferner sind faktische Bindungen unzulässig, sofern sie die selbstverantwortliche und unabhängige Parlamentstätigkeit des Abgeordneten beeinträchtigen können. Zu beachten ist dabei jeweils, dass sich die Schutzwirkung des freien Mandats nur auf die parlamentarische Tätigkeit des Abgeordneten erstreckt, also die Tätigkeit im Plenum, in den Ausschüssen und in den sonstigen parlamentarischen Gremien einschließlich der Fraktionen.215 Letzteres streitet dafür, dass die Mandatsträgerbeiträge der Abgeordneten keinen Verstoß gegen das freie Mandat darstellen.216 Der Geldfluss, der durch diese Beiträge erzeugt wird, findet nicht parlamentsintern statt. Bei den Beiträgen an die außerhalb des Parlaments stehenden, in der Gesellschaft angesiedelten Parteien sind keine unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Mandatsausübung ersichtlich. Für die Fraktionsbeiträge gilt zwangsläufig etwas anderes. Denn Abgeordnete und der organisierte Zusammenschluss der Abgeordneten zu Fraktionen, also Zahlender und Zahlungsempfänger, agieren beide im Parlamentsinnenraum. Die Zahlung der Fraktionsbeiträge ist daher als Teil der Mandatsausübung anzusehen. Es kommt hinzu, dass Folgewirkungen der Zahlung bzw. Nichtzahlung der Beiträge im parlamentarischen Bereich denkbar sind. Die Fraktionen können als Gliederungen des Parlaments, die mit eigenen Rechten ausgestattet sind, Einfluss nehmen auf den formalen und inhaltlichen Geschäftsgang des Parlaments. Infolgedessen besteht die Möglichkeit, dass die Fraktionen aus der Zahlung bzw. Nichtzahlung der Fraktionsbeiträge positive bzw. negative Konsequenzen für den einzelnen Abgeordneten ziehen, die sich auf die konkrete Mandatsausübung auswirken. Um derartige Szenarien von vornherein auszuschließen, müssten neben den Fraktionsbeiträgen aber sämtliche intrafraktionellen Regelungen durch Fraktionsgeschäftsordnungen oder Fraktionsbeschlüsse unterbunden werden. Nur dann könnte der Abgeordnete vollkommen frei entscheiden, ohne dabei mögliche Konsequenzen seines abweichenden Verhaltens für seine parlamentarische Tätigkeit befürchten zu müssen. Abgesehen von den Konsequenzen binden intrafraktionelle Regelungen den Abgeordneten mindestens insoweit, als er ein abweichendes Verhalten rechtfertigen muss und sei es auch nur vor seinem Gewissen. Demzufolge müssten auch explizit sanktionslose Regelungen verboten werden, um die Freiheit des Abgeordneten ausnahmslos zu gewährleisten. Ein Verbot sämtlicher Regelungen 215 Siehe zu diesem Aspekt Achterberg/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 38 Rn. 45; Badura, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 54 f. und 85 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); derselbe, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 20; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 176 ff.; Klein, in: Maunz/ Dürig, GG, Art. 38 Rn. 196 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 146. 216 Dazu oben unter § 2 B. III. 1. b).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
im Fraktionsbinnenbereich verkennte allerdings, dass der Zusammenschluss der Abgeordneten zu Fraktionen nicht nur von der Verfassung sondern auch von allen Beteiligten gewollt ist und daher gleichermaßen einen institutionell verkörperten Ausfluss des freien Mandats darstellt. Die Rechte der Fraktionen würden in der Abwägung mit dem freien Mandat zu stark zurückgedrängt. Die Organisation in Fraktionen macht nur dann Sinn, wenn daraus zumindest minimale Bindungen hervorgehen.217 Lediglich die Qualität dieser Bindungen ist zu diskutieren. Sie hängt entscheidend davon ab, wie weit der Schutzbereich des freien Mandats reicht oder andersherum inwieweit die Verfassung eine Einschränkung des freien Mandats durch Fraktionsbinnenrecht zulässt. b) Fraktionsbinnenrecht als Grenze des freien Mandats Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Einschränkungen des freien Mandats durch intrafraktionelle Regelungen ist im Allgemeinen danach zu beurteilen, ob es sich dabei um einen unzulässigen Fraktionszwang handelt oder um eine zulässige Fraktionsdisziplin. Umgekehrt ergibt sich aus dieser Abgrenzung ebenfalls die Rechtsqualität des zulässigen Fraktionsbinnenrechts. Vor diesem Hintergrund sind die aktuellen Regelungen betreffend die Fraktionsbeiträge – bei richtigem Verständnis – nicht als verfassungswidrig zu beanstanden. aa) Unzulässiger Fraktionszwang und zulässige Fraktionsdisziplin Nach der im Schrifttum218 überwiegend vertretenen Meinung ist eine Einschränkung des freien Mandats durch Regelung der Fraktion zulässig, soweit diese 217
Ähnlich Kasten, ZParl 1985, 475 (479); Moecke, DÖV 1966, 162 (164 f.); H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 51 (Stand der Bearbeitung: August 2002); Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 170 f.; Stevens, Die Rechtsstellung der Bundestagsfraktionen, 2000, S. 180 f.; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 89. 218 Siehe dazu Abmeier, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, 1984, S. 51 f.; Badura, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 21; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 91 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); M. Becker, ZParl 1984, 24 (25); Butzer, in: Epping/Hillgruber (Hrsg.), GG, 2009, Art. 38 Rn. 92; Forsthoff, in: derselbe/Loewenstein, Die politischen Parteien im Verfassungsrecht, 1950, S. 5 (21); Hamm-Brücher, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 22 Rn. 31; Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 71 f. und 202 ff.; Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 136 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 438 ff.; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 153 ff.; derselbe, ZParl 1985, 475 (483 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 203 ff. (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Kretschmer, in: SchmidtBleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 81 ff.; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 61 ff.; Magiera, in: Sachs (Hrsg.), GG, 6. Aufl., 2011, Art. 38 Rn. 50; Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht,
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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auf die Herstellung einer Fraktionsdisziplin hinwirkt. Verboten ist demgegenüber die Ausübung von Fraktionszwang. Der Begriff des Fraktionszwangs wird dabei von Vertretern der herrschenden Meinung nicht einheitlich definiert. Es wird mindestens verlangt, dass es sich um eine dem Abgeordneten von der Fraktion auferlegte Verpflichtung oder anderweitige Erzwingung der Ausübung des Mandats in einer bestimmten Weise handelt. Darüber hinaus ist es jedoch umstritten, ob der Fraktionszwang zusätzlich die Androhung oder Anwendung von Sanktionen für den Fall des Nichtbefolgens voraussetzt.219 Gegen das zusätzliche Erfordernis der Sanktionsandrohung lässt sich anführen, dass auch ohne die konkrete Androhung eines Sanktionsmittels allein durch die Erteilung einer entsprechenden Verpflichtung an den Abgeordneten bei ihm die Furcht entstehen kann, im Falle des Nichtbefolgens Unbilligkeiten in Kauf nehmen zu müssen, wie z. B. die Entziehung der Sprecherfunktion für ein bestimmtes Sachgebiet oder der Rückruf aus einem Ausschuss.220 Für die Voraussetzung der Sanktionsandrohung spricht, dass von einem „Zwang“ nur dann gesprochen werden kann, wenn mit der Nichteinhaltung der Verpflichtung die Verwirklichung einer Sanktion einhergeht.221 Wer zu einer Handlung gezwungen ist, sieht sich einer Sanktion ausgesetzt, wenn er die Handlung unterlässt. Wer hingegen etwas tun kann, ohne eine nachteilige Folge befürchten zu müssen, die ihn wegen seines Tuns trifft, steht nicht unter Zwang, sondern handelt freiwillig.222 Die bloße Verpflichtung eines Abgeordneten, den Instruktionen der Fraktion bei der Ausübung seiner parlamentarischen Tätigkeit zu folgen, kann demnach schon se1990, S. 260 ff.; Morlok, in: Dreier (Hrsg.), GG, Bd. II, 2. Aufl., 2006, Art. 38 Rn. 188; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 51 f. (Stand der Bearbeitung: August 2002); Schütt-Wetschky, Grundtypen parlamentarischer Demokratie, 1984, S. 167 ff.; derselbe, in: Haungs/Jesse (Hrsg.), Parteien in der Krise, 1987, S. 237 ff.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 1075 f.; Trute, in: von Münch/Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 1, 6. Aufl., 2012, Art. 38 Rn. 89; Zeh, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 52 Rn. 15. Anderer Ansicht sind insbesondere Achterberg, Parlamentsrecht, 1984, S. 218 f.; derselbe/Schulte, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, Bd. 2, 6. Aufl., 2010, Art. 38 Rn. 41. 219 Für Sanktionen als zwingende Voraussetzung plädieren etwa Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 449 ff.; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 165 f.; derselbe, ZParl 1985, 475 (483); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 216 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 263; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, S. 1075. Die dem Abgeordneten von der Fraktion mit Bindungsanspruch auferlegte Verpflichtung zu einer bestimmten Mandatsausübung halten hingegen bereits für unzulässigen Fraktionszwang Badura, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 15 Rn. 21; derselbe, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 38 Rn. 91 (Stand der Bearbeitung: Februar 2008); M. Becker, ZParl 1984, 24 (25); HammBrücher, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 22 Rn. 31; H.-P. Schneider, in: Alternativkommentar zum GG, 3. Aufl., 2001, Art. 38 Rn. 51 (Stand der Bearbeitung: August 2002). 220 So Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 63. 221 Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 263. 222 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 449.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
mantisch nicht als Zwang verstanden werden.223 Mithin ist das Inaussichtstellen einer Sanktion für den Fall des Nichtbefolgens notwendige Bedingung eines Fraktionszwangs. Die allgemeine Befürchtung des Abgeordneten, bei permanentem Abweichen von Fraktionsregelungen auch ohne vorherige Androhung mit Sanktionen rechnen zu müssen, ist im Interesse der Funktionsfähigkeit der Fraktionen hinzunehmen. Den Fraktionen kann angesichts ihrer Aufgabe, den parlamentarischen Willensbildungsprozess zu steuern, nicht zugemutet werden, intern überhaupt keine Regelungen vorzunehmen. Dementsprechend wird die verfassungsrechtlich zulässige Fraktionsdisziplin definiert als das Bestreben der Fraktionen, ein einheitliches Agieren in der politischen Arbeit durch vorbereitende intrafraktionelle Willensbildung zu erreichen, ohne dem Abgeordneten im Konfliktfall die Freiheit zum abweichenden Verhalten zu nehmen.224 Die Fraktionsdisziplin dient dem Ziel, die Leistungsfähigkeit der Fraktion in der Sache und die Geschlossenheit in ihrer Vertretung im parlamentarischen Wettbewerb zu gewährleisten.225 Sie beruht nicht auf Rechtszwang, sondern sie ist eine selbstauferlegte, mithin dem Grundsatz des freien Mandats entsprechende Bedingung parlamentarischer Wirksamkeit und damit eigener Aufgabenerfüllung des Abgeordneten.226 Wenn der einzelne Abgeordnete politisch Einfluss ausüben will, bedarf er der Unterstützung seiner Fraktion.227 Im Gegenzug erwartet die Fraktion ihrerseits von ihren Mitgliedern die solidarische Unterstützung der nach einem offenen Meinungsbildungsprozess zustande gekommenen Entscheidungen.228 Die Fraktionsdisziplin lässt sich verfassungsrechtlich rechtfertigen durch die Steuerungs- und Leitungsfunktion der Fraktionen hinsichtlich des Ablaufs der Meinungsbildung und der Beschlussfassung des Parlaments, welche das Bundesverfassungsgericht den Fraktionen im Hinblick auf ihre wesensmäßige Funktion der Sicherstellung des Funktionierens des Parlaments ausdrücklich zugewiesen hat.229 Die Funktionsfähigkeit der Fraktionen kann dabei nur durch gemeinsame Regeln gesichert werden, die jedes Fraktionsmitglied gleichermaßen binden. Ohne eine 223 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 449 f.; Kasten, Ausschussorganisation und Ausschussrückruf, 1983, S. 165 f.; derselbe, ZParl 1985, 475 (483). 224 Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 458; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 64. 225 Hamm-Brücher, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 22 Rn. 45 f.; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 53. 226 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 203 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 227 Siehe BVerfG, Urt. v. 21. 7. 2000 – 2 BvH 3/91, BVerfGE 102, 224 (240); BVerfG, Urt. v. 8. 12. 2004 – 2 BvE 3/02, BVerfGE 112, 118 (135). 228 Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 214 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Siehe auch Isensee, in: Patzelt/Sebaldt/Kranenpohl (Hrsg.), Res publica semper reformanda, 2007, S. 254 (265 f.). 229 Siehe dazu BVerfG, Urt. v. 14. 7. 1959 – 2 BvE 2/58 und 2 BvE 3/58, BVerfGE 10, 4 (14); BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (104); BVerfG, Beschl. v. 14. 12. 1976 – 2 BvR 802/75, DVBl. 1977, 613 (614).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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bestimmte Zahl von mitgliedschaftlichen Pflichten wären ein geordnetes Innenleben der Fraktionen und ein davon abhängiges geschlossenes Auftreten im Parlament kaum denkbar.230 Die Pflichten der Abgeordneten lassen sich auf einen Nenner bringen, nämlich die Pflicht zur Arbeit für das Wohl der Fraktion.231 Dies bedeutet grundsätzlich gleichzeitig: Unterordnung des Eigenen unter das Gemeinsame.232 bb) Rechtsqualität fraktionsinterner Regelungen Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kann für die Rechtsqualität des Fraktionsbinnenrechts Folgendes festgehalten werden: Intrafraktionelle Regelungen können gegenüber dem Abgeordneten keine Bindungswirkung im Sinne einer rechtsverbindlichen Pflicht entfalten.233 Ihre Einhaltung kann also keinesfalls gerichtlich erzwungen werden. Nach außen hin ist das Handeln des Abgeordneten rechtswirksam, gleich ob er sich dabei an die fraktionsinternen Regelungen hält oder nicht.234 Ebenso ist die politische Erzwingung der Regelung unter Androhung von Sanktionen für den Fall des Nichtbefolgens verfassungsrechtlich untersagt. Eine durch Fraktionsbinnenrecht vermittelte, die Grenze zum Fraktionszwang überschreitende Bindung des Abgeordneten an seine Fraktion ist unzulässig.235 Intrafraktionelle Regelungen können somit nach außen lediglich in Form eines Appells auf ein einheitliches Auftreten der Fraktionsmitglieder hinwirken. Anders stellt es sich im Binnenbereich der Fraktion dar. Dort kann das Verhalten des Abgeordneten gleichwohl eine Pflichtverletzung darstellen, wenn der Abgeordnete sich nicht an die vereinbarten Regelungen hält. Derartige Pflichtverletzungen können im Extremfall fraktionsintern auch angemessene Disziplinarmaßnahmen nach sich ziehen, wenn sich diese im Rahmen der zulässigen Fraktionsdisziplin halten. Dies gilt umso mehr, je weniger sich das Abweichen von der Fraktionslinie durch eine Berufung auf das Gewissen rechtfertigen lässt. Dementsprechend lassen sich intrafraktionelle Regelungen als Innenrechtssätze236 oder 230
Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 170; Stevens, Die Rechtsstellung der Bundestagsfraktionen, 2000, S. 180. Ähnlich bereits Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 68 f. 231 Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 67. Im Anschluss an ihn auch Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 113. 232 Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 68. 233 Zeh, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 3. Aufl., 2005, § 52 Rn. 9. 234 Abmeier, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, 1984, S. 199; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 141; Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 68 f. 235 Stevens, Die Rechtsstellung der Bundestagsfraktionen, 2000, S. 181. 236 Achterberg, Parlamentsrecht, 1984, S. 283.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
verbindliche Binnenrechtsregelungen237 qualifizieren, die rechtlich bindende Kraft für die Fraktionsmitglieder nur innerhalb des fraktionsmitgliedschaftlichen Verhältnisses entfalten. Hat sich ein Abgeordneter einer zulässigen, seine Entscheidungsfreiheit wahrenden Fraktionsregel unterworfen, so ist sie für ihn insoweit verbindlich.238 Die Fraktionsregeln statuieren Pflichten der Fraktionsmitglieder, die zwar nicht erzwungen werden können, die aber zumindest beachtet werden müssen.239 Die Verbindlichkeit dieser Regelungen zeigt sich insbesondere darin, dass grobe oder zahlreiche Verstöße bestimmte Rechtsfolgen, d. h. Sanktionen bis hin zum Fraktionsausschluss, nach sich ziehen können.240 cc) Konsequenzen für die Regelungen eines Fraktionsbeitrages Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Regelung der Erhebung eines Fraktionsbeitrages per Fraktionsgeschäftsordnung oder per Fraktionsbeschluss grundsätzlich verfassungskonform ist. Die Regelung ist dabei allerdings nur im Binnenbereich der Fraktionen verbindlich.241 Die Zahlung des Fraktionsbeitrages kann also nicht durch eine Klage gegen den Abgeordneten erzwungen werden.242 Ebenso ist es unzulässig, den Fraktionsbeitrag durch die Androhung von Sanktionen, wie etwa einen Fraktionsausschluss, zu erzwingen, weil dies unzulässigen Fraktionszwang darstellte. Mangels der Zulässigkeit von Zwang sind die Fraktionsbeiträge als freiwillige Beiträge des Abgeordneten einzustufen.243 Aufgrund der intrafraktionellen Verbindlichkeit des Beitrages darf die Fraktion allerdings durch einen Appell an beitragssäumige Abgeordnete darauf hinwirken, dass auch sie ihrer Zahlungspflicht nachkommen. Verweigert ein Fraktionsmitglied die Zahlung von Fraktionsbeiträgen grundsätzlich oder kommt es seiner intrafrak237
Abmeier, Die parlamentarischen Befugnisse des Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach dem Grundgesetz, 1984, S. 199 f.; Jekewitz, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland, 1989, § 37 Rn. 55; Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 76 und 127; Schmidt-Jortzig/ Hansen, NVwZ 1994, 1145 (1147); Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 58; Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 68 und 201. 238 Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 58; Stevens, Die Rechtsstellung der Bundestagsfraktionen, 2000, S. 137 und 181. 239 Zu diesem „Pflichtreflex“ der Beachtung siehe Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S. 114 und 201. Im Anschluss daran auch Kürschner, Das Binnenrecht der Bundestagsfraktionen, 1995, S. 127. 240 Schönberger, Die Rechtsstellung der Parlamentsfraktionen, 1989, S. 58. 241 Die Feststellung Martina Mardinis, dass eingegangene Verpflichtungen des Abgeordneten zur Abgabe eines Fraktionsbeitrages rechtlich unverbindlich und nichtig seien, ist daher in dieser Allgemeinheit unzutreffend. Siehe Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 192. Es bedarf in diesem Zusammenhang einer Differenzierung zwischen Innen- und Außenrecht. 242 Insoweit übereinstimmend auch Klatt, ZParl 1976, 61 (64). 243 Ebenso Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 153.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
241
tionellen Beitragspflicht permanent nicht nach, so kann dies ebenso einen Beleg für mangelnde Fraktionsloyalität darstellen wie regelmäßige Abweichungen von der politischen Linie der Fraktion. Dementsprechend kann die dauerhafte Zahlungsverweigerung auch als Grund für interne Disziplinarmaßnahmen gegen den Abgeordneten herangezogen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Fraktionsmitglied die Nichtleistung des Beitrages hier kaum unter Berufung auf sein Gewissen rechtfertigen kann.244 Da Disziplinarmaßnahmen gegen Fraktionsmitglieder verhältnismäßig sein müssen, kann die Zahlungsverweigerung für sich genommen allerdings nur im Ausnahmefall zum Fraktionsausschluss245 führen.246 Denn im Unterschied zu vielen anderen Verstößen gegen Fraktionsregelungen wird der bei der Fraktion eintretende Schaden hier in der Regel gering sein, und zwar sowohl in finanzieller als auch besonders in politischer Hinsicht. Es ist für eine Fraktion wesentlich gravierender, wenn ein Mitglied bei einer Abstimmung im Plenum von der Fraktionslinie abweicht, als wenn das Mitglied den für die Fraktionsfinanzierung ohnehin weitgehend unbedeutenden Fraktionsbeitrag nicht leistet. Für einen Fraktionsausschluss ist daher mindestens vorauszusetzen, dass der Abgeordnete die Zahlung des Fraktionsbeitrages ohne stichhaltige Begründung über einen längeren Zeitraum – zu denken wäre hier etwa an ein Viertel der Legislaturperiode – nicht leistet und die Nachzahlung zudem ernsthaft und endgültig verweigert.247 Soweit ersichtlich werden die derzeit geltenden Regelungen über Fraktionsbeiträge diesen Bedingungen gerecht. Sie sind in keinem Fall als unzulässiger Fraktionszwang zu qualifizieren. Es ist darüber hinaus verfassungsrechtlich nicht geboten, auch noch die bestehenden Regelungen zu verbieten, um jeglichen Gefahren einer Beeinflussung der Abgeordneten oder ihrer Mandatstätigkeit entgegenzuwirken.248 Ohne Zweifel sind die Abgeordneten auf die Fraktionen angewiesen, falls sie politisch Einfluss nehmen wollen. Um das Verhältnis zwischen ihnen und den Fraktionen nicht zu belasten, werden sie die Fraktionsbeiträge in der Regel selbst dann entrichten, wenn ihnen keine konkrete Konsequenz für den Fall der Zahlungsverweigerung angedroht wird. Diese Folge kann aber das freie Mandat, das die Orga244 Insoweit übereinstimmend auch Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255. 245 Siehe zu den Bedingungen für einen Fraktionsausschluss mit weiteren Nachweisen Hölscheidt, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 475 ff. 246 Einen Fraktionsausschluss als Sanktion im Falle der Zahlungsverweigerung lehnt hingegen gänzlich ab Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 192. Ohne nähere Begründung auch Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 247 Es ist übrigens kein Fall bekannt, in dem ein Fraktionsmitglied aufgrund der Nichtleistung des Fraktionsbeitrages aus der Fraktion ausgeschlossen wurde. Angesichts der oftmals knappen Mehrheiten in den Parlamenten wird für die Fraktionen vielfach ein den Fraktionsbeitrag verweigernder Abgeordneter, der sich im Übrigen an die Fraktionslinie hält, eher auszuhalten sein als eine Dezimierung der Fraktion. 248 So aber Kohler, Politikfinanzierung, 2010, S. 48 und 334.
242
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
nisation der Abgeordneten in Fraktionen ebenso anerkennt wie ihre Unabhängigkeit, nicht verhindern. Zur Beseitigung des Drucks kann auf das Binnensystem der Fraktionen selbst verwiesen werden. Die Abgeordneten können mehrheitlich beschließen, dass die Fraktion keinen Beitrag erhebt. Wenn sie demgegenüber freiwillig eine Beitragspflicht vereinbaren, beruht dies auf einer demokratischen Entscheidung der in der Fraktion freiwillig zusammengeschlossenen Abgeordneten.249 2. Vereinbarkeit mit Gebot der angemessenen Entschädigung Während die Vereinbarkeit der Fraktionsbeiträge mit dem freien Mandat auf andere Weise zu begründen war als bei den Mandatsträgerbeiträgen, ergeben sich im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Gebot der angemessenen Entschädigung keine Unterschiede zwischen den beiden Beitragsformen. Auch die Fraktionsbeiträge dürfen nach Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG bei der Bemessung der Diäten nicht berücksichtigt werden. Außerdem muss den Abgeordneten nach Leistung der Beiträge noch genügend Geld zur Verfügung stehen, um ihren Lebensunterhalt angemessen bestreiten zu können. Unter Beachtung dieser Voraussetzungen ist es den Fraktionen erlaubt, einen Fraktionsbeitrag zu erheben. a) Gewährleistungen des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG Im Rahmen dieser Untersuchung wurde bereits festgestellt250, dass Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG dem Abgeordneten primär einen Leistungsanspruch gegenüber dem Staat verleiht, nach welchem der Anspruchsgegner für eine angemessene Versorgung des Anspruchsinhabers einstehen muss. Die Abgeordnetenentschädigung ist eine Alimentation des Abgeordneten und seiner Familie aus der Staatskasse als Entgelt für die Inanspruchnahme des Abgeordneten durch sein Mandat. Realiter hat sich daraus einerseits eine zu versteuernde Entschädigung entwickelt, deren Höhe so bemessen sein muss, dass sie dem Abgeordneten unabhängig von anderen Einkommensquellen eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage bietet.251 Weil diese Entschädigung – wie schon mehrfach erwähnt252 – allein der wirtschaftlichen Absicherung des Abgeordneten und seiner Familie dienen soll, dürfen bei deren Berechnung Leistungen des Abgeordneten an seine Partei und seine Fraktion nicht berücksichtigt werden. Andererseits steht dem Abgeordneten eine steuerfreie Aufwandsentschädigung im Sinne einer Amtsausstattung zu, die am tatsächlichen Mandatsaufwand orientiert pauschal bemessen wird. 249
Ebenso Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655. Siehe auch Kretschmer, Fraktionen, 2. Aufl., 1992, S. 168. 250 Siehe oben unter § 2 B. III. 2. a) aa). 251 Siehe zur Ausgestaltung des Entschädigungsanspruchs eingehend oben unter § 2 B. III. 2. a) bb). 252 Siehe zu diesem Aspekt ausführlich oben unter § 2 B. III. 2. a) cc).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
243
Ferner wurde diskutiert253, dass aus dem Telos des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG über den gegen den Staat gerichteten Leistungsanspruch hinaus nur in begrenztem Maße weitere Wirkungen abgeleitet werden können. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten soll nämlich in erster Linie durch einen entsprechend hohen Entschädigungsanspruch abgesichert werden.254 Darüber hinaus wird der Entschädigungsanspruch durch angemessene Übertragungsverbote gegenüber Forderungen Dritter geschützt. Demgegenüber können Sicherungswirkungen zugunsten der ausgezahlten Entschädigung, die im privaten Vermögen des Abgeordneten aufgeht, aus der Verfassung grundsätzlich nicht hergeleitet werden. So sind weder weitere allgemeine255 noch speziell gegen die Parteien gerichtete256 Verfügungsbeschränkungen verfassungsrechtlich geboten. Denn die Entschädigung ist ab dem Zeitpunkt ihrer Auszahlung uneingeschränkt dem privaten Lebensbereich des Abgeordneten zuzuordnen, und es bleibt der Entscheidungsfreiheit des Abgeordneten überlassen, welchen Verpflichtungen er sich im Einzelnen unterwerfen will. Lediglich im Falle einer übermäßigen Schmälerung der Diäten durch entsprechend hohe Forderungen der Parteien ist von Verfassungs wegen eine Begrenzung gefordert, damit der Zweck der Abgeordnetenentschädigung nicht vollends vereitelt wird.257 b) Konsequenzen für die Erhebung eines Fraktionsbeitrages Werden die Fraktionsbeiträge an den ermittelten Maßgaben des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG gemessen, so ergibt sich für die Vereinbarkeit der Fraktionsbeiträge mit dieser Verfassungsnorm im Ergebnis nichts anderes als bei den Mandatsträgerbeiträgen. aa) Verbot der Einrechnung in die Diäten Die Fraktionsbeiträge dürfen bei der Bemessung der Diäten ebenso wie die Mandatsträgerbeiträge258 nicht berücksichtigt werden. Denn nach dem Diätenurteil des Bundesverfassungsgerichts sollen die Diäten allein der Unterhaltssicherung des Abgeordneten und seiner Familie dienen und nicht der Mitfinanzierung der Fraktion oder politischen Partei.259 Der Diätengesetzgeber darf demnach bei der Feststellung der Höhe der Abgeordnetenentschädigung den finanziellen Bedarf an Fraktionsbeiträgen nicht mit einrechnen. Im Schrifttum260 wird allerdings genau dies vermutet. 253 254 255 256 257 258 259
2331.
Siehe oben unter § 2 B. III. 2. b). Siehe dazu näher oben unter § 2 B. III. 2. b) bb). Siehe dazu ausführlich oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (1). Siehe dazu eingehend oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2). Siehe dazu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b). Siehe dazu ausführlich oben unter § 2 B. III. 2. a) cc). BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (315 f.) = NJW 1975,
260 Siehe Klatt, ZParl 1976, 61 (64); Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 255 f.
244
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Wegen der finanziellen Belastung durch die Fraktionsbeiträge schrumpften die für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel des Abgeordneten unter Umständen so stark, dass die Abgeordneten dazu gezwungen seien, sich für eine Erhöhung der Diäten einzusetzen. Es darf zunächst bezweifelt werden, dass die Fraktionsbeiträge den Abgeordneten in Anbetracht ihrer aktuellen Höhe noch in eine solche Zwangslage versetzen können. Monatliche Beiträge in einer Höhe von 20 bis 110 Euro261 sind sicherlich nicht dazu geeignet, die vergleichsweise hohen Abgeordnetenentschädigungen empfindlich zu schmälern. Lediglich in der Summe mit den Mandatsträgerbeiträgen und anderen Leistungen an Partei und Fraktion können sie möglicherweise solche Wirkungen hervorrufen. Abgesehen von den Zweifeln an den Beweggründen ergäben sich bei der Einrechnung der Beiträge darüber hinaus Praktikabilitätsprobleme. Die Höhe des Fraktionsbeitrages schwankt unter den einzelnen Parlamentsfraktionen stark, und in manchen Parlamenten werden auch nur von einigen Fraktionen Beiträge erhoben262. Demzufolge kann der Fraktionsbeitrag gar nicht oder zumindest nicht einheitlich in die Berechnung der Entschädigung mit aufgenommen werden. Vor allem aber entbehrt der Vorwurf der insgeheimen Einrechnung der Fraktionsbeiträge jeder empirischen Grundlage. Die oben263 vorgenommene Analyse der Bemessung der Abgeordnetenentschädigungen offenbarte weder auf Bundes- noch auf Länderebene Anhaltspunkte dafür, dass der entsprechende Diätengesetzgeber diese Beiträge berücksichtigt hat. Solange dieser Beweis nicht gelingt, ist davon auszugehen, dass der Diätengesetzgeber sich an Recht und Gesetz hält und die Fraktionsbeiträge unberücksichtigt lässt. Gelänge der Nachweis dennoch, wären – wie bereits im Zusammenhang mit den Mandatsträgerbeiträgen festgestellt264 – nicht die Fraktionsbeiträge verfassungswidrig, sondern allein die Berechnung der Diäten. Der Diätenanspruch an sich kann den Abgeordneten also gar nicht vor den Forderungen seiner Fraktion schützen. Einen solch weitreichenden Schutz könnte Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG nur dann vermitteln, wenn er aufgrund seiner Bedeutung für den Abgeordneten über den reinen Leistungsanspruch hinaus derart umfassende Schutzwirkungen gegenüber Ansprüchen der Fraktion zeitigte, dass Fraktionsbeiträge verfassungswidrig wären.
261
Vgl. zu dieser Spanne die Ausführungen oben unter § 3 A. II. 4. So erhebt beispielsweise im Niedersächsischen Landtag die FDP-Fraktion im Gegensatz zu allen anderen Fraktionen keinen Fraktionsbeitrag. Siehe zu den entsprechenden Feststellungen des Verfassers näher oben unter § 3 A. II. 3. 263 Siehe oben unter § 2 B. III. 2. a) cc) (1) bis (3). 264 Siehe hierzu oben unter § 2 B. III. 2. a) cc) (4). 262
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
245
bb) Kein absoluter Schutz gegenüber Forderungen der Fraktion Ein derartiger absoluter Schutz des Abgeordneten gegenüber Forderungen der Fraktion kann jedoch aus dem Sinn und Zweck Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG nicht abgeleitet werden. Es gilt hier das für die Mandatsträgerbeiträge Gesagte265 entsprechend. Selbstverständlich läuft die Erhebung von Fraktionsbeiträgen dem unabhängigkeits- und unterhaltssichernden Zweck der Abgeordnetenentschädigung zuwider266, weil dem Abgeordneten nach der Leistung dieser Beiträge ein Teil der ihm für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel fehlt.267 Dies gilt für sämtliche anderen Leistungen des Abgeordneten, die nicht unmittelbar der Lebensunterhaltung dienen, aber gleichermaßen. So reduzieren beispielsweise Vereinsbeiträge, Spenden oder Geschenke im Familien- und Freundeskreis ebenfalls die Liquidität des Abgeordneten, ohne dass sie zum Lebensunterhalt beitragen. Solche Leistungen gänzlich zu unterbinden, ist jedoch nicht der Auftrag des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG. Dessen Auftrag ist es vielmehr, die Unabhängigkeit des Abgeordneten durch einen entsprechend hohen Ansatz des Entschädigungsanspruchs zu gewährleisten.268 Nicht die Ausgaben des Abgeordneten sollen gesteuert werden, sondern seine Einnahmen. Die Diäten werden dem Abgeordneten zur Verfügung gestellt, damit er aus diesen Mitteln seinen Lebensunterhalt bestreitet. Dies heißt aber nicht, dass die Mittel allein für Unterhaltszwecke genutzt werden müssen.269 Die Abgeordnetenentschädigung geht ab dem Zeitpunkt der Auszahlung in das Eigentum des Abgeordneten über. Dann handelt es sich um ungebundene Privatmittel, über die Abgeordnete frei verfügen kann, und zwar auch zugunsten der eigenen Fraktion.270 Unabhängig davon kann der Abgeordnete neben seinem Einkommen aus den Diäten weiteres Einkommen haben. Auf das hieraus erzielte Vermögen könnte sich die Schutzwirkung des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG ohnehin nicht erstrecken, so dass die Fraktionsbeiträge jedenfalls aus diesem Teil des Vermögens geleistet werden könnten.271 Um den Zweck des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG nicht zu vereiteln, ist es – wie schon oben272 angesprochen – allenfalls geboten, die Liquidität des Abgeordneten durch 265
Siehe dazu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2). So Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 167 f. 267 So Klatt, ZParl 1976, 61 (64). Ähnlich Hans Meyer, MIP 1995, 87 (112 f.). 268 BVerfG, Urt. v. 4. 7. 2007 – 2 BvE 1 – 4/06, BVerfGE 118, 244 (328). 269 Dies vertreten jedoch Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243); Wolters, Der FraktionsStatus, 1996, S. 125 in Fn. 22. Wie hier hingegen Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23). 270 Ebenso Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 152 f.; Henkel, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Welti, DÖV 2001, 705 (711). 271 So auch Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22 f.; Welti, DÖV 2001, 705 (711). 272 Siehe hierzu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (1). 266
246
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
eine moderate Einschränkung seiner allgemeinen Verfügungsbefugnis abzusichern. Dieses Ziel verfolgen § 31 S. 2 bis 4 AbgG, nach denen die Übertragung des Anspruchs auf eine Amtsausstattung nach § 12 AbgG unzulässig, die Übertragung des Anspruchs auf eine Abgeordnetenentschädigung nach § 11 AbgG nur bis zur Hälfte zulässig ist und im Übrigen die Pfändungsgrenzen der §§ 850 ff. ZPO anwendbar sind.273 Nicht übertragbare Forderungen sind gemäß § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbar. Auf diese Weise ist sowohl das Einkommen als auch das Vermögen des Abgeordneten vor Eingriffen Dritter so weit geschützt, dass er mindestens theoretisch seinen Lebensunterhalt angemessen bestreiten kann. Die Hälfte der Grundentschädigung stellt noch einen so substantiellen Teil dar, dass sie in der Lage ist, die Unabhängigkeit des Abgeordneten hinreichend zu sichern.274 Für die Amtsausstattung ergeben sich neben den Verfügungsbeschränkungen des § 31 AbgG zum Schutz des Abgeordneten noch weitere Beschränkungen aus der Funktion der Amtsausstattung. Da diese steuerfreie Ausstattung nach dem Diätenurteil275 ausschließlich der Abgeltung des mandatsbedingten Aufwandes dienen darf, darf der Abgeordnete diese Mittel auch nur gebunden an diesen Zweck ausgeben. In § 12 Abs. 2 AbgG werden einzelne Gesichtspunkte des mandatsbezogenen Aufwandes beispielhaft aufgelistet. Für andere Zwecke als für die Abgeordnetenaufgaben innerhalb und außerhalb des Parlaments darf die Amtsausstattung nicht genutzt werden. Deswegen ist eine Verwendung der Kostenpauschale für die Zahlung
273
Ähnliche Regelungen finden sich in den meisten Abgeordnetengesetzen der Länder. Vgl. § 23 S. 2 bis 4 BWAbgG, Art. 26 S. 2 bis 4 BayAbgG, § 25 S. 2 und 3 BerlAbgG, § 26 S. 2 bis 4 BbgAbgG, § 25 S. 2 und 3 HessAbgG, § 25 S. 2 und 3 RPAbgG, § 26 S. 2 bis 4 SLAbgG, § 30 S. 2 bis 4 SachsAnhAbgG, § 25 Abs. 1 S. 2 bis 4 SächsAbgG, § 29 S. 2 und 3 THAbgG. Teilweise beschränkt sich das Übertragungsverbot nach den Regelungen der Länder auf über die Grundentschädigung hinausgehende Leistungen an die Abgeordneten, z. B. Aufwandsentschädigungen, Reisekostenerstattungen, Übernachtungsgelder. Vgl. § 26 S. 2 BremAbgG, § 25 S. 2 HmbAbgG, § 27 Abs. 1 S. 2 NdsAbgG. Umfassender ist die Regelung hingegen in Nordrhein-Westfalen. Nach § 20 Abs. 1 S. 2 NWAbgG ist der Entschädigungsanspruch nur bis zu einem Viertel übertragbar. Eine noch weitergehende Sicherung des Entschädigungsanspruchs wird den Landtagsabgeordneten Mecklenburg-Vorpommerns und Schleswig-Holsteins von Verfassungs wegen zuteil. Nach Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf bzw. Art. 11 Abs. 3 S. 2 SHVerf ist ihr Anspruch auf Entschädigung nicht übertragbar. Hiermit und mit der daraus folgenden Unpfändbarkeit soll verhindert werden, dass Gläubiger Druck auf die Abgeordneten ausüben und damit deren Unabhängigkeit beeinflussen können. Siehe hierzu näher Tebben, in: Litten/Wallerath (Hrsg.), Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, 2007, Art. 22 Rn. 46 bzw. Caspar, in: derselbe/Ewer/Nolte/Waack (Hrsg.), Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2006, Art. 11 Rn. 98; Hübner, in: von Mutius/Wuttke/derselbe, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 11 Rn. 27. Für die Fraktionsbeitragsforderungen gegenüber den Landtagsabgeordneten Mecklenburg-Vorpommerns und SchleswigHolsteins folgt hieraus dasselbe wie für die ihnen aufgetragenen Forderungen nach Mandatsträgerbeiträgen. Es kann daher auf die Ausführungen unter § 2 B. III. 2. c) verwiesen werden. 274 Ebenso Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 275 BVerfG, Urt. v. 5. 11. 1975 – 2 BvR 193/74, BVerfGE 40, 296 (328) = NJW 1975, 2331.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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der Fraktionsbeiträge beispielsweise verboten.276 Ein umfassenderer Schutz als der durch diese Vorschriften gewährleistete ist nicht notwendig. Insbesondere ist es nicht geboten, den Abgeordneten speziell vor Forderungen seiner Fraktion zu schützen, indem man ihm seine Verfügungsbefugnis im Verhältnis zur Fraktion nimmt. Insoweit besteht wiederum eine Parallelität zu den entsprechenden Darlegungen277 im Zusammenhang mit den Mandatsträgerbeiträgen. Ein speziell im Fraktionsinnenverhältnis errichtetes Verfügungsverbot würde nämlich zum einen die Fraktion gegenüber anderen Zahlungsempfängern des Abgeordneten übermäßig benachteiligen. Zum anderen würde die verfassungsrechtlich garantierte Unabhängigkeit des Abgeordneten im Vergleich zum verfassungsrechtlichen Status der Fraktionen zu stark betont. Sowohl die Unabhängigkeit des Abgeordneten als auch sein Eingebundensein in die Fraktion sind verfassungsrechtlich gewollt. Demzufolge müssen eventuelle Konfliktlagen durch einen angemessenen Ausgleich zwischen den Verfassungspositionen gelöst werden, so dass keine der Positionen völlig zurückgedrängt wird. Der Abgeordnete kann seine Unabhängigkeit primär dazu nutzen, sich innerhalb seiner Fraktion gegen die Erhebung eines Fraktionsbeitrages einzusetzen. Wenn er dafür keine Mehrheit gewinnen kann, steht es ihm dennoch frei, den Fraktionsbeitrag zu zahlen. Er kann zur Leistung dieses Beitrages nicht mittels verbotenen Fraktionszwangs genötigt werden. Die Beitragsverweigerung an sich kann auch nur im Ausnahmefall zum Anlass genommen werden, ihn aus seiner Fraktion auszuschließen.278 In jedem Fall aber kann er sein Mandat und seinen Diätenanspruch durch dieses Verhalten nicht verlieren. Auf der anderen Seite muss es den Fraktionen möglich sein, auf ein gemeinsames Agieren ihrer Mitglieder hinzuwirken. Würde es den Fraktionen unter Berufung auf 276 So auch Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 12 Rn. 2 mit Fn. 5; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 184; Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243). Aus diesem Grund war die bis zum Jahre 2000 geltende Regelung der Grünen, wonach die Bundestagsabgeordneten einen Teil ihrer Aufwandsentschädigung an Partei oder Fraktion abzuzweigen hatten, unzulässig. Siehe hierzu näher oben unter § 2 A. II. 5. In der Praxis lässt sich die Einhaltung dieser Verfügungsbeschränkung freilich schwer kontrollieren und eine tatsächliche Verwendung der Pauschale zugunsten der Partei oder der Fraktion demnach nicht vollständig ausschließen. Belege dafür, dass die Kostenpauschale vereinzelt für Leistungen an Parteien oder Fraktionen zweckentfremdet wird, liefert z. B. Wewer, in: derselbe (Hrsg.), Parteienfinanzierung und politischer Wettbewerb, 1990, S. 420 (430 ff.). Die Möglichkeit der Zweckentfremdung der Aufwandsentschädigung ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass Geldleistungen der Amtsausstattung für Bundestagsabgeordnete in Form einer nachweisfreien Gesamtkostenpauschale geleistet werden. Siehe dazu näher bereits oben unter § 2 B. III. 2. a) cc) (1) und (3). Dem könnte im bestehenden System der Pauschalierung nur dadurch begegnet werden, dass eine Rechnungslegungspflicht der Abgeordneten hinsichtlich dieser Mittel eingeführt wird. Derartiges regt an Klein, in: Bundespräsidialamt (Hrsg.), Bericht der der Kommission unabhängiger Sachverständiger zu Fragen der Parteienfinanzierung, 2001, S. 157 = BT-Drucks. 14/6711, S. 6. 277 Siehe hierzu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (a). 278 Siehe zu diesem Aspekt näher oben unter § 3 B. III. 1. b) cc).
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG untersagt, Fraktionsbeiträge zu erheben, oder würde es den Abgeordneten verboten, Fraktionsbeiträge zu leisten, so würde die Freiheit der Fraktionen, sich selbst zu organisieren, verkannt. Die Abgeordneten dürfen sich zu Fraktionen zusammenschließen, sich eine Geschäftsordnung geben und Beschlüsse fassen. Sie sollen dies sogar tun, um ein einheitliches Auftreten der Fraktion herbeizuführen und damit die Effektivität der parlamentarischen Arbeit und die Funktionsfähigkeit des Parlaments zu optimieren. Gerade die Regelungen der Fraktionen über Fraktionsbeiträge hiervon auszunehmen, ist nicht einleuchtend. Mithin verstoßen die Fraktionsbeiträge grundsätzlich nicht gegen Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG.279 cc) Begrenzung der Fraktionsbeiträge Wie in Bezug auf die Mandatsträgerbeiträge schon erörtert280, wäre eine andere Beurteilung erforderlich, wenn die Fraktionsbeiträge eine solche Höhe erreichten, dass einem auf die Diäten angewiesenen Abgeordneten nach Abzug dieser Beiträge nicht mehr genügend Mittel für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung stünden.281 Dann bekäme nämlich umgekehrt der verfassungsrechtliche Status der Fraktionen gegenüber dem freien Mandat des Abgeordneten ein zu starkes Übergewicht. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wäre durch die Fraktionsbeiträge zumindest dann berührt, wenn er infolge solcher Beiträge in finanzielle Not und damit in Abhängigkeit von anderen geriete.282 Ein solches Szenario ist bei der derzeitigen Höhe der Fraktionsbeiträge zwar kaum denkbar. Die Fraktionsbeiträge können allerdings nicht isoliert betrachtet werden. Aufgrund der engen Verknüpfungen zwischen dem Abgeordneten, seiner Partei und seiner Fraktion und den daraus resultierenden faktischen Zwängen müssen die Fraktionsbeiträge im Zusammenhang mit den finanziellen Belastungen durch die Mandatsträgerbeiträge und die sonstigen Leistungen an Partei und Fraktion gesehen werden. All diese Beiträge gemeinsam können durchaus eine Höhe erreichen, die den Abgeordneten in finanzielle Probleme bringt. Die Schwierigkeit besteht darin, die Schwelle zwischen einer zulässigen und einer unzulässigen Höhe der Leistungen des Abgeordneten festzustellen. Als Anhaltspunkt wurde hier bereits oben283 der Gedanke des § 31 AbgG bzw. einer entspre-
279 So ausdrücklich auch Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). 280 Siehe hierzu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b). 281 Wie hier Haverkate, AöR 109 (1984), 460 (463); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 282 So auch Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010). Ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. 283 Siehe oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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chenden landesrechtlichen Vorschrift284 ins Feld geführt.285 Indem diese Vorschrift die Hälfte der Abgeordnetenentschädigung für übertragbar erklärt, geht sie davon aus, dass der Abgeordnete mit der anderen Hälfte seinen Lebensunterhalt noch angemessen bestreiten kann. Die Hälfte der Grundentschädigung muss dem Abgeordneten im Ernstfall genügen, um ein Leben unabhängig von anderen Geldquellen bewältigen zu können. Für seine Mandatstätigkeit ist zudem durch die unübertragbare Amtsausstattung gesorgt. Demzufolge dürften die Mandatsträger- und Fraktionsbeiträge und andere Leistungen an die Parteien und Fraktionen insgesamt höchstens die Hälfte der Entschädigung betragen.286 Es ist dagegen nicht erforderlich, zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Übertragungen im Sinne des § 31 AbgG auch zum Zwecke des Lebensunterhalts erfolgen können, und die Schwelle des Zulässigen daher noch niedriger anzusetzen.287 Es geht an dieser Stelle nämlich nur darum, eine absolute Obergrenze festzulegen, welche die Mindestvoraussetzungen für die unabhängige Existenz des Abgeordneten sichert. Alles Andere ist der innerfraktionellen bzw. innerparteilichen Diskussion überlassen. Darüber hinaus ist die Art und Weise der Zahlung der Fraktionsbeiträge ebenso einzuschränken wie die Zahlung der Mandatsträgerbeiträge288. In der Praxis ziehen die Fraktionen die Beiträge unmittelbar bei der öffentlichen Kasse ein, von der die Abgeordneten ihre Bezüge empfangen.289 Dies erscheint nicht ganz unbedenklich, da die Abgeordneten über den betroffenen Anteil der Diäten zu keinem Zeitpunkt die alleinige Verfügungsgewalt erhalten. Die Abgeordneten zahlen die Beiträge strenggenommen nicht aus den ihnen zur freien Verfügung stehenden Mitteln. Man müsste stattdessen verlangen, dass die Abgeordneten die Beiträge individuell anweisen.290 Sofern es sich hierbei aber lediglich um eine Zahlungsvereinfachung handelt und die Direktzahlung durch die Parlamentsverwaltung auf einer individuellen Abtretungserklärung des Abgeordneten beruht, kann diese Vorgehensweise – wie oben291 ausgeführt – nicht mit stichhaltigen Argumenten bemängelt werden. Der Abgeordnete hat seine individuelle Verfügung über den entsprechenden Anteil der 284
Zu den landesrechtlichen Vorschriften siehe oben in Fn. 273. Darauf stellen auch ab Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 286 Ebenso Henkel, DÖV 1977, 350 (355); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656. 287 So aber Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991). 288 Siehe hierzu oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b). 289 Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 173. 290 So die Forderungen von Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657. Ähnlich Saliger, Parteiengesetz und Strafrecht, 2005, S. 118 in Fn. 239. 291 Siehe oben unter § 2 B. III. 2. b) bb) (2) (b). 285
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Diäten mit der Abtretung antizipiert. Seine Unabhängigkeit wird durch das Erfordernis der individuellen Abtretungserklärung in demselben Maße gewahrt wie bei individuellen Anweisungen. Freilich darf sich die Abtretung des Abgeordneten betragsmäßig nur in dem Rahmen bewegen, der rechtlich zulässig ist. In Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein ist es den Landtagsabgeordneten – wie schon mehrfach erwähnt292 – verfassungsrechtlich verboten, ihren Entschädigungsanspruch zu übertragen (Art. 22 Abs. 3 S. 2 MVVerf bzw. Art. 11 Abs. 3 S. 2 SHVerf). Hier müssen die Abgeordneten den Fraktionsbeitrag individuell anweisen. Bundestagsabgeordnete dürfen hingegen gemäß § 31 S. 3 AbgG immerhin die Hälfte ihrer Abgeordnetenentschädigung gemäß § 11 AbgG übertragen.293 Ihnen sind nur umfangreichere Abtretungen verboten. Es wäre demnach unzulässig, wenn die Bundestagsabgeordneten ihre gesamten Bezüge an ihre Fraktion übertragen müssten und von ihr nur einen Teil zurückerhielten.294
IV. Kritische Auseinandersetzung Wägt man die Argumente ab, die für und wider die Verfassungsmäßigkeit der Fraktionsbeiträge streiten, so kann – zum Teil aus denselben Gründen wie bei den Mandatsträgerbeiträgen – nicht festgestellt werden, dass Fraktionsbeiträge grundsätzlich unvereinbar mit der Verfassung sind. Die Fraktionsbeiträge unterliegen jedoch einigen verfassungsrechtlich gebotenen Beschränkungen, und zwar denselben wie die Mandatsträgerbeiträge. Unabhängig von den verfassungsrechtlich zwingend gebotenen Grenzen gibt es verfassungsrechtliche Handlungsspielräume für den einfachen Gesetzgeber, um dem Problem der Fraktionsbeiträge entgegenzuwirken (dazu sogleich unter 3.). 1. Grundsätzliche Verfassungskonformität der Fraktionsbeiträge Sowohl die Erhebung als auch die Zahlung eines Fraktionsbeitrages sind im Grundsatz mit den einschlägigen Normen der Verfassung zu vereinbaren.295 Dieser Einschätzung liegen folgende Erwägungen zugrunde: 292 Siehe zu dieser landesverfassungsrechtlichen Besonderheit ausführlich oben unter § 2 B. III. 2. c). 293 Zu den weiteren entsprechenden Regelungen auf Landesebene siehe bereits oben in Fn. 273. 294 Ebenso Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 118 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 657. 295 Zu diesem Ergebnis kommen ebenfalls Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 152; Henke, in: Bonner Kommentar zum GG, Art. 21 Rn. 117 (Stand der Bearbeitung: September 1991); Henkel, DÖV 1975, 819 (821); derselbe, DÖV 1977, 350 (354); Hölscheidt, DÖV 2000, 712
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
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Ein Verstoß gegen das freie Mandat ist zu verneinen, weil die Fraktionsbeiträge trotz der Regelung in Fraktionsgeschäftsordnungen oder per Fraktionsbeschluss nicht als unzulässiger Fraktionszwang eingestuft werden können. Die intrafraktionellen Regelungen entfalten ihre Verbindlichkeit nämlich nur im Binnenbereich der Fraktionen. Eine auf Leistung der Fraktionsbeiträge gerichtete Klage ist somit ausgeschlossen. Ferner werden die Beiträge auch nicht unter Androhung von politischen Sanktionen beigetrieben. Es wird also kein verbotener Zahlungsdruck auf die Abgeordneten aufgebaut. Aus Mangel an Zwangsmomenten sind Fraktionsbeiträge demnach als freiwillige Leistungen des Abgeordneten zu klassifizieren. Die Bedeutung der intrafraktionellen Regelungen betreffend die Fraktionsbeiträge erschöpft sich unter dem Strich darin, auf ein einheitliches Handeln der Fraktionsmitglieder hinzuwirken. Es wird hierbei nicht verkannt, dass ein Abgeordneter durch permanente Verstöße gegen Fraktionsbinnenrecht eine unzureichende Fraktionsloyalität zum Ausdruck bringt und dass die Fraktion darauf mit angemessenen Disziplinarmaßnahmen innerhalb der Fraktion reagieren kann. Es ist infolgedessen nicht ausgeschlossen, dass die dauerhafte Verweigerung der Beitragszahlung als ultima ratio auch einen Fraktionsausschluss nach sich ziehen kann. Diese Konsequenz ist allerdings vor dem Hintergrund der Bedeutung der Fraktionen für die parlamentarische Demokratie, die ebenso wie die Freiheit des Mandats in Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG verfassungsrechtlich verankert ist, hinzunehmen. Ebenso verletzen die Fraktionsbeiträge nicht den Entschädigungsanspruch des Abgeordneten. Gegen die Unvereinbarkeit mit Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG sprechen dieselben Argumente wie im Falle der Mandatsträgerbeiträge, da diese Verfassungsnorm auf das Verhältnis zwischen Fraktionsmitglied und Fraktion dieselben Auswirkungen hat wie auf das Verhältnis zwischen Parteimitglied und Partei. Der Abgeordnete kann über sein Einkommen aus der Abgeordnetenentschädigung grundsätzlich frei verfügen, und zwar auch zugunsten der Fraktion. Da eine erneute Wiederholung der Argumente vermieden werden soll, wird zur Begründung auf die Ausführungen296 im Zusammenhang mit den Mandatsträgerbeiträgen verwiesen. 2. Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit Auch hinsichtlich der Grenzen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge kann auf die entsprechenden Ausführungen297 zu den Mandatsträgerbeiträgen vollumfänglich Bezug genommen werden. Weil die dort aufge(714); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 656; Jekewitz, ZParl 1984, 14 (23); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf (Hrsg.), GG, 12. Aufl., 2011, Art. 48 Rn. 22a; v. Waldthausen, Gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und öffentliche Kontrolle im Verfahren zur Festsetzung der Abgeordnetenentschädigung, 2000, S. 65; Welti, DÖV 2001, 705 (711). 296 Siehe oben unter § 2 B. IV. 1. 297 Siehe oben unter § 2 B. IV. 2.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
zeigten verfassungsrechtlichen Grenzen der Mandatsträgerbeiträge, also die Begrenzung ihrer Höhe und die Einschränkung der Zahlungsmodalitäten, aus der Ratio des Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG herrühren und diese Norm den Binnenbereich der Fraktionen in gleicher Weise determiniert wie den Binnenbereich der Parteien, ergeben sich insoweit ebenfalls keine Differenzen zu dem oben Gesagten. Eine weitere verfassungsrechtliche Grenze betrifft hingegen allein die Fraktionsbeiträge. Anders als den Parteien ist den Fraktionen nämlich nicht erlaubt, die Sonderbeiträge unter Androhung von Sanktionen für das Fraktionsmitglied zu erzwingen oder solche Sanktionen sogar in der Geschäftsordnung zu statuieren. Derart erzwungene Fraktionsbeiträge fielen unter das Verbot des Fraktionszwangs und wären daher unzulässig. Es ist nicht ersichtlich, dass die Fraktionen mit ihren derzeitigen Regelungen zum Fraktionsbeitrag irgendeine der gezogenen verfassungsrechtlichen Grenzen überschreiten. 3. Rechtspolitische Vorschläge Obgleich gegen die Fraktionsbeiträge in ihrer aktuellen Form verfassungsrechtlich nichts zu erinnern ist, sind rechtspolitische Vorschläge zu erörtern, die den verfassungsrechtlichen Konflikt beseitigen oder wenigstens abmildern könnten. Denkbar ist zunächst, die Fraktionsfinanzierung durch Abgeordnete oder sogar die private Fraktionsfinanzierung insgesamt zu verbieten. Weniger tiefgreifend wäre es, entweder den Fraktionen Regelungen bezüglich der Fraktionsbeiträge zu untersagen oder die Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung zu verbessern. a) Verbot der privaten Fraktionsfinanzierung Ähnlich wie bei den Mandatsträgerbeiträgen fordern einzelne Stimmen in der Literatur298, ein gesetzliches Verbot der Fraktionsbeiträge zu statuieren. Es wäre auf der einen Seite möglich, den Fraktionen die Beitragserhebung zu untersagen, und auf der anderen Seite wäre es denkbar, den Abgeordneten die Beitragszahlung zu verbieten. Eine entsprechende Norm könnte in die Abgeordneten- bzw. Fraktionsgesetze aufgenommen werden. Da dieses Verbot aber – ebenso wie ein isoliertes Verbot der Mandatsträgerbeiträge299 – einfach umgangen werden könnte, indem die Beiträge von den Fraktionen künftig als Spenden oder sonstige Zuwendungen ihrer Mitglieder ausgewiesen würden, müssten auch hier sämtliche Leistungen der 298 Siehe insbesondere Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 256. Ferner Mardini, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen durch staatliche Mittel und Beiträge der Abgeordneten, 1990, S. 198; Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243). Wohl auch Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 168. 299 Siehe zur Ineffektivität eines isolierten Verbots der Mandatsträgerbeiträge oben unter § 2 B. IV. 4. a).
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
253
Fraktionsmitglieder von der Regelung umfasst sein. Die Wirkung des Verbots könnte zudem verstärkt werden, indem dessen Nichteinhaltung sanktioniert würde.300 Ein solch weitreichendes Fraktionsfinanzierungsverbot für Abgeordnete ist im Gegensatz zu einem gleichlautenden Verbot im Hinblick auf die Parteienfinanzierung301 verfassungsrechtlich unproblematisch. Da alle Mitglieder der Fraktion betroffen wären, gäbe es – anders als im Binnenbereich der Parteien – keine Ungleichbehandlung unter den Fraktionsmitgliedern. Die Aufspaltung der Fraktion in zahlende und nicht-zahlende Mitglieder wäre hier ausgeschlossen. Darüber hinaus dürfte diese Maßnahme nicht zu finanziellen Verlusten der Fraktionen führen, die für die Wahrnehmung ihrer verfassungsrechtlichen Funktionen bedeutsam wären. Denn die Fraktionen haben als Teil der Staatsorganisation Anspruch auf eine staatliche Finanzierung ihrer Aufgaben.302 Da drängt sich die Frage förmlich auf, wozu es neben dieser staatlichen Finanzierung noch einer zusätzlichen Finanzquelle in Form der Fraktionsbeiträge bedarf.303 Man könnte sogar so weit gehen, die gesamte Finanzierung durch private Mittel zu untersagen, also auch etwaige Zuwendungen anderer Dritter auszuschließen, und die Finanzierung damit allein auf staatliche Mittel zu beschränken.304 Ein Verbot privater Fraktionsfinanzierung ließe sich dadurch rechtfertigen, dass die Möglichkeit zur Einflussnahme auf staatliche Entscheidungsträger, die der Gewährung finanzieller Mittel innewohnt, unter allen Umständen verhindert werden sollte.
300 Für ein umfassendes Verbot nebst Sanktionsnormen ebenso Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 256. 301 Zu den rechtlichen und tatsächlichen Problemen, die ein Parteifinanzierungsverbot für Abgeordnete hervorrufen würde, siehe eingehend oben unter § 2 B. IV. 4. a). 302 Siehe hierzu BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (104 f.); BVerfG, Beschl. v. 3. 11. 1982 – 2 BvH 3/80, BVerfGE 62, 194 (202); BVerfG, Urt. v. 13. 6. 1989 – 2 BvE 1/88, BVerfGE 80, 188 (231); Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 110 f.; Butzer, Inhalt und Grenzen der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen des Deutschen Bundestages, Typoskript, 2005, S. 174; Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 82; Fensch, ZRP 1993, 209 (209); Hauenschild, Wesen und Rechtsnatur der parlamentarischen Fraktionen, 1968, S. 158 ff.; Heun, Staatshaushalt und Staatsleitung, 1989, S. 324 f.; Klatt, ZParl 1976, 61 (64 f.); Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 38 Rn. 261 (Stand der Bearbeitung: Oktober 2010); Lange, Der Staat 11 (1972), 313 (317); Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 391 f.; Schmidt-Jortzig/Hansen, NVwZ 1994, 1145 (1147 f.); G. C. Schneider, Die Finanzierung der Parlamentsfraktionen als staatliche Aufgabe, 1997, S. 75 ff. 303 Die Notwendigkeit einer zusätzlichen Fraktionsfinanzierung durch die Abgeordneten stellen infrage Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 168; Klatt, ZParl 1976, 61 (64 f.); Hans Meyer, KritV 1995, 216 (243); derselbe, MIP 1995, 87 (112 f.). 304 So ausdrücklich Hubert Meyer, Kommunales Parteien- und Fraktionenrecht, 1990, S. 391 f. In Erwägung zieht dies ebenfalls Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 252 f.
254
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
Die Notwendigkeit der privaten Fraktionsfinanzierung lässt sich damit begründen, dass die Fraktionen aufgrund der personellen und funktionalen Nähe zu den hinter ihnen stehenden Parteien305 über ihren staatsorganschaftlichen Wirkungskreis hinausgehende Funktionen haben, insbesondere in der Interaktion mit ihren Parteien.306 Gerade im Hinblick auf diese Funktionen würde es die Fraktionen vermutlich vor große Probleme stellen, wenn sie neben den Einnahmen aus staatlichen Quellen keine weiteren Einnahmen erzielen dürften. Außerdem lässt sich aus der Verfassung nicht herleiten, dass sich die Fraktionen ausschließlich aus staatlichen Mitteln finanzieren müssen.307 Es könnte demnach eine zu starke Beeinträchtigung der Freiheit der Fraktionen darstellen, wenn sie mit den Mitteln, die sie staatlicherseits erhalten, auskommen müssten.308 Hier erscheinen also insgesamt drei Wege verfassungsrechtlich möglich. Vorzugswürdig ist es jedoch, die private Fraktionsfinanzierung vollständig zu verbieten. Denn ein solches Verbot hätte den positiven Begleiteffekt, dass es dem – bereits dargestellten309 – Problem der möglichen Querfinanzierungen zwischen Parteien und Fraktionen die Verfügungsmasse entzöge und auf diese Weise zwangsläufig die erstrebenswerte klare Trennung zwischen Partei- und Fraktionsfinanzierung herbeiführte.310 Diese Trennung ist erforderlich, um eine verfassungsrechtlich verbotene Parteienfinanzierung mithilfe von Fraktionsmitteln zu verhindern. Die hinter den Fraktionen stehenden Parteien sollen ausschließlich auf den Wegen eine staatliche Unterstützung erhalten, die ausdrücklich gesetzlich vorgesehen sind.311 Ließe sich ein Fraktionsfinanzierungsverbot für Private im Bund oder in den Ländern politisch durchsetzen, so könnte sich der Gesetzgeber bei der konkreten Formulierung der entsprechenden Norm an der Regelung des § 3 Abs. 4 S. 3 NWFraktG orientieren. Danach dürfen die Landtagsfraktionen „finanzielle Zuwendungen Dritter“ nicht annehmen. Es wurde bereits ausführlich erörtert312, dass durch diese Vorschrift nahezu jeglicher Geldfluss von privater Seite ausgeschlossen ist. Lediglich solche Leistungen, die auf adäquaten Gegenleistungen der Fraktionen beruhen, sind erlaubt. Zu denken ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an 305
Siehe dazu BVerfG, Urt. v. 19. 7. 1966 – 2 BvF 1/65, BVerfGE 20, 56 (104). Kritisch gegenüber derartigen Aktivitäten der Fraktionen U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1318). 307 Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (713); derselbe, Das Recht der Parlamentsfraktionen, 2001, S. 655. 308 So bereits Eschenburg, Der Sold des Politikers, 1959, S. 82. 309 Siehe zu den starken rechtlichen Bedenken, denen solche Querfinanzierungen zu Recht unterliegen, ausführlich oben unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 310 Diese strikte Trennung zwischen der Partei- und Fraktionsfinanzierung besteht bislang nur im Hinblick auf die staatlichen Mittel. Siehe hierzu Braun/Jantsch/Klante, AbgG, 2002, § 50 Rn. 8. Mit Hinweisen zu Abgrenzungsproblemen Linde, Fraktionsfinanzierung in der parlamentarischen Demokratie, 2000, S. 146 ff. 311 Siehe dazu näher nochmals oben unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 312 Siehe oben unter § 3 A. III. 3. b). 306
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
255
Zinserträge aus dem Fraktionsvermögen sowie Schutzgebühren für Publikationen der Fraktionen. Insbesondere die Annahme von Fraktionsbeiträgen ist den Fraktionen nach dieser Vorschrift hingegen untersagt. Denn hierbei handelt es sich um Zuwendungen der Abgeordneten, denen keine wertentsprechenden Gegenleistungen der empfangenen Fraktionen gegenüberstehen.313 Um Fehlinterpretationen vorzubeugen, könnte man zum einen klarstellen, dass mit den „Dritten“ auch die Fraktionsmitglieder gemeint sind. Dazu böte sich eine Wendung wie etwa „finanzielle Zuwendungen Abgeordneter oder sonstiger Dritter“ an. Zum anderen sollte man die Fraktionsbeiträge sowie die Spenden als die üblichsten Formen der Zuwendung ausdrücklich erwähnen. Zusammenfassend ergäbe sich damit folgender Gesetzeswortlaut: „Die Fraktionen dürfen finanzielle Zuwendungen Abgeordneter oder sonstiger Dritter, insbesondere Fraktionsbeiträge oder Spenden, nicht annehmen.“
Ferner sollte das Verbot durch Sanktionsnormen flankiert werden. Der – schon erwähnte314 – Umstand, dass einige nordrhein-westfälische Landtagsfraktion ungeachtet der Vorschrift des § 3 Abs. 4 S. 3 FraktG scheinbar dennoch Fraktionsbeiträge erheben, macht deutlich, dass eine Verbotsnorm ohne Sanktionen wirkungslos bleibt. Man könnte die Ausgestaltung derartiger Normen anlehnen an die Sanktionsnormen des Parteiengesetzes, namentlich an § 25 Abs. 4 und § 31c Abs. 1 PartG, oder an die Sanktionsnormen des § 27 Abs. 4 S. 1 und 3 NdsAbgG. Die Fraktionen sollten zunächst dazu verpflichtet werden, die verbotenen Zuwendungen unverzüglich an die Parlamentsverwaltung abzuführen. Im Falle der Nichteinhaltung dieser Pflicht sollten die Fraktionen sodann bestraft werden, und zwar durch eine Kürzung315 der staatlichen Mittelzuweisungen in Höhe des Mehrfachen der erlangten Zuwendung. Die Ermächtigung zur Festsetzung dieser Kürzung müsste dem Parlamentspräsidenten als mittelverwaltende Behörde übertragen werden. Auf diese Weise dürfte der privaten Fraktionsfinanzierung im Allgemeinen und der Zahlung der Fraktionsbeiträge im Besonderen wirksam Einhalt geboten werden können.
313
Siehe zur Interpretation der Vorschrift als Verbot von Fraktionsbeiträgen ausführlich wiederum oben unter § 3 A. III. 3 b). 314 Siehe hierzu oben unter § 3 A. III. 3. b) cc). 315 Man kann sich hier – im Unterschied zu der Regelung in § 31c Abs. 1 S. 1 PartG – auf eine Kürzung der staatlichen Mittel beschränken und muss nicht zwingend einen Zahlungsanspruch gegen die Fraktionen statuieren. Denn erstens erhalten – im Unterschied zu den Parteien – sämtliche Fraktionen staatliche Mittel. Und zweitens könnte ein Zahlungsanspruch gegen die Fraktion ebenfalls nur durch deren staatliche Mittel befriedigt werden, da ihnen aufgrund des Verbots der privaten Fraktionsfinanzierung nunmehr keine anderen Mittel mehr zur Verfügung stünden.
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§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
b) Keine Normierung in den Geschäftsordnungen und kein Beschluss Gesteht man den Fraktionen hingegen die nicht-staatliche Finanzierung aus den erwähnten Gründen letztlich doch zu, so könnte wenigstens über ein gesetzliches Verbot der intrafraktionellen Regelungen über die Fraktionsbeiträge nachgedacht werden. Dies würde den Fraktionsbeiträgen jeden Anschein des Zwangs nehmen, die Unabhängigkeit des Mandats gegenüber den Fraktionen stärken und die Freiwilligkeit der Fraktionsfinanzierung durch Abgeordnete sichtbar unterstreichen. Obwohl die Leistung der Fraktionsbeiträge mit diesen Regelungen nicht erzwungen werden kann, erzeugen die Regelungen dennoch einen gewissen Druck auf die Abgeordneten, sich den von ihnen mit beschlossenen Regelungen nicht zu widersetzen. Dies gilt selbst in den Fällen, in denen der einzelne Abgeordnete selbst der Regelung nicht zugestimmt hat und sie womöglich nur auf einem knappen Mehrheitsbeschluss beruht. An anderer Stelle kann sich der Abgeordnete dafür ebenfalls auf die Unterstützung seiner Fraktionskollegen im Parlament verlassen, obgleich sie innerhalb der Fraktion anderer Ansicht gewesen sein mögen. In Anbetracht der Tatsache, dass man als Abgeordneter seine politischen Ideen nur mit Hilfe der Fraktion umsetzen kann, wird der Fraktionsbeitrag vermutlich teilweise allein aus Angst davor geleistet, politisch bedeutungslos zu werden. Ohne die Regelung des Fraktionsbeitrages per Geschäftsordnung oder per Beschluss könnten die Abgeordneten vollkommen frei entscheiden, inwiefern sie ihre Fraktion finanziell unterstützen möchten. Es könnte allerdings auch ohne die intrafraktionellen Regelungen nicht ausgeschlossen werden, dass die Fraktionen mit ihren Mitgliedern jeweils individuelle, möglicherweise gar nur mündliche Vereinbarungen über regelmäßige Beiträge treffen. Der Druck, der von diesen Individualvereinbarungen ausginge, wäre unter Umständen noch größer als bei den intrafraktionellen Regelungen, da sie persönlich vereinbart wären und vielleicht auf die speziellen Vorstellungen des betroffenen Fraktionsmitgliedes eingingen. Hiervon abzuweichen, dürfte für den Abgeordneten noch schwerer zu rechtfertigen sein. Weiterhin ist zu bedenken, dass die intrafraktionelle Regelung gegenüber den Individualvereinbarungen den Vorteil hat, dass nach ihr alle Fraktionsmitglieder gleich behandelt werden. Bei den Individualvereinbarungen bestünde dagegen die Möglichkeit, dass die Fraktionsmitglieder sich gegenüber der Fraktionsspitze zu unterschiedlich hohen Beitragszahlungen verpflichten. Dieser Umstand würde ihnen eventuell noch nicht einmal vor Augen geführt, weil sie von den Individualvereinbarungen ihrer Fraktionskollegen nicht unbedingt Kenntnis hätten. Dementsprechend ginge mit dem Abschluss von Individualvereinbarungen ebenfalls ein Transparenzverlust einher. Abhilfe könnte hier nur geschaffen werden, indem zusätzlich die Individualvereinbarungen verboten würden. Allerdings wäre eine Kontrolle dieses Verbots angesichts der womöglich nur mündlichen Form der Vereinbarungen praktisch unmöglich.
B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fraktionsbeiträge
257
c) Erhöhung der Transparenz Will man die private Fraktionsfinanzierung einerseits nicht vollständig verbieten, so sollte man sie andererseits aber auch nicht vor den Augen der Öffentlichkeit verbergen. Darum sollte man den Fokus nicht auf ein Verbot der intrafraktionellen Regelungen legen, sondern auf eine deutliche Verbesserung der Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung. Wie bereits mehrfach316 erwähnt sind die Fraktionen mit Ausnahme der rheinland-pfälzischen Landtagsfraktionen gesetzlich317 nicht oder jedenfalls nicht ausdrücklich dazu verpflichtet sind, über ihre nicht-staatlichen Einnahmen Rechnung zu legen. Konsequenterweise gilt Gleiches nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften auch für die Verwendung dieser Mittel. Die nichtstaatliche Fraktionsfinanzierung ist also jeglicher Kontrolle durch die Rechnungshöfe oder die Öffentlichkeit entzogen. Hier ist es erstrebenswert, einen ähnlichen Grad an Transparenz herzustellen wie bei der Parteienfinanzierung. Die Fraktionen müssten über die Herkunft und Verwendung aller ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft geben. Eine solche Rechnungslegungspflicht der Fraktionen ließe sich sogar verfassungsrechtlich begründen. Haushaltsrechtlich sind „Nebenhaushalte“ staatlicher Institutionen nämlich unzulässig.318 Sie widersprechen dem Gebot der Einheit und Vollständigkeit des Haushaltsplans aus Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG und der Haushaltsrechnung nach Art. 114 Abs. 1 S. 1 GG. Demnach unterliegen grundsätzlich alle Einnahmen und Ausgaben einer staatlichen Gliederung der Publizität der Haushaltsrechnung. Erzielt eine Fraktion Einnahmen, gleich welcher Herkunft, ist sie demgemäß vollumfänglich rechenschaftspflichtig. Außerdem ist diese umfassende Rechnungslegungspflicht bereits deshalb angezeigt, weil es einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwendung der nicht-staatlichen Mittel bedarf. Nach der hier vertretenen Auffassung319 unterliegen die nichtstaatlichen Mittel der Fraktionen nämlich denselben Zweckbindungen wie die staatlichen Mittel. Sie dürfen ebenfalls ausschließlich für die verfassungsrechtlich gebotenen Aufgaben der Fraktionen verwendet werden. Zunächst sollte dies gesetzlich explizit klargestellt werden. Zur Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwendung bedarf es außerdem zwingend einer Rechenschaftslegung der Fraktionen bezüglich der Herkunft und Verwendung ihrer nicht-staatlichen Einnahmen.320 Die 316
Siehe dazu oben unter § 3 A. II. 1. und unter § 3 A. III. 2. a). Vgl. zur Rechnungslegungspflicht der Fraktionen im Einzelnen § 52 Abs. 1 AbgG; §§ 6 f. BWFraktG; Art. 6 f. BayFraktG; § 8 BerlFraktG; §§ 10 f. BbgFraktG; § 42 BremAbgG; § 3 HmbFraktG; § 6 HessFraktG; § 55 MVAbgG; §§ 33a f. NdsAbgG; § 7 f. NWFraktG; § 4 RPFraktG; § 7 SLFraktG; §§ 5 f. SächsFraktG; §§ 6 f. SachsAnhFraktG; § 8 SHFraktG; § 54 THAbgG. 318 Siehe hierzu und zum Folgenden U. Müller/Albrecht, DVBl. 2000, 1315 (1318). 319 Siehe zur Begründung ausführlich oben unter § 3 A. III. 3. a) bb) (1). 320 Eine solche Rechnungslegungspflicht der Fraktionen fordern als Mindestmaßnahme auch von Arnim, Staatliche Fraktionsfinanzierung ohne Kontrolle?, 1987, S. 40 in Fn. 63; Bick, Die Ratsfraktion, 1989, S. 154; Fischer, Abgeordnetendiäten und staatliche Fraktionsfinanzierung in den fünf neuen Bundesländern, 1995, S. 182. 317
258
§ 3 Die Fraktionsbeiträge von Abgeordneten
bestehenden gesetzlichen Regelungen über die Rechnungslegungspflichten der Fraktionen müssten demzufolge um entsprechende Pflichten ergänzt werden. Als Beispiel könnten hierbei die Bestimmungen im rheinland-pfälzischen Fraktionsgesetz dienen.321 Gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 c) RPFraktG müssen die Fraktionen den Gesamtbetrag ihrer Einnahmen aus Fraktionsbeiträgen in ihren Rechenschaftsberichten ausweisen. Gleiches gilt nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 b) FraktG für die Gesamtsumme der Einnahmen aus Zuwendungen Dritter. Aufgrund der dezidierten Angaben über Einnahmen und Ausgaben könnte somit die Verwendung sämtlicher Fraktionsgelder allein für Gemeinwohlaufgaben kontrolliert werden. Die Ermächtigung zu dieser Kontrolle sollte schließlich dem jeweils zuständigen Rechnungshof übertragen werden.
321
Ebenso Hölscheidt, DÖV 2000, 712 (720).
§ 4 Zusammenfassung und Ausblick Die Untersuchung hat gezeigt, dass die mandatsbedingten Sonderbeiträge von Abgeordneten einen bedeutsamen Faktor der Politikfinanzierung darstellen. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für einige andere europäische Staaten.1 In der deutschen Parlamentarismusgeschichte wurden Sonderbeiträge zunächst von den Fraktionen erhoben.2 Erst später führten auch die Parteien derartige Beiträge ein.3 Gegenwärtig sind es vornehmlich die Parteien, die von dieser Einnahmeart intensiv Gebrauch machen und für die eine Finanzierung über Mandatsträgerbeiträge nahezu unentbehrlich ist.4 Demgegenüber spielt die Finanzierung der Parlamentsfraktionen mittels Beiträgen ihrer Mitglieder inzwischen nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Fraktionen finanzieren sich fast ausschließlich aus staatlichen Mitteln.5 Aus der Sicht des Abgeordneten können sich die unterschiedlichen Sonderbeitragspflichten unter Umständen zu einer erheblichen finanziellen Belastung kumulieren, so dass ihm diese Beiträge gleichermaßen als ein bemerkenswerter Ausgabeposten erscheinen werden. Die rechtliche Grundlage für die Mandatsträgerbeiträge bilden vielfach die Satzungen oder Finanzordnungen der Parteien. Diese Regelungen werden ergänzt durch Beschlüsse einzelner Parteiorgane oder individuelle Vereinbarungen zwischen den Parteiorganen und den Abgeordneten, welche die näheren Zahlungsmodalitäten festlegen.6 Die Fraktionsbeiträge beruhen, soweit sie überhaupt noch erhoben werden, auf Bestimmungen in den Fraktionsgeschäftsordnungen oder auf Fraktionsbeschlüssen. Mitunter werden auch hier Individualvereinbarungen zwischen den Fraktionen und ihren Mitgliedern vorgenommen.7 Die Mandatsträgerbeiträge sind grundsätzlich nicht verfassungswidrig.8 Das freie Mandat wird hierdurch nicht eingeschränkt, da die Beiträge keinen Einfluss auf die konkrete Mandatsausübung haben. Der Abgeordnete wird durch diese Beiträge in seinem parlamentarischen Handeln nicht beeinträchtigt. Alle erdenklichen Sanktionen, die die Parteien im Falle der Nichtleistung der Beiträge erlassen können, 1 2 3 4 5 6 7 8
Siehe zu Mandatsträgerbeiträgen im Ausland § 2, S. 51 ff. Siehe zur historischen Tradition der Fraktionsbeiträge § 3, S. 190 ff. Siehe zur historischen Entwicklung der Mandatsträgerbeiträge § 2, S. 31 ff. Siehe zum Umfang der Mandatsträgerbeiträge § 2, S. 38 ff. Siehe zum Umfang der Fraktionsbeiträge § 3, S. 194 ff. Siehe zu den rechtlichen Grundlagen der Mandatsträgerbeiträge § 2, S. 61 ff. Siehe zu den rechtlichen Grundlagen der Fraktionsbeiträge § 3, S. 211 ff. Siehe zu dieser abschließenden Beurteilung § 2, S. 175 ff.
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§ 4 Zusammenfassung und Ausblick
betreffen ausschließlich den innerparteilichen Bereich und bleiben ohne Konsequenz für das Mandat. Das freie Mandat schützt den Abgeordneten insbesondere davor, sein Mandat wegen der Zahlungsverweigerung zu verlieren.9 Ebenso wird das Gebot der angemessenen Entschädigung durch die Mandatsträgerbeiträge im Grundsatz nicht verletzt. Der Entschädigungsanspruch ist in erster Linie ein gegen den Staat gerichteter Leistungsanspruch. Dem Staat ist es dabei verfassungsrechtlich untersagt, die Mandatsträgerbeiträge bei der Bemessung der Diäten zu berücksichtigen. Eine solche Einrechnung der Beiträge bei der Diätenbemessung lässt sich jedoch nicht nachweisen. Ließe sie sich nachweisen, so führte dies im Übrigen zu einer Verfassungswidrigkeit der Diätenbemessung und nicht zu einer Verfassungswidrigkeit der Mandatsträgerbeiträge selbst.10 Ein Verbot von Mandatsträgerbeiträgen setzte vielmehr voraus, dass Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG zusätzlich Schutzwirkungen zugunsten des Vermögens des Abgeordneten entfaltete, die ihm Verfügungen an seine Partei untersagte. Eine solche Schutzwirkung kann aber verfassungsrechtlich nicht hergeleitet werden. Einerseits gehen die Diäten mit ihrer Auszahlung in die freie Verfügungsgewalt des einzelnen Abgeordneten über und der Abgeordnete kann sie ab diesem Zeitpunkt privatautonom verwenden. Vor diesem Hintergrund lassen sich Verfügungsbeschränkungen generell nur schwer rechtfertigen. Andererseits schränkte es die Parteien in ihren verfassungsrechtlich verbürgten Freiheiten zu stark ein, wenn man speziell ihnen die Entgegennahme von Leistungen der Abgeordneten verböte.11 Des Weiteren verstoßen die Mandatsträgerbeiträge nicht gegen die Gebote der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien. Diese Gebote richten sich an den Staat und können daher die Forderung nach Mandatsträgerbeiträgen von Seiten der Parteien ohnehin nicht unterbinden. Der Staat verletzte diese Gebote wiederum nur dann, wenn er die Mandatsträgerbeiträge bei der Berechnung der Diäten mit einrechnete. Derartiges ist nicht ersichtlich.12 Schließlich kann in der Erhebung der Mandatsträgerbeiträge keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Abgeordneten gegenüber anderen Parteimitgliedern erblickt werden. Die Abgeordneten partizipieren in besonderem Maße an den Leistungen der Parteien, insbesondere zu Wahlkampfzeiten. Demzufolge ist es nicht unangemessen, sie auf der anderen Seite stärker an den Kosten zu beteiligen als andere Parteimitglieder.13
9
Siehe zur Vereinbarkeit mit dem freien Mandat ausführlich § 2, S. 104 ff. Siehe zur Vereinbarkeit mit dem originären Gewährleistungen des Entschädigungsanspruchs eingehend § 2, S. 116 ff. 11 Siehe zu den etwaigen Schutzbereichserweiterungen näher § 2, S. 127 ff. 12 Siehe zur Vereinbarkeit mit den Geboten der Staatsfreiheit und der Chancengleichheit der Parteien ausführlich § 2, S. 142 ff. 13 Siehe zur Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der innerparteilichen Gleichbehandlung eingehend § 2, S. 164 ff. 10
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Für die Fraktionsbeiträge gilt etwas Ähnliches. Sie sind verfassungsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden.14 Ein Verstoß gegen das freie Mandat ist zu verneinen, weil die Fraktionsbeiträge trotz der Regelung in Fraktionsgeschäftsordnungen oder per Fraktionsbeschluss nicht als unzulässiger Fraktionszwang eingestuft werden können. Die intrafraktionellen Regelungen entfalten ihre Verbindlichkeit nämlich nur im Binnenreich der Fraktionen. Eine auf Leistung der Fraktionsbeiträge gerichtete Klage ist somit ausgeschlossen. Ferner werden die Beiträge auch nicht unter Androhung von Sanktionen beigetrieben. Mangels Zwangsmomenten sind Fraktionsbeiträge demnach als freiwillige Leistungen der Abgeordneten zu klassifizieren. Die Bedeutung der intrafraktionellen Regelungen betreffend die Fraktionsbeiträge erschöpft sich stattdessen darin, auf ein einheitliches Handeln der Fraktionsmitglieder hinzuwirken. Dass die dauerhafte Zahlungsverweigerung eines Abgeordneten von seiner Fraktion als unsolidarisches Verhalten empfunden werden und im Extremfall – wie andere unsolidarische Verhaltensweisen auch – fraktionsinterne Sanktionen nach sich ziehen kann, ist als logische Konsequenz der verfassungsrechtlich gewollten Organisation der Abgeordneten in Fraktionen hinzunehmen.15 Zuletzt wird durch die Fraktionsbeiträge ebenfalls das Gebot der angemessenen Entschädigung nicht unzulässig eingeschränkt. Verboten ist hier erneut primär die Einrechnung der Beiträge in die Diäten durch den Gesetzgeber. Diese verbotene Berücksichtigung der Fraktionsbeiträge lässt sich ebenso wenig belegen wie im Falle der Mandatsträgerbeiträge. Fraktionsbeiträge könnte der Entschädigungsanspruch nur dann unterbinden, wenn sich aus ihm weitreichende Verfügungsbeschränkungen des Abgeordneten ableiten ließen. Diese sind jedoch aus den oben genannten Gründen abzulehnen.16 In beiden Fällen können die Sonderbeiträge jedoch unter bestimmten Umständen die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschreiten.17 Dies wäre zum einen der Fall, wenn die Sonderbeiträge an Partei und Fraktion – zusammen oder alleine – eine solche Höhe erreichten, dass derjenige Abgeordnete, der auf die Diäten als einzige Einkommensquelle angewiesen ist, nach Leistung der Sonderbeiträge nicht mehr genügend Mittel zur Verfügung hätte, um seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt seiner Familie angemessen zu bestreiten. Es ist durch Art. 48 Abs. 3 S. 1 GG verfassungsrechtlich ausgeschlossen, dass ein Abgeordneter auf finanzielle Leistungen seiner Partei oder anderer Geldgeber angewiesen sein soll. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Abgeordnete in genau die Abhängigkeit von anderen gerät, die der Entschädigungsanspruch zu verhindern sucht. An diesem Maßstab müssen sich sämtliche Forderungen der Parteien und Fraktionen messen lassen.18 14
Siehe zu dieser abschließenden Beurteilung § 3, S. 250 f. Siehe zur Vereinbarkeit mit dem freien Mandat ausführlich § 3, S. 234 ff. 16 Siehe zur Vereinbarkeit mit dem Gebot der angemessenen Entschädigung näher § 3, S. 242 ff. 17 Siehe zu dieser abschließenden Einschätzung § 2, S. 177 ff. sowie § 3, S. 251 f. 18 Siehe dazu näher S. 136 ff. 15
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Wo die Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen konkret verläuft, lässt sich hingegen schwer beziffern. Als Anhaltspunkt kann hierbei der Gedanke der Übertragungsverbote in § 31 AbgG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Normen dienen. Danach sind die Entschädigungsansprüche der Abgeordneten nur im begrenzten Maße übertragbar und demzufolge pfändbar, und zwar zumeist nur die Hälfte der Grundentschädigung. Geht man davon aus, dass der Abgeordnete notfalls mit seiner Amtsausstattung und der anderen Hälfte der Grundentschädigung auskommen muss, um seine Amtsführung und seinen Lebensunterhalt angemessen zu bestreiten, so ergibt sich hieraus im Umkehrschluss die Grenze des Zulässigen. Weil die Verfassungswidrigkeit der untergesetzlichen Übertragungsverbote nicht ersichtlich ist, kann der Gedanke uneingeschränkt auf die verfassungsrechtliche Ebene übertragen werden. Demzufolge stellt die Hälfte der Grundentschädigung verfassungsrechtlich das absolute Höchstmaß dessen dar, was dem Abgeordneten von Partei und Fraktion abverlangt werden könnte. Alle weiteren Entscheidungen zur Höhe der Beiträge sind – zumindest aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – den innerparteilichen bzw. innerfraktionellen Handlungsabläufen überlassen. Es ist den Abgeordneten in diesem Zusammenhang zuzumuten, sich gegen überhöhte Sonderbeitragsforderungen innerparteilich bzw. innerfraktionell zu wehren.19 Zum anderen kann auch die Art und Weise der Zahlung der Sonderbeiträge verfassungswidrig sein. Es wäre nicht zulässig, wenn die Parteien oder die Fraktionen die Diäten ihrer Abgeordneten zunächst in voller Höhe von den Parlamentsverwaltungen einzögen und den Abgeordneten anschließend nur einen Teil davon auszahlten. Denn die Diäten stehen den Abgeordneten persönlich zu. Weiterhin ist es zumindest verfassungsrechtlich bedenklich, wenn die Parlamentsverwaltungen die Sonderbeiträge direkt an die Parteien oder Fraktionen überweisen und den entsprechenden Betrag von den Diäten abziehen. In diesem Fall erhält der Abgeordnete nämlich zu keinem Zeitpunkt die freie Verfügungsgewalt über seine gesamten Diäten. Um die freie Verfügungsgewalt des Abgeordneten sicherzustellen, müsste man eine selbstständige Anweisung der Beiträge durch den Abgeordneten verlangen. Solange die Direktüberweisung der Beiträge aber auf einer individuellen Abtretungserklärung des Abgeordneten basiert und soweit sie sich auf die übertragbaren Teile der Entschädigung bezieht, dürfte die unmittelbare Begleichung der Beiträge durch die Parlamentsverwaltungen verfassungsrechtlich hinnehmbar sein. Die Unabhängigkeit des Abgeordneten wird einerseits durch die individuelle Erklärung und andererseits durch den Rest der Entschädigung hinreichend gewahrt.20 Darüber hinaus hat die Untersuchung ergeben, dass die derzeitige Berücksichtigung der Mandatsträgerbeiträge bei der zuwendungsbezogenen staatlichen Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 PartG verfassungswidrig ist.21 Die 19
Siehe zur Begrenzung der Höhe eingehend § 2, S. 138 f. sowie S. 177 f. Siehe zu den Beschränkungen der Zahlungsmodalitäten ausführlich § 2, S. 139 f. sowie S. 178 f. 21 Siehe zu dieser Bewertung näher § 2, S. 180. 20
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staatliche Bezuschussung von Zuwendungen an die Parteien setzt immer voraus, dass die Zuwendungen die Verwurzelung der Partei in der Gesellschaft indizieren. Die Mandatsträgerbeiträge stellen jedoch kein Indiz für die Verwurzelung einer Partei in der Gesellschaft dar, dass nicht bereits durch die anderen, in § 18 PartG aufgeführten Tatbestände berücksichtigt und staatlich bezuschusst wird. Die Mandatsträgerbeiträge dürfen demnach nicht zur Bemessung der Höhe der staatlichen Teilfinanzierung herangezogen werden.22 Daneben konnte festgestellt werden, dass die Höhe der steuerlichen Begünstigungsgrenzen der §§ 10b Abs. 2, 34g EStG wie auch der daran orientierte Förderungshöchstbetrag in § 18 Abs. 3 S. 1 PartG verfassungswidrig sind.23 Die derzeitigen Beträge sind für einen Bezieher durchschnittlicher Einkommen kaum erreichbar und entsprechen damit nicht den diesseits für richtig erachteten Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts.24 Abgesehen von diesen verfassungsrechtlichen Aspekten hat die Untersuchung gezeigt, dass ein gesetzliches Verbot der Sonderbeiträge für sich genommen ineffektiv wäre, weil dieses Verbot durch eine Umwidmung dieser Beiträge von Parteien, Fraktionen und Abgeordneten leicht umgangen werden könnte. Aus diesem Grunde müsste das Verbot jeweils alle Leistungen des Abgeordneten an seine Partei bzw. Fraktion erfassen. Ein solches Finanzierungsverbot wäre im Hinblick auf die Leistungen des Abgeordneten an seine Partei verfassungsrechtlich kaum vertretbar, da es die Privatautonomie des Abgeordneten auf der einen Seite oder die Parteienfreiheit auf der anderen Seite zu stark einschränken würde.25 Hier ließe es sich besser begründen, die Leistungen des Abgeordneten an seine Partei zwar grundsätzlich zu erlauben, ihre Gesamthöhe aber gesetzlich auf einen bestimmten Betrag pro Jahr zu beschränken.26 Verfassungsrechtlich unbedenklich ist demgegenüber ein Verbot der Fraktionsfinanzierung durch Abgeordnete. Denn die Fraktionen haben im Unterschied zu den Parteien ein Recht auf vollumfängliche staatliche Finanzierung ihrer Aufgaben und es bedarf daher nicht zwingend einer weiteren Finanzierung aus den privaten Mitteln der Abgeordneten. Man könnte sogar weitergehend darüber nachdenken, die private Fraktionsfinanzierung gänzlich zu untersagen und damit auch Zuwendungen von Personen außerhalb der Fraktion auszuschließen. Hiermit würde sich die umstrittene Anschlussfrage, ob die Einnahmen der Fraktionen aus nichtstaatlichen Mittel ausschließlich zweckgebunden für die gesetzlichen Aufgaben der Fraktionen ausgegeben werden dürfen, gar nicht mehr stellen. Dieses Problem hätte man in einem Zug mit gelöst.27 22
Siehe dazu im Einzelnen § 2, S. 156 ff. Siehe zu dieser Beurteilung § 2, S. 181 f. 24 Siehe dazu ausführlich § 2, S. 157 ff. 25 Siehe zum Vorschlag eines Parteienfinanzierungsverbots für Abgeordnete eingehend § 2, S. 183 ff. 26 Siehe zur Deckelung der Leistungen des Abgeordneten an seine Partei näher § 2, S. 185 ff. 27 Siehe zum Vorschlag des Fraktionsfinanzierungsverbots für Abgeordnete im Einzelnen § 3, S. 252 ff. 23
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Wenn diese Vorschläge keine Zustimmung finden, erscheint es rechtspolitisch aber in jedem Fall erwägenswert, die Transparenz der Partei- und Fraktionsfinanzierung durch die Sonderbeiträge der Abgeordneten zu steigern. Bislang beschränkt sich die Transparenz auf die Ausweisung der Gesamteinnahmen aus Mandatsträgerbeiträgen in den jährlichen Rechenschaftsberichten der Parteien.28 Die Fraktionsbeiträge müssen nur in Rheinland-Pfalz ausdrücklich in den Rechenschaftsberichten der Fraktionen ausgewiesen werden. Speziell an dieser Stelle besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf.29 Die Einforderung von Sonderbeiträgen wird durch zwei Gesichtspunkte begünstigt, die zugleich der Reduktion der Sonderbeiträge hinderlich im Wege stehen. Zum einen sind die Diäten so hoch, dass den meisten Abgeordneten nach Abzug der Sonderbeiträge noch mehr als genug Mittel zum Leben verbleiben werden. Dies gilt umso mehr, je höhere Nebeneinkünfte die Abgeordneten verzeichnen können. Umgekehrt liefern die Sonderbeiträge dem Abgeordneten ein gutes Argument, wenn ihm vorgehalten wird, dass seine Diäten zu hoch seien. Der Widerstand der Abgeordneten gegen die Sonderbeiträge wird sich aus diesem Grunde in Grenzen halten. Zum anderen ist der Finanzbedarf der Parteien unerschöpflich. Die Wahlkämpfe werden immer aufwendiger und damit teurer, weswegen die Forderungen nach Mandatsträgerbeiträgen kaum nachlassen werden. Drehte man an diesen beiden „Stellschrauben“, so hätte dies automatisch Konsequenzen für die Höhe der Sonderbeiträge. Würden die Diäten reduziert, wären die Abgeordneten nicht mehr bereit, so umfangreiche Beiträge an ihre Parteien zu leisten. Würden die Ausgaben für die Wahlkämpfe für alle Parteien gedeckelt, müssten die Parteien nicht mehr so viele Gelder einfordern. Möglicherweise ist insbesondere der letztere Weg noch effektiver als jedwede Maßnahme, die isoliert auf eine Beschränkung der Leistungen der Abgeordneten abzielt.
28
Siehe zur Empfehlung der Erhöhung der Transparenz der auf Sonderbeiträgen beruhenden Parteienfinanzierung näher § 2, S. 188 f. 29 Siehe zum Vorschlag der Erhöhung der Transparenz der privaten Fraktionsfinanzierung eingehend § 3, S. 257 f.
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Sachverzeichnis Abgeordnete – Beitragshöhe 43 ff., 201 ff. – Entschädigung 83 ff., 88, 95 ff., 101 f., 116 ff., 145 ff., 175 f., 228, 242 ff., 251 – Fraktionsfinanzierungsverbot 252 ff. – Fraktionsmitglieder 208 ff. – Innerparteiliche Grundrechtsgeltung 164 ff. – Parteienfinanzierungsbegrenzung 185 ff. – Parteienfinanzierungsverbot 183 ff. – Parteimitglieder 59 f., 85, 164 ff., 175 ff. – Pfändungsschutz 130 f., 137, 140, 178, 246 – Unabhängigkeit 83, 88 ff., 93 ff., 101, 104 ff., 175, 228 f., 234 ff., 251 – Vermögensschutz 129 ff., 245 Abgeordnete des Europäischen Parlaments 28, 47 f., 99 ff., 141, 179 Abgeordnetenbild 109 ff. Abgeordnetengesetz 117 f., 121, 123, 129 ff., 137 f., 178, 197, 199, 211, 246, 248 ff. Amtsausstattung 117 f., 121 ff., 125 f., 130 f., 242, 246, 249, 262 Angemessene Entschädigung 83 ff., 88, 116 ff., 175 f., 228, 242 ff., 251 – Bemessung 18, 20, 22, 78 ff., 82, 84 f., 118 ff., 126, 128, 133, 145 f., 149, 176, 229, 231, 242 ff., 260 – Normierung 93, 95 ff., 101 f., 232 f. – Schutzbereich 116 ff., 127 ff., 242 f. – Weiterleitung an die Parteien 84, 88, 119 ff., 145 ff., 228, 243 f.
Bundestagsabgeordnete 43 ff., 201 ff. Bundesverfassungsgerichtsentscheidungen 18 f., 77 ff., 116 f., 151 ff., 231 f. Bündnis 90/Die Grünen 19, 38, 40 ff., 45 ff., 54, 66, 82, 197 f., 200, 202, 204, 206 f., 227
Chancengleichheit der Parteien 84, 142 ff., 176 Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) 36, 39, 41 ff., 63 f., 82, 160, 193, 197 f., 200 ff., 214, 227 Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) 36, 39, 41 ff., 64 f., 82, 160, 193, 197, 201 ff., 214 Deutsches Reich 31 ff., 191 f. Diätenbemessung 18, 20, 22, 78 ff., 82, 84 f., 118 ff., 126, 128, 133, 145 f., 149, 176, 229, 231, 242 ff., 260 Diätenurteil 18, 76, 77 ff., 97, 116 ff., 125 f., 130, 133, 137, 149, 231, 243, 246 Die Linke 42, 47, 66, 197 f., 204, 206 f., 215 Einkommensteuergesetz 150, 155, 157 ff., 181, 263 Förderungshöchstbetrag 150, 163 f., 181 f. Fraktionen – Binnenrecht 208 ff., 236 ff. – Geschäftsordnungen 90, 210, 213 ff. – Haushalt 196 ff., 257 f. – Konstituierung 209 – Rechenschaftsberichte 196 ff., 257 f. Fraktionsbeiträge – Begrenzung 230, 248 ff., 251 f. – Haushaltsanteil 16, 196 ff. – Historie 16, 190 ff. – Normierungsverbot 256 – Rechtsgrundlage 208 ff. – Transparenzerhöhung 257 f. – Umfang 16, 194 ff. – Umfragen 16, 196, 201 ff., 227 – Verbot 216 ff., 252 ff. Fraktionsbeschluss 90, 210, 256 Fraktionsdisziplin 236 ff. Fraktionsfinanzierung 34 f., 193, 195 f., 252 ff., 257 f.
Sachverzeichnis – Verbot für Private 252 ff. – Zweckbindung 196, 219 ff. Fraktionsgesetze 200, 212 f. Fraktionsmitglieder 208 ff. Fraktionszwang 236 ff., 247, 251 f., 261 Frankfurter Nationalversammlung 190 f. Frankreich 55 ff. Freie Demokratische Partei (FDP) 36, 39, 41 ff., 58, 66 f., 160, 197 ff., 214 Freies Mandat 83, 88 ff., 93 ff., 101, 104 ff., 175, 228 f., 234 ff., 251 – Normierung 93 ff., 101, 232 ff. – Schutzbereich 104 ff., 234 ff. Freiwilligkeit 20 f., 45, 50, 67 f., 83, 86, 90 ff., 184, 188, 202 f., 211, 228 ff., 240, 242, 251, 256 Fürst-Kommission 39 f., 87 ff. Gleichbehandlung der Parteimitglieder 19, 85, 93, 164 ff., 176 f., 183 f. Grundrechte 164 ff. Innerparteiliche Demokratie 102, 135, 164 ff. Kommunale Mandatsträger 23 ff., 185 Landesebene 68 ff., 93 ff., 123 f., 140, 179, 197 ff., 216 ff., 233 f., 250 Landtagsabgeordnete 48 f., 205 ff. Luxemburg 57 f. Mandatsträgerbeiträge – Ausland 51 ff. – Begrenzung 86 f., 136 ff., 177 f. – Berücksichtigung bei der Parteienfinanzierung 150, 156 f., 163 f., 180 ff. – Haushaltsanteil 16, 39 ff. – Historie 16, 31 ff. – Normierungsverbot 188 – Rechtsgrundlagen 59 ff. – Steuerrechtliche Begünstigung 150 f., 157 ff., 181 f., 195 – Transparenzerhöhung 188 f. – Umfang 16, 38 ff. – Umfragen 38, 43 ff., 47 ff. – Verbot 68 ff., 132 ff., 145 ff., 183 ff. – Zahlungsweise 139 f., 178 f.
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Nationalsozialismus 34, 193 Niederlande 58 f. Niedersächsisches Abgeordnetengesetz 68 ff., 217 ff., 255 Nordrhein-Westfälisches Fraktionsgesetz 224 ff., 254 f. Österreich 51 ff. Parteien – Binnenrecht 59 f., 175 – Chancengleichheit 84, 142 ff., 176 – Finanzordnungen 63 ff. – Grundrechtsbindung 164 ff. – Haushalt 39 ff. – Innerparteiliche Demokratie 102, 135, 164 ff. – Rechenschaftsberichte 39 ff., 61, 91 f., 189 – Satzungen 63 ff., 90, 102 ff. – Staatsfreiheit 86, 142 ff., 176 Parteienfinanzierung – Begrenzung für Abgeordnete 185 ff. – staatliche 37 f., 83 f., 87 ff., 149 ff., 180 ff. – Verbot für Abgeordnete 183 ff. – verdeckte 83 f., 88, 142 Parteienfreiheit 132 ff., 177 Parteiengesetz 39 ff., 150, 155 ff., 163 f., 180 ff., 187 ff., 222 f., 255 – Änderungen 87 ff. Parteimitglieder 59 f., 85, 164 ff., 175 ff. Privatautonomie 103, 140, 164, 184, 186, 263 Privatdiäten 32, 191 Prüfungsmaßstäbe 93 ff., 232 ff. Publizitätsgrenze 92, 189 Rheinland-Pfälzisches Fraktionsgesetz 200, 212 f., 257 f. Sachverständigenkommissionen 39 ff., 87 ff., 159 f., 162 Schweiz 58 Sendler-Kommission 41, 89 f., 159 ff., 181 Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 31, 33, 36, 39, 41 ff., 65, 82, 160, 191 ff., 197 f., 200 ff., 214 ff., 227
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Sachverzeichnis
Staatsfreiheit der Parteien 86, 142 ff., 176 Steuerliche Begünstigungsgrenzen 150 f., 153 f., 157 ff., 181 f. Steuerrecht 150 f., 153 f., 157 ff., 181 f., 195 Transparenz 124, 188 f., 196 ff., 257 f. Umfragen 16, 38, 43 ff., 47 ff., 196, 201 ff., 227 Unentgeltlichkeitsartikel 31 f. Unionale Ebene 28, 47 f., 99 ff., 141, 179
Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern 97 f., 140, 179, 250 Verfassung des Landes Schleswig-Holstein 97 f., 140, 179, 250 von Wedel-Kommission 41, 90 ff., 162 Wahlkampf 18, 37, 70 f., 79 f., 85, 172 ff., 177, 184 f., 228, 231 Weimarer Republik 33 f., 192 Zwang 20, 90 ff., 108, 229, 248, 256 Zweckgebundene Fraktionsfinanzierung 196, 219 ff.