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German Pages 222 [235] Year 1895
DIE
SCHWEDISCHE ARMEE IM Ü R E I S S I G J Ä H R I G E N
KRIEGE
UND IHRE ABDANKUNG VO X
THEODOR LORENTZEN, Dr. phil., Kustos a. d. Gr. Univorsitäts-Bibliothek zu Heidelberg.
LEIPZIG, VERLAG
YON
YETT
1894.
&
COMP.
DRUCK V O N O T T O DÜRR IN LEIPZIG.
HERRN GEHEIMEN HOFRAT
PROFESSOR DR. BERNHARD ERBMAKNSDÖRFFER
GEWIDMET
Vorwo rt. ff^lio vorliegende Arbeit habe ich s. Z. in dem Seminare des gM2\ Herrn Geh. Hofrates Prof. Dr. E r d m a n n s d ö r f f e r begonnen. Noch ehe ich die ersten Ergebnisse meiner Studien in meiner 1888 erschienenen Dissertation veröffentlichen konnte, kam die erste Lieferung von Erdmannsdörffers jetzt preisgekrönter „Deutscher Geschichte vom "Westfälischen Frieden bis zum Regierungsantritt Friedrichs des Grossen" heraus, in welcher er auf . S. 19 in einer längeren Anmerkung auch öffentlich auf das Interessante einer „Geschichte der 5 Mill. Th." hinwies. So sehr dies für mich ein Sporn sein musste, auf dem eingeschlagenen "Wege rüstig weiterzugehen, so habe ich doch infolge anderer dringender Arbeiten, welche mich mehrere Jahre ganz in Anspruch nahmen, erst in der letzten Zeit die Müsse finden können, den Stoff noch einmal von Anfang an durchzuarbeiten und das Ganze zu Ende zu führen. Mein hochverehrter Lehrer hat meine Studien von Anfang an mit dem regsten Interesse begleitet und mich oft mit seinem bewährten Rate unterstützt. Möge er daher das vollendete "Werk freundlich von mir annehmen als ein bescheidenes Zeichen meines warmen und herzlichen Dankes, zu welchem ich ihm verpflichtet bin. "Weiter habe ich zu danken Herrn Prof. Dr. Eb. G o t h e i n in Bonn, welcher mir bereitwilligst einige Excerpte überliess, und Herrn Universitäts-Bibliothekar Dr. Claes A n n e r s t e d t in Upsala, welcher mir, obwohl ich ihm gänzlich fremd war, mit der der schwedischen Nation eigenen liebenswürdigen Gefälligkeit nicht nur eine Reihe wichtiger einschlägiger schwedischer "Werke namhaft machte, sondern auch eigene handschriftliche Aufzeichnungen übersandte.
VI
Vorwort.
An ungedruckten Quellen habe ich vor allem die Erskein'sche Sammlung in dem Kgl. Staatsarchiv zu Hannover benutzt, ferner Akten aus dem Gr. General-Landes-Archiv in Karlsruhe, dem Kgl. Geh. Haus- und Staats-Archiv in Stuttgart, den Archiven des Kreises und der Stadt Schleusingen i. Th. Auch aus dem Kgl. Staats-Archiv zu Marburg i. H. gingen mir freundliche Mitteilungen zu. Bei allen genannten Behörden haben meine Wünsche ein so bereitwilliges Entgegenkommen gefunden, dass ich es nicht unterlassen kann, auch ihnen meinen verbindlichsten Dank abzustatten. Der kundige Leser wird selbst finden, in wie weit es mir gelungen ist, eine den geschichtlichen Thatsachen entsprechende, getreue Darstellung zu geben, und wo ich mich in Ermangelung ausreichender Vorarbeiten und bei der Schwierigkeit mancher in Betracht kommender Fragen, besonders der Heeresfinanzen des grossen Krieges, begnügen musste, das Bild in grossen Umrissen zu zeichnen. "Wie man auch über meine Ergebnisse urteilen möge, einem redlichen Bemühen, das Richtige zu finden, wird man, so hoffe ich, seine Anerkennung nicht versagen.
H e i d e l b e r g , Ostern 1894.
Theodor Lorentzen.
Inhalt. Seito
Einleitung
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Erstes Kapitel. Die schwedische Armee unter Gustav Adolf
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Zweites Kapitel. Die schwedische Armee und der evangelische Bund
32
Drittes Kapitel. Die schwedische Armee und der Prager Friede
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Viertes Kapitel. Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens
70
F ü n f t e s Kapitel. Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress .
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.
105
Die schwedische Armee und der Nürnberger Friedensexekutionskongress
161
Sechstes Kapitel. Siebentes Kapitel. Die Abdankung der schwedischen Armee
17S
Schluss
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E i n Jahrhundert lang hat Schweden in der Reihe der europäischen Staaten als Grossmacht einen weithin gesuchten und gefiirchteten Einfluss ausgeübt. Diese Gewalt aber beruhte nicht auf den Machtmitteln des Heimatlandes: sie war bedingt durch eine grossartige Eroberungspolitik, welche die Herrschaft über die Ostsee und deren reiche Hafeneinkünfte erstrebte. Sobald Schweden die Fesseln der Union abgestreift hatte, sobald es die Neuerungen der Reformation in sich überwunden hatte, sobald es ein Erbreich geworden war, sobald es überhaupt fähig war, eine selbständige Politik nach aussen führen zu können, begann auch der Kampf um das dominium maris Baltici, in welchem nach und nach Ingermanland, Karelien, Esthland, Livland und Pommern, ferner die wichtigsten Häfen von Preussen und Mecklenburg für die Krone Schweden, welches schon seit alters im Besitze von Finland war, erworben wurden. Durch ein neues System mit erhöhten Zollsätzen, den sog. Licenten, welche, von dem Kanzler Axel Oxenstierna selbst unter Beihülfe des holländischen Kaufmannes Peter Spiring aufgestellt, den lebhaften Handel in den Ostseehäfen besteuerten, erhielt das Mutterland die Mittel, seine Stellung als Grossmacht zu begründen und zu behaupten. 1 So war im Norden ein grosses Staatengebilde entstanden, mit dem Freund und Feind sich auseinanderzusetzen hatten — aber sein Bestand war absehbar, es war unnatürlich, vor allem deshalb, 1 1633 schrieb Oxenstierna an den Rat: Licenterne äre ett större secretum regni Sueciae än mängen tror, och kan jag det, säsom den dem drifvit hafver, med sanning säga: BlifVa de erhällne och bevarade, säär riket tvänne ganger sä stärkt som det nägon sin varit hafver och mäktigt att taga emot sina Bender. Odhner, Sveriges deltagande i Westfaliska fredskongressen in Kgl. Vitterh. hist. och antiq. akad. handlingar 27, S. 48 Anm.
L o r e n t z e n , Sehwed. Armee.
1
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Einleitung.
weil der nationale Grundstock, das arme und gering bevölkerte Heimatland, in keinem Verhältnis stand zu den weiten eroberten Gebieten. Das Ganze konnte nie zu einem grossen nationalen Reiche verschmelzen, denn unter der Bevölkerung desselben z. Z. seiner grössten Ausdehnung in der Höhe von etwa 2x/2 Mill. Einwohnern zählte das Stammland höchstens 1200 000. 1 Die neue Grossmacht war ein Koloss mit thönernen Füssen. "War nun die Grösse Schwedens schon deshalb unnatürlich, weil ihr die mächtige nationale Grundlage fehlte, so wurde sie noch unhaltbarer durch die Masse der Feinde, welche es sich durch seine rücksichtslose Ausdehnung erworben hatte. Russland, Polen und Brandenburg waren, durch dieselbe vom Meere abgedrängt, Binnenstaaten geworden und somit in ihrer natürlichsten Entwickelung, zu welcher sie auf den Ostseehandel angewiesen waren, gehemmt. Neben ihnen, welche natürlich nur auf die günstige Gelegenheit warteten, ihre Länder wieder dem weiten, völkerverbindenden Meere zugänglich zu machen, stand Dänemark, im Besitze der Schlüssel zum Baltischen Meere, der alte Rivale und Erbfeind Schwedens, jeden Augenblick bereit, eine Blosse des Gegners, von dem es überflügelt worden war, auszunutzen. Aber auch in der Ferne empfand man es schwer, dass die Ostsee schwedisch geworden war. England war hier lebhaft mit seinem Handel interessiert,2 noch viel mehr aber Holland, von dessen Fahrzeugen nach einer Berechnung vom Jahre 1634 6000 jährlich in der Ostsee verkehrten, welche allein 720000 Lasten frachteten, während die gesamte holländische Handelsmarine 34854 Fahrzeuge zählte mit nur etwas mehr als 2 Mill. Frachten. 8 1 Vgl. Yeibull, Sveriges storhetstid ( = Sveriges hist. frän äldsta tid. IV) S. 4 u. Odhner, Sveriges inre historia, S. 349—50. Unter Gustav Adolf hatte Schweden nur höchstens 8—900000 Einwohner und die Gesamtmonarchie höchstens 2 Millionen. 2 Wie drückend für England z. B. die preussischen Zölle waren, geht aus dem Verhalten des englischen Gesandten bei den Stuhmsdorfer Friedensverhandlungen hervor, welcher offen mit Krieg drohte, falls dieselben auch fernerhin erhoben würden. Pufendorf, comment. de rebus Suecicis VIII, 132. 3 Die Handelsbeziehungen zwischen Holland und Schweden sind anschaulich geschildert von Odhner, Sver. i. hist. S. 291. Trotzdem dieselben sehr eng waren, blieb doch das politische Verhältnis beider Mächte kalt, zum grossen Teile eben wegen der Ostseezölle, und nur die Erhöhung des Öresundzolles durch Dänemark führte eine vorübergehende Annäherung herbei, vgl. auchArkiv tili upplysning om svenka krigens historia I, S. 27; Urk. u. Akten z. Gesch. d. gr. Kurfürsten IV, hersg. v. Erdmannsdörffer S. 23; Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte von 1648—1740. I, S. 218 Anm.
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Einleitung.
Eings Ton Feinden umgeben» musste daher Schweden beständig auf seine Verteidigung bedacht sein; es konnte sich nicht der Hoffnung hingeben, sich eines auch nur einigermassen dauernden Friedens je erfreuen zu können ob iniqua vicinorum odia et machinationes.1 „Schwedens Grösse, durch Krieg erworben, schien so unsicher, dass sie nicht anders, als durch Krieg aufrecht erhalten werden konnte. Es lag eine Art gebieterischer Notwendigkeit darin, dass Schweden nicht stille stehen konnte auf der Bahn der Eroberungen."2 Deshalb war es schon in früher Zeit gezwungen, ein stehendes Heer zu halten, welches um so beträchtlicher war, je weiter seine neue Grenzen ausgedehnt waren. Aber trotz seiner grossen Eroberungen war es doch nicht im Stande, die Kosten desselben auf die Dauer aufzubringen. Ergab daher die feindselige Haltung der Nachbarn für das nordische Reich einerseits die Notwendigkeit, fortwährend auf den Defensivkrieg bedacht zu sein, so zwang es anderseits die Lage seiner Finanzen, den Krieg geradezu zu suchen, damit das Heer, welches doch erhalten werden musste, wenigstens in Feindesland und vom Feinde ernährt wurde. Der Krieg, welcher für andere Völker ein Ausnahmezustand selbst in früheren Zeiten war, war für Schweden der normale Zustand. Das Bewusstsein dieser merkwürdigen Thatsache war bei den leitenden Staatsmännern dieses Reiches durchaus lebendig: „dass Schweden nicht lang ohne Krieg sein kann", sagte Oxenstierna 1636 im Rate, „dictirt situs regni et loci; und sind hieran unsere Könige oder tollen Köpfe, wie Einige sagen, nicht Schuld gewesen";8 und der bedeutende Staatsmann Salvius sagte unverblümt auf dem Lübecker Kongresse: „Andere Völker fangen Krieg an, weil sie reich sind, Schweden, weil es arm ist".4 In demselben Sinne äusserte er sich auf dem "Westfälischen Friedenskongress dem brandenburgischen Gesandten Wittgenstein gegenüber: — ihnen wäre wenig am Frieden gelegen, da sie, wenn sie diese Stunde im Reiche Friede machen würden, dennoch alsobald wieder in einen andern Krieg einzu1
Pufendorf VIII, 50. Geijer, Geschichte Schwedens, fortges. von Carlson, übers, von Petersen, Band 4, S. 33. * Geijer, Gesch. Schwedens übers, v. Leffler, Hamburg 1836, Band 3, S. 17 Anm. 4. 2
4 Linage de Vauciennes, Mémoires de ce qui s'est passé en Suède 1645—1655, tirez des depesches de M. Chanut. Cologne 1677. II, 304 f. Über den Wert dieser noch oft citierten Memoiren vgl. Veibull, Drottning Kristina och Klas Tott. Inbj. Skr. Lund 1892. S. 4 ff.
1*
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Einleitung.
treten resolvieren müssten, angesehen der schwedische status nicht ohne Krieg sein könnte. 1 Mit der Krone hatte Gustav Adolf zugleich den Krieg geerbt, und seine ganze über 20 jährige Regierungszeit ist eine fast ununterbrochene Reihe von Kriegszügen. Gegen Dänemark erntete er zwar keine Lorbeeren, aber Russland gewann er durch den Frieden von Stolbowa die Ostseeprovinzen Ingermanland, Karelien und Iivland ab. Dann wandte er sich gegen Polen: nach über zwölf Jahre langem Kriege schloss er mit demselben den Waffenstillstand von Altmark, welcher ihm die Häfen Pillau, Memel, Danzig und Elbing, die „Augen" der Ostsee, und damit die Herrschaft über die Mündungen des Niemens, des Memels und der Weichsel einbrachte. Dieser polnische Krieg hatte abgebrochen werden müssen, denn schon richteten sich des Königs Blicke sorgenvoll auf Deutschland, wo der Protestantismus politisch fast vernichtet war. Den Einfluss der siegreichen kaiserlichen Macht hatte Gustav Adolf schon während seines Feldzuges gegen Polen empfunden. Auch von hier drang der Katholizismus vor, um durch Unterstützung der Ansprüche der katholischen Wasa auf den schwedischen Königsthron dem Protestantismus einen neuen gewaltigen Abbruch zu thun. In gleicher Weise waren aber auch die politischen Hoffnungen des Kaisers hoch gestiegen: seine kühnen und zukunftsreichen Pläne, mit Liebe gepflegt von seinem grossen Heerführer, bezweckten, mit spanischer Hülfe eine Flotte auf der Ostsee zu schaffen und so auch zur See die kaiserliche Gewalt weit üher die Grenzen Deutschlands nach Norden auszudehnen,2 ein Unternehmen, welches der jungen nordischen Grossmacht unheilvoll werden musste. Denn eine grosse habsburgische Flotte zerriss die direkte Verbindung Schwedens und seiner eroberten Provinzen, störte die Zollpolitik dieses Reiches in der Ostsee und war zugleich das trefflichste Mittel, die nie aufgegebenen Absichten der polnischen Wasas in Schweden zu realisieren: die maritimen Pläne des Kaisers trafen die Lebensinteressen 1 Urk. u. Akt. IV, S. 448; Pufendorf, de reb. gest. Frid. Guilh. II, 54. 1644 beklagte sich der dänische König über seine Nachbarn: Die Schweden kennen keine Kücksichten und suchen sich nicht vorerst gütlich zu vergleichen, sondern gedenken nur audendo et bella ex bellis serendo gross zu werden. Londorp, acta publica V, S. 842. Ein schwedisches Sprichwort lautete: Im Frieden leiden wir Not, im Kriege haben wir Brot. *) Gindely, die maritimen Pläne der Habsburger (Denkschriften der Wiener Akademie phil. bist. Cl. 39, 1891).
Einleitung.
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Schwedens als Grossmacht und die Zukunft des Protestantismus im Norden in gleicher Weise ins Herz. Man würde das staatsmännische Genie des grossen Königs verkleinern, wollte man ihn lediglich als den frommen Märtyrer ansehen, welcher in voller Selbstlosigkeit sich für die evangelische Sache aufopferte. Gustav Adolf musste den Yorstoss gegen den Kaiser wagen zur Yerteidigung seines eben erst geschaffenen Reiches und des Protestantismus: beide Gedanken lassen sich nicht von einander trennen. In der Zukunft aber winkten nach glücklichen Erfolgen in Deutschland neue Vorteile. Zur Belohnung für seine Dienste, welche doch dem deutschen Protestantismus so wesentlich mit zu gute kamen, dachte er Pommern nach dem voraussichtlichen Aussterben des einheimischen Herrscherhauses seinem Reiche einzuverleiben und so den .Licentenring um die Ostsee zu vervollständigen.1 Schon an der Yerteidigung der wichtigen Festung Stralsund gegen Wallenstein hatte die schwedische Flotte wesentlichen Anteil genommen; nach Beendigung des polnischen Krieges rüstete Gustav Adolf mit aller Macht und 1630 im Frühjahr begann er den neuen Krieg, welcher, furchtbarer als alle früheren, 18 Jahre lang währte und nur mit Aufbietung ungewöhnlicher Mittel durchgeführt werden konnte. Arm und dünn bevölkert war Schweden den Anforderungen eines so langwierigen Unternehmens bei weitem nicht gewachsen; treffend charakterisiert Clausewitz dasselbe mit den Worten: Gustav Adolf b e t r i e b ein G e s c h ä f t , welches weit die Grenzen s e i n e r K r ä f t e ü b e r s t i e g , wie der K a u f m a n n durch blossen Kredit.2 Das grosse Wagnis glückte, wenn auch nicht in dem Masse, wie sein ruhmreicher Anfang es erwarten liess: es glückte besonders durch die Leistungsfähigkeit eines vortrefflich geschulten und auch nach Gustav Adolfs Tode vortrefflich geleiteten Heeres, welches sich jedoch im Laufe wechselvoller Schicksale, beeinflusst von den deutschen und schwedischen Heereseinricbtungen, den politischen Zuständen im deutschen Reiche und den ökonomischen Yerhältnissen in Schweden in eigentümlich selbständiger Weise entwickelte. 1 2
Odhner, Sveriges deltagande, a. a. 0 . S. 48. Clausewitz, Hinterlassen Werke. 9. Berlin 1837, S. 102.
Erstes Kapitel. Die schwedische Armee unter Gustav Adolf. Schon Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts erkannten einsichtsvolle Feldherren die Schäden des entarteten Söldnertums. "Wir finden in dieser Zeit eine ganze Reihe von Zeugnissen bedeutender Militärschriftsteller, welche empfehlen, statt dessen die Unterthanen in geregelter "Weise zum Kriegsdienste heranzuziehen. Am berühmtesten unter ihnen ist die bekannte im Jahre 1600 verfasste Denkschrift des Landgrafen Moritz des Gelehrten von Hessen über die Einrichtung des hessischen Landesausschusses geworden,1 welche, beeinflusst durch die militärischen Reformgedanken Johanns von Nassau, schon ziemlich klar die Grundzüge der allgemeinen "Wehrpflicht darlegte. "Wie Gustav Adolf die Taktik der Oranier weiter bildete, so war er auch in betreff der Heeresverfassung ein gelehriger Schüler derselben. Auch er war darauf bedacht, vor allem ein nationales Heer zu schaffen, welches am besten zur Landesverteidigung geeignet erschien. Dies war zugleich das erste stehende Heer und haftete mit seinen innersten "Wurzeln in dem konservativen Volksleben selbst, so dass es, weiter gebildet von Karl XI., 200 Jahre lang in dieser Verfassung geblieben ist.2 Der schwedischen Militärverfassung hatte ein ausgeprägtes Prinzip bisher nicht zu Grunde gelegen: nach dem jeweiligen Ermessen 1 Jahns, Gesch. d. Kriegswissenschaften II, S. 883 ff.; Bommel, Gesch. v. Hessen, VIII, S. 689 ff. 2 Eine historische Skizze der kgl. schwedischen Armee und Übersicht ihres gegenwärtigen Zustandes findet sich in der Österr. militär. Zeitschrift 1818 I, S. 183 ff., II, 23 ff.
Die schwedische Armee unter Gustav Adolf.
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der Herrscher wurden die Heere in verschiedenster Weise im Lande zusammen gebracht; nur der Adel hatte vermöge seines Standes die unbedingte Verpflichtung, in Kriegszeiten dem Könige sich zur Verfügung zu stellen, und war die Hauptstütze des Heeres. Diese Einrichtungen hatten ihre grossen Schäden, selbst dieser erste privilegierte Kriegsstand blieb oft in der Erfüllung seiner Pflichten zurück, wie die häufigen Klagen beweisen. Gustav Adolf traf deshalb umfassende Änderungen. Durch dieselben verblieb zwar dem Adel der herrschende Einfluss im Heere, denn alle Offizierstellen waren ihm vorbehalten, auch wurde der sog. adlige Rossdienst nicht abgeschafft, aber ihm wurde doch seine eigentliche Bedeutung genommen; denn nicht weil es ihr Stand so mit sich brachte, sondern weil sie vor allem die grundbesitzenden Herren waren, hatten die Edelleute ihre Dienste fortan dem Vaterlande zu weihen. Die neuen Wehr Verpflichtungen, welche Gustav Adolf durch den Reich stagsbeschluss von 1627 dem Lande auferlegen liess, hafteten an dem G r u n d b e s i t z e : alle, ob adlig oder nicht, welche solchen besassen, waren der allgemeinen Aushebung unterworfen; „dieweil das Reich am besten von seinen Eingeborenen verteidigt wird," verkünden die Stände, „haben wir uns sämtlich dahin geeinigt, dass wir eine allgemeine Aushebung respektive anstellen und unternehmen wollen, nach welcher jeder zehnte Mann, mag er auf Kronoder Steuerhöfen, auf adligen (so in und ausser der Freiung) auf Pfarr-, Vogt-, Schreiber- und andern gefreieten Höfen getroffen werden, zum Dienst der Krone genommen werden soll. Auf gleiche Weise soll auch in den Städten jeder zehnte Mann zum Dienst der Flotte ausgehoben werden."1 Von der Kanzel herab musste jeder Pfarrer der gesamten männlichen Bevölkerung seines Kirchspiels von 15—60 Jahren, über welche er ein Verzeichnis zu führen hatte, Ort und Tag bekannt geben, an welchem sie sich einzufinden hatte. Die königl. Kommissarien schrieben alle auf, welche die Kriegssteuer (utskrifningshjelp) bezahlen mussten; von dieser waren nur bestimmte Personen befreit. Die, welche keine feste Wohnung oder festen Verdienst hatten, wurden aufgefordert, sich solchen zu verschaffen, widrigenfalls sie ohne weiteres ins Heer gesteckt würden. Sodann wurden alle in Rotten zu 10 geteilt, doch die Steuer- oder Kronbauern für sich, und die Adelsbauern auch für sich, und aus jeder Rotte wurde 1
Geijer III, S. 42 ff.
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Die schwedische Armee unter Gustav Adolf.
ein frischer, gesunder und starker Mann von 18—30 Jahren zum Kriegsdienst ausgehoben, wobei doch gewisse Familien- und sonstige Rücksichten genommen wurden. Eine jede Eotte hatte den gewählten Mann mit Kleidern und Gewehr auszustatten. Wo dies nicht geschah, musste die sog. Rottensteuer (rotepenningar) bis zu 18 schwed. Thaler = 8 Rth., entrichtet werden. Auf diese Weise wurde das Fussvolk zusammen gebracht, die Reiterei wurde jedoch im Lande meist freiwillig geworben, und die Marinesoldaten wurden in den Städten ausgehoben. 1 Für den deutschen Krieg gewann Gustav Adolf so an Fussvolk 29250 Mann, an Reitern konnte man etwa 8000 rechnen, dazukam noch der adlige Rossdienst, Artillerie, Flottenmannschaft u. s. w., so dass dem Könige an einheimischem Volke 43148 Mann zur Verfügung standen, 2 wovon 2800 zum Flottendienst verwandt wurden. Da diese Truppenmacht jedoch bei weitem nicht ausreichte, einmal Schweden gegen etwaige Angriffe von Seiten der drohenden Nachbarn zu schützen und zugleich den grossen Krieg in Deutschland zu führen, so musste sich Gustav Adolf, obwohl widerwillig, entschliessen, durch Söldnertruppen das Fehlende zu ergänzen. Ganz Europa, besonders aber Deutschland, war damals überschwemmt von grossen Massen umherirrender Abenteurer, welche, einen eigenen Stand bildend, den Kriegsdienst als Handwerk übten oder als vollkommene Gelegenheit ansahen, ein freies, ungebundenes Leben zu führen. Dies waren teilweise ganz redliche, tüchtige Kriegsknechte, teilweise aber aus Landstreichern, Yerarmten und Landflüchtigen zusammengesetztes Gesindel. Ohne besonderen inneren Zusammenhang mit der Sache, welche sie vertraten, und ohne bewusstes nationales Gefühl verpflichteten sie sich der Partei, bei welcher sie am meisten Aussicht hatten, hohen Sold zu verdienen, oder bei welcher sie im Vertrauen auf Sieg und Erfolge hoffen konnten, durch Beute und Plünderung in kurzer Zeit reich zu werden. Aus ihnen waren die grossen Söldnerheere Wallensteins, Mansfelds, Christians von Braun schweig u. a. zusammengesetzt, mit ihrer Hülfe hatte auch Gustav Adolf seinen langen Krieg in Polen geführt und hielt 1629 deren noch 16000 Mann unter seinen Fahnen. Jetzt wurden sie durch neue Werbungen, welche in Deutschland besonders durch Dietrich von Falkenberg und Dodo von Knyphausen 1 9
Arkiv till upplysning HI, Einleitung S. 51 ff. Ygl. hierzu Arkiv tili upplysning HI, Nr. 8 7 9 - 8 9 3 u. Einleitung 11 f.
Die schwedische Armee unter Gustav Adolf.
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betrieben wurden, vermehrt und auf die Zahl von 36000 gebracht, so dass die gesamte Heeresmacht der Schweden im Anfang des Jahres 1630 etwa 79—80000 Mann betrug. 1 Zur Verteidigung der Heimat mussten davon etwa 35000 Mann zurück gelassen werden: 16000 für Schweden selbst, 7500 für Preussen, der Eest für die anderen Ostseeprovinzen. Als Gustav Adolf in Deutschland landete, war er begleitet von 10052 Mann z. F., 2590 Reitern und 600 Mann Artillerie, doch verstärkte sich diese kleine Schar durch den Nachschub aus Schweden und Zuzüge aus Preussen, sowie durch die geworbenen Regimenter allmählich, so dass Ende des Jahres 1630 die für den Anfang des Krieges bestimmte Truppenmacht in der Höhe von gegen 42000 Mann beisammen war, 2 von denen etwa 10400 in Garnisons lagen. Mit ihnen wagte es der König, der Macht des Kaisers, dessen Truppen auf 130000 Mann angegeben werden, — allerdings verteilten sich dieselben auf die weiten Gebiete von der Nordsee bis tief nach Italien hinein — entgegenzutreten. Natürlich waren diese Kräfte nur für den Anfang berechnet, einen wirkungsvollen Fortgang konnte das kühne Beginnen nur dann haben, wenn die Erwartungen, welche Gustav Adolf auf die Unterstützung der protestantischen Stände in Deutschland setzte, sich verwirklichten.8 Als er den Krieg begann, war ihm von allen Anknüpfungsversuchen noch keiner gelungen, ebensowenig, wie die Yerhandlungen mit den auswärtigen Mächten zu einem Resultat geführt hatten. Nur langsam gingen seine Hoffnungen in Erfüllung. Zwar gelang es ihm, 4 den Herzog von Pommern im Juli 1630 zu einem Schutz- und Trutzbündnis zu bewegen, welches am 30. August durch bestimmte Abmachungen befestigt wurde, aus der Ferne kamen ihm schon vertrauensvoll der kühne Landgraf von Hessen und die Herzöge Wilhelm und Bernhard von "Weimar mit Anträgen entgegen, bei günstigen Erfolgen stand der Beitritt des Herzogs Georg von Lüneburg u. a. bevor, aber die, auf welche es dem 1
Diese und die folgenden Ziffern sind nach der Sollstärke angegeben. Vollzählig waren die Regimenter immer nur auf dem Papiere; im günstigsten Falle waren nur 4 / 6 thatsächlich vorhanden. Die wirkliche Stärke der gesamten schwedischen Truppenmacht heim Beginn des Krieges ist daher auf 62—63000 Mann zu veranschlagen; Arkiv III, Einl. 13. 8
Arkiv I.
Einl. S. 42—43 u. N. 154.
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Pufendorf I, 67: Certa spes erat, ubi initia recte se darent, ipsam Uermaniam amicosque suppeditaturos, quae hello intra justam molem alendo sufficerent. 4
Arkiv I, Einl. 47 f.
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Die schwedische Armee unter Gustav Adolf.
schwedischen König am meisten ankam, die beiden evangelischen norddeutschen Kurfürsten, versteckten sich hinter dem kraftlosen Leipziger Konvent, und auch die geldkräftigen norddeutschen Hansestädte Hamburg, Lübeck, Braunschweig u. a. wünschten am liebsten neutral zu bleiben. Nur mit Widerwillen bequemte sich endlich Georg Wilhelm von Brandenburg, auf die Seite seiner Schwagers zu treten (Juni 1631): er zahlte monatlich 30 000 Thaler Hülfsgelder und im nächsten Jahre warb er 3000 Mann Hülfstrupen unter dem Obersten Burgsdorf, welche dem kursächsischen Kontingente zugesellt wurden. 1 Denn gezwungen durch Tillys Rücksichtslosigkeit warf sich endlich auch Kurfürst Johann Georg von Sachsen dem schwedischen Sieger in die Arme (Sept. 1631): mit 18000 Mann, von denen jedoch 7000 in Garnisons lagen, verstärkte er die Armee desselben, und beide Heere fochten gemeinsam in der grossen Schlacht bei B r e i t e n f e l d , 2 welche für das schwedische Unternehmen von grösster Bedeutung war; denn nun schwanden auch die letzten ängstlichen Besorgnisse der evangelischen Stände: überall lehnten sie sich gegen die willkürlichen Bedrückungen und Durchmärsche der Kaiserlichen auf und warben zu ihrem Schutze Truppen, wodurch sie Gustav Adolf den Sieg ebneten. Schon in Erfurt kam das Bündnis zwischen Schweden und dem Herzog Wilhelm von Weimar zu Stande, nach Würzburg Ende des Jahres 1631 und nach Frankfurt Anf. 1632 sandten die Protestanten von allen Seiten Unterhändler, um mit Gustav Adolf zu verhandeln, so dass dieser seinen Gesandten in Würzburg, Salvius, anwies, abzuwarten, „bis man sehen könne, wo die Sache hinaus lief", weil diese Verträge möglicherweise ihm mehr zur Last als zur Erleichterung dienen könnten.8 Durch die neuen Zuzüge wuchs die Armee des Königs bis zum Ende des Jahres 1631 auf 76600 Mann ohne das kursächsisch-brandenburgische Kontingent an, mit demselben auf beinahe 100000 Mann.4 Dieser Erfolg war zum grossen Teile auch dadurch ermöglicht worden, dass seit dem Frühjahr 1631 die Wer1
Arkiv III, Einleitung 29. Dies war das erste, wenn auch kleine Heer brandenburgischer Truppen, welches 1632—33 die Stärke von 13000 Mann erreichte und gänzlich nach schwedischem Muster gebildet war. Petersdorff, Beitr. z. Gesch. d. M. Brandenburg im 30jähr. Krieg (Forsch, z. brandenburg.-preuss. Gesch. 2 1889, S. 43. 2 Alles in allem hatte Gustav Adolf in Deutschland iu dieser Zeit über 70— 72000 Mann zu verfügen Arkiv III, Nr. 911. 911.', Einl. 24—25. 3 Pufendorf IE, 49. 4 Archiv I, Nr. 409 u. 410. II, Einl. 39; III, Einl. 2 6 - 2 7 .
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bungen besseren Fortgang hatten, denn das Yertrauen der Söldner in die Zahlungsfähigkeit des Königs war inzwischen erheblich gestiegen, nachdem Frankreich demselben im Januar des Jahres Subsidien zugesichert hatte. 1 Der Plan, die Truppenanzahl bis auf 200000 Mann zu erhöhen, musste jedoch wegen der Knappheit der Mittel aufgegeben werden; zur Zeit seiner höchsten Machtentfaltung (August 1632) verfügte Gustav Adolf etwa über 100000 Mann im Felde und 30000 Mann in den Garnisons.2 In sehr mannigfacher Art war di'eses grosse Heer zusammengesetzt. Da es natürlich geboten war, den Schutz des Vaterlandes vor allem den Unterthanen anzuvertrauen, um dasselbe nicht den Söldnern preiszugeben, so wurden von den nationalschwedischen Truppen im Laufe der Jahre 1630 und 1631 nur ungefähr die Hälfte, also etwa 20000 Mann, nach Deutschland gesandt. Aber auch von diesen kamen nicht viel ins offene Feld. Gustav Adolf war vorsichtig genug, sich eine sichere Operationsbasis zu schaffen: zur Deckung der Garnisons in Pommern, Mecklenburg und Brandenburg verwandte er seine treuen und genügsamen Schweden und Finnen, 3 auf welche er sich verlassen konnte, während die deutschen geworbenen Truppen bei ausbleibendem Solde leicht den Gehorsam aufsagen und die Festungen dem besser zahlenden Feinde ausliefern konnten. Anderseits aber waren diese, wenn sie auch oft unbotmässig und anspruchsvoll auftraten, doch in ihrem Berufe erprobte Soldaten, welche sich auch bei mangelnder Führung vortrefflich schlugen, während die einheimischen Truppen, zumal sie eben erst, zum Teil gegen ihren Willen, ausgehoben waren, trotz aller Tapferkeit und Ausdauer nichts Rechtes in Abwesenheit ihres Königs leisteten,4 in allem also im Felde weniger verwendbar waren, als die deutschen Söldner.5 Mit der schwedischen Kavallerie, welche 1
Bougeant, hist. des guerres et des négoe., qui précédèrent la traité de Westphalie I, 3, § XXI. 2 Arkiv III, Einl. 31 f. 3 Khevenhüller, Annales Ferdinandei XI, 1307. 4 Wassenberg, Paneg. select. cum paraenesi àd Germanos, Brüx. 1648, S. 130. 5 Unter den geworbenen Truppen Gustav Adolfs, wie in allen Söldnerheeren dieser Zeit, waren wohl die verschiedensten Nationen in buntem Mischmasch vertreten; am Anfang besonders stark Engländer und ¡schotten, von denen 6—7000 durch Hamilton angeworben wurden, aber den Strapazen und dem ungewohnten Klima bald erlagen. Allein das deutsche Element überwog bei weitem; deshalb ist auf die Fremden im folgenden nicht weiter Rücksicht gonommen. Vgl. Chemnitz, Kgl. Schwed. in Teutschland geführter Krieg II, 746.
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einer freiwilligen Werbung gefolgt war, verhielt sich dies anders: sie begleitete den König in seiner nächsten Umgebung, bildete den Kern der gesamten Reiterei und stand in der Schlacht stets auf dem äussersten rechten Flügel, in welchem die Entscheidung lag. Ihre Zahl betrug etwa 4000, an einheimischer Infanterie mochten etwa 6—8000 mit nach dem Süden ziehen, so dass die schwedischen Nationaltruppen im Felde etwa den zehnten Teil, die Garnisons inbegriffen, etwa den sechsten Teil der gesamten unter Gustav Adolfs Befehl stehenden Heeresmacht zur Zeit ihrer grössten Stärke ausmachten. Die Hauptgewalt derselben lag in den deutschen Regimentern, wie es der Plan des Königs in Hinblick auf sein schwach bevölkertes Land von Anfang an gewesen war. Hatte aber Gustav Adolf über die aus seinen eignen Unterthanen bestehenden Truppen vom General bis zu dem Gemeinen herab unbedingt zu verfügen, so stand ihm dies bei den geworbenen Regimentern keineswegs zu. Die ursprüngliche Verfassung der Landsknechtsfähnlein uncl -Regimenter hatte ein demokratisches Gepräge gehabt. Den Gemeinen stand das Recht zu, ihre niederen Vorgesetzten für die Dauer des Feldzuges zu wählen, welche nach demselben wieder in die Reihen zurück traten. Auch die Offiziere mussten sich erst die Anerkennung ihrer Untergebenen verschaffen: Obersten und Hauptleute „baten" um Gehorsam, sie standen zu den Gemeinen etwa im Verhältnis wie der Meister zum Gesellen, wie überhaupt das ganze Fähnlein eine kriegerische Bruderschaft, eine Zunft, eine Schwurgenossenschaft oder Gemeine bildete. Mit der Zeit war dies aber anders geworden; allmählich wurden die Rechte der Gemeinen, immer mehr zurück gedrängt; während des 30jährigen Krieges waren sie nur noch willenlose Diener, welche nur durch barbarische Strenge von oben her zusammengehalten werden konnten. Um so mehr war die autonome Stellung der Offiziere, welche sich als besonderen Stand absonderten, gewachsen; an ihrer Spitze vor allem die der Obersten. Diese waren es vornehmlich, welche im 17. Jahrhundert die Regimenter zusammenbrachten; sie waren die „entrepreneurs", welche mit den Bestallungen gewisser kriegführender Parteien versehen die Werbetrommel im Lande rühren Hessen. Auf eigene Kosten oder auch mit Hülfe von Hauptleuten oder Rittmeistern, mit welchen sie in Verbindung getreten waren, errichteten sie die Regimenter, welche sie dem Kriegsherrn zur Verfügung stellten, doch so dass dieser nur durch ihre Vermittelung über die Soldaten verfügen konnte. Die
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Obersten waren die Eigentümer ihrer Regimenter in des Wortes vollster Bedeutung; sie stellten die oberen und subalternen Offiziere an und ergänzten die Lücken, ihnen stand es zu, über ihre Untergebenen die Justiz zu üben. Der Kriegsherr hatte nur das Recht, zu jeder Zeit durch seine Kommissare die Regimenter auf ihre Vollzähligkeit prüfen zu lassen, im übrigen musste er sich mit den Bestimmungen des Artikelbriefes begnügen, welche jedes Regiment beschwören musste. Dieselben verlangten Gehorsam — 30 Tage für einen Monat zu dienen, keinen Sturmsold zu ertrotzen — auch bei verzögerter Löhnung willig die Pflicht zu thun — keine Gemeinde ahne Erlaubnis der Obersten zu berufen u. s. w. Dagegen verpflichtete sich der Kriegsherr durch die sog. „Bestallung" zur Rückerstattung aller entstandenen Unkosten und zur pünktlichen Zahlung des Soldes. Ausserhalb des Dienstes waren sowohl die Obersten dem Kriegsherrn, als auch die Regimenter ihrem Obersten gegenüber nur zu einem sehr bedingten Gehorsam verpflichtet. Die Zusammensetzung dieser Söldnerheere hatte allmählich einen rein finanziellen Charakter angenommen. Nicht auf das Parteiinteresse, nur auf den Gelderwerb sahen die Offiziere. Die Errichtung eines Regimentes war mehr eine Spekulation, in welcher die Obersten, zum Teil auch die Hauptleute ihr ganzes Vermögen anlegten ; oft verkauften sie ihre Güter, um bar Geld zu diesem Zwecke zur Hand zu haben. Sie rechneten auf den Erfolg: in diesem Falle musste sich das angelegte Kapital reichlich verzinsen; Beute, Extrabelohnungen und ein starker Anteil an den Brandschatzungen fielen ihnen dann ausser ihrer Besoldung zu. 1 Im Falle der Niederlage aber konnte leicht das ganze Kapital gefährdet werden. Generale, Obersten und Hauptleute waren somit mehr grosse Geschäftsunternehmer, als Offiziere. Nur vermögende Leute konnten Werbungen veranstalten, zumal bei dem Geldmangel, an welchem in dieser Zeit fast alle kriegführenden Parteien litten, die Rückerstattung der aufgewandten Kosten meist nicht möglich war; ja die Obersten mussten oft auch fernerhin den Sold aus ihrer Tasche vorschiessen, und manche kreditierten so ihrem Herrn ihr ganzes Vermögen. So wurden sie eine ganze Gesellschaft von Staatsgläubigern, wodurch die grosse Selbständigkeit, welche so wie so schon in ihrer Stellung 1 Die fränkischen Stände schlugen 1634 vor, den Generalen und Feldobersten nur ein Drittel der Brandschatzungen zu geben, von den im Felde und in den Städten eroberten Geschützen aber die Hälfte. Londorp IY, 431.
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lag, noch bedeutend erhöht wurde. Sie verstanden es, dies Verhältnis zu ihren Gunsten auszunützen und sich durch Wucher und Betrügereien, besonders dadurch, dass sie Regimenter unvollzählig erhielten und auch den vorhandenen Mannschaften den Sold nur halb zahlten, aber ihn von dem Kriegsherrn für die volle Stärke ihres Regimentes forderten, ferner durch allerlei Quälereien der Unterthanen in unglaublicher "Weise zu bereichern. Gegen solche betrügerische Ausbeutung war der Kriegsherr ziemlich machtlos; denn da er selbst seinen eigenen Verpflichtungen nicht nachgekommen war, war ihm auch die Möglichkeit genommen, auf der Einhaltung des Artikelbriefes so strenge zu bestehen. Die Obersten stellten in der schwedischen Armee, wenn man so sagen darf, das demokratische Element unter den oberen Offizieren dar, während die ihnen vorgesetzten Generale aller Abstufungen Beamte des Königs waren, welche von ihm eingesetzt und hoch bezahlt wurden. 1 Meist waren diese geborene Schweden, aber auch viele Deutsche, besonders unter Gustav Adolf, rückten in die höheren Stellen ein. Sie vertraten den Obersten gegenüber das Interesse der Regierung, aber es kamen doch auch Zeiten, wo beide Gruppen der oberen Offiziere im Bunde gegen die Krone standen. Dies konnte sich um so leichter ereignen, da die Generale trotz ihrer Chargen vielfach doch die Inhaber der Regimenter, welche sie als Obersten befehligt hatten, geblieben waren. In erhöhtem Masse wussten die Generale ihren Vorteil klug wahrzunehmen, die Lande zu ihren eigenen Zwecken auszubeuten und aus ihrem Dienste eine Quelle unermesslicher Reichtümer zu machen. Noch mehr als die Obersten waren sie die Gläubiger der Krone, von welcher sie nicht nur die Auszahlung ihres rückständigen sehr hohen Gehaltes2 und der ausserordentlichen Belohnungen zu fordern hatten, sondern welcher sie noch mehr als die Regimentsoffiziere oft Kapitalien von beträchtlicher Höhe bar vorschossen, oder auf ihren eigenen Kredit Anleihen bei deutschen und ausländischen Kaufleuten vermittelten, 1
Im Jahre 1642 schlössen die kaiserliche und schwedische Armee vor Zittau unabhängig ein Kartell ah in betreif der Auswechslung und Auslösung der Gefangenen vom Obersten an abwärts. Als im nächsten Jahre die Generale verlangten, dass jenes Kartell auch auf sie ausgedehnt würde, erklärte Torstensohn, in dieser Hinsicht nichts ohne die Krone thun zu können. Chemnitz IV, 2. S. l l ö f., 3. S. 83 f., 126 ff. a Wrangel z. B. wurde mit einem jährlichen Gehalte von 17000 Th. als Feldmarschall angestellt. Geijer III, S. 377.
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besonders nach dem Tode Gustav Adolfs. So stellten die oberen Offiziere in ihrer Gesamtheit eine hohe finanzielle Macht dar, welche am Verlaufe des Krieges ein bedeutsames Interesse hatte und welche verstand, dasselbe gelegentlich geltend zu machen.1 Solche Zustände, wie sie in den anderen Heeren herrschten, bildeten sich im schwedischen Heere erst nach und nach heraus; unter Gustav Adolfs Führung kamen sie wohl auch schon hie und da deutlich zum Vorschein, aber in seiner ganzen krassen, unverhüllten Wirklichkeit trat der rohe und schamlose finanzielle Egoismus der Offiziere doch erst allmählich nach dem Tode des Königs, 1 Vgl. Schmoller, Die Entstehung des preuss. Heeres v. 1640—1740 (Deutsche Rundschau, hrsg. v. Rodenberg HI, 11. S. 248 ff.; Heilmann, Das Kriegswesen der Kaiserl. u. Schweden z. Z. d. 30jähr.Krieges, 1850; Barthold, Gesch. d.Kriegsverf. u. d. Kriegswesens d. Deutschen H, Buch 4. 1855; die einschlägigen Stellen in Meynert, Gesch. d. Kriegswesens u. Heerverfassung in Europa II. IH. 1869; v. Schrötter, die brandenburg.-preuss. Heeresverf. 1892 (staats- u. soc. wissensch. Forsch. XI, 5) Arkiv tili uppl. III, S. 55 ff.; Ranke, Wallenstein S. 234; Erdmannsdorf^, Waldeck. S. 78 ff. — Welche ungeheuren Reichtümer in wenig Jahren von den Generalen erworben wurden, möge aus folgenden Beispielen ersehen werden. Baner hinterliess trotz seiner verschwenderischen Lebensweise doch 1 Mill. Thaler, welche in hamburgischen Banken hinterlegt waren (Koch, Perd. III., I, S. 270. Lelaboureur, Guebriant, S. 308 giebt dagegen nur 200000 Thaler an). C. G. Wrangel erhielt von seinem Yater den wohlgemeinten R a t : „mache, dass du was aufhebst, gleich wie die andern thun — der was nimmt, hat was" (Rüstow, Gesch. d. Infanterie II, S. 46). Er wusste ihn zu befolgen: von seinem im deutschen Kriege ersparten Gelde konnte er sich das herrliche Schloss Skokloster bauen, welches durch seine Pracht damals in Schweden aller Staunen erregte (Freyxell, berättelser VIH, S. 22). Torstensohn wird eine grosse Enthaltsamkeit nachgerühmt, aber zur Virtuosität in der systematischen Ausraubung Deutschlands brachte es Königsmarck, welcher ganze Wagenladungen von Kleinodien und Geld mit sich schleppte und ein Vermögen sammelte, welches 130000 Thaler jährliche Rente abwarf (a. a. O. S. 130). Des schwedischen Obersten Ramsay hinterlassenes Vermögen belief sich auf 900000 Thaler in barem Gelde und Wertsachen (Wille, Hanau, S. 483). Das konfiscierte Vermögen Wallensteins bereicherte den Fiskus um 8—9 Mill. Fl., Trzkas um 4 Mill., Kinzkys um 600000, Ulos um 133000 Fl. (Bilek, Beitr. z. Gesch. Wallensteins) Altringer hatte in italienischen Banken etwa 800000 Kronen liegen (Raumer, Gesch. Europas etc. III, 596). Melander berechnete den baren Erwerb aus seinen FeLlzügen auf etwa 770000 Fl. (Keller, Nassau. Drangsale S. 387). Arnim hatte bei seinem Abschied vom Kaiser noch 264000 Fl. aus dem polnischen Feldzuge zu fordern (Wille, Hanau, S. 99 Anm.). In Böhmen erwarb er sich einige Tonnen Goldes. Johann Georg von Sachsen klagte darüber, dass er „ibme Zeit seiner Dienste, so noch kein Jahr, schon 180000 Thaler bar Geld gegeben, darunter zwar ein Monat Sold vor sein Regiment, davon er aber den Soldaten oder Offizieren kein Pfennig geben" (Irmer, Publik, a. d. preuss. Staatsarchiv 35, Einl. LXIV, Anm. 4, 5, vgl. dagegen Irmer, Hans Georg von Arnim 1894. S. 372 f.).
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nach der Schlacht bei Nördlingen und dem Prager Frieden hervor. In der ersten Zeit wurde ein grosser Teil derselben doch ausserdem noch von anderen Gesichtspunkten geleitet, welche das schwedische Heer in einer gewissen idealen Weise auszeichneten. Gustav Adolf war nach Deutschland gekommen mit der Verheissung, die Freiheit des evangelischen Glaubens und der deutschen Stände gegen das drohende habsburgisch-jesuitische Übergewicht und das Restitutionsedikt schützen zu wollen. Dieser Gedanke und die Persönlichkeit des Königs hatte den hohen und niederen protestantischen Adel Deutschlands scharenweise den schwedischen Fahnen zugeführt, unter welchen viele ihre Persönlichkeit mit tiefer, ernster Hingabe an eine heilige Sache einsetzten (wir werden unten noch einige derselben mit Namen kennen lernen). Zu ihnen sind vor allem auch zu zählen die Verbannten aus den österreichisch-böhmischen Erblanden, welche, da sie ihrem protestantischen Bekenntnisse nicht untreu werden wollten, mit unnachsichtlicher Härte aus ihrem Vaterlande vertrieben, als rechtlose Flüchtlinge im Lande umher irrten und nun in den Schweden die Retter erblickten, durch welche sie Heimat, Vermögen und Religionsfreiheit wieder zu erlangen hofften. Zahlreich traten sie in die schwedischen Dienste ein, und ihre Schar vermehrte sich noch nach dem Tode Wallensteins, in dessen Kombinationen der Gedanke der Aussöhnung der Emigranten mit dem Kaiser eine leitende Stellung einnahm, so dass er bis zu seinem Tode ihr Vertrauensmann blieb.1 Aus Oberösterreich, vielleicht aus einem Bauernhause, stammte der im Dienste des grossen Kurfürsten später so berühmt gewordene Feldmarschall Derfflinger, welcher seit 1632 in der Kavallerie der schwedischen Armee seine militärische Schule durchmachte und als einer der angesehensten Obersten in derselben erst gegen Ende des Krieges abdankte, worauf er sich in Brandenburg ansiedelte.2 Zu den angesehensten Herren dieser Art gehörten die dem mährischen Grafengeschlechte der Khevenhüller angehörenden Brüder Hans und Paul, welche Gustav Adolf durch einen Vorschuss von 70000 Thaler unterstützten und selbst in sein Heer eintraten, letzterer mit einem geworbenen Regiment von 1500 Reitern. Hans starb früh, Paul dankte bald nach der Lützener Schlacht ab und wirkte später in einflussreicher Stellung am schwedischen Hofe. 1
Irmer, Publ. a. d. preuss. Staatsarchiv, 35. S. X X I X . Irmer, Arnim, S. 218 ff.
s
Fischer, Beitr. z. Gesch. Georgs von Derfflinger. Progr. d. Königstädt.
Gymnas. z. Berlin 1884.
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Von seinen sieben Söhnen finden wir vier später wieder in Torstensohns und Wrangels Heer. 1 Ebenfalls aus Mähren stammte der Freiherr Ladislaw "Welen von Zierotin, einer der hervorragendsten Führer der evangelischen Rebellen in seinem Heimatlande, welcher als Oberst in der Schlacht bei Nördlingen fiel. 2 Yon den Böhmen, welche in dem schwedischen Heere als Offiziere dienten, überliefert uns Pelzel 49 bei Namen, darunter 5 Grafen, 4 Herren, 24 Adlige und 16 Bürgerliche. Die hervorragendsten unter ihnen waren Graf Thum, Feldmarschall in der schlesischen Armee, und der alte Generalmajor Johann z'Bubna. 3 Ferner sind noch zu erwähnen der Graf von Hoditz, der später dann und wann hervortritt, und zwei andere Vertreter der Thurnschen Familie, deren einer Infanterie-Oberst, der andere Kommandant von Glatz war. Meistens standen sie bei der Kavallerie, welcher 5 von ihnen als Generale, 3 als Obersten, 7 als Oberstlieutnants angehörten, während bei dem Infanteriestab nur 5 als Obersten und einer als Oberstlieutnant dienten. Die übrigen hatten niedrigere Chargen, unter ihnen Nikolaus z'Bubna, welcher als Rittmeister eine nur aus Böhmen bestehende Kompanie befehligte.4 Diese österreich-böhmischen Verbannten galten als die eifrigsten,, treuesten und tüchtigsten Offiziere;5 auf sie konnten sich die Schweden in ihrem Unternehmen auch in den schwierigsten Zeiten verlassen: Gut und Blut setzten sie freudig für dasselbe ein und hatten oft durch ihr Beispiel gnten Einfluss auf die missmutigen Kameraden. Für den Friedensschluss aber ward diese enge Verbindung der Schweden mit den kaiserlichen Emigranten ein wichtiges und folgenschweres Moment. 1 Czerwenka, die Khevenhüller S. 480—516; als Belohnung für ihre Dienste versprach der König, sich ihrer beim Friedenschluss besonders annehmen zu wollen. Im J. P. 0 . IV, 45 ist ihrer gedacht. — Der Sammelpunkt der Verbannten war vor allem Nürnberg, wo sie vornehm und zurückgezogen lebten. 2 d'Elvert. Beitr. z. Gesch. d. böhm. Länder insbesond. Mährens im 17. Jahrh. 4. (Schriften d. hist. stat. Sekt, der mähr.-schles. Ges. 23) S. CXXVI ff. 8 4
Vgl. Irmer, Publik, etc. 35, Nr. 169. Pelzel, Gesch. v. Böhmen.
4. Aufl. II, S. 755 ff.
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Johann Georg äussert sich 1639 über die Verbannten: „während diesen Leuten alle Aussicht zur Kückkehr in ihr Vaterland benommen ist, werden sie von den schwedischen Ministern ihrer Restitution fortwährend vertröstet. Das bewirkt, dass sie mit dem Mute von Verzweifelnden kämpfen und einer gegen zehn steht. Koch, Ferdinand III. I, 159—61. L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
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Waren so unter den Männern, welche die kaiserlich-jesuitische Reaktion den Feinden in die Arme jagte, Offiziere von hoher Begabung, ernster Pflichterfüllung und regem Eifer, so konnten die Schweden doch den Einfluss anderer Elemente unter denselben nicht ohne Bedenken beobachten. Dies war der h o h e deutsche protestantische A d e l , welcher sich auch in seiner politischen Unabhängigkeit durch die hochgewachsene Macht des Kaisers bedroht sah. "Wenn die Grafen von Hanau, Nassau, Hohenlohe, Solms, "VVertheim, aus der Wetterau, dem Westerwald u. a., sowie die Herzöge von Sachsen, die Prinzen von Baden, von Hessen, von Anhalt u. v. a., mit ihren geworbenen Scharen als königl. schwedische Obersten, Rittmeister, Hauptleute, oder auch als Generale in den schwedischen Dienst traten, so brachten sie doch zugleich allen Stolz und alle Ansprüche mit, mit welchen sie auf ihre Stellung als unmittelbare Fürsten des heil, römischen Reiches pochten und vermöge deren sie sich hoch erhaben dünkten über die schwedischen Edelleute. 1 Noch offenkundiger äusserte sich dies Selbstbewusstsein bei den mächtigeren deutschen Fürsten, welche nicht nur mit einem Regiment oder einer Kompagnie, sondern mit einem ganzen Truppenkontingent zu dem schwedischen Heere stiessen. Durch die Verträge, welche Gustav Adolf mit ihnen schloss, gewann dasselbe den Charakter einer Bundesarmee, über welches der König die Oberleitung hatte. Am engsten war Gustav Adolf mit der hessischen Armee verbunden. In dem Vertrag, welchen er im August 1631 mit dem Landgrafen Wilhelm V. von Hessen im Lager von Werben schloss, nahm er die ihm von demselben übertragene oberste Leitung an, behielt sich aber vor, sobald er persönlich nicht anwesend sein könnte, ein „düchtiges, annehmliches und habile subjectum, so seinet- und des capitis dieser Vereinigung wegen der Landgräflichen Armee vorstehen und in militaribus dero Anstell- und Continuirung die Direktion führen sollte, zu ernennen." Zu diesem Stellvertreter setzte er den Landgrafen selbst ein, doch gab er ihm einen königl. schwedischen Kriegsrat als Beistand in den Geldsachen und diplomatischen Geschäften bei, während er selbst einen ständigen hessischen Gesandten zur Unterhaltung der gegenseitigen Verständigung bei sich 1 Bernhard von Weimar warf einmal dem Reichskanzler Axel Oxenstierna das stolze Wort entgegen, dass ein deutscher Reichsfürst mehr zu sagen habe, als zehn schwedische Edelleute. Röse, Bernhard von Weimar. I, S. 222.
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empfing. Die hessischen Truppen aber schworen zuerst dem Landgrafen „zur "Wahrung der Rechte desselben". 1 Nach der Schlacht bei Breitenfeld wurde auch das Bündnis mit Herzog "Wilhelm von "Weimar abgeschlossen; derselbe wurde zum königl. schwedischen General-Lieutnant, also in die höchste Stelle nächst dem König eingesetzt und hatte aus eigenen Mitteln in Thüringen eine Armee von 10000 Mann zu errichten, über welche er das Generalat und absolute Direktorium bekam, um in des Königs Namen „den Orlog zu führen, von ihm immediate Ordre zu nehmen und nach seinem Belieben und gesamter Gutbefindung den Krieg fortzustellen". Ein besonderer Kriegsrat ward dem Herzog nicht beigegeben. 2 Eigentümlich war der Vertrag, welchen Gustav Adolf im Oktober 1631 in "Würzburg mit dem Herzog Georg von Lüneburg abschloss. Dieser hatte schon ein Jahr zuvor eine Bestallung als schwedischer General mit einem jährlichen Gehalt von 5000 Thlr. angenommen und sich somit persönlich dem König zu unbedingter Verfügung gestellt. Jetzt sollte er aus den ihm von Gustav Adolf zur Verfügung gestellten Mitteln der lüneburgischen und hildesheimischen Lande ein eigenes Corps zur Befreiung der weifischen Lande errichten. So lange bis dieser Zweck erreicht sein würde, stellte er seine Truppen unter des Königs unmittelbaren Oberbefehl; sie leisteten Schweden den Diensteid und führten schwedische Fahnen, aber die Offiziere wurden von Georg angestellt, obgleich sie schwedische Patente hatten, und mussten sich verpflichten, lediglich von ihm Befehle annehmen und befolgen zu wollen. "Wie sich das Verhältnis zwischen Schweden und Georg weiter gestaltete, wenn der Krieg über die Grenzen der weifischen Lande hinausgetragen würde, darüber enthielt der Vertrag keine Bestimmungen. Letzterer hatte für diesen Fall mit des Königs Billigung die Errichtung einer Kreisarmee im Auge, mittels deren er eine selbständige Politik zu führen gedachte. Nach der Schlacht bei Lützen wurde dieser Gedanke verwirklicht, aber in seiner doppelten Eigenschaft, als von den Ständen abhängiger Kreisgeneral und als königl. schwedischer General, musste es zu Konflikten mit Oxenstierna kommen, infolge deren er später sein letzteres Amt niederlegte und von da ab, gestützt auf den nieder1 Chemnitz II, 194 ff.; Londorp a. p. IV, 216; Bommel, Gesch. v. Hessen VIII, S. 124 ff. a Droysen, Bernhard von Weimar I, S. 50 ff. 2*
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sächsischen Kreis, eine merkwürdige Mittelstellung zwischen den Hauptgegnern einnahm.1 Am losesten war das Verhältnis zwischen Schweden und dem kursächsischen Corps, welchem die wenigen brandenburgischen Kegimenter und einige schwedische Truppen zuerteilt waren. Gustav Adolf begnügte sich hier mit der Anerkennung seiner Oberleitung, da weitere Zugeständnisse von dem Selbstbewusstsein Johann Georgs nicht zu erlangen waren, und er empfand es bald unwillig, wie selbständig sein Verbündeter in Schlesien und Böhmen operierte und wie wenig er sich um seine Befehle kümmerte. 2 Neben diesen vier Bundeskontingenten, dem hessischen, weimarischen, nie der sächsischen und kursächsisch-brandenburgischen Corps, operierten in den verschiedenen Teilen Deutschlands vier schwedische welche vom König selbst, von den Generalen Gustav Horn, Baner und Tott befehligt wurden. Wie Gustav Adolf aber für die erfolgreiche Durchführung seiner Pläne mit der Hülfe der deutschen Mannschaften gerechnet hatte, so zählte er auch auf das deutsche Geld. Man muss den Wagemut und das hohe Vertrauen des Königs in seine Sache einerseits und den opferfreudigen Patriotismus seiner Unterthanen andrerseits bewundern, wenn man bedenkt, wie die Verhältnisse damals in Schweden lagen. Durch ununterbrochene Kriege war die Bevölkerung in fortgesetzter Anspannung ihrer Kräfte geblieben. Dieselben waren beim Beginn des Krieges auf einem bedenklichen Standpunkt angelangt, so dass verständige und eingeweihte Beobachter der Verhältnisse mit schweren Sorgen in die Zukunft blickten.3 Besonders der Krieg mit Dänemark hatte dem Lande schwer geschadet; nicht nur war das angrenzende Land durch die Verheerungen der Dänen fast verödet, sondern fast das ganze bare Geld war durch die Kriegskosten 1
v. d. Decken, Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg. II, cap. 28. Es kam so weit, dass Graf Solms schon im Frühjahr 1632 den Auftrag erhielt, die sächsischen Regimenter für Schweden anzuwerben, falls Johann Georg mit dem Kaiser Frieden schliessen würde, wie gerüchtweise verlautete. Arkiy II, S. XLIX. 3 Gabriel Gustavsohn schrieb bei Beginn des Krieges an Axel Oxenstierna: landet är sä utblottadt att det synes nägorlunda vilja luta, och hvar det ännu ett är eller tu skall continuera, sä mä vi väl säga, att vi hafva vunnit land af androm och derutöfver ruinerat värt eget". „Handeln ligger sä godt som helt nere, landet sä blottadt pä folk, att man kan förresa genom 3 ä 4 socknar och icke finna en enda dräng. Odhner, Sver. inre hist. S. 4. Anm. 1. 2
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und den Rückkauf der Festungen Calmar und Elfsburg in das Nachbarreich gewandert. Andrerseits hatte der "Waffenstillstand mit Polen dem Lande auch mancherlei Vorteile gebracht, und dank der Umsicht und Sparsamkeit Karls IX. und Gustav Adolfs befanden sich die schwedischen Finanzen wenigstens in einem geordneteren Zustand, als die der meisten anderen Länder damaliger Zeit. Gustav Adolf hatte sich zur Unterhaltung seines stehenden Heeres auch regelmässige Einnahmequellen gesichert. Neben dem Viehgeld, einer Vermögenssteuer der adligen und Kronbauern, welche nur immer auf bestimmte Zeit erhoben wurde, hatte er 1625 den Mühlenzoll (quarntull) eingerichtet, eine Abgabe von allem Korn, das zur Mühle geführt wurde, und welche Adel und Volk in gleicher "Weise betraf. 1627 wurde dieser in eine Kopfsteuer (mantalspenning) umgewandelt und 1630 noch die oben erwähnte Kriegssteuer (utskrifningshjelp) hinzugefügt. Ausserdem hatte die Regierung noch Einnahmen aus den Ostseezöllen, aus den Krondomänen, den Kupfer- und Eisenbergwerken 1 u. s. w. Allein die höchst gesteigerten Einnahmen des Jahres 1630 ergaben nur etwa 12132391 schwed. Thlr.,2 während die Ausgaben sie um 940000 schwed. Thlr. überschritten; dadurch wuchs die Gesamtschuld in diesem Jahre auf 10677666 schw. Thlr. Das Kriegsbudget allein wurde durch die hohen einmaligen Ausgaben für die Ausrüstung zu dem neuen Kriege 1630 auf 9535624 schwed. Thlr. erhöht, so dass dasselbe etwa drei Viertel der gesamten Staatsausgaben ausmachte. Ein Vergleich zwischen der Einwohnerzahl Schwedens im Jahre 1630 und im Jahre 1860 und der zu beiden Zeiten gezahlten Steuern ergiebt, dass die letzteren 1630 doppelt so hoch waren, als 230 Jahre später. Zieht man nun noch in Rechnung, wie viel ungleicher früher die Steuern infolge der Privilegien der höheren Stände verteilt waren, wie viel ärmer das Land infolge der wenig entwickelten Industrie und des Handels war, so kann man sich eine ungefähre Vorstellung von dem furchtbaren Drucke machen, welcher auf den Steuerzahlern von damals lastete. 3 Den Unterhalt der Armee für ein Jahr berechnete Gustav Adolf auf 1930393 Reichsthlr., aber sämtliche zu diesem Zwecke angewiesenen Einnahmen ergaben nicht mehr als etwas über 1 Million Reichsthlr. Dieselben sind genauer angeführt folgende: Aus Landes1 2
3
Geijer HI, S. 38 ff. 1 schwedischer Thaler ist vor 1633 so viel wie 8/13 Reichsthaler.
Arkiv i n , Einl. XXXVII ff.
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reuten und sonstigen Einkünften 429145 schwed. Thlr. = etwa 264000 Reichsthlr., aus einer andern Rente 202781 Reichsthlr., aus 1711 Schiffspfund Kupfer, aus 12400 Tonnen und 3646 Lasten Getreide. Selbst diese Beträge waren recht unsicher. Die Steuern kamen teilweise nicht rechtzeitig oder gar nicht ein, teilweise wurden sie in Naturalien entrichtet, deren Verkauf oft Schwierigkeiten bereitete. Ebenso war es nicht leicht, den Ertrag der Kupferbergwerke entsprechend zu verwerten. 1 Daher hatte Gustav Adolf beim Beginn des Krieges zu seiner wirklichen Verfügung nicht mehr als 48374 Reichsthlr., und im Laufe des Jahres 1630 liefen nicht mehr als 319920 Reichsthlr. aus Schweden ein. Durch Anleihen, welche unter hohen Zinsen in Holland und den Hansestädten aufgenommen wurden, half er sich wohl aus der Verlegenheit,2 aber trotz der grössten Sparsamkeit machte sich doch der Geldmangel im ersten Jahre empfindlich bemerkbar, zumal sich andere Hülfsquellen zunächst nicht erschlossen und aus Pommern Kontributionen nicht erhoben werden konnten, um den Herzog dadurch nicht von den Bündnisverhandlungen, welche gerade schwebten, abzuschrecken. Diese Geldverlegenheiten hatten ihre Rückwirkungen auf die Armee, deren Disziplin zum Kummer des Königs deshalb viel zu wünschen übrig liess; Missmut und Ungehorsam unter Offizieren und Soldaten und Gewaltthätigkeiten gegen die Unterthanen waren die natürliche Folge davon. In bitteren Briefen beklagte sich Gustav Adolf wiederholt darüber, dass er durch die Regierung so mit Geldmitteln im Stich gelassen würde. Ein volles Jahr nach seiner Ankunft in Deutschland schrieb er noch an Oxenstierna aus dem Lager von Werben (18. Juli 1631): „Wir haben euch oft genug unsern Zustand zu erkennen gegeben, dass wir mit grösster Armuth, Beschwerde und desordre uns und die Armee diese Zeit durchgeholfen haben, indem wir von allen unsern Dienern verlassen sind und einzig ex rapto, zu Schaden und Verderben aller unsrer Nachbarn, den Krieg führen mussten — was bis auf diese Stunde continuiret — so dass wir nichts haben, die Leute damit zur contentiren, ausser was sie selbst mit unleidlichem Plündern und Rauben usurpiren. 1 2
Arkiv I, S. XIX vgl. N. 67.
Bei seinem Tode hatte Gustav Adolf hei einem Handelshause in Amsterdam 430000 Eeichsthlr., bei Kaufleuten in Lübeck und Hamburg 172000 Thlr. Schulden. Als Pfand dafür hatte er grosse Kupfervorräte hingehen müssen, welche später tief unter dem Werte verkauft werden mussten. Odhner, Sveriges inre hist. S. 242.
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Nun hatten wir auf euch vor anderm unsere Hoffnung gestellt. Allein auch das schlägt uns fehl . . ." In einem andern Briefe heisst es: „Ungeachtet, Herr Canzler, ihr mittelst eurer eigenen Vorschläge uns monatlich gewisse Summen zugesagt, haben wir gleichwohl davon bisher nicht mehr erhalten als ungefähr 100000 Reichsthlr. und vernehmen nun zum Überdruss durch euer Schreiben von Elbing den 11. Julius gegen alle unsere Erwartung, dass nichts mehr vorhanden ist. Die Armee hat seit 16 "Wochen keinen Pfennig mehr bekommen. Jedermann ist es bekannt, dass wir von euch Bezahlung erwartet; darauf haben sowohl Offiziere als Gemeine ihr Vertrauen gesetzt. Nebst dieser Hoffnung haben wir nur Kommisbrot zu ihrem Unterhalte gehabt, was wir von den Städten erpresst; allein nun hat auch das ein Ende. Mit den Reitern, die sich nicht damit begnügen wollten, hat man keine Ordnung halten können; sie leben bloss von unordentlichem und ungebührlichem Plündern. Einer hat dadurch den andern ruinirt, so dass nichts mehr zu fangen ist, weder für sie noch die Soldaten in den Städten oder auf dem Lande". 1 So sah es noch im Lager von Werben 1631 aus, obwohl Gustav Adolf auch von anderer Seite bereits Unterstützung bekommen hatte. Durch den Vertrag mit dem Herzog von Pommern, welcher am 10. Juli 1630 zu Stande gekommen war, kam Gustav Adolf in den Besitz der ersehnten Ostseehäfen, welche mit den Flusszöllen 2 einen Zollertrag von jährlich etwa 172000 Thlr. ergaben. Ausserdem zahlte der Herzog von Pommern noch einen einmaligen Beitrag von 200000 Thlr. 3 Ein Jahr später musste sich auch der Kurfürst von Brandenburg zu einer monatlichen Zahlung von 30000 Thlr. verpflichten. 4 Kleinere Beiträge leisteten auch Anhalt und andere weniger bedeutende Staaten. 5 Eine wesentliche Erleichterung jedoch bekam Gustav Adolf durch den Vertrag von Bärwalde im Januar 1631, durch welchen Frankreich jährliche Subsidien in der Höhe von 400000 Thlr. zu zahlen versprach und für das verflossene Jahr 120000 Thlr. nachzahlte. 6 Geringeren Erfolg hatten die Verhand1
Geijer III, S. 187—88. Auch in Süddeutschland liess Gustav Adolf später z. B. auf dem Khein, der Donau und dem Main Zölle erheben, deren Ertrag für die Unterhaltung des Heeeres verwendet wurde. Oxenstiernas Skrifter II, 1 S. 861. 868. 3 Arkiv I, Einl. XLVII; HI, Einl. XLVI. 4 Droysen, Schriftstücke von Gustav Adolf S. 152. 6 Soden, Gustav Adolf I, S. 5. « Chemnitz I, S. 116 f.; Pufendorf III, 3. 3
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lungen mit Holland, welches an den hohen Ostseezöllen Anstoss nahm und sich deshalb zurückhielt; während der Jahre 1631 und 1632 steuerte es nur 80000 Thlr. zum schwedischen Kriege bei. 1 Die Klagen aus dem Lager von Werben haben gezeigt, dass diese ausländischen und vereinzelten norddeutschen Subsidien den schwedischen Finanzen nicht genügend aufhelfen konnten. Auch in dieser Hinsicht war der Sieg von Breitenfeld ein durchschlagender Erfolg für das begonnene Unternehmen. Die Geldopfer des evangelischen Deutschlands, welches sich erleichtert aufatmend in Nord und Süd dem schwedischen Sieger einig anschloss, flössen jetzt reichlicher, soweit sie nicht durch eigene "Werbungen ersetzt wurden. Die fränkische Ritterschaft, mit deren Direktor Adam Hermán von Kotenhan Gustav Adolf schon von Schleusingen aus in Verbindung trat, versprach, 4000 Reichsth. monatlich ohne den zu leistenden Ritterdienst zu den Kosten des Krieges beizutragen. 2 Mit den evangelischen Kreisständen von Franken schloss der König ein besonderes Bündnis, nach welchem dieselben sich zu einer Zahlung von 72 Römermonaten = 1560000 Gulden innerhalb sieben Monaten in bestimmten Terminen verpflichteten. Die Leistungen jedes Standes an geworbenen Truppen wurden von seiner Quote abgezogen. 8 Auf einem Kreistage, welcher auf Anregung Gustav Adolfs im April 1632 zusammentrat, wurden diese Beiträge auf neun Römermonate monatlich herabgesetzt. 4 In ähnlicher Weise ward auch mit anderen kleineren evangelischen Ständen abgeschlossen, so steuerten die Grafen von der Wetterau und auf dem Westerwalde nach einem Vertrag vom Februar 1632 monatlich bar 13 Römermonate, die Lieferungen nicht gerechnet, bei; 5 auf ein besonderes Bündnis mit den reichen Reichsstädten Nürnberg, Augsburg, Ulm, Strassburg, Frankfurt a. M., sowie Erfurt setzte der König besondere Hoffnungen 6 u. s. w. Aber in weit ergiebigerer Weise wie die Begeisterung der Protestanten kam den Schweden die Feindschaft der Katholiken zu Hülfe. 1
Arkiv III, No. 953. Scharold Gesch. d. Zwischenregierung in Würzburg II, Beil. XIY; Soden, I, S. 81. » Soden, I, S. 79. 4 Soden, I, 243 ff. Zum Generalstatthalter und Oberkommandanten des Kreises ward Graf Kraft von Hohenlohe ernannt. 6 Keller, Drangsale S. 167. • Soden, 1, S. 301. Augsburg zahlte monatlich 30000 Th., a. a. O. 238. 3
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Erst jetzt kam das Prinzip des stets offensive auftretenden nordischen Reiches, die Last des Krieges ganz auf die Feinde abzuwälzen, zur praktischen Durchführung. Als nach der Schlacht bei Breitenfeld die grosse Frage beraten wurde, ob man den Krieg nach Süddeutschland tragen sollte oder ob es nicht thunlicher sei, den Kaiser durch einen kräftigen Vorstoss im Herzen seiner Monarchie zu treffen, da waren es neben den Erwägungen, Tilly nicht aus dem Auge zu lassen und den Protestanten im Süden Luft zu machen, die finanziellen Rücksichten, welche Gustav Adolf bewogen, den ersteren Weg zu wählen. Hier in dem mehr katholischen Süden wollte er hauptsächlich die Mittel zur Weiterführung des Krieges finden, welche er den Protestanten nicht allein aufbürden wollte, und denen das Heimatland auf die Dauer nicht gewachsen war. Die Kontributionen, welche in dem vorwiegend protestantischen Norden nur ausnahmsweise hatten erhoben werden dürfen, winkten hier im Süden in reichlichem Masse, und Gustav Adolf säumte nicht, die feindliche Gesinnung auf diese Weise zu bestrafen. Kleine Städtchen wie Neustadt a. S. und Münnerstadt zahlten 11000 und 8000 Thlr.,1 Würzburg 80 000 Thlr. Kontribution. 2 Mainz musste sich mit einer Brandschatzung von ebenfalls 80000 Thlr. loskaufen, während die •Geistlichen8 und Juden dieser Stadt noch einer besonderen Steuer unterworfen wurden. Die Dörfer des Rheingaues, welche sich von den Spaniern zum Widerstande gegen die Schweden hatten verleiten lassen, mussten dafür eine Busse von 45000 Thlr. entrichten. 4 Landshut und Freising kauften sich von der Plünderung mit je 100000 Thlr., München mit 300 000 Thlr. los,B u. s. w. Zur Aufnahme aller dieser Gelder richtete Gustav Adolf besondere Kassen ein, welche er durch seine Kommissare verwalten liess. Aber auch in anderer Weise mussten die Kräfte der katholischen Stände, insbesondere der geistlichen Staaten, den Zwecken der Schweden dienen. Diese letzteren sah Gustav Adolf geradezu als sein Eigentum an, über welches er beliebig verfügen konnte. Ja 1
Soden, I, 7.
2
A. a. O. 41.
3 In einem Briefe aus Mainz wird die von den Geistlichen erhobene Summe auf 200000 Th. angegeben, „welche es leichter als die Burger ankommt, weil sie bessere Mittel dazu haben und jhrer auch mehrere als der Burger sind". Patriot. Archiv für Deutschland. 8, 1788. S. 541. 1 Keller, Drangsale. S. 157. 5 Chemnitz, I, 321 ff.
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es scheint, dass er beabsichtigt hat, sich die Bistümer Bamberg und Würzburg dauernd anzueignen: er verschmolz sie zu einem Herzogtum, besetzte es mit einer interimistischen Regierung und liess ihre Einwohner: „die Unterthanen in Unseren Herzogtum Franken" den Treueid schwören. Von demselben aber trennte er eine ganze Reihe von Domänen und Klostergütern ab, um damit, sowie mit andern katholischen Kirchengütern des Südens seine Getreuen zu belohnen und zu entschädigen. Die süddeutschen reichsunmittelbaren Städte, z. B. Nürnberg, Augsburg, Frankfurt a. M., Ulm, ferner Reutlingen, Wimpfen, welche vermöge ihres Reichtums besonders zu den Kriegskosten beigesteuert hatten, wurden so für ihre Opfer schadlos gehalten; besonders reich ward Schweinfurt beschenkt, welches dafür starke Befestigungen anlegen musste, da Gustav Adolf diese Stadt als Stützpunkt für seine weiteren Operationen benutzen wollte. Ebenso wurden die reichsunmittelbaren Herren: der Markgraf von Ansbach, die Grafen von Wertheim, von Hohenlohe, Solms, Hanau u. a. beschenkt. 1 Bei diesen Donationen handelte Gustav Adolf in unverkennbarem Egoismus: durch dieselben, sowie durch andere Auszeichnungen schuf er aus zweifelhaften Neutralen und lauen Anhängern eifrige Bundesgenossen und zuverlässige Freunde, welche nicht nur die Pflicht der Dankbarkeit und ihr gegenwärtiger Vorteil, sondern auch die künftige Furcht vor der Vergeltung eng mit des Königs und Schwedens Geschick verband: er entledigte sich dadurch auch zugleich einer Reihe von Gläubigern, ohne dass seinem eignen Lande Opfer auferlegt wurden. Wie er so mit den Reichsfürsten verfuhr, handelte er nach demselben Grundsatze mit den Werbeobersten, welche ja in vielen Fällen zugleich Reichsfürsten waren. Zu diesen gehörte der Graf von Solms, als schwedischer Oberst und Generalstatthalter und Oberstkommandant des ober- und niedersächsischen Kreises, welcher die Abtei Bildhausen, mit dem Amte Trimberg und der Grafschaft Schwarzenberg erhielt, ferner der Graf Kraft von Hohenlohe, Generalstatthalter und Oberkommandant des fränkischen Kreises, welcher durch des Königs Gnade in den Besitz der Abteien, Stifter und Klöster Schönthal, Scheftersheim und Ellwangen gelangte, 2 die Grafen von Hanau, 8 welche u. a. das Kloster 1 Scharold, Gesch. d. schwed. u. sächs.-weimar. Zwischenregierung in Würzburg, I, § 17. Auch zum Folg. z. vergleichen. 2
Vgl. auch Fischer, Gesch. d. Hauses Hohenlohe. II, 1. S. 242.
3
Wille, Hanau, Anl. 13—15.
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Schlüchtern erhielten, die Grafen von Erbach, die mit dem Kloster Amorbach beschenkt wurden, sowie die Grafen von Nassau u. a. m. Yon den schwedischen Werbeobersten und einheimischen Offizieren erhielt der Feldoberst Scavalytzky das adlige Stift Komburg, der Rittmeister Hans von Bibra das Rittergut Burgwallbach, General Rossstein das Karthäuserkloster Astheim, andere Offiziere die demselben Orden gehörigen Klöster Ilmbach und Tückelhausen, die Erben des Obersten Dietrich von Eifern das würzburgische Amt Bischofsheim, der schwedische Oberst und Stadtkommandant von Würzburg Axel Lilie die Klöster Wechterswinkel und Marienburgliausen, der Oberstlieutenant Martenson bekam das adlige Gut Leonrod. 1 Andere Ämter und Klöster wurden gewissen Offizieren übergeben, mit den Einkünften neue Regimenter zu formieren. 2 Diese Art, die Armee mit Ländereien zu befriedigen und zu belohnen, war nicht mehr neu: der Kaiser hatte sie in umfangreicher Weise angewandt. Wallenstein ward sogar Herzog von Mecklenburg, Tilly erhielt als Pfand für 400000 Th. das Fürstentum Kalenberg, die Grafschaft Hoya und etliche wolfenbüttelsche Ämter. 3 In Holstein wies der Herzog von Friedland offen die Renten konfiszierter adliger Güter den kaiserlichen Offizieren als Bezahlung an. Die Herrschaft des verstorbenen Administrators Christian von Halberstadt wurde ebenfalls an kaiserliche Offiziere vergeben. 4 Julius von Merode bekam Blankenburg, Graf Thun Hohenstein, Graf Max von Wallenstein die Grafschaft Rheinstein; mit Stadt und Schloss Querfurt ward Graf Schlick ausgestattet: „eine vollkommene Umwandlung des Landbesitzes im nördlichen Deutschland trat in Aussicht". 5 Gustav Adolf that also in Süddeutschland genau dasselbe, was der Kaiser, seine Übermacht benutzend, in Norddeutschland gethan hatte, aber zwischen beiden Handlungen war doch ein Unterschied ; denn der Kaiser konnte doch das alte — wenn auch zweifelhaft gewordene — Recht geltend machen, die durch Majestätsbeleidigung verwirkten deutschen Regalien und Lehen nach eigenem Gutdünken weiter zu verleihen, Gustav Adolf aber verfügte schrankenlos über deutschen Grundbesitz, den er nach Kriegsrecht erobert hatte, und trat, obwohl er ein Fremdling war, doch mit denselben 1 2 3 4 6
Soden, H, 95. Soden, I. 1 2 2 - 23. Chemnitz, I, S. 6. Gfrörer, Gustav Adolf. 2. Aufl. S. 634. Kante, Wallenstein. W.-W. 23, S. 72—73.
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Rechten auf, wie der Kaiser: denn alle diese Güter vergab er nur als königl. schwedische Lehen. Die neuen Besitzer, ob Reichsfürsten oder Berufsoffiziere, leisteten ihm dafür als dem Lehnsherrn den Treueid und wurden seine Vasallen. Die Entschlüsse des schwedischen Königs in dieser Hinsicht waren wohl beeinflusst durch die heimischen militärischen Verhältnisse, welche, wie oben gezeigt worden, eng mit dem Grundbesitz verbunden waren: einerseits wurden alle Grundbesitzenden zur Aushebung herangezogen, anderseits bekamen die Offiziere ausser ihrer Besoldung noch jeder eine Kronhufe oder einen Teil derselben zu seinem Unterhalt, welche von der Grundsteuer befreit war. Anfangs erhielten auch die gemeinen Soldaten nach ihrer Verabschiedung ein Achtel einer Hufe, später wurden sie einfach bei den Kronbauern unter gewissen Bedingungen einquartiert. 1 Wir haben somit die merkwürdige Erscheinung, dass das Lehnsverhältnis, in welchem alle einheimischen Offiziere zur Krone Schweden standen, jetzt auch auf die deutschen "Werbeobersten und die als solche dienenden Reichsfürsten ausgedehnt wurde. Auch in Norddeutschland geschahen solche Güterverleihungen, wenn auch nicht in solchem Masse, wie im. Süden. So erhielt Baner den besten Teil von Magdeburg als Donation,2 der schwedische Grossschatzmeister Graf von Brandenstein wurde mit der Herrschaft Querfurt, 3 Oberst Jakob Ramsay mit den mecklenburgischen Gütern Lenthwig, Wenickel und Weselsdorf belohnt.4 Auf die zahlreichen Güterverleihungen in Pommern, Bremen und Verden werden wir später noch zurückkommen müssen. Infolge der grossen finanziellen Vorteile, welche den Schweden nach dem Breitenfelder Siege erwuchsen, herrschte in der Armee eine Zeitlang Überfluss und Zufriedenheit; das Heimatland aber wurde durch dieselben wesentlich erleichtert. Im Jahre 1631 zahlte es nur noch die Hälfte der Summe, welche das Jahr 1630 gekostet hatte, 1632 nur 1 j 7 und 1633 nur noch 1 j t a derselben, so dass nur noch die Ausrüstung, der Unterhalt und der Transport der Truppen bezahlt wurde, welche jährlich nach Deutschland gesandt wurden, um die Verluste zu ersetzen und die Garnisons an der Seekante vollzählig zu er1 2 3 4
Arkiv IH, Einl. LXI. Theatr. Europ. III, S. 235. Chemnitz II, 768. Reller, Drangsale. S. 342.
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halten.1 Ja es wird sogar berichtet, dass nach Gustav Adolfs Tode sich noch Ersparnisse von 8 Tonnen Goldes im Schatze vorfanden.2 Wie das Heer zu seiner Unterhaltung auf die einzelnen Teile Deutschlands zu Zeiten verteilt wurde, möge aus einem "Vorschlag ersehen werden, welcher im September 1631 gemacht wurde,8 also zu einer Zeit, wo Gustav Adolf noch vorwiegend auf Norddeutschland angewiesen war. In acht Monaten brauchte des Königs besondere Armee, deren Stärke auf 43570 Mann gebracht werden sollte, 1660760 Rth., wovon Schweden 445544 Rth. lieferte, Preussen 465351 Th., das übrige von dem Eichsfeld, Altenburg und Regenstein (?), ferner von Erfurt, Nordhausen, Miihlhausen und Schweinfurt geliefert werden sollte. Herzog Wilhelms Armee bedurfte für 11500 Mann 427 484 Th., welche die Herzogtümer Weimar, CoburgGotha und Eisenach, die Grafschaften Schwarzburg, Stollberg und Henneberg aufbringen sollten. Das hessische Heer von 17400 Mann war mit 624832 Rth. auf Hessen-Cassel, Grubenhagen, Osnabrück, Waldeck, Fulda, Hersfeld, Corvey und Göttingen angewiesen. Baners Armee von 17 955 Mann bezog ihren Unterhalt von 755160 Rth. aus Anhalt, Mansfeld, Hohenstein, Magdeburg, Halberstadt und Querfurt. Das fränkische Heer von 17000 Mann kostete 677000 Rth., die aus Franken gezogen werden sollten. Das mecklenburgische Heer, 8100 Mann stark, kostete 254772 Rth., die pommerschen Garnisons, 10795 Mann, 311568 Rth. Für das kursächsische und niedersächsische Heer ist die Berechnung nicht angegeben. Von dieser Gesamtsumme von 4711576 Rth. sollte Schweden selbst also nur 911000 Rth. beisteuern. Der Sold; 4 von dem die Soldaten im 17. Jahrhundert ihre Ausrüstung und den ganzen Lebensunterhalt, mit Ausnahme von Wohnung, Salz, Licht und Holz — die Kavallerie konnte ausserdem 1
Ihre Zahl wurde immer geringer, 1633 betrug sie nur noch 3000. — Im ganzen wurden in den Jahren 1628—33 aus der Staatskasse 5038050 Th. für den deutschen Krieg ausgegeben, ausser 1680000 Th. ausländischer Subsidien. Während, wie oben erwähnt, das Kriegsbudget 1630 3/4 aller Ausgaben verschlungen hatte, sank es 1631 auf B/8, 1632 auf Vs aller Ausgaben. Arkiv III, Einl. XL, XLIII ff. u. No. 953. 2 Arkenholz, Christine von Schweden. III, S. 62*. 3 Arkiv i n , Einl. XLVII ff., vgl. No. 961. Die folgenden Zahlen der Heere sollten erst erzielt werden, kamen aber nie zu solcher Höhe. 4 Vgl. z. Folg. die Untersuchungen von Droysen in der Zeitschrift für Kulturgeschichte. N. F. 4, 1875. S. 385 ff., 449 ff., 570 ff.; Arkiv III, Einl. LVHI ff. u. N. N. 9 8 8 - 8 9 ; Meiern, a. p. W. V, 853.
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noch gewisse Portionen Stroh und Hafer verlangen — bestreiten musste, war im schwedischen Heere an sich dem der andern Heere ziemlich gleich: Ein Kavallerieoberst bekam bei den Kaiserlichen und den Schweden 400 Th., ein Rittmeister bei den Kaiserlichen 1662/3 Th., bei den Schweden 250, später 334 Th., ein Lieutenant bei den Kaiserlichen 60, bei den Schweden 90, später 113 Th., ein Gemeiner bei den Kaiserlichen 8 resp. 10 Th., bei den Schweden 11. Ein Infanterieoberst wurde von dem Kaiser mit 3331/3, von den Schweden mit 184 Th., ein Hauptmann von den Kaiserl. mit 1062/3, von den Schweden mit 100, später mit llOVj Th., ein Lieutnant vom Kaiser mit 40 Th., von den Schweden mit 50, später mit 34 und ein Gemeiner vom Kaiser mit 44/9, von den Schweden mit 37/10 Th.1 besoldet. Aber Gustav Adolf zahlte den Sold nur ausnahmsweise, gewöhnlich empfingen die Truppen nur Löhnung (Lehnimg), welche weit niedriger war, z. B. kostete ein Monat Sold für ein Infanterieregiment 6920 Th., ein Monat Löhnung dagegen nur 3175 Th.; für ein Kavallerieregiment belief sich der Sold auf 15688, die Löhnung auf 7844 Th. monatlich.2 Ein Infanterieoberst bekam an Löhnung nur 69 Th., ein Hauptmann 14, ein Lieutnant 11 und ein Gemeiner l 1 ^ Th. s Die Untersuchungen über den Begriff Löhnung (Lehnung) und seine Anwendung gegenüber dem Solde haben bisher zu einer rechten Klarheit noch nicht geführt. 4 Die geworbenen Pusstruppen der Schweden und vermutlich auch die Dragoner 5 mussten für 1/o Monat Sold und ein 1 j 2 Monat Löhnung dienen, nachdem ihnen der erste 1 Am Anfang des Krieges musste Gustav Adolf 8 und 6 Th. für den Sold des Gemeinen zahlen, doch fiel er später infolge des grossen Zulaufs auf 4 und blieb dann im Verlaufe des Krieges mit geringen Schwankungen auf 3 7 /j 0 —4 stehen. 2 Vgl. Arkiv H, No. 589. 3 Wille, Hanau. Anl. 9. 4 Droysen a. a. O. S. 628 f. bezeichnet die „Lehnung" im Gegensatze zum Solde als den Unterhalt der Truppen durch Naturalverpflegung, als das, wofür sich auch der Ausdruck „Traktement" findet. Doch schloss die Naturalverpflegung eine Lieferung von Geld nicht aus. Im Anschluss daran bemerkt Schroetter, die brandenburg.-preuss. Heeresverf. (Schmollers Forsch. XI, 5) S. 39, Anm. 3: „die Gemeinden lehnten, liehen den Truppen die Gebührnisse eine Zeitlang, bis die .Regierung im Stande war, sie abzutragen". Für Lehnung braucht er schlechthin den Ausdruck „Quartierverpflegung". Ausser Löhnung hatten die Truppen noch das sog. Servis, bestehend in Quartier, Holz, Salz, Licht, Streustroh u. s. w., zu beanspruchen. Lehnung und Servis betrugen in dieser Zeit für den Eeiter 6 und 2 Th., der volle Sold 10 Th. - Vgl. auch Arkiv III, S. LXI ff. 5
Dragoner sind in dieser Zeit berittene Infanterie.
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Monat in der Höhe des ganzen Soldes ausgezahlt war. Dessenungeachtet bekamen sie nur einen Monat Löhnung ausgezahlt; der Rest wurde ihnen gut geschrieben, bis alle 4 oder 6 Monate, oder jährlich, oder auch bei der Abdankung Abrechnung gehalten wurde. 1 Diese Rückstände waren der eigentliche Verdienst der Soldaten, während die Löhnung zur Bezahlung des Lebensunterhalts verbraucht wurde, weshalb sie auch oft in Naturalien gegeben wurde. Konnte nun, wie dies häufig vorkam, die Abrechnung aus Mangel an Geld nicht abgehalten werden, wurde damit der eigentliche Gewinn fraglich, welchen die Soldaten aus ihrem Handwerk zogen, dann kamen die Unruhen, an welchen der 30 jährige Krieg so reich ist.2 Bei den national-schwedischen Regimentern war der Unterschied zwischen Sold und Löhnung nur bei den Offizieren vorhanden: sie erhielten 1 Monat Sold und 11 Monate Löhnung, die Mannschaft aber erhielt nur Löhnung. So musste sich ein einheimisches Reiterregiment mit 2912 Rth. Löhnung, und ein finnisches mit 2266 Rth. Löhnung begnügen. Dabei sind eben die besonderen Landverleihungen mit in Betracht zu ziehen, auf welche die nationalen Truppen nach schwedischer Verfassung im Frieden Anspruch hatten. Zieht man nun den Durchschnitt, so kam im schwedischen Heere auf den einzelnen Soldaten jährlich nur 40—45 Th., eine Summe, welche sich im zweiten Jahre des Krieges schon bis auf 52 Th. erhöhte. So war die Bezahlung bei den Schweden im ganzen doch eine geringere, als in den andern Heeren; aber sie erfolgte bei weitem nicht so unregelmässig, als in diesen. Gleichwohl waren auch unter Gustav Adolf die Zustände in dieser Hinsicht noch immer schlimm genug, und trotz der reichen Zuflüsse in Süddeutschland trat doch bald wieder Mangel ein, welcher den König zwang, sein Heer auf 6 Monate zu vertrösten und schlechte Münzen zu schlagen. Dennoch kam es nur einmal zu einem offenen Aufruhr, im Jahre 1632 vor Nürnberg, welcher nur dadurch beschwichtigt werden konnte, dass die Reichsstadt 100000 Th. vorschoss. Gustav Adolfs Persönlichkeit war es vor allem, welche dies bunt gemischte Heer einheitlich zusammenhielt. Unter seiner Organisation war es eine nach Bewaffnung und Tatik ganz neue Erscheinung 1 Nach Chemnitz II, S. 100 scheint Gustav Adolf alle halb Jahr Abrechnung zu halten versprochen zu haben. 2 Die Art und Weise, wie die geworbene Reiterei bezahlt wurde, ist nicht recht klar; vgl. darüber Arkiv III, S. LXVT.
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in dem Kriegswesen. Indem er seine Soldaten durch beständige Schlachtübungen und ^andere militärische Verrichtungen von Müssiggang und Verweichlichung fern hielt, indem er so im ganzen straffe Manneszucht hielt und offen fromme Gottesfurcht unter ihnen pflegte, suchte er auch seinem Werkzeuge ein den hohen Zielen seiner Pläne würdiges Gepräge zu verleihen. Zum guten Teil gelang es ihm, denn unter seinen Fahnen sammelten sich wohl mehr die besseren Elemente des deutschen Söldnertums; wie hätten sich auch die zügellosen, aus dem Gesindel aller Herren Länder zusammengesetzten Scharen eines Wallenstein u. a., einer so gearteten Disziplin unterworfen. Die ernste religiöse Überzeugung und der hingebende Patriotismus vieler edeldenkender Keichsfürsten und Werbeoffiziere, welche dem schwedischen König ihre Dienste widmeten, trugen das ihrige dazu bei, diesem Ziele näher zu kommen. So kam es, dass auch auf sein Heer ein Schein jener frommen Begeisterung fiel, mit welcher Gustav Adolf damals so tiefen Eindruck in Deutschlands protestantischer Bevölkerung machte. Von seinen Soldaten war er leidenschaftlich geliebt, da sie sahen', wie er alle Strapazen mit ihnen teilte, ihnen in allen soldatischen Tugenden voran leuchtete und wohl selbst sich mit dem Spaten an den Schanzarbeiten beteiligte, wenn Eile not that. Die deutschen Fürsten beugten sich, wenn auch oft widerwillig, vor seiner königlichen Majestät, sie duldeten es, dass er ihnen gelegentlich in flammenden Worten ihr disziplinloses Verhalten vorwarf. Die deutschen und evangelischen Patrioten sahen in ihm den Erlöser aus der kaiserlichen und jesuitischen Vergewaltigung, und diejenigen Offiziere, welche nur um Geld dienten, fanden in seinem genialen Feldherrntalent das Vertrauen zu der Sache, bei welcher die von ihnen gebrachten Opfer reiche Früchte tragen mussten. In der moralischen und soldatischen Grösse des Königs fand das ganze Heer seinen Zusammenhang und seine leitende Kraft. 1
Zweites Kapitel. Die schwedische Armee und der evangelische Bund. Der Tod Gustav Adolfs war ein schwerer Schlag für das ganze begonnene Unternehmen. Dasselbe versprach nur dann einen glück1
Nach der Schlacht bei Lützen beschloss man, die Leiche Gustav Adolfe vorläufig im Lager zu behalten, weil durch ihre Gegenwart die Armee allein zusammengehalten werden könnte und die Soldaten wüssten, wem sie dienten. Sattler, Dodo von Knyphausen. S. 319.
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in dem Kriegswesen. Indem er seine Soldaten durch beständige Schlachtübungen und ^andere militärische Verrichtungen von Müssiggang und Verweichlichung fern hielt, indem er so im ganzen straffe Manneszucht hielt und offen fromme Gottesfurcht unter ihnen pflegte, suchte er auch seinem Werkzeuge ein den hohen Zielen seiner Pläne würdiges Gepräge zu verleihen. Zum guten Teil gelang es ihm, denn unter seinen Fahnen sammelten sich wohl mehr die besseren Elemente des deutschen Söldnertums; wie hätten sich auch die zügellosen, aus dem Gesindel aller Herren Länder zusammengesetzten Scharen eines Wallenstein u. a., einer so gearteten Disziplin unterworfen. Die ernste religiöse Überzeugung und der hingebende Patriotismus vieler edeldenkender Keichsfürsten und Werbeoffiziere, welche dem schwedischen König ihre Dienste widmeten, trugen das ihrige dazu bei, diesem Ziele näher zu kommen. So kam es, dass auch auf sein Heer ein Schein jener frommen Begeisterung fiel, mit welcher Gustav Adolf damals so tiefen Eindruck in Deutschlands protestantischer Bevölkerung machte. Von seinen Soldaten war er leidenschaftlich geliebt, da sie sahen', wie er alle Strapazen mit ihnen teilte, ihnen in allen soldatischen Tugenden voran leuchtete und wohl selbst sich mit dem Spaten an den Schanzarbeiten beteiligte, wenn Eile not that. Die deutschen Fürsten beugten sich, wenn auch oft widerwillig, vor seiner königlichen Majestät, sie duldeten es, dass er ihnen gelegentlich in flammenden Worten ihr disziplinloses Verhalten vorwarf. Die deutschen und evangelischen Patrioten sahen in ihm den Erlöser aus der kaiserlichen und jesuitischen Vergewaltigung, und diejenigen Offiziere, welche nur um Geld dienten, fanden in seinem genialen Feldherrntalent das Vertrauen zu der Sache, bei welcher die von ihnen gebrachten Opfer reiche Früchte tragen mussten. In der moralischen und soldatischen Grösse des Königs fand das ganze Heer seinen Zusammenhang und seine leitende Kraft. 1
Zweites Kapitel. Die schwedische Armee und der evangelische Bund. Der Tod Gustav Adolfs war ein schwerer Schlag für das ganze begonnene Unternehmen. Dasselbe versprach nur dann einen glück1
Nach der Schlacht bei Lützen beschloss man, die Leiche Gustav Adolfe vorläufig im Lager zu behalten, weil durch ihre Gegenwart die Armee allein zusammengehalten werden könnte und die Soldaten wüssten, wem sie dienten. Sattler, Dodo von Knyphausen. S. 319.
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liehen Fortgang, wenn der mächtigste deutsche Reichsfürst, Johann Georg von Sachsen, den "Willen imd die Thatkraft hatte, die Kräfte der evangelischen Partei in Deutschland unter seiner Führung zusammenzufassen, und sich zu gemeinsamen Plänen mit Oxenstierna, dem jetzigen Leiter Schwedens, vereinigte. In richtiger Erkenntnis der Situation drang auch die brandenburgische Diplomatie in den kurfürstlichen Nachbar, die Vorschläge des Reichskanzlers, welcher bald nach der Schlacht bei Lützen persönlich in Dresden erschienen war, anzunehmen. 1 Dieselben bezweckten, falls man Schweden die bisherige Führung der evangelischen Angelegenheiten nicht weiter zugestehen wollte, eine Teilung des Oberbefehls; zwei Hauptarmeen, die eine unter sächsischer, die andere unter schwedischer Direktion, sollten den Kampf nach gemeinsamen Entschlüssen fortführen. 2 Allein die Hoffnung der Protestanten, welche sich von allen Seiten auf den sächsischen Kurfürsten richtete, blieb unerfüllt.® Johann Georg war zu solchen energischen Entschlüssen nicht fähig. In ihm war das stolze Selbstgefühl der deutschen Reichsfürsten am stärksten ausgeprägt, und bald nach der Schlacht bei Leipzig hatte er sich wieder der Hoffnung auf eine Aussöhnung mit dem Kaiser hingegeben. Nur mit Widerwillen hatte er sich daher selbst Gustav Adolf untergeordnet, dem er immer wegen seiner Lauheit verdächtig war; jetzt war er noch viel weniger geneigt, die Autorität des schwedischen Edelmannes anzuerkennen. Auch an anderer Stelle traten die Sonderbestrebungen der deutschen Fürsten offen hervor. 4 Herzog Georg von Lüneburg hatte sich schon vor der Schlacht bei Lützen zweifelhaft benommen; sein Yetter Friedrich Ulrich von 1 Georg Wilhelm führte als Grund an: den Evangelischen werde durch den Abzug der Schweden aus dem Reiche ein starker Rückhalt verloren gehen, und die Entschädigung Schwedens werde auf ihre Schultern fallen, während sie doch vielmehr aus dem Lande derer zu ziehen wäre, welche das Einschreiten Gustav Adolfs veranlasst hätten. Günther, Politik des Kurfürsten v. Sachsen etc. Leipzig. Diss. 1877. S. 59. 2 Günther, a. a. O. S. 36 ff. 3 Heibig, Gustav Adolf und d. Kurf. v. Sachsen und Brandenburg. Leipzig, 1854, S. 92 ff. 4 Oxenstiernas Erwägungen: Hactenus auetoritatem Regis uteunque Protestantes continuisse; hoc vinculo abrupto, dissociatis per hostium artes animis armisque, summam rerum collapsuram. Sibi ruentes res nomine Reginae Sueciae fuleire conaturo obstare dignationem Electorum et Principum, quorum supercilium laturum non sit, ut vir Equestri loco natus et extraneus tanta inter ipsos potestate polleat. Pufendorf, V, 8.
Lorentzen,
Schwed. Armee.
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Wolfenbüttel berief bald nach derselben eigenmächtig einen Kreistag, weigerte sich, die schwedischen Subsidien weiterzuzahlen und liess die Werbung einer eigenen Armee in Angriff nehmen, ein Anschlag, den nur die energischen Drohungen des Reichskanzlers vereitelten. Selbst der Landgraf von Hessen zeigte, dass er der schwedischen Bevormundung müde war. Dem gegenüber entfaltete jedoch Oxenstierna, bald im Norden und bald im Süden Deutschlands persönlich anwesend, sowie durch seine Gesandten bei den befreundeten Mächten eine unermüdliche Thätigkeit und gewann dadurch Johann Georg, welcher noch hülflos und unentschlossen schwankte, was er thun sollte, einen grossen Vorsprung ab. Schon Gustav Adolf hatte die Hemmungen empfunden, welche ihm der Abschluss der e i n z e l n e n Bündnisse bereitete; denn nur die Protestanten des fränkischen Kreises hatten, wie erwähnt, sich ihm durch einen gemeinsamen Vertrag angeschlossen. E r hatte daher geplant, in einem grossen Bunde alle evangelischen Stände zusammenzufassen oder wenigstens doch die vier oberen Kreise, deren Verteidigung infolge ihrer Lage und ihrer Zersplitterung besondere Schwierigkeiten bereitete, in einer militärischen Verfassung zu vereinigen. An der Ausführung dieses Gedankens war er durch seinen Zug nach Sachsen verhindert worden, aber er hatte in Arnstadt seinen Kanzler beauftragt, denselben auf einem Konvent in Ulm ins Werk zu setzen. 1 Dieser Konvent auf Anfang Dezember einberufen, hatte bei der allgemeinen Verwirrung, welche dem Tode des Königs folgte, natürlich vertagt werden müssen, wurde aber finden März 1633 in Heilbronn wieder angesetzt und von den evangelischen Ständen der vier oberen Kreise zahlreich besucht. Die Verhandlungen, welche über einen Monat dauerten, wurden von Oxenstierna geschickt geleitet. Es gelang ihm, den Bund der vier Kreise zu Stande zu bringen, worin sie sich zur gegenseitigen Hülfe verpflichteten und u. a. auch die Ansprüche Schwedens auf eine Entschädigung für die aufgewandten Kosten anerkannten. Dank dem energielosen Verhalten des Kurfürsten von Sachsen hatten die Deutschen nur einen verhältnismässig geringen Einfluss auf die Leitung desselben, sie bildeten in dem consilium formatum, das aus zwei Schweden und sieben deutschen Kreisabgeordneten, die mit militärischen Dingen vertraut sein mussten, bestand, nur den Beirat, welcher dem eigentlichen Direktor des Bundes, dem Reichskanzler, 1
Londorp IV, S. 301.
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bei den diplomatischen Verhandlungen und bei der Verwaltung der Heeresangelegenheiten an die Hand gehen sollte; die Oberleitung der zu erhaltenden Truppen war der Entscheidung Oxenstiernas allein überlassen. 1 Ergänzt wurden die Bestimmungen des Heilbronner Konvents auf dem Heidelberger Fürstentag und dem ersten Frankfurter Konvent, die im Laufe des Sommers 1633 stattfanden. Was Oxenstierna erstrebt hatte, war ihm gelungen; er war für die nächste Zeit der Führer der evangelischen Partei in Deutschland geworden, wie es Gustav Adolf gewesen war, und zwar im Süden auf Grund fester Abmachungen, doch auch im Norden hatte er sich, trotz Johann Georg, Respekt zu verschaffen gewusst. Er war die Seele aller Verhandlungen; in einer Versammlung deutscher Diplomaten, von denen kein einziger ein irgendwie originales Talent zeigte, war er das treibende Element in allen neuen Plänen, vor ihm antichambrierten, wie später vor Talleyrand, die deutschen Fürsten und Stände, welche eingedenk der Freigebigkeit Gustav Adolfs jetzt von seiner Gunst Erweiterung ihrer Macht auf Kosten der Nachbarn erwarteten. „Da war fast kein Stand, oder nahmhaffter Officirer und Bedienter, der nicht einige Ämbter, Abteyen, Clöster, Herrschafften und dergleichen begehrete; da dan, je höher die person, je grösser auch die praetensionen waren". 2 Wohl konnte unter solchen Umständen der Ehrgeiz des schwedischen Edelmannes höher schwellen, wohl konnte er den stolzen Plan fassen, mit der Gewinnung auch der deutschen Kanzler- und der ersten Kurwürde, des Erzbistums Mainz, 8 die Führung der Deutschen dauernd in der Hand zu behalten, während er seinen Schwiegersohn, den Feldmarschall Gustav Horn, zum Grossmeister des deutschen Ordens in Mergentheini einzusetzen gedachte. Oxenstierna besass grosse staatmännische Eigenschaften, nicht nur für die beschränkten Verhältnisse von Schwedens innerer Verwaltung, sondern vor allem für die weite europäische Politik: eine 1 Vgl. Londorp, IV, S. 301 ff.; Chemnitz, II, S. 33, 62 ff.; Kusel, Der Heilbr. Konvent. 1878 (Hall. Abhandl. VII). 2
Chemnitz, II, S. 91. Als einer der Fürsten von Oxenstierna tionsbrief erhalten hatte, sprach dieser das stolze Wort: „Möge es bleiben, dass ein deutscher Fürst an einen schwedischen Edelmann Bitte gerichtet, und dass der schwedische Edelmann dem deutschen gewährt hat. Wassenberg, paneg. sei. S. 166. 3
einen Donaunvergessen eine solche Fürsten sie
Odhner, Sveriges inre historia. S. 7. 3*
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unermüdliche Arbeitskraft, ein starker Geist, der selbst in den schwierigsten Verhältnissen seine Ruhe bewahrte, ein entschlossenes und selbstbewusstes Auftreten, eine sichere Kenntnis der Menschen und der "Verhältnisse, und ein reiner, selbstloser uud unbestechlicher Sinn hätten ihn wohl befähigt, selbst ein fremdes Volk zu regieren. Aber in den damaligen so verwickelten Verhältnissen fehlte ihm eins, wodurch Gustav Adolf dem kriegerischen Deutschland so sehr imponiert hatte, er war kein Soldat und Feldherr — und deshalb konnte er seinen königlichen Herrn auf die Dauer nicht ersetzen. Mit dem Tode Gustav Adolfs lockerte sich die Verbindung der einzelnen in den verschiedenen Teilen Deutschlands kämpfenden Armeecorps stark. Ein jedes focht mehr oder weniger auf eigene Faust: das verbündete sächsisch-brandenburgisch-schwedische Heer lag Wallenstein gegenüber ziemlich unthätig und lebte behaglich in dem reichen Schlesien; in Niedersachsen hatte Herzog Georg von Lüneburg gegen die Kaiserlichen, die aus den wohlhabenden westfälischen und rheinischen Kirchenstaaten immer neue Kräfte zogen, bisher am wenigsten Glück gehabt; jetzt wurde ihm Generalmajor Knyphausen mit der Hälfte der bisherigen königlichen Armee, welche bei Lützen den Pyrrhussieg errungen hatte, beigegeben; vom Süden her ward er unterstützt vom Landgrafen von Hessen. Die andere Hälfte unter Herzog Bernhard, welchem Oxenstierna den Generalmajor Lohausen zugesellte, eilte nach Süddeutschland zurück, um wieder die Fühlung mit den andern dort stehenden Corps zu gewinnen. Dort angekommen teilte sich Bernhard mit Gustav Horn in den Oberbefehl. Die Gesamtstärke aller unter schwedischen Führern fechtenden Truppen betrug etwa 85000 Mann, die der Bundesgenossen etwa 35000 Mann. 1 Als von Gustav Adolf ernannter Generallieutnant hätte eigentlich Herzog Wilhelm von Weimar die Oberleitung des Heeres in die Hand nehmen sollen, allein wegen Kränklichkeit war er der Hauptaktion bei Lützen fern geblieben. Die vom König eingeleitete Schlacht war — unter thatkräftiger Unterstützung Dodos von Knyphausen — von Bernhard, dem jüngsten Bruder Wilhelms, zu Ende geführt worden. Der Ruhmeskranz, welcher sich dadurch um sein Haupt schlang, kam seinem ehrgeizigen Streben zu gute; jung, 1 Der Prozentsatz der geborenen Schweden im Heere blieb der angegebene^ besonders im Süden, da im ganzen Jahr 1633 nicht mehr als 3000 schwedische Ersatztruppen nach Deutschland geschickt wurden. Arkiv, III, No. 953.
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heiter, schnell entschlossen, von ganz hervorragender militärischer Begabung, von seinen Soldaten, denen er gern durch die Finger sah, sehr geliebt, gedachte er, die Lage der Dinge auszunutzen und für sich die Würde des Generalissimus zu erwerben. Allein dadurch geriet er in unerquickliche Konflikte mit Oxenstierna, welcher ihn doch nicht entbehren konnte, mit seinem Bruder, der sich bald gekränkt zurückzog, sowie mit seinem Mitfeldherrn Gustav Horn. Dieser, einer der hervorragendsten Schüler Gustav Adolfs, hätte sich, wenn es bei den obwaltenden "Verhältnissen auf militärisches Genie allein angekommen wäre, wohl am meisten zum obersten Feldherrn geeignet, allein die Stände wollten es nicht dulden, dass neben der diplomatischen, auch die militärische Oberleitung ganz in den Händen der Schweden ruhe. 1 Litt so die ganze Kriegführung infolge der mangelnden Einheit im Oberkommando, so gab auch bald die Stimmung der Armee selbst zu den schlimmsten Befürchtungen Anlass. Als nach der Schlacht bei Lützen ein kräftiger Vorstoss nach Böhmen in Erwägung gezogen wurde, ergab der Kriegsrat, den man deshalb abhielt, die Unmöglichkeit des Unternehmens, weil das Heer im elendesten Zustande, zerlappt und ohne Geld und an Offizieren sehr mangelhaft gestellt sei.2 War die Bezahlung desselben schon unter Gustav Adolf unregelmässig und mangelhaft gewesen, so war sie nach seinem Tocle gar nicht mehr erfolgt. Der Missmut darüber wurde verstärkt durch Oxenstierna selbst, welcher es nicht verstand, mit den Offizieren und Soldaten umzugehen. Offenbar kannte er nicht aus eigener beständiger Anschauung das starke Selbstgefühl, von welchem sie durchdrungen waren, denn „nächst Gottes Yorsehung und Direction", sagten sie drohend, „wäre die löbliche Soldateska das Werkzeug gewesen, und wäre es noch, wodurch der hochseligste König sich und die Krone Schweden bei allen Potentaten und Nationen Europae ins höchste fastigium der Ehren und veneration vor allen andern gesetzet." Statt den Offizieren, auf welche als die grossen Financiers in dieser geldarmen Zeit so viel ankam, einige gute Worte zu geben, statt ihnen die von Gustav Adolf verliehenen Schenkungen zu bestätigen und sie mit der baren Zahlung auf eine günstigere Zeit zu vertrösten, hatte er sich begnügt, in gebieterischem Tone an sie zu schreiben und sie zu ferneren Diensten zu ermahnen, ohne über 1 2
Eöse, Bernhard von Weimar. I, S. 279. Heibig a. a. 0 . , S. 95.
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ihre Ansprüche ein "Wort zu verlieren. Auch Bernhard von "Weimar, welcher in ihrem Namen mit ihm in Altenburg, Erfurt und "Würzburg verhandelte, war von ihm einfach auf die Ergebnisse des Heilbronner Konvents verwiesen worden. Inzwischen zerfiel die Mannszucht im Heere mehr und mehr; aller Mittel entblösst, war die Soldateska gezwungen, sich auf eigene Faust ihren Unterhalt zu verschaffen, so dass die Stände, in deren Gebieten sie einquartiert waren, schwer unter den wachsenden Zügellosigkeiten derselben zu leiden hatten. Allein sie trugen selbst die Schuld daran, denn sie hatten durch ihre Saumseligkeit den Reichskanzler im Stich gelassen. Daher erwiderte dieser auf ihre heftigen Beschwerden auf dem Heilbronner Konvent: „Das vornehmste fundament der Disciplin were, den Soldaten geben, was Ihnen gehöret, damit man sagen könne, cum Johanne: Estote contenti stipendiis vestris: Straffe und schärffe zu rechter Zeit gebrauchen können, were hiernegst das beste Mittel; Jtzt aber, da der Soldat nottrungentlicli ex rapto leben müsse, stünde dieser weg nicht zu ergreiffen . Die Generalen selbst, nebenst den Obersten, wüsten nicht zuleben, müsteu partiten mochen: Ynd ob Sie schon theils Herren, so weren sie doch Herren von fortun, abgetheilet oder sonsten also beschaffen, das sie das Ihrige beym Kriege nicht zusetzen könten oder wolten . Darumb lebten sie in disordre: Könten den Obristen und folgends diese den Soldaten nicht auf die Hände sehen. Die redliche Obristen und Officirer vermöchten sich dergestalt nicht auffzuhalten . Fiele Ihnen unmöglich . Die weinigste dieneten aus liebe zum Yaterland: Sonst würden die Stände in solch ungelegenheit vielleicht nicht gerathen sein. Sölten die Soldaten ein weinig tractiret werden, so würden sie, aus guter affection gegen den Hochseligsten König, alles auf setzen. Sie weren über die massen bestendig nach dessen Tode geblieben, also das sie, ob sie denselben schon alle gewust, doch aufs eusserste ritterlich gefochten. Nach der Hand, unangesehen des so schlechten Unterhalts, hetten sie mit vieler und des Feindes selbsten Verwunderung, nie meuteniret." Er forderte nun die Stände auf, die nötigen Summen herbeizuschaffen und fügte hinzu, wie sehr die Preise durch den Eigennutz der Kauf- und Handwerksleute gerade den Soldaten gegenüber, die überhaupt überall den Gegenstand aller Anfeindung bildeten, gestiegen seien, so dass dieselben mit ihrem bisherigen Solde nicht mehr auskommen könnten. Deshalb müsste die Bezahlung erhöht werden. 1 1
Chemnitz, II, 71 ff.; Soden, II, 91.
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Schweden selbst hatte in den verflossenen Jahren schon so unverhältnismässig hohe Opfer gebracht, dass es schwierig war, dem Lande neue Lasten aufzuerlegen, 1 zumal der Krieg ja überhaupt mit der Hoffnung begonnen war, dass er sich mit der Zeit allmählich selbst erhalten würde. Während die Regierung daher noch 1632 über 660000 Thaler hergegeben hatte, beliefen sich ihre Zuschüsse im folgenden Jahre nur noch auf etwa 130000 Thaler. 2 Ebenso aber trugen auch die deutschen Stände nur mit Widerwillen die ungeheuren Kriegsausgaben, 3 welche die Zuchtlosigkeit der Soldateska noch erschwerte, so dass sich ihr Missmut in lauten Klagen in Heilbronn Luft machte. Nach langen Verhandlungen willigten sie endlich ein, vom 1. Mai ab eine monatliche Kriegssteuer von zwölf Römermonaten nach Massgabe der Reichsmatrikel zu zahlen, welche jedoch vermindert werden sollte, wenn der Krieg in Feindesland gespielt würde. Die Zahlungsunfähigen konnten statt baren Geldes ihre Beiträge auch in Silber, Proviant, Wein, Tuch, Leder, Munition u. s. w. entrichten. Zur Sammlung des Geldes wurden Kassen in Strassburg, Frankfurt, Nürnberg und Ulm errichtet. Zugleich wurden Bestimmungen über die Disciplin, die Reformierung der Regimenter u. s. w. getroffen, ferner, dass die Truppen dem Bunde und Schweden gemeinsam schwören, sollten. Die Unterhaltungskosten der mindestens 45000 Mann 4 starken Bundesarmee wurden vom fränkischen Kreise auf 700000 FI.,5 von Oxenstierna auf über 800000 Fl. monatlich veranschlagt, 6 also jährlich auf 8 ] / 2 —9 1 /» Mill. Fl. Ein Vergleich mit dem Voranschlage, welchen 1
Pufendorf, V, 7. Nach dem Reichshauptbuche von 1632 stiegen infolge der vermehrten Geschenke, der Verpfändungen, sowie des Verkaufs von Krongut und Kenten an den Adel die Verluste an den ordentlichen Einnahmen in Schweden auf beinahe 800000 schwed. Th. ( = etwa 500000 Rth.), und infolge der verödeten Bauerngüter fielen 241840 schwed. Th. (== 161000 Rth.) aus. Odhner, Sver. i. hist. S. 4. 8
Arkiv III, No. 953. Nürnberg berechnete seine Ausgaben seit Ankunft des Königs bis zum Konvent auf 943000 Fl.; Ansbach zahlte in einem Jahre 77400 Fl. Soden II, 93, 572. Hier findet sich noch eine Fülle einschlägigen Materials. 4 Nach Arkiv III, XXXV, kann man über 50000 Mann rechnen. 5 Londorp IV, 431. 3
8
Londorp IV, 325: was man zum Krieg von nöten, erfordert auf einen einzigen Monat in die 8 Tonnen Goldes. Eine Tonne Gold ist hier zu 100000 G u l d e n , nicht T h a l e r berechnet, wie Cronholm (I. S. 191) anzunehmen scheint und deshalb den Monatssold anf rund 900000 Th. angiebt.
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Gustav Adolf für die etwa gleich starke rheinische Armee für die Zeit vom 1. Juni 1632 bis zum 1. Juni 1633 machte, und welcher im ganzen die Summe von etwa 3800000 Fl. ergab, 1 zeigt, wie wenig man jetzt mit den bescheidenen Zahlen, mit welchen der König in der Yoraussicht pünktlicherer Entrichtung rechnete, auskommen konnte. Bei den schon erwähnten gesteigerten Preisen und dem Widerwillen der deutschen Unterthanen, welche für die Verpflegung Sorge zu tragen hatten, waren die Soldaten, wie es scheint, mit den elfmonatlichen Löhnungen nicht mehr zufrieden. Dem gegenüber aber belief sich die auf dem Konvente vereinbarte Kriegssteuer monatlich auf nur 350000 Fl., jährlich auf 4200000 Fl., so dass in dem Kriegsbudget des Heilbronner Bundes für das erste Jahr ein Defizit von wenigstens 5 Mill. Fl. vorauszusehen war; denn es war anzunehmen, dass selbst die bewilligten Summen nur unvollständig eingehen würden. 3 Der Rückstände aber, welche die Armee zu fordern hatte — man berechnete dieselben an Sold allein auf 800000 Thaler 8 — war auf dem Konvente nur beiläufig gedacht worden. Die Kunde von den Heilbronner Abmachungen erzeugte in der ohnehin tief erregten Armee 4 eine mächtige Gärung. Gegenüber den grossen Yersprechungen Gustav Adolfs, gegenüber der Treue, welche die Truppen den Schweden auch nach seinem Tode unter den grossen Strapazen des Winterfeldzuges in Nord- und Süddeutschland bewährt hatten, fühlten sie sich von Oxenstierna zurückgesetzt und undankbar behandelt. Mit Entrüstung glaubten sie wahrzunehmen, dass man in Heilbronn wohl darüber nachgedacht habe, wie sie „zu disciplinieren, zu reformieren" wären, wie man über die Satisfaction der Krone Schweden verhandelt habe; wie ihnen aber Entschädigung zu geben sei, darüber sei kein Wort verloren worden, sondern die 1
Arkiv III, N. 963. Man ist fast versucht, jene oben erwähnten 700000 Fl. als den einmonatlichen Sold anzusehen, welchem dann elfmonatliche Löhnungen in der Höhe von etwa 320000 Fl. entsprechen würden, so dass bei dieser Eechnung eine Summe herauskäme, welche der von den Ständen bewilligten jährlichen Kriegssteuer etwa gleich wäre; allein Oxenstierna bemerkte besonders: „Der Stände Contributionen könnten zum halben oder dritten Theil nicht ertragen, was man zum Krieg vonnöthen". Londorp IV, 430 ff. — Pufendorf V, 34, giebt die Jahreseinnahme des Bundes auf 2500000 Th. an, mit dem Bemerken, dass dieselbe zum Kriege nicht ausreiche. ' Soden II, 219. 4 Sie lagerte zum grössten Teile bei Neuburg an der Donau. 2
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Kontributionen und eroberten Länder „würden Statthaltern, Kommissarien, Präsidenten, Residenten etc. ausgeteilt, die in den Stuben hinter dem Ofen gesessen, während sie Blut und Schweiss dafür vergossen hätten". Unter Führung des ränkevollen Obersten Mitzlaff verschworen sich „die gesambte Obristen, Obrist-Lieutenants, nebenst allen Officirern und Soldaten, einmütig zusammenzuhalten, ein vor alle und alle vor einen Mann unzertrennet und unabgesetzet zu stehen, bei Gräfflichen, Adeligen, Ritterlichen und KriegsMans Ehren, trewen und glauben und waren worten mit einander zu verbinden", und überreichten den beiden Feldherrn Horn und Bernhard von "Weimar eine Denkschrift, in welcher sie Bezahlung oder Anweisung auf bestimmte Länder verlangten, aus denen sie sich bezahlt machen könnten. Sollten sie binnen vier Wochen nicht befriedigt sein, wollten sie sich zu gemeinsamem "Vorgehen mit den andern Armeen in Verbindung setzen und die besetzten Länder einstweilen als Pfand in Anspruch nehmen. Diese Verschwörung ist bezeichnend für den Geist in der schwedischen Armee, sie umfasste nur die Regiments- und Kompagnieoffiziere; die Hauptanstifter derselben waren die Obersten; es gelang ihnen weder die vorgesetzten Generalmajore Rudwen und Lohausen, welche sich unwillig darüber äusserten, in dieselbe zu verflechten, noch die gemeinen Soldaten „ob sie gleich der vorwand und der Deckmantel sein mussten", zum Ungehorsam zu bewegen. Auch waren wohl kaum die Offiziere schwedischer Abkunft dabei beteiligt, aber ihre Zahl war gering. Horn, welcher immer auf gute Mannszucht hielt, war entrüstet über die Denkschrift, Bernhard, in seiner Art milde denkend über die Ausschreitungen der Soldateska, tadelte nur die Form: vergebens versuchten jedoch beide, die aufgeregten Elemente zu beruhigen: Horn musste abreisen, um dem Reichskanzler die Forderungen der Obersten zu übermitteln. 1 Bestürzt vernahm Oxenstierna dieselben — es waren die stärksten, die ältesten und tüchtigsten Regimenter, die zum grossen Teil unter Gustav Adolfs persönlicher Führung gestanden hatten, welche jetzt den Gehorsam aufsagten — es musste schleunigst Abhülfe geschaffen werden. Von dem Heilbronner Konvent, welcher sich gerade auflöste, war dieselbe nicht mehr zu erreichen,2 deshalb rief er > Chemnitz II, S. 1 0 0 - 1 0 4 . 2 Soden II, 148 ff.
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im Juni mehrere Fürsten in Heidelberg zusammen, wo er durchsetzte, dass die Bundesbeiträge nicht, wie in Heilbronn abgemacht war, für drei Monate, sondern bereits für sechs Monate in zwei Terminen im Laufe des Juli vorauserhoben werden sollten. Ferner wurden in dem Bundesgebiete für dies Jahr von „allen wachsenden und fallenden Früchten' 1 , also besonders von Getreide, Hopfen, Flachs, Hanf, Erbsen, Wein u. s. w. der Zehnte für die Magazine der Armee in Beschlag genommen; von den übrigen sollten dann erst die Herrschaften ihren gewöhnlichen Zehnten nehmen dürfen. 1 Diese Bestimmungen wurden auf dem weiteren Konvente im Sommer in Frankfurt a. M. bestätigt. Um jedoch die Armee inzwischen zu beruhigen, entschloss sich Oxenstierna, dem Beispiel Gustav Adolfs folgend, 2 „die vornehmste Stände, zumahle diejennige, so bey der Soldateska in etwas respect und ansehen — als Herzog Bernhard — in partem praedae zuzulassen, folgends die vornehmste Officirer derer Armeen mit Gütern zu beneficieren und die eroberten Lande, so lange sie zureichen wolten, ausszuteilen. Doch dergestalt, dass der Königin und Cron' Schweden, in dero nahmen dieses alles geschehen müsse, die OberHerrlichkeit und das Lehenrecht, sambt den schuldigen contributionen bevorblieben." 3 Er erneuerte also und vermehrte die grossen Güterschenkungen, mit der weiteren Bedingung, dass die so Belehnten je einen entsprechenden Teil der Schuldforderungen, welche sie und die ihnen untergebene Soldateska geltend zu machen hatten, übernahmen. Diese Vorschläge überbrachten zwei vom Eeichskanzler mit Horn zurückgesandte Obersten den aufrührerischen Offizieren und fanden damit ein im ganzen freundliches Entgegenkommen, ja viele derselben entschuldigten sich sogar besonders wegen des Tones, den sie angeschlagen hatten. Sie versprachen, in Zukunft treu weiter zu dienen und, da sie jetzt nicht wüssten, wem sie eigentlich dienten, sich für den evangelischen Bund und die Krone Schweden gemeinsam verpflichten zu lassen, wenn Oxenstierna sein Versprechen eingelöst haben würde. 4
» Chemnitz II, 1 8 6 - 3 7 ; Soden II, 165 fl. Die Schenkungen an die Offiziere hatte Gustav Adolf in seinem Testamente bestätigt. Theatr. Europ. i n , S. 25. 3 Chemnitz II, S. 120. 4 A. a. 0., S. 121. 2
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Mit den weiteren Verhandlungen aber betraute das Heer Bernhard von "Weimar, welcher diesem Auftrag um so lieber übernahm, weil er damit zugleich seine eigenen Zwecke verbinden konnte. In so schwieriger Zeit konnte er als Yertrauter und erklärter Liebling einer aufrührerischen Armee entschiedener an die Erfüllung seiner ehrgeizigen Hoffnungen denken. Er stellte bei Oxenstierna jetzt das Verlangen, dass ihm das schon von Gustav Adolf versprochene, aus Bistümern des Mainlandes gebildete Herzogtum Franken überlassen würde, eine Forderung, welche der Reichskanzler nicht versagen konnte. Ferner verlangte er den Oberbefehl über die ganze bis dahin unter Horn, dem Pfalzgrafen von Birkenfeld, dem Rheingraf von Solms und ihm gemeinsam befehligte Bundesarmee; allein hier stiess er auf entschiedenen Widerstand — denn so erwünscht eine Einheit im Oberbefehl sein mochte, ein so hochbegabter Feldherr wie Horn konnte unmöglich dem jugendlichen Herzog untergeordnet werden, abgesehen davon, dass Oxenstierna wohl mit Recht als Schwede den weiteren Plänen dieses hochstrebenden und vielgewandten jungen Reichsfürsten misstrauen konnte. 1 Nach einem Besuche in seinem neuen Herzogtum kehrte Bernhard erst Ende Juli wieder zur Armee zurück, welche inzwischen durch eine neue Gesandtschaft sich mit dem Reichskanzler auch im einzelnen verständigt hatte. 2 Es war hohe Zeit, dass diese missliche Angelegenheit geregelt wurde, denn, da die Offiziere sich nicht mehr um ihre Soldaten kümmerten, strichen diese weit und breit im Lande vagabundierend umher, so dass sich das Heer in seinen Bestandteile aufzulösen drohte. 3 Von Oxenstierna gesandt erschien der Grossschatzmeister Graf von Brandenstein mit zwei Obersten als Kommissaren und hielt mit den Regimentern bei Donauwörth eine Generalabrechnuug ab, 4 wobei natürlich auch die beiden Oberfeldherrn anwesend waren. Die rückständigen Forderungen der Obersten bis zum 1. August d. J. wurden genau festgesetzt und im Einverständnis mit denselben, welche einsahen, dass so hohe Summen baren Geldes nicht beschafft werden konnten—ein einzelner machte allein eine Forderung von 2—300000T1). 1 Über das Verhältnis Horns zu Bernhard von Weimar vgl. Cronholm, Trettioäriga Enget I, 308 f. 2 Chemnitz II, 151. 3 Chemnitz II, 158. 4 Chemnitz II. 186.
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geltend 1 •— durch abermalige umfangreiche Ländereien, welche in den eroberten Gebieten mit Beschlag belegt waren, durch Güter und Herrschaften, Städte, Dörfer und Klöster ausgeglichen. Die "Vergebung im einzelnen hatte der schwedische Generalkommissar Heinrich von Offenburg durchzuführen. 2 Die anmassenden Verfügungen,durch welche die Schweden bisher alles eroberte Gebiet als königlich schwedische Lehen vergeben hatten, mussten unter den veränderten Umständen und unter dem Einfluss der Stände des evangelischen Bundes zurückgezogen werden. Sie wurden jetzt verliehen „alss ein frey u n m i t t e l b a r E r b l e h e n des h e y l i g e n R ö m i s c h e n R e i c h s , ganz frey ohne einige Beschwehrung undt schulden". 3 Yon diesen Gütern hatten die Obersten nicht nur ihre untergebenen Offiziere und Gemeinen in ihren Forderungen zu befriedigen, sondern sie mussten davon auch zu den vom Heilbronner Konvent verabredeten Kriegskontributionen beitragen, da sie „in dem zu Heylbrun gemachten Schluess incorporiret undt mitgegriffen" waren, dem sie natürlich nun auch Treue schwören mussten. Sollte die Übergabe der Güter nicht sogleich möglich sein, so wurden einstweilen Scheine darauf ausgestellt. Man beurteilte •damals den Wert der so verliehenen deutschen Ländereien auf 4900000 Th., 4 wobei zu berücksichtigen ist, dass im Laufe des Krieges der Wert des Grundbesitzes schon ziemlich gefallen war. Die Obersten achteten auch die Schenkungen gering und verschleuderten dieselben zu Spottpreisen, so dass Güter im Werte von 60000 Thaler zu 6000 feil geboten wurden. 5 An barem Gelde zahlten die Kommissare einen Monatsold aus, womit sich die Soldaten anfangs nicht zufrieden geben wollten, aber schliesslich leistete doch die ganze hier versammelte Armee, welche bei der Musterung eine Stärke von etwa 24000 Mann ergab, den Eid auf die Krone Schweden und den evangelischen Bund. 6 In ähnlicher Weise musste Oxenstierna auch mit der rheinischen Armee unter dem Pfalzgrafen von Birkonfeld verhandeln. 7 1
Soden II, S. 232. Droysen, B. v. Weimar I, S. 234. 3 Ein solches Belehnungsformular findet man bei Böse, I, Urk. 36. 4 Pufendorf V, 40. Nach unserm Gelde etwa 60 Mill. Mark. 6 Soden II, S. 232—33. Der Oberst Sperreuth hatte als Abschlagszahlung die Stadt Wembdingen, deren Wert auf 100000 Th. veranschlagt wurde, und das Kloster Kirchheim erhalten. Der Graf v. Hohenlohe wollte beide Besitzungen auf Kredit kaufen, aber darauf liess sich Sperreuth nicht ein. Er wollte bares Geld. • Pufendorf V, 57; Eöse I, 237; Chemnitz II, 194. ' Chemnitz II, 152—53, 186. 2
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Diese mit den Offizieren getroffenen "Abmachungen waren aber ausserordentlich folgenreich. "Wie musste es das Selbstbewusstsein und den Eigenwillen derselben steigern, dass sie nun ihren Kameraden, den geborenen Reichsfürsten, gleich gestellt waren, dass sie nun ebenfalls reichsunmittelbare Herren geworden waren und eine Würde erlangt hatten, welche nach damaliger Anschauung alle andern Lehenswürden in Europa überragte, und auf welche gestützt sie besonders auf die schwedischen Kameraden herabsehen konnten. Damit aber waren sie zugleich Mitglieder des evangelischen Bundes geworden; sie waren nicht mehr das Werkzeug desselben, sondern sie selbst konnten in den Gang der Verhandlungen eingreifen und somit auch ihren Einfluss für den Fall etwaiger Friedensverhandlungen geltend machen. Sie hatten nicht nur eine militärische, sondern auch eine d i p l o m a t i s c h e Stellung erlangt. Dies merkwürdige Verhältnis der Offiziere zur obersten Leitung hatte jedoch nichts Auffallendes für Oxenstierna: dasselbe hatte in Schweden selbst seit geraumer Zeit staatsrechtliche Geltung erlangt. Die ganze schwedische Verfassung war beherrscht vom militärischen Geiste; es war nur ein kleiner Schritt, wenn das Heer, das in den engsten Beziehungen zum Adel und zum Grundbesitz stand, auch im Reichstag eine Vertretung fand. „Schweden hat," sagte Oxenstierna 1642 im Rate, „was sonst nirgends ist, ex necessitate temporum, den Kriegsstand zu einem Reichsstand gemacht". 1 Den Grund dazu legte Karl IX., der 1595 zuerst Bevollmächtigte des Heeres in den Reichstag berief. Hier verstärkten sie den Adel r welcher, da sie keine eigene Stimme abzugeben hatten, sowohl für seinen Stand, als auch „für die hohen und niederen Bevollmächtigten des Heeres", das Wort führte. Ausgefertigt wurden die Beschlüsse von „Schwedens Reichsräthen und Ständen, Grafen, Freiherrn, Bischöfen,Adel, Klerisei, K r i e g s b e f e h l s h a b e r n , Bürgern und Bauern, und bei den Beratungen, welche der Krönung des Königs vorhergingen, machten der „Adel und das Kriegsvolk" gemeinsame Anmerkungen in betreff der Eidesversicherungen. 2 Für die deutschen Offiziere aber blieb die ihnen im evangelischen Bunde zugewiesene eigenartige Stellung von nachhaltiger Wirkung; der selbständige Geist blieb in ihnen auch dann noch, als. die Güter, auf denen die reichsunmittelbare Würde begründet war ? längst verloren waren, lebendig, und wir werden sehen, wie sie von 1 2
Geijer, HI, S. 17, Anm. 2. Geijer IH, S. 16 f.; S. 30 f.
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Die schwedische Armee und der Prager Friede.
nun an in allen kritischen Zeiten und besonders bei ernstlichen Friedensverhandlungen ihre Ansprüche selbständig geltend zu machen verstanden. Künstlich und auf schwachem Fundamente war die Einheit der süddeutschen Evangelischen in einem Bunde aufgebaut; überall konnte Oxenstierna fühlen, wie wenig mit dieser Yielstimmigkeit auszurichten war, wie geringe Fortschritte das zuchtlose und schlecht bezahlte Heer machte. Mühsam nur hielt er seine eigene Autorität den AVÍ der willigen deutschen Ständen gegenüber, welche sich nach Frieden sehnten, aufrecht. In einem zweiten Konvente zu Frankfurt a. M. im nächsten Jahre verhandelte man monatelang — vergebens bemühte sich Oxenstierna um die Anerkennung der norddeutschen Kreise, — von den beiden Kurfürsten beteiligte sich nur der Brandenburger mit Interesse an dem Konvente, — der Verlauf des Konventes liess schon eine Niederlage der schwedischen Politik voraussehen, als die Nachricht von der Nördlinger Katastrophe eintraf, welche das zweijährige Mühen des Reichskanzlers jäh vernichtete und ihm selbst eine zweite schlaflose Nacht verursachte. 1
Drittes Kapitel. Die schwedische Armee und der Prager Friede. Die Schlacht bei Nördlingen war der grosse "Wendepunkt in der Siegeslaufbahn Schwedens: zum ersten Male erlag das gefürchtete Heer Gustav Adolfs den feindlichen "Waffen, und zwar in einer vollkommenen Niederlage: mit einem Schlage war der Zauber seiner Unbesiegbarkeit dahin. Allmählich erst sammelten sich die zersprengten Haufen desselben — ganz Schwaben und Franken wurde von den Kaiserlichen überschwemmt. Der Gegenschlag gegen die Schlacht von Breitenfeld, welche den Schweden den "Weg nach Süddeutschland gebahnt hatte, war geführt: auf Norddeutschland zurückgedrängt, haben sie dauernd im Süden bis zum Ende des Krieges nicht wieder Fuss gefasst. 1
Nach Oxenstiernas eigener Aussage hat ihn seine Gemütsruhe nur zweimal verlassen, so dass er den Schlaf nicht finden konnte; das erste Mal nach Gustav Adolfs Fall bei Lützen, das zweite Mal nach der Nördlinger Schlacht.
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Die schwedische Armee und der Prager Friede.
nun an in allen kritischen Zeiten und besonders bei ernstlichen Friedensverhandlungen ihre Ansprüche selbständig geltend zu machen verstanden. Künstlich und auf schwachem Fundamente war die Einheit der süddeutschen Evangelischen in einem Bunde aufgebaut; überall konnte Oxenstierna fühlen, wie wenig mit dieser Yielstimmigkeit auszurichten war, wie geringe Fortschritte das zuchtlose und schlecht bezahlte Heer machte. Mühsam nur hielt er seine eigene Autorität den AVÍ der willigen deutschen Ständen gegenüber, welche sich nach Frieden sehnten, aufrecht. In einem zweiten Konvente zu Frankfurt a. M. im nächsten Jahre verhandelte man monatelang — vergebens bemühte sich Oxenstierna um die Anerkennung der norddeutschen Kreise, — von den beiden Kurfürsten beteiligte sich nur der Brandenburger mit Interesse an dem Konvente, — der Verlauf des Konventes liess schon eine Niederlage der schwedischen Politik voraussehen, als die Nachricht von der Nördlinger Katastrophe eintraf, welche das zweijährige Mühen des Reichskanzlers jäh vernichtete und ihm selbst eine zweite schlaflose Nacht verursachte. 1
Drittes Kapitel. Die schwedische Armee und der Prager Friede. Die Schlacht bei Nördlingen war der grosse "Wendepunkt in der Siegeslaufbahn Schwedens: zum ersten Male erlag das gefürchtete Heer Gustav Adolfs den feindlichen "Waffen, und zwar in einer vollkommenen Niederlage: mit einem Schlage war der Zauber seiner Unbesiegbarkeit dahin. Allmählich erst sammelten sich die zersprengten Haufen desselben — ganz Schwaben und Franken wurde von den Kaiserlichen überschwemmt. Der Gegenschlag gegen die Schlacht von Breitenfeld, welche den Schweden den "Weg nach Süddeutschland gebahnt hatte, war geführt: auf Norddeutschland zurückgedrängt, haben sie dauernd im Süden bis zum Ende des Krieges nicht wieder Fuss gefasst. 1
Nach Oxenstiernas eigener Aussage hat ihn seine Gemütsruhe nur zweimal verlassen, so dass er den Schlaf nicht finden konnte; das erste Mal nach Gustav Adolfs Fall bei Lützen, das zweite Mal nach der Nördlinger Schlacht.
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Auf die deutschen Stände wirkte die Kunde von dem schweren Unglück tief ein: klar trat jetzt die Haltlosigkeit des evangelischen Bundes hervor: die wenigen entschiedenen Anhänger der Hegemonie Oxenstiernas wurden verzagt gegenüber der Übermacht der herandrängenden kaiserlichen Heere, die Anschläge der zahlreichen Gegner fanden mit ihrer Saat fruchtbaren Boden unter den Lauen. Unter dem frischen Eindruck der eben bekannt gewordenen Niederlage ging der Frankfurter Konvent hastig mit einigen nichtssagenden und kopflosen Beschlüssen auseinander. Ein neuer Konvent, welchen Oxenstierna vom Dezember 1634 ab in Worms abhielt, war nur noch schwach besucht. 1 Entscheidend aber für die weitere Politik der deutschen Stände in den nächsten Monaten wurde das Verhalten des Kurfürsten von Sachsen. Wiederholt ist darauf hingewiesen worden, wie wenig guten Willen derselbe von Anfang an dem ganzen schwedischen «Unternehmen, dem er sich nur, gedrängt von Tilly, angeschlossen hatte, entgegen brachte; mit wachsender Eifersucht hatte er sodann die rastlose Thätigkeit Oxenstiernas in Süddeutschland mit angesehen. In dem Direktorium desselben über die oberen Kreise erblickte er eine Schmälerung seines eigenen Ansehens, obwohl er doch nicht die Thatkraft besass, selbst die Führung der Protestanten in die Hand zu nehmen. Geflissentlich arbeitete er daher nicht nur dem Reichskanzler entgegen, sondern knüpfte auch auf eigene Hand, ohne Wissen seines Bundesgenossen, mit dem Kaiser Verhandlungen in Leitmeritz an, welche, mit neuem Mute in Pirna fortgesetzt, am 20. Mai 1635 zum S e p a r a t f r i e d e n von P r a g führten. Durch denselben, welcher alseine besonders patriotische Übereinkunft vom Kurfürsten gepriesen wurde, wurde allen Augsburgischen Konfessionsverwandten mit gewissen Ausnahmen Amnestie verheissen, falls sie sich innerhalb zehn Tagen demselben anschliessen würden. Die Widerspenstigen aber hatten das Schicksal des Pfälzer Kurfürsten zu gewärtigen: gegen sie, sowie gegen die auswärtigen Feinde Deutschlands, schloss sich die Prager Friedenspartei zusammen und stellte dem Kaiser zu diesem Zwecke mit Beseitigung aller besonderen Armeen ein gemeinsames Heer und zur Bestreitung der Kosten desselben 120 Römermonate zur Verfügung. Die Kunde von den Abmachungen des Kaisers mit den mächtigsten deutschen Reichsfürsten hatte bei den evangelischen Ständen 1
Chemnitz II, 623 ff.
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eine durchschlagende Wirkung: ohnehin der drückenden Kriegslasten müde, überdrüssig der herrischen Führung des schwedischen Reichskanzlers, besorgt um ihre Besitzungen glaubten sie den trügerischen Yerheissungen des Kaisers oder suchten sich die logischen Konsequenzen des Friedens zu verheimlichen; überall beeilten sie sich daher, die Versöhnung mit dem Kaiser zu suchen, um so der versprochenen Amnestie teilhaftig zu werden. Kaum ein Jahr nach der Nördlinger Schlacht war Schweden in Deutschland isoliert; fast alle seine Bundesgenossen waren abgefallen oder hatten sich Frankreich in die Arme geworfen; der einzige Getreue blieb der Landgraf von Hessen. "Wie sich so die gesamte politische Lage der Schweden in Deutschland veränderte, so wurde auch die bisher unter ihrem Oberbefehle kämpfende Armee von den neuen Ereignissen schwer beeinflusse Natürlich löste sich sofort das kursächsische Kontingent von derselben los und trat nach den Bestimmungen des Prager Friedens zu der Partei des Kaisers über, nach einigem Zögern folgte diesem Beispiel der Kurfürst von Brandenburg. Auch Herzog Wilhelm von Weimar, welcher sich schon lange zurückgesetzt fühlte, machte seinen Frieden mit dem Kaiser und überredete das unter ihm stehende Heer, zum Kurfürsten von Sachsen überzutreten, wozu ihm der schon aus den Meutereien bei Neuburg bei den Schweden übel berüchtigte Oberst Mitzlaff behülflich war. Nur ein Regiment aus diesem Truppenteil vollzog die schon früher geplante Verbindung mit dem Landgrafen von Hessen. 1 Das niedersächsische Corps unter Georg von Lüneburg fiel, wie wir unten sehen werden, nur zum Teil ab, und auch dieser Teil verstärkte nicht die Streitkräfte der Prager Friedenspartei. Hessen blieb zwar während der ganzen Dauer des Krieges der schwedischen Sache unerschütterlich treu zugethan, allein der Landgraf Wilhelm legte schon bald nach dem Prager Frieden das ihm von Gustav Adolf übertragene Generalat nieder, entliess die ihm zugewiesenen schwedischen Regimenter und führte den Krieg mit seinen eigenen Truppen fortan als selbständiger Fürst. In der Folge fand er es dann für ratsamer, ein Bündnis mit den Franzosen zu schliessen, von welchen er mit einer bestimmten Geldsumme unterstützt wurde. 8
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Chemnitz II, 778 f.
2
Rommel, Geschichte von Hessen VIII, S. 437.
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Entscheidend wurde auch die Niederlage der Schweden für das Schicksal der evangelischen Bundesarmee, deren Trümmer Herzog Bernhard um sich versammelte, da der Mitfeldherr desselben, Gustav Horn, bei Nördlingen gefangen genommen war — ein Verlust, welcher für Schweden allein eine Armee aufwog. Vergebens suchte Oxenstierna diese Truppen zu seiner freien Verfügung zu retten. Da die Stände, noch mehr eingeschüchtert, ihre schuldigen Kontributionen gar nicht mehr zahlten,1 griff er zu den bedenklichsten Mitteln; er suchte z. B. von den Kaufleuten, welche die Frankfurter Messe besuchten, eine Summe von 200000 Thaler zu erpressen, 2 dann erhob er auf dem Wormser Konvent eine Kornsteuer, zu welcher die jüdischen Kornhändler den fünften, die andern den zehnten Teil beitragen sollten; allein dies waren verzweiflungsvolle Versuche, deren Erträge bei weitem nicht ausreichten, die meuternden Soldaten, welche mit wildem Geschrei nach ihrem Gelde verlangten, zu befriedigen. Von den Ständen in Stich gelassen, musste er den Dingen ihren Lauf lassen: Bernhard von "Weimar that das Übrige. Dem Reichskanzler wegen seiner eigenmächtigen Unternehmungen längst verhasst und jetzt als Ursache des schwedischen Unglücks angesehen, — denn seiner Unvorsichtigkeit verdankte man den Verlust der Nördlinger Schlacht — selbst unzufrieden mit Oxenstiernas Auftreten, machte er sich bald ganz von der schwedischen Leitung los, handelte in seinen Operationen nur nach eigenem Gutdünken und folgte schliesslich, von nun an einer der grossen Condottieren des 30jährigen Krieges, den lockenden Anerbietungen des französischen Königs, welcher jetzt eben offen gegen den Kaiser in Aktion trat, und dem das vortreffliche Heer unter der Führung des begabten Feldherrn ein willkommenes Werkzeug zur Durchführung seiner Pläne schien. Das mit schwedischen Patenten geworbene, gegen 20000 Mann starke Heer trat, seinem Führer vertrauensvoll folgend, durch einen Vertrag in Frankreichs Dienste, welchem sich auch die übrig gebliebenen Stände des evangelischen Bundes anvertrauten. Bernhard verpflichtete sich, im Interesse des französischen Königs dauernd eine Armee von 6000 Reitern und 12 000 Fusssoldaten zu halten, zu deren Bezahlung er 4 Millionen Iires (1600000 Rth.) empfing. Ausserdem erhielt er einen jährlichen Gehalt von 200000 Lires und das Versprechen auf eine Pension von 150000 Lires nach dem Frieden. Ferner aber übernahm 1 2
Pufendorf VI, 90. Pufendorf VI, 78.
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
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Frankreich die Garantie für die Entschädigung der oft genannten Rückstände an die Offiziere.1 Formell zwar blieben die weimarischen Truppen ein Bestandteil der schwedischen Armee, und bis zu seinem Tode führte Bernhard den Titel eines Feldherrn Schwedens und des evangelischen Bundes. Auch gab diese Macht nie die Ansprüche auf ihre Truppen auf, und heftige Meinungsverschiedenheiten ergaben sich aus dem Verrate des Herzogs zwischen den beiden Kronen. Als Bernhard, welcher auch Frankreich wegen seines reichsfürstlichen Stolzes und seines unabhängigen Sinnes verdächtig geworden war, 1639 gestorben war, wurden die schwedischen Ansprüche sofort wieder erhoben; die Armee, welche ein lebhaftes deutsch-protestantisches Gefühl beseelte, wäre am liebsten unter die alten Fahnen zurückgekehrt — von den vier Generalmajoren, welche die einstweilige Leitung übernommen hatten, erklärten sich drei für dieselben — allein die Versprechungen und eifrigen Bemühungen Schwedens vermochten nichts gegen das Vorgehen Frankreichs auszurichten, welches das zweckmässigste und alle Bedenken überwiegende Mittel in Bewegung setzte: es schaffte eilig Geld zur Stelle. Der Vertrag von Kolmar3 (29. Sept. 1639) entschied die Zugehörigkeit der weimarischen Armee für Frankreich, aber ein gewisser trotziger und selbständiger Sinn blieb diesem Heereskörper eigen und sollte bei Gelegenheit, wie wir noch sehen werden, deutlich hervortreten. So war die süddeutsche Armee und damit eine Anzahl der tüchtigsten Regimenter für Schwedens weitere Kriegführung verloren: die Hoffnung Oxenstiernas, den vollkommenen Untergang 1 Pufendorf VI, 89; Droysen II, 182 ff.; Röse II, 106 ff. und Urkunde 19. Am Sckluss derselben heisst es: S. Mté promet . . . de ne passer aucun traitté de paix ou accommodement avec les Ennemis sans y comprendre le dit Sr. Duc et tous les Officiers et soldats de son armée, pour les faire remettre en leur liberté et restablir en la possession des biens et Estats qui leur appartiennent et de faire tout son pouvoir qu'ils puissent avoir contentement des Confédérés de S. Mté de services leur rendus et à la Cause Commune. 2 Pufendorf XI, 42—54. Gonzenbach, Graf Ludwig von Erlach, I, cap. VlIIb. IX. S. 524 ff., 548. Auch von anderer Seite traten Anerbietungen an das weimarische Heer heran. Der Pfalzgraf Karl Ludwig bemühte sich, gestützt auf die Macht seines Oheims, Karls I. von England, eifrig darum, auch der Herzog Karl Albert von Lauenburg und sogar der Kaiser, welcher schon Bernhard selbst auf seine Seite zu ziehen versucht hatte, machten Versuche, dieselbe für sich zu gewinnen, während Herzog Wilhelm von Weimar, „der Erbe" seines Bruders, Verzicht leistete.
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seiner Sache zu verhindern, beruhte nur noch auf einem Heeresteile, welcher seinen Hauptstandort in Mitteldeutschland an der Elbe gehabt hatte. Ursprünglich war ihm nur eine sekundierende Rolle zugewiesen, doch war er Ende 1633 und Anfang 1634 ansehnlich verstärkt worden, besonders durch pommersche Garnisonen, um in Böhmen vordringen zu können. Er stand unter dem Befehl des Feldmarschalls Baner, 1 welcher jetzt auch die letzten Trümmer der süddeutschen Armee mit der seinen vereinigte. Allein auch auf diese Truppen verfehlten die neuen Ereignisse ihren Eindruck nicht. Von den Elementen, aus denen die Offiziere derselben bestanden, schieden die deutschen ß e i c h s f ü r s t e n bald aus: aus Furcht für ihre Selbständigkeit zogen sie es vor, sich der Prager Partei anzuschliessen, wenn sie dadurch auch auf manche Ansprüche auf Entschädigung für ihre Auslagen verzichten mussten, oder lehnten sich an Frankreich an. Die "Verbannten aus den Erblanden aber hatten nichts von der Gnade des Kaisers zu hoffen. Die neuen Abmachungen, von Kursachsen bestätigt, mussten ihren Grimm nur noch höher anfachen und sie zu noch entschiedenerer Unterstützung der Schweden, auf welchen allein noch ihre Hoffnungen beruhten, ermutigen. In ganz anderer Lage befanden sich die e i g e n t l i c h e n W e r b e o f f i z i e r e : ihnen gab der veränderte Zustand ganz neue Ausblicke in die Zukunft. Konnten sie bei der traurigen Verfassung, in welcher sich das schwedische Unternehmen befand, noch an einen gewinnreichen Feldzug und Frieden denken und damit Rückerstattung ihrer Kosten von der Krone erhoffen? Die Güter, mit denen viele in Süddeutschland entschädigt Avorden waren, waren wieder verloren, von neuem konnten die alten Forderungen jetzt geltend gemacht werden. "Wer garantierte ihnen dieselben? Ferner blickten sie mit Besorgnis auf ihre Hausgüter und ihr Privatvermögen, welche nach des Kaisers Drohungen der Konfiskation anheimfielen, falls sie sich nicht den Prager Bestimmungen fügten. Unter diesen Umständen zogen es doch viele von den niederen und oberen Offizieren vor, den kaiserlichen Anerbietungen zu folgen, um nicht eines unsicheren Gewinnes willen ihre letzte Habe noch auf das Spiel zu setzen und ihre ganze Existenz zu gefährden. Aber die meisten hatten doch noch nicht allen Mut verloren und dachten vielmehr, durch Zwischenverhandlungen zwischen dem Kaiser und 1
Chemnitz II, 318. 4*
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der Krone Schweden einerseits ihre Privatgüter zu retten, anderseits auch ihre Forderungen an letztere mit Erfolg durchzusetzen. Bei vielen aber machte sich jetzt ausserdem noch ein prinzipieller Standpunkt geltend. In dem Heere Gustav Adolfs, den man als den Eetter der teuren evangelischen Religion gegenüber dem Restitutionsedikt begrüsste, von dem man die Befreiung von der drückenden habsburgischen Herrschaft erwartete, hatten sich, -wie schon erwähnt, doch auch zahlreich solche Elemente gesammelt, welche nicht nur die Habsucht in die Reihen der Fremden trieb: es waren edle, deutsch und evangelisch fühlende Männer, welche aus innerer Überzeugung für die Glaubenssache und das von den Jesuiten beherrschte Yaterland kämpften. Unter ihnen tritt vor allem jetzt hervor Generalmajor Wilhelm von Kalchum, gen. Lohausen, welcher 1633 von Oxenstierna aus dem Süden zu Bauers Armee abkommandiert wurde. 1 Er war ein ebenso tief religiöser, doch toleranter Protestant, wie ein deutscher Patriot. Seine Soldatenpflichten erfasste er tief und wandte sich, selbst nur seiner Überzeugung folgend, in seinen vielfachen Schriften scharf gegen diejenigen, welche nur des Geldes wegen dienten; ein ausserordentlicher tüchtiger Offizier, hielt er in der Zeit allgemeiner Verwilderung streng auf Mannszucht und Frömmigkeit, dabei besass er eine für damalige Zeit tiefe wissenschaftliche Bildung.2 Neben ihm lernen wir als Vertreter der Soldaten den Generalmajor Georg Ernst von Wedel kennen, welcher später am brandenburgischen Hofe als Berater des jungen Kurprinzen Friedrich Wilhelm eine einflussreiche Stellung einnahm. Für diesen verfasste er auf Wunsch der Kurfürstin eine Denkschrift, welche von seiner tiefen Frömmigkeit, seiner weisen Mässigung, seiner hohen Bildung und seiner politischen Einsicht ein so beredtes Zeugnis ablegt.8 Weiter ist zu nennen der Oberst Joachim Ernst von Crockow, ein befähigter Offizier; der Oberst und spätere Generalmajor Hans Georg aus dem Winckel, ein sowohl bei der schwedischen Regierung wegen seiner bedeutenden Kriegserfahrung und seiner Treue, als auch bei den deutschen Unterthanen wegen seines humanen Verfahrens hochgeachteter Kavalier. Sämtliche Genannte waren Mitglieder der fruchtbringenden Gesellschaft, 1
Chemnitz II, 154 f. Vgl. über ihm Schaumburg, Wilhelm von Kalchum, gen. Lohausen (Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Band 3- 1866). 8 Publik, a. d. Preuss. Staatarchiv. 41, hrsg. v. Meinardus, Einleitung LI ff. u. Nr. 31. 2
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welche sich die Pflege des nationalen Gedankens zur besonderen Aufgabe gemacht hatte. 1 Yor allem aber ragt hervor der Oberst Diederich von dem Werder. Aus altem anhaltinischen Adelsgeschlechte entsprossen, war er schon als junger Mann am Hofe Moritz des Gelehrten von Hessen vermöge seiner wissenschaftlichen Bildung angesehen und trat dann in die Dienste Gustav Adolfs. Ein durchaus ehrenhafter und biederer Charakter, von aufopfernder Yaterlands- und Pürstenliebe, war er mit seinem Landesherrn und Freunde, dem Fürsten Ludwig von Anhalt, der eifrigste Förderer der genannten Gesellschaft, zugleich ein gefühlvoller Dichter geistlicher und weltlicher Lieder und ein geistreicher Übersetzer Tassos und Ariosts.a Wie so viele Keichstände sich dem Prager Frieden angeschlossen hatten, weil, wie sie annahmen, mit demselben die vornehmste Ursache, welche sie zum Anschluss an Schweden verleitet hatte, das Restitutionsedikt, nun beseitigt war — und der Kaiser verstand es, durch kluge Vorsicht in Süddeutschland diese Ansicht zu bestärken, — so mussten nun auch in diesen Männern Zweifel aufkommen, ob sie es noch länger mit ihren nationalen Gefühlen und Pflichten vereinigen könnten, einen Krieg fortzusetzen, welcher unsägliches Unglück über Deutschland brachte, ob sie noch länger eine fremde Macht unterstützen dürften gegen den Kaiser und gegen den mächtigsten deutschen und evangelischen Fürsten, welcher, in glänzender Stellung in Norddeutschland stehend, fort und fort versicherte, in seinen Entschlüssen nur von der Liebe zum Yaterlande geleitet zu sein. Anderseits aber band sie der Treueid und die Pflicht der Dankbarkeit an Schweden, welches die Evangelischen aus schweren Zeiten errettet hatte, und, welchem einen annehmbaren Frieden zu verschaffen, auch ihre Pflicht jetzt sein musste. Baners Armee war etwa 26000 Mann stark, 12000 zu ßoss, 14000 zu Fuss; darunter befanden sich 2—3000 Schweden und Livländer, die übrigen waren Deutsche.8 Schon vor endgültigem Ab1
Barthold, Gesch. d. fruchtbringenden Gesellschaft. Berlin 1848. Barthold a. a. O. § 11, 14, 15; Witkowsky, Diederich von dem Werder. Leipzig 1887. » Chemnitz II, 775. Baner giebt in einem Briefe an Oxenstierna die Anzahl der Reiterkompagnien auf 160, die zu Fuss auf 176 an. Das würde eine Gesamtstärke von etwa 44000 Mann ergeben, wenn die Kompagnien vollzählig gewesen wären. Oxenstierna's Skrifter och Brefvexling II, 6. S. 217 ff. Anmerkung. 2
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sehluss des Prager Friedens wurden die deutschen Offiziere unruhig und überreichten nach einigen Besprechungen unter Führung des Generalmajors aus dem Winckel, des Grafen Hoditz, der Obersten Dewitz, Crockow und Berghoffer am 4. Juni ein Schriftstück, in welchem sie den Feldmarschall aufforderten, die Obersten zusammenzurufen und mit ihnen zu beratschlagen, wie dem der Krone Schweden und ihnen selbst drohenden Unheil vorgebeugt werden könne. Zugleich verlangten sie Auskunft darüber, „wer ihr Herr sei, oder von wem sie dependirten und sowol ihrer geleisteten alss künfftigen Diensten halben contentirt werden sollten, indem sie sich jezo gleichsam ohne capo achteten."1 Baner vertröstete sie bis zur Ankunft des Reichskanzlers, welcher, von einer diplomatischen Reise nach Frankreich und Holland zurückkehrend, auf dem "Wege nach Magdeburg begriffen war.2 Oxenstierna befand sich in äusserst misslicher Lage: von allen Bundesgenossen verlassen, auf deren Geldmittel er sich in der letzten Zeit hatte fast ausschliesslich verlassen müssen, hatte Schweden nicht nur in Deutschland einen schwierigen Stand, sondern ein neuer Krieg drohte eben jetzt mit Polen auszubrechen, da der sechsjährige von Gustav Adolf mit demselben geschlossene Waffenstillstand abgelaufen war. Nach beiden Seiten aber sich zu wenden, war unmöglich, zumal Schweden vier Jahre lang hintereinander Missernten gehabt hatte, ein Umstand, welcher hier besondere Folgen hatte, da das ganze Steuersystem zum Teil auf Naturalienlieferung beruhte. Zudem war der polnische Krieg für Schwedens Politik viel natürlicher, als der deutsche, in welchem man so viel Undank erntete und im günstigsten Falle Land gewinnen konnte, dessen Verteidigung wegen seiner Entlegenheit viele Opfer kostete. Schon im Anfang des Jahres hatte daher der Reichsrat sich unbedingt für den Frieden in Deutschland ausgesprochen, selbst auf den Fall hin, dass die Krone dabei einen Gewinn an Land nicht erzielte und dass man sich mit der Freundschaft der Protestanten begnügen müsste. 3 Sobald daher Oxenstierna in Magdeburg angelangt war, machte er Johann Georg Anerbietungen (6. Juli 1635) inbetreft' Friedensverhandlungen mit dem Kaiser, obwohl der Kurfürst, der doch noch formell als Yerbündeter der Krone Schweden galt, dieser 1 3 3
Baner an Oxenstierna v. 14. Juni 1635. Oxenstiernas Skrifter II, 6. S. 200. Chemnitz, II, 731—32. Pufendorf, VII, 1.
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noch gar keine offizielle Mitteilung über den Prager Frieden gemacht hatte. 1 In den nun folgenden ersten Yerhandlungen beschränkte sich der Reichskanzler nach einigem "Widerstreben auf die zwei Bedingungen, dass erstens formell neue Yerhandlungen zwischen dem Kaiser und Schweden eingeleitet würden, oder zwischen Schweden und dem Kurfürsten, wenn dieser eine Vollmacht seines kaiserlichen Herrn beibringen könnte, zweitens, dass die Krone Schweden, sowie die deutschen Offiziere und sonstigen Beamten entschädigt würden. 2 Er liess es sogar zu, dass dieser letzte Punkt in einem Nebenrecess, welcher jedoch mit dem Hauptwerk ratifiziert werden sollte, festgesetzt würde. In früheren offiziellen Friedensvorschlägen war der Soldateska nicht besonders gedacht worden, weil die Schweden, wie die in ganz Deutschland erfolgten bekannten Güterverleihungen beweisen, als selbstverständlich annahmen, dass die Ablöhnung der angeblich für die Freiheit Deutschlands geworbenen Truppen auch diesem Lande zur Last fiele. Jetzt nachdem man keine Hoffnung mehr hatte, auf dem eingeschlagenen "Wege zum Ziele zu gelangen, musste Oxenstierna darauf bedacht sein, in anderer "Weise diese missliche Angelegenheit zum günstigen Ende zu bringen, um den Kredit Schwedens bei künftigen "Werbungen nicht zu vernichten. Den aufrichtigen Friedensbestrebungen des schwedischen Reichskanzlers gegenüber verhielt sich Johann Georg mehr wie kühl: immer hatte er lebhaft widersprochen, wenn die Rede auf die Entschädigung Schwedens gekommen war. Selbst als Gustav Adolf auf der Höhe seines Glückes stand, war er naiv genug gewesen, zu glauben, dass 1
Chemnitz II, S. 7 3 4 - 4 0 , 743 ff.; Londorp, acta publ. IV, 3, cap.XIX—L. Gustav Adolf „hätte zur Aussfiihrung dieses Krieges gebrauchet unterschiedliche Nationen, nicht allein die Schwedische, ihre eygene und andere frembde, sondern vornemblich und vor andern die Teutsche Nation, also dass bey jetziger Zeit der vornehmste und gröste Theil, so Officirer als Soldaten von hohen und niederen Stand in der Teutschen Nation bestünden." Diese und die Civilbeamten mussten billigerweise voll und ganz in den Frieden mit aufgenommen werden, „wie dann auch ihre Dienste und Prätensionen eine billigmässige Satisfaction und Contentement erlangen. Nachdem nun aber der communicirte Friedensschluss dessen nichts gedenket, und aber solches an sich selbsten billich und recht, und so wenig die Soldatesca selbsten sich ein widriges wird persuadiren lassen, als Ihre Excellentz im Nahmen der Königlichen Majestät und Cron Schweden zu einigen andern Frieden verstehen können, als wolte vonnöthen seyn, dass auch der Soldatesca und andern Bedienten ein gutes Contentement gegeben werden möchte". Aus Oxenstiernas Proposition d. 1. Aug. 1635. Londorp, IV, S. 497. 3
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derselbe sich mit einem kleinen Stück Geld werde wieder aus dem Lande schicken lassen.1 Ähnlich sprach sich sein Gesandter auf dem Frankfurter Konvent aus.2 In dem Pirnaischen Vertrag war zwar beschlossen worden, Schweden eine Million Thaler, innerhalb sechs Jahren zu zahlen, als äusserstes Zugeständnis anzubieten,3 aber wenn irgend möglich, wollte Johann Georg selbst diese Bedingung umgehen. Er fühlte sich im Bunde mit dem Kaiser so stark, dass er glaubte, Oxenstierna selbst wider Willen zur Annahme des Friedens zwingen zu können; daher stellte er ihm das Ansinnen, er möchte ohne weitere Bedingungen den Prager Frieden annehmen und Deutschland räumen, dann wollte er sehen, ob er bei den evangelischen Ständen eine Geldentschädigung erlangen könne; einstweilen möchte er Stralsund als Pfand behalten. Also die Schweden sollten sich einem Frieden unterwerfen, welcher ohne ihr Wissen und Willen zwischen dem Kaiser und Kursachsen abgeschlossen war, welcher die deutschen Stände, die er umfasste, zur thätigen Mithülfe an der Vertreibung der Fremden vom Reichsboden verpflichtete; sie sollten alle Eroberungen und festen Plätze und damit jedes Unterpfand für ihre Entschädigungsansprüche hergeben, um demütig aus der Ferne abzuwarten, ob die evangelischen Eeichsstände überhaupt geneigt wären, ihnen eine Entschädigung zu zahlen. Oxenstierna suchte den Frieden um jeden Preis, aber vor allem wollte er doch die Ehre des schwedischen Namens gewahrt wissen. Dem offenbaren Hohn, welcher in den sächsischen Anerbietungen lag und der fühlbarer wurde durch Ausserachtsetzung der bisher üblichen Höflichkeitsformen bei Benennung der schwedischen Königin, fügte Johann Georg Drohungen hinzu; in Gegenwart der schwedischen Gesandten äusserte er offen: wenn Oxenstierna sich nicht seinen Bedingungen fügen und sofort Magdeburg und den deutschen Boden verlassen wolle, werde er ihm auf den Hals gehen und ihn samt seinen Schweden davonjagen.4 Solchen Worten Nachdruck 1
Heibig, a. a. 0 . S. 80. Pufendorf, VI, 37. 3 Pufendorf, VI, 107. 4 August Vitzthum von Eckstädt, Tagebuch v. 1635—36 (in d. Märkischen Forschungen XVI. S. 307). „Backet Euch aus dem Reich, Ich will Euch den Kücken halten, dass Euch die Kayserlichen nichts thun sollen, wollet ihr aber nicht gutwillig so müsset ihr", wozu Eckstädt bemerkt: „war wohl geredet, aber übel effectuiret". Einen ähnlichen Ton hatte Johann Georg schon nach Abschluss des Pirnaer Vergleichs Baner gegenüber angeschlagen. Chemnitz II, 674. 2
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zu geben, brach er noch während der Verhandlungen mit Oxenstierna mit seinem Heere von 27000 Mann 1 auf (Ende August), marschierte in das Fürstentum Anhalt, drängte die Schweden, welche "Widerstand nicht leisteten, aus ihren Quartieren heraus und lagerte sich bei Bernburg, so dass nur noch die Saale ihn von Baner trennte. 2 Dies rücksichtslose Vorgehen hatte auch den Zweck, dem schwedischen Heere näher zu sein, denn ihm waren die mittlerweile dort ausgebrochenen Unruhen nur zu gut bekannt. Baner hatte nach jener Kundgebung vom 4. Juni, zumal er den Verhandlungen so wie so nicht traute, seine Truppen in und um Neuengattersleben so einquartiert, 8 dass sich die missmutigen Regimenter nicht zu nahe lagen. Am 25. Juli versammelte Oxenstierna alle Generalmajore, Obersten und Oberstlieutenants, und stellte ihnen vor, wie auf ihnen allein jetzt das Heil des evangelischen Wesens beruhe. Nur durch starke Einmütigkeit und feste Verbindung mit Schweden könnten sie dasselbe noch retten und sich selbst und ihr Hab und Gut gegen die künftigen Unbilden des Kaisers «icher stellen. Darauf unterredeten sich die Offiziere und nach «inigen Tagen versprachen sie mit Handschlag, treu zur Krone Schweden zu stehen, wenn Oxenstierna ohne vier bis sechs Offiziere, welche sie selbst zu diesem Zwecke wählen würden, keine Verhandlungen führen würde und keine Abmachungen über Krieg und Frieden treffen würde. Sollten aber die Friedensverhandlungen keinen Erfolg haben, behielt sich ein jeder vor, abdanken zu dürfen, ohne jedoch die Untergebenen dadurch mit zu beeinflussen.4 Die Frage, an wen sich die Offiziere wegen ihrer Entschädigungsansprüche halten sollten, ward auf einer neuen Versammlung in Magdeburg (11. Aug.) erledigt, wo zwischen ihnen und den schwedischen Leitern ein schriftlicher Vertrag aufgesetzt wurde. Oxenstierna, welcher den Offizieren von dem bisherigen Verlaufe der Verhandlungen mit dem Kurfürsten Mitteilung machte, versprach, sich ihrer mit allem Eifer anzunehmen, für ihre Ansprüche würde die Krone schlimmsten Falls die Haftpflicht übernehmen; sechs Obersten sollten beständig zu den Verhandlungen hinzugezogen werden. Dagegen gelobten die Offiziere Gehorsam gemäss den Kriegsartikeln, Mannszucht unter den Trup1 2 3 4
Eckstädt berichtet von 35000 Mann, a. a. O. S. 3 0 9 - 1 1 . Vgl. z. folg. auch Theatrum Europ. III. S. 552—64. Chemnitz II, 741. Chemnitz II, 741—43.
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pen zu halten und die Krone in ihrem Streben nach einen ehrenhaften Frieden und nach einer Entschädigung zu unterstützen. Einen ähnlichen Erfolg erntete Oxenstierna, als er an die Lüneburgische Armee den Generalmajor Lohausen absandte und sie zur Treue auffordern liess. 1 Es ist, wie gesagt, nicht daran zu zweifeln, dass Johann Georg die in der schwedischen Armee herrschende Stimmung gut kannte; denn die Offiziere beider Armeen standen noch aus der Zeit des Bündnisses miteinander in regem Verkehr, zumal sie hie und da. miteinander verwandt waren .und täglich Briefe und Botschaften wechselten. 2 Dies war um so weniger zu verhindern, weil die Feindseligkeiten noch gar nicht offiziell angekündigt waren. Schon durch seine erste Gesandtschaft trat er, scheint es, mit den deutschen Offizieren des schwedischen Heeres in Verbindung. Mitte August erliess er darauf ein Manifest an sie: in demselben machte er auf die Bestimmungen des Prager Friedens aufmerksam, welche allen Amnestie zusagten, welche sich ihnen unterwarfen, „die Teutsche Nation nach bestem Vermögen befürdern und entweder itziger Kriegsdienste sich nunmehr abthun und zur ruhe begeben, oder zu seiner unterhabenden Armee conjungiren würden' 1 . In diesem Falle sagte er ihnen Sold und Quartiere zu und wollte ihnen „zu erlangung eines recompens von der Schwedischen vorhabenden Satisfaction oder bey den Beichs-Ständen nach bestem vermögen befürderlich erscheinen, auch deswegen ehist mit ihnen Handlung pflegen lassen". Zugleich erliess der Kaiser drohende Avokatorien, in welchen er allen deutschen Offizieren befahl „bei den Pflichten, damit ein jeder ihm und dem Reiche zugethan", bei der Strafe der „Acht und Aberacht und andern Pönen und Straffen etc.'1, die Dienste bei den Fremden ungesäumt aufzugeben. 3 Diese Kundgebungen erregten überall das grösste Aufsehen. Die Soldaten Bernhards von "Weimar drohten abzuziehen und führten dies zum Teil aus; auch in Baners Heer wurden die Offiziere von neuem stutzig, die Lockungen Johann Georgs und die Drohungen des Kaisers zeigten ihnen doch die Sachlage in ganz anderem Lichte, als sie Oxenstierna ihnen geschildert hatte. Wenn es eine Gelegenheit gab, dem Prager Frieden beizutreten, ohne dass sie dabei in ihren Entschädigungsansprüchen Abbruch erlitten, wenn sie auf diese Weise sich nicht der Gefahr aussetzten, künftig vielleicht in 1 3 3
Chemnitz 751—53. Chemnitz II, 762. Chemnitz II, S. 760 ff.
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der Verbannung von der Gnade einer auswärtigen Regierung zu leben, so -war es doch immerhin besser, diese Gelegenheit zu benutzen, als sich den Schweden anheimzugeben, deren augenblickliche Lage sowohl, wie spätere Zahlungsfähigkeit mehr wie zweifelhaft war. Daher belebten sie die Verhandlungen, welche Oxenstierna bereits abgebrochen hatte, von neuem. 1 Baner konnte; da ,,sie unbezahlet, auch ohne das mehr respect auf die Teutsche Fürsten, als auf die Cron Schweden'1 hatten, ihr Verlangen, bei Johann Georg inbetreff seiner Absichten anzufragen, nicht abschlagen 2 und sandte zwei Obersten zu ihm hinüber. Diese wusste der Kurfürst so von seinen friedlichen Absichten und der Schuld Oxenstiernas an den gescheiterten Verhandlungen, welcher ja nur seine Bedingungen anzunehmen brauche, zu überzeugen, dass sie ein neues Memorial aufsetzten, worin sie den Reichskanzler aufforderten, mit Hinzuziehung der einzelnen Regimenter die verlangte Entschädigungssumme zu bestimmen. Darauf sandte dieser den Generalmajor Lohausen und den Obersten Crockow in das kurfürstliche Lager und liess betonen, worauf es ihm zunächst ankam: er verlangte den Beweis, dass Johann Georg Vollmacht vom Kaiser habe, mit ihm zu verhandeln. Mündlich beruhigte der Kurfürst die, beiden Offiziere inbetreff dieses Punktes, schriftlich aber bestand er auf seinen alten für Schweden wenig ehrenhaften Bedingungen. Dennoch waren die Offiziere, obwohl sie immer noch für Schwedens Ehre einstanden, so von Johann Georgs Friedensliebe überzeugt und so sehr bedacht, ihm keinen Grund zum Unmut zu geben, dass sie es bei Baner durchsetzten, sich bis Magdeburg zurückzuziehen, um jede Gelegenheit zu einem feindlichen Zusammenstoss zu meiden. Immer bedenklicher wurde die Lage Oxenstiernas; durch eine neue Gesandtschaft verzichtete er sogar auf den Vollmachtsbeweis und erklärte sich bereit, sub spe rati zu verhandeln. Zugleich legte er verschiedene Friedensbedingungen vor. Indessen der Kurfürst lehnte sie alle ab, stellte aber eine Entschädigung für die Krone 1
Chemnitz II, 763 ff.; Londorp IY, S. 510 f.; Theatr. Europ. III, S. 554. Wie die Stimmung unter den Offizieren war, zeigt ein Brief Baners an Oxenstierna vom 29. Aug. „Unter ein theils unsserer officier verspühre ich so grosse diffidenz gegen E. Excell. und mir, indem der General-Major Wedel im beysein vieler obrister und anderer officier selbst uffm feld gegen mir erwehnt, dass etliche von den officier fast ein rnisstrawen trügen, alss ob wir mit dem Churfursten von Sachen tractirten, davon sie keine Wissenschaft recht trügen und da man mit ihm tractiren wolte, so würde es am besten durch cavallieri geschehen können." Oxenstiernas skrifter II, 6. S. 212. 2
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und das Heer in der Höhe von 1 Mill. Gulden, in fünf bis sechs Jahren von den evangelischen Ständen zu zahlen, und als Hypothek dafür Stralsund in Aussicht. Zugleich setzte er über die Saale 1 und belästigte die schwedische Armee, welche ihm ausgewichen war, von neuem in ihren Quartieren, um sich in den Besitz Magdeburgs zu setzen, welches ihm durch den Prager Frieden zugesagt war. Über dies mehr wie rücksichtslose Verfahren des Kurfürsten wurden die schwedischen Offiziere doch etwas betroffen, da es in offenem Widerspruch zu seinen mündlichen Versprechungen stand, die Armee während der Verhandlungen mit guten Quartieren zu versehen. Daher sandten sie Lohausen und Crockow abermals zu ihm hinüber um ihm ihr Befremden wegen seines Verhaltens auszudrücken und ihn zugleich um grössere Zugeständnisse über die Entschädigungssumme zu bitten. 2 Die Antwort des Kurfürsten auf den ersten Punkt lautete stolz und abweisend, inbetreff des zweiten verwies er auf seine früheren Anerbietungen. An dem siegesbewussten Auftreten des Kurfürsten prallten alle Versuche der Offiziere, aus ihrer Mittelstellung zwischen Schweden und der Prager Friedenspartei Nutzen zu ziehen, ab, denn 1 Mill. Gulden konnte ihnen in anbetracht ihrer Rückstände, deren Höhe oben nur angedeutet wurde, und der von Gustav Adolf und Oxenstierna verheissenen Belohnungen unmöglich genügen, abgesehen davon, dass sie gar keine Garantie dafür hatten, dass die evangelischen Stände die angebotene Summe auch wirklich bezahlen würden — denn sich selbst enthob Johann Georg jeder Verpflichtung, zu derselben beizusteuern. Die in diesem Sinne in einem Schriftstück, welches „im Namen und von wegen sämtlicher Generalen, hohen und niederen Befehlshabern zu Ross und zu Fuss der Krone Schweden und der evangelischen Bundesarmee" unterzeichnet war, erhobenen Klagen, dass man „die um das ganze Vaterland deutscher Nation, das gemeine evangelische Wesen und Sachsen selbst hochverdiente Soldateska, so schlecht und gleichsam mit einem Stück Brot abfertigen wolle", machten jedoch ebenfalls beim Kurfürsten keinen Eindruck, und als die Offiziere ihn an die Pflichten erinnerten, mit welchen sie Schweden verbunden wären, als sie ihm darauf bemerkten, dass ihre „Ehre und reputation, welche jedem Teutschen Biedern Man lieber wäre, als sein Leben", ihnen gebiete, der Krone, „welche man dero Repu1 2
Chemnitz II, 770 ff. Theatrum Europ. i n , S. 558; Londorp IV, S. 513.
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tation und Majestät zuwider an den Prager Frieden gewiesen habe", in ihren Ansprüchen zu unterstützen, verwies er sie, wie schon früher, an ihre Pflichten dem Yaterlande gegenüber und an die Reichssatzungen. Endlich erklärte er sich bereit, da die Offiziere ihre Kameraden in der sächsischen Armee, besonders den Generalmajor "Vitzthum von Eckstädt und Dietrich von Taube um ihre Yermittelung baten, in Schönebeck mit ihnen weiter verhandeln zu wollen. Dorthin sandten daher die Offiziere ihre Abgesandten, ohne den Reichskanzler und den Feldmarschall weiter zu fragen. 1 Damit hatten die Schweden eigentlich die Herrschaft über ihre Truppen verloren: diese waren unter keinen Umständen zum Schlagen zu bewegen, obwohl die Verbannten aus den Erblanden eifrig dazu drängten, und man in die Willigkeit der Gemeinen keinen Zweifel setzte. Gerade die einflussreichsten Offiziere, Lohausen, "Wedel, aus dem Winckel, Sperreuter, welche sich jetzt ebenfalls auf die Seite der "Widerspenstigen geschlagen hatten, Crockow, von der "Werder u. a., wie wir sehen, gerade die edelsten Elemente, weigerten sich entschieden, gegen Deutsche zu fechten,2 trotzdem Johann Georg die Gegner aus einem Quartiere in das andere drängte und auf diese Weise auszuhungern drohte.3 Oxenstierna sah ein, dass sein Mühen hier umsonst war: mit Johann Georg konnte er nicht vorwärts kommen, und die Offiziere, auf welche es hauptsächlich ankam, verstand er, der Soldatenart so wenig kannte und ausserdem bei der Armee unbeliebt war, nicht zu behandeln. Um daher neue Streitkräfte aus Preussen heranzuziehen und vor allem die Seekante zu schützen, damit der Armee Baners für alle Fälle der Rückzug offen gehalten würde, begab er sich am 18. September bei Nacht heimlich unter starker Bedeckung nach Wismar, 4 das übrige dem Feldmarschall überlassend. Yorher hatte er sich noch zu einem letzten Schritte entschlossen, welcher mehr als alles andere sein entschiedenes Friedensbedürfnis beweist, und in ziemlich unterwürfigem Tone an den Kaiser selbst geschrieben; er war jedoch keiner Antwort gewürdigt worden. 5 1
Chemnitz, 770—74; Londorp IV, 3, cap. X L - X L Y . In der ganzen Armee, berichtete der brandenburgische Gesandte, seien nicht sechs Obristen, die gegen Sachsen fechten wollten. Publik, d. Preuss. Staatsarchiv. 41. Einl. X m . 3 Chemnitz II, 775. 4 Chemnitz II, 777. 5 Chemnitz II, 775 ff. u. 816. 2
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Die schwedische Armee und der Prager Friede.
Für alle Fälle hatte Oxenstierna den Grafen von Brandenstein als seinen Bevollmächtigten zurückgelassen, welcher sich nach Schönebeck begab, wohin die Armee bereits drei Vertreter Lohausen, Wedel und Crockow abgeordnet hatte. 1 Doch auch hier kamen die Verhandlungen nicht zum Ziele, wenn sie auch durch den Einfluss des Kurfürsten von Brandenburg, welcher gerade dem Prager Frieden beigetreten war, etwas gefördert wurden. Diesen hatten sowohl die schwedischen Offiziere durch Lohausen,2 als auch Oxenstierna um seine Yermittelung angegangen. Von schwedischer Seite wurden ihm als Friedensbedingungen 8 Mill. Gulden Kriegskostenentschädigung für die Krone, ferner Bezahlung der Soldateska und der für sie gemachten Schulden vorgeschlagen.3 Georg Wilhelm ermahnte auf der einen Seite die Offiziere, die schwedische Sache zu verlassen, auf der anderen aber drang er entschieden in Johann Georg, sich den Forderungen der Schweden geneigter zu zeigen;4 daher erhöhte der letztere sein Angebot auf 21/2 Mill. Gulden alles in allem und zwar unter den früheren Bedingungen. Jedoch mit dieser Summe gaben sich weder die Krone noch die Offiziere zufrieden. 3 Mill. Thaler, ausserdem Bezahlung der Armee und der für sie gemachten Schulden war das wenigste, was der Keichstag verlangte. Eine geringere Summe hielt er für unvereinbar mit der Ehre Schwedens; lieber wollte er gar nichts annehmen, wenn er nur der Ablöhnung der Soldateska enthoben würde. Den Offizieren hatte die heimliche Abreise Oxenstiernas erneuten Anlass zum Zorn gegeben,5 da sie seine Person gewisser1
Chemnitz II, 815 ff., 836 ff. Auf die nach dieser Stadt benannten „Schönebeckischen Traktate" bezog man sich in den späteren Friedensverhandlungen immer wieder. 2 A. a. 0 . II, 817 ff. 3 Publik, a. d. Preuss. Staatsarchiv. 41. Einl .XIII f. u. Anm. 6. Die genannte Forderung war nur ein Vorschlag, nicht die äusserste Grenze, bis zu welcher Schweden gehen wollte. Die geringste Summe war nach dem Reichstagsbeschlusse 3 Mill. Th. ausser der Ablöhnung der Soldateska. (Pufendorf VII, 105.) Oxenstierna verlangte noch im November, also unter viel günstigeren Umständen, nur 4 Mill. Th. als Minimum, welche Forderung der Reichstag im Dezember billigte. Chemnitz II, 894, vgl. auch Richelieu, mémoires publ. par Pétitot VEI, S. 352. 4 Georg Wilhelm glaubte mit 3 Mill. Gulden auskommen zu können. Publ. 41, Einl. XIV. Anm. 4. 6 „Undt haben [die an Johann Georg gesandten Offiziere] bey gemelter ihrer zurückkunfft sich zimblich perplex darüber erwiesen, dass Ew. Excell. so balld unnd eilends von hier abgereiset, massen denn allerhandt nachdenckliche discours gefallen, sonderlich aber Lohausen sich sollcher Reden vernehmen lassen, so der feder nicht zu trawen. Baner an Oxenstierna v. 22. Sept. Oxenstiernas Skrifter II, 6. S.215.
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massen als Unterpfand für ihre Ansprüche angesehen hatten; 1 dem Kurfürsten aber bot sie erwünschte Gelegenheit zur Verdächtigung der Absichten des Reichskanzlers und Baners, welche auf eigene Faust und entgegen den friedlichen Absichten ihrer Regierung handelten u. s. w.8 Yergebens suchte Baner die Offiziere auf einer Zusammenkunft in Helmstadt zu bewegen, ihm nach Thüringen zu folgen, um dort die Winterquartiere zu beziehen; er stiess auf den entschiedensten Widerstand, da sie einen Zusammenstoss mit den Sachsen, mit welchen sie fortgesetzt freundschaftliche Beziehungen unterhielten, befürchteten. Ja sie beschlossen bei dieser Gelegenheit, neue Gesandte nach Schönebeck zu senden: die denselben mitgegebenen Instruktionen enthielten keine Berücksichtigung der schwedischen Eronentschädigung mehr: die Offiziere standen ganz auf sich und verfolgten nur noch ihre eigene Interessen. 3 Da durch solche Unbotmässigkeit allmählich auch die Gemeinen aufgehetzt wurden, so fing auch Baner an, den Mut zu verlieren: „Ich muss", schrieb er am 11. Okt. d. J. an Oxenstierna, „von der infanterie so viel alss mir immer müglich, salviren, weil ich mich uff die andere cavallerie so viel alss nicht zu verlassen, indem die gemeine reuter jezo, nachdem sie von den officiern debauchirt worden und die schwürigkeit gelernet, viel unwilliger, alss die officier sich befinden, also dass ich die armée gleich alss verlohren achte und nur erwarte, ob ich Chursachsen mit derselben übergeben oder zum wenigsten einigen accord mit etlichen noch wohl affectionirten trouppen meine weg' zu gehen erlangen werde können".4 In diesem Augenblick höchster Not jedoch wandte sich das Glück. Den eifrigen Bemühungen des französischen Gesandten d'Avaux war es gelungen, am 12. September den Stuhmsdorfer Frieden zwischen Polen und Schweden zu Stande zu bringen. Dadurch wurden die zum Schutze Preussens aufgestellten Truppen, 2000 Reiter und sechs Regimenter zu Fuss, verfügbar und eilten nach Pommern, wo sie Mitte Oktober ihre ersten Zusammenstösse mit den Kaiserlichen hatten. 5 Baner aber entschloss sich im Ein1
A. a. 0 . S. 247. Anm. Chemnitz II, 817. s Chemnitz II, 818 f.; Oxenstiernas Skrifter II, 6. 221 f. Durch Zufall kam diese Gesandtschaft jedoch nicht zu Stande. 4 Oxenstiernas Skrifter II, 6. S. 225. 6 Geijer III, 306. Diese Hülfstruppen bestanden zum guten Teil ¡aus geborenen Schweden, so dass nach ihrer Vereinigung mit Baner das numerische Übergewicht des deutschen Elementes etwas verringert wurde. 2
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Verständnis mit dem Reichskanzler zur utima ratio. 1 Bis nach Lüneburg; und Hildesheim hatte er sich zurückgezogen, aber auch hier war er vom Kurfürsten beunruhigt worden, welcher mittlerweile zu offenen Feindseligkeiten übergegangen war. Da auch die Verhandlungen in Schönebeck, die einen immer gereizteren Charakter annahmen, kein Ergebnis versprachen, raffte er kurz entschlossen einige sichere Regimenter zusammen und schlug mit ihnen den siegesgewisssen Johann Georg bei Dömitz aufs Haupt (den 22. Oktober). Nach diesem glücklichen Erfolge ging er zur Offensive über — zur grossen Entrüstung der Prager Friedenspartei — und bedrängte die Sachsen und Brandenburger in den nächsten Wochen so, dass sie schon Mitte Dezember Verhandlungen über einen Waffenstillstand einleiteten, welche jedoch an den übertriebenen Forderungen der Schweden scheiterten. Dieses energische Vorgehen Baners aber hatte auch den grossen Erfolg, dass die Offiziere nun ihre Privatverhandlungen mit Johann Georg aufgeben mussten und wieder etwas Vertrauen zur schwedischen Sache fassten. Doch erst nach und nach gelang es dem Feldmarschall, ihrer wieder Herr zu werden. Noch am 5. November überreichten sie ihm eine neue drohende Denkschrift; 2 indem sie auf ihren alten Forderungen entschieden bestanden und sich bitter über Oxenstiernas Abreise, von dem sie in Stich gelassen worden seien, beklagten, erklärten sie unumwunden, nunmehr Baner als Unterpfand für ihre Ansprüche behalten zu wollen. Auf sein Zureden Hessen sie sich jedoch bewegen, zwei Gesandte an den Reichskanzler zu senden, welchem es gelang, sie von seinen redlichen Absichten zu überzeugen. Wenn auch an eine Befriedigung ihrer Barforderung vor der Hand nicht zu denken war, so wurde die Armee doch wenigstens mit neuer Kleidung ausgerüstet. So richteten sich denn ihre Hoffnungen wieder auf die Zukunft und auf die Erfolge, welche das wachsende Kriegsglück Baners in Aussicht stellte.3 So viel aber hatten sie doch behauptet, dass sie auch in Zukunft das Recht behielten, durch zwei Gesandte ihren Einfluss auf die Friedensverhandlungen geltend zu machen. So kehrte der Gehorsam in die Armee allmählich wieder zurück: als die Offiziere im Mai 1636 noch 1
Chemnitz II, 848 ff.
2
Dem Wortlaut nach angeführt in Oxenstiernas Skrifter, II, 6, S. 247—49. Anmerkg. 3
Chemnitz, II, 885 ff.
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einmal unter Crockows Führung den alten Ton anzuschlagen wagten und sich bei Oxenstierna zu beschweren versuchten, wahrte Baner sein Ansehen durch sofortiges, entschiedenes Eingreifen mit Erfolg, ja er konnte sogar ohne Gefahr drohen, ihnen im Wiederholungsfall den Kopf vor die Füsse zu legen. 1 Ebenso waren der Schweden Bemühungen auf anderer Seite von Erfolg gekrönt. Auch von Westen her hatte ihnen infolge der veränderten Haltung Georgs von Lüneburg eine erhebliche Gefahr gedroht. Derselbe hatte im Juli das schwedische Generalat niedergelegt" und war nach einigem Zögern dem Prager Frieden beigetreten, aber er warf sich doch nicht, wie Johann Georg, dem Kaiser unbedingt in die Arme. Wie er schon in schwedischen Diensten nach dem Beispiel Bernhards von Weimar immer in gewisser Weise nach Selbständigkeit gestrebt hatte, so suchte er auch hier f ü r sich und den niedersächsischen Kreis, dessen General er war, die Unabhängigkeit zu bewahren. Zu diesem Zwecke wollte er sich auf das im Namen Schwedens geworbene niedersächsische Heer stützen. Diese Politik Georgs war ein grosses Glück für Oxenstierna; denn wäre er auch nur mit einem Teil seiner Truppen gemeinsam mit Johann Georg gegen Baner vorgedrungen, so wäre es wohl um dessen Heer geschehen gewesen. Allein es gelang dem Reichskanzler, ihm durch Sperreuter neun Regimenter abspenstig zu machen. Georg musste alles daran liegen, dieselben wieder für sich zu gewinnen: sie waren auch nicht abgeneigt, wieder zurückzutreten, wenn der Herzog ihnen ihre Rückstände auszahlte und ihnen für ihre Zukunft Sicherheit verschaffte, denn dieselben Empfindungen traten hier zu Tage, wie unter den Offizieren in Baners Armee. Jedoch verweigerte der niedersächsische Kreis die zu diesem Zwecke erforderlichen 120 Römermonate. Im Hintergrund der Verhandlungen standen auch hier der Kaiser und der sächsische Kurfürst, mit deren Vollmachten der Herzog von Lüneburg versehen war; aber auch sie gaben nur leere Versprechungen, welche eine nahe Erfüllung nicht in Aussicht stellten. So standen jene neun Regimenter Monate lang zwischen der dem Weifen treu gebliebenen Armee und der Baners unthätig mit Verhandlungen beschäftigt und brandschatzten den niedersächsischen Kreis: auch Georgs persönliches 1
Chemnitz II, 996 ff.; Oxenstiernas Skrifter II, 6. S. 283, 298. Bei der Mitteilung davon machte er eine Forderung von 94000 Th. an .Rückständen geltend, Y. d. Decken III, S. 2. 2
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
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Eingreifen vermochte nichts bei ihnen. Endlich nahm sich ein Mann der schwedischen Sache an, welcher derselben bis vor einem Jahre treu gedient hatte und dann wegen persönlicher Kränkungen seinen Abschied genommen hatte. Generalmajor Dodo von Knyphausen gelang es, durch seine früheren Beziehungen zu den Regimentern, infolge deren er sie diplomatisch geschickt zu behandeln wusste, sie durch den Vertrag vom 2. Dezember wieder auf Schwedens Seite zu ziehen. Entscheidend bei demselben war, dass der französische Gesandte Chaumont ihm mit einer — wenn auch kleinen Summe — von 15000 Th. zu Hülfe kam; im übrigen gaben sich die Obersten mit Versprechungen zufrieden. Sie hatten zu der energischen Kriegführung der Schweden, wie sie eben unter Baner hervortrat, mehr Vertrauen, als zu der schwankenden Politik Georgs, welche sie erbitterte, obwohl sie ihn hochachteten und sich ihm gerne anvertraut hätten. 1 Knyphausen fasste in den nächsten Wochen die Streitkräfte Schwedens in Niedersachsen und "Westfalen zusammen und entfaltete eine erfolgreiche Thätigkeit. Als aber bald darauf eine feindliche Kugel derselben ein jähes Ende machte, verstärkten auch diese Truppen das Heer Baners. 2 Die glücklichen Erfolge, welche die Schweden so auf allen Seiten gegen Ende des Jahres hatten, waren derart, dass Oxenstierna um so mehr in den weiteren Verhandlungen auf seinen Forderungen bestehen konnte. Einen ehrenhaften Frieden unter angemessenen Bedingungen erstrebte er auch jetzt noch: aber vergeblich waren 1 J a sie forderten ihn sogar auf, mit ihrer Unterstützung kräftige eigene Entschlüsse zu fassen: „sie hätten einzig aus Achtung gegen ihn und in der Voraussetzung, er sey der Mann, unter dem sie sich ferner Buhm, Ehre, Auskommen und demnächst eine gesicherte Existenz gewarten könnten, an ihn gehalten. Warum seine Unterhandlungen mit dem Kaiser und dem Kurfürsten, die Beide es nicht ehrlich mit den Protestanten, mit ihm, mit ihnen und ihren Regimentern meinten, fortsetzen, die zu keinem ersprieslichen Zweck führen würden? An der Spitze von 22 Eegimentern, die es treu mit ihm meinten, im Besitz von mehreren wichtigen Festungen und dem grössten Teil des westfälischen und niedersächsischen Kreises, sey er stark genug, selbständig aufzutreten und statt von den kriegführenden Mächten Gesetze anzunehmen, ihnen solche vorzuschreiben." Sie drangen in ihn, gegen Baner vorzurücken; schliesslich aber meinten sie: „er sei durch die Politik zum grossen Feldherm, wozu ihn die Natur bestimmt habe, verdorben." v. d. Decken, Herzog Georg von Lüneburg III, S. 4 3 f. a v. d. Decken, III, cap. 4 5 — 4 8 ; S. 538 ff.
Sattler, Dodo von Inn- und Knyphausen,
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Die schwedische Armee und der Prager Friede.
die eifrigen Bemühungen Adolf Friedrichs von Mecklenburg; in den Verhandlungen, welche sich noch weit bis in das nächste Jahr hineinzogen, konnte man sich weder über Einzelheiten, noch über die Form derselben einigen, so dass Oxenstierna sich endlich entschloss, die so lange von der Hand gewiesenen Anerbietungen des französischen Gesandten anzunehmen (März 1636), durch welche er sich zur weiteren Fortführung des Krieges verpflichtete. Es war nötig, die obigen Begebenheiten näher zu beleuchten; denn der Sommer und Herbst des Jahres 1635 war die kritischste Zeit des ganzen schwedischen Krieges, ja sie barg die Zukunft des Protestantismus und Deutschlands in sich. Glänzende Erfolge hatte der Kaiser errungen: seine hochmütig und siegesbewusst auftretenden Gesandten hatten im Laufe der Verhandlungen eine Forderung nach der andern aufgestellt: Johann Georg, ängstlich um die kaiserliche Gunst werbend, hatte nicht gewagt, entschieden aufzutreten und auf seinen anfänglichen Bedingungen zu bestehen.1 So war ein Friede zu Stande gekommen, über welchen die Jesuiten und der Kaiser in gleicher Weise frohlocken konnten. Nach demselben sollten den Augsburger Konfessionsverwandten die auch früher nie bestrittenen, vor dem Passauer Vertrage eingezogenen mittelbaren Kirchengüter für immer verbleiben, der Besitz der nach demselben eingezogenen mittelbaren, sowie der unmittelbaren Kirchengüter überhaupt wurde ihnen nur vorläufig zugestanden, und zwar nach dem für sie sehr ungünstigen Besitzstande vom Jahre 1627; der Streit über die letzteren sollte im Laufe der nächsten 40 Jahre mit Hülfe der zuständigen Reichsgerichte geschlichtet werden — aber über die Zusammensetzung derselben waren keine Bestimmungen getroffen worden; auch reichsständische Vertretung durften für dieselben inzwischen nicht ausgeübt werden. Eine ganze Anzahl von Protestanten waren von der allgemeinen Amnestie ausgeschlossen, so vor allem die verbannten evangelischen Unterthanen aus den Erblanden, dann die Mitglieder des consilium formatum und mehrere besonders genannte Fürsten, unter ihnen der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden-Durlarch u. a. Der Kurfürst von der Pfalz blieb ebenfalls geächtet: sein Land samt der Kurwürde verblieb Bayern, sodass im Kurfürstenkollegium die Katholiken mit fünf 1
Ein Vergleich der Pirnaer Abmachungen und der des Prager Friedens zeigt, wie rücksichtslos der Kaiser noch im letzten Augenblicke die Wünsche des Kurfürsten beschnitt. 5*
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Die schwedische Armee und der Prager Friede.
Stimmen den zwei protestantischen weit überlegen waren. In engherzigster "Weise hatte Johann Georg nur für seine engeren Glaubensbrüder gesorgt. Der Name der verhassten reformierten Schwesterkirche 1 war in dem Frieden gar nicht genannt: es lag ganz in dem. Belieben des eifrig katholischen Kaisers, wie er die Stellung der Reformierten zum Reiche, dieser eigentlichen ecclesia militans, welche gegenüber dem im Dogmenglauben erstarrten orthodoxen Luthertum, allein fähig war, der Tordringenden Gegenreformation Widerstand zu leisten, bei seinen weiteren Plänen auffassen wollte. Nicht einmal Religionsfreiheit war ihnen offiziell gewährt worden. So hatte der Katholizismus durch den Prager Frieden ein unheilvolles Übergewicht gewonnen; Schlimmeres noch verhiess die Zukunft: das Restitutionsedikt, welches der Reformation die Axt an die Wurzel legte,® war in demselben zwar nicht genannt, aber die Jesuiten hatten es im Herzen nie aufgegeben und suchten es durch diese trügerische Übereinkunft doch noch durchzusetzen. Der Prager Friede schob dasselbe, wie Ranke sagt, nur auf 40 Jahre hinaus. Betrachtet man die teils schleichende, teils gewaltsame, in jedem Falle aber erfolgreiche Propaganda der Katholiken nach dem westfälischen Frieden und trotz desselben, so lässt sich das Schicksal des Protestantismus einigermassen ermessen, wenn es von den Prager Abmachungen abhing. Durch dieselben aber wurde zugleich die kaiserliche Gewalt mächtig gehoben: die deutschen Stände gaben derselben einen grossen Teil ihrer Selbständigkeit hin, sie durften in Zukunft weder besondere Bündnisse abschliessen, noch besondere Heere halten: nur ein Heer sollte es im Reiche geben, welches unter des Kaisers einzigen Befehl gestellt wurde, und zu dessen Kosten die Stände ihre Beiträge zahlten. Die Keime nationaler Yeijüngung aber lagen nicht in solcher Auffrischung unhaltbarer Zustände, wie sie das römische Reich
1 Welche Ansichten in der Umgebung des sächsischen Kurfürsten über die Reformierten herrschten und von diesem gebilligt wurden, beweist ein Ausspruch des Hofpredigers Hoe von Honegg „des lutherischen Papstes": für die CalTinisten die Waffen ergreifen, sei nichts anderes, als dem Urheber des Calyinismua, dem Teufel selbst Reiterdienste leisten. Zwar solle man sein Leben für seine Brüder lassen, aber die Calvinisten seien nicht unsere Brüder in Christo, sie unterstützen, wäre sich und seine Kinder dem Moloch opfern. Heibig, Der Prager Friede (Raumers histor. Taschenbuch, III, 9. S. 580. 2
Ranke, Wallenstein (W. W. 23). S. 111.
Die schwedische Armee und der Prager Friede.
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schon lange darstellte, sie lagen in der freien Entwickelung eines in Deutschland gelegenen und mit Deutschland verwachsenden Einzelstaates und konnten nur aufgehen nach Zertrümmerung der alten morschen Formen: diese aber erfolgte thatsächlich durch den westfälischen Frieden, wenn das Reich auch noch l 1 / 2 Jahrhunderte formell zusammenhielt. Schwedens Schuld war es nicht, wenn der Prager Friede nicht zu allgemeiner Geltung gelangte, Oxenstierna, durch das Unglück der letzten Jahre gezwungen, wollte denselben anerkennen, er war unzugänglich gegen alle Lockungen des französischen Gesandten, er schrieb sogar an den Landgrafen von Hessen, den einzigen noch übrig gebliebenen Bundesgenossen, dass er es ihm nicht verdenken könne, wenn auch er seine Versöhnung mit dem Reichsoberhaupt suche.1 Selbst aber auf die geringen von Schweden gestellten Bedingungen einzugehen, hatten der Kaiser und Johann Georg nicht nötig, wenn es ihnen gelang, dasselbe seiner letzten Armee zu berauben. Der V e r l a u f der f ü r D e u t s c h l a n d s Zuk u n f t so ü b e r a u s w i c h t i g e n K r i s i s von 1635 hing zum g r ö s s t e n Teil ab von der G e s i n n u n g einiger H u n d e r t m e u t e r n d e r d e u t s c h e r O f f i z i e r e in s c h w e d i s c h e n D i e n s t e n und von dem, welcher ihre eigentümliche Stellung zur Krone geschickt zu benutzen verstand. Welch' vortreffliche Gelegenheit war Johann Georg dazu in Schönebeck geboten, wohin die Offiziere, ohne weitere Berücksichtigung Schwedens, auf eigene Faust ihre diplomatischen Vertreter entsandt hatten: hätte er ihnen dort ihre Forderungen zugestanden und auf einem schleunigst einzuberufenden evangelischen Konvent dieselben nachdrücklich zu. vertreten versprochen, so würde dies kaum den Eindruck auf die tief erregten Offiziere verfehlt haben. Allein in eigentümlicher Verkennung der Sachlage dachte Johann Georg gar nicht daran, Opfer zu bringen, sondern begnügte sich, mit dem beschränkten Selbstbewusstsein, welches ihm seine Würde als Kurfürst und Reichsvikar einflösste, mit geharnischten Drohungen und „Blutordren", zu welchen seine eigenen Machtmittel in keinem Verhältnis standen; denn der geübten schwedischen Kriegführung war das sächsische Heer nicht entfernt gewachsen, in welchem „nach altem löblichen Brauche" der Trinkbecher höher in 1
Chemnitz II, 811 f.
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Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens.
Ehren stand, als der Kommandostab.1 Der Hochmut des Kaisers, das Siegesbewusstsein und die diplomatische Unfähigkeit des Kurfürsten, sowie die schlechte Führung der sächsischen Truppen retteten die Schweden vor einem glänzenden Fiasko und machten den Prager Frieden illusorisch.
Viertes Kapitel. Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens. Das Unglück der schwedischen "Waffen in Deutschland hatte seine natürliche Rückwirkung auf die heimischen F i n a n z e n . Bisher hatten die freiwilligen und erzwungenen Beiträge der deutschen Stände, sowie die Ausbeutung der eroberten katholischen Domänen Und Kirchengüter den Krieg nach und nach fast allein unterhalten, sodass, wie wir sahen, Schweden seit 1632 nur noch geringe Zuschüsse zu den Kosten desselben leistete. Die Berechnung Gustav Adolfs, zu seinem Unternehmen vor allem das deutsche Kapital heranzuziehen, war so vollständig geglückt, dass Oxenstierna die Krone sogar noch mit Geld unterstützen konnte. Jetzt wurde 1 Eine anschauliche Darstellung der Zustände in der sächsischen Armee findet sich in den Aufzeichnungen des Aug. Vitzthum von Eckstädt über den Feldzug 1635—36 (mitgeteilt von Budczies in den Mark. Forschungen 16. S. 303 ff.) Hier verurteilt V. v. E. auch scharf und treffend die Politik seines Herrn, des Kurfürsten: Summa summarum, wir haben gar einen schlechten modum negotiandi gehabt, keine subtilität noch discretion, weniger gute Worte gebraucht, sondern harte und starcke Saiten aufgezogen, als wenn die ganze Welt schon unser allein wäre. Ich habe gerathen, den Schwallenberg [einen der Gesandten Oxenstiernas] zu corrumpieren, mit der Kathstelle die Nase zu schmieren und den Brandenstein, zu dem er capax, zu gebrauchen, und also starck und schimpflich mit ihnen nicht zu procediren, die schwedischen Obristen auch mit Geld an uns zu ziehen. Man hat wollen caute und subtile gehen und dem Feind keinen Schaden gethan, in meinung, denselben durch die Güte zu bewegen, auf Unsern Seiten zu leiten und haben alle Avantage darüber verlohren und dem Feinde auf seine Sachen acht zu geben Zeit gelassen. Schliesslich erwähnt er noch folgende wenig respektvollen Verse:
Der Herr ist des Krieges ein Kindt, Sein General L. blaudert in Wind, Der Commissarius ein unverständig Kind, Vorsichtiger und verständiger Leuth rath keine statt find.
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Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens.
Ehren stand, als der Kommandostab.1 Der Hochmut des Kaisers, das Siegesbewusstsein und die diplomatische Unfähigkeit des Kurfürsten, sowie die schlechte Führung der sächsischen Truppen retteten die Schweden vor einem glänzenden Fiasko und machten den Prager Frieden illusorisch.
Viertes Kapitel. Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens. Das Unglück der schwedischen "Waffen in Deutschland hatte seine natürliche Rückwirkung auf die heimischen F i n a n z e n . Bisher hatten die freiwilligen und erzwungenen Beiträge der deutschen Stände, sowie die Ausbeutung der eroberten katholischen Domänen Und Kirchengüter den Krieg nach und nach fast allein unterhalten, sodass, wie wir sahen, Schweden seit 1632 nur noch geringe Zuschüsse zu den Kosten desselben leistete. Die Berechnung Gustav Adolfs, zu seinem Unternehmen vor allem das deutsche Kapital heranzuziehen, war so vollständig geglückt, dass Oxenstierna die Krone sogar noch mit Geld unterstützen konnte. Jetzt wurde 1 Eine anschauliche Darstellung der Zustände in der sächsischen Armee findet sich in den Aufzeichnungen des Aug. Vitzthum von Eckstädt über den Feldzug 1635—36 (mitgeteilt von Budczies in den Mark. Forschungen 16. S. 303 ff.) Hier verurteilt V. v. E. auch scharf und treffend die Politik seines Herrn, des Kurfürsten: Summa summarum, wir haben gar einen schlechten modum negotiandi gehabt, keine subtilität noch discretion, weniger gute Worte gebraucht, sondern harte und starcke Saiten aufgezogen, als wenn die ganze Welt schon unser allein wäre. Ich habe gerathen, den Schwallenberg [einen der Gesandten Oxenstiernas] zu corrumpieren, mit der Kathstelle die Nase zu schmieren und den Brandenstein, zu dem er capax, zu gebrauchen, und also starck und schimpflich mit ihnen nicht zu procediren, die schwedischen Obristen auch mit Geld an uns zu ziehen. Man hat wollen caute und subtile gehen und dem Feind keinen Schaden gethan, in meinung, denselben durch die Güte zu bewegen, auf Unsern Seiten zu leiten und haben alle Avantage darüber verlohren und dem Feinde auf seine Sachen acht zu geben Zeit gelassen. Schliesslich erwähnt er noch folgende wenig respektvollen Verse:
Der Herr ist des Krieges ein Kindt, Sein General L. blaudert in Wind, Der Commissarius ein unverständig Kind, Vorsichtiger und verständiger Leuth rath keine statt find.
Die schwedische Armee unter den Nachwirkungen des Prager Friedens.
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dies mit einem Male anders: schon kurz nach der Nördlinger Niederlage hatte Schweden selbst wieder so grosse Opfer bringen müssen, dass das Budget im nächsten Jahre ein Defizit von 2 Mill. Rth. aufwies. 1 Nun erfolgte noch der allgemeine Abfall aller bisher zum Kriege beisteuernden Bundesgenossen, und Süddeutschland blieb den Schweden bis gegen Ende des Krieges fast ganz verschlossen. Dazu kam ein weiterer Verlust, welcher viel schwerer wog, zumal er in die ganze Finanzpolitik des schwedischen Reiches tief einschnitt. Im Stuhmsdorfer Frieden musste es die wichtigen Hafenplätze Memel, Pillau, Danzig und Elbing wieder an Polen abtreten und büsste damit eine für die geringe Höhe seines Budgets ganz erhebliche Einnahme ein, welche sich von Jahr zu Jahr gesteigert hatte und 1635 bis zur Höhe von etwa 1. Mill. Rth. gekommen war; d. h. die preussischen Zölle brachten neunmal so viel ein, als alle Zölle in Schweden und Finland zusammen genommen, und wogen, wie Oxenstierna sagte, die halbe Krone Schweden auf.'2 Die gesamten Ostseezölle aber hatten nur dadurch auf der drückenden Höhe gehalten werden können, dass die Schweden im Besitze der g a n z e n Küste waren, dass sie durch den Ring, welchen sie mit ihren Licenten rings um die Ostsee in den eroberten Provinzen legten, den Handel überall in gleicher Weise besteuerten. Jetzt war dieser Ring durchbrochen, und naturgemäss zog sich daher der Handel mehr dorthin, wo sich ihm günstigere Bedingungen boten. So hatte denn die Abtretung der preussischen Häfen die weitere Folge, dass sich auch die Einnahmen der benachbarten bei Schweden verbliebenen Hafenplätze in Pommern und Finland ebenfalls verringerten. 3 Dies war um so empfindlicher, da Gustav Adolf gerade auch auf den Ertrag der Ostseezölle für die Unterhaltung des deutschen Krieges gerechnet hatte. 4 Auch in anderer Weise erlitten die schwe1
Odhner, Sver. i. hist. S. 48. Odhner, Sver. i. hist. S. 51; Akten u. Urk. z. Gesch. d. gr. Kurf. I, hrsg. y. Erdmannsdörffer, S. 10. 1630 beliefen sich die Einnahmen aus den preussischen Hafenzöllen auf 393249 Rth., 1631 auf 544635 Eth., 1632 auf 627272 Eth., 1634 auf 808707 Eth. Vgl. Arkiv tili upplysning etc. III, Einl. XLIX, No. 972 u. 974; Odhner, a. a. 0 . S. 289. 3 Odhner, Sveriges deltagande etc., a. a. 0., S.84; Odhner, Sver. i. hist. S. 289. 4 Till en stor del krigets förande möjliggjorts genom de medel, som de förhöjda tullar gifvit; de hade för Gustaf Adolf varit, som drottning Kristina uttryckte sig, „ett stärkt fundament tili att kumna sätta foten och derivera kriget in pä tyska bottnen." Malmström, Bidrag tili Svenska Pommerns historia 1630—53. Lund. Diss. 1892. S. 131 ff. 2
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dischen Finanzen Einbusse, z. B. musste das Kupfer unter dem Drucke der Zeit so massenhaft im Auslande abgesetzt werden, dass der Preis desselben tief sank. 1 Diese Verluste einigermassen auszugleichen, mussten die Kräfte des Landes noch mehr angespannt werden; die direkten und indirekten Steuern wurden stark erhöht, sodass im Durchschnitt auf den Kopf der Bevölkerung i. J. 1644 eine Steuer von l 7 / 9 Rth., nach unserm Gelde von etwa 21 M., fiel.2 Mehr konnte man dem Lande in seinen ärmlichen Verhältnissen nicht gut zumuten; denn die Unzufriedenheit wuchs sichtbar, und hier und da mussten die widerspenstigen Bauern mit Gewalt zur Ruhe gebracht werden. Eine wesentliche Unterstützung erhielten die schwedischen Finanzen wohl durch die französischen Subsidien, welche 1641 auf 480000 Th. erhöht wurden.8 Auch Holland, welches schon vorher hier und da ebenfalls mit Geldmitteln zu Hülfe gekommen war, 4 sicherte in dem Bündnisse von 1640 zu, entweder 4000 Mann auf eigene Kosten zu stellen oder 192000 Th. jährlich zu zahlen.6 Allein alle diese Hülfsmittel waren zur Erhaltung der Armeen in Deutschland keineswegs ausreichend. Die sämtlichen eigentlichen Staatseinkünfte d. J. 1644 z. B., die französischen Subsidien inbegriffen, überstiegen nicht die Höhe von 4.240.000 Rth.6 In demselben Jahre aber hatte Schweden infolge des dänischen Krieges nicht weniger als 90000 Mann auf den Beinen, davon in Deutschland etwa 50000. Man kann den jährlichen Unterhalt der letzteren auf mindestens 5 Mill. Th. veranschlagen, sodass derselbe allein die sämtlichen Staatseinkünfte Schwedens überstieg. Wo es möglich war, setzten die Schweden natürlich das bekannte System, die Offiziere durch Ländereien zu befriedigen, fort, z. B. wurde 1643 dem zum Obersten ernannten Jakob Reusch das im Stift Hildesheim gelegene Amt Peine mit allen Pertinentien erblich als Gnadengeschenk und 1
Odhner, Sver. i. hist. S. 242 ff. Odhner, a. a. O. 240 rechnet 1'/» Th. = : 14 rdlr i nu gällande riksmynt, also etwa 1 5 M k . , was zu niedrig erscheint. — Bei der obigen Summe muss man wieder die ungleiche Steuerbelastung berücksichtigen, vgl. oben S. 21. » Pufendorf XII, 77. 4 Ausser dem S. 24 erwähnten Gelde zahlten sie z. B. 1635 100000 G. Pufendorf VII, 124. 6 Londorp a. p. IV, S. 828; vgl. Meiern, a. p. exec. II, 140. 6 Odhner, Sver. i. hist. S. 240. 6360000 schw. Th. Nach der 1633 verbesserten Silbermünze ist 1 schw. Th. = 3/a Rth. zu rechnen. 2
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Mannlehen vergeben u. s. w. Besonders aber wurde Pommern, welches Schweden 1637 nach dem Aussterben des einheimischen Herzogshauses als erobertes Land in Besitz genommen hatte, zu diesem Zwecke ausgenutzt. Massenhaft verlieh hier die Regierung die Krön- und Privatgüter, sowie die ehemaligen katholischen Besitzungen, besonders die Johannitergüter, an ihre Offiziere und hohen Beamten oder verpfändete ihnen die landesherrlichen Einkünfte, ein Umstand, welcher später noch zu Yerwickelungen mit Brandenburg führen sollte.' In Hinterpommern z. B. wurde der Feldmarschall X. G. "Wrangel mit dem Amte Saatzig ausgestattet, der GeneralMajor Wrangel und Douglas mit Colberg, "Wittenberg mit Belgardt, Mortaigne mit der Compturei Schiefelbein, Löwenhaupt mit Pyritz u. s. f. 1 Auch in Schweden selbst entschloss sich die Regierung seit dem Jahre 1635, den Verkauf der Krondomänen und der Kronernten, welchen schon Gustav Adolf begonnen hatte, fortzusetzen, obwohl dies ungesetzlich war. Yon 1638—44 wurden aus dieser Quelle gegen 1 Mill. Th. gewonnen, wovon jedoch nur 462.165 Th. zu Kriegszwecken benutzt wurden.2 Jedoch nur den drückendsten Verpflichtungen gegen die Offiziere konnte man auf diese "Weise nachkommen. Die Armee selbst musste in Deutschland eben ihren Unterhalt finden, wie sie konnte, und Oxenstierna musste Baner dringend auf die Notwendigkeit hinweisen, den Krieg durch den Krieg zu unterhalten. „Nachdem dieser Krieg," schreibt er 1638, „nicht unsern Kräften proportioniert ist, so sehen wir auch nicht ab, wie wir ihnen gemäss unsere Ausgaben da auswärts so hastig reformieren können, sondern glauben, dass auch Ihr derselben Meinung mit uns seid, dass, je grössere und stärkere Armeen man aufbringen könnte, desto bessere Hoffnung man hegen könnte, Mittel zu finden. Wir finden nicht, wie wir daheim mit dem Beutel Rechnung halten können und alles mit Ordnung •dirigieren."8 1 Bericht Erskeins v. 12. Febr. 1647. Hannov. Staatsarchiv; Akt. u. Urk. IY, hrsg. v. Erdmannsdörffer, S. 833; vgl. Meiern, acta pacis Westph. IV, •S. 227, 278. 2
Odhner, Sver. i. hist. S. 1 0 5 - 6 ; Geijer III, S. 354 u. Art, den Finanzen des Staates aufzuhelfen, wurde durch Christine Ziel angewandt, sodass die Staatsgüter geradezu verschleudert folgenschwerer Umstand für die innere Verfassungsentwicklung seine politische Stellung nach dem westfälischen Frieden. Geijer 3 Geijer III, S. 319.
Anm. 3. Diese ohne Mass und wurden — ein Schwedens und III, S. 388 ff.
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In verschiedener Hinsicht aber konnte sich Oxenstierna wegen, des Abfalls der deutschen Bundesgenossen auch trösten. Das grosse Unternehmen, welches Gustav Adolf, vertrauend auf seinen Kredit, begonnen hatte, erlitt nach der Nördlinger Schlacht zwar einen entschiedenen Bankerott, aber er war doch auch ganz einträglich. Durch den Abfall vieler deutscher Fürsten und Offiziere wurde die schwedische Krone auch einer ganzen Reihe von Gläubigern ledig, deren Entschädigungsansprüche an dieselbe nun natürlich hinfällig wurden. Unter vielen Beispielen sei hier nur Kraft von Hohenlohe erwähnt, welcher noch mindestens 100000 Gulden zu fordern hatte, 1 ferner der Graf Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg, welcher seiner Forderungen für 2 geworbene Regimenter in der Höhe von 454000 Th. verlustig ging. 2 Der Übertritt der weimarischen Armee zu Frankreich konnte, so schwer er von den Schweden empfunden wurde, doch auch in finanzieller Hinsicht ein Trost für sie sein. Oxenstierna hatte sattsam erfahren, wie sehr er in der schnellen Durchführung seiner Pläne durch die Zaghaftigkeit und den Egoismus der Stände beeinträchtigt worden war, wie schwierig es war, mit der grossen Anzahl der einzelnen zu verhandeln, welche Klagen er über die unerträglichen Kriegskosten hatte anhören müssen, wie mühsam nur die Bewilligung der notwendigsten Summen erlangt worden war, welche Rücksichten das Heer hatte auf die Freunde nehmen müssen, um sie bei guter Laune zu erhalten. Aller dieser Fesseln, mit denen die schwedische Politik bisher gebunden worden war, war sie nun mit einemmale ledig. Mit Ausnahme von Hessen kannte sie in Deutschland von nun an nur noch Feinde, deren Lande beliebig zu Quartieren und Kontributionen benutzt werden konnten. 8 Neue Bündnisse wollte Oxenstierna mit den Ständen am liebsten gar nicht 1
Fischer, Gesch. d. Hauses Hohenlohe. II, 1, S. 242 ff.
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Diese Regimenter traten in kaiserliche Dienste, obwohl sich ihr protestantisches Gefühl lange dagegen sträubte. Keller, Nass. Drangsale. S. 256. 3
Sociorum defectio armis Banerio feliciter succedentibus, emoluraento Suecis potius, quam damno vergebat, quod nunc ipsorum ditionihus liberius frui, locaque opportuna occupare, et praesidiis tenere liceret, sublatis foederum repagulis. Pufeiidorf VII, 114; Abruptis nunc ipsos per Ordines foederibus e solius Sueciae judicio bellum geri poterat minore quidem quam hactenus mole, sed maiore consiliorum aequabilitate. Unde licet forte unus vel alter ad foedus renovandum se pronum ostensurus foret; Oxenstiernae tarnen parum id curandum videbatur, cum nunc minore respectu ditionibus istorum ad belli necessitates uti liceret. Pufendorf, VIII, 16.
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mehr schliessen, wenn nicht besondere Rücksichten dazu zwangen: 1 auf e i n e r r ü c k s i c h t s l o s e n A u s b e u t u n g des d e u t s c h e n Landes durch g e w a l t t h ä t i g e K o n t r i b u t i o n e n u n d E i n q u a r t i e r u n g b e r u h t e f o r t a n die schwedische K r i e g s f ü h r u n g . Sie unterschied sich in nichts mehr von der furchtbaren Art, mit welcher z. B. ein Wallenstein seine Armee ernährte, wie ja auch die oben erwähnten Worte des Reichskanzlers die Gedanken des grossen kaiserlichen Feldherrn über die Erhaltung der Armeen wiedergeben. Jedoch in vielen Gegenden war Deutschland infolge der entsetzlichen Yerheerung, welcher es durch Freund und Feind ausgesetzt war, derartig verödet, dass oft beim besten Willen nichts mehr herauszuziehen war.2 Es musste daher das Bestreben sein, die Quartiere möglichst schnell wechseln zu können und die verödeten Länder möglichst schnell zu durchstreifen: die Folge davon war, dass die Infanterie, ehemals die Hauptstütze in Gustav Adolfs Schlachten, nach und nach ihre Bedeutung verlor, dagegen die Kavallerie erheblich vermehrt ward. Sie war in den letzten Zeiten im Felde sogar stärker als die Infanterie: in der Schlacht bei Wittstock waren die Schweden 9150 Reiter und 7228 Fusssoldaten stark; Torstensohns Armee bestand 1646 aus 15000 Reitern und 8000 Fusssoldaten.3 Die Garnisonen mit inbegriffen machte die Reiterei in der schwedischen Armee am Schlüsse des Krieges 1 / 3 bis '/ a des ganzen Heeres aus, während sie unter Gustav Adolf etwa '/ 6 bis desselben betragen hatte. Dadurch wurde die Erhaltung der Armee noch teurer, als sie im Laufe der Jahre so wie so schon geworden war.4 1 Mit grösseren Staaten, wie mit Braunschweig-Lüneburg und Brandenburg, wurden später wieder Verhandlungen über Bündnisse oder Neutralität geflogen. 1642 versprach Friedrich Wilhelm I., Schweden 120000 Th. Kontribution und 20000 Scheffel Getreide zu liefern. 2
In den Verhandlungen, die Salvius mit dem französischen Gesandten 1640 pflog, sagte er: Conditionem belli ac provinciarum, in quibus bellum gerendum, interea valde mutatam, hisce vastatis et exhaustis, ut excercitus longe majore cum molestia nunc quam antea sustentari queat. Majore antoramento nunc militem conduci. Pufendorf XII, 53. Vgl. d. Bericht Baners an Oxenstierna vom 16. Febr. 1638: Es können diese lande numehr zue entretenement noch recruydirung der regiementer noch andern erheisch dess staats hinfüro keine mittell mehr ausgebenn. Oxenstiernas Skr. II, 6, S. 511. 3 Geijer III, 375. 4
Vgl. Rüstow, Gesch. d. Infanterie II, S. 3 ff.; Meynert, a. a. O. III, S. 98.
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Die Klage über den Geldmangel ist ein stehender Punkt in allen Briefen, welche z. B. Baner an Oxenstierna richtete; oft befand sich die Armee in so traurigem Zustande, dass sie sich wochenlang mit kümmerlicher Nahrung dahinfristen musste und der notwendigsten Kleidung entbehrte. Natürlich mussten unter solchen Umständen die Offiziere noch mehr, wie früher von ihrem Vermögen zusetzen; noch mehr wurde ihnen die Krone verpflichtet. Baner, der Diplomat Adler Salvius,1 Königsmarck u. a. hohe schwedische Beamte mussten ihren Kredit in oft bedenklicher Weise anstrengen, um das Heer nicht ganz verderben zu lassen.« Der Mangel an Geld, welcher übrigens ein allen kriegführenden Parteien gemeinsames Übel war, erzeugte in den Heeren eine mehr und mehr wachsende furchtbare Verwilderung. Musterplätze wurden nicht mehr angesetzt, der Artikelbrief, auf welchen die Soldaten früher vereidigt wurden, verlor mehr und mehr seine Bedeutung: summarisch und auf grosse Versprechungen hin, ohne Festsetzung des Soldes wurden die Soldaten angeworben, nur mit der Aussicht auf Freibeuterei und Plünderung. Bare Bezahlung erfolgte nur noch ausnahmsweise, von einer nach bestimmten Grundsätzen geregelten Quartierverpflegung war keine Rede mehr. Alle Schrecken eines furchtbaren Raubkrieges kamen jetzt über Deutschland; die Generale und Obersten wurden reiche Leute, wer von den Gemeinen keinen Sold erhielt, erpresste, stahl, raubte, wer ihn erhielt, that es darum nicht weniger.8 Gefiel es den Soldaten nicht mehr, so desertierten sie und liessen sich vom Feinde anwerben, welcher nicht viel nach den Antecedenzien fragte. 4 Solche Zustände herrschten in allen Heeren, dass sie auch im schwedischen Heere vorhanden waren, wird durch die Aussage des späteren Generalissimus, des Pfalzgrafen Karl Gustav bestätigt.5 Dass unter solchen Umständen von Disziplin nicht mehr die Rede sein konnte, ist an sich klar. Un1
Vgl. Pufendorf XII, 61. Graf Brandenstein hatte nach seiner Angabe der Krone 500000 Th. vorgeschossen. Oxenstiernas Skr. II, 6. S. 375. 1 Schroetter a. a. O. S. 38. 4 Meiern a. p. W. V, S. 788; der österreichische Gesandte bemerkt im Mai 1648: Ist also wahr, dass der Soldat auf keinen beständigen Sold nach Krieges Gebrauch und Ordnung angenommen wird, noch er darauf seinen Contrakt machet, sondern sie dienen um Lauffgeld oder auf Freybeute, als wie ein anderer Sklav um Dienstbarkeit. 1 Meiern a. p. executionis. I, S. 19. 3
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gezügelt entfesselten sich die wilden Elemente, die Soldaten waren zu ihrer Selbsterhaltung geradezu auf Gewaltthaten gegen die Unterthanen angewiesen, und darin suchte ein Heer das andere zu übertreffen.1 Die schwedische Armee, einst unter Gustav Adolf hochgeachtet wegen ihrer Zucht, wurde unter Baner geradezu berüchtigt in ihrer Ausartung. Waren die Zustände in den anderen Heeren auch nicht besser, so ertrug man die Quälereien der Kaiserlichen doch eher, als die der Schweden, da die öffentliche Meinung mehr und mehr dahin neigte, in ihnen die gewaltthätigen Eindringlinge zu erblicken. Die grausame Art, mit welcher sie jetzt den Krieg gegen ganz Deutschland fortsetzten, musste natürlich die letzten Illusionen, welche man sich noch von ihrem hohen Berufe machte, zerstören. Mochte man noch so sehr den Glaubensdruck, welcher durch den Kaiser drohte, fürchten: die Schweden schienen doch nicht mehr als die geeigneten Vorkämpfer für das heilige Evangelium und die deutsche Freiheit zu sein, sie erschienen vielmehr als die geschworenen Feinde aller Deutschen — und das protestantische Norddeutschland hatte am meisten von ihnen zu leiden. Dieser Gedanke, schon bei den Verhandlungen über den Prager Frieden von hoher Bedeutung, machte sich mehr und mehr geltend. Die Deutschen in der schwedischen Armee erhielten von ihren Verwandten Bitten und Mahnungen, die feindliche Partei zu verlassen; zahlreich erschienen F l u g s c h r i f t e n , welche denselben Gedanken vertraten.2 In ihnen wird hingewiesen auf die Selbstsucht der Schweden, welche sich nicht über die Undankbarkeit der Deutschen zu beklagen brauchten. Norddeutschland hätten sie durch ihre Licenten, welche sie zu 15, 20, 25, 30, ja bis 40 und 50 vom Hundert gesteigert hätten, gepresst, Süddeutschland habe ihnen Jahre lang Kontributionen geleistet: „Ihr habt die allte Regimenter zerschleissen lassen, weder newe noch alte gezahlet, und gleichwohl starcke Geld-Posten auf unterschiedlichen Tagsatzungen gefodert zu gewilligen erhalten, in der That empfangen geschweige was jhr ewren Feinden in jhren Landen abgedrungen. Wozu ist es verwendet? An übermässige Pracht, und männiglieh verhasste Ü p p i g k e i t . . . . Turckische und Barbarische Grawsamkeiten habt jhr an vielen Evangelischen Orten verübet u. s. w. . . Die Feind' habens 2
Vgl. den Bericht Baners vom 7. Mai 1638. Oxenstiernas Skr. II, 6, S. 538. * Hitzigrath, Die Publicistik des Prager Friedens (Hallische Abhandl. z. n. Gesch. IX.).
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[das Reich] mit Peitschen geschlagen, jhr habts angefangen mit Scorpionen zu züchtigen . . . . doch weil jhr niemand bezahlet, wie solt jhr Kriegs Disciplin halten? . . . Jhr schützt den Namen Freiheit für, dass jhr den Deckmantel des Evangelij brauchet und dagegen wie die Türcken lebet. Die Krone Schweden hat ein Missfallen an Euch . . Es ist ein Unterschied zwischen Gustav Adolf und Euch, denn Gustav Adolf war ein milder Herr . . Wohlan wo jhr nun nicht Frieden machet, so weiss ich nit, wie es mit euch hinaus wil. Ewer Königreich ist an Mannschaft erschöpft, an allem Geld entblösset, und fast dünne worden. Deutschland habt Jhr Euch zum Feind gemacht, mit dem Keyser wolt jhr euch nicht vergleichen, und seid doch zu schwach, die Last länger zu tragen. Ihr könnt nicht klagen, dass jhr gegen auffgewandte Kosten, gegen aussgestandene Gefahr nichts bekommen. Den was machet man mit so vielem Geschütz, welchs zum Siegeszeichen in Schweden mit Hauffen stehet? Kupfer habt jhr heraussgeführt, Silber und Golt aber hinein. Schweden wass vor diesem Krieg hiiltzern: und mit Stroh gedecket: nun ists steinern und prächtig zugerichtet. Und das habt jhr von den entführten Gefässen Egypti". So heisst es in einer verhältnismässig elegant geschriebenen, deutsch verfassten Flugschrift,1 welche 1636 erschienen sich auf den Boden des Prager Friedens stellte und vielleicht aus der Mitte der ehemaligen Heilbronner Bundesgenossen herstammte, welche sich mit dem Kaiser ausgesöhnt hatten. Der "Verdacht, dass die schwedischen Offiziere gegen den Willen der Krone den Krieg fortsetzten, wird in den Flugschriften wiederholt ausgesprochen: der Kurfürst von Sachsen verbreitete ihn geflissentlich. Allerdings war derselbe wohl für die Offiziere eine reiche Erwerbsquelle, welche der Krone selbst wenig zu gute kam. „Wenn es denn gewiss ist," heisst es in einer andern Flugschrift,3 „dass bis auf Ostern 1634. Jahres die Schwedischen Bediente, durch einen einigen Seehafen (deren sie in Pommern und Mecklenburg 1
Der Teutsche Brutus d.i.: Em abgeworfenes Schreiben, worauss zu sehen was die Schwedische affectionirten anjetzo von dem schwedischen Kriegswesen halten. 1636. 2 Hitzigrath a. a. 0 . S. 106 ff. 3 Der deutsche Planet, das ist: Nothwendige Betrachtung der frembden Kriegswaffen in Teutschlandt u. s. w. von Ernst German von Teutschenheimb und Wendelm Frantzmännlein. [Dresden] 1639, von einem kursächsischen Unterthan verfasst, richtet sich die Flugschrift im übrigen mehr gegen Frankreich. Hitzigrath a. a. 0 . S. 116.
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unterschiedliche inne haben) über 400 Tonnen Schatzes nur an Gold, Silber, Geld und dgl. paretiosis, über die See nach Schweden abgeordnet, und was sie seither in Teutschland noch mehr erpresset: So darffder Schwedische Sold und recompens das Teutsche Reich nicht 100, nicht 300, nicht 500, sondern mehr alss 1000 Tonnen Golds gestehen." Andere Flugschriften wenden sich direkt an die deutschen Soldaten im schwedischen Heere, z. B.: „Deutscher freyer Soldat d. i. Erörterung der Fragen I. ob ein gebohrener Deutscher im Kriege dienen und rathen möge . . . auch wieder sein Vaterland. II. ob er solchen Dienst entschuldigen könne . . zu Tag gegeben durch Salomon Hermann von Teutschen Brodt" 1636, ferner die „Treuhertzige und wohlgemeynte Ermahnung Eines Alten Teutschen Landsknechts. An alle guthertzige trewe Patrioten, welche wegen ungleicher Information bey des Heil. Rom. Reichs Feinden und Widerwertigen sich annoch in Diensten befinden." 1640? Der Verfasser, ein Katholik und entschieden kaiserlich gesinnt, sieht ebenfalls den Ehrgeiz der Generale, Obersten und Hauptleute als den eigentlichen Grund des weiteren Krieges an. Von den Schweden sagte er: „Sie sind in ihrem eigenen Lande arme elende Sclaven, die von keiner Freyheit wissen, welche denn nun länger denn in 100 Jahren ohne teutsche Völker beym Kriegswesen nichts nahmhafftes aussrichten können, denen die Religion kein Ernst, und nur ein Deckel, jhre böse Begierde, die sie zu ersättigung der dürfftigkeit haben, damit zu verbergen, oder zu beschönen." Am entschiedensten Front gegen die Schweden macht die: „Deutsche Treuhertzige Warnung an alle und jede Deutsche, Hohe und niedere Kriegsofficierer, auch gemeine Soldaten zu Ross und Fuss welche sich annoch in Schwedischen Kriegsdiensten aufhalten. Von Jobst Camalino" 1637, deren Verfasser offizielle kurbrandenburgische Akten zur Verfügung standen. 1 Auch er sucht den Deutschen die Augen zu öffnen über die selbstischen Ziele der Schweden, nicht einmal Gustav Adolf habe aus reinem Idealismus gehandelt. Er weist hin auf die eigenmächtige Verleihung deutscher Güter an schwedische Grosse und Offiziere, auf die auf dem Rhein, auf dem Main, in Pommern erpressten Zölle, auf die Kontributionen, welche allein von 1633—34 in 5/4 Jahren 25 Millionen an barem Gelde betragen hätten und doch keineswegs den Soldaten zu gute gekommen, sondern nach Schweden überführt wären: „Halten dem1
Hitziggrath a. a. O. S. 108.
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nach die deutschen nurt gewiss dafür, dass die Schweden Sie nicht umb jhre gelbe Haare, Sondern umb jhre gelbe Pfennige feyren und liebkosen." Auch er steht ganz auf dem Standpunkt des Prager Friedens, dessen Unzulänglichkeit auf friedlichem Wege besser ergänzt werden könnte, als durch die jahrelange grauenhafte Verwüstung. Deshalb sollten die Deutschen sich ihrer Pflicht gegen ihr Vaterland bewusst werden und in ihrem Gewissen getroffen fühlen, da sie doch allein die Stärke der Schweden ausmachten: „darumb ich Sie hiermit zum Beschluss trewhertzig ermahnet haben wil, dass Sie die jhnen vorgehengete Schwedische Nebelkappe abziehen, die Sache recht auss dem gründe betrachten und sich mit dergleichen falschen persuasionen wieder jhr Vaterlandt nicht ferner verhetzen und verführen lassen, Sondern unverlänget von den Schwedischen fast wieder die Natur lauffenden Kriegsdiensten sich abthun und jhre kräffte dem Vaterlande wieder diejenigen, die es unverdienter weise so jämmerlich verheeren, darreichen oder sich zur Ruhe begeben mögen." So gab sich die öffentliche Meinung in den Jahren nach dem Prager Frieden kund. Vereint mit den kaiserlichen, den sächsischen und brandenburgischen Avokatorien, sowie mit den Bitten der Verwandten in Deutschland konnte sie ihren Eindruck nicht auf die besseren, deutsch-national gesinnten Elemente in der schwedischen Armee verfehlen. Wohl war niemand mit den Prager Ergebnissen zufrieden, die öffentliche Meinung in dem evangelischen Deutschland verurteilte ihn fast allgemein, allein sie waren doch noch immer das kleinere Übel gegenüber den von Norden andrängenden Feinden, welche, wie man allgemein annahm, nur noch einen Regions-, keinen Religionskrieg mehr führten. Die schwedische Armee, in welcher die Zersetzung in ihre Bestandteile mit der Nördlinger Schlacht begonnen hatte, streifte nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Johann Georg auch den letzten Schimmer jenes moralischen Ansehens ab, zu welchem sie die ideale Grösse Gustav Adolfs erhoben hatte; sie ward eine Berufsarmee: nur die Elemente, welche den Krieg als Handwerk betrieben, blieben in ihr, aber sie verwuchsen eng mit den schwedischen Interessen, da sie in Acht und Bann jetzt in Deutschland nichts mehr zu verlieren hatten.1) Noch im Anlauf des Jahres 1635 entfernte sich Sperreuter, um bald darauf in des Kaisers Diensten gegen Schweden aufzutreten, ebenso (im 1
Oxenstiernas Skr. II, 6, S. 793.
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Juni 1635) Diederich von dem "Werder, welcher jedoch in guten Beziehungen zu den früheren Freunden, insbesondere zu Baner blieb und dadurch seinem engeren Yaterlande manche kleine Erleichterung von den Kriegslasten bewirken konnte. Auch von Hans Georg aus dem Winckel hören wir bald nichts mehr, ebenso dankte Generalmajor von Wedel vermutlich schon bald ab 1 und nahm, wie schon erwähnt, später am brandenburgischen Hofe eine einflussreiche Stellung ein. Huwald, ein verdienstvoller Oberst, war später einer der eifrigsten Schwedenfeinde.2 Lohausen nahm im April 1636 seinen Abschied und agitierte dann in mecklenburgischen Diensten als Anhänger der sogen, dritten Partei gegen die bisherigen Kampfgenossen.8 Crockow verliess erst 1637 die schwedische Sache, nachdem er noch bei Wittstock verwundet worden war, und zwar ohne Abschied, suchte dann privatim derselben Abbruch zu thun und trat schliesslich in kaiserliche Dienste, in welchen er jedoch wenig Glück hatte.* Das Beispiel dieser angesehenen Männer war zweifellos für viele andere in niedrigeren Chargen massgebend. Die Schweden beklagten den Abgang dieser Männer nicht sonderlich, ja sie wünschten ihn sogar vielfach; 6 denn diese waren mit ihren patriotischen Gewissensbedenken ihnen ohnehin mehr eine Last und beständiger Gegenstand der Sorge, dass sie die Deutschen ihrer Regimenter zu neuen Aufsässigkeiten verführten. Yerloren sie so auf der einen Seite Offiziere von anerkannter Begabung und Erfahrung, so gewann ihr Heer dafür an Einheitlichkeit und Gehorsam. Das grosse Missverhältnis, welches zwischen Deutschen und Schweden im Heere bestand, erkannte Baner wohl in seiner ganzen Gefährlichkeit: trotz der grossen Bedenken, welche entgegenstanden,6 1
Publik, a. d. Preuss. Staatsarchiv 54, hrsg. v. Meinardus, Einl. XII. Pufendorf, XIII, 27; Irmer, Arnim. S. 362. 3 Zu Torstensohn äusserte er bei einem Wortwechsel: was die Schweden sich denn einbildeten, dass sie den Krieg gegen alle Chur- und Fürsten des Keichs zu continuieren vermeinten. Oxenst. Skr. II, 6. S.310f., 323, 396; Chemnitz II, 995 f. 4 Pufendorf IX, 13; XI, 19; XII, 35. 6 Oxenst. Skr. II, 6. S. 398. 6 Z. B. schrieb Baner am 16. Febr. 1638 an Oxenstierna: dass volck betreffende ist mir wohl wissendt, dass er grosse einwürffe hat, die der feder nicht zu vertrauenn, wesshalben Ihr Königl. Mayt. eigene reiche nicht gänzlich ins blosse zu sezenn . . . Alleine will es hoch von nöthen sein, dass die Schwedische nation gegen die frembden etlicher massenn esgal sein möge, wie solches von Ihr Königl. Mayt. glorwürdigstem gedächtniss allezeit in genauer observantz unndt für eine sonderbahre maximam höchstlöblich gehaltten wordenn . . . Oxenst. Skr. II, 6, S. 512. 2
Lorentzen,
Schwei. Armee.
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drang er doch darauf, dass ihm mehr einheimisch-schwedische Rekruten zugesandt würden, zumal sich die Werbungen in dem entvölkerten Deutschland immer schwieriger gestalteten. Allein die geringe Bevölkerung Schwedens konnte den hohen Anforderungen, welche an ihre Leistungsfähigkeit gestellt wurden, nicht mehr genügen. „Unter der Mannschaft", schreibt die Regierung 1638 an Baner, „welche wir Euch zugeschickt haben, wissen wir wohl, dass ein Teil der Gemeinen noch knabenhaft von Alter und die Offiziere nicht die besten waren. Die beständigen Aufgebote machen, dass es dünn an Leuten ist." 1 Dazu gesellte sich noch die wachsende Unlust der Bauern am Kriegsdienst im fernen Lande, welche sie auf allerlei Mittel sinnen liess, sich der Aushebung zu entziehen. "Während Gustav Adolf nach der Kopfzahl jährlich etwa 15000, später 12000 Rekruten gewann, ergab die Aashebung später kaum noch die Hälfte. 2 So kam es, dass trotz aller Anstrengungen die geborenen Schweden selten mehr als ein Drittel der gesamten Militärmacht in Deutschland darstellten 3 , wobei jedoch in Betracht zu ziehen ist, dass sie im offenen Felde einen noch geringeren Prozentsatz bildeten; denn sie waren, da sie eben ausgehoben waren, einerseits weniger geübt 4 , während andererseits die deutschen Soldaten nicht gewohnt und willig waren, in Garnisonen zu liegen und Schanzarbeiten zu verrichten.5 Das Übergewicht des deutschen Elementes aber suchten die Schweden dadurch auszugleichen, dass sie, gewitzigt durch die gemachten Erfahrungen, Fürsten 6 nicht 1
Geijer, III, S. 319. Geijer, III, 50. 3 1635 waren in der etwa 50000 M. starken Armee 14500 Schweden, deren Anzahl sich im nächsten Jahre auf 17500 erhöhte. 1640 waren es deren 18000 unter einer Gesamtzahl von 44000, 1644 14000 unter 50000 und im Anfang des Jahres 1648 18000 unter 63000. Im Sommer 1648 erschien Karl Gustav mit einer Verstärkung von 6000 M. Wenn wir davon einige in die Heimat entlassene ausgediente Truppen abziehen, so betrug die Zahl der Schweden am Friedensschluss etwa 23000 unter 68000 des ganzen Heeres. Odhner, Sver. i. hist. S. 201 ff. 2
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Die Unfähigkeit der aus Schweden übersandten Offiziere wird von Baner in einem Bericht v. 23. März 1637 drastisch dargelegt: „Solche kohlegesellen sind nicht werht, dass sie einem redlichen Soldaten, salvo honore, die stieffei ausziehen solten" u. s. w. Oxenstiernas Skrifter II, S. 402 f. 5 Oxenst. Skr. II, 6. S. 513, 715. 6 Nur wenige waren am Schluss des Krieges noch in schwedischen Diensten, z. B. der Markgraf Karl Magnus von Baden, der Herzog Ernst Günther von Holstein, Landgraf Friedrich von Hessen und ein Herzog von Mecklenburg.
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mehr im Heere zuliessen und dass sie die obersten Stellen, wenn irgend möglich, in die Hände ihrer Unterthanen legten. Nur in Ausnahmefällen wurden Deutsche noch zu Generalen befördert,1 im Allgemeinen brachten sie es nicht weiter, als bis zum Obersten.2 Trotz aller angewandten Mittel gelang es den Schweden doch nicht ganz, das nationale Element in den deutschen Truppen zu unterdrücken; wohl war dasselbe den materiellen Interessen untergeordnet, wohl war es gehemmt dadurch, dass die Offiziere nun in Acht und Bann des Kaisers in Deutschland nichts mehr zu verlieren hatten und alle Hoffnungen auf Amnestie und Entschädigung darauf setzen mussten, den Kaiser durch energische Unterstützung der Schweden zu einem günstigen Frieden zu zwingen, aber gelegentlich wallte das nationale Bewusstsein doch auf und zwang die Krone, auf die eigenartige Zusammenstellung ihrer Truppen vorsichtig Rücksicht zu nehmen. Wie mannigfaltig auch immer die Zusammenstellung der einzelnen Elemente in der schwedischen Armee war, wie sehr auch oft die Interessen derselben auseinander gingen, der ganze m i l i t ä r i s c h e Geist war doch ein anderer, als in den übrigen Armeen. Dieser verband sie noch mit der grossen Neuschöpfung Gustav Adolfs auf diesem Gebiete. Die moralische Entartung war in dem kaiserlichen Heere wohl ebenso schlimm, die ganze Organisation aber und die militärische Schulung glich nicht der schwedischen. Dort verloren viele, besonders die Protestanten, welche die Misshandlung ihrer Glaubensgenossen nur mit Unmut sahen, die rechte Freudigkeit im Dienste; bei der Anstellung der Offiziere entschied weniger das "Verdienst, als die Hofgunst. Viele waren oft sogar nur Titularbefehlshaber, welche ihre Regimenter selten zu Gesicht bekamen,8 und wenn sie erschienen, wenig Erfahrung, dafür aber um so mehr Ansprüche mitbrachten. Die Leitung des Oberbefehls aber lag ebenfalls mehr 1
Solche Ausnahmen sind besonders der Graf Königsmark, der 1635 noch Oberst war, und dann Adam von Pfahl, der jedoch Baners Schwager war. * Fryxell, Berättelser ur Sv. hist. VII, S. 118; Pufendorf VII, 114. 3 Derartige Elemente befanden sich auch, aber nur in geringer Anzahl, in der schwedischen Armee, z. B. der Herzog Franz Heinrich von Sachsen-Lauenburg, einer der wenigen deutschen Fürsten, welche noch in schwedischen Diensten geblieben waren. Über ihn beklagte sich deshalb Baner. Oxenstiernas Skrifter II, 6. S. 820.
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in den Händen der Herren am grünen Tische in Wien als im Lager.1 Ganz anders waren die Zustände im schwedischen Heere, welches, fast ganz in den Händen des obersten Feldherrn, von Stockholm aus nur ganz allgemeine Direktiven erhielt, sich nach der Ausscheidung der lauen Elemente immer mehr konsolidierte und ein Offizierkorps hatte, in welchem der militärische Geist der Gustav Adolf'schen Schule fortlebte. Einem zeitgenössischen Bericht über das schwedische Heer entnehmen wir folgende Bemerkungen: „die Schweden hatten die schönste und disziplinierteste Armee, welche man seit den Legionen des Cäsar gesehen hat. Sie waren beinahe sicher, alles, was sich ihnen entgegenstellte, entweder zu schlagen oder durch Beharrlichkeit zu vernichten. Sie waren im Felde zu allen Jahreszeiten gut, abgehärtet sowohl gegen die Hitze der Hundstage, als auch gegen die heftigste Kälte. Sie hielten drei Monate in den Quartieren aus, in welchen die kaiserliche Armee nicht acht Tage bestehen konnte, 2 so dass 1 Kurfürst Johann Georg urteilt über sie, „die Befehlshaber wollen gleich Grafen und Fürsten behandelt sein, entwickeln auch einen diesen entsprechenden Glanz, halten eine feine und üppige Tafel, haben Junker und Kammerdiener, Edelknaben und Sekretäre in merklicher Zahl bei sich u. s. w. Koch, Ferdinand III., I. S. 160 ff. Vgl. Lelaboureur, Maréchal de Guébriant, S. 307: Le conseil de Vienne pour conserver une authorité préjudiciable au serrice de son Prince, broulloit la conduite par des ordres si frequens, et par l'envoy de nouveaux Officiers généraux, dont les derniers venus avoient toujours plus de creance etc. 2 Das Söldnerwesen hatte ursprünglich zur Basis das reine G e l d s y s t e m gehabt, d. h. der Staat zahlte den Sold, für welchen die Landsknechte sich alle ihre Bedürfnisse kaufen mussten. Allein infolge der Geldverlegenheiten der Kriegsherrn, der Unredlichkeit der Offiziere u. s. w. kam bald — zuerst von den Spaniern in Italien gehandhabt — ein anderes System auf, die Q u a r t i e r v e r p f l e g u n g (Lehnung), d. h. die Gemeinden mussten Quartier, Lebensmittel und Sold aufbringen und den Soldaten aushändigen. Im 30jährigen Kriege war es auch in Deutschland gang und gäbe geworden, ohne dass doch die bare Bezahlung ganz ausgesetzt worden wäre (vgl. o. S. 30 f.). Bedeutende Feldherrn aber vertrauten darauf nicht allein; sie suchten sich durch andere Einrichtungen zu sichern. Wallenstein bezog wenigstens den grössten Teil des nötigen Proviantes, der Ausrüstung und Bekleidung aus seinen böhmischen Herrschaften, und Gustav Adolf stützte sich auf ein wohlgeregeltes M a g a z i n s y s t e m längs der Ostseeküste. Diese Vorsicht wurde auch in den nächsten Jahren noch bei den Schweden beobachtet; auch in Süddeutschland wurden zur Versorgung der evangelischen Bundesarmee Magazine angelegt. Dann entwickelte sich, wie schon erwähnt, der reine Raubkrieg, die Verpflegungswirthschaft aus dem Stegreif. Da so die Heere zuerst zum grössten Teile, später ganz auf die Lieferungen der besetzten Landstriche angewiesen waren, so musste es eine der Hauptaufgaben der Feldherrn sein, dieselben
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mit der Zeit ihnen nichts entwischen konnte. Die Armee war ihr Hof, ihr Haus, ihr Gut, sie war ihr wirkliches Vaterland, denn alle Kinder, welche sie seit zwanzig Jahren bekommen hatten, waren im Lager geboren, waren von der Wiege an an das Gewehrfeuer gewöhnt und trugen, erst sechs Jahre alt, ihren Vätern in die Laufgräben oder zur Schildwache das Essen hin. Trotzdem die Armee kein sehr geeigneter Platz ist, die Jugend zu erziehen, so achtete man doch sorgsam auf ihre Unterweisung, indem man sie in den kleinen Schulen, welche im Quartier, oder wenn man im Felde lag, im Lager waren, Lesen und Schreiben lehrte. Sobald die Armee ihr Lager aufgeschlagen hatte und die Quartiere verteilt waren, gingen die Kinder zu den besonders für die kleinen Schulen eingerichteten Plätzen. Da sind Dinge vorgekommen, welche kaum zu glauben wären, wenn sie nicht von allen Generalen bestätigt wären: es wurde erzählt, dass die Feinde manchmal so nahe gewesen wären, dass ihre Kanonen sogar die Schulen erreichen konnten. Da wären 3—4 Kinder von einer einzigen Kugel hingerafft worden, ohne dass die übrigen auch nur den Platz gewechselt hätten oder die Feder weggelegt hätten, welche sie in den Händen hatten. Solche Standhaftigkeit war ganz anders, als die der jungen Lacedämonier, welche sich lieber die Eingeweide zerfleischen liessen, als ihren Diebstahl zu gestehen. Die Eekruten ihrer Infanterie wurden lediglich von diesen Lagerkindern genommen. Im Alter von 16 Jahren nahmen sie schon das Gewehr und desertierten niemals, weil sie kein anderes Leben, keine andere Beschäftigung kannten. Bei der Kavallerie wurden die Bedienten der Herren aufs Pferd gesetzt, wenn sie sieben oder acht Jahre bei der Armee gedient hatten, und waren schon vorher in den Waffen geübt und an den Krieg gewöhnt, bevor sie angeworben wurden, so dass man sagen konnte, dass unter
möglichst lange leistungsfähig zu erhalten und davor zu bewahren, dass sie völlig ausgesogen, „inutil", wurden, um nicht den Ast abzusägen, so lange man darauf sass. Wallenstein verstand diese Kunst durch Handhabung einer eisernen militärischen Disziplin vortrefflich, dann scheint sie den Kaiserlichen abhanden gekommen zu sein, während sie, nach obiger Bemerkung zu urteilen, bei den Schweden selbst in den Zeiten der schlimmsten Entartung, noch in gewisser Weise geübt wurde. Den „Kriegskcmmissaren", welche den Befehlshabern anderer Armeen nicht selten zur besseren wirtschaftlichen Ausnutzung des Landes beigegeben wurden, entsprachen bei den Schweden die „Kriegs- und Assistenzräte". Ygl. die eingehenden Darlegungen von Schroetter a. a. 0 . S. 34 ff., ferner Krdmannsdörffer, Georg Fr. v. Waldeck, S. 78 ff.; Strecker, Meinders in Schmollers Forsch., XI, 4, S. 60.
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ihnen ebenso viele Offiziere waren, als Soldaten. Das hat man bei allen Schlachten und grossen Zusammenstössen gesehen: nachdem die Offiziere einer Kompagnie gefallen waren, stellte der erste Reiter sich an die Spitze und kommandierte ebenso gut, wie der tapferste und klügste Offizier der "Welt. Auch wurden ihre geleisteten Dienste nicht mit Undank gelohnt, sondern sie rückten stufenweise in die höheren Chargen ein ohne andere Empfehlung, als die ihrer Tapferkeit und Erfahrung. So wurden die Ehrenstellen nach dem Rang und nach Verdienst, ohne Gunst verteilt. Man hat mehrere Obersten gesehen, welche gemeine Soldaten in demselben Regiment gewesen waren, welches sie befehligten. Übrigens war es eine Armee, welche in ähnlicher "Weise zusammen zu bringen, kein König der Erde vermochte, weil die Zeit und die Zucht sie gemacht hatten, und sie gelernt hatten, unter dem grossen Gustav Adolf und unter seinen würdigen Feldherrn zu gehorchen, zu dienen und zu befehlen. "Wenn das Ansehen der Offiziere absolut war, so war es das ihrer Prediger nicht weniger; sie waren strenge Richter und duldeten weder eine Gotteslästerung, noch Ärgernis der "Weiber. Sobald sie erfuhren, dass einer ein "Weib bei sich hatte, welches nicht seine rechtmässige Frau war, gingen sie zum General, um den betreffenden zu zwingen, dasselbe zu entlassen oder es innerhalb zwei Tagen zu heiraten, was ohne Nachsicht vollzogen wurde, so dass die beständige Übung im Kriege und die strengste Manneszucht diese Armee unüberwindlich machten." 1 Diese Darstellungen von dem Charakter der schwedischen Armee rühren von einem Franzosen her, einem hervorragenden Diplomaten und sonst scharfsinnigen Beobachter, dem Grafen d'Avoux. In vielen Stücken merkt man freilich deutlich die Übertreibungen der mündlichen Überlieferung, manchmal sind auch Bemerkungen, welche für Gustav Adolfs Heer wohl passen, auf spätere Zeiten übertragen, in welcher sie keine Gültigkeit mehr hatten; indessen ein tiefer wahrer Kern liegt in dieser Schilderung: in militärischer Schulung des Offizierkorps und der Gemeinen, in Ausdauer im Ertragen der Strapazen übertraf die schwedische Armee alle anderen. 2 Dadurch allein wurden die inneren Gegensätze ausgeglichen, dadurch wurde sie nach 1
Mémoires de Monsieur D . . . . Cologne 1674. S. 130 ff. Deutsch findet man sie in Bougeant, Historie des 30jähr. Krieges und des westfäl. Friedens, übersetzt von Rambach. Theil II. Halle 1758. S. 643 ff. 2 Vgl. auch Dudik, Schweden in Böhmen und Mähren. S. 199: die Schweden ersetzen 4—5 mal so viel Kaiserliche.
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und nach ein furchtbares Werkzeug in der Hand hervorragender Feldherrn, welche mittels desselben Schweden allmählich jenes Übergewicht gaben, dem gegenüber der Kaiser sich zur Entsagung entschliessen musste. Das Glück war von den Schweden gewichen, seit mit dem Tode Gustav Adolfs die E i n h e i t des m i l i t ä r i s c h e n O b e r b e f e h l s verloren gegangen war; es kehrte allmählich wieder, als nach Jahren vergeblicher Versuche unter einem Staatsmann, welcher im Kriegs- und Heereswesen keine Erfahrung hatte, die Oberleitung der militärischen Operationen wieder in die Hände eines tüchtigen F e l d h e r r n gelegt wurde. Der Zusammenhang der lose neben einander stehenden Regimenter mit ihren grossen finanziellen Interessen ist im dreissigjährigen Kriege hauptsächlich durch das "Vertrauen bedingt, welches Offiziere und Gemeine in die Fähigkeiten des obersten Feldherrn setzten. Schweden hatte das Glück, dass das militärische Genie des grossen Königs nicht vereinzelt blieb, dass aus der Schule desselben eine Reihe der bedeutendsten Feldherrn hervorging. Gustav Horns Gefangennahme war wohl ein schwerer Verlust, aber er fand Ersatz, zunächst in J o h a n n Baner. Aus einem der edelsten schwedischen Geschlechter entsprossen, war er in seiner Gesinnung doch infolge seines langjährigen Aufenthaltes in Deutschland und seines engen Verkehrs mit dieser kriegerischen Nation, deren Soldaten er vor allen anderen schätzte, seiner Heimat fast entfremdet, wenn auch sein Gehorsam und seine Treue gegen seine Regierung über jeden Zweifel erhaben ist. Seine ganze Korrespondenz ist in einem für damalige Zeiten vortrefflichem Deutsch verfasst; als Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft stand er mit den edelsten deutschen Männern in vertrautem Verkehr1, und durch seine inmitten des schwedischen Heeres gefeierte Hochzeit mit seiner dritten Gemahlin Johanna von Baden-Durlach wurde sein Ansehen, welches bei den Schweden schon infolge seiner Abstammung unantastbar war, auch bei den deutschen Soldaten gesteigert, denn diese gaben viel auf reichsfürstliche Geburt.2 Den Oberbefehl führte er absolut, selten berief er einen Kriegsrat: er war auf schwedischer Seite 1 In derselben hatte er den Beinamen „der Haltende". Barthold, Gesch. d. Fr. Br. Gesellsch. S. 203; Witkowski, D. v. d. Werder, S. 33. a Les armées, qu'on lève en Allemagne sont bien plus autorisées quand un prince de l'Empire les commande. Richelieu, mémoires pubi. p. Pétitot VIII, S. 355.
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die Seele des Krieges; denn auch seine Regierung beengte ihn nicht, wie der kaiserliche Hof seine Generale, durch Befehle und Gegenbefehle. Er allein hatte in den schweren Jahren 1635 und 1636 die Sache seines Vaterlandes in Deutschland gerettet und befestigte das Ansehen desselben wieder durch den Sieg bei Wittstock; er bewährte auch ferner seine Energie und seine Schlauheit, er imponierte durch die Kühnheit seiner Pläne, sodass sogar der Kaiser ihn durch das Versprechen einer reichsfürstlichen "Würde für sich zu gewinnen suchte, wie man sich erzählte.1 Wohl hatte Baner grosse Schwächen: den Frauen und dem Weine war er im Übermass ergeben, aber aus den Armen der Geliebten stürzte er sich in's Schlachtgetümmel hinaus und im Gegensatz zu seinem gleichgearteten Gegner Gallas entwickelte er gerade in der Trunkenheit die grössten Feldherrntalente, sodass er selbst durch seine Schwäche Bewunderung erregte. Gegen seine Untergebenen war er gerecht und, wenn er oft leutselig war, vergab er sich doch nichts; ausserhalb des Dienstes erlaubte er ihnen jedoch zu viel Freiheiten. Durch seine ganze persönliche Erscheinung wusste er seine Soldaten selbst in der bittersten Not in Respekt zu halten, obwohl dieselben, wie sie später gestanden, von ihm „wie Schlawen und andere Kerls traktiret wurden",2 und ihnen das Vertrauen auf einen endlichen Sieg einzuflössen. So wurde er der Garant für ihre Forderungen, wie es Gustav Adolf gewesen war, dem er auch äusserlich ähnlich sah.8 Sein Tod verursachte daher eine ähnliche Verwirrung bei den Schweden und deren Verbündeten, wie sie nach der Schlacht von Lützen entstanden war. 4 Baner war in jeder Hinsicht die geeignete Persönlichkeit, die schwedische Sache über die schwere Krisis, welche nach dem Nördlinger Unglück über sie hereingebrochen war, glücklich hinwegzuleiten. Entscheidende Niederlagen hatte er den Kaiserlichen jedoch nicht beibringen können: lange Zeit hatte er erst dazu verwenden 1 Pufendorf XIII, 15, vgl. XI, 72; Oxenstiernas Skr. II, 6. S. 647 ff. Der Gedanke, die feindlichen Heerführer zum Verrat zu verleiten, ist in jenen Zeiten nicht ungewöhnlich. Mit Bernhard von Weimar pflog der Kaiser vielfach Verhandlungen in dieser Hinsicht, ebenso mit andern z. B. mit Melander und Eberstein> welche letzteren mit Erfolg gekrönt waren. 9 Chemnitz IV, 1. S. 55. 3 In der Lebensbeschreibung des französischen Marschalls Guébriant, der Baner im Leben nur mit neidischen Blicken beobachtet hatte, wird über ihn geurteilt: ,,digne d'être estimé le second Gustave du Septentrion." 4 Vgl. Lelaboureur, Maréchal Guébriant. S. 305 ff
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müssen, seine Truppenmacht in Norddeutschland wieder zu konsolidieren, und seinen kühnen Zügen gegen Süden fehlte später der genügende Nachdruck, z. T. auch das Glück. Das entscheidende Übergewicht auf die schwedische Seite zu lenken, diese Aufgabe hinterliess er Lennart T o r s t e n s o h n , den er selbst als Nachfolger gewünscht hatte. Dieser ist wohl der grösste Schüler Gustav Adolfs, der genialste Feldherr, den Schweden je besessen, an militärischer Begabung und Organisationstalent gleich hervorragend. Vom König, der ihn früh in seiner Bedeutung erkannte und vor allen andern liebte, wurde ihm bei Beginn des Krieges der Oberbefehl über die gesamte Artillerie anvertraut, welche Waffengattung daher, sorgfältig von ihm ausgebildet, unter seiner Führung eine ausschlaggebende Bedeutung erhielt. Durch gichtische Leiden, welche er sich in der Gefangenschaft in feuchten Festungsmauern zugezogen hatte, — 1632 war er vor Nürnberg gefangen worden — lag er selbst oft so schwer krank darnieder, dass er nur in einer Sänfte fortbewegt werden konnte, aber im Fluge führte er sein Heer von einem Ende Deutschlands zum andern und, ohne sich lange bei Belagerungen aufzuhalten, suchte er die Entscheidung der Schlacht. Die ungewöhnliche Schnelligkeit seiner militärischen Operationen trug ihm daher den Beinamen „der Blitz" ein. Von den schweren Schlägen, welche sein Feldherrntalent dem Hause Habsburg geschlagen hat, hat sich dasselbe in diesem Kriege nicht wieder erholen können. Als Mensch überragte er weit seinen Vorgänger. Er ist einer der wenigen Heerführer dieser Zeit, welcher keinen ungemessenen Reichtum hinterliess; Gottesfurcht und Herzensgüte zierten ihn und, so viel an ihm lag, suchte er die furchtbaren Leiden des Krieges zu mildern. Zu diesem Zwecke führte er wieder strengere Manneszucht in seinem Heere ein: drei Monate brachte er nach der Übernahme des Oberbefehls damit zu, dasselbe von Neuem zu organisieren und kriegstüchtig zu machen. Anfangs zwar hatten die Obersten verlangt, im Kriegsrat über die militärischen Operationen ihre Stimmen mit abzugeben, aber von Torstensohn scharf zurückgewiesen, wagten sie nicht, ihre Forderung zu erneuern, zumal sie an den grossartigen Erfolgen, welche der absolute Oberbefehl des Feldherrn erzielte, sahen, was derselbe ohne sie vermochte.1 Als Torstensohn, durch seine Krankheit gezwungen, 1646 von seinem Amte zurücktrat, folgte ihm der erst 33 Jahre alte Karl 1 Chemnitz IX, 6. S. 198 ff.; Fryiell, berättelser YI. 7. uppl. S. 131, VIII, 4. uppl. S. 13 ff.
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Gustav "Wrangel, 1 welcher bei den Soldaten sehr beliebt war, zumal er die Zügel der Manneszucht wieder nachliess. In körperlichen Übungen und geistiger Bildung war er gleich gewandt und führte bei kluger und unerschrockener Handhabung des Oberbefehls fort, was sein Vorgänger so glorreich begonnen hatte.2) Eine solche Autorität aber, wie Torstensohn sie in Deutschland besessen hatte, konnte "Wrangel nicht aufrecht erhalten, und dies war bedenklich, da sich die Kriegführung immer schwieriger gestaltete, je mehr man sich dem Abschluss des Friedens näherte. Deshalb liess die Königin noch in den letzten Monaten des Krieges abermals einen "Wechsel im Oberbefehl eintreten, indem sie ihren Vetter, den P f a l z g r a f e n Carl G u s t a v , nach Deutschland sandte, welcher sowohl durch seine persönlichen Eigenschaften, als auch durch seine Stellung als mutmasslicher schwedischer Thronfolger und als geborener deutscher Eeichsfürst besonders geeignet erschien, das Ansehen Schwedens dem Feinde und den deutschen Ständen gegenüber zu behaupten.8 Eine feste Stütze aber gewannen die letztgenannten Feldherrn in dem Grafen K ö n i g s m a r c k , aus einem alten brandenburgischen Adelsgeschlechte. Für grosse militärische Operationen war derselbe wohl weniger geeignet, aber den kleinen Krieg handhabte er meisterhaft, indem er die Feinde durch kecke und plötzliche Überfälle überraschte, schlug und wieder verschwand, ehe sich dieselben zum nachdrücklichen "Widerstände sammeln konnten. Durch sein aussergewöhnliches Organisations- und "Werbetalent war er in den letzten Jahren gewissermassen die Seele des schwedischen Heeres; denn seiner Obhut wurden die jungen Truppen zur Ausbildung, die Kegimenter, welche gelitten hatten, zur Vervollständigung anvertraut, sodass Torstensohn und "Wrangel durch ihn stets mit frischen Truppen versehen waren. Da er sich mit den andern Feldherrn schlecht vertrug, so operierte er meist allein, und bei einem solchen Streifzug nach Böhmen hinein gelang ihm durch die Einnahme der Prager Kleinseite die letzte "Waffenthat des Krieges. Er brachte es bis zum Range eines Generals-Leutnants, doch wagten die Schweden nicht, ihn zum Feldherrn zu machen, da sie ihm als 1 Als Stellertreter und Nachfolger Torstensohns war zuerst Johann Liliehök ausersehen worden, doch fiel derselbe bereits 1642. 2 Pryxell V i n , S. 17; Baner war s. Z. weniger mit dem jungen Wrangel als Oberst und Generalmajor zufrieden. Oxenstiernas Skr. II, 6. S. 548, 845. 3 Linage de Vauciennes, Mémoires de ce qui s'est passé en Suède 1645—1655, tirez des Depesches de M. Chanut. Cologne 1677, I, S. 209—10, 231.
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Deutschen nicht trauten und ähnliche Pläne bei ihm voraussetzten, wie sie Bernhard von "Weimar vollführt hatte. 1 Wir haben die Entwicklung der schwedischen Armee im Einzelnen nicht bis zum Schluss darzustellen brauchen, denn mit einigen Schwankungen ist der Charakter derselben etwa in den letzten 10 Jahren derselbe; nur ein Ereignis können wir nicht übergehen, weil es ein grelles Beispiel ist für die eigenwillige Gesinnung, welche in diesem eigentümlich zusammengesetzten Heereskörper, wenn auch durch kraftvolle Führer zurückgedämmt, doch bestehen blieb. Die U n r u h e n im schwedischen H e e r e nach B a n e r s Tode. Unerwartet war der Tod Baners den Schweden gekommen: ein entsprechender Nachfolger war nicht zur Stelle. Bisher hatte das Ansehen des Feldherrn die Armee allein zusammengehalten;2 selbst in den Zeiten der furchtbarsten Entbehrungen, wo die Soldaten nur noch in Lumpen gehüllt der notdürftigsten Lebensmittel entbehrten, hatten die Offiziere nach den verunglückten "Versuchen des Jahres 1635 nicht mehr gewagt, sich offen gegen ihren Führer aufzulehnen.8 Aber eine grosse Missstimmung war dennoch vorhanden, sie zeigte sich schon, als Baner zum Tode krank darnieder liegend den Befehl anderen überlassen musste. Doch wurde sie noch niedergehalten, als er seine Offiziere vor sein Krankenbett beschied und sie auf die französischen Hilfsgelder vertröstete.4 Kaum war er jedoch am 10. Mai 1641 zu Halberstadt gestorben, da brach der Aufruhr offen los. Den letzten Verfügungen des Feldmarschalls entsprechend, übernahmen den Oberbefehl interimistisch, bis die schwedische Regierung den Nachfolger ernannt haben würde, die General-Majore Adam von Pfuhl, ein Deutscher, Karl Gustav Wrangel, ein Livländer, und Arvid Wittenberg, ein Schwede. Diese versammelten die Obersten am 1
Fryxell VIII, 192; Mémoires de M. D S. 155. L'armee de Suede ne subsistoit que par l'authorité de Monsieur Banier qu'il avoit telle que personne n'est capable d'en pretendre à l'avenir une semblable. Lelaboureur, S. 321. 3 Vgl. Oxenstierna Skr. II, 6. S. 407—8. Nur einmal versuchten sie 1640 ein Komplott, wie 1635 vor Magdeburg, anzustiften und drohten, direkt mit der schwedischen Kegierung in Verbindung zu treten. Doch wusste Baner ihr Vorhaben zu verhindern, a. a. 0 . S. 780—81. 4 Lelaboureur, S. 312. 2
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14. Mai zu Halberstadt, um sich des Gehorsams und der Treue derselben zu versichern.1 Allein hier mussten sie unter ihnen die bedenklichsten Absichten wahrnehmen. Die Armee, aus 16000 Mann bestehend (je 8000 zu Eoss und zu Fuss), von denen nur 500 Mann geborene Schweden waren, 2 war von 30 Obersten befehligt. Yon diesen hatten sich bereits Tags zuvor 23, an deren Spitze der von Baner wegen seiner Fähigkeiten hochgeachtete Corn. Mortaige stand, zu einem ähnlichen Bunde vereinigt, wie er 1633 bei Donauwörth geschlossen worden war. Sie verpflichteten sich in demselben, bis zu einem ehrenhaften Frieden treu und fest im Dienste der evangelischen Sache ihre Pflicht zu thun, doch wollten sie sich keine Unbilligkeiten oder Verkürzungen ihrer Ansprüche, weder von den Generalen, noch von der schwedischen Regierung gefallen lassen. Offen und ehrlich wollten sie zu einander stehen und den neuen Feldherrn nicht eher anerkennen, bis ihren Forderungen Genüge geschehen wäre. Die Unbilden, die dem einzelnen geschehen würden, sollte die Gesamtheit in gleicher Weise empfinden, und ebenso verpflichteten sie sich zu gegenseitigem Beistande, wenn etwa ein Aufruhr bei ihren Untergebenen ausbrechen sollte. Zugleich verlangten sie einen Anteil an den Beratungen der Generalmajore in bedeutenderen Handlungen. Diesen Yertrag besiegelten sie durch die Bestimmung, den für einen ehrlosen Schelm zu halten, welcher den Abmachungen entgegen seine Kameraden verriete. 3 Es waren Beschlüsse der trotzigsten Art: sie richteten ihre Spitze gegen die Krone, die augenblicklichen Leiter und den zukünftigen Führer der Armee, beugten aber auch Bewegungen in den Regimentern selbst vor. Hier am deutlichsten zeigt sich, dass die eigentlich selbständigen und rührigen Elemente in der Armee eben die Obersten waren. Um diesen Yereinbarungen aber einen praktischen Wert zu geben, führten sie einen Beschluss aus, welchen sie schon bei Lebzeiten Baners gefasst, aber nicht gewagt hatten, durchzuführen: 8 sie traten in direkte Yerhandlungen mit der schwedischen Krone und ordneten den Hauptmann Christoph Mortaigne, den Bruder des oben genannten, und den Oberstlieutnant Rochow nach Stockholm ab. 1
Pufendorf XIII, 17; Chemnitz IV, I, S. l f . Pufendorf a. a. O.; Lelaboureur, S. 311. Diese Truppen waren nur die Hauptarmee, denen kleinere Armeen zur Seite standen, welche in andern Teilen Deutschlands, besonders in Schlesien, operierten. * Pufendorf XIH, 18; Lelaboureur, S. 212. 4 Chemnitz IV, I, 1—2. 8
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In einem energischen Briefe teilten sie derselben ihre obigen Beschlüsse mit, erinnerten zugleich an die versprochenen Belohnungen und verlangten einen zweimonatlichen Sold, ferner zur Anwerbung neuer Truppen 2000 Thaler für jede Reiterschwadron und 1000 Thaler für jede Kompagnie Infanterie, sowie gute Quartiere, da sie aus dem ausgesogenen Lande, in dem sie sich befänden, nichts mehr herausziehen könnten. Den Vertrag der Obersten mussten die Generalmajore als rechtlich bestehend anerkennen und unter dieser Bedingung empfingen sie das Gelübde der Treue. Da sie jedoch ähnliche Gefahren, wie sie 1635 der schwedischen Sache durch die Verhandlungen der Armee mit Johann Georg gedroht hatten, verhüten wollten, so verschlossen sie den Obersten mit ihrer Einwilligung wenigstens die Einsicht in die geheimen diplomatischen Verhandlungen, während sie sie zur Beratung über alle Fragen, welche die militärischen Operationen und die Verwaltung der Armee betrafen, zuzuziehen versprachen. Der Zustand der schwedischen Armee konnte den Augen des unter Piccolomini nachrückenden Feindes nicht verborgen bleiben. Wie 1635 erschien auch jetzt wieder ein Kaiserliches Manifest, in welchem die Deutschen „mit harter Bedrohung der Acht, Verlust von Gütern, Ehre, Leib und Leben" aufgefordet wurden, die Sache der Fremden zu verlassen. Auch der Kurfürst von Sachsen wirkte in demselben Sinne und versprach, die kaiserliche Verzeihung erwirken zu wollen, wenn sie sich wieder ihrer Pflichten gegen das Reich erinnerten und in den Gehorsam desselben zurückträten. An einige trat man auch mit persönlichen Versuchungen heran, so besonders an den General-Major Pfuhl, dessen Gesinnung, wie man wusste, ebenfalls nicht ganz zweifellos war, und den man deshalb durch grosse Versprechungen kaiserlicher Gnade und Beförderung zu gewinnen suchte. Entgegen den Kriegsartikeln nahm derselbe das Manifest nicht nur an, sondern teilte es auch andern mit. 1 Ein grosses Glück war es für die Schweden, dass in dieser Zeit ihre Armee mit den Franzosen gemeinsam operierte; denn der Feldherr der letzteren, der Graf Guobriant, welchem Baner seinen Degen vermacht hatte und auf dessen bewährten Rat er seine Offiziere verwiesen hatte,2 war rastlos thätig, die Gemüter zu beruhigen; zu 1 Chemnitz IV, 1, S. 2; Pufendorf XIII, 28; Lelaboureur, S. 311 f.; Koch, Ferd. III, I, S. 273. 2 Lelaboureur, S. 309.
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diesem Zwecke versammelte er sogar eine grössere Anzahl schwedischer Offiziere, ermahnte sie zur Eintracht und hielt ihnen mit geschickten Worten das Thörichte ihres Beginnens vor mit dem Hinweise auf den Kurfürsten von Sachsen, welcher durch seinen Parteiwechsel nichts gewonnen habe; zugleich winkte er mit den französischen Hilfsgeldern. 1 Es lag in dem eigensten Interesse des Franzosen, die meuternden Offiziere zur Pflicht zurückzuführen; einmal weil sie seine Verbündeten waren, dann aber besonders deshalb, weil der aufrührerische Geist auch die unter seiner Führung stehende Armee ergriffen hatte, die alten erprobten Truppen Bernhards von "Weimar, welche ehemals unter den schwedischen Fahnen gefochten hatten, und welche Frankreich erst vor etwa l 1 ^ Jahren nach langen, mühsamen Verhandlungen für seine Zwecke gewonnen hatte. Auch hier war ein starker nationaler Geist haften geblieben, ja er stand dem französischen Element weit schroffer gegenüber, als in der verbündeten Armee dem schwedischen, und Guebriant besass gemäss den Überlieferungen der weimarischen Armee nicht so unbedingte Verfügung über seine Truppen, wie Baner. In den inneren Angelegenheiten stand das Heer unter höheren Offizieren, die sich Direktoren nannten.2 Das Beispiel der schwedischen Offiziere wirkte ansteckend auf die französischen. Die Unzufriedenheit, hervorgerufen durch schlechte Bezahlung, äusserte sich laut; von seinen Obersten konnte sich Guebriant nur auf zwei wirklich verlassen; die Führer der Bewegung waren der Graf von Nassau und die Obersten von Wittgenstein und Müller, letzterer ein besonders gefährlicher Mann: mit den Meuterern der verbrüderten Armee hatten sie eine enge Gemeinschaft, und die kaiserlichen Manifeste zirkulierten bei ihnen, wie bei den Schweden.8 Indessen den Drohungen des Kaisers konnte man eine erhebliche Wirkung nicht beimessen, wenn auch hier und da die unbezahlten und hungernden Soldaten in denselben neue Nahrung für ihren Groll gegen die Fremden fanden. Von grösserer Bedeutung waren die Verbindungen, welche sich den Obersten von anderer Seite boten, und 1 Lelaboureur, 314 f. Dass die Franzosen selbst die hinterlassene Armee Bauers, wie die Bernhards von Weimar, auf ihre Seite ziehen wollten, wie das Ge. rücht damals ging (vgl. Christines Brief an ihren Vetter; Arkenholz, Christine von Schweden I, S. 54) ist nirgend erwiesen. a 3
Decken IV, 57. Lelaboureur, S. 314.
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eben hier zeigten sie, dass sie nicht gewillt waren, sich in ihren angemassten Rechten von den Generalmajoren irgendwie beschränken zu lassen. Der Herzog Georg von Lüneburg hatte sich bereits 1638 wieder von der Prager Friedenspartei getrennt und dann eine Zeitlang das Prinzip der bewaffneten Neutralität vertreten; im letzten Jahre seiner Regierung hatte er jedoch mit den Hessen Verbindungen angeknüpft und war so wieder auf die Seite der französisch-schwedischen Verbündeten getreten. Der formelle Abschluss des Bündnisses wurde nur dadurch verhindert, dass Schweden die in seinem Lande besetzten Festungen nicht wieder herausgeben wollte, besonders Nienburg. 1 Kurz vor Baner war auch Georg gestorben. Sein Nachfolger August setzte die Verhandlungen mit den Schweden fort, trat aber zugleich mit dem Kaiser in Verbindung, welcher Wolfenbüttel besetzt hielt. Bei dem in dieser Zeit drohenden Einfall der Kaiserlichen in sein Land fand er es jedoch zunächst für besser, das Verhältnis mit den Schweden aufrecht zu erhalten und ihre Hülfe zu erbitten. Er schrieb daher 2 an die Generalmajore und ersuchte sie um schleunige Unterstützung, da er sich einerseits gegen Hatzfeld und Piccolomini wenden, andererseits die Belagerung von "Wolfenbüttel fortsetzen müsse. Um seinen Bitten desto grösseren Nachdruck zu verleihen, hatte er zugleich mit den anderen weifischen Herzögen an die schwedischen Obersten geschrieben, welche ungestüm zu der Teilnahme an diesen Verhandlungen zugelassen zu werden verlangten und, als die Generalmajore den an sie gerichteten Brief unterdrückten, förmlich den Gehorsam aufsagten und erklärten, allein mit den Weifen weiter verhandeln zu wollen. Dass sie gemäss den Abmachungen mit ihren Vorgesetzten das Recht hatten, diese Verhandlungen mit zu beraten, welche bis dahin nur eine militärische Hilfsleistung betrafen, ist zweifellos, aber die Generalmajore 8 wiederstrebten deshalb so heftig, weil sich daran Fragen rein diplomatischer Art knüpften, von deren Teilnahme die Obersten besonders ausgeschlossen waren. Die Gesandten der Weifen brachten nämlich zu gleicher Zeit die Ratifikation des lange vorbereiteten Bündnisses in Erinnerung und ihre Bedingungen für dasselbe: also die Übergabe ihrer Festungen, welche ihnen bereits vierzehnmal 1
Ausserdem waren es noch fünf kleine Plätze. Vgl. z. Folg. Pufendorf XIII, § 20. 3 Besonders Wrangel, welcher deshalb mit einigen Obersten zusammengeriet, protestierte heftig: ne quid praejudicii Keginae creetur. Pufendorf XIII, 20. 3
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versprochen wäre, ebenso wie die Befreiung von den Contributionen. Die Generalmajore hatten keine Befugnis, mit den Weifen diplomatische Verträge abzuschliessen, verpflichteten sich aber, zu Gunsten derselben bei dem schwedischen Bevollmächtigten Salvius im Hamburg und dem neuen Feldmarschall eintreten zu wollen.1 Nicht nur diese Verpflichtung war von den beiden Abgeordneten der Obersten Mortaigne und Bellinghausen unterschrieben, sondern die übrigen 28 Obersten sandten zwei Tage später (am 26. Mai) noch eine besondere Erklärung an die "Weifen. Darin hiess es: „Wir haben uf Cavalliers glauben undt paroll kraft dieses versprochen undt zugesaget, bey Vorstellung oder annehmung eines neuen K. schwedischen Generals dabey bestehen wollen, dass wir gegen hochgedachte Häuser uns nicht verbinden, noch denenselben etwass widriges, so lange sie bey der Parthey beständig verpleiben, zufügen lassen können oder wollen" u. s. w.2 Und damit nicht genug, auch an Salvius selbst schrieben sie in demselben Sinne — hier ist die Anzahl ihrer Unterschriften nur auf 23 angegeben — sie erinnerten an die den Weifen gegebenen Versprechungen Baners und fuhren fort: „in Betrachtung dass nicht allein wir, sondern alle deutschen Fürsten von den gottsei. König in Schweden und allen dessen Bedienten nichts anders gewusst auch beständig geglaubt, als dass der Krön Schweden Krieg, welcher durch die Stärke der deutschen Bundesgenossen geführt worden ist, zu nichts anderm angesehen worden ist, als allein zur Liberation des heil. Evangelii und dann zu Recuperirung der deutschen Libertät. Da nun hochermelten fürstlichen Häusern nicht wollte gehalten werden, was ihnen versprochen wurde . . . . also hat man handgreiflich zu spüren, dass der Krön Schweden Kriegsführung in Deutschland zu nichts anderem angesehen sei, als wie sie solches verderben und aussaugen, und in Summa sich bemüht, uns, wie bereits viel Orten beschehen, zu Bettlern zu machen. Aber dem und vielem andern bevorzukommen, bin ich N. N. abgeordnet, von dem Herrn Salvio eine kategorische Antwort zu erheben, in Erwägung, dass wir, wie oftmals geschehen, kein Aufschub oder Ausflucht mehr gestatten können, auch in solcher Servitut, wie bisher, durchaus nicht bleiben wollen." Salvius sandte diese drohende Schrift nach Stockholm.3 1
v. d. Decken, Georg y. Lüneburg IV, Beil. 389. y. d. Decken IV, Beil. No. 390. Hier sind nur 27 Obersten unterschrieben. » Koch, Ferdinand III, S. 271 ff.
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Die schwedische Armee u n t e r den Nack Wirkungen des Prager Friedens.
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Diese enge Verbindung des Herzogs von Lüneburg mit der schwedischen „Soldatenrepublik"1 war bedeutsam für die Sache der Yerbündeten. Sie vermehrte die Gefahr, welche die selbständige Stellung der zwischen beiden feindlichen Parteien verhandelnden Weifen so wie so für sie hatte, eine Stellung, welche seit einiger Zeit in einem eigentümlichen Lichte stand. Der Prager Friede hatte, wie wir gesehen hatten, in seinen Einzelheiten unter den Protestanten Deutschlands keineswegs allgemeine Billigung gefunden, aber unter gewissen Modifikationen — vor allem sollten die Reformierten besonders eingeschlossen, und die Acht gegen die in demselben genannten Fürsten wieder aufgehoben werden — zu welchen man den Kaiser nötigenfalls mit Gewalt zwingen wollte, sollte er doch die Grundlage bilden, auf welcher Protestanten und Katholiken sich gegenseitig vertragen sollten. Dies gedachte man ohne die Hülfe der Schweden und Franzosen zu bewirken, und so trat gegen Ende 1639 der Gedanke auf, eine gewaffnete M i t t e l p a r t e i zu bilden, welche ihre Spitze vor allem gegen die Einmischung der Fremden in deutsche Angelegenheiten, aber auch gegen den von den Jesuiten beeintlussten Kaiser richtete.2 Der Plan dieser sogen, d r i t t e n P a r t e i erstand in den Köpfen der bedeutendsten Männer Deutschlands. Ein begeisterter Anhänger und eifriger Förderer desselben war der tüchtige Feldherr der Landgräfin von Hessen, Peter Holzapfel gen. Melander, welcher auch seine Herrin geneigt machte, sich dem Bunde anzuschliessen.8 Durch Vermittelung des Generals Arnim, welcher ebenfalls eifrig in dieser Richtung wirkte, stand Kurfürst Johann Georg von Sachsen dem Gedanken nicht ferne; er fand ferner vollen Anklang bei den Ständen des niedersächsischen Kreises, welcher von dem kriegserfahrenen und selbständig denkenden Georg von Lüneburg 4 geleitet wurde und schon seit Gustav Adolfs Tode eine abgesonderte Rolle spielte.5 Durch diesen wurde auch der König von Dänemark als Herzog von Holstein in die Verbindung hineingezogen, welchem sie 1
Vgl. Barthold. Pufendorf XI, § 33; Barthold II, S. 192 ff.; Droysen, Herzog Bernhard IL, S. 543 ff. 3 Unzufrieden mit seinen Misserfolgen ging er später zum Kaiser über und befehligte, obwohl er Calvinist war, 1647 die ganze kaiserliche Armee. 4 Nach dem Urteil seines Eivalen Baners war er der erste Feldherr seiner Zeit, v. d. Decken IV, S. 115. 6 Vgl. Pufendorf V, 13. 3
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
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eine willkommene Gelegenheit bot, dem verhassten schwedischen Nachbarn Abbrach zu thun, ja man dachte sogar Polen für dieselbe zu gewinnen. Von den katholischen Fürsten sagten ebenfalls mehrere Untersützung zu, so der Markgraf von Baden, der Pfalzgraf von Neuburg u. a. Von den untergeordneten Elementen sind besonders viele Mitglieder der fruchtbringenden Gesellschaft zu nennen, u. a. Lohausen, Huwald und Krockow, wie wir sahen, einst bedeutende und einflussreiche Personen im schwedischen Heere. Das naturgemässe Haupt aber dieser patriotischen Vereinigung schien Bernhard von "Weimar zu sein, dessen Beitritt derselben ein bedeutsames Gewicht geben musste, und den deshalb Melander mit den grössten Anstrengungen zu gewinnen suchte. Allein Bernhard glaubte nicht an die Durchführbarkeit des ganzen Projektes, besonders wurde er dadurch zurückgeschreckt, dass auch Katholiken sich demselben anschlössen ; er erwartete von demselben nur einen dritten noch schlimmeren Krieg, aus welchem nach gänzlicher Verwüstung Deutschlands nur Österreich Vorteil ziehen würde. 1 So hielt er sich fern und starb auch bald darauf. Damit hatte die dritte Partei ihre Hauptbedeutung verloren, zumal auch die Landgräfin von Hessen sich bald wieder von dieser Idee lossagte. Dennoch blieb sie in Deutschland bestehen und tauchte im Verlaufe des Krieges immer von Neuem wieder auf. Unter manchen andern Kundgebungen sei hier nur auf die Schrift des Eberhard von Wessenberg: „paraenesis ad Germanos" verwiesen. Mit begeisterten Worten redet er dem deutschen Volke in's Gewissen, zeigt ihm, wie glänzend einst sein Name in der Geschichte strahlte, wie vor der Kriegstüchtigkeit der Deutschen die Welt erzitterte. Aber jetzt dient sie dazu, der Fremden Herrschaft im Lande zu festigen; denn die Uneinigkeit war immer der Fluch Deutschlands. „Schweden und Franzosen herrschen im Lande, wir gehorchen, sie reden, wir lauschen, sie drohen, wir fürchten uns wie Sklaven. In unserm eigenen Lande sitzen sie über uns zu Gericht und beschliessen, wie viel sie uns nehmen, wie viel sie uns lassen wollen. So tief ist Deutschland gesunken, so grosse Schmach hat es durch seine Zerrissenheit auf seinen Namen gehäuft. W a c h e auf, D e u t s c h l a n d , und denke an Deutschland. Deutsche, wir wollen uns mit neuem Lebensmut aus dem totenähnlichen Schlafe aufraffen und den Fremden beweisen, was wir be1 Vgl. den Brief Bernhards an Joach. v. Wicquefort vom 6. Juni 1639. Zeitschrift d. Vereins f. hess. Gesch. 3. 1843. S. 275 ff.; Lelaboureur, 126 f.
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deuten. Aus dem tiefen Falle lasst uns wieder uns erheben, und aus dem Reiche möge ein neues Reich, aus Deutschland ein neues Deutschland, aus dem Staate ein neuer Staat, wie der Phönix aus der Asche, unter dem Scheine der göttlichen Gnadensonne wieder erstehen. "Von diesem Gedanken wollen wir uns nicht durch den Gegensatz von Katholiken zu Ketzern, von Römlingen zu Lutheranern abbringen lassen, sondern als Glieder eines Leibes, als Bürger eines Staates, als Stände eines Reiches, als deutsche Brüder wollen wir uns mit gegenseitiger Liebe umfassen, wollen wir uns als Alemannen und Deutsche, als ganze Männer in unserer ganzen Tüchtigkeit und Tapferkeit erweisen. Viel schulden wir unsern Eltern und Ahnen, mehr unserm Vaterlande, aber alles: Leben, Blut, Atem, gegenseitiges Vertrauen und Eintracht dem öffentlichen Wohle und der Freiheit. Diese mit aller Kraft zu schützen, zu verteidigen und zu bewahren, sind wir verpflichtet. Aber mit beiden Seiten es zu halten, bald nach Paris, bald nach Stockholm zu schielen, Länder wegzugeben, die Freiheit erkaufen, das, bei Gott, war niemals deutsch. E i n i g m ü s s e n wir sein, dann k ö n n e n wir die a n g e m a s s t e Gewalt d e r F r e m d e n vernichten und uns einen ehrenvollen Frieden nicht erkaufen, sondern erzwingen und den Doppeladler mit Lorbeerund Ölzweigen bekränzen." "Wohl ist es zugleich der Lockruf eines spezifisch katholisch gesinnten Schriftstellers, welcher uns in diesen "Worten am Ende des Krieges entgegentönt, aber er sprach doch aus, was seit vielen Jahren Tausende deutscher patriotischer Herzen ersehnten, die Befreiung von dem drückenden Joch der Fremden. Welche neue Perspektive eröffnete sich jetzt für die dritte Partei, welche neue Kräftigung musste sie erhalten, wenn es gelang, die deutschen Offiziere in der schwedischen Armee für sie zu gewinnen, und damit nicht genug, auch in der weimarischen. In der That, es schien nicht unmöglich, wenigstens gaben dieselben in beiden Heereskörpern deutliche Zeichen ihrer Übereinstimmung; die schwedischen Obersten hatten sogar vom Herzog von Lüneburg 4000 Mann Hülfe verlangt und ihn aufgefordert, aus allen Deutschen ein Korps zu bilden, angeblich zur Verteidigung des niedersächsischen Kreises, in Wirklichkeit aber, um so unvermerkt in die dritte Partei überzugehen; ja sie äusserten offen Quebriant gegenüber, dass sie in Verbindung mit den weimarischen Truppen, den Hessen und Weifen, Manns genug wären, dem Reiche einen ehrenhaften Frieden zu geben, welches die Kronen nur ruinieren wollten, um es dann 7*
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unter sich zu teilen, und welches sie nur mit den Kräften der Deutschen bekämpften. 1 Allein so recht ernst war es ihnen doch nicht mit diesen patriotischen Äusserungen. Wohl mischten sie auch bei den späteren Verhandlungen nationale Klagen ein: „sie weren freye Teutschen und keine Schlaven, könten und wolten ihres Vaterlands räuber und verderber länger nicht sein," sie wollten wissen, „ob sie umb einen Frieden oder raub dienten",2 aber in dieser Zeit fanden sich unter ihnen nicht mehr jene edlen nationalen Männer, welche 1635 die Schweden zu Zugeständnissen gezwungen hatten, die zum Frieden hätten führen müssen, wenn der Kaiser and der Kurfürst von Sachsen nicht das Unmögliche verlangt hätten. Mortaigne, der Hauptanstifter der ganzen Bewegung, war ein Niederländer von Geburt und, wenn auch ein tüchtiger Offizier^ doch ein habsüchtiger und, wie sich später herausstellte, bestechlicher Charakter. Die Hauptführer der Deutschen aber in der weimarischen Armee, den Grafen von Nassau und den Obersten Müller, raffte ein für die Verbündeten glücklicher Zufall gerade in dieser Zeit im Gefechte dahin. Der einzige Mann, welcher eine wirkliche Stütze der Ideen der dritten Partei zu sein schien, war der Generalmajor Pfuhl, welcher dem von der schwedischen Regierung vorläufig gesandten Kriegsrat Lars Grubbe entgegentrat, welcher ernstlich auf den Frieden drang und es nicht mehr mit seinem Gewissen vereinbaren zu können erklärte, das Vaterland noch weiter durch diesen Krieg zu ruinieren, dessen Ende er und seine Gesinnungsgenossen nicht absehen könnten. 8 Auf ihn setzten deshalb die Weifen auch ihre Hoffnung, indem sie erklärten, dass die Schweden nichts von ihnen zu fürchten hätten, so lange er im Amte bliebe; sollte er aber abdanken, dann möchten sie sich vor ihnen in Acht nehmen. 4 Den Schweden musste jetzt alles daran liegen, diesen in seiner Stellung einflussreichen Mann zu halten: es gelang den vereinten Bemühungen der beiden andern Generalmajore und Grubbes, ihn zu beschwichtigen. Sobald sich die Lage der Schweden jedoch etwas günstiger gestaltete, ward er absichtlich zurückgesetzt, indem ihm, obwohl er der älteste Generalmajor war, der Schwede Joh. Liliehök
1
Lelaboureur, 314; vgl. ibid. S. 385.
2
Chemnitz IV, I, S. 55 f.
3
Chemnitz IV, I, 48.
4
Pufendorf XIII, 38.
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vorgezogen wurde, sodass er bald nach Torstensohns Ankunft abdankte, zum geringen Leidwesen der Schweden.1 Zu alledem wurden auch die Versuche, eine Verbindung mit den deutschen Obersten herzustellen, von den beteiligten Fürsten der dritten Partei nicht in geschickter und nachdrücklicher Weise betrieben. Die Verhandlungen,2 welche der Herzog von Lüneburg mit dem König von Dänemark, welcher verbreiten Hess, dass er die dänische Krone niederlegen und als Herzog von Holstein dem Reiche den Frieden wiedergeben wollte,8 durch einen eignen Abgesandten führen liess, wurden bald öffentlich bekannt. Im Norden überwachte dieselben sorgsam der schwedische Gesandte Salvius, im Lager selbst wirkte der Graf von Guöbriant eifrig entgegen, teilte der Landgräfin von Hessen davon mit und machte in Lüneburg selbst Vorstellungen. Als aber Herzog August nach den vergeblichen Bündnisverhandlungen mit Schweden wieder mit dem Kaiser anknüpfte und schliesslich im September zu Goslar mit demselben in offizielle Verhandlungen trat, wurden die deutschen Obersten misstrauisch und brachen schliesslich jede Verbindung mit ihm und der dritten Partei ab. 4 Die Bemühungen derselben versprachen nur dann einen Erfolg, wenn man dieselben Mittel ergriff, wie sie Frankreich nach dem Tode Bernhards angewandt hatte, wenn man die aufgeregten Gemüter durch Zahlung der Rückstände beruhigte, denn der Geldp u n k t war der Kern der ganzen Bewegung. Aber hierin hatten die Schweden noch die grössten Schwierigkeiten zu überstehen. Die von den Obersten an die schwedische Regierung abgeordneten beiden Offiziere Rochow und Chr. Mortaigne langten im Juli in Stockholm an und fanden hier eine höchst schmeichelhafte Aufnahme. 1
Da er jedoch ein ausserordentlich tüchtiger Offizier war und Gefahr war, dass er in fremden Diensten den Schweden sehr schaden könnte, ward ihm eine so reichliche Pension gezahlt, dass ihn der kaiserliche Dienst nicht mehr locken konnte. 2 Aus denselben wurde folgendes mitgeteilt: Ah exercitu id clam agi, ut opera Eegis Daniae cum Caesare pacem per se faciat, quod intelligat, exteris Regibus non salutem Germaniae, sed Suecis Pomeraniam, Gallis Alsatiam cordi esse. Brevi quicquid est Germani militis in concordiam redigendum, paucis Gallis et Suecis vi ejectis. Pomeraniam utique Brandenburgico vindicandum. Si quid pecuniae inter milites distribuatur; id minimam partem eorum facere, quae ipsis debeantur. Pufendorf XIII, 36. Lelaboureur, S. 386. 4 Chemnitz IV, I, 51, 57 f., 61 f.; Pufendorf XIII, 36, 46.
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Sie wurden feierlich in den Reichstag geführt, 1 wo man ihre Beschwerden anhörte; man fand dieselben nicht unbillig und fertigte die beiden Offiziere mit grossen Versprechungen und vielen schönen Worten wieder ab, wobei die Königin nicht versäumte, jedem derselben grosse Geschenke zu machen und den "Wünschen einzelner in freigebigster "Weise nachzugeben. Ausserdem schrieb sie Briefe an die Obersten, welche sie mit ihren Forderungen bis zur Ankunft Torstensohns vertröstete und zur Treue ermahnte, und an die Generalmajore. 2 Unterdessen aber hatte die Not in der Armee einen derartigen Grad angenommen, dass die Gefahr ihrer Auflösung bevorstand. Aus dem Lande war schlechterdings nichts mehr zu bekommen, zumal man Gewaltthätigkeiten gegen die Unterthanen vermeiden mussteT um die "Weifen zu schonen, in deren Land man, durch die kaiserlichen Operationen gezwungen, hatte ziehen müssen, und die geringen Mittel, welche Grubbe mitgebracht hatte, reichten bei weitem nicht aus. Deshalb sandten die Obersten Anfang August Com. Mortaigne und Derfflinger an Grubbe mit Vorstellungen so drohender Art, dass dieser befürchtete, „am Ende selbst den Hals zusetzen zu müssen". Er wandte sich deshalb im Verein mit den Generalmajoren an Salvius 8 nach Hamburg und ersuchte ihn um 60 000 Th., während die Generalmajore 100000 verlangten. 4 Salvius befand sich in der peinlichsten Lage: von allen Seiten, von Hessen, Lüneburg, dem Grafen Guöbriant heftig angegangen, die Armee nicht durch Yorenthaltung der Gelder zum Äussersten zu bringen, war er doch von seiner Regierung streng angewiesen, alle Mittel zusammenzuhalten bis zu Torstensohns Ankunft, damit dieser sich dadurch die Anerkennung bei der Armee verschaffe. 5 Jetzt zwang ihn doch die Not, diesem Befehl entgegen zu handeln, 1
Wie oben gezeigt, galt die schwedische Armee als Eeichsstand. Chemnitz IV, I, 9 ff.; der Brief der Regierung an die Obersten ist auch abgedruckt in Struve's neu eröffnetem historisch- und politischem Archiv, IV, 1722. S. 257 ff. 3 Salvius war der schwedische Gesandte in Deutschland, ein Mann von ungewöhnlichen Fähigkeiten, besonders auch in Geldsachen. In Hamburg verwaltete er die französischen Subsidien, schloss Geldgeschäfte mit den Kaufleuten ab und versorgte so die Armee mit den notwendigsten Geldmitteln. Odhner, Serv. deltagande, a. a. O., S. 146. 4 Chemnitz IV, I, S. 52 f. 5 Chemnitz IV, I, S. 21 f. 2
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und er übersandte die 60 000 Th. Kaum war er von dieser Sorge befreit, als die Obersten mit neuen Forderungen an ihn herantraten. Als die Weifen im August von neuem Hülfe von den Schweden begehrten 1 und die Generalmajore deshalb den Obersten die Sache vortrugen, weigerten diese sich, einen Schritt vorwärts zu thun, wenn ihnen nicht 300000 Th. ausgezahlt würden, und sandten deshalb eine abermalige Gesandtschaft an Salvius, welche ihm die Forderungen in kategorischer Form darlegte und trotz aller Torstellungen auf ihrer conditio sine qua non beharrte. Schliesslich gab Salvius nach und versprach, das Geld, welches er auftreiben könne, auf "Wechsel nach Braunschweig zu schicken und Grubbe Kreditbriefe auf seinen Namen mitzugeben, durch welche er weitere Mittel aufbringen solle. Damit gaben sich die Obersten vorläufig zufrieden und willigten ein, von Wolfenbüttel nach Saarstadt aufzubrechen. 2 In dieser Zeit war es, als der Weifen Verhandlungen mit dem Kaiser offenkundig wurden, als damit die Einwirkung der dritten Partei aufhörte, als zu gleicher Zeit die Gesandten von Stockholm zurückkehrten und von ihrer glänzenden Aufnahme und den Versicherungen der Krone erzählten. Beide Umstände hatten ihre Rückwirkung auf die Obersten. 8 Als sie Grubbe und Mortaigne von neuem an Salvius entsandten, lauteten ihre Forderungen schon viel bescheidener; zwar bestanden sie auf 300000 Thaler, liessen aber durchblicken, dass sie sich auch mit der Hälfte begnügen würden, da sie die finanzielle Verlegenheit der Krone anerkennen müssten. Salvius merkte den Umschwung in der Stimmung sehr wohl und brauchte nun denselben Kunstgriff, um sich aus der Verlegenheit zu ziehen, den die Regierung bei Empfang der beiden Abgeordneten angewandt hatte. Er bestach unter Beihülfe Guebriants Mortaigne durch eine namhafte Summe und durch Ernennung zum Generalmajor. Die List gelang vollkommen, und der Vertrauensmann der Obersten war nun Guöbriant und den beiden Schweden behülflich, 1
Im Juli hatten sie gemeinsam die Kaiserlichen bei Wolfenbüttel besiegt. Diese Schlacht ist insofern merkwürdig, als sie von Seiten der verbündeten Armeen eigentlich ohne jede Oberleitung geschlagen ward, so dass nur die Tüchtigkeit und das Geschick der Obersten eine Niederlage verhüteten. Dies ist ein Beweis für die Schlagfertigkeit und den natürlichen Zusammenhalt der Offiziere in der schwedischen Armee. Barthold, II, 327; La Koche, Der 30 jähr. Krieg, 1848. Abt. VI, § 21. 2 Pufendorf XIU, 47; Chemnitz IV, I, S. 54 ff., 61; Lelaboureur, 407; erinnert bei dieser Gelegenheit an die Meuterei bei Magdeburg 1635. 3 Chemnitz IV, I, S. 62.
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neue Mittel zu ersinnen, um das Heer hinzuhalten. Sie beschlossen, eine Reform der sehr schwachen Regimenter vorzunehmen, und dieselben auf zehn bis zwölf zu reduzieren, die grosse Anzahl der überflüssigen Offiziere1 aber auf Wartegeld zur Disposition zu stellen. So konnte bei Austeilung der Rückstände, deren Höhe auf 330000 Th. festgesetzt wurde, jedes Regiment um so mehr erhalten. Da Mortaigne diese Angelegenheit im Heere thatkräftig in die Hand nahm, so fanden die Vorschläge dort Anklang, so dass sich die Obersten beruhigten. 2 Im November kam endlich nach überstandenem schweren Krankheitsanfall der neue Feldherr Torstensohn an, welcher die Armee durch mehrere Tausend schwedischer Truppen verstärkte. Das Geld jedoch, welches er von Schweden mitgebracht hatte, entsprach dem Erwarten bei weitem nicht, so dass Salvius noch 180 000 Th. bei Hamburgischen Kaufleuten auf seinen Kredit aufnehmen musste, damit die Anerkennung des neuen Feldherrn keine Schwierigkeiten machte.3 Durch die ihm eigene Thatkraft aber gewann Torstensohn bald wieder die absolute Herrschaft über die Armee, indem er kurz nach seiner Ankunft einem verräterischen Obersten den Prozess machen liess, ohne doch klugerweise der Verschwörung weiter nachzugehen. Als er im Jahre 1646 das Heer, durch eine Krankheit genötigt, verlassen musste, war er vorsichtig genug gewesen, den neuen Befehlshaber durch mehrmonatliche Vorbereitung bei den Truppen einzuführen, so dass sich Vorgänge, wie im Jahre 1641, bei dem neuen "Wechsel nicht wiederholten. Im Vergleich mit der Haltung der schwedischen Armee im Jahr 1635 erscheinen die eben geschilderten Vorgänge weniger gefährlich. Dort stand übermächtig die katholisch-lutherische Partei, lockend mit dem Prager Friedensinstrument, welches als eine besonders patriotische Übereinkunft gepriesen ward, gegenüber einem Heere, dessen einflussreichste Führer ebenso von einem deutschnationalen Gefühle geleitet wurden. Hier trat gleichfalls eine patrio1 Die Klage wegen der überzähligen Offiziere tritt im 30jährigen Kriege bei jeder Gelegenheit hervor. Für die Obersten und die andern Offiziere war es eine Art Gelderwerb, ihre Mannschaft unvollständig zu erhalten, aber den Sold und die Quartiere für die ganze nominelle Anzahl zu fordern. Kam dann der Tag der Musterung heran, so wurden diese Gaunereien durch alle möglichen Listen verdeckt. Ygl. hierüber die interessanten Verhandlungen auf dem Kurfürstentag zu Kegensburg. Londorp IV, S. 595 ff.; ferner a. d. R. T. v. 1640; vgl. auch Meiern V,846. 2 Chemnitz IV, I. S. 63 ff.; Lelaboureur, S, 364. 396. 3 Pufendorf XIII, 54.
Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress.
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tische Partei mit der schwedischen Armee in Verbindung, aber einerseits gelangte dieselbe nie zu einer rechten Lebenskraft, anderseits hatte die schwedische Armee schon lange ihren früheren idealeren, für derartige Eindrücke empfänglicheren Charakter eingebüsst. Aber darin war die Gefahr für die schwedische Krone grösser geworden, dass die Obersten der Hauptarmee fast insgesamt sich trotziger und fester in ihrem inneren Zusammenhalt zeigten, indem sie jenen Verbrüderun gs vertrag schlössen, auf welchen gestützt sie es wagen konnten, ihren Vorgesetzten und der Krone als eine geschlossene Partei gegenüber zu treten. Eben in jener Zeit drängte man von allen Seiten dahin, diesem unseligen Kriege ein Ende zu machen, ernstliche Friedensverhandlungen wurden in Hamburg in Angriff genommen, welche den westfälischen Kongress vorbereiteten. Die schwedische Regierung hatte noch einmal ein deutliches Zeichen erhalten, wessen sie sich von ihrer Soldateska zu versehen hatten, wenn sie die Interessen derselben, hauptsächlich materieller Art, denen sich aber doch ein gewisses nationales Element beigesellte, unberücksichtigt liess. List und Bestechung musste sie anwenden, dieselben vorläufig in den Hintergrund zu drängen und das Heer bis zum endlichen Friedensschluss gefügig zu machen.
Fünftes Kapitel. Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress. Die Rücksicht auf ihre Soldateska, welche selbst abzulöhnen ihnen ihre bekannte finanzielle Ohnmacht unmöglich machte, hatte die Schweden seit dem Sturze ihrer Macht in Süddeutschland bisher in allen diplomatischen Verhandlungen, welche sie des Friedens wegen führten, stark beeinflusst. Überall bildete das „contentement der soldatesque" einen von der Kronentschädigung gesonderten Punkt ihrer Vorschläge. Es war gezeigt worden, wie ausschlaggebend die Entscheidung über denselben im Jahre 1635 für den weiteren Krieg gewesen war. Als dann im Jahre 1638 und 1639 neue Friedensverhandlungen angeknüpft wurden, wurde die alte Forderung wiederholt, und Baner urteilte über sie : „der modus, wie die
Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress.
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tische Partei mit der schwedischen Armee in Verbindung, aber einerseits gelangte dieselbe nie zu einer rechten Lebenskraft, anderseits hatte die schwedische Armee schon lange ihren früheren idealeren, für derartige Eindrücke empfänglicheren Charakter eingebüsst. Aber darin war die Gefahr für die schwedische Krone grösser geworden, dass die Obersten der Hauptarmee fast insgesamt sich trotziger und fester in ihrem inneren Zusammenhalt zeigten, indem sie jenen Verbrüderun gs vertrag schlössen, auf welchen gestützt sie es wagen konnten, ihren Vorgesetzten und der Krone als eine geschlossene Partei gegenüber zu treten. Eben in jener Zeit drängte man von allen Seiten dahin, diesem unseligen Kriege ein Ende zu machen, ernstliche Friedensverhandlungen wurden in Hamburg in Angriff genommen, welche den westfälischen Kongress vorbereiteten. Die schwedische Regierung hatte noch einmal ein deutliches Zeichen erhalten, wessen sie sich von ihrer Soldateska zu versehen hatten, wenn sie die Interessen derselben, hauptsächlich materieller Art, denen sich aber doch ein gewisses nationales Element beigesellte, unberücksichtigt liess. List und Bestechung musste sie anwenden, dieselben vorläufig in den Hintergrund zu drängen und das Heer bis zum endlichen Friedensschluss gefügig zu machen.
Fünftes Kapitel. Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress. Die Rücksicht auf ihre Soldateska, welche selbst abzulöhnen ihnen ihre bekannte finanzielle Ohnmacht unmöglich machte, hatte die Schweden seit dem Sturze ihrer Macht in Süddeutschland bisher in allen diplomatischen Verhandlungen, welche sie des Friedens wegen führten, stark beeinflusst. Überall bildete das „contentement der soldatesque" einen von der Kronentschädigung gesonderten Punkt ihrer Vorschläge. Es war gezeigt worden, wie ausschlaggebend die Entscheidung über denselben im Jahre 1635 für den weiteren Krieg gewesen war. Als dann im Jahre 1638 und 1639 neue Friedensverhandlungen angeknüpft wurden, wurde die alte Forderung wiederholt, und Baner urteilte über sie : „der modus, wie die
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Soldatesca zu contentiren sein möchte, würde der fürnembsten pacification spunkten einer sein, undt würden ohne denselben keine tractaten gepflogenn, viel weniger geschlossenn werdenn könnenn." 1 Dem kaiserlichen Hofkriegsratspräsidenten Grafen Schlick antwortete er im folgenden Jahre in demselben Sinne: „was der soldatesca contentement betreffen thete, so könte er dasselbe so leicht zur richtigkeit zu bringen nicht achten, wie die Schlick vermeinet, auch wohl bey seinen principalen geringe geschätzet werden möchte, und dürfften wohl so viel millionen, als sie etwa auf tonnen goldes rechnung gemacht, dazu requiriret werden." 2 Wie ferner in den Verhandlungen zwischen Salvius und dem kaiserlichen Gesandten Lützow in Hamburg 1640—1641, so war auch in der Proposition vom 1. Juli — diesen Tag kann man als den eigentlichen Beginn der westfälischen Verhandlungen ansehen —, die Entschädigung der Krone von der der Soldateska getrennt: § 10. Die den Königreichen gebührende und schuldige Satisfaction soll also gestalt sein, dass ihnen des vergangenen wegen Schadloshaltung und aufs kunfftige ihnen und ihren Bundesgenossen Sicherheit geleistet werde. § 11. Ihren Officieren und Soldaten solle nach Billigkeit, ohne der Königreiche Beschwernissen ihrer Forderung halber, Abtrag geschehen. Dafür verpflichteten sich die Schweden, die eroberten Plätze und Länder den betreffenden Herren wieder zurückzugeben und ihre überflüssigen Soldaten abzudanken. 8 In der Antwort, welche die Kaiserlichen am 17. September veröffentlichten, erklärten sie in betreff des § 11: Kaiserl. Maj. könne nicht einsehen, in wiefern Sie den Schweden eine Entschädigung für die Soldaten schuldig sei. Im Gegenteil, Sie beanspruche selbst eine solche und behalte Sich dieselbe ausdrücklich vor. Selbst das, was Sie einst in den Schönebeckischen Traktaten zugestanden habe, könne Sie jetzt nicht mehr binden, nachdem es damals zurückgewiesen sei und noch dazu durch Fortsetzung des Krieges dem Lande unberechenbarer Schaden verursacht sei. Indessen wolle der Kaiser nichts dagegen einwenden, wenn die Kurfürsten, Fürsten und 1 3 3
Baner an Oxenstierna am 1. Jan. 1638; Oxenstiernas Skr. II, 6, S. 501. Baner an Oxenstierna am 30. Juli 1639. Oxenstiernas Skr. IL, 6, S. 644. Meiern, acta pacis Westphalicae, I, S. 442.
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Stände „quorum maxime interest", sich an jene Schönebeckischen Tractate gebunden fühlten. 1 In diesem Sinne ward den Schweden die kaiserliche Antwort ausgefertigt, ohne dass die Reichsstände, welche sich untereinander über einige allgemeine Formen noch nicht hatten einigen können, ihr Gutachten darüber abgegeben hätten. Nachträglich nur verfassten die protestantischen Stände in Osnabrück ein solches, welches sie den Katholiken in Münster zuschickten und in welchem sie zu §§ 10 und 11 bemerkten, dass dieselben zu allgemein gehalten seien, und dass man sich darauf erst dann näher erklären könne, wenn man wüsste, „quid und a quo petatur." 2 Privatim noch fügten der Sachsen-Weimarische und der Brandenburg-Kulmbachische Gesandte ihre Ansichten hinzu, in welchen der erstere die Worte des Kaisers: quorum maxime interest für bedenklich hielt, da er dadurch die ganze Last auf das Reich abwälzen zu wollen schiene, während sie doch von allen Bundesgenossen gleichmässig getragen werden müsse,® der letztere aber in langen Betrachtungen auseinandersetzte, dass die Schweden moralisch nicht das Recht hätten, eine Entschädigung vom Reiche zu verlangen, da man sie nicht gerufen habe u. s. f. Eine Geldentschädigung würde so hoch sein, dass Deutschland sie nicht erschwingen könnte, da Schweden dasselbe ohnehin schon zu sehr ausgesogen habe. Zum Schluss appellierte er an die „bekannte heroische Animosität" der Krone: sie solle mit der gloire zufrieden sein und zu erkennen geben, dass ihre Hülfe mehr auf Trost und Rettung der notleidenden Freunde gerichtet gewesen sei, denn auf Gewinn. Wenn in den Schönebeckischen Traktaten 40 Tonnen Goldes angeboten seien, — in der That waren es nur 25 — so könne dies Versprechen die Stände jetzt nicht mehr binden. 4 Diese naiven und optimistischen Hoffnungen von der Bescheidenheit der schwedischen Ansprüche sollten bald bitter getäuscht werden. In allen bisherigen Friedensverhandlungen waren die kaiserlichen Gesandten immer wieder auf jene Schönebeckischen Traktate zurückgekommen: zuerst Baner gegenüber im Jahre 1639, dann war auf dem Reichstage von Regensburg 1640 wieder , über sie ver1
Meiern I, 622. Meiern I, 828. 3 Meiern I, 848. 4 Meiern I, 863—66; in demselben Sinne hatte sich 1640 auf dem Reichstag zu Regensburg das Kurfürstenkollegium geäussert: Koch, Perd. III., I, S. 224. 2
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handelt worden, 1 und Lützow hatte sie dementsprechend dem schwedischen Gesandten Salvias in Hamburg vorgeschlagen; ebenso hatten die kaiserlichen Gesandten bei den ersten privaten Versuchen auf dem westfälischen Kongresse auf dieselben als die Grundlage der Friedensverhandlungen hingewiesen.8 Die Schweden hatten sie, wie 1635, so auch später immer zurückgewiesen und jetzt, nach den Erfolgen des dänischen Krieges und den glänzenden Fortschritten Torstensohns, waren sie noch viel weniger gewillt, sich mit den darin enthaltenen Anerbietungen zu begnügen. "Wenn ausserdem die Kaiserlichen die Absicht hatten, auf Grund derselben die Bezahlung des Heeres lediglich den Evangelischen zuzuschieben, so waren diese doch ihrerseits so vorsichtig, selbst ebenfalls nichts zuzugestehen, wie ihre Gutachten, insbesondere die der weimarischen und kulmbachischen Gesandten beweisen. Ja, als Salvius, um die Satisfaktionspunkte desto besser durchzubringen, die Protestanten privatim zu bewegen suchte, in ihren Beschlüssen der schwedischen Satisfaktion zu gedenken, „wie sie es für billig hielten1', oder wenigstens im allgemeinen das Gerechte der Forderungen zuzugestehen, wiesen sie das Ansinnen zurück: privatim zwar geständen sie die Billigkeit derselben zu, doch würden sie sich hüten, dies offiziell auszusprechen, „denn sollte man divisim der Schuldigkeit geständig sein, so möchten vielleicht Catholici regeneren: es sollten die Evangelischen die gestandene Schuld bezahlen."8 Über den Umfang der schwedischen Ansprüche wurde der Kongress im Januar 1646 belehrt. In einer Konferenz mit den Kaiserlichen verlangten sie für die grossen Ausgaben und sonstigen Verluste, welche sie im Verlaufe des Krieges gehabt hätten, als E n t s c h ä d i g u n g f ü r die K r o n e selbst Schlesien, Pommern mit dem Bistum Kamin, die Ostseehäfen Wismar mit Poel, Walfisch und Warnemünde, ferner das Erzbistum Bremen," das Bistum Verden samt den übrigen Bistümern, welche sie besetzt hielten: Halberstadt, Minden, Osnabrück u. a., ausserdem aber Bezahlung i h r e r Armee, deren Höhe sie jedoch nicht bestimmten.4 Es war für die Schweden von höchster Wichtigkeit, zunächst die Frage über die Kronentschädigung ins Eeine zu bringen, die Ansprüche der Soldateska aber vorläufig unerörtert zu lassen, denn 1
Londorp, IV, S. 1119. Meiern I, S. 309. -1 Meiern II, 75. 4 Meiern II, S. 197, 204. 2
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diese so ungewöhnliche Forderung war nur allzu geeignet, die deutschen Stände zu erbittern und somit für die weiteren Ansprüche der Krone unzugänglich zu machen. Eine weitere und wichtigere Erwägung kam hinzu. Immer war bei Schwedens Feinden der Gedanke lebendig gewesen, durch allerlei Intriguen die Deutschen von der schwedischen Armee abtrünnig zu machen und zur nationalen Pflicht zurückzuführen. Die Begebenheiten des Jahres 1635 und 1641 beweisen dies deutlich. Auch auf dem Kurfürstentage von 1636 traten dieselben Bestrebungen hervor: man wollte Schweden selbst nichts zugestehen, aber für die Soldateska gerne eine Geldsumme bewilligen, da man sie dadurch verführen könnte, die feindliche Partei zu verlassen1. In beständiger Sorge waren die Schweden deshalb gewesen, und Baner gab derselben in einem Berichte über die Friedensvorschläge deutlichen Ausdruck: „Undt ist kein zweiffell, es würden die keysserlichen commissarien in anmerckung des Magdeburgischen exempels ihr bestes versuchenn, die officirer mit allerhandt persuasionen undt Versprechung güldener berge von unss abzureisen suchenn, undt alss denn, wenn sie ihr intent erhieltenn, in den übrigen tractaten Jhr Kgl. Majett. wenig gleich- undt billichkeit gönnen, keiner fernem tractaten zu bedürffenn, sondern das man dieser seitenn als dann sehr wohlfeile würde geben müssenn, sich nicht ohne raison undt fundament imaginiren. Wobey nicht wenig zu consideriren, das die diversitet der gedanckenn undt tägliche verenderung der menschlichenn humoren hierzue leicht helffenn und Jhr Kgl. Majett. gerechten sache einen beschwerlichenn undt gefährlichenn event machenn köntte."2 Die Erkenntnis ihrer schwierigen Stellung zur Armee, welche, zum grössten Teile aus Deutschen bestehend, so gerne fremden Einflüssen zugänglich war, deutlich ihren Überdruss am Kriege zu erkennen gab und nur noch eine vorteilhafte Ablöhnung erstrebte, die Einsicht, die Autorität über dieselbe, je länger der Krieg dauerte, desto weniger aufrecht erhalten zu können, war auch ein Hauptgrund gewesen, dass sich Schweden dem Frieden geneigter zeigte.8 1
Londorp IV, 591 ff. Oxenstiernas Skr. U, 6. S. 501—502. 3 d'Avaux erwähnt als den zweiten Hauptgrund der Schweden, Frieden zu schliessen, que l'Armée de Suède estoit composée d'Allemans naturels qui avoient bien fait serment à la couronne de Suède mais conditionné pour la cause publique, pour la liberté des protestans et pour la Religion; ils dépendoient donc entièrement des mouyemens qu'avoient pû prendre l'armée, ils n'estoient pas en estât de forcer leur obéissance, s'il fait arrivé quelque révolté. Mémoires de M. D . . . . S. 138. 2
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Bisher waren die Versuche, die deutschen Elemente der schwedischen Armee zu gewinnen, immer nur mangelhaft gewesen; vor allem hatte man sich mit allgemeinen Versprechungen begnügt, deren Erfüllung in weiter Ferne stand. Jetzt waren sämtliche ¡Stände versammelt; wie nun, wenn sie sich vereinigten, wenn sie mit Hintansetzung aller übrigen Streitigkeiten die Forderungen der schwedischen Soldateska durch eine ausreichende Summe befriedigten, dann an ihr Nationalgefühl appellierten und damit auf ihre Seite zogen? Die Schweden wären trotz der glänzenden Siege, welche sie in den letzten Jahren erfochten hatten, mit einem Schlage lahm gelegt worden und hätten nicht mehr die Macht gehabt, ihre Kronentschädigung durchzubringen, sondern wären in dieser Hinsicht gänzüch von der Gnade der Stände und ihrer eigenen Armee abhängig gewesen. Von selbst konnte ein so vielversprechender Plan keinen Boden gewinnen; denn das gegenseitige Misstrauen der Katholiken und Protestanten überwog alles, über diesen Gedanken hinaus konnte bei den ungeheuren Schwierigkeiten, welche dieser grosse europäische Kongress in den zu lösenden Fragen bot, niemand hinausschauen; ausserdem aber hoffte man noch immer, dass die schwedischen Armeeforderungen nicht so ernst gemeint seien, oder man dachte sich doch die Abfindungssumme erheblich niedriger, als sie in Wirklichkeit war. Ganz anders jedoch lag die Sache, wenn die Stände von Anfang an auf die eiserne Notwendigkeit, die schwedischen Truppen mit hohen Summen abzulöhnen, hingewiesen worden wären. Von den Protestanten wurden allerdings einige Anknüpfungsversuche mit den Landsleuten in der schwedischen Armee gemacht, 1 und im Verlaufe des Kongresses hat die Furcht vor den deutschnationalen Empfindungen ihrer Soldaten die Schweden mehr als einmal bewogen, von ihren herrischen Forderungen abzustehen, besonders wenn, wie es so manchmal geschah, der Gedanke der dritten Partei wieder auftauchte. 3 1 2
Mémoires de M: D . . . .
S. 138.
Chr. Porstner, württembergischer Kanzler in Mömpelgard, schreibt an seinen Freund, den schwedischen Residenten Schering ßosenhan am 5. Febr. 1647: Exercituum Suecicorum minimam faciunt partem Sueci, et illi securi adversus Deos, securi adversus homines Finni. Pleriqne Germani sunt, queis ut nec odium sit ) nec amor in partes, et militia sine affectu, sine judicio, tarnen pro Germanis cum Germaniae amicis, hactenus steterunt. At eosdem contra patriam in externa verba
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So schwiegen die Schweden denn vorläufig von dieser heiklen Angelegenheit still: in den Verhandlungen über die Kronentschädigung ist von derselben nur selten die Rede, nur gelegentlich brachten sie sie wohl in Erinnerung. Erst nachdem im Februar 1647 die Ansprüche der Krone im einzelnen befriedigt waren — derselben wurde Vorpommern mit Rügen, Stettin und Wollin, sowie die Anwartschaft auf Hinterpommern, ferner Wismar mit Poel und Walfisch, sowie Bremen und Verden abgetreten, alle Gebiete als deutsche Reichslehen — traten die Schweden auch für die Forderungen ihrer Soldaten entschiedener ein. Ihre Gesandten sahen die Schwierigkeiten und die Unannehmlichkeiten, welche ihnen ihr Verlangen bei den Ständen bereiten musste, wohl voraus und nahmen die neue Angelegenheit deshalb nur ungern in die Hand; aber die Furcht vor ihrer Armee zwang sie dazu. Jetzt war der Augenblick gekommen, wo diese darauf dringen konnte, dass die Krone, welche sich so oft für ihre Ansprüche und Sicherstellung nach dem Frieden verbürgt hatte, ihren Versprechungen nachkam. In ganz anderer Lage befand sich die schwedische Regierung jetzt ihren Soldaten gegenüber, als im Kriege selbst. Auch früher hatte sie schwere und gefährliche Konflikte mit denselben zu bestehen gehabt, aber immer nur ein Teil derselben, die deutsch-nationalen und die Werbeoffiziere, waren ihr gegenübergetreten; jetzt, wo der Friede dem ganzen Kriege ein Ende machen sollte, war die Gesamtheit der Armee mit allen ihren Interessen zu berücksichtigen. Es waren zunächst die alten bekannten und natürlichen Forderungen: Zahlung des rückständigen Soldes, Rückvergütung der Auslagen, Entschädigung für die im Kriege von den Feinden verwüsteten Privatgüter; dann nahmen sich Offiziere auch der Hinterbliebenen ihrer Kameraden an, welche im Dienste der schwedischen und evangelischen Sache gefallen waren: auch die Witwen und Waisen derselben sollten eine Versorgung erhalten. Zu den Werbeoffizieren gesellte sich nun die schwedische Generalität, auch ihr schnitt der Friede einen Erwerb ab, welcher enorme juraturos, non ultra milites sed proditores; id vero incognitum Germanis flagitium, nemo sperare debet. Horrebunt impia sacramenta, et fortitudinem Suecis praestitam, generosius patriae commodabunt. Forstneri epistolae negot. pac. Osn. Mon. concernentes Montpelgardi 1670. S. 85 f. Man findet dieselben auch, zum Teil mit deutscher Uebersetzung, bei Bougeant, deutsch von Kambach III. IV.
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Summen einbrachte, 1 abgesehen davon, dass auch die schwedischen Beamten häufig die Gläubiger ihrer Krone waren. Dazu kamen nun vor allem auch die Interessen der österreichisch-böhmischen Verbannten, welche durch die Armee, in welcher sie so treu gedient hatten, die Wiedereinsetzung in ihre Güter und ihre religiösen Eechte erwarteten. Es war nicht mehr der Gegensatz der Deutschen zu den Schweden, der Obersten zu den Generalen, sondern einig und drohend stand hier eine ganze mächtige Armee der Krone Schweden und somit den Diplomaten von Münster und Osnabrück gegenüber. Denn trotz der grossen Ländererwerbungen, welche Schweden bereits gemacht hatte, war nicht daran zu denken, dass der Fiskus die Ablöhnung der Soldateska auf sich nehmen konnte. Wohl konnte er die höheren Offiziere zum Teil durch Güterschenkungen schadlos halten, wie es auch später in umfangreicher Weise geschah, aber grössere Summen baren Geldes, deren man vor allem zur Abdankung der Gemeinen u. a. bedurfte, konnte er nicht aufbringen. So war ohne die Einwilligung der schwedischen Soldateska ein Friede nicht zu erhoffen: wurden die Forderungen derselben nicht befriedigt, dann war zu befürchten, dass sie zur regellosesten Selbsthülfe schreiten würde. Ihre Wut musste sich dann zunächst gegen die Schweden zuerkannten Lande richten, aber auch das übrige Deutschland blieb nicht verschont und sah einer weiteren Verwüstung ohne Grenzen entgegen. Daher sagte der schwedische Gesandte Oxenstierna selbst auf dem Kongresse: „Wenn man des Friedens recht geniessen wolle, müsse man mit der Soldatesca dergestalt verfahren, dass sie keinen Disgusto darob nehme, noch ein Complot unter sich selbsten mache und Teutschland noch in grössern Labyrinth einstürtze."2 1 Wiederholt ist oben darauf hingewiesen worden, welche Reichtümer sich in Schweden in den Vermögen der Offiziere ansammelten. Vgl. Soden II, 262: Die Schweden wollten den Frieden nicht, weil die königl. schwedischen Minister und Kriegsofliziere sich bei jetzigem deutschen Kriege gar wohl befänden, indem sie sich seither guten Teils bereichert u. s. w. (a. d. J. 1633). 2 Theatrum Europ. VI, S. 429; Meiern V. 814—819. In einem Bericht aus Osnabrück vom 11. Mai 1648 heisst es: Übrigens stehen die Sachen eben diessmahl gefährlicher, als noch nie, und seynd die Schwedische Herren Plenipotentiarii selbsten in nicht geringen Sorgen begriffen, dass die Soldatesca sich von allen Seiten, Schwed-Kayser-Bayerische, nicht etwan zusammenschlage, ein corpus constituire, die Officirer von sich jage, einen Stand nach dem andern, unter dem Schein praetendirter Satisfaction, ruinire und dieser Krieg eine tragische Catastrophen gewinne. Meiern V, 816.
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Durch eine derartige Soldatenrevolution aber hätten die Schweden selbst den grössten Schaden gehabt; denn abgesehen von den anderen Verlusten wäre ihr guter Ruf für immer vernichtet worden — und dies war um so bedenklicher, da sie auch in Zukunft bei ihren Werbungen auf die ausländischen, besonders die deutschen Truppen angewiesen waren. 1 In welchen Besorgnissen die schwedische Regierung deshalb schwebte, geht aus einem Briefe vom 8. Januar 1648 hervor, in welchem sie schrieb: „die Feinde suchen durch Verweigerung der Forderangen für die Soldateska Schweden in ein gefährliches Dilemma zu bringen, entweder uns und Schwedens Krone bis aufs Mark zu pressen, wenn diese Last uns aufgebürdet werden sollte, oder auch zu verursachen, dass die Armee zu unserer grössten Verunglimpfung auseinander läuft, so dass wir später keinen Respekt, kein Ansehen und Kredit in Werbungen und neuen Rüstungen haben werden." 2 Schon Baner hatte 1638 drei Wege vorgeschlagen, auf denen die Armee befriedigt werden könnte, entweder ihr zu erlauben, durch direkte Verhandlungen mit den kaiserlichen Kommissarien ihre Entschädigung zu erwirken oder den Ständen je nach Verhältnis gewisse Regimenter zur Bezahlung zuzuweisen. Beide Wege jedoch erschienen nach den gemachten Erfahrungen äusserst gefährlich zu sein. Am besten wäre es, den dritten einzuschlagen: eine bestimmte Summe zu freier Verfügung zu verlangen und damit die einzelnen Offiziere und Soldaten nach ihrem Alter und ihren Verdiensten abzulohnen. 8 Torstensohn, an welchen sich die schwedischen Gesandten noch während seines Generalates wandten, hatte nur die beiden letzten Projekte für thunlich erachtet. 4 1
Pufendorf XX, 1. Odhner, Sveriges deltagande etc. a. a. 0., S. 277 f. Am 1. April 1648 schrieb die Regierung: Soldateskans affection att bibehâlla skatte yi högre än ständernas, der vi endera préférera skulle, a. a. 0. Ahnlich sagte die Königin zu dem französischen Gesandten in Stockholm Chanut, dass sie lieber auf der Krone Entschädigung verzichte, als auf die der Armee, dass sie sich nicht nachsagen lassen wolle, dass sie, wie Dänemark und Polen, dieselbe unbezahlt gelassen habe, „et sa raison principale estoit, qu'elle vouloit engager d'affection envers elle tous les officiers et soldats; afinque si à l'avenir elle en avoit besoin, ils la servissent plûtost aucun qu'autre Prince. Que ce grand Corps demeurant uni, ce n'estoit plus une affaire de délibération; mais de nécessité de le contenter et qu'alors sur le bruit de la Paix il' n'estoit pas mesme au pouvoir des Chefs de le séparer. Linage de Vauciennes, Mémoires etc. I, S. 114—115; vgl. das. S. 195. 2
* Oxenstiernas Skrifter II, 6. S. 501 ff. Adami, relatio hist. de pacificatione. Lipsiae 1737. richt u. s. w. S. 44 f. 4
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
Einl. Ausfiihrl. Ee8
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Die beiden schwedischen Gesandten auf dem westfälischen Friedenskongresse waren J o h a n n O x e n s t i e r n a , der Sohn des Reichskanzlers, ein auf seine Abkunft stolzer, hochfahrender Edelmann voller Ansprüche, und der ihm an Erfahrung und Begabung weit überlegene Adler S a l v i u s , der Günstling der Königin, welcher, aus niederem Stande entsprossen, sich zu hohen "Würden emporgeschwungen hatte und bereits seit 1635 die diplomatischen Geschäfte Schwedens in Deutschland betrieb. 1 Beide standen zur Soldateska in keinem engeren Verhältnis, hatten auch keine Zeit, das schwierige Geschäft, welches jetzt an sie herantrat und welches mancherlei Reisen hin und her erforderte, allein zu erledigen. Daher baten sie, man möchte ihnen einen oder zwei Generale oder sonst jemand schicken, bei dem sie sich informieren könnten.2 Mit diesem Amte betraute die Regierung im Frühjahr 1647 A l e x a n d e r E r s k e i n (Erskine), welcher von nun an in Deutschland bis zur Abdankung der schwedischen Armee im Jahre 1650 eine gewichtige Rolle spielte. Er stammte aus einer schottischen, in Pommern eingewanderten Familie und war nach der Landung Gustav Adolfs in schwedische Dienste getreten, in welchen er nach kurzer Zeit das Amt eines Kriegsrates und Residenten in Erfurt erhielt und dann Baner als Kriegs- und Assistenzrat beigegeben wurde. Nachdem er darauf fünf Jahre lang in hoher Stellung an der neu eingerichteten Verwaltungsbehörde Pommerns mitgewirkt hatte, ward er seit 1642 wieder den schwedischen Generalen in seiner früheren Eigenschaft beigegeben, in welcher er z. B. als Depeschenträger die Verbindung der einzelnen Heereskörper vermittelte und die Regelung der Geldzuschüsse bei Salvius in Hamburg betrieb. 8 Er war ein ausserordentlich tüchtiger und rühriger Beamter, ein gewandter Diplomat, vertraut mit den verwickelten Finanzgeschäften und kannte die Verhältnisse in der Heeresverwaltung infolge seiner langen Erfahrung sehr genau. 4 1 Odhner, Sveriges deltagande etc., a. a. 0 . S. 143 ff.; Meiern I, Beil. z. Vorrede. S. 11 ff. a Meiern VI, 727. Vgl. die Berichte Torstensohns und Wrangeis. Hannov. Staatsarchiv. Erskeinsche Sammlung. 4 Meiern a. p. ex. I, Beil. z. Vorrede, S. 51; Walther, Universalregister über die westfäl. Friedensverhandl. etc. Vorrede, S. 24 ff.; Zetterquist, Grundläggn. [ af det svenska väldet i Bremen och Verden. Ak. Afh. Lund 1891. S. 182. Seine umfangreichen diplomatischen Kenntnisse verschaffte sich Erskein besonders dadurch, dass er auf seinen Reisen überall den Akten der feindlichen Partei nachspürte und
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Nachdem Erskein sich im Geheimen mit Torstensohn und dem Reichskanzler beraten hatte,1 reiste er ab und kam Ende Mai 1647 in Osnabrück an, um seiner Instruktion gemäss zunächst mit den schwedischen Gesandten Rücksprache zu nehmen. Diese hatten gewünscht, dass die Regierung die notwendige Entschädigungssumme selbst festgesetzt und nicht dem Gutdünken der Armee anheimgegeben hätte, da es teils lange Zeit dauern würde, bis deren Wünsche eingeholt wären, teils auch vorauszusehen war, dass dieselben viel zu sehr übertrieben würden. Schon Erskeins Vorschlag, welcher nach der Schätzung der wirklichen Truppenzahl auf 45000 Mann2 101/2 Mill. Rth. verlangte, erregte ihren "Widerspruch. Salvius erklärte diese Forderung für unerreichbar und schlug selbst 3 bis 4 Mill. vor.3 Yon Osnabrück begab sich Erskein nun im Juni zur Hauptarmee, welche unter Wrangeis Oberbefehl gerade bei Eger lagerte und, wo zur selben Zeit auch der unter dem Reichszeugmeister Wittenberg fechtende Truppenteil eintraf. So waren hier die meisten schwedischen Generale bei einander, welche Wrangel nach der Ankunft des Bevollmächtigten Mitte Juli samt allen Obersten zusammenrief. Erskein „verspürte sowohl bei den Offizieren, wie bei den Gesie an sich nahm. Infolge dieses systematisch betriebenen Aktenraubes war die Hinterlassenschaft Erskeins eine überaus reiche, welche nebst seinen eigenen Berichten zum grössten Teile im Kgl. Staatsarchiv in Hannover aufbewahrt ist und in vielen Punkten der folgenden Darstellung zu Grunde gelegt ist. Vgl. auch Irmer, i. d. Publik, a. d. Preuss. Staatsarchiv. 35, Einl. VIH f. — Die Bedeutung dieser K r i e g s - u n d A s s i s t e n z r ä t e , welche in der Verwaltung der Heeresfinanzen Schwedens im 30jährigen Kriege eine hervorragende Rolle spielen, ist noch nicht ausführlich klargelegt. Geijer (IH, S. 314—15) sagt von ihnen, dass sie nach Oxenstiernas Abreise 1635 eingesetzt wurden und dass sie eigentlich eine politische, administrative und ökonomische Bestimmung hatten, mit der Regierung in unmittelbarer Korrespondenz standen und nicht ohne militärischen Einfluss waren. Als erster soll der Feldmarschall Dodo von Knyphausen eingesetzt sein, wovon jedoch die über diesen von Sattler verfasste Biographie nichts besagt. In späterer Zeit ist uns nach BanerB Tode Lars Grubbe bekannt geworden. Die Vermutung liegt nahe, dass die Einrichtung dieser Ämter eine unmittelbare Folge der nach dem Abfalle der deutschen Stände und dem Verluste der preussischen Häfen gänzlich veränderten schwedischen Kriegsfinanzverwaltung war. 1 Linage de Vauciennes I, S. 118; Torstensohn hatte diese Angelegenheit in Stockholm unter seiner besonderen Aufsicht und liess sich alle acht Tage darüber Bericht erstatten. 2 Diese Schätzung war viel zu niedrig. 3 Odhner, Sver. deltag. a. a. 0 . S. 240.
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meinen eine sonderliche Begierde zum Frieden", und die Königin hatte es nicht unterlassen, sowohl an den Feldmarschall, als auch an jeden deutschen Obersten besondere Briefe zu richten, in welchen sie dieselben zur Mässigung ermahnte. „Wir wollen", schrieb sie an die letzteren, „diesen Punkt, und damit der Soldatesque billigmässiges contentement, auffs höchste immer geschehen kan, urgiren. Alldieweil es aber eine schwere Sache und von hoher importantz ist, so zweiffein Wir nicht, sondern haben zu Euch und andern Ehrund reputationsliebenden Cavalliers das gnädige und gute Yertrawen, Jhr werdet als ein getreuer Patriot, Ewres Yatterlandes und der gesampten Teutschen Stände itzigen Zustandt behertzigen Undt nicht allein für Ewre Persohn, Euch in diesem passu der Billigkeit und was practicabel accomodiren, sondern auch Ewre Unterhabende zu ebenmässigen gedanken disponiren Undt Euch also umb Ewer Vatterlandt und die werthe posteritet umb so viel mehr und höher meritiret machen."1 Dennoch lauteten die ersten Forderungen des Heeres nicht eben bescheiden. Heuchlerisch erklärten sie, dass sie während des Krieges nichts hätten erübrigen können, weshalb man sie nicht abfertigen könne, dass sie künftig ihre Nahrung nicht hätten. Noch eingedenk daher jener grossen Güterschenkungen Gustav Adolfs und Oxenstiernas, und da das Reich doch durch Geldnot gedrückt sei, hielten sie es für das Sicherste und Beste, wenn ihnen einige mit ihrem Blute eroberte Provinzen: die Bistümer Hildesheim, Minden, Osnabrück, Paderborn und Münster, soweit es zwischen Ems und Weser läge, ferner das Herzogtum Schweidnitz nebst Jauer, Sagan und Glogau überlassen würden, damit sie sie unter sich austeilen könnten, und zwar unter der Oberherrschaft Schwedens.® Sollte dies nicht erlangt werden können, so sollte Erskein 12 oder wenigstens 10 Mill. ßth. fordern, unter dem Vorbehalt, dass die alten Güterschenkungen Gustav Adolfs und Oxenstiernas an die Offiziere anerkannt würden. Ferner verlangten sie Amnestie für alle Offiziere und Beamte, welche in schwedischen Diensten gestanden hätten, besonders — und dies betonten sie mit Nachdruck — für die österreichisch-böhmischen Verbannten. Diese Forderungen wurden schriftlich aufgesetzt und von Karl Gustav Wrangel, Wittenberg, Stenbock, Paykul, Helmold Wrangel und Wolf Lüdingshausen im Namen des 1 Hannov. Staatsarchiv. Ersk. Samml. II. 66. * Pfanner, Hist. pac. Westph. IV, § 72 fügt noch die Güter des deutschen und Johanniterordens hinzu.
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gesamten Heeres unterschrieben. 1 Von Eger aus begab sich Erskein zu Königsmarck, welcher in Westfalen operierte und liess ihn samt seinem Generalmajor Hammerstein das Schriftstück ebenfalls unterzeichnen. Nachträglich wurde auch die Genehmigung des Generalmajor Douglas eingeholt. 2 Nach Osnabrück zurückgekehrt, legte der Bevollmächtigte der Armee die Forderungen derselben den schwedischen Gesandten vor. Diese mochten wohl einsehen, dass sie mit einem Antrage, ihr Heer durch katholische Ländereien zu befriedigen, nicht durchdringen würden. Deshalb wurde derselbe gar nicht gestellt, sondern von Anfang an verlangte Erskein nur bares Geld. Die Höhe desselben setzte er auf über 20 Mill. Th. fest, indem er folgende Rechnung aufstellte; monatlicher Sold für 56 Reg. Reiterei ä 19064 Th. = 1067584 6 Reg. Dragoner ä 10980 Th. = 65880 63 Reg. Fussvolk ä 8629 Th. = 543627 Artillerie 100000 Generalität und andere Beamte, ferner Witwen und Waisen 223507 2000598 diesen Sold verlangte er für zehn Monate. 8 Es war klar, dass eine so hohe Forderung nicht ernst gemeint war, und von Anfang an erklärten die schwedischen Gesandten sie nur als einen Vorschlag, mit dem sich handeln liesse; man sah aber doch, dass es sich immerhin um mehrere Millionen handele, deren Zahlung eine schwere Zumutung für das verarmte Deutschland war. Das Memorial, durch welches die Schweden den Kaiserlichen die Ansprüche ihrer Armee mitteilten und welchem sie ein Verzeichnis ihrer Truppen beigaben — im ganzen wurden 125000 Mann berechnet — erregte daher grosse Entrüstung. 4 Die meisten wollten 1
Bericht Erskeins an Torstensohn vom 22. Juni u. 17. Juli 1647, Hannov. Staatsarchiv. Ersk. Samml. II, 67c; Pufendorf XIX, 119, 120. 2 Hannov. Archiv. Ersk. Samml. II, 96. Königsmarck hatte zusammen mit dem Kriegskomroissar Brandt bereits bei Erskeins erstem Eintreffen in Osnabrück ein mit seinen Obersten vereinbartes Gutachten vorgelegt. * Pufendorf XIX, 149; die Zahlen, welche die relatio Adami S. 533 f. angiebt, weichen von den obigen im einzelnen etwas ab und ergeben insgesamt 2009616 Rth. 4 „Man war ganz perplex und so bestürzt, dass es für ein unmögliches Anmuten gehalten wurde." Erskeins Bericht, Staatsarchiv Hannover. Ersk. Samml. II, 69.
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überhaupt gar nicht darauf antworten, — für 20 Mill. Th., meinten die Kaiserlichen, könne man ganz Deutschland kaufen — sondern die ganze Angelegenheit von dem Verlaufe der neuen Campagne abhängig machen.1 In der That sah es damals nach der Abreise des bisherigen gemässigten und ausserordentlich gewandten kaiserlichen Unterhändlers, des Grafen Trautmannsdorf, mehr nach Krieg, als nach Frieden aus. Die Kaiserlichen waren erbittert über die Hartnäckigkeit, mit welcher die Schweden auf einzelnen Punkten bestanden, die Stände schlössen sich ihnen aus verschiedenen andern Gründen an, und unter Führung des Kurfürsten von Brandenburg wurde wieder der Plan der dritten Partei unter dem Namen einer protestantischen Union erwogen. Die günstige Gelegenheit liess sich der Kaiser nicht entgehen, in einem Briefe, in welchem er auf die Ungeheuerlichkeit der neuen Forderungen hinwies, die Stände noch mehr gegen die Schweden aufzuwiegeln,3 und der österreichische Gesandte behauptete den Evangelischen gegenüber, dass die Krone die Deutschen in ihrer Armee absichtlich über die wahre Sachlage in Unkenntnis halte und dadurch so grosse Hoffnungen bei ihnen nähre. 3 Ja man verbreitete sogar die Ansicht, dass, nach bestimmten Erkundigungen im Hauptquartiere, die Soldaten über die Massen mit Erskein unzufrieden wären, weil er so viel gefordert habe; denn dies sei ihr "Wille und ihre Ansicht nie gewesen.4 Selbst die Franzosen waren unzufrieden über die übertriebenen Ansprüche ihrer Bundesgenossen. Sie fürchteten, dass Deutschland, durch dieselben zur Yerzweiflung gebracht, sich mit gesamter Macht gegen die Fremden wenden könnte. 5 Ausserdem waren sie auch 1 Erskeins Bericht a. a. 0 . ; Pufendorf, S I X , a. a. 0., S. 249 f. 8 3 4
149; Odhner, Sver. deltag.
Pfanner, Hist. pac. Westph. IV, § 83. Pfanner, V, 32. Hannov. Staatsarchiv.
Ersk. Samml. II, 69.
* Linage de Vauciennes, I, 183, 276. An letzter Stelle heisst es nach Erwähnung der grossen Schwierigkeiten, welche die ArmeeforderuDgen verursachen würden: on apprehendoit les révolutions, qui pouvoient arriver si les Estats de l'Empire s'accordoient entre eux, et si un eslan de liberté se glissoit dans le coeur de tous ces Allemands; ce qui eust pû faire soulever u n e p a r t i e d e s a r m é e s d e s d e u x C o u r o n n e s ; a i n s i d ' u n e f a ç o n ou d ' a u t r e i l y a v o i t b e a u c o u p à c r a i n d r e p o u r la S u è d e s u r c e t a r t i c l e .
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wegen einer andern Angelegenheit gegen die Schweden aufgebracht und hielten deshalb ihre Subsidien zurück. In dieser Zeit nämlich war in Turennes Armee eine gefährliche Meuterei ausgebrochen, da die alten Weimarer, längst erbittert über den Übermut der Franzosen, sich weigerten, sich für die Sonderinteressen derselben gebrauchen zu lassen, und nur diesseits des Rheins kämpfen zu wollen. Daher lösten sich 2—3000 Mann los und unter der Führung eines ehemaligen Jenenser Studenten, Namens Hempel, zogen sie nach Thüringen zu den nächsten schwedischen Garnisonen, um ihren alten Herren wieder ihre Dienste anzubieten. Die Schweden konnten befürchten, dass diese in langjährigen Diensten erprobten Veteranen zum Kaiser übertreten würden, wenn sie sie zurückwiesen, deshalb nahmen sie sie an, obwohl ungern ; denn naturgemäss mussten daraus Misshelligkeiten mit Frankreich entstehen, und die trotzige nationale Gesinnung dieser Weimarer war nur zu geeignet, die unter den schwedischen Truppen vorhandene ähnliche Stimmung zu verstärken. Ja die Krone hatte sogar den Verdacht, dass Königsmarck, in dessen Truppenteil die Weimarer eingereiht wurden, als geborener Deutscher und allgemein beliebter Feldherr, möglicherweise unter dem Vorwande, die deutsche Freiheit zu schützen, alle deutsch-nationalen Elemente unter sich vereinigen und so das Direktorium des Krieges den Händen der Schweden entwinden könnte. 1 Das Benehmen Erskeins aber trug nicht zur Versöhnlichkeit bei. Barsch und anmassend trat er auf, verlangte die sofortige Erledigung der Armeeforderungen 2 uud erklärte gleich in der ersten Zusammenkunft mit den Ständen: „die Soldatesca werde schon für sich selbsten, zu ihrer billigmässigen Satisfaction würcklich zu ge1
Pufendorf XIX, 76; Linage de Vauriennes, mémoires I, S. 173 f. In einem Berichte des schwedischen Kriegskommissars Brandt wird die musterhafte Ordnung, welche diese Weimarer auf ihrem Marsche durch Deutschland hielten, mit Bewunderung anerkannt. In einem weiteren Berichte heisst es: Lauter ausgediente Veterani, so dass bei einem Regiment 30—40 Eeiter leicht als Rittmeister gebraucht werden könnten, die aber keine hohe charge haben wollten, damit sie keinen Staat zu führen brauchten und ihr Geld, dessen mancher Gemeiner 8—10— 12—'20000 im Vermögen haben soll, sparen könnten. Hannov. Staatsarchiv. Ersk. Samml. II, 69. 2
„Immani oris hiatu." Pfanner, IV, 82. Schon bei Stockholm erregten die übertriebenen Forderungen Erskeins zösischen Gesandten Chanut, er sprach davon comme d'une Königin ernstliche Vorstellungen. Linage de Vauciennes I,
seinem Abschiede von den Unwillen des franfable und machte der S. 118.
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langen, Mittel zu finden wissen." 1 Dagegen sahen sich die schwedischen Gesandten schon jetzt bewogen, mildere Erklärungen abzugeben: „man mache aus der Not eine Tugend und gebe den Forderungen der Soldatesca nur formell nach, um sie zum neuen Feldzug gefügiger zu machen. Thatsächlich werde man sich wohl mit dem dritten Teil der verlangten Summe begnügen können." 2 Andrerseits aber gaben sie den Evangelischen auch wohl vertraulich Hoffnung darauf, dass jene Gelder wenigstens zum grössten Teile aus den österreichischen Erblanden erpresst werden könnten, oder man könnte vielleicht die Offiziere, wie dies ja in früheren Zeiten schon geschehen wäre, durch katholische Kirchengüter, etwa durch die Güter des Deutschen und des Johanniterordens, das Eichsfeld, Paderborn u. a. befriedigen. 8 Mit Erskein war ein neues Element in die Verhandlungen des Kongresses hineingekonmmen und zwar ein solches, welches den Gang derselben sehr erschwerte. E r trat als Bevollmächtigter der schwedischen Armee auf, welche sich nach seiner ausdrücklichen Erklärung als tertia pars tractantium konstituiert habe. 4 Er verlangte, in dieser Eigenschaft zugleich als Königlicher Gesandter angesehen und zu den Verhandlungen selbst hinzugezogen zu werden, obwohl aus seiner von der Königin mitgegebenen Instruktion hervorging, dass er den beiden Hauptgesandten nur mit seinem Rate zur Seite stehen sollte. Diese hatten Mühe, die Ansprüche des Kriegsrates zurückzuhalten; denn sie waren keineswegs gewillt, wie dies wohl in früheren Zeiten der Fall gewesen war, die Verhandlungen ganz dem Willen der Armee zu überlassen. 5 Erskein konnte seine Forderungen doch immer nur mittelbar durch Oxenstierna und Salvius anbringen, deren Versicherungen oft im Widerspruche standen zu den an-
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Meiern IV, 723 f. Meiern IV. 767; Pfanner IV, 82. 3 Adami relatio. S. 534. Odhner, Sver. deltag. a. a. 0 . S. 249. Das Gerücht, dass die Güter der genannten Orden in schwedische Hände gelangen sollten, beunruhigte auch Frankreich sehr, welches durch seinen Gesandten in Stockholm dagegen protestieren liess. Die ganze Christenheit würde daran Anstoss nehmen, wenn der Maltheserorden, der doch zum Kampf gegen die Türken berufen sei, so geschwächt würde. Linage de Vauciennes I, S. 149 — 50. 4 Meiern IV, 723 ff.; Pufendorf XIX, 149. 5 Dieser Möglichkeit sah auch Frankreich mit Besorgnis entgegen, weshalb Clianut in Stockholm die Königin dringend davor warnte. Linage de Vauciennes, 1. S. 115. 2
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massenden Reden des Kriegsrates. Allein durch fortgesetzte Bemühungen erreichte er schliesslich doch, dass die Art und "Weise, wie die Armee bezahlt und abgedankt werden sollte, dem Einflüsse der schwedischen Gesandten und des Kongresses entzogen wurde. 1 Die Stockung in den Verhandlungen auf dem Friedenskongress dauerte den ganzen Sommer und Herbst des Jahres 1647 über. Die Ultramontanen schöpften neue Hoffnungen, als der Kurfürst von Bayern den Schweden den Waffenstillstand aufsagte und so Wrangel im Rücken mit Vernichtung bedrohte. 2 Die Evangelischen blieben in ihrer lauen Stimmung und hatten vor allem keine Lust, die verhasste Geldfrage in die Hand zu nehmen. 8 Indessen die Sehnsucht nach Frieden war zu mächtig in Deutschland; eben der Fürst, auf welchen die extremen Katholiken am meisten ihre Hoffnung gesetzt hatten, der Kurfürst von Bayern, beseelte sie am entschiedensten; gerade deshalb hatte er Wrangel geschont, damit das Gleichgewicht nicht zu sehr zu Gunsten der jesuitischen Hofpartei verschoben wurde. Die Schweden aber hatte die grosse Gefahr, welche ihre Hartnäckigkeit heraufbeschworen hatte, nachgiebiger gemacht. Daher begann gegen Ende des Jahres 1647 wieder etwas Leben in die Verhandlungen zu kommen. In denselben neigte sich das Material allmählich seinem Ende zu. Von den Punkten, welche bisher noch nicht zur Erledigung gekommen waren, waren für die Schwèden drei von besonderer Wichtigkeit: die P f ä l z e r A n g e l e g e n h e i t , die Forderungen H e s s e n K a s s e l s und vor allem die Frage über die A u t o n o m i e u n d A m n e s t i e d e r V e r b a n n t e n aus den Erblanden. Alle drei standen in mehr oder minder engem Zusammenhang mit der Frage über die 1
Meiern YI, 727—728. Als Hauptgrund für den Bruch des Waffenstillstandes nannte der Kurfürst von Bayern die unerhörten Forderungen der Schweden für ihre Armee. Linage de Vauriennes, mémoires. I, S. 186. 3 Aus einem Bericht Guldenklous vom 27. 9. 1647 heisst es: „Die Evangelischen haben das ihre meist erhalten, derohalben suchen sie sich aus dem Wercke zu wickeln und sonderlich sich der Last der Soldatesca zu entfreyen, fangen an, sich überall in postur zu setzen. Lüneburg will Nienburg wiederhaben, Brandenburg beschwert sich über die Contributionen Ravensburgs, Chursachsen ist beleidigt wegen Leipzig; die andern Stände folgen ihnen nach. Den schwedischen Estât lassen sie überall stecken und wollen demselben die Last der Soldatesque auf den Hals binden, entweder durch Güthe oder durch force." Von den Franzosen heisst es, „dass sie auch nicht gern sehen, dass wir zu hoch fliegen . . Wir müssen uns daher für den Winter gut rüsten." Hannov. Staatsarchiv. Ersk. ïamml. II, 60. 2
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Ablöhnung der schwedischen Armee. Die Bestimmungen über die P f a l z , welche im Grossen und Ganzen abgemacht, aber noch nicht unterschrieben waren, besagten, dass die jüngere "Wittelsbacher Linie, das Haus Bayern, die erste Kurwürde und die Oberpfalz erhalten sollte und zwar als Ersatz für 13 Mill. Gulden Kriegskosten, welche Maximilian am Anfang des Krieges für den Kaiser aufgewandt hatte, und wofür ihm dieser zuerst Oberösterreich ob der Enns verpfändet hatte. Darauf beriefen sich nun die Schweden wiederholt: denn, hatte der Kurfürst von Bayern für viel geringere Dienstleistungen 13 Mill. Gulden bekommen, obwohl er doch als Lehensmann des Kaisers verpflichtet sei, ihm solche unentgeltlich zu leisten, so könnte auch ihre Forderung nicht unbillig genannt werden. 1 So war auch der Kaiser an der Lösung der Pfälzer Frage finanziell ausserordentlich interessiert und wenn die Unterzeichnung der bereits getroffenen Abmachungen von den Schweden hinausgeschoben wurde, so musste ihn dies sehr beunruhigen. Ferner lag den Schweden die h e s s e n - k a s s e l s c h e Angelegenheit sehr am Herzen. Es war für sie nicht nur eine Pflicht der Dankbarkeit, diesen Bundesgenossen, welcher von Anfang bis zum Ende des Krieges unerschütterlich treu zu ihnen gestanden hatte, in seinen Entschädigungsansprüchen zu unterstützen, auch ihr eigenes Interesse musste sie dazu antreiben. Denn auch die Landgräfin hatte von ihren Nachbarn für die Räumung der besetzten Gebietsteile und für die Abdankung ihrer Armee bares Geld verlangt. Die Gewährung dieser Summe war also zugleich ein Präcedenzfall für die Bewilligung der schwedischen Armeeforderungen. Vor allem aber bereiteten den Schweden die Artikel, welche das Schicksal der V e r b a n n t e n aus den E r b l a n d e n bestimmten — sie beginnen mit den "Worten tandem omnes etc. — schwere Sorge. Denn in langjährigem Exil waren diese österreichisch-böhmischen Flüchtlinge mit der Armee, in welcher sie die treusten Diener der Schweden gewesen waren und zu deren Diensten sie auch ihre heranwachsenden Kinder herangezogen hatten, auf das Engste ver1 Erskein an Wrangel 29. Nov. 1647; Hannov. Staatsarchiv, II, 69; Theatr Eur. VI, 89. Auch auf Kursachsens Verhalten beriefen sich die Schweden. Dieser Kurfürst hatte ebenfalls für geleistete Hülfe im böhmischen Kriege [.eine Rechnung von 3'/ 2 Mill. Th. dem Kaiser eingereicht, weiche 1635 mit Zinsen auf 6,4 Mill. Th. aufgelaufen war und durch Überlassung der Lausitz u. a. Gebiete ausgeglichen wurde. Räumers histor. Taschenbuch III, 9, S. 584.
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wachsen. 1 Schon Gustav Adolf war gelegentlich für sie offiziell eingetreten,2 und in der Folgezeit waren sie beständig auf den Frieden vertröstet worden. Jetzt wurden die Forderungen der schwedischen Gesandten durch die Haltung ihrer Armee unterstützt. Im Beisein von über 300 Offizieren hatte Wrangel unter freiem Himmel diese Angelegenheit dem Bevollmächtigten der Armee warm ans Herz gelegt, da sie bereit seien, Gut und Blut dafür einzusetzen,8 und dieser hatte nicht gesäumt, ihrem "Verlangen Folge zu leisten und dasselbe dem Kongresse von Anfang an drohend mitzuteilen: „die schwedische militia würde einmahl den Degen nicht eher, alfs bis diese Leute restituirt wären, niederlegen"4. Schon früher hatten sich die Yerbannten in mehreren Schriftstücken an die evangelischen Stände des Kongresses gewandt und sie daran erinnert, dass sie ihnen bereits auf dem Frankfurter Konvent 1634 ihre Hülfe versprochen hätten; 6 ebenso bestürmten sie die schwedischen Gesandten, ihnen zu ihren Rechten zu verhelfen, und im März 1648 sandten sie zur wirksamen Durchführung ihrer Absichten den OberstLieutenant Sudoffsky nach Osnabrück.6 Das natürliche Interesse an der evangelischen Sache, sowie die Rücksicht auf ihre Soldateska hatte die schwedischen Gesandten schon früher veranlasst, für die Yerbannten entschieden einzutreten. 7 Dies war auch einer der Gründe, warum sie die hessen-kasselschen Geldforderungen unterstützten; denn auch in dem Heere der Landgräfin nahmen die Exulanten zahlreiche Offiziersstellen ein. Dem gegenüber aber stand des Kaisers unbeugsamer Wille, in diesem Punkte keinen Schritt zurückzuweichen. Nicht nur hätte das ganze gewaltsame Werk 1
Koch, Ferdinand III., I, S. 159 ff. In den Friedensverhandlungen vom März 1632 wird von Gustav Adolf als dritte Bedingung aufgeführt: „Die vertriebene Herren aus Böheimb und Mähren miissten restituirt sein. Dieser Punkt werde zwar der röm. Kais. Maj. und ihren Ministris sauer eingehen, es sei aber hierin kein nachlass zu machen." Publ. a. d. Preuss. Staatsarchiv, 35, hrsg. v. lrmer, S. 139. 15 Hannov. Staatsarchiv., Ersk. Samml. II, 69. 4 Meiern IV, 769. 6 Meiern IV, 173, V, 369 f., 372, 736. 6 Meiern Y, 629. ' Wrangel liess z. B. dem Kaiser im März 1647 erklären: Wenn er sich gegen seine evangelischen Unterthanen etwas milder erzeigen wollte, würde er sich und sein Haus vor aller ihm noch bevorstehenden Gefahr sicher stellen und nicht blos auf einen günstigen Friedensschluss zählen können, sondern auch die gute Nachbarschaft und Freundschaft der Schweden sich verschaffen. Koch, II, S. 284. 8
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jesuitischer Rekatholisation in den Erblanden wieder rückgängig gemacht werden müssen, sondern auch der kaiserliche Fiskus war stark daran interessiert, dass der § tandem omnes etc. im Sinne des Kaisers unterschrieben würde; denn die eingezogenen Güter der Vertriebenen waren seit langer Zeit an die Günstlinge und verdienten Beamten des Hofes, an die Konvertiten — zu diesen zählten die kaiserlichen Friedensgesandten selbst — und an die Jesuiten als Belohnungen vergeben worden, welche der Kaiser gegebenenfalls anderweitig hätte entschädigen müssen. "Wie hoch aber die in Betracht kommenden Summen waren, geht daraus hervor, dass der Wert der konfiszierten Güter in Böhmen allein auf 40—45 Mill. Gulden, in Mähren auf 5 Mill. Gulden veranschlagt wurde 1 . Von der Aufrechterhaltung der in dem § tandem omnes etc. von ihm vorgeschlagenen Bedingungen, sowie von denen über den Ausschluss der Exulanten von der Autonomie war der Kaiser entschlossen, den ganzen Friedensschluss abhängig zu machen. Deshalb wurden die Schweden von den Protestanten nur lau unterstützt; auch diese gönnten ihren armen Glaubensgenossen wohl von Herzen die Amnestie, wohl waren sie selbst öfters für dieselben bei den Kaiserlichen eingetreten, aber sie waren doch nicht gewillt, ihretwegen den sehnsüchtig erwarteten Frieden noch länger zu verzögern oder gar ganz unmöglich zu machen. 3 Über die Reihenfolge der zu erledigenden Fragen kam es zu weiteren langen und gereizten Verhandlungen. Die Schweden wünschten, dass man ihre Armeeforderungen sofort erledige; denn ihnen war, wie man meinte, nicht ganz wohl bei der Sache: Wrangel drängte fort und fort durch seinen Bevollmächtigten, da die Soldaten gedroht hätten, sich durch Einlagerung in die der Krone zugesprochenen Länder bezahlt machen zu wollen. 3 Die Kaiserlichen aber wollten die Frage über die satisfactio militiae bis zuletzt, ja bis nach Ratifizierung des Friedens verschieben, da man erst wissen 1
Pescheck, Gesch. der Gegenreformation in Böhmen II, S. 319; Krones, Handb. d. Gesch. Österreichs III, 439—441; 1621 belief sich der Wert der in Böhmen eingezogenen Güter bereits auf über 51/» Mill. Rth. Oberleitner im Archiv für Österreich. Geschichtsquellen 19, S. 13; vgl. hierzu Elvert, Schriften d. histor. stat. Sekt. d. mähr.-schles. Ges. 23. S. CCXXXI, wo die sehr verschiedenen Angaben über den Wert der Konfiskationen in Böhmen und Mähren zusammengestellt sind. 2 Meiern IV, 144, 171 ff., 770. 3 Meiern Y, 476.
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müsse, ob man Feinden oder Freunden etwas bewillige; inzwischen aber hofften sie gemeinsam mit den Ständen auf Misserfolge der Schweden im Felde, um dieselben dann gefügiger zu finden. Yor allem aber verlangten sie die sofortige Bewilligung des § tandem omnes etc. Schliesslich kam man überein, die beiden wichtigen Streitpunkte erst zuletzt pari passu zu beraten. 1 Zunächst wurde daher die Justiz- und die Autonomiefrage zum Abschluss gebracht; in der letzteren konnten die Schweden den Verbannten nur wenig helfen, zumal ihre Thätigkeit durch die Lauheit der Evangelischen gelähmt wurde. Dann kam im März 1648 die Reihe an die pfälzische Angelegenheit, welche im wesentlichen unverändert blieb, aber nur von den Ständen, noch nicht von Schweden unterschrieben ward; ebenso wurden Brandenburgs und Lüneburgs Entschädigungen ins Reine gebracht und unterschrieben, und in demselben Monat auch noch Hessen-Kassel befriedigt. Neben einem beträchtlichen Gebietszuwachs erhielt die Landgräfin 600000 Thaler, eine Summe, welche die benachbarten Stifter Kur-Köln, Kur-Mainz, Münster, Paderborn und Fulda innerhalb 9 Monaten nach dem Frledensschluss zahlen sollten. Als dann jedoch die Verhandlungen in einigen anderen noch streitigen Punkten fortgesetzt werden sollten, trat abermals eine Stockung ein; denn die kaiserlichen Gesandten erhielten den strikten Befehl, sich auf nichts weiter einzulassen, als bis der § tandem omnes etc. erledigt sei und zwar unverändert, so wie sie ihn vorgelegt hätten.8 Unmöglich konnten die Schweden nachgeben, denn die Ratifizierung dieses § ohne irgend ein entsprechendes Äquivalent hätte die Armee in die grösste Aufregung versetzen können und beraubte sie selbst eines Hebels, mittels dessen sie die satisfactio militiae um so leichter durchzusetzen hofften. Ton der Höhe der bewilligten Summen auch hing es ab, wie weit Schweden die durch den § tandem omnes beraubten Verbannten in ihrer Armee schadlos halten konnte. 8 Alle Vermittelungsversuche blieben vergeblich. Die Kaiserlichen weigerten sich, den Vorschlag der Schweden, den § tandem omnes etc. und die satisfactio militiae mit Hintantsetzung aller übrigen Punkte sogleich vorzunehmen, da auch dies ihrer Instruktion zuwiderlief, die Schweden aber konnten ihrerseits dem Vorschlag nicht zustimmen, den § tandem omnes etc. 1
Meiern V, 730, 734. Meiern V, 735 f. * Odhner, Sver. deltag. a. a. O. S. 277.
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in einem geheimen Artikel zu bewilligen, da sie mit Recht der Verschwiegenheit der kaiserlichen Gesandten nicht trauten. Denn einer von diesen hatte auch einen andern geheimen Artikel, in welchem die Schweden gegen Zahlung von 600000 Th. die Erblande sofort nach dem Frieden zu räumen versprachenausgeplaudert und dieselben bei den Evangelischen verläumdet, als ob sie die Religionsfreiheit in den Erblanden um diese Summe verkauft hätten. In dieser Yerlegenheit nahmen sich die deutschen Stände der Sache an und sahen sich gezwungen, die Forderungen der Armee, welche sie so lange und gern von sich gewiesen hatten, nun ernstlich in Beratung zu ziehen, um nicht von neuem eine kostbare Zeit zu verlieren, zumal sie einsahen, „dass das Geldzahlen sie, wo nicht gantz allein, doch hauptsächlich treffen würde." 2 In dieser Vermutung mochten sie wohl Recht haben; denn der Kaiser hatte die Zumutung, dass er zur Satisfaction der schwedischen Miliz beitragen sollte, von jeher weit von sich gewiesen. In dieser Hinsicht mochte es auch den kaiserlichen Gesandten ganz angenehm sein, sich von den Verhandlungen mit gutem Grunde fern halten zu können, da sie um so weniger in Gefahr kamen, zu einer Summe mit beizusteuern, welche sie nicht bewilligt hatten. Nur deuteten sie dann und wann bei den Berichten der Reichsdeputirten an, dass bei dieser Gelegenheit auch ihrer eigenen Aianee gedacht werden möchte: im Übrigen aber lag die Frage der Armeeentschädigung lediglich in den Verhandlungen der deutschen Stände mit den schwedischen Gesandten. Die Frage, ob man überhaupt den Ansprüchen der Soldateska in irgend einer Weise entsprechen sollte, wurde in den nun folgenden Beratungen der Reichskollegien nicht mehr weiter erörtert. War dieselbe doch schon auf dem Kurfürstenkonvent d. J. 1636 und auf dem Reichstage d. J. 1640 zu Regensburg prinzipiell bejaht worden. In den ersten Jahren des Friedenskongresses hatten zwar 1 Dies war nur ein Vorwand; in der That war diese Summe ein Ersatz für den Verlust von Hinterpommern. Von derselben sollten nur 200000 Th. drei Monate nach dem Frieden ausgezahlt werden, die übrigen 400000 Th. aber den künftigen Reichskontributionen Schwedens angerechnet werden. O.dhner, Sver. deltag. a. a. O. S. 214. Die Verläumdung Cranes ist noch lange geglaubt worden, cf. Pfanner, V, 29. Die Schuldlosigkeit der Schweden ist zur Genüge nachgewiesen worden. Vgl. Odhner a. a. O. Koch, II, 468—469. Gadebusch, Schwed.-pommer. Staatskunde II, S. 359—360. s Meiern V, 771.
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die deutschen Stände, unter ihnen besonders entschieden die Katholiken, die Forderungen der Soldateska zurückzuweisen versucht; im Laufe der Zeit aber hatten sie doch an der Haltung der schwedischen Gesandten, besonders aber der schwedischen Armee gemerkt, dass sie es hier mit Gegnern zu thun hatten, welche die Macht und Entschlossenheit besassen, ihren Willen durchzusetzen. „Man könne leichtlich erachten," sagte Oxenstierna, „dass sich der Soldat ohne vorhergehende Satisfaction nicht würde abdancken lassen, sondern sie würden beysammen stehen bleiben. Denn bey diesen Burschen gelte keine Rhetorika, keine Logica, kein Demosthenes noch Cicero."1 Hatten doch ausserdem die kaiserlichen Gesandten im Juni 1647 selbst ihre Unterstützung den Schweden in dieser Hinsicht zugesagt 8 Man ging daher am 29. April 1648 gleich an die Sache selbst heran mit den Fragen a quo? cui? quantum? und quomodo? gezahlt werden sollte. In betreff der ersten Frage verglich man sich am 2. Mai per majora dahin, dass zur Zahlung der Miliz alle Stände verpflichtet sein sollten, da der Friede ein commune bonum sei. Auch bei dieser Gelegenheit widerstrebten die Katholiken.8 Sie vertraten die Ansicht, dass, wie in den Schönebeckischen Traktaten, die Evangelischen allein die schwedische Armee bezahlen müssten, da sie ja in ihren Diensten gestanden hätte und zu ihrem Nutzen verwendet worden wäre. Die Evangelischen aber hielten ihnen ihrerseits entgegen, dass die Katholiken den Anlass zu dem verderblichen Kriege gegeben hätten und daher auch die Kosten desselben tragen müssten. Unterstützt wurden sie hierin durch die Willensäusserung der Soldaten selbst, welche wiederholt auf dem Kongress erklären liessen, dass sie durch die Mittel der Katholiken befriedigt werden wollten,4 da sie nicht zur Bedrückung ihrer 1
Meiern V, 819. Meiern IV, 580. Auch in den Verhandlungen zwischen Lützow und Salvius zu Hamburg im Jahre 1641 hatte der Kaiser drei Monat Sold für das Heer angeboten. Pufendorf X1H, § 79. 3 Gleich am Anfang verlangte eine ganze Keihe ausgenommen zu werden, besondersKurtrier, welches sich auf seinen Neutralitätsvertrag berief. Adami, relatio. S. 537. 4 Am 9. Aug. schlug Wrangel vor, man solle die Generalität in Schlesien mit Land und Leuten pfandweise abkommandiren, bis man bare Mittel zur Bezahlung bekommen; „die Soldateska aber wil auss der Katholischen Ständt Beutel abgerichtet sein". Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 69; vgl. dazu den Bericht Erskeins an Torstensohn v. 16. Aug. 1647, ib. II, 67c, ferner II, 96: Herr Erskein ist noch hier, sol pro satisfactione der Officier 2 Fürstenthümer in Schlesien, vor die gemeine Knecht aber das bare Geld von den Catholicis fordern. 2
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Glaubensbrüder gefochten hätten. Deshalb hatten sie es auch auf die Abtretung katholischer Kirchengüter abgesehen. Indessen rührten die Evangelischen bei der Hauptverhandlung den alten Streit, wer den Krieg verschuldet habe, nicht wieder auf, sondern erklärten sich bereit, an den Lasten mit tragen zu helfen. Bei der Frage cui? wurden die schwedische, die kaiserliche und die bayerische Armee bezeichnet, alle übrigen, insbesondere die kursächsische, die lothringische und die hessische Armee, deren Herren ebenfalls Ansprüche erhoben hatten, sollten ausgeschlossen sein. Dem Kaiser wurde zur Ablöhnung seiner Soldaten der österreichische, dem Kurfürsten von Bayern der bayerische Kreis zugewiesen. Die übrigen 7 Kreise sollten die Bezahlung der schwedischen Miliz auf sich nehmen.1 Diesen Bestimmungen setzten die Kaiserlichen vorläufig nur geringen Widerstand entgegen. Weniger leicht gab sich der bayrische Gesandte zufrieden. Schon in den Eeunionsrecess vom 7. Sept. 1647 hatte der Kurfürst von Bayern sich vom Kaiser zur Abdankung seiner Armee den schwäbischen, bayerischen und fränkischen Kreis zusagen lassen.2 Auf dieser Forderung hatte der Gesandte desselben nun gleich am Anfang der Verhandlungen bestanden8, und noch lange dauerte es, bis er sich in den obigen Reichsbeschluss finden konnte, indem er immer neue Abänderungsvorschläge machte. Weit schwieriger als die beiden ersten Fragen waren die beiden andern: quantum? und quomodo? Sie hingen in sich auf das Engste zusammen, und es erhob sich daher gleich der Streit zwischen den Ständen und Oxenstierna — Salvius war gerade krank —, welche von beiden zuerst verhandelt werden sollte. Die Stände meinten, die Frage quomodo? bedinge das quantum?, denn wenn man wisse, ob ihnen die Beitreibung des Geldes leichter oder schwerer gemacht würde, könne man darnach mehr oder weniger bewilligen. Daher strebten sie darnach, zunächst die Bedingungen, unter welchen sie bezahlen sollten, zu beraten und in Verbindung damit zugleich die 1
Meiern V, 783 f. Der burgundische Kreis, welcher überdies seit dem Bur. gundischen Vertrag von 1548 eine abgesonderte Stellung im Reiche einnahm und die Wohlthaten desselben genoss, ohne zu den Kosten beizutragen, wurde auch hier nicht mitgerechnet, da Frankreich verlangte, dass er als spanische Besitzung angesehen und daher vom allgemeinen Frieden ausgeschlossen würde, bis auch zwischen diesen beiden Mächten der Friede unterzeichnet sei. 2 Meiern V, 50. 3 Meiern V, 774.
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Verhandlungen über den Exekutionsartikel, in Betreff dessen bereits zum grössten Teile eine Verständigung erfolgt war, zu Ende zu bringen. Im Projekte desselben wurde verlangt, dass gleich nach Friedensschluss die besetzten Plätze geräumt und die Soldaten abgedankt werden sollten. Dies aber war jedoch nicht durchzuführen, da die zu dem Zwecke notwendigen Geldmittel doch nicht so schnell zur Stelle sein konnten; ausserdem aber wollte Oxenstierna die Armee noch zusammenhalten, um sie als Mittel zur wirklichen Durchführung der westfälischen Friedensbestimmungen zu benutzen, und in dieser Absicht fand er damals wenigstens auch den Beifall des corpus evangelicorum; 1 dadurch aber ward der Exekutionsartikel sehr zweifelhaft. Daher verlangte der schwedische Gesandte zunächst die Beantwortung der Frage quantum?, vor allem auch deshalb, um dadurch die Aufregung in der Armee etwas zu dämpfen. Andernfalls weigerte er sich, die Verhandlungen fortzusetzen. So mussten denn die Stände abermals nachgeben und bewilligten am 15. Mai 2 Mill. rheinisch Gulden ä 2 / 3 E.-Th. Als Bedingung knüpften sie daran die Forderung, dass die Frage quomodo?, sowie die Annahme des von den Ständen aufgesetzten Exekutionsartikels hiermit verbunden würde, dass alle sonstigen Forderungen der Offiziere null und nichtig sein sollten. 2 Zugleich verwiesen sie auf die Schönebeckischen Traktate, wo die Schweden für Krone und Heer sich mit einigen Millionen hätten begnügen wollen, während sie jetzt doch für die Krone allein schon so viele deutsche Länder erworben hätten. Es ist schon oben erwähnt worden, dass die Gesandten von Anfang an nicht gewillt gewesen waren, die Forderung von 20 Mill. aufrecht zu halten, ebenso wenig wie es den Offizieren Ernst damit gewesen war. In einer neuen Instruktion beauftragten diese ihren Bevollmächtigten, allmählich auf 15, dann auf 12 Millionen zurückzugehen und schliesslich auf 10 Millionen stehen zu bleiben, wenn es möglich wäre, aber auch durchzusetzen, dass die den schwedischen Offizieren verliehenen Güter ihnen verblieben, oder dass doch die Summen zurückbezahlt würden, welche unterdessen zur Aufbesserung derselben aufgewandt worden wären. 8 1
Theatrum Eur. VI, 427. Meiern V, 827, 828; Adami rel. 539. 3 Bericht Erskeins an Wrangel vom 23. Okt. 1647. Ersk. Samml. II, 69. 2
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
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Den empfangenen "Weisungen folgte Erskein mit grossem Eifer, ja er suchte sie womöglich noch zu überbieten. 1 Daher kam die Regierung seinen Absichten sehr in die Quere, als sie in einem Briefe vom 30. Oktober 1647, ohne die Armee vorher zu befragen, ihren Gesandten in Osnabrück den Befehl gab, die Forderungen für die satisfactio militiae nötigenfalls auf 5 Mill. Th. zu erniedrigen. 2 Sobald er davon Kenntnis erhielt, schrieb er an Torstensohn, dem er dringende Vorstellungen machte: er zweifelte nicht daran, dass er seine Zustimmung zu dem plötzlichen Entschlüsse der Königin nicht gegeben habe, da ihm hinreichend bekannt sei, dass mit so einer geringen Summe Geldes bei dem Heere nicht auszukommen sei, „zu dem es auch viel difficultäten geben würde, wenn "Wrangel die Abrichtung dieses Punktes also sollte aus der Hand genommen werden". Er selbst könne wohl damit zufrieden sein, da ihm durch solche Mässigung seiner Regierung viel Mühe auf dem Kongresse erspart würde, aber der Königin und ihren Landen würde eine grosse Last aufgebürdet. 3 Auch bei dem Heere selbst machte er seine Bedenken geltend und gemeinsam mit Oxenstierna 4 reiste er im Dezember 1647 nach Minden, wo Wrangel sich gerade aufhielt. Beide redeten dem Feldmarschall sehr zu, ebenfalls an die Regierung zu schreiben und ihr die Bedürfnisse des Heeres angelegentlich ans Herz zu legen. 5 In der That waren die Offiziere selbst mit dem eigenmächtigen Vorgehen der Regierung wenig einverstanden und beharrten auf ihrem eigenen "Willen. Noch am 24. April 1648 schrieb "Wrangel den Gesandten nach Osnabrück, dass sie hartnäckig auf ihrer Forderung von 10 Millionen beständen 6 ; erst im Juni dieses Jahres gaben sie nach, nachdem sie inzwischen wohl durch andere Versprechungen beruhigt waren, und ermächtigten Erskein, welcher in-
1 Am 23. Nov. 1647 forderte er Wrangel auf, seine Forderungen wieder auf 12 Millionen zu erhöhen, nachdem die Weimarer Truppen hinzugekommen wären. A. a. 0 . 2
Odhner, Sver. deltag. a. a. 0., S. 260. Bericht Erskeins an Torstensohn v. 22. Nov. 1647. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 67c. 1 Oxenstierna hatte immer die schroffen Forderungen des Heeresbevollmächtigten in seiner hochfahrenden Art unterstützt, während Salvius sich liebenswürdiger und entgegenkommender zeigte. Die beiden Gesandten waren überhaupt schlecht aufeinander zu sprechen. 6 Pufendorf XIX, 185; Theatrum Europ. VI, 285. 6 Adami, relat. S. 540; Theatrum Europ. VI, 431; Pufendorf XIX, 131 ff. 3
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zwischen mehrere Male zwischen Osnabrück und dem Hauptquartiere hin- und hergereist war, auf 7 Millionen zurückzugehen, schliesslich aber doch mit 5 Millionen sich zu begnügen. Seine Vollmacht war von sämtlichen oberen Offizieren, die Majore eingeschlossen, unterschrieben. 1 Die Kegierung aber war von der den Gesandten einmal erteilten Instruktion nicht wieder abgegangen. Es handelte sich nur darum, die Stände wenigstens zu diesem Zugeständnis zu bewegen. Daher begann nun ein „Feilschen und Marchandieren". 2 Ohne irgendwelche Einwendungen der Stände zu beachten, erklärte Oxenstierna, das Anerbieten von 2 Mill. Gulden unmöglich annehmen zu können, „und wenn man sich gleich martere". 8 Zur näheren Erklärung übergab er eine Spezifikation sämtlicher Regimenter, deren Anzahl er auf 110 mit 952 Kompagnien, 421 zu Pferd, 483 zu Fuss und 48 Kompagnien Dragoner angab. Der Würzburgische Gesandte wandte ein, dass hier die Regimenter für voll gerechnet seien, manche seien aber nur 100 Mann stark oder gar nicht vorhanden, worauf Oxenstierna mit Recht erwiderte, dass doch wenigstens die Offiziere da seien. 4 Daher half es auch nichts, dass die Stände den Schweden ganz genau einen zweimonatlichen Sold für die Abdankung von 110 Regimentern ausrechneten, alle vollzählig, samt den Stäben zu 75423 Mann veranschlagt, und im höchsten Fall auf 1669614 Th. kamen. 5 Die Hauptschwierigkeit bei der Abdankung lag eben nicht allein in der Ablöhnung der Soldaten, sondern sie lag in der Befriedigung der Offiziere und hohen Beamten, welche der Krone so viel von ihrem Yermögen geopfert und kreditiert hatten. Unterstützt wurde das Verlangen der Gesandten durch die glücklichen Waffenerfolge Wrangeis in diesen Monaten; daher bewilligten die Stände denn 3, dann 4 und schliesslich 6 Mill. Gulden in vier Terminen zu zahlen, wogegen Oxenstierna auf 9 Mill. Gulden herabging, aber durchblicken liess, dass man diese Forderung auch nocli auf 8 Mill. mildern könne. 6 Da er in dieser Zeit nach Münster reiste, 1
Meiern V, 896. Odhner, Sver. deltag. a. a. 0.. 279. 3 „Föga annat än en hundbeta". Odhner a. a. O., 278. 4 Meiern V, 8 4 5 - 8 4 7 . 6 Meiern V, 852, III. « Meiern V, 848 ff.
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so hofften die Stände, bei Salvius, welcher sich jetzt in der Genesung befand, mehr Entgegenkommen zu finden, und erfuhren hier das Mindestmass der Heeresforderung. 1 Alle Bitten und noch so beweglichen Vorstellungen der Reichsdeputirten, insbesondere des altenburgischen Gesandten von Thumshirn, welcher in dieser, wie in vielen anderen wichtigen Fragen, eine rührige Thätigkeit entwickelte — wegen der hohen Begabung und des regen Eifers dieses Mannes war Sachsen-Altenburg schon 1647 das Direktorium der evangelischen Fürsten übertragen worden — von der grenzenlosen Verarmung und der trostlosen Lage Deutschlands konnten hieran nichts ändern; denn die Schweden erklärten: „ohne weiteren Befehl aus Stockholm könnten sie bei Verlust ihres Hauptes, bei ihrer Seelen Seligkeit nicht weiter zurückweichen, selbst Peter und Paul könnten ihnen nichts anderes aufdringen, als in ihrer Instruktion stände."2 Um die Stände gefügiger zu machen, riet ihnen Salvius, die Rückkehr Erskeins nicht abzuwarten, welcher von der Armee auf 15 Mill. zu bestehen beauftragt sei — in "Wahrheit waren es nur 7 Mill. Die Einholung neuer Instruktionen nahm eine Zeit von sechs bis acht "Wochen in Anspruch, jeden Tag aber hatte Deutschland nach einem Überschlag etwa 100 000 Th. für den Unterhalt der schwedischen Armee zu zahlen. Daher kostete derselbe innerhalb dieser Zeit weit mehr, als die Stände in Stockholm zu ihren Gunsten überreichen würden. Aus diesem Grunde waren sie auch schon vorher davon abgestanden, an die Königin selbst um Nachlass in den harten Forderungen zu schreiben. Unter dem Drängen einflussreicher Gesandten, besonders Lüneburgs und Kurbrandenburgs, gaben sie denn, wenn auch schweren Herzens, am 3. Juni nach und bewilligten die verlangten 5 Mill. Th.,8 aber unter 1
Meiern Y, 864. Meiern V, 877 f. 3 Erskein berichtete schon im Oktober 1647, dass mehrere Kongressgesandte einer Forderung von 5 Mill. Th. schliesslich zustimmen würden. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 69. Der kurbrandenburgiscbe Gesandte, welcher früher im schwedischen Heere gedient hatte und im Gegensatz zu den andern Deputierten die Verhältnisse dort kannte, nahm sich der schwedischen Heeresentschädigung besonders warm an. Er war von seinem Herrn schon im November 1647 angewiesen, nötigenfalls 5 Mill. Th. zu bewilligen (Akten u. Urk. IV, 533). Ausserdem war er selbst in dieser Frage interessiert, da er noch aus seiner Dienstzeit alte Forderungen an die schwedische Krone geltend zu machen hatte. Aus den Satisfaktionsgeldern wurde er später mit 10000 Th. befriedigt. Odhner, Sver. deltag. a. a. O., S. 282. 2
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sechs Bedingungen, sine quibus non, welche sämtlich eine Milderung in der Frage quomodo? und eine schnellere Beförderung des Friedenswerkes bezweckten. Insbesondere sollten die Verhandlungen mit den Kaiserlichen alsbald wieder aufgenommen werden. 1 Dieser Beschluss erregte mancherlei Unzufriedenheit; besonders erneuerten die jetzt in Münster unter dem österreichischen Direktorium zurückgebliebenen katholischen Mitglieder des Fürstenkollegiums den Protest, welchen sie schon während der Verhandlungen eingelegt hatten. Bei dem Kurfürsten von Mainz und dem Kaiser beschwerten sie sich schriftlich und behaupteten, dass die Osnabrücker Kongressgesandten nicht beschlussfähig gewesen wären. Allein der erstere, Johann Philipp von Schönborn, ein eifriger Gegner der Ultramontanen, beachtete ihr Schreiben gar nicht, und dadurch, sowie durch die Haltung Kurbayerns wurden die Osnabrücker in ihrem einmal gefassten Beschluss noch bestärkt. Der Kaiser gab aus eigenem Interesse den Klagen aus Münster schon eher Gehör, denn er wiederholte in den nun folgenden Verhandlungen das Verlangen, für seine Armee einen Anteil an den 5 Mill. zu bekommen, oder durch eine besondere Zahlung von 100 Römermonaten entschädigt zu werden.2 Die Stände lehnten den ersten Vorschlag ab, dem zweiten waren sie im Prinzip nicht abgeneigt, doch verschoben sie die endgültige Erschliessung darüber auf spätere Zeiten.3 Die erneuten Forderungen des Kurfürsten von Bayern jedoch, sowie die des Herzogs von Lothringen für ihre Heere wurden verworfen. Es war nun noch die ausserordentlich schwierige Frage über die Art und Weise, wie die 5 Mill. Th. bezahlt werden sollten, zu erledigen. Auf die Bedingungen, unter welchen die Stände dieselben bewilligt hatten, antworteten die Schweden zunächst nur ganz allgemein, dass sie sich möglichst beeilen würden, den Frieden herbeizuführen. Bald darauf, am 5. Juni lieferten sie einen kurzgefassten Vorschlag über die Frage quomodo? aus,4 dem sie am 17. d. M. ein ausführliches Projekt über den ganzen Exekutionspunkt folgen Hessen.5 Der Gegensatz zu den von den Ständen ge1
Meiern V, 890 f. Meiern VI, 90, 102. 3 Meiern VI, 113 f. I. P. O., XVI, 11. Diese 100 Römermonate wurden dem Kaiser thatsächlich nach dem Frieden zugestanden. 4 Meiern V, 898—899. 5 Meiern VI, 3 ff. 2
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stellten Bedingungen war darin klar ausgesprochen. Während diese sich von der Last der schwedischen Soldateska möglichst bald zu befreien wünschten und ihre Einmischung in deutsche Angelegenheiten ablehnten, waren die Schweden doch fest entschlossen, ihre Übermacht zur wirklichen Durchführung der Friedensbestimmungen zu benutzen, vor allem aber ihre Truppen nicht eher zu entlassen, bis die Stände ihren "Verpflichtungen gegen dieselben unzweifelhaft nachgekommen wären. Die schwedischen Vorschläge gingen dahin, dass innerhalb zweier Monate nach dem Friedenschluss die. Ratifikationsurkunden durch die Regierungen eingesandt und gegenseitig ausgewechselt werden sollten. "Während dieser Zeit sollten allgemein die Restitution, wie sie beschlossen war, durchgeführt, die Gefangenen ausgewechselt, die 5 Millionen auf 'die sieben Kreise verteilt und vom Tage der Ratifikation an an die Armee so ausgezahlt werden, dass die Abdankung und Abführung der Soldaten und die Räumung der Plätze im Verhältnis zu den Auszahlungen vor sich gingen und zwar gleichzeitig von allen kriegführenden Parteien. Alle Kontributionen sollten vom Friedensschlüsse an aufhören, doch sollte die Armee bis zur Abdankung von den deutschen Ständen nach einer angemessenen Verpflegungsordre erhalten werden. Ein besonderer Streitpunkt in den Verhandlungen über die Frage quomodo? lag in der Höhe der Anzahlung und in der Garantie für die Summen, welche die Stände schuldig blieben. Die Schweden verlangten, dass ihnen am Tage der Ratifikationsauswechslung 3 Mill. bar ausgezahlt werden sollten, die übrigen 2 Mill. wollten sie zwei Jahre lang stunden; doch verlangten sie zur Sicherheit derselben ein Pfand, etwa die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen, wie sie gesprächsweise verlauten Hessen, deren Schiffe man sich am leichtesten bemächtigen könnte, wenn die Stände mit der Zahlung im Rückstand blieben, oder Hafenplätze, wie Kolberg u. a., oder Länderstrecken in Ober- und Niedersachsen, welche ihren Gebieten am nächsten lägen, etwa die Bistümer Minden, Osnabrück und Hildesheim, oder die Städte Vechta und Kloppenburg, und in Schlesien Glogau und Sagan.1 Diese Vorschläge riefen grosse Entrüstung unter den Ständen hervor: deutlich hatten sie den Schweden schon bei der Beratung über die Frage quantum? zu erkennen gegeben, dass sie höchstens 1 Meiern V, 923; Adami rel. pac. hist. Einl. Schwed. Ber., S. 60; Erskeins Bericht vom 10. Juni 1648. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 69.
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ein Drittel der bewilligten Summe im ersten Termine erlegen könnten, und auch dieses noch nicht ganz bar. Dies Anerbieten wiederholten sie jetzt und zwar unter folgenden Bedingungen: 1. Dass keine Partei ausser den kaiserlichen, bayerischen und schwedischen Truppen noch Geldforderungen geltend machen dürfe. Dadurch sollten die Schweden gehindert werden, die masslosen Ansprüche der Landgräfin von Hessen-Kassel weiter zu unterstützen, welche ausser den für die Räumung der von ihr in Feindesland besetzten Plätze bewilligten 600000 Th. noch weitere 200000 Th. für die Abdankung ihrer Armee verlangte. 2. Die Zahlung sollte unmittelbar an die Armee geschehen. Diese Bedingung drückt das Misstrauen der Stände gegen die Schweden aus: sie befürchteten, dass die Krone einen Teil der 5 Millionen für ihre eigenen Zwecke benutzen und der Soldateska vorenthalten möchte, so dass Deutschland auch fernerhin nicht von der drückenden Last befreit wurde. Diese Frage blieb noch lange unentschieden; allein die Schweden bestanden auf das Bestimmteste darauf, dass der Generalissimus vollkommen freie Verfügung über die Satisfaktionsgelder behielte, so dass die Stände schliesslich ihre Bedingung fallen Hessen. 3. Die Abdankung der Völker und Einräumung der Plätze sollte gleichzeitig mit der Ratifikation des Friedens geschehen. "Wie und wann die Restitution vollzogen werden sollte, davon erwähnten die Stände nichts, da nach ihrer Ansicht die Erledigung dieser Angelegenheit nicht Sache der Schweden sei. 4. Die Kosten der Interimsverpflegung sollten von der anzuzahlenden Summe abgezogen werden. Es war selbstverständlich, dass die Schweden auf diese widersinnige Bedingung nicht eingehen konnten; denn dann hätten sie von ihrer Entschädigung nicht nur gar nichts bekommen, sondern auch noch viele Millionen zugesetzt. 5. Denjenigen Ständen, welche zur festgesetzten Frist ihren Teil nicht bar erlegen könnten, sollten vom Generalissimus bestimmte Truppen überwiesen werden. Diesen sollten sie einstweilen Schuldscheine ausstellen und sie so lange auf ihre Kosten erhalten, bis sie dieselben in ihren Forderungen befriedigt hätten. Vorher aber sollten solche angewiesene Soldaten abgedankt werden. 6. Die rückständigen zwei Drittel der 5 Millionen sollten später in angemessenen Fristen bezahlt werden, ohne dass jedoch dafür ein Pfand gegeben würde: die Schweden sollten sich vielmehr mit der Generalgarantie und einer besonderen Verpflichtung jedes einzelnen Standes begnügen. In betreff des letzten Punktes wandten diese ein, wie sie wohl nach der Räumung Deutschlands die entlegenen oberen Kreise
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zur Zahlung zwingen könnten, wenn diese sich ihren Verpflichtungen entzögen, worauf die Stände erwiderten, dass die Exekutionsordnung in dieser Hinsicht Bestimmungen treffen würde und dass die Generalgarantie des Reiches ihnen genügende Bürgschaft sein müsste. Der Gegensatz der Ansichten führte zu den heftigsten Streitigkeiten. Hatte die TJnerbittlichkeit der schwedischen Gesandten schon bei der Bestimmung der Frage quantum? grosse Missstimmung hervorgerufen, so drohte die Art und Weise, wie sie sich jetzt über alle Bedingungen, mit welchen die Bewilligung der Entschädigung verklausuliert war, hinwegsetzten, ihnen auch die letzten Sympathieen zu rauben. Dazu kam nun noch ihr persönliches Verhalten: gegen ihr gegebenes Versprechen und ohne scheinbaren Grund Hessen sie die Stände tagelang warten, bevor sie ihnen ihre Vorschläge über den Exekutionspunkt auslieferten, sodass diese tief die unwürdige Behandlung, welche ihnen durch Oxenstierna zu Teil wurde, empfanden. Mehr als einmal erklärten die schwedischen Gesandten kurzab: wenn die Stände so hartnäckig auf ihren Bedingungen beständen, würden sie die ganze Angelegenheit einfach der Armee überlassen, oder aber, sie müssten neue Instruktionen einholen. Noch viel weniger aber konnte Erskein, welcher nach längerer Abwesenheit seit dem 3. Juni wieder an dem Kongresse Teil nahm, zu milderen Erklärungen bewogen werden. 1 Um die Drohungen der Stände kümmerte er sich wenig, ja er verlangte noch mehr, als in seiner von Wrangel mitgegebenen Instruktion stand; denn obwohl er durch dieselbe gar nicht ermächtigt war, eine bare Anzahlung zu verlangen, sondern sich mit den Assignationen zufrieden geben durfte, obwohl die Königin dringend mahnte, den Frieden abzuschliessen, gab er nicht nur nicht nach, sondern suchte, wenn irgend möglich, auch noch die alten Donationen auf dem Kongresse durchzubringen. Als die Stände daran dachten, selbst an Wrangel zu schreiben, kam er ihnen zuvor, indem er den Feldmarschall warnte, eine Antwort zu geben,2 welche seine Absichten durchkreuzen könnte. In der verzweifelten Lage, in welcher sich Deutschland unter dem Drucke des harten Feindes befand, blieb nur noch ein Weg übrig: denselben mit Gewalt zur Nachgiebigkeit zu zwingen. Wie 1
Pfanner V, 77. Erskeins Briefe vom 21. u. 28. Juni 1648, Antwort Wrangeis v. 26. d. M. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 69. 2
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schon so oft, belebte sich auch jetzt wieder der Gedanke, welcher von den Münsterschen Gesandten stets als wirksamstes Mittel zur Lösung solcher streitigen fragen empfohlen worden war und welcher seit 1647 auch bei den bedeutenderen evangelischen Ständen wiederholt Gegenstand ernstlicher Beratung gewesen war: der Gedanke einer Vereinigung aller deutschen Stände unter dem Kaiser gegen die Fremden auf Grund der bereits abgemachten Friedensbestimmungen. Dieser Plan wurde besonders gefördert durch den Kurfürsten von Sachsen, welcher allezeit bereit war, den Schweden Abbruch zu thun. Noch hielten sich zwar die übrigen Protestanten misstrauisch gegen den Kaiser zurück, aber wie leicht konnte die Verzweiflung sie auch dieses überwinden lassen, 1 und in welche Verlegenheit konnte Schweden kommen, wenn das so geeinigte Deutschland nach der schon bestehenden Absicht einen wirksamen Appell an die in fremden Diensten stehenden deutschen Truppen richtete. Gegenüber der gefährlichen Erbitterung und in fast isolirter Stellung hielten es die schwedischen Gesandten doch für besser, einzulenken, und Kurbrandenburgs Vermittelung erleichterte ihnen dies. Inzwischen waren ihnen auch die Stände entgegengekommen und hatten ihr Anerbieten auf 2 J / 2 Millionen erhöht, unter der früheren Bedingung, dass die Zahlungsunfähigen ihren Beitrag in Schuldscheinen erlegten, für welche die andern jedoch nicht haftbar sein sollten. Ausserdem sollte die Abdankung der Armee und die Räumung der Plätze am Ratifikationstage erfolgen, und für die übrigen 21/', Mill. ein Pfand nicht gegeben werden.2 So ermässigten denn auch die Schweden ihre Forderungen, so dass schliesslich am 10. Juli 1648 eine Einigung in dieser Geldangelegenheit erzielt werden konnte. Zwar wurde eine Anzahlung in der Höhe von 3 Millionen bewilligt, aber nur 1,8 Million sollten die Stände am Tage der Ratifikation bar erlegen, damit mit dieser Summe wenigstens die G e m e i n e n befriedigt und abgedankt werden könnten. Die übrigen 1,2 Million sollten, den Wünschen der Stände entsprechend, durch Schuldscheine aufgebracht werden, welche die 1
Odhner in Handlingar 27, S. 279 ff. Meiern VI, 15. Wie so oft, trat auch bei dieser Gelegenheit der knauserige Krämergeiz der Städte deutlich hervor; sie widerstrebten dem Reichskonklusum hartnäckig und erklärten, dass kaum 12 von 60 Reichsstädten zahlen könnten, obwohl bereits von Kaufleuten aus Hamburg, Frankfurt a. M. und anderen Städten Anerbietungen gekommen waren, eine oder mehrere Millionen gegen hinlängliche Versicherung vorzuschiessen. Meiern VI, 18. 2
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Zahlungsunfähigen ebenfalls am Tage der Katifikation einliefern sollten, und auf welche diesen gewisse O f f i z i e r e zur allmählichen A blöhnung angewiesen werden sollten. Dies schien der zweckmässigste Ausweg zu sein, denn die verschuldeten deutschen Landschaften hatten im Laufe des Krieges vielfach Kapitalien bei den reichen Offizieren aufgenommen und standen daher mit denselben schon lange in ähnlicher Geschäftsverbindung. Die Ausstellung dieser Schuldscheine aber sollte der Abdankung der Truppen nicht im "Wege stehen. In betreff der rückständigen 2 Millionen gaben die Schweden ebenfalls sehr nach, da sie nicht mehr auf einem Pfände bestanden, sondern sich mit der Generalgarantie begnügten — wenigstens für jetzt. Die vierte Million sollte im Jahre 1650, die fünfte 1651 entrichtet werden. Bei dieser Gelegenheit wurde der bekannten Güterschenkungen der Schweden an ihre Offiziere besonders gedacht: sie sollten sämtlich ungültig sein, nach den Bestimmungen, welche über die allgemeine Restitution getroffen waren. Infolge von formalen Streitigkeiten wurde der ganze Punkt, welcher die Armeeentschädigung betraf, erst am 17. Juli zur endlichen Richtigkeit gebracht. 1 Die übrigen Verhandlungen kamen nun schnell zum Schluss. Die Schweden gaben es auf, die weiteren Geldforderungen der Landgräfin zu unterstützen, sondern empfahlen dieselben nur noch der geneigten Berücksichtigung der Stände; 2 die Pfälzer Angelegenheit ward unterschrieben und, da gleich nach Erledigung der Frage über die satisfactio militiae auch die Verhandlungen mit den Kaiserlichen wieder aufgenommen wurden, endlich auch nach abermaligem, hartnäckigem Sträuben der Schweden der viel umstrittene § tandem omnes etc. Nur wenig Erleichterung hatten die letzeren ihren treuen Verbündeten verschaffen können. Nur diejenigen, welche während, des schwedischen Krieges, also seit dem Jahre 1630, geächtet worden waren, wurden in den Frieden mit aufgenommen und bekamen ihre Güter und "Würden wieder. Dies Zugeständnis zu machen, wurde dem Kaiser nicht schwer; denn die Energie, mit welcher Ferdinand II. 1 3
Meiern VI, 37 ff.
Nach hartnäckigen, bis nach Schluss des Kongresses fortgesetzten Bemühungen erreichte der hessische Gesandte so viel, dass am 2. Nov. die zur Zahlung der 600000 Th. verpflichteten Stände versprachen, davon 100000 Th. gleich anzuzahlen, und sich bemühen zu wollen, dass Hessen-Kassel später eine Reichskontribution in gleicher Höhe erlassen würde.
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gegen die widerspenstigen Edelleute seit der Schlacht am weissen Berge vorgegangen war, hatte solche Wirkungen gehabt, dass nur fünf bis sechs übrig geblieben waren, welche von der Gnade Ferdinands III. Gebrauch machen konnten. Ausserdem wurden noch einige besonders genannte, z. B. die Familie der Khevenhüller, begnadigt. Alle übrigen 1 blieben von der allgemeinen Amnestie ausgeschlossen. Damit in diesem Punkte ja keine Irrtümer vorfallen konnten, wurden auch in dem Paragraphen des I. P. O.,2 welcher von der hessen-kasselschen Befriedigung handelte, die Verbannten aus den Erblanden ausdrücklich auf den § tandem omnes etc. hingewiesen; denn wie oben erwähnt, befanden sich auch in den Reihen der hessischen Armee zahlreiche Vertreter derselben. So waren die ungeheueren Schwierigkeiten endlich gehoben — wenigstens vorläufig — und das Friedenswerk zwischen dem Kaiser, den deutschen Ständen und der Krone Schweden konnte als abgeschlossen betrachtet werden. Am 27. Juli / 6. August gelobte man sich mit Handschlag, die vereinbarten Bestimmungen aufrecht zu erhalten. Zwar ernteten die Schweden im Felde neue Erfolge, und Pfalzgraf Karl Gustav erschien als neuernannter Generalissimus eben jetzt mit 6000 Mann Verstärkung aus Schweden, 3 aber es wäre ihnen doch nicht möglich gewesen, das einmal Abgemachte zu ihren Gunsten von Neuem zu ändern: die Deutschen in der schwedischen Armee ersehnten den Frieden, und nachdem sie in ihren Forderungen befriedigt waren, konnten die Schweden des heftigsten Widerstandes gewärtig sein, wenn sie denselben durch neue Schwierigkeiten hinauszogen, abgesehen davon, dass auch die schwedische Regierung endlich zum Schluss dieses langen und kostspieligen Krieges zu gelangen wünschte. 4 1 Man schlägt die Zahl der allein aus Böhmen ausgewanderten Familien auf 36 000 an, darunter 185 adlige Geschlechter Pescheck, Gegenref. in Böhmen II, 319, die Anzahl der aus den österreichischen Landen ausgewanderten Adligen auf 750 Krones, Handb. d. Gesch. Österreichs III, 538. 2
I. P. O. IV, 45. Man geht wohl nicht fehl, wenn man annimmt, dass die schwedische Regierung durch Entsendung dieser Truppen das schwedische Element in der Armee zu verstärken wünschte, um bei ihren Plänen in betreff der Exekution nicht zu sehr auf den guten Willen der Deutschen angewiesen zu sein. 3
4
Schon lange drängte Christine und besonders Adler Salvius zum endlichen Abschluss. Gerade letzterer, welcher die schwedische Finanzverwaltung dieses Krieges in Deutschland unter sich hatte, schwebte in beständiger Sorge, auf welche
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Da die Verhandlungen mit Frankreich sich noch in die Länge zogen, so wurde der ganze Friede erst am 14. / 24. Oktober unterzeichnet. Hatten die Schweden bei Erledigung der satisfactio militiae in betreff der Anzahlung, sowie in einigen andern Punkten den "Wünschen der Stände nachgegeben, so waren doch die Bestimmungen, welche die Exekution des Friedens behandelten, im wesentlichen in ihrem Sinne ausgefallen. Nach Art. XVI und XVII des T. P. 0. sollten sofort nach Veröffentlichung des Friedens alle Feindseligkeiten, sowie die Eintreibung neuer Kontributionen eingestellt, und die Gefangenen ausgelöst werden. Ferner sollten im Verlaufe der zwei Monate, welche zur Beischaffung der Ratifikationsurkunden angesetzt waren, überall in Deutschland die Friedensbestimmungen verwirklicht werden — wie dies im einzelnen zu geschehen hatte und wie etwaige Streitigkeiten geschlichtet werden sollten, darüber war Genaueres festgesetzt; in derselben Zeit sollten die bewilligten 18 Tonnen bar zusammengebracht und in den „Legestädten" der einzelnen Kreise nachgewiesen werden; ebenso sollten sich die Stände bis zum Tage der Ratifikation in betreff der übrigen 12 Tonnen mit den ihnen von den Generalen zugewiesenen Offizieren verständigt haben. Erst wenn alle diese Bedingungen erfüllt wären, dann sollten von den kriegführenden Teilen die besetzten festen Plätze geräumt, und die Armeen abgedankt werden. Wie dies im einzelnen aber geschehen sollte, war den zukünftigen Vereinbarungen der Generale überlassen worden. Um nun der drückenden Last der fremden Truppen, welche Deutschland bis zur Abdankung unterhalten musste, möglichst bald ledig zu werden, forderten die Stände von Münster aus schon am 17./27. Oktober die sieben beteiligten Kreisobersten auf, umgehend die Beiträge der einzelnen Stände einzutreiben, damit dieselben zur festgesetzten Frist bereit lägen.1 Zugleich übersandten sie ein genaues Verzeichnis der fälligen Summen. Darnach hatten zu zahlen: Weise er die Forderungen Wrangels befriedigen sollte, da Frankreich selbst Not litt, die Hamburger Kaufleute nicht mehr leihen wollten und somit der Kredit der Schweden allmählich sich zu erschöpfen begann. Dazu kamen nun noch die schlechten Quartiere, so dass jetzt selbst "Wrangel den Frieden für wünschenswert erklärte. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II, 69. 1 Meiern VI, 627 f.
Die schwedische Armee und der westfälische Friedenskongress. Kurrhein. Kreis 149771 G. bar, Obersächs. „ 579288G. 40k. „ Fränkische ,, 286951 G. .. Schwab. „ 514884 G. 10k. „ Oberrhein. „ 457811 G. 30k. „ Westfäl. „ 368537 G. 39 V«k. „ Niedersächs. „ 611165 G. ..
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267197 G. inAssign.=416968G. 3^600 G. „ „ = 6 1 1 8 8 8 G . 40k. 309762 G. „ „ =596712G. 479130 G. 50k. „ „ =994015G. 273997 G. 30k. „ „ =771809G. 123136 G. 56k. „ „ =4917106.25«/,k. 76418 G. „ „ =687580G.
So waren im ganzen 2968440 G. 191/* k. bar und 1562237 G. 36 J / 4 k. in Assignationen, zusammen 4530677 G. 551/2 k. ausgeteilt, in Thalern also 3020450 Th. 581/« k. 1 Von einigen Ständen wurde hierbei die besondere Klausel durchgebracht, dass etwaige Ungerechtigkeiten bei der Austeilung auf dem nächsten Reichstage wieder gutgemacht und bei der Zahlung der zwei letzten Millionen ausgeglichen werden sollten. In welchem Zustande aber befand sich Deutschland, welchem jetzt eine solche Zahlung innerhalb zweier Monate auferlegt wurde! Furchtbar hatte ein 30jähriger Krieg gehaust, er hinterliess ein physisch und moralisch zerrüttetes Land. Über zwei Drittel, an manchen Stellen über vier Fünftel der Einwohnerschaft hatte er dahingerafft, weit über die Hälfte der Häuserzahl war zerstört; vielfach waren ganze Dörfer einfach vom Erdboden verschwunden und nur wenige Trümmer beurkundeten noch, dass hier einst Menschen den heimatlichen Herd gegründet hatten.8 "Weite Strecken Landes lagen öde und wüst, in manchen Teilen Deutschlands wurde nicht ein Zehntel 1 Meiern VI, 631 ff. Ein Vergleich des baren Geldes mit den Assignationen bei den einzelnen Kreisen zeigt die verschiedene Leistungsfähigkeit derselben. Am vermögendsten waren noch die sächsischen und nach ihnen der westfälische Kreis. 2 Die genauesten statistischen Nachrichten über die verheerenden Wirkungen des Krieges besitzen wir aus der Grafschaft Henneberg in Franken und einigen angrenzenden Ämtern. Diese waren während desselben an Einwohnern um 69,6%, an Häuserzahl um 65,7°/0 gesunken. Das kleine 30 • Meilen grosse Gebiet zählte noch 1631 60975 Seelen, 1649 aber 16448, an Häusern hatte es 1631 11850, 1649 4053. Die Zahl der Einwohner wuchs jedoch in den nächsten zehn Jahren verhältnismässig schnell, denn 1659 hatte der heutige Kreis Schleusingen, ein Teil des obigen Gebiets, bereits 9776 Einwohner, während er 1649 5840 gehabt hatte. Daraus kann man ungefähr ermessen, wie viel fahrendes Volk sich im Lande umhertrieb, welches erst nach dem Krieg wieder sesshaft wurde und deshalb 1649 noch nicht hatte mitgezählt werden können. Brückner, Beitr. z. Statistik u. Gesch. d. 30jähr. Krieges (Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte 1857, S. 207 ff.) Kius, Statist. Mitteil, aus Thüringen (Hildebrands Jahrb. f. Nationalökonomie. 14. 1870. S. 107 ff.)
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des ganzen Ackerlandes bebaut. Nur allmählich konnte es wieder urbar gemacht werden; denn Arbeitskräfte waren selten, und die Löhne deshalb hoch gestiegen, Yieh fehlte fast ganz. In den Städten war es besser, aber auch hier fanden sich nur wenig vermögende Bürger, so dass die Steuern nur zum kleinsten Teile bezahlt werden konnten. Zucht und Sitte waren tief gesunken: die Berichte der Amtsvorsteher sind voll von Klagen über die Unbotmässigkeit der Unterthanen. 1 Das wilde Soldatenleben hatte viele derselben nach sich gezogen: sie dienten entweder selbst im Heere oder befanden sich in dem unermesslichen Tross desselben oder trieben sich sonst vagabundierend im Lande umher; viele waren ausgewandert um anderswo Arbeit und Unterhalt zu finden und kehrten zum Teil erst nach vielen Jahren zurück. Dazu kamen nun noch die ungeheuren Kriegslasten, welche seit dem Friedensschluss zunächst noch kaum geringer wurden. Am Tage nach dem Friedensschluss sandten die Kaiserlichen einen Kourier an die Armee, um dieselbe davon zu benachrichtigen, der französische jedoch verliess Münster erst drei Tage später, und der schwedische zögerte volle acht Tage, bis er abging, und beeilte sich auch auf dem Wege nicht besonders. Gegen die bittern Klagen der Stände über diese unerhörte Verzögerung entschuldigte sich der schwedische Gesandte damit, dass die Berechnung über die zwölf Tonnen Assignationen noch nicht fertig gestellt wäre, ohne welche sie ihren Kourier nicht an die Armee absenden könnten. 2 Der wahre Grund war, wie man allgemein annahm, dass die Schweden ihren Truppen, welche bereits die Kleinseite von Prag erobert hatten, den völligen Besitz dieses wichtigen Platzes inzwischen ermöglichen 1 Einem solchen entnehmen wir folgende Schilderung der Zustände: Der Ackerbau liegt öde und wüste, nicht der zehnte Teil wird angebaut. Handwerksmann und Tagelöhner sind nicht mehr zu bezahlen, ebensowenig Dienstgesinde und Knechte, „leget sich alles uffn Schub". "Vorher zahlte man einem Oberknecht 10, höchstens 12 G. nebst Kost, „jetzt darff sich einer und der nemlich einem Pflugk halten kann, nicht Schemen 15, 18 und '¿0 Th. zu fordern und will noch mit Speiss und Tranck besser, alss der Haussherr versehen sein, ist darüber der Steuern befreyet. Desgleichen ist es mit den Dienstmaigdten eben auch also beschaffen." Es ist den Bauern unmöglich, Steuern zu bezahlen, „da man sie auss dem blossen und nunmehro ausgemergelten Ackerbau nicht nehmen kann, Handwerk aber und dgl. nicht betrieben wird." Bericht eines Amtsvorstehers aus Kühndorf (Grafsch. Henneberg) 1648. A. d. Kgl. Landratsarchiv zu Schleusingen. 2
Pufendorf XX, 211.
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wollten. 1 So kam es denn, dass die schwedische Armee die Friedensnachricht eher von den Belagerten in Prag erfuhr, als durch ihre Gesandten auf dem Kongresse. Weithin durch ganz Deutschland aber lagerten die T r u p p e n m a s s e n , an eigentlichen Soldaten nicht so stark, aber durch den Tross ins Ungeheuerliche angewachsen, wodurch sie mehr das Ansehen fahrender Völkerstämme bekamen. Infolge der kriegerischen Erfolge der Schweden und Franzosen waren die B a y e r n auf den südlichen Teil ihres Kreises beschränkt. Die K a i s e r l i c h e n , ebenfalls in den Erblanden sehr zurückgedrängt, hielten sich doch noch in einzelnen Teilen des schwäbischen Kreises, z. B. in Lindau, Augsburg, Offenburg, Hohenasperg, Rottweil u. a. Festungen, ferner im oberrheinischen Kreise in Weissenburg, im kurrheinischen Kreise in Heidelberg, Mannheim und besonders in Ehrenbreitenstein; durch die kurkölnische Armee behaupteten sie sich auch noch in einzelnen Strecken Westfalens, z. B. in Dortmund und Höxter. Andere Teile dieses Kreises, vor allem Ostfriesland, ferner Warburg, Coesfeld u. a. m. und Teile vom kurrheinischen Kreise, z. B. Neuss, hatte die siegreiche Landgräfin von H e s s e n mit einem Heere von etwa 30000 Mann inne. Im Südwesten von Deutschland hatten sich die F r a n z o s e n ausgedehnt: sie hielten im schwäbischen Kreise Tübingen, wo das Hauptquartier Turennes war, den Hohentwil, Schorndorf, Heilbronn und andere Plätze, ferner im Breisgau Breisach u. a., im kurrheinischen Kreise Mainz, Bingen, Höchst, Oppenheim u. a., im oberrheinischen Kreuznach, Landau, Speyer, Worms, Philippsburg, Schlettstadt und viele andere Plätze besetzt. 2 Das ganze Neckarthal, das obere Donauland, der Schwarzwald, Elsass, Lothringen und weite Gebiete des kurrheinischen Kreises kontribuierte also den Franzosen. Alle übrigen Teile Deutschlands aber gehörten den S c h w e d e n , welche in denselben 100 grössere und kleinere Besatzungen hielten, davon im obersächsischen Kreise in Leipzig, Erfurt, Mansfeld, Landsberg, ferner in allen festen Plätzen Pommerns, im niedersächsischen in Halberstadt und Osterwik, im westfälischen in Minden, Nienburg, Vechta u. a.; in der Oberpfalz hatten sie sechs bedeutendere Plätze, im fränkischen Kreise vier, darunter Schweinfurt, im schwäbischen Nördlingen, Überlingen u. a., ferner in den Erblanden eine ganze Reihe: neunzehn in Schlesien, z. B. Glogau, Jägerndorf, Hirschberg, 1 2
Meiern VI, 651—652. Meiern, a. p. ex. Beilage z. Vorrede, S. 60 f.
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neun in Böhmen, z. B. Prag, Eger, Leitmeritz, und sechs in Mähren, z. B. Olmütz.1 Aus dieser Zusammenstellung kann man sich ungefähr eine Vorstellung von dem Drucke machen, welcher auf Deutschland lastete. Ober- und Niedersachsen war allerdings nur von einem Truppenkörper besetzt, aber in Schwaben z. B. lagen dicht neben einander Schweden, Kaiserliche, Franzosen und Bayern; ähnlich war es in Franken, in "Westfalen stritten sich Hessen, Kaiserliche und Schweden um die Quartiere. Noch schlimmer aber sah es im kur- und oberrheinischen Kreise aus. Nicht genug, dass sich hier Franzosen, Kaiserliche und Hessen eingelagert hatten, neben ihnen behauptete sich ungestört ein Feind, welcher Deutschland noch lange zur Plage werden sollte: der Herzog von Lothringen, welcher, ein abenteuerlicher Parteigänger Spaniens, ein Feind Frankreichs und des deutschen Reiches, nicht mit in den Frieden eingeschlossen war und daher unbekümmert um Freund und Feind immer von neuem durch seine gefürchteten Reiter die Rheinlande brandschatzte. An festen Plätzen hielt er besonders Hammerstein, Homburg und Landstuhl besetzt. Ausser Lothringen aber befand sich noch eine Macht im Reiche, welche der Friede nichts anging: die Spanier, welche von der von ihnen eroberten Festung Frankenthal das Pfälzer Land ausplünderten, Handel und "Wandel hemmten und die beständige Gefahr bildeten, dass sich der Krieg zwischen Spanien und Frankreich auf deutschem Boden fortsetzte. Im ganzen Reiche war keine Macht vorhanden, diese 1000 Spanier, deren Oberster den Kommandanten der Pfalz spielte, zu vertreiben. So verspürten gerade die rheinischen Grenzlande vorläufig noch wenig vom Frieden, aber auch in dem übrigen Deutschland dauerte es noch geraume Zeit, bis die Segnungen desselben fühlbar wurden. In den Quartieren, welche durch die besetzten Plätze in ihren Umrissen oben etwas näher bezeichnet sind, lagerten die einzelnen Parteien ihre Truppen ein. Jedoch diese flutenden, an das wilde Kriegsleben gewöhnten Scharen mit einem Male zum Stillstand und zum Frieden zu bewegen, war nicht ohne weiteres möglich. Von allen Seiten kamen daher Klagen an den Kongress, dass sich die Soldaten gar nicht um den Frieden kümmerten,2 z. B. aus dem west1
Bin genaues Verzeichnis aller den Schweden gehörigen Plätze findet sich Meiern, a. p. ex. I, Beil. z. Vorrede, S. 57 f.; vgl. Meiern, a. p. W. VI, Beil. z. Vorbericht. 2 Meiern VI, 651—652.
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fälischen Kreise, in welchem die Reibereien zwischen dem kurkölnischen General Lamboy und den Hessen gar nicht aufhören wollten.1 Dies war nur zu natürlich, denn vielfach lagen die Heere einander so nahe gegenüber, dass sie sich gegenseitig in ihren Quartieren bedrängten, wie in "Westfalen, so vor allem auch im Süden Deutschlands. Die Nachricht von dem Friedensschluss erreichte den schwedischen Feldmarschall "Wrangel gerade in dem Augenblick, als er im Begriff war, von Bayern aus nach Böhmen zu marschieren, um der dortigen schwedischen Belagerungsarmee zu Hülfe zu kommen. Nun blieb er im fränkischen Kreise liegen, quartierte dort, so weit ihm derselbe zur Verfügung stand, seine 361/2 Regimenter zu Pferd und 15x/4 Regimenter zu Fuss nebst Generalstab und Artillerie, ebenfalls auf 5 Regimenter angeschlagen, ein und schlug sein Hauptquartier in Bamberg auf.8 Ein Teil des Kreises war, wie erwähnt, von den Franzosen besetzt, im Süden lagerten die Bayern: man kann sich vorstellen, wie allein dieser Kreis infolgedessen beschwert war, und welche Schwierigkeit die Einquartierung dreier verschiedener Truppenteile auf so engem Räume machen musste. Daher verlangte der Kreis in einer Beschwerde an den Kongress, dass die schwedische Armee auf alle sieben Kreise verteilt würde, damit er allein nicht vollständig entkräftet würde. 8 Vergebens aber waren die Vorstellungen der Stände bei den schwedischen Gesandten 4 und bei dem Generalissimus Karl Gustav, vergebens verhandelten die fränkischen Kreisstände mit Wrangel: das Miss trauen der einzelnen Parteien gegeneinander war zunächst noch zu gross, als dass man es gewagt hätte, die Regimenter auseinander zu legen und so die Kräfte zu zersplittern. Die Schweden wenigstens trauten dem Frieden noch keineswegs und behaupteten, dass der Kaiser und der Kurfürst von Bayern noch immerfort im Geheimen rüsteten. 6 Sie waren daher entschlossen, wenigstens bis zur Auswechslung der Ratifikationen ihr Heer schlagfertig zu halten.6 Erst am Anfang 1
Meiern VI, 683. Meiern VI, 694; Theatr. Eur. VI, 611. 3 Meiern VI, 693 ff.; Pufendorf XX, 220. 4 Theatr. Eur. VI, 617—618. 6 Meiern VI, 708, 665. 8 Übrigens war man sich auf dem Kongresse über die Frage der Austeilung der schwedischen Armee in alle Kreise durchaus nicht einig. Die sächsischen Kreisstände protestierten heftig dagegen, weitere Einquartierung auf sich zu nehmeD. Sie stützten sich darauf, dass die Erledigung dieser Angelegenheit nach den Friedensbeschlüssen Sache der Generalität sei. Meiern VI, S. 693. 2
L o r e n t z e n , Schwei. Armee.
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des Jahres 1649 wurde Süddeutschland etwas entlastet, als die Schweden ihre Truppen in die sieben ihnen zugewiesenen Kreise gleichmässig verteilten. 1 Durch den Verrat Turennes gewannen sie auch im März 1649 im Süden etwas mehr Platz. Dieser hatte nämlich in dem Aufstand der Fronde für das Parlament Partei genommen und sein Heer gegen die französische Regierung zu führen versucht. Als ein Teil desselben über den Rhein ging, besetzten die Schweden sofort die verlassenen Quartiere und hielten sie hartnäckig fest, obwohl Generallieutenant Erlach, 2 welcher inzwischen Turennes Plan zum Scheitern gebracht hatte, sie wieder für sich in Anspruch nahm. So war der französische General gezwungen, seine Truppen mehr nach Elsass und Lothringen zu verlegen, sodass im eigentlichen Deutschland von denselben nur 4 Regimenter zu Pferd und 2 zu Fuss in Schwaben, sowie 4 Regimenter zu Fuss in der Pfalz verblieben; aber in den von ihnen besetzten Gebieten herrschten die Franzosen nach Willkür und verboten z. B., dass in denselben die Gelder für die Entschädigung der schwedischen Armee gesammelt würden, weil sie sich dadurch selbst beeinträchtigt glaubten.3 Ebensowenig, wie die Feindseligkeiten, hörten auch die Kontributionen nach dem Frieden auf; zwar wurden neue wohl nicht auferlegt, aber die rückständigen wurden überall mit grosser Härte beigetrieben. Die Klagen über diesen Missstand dauern noch bis zur Abdankung der Truppen und Räumung der festen Plätze fort, welche trotz aller dringenden Vorstellungen der Stände bei dem Generalissimus nicht eher vollzogen wurden, bis die Schweden auch hierin befriedigt waren. 4 Ausserdem aber mussten die Truppen doch unter1 Der gonern und z. Pf., 8 K. Drag, und 64 z. F., 5
k u r r h e i n i s c h e Kreis wurde mit 16 Komp. z. Pf., 12 Komp. Dra12 Komp. Besatzungstruppen belegt, der o b e r r h e i n i s c h e mit 96 K. Drag, und 12 K. Besatz.; der s c h w ä b i s c h e mit 112 K. z. Pf., 8 K. 20 K. Besatz., der f r ä n k i s c h e mit dem Generalstab, 12 K. z. Pf., K. Drag. u. 16 K. Besatz., der o b e r s ä c h s i s c h e mit der Hälfte des
Generalstabes Karl Gustavs, 27 K. z. Pf., 40 K. z. F. u. 44 K. Besatz., sowie der halben Artillerie, der n i e d e r s ä c h s i s c h e mit der andern Hälfte des Generalstabes und der Artillerie, mit 16 K. z. Pf., 52 K. z. F. u. 10 K. Besatz., der w e s t f ä l i s c h e mit 32 K. z. Pf. Theatr. Eur. VI, 647 ff. 3 Erlach war einer der Direktoren in der früheren weimarischen Armee. ' Gonzenbach, Hans Ludwig v. Erlach HI, S. 207 ff. 4 Die Neumark z.B. wurde dem Kurfürsten von Brandenburg erst nach Zahlung von 120000 Th. rückständiger Kontributionen wieder eingeräumt; Urk. u. Akt. IV, 879. Besonders rücksichtslos war auch das Verfahren der Hessen in Westfalen. Meiern VI, 91 4.
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halten werden; es war ein unglaublicher Mangel, dass das I. P. 0 . über die Verpflegung derselben keine bestimmteren Angaben enthielt. Den Beschwerden der Stände gegenüber wies daher Wrangel auf denselben hin, indem er bemerkte, „der Soldat will sich nicht mit blossem Wetter abweisen lassen." 1 Der Eindruck, welchen der Friedensschluss auf die Armee machte, war verschieden. Im allgemeinen wurde er auch dort wohl begrüsst; denn man war doch des langen Lagerlebens müde geworden und sehnte sich danach, das erworbene Vermögen nun in Frieden zu geniessen, das wilde unstäte Wanderleben des Krieges mit den stillen Beschäftigungen des Friedens zu vertauschen.2 Aber andererseits gab es doch eine ganze Anzahl von Elementen, welche zu anderer Thätigkeit keinen Mut und keine Lust mehr hatten; ihnen schnitt der Friede geradezu ihren Beruf ab, besonders der schmarotzende Tross lebte ja nur von dem leicht erworbenen Raube des Kriegslebens. Auch unter den hohen Offizieren machte sich der Unmut darüber geltend, dass ihnen nun die goldene Quelle des Reichtums verstopft wurde. So wurde von dem kurkölnischen General Lamboy erzählt, dass er das Ratifikationsschreiben von dem geschlossenen Frieden im Zorn mit den Füssen getreten habe. 8 Es ist wohl kein Zweifel, dass derselbe auch der schwedischen Generaralität, wenigstens in diesem Augenblicke, höchst ungelegen kam. Wenige Monate zuvor erst war der Generalissimus Karl Gustav nach Deutschland gekommen, begierig, in diesem Kriege grüne und goldene Lorbeeren zu ernten, wie so viele seiner Landsleute, welche mit den erworbenen Reichtümern die Strassen von Stockholm durch Prachtbauten verschönerten — da setzte der Friede seinem Siegeslaufe plötzlich Schranken, als die Schweden eben im Begriffe waren, dem Kaiser einen seiner wichtigsten Plätze zu entreissen und den Krieg in den Erblanden zu Ende zu führen. Es ist begreiflich, dass er darüber wenig erbaut war; erwiderte doch Oxenstierna selbst auf dem Kongresse, als der altenburgische Gesandte sich über die harte Einquartierung beklagte: „gerade deshalb improbire die Soldatesque, dass die Stände das armistium und cessationem armorum so bald 1 Antwort Wrangeis an die Gesandten v. 12. Nov. 1648. archiv, Ersk. Samml. II, 69.
Hannov. Staats-
8 de la Gardie hebt in einem Berichte an die Regierung die Artillerie als den zuverlässigsten Truppenteil hervor, welche aber auch eine besondere Neigung zum Frieden bezeugte. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. 3 Meiern VI, 651.
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geschlossen habe, denn sonst hätte sich die schwedische Armee an Kurbayern und die kaiserlichen Lande gehalten" 1 Und nicht nur aus materiellen Gründen, auch sonst musste dieser herrische und ehrgeizige Mann, dessen rücksichtslosen Willen man noch kennen lernen sollte, als er den schwedischen Königsthron bestiegen hatte, es bedauern, dass seiner allgewaltigen Stellung in Deutschland eine so kurze Dauer beschieden war. Wenigstens wollte er zeigen, dass er sich in seinen Absichten durch die ohnmächtigen Beschlüsse der Stände durchaus nicht beirren liesse. Auch Wrangel erfreute die Friedensbotschaft, wie man bemerken wollte, nicht allzusehr. 2 In überschwänglicher Weise dankte Graf Königsmarck Johann Oxenstierna für den endlich abgeschlossenen Frieden, welcher dem schwedischen Gesandten zum unsterblichen Ruhme gereichen würde. 3 Ob diese edle Gefühlsäusserung gerade bei ihm aus ehrlichem Herzen kam, welcher doch eigentlich von allen Generalen der virtuoseste Räuber gewesen war? Möglich, dass sich auch in ihm das deutsche Nationalgefühl regte und, dass er aufrichtig wünschte, sich der zusammengescharrten Schätze endlich in Frieden erfreuen zu können. So saugten die habgierigen und gewaltthätigen Dränger von allen Seiten an dem siechen Körper des deutschen Landes. Allein die Unterhaltung der schwedischen Armee, welche an Soldaten gegen 70 000,4 mit allen Weibern, Trossbuben u. s. \v. aber wohl gegen 240000 Seelen zählte,6 kostete etwa 110000 Thaler täglich; dazu kamen die rückständigen Kontributionen, die Exekutionen und die Übergriffe der Soldateska — wie sollte es unter solchen Umständen s 1 Meiern VI, 728. Wiederholt hatte Erstem seine Ansicht dahin kund gegeben, den Friedensschluss noch etwas hinauszuschieben, bis Wrangel sich in Bayern und den Erblanden festgesetzt habe, damit sie dort nach demselben einquartiert werden könnten, und dadurch die sieben Kreise an der Zahlung der 5 Millionen um so weniger gehindert würden. Kgl. Staatsarchiv Hannover, Ersk. Samml. II, 69. 2
Beck, Chronik von Schweinflirt, S. 100. Dudik, Die Schweden in Böhmen und Mähren. 1879. S. 344 ff. 4 Dudik, S. 359 zählt 67820. 5 Wille, Hanau. S. 550. 8 In einer wenig später erschienenen Flugschrift: Discursüber Discurs: d. i. 2 widerwertige Bedencken, das eine vom Nachlass, das andere von Zahlung der Zinsen [1652—53?] heisst es S. 7: „Zwar hat der Krieg post conclusam pacem anno 1648 quoad arma et hostilitatem auffgehört, aber die höchst beschwehrliche Einquartierung und continuirliche Contributiones, exactiones und militärische executiones sind fast aller Orten viel stärcker und grösser gewesen, dann in wehrendem Krieg, so an sich selbsten Reichskundig und keines Zeugnuss bedarff." 3
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möglich sein, innerhalb zweier Monate 18 Tonnen in blanken Thalern herbeizuschaffen, d. h. etwa 21 Mill. Mark nach unserm Gelde? Wohl war die Sehnsucht, der Segnungen des Friedens baldigst teilhaftig zu werden, gross und entflammte zu einer letzten Kraftanstrengung: eifrig wurden überall die Sammlungen betrieben, allen voran ging mit seinem Beispiel der Kurfürst von Mainz; 1 allein nur wenige verfügten noch über entbehrliche Mittel, selbst bei den Willfährigsten entsprach das Können doch nicht dem guten Willen. So erklärten viele z. B. der Bischof von Worms,® das Stift Osnabrück 8 u. a. m. von Anfang an ihre absolute Zahlungsunfähigkeit. Man suchte wohl, so weit es ging, zu helfen, der Kredit wurde reichlich in Anspruch genommen, aber die Verhandlungen, welche deshalb mit reichen Kaufleuten, zum Teil im Auslande, und Offizieren angebahnt wurden, erforderten doch Zeit, abgesehen davon, dass die noch herrschenden unsicheren Verhältnisse denselben vorläufig noch wenig günstig waren. Andere Stände wie z. B. Weissenburg mussten die eben mit vieler Mühe zusammengebrachten Satisfaktionsgelder in Ermangelung anderer Mittel für die Kosten der drückenden Einquartierung wieder hergeben. Einige weigerten sich der Zahlung überhaupt, so z. B. mehrere katholische Klöster in Süddeutscliland,* der Kurfürst von Trier 6 und besonders hartnäckig der Bischof von Lüttich, 6 an welche deshalb wiederholt scharfe Mahnungen vom Kongresse ergingen. Der Kurfürst von der Pfalz aber protestierte in langen Auseinandersetzungen, dass er um das doppelte zu hoch eingeschätzt wäre und nach der alten Matrikel zahlen müsste, während er doch jetzt nur noch die Hälfte seines früheren Gebietes besitze. Die Frage aber, wie die auf Assignationen ausgestellten zwölf Tonnen zu regeln seien, kam überhaupt nicht zur Lösung, da sich die Offiziere nirgends darauf einlassen wollten, und die Stände überhaupt bald die Undurchführbarkeit dieses Beschlusses einsahen. Nicht mindere Schwierigkeiten bereitete die Exekution des Friedens in anderer Hinsicht. Zufolge Art. XVI, 2 des I. P. 0 . hatte 1 2 8 4 6 0
Pufendorf XX, 218; Meiern VI, 914; Gundling, Discurs etc. 573. Meiern VI, 710. Meiern VI. 994. Pufendorf XX, 212. Das. XXI, 12. Meiern VI, 676 f., 709 f.; Meiern ex. I, 139, 168 if. u. s. w.
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der Kaiser am 7. Nov. st. n. ein Edikt an alle Stände und besonders an alle Kreisobersten erlassen und befohlen, alle Friedensbestimmungen schleunigst zur Ausführung zu bringen. 1 Jedoch stiess dieser Befehl fast überall auf den heftigsten Widerstand. Die Katholiken, dem Vorgange des Papstes folgend, welcher gegen den ganzen Friedensschluss protestiert hatte, waren durchaus nicht geneigt, die Errungenschaften des Krieges wieder aufzugeben, um den Zustand im Reiche nach dem Normaljahr 1624 wieder herzustellen. Besonders halsstarrig waren auch hier die Klöster in Württemberg, von denen Blaubeuren und Adelsberg schriftlich heftig gegen den Herzog von Württemberg protestierten, so dass sie schliesslich mit Gewalt gezwungen werden mussten. 2 Ebensowenig konnten die Kurpfalz, Pfalz-Sulzbach, ferner die Evangelischen in Strassburg, Augsburg, Nürnberg und vielen anderen oberdeutschen Reichstädten zu ihrem Rechte gelangen; ja der Kurfürst von Bayern verweigerte, obwohl er als Kreisoberster die erste Pflicht hatte, nach dem Gesetze zu handeln, offen seine Beihülfe zu der Restitution in seinem Kreise, z. B. in Regensburg. So blieb man in allen Teilen Deutschlands mit derselben im Rückstände.8 Wenn nun die Friedensbestimmungen noch während der Anwesenheit der Schweden in Deutschland so wenig Aussicht auf Verwirklichung hatten, so war klar vorauszusehen, dass nach der Abdankung der Armee dieselben überhaupt auf dem Papier stehen blieben. Es war nach dem Exekutionsartikel zweifelhaft, ob die Schweden überhaupt das Recht hatten, die Restitution im Reiche mit gewaffneter Hand zu überwachen. Wie so vieles andere, liess auch in dieser Hinsicht das Friedensinstrument zweierlei Deutung zu, der Artikel XVI, 13* berechtigte allerdings Schweden klar und deutlich^ so lange im Lande zu bleiben, bis u. a. auch die Restitution dem Frieden gemäss erfolgt wäre. Artikel XVII, 4 aber verordnete, dass diejenigen, welche sich dem allgemeinen Frieden in irgend einer Weise wiedersetzten, der Strafe des Friedensbruchs verfallen sollten^ 1
Meiern VI, 662. » Pufendorf XX, 212—213. 8 Die Liste der zu Restituiernden ist angeführt Meiern, VI, 750 f. 4 Er lautete: Restitutione ex capite amnestiae et gravaminum facta, liberati» captivis, ratihabitionibus commutatis et praestitis iis, quae de primo solutionis termino supra conventa sunt, omnia utriusque partis militaría praesidia . . . . ex rivi ta tibus Imperii . . . pari passi educantur.
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und gegen sie nach den Reichskonstitutionen verfahren werden sollte.1 Die kaiserlichen Gesandten und auch die Stände schlössen aus diesem Punkte, dass die Restitution das Reich allein anginge, sie verwahrten sich dagegen, die Schweden als eine Art Polizei im Lande anzuerkennen, da sie nicht das Recht hätten, sich in Reichsangelegenheiten zu mischen; 8 allein diese stützten sich auf den anführten Artikel XVI, 13 und zwar noch entschiedener, als die evangelischen Stände, zu deren Gunsten sie doch handelten, und welche alles Rückständige erst auf dem nächsten Reichstage erledigen wollten.8 Oxenstierna meinte: „die schwedischen Legati müsten ja Gecken seyn, wenn sie ihrer Königin Ratification hinausgebeten, ehe alles in puncto amnestiae et gravaminum exequiret;" „die Königin wolle die blasme nicht haben, dass sie den Frieden auf Papier geschlossen habe, sie wollten der Deutschen Vormünder sein und ihnen eine Wohlthat, selbst wider ihren Willen erweisen."4 Immer hatten die Schweden versichert, dass sie zum Schutze der evangelischen Religion und der Libertät der deutschen Stände die Waffen ergriffen hätten. Es war daher nur natürlich, dass sie wünschten, sich jetzt auch die Erfolge ihrer langjährigen Bemühungen nicht entgehen zu lassen. Dieser Absicht folgten sie um so lieber, da sich mit derselben auch das Interesse der Armee deckte, welche sich in den Quartieren sehr wohl befand und so Gelegenheit hatte, von Deutschland verpflegt, noch eine Zeitlang von den Strapazen des Krieges auszuruhen. Die Gesandten handelten ganz im Sinne der Königin, obwohl dieselbe ihrer Freude über den endlichen Friedenschluss unverhohlenen Ausdruck gab.6 Von Anfang an war die schwedische Regierung sehr misstrauisch gewesen und wies deshalb nicht nur ihre Gesandten an, den Exekutionspunkt so klar wie möglich abzufassen, damit die Gegner sich nirgends ihren Verpflichtungen durch 1 Qui vero huic transactioni vel paci publicae consilio vel ope contravenerit vel executioni aut restitutioni repugnaverit, vel etiam legitimo modo supra convento et sine excessu facta restitutione sine legitima causae cognitione et ordinaria juris executione restitutum de novo gravare tentaverit.. . poenam fractae pacis ipso jure et facto incurrat, contraque eum juxta constitutiones Imperii restitutio etpraestatio cum pleno effectu decernatur et demandetur. 2 Pufendorf XXI, 18. Selbst Frankreich teilte die Ansicht der Kaiserlichen. Pufendorf XXI, 40. 3 Pufendorf XXI, 36. 4 Meiern VI, 715, 994, a. p. N. I. S. 16; Pufendorf XXI, 19. 5 Odhner, Sver. deltagande etc., a. a. 0 . S. 304—305.
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sophistische Auslegung des I. P. 0 . entziehen könnten, sondern sandte auch, um ihrem Willen den nötigen Nachdruck zu geben, jene 6000 Mann "Verstärkung nach Deutschland, obwohl ihre Sache dort ausgezeichnet stand, und der Friede dem Abschluss nahe war, obwohl die Stände das Fernbleiben derselben zu einer Bedingung machten, unter der die 5 Millionen bewilligt wurden, 1 obwohl die Ausrüstung dieser Truppen 240000 Th. kostete, welche nur gegen Verpfändung der schwedischen Zölle in Hamburg aufgebracht werden konnten. 2 In allem zeigte sich jetzt, dass die schwedischen Gesandten Recht behielten, wenn sie von Anfang an widerstrebt hatten, eine so kurze Frist zur Ausführung des schwierigen Werkes anzusetzen; gezwungen nur hatten sie dem heissen Verlangen der Stände, endlich den Leiden dieses unglückseligen Krieges ein Ende zu machen, nachgegeben; je näher die Verhandlungen dem Abschluss kamen, desto höher leuchtete die Hoffnung auf, man glaubte sich dem Ziele schon ganz nahe und ahnte gar nicht, welche ungeheuren Schwierigkeiten die Durchführung der Friedensbeschlüsse nach einem Kriege bereiten musste, welcher 30 Jahre lang Deutschland bis in seine innersten Tiefen aufgewühlt hatte. Bei den optimistischen Gedanken und dem ungeduldigen Eifer der Stände hatte daher Salvius einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen, als er noch kurz vor dem Ende der Verhandlungen erklärte, dass die einheimischen schwedischen Truppen wohl nicht mehr bis zum Anfang des Winters nach der Heimat würden abgeführt werden können, dass dieselben vielmehr noch bis zum März des folgenden Jahres unterhalten werden müssten. 3 Salvius bereute es bald, diese Frage angeregt zu haben, sie erregte unnötige Erbitterung, ohne zu einem Ziele zu führen; die Thatsachen selbst mussten seine öfters geäusserten Befürchtungen rechtfertigen. Als der Tag für die Auswechslung der Ratifikationen am 18. Dezember herangekommen war, waren dieselben wohl rechtzeitig zur Stelle — der Kaiser sandte die seinigen sogar schon Ende November —, sie wurden auch für richtig befunden, aber die Schweden verweigerten nunmehr offiziell aus den angegebenen Gründen, die ihrige auszuliefern. Diese Formalität war wichtig, denn, 1 2 3
Meiern V, 883. Koch, Ferd. HI., II, S. 441. Meiern VI, 584—585; Pufendorf XX, 208.
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nachdem sie erfüllt war, sollten die Franzosen von rechtswegen abziehen, die hessischen, bayerischen, kurkölnischen und Teile der kaiserlichen Völker konnten abgedankt, und die schwedischen |wenigstens in die ihnen angewiesenen sieben Kreise verteilt werden, so dass Deutschland doch etwas Luft bekam, und die Lasten der Einquartierung sich gleichmässiger verteilten. Allein vergebens waren die Bemühungen der Stände, die schwedischen Gesandten zur Nachgiebigkeit zu bewegen. Salvius, welcher aus persönlichen Interessen nach Stockholm abreisen wollte,1 liess schon eher mit sich reden, allein Oxenstierna bestand ganz entschieden auf den bekannten Bedingungen. 2 Den Bitten der Stände, in anbetracht der traurigen Verhältnisse sich mit einer baren Anzahlung von 12 Tonnen für die Armee zufrieden zu geben, waren wohl die schwedischen Gesandten bereit nachzugeben,8 sie wollten die Auswechslung der Urkunden vornehmen, wenn wenigstens 14 Tonnen bar nachgewiesen würden; 4 allein weder hier noch in den andern Fragen kam man weiter. Der Grund lag tiefer. Thatsächlich hatten die G e s a n d t e n auf dem Kongress eigentlich gar n i c h t m e h r die Macht, über den Gang der Verhandlungen wie früher zu verfügen: sie v e r m i t t e l t e n n u r noch die B e f e h l e der G e n e r a l i t ä t . Es war oben gezeigt worden, wie sich der Einfluss der Armee auf den Gang der westfälischen Friedensverhandlungen geltend machte, wie dieselbe als tertia pars tractantium einen eigenen Vertreter auf den Kongress sandte, welcher ihre Forderungen vertrat. Mit Mühe wurde damals noch Erskein in seine Schranken zurückgewiesen; im Laufe der Zeit erreichte er es jedoch allmählich, dass bei Abmachung der Frage quomodo? die Einzelnheiten über die Zahlung des Geldes sowie die Abdankung der Truppen im Artikel XVI, 20 6 weiteren Vereinbarungen der Generale anheimgegeben wurden. In der Macht der Armee und ihrer Führer lag mithin der 1
Odhner, Sver. deltagande, a. a. 0 . S. 315. Die ausführliche Denkschrift der Schweden v. 21. Dez., Theatr. Eur. VI, 619; vgl. auch Adami relatio XXXII, 1—20; Pufendorf XXI, 1—3. 3 Meiern VI, 722. 4 Meiern VI, 743. 6 Derselbe lautete: Tarn exauctoratio vero militiae, quam restitutio locorum ad praefixum tempus eo ordine modoque flant, de quibus inter Generales Exercituum Duces conveniot, observatis tarnen quoad rem ipsam iis, quae in puncto Satisiactionis militiae conventa sunt. a
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Schwerpunkt der folgenden Verhandlungen, lag das Schicksal Deutschlands, umsomehr, da die schwedische Regierung dem Generalissimus in seinen Entschlüssen ziemlich freie Hand liess.1 Die schwedischen Gesandten auf dem Kongresse hatten unter solchen Umständen kaum noch eine Bedeutung: überall waren ihnen die Hände durch ihre eigene Generalität gebunden, so dass die Stände von ihnen bei noch so dringenden Vorstellungen nichts weiter, als leere Versprechungen erreichen konnten. Oxenstierna selbst klagte darüber, wie wenig sich die Generale, welche sie gemeinsam mit den Ständen wiederholt in Briefen um Mässigung baten, um die Wünsche ihrer Diplomaten kümmerten. Die Folgen des Artikels XVI, 20 des I. P. 0 . machten sich jetzt empfindlich geltend; es rächte sich jetzt bitter, dass die Stände nicht entschiedener darauf bestanden hatten, auch die Abdankung der Truppen zu überwachen, wie es ihr Bestreben wohl gewesen war, dass sie in ihrem Friedensbedürfnis hier eine Lücke gelassen hatten, weil die Verhandlungen sich dann noch weiter hinausgedehnt hätten. Gegenseitig machte man sich jetzt Vorwürfe» dass es so weit gekommen war. Oxenstierna suchte sich mehrfach von aller Schuld daran rein zu waschen: es sei ein seltsamer Handel, dass man die Abdankung der Völker und die Räumung der Plätze den Generalen an die Hand gegeben habe, er sei immer dagegen gewesen, aber man habe nicht auf ihn gehört. Allein vom Altenburger Thumshirn wurde ihm nachgewiesen, dass die schwedischen Gesandten allein die Schuld träfe, worauf Oxenstierna dieselbe auf Erskein abwälzte. Dieser habe es durch seine fortgesetzten Bemühungen endlich dahin gebracht, dass sie von ihren ursprünglichen Instruktionen, welche sie vor acht Jahren empfangen hätten, nämlich alle Angelegenheiten, auch die Abdankung der Truppen und die Räumung der Plätze auf dem Kongresse abzumachen, abgegangen wären. 2 Allerdings war der westfälische Friede ein Sieg der Diplomatie über die militärischen Sonderinteressen gewesen, aber kein vollständiger. Die Exekution war der Soldateska vorbehalten, welche nicht eben sehr eilte, dieselbe, welche noch so mancherlei Gewinn ' Christine war wohl Willens, die milice und die Festungen usque ad executionem pacis zu behalten, liess aber hernach die ganze Sache auf des Generalissimus guter dijudication in loco ankommen, wie er da die contenance der Sachen vermerkete. Adami relatio, Einl. S. 59. 8
Meiern VI, 810, 727—728.
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abwarf und ihr noch eine Zeit behaglicher Ruhe gönnte, zu Ende zu bringen. Noch im November 1648 waren die kaiserlichen und schwedischen Generale in Prag auf der die Alt- und Neustadt verbindenden Moldaubrücke, auf welcher ein Haus aus Brettern errichtet wurde, zusammengekommen. Bis Ende Dezember dauerten die Verhandlungen: ganz Deutschland erwartete sehnsüchtig das Ergebnis derselben, von welcher es die Befreiung von der Soldateska erhoffte. Aber man sah sich arg getäuscht. Einen erheblichen Gewinn zogen aus denselben nur die kaiserlichen Erblande, welche die Schweden von ihren im Felde liegenden Truppen zu befreien versprachen, während ihre Besatzungen in den eroberten Festungen vom Kaiser durch eine monatliche Zahlung von 42000 Gulden erhalten werden mussten. Für das übrige deutsche Reich hatten die Prager Verhandlungen nur den Erfolg, dass endlich ein bestimmtes Abkommen über die Interimsverpflegung der Truppen bis zu deren Abdankung getroffen wurde, und dass dadurch den willkürlichen Forderungen, welche die Schweden bis dahin noch, wie im Kriege, fortgesetzt hatten, ein Ziel gesetzt wurde. Die Bemühungen der kaiserlichen Gesandten, zugleich über die Abdankung der Truppen zu beraten und die schwedischen Generale zu einer schnelleren Räumung Deutschlands zu bewegen, wurden von diesen auch hier mit dem deutlichen Hinweis auf die Friedensbestimmungen zurückgewiesen. Karl Gustav und Erskein reisten sogar noch während der Verhandlungen nach Leipzig ab. So war gegen Ende des Jahres auch in dieser Hinsicht dem Friedensinstrument noch in keiner Weise Genüge geschehen, noch nicht einmal ein Anfang war gemacht worden, die Frage der Truppenabdankung zu regeln. 1 Den Ständen aber lag zunächst daran, endlich einmal den Frieden zu ratifizieren. Anderthalb Monate stritt man sich darüber hin und her: die Schweden bestanden unbedingt auf ihrem Rechte, welches selbst der päpstliche Gesandte anerkennen musste.2 Diese Hartnäckigkeit erregte eine abermalige tiefe Erbitterung unter den deutschen Gesandten. Hatten die Evangelischen bisher noch auf Seite ihrer Bundesgenossen gestanden, so fiel in Anbetracht der verzweifelten Lage des Vaterlandes doch einer nach dem andern ab; immer lauter wurden die Klagen, man warf ihnen rein selbstsüchtige Zwecke 1
Meiern, a. p. exec. I, S. 4 ff.; Theatr. Eur. VI, 519 ff.; Pufendorf XX, 232—233. s Pufendorf XX, 227.
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vor,1 man ging sogar zu Drohungen über, so dass, wie schon so ot't? die Schweden völlig isoliert standen. Die Gesandten derselben fühlten dies wohl und hätten gern nachgegeben, allein Karl Gustav schickte ihnen den gemessenen Befehl zu, nicht eher die Ratifikation zu vollziehen, bis den Bedingungen genügt wäre; 2 selbst die Vorstellungen des französischen Gesandten Servient, welcher aus bestimmten Gründen gerne die Verhandlungen beschleunigt hätte, vermochten nichts auszurichten, denn Oxenstierna erklärte, mit seinem Kopfe für die richtige Ausführung seiner Befehle haften zu müssen. 8 Mehr und mehr spitzten sich die Gegensätze zu: die dritte Partei erstand wieder drohend; die Schweden konnten befürchten, dass Evangelische und Katholiken sich mit einander vereinigen und die für die Entschädigung der Armee gesammelten Geldsummen dazu benutzen würden, Werbungen zu veranstalten und so die Schweden mit Gewalt zur Nachgiebigkeit zu zwingen,4 ja dass sie sich mit den deutschen Obersten in der schwedischen Armee in Verbindung setzen würden, indem sie der festen Zuversicht lebten, dass dieselben „als vernünfftige Cavaliers keine Impossibitäten begehren würden." 5 Eine gelegentliche Drohung in dieser Hinsicht beunruhigte die schwedischen Gesandten derart, dass sie zwei Stunden darüber im Geheimen berieten. Zu dem Gefühle der Isolierung kamen nun noch andere dringendere Gründe, welche die Schweden endlich bewogen, von ihrem Scheine abzustehen. Ihre Bundesgenossen, die Franzosen und Hessen, wünschten sehr, der Sache ein Ende zu machen, die ersteren, um ihre Waffen desto kräftiger gegen Spanien und zur Unterdrückung der Frondeurs zu verwenden, die letzteren, um ihre kostspielige Armee abdanken zu können. Auch den Schweden 1
„Der Schweden wahre Absicht gieng dahin, wie der Erfolg hernach deutlich bewiesen hat, noch eine weile in Deutschland zu beharren und auf die ausgestandene Strapazen im Kriege nun auch der Früchte des so kostbar und mühsam erfochtenen Friedens, hieselbst mit zu gemessen." Meiern, a. p. N. I, S. 16; vgl. Meiern VI, 841. 2 Meiern VI, 775, 824, 8 3 0 - 8 3 1 . 3 Meiern VI, 832. 4 Meiern VI, 824; Pufendorf XXI, 8. Die Stände drohten: Se cum Caesareis, Gallis Hassisque ratificationes seorsim permutaturos; inde junctis cum Caesare ac inter se consiliis omnia media tentaturos opprimendis Suecis. Congestam pecuniam adhuc in manibus suis esse, quam huic usui impendere possint. Ordines non amplius in exercitus potestate, sed hunc in illorum esse, legionibus tarn late sparsis; n e c d i f f i c i l e s i b i fore in S u e c o s V e s p e r a s S i c u l a s a d o r n a r e . » Meiern VI, 724.
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selbst musste in gewisser Hinsicht daran liegen, den Friedensschluss auch offiziell zu vollziehen; denn bis dahin lagen sich die Armeen noch dicht einander gegenüber, beständig die Hand am Schwertgriff. Der österreichische und bayerische Kreis konnten die eigenen und fremden Truppen nicht mehr erhalten: es war deshalb Gefahr vorhanden, dass der Kaiser und der Kurfürst von Bayern die Quartiere weiter ausdehnen und in die den Schweden zugewiesenen sieben Kreise verlegen würden, wodurch die Erneuerung der Feindseligkeiten unvermeidlich wurde. Dazu kamen beunruhigende Nachrichten aus Polen, auch Brandenburg war wegen des pommerschen Grenzvergleichs, dessen Regelung sich noch weit hinauszog, nicht eben günstig gesinnt, und selbst die eigenen Truppen der Schweden drohten schwierig zu werden und verlangten nach Ablöhnung. Alle diese Erwägungen bewogen endlich die schwedische Regierung und den Generalissimus Ende Januar, die Gesandten in Münster zur Auswechslung der Ratifikationsurkunden zu ermächtigen.1 Nach langen Streitigkeiten erfolgte dieselbe am 6./16. Februar 1649. Irgendwelche Änderung in den Absichten der Schweden brachte diese Formalität nicht; denn offiziell erklärten sie, dass ihre Soldateska trotzdem nicht eher Deutschland verlassen würde, als bis der Friede in allen seinen Einzelheiten vollzogen wäre. Die Stände versprachen schleunigst dafür Sorge tragen zu wollen.2 Mit diesem Akte war die Thätigkeit des westfälischen Friedenskongresses eigentlich beendet Dies war indes keineswegs die Ansicht der deutschen Stände auf demselben. Nach wie vor hegten sie die Hoffnung und feste Absicht, auf die Abdankung der Soldateska einen bestimmenden Einfluss auszuüben; immer wieder wurden Stimmen laut, welche es für unerhört hielten, nun ganz von dem guten Willen der Generalität abhängen zu müssen. Oxenstierna hatte selbst diesen Bestrebungen in dem Protokoll, welches bei der Auswechslung der Ratifikationsurkunden aufgenommen wurde, formell nachgegeben und gebilligt, dass die Stände sofort über die Räumung Deutschlands in Beratung treten und ihre Beschlüsse den Generalen zur Exekution zusenden sollten. Zur Belebung dieser Hoffnung trug nicht wenig die Nähe Karl Gustavs bei, welcher sich gerade in dieser Zeit von Erfurt nach Kassel begab und die beiden schwedischen Gesandten zu einer Konferenz nach Minden i. W. zu 1 2
Odhner, Sver. deltag. a. a. 0., S. 310; Mendorf XXI, 8—11. Meiern VI, 850 ff.; Theatr. Eur. VI, 653—657.
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sich beschied.1 Ihnen gaben die Stände am 15./25. Februar ihre Vorschläge über die Entlassung der Soldaten mit.8 In einem bestimmten Modus sollte die Abdankung am 1. März beginnen und, in gleichen Verhältnissen täglich fortgesetzt, am letzten dieses Monats beendet sein. Die Auszahlung der 18 Tonnen bar lind die Übergabe der 12 Tonnen in Assignationen sollte in derselben Zeit durch gewisse Kommissarien erfolgen. Nur diejenigen Soldaten, deren man zur Sicherheit des Landes bedurfte, sollte ein jeder behalten. Das Verhalten Oxenstiernas bei der Abfassung dieses Schriftstückes war sehr bezeichnend: ängstlich war er darauf bedacht, dass die Stände an die Generale ja nicht mit „soll" oder „muss" schrieben; „denn die Generale würden das übel nehmen, wann man ihnen von hier aus solche Ordre und Befehl zuschicken wolte, zu geschweigen, dass sie, die Schwedische Gesandte, sich auch in dergleichen obligatorie einzulassen, keine Gewalt hätten."; das Projekt sollte nur die Form eines Gutachtens haben. Klar ging daraus die allmächtige Stellung Karl Gustavs hervor, gegen welche die versammelten Gesandten nichts mehr bedeuteten. Die Vorschläge der Stände blieben daher auch gänzlich unbeachtet, und als dieselben den Generalissimus bitten liessen, doch dasjenige, was „noch circa modum exquendi etwa zu regulieren" wäre, noch durch den Kongress vollends berichtigen zu lassen und zu dem Zweck sich selbst nach Münster zu begeben, da er doch in der Nähe wäre, „erfolgte eine ganz widrige Antwort." 8 Karl Gustav bestand auf das bestimmteste auf den oft genannten Bedingungen, dass zuerst die Restitution erfolgen müsse, dass sie auch erst mit eigenen Augen sehen müssten, ob die 18 Tonnen wirklich beisammen wären, was allerdings mehr als zweifelhaft war, dass in betreff der Assignationen ein anderer Modus getroffen werden müsse u. s. w. Zugleich klagte er über das Misstrauen der Stände: er hätte gerne schon einige Regimenter und überflüssige Offiziere abgedankt, — schon um die übrigen desto besser konsolodieren zu können —, jedoch die Stände hätten ihm das Geld vorenthalten, aus Furcht, es zu verlieren, wenn die Hoffnungen auf den endlichen Frieden sich nicht verwirklichten.4 Nach Münster 1
Ein Bericht über diese Konferenz bei Meiern a. p. N . I, 17 ff. Meiern VI, 880 f.; Londorp VI, 469. 3 Meiern VI, 914 f.; dieselbe dem Wortlaut nach Meiern a. p. ex. I, 21 ff. 4 Z. B. in Westfalen, wo man die unruhigen weimarischen Regimenter gerne los geworden wäre. Die Stände wollten die geforderten 141000 Th. aber nicht hergeben. Meiern VI, 996; Theatr. Eur. VI, 701. 2
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aber zu kommen und dort mit den Ständen weiter zu verhandeln, wie es doch am natürlichsten gewesen wäre, dazu war Karl Gustav ganz und gar nicht geneigt. Er wollte nicht einer Versammlung beiwohnen, in welcher die deutschen Gesandten ein solches Übergewicht besassen und durch ihre Klagen und Einflüsse fort und fort die entschiedenen Absichten der Schweden beeinflussten, wie er es schon lange mit Yerdruss bemerkt zu haben glaubte.1 Mochten dieselben immerhin über die Restitution unter sich weiter verhandeln: die Ordnung der militärischen Angelegenheiten wollte er mit den Generalen auf einem eigenen Kongresse vereinbaren; denn diese ginge die Diplomaten laut Friedensinstrument nichts an, zumal sie auch nichts davon verständen, wie ihr Projekt beweise und zumal in Prag darüber schon bestimmte Abmachungen getroffen wären.2 In diesem Sinne antwortete Karl Gustav den Ständen am 28. Februar, dass, nachdem die Interims-Verpflegung bereits von den Generalen geregelt sei, nur noch die Abdankung und Räumung der Plätze übrig sei, welche beide Punkte „von der Generalität eigentlich dependiren, und ihnen am besten bekandt, wie deren Abrichtung am füglichsten und sichersten auszurichten seyn will; den Herren auch schwer fallen dörffte, alle dabey concurrirende Momenta so genau, als es derselben Angelegenheit erfordert, zu beobachten können; inmassen man aus den vorigen Handlungen in Aufhebung der Contributionen und ungewisser determinirung des erträglichen Unterhalts, ein lebendiges Exempel, welche sothane Confusiones und Schwürigkeit unter den Ständen und der Soldatesca veranlasset, dass dergleichen viele Ungelegenheit causiret, auch noch kein Ende 1 Alss aber dabey auf derer Stände vorige und bisshero gefahrliche Proceduren Reflexion genommen, wie selbige die Herren Gesandten zu vielen wieder dero Willen gefassten Eesolutionen forciret, über die milice, als wann selbige ihrer Bothmässigkeit unterworifen, in Tractaten statuiret, nullä habitä consideratione derer ihnen geleisteten tapferen Dienste, und dass durch dieselbe die Stände insgesamt zu ihrer verlohrnen Libertät postliminio gerathen; so sey zu besorgen, dass sie, als derer keiner, ausser dem Herrn Grafen von Wittgenstein, die Kriegs-Eaisons verstehet, zu unpracticirlichen Vorschlägen oder Maximis veranlasset werden (gestalt dann auch ihr übergebenes Project genugsam ausweiset) darauf unbeweglich stehen, und, da man an Seiten Ihrer Keniglichen Majestät darein mit ihnen zu condescendiren nicht vermöchte, allerhand verkleinerliche Reden über die Soldatesque, und per consequens über Ihro Königliche Majestät ausgiessen würden, fileiern, a. p. ex. I, S. 18. a
Pufendorf XXI, 16, 41, 42; Theatr. Eur. VI, 695 ff.
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erreichet, beyhanden hat; Zudem Wir auch von Ihro Kgl. Maj. expresse beordnet, der vorgedachter massen hiebevor verglichener Executions-Ordnung, so viel an Uns seyn will, allerdings einzufolgen, und Wir also ohne anderweits Bedeuten, so wenig davon abzugehen vermögen, als wegen allerhand täglich vorfallender Beschwerlichkeiten und neuen Emergentien den Ober-Quartieren so gar weit entfernet seyn können." 1 Am 8. März brach Karl Gustav wieder von Minden auf und teilte, ohne sich um die tiefe Erbitterung, welche seine Antwort in Münster verursacht hatte, zu kümmern, den Gesandten von Neumark aus mit, dass der neue Kongress sich in Nürnberg versammeln werde. Noch immer aber hatten die Stände nicht ihre Hoffnung aufgegeben, selbst als Oxenstierna nach seiner Rückkehr ihnen mit dürren Worten erklärte, dass seine Machtbefugnisse zu Ende seien. Noch einmal fassten sie am 13. April ein Conclusum, worin sie dagegen protestierten, dass die Generale sich in Nürnberg mit der restitutio ex capite amnestiae et gravaminum befassten, da dies von Reichswegen zu geschehen habe, und dass denselben lediglich Beschlüsse über die exauctoratio et restitutio locorum zuständen.2 Sie beriefen sich dabei auf das erneute Edikt, den arctior modus exequendi, welches der Kaiser am 2. März n. st. an die kreisausschreibenden Fürsten erlassen hatte.3 Das Conclusum war um so bedeutungsloser, da es nur noch von einer geringen Anzahl von Ständen gefasst war, ebenso wie andere Yorschläge, welche in der Aufregung darüber, dass Schweden noch immer keine Miene machte, abzudanken, gemacht wurden.4 Denn gleich nach der Auswechslung der Ratifikationen hatte Salvius als erster sich offiziell von den Gesandten verabschiedet, andere Gesandte folgten, und am 12. März beriet man schon über die Auflösung des Kongresses, ohne jedoch zu einem Resultat zu gelangen.8 Die Evangelischen waren für dieselbe, meinten aber, man solle den Generalissimus nichts davon merken lassen, damit er „keine 1 Meiern, a. p. ex. I, 24. « Meiern VI, 997. 3 Meiern YI, 917. 4 Meiern VI. 971 ff. Man beantragte z. B., mandata avocatoria an die deutschen Soldaten zu erlassen. 5 Meiern VI, 965.
Die schwedische Armee und der Nürnberger Friedensexekutionskongreas.
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Obligation daraus entnähme". Nach und nach entfernten sie sich daher ebenfalls, während n u r die Mehrzahl der Katholiken noch etwa zwei Monate beisammen blieb und ihre ohnmächtigen Proteste gegen den Kongress in Nürnberg erneuerte.
Sechstes Kapitel. Die schwedische Armee und der Nürnberger Friedensexekutionskongress. Der von den Generalen vereinbarte Kongress versammelte sich gegen Ende April. Der Kaiser hatte zu demselben den GeneralLieutenant Ottavio P i c c o l o m i n i , Herzog von Amalfi, einen Italiener von Geburt, abgeordnet, welchem die Reichshofräte Blumenthal und Linderspuhr zur Seite standen; vom August ab nahm auch der gewandte V o l m a r , welcher schon auf dem westfälischen Kongresse einer der kaiserlichen Hauptgesandten gewesen war, an den Verhandlungen Teil, zur geringen Freude Karl Gustavs, welcher ihn, da er dem Militär nicht angehörte, erst nach langem Sträuben anerkannte. Frankreich hatte zu seinem Bevollmächtigten den GeneralLieutenant von E r l a c h ausersehen, einen Schweizer, welcher nach Turennes Verrat das oberste Kommando über die französische Armee in Deutschland übernommen hatte. Da derselbe jedoch gerade sehr leidend war — er starb einige Monate später, im J a n u a r 1650 — so wurde er von Vautorte und d'Avancour vertreten, welch' letzterer zugleich die Stelle eines Obersten in der schwedischen Armee inne hatte. Um die Exekution des Friedens im Allgemeinen kümmerten sich die Franzosen wenig und nahmen n u r dort entschiedener an den Beratungen Teil, wo ihre eigenen militärischen Interessen und ihr Verhältnis zu Spanien in Betracht kamen. Auf schwedischer Seite wurden die Verhandlangen von dem G e n e r a l i s s i m u s der Armee, dem deutschen Reichsfürsten und künftigen Thronfolger Schwedens, geleitet; aber seine rechte Hand, sein einflussreichster Ratgeber war Alexander E r s k e i n , welcher seit der Ankunft des Prinzen in Deutschland dessen ständiger Begleiter gewesen war. Mit einem glänzenden Gefolge deutscher Fürsten, hoher schwedischer Generale und Beamten, u. a. Wrangeis, und insgesamt mit 4—500 Pferden zog Karl Gustav am 24. April (5. Mai) in Nürnberg ein, woselbst die kaiserlichen Vertreter bereits zwei Tage zuvor eingetroffen waren. Lorentzen,
Schwetl. Anneo.
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Obligation daraus entnähme". Nach und nach entfernten sie sich daher ebenfalls, während n u r die Mehrzahl der Katholiken noch etwa zwei Monate beisammen blieb und ihre ohnmächtigen Proteste gegen den Kongress in Nürnberg erneuerte.
Sechstes Kapitel. Die schwedische Armee und der Nürnberger Friedensexekutionskongress. Der von den Generalen vereinbarte Kongress versammelte sich gegen Ende April. Der Kaiser hatte zu demselben den GeneralLieutenant Ottavio P i c c o l o m i n i , Herzog von Amalfi, einen Italiener von Geburt, abgeordnet, welchem die Reichshofräte Blumenthal und Linderspuhr zur Seite standen; vom August ab nahm auch der gewandte V o l m a r , welcher schon auf dem westfälischen Kongresse einer der kaiserlichen Hauptgesandten gewesen war, an den Verhandlungen Teil, zur geringen Freude Karl Gustavs, welcher ihn, da er dem Militär nicht angehörte, erst nach langem Sträuben anerkannte. Frankreich hatte zu seinem Bevollmächtigten den GeneralLieutenant von E r l a c h ausersehen, einen Schweizer, welcher nach Turennes Verrat das oberste Kommando über die französische Armee in Deutschland übernommen hatte. Da derselbe jedoch gerade sehr leidend war — er starb einige Monate später, im J a n u a r 1650 — so wurde er von Vautorte und d'Avancour vertreten, welch' letzterer zugleich die Stelle eines Obersten in der schwedischen Armee inne hatte. Um die Exekution des Friedens im Allgemeinen kümmerten sich die Franzosen wenig und nahmen n u r dort entschiedener an den Beratungen Teil, wo ihre eigenen militärischen Interessen und ihr Verhältnis zu Spanien in Betracht kamen. Auf schwedischer Seite wurden die Verhandlangen von dem G e n e r a l i s s i m u s der Armee, dem deutschen Reichsfürsten und künftigen Thronfolger Schwedens, geleitet; aber seine rechte Hand, sein einflussreichster Ratgeber war Alexander E r s k e i n , welcher seit der Ankunft des Prinzen in Deutschland dessen ständiger Begleiter gewesen war. Mit einem glänzenden Gefolge deutscher Fürsten, hoher schwedischer Generale und Beamten, u. a. Wrangeis, und insgesamt mit 4—500 Pferden zog Karl Gustav am 24. April (5. Mai) in Nürnberg ein, woselbst die kaiserlichen Vertreter bereits zwei Tage zuvor eingetroffen waren. Lorentzen,
Schwetl. Anneo.
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Der Beginn des Kongresses war nicht eben verheissungsvoll; die alten Gegensätze machten sich mit aller Schärfe wieder geltend, da die Schweden gleich in ihren ersten Vorschlägen, welche sie am 2. Mai überreichten, deutlich darlegten, dass sie nicht gewillt seien, von ihrem bekannten Standpunkt irgend wie zu weichen.1 Nach wie vor verlangten sie ausser Einhaltung der Geld-Verpflichtungen gegen ihre Armee als erste Vorbedingung für die Abdankung der Truppen und die Räumung der Festungen die Durchführung der Restitution im Sinne des Friedensinstrumentes. In dieser Hinsicht wurde ein Punkt von besonderer Wichtigkeit hervorgehoben. Er betraf die Festung Frankenthal, welche, wie wir oben gesehen hatten, im Besitze der Spanier war, welche aber nach den Friedensbestimmungen ihrem rechtmässigen Herrn, dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, wieder zurückgegeben werden sollte. Feierlich hatte sich der Kaiser verpflichtet, dies durchsetzen zu wollen; jetzt liess er erklären, dass seine Bemühungen in Madrid erfolglos gewesen seien, und zwar vor allem wohl deshalb, weil ihn seine Freundschaft für das verwandte spanische Herrscherhaus daran hinderte, energisch aufzutreten. Diese Angelegenheit zu regeln und nötigenfalls Kurpfalz ein geeignetes Äquivalent für Frankenthal zu verschaffen, war eine der Hauptaufgaben dieses ganzen Kongresses. Sie interessierte besonders die Franzosen, welche, in Folge der Unruhen der Fronde selbst in bedrängter Lage, diese feindliche Besatzung im Rücken sehr unangenehm empfanden; aber auch Karl Gustav zeigte ein lebhaftes Interesse daran, dass sein pfälzischer Vetter wieder in seine unstreitigen Rechte eingesetzt oder doch in angemessener Weise entschädigt würde; ja er geriet in den äussersten Zorn, als die Kaiserlichen achselzuckend ihre Ohnmacht dem spanischen Hofe gegenüber bekannten, indem er die geharnischte Erklärung abgeben liess, seine Truppen wieder in Böhmen einrücken lassen zu wollen und so den Kaiser zur Einhaltung seines Versprechens zu zwingen.2 1 Meiern, acta pacis executionis, Nürnbergische Friedens-Executions-Handlungen I, 29 ff. Die Gesichtspunkte, von welchen die Schweden auf dem Kongresse geleitet wurden, sind von Karl Gustav in einem Briefe an Varnbüler vom 23. Juni 1650 ausführlich dargelegt. Sattler, Gesch. d. Herzöge von Würtenberg, IX, Beil. No. 22. 2
Meiern ex. I, 50, 62; vgl. Wille, Stadt und Festung Frankenthal während d. 30jähr. Krieg. Heidelberg 1877.
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Ein rein militärischer Kongress aber blieb die Versammlung in Nürnberg doch nicht: eine ganze Reihe deutscher Stände, besonders die Evangelischen, waren alsbald dorthin geeilt, um so eine thunlichste Berücksichtigung ihrer Interessen bei den Offizieren zu bewirken, obwohl sie weder vom Kaiser, noch von den Generalen eingeladen waren. Zwar waren sie bei weitem nicht vollzählig, aber von dem Kurfürstenkollegium fehlte nur Kurtrier, und von den Gesandten hatten sich gerade die Männer eingefunden, welche schon auf dem westfälischen Kongresse die führende Rolle inne gehabt hatten, z. B. der kurmainzische Philipp von Yorburg, der brandenburgische Wesenbeck, der württembergische Varnbüler und später der rühmlichst bekannte Altenburger Thumshirn. Yon Beginn der Yerhandlungen an musste auch klar hervortreten, dass die Generale in vielen Punkten ohne den Beirat der Stände gar nicht weiter kommen konnten, so in dem sogen. „Frankenthaler Temperament" und dann vor allem in der Frage über die Bezahlung der schwedischen Armee, welche in ganz erneuter Gestalt auftauchte. Daher konstituierten sich die eigentlich nur inoffiziell anwesenden deutschen Gesandten; trotz des anfänglichen "Widerspruchs des mainzischen Yertreters, welcher nach den Reichssatzungen dazu die Initiative zu ergreifen hatte, als beschlussfähigen Körper. Dieser nahm nun seinerseits auch die Regelung der Restitution in die Hand und wählte zu diesem Zwecke eine aus den drei Reichskollegien mit gleicher Berücksichtigung der Religion zusammengesetzte Deputation; dieselbe bestand aus den Gesandten von Kurmainz und Kurbrandenburg, von Bamberg, Konstanz, Brandenburg-Kulmbach und "Württemberg, sowie von Nürnberg und Überlingen.1 Auf diese Weise wurde dasMünstersche Konklusum vom 13./23. April umgangen, und so konnte die viel umstrittene Frage über die Durchführung der Restitution ihre befriedigende Lösung finden. Im Vordergründe der schwedischen Interessen stand natürlich die Entschädigung ihrer Armee. Wie man es nach den ersten sehr heftigen Erörterungen auf dem neuen Kongresse kaum hätte erwarten können, kam doch schon nach der verhältnismässig kurzen Zeit von 3 ^ Monaten eine vorläufige Einigung in diesem Punkte zu Stande, obwohl die Schweden eine vollständige Änderung der Frage quomodo? beantragten, welche z. T. im direkten Widerspruch mit den Bestimmungen des I. P. 0 . stand. 1
Meiern, ex. I, 40 f., 50 f., 90 f. 11*
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Von Anfang an liessen die schwedischen Vorschläge durchblicken, dass man weder mit der baren Anzahlung von 18 Tonnen, noch überhaupt mit einer solchen von 3 Mill. Th. auskommen könnte. Sie beantragten daher zunächst, dass in der Zahlung der 12 Tonnen durch A s s i g n a t i o n e n eine Änderung vorgenommen würde. Der Gedanke, die Offiziere auf diese Art in ihren Forderungen zu befriedigen, war ganz verunglückt gewesen. Die Stände hatten angenommen, dass die Assignationen nur für die Generale bestimmt wären, mit denen man sich leichter hätte vergleichen können. Da aber das Deputat derselben nicht so hoch war, wurde ihnen auch noch eine ganze Reihe Regiments- und Kompagnieoffiziere zugewiesen. Nirgends war man in dieser Angelegenheit recht vorwärts gekommen, und die Stände konnten mit Recht befürchten, dass „dadurch sowohl unter ihnen und den Officiers, als unter den benachbahrten Ständen selbsten, allerhand Confusion und Disputen sich eräugnen möchten." 1 Daher schlugen die Schweden vor, auch diese 12 Tonnen ihnen gleichzeitig mit den andern 18 bar anzuzahlen. Anfangs wollten sich die Stände nicht darauf einlassen, indem sie meinten: „Wie wohl man zur Verhütung und allerhand aus den Assignationen der 1,2 Millionen Th. zu besorgenden Ungelegenheiten gerne sehen und wünschen möchte, damit solche vermittels bahren Geldes könnten richtig gemacht werden, so befindet man doch, dass ein solches nicht allein contra tenorem Instrumenti Pacis, sondern auch auf der notorischen Impossibilität bestehe.'1 Allein da die Kaiserlichen, mit welchen die Schweden diese Frage zuerst beraten hatten, ihnen eindringlich zuredeten, so gingen sie schon am 23. Juni / 3. Juli auf den gemachten Vorschlag ein, doch mit der Bedingung, dass diese 12 Tonnen erst auf dem letzten der drei inzwischen erwogenen Zahlungstermine erlegt werden sollten, und dass die Schweden von den Ständen, welche ihren Beitrag erlegt hätten, nicht verlangten, für die säumigen Zahler zu haften. 2 Eine besondere Schwierigkeit war hier noch zu beseitigen. Die Billigkeit erforderte, dass Kurpfalz, welches so wie so schon durch 1 Erskein berichtet am 14. Mai 1649 an Björnklou: „Und mercken nun die Stände selbst, dass sie mit den so hart betriebenen assignationibus nicht fortkommen können, und ich wünschte nichts lieberes, Herr Fromholt [ein brandenburgischer Gesandter auf dem westfälischen Kongresse] wäre anjezo bei dieser Austheilung, ich wäre versichert, er würde selbige so hart nicht verfochten haben. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. 2 Meiern ex. I, S. 24—25, 54 f. 76, 128, 137, 141—142.
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die spanische Besatzung in Frankenthal so sehr beeinträchtigt war, nicht, wie es bei der ersten Austeilung der 3 Millionen Th. Anzahlung geschehen war, nach Massgabe der früheren Matrikel herangezogen wurde, nachdem es in dem Friedensschluss die Oberpfalz und mehrere an der Bergstrasse gelegene Ortschaften hatte abtreten müssen, also um die Hälfte seines ehemaligen Gebietes verkleinert war; infolge dieses Versehens war es um 703,50 G. zu hoch eingeschätzt. Die Stände waren zunächst der Ansicht, dass die z. Z. im Besitz der abgetretenen Gebiete befindlichen Kurfürstentümer von Bayern und Mainz diese Summen aufbringen müssten; allein der bayrische Gesandte verwahrte sich heftig dagegen, weil schon bei der Austeilung der Quartiere selbst die Schweden anerkannt hätten, dass die Oberpfalz zum bayrischen Kreise gehöre und daher zur Abdankung der bayrischen Armee beisteuern müsse. Dasselbe sei seinem Herrn vom Kaiser in Prag und von dem Münsterschen Kongresse ausdrücklich zugesichert worden. Daher wurde auch diese Summe von den Ständen der sieben Kreise gemeinsam übernommen, trotz des Protestes der Reichsstädte. 1 Schon am 1 1 . / 2 1 . Juli erklärten mehrere Stände, dass ihre Beiträge zu den ersten drei Millionen bar bereit lägen.2 Kaum hatten die Schweden diesen Erfolg errungen, als sie mit einem weiteren Vorschlag hervortraten; selbst die 3 Millionen Th. reichten nach ihrer Angabe nicht hin, um den ersten Anforderungen der Soldateska zu genügen; sie gaben daher der Hoffnung Ausdruck, dass ihnen noch e i n e w e i t e r e M i l l i o n sofort ausgezahlt werden möchte, obwohl die sieben Kreise dazu laut Friedensschluss erst nach der Abdankung verpflichtet waren. Sie verlangten daher anfangs, die Stände sollten jetzt für die rückständigen zwei Millionen die Schuldscheine ausstellen, welche sie ursprünglich bei der Anzahlung bewilligt hätten, damit auf diese Weise die Generale, Stabspersonen u. s. w., mit welchen sie sich billig vergleichen könnten, ihre Befriedigung finden könnten; 3 nach den gemachten Erfahrungen fand dieser Vorschlag indessen keinen Beifall. Allein Erskein liess nicht nach: er versprach, diejenigen welche seinen Wünschen willig entgegenkommen würden, um so eher von ihrer Einquartierung zu befreien. Zu dieser lockenden 1 a 3
Meiern, ex. I, 6, 61, 146 f., 154 ff. Meiern, ex. I, S. 153. Meiern ex. I, 60--61, 75.
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Aussicht kam eine andere Erwägung: je geringer die rückständig bleibende Summe war, desto kleiner musste das reale Pfand ausfallen, welches die Schweden für dieselbe beanspruchten — wir werden gleich sehen, dass die letztere Forderung von denselben inzwischen mit aller Energie wieder geltend gemacht worden war. Daher erreichte Erskein durch private Verhandlungen, dass eine ganze Anzahl von Ständen sich freiwillig erboten, ihre Beiträge zur vierten und fünften Million zugleich bei der Anzahlung mit zu entrichten. Ein alsbald gemachtes Verzeichnis ergab das überraschende Resultat, dass durch die Zahlungsfähigen auf diese Weise eine Summe von 1275674 Th. 24 Kr. zusammenkam — eine bei dem traurigen Zustande des Landes immerhin bemerkenswerte Leistung, welche beweist, wie schwer die schwedische Einquartierung empfunden wurde. Dies neue Zugeständnis war besonders von den unteren Kreisen gemacht worden, von denen der niedersächsische sich dadurch aller seiner Verpflichtungen gegen die Armee entledigte, der obersächsische und westfälische doch den grössten Teil derselben einlösten.1 Diese Abmachungen waren keinen grossen Schwierigkeiten begegnet, sie dienten dazu, die Befreiung Deutschlands von den fremden Truppen schneller herbeizuführen, und deshalb hatten die Stände nicht gezögert, den Schweden, so weit es ihnen möglich war, entgegenzukommen. Aber damit hatten diese noch nicht genug. Gleich in ihren ersten Propositionen vom 2. Mai hatten sie die alte Forderung wieder vorgebracht, um welche schon vor Jahresfrist auf dem westfälischen Kongresse der heftigste Streit entbrannt war, und welche sie gegenüber dem Drängen der Stände schliesslich hatten fallen lassen. Sie verlangten jetzt wiederum eine r e a l e V e r s i c h e r u n g f ü r die r ü c k s t ä n d i g e n Summen, welche erst nach der gänzlichen Räumung des Landes zahlbar waren. Wohl mussten sie anerkennen, dass sie sich im I. P. 0. XVI, 9 ausdrücklich mit der Generalgarantie des Reiches begnügt hatten, aber mittlerweile hatten sie einen andern Grund für ihr berechtigtes Misstrauen gefunden: „der Herren Stände Gesandtschafften zu Münster, so wohl theils sie selbsten hätten Sr. Fürstlichen Durchlauchten und dero unterhabenden Soldatesque mit unbefugten Accusationibus der Contraventionen und comminationibus beschweret"; einige hätten verlauten lassen, sie 1
Meiern ex. I, 180, 193, 208, 237 f., 259 f., 306, 386 ff.
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würden die Einquartierungskosten von ihren Beiträgen zu den letzten zwei Millionen abziehen. 1 Natürlich waren weder die Kaiserlichen, noch die Stände geneigt, einem solchen dem ausdrücklichen Wortlaut des Friedensinstrumentes widerstreitenden Verlangen zu entsprechen, und die letzteren beeilten sich, als sie einwilligten, die 12 Tonnen Assignationsgelder bar mit zu bezahlen, ausdrücklich hinzuzufügen, dass die Besorgnisse der Schweden unbegründet seien, da keinem Stande das Recht zustehe, irgend welche Abzüge an den noch zu bezahlenden Summen zu machen.2 Eine solche feierliche Erklärung hätte nun den Schweden allerdings wohl genügen können, allein nach wie vor hielten sie hartnäckig an ihrem Misstrauen fest oder benutzten dasselbe doch wenigstens als willkommenen Vorwand, um auf diese "Weise ihre frühere Nachgiebigkeit wieder gut zu machen, und sie verstanden es, den Gründen, welche ihnen fehlten, durch äusseren Druck nachzuhelfen. 3 Als sich die Stände gar nicht auf ihre Wünsche einlassen wollten und mit Hinweis auf ihre Bereitwilligkeit jetzt über 4 Millionen statt der versprochenen 1,8 baar zu zahlen, entrüstet erklärten: „dem Heiligen Römischen Reiche würde es zu hohem Praejudiz und Despect gereichen, da nach Erlegung einer so grossen Summa erst wegen einer Million in dasselbe sollte Diffidenz gesetzet werden, bevorab man sich auf Erforderung zu einer schrifftlichen Erklärung erbietig gemacht1',4 ging Erskein zu Drohungen über, indem er kurzab erklärte: wenn der bereits bis auf diesen und einige andere Punkte vereinbarte Rezess nicht bald unterschrieben würde, könnte die Überführung der nationalen Truppen nach Schweden, welche sie versprochen hatten, in diesem Jahre nicht mehr stattfinden, sondern es müssten Vorkehrungen für die abermaligen Winterquartiere getroffen werden. 5 Diese deutliche Erklärung verfehlte ihren Eindruck nicht, zumal die Schweden gegen alle Einwendungen taub blieben: daher gestanden die Stände in dem Recesse die Realversicherung für die fünfte rückständig 1 Meiern ex. I, S. 34, 128 f. Besonders wurde von den Schweden das feindselige Verhalten Kursachsens hervorgehoben, welchem sie deshalb auch Leipzig bis zur Zahlung der letzten Gelder vorenthalten wollten. S. 30. 2 Meiern ex. I, S. 141 f. 3 Henniges, meditat. ad I. P. Caes Suec. S. 1677—78 bemerkt zu XVI, 8: Caetera hujus paragraphi verba non moramur, quorum procul dubio optimi Interpretes Sueei in exigenda debita pecunia fuere. 4 Meiern ex. I, S. 208 f. 6 Meiern ex. I, 200 f., 242 f.
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bleibende Million im Prinzip zu, ohne dass doch im Einzelnen festgesetzt wurde, worin dieselbe bestehen sollte.1 Nachdem man sich mittlerweile auch über die Einzelheiten der Frage, wie die Entlassung der Truppen beiderseits zu geschehen habe, in befriedigender Weise geeinigt hatte, wurde am 18. August 1649 der schon genannte I n t e r i m s r e z e s s von den Schweden und den Ständen unterzeichnet. Der Inhalt desselben war kurz folgender: In der Restitutionsangelegenheit wurden die unzweifelhaft Maren Fälle, die casus liquidi — sie waren einzeln in einer Liste angegeben, — von den streitigen geschieden. Die ersteren sollten noch vor der gänzlichen Entlassung der Truppen durch die Kreisobersten zur Exekution gelangen, welche sich zu diesem Zwecke nötigenfalls der nächstliegenden Truppen bedienen sollten; die casus illiquidi aber sollten erst innerhalb dreier Monate nach dem Inkrafttreten des Schlussrezesses erledigt werden. Zur Überwachung dieses Punktes wurde eine aus beiden Religionsanhängern gleichmässig gewählte Kommission eingesetzt. Die Abdankung der Truppen und Räumung der festen Plätze sollten in drei Terminen erfolgen. Zu dem Zwecke sollten die Stände dem Generalissimus, acht bis zehn Tage vor dem ersten Termine nachweisen, dass 18 Tonnen, vor dem zweiten und dritten, dass je 6 Tonnen bar bereit wären. Ton diesen Summen sollte jedoch abgezogen werden, was etwa erlassen und was inzwischen bereits bezahlt worden wäre. Zur Beitreibung der etwa nicht erlegten Gelder sollten sich die schwedischen Truppen den Kreisobersten bereitwillig zur Verfügung stellen. Acht Tage nach Schluss dieses Kongresses sollte dann die erste Million ausbezahlt werden, worauf die Schweden weitere acht Tage später eine bestimmte Anzahl von Regimentern abdanken und gewisse namhaft gemachte Plätze räumen sollten. In derselben Weise sollte dann mit Erlegung der zweiten und dritten Million und entsprechenden Gegenleistungen der Schweden im zweiten und dritten Termine fortgefahren werden, so dass das ganze Geschäft innerhalb sechs Wochen erledigt wäre. In diese drei Termine war auch die Räumung der Erblande mit eingeschlossen, so dass im ersten Eger, im zweiten Mähren, im dritten Schlesien ihrer Besatzungen ledig wurden. Dafür zahlte der Kaiser die 200000 Th., welche 1647 Trautmannsdorf in jenem geheimen Artikel versprochen hatte 2 (vgl. S. 126), zu je ein 1
Vgl. Meiern ex. I, 42, 135, 193 f., 196, 249 ff. Dieselben hatten eigentlich schon innerhalb drei Monate nach dem Friedensschluss erlegt werden sollen, allein die Stände der Erblande konnten sie nicht aufbringen. ä
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Drittel. Anfangs war die Frage erörtert werden, ob es nicht geraten erscheine, bei Erledigung dieser ganzen Angelegenheit zur grösseren gegenseitigen Sicherheit Geiseln auszuwechseln, aber man hatte schliesslich davon abgestanden. Um aber Deutschland auch eine augenblickliche Erleichterung zu gewähren, wurde beschlossen, sofort nach Unterzeichnung dieses Interimsrezesses folgende Plätze zu räumen; die Schweden gaben alle Festungen in Böhmen ausser Eger heraus, wofür sie vom Kaiser 44444 Th. 40 k. im Voraus erhielten, ferner die Oberpfalz ausser "Weiden, dann Donauwörth, die ßheinschanze, Überlingen, Mainau, Langenarch, sämtlich gegen Erlegung der dazu nötigen Satisfaktionsgelder. Dagegen räumten die Kaiserlichen Augsburg, die Unterpfalz, Memmingen, Sulzbach, Albeck, Hornberg, Schiltach, Aurach, Lindau, Asberg, Wildenstein, Regensburg, Wiltzburg und Weissenburg. Diejenigen Stände, also besonders der unteren drei Kreise, welche sich auf besondere Vereinbarung mit den Schweden verpflichtet hatten, ihre Beiträge zur vierten und fünften Million gleich mit anzuzahlen, sollten dieselben ebenfalls in den drei Terminen erlegen und dafür besondere Vorzüge bei Abdankung der in ihren Gebieten einquartierten Regimenter geniessen. Die rückständigen Summen sollten, soweit sie auf die vierte Million entfielen, innerhalb sechs, zur fünften Million innerhalb zwölf Monate nach der Räumung bezahlt, und dafür den Schweden inzwischen eine Realassekuration überlassen werden. 1 Diesem Interimsrezess lag eine genaue Liste der abzudankenden Regimenter bei, welche jedoch vorläufig noch zwischen Piccolomini und Karl Gustav geheim gehalten wurde, 2 ferner ein Verzeichnis aller besetzten Festungen. Die Truppen sollten in jedem Kreise von allen Teilen gleichmässig, entsprechend den Zahlungen der Stände entlassen werden und zwar so, dass der Kaiser im ersten Termine 52, im zweiten 58, im dritten 60 Kompagnien abdankte und 73 zu seiner Verfügung behielt, die Schweden in derselben Zeit 76, 56 und 91 Kompagnien abdankten und 44 zum Schutze ihrer deutschen Lande behalten durften. Im Laufe des Sommers aber waren kaiserlicherseits 124, schwedischerseits 136 Kompagnien bereits entlassen worden. Dagegen sollte die Räumung der Plätze kreisweise vor sich gehen: in die ersten beiden Termine waren der kur-, oberrheinische, schwäbische und fränkische, in den letzten der westfälische, ober1 2
Meiern ex. I, S. 317 ff. Meiern ex I, 343 ff.
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und niedersächsiche Kreis gesetzt. Es lag eine Ungerechtigkeit darin, dass die unteren Kreise die Last der Besatzungen bis zuletzt tragen sollten, da sie doch am bereitwilligsten in der Erlegung der Entschädigungsgelder waren, und die Schuld der so lange verzögerten Exekution nur an den oberen Kreisen lag. Unter dem Beifall der benachbarten Stände hatte daher Kurbrandenburg gegen diese Art der Exekution protestiert, indem er der Befürchtung Ausdruck gab, sie möchten dann noch lange unter der Verschuldung der oberen Kreise zu leiden haben. 1 Allein dagegen war einzuwenden, dass diese doch ungleich mehr unter der Einquartierung der fremden Truppen und den Nachwehen des Krieges zu tragen hatten, — und vor allem, es war den Schweden bequemer, zuerst die Besatzungen aus den entfernteren Gebieten herauszuziehen. Die Regierung hatte dies schon in der Instruktion vom Mai 1649 betont, 2 weshalb ihre . Vertreter T unterstützt von den oberen Kreisen, durchzusetzen wussten, dass die Evakuation, im Süden beginnend, von Termin zu Termin nach Norden fortgesetzt wurde. 3 Zur Gültigkeit dieses wichtigen Abkommens fehlte nun noch die Unterschrift der Kaiserlichen; unvermutet aber machten diese Schwierigkeiten. Yolmar, welcher seit Ende Juli in Nürnberg anwesend war und welcher, obwohl er als Civilbeamter nur eine untergeordnete Stellung hätte einnehmen sollen, doch alsbald die Seele der Verhandlungen auf der kaiserlichen Seite geworden war, stellte plötzlich auf Befehl seines Herrn den Antrag, noch eine Klausel einzuschieben des Inhaltes, dass, falls bei dem zweiten und dritten Termine sich in Deutschland etwa Schwierigkeiten erheben sollten, die Räumung der Erblande dennoch ungehindert vor sich gehen sollte. 4 Diese Bedingung hatte schon bei den Prager Verhandlungen im November bis Dezember des vorigen Jahres den entschiedenen Widerstand der Schweden gefunden; dass sie nun jetzt, nachdem man mit vieler Mühe endlich bis zu einem gewissen Abschlüsse gekommen war, trotz des gegebenen "Wortes Piccolominis wieder aufgestellt wurde, rief bei denselben eine starke Empörung hervor. In ihrem ersten Unwillen erklärten sie durch Erskein, bei längerer 1
Meiern ex. I, 146. Odhner, Sver. deltag., a. a. 0 . S. 318. In derselben wollte sie, dass Schlesien erst zuletzt und zwar noch nach den drei ersten Terminen geräumt würde. 3 Meiern ex. I, 36 ff. 4 Meiern ex. I, 239. 2
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Verzögerung der Unterzeichnung ihre Truppen wieder in die Erblande einrücken zu lassen; „würde sie das Haus Österreich einmahl zum Kriege necessitiren, so sollten sie erfahren, was sie vor einen Feind an der Cron Schweden hätten". Volmar habe diese „verfluchte Clausul" aufgebracht; „er müsse sich nicht einbilden, dass er mit ihnen, als Soldaten, wolte handeln, wie er zu Münster und Ossnabrück gewohnet wäre, da er geändert und umgestossen, was er nur selbst gewollt."1 Dann wiederholten sie die frühere Erklärung, abermals sich für die "Winterquartiere in Deutschland einrichten zu wollen, da kein Mann abgedankt würde, während sie sonst 14000 Mann im Herbst nach Schweden übergeführt hätten. 28 Orlogschiffe und andere von Lübeck gemietete lägen zu diesem Zwecke schon bereit.2 Unter dem Eindruck dieser Drohungen verlangten die Stände stürmisch von Volmar die Unterschrift und, da derselbe dazu nicht ermächtigt war, wurde ein Kourier nach dem andern nach Wien gejagt, bis endlich die erfreuliche Antwort kam, dass der Kaiser nachgegeben habe, so dass der Interimsrezess am 11./21. September auch die Unterschrift der kaiserlichen Gesandten fand. 3 So hatten sich die "Wirren der entgegengesetzten Meinungen endlich ein wenig gelöst; endlich war man doch zu einem greifbaren Resultate gelangt, welches den Zeitpunkt der völligen Befreiung Deutschlands aus unklarer Ferne sichtbar näher rückte, zumal man alsbald die "Wirkungen des Interims-Recesses verspürte. Ganz Böhmen, denn auch Eger hatten die Schweden auf besonderen "Wunsch des Kaisers noch geräumt, ohne dazu verpflichtet zu sein, der bayrische Kreis, sowie beträchtliche Teile des schwäbischen, kur- und oberrheinischen Kreises wurden durch die Präliminarevakuation ihrer Besatzungen ledig, und die schwedischen Nationaltruppen wurden zu zwei Dritteilen nach Hause übergeführt. 4 Es waren nun noch drei Punkte zu erledigen: die F r a n k e n t h a l e r A n g e l e g e n h e i t , die nähere Bestimmung der R e a l a s s e k u r a t i o n für die rückständigen Summen der vierten und fünften Million und die R e s t i t u t i o n . 1
Meiern ex. I, 281. Meiern ex. I, 287 f., 289 ff. Erskein berechnete den durch die Verzögerung der kaiserlichen Unterschrift den Schweden verursachten Schaden auf 50000 Th. 3 Vgl. auch Pufendorf, XXI, § 86, 91. 4 Theatr. Europ. VI, 982 ff.; Pufendorf XXI, 87. J
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Da an eine friedliche Übergabe F r a n k e n t h a l s durch Spanien nicht zu denken war, 1 da man sich auch scheute, die Kriegsflamme von Neuem anzufachen und die streitige Stadt mit Gewalt zu zwingen, welcher Gedanke doch immer wieder im Yerlaufe der Beratungen als ultimum remedium auftauchte, so mussten die beteiligten Mächte, der Kurfürst von der Pfalz und Frankreich auf andere Weise schadlos gehalten und sichergestellt werden. Bis zum Juni des nächsten Jahres noch zogen sich die Verhandlungen über diese Festung mit ihrer Besatzung von 1000 Spaniern hin, und erst nach unglaublich langwierigen Kämpfen kam endlich eine Einigung zu Stande. Die Franzosen wollten zu ihrer Sicherstellung am liebsten Ehrenbreitstein so lange besetzt halten, bis Spanien Frankenthal geräumt hätte, und wurden in ihrem Wunsche auch von den Ständen unterstützt, 2 allein dagegen wehrten sich die Kaiserlichen; diese boten ihrerseits wiederholt Glogau als Äquivalent an, 8 was indessen sowohl die Schweden, wie Karl Ludwig ablehnten, da diese Stadt so weit entfernt von dem Pfälzer Lande lag. Der Kurfürst richtete daher sein Augenmerk auf die nahegelegene Festung Benfeld, stiess dabei aber auf den Widerstand der Franzosen. 4 Immer neue Vorschläge wurden erwogen, endlich gab Karl Gustav, welcher zum Schlüsse kommen wollte, nach und genehmigte am 9./19. Juni 1650 folgende Abmachung: Stadt und Festung Heilbronn wird bis zur Rückgabe Frankenthals mit einer kurpfälzischen Garnison besetzt, zu deren Unterhalt der schwäbische und fränkische Kreis monatlich 8000 Th. entrichten, während dem oberrheinischen Kreise die Verpflegung der Spanier in Frankenthal zufällt. Der Kaiser aber zahlt dem Kurfürsten von der Pfalz inzwischen monatlich für die abgehenden Frankenthaler Kammergefälle 3000 Th.5 So hatte der Kaiser durch seine Hartnäckigkeit die unzweifelhaften Verpflichtungen, welche er hinsichtlich Frankenthals auf sich genommen hatte, zum grössten Teil auf Heilbronn und die drei genannten Kreise abgewälzt und damit zugleich seinem Hass gegen die Reichsstadt Genüge gethan, in deren Schutze 1633 der evangelische Bund ins Leben getreten war. 6 1 2
4 5 0
Theatr. Europ. VI, 781. Meiern ex. I, S. 362 ff.; Pufendorf XXI, 90. Meiern ex. I, 134. Meiern ex. I, S. 379 ff. Meiern ex. II, 313 f. Sattler, Herzöge von Würtenberg IX, S. 86.
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Mit den Verhandlungen über das „Frankenthaler Temperament" wurden eine Zeitlang die über die R e a l a s s e k u r a t i o n für die rückständigen Satisfaktionsgelder verknüpft, als die Stände den Yorschlag machten, der Kaiser möge die Garantie für die beiden streitigen Punkte in gleicher Weise übernehmen. Damit waren die Schweden wohl zufrieden und wiesen auf das für Frankenthal allein schon angebotene Gross-Glogau hin,1 aber der Kaiser, welcher seine Verpflichtungen gegen Kurpfalz später den oberen Kreisen zuschob, dachte gar nicht daran, im Interesse Deutschlands selbst Opfer zu bringen. 2 Daher wurde eine Zeitlang die Frage erörtert, ob es nicht besser sei, das fehlende Geld durch eine Anleihe flüssig zu machen. Gerne nahmen die Stände diesen Gedanken auf und traten am 5. September darüber in Beratung zusammen. Piccolomini hatte sie auf niederländische Kaufleute in Antwerpen 3 — unter ihnen wurde besonders ein gewisser Malo genannt — aufmerksam gemacht, weiche sich erboten hätten, den Ständen eine Million gegen genügende Versicherung vorzuschiessen, aber es war schwer, eine solche den ausländischen Gläubigern zu verschaffen. Es wurde wohl vorgeschlagen, denselben einen besonders einzurichtenden Zoll auf dem Rhein, der Elbe, "Weser und Donau als Pfand anzubieten, wobei etliche Stände, „sonderlich diejenigen, deren Lande nicht gar viel von solchen Ströhmen berühret wurden", sogar so liberal waren, ihn den Schweden selbst ohne Vermittelung der Kaufleute „loco assecurationis zu offeriren"; aber man fürchtete die Schädigung, welcher der Handel dadurch erleiden musste, und dann schien es doch sehr unbillig zu sein, den Donau-, Elb- und Weserbewohnern die Last der Hypothek aufzubürden, welche gar keine Verpflichtungen gegen die Schweden mehr hatten, und dieselben so abermals für die säumigen Zahler in Oberdeutschland haften zu lassen. Den Schweden aber diesen Zoll zu überlassen, ging noch weniger an, da man ihnen in diesem Falle auch einen festen Platz an jedem Flusse zur Sicherheit ihrer Zolleinnehmer und anderer Beamten einräumen müsste, und sich dadurch „zugleich in ein grosses Labyrinth künfftiger Liquidation und Abrechnung stecken würde, anderer vieler daraus entstehender Ungelegenheiten zu geschweigen." Aller Verlegenheiten aber war man ledig, wenn es gelang, das fehlende Geld 1 3 3
Meiern ex. I, 194, 211. Meiern ex. I, 267, 406. Meiern ex. I, 261, 266.
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bei deutschen Kaufleuten in den Hansestädten aufzunehmen und ihnen dafür eine schriftliche Garantie von Reichswegen zu geben. Ein in diesem Sinne von den Gesandten der Reichsstädte gemachter Vorschlag fand daher viel Beifall, „wenn er nur auch practicirlich seyn möchte: verebantur enim prudentiores, Mercatores illos adeo descivisse a genio suo, dass sie sollten Geld vor Brieffe geben."1 Es half also nichts, die Kreise mussten sich mit dem Gedanken vertraut machen, ihren harten Drängern für das rückständige Geld einen festen Platz zu verpfänden. Diese bestanden trotz aller Gegenvorstellungen um so mehr darauf, da es schon jetzt vorauszusehen war, dass der oberrheinische Kreis z. B. mit seinen Beiträgen nicht zu Stande kommen konnte, und da die andern sich weigerten, die Haftpflicht für die Zahlungsunfähigen zu übernehmen. Wenn diese ihren Mitständen selbst so wenig trauten, wie sollte man dann den Schweden zumuten, ihnen Kredit zu geben? 2 Indessen suchten die Stände das weitere Verbleiben einer schwedischen Garnison noch zu umgehen. Sie machten den Vorschlag, der Landgräfin von Hessen das Pfand per modum sequestri zu übergeben, bis die Rückstände beigetrieben wären. Die Garnison aber sollte von denen unterhalten werden, welche die Ursache der Verpfändung gewesen wären. Aber wie sollten diese gänzlich verarmten Stände, welche nicht einmal mit der Hauptsumme aufkommen konnten, auch noch diese neue Auflage tragen? Man sah die Unmöglichkeit ein und stand deshalb auch von Anfang an davon ab, den Assekurationsplatz aus ihrem Gebiete auszuwählen, so dass eine einmal von den Schweden gemachte Anspielung auf die Reichsstadt Offenburg und die Landvogtei Ortenau abgelehnt wurde.8 Da der Kaiser, wie gesagt, die Überlassung von Glogau verweigerte, so richteten die Schweden ihr Augenmerk nunmehr auf Erfurt oder Schweinfurt oder auch Leipzig.4 Zur Begründung ihrer Forderung, welche so wichtige und grosse Festungen betraf, führte Erskein an, dass nicht einmal die bewilligten fünf Millionen zur Befriedigung ihrer Soldateska hinreichten. Schon im September 1649 hatte er dies hervorgehoben und dargelegt, wie schweres Geld der Unterhalt ihrer Truppen in Mecklenburg und Pommern, sowie die Beförderung 1 3 3 4
Meiern Meiern Meiern Meiern
ex. I, 301. ex. II, 111, 123 f. ex. I, 396. ex II, 119, 124.
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der nationalen Regimenter nach Schweden sie gekostet habe, so dass die Königin noch an 900000 Th. zuschiessen müsse. Jetzt kam er darauf zurück: nach seiner Rechnung blieben wenigstens noch acht Regimenter übrig, welche nicht bezahlt werden könnten: deshalb müsse das Pfand so gross sein, dass dieselben bis zur völligen Entrichtung nicht nur ihre Sicherheit, sondern auch ihre gehörige Verpflegung dadurch erlangen könnten.1 Es hatte den Ständen nichts geholfen, dass sie durch ihre weitgehenden Bewilligungen die Schuldsumme bis auf drei Viertel Millionen Th. erniedrigt hatten, sie merkten jetzt, dass auch dies noch nicht genügte. Acht Regimenter in einer wichtigen Festung zu unterhalten, hätte unverhältnismässig hohe Kosten verursacht, daher bequemten sie sich seufzend zu einem weiteren Zugeständnisse: sie legten zu den fünf Millionen wiederum 200000 Th. zu, wenn die Schweden dafür entweder ganz auf das Pfand verzichteten, oder doch mit einem Platze zufrieden wären, zu dessen Schutze nicht mehr als 5—600, höchstens 1000 Mann erforderlich wären.2 Dieser Vorschlag fand den Beifall derselben; sie begnügten sich jetzt mit der im Bistum Münster gelegenen Festung Vechta, welche ihnen aus verschiedenen Gründen am meisten zusagte: denn sie konnte von ihren Bremischen Besitzungen leicht erreicht werden und war als Bischofstadt ein geeignetes Mittel, auf die widerwilliger zahlenden Katholiken einen Druck auszuüben. Um aber nicht neue Proteste hervorzurufen und um die oberen Kreise nicht in ihren Zahlungen erlahmen zu lassen, wenn sie von der Sorge, dass der Assekurationsplatz vielleicht in ihren Gebieten lag, befreit waren, wurde der Name desselben vorläufig geheim gehalten:8 ausser den Schweden wussten nur drei aus den Ständen gewählte Deputierte davon.4 Zur Unterhaltung der Vechtischen Garnison aber und aller durch dieselben entstehenden Unkosten mussten die sieben Kreise sich zu einer monatlichen Zahlung von je 1000 Th. verstehen und dem Bischof von Münster feierlich versprechen, ihn ebenfalls schadlos halten zu wollen.6
1
Meiern ex. I, 305, II, 118, 125 f. Meiern ex. II, 125 ff. 3 Pufendorf XXU, 8. 4 Meiern ex. II, 131, 140, 142, 150. Das Geheimnis blieb jedoch nicht gewahrt; gegen Schluss des Kongresses war es allgemein bekannt. 6 Meiern ex. II, S. 681 ff. 3
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Aber noch immer waren die Schweden nicht zufrieden. In der Eile, in welcher das Verzeichnis über die Verteilung der ersten drei Millionen auf die sieben Kreise hatte angefertigt werden müssen, war der Reichsritterschaft nicht gedacht worden, welche, wenn sie auch als nicht eingekreister Stand sonst zu Reichskontributionen nicht herangezogen wurde, doch im I. P. 0. XVI, 8 besonders verpflichtet war, zu der Entschädigung der schwedischen Armee mit beizusteuern, 1 und daher für sich 20000 Th. zusammengebracht hatte. Ferner stellte sich bei der Abrechnung der ersten drei Millionen ein Überschuss von 32842 G. Kr. = 21894 2 / s Th. heraus. Da die Stände aber nur drei Millionen Th. bewilligt hatten, so war nichts natürlicher, als diesen Überschuss von 41894 a / 3 Th. bei der Berechnung der letzten zwei Millionen in Abzug zu bringen. Allein von den Schweden wurden sie eines anderen belehrt; diese erklärten, die gemachte Repartition sei ihnen für rund drei Millionen Thaler übergeben worden, den Beitrag der Ritterschaft aber möchte man ihnen als „Draufgeld" geben. Anfangs wollten die Stände zwar nicht darauf eingehen, allein die Zeit drängte, der Schluss der Verhandlungen stand bevor; so gaben sie denn auch hierin nach. Der Überschuss aber, den die Austeilung der letzten zwei Millionen ergab, in der Höhe von 19145 1 / 2 Th., wurde für den Unterhalt der Vechtaischen Garnison verwendet, sodass die sieben Kreise 2 x / 2 Monate für dieselbe nichts zu zahlen brauchten (Juni 1650). Die gesamte f ü r die Abdankung der Armee bewilligte Summe belief sich demnach genau auf 5241834 2 / 3 Th.2 Inzwischen hatte auch die zur Regelung der Restitution eingesetzte Kommission ihres Amtes gewartet, gelegentlich wohl unterstützt von den Schweden, welche ihren Entschliessungen nötigenfalls mit den "Waffen Nachdruck gaben. Unter allen diesen Verhandlungen war der "Winter des Jahres 1649—50 dahingegangen, ebenso das folgende Frühjahr, und schon begann der Sommer, als endlich für Deutschland die Stunde der Erlösung nahte. Nicht immer war die verflossene Zeit sehr zukunftsfroh gewesen. "Wohl hatte sich im Verlaufe derselben der düstere 1
I. P. 0., Art. XVI, 8: denique pro militae Suedicae exauctoratione omnes et singuli electores et reliqui status c o m p r e h e n s a l i b e r a e t i m m e d i a t a I m p e r i i N o b i l i t a t e . . . teneantur conferre quinque myriades Imp. Thalerorum. 2
Meiern ex.'II, 337, 423 if.
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Himmel etwas gelichtet, aber hier und da ballten sich wieder neue "Wolkenmassen zusammen, unheilvoll drohend, dass sich von neuem die Kriegsgewitter über das geängstigte Deutschland entladen würden. Nur mit schwerer Sorge konnte man dem neuen Jahre 1650 entgegenblicken, höher als je war im Gegensatze der Meinungen die Erbitterung gewachsen; schon liess Karl Gustav dem Grafen Königsmarck den Befehl zugehen, seine Truppen wieder zusammenzuziehen, während der Kaiser die seinen bei Koblenz sammelte; auch die Stimmung der deutschen Unterthanen war allmählich der Verzweiflung nahe gebracht, da sich die Hoffnung auf eine endliche Befreiung von Monat zu Monat hinauszog, während andererseits die Lothringer Truppen immer von neuem die gequälten Rheinlande verwüsteten und ausplünderten1 — aber man wagte es doch nicht, es noch einmal auf die Entscheidung der "Waffen ankommen zu lassen. Mit dem Jahre 1650 trat auch von aussen her ein neuer Grund hinzu, die Abdankung der Armee noch hinaus zu schieben. Bisher hatte die Königin Christine fort und fort gedrängt, die Sache in Deutschland endlich zum Abschluss zu bringen, jetzt trat in ihrer Stimmung ein Umschwung ein. In Frankreich waren zu den inneren "Verlegenheiten, welche die Frondeurs der Regierung bereiteten, neue von aussen hinzugekommen, da die Spanier in dieser Zeit grosse Erfolge errangen. Hatten die französischen Delegierten daher früher sich über die Langsamkeit der Friedensexekution beklagt, so lag ihnen jetzt alles daran, die Abdankung der schwedischen Truppen zu verhindern; denn wie leicht konnten dieselben, deren Abneigung gegen Frankreich bekannt war, die feindliche Partei gerade beim Beginn der neuen Kampagne unter der stillen Mitwirkung des Kaisers verstärken. Den dringenden Vorstellungen des französischen Gesandten Chanut gab die Königin bereitwillig nach und erteilte demgemäss ihrem Vetter in Deutschland die entsprechenden Befehle, doch unter der Voraussetzung, dass die deutschen Stände und die Offiziere ihrer Armee nicht den wahren Grund der Verzögerung merkten. 2 Karl Gustav folgte den Befehlen, so lange es ihm beliebte, zumal er wusste, dass die Neigungen der Königin im Senate, vor allem bei dem Reichskanzler und bei Torstensohn, keineswegs Beifall fanden. Für das Interesse der Soldateska hatte man im Juni 1650 alles erreicht, was zu erreichen war — die schwedische Hartnäckigkeit 1
Pufendorf X X I , 108; Sattler, Gesch. d. Herzogs v. Wurtenberg. I X , 74—75.
2
Linage de Vauciennes, Mémoires I, S. 246; II, 39 f., 43 f.
L o r e n t z e n , Sehwed. Armee.
12
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Die Abdankung der schwedischen Armee.
hatte hier geradezu glänzende Erfolge davon getragen, zu denen Erskein sich Glück wünschen konnte; mochten daher die deutschen Stände die immer noch zahlreichen rückständigen Restitutionspunkte unter sich erledigen. Dazu kam noch, dass der zukünftige schwedische Thronerbe gerade jetzt den Befehl erhielt, unverzüglich den Heimweg nach Stockholm anzutreten, um dem einberufenen hochwichtigen Reichstage dort beizuwohnen, und dass derselbe wenig Neigung bezeigte, die Ehre, die Verhandlungen in Deutschland abgeschlossen zu haben, einem Nachfolger zu überlassen. 1 Ungeachtet daher des französischen Einspruches unterzeichnete er am 16./26. Juni 1650 den Friedensexekutions-Hauptrezess, welcher endlich den lange sehnsuchtsvoll erwarteten Frieden wirklich herbeiführte. 2 In demselben wurde der im Herbst des vorigen Jahres vereinbarte Präliminarrezess noch einmal bestätigt und dann näher festgesetzt, welche Restitutionsfälle innerhalb drei Monate nach dem letzten Termine zur Exekution kommen sollten, und welche Fälle als streitige einer weiteren Beratung der Kommission vorbehalten blieben. Sodann waren die Beschlüsse, Frankenthal betr., sowie über die Auszahlung der Satisfaktionsgelder im einzelnen hinzugefügt. Der erste Räumungs- und Abdankungstermin wurde auf den 30. Juni /10. Juli, der zweite auf den 14./24. Juli, der dritte auf den 28. Juli/7. August angesetzt.
Siebentes Kapitel. Die Abdankung der schwedischen Armee. Die B e i t r e i b u n g der zur Abdankung der schwedischen Armee erf o r d e r l i c h e n S u m m e n war inzwischen nur unter grossen Schwierigkeiten vor sich gegangen. "Wenige Stände waren wohl in der glücklichen Lage, dieselben ganz aus eigenen Mitteln entrichten zu können.3 1
Odhner, Sver. deltag., a. a. 0. S. 326 ff. Meiern ex. II, 356 ff. Christine war über das Vorgehen Karl Gustavs wenig erfreut, doch suchte sie ihn Chanut gegenüber zu entschuldigen, da er zu sehr unter Erskeins Einfluss stehe, auf den sie gar nicht gut zu sprechen war. Linage de Yauciennes, Mémoires II, 10, 79 f., 93 f. 3 Vgl. z. Folg. Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte von 1648—1740 I, Buch 1. cap. 4; Gothein, Die deutschen Kreditverhältnisse und der 30jähr. Krieg, als Einl. z. der erneuten Ausgabe von: Ein Neu- Nützlich und Lustigs colloquium etc. Leipzig 1893. 2
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hatte hier geradezu glänzende Erfolge davon getragen, zu denen Erskein sich Glück wünschen konnte; mochten daher die deutschen Stände die immer noch zahlreichen rückständigen Restitutionspunkte unter sich erledigen. Dazu kam noch, dass der zukünftige schwedische Thronerbe gerade jetzt den Befehl erhielt, unverzüglich den Heimweg nach Stockholm anzutreten, um dem einberufenen hochwichtigen Reichstage dort beizuwohnen, und dass derselbe wenig Neigung bezeigte, die Ehre, die Verhandlungen in Deutschland abgeschlossen zu haben, einem Nachfolger zu überlassen. 1 Ungeachtet daher des französischen Einspruches unterzeichnete er am 16./26. Juni 1650 den Friedensexekutions-Hauptrezess, welcher endlich den lange sehnsuchtsvoll erwarteten Frieden wirklich herbeiführte. 2 In demselben wurde der im Herbst des vorigen Jahres vereinbarte Präliminarrezess noch einmal bestätigt und dann näher festgesetzt, welche Restitutionsfälle innerhalb drei Monate nach dem letzten Termine zur Exekution kommen sollten, und welche Fälle als streitige einer weiteren Beratung der Kommission vorbehalten blieben. Sodann waren die Beschlüsse, Frankenthal betr., sowie über die Auszahlung der Satisfaktionsgelder im einzelnen hinzugefügt. Der erste Räumungs- und Abdankungstermin wurde auf den 30. Juni /10. Juli, der zweite auf den 14./24. Juli, der dritte auf den 28. Juli/7. August angesetzt.
Siebentes Kapitel. Die Abdankung der schwedischen Armee. Die B e i t r e i b u n g der zur Abdankung der schwedischen Armee erf o r d e r l i c h e n S u m m e n war inzwischen nur unter grossen Schwierigkeiten vor sich gegangen. "Wenige Stände waren wohl in der glücklichen Lage, dieselben ganz aus eigenen Mitteln entrichten zu können.3 1
Odhner, Sver. deltag., a. a. 0. S. 326 ff. Meiern ex. II, 356 ff. Christine war über das Vorgehen Karl Gustavs wenig erfreut, doch suchte sie ihn Chanut gegenüber zu entschuldigen, da er zu sehr unter Erskeins Einfluss stehe, auf den sie gar nicht gut zu sprechen war. Linage de Yauciennes, Mémoires II, 10, 79 f., 93 f. 3 Vgl. z. Folg. Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte von 1648—1740 I, Buch 1. cap. 4; Gothein, Die deutschen Kreditverhältnisse und der 30jähr. Krieg, als Einl. z. der erneuten Ausgabe von: Ein Neu- Nützlich und Lustigs colloquium etc. Leipzig 1893. 2
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Besonders das platte Land, welches schutzlos der wilden Zerstörungswut der Soldateska preisgegeben war, war gänzlich erschöpft und tief verschuldet; manche Bauern hatte die Verzweiflung gar selbst zu Räubern gemacht, oder hatten die Heere in ihrem Tross mit sich fortgerissen. In den Städten lagen die Verhältnisse günstiger: zwar waren auch sie nur noch das Schattenbild dessen, was sie einst gewesen waren; die Industrie vor allem hatte schwer gelitten und war in manchen Zweigen geradezu vernichtet; aber der Handel hatte sich, wenn er auch naturgemäss ebenfalls sehr zurückgegangen war, doch noch verhältnismässig stark behauptet: nach wie vor hatten die norddeutschen Hansestädte, sowie die oberdeutschen Reichsstädte ihre auswärtigen Handelsbeziehungen aufrecht erhalten. Stellenweise hatten sie sogar während des Krieges Überfluss an Kapital gehabt: durch den Ankauf der Kriegsbeute, welche, von den Soldaten um einen billigen Preis erstanden, den Gegenstand eines einträglichen Handels bildete, hatten sich die Kaufleute oft in schnödester Weise bereichert. Dazu kam nun, dass, wer irgend noch bares Vermögen besass, dasselbe in den Städten unterbrachte, da sich dort die einzige Gelegenheit bot, es nutzbringend anzulegen oder auch nur sicher zu deponieren.1 Infolge dessen bargen die Städte, welche sich trotzdem beharrlich gegen jede Geldbewilligung auf den Kongressen sträubten, fast das gesamte in Deutschland noch vorhandene flüssige Kapital in ihren Mauern. Während des ganzen Krieges hatten die kriegführenden Parteien in ihren Geldverlegenheiten ausser bei ihren eigenen Offizieren auch bei den unternehmungslustigen Kaufleuten immer wieder Hülfe gefunden. Diese beiden Berufsstände verfügten noch über bedeutende bare Kapitalien, sie waren auch jetzt gerne zu Geldgeschäften bereit, um den verarmten Mitständen durch Vorschüsse zu helfen, vorausgesetzt, dass ihnen genügende Sicherheit gegeben wurde. Dem ganzen Reiche auf die Generalgarantie desselben grosse Summen vorzustrecken, schien ihnen zu unsicher zu sein, dagegen Verhandlungen mit einzelnen Ständen, von welchen jeder mit einem bestimmten Pfände für seine Schuld haftete, waren sie wohl geneigt, wenn sie ausserdem noch besondere Vergünstigungen erhielten. Mit Eifer gingen die Stände auf diesen Gedanken ein: schon im Juni 1648 hatte der Fürstenrat auf ein Anerbieten von Frankfurter, Hamburger u. a. Kaufleuten die Frage in Erwägung ge-
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Gothein a. a. 0 .
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zogen, wie solche Vorschüsse sicher gestellt werden könnten; 1 im November dieses Jahres ersuchte darauf der Kongress durch ein offizielles Schreiben das Eeichsoberhaupt, ein Edikt zu erlassen des Inhalts, dass die, welche zur Abdankung der schwedischen Armee den Zahlungsunfähigen Geld zur Verfügung stellen würden, vor allen andern Gläubigern künftig den Vorzug haben sollten, und dass alle Güter, welche als Pfand für die richtige Rückerstattung ausgestellt werden würden, ihnen inzwischen von Reichswegen als unbestrittener Besitz garantiert werden sollten. 2 Nur zögernd willfahrte der Kaiser dieser Bitte: abgesehen von juristischen Bedenken misstraute er wohl nicht mit Unrecht vor allem dem freundlichen Entgegenkommender Offiziere: „es möchte manchem General dadurch Gelegenheit gegeben werden, einem Stand des Reiches ein gross' Stück Land abzuwassern." Schliesslich bewilligte er doch das Vorzugsrecht auf drei Jahre. 3 So geschützt floss das Kapital den notleidenden Ständen reichlich zu, und nur so ist es zu erklären, dass dieselben den Schweden so weitgehende Zugeständnisse machen konnten. Es lag in der Natur der Verhältnisse, dass es den norddeutschen Kreisen, besonders den sächsischen, leichter fiel, die erforderlichen Summen flüssig zu machen; sie waren weniger durch die Lasten der Okkupation gedrückt. Wem es fehlte, dem halfen wohl die reichen Bankhäuser der benachbarten Hansestädte, vielleicht auch die Niederländer, 4 oder er ergriff einen ähnlichen Ausweg, wie z. B. der Kurfürst von Brandenburg, welcher, um seinen Beitrag zu den ersten drei Millionen bezahlen zu können, den Grafen Königsmark um einen Vorschuss von 90000 Th. anging. 5 In Süddeutschland gab es ebenfalls eine ganze Reihe leistungsfähiger Städte, wie Nürnberg und Regensburg, von denen z. B. Weissenburg Hülfe erhielt, 6 dann Augsburg und andere und vor allem Frankfurt; aber hier reichte, wie es scheint, das deutsche Kapitel doch nicht aus oder war nicht so bereitwillig, wie das a u s l ä n d i s c h e . Kaufbeuern z. B. musste sich an einen Kaufmann in Salzburg wenden und ihm dafür einige Dörfer ver1 2 3 1 6 6
Meiern VI, 1 6 - 1 7 . Meiern VI, 668 ff. Meiern VI, 768; vgl. Gothein a. a. O. Gundling, Discours über den westphäl. Urk. u. Akten IV, 735; Tgl. Meiern V, Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. II,
S. XLIV i. Frieden. Frankfurt 1787. 824 f. 80.
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pfänden. Besonders entgegenkommend aber zeigten sich die Schweizer. Diese hatten schon im Verlaufe des Krieges sich durch Ankauf des mehr und mehr im Werte sinkenden Grundbesitzes in Süddeutschland 1 festzusetzen gewusst; sie waren auch jetzt gerne bereit, aus der Verlegenheit der armen Stände weiterhin ihren Nutzen zu ziehen. Daher ist ein grosser Teil des Geldes, welches der oberrheinische Kreis und vor allem der schwäbische Kreis für die schwedische Armee schuldig war, aus der Schweiz bezogen worden.2 Der Maltheserorden z. B., welcher sich lange gegen jede Zahlung verwahrt hatte, da ihn als den Vorkämpfer gegen den christlichen Erbfeind, die Türken, der deutsche Krieg gar nichts anginge, lieh über 20000 Fl. d. h. über zwei Drittel seines schuldigen Beitrages zu den ersten 3 Millionen bei einem französischen Obersten Rahn in Zürich, welcher dies Geld zum Teil sogar aus Lyon herbeischaffte; Rottweil nahm ebenfalls 900 Fl. in der Schweiz auf u. s. w. Die Bedingungen, unter denen solche Kapitalien gegeben wurden, waren, scheint es, nicht sehr hoch. 6—8 °/0 waren wohl das Gewöhnliche in Süddeutschland, aber Hamburger Kaufleute wollten dem Markgrafen von Baden Vorschüsse nicht unter 10 °/0 leisten, und dabei sollte dieser noch alle Kosten zur Herbeischaffung derselben tragen. Immerhin mochte den Ständen die Tilgung der so gemachten Schulden später wohl manche Sorge bereiten und mit weiteren schweren Verlusten verbunden sein.® Trotzdem freilich gelang es keineswegs allen Ständen, den drückenden Anforderungen der Armeeentschädigung gerecht zu werden, obwohl stellenweise die Anwendung der bedenklichsten 1
In Bayern sank derselbe auf ein Drittel bis ein Viertel, bei Schlössern und Nutzungsgebäuden auf ein Sechstel. Gothein a. a. O. LXXII. 2 3
Meiern ex. I, 30.
Vgl. Discours über Discours d. i. Zwey widerwertige Bedenken vom Nachlass und Zahlung der Zinsen. Flugschr. v. J. 1653 (?) S. 7—8: „Man hat da und dort, alss die Stände im Schwäbischen Creyss, im Schweitzerland mit schwehren Conditionibus und auff gewisse Zahlungstermine viel 1000 Fl. auffborgen müssen, zu deren widererstattung die betrengte debitores alle Hände voll zu thun, dass also in verwichenen nächsten Jahren bis auf annum 52 die Schulden und Zinss zu zahlen unmöglich gefallen." Der Autor verlangt daher, dass sich auch die Schweizer „ad remissionem censuum und derenthalb erfolgenden Reichsschluss bequem sollen." Kaiser und Reich sollten an die Eidgenossen schreiben und sie ersuchen, „aus christlicher Lieb' und Mitleiden obgenannte Zinss fallen zu lassen."
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Mittel nicht gescheut wurde. 1 Viele konnten der militärischen Exekution nicht entgehen, so z. B. die Schenken von Limburg, die Grafen von Wertheim, Erbach, Hohenlohe, dann Rothenburg, Weissenburg u. a.3 Da aber auch diese oft nicht den gewünschten Erfolg hatte, so griff man im äussersten Notfall auf das frühere Mittel zurück: man überwies den Zahlungsunfähigen gewisse Offiziere, welche edelmütig genug waren, zu warten, bis ihren Forderungen Genüge geschehen konnte.3 An einem Reichsstande aber ward die Exekution im Grossen vollzogen, an dem Bischof von Lüttich, welcher seine Weigerung, zu zahlen, mit hartnäckiger Beharrlichkeit fortgesetzt hatte. Als alle Ermahnungen der Stände nichts fruchteten, liess Karl Gustav seine Truppen in das Bistum einrücken und trieb die schuldige Summe unter allerlei Vorwänden mehr als doppelt ein.4 In welch' trauriger Lage sich manche Stände unter dem Drucke der militärischen Geldforderungen befanden, möge hier an einem Beispiele näher erörtert werden. Zu den Gebieten, welche den Verheerungen des Krieges mit am meisten ausgesetzt gewesen waren, gehörte auch die Markgrafschaft Baden-Durlach. Sie hatte auch nach dem Frieden kaum aufatmen können, da sie an Schweden, Franzosen, Bayern und Kaiserliche in gleicher Weise Kontributionen zu entrichten hatte. Kein Wunder daher, dass Markgraf Friedrich mit seinen Beiträgen zu den schwedischen Entschädigungsgeldern stets im Rückstände gebheben war. Das geharnischte Schreiben, welches General Douglas bereits im Oktober 1649 an die säumigen schwäbischen Kreisstände gerichtet hatte, hatte auch hier keinen entsprechenden Erfolg gehabt, so dass z. B. Gernsbach schon im Februar 1650 die Freuden der Exekution hatte kosten müssen. Die zur Eintreibung der schuldigen Summe dort einquartierten acht schwedischen Reiter hatten nicht nur fünf Tage lang verpflegt werden müssen, sondern hatten auch noch allerlei Mutwillen verübt: „182 Mass Wein extra getrunken, 40 Gläser zerbrochen und dem Wirth alle Milch in die Stube geschossen." Nun rückte der letzte Termin immer näher 1
In Nassau z. B. waren einige Gemeinden im Begriff Teile des Kirchenvermögens zu veräussern; die Gemeinde Burgschwallbach wollte sogar ihre Kirchenglocke verkaufen. Keller, Nass. Drangsale. S. 467. 3 Beck, Chronik von Schweinfurt II, 21—22. 3 Pufendorf XXII, 33. Meiern ex., II, 686 if.
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heran, von Neuem drohte die kostenschwere Exekution, und noch immer waren über 20000 fl. von der Markgrafschaft zu entrichten. Keine Aussicht war vorhanden, dieselben im Lande aufzubringen: die Bürgermeister von Durlach, Mühlburg, Graben und Langensteinbach erklärten in einer gemeinsamen kläglichen Eingabe vom 13. Juli 1650 ihre gänzliche Zahlungsunfähigkeit: bei den doppelten Fruchtund Weinzehnten, welche ihnen im vergangenen Jahr schon abgefordert und jetzt wieder zu leisten seien, sei es unmöglich, das Gesinde zu halten und das Land weiter zu bewirtschaften. „Dazu hat das "Wasser in diesem Jahr grossen Schaden gethan und der liebe Gott haltet den ganzen Sommer hindurch mit bösem, kaltem Wetter an. Weit und breit dürfte kein Ort zu finden sein, der so viel Kriegspressuren und Drangsale erlitten, als Durlach und die angrenzenden Dörfer, über welche alle Wetter zusammengeschlagen." Nicht minder traurig sah es in Pforzheim aus, doch griff hier der Sohn des .Markgrafen, Karl Magnus, bereitwillig ein, indem er dem Amte aus eigener Tasche 3000 Th. vorschoss. Als Oberst in schwedischen Diensten stehend fiel es ihm gewiss nicht schwer, seinem bedrängten Heimatlande dieses Opfer zu bringen; 1 im Oberlande glückte dem Amte Röteln eine Anleihe in Basel. Um das fehlende nun beizuschaffen, beauftragte Markgraf Friedrich einen Kommissar, Geld aufzunehmen, wo er nur immer könnte; aber die Bemühungen desselben waren von wenig Erfolg begleitet. In Strassburg, wo er an die verschiedensten Thüren anklopfte, gab nur der schwedische Generalmajor Friedrich Moser seinen Bitten nach und streckte ihm 2000 Th. gegen (5°/0 Zinsen vor; vom Postmeister Balthasar Kraus, dem französischen Feldmarschall von Schmidtberg u. a. wurde er mit vielen Entschuldigungen wieder fortgeschickt. Er riet nun in seinem Berichte, fernere Yersuche bei einem Obristen Saint-Andree und dem Bürgermeister Wagner in Esslingen, welcher ein „über die Massen reicher, wohlhäbiger Herr" sein sollte, zu machen und ihnen dafür ein Stück Land als Pfand zu überlassen. Die verschiedensten weiteren Vorschläge wurden gemacht, der Exekution aus dem Wege zu gehen: entweder sollten die Stände für einander haften und die zahlungsunfähigen dafür denen, die ihre Beiträge entrichtet hatten, gewisse Güter zur einstweiligen Nutzniessung überlassen, oder man sollte sich bemühen, Kaufleute in Basel, Strassburg und Frankfurt als Bürgen zu gewinnen, welche 1
Eine dahingehender Bittbrief des Markgrafen an seinen Sohn v. 20. Juli 1650.
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sich verpflichteten, innerhalb dreier Monate die rückständigen Summen nach Hamburg auf Wechsel zu zahlen. Yon anderer Seite wurde dem Markgrafen geraten, das nötige Geld einfach von seinen vermögenden Unterthanen, nötigenfalls mit Gewalt, zu erheben, aber alles schien undurchführbar; daher setzte Douglas, der den gemessenen Befehl gab, vorläufig keinen Mann weiter abzudanken, die Exekution mit 40 Mann und einem Cornet ins Werk. Der 31. Juli, der letzte Termin, war verstrichen, und neben andern Ständen, z. B. der Abtei Salmannsweiler, hatte auch Baden denselben verfallen lassen müssen. In Folge davon mussten zwei Regimenter, der Generalstab und die Nördlinger Garnison abermals zehn Tage lang mit einem Aufwand von 10000 Th. im schwäbischen Kreise verpflegt werden. In dieser höchsten Not erbot sich der Herzog von Württemberg zur Hülfe und, um die noch im Kreise rückständige Summe von 40000 Th. beizubringen, versetzte er in hochherziger Weise seine „liebste noch übrige habende Kleinodien", allerdings mit der Bedingung, dass ihm das vorgeschossene Geld bis Weihnachten „an guten groben Reichssorten, gewichtigen Dukaten oder Reichsthalern" in Stuttgart mit 3200 Th. Agio und Interesse, also mit etwa 20°/o zurückerstattet würde. Dafür hafteten ihm auf dem Kreiskonvent vom 14./24. Aug. 1650 alle Stände, während die Reichsstädte, wie gewöhnlich, protestierten. 1 Die E n t l a s s u n g d e r T r u p p e n hatte schon kurz nach Auswechslung der Ratifikationsurkunden begonnen. Den Anfang damit machte der Kurfürst von Bayern, welcher seinem Lande die kostspielige Einquartierung nicht mehr zumuten konnte, ihm folgte die Landgräfin von Hessen und der Kaiser, welcher bereits im Frühjahr 1649 mit vielen Regimentern 2200 Offiziere abgedankt hatte. 2 Auch Karl Gustav gab Deutschland bald wesentliche Erleichterungen; unter dem Drängen der Stände, besonders des Kurfürsten von Mainz, schaffte er im März 1649 den ganzen unnützen Tross ab und schritt 1 Auf demselben Konvent wurde auch der charakteristische Beschluss gefasst, dem General Douglas „da er mit seiner Soldateska nicht allein die Sicherheit der Strassen gepflantzet und gute Ordre gehalten, auch mit Reisen und sonst des Kreises wegen viel Unkosten gehabt," eine silberne Truhe von 5000 G. Wert zu verehren, ferner seinem Generalauditor und Kassierer je 100 Th., und der Kanzlei 40 Th. — Die obige Darstellung ist nach den Akten des Grossherzogl. Haus- und Staatsarchivs in Karlsruhe, Kriegssachen 44—48 gegeben, einzelnes ist auch dem Kgl. Archiv in Stuttgart entnommen. 5 Meiern ex. I, S. 32.
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mit Nachdruck und scharfer Disziplin gegen den Mutwillen der Soldateska ein. 1 Gleichzeitig dankte er die Masse überzähliger Offiziere ab und reformierte darnach die Regimenter, so dass das schwedische Heer bei Unterzeichnung des Interimsrezesses nur noch aus 403 Kompagnien bestand, 2 die allerdings vollzählig waren, während auf dem Friedenskongresse Oxenstierna deren 952 angeführt hatte. 3 Dadurch hatte Karl Gustav selbst den grossen Vorteil, dass er sein Heer für alle Fälle schlagfertiger machte. Bei der weiteren Abdankung verfuhr er vorsichtiger, als seine Gegner, da er einerseits vor dem Kaiser und den deutschen Ständen auf der Hut sein musste, mit welchen ihm noch langwierige Verhandlungen bevorstanden, andrerseits aber sich seine Blicke sorgenvoll nach Frankreich und Polen richteten. Beide Länder, welche in verschiedener Weise zu Schweden die nächsten Beziehungen hatten, befanden sich gerade in gährendem Aufruhr, so dass Vorsicht jedenfalls dringend geboten war.4 Indessen wurden bereits früh auch ganze Regimenter entlassen, wobei mit der kostspieligen Kavallerie der Anfang gemacht wurde. 5 Vor allem lag dem schwedischen Generalissimus daran, sich der ehemaligen weimarischen Regimenter zu entledigen, welche unter Königsmarck in Norddeutschland lagen. Der Widerwille, mit welchem sie von Schweden angenommen worden waren, war sehr berechtigt gewesen; denn nach ihrer ganzen Vergangenheit und ihrem stolzen Corpsbewusstsein waren sie in dem neuen Truppenkörper keineswegs aufgegangen; sie waren ein eigener Bestandteil desselben geblieben und hatten keinen schwedischen Offizier unter sich geduldet. Dadurch hatten sie den Schweden grosse Unannehmlichkeiten bereitet, ja gefährliche Gährungen in dem Heere derselben hervorgerufen, weshalb Axel Oxenstierna schon im Februar 1648 auf die Beschwerden des französischen Gesandten in Stockholm entgegnete, dass er sie lieber heute, wie morgen wieder los wäre, wenn es nur möglich wäre. 6 Sobald daher das erforderliche Geld zur Stelle war, wurden sie abgelöhnt und entlassen. In dieser Weise, das Heer zu 1
Pufendorf XXI, 55; Theatr. Eur. VI, 779 f. Meiern ex. I. 344 ff. 3 Meiern V, 852 Beil. 4 Schon damals wurde in Schweden der Plan eines neuen Krieges mit Polen in Erwägung gezogen. 6 Ein dahingehender Befehl datiert schon vom 16. März 1649: Hannov. Staatsarchiv. 6 Linage de Vauciennes I, S. 237 - 2 3 8 , 266. 2
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verringern, fuhren die Schweden im Laufe des Sommers fort, so dass im September 1649, wie Karl Gustav in dem geheimen Recesse angab, bereits 136 Kompagnien, d. h. ein Drittel seines ganzen Heeres, ihrer Pflichten ledig waren, während die Kaiserlichen in derselben Zeit 124 Kompagnien entlassen hatten. Nach Unterzeichnung des Interimsrecesses wurden ferner die schwedischen Nationaltruppen in der Stärke von 15000 M. z. F. und 4000 z. E. abgeführt, und zwei Dritteile davon in die Heimat übergesetzt, während das andere Drittel in Folge plötzlich hereinbrechender Kälte noch in Deutschland überwintern musste.1 Daher können in dieser Zeit kaum noch mehr als 25000 Mann der schwedischen Armee unter den Fahnen geblieben sein, und auch diese wurden allmählich weiter reduziert, z. B. in Württemberg, in der Umgegend von Frankfurt a. M., in Erfurt, Leipzig, Schlesien, ferner in Holstein, so dass z. B. in der Umgegend von Hamburg schon im Herbst 1649 kein schwedischer Soldat mehr zu sehen war.2 Alle diese vorherigen Truppenabdankungen konnten natürlich nicht geschehen, wenn nicht zugleich die Ablöhnung von den Ständen zur Verfügung gestellt wurde. Bei den fortwährenden Schwankungen in den Verhandlungen, infolge deren wiederholt die Kriegsflamme emporzulodern drohte, war es wohl vielen nicht zu verdenken, wenn sie den Schweden nicht allzuhohes Vertrauen entgegenbrachten, sondern ängstlich das mühsam zusammengescharrte Geld bewachten, bis der Friede auch wirklich einigermassen sicher gestellt war. Besonders misstrauisch zeigten sich anfangs die Stände Norddeutschlands, so dass Königsmarck und Wittenberg nur mit Mühe die für die Entlassung der weimarischen Regimenter nötigen Summen im westfälischen und niedersächsischen Kreise zusammenbringen konnten. Aber die Vorteile, welche bei einer früheren Befreiung von der Einquartierung winkten, traten doch zu deutlich vor Augen. Die schwäbischen Kreisstände zögerten daher nicht, die von den Schweizern geliehenen Gelder den Schweden alsbald auszuliefern und wurden infolge dessen im Laufe des Sommers von — angeblich — zwölf Regimentern entlastet. Erskein führte das Beispiel derselben ermunternd an und versprach dem kursächsischen Gesandten, dessen Herr sich ebenfalls sehr zurückhaltend zeigte, dessen ganzes Land mit Ausnahme Leipzigs von der Einquartierung entledigen zu wollen, 1 3
Pufendorf, XXI, 108. Theatr. Eur. VI, 994 f.; Pufendorf XXI, 91.
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wenn er seinen vollen Beitrag zu den fünf Millionen auszahlen würde. 1 Der fränkische Kreis hatte ebenfalls bis zum Interimsrecesse schon an 300 000 fl. vertrauensvoll hingegeben, beklagte sich aber darüber, dass ihm im Verhältnis zu wenig Truppen abgenommen wären.2 Auch mit Kurmainz, mit Strassburg, Frankfurt, Hamburg, Lübeck und andern begüterten Ständen schlössen die Schweden besondere Yergleiche ab: 8 Bis zum September 1649 war auf diese Weise bereits der fünfte Teil der Entschädigungsgelder ausgezahlt.4 Um die nationalen Truppen abführen 5 und die im Interimsrecesse erwähnten Festungen räumen zu können, mussten natürlich wiederum sehr erhebliche Mittel flüssig gemacht werden; weiterhin machten sich die "Wirkungen der Präliminarevakution geltend, man fühlte deutlich die Erleichterungen, welche Deutschland durch dieselbe zu Teil wurde, und merkte, dass es den Schweden doch Ernst damit war, den Frieden zum endlichen Abschluss zu bringen. So wuchs das Vertrauen der Stände in dieselben; wer es nur irgend möglich machen konnte, gab seinen Teil dahin, so dass, als der Rest der Truppen zur Abdankung kommen sollte, wohl nur die ganz verarmten Stände noch im Rückstand waren. Durch die Hülfe der Nachbarn und schliesslich auch durch das Entgegenkommen Karl Gustavs und seiner Offiziere wurden auch die letzten Schwierigkeiten glücklich gehoben. Wenn auch die vereinbarten Abdankungs- und Räumungstermine in Folge der erwähnten Verzögerungen nicht ganz streng eingehalten werden konnten, so war doch gegen Ende August des Jahres 1650 Deutschland, mit Ausnahme Hinterpommerns und Vechtas, von seinen Drängern befreit. Bei dem Geschäfte der Abdankung Hessen sich einzelne U n a n n e h m l i c h k e i t e n nicht vermeiden, aber es ist bezeichnend für den Geist, der in dieser so viele Jahre an den Krieg gewöhnten Soldateska herrschte, dass alle entstandenen R e v o l t e n ihre Ursache nicht in dem Unwillen über den endlichen Friedensschluss oder in Soldstreitigkeiten hatten, sondern hauptsächlich in einem entschiedenen Friedensbedürfnis. Die Ungeduld der Truppen wuchs, je weiter sich 1
Meiern ex. I, 211. Meiern ex. I, 384. 3 Meiern ex. I, 154; Theatr. Eur. VI, 994. * Meiern ex. I, S. 295. 6 Man kann die zur Ablöhnung derselben erforderlichen Summe auf etwa 400000 Th. veranschlagen. 2
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ihre Ablöhnung in Folge der langwierigen Verhandlungen in die Länge zog, und machte sich drohend Luft, als die Schweden hie und da Miene machten, erprobte Regimenter mit List auch gegen ihren Willen in den Ostseeprovinzen zu weiteren Dienstleistungen gegen Polen zu veranlassen oder ihren Bundesgenossen, den Franzosen, zur Verfügung zu stellen. So brach im Oktober 1649 in Schweinfurt in dem deutschen Regimente des Obersten Steinecker ein gefährlicher Aufruhr aus, als dasselbe die Weisung erhielt, nach Pommern — nach andern Nachrichten nach Livland — abzumarschieren: die Gemeinen Hessen daraufhin ihrem Obersten, welcher samt den andern Offizieren seinen Unwillen über diesen Befehl ebenfalls kaum verhehlte, sagen, dass sie abgedankt zu werden verlangten, „um der Früchte des Friedens, der durch ihre Mitwirkung zu Stande gekommen, nun auch gemessen zu können; die Krone Schweden habe keine Feinde mehr, darum wollten sie sich auch nicht mehr mit Weib und Kind einen so weiten Weg hineinschleppen lassen." Als ihre Wünsche bei der Generalität kein Gehör fanden, rottete sich eine Schar von 300—350 Mann zusammen, besetzte einzelne Teile der Stadt und konnte erst mit Aufbietung aller Energie des persönlich herbeieilenden Feldmarschalls Wrangel wieder zum Gehorsam zurückgebracht werden, welcher vier der Haupträdelsführer aufhängen liess.1 Auch gegen die rebellischen Besatzungen von Überlingen, Neumarkt, Langenarch, Meinau und Eger mussten die Generale etwa in derselben Zeit kriegsgerichtlich einschreiten.2 Ähnliche Vorgänge wiederholten sich im nächsten Jahre bei der Hauptabdankung, und nicht immer gelang es den Schweden, der Aufruhrer Herr zu werden; so musste z. B. in Schlesien Wittenberg den Dingen freien Lauf lassen, als in der Nähe von Glogau einige Regimenter gegen den Marsch nach Pommern rebellierten. In der Gegend von Ochsenfurt zwangen vier Douglassche Regimenter, welche gegen den Rhein kommandiert wurden, ihre Offiziere zur Ablöhnung und gingen regellos ihrer Wege, noch schlimmer trieb es die Besatzung von Demmin, welche ebenfalls von ihrem Major den Sold erpresste und nach Vernagelung der Kanonen davon ging.3 Das blutigste Schau1 Eine ausführliche Darstellung dieser Meuterei von Beck, in dem Archiv für Unterfranken III, 2. 1835. 2 Pufendorf XXI, 108; Theatr. Eur. YI, 987. 3 Theatr. Eur. VI, 1087 f.
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spiel dieser Art aber, welches 14 Tage lang die Umgebung mit neuen Kriegsunruhen ängstigte, spielte sich im Juli 1650 in Anhalt ab. Durch unklare Nachrichten über die Absichten der Schweden aufgebracht, nahmen die unter dem Befehle des Oberst-Lieutenants Israel Isaaksohn, welcher als ein habsüchtiger und roher Mensch bekannt war, hier einquartierten Reiter ihre Offiziere plötzlich gefangen und forderten stürmisch Sold und Abschied. Nur mit genauer Not entging Isaaksohn dem Tode; da er nachwies, dass er das nötige Geld zur Ablöhnung noch nicht zur Hand habe, wurde er entlassen unter der Bedingung, dass er ihnen dasselbe in Erfurt verschaffe. Er begab sich aber sofort zu den Truppen, welche mittlerweile von Süden zur Unterdrückung der Rebellion in Bewegung gesetzt waren, liess die Aufrührer, deren Anzahl noch etwa 450 Mann betrug, umzingeln und an 33 Rädelsführern trotz seines gegebenen "Wortes und trotz des Wehegeschreis der Soldatenweiber erbarmungslos das Todesurteil vollstrecken. 1 Indessen solche Rebellionen sind begreiflich bei der Soldateska dieser Zeit, sie waren selbst im Kriege nicht selten und kamen bei den anderen Parteien ebenso oft vor, als bei den Schweden; sie sind deshalb nicht geeignet, auf die Disziplin der letzteren im Allgemeinen ein ungünstigeres Licht zu werfen. Trotz der eigentümlichen soldatischen Gepflogenheiten kamen doch im Ganzen verhältnismässig wenig Yerdriesslichkeiten vor: Karl Gustav war darauf bedacht, die unruhigen Regimenter auseinander zu legen, an einem Orte nicht zu viel Truppen auf einmal abzudanken und liess, wie gezeigt, streng die zum Aufruhr reizenden Rädelsführer bestrafen. Wir dürfen daher wohl den Quellen glauben, welche insgesamt die Besonnenheit und Klugheit, mit der die Schweden zu Werke gingen, rühmten. 2 Fast zwei Jahre lang hatten die schwedischen Truppen noch nach dem Friedensschlüsse in Deutschland gelegen und von den sieben Kreisen verpflegt werden müssen, bis endlich das schwierige Werk der Exekution, wenigstens im Grossen und Ganzen als beendet angesehen werden konnte. An U n t e r h a l t hatte denselben, wie die Quellen einstimmig berichten, täglich etwa für 110000 Th. gereicht werden müssen; manche teilen diese ungeheure Summe sogar mit 1
Beckmann, Historia von Anhalt III, 422 ff. Pufendorf XXII, 34; Gundling, Commentar, S. 592; Freyberger, Germania perturbata etc. 1658. IV, 2. 188. 3
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dem besondern Hinweis darauf mit, dass sie während der ganzen Dauer der Okkupation kontribuiert werden musste.1 Im Yerlaufe des Krieges hatten sich allerdings die Unterhaltungskosten der Heere erheblich gesteigert. Kam noch Gustav Adolf, wie wir gesehen haben, mit dem auffallend niedrigen durchschnittlichen Aufwände von 40—45 Th., später von 52 Th. jährlich für jeden Soldaten aus, 2 so brauchte der evangelische Bund 1634 schon 124 Th., da der fränkische Kreis den monatlichen Sold von 45000 Mann auf 700000 fl. veranschlagte.3 Die kaiserliche Proposition auf dem Reichstage zu Regensburg im Jahre 1640 schätzte die Unterhaltungskosten von 80000 Mann auf monatlich 1373660 G. 12 Kr., so dass auf den einzelnen Mann jährlich im Durchschnitt lSl 1 /^ Th. kam. Doch ist hierbei einerseits zu berücksichtigen, dass das Futter für die Pferde in diesem Anschlag nicht mit inbegriffen war und dass in demselben — im Gegensatz zum schwedischen Heere, wo die Infanterie noch nicht einhalbmal so stark war, als die Kavallerie, — die Pusstruppen die Reiter an Zahl um mehr als das Doppelte übertrafen, andrerseits, dass es sich hier nur um einen den Ständen vorgelegten Vorschlag handelt, der deshalb höher angesetzt wurde, weil Abstriche durch dieselben zu erwarten waren.4 Johann Oxenstierna selbst rechnete im Mai 1648 einen monatlichen Sold von 1537675 Th. für 124199 Mann (48560 z. R., 70707 z.P., 4932 Dragoner) aus, woraus sich eine jährliche Durchschnittssumme von 1481/2 Th. für den einzelnen Mann ergiebt. Damit stimmt die Gegenberechnung der Stände annähernd überein. 5 Nun handelt es sich bei dem letzten Anschlage allerdings um den r e g e l r e c h t e n Sold. Da derselbe den Truppen aber am Schluss des Krieges kaum noch ausgezahlt wurde, da viele Regimenter, wie 1 Pufendorf XX, 33 und der venezianische Gesandte Contarini (Relationen der Botschaft Venedigs, hrsg. v. Fiedler I, S. 333 = Fontes rer. Austriac. II, 26) berichten beide von 108 OCX) Th. Die Stände schätzten in einem Bericht vom September 1649 auf mehr als 100000 Th. (Meiern ex. I, S. 210) und Erskein in derselben Zeit auf 120000 Th. (Meiern ex. I, 297). Die relatio Adami XXXII, cap. VI, S. 636 berechnet genauer 109060—70 Th. Es scheint, dass Ign. Schmidt, Gesch. der Deutschen XII, S. 129 ; (Frankenthal 1794). Diese letzte Angabe falsch mit 169— 170000 übersetzt hat, welche in verschiedene andere Werke übergegangen, doch nirgends quellenmässig belegt ist. 8 Arkiv tili upplysn. etc. III, XLIX. 3 Londorp, acta publ. IV, S. 431. 4 Londorp IV, 8. 953. 6 Meiern V, 852 u. Beil. Die Stände berechneten durchschnittlich etwa 142 Th. für jeden Soldaten.
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erwähnt, nur mit der Aussicht auf Freibeute und Plünderung angeworben wurden, so waren naturgemäss die Unterhaltungskosten der schwedischen Armee in "Wirklichkeit viel höher; es ist wohl glaublich, dass sie sich bei den gewaltsamen Kontributionen, welche die Offiziere auch auf eigene Faust erhoben, bei der Zügellosigkeit und den rohen Erpressungen der Gemeinen um mehr als das Doppelte steigerten, also auf über 3 Mill. Th. im Monat, d. h. täglich auf 100—110000 Th. Allein diese Zahlen galten nur für die Dauer des Krieges und höchstens für die ersten zwei Monate nach dem Friedensschlüsse. Sobald die Truppen in die sieben Kreise gleichmässig verteilt und einquartiert waren, sobald die willkürlichen Erpressungen aufhörten, und in einer Verpflegungsordre genau festgesetzt war, was die Stände der Soldateska im einzelnen zu liefern hatten, sobald sich dann auch herausstellte, dass die wirkliche Truppenzahl höchstens 69000 Mann betrug, während die räuberischen Offiziere bisher die Kontributionen eingefordert hatten, als ob ihre Regimenter vollzählig wären, also insgesamt für beinahe die doppelte Stärke der Mannschaft, dann mussten sich die den sieben Kreisen auferlegten Lasten auch bedeutend verringern. Nach den obigen Angaben betrug der monatliche Sold für 69000 Mann etwa 820—850000 Th. Rechnet man dazu nun das sogen. Servis bestehend in "Wohnung, Holz, Licht, Salz und gewissen Rationen Futter für die Pferde hinzu, so kommt man höchstens auf 950000 Th.. welche die schwedische Armee monatlich verbrauchte. Diese Summe wird bestätigt durch die Berechnung der Yerpflegungskosten, welche der schwäbische Kreis für den März 1649 aufstellte. Derselbe zahlte in diesem Monat für die gesamte dort einquartierte Truppenmacht 177998 Fl. 45 k.; davon entfielen auf die französischen Besatzungen 13155 Fl., auf die kaiserlichen 36962 Fl. 30 k., während die Regimenter des Generallieutnant Douglas samt dem Generalstab mit 106729 Fl. 30 k., die Besatzungen in Nördlingen und Überlingen mit 21131 Fl. 45 k. unterhalten wurden, so dass die ganze schwedische Einquartierung dem genannten Kreise damals 127860 Fl. 15 k. kostete.1 Da dieselbe aber ohne die Garnisontruppen 5120 Mann stark, etwa den elften bis zwölften Teil des gesamten Heeres ausmachte, so erforderte darnach das letztere 1 Aus dem Generallandesarchiv in Karlsruhe, Kreissachen Nr. 242. Dort findet sich auch eine Berechnung für den Januar, welche etwa die gleiche Summe, nämlich 125460 Fl. 71/,, kr. ergiebt.
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zu seinem monatlichen Unterhalte ungefähr 1400000 bis 1500000 Fl. Es ist jedoch in Betracht zu ziehen, dass im Laufe des Sommers 1649 schon 136 Kompagnien abgedankt wurden, dass ferner im Herbste die schwedischen Nationaltruppen nach der Heimat übergeführt, und dass durch die Präliminarevakuation einzelne Besatzungen entlassen wurden. So blieb seit etwa Oktober 1649 noch nicht einmal die Hälfte der schwedischen Truppen unter den Waffen, welche im Laufe des Jahres 1650 noch weiter verringert wurde. Daher hatte der schwäbische Kreis im Dezember 1649 nur noch 57102 Fl. 12 k. für die Schweden zu zahlen, 1 wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass derselbe wegen seines Entgegenkommens in der Auszahlung der bereits liegenden Gelder — wenigstens im Anfang — besonders bevorzugt wurde. Dass die Stände in Nürnberg selbst noch im September des Jahres 1640 den täglichen Verbrauch der schwedischen Truppen auf 100000 Th., und Erskein im August dieses Jahres auf 120000 Th. veranschlagte, kann hier nicht massgebend sein. Den ersteren lag daran, den Kaiser durch die recht drastische Darstellung des trostlosen Zustandes in Deutschland zur Unterzeichnung des Interimsrezesses zu bewegen, und Erskein wollte mit denselben Mitteln die Stände zur Nachgiebigkeit zwingen. Ihm war es ziemlich gleichgültig, in welchem Lichte die Einquartierung der schwedischen Soldaten stand, und wie weit man sie als Blutsauger ansah, es machte ihm sogar durchaus nichts aus, die Angabe der Stände noch um 20000 Th. zu steigern. Wenn wir demnach die Kosten der schwedischen Einquartierung für den Schluss des Jahres 1648 — also für etwa zwei Monate — auch auf rund 6 Mill. Th. veranschlagen wollen, so können sie doch seit dem Beginn des Jahres 1649 monatlich nicht mehr als höchstens 1 Mill. Th. betragen haben, eine Summe, welche sich doch allmählich mehr und mehr verringerte, so dass sie vom Oktober 1649 ab nur noch etwa Million ausmachte und selbst auf dieser Höhe bis zum Friedensexekutionshauptrezess nicht blieb. Wir glauben nach dieser Rechnung nicht fehl zu gehen, wenn wir die Gesamtkosten, welche die Exekution des westfälischen Friedens durch die schwedische Truppenmacht verursachte, auf etwa 15—20 Mill. Th. veranschlagen, und die fraglichen 110000 Th. täglichen Verbrauches 1 49102 Fl. 15 k. für die noch übrigen Eegimenter im Felde und 8000 Fl. für die Besatzung in Überlingen a. a. O.
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zu jenen klagenden Übertreibungen zählen, an welchen die Berichte dieser Zeit so reich sind. 1 Zur näheren Beleuchtung des obigen diene das nachfolgende Dokument: der „summarische Entwurf der Kosten, welche die Grafschaft Henneberg-Schleusingen," so weit sie unter kurfürstlich- und fürstlich-sächsischer Gesamtverwaltung stand, „vom Friedensschluss bis zum 25. Oktober 1652 hat entrichten müssen.2 1. Ist man damals mitt dehnen Besazungen im Hause Massfeld und Meynungen, bis alle abmarchirende Yölcker vorbeykommen, beladen gewesen, welche die gantze Zeit nach der Kayserl. Evacuation und getroffenen Neutralität zu unterhalten neben andern aufgewendten Unkosten auf 15000 Fl. belauffen thun, wovon nach dem Friedensschluss bis zur Cassation selber Besazungen noch bezahlt worden sind, Ungefehr 600 R. Th. 2. Armee menter signirt costen
Sobald nach dem Schluss des Friedens die Kgl. Schwed. in Frenckischen Creiss gerückt, sind der Graffschaft 2 Regizu Ross unter denen Herrn Obriste Jordan und Poley asworden, welche den Monat Vllbris und Xbris zu verpflegen, laut vorhandener Specification 12807 R. Th.
3. Nach diesem, sobald die Yölcker in alle Reichs-Creiss ordentlich vertheilt worden, seind der fürstl. Graffschaft Henneberg zukommen, l 3 / 4 Compagnien zu Ross von des Herrn Obrist Heinrich Horn Regiment. Selbige costen vom primo Januario 1649 ahn bis halber Junium, da solche abgezogene ö 1 ^ Monat lang zu verpflegen, sambt den aufgewendten Uncosten 13091 R. Th. 1 Mehr 2 /4 Compagnien zu Fuss von Ihrer Excellentz, des H. Feldmarschallen Wrangels Leib-Regiment, welche vom ersten Januarii 1649 bis Septembris 1650, thun 19 Monat lang, im Lande gelegen, dero "Verpflegung nach eingegebener lista anfangs sich zwar nur auff 620 R. Th. monatlich erstrecket, weilen aber nach und nach mehr Officirer und gemeiner Knechte herbeykommen, in den Quartieren über die Verpflegung auch ein mehreres aufgangen, alss virdt monatlich 800 Th. wohl zu bescheinen sein, thun dasselbe 15200 R. Th. Noch haben dann Officirern von diesen 21/4 Compagnien zu Fuss vor die Fourage auf die Baggage-Pferde diese 19 Monat über extra bezahlt werden müssen über 600 R. Th. 1 2
Vgl. Erdmannsdörffer, Deutsche Gesch. v. 1 6 4 8 - 1 7 4 0 . Entnommen aus dem Archiv der Stadt Schleusingen.
L o r e n t z e n , Schwed. Armee.
S. 101 f. 13
194 4. Bey und neben dieser Einquartierungslast hatt man dieser GraffschaftHennebergh-Schleusinger Linien zukommenden Contingent ahn der Königl. Schwedischen Militisatisfactionsgeldern neben denen annectis nacher Nurnbergh zur Creisscassa geliefert, so mit denen Uncosten zu stehen kommt über 20000 R. Th. 5. Darneben hatt man monatlich zum General-Staab alss 18 Monate 270 R. Th. nacher Nurnbergh und einen Monat nacher Schweinfurth 308 Th. contnbuiren müssen, so betragen 5168 R. Th. 6. Auff die ab- und durchs Land marchirende Königl. Schwedischen Yölcker zu Ross und Fuss, zu Regimentern, Esquadrons, Compagnien und Truppenweiss, Artillerie, Munition und Baggage, fast wöchentlich das gantze Jahr über und hernachmahls, ist ahn Proviant, Vorspann und anderen Uncosten, wie auch auff Ausslösung fürstl. hoher Generals-Personen und anderer Officier bis nach Aussgangs des Nurn bergischen Convents verabredet worden, wohl über 15000 R. Th. 7. Nach diesem sind die 13 Römermonath vor Kayserl. und wegen Evacuation der Vehstung Franckenthal ahngesetzet und zur Creisscassa in Nurnbergh geliefert worden, zur Hennebergischen Portion betragen 1906 2 / 3 R. Th. 8. Und zur Churpfalzischen Guarnison in Heilbronn hatt man zur Evacuation selben Orths contribuiret ohne aufgebrachte Uncosten 2042 1 / 2 R. Th. 9. Unterdessen alss man der Schwedischen Last kaum los, ist die Graffschaft Hennebergh von Ihrer Churfürstl. Durchl. zu Sachsen, unserm gnädigsten Herrn mitt einer Compagnie zu Ross vom Grostorffischen (?) Regiment belegt, auff welche wehrender Einquartierung verabredet worden 9313 R. Th. 10. Seith wehrender Friedenszeit bis dato [sind] zur Creisscassa in Nürnbergh an rückstendigen Münsterischen Legationscosten und new aussgeschriebene Römermonath bezahlt blS 1 ^ R. Th. 11. An Schulden, Capitalien etc. an die Landschafft, Herrschafft und Privatpersonen sind bezahlt 4 Jahr lang 30000 R. Th. 12. Der Landschafft Ortinar- und Extraortinar aufgewenthe Uncosten ahn Besoldung, Zehrung, Verehrungen und Pottenlohn werden betragen, diese vier jähr über auf 15000 R. Th. Summa Summarum 146640 R. Th. Und ob zwar über Theilsposten bey dem Steuerkasten, weil solche nicht verrechnet worden, keine Gewissheit zu haben und dannenhero nur zu vermuthen, So würde man doch bei dehnen Ein-
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wohnern der Contributionen in Embtern, Städten und Communen, wenn man eigentliche Nachforschung thun würde, eine noch viel höhere Summe befinden, d. 25. Octob. 1652." Dieses Aktenstück ist hier im Wortlaut mitgeteilt worden, weil es zugleich einen interessanten Einblick giebt, wie sehr ein einzelnes kleines Gebiet in den ersten Jahren nach dem Friedensschluss finanziell in Anspruch genommen wurde. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Henneberg, im Herzen Deutschlands gelegen, ganz besonders unter den Truppendurchzügen zu leiden hatte und dass es der Bestandteil eines der oberen schwerer gedrückten Kreise war. Aus den obigen Zahlen ergiebt sich, dass die genannte Grafschaft für die Abdankung und Einquartierung der schwedischen Armee im ganzen etwas über 80000 Th. erlegte, wovon der Beitrag zu den 5 Mill. Th. rund 20000 Th. betrug; die Interimsverpflegung verursachte somit etwa dreimal so viel Kosten, als die eigentlichen Satisfaktionsgelder betrugen. Wollen wir dies Beispiel als massgebend für ganz Deutschland gelten lassen, so kommen wir ungefähr auf die schon obengenannte Gesamtsumme. Die etwa 26—27 Quadratmeilen grosse Landschaft Henneberg sächsischen Anteils zählte nach genauen statistischen Ermittelungen 1649 nur noch 14050 Seelen (gegen 56300 im Jahre 1631).1 Auf den Kopf der Bevölkerung fallen somit an Kosten für die gesamte Abdankung der schwedischen Armee über 5,7 Th., nach unserem gesunkenen Geldwerte etwa an 70 Mk., auf die Familie zu durchschnittlich vier Köpfe gerechnet rund 280 Mk. Für die Interimsverpflegung allein zahlte jeder einzelne 4,27 Th., nach unserm Gelde also rund 52 Mk., jede Familie rund 210 Mk. Dies sind immer noch sehr beträchtliche Summen, wenn man bedenkt, dass sie aus einem Lande erpresst wurden, welches 30 Jahre lang in der entsetzlichsten Weise verheert und ausgesogen worden war, in welchem Handel und Industrie fast gänzlich darniederlagen, und der Ackerbau vielfach nur noch zum zehnten Teil betrieben wurde, und dass sie 1 Brückner i. d. Zeitschrift f. deutsche Kulturgesch. 1857. S. 237. Die Grafschaft bestand aus den Amtern Schleusingen, Stihl, Kühndorf mit Benshausen, Themar mit Behrungen, Meiningen, Massfeld, Wasungen, Sand, Frauenbreitungen, Kaltennordheim, Fischberg und Ilmenau. Hier können nur die damals sesshaften Einwohner in Betracht kommen, während das fahrende Volk, durch dessen allmähliche WiederansiedeluDg es sich vor allem erklärt, dass Henneberg 1659 schon fast das Doppelte der Einwohnerzahl von 1649 hatte, naturgemäss nicht mit berechnet ist.
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nur dazu dienten, um sich eines einzigen Truppenkörpers zu entledigen, dass ausserdem noch die vom Kriege her rückständigen Kontributionen unerbittlich eingetrieben wurden, und die Lasten der kaiserlichen, hessischen und französischen Einquartierung, sowie am Rheine die Quälereien der spanischen und lothringischen Völker getragen werden mussten. Mehr als breite Darstellungen beweisen solche nackte Zahlen, unter welchem drückenden Joche die armen Unterthanen des Reiches selbst nach dem Frieden noch seufzten; sie lassen auch einen Rückschluss darauf thun, welchen Leiden dieselben während des Krieges ausgesetzt gewesen sein mussten, wo es keine geregelte Verpflegung gab, wo Deutschland erbarmungslos den wilden Soldatenhorden, gleichviel ob Freund oder Feind, preisgegeben war, welche mit ihrem unermesslichen Tross, einem Heuschreckenschwarme gleich, das umliegende Land verödeten. Schon in damaliger Zeit wurde den Schweden der Vorwurf gemacht, dass die Bedürfnisse der Soldateska für sie nur der Vorwand gewesen wären, unter welchem sie Deutschland eine so ungeheure Summe abpressten und dass sie den grössten Teil der 5 J / 4 Mill. Th. zu selbstsüchtigen Zwecken verwendet hätten. Dieser Vorwurf ist in späteren Geschichtsbüchern zum Teil mit grosser Schärfe wiederholt worden, doch mit Unrecht. Allerdings wurde für die eigentliche Ablöhnung der Soldateska nur etwa die Hälfte verbraucht, wenn sie auch in freigebigster Weise mit einem dreimonatlichen Solde abgedankt wurde, so dass bei den geworbenen Truppen in der Reiterei dem Obersten etwa 1200, dem Rittmeister etwa 1000, dem Lieutnant etwa 340, dem Gemeinen 33 Thaler, in der Infanterie dem Obersten ööS1/^ dem Hauptmann 331 J / 2 , dem Lieutnant 102, dem Gemeinen 12 Thaler ausgezahlt wurden. Die national-schwedischen Truppen aber, also der dritte Teil des Heeres, mussten sich, wie sie es nicht anders gewohnt waren, mit der Hälfte begnügen. Sie wurden später in ihrer Heimat nach den Grundsätzen der schwedischen Heeresverfassung mit Ländereien, Steuerprivilegien, Getreide und Tuchlieferungen u. dgl., zumeist auf Kosten des gemeinen Mannes, entschädigt.1 Somit wurde für die Ablöhnung des gesamten Heeres ein 2^2 monatlicher Sold, also im Ganzen etwas über 2 Mill. Th. verbraucht. Dazu kamen jedoch die hohen Dotationen der Generalität, der hohen Militärbeamten und Diplomaten, welche nur nach den uns überlieferten Zahlen allein gegen 400000 Th. verschlangen, und 1
Arkiv III, Einl. LX ff.
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trotzdem bei der Knappheit der Mittel nur zwei Drittel so hoch waren, wie man ursprünglich angenommen hatte: Karl Gustav erhielt z. B. 60000, Horn, Torstensohn und K. G. Wrangel je 40000, Axel Oxenstierna 30000, Joh. Oxenstierna und Salvius je 10000 Th.; die Entschädigung für Baners Kinder war auf 12000, für Königsmarck auf ebensoviel, für Wittenberg auf 15000, für jeden Generallieutnant auf 7500, für jeden Generalmajor auf 6000 Th. angesetzt u. s. w. 1 Ferner ist in Betracht zu ziehen, dass Schweden, als Mitglied der drei unteren Kreise, selbst mit zur Entschädigung seines Heeres beizutragen hatte. In der Schlussrepartition war Verden mit 16020, Bremen mit 91848, Vorpommern mit Wismar, Walfisch und Poel auf etwa 100000 Fl. angesetzt. Weiterhin wurden einzelnen • Ständen Gnadenbezeugungen zu Teil, vor allem der Landgräfin von Hessen-Kassel, deren Treue Schweden dadurch dankbar belohnte, dass ihr der Beitrag in der Höhe von 145960 Gulden erlassen wurde. 2 Die Verdienste SachsenWeimars wurden in derselben Weise anerkannt. Die Reichsstadt Ulm verdankte es der Fürbitte ihres berühmten Mitbürgers Freinsheim, welchen Gelehrten Christine an ihren Hof gezogen hatte, dass ihr wenigstens der grösste Teil geschenkt wurde. 3 Karl Gustav erwirkte seinem Vetter, dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz, dieselbe Gnade, wofür dieser sich verpflichtete, den Lutheranern in Heidelberg eine Kirche einzuräumen.4 Auf diese Weise kamen etwa3—400000 Th. gar nicht zur Auszahlung. Somit lässt sich der Verbleib von etwa 2 s h Millionen belegen, aber auch von den übrigen 21/2 Millionen bekam Schweden selbst kaum viel zu sehen. 1
Geijer III, S. 385 Anm.; Odhner, Sver. deltag. a. a. O. S. 321 ff. Rommel, Gesch. v. Hessen, VIII, 775 Anm. Arckenholz, Christine I, 301, III, 226 Anm. Die ganze schuldige Summe Ulms belief sich auf 120150 G. ' Reiger, Ausgelöschte Simmersche Stammlinie 1735. S. 142—143. Entweder wurde Kurpfalz die ganze Summe 122019 G., oder doch der grössere Teil 83057 G. erlassen. Vgl. Odhner, Sver. deltag. a. a. O., S. 322. Weimar hatte 29281 Fl. zu zahlen. Arckenholz III, 226 Anm., führt auch Kurmainz als in dieser Weise bevorzugten Reichsstand an und stützt sich dabei auf Urkunden des Kasseischen Archives. In diesem Falle wäre Schweden weiterer 234 8 8 4 G . verlustig gegangen. Nach Erkundigungen in dem Kgl. Archiv zu Marburg lässt sich diese Behauptung jedoch nicht belegen. Wenn sie wahr wäre, so wäre sie vielleicht geeignet, ein eigentümliches Licht auf die vermittelnde Politik des Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn zu werfen. 2
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Von allen Seiten traten jetzt eine ganze Reihe bekannter und unvorhergesehener Schuldforderungen an die Krone heran, welche zum Teil bis in die Zeiten Gustav Adolfs zurückreichten und welche durch Nichtauszahlung des Gehaltes und Soldes, sowie durch Versprechungen von Belohnungen an die hohen aktiven oder schon längst ausgetretenen Offiziere, durch Anleihen bei denselben, sowie bei den Militärbeamten während des Krieges entstanden waren. Wir können dieselben natürlich nicht bis ins Einzelne verfolgen, sondern ihre Höhe nur an einigen Beispielen ermessen. Salvius hatte beim Friedensschlüsse noch 250000 Th. von seiner Regierung zu beanspruchen,1 Schlangenfeld, der Faktor der Hauptarmee, 100000 Th.,2 der brandenburgische Gesandte Wittgenstein, wie schon erwähnt, 10000 Th.; Fürst Ludwig von Anhalt über 9000 Th.; s Graf Brandenstein behauptete 1637, an 500000 Th. vorgeschossen zu haben.4 Die Witwe des Feldmarschalls Dodo von Knyphausen berechnete die Rückstände ihres Gemahls 1642 noch auf über 50000 Th. 5 Erskein, Königsmarck, Wrangel und wohl allen höheren Generalen und Beamten war die Krone in ähnlicher Weise verpflichtet. Ferner mussten die teilweise sehr beträchtlichen Anleihen, welche Schweden in einer ganzen Anzahl grösserer und kleinerer Städte bei den Kaufleuten im Interesse des Heeres gemacht hatten, doch ebenfalls getilgt werden. 6 Dazu kamen die Invalidenpensionen, zahlreiche Bittschriften von Witwen und Waisen der in schwedischen Diensten gefallenen Offiziere, welche die Regierung nicht unberücksichtigt lassen konnte.7 Vor allem aber mussten die österreichisch-böhmi1
Odhner, Sver. deltagande a. a. O., S. 315 Anm. Meiern ex. I, 305. 3 Urkunden z. Gesch. d. Anhaltin. Lande, hrsg. v. Krause V, 2, S. 442 ff. 1 Oxenstiernas Skrifter II, 6, S. 375. 6 Sattler, Dodo von Knyphausen, S. 677 ff. 8 Sogar in der kleinen Stadt Meiningen hatten einzelne Kaufleute Summen vorgestreckt, weshalb die Grafschaft Henneberg Wrangel den Vorschlag machte, die Entschädigungsgelder an diese, statt an die Armee abführen zu dürfen. —Wir müssen hierbei noch in Erwägung ziehen, wie viele solcher Schuldbelege wohl in den Stürmen des Krieges vernichtet worden oder abhanden gekommen waren. Vor einiger Zeit brachte der Berliner Lokalanzeiger (1893, Nr. 559) die interessante Nachricht, dass erst jetzt ein Schuldschein zum Vorschein gekommen sei, welchen die Krone Schweden dem Lübecker Kaufmann Jacob Kneves 1636 über 68500 Th. ausstellte, und dass derselbe von dem derzeitigen Inhaber der schwedischen Regierung präsentiert und von dieser auch anerkannt sei. 7 Im Staatsarchiv in Hannover sind unter den Papieren Erskeins eine ganze Masse derselben enthalten. 2
199 sehen Verbannten berücksichtigt und wenigstens einigermassen schadlos gehalten werden, nachdem sie von den Schweden auf dem westfälischen Kongresse hatten im Stiche gelassen werden müssen. 1 Weiter ist in Betracht zu ziehen, dass durch die Abtretung Hinterpommerns an Brandenburg alle Krongläubiger, welche früher hier durch grosse Staatsdomänen in ihren Forderangen entschädigt waren, der Regierung wiederum zur Last fielen, da sie der neuen Landeshoheit weichen mussten. Gerade aus diesem Grunde mit hatte Erskein entschieden abgeraten, auf Hinterpommern zu verzichten und hatte wenigstens noch die Anerkennung der dortigen schwedischen Donationen durch den Kurfürsten durchzusetzen gesucht, 3 an denen gerade die hervorragendsten Offiziere wie Wrangel, Douglas, Wittenberg, Mortaigne, Löwenhaupt, von den Civilbeamten Lilieström und Schwallenberg interessiert waren. 3 Wenn auch die Ablöhnung der Soldateska an und für sich nicht so viel kostete, so waren doch die in ihrem Interesse gemachten Schulden so bedeutend, dass im Verhältnis zu denselben 5 Mill. Th. eine sehr massige Summe war. Der Widerspruch, welchen Erskein von Anfang an dagegen eingelegt hatte, dass die Heeresentschädigung so weit erniedrigt wurde, war auch in Stockholm an massgebender Stelle erhoben worden, wo der Grossschatzmeister von der Mässigung der Regierung peinlich überrascht wurde. 4 Wiederholt kam Erskein in den Nürnberger Verhandlungen auf diesen Punkt klagend zurück •' Zur Bezahlung der schwedischen Soldateska, sagte er im September 1649, reichten die bewilligten Gelder nicht hin, sondern noch 8 4 0 0 0 0 Th. seien nötig, und dann bekämen die Reformierten, Ab-
1
Odhner, S ver. deltag. a. a. 0 . , 27, S. 277; Koch, Ferdinand III., II, S. 284.
Auch die Königin hatte am 27. Febr. 1647 ihrem Gesandten dahingehende Befehle erteilt. Malmström, Bidr. tili. Sv. Pommerns histona diss. Lund. 1892, S. 123—124. 3 Odhner, Sver. deltag. ¡i. a. O., S. 165, 235, 336; Erskeins Bericht vom 12. Febr. 1647: In demselben bemerkt er mit Hinweis auf diese Donationen: . . . „sonsten die Generale eine ziembliche Empfindung haben würden, zumal die Armee so wie so wegen der Theilung Pommerns ungehalten wäre . . , da sie wegen ihres Zustandes von ganz Pommerns Abtretung nicht weichen könnten. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. 2
4 Linage de Vauciennes I , S. 210. Le Grand Trésorier de Suède mettoit en compte tout ce que cette Couronne avoit déboursé pour la guerre d'Allemagne et apprehendoit que la Milice n'estant par pl inement satisfaite il eut sur les liras un nombre infini d'Officiers pretendans recompense de leurs services. Vgl. auch das. S. 300. II, 106.
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gedankten, Invaliden, Witwen und Waisen, noch keinen Heller davon, „noch weniger die Creditores, welche zur Fortführung des Kriegs Gelder hergeborget hätten; diesen sei angedeutet worden, sie möchten nach Schweden marchiren und daselbst Kupfer und Eisen zur Bezahlung annehmen, wie denn mit Melchior Deging, jetzt Schlangenfeldt, welcher sonst mit 100000 Th. an den niedersächsischen Kreis angewiesen gewesen sei, der Anfang damit gemacht worden sei" u. s. w. 1 Wohl waren diese Angaben übertrieben und bezweckten, die Stände zu neuen Zugeständnissen zu veranlassen, aber in einem ernst zu nehmenden Berichte an Björnblou vom 14. Mai 1649 wies Erskein ebenfalls auf die Unzulänglichkeit der Entschädigungssumme hin: „Sonsten gehet es mit dieser Satisfaktionsaustheilung so schwer dahin und so, dass über die 5 Millionen noch 600000 Th. müssen von der Königin zugeschossen werden, gestalt bereits verschiedene Reformierte von hinnen abgewiesen worden und nach Schweden sich begeben, will schweigen, dass diejenigen so in Pommern und Bremen Güter erlangt, wenig oder gar nichts bekommen."'2 In Schweden selbst hatte man sich vielfach angenehmen Illusionen hingegeben und geglaubt, dass die hohe von Deutschland erpresste Geldentschädigung zu allen möglichen Staatszwecken mit dienen könnte, aber man sah sich arg getäuscht. Wohl mit Bezug darauf bemerkte Christine am Schlüsse eines Briefes an Salvius vom 21. Juli 1648, nachdem auch sie dem frommen Wunsche Ausdruck gegeben hatte, die letzten 2 Millionen für andere Staatsausgaben sparen zu können: „Kommt der Friede zu Stande, so werden die langen Nasen hier wohlfeil werden."8 Kein Zweifel, die Krone mit ihren Kupfer- und Eisenvorräten, sowie mit ihren Domänen musste zuschiessen, wenn die zahlreichen Kriegsschulden einigermassen gedeckt werden sollten. Durch die Verleihung von Ländereien wurden damals viele fremde Offiziere in Schweden selbst angesiedelt und als gleichberechtigte Mitglieder in den Adel des Landes aufgenommen.4 Yor allem aber gaben die 1
Meiern ex. I, S. 305, ähnliche Äusserungen im Febr. 1650, das. II, 118. Erskein an Björnblou vom 14. Mai 1649. Hannov. Staatsarchiv, Ersk. Samml. » Arckenholz, I, 122. 1 Nach Arckenholz, III, S. 227. Anin. Es ist möglich, dass sich auf diese Weise in Schweden auch viele österreichisch-böhmische Verbannte ansiedelten, dem Beispiele folgend, welches ihnen schon lange vorher der eine Zweig der Grafen Khevenhiiller gegeben hatte. Dieselben standen am schwedischen Hofe und in der Armee in hohen Ehren. Czerwenka, Die Khevenhiiller. S. 499 ff. 2
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neu erworbenen Gebietsteile in Bremen und "Verden erwünschte Gelegenheit, die Gläubiger der Krone zufrieden zu stellen. Bereits seit dem Jahre 1645, in welchem Königsmarck diese beiden Stifter eroberte, begann die Königin, hier die Einkünfte der Ämter, der säkularisierten Klöster und des Kapitels an ihre verdienten Offiziere, Beamte und Günstlinge zu vergeben, zuerst sparsam, nach dem Friedensschlüsse immer verschwenderischer, wodurch die Staatseinkünfte in schwerer "Weise geschädigt wurden. Königsmarck wurde mit den reichsten beiden Ämtern Neuenhaus und Rotenburg, von denen das erste 7500, das letztere 6500 Th. jährlicher Einkünfte hatte, später noch reichlicher belohnt, Douglas erhielt das Kloster Zeven mit 6000 Th. Einkünften, "Wittenberg das Ämt Tedinghausen samt allen in demselben gelegenen geistlichen Gütern, die zu dem Bremischen und Yerdischen Domkapitel gehörten, "Wrangel das Ämt Bremervörde mit 5900 Th. jährlicher Einkünfte, Löwenhaupt das Kloster Himmelpforten; in ähnlicher "Weise wurden Torstensohn, der Markgraf Karl Magnus von Baden, welcher mit den Einkünften des Seniorates St. Äscharii in Bremen bedacht wurde, der Landgraf Friedrich von Hessen, der Herzog Günther von Holstein, Äxel Lilie, der Generalmajor Paykul, die Obersten Düring und Mohr u. a., ferner die Civilbeamten Salvius,1 Björnklou, Rosenhan, Erskein u. a. hier entschädigt. Die Gesamtzahl der in Bremen und Yerden donierten Personen wird auf 103 angegeben, von denen weit über die Hälfte Offiziere, Civilbeamte des Heeres oder Diplomaten waren. 2 Äus dem Gesagten ergiebt sich, dass durch die für die schwedische Armee gezahlten Summen das nationale Vermögen Deutschlands nicht so schwer geschädigt wurde, als dies beim ersten Blick den Anschein hat. Die Schweden selbst bekamen von denselben verhältnismässig wenig; höchstens der vierte Teil kann ins Ausland 1 Salvius war zur Befriedigung seiner Forderungen von 250000 Th. zuerst auf die Beiträge des niedersächsischen Kreises zu den Entschädigungsgeldern angewiesen worden und wartete deshalb lange schmerzlich in Hamburg darauf. Dass er, der hochverdiente Diplomat und Günstling der Königin, schliesslich doch enttäuscht heimkehren musste und erst in Bremen befriedigt wurde, kann wohl als Beweis dienen, wie notwendig die Schweden das bare Geld in Deutschland brauchten. 2 Über die Donationen in Bremen und Yerden handelt ausführlich Zetterquist, Grundläggningcn af det Svenska väldet i hert. Bremen och Verden. Diss. Lund 1891, S. 93 ff. Ein alphabetisches Verzeichnis der dort Belehnten findet man bei Pratje, Die Herzogtümer Bremen und Verden 5, S. 327, ergänzt durch Zetterquist, a. a. O. Beil. 1.
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gekommen sein, der grössere Teil wurde an Deutsche ausgezahlt und im Lande wieder nutzbringend angelegt. Nicht aus Siegesübermut hatte die schwedische Krone so hohe, für die damalige Zeit ungewöhnliche Geldopfer verlangt. Bei der eigentümlichen geschichtlichen Entwickelung der nordischen Grossmacht und der durch den Zwang ihrer europäischen Lage gebotenen Eroberungspolitik musste sie darauf bedacht sein, auch bei künftigen Werbungen sich den Zulauf der kriegserfahrenen deutschen Söldner zu sichern, und sie erhielt sich ihren Kredit bei denselben durch eine weise Freigebigkeit, so dass die Schweden noch lange als noble Zahler galten. 1 "Weiterhin aber hatte die Regierung auf die finanzielle Lage ihres Landes Rücksicht zu nehmen: der Krieg hatte demselben so schwere Opfer gekostet, dass der Staatsbankerot trotz der glücklichen Erfolge drohte; unberechenbar wären die Folgen gewesen, wenn die für die Erhaltung des Heeres gemachten Schulden dem Fiskus auch noch zur Last gefallen wären. Die Schweden hätten es gerne gesehen, wenn sie einen Teil ihrer Soldaten, insbesondere die Infanterie, 3 auch fernerhin unter ihren Fahnen hätten halten können, um sie zu Diensten in den Ostseeprovinzen zu verwenden; aber weitaus die meisten derselben zeigten zur Fortsetzung ihres Berufes keine Neigung, 3 obwohl auch von anderer Seite lockende Anerbietungen an sie herantraten. So hielt der venezianische Gesandte bei Karl Gustav an, der Republik einige Truppen zum Kriege gegen die Türken zu überlassen. Ebenso erschien ein höherer polnischer Offizier in Nürnberg, um zwei Regimenter anzuwerben. 4 Die Bemühungen des letzteren mochten die Schweden nicht mit allzu freundlichen Blicken begleiten, denn gegen wen konnten dieselben anders gerichtet sein, als gegen sie selbst? 1
Legiones . . acceptis trium mensium stipendiis allacres laetaeque, insignemque in Eeginam ac regnum Sueciae affectum testatae. Pufendorf XXI, 91: Im seltsamen Springinsfeld von Grimmelshausen findet sich folgende Stelle: Solche Art zu kiiegen [wie die der Venezianer] machte mich unwillig und verursachte, dass ich mitten in Candia der Schweden erkantliche Manier loben musste, die ihre ohnedle Soldaten, sie wären gleich fremder oder einheimischer Nation gewesen, höher als ihre edle und doch ohnkriegbare Landsleut' ästimiert, wannenhero sie denn auch so grosses Glück gehabt haben. Deutsche Dichter des 17. Jahrh. 10. Hrsg. v. Tittmann. S. 232. 2
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Sattler, Herz. v. Würt. Beil. 17. Linage de Vauciennes, II, S. 94. Theatr. Eur. VI, 746.
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Vor allem aber wetteiferten die beiden nach dem westfälischen Frieden noch übrig gebliebenen Hauptgegner miteinander, durch die abgedankten Soldaten, welche unter der schwedischen Führung einen Weltruhm erlangt hatten, ihre Heere zu verstärken. Die Spanier suchten Karl Gustav durch Anerbietung günstiger Handelsverbindungen für ihre Pläne zu gewinnen; unterstützt von den Kaiserlichen, welche im Geheimen ihren Einfluss auf die Deutschen geltend machten, blieben ihre Werbungen auch nicht ganz erfolglos. 1 Um so eifersüchtiger wurden dieselben von den Franzosen überwacht, welche sich durch ihre Diplomaten in Nürnberg und durch zwei eigens zu dem Zwecke dorthin abgeordnete Offiziere Rosen und Milet, sowie durch ihren Gesandten in Stockholm ebenfalls die erdenklichste Mühe gaben, einige schwedische Regimenter an sich zu ziehen. Den Bitten Chanuts kam Christine trotz der Bedenken Oxenstiernas und Torstensohns, welche von einer offenen Unterstützung Frankreichs neue Verwickelungen mit Spanien und dem Kaiser befürchteten, eifrig entgegen und sann auf immer neue Mittel, wie den Bundesgenossen zu helfen sei, ja sie wollte ihnen sogar ein schwedisch-nationales Regiment überlassen. Karl Gustav, durch wiederholte Briefe seiner Herrin ermahnt, unterstützte die Pläne der Franzosen unter der Hand in Deutschland, soweit ihm dies, ohne dass die Kaiserlichen es merkten, möglich war; aber am Ende hatten alle diese Bemühungen keinen nennenswerten Erfolg, obwohl den Truppen stattliche Besoldung versprochen wurde. "Während des ganzen Krieges hatte die deutsche Eigenart gegen das französische Wesen eine gewisse Abneigung gezeigt, welche sich nach der Katastrophe in Turennes Heer im Jahre 1647 und durch dessen "Verrat 1649 noch gesteigert hatte. Jetzt bei der Kunde von den Wirren in Frankreich kam das Misstrauen in die Zahlungsfähigkeit der sehr bedrängten Regierung hinzu, die Lust am französischen Kriegsdienst noch mehr zu vermindern, und der Widerwille gegen denselben äusserte sich in offener Empörung, als die Schweden Miene machten, ihren Bundesgenossen einzelne Truppen mit List zuzuschieben. 2 Noch weniger glückten natürlich die Werbungen des Frondeurs Turenne.
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Pufendorf XXII, 19.
Pufendorf XXI, 74, 91, XXII, 34; Adami relatio Einl. S. 31; Linage de Vauciennes I, 354—388, II, 1 - 9 4 ; Arckenholz I, S. 147 ff.
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Natürlich war es nicht möglich, dieses ganze Kriegsvolk, welches seit Menschenalter ein freies ungebundenes Leben oft der zügellosesten Art geführt hatte, welches die Friedensarbeit nie gekannt oder wieder verlernt hatte, sogleich wieder zur ruhigen Ansiedelung zu bewegen. Noch lange Zeit streiften einzelne Scharen abenteuernd und räubernd umher oder sie „gardeten", nachdem sie nach Soldatenart schnell den gewonnenen Lohn und die Beute verspielt oder verprasst hatten, — eine Landplage der schlimmsten Art, gegen welche sich die Stadt Schweinfurt z. B. durch Anwerbung von 50 Mann abgedankter Soldaten wehren musste, während der oberrheinische Kreis sogar in Yerbindung mit dem kurrheinischen zur gemeinsamen Sicherheit die Ausrüstung einer Truppe von 2000 Mann plante. 1 Allmählich kehrte aber doch auch in Deutschland die Achtung vor dem Gesetze zurück und zwang die wilden Elemente, sich demselben zu fügen; Schweinfurt konnte schon nach einem Jahre die erwähnte Polizeimacht bis auf einige Mann wieder entlassen. Manche allerdings kamen nie zur Ruhe. Der Typus eines solchen auf den Wogen des Kriegslebens haltlos hin- und hergetriebenen Soldaten ist Springinsfeld. Bald auf dieser, bald auf jener Seite fechtend, bald von Raub, bald von Bettel sein Dasein fristend, zeigt er in seinem Leben nicht einen höheren Trieb oder edlen Zug. Aus dem Kriege rettet er aus der Beute an barem Gelde 300 Dukaten und drei schöne Pferde, ausserdem wird er, zuletzt in bayerischem Dienste stehend, mit einem dreimonatlichen Solde abgedankt. Da versucht er es zuerst als Wirt, aber als Betrüger entlarvt, lässt er sich wieder von den Venezianern anwerben und fechtet auf Kandia gegen die Türken; als Krüppel kehrt er zurück und treibt sich von da ab als „Landstörzer" und fahrender Musikant bettelnd im Lande umher: „Und weil ich sehe, dass von meinem Capital nichts abgehet, ich aber gleich wohl einen, als den andern Weg in aller Freiheit mein guts Maulfutter und auch zu Zeiten, wann ichs bedörfftig, ein glatt' Leierin (denn gleich und gleich gesellt sich gern) zur Nothelferin haben kann, so wisse ich nicht, was mich bewegen solte, ein anderes und seligeres Leben zu verlangen."2 Solche Figuren waren natürlich damals nicht selten, aber die Mehrzahl der abgedankten Soldaten, wenigstens in der schwedischen 1
Oberrheinischer Kreisstag vom 23. Aug./3. Sept. 1650. Grimmelshausen, Springinsfeld, hrsg. v. Tittmann (Deutsche Dichter des 17. Jahrh. 10). S. 240 f. 2
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Armee, war des rastlosen Wander- und Lagerlebens doch herzlich müde geworden und sehnte sich darnach, unter dem Schutze friedlicher Gesetze sich einen neuen Herd zu gründen. In der rührig sich entfaltenden Thätigkeit zum Wiederaufbau der zertrümmerten Verhältnisse waren sie als kräftige Mitarbeiter willkommen. Da sie meist ein Handwerk nicht gelernt hatten, so blieb ihnen nur ein Beruf übrig, welcher die verhältnismässig geringsten Yorkenntnisse, wohl aber einen abgehärteten, arbeitsfähigen Körper erforderte, nämlich der Ackerbau. Während der Handel sich in den volkreicheren Städten schon mehr von selbst wieder belebte, bedurfte man gerade, um das verödete flache Land wieder urbar zu machen, Menschenkräfte und barer Mittel. Die letzteren aber hatten sich, wie wir sahen, ausser in den Städten, hauptsächlich bei der Soldateska angehäuft. Nicht nur die Offiziere waren reich geworden, sondern in geringerem Massstabe hatten sich auch die Gemeinen Yermögen von oft sehr bedeutender Höhe erworben. Wie oben bemerkt, gab es in der weimarischen Armee solche von 10—20000 Tb., der eben erwähnte Springinsfeld verfügte über 300 bare Dukaten, bei der Eevolte in Anhalt bot ein Soldatenweib dem Oberst-Lieutnant Isaaksohn in der Schürze 900 harte Thaler für das Leben ihres Mannes an. Dies sind Kapitalien, welche man erst dann richtig würdigt, wenn man sie, um sie nach dem heutigen Geldwerte in Mark darzustellen, etwa um das zwölffache vermehrt.1 Es lag daher nahe, dass einsichtsvolle Fürsten sich bemühten, diese geldkräftigen Leute zur Hebung der Landwirtschaft heranzuziehen. Das entwertete Land konnte man ihnen zu billigen Preisen überlassen; was die Offiziere, welche schon im Verlaufe des Krieges — oft nicht mit den reinlichsten Mitteln — eifrig darnach gestrebt hatten, den Grundbesitz an sich zu ziehen,2 als Rittergutsbesitzer leisten konnten, konnte durch die Gemeinen als Bauern im Kleinen geschehen. Sie verfügten über bares Geld und konnten daher neue Wirtschaftsgebäude errichten, sowie Vieh und die zur Bebauung des Ackers unentbehrlichen Handgeräte wieder anschaffen. In der That ist an einigen Stellen Deutschands die K o l o n i s a t i o n d u r c h die a b g e d a n k t e n S o l d a t e n systematisch betrieben worden. In W ü r t t e m b e r g gab die Anregung hierzu, wie es scheint, Erskein, welcher bei einem gelegentlichen Gespräche im Frühjahre 1649 dem 1 2
Vgl. Schrötter i. d. staats- u. soeialwiss. Forsch. XI, 5 (1892). Vgl. Gothein a. a. O. XXXIV.
S. 59 f.
206 Gesandten Varnbi'iler vorschlug: Die sieben Kreise sollten zu ihrer eigenen Sicherheit und Verteidigung — etwa je 1000 Reiter, 1 sowie die auf dieselben fallenden Entschädigungsgelder von Schweden übernehmen und sie zugleich weiterhin zu ihren Diensten anwerben, wodurch sie die Möglichkeit hätten, mit denselben sich wegen allmählicher Bezahlung des rückständigen Soldes billig zu vergleichen. „Hierdurch blieben die Ständ' in etwas Postur und consideration. Die Reuter würden sich nach und nach einkauffen, bürgerlich niederlassen, das Land populieren und die Stand' immer geüebte Leut' ad militiam et defensionem tüchtig in ihren Landen haben." 2 Auf diese Weise hätte jeder Kreis eine ständige, für alle Fälle kriegsbereite Truppe in seinen Grenzen beherbergt, welche nicht aus geworbenen Berufssoldaten bestand, sondern aus solchen, welche zugleich im Lande ansässig und grundbesitzend waren; der Vorschlag Erskeins erinnert einigermassen an die schwedische Militärverfassung und den engen Zusammenhang, in welchem dort die militärpflichtigen Unterthanen mit dem Grundbesitz standen. In seinem ganzen Umfange ist dieser Gedanke nicht verwirklicht worden, wohl aber leuchteten dem Herzog von Württemberg die Vorteile ein, welche die Heranziehung der abgedankten Soldaten seinem Lande in nationalökonomischer Hinsicht bringen mussten, so dass 2000 derselben von ihm angesiedelt wurden; 8 diese Thatsache hat sich in der Sage bis auf den heutigen Tag erhalten, nach welcher die Einwohner einzelner Gemeinden in Württemberg von den „Schweden" abstammen sollen. 4 1
Die Infanterie liess Erskein bei Seite, da Schweden selbst lebhaft wünschte, von derselben so viel wie möglich zu behalten. 2
Sattler, Gesch. d. Herzoge v. Würtenberg IX, Beil. 17.
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Sattler IX, 97; Schweiin, Württembergische kleine Chronika 1(360 berichtet ebenfalls, dass von den nach dem Friedenschluss abgedankten Soldaten „sich viele im Lande eingekauft und niedergelassen haben". 4
Diese Sage gilt besonders von der Steinlachgegend bei Tübingen und dem sog. Burgfrieden im Mainhardter Wald. Selbstverständlich ist hier nicht an nationale Schweden zu denken, sondern das Volk bezeichnete die zugewanderten Fremden mit diesem Namen nach der Partei, auf welcher sie gestanden hatten, wie denn auch nachgewiesen ist, dass Namen mit schwedischem Rlange sich hier nicht finden und auch wohl in ganz Württemberg nicht zu finden sind. Wenn aber aus den Kirchenbüchern zugleich hervorgeht, dass in beiden Gegenden ein Zufluss von Fremden nach dem 30jährigen Kriege überhaupt nicht stattgefunden hat, so beweist dies nicht, dass er auch in ganz Württemberg nicht erfolgt ist. Vielleicht blieb die Erinnerung an die schwedische Kolonisation nur deshalb an jenen Stellen
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Welche Bedeutung für die Hebung des Ackerbaues man in B r a n d e n b u r g der Ansiedlung entlassener Soldaten schon während des Krieges beimass, beweist eine Eingabe der Stadt Strassburg in der Uckermark vom Jahre 1641, in welcher sie um Nachlass der Kontributionen bat mit dem besonderen Hinweis auf abgedankte schwedische Offiziere, welche man durch harte Steuern von der Zuwanderung abschrecke. „Ob nun wol obgedachtes unser Städtlein," heisst es in der betreifenden Bittschrift, „einen so erbärmlichen Zustand gewonnen, so reitzet doch der barmhertzige Gott etliche abgedanckete schwedische Officirer, welche aus Liebe des wolgelegenen Ackerbaues sich bei uns niederzulassen gesinnet sein, und könte es auf diese "Weise je mehr und mehr zum glücklichen Aufwachs wieder gedeien, wen ein und das ander wüste und fast gantz verfallene Gebäude bewohnet würde." Der Kurfürst befahl daraufhin seinem Statthalter, mit den Räten zu überlegen, wie diesem Gesuche nachzukommen sei. 1 Ob es den gewünschten Erfolg gehabt hat, ist nicht weiter bekannt, aber bei dem tiefen Verständnis, welches die Herrscher des brandenburgisch-preussischen Staates von jeher für den Wert der inneren Kolonisation durch arbeitsfähige und kapitalkräftige Fremde gehabt haben, ist es wohl zu vermuten, dass der grosse Kurfürst in diesem und andern Fällen die Gelegenheit nicht ausser Augen liess, den Wohlstand des Landes zu fördern. Daher fanden die Vorschläge, welche Erskein dem württembergischen Gesandten machte, auch hier eine freundliche Aufnahme, wenigstens erzählte der Schwede, dass der Kurfürst bereits zwei Regimenter unter den von ihm angegebenen Bedingungen übernommen habe.« Durch ähnliche Vergünstigungen, um welche die Stadt Strassburg ihren kurfürstlichen Herrn bat, suchte auch die Landgräfin Amalie Elisabeth von H e s s e n das Kriegsvolk in ihren Gebieten zu halten, indem sie am 20. März 1649 befahl, dasselbe nicht zu beschimpfen und zu schädigen, sondern zu schützen: es sei bis auf weiteres mit Personalhaften, weil die dortigen Einwohner aus andern Gründen in der That in körperlicher Bildung und Tracht besondere Eigenheiten aufweisen. Vgl. den Aufsatz von Schmidt in den Württembergischen Jahrbüchern 1848, S. 181 ff.; von Bühler, in d. Zeitschr. d. bist. Vereins f. d. württemb. Franken, 10, S. 85 ft.; ferner Hartmann, Die Besiedelung Württembergs. Württemberg, Neujahrbl. 11. 1894. S.37. 1 Meiuardus, Protok. u. Relat. d. Brandenb. geh. Rates I, Nr. 294 (Publik, a. d. Preuss. Staatsarchiv, 41). 2
Sattler, IX, Beil. 17.
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diensten zu verschonen, auch mit keinen Kriegskontributionen zu belegen. In einem Schreiben vom 20. April d. J. an die Marburger Regierung erläuterten die hessischen Geheimen und Kriegsräte diese Verfügung dahin: „dass es allein uff diejenige, welche bis dahero in der Contribution nichts verstanden undt von newen sich im lande gesetzet, desgleichen die "Wüstliegende Gütter, dass davon nichts gegeben werden solte, damit gemeinet undt dieselben mit der Contribution verschonet bleiben." "Wie ernst es der hessischen Regierung mit dieser Angelegenheit war, beweist der erneute Befehl von Amaliens Nachfolger "Wilhelm, welcher am 20. November 1651 nochmals mit starker Bedrohung einschärfte, die „sich niedergesetzte Soldaten, sie seyen In: oder Aussländische, mit abforder: und erpressung gedachten Einzug Geldts, und andern von ihnen den Beampten je zuweilen hierbei für sich wieder gebühr mit unterlauffende Forderungen, nicht allein allerdings zu verschonen und ohnmolestirt bleiben zu lassen, sondern ihnen vielmehr vermöge noch continuirender befreyungsverordnung und sonsten dergestalt unter Augen und an Hand zu gehen, damit sie sich zu beklagen, oder aber auch wohl gar auss Unsern Fürstenthumb: und Landen an fremde Orte sich wieder zu begeben, nicht verursacht werden mögen." Aus dieser Verordnung geht zugleich hervor, dass nicht nur Soldaten der eigenen Armee sich in Hessen angesiedelt hatten.1 Dass auch der weise Reorganisator der Pfalz Karl Ludwig ähnliche Mittel zur Hebung des Ackerbaues angewandt habe, lässt sich nicht erweisen. Auf diese Weise trugen diejenigen, welche dem Lande die "Wunden geschlagen hatten, ihren Teil dazu bei, dieselben wieder vernarben zu lassen. Während nun in dem übrigen Deutschland nach langen, langen Jahren endlich mit dem Hochsommer des Jahres 1650 der Friede wieder eingekehrt war, hatten einzelne Teile noch längere Zeit unter den direkten N a c h w i r k u n g e n des K r i e g e s zu leiden. Noch immer sassen im Südosten die S p a n i e r und L o t h r i n g e r fest und mussten auf Kosten des Volkes erhalten werden. So tief war das einst 1 Nach freundlichen Mitteilungen aus dem Königl. Preussischen Staatsarchiv zu Marburg; Sammlung Fiirstl. Hessisoher Landesordnungen II. Kassel 1770. S. 155.
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weltbeherrschende Reich gesunken, dass es sich zu einem energischen Entschlüsse nicht aufraffen konnte, diese kleine Anzahl von kaum 2—3000 Fremdlingen mit Gewalt von seinem Boden zu verjagen. Die Bahn der Verhandlungen, zum Teil schmachvoller Art, musste beschritten werden, um sich der Eindringlinge zu entledigen. Den Abzug der Spanier bewirkte der Kaiser endlich durch einen neuen, allerdings nicht sehr empfindlichen Verlust, durch die Abtretung der inmitten der Franche Comté gelegenen Reichsstadt Besançon, welche bisher noch nominell zum Reiche gehört hatte. Im Frühjahr 1652 zog der Kurfürst Karl Ludwig wieder in seine getreue Festung Frankenthal ein, nachdem dieselbe 30 Jahre lang unter der Herrschaft der Fremden geseufzt hatte. Auch der Herzog von Lothringen war bereit, die von ihm besetzten Festungen gegen eine hinreichende Entschädigung zu räumen. Da ein anderer Ausweg nicht zu finden war, ging der seit 1653 in Regensburg versammelte Reichstag endlich auf diese Frage ein; in monatelangen Verhandlungen feilschte man mit diesem Abenteurer um den Preis, schon hatte man sich zu einer Zahlung von 300 000 Th. verstanden, da löste ein Glückszufall den verwickelten Knoten: im Februar 1654 ward der Herzog aus noch nicht aufgeklärten Gründen plötzlich von seinen nominellen Herren, den Spaniern, in Brüssel verhaftet und als Staatsgefangener abgeführt: mit seinem Bruder, dem Herzog Franz, wurde bald darauf ein befriedigender Vergleich abgeschlossen.1 Im Norden hatte der Krieg zwei weitere Nachspiele. Als sich Schweden endlich zum Verzicht auf H i n t e r p o m m e r n entschloss, hatte es sich doch die Oder derart zu sichern gewusst, dass noch ein Streifen am rechten Flussufer in sein Herrschaftsbereich fiel. Die nähere Grenzregulierung war weder im westfälischen Frieden, noch in Nürnberg vollzogen, sondern der friedlichen Vereinbarung der Schweden mit Brandenburg vorbehalten worden. Die mannigfachen Schwierigkeiten, welche dieselbe bis zum Mai 1653 verzögerten, waren aber nicht sowohl schwedische Staatsinteressen, die ängstlich auf den ungeschmälerten Besitz der Ostseezölle auch in dem Brandenburg zufallenden Teile bedacht waren, sondern sie waren vor allem der Ausfluss privater Habsucht. Jetzt war die Zeit gekommen, wo die Offiziere und hohen Beamten, welche in Hinterpommern für ihre Verdienste reich belohnt waren oder welche ' Erdmannsdörffer, Deutsche Geschichte von 1 0 4 8 - 1 7 4 0 , I, S. 182 ff. L o r e n t z e n , Scliwod. Armop.
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sich auch mit Gewalt und List hier festgesetzt hatten, ihre Ansprüche dem neuen rechtmässigen Herrn überlassen sollten. Mit hartnäckiger Zähigkeit aber suchten sie dieselben durch immer neue Gründe, welche sie mit dem "Übergewicht des mächtigen Siegers wirkungsvoll unterstützten, dennoch zu behaupten. Die Krone aber gab dem Drängen dieser einflussreichen kleinen Clique um so lieber nach, je mehr sich für sie durch die wachsenden Erfolge derselben die Verpflichtungen minderten, für die wieder flüssig gewordenen Ansprüche ihrer Gläubiger anderweitigen Ersatz zu schaffen. Immer weiter wurde durch solche Intriguen die Grenze nach Osten verschoben; denn gerade in dem reichen Fruchtlande rechts von der Oder hatten sich die schwedischen Herren am festesten eingenistet. Der ohnmächtige Kurfürst aber war der empörenden Willkür des nordischen Nachbars schutzlos preisgegeben und musste sich daher trotz verzweifelter Anstrengungen schliesslich zu einem Vertrage entschliessen, welcher für ihn empfindliche Zugeständnisse in sich schloss. Erst vier ein halb Jahr nach dem Friedensschlüsse konnte daher die Exekution auch hier im Norden als vollzogen angesehen, lind Hinterpommern geräumt werden, nachdem dasselbe bis dahin durch die Raubgier der Generale, Obersten und Civilbeamten mit verdoppeltem Eifer ausgesogen worden war. 1 Ein weiteres Jahr noch dauerte es, bis die Schweden auch Vechta herausgaben, den letzten Platz, welcher ihnen kraft des Nürnberger Schlusses als Pfand für die noch schuldigen Entschädigungsgelder in der Höhe von etwa drei Viertel Millionen Th. verblieben war. Wie erwähnt war zur Entrichtung derselben eine Frist von zwölf Monaten angesetzt worden, so dass die Räumung spätestens im Sommer 1651 hätte geschehen müssen; aber als der grosse Reichstag, welcher schon auf dem westfälischen Kongresse vorgesehen war, um über eine Reihe der wichtigsten Fragen, besonders über die neue Reichsverfassung, zu beraten, endlich im Jahre 1653 in Regensburg zusammentrat, fand er auch diese Angelegenheit noch unerledigt vor. Eine zur Untersuchung derselben eingesetzte Kommission ermittelte nach Prüfung aller Quittungen, dass zwar alle übrigen Kreise ihren Verpflichtungen nachgekommen waren, wenn man von einigen kleinen Resten an den Verpflegungskosten absah, dass aber der k u r r h e i n i s c h e mit 9937 Th., der o b e r r h e i n i s c h e sogar 1
Urk. u. Akten IV, hrsg. v. Erdmannsdörffer, S. 833 ff.; Odhner, Sver. deltagande a. a. 0., S. 329 ff.; vgl. Malmström a. a. 0., cap. V.
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mit 137,1332/3 Th. im Rückstand waren.1 Während alle andern Gebiete sich nach dem Nürnberger Schlüsse der Segnungen des Friedens erfreuen konnten, waren sie infolge ihrer unglückseligen Lage immer wieder durch neue Kontributionen geängstigt worden, da der fortdauernde Kriegszustand zwischen Spanien und Frankreich sich ungehindert über die Reichsgrenzen hinüberspielte: „Auch nach getroffenem Frieden," schrieb der oberrheinische Kreis in einem Memorial vom 5./15. September 1653 an den Reichstag, „sind wir inter arma et motus zwischen der Spanischen Garnison in Frankenthal, den Frantzösischen Garnisonen in Philippsburg und Brisach und den Lothringischen in Homburg, Pitsch und Landstulil dergestalt stecken blieben, dass, was die armen Burger und Unterthanen an Geld erkrimmet und erkratzet, sie dahin contribuiren, die säuerlich erbaueten Früchte und Wein zu Magazin verzehenden, und sich darunter vielfältig mit Atz- Raub- und Plünderung beschweren." Dann waren freilich die Spanier und Franzosen abgezogen, aber die schlimmsten, die Lothringer waren geblieben und hatten nicht nur von ihren alten besetzten Festungen das Land ringsum durch ihre Erpressungen weiterhin ausgesogen, sondern sich auch in einer neuen, im Schlosse Windstein, festgesetzt, und vor einem halben Jahre hatte der Generallieutnant Fauge auf einem Marsche nach Ober-Elsass das Land abermals auf das Fürchterlichste geplündert, so dass sie von Lothringischen Streifzügen bis jetzt noch täglich ausgesetzt waren.2 Trotz dieser jammervollen Darstellung, welcher klar die gänzliche Zahlungsunfähigkeit der in Frage kommenden Stände darlegte, war nur das Städtekollegium einsichtsvoll genug, den Bitten derselben, sie mit weiteren Zumutungen zu verschonen, Gehör zu geben; 3 die beiden anderen Kollegien nahmen den Antrag der Kommission an, gegen die säumigen Zahler die Exekution zu verhängen, ein Beschluss, welcher auch die Bestätigung des Kaisers fand. Mit derselben wurden Kurmainz und Münster beauftragt, und man 1
Bericht der Kommission vom 24. Aug. 1658. Meiern, Regenspurgische Reichstags-Handlungen und Geschichte a. d. J. 1653—54. Leipzig 1738. I, S. 4 ) 8 ff. * Meiern, Reg. R. T. H. I, S. 499 ff. 3
Meiern, Reg. R. T. H. I, S. 514 f.; allerdings war das Mitleid desselben sehr platonisch; denn in demselben Konklusum weigerte es sich entschieden, selbst weitere Opfer zu bringen, und vertraute nur auf das freundliche Entgegenkommen der Schweden.
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rechnete darauf, dass auf diese Weise die schwedische Besatzung spätestens Mitte November 1653 aus Vechta abziehen könne.1 Wie vorauszusehen war, blieb das Unternehmen ohne nennenswerten Erfolg.2 Die Beiträge des kurrheinischen Kreises allerdings gingen jetzt, wie es scheint, ein, aber aus dem oberrheinischen erpresste der Bischof von Münster kaum einige Tausend Thaler. Überall begegnete er den grössten Schwierigkeiten, die zu dumpfer Verzweiflung gebrachten Stände wehrten sich mit der grössten Verstocktheit; die Stadt Speyer z. B. verschloss den „Exekutanten nicht ohne grossen Despect der Rom. Kais. Majestät, in deren Namen die Exekution geschehen, gar die Stadtpforten, gleich offenbaren Feinden, gab auch kein gut Wort." Zwei Monate mussten die Exekutionstruppen vor derselben liegen, und als es dem Bischof endlich gelang, sich Eingang zu verschaffen, musste er froh sein, dass er nur die Kosten, welche ihm die Besoldung der geworbenen Mannschaft inzwischen verursacht hatte, herausschlug. Andere Städte, wie Weissenburg und Hagenau, boten in Ermangelung baren Geldes Naturalien an, aber im ganzen wurde dadurch nicht viel erreicht. 3 So war man wieder so weit, wie zuvor; noch immer blieb der oberrheinische Kreis 131314 2 / s Th. schuldig, und nirgends zeigte sich eine Aussicht, derselben habhaft zu werden; denn die sechs Vorschläge, welche die Kommission daraufhin dem Reichstag unterbreitete, waren sämtlich undurchführbar: die übrigen Reichsstände, welche doch schon für die lothringischen Garnisonen 300000 Th. bewilligt hatten, waren nicht gewillt, die Schulden des oberrheinischen Kreises noch mit zu übernehmen, und gütliche Verhandlungen mit der schwedischen Krone versprachen ebenfalls keinen Erfolg. Wohl versuchten die oberrheinischen Kreisstände das Geld durch eine Anleihe zu 8 °/0 aufzubringen, aber sie fanden nirgends Kredit. 1 Unter solchen Umständen war es ein Glück, dass der damalige In1
Meiern, Reg. R. T. H. I, 509—515, 562 ff., 567 ff., 585 ff. Über die drohende Exekution urteilte der Birkenfeldsche Eat Agricola am 3. Sept. 1653: Es scheint als wolle die alte regul: quod impossibilium nulla sit obligatio, nec Diabolus ultra posse teneatur, gleich weder christliche Lieb noch Billigkeit, anders zu geschweigen, wenig mehr gelten, hingegen aber illud Juven. Sat. 4: inde habeas quaerit nemo, sed oportet habere, praevaliren . . . undt mitt dem gueten Teutschlandt der garaus gespielet werden. Grossherzogl. Haus- u. Staatsarchiv. Karlsruhe. III. Kriegssachen 44. 3 Meiern R. T. H„ I, S. 845. 1 Meiern, Reg. R. T. H. I, S. 843 ff., 061 ff. 2
Schluss.
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haber des Münsterschen Bischofssitzes Christoph Bernhard von Galen ein Mann war, welcher, erfüllt von grossen Plänen und thatkräftigem Mute, sich leichter über engherzige Bedenken hinwegsetzte. Er vor allem hatte unter den fortgesetzten Belästigungen der schwedischen Garnison in Vechta zu leiden, welche sich ihre Verpflegung aus seinem Bistum holte, wenn die sieben Kreise mit ihren Zahlungen säumig blieben, welche ein Hemmschuh für die Verfolgung seiner ausser- und innerpolitischen Gedanken waren; er sah ein, dass, wenn er in absehbarer Zeit in den Besitz des ihm von rechtswegen zustehenden Gebietes gelangen wollte, er selbst Opfer bringen musste. Nachdem der Reichstag sich damit einverstanden erklärt hatte, dass der Bischof die Schuldsummen später von den dazu verpflichteten Ständen einfordern dürfe, schoss dieser kurz entschlossen im Einverständnis mit seinem Kapitel und seiner Ritterschaft, sowie mit Unterstützung der Stadt Münster, welche sich zu einer Zahlung von 50000 Th. verstand, das fehlende Geld in die Höhe von etwa noch 135000 Th. vor. Daraufhin zog die schwedische Garnison endlich am 13. Mai 1654 auch aus Vechta ab, nicht ohne vorher noch mit peinlichster Genauigkeit auch den letzten Heller der rückständigen Verpflegungsgelder einzuziehen. 1 Wie erwähnt, hatte der Unterhalt derselben bis dahin monatlich 7000 Th. erfordert, so dass die Beitreibung der letzten schwedischen Entschädigungssumme den sieben Kreisen abermals eine Steuer von insgesamt 320000 Th. auferlegte.
Schluss. Der westfälische Friede schloss für Schweden eine lange Periode ununterbrochener Kriege vorläufig ab. Zum ersten Male seit 87 Jahren durfte es sich eines nach allen Seiten hin gesicherten Friedens erfreuen. Grosses war im Laufe dieser Zeit geschehen. Aus dem kleinen unansehnlichen Staate, welcher vor noch nicht langer Zeit erst seine eigene Selbständigkeit erkämpft hatte, war eine Grossmacht entstanden, welche gemeinsam mit der verbündeten französischen 1
et reb. Gesch. histor. Politik
Meiern, Reg. K, T. H. I, S. 1013 ff.; Theatr. Eur. VII, 028; Alpen, De vita gest. Christophori Bernardi, episc. Monast. 1694, I, S. 114—129; Tiicking, d. Stadt Münster unter Chr. B. v. Galen. 1865. S. 13.; vgl. Pfanneri Comitiorum Iinp. Vin. 1691 II, 46, VII, 50; Droysen, Gesch. d. Preuss. III, 2, S.' 5 f.
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haber des Münsterschen Bischofssitzes Christoph Bernhard von Galen ein Mann war, welcher, erfüllt von grossen Plänen und thatkräftigem Mute, sich leichter über engherzige Bedenken hinwegsetzte. Er vor allem hatte unter den fortgesetzten Belästigungen der schwedischen Garnison in Vechta zu leiden, welche sich ihre Verpflegung aus seinem Bistum holte, wenn die sieben Kreise mit ihren Zahlungen säumig blieben, welche ein Hemmschuh für die Verfolgung seiner ausser- und innerpolitischen Gedanken waren; er sah ein, dass, wenn er in absehbarer Zeit in den Besitz des ihm von rechtswegen zustehenden Gebietes gelangen wollte, er selbst Opfer bringen musste. Nachdem der Reichstag sich damit einverstanden erklärt hatte, dass der Bischof die Schuldsummen später von den dazu verpflichteten Ständen einfordern dürfe, schoss dieser kurz entschlossen im Einverständnis mit seinem Kapitel und seiner Ritterschaft, sowie mit Unterstützung der Stadt Münster, welche sich zu einer Zahlung von 50000 Th. verstand, das fehlende Geld in die Höhe von etwa noch 135000 Th. vor. Daraufhin zog die schwedische Garnison endlich am 13. Mai 1654 auch aus Vechta ab, nicht ohne vorher noch mit peinlichster Genauigkeit auch den letzten Heller der rückständigen Verpflegungsgelder einzuziehen. 1 Wie erwähnt, hatte der Unterhalt derselben bis dahin monatlich 7000 Th. erfordert, so dass die Beitreibung der letzten schwedischen Entschädigungssumme den sieben Kreisen abermals eine Steuer von insgesamt 320000 Th. auferlegte.
Schluss. Der westfälische Friede schloss für Schweden eine lange Periode ununterbrochener Kriege vorläufig ab. Zum ersten Male seit 87 Jahren durfte es sich eines nach allen Seiten hin gesicherten Friedens erfreuen. Grosses war im Laufe dieser Zeit geschehen. Aus dem kleinen unansehnlichen Staate, welcher vor noch nicht langer Zeit erst seine eigene Selbständigkeit erkämpft hatte, war eine Grossmacht entstanden, welche gemeinsam mit der verbündeten französischen 1
et reb. Gesch. histor. Politik
Meiern, Reg. K, T. H. I, S. 1013 ff.; Theatr. Eur. VII, 028; Alpen, De vita gest. Christophori Bernardi, episc. Monast. 1694, I, S. 114—129; Tiicking, d. Stadt Münster unter Chr. B. v. Galen. 1865. S. 13.; vgl. Pfanneri Comitiorum Iinp. Vin. 1691 II, 46, VII, 50; Droysen, Gesch. d. Preuss. III, 2, S.' 5 f.
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Macht auf die Geschicke Europas einen bestimmenden Einfluss ausübte, deren drückendes Übergewicht schwer auf der natürlichsten Lebensentfaltung der benachbarten Staaten lastete. Indessen dieser glänzenden äusseren Stellung entsprach nicht die innere Lage des Staates: der Kern dieses weithin schattenden Baumes war krank. Aus den Staatseinnahmen allein hatte Schweden in den Wechselfällen des Krieges die hohen Ausgaben für denselben nie ganz bestreiten können. Schon seit Erichs XIY. Zeit daher hatte es dem finanziellen Mangel durch den Verkauf der Krongüter nachhelfen müssen. Im Laufe des letzten 18jährigen Krieges in Deutschland aber hatte dieser einen unheilvollen Umfang angenommen. Während er sich unter Gustav Adolf auf 1063 Güter belief, stieg er unter der vormundschaftlichen Regierung auf das Doppelte, unter Christine, welche allerdings in unsinniger Weise verschwendete, auf das vierfache dieser Zahl. Dadurch hatten sich die Staatseinnahmen 1646 um 483066 D. s. m., 1653 aber um 1227873 D. s. m. verringert. 1 Wenn dadurch auf der einen Seite die Staatsverwaltung, deren Kosten hauptsächlich aus den Erträgen der Domänen bestritten wurden, mehr und mehr ins Stocken geriet, so hatten sich auch die sozialen Verhältnisse in unerträglicher Weise verschoben. Der steuerfreie Adel, an welchen die Krongüter verkauft, verpfändet oder auch verschenkt waren, hatte sich zum Schaden der drei anderen Stände und des Staatsoberhauptes unglaublich bereichert und ein starkes Übergewicht erlangt: besonders die unter seine Herrschaft gekommenen früheren Kronbauern, welche von ihm durch ungewohnte Auflagen und Dienste ausgebeutet wurden, sahen sich benachteiligt. Zu diesen Missständen kamen weitere hinzu. Wollte sich Schweden seine schwererrungene Stellung als Grossmacht erhalten, so musste es das Werkzeug, durch welches ihm dies möglich geworden war, auch fernerhin gegen die drohenden Nachbarn in Bereitschaft halten. Trotz des stürmischen Verlangens der Unterthanen, konnte die Regierung an eine Abrüstung nicht denken: das heimkehrende Heer musste auch im Frieden erhalten werden. Während aber die Offiziere und die Reiterei nach der Verfassung durch grössere und kleinere Güterschenkungen schadlos gehalten wurden, gab es inbetreff der Erhaltung des Kernes des Heeres, des schwedisch-finischen Fussvolkes, keine derartige Bestimmung. Dieses wurde gegen geringes Entgelt bei den Kronbauern eingequartiert. So war vor allem der 1
Fryxell 10. S. 151; vgl. Geijer-Carlson 4. S. 47.
Schluss.
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gesamte Bauernstand schwer gedrückt, der eine Teil durch die Übergriffe des Adels, der andere durch die Lasten der heimkehrenden Soldateska,1 abgesehen von den Steuern, welche die Erhaltung des Staates verlangte, und welche auch von den Städten und der Geistlichkeit nur unter lauten Beschwerden getragen wurden. Die gährende Unruhe, welche sich infolge dieser Missstände des Landes bemächtigte, abzulenken und die Kosten des stehenden Heeres aufzubringen, gab es nur einen Weg, den die ganze bisherige Entwickelung des schwedischen Staates vorschrieb: ein n e u e r K r i e g musste wieder begonnen werden. Zu demselben riet auch eine andere Erwägung; schwerlich, meinte man, könnten sich die heimkehrenden Soldaten und Offiziere an den Zwang und die Genügsamkeit daheim gewöhnen, und es wäre jedenfalls nicht für diesen Staat ratsam, die einzigen Kräfte, welche er besässe, nicht zu gebrauchen, sondern ermatten zu lassen, denn wenn diese kriegerische Disziplin, welche jetzt in Schweden stark sei, durch einen zehnjährigen Frieden erschlaffen sollte, so würde sie in langer Zeit nicht wieder hergestellt werden, und auf solche Weise dieses Reich, in welchem Handel und Manufakturen wenig blühen, innerhalb weniger Jahre arm und schwach werden. 2 Über die Seite, nach welcher der neue Angriff erfolgen sollte, konnte kein Zweifel herrschen. Schwer genug empfand die schwedische Regierung die Opfer, mit welchen sie hatte den Stuhmsdorfer Frieden erkaufen müssen: die wichtigen preussischen Häfen, welche die Kette ihrer Zölle rings um das baltische Meer durchbrachen, wieder zu gewinnen, musste das nächste Ziel ihrer Pläne sein, und dies schien um so leichter möglich zu sein, da Polen selbst in tiefer innerer Zerrüttung, ausserdem mit Russland im Kriege lag. So begann König Karl X. Gustav ein Jahr, nachdem er infolge der Abdankung der blasierten und regierungsmüden Christine den Thron bestiegen hatte, den ersten nordischen Krieg. Der Verlauf desselben ist bekannt. Nach den glänzenden Erfolgen in den ersten Jahren erfolgte ein Rückschlag nach dem andern, und in dem Frieden von Oliva wurde Schweden nur durch den Machtspruch Frankreichs in seiner Grösse erhalten. So war nicht nur nichts gewonnen, sondern die 1 „Schweden fühlt nun," sagte Salvius auf dem Lübecker Kongresse, „die Last der von Deutschland heimgekehrten Kriegsmacht." Geijer-Carlson. 4. S. 38; vgl. Söderberg, Utskottsmötet 1651 etc. Diss. Ups. Stockh. 1877, S. 13 f. 2 Linage de Vauciennes II, S. 173 f.; vgl. 304 f. Ähnliche Äusserungen Karls X. Gustav selbst vgl Mcmoires de M. Terlon. Paris 1682. S. 155—156.
216
Schluss.
Nachwehen des unglücklichen Krieges kamen noch zu den alten Beschwerden hinzu, und eine neue mehrjährige vormundschaftliche Regierung — Karl Gustav war inmitten der Friedensverhandlungen noch nicht 38jährig gestorben — that nichtSj denselben abzuhelfen. In gänzlicher Zerrüttung übernahm Karl XI. das Reich; wollte er den völligen Staatsbankerott abwehren, dann musste er den Adel seiner angemassten Rechte wieder berauben und der Krone die ihr gebührenden Einnahmen wieder verschaffen. Er säumte nicht, das schon oft begonnene Werk der sogenannten „Güterreduktion" rücksichtslos in die Hand zu nehmen. Durch dieselbe entriss er mit Hülfe der unteren Stände dem Adel die früheren Krondomänen. War er hierzu auch zum Teil infolge der Unredlichkeit, mit welcher sich einzelne den Besitz der Güter erschlichen hatten, vollkommen berechtigt, so war doch dies auf der anderen Seite ein Schritt revolutionärer Art und voll schreiender Ungerechtigkeit. Allein er musste gethan werden. Durch denselben wurde Schweden wieder lebensfähig, die Mitregierung des Adels hörte auf, unter der absoluten Königsherrschaft schien sich eine neue grosse Zukunft für das nordische Reich zu eröffnen, da starb auch Karl XI. jung; die Kriegswut und der verblendete Starrsinn seines jungen Sohnes und Nachfolgers aber stürzte Schweden für immer von seiner Grossmachtstellung herab.
Verlag von VEIT & COMP, in Leipzig.
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1884 u. 1894.
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Franz Paul Freiherr von Lisola — 1613—1674
und die P o l i t i k
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Von
Alfred Francis Pribram, P r o f e s s o r ,111 d e r W i e n e r
Universität.
Mit dem Bildnis Lisola's. g r . 8.
1894.
geh. 18 J i .
L e i p z i g , D r u c k von O t t o D ü r r .
Zeit.