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German Pages 125 Year 1970
NORBERT MEISTER
Die Reformen der Amerikanischen Bundesverwaltung unter dem Leitgedanken "Economy and Efficiency"
Schriften zum Völkerrecht
Band 13
Die Reformen der Amerikanisc hen Bundesverwaltung unter dem Leitgedanken "Economy and Efficiency"
Von
Dr. Norbert Meister
DUNCKER &
HUMBLOT / BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
@ 1870 Duncker & Humblot, Berlin 41
Gedruckt 1870 bei Richard Schröter Berlin 61 Printed in GermanJi DS
Inhaltsverzeichnis 9
§ 1 Einleitung
1. Die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9
2. Begrüfsabgrenzungen ........... . . .. . .. ... .... . . .. . .. . ..... . a) Die Bundesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Economy and Efftciency . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
12 12 14
3. Untersuchungsmethode
18
§ 2 Der geschichtliche Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Das politische und soziale Bild in der Zeit der Gründung der
20
... ...................................................
20
2. Die Entwicklung des Personalwesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kriterien der Beamtenauslese bis 1829 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Spoils-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
22 22 25
3. Die Entwicklung der Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . .
28
4. Die Entwicklung der Finanzverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Haushaltswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Rechnungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 35
5. Schlußfolgerungen unter Berücksichtigung der allgemeinen kulturellen Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36
§ 3 Das Personalwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
Union
1. Die Beamtenauslese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
2. Die Beendigung des Dienstverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Pensionierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
42 42 43
3. Das Berufsbeamtenturn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Beförderungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Laufbahnprogramme . . . .. . . . . ............ .... . . . . ... . ....
45 45 47
4. Gehaltsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das allgemeine Gehaltsniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Verhältnis von Gehalt und Arbeitsleistung . . . . . . . . . . . .
49 49 52
5. Die Organisation der Personalverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Entwicklung ohne zentrale P ersonalbehörde . . . . . . . . . . . b) Die Civil Service Commission a ls zent rale Personalbehörde
54 54 55
6. Rückblick
56
6
Inhaltsverzeichnis
§ 4 Das Finanzwesen
1. Der Haushaltsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59 59 59
a) Die ersten Reformversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Entwicklung unter dem Budget and Accounting Act von 1921 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die neueren Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 64
2. Das Rechnungswesen (Accounting) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
3. Die Rechnungsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Die Gründung einer unabhängigen Rechnungsprüfung . . . . . . b) Der übergang zum "Site-Audit" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die interne Rechnungskontrolle (Internal Audit) . . . . . . . . . . .
4. Zusammenfassung § 5 Die Verwaltungsorganisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
70 71 72
73 75
1. Die Entwicklung der Organisationsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Stellung des Präsidenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Die zentralen Verwaltungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
78 78
a) Das Executive Office of the President . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Civil Service Commission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die General Service Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Die Organisation der Departments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Die innere Struktur der Departments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rolle der Departments im Gesamtaufbau der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
80 81 81
83
5. Die Independent Regulatory Commission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
85
6. Die Government Corporations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
89
7. Kritische Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
95
§ 6 Die Methoden der Verwaltungsreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97
1. Untersuchungsausschüsse und -kommissionen . . . . . . . . . . . . . . . .
97
2. Die ständigen Managementbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
102
3. Abzuleitende Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105
§ 7 Schlußbetrachtung
108
Literaturverzeichnis
114
Sachregister
123
........................................................
Abkürzungsverzeichnis APSR Art. BLaufbVO BRechH c. Cong.
csc
Dept. DVBL E.O. GAO H.Doc. ICC JZ Op.Atty.Gen. PAR PSQ RHO S.Doc. Sec. sess. Stat.
u.s. us usc
VerwArch ZPol
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§ 1. Einleitung 1. Die Problemstellung
Die deutsche Verwaltung wurde in ihrer Entwicklung maßgebend durch das Ringen um den liberalen Rechtsstaat, das das öffentliche Leben Deutschlands im 19. Jahrhundert beherrschte, geprägt. Die Parlamente setzten gegenüber monarchischer Willkür den Anspruch durch, Art und Umfang des Eingriffs der Verwaltung in die Sphäre des einzelnen Bürgers durch Gesetze festzulegen. Das Augenmerk der Öffentlichkeit und besonders der Wissenschaft richtete sich auf die Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit allen Verwaltungshandelns. Die noch jungen und nicht ungetrübten Erfahrungen der Deutschen mit der Demokratie intensivieren dieses fortdauernde Interesse. Die Sätze Dennewitz' aus dem Jahre 1948: "Der Gegenstand der modernen Verwaltungswissenschaft ist das Verwaltungsrecht. Die Verwaltungswissenschaft ist ,modern', weil sie die Verwaltungslehre der rechtsstaatliehen Verwaltung ist1 . " sind auch heute noch charakteristisch für unser Bild von der Verwaltung. Je mehr aber die Verwaltung des sozialen Rechtsstaates ihre Funktion nicht lediglich in der Ordnungssicherung sieht, sondern selbst zum Leistungsträger wird, gewinnt die nichtrechtliche Seite der Verwaltung an Bedeutung2 • Durch die Aufhebung traditioneller Grenzen im lokalen ebenso wie im nationalen Bereich zeichnet sich die Ausdehnung des räumlichen Zuständigkeitsbereiches der Verwaltungseinheiten ab. Gesteigerte Kommunikationsmöglichkeiten führen zu einer Verdichtung der inneren Strukturen der modernen Gesellschaft. Diese "Massengesellschaft" hat Verwaltungsfunktionen hervorgebracht, die sich auf Aufgaben in Massenserien richten3 • Die Mittel der Verwaltung werden laufend komplizierter und die Verwaltungsapparate wachsen beständig. Die Frage nach der inneren Struktur der Verwaltung gewinnt für die 1 2
Dennewitz, Die Systeme des Verwaltungsrechts, S.12 f. Vgl. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 1. Bd., S. 45 f., zur Frage
der Gesetzmäßigkeit der Leistungsverwaltung ausführlich VGH Kassel, DVBl. 1963, 443 mit weiteren Nachweisen. Zum Verhältnis von Gesetzgebung und vollziehender Gewalt vgl. auch Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 78 ff. 3 Forsthoff, Verwaltungsfunktionen, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 11, S. 275.
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§ 1. Einleitung
sachgerechte Erfüllung der Verwaltungsaufgaben an Bedeutung und tritt somit neben das Problem der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns. Jenen inneren Strukturen der Verwaltung haben die Amerikaner im Laufe unseres Jahrhunderts ein intensives Interesse entgegengebracht. Diese Einstellung zur Verwaltung, die von der deutschen so erheblich abweicht, wurzelt in der politischen Geschichte ihres Landes und in dem Denksystem des common law. Die Vereinigten Staaten gaben sich zu Beginn ihrer Existenz eine demokratisch-konstitutionelle Staatsform. Die Rolle der Exekutive wtirde bewußt klein gehalten4 und dem Parlament untergeordnet. Die Mehrzahl der Siedler der Gründerjahre ververabscheute den religiösen und politischen Zwang der europäischen absolutistischen Staaten, dem sie entflohen waren. Besonders die ersten Verfassungen, die sich die einzelnen Kolonien nach der Unabhängigkeitserklärung gaben, schufen ein bewußtes Übergewicht der Legislative. Auch die Väter der Unionsverfassung sahen zum größten Teil das Wesen des Präsidentenamtes lediglich in der Durchführung der vom Kongreß beschlossenen GesetzeS, wenn sich auch der Federalist für eine starke Stellung der Exekutive einsetzte8 • Lange Zeit nach der Gründung der Union spielte daher die staatliche Gewalt im gesellschaftlichen Leben nur eine untergeordnete Rolle. Die fortschreitende Ausdehnung des Siedlungs- und Staatsgebietes nach Westen und die geringen technischen Mittel setzten der staatlichen Herrschaft deutliche Schranken. Ein grundlegender Wandel trat erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts ein, als die Ausweitung des Staatsgebietes ihren Abschluß gefunden hatte. Der ungestüme Aufbau der Infrastruktur ließ Probleme entstehen, deren Bewältigung die Fähigkeiten einzelner Gesellschaftsgruppen überstieg. Einwandererströme aus verarmten europäischen Bevölkerungskreisen ergossen sich ins Land. Durch den Krieg mit Spanien 1898, den Erwerb der Philippinen und die wirtschaftliche Kontrolle des karibischen Raumes erschienen die Vereinigten Staaten schließlich auf der Bühne der Weltpolitik. Der eingeschlagene Weg hat Amerika heute 4 Thomas Paine, Common Sense, S. 4: "Society in every state is a blessing, but government, even in its best state, is but a necessary evil." Noch um die Jahrhundertwende gewannen die Republikaner die Wahlkämpfe um die Präsidentschaft mit dem Slogan: "The lesser government, the better.", vgl. F'abricant, The Trend of Government Activity in the United States since 1900, s. 6. 5 Art. li sec. 3 der US-Verfassung: (The President) "shall take care that the laws be fai.thfully executed.", vgl. dazu Dumbauld, The Constitution of the United States, S. 264. Zur Unklarheit des Verfassungstextes über die "executive power" vgl. aber Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis in den Vereinigten Staaten, S. 293. Siehe auch unten § 1, 2 a. 6 The Federalist No. 70.
1. Die Problemstellung
11
außenpolitisch zur führenden Weltmacht werden lassen, während es sich innenpolitisch einem Wohlstandsstaat nähert. Diese Umstände haben der Exekutive einen Einfluß auf die Gesellschaft gegeben, der in krassem Gegensatz zu den ursprünglichen Verhältnissen steht. Die amerikanische Verwaltung in ihrer heutigen Gestalt ist daher noch jung7 • Sie ist nicht an überbrachte Traditionen gebunden wie die europäische Verwaltung und verfügt über eine größere Elastizität, um Lösungen für die modernen Probleme der Verwaltung zu suchen. Sie hat nie einen Bruch zwischen Staat und Gesellschaft erfahren. Die Träger der Verwaltung verstehen sich seit jeher primär als Diener des Volkes, die sich in ihrem Handeln an den Interessen des Volkes orientieren, und nicht als Repräsentanten des Staates. Die Verwaltung der Vereinigten Staaten hat deshalb niemals unter einem den deutschen Verhältnissen vergleichbaren Zwang gestanden, ihr Handeln als Bindung an den Willen der Gesellschaft von einer gesetzlichen Ermächtigung abhängig zu machen8 • Außerdem widersprach es der anglo-amerikanischen Rechtstradition, eine lückenlose gesetzliche Grundlage für das Verwaltungshandeln zu schaffen. Denn das common law, das sich hauptsächlich auf Präjudizien stützt und nur zur Regelung besonderer Sachverhalte statute laws kennt9 , entzieht sich jeder der römischen Rechtstradition entsprechenden Systematisierung. Dies macht auch eine scharfe Abgrenzung im kontinental-europäischen Sinne zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht, öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Gestaltung der Verwaltungsträger und ihrer Mittel unmöglich. Diese Flexibilität der Rechtsbetrachtung verbindet das common law mit einer Denkmethode 10 , die sich an der Wirklichkeit des gestellten Falles orientiert und die Notwendigkeit einer pragmatischen Lösung in den Vordergrund stellt, ohne sich durch die Anforderungen einer Systematik enge Grenzen setzen zu lassen. Dieses pragmatische Denken hat eine schnelle Fortentwicklung der Verwaltung in einer Zeit sozialen und technischen Wandels begünstigt. Für die Reformen der Verwaltung hat das Begriffspaar "Economy and Efficiency" eine zentrale Rolle gespielt. Bereits im Laufe des 19. Jahrhunderts war im Kongreß wiederholt die Forderung nach größerer 1 Fabricant, S. 67, hat errechnet, daß 1939 50 Ofo aller öffentlichen Bediensteten in solchen Behörden beschäftigt wurden, die erst nach 1896 gegründet worden waren, wenn man vom Militär- und Postwesen absieht. 8 Graham, Trends in Teaching of Public Administration, in: PAR 10 (1950), S. 70, hat darauf hingewiesen, daß "law" in Amerika sehr oft mit Individualansprüchen gegen die öffentliche Gewalt identifiziert wird und nicht zugleich als Ermächtigungsgrundlage für die Verwaltung verstanden wird. D H. J. Wolf], Verwaltungsrecht I, § 9 III b. 10 Hierzu ausführlich Schlephorst, Amerikanisches Verwaltungsrecht im Spannungsfeld zwischen zunehmender staatlicher Betätigung und bürgerlichen Freiheitsrechten, S. 39 ff.
12
§ 1. Einleitung
"Economy and Efficiency" der Verwaltung erhoben worden. Diese Begriffe erscheinen regelmäßig in den Organisationsgesetzen der Reformkommissionen, von denen eine sogar den Namen Commission on Economy and Efficiency trug. Selbst einfache Verwaltungsgesetze enthalten zur Ausführung häufig die Klausel: " ... shall be administered with most economy and efficiency" 11• Die Aufgabe dieser Abhandlung soll es daher sein, zu untersuchen, warum sich die Frage nach der Economy und Efficiency der Verwaltung in Amerika mit solcher Vehemenz gestellt hat, welche Ergebnisse bei der Verfolgung diees Zieles erreicht wurden und welche Mittel hierzu eingesetzt wurden. Eine Übertragung der amerikanischen Fachterminologie in die deutsche Sprache wurde nur dort vorgenommen, wo die deutschen und amerikanischen Begriffe deckungsgleich sind. Zur größeren Verständlichkeit wird jedoch auf annähernde Begriffsgleichheiten und Parallelerscheinungen in der deutschen Verwaltung hingewiesen. 2. Begriffsabgrenzungen a) Die Bundesverwaltung
Gegenstand dieser Untersuchung sind die Reformmaßnahmen in der amerikanischen Bundesverwaltung. In Deutschland ist die Verwaltung des Bundes mit der der Länder und Kommunen funktional verflochten, so daß ihre Abgrenzung Schwierigkeiten bereiten könnte. In den Vereinigten Staaten ist diese Abgrenzung jedoch nicht problematisch, da alle Verwaltungskompetenzen des Bundes von einem eigenen Verwaltungsunterbau wahrgenommen werden12• Begriffe wie Auftragsverwaltung oder Bundesaufsicht über die Staats- und Kommunalverwaltungen bei der Durchführung von Bundesgesetzen sind dem amerikanischen Föderalsystem fremd. Auch die Kontrollmöglichkeiten, die sich der Bund durch die Gewährung von Zuschüssen zu einzelstaatlicher oder kommunaler Tätigkeit verschafft hat (grants-in-aid)13, machen die betroffenen Aufgabenbereiche keineswegs indirekt zu Bundesangelegen11 Vgl. z. B. Executive Order No. 9830, zit. bei Leich, The Hoover Commission's Personnel Recommendations, APSR 47 (1953), S. 104; vgl. auch Sec. 312 a des Budget and Accounting Act von 1921. 12 Der Aufbau der amerikanischen Bundesverwaltung entspricht insofern der bundeseigenen Verwaltung gemäß Art. 86 ff. GG. 11 Näheres bei White, Introduction to the Study of Public Administration; S. 140 ff.; Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S. 47 ff.; Harriss, Finanz- und Steuersystem der Vereinigten Staaten von Amerika, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 3, S. 423. über Art und Höhe der Zuschüsse vgl. insbesondere Encyclopedia Americana, Bd. 13, S. 138.
2. Begriffsabgrenzungen
13
heiten. Denn es steht den Staaten und Kommunen frei, die Zuschüsse zurückzuweisen und die alleinige Verantwortung zu tragen, wenn sie sich den Auflagen des Bundes nicht unterwerfen wollen. Schwieriger ist die Abgrenzung der Verwaltung gegenüber den anderen Bereichen des Staates und gegenüber dem Bereich der privaten Wirtschaftsbetätigung. Willoughby hat 1927 versucht, zwischen Regierung und Verwaltung institutionell und funktional zu trennen und die Verwaltung als vierten Bereich der Staatstätigkeit neben die Legislative, Exekutive und die Judikative zu stellen. Unter "executive function" verstand er die Befugnis, den Staat als Ganzes zu repräsentieren, während die "administrative function" die Ausführung der Gesetze, wie sie von der Legislative beschlossen und von den Gerichten interpretiert würden, zum Inhalt habe14• Zu dieser Unterscheidung gelangte er auf Grund der Annahme, daß die Verwaltungsbehörden ihre Kompetenzen direkt von der Legislative, nicht aber vom Präsidenten herleiteten. Dieser Auffassung entspricht die bereits 1837 vom Supreme Court vertretene Meinung, Art. II Sec. 3 der Bundesverfassung15 schließe keine Weisungsbefugnis des Präsidenten gegenüber dem Postmaster General bei der Erfüllung von dessen gesetzlichen Aufgaben ein18• Loewenstein hat auf die systematischen Unklarheiten der amerikanischen Bundesverfassung in diesem Punkte hingewiesen11 • Das pragmatische Denken der Amerikaner hat sich über diese Unklarheiten hinweggesetzt. In der Verfassungswirklichkeit ist heute die Stellung des Präsidenten als Leiter der Bundesverwaltung unbestritten. Die Darstellung wird zeigen, wie sich die Stellung des "Chief Executive" gefestigt hat. Nicht der institutionelle Gegensatz zwischen Regierung und Verwaltung, sondern ein funktionaler Gegensatz zwischen Politik und Verwaltung beherrscht heute das Verfassungsleben. Verwaltungsfachleute gewinnen in zunehmendem Maße Einfluß auf die Formulierung der Politik18 • Um auch den Entwicklungen nachzugehen, die sich jenseits der Verfassungssystematik abzeichnen, mußte der Präsident als ZentralPrinciples of Public Administration, S. 10 ff. Vgl. Anm. 5. 1& United States v. Kendall, 26 Fed. Cas. 702, 752 (1837). Bis hin zum 1. Weltkrieg scheint sich der Kongreß mit der Auffassung durchgesetzt zu haben, daß er den Departments ihre Aufgaben durch Gesetz abschließend vorschreiben könne. Erst als während des Krieges die Probleme so komplex wurden, daß der Kongreß nur noch grobe Leitlinien für die Verwaltung festlegen konnte, hat er dem Präsidenten selbst ausfüllende administrative Fflichten und Verantwortung übertragen, vgl. Short, The Development of National Administrative Organization, S. 452. 11 Vgl. Anm. 5. u Appleby, Policy and Administration, S. 15ft'.; Young, The National Govemment, S. 279; auch Bülck, in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, eine einführende Darstellung, S. 55 ff. 1'
15
Willoughby,
14
§ 1. Einleitung
punkt für die Einheit der Verwaltung in die Untersuchung einbezogen werden. Dem Brauch der amerikanischen Verwaltungswissenschaft folgend, werden auch die Independent Regulatory Commissions als Teile der Verwaltung betrachtet, obwohl sie mit ihren quasi-legislativen und quasi-jurisdiktioneilen Aufgaben eine Zwitterstellung im System der Gewaltenteilung einnehmen. Sie werden jedoch gemeinhin der Verwaltung zugerechnet, weil sie auch Verwaltungsbefugnisse wahr nehmen und der Präsident hierauf durch Personalmaßnahmen Einfluß ausübt19• Auch das General Accounting Office, das der Aufsicht des Kongresses untersteht, wird der Verwaltung zugerechnet, weil die von ihm durchgeführte Rechnungsprüfung funktionales Verwaltungshandeln ist20• Im Bereich der Wirtschaftsregulierung mußten wegen der Verknüpfung von öffentlichen und privaten Aufgaben alle jene Gebilde erfaßt werden, die irgendwie der Verwirklichung der Staatszwecke dienen und auf die die Verwaltungsführung Einfluß nehmen kann21 • Diesem denkbar weiten Begriff der Verwaltung entspricht die Definition L.D. Whites: "Public Aministration consists of all those operations having for their purpose the fulfillment or enforcement of public policy2!."
b) Economy and Efficiency Bereits im Jahre 1822 wurde in den Debatten des Kongresses über "Efficiency and Economy" gesprochen23 • Es hat den Anschein, daß zu dieser Zeit der Begriff Efficiency nur in bezug auf die Leistung der Beamten, Economy hingegen im Zusammenhang mit den Sachmitteln 19 Doyle, Independent Commissions in the Federal Government, S. 3, 16. Zu den Grenzen der Personalbefugnisse des Präsidenten vgl. aber § 5 Anm. 39, 40. 20 So auch der U.S. Supreme Court in Illinois Surety Co. v. Peeler, 240 US 219 (1915). Das U.S. Government Organization Manual behandelt hingegen das General Accounting Offfee als Teil der Legislative. Siehe aber auch § 4 Anm.38. 21 Solche Mischformen zwischen Behörden und privaten Gesellschaften bestanden auch in Deutschland während des ersten Weltkrieges, vgl. dazu Böckenförde, Organisationsgewalt, S. 43 f. und Anm. 19 und 23. 22 White, Introduction, S. 1. Eine gute Übersicht über die Definitionsversuche der deutschen Verwaltungswissenschaft gibt Becker, Stand und Aufgaben der Verwaltungswissenschaft, in: Festschrift für Friedrich Giese, S. 9 f. Loewenstein, S. 336, definiert "Public Administration" als die "Totalität der Dienste, welche die Regierung im Wege der Verwaltung für die Gesamtheit leistet". Diese Definition zeigt deutlich die Schwierigkeiten, im Sinne der deutschen Rechtsterminologie zwischen Regierung und Verwaltung zu unterscheiden. Zur Kritik an der deutschen Terminologie vgl. auch Leisner, Regierung als Macht kombinierten Ermessens, in: JZ 1968, S. 727 ff. 2a H. Doc. 4-7, 17th Cong. 2nd sess. (2. 12. 1822), zit. bei White, The Jeffersonians, S. 124.
2. Begriffsabgrenzungen
15
der Verwaltung benutzt wurde24. Diese Betrachtungswe ise entspricht einer Epoche, in der sich menschliche Arbeitskraft noch nicht durch Maschinen ersetzen ließ und sie deshalb auch nicht als Kostenfaktor empfunden wurde. In den Amtsstuben des 19. Jahrhunderts war dies jedenfalls noch lange nicht der Fall. Die Verwendung dieser Begriffe zusammen mit zwei verschiedenen Bezugsobjekten kennzeichnet im Grunde ein einheitliches Wesensmerkmal, die optimale Ausnutzung der Personen- und Sachmittel. Durch die Verschiedenhei t der Bezugsobjekte entbehren sie jene innere Spannung untereinander, die entsteht, wenn sie sich auf das gleiche Bezugsobjekt richten. Ein solcher Begriffswandel setzte um die Jahrhundertwe nde ein, als durch systematische Studien die Organisation als Einheit von Personen- und Sachmitteln bewußt wurde. Diese Entwicklung wurde durch Studien über die Leistung technischer Mittel im Bereich der Naturwissensch aften ausgelöst, die sehr bald zu ähnlichen Studien im Bereich der Wirtschaftswiss enschaften führten, zunächst für einzelne Produktionsfak toren, doch schließlich auch für die Gesamtleistung des Betriebes25. Die wirtschaftswisse nschaftlichen Erkenntnisse über die Bedeutung der einzelnen Organisationsfa ktoren lenkten alsdann den Blick der Verwaltungsleh re auf den Zusammenhang zwischen Personal- und Sachmitteln und warfen dadurch die Frage nach dem Verhältnis zwischen den Begriffen "Economy and Efficiency" auf. Als Beispiel für die Verknüpfung der beiden Begriffe sei aus der Botschaft des Präsidenten Taft an den Kongreß über die Arbeit der Commission on Economy and Efficiency zitiert: "Real economy is the result of efficient organization. A reduction in the total of the annual appropriations is not in itself a proof of economy, since it is often accompanied by a decrease in efficiency28." Der erläuternde zweite Satz dieser Definition verweist klar auf die Schwierigkeiten , die sich aus einer Verknüpfung der beiden Begriffe ergeben. Denn beide Begriffe unterliegen einer gewissen Doppeldeutigkeit. Economy wird definiert als "the least expenditure of means to attain a required end'm. Dieser Begriff relativer Sparsamkeit bei der Erreichung eines bestimmten Zieles wird jedoch im allgemeinen Sprach24 Vgl. S. Doc. 1, 25th Cong. 2nd sess. S. 797 (4. 12. 1837); H. Doc. 45, 28th Cong. 1st sess. S. l (10.1. 1844); H. Doc. 70, 29th Cong. 2nd sess. S. 6; vgl. auch die Aufgabenstellung der Joint Commission on Executive Departments, Organization etc. 1893, zit. bei G. Weber, Organized Efforts for the Improvement of Methods of Administration in the United States, S. 66. 25 Seligman (Hrsg.), Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 5, S. 437 f. 28 H. Doc. 458, 62nd Cong. 2nd sess. S. 3 (17. 1. 1912). 27 Encyclopaedia Britannica, Bd. 7, S. 937.
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§ 1. Einleitung
gebrauch häufig auch im Sinne von absoluter Sparsamkeit verstanden 28 • Efficiency seinerseits wird im technischen Bereich definiert als "relation between the woeful output of energy and that theoretically possible from the means employed" 29 • Übertragen auf die Verwaltung hieße dies, Efficiency ist die Beziehung zwischen dem, was geleistet wird, und dem, was geleistet werden könnte30 • Da die Wirtschaftswiss enschaften im Gegensatz zu der Physik die Wirklichkeit nicht an idealen Naturgesetzen messen können, definieren sie Efficiency als "ratio between input and output, efforts and results, expenditure and income" 31 • Dieser Begriff der Efficiency geht weder von einem bestimmten Mittel noch von einem bestimmten, zu erreichenden Ziele aus, sondern bezeichnet lediglich ein optimales Verhältnis zwischen beiden. Economy im Sinne relativer Sparsamkeit und Efficiency als neutralem Verhältnis zwischen Mitteln und Zielen sind vereinbar. Denn die Erreichung eines bestimmten Zweckes mit den geringsten Mitteln setzt ein optimales Verhältnis zwischen Zwecken und Mitteln voraus. Dieses Verhältnis zwischen den beiden Begriffen lag dem Ausspruch des Präsidenten Taft zugrunde. Er bezeichnete Efficiency als ein Begriffsmerkmal von Economy. Das Begriffspaar "Economy and Efficiency", das sich im Laufe des 19. Jahrhunderts herausgebildet hatte, läßt aber Efficiency nicht als Bestandteil von Economy erkennen, sondern beide Begriffe treten als Komplementärb egriffe mit selbständiger Bedeutung auf. Diese Selbständigkeit der Begriffe schafft das Spannungsverh ältnis zwischen ihnen. Economy kann auf diese Weise im Sinne absoluter Sparsamkeit verstanden werden32• Efficiency hingegen braucht nicht, wie es als Begriffsmerkmal der Economy notwendig wäre, auf einen bestimmten Erfolg gerichtet zu sein. Im Anschluß an die Tendenz einiger wissenschaftlicher Bereiche kann der Begriff Efficiency so im Sinne eines optimalen Folgenverhältni sses konstanter Mittel gebraucht werden, wie etwa in der Technik, die an einer optimalen Nutzung der vorhandenen Energie28 Vgl. The Concise Oxford Dictionary of Current English, S. 380, zu den Stichworten economical und economy. 29 Gould and Kolb, A Dictionary of the Social Sciences, S. 229, auch Encyclopedia Americana, Bd 9, S. 716. 30 Vgl. Morstein Marx, Zum Ursprung des Stabsbegriffes in den Vereinigten Staaten, VerwArch. 55 (1964), S.101; auch Poul Meyer, Verwaltungsorganisation, S. 53 f., und Besprechung dieses Werkes durch H. Peters in: Der Staat 2 (1963), s. 246. 31 Seligman (Hrsg.), Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 51 S. 437. So für die Verwaltung auch Recktenwald, Effizienz und Innere Sicherheit, Kyklos 20 (1967), S. 610. 32 Gegen ein solches Verständnis mußte sich offensichtlich Präsident Taft wenden. Auch Waldo, The Administrative State, S. 201, berichtet, daß von Economy häufig im Sinne von Ausgabenkürzungen ohne Rücksicht auf die Folgen für die Verwaltung gesprochen wurde.
2. Begriffsabgrenzungen
17
menge interessiert ist, oder wie die Wirtschaftswissenschaften die beste Nutzung eines bestimmten, vorgegebenen Kapitals untersuchen. Auf diese Weise wird der Begriff der Efficiency häufig mit dem Begriff der Produktivität gleichgesetzt. Er bezeichnet dann den optimalen Output von bestimmten Produktionsfaktoren oder den optimalen Erfolg aller eingesetzten, aber nicht variablen betrieblichen MitteP3 • Dieser schillernde Sprachgebrauch hat weite Verbreitung gefunden und führte auch zu Zweifeln über die Auslegung der Reformgesetze. So entstanden besonders in der ersten Hoover-Kommission Diskussionen über das Verhältnis von Economy und Efficiency zueinander. Es stellte sich die Frage, ob der Reformauftrag die Abschaffung ganzer Verwaltungsfunktionen erlaube oder ob er sich darauf beschränke, lediglich die bestehenden Behörden wirksamer zu gestalten34• Das Begriffspaar "Economy and Efficiency" kann daher nur als ambivalentes Ordnungsprinzip verstanden werden, da sowohl ein Sparprinzip - Erreichung eines bestimmten Erfolges mit den geringsten Mitteln - als auch ein Maximalprinzip - Erreichung des besten Erfolges mit bestimmten Mitteln - einschließt. Es erinnert insofern an das Wirtschaftlichkeitsprinzip35, wenn es auch wegen der ambivalenten Kopplungzweier Begriffe keinen einheitlichen Maßstab der Rationalität enthält. Welchem Ort zwischen den beiden Polen die zu treffende Entscheidung zugeordnet wird, entscheidet sich dabei letztlich sowohl an den mit der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung konkurrierenden Wertvorstellungen38 wie auch an der Wechselwirkung von Zwecken und Mitteln37• 33 Gould und Kolb, a.a.O. (Anm. 29); vgl. auch Millett, Management in the Public Service, S. 253: "Efficiency is to increse productivity. The real need in the public service much of the time is not economy but increased output." 34 Aikin, The Hoover Commission: A Symposium, APSR 43 (1949), S. 934. Kritik hieran übt Douglas, Economy in the Government, S. 226, der, um inflationären Tendenzen der Staatsausgaben vorzubeugen, Economy mehr im Sinne absoluter Sparsamkeit versteht. 35 Vgl. Sellien (Hrsg.), Dr. Gablers Wirtschaftslexikon, Bd. 2, Sp. 1733. Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 997. Der Wirtschaftlichkeitsbegriff wird in Teilen der deutschen Literatur für die Verwaltung dahingehend eingeschränkt, daß der Umfang der Verwaltungsaufgaben dem Einfluß der Verwaltung entzogen sei und Wirtschaftlichkeit daher nur erzielt werden könne, indem die Mittel möglichst auf ein Minimum reduziert würden; Bolsenkötter, Zum Begriff der Wirtschaftlichkeit, in: Wirtschaftsberatung AG, Aktuelle Fragen der Wirtschaftlichkeit aus Kommunalwirtschaft und Verwaltung, S. 18; Bischofsberger, Durchsetzung und Fortbildung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse in der öffentlichen Verwaltung, S. 24, 51. Es muß hier aber zwischen vorgegebenem Aufgabenbereich und Art und Umfang der Aufgabenerfüllung unterschieden werden. Der Umfang der gesetzlichen Aufgaben ist auch keineswegs jeder Abänderung entzogen, sondern die Verwaltung muß dem Gesetzgeber notfalls zur Berücksichtigung der Erfordernisse der Wirtschaftlichkeit anhalten, vgl. das Gutachten "Welche Erfahrun-
2 Meister
18
§ 1. Einleitung
3. Untersuchungsmetbode Ein Maßstab für die Wirtschaftlichkeit kann auf den erzielten Resultaten, den aufgewandten Mitteln oder den angewendeten Methoden aufbauen. Die Verwendbarkeit dieser Maßstäbe im Bereich der Verwaltung ist jedoch begrenzt. Die Verwaltung erbringt im Gegensatz zur Wirtschaft Leistungen, die nicht im Wettbewerb mit anderen Produzenten auf dem Markt gehandelt werden. Eine pretiale Quantifizierung, bei der die verschiedenartigsten Leistungen einem einheitlichen Maßstab unterworfen wären, ist daher nicht möglich. Für die gesamte Verwaltung mit ihren verschiedenen Leistungen kann die Wirtschaftlichkeit somit nicht einheitlich anhand der mit bestimmten Mitteln erzielten Resultate gemessen werden38• Die Berechnung der aufgewendeten Mittel für eine Leistungseinheit ist nur dann sinnvoll, wenn ein Vergleich mit einer anderen Leistungseinheit, entweder der Leistung der gleichen Behörde in der Vergangenheit oder der Leistung einer anderen Behörde, möglich ist. Die Verwaltungen erbringen aber kaum standardisierte Leistungen, die einander vergleichbar sind. Selbst in Teilbereichen können z. B. zwei Baugenehmigungen nicht viel mehr als den Namen gemein haben, wenn durch sie völlig unterschiedliche Sachverhalte geregelt werden und sie entsprechend abweichende Bearbeitungen erforderlich machen. Zwar wiederholen sich viele Elemente, doch ist die Variationsbreite so groß, daß nicht von einem mechanischen Entscheidungsprozeß gesprochen werden kann. Vergleiche sind allenfalls in annähemden Durchschnittswerten möglich. Daraus entstehen bereits in den Teilbereichen erhebliche Schwierigkeiten für eine Messung. Für die Gesamtleistung der Verwaltung gilt dies in gesteigerter Weise. Mangels einer Vergleichbarkeit der Leistungen ist hierfür die Messung der aufgewandten Mittel nicht sinnvoll38• gen der Betriebswirtschaft können Staat und Kommunen für die wirtschaftliche Gestaltung ihrer Verwaltung und ihrer Aufgaben übernehmen?", S.14; vgl. auch Luhmann, Kann die Verwaltung wirtschaftlich handeln, VerwArch 51 (1960), s. 102. 38 Vgl. Hüttl in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, eine einleitende Darstellung, S. 282. 37 Vgl. Simon, Das Verwaltungshandeln, S. 120; Bolsenkötter, S. 26. 38 Vgl. Fabricant, S.102, zu dem Versuch, auf dem umgekehrten Wege aus der Steigerung der Beschäftigtenzahl und des Kapitalaufwandes in der Verwaltung unter Zugrundelegung der Produktivitätssteigerung pro Arbeitskraft in der Privatwirtschaft die Leistungssteigerung der Verwaltung zu bestimmen. Die Aussagekraft der gefundenen Ergebnisse leidet aber darunter, daß die Übertragbarkeit der Produktivitätssteigerung der Wirtschaft auf die Verwaltung nicht bewiesen wird. Auch bezieht sich die Formel von Fabricant nur auf die Veränderung der Zuwachsrate, ohne Anhaltspunkte für die absolute Gesamtleistung der Verwaltung zu entwickeln. 38 Auch Bischofsberger, S. 38, hält Pauschalaussagen für wertlos, ähnlich Thieme, S. 282. Vgl. weiter Vandermeulen, Guideposts for Measuring the
2. Begriffsabgrenzungen
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Schließlich kann aus der Anwendung der besten Arbeitsmethode geschlossen werden, daß auch dort optimale Arbeitsergebnis se erzielt werden, wo diese quantitativ nicht nachweisbar sind. Die Arbeitsmethode n folgen so hochkomplexen Funktionsgesetz en, daß das Optimum zwar nicht rein erkenntnismäßi g ermittelt werden kann, aber ein hoher Grad der Wahrscheinlich keit dafür spricht40, daß die in meßbaren Einzelbereichen gefundenen optimalen Arbeitsmethode n auf die nicht meßbaren Bereiche der Verwaltung übertragen werden können. Dieser Umstand erklärt die Neigung der amerikanischen Verwaltung, ständig auf Organisationsfo rmen zurückzugreifen , die sich in der Wirtschaft bewährt haben. In Ermanglung eines zuverlässigen Bewertungsmaß stabes beschränkt sich die vorliegende Untersuchung darauf, die Arbeiten der einzelnen Reformausschüs se41 darzustellen, ohne sie zu bewerten. Durch den Umfang der Neuerungen wird sichtbar werden, welchen Einfluß die Gedanken der "Economy and Efficiency" auf die Gestaltung der amerikanischen Verwaltung ausgeübt haben. Schließlich wurde der Arbeitsweise der Reforminstituti onen besondere Aufmerksamke it geschenkt, da diese primär funktional und nicht geschichtlich oder politisch bedingt ist. Sie ist daher nicht an die Verwaltung eines Landes gebunden, sondern kann auch der deutschen Verwaltung vielfache Anregung vermitteln, wenn auch Anpassungen an ihre Größe und Struktur erforderlich blieben.
Efftciency of Governmental Expenditures, PAR 10 (1950), S. 7 f. Zu der Möglichkeit, die Einzeleffizienz in Teilbereichen zu messen, vgl. Recktenwald, Effizienz und Innere Sicherheit, Kyklos 20 (1967), S. 617 ff., und vor allem U.S. Bureau of the Budget, Measuring Productivity of Federal Government Organizations, und McKean, Efftciency in Government through Systems Analysis. 40 Wegen der letztlich nicht auszuschaltenden Ungewißheit gibt Luhmann, a.a.O., der "brauchbaren" Entscheidung den Vorzug, die zwar optimale Rationalität nicht ausschließe, aber diese nur als oberen Grenzfall enthalte. 41 Im einzelnen siehe dazu § 6. Wegen ihrer Bedeutung seien hier bereits folgende Untersuchungskommissionen genannt: Commission on Economy and Efftciency 1911-1913, The President's Committee on Administrative Management 1936, Commission on Organization of the Executive Branch 1947-1949 (sog. erste Hoover-Kommission), Commission on Organization of the Executive Branch 1953-1955 (sog. zweite Hoover-Kommission).
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund Die Verwaltungsreforrne n, die mit Vehemenz zu Beginn dieses Jahrhunderts einsetzten, sind nur zu verstehen, wenn man die Verhältnisse der Verwaltung des vergangenen Jahrhunderts kennt. Die Schilderung wird sich an den Schwerpunkten der späteren Reformen, der Organisation des Verwaltungsapparat es, dem Personalwesen und der Finanzverwaltung orientieren. Zuvor soll aber ein kurzer Blick auf die politischen und sozialen Umstände jener Zeit, mit denen die Verwaltung konfrontiert wurde, geworfen werden. 1. Das politische und soziale Bild in der Zeit der Gründung der Union Das Amerika der Gründerzeit unterschied sich wesentlich von der heutigen, mächtigsten und in Überfluß lebenden Industrienation der Welt. Die dreizehn Gründungsstaaten geboten nur über ein Viertel der Fläche der jetzigen Union der fünfzig Staaten. Die Bevölkerung von vier Millionen betrug nicht mehr als ein Fünfzigste! der gegenwärtigen Größe1• Kommunikation und Transport innerhalb des Staatsgebietes wurden durch die Geschwindigkeit von Pferden und Segelschiffen bestimmt. Die Bevölkerung hatte zum überwiegenden Teil bäuerlichen Charakter, da dieGebiete im englischen Kolonialreich alsQuelle für Rohmaterial gedient hatten2 • Trotz der exportorientierten Wirtschaft war doch der Grundzug bäuerlicher Gesellschaften, das Gefühl lokaler Selbständigkeit, vorherrschend. Die "Frontier"-Mentalitä t, das Bewußtsein, sich aus eigener Kraft in der Wildnis einen Lebensbereich geschaffen zu haben, in dem die Kolonialverwaltung mit ihren Ansprüchen als Eindringling betrachtet wurde, verstärkte dieses Selbständigkeitsgefü hl. Die Unabhängigkeitserk lärung von 1776 wandte sich an den König und warf ihm Mißbrauch der unveräußerlichen Rechte der Kolonisten vor, obwohl sich die Unabhängigkeitsbew egung an den Steuergesetzen des englischen Parlaments entzündet hatte. Nichts könnte deutlicher das tiefe Mißtrauen der Kolonisten gegen jede staatliche Exekutivgewalt 1
U.S. Bureau of the Census: The U.S. Book of Facts, Statistics and Infor-
mation, S. 5.
I Vgl. Dewey, Financial History, S. 76; Swisher, American Constitutional Development, S. 143.
1. Gründung der Union
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ausdrücken3 • Die Machtbefugnis der Gouverneure wurde daher in den zunächst geschaffenen Staatsverfassungen erheblich zugunsten der Parlamente eingeschränkt. Auch bei der Ausarbeitung einer Verfassung für die Union traten zunächst erhebliche Widerstände gegen eine gestärkte Exekutive auf. Überdies hielten die Siedler aus dem Hinterland eine zusätzliche Regierung für eine unnötige Finanzbelastung4. Dennoch gab es eine Reihe von Aufgaben, die alle Staaten gemeinsam berührten und die nur durch die Union selbst wirksam wahrgenommen werden konnten. Dessen ungeachtet überwiesen aber die Einzelstaaten während der Zeit des Continental Congress der Union nur so geringe Beiträge, daß diese kaum ihre laufenden Ausgaben decken konnte. So stagnierte die Tilgung der Schulden aus dem Unabhängigkeitskrieg, zu der die Union ausländischen Mächten gegenüber verpflichtet war. Den Sanktionen gegen ameri• kanische Kaufleute im Ausland stand die Union machtlos gegenüber. Die Unzulänglichkeit der Unionskompetenzen trat schließlich offen zutage, als einige Unionsstaaten begannen, Zölle bei der Ausfuhr von Waren in andere Unionsstaaten zu erheben5 • Der Continental Congress sah sich deshalb gezwungen, noch vor Verabschiedung der Unionsverfassung einige Ausschüsse für die Erledigung der gemeinsamen Aufgaben zu bilden, die sich zunächst aus Abgeordneten zusammensetzten, später dann aus fachkundigem Verwaltungspersonal8. Diese Ausschüsse arbeiteten sehr langsam und ließen unklar, wer für eine getroffene Entscheidung verantwortlich war. Rarnilton sprach sich daher deutlich für eine starke Exekutive aus, um die Union gegen Angriffe von außen zu schützen, eine gleichmäßige Ausführung der Gesetze sicherzustellen und den Schutz von Eigentum und Freiheit zu garantieren. Als Voraussetzung für eine starke Exekutive forderte er Einheitlichkeit und Dauerhaftigkeit des leitenden Amtes und angemessene Befugnise. Dieses Amt müsse von einem Einzelnen ausgeübt werden, doch sei seine Macht durch das Parlament in Schranken zu weisen, um einer monarchischen Willkür vorzubeugen7 • Diese Gedanken veranlaßten den Verfassunggeber, kein Kabinett als Nachfolger der bestehenden Ausschüsse, sondern einen Präsidenten an die Spitze der Exekutive zu stellen. Seine Machtstellung wurde jedoch dadurch beschnitten, daß dem Senat gemäß Art. II Sec. 2 Satz 2 der Verfassung ein Mitspracherecht bei der Ernennung wichtiger Beamter eina Swisher, S. 16. ' White, The Federalists, S. 2. 5 Swisher, S. 25. 8 Short, The Development of s. 38 ff. 7 Federalist No. 70 und No. 23.
the National Administrative Organization,
22
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
geräumt wurde und in Art. I Sec. 8 der Verfassung dem Kongreß die Organisationsg ewalt für die Exekutive eingeräumt wurde. 2. Die Entwicklung des Personalwesens Das erste große, die ganze Verwaltung ergreifende Problem entstand durch das Spoils-System, einer Politisierung des öffentlichen Dienstes, die zu wachsender Unstabilität und Unfähigkeit unter den Beamten8 führte. Anlaß zu dieser Entwicklung war die Absicht, die Vormachtstellung der begüterten Gesellschaftskre ise, denen wie zur Kolonialzeit vorerst die Beamtenpositio nen vorbehalten blieben, zu brechen und die Verwaltung auf eine demokratische Grundlage zu stellen. Die führenden Politiker verloren dieses Ziel jedoch schon bald aus den Augen, nachdem sie festgestellt hatten, daß die Vergabe von Beamtenstellen ein geeignetes Mittel war, um sich der Gefolgschaft der Parteimitgliede r zu versichern. Der Umschwung zum allgemeinen Favoritismus setzte mit dem Amtsantritt des Präsidenten Jackson ein, doch nahm die Entwicklung schon unter seinen Vorgängern ihren Anfang.
a) Kriterien der Beamtenauslese bis 1829 Washington (1789-1797) machte den Begriff der "fitness" zur Grundlage seiner Personalpolitik. Für ihn war ausschlaggeben d, ob ein Bewerber fähig war, das zugedachte Amt auszufüllen. Zugleich bemühte er sich aber, alle Staaten der Union gleichmäßig zu berücksichtigen , weil der Bund noch locker war. Er legte auch großen Wert darauf, daß die Bundesgewalt solchen Personen übertragen wurde, die sich durch ihr lokales Renommee größeren Respekt verschaffen konnten. Dies galt besonders für die Richterämter. Außerdem mußten die Beamten sowohl das republikanische System als auch die Zusammenschli eßung der Staaten zur Union befürworten•. Eine solche staatsbejahende Haltung ist allerdings die Voraussetzung für jede positive Arbeit in einem Staatswesen, so daß in ihrer Berücksichtigun g kein Beginn des Favoritenturns gesehen werden kann. So waren auch die sich darauf aufbauenden politischen Ansichten für Washington ohne Belang. John Adams (1797 bis 1801) machte dann das "Talent" zum Kriterium für den Zugang zur Verwaltung. "Talent" definierte er indessen durch "College Education", die nur den Reichen offen stand10• 8 Das amerikanische Verwaltungsrech t unterscheidet nicht zwischen Beamten und Angestellten. Der Begriff "Beamter" wird daher vorliegend generell im Sinne eines öffentlichen Bediensteten verstanden. Vgl. Plinke, Die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Politik und öffentlichem Dienst, S. 5. Eine Übersicht über die Personalklassen findet sich bei White, The Jacksonians, S. 72. • Fish, The Civil Service and the Patronage, S. 8 f.
2. Die Entwicklung des Personalwesens
28
Allgemein muß die Personalpolitik der Föderalisten dahin beurteilt werden, daß sie äußerst fähige Beamte für den Staatsdienst gewinnen konnten11 • Im Gegensatz zur demokratischen Theorie blieben die Ämter jedoch ein Privileg der Reichen, die sich häufig genug nicht als Verwalter der Interessen des Volkes fühlten, sondern die Ämter als persönliches Eigentum ansahen. Der Eintritt in den Staatsdienst erfolgte oft nicht aus Interesse an der Sache, sondern allein, um einer Statuspflicht zu genügen12 • Denn der Staatsdienst übte nur eine geringe Anziehungskraft aus. Der Beamtenstand litt prestigemäßig unter der kolonialen Vergangenheit, in der Nepotismus und Korruption geblüht hatten, und stand auch finanziell hinter den freien Berufen zurück11• So konnte sich die Union wegen der Schulden aus dem Unabhängigkeitskrieg in den Anfangsjahren keine hohen Gehälter erlauben, die außerdem zu sehr an die Monarchie erinnerten. Die meisten Beamten waren auf private Einnahmen angewiesen, sei es aus eigenem Vermögen oder aus einer Nebenbeschäftigung14• Dies galt besonders für die Beamten der unteren Bundesbehörden. Die Beamten in den Zentralbehörden der Hauptstadt erhielten feste Gehälter. Die örtlichen Beamten hingegen wurden durch Einbehaltung eines Teils der Gebühren bezahlt, da der überörtliche Geldverkehr nur wenig entwickelt war und keine pünktliche Entlohnung gewährleisten konnte. Mancher Beamte versuchte, sein Gehalt durch überhöhte Gebührenerhebung aufzubessern. In großen Häfen mit hohem Gebührenaufkommen lagen die Gehälter aber möglicherweise über dem eines Ministers. Die Unterschiede in der Besoldung waren erheblich und richteten sich nach dem Verwaltungszweig und dem Dienstort16 • Adams hatte ständig bei der Beamtenernennung die Unterstützung seiner eigenen Politik in einem begrenzten Rahmen berücksichtigt. In der Zeit zwischen dem Wahlsieg des Republikaners Jefferson und dessen Amtseinführung versuchte er jedoch, den Staatsdienst gezielt mit Gefolgsleuten zu durchsetzen, um auch nach seinem Abgang die Fortführung seiner Politik sicherzustellen 18• Aronson, Status and Kinship in the Higher Civil Service, S. 3. Spätere Untersuchungen der Anhänger Jeffersons über Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Föderalisten erbrachten keine Anhaltspunkte für Belastungen; Fish, S. 26. 12 Aronson, S. 1 13 White, The Federalists, S. 318. 1' White, a.a.O., S. 292, 296. 15 White, a.a.O., S. 298. 18 Aronson, S. 6. Berühmt wurden seine sog. "Mitternachtsennächtigungen'. Am letzten Tage seiner Amtszeit schuf der Kongreß 18 neue Richterstellen, die Adams noch am gleichen Tage besetzte. Der neue Staatssekretär weigerte sich jedoch, die Urkunden auszuhändigen. Eine dahingehende Weisung des 10
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24
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
In dieser Situation versuchte Jefferson (1801-1809), seiner eigenen Partei einen gerechten Anteil an den Staatsämtern einzuräumen, zugleich aber die Oppositionspartei zu beschwichtigen und nicht mehr Beamte zu entlassen, als unbedingt erforderlich war. Er entfernte zunächst nur Beamte, deren Ernennung rechtlich zweifelhaft war, machte dann aber auch Adams' Mitternachtsernennungen rückgängig17 • Nach 1803 schränkte er die Entlassungen ein, nachdem die Republikaner eine ihrem Stimmenanteil entsprechende Zahl von Beamtenstellen besetzt hatten. Trotz dieser Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit war auch für Jefferson die Fähigkeit des Bewerbers ausschaggebend für dessen Ernennung. Er maß diesem Kriterium erhebliche Bedeutung bei und suchte sich selbst die Männer, die seinen Vorstellungen entsprachen, während seine Vorgänger den Vorschlag der Kandidaten regelmäßig ihrer Umgebung überlassen hatten18 • Der Charakter des öffentlichen Dienstes wurde durch J efferson also nicht geändert. 1820 wurde unter Präsident Monroe (1817-1825) durch den Tenure of Office Act19 für leitende Beamte der lokalen Bundesbehörden eine Amtszeit von vier Jahren eingeführt. Dieses Gesetz zielte darauf hin, die bisher sehr lockere Kontrolle der entfernten und daher sehr unabhängigen Lokalbehörden zu verbessern. Die Wiederernennung nach Ablauf der vier Jahre sollte die Regel sein, von der nur bei ernsten Bedenken gegen die Amtsführung abgesehen werden sollte. In seiner praktischen Anwendung wurde dieses Gesetz jedoch bald zu einem Mittel für die Politisierung der Beamtenschaft20 •
Unmittelbar nach dem Erlaß des Gesetzes erhob der spätere Präsident John Quincy Adams (1825-1829) den Vorwurf, sein Rivale im Kampf um die Präsidentschaft, der Secretary of the Treasury Crawford, habe dieses Gesetz durchgesetzt, um sich über seinen Einfluß bei der Wiederernennung der Beamten deren Unterstützung für seine Wahl zum Präsidenten zu sichern. Auch Jefferson warnte bei Erlaß des Gesetzes vor der Gefahr einer gesteigerten Stellenjägerei und wachsender Intrige. J. Q. Adams selbst nutzte nach seiner Wahl das Gesetz nicht Kongresses wurde von Supreme Court als verfassungswidrig verworfen (Marbury vs. Madison), vgl. Encyclopedia Americana, Bd.18, S. 266; Bd.19,
S.44.
17 Fish, S. 31; White, The J effersonians, S. 352 ff. In der Mäßigung spiegelt sich Jeffersons Auffassung wider, daß eine Demokratie sich am common interest zu orientieren habe und nicht nur an den Interessen der Mehrheit, wie die Föderalisten oft behaupteten, vgl. Maclver, The Web of Government, S.153. 18 Fish, S. 49 ff. 19 3 Stat. 182. 2° Fish, S. 66 ff.
2. Die Entwicklung des Personalwesens
26
zur Stärkung seiner politischen Macht, sondern übernahm auch Beamte, die seiner Politik widersprachen21 • Die Republikaner wurden in der Hauptsache von kleinen Farmern und anderen volksnahen Schichten unterstützt. Dies hatte seit der Amtsübernahme durch Jefferson zu einer stärkeren Repräsentation des einfachen Volkes in der Verwaltung beigetragen. Das beabsichtigte Ziel, die Privilegien der Reichen endgültig zu brechen, war dadurch jedoch noch nicht erreicht worden22• Bei Erkrankung oder Altersschwäche wurden vielfach die Amtsgeschäfte des Vaters auf den Sohn übertragen. Es blieb das Gefühl, daß der öffentliche Dienst weiterhin aristokratisch durchformt war. Vor der Präsidentenwah l des Jahres 1828 wurde daher erneut die Forderung nach einer weiteren Demokratisieru ng der Verwaltung gestellt. Die Wahlniederlage J. Q. Adams sollte zweifellos bedeuten, daß ein Teil der Beamten mit ihm gehen sollten. b) Das Spoils-System
Das Spoils-System verdankt seinen Namen der Devise "to the victors belong the spoils" 24• Es besteht aus zwei Elementen, der Wiederbelebun g der Idee der "rotation in office" und dem zielbewußten Einsatz des öffentlichen Amtes im Parteienkampf. Die Idee der "rotation in office" stammt aus der frühen Kolonialzeit und besagt, daß jeder Bürger ein öffentliches Amt nur für eine kurze Zeit bekleiden solle, einerseits um nicht die damit verbundene Bürde allein tragen zu müssen, andererseits um möglichst vielen Bürgern die demokratische Erfahrung bei der Ausübung eines Amtes angedeihen zu lassen25 • Der Tenure of Office Act von 1820 wurde als Hinweis darauf gedeutet, daß diese traditionellen Prinzipien auch weiterhin allgemein für die Verwaltung gültig seien. Durch den Rückgriff auf sie konnten nun leicht die nötigen freien Beamtenstellen geschaffen werden, um den Staatsdienst mit sochen Männern zu füllen, die eine hemmungslose Unterstützung der Parteibelange versprachen. Gemeinhin wird in Andrew Jackson (1829-1837) der Präsident gesehen, unter dem sich das Spoils-System durchsetzte. Es bleibt fraglich, ob er dieses System bewußt angestrebt hat. Aber sicher hat er Entscheidendes zur Anerkennung seiner Prinzipien beigesteuert. 21 22 23
Fish,
S. 70 ff.; White, The Jeffersonians, S. 387 ff.
Aronson, S. 13.
Fish, S . 77.
"Dem Sieger (im Wahlkampf) gebührt die Beute." William Penns Frame of Government (1682) sah vor, daß jeder Beamte nach einer Dienstzeit von drei Jahren mindestens für ein Jahr auszusetzen habe, "that all may be fitted for government, and have experience of the care and burden of it", zit. bei Fish, S. 80. Die Idee der "rotation in Office" war auf die ehrenamtliche Verwaltungsarbeit der frühen Siedlergemeinschaften zugeschnitten. 24
25
26
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
Jackson hatte während des Wahlkampfes eine Beamtenreform versprochen. Bei seinem Amtsantritt war Washington von Stellenjägern, meist zwielichtigen Gestalten, überschwemmt 28 • Bis zu fünfhundert Bewerber hielten sich für einzelne Ämter bereit27 • Durch zahlreiche Entlassungen in den ersten Amtstagen erweckte Jackson den Eindruck, er habe eine umfassende Neubesetzung des öffentlichen Dienstes vorgenommen. Tatsächlich wurden im ersten Amtsjahr Jacksons aber nicht mehr als 10 °/o der Beamten entlassen28 • Der Präsident widersetzte sich mit Bestimmtheit dem Druck der Parteiführung, allein die Parteimitgliedschaft bei der Ernennung von Beamten entscheiden zu lassen29 • In seiner ersten Jahresbotschaft an den Kongreß trat er aber unverändert für "rotation in office" ein, weil durch den Wechsel der Beamten weniger Schaden entstünde, als wenn Ämter sich zu persönlichem Eigentum entwickelten30 • Die Fähigkeit der Beamten war für ihn weiter bedeutend für die Beamtenernennung, doch gab er diesem Begriff einen neuen Inhalt. In den Augen Jacksons war ein Beamter fähig, wenn das Volk Vertrauen zu ihm haben konnte. Die formelle Erziehung trat in den Hintergrund, gefordert wurden nur "honesty, probity, capability". Gesucht wurden nicht so sehr Personen mit abstrakten Fähigkeiten, sondern "practical, intelligent, and efficient men". Die geforderten moralischen Qualifikationen glaubte Jackson eher in der Masse des Volkes als bei der Oberschicht zu finden 31 • Überdies war er der Ansicht, daß die Aufgaben der Verwaltung so einfach seien, daß jeder intelligente Bürger mit ihnen betraut werden könne. Die allmähliche Verbreitung des Schulwesens und die zunehmende politische Aufklärung des Volkes durch Zeitungen bestärkten ihn in diesem Glauben32 • Die Beamten Jacksons kamen dementsprechend in einem größeren Maße als bisher aus den unteren Schichten des Volkes. Ihre soziale Stellung zur Zeit der Ernennung unterschied sich jedoch nur wenig von der der Beamtenschaft früherer Zeiten. In den Regionalbehörden, wo Jackson weitgehend die Dauerhaftigkeit der Ämter respektierte, lag die Zahl der Beamten mit College-Bildung sogar höher als zuvor33 • Allein die Tatsache, daß Jackson behauptet hatte, er wolle den öffentlichen Dienst grundlegend verändern, führte zu der Vorstellung, daß er dies auch getan habe. Obwohl Jackson Fähigkeit und Leistung für wichtig hielt, ließen sie in der Verwaltung nach. Während seiner Amtszeit stiegen zum Beispiel 28
27 28 29
°
3
31
32
33
Fish, S. 107 ff. White, The Jacksonians, S. 303. White, a.a.O., S. 308. Fish, S. 117. Fish, S. 112; White, The Jacksonians, S. 318. Aronson, S. 14 ff.
Aronson, S. 20, 121. Aronson, S. 178, 90, 35.
2. Die Entwicklung des Personalwesens
27
die Verwaltungskosten des Zolls von 1,5 Ofo auf 5,5 Ofo der Einnahmen34 • Ebenso wie er nicht in der Lage war, seine Entscheidungsbefugnis zu delegieren und eine seinen Vorstellungen entsprechende Atmosphäre zu schaffen35, wurden seine Gedanken über Leistung und Fähigkeit von seinem Verwaltungspersonal nicht geteilt. Als 1841 die Whigpartei zur Macht kam, entschloß sie sich unter dem Druck von 40 000 Stellenjägern zu einem umfassenden PersonalwechseP'. Damit hatte sich das Spoils-System uneingeschränkt durchgesetzt. Häufige Wechsel der Regierungspartei begünstigten die Festigung des Systems. Die wegen ihrer fachlichen Kenntnisse unabdingbaren Beamten blieben von dem Spoils-System unangetastet, um die Erledigung der notwendigsten Aufgaben zu garantieren 37• Daneben aber wucherte der politisierte Dienst, wo unerfahrene Parteileute zu Ämtern ernannt wurden und wieder entfernt wurden, wenn sie sich gerade in die Materie eingearbeitet hatten. Als Gegenleistung für die Hilfe mußten die Beamten einen Teil ihres Gehaltes an die Parteikasse weiterleiten. Es geschah nicht nur vereinzelt, daß diese von der Partei gestützten Beamten mangels Interesse und Kenntnissen nur selten am Arbeitsplatz erschienen und ihren Privatberuf getrost weiter ausübten 38• Nicht die beruflichen Fähigkeiten, sondern die Parteitreue gewährleisteten den Verbleib im Amte. Bis in die Mitte der sechziger Jahre wurde nicht einmal ein Versuch unternommen, um das Spoils-System einzuschränken. Die Zahl der Beamten hatte sich wegen der Gebietsausdehnung der Union mehr als verdoppelt. Die Kontrolle dieses Apparates hatten die Präsidenten völlig an die Parteibosse verloren39 • Durch den Tenure of Office Act von 1867~ 0 wurde bestimmt, daß alle mit Zustimmung des Senats ernannten Beamten bis zur Bestellung eines Nachfolgers im Amte zu bleiben hätten. Dadurch wurde dem Präsidenten sogar die Möglichkeit genommen, für die Zwischenzeit einen Vertreter nach eigener Wahl zu bestimmen. Das Spoils-System bewirkte das Nachlassen der Leistungsfähigkeit, Aufblähung der Staatsausgaben und völlige Demoralisierung der Beamtenschaft. Unterschlagungen und Bestechungen waren nicht selten, und mit Wahlfälschungen und Stimmenfang versuchten entlassene Beu Fish, S. 140.
Somit, Andrew .Jackson as Administrator" PAR 8 (1948), 191. Fish, S. 143. Siegfried, Les Etats-Unis d'aujourd'hui, S. 53, verbindet diesen Wandel mit der Einwanderung der Iren, die die Demokratie mit einem Potpourri von Farce, Intrigue und Favoritismus überzogen hätten. 87 Fish, S.182; White, The Jacksonians, S. 327. ss Plinke, S. 25; White, a.a.O., S. 329. 39 White, a.a.O., S. 438: von 1830 bis 1860 stieg die Zahl der Beamten von 20 000 auf 50 000, vgl. auch Fish, S. 173 ff. 4 0 14 Stat. 430. 85 38
§ 2.
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Der geschichtliche Hintergrund
amte, ihre Stellen wieder zu erlangen41 • Ein ähnlicher moralischer Verfall vollzog sich aber auch in der Wirtschaft, hervorgerufen durch die neuen, unpersönlichen Beziehungen der urbanen Gesellschaft, die in die Agrargesellscha ft einbrach. 3. Die Entwicklung der Verwaltungsorg anisation
Die Verwaltungsorg anisation entwickelte sich weniger hektisch als das Personalwesen. Im vergangenen Jahrhundert kündigten sich lediglich jene Probleme an, die erst nach dem schwunghaften Wachstum der Funktionen des modernen Leistungsstaate s die Einheit der Verwaltung wirklich bedrohten. Aufbauend auf den Theorien Lockes und Montesquieus über die Trennung der Staatsgewalten hat die amerikanische Verfassung separate Bereiche der Legislative, Exekutive und Judikative geschaffen. Möglichen divergierenden Tendenzen der Einzelbereiche wurde durch ein System von "checks and balances" Schranken gesetzt. Diese Verklammerung der Einzelbereiche hatte zur Folge, daß die der Exekutive zugedachten Funktionen nicht eindeutig waren. Der vom Volke gewählte Präsident kann als Verwalter des Volkswillens ein Veto gegen die Gesetze des Kongresses einlegen42 • In der Wahl seiner Aufgaben ist er jedoch nicht frei, sondern daran gebunden, was ihm der Kongreß durch Gesetz zuweist43 • Die Abhängigkeit des Präsidenten vom Kongreß wird noch dadurch verschärft, daß er nicht nur in der Wahl seiner Aufgaben gebunden ist, sondern daß der Kongreß auch die Mittel bestimmen kann, da die Verfassung ihn zum Träger der Organisationsg ewalt bestimmt hat 44 • Diese Organisationsge walt räumt dem Kongreß sehr weiten Einfluß auf die Exekutive ein, da sich die Verfassung über die Organisation der Exekutive völlig ausschweigt, wenn sie auch incidenter von der Existenz der Departments ausgeht45 • In dem Ringen zwischen Präsident und Kongreß um die Vormachtstellu ng sollte deshalb in unserem Jahrhundert die Organisationsg ewalt eine besondere Rolle spielen'8 • In Anlehnung an die bereits während des Continental Congress tätigen Verwaltungsaus schüsse wurden alsabld nach Inkrafttreten der Verfassung durch Gesetz ein War Department, ein State Department und ein Department of the Treasury gegründet. Bei der Gründung des Vgl. Plinke, S. 25 ff. Art. I Sec. 7 § 3 der US-Verfassung. Statistische übersieht zur Anwendung dieser Vorschrift bei Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis in den Vereinigten Staaten, S. 375. 43 Art. II Sec. 3 § 4 der US-Verfassung, vgl. Anm. 5 zu § 1. " Art. I Sec. 8 der US-Verfassung. 45 Vgl. Art. II Sec. 2 § 1 der US-Verfassung. •s Siehe unten § 6, 1. 41
42
3. Die Entwicklung der Verwaltungsorganisation
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State Departments wurde die Frage aufgeworfen, ob der Präsident die führenden Beamten, zu deren Ernennung er gemäß Art. II Sec. 2 der Verfassung der Zustimmung des Senats bedurfte, auch nur mit Zustimmung des Senats entlassen dürfe. Diese Frage ist in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Während des Continental Congress hatte sowohl die Ernennung wie auch die Entlassung der Mitglieder der Verwaltungsauschüsse in den Händen des Kongresses gelegen. Deshalb versuchte der Kongreß, im Gründungsgesetz des State Departments die Entlassung des Secretary von der Zustimmung des Senats abhängig zu machen. Auf den Widerstand der Föderalisten hin wurde dieser Passus jedoch fallengelassen. Madison argumentierte, daß kein Mitspracherecht des Senats bei Entlassungen erlaubt sein dürfe, wenn der Präsident wirkliche Verantwortung für die Verwaltung tragen solle47 • Die daraus abgeleitete allgemeine Entlassungsbefugnis (Removal Power) des Präsidenten, die ständig vom Kongreß angegriffen wurde, diente dem Präsidenten später dazu, seine Leitung innerhalb der Verwaltung auch dort geltend zu machen, wo ihm organisatorisch eine Weisungsbefugnis nicht eingeräumt worden war'8 • Bei der Errichtung des Departments of the Treasury stieß man auf eine Problematik, die später im Zusammenhang mit den Independent Regulatory Commissions wieder relevant wurde. Der Kongreß glaubte, die Verantwortung für die Staatsfinanzen überstiege die Fähigkeiten einer einzelnen Person. Er wollte deshalb die Leitung einem Ausschuß (Board) übertragen. Zugleich schreckte aber die Erinnerung an die Langsamkeit und Verantwortungsscheu der früheren Verwaltungsausschüsse. Die Leitung wurde daher schließlich doch einem Secretary übertragen. Alle finanziellen Grundsatzentscheidungen behielt sich der Kongreß aber selbst vor und billigte dem Department hierfür nur vorbereitende Funktionen zu 49 • Alle Pflichten wurden dem Secretary direkt vom Kongreß übertragen und nicht über den Präsidenten delegiert. Dieser konnte daher nur über seine Entlassungsbefugnis den Secretary an seine politische Linie binden50• 47 Annals of Congress, Bd. 1, S. 499, zit. bei White, The Federalists. S. 23; vgl. auch The Federalist No. 77. 48 Siehe unten § 3, 2 a und § 5, 5. 49 Um die Hilfstätigkeit des Departments zu unterstreichen ist in dem Organisationsgesetz die ursprüngliche Formulierung "to report" durch "to prepare plans for the improvement and management of the revenue" ersetzt worden. Die dominierende Stellung des Kongresses läßt sich aus Art. I Sec. 8 § 1 der Verfassung ableiten, der diesem die Befugnis gibt, "to collect (sie!) taxes". Dumbauld, The Constitution of the United States, S. 264, sieht in der Zuweisung dieser Aufgabe an den Kongreß keinen Eingriff in die "executive power" des Präsidenten, da die Formulierungen "executive power" und "legislative power" nur den Adressaten der Gewalt identifizieren wollten, den Umfang der Befugnisse aber der nachträglichen Aufzählung überlassen wollten. $0 Swisher, American Constitutional Development, S. 54 f.
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§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
Neben den Departments, zu denen 1798 durch Ausgliederung aus dem War Department noch das Navy Department hinzutrat, bestanden noch ein Post Office und ein Amt für den Attorney General51, jedoch ohne über organisationsgesetzliche Grundlagen zu verfügen. Die verantwortlichen leitenden Beamten wurden auch nicht zu Kabinettssitzungen hinzugezogen. Gegenüber diesen Behörden verfügte der Präsident über keinerlei rechtlich anerkannte Weisungsbefugnis. Auch hier konnte er seinen Einfluß nur durch seine Entlassungsbefugnis geltend machen. Die klare Aussage der Verfassung: "The executive power shall be vested in a president of the United States of America" (Art. II Sec. 1 Satz 1), wurde so nur auf Umwegen verwirklicht52• Washington betrachtete die Secretaries weder als Rivalen noch als Vertreter, sondern als seine Assistenten. Sie trafen keine wichtigere Entscheidung ohne seine Zustimmung. Zwar gelang es ihnen, durch ihre größere Fachkenntnis in wirtschaftlichen und finanziellen Fragen seine Entscheidungen zu beeinflussen. Allgemein blieb die Verantwortung und Leitung aber beim Präsidenten53. Die republikanischen Präsidenten folgten dieser Praxis. Sie schlossen die Secretaries als Kabinett zu einer Arbeitsgruppe zusammen, die sich vorwiegend mit politischer Diskussion befaßte. In konkreten Verwaltungsfragen ließen sich die Präsidenten direkt von dem betreffenden Secretary beraten". Unter Jackson scheiterte indessen die Kabinettsarbeit, weil unter den Secretaries Zwistigkeiten über eine mögliche Nachfolge des Präsidenten auftraten und sie zum Teil die Politik des Präsidenten nicht unterstützten. Jackson suchte sich deshalb seine Berater andernorts und behandelte die Secretaries fortan nur noch wie reine Untergebene und Ausführungsbeamte55. Er stützte sich dabei darauf, daß allein der Präsident direkter Vertreter des Volkes sei und mit dem Kongreß auf einer Stufe stehe, nicht aber die Secretaries. Diese straffe Verwaltungshierarchie war jedoch ein Trugbild, da wegen des Spoils-Systems die Präsidenten ihren Einfluß bald mit den Parteibossen teilen mußten. 1849 wurden mehrere Bureaus53, deren angewachsene Tätigkeit in den bisherigen Departments störte, zu einem Department of the Interior zusammengefaßt. Die Funktionen der Bureaus waren jedoch recht zusammenhanglos. Einige von ihnen wurden nach dem Bürgerkrieg in 51 General-Anwalt, der später die Funktion eines Justizministers übernahm. 52 Vgl. auch das in Anm. 16 zu § 1 zitierte Urteil. n White, The Federalists, S. 27, 36. 5' White, The Jeffersonians, S. 75, 82. 65 Somit, Andrew Jackson as Administrator, PAR 8 (1948), 194. 58 Ein Bureau entspricht einer Ministerialableitung, jedoch tritt es auch in der Öffentlichkeit mit eigenem Namen auf. Vgl. hierzu Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S. 91 ff., insbes. S. 99 f.
3. Die Entwicklung der Verwaltungsorganisation
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weitere neue Departments umgegliedert57• Das lockere Nebeneinander einiger dieser Departments und die weitgehende Selbständigkeit mancher Bureaus sollten später noch erhebliche Koordinationsp robleme aufwerfen. So entwickelte sich vor allem die Praxis, daß Departments oder gar Bureaus sich direkt mit den zuständigen Kongreßausschü ssen in Verbindung setzen, um mit Hilfe der Legislative ihren speziellen Ressortstandpunkt gegenüber dem Präsidenten oder gegenüber dem Department durchzusetzen58• Diese Querorganisatio n gab später Anlaß zu der Forderung, daß die hierarchische Organisation der Verwaltung gestärkt werden müsse. Die Entwicklung der Departments kann nicht im einzelnen verfolgt werden. Es sei nur vermerkt, daß bei der Gründung neuer Departments (z. B. des Department of Agriculture) der Druck von Interessengruppen auf den Kongreß eine erhebliche Rolle spielte, die erwarteten, daß sich die neuen Behörden durch die Spezialisierung und Unabhängigkeit von anderen Departments ihren Wünschen zugänglicher erweisen würden. Die Leitung dieser Departments wurde zunächst einem Commissioner übertragen, später wurde dann ein Secretary mit Kabinettsrang bestellt59• Eine organisatorisch e Eigentümlichke it der amerikanischen Verwaltung entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts, als unabhängige Kommissionen ins Leben gerufen wurden. Sie waren der Aufsicht des Präsidenten entzogen und hatten lediglich dem Kongreß Bericht zu erstatten. Den Anfang nahm die Entwicklung dieser Organisationsfo rm, wenn auch nicht in ihrer späteren typischen Ausprägung, mit der Civil Service Commission (CSC), die 1883 zur Bekämpfung des Spoils-Systems gegründet worden war80• Formell unterstand die CSC der Aufsicht des Präsidenten8 \ der auch die Kommissionsm itglieder ernannte. Das Organisationsgese tz legte fest, daß die Kommission parteiparitätisc h zu besetzen sei. Um die beabsichtigte Neutralität der CSC nicht zu stören, enthielten sich die Präsidenten daher zunächst einer Einflußnahme auf ihre Arbeit und billigten ihre Empfehlungen, ohne eigene Entscheidungsgründe mit ins Spiel zu bringen. Die nur beratende Funktion der 57
Short,
s. 219, 372.
The Development of the National Administrative Organization,
58 Vgl. Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S.lOl; Price, bei Morstein Marx, Federal Executive Reorganization re-examined: a Symposium, APSR 40 (1946), S. 1155; Appleby, Organizing around the Head of a Large Federal Department, PAR 6 (1946), 206 f. 59 Short, S. 418; Swisher, S. 383. 80 22 Stat. 403. Vgl. auch McDiarmid, The Changing Röle of the U.S. Civil Service Commission, APSR 40 (1946), S. 1079. 61 22 Op. Atty. Gen. 62: "There is nothing in the act constituting the commission which makes it subject to any regulation or control except that of the President himself."
32
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
CSC wurde dadurch de facto zu einer Entscheidungsgewalt. So entstand einige Zeit lang der Eindruck, diese Kommission sei auch formell der Aufsicht durch den Präsidenten entzogen. 1887 wurde die erste echte Independent Regulatory Commission62 ins Leben gerufen. Nachdem der Supreme Court der Union die Gesetzgebungskompetenz im zwischenstaatlichen Transportwesen zugesprochen hatte, wurde die Interstate Commerce Commission (ICC) geschaffen83, um den ruinösen Wettbewerb unter den Eisenbahnen zu unterbinden. Die ICC wurde zunächst dem Secretary of the Interior unterstellt, sie wurde aber bereits 1889 auf dessen Wunsch hin unabhängig, da sie zunächst nur Untersuchungsberichte für den Kongreß zu erstellen hatte und erst allmählich selbst wirtschaftsregulierende Aufgaben übernahm.
Die Zahl der Independent Regulatory Commissions stieg, je mehr Aufgaben der Wirtschaftsregulierung der Staat übernahm. Hierzu wurden diesen Behörden nicht nur administrative Funktionen übertragen, sondern wegen ihrer speziellen Sachkenntnis üben sie zugleich auch quasi-legislative und quasi-jurisdiktioneHe Tätigkeiten aus, indem sie Verordnungen erlassen und als Spruchkammern entscheiden. Die amerikanische Verfassung hatte sich zu einer strengen Gewaltentrennung bekannt und keine Verordnungsbefugnis für die Exekutive vorgesehen, die deshalb den schnell wechselnden Aufgaben der Wirtschaftsregulierung nicht gewachsen war. Die sich aus diesem Mangel entwickelnden Independent Regulatory Commissions waren in dem Verfassungssystemein Fremdkörper. Die Nation beugte sich aber der Notwendigkeit, diese Behörden mit ihrem speziellen Sachverstand nicht durch das Prinzip der Gewaltenteilung zu zersplittern. Die Gefahr, das ganze Verfassungssystem aus dem Gleichgewicht zu bringen, vermied sie und gliederte diese Behörden keiner der bestehenden Gewalten an64 • So entstanden eine Reihe von Behörden, die administrative Aufgaben wahrnehmen, ohne jedoch der Weisungsbefugnis des Präsidenten zu unterliegen. Selbst das bewährte Mittel, seinen Einfluß auf personalpolitischen Wege durch seine Entlassungsbefugnis durchzusetzen, wurde 82 Der Name "commission" ist heute irreführend geworden, da sich zum Teil große Verwaltungsbehörden dahinter verbergen und nur noch die leitenden Verwaltungsaufgaben, der Erlaß von Verordnungen und die Spruchkammertätigkeit von der "commission" selbst wahrgenommen werden (vergleichbar etwa dem Verwaltungsrat eines Bundesamtes). u 24 Stat. 483. 64 Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis in den Vereinigten Staaten von Amerika, S. 354, ist der Ansicht, daß sie dem Kongreß gegenüber verantwortlich sind. Hiergegen aber ausdrücklich Cushman in seiner Studie zum Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 207.
4. Die Entwicklung der Finanzverwaltung
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dem Präsidenten schließlich durch den Supreme Court versagt65 • Je wichtiger die Aufgaben der Wirtschaftsregulieru ng wurden, desto klarer trat indessen hervor, daß die Organisationsform der Independent Regulatory Commission einer einheitlichen Lenkung der Exekutive durch den Präsidenten im Wege stand. Es verwundert daher nicht, daß ihre Unabhängigkeit bei den Reformkommissione n nicht nur Wohlwollen hervorrief. Diese unabhängigen Behörden veranlaßten als weitere Folge eine unerwünschte Lockerung des departementalen Organisationsgefüge s im traditionellen Aufgabenbereich der Verwaltung. Bislang waren alle Aufgaben in einigen großen Departments zusammengeiaßt worden. In der folgenden Zeit entwickelten sich nun auch hier eine große Zahl von Verwaltungseinheite n, die außerhalb der Departments direkt der Aufsicht des Präsidenten unterstanden. Ihr Charakter und ihre Bedeutung sind sehr unterschiedlich und reichen heute von der General Service Administration (allgemeines Beschaffungsamt) bis zur Battle Monument Commission. Durch die vielen und teils unwichtigen Behörden wurde die Aufsichtsfähigkeit des Präsidenten überlastet. Mangelnde Weisungsbefugnis und Überlastung der Aufsichtsfähigkeit des Präsidenten beeinträchtigten die Einheitlichkeit der Verwaltung und waren später Anlaß zu erheblichen Reformarbeiten.
4. Die Entwicklung der Finanzverwaltung Die Finanzorganisation ist für die Geschicke der Verwaltung von großer Bedeutung, weil sie festlegt, wer über den Umfang der Staatsausgaben und damit indirekt auch der Staatsaufgaben allgemein entscheidet und wer die Verwendung der Finanzmittel im einzelnen beeinflussen kann. Die Verfassung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften über die finanzrechtlichen Befugnisse der Exekutive. Dem Kongreß weist sie hingegen die Aufgabe zu, Steuern und Zölle einzuziehen66 (Art. I Sec. 8 Satz 1), Anleihen aufzunehmen (Art. I Sec. 8 Satz 2) und die Haushaltszuwendung en festzusetzen (Art. I Sec. 9 Satz 6). Die in Art. I Sec. 8 Satz 1 angeführte Zweckbindung "to pay the debts and provide for the common defense and general welfare of the United States" wurde als Generalklausel betrachtet, aus der keine Begrenzung des allgemeinen Rechts, Steuern zu erheben, hergeleitet werden könne67 • Zur Ausgabenprüfung schweigt die Verfassung völlig. 65 66 17
Humphrey's Executor v. U.S., 295 US 602 (1935). Vgl. Anm. 49. Dewey, Financial History of the United States, S. 72.
3 Meister
§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
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a) Das HaushaUswesen
Im Gesetz über die Gründung des Department of the Treasury88 wurde angeführt, es sei die Absicht der Verfassung der Vereinigten Staaten, die Verantwortung für das Budget im Gegensatz zu den europäischen Staaten dem Kongreß und nicht der Exekutive zu übertragen. Unter den Föderalisten arbeitete das Department detaillierte Aufstellungen über die Finanzbedürfnisse der Verwaltung aus. Jedoch sorgte die Partei im Kongreß dafür, daß aus diesen Aufstellungen nur Pauschalsummen für die einzelnen Verwaltungszweige in die Haushaltsgesetze übernommen wurden, um der Exekutive eine möglichst große Handlungsfreiheit einzuräumen. Ohne eine solche Handlungsfreiheit hielten sie eine wirksame Erledigung der Verwaltungsaufgaben nicht für möglich69 • Die oppositionellen Republikaner verlangten hingegen ins Einzelne gehenden Haushaltsgesetze, um auf diesem Wege das Ermessen der Regierung, deren autoritäre Tendenzen sie fürchteten, zu begrenzen70• Nach Jeffersons Amtsübemahme konnten sich die Army und die Navy einer Gängelung durch den Haushalt entziehen, weil die erforderlichen Militäroperationen nicht voraussehbar waren und den finanziellen Dispositionen ein Spielraum gelassen werden mußte. Die Zuweisungen für zivile Behörden wurden aber häufig bis in Einzelheiten aufgeschlüsselt. Reichten die Mittel einmal nicht für das Notwendige, so wurden von den Behörden Defizite geschaffen oder Mittel aus anderen Titeln "entliehen" 71 • Diese Praktiken wurden jedoch später zur Regel. Der Kongreß genehmigte regelmäßig die erforderlichen Nachtragshaushalte, ohne ein geeignetes Mittel zu finden, um überplanmäßige Ausgaben zu verhindern72 • Diese überplanmäßigen Ausgaben bereiteten dem Kongreß deshalb keine Sorgen, weil die Einnahmen die Ausgaben ständig überschritten. Der Kongreß hatte es nicht vermocht, die Einnahmen den wirklichen Bedürfnissen des Staates anzupassen. In Krisenfällen wurden die Steuern erhöht, aber niemals wieder abgebaut, wenn der außergewöhnliche Finanzbedarf gedeckt war. So wurden 1837 Erspamisse von 37 Millionen Dollar festgestelt, die teilweise an die Staaten ausgezahlt wurden, da der Bund keine Verwendung für sie hatte. Sie hätten genügt, um alle 88 89
70
31 usc 142. White, The Federalists, S. 323 ff. White, The Jeffersonians, S. 29; Wilmerding, The Spending Power,
s. 34ff.
White, a.a.O., S. 113 ff; Wilmcrding, a.a.O., S. 51 ff. White, The .Jacksonians, S. 59. Der Deftciency Act von 1868, der diese Praktiken verbot, blieb praktisch unbeachtet, White, The Republican Era, 71
72
S. 59. Die jährlichen Haushaltsdefizite um 1850 betrugen bis zu 5 Millionen Dollar, Wilmerding, a.a.O., S. 114.
4. Die Entwicklung der Finanzverwaltung
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Ausgaben der Union für zwei Jahre zu decken73• Gleichfalls wurden bis 1882 Gelder zur Finanzierung des Bürgerkriegs erhoben und gehortet, bis man sich schließlich angesichts der überwältigenden Ersparnisse, aber dennoch zögernd, zu einigen Zollsenkungen bereitfand74 • In Zeiten wirtschaftlicher Rezession, die zwangsläufig die Staatseinnahmen sinken ließ, wurde verschiedentlich die Frage nach der "Economy and Efficiency" der Verwaltung gestellt. Die Lösung bestand aber immer darin, daß die Militärausgaben drastisch gekürzt wurden, ohne die Zivilbehörden in irgendeiner Weise zu berühren7s. Da der Kongreß die Verantwortung für die öffentlichen Finanzen selbst in Anspruch nahm, hatte weder der Secretary of the Treasury noch der Präsident zu überprüfen, ob die Haushaltsvoranschlä ge der einzelnen Behörden überhöht waren. Solange die Staatseinnahmen die Ausgaben überstiegen, verspürte auch niemand wirklich Verlangen danach75. Die Exekutive legte kein Budget mit abgestimmten Einnahmen und Ausgaben vor, sondern stellte nur die Ausgabenwünsche der einzelnen Departments zusammen und leitete sie an den Kongreß weiter. Die Koordinierung von Einnahmen und Ausgaben im Kongreß litt aber darunter, daß zwei verschiedene Ausschüsse sich mit den Einnahmen und den Ausgaben befaßten. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden gar für die Ausgaben rivalisierende Fachausschüsse gegründet, die die schon bestehende Uneinheitlichkeit noch verstärkten77• Die kontinuierlich steigenden Staatsausgaben führten aber schließlich in politischen Kreisen zu der Überzeugung, daß die Mängel dieses Finanzsystems eine Reform unumgänglich machten.
b) Das Rechnungswesen Die Rechnungskontrolle wurde zunächst von der Exekutive vorgenommen. Das Department of the Treasury unterwarf die Ausgaben allerdings nur einer globalen Prüfung. Mit dem Kriege gegen Großbritannien kam dieses System 1812 völlig zum Erliegen. Es scheiterte besonders deshalb, weil bei Säumnis keine Behörde gezwungen 73 Dewey, S. 220. Ebendort, S. 169, wird die Höhe der Jahresausgaben für 1830 auf 15 Millionen Dollar beziffert. 74 Dewcy, S. 415 f., vgl. auch die Tabelle der Einnahmen und Ausgaben von 1885-1912 bei BttTkhead, Government Budgeting, S. 16. Bis zum Bürgerkrieg bestanden die Einnahmen des Bundes zum größten Teil aus Zöllen, um 1880 stellten diese noch ungefähr 50 Ofo der Einnahmen dar. Vgl. hierzu auch Groves, Geschichte der öffentlichen Finanzwirtschaft in den Vereinigten Staaten, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 1, S. 340 ff. 75 White, The Jeffersonians, S. 119; deTs., The Jacksonians, S. 79. •• White, The Jacksonians, S. 78, 164; ders., The Republican Era, S. 65, 111. 77 White, The Republican Era, S. 65. Loewenstein, S. 250, bezeichnet das Verfahren als "völliges Chaos".
3"
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§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
werden konnte, die Rechnungsunterlagen vorzulegen78 • 1816 entschloß sich das House of Representative, als Ausfluß der Finanzgewalt des Kongresses einen Ausschuß für die Rechnungsprüfung zu gründen. Dieser Ausschuß spaltete sich schon bald in mehrere Unterausschüsse, die aber nur sporadisch tagten. Ihre Arbeit stagnierte aus mangelnder Sachkenntnis und wegen vielfacher Parteistreitigkeiten79• Bereits Madison hatte vorgeschlagen, zum Schutz vor finanzieller Mißwirtschaft durch die Verwaltung die Rechnungsprüfung einem Camptroller zu übertragen und ihm eine von der Exekutive unabhängige Stellung zu geben. Diese Pläne wurden nie verwirklicht. Es blieb der Commission on Economy and Efficiency vorbehalten, erneut ähnliche Vorschläge zu entwickeln. Da aber das Finanzwesen notwendig einer Reform bedurfte, wurde schon 1894 die Rechnungsprüfung wieder dem Department of the Treasury übertragen80• 5. Schlußfolgerungen unter Berücksichtigung der allgemeinen kulturellen Entwicklung Die Idee, diejenige Verwaltung sei die beste, die am wenigsten in die Sphäre des Bürgers eingreife, enthielt keinen Aufruf, die Verwaltung auch innerlich zu schwächen, sie wollte lediglich den notwendigen Bereich staatlicher Betätigung so klein wie möglich halten. Der ersten Beamtengeneration war es noch bewußt, daß innerhalb dieses Bereichs der Staat nur dann eine Existenzberechtigung haben könne, wenn er die ihm gestellten Aufgaben möglichst wirksam erledigte, aber zugleich den Bürger nur in dem unvermeidlichen Maße finanziell belastete. Das strenge Pflichtbewußtsein der ersten Generation verlor sich, als Jackson das Vorrecht der angestammten Beamtenfamilien, frei werdende Verwaltungsposten aus ihren Reihen zu besetzen, brach und anderen Bevölkerungskreisen die Verwaltungslaufbahn zugänglich machte. Obwohl die Staatsaufgaben nicht wesentlich wuchsen, stieg die Zahl der Beamten erheblich. Ihre Unfähigkeit bewirkte aber, daß die Macht der Verwaltung nicht im gleichem Maße zunahm. Die Lasten für diese Aufblähung des öffentlichen Dienstes hatte der Bürger zu tragen. Da der Bund seine Ausgaben hauptsächlich durch Zolleinnahmen finanzierte, deren Wirkung auf die Volkswirtschaft sich dem Blick der KonWhite, The Jeffersonians, S. 166. WiHoughby, Principles of Public Administration, S. 649. Es wurde zugegeben, daß einige Ausschüsse Jahrzehnte hindurch praktisch nichts geleistet hatten, vgl. Wilmerding, a.a.O., S. 243. 80 BarteZt, Accounting Procedures of the United States Government, S. 21. Diese Maßnahme wurde notwendig, nachdem die Exekutive die Veröffentlichung ihrer Ausgaben eingestellt hatte, vgl. Wilmerding, a.a.O., S. 240 f. 78
79
5. Schlußfolgerungen- allgemeine kulturelle Entwicklung
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sumenten entzog, fühlte sich der Bürger eigentlich nicht betroffen. Selbst der Kongreß scheint keine klare Vorstellung hiervon gehabt zu haben; denn sonst hätte er nicht über Jahrzehnte hin so große Geldsummen angehäuft. Je mehr die Entwicklung der industriellen Wirtschaft ein lenkendes Eingreifen des Staates erforderlich machte, desto deutlicher wurde, daß die Funktionsgesetze der Verwaltung zu Funktionsgesetzen der Wirtschaft wurden. Eine verschwenderische und unfähige Verwaltung mußte bei dieser Konstellation in einer Gesellschaft, die das Wohlergehen der Wirtschaft als einen ihrer tragenden Werte ansieht, auf Widerspruch stoßen. Die Reformbestrebungen, die in diesem Augenblick zwangsläufig einsetzten, waren aber nicht nur das Ergebnis eines momentanen Bedürfnisses, sondern sie wurzelten tiefer in der amerikanischen Kultur. Schon zur Zeit der Aufklärung hatte ein intensiver Fortschrittsglaube in der amerikanischen Gesellschaft Fuß gefaßt, der durch die Erfolge der Siedler auf dem neuen Kontinent bestätigt zu werden schien81 • Die stets neuen und oft mittellosen Einwandererscharen des 19. Jahrhunderts kamen mit dem festen Willen nach Amerika, dort ein besseres wirtschaftliches Los zu finden. Denn dieser Staat hatte in seiner Unabhängigkeitserklärung "the pursuit of happiness" zu einem unveräußerlichen Menschenrecht erklärt. Der Fortschrittglaube war ein üppiges Saatfeld für den Darwinismus, der den Fortschrittprozeß rational zu erklären suchte. Die Gesellschaft sah sich in einen Existenzkampf gestellt, und der Mensch war aufgerufen, die Entwicklung der Gesellschaft entsprechend den Erfordernissen dieses Kampfes zu lenken82• Als Beispiel diente die Wirtschaft, die gegen Ende des Jahrhunderts ihre Expansion nicht mehr auf die Nutzbarmachung neuer Landstriche stützen konnte, sondern nun mit wissenschaftlicher Erkenntnis die Produktionsfaktoren Mensch und Maschine rationaler zu nutzen suchte83 • Auch die Verwaltung durfte keiner zufälligen Entwicklung überlassen bleiben. Vor diesem kulturellen Hintergrund erscheint das Erwachen der Reformbestrebungen in der Verwaltung nicht wie ein überraschendes Ereignis. Die ungeordnete Verwaltung wirkte wie ein Fremdkörper in dieser Kultur. Eine Reform wurde nicht als Bruch mit Traditionen empfunden, sondern als notwendiges Element jeder Entwicklung. Das 81 Curti, The Growth of American Thought, S.ll7, 370. Vgl. auch Bracher, Der "Frontier-Gedanke": Motiv des Amerikanischen Fortschrittsbewußtseins, ZPol 2 (1955), S. 228 ff.
Curti, S . 556. Friedrich, Beamtenauslese in den Vereinigten Staaten und Großbritannien, S. 18. 82
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§ 2. Der geschichtliche Hintergrund
President's Committee on Administrative Management hielt daher den Opponenten gegen eine Verwaltungsreform entgegen: "The spirit of America has been from the beginning of our history the spirit of progressive changes to meet conditions shifting perhaps more rapidly here than elsewhere in the world8 '".
84 Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 2. Im Gegensatz zu dieser dynamischen Auffassung betonte noch 1960 der Bericht der Sachverständigenkornmission für die Vereinfachung der Verwaltung beim Bundesministerium des Innern, S. 20, das statische Element und erinnerte daran, daß die Grundlagen von Staat und Verwaltung festgelegt sind.
§ 3. Das Personalwesen Keine Verwaltung kann besser sein als ihr Personal; es stellt überdies den größten Faktor der reinen Verwaltungskosten dar1• Übertriebene Sparsamkeit und große Qualifikationsmängel auf dem Personalsektor können das gute Funktionieren einer Verwaltung umfassend beeinträchtigen. Die amerikanische Verwaltung hat sich daher intensiv mit dem Personalwesen beschäftigt. Die Probleme, die im Zusammenhang mit ,.Economy and Efficiency" in der Verwaltung aufgeworfen wurden, kreisen um Fragen der Beamtenauslese, der Beförderung, der Amtsdauer und der Besoldung. Alle diese Probleme sind untereinander eng verknüpft. Das Spoils-System beeinflußte zwar in besonderem Maße die Beamtenauslese, aber nur langsam wurde man sich der nachteiligen Wirkungen auf alle Gebiete des Personalwesens bewußt. Am Ende des 19. Jahrhunderts setzte deshalb eine Gegenbewegung unmittelbar gegen das Spoils-System ein. Erst unter dem Einfluß der allgemeinen Reformbestrebungen, die die Verwaltung seit dem Beginn dieses Jahrhunderts durchwehen, verlor diese Bewegung die spezialisierte Ausrichtung auf das Spoi~s-System und erfaßte als Teil des Bemühens um größere ,,Economy and Efficiency" auch die anderen Aspekte des Personalwesens. 1. Die Beamtenauslese
Während des 19. Jahrhunderts waren viele Männer allein wegen ihres politischen Einflusses zu Ämtern gelangt, ohne die notwendige Befähigung zu besitzen. Häufig zeigten sie nicht einmal den Willen, ihr Amt überhaupt auszuüben. Seit 1867 wurden daher Versuche unternommen, gewisse fachliche Kenntnisse zur Voraussetzung für die Beamtenernennung zu machen. Man glaubte, auf diese Weise ein Drittel der Beamtenschaft einsparen zu können2 • Wegen der Verschuldung 1 Meriam und Schmeckebier, Reorganization of the National Government, S. 32, beziffern die Personalkosten für 1938 auf 88 Ofo der reinen Verwaltungskosten; vgl. auch Aikin und Koenig, The Hoover Commission, a Symposium, APSR 43 (1949), S. 938. Dieser hohe Prozentsatz verringert sich aber heute in dem Maße, als die Automatisierung der Verwaltung durch den Einsatz kostspieliger Geräte gelingt. 2 White, Republican Era, S. 296.
§ 3. Das Personalwesen
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durch den Bürgerkrieg wäre eine solche Entwicklung sehr wünschenswert gewesen. Der Wirtschaftlichkeitsgesichtspun kt versank jedoch bald in einer allgemeinen, moralisierenden Debatte über den Zustand der Beamtenschaft, die zu keinerlei Ergebnissen führte 3 • Erst unter dem Eindruck der Ermordung Präsident Garfields, der das Opfer eines enttäuschten Stellenjägers wurde, verabschiedete der Kongreß 1883 den Civil Service Act 4 und leitete damit eine Beamtenreform ein. Das Gesetz schuf die neutrale Civil Service Commission (CSC), die für die Beamten Eignungsprüfungen nach dem Wettbewerbsprinzip abzuhalten hat. Diese Examen bilden die Grundlage für das sogenannte Merit-System, in dem nicht mehr die politische Haltung, sondern allein die Befähigung über die Beamtenstellung entscheidet5 • Das MeritSystem galt zunächst nur für einen kleinen Teil des öffentlichen Dienstes. Der Präsident konnte aber durch Verordnung den Anwendungsbereich des Civil Service Acts auf weitere Beamtengruppen ausdehnen. Die Arbeit des CSC stieß im Kongreß alsbald auf erheblichen Widerstand. Nachdem die Präsidenten zusätzliche Beamtengruppen dem Merit-System unterstellt hatten, mußten sie zeitweise den Anwendungsbereich des Gesetzes auf den Druck des Kongresses hin wieder einengen'. Während die Zahl der Beamten seither sprunghaft stieg, läßt sich im Gesamtbild der Entwicklung dennoch die eindeutige Tendenz feststellen, einen immer größeren Prozentsatz der Beamten dem MeritSystem zu unterstellen. Diese Tendenz findet in folgenden Zahlen 7 ihren Ausdruck: 1884 130 000 1911 390 000 1932 578 000 1936 824 000 1955 2 153 000 1965 2 403 000
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Beamte, Beamte, Beamte, Beamte, Beamte, Beamte,
davon davon davon davon davon davon
11 Ofo 53 Ofo 80 Ofo 61 Ofo 84 Ofo 91 Ofo
unter unter unter unter unter unter
Civil Civil Civil Civil Civil Civil
Service Service Service Service Service Service
Act Act Act Act Act Act
3 White, a.a.O., S. 280 ff. V an Riper, History of the United States Civil Service, S. 65 ff. 4 22 Stat. 403; 5 USC 632. 5 Die CSC legt der Anstellungsbehörde eine Liste mit den drei besten Bewerbern vor, aus der diese den Beamten zu ernennen hat. Dieses Verfahren wurde gewählt, weil ein direktes Ernennungsrecht der unabhängigen CSC als Verstoß gegen Art. II Sec. 2 der Bundesverfassung gewertet wurde; vgl. Swisher, American Constitutional Development, S. 494. Zur Einstellung und Stellenausschreibung vgl Der öffentliche Dienst in den Vereinigten Staaten von Amerika, ein Reisebericht, S. 14 ff. 6 White, a.a.O., S. 307. 7 Young, The National Government, S. 297. Die Zahlen für 1936 entstammen dem Bericht des President's Committee on Administrative Management, S. 8, diejenigen für 1965 dem U.S. Book of Facts, S. 407. Im Vergleich: Die Zahl der deutschen Beamten des Bundes einschließlich der Post und Bahn werden für die Gegenwart mit ca. 1046 000 angegeben; Thieme, Verwaltungslehre, S.168. Eine genaue AufschlüsseJung über die Entwicklung der einzelnen Beamtengruppen zwischen 1928 und 1951 findet sich bei Labovitz,
1. Die Beamtenauslese
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Das Merit-System wurde nach Beamtenstufen allmählich von unten nach oben ausgedehnt. Dieser Vorgang erfolgte jedoch nicht einheitlich für die gesamte Verwaltung, sondern manche Behördenzweige wurden nur sehr zögernd dem Merit-System erschlossen. Dies erklärt auch das Absinken der Prozentzahl für das Jahr 1936; denn die vielen neu geschaffenen Behörden des New Deal waren nicht sofort dem MeritSystem unterstellt worden. Die Commission on Economy and Efficiency setzte sich dafür ein, daß es nicht von politischen Gesichtspunkten abhängig gemacht wurde, für welche Beamtengruppen der Civil Service Act für anwendbar erklärt wurde. Sie drang besonders darauf, nicht nur die oberen Bundesbehörden in Washington, sondern gerade auch die lokalen Verwaltungsbehörden zu erfassen, deren Beamte keine politischen Funktionen zu erfüllen hatten. Vielen Abgeordneten dienten diese Ämter eher nur als eine Art finanzieller Versorgungsstellen8• Während des New Deals veranlaßte das President's Committee on Administrative Management, daß das Merit-System auch stufenweise auf die neugeschaffenen Behörden ausgedehnt wurde9 • Je mehr sich das Problem der politischen Einflußnahme bei der Beamtenernennung einer Lösung näherte10, desto mehr konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf die Modalitäten, unter denen die Eignungsprüfungen abgehalten wurden. Die standardisierten Examen der CSC für allgemeine untere Verwaltungspositionen, der sich eine große Zahl Bewerber unterzogen11 , fanden vielfältiges Lob. Zugleich wurde aber klar ausgesprochen, daß die CSC sich unfähig gezeigt hatte, geeignete Prüfungssysteme für spezialisierte und höhere Verwaltungspositionen zu entwickeln. Sie hatte sich nämlich dieser Art von Prüfungen nur wenig gewidmet, solange sie es nur als ihre vorrangige Aufgabe ansah, den öffentlichen Dienst vor politischen Einflüssen zu schützen, ohne zugleich auch ein gutes Personalsystem zu fördern. Das Besoldungswesen der Vereinigten Staaten von Amerika, S. 119. Vgl. auch Fabricant, Trends of Govemment Activity in the U.S. since 1900, S. 29 ff. 8 62nd Cong. 2nd Sess. H. Doc. 458 S. 8 und H. Doc. 670 S. 33, vgl. auch Willoughby, Efficient Organization of the Personnel in Administration, in: Proceedings of the Academy of Political Science of New York 3 (1912), S. 185. 9 Report of the President's Committee on Administrative Management, s. 7 f. 10 Vgl. aber das Beispiel typischer Parteipatronage in den 50er Jahren dieses Jahrhunderts bei Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis, S. 304 Anm. 1. 11 1935 prüfte die CSC 466 288 Bewerber für 40 725 Planstellen, vgl. Reeves in seiner Studie zum Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 75. 1963 lagen 1 885 000 Anmeldungen für 238 000 Planstellen vor, vgl. Rogner, Die berufliche Weiterbildung des amerikanischen Bundespersonals, S. 69. Zu dieser Art der Tests im einzelnen vgl. Friedrich, Beamtenauslese in den Vereinigten Staaten und Großbritannien, S. 41 ff.; Stahl, Public Personnel Administration, S. 67.
§ 3. Das Personalwesen
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Ihr primäres Ziel war daher, alle subjektiven Einflüsse bei der Auswertung der Examen auszuschließen, und so hatte sie ihre Tätigkeit vornehmlich auf jenen Bereich beschränkt, wo quantitativ meßbare Prüfungen möglich waren12• Allerdings darf zugunsten der CSC nicht unerwähnt bleiben, daß die Prüfungen für die höheren Stellen bis in die Nachkriegszeit hinein noch Neuland waren, da diese Stellen lange Zeit vom Merit-System ausgenommen waren. Gleichwohl sind gerade sie für die Qualität der Verwaltung von besonderer Bedeutung. Die CSC hat daher auf die erhobene Kritik hin für diese Beamtenstellen ein besonderes Auswahlverfahren geschaffen, das die Qualifikation der Bewerber auf individueller Basis durch Interviews ermitteW3 • Auch wird versucht, die negative Einstellung der Allgemeinheit zur Verwaltung zu ändern und durch geschickte Öffentlichkeitsarbeit und besonders durch Kontakte zu Universitäten geeignete Bewerber am öffentlichen Dienst zu interessieren. 2. Die Beendigung des Dienstverhältnisses
a) Die Entlassung Das Spoils-System hatte sich auf die uneingeschränkte Befugnis des Präsidenten gestützt, jeden Beamten zu entlassen. Das Merit-System definierte zwar die Voraussetzungen für die Ernennung von Beamten, änderte aber zunächst nichts an den Entlassungsvorschriften. Da die Exekutive bei der Besetzung von Stellen unter dem Merit-System jedoch nicht mehr ihren politischen Wünschen entsprechen konnte, verlor die traditionelle Entlassungsbefugnis für die Stellen nicht politischen Charakters an Interesse. Es erinnert zwar an den denkwürdigen Tenure of Office Act des Jahres 1820, daß der Kongreß noch 1912 die Amtszeit aller Beamten auf sieben Jahre zu begrenzen versuchte. Doch hoffte er lediglich, so einen Weg zu finden, um sich der überalterten Beamten zu entledigen. Das Gesetz sollte keine Rückkehr in die Vergangenheit sein. Denn als Präsident Taft gegen diese Gesetzesvorlage sein Veto einlegte, bestimmte der Kongreß im Lloyd-La Folette Act14, daß Beamte des Merit-Systems nur noch aus Gründen der Unfähigkeit entlassen werden dürften. Zwar verschaffte dieses Gesetz den Beamten nicht Reeves, a.a.O., S. 63. Vgl. hierzu FTiedrich, S. 38. Es soll sich hierbei jedoch höchstens um 20 °/o der Stellen handeln, vgl. Verwaltungsorganisation in USA, ein Bericht, S.34. 14 37 Stat. 555; 5 USC 652. Zu den "Trottelparagraphen" im deutschen Beamtenrecht der Nachkriegszeit, die auf amerikanischen Einfluß zurückgehen, vgl. Neesse, Der Leistungsgrundsatz im öffentlichen Dienst, S. 63 f.; Hochschwender, The Politics of Civil Service Reform in West Germany, S. 124 ff. 12
13
2. Die Beendigung des Dienstverhältnisses
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ihre Unabsetzbarkeit, aber doch eine in der Praxis ziemlich gesicherte Position. Es gab ihnen keinen Anspruch auf lebenslange Beschäftigung. Vielmehr konnte z. B. die Auflösung einer Behörde das Ende des Dienstverhältnisses bedeuten. Im Regelfall brauchte der Beamte aber nicht um seine Stellung zu fürchten. Außerdem räumte der 1944 erlassene Veterans Preference Act 15 den Kriegsteilnehmern Vorrechte bei der Auflösung von Behörden ein. Sie erhielten Sonderpunkte bei der Beurteilung ihrer Fähigkeiten, die als Maßstab für die Reduzierung der Beamten diente18• Beide Gesetze zusammen bewirkten, daß nach dem zweiten Weltkrieg die meisten Beamten, die ihre Stellen wegen des Kriegsdienstes verlassen mußten und durch weniger erfahrene Beamte ersetzt worden waren, ihre Stellen nach Kriegsende wiedererlangen konnten. Die Wertbeständigkeit der Beamtenstellung des Merit-Systems hatte sich dadurch selbst in Krisenzeiten bewiesen. Für politische Beamte gilt weiterhin die unbegrenzte Entlassungsbefugnis des Präsidenten. Ihr unterliegen auch jene Beamte, die nur mit Zustimmung des Senats ernannt werden dürfen. Nach der Rechtsfindung des Supreme Court erstreckt sie sich auch auf die Direktoren der Government Corporations, nicht indessen auf die Mitglieder von Independent Regulatory Commissions, da diese außer exekutiven Aufgaben auch quasi-legislative Aufgaben wahrnehmen, die weitestgehende Unabhängigkeit von der Exekutive erfordern 17 •
b) Die Pensionierung Die große Zahl überalterter Beamter - meist verdiente Veteranen des Bürgerkriegs -, die um die Jahrhundertwende die Amtsstuben füllten, wurde immer deutlicher als eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Verwaltung empfunden. Obwohl ihre Entlassung rechtlich möglich war, fand sich doch aus Respekt vor ihren früheren Verdiensten niemand dazu bereit. Der erwähnte Versuch, über eine Begrenzung der Amtszeit auf sieben Jahre dem Problem Herr zu werden, war nur einer der Wege, die von verschiedenen Seiten vorgeschlagen 15 58 Stat. 387; 5 USC 851; ca. 60 Ofo aller männlichen Beamten fallen unter die Vorschriften für den Vorzug der Veteranen, vgl. Leich, The Hoover Commission's Personnel Recommendations, APSR 47 (1953), S. 110. 18 V an Riper, a.a.O., S. 412; Schinagl, The History of Efftciency Ratings in the Federal Government, S. 61 f. Noch nach dem Amtsantritt Präsident Eisenhowers sollen zur Bereinigung der Kriegsverwaltung 180 000 Planstellen aufgelöst worden sein, vgl. Somers, The Federal Bureaucracy and the Change of Administration, APSR 48 (1954), S. 145. Zu der großen Anpassungsfähigkelt des öffentlichen Dienstes in Amerika an veränderte Verhältnisse siehe auch Verwaltungsorganisation in USA, ein Bericht, S. 14. 11 Myers v. United States 272 US 52 (1926), Morgan v. Tennessee Valley Authority 298 US 468 (1938), Humphrey's Executor (Rathburn) v. United States 295 US 602 (1935), auch Wiener v. United States 357 US 349 (1958). Zu den erwähnten Sonderbehörden siehe Näheres unter § 5.
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§ 3. Das Personalwesen
wurden, ohne die Verwaltung einer endgültigen Lösung näher zu bringen. Präsident Taft unterstützte den Vorschlag der Commission on Economy and Efficiency, eine gesetzliche Altersversorgung einzuführen. In seiner Veto Bill gegen den Gesetzesbeschluß einer siebenjährigen Amtszeit führte er aus, das Erfordernis einer regelmäßigen Wiederernennung könne das Problem der überalterten Beamten nicht lösen, da ihre Vorgesetzten aus Mitleid ebenso eine Wiederernennung aussprechen würden, wie sie jetzt davon absähen, diese Beamten zu entlassen 18 • Eine Pensionsregelung war bislang im Kongreß vor allem daran gescheitert, daß man sich vor der Übernahme zusätzlicher Kosten scheute. Um diesen Bedenken auszuweichen, wies die Commission on Economy and Efficiency ausdrücklich jeden Gedanken an eine staatliche Fürsorgepflicht zurück und stellte die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in den Vordergrund19 • Die Altersversorgung sollte durch einen Zwangssparplan gesichert werden, nach dem durch regelmäßige Gehaltsabzüge das notwendige Kapital für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienst aufgehäuft werden sollte. Eine Auszahlung dieser Ersparnisse sollte möglich sein. Die Erben sollten Anspruch auf Auszahlung von Restbeständen haben, falls die Ersparnisse nicht durch die Pension aufgenutzt worden waren. Die Pension sollte nur für die Sicherstellung eines Lebensminimums bemessen sein. Staatliche Zuschüsse waren lediglich für eine übergangszeit vorgesehen, solange die Gehaltsabzüge nicht die erforderlichen Geldmittel bereitstellen würden. Diese Kosten würden nach Ansicht der Kommission aber dadurch aufgewogen werden, daß ohne Verzögerung die überalterten Beamten aus dem Bundesdienst ausscheiden könnten. Auch würde dieses System niemanden nur aus dem Grunde im Bundesdienst festhalten, um nicht den Anspruch auf Pension zu verlieren. Da die Beamtenschaft selbst in der Frage der Pensionierung zerstritten war, sah sich der Kongreß nicht zur Eile gedrängt. Erst 1920 wurde der Civil Service Retirement Act20 verabschiedet. Der Kongreß fand sich dabei schließlich zu einer großzügigeren Beteiligung des Staates an der Altersversorgung bereit. Er erkannte dadurch generell an, daß der Leistungsgrundsatz eine obere Begrenzung der Amtszeit 18 62nd Cong. 2nd Sess. H. Doc. 910 S. 3. Zu den einzelnen diskutierten Alternativen vgl. V an Riper, a.a.O., S. 163. 19 62nd Cong. 2nd Sess. H. Doc. 732. Auch V an Riper, a.a.O., S. 246. Die gleiche Einstellung zur Pensionierung findet sich bei Stahl, a.a.O., S. 394. Um die Dringlichkeit dieser Fragen zu verstehen, ist zu bedenken, daß nach der Verabschiedung des Pensionierungsgesetzes 1920 innerhalb von zwei Monaten 5000 Beamte den Dienst quittierten, einige davon waren über 90 Jahre alt; Cooke, Biography of an Ideal, S. 72. 20 41 Stat. 614, 5 USC 691. Das Gesetz wurde seither häufiger abgeändert.
3. Das Berufsbeamtenturn
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notwendig macht. Zugleich vermied er aber, die Pensionsregelung so stark auszubauen, daß die Beamtenanwärter sich lediglich wegen der dadurch geschaffenen Sicherheit für den Staatsdienst entschieden. 3. Das Berufsbeamtentom
Mit der Stabilisierung der Beamtenposition war die Grundlage für den Aufbau eines Berufsbeamtenturns geschaffen worden. Dies allein reichte aber nicht aus, um die Beamten an den öffentlichen Dienst zu binden. Beide Hoover-Kommissionen stellten fest, daß jährlich 25 °/o aller öffentlichen Bediensteten aus dem Staatsdienst ausschieden21 • Diese Erscheinung ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, daß bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst die erworbenen Pensionsansprüche abgegolten werden, wodurch auf dem Personalsektor ein echtes Konkurrenzverhältnis mit der freien Wirtschaft besteht. Dieses bedeutete einen hohen Erfahrungs- und auch Finanzverlust, denn es wurde geschätzt, daß allein die Kosten für die Ersetzung dieser Beamten 280 Millionen Dollar betrugen 22 • Die geringe Anziehungskraft des Staatsdienstes ist nicht zuletzt auf das geringe Prestige des öffentlichen Dienstes zurückzuführen. Hier wirkte das Mißtrauen nach, das die postkoloniale Gesellschaft dem Staate entgegenbrachte und dessen Spuren sich auch heute noch verfolgen lassen. Auch das Spoils-System mit seinem schwankenden Berufsglück hat den öffentlichen Dienst in Verruf gebracht. Die Verwaltungsreform bemühte sich deshalb, durch objektive Beförderungskriterien die Nachwirkungen der Vergangenheit auszuräumen und durch Laufbahnprogramme ein größeres Interesse am öffentlichen Dienst zu wecken. a) Objektive Beförderungskriterien
Das Merit-System beabsichtigte nicht nur, die Beamtenernennungen dem politischen Einfluß zu entziehen und auf die Basis fachlicher Qualifikationen zu stellen, sondern alle Veränderungen in der Beamtenhierarchie objektiv von den Fähigkeiten der Beamten abhängig zu machen. Sec. 7 des Civil Service Acts sah deshalb vor, daß die Beförderungen ebenso wie die Beamtenernennungen auf Grund von Wettbewerbsprüfungen auszusprechen seien. Dieses Verfahren setzte sich 21 U.S. Comm.ission on Organization of the Executive Branch of Government (1947-1949), The Hoover-Commission Report, S. 111; U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1953-1955), Personne! and Civil Service, S. 18. 22 MacNeU und Metz, The Hoover Report 1953---1955, S. 47.
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§ 3. Das Personalwesen
jedoch nicht durch. Es hatte den Nachteil, daß sich nur die wahrscheinliche Befähigung des Beamten feststellen ließ, während seine vergangene Arbeitsleistung genauere Auskunft über seine Befähigung für den vorgesehenen Posten erbringen konnte. Zudem waren 1888 Lösungshefte für die Prüfungen auf dem schwarzen Markt erhältlich, da die Prüfungsaufgaben nie gewechselt wurden 23 • Die Präsidenten der Civil Service Commission versuchten daher, die Departments zu bewegen, in einem Efficiency Rating System die bisherige Arbeitsleistung der Beamten auszuwerten und zur Grundlage der Beförderungen zu machen. Diese Vorstöße blieben aber ohne Erfolg24. Erst unter dem Einfluß der Commission on Economy and Efficiency wurde schließlich eine Zentralstelle für ein Eficiency Rating System errichtet25 • Für jede Berufsgruppe wurden eine Reihe von Bewertungskriterien festgelegt, wie Exaktheit, Pünktlichkeit, Umfang der geleisteten Arbeit, Ordentlichkeit usw. Für jedes Merkmal hatten die Vorgesetzten die entsprechende Punktzahl auf einer Skala einzutragen. Diese Eintragungen mußten aber häufig von dem revidierenden Bureau of Efficiency korrigiert werden, da die Gesamteintragungen nicht den statistischen Mittelwerten entsprachen. Hierdurch kam es zu Gegensätzen zwischen den Beamten und ihren Vorgesetzten. Die Bewertungsskalen wurden wiederholt geändert, ohne zu einer endgültig befriedigenden Leistungsbewertung zu führen 26 • Diese statistische Auswertung der Leistung der Beamten hatte den Vorteil, daß die Ergebnisse sich auf Lochkarten übertragen ließen und so leicht eine Übersicht über eine möglichst große Zahl geeigneter Bewerber gestatteten. Subjektive Einflüsse wurden bei der Beförderung ausgeschaltet. Dieses System orientierte sich jedoch zu eng an der meßbaren Arbeitsleistung der Beamten, ohne hinreichend auf die speziellen Anforderungen der Beförderungsstelle einzugehen27 • Die erste Hovver-Kommission empfahl deshalb, das Efficiency Rating System durch ein System zu ersetzen, in dem jährlich die geleistete Arbeit, Fähigkeit, Fortschritte und Nützlichkeit für spezielle Arbeiten durch den unmittelbaren Vorgesetzten nach einer Aussprache mit dem Beamten über seine Vorstellungen und Pläne bewertet werden sollten28 • Die Verwirklichung dieses Vorschlages durch den Performance Rating 23
24 25
WHmerding, Government Schinagl, S. 28 ff.
by Merit, S. 163 :ff.; Schinagl, S. 19.
62nd Cong. 3rd Sess. S. Doc. 1113, S. 117. Vgl. Schinagl, S. 47 :ff. V an Riper, a.a.O., S. 433, berichtet, daß den Behörden ein weiter Spielraum zur Umgehung dieses Systems blieb, da die CSC häufig die vorgeschlagenen Beförderungen routinemäßig ohne Prüfung genehmigte. 26 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S.128. 2s 27
3. Das Berufsbeamtenturn
47
Act29 führte indessen nicht zu dem erwarteten Ergebnis, da nunmehr
98 °/o aller Beamten als "satisfactory" bewertet wurden30•
Die Civil Service Commission betont heute, die Performance Ratings sollten nur noch der Bewertung und Verbesserung der gegenwärtigen Arbeit dienen und nicht über Beförderungen entscheiden. Für diese schreibt die CSC statt dessen gewisse Mindestrichtmaße vor, so die Anerkennung außergewöhnlicher Leistung und die Möglichkeit zukünftigen Fortschritts. Zu ihrer Ermittlung wird den einzelnen Behörden ein Programm vorgeschlagen, das schriftliche Tests, Interviews, Fragebögen an frühere Vorgesetzte oder auch den Abschluß eines Ausbildungskurses umfaßt31 • Der Versuch, Beförderungen in ein mechanisches Verhältnis zur Arbeitsleistung zu bringen, hat sich als undurchführbar erwiesen. Die Faktoren sind zu komplex, um mechanisch meßbar zu sein. Das Performance Rating System hat jedoch als Positivum einen regelmäßigen Kontakt eines jeden Beamten mit seinem Vorgesetzten gebracht, das den Vorgesetzten in die Lage versetzt, sein Bild von dem Beamten auf mehr als nur dessen Arbeitsleistung zu stützen. Die Schwäche, die in dieser subjektiven Beurteilung durch den Vorgesetzten liegt, wird dadurch gemildert, daß der Beamte in der Aussprache falsche Vorstellungen des Vorgesetzten korrigieren kann, da ihm das Endergebnis der Bewertung mitgeteilt werden muß. Man versucht, die Beamten an einer Beförderung zu interessieren und sagt ihnen, welche Anforderungen hierfür an sie gestellt werden. Auf diesem Wege zwingt sich die Verwaltung selbst, die Beförderungen innerhalb des Merit-Systems möglichst objektiv entsprechend der Befähigung der einzelnen Beamten vorzunehmen. Es bleibt nur wenig Raum für Anonymität, politischen Favoritismus oder Anciennität. b) Laufbahnprogramme
Trotz aller Verbesserungen des Beförderungsverfahrens litten besonders die höheren Beamtenstellen weiter unter der mangelnden Anziehungskraft des öffentlichen Dienstes. Gerade im Bereich der Ver64 Stat. 1098, 5 USC 2001. U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1953-1955), Personnel and Civil Service, S. 63 f.; siehe auch: Der öffentliche Dienst in den Vereinigten Staaten von Amerika, S. 39 f., mit an29
30
liegenden Formblättern. Zu parallelen Schwierigkeiten bei der dienstlichen Beurteilung nach §§ 37 f. BLaufbVO vgl. Neesse, S. 67 ff., dort auch S. 55 ff. zu den neuerlichen Massenbeförderungen in Deutschland, die das Leistungsprinzip weitgehend desavouieren. 31 U.S. CiviZ Service Commission, Merit Promotion Plan, S. 17 ff. Einen Überblick über die innerdienstliche Fortbildungsarbeit gibt Kallen, Training in the Federal Service, PAR 19 (1959), S. 36 ff. Ausführlich dazu auch Rogner, s. 81 ff.
§ 3. Das Personalwesen
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waltungsspitze waren viele Beamtenpositionen lange Zeit vom MeritSystem ausgenommen worden. Frei gewordene Stellen wurden häufig nicht durch Beförderung von Beamten, sondern durch die Wahl von Außenseitern besetzt. Dies limitierte die Aufstiegserwartunge n der Beamten. Der häufige Rückgriff auf Außenseiter wurde aber nicht nur durch die Unstabilität der Spitzenpositionen außerhalb des Merit-Systems hervorgerufen, sondern lag ebensosehr in der gesamten Struktur des höheren Beamtendienstes begründet. Die Anwärter für den höheren Verwaltungsdienst mußten ihre Laufbahn auf einer so niedrigen Stufe beginnen, daß qualifizierte Kräfte sich lieber um verantwortungsvolle re Posten in der Wirtschaft oder Forschung bemühten. Nur wenige der schließlich gewonnenen Beamten entwickelten die notwendigen Fähigkeiten, um bis in Spitzenpositionen aufzusteigen. Bereits die Commission of Inquiry on Public Service Personnel, die 1935 von der Regierung mit einer Untersuchung über den öffentlichen Dienst betraut wurde, erkannte, daß ein befriedigendes Berufsbeamtentum nicht nur eine Frage der Beförderungen sei32• Das President's Committee on Administrative Management entwickelte diesen Gedanken fort und setzte sich für die Errichtung einer Personalmanagemen tbehörde ein, die ein Laufbahnsystem entwickeln sollte. Es schlug insbesondere vor, die Leiter der Bureaus in das Merit-System einzugliedern und nur den Leitern der Departments und ihren Stellvertretern den Charakter eines politischen Beamten zu belassen33 • Es hoffte, dadurch der außergewöhnlich hohen Fluktuation in der Leitung der Bureaus Einhalt zu gebieten und zugleich die Aufstiegschancen der Beamten zu vergrößern. Der Civil Service Commission gelang es jedoch nicht, die erforderlichen Programme für den Aufstieg von Karrierebeamten zu entwickeln. Sie überlastete sich selbst mit der Ausführung minderer Personalangelegenhe iten, die sie nicht an die Departments zu delegieren bereit war. So fand sie für die Entwicklung von Laufbahnprogrammen keine Zeit34 • In dieser Situation beschränkte sich die zweite Hoover-Kommission nicht mehr auf Kritik, sondern arbeitete einen eigenen Vorschlag für einen Senior Civil Service aus 35• Dieser steuerte darauf hin, aus fähigen Beamten eine Sondergruppe zu bilden, deren Mitglieder nicht an eine 32 33
a.a.O., S. 131. Report of the President's Committee on Administrative Management,
Stahl,
s. 7f.
M U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 111 ff. 35 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1953-1955), Personnel and Civil Service, S. 37 ff.; vgl. auch White, The Senior Civil Service, PAR 15 (1955), S. 237 ff.
4. Gehaltsfragen
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Behörde gebunden sein sollten, sondern die Dienstzeiten in verschiedenen Ministerien zu absolvieren hätten, um ihnen ein breites Feld an Erfahrung zugänglich zu machen und sie hierdurch auf spätere Spitzenpositionen vorzubereiten. Im Gegensatz zum allgemeinen Dienst sollte ihr Rang an ihre Person und nicht an die Art der jeweils ausgeübten Tätigkeit geknüpft werden. Dieser Plan stieß indessen auf heftige Kritik in der Beamtenschaft, die sich dagegen wandte, daß die Aufnahme in diese Gruppe von der Initiative des Vorgesetzten abhängen solle und daß ihr der Charakter eines Sondercorps verliehen werde. Auch akademische Kreise, die sich weiterhin die Möglichkeit offenhalten wollten, kurzfristig in höheren Beamtenrängen zu dienen, um dann eine politische Rolle zu übernehmen, opponierten gegen den Plan36• Unter erheblicher Abschwächung des Vorschlags der zweiten Hoover-Kommission wurde 1958 ein Career Executive Board als Beratungsstab für die Civil Service Commission ins Leben gerufen, aber schon 1960 wieder aufgelöst37• Das Problem des Laufbahnbeamtenturns blieb seither weitgehend ungelöst. 4. Gehaltsfragen Der Staat steht mit der Privatwirtschaft in einem Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte. Die Gehaltsaussichten entscheiden häufig über den Eintritt oder Verbleib im öffentlichen Dienst. Dies gilt in besonderem Maße für Amerika, wo auch die Beamten ihre Stellung als "job" betrachten und keine innere Bindung an ihren Beruf oder gar ihren Dienstherrn empfinden. Die Qualität der Beamtenschaft richtet sich daher weitgehend nach dem allgemeinen Gehaltsniveau, während das Verhältnis von Gehalt und Arbeitsleistung den Leistungswillen des Einzelnen bestimmt. a) Das allgemeine Gehaltsniveau
Die Jahresberichte der Civil Service Commission aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg zeugen von der Schwierigkeit, genügend Bewerber für den öffentlichen Dienst zu finden. Die Gehälter lagen im Vergleich zur Privatindustrie viel zu niedrig. Sie konnten mit den steigenden Lebenshaltungskosten nicht Schritt halten, da die Notwendigkeit einer dynamischen Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung verkannt wurde. Es gab kein einheitliches Besoldungsgesetz, sondern 38
Vgl. Van Riper, The Senior Civil Service and the Career System, PAR
18 (1958), S. 189 ff.; Pincus, Opposition to the Senior Civil Service, PAR 18 (1958), s. 331. 37 Executive Order No. 10 758 und 10 859. 4 Metster
50
§ 3.
Das Personalwesen
die Gehälter wurden häufig in den Organisationsgesetzen der einzelnen Behörden festgesetzt. Diese verstreuten Vorschriften wurden nicht geändert. Sie waren zudem unabhängig voneinander erlassen worden und orientierten sich nicht an einem einheitlichen Bewertungsmaßstab, so daß gleichgeartete Arbeit in verschiedenen Behörden unterschiedlich bezahlt wurde. Jene Gehälter, die durch ein Haushaltsgesetz festgelegt wurden, waren das Resultat der Arbeit von neun Ministem und neun Haushaltsausschüssen, die ihre Entscheidungen nicht koordinierten. Eine große Konfusion und Unausgeglichenheit der Gehälter war die Folge. Die Commission on Economy and Efficiency forderte eine gerechtere, einheitliche Einstufung der Gehälter 38 • Diese Umstellung des Gehaltssystems erfolgte unmittelbar nach der Vereinheitlichung des Haushaltswesens. Durch den Classification Act von 192339 wurde eine Anzahl von Gehaltsstufen festgelegt und durch eine Dienstpostenbewertung die einzelnen Stellen den entsprechenden Stufen zugeordnet. Dieses Gesetz war zunächst nur für die oberen Bundesbehörden in Washington gültig und wurde erst 1940 auf die regionalen und lokalen Bundesbehörden ausgedehnt. Durch das Gesetz wurden zwar die Beamtengehälter untereinander abgestimmt, nicht aber dem Gehaltsniveau der Privatwirtschaft angeglichen. Eine Analyse des President's Committee on Administrative Management zeigte, daß die Anfangsgehälter der Eingangsstufen zu niedrig waren, um qualifizierte Arbeitskräfte anzuwerben. Das Gehaltsplafond der Spitzenstellungen war so niedrig, daß schließlich gerade die besten Beamten abwanderten und dem Bundesdienst dadurch kostbare Erfahrung verloren ging40 • Diese Analyse veranlaßte verschiedene Gehaltsaufstockungen, führte aber nicht zu einer regelmäßigen Anpassung der Gehälter an die gestiegenen Lebenshaltungskosten. Da die Gehaltsaufstockungen zudem nicht in Prozentsätzen, sondem in festen Summen erfolgten, gerieten die Spitzengehälter hierdurch relativ in den Rückstand. Die erste Hoover-Kommission mußte daher auf neue Anpassungen besonders der Spitzengehälter drängen41 • 62nd Cong. 3rd Sess. S. Doc. 1113 S. 29. 42 Stat. 1488. Zum Stand der Dienstpostenbewertung in Deutschland vgl. Lange, Analytische Dienstpostenbewertung, VerwArch 55 (1964), S. 34 ff., insbes. S. 43. 40 Report of the President's Committee on Administrative Management, S.13. 38
39
41 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1947-1949), The Hoover Commission Report S.115, 120, 124. Auch in
Deutschland wird eine Tendenz zur Nivellierung der Gehälter beobachtet, vgl. Christmann und Skiba, Die Entwicklung der Gehälter der Beamten des Reiches und des Bundes von 1928 bis 1963, S. 5 ff.
4. Gehaltsfragen
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Die Revision der Gehaltsstufen durch den Classification Act von 1949 brachte keine vollständige Anpassung der Gehälter an das gesamtwirtschaftliche Wachstum, aber sie beseitigte die Verzerrung zwischen den einzelnen Gehaltsstufen. Wegen der Inflation des Koreakrieges nahm der Kongreß erstmals eine prozentuale Gehaltsaufbesserung vor, setzte allerdings den Mindestsatz auf 300,- Dollar und den Höchstsatz auf 800,- Dollar jährlich fest, was der soeben erzielten Differenzierung der Gehaltsstufen wieder entgegenwirkte, weil die niedrigen Gehälter überproportional und die hohen Gehälter unterproportional aufgestockt wurden41• Die zweite Hoover-Kommission hielt eine schlichte Entzerrung der Gehaltsstufen für ungenügend, da in der Privatwirtschaft besonders die Spitzenposten unverhältnismäßig hoch entlohnt würden. Der öffentliche Dienst müsse sich gerade in diesem Bereich dem Wettbewerb stellen, wenn die Qualität der Verwaltung nicht unterminiert werden solle43• Der Kongreß, der den Plan eines Senior Civil Service zurückgewiesen hatte, zeigte in finanzieller Hinsicht für die Nöte der Verwaltungsspitze mehr Verständnis und beschloß 1956, die Gehälter für die leitenden Beamten in den Departments und Bureaus fühlbar anzuheben. Seither sind verschiedene prozentuale Gehaltserhöhungen für den ganzen öffentlichen Dienst erfolgt. Durch den Salary Reform Act von 196244 wurde schließlich der Präsident ermächtigt, die gesetzlichen Grundgehälter um 1/7 heraufzusetzen, falls durch wesentlich höhere Löhne in der Wirtschaft die Gewinnung von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen erschwert wird. Der Präsident hat diese Befugnis auf die Civil Service Commission übertragen und ihr gemeinam mit dem Bureau of the Budget die Pflicht auferlegt, jährlich einen Bericht über die Lage der Bundesgehälter vorzulegen45• Durch diese Entwicklung seit dem zweiten Weltkrieg hat sich der Kongreß zu der Einsicht bekehrt, daß die Gehälter periodisch der wirtschaftlichen Entwicklung anzupassen sind, dies nicht zuletzt, um mit den steigenden Gehältern der Wirtschaft konkurrieren zu können. Das frühere Konzept statischer Gehälter ist überwunden. Die jüngsten Maßnahmen haben schließlich die Verantwortung für die Gehälter in begrenztem Maße auf die Exekutive übergehen lassen, die dadurch ein zusätzliches Mittel erlangt hat, um auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltung einzuwirken. V an Riper, History of the United States Civil Service, S. 470. U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1953-1955), Personnel and Civil Service, S. 34 ff. ; so auch Hattery, The Prestige of Federal Employment, PAR 15 (1955), S. 181 f. 42
43
46 Stat. 841, 5 USC 1171. u Executive Order No. ll 073.
44
••
52
§ 3. Das Personalwesen
b) Das Verhältnis von Gehalt und Arbeitsleistung Das Verhältnis von Gehalt und Arbeitsleistung bestimmt den Leistungswillen der einzelnen Beamten. Die Honorierung einer überdurchschnittlichen Leistung durch Beförderung ist ein Ausnahmefall, da die Zahl der verfügbaren Beförderungsstellen stets begrenzt sein wird und diese oft die Übernahme andersartiger Amtspflichten verlangen, die manchen produktiven Beamten für eine Beförderung ungeeignet erscheinen lassen. Die Variabilität der Gehälter gibt der Verwaltung dagegen die Möglichkeit, den Leistungswillen eines jeden Beamten anzuspornen. Vor Erlaß des Classification Act von 1923 konnten viele Gehälter mit Rücksicht auf die Arbeitsleistung variiert werden. Selbst dort, wo die Gehälter durch einen aufgeschlüsselten Stellenplan innerhalb der Haushaltsgesetze festgelegt wurden, waren Zuschläge vorgesehen, die die Leiter der Departments fähigen Beamten im Hinblick auf ihre Arbeitsleistung zuteilen konnten. In kleinen Verwaltungseinheiten ist ein solches System eines Leistungslohnes ohne größere Ungerechtigkeiten durchführbar, weil jeder Beamte unter der direkten Beobachtung des Hauptverwaltungsbeamten steht. Sind die Beamten wegen ihrer Zahl aber der Beurteilung durch ein und dieselbe Personen entzogen, dann kann die fehlende Einheitlichkeit des Maßstabes leicht zu Ungerechtigkeiten führen. Um einen objektiven Maßstab für die Gehaltszuschläge zu finden, griff der Classification Act von 1923 auf die Efficiency Ratings zurück. Ebenso wie im Zusammenhang mit der Beförderung führte dieses System aber zu Spannungen zwischen Beamten, Vorgesetzten und zentralen Personalinstanzen46 • Die erste Hoover-Kommission, die sich eingehend mit dem Efficiency Rating System auseinandersetzte, wandte sich daher grundsätzlich gegen die Absicht, ein neuzuschaffendes System der Arbeitskontrolle zur Grundlage für Gehaltszuschläge zu machen47• Das 1950 vom Kongreß beschlossene Performance Rating System machte dennoch die Entscheidung über eine Zulage von dem Bewertungsgespräch mit dem Vorgesetzten abhängig. Hierdurch wurden erhebliche subjektive Momente mit in die Bewertung gebracht. Allerdings sollte durch die Möglichkeit, Beschwerde gegen die Entscheidung des Vorgesetzten bei der Civil Service Commission einzulegen, die Einheitlichkeit der Bewertung gewahrt bleiben. Zusätzlich wurden in jeder Behörde Supervisaren einWilmerding, Government by Merit, S. 191. U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Govemment (1947-1949), The Hoover Commission Report, S.128. 4&
47
4. Gehaltsfragen
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gesetzt, die den Leistungswillen der Beamten entzünden sollten und bei Erfolg selbst eine entsprechende Lohnerhöhung erhielten 48 • 1954 schon wurde der Gehaltszuschlag durch ein Prämiensystem ersetzt. Auf Grund des Government Employees Incentive Awards Act49 konnte der Präsident vorschreiben, daß in bestimmten Fällen besonderer Arbeitsleistung und für Vorschläge und Erfindungen der Beamten zur Arbeitsverbesserung Prämien bis zu 5000,- Dollar, in Ausnahmefällen sogar bis zu 25 000,- Dollar zu zahlen sind. 1959 übertrug der Präsident diese Befugnisse der Civil Service Commission50 • Eine probeweise Durchführung des Programmes hatte 1953 für Verbesserungsvorschläge, die mit 44 Millionen Dollar bewertet wurden, 1,4 Millionen Dollar an Prämien ausgeworfen51 • Zusätzlich wurde 1957 eine Beamtenverdienstmedaille eingeführt, die vom Präsidenten an jährlich höchstens fünf Beamte verliehen wird. Es werden regelmäßig höhere Departmentsbeamte ausgezeichnet, für die angesichts der Höhe ihrer Gehälter nur eine substantielle Prämie einen Reiz ausüben könnte. Eine öffentliche Ehrung wird daher dem Bedürfnis nach persönlicher Anerkennung eher gerecht. 1962 ist schließlich auch die Möglichkeit wieder eingeführt worden, bei außergewöhnlicher Leistung das Gehalt für die Dauer eines Jahres zu erhöhen 5'-. Bei all diesen Maßnahmen handelt es sich heute nicht mehr darum, die Arbeitsleistung und Entlohnung in eine strenge Abhängigkeit zu bringen. Es soll vielmehr ein Anreiz für außergewöhnliche Leistungen geschaffen werden, die auch ohne quantitatives Bemessungssystem objektiv beurteilt werden können, zumal niemals mehr als nur kurzfristige Vergünstigungen gewährt werden. Die Civil Service Commission hält die Behördenleiter dazu an, ihre Untergebenen über die bestehenden Programme aufzuklären, die Mitarbeit anzuregen und Erfolge einzelner Beamter zu publizieren. Der strenge Leistungslohn bildete den Anfang der Versuche, den Leistungswillen der Beamten zu heben. Er ist gescheitert und durch 48 Vgl. Leich, The Hoover Commission's Personnel Recommendations, APSR 47 (1953), S. 114. 49 68 Stat. 1112, 5 USC 2121. 50 Executive Order No. 10 835. 51 Sawchuk, The New Federal lncentive Award Program, PAR 15 (1955), S. 45. Im Gegensatz hierzu wird diesen Möglichkeiten in Deutschland nur geringe Aufmerksamkeit geschenkt. Der Haushaltsplan des Bundes für das Rechnungsjahr 1965 hatte für das behördliche Vorschlagswesen lediglich einen Betrag von 60 000,- DM angesetzt (HHSt. 6002.270); vgl. hierzu auch Verwaltungsorganisation in USA, ein Bericht, S. 29 ff. ~ Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang ein amerikanischer Vorschlag, die Prämien und Gehaltszuschläge nicht nur für Leistungssteigerungen zu erteilen, sondern gleichfalls auch für Einsparungen bei gleichbleibender Leistung, vgl. Harri:> und DeLoach, Profit Motive, a Stimulant to Federal Administrative Efficiency, PAR 22 (1962), S. 26 ff. 52 76 Stat. 847, 5 USC 1122.
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§ 3. Das Personalwesen
eine Reihe neuer Wege zur Steigerung des Leistungswillens abgelöst worden, von denen die meisten dennoch das finanzielle Element betonen. Das Gehaltswesen wird daher eindeutig durch den Leistungsgrundsatz beherrscht. Trotz der erwähnten Schwierigkeiten ist niemals der Versuch gemacht worden, den Gesichtspunkt der Alimentation in die Diskussion einzuführen. 5. Die Organisation der Personalverwaltung
a) DieiEntwicklung ohne zentrale Personalbehörde Die Verfassung der Vereinigten Staaten gibt dem Präsidenten in Art. II Sec. 2 Abs. 2 die Befugnis, die Beamten zu ernennen, soweit der Kongreß die Befugnis zur Ernennung unterer Beamter nicht auf die Leiter der Departments überträgt. Obwohl solche übertragungen vorgenommen wurden, beschränkte sich das Ernennungsrecht des Präsidenten niemals nur auf die leitenden Beamten der nachgeordneten Behörden, sondern es erfaßte stets eine große Anzahl von Beamten bis hinab in die lokalen Dienststellen, um dem Präsidenten einen möglichst weiten Spielraum für Patronage zu geben. Im übrigen enthält die Verfassung über Personalangelegenheiten keine Vorschriften. Sie wurden daher als Teil der allgemeinen inneren Aufgaben der Departments angesehen. Der Civil Service Act zentralisierte 1883 erstmals die Eignungsprüfungen für untere Beamte in einer dem Präsidenten unterstellten Behörde. Um das Ernennungsrecht der Departments nicht zu annullieren, wurde aber die Ernennung weiter von den Departments ausgesprochen und ihnen bei ihrer Entscheidung die Wahl zwischen drei von der Civil Service Commission vorgeschlagenen Bewerbern eingeräumt. Wegen Personalmangels mußte die CSC die Eignungsprüfungen aber zunächst durch Beamte der Departments abhalten lassen, die für diese Aufgabe zur CSC abgeordnet wurden. Die Prüfungen erschienen deshalb nicht wie ein tiefgreifender Einschnitt in die Personalbefugnisse der Departments. Erst 1906 konnte die CSC eigene Beamte für die Prüfungen stellen und sich damit zu einer eigenständigen Behörde entwickeln. Als die Einführung des Efficiency Rating System diskutiert wurde, sprachen sich sowohl die Civil Service Commission wie auch die Commision on Economy and Efficiency dafür aus, die CSC mit der Durchführung dieses Systems zu betrauen. Man hoffte, es werde sich eine einheitliche, zentrale Personalbehörde entwickeln, wenn die CSC neben den Eignungsprüfungen auch noch für das Beförderungswesen zuständig sei. Zu diesem 'Zweck wurde 1912 bei der CSC eine Division of
5. Die Organisation der Personalverwaltung
55
Efficiency errichtet. Bevor diese Abteilung aber die für ihre Arbeit notwendigen Unterlagen erstellen konnte, wurde sie durch Gesetz als Bureau of Efficiency verselbständigt53 • Dieses Bureau entwickelte sich zu einem Anhängsel des Kongresses, dessen Aufsicht es unterstand, und verzögerte nur den Aufbau einer umfassenden Personalbehörde54• Erst 1933 wurde das Bureau wieder in die Civil Service Commission eingegliedert55. Auch die Durchführung des Classification Act von 1923, für dessen Verabschiedung sich die Civil Service Commission jahrelang eingesetzt hatte, wurde nicht ihr, sondern einem neugeschaffenen Ausschuß übertragen. Bis in die dreißiger Jahre hinein war es so in der Hauptsache dem Kongreß zuzuschreiben, daß die Civil Service Commission nicht zu einer allgemeinen, zentralen Personalbehörde wuchs. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die CSC ihre Hauptaufgabe weiterhin vornehmlich in der Abschirmung der Beamtenschaft gegen politische Einflüsse sah, gegenüber der die Durchführung des Efficiency Rating Systems und des Classification Act, die ihr schließlich 1932 bzw. 1933 übertragen worden war, in den Hintergrund trat. Erst das President's Committee on Administrative Management kritisierte diese nur negativ protektionierende Haltung der CSC und forderte ihre Umgestaltung in eine positive, auf die Leistungssteigerung der Beamtenschaft bedachte Personalbehörde. Sie solle die Anstellungsprüfungen nicht nur nach dem Gesichtspunkt möglicher politischer Einflüsse ausrichten, sondern sie so gestalten, daß möglichst fähige Bewerber gewonnen werden könnten. Zugleich solle diese Behörde durch ihren fachkundigen Rat die Departments bei der Entwicklung eigener Personalsysteme unterstützen58•
b) Die Civil Service Commission als zentrale Personalbehörde Um die Arbeit der Civil Service Commission zu stärken, versuchte das President's Committee on Administrative Management, dem parteiparitätisch besetzten Verwaltungsrat einen Exekutivdirektor zur Seite zu stellen. Es konnte sich mit diesem Plan aber im Kongreß nicht durchsetzen, da eine Politisierung der Personalarbeit befürchtet wurde. 1938 ordnete Präsident Roosevelt die Gründung besonderer Personalabteilungen in jedem Department an57. Er begrüßte es, daß einzelne Behörden 53 39 Stat. 15. 54
55
V an Riper,
History of the United States Civil Service, S. 240.
47 Stat. 1519. Zur inneren Organisation der CSC siehe: Der öffentliche
Dienst in den Vereinigten Staaten von Amerika, S. 48 f. 58 Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 8 ff. Auch Neesse, S. 98, tritt dafür ein, eine besondere Institution zu schaffen, die in Deutschland die Belange des öffentlichen Dienstes aus gesamtstaatlicher Sicht vertritt und so ein Gegengewicht gegen die Gruppeninteressen bildet, die auf Regierung und Parlament einwirken. 57 Executive Order No. 7916.
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§ 3. Das Personalwesen
interne Ausbildungsprogramme entwickelt hatten, und übertrug der Civil Service Commission die Aufgabe, hierbei allen Departments beratend zur Seite zu stehen. Während des zweiten Weltkrieges stieg der Personalbedarf der Verwaltung so erheblich, daß die Civil Service Commission nicht mehr in der Lage war, die erforderlichen Eignungsprüfungen selbst abzuhalten. Viele Behörden gingen daher dazu über, die Auswahl des Personals für eine befristete Anstellung in die eigenen Hände zu nehmen. Hierbei zeigte sich, daß die Departments fähig waren, eine Reihe der bisher zentral von der CSC wahrgenommenen Aufgaben befriedigend selbst zu erledigen58• Die erste Hoover-Kommission suchte deshalb, die CSC mehr auf die beratenden Aufgaben einer Stabsbehörde zu beschränken. Die unmittelbare Durchführung des Classification Act von 1949 wurde aus diesem Grunde den Departments übertragen. Die Funktion der CSC wurde hierbei auf den Erlaß von Verwaltungsverordnungen beschränkt. Schon 1954 gingen 2 /s aller Beamtenernennungen auf Eignungsprüfungen zurück, die nicht mehr von der CSC, sondern von den Departments selbst abgehalten worden waren59• Angesichts dieser Erfolge setzte sich die zweite Hoover-Kommission für eine durchgreifende Dezentralisierung auch innerhalb der Departments ein80 • Seither hat sich der Aufgabenbereich der Civil Service Commission zunehmend von der Durchführung der Personalangelegenheiten auf die Ausarbeitung von Programmen, die Analyse der allgemeinen Personalverhältnisse und die Ausarbeitung von Verwaltungsverordnungen verlagert. In den einzelnen Verwaltungszweigen sind hingegen Personalabteilungen entstanden, die unter der Aufsicht der CSC die Personalangelegenheiten durchführen und in ihrer Planung durch den fachgerechten Rat der CSC unterstützt werden. 6. Rückblick Zu Beginn der Reform des Personalwesens stand das Verlangen nach Sparsamkeit im Vordergrund. Ein Drittel der Beamten des SpeilsSystems wurden für entbehrlich gehalten. Gleichwohl haben die Beamtenzahlen ständig zugenommen. In dieser Entwicklung verbirgt sich jedoch keine Abkehr von dem Gesichtspunkt der Economy, denn sie stellt keine inhaltsleere Aufblähung des Beamtenapparates dar, sondern sie wurde im wesentlichen durch die Zunahme der Staatsfunktionen verursacht. Daß die Economy weiterhin als Leitmotiv für die Verwal58
Cooke, S. 98.
U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1953-1955), Personnel and Civil Service, S. 12. •~
6. Rückblick
57
tungsreform beachtet wurde, zeigte sich deutlich in dem Abbau jener Behörden, deren Aufgaben sich nach dem zweiten Weltkrieg erledigt hatten. Zwar konnte kein Rückgang in den absoluten Zahlen der öffentlichen Beschäftigten erzielt werden, weil zugleich neue Staatsfunktionen hinzukamen, jedoch verzeichnete die Entwicklungskurve eine deutliche Abschwächung der Zuwachsraten. Bestand zu Beginn noch die Tendenz, den Begriff Economy im Sinne absoluter Sparsamkeit zu verstehen, so ist er im Laufe dieses Jahrhunderts in bezug auf die jeweils erforderlichen Staatsfunktionen relativiert worden. Dieser Wandel hat sich auch in der Besoldungspolitik abgezeichnet, wo die Partei Jeffersons noch für eine absolute Begrenzung der Gehälter eintrat, auch wenn hierdurch die Bundesverwaltung an Stärke verlor. Diese Haltung entsprach ihrer Vorstellung von der Vorrangigkeit der Einzelstaaten. Heute tritt bei der Gehaltsfestsetzung das Erfordernis einer leistungsfähigen Verwaltung in den Vordergrund und drängt zu einer Anpassung der zu sparsam bemessenen Gehälter. Eine ähnliche Verquickung von Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit bildete sich schließlich auch bei der Einführung der Pensionsregelung heraus. Es darf die Annahme ausgesprochen werden, daß die Vereinigten Staaten die Entwicklung der Beamtenzahlen in den Griff bekommen haben. Ein statistischer Nachweis durch internationalen Vergleich ist schwierig, da der Umfang der staatlichen Tätigkeit von Staat zu Staat verschieden ist und die wirtschaftliche Entwicklung der Vereinigten Staaten die Staaten der Welt so weit überflügelt hat, daß dort so ausgeprägte Zweige wie die Atomverwaltung selbst in Europa nur in Ansätzen vorhanden sind. Aber auch ungeachtet dieser Tatsachen schneiden die Vereinigten Staaten in Versuchen zu einem internationalen Vergleich günstig ab61 • Ist die Zahl der Beamten aber auf das Notwendige reduziert, so hängt die Güte der Verwaltung im Bereich des Personalwesens in der Hauptsache von dem Leistungsniveau ab. Hier hat die amerikanische Verwaltung zahlreiche Ansätze zu einer Leistungshebung entwickelt, angefangen von der Entlassung wegen Unfähigkeit bis hin zu Leistungszuschlägen zum Gehalt, Fortbildungsprogrammen und ähnlichem. Wenn 61 Vgl. Finer, Der moderne Staat, Bd. 3, S. 204. Sturm, in: Ule, Die Entwicklung des öffentlichen Dienstes, s~ 10, 14, errechnete für dieses Jahrhundert eine Zunahme der Zahl der Beamten pro 1000 Einwohner um jährlich 2,2 Ofo in Deutschland, während die durchschnittliche Zuwachsrate in den Vereinigten Staaten bei 2,12 Ofo lag, in Großbritannien hingegen 3 Ofo überstieg. Diese Zahlen, die auch die Entwicklung in den Staaten und Kommunen einbezogen, müßten dahin ergänzt werden, daß die amerikanische Bundesverwaltung für sich genommen eine Zuwachsrate von 3,8 Ofo aufweist, da immer mehr Aufgaben auf die Zentralinstanzen verlagert werden; vgl. Jones in: Ule, a.a.O., S. 286 ff. Von "astronomischen" Zahlen spricht daher der Bericht einer Studiengruppe deutscher Fachleute, Verwaltungsorganisation in USA, S. 11 f.
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§ 3. Das Personalwesen
gleichwohl manche Probleme im Zusammenhang mit dem Berufsbeamtentum ungelöst blieben und hier selbst die Civil Service Commission, die sonst als institutionalisierte Stimulanz wirkt, nur geringe Erfolge erzielen konnte, so sollte diese Tatsache nicht zu einer Ablehnung des gesamten amerikanischen Personalsystems verleiten. Wir werden hier lediglich mit einer systemimmanenten Unstabilität konfrontiert, von der ständig Impulse zu einer Leistungshebung ausgehen. Die europäischen Beamtensysteme, die sich durch eine weit höhere Stabilität auszeichnen, haben kaum aus sich heraus ähnliche Impulse entwickelt. Sie beginnen heute, einzelne Aspekte des amerikanischen Personalwesens zu übernehmen. Ob aber diese Maßnahmen auf die Dauer in einem stabilen System wirksam bleiben oder ob sie gewisse Unruhefaktoren in das Personalwesen einführen werden, bleibt abzuwarten82. Verglichen mit der Lage des öffentlichen Dienstes im Amerika des 19. Jahrhunderts lassen sich in der Gesamtwertung heute deutliche Fortschritte feststellen. Die Verbesserungen des Personalwesens sind auf vielseitige Quellen zurückzuführen. Im eigenen Interesse forderten die Berufsverbände der Beamten die Lösung spezieller Probleme. Selbst die Civil Service Commission ging in ihren Anregungen und Vorschlägen häufig über den Kreis der Aufgaben hinaus, die ihr bis dahin übertragen worden waren. Es ist aber auffallend, daß diese Bestrebungen allein sich nicht durchsetzen konnten, sondern daß die Änderungen häufig erst dann erfolgten, wenn sie die Unterstützung einer der Reformkommissionen erhielten. Hieraus kann geschlossen werden, daß sich in den Vereinigten Staaten Reformen eher durchsetzen, wenn sie nicht nur von den Sonderinteressen eines Standes oder einer Behörde getragen werden, sondern wenn objektiv ihre Notwendigkeit für das gute Funktionieren der gesamten Verwaltung nachgewiesen wird.
6z Das Fortbildungswesen und das behördliche Vorschlagswesen, um nur diese Beispiele zu nennen, werden ohne den möglichen Elan bet~~ben; Stellenausschreibungen, die kraft Gesetzes vorgenommen werden mussen, finden oft nur der Form halber statt.
§ 4. Das Finanzwesen Die Leistungsfähigkeit des Staates wird in zunehmendem Maße von der Organisation des Finanzwesens abhängig, je umfangreicher und komplizierter die Staatsfinanzen werden. Die fortgesetzte Überprüfung des Finanzwesens, die zu Beginn dieses Jahrhunderts einsetzte, wurde zwar durch die chaotischen Zustände der damaligen Zeit ausgelöst. Sie ist aber heute eine notwendige Begleiterscheinung des Anwachsens der Staatsausgaben geworden, das sich in folgenden Zahlen 1 widerspiegelt: 9,4 Mio. Dollar 1801 15,3 Mio. Dollar 1831 66,5 Mio. Dollar 1861 524,6 Mio. Dollar 1901 1941 12 710,6 Mio. Dollar 1966 106 428,0 Mio. Dollar Die Reformen erstreckten sich sowohl auf das Haushaltswesen wie auch auf das Rechnungswesen und das Gebiet der Rechnungsprüfung. 1. Der Haushaltsplan
Die Schwäche der Finanzplanung in ihrer ursprünglichen Form bestand darin, daß die Verwaltungsbehörden die Ausgabenvoranschläge festsetzten, ohne die Höhe der zu erwartenden Einnahmen zu berücksichtigen, und daß auch im Kongreß Einnahmen und Ausgaben nur mangelhaft koordiniert wurden. Diese Praxis wandelte sich grundlegend nach der Verabschiedung des Budgeting and Accounting Act von 1921, dem durch vorherige wichtige Reformversuche der Weg gebahnt worden war. a) Die ersten Reformversuche Bis in die ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts war die Festsetzung der Einnahmen und Ausgaben des Staates allein eine Angelegenheit des Kongresses. Die Exekutive war nicht befugt, die Voranschläge der einzelnen Verwaltungsbehörden zu überprüfen. Das Department of the Treasury hatte lediglich die notwendigen Informationen für den Kongreß zu sammeln und an ihn weiterzuleiten. Verschiedentlich forderte 1 Young, The National Government, S. 280, um die Angabe für 1966 ergänzt aus U.S. Book of Facts, S. 388.
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§ 4. Das Finanzwesen
der Kongreß sogar einzelne Verwaltungsbehörden auf, ihm die Voranschläge direkt vorzulegen. Es stand ihm frei, die Haushaltszuwendungen durch sogenannte "riders" höher als jene Summen anzusetzen, die nach den Informationen des Departments of the Treasury erforderlich waren, oder gar der Exekutive neue Ausgaben aufzubürden. Hiergegen konnte sich der Präsident praktisch nicht wehren, da sein Veto das ganze Haushaltsgesetz und nicht nur die Zusätze getroffen hätte. Die Haushaltsgesetze wurden daher nicht als Ausgabenverpfiichtung, sondern als Ausgabenermächtigung ausgelegt, so daß der Präsident die betroffenen Behörden innerdienstlich anweisen konnte, die bewilligten Mittel nicht auszugeben2 • Eine erste Neuerung wurde 1909 eingeführt3 : Das Department of the Treasury hatte den Ausgabenvoranschlägen nunmehr eine Schätzung der Zoll- und Steuereinnahmen für das kommende Haushaltsjahr beizufügen. Der Präsident konnte dem Kongreß eine Kürzung der Ausgaben oder, falls dies nicht möglich war, die Erhöhung der Steuern oder die Aufnahme von Anleihen empfehlen, falls ein Haushaltsdefizit zu erwarten war. Die Verantwortung für solche Maßnahmen lag aber letztlich beim Kongreß. Der Präsident war nicht befugt, auf die Voranschläge direkt einzuwirken, um ein Defizit zu vermeiden. Eine solche beratende Funktion konnte er indessen kaum wahrnehmen, da ihm keine Informationen darüber zur Verfügung standen, ob eine Kürzung der Ausgabenvoranschläge wirklich möglich war oder nicht. Auch der Secretary of the Treasury konnte die Erforderlichkeit der Voranschläge nicht kontrollieren, da er den anderen Behörden nur die Form der abzuliefernden Informationen, nicht aber die Methode für ihre Zusammenstellung vorschreiben konnte. Die Vergleichszahlen der Vorjahre konnte er nicht als Maßstab nehmen, da die Voranschläge keinerlei Angaben über den Umfang der zu erledigenden Aufgaben enthielten. Diese Informationen holte sich der Kongreß mit seinen zehn Haushaltsausschüssen direkt bei den einzelnen Behörden. Das Ergebnis der Haushaltsplanung des Kongresses wurde in 15 Bewilligungsgesetzen niedergelegt. Die Ausgabenbewilligungen für eine einzelne Behörde verteilten sich häufig auf mehrere Gesetze, so daß es schwer war, ein vollständiges Bild über die für sie verfügbaren Mittel zu gewinnen. Bei der Vielzahl der beteiligten Kongreßausschüsse hatten sich unterschiedliche Traditionen für bestimmte Behörden herausgebildet, denen längere Laufzeiten der Mittel zugebilligt wurden und ein größeres Ermessen bei der Verwendung eingeräumt wurde. Der Kongreß wurde hierbei deutlich von dem Wunsch geleitet, in bestimmten 2 62nd Cong. 2nd sess. H . Doc. 854 S. 11, 17; vgl. auch Burkhead, Government Budgeting, S. 345. 3 35 Stat. 1027.
1. Der Haushaltsplan
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Bereichen eine Kontrolle über den Lauf der Verwaltung auszuüben. Denn bei den bevorzugten Behörden handelte es sich vielfach um Independent Regulatory Commissions, die wegen ihrer wirtschaftsregulierenden Aufgaben der direkten Kontrolle des Präsidenten entzogen waren. Diese Bewilligungsgesetze waren eine unbefriedigende Grundlage für die Arbeit der Exekutive. Sie gestatteten ihr nicht, selbst im Rahmen des finanziell Möglichen die Prioritäten zu setzen. Alle Behörden forderten ein Maximum an Geldmitteln, von einer Koordination untereinander konnte keine Rede sein. Die politische Gesamtverantwortung des Präsidenten wurde hierdurch beeinträchtigt. Ohne letztlich die verfassungsgemäße Zuständigkeit des Kongresses für die Staatsfinanzen in Frage zu stellen, versuchte die Commission on Economy and Efficiency, die Grenzen dieser Zuständigkeit zu ziehen. Der Kongreß sei am besten geeignet, die politischen Fragen, den Umfang der Staatsaufgaben zu entscheiden. Ihm ermangele aber die notwendige Kenntnis, um die technischen Anforderungen der Verwaltungstätigkeit zu beurteilen. Der Haushalt müsse zugleich ein Mittellegislativer Kontrolle für den politischen Bereich und in technischer Hinsicht ein Mittel der Verwaltungskontrolle sein. Beide Gewalten hätten daher bei der Ausarbeitung der Bewilligungsgesetze mitzuwirken•. Im Zuge dieser Aufgabenteilung sollte der Exekutive die Ausarbeitung eines Haushaltsentwurfes übertragen werden. Hierzu sollte jede Behörde die Änderung ihres Voranschlags gegenüber den Vorjahreszahlen begründen. Zugleich war vorgesehen, dem Plan eine Übersicht über die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben während der vergangeneu fünf Jahre beizufügen und einen Bericht über die allgemeine Finanzsituation zu geben~. Für die Aufstellung des Planes wurde eine streng funktionale Gliederung vorgeschlagen, um einen Überblick über den Anteil der Aufwendungen für die einzelnen Staatszwecke zu gewinnen. Die Gliederung nach Departments hätte einen solchen Vergleich nicht zugelassen, weil die Departments selbst nicht funktional einheitlich aufgebaut sind. Es sollte daher in Kauf genommen werden, daß die Zuwendungen für die einzelnen Departments fortan über die verschiedensten Haushaltstitel verstreut sein würden6 • 62nd Cong. 2nd sess. H. Doc. 854 S. 11 f. a.a.O., S. 7, 216. 6 So sollte das Haushaltskapitel C 2 (Civil Functions-Protection of Persans and Property and Maintenance of Order) folgende Untergliederung haben : a) Repression of Slave Trade (Dept. of Commerce) b) Coast Control (Dept. of the Treasury) c) Protecting Lands and Property from Overflow (Dept. of the Interior) d) Prevention of Cruelty to Animals (Dept. of Agriculture); vgl. a.a.O., S. 312 ff., 366, 372. 4
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62
§ 4. Das Finanzwesen
Noch bevor der Kongreß zu den Vorschlägen der Kommission Stellung nehmen konnte, legte der Präsident als Muster einen Haushaltsentwurf für das Finanzjahr 1913 vor. Er begrüßte die hierdurch gegebene Möglichkeit, die Höhe der Gesamtausgaben von vornherein zu beschränken und so das ungeordnete Wachstum der Einzelausgaben zu unterbinden7 • Es zeigte sich, daß die Zahlen des Haushaltsplanes von den Zahlen, die dem Kongreß direkt von den Departments geliefert worden waren, abwichen, da letztere einzelne Rechnungsposten vernachlässigt hatten. Trotz seiner größeren Exaktheit blieb der vorgelegte Entwurf des Haushaltsplanes vom Kongreß unbeachtet. Vielmehr verbot dieser dem Präsidenten ausdrücklich, die Unterlagen für die Finanzplanung dem Kongreß in einer anderen Form als bisher vorzulegen8 • Trotz dieses Rückschlages hatte die Kommission auf allen Ebenen weite Beachtung der Haushaltsfragen hervorgerufen. In einigen Städten und Bundesstaaten wurden die Grundsätze ihrer Budgetvorschläge mit großem Erfolg verwirklicht und hielten in den Parteien die Stimmen wach, die der Exekutive einen größeren Einfluß auf die Vorbereitung des Haushaltes einräumen wollten. Verzögert durch die Kriegs- und Nachkriegsbelastungen verabschiedet der Kongreß 1921 schließlich den Budget and Accounting Act9 , der dem Präsidenten entsprechend den Vorschlägen der Commission on Economy and Efficiency die Aufgabe übertrug, jährlich einen Haushaltsentwurf mit Einnahmen- und Ausgabenplänen sowie begleitenden Dokumenten über die Finanzlage des Staates vorzulegen. Nur die Arten der einzureichenden Unterlagen wurde festgesetzt, während die Festlegung von Form und Details dem Präsidenten überlassen blieb.
b) Die Entwicklung unter dem Budget and Accounting Act von 1921 Bereits bei der Ausarbeitung des Probehaushaltsplanes für 1913 hatte sich herausgestellt, daß die bestehenden Behörden für eine solche Arbeit nicht vorbereitet waren. Darum wurde im Budget and Accounting Act die Errichtung eines Bureau of the Budget angeordnet. Dieses Bureau stellte einen Kompromiß zwischen jenen Kräften dar, die die Vorbereitung des Budgets in den Händen des fachbezogenen Departments of the Treasury sehen wollten und jenen, die wegen der Bedeutung des Budgets für die gesamte Verwaltungsarbeit die volle Verantwortung des Präsidenten hierfür hervorheben und nicht den Secretary of the Treasury als Strohmann vorgeschoben wissen wollten. Das Bureau of the Budget 7 8 9
62nd Cong. 3rd sess. S. Doc. 1113 S. 6. 37 Stat. 415, c. 350 § 9. 42 Stat. 20, 31 USC 1.
1. Der Haushaltsplan
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wurde daher zwar formell dem Department of the Treasury eingegliedert, seine Direktoren unterstanden aber der direkten Anweisung durch den Präsidenten. Dieser Kompromiß erwies sich jedoch letztlich nur als eine Scheinlösung, denn die Beamten des Bureaus wurden allgemein als "Männer des Präsidenten" betrachtet10 • Das Bureau of the Budget hat die Aufgabe, den Haushaltsvorschlag vorzubereiten und hierzu die Finanzbedürfnisse der einzelnen Behörden zu erkunden, ihre Aufgabenprogramme unter einem gesamtpolitischen Gesichtspunkt gegeneinander abzuwägen und möglicherweise die, geplanten Ausgaben zu erhöhen oder zu kürzen11 • Zugleich soll es die Behörden unter dem Gesichtspunkt "of securing greater economy and efficiency" die einzelnen Behörden auf ihre Organisation und Verwaltungsmethoden hin untersuchen12 , um ihnen im Rahmen der regelmäßig gekürzten Haushaltsmittel dennoch eine bessere Zielverwirklichung zu ermöglichen. Im ersten Jahrzehnt seines Bestehens versuchte das Bureau vor allem, die Ausgaben der Departments möglichst niedrig zu halten. Um angesichts des aufflammenden Widerstands der Departments selbst glaubwürdig zu erscheinen, war es gezwungen, seine eigenen Ausgaben auf ein Minimum zu beschränken. Ausgedehnte Untersuchungen über die Organisation und Arbeitsmethoden der Verwaltungsbehörden konnte es daher nicht unternehmen. Das President's Committee on Administrative Management zeigte sich in hohem Maße unbefriedigt über diese Entwicklung. Es rief in Erinnerung, daß dem Bureau nicht nur die Aufgabe gestellt war, über die Sparsamkeit der Verwaltung zu wachen, sondern auch positiv zu einer wirksameren und wirtschaftlicheren Gestaltung der Verwaltung beizutragen13 • Das Committee setzte sich daher dafür ein, daß das Bureau of the Budget endlich zu einer allgemeinen, finanziellen Managementbehörde entwickelt werden müsse. Nicht zuletzt hindere seine Eingliederung in das Department of the Treasury das Bureau daran, sich zur rechten Hand des Präsidenten zu entwickeln. Auf den Vorschlag 10 Willoughby, Principles of Public Administration, S. 443 ff., 449; vgl. auch die Bedenken, die Böckenförde, Stabsorganisation und Haushaltsplanung, in: Die Staatskanzlei: Aufgaben, Organisation und Arbeitsweise auf vergleichender Grundlage, S. 152 f., gegen die Vorzugsstellung des Bundesfinanzministers nach § 20 f. RHO vorträgt, die nach seiner Auffassung mit der politischen Gesamtverantwortung des Bundeskanzlers kollidiert. 11 Zum Verfahren der Haushaltsvorbereitung siehe im einzelnen Burkhead,
s. 88 ff.,
278 ff.
31 USC 16 ff. Daß die Übung der Departments, überhöhte Forderungen zustellen, fortlebt, zeigt das bei Douglas, Economy in the Government, S. 44, erwähnte Beispiel, wonach noch 1952 die Voranschläge des Departments of Defence in Höhe von 104 Mrd. Dollar vom Bureau of the Budget auf 60 Mrd. Dollar und schließlich vom Kongreß auf 57 Mrd. Dollar gekürzt wurden. 13 Report of the President's Committee on Administrative Management, 8.16. 12
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§ 4. Das Finanzwesen
des Committees hin wurde daher das Bureau of the Budget 1939 in das neugeschaffene Executive Office of the President eingegliedert14• Durch diese Maßnahme wurde die allgemeine Bedeutung der Aufgaben des Bureau of the Budget betont. Allerdings mußte es seine politischen Planungsaufgaben 1946 weitgehend an den neu im Executive Office geschaffenen Council of Economic Advisers abgeben. Trotz dieser Stärkung des Bureau of the Budget blieb die Wirklichkeit hinter der eigentlichen Konzeption der Behörde zurück. Die Exekutive hatte ihre Haushaltsbefugnisse vom Kongreß übernommen. Die Errichtung der zentralen Budgetbehörde war nicht die zusammenfassende Fortbildung eines bereits bestehenden, exekutiven Haushaltsapparates gewesen, vielmehr hatten sich die Haushaltsabteilungen der einzelnen Behörden niemals richtig entfaltet. Als Folge wurde das Bureau of the Budget mit der Überprüfung von Detailfragen überlastet, die eigentlich schon in den Departments hätten geklärt werden können. Die erste Hoover-Kommission stellte fest, daß wegen dieser Überlastung gerade die Grundsatzaufgaben zu kurz kamen. Einen weiteren Grund für die Überlastung des Bureaus fand die Kommission in der komplizierten Struktur des Haushaltsplanes, aus dem nur mit Mühe die gesamten, 'einer Behörde zur Verfügung stehenden Mittel entnommen werden konnten. Es wurde daher eine institutionelle Gliederung des Haushaltsplanes nach Departments und Bureaus vorgeschlagen und nur innerhalb dieser Einheiten eine funktionale Untergliederung befürwortet, um ihre Gesamtaufwendungen besser kontrollieren zu können15 • c) Dieneueren Reformen
Der Budget and Accounting Procedures Act16 von 1950 übertrug dem Präsidenten die Aufgabe, die Form des Haushaltsplanes zu bestimmen. In seinem Auftrage begann das Bureau of the Budget die Ausarbeitung eines institutionell und funktional gemischten Haushaltsplanes, wie ihn die erste Hoover-Kommission angeregt hatte. Dieser "Performance Budget" enthielt umfangreiche Informationen über die Natur und den Umfang der zu verrichtenden Aufgaben und erschöpfte sich nicht lediglich in einer Aufzählung der Ausgabenposten17• Durch die Zusammenfassung der Kosten für jede einzelne Behörde wurde nunmehr ein Ver14
Reorganization Plan 1939 No. 1, 76th Cong. Ist sess. H. Doc. 262.
U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 42 ff., 61 ff. 16 62 Stat. 832; 31 USC 1. 17 Burkhead, S. 133: (Performance Budget Classiftcation) emphasizes the 15
things that government does, rather than the things which government buys. Performance Budgeting shifts the emphasis from the means of accomplishment to the accomplishment itself.
1. Der Haushaltsplan
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gleich zwischen Kosten und Leistung ermöglicht und dadurch die Verwendbarkeit des Haushaltsplanes als eines Instrumentes für die wirtschaftliche Verwaltungsführung erheblich verbessert18• 19• Nachdem die Verwaltung selbst viel kostenbewußter geworden war, konnten zusammen mit der Umstrukturierung des Haushaltsplanes nach Aufgabengebieten auch die Anzahl der Haushaltsmittel reduziert werden. In der Zeit von 1940 bis 1955 sank die Zahl der Haushaltstitel von ca. 2000 auf 375. Damit wurde einer vielfältigen Kritik der Reformkommissionen entsprochen, die sich dagegen gewehrt hatten, daß der Kongreß durch detaillierte Haushaltspläne die Flexibilität der Exekutive einengte20• Einen weiteren Beitrag zum Prinzip der Wahrheit des Haushaltsplanes lieferte die zweite Hoover-Kommission, die die Berücksichtigung von Abschreibungen für das Verwaltungsvermögen und bei langfristigen Projekten wie Bauvorhaben oder Forschungsprojekten die Angabe der dem wahren Stand der Arbeiten entsprechenden Beträge ohne Rücksicht darauf, ob die Bezahlung im Voraus oder nachträglich erfolgt, durchsetzte21 • Bei der Durchführung all dieser Vorschläge nahm das Bureau of the Budget eine leitende Stellung ein. In Zusammenarbeit mit dem Department of the Treasury und dem General Accounting Office bewirkte es die Umstellung der bestehenden Rechnungssysteme, um die notwendigen Informationen für die Ausarbeitung des Budgets zu erhalten. Es führte aus eigenem Antrieb zahlreiche Testserien mit einzelnen Be18 U.S. Secretary of the Treasury, Improvement of Financial Management in the United States Government, S. 8. Weichmann, Neuordnung der öffentlichen Haushalte, S. 14 f., hält den Performance Budget aus volkswirtschaftlichen Gründen nur für eine unvollkommene Verbesserung, bescheinigt ihm aber Rationalität des technischen Vollzuges. Zu möglichen Einwirkungen des amerikanischen Vorbildes auf eine deutsche Haushaltsreform vgl. Vialon, Haushaltsrecht, S. 115; ders., Moderne Entwicklungstendenzen des öffentlichen Haushalts in der Bundesrepublik (außerhalb der Gesetzgebung), in: Gegenwartsprobleme des öffentlichen Haushalts, S. 30 ff. 18 Häufig werden Performance Budget und Program Budget synonym gebraucht. Richtiger ist wohl, das Program Budget als Aufgabenprojektion für den gesamten politischen Entscheidungsbereich zu bezeichnen, während das Performance Budget die Ausführung eines bestimmten Programmpunktes in einer konkreten, hierauf spezialisierten Unterbehörde ist. Anhand dieser Einzelergebnisse kann sowohl die Leistung einer Behörde überprüft wie auch durch Summierung die Gesamtkosten für einen Aufgabenbereich gewonnen werden. 20 Vgl. 62nd Cong. 2nd sess. H. Doc. 854 S. 213 f. und The Hoover Commission Report, S. 56 f.; vgl. auch den Bericht der Arbeitsgruppe der zweiten Hoover-Kommission (Task Force Report on Budgeting and Accounting), S. 11 ff. Vialon, Haushaltsrecht, S. 40, hält solche Globalzuweisungen nur im Zusammenhang mit einem Rechnungssystem für zulässig, das die Institution der Visakontrolle, d.h. die laufende Kontrolle aller Zahlungsvorgänge durch die Gegenzeichnung eines Prüfungsbeamten, kennt. 21 MacNeil, The Hoover Report 1953-1955, S. 55 ff.
5 Meister
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§ 4. Das Finanzwesen
hörden durch, die später den Hoover-Kommissionen als Anregung dienten, um auf dieser Basis allgemeine Postulate zu erarbeiten. Auf diese Weise stand das Bureau of the Budget oft selbst an der Quelle der Reformvorschläge 22 • So mußte es zum Beispiel für die Eigenbetriebe des Bundes (Government Corporations) auf Grund des Government Corporations Control Act von 1945 23 einen "business-type budget" ausarbeiten, damit diese auch die Verwendung ihrer Einnahmen vor dem Kongreß rechtfertigten. Diese Arbeiten bildeten die Grundlage für die spätere Entwicklung des Performance Budget. Die Aufgaben des Bureau of the Budget konzentrieren sich nicht nur auf die Vorbereitung des Haushaltsplanes, sondern es spielt eine wesentliche Rolle auch bei dessen Durchführung. Es teilt jeder Behörde vierteljährlich einen Teilbetrag der Haushaltsmittel zu und bestimmt die Höhe der Beträge nach den vorherigen Leistungsberichten der Behörden24. Mit seinen zahlreichen Einflußmöglichkeiten ist das Bureau of the Budget zu Recht als "Angelpunkt des Regierungssystems" bezeichnet worden26 • 2. Das Rechnungswesen (Accounting)
Das staatliche Rechnungswesen erfüllt eine doppelte Funktion: Einerseits soll es Informationen über die vergangenen und laufenden Geschäfte der Verwaltung liefern, um die zukünftigen Geschäfte planen zu können und um den Grad der bisherigen Leistung zu kontrollieren. Diese Informationen sind aber nicht nur für die Verwaltung selbst wichtig, sondern in zunehmendem Maße auch für die Öffentlichkeit, soweit deren Dispositionen vom staatlichen Handeln abhängen. Zum anderen ist das Rechnungswesen die Grundlage für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der staatlichen Ausgaben. Diese letztere Funktion dient der später behandelten Rechnungsprüfung. Hier soll nur die Fortbildung des Rechnungswesens als Methode zur Verwaltungslenkung (Management) aufgezeigt werden 26 • Das Department of the Treasury, dem die Verwaltung der Staatsfinanzen obliegt, ist der Kernpunkt des Rechnungswesens. In seinen Konten werden sowohl die Staatseinnahmen wie auch die Auszahlungen aus dem Staatsvermögen verbucht. Zu Beginn dieses Jahrhunderts entVgl. Mosher, Program Budgeting, S. 79, 83. 59 Stat. 597; 31 USC 841. 2i Siehe Näheres bei Burkhead, S. 101 ff., 340 ff. 25 Loewenstein, Verfassungsrecht und Verfassungspraxis in den Vereinigten Staaten von Amerika, S. 252. 28 Vgl. demgegenüber das völlige Fehlen des Managementaspektes bei Wermbter-Bruns, Haushalts-, Kassen-, Rechnungs- und Prüfungswesen, 21 23
S.87.
2. Das Rechnungswesen (Accounting)
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hielt diese Buchführung jedoch keine Angaben über die endgültige Verwendung der Mittel durch die einzelnen Departments, sondern nur die Bezeichnung der Behörde, der sie zur Verfügung gestellt wurden. Jede Behörde unterhielt über die Verwendung dieser Mittel eine eigene Buchführung, deren Inhalt selbst nicht einmal in summarischer Form dem Department of the Treasury zur Verfügung gestellt wurde. Für den vorgeschlagenen Exekutiventwurf eines Haushaltsplanes war dieses System völlig unzureichend. Um eine bessere Kontrolle der wirklichen Bedürfnisse der einzelnen Behörden zu erlangen, schlug die Commission on Economy and Efficiency vor, ein Bureau of Central Administrative Control zu gründen, in dem Haushaltsplanung und Rechnungsprüfung mit einer Zentralstelle für das Rechnungswesen zusammengefaßt werden sollten und die Buchführung entsprechend der von ihnen benötigten Informationen umgestellt werden sollte27 • Der Budget and Accounting Act von 1921 brachte jedoch nur eine weitere Aufsplitterung des Rechnungswesens. Der Comptroller, der bisher im Department of the Treasury für die Rechnungsprüfung zuständig war, wurde zum Leiter des unabhängigen General Accounting Office bestellt. Er behielt aber weiterhin die Funktion, als Rechtmäßigkeitskontrolle alle Verfügungen des Secretary of the Treasury gegenzuzeichnen (Visakontrolle) 28 • Hierzu wurden die Konten der vom Department of the Treasury in die einzelnen Behörden delegierten Kassenbeamten auf das neugeschaffene General Accounting Office (GAO) übertragen. Um überhaupt einen Überblick über die bereits ausgestellten Anweisungen zu haben, mußten nun im Department of the Treasury zusätzliche Überwachungslisten eingeführt werden. Zu dem Ziel, die verschiedenen Kontensysteme aufeinander abzu~ stimmen, räumte der Budget and Accounting Act dem Comptroller General die Befugnis ein, allgemeine Vorschriften über das Rechnungswesen zu erlassen. Die Durchführung dieser Vorschriften in den Departments blieb jedoch der Aufsicht des General Accounting Office entzogen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die einzelnen Behördenleiter nur wenig Interesse zeigten, von ihren traditionellen Buchführungsmethoden abzugehen, so daß sich kein einheitliches Rechnungswesen entwickeln konnte. Ein Vorstoß des President's Committee on Administrative Management, deshalb die Verantwortung für die Vereinheitlichung des Rechnungswesens der Exekutive zu übertragen29 , fand im Kongreß kein Echo. Lediglich die Konten der Kassenbeamten, die dem GAO zusammen mit der Visakontrolle übertragen worden n 28
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62nd Cong. 3rd sess. S. Doc. 1113 S. 191. 18 Stat. 205 (1894). Report of the President's Committee on Administrative Management,
s. 21 ff. 5"
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§ 4. Das Finanzwesen
waren, wurden dem , Department of the Treasury zurückgegeben30• Im wesentlichen setzte aber jede Behörde diejenige Buchführung fort, die ihren eigenen Zwecken entsprach, ohne andere für die Haushaltsvorbereitung oder die Wirtschaftsplanung wichtige Informationen zu ermitteln. Unter Hinzuziehung des Bureau of the Budget und des Department of the Treasury begann das GAO schließlich im Jahre 1948 ein Joint Financial Management Improvement Program, das ursprünglich nur der Vereinheitlichung des Rechnungswesens dienen sollte. Es wurde aber bald auf das gesamte staatliche Finanzwesen ausgedehnt. Diese Zusammenarbeit' zwischen Exekutive und unabhängiger Rechnungsprüfungsbehörde auf dem Gebiet des Rechnungswesens wurde dann durch den Budget and Accounting Procedures Act von 195031 gesetzlich verpflichtend festgelegt, nachdem sich der Kongreß erneut nicht bereitgefunden hatte, dem Vorschlag der ersten Hoover-Kommission32 zu entsprechen und die Zuständigkeit für diese Aufgaben dem Department of the Treasury zu übertragen. Durch diese Zusammenarbeit wurde erreicht, daß das Rechnungswesen die für die Haushaltsplanung und die Finanzberichte der Regierung erforderlichen Daten aufnimmt. Der Erlaß allgemeiner Vorschriften durch den Camptroller General wurde auf die Festlegung von Grundprinzipien beschränkt. Innerhalb dieses Rahmens hat er den Behörden bei der Ausarbeitung eines an deren eigenen Bedürfnissen ausgerichteten Rechnungssystem zu helfen, so daß jederzeit ein vollständiges Bild über die finanzielle Lage einer einzelnen Behörde wie auch des Staates im ganzen gegeben wird. Um das Augenmerk der Verwaltung bevorzugt auf das zu lenken, was bereits ausgegeben wurde, anstatt darauf, wieviel Mittel noch zur Verfügung stünden, wurden die Konten vom Nachweis der noch verfügbaren Haushaltsmittel auf den Nachweis der bereits empfangenen Güter und Dienstleistungen umgestellt. Hierdurch wurde hervorgehoben, daß das Rechnungswesen primär ein Mittel zur Leistungskontrolle für die betroffenen Behörden sein soll und erst sekundär der Legalitätsprüfung durch das GAO dient. Trotz aller Fortschritte fand die zweite Hoover-Kommission, daß die Möglichkeiten des Budget and Accounting Procedures Act noch nicht voll ausgeschöpft worden waren. Auch sie sah den Grund für den nur zögernden Fortschritt darin, daß keine zentrale Verwaltungsbehörde der Exekutive für die Einführung der neuen Rechnungssysteme verantwortlich war und daß das Bureau of the Budget nur wenig Initiative ao Reorganization Plan 1940 No. III. 31 64 Stat. 835 Title I § 112; 31 USC 66, vgL auch§ 66 III 3 RHO. 32 U.S. Commi ssion on Organization of the Executive Branch of the Govemment (1947-1949), The Hoover Corninission Report, S. 52.
3. Die Rechnungsprüfung
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zeigte, um den einzelnen Behörden bei der Entwicklung spezieller Systeme für die verschiedenen Aufgabenbereiche zu helfen. Daß das General Accounting Office seine Beratungsstäbe für das Rechnungswesen verstärkt hatte, wurde nur als mangelhafter Ersatz für eine zentrale Leistung innerhalb der Exekutive angesehen33• 1956 wurde daher dem Bureau of the Budget ein Office for Financial Management angegliedert, das die Beratungsfunktionen des General Accounting Office übernahm. Seither ist die Exekutive das Aktionszentrum für die Reform des Rechnungswesens geworden. Die allgemeinen Vorschriften für das Rechnungswesen werden zwar weiterhin vom Comptroller General erlassen. Doch hat die Exekutive durch das Joint Financial Management Program einen erheblichen Einfluß auf sie gewonnen14• Besonders durch die Umstellung der Konten von Haushaltsahbuchungen auf Kostennachweise ist das Rechnungswesen zu einem wichtigen Hilfsmittel für die Verwaltungsführung geworden. Das Schwergewicht des Rechnungswesens verlagert sich daher zunehmend von den Zentralbehörden auf die Ebenen, wo die Entscheidungen getroffen werden. Unter großen Personaleinsparungen ist die detaillierte Kontenführung in den Zentralbehörden durch summarische Kontenführung ersetzt worden. Durch diese Vereinfachungen konnte die Bereitstellung von Haushaltsmitteln für die einzelnen Behörden um fast einen Monat beschleunigt werden. Die für die Staatsleitung erforderlichen Informationen werden außerdem durch ein abgestimmtes System von Finanzberichten ergänzt35• 3. Die Beclmungsprüfung
Die Entwicklung der Rechnungsprüfung unter dem Budget and Accounting Act von 1921 läßt sich in drei Phasen einteilen: Zunächst wurde eine von der Exekutive unabhängige Rechnungsprüfungsbehörde geschaffen. Durch den "Site-Audit", die Prüfung der Behörden an ihrem Sitz, wurde die wachsende Kluft zwischen ausführender und prüfender Instanz überbrückt. Durch diese engeren Kontakte bildete sich 33 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1953-1955), Task Force Report on Budget and Accounting, S. 54 ff.
über diese Probleme der Systemanpassung an die besonderen Bedürfnisse einer einzelnen Behörde, hier des Departments of Defense, vgl. Chermak, Fitting Accounting Technique to Purpose, PAR 19 (1959), S. 173 ff. 3~ Vgl. Kahler, Accounting in the Federal Government, S. 145. ss U.S. Secretary of the Treasury, Improvements S. 30 ff.; vgl. auch Gary u. a., Improvements in Federal Accounting, PAR 10 (1950), S. 270 ff. Einzelheiten zum Prozeß der Bereitstellung von Haushaltsmitteln bei Kahler, 8.122.
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§ 4. Das Finanzwesen
schließlich ein System interner Rechnungskontrollen, das die Rechnungsprüfung unterstützt. a) Die Gründung einer unabhängigen Rechnungsprüfung
Als erster Versuch einer Reform war 1894 die Rechnungsprüfung von den unfähigen Kongreßausschüssen auf das Department of the Treasury übertragen worden38• Diese Maßnahme hatte zur Folge, daß die Rechnungsprüfung nunmehr zwar mit dem notwendigen Sachverstand durchgeführt werden konnte. Als Teil der Exekutive unterlagen die prüfenden Beamten jedoch den Weisungen des Secretary of the Treasury, so daß keine Garantie für eine unabhängige, objektive Rechnungsprüfung bestand. Die Commission on Economy and Efficiency hielt die Aufgabe der Rechnungsprüfung für zu wichtig, um sie der Verantwortung eines Ministers unterzuordnen. Sie versuchte daher, die Rechnungsprüfung direkt dem Präsidenten zu unterstellen. Der Kongreß besann sich jedoch auf seine ursprüngliche Zuständigkeit für die Finanzkontrolle und schuf durch den Budget and Accounting Act von 1921 das General Accounting Office, das an Weisungen der Exekutive nicht gebunden ist und nur dem Kongreß Bericht zu erstatten hat. Der Präsident wehrte sich mit seinem Veto vergeblich gegen den Verlust seines Einflusses. Die ihm auf das Veto hin eingeräumte Befugnis, den Camptroller General als Leiter des General Accounting Office selbst, wenn auch mit Zustimmung des Senates, zu ernennen, war lediglich ein Zugeständnis des Kongresses ohne weitreichende Bedeutung. Die Amtszeit des Camptroller General wurde auf fünfzehn Jahre festgesetzt, ohne eine Verlängerung zu ermöglichen. Seine Absetzung wurde auf Fälle disziplinarischer Vergehen beschränkt und ist durch den Kongreß, nicht durch den Präsidenten auszusprechen37 • Trotz dieser Unabhängigkeit wird das General Accounting Office häufig als Hilfsorgan des Kongresses betrachtet38• Denn gemäß Sec. 312a des Budget and Accounting Acts hat es dem Kongreß über das Ergebnis der Prüfung Bericht zu erstatten. Auch soll der Camptroller General dem Kongreß Vorschläge unterbreiten, wie die Ausgaben gestaltet werden sollten, um "greater economy and efficiency" zu erzielen. Die Schlußfolgerung aus diesen sekundären Aufgabenkreisen zeichnet jeSiehe oben § 2, 4 b. Um den Camptroller General wieder in engere Abhängigkeit von dem Präsidenten zu bringen, versuchte Präsident F. D. Roosevelt nach Ablauf der ersten Amtsperiode, keinen hauptamtlichen Camptroller General zu ernennen, um die ständige Absetzbarkeit seines vorläufigen Vertreters zu erhalten; vgl. Swisher, American Constitutional Development, S. 746. 38 Kahler, S. 72; Willoughby, The Principles of Public Administration, S. 646. Vgl. aber auch § 1 Anm. 20. 36 37
3. Die Rechnungsprüfung
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doch ein sehr unvollkommenes Bild von der Rolle, die das General Accounting Office wirklich spielt. Bei der eigentlichen Rechnungsprüfung ist es völlig unabhängig. Seine beratenden Funktionen gegenüber dem Kongreß hätten die Legislative zwar zu einem Initiator für eine wirtschaftlichere und leistungsfähigere Gestaltung der Verwaltung machen können. Diese Möglichkeit ist aber nie wirklich ausgeschöpft worden39• Vielmehr nutzt das Bureau of the Budget die Prüfungsberichte des GAO heute für sich selbst als willkommene Arbeitsgrundlage, nachdem seit 1948 durch die Zusammenarbeit im Rahmen des Joint Financial Management Improvement Program die ursprüngliche Rivalität zwischen den Behörden überwunden wurde40 •
b) Der Obergang zum "Site-Audit" Die Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung hatte sich allgemein bewährt. Doch brachte sie zugleich den Nachteil, daß Kopien von allen Unterlagen über die Verwendung finanzieller Mittel angefertigt und dem General Accounting Office zur Detailprüfung zugeleitet werden mußten. Die Ergebnisse dieser Prüfungen konnten häufig erst nach drei Jahren festgestellt werden und waren daher für die Ausarbeitung des folgenden Haushaltsplanes nicht mehr verwendbar. Das President's Committee on Administrative Management empfahl daher eine größere Dezentralisierung der Rechnungsprüfung, um das Prüfungsverfahren zu beschleunigen41 • Das General Accounting Office weigerte sich indessen konstant, die Rechnungsprüfung in den einzelnen Verwaltungsbehörden selbst vorzunehmen. Es widersetzte sich besonders der Aufforderung der staatseigenen Unternehmen, seine Prüfungsmethoden denen der privaten Wirtschaftsprüfer anzupassen. Die Übersendung aller Unterlagen von dem Sitz dieser Unternehmen, der häufig irgendwo im Lande lag, nach Washington wurde als Symbol für eine Abhängigkeit empfunden, die mit den Autonomiebestrebungen dieser Unternehmen im krassesten Widerspruch stand. Der Government Corporation Control Act von 194642, der die bisherige Prüfungstätigkeit privater Wirtschaftsprüfer in diesen Unternehmen untersagte, schrieb aber doch zugleich vor, daß jetzt die Prüfung der Unternehmen durch eine Sonderabteilung des General Accounting Office am Sitz der Unternehmen zu erfolgen habe. Diese Praxis erwies sich als vorteilhaft, so daß in Sec. 117 des Budget and Accounting Procedures Act von 1950 dem Camptroller 39 Willoughby, a.a.O., S. 631; auch Mansfield in seiner Studie zum Report of the President's Comrnitte on Administrative Management, S. 109 f. 40 U.S. Secretary of the Treasury, Improvements S. 22 f. 41 Report of the President's Committee on Administrative Management, S.24f. 42 59 Stat. 597; 31 USC 846.
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§ 4. Das Finanzwesen
General die Befugnis eingeräumt wurde, auch für die Verwaltungsbehörden die Rechnungsprüfung in diesen Behörden selbst vorzunehmen, wovon zunehmend Gebrauch gemacht wird. Durch diesen Prozeß wurde nicht nur ein erheblicher Arbeitsaufwand -die Fertigung und Verwaltung von 21 Millionen Duplikaten43 - eingespart, sondern auch den Verwaltungsbehörden die Bedeutung der Rechnungsprüfung für das finanzielle Management zu Bewußtsein gebracht. Das GAO wirkte nicht länger wie ein weltfremder Eindringling, dem die wahre Bedeutung der übersandten Belege verschlossen blieb. Zugleich mit dieser Entwicklung trat ein Wandel in der Natur der Rechnungsprüfung ein. Während des zweiten Weltkriegs wurden zahlreiche eingezogene Geschäftsleute bei der Verwaltung kriegsbedingter Wirtschaftsaufgaben eingesetzt. Sie erkannten die Unzulänglichkeit der staatlichen Rechnungsprüfung für diese Aufgaben und erreichten, daß das General Accounting Office die Prüfung der staatlichen Wirtschaftsunternehmen ebenso wie die privaten Wirtschaftsprüfer nicht nur auf die Rechtmäßigkeit, sondern in gesteigertem Maße auch auf die Zweckmäßigkeit der Geschäfte ausrichtete. Es wurde eine besondere Corporation Audit Division geschaffen, deren Personal aus Wirtschaftsprüferkreisen gewonnen wurde. Ihre Prüfungsmethoden fanden im General Accounting Office allgemeinen Anklang und wurden auch von anderen Abteilungen übernommen. 1952 konnte deswegen die Sonderabteilung für die Wirtschaftsunternehmen aufgelöst werden. So ist die Rechnungsprüfung heute nicht mehr reine Rechtmäßigkeitskontrolle, sondern sie berücksichtigt darüber hinaus die Zweckmäßigkeit des Finanzplanes, die Organisation, die Delegation von Ausgabenvollmachten und deren Kontrollen44• Die Verwaltungsverantwortung der Behörden wird hierdurch nicht beeinträchtigt, da das General Accounting Office ihnen gegenüber keine Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse besitzt, sondern festgestellte Mißstände nur dem Präsidenten oder dem Kongreß vorlegen kann.
c) Die interne Rechnungskontrolle (Internal Audit) Die Ausdehnung der Rechnungsprüfung auf eine umfassende Zweckmäßigkeitsprüfung gab dieser Tätigkeit wachsende Bedeutung für die Verwaltungsführung. Der Budget and Accounting Procedures Act betonte daher neben der Verantwortung der Behördenleiter, ein für die Behörde geeignetes Rechnungswesen zu entwickeln, daß außerdem die Behörden selbst ein System interner Rechnungskontrolle unterhalten 43
44
U.S. Secretary of the Treasury,
Vgl. Kohler, S. 5 f., 74.
Improvements S. 21.
4. Zusammenfassung
73
sollten. Die zweite Hoover-Kommission gab der Idee interner Rechnungskontrollen ihre volle Unterstützung45 • Dieses Kontrollsystem soll die Arbeit des General Accounting Office nicht ersetzen, sondern erleichtern und vor allem der Behördenleitung die gefundenen Resultate unmittelbar zugänglich machen. Je nach der Wirksamkeit dieser Abteilungen kann sich das General Accounting Office auf stichprobenhafte Prüfungen beschränken und Defekte des Rechnungs- und Kontrollwesens direkt dem Behördenleiter vortragen46 • Die internen Kontrollabteilungen können auch besser darauf einwirken, daß die Haushaltszuwendungen nicht als Ausgabenbefehl, sondern nur als obere Kostengrenze betrachtet werden. Ein solcher Einfluß auf den Gang der Verwaltung blieb dem General Accounting Office mit seinen nachträglichen Prüfungen stets versagt47• Durch die interne Rechnungskontrolle wird die 1921 vollzogene Unabhängigkeit der Rechnungsprüfung nicht wieder rückgängig gemacht. Denn die Wirksamkeit der exekutiven Kontrollsysteme beruht darauf, daß sie ihrerseits wieder der Kontrolle einer unabhängigen Institution unterstehen, die außerdem vielfach noch mit ihnen in Wettbewerb tritt. Das General Accounting Office mit seinem nicht nur die Vereinigten Staaten, sondern die ganze Welt umspannenden Netz von Außenstellen bleibt trotz der internen Kontrollen für jede Verwaltungsbehörde eine nicht zu leugnende Realität. 4. Zusammenfassung
Die für die drei Gebiete des Finanzwesens aufgezeigten Entwicklungen müssen in ihrem inneren Zusammenhang verstanden werden. Ausgangspunkt der Reformen war die Vorher rschaft des Kongresses auf dem Gebiet der Haushaltsplanung und der Rechnungsprüfung. Ein koordiniertes Rechnungswesen der Exekutive war daher nicht erforderlich. Durch die Verlagerung der Haushaltsplanung und der Rechnungsprüfung in spezialisierte Zentralbehörden wurde langsam das Bewußtsein dafür wieder geweckt, welche Rolle diese Funktionen für eine gute Verwaltung spielen. Dieses Bewußtsein war durch die Monopolisierung dieser Funktionen durch den Kongreß im Laufe des 19. Jahrhunderts verloren gegangen. Nach einer anfänglichen Hypertrophie der Zentralbehörden folgte dem sich ausdehnenden Managementbewußtsein auch 45 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1953-1955), Task Force Report on Budget and Accounting, S. 77. 48 U.S. Secretary of the Treasury, Improvements S. 99 ff. über die entsprechenden Vorprüfstellen nach § 92 I RHO vgl. Wermbter-Bruns, S. 97; auch Rentz, Kassen- und Rechnungswesen, S. 405 ff. 47 Kohler, S. 212.
74
§
4. Das Finanzwesen
eine entsprechende institutionelle Durchgliederung der ganzen Verwaltung. Als "management tools" haben Haushaltsplanung und Rechnungswesen zu einer gemeinsamen Zielsetzung gefunden; an die Stelle des früher eher etwas mißtrauischen Nebeneinanderexistierens ist eine sinnvolle Ergänzung getreten. Die einstmals umstrittene Alternative, ob eine sparsame Regierung automatisch einen höheren Grad an Leistungsfähigkeit entwickeln werde und daher nur die Verbesserung der Rechnungskontrolle notwendig sei oder ob der Leistungsfähigkeit und damit den Budgetbefugnissen der Regierung der Vorzug gegeben werden müsse, weil diese sich aus eigenem Antrieb auf ein Minimum an Staatsausgaben beschränken werde48, ist heute obsolet. Die Staatsausgaben sind während der letzten Jahrzehnte unaufhaltsam gestiegen. Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich im politischen Bereich. Die Verwaltung muß daher beide Instrumente, Haushaltsplanung und Rechnungswesen, ansetzen, um die Ausgabenflut im Griff zu behalten. Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit gehen dabei Hand in Hand. Denn die Arbeit des Bureau of the Budget und des General Accounting Office führt nicht nur immer wieder zu beachtlichen Reduzierungen der Ausgabewünsche der kontrollierten Behörden, sondern Haushalts- und Rechnungswesen stellen heute in der amerikanischen Verwaltung Kommunikationssysteme von nicht-finanzieller Bedeutung dar, die der Verwaltungsspitze eine bessere Lenkung und Kontrolle gestatten. Sowohl das Performance Budget wie auch das neue Rechnungssystem haben es sich zum Ziel gesetzt, zuerst Informationen über die Arbeitsleistung jeder Verwaltungseinheit zu erbringen. Neben verbesserten Kontrollmöglichkeiten sollen sie eine Anregung zur Selbstkontrolle und gesteigerten Verantwortung werden. Das Finanzwesen zeigt so, wie die Verwaltung sich nicht mit dem großen Fortschritt des Budget and Accounting Acts von 1921 zufrieden gab, sondern beharrlich neue Methoden entwickelt, auch wenn deren Verwirklichung Jahre in Anspruch nimmt. Niemand würde heute noch wie James Bryce 1888 behaupten können: "America wastes millions annually. But her wealth ist so great, that she is not sensible to the loss. She has the glorious priviledge of youth, the priviledge of committing errors without suffering from their consequences49 . " Die Vereinigten Staaten von Amerika haben die Reform ihres Finanzwesens mit einer Verspätung von rund hundert Jahren im Vergleich zu Westeuropa in Angriff genommen. Heute haben sie Europa aber schon weit überrundet. 48
49
Vgl. Kart, Executive Reorganization and Reform in the New Deal, S. 149. Bryce, The American Commonwealth, zit. bei Burkhead, S. 11.
§ 5. Die Verwaltungsorganisation Organisation im weiten Sinne ist die Zusammenfassung von Personen und Sachmitteln zu einem Verband zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes. Eine gute Organisation hat das Ziel, diese Beziehungen so zu ordnen, daß sie zu einer möglichst geringen Reibung zwischen den Beteiligten führen und zugleich die größte Befriedigung derjenigen bewirken, denen der Verband dienen solP. In diesem weiten Sinne umfaßt Organisation auch die Gebiete des Personal- und Finanzwesens. Der Gegenstand dieses Paragraphen soll aber nur die Organisation in einem engeren Sinne sein, der formale Rahmen der behördlichen Institutionen, die durch Gesetz oder interne Verwaltungsmaßnahmen geschaffen wurden und innerhalb derer sich die Arbeitsbeziehungen der Beamten abspielen. 1. Die Entwicklung der Organisationsprinzipien
Die Organisationsprinzipien, die der Reform des Behördenaufbaus zugrunde lagen, nahmen ihren Ursprung nicht in der Verwaltung selbst. In Ermangelung eines Fachbeamtenturns konnte sich kein unpersönlicher und zeitloser Erfahrungsschatz bilden, der den Beamten zur Überprüfung ihrer eigenen Effizienz hätte dienen können. Da die Exekutive ihre leitenden Stellen immer wieder aus der Wirtschaft füllte, verwundert es nicht, daß sie einer Anpassung an die Prinzipien der Wirtschaftsorganisation sehr aufgeschlossen war. Die die Wirtschaft zu Beginn dieses Jahrhunderts beherrschenden Ideen des scientific management steigerten die Aufnahmebereitschaft der Verwaltung auch noch dadurch, daß sie sich als "wissenschaftlich" bezeichneten und sich daher als geeignetes Mittel zur Bekämpfung politischer Einflüsse anboten. Die Verfechter des scientific managementwaren der Ansicht, daß durch eine Funktionsanalyse der Verwaltung allgemeingültige Organisationsprinzipien gefunden werden könnten. Die Leistungsfähigkeit der Ver1 Vgl. Thieme, Verwaltungslehre, S. 84; Meyer, Verwaltungsorganisation, S. 38 ff., unterscheidet zwischen Organisation und Struktur. Organisation ist für ihn ein gegebenes System von Arbeitsteilung und Koordinierung einer Mehrheit von Personen, die eine bestimmte Aufgabe zu lösen versuchen. Den Begriff der Struktur faßt er enger als die statische Betrachtung des sozialen Prozesses der Unterordnung, der Befehlskette; vgl. weiter White, Introduction to the Study of Public Administration, S. 26.
76
§ 5. Die Verwaltungsorganisation
waltung müsse dadurch gesichert werden, daß diese Prinzipien nicht durch die zufällige Veranlagung einer Persönlichkeit verwirklicht würden, sondern indem sie in der formalen Organisation der Institutionen niedergelegt würden2 • Die Verpflichtung gegenüber solchen allgemeingültigen Organisationsprinzipien fand am deutlichsten im Bericht des President's Committee on Administrative Management seinen Niederschlag: "The foundations of effective management have emerged universally wherever men have worked tagether for some common purpose, whether through the state, the church, private associations or private enterprise. The canons of efficiency require the establishment of a responsible and effective chief executive as the center of energy3 , direction and administrative management, the systematic organization of all activities in the hand of a qualified personnel under the direction of a chief executive, and, to aid him in this, the establishment of appropriate managerial and staff agencies. There must also be provision for planning, a complete fiscal system and means for holding the executive accountable for his program'." Die Betonung des naturnotwendigen Charakters dieser Organisationsprinzipien erfolgte nicht ohne konkreten politischen Bezug. Präsident F. D. Roosevelt stieß bei der Durchführung seines Programmes des New Deal auf heftigen Widerstand im Kongreß wie auch im Volke. Die Forderung nach einer wirksamen Verwaltungsführung wurde.nicht nur um der Verwaltung selbst willen, sondern auch im Hinblick auf eine leichtere Durchsetzung seiner Politik erhoben. Die Hoover-Kommissionen akzeptierten hingegen angesichts des Widerstandes des Kongresses, daß sich im politischen Kräftefeld keine idealtypischen Verwaltungsformen durchsetzen lassen und beschränkten sich darauf, pragmatische Einzellösungen zu finden. 2. Die Stellung des Präsidenten Nachdem dem Präsidenten lange Zeit jede Weisungsbefugnis gegenüber der Verwaltung abgesprochen worden war5 , besann m.,an sich erst 2 Taylor, Die Grundzüge wissenschaftlicher Betriebsführung, S. 4. Die wissenschaftlich-technische Blickrichtung findet ihren typischen Niederschlag bei Gulick und Urwick, Papers on the Science of Administration, S. 49: "There are principles which should govern arrangements for human association of any kind. They can be studied as a technical question, irrespective of political or social theory underlying its creation." 3 Dieses Merkmal findet sich schon bei Hamilton, Federalist No. 70. 4 Report of the President's Committee on Administrative Management,
S.3. 5
Vgl. § 1, 2 a und § 2, 3.
2. Die Stellung des Präsidenten
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zu Beginn dieses Jahrhunderts wieder darauf, daß die Verwaltung einer zentralen Lenkung bedurfte. Der Kongreß war nicht länger in der Lage, diese Funktion selbst wahrzunehmen. Der Versuch, einen Entwurf des Haushaltsplanes durch die Exekutive vorzubereiten, ließ die Notwendigkeit einer koordinierenden und kontrollierenden Verwaltungsspitze deutlich werden. Dieser Koordinierungsfunktion wurde zunächst nur ein rein verwaltungstechnischer Inhalt gegeben, da in jener Zeit mit ihrer liberalen Wirtschaftspolitik der Haushalt noch nicht als Instrument für die Wirtschafts- und Finanzpolitik diente. Diese Lenkungsfunktion des Präsidenten gegenüber der Verwaltung wurde verfassungsrechtlich durch weite Auslegung aus Art. II Sec. 3 der amerikanischen Verfassung& abgeleitet. Es wurde argumentiert, die Pflicht des Präsidenten, dem Kongreß Vorschläge über die Verbesserung der Verwaltung zu machen, setze ein eigenes Kontrollund Informationsrecht als notwendig voraus. Aus seiner Verantwortung für die Ausführung der Gesetze stehe ihm die Macht über die hierzu erforderlichen Verwaltungsmittel zu7 • Diese Konzeption fand dann ihre sichtbare Bestätigung durch die Errichtung von Stabsbehörden, die dem Präsidenten die Leitung der Verwaltung erleichtern sollten. Denn angesichts der Größe der amerikanischen Verwaltung bedeutete die theoretische Anerkennung der Leitungsfunktion des Präsidenten allein nur sehr wenig, da jemand, der zugleich noch Regierungschef und oberster Befehlshaber der Streitkräfte ist, kaum viel Zeit aufbringen kann, um die Verwaltung selbst zu kontrollieren. Der Einfluß, der dem Präsidenten zunächst auf das Bureau of the Budget eingeräumt wurde, obwohl diese formal ein Teil des Departments of the Treasury war, stellte nur einen ersten Beginn dar, nachdem die Pläne für ein Bureau of Central Administrative Control gescheitert waren. Die Einrichtung des Executive Office im Jahre 1939 ermöglichte es dem Präsidenten dann, wirklich aktiv auf die Gestaltung der Verwaltung einzuwirken. Seither haben alle Präsidenten an der Fortentwicklung der Verwaltung regen Anteil genommen, wenn auch unter Präsident Eisenhower eine gewisse Zurückhaltung gegenüber jeder Zentralisierung in der Verwaltung wie auch in der Politik spürbar wurde. Eine straffe Lenkung der Verwaltung durch den Präsidenten kann heute aber allgemein als einer der Grundzüge der amerikanischen Verwaltung bezeichnet werden8 • 8 (The President) "shall from time to time give to the Congress information of the state of the union and recommend to their conseration such measures as he shall judge necessary and expedient . . . He shall take care that the ·laws be faithfully executed." 7 Corninission on Economy and Efftciency, 62nd Cong. 2nd sess. H. Doc.
854 S.l. 8 So Kaufmann, Ernerging confticts in the doctrine of public administration, APSR 50 (1956), S. 1057 ff.
78
§ 5. Die Verwaltungsorganisation
3. Die zentralen Verwaltungsbehörden Unter den zentralen Verwaltungsbehörden sind zwei Typen zu unterscheiden, einerseits jene im Executive Office zusammengefaßten Stabsbehörden', die ursprünglich keine eigene endgültige Entscheidung treffen konnten, sondern nur mit ihrem speziellen Sachverstand die erforderlichen Unterlagen für die Entscheidung des Präsidenten vorzubereiten und ihn hierbei zu beraten hatten. Zum anderen zählen jene Behörden darunter, denen ein alle Departments berührender Aufgabenhereich zentral zur Entscheidung übertragen worden ist.
a) Das Executive Office of the President Das Executive Office kam 1939 auf Vorschlag des President's Committee on Administrative Management zustande. Es sollte eigentlich alle jene Behörden zusammenfassen, die irgendwelche Kontrollfunktionen gegenüber den Departments hatten. Eine solche Zusammenfassung unter der direkten Leitung des Präsidenten wurde für erforderlich gehalten, um diese Behörden von einer nur korrigierenden Kontrolle zu einer aktiveren Lenkungstätigkeit überzuleiten. Die direkte Unterordnung unter den Präsidenten sollte ihnen das für diese Aufgabe erforderliche Prestige verleihen. Schließlich blieb aber das Bureau of the Budget die einzige Behörde, die von all jenen, die sich zentral mit Verwaltungsproblernen befaßten, in das Executive Office eingegliedert wurde10• Die daneben gegründeten Abteilungen des Executive Office haben alle politische Planungsaufgaben. Das Schwergewicht des Executive Office liegt daher in der Unterstützung der politischen Entscheidungen des Präsidenten. Der Einfluß des Bureau of the Budget auf die Führung der Verwaltung ist nichts desto weniger beträchtlich. Neben der Überprüfung der Haushaltsvoranschlägen der einzelnen Departments ist es zusätzlich die Aufgabe des Bureau of the Budget, die Organisation und Wirksamkeit der ganzen Verwaltung zu überprüfen und dem Präsidenten Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Diese Aufgabe war vor der Übernahme des Bureau of the Budget in das Executive Office erheblich vernachlässigt worden. 1939 wurde daher eine Unterabteilung gebildet, die nicht mit Haushaltsfragen belastet 9 Die Idee des Verwaltungsstabes wurde nach dem Vorbild des preußischen Generalstabes entwickelt, siehe Morstein Marx, Zum Ursprung des Stabsbegriffs in den Vereinigten Staaten, VerwArch. 55 (1964), S. 97 ff. 10 Es war zunächst hauptsächlich an das Rechnungswesen und an die Rechnungspriifung gedacht, worden, die aber 1921 im General Accounting Offtee verselbständigt wurden, vgl. 62nd Cong. 3rd sess. S. Doc.1113 S. 187 f. Später wurde die Eingliederung der Civil Service Commission in den Zentralstab erwogen, siehe Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 6. u Siehe oben § 4, 1.
3. Die zentralen Verwaltungsbehörden
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wurde und der die ständige Untersuchung und Reorganisation der Verwaltungsstruktur übertragen wurde. Ihr wurde besonders die richtige Einordnung neu zu schaffender Behörden in die Verwaltungshierarchie und die Abschaffung gegenstandslos gewordener Behörden übertragen. Sie hat wesentliche Beiträge bei der Verwirklichung der Vorschläge der Sachverständigenkommissionen für die Verwaltungsreform zu leisten gehabt. Die zentrale Eingliederung des Bureau of the Budget war schließlich auch deshalb notwendig, weil die Verantwortung für das Haushaltswesen sich als partielle Verantwortung für die gesamte Verwaltung auswirkt und diese Verantwortung nur von der Verwaltungsspitze getragen werden kann12• b) Die Civil Service Commission Das President's Committee on Administrative Management (1936) beabsichtigte, auch die Civil Service Commission in das Executive Office des Präsidenten einzugliedern13 • Es ging dabei von der Überlegung aus, daß auf diese Weise am besten die sich isolierende Tendenz der CSC überwunden und sie zu einer konstruktiven Personalbehörde entwickelt werden könnte. Aus einer traditionellen Abneigung gegen die Wahrnehmung von Exekutivaufgab~n durch Ausschüsse heraus versuchte das Committee weiter, der CSC eine monokratische Organisationsform zu geben und ihr nur für den Erlaß von Rechtsverordnungen einen ehrenamtlichen Ausschuß beizuordnen, der auch die Funktion einer Spruchkammer in Personalangelegenheiten übernehmen sollte. Der neu zu berufende Civil Service Administrator sollte darüber hinaus als persönlicher Berater des Präsidenten in Personalfragen dienen. Diese Pläne stießen auf den Widerstand der Civil Service Commission, die in der Exekutive den Promotor des zu bekämpfenden Spoils-Systems sah und durch ihre Eingliederung in das Executive Office des Präsidenten eine Unterminierung des Merit-Systems befürchtete14• Es wurde daher lediglich eine Verbindungsstelle zur CSC geschaffen, die dem Präsidenten die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Civil Service Act erleichtern sollte. Die erste Hoover-Kommission beschritt einen weniger radikalen Weg, um die inneren Strukturen der CSC zu verbessern, und hatte damit Erfolg. Durch den Reorganization Plan 1949 No. V wurde dem Vorsitzenden der Civil Service Commission die Verantwortung für die laufende Siehe oben § 4, 1 b und dort Anm. 10. Vgl. Anm. 10. 14 Vgl. McReynolds in: Brownlow, The Executive Office of the President, a Symposium, PAR 1 (1941), S. 122. 12
13
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§ 5. Die Verwaltungsorganisation
Verwaltungsarbeit übertragen und ihm zur Erledigung dieser Aufgabe ein Executive Direktor beigeordnet15. Er dient zugleich als Personalberater des Präsidenten und nimmt gelegentlich an Kabinettsitzungen teiP'. Durch diese Umgestaltung konnte die früher geschaffene Verbindungsstelle wieder aufgelöst werden. Hand in Hand mit dieser Umgestaltung ging die Dekonzentration der Personalverwaltung. Der Aufgabenbereich der CSC verlagerte sich dadurch immer mehr von den unmittelbaren Personalentscheidungen auf bloße Planung und Beratung. Ihre Aufgaben gleichen heute weitgehend denen einer Stabsbehörde. Durch ihre Umorganisierung wurde· ihre Isolierung überwunden und die Zusammenarbeit mit der Verwaltungsspitze intensiviert, auch wenn sie nicht formal dem Executive Office eingegliedert ist.
c) Die General Service Administration Die General Service Administration wurde 1949 auf Anregung der ersten Hoover-Kommission durch die Zusammenfassung der früheren, departmentalen Ämter für Beschaffung und Vermögensverwaltung eingerichtet17. Durch diese Zusammenfassung sollten die Möglichkeiten einer Mißwirtschaft, die bei einem staatlichen Vermögensbesitz von 27 Mrd. Dollar und jährlichen Käufen von 900 Mill. Dollar18 erhebliche Schäden hervorrufen könnte, verringert werden. Die General Service Administration veranlaßte aber keine völlige Zentralisierung der Beschaffung und Vermögensverwaltung, sondern sie erließ für die meisten Gebiete nur allgemeine Vorschriften, während die Durchführung der Aufgaben den Departments überlassen blieb. Besonders auf dem Gebiet der Beschaffung handelt die Behörde nur allgemeine Verträge aus, auf deren Grundlage die Departments dann selbst die Einkäufe vornehmen können. Für spezielle Bedürfnisse einzelner Behörden sind jedoch diese allein zuständig. Durch die Zusammenfassung des Beschaffungswesens ist die wirtschaftiche Bedeutung des Bundes als Käufer in das rechte Licht gesetzt worden und die Verhandlungsposition der Regierung bei Vertragsabschlüssen gestärkt worden. Die General Service Administration steht auch allen Behörden als Sachverstandsquelle für den Abschluß wirt15 U.S.Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1947-1949), The Hoover Conunission Report, S. 114, und Reorganization Plan 1949 No. V, 63 Stat. 1067. 18 VgL hierzu Parsons, The Personnel Function in Public Management, PAR 17 (1957), S. 150. 17 63 Stat. 379; 5 USC 630. Vgl. auch U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 76 ff. 18 a.a.O., S. 87.
4. Die Organisation der Departments
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schaftlieber Geschäfte zur Verfügung. Hierdurch soll ermöglicht werden, daß die Behörden nicht mehr aus reiner Routine auf das niedrigste Angebot zurückgreifen. Die erste Hoover-Kommission betonte in diesem Zusammenhang, daß solche Vorschriften in den bis dahin gültigen Beschaffungsgesetzen nur den Sinn gehabt hätten, den Staat vor Betrug zu schützen. Sie seien nicht an sich schon Ausdruck der Wirtschaftlichkeit18. Trotz dieser Zentralisierung ist die General Service Administration mit umfangreichen Delegationsbefugnissen ausgestattet, so daß sie nicht zu einem Nadelöhr für das Beschaffungswesen wird, das eine termingerechte Befriedigung der Wünsche der Departments verhindert. 4. Die Organisation der Departments Die Organisation der Departments stellt Probleme in zweifacher Hinsicht. Einerseits betreffen sie die innere Struktur der Departments, andererseits die Rolle der Departments im Gesamtaufbau der Verwaltung. a) Die innere Struktur der Departments Das Wachstum . der Departments wurde nicht von einer bewußten Aufgabengliederung geleitet, sondern häufig historischen Zufälligkeiten überlassen. Angesichts der verwirrenden Vielfalt der Aufgaben mußte sich die Commission on Economy and Efficiency darauf beschränken, erst einmal eine Bestandsaufnahme der bestehenden Abteilungen und Ämter zu erstellen20 , um hiermit eine Grundlage für weitere Kritik zu schaffen. Diese Bestandsaufnahme hatte zur Folge, daß sich die Departments zum ersten Male der Bedeutung ihrer eigenen Organisation bewußt wurden. Nur in Einzelfällen untersuchte die Kommission die Möglichkeit, Abteilungen einzelner Departments umzugliedern, so zum Beispiel regte sie die Zusammenlegung des Leuchtturmwesens und des Seenotrettungsdienstes an, da beide Aufgabengebiete nahe verwandt sind und die Abteilung für Seenotrettungsdienst überdies keinen fachlichen Bezug zu den anderen Aufgaben des Departments of the Treasury hatte21 • Die vorgeschlagene Zusammenlegung scheiterte jedoch am heftigen Widerstand des Departments of the Treasury22 und nach der schließlich 1939 vollzogenen Konsolidierung wurden beide Abteilungen diesem Department und nicht, was näher gelegen hätte, dem Department of 18 a.a.O., S. 97. 62nd Cong. 2nd sess. H. Doc. 458 S. 23 ff. 21 62nd Cong. 2nd sess. H. Doc. 670 S. 61 ff. 22 a.a.O., S. 397. Die Angelegenheit wird dort vom Department of the Treasury hauptsächlich als Prestigefrage behandelt. 20
6 Meister
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§ 5. Die Verwaltungsorganisation
Commerce unterstellt23 • Das President's Committee on Administrative Management entwarf einen Plan, der alle Staatsfunktionen in Gruppen aufteilte und für jede Gruppe ein funktional einheitliches Department vorsah. Der Plan enthielt nur abstrakte Definitionen der vorgesehenen Departments und überließ es dem Präsidenten, die bestehenden Abteilungen den entsprechenden Departments zuzuteilen. Dieser Plan führte sogleich zu einem Disput zwischen einigen Departments und rief den Widerspruch starker Interessengruppen hervor2 c. Nach der Verwerfung einer ersten Gesetzesvorlage wurden schließlich auf Grund des Reorganisationsgesetzes von 193925 zwar einige umstrittene Bureaus umgegliedert. Das aufgezeigte Ideal eines Departments mit möglichst homogenen Funktionen blieb jedoch fern jeder Verwirklichung. Die erste Hoover-Kommission griff dieses Ideal wieder auf und verlangte die Ausgliederung mehrerer Bureaus aus dem Department of the Treasury und den Austausch einiger Bureaus zwischen dem Department of Agriculture und dem Department of the Interior8 • Sie blieb jedoch ebenso erfolglos wie ihre Vorgängerin. Demgegenüber wurde in anderen Departments, aus denen keine Bureaus ausgegliedert werden mußten, eine bessere Abstimmung der Aufgaben dieser Bureaus untereinander erreicht27• Außerdem konnte die Kommission den inneren Zusammenhalt der Departments, die durch große Autonomiebestrebungen der Bureaus gefährdet worden waren, stärken. Die Einrichtung von Managementstäben auf der Departmentsebene ermöglichte nämlich eine erhöhte Einflußnahme auf die Bureaus. Da die Stabsbehörden des Präsidenten sich nur auf die Ausarbeitung genereller Leitinien beschränkten, blieb den Stäben der Departments die Anpassung an die besonderen Bedingungen der Behörde und die Kontrolle über die Ausführung im Detail überlassen. Um den Aufbau dieser Stäbe zu beschleunigen, wies die Kommission darauf hin, daß viele Departments weniger Managementpersonal beschäftigten als nur halb so große Industriebetriebe28 • Ein anderer Faktor der Integrierung war, daß der Secretary als Leiter des Departments wieder zum alleinigen Autoritätsträger in seiner Vgl. U.S. Govemment Organization Manual, S. 645. Näheres bei Polenberg, Reorganizing Roosevelt's Govemment, S. 100 ff. und 167 ff. 25 53 Stat. 813, 5 USC 133s. Zum Verfahren der Reorganisationspläne siehe §6 Anm.l3. 23
24
26 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Got•ernment (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 204 ff..
27 Vgl. 88th Cong. 1st sess. House of Representatives, Summary of the Objectives, Operations, and Results of the Commission on Organization of the Executive Branch of the Govemment, S. 31.
28 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 24ff.
4. Die Organisation der Departments
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Behörde gemacht wurde, nachdem die erste Hoover-Kommission die Praxis des Kongresses scharf kritisiert hatte, in Gesetzen die Bureaus direkt für die Durchführung gewisser Aufgaben verantwortlich zu machen, ohne daß sie dem Leiter des Departments dafür verantwortlich gewesen wären. Die zweite Hoover-Kommission richtete ihr Augenmerk speziell auf das Department of Defense, da dieses Department allein 60 Ofo der Steuereinnahmen des Bundes ausgibt. Auf Grund intensiver Organisationsstudien erreichte sie eine bessere Koordinierung der drei Zweige der Streitkräfte, die bis 1949 jeweils einem eigenen Department unterstellt gewesen waren, und organisierte darüber hinaus das Nachschubund Beschaffungswesen nach betriebswirtschaftliehen Grundsätzen29 •
b) Die Rolle der Departments im Gesamtaufbau de.r VerwaLtung Alle Probleme, die die Stellung der Departments im Gesamtaufbau der Verwaltung berühren, haben ihre Ursache darin, daß das amerikanische Verfassungssystem keine gemeinsame Kabinettsverantwortung kennt, sondern daß auch die Secretaries verfassungsrechtlich einfache Untergebene des Präsidenten sind. Diese Ordnung ließ es zu, daß immer wieder Behörden für spezielle Aufgaben eingerichtet wurden, die nicht in den Aufbau der Departments eingegliedert wurden, sondern neben ihnen standen und der direkten Aufsicht durch den Präsidenten unterlagen. Eine Aufstellung des President's Committee on Administrative Management nach dem schwunghaften Wachstum der Verwaltung während des New Deal enthielt neben den zehn Departments und zwölf Independent Regulatory Commissions noch ca. 80 weitere Verwaltungsbehörden oder fiskalische Betriebe, die direkt der Aufsicht des Präsidenten unterstanden 30 • Diese Zahlen sind bestritten worden3 \ da sie auch einige Koordinierungsausschüsse verschiedener Departments mit erfaßten. Immerhin führt die Civil Service Commission in ihren Personalberichten 60 Behörden mit eigenem Personal auf, und selbst diese Zahl von Behörden überansprucht die Aufsichtsfähigkeit einer einzelnen Person. Meriam hat versucht, die Bedeutung dieses Umstandes dadurch zu entkräften, daß die außerhalb der Departments stehenden Behörden nicht recht ins 29 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Government (1953-1955), Business Organization of the Department of Defense,
passim. 30 Report of the President's Committee on Administrative Management,
s. 32. 31
Meriam
s. 27 f. a•
und Schmeckebier, Reorganization of the National Government,
84
§ 5. Die Verwaltungsorganisation
Gewicht fielen, weil die Departments zusammen 81,8 Ofo der Bundesbediensteten beschäftigten32 • Es wäre aber sicher verfehlt, nach dieser Rechnung der Post einen Bedeutungsindex von 34 Ofo zuzumessen, der für die Wirtschaftsregulierung wichtigen Interstate Commerce Commission jedoch nur 0,27 Ofo. Gerade im Bereich der Verwaltungsspitze stehen die Probleme der Fachaufsicht nicht in unmittelbarer Beziehung mit der Zahl der Beschäftigten einer Behörde, sondern sie ergeben sich in viel größerem Maße aus der Art der wahrgenommenen Aufgaben. Um eine wirksame Leitung und Kontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, setzte sich das President's Committee on Administrative Management das Ziel, die Zahl der dem Präsidenten berichtenden Behörden in einen übersehbaren Rahmen zu bringen. Es berücksichtigte dabei, daß die kontrollierte Zahl der unmittelbaren Untergebenen mit der Intensität der Einflußnahme variiert und daß die Meßzahlen, die allgemein auf die militärische Führung (drei Untergebene) oder wirtschafliche Leitungsposten (sechs Untergebene) angewandt werden, nicht den Verhältnissen der Verwaltung entsprechen. Es hielt jedoch die Aufsicht über zwölf Behörden für das Maximum, wenn die Verwaltung nicht an Effizienz verlieren solle33 • Darum versuchte es, alle außerhalb der Departments bestehenden Verwaltungsbehörden, Independent Regulatory Commissions, Finanzierungsanstalten und Staatsbetriebe der Aufsicht eines der Departments zu unterstellen. Da nicht alle diese Einheiten in einem funktionalen Zusammenhang mit einem der bestehenden Departments standen, wurde außerdem die Gründung je eines Departments für öffentliche Arbeiten und für Wohlfahrt vorgesehen. Zugunsten dieser Zusammenfassung in großen Verwaltungseinheiten konnte noch ins Feld geführt werden, daß nach den bisherigen Erfahrungen die Koordination der einzelnen Abteilungen besser in den großen als in den kleinen Departments gelungen sei". Die Vorschläge führten zwar zur Eingliederung einer Anzahl kleinerer Subventionsanstalten in fachbezogenen Departments und zur Zusammenfassung von einigen selbständigen Behörden mit sozialen Aufgaben. Eine völlige Bereinigung des Verwaltungsaufbaus blieb jedoch 32 a.a.O., S. 34 ff. Um die Argumente dieses Buches richtig zu werten, muß darauf hingewiesen werden, daß es 1939 vom Brookings-Institut veröffentlicht wurde. Dieses Institut leistete aber Gutachtertätigkeit für das ByrdCommittee des Kongresses, das mit dem President's Committee on Administrative Management konkurrierte, vgl dazu § 6. 33 Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 34. Zum gleichen Ergebnis kam auch der Haldane Report für das britische Kabinett, vgl. Hobbs, Executive Reorganization in the National Government,
S.96. 34 MacMahon in seiner Studie zum Report of the President's Committee
on Administrative Management, S. 262.
5. Die Independent Regulatory Commission
85
in weiter Ferne. Das Reorganisationsgesetz von 1939, das die Regierung zu diesen Reorganisationsmaßnahmen ermächtigte, nahm vielmehr die Indepentent Regulatory Commission ausdrücklich von dieser Ermächtigung aus. Die erste Hoover-Kommission versuchte erneut, die Aufsichtsfülle des Präsidenten zu verringern und besonders zur einheitlichen Sacherledigung einige wichtige Finanzierungsanstalten wie die Reconstruction Finance Corporation in das Department of the Treasury einzugliedern35. Sie blieb jedoch ebenfalls erfolglos. 1966 bestanden neben den Departments noch 32 weitere Behörden, Anstalten, Kommissionen und Betriebe, die der direkten Aufsicht des Präsidenten unterliegen36. Schon rein zahlenmäßig ist also die Situation nicht mehr so dramatisch wie zur Zeit des Präsidenten Roosevelt. Hinzu kommt, daß die persönlichen Stäbe des Präsidenten ihn bei der Aufsicht dieser Behörden unterstützen37• Eine einheitliche Koordinierung und Kontrolle all dieser Behörden durch Departments scheint daher heute nicht mehr so vordringlich zu sein. 5. Die Independent Regulatory Commission
Dieser Organisationstyp, der 1887 seinen Anfang mit der Interstate Commerce Commission nahm38, dient der Wirtschaftslenkung in vierfaeher Weise: Durch Verordnungen geben die Kommissionen den Generalklauseln der Wirtschaftsgesetze einen konkreteren Inhalt und versetzten dadurch die Wirtschaft in die Lage, bestandsfähige Dispositionen zu treffen. Sie entscheiden als Spruchkammern über die Einhaltung dieser Verordnungen, allerdings nicht in einem förmlichen Verfahren, vielmehr ist der anschließende Weg zu den ordentlichen Gerichten offen. Im Falle eines Gesetzesverstoßes obliegt ihnen die Beseitigung des gesetzwidrigen Zustandes. Schließlich erledigen die Kommissionen noch ein erhebliches Maß an normaler Verwaltungsarbeit wie die Sammlung von Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung oder die Erteilung von Genehmigungen. Wegen dieses letzten Auf36 U .S. Commission on Organization of the Ex ecutive Branch of the Government (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 4 und 207. 36 U .S. Government Organization Manual, S. 594. 37 Dimock, The Objectives of Governmental Reorganization, PAR 11 (1951), S. 238, hält dies jedoch für einen Irrweg und spricht sich für eine Institutio-
nalisierung des Kabinetts als Koordinationskörper aus. In gleiche Richtung zielen wohl auch die Ausführungen von Coy bei Morstein Marx, Federal Executive Reorganization re-examined: A Symposium, APSR 40 (1946), S. 1131, die größere Koordination der Zweige der Verwaltung müsse in einer vollendeten, strukturellen Integration münden. as Siehe oben § 2, 3.
§ 5. Die Verwaltungsorganisation
86
gabensektors, der von Kommission zu Kommission verschieden groß ist, werden diese Behörden generell als der Verwaltung zugehörig empfunden3'. Von der allgemeinen Verwaltung unterscheiden sich die Kommissionen organisatorisch durch ihre Unabhängigkeit und durch die Kommissionsverfassung. Die meisten Kommissionen sind parteiparitätisch zu besetzen, so daß die politische Linie der Kommissionen oft von der des Präsidenten abweicht. Eine Weisungsbefugnis des Präsidenten besteht nicht. Die Entlassung der Kommissionsmitglieder ist in einigen bedeutenden Kommissionen laut Statut auf disziplinarische Fälle begrenzt. Präsident Roosevelt versuchte zwar, durch Entlassungen von Kommissionsmitgliedern die Kommissionen auf seine politische Linie zu verpflichten, scheiterte aber an diesen Vorschriften der Statuten40 • Das President's Committee on Administrative Management war bestrebt, zur Bereinigung des Verwaltungsaufbaus die Kommissionen mit halbautonomem Status in fachbezogene Departments einzugliedern. Nach seiner Vorstellung sollten dabei die Verwaltungsaufgaben von einem Administrator wahrgenommen werden, der der vollen Weisungsbefugnis durch den Secretary unterstehen sollte, während die quasilegislativen und die quasi-judikativen Aufgaben einem weisungsungebundenen Ausschuß überlassen bleiben sollten41 • Es führte ins Feld, daß die Kommissionen einen kopflosen vierten Zweig im System der Gewaltenteilung darstellten, der von der Verfassung nicht vorgesehen sei. Die Kommissionen übten Gewalt aus, ohne hierfür dem Präsidenten oder dem Kongreß und damit letztlich dem Volke verantwortlich zu sein. Es konnte weiter darauf hinweisen, daß die Errichtung der Kommissionen nicht das Ergebnis einer zusammenhängenden Politik war, sondern einer schrittweisen Gesetzgebung, die von Fall zu Fall auch einige wirtschaftsregulierende Maßnahmen verschiedenen Departments übertragen hatte42 • Der Kongreß, der in den Independent Regulatory Commissions eine wirksame Begrenzung der Macht der Exekutive sah, widersetzte sich jeder verstärkten Einflußnahme des Präsidenten auf die Kommissionen und nahm sie ausdrücklich von allen Reorganisationsmaßnahmen aus, konnte sie allerdings der haushaltsrechtlichen Aufsicht durch das ag '0 41
Vgl. auch § 1 Anm. 19. Humphrey's Ex. v. U.S., 295 US 602 (1935). Report of the President's Committee on Administrative Management,
s. 41.
42 a.a.O., S. 40 ff. Cushman führt in einer Studie zu dem Report, a.a.O., S. 210, aus, daß die ersten Kommissionen lediglich als sachkundige Untersuchungsausschüsse für den Kongreß gedacht gewesen waren, daß sie aber unter dem Druck der Umstände bald auch andere Aufgaben übernahmen.
5. Die Independent Regulatory Commission
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Bureau of the Budget nicht entziehen43 • Die Haltung des Kongresses erklärt sich nicht zuletzt dadurch, daß diese spezialisierten Kommissionen dem Druck mächtiger Interessengruppen besonders ausgesetzt sind und daß Unabhängigkeit und Kommissionsverfassung einen besseren Schutz gegen solchen Druck gewähren, als es bei normalen Behörden der Fall ist. Auch haben die Kommissionen mit einer statutsmäßig festgelegten langen Amtszeit ihrer Mitglieder den Vorzug einer größeren Arbeitskontinuität als die allgemeinen Verwaltungsbehörden mit ihrer hohen Fluktuation in den leitenden Posten.44• Das President's Committee on Administrative Management hatte sich für eine Aufteilung der Aufgaben zwischen einem Administrator und einem Ausschuß eingesetzt, da es grundsätzliche Bedenken gegen die Wirksamkeit von Kommissionen bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben hegte45 • Es versuchte deshalb, die Aufgaben der Ausschüsse auf Beratung, Beteiligung widerstreitender Interessen an der Verwaltung und auf quasi-judikative Tätigkeiten zu beschränken. Die erste Hoover-Kommission stellte in ihren Untersuchungen fest, daß die früher vorgetragenen Befürchtungen, der Entscheidungsprozeß in den Kommissionen sei zu langsam und erschwere die Zusammenarbeit mit anderen Behörden, vollauf bestätigt wurden. Ohne die Unabhängigkeit der Independent Regulatory Commissions anzutasten, bemühte sich die erste Hovver-Kommission doch, durch eine Umgestaltung der Kommissionsverfassung eine verbesserte Wahrnehmung der reinen Verwaltungsaufgaben zu ermöglichen. Sie empfahl, allein den Vorsitzenden der Kommission für die Planung und Durchführung der Verwaltungsaufgaben verantwortlich zu machen und ihm auch die Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu übertragen. Zur Unterstützung in diesem Aufgabenbereich solle ihm ein Executive Director beigeordnet werden48• Die erste Hoover-Kommission setzte sich sogar in gewissem Umfang für eine Stärkung der Unabhängigkeit der Independent Regulatory 53 Stat. 565, 31 USC 2. u Vgl. Pritchett bei Aikin u. a., The Hoover Commission, a Symposium, APSR 43 (1949), S. 982; White, Introduction, S. 117. 45 Ähnliche Bedenken waren bereits bei der Civil Service Commission angeklungen, s. oben § 5, 3 b. über das Kollegialprinzip ausführlich BischofsbergeT, Durchsetzung und Fortbildung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse in der öffentlichen Verwaltung, S. 54 ff. Zur Stellung der Ausschüsse in der deutschen Verwaltung vgl. Rasch, Die staatliche Verwaltungsorganisation, S. 39 u. 47 ff. -Bei den Debatten um die Kommissionsverfassung wirkt die schlechte Erfahrung mit der vorkonstitutionellen Ausschußverwaltung fort; siehe dazu § 2, 3, insbesondere die Diskussion um die Gründung des Departments of the Treasury; vgl. auch Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S. 1037, White, Introduction, S. 189 ff. 43
46 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Govemment (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 431 ff.
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§ 5. Die Verwaltungsorganisation
Commissions ein, indem sie die parteiparitätische Besetzung für alle Kommissionen forderte und die Entlassungsbefugnis se des Präsidenten auch dort begrenzen wollte, wo solche noch bestanden. Allerdings ging sie bei diesen Vorschlägen davon aus, daß nur derartige Aufgaben den Kommissionen belassen bleiben sollten, die von der Sache her eine wirkliche Unabhängigkeit erfordern. Für die Aufgaben, die diese Voraussetzung nicht erfüllen, wie etwa der Planung der Elektrizitätsversorgung oder der Abteilung für Verkehrssicherheit, sah sie die Übertragung in ein entsprechendes Department vor. Durch die Reorganisationsplän e von 1950 wurde die Stellung der Vorsitzenden, den Vorschlägen der ersten Hoover-Kommission folgend, gestärkt47 • In den meisten Fällen bestimmt der Präsident den Vorsitzenden, nur bei der Interstate Commerce Commission wird dieser von der Kommission gewählt48 • Die internen Strukturprobleme der Independent Regulatory Commissions, die sich aus der Kollegialverwaltung ergaben, dürften durch die Machtkonzentration in der Person des Ausschußvorsitzende n zum größten Teil behoben worden sein. Auch in jenen Bereichen, für die keine besondere Zuständigkeit des Vorsitzenden besteht, ist die Tendenz deutlich bemerkbar, einzelne Aufgaben an bestimmte Ausschußmitglieder oder Stäbe der Kommission zu delegieren und nicht die Kommission als Ganze damit zu befassen49• Wegen der prinzipiellen Anerkennung des Organisationstyps der Independent Regulatory Commissions hat sich der Kongreß der Notwendigkeit enthoben gesehen, zu überprüfen, ob die jeweiligen Aufgaben nicht zweckmäßigerweise von einer normalen Verwaltungsbehörde wahrgenommen werden sollten. Die wissenschaftliche Diskussion hierüber ist zum Erliegen gekommen. Es ist unverkennbar, daß eine Reihe von Verwaltungsaufgabe n sich weiterhin im Bereich der Independent Regulatory Commissions behaupten können, weil sie nicht nur von der Unabhängigkeit, sondern gerade von der Stabilität dieser Behörden profitieren. Solange die hohe Fluktuation in der Leitung der allgemeinen oberen Verwaltungsbehörde n fortdauert, ist eine Voraussetzung für eine sinnvolle Integration der Independent Regulatory Commissions in die allgemeine Verwaltung nicht gegeben. Reorganization Plans 1950 No. 8-10, 13; 64 Stat. 1264-66. Siehe U.S. Government Organization Manual, S. 455. Eine Arbeitsgruppe hatte der Hoover-Kommission empfohlen, daß alle Kommissionsvorsitzenden vom Präsidenten ernannt werden sollten. Obwohl diese Empfehlung von der Kommission verworfen worden war, fand dieser Gedanke Eingang in die Reorganisationspläne; vgl. hierzu auch Pritchett, bei Aikin, The Hoover Commission, a Symposium, APSR 43 (1949), S. 985. 49 Vgl. U.S. Government Organization Manual, zum Civil Aeronautics Board dort S. 384, zur Interstate Commerce Commission S. 455 und zur Security and Exchange Commission S. 480. 41
48
6. Die Government Corporations
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Die Gefahr einer völligen Isolierung der Kommissionen von der allgemeinen Verwaltung ist begrenzt, da der Präsident seinen Einfluß bei der Ernennung der Kommissionsm itglieder und besonders bei der Bestimmung des Kommissionsvo rsitzenden geltend machen kann. In Einzelfällen erscheint allerdings eine bessere Anpassung an die allgemeine Politik wünschenswert50• Eine Verwerfung des Organisationstyps der Independent Regulatory Commissions in seiner heutigen Form ist deshalb aber nicht gerechtfertigt. Die prinzipielle Feststellung, daß nur durch Subordination und Aufgabe des Kollegialitätspr inzips eine effektivere Integration in der Ausübung der Machtbefugniss e, klarere Verantwortlichk eit, sofortiges Handeln und größere Wirtschaftlichk eit in der Organisation sichergestellt werden könnten51 , ließe die Nachteile des allgemeinen Verwaltungssys tems in Amerika für die besonderen Aufgaben der Wirtschaftsregu lierung außer acht52• 6. Die Government Corporations Die Abkehr von der liberalen Wirtschaftspoli tik hat den Staat nicht nur zu prohibitiven, sondern zugleich zu aktiven Mitteln der Wirtschaftsregulieru ng greifen lassen. Auch als Produzent und Konkurrent und durch die Erteilung von Subventionen nimmt der Staat Einfluß auf das Marktgeschehen. Besonders in Krisenzeiten hat der amerikanische Staat umfangreiche Funktionen als Produzent übernommen, denen gegenüber sich aber sofort traditionelle liberale Tendenzen bemerkbar machten, sobald diese Tätigkeiten an Dringlichkeit verloren. Es lag nahe, die von der Wirtschaft erfolgreich erprobte Form der Corporation (Aktiengesellsch aft), die während des Endes des 19. Jahrhunderts dem "Big Business" zu einem raschen Aufschwung verholfen hatte, auch für die staatliche Wirtschaftsbetä tigung heranzuziehen. Diese Form mußte jedoch stufenweise den staatlichen Zwecken angepaßt werden, da die Government Corporation, wie sie alsbald genannt wurde, nicht die gleichen Ziele wie eine private Gesellschaft, d. h. maximale Gewinnerzielun g verfolgt, sondern gerade bei Infrastrukturm aßnahmen keinen unmittelbaren Gewinn erwartet. Außerdem fehlten bei ihr eine Reihe von Gründen, die in der Privatwirtschaf t zur Ausgestaltung dieser spezifischen Gesellschaftsfor m geführt hatten, etwa die Be50 White, Introduction, S. 122; Pritchett, bei Aikin, The Hoover Commission, a Symposium, APSR 43 (1949), S. 983. 51 Doyle, Independent Commissions in the Federal Government, S. 44. 52 Bemerkenswert ist, daß sich der Präsident des Bundeskartellam tes für eine Annäherung an das Modell der unabhängigen Federal Trade Commission aussprach, um politische Einflußnahmen durch die Regierung auszuschalten; siehe die Wochenzeitschrift "Die Zeit" vom 10. 3. 1967, Nr. 16, S. 14.
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§
5. Die Verwaltungsorganisation
schränkung der Haftung der Kapitalgeber auf die Gesellschaftseinlage und die gemeinsame Kapitalaufbringung durch eine Mehrzahl von Einzelpersonen53• Abgesehen von der kurzfristigen, umstrittenen Existenz der 1791 gegründeten U.S.-Bank hatte der amerikanische Staat bis zu Beginn dieses Jahrhunderts keine Erfahrung mit staatseigenen Wirtschaftsbetrieben. 1904 erwarb er erstmalig mit der Vermögensübernahme der vordem französischen Kanalbaufirma in Panama den vollen Aktienbesitz der Panama Railroad Company. Auf dieses Vorbild wurde während des ersten Weltkrieges zurückgegriffen, um weitere Corporations im Staatsbesitz zu gründen, deren Funktionen hauptsächlich mit der Rüstung und Versorgung zusammenhingen und die deshalb nach dem Kriege wieder aufgelöst wurden. Nur die Federal Lands Bank überlebte den Krieg. Der Aufgabenbereich dieser Government Corporations unterlag keiner gesetzlichen Fixierung. In der Gestaltung ihrer Verwaltung und ihrer finanziellen Situation waren sie autonom. Wegen ihrer Leistungsfunktionen wurden sie nicht als integrierender Teil der Exekutive verstanden und unterlagen daher auch nicht der Organisationsgewalt des Kongresses. Sie konnten über das ihnen übertragene Grundkapital frei verfügen, die laufenden Ausgaben durch die Einnahmen aus ihren Erzeugnissen oder Dienstleistungen decken und erforderliche Investitionen durch Kreditaufnahme finanzieren 5'. Angesichts der Finanzautonomie fand auch keine Haushaltskontrolle statt. Der Einfluß der Regierung auf die Leitung der Geschäfte erfolgte über den Aufsichtsrat, der z. B. bei der Panama Railroad Company durch das beaufsichtigende War Department bestellt wurde55• Während bis zur Weltwirtschaftskrise nur zwei Government Corporations, 1922 die Inland Waterways Corporation zur Fortführung eines aus dem ersten Weltkriege herrührenden Lastentransportes auf dem Mississippi und 1928 die Reconstruction Finance Corporation gegründet wurden, bediente sich die Politik des New Deal dieser Organisationsform in schnell wachsendem Ausmaße. Allerdings änderte sich auch der Aufgabenbereich der Government Corporations, denen zusätzlich zu reinen Wirtschaftsaufgaben eine Reihe damit verbundener nach kontinental-europäischen Begriffen "hoheitlicher" Verwaltungsaufgaben übertragen wurden. Deutlich zeigt sich dies bei dem größten, auch heute noch fortbestehenden Unternehmen dieser Epoche, der 1933 gegründeten 113 Seidman, The Theory of the Autonomous Government Corporation, PAR 12 (1952), s. 89. 114 Vgl. Wilmerding, The Spending Power, S. l59.
55 Der Secretary of War war ex offtcio Mitglied des Aufsichtsrates und hatte die anderen Mitglieder zu bestellen, vgl. Pritchett, The Tennessee Valley Authority, S. 223.
6. Die Government Corporations
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Tennessee Valley Authority, die nicht nur ein bedeutender Kunstdünger- und Stromproduzent ist, sondern sich wesentlich auch auf den Gebieten der Flußregulierung, der Regionalplanung und des Erosionsschutzes betätigt, um nur einige ihrer "nicht gewinnbringenden" Aufgabenhereiche aufzuzählen. Durch diese Übertragung "hoheitlicher" Aufgaben auf die Government Corporations wurde ihre eigentliche Grundlage finanzieller Autonomie hinfällig. Viele Government Corporations bedurften eines ständigen Zuschusses aus dem Haushalt zur Abdeckung der laufenden Ausgaben. Die Tennessee Valley Authority wurde sogar ohne jegliches Grundkapital gegründet. Die umfangreichen Mittel, die sie für die Durchführung ihrer Vorhaben wie Staudammbauten und ähnlichem benötigte, sollte sie sich durch den Verkauf von Obligationen beschaffen, die später aus den Gewinnen der Stromerzeugung zurückgezahlt werden sollten58• Durch diese Obligationen, die schließlich nicht am freien Markt angeboten wurden, sondern vom Department of the Treasury und der Reconstruction Finance Corporation übernommen wurden57, konnte die Tennessee Valley Authority ihren jeweiligen Bedürfnissen entsprechend neue öffentliche Mittel erhalten, wenn auch auf einem verschleierten Wege. Präsident F. D. Roosevelt nahm bewußt Zuflucht zu handelsgesellschaftliehen Organisationsformen , um seine wohlfahrtsstaatliehe n Aufgaben zu verwirklichen. Er versuchte auf diesem Wege, den Widerstand gegen seine Politik, auf den er im Kongreß traf, zu umgehen. Da die Government Corporations zunächst nicht als staatliche Organisationen betrachtet wurden, bedurfte es zu ihrer Gründung keines Aktes des Kongresses, wenn auch vereinzelt ihre Gründung auf Maßnahmen des Kongresses zurückging58• Darüber hinaus hatten sie den besonderen Vorzug, wegen ihrer Finanzautonomie nicht der Kontrolle durch das General Accounting Office zu unterliegen, das als verlängerter Arm des Kongresses galt. Nachdem das President's Committee on Administrative Management die mehr theoretische denn faktische Autonomie der Government Corporations aufdeckte59, begann ihre Annäherung an die formale Stellung der Verwaltungsbehörde n. 1936 wurden sie verpflichtet, ihre laufenden Verwaltungsausgabe n über den Staatshaushalt zu decken und sich insoweit der Überprüfung durch das Bureau of the Budget zu unterwerfen. Später wurde auch ihr Personal 58
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Pritchett, a.a.O., S. 231. Pritchett, The Paradox of the Govemment Corporation, PAR 1 (1941),
s. 383.
58 So wurde das Statut der Tennessee Valley Authority durch den Kongreß verabschiedet. 59 Report of the President's Committee on Administrative Management,
s. 45.
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§ 5. Die Verwaltungsorganisation
der Aufsicht durch die Civil Service Commission unterstellt, mit der einzigen Ausnahme der Tennessee Valley Authority, die statutsgemäß ihr eigenes Merit-System entwickelt hatte60 • Durch diese Maßnahmen sollten die Besonderheiten der Government Corporations keineswegs stufenweise abgeschafft werden, sondern die Verlagerung des Aufgabenbereichs über die rein wirtschaftliche Betätigung hinaus machte gewisse Kontrollformen erforderlich, um die Arbeit der Government Corporations in ständiger Harmonie mit den staatlichen Interessen zu halten. Als Kern ihres Wesens galten größere Handlungsfreiheit, Flexibilität in der Wahl der Aufgaben und Mittel und ihre "business efficiency" auch dem President's Committee on Administrative Management als förderungswürdiges Positivum81 • 1945 wurden den Government Corporations durch den Government Corporations Control Act82 jedoch neue Restriktionen auferlegt. Nicht nur die Verwendung von Etatmitteln für die Verwaltungskosten, sondern auch die Wiederinvestierung von Gewinnen sowie die Aufnahme von Anleihen mußte dem Bureau of the Budget in einem bilanzähnlichen Haushaltsplan nachgewiesen werden83 • Die Ausgabe von Obligationen oder die bislang übliche Gewinnanlage durch den Kauf von Obligationen wurde von der Zustimmung des Secretary of the Treasury abhängig gemacht. Dieser erhielt auch das Recht, regelmäßige Auskünfte über erforderliche Kapitalerhöhungen oder eventuelle Kapitalrückzahlungen zu verlangen. Die Prüfung der Corporations durch private Wirtschaftsprüfer wurde eingestellt und diese Aufgabe einer Sonderabteilung des General Accounting Office übertragen, die sich jedoch mit Rücksicht auf den besonderen Charakter der Government Corporations weitgehend der Methoden der Wirtschaftsprüfung bedienen mußte84 • Die Corporations wurden verpflichtet, Guthaben über 50 000,- Dollar bei dem Department of the Treasury und nicht mehr bei privaten Banken einzulagern und alle Geschäfte über 100 000,Dollar ausschließlich nur mit besonderer Genehmigung des Secretary of the Treasury vorzunehmen. Noch in einer anderen Hinsicht erfolgte eine Einschränkung der Unabhängigkeit der Government Corporations. Die Regierung des New Deal hatte zu häufig zu der Organisationsform der Government Corporation Zuflucht gesucht. Neben ca. 14 000 Federal Business Corporations, 80 Vgl. dazu Pritchett. The Government Corporation Control Act of 1945, APSR 40 (1946), S. 498; Dimock, Government Corporations: A Focus of Policy and Administration, APSR 43 (1949), S. 1158. 61 So der Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 43. 61 59 Stat. 597, 31 USC 841. es Siehe oben § 4, 1 c. 64 Siehe oben § 4, 3 b.
6. Die Government Corporations
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zumeist Banken oder Kreditinstitute mit privater Beteiligung85 zur Vergabe von Subventionen, zählte das President's Committee on Administrative Management am 1. 10. 1936 90 Government Corporations in ausschließlichem Staatsbesitz66 • Während anfänglich immer der Secretary des beaufsichtigenden Departments dem Direktorium der Government Corporation angehört hatte, wurde diese Praxis während des New Deal nicht in allen Fällen fortgesetzt. Einige Government Corporations unterstanden so der direkten Aufsicht des Präsidenten und machten ihn zum Schiedsrichter, wenn es im Aufsichtsrat zu Meinungsverschiedenheiten kam67 • Mit einer wachsenden Zahl von Corporations wurde der Präsident jedoch vor eine nicht zu bewältigende Aufgabe gestellt. Um eine intensivere Aufsicht und bessere Koordinierung mit der allgemeinen Politik zu ermöglichen, schlug das President's Committee on Administrative Management vor, alle Corporations wieder der Aufsicht durch ein funktionsentsprechendes Department zu unterstellen68 • Dieser Vorschlag wurde im wesentlichen durch die Reorganisationspläne von 1939 verwirklicht. Nur einzelne wichtige Government Corporations unterliegen weiterhin der direkten Kontrolle durch den Präsidenten. Durch die Government Corporation Control Act wurden alle Corporations der ausschließlichen Organisationsgewalt des Kongresses unterworfen. Die Gefahr einer unkontrollierten Verlagerung von Verwaltungsaufgaben auf Government Corporations ist dadurch unterbunden worden. Wegen der gesteigerten Kontrolle der allgemeinen Verwaltung über die Government Corporations, die im Jahre 1945 in dem Erlaß des Government Corporation Control Act kulminierte, hält Pritchett das es Die Zuteilung von Subventionen wurde häufig davon abhängig gemacht, daß die Bewerber Aktienanteile der Kreditinstitute erwarben. Hierdurch gingen diese fortschreitend in Privateigentum über. Sie unterlagen der Aufsicht von fachbezogenen Departments. 18 Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 44. Pritchett, The Government Corporation Control Act of 1945, APSR 40 (1946), S. 495, zählte für 1945 ca. 115 Government Corporations mit über 20 Mrd. Dollar Vermögen. Der Government Corporation Control Act nach dem Stande von 1966 (31 USC 846) zählt namentlich 42 Unternehmen auf, schließt aber auch eine unbezifferte Zahl von Regional Agricultural Credit Corporations ein. 67 Vgl. Pritchett, Tennessee Valley Authority, S. 185. Die Abhängigkeit von dem Präsidenten ergab sich aus seiner Personalhoheit. Vgl. auch Morgan v. TVA, 298 US 468 (1938). Morgan war leitender Direktor der Tennessee Valley Authority und wurde von Präsident Roosevelt entlassen, weil er nicht mit der Politik der Regierung konform ging, sondern sich mehr von den Vorstellungen des Kongresses leiten ließ. 68 Report of the President's Committee on Administrative Management, S. 46. Wie auch durch die Eingliederung der Independent Regulatory Commissions sollten die Departments wieder zur Grundeinheit des Verwaltungsaufbaus gemacht werden.
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§ 5. Die Verwaltungsorganisat ion
Experiment autonomer Government Corporations für gescheitert89 • Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß die Government Corporations ursprünglich nicht für die Erledigung von öffentlichen Aufgaben konzipiert worden waren. Daß vor allem seit dem New Deal auch solche Aufgaben schließlich den Government Corporations übertragen wurden, lag weitgehend nicht so sehr daran, daß diese Organisationsform hierfür spezifisch geeignet erschien, sondern daran, daß so dem Einfluß des Kongresses Schranken gesetzt waren. Die Unabhängigkeit von der Exekutive, die sich im Laufe der Entwicklung herausstellte, war nur in den wenigsten Fällen beabsichtigt. Je mehr die Wirtschaftsmacht der Government Corporations anwuchs, desto größer mußte das Interesse des Präsidenten werden, ihr Geschäftsgebahren in Harmonie mit seiner Wirtschaftspolitik zu halten. Die Autonomie hätte sich leicht zur Isolierung entwickeln können, die auch für die Government Corporations schädlich gewesen wäre, da sie bei einer Durchführung ihrer Programme weitgehend auf eine Zusammenarbeit mit den anderen Verwaltungsbehörde n angewiesen sind70 • Die Einengung der finanziellen Beweglichkeit mag zwar besonders für die Wahrnehmung von wirtschaftlichen Aufgaben von großem Nachteil sein, doch muß sie notwendig aus der Verbindung von wirtschaftlichen und öffentlichen Aufgaben resultieren, da die Exekutive ihrer Verantwortung für die Verwendung der Steuermittel insoweit nicht enthoben werden kann. Trotz der durch den Government Corporation Control Act eingeführten Beschränkungen hat die Government Corporation nicht an Bedeutung verloren. Die Bemerkung Pritchetts aus dem Jahre 1943, die Tennessee Valley Authority habe sich den Spielraum in Verwaltungsfragen nicht durch ihren Corporations-Status, sondern nur auf Grund der Überzeugung des Kongresses, daß eine wirksamere Tätigkeit dies erfordere, erkämpfen können 7\ entspricht nicht mehr der Sachlage. Durch den Government Corporation Control Act wurden die wirtschaftsmäßigen Bedürfnisse der Corporations im Budget- und Rechnungswesen generell anerkannt und nicht mehr von dem Gutdünken des Kongresses im Einzelfall abhängig gemacht. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, daß die Einordnung der Government Corporations in die allgemeine Verwaltung nachhaltige Rückwirkungen auf die Verwaltung selbst hervorrief. Sie führte zu einem erhöhten Bewußtsein der Kostenseite allen Verwaltungshandein s 89 Pritchett, The Government Corporations Control Act of 1945, APSR 40 (1946), s. 508. 10 Hierauf weist besonders Seidman, The Theory of Autonomous Government Corporations, PAR 12 (1952), S. 94, hin. 71 Pritchett, Tennessee Valley Authority, S. 266.
7. Kritische Folgerungen
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zunächst bei den leitenden Management behörden, die ihrerseits in diesem Sinne den gesamten Verwaltungs apparat durchformte n. Die Haushaltsgestaltu ng und das Rechnungsw esen, die die Träger dieser Gedanken wurden, schöpften ihre Anregungen unmittelbar aus den Erfahrungen der Government Corporations . 7. Kritisclle Folgerungen Die Reform der Verwaltungs organisation hat keine streng hierarchische Verwaltung hervorgebrac ht, wie sie von der klassischen Organisationstheorie gefordert wurde. Gerade am Beispiel der Independent Regulatory Commissions zeigte sich das politische Bezugsfeld, in das die gesamte Verwaltung einzuordnen ist und das die Grenzen der Reorganisation smöglichkeit en bestimmt. Dies soll aber den Blick von den erzielten Fortschritten nicht ablenken. Die Wirksamkei t der Verwaltung wurde durch den Ausbau der Stellung des Präsidenten mit den ihm behilflichen Stäben wesentlich angehoben. Nicht zuletzt die Möglichkeit einer rationaleren politischen Planung durch die Stäbe des Präsidenten eröffnet die Aussicht, viele der erheblichen Kosten zu vermeiden, die durch eine widersprüch liche Politik entstehen können. Die anfängliche Gefahr einer übermäßigen Zentralisieru ng der Verwaltungsmit tel ist vermieden worden. Durch die Beschränkun g der Zentralbehö rden auf allgemeine Leitungs- und Planungsfra gen wurde den Leitern der nachgeordne ten Behörden die Herrschaft über die Verwaltungsmit tel nicht entzogen, ohne die eine Verantwortu ng für die Erfüllung der Verwaltungs aufgaben nicht möglich ist72 • Die Stäbe können daher nicht über ihre Spezialaufga ben die allgemeinen Verwaltungsziele aus den Augen verlieren. Es ist bemerkensw ert, daß die Maßnahmen auf dem Gebiet der Verwaltungsorg anisation im wesentlichen ihren Ausgang von dem President's Committee on Administrati ve Managemen t nahmen. Nur eine begrenzte Anzahl der von ihm behandelten Probleme rührte indessen aus dem schnellen Wachstum der Verwaltung während des New Deal her. Der grundlegend e politische Wandel, der Übergang von einer liberalen zur sozialstaatlie hen Wirtschaftsp olitik ließ jedoch Widerstände aufleben, die nur durch einen demonstrati ven Erfolg der eingeschlagenen Politik überwunden werden konnten. Hierzu bedurfte es eines wirksamen Verwaltungs apparates. Es ist daher nicht verwunder72 Vgl. hierzu die Kontroverse zwischen Hogart, A Dangerous Tendency in Government, PAR 6 (1946), S. 235 ff., und Stahl, Straight Talk about Label Thinking, PAR 6 (1946), S. 362 ff.
96
§ 5. Die Verwaltungsorganisation
lieh, daß gelegentlich eher von "Efficiency and Effectiveness" als von "Economy and Efficiency" gesprochen wurde. Die Verwaltungsorganisation bot sich dabei als günstiges Operationsgebiet an, da Reformen zwar immer mit heftigem Widerstand zu rechnen haben, aber einmal beschlossen schnell durchzusetzen sind. Die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung wurde allenfalls als Nebenprodukt, nicht aber als Hauptziel der Reorganisation angesehen. Präsident Roosevelt stützte sich dabei darauf, daß bei Reorganisationen in anderen Staaten wesentliche Einsparungen nicht erzielt wurden73 •
73 Vgl. Emmerich, Essays on Federal Reorganization, S. 72; Swisher, American Constitutional Development, S. 763.
§ 6. Die Methoden der Verwaltungsreform Die vorhergehenden Kapitel haben die Maßnahmen aufgezeigt, die die amerikanische Verwaltung im Laufe dieses Jahrhunderts ergriffen hat, um ihre Vorstellungen von Economy und Efficiency zu verwirklichen. Die hierbei angewandten Methoden sind wiederholt angeklungen, bedürfen aber noch einer eingehenden Darstellung. Ihrer Funktion nach sind hierbei die periodisch arbeitenden Untersuchungsausschüsse und Untersuchungskommissionen und die kontinuierlich arbeitenden Managementbehören der Verwaltung zu unterscheiden.
1. Untersuchungsausschüsse und -kommissionen
Bereits während des 19. Jahrhunderts hatte sich der Kongreß wegen wiederkehrender Finanzschwierigkeiten mit der Lage der Verwaltung befaßt und versucht, die Staatsausgaben zu kürzen. Die Arbeiten der aus diesem Anlaß eingesetzten Kongreßausschüsse leisteten aber nur einen sehr bescheidenen Beitrag zur Verwaltungsreform. Die Ausschüsse versuchten nicht, mit ihren Untersuchungen auf alle Probleme der Verwaltung einzugehen, sondern sie begnügten sich häufig damit, auf einige bestimmte, vom Kongreß vorgelegte Fragen eine Antwort zu erteilen. Als Arbeitsunterlagen dienten dabei Fragebögen, die den Departments zugeleitet wurden. Die Verwaltung war jedoch zu keinen Reformen geneigt. Die den Ausschüssen erteilten Informationen waren daher oft nicht sehr wertvolP. Zum ersten Mal gelang es 1887 dem von Senator Cockrell geleiteten Senatsausschuß, eingehende Informationen über die Arbeitsweise der verschiedenen Behördenzweige, das Maß der geleisteten Arbeit und die Zahl der Beamten zu sammeln, nachdem der Kongreß durch zahlreiche Klagen über die zögernde Arbeit der Verwaltung unter Druck gesetzt worden war. Der Ausschuß war aber kaum in der Lage, das umfangreiche Material zu bewältigen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Ein zweiter Versuch im Jahre 1893, der Dockery-CockrellAusschuß, der von beiden .Häusern des Kongresses gebildet wurde, 1
White, Republican Era, S. 85 ff.
1 Meister
98
§ 6.
Die Methoden der Verwaltungsreform
führte ebenfalls nur zu Einzelergebnissen, obwohl dieser Ausschuß drei Fachleute aus der Privatwirtschaft zur Beratung herangezogen hatte2 • Erst nachdem sich um die Jahrhundertwende die politische Macht mehr und mehr auf die Exekutive verlagerte, nahmen sich auch die Präsidenten des Problemes der Verwaltungsreform an. 1905 ernannte Präsident Th. Roosevelt das Keep Committee, das sich aus leitenden Beamten zusammensetzte. Gegenüber den Untersuchungsausschüssen des Kongresses hatte diese Regierungskommission den Vorzug, daß sie mit den Sachproblemen vertraut war. Der Kongreß hatte auf die Arbeit der Kommission keinen Einfluß, da diese nicht einmal von den Geldbewilligungen des Kongresses abhängig war. Wenn aber die Arbeit der Kongreßausschüsse ohne greifbare Ergebnisse geblieben war, weil ihnen die nötigen Fachkenntnisse in Verwaltungsdingen fehlten, so scheiterte die Arbeit des Keep-Committees daran, daß der Kongreß als Träger der Organisationsgewalt sich übergangen fühlte und die vorgeschlagenen Gesetze nicht verabschiedete3 • Überdies machten sich bei der Arbeit der Beamten gewisse psychologische Hemmungen, die Schwächen der eigenen Behörden anzuerkennen, bemerkbar. Die mangelnde Vertrautheit mit anderen Verhältnissen als gerade denen der eigenen Verwaltung machte es ihnen unmöglich, wirkliche Alternativen zu entwickeln'. Da weder die Exekutive noch die Legislative allein in dem damals bestehenden Klima gegenseitiger Aversion die erforderlichen Reformen zustande bringen konnten, versuchte Präsident Taft im Jahre 1910, den Kongreß zu einem gemeinsamen Handeln zu bewegen. Trotz einiger Widerstände, die dann im Laufe der Zeit wuchsen, konnte er im Kongreß durchsetzen, daß Haushaltsmittel für die Arbeit der zu bildenden Commission on Economy and Efficiency bereitgestellt wurden. Die Organisation der Commission on Economy and Efficiency wurde voll dem Präsidenten überlassen. Dieser bestellte eine Zentralkommission aus hohen Beamten und nicht der Verwaltung angehörenden Fachleuten, außerdem wurde in jedem Department ein Verbindungsausschuß eingerichtet, der die Untersuchungen der Zentralkommission erleichtern sollte. Zusätzlich wurden beratende Ausschüsse aus Beamten zur Lösung interministerieller Konflikte bei der Neuordnung der Verwaltungsbehörden und Ausschüsse aus Wirtschaftsprüfern zur Kontrolle der Rechnungsmethoden der Verwaltung gebildet. 1913 entschloß sich der Kongreß indessen, durch die Streichung weiterer Haushaltsmittel die Arbeit der Kommission zu beenden, als diese 2 White, a.a.O., S. 88; Weber, Organized Efforts for the lmprovement of Methods of Administration in the United States, S. 66 ff. a Weber, S. 75 ff. ' Vgl. Weber, S.17.
1.
Untersuchungsausschüsse und -kommissionen
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vorschlug, die Ausarbeitung des Haushaltes dem Präsidenten zu übertragen. Man befürchtete, daß der Präsident die Absicht hegte, seine Stellung über den verfassungsmäßig vorgesehenen Rahmen hinaus auszubauen. Die weitere Mitarbeit des Kongresses bei der gesetzlichen Durchführung der bis dahin erwarteten Vorschläge der Kommission beschränkte sich daher hauptsächlich auf bürotechnische Dinge. Die Arbeit der Kommission hatte aber bleibende Bedeutung, einerseits weil sich einige grundsätzliche Vorschläge wie die Einführung des Exekutivhaushaltsentwurfs nach einigen Jahren doch noch durchsetzen konnten, außerdem auch, weil viele Vorschläge auf dem Gebiet-der internen Behördenorganisation und der Rechnungsmethoden ohmrgesetzliche Maßnahmen sofort verwirklicht werden konnten 5• Nach der Beendigung des ersten Weltkrieges zeigte sich der Kongreß nicht in der Lage, als Träger der Organisationsgewalt die Reorganisation der Kriegsverwaltung vorzunehmen. Durch den Overman Act8 übertrug er daher 1918 die Organisationsgewalt befristet auf den Präsidenten. 1920 wurde sodann als gemeinsamer Ausschuß beider Häuser des Kongresses die Joint Commission on the Reorganization of the Government Departments, bestehend aus je drei Abgeordneten und Senatoren, ins Leben gerufen. Der angeforderte Bericht konnte aber nicht fristgemäß bis 1922 vorgelegt werden. Nach einer Fristverlängerung konnte der Ausschuß schließlich 1924 dem Kongreß einige Gesetzesvorschläge vorlegen, die eine Neuverteilung der Aufgaben der Departments und die Eingliederung aller Independent Agencies, soweit sie nicht quasi-judikative Aufgaben wahrnahmen, in die Departments zum Ziele hatten7 • Alle Gesetzesvorschläge versandeten aber während der Beratung im Kongreß8 • Wegen dieses Mißerfolges ließ Präsident Hoover im Jahre 1932 nach dem Vorbild des Overman Acts die Organisationsgewalt erneut für drei Jahre vom Kongreß auf den Präsidenten übertragen9 • Da eine solche von der Verfassung nicht vorgesehene Delegation vom Supreme Court nur als Notstandsmaßnahme gebilligt wurde, stellte der Kongreß einen wirtschaftlichen Notstand fest, der eine dringende Verringerung der Staatsausgaben erforderlich mache 10• Als aber Ende 1932 F. D. Roosevelt zum Präsidenten gewählt wurde, nutzte er die neuen Befugnisse nicht, wie vorgesehen, zur Reorganisation der Verwaltung, sondern um die notwendigen Behörden zur Durchführung seines Programmes des New Deal zu schaffen. Erst 1936 wandte sich Roosevelt der Reorganisation 5
Weber, S. 84-94.
40 Stat. 556. 68th Cong. 1st sess. S. Doc. 128. Graves, Reorganization of the Executive Branch, S. 13, 89. 9 47 Stat. 413; 5 USC 133. to Vgl. Swisher, American Constitutional Development, S. 754.
e 7 8
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§ 6. Die Methoden der Verwaltungsreform
zu, die durch das unkontrollierte Wachstum der New Deal-Behörden vordringlich geworden war. Er berief das President's Committee on Administrative Management, während der Senat ein Select Committee to Investigate the Executive Agency of Government, nach seinem Vorsitzenden auch Byrd-Committee genannt, bestellte. Die Zusammenarbeit zwischen beiden Gremien scheiterte jedoch an grundlegend unterschiedlichen Ansichten11 • In das President's Committee on Administrative Management wurden renommierte Professoren der Verwaltungswissenschaft berufen, die sich nicht allein durch ihre Lehrtätigkeit, sondern auch durch vorherige praktische Erfahrungen in der Verwaltung oder verwaltungswissenschaftlichen Forschungsinstituten ausgezeichnet hatten. Diese Sachverständigenkommission stellte einen Arbeitsstab aus weiteren 26 Mitgliedern zusammen, die zu 70 Prozent ebenfalls aus dem Lehrfach kamen. Die meisten von ihnen waren junge Professoren. Der Arbeitsstab verwandte nur wenig Zeit auf praktische Untersuchungen. Die ausgearbeiteten Studien wurden nur in wenigen Fällen von der Kommission voll akzeptiert. Auf Roosevelts eigenen Wunsch wurden keine Detailuntersuchungen angestellt, sondern beschränkte sich die Kommission auf eine Überprüfung der Prinzipien der Verwaltung. Trotz der abweichenden Ansichten dienten die Beiträge der Arbeitsgruppe als Stimulanz in dieser Grundsatzdiskussion. Der Senatsausschuß beauftragte das Brookings-Institut in Washington D. C., ein verwaltungswissenschaftliches Forschungsinstitut, mit der Ausarbeitung eines Gutachtens. Es gelang ihm jedoch nicht, auf Grund dieses Gutachtens konkrete Gesetzesvorlagen zu erarbeiten12• Die Vorschläge des President's Committee on Administrative Management stießen im Kongreß auf erheblichen Widerstand. Wiederholte Neuformulierungen der Gesetzesvorlagen wurden abgewiesen. Lediglich einige Organisationsmaßnahmen konnten schließlich 1939 dadurch verwirklicht werden, daß die frühere befristete Übertragung der Organisationsgewalt auf den Präsidenten erneuert wurde13• Deshalb liegt Emmerich, Essays on Federal Reorganization, S. 65. Die geringe Bedeutung des Senatsausschusses zeigt sich auch darin, daß in der offiziellen Kurzbiographie des Senators Byrd, der zugleich Vorsitzender des Finanzausschusses war, seine Tätigkeit im Byrd-Committee unerwähnt bleibt. Vgl. B1st Cong. 2nd sess. H . Doc. 607: Biographical Directory of the American Congress 1774--1949, S. 930 f.; Encyclopedia Americana, Bd. 5, S. 96. 13 Reorganization Act von 1939, 53 Stat. 813; 5 USC 133 s. Der Kongreß ermächtigte dadurch die Exekutive zur Ausarbeitung von Reorganisationsplänen, die automatisch in Kraft traten, wenn der Kongreß nicht binnen 30 Tagen nach Vorlage gegen sie Einspruch erhoben hatte. Diese Regelung wurde Ende 1945 erneut für zwei Jahre in kraft gesetzt, 59 Stat. 613; 5 USC 133 y. Seit dem Reorganization Act von 1949, 63 Stat. 203; 5 USC 133 z gilt sie unbefristet bei einer Einspruchsfrist von 60 Tagen. 11
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Untersuchungsausschüsse und -kommissionen
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der Erfolg des President's Committee on Administrative Management im Übergewicht auf dem Gebiet der Behördenorganisation. Seine bedeutendste Leistung war jedoch die Formulierung eines neuen Konzepts von der Rolle des Präsidenten, der nun nicht mehr nur als oberstes Aufsichtsorgan über die Verwaltung, sondern als aktiver Leiter der Verwaltung verstanden wurde14• Die Übertragung der Organisationsgewalt auf die Exekutive im Jahre 1939 war das erneute Eingeständnis, daß die Legislative nicht fähig war, die auftretenden Organisationsprobleme aus eigener Macht zu lösen. Es entwickelte sich deshalb im Kongreß eine größere Bereitwilligkeit, mit der Exekutive zusammenzuarbeiten. Zu diesem Zwecke wurde 1946 das House Committee on Government Operations gegründet, das sich nicht nur mit den Rechnungsprüfungsberichten des Comptroller General und den darin enthaltenen Vorschlägen zur Neuordnung der Verwaltung zu beschäftigen hatte, sondern auch die Arbeit der Hoover-Kommissionen aktiv unterstützte. Die erste Hoover-Kommission, das Ergebnis dieses neuen Willens zur Zusammenarbeit, wurde 1947 von Kongreß und dem Präsidenten gemeinsam gebildet. Die Berücksichtigung aller beteiligten Interessen wurde durch eine komplizierte Formel der Auswahl der Sachverständigen erzielt. Senat, Abgeordnetenhaus und Präsident durften je ein Drittel der zwölf Mitglieder der Kommission benennen. Bei der Gesamtzusammensetzung der Kommission mußte Parteiparität gewahrt bleiben. Jede Institution hatte ihre Kandidaten mindestens zur Hälfte aus dem Bereich der Exekutive auszuwählen. Trotz des Übergewichts der Legislative bei der Benennung der Mitglieder wurde auf diese Weise den Belangen der Verwaltung Rechnung getragen. Die Kommission selbst wählte den früheren Präsidenten Hoover zu ihrem Vorsitzenden. Im Gegensatz zum President's Committee on Administrative Management waren die Universitäten in der Kommission kaum vertreten15• Die Kommission legte 24 Arbeitsbereiche fest und bestellte für die Ausarbeitung von Einzelberichten Arbeitsgruppen aus insgesamt 300 Spezialisten von Universitäten, Forschungsinstituten, Verbänden und aus der Wirtschaft18• Hierdurch konnte sich die Arbeit der Kommission auf einen sehr weiten Erfahrungsbereich stützen. Die Mitarbeit vieler bekannter Persönlichkeiten machte es dem Präsidenten, dem Kongreß und den Parteien schwer, die Vorschläge der Kommission zu ignorieren. Die Kommission nahm ihre eigentliche Tätigkeit erst auf, nachdem die Berichte der Arbeitsgruppen vorlagen, um auf ihrer Grundlage die u Emmerich, S. 79 f.
15
Emmerich, S. 95.
88th Cong. 1st sess. House of Representatives: Summary of the Objectives, Operations, and Results of the Commission on Organization of the F.xecutive Branch of the Government, S. 5. 18
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§ 6. Die Methoden der Verwaltungsreform
endgültigen Empfehlungen zu erarbeiten. Dies stellte für die Kommission eine umfangreiche Aufgabe dar, weil die Koordination der Arbeitsgruppen durch den Vorsitzenden der Kommission nur mangelhaft gelungen war und die Berichte nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten erstattet worden waren17• Dennoch wurde die Arbeit der Kommission ein überwältigender Erfolg. Neben vielen Anregungen, die die Arbeitsgruppen während ihrer Arbeit den Behördenleitern erteilten und die von diesen unmittelbar verwirklicht werden konnten, wurden 72 Ofo der 273 Vorschläge der ersten Hoover-Kommission in die Tat umgesetzt, von ihnen 31 °/o durch gesetzgeberische Maßnahmen und 41 °/o auf dem Verordnungswege18• Die Arbeit der Kommission war kraft Gesetzes auf zwei Jahre befristet worden. Aber schon 1953 wurde eine zweite Hoover-Kommission ins Leben gerufen, die im wesentlichen nach dem Vorbild der ersten Hoover-Kommission organisiert war. Sie wies jedoch ein leichtes Übergewicht von Vertretern der Regierungspartei auf und war nicht auf rein verwaltungstechnischen Fragen beschränkt, sondern sollte auch die Nützlichkeit von politischen Programmen, etwa die Koordinierung der wirtschaftlichen Auslandshilfe oder auch die wasserwirtschaftliehen Pläne, prüfen. Die Kommission erhielt diesen erweiterten Aufgabenkreis gestellt, weil deutlich geworden war, daß durch eine Verwaltungsreform allein keine wesentliche Senkung der Staatsausgaben herbeigeführt werden konnte. Der Anteil der reinen Verwaltungskosten an den Ausgaben des modernen Leistungsstaates ist hierzu zu gering. Hoover hat die Möglichkeit, auf das Gebiet des Politischen vorzustoßen, sehr begrüßt. Im Zusammenhang mit der eher zögernden Politik des Präsidenten Eisenhower ist die Arbeit der zweiten HooverKommission als "Konterrevolution gegen den New Deal und seine Nachfolger" bezeichnet worden19• Wegen dieser Mission hat Hoover seine früheren klaren Organisationsvorstellungen nicht wiederbelebt. Wenn auch 64 Ofo der Vorschläge der Kommission, die die Verwaltung betrafen, verwirklicht wurden20, so lag ihr Erfolg doch mehr auf politischem als auf verwaltungstechnischem Gebiet. 2. Die ständigen Managementbehörden
Die periodische Überprüfung der Verwaltung durch die Reformkommissionen wurde erforderlich, weil die Verwaltung selbst nur S. 145; Aikin, Task Force: Methodology, PAR 9 (1949), S. 242 ff. 88th Cong. 1st sess. House of Representatives, Summary, S. 6; ·Harvey, Achievements in Federal Reorganization, S. 16. 18 Divine, The Second Hoover Reports: An Analysis, PAR 15 (1955), S. 264. 20 88th Cong. 1st sess. House of Representatives, Summary, S. 14. 17 18
Emmerich,
2. Die ständigen Managementbehörden
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wenige Ansätze zeigte, um sich den fortgeschrittenen Kenntnissen und der gewandelten Umwelt anzupassen. Es liegt jedoch im eigenen Interesse jeder Verwaltung, sich ständig zu regenerieren und Fehlentwicklungen von Anfang an zu vermeiden. Es kann nicht dem Auftreten offenbarer Mängel in der Verwaltung, Wirtschaftskrisen oder weltpolitischen Krisen überlassen bleiben, Impulse für die Fortentwicklung der Verwaltung zu geben. Die Arbeit der Reformkommissione n, die selbst auf die Stärkung der Managementbehörde n drangen, ist heute ohne deren Mitwirkung kaum noch denkbar. Denn bei der Fülle der Probleme wurde es den Reformkommissione n zunehmend unmöglich, fertige Lösungen anzubieten und dabei die Besonderheiten aller Behörden zu berücksichtigen. Die Kommissionen haben sich meist auf das Erarbeiten von Grundgedanken beschränken müssen, die dann von der Verwaltung in manchmal jahrelanger Kleinarbeit in die Tat umgesetzt wurden. Ein erster Ansatz zur kontinuierlichen Fortentwicklung der Verwaltung lag in der Errichtung des Bureau of Efficiency im Jahre 1916, dem der Kongreß neben seinen Aufgaben bei der Durchführung des Efficiency Rating Systems eine Reihe von Spezialuntersuchung en über arbeitsmethodische Verbesserungen in einzelnen Verwaltungsbehörde n übertrug. Besonders nach der Gründung des Bureau of the Budget und des General Accounting Office beschränkte sich das Bureau of Efficiency strikt auf Fragen der Arbeitsmethodik, während es vorher auch vereinzelt auf den Gebieten der Verwaltungsorganis ation, des Personalund Finanzwesens Untersuchungen angestellt hatte. Es wurde stets nur auf Aufforderung durch den Kongreß oder einer Verwaltungsbehörde hin tätig. Das Bureau of Efficiency ist daher eher als Untersuchungsbehörde denn als Managementbehörde zu bezeichnen, da ihm die eigene Initiative fehlte. Das war auch der Grund, warum es schließlich in Vergessenheit geriet. Das Bureau of the Budget übt als Kontrollorgan über den Finanzbedarf der einzenen Behörden Einfluß auf den Umfang des Personalbestandes wie auch auf die Anschaffung von Sachmitteln aus. In den ersten Jahrzehnten seiner Existenz unternahm das Bureau jedoch nur wenig, um die Behörden auf dem Gebiet des Personalmanagemen ts oder des Arbeitsverfahrens in besseren Methoden zu unterweisen, sondern gerierte sich lediglich als Überwachungsorgan . Erst auf den Druck des President's Committee on Admistrative Management hin widmete sich das Bureau in verstärktem Umfange den Managementfunktio nen. Ihm fiel dabei auch die Aufgabe zu, nach der übertragung der Organisationsgewalt auf den Präsidenten im Jahre 1939 die Vorstellungen der Reformkommission in konkrete Reorganisationspläne umzuarbeiten. Seither sind dem Präsidenten in ständigem
104
§ 6. Die Methoden der Verwaltungsreform
Rhythmus die Reorganisationsbefugnisse vom Kongreß übertragen worden, die es dem Bureau mit seinem Office of Management and Organization ermöglichten, kleine Organisationsstudien aus eigener Initiative zu entwerfen. Die Anregung zu diesen Studien holt sich das Bureau of the Budget bei der allgemeinen Überprüfung der Haushaltsvoranschläge, die es mit allen Behörden der Verwaltung in Verbindung bringt, so daß Schwächen in der Organisation oder den Arbeitsmethoden ihm nicht verborgen bleiben. 1949 forderte der Präsident alle Behördenleiter ausdrücklich auf, bei der Durchführung ihrer Aufgaben den Erfordernissen der Economy und Efficiency zu genügen und dem Bureau of the Budget Vorschläge für die Verbesserung der eigenen Arbeitsmethoden zu machen. Das Bureau wurde gleichzeitig angewiesen, sich bevorzugt der Ausarbeitung von solchen Plänen zu widmen21 • Durch dieses Programm sammelte es Erfahrungen aus der früheren Arbeit einzelner Departments mit privaten Managementfirmen, arbeitete Instruktionen für die Behördenleiter aus und kontrollierte die Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen anhand der jährlichen Erfolgsberichte der Behörden22 • Hierdurch wurde ein wachsendes Selbstreforminteresse der Behörden geweckt, das nicht zuletzt in der regen Mitarbeit beim Incentive Award Programu seinen Ausdruck fand. So wurde erreicht, daß die Anregungen sowohl von der Spitze der Verwaltung nach unten wie auch von unten nach oben fließen. Dieses spezielle Programm wurde zunächst nur für die Dauer von drei Jahren durchgeführt. Aber 1960 wurde eine neue Abteilung des Bureau of the Budget, die Management Service Branch, gegründet, die sich seither systematisch mit Fragen der Arbeitsmethodik beschäftigt. Die Schwerpunkte der Tätigkeit dieser Abteilung liegen in der Erforschung der Gebrauchmöglichkeiten der elektronischen Datenverarbeitung im Verwaltungsprozeß, der Entwicklung von Verfahren zur Produktionsmessung und der Übertragung industrieller Managementtechniken auf die Verwaltung. Es werden unter zentraler Leitung Testprogramme entwickelt, die in einzelnen Verwaltungsbehörden erprobt werden24• Das General Accounting Office hat seinen bedeutendsten Beitrag zur Reform der Verwaltung sicherlich dadurch geleistet, daß es das FinanExecutive Order No. 10072. Divine, Strengthening the Management of Federal Programs, PAR 11 (1951), S.llO; vgl. auch Parsons, Installing Management Improvement in the U.S. Treasury Department, PAR 10 (1950), S.178; U.S. President's Advisory Committee on Management in the Federal Service, PAR 13 (1953), S. 38 ff. 23 Siehe oben § 3, 4 b . 24 Vgl. U.S. Bureau of the Budget, Management lmprovements in the Executive Branch, S. 1 ff.; dass., Cost Reduction through better Management in the Federal Government, S. 60 f. 21
22
3. Abzuleitende Grundsätze
106
cial Management Improvement Program ins Werk setzte, wenn es auch schließlich seine führende Rolle an das Bureau of the Budget abtreten mußte. Es hat wiederholt im Zusammenhang mit der Rechnungsprüfung dem Kongreß und dem Präsidenten Vorschläge für eine wirtschaftlichere Gestaltung der Verwaltung unterbreitet, wie dies der Budget and Accounting Act von ihm verlangt. Diese Empfehlungen betrafen jedoch stets nur Einzelpunkte. Die Arbeit des GAO, so hilfreich sie auch sein mag, darf deshalb keinesfalls überschätzt werden. Denn systematische Anstrengungen zur Verbesserung der Verwaltungsführung werden nicht unternommen25 • Die Civil Service Commission konzentriert sich heute, nachdem ihre unmittelbaren Personalaufgaben weitgehend auf die Personalabteilungen der Derpartments delegiert worden sind, darauf, die Situation der Beamtenschaft zu analysieren, die Behörden bei der Ausarbeitung von Laufbahnprogramm en und Fortbildungssysteme n zu unterstützen und sich aktiv sonstigen Verbesserungen des Personalwesens zu widmen. Wegen der noch bestehenden Schwächen des Personalwesens ist ihre Arbeit von großer Bedeutung für die gesamte Verwaltung. 3. Abzuleitende Grundsätze Die Reformprobleme der Verwaltung sind in ein Netz komplexer Beziehungen eingebettet, so daß der Erfolg der Reform nicht schon durch den Reformwillen garantiert wird, es kommt vielmehr entscheidend auf die angewendeten Methoden an. Aus der Geschichte der Verwaltungsreform in Amerika lassen sich folgende Grundsätze herleiten: (1) Die Legislative, der auf Grund der Verfassung die Organisationsgewalt für weite Bereiche der Verwaltung vorbehalten ist, zeigt sich weniger denn je in der Lage, von sich aus eine Verwaltungsreform zustande zu bringen26 • Sie kann jedoch auf Grund ihrer rechtlichen Stellung alle ihr nicht genehmen Maßnahmen vereiteln. 25 Nach diesen Erfahrungen, daß nur die Exekutive als Zentrum der Aktivität und nicht eine unabhängige Prüfungsbehörde die Verwaltungsreform intensiv vorantreibt, muß für die Bundesrepublik die Frage aufgeworfen werden, ob die Unwirksamkeit des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung nicht letztlich aus seiner Angliederung an den Bundesrechnungshof resultiert und ob er nicht besser in der Nähe der Regierung untergebracht werden sollte. Thieme, Verwaltungslehre, S. 303 f., tritt demgegenüber für eine Stärkung der Befugnisse des Bundesrechnungshofs ein. Für eine Ausweitung der Kompetenzen des Bundesbeauftragten hat sich Hettlage, Über Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, in: Badenhoop, Wirtschaftliche öffentliche Verwaltung, S. 59, ausgesprochen. 26 Zum gleichen Ergebnis kommt Schnur, Strategie und Taktik bei Verwaltungsrefonnen, S. 12 ff., im Hinblick auf die territoriale Neugliederung der deutschen Verwaltung.
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§ 6. Die Methoden der Verwaltungsreform
(2) Die Exekutive steht den Reformproblemen sachlich näher. Nur sie kann die erforderliche Energie und Kenntnis entwickeln, um die Reformarbeiten durchzuführen, wenn die Probleme in einer besonderen Krisensituation deutlich werden oder wenn eine besondere Behörde mit dem Aufsuchen von Problemen betraut wurde27 • (3) Der Erfolg der Reform setzt aber eine Kooperation mit dem formellen Träger der Organisationsgewalt voraus. Ebenso ist die Unterstützung durch die Leitung der Verwaltung dienlich, um die Mitarbeit der einzelnen Behörden bei der Durchführung der Reformmaßnahmen zu intensivieren. (4) Die Arbeit der Reformkommissionen bedarf der Ergänzung durch Managementbehörden, da die Kommissionen sich auf grundsätzliche Entscheidungen beschränken müssen, deren Durchsetzung und Anpassung an die Besonderheiten der einzelnen Verwaltungsbehörden ein langwieriger Prozeß ist. Es bleibt abzuwarten, ob die ständigen Managementbehörden die Anpassung der Verwaltung an die sich ändernden Umstände so perfekt vollziehen können, daß sie für die Zukunft die Arbeit der periodischen Reformkommissionen unnötig machen. Denn die Überprüfung der Verwaltung in spontanen Vorstößen bringt unweigerlich Unruhen und Schwierigkeiten mit sich2~. Die kontinuierliche Arbeit der Managementbehörden ist hier von erheblichem Vorteil. Dennoch besteht bei ihnen die Gefahr, daß sie als Teil der Verwaltung dem Phänomen der "Betriebsblindheit" erliegen und darum schleichende Fehlentwicklungen nicht ausschließen können. Durch die Ausgliederung aus der eigentlichen Verwaltungshierarchie ist zwar einige Gewähr dafür geboten, daß sie sich nicht durch die Routine der Verwaltung fesseln lassen und so unabhängige Kritik leisten können. Trotz aller Kontakte mit wirtschaftlichen Managementstellen können sie sich aber nicht auf einen solch breiten und intensiven Erfahrungsbereich stützen, wie dieses den Reformkommissionen möglich ist. Die Reformkommissionen sind kein integrierender Teil der Verwaltung. Sie tragen keinerlei Verantwortung dafür, wie die Verwaltung ihre Aufgaben nach der Reform erfüllt. Diese Verantwortungsfreiheit ist für die Verwaltung ein Grund des Mißtrauens, besonders wenn die Kommissionen auf der Suche nach grundlegenden Tendenzen ihre Darstellung der Verwaltungssituation zu sehr vereinfachen. Dieser 27 Böckenförde, Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, S. 85 ff., kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die Organisationsgewalt verfassungssystematisch zum Eigenbereich der vollziehenden Gewalt gehöre. Vorbehalte dagegen erhebt Rasch, Die staatliche Verwaltungsorganisation, S. 185. 28 Vgl. Dimock, The Objectives of Governmental Reorganization, PAR 11 (1951), S. 233; in 't Vetd in: Morstein Marx (Hrsg.), Verwaltung, eine einführende Darstellung, S. 354.
3. Abzuleitende Grundsätze
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Zwiespalt kann durch die Einschaltung von Managementbehörden überwunden werden, die bereits den Kommissionen gegenüber die Interessen der Verwaltung zum Ausdruck bringen und auch später dafür sorgen können, daß die Vorschläge nicht schematisch auf die verschiedenen Verwaltungssituationen angewandt werden. Von größter Bedeutung für den Erfolg der Reformen ist schließlich auch die Voraussetzung, daß die Verwaltung allgemein als etwas Dynamisches anerkannt wird, das der kontinuierlichen Weiterentwicklung bedarf. Die Verwaltungsreform darf keineswegs den Eindruck hervorrufen, daß althergebrachte Traditionen verraten werden sollen. Nur wegen der Berücksichtigung dieser Momente ist die intensive Anteilnahme weiter Kreise der amerikanischen Bevölkerung an dem Fortgang der Reformen zu verstehen, die dem Erfolg den Weg bereitete29 •
29 Vgl. etwa die bei Burkhead, Governmental Budgeting, S. 290, erwähnten Beamtenclubs zur Durchführung der Budgetreform oder das Citizens Committee for the Hoover Report.
§ 7. Schlußbetrachtung Auf der Suche nach der Bedeutung des Prinzips "Economy and Efficiency" sind wir von der Situation der amerikanischen Verwaltung während des vergangenen Jahrhunderts ausgegangen. Die Verwaltung jener Zeit stand unter dem Signum der gesellschaftlichen Nebenrolle, die sie zu spielen hatte. Ihre Entwicklung blieb außerhalb des öffentlichen Interesses und verfolgte Bahnen, die Widerspruch hervorgerufen hätten, wenn ihre Aufgaben von größerer Bedeutung gewesen wären. Die folgende soziale Entwicklung machte einen Rollenwandel unausweichlich. Der Staat wurde in zunehmendem Maße das einzige Machtinstrument, das die gesellschaftlichen Konflikte des Industriezeitalters noch zu lösen vermochte. Nachdem er einmal sein Schattendasein im amerikanischen Bewußtsein überwunden hatte, entwickelte er sich zusätzlich zu einem Leistungsträger ungeahnten Ausmaßes, weil nur er in der Lage war, mit seiner konzentrierten Leistungskraft die Grundlagen des wirtschaftlichen Geschehens so zu beeinflussen, daß die Allgemeinheit hieraus ein Höchstmaß an dauernden Vorteilen ziehen konnte. Diese Entwicklung hat den Staat aus seiner früheren peripheren Stellung in den Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens gerückt. Die neuen Aufgaben sind dem Staate fast unerwartet zugefallen, nachdem die Gesellschaft ihr eigenes Versagen eingestehen mußte. Deshalb konnte der Staat seine inneren Strukturen nicht planend auf die Übernahme dieser Aufgaben vorbereiten. Er mußte die moderne Verwaltung vielmehr auf den Strukturen der Vergangenheit mit ihren desintegrierenden Kräften aufbauen, die es ihm erschwerten, die neuen Aufgaben ordnungsgemäß wahrzunehmen. Der hierin liegende Widerspruch zur allgemeinen fortschrittsorientierten Kultur forderte schließlich zu einem Überdenken der Staatsordnung und der Verwaltung insbesondere heraus. Dabei genügte es nicht, den Staat einmal großzügig seiner zentralen Rolle gemäß einzurichten, sondern der soziale Wandel und die rapide wirtschaftliche Entwicklung haben den Anpassungsprozeß zu einem kontinuierlichen Geschehen gemacht. Die Reformarbeiten wurden unter das Leitmotiv "Economy and Efficiency" gestellt. Sie haben hierzu Begriffe wiederaufgenommen, die bereits im vergangenen Jahrhundert bei Reformversuchen auftauchten, ohne daß deren Sinngehalt abschließend geklärt worden wäre. Die Be-
§ 7. Schlußbetrachtung
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griffe müssen aber zweifellos im Zusammenhang mit der zweitrangigen Rolle des Staates in der Gesellschaft jener Zeit gesehen werden. Dem Staat, der nur als unangenehme Notwendigkeit empfunden wurde, versagte man das Recht, den Bürger finanziell über Gebühr zu belasten. Der Ruf nach Economy war daher im allgemeinen gleichbedeutend mit der Forderung, die Staatsausgaben zu kürzen. Das Staatsbewußtsein des 19. Jahrhunderts stellte das Moment der Economy eindeutig in den Vordergrund. Die Untersuchungen über die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, die gelegentlich angestellt wurden, blieben ohne durchgreifende Konsequenzen. Bezeichnend dafür, welche Bedeutung diesem Aspekt beigemessen wurde, ist, daß das SpoilsSystem schließlich aus moralischen Gründen bekämpft wurde, nachdem das Argument, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung leide darunter, kel.nen großen Anklang gefunden hatte. Auch der Wunsch, Einsparungen zu erzielen, führte eigentlich nicht zu einer Untersuchung der Verwaltungsleistung , da sich dieses Ziel durch die Kürzung der Militärausgaben sehr viel einfacher erreichen ließ. So blieb das Streben nach Economy lange Zeit eine Frage der Manipulierbarkeit der Staatsziele und nicht des technischen Vollzuges der Verwaltung. Mit dem Übergang zum modernen Leistungsstaat wurden dem Staat Aufgaben zugewiesen, deren er sich nicht einfach aus finanziellen Gründen entledigen konnte. Die Bereitschaft, die Staatseinnahmen gleichlaufend mit den vermehrten Verwaltungsaufgabe n zu erhöhen, wuchs jedoch nur langsam. Die Einführung der Einkommenssteuer mit Steuersätzen, die im Vergleich zu den heutigen Sätzen äußerst niedrig wirken, ließ in Amerika einen nachhaltigen Widerstand aufleben. Aus der Be-schränkung ihrer Mittel heraus ergriff nun die Exekutive selbst die Initiative zu Rationalisierungsma ßnahmen, die es ihr erlauben sollten, mehr zu leisten. Präsident Taft sagte dies sehr deutlich: "The popular demand for economy has been to obtain the best service - the largest possible results for a given cost. We want to save money to enable the government to go into some of the beneficial projects which we are debarred from taking up now, because we cannot increase our expenditures. " 1 Nicht mehr die Beschneidung der Staatsaufgaben, sondern die Reform des Verwaltungsablaufe s sollte nun zur Lösung der finanziellen Probleme beitragen. Diese Situation ließe sich korrekter mit "Economy by Efficiency" beschreiben. So wurde der bisher vernachlässigte Leistungsgesichtspu nkt betont und mit dem bisherigen Sparmotiv verwoben. Wenn es der Commission on Economy and Efficiency in vieler Hinsicht angelegen war, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu steigern, so zollte sie doch der Tra1
62nd Cong. 2nd sess. H. Doc. 458 S. 4.
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§ 7. Schlußbetrachtung
dition ihren Tribut und fügte ihren Berichten detaillierte Aufstellungen darüber bei, wieviel der Staat bei der Verwirklichung ihrer Vorschläge einsparen könne. Diese Tatsache dürfte allerdings auch taktische Bedeutung gehabt haben. Denn die Legislative, von der im vergangenen Jahrhundert ständig die Forderungen nach einer Kürzung der Staatsausgaben ausgegangen waren, zeigte für solche Argumente auch weiterhin mehr Aufgeschlossen heit als gegenüber der Vorstellung, daß die Exekutive leistungsfähige r gestaltet werden solle. Die Zielsetzung der Verwaltungsref orm in der Gegenwart wird dadurch bestimmt, daß die moderne Wirtschaftspoli tik den Staat zu einem Instrument im wirtschaftlichen Verteilungsproz eß gemacht hat. Die hohen Summen Geldes, die nun durch seine Kassen fließen, lassen den Anteil der reinen Verwaltungsko sten zu einem fast verschwindend en Faktor im Staatshaushalt werden. Präsident Roosevelt stellte sich daher auf den Standpunkt, daß durch eine Verwaltungsref orm keine nennenswerten Einsparungen erzielt werden könnten und verzichtete auf das Motiv der Economy. 2 Das President's Committee on Administrative Management sprach daher in dem grundsätzlichen Teil seines Berichtes nur noch von Efficiency, gelegentlich sogar von Effectiveness3 und betonte damit, daß es nicht so sehr an einem optimalen Verhältnis zwischen Mitteln und Resultaten, sondern an maximalen Resultaten schlechthin interessiert war. Bewußt oder unbewußt trat seither verschiedentlich das Wortgespann "Efficiency and Effectiveness" an die Stelle des allgemeinen "Economy and Efficiency"! Der Begriff der Economy demgegenüber wird von der politischen Diskussion aufgegriffen und zur Devise einer konservativ-lib eralen Wirtschaftspoli tik gemacht, die sich gegen die Eingriffe in den freien Lauf der Wirtschaft und besonders gegen staatliches Deficit Spending wehrt. 5 Der Kostengesichtsp unkt ist so aus den Diskussionen um die Gesamtstruktur der Verwaltung verschwunden, in denen er lange mit der Forderung nach einem exekutiven Budgetsystem einen zentralen Punkt 2 Vgl. Swisher, American Constitutional Development, S. 763. Diese Meinung wurde jedoch im Kongreß nicht geteilt. Unter den Abgeordneten hielt sich auch weiterhin hartnäckig die Vorstellung, durch eine Reduzierung der Beamtenzahlen und durch eine straffere Kontrolle der Ausgaben könnten 25-50% der gesamten Staatsausgaben eingespart werden; vgl. Harris bei Morstein Marx, Federal Executive Reorganization re-examined, a Symposium, APSR 40 (1946), S. 1147 f. 3 Report of the President's Committee on Administrative Management,
S. 3.
4 U.S. Commission on Organization of the Executive Branch of the Govemment (1947-1949), The Hoover Commission Report, S. 21; Novick, Program Budgeting, S. 48 f. s Diese Grundhaltung wird besonders deutlich von Douglas, Economy in the Govemment, vertreten.
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einnahm. Gleichzeitig schuf aber das President's Committee on Administrative Management die ersten Ansätze für ein Kostendenken im Detail, indem es die Bildung von Managementbehörde n unterstützte. Diese Behörden, die die Leitung der Verwaltung unterstützen und ihre Arbeit erleichtern sollen, dienen letzten Endes dem Ziel "of utilizing limited resources to accomplish maximum output, that is, in order to prevent wasted effort by individuals. " 6 Die Hoover-Kommission en haben weitere Beiträge zur Entwicklung des Kostenbewußtseins auf allen Stufen der Verwaltung geleistet, indem sie die Einführung eines Performance Budgets und des Cost Accounting unterstützten. Das Bureau of the Budget führt ein Programm zur Cost Reduction durch, das jeder Behörde regelmäßige Erfolgsberichte abverlangt. Wenn Economy also als Ziel der Verwaltungsreform verblaßt, so sicher auch deshalb, weil es inzwischen zu einer Eigenschaft der Verwaltung selbst geworden ist. Überdies hat das Verständnis der Efficiency als Motiv für die Verwaltungsreform ständig Komponenten des wirtschaftswissenschaftli chen Efficiency-Begriffes, der finanziellen "ratio between input and output" 7 aufgenommen. Es wäre falsch, in dieser Entwicklung eine Aufgabe des Wirtschaftlichkeitsge sichtspunktes zu sehen. Auch wenn heute das Moment der Efficiency einseitig betont wird, kann kaum gesagt werden, daß dieser Begriff für die Verwaltungsreform in gleichem Maße an Klarheit gewonnen hat. Eher das Gegenteil ist der Fall. Die ursprünglich stark mechanisch-technisch e Auffassung der Efficiency, wie sie sich am deutlichsten in den Efficiency Ratings niedergeschlagen hatte, hat an Boden verloren. Die Verwaltung wird heute nicht mehr als Bündelung starrer Gesetzlichkeiten verstanden, sondern zuvorderst als ein menschliches Geschehen8 , in dem persönliche Sympathien die formalen Organisationsvorsch riften überspielen können und ähnliches mehr. Die vorgestellte wissenschaftliche Bestimmbarkeit der Effizienz ist fragwürdig geworden. Außerdem wird heute häufig die Forderung nach "Social Efficiency" gestellt9, d. h., der Aufwand wird nicht mehr zu der erzielten Verwaltungsentscheidung in Beziehung gesetzt, sondern zu ihrem sozialen Erfolg. Hierfür gibt es aber letzten Endes kein anderes Kriterium als das größte Glück der größtmöglichen Zahl, das sich durch keine QuantiMillett, Management in the Public Service, S. 3. Siehe oben § 1 Anmerkung 31. 8 So selbst der Report of the President's Committe on Administrative Management, S. 98, im Gegensatz zu seinen Ausführungen auf S . 3, vgl. dazu §5 Anm.4. 9 Vgl. AppLeby, Policy and Administration, S. 31, 81; Dimock, Executive in Action, S . 184. Zum Begriff der "Social Efflciency" Poul Meyer, Verwaltungsorganisation, S. 53 f. 8
7
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fizierung, sondern nur durch die Postulate der politischen Philosophie erfassen läßt. Die Devise "Economy and Efficiency" hat heute daher so sehr an Klarheit verloren10, daß sie Gefahr läuft, nur noch gedankenlos als Schlagwort benutzt zu werden. Entscheidungen von grundlegender Bedeutung sind daher in den jüngsten Jahren nicht mehr gefaßt worden. Morstein Marx ist gar der Ansicht, daß die Reformbewegung sich inzwischen schöpferisch ausgespielt hat. 11 Dennoch ist die Reformbewegung nicht ohne Einfluß auf die amerikanische Verwaltung der Gegenwart. Als Wichtigstes hat sie den Willen hervorgebracht, die gesamte Verwaltung zu verbessern und ständig fortzuentwickeln. Von diesem Willen getragen sind Reformarbeiten in einem Umfange verwirklicht worden, wie sie in anderen Ländern in gleichem Ausmaße unbekannt sind. Von Amerika ließe sich jedenfalls nicht sagen: "Die Geschichte der Verwaltungsreform ist die Geschichte ihres Scheiterns. " 12 Für viele Einzelprobleme, die es fernerhin zu lösen gilt, bietet die Devise "Economy and Efficiency" häufig noch genügend Substanz, um den Elan der Vergangenheit fortleben zu lassen. Es setzt sich jedoch zunehmend die Erkenntnis durch, daß neben dem Streben nach Efficiency, das früher einmal als immanentes Primärziel der Verwaltung betrachtet worden war13, auch der Gesichtspunkt der Gesetzmäßigkeit eine angemessene Rolle zu spielen hatu, und daß gerade angesichts der Verflechtung von Politik und Verwaltung die Effektivität der Verwaltung dann zurückstehen muß, wenn es um die Erhaltung demokratischer Werte geht! 5 Viele der Probleme der Vergangenheit sind eigentlich in diesem Rahmen zu sehen. Das SpoilsSystem und die Zersplitterung der Staatsgewalt durch die Independent Regulatory Commissions waren Versuche einer demokratischen Bindung der vollziehenden Gewalt. Ihnen trat man aus spezifisch verwaltungstechnischen Gesichtspunkten entgegen, ohne aber eine Alternative zur Wahrung der politischen Werte anzubieten. Eine solche Beschränkung wird in Zukunft nicht mehr möglich sein. 18 11
Vgl. Waldo, Administrative State, S. 192 ff. Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S. 73.
12 Vgl. Duppre in der Einführung zu dem Bande: Verwaltungsvereinfachung in Rheinland-Pfalz, eine Dokumentation, S. XI. 13 So etwa Gulick in seinen Papers on the Science of Administration, S.192. 1' Dazu ausführlich Morstein Marx, Amerikanische Verwaltung, S. 117 ff. 15 Lepawsky, Administration, S.107; Waldo, Development of Theory of Democratic Administration, APSR 46 (1952), S. 81. Woodrow Wilson drückte dies bereits 1887 so aus: "We should not like to have had Prussia's history for the sake of having Prussia's administrative skill." The Study of Public Administration, PSQ 156 (1941), S. 491 (Neudruck).
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7. Schlußbetrachtung
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Es ist in dieser Untersuchung davon abgesehen worden, die Leistung der Verwaltung zu messen und zu bewerten. Auf Grund der zahlreichen Verbesserungen, die zweifellos in vielen Einzelbereichen erzielt worden sind, drängt sich der Eindruck auf, daß das Leistungsniveau der gegenwärtigen Verwaltung höher liegt als das der Verwaltung der Jahrhundertwende. Demgegenüber glaubt Fabricant16 , daß die Reorganisation nur dazu diente, um in einer Zeit sozialen Wandels den Grad der Effizienz zu halten. Eine Entscheidung zwischen den beiden Hypothesen, ob eine relative Steigerung der Effizienz eintrat oder nicht, ist unergiebig, da der wirkliche Gegenpol zu einem Vergleich wohl die Verwaltung mit ihren heutigen Aufgaben, aber unveränderten traditionellen Strukturen wäre. Ein solcher Vergleich muß evident zugunsten der heutigen Verwaltung ausfallen. Im Gegensatz zu dem hier behandelten amerikanischen Beispiel haben andere Verwaltungssysteme schon sehr früh einen hohen Grad an Rationalität entwickelt. Sie haben sich daher im Laufe ihrer Geschichte nicht den gleichen Herausforderungen ausgesetzt gesehen wie die Verwaltung Amerikas. Das sollte aber nicht dazu verleiten, in ihnen ein statistisches Gebilde zu sehen. Kein Verwaltungssystem kann sich dem sozialen Wandel entziehen. Das amerikanische Beispiel sollte lehren, daß es besser ist, nicht erst auf Grund einer größeren Krise, sondern frühzeitig ein dynamisches Konzept von der Verwaltung zu entwickeln.
16 Fabricant, The Trend of Government Activity in the United States since 1900, S. 95.
8 Meister
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Sachregister administrative function 13 Altersversorgung 43 f., 57 Arbeitsleistung 46, 52 f., 74 Arbeitsmethode 19, 103 f. Aufsicht 33, 85, 93 Ausschüsse 21, 28 f., 88 f. Außenseiter 48 Beamte, politische 24, 43, 48, 55 Beamtenernennung s. Ernennung Beamtenverdienstmedaille 53 Beförderung 45 ff., 54 Berufsbeamtenturn 45 Beschaffungswesen 80 Brookings-Institut 84 Fn. 32, 100 Buchführung 67 Budget and Accounting Act 62 f., 67, 70 Budget and Accounting Procedures Act 64, 68, 71 f. Bureau 30, 48, 82 Bureau of Efficiency 55, 103 Bureau of the Budget 51, 62 ff., 69, 77, 78, 92, 103 f. Byrd-Committee 84 Fn. 32, 100 Career Executive Board 49 Civil Service Commission 31, 40 ff. 45 ff., 51 ff., 54 ff., 79 ff., 92, 105 Civil Service Retirement Act 44 Classification Act 1923 50, 52, 55 Classification Act 1949 51, 56 Commission of Inquiry on Public Service Personnel 48 Commission on Economy and Efficiency 41, 44, 46, 50, 54, 61, 67, 81, 98, 109 common law 10, 11 ContiDental Congress 21, 28 Council of Economic Advisers 64 Department 28, 33, 48, 54, 56, 61, 78, 81 ff. Department of the Interior 30, 82
Department of the Treasury 28, 34 f., 59 f., 62 f., 65, 67 ff., 77, 81, 91 Dezentralisation 56, 71 Dienstpostenbewertung 50 Economy and Efficiency 11 f., 14 ff., 35, 56 f., 92, 96, 110 Efficiency Rating System 46, 52, 54, 103 Eignungsprüfungen 40 f., 54, 56 Einheitlichkeit der Verwaltung 33, 82 Einwanderer 10, 27 Fn. 36 Entlassung 29, 32, 42, 86, 88 Ernennung 23, 26, 29, 41, 54 Erziehung 23, 26 Executive Office of the President 64, 77, 78 f. Exekutive 10, 13, 21, 28, 86, 90, 98, 101, 105 Fn. 25, 106 Fähigkeit 22, 24 f., 26 Finanzorganisation 33 Föderalisten 29 Fortbildung 47 Fn. 31, 57 Fortschrittsglaube 37 Frontier-Mentalität 20 Gehalt 23, 49 ff., 53, 57 General Accounting Office 14, 65, 67, 70 ff., 92, 103 f. General Service Administration 80 Gewaltentrennung 28, 32 Government Corporation 43, 66, 89 ff. Government Corporation Control Act 66, 77, 92 f., 94 Government Employees Incentive Award Act 53, 104 grants-in-aid 12 Haushaltsdefizit 34 Haushaltsgesetze 34, 50, 52, 60 Haushaltsvoranschläge 35, 61, 78, 104 Hoover-Kommission, erste 17, 46, 50, 52, 56, 64, 68, 76, 79 f., 82, 85, 87 ff., 101 f., 111
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Sachregister
Hoover-Kommission, zweite 48 f., 51, 65, 73, 76, 83, 102, 111
lncentive Award Program s. Government Employees Incentive Award Act Independent Regulatory Commission 14, 29, 32, 43, 61, 83 f., 85 ff. Interessen 31, 58, 82, 87 Interstate ·Commerce Commission 32, 85
Joint Financial Management Improvement Program 68 f., 71, 104 Kabinett 21, 30, 83, 85 Fn. 37 Kollegialverwaltung s. Ausschüsse Kongreß 14, 28, 33, 36, 54, 55, 59 ff., 70, 76, 86, 91, 99
Koordination 31, 35, 61, 77, 83 f ., 85 Fn. 37, 93 Leistungsfähigkeit 44, 57, 74 f., 109 f. Leistungsprinzip 44 ff., 53 f. Leistungsstaat 9, 28, 102, 108 f. Leistungsvergleich 18 Lloyd-LaFolette Act 42 Managementbehörden 102 ff., 106 f., 111
Merit-System 39 ff., 45, 48, 79, 92 Militärausgaben 35
President's Committee on Administrative Management 41, 48, 50, 55, 63, 67, 71, 76, 78 f., 82 f., 87, 91 ff., 95, 100, 103, 110
Rechnungsprüfung 35, 66, 69 ff., 105 Rechnungswesen 66 ff., 95 Rechtstaat 9, 112 Reformkommission s. Sachverständigenkommission Removal Power s. Entlassung Republikaner 23, 25, 34 rider 60 rotation in office 25 ff. Sachverständigenkommission 79, 98 ff., 106 Salary Reform Act 51 scientific management 75 Senior Civil Service 48, 51 Sparsamkeit 15 f., 17 Fn. 34, 39, 56 f., 109 f.
Spoils-System 25 f., 31, 39, 45, 56, 79, 109
Stabsbehörde 56, 77, 82, 95 Supreme Court, 13, 32 f., 43, 99 Tennessee Valley Authority 91 f., 93 Fn. 67 Tenure of Office Act 1820 24 f., 42 Tenure of Office Act 1867 27
Nachtragshaushalt 34 Naturwissenschaft 15, 111 New Deal 41, 76, 83, 91, 94, 95, 99, 102
Unabhängigkeitserklärung 20, 37 Untersuchungsausschüsse 97
Organisa tion 15, 75 f., 103 Organisationsgesetz 50, 99, 100 Fn. 13 Organisationsgewalt 22, 28, 90, 93, 98,
Veterans Preference Act 43 Verantwortung 89, 106 Verordnungsbefugnis 32 Verwaltungshierarchie 30 f., 79, 95 Verwaltungskompetenzen 12 Verwaltungskosten 27, 39, 92, 110 Visakontrolle 67
99, 101, 103, 105 f.
Organisationsprinzipien 76 Overman Act 99 Patronage 27, 54 Pensionierungs. Altersversorgung Performance Budget 64 ff., 74 Performance Rating System 46 f., 52 Personalfluktuationen 26, 45, 87, 88 Personalpolitik 23 Politik 13, 89 Fn. 53, 112 Prämiensystem 53 Präsident 13, 14, 28, 54, 60, 77, 78, 83, 95, 97 f., 101
Weisungsbefugnis 13, 29 f., 32 f., 76 f., 86
.
Wettbewerbsprinzip 40, 45 f. Whigpartei 27 Wirtschaft 28, 37, 49, 75, 85, 89 Wirtschaftlichkeit 17 f., 40, 74, 81, 89, 96, 111
Wirtschaftsregulierung 14, 32 f., 85, 89 Wirtschaftswissenschaften 15 f., 111