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German Pages 206 [209] Year 2007
Schriftenreihe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Stephan Braun
Die Prozesskostenrechnung Ein fortschrittliches Kostenrechnungssystem?
4., überarb. u. erw. Auƀage
Verlag Wissenschaft & Praxis
Die Prozesskostenrechnung
Schriftenreihe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Band 22
Stephan Braun
Die Prozesskostenrechnung Ein fortschrittliches Kostenrechnungssystem?
4., überarb. u. erweiterte Auflage
Verlag Wissenschaft & Praxis
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89673-274-3
© Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2007 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094
Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany
Vorwort zur 1. Auflage Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Zeit als Assistent am Lehrstuhl von Herrn Universitätsprofessor Dr. H. Diederich und wurde im Wintersemester 1993/94 vom Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz als Dissertation angenommen. Für die hierbei erfahrene Unterstützung möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Mein besonderer Dank gilt meinem akademischen Lehrer, Herrn Universitätsprofessor Dr. H. Diederich, für die Möglichkeit, ein selbst gewähltes Thema bearbeiten zu können, und für die vielfältigen konstruktiven Anregungen, die wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen haben. Herrn Universitätsprofessor Dr. H. Kargl gilt mein Dank für die Übernahme des Zweitreferates. Mein ganz persönlicher Dank gilt zuerst meinen Eltern, die mich in allen Phasen meiner Ausbildung unterstützten. Meinen Freunden und Kollegen am Lehrstuhl sei gedankt, dass sie meine Launen während einiger kritischer Phasen der Entstehung der Arbeit ertrugen. Zu tief empfundenem Dank bin ich nicht zuletzt Andrea verpflichtet. Ihre nimmermüden Aufmunterungen haben erst zur Anfertigung der vorliegenden Arbeit geführt, die hiermit Andrea gewidmet sei.
Vorwort zur 4. Auflage Seit den ersten Veröffentlichungen zur Prozesskostenrechnung sind mittlerweile mehr als 20 Jahre vergangen. Die zunächst aufgekommene Euphorie erhielt durch die einsetzende Kritik von wissenschaftlicher Seite einen Rückschlag; auch weil sich die anfangs erwarteten Erfolge nicht einstellten. Dennoch hat sich die Prozesskostenrechnung für die Bereiche mit hohem Gemeinkostenanteil als ein Verfahren erwiesen, das in der Praxis seine Verbreitung gefunden hat. Mit der Debatte um die Modernisierung der öffentlichen Haushaltswirtschaft ist ein neues Einsatzfeld für die Prozesskostenrechnung hinzugekommen. Deshalb wurde in der 4. Auflage ein eigenes Kapitel zu diesem Thema aufgenommen. An anderen Stellen wurden – wo notwendig – die Aussagen auf den neusten Stand gebracht. Ich danke meiner Frau Andrea für die kritische Begleitung der Überarbeitung und meinem Verleger für die Motivation, die Überarbeitung anzugehen.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis...............................................................................................7 Abbildungsverzeichnis.....................................................................................12 1. Einleitung.....................................................................................................13 2. Historie der Prozesskostenrechnung ............................................................15 2.1. Ausgangspunkt der Entwicklung ..........................................................15 2.2. Entwicklung in den USA ......................................................................16 2.3. Entwicklung in Deutschland.................................................................18 3. Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen..............21 3.1. Vorbemerkungen ..................................................................................21 3.2. Wandel der Produktionsbedingungen...................................................22 3.2.1. Bedeutung der Technologie ........................................................22 3.2.2. Zunahme der Interdependenzen ..................................................23 3.2.3. Substitution von Arbeit durch Kapital ........................................24 3.2.4. Komplexität des Produktionsprozesses.......................................26 3.2.5. Bedeutung des Wandels für die traditionelle Vollkostenrechnung....................................................................26 3.3. Wandel der Nachfragebedingungen......................................................28 3.3.1. Individualisierung der Nachfrage................................................28 3.3.2. Vielfaltsformen ...........................................................................28 3.3.2.1. Beziehungen der Vielfaltsformen ..................................28 3.3.2.2. Produkt- und Variantenvielfalt ......................................30 3.3.2.3. Bedeutung der Produkt- und Variantenvielfalt für die Kostenstruktur ...................................................30 3.3.2.4. Weitere Vielfaltsformen ................................................32 3.3.2.4.1. Teile- und Materialvielfalt.............................32 3.3.2.4.2. Zunahme der Bestelldispositionen ................33 3.3.2.4.3. Zunahme komplementärer Leistungen im Vertriebsbereich .......................................34 3.3.3. Zunahme der Qualitätsanforderungen.........................................36 3.3.4. Auswirkungen kürzerer Produktlebenszyklen ............................38 3.4. Wandel der Wettbewerbsbedingungen .................................................38 3.4.1. Wechselwirkungen zwischen Nachfrage- und Konkurrenzbedingungen.............................................................38 3.4.2. Ausweitung der Marktbeziehungen ............................................39 3.4.2.1. Voraussetzungen............................................................39 3.4.2.2. Auswirkungen der Markterweiterung ............................40
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Inhaltsverzeichnis
3.4.3. Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit als Anlass zur Entwicklung der Prozesskostenrechnung ...................................42 4. Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung .........................................43 4.1. Einleitung .............................................................................................43 4.2. Kostenerfassung und -zurechnung........................................................43 4.2.1. Kostenerfassung..........................................................................43 4.2.2. Kostenzurechnung ......................................................................44 4.3. Verwendungsarten der Kosteninformationen .......................................44 4.3.1. Planung .......................................................................................44 4.3.2. Kontrolle .....................................................................................45 4.4. Fazit ......................................................................................................46 5. Aktivitäten- und Prozessanalyse ..................................................................47 5.1. Stellung im Rahmen der Prozesskostenrechnung .................................47 5.2. Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse .............................49 5.2.1. Ziel der Aktivitäten- und Prozessanalyse....................................49 5.2.2. Aktivitätenanalyse ......................................................................50 5.2.2.1. Notwendigkeit................................................................50 5.2.2.2. Besonderheiten ..............................................................50 5.2.3. Prozessanalyse ............................................................................51 5.2.3.1. Vorschläge in der Literatur ............................................51 5.2.3.2. Prozesshierarchie ...........................................................54 5.2.3.3. Gliederungstiefe.............................................................55 5.2.3.3.1. Bedeutung und Bestimmungsfaktoren ..........55 5.2.3.3.2. Vorschläge zur operationalen Bestimmung der Gliederungstiefe .................57 5.2.4. Informationsgrundlagen..............................................................60 5.2.4.1. Vorhandene Informationsquellen...................................60 5.2.4.2. Probleme beim Rückgriff auf vorhandene Informationsquellen ......................................................61 5.2.4.3. Sonderuntersuchungen...................................................62 6. Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung .................................63 6.1. Abgrenzung und Funktionen der Kostentreiber....................................63 6.2. Anforderungen an die Kostentreiber.....................................................65 6.2.1. Grundsätzliche Anforderungen ...................................................65 6.2.2. Spezielle Anforderungen ............................................................66 6.3. Bestimmung der Kostentreiber .............................................................68 6.3.1. Verfahren zur Bestimmung der Kostentreiber ............................68 6.3.2. Anzahl erforderlicher Kostentreiber ...........................................70 6.4. Traditionelle versus prozessorientierte Bezugsgrößen .........................73
Inhaltsverzeichnis
6.5. Kritik an den prozessorientierten Bezugsgrößen ..................................76 6.5.1. Kritik an den volumenunabhängigen Kostentreibern..................76 6.5.2. Kritik an den volumenabhängigen Kostentreibern......................77 6.5.3. Fehlender zeitlicher Zusammenhang ..........................................80 7. Planung der Prozessmengen.........................................................................83 7.1. Bedeutung der Planprozessmengen ......................................................83 für die Prozesskostenrechnung ....................................................................83 7.2. Verfahren zur Bestimmung der Planprozessmengen ............................85 7.2.1. Ableitung aus dem geplanten Produktionsvolumen....................85 7.2.2. Ableitung aus dem geplanten Produktions- und Absatzprogramm ........................................................................86 7.2.2.1. Darstellung des Verfahrens............................................86 7.2.2.2. Grenzen des Verfahrens.................................................88 7.2.3. Bestimmung der Planprozessmengen durch Schätzung..............89 7.2.4. Ableitung der Planprozessmengen für den Verwaltungsbereich ....................................................................90 7.2.5. Fazit ............................................................................................91 8. Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung ....................................93 8.1. Vorbemerkungen ..................................................................................93 8.1.1. Abgrenzung des Einsatzbereichs ................................................93 8.1.2. Strategische Kalkulation .............................................................97 8.2. Kalkulationsformen ............................................................................100 8.2.1. Prozessanaloge Kalkulation ......................................................100 8.2.2. Prozessorientierte Kalkulation ..................................................101 8.2.3. Kombination beider Kalkulationsverfahren..............................102 8.2.3.1. Notwendigkeit der Kombination..................................102 8.2.3.2. Kritik des Verfahrens...................................................103 8.3. Grundprinzip der (prozessanalogen) Kalkulation ...............................104 8.3.1. Direkte (prozessanaloge) Kalkulation.......................................104 8.3.2. Indirekte (prozessanaloge) Kalkulation ....................................107 8.3.3. Kombinierte direkte und indirekte Kalkulation ........................108 8.3.3.1. Verfahren .....................................................................108 8.3.3.2. Beispiel einer Variantenkalkulation.............................110 8.3.3.3. Willkürlichkeit der Variantenkalkulation ....................113 8.4. Auswirkungen auf die Kalkulationsergebnisse...................................115 8.4.1. Abweichungsursache ................................................................115 8.4.2. Effekte.......................................................................................117 8.4.2.1. Allokationseffekt .........................................................117 8.4.2.2. Degressionseffekt ........................................................117
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Inhaltsverzeichnis
8.4.2.2.1. Ursache und Ermittlung...............................117 8.4.2.2.2. Implikationen ..............................................120 8.4.2.3. Komplexitätseffekt ......................................................121 8.4.2.3.1. Ursache und Erfassung................................121 8.4.2.3.2. Implikationen ..............................................124 8.4.2.3.3. Kritik ...........................................................125 8.5. Auswirkungen auf die Produkt- und Produktionsprogrammpolitik...127 8.6. Prozesskostenrechnung und Leistungsentsprechungsprinzip .............129 9. Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung .....131 9.1. Einleitung ...........................................................................................131 9.2. Voraussetzungen zur Anwendung der Prozesskostenrechnung..........132 9.2.1. Auswahl der Einsatzbereiche ....................................................132 9.2.2. Auswahl geeigneter Prozesse....................................................134 9.3. Planung der Verwaltungsgemeinkosten..............................................135 9.3.1. Bestimmung von Planwerten ....................................................135 9.3.1.1. Probleme der traditionellen Vorgehensweise ..............135 9.3.1.2. Vorgehensweise der Prozesskostenrechnung...............136 9.3.2. Planungsmethoden zur Beeinflussung der Verwaltungsgemeinkosten........................................................137 9.3.2.1. Traditionelle Kostenrechnungssysteme .......................137 9.3.2.2. Methoden der Praxis ....................................................139 9.3.2.2.1. Gemeinkosten-Wertanalyse.........................139 9.3.2.2.2. Zero-Base Budgeting ................................................140 9.3.2.2.3. Administrative Wertanalyse nach DIN 69 910..................................................141 9.3.2.2.4. Prozesskostenrechnung als Ergänzung der in der Praxis eingesetzten Methoden ................................142 9.3.2.3. Anpassung der Organisationsformen ...........................144 9.3.2.4. Wirkungen der Prozesskostenrechnung .......................146 9.4. Kontrolle der Verwaltungsgemeinkosten ...........................................148 10. Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung .............................151 10.1. Herausforderungen ...........................................................................151 10.2. Konsequenzen...................................................................................155 10.2.1. Neue Verwaltungssteuerung ...................................................155 10.2.2. Ziel- und Produktdefinition.....................................................157 10.2.3. Kostenstruktur.........................................................................160 10.2.4. Ermittlung prozessbezogener Produktkosten..........................162 10.2.5. Haushaltsplanung mit Prozesskostensätzen ............................165
Inhaltsverzeichnis
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10.3. Würdigung der Prozesskostenrechnung im Verwaltungsbereich .....167 11. Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels ...169 11.1. Erkenntniswert praktischer Erfahrungen ..........................................169 11.2. Informationsgrundlage der Anwendung ...........................................169 11.3. Zielsetzung .......................................................................................170 11.4. Auswahl geeigneter Analyseobjekte.................................................171 11.5. Aktivitäten- und Prozessanalyse.......................................................172 11.5.1. Aufgaben.................................................................................172 11.5.2. Analyseschritte........................................................................172 11.5.2.1. Aktivitätenanalyse .....................................................172 11.5.2.2. Prozesshierarchie und Prozessanalyse .......................173 11.5.2.3. Quantifizierung ..........................................................177 11.5.3. Probleme der Datenermittlung ................................................178 11.6. Bestimmung der Prozesskostensätze ................................................179 11.6.1. Personalkostensatz ..................................................................179 11.6.2. Sachkostensatz ........................................................................180 11.6.3. Prozesskostensätze..................................................................181 11.6.4. PC-Umsetzung ........................................................................183 11.7. Probleme des speziellen Verfahrens .................................................184 12. Gesamtwürdigung der Prozesskostenrechnung........................................187 Literaturverzeichnis .......................................................................................189 Index ..............................................................................................................203
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Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis Abb. I: Vielfaltsformen ....................................................................................29 Abb. II: Wettbewerbsdruck und Kostenentwicklung .......................................41 Abb. III: Prozesshierarchie...............................................................................54 Abb. IV: Kostenhöhe in Abhängigkeit vom Prozessvolumen..........................79 Abb. V: Anpassung an den tatsächlichen Kostenverlauf .................................80 Abb. VI: Bedeutung der Planprozessmenge.....................................................84 Abb. VII: Kostenvolumen bei Kalkulation mit Prozesskostensätzen...............94 Abb. VIII: Prinzip der prozessanalogen Kalkulation .....................................105 Abb. IX: Stückkosten bei direkter (prozessanaloger) Kalkulation.................106 Abb. X: Stückkosten bei indirekter (prozessanaloger) Kalkulation ...............108 Abb. XI: Verfahren bei Variantenkalkulation................................................109 Abb. XII: Beispiel einer Variantenkalulation.................................................111 Abb. XIII: Allokationseffekt der Prozesskostenrechnung..............................116 Abb. XIV: Degressionseffekt der Prozesskostenrechnung ............................119 Abb. XV: Wirkungen auf das Gemeinkostenniveau ......................................147 Abb. XVI: Prozessorientierte Nutz- und Leerkostenanalyse..........................150 Abb. XVII: Steuerungsprinzipien ..................................................................157 Abb. XVIII: Ziel- und Produktstruktur ..........................................................159 Abb. XIX: Produkthierarchie .........................................................................160 Abb. XX: Kostenstruktur des Landes Hessen ................................................162 Abb. XXI: Prinzip der Prozesskalkulation in der Verwaltung .......................164 Abb. XXII: Prozesshierarchie der Chemie AG ..............................................174 Abb. XXIII: Ergebnisse der Prozessanalyse des Praxisbeispiels'...................176 Abb. XXIV: Verhältnis Personal- zu Sachkosten ..........................................181 Abb. XXV: Ermittlung der Prozesskostensätze .............................................182
Einleitung
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1. Einleitung Die für die Praxis unbefriedigende Art der Verrechnung von Gemeinkosten bildete 1985 den Ausgangspunkt zur Entwicklung der Prozesskostenrechnung. Grob gesprochen handelt es sich um ein Konzept, Gemeinkosten fertigungsnaher Bereiche auf die Leistungen eines Unternehmens über die von diesen Leistungen in Anspruch genommenen Prozesse zu verrechnen. Im Anschluss an die Entwicklung der Prozesskostenrechnung in den USA und an die kurz darauf erfolgende Übernahme in Deutschland erschien sowohl in Deutschland als auch in den USA eine Vielzahl von Literaturbeiträgen. Besonders im deutschsprachigen Raum wird die Auseinandersetzung mit der Prozesskostenrechnung teilweise sehr heftig und emotional geführt. Ein nicht unwesentlicher Grund des Streites ist darin zu sehen, dass die Prozesskostenrechnung in der Praxis auf große Resonanz stieß und sich zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für bestehende Kostenrechnungssysteme entwickelte, wodurch die materiellen Interessen von Anwendungsberatern der verschiedenen Kostenrechnungssysteme berührt werden. Mit der Arbeit wird das Ziel verfolgt, die Stellung der Prozesskostenrechnung innerhalb der vorhandenen Kostenrechnungssysteme herauszuarbeiten sowie ihre Einsatzmöglichkeiten und -nutzen kritisch zu analysieren. Dazu soll wie folgt vorgegangen werden: Nach einem kurzen Abriss der Entwicklungsgeschichte der Prozesskostenrechnung wird auf die wesentlichen Gründe eingegangen, die zur Entwicklung des Kostenrechnungssystems Anlass gaben, um das Verständnis des spezifischen Verrechnungsverfahrens zu erleichtern. In den Kapiteln "Aktivitäten- und Prozessanalyse" und "Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung" werden für die Prozesskostenrechnung zentrale Sachverhalte diskutiert. Zum einen legt die Aktivitäten- und Prozessanalyse die Grundlagen, auf denen die Kostenverrechnung erfolgt. Zum anderen entscheidet die Güte der Kostentreiber wesentlich über die Aussagefähigkeit der Ergebnisse der Prozesskostenrechnung.
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Einleitung
Im Anschluss an die mit der Ermittlung von Plan-Prozessmengen verbundenen Probleme sind die beiden folgenden Kapitel dem Kern der Prozesskostenrechnung gewidmet. Im Kapitel "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung" sollen die verschiedenen in der Literatur vorgeschlagenen Kalkulationsarten dargestellt und die Aussagefähigkeit der Ergebnisse kritisch analysiert werden. Fragen der Einsetzbarkeit der Prozesskostenrechnung zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten ist ein weiteres Kapitel gewidmet. In einem komplett neuen Kapitel wird der Einsatz der Prozesskostenrechnung in öffentlichen Verwaltungen vorgestellt. Aufgrund der dort herrschenden Kostenstruktur und vor dem Hintergrund eingeleiteter bzw. beabsichtigter Reformen des Haushaltswesens verspricht die Prozesskostenrechnung eine deutlich gesteigerte Kostentransparenz, die unerlässlich für einen wirtschaftlichen Ressourceneinsatz ist. Anhand eines Praxisbeispieles wird auf die besonderen Probleme im Zuge der Umsetzung der Prozesskostenrechnung in Unternehmen eingegangen. Daran schließt sich eine zusammenfassende Gesamtbeurteilung der Prozesskostenrechnung aus aktueller Sicht an.
Historie der Prozesskostenrechnung
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2. Historie der Prozesskostenrechnung 2.1. Ausgangspunkt der Entwicklung Die Entwicklungslinien der Prozesskostenrechnung beginnen 19851 mit dem von Miller und Vollmann veröffentlichten Artikel "The hidden factory"2, in dem die Autoren zur Problematik der Gemeinkosten vor dem Hintergrund der spezifischen Situation der US-amerikanischen Wirtschaft Stellung beziehen. Miller und Vollmann äußern die These, dass die Anzahl der in einem Unternehmen ablaufenden verschiedenartigen Transaktionen3,4 ursächlich für die Höhe der Gemeinkosten ist. Als Beleg für ihre These ziehen die Autoren eine empirische Untersuchung der Wettbewerbsstrategien US-amerikanischer und japanischer Unternehmen sowie der Maßnahmen der US-Unternehmen zur Wiedererlangung ihrer Wettbewerbsfähigkeit heran. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass in den untersuchten US-Unternehmen die Anzahl der "transactions", bspw. der Produktionsumstellungen infolge von Änderungen des Produktdesigns5,6, höher als in vergleichbaren japanischen Unternehmen ist. Da gleichzeitig der Anteil der Gemeinkosten7 an den Gesamtkosten in den USA deutlich über dem der japanischen Konkurrenzunternehmen liegt, kommen die Autoren zu dem Schluss, in
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Wie allerdings Pfohl nachweist, verarbeitet die Prozesskostenrechnung eine Reihe schon lange vorher bekannter Zusammenhänge, ohne die einschlägigen Quellen kenntlich zu machen, wobei dahingestellt sein mag, ob dem Unkenntnis des Schrifttums oder bewusstes Verschweigen zugrunde liegt. Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozesskostenrechnung in industriellen Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 61. Jg. (1991), H. 11, S. 1297 f. Miller, J. G, und Vollmann, Th. E., The hidden factory, in: Harvard Business Review, Vol. 63, September/October 1985, S. 142-150; dt. Übers.: Die verborgene Fabrik, in: Harvard Manager, 8. Jg (1986), H. 1, S. 84-89. Vgl. Miller, J. G., und Vollmann, Th. E., The hidden ..., a.a.O., S. 144. Unter Transaktionen sind allgemein Handlungen oder Handlungsfolgen (z.B. "Abwicklung einer Bestellung") zu verstehen. Miller und Vollmann untergliedern die Transaktionen in die vier Kategorien logistical transactions, balancing transactions, quality transactions und change transactions. Vgl. Miller, J. G., und Vollmann, Th. E., The hidden ..., a.a.O., S. 144-146. Sie zählen zu den change transactions. Vgl. Miller, J. G., und Vollmann, Th. E., The hidden ..., a.a.O., S. 146. Wildemann schätzt die Kostenwirksamkeit von Änderungen bei Produktinnovationen auf bis zu 40%. Vgl. Wildemann, H., Weniger Kosten und verbesserte Fertigung, in: Blick durch die Wirtschaft vom 8.9.1992, S. 7. Zu den Gemeinkosten zählen alle Kosten mit Ausnahme der Lohn- und Materialeinzelkosten. Vgl. Miller, J. G., und Vollmann, Th. E., The hidden ..., a.a.O., S. 148. Diese Sichtweise ist extrem produktorientiert und beinhaltet keine weitere Differenzierung, wie sie bspw. in der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung (mehrstufiges direct costing) vorgenommen wird.
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Historie der Prozesskostenrechnung
den Transaktionen und nicht in den physischen Produkten die wesentliche Ursache der Gemeinkostenentstehung und -entwicklung zu sehen8. Die Hypothese von Miller und Vollmann läuft letztlich darauf hinaus, aus den nach traditioneller Auffassung weitgehend fixen Gemeinkosten proportionale Kosten in Abhängigkeit von den Transaktionen zu machen. Als Mittel zur Gemeinkostensenkung wird dann auch konsequent vorgeschlagen, zum einen die Anzahl der nicht notwendigen Transaktionen als "gemeinkostentreibende" Faktoren zu reduzieren, zum anderen die zur Durchführung der Leistungserstellung erforderlichen Transaktionen effizienter auszuführen9. Allerdings beschränken sich Miller und Vollmann auf die rein verbale Beschreibung der Zusammenhänge zwischen Transaktionen und Gemeinkosten, ohne ein weiterführendes Verfahren zu deren kostenrechnerischer Abbildung in Form von Prozesskostensätzen vorzustellen. Insofern kann in diesem Entwicklungsstadium noch nicht von einem (neuen) Kostenrechnungssystem gesprochen werden.
2.2. Entwicklung in den USA Die Verrechnung von (Gemein-)Kosten auf Handlungen und von diesen auf die verschiedenen Kalkulationsobjekte wurde erst 1986 im Rahmen des Cost Management Systems-Projektes der Computer Added Manufacturing International entwickelt10. Dabei ist die Prozesskostenrechnung als ein Versuch anzusehen, das nach wie vor von der klassischen Vollkostenrechnung dominierte interne Rechnungswesen US-amerikanischer Unternehmen11 den heutigen Produktionsund Marktgegebenheiten anzupassen12. Insbesondere sollte dem Wandel der Kostenstruktur, dokumentiert durch die heute häufig anzutreffende Dominanz der Gemeinkosten gegenüber den Einzelkosten, Rechnung getragen werden13. 8 9
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Vgl. Miller, J. G., und Vollmann, Th. E., The hidden ..., a.a.O., S. 143 f. Vgl. ebenda, S. 146 f. Es soll schon an dieser Stelle angemerkt werden, dass die Reduzierung der Transaktionen nicht automatisch zu geringeren Gemeinkosten führt. Dazu ist der Abbau von nicht mehr benötigten Ressourcen notwendig, der nur dispositiv vorgenommen werden kann. Vgl. Fröhling, O., Prozesskostenrechnung - Verfahren zur Gemeinkostensteuerung, in: Die Betriebswirtschaft, 50. Jg. (1990), H. 4, S. 553. Vgl. Herzog, E., Stand und Entwicklungstendenzen des innerbetrieblichen Rechnungswesens in den USA, in: Scheer, A.-B. (Hrsg.), Rechnungswesen und EDV, Heidelberg 1989, S. 313. Weitere Vorschläge betreffen u.a. die stärkere Berücksichtigung der Marktbedingungen in der Kostenrechnung, wie sie bspw. im Konzept des "target costing" verwirklicht sind. Vgl. Herzog, E., Stand ..., a.a.O., S. 318. Zu den Gründen des starken Gemeinkostenanstiegs siehe Kapitel "Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen".
Historie der Prozesskostenrechnung
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Einen wesentlichen Impuls erhielt die Prozesskostenrechnung durch das 1987 von Johnson und Kaplan veröffentlichte Buch "Relevance Lost - The Rise and Fall of Management Accounting"14. Darin behandeln die Autoren die Entwicklungslinien der Kostenrechnungssysteme. Ein Schwerpunkt der Analyse liegt dabei auf der Untersuchung der Adäquanz der mit ihrer Hilfe ermittelten Kosteninformationen, die unter besonderer Berücksichtigung der die Entscheidungssituationen maßgeblich beeinflussenden historischen Bedingungen erfolgt. Nach der vor dem Hintergrund der heutigen Unternehmensbedingungen erfolgten Feststellung des (wohl unbestrittenen) Versagens der gebräuchlichen Vollkostenrechnungssysteme entwickeln die Autoren die von Miller und Vollmann beschriebenen Sachverhalte weiter. Die hier vorgetragene "Philosophie" der Prozesskostenrechnung bildet die Grundlage der meisten zu diesem Themenkreis veröffentlichten Äußerungen und beschreibt das prinzipielle Verfahren der prozessorientierten Kostenverrechnung15. Das Werk von Johnson und Kaplan löste im US-amerikanischen Schrifttum eine breite, durch eine Vielzahl von Veröffentlichungen dokumentierte Diskussion aus, die bis heute wesentlich von Kaplan und Cooper bestimmt wird. Auch in den Unternehmen fand das Gedankengut der Prozesskostenrechnung weite Verbreitung16 und führte zu einer großen Anzahl von Publikationen, in denen die jeweils unternehmensspezifische Umsetzung und Ausgestaltung der Prozesskostenrechnung beschrieben wird. Ob die Anzahl der tatsächlichen Anwendungen der Prozesskostenrechnung, die sich nicht nur auf wenige Unternehmensbereiche beschränkt und vor allem dauerhafter Natur ist, auch der Vielzahl der Diskussionsbeiträge entspricht, muss allerdings in Zweifel gezogen werden. So schätzte Romano die Zahl der US-Unternehmen, die bis zum Jahre 1990 die Prozesskostenrechnung als Kosteninformationssystem einsetzten, auf nur ca. 11017. Trotz der intensiven Beschäftigung mit der Prozesskostenrechnung seitens der betrieblichen Praxis finden sich in der Literatur keine Beiträge, die alle Komponenten der Prozesskostenrechnung einer umfassenden wissenschaftlichen Analyse unterziehen. Den meisten Zeitschriftenartikeln sind 14
Johnson, H. T., und Kaplan R. S., Relevance Lost - The Rise and Fall of Management Accounting, Boston (Massachusetts) 1987. 15 Vgl. ebenda, S. 227-251. 16 Vgl. Bonsack, R. A., Does Activity-Based Costing Replace Standard Costing?, in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Winter 1991, S. 46. Ganz im Gegensatz dazu stößt die Prozesskostenrechnung bei den Managern der von den US-Unternehmen gefürchteten, aber auch bewunderten japanischen Unternehmen auf nur geringes Interesse. Vgl. Sakurai, M., und Keating, P. J., Target Costing und Activity-Based Costing, in: Controlling, 6. Jg. (1994), H. 2, S. 89. 17 Vgl. Romano, P. L. (Ed.), Trends in Management Accounting, in: Management Accounting, Vol. 72, August 1990, S. 55.
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Historie der Prozesskostenrechnung
kaum weitere Erkenntnisse zur "Theorie der prozessorientierten Kostenverrechnung" zu entnehmen, die über die bereits von Johnson und Kaplan vorgebrachten Aussagen hinausgehen. Darüber hinaus fällt auf, dass grundsätzliche Kritik am Verfahren der Prozesskostenrechnung im englischsprachigen Schrifttum erst in neuerer Zeit18 anzutreffen ist19. Das Theoriedefizit sowie die weitgehende Akzeptanz der Prozesskostenrechnung könnten ihre Ursache in der relativen Neuheit des Kostenrechnungssystems haben. Des Weiteren könnte das Theoriedefizit aber auch darauf zurückzuführen sein, dass in der Prozesskostenrechnung eine weitgehend als Verbesserung akzeptierte Weiterentwicklung traditioneller Vollkostenrechnungssysteme gesehen wird, die als solche nicht zur wissenschaftlichen Diskussion veranlasst.
2.3. Entwicklung in Deutschland Die Übernahme des Gedankengutes der Prozesskostenrechnung in den deutschsprachigen Raum erfolgte mit zeitlicher Verzögerung. Erst 1987 stellte Wäscher ein Verfahren zum "Gemeinkosten-Management im Material- und LogistikBereich"20 vor, das dem der US-amerikanischen Version der Prozesskostenrechnung sehr nahe kommt. Das Fehlen von Verweisen auf US-amerikanische Quellen in der genannten Veröffentlichung lässt keineswegs den Schluss zu, es handele sich um ein eigenes, vom amerikanischen Vorbild unabhängiges Konzept21. Die große sachliche Nähe geht einher mit einer großen Ähnlichkeit der verwendeten Begriffe. So sieht Wäscher in den (repetitiven) "ProzesssteuerungsVorgängen", die inhaltlich weitgehend den "transactions" der amerikanischen 18
Obwohl gelegentlich schon früher Bedenken gegenüber der Prozesskostenrechnung geäußert wurden, führten diese nicht zu einer grundsätzlichen Infragestellung des Systems der Prozesskostenrechnung. Vgl. beispielhaft Roth, H. P., und Borthick, A. F., Getting Closer to Real Product Costs, in: Management Accounting, Vol. 70, May 1989, S. 32 f. 19 So berichtet Horngren von der interessanten Beobachtung, dass eine Vielzahl von Unternehmensberatungsfirmen zwar ihren Klienten die Anwendung der Prozesskostenrechnung empfiehlt, selbst aber davon keinen Gebrauch macht. Vgl. Horngren, Ch. T., Reflections on Activity Based Accounting in the United States, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 44. Jg. (1992), H. 3, S. 292. 20 Vgl. Wäscher, D., Gemeinkosten-Management im Material- und Logistik-Bereich, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 57. Jg. (1987), S. 297-315. 21 Erst in späteren Veröffentlichungen Wäschers sind Quellenhinweise auf US-amerikanische Literatur zu finden. Vgl. bspw. Wäscher, D., CIM als Basis für ein Prozessorientiertes Gemeinkostenmanagement, in: Controlling, 3. Jg. (1991), H. 2, S. 75.
Historie der Prozesskostenrechnung
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Literatur entsprechen, Bestimmungsfaktoren der Gemeinkostenhöhe22. Als weiterer Beleg für die nahe Verwandtschaft beider Systeme ist auf die Verwendung des Begriffes "Gemeinkostentreibender Faktor" durch Wäscher hinzuweisen23. Weder inhaltlich noch begrifflich bestehen Unterschiede zum im englischsprachigen Schrifttum gebrauchten Begriff "cost driver"24. Eine größere Resonanz fand das Gedankengut der Prozesskostenrechnung im deutschsprachigen Raum erst ab 1989 nach der Veröffentlichung des Artikels "Prozesskostenrechnung – Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien" von Horvath und Mayer25,26. Die Mehrzahl der daraufhin erschienenen Artikel weist einen starken Bezug zur Praxis auf. Im Gegensatz allerdings zum US-amerikanischen Schrifttum lagen schon kurz darauf auch wissenschaftliche Beiträge vor, in denen das System der Prozesskostenrechnung mit den Mitteln der Kostenrechnungstheorie einer kritischen Überprüfung unterzogen wird27. Bei einem Vergleich zwischen praxisorientierten und wissenschaftlichen Beiträgen fällt auf, dass in der praxisorientierten Literatur die positiven und in der wissenschaftlichen Literatur die negativen Stellungnahmen eindeutig überwiegen. Eine der Prozesskostenrechnung gegenüber (weitgehend) positive Einstellung ist bei den theoretischen Abhandlungen lediglich in dem von Coenenberg und Fischer veröffentlichten Artikel zu finden. Demgegenüber sehen Pfohl und Franz in der Prozesskostenrechnung zwar einige wichtige Anregungen, die eine sinnvolle Erweiterung insbesondere der Grenzplankostenrechnung darstellen könnten, favorisieren aber in einem Vergleich eindeutig bereits vorhandene Kostenrechnungssysteme. Noch weiter geht Glaser, der die Prozesskostenrech22 23 24
Vgl. Wäscher, D., Gemeinkosten-Management ..., a.a.O., S. 308. Vgl. Wäscher, D., Gemeinkosten-Management ..., a.a.O., S. 298. Auf die Bedeutung und die Funktionen von "cost drivers" wird im Kapitel "Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung" näher eingegangen. 25 Vgl. Horvath, P., und Mayer R., Prozesskostenrechnung - Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 214-219. 26 Obwohl der Grundgedanke dem des amerikanischen Vorbilds entspricht, handelt es sich bei der von Horvath (und seinen jeweiligen Mitautoren) vorgeschlagenen Konzeption der Prozesskostenrechnung nicht lediglich um eine Kopie der amerikanischen Version. Um den speziellen deutschen Bedingungen besser gerecht werden zu können, war eine Anpassung des US-amerikanischen Konzepts notwendig. 27 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, in: Ahlert, D., Franz K.-P., und Göppl H. (Hrsg.), Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Wiesbaden 1990, S. 109-136; Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung - Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung, in: Die Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1991), H. 1, S. 21-38; Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozesskostenrechnung in industriellen Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 61. Jg. (1991), H. 11, S. 1281-1305; Glaser, G., Prozesskostenrechnung - Darstellung und Kritik, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 44. Jg (1992), H. 3, S. 275-288.
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Historie der Prozesskostenrechnung
nung als Ergänzung oder Ersatz bestehender Systeme vollkommen ablehnt. Ebenso unmissverständlich ablehnend äußert sich Riebel, der führende Vertreter einer Kostenrechnung auf Basis (relativer) Einzelkosten, wenn er Bezug nehmend auf die Produktkalkulation nach den Prinzipien der Prozesskostenrechnung von einem "naiven Verständnis zum Verursachungsprinzip" spricht28. Der scharfen Kritik von Vertretern der Kostenrechnungstheorie hält Horvath entgegen, dass sich die Theorie weit von den tatsächlichen Anforderungen der Unternehmen an Kostenrechnungssysteme entfernt habe und die Praxis die Theorie überhole29. Die Tatsache, dass seit längerer Zeit wieder ein "neues" Kostenrechnungssystem vorgestellt wurde, sowie der scharfe Gegensatz in der Beurteilung der Prozesskostenrechnung zwischen Theorie und Praxis30 haben dazu geführt, dass die Prozesskostenrechnung mittlerweile zu den am intensivsten diskutierten betriebswirtschaftlichen Themen gehört31.
28 29
Vgl. Riebel, P., Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 7. Aufl., Wiesbaden 1994, S. 706. Vgl. Horvath, P., Kieninger, M., Mayer, R., und Schimank, C., Prozesskostenrechnung - oder wie die Praxis die Theorie überholt, in: Die Betriebswirtschaft, 53. Jg. (1993), H. 5, S. 609-628. 30 Insbesondere Unternehmensberatungsgesellschaften propagieren den Einsatz der Prozesskostenrechnung. Vgl. Küting, K.-H., und Lorson, P., Prozesskostenrechnung mit kritischen Augen sehen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.7.1992, S. 18. 31 Vgl. Fröhling, O., Thesen zur Prozesskostenrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 62. Jg. (1992), H. 7, S. 724.
Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen
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3. Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen 3.1. Vorbemerkungen Die Entwicklung der Prozesskostenrechnung geht auf die vor allem in der Praxis verbreitete Kritik an den bestehenden Systemen der Kostenrechnung zurück. Nach Auffassung der Befürworter der Prozesskostenrechnung sind die gebräuchlichen Kostenrechnungssysteme nicht mehr in der Lage, die Entscheidungsträger mit den benötigten Informationen zu versorgen. Ein wesentlicher Grund für das "Versagen" der traditionellen Kostenrechnung wird in ihrem Alter gesehen. So wurden die Grundprinzipien der Vollkostenrechnung bereits in den 1920er Jahren gelegt und dabei von den seinerzeitigen Produktionsgegebenheiten und Informationsanforderungen geprägt. Angesichts der Entwicklungen auf allen Gebieten innerhalb und außerhalb der Unternehmen bezweifeln die Vertreter der Prozesskostenrechnung, dass es mit Hilfe der nach wie vor weit verbreiteten Methoden der Vollkostenrechnung möglich ist, das Unternehmensgeschehen wertmäßig richtig abzubilden32. Auch den im Vergleich zur Vollkostenrechnung jüngeren Teilkostenrechnungssystemen wird eine fragwürdige Aussagefähigkeit ihrer Ergebnisse vorgeworfen, da die von ihnen unterstellte Dominanz der Einzelkosten oder der variablen Kosten33 mittlerweile einem Übergewicht der fixen Gemeinkosten gewichen sei34. Daher seien die bestehenden Kostenrechnungssysteme durch ein neues, den heutigen Bedingungen besser entsprechendes Kostenrechnungssystem zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. Da der Wandel der Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen zum einen zur Begründung der Prozesskostenrechnung herangezogen wird und zum anderen bei der Untersuchung der Frage, ob die Prozesskostenrechnung auf die Veränderungen bessere Antworten als die bestehenden Kostenrechnungssysteme 32
Zur historischen Entwicklung der Kostenrechnung sowie ihrem "Versagen" und den daraus resultierenden Konsequenzen aus US-amerikanischer Sicht vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost - The Rise and Fall of Management Accounting, Boston (Massachusetts) 1987. 33 Dem System P. Riebels liegen (relative) Einzelkosten und -erlöse, dem des direct costing variable Kosten zugrunde. Die Grenzplankostenrechnung nach W. Kilger baut auf konstanten Grenzkosten und somit auch konstanten variablen Stückkosten auf. 34 Vgl. Horvath, P., Die Unternehmenspraxis braucht die Prozesskostenrechnung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.8.1992, S. 12.
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Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen
geben kann, eine bedeutende Rolle spielt, sollen im Folgenden zunächst die wesentlichen Entwicklungslinien des Wandels seit der Grundlegung der heute gebräuchlichen Kostenrechnungssysteme aufgezeigt werden. Dabei ist vor allem auf die Bedeutung des Wandels für die Kostenstruktur35 hinzuweisen.
3.2. Wandel der Produktionsbedingungen 3.2.1. Bedeutung der Technologie Infolge des kontinuierlichen technisch-wissenschaftlichen Fortschritts waren die zur Zeit der Entwicklung der traditionellen Kostenrechnungssysteme bestehenden Produktionsbedingungen durch den Einsatz neuer Technologien36 starken Wandlungen unterworfen, wobei die Intensität des Wandels aufgrund des beschleunigten Wissenszuwachses37 im Zeitablauf zunahm. Diese Entwicklung ist bis heute zu beobachten, so dass auch die derzeitigen Verhältnisse ständigen Wandlungen unterworfen sind. Die neuen Technologien erfassten nicht nur den reinen Fertigungsbereich als den Ort, der vornehmlich mit technischen Neuerungen in Verbindung gebracht wird, sondern gewannen in allen Unternehmensbereichen wachsende Bedeutung38, wie der Einsatz EDV-gestützter Arbeitstechniken im Bürobereich verdeutlicht. Den derzeit neuesten Stand der Technologie im Fertigungsbereich stellen die "Flexiblen Fertigungssysteme" dar, die jeweils aus mehreren numerisch gesteuerten Maschinen bestehen, die über einen eigenen Rechner koordiniert werden, der wiederum in ein übergeordnetes Rechnersystem integriert sein kann. Neben der schnellen und flexiblen Umrüstung zeichnen sich Flexible Ferti-
35
Aus der Sicht der Prozesskostenrechnung sind hierbei vor allem das Verhältnis der Einzel- zu den Gemeinkosten und daneben das Verhältnis der variablen zu den fixen Kosten (in Abhängigkeit von der Beschäftigung) als Kostenstrukturmerkmale von zentraler Bedeutung. 36 Vgl. Biel, A., Einführung der Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 35. Jg.(1991), H. 2, S. 85. Ebenso: Cooper, R., und Kaplan, R. S., Measure Costs Right: Make the Right Decisions, in: Harvard Business Review, Vol. 66, October 1988, S. 96. 37 Vgl. Picot, A., Strukturwandel und Wettbewerbsdruck, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 42. Jg. (1990), H. 2, S. 121. 38 Vgl. Brunton, N. M., Evaluation of Overhead Allocations, in: Management Accounting, Vol. 70, July 1988, S. 22.
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gungssysteme durch den automatisch erfolgenden An- und Abtransport der zu bearbeitenden Werkstücke aus39. 3.2.2. Zunahme der Interdependenzen Charakteristisch für die heutigen Produktionsbedingungen ist die Zunahme gegenseitiger Abhängigkeiten zwischen einzelnen Teilfunktionen des Produktionsprozesses40. Bei den schon erwähnten Flexiblen Fertigungssystemen wird dies besonders deutlich. Der Einsatz derartiger Systeme setzt eine am Produktionsprozess orientierte Gestaltung des innerbetrieblichen Transportsystems voraus und verlangt eine genaue Abstimmung des Produktionsprozesses mit dem anderer Fertigungseinheiten. Auch die schon länger bekannten und weiter verbreiteten CIM-Konzeptionen41 zeichnen sich als Folge des Einsatzes von Computer-Technologie zur Unterstützung und Steuerung von Fertigungsprozessen durch eine Vielzahl von Interdependenzen aus, insbesondere bei Integration mehrerer Maschinen zu einer Fertigungseinheit. Die Integration von mehreren Einheiten zu komplexen Systemen bleibt nicht ausschließlich auf den Fertigungsbereich beschränkt, sondern bezieht auch die dem Produktionsbereich vor- und nachgelagerten Bereiche mit ein. So erfordert die fertigungssynchrone Beschaffung, die als JIT-Konzeption vor allem bei Unternehmen der Massengutfertigung zum Einsatz kommt, eine genaue Abstimmung zwischen Fertigungs- und Beschaffungsbereich. Die früher nur eingeschränkt vorhandenen Koordinationsmöglichkeiten von Teilsystemen wurden dadurch erleichtert, dass an den Schnittstellen zwischen Beschaffungs- und Produktionsbereich sowie an den Schnittstellen innerhalb des Fertigungsbereichs Lager als Puffer eingerichtet wurden oder automatisch entstanden. Leistungsfähigere Systeme der Elektronischen Datenverarbeitung und Steuerung ermöglichen demgegenüber in vielen Fällen heute schon eine lagerfreie Produktion. Dennoch anzutreffende (ausgedehnte) Lagerhaltung im 39
Zur Konzeption Flexibler Fertigungssysteme vgl. Tempelmeier, H., Planung Flexibler Fertigungssysteme, in: Das Wirtschaftsstudium, 21. Jg. (1992), H. 5, S. 407-413, sowie die dort genannte Literatur. Vgl. Schillinglaw, G., Management Accounting und Neue Technologien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 20. Ebenso Siegwart, H., und Raas, F., Anpassung der Kosten- und Leistungsrechnung an moderne Fertigungstechnologien, in: Kostenrechnungspraxis, 33. Jg. (1989)., H. 4, S. 7 f. 41 Vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost ..., a.a.O., S. 217. 40
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Fertigungsbereich kann oft als Indiz für verdeckte Planungs- und Abstimmungsprobleme angesehen werden42. Ein weiteres Beispiel für das Bestreben, Aufgaben zu integrieren, die früher wenig koordiniert und daher weitgehend unabhängig voneinander durchgeführt wurden, stellt das Konzept der "total quality control" dar. Es verfolgt das Ziel, die für einen ungestörten Produktionsprozess notwendige Qualität der weiterzuverarbeitenden Werkstücke auf jeder Produktionsstufe sicherzustellen43. Dazu wird die bisher überwiegend erst am Ende des kompletten Fertigungsvorgangs oder nach größeren Produktionsabschnitten erfolgende Qualitätsprüfung auf jeden einzelnen Produktionsschritt ausgedehnt, wobei die Durchführung der Qualitätskontrolle weitgehend beim Fertigungspersonal angesiedelt ist. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die heutigen Produktionstechnologien aufgrund der ausgeprägten Verflechtungen auch mit anderen Unternehmensbereichen eine Abkehr von der isolierten Betrachtung einzelner Teil- und Funktionsbereiche zugunsten einer mehrere Bereiche einschließenden Querschnittsbetrachtung erfordern44. Dabei sollte die an betrieblichen Abläufen (Prozessen) orientierte, horizontale Betrachtungsweise die früher übliche, an Funktionen orientierte vertikale Ausrichtung ersetzen. Die Berücksichtigung der vielfältigen Abhängigkeiten im Betriebsablauf wird durch die Orientierung an Prozessen automatisch erreicht, da es sich bei Prozessen definitorisch um eine Zusammenfassung (stark) interdependenter Einzelkomponenten eines komplexen Geschehens handelt. 3.2.3. Substitution von Arbeit durch Kapital Die mit den neuen Technologien einhergehende Automatisierung der Fertigung45 führte zu einer noch heute andauernden Substitution von Arbeit durch Kapital46. Für die Kostenstruktur der Industrieunternehmen bedeutet die Zu42 43 44
Vgl. Schulte, Ch., Produzieren Sie zu viele Varianten, in: Harvard Manager, 11. Jg. (1989), H. 2, S. 215. Vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost ..., a.a.O., S. 210 f. Zum Teil ist diese Forderung schon heute in den modernen Formen der Logistik verwirklicht. Sie erweitert die "alte" Materialwirtschaft durch die Einbeziehung vor- und nachgelagerter Funktionsbereiche zu einer Querschnittsfunktion. Zum Charakter der Logistik als Querschnittsfunktion vgl. Pfohl, H.-Ch., Logistiksysteme, 5. Aufl., Berlin/Heidelberg u. a. 1996, S. 34 und 194 f. 45 Vgl. Biel, A., Einführung ..., a.a.O., S. 85. 46 Vgl. Nanni, A. J., Miller, J. G., und Vollmann, T. H., What shall we account for?, in: Management Accounting, Vol. 69, March 1988, S. 92. Vgl. Ebenso: Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost ..., a.a.O., S. 210.
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nahme der Kapitalintensität in den Fertigungsbereichen eine Veränderung des Anteils einzelner Kostenarten an den Gesamtkosten. Die Lohnkosten verloren relativ zu den Gesamtkosten an Bedeutung, wohingegen die Kapitalkosten, die aus den Abschreibungen der Anlagegüter sowie deren Finanzierungskosten47 resultieren, stark an Bedeutung gewannen. Waren die früher dominierenden Lohnkosten wegen der zur damaligen Zeit vor allem in den Unternehmen der Massenfertigung vorherrschenden Entlohnung auf Akkordbasis überwiegend variable Einzelkosten, so handelt es sich bei den heute bedeutsamen Abschreibungen und Finanzierungskosten der Anlagegüter weitgehend um fixe Gemeinkosten48. Bei einem hohen Anteil der Lohn- an den Gesamtkosten wurde in einer Reduzierung der Arbeitsintensität ein wichtiges Instrument gesehen, die gesamten Stückkosten zu reduzieren49,50. Diese Substitution von Arbeit durch Kapital wurde nicht unwesentlich durch den Einsatz von Vollkostenrechnungssystemen begünstigt51. Am Beispiel der Verrechnung von Gemeinkosten auf Teilbereiche des Unternehmens, insbesondere Kostenstellen, wird der Einfluss der Vollkostenrechnung auf den Trend zur Erhöhung der Kapitalintensität besonders deutlich. Kostenstellen- und Teilbereichsleiter mit Kostenverantwortung und Investitionskompetenz konnten unter bestimmten Bedingungen ihre Kostenposition verbessern. Bei Verrechnung der Gemeinkosten auf der Grundlage von Lohneinzelkosten bestand die Möglichkeit, durch Substitution von Arbeit durch Kapital oder Bevorzugung kapitalintensiverer Lösungen im Rahmen anstehender Investitionsentscheidungen eine vergleichsweise geringere Belastung der eigenen Kostenstelle mit Gemeinkosten herbei zu führen52.
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48 49 50
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Im Fall der Kreditfinanzierung der Anlagegüter entsteht (effektiver) Zinsaufwand. In den Fällen der Rückfluss-, Überschuss- sowie Beteiligungsfinanzierung handelt es sich bei den Finanzierungskosten um kalkulatorische Zinsen im Sinne von Opportunitätskosten. Vgl. Ames, C. B., und Hlavacek, J. D., Vital Truth about Managing your Costs, in: Harvard Business Review, Vol. 68, January/February 1990, S. 142. Vgl. ebenda. Dieser Effekt tritt bei unverändertem Faktorpreisverhältnis nur dann ein, wenn die Produktivität des zusätzlich eingesetzten Kapitals diejenige der eingesparten Arbeit übersteigt. Davon kann angesichts der stürmischen Entwicklung der Technologie nach dem Zweiten Weltkrieg im Allgemeinen ausgegangen werden. Vgl. Berlant, D., Browning, R., und Foster, G., How Hewlett-Packard Gets Numbers it Can Trust, in: Harvard Business Review, Vol. 68, January/February 1990, S. 180. Voraussetzung ist, dass die der Kostenstelle zugerechneten Gemeinkosten die Einsparungen bei den Lohnkosten nicht überkompensieren.
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Die sicherlich zunächst positiven Wirkungen des durch die Vollkostenrechnung forcierten Kapitaleinsatzes stoßen allerdings aus der Perspektive des Gesamtunternehmens dann an ihre Grenzen, wenn die möglichen Einsparungen durch einen verringerten Personalbedarf vollständig von den induzierten Kosten der höheren Kapitalinvestitionen kompensiert werden53. 3.2.4. Komplexität des Produktionsprozesses Infolge der Kapitalintensivierung nahm die Komplexität der Produktionsabläufe zu54. Sie stellt einen bisher allerdings kaum beachteten und erfassten Einflussfaktor der Kostenstruktur dar. Denn die Beherrschung der Komplexität erfordert eine Vielzahl planender und steuernder Tätigkeiten55. Diese kostenintensiven Aufgaben sind im so genannten (fertigungsnahen) indirekten Bereich angesiedelt, der als "Dienstleister" des Fertigungsbereichs dessen Funktionsfähigkeit sicherstellt. Bei den dadurch verursachten Kosten handelt es sich hauptsächlich um weitgehend fixe Personalkosten, die meistens in keiner unmittelbaren Beziehung zu den einzelnen Kostenstellen stehen. Da für diese Kosten nur ausnahmsweise ein direkter Produktzusammenhang über die traditionellen Bezugsgrößen herstellbar ist, wird die durch den technologischen Wandel im reinen Fertigungsbereich bedingte Verschiebung in der Kostenstruktur in Richtung einer Erhöhung des Anteils fixer Gemeinkosten an den Gesamtkosten durch die wachsende Bedeutung des indirekten Bereichs56 noch verstärkt. 3.2.5. Bedeutung des Wandels für die traditionelle Vollkostenrechnung Den traditionellen Kostenrechnungssystemen werfen die Vertreter der Prozesskostenrechnung vor, die Gemeinkosten nicht mehr den heutigen Produktionsbedingungen angemessen zu verteilen57. Es komme insbesondere bei Unter-
53 54 55 56 57
Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement - Ein Weg zur Hebung der Produktivitätsreserven im indirekten Bereich, in: Technologie und Management, 37. Jg. (1988), H. 3, S. 17. Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement im indirekten Bereich, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 324. Vgl. Fröhling, O., Prozesskostenrechnung - Verfahren zur Gemeinkostensteuerung, in: Die Betriebswirtschaft, 50. Jg. (1990), H. 4, S. 553. In Industrieunternehmen sind durchschnittlich bereits fast 50% der Beschäftigten im indirekten Bereich tätig. Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement im indirekten Bereich, a.a.O., S. 326. Vgl. Raffish, N., How Much Does that Product Really Cost? in: Management Accounting, Vol. 72, March 1991, S. 36.
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nehmen mit Produkten stark unterschiedlicher Produktkomplexität zu ausgeprägten Kostenverzerrungen58. Im Vergleich zu einfacheren (und lohnintensiveren) Produkten bestehen komplexe Produkte bspw. aus einer größeren Anzahl an Einzelteilen und Baugruppen oder benötigen zu ihrer Erzeugung zusätzliche Produktionsstufen. Mit der größeren Komplexität verbunden ist ein Mehrbedarf an unterstützenden Aktivitäten des indirekten Bereichs. Die Vertreter der Prozesskostenrechnung sehen nun einen kausalen Zusammenhang zwischen der Produktkomplexität und der Höhe der Gemeinkosten, der damit begründet wird, dass die Befriedigung des Mehrbedarfs an Planungsund Steuerungsaktivitäten durch komplexere Produkte häufig eine Erhöhung der Kapazitäten im indirekten Bereich zur Folge habe, die dann ihrerseits zu der Gemeinkostensteigerung führe. Die Praxis der Gemeinkosten-Schlüsselung im Rahmen der hier kritisierten Vollkostenrechnungssysteme, wie sie heute noch in den USA gebräuchlich sind, steht in der Tat im krassen Widerspruch zu den Produktionsbedingungen. Die Verwendung von Lohn- oder Materialeinzelkosten als Verteilungsmaßstab bewirkt eine den Produktionsbedingungen zuwiderlaufende Belastung der Produkte mit Gemeinkosten. Wird der oben dargestellten Argumentation gefolgt, ist eine Anpassung der Kostenrechnung an die heutigen Produktionsbedingungen zu fordern59. Die Prozesskostenrechnung, so ihre Befürworter, erfülle die an ein modernes Kostenrechnungssystem zu stellenden Anforderungen. Bei der Beurteilung dieser Aussage sind die Besonderheiten im Ursprungsland der Prozesskostenrechnung (USA) zu berücksichtigen. Für die Situation der Kostenrechnung im deutschsprachigen Wirtschaftsraum bleibt allerdings zu fragen, ob nicht die bekannten neueren Ansätze, wie bspw. die stufenweise Fixkostendeckungsrechnung oder die Grenzplankostenrechnung nach W. Kilger60 – mit eventuell notwendigen Er58
McNair, C. J., Interdependence and Controll: Traditional vs. Activity-Based Responsibility Accounting, in: Cost Management, Vol. 4, Summer 1990, S. 17. Vgl. Berlant, D., Browning, R., und Foster, G., How Hewlett-Packard Gets Numbers it Can Trust, in: Harvard Business Review, Vol. 68, February 1990, S. 178. 60 Mit diesen beiden Systemen wird die Prozesskostenrechnung im deutschsprachigen Schrifttum häufiger verglichen. Vgl. Reichmann, T., Schwellnuß A. G., und Fröhling, O., Fixkostenorientierte Plankostenrechnung, in: Controlling, 2. Jg. (1990), H. 2, S. 60-67, und Küting, K., und Lorson, P., Grenzplankostenrechnung versus Prozesskostenrechnung, in: Betriebsberater, 46. Jg. (1991), H. 21, S. 1421-1433. 59
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gänzungen –, auch weiterhin geeignete oder sogar der Prozesskostenrechnung überlegene Kostenrechnungskonzepte darstellen.
3.3. Wandel der Nachfragebedingungen 3.3.1. Individualisierung der Nachfrage Der Einfluss der Nachfrage auf die Situation der Unternehmen hat in dem Maße zugenommen, wie die nach dem Zweiten Weltkrieg vorherrschenden Verkäufermärkte61 zunehmend durch Käufermärkte abgelöst wurden. Diese Entwicklung war eine Folge des in den 1960er Jahren einsetzenden starken allgemeinen Einkommenszuwachses, der es weiten Bevölkerungskreisen erlaubte, neben Produkten des täglichen Bedarfs und Standardprodukten zunehmend auch Produkte nachzufragen, die ihren persönlichen Präferenzen besser entsprachen, womit der Anteil der Standardprodukte am Gesamtproduktionsvolumen ab- und der der individuellen Produkte zunahm62. Wollten die Unternehmen, bei überdies wachsendem Konkurrenzdruck, ihre Kunden nicht verlieren, waren sie zu einem Eingehen auf die zunehmend individuelleren Nachfragerwünsche gezwungen. Viele der hiermit verbundenen Anpassungsmaßnahmen, die nahezu alle Tätigkeitsfelder der Unternehmen erfassten, riefen jeweils spezifische Formen der Vielfalt hervor. 3.3.2.
Vielfaltsformen
3.3.2.1. Beziehungen der Vielfaltsformen In Abhängigkeit vom betrachteten betrieblichen Teilgebiet besitzt der Begriff Vielfalt unterschiedliche Ausdrucksformen. Im Produktionsbereich zeigt sich Vielfalt für die Unternehmen in einer großen Anzahl gefertigter Produkte63 und Varianten64 sowie in einer Vielzahl aufgelegter Lose. Die Marketing- und Ver61
Auf Verkäufermärkten besteht ein Nachfrageüberhang, der kurzfristig aufgrund von Engpässen im Produktionsapparat nicht ausgeglichen werden kann. 62 Vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost ..., a.a.O., S. 217. 63 Vgl. o. V., Logistik prägt das Denken der Unternehmer, in: Blick durch die Wirtschaft vom 18.10.1991, S. 1. 64 Um einen Vergleich der Entwicklung der Anzahl an Produkten und Varianten im Zeitablauf durchführen zu können und um Aussagen über eventuell vorhandene Unterschiede im Grad der Vielfalt zwischen mehreren Unternehmen zu ermöglichen, bietet sich als Maßstab die Anzahl der Auflagen an. Vgl. Campbell, R. J., Pricing Strategy in the Automotive Glass Industry, in: Management Accounting, Vol. 71, July 1989, S. 28.
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triebsabteilungen sehen sich einer wachsenden Anzahl untereinander heterogener Kundengruppen sowie einem größeren Kreis von Einzelkunden gegenüber. Für die Beschaffungsabteilungen resultieren neue Herausforderungen durch die Ausdehnung der Bestelldispositionen65. Die Vielfaltsformen existieren nicht isoliert nebeneinander, sondern sind eng miteinander verbunden. Als auslösender Faktor der verschiedenen Vielfaltsformen kann der Wunsch der Nachfrager nach individuelleren Produkten angesehen werden, der bei den Unternehmen zu einer kundenorientierten Erhöhung der Produkt- und Variantenzahl führte. Die damit ausgelösten weiteren Vielfaltsformen sind in Abbildung I dargestellt.
Individualisierung der Nachfrage individuellere Produkte = Ausweitung der Produkt- und Variantenanzahl
Vertriebsbereich Zahl der Kunden mit unterschiedlichen käuferbezogenen Merkmalen nimmt zu
Produktionsbereich Anzahl der Fertigungslose nimmt zu
Beschaffungsbereich Anzahl der Teile und Materialien nimmt zu Anzahl der Bestellungen nimmt zu
Einfluss der Technologie Abb. I: Vielfaltsformen
65
Vgl. Schulte, Ch., Aktivitätsorientierte Kostenrechnung, in: Controlling, 3. Jg. (1991), H. 1, S. 18.
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Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen
3.3.2.2. Produkt- und Variantenvielfalt Die Automobilindustrie als Beispiel verdeutlicht die Entwicklung zur Produktund Variantenvielfalt. In ihren Anfängen handwerklich organisiert und in Folge der technologischen Entwicklung zunächst in den USA, nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Europa, zur Massenfertigung weniger Modelle ausgebaut, zeichnet sich die Produktionsstruktur heutiger Automobilhersteller durch ein breites Produktspektrum und eine kaum mehr überschaubare Anzahl von Produktvarianten aus66. Um auf schnelllebigen Märkten den Wünschen der Nachfrager nach verbesserten und neuen Produkten folgen zu können, ist es unumgänglich, Forschungsund Entwicklungsabteilungen auf- und auszubauen. Während Entwicklungsarbeiten an bereits existierenden Produkten (Weiterentwicklung) oder bereits vorliegenden Produktkonzeptionen durchgeführt werden und somit die hier entstehenden Kosten zwar nicht zu einzelnen Produkteinheiten, aber z. B. zu einer Produktgruppe einen direkten Bezug aufweisen und daher auf dieser Ebene als Einzelkosten ausgewiesen werden können, zeichnen sich die Kosten der Forschung durch eine große Produktferne aus. Da Forschungsaktivitäten häufiger nicht einmal ein verwertbares Ergebnis haben und somit als eindeutiges Zurechnungsobjekt nur das Unternehmen als Ganzes in Frage kommt, handelt es sich bei den meisten Forschungskosten um (Unternehmens-)Gemeinkosten.
3.3.2.3. Bedeutung der Produkt- und Variantenvielfalt für die Kostenstruktur Die Zunahme der Produkt- und Variantenvielfalt führte nicht nur zu komplexeren Produktionsprozessen, sondern wirkte sich daneben auch auf die der Fertigung vor- und nachfolgenden Funktionsbereiche Beschaffung und Vertrieb aus. Insgesamt bewirkte die Vielfalt sowie die durch sie bedingte größere Komplexität in den Unternehmen eine Verlagerung von den direkt mit der Fertigung verbundenen Tätigkeiten zu den nur mittelbar der Fertigung dienenden67. 66
Zur Entwicklung der Automobilindustrie aus US-amerikanischer Perspektive vgl. Womack, J. P., Jones, D. T., Roos, D., und Carpenter, D. S., Die zweite Revolution in der Autoindustrie, 8. Aufl., Frankfurt/New York 1994. 67 Vgl. Eversheim, W., Schuh G., und Caesar, C., Neue Ansätze für eine produktionsnahe Kostenrechnung, in: Ahlert, D., Franz, K.-P., und Göppl, H. (Hrsg.), Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Wiesbaden 1990, S. 80 und 100 f.
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Wegen der mit der oben beschriebenen Entwicklung einhergehenden absoluten und relativen Zunahme der Gemeinkosten ist die Schlussfolgerung nicht unplausibel, in der Anzahl der Varianten und Produkte68 Kosteneinflussgrößen zu sehen69, die in den bekannten Kostenrechnungssystemen bisher zu wenig Berücksichtigung finden70. Eine besondere Bedeutung kommt der Kosteneinflussgröße "Vielfalt" auch für die Begründung der Prozesskostenrechnung und die Beurteilung bestehender Kostenrechnungssysteme durch ihre Befürworter zu. Nach Auffassung der Prozesskostenrechner handelt es sich um eine Größe, die in der Lage ist, die sog. volumenunabhängigen Kosten71 zu erklären. Diese Kosten sind unabhängig vom Beschäftigungsgrad und variieren ausschließlich in Abhängigkeit vom Grad der Vielfalt und Komplexität72. Da die Prozesskostenrechnung eine Behandlung derartiger Kosten erlaubt, erscheint sie daher bestehenden Kostenrechnungssystemen überlegen. In den Gemeinkostensteigerungen als Folge einer Vielfalt, die das Optimum der Verbundvorteile (economies of scope) überschreitet73, wird die Gefahr gesehen, die durch die Massenproduktion geschaffenen Kostenvorteile (economies of scale) wieder zu verlieren74. Der Beitrag der Prozesskostenrechnung zur Vermeidung der angesprochenen Fehlentwicklungen besteht in der Offenlegung der Vielfaltskosten sowie deren Beachtung als Entscheidungsparameter im Rahmen der Preis- und Produktionsprogrammentscheidungen der Unternehmen. Des Weiteren kann die Berücksichtigung der Vielfaltskosten der Ausgangspunkt für
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Darüber hinaus dient die Anzahl gefertigter Varianten und Produkte als Maßstab für Komplexität, in der wiederum eine Bestimmungsgröße der Gemeinkostenhöhe gesehen wird. Die enge Wechselwirkung zwischen Komplexität und Gemeinkostenhöhe zeigt sich in der Verwendung des Verhältnisses von Gemeinkosten zu Einzelkosten als weiterer (relativer) Maßstab der Komplexität. Vgl. o. V., Anmerkungen zum Beitrag "Prozesskostenrechnung - Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung" von A. G. Coenenberg und Th. M. Fischer, in: Die Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1991), H. 3, S. 392. Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozesskostenrechnung in industriellen Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 61. Jg. (1991), H. 11, S. 1285. Vgl. Pfeiffer, W., Rathnow, P., und Weiß, E., Eine unkontrollierte Variantenvielfalt kann die Wettbewerbsfähigkeit kosten, in: Blick durch die Wirtschaft vom 2.12.1992, S. 8. Der Begriff "volumenunabhängige Kosten" ist ein spezieller Ausdruck der zur Prozesskostenrechnung erschienenen Literatur und umfasst inhaltlich im Wesentlichen den traditionellen Begriff "Fixkosten". Vgl. Cooper, R., und Kaplan, R. S., How Cost Accounting Distorts Product Costs, in: Management Accounting, Vol. 69, April 1988, S. 27. Vgl. Schulte, C., Aktivitätsorientierte ..., a.a.O., S. 19. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung - Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung, in: Die Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1991), H. 1, S. 24.
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Maßnahmen zur Kostenreduzierung sein, wie sie bspw. nach dem Konzept des "Continuous Improvement" vorgesehen sind75. 3.3.2.4.
Weitere Vielfaltsformen
3.3.2.4.1. Teile- und Materialvielfalt Die Erhöhung der Anzahl gefertigter Varianten und Produkte ist (fast) zwangsläufig mit einer Zunahme der zu ihrer Produktion benötigten Teile und Materialien verbunden. Zu dieser Entwicklung kann es auch bei unverändertem Produktionsprogramm kommen, da die Produkte in der Folge technologischer Weiterentwicklungen und Neuerungen einen höheren Grad an Funktionalität und Kompliziertheit aufweisen, die mehr (und komplexere) Einzelteile verlangen. Die Handhabung der zunehmenden Teile- und Materialvielfalt bedingt in vielen Fällen die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten in den betroffenen Funktionsbereichen. Bei den sachlichen Kapazitäten sind bspw. Erweiterungen und Anpassungen der Lagersysteme vorzunehmen oder die Informations- und Kommunikationssysteme auszubauen. Ebenso sind quantitative und qualitative Maßnahmen im Personalbereich wahrscheinlich, da die Zunahme der Lieferantenkontakte, der vermehrte Einsatz EDV gestützter Arbeitstechniken sowie die insgesamt komplexeren Beziehungen des Unternehmens zu seinen Lieferanten76 zu einer höheren Beanspruchung des Personals führen. Viele der durch ein Anwachsen der Teile- und Materialvielfalt bewirkten Veränderungen sind ursächlich mit einem Kostenanstieg in den davon betroffenen (indirekten) Unternehmensbereichen verbunden77. Daher wird in der Reduzierung der Teilevielzahl ein wichtiger Ansatzpunkt zur Reduzierung der Gemeinkosten gesehen78. Die in der Literatur diesbezüglich 75
Dessen Ziel ist es, durch ständige Verbesserungen der Produktionsabfolge- und Produktionssteuerungsvorgänge, z. B. der Umrüstvorgänge, den negativen Wirkungen der Produkt- und Variantenvielfalt entgegenzuwirken, indem bspw. die Umrüstvorgänge beschleunigt und somit die unproduktiven (und nur Kosten verursachenden) Stillstandszeiten reduziert werden. Da die prozessuale Sicht im Continuous Improvement-Konzept stark ausgeprägt ist, eignen sich zur Steuerung und Kontrolle entsprechender Maßnahmen insbesondere Prozessorientierte Kosteninformationen. Vgl. Turney, P. B. B., und Reeve, J. M., The Impact of Continuous Improvement on the Design of Activity-Based Cost Systems, Journal of Cost Management, Vol. 4, Summer 1990, S. 45. 76 Z. B. durch die Notwendigkeit einer an den vielfältigen Unternehmens- und Bereichszielen orientierten Auswahl unter einer Vielzahl potentieller Lieferanten. 77 Vgl. Eberle, P., Kosten- und Leistungsrechnung: Relevance Lost?, in: Die Betriebswirtschaft, 49. Jg. (1989), H. 1, S. 99.
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schon seit längerer Zeit unabhängig von der Prozesskostenrechnung diskutierten Maßnahmen zur Reduzierung der Teile- und Materialvielfalt, die auf der Teileund Materialebene ansetzen, wie bspw. der Vorschlag, verstärkt auf (multifunktionale) Gleichteile zurückzugreifen79, können auch aus der Interpretation der prozessorientierten (Kosten-)Informationen abgeleitet werden. Denn mit einer Verminderung der Anzahl benötigter Teile und Materialien entfällt gleichzeitig ein Teil der in den betroffenen Bereichen anfallenden Prozesse80 und der damit verbundenen Kosten. Wirkungsvoller, da die Ursache berücksichtigend, sind allerdings Maßnahmen, die direkt auf der Produktebene ansetzen. Die Prozesskostenrechnung schlägt diesbezüglich vor, die verschiedenen Produkte und Varianten unter Zugrundelegung bestimmter Kriterien unterschiedlich mit Gemeinkosten zu belasten. Die sich daran anschließende Rentabilitätsanalyse, die alle als entscheidungsrelevant angesehenen Kosten einbezieht, soll dann Aufschluss darüber bringen, ob und ggf. welche Produkte und Varianten aus dem Produktionsprogramm zu nehmen sind, so dass auf diesem Wege eine Reduzierung der Teile- und Materialvielfalt erfolgt. 3.3.2.4.2. Zunahme der Bestelldispositionen Die Teile- und Materialvielfalt ihrerseits ist der auslösende Faktor für die Zunahme der erforderlichen Bestelldispositionen im Beschaffungsbereich. Für ein breites Spektrum zu beschaffender Güter steigt aufgrund der Spezialisierung auch bei den Herstellern dieser Produkte die Lieferantenanzahl und folglich die Anzahl der Bestelldispositionen. Als weiterer Einflussfaktor ist auf den steigenden Wert der Einkaufteile hinzuweisen, der bei einer Optimierung der Bestellmenge81 unter Beachtung der Bestell- und Kapitalbindungskosten c. p. häufigere Bestellungen induziert. Die Erhöhung der Zahl aufgelegter Lose, als eine weitere Folge der Produktund Variantenvielfalt, erlaubt es den Unternehmen, flexibel auf sich ändernde 78
Darüber hinaus sollen bauliche Veränderungen, insbesondere die Vereinfachung der Symmetriedaten der Teile, die ein weniger aufwendiges Handling ermöglichen, zu geringeren Kosten führen. Vgl. Huthwaite, B., The Link between Design and Activity-Based Accounting, in: Manufacturing Systems, Vol. 7, October 1989, S. 46. 79 Vgl. ebenda, S. 22. 80 Vgl. Wäscher, D., Prozesskostenrechnung als Instrument zur Reduzierung von Beständen, Logistikkosten und Durchlaufzeiten, in: Kostenrechnungspraxis, Sonderheft 1/1992, S. 55. 81 Damit ist bei gegebenem Bestellvolumen auch die Anzahl der Bestellungen determiniert.
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Kundenwünsche zu reagieren82. Als negative Konsequenz der Flexibilisierung kommt es allerdings zu einem Anstieg der Bestellvorgänge, wenn das gesamte Produktionsvolumen nicht sinkt und die Bestellung der zur Fertigung der je Los benötigten Teile an den Produktionstermin gekoppelt ist. Der Trend zur Erhöhung der Anzahl der Bestellungen dürfte noch durch das Bestreben verstärkt werden, den Anteil der selbst erstellten Zwischenprodukte durch Vergabe an externe Anbieter zu senken, die aufgrund von Spezialisierungsvorteilen in der Lage sind, kostengünstiger als das eigene Unternehmen zu produzieren, wovon das den Auftrag gebende Unternehmen bei Weitergabe des Vorteils durch das spezialisierte Unternehmen profitieren kann. Die steigende Anzahl von Bestellungen sowie die große Anzahl unterschiedlicher Teile können im Beschaffungsbereich nur mit Hilfe neuer Techniken bewältigt werden, die im Vergleich zu früheren Zeiten wesentlich aufwendiger sind. Somit trägt auch dieser Unternehmensbereich zur Erhöhung des Gemeinkostenvolumens bei. 3.3.2.4.3. Zunahme komplementärer Leistungen im Vertriebsbereich Der Vertriebsbereich vieler Unternehmen sieht sich, anderes als im Referenzzeitraum83, einer Vielzahl untereinander heterogener Gruppen von Nachfragern gegenüber. Um den Unternehmenserfolg langfristig zu sichern, sind die Unternehmen gezwungen, ihre Aktivitäten an den speziellen Merkmalen der jeweiligen Zielgruppe auszurichten. So sind bspw. gezielte Werbeaktionen erforderlich, um auf die für die jeweilige Zielgruppe ausgerichteten Produkte aufmerksam zu machen. Des Weiteren sind die Vertriebskanäle an den Kundenbedürfnissen orientiert auszuwählen und zu gestalten. Im Vertriebsbereich erfährt der Trend der Individualisierung der Leistungen dadurch eine Verstärkung, dass der Markterfolg von Unternehmen nicht mehr ausschließlich von den Eigenschaften des eigentlichen (Haupt-)Produktes, sondern zunehmend von komplementären, stark an den Kundenbedürfnissen orientierten
82 83
Vgl. Weber, J., Logistik als zentrale Herausforderung an die Unternehmensführung (Teil 2: Die Summe der Kosten gilt es möglichst gering zu halten), in: Blick durch die Wirtschaft vom 10.6.1992, S. 7. Als Referenzzeitraum wird von den Vertretern der Prozesskostenrechnung der Entwicklungszeitraum bestehender (Voll-)Kostenrechnungssysteme herangezogen, die den seinerzeitigen Unternehmensbedingungen entsprochen haben sollen.
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Nebenleistungen abhängt84. Diese werden im betriebswirtschaftlichen Schrifttum unter dem keineswegs eindeutig definierten Begriff "Service"85 zusammengefasst. Für die im Zusammenhang mit dem Service anfallenden Kosten wird zwar häufiger eine getrennte Erfassung sowie eine nach bestimmten Service-Leistungen gesondert durchzuführende Kalkulation gefordert86, eine genauere Analyse der Kosten sowie eine darauf aufbauende differenzierte Verrechnung ist in der betrieblichen Praxis allerdings weitgehend unbekannt87. Die "Service-Kosten" gehen vielmehr in den Gemeinkostenblock des Vertriebs-/ Marketingbereichs oder den des Gesamtunternehmens ein und werden nach Maßgabe des im Unternehmen eingesetzten Kostenrechnungssystems weiter behandelt. Bspw. erfolgt im Fall der traditionellen Vollkostenrechnung die Weiterverrechnung auf die Kalkulationsobjekte meistens auf der Grundlage von Einzelkosten. Ein Grund für die Art der Verrechnung mag in dem Charakter der Service-Leistungen liegen, die hauptsächlich als Dienstleistungen erbracht werden. Zur Erbringung von Dienstleistungen, die nicht gelagert und somit auch nicht auf Vorrat produziert werden können, sind insbesondere bei stark schwankender Nachfrage große Leistungspotentiale, hauptsächlich in Form von Personalkapazitäten, vorzuhalten. Wegen der häufig langen Bindungsdauer der Arbeitsverträge ist der Anteil der Bereitschaftskosten an den gesamten Service-Kosten besonders hoch88.
84 85
86 87
88
Vgl. o. V., Wie die Rentabilität von Kundenbeziehungen erhöht werden kann, in: Blick durch die Wirtschaft vom 12. Juni 1992, S. 1. Das Spektrum der Leistungen reicht von Beratungen und individuell ausgestalteten Finanzierungsmodellen vor dem Kauf, über Hilfen bei der Installation und dem Angebot von Wartungs- und Reparaturdiensten während der Nutzungsdauer, bis hin zur Entsorgung des gebrauchten Produktes nach dessen Nutzungszeit. Vgl. Frisch, W., Service-Management, Wiesbaden 1989, S. 288. In der zum Themenkreis "Service/Kundendienst" vorliegenden Literatur setzt sich die geringe Aufmerksamkeit der Praxis gegenüber den Service-Kosten fort. Es sind nur vereinzelte und dann auch nicht sehr tiefgehende Diskussionsansätze zu Fragen der Kostenrechnung bei Service-Leistungen vorhanden. Vgl. hierfür bspw. Bänsch, A., Einführung in die Marketing-Lehre, 4. Aufl., München 1998, S. 130 ff. Vgl. Uhlenbruck, N., Dienstleistungen als Innovationspotential für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, Bergisch-Gladbach/Köln 1986, S. 20.
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3.3.3. Zunahme der Qualitätsanforderungen Mit den wachsenden Anforderungen der Nachfrager an das Angebotsprogramm der Unternehmen stieg gleichzeitig auch das Qualitätsbewusstsein89,90 bei den Endverbrauchern. Welche Bedeutung der Qualität für die wirtschaftliche Entwicklung von Unternehmen zukommt, zeigt wiederum das Beispiel der USamerikanischen Automobilindustrie. Ein aus Nachfragersicht geringer Qualitätsstandard, vor allem im Vergleich mit dem der japanischen Hauptkonkurrenten, ist ein nicht unwesentlicher Grund für den Verlust an internationaler und nationaler Wettbewerbsfähigkeit. Daraus wiederum resultiert der im Trend ungebrochene Marktanteilsverlust nordamerikanischer Automobilhersteller91. Qualitativ hochwertige Produkte setzen ihrerseits ein ebenso hohes Qualitätsniveau der fremd bezogenen Teile und Baugruppen voraus, mit der Folge, dass auch bei den Zulieferunternehmen der Industrie der Qualitätsdruck steigt. Für die Zulieferunternehmen gewinnen die Zusicherung und Einhaltung geforderter Qualitätsstandards zunehmend als Wettbewerbsfaktoren an Bedeutung92, insbesondere wenn sie in Just-In-Time-Konzepte93 der Fertigungsunternehmen eingebunden sind. Die durch mangelnde Qualität verursachten Produktionsunterbrechungen94 und die damit verbundenen Schäden treffen über vertragliche Regelungen in Form von Konventionalstrafen ein Zulieferunternehmen in nicht unerheblichem Ausmaß. Des Weiteren ist bei öfter auftretenden Qualitätsabweichungen die Fort89
90 91 92
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94
Qualität kann als Maß der Übereinstimmung zwischen den Merkmalen und Merkmalsausprägungen einer betrieblichen Leistung einerseits und den Anforderungen an diese Leistung andererseits definiert werden. Vgl. Specht, G., und Schmelzer, H. J., Instrumente des Qualitätsmanagements in der Produktentwicklung, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung, 44. Jg. (1992), S. 531. Für das Maß der Übereinstimmung sind nicht (ausschließlich) die objektiven Produktmerkmale, sondern (hauptsächlich) die kundenspezifischen Anforderungen entscheidend. Vgl. Schillinglaw, G., Management ..., a.a.O., S. 201. Der Anteil sank von ca. 73% im Jahre 1955 auf ca. 25% im Jahre 1991. Vgl. Womack, J. P., Jones, D. T., Roos, D., und Carpenter, D. S., Die zweite ..., a.a.O., S. 49. Den Ergebnissen einer Untersuchung zufolge sieht eine Mehrzahl der befragten Unternehmen in der Qualität einen "überlebensnotwendigen" Wettbewerbsfaktor. Vgl. o. V., Qualitätssicherung - für das Überleben immer wichtiger, in: Blick durch die Wirtschaft vom 25.6.1992, S. 1. Die produktionssynchrone Beschaffung als Ersatz für die traditionelle Lagerhaltung wird im Rahmen von Just-In-Time-Konzepten durch die integrierte Verarbeitung der Daten des Fertigungs- und Beschaffungsbereichs sowie durch Segmentierung der Fertigung ergänzt. Vgl. Wildemann, H., Das Just-In-Time-Konzept, 3. Aufl., München 1992, S. 32 ff. Es besteht aufgrund der nur noch sehr geringen Reichweite der Handlager (Lager im traditionellen Sinn existieren überhaupt nicht mehr) kaum mehr die Möglichkeit, fehlerhafte Zulieferteile durch einwandfreie zu ersetzen. Wegen der engen Verflechtung der Produktionsanlagen, wie sie bei der Fließfertigung vorliegt, bedeutet der Ausfall auf einer Produktionsstufe nicht selten den Stopp der kompletten Produktionsstraße.
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setzung der Zusammenarbeit in Frage gestellt95, wodurch angesichts der häufig ausgeprägten Abhängigkeit eines Zulieferers von einem Großkunden96 die wirtschaftliche Existenz des Zulieferunternehmens gefährdet sein kann. Die Unternehmen reagieren auf diese Herausforderung mit der Einrichtung von Qualitätssicherungskonzepten, um den Kundenanforderungen gerecht zu werden. Die konsequenteste Form der Qualitätsorientierung ist im Total QualityKonzept verwirklicht, das neben einer unbedingten Kunden- und Mitarbeiterausrichtung eine, auch von der Prozesskostenrechnung unterstützte, kontinuierliche Verbesserung von Systemen und Prozessen beinhaltet97. Nach einer Untersuchung, die auf von Unternehmen veröffentlichten Angaben beruht, beträgt der Anteil der Qualitätsanpassungs- und Qualitätssicherungskosten bis zu 5 % des Umsatzes. Dabei dürfte es sich eher um eine Untergrenze handeln, da die Unternehmen an einem exakten Ausweis98 der genannten Kosten nicht interessiert sind99. Die als Folge der Qualitätsanpassungs- und Qualitätssicherungsmaßnahmen anfallenden Kosten werden derzeit weitgehend dem Block der Gemeinkosten zugerechnet. Denn zum einen kommen die Maßnahmen meistens nicht einzelnen Produkten oder Produktgruppen, sondern (direkt oder indirekt) dem gesamten Produktionsvolumen zugute. Zum anderen bestehen methodische Schwierigkeiten bei der Ableitung der Qualitätskosten aus den vorhandenen Informationsquellen (Betriebsbuchhaltung, Kostenrechnung, Betriebsstatistik)100.
95 96
97 98
99 100
Vgl. Hessenbruch, H. E., Schwachstellen vermeiden und Ausschuss senken, in: Blick durch die Wirtschaft vom 12.8.1992, S. 7. Die Abhängigkeit ist u. a. darauf zurückzuführen, dass das Zulieferunternehmen in Abstimmung mit seinem Kunden stark spezialisierte Teile auf entsprechend konzipierten Anlagen produziert. Um Aufträge anderer Abnehmer auszuführen, sind häufig größere kostenintensive Anpassungen der Spezialmaschinen unvermeidlich. Der Wechsel zu einem anderen Abnehmer stellt daher oft keine Alternative zur Verbesserung der Gewinnsituation dar. Vgl. o. V., Qualitätssicherung ..., a.a.O., S. 1. Hier ist zu berücksichtigen, dass die Höhe der ausgewiesenen Qualitätskosten stark von der gewählten Definition des Begriffs Qualitätskosten abhängt, der den Rahmen der einzubeziehenden Kostenarten und Kostenbestandteile jeweils unterschiedlich weit absteckt. Vgl. Wicher, H., Qualitätskosten als Instrument zur Anpassung und Sicherung der Qualität, in: Das Wirtschaftsstudium, 21. Jg. (1992), H. 7, S. 558 f. Vgl. Wicher, H., Qualitätskosten ..., a.a.O., S. 557.
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3.3.4. Auswirkungen kürzerer Produktlebenszyklen Der größere Einfluss der Kundenwünsche auf das Produktionsprogramm in Verbindung mit der Beobachtung, dass die Präferenzen der Nachfrager im Vergleich zu früheren Zeiten stärkeren und häufigeren Schwankungen unterworfen sind, bewirkt eine, je nach Produktart unterschiedliche101, Verkürzung der Produktlebenszyklen102,103. Damit verkürzen sich im Vergleich zum Referenzzeitraum die pay-off-Perioden, während der die Unternehmen ihre "Vorleistungen" und einen als angemessen betrachteten Gewinn über die Markterlöse realisieren können. Daraus leiten die Vertreter der Prozesskostenrechnung die Forderung ab, auch die Fixkosten bei Entscheidungen über die Aufnahme und das Ende der Produktion von Produkten mit zu berücksichtigen104.
3.4. Wandel der Wettbewerbsbedingungen 3.4.1. Wechselwirkungen zwischen Nachfrage- und Konkurrenzbedingungen Untrennbar mit den Wandlungen auf dem Gebiet der Nachfrage ist die Veränderung der Wettbewerbssituation105 für die heute am Markt agierenden Unternehmen verbunden, wobei zwischen Nachfrage- und Wettbewerbsbedingungen starke Wechselwirkungen bestehen. Der Einfluss der Nachfrage besteht darin, dass sich Unternehmen, die schnell auf die jeweiligen Präferenzen der Nachfrager reagieren106, einen Wettbewerbsvorteil sichern und zeitlich begrenzt nutzen 101 Reine Modeprodukte und technische Produkte, die eine hohe Innovationsrate aufweisen, unterliegen naturge-
mäß stärkeren Absatzschwankungen als Produkte des täglichen Bedarfs (z. B. Nahrungsmittel).
102 Vgl. Schnur, J. A., Only the Flexible Survive, in: Information Strategy, Vol. 8, Winter 1991, S. 44. 103 Weitere Einflussgrößen sind der technische Fortschritt und die Wettbewerbssituation, wobei zwischen allen
Einflussfaktoren Wechselbeziehungen bestehen.
104 Vgl. Ames, C. B., und Hlavacek, J. D., Vital Truth ..., a.a.O., S. 142. 105 Wettbewerb entsteht durch Rivalität zweier oder mehrerer Wirtschaftssubjekte (z. B. Unternehmen) um knap-
pe Güter (aus Unternehmenssicht um die Nachfrager). Vgl. zur allgemeinen Definition von "Wettbewerb" Stigler, G., Competition, in: Eatwell, J., Milgate, M., und Newmann, P. (Hrsg.), The New Palgrave - A Dictionary of Economics, Vol. 1, London 1987, S. 531-536. 106 Die Berücksichtigung von unter den damaligen Produktionsbedingungen realisierbaren Kundenbedürfnissen war im Referenzzeitraum nicht (zwingend) erforderlich. Die Unternehmen konnten i. d. R., auch wenn die Produkteigenschaften von den Präferenzen der Nachfrager abwichen, aufgrund des Nachfrageüberhangs von einem gesicherten Absatz ihres Produktionsvolumens ausgehen. Ein Eingehen auf die Nachfragerwünsche wäre zudem in vielen Fällen wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen, da eine darauf zurückzuführende Absatzsteigerung nicht möglich war, so dass zumindest von dieser Seite zur Deckung der aufgrund der Umsetzung der Nachfragerpräferenzen verursachten zusätzlichen Kosten kein Erlöswachstum zu erwarten gewesen wäre.
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können. Allerdings sind die Konkurrenzunternehmen aufgrund ihrer abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit sowie der damit verbundenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zu Gegenmaßnahmen gezwungen. Aus diesem Grund und wegen der häufiger wechselnden Nachfragerpräferenzen dürften langfristige Wettbewerbs- und Marktvorteile heute eher die Ausnahme sein. Andererseits versetzt eine starke Konkurrenz, die die Voraussetzungen schafft, zwischen einer Vielzahl von Anbietern mit ähnlichem Leistungsspektrum auszuwählen, die Nachfrager erst in die Lage, bspw. ein sehr differenziertes Angebotsprogramm, welches auch individuelle Service-Leistungen umfasst, von den Unternehmen zu verlangen. 3.4.2.
Ausweitung der Marktbeziehungen
3.4.2.1. Voraussetzungen Die Erweiterung der Marktbeziehungen über die Grenzen des eigenen Landes hinaus hat zu einer Internationalisierung und, mit der fortschreitenden Entwicklung einiger Schwellenländer, zu einer "Globalisierung des Wettbewerbs" beigetragen107. Der Ausbau des Handels zu einer "Weltwirtschaft" wäre ohne den Abbau nationaler beschränkender Eingriffe in den freien Handel, wie seit 1948 durch das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT)108 angestrebt, kaum möglich gewesen. Zu einer weiteren Belebung des Handels und des damit verbundenen internationalen Wettbewerbs führte der Auf- und Ausbau einheitlicher Wirtschaftsräume wie der Europäischen Gemeinschaft (EG) sowie der Zusammenschluss der mit ihr assoziierten Länder zur Europäischen Freihandelszone (EFTA) oder der Aufbau eines der EG nachempfundenen Wirtschaftsraums in Asien (ASEAM). Trotz der Bestrebungen, den internationalen Handel zu liberalisieren, besitzen die nationalen Behörden weiterhin einen z. T. nicht unerheblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen. So bewirken z. B. die national unterschiedlichen staatlichen Auflagen und Normen bei global tätigen Unternehmen eine 107 Vgl. Biel, A., Einführung ..., a.a.O., S. 85. 108 Das GATT wird mittlerweile von über 120 Staaten (einschließlich Nichtunterzeichnerstaaten) angewendet.
Den Vorläufer, die Havanna-Charta, unterzeichneten 1947 lediglich 23 Staaten. Vgl. Dichtl, E., und Issing, O. (Hrsg.), Vahlens Großes Wirtschaftslexikon, 2. Aufl., Bd. 1, München 1993, S. 58 f.
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Ausdehnung der Variantenanzahl109 und verstärken damit den durch Nachfrager und Konkurrenten ausgelösten Trend zur Ausweitung der Produktionsprogramme. Parallel zur Entwicklung im politischen Raum wurden die für einen schnellen und preiswerten Austausch von Gütern unerlässlichen Verkehre ausgebaut und weiterentwickelt. Zudem wurden durch die neuen Kommunikationstechniken die Voraussetzungen für einen ungehinderten Informationsfluss zwischen den weit entfernten Märkten und den Unternehmenszentralen geschaffen, so dass heimische Unternehmen gegenüber ortsfremden kaum mehr über einen Informations- und damit Wettbewerbsvorsprung verfügen. 3.4.2.2. Auswirkungen der Markterweiterung Die Ausweitung der Handelsbeziehungen setzt viele, vor allem aber die international tätigen Unternehmen einem wachsenden Wettbewerbsdruck aus110. Dieser trifft auch Märkte mit hohem Innovationspotential. Zwar besteht auf diesen die Möglichkeit, zunächst eine führende Marktstellung zu erlangen und Vorsprungsgewinne zu erzielen, diese sind jedoch wegen der schon angesprochenen Entwicklungen im Nachfragerverhalten und bei den Produktlebenszyklen nur von beschränkter Dauer. Angesichts des gestiegenen Wettbewerbsdrucks sind die Unternehmen gezwungen, schneller auf sich wandelnde Märkte zu reagieren111. Die unternehmenszielgerechte Anpassung an sich ändernde Marktbedingungen ist nur auf der Grundlage umfangreicher Informationen sowohl über Nachfrager als auch über Konkurrenten möglich. Von Nutzen für das Unternehmen sind die gesammelten Informationen allerdings nur, wenn die daraus abgeleiteten Erkenntnisse in den dafür maßgeblichen Bereichen, wie z. B. der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, auch verwertet werden können. Die hierzu notwendige Flexibilität verlangt häufig einen Kapazitätsausbau. Dieser kann sowohl Abteilungen, die für Informationsbeschaffung und -auswertung verantwortlich sind, als auch Bereiche, in denen die gewonnenen Erkenntnisse umgesetzt werden, betreffen. Bei den in den indirekten 109 Vgl. Schulte, C., Aktivitätsorientierte ..., a.a.O., S. 18. 110 Vgl. Cooper, R., und Kaplan, R. S., Make the ..., a.a.O., S. 96. 111 Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement - Ein Weg ..., a.a.O., S. 17.
Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen
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Bereichen anfallenden Kosten handelt es sich überwiegend um Gemeinkosten, deren Ansteigen mit zur beschriebenen Kostenstrukturverschiebung beiträgt112. Der zu den steigenden Gemeinkosten beitragende intensivere Wettbewerb zwingt die Unternehmen allerdings auch, vorhandene oder noch zu beschaffende Ressourcen effizienter zu nutzen, um auf der Kostenseite konkurrenzfähig zu bleiben113. Die in Abbildung II114 vereinfacht dargestellte Entwicklung der Gesamtkosten in Abhängigkeit von der Beschäftigung zeigt für den Fall stärkeren Wettbewerbs, dass die effizientere Nutzung von Ressourcen sowohl zu einem Abbau nicht mehr benötigter Kapazitäten, deren Beibehaltung nur mit Fixkosten verbunden wäre, als auch zur Abflachung des Kostenanstiegs bei Beschäftigungszunahme beitragen kann.
Gesamtkosten
schwacher Wettbewerbsdruck
starker Wettbewerbsdruck
Beschäftigung
Abb. II: Wettbewerbsdruck und Kostenentwicklung
112 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung - Strategische ..., a.a.O., S. 22. 113 Unwirtschaftlicher Ressourceneinsatz ist in Zeiten geringen Wettbewerbsdrucks (nur) mit dem Verzicht auf
andernfalls mögliche Gewinne verbunden. Bei intensiverem Wettbewerb und eventuell hinzukommenden weiteren negativen Einflussfaktoren (z. B. allgemeine Konjunkturschwäche) kann die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz die Folge sein. Häufig werden erst in solchen Situationen Maßnahmen zum effizienteren Einsatz der Produktionsfaktoren ergriffen. 114 In Anlehnung an Picot. Vgl. Picot, A., Strukturwandel ..., a.a.O., S. 125.
42
Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen
Die Steigerung der Effizienz des Ressourceneinsatzes in den Bereichen, die im wesentlichen nur (fixe) Gemeinkosten aufweisen (Gemeinkostenbereiche), gehört zu den Zielen der Prozesskostenrechnung. Inwieweit sie dieses Ziel erreichen kann, soll weiter unten behandelt werden115. 3.4.3. Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit als Anlass zur Entwicklung der Prozesskostenrechnung Um den Anlass zur Entwicklung der Prozesskostenrechnung besser nachvollziehen zu können, soll nochmals auf die spezifischen US-amerikanischen Gegebenheiten eingegangen werden. In der Vielzahl von Produkten und Varianten wird ein für die US-Wirtschaft negativer Einflussfaktor der Kosten- und Wettbewerbsfähigkeit gesehen116. Dieser führte sowohl zur verbreiteten Wettbewerbsunfähigkeit der US-Unternehmen auf den internationalen Märkten als auch infolge der Öffnung des US-Marktes für ausländische Anbieter zum Verlust an Wettbewerbsfähigkeit auf dem heimischen Markt117. Allerdings ist weniger in der größeren Vielfalt als in den mangelnden und fehlerhaften Kosteninformationen eine Ursache für die derzeitige Situation zu suchen118. Insbesondere dem traditionellen Rechnungswesen wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, für Produktentscheidungen keine geeigneten Kosteninformationen zur Verfügung zu stellen119. Eine Verbesserung der angeschlagenen Wettbewerbsposition der US-Unternehmen setzt die Kenntnis der "wahren" Kosten voraus120, zu deren Ermittlung, so ihre Vertreter, das activity-based costing/accounting ein geeignetes Instrumentarium darstellen soll121.
115 Siehe Kapitel "Gemeinkostplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung". 116 Vgl. O'Guin, M., Focus the Factory with Activity-Based Costing, in: Management Accounting, Vol. 71, Feb-
ruary 1990, S. 40.
117 Diese von den Vertretern des activity-based costing stark betonte Ursache der mangelnden Wett-
118 119 120 121
bewerbsfähigkeit der US-Unternehmen und der Kostenstrukturverschiebungen sah Drucker bereits 1963. Vgl. Drucker, P. F., Managing for Business Effectivness, in: Harvard Business Review, Vol. 41, May/June 1963, S. 57. Vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., The Rise ..., a.a.O., S. 206 und 209. Vgl. Cooper, R., und Kaplan, R. S., How Cost Accounting ..., a.a.O., S. 22. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 24. Vgl. Cooper, R., ABC: The Right Approach for You?, in: Accountancy, Vol. 107, January 1991, S. 71.
Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung
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4. Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung 4.1. Einleitung Den mit einem Kostenrechnungssystem verfolgten Zielen sowie den daraus abgeleiteten Aufgaben kommen zwei wesentliche Funktionen zu. Zum einen dienen sie potentiellen Anwendern zur Beurteilung des "Leistungsspektrums" der zur Diskussion stehenden Kostenrechnungssysteme122. Zum anderen ist es mit Hilfe der Ziele möglich zu überprüfen, inwiefern die Qualität der Kosteninformationen den betriebsindividuellen Anforderungen genügt. Kostenrechnungssysteme werden in Unternehmen zu dem Zweck eingesetzt, für Planungs- und Kontrollvorgänge Informationen über den Werteverzehr, der durch den Gütereinsatz im Rahmen des Leistungserstellungs- und -verwertungsprozesses entsteht, bereitzustellen. Daher müssen es Kostenrechnungssysteme ermöglichen, die Kosten zu erfassen und sie den zu analysierenden Bezugsobjekten zuzurechnen. Im Folgenden sollen die Ziele der Prozesskostenrechnung dargestellt sowie Besonderheiten im Vergleich zu den Zielen und Aufgaben traditioneller Kostenrechnungssysteme herausgearbeitet werden.
4.2. Kostenerfassung und -zurechnung 4.2.1. Kostenerfassung Der erste Schritt zur Ermittlung von Kosteninformationen ist die Erfassung und Gliederung der in einer Abrechnungsperiode anfallenden oder angefallenen123 Kosten. Dies ist Aufgabe der Kostenartenrechnung, in deren Rahmen die Kosten gegliedert nach der Art der im betrieblichen Leistungserstellungsprozess eingesetzten Güter erfasst werden124. Zur Kostenartenrechnung unterbreitet die Prozesskostenrechnung keine eigenen Vorschläge, sondern bedient sich der Daten, die nach den Methoden bereits vorhandener Kostenrechnungssysteme ermittelt werden.
122 So kann bspw. aus den Zielen geschlossen werden, ob das Kostenrechnungssystem prinzipiell eine Deckungs-
beitragsrechnung ermöglicht.
123 Abhängig von der Ausgestaltung der Kostenrechnung als Plan- oder Ist-Kostenrechnung. 124 Vgl. Diederich, H., Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 7. Aufl., Stuttgart/Berlin/Köln 1992, S. 504 ff.
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Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung
4.2.2. Kostenzurechnung Die traditionelle Kostenrechnung unterscheidet die Zurechnungsobjekte Kostenstelle und (betriebsbezogene) Leistung. Analog zur bekannten Vollkostenrechnung erfolgt auch bei der Prozesskostenrechnung die Kostenverrechnung in zwei Schritten. Die Prozesskostenrechnung weist dabei die Besonderheit auf, dass die Kostenstelle als erstes Zurechnungsobjekt nunmehr von Prozessen ersetzt wird. Das Zurechnungsobjekt "Prozess" ist Ausdruck der an innerbetrieblichen Abläufen ausgerichteten Prozesskostenrechnung. Dagegen orientiert sich die traditionelle (Voll-)Kostenrechnung hauptsächlich an institutionellen Gegebenheiten, wie sie in Kostenstellen ihren Niederschlag finden. Eine weitere Besonderheit der Prozesskostenrechnung zeigt sich bei der Verrechnung von Kosten auf Kalkulationsobjekte. Wird diese in bestehenden Kostenrechnungssystemen sowohl in Form einer Kostenträgerstück- als auch in Form einer Kostenträgerzeitrechnung durchgeführt, beschränkt sich die Prozesskostenrechnung auf die Kostenträgerstückrechnung (Kalkulation)125. In diesem Zusammenhang widmet die Prozesskostenrechnung der Ermittlung der Kosten interner (Dienst-)Leistungen besondere Aufmerksamkeit.
4.3. Verwendungsarten der Kosteninformationen 4.3.1. Planung Die Ermittlung von Kosteninformationen stellt keinen Selbstzweck dar, sondern dient der Unterstützung von Planung und Kontrolle126 des betrieblichen Geschehens. Planung setzt die Kenntnis der zu planenden Sachverhalte voraus. Als Vorzug der Prozesskostenrechnung wird in diesem Zusammenhang angeführt, zur Steigerung der Transparenz der Leistungserstellung127 in den Bereichen beizutragen, die von den traditionellen Kostenrechnungssystemen bisher vernachlässigt wurden128. Ein erstes Einsatzgebiet finden die prozessorientierten Kosteninformationen im Rahmen der Planung des Produktionsprogramms. In Verbindung mit den zugehörigen Erlösen der Kostenträger sollen die Entscheidungs125 Zur Kalkulationsfunktion vgl. ebenda, S. 513 f. 126 Die isolierte Behandlung von Planung und Kontrolle dient lediglich einer besseren Darstellung der jeweiligen
Teilaspekte. In der Praxis stellen Planung und Kontrolle sich wechselseitig bedingende Tatbestände dar, die häufig nicht genau zu trennen sind.
127 Vgl. Kieninger, M., und Sommerfeldt, H., Prozesskostenrechnung mit dem PC, in: Controlling, 4. Jg. (1992),
H. 1, S. 39.
128 Vgl. Glaser, H., Ein Maßstab ..., a.a.O., S. 1.
Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung
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grundlagen für den wirtschaftlichen Einsatz der vorhandenen Produktionsfaktoren (Lenkungsfunktion) verbessert werden129. Im Gegensatz zu den traditionellen Kostenrechnungsverfahren, die lediglich für kurzfristige Entscheidungen bei gegebener Kapazität aussagefähige Kosteninformationen bereitstellen, betonen die Befürworter der Prozesskostenrechnung insbesondere die Eignung der mit Hilfe der Prozesskostenrechnung ermittelten Kostendaten zur Unterstützung langfristiger Produktionsprogrammplanungen, die auch Kapazitätsanpassungen (Auf- und Abbau von Produktionsfaktoren) umfassen können130. Darüber hinaus sieht die Prozesskostenrechnung für Kostenstellen des Verwaltungsbereichs eine, bisher nur im Fertigungsbereich praktizierte, mengenorientierte Planung der vom indirekten Bereich zu erbringenden Leistungen sowie die stärkere Berücksichtigung prozessualer Aspekte vor, um darauf aufbauend an Aktivitäten ausgerichtete Gemeinkostenbudgets festlegen zu können. 4.3.2. Kontrolle Kontrolle gründet auf einer Gegenüberstellung von Plan- und Istwerten und setzt somit Kostenplanung und (Ist-)Kostenerfassung voraus. Die Plankosten können zum einen den Charakter von Vorgaben aufweisen, die von den Kostenverantwortlichen131 nicht überschritten werden sollen. Des Weiteren kann es sich um Prognosewerte handeln, die zusammen mit den tatsächlich entstandenen Kosten eine weitere Grundlage der Kostenkontrolle bilden132. Die Kostenkontrolle wäre allerdings ohne größeren Nutzen, wenn nicht die Ursachen vorhandener Abweichungen analysiert und entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet würden. Aufgrund der starken Berücksichtigung ablauforganisatorischer Aspekte erscheint die Prozesskostenrechnung geeignet, Kosteninformationen zu
129 Vgl. Glaser, H., Ein Maßstab für Wirtschaftlichkeit, in: Blick durch die Wirtschaft vom 17.3.1992, S. 1. 130 Aus diesem Grund wird häufiger von "strategischer Kalkulation" gesprochen. Vgl. Horvath, P., und Mayer,
R., Prozesskostenrechnung, in: Prozesskostenrechnung - Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 218. Siehe dazu auch Abschnitt "Strategische Kalkulation" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung". 131 Dem Grundgedanken der Prozesskostenrechnung entspricht weniger eine an (institutionalisierten) Kostenstellen orientierte als vielmehr eine bereichsübergreifende und an betrieblichen Abläufen ausgerichtete Kostenkontrolle, wie sie im Konzept des "Prozessverantwortlichen (process owner)" verankert ist. Siehe hierzu Abschnitt "Anpassung der Organisationsformen" des Kapitels "Gemeinkostenmanagement mit der Prozesskostenrechnung". 132 Vgl. Ostrenga, M. R., Activities: The Focal Point of Total Cost Management, in: Management Accounting, Vol. 71, February 1990, S. 43.
46
Ziele und Aufgaben der Prozesskostenrechnung
ermitteln, die in Verbindung mit den Erkenntnissen der Aktivitäten- und Prozessanalyse Grundlage zur Verbesserung von Prozessstrukturen sein können133.
4.4. Fazit Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die mit der Prozesskostenrechnung verfolgten Ziele und Aufgaben bis auf einige systembedingte Besonderheiten mit denen der bekannten Kostenrechnungssysteme übereinstimmen. Im Zusammenhang mit den oben genannten Zielen wird von der Prozesskostenrechnung die "Vermeidung aller mit den traditionellen Kostenrechnungssystemen verbundenen Probleme" in den Rang eines eigenständigen Zieles erhoben. Die Steigerung der Aussagefähigkeit der Kosteninformationen soll dabei durch eine, im Vergleich zur derzeitigen Praxis, "verursachungsgerechtere" Verteilung der Gemeinkosten erreicht werden134. Allerdings ist darin kein eigenständiges Ziel sondern vielmehr der Anspruch zu sehen, den Zielerreichungsgrad bestehender Systeme zu übertreffen und den betrieblichen Gegebenheiten besser entsprechende Kosteninformationen bereitzustellen135.
133 Vgl. Mayer, R., und Glaser H., Die Prozesskostenrechnung als Controllinginstrument, in: Controlling, 3. Jg.
(1991), H. 6, S. 299 f.
134 Vgl. Bonsack, R. A., Does Activity-Based Costing Replace Standard Costing? in: Journal of Cost Manage-
ment, Vol. 4, Winter 1991, S. 47.
135 Vgl. Beischel, M. E., Improving Production with Process Value Analysis, in: Journal of Accountency,
Vol. 170, September 1990, S. 54.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
47
5. Aktivitäten- und Prozessanalyse 5.1. Stellung im Rahmen der Prozesskostenrechnung Wie schon der Name Prozesskostenrechnung erkennen lässt, kommt Prozessen eine zentrale Stellung im Rahmen der Prozesskostenrechnung zu. Unter dem zunächst nicht näher bestimmten Ausdruck Prozess soll eine nach bestimmten Kriterien durchgeführte Zusammenfassung von Tätigkeiten oder Aktivitäten verstanden werden. Tätigkeiten oder Aktivitäten ihrerseits bilden im Rahmen der folgenden Ausführungen die kleinsten, in sich geschlossenen und nicht mehr weiter untergliederten Handlungseinheiten, die in den Unternehmen ablaufen. Die Art der Verrechnung von (Gemein-)Kosten nach dem Verfahren der Prozesskostenrechnung136 sowohl zu Zwecken der Kalkulation als auch des Gemeinkostenmanagements setzt die Kenntnis der Prozesse voraus, die als primäres Zurechnungsobjekt der Kosten dienen. Um die Verrechnung von Kosten auf Prozesse vornehmen zu können, müssen zudem die dafür notwendigen Bezugsgrößen (cost driver) bekannt sein. Die Güte der hier zur Verfügung stehenden Informationen bestimmt wesentlich die Qualität der mit Hilfe der Prozesskostenrechnung zu ermittelnden Kostenwerte. Beide Aufgaben, die Ermittlung von Prozessen und Bezugsgrößen, zählen zu den unverzichtbaren Bestandteilen der so genannten Prozess-, Tätigkeiten- oder Aktivitätenanalysen, die vor der eigentlichen Prozesskostenrechnung durchzuführen sind137. Von Prozessanalyse138 wird im Allgemeinen dann gesprochen, wenn es sich um die Analyse kostenstellen- und bereichsübergreifender Zusammenhänge handelt. Die weitgehend synonym gebrauchten Begriffe Tätigkeits-139 und Aktivitäten136 Zum Grundgedanken der Prozesskostenrechnung, der die Art der (Gemein-)Kostenverrechnung bestimmt,
siehe Kapitel "Historie der Prozesskostenrechnung" und Abschnitt "Grundprinzip der (prozessanalogen) Kalkulation" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung". 137 Bei der Prozesskostenrechnung handelt es sich, wie bei den "traditionellen" Vollkostenrechnungen auch, um einen Rechenalgorithmus. Den kreativen Teil des Verfahrens bildet dagegen die Vorbereitung der Grundlagen der Kostenverrechnung. Vgl. Göpfert, R. A., und K. D. Rummel, Cost Management Systems, An Example of How to Implement Activity Accounting, Siemens AG, West Germany, München 1988, S. 5. 138 Vgl. bspw. Striening, H.-D., Prozess-Management - Ein Weg zur Hebung der Produktivitätsreserven im indirekten Bereich, in: Technologie & Management, 37. Jg. (1988), H. 3, S. 20 f. 139 Vgl. bspw. Pfohl, H.-Chr., und W. Stölzle, Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozesskostenrechnung in industriellen Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebwirtschaft, 61. Jg. (1991), H. 11, S. 1290.
48
Aktivitäten- und Prozessanalyse
analyse140 kommen dagegen vorwiegend bei der Untersuchung von Prozessen zur Anwendung, die innerhalb bestehender organisatorischer Einheiten, insbesondere von Kostenstellen, anzutreffen sind. Im Gegensatz zu ihrer Bedeutung sind im Schrifttum zur Prozesskostenrechnung die Ausführungen zur Prozessanalyse durchweg äußerst knapp gehalten141. Fast alle Autoren erkennen zwar die Wichtigkeit der Aktivitäten- und Prozessanalyse als Grundlage der Prozesskostenrechnung142, widmen der Beschreibung ihrer Ausführung jedoch verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit143, sondern beschäftigen sich hauptsächlich mit den Ursachen für das Aufkommen der Prozesskostenrechnung sowie der "Technik" und den Wirkungen der Verrechnung von Gemeinkosten auf Prozesse oder Aktivitäten144. Dieses Vorgehen muss angesichts der von den Vertretern der Prozesskostenrechnung selbst hervorgehobenen Bedeutung der Prozesse und Aktivitäten für die Kostenentstehung145 verwundern. Die Ergebnisse der Prozessanalyse können nicht nur für die Prozesskostenrechnung herangezogen werden, sondern auch für das Benchmarking von Prozessen auf Basis der Data Envelopment Analysis. Dabei werden der Ressourceneinsatz sowie der Output realer Prozesse mit den korrespondierenden Werten virtueller Prozesse verglichen, um darauf aufbauend Aussagen über mögliche Effizienzsteigerungen abzuleiten146. Bemerkenswert ist, dass die Analyse ohne die Betrachtung von Kostengrößen auskommt147. Darin kommt zum Ausdruck, dass es beim Management von Gemeinkosten letztlich auf das Management des Faktors Zeit ankommt und der Einsatz dieses Faktors wesentlich von der Gestal140 Vgl. bspw. Fröhling, O., Prozesskostenrechnung. Verfahren zur Gemeinkostensteuerung, in: Die Betriebswirt-
schaft, 50 Jg. (1990), H. 4, S. 553.
141 Vgl. Glaser, H., Prozesskostenrechnung - Darstellung und Kritik, in: Zeitschrift für betriebswirtschaftliche
Forschung, 44. Jg. (1992), H. 3, S. 278.
142 Vgl. Horvath, P., und A. Renner, Prozesskostenrechnung - Konzept, Realisierungsschritte und erste Erfahrun-
gen, in: FB/IE, 39. Jg. (1990), H. 3, S. 102.
143 Dies gilt auch für die wissenschaftlichen Beiträge zur Prozesskostenrechnung. Vgl. bswp. Coenenberg, A. G.,
und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung - Strategische Neuorientierung in der Kostenrechnung, in: Die Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1991), H. 1, S. 25 f. 144 Die meisten Publikationen mit Bezug zur Praxis behandeln fast ausschließlich den Rechenalgorithmus der Prozesskostenrechnung. So bspw. Mayer, R., Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 5, S. 307 ff. 145 So schon die "Begründer" der Prozesskostenrechnung J. G. Miller und Th. E. Vollmann. Vgl. Miller, J. G., und Th. E. Vollmann, The hidden ..., a.a.O., S. 144. Ebenso Ostrenga, M. R., Activities: The Focal Point of Total Cost Management, in: Management Accounting, Vol. 71, February 1990, S. 42. 146 Das Verfahren ist beschrieben bei Charnes, A., Coooper, W. W. und E. Rhodes, Measuring the Efficiency of Decision Making Units, in: European Journal of Operational Research, Vol. 2, 1978, S. 429 - 444. 147 Vgl. Homburg, G. und R. Eichin, Aggregierte Prozessanalysen als Instrumente des Prozessmanagements, in: Die Betriebswirtschaft, 58. Jg. (1998), H. 5, S. 635 – 643.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
49
tung der Arbeitsprozesse abhängig ist148. Dennoch wird die Praxis nicht ohne die Angabe von Prozesskosten auskommen, denn das Verständnis der in Betrieben handelnden Personen wird wesentlich von Wertgrößen bestimmt.
5.2. Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse 5.2.1. Ziel der Aktivitäten- und Prozessanalyse Aus prozessorientierter Sicht bilden die in Unternehmen ablaufenden Handlungen eine Hierarchie von Handlungsebenen. Die verschiedenen Ebenen unterscheidet, dass, ausgehend von der höchsten Hierarchiestufe, der quantitative und qualitative Handlungsumfang149 mit fortschreitender Untergliederung abnimmt. In den für die Anwendung der Prozesskostenrechnung ausgewählten Unternehmensbereichen150 soll das dort vorhandene Handlungsgeflecht mit den Methoden der Prozessanalyse, Rücksicht nehmend auf die Informationsbedürfnisse im Zusammenhang mit der Prozesskostenrechnung, untergliedert, geordnet und zu neuen Handlungseinheiten zusammengefasst werden. Ausgangspunkt der Analysen kann zum einen das gesamte Handlungsvolumen des zu untersuchenden Bereichs sein, das schrittweise untergliedert wird und mit einer Analyse der auf Kostenstellenebene ablaufenden Teilhandlungen endet. Zum anderen besteht die Möglichkeit, zunächst das Geschehen auf Kostenstellenebene einer genauen Analyse zu unterziehen, um darauf aufbauend nach bestimmten Kriterien die Teilhandlungen zu kostenstellenübergreifenden Einheiten zusammenzufassen.
148 Vgl. Abschnitt „Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung“. 149 Die Anzahl unterschiedlicher Teil-Handlungen bestimmt den quantitativen Handlungsumfang. Der qualitative
Handlungsumfang wird vom Schwierigkeitsgrad der Teil-Handlungen festgelegt.
150 Die Prozesse in den ausgewählten Bereichen müssen bestimmte Merkmale aufweisen, um für die Anwendung
der Prozesskostenrechnung prinzipiell geeignet zu sein, wobei die Anforderungen auch vom angestrebten Rechnungszweck (Kalkulation, Gemeinkostenmanagement) abhängen. Siehe dazu Abschnitt "Abgrenzung des Einsatzbereichs" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung" und Abschnitt "Einsatzgebiete der Prozesskostenrechnung" des Kapitels "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung".
50
Aktivitäten- und Prozessanalyse
5.2.2.
Aktivitätenanalyse
5.2.2.1. Notwendigkeit Bei der Aktivitätenanalyse handelt es sich um eine Untersuchung des in bestehenden Kostenstellen ablaufenden Geschehens151. Auf eine Aktivitätenanalyse kann dann verzichtet werden, wenn in einer Kostenstelle nur eine einzige und zudem immer gleichförmig ablaufende Handlung vorgenommen wird. In der betrieblichen Praxis dürfte dieser Fall allerdings eher die Ausnahme darstellen, denn vor allem in den Kostenstellen des Verwaltungsbereichs laufen gleichzeitig mehrere Handlungen ab, die zudem häufig noch einen hohen Grad an Inhomogenität aufweisen. Für die Gesamtheit der Handlungen einer Kostenstelle besteht somit nicht die Möglichkeit, eine einzige Bezugsgröße zu verwenden152. Auf eine kostenstellenbezogene Aktivitätenanalyse kann daher nur in (seltenen) Einzelfällen verzichtet werden. 5.2.2.2. Besonderheiten Insbesondere, wenn in den betrachteten Kostenstellen auch für Vorgänge Leistungen erbracht werden, die nicht in die Prozesskostenrechnung einbezogen werden sollen153, besteht eine besondere Funktion der Aktivitätenanalyse darin, das in einer Kostenstelle anfallende Arbeitsvolumen vor allem aus den nachfolgend genannten zwei Gründen lückenlos zu erfassen. Zum einen ist es nur bei vollständig erfasstem Arbeitsvolumen möglich zu überprüfen, ob die mit dem zu analysierenden Vorgang in Verbindung stehende Arbeitsmenge korrekt ermittelt wurde. Für die betroffenen Mitarbeiter der Kostenstelle, auf deren Informationen bei der Feststellung der anfallenden Arbeitsmengen nicht verzichtet werden kann, besteht nämlich ein Anreiz, die für den 151 Die Grundsätze zur Durchführung der Aktivitätenanalyse entsprechen denen der Prozessanalyse. Auf sie wird
der Darstellung der Prozessanalyse noch genauer eingegangen.
152 Vgl. Horvath, P. und R. Mayer, Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 216. 153 Beispielsweise können Verwaltungskostenstellen gleichzeitig in mehrere Vorgänge eingebunden sein und für
diese Leistungen erstellen. So erbringt die oben bereits erwähnte Kostenstelle "Rechnungsprüfung" nicht nur Leistungen für den Vorgang "Bestellung von Reparaturmaterial", sondern auch für den Vorgang "Bestellung von Einbauteilen". Als weiteres Beispiel aus der Praxis mit konkreten Zahlenangaben ist auf die Ergebnisse einer Aktivitätenanalyse im Rahmen des Aufbaus einer Logistik-Prozesskostenrechnung der Mercedes-Benz AG zu verweisen. Sie zeigt, dass nicht in jedem Fall das gesamte Aktivitätsvolumen auf die in die Prozesskostenrechnung einbezogenen Vorgänge entfällt. Vgl. hierzu Hardt, R., Logistik-Controlling für industrielle Produktionsbereiche auf der Basis der Prozesskostenrechnung am Beispiel des Werks Hamburg der MercedesBenz AG, in: Kostenrechnungspraxis, 39. Jg. (1995), H. 4, S. 202.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
51
Vorgang veranschlagte Arbeitszeit möglichst niedrig anzusetzen. Denn die mit steigendem Arbeitsvolumen verbundene stärkere Ressourcenbeanspruchung führt nach den Verrechnungsgrundsätzen der Prozesskostenrechung zu einer entsprechend höheren Belastung mit Kosten für die Kostenstelle. Dies könnte dazu führen, dass die Kostenstelle als Kostenschwerpunkt des Vorgangs identifiziert wird mit der Folge, bevorzugtes Ziel anschließender Rationalisierungsmaßnahmen zu werden. Zum anderen ist die vollständige Erfassung erforderlich, um die Aktivitäten der Kostenstellen dahingehend zu untersuchen, ob sie für die Durchführung des Vorgangs notwendig sind und damit einen wertsteigernden Charakter besitzen (value activities) oder ob sie, ohne die sachgemäße Ausführung des Vorgangs zu stören, entfallen können (non-value activities)154, wodurch eine Effizienzsteigerung des Vorgangs als Folge der dann geringeren Ressourcenbeanspruchung möglich wäre155. Bei nicht vollständiger Erfassung bestünde dagegen die Gefahr, dass gerade die nicht-wertsteigernden Aktivitäten nicht aufgedeckt werden. 5.2.3.
Prozessanalyse
5.2.3.1. Vorschläge in der Literatur Trotz der wichtigen Aufgaben, die einer systematischen Strukturierung des zu analysierenden komplexen Geschehens beim Aufbau der Prozesskostenrechnung zukommen, ist es ungeachtet der mittlerweile zwanzigjährigen Diskussion der Prozesskostenrechnung bezeichnend, dass in der Literatur noch keine verbindlichen Kriterien für die Bildung von Hierarchiestufen vorliegen, auf deren Grundlage eine eindeutige Abgrenzung bspw. zwischen Aktivitäten und Prozessen156 vorgenommen werden kann. Nicht einmal eine allgemein akzeptierte Bezeichnung der einzelnen Handlungsebenen ist in der Literatur vorzufinden.
154 Dieser Klassifikation sowie den daraus abzuleitenden Maßnahmen wird vor allem in der amerikanischen Lite-
ratur zur Prozesskostenrechnung große Aufmerksamkeit geschenkt. Vgl. Beischel, M. E., Improving Production with Process Value Analysis, in: Journal of Accountancy, Vol. 170, September 1990, S. 54 f. Ebenso Johnson, H. Th., Activity-Based Information: A Blueprint for World-Class Management Accounting, in: Management Accounting, Vol. 69, June 1988, S. 76 ff. 155 Vgl. Foster, G., und M. Gupta, Manufactoring Overhead Cost Driver Analysis, in: Journal of Accounting and Economics, Vol. 12, 12/1990, S. 311. 156 Zum Verhältnis Aktivität - Prozess siehe Abb. III.
52
Aktivitäten- und Prozessanalyse
Beispielsweise sehen Horvath und Mayer in der Handlung "Angebote einholen" einen Prozess, Mayer dagegen aber lediglich einen hierarchisch niedriger angesiedelten Teilprozess157. Sogar in der gleichen Quelle finden sich widersprechende Begriffsauffassungen, wenn Coenenberg und Fischer die Handlung "Material lagern" zunächst als Prozess und kurz darauf, im Rahmen der Zusammenfassung von Teilprozessen zu Hauptprozessen, als Teilprozess definieren. Besonders bemerkenswert ist zudem, dass bei der Zusammenfassung die Hierarchieebene der Prozesse überhaupt nicht mehr erscheint158. Sicherlich ging in der Anfangsphase der Prozesskostenrechnung ein Teil der begrifflichen Unklarheiten auf die relative Neuheit des Systems zurück. Denn für viele Neuerungen ist der Beginn der Entwicklung durch eine Begriffsvielfalt geprägt, die erst bei zunehmendem Kenntnisstand in eine vereinheitlichte Terminologie übergeht. Wesentlicher für die Uneinheitlichkeit der Begriffe sind sachliche Gründe. Da die Autoren bei ihren Abhandlungen auf eigene Erfahrungen mit in der Praxis verwirklichten Konzepten der Prozesskostenrechnung zurückgreifen, wird die Begriffsbildung von den dort vorliegenden Bedingungen geprägt. So entscheidet bspw. die Komplexität der Handlungen im gewählten Einsatzbereich der Prozesskostenrechnung über die Tiefe der Handlungshierarchie159 und damit auch über die Anzahl und Abgrenzung der Begriffe160. In den unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Zusammenfassung von untergeordneten zu höheren Handlungseinheiten, bspw. bei der Bildung von Teilprozessen aus Aktivitäten, ist ein wesentlicher Grund für den Mangel an verbindlichen Kriterien zur Bildung von Hierarchiestufen zu sehen. Im Rahmen dieses Analyseschritts ist zu entscheiden, wie viele untergeordnete Hand-
157 Vgl. Horvath, P., und R. Mayer, Prozesskostenrechnung - Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wir-
kungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 217, und Mayer, R., Implementierung der Prozesskostenrechnung in eine bestehende Kostenrechnungsumgebung, in: Horvath, P. (Hrsg.), 2. IFUA-Workshop Prozesskostenrechnung - Tagungsband, Stuttgart 1990, S. 4. 158 Vgl. Coenenberg, A. G., und Th. M. Fischer, Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 26 f. 159 Zu den Kriterien für die Bestimmung der Gliederungstiefe siehe unten. 160 Franz, der sich in seinen Ausführungen häufig auf das bei der Siemens AG verwirklichte Konzept der Prozesskostenrechnung bezieht, sieht in der bereits oben angeführten Handlung "Angebote einholen" eine Aktivität und deutet damit an, dass eine weitere Untergliederung – unter den Bedingungen des konkreten Einzelfalls – nicht notwendig sei. Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung - Darstellung und Vergleich mit der Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Ahlert, D., K.-P. Franz und H. Göppl, Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Festschrift für Herbert Vormbaum zum 65. Geburtstag, Wiesbaden 1990, S. 117.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
53
lungseinheiten die auf der nächst höheren Hierarchiestufe zu bildende Handlungseinheit umfassen soll. Dabei könnte als geeignetes Kriterium das Ausmaß der (wechselseitigen) Beziehungen zwischen den Teilhandlungen herangezogen werden, wobei Teilhandlungen mit starken Interdependenzen zusammenzufassen wären. Da aber letztlich alle Handlungen interdependent sind, müsste zunächst ein Interdependenzgrad festgelegt werden, bei dessen Unterschreitung Teilhandlungen nicht mehr der zu bildenden übergeordneten Handlungseinheit zuzuordnen wären. Es ist allerdings nicht möglich, mit Hilfe objektiver Verfahren diesen Interdependenzgrad zu bestimmen, so dass es erforderlich ist, auf subjektiv geprägte Einschätzungen zurückzugreifen. Somit sind subjektive Einflüsse bei der Definition von Handlungseinheiten und bei der Festlegung der Anzahl der Hierarchiestufen unvermeidlich. Ein anderer Ansatz zur Bildung von Prozessen geht davon aus, dass es Prozesse gibt, die in vielen Unternehmen weitgehend gleich ablaufen. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Prozesse in den unterstützenden Bereichen, wie dem Beschaffungswesen oder der Buchführung. Diese Prozessarten haben sich in den Unternehmen auch deshalb weitgehend angenähert, weil zu ihrer Abwicklung weitgehend identisch strukturierte Software eingesetzt wird. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen und auch Behörden durch Benchmarking optimierte Prozessstrukturen herausgearbeitet haben, die als Standardprozesse verwendet werden können161. Sofern die Standardprozesse in einem Unternehmen verwendet werden können, weil damit eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung zu erreichen ist, bedeutet dies für die Prozessanalyse, dass auf eigene Untersuchungen verzichtet werden kann. Damit ist dann nicht nur eine Kostenersparnis verbunden, sondern, noch wichtiger, mögliche Fehler bei der Definition der Prozesse, die Einfluss auf das Ergebnis der Kostenrechnung haben, können vermieden werden.
161 Vgl. Brokemper, A., und R. Gleiche, Empirische Analyse von Gemeinkosten zur Herleitung eines branchen-
spezifischen Prozess(kosten)-Modells, in: Die Betriebswirtschaft, 59. Jg. (1999), H. 1, S. 76 – 89.
54
Aktivitäten- und Prozessanalyse
5.2.3.2. Prozesshierarchie Die hierarchische Ordnung des Unternehmensgeschehens kann sich an dem in Abbildung III dargestellten Schema orientieren, das auf die prozesskostenspezifische Terminologie zurückgreift162. Unternehmensgeschehen Einsatzfeld der Prozesskostenrechnung Vorgang 1
Vorgang 2
Hauptprozess 21 Prozess 221 Aktivität 2221
Hauptprozess 22 Prozess 222 Aktivität 2222
Vorgang 3 Hauptprozess 2x Prozess 22x Aktivität 222x
Abb. III: Prozesshierarchie Der für den Einsatz der Prozesskostenrechnung vorgesehene Bereich setzt sich aus einer bestimmten Anzahl von Vorgängen zusammen. Jeder dieser Vorgänge besteht aus Hauptprozessen, die ihrerseits mehrere Prozesse umfassen. Diese wiederum setzen sich aus Aktivitäten zusammen, die die niedrigste, nicht mehr weiter untergliederte Handlungseinheit darstellen.
162 Einen ähnlichen Ansatz stellt Striening vor. Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement, Frankfurt 1988,
S. 193 f.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
55
Sofern es die spezifischen Bedingungen des Einsatzbereichs erfordern, können weitere Ebenen vorgesehen werden. So besteht die Möglichkeit, die Ebene Teilprozesse zwischen den Ebenen Aktivitäten und Prozesse als zusätzliche Hierarchiestufe einzubauen. Um bereits in diesem Stadium die eventuell später beabsichtigte Umsetzung der Prozesskostenrechnung in Computerprogramme zu erleichtern, ist es empfehlenswert, die Handlungseinheiten entsprechend ihrer Hierarchiestufe zu nummerieren. Damit ist bspw. der Prozess 222 als Bestandteil des Hauptprozesses 22 mit den Aktivitäten 2221 bis 222x eindeutig identifiziert. Bei einer ausschließlich verbalen Benennung besteht dagegen die Gefahr von Verwechslungen, wenn in anderen Bereichen ähnliche Handlungen anfallen und mit den gleichen Bezeichnungen versehen sind. 5.2.3.3. Gliederungstiefe 5.2.3.3.1. Bedeutung und Bestimmungsfaktoren Zum Aufbau der im vorangehenden Abschnitt vorgestellten Prozesshierarchie ist die Festlegung der Gliederungstiefe des zu analysierenden Geschehens und somit der Anzahl der Prozessebenen von zentraler Bedeutung im Rahmen der Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse. Die wesentlichen Bestimmungsfaktoren der Gliederungstiefe sind der Anspruch an die Genauigkeit der Kosteninformationen, die Komplexität des Geschehens sowie die Unterschiedlichkeit der Objekte, die von den Handlungen betroffen sind. – Genauigkeit der Kosteninformationen163: Bei großen Handlungseinheiten ist es oft nicht möglich, den Einfluss von Teilhandlungen auf die Ressourcenbeanspruchung hinreichend genau zu erfassen, so dass für die Handlung insgesamt dann keine stabile Beziehung zwischen Durchführung und Ressourcenbeanspruchung, die für die Ermittlung genauer Kosteninformationen unerlässlich ist, hergestellt werden kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Handlung nicht bei jeder Wiederholung gleichförmig abläuft, bspw. den Teilhandlungen jeweils unterschiedliches Gewicht zukommt. Der Verlust an Aussagefähigkeit ist am größten, falls die Teilhandlungen unterschiedliche Kostentreiber aufweisen 163 "Genauigkeit" bezieht sich hier ausschließlich auf die Möglichkeiten der Prozesskostenrechnung und beinhal-
tet keinen Vergleich mit den Ergebnissen anderer Kostenrechnungssysteme.
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Aktivitäten- und Prozessanalyse
und sich gleichzeitig das Gewicht der einzelnen Teilhandlungen bei Wiederholungen verändert. Es ist hier erforderlich, die Handlung so tief zu gliedern, bis Teilhandlungen entstehen, für die über Kostentreiber konstante Beziehungen zur Ressourcenbeanspruchung herstellbar sind. – Komplexität der Handlung164: Weniger komplex aufgebaute Handlungen, die sich insbesondere durch die geringere Anzahl unterschiedlicher Teilhandlungen sowie einfachere Beziehungen der Teilhandlungen untereinander von den komplexeren Handlungen unterscheiden, bedürfen i. d. R. einer geringeren Gliederungstiefe, um die zur Durchführung der Prozesskostenrechung notwendigen Informationen zu erlangen. Bei komplexen Handlungen verursacht alleine schon die Vielzahl unterschiedlicher Teilhandlungen einen höheren Analyseaufwand. Die Aufdeckung der vielfältigen Beziehungen zwischen den Teilhandlungen bereitet erfahrungsgemäß die meisten Probleme165. – Unterschiedlichkeit der Objekte: Unterschiede in den Merkmalen der Objekte, die Gegenstand der zu analysierenden Handlung sind, können zum einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Handlung aus (verschiedenen) Teilhandlungen nehmen166, so dass nicht mehr homogene Handlungen vorliegen. Zum anderen bestimmen die Objektmerkmale, bei prinzipiell gleicher Zusammensetzung der Handlung, die Durchführungszeiten einzelner Teilhandlungen167. Beispielsweise könnte ein Bestellgut (Objekt der Handlung "Bestellung abwickeln") auf zwei verschiedene Arten geordert werden. Die Bestellung könnte erfolgen zum einen auf der Grundlage eines Rahmenvertrags, der dem Lieferanten die Pflicht zur Qualitätskontrolle auferlegt, zum anderen ohne jegliche Vereinbarung über Qualitätskontrolle bei anderen Lieferanten (Merkmale des Objekts "Bestellgut"). Falls nun die Bestellung bei dem Lieferanten erfolgt, mit dem ein Rahmenvertrag abgeschlossen wurde, entfällt
164 Als komplex ist ein Handlungsgefüge (z. B. ein Prozess) zu bezeichnen, das eine große Anzahl verschiedenar-
tiger Elemente (z. B. Aktivitäten) aufweist, die in vielschichtigen Beziehungen zueinander stehen, und bei dem ferner die Arten und Ausprägungen der Beziehungen zeitlichen Schwankungen unterworfen sind. Vgl. Baecker, D., Komplexität und Chaos im Betrieb, in: Blick durch die Wirtschaft vom 2. April 1992, S. 1. 165 Dies wurde bei einer Umsetzung der Prozesskostenrechnung in die betriebliche Praxis deutlich. Siehe Kapitel "Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels". 166 Vgl. Gaitanides, M., Prozessorganisation, München 1983, S. 82. 167 Vgl. ebenda, S. 82.
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bei der Abwicklung der Bestellung (Handlung) die ansonsten selbst auszuführende Aktivität "Kontrolle der Qualität". Da Unterschiede in den Objektmerkmalen Einfluss auf die Handlung nehmen können, so dass sich dadurch der über den Kostentreiber hergestellte Zusammenhang mit der Ressourcenbeanspruchung oder sogar die Gültigkeit des Kostentreibers selbst verändert, ist in solchen Fällen eine tiefere Untergliederung der Handlung angebracht. 5.2.3.3.2. Vorschläge zur operationalen Bestimmung der Gliederungstiefe – Konzentration auf wichtige Handlungsbestandteile Die Verwirklichung der Forderung, das komplette Handlungsgeflecht so tief zu gliedern, bis die entstehenden Teilhandlungen so homogen sind, dass stabile Beziehungen zwischen ihnen und dem Ressourcenverbrauch über einen eindeutigen Kostentreiber herstellbar sind, scheitert in der Praxis häufig an den beschränkten Analysekapazitäten sowie dem hohen Zeit- und Sachaufwand. Eine erste pragmatische Lösung des Problems könnte darin bestehen, die vorhandenen Analysekapazitäten fast ausschließlich auf Teilhandlungen zu konzentrieren und diese tiefer zu untergliedern, von denen angenommen wird, dass sie für die sachgerechte Durchführung der kompletten Handlung von ausschlaggebender Bedeutung sind. Bei weniger wichtigen Teilhandlungen168 kämen dagegen weniger aufwendige Analyseverfahren zur Anwendung und es könnte auf eine tiefere Untergliederung verzichtet werden169. Den Vorschlag illustriert folgendes Beispiel: Für die sachgerechte Durchführung des Vorgangs "Bestellungen abwickeln" sind die Teil-Prozesse "Bestellungen auslösen und bearbeiten" sowie "physische und dispositive Abwicklung des Wareneingangs" von zentraler Bedeutung. Um die benötigten Detailinformationen zu erhalten, wären auf diese Teilhandlungen die Analyseanstrengungen zu konzentrieren und eine tiefe Untergliederung anzustreben. Dagegen könnte bei dem Prozess "Prüfung der Rechnung und Zahlung" auf ein derart aufwendiges Vorgehen verzichtet und eine vergleichsweise geringe Gliederungstiefe als ausreichend angesehen 168 Die Unterscheidung in wichtige und unwichtige Teilhandlungen ist abhängig sowohl vom untersuchten Vor-
gang als auch den spezifischen Unternehmensgegebenheiten.
169 Vgl. ebenda, S. 83.
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werden. Denn die Kosten der Prüfung der Rechnung sowie des Zahlungsvorgangs sind gegenüber den Kosten der beiden anderen Teilprozesse von deutlich geringerer Bedeutung und überdies für die Sicherstellung einer sach- und zeitgerechten Belieferung unwichtig. Problematisch bei dem Vorschlag ist allerdings, dass der Prozessanalyse insofern vorgegriffen wird, als eine ihrer wichtigsten Leistungen, die in der Aufdeckung der Bedeutung von Handlungselementen besteht, über eine Annahme bezüglich des Ergebnisses vorweggenommen wird. Daraus können negative Folgen resultieren, wobei deren Wahrscheinlichkeit zunimmt, wenn die Analysten mit den speziellen Gegebenheiten im Untersuchungsbereich nicht vertraut sind170. Daher ist bereits in diesem, die Prozesskostenrechnung vorbereitenden Stadium die Einbeziehung der mit den Handlungen betrauten Mitarbeiter anzustreben, um mit deren Wissen die wirtschaftliche Durchführung der Prozessanalyse sowie die Aussagefähigkeit der Analyseergebnisse sicherzustellen. – Pauschale Vorgabe der Gliederungstiefe Striening hält es in den meisten Fällen für ausreichend, das Geschehen in sechs Hierarchiestufen aufzuspalten171. Dieser Vorschlag besitzt, im Gegensatz zum oben genannten, den insbesondere in der Praxis geschätzten Vorteil einer genauen quantitativen Vorgabe zum Aufbau der Prozesshierarchie und führt zu einer Entlastung des Analyseteams, das keine eigenen Untersuchungen zur Bestimmung der Gliederungstiefe mehr vornehmen muss. Somit entfällt ein schwieriger Bestandteil der Prozessanalyse. Gegen die pauschale Vorgabe einer festen Anzahl von Gliederungsstufen spricht allerdings, dass die im Abschnitt "Bedeutung und Bestimmungsfaktoren" genannten handlungsspezifischen Besonderheiten vollkommen unberücksichtigt bleiben. Nur zufällig wird deshalb die vorgegebene Gliederungstiefe von sechs Stufen der den Gegebenheiten eigentlich angemessenen entsprechen. In der Mehrzahl der Fälle dürften entweder nicht ausreichende, die Qualität der Analyseergebnisse negativ beeinflussende Gliederungstiefen oder aber zu tiefe Gliederungen, die mit einem, gemessen an den Ergebnissen,
170 Dies kann der Fall sein, wenn die Untersuchung ausschließlich durch Mitarbeiter der Kostenrechnungs-
abteilung erfolgt.
171 Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement, a.a.O., S. 195.
Aktivitäten- und Prozessanalyse
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zu hohen Analyseaufwand verbunden sind, die Folgen der pauschalen Vorgabe sein. – Kriterium "Gegenstand innerbetrieblicher Nachfrage" Ein weiteres operationales Verfahren zur Bestimmung der Untergrenze der Aufgliederung des zu analysierenden Geschehens geht von der (innerbetrieblichen) Nachfragerseite aus. Danach soll auf eine noch tiefere Untergliederung dann verzichtet werden, wenn dadurch Teilhandlungen entstünden, deren Arbeitsergebnisse nicht die Anforderung erfüllen, von anderen Stellen oder Personen für weiterverarbeitende Schritte nachgefragt zu werden172. Das Beispiel der Handlung "Anweisung von Rechnungen" verdeutlicht das Verfahren: Rechnungen werden nur dann angewiesen, wenn die Handlung "Prüfung der Rechnung auf sachliche und rechnerische Richtigkeit", die von der Abteilung Rechnungsprüfung vorgenommen wird, positiv abgeschlossen ist. Die in der Abteilung Rechnungsprüfung hierfür durchzuführenden einzelnen Teilhandlungen sind aus der Sicht der Zahlungsstelle unbedeutend und deren Arbeitsergebnisse werden separat nicht nachgefragt. Dem Vorschlag folgend, könnte die weitere Untergliederung der Handlung "Prüfung der Rechnung auf sachliche und rechnerische Richtigkeit" demnach entfallen. Für das Verfahren spricht, dass die Aktivitäten- und Prozessanalyse bei diesem Verfahren nur solche Handlungseinheiten hervorbringt, die auch Gegenstand der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung sind und deren Kostensätze nach dem Verfahren der Prozesskostenrechnung bestimmt werden können. Kritisch ist aber anzumerken, dass nur das außerhalb der Handlung liegende Merkmal "Gegenstand innerbetrieblicher Nachfrage" für die Entscheidung über die vorzunehmende Gliederungstiefe von Bedeutung ist. Insbesondere der Einfluss der Merkmale der von der Handlung betroffenen Objekte bleibt unberücksichtigt. Um auch Merkmale der von der Handlung betroffenen Objekte angemessen zu berücksichtigen, bietet es sich an, das Verfahren dahingehend zu ergänzen, dass zusätzlich die die Handlung durchführenden Personen speziell nach der Homogenität der von der Handlung erfassten Objekte befragt werden. Nur bei Antworten, die auf Inhomogenität hindeuten, wären weitere Untergliederungen vorzunehmen. Das modifizierte Verfahren bietet den Vorteil, 172 Vgl. Gaitanides, Prozessorganisation, a.a.O., S. 81.
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Aktivitäten- und Prozessanalyse
ein praktikables Kriterium für die Untergliederung des zu analysierenden Geschehens bereitzustellen und den zusätzlichen Analyseaufwand durch die Beschränkung tiefgehender Untergliederung auf die unabdingbaren Fälle in Grenzen zu halten. 5.2.4.
Informationsgrundlagen
5.2.4.1. Vorhandene Informationsquellen Wie aus den bisherigen Ausführungen hervorging, erfordert die sachgerechte Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse umfangreiche Informationen über den zu analysierenden Bereich. Als Informationsquellen kommen zum einen eigens zum Zwecke der Anwendung der Prozesskostenrechnung veranlasste Sonderuntersuchungen der einzubeziehenden Bereiche in Frage. Zum anderen kann auf die Ergebnisse von Analysen, die im Rahmen anderer Fragestellungen vorgenommen wurden, zurückgegriffen werden. Zur Gruppe der vor allem in größeren Unternehmen bereits vorhandenen Informationsquellen zählen die aus Aufbau- und Ablaufplänen bestehenden Organisationspläne sowie die Stellenbeschreibungen. Aus prozessorientierter Sicht kommt hauptsächlich den Plänen zur Ablauforganisation Interesse zu, da sie bei konsequenter Ausgestaltung Angaben zu Stellen übergreifenden Abläufen enthalten sollten. Stellenbeschreibungen könnten Informationen zu den auf Stellenebene angesiedelten Handlungen, wie sie zum Zwecke der Durchführung der Aktivitätenanalyse benötigt werden, enthalten. Darüber hinaus beinhalten Stellenbeschreibungen häufiger auch Angaben, aus denen Verbindungen zwischen Handlungen der untersuchten Stelle und den Handlungen der vor- und nachfolgenden Stellen erkannt werden können. Darüber hinaus stellen Daten, die bei der Anwendung von Maßnahmen des Gemeinkostenmanagements173 angefallen sind, eine weitere mögliche Informationsquelle dar, auf die zur Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse zurückgegriffen werden kann.
173 Zum Vergleich der Prozesskostenrechnung mit den Verfahren des Gemeinkostenmanagements siehe Kapitel
"Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung".
Aktivitäten- und Prozessanalyse
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5.2.4.2. Probleme beim Rückgriff auf vorhandene Informationsquellen Der Rückgriff auf bereits vorhandene Informationsquellen ist zwar mit dem Vorteil eines reduzierten Analyseaufwands verbunden, birgt aber auch eine Reihe von Problemen mit der Gefahr negativer Auswirkungen auf die Güte der Ergebnisse der Aktivitäten- und Prozessanalyse. Organisationspläne und Stellenbeschreibungen geben den, im Zeitpunkt ihrer Aufstellung angestrebten, Sollzustand der Organisation des Unternehmens wieder. Da Organisationspläne und Stellenbeschreibungen i. d. R. nur nach größeren Zeitabschnitten angepasst werden, können die tatsächlichen Unternehmensgegebenheiten durch zwischenzeitliche Veränderungen, als Folge der für Organisationen typischen Eigendynamik, vom dokumentierten Zustand nicht unbeträchtlich abweichen. Schwierigkeiten ergeben sich auch bei der Ableitung einer durchgängigen Prozessstruktur auf der Grundlage der in den Stellenbeschreibungen enthaltenen Informationen über die Beziehungen zu vor- und nachfolgenden Stellen, da Stellenbeschreibungen hauptsächlich von institutionellen und nicht von prozessualen Gegebenheiten geprägt sind. Zudem enthalten Stellenbeschreibungen häufig nur allgemeine Angaben zu den von den Stelleninhabern zu erfüllenden Aufgaben, aus denen sich nicht die für die Aktivitätenanalyse benötigten detaillierten Informationen über Aktivitäten ableiten lassen174. Bei der Prüfung der Eignung von Daten, die aus bereits früher durchgeführten Verfahren des Gemeinkostenmanagements stammen, besitzt die Berücksichtigung prozessualer Aspekte bei der Datenerhebung besondere Bedeutung. Die Daten dürften umso eher für die Zwecke der Prozesskostenrechnung geeignet sein, je ausgeprägter die Prozessorientierung des eingesetzten Verfahrens des Gemeinkostenmanagements ist. An dieser Stelle der Arbeit kann allerdings auf eine genauere Überprüfung der Eignung der Daten der verschiedenen Verfahren verzichtet werden, da in einem noch folgenden Kapitel dieser Fragestellung nachgegangen wird175.
174 Vgl. Fröhling, O., Prozessorientiertes Portfolio-Management, in: Die Betriebswirtschaft, 52. Jg. (1992), H. 3,
S. 349.
175 Siehe Abschnitt "Methoden der Praxis" des Kapitels "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozess-
kostenrechnung".
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Aktivitäten- und Prozessanalyse
5.2.4.3. Sonderuntersuchungen Allen bereits vorhandenen Informationsquellen ist gemeinsam, dass sie als Informationsgrundlagen zur Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse nur mit Einschränkungen herangezogen werden können, da die ihrer Erstellung zugrunde liegenden Zielsetzungen von denen der Prozesskostenrechnung teilweise (stark) abweichen. Auf Sonderuntersuchungen, die an den Erfordernissen der Aktivitäten- und Prozessanalyse ausgerichtet sind, kann daher i. d. R. nicht verzichtet werden, wobei die Auswahl des Verfahrens der Datenerhebung von den unternehmensindividuellen Bedingungen abhängt. Aktivitätenanalysen, die mit Hilfe von Fragebögen oder geleiteten Interviews durchgeführt werden176, bieten die Möglichkeit, jeden einzelnen Mitarbeiter beim Aufbau der Prozesskostenrechnung zu beteiligen. Diese Beteiligung ist aus sachlichen Gründen geboten, da die mit der Durchführung der Prozesskostenrechnung betrauten Kostenrechner häufiger nicht über das erforderliche Detailwissen verfügen und daher auf die vertrauensvolle Mitarbeit der Betroffenen angewiesen sind. Unabdingbar ist die Zusammenarbeit in reinen Verwaltungsbereichen, in denen der Handlungsablauf i. d. R. schlechter als in den Fertigungsbereichen dokumentiert ist. Bei persönlicher Ansprache ist es zudem leichter, den (nicht unbegründeten) Ängsten der Betroffenen wegen des Einsatzes der Prozesskostenrechnung als Rationalisierungsinstrument entgegenzuwirken.
176 Weitere Erhebungsmöglichkeiten wären die Befragung des Kostenstellenleiters oder Arbeitszeitstudien.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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6. Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung 6.1. Abgrenzung und Funktionen der Kostentreiber Einen für das System der Prozesskostenrechnung unverzichtbaren und prägenden Baustein stellen die so genannten cost driver dar. Im deutschsprachigen Schrifttum finden sich in enger Anlehnung an den englischsprachigen Ausdruck die Begriffe Kostentreiber und Kostenantriebskräfte. Zunächst ist zu klären, welche Sachverhalte mit den bisher in der Kostenrechnung ungebräuchlichen Begriffen erfasst werden. Wie aus der Darstellung des Grundprinzips der Prozesskostenrechnung hervorgeht, sind cost driver Größen, die Beziehungen zwischen Kosten, Prozessen177 und Kalkulationsobjekten herstellen178. Zur Funktion, die den Kostentreibern dabei zukommt, liegen in der Literatur verschiedene Auffassungen vor. Im englischsprachigen Schrifttum ist die Auffassung sehr verbreitet, dass die cost driver die Ursache für die Entstehung von Kosten darstellen179. Wenn auch nicht mit dieser Deutlichkeit, so weist auch die im deutschsprachigen Raum häufiger anzutreffende Deutung der Kostentreiber als Haupteinflussgrößen der Kostenentwicklung des indirekten Bereichs den gleichen Interpretationsansatz auf180. Damit wird den Kostentreibern zumindest implizit die Funktion von Kostenbestimmungsfaktoren im Sinne E. Gutenbergs181 zugesprochen. Dagegen weist die in der Literatur vorgeschlagene sowie in der Praxis übliche Art der Verwendung von Kostentreibern auf eine andere Funktion der Kostentreiber bei der Herstellung des Zusammenhangs zwischen Kosten, Prozessen und Kalkulationsobjekten hin. Die Kostentreiber sind nicht Kostenbestim177 Die Handlungseinheit "Prozess" steht hier stellvertretend für alle möglichen Handlungseinheiten, wie sie in
Abbildung IV "Prozesshierarchie" dargestellt sind.
178 Siehe Abbildung VIII "Prinzip der prozessanalogen Kalkulation". 179 Vgl. bspw. Ostrenga, M. R., Activities: The Focal Point of Total Cost Management, in: Management Account-
ing, Vol. 71, February 1990, S. 43.
180 Vgl. Mayer, R., Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), S. 75. 181 Unter Kostenbestimmungsfaktoren sind alle Größen zu verstehen, die Einfluss auf die Kostenhöhe nehmen.
Zu den vom Betrieb zu beeinflussenden Größen zählen die produzierte Menge, die Art und Beschaffenheit der eingesetzten Produktionsfaktoren, die Art des Fertigungsverfahrens sowie die Organisation des Betriebs nach Aufbau und Ablauf. Vgl. Gutenberg, E., Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band 1: Die Produktion, 24. Aufl., Berlin/Heidelberg/New York 1983, S. 344 ff.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
mungsfaktoren, sondern lediglich Maßgrößen der durch die Prozesse veranlassten Kosten. Der Begriff Kostentreiber entspricht somit weitgehend dem im System der Grenzplankostenrechnung verwendeten Begriff der direkten Bezugsgröße182, wie bereits der Vergleich der von den Vertretern der Prozesskostenrechnung als Kostentreiber genannten Größen mit den von Kilger vorgeschlagenen direkten Bezugsgrößen für primäre Kostenstellen, die nicht zum Fertigungsbereich gehören183, nahe legt. Die Aufgaben einer Bezugsgröße und somit auch eines Kostentreibers bestehen darin, zum einen in Form "geleisteter Bezugsgrößeneinheiten"184 den quantitativen und wertmäßigen Verbrauch von Ressourcen abzubilden185 und zum anderen die Kostenverteilung auf die Kostenträger zu ermöglichen186. Das Heranziehen von Kostentreibern als Bezugsgrößen verdeutlicht das Anliegen der Prozesskostenrechnung, dass im Fertigungsbereich187 weit verbreitete Bezugsgrößendenken auch auf den indirekten Bereich auszudehnen188. Dadurch soll die häufig anzutreffende undifferenzierte Verrechnung von Gemeinkosten durch eine den tatsächlichen Verhältnissen besser entsprechende Gemeinkostenverteilung ersetzt werden189.
182 Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozesskos-
183 184
185
186 187
188 189
tenrechnung in industriellen Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaftslehre, 61. Jg. (1991), H. 11, S. 1284. Vgl. Kilger, W., Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 10. Aufl., Wiesbaden 1993, S. 327. Unter "geleisteten Bezugsgrößeneinheiten" ist die Anzahl der Wiederholungen einer bestimmten Prozessart, bspw. der Prozessart "Qualitätsprüfung durchführen", zu verstehen. Vgl. Cooper, R., und Kaplan, R. S., How Cost Accounting Distorts Product Costs, in: Management Accounting, Vol. 69, April 1988, S. 27. Ebenso Johonson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost - The Rise and Fall of Management Accounting, Boston (Massachusetts) 1987, S. 237. Vgl. Eversheim, W., Schuh, G., und Caesar, C., Neue Ansätze für eine produktionsnahe Kostenrechnung, in: Ahlert, D., Franz, K.-P., und Göppl, H. (Hrsg.), Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Wiesbaden 1990, S. 94. Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing - Einführung ..., a.a.O., S. 345. Dieser wird auch als "direkter Bereich" bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass die dort ablaufenden Handlungen unmittelbar (direkt) der Produktherstellung dienen und nicht wie diejenigen des indirekten Bereichs nur einen mittelbaren Bezug zur Produktion aufweisen. Vgl. Biel, A., Einführung ..., a.a.O., S. 85. Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing - Einführung von Systemen des Activity-Based Costing, in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 6, S. 345.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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6.2. Anforderungen an die Kostentreiber 6.2.1. Grundsätzliche Anforderungen Als Maßgröße eignen sich grundsätzlich nur solche Größen, die mengenmäßig erfassbar sind190 und die einen nachvollziehbaren und willkürfreien Zusammenhang zwischen Maßgröße und den zu messenden Sachverhalten gewährleisten. Für Größen, die als Kostentreiber Verwendung finden sollen, resultiert daraus die Forderung, dass zwischen der Anzahl geleisteter Kostentreibereinheiten, bspw. der Anzahl durchgeführter Qualitätskontrollen, und der Kostenhöhe eine hohe Korrelation bestehen muss191. Am aussagefähigsten und daher bei der Auswahl der Kostentreiber auch anzustreben ist eine proportionale Beziehung zwischen Kostentreiber und Kostenhöhe192. Nur ein derartiger (linearer) Zusammenhang ist mit einer konstanten Kostenhöhe je Kostentreibereinheit zu vereinbaren. Diese Bedingung erfüllen prinzipiell nur Prozesse, die stets gleichförmig ablaufen (homogene Prozesse)193, denn nur dann ist sichergestellt, dass die Ressourcen bei jeder Prozesswiederholung gleich beansprucht werden und somit auch ein jeweils gleich hoher bewerteter Ressourcenverbrauch (Kosten) vorliegt. Im Gegensatz dazu beanspruchen Prozesse, die verschiedene Formen der Ausführung aufweisen, die betrieblichen Ressourcen nicht stets in gleicher Art und Weise und führen daher in Abhängigkeit von der Ausführungsart auch zu unterschiedlich hohen Kosten je Kostentreiber, so dass kein proportionaler Zusammenhang mehr zwischen Kostenhöhe und Kostentreiber besteht. Aus diesem Grund beschränkt sich der Anwendungsbereich der Kostenrechnung auf Bereiche, in denen homogene Prozesse eindeutig vorherrschen194.
190 Vgl. Rau, K.-H., und Rüd, M., Erfahrungen mit der Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis,
35. Jg. (1991), H. 1, S. 15.
191 Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing - Wann brauche ich ein Activity-Based Cost-System und welche
Kostentreiber sind notwendig? in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 5, S. 227 f.
192 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung - Strategische Neuorientierung in der
Kostenrechnung, in: Die Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1991), H. 1, S. 26. Ebenso Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen ..., a.a.O., S. 1288.
193 Vgl. Biel, A., Einführung ..., a.a.O., S. 86. 194 Zur Auswahl geeigneter Einsatzbereiche siehe Abschnitte "Abgrenzung des Einsatzbereichs" des Kapitels
"Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung" und "Auswahl der Einsatzbereiche" des Kapitels "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung".
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
Die oben beschriebene Anforderung an die Kostentreiber bezieht sich ausschließlich auf die für die Prozesskostenrechnung grundlegende Beziehung zwischen Kosten auf der einen und Prozessen auf der anderen Seite. Ihre Erfüllung schafft die Grundlage für den Einsatz der Prozesskostenrechnung als Instrument des Gemeinkostenmanagements, in dessen Mittelpunkt der Ausweis von Prozesskosten steht195. Soll die Prozesskostenrechnung darüber hinaus als Kalkulationsinstrument196 genutzt werden, ist es erforderlich, dass über die Kostentreiber zusätzlich eine plausible Beziehung zwischen Prozessen und den zu kalkulierenden Objekten herstellbar ist197. Denn nur dann ist eine veranlassungsgerechte Weiterverrechnung der im ersten Schritt ermittelten Prozesskosten auf die Kalkulationsobjekte prinzipiell möglich. 6.2.2. Spezielle Anforderungen Neben den oben genannten grundsätzlichen Anforderungen an eine als Kostentreiber zu verwendende Größe sind weitere Bedingungen zu beachten, die bezüglich der Eignung für den Einsatz in der betrieblichen Praxis bedeutsam sind. Bei der Entscheidung über die Verwendung einer Größe als Kostentreiber ist zu prüfen, ob Informationen über die heranzuziehende Größe verfügbar sind198 oder mit angemessenem Erfassungsaufwand erschlossen werden können199. Zudem ist darauf zu achten, dass die Angaben zu den realisierten Kostentreibermengen und damit zur Anzahl durchgeführter Prozesse rechtzeitig zur Verfügung stehen200, um wirkungsvolle Plan-Ist-Vergleiche zu ermöglichen. Die besten Voraussetzungen zur Ermittlung von Kostentreibern auf der Grundlage bereits vorhandener Informationen bieten Unternehmensbereiche, in denen CIM-Verfahren, deren Anwendung zu umfassenden und aktuellen Datensammlungen führt, eingesetzt werden. Über den Einsatz der Kostentreiber im Rahmen der Prozesskostenrechnung hinausgehend wird vorgeschlagen, diese auch als Instrument zur Beeinflussung 195 196 197 198 199 200
Siehe Kapitel "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung". Siehe Kapitel "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung". Vgl. Biel, A., Einführung ..., a.a.O., S. 88. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. E., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 26. Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing - Wann brauche ..., a.a.O., S. 277. Vgl. Greene, A. H., und Flentov, P., Managing Performance Maximizing the Benefit of Activity-Based Costing, in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Summer 1990, S. 54.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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des Mitarbeiterverhaltens zu nutzen201. So könnte das Verhalten der Mitarbeiter einer organisatorischen Einheit202 dadurch gesteuert werden, dass der Leistungsbeurteilung Kostentreiber als Maßgröße zugrunde liegen203. Dazu wäre es notwendig, laufend oder in kurzen Zeitabständen einen Vergleich der Plan- mit den bereits realisierten Kostentreibermengen vorzunehmen, wodurch der Planerfüllungsgrad angezeigt wird. Auf dieser Grundlage könnten bei Abweichungen noch während der Periode Erfolg versprechende Anpassungsmaßnahmen eingeleitet werden. Die Verhaltensbeeinflussung auf der Grundlage von Kostentreibern ist allerdings nur dann erfolgreich, wenn die den Kostentreibern zugrunde liegenden ökonomischen Zusammenhänge von allen Mitarbeitern nachvollzogen werden können204. Denn nur dann sind die Auswirkungen von Änderungen im Verhalten auf den angestrebten Zustand durch die Mitarbeiter abschätzbar. Allerdings dürfte das Einsichtsvermögen in ökonomische Zusammenhänge insbesondere bei Mitarbeitern niedriger Hierarchiestufen nur eingeschränkt vorhanden sein, so dass eine Verhaltensbeeinflussung über Kostentreiber hier i. d. R. nicht erfolgreich sein dürfte. Des Weiteren könnten Kostentreiber zur Leistungsbeurteilung einer organisatorischen Einheit herangezogen werden, indem am Ende der Periode die geplante mit der realisierten Kostentreibermenge, also der Anzahl ausgeführter Prozesse, verglichen wird. Eine gerechte Leistungsbeurteilung setzt voraus, dass der als Leistungsmaßstab herangezogene Kostentreiber ausschließlich von den betroffenen Mitarbeitern beeinflusst wird. Die Erfüllung dieser Bedingung ist im indirekten Bereich, dem Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung, nur in Ausnahmefällen sichergestellt, da die dort anfallenden Prozesse häufig von Vorgängen im Fertigungsbereich oder von Vorgängen anderer (indirekter) Bereiche ausgelöst werden.
201 Vgl. Turney, P. B. B., und Reeve, J. M., The Impact of Continuous Improvement on the Design of Activity-
Based Cost Systems, in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Summer 1990, S. 47.
202 Im Rahmen der traditionellen Kostenrechnung stellt die Kostenstelle die Kontrolleinheit dar. Dem bereichs-
übergreifenden Charakter der Prozesskostenrechnung wäre eine, die klassischen Kostenstellen übergreifende, Abgrenzung der Kontrolleinheiten angemessen, die sich aus allen an einem Prozess beteiligten Mitarbeitern zusammensetzt. 203 Vgl. Cooper, R., Five Steps to Activity-Based Costing System Design, in: Accountancy, Vol. 106, November 1990, S. 81. 204 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. E., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 26.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
6.3. Bestimmung der Kostentreiber 6.3.1. Verfahren zur Bestimmung der Kostentreiber Den Anforderungen an Kostentreiber entsprechend ist aus der Vielzahl möglicher Größen diejenige auszuwählen, die den unmittelbarsten Zusammenhang zwischen Prozess und Kostenanfall aufweist205. Der Auswahlprozess ist vornehmlich bei der Einführung der Prozesskostenrechnung erforderlich206. Aber auch Änderungen der Handlungsstruktur sowie wesentlicher Produktmerkmale sollten eine Überprüfung der einmal getroffenen Auswahl, ggf. unter Einbeziehung völlig neuer Kostentreiber, auslösen. Die Unternehmen könnten weitgehend auf individuelle Verfahren zur Bestimmung von Kostentreibern verzichten und den mit der Prozesskostenrechnung verbundenen Aufwand reduzieren, wenn es gelänge, zumindest für die Prozesse, die am häufigsten Gegenstand der Prozesskostenrechnung sind, allgemeingültige Kostentreiber zu ermitteln207. Die von jedem Unternehmen im jeweiligen Einsatzbereich der Prozesskostenrechnung noch durchzuführende Untersuchung könnte sich dann auf die Ermittlung der dort ablaufenden Prozessarten beschränken. Allerdings ist es bisher nicht gelungen, allgemeinverbindliche Kostentreiberlisten zu entwickeln. Denn sogar bei formaler Übereinstimmung der mit einer Prozessart verfolgten Aufgaben können betriebsspezifische Gegebenheiten zu verschiedenen Prozessabläufen führen. In solchen Fällen besteht die Gefahr, dass andere als die vorgegebenen Kostentreiber den Anforderungen einer Bezugsgröße besser entsprechen. Auf die individuelle Auswahl der Kostentreiber sollte daher nicht verzichtet werden208. Diese Forderung sowie das Bestreben, nur einen Kostentreiber je Handlungseinheit festzulegen, führte zu der in der Literatur verbreiteten Meinung, der Aus-
205 Vgl. Peavy, D. E., It's Time for a Change, in: Management Accounting, Vol. 71, February 1990, S. 32. 206 Vgl. Wilden, K., Die Prozesskostenrechnung - Alter Wein in neuen Schläuchen?, in: Wirtschaft-
wissenschaftliches Studium, 20. Jg. (1991), H. 12, S. 884. Ebenso Lee, J. Y., Activity-Based Costing, in: Management Accounting, Vol. 72, October 1990, S. 37.
207 Vgl. Kaplan, R. S., One Cost System Isn't Enough, in: Harvard Business Review, Vol. 66, Janu-
ary/February 1988, S. 66.
208 Vgl. Cooper, R., The Rise of Activity-Based Costing - Part Three: How Many Cost Drivers Do You Need,
and How Do You Select Them, in: Journal of Cost Management, Vol. 3, Winter 1989, S. 34 ff. Ebenso Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen ..., a.a.O., S. 1288 f.
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wahlprozess sei wegen der Vielzahl möglicher Kostentreiber209 mit großen Schwierigkeiten verbunden210, die das Projekt "Prozesskostenrechnung" schon in diesem Anfangsstadium scheitern lassen könnten. Erfahrungen beim Aufbau von Systemen der Prozesskostenrechnung211 in der betrieblichen Praxis widerlegen allerdings die geäußerten Befürchtungen. In vielen Fällen reicht bereits die einfache Beobachtung der Prozessabläufe aus, um die zur Bestimmung der Kostentreiber benötigten Informationen zu erhalten212. Als weitere praktikable Techniken der Informationsbeschaffung stehen schriftliche oder mündliche Befragungen zur Verfügung. Der Kreis der Befragten kann dabei alle am Prozess beteiligten Mitarbeiter213 oder nur besonders qualifiziertes und erfahrenes Personal214, z. B. die Kostenstellenleiter, umfassen. Eine Befragung, die ausschließlich die Kostenstellenleiter einbezieht, besitzt den Vorteil, den mit Befragungen verbundenen Aufwand in Grenzen zu halten. Freilich kann damit ein Verlust an Informationsqualität verbunden sein, insbesondere dann, wenn es sich um einen großen Bereich mit komplexen Handlungsstrukturen handelt. Sind zudem für die geplante Kostenverrechnung detaillierte Zeitangaben erforderlich, kann nicht allein auf die Einschätzung durch die Kostenstellenleiter zurückgegriffen werden, sondern es muss auf genaue Zeitstudien mittels Selbst- oder Fremdbeobachtungen zurückgegriffen werden. Es hat sich nämlich in der Praxis gezeigt, dass die Verantwortlichen keine vollständige Kenntnis der tatsächlichen Abläufe besitzen und sich häufig allzu sehr von den in Stellen- und Ablaufplänen dokumentierten Idealbedingungen leiten lassen.
209 Vgl. Göpfert, R. A., und Rummel, K. D., Cost Management Systems, An Example of How to Implement Ac-
tivity Accounting, München 1988, S. 5.
210 Vgl. bspw. Schillinglaw, G., Management Accounting und Neue Technologien, in: Controlling, 1. Jg. (1989),
H. 4, S. 203.
211 Es existiert wegen der Unterschiedlichkeit der verfolgten Ziele sowie der spezifischen betrieblichen Gegeben-
heiten nicht nur ein einziges Verfahren der Prozesskostenrechnung. Ein spezielles Verfahren wird im Abschnitt "Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels" genauer dargestellt. 212 Vgl. Berlant, D., Browning, R., und Foster, G., How Hewlett-Packard Gets Numbers it Can Trust, in: Harvard Business Review, Vol. 68, January/February 1990, S. 182. 213 Vgl. Edersheim, E. H., und Vandenbosch, B., How to Make Accounting Count: Causual-Based Accounting, in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Winter 1991, S. 11. 214 Lee, J. Y., Activity-Based Costing, in: Management Accounting, Vol. 72, October 1990, S. 37.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
6.3.2. Anzahl erforderlicher Kostentreiber Bei der Festlegung der Anzahl der zur Kostenverrechnung einzusetzenden Kostentreiber sind als wichtige Einflussgrößen zum einen der angestrebte Genauigkeitsgrad der Kostenverrechnung und zum anderen das Ausmaß an Unterschiedlichkeit der Kalkulationsobjekte zu berücksichtigen215. Dabei steigt die Anzahl benötigter Kostentreiber sowohl mit dem geforderten Genauigkeitsgrad als auch mit der Unterschiedlichkeit der Kalkulationsobjekte. In Bezug auf den Zusammenhang zwischen Kostentreiberzahl und Genauigkeitsgrad gilt für die Anwendungsgebiete der Prozesskostenrechnung der im Fertigungsbereich nachgewiesene Sachverhalt entsprechend, dass eine Erhöhung der Anzahl verwendeter Bezugsgrößen zu einer besseren Berücksichtigung vorhandener Abhängigkeiten führt und somit die darauf aufbauende Kostenverteilung den tatsächlichen Gegebenheiten besser entsprechen kann. Ebenso deutlich ist die Beziehung zwischen Kostentreiberzahl und Unterschiedlichkeitsgrad der Kalkulationsobjekte. Von Unterschiedlichkeit in Verbindung mit der hier angesprochenen Fragestellung soll dann gesprochen werden, wenn die von den Kalkulationsobjekten ausgelösten Prozessarten in ihrer Zusammensetzung differieren216. Am höchsten ist daher der Unterschiedlichkeitsgrad in dem Fall, dass jedes Kalkulationsobjekt eigene Prozessarten bedingt. Da jede Prozessart i. d. R. einen gesonderten Kostentreiber hat, steigt als Folge zunehmender Unterschiedlichkeit der Produkte und dem damit verbundenen Hinzukommen weiterer Prozessarten auch die Anzahl zu berücksichtigender Kostentreiber. Trotz der Abhängigkeit der Anzahl einzusetzender Kostentreiber von den oben genannten Einflussfaktoren findet sich in der Literatur die Auffassung, grundsätzlich nur eine geringe Anzahl von Kostentreibern zu verwenden217. Begründet 215 Vgl. Cooper, R., Five Steps ..., a. a. O., S. 80. 216 In der Literatur wird Unterschiedlichkeit gelegentlich auch so definiert, dass die Kalkulationsobjekte eine ver-
schieden hohe Anzahl von Wiederholungen einer Prozessart aufweisen. Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing - Wann brauche ..., a.a.O., S. 274 f. Unterschiedlichkeit in diesem Sinne führt im Rahmen der Kalkulation zu voneinander abweichenden Kostenbelastungen der Kalkulationsobjekte, ist aber für die Bestimmung der Anzahl (verschiedenartiger) Kostentreiber ohne Bedeutung. 217 So hält Mayer nur sieben bis zehn Kostentreiber zur Erklärung von 80% des Gemeinkostenvolumens für ausreichend. Vgl. Mayer, R., und Glaser, H., Die Prozesskostenrechnung als Controllinginstrument, in: Controlling, 3. Jg. (1991), H. 6, S. 297.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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wird die Forderung zunächst mit dem Ziel, mit Hilfe der Kostentreiber das Verhalten zu beeinflussen. Um nicht die Aufmerksamkeit für den einzelnen Kostentreiber durch eine Vielzahl zu beachtender Größen zu gefährden, sei eine Konzentration auf wenige Kostentreiber erforderlich218. Dagegen spricht aber, dass das Ziel Verhaltensbeeinflussung bestenfalls ein Nebenziel sein kann und daher bei der Bestimmung der Anzahl einzusetzender Kostentreiber keine Berücksichtigung finden sollte. Als weitere Begründung, nur eine geringe Anzahl von Kostentreibern zu verwenden, dient die Zielsetzung, das System der Prozesskostenrechnung für die Anwendung in der betrieblichen Praxis möglichst einfach und überschaubar zu gestalten219. Diesem durchaus gerechtfertigten Anliegen steht allerdings die Forderung nach genauer Gemeinkostenschlüsselung gegenüber220. Denn die Entscheidung für eine nur geringe Kostentreiberzahl ist mit der Gefahr verbunden, dass die Kosteninformationen dann kein Abbild der tatsächlichen Gegebenheiten mehr darstellen221. Bezogen sich die bisherigen Ausführungen auf die Frage, welche Anzahl von Kostentreibern für das gesamte Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung heranzuziehen ist, ist in einem weiteren Schritt zu klären, wie viele Kostentreiber für einzelne Handlungseinheiten, bspw. einen Haupt- oder Teilprozess, heranzuziehen sind. Eindeutige Beziehungen zwischen Prozessmenge und Kostenveranlassung bestehen grundsätzlich nur dann, wenn dieser Zusammenhang mit Hilfe eines einzigen Kostentreibers hergestellt werden kann. Wie bereits im Rahmen der Darstellung der Prozessanalyse betont, sollten derartige Bedingungen zumindest bei den Handlungseinheiten der untersten Ebene der Handlungshierarchie vorliegen222. Allerdings finden sich in der Literatur Beispiele für Handlungseinheiten der untersten Hierarchiestufe, deren Wiederholungen nur durch mehrere Kostentreiber
218 Vgl. Greene, A. H., und Flentov, P., Managing Performance ..., a.a.O., S. 54. 219 Vgl. Edersheim, E. H., und Vandenbosch, B., How to Make Accounting Count: Causual-Based Accounting,
in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Winter 1991, S. 11.
220 Vgl. Küting, K., und Lorson, P., Große Stärken der traditionellen Konzepte, in: Blick durch die Wirtschaft
vom 26. 11. 1991, S. 7.
221 Vgl. Turney, P. B. B., und Reeve, J. M., The Impact of ..., a.a.O., S. 47 f. 222 Siehe Abbildung III "Prozesshierarchie".
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
zu bestimmen sind223. Auf höheren Ebenen der Handlungshierarchie können mehrere Kostentreiber die Folge der Zusammenfassung von Teilhandlungen sein, die verschiedene Kostentreiber aufweisen. Liegen aus den genannten Gründen mehrere Kostentreiber je Handlungseinheit vor, entscheidet letztlich das Verhältnis der Kostentreiber zueinander, wie viele Kostentreiber tatsächlich für eine Handlungseinheit benötigt werden. Für den Fall, dass die Kostentreiber gleichgerichtet und mit gleicher Intensität auf das Prozessvolumen einwirken224, reicht die Verwendung eines einzigen Kostentreibers aus. Stehen die Kostentreiber jedoch in keinem festen Verhältnis zueinander, sondern übt jeder einzelne Kostentreiber unabhängig von den anderen Einfluss auf die Prozessmenge aus225, ist eine Reduzierung auf eine einzelne Bezugsgröße nicht mehr möglich. In einem solchen Fall erweist sich weniger die Ermittlung der einzusetzenden Kostentreiber als problematisch als vielmehr die Feststellung des genauen Einflusses jeder einzelnen Bezugsgröße226 auf das Prozessvolumen227. Hier könnte auf der Grundlage von Vergangenheitswerten die Wirkung der Kostentreiber auf das Prozessvolumen mit Hilfe statistischer Verfahren, bspw. der (multiplen) Regressionsanalyse, ermittelt228 und in Form von Schätzwerten für zukünftige Entscheidungen herangezogen werden. Die gefundenen Zusammenhänge besitzen allerdings nur solange Gültigkeit, wie die Rahmenbedingungen229 des Beobachtungszeitraums auch zukünftig stabil bleiben. Treten dagegen Änderungen auf, die keinen Rückgriff auf die Vergangenheit mehr erlauben, besteht nur die Möglichkeit, auf subjektive Einschätzungen der Abhängigkeiten zurückzugreifen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der 223 Vgl. Rau, K.-H., und Rüd, M., Erfahrungen ..., a.a.O., S. 14, sowie Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskosten-
rechnung. Der neue Weg ..., a.a.O., S. 218.
224 In einem solchen Fall besteht eine hohe (positive) Korrelation der Größen. 225 So wird bspw. das Prozessvolumen (Anzahl der Wiederholungen) des Prozesses "Qualitätsprüfung" von den
226 227 228
229
Kostentreibern "Anzahl der Wareneingänge", "Anzahl der Produktionsneuanläufe" und "Anzahl der technischen (Produkt)Änderungen" determiniert. Vgl. Rau, K.-H., und Rüd, M., Erfahrungen ..., a.a.O., S. 14. Ausgedrückt in Prozent des gesamten Prozessvolumens. Vgl. ebenda, S. 14. Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, in: Ahlert, D., Franz, K.-P., und Göppl, H. (Hrsg.), Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Wiesbaden 1990, S. 131. Der relative Einfluss der Kostentreiber auf die Kostenhöhe kommt im Verhältnis der Regressionskoeffizienten der Kostentreiber zueinander zum Ausdruck. Durch entsprechende Normung ist es dann möglich, den Einfluss jedes Kostentreibers in Prozent des Gesamteinflusses anzugeben. Z. B. die Anzahl der gefertigten Produkte sowie deren Variantenzahl.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
73
Kostentreiber selbst als Ausdruck für den strukturellen Wandel anzusehen ist. Ein Beispiel dafür ist der von Horvath gebrauchte Kostentreiber "Variantenanzahl"230, der eine Änderung in der Produktionsstruktur anzeigt. Liegen solche Änderungen vor, ist eine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Kostenverteilung auf der Grundlage historischer Kostentreiber als zufällig zu betrachten231.
6.4. Traditionelle versus prozessorientierte Bezugsgrößen Wie schon betont, handelt es sich bei der Prozesskostenrechnung um eine Variante der Vollkostenrechnung. Die Unterschiede zwischen den bisher gebräuchlichen Systemen der Vollkostenrechnung und der Neuentwicklung Prozesskostenrechnung sind zu einem großen Teil auf die Art der zur Kostenverrechnung herangezogenen Bezugsgrößen zurückzuführen232. Für die in den traditionellen Vollkostenrechnungssystemen zur Gemeinkostenschlüsselung verwendeten Bezugsgrößen Lohn- und Materialeinzelkosten, Arbeitszeit sowie Maschinenlaufzeit233 findet sich in dem zur Prozesskostenrechnung erschienenen Schrifttum die Bezeichnung "volumenabhängige Bezugsgrößen"234. Damit soll angedeutet werden, dass die Bezugsgrößenhöhe nur von der produzierten Menge (Produktionsvolumen) abhängt und somit keine weiteren Bestimmungsfaktoren der Gemeinkostenhöhe erfassbar sind. Um auch die vom Produktionsvolumen unabhängigen Einflussfaktoren der Gemeinkostenhöhe zu erfassen, schlagen die Vertreter der Prozesskostenrechnung eine Reihe prozessorientierter Bezugsgrößen vor, von denen nachfolgend die am häufigsten gebrauchten vorgestellt werden sollen.
230 Vgl. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung. Der neue Weg ..., a.a.O., S. 218. 231 Siehe dazu die im Abschnitt "Willkürlichkeit der Variantenkalkulation" des Kapitels "Kalkulation mit der
Prozesskostenrechnung" geäußerte Kritik.
232 Ein weiterer wesentlicher Grund für die Unterschiede liegt darin, dass bei der Bildung von Kostenstellen den
traditionellen Verfahren das Verrichtungsprinzip zugrunde liegt, die Prozesskostenrechnung sich dagegen an Abläufen orientiert. Bei den traditionellen Verfahren führt dies zu einer vertikalen Betrachtungsweise des Betriebsgeschehens, woraus hingegen für die Prozesskostenrechnung eine horizontale Sichtweise resultiert. 233 Vgl. Mayer, R., und Glaser, H., Die Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 299. 234 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. E., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 26.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
* Anzahl der gefertigten Lose235 als Ausdruck und Maßstab der Produktvielfalt. * Anzahl der Aus- und Einlagerungsvorgänge236 als Ausdruck und Maßstab der Teilevielfalt. * Anzahl der Verkäufer je Produktart237 als Maßstab zur Verteilung der Vertriebsgemeinkosten. * Anzahl der Varianten238 als Ausdruck und Maßstab der Komplexität des Produktionsprogramms. * Anzahl der Einzelteile eines Produktes239 als Ausdruck und Maßstab der Produktkomplexität. * Wertabhängige Kostentreiber240 hauptsächlich als Ausdruck und Maßstab sog. non-value activities, wozu bspw. die Lagerhaltung zählt. * Die Zeit als Ausdruck und Maßstab der Ressourcenbeanspruchung durch Vorgänge im reinen Verwaltungsbereich. Eine Abkehr von der Verwendung volumenabhängiger Bezugsgrößen erscheint insbesondere für die Mehrheit der Unternehmen in den USA, dem Ursprungsland der Prozesskostenrechnung, geboten. Denn diese verwenden bei der Verrechnung der Gemeinkosten der Fertigungsbereiche häufig noch standardisierte Fertigungszeiten und Lohneinzelkosten241. Die Umlage der Kosten der indirekten Bereiche auf die Kostenstellen der Fertigungsbereiche erfolgt weitgehend auf der Basis der Abschreibungen der Anlagegüter242. Es ist offensichtlich, dass derart vereinfachende Kostenrechnungssysteme nicht in der Lage sein können, 235 236 237 238 239 240 241
Vgl. Campbell, R. J., Pricing Strategy ..., a.a.O., S. 28. Vgl. ebenda, S. 28. Vgl. Beischel, M. E., Improving Production ..., a.a.O., S. 57. Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen ..., a.a.O., S. 1285. Vgl. Beischel, M. E., Improving ..., a.a.O., S. 57. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. E., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 27. Vgl. Lorson, P., Prozesskostenrechnung versus Grenzplankostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 36. Jg. (1992), H. 1, S. 7 und die dort angegebene Literatur. 242 Vgl. O'Guin, M., Focus the Factory with Activity-Based Costing, in: Management Accounting, Vol. 71, February 1990, S. 36.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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wichtige, vom Produktionsvolumen unabhängige Determinanten der Gemeinkostenhöhe zu erfassen. Der kurz skizzierte Stand der Kostenrechnung in den Unternehmen der USA veranlasste einige Autoren zu der Forderung, die volumenabhängigen Bezugsgrößen vollständig durch prozessorientierte zu ersetzen243. Denn nur so könne das von volumenabhängigen Kostentreibern hervorgerufene Problem verzerrter Produktkosten beseitigt werden. Es wird somit implizit davon ausgegangen, dass die Verwendung volumenunabhängiger Bezugsgrößen zu Produktkosten führt, die von den Werten der traditionellen Kalkulation abweichen. Diese Aussage dürfte auf die Mehrzahl der Fälle zwar zutreffen, ist allerdings nicht allgemeingültig. Von einander abweichende Produktkosten entstehen nur dann, wenn die Beziehung zwischen Bezugsgröße und Kalkulationsobjekt Unterschiede aufweist244. Andere Autoren gehen weniger weit und betrachten die prozessorientierten Bezugsgrößen als wünschenswerte Ergänzung des Spektrums volumenabhängiger Bezugsgrößen245, wobei sie implizit davon ausgehen, dass zumindest ein Teil der bisher gebräuchlichen Bezugsgrößen für die Kostenveranlassung nach wie vor Aussagekraft besitzt. Dagegen ist im deutschsprachigen Raum in den Fertigungsbereichen der Industrieunternehmen, nicht zuletzt durch das Wirken von Kilger und Plaut, eine wesentlich differenziertere und an den tatsächlichen Verhältnissen orientierte Kostenverrechnung erreicht246, die keiner Ergänzung durch die Prozesskostenrechnung bedarf. Nur für die auch in Deutschland von der Kostenrechnung vernachlässigten indirekten Bereiche wird daher der Einsatz der Prozesskostenrechnung und somit die Anwendung prozessorientierter Bezugsgrößen als Ersatz für die bisher gebräuchlichen volumenabhängigen vorgeschlagen247.
243 Vgl. Campl, J. P., Total Cost Management ..., a.a.O., S. 51. 244 Vgl. Glaser, H., Prozesskostenrechnung und Kalkulationsgenauigkeit – Zur allgemeinen Erfassung von Kos-
tenverzerrungen, in: Kostenrechnungspraxis, 40. Jg. (1996), H. 1, S. 28 ff.
245 Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing – Wann brauche ..., a.a.O., S. 271. Des Weiteren: O'Guin, M., Focus
the Factory ..., a.a.O., S. 38 und Turney, P. B. B., How Activity-Based Costing Helps Reduce Cost, in: Journal of Cost Management, Vol. 4, Winter 1991, S. 30.
246 Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen ..., a.a.O., S. 1294 f. 247 Vgl. Mayer, R., Prozesskostenrechnung – Rückschritt oder neuer Weg?, in: Controlling, 2. Jg. (1990), H. 5,
S. 275.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
6.5. Kritik an den prozessorientierten Bezugsgrößen 6.5.1. Kritik an den volumenunabhängigen Kostentreibern Das System der prozessorientierten Bezugsgrößen ist in der deutschsprachigen Literatur nicht ohne Kritik geblieben. Ein erster Kritikpunkt resultiert aus der Verwendung von volumenunabhängigen Kostentreibern zum Zwecke der Kalkulation248. Für die Verrechnung von Kosten auf Kalkulationsobjekte ist ein linearer Zusammenhang zwischen der Kostenhöhe und der produzierten Menge der Kalkulationsobjekte notwendig. Da die Prozesskostenrechnung bei der Kalkulation zunächst die Kosten auf Prozesse verteilt und daran anschließend auf die Kalkulationsobjekte (zweistufiges Verfahren), muss sowohl zwischen Kostenhöhe und Prozessvolumen als auch zwischen der Menge der Kalkulationsobjekte und dem Prozessvolumen ein linearer Zusammenhang über die Kostentreiber hergestellt werden können249. Dienen die Kostentreiber als Maßstab der Kostenveranlassung (erster Zusammenhang) und gleichzeitig als Basis der Verteilung von Kosten auf die Kalkulationsobjekte, handelt es sich um Bezugsgrößen mit doppelter Funktion. Diese Doppelfunktion ist von (produktions-)volumenunabhängigen Bezugsgrößen ex definitione nicht zu erfüllen, so dass deren Verwendung zu einem offensichtlichen Widerspruch führt250. Der vorgebrachten Kritik ist für den Fall uneingeschränkt zuzustimmen, dass zur Kalkulation ausschließlich volumenunabhängige Kostentreiber herangezogen werden. Jedoch zeigen die in der Literatur vorgestellten Kalkulationsverfahren, dass der Zusammenhang zwischen Kosten und Kalkulationsobjekten teilweise doch nicht ausschließlich über volumenunabhängige Kostentreiber hergestellt wird.
248 Dagegen sehen die US-amerikanischen Vertreter der Prozesskostenrechnung offenbar keinen Widerspruch in
der Verrechnung volumenunabhängiger Kosten auf Produkte. Vgl. bspw. Romano, P. L. (Ed.), Trends in Management Accounting, in: Management Accounting, Vol. 72, August 1990, S. 54.
249 Vgl. Mayer, R., und Glaser, H., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 301. Bei linearen Zusammenhängen ist
der Wert des Quotienten zweier Größen konstant. Gilt für den Zusammenhang zwischen Kostenhöhe (KH) und Prozessvolumen (PV) KH/PV = a = const. und für den Zusammenhang zwischen Produktionsmenge (PM) und Prozessvolumen PM/PV = b = const., so ergibt sich für den Zusammenhang zwischen Kostenhöhe und Produktionsmenge die konstante Relation KH/PM = a/b. 250 Vgl. Glaser, H., Rechnungswesen ist kein Strategieersatz, in: Blick durch die Wirtschaft vom 18.3.1992, S. 1.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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Für diesen Fall ist die Variantenkalkulation, auf die später noch genauer einzugehen sein wird251, als Beispiel zu nennen. Nach dem hierfür vorgesehenen zweistufigen Kostenverteilungsverfahren werden in einem ersten Schritt auf der Basis des volumenunabhängigen Kostentreibers "Variantenanzahl" die Kosten auf den Prozess "Varianten fertigen" verrechnet. Die Ermittlung der den Kalkulationsobjekten anzulastenden Kosten erfolgt in einem zweiten Schritt durch Division der Variantenkosten durch die Anzahl der Leistungseinheiten der jeweiligen Variante. Ohne bereits hier auf die Fragwürdigkeit des Verfahrens einzugehen, bleibt festzustellen, dass der vom Produktionsvolumen unabhängige Kostentreiber nicht, wie in der Kritik unterstellt, in doppelter Funktion gebraucht wird, sondern ausschließlich zur Ermittlung der durch den Prozess "Varianten erstellen" veranlassten Kosten. 6.5.2. Kritik an den volumenabhängigen Kostentreibern Bei der Beurteilung der Eignung der volumenabhängigen Bezugsgrößen der Prozesskostenrechnung ist die notwendige Einzelfallprüfung wiederum separat für die beiden oben genannten Teilzusammenhänge252 vorzunehmen, die zusammen die Beziehung zwischen Kostenhöhe und Kalkulationsobjektvolumen herstellen. Anhand des Kostentreibers "Anzahl der Reklamationen" des im Einkaufsbereich ablaufenden Vorgangs "Reklamationen bearbeiten" soll beispielhaft die prinzipielle Eignung des genannten Kostentreibers überprüft werden. Zunächst ist der Zusammenhang zwischen Produktions- und Prozessvolumen (= Anzahl bearbeiteter Reklamationen) daraufhin zu untersuchen, ob dieser (zumindest annähernd) Linearität aufweist. Die zu Reklamationen führenden Produktmängel gehen hauptsächlich auf Fehler im Fertigungsprozess sowie bei der physischen Distribution zurück. Bei Produkten, die schon länger im Produktionsprogramm geführt werden, dürften annähernd konstante produktspezifische Fehlerraten vorliegen. Nur im Fall neuer Produkte ist von im Zeitablauf sinkenden und somit variablen Fehlerraten aus251 Siehe dazu Abschnitt "Beispiel einer Variantenkalkulation" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozess-
kostenrechnung.
252 Zum einen zwischen Prozess- und Kostenvolumen und zum anderen zwischen Produktions- und Prozessvo-
lumen.
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Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
zugehen. Daher kann, mit der Ausnahme neuer Produkte, ein (annähernd) proportionaler Zusammenhang zwischen der Produktionsmenge und der Anzahl zu bearbeitender Reklamationen als gesichert angesehen werden. Dagegen weist die Beziehung zwischen Prozessvolumen und Kostenhöhe keine Linearität auf. Denn die zur Prozessdurchführung benötigten Potentialfaktoren weisen i. d. R. ein Kapazitätspotential je Zeiteinheit auf253, das es erlaubt, das Prozessvolumen innerhalb der jeweiligen Bandbreiten zu variieren, ohne Anpassungsmaßnahmen quantitativer, qualitativer oder zeitlicher Art vornehmen zu müssen. Innerhalb bestimmter Bandbreiten des Prozessvolumens besitzen die Kosten somit Fixkostencharakter. Kostenvariationen treten nur dann auf, wenn als Folge des Überschreitens der Bereichsgrenzen Anpassungen der Kapazitäten vorgenommen werden müssen. Die Kostenfunktion in Abhängigkeit vom Prozessvolumen weist den in Abbildung IV dargestellten, für den Fall sprungfixer Kosten bekannten treppenförmigen Verlauf auf. Die von der Prozesskostenrechnung als linear unterstellte Beziehung zwischen Prozessvolumen und Kostenhöhe könnte als ausreichend genaue Approximation der tatsächlichen Verhältnisse angesehen werden, wenn der aus der Linearitätsannahme resultierende und unvermeidliche Fehler relativ gering ausfiele. Als Anhaltspunkt zur Einschätzung der Bedeutung des Fehlers kann dabei die größtmögliche Abweichung zwischen errechneter und tatsächlicher Kostenhöhe, die immer an den Kapazitätsgrenzen auftritt, herangezogen werden. Beispielsweise beträgt die größtmögliche Abweichung zwischen tatsächlicher Kostenhöhe (Kt) und rechnerisch ermittelter Kostenhöhe (Kr) im Fall A der Abbildung V KA,t(x+1) - Kr(x+1), wenn die mit einer Kapazitätseinheit maximal mögliche Prozessmenge um einen Prozess überschritten wird.
253 Wegen der nicht beliebig gegebenen Teilbarkeit kann das Kapazitätspotential je Zeiteinheit, das auch als Ka-
pazitätsquerschnitt bezeichnet wird, entweder ganz oder gar nicht bereitgestellt werden. Vgl. Layer, M., Prognose, Planung und Kontrolle fixer Kosten, in: Kostenrechnungspraxis, 36. Jg. (1992), H. 2, S. 69.
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
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Kosten
K (PV)
Prozeßvolumen (PV) Prozessvolumen (PV)
Abb. Abb.IV: IV:Kostenhöhe KostenhöheininAbhängigkeit Abhängigkeitvom vomProzeßvolumen Prozessvolumen Eine Annäherung an die tatsächlichen Verhältnisse ist dann zu beobachten, wenn bei gleichem maximalen Prozessvolumen (PVmax) Potentialfaktoren mit je kleinerem quantitativen Leistungsvermögen eingesetzt werden, wie im Fall B der Abbildung V unterstellt. Die größtmögliche absolute Abweichung sinkt im Vergleich zum Fall A, der von Potentialfaktoren mit je größerer Leistungsfähigkeit ausgeht, um KA,t(x+1) - KB,t(x+1). Bei gleicher absoluter Abweichung führt c. p. auch eine Ausdehnung des Prozessvolumens zu einer Verringerung der relativen Kostenabweichung254.
254 In diesem Fall verringert sich der Quotient aus absoluter Abweichung und tatsächlicher Kostenhöhe, also die
größtmögliche relative Abweichung.
80
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
Kosten KA,t (x+1)
KB,t (x+1) Kr (x+1)
Prozessvolumen Prozeßvolumen (PV)
x+1
PV max
Prozessvolumen Kr (PV) = errechnete Kosten in Abhängigkeit vom Prozeßvolumen
KA (PV) = tatsächlicher Kostenverlauf im Fall A KB (PV) = tatsächlicher Kostenverlauf im Fall B
Abb. V: Anpassung an den tatsächlichen Kostenverlauf
Insgesamt kann also die Verwendung einer proportionalen Beziehung zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen Prozessvolumen und Kostenhöhe c. p. umso eher als Annäherung an die tatsächlichen Gegebenheiten angesehen werden, je geringer das quantitative Leistungsvermögen je eingesetztem Potentialfaktor und je größer das Prozessvolumen sind.
6.5.3. Fehlender zeitlicher Zusammenhang Für die Beziehung zwischen Prozessmenge und Kostenhöhe ist nicht nur die oben dargestellte technische, sondern auch die zeitliche Komponente von entscheidender Bedeutung. Die von der Prozessdurchführung betroffenen Res-
Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung
81
sourcen sind nicht kurzfristig auf- oder abbaufähig, so dass keine unmittelbaren Reaktionen der Gemeinkosten auf Variationen des Prozessvolumens erfolgen können, mit der Folge erheblicher Kostenremanenzen255. Daher eignet sich die Prozesskostenrechnung nicht als Instrument der traditionell an kurzfristigen Gegebenheiten orientierten Kalkulation256, sondern kommt prinzipiell, wie von den deutschsprachigen Vertretern der Prozesskostenrechnung vorgeschlagen, nur zum Zwecke der "strategischen Kalkulation" in Frage257, die mit dem Ziel des Ausweises langfristiger Produktkosten erfolgt. Auf die Problematik der "strategischen Kalkulation" wird im weiteren Verlauf noch näher einzugehen sein258. Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten, dass, unter den genannten Einschränkungen, Konstellationen denkbar sind, in denen plausible Beziehungen zwischen Produktionsvolumen und Gemeinkosten vorliegen können und somit eine prozessorientierte Kalkulation nicht schon wegen der vorgebrachten Argumente aus sachlichen Gründen zum Scheitern verurteilt wäre.
255 Vgl. Ostrenga, M. R., Activities: The Focal ..., a.a.O., S. 43. 256 In den USA wird die Prozesskostenrechnung auch als operatives Instrument eingesetzt und dementsprechend
zum Ausweis (entscheidungsrelevanter) kurzfristiger Produktkosten. Vgl. Lorson, P., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 8.
257 So enthält bereits der Titel des Aufsatzes von Coenenberg/Fischer die Bezeichnung "strategisch". Vgl. Coe-
nenberg, A. G., und Fischer, Th. E., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 21.
258 Siehe dazu den Abschnitt "Strategische Kalkulation" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskosten-
rechnung".
Planung der Prozessmengen
83
7. Planung der Prozessmengen 7.1. Bedeutung der Planprozessmengen für die Prozesskostenrechnung Aus Praktikabilitätsgründen wird die Höhe der Kosten eines mehrere Kostenstellen übergreifenden Vorgangs oder Hauptprozesses in der Weise ermittelt, dass zunächst die Kosten der in den betroffenen Kostenstellen ablaufenden Komponenten bestimmt werden. Den weiteren Ausführungen liegt die Annahme zugrunde, dass in den Kostenstellen Handlungen ablaufen, die zur Hierarchieebene der Prozesse zählen259. Die Kosten des gesamten Vorgangs oder Hauptprozesses ergeben sich dann durch Addition der Kostensätze der Prozesse. Die Kenntnis der Planprozessmengen, also der Anzahl geplanter Wiederholungen einer Prozessart, die mit der Anzahl der Einheiten der den Prozess repräsentierenden Bezugsgröße übereinstimmt, ist für die beiden prinzipiellen Einsatzmöglichkeiten der Prozesskostenrechnung erforderlich. Zum einen bilden die geplanten Prozessmengen im Rahmen der Kalkulationsfunktion260 der Prozesskostenrechnung die Grundlage zur Ermittlung der Prozesskostensätze261. Zum anderen dienen sie bei Verwendung der Prozesskostenrechnung als Grundlage des Gemeinkostenmanagements262 als Basis zur Bestimmung der Budgetvorgaben für Kostenstellen. Die Bedeutung der Prozessmenge im System der Prozesskostenrechnung verdeutlicht Abbildung VI.
259 260 261 262
Siehe dazu Abbildung IV "Prozesshierarchie". Siehe dazu Kapitel "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung". Sie stellen die durch die einmalige Ausführung eines Prozesses veranlassten Kosten dar. Siehe dazu Kapitel "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung".
84
Planung der Prozessmengen
aus dem Produktionsprogramm abgeleitet
Fortschreibung von Werten der Vergangenheit
Plan-Prozessmenge Plan-Prozeßmenge
Division durch Kosten der Kostenstelle
Plan-Prozeßkostensatz Plan-Prozesskostensatz
Multiplikation mit Plan-Prozeßmenge Plan-Prozessmenge
Plankosten der Kostenstelle Budgetvorgabe
Bewertung der Einsatzfaktoren Mengenverbrauch an Produktionsfaktoren für eine Prozessdurchführung Prozeßdurchführung
Untersuchungen arbeitswisschenarbeitswissenschaftliche/ schaftliche / technitechnische Untersuchungen
sche Unterschungen
= Analyseschritt mit schwerwiegenden systembedingten Problemen = Analyseschritt prinzipiell durchführbar, aber mit erheblichem Aufwand
Abb.VI: Bedeutung Planprozeßmenge Abb. VI: Bedeutung derder Plan-Prozessmenge
Planung der Prozessmengen
85
Die Kenntnis der Prozessmenge263 ist zum einen zur Bestimmung der Prozesskostensätze264 erforderlich. Für den Fall, dass in einer Kostenstelle nur eine Prozessart ausgeführt wird, ergibt sich der Prozesskostensatz als Quotient des Kostenvolumens265 der Kostenstelle und der Prozessmenge. Laufen dagegen in einer Kostenstelle mehrere (unterschiedliche) Prozessarten ab, ist sowohl die Erfassung des gesamten Arbeitsvolumens der Kostenstelle als auch die Bestimmung des Anteils erforderlich, der auf den zu bewertenden Prozess entfällt. Diesem Anteil entsprechend entfallen von den Kostenstellenkosten, die auf Prozesse verteilt werden sollen266, Kosten auf die betrachtete Prozessart. Die Ermittlung des Prozesskostensatzes erfolgt dann wieder in der oben beschriebenen Weise. Zum anderen ist die Kenntnis geplanter Prozessmengen erforderlich, um Budgetvorgaben für Kostenstellen zu ermitteln267. Die Prozesskostensätze können in einem vorausgehenden Schritt mit Hilfe arbeitswissenschaftlicher Untersuchungen in der Weise gewonnen werden, dass zunächst die zur einmaligen Ausführung des Prozesses benötigten Einsatzfaktoren nach Art, Menge, Intensität und zeitlicher Dauer bestimmt und in einem darauf folgenden Schritt mit Preisen bewertet werden268.
7.2. Verfahren zur Bestimmung der Planprozessmengen 7.2.1. Ableitung aus dem geplanten Produktionsvolumen Trotz der dargestellten Bedeutung für die Durchführung der Prozesskostenrechnung weist das einschlägige Schrifttum keine eigenen Empfehlungen zur Bestimmung der Prozessmengen auf. Die meisten Darstellungen gehen implizit von der Kenntnis der Prozessmengen aus oder verweisen allenfalls auf Quellen 263 Ob es sich dabei um Plan- oder Istwerte handelt ist von der Ausgestaltung der Kostenrechnung als Plan- oder
Ist-Kostenrechnung abhängig.
264 Im Schaubild wird die Ableitung durch die von oben nach unten verlaufenden Pfeile angedeutet. 265 Die Ermittlung des Kostenvolumens ist der Bestimmung der Prozesskostensätze vorgelagert und erfolgt bspw.
im Rahmen des jährlichen Budgetierungsverfahrens.
266 Vor der Bestimmung der Prozesskostensätze ist darüber zu entscheiden, ob alle oder nur bestimmte Kompo-
nenten der Kostenstellenkosten in die Verrechnung einbezogen werden sollen. Beispielsweise können die so genannten "leistungsmengenunabhängigen Kosten" bei der Weiterverrechnung ausgeklammert werden. Siehe dazu Abschnitt "Abgrenzung des Einsatzbereichs" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung". 267 Das Schaubild ist von unten den Pfeilen folgend zu lesen. 268 So könnten Arbeitszeitstudien eingesetzt werden, um zu ermitteln, wie viel Zeit die Bearbeitung einer Lieferantenrechnung in der Einkaufsabteilung im Durchschnitt benötigt. Durch die Multiplikation mit einem Stundenlohnsatz bestimmt sich dann auf einfache Weise der Prozesskostensatz.
86
Planung der Prozessmengen
oder Verfahren, die zur Ermittlung der benötigten Informationen beitragen könnten269. Aus der praktischen Anwendung der Prozesskostenrechnung stammt der Vorschlag, das nicht weiter differenzierte geplante Produktionsvolumen der Bestimmung der Prozessmengen zugrunde zu legen. Da aus dieser Datenbasis keine detaillierten Informationen zu gewinnen sind, ist bei der Bestimmung der Prozessmengen von einem proportionalen Zusammenhang zwischen Produktions- und Prozessvolumen auszugehen. Obwohl die einfache Handhabung für diese Methode insbesondere während der Einführungsphase der Prozesskostenrechnung spricht, scheinen die Unzulänglichkeiten des Verfahrens durchaus bekannt, wenn eingeräumt wird, dass eigentlich die produktbezogene Planung die Basis der Ermittlung der Prozessmengen darstellen sollte270. Gegen den Rückgriff auf das Produktionsvolumen spricht hauptsächlich, dass es mit dem Verfahren lediglich möglich ist, von der Produktionsmenge ausgehende Kostenwirkungen zu erfassen. Weitere, nicht vom Produktionsvolumen abhängige Einflussfaktoren der Gemeinkostenhöhe, deren Berücksichtigung gerade als Vorzug der Prozesskostenrechnung gegenüber anderen Kostenrechnungssystemen herausgestellt wird, bleiben völlig unberücksichtigt. Dieser schwerwiegende Mangel führt mit großer Wahrscheinlichkeit zu unrealistischen Prozessmengen, deren Verwendung eine Reduzierung des Aussagewerts der Ergebnisse sich anschließender Rechenschritte bewirken kann. 7.2.2.
Ableitung aus dem geplanten Produktions- und Absatzprogramm
7.2.2.1. Darstellung des Verfahrens Sowohl das Absatz- als auch das darauf aufbauende Produktionsprogramm271 ermöglichen eine detaillierte produktbezogene Planung, die nicht nur, wie im Fall der Ableitung der Planprozessmengen aus dem Produktionsvolumen, auf 269 Somit ist der Kritik Glasers, die Prozesskostenrechnung stelle kein eigenes Verfahren zur Ableitung der Pro-
zessmengen zur Verfügung, uneingeschränkt zuzustimmen. Vgl. Glaser, H., Ein Maßstab für Wirtschaftlichkeit, in: Blick durch die Wirtschaft vom 17.3.1992, S. 1.
270 Vgl. Rau, K.-H., und Rüd, M., Erfahrungen ..., a.a.O., S. 15. 271 Für die Bestimmung der Planprozessmengen der Prozesse fertigungsnaher indirekter Bereiche ist auf das ge-
plante Produktionsvolumen zurückzugreifen, während für die Bestimmung der Planprozessmengen der im Absatzbereich ablaufenden Prozesse das geplante Absatzprogramm als Planungsgrundlage heranzuziehen ist.
Planung der Prozessmengen
87
die geplante Produktionsmenge zurückgreift, sondern auch die Produktionsstruktur der Planperiode berücksichtigt. Insbesondere Daten zur Anzahl zu fertigender Produkte sowie zur Variantenanzahl in der Planungsperiode enthalten erst die Informationen, die vom Produktionsvolumen unabhängigen Kosteneinflussfaktoren grundsätzlich berücksichtigen zu können. Zur Bestimmung der Prozessmengen wird in der Literatur auf zwei bereits bekannte Verfahren verwiesen, die letztlich auf eine Orientierung am geplanten Absatzprogramm hinauslaufen. Der erste Vorschlag sieht vor, für die Zwecke der Prozesskostenrechnung auf das in der Grenzplankostenrechnung angewandte Verfahren zur Ableitung der Planbezugsgrößen272 zurückzugreifen273. Hier besteht die Möglichkeit, zum einen die benötigten Daten aus der (geplanten) Kapazität der Kostenstelle abzuleiten und zum anderen eine engpassbezogene Planung274 vorzunehmen275. Der zweite Vorschlag besteht aus der Forderung, die aus den Kapazitäten abgeleiteten "standards of performance"276 als Prozessmengen zu übernehmen277. Wie der Verweis auf Kapazitäten schon andeutet, handelt es sich nicht um ein eigenständiges Verfahren. Vielmehr erfährt die für den ersten Vorschlag angesprochene Möglichkeit, der Bestimmung der Planbezugsgrößen die (geplanten) Kapazitäten zugrunde zu legen, eine gewisse Konkretisierung. Es bleibt aber nach wie vor offen, ob der Ermittlung die technische Maximalkapazität, die kostenoptimale Kapazität oder die Kapazität bei Normalauslastung zugrunde liegen 272 Die Anzahl der Prozesse ist identisch mit der Menge der spezifischen Kostentreiber, die ihrem Charakter nach
den Bezugsgrößen entsprechen, so dass Planbezugsgrößen und Planprozessmengen gleichgesetzt werden können. Siehe dazu Kapitel "Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung".
273 Vgl. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung. Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wir-
274 275 276 277
kungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, 1. Jg. (1989), H. 4, S. 217. Die Aussage könnte den falschen Eindruck erwecken, als sei die Bestimmung der Menge jeder Bezugsgröße ein wesentlicher und unverzichtbarer Bestandteil der mit Kilgers Namen verbundenen Grenzplankostenrechnung. Den Planbezugsmengen kommt in der Grenzplankostenrechnung, insbesondere wenn der Annahme konstanter Grenzkosten gefolgt wird, keine große Bedeutung zu, da die zu planende Bezugsgrößenmenge ex definitione keinen Einfluss auf die Höhe der Grenzkosten pro Leistungseinheit ausübt, so dass auf ihre Kenntnis verzichtet werden kann. Nur bei Vollkostenrechnungen, also auch bei der Prozesskostenrechnung, stellen die Planmengen der Bezugsgrößen einen entscheidenden Faktor dar, der über die Höhe der auf eine Bezugsgrößeneinheit entfallenden Kosten mitentscheidet. Dieser Effekt resultiert aus der Verrechnung von Kosten, die unabhängig von der gewählten Bezugsgröße anfallen und somit Fixkosten darstellen. Vgl. Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 335. Allgemein bedeutet engpassbezogene Planung die Ausrichtung der Planung an den Minimumbereichen, die eine prinzipiell mögliche Ausweitung der Aktivitäten der anderen Bereiche verhindern. Vgl. Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 335 ff.. Hierbei handelt es sich um Vorgabewerte für von Kostenstellen zu erbringende Leistungen während eines Planungszeitraums. Vgl. Coenenberg, A. G., Kostenrechnung und Kostenanalyse, 2. Aufl., Landsberg am Lech 1993, S. 204.
88
Planung der Prozessmengen
soll278. Letztlich muss bei der Festlegung konkreter Vorgabewerte auf die Absatzerwartungen und nicht auf geplante Kapazitätsgrößen zurückgegriffen werden279. Die gleichzeitige Berücksichtigung der Erfordernisse, sowohl engpassbezogen zu planen als auch die Absatzerwartungen zu berücksichtigen, gewährleistet der Vorschlag, bei den Planungen von einem Engpass im Absatzbereich auszugehen280. Im Rahmen einer sukzessiven Planung der Prozessmengen und vor dem Hintergrund der heute anzutreffenden Unternehmensgegebenheiten281 kann das Verfahren als angemessen beurteilt werden. Nach der Ermittlung der Planprozessmengen auf diesem Wege ist zu überprüfen, ob die betrieblichen Kapazitäten zur Erstellung der Planprozessmengen ausreichen oder Engpässe vorliegen, die eine Anpassung der Planprozessmengen erfordern. 7.2.2.2. Grenzen des Verfahrens Auf die absatzbezogene Planung zur Bestimmung der Prozessmengen kann nur dann ohne größere Probleme zurückgegriffen werden, wenn das aus der Absatzplanung resultierende Produktionsprogramm wenig differenziert ist und im Wesentlichen nur aus wenigen Standardprodukten besteht. Dagegen sollte das Verfahren dann nicht angewendet werden, falls ein Unternehmensbereich betroffen ist, in dem die Auftrags- oder Einzelfertigung dominiert. Derartige Fertigungsverfahren zeichnen sich dadurch aus, dass der Auftragsbestand häufig nicht die gesamte Planungsperiode abdeckt und somit die zur Ableitung der Prozessmengen notwendige vollständige Informationsgrundlage nicht vorliegt282. Darüber hinaus erschwert ein hoch differenziertes Produktionsprogramm den Einsatz des Verfahrens, da hier eine genaue Planung nach Produktarten und -mengen wenn nicht ganz unmöglich, so doch nur mit hohem, die Kostenwirt278 Auf diese objektiv nicht zu beantwortende Fragestellung weist schon Kilger mit aller Deutlichkeit hin. Vgl.
Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 336.
279 Vgl. ebenda, S. 336 f. 280 Vgl. ebenda, S. 337. 281 Als Folge des Wandels der früher vorherrschenden Verkäufer- zu Käufermärkten verlagerte sich das Schwer-
gewicht der Engpässe vom Produktions- in den Absatzbereich.
282 Dem könnte durch eine Verkürzung der Länge der Planungsperiode begegnet werden. Bei kurzen Auftragszei-
ten, die häufige Planungen bedingen, bestünde dann allerdings die Gefahr, dass die zusätzlichen Planungskosten den Nutzen umfassenderer Informationen übersteigen.
Planung der Prozessmengen
89
schaftlichkeit283 des Einsatzes der Prozesskostenrechnung gefährdenden Aufwand möglich sein dürfte284. Auf die Prozesskostenrechnung bezogen, besitzen die Fälle der Einzel- oder Auftragsfertigung und die damit verbundenen Schwierigkeiten geringere Bedeutung, da sich das von der Prozesskostenrechnung beanspruchte Einsatzgebiet auf Prozesse beschränkt, die regelmäßig und in hoher Anzahl anfallen (repetitive Prozesse). Diese Bedingungen sind vor allem bei der Serien- und Massenfertigung anzutreffen, deren fertigungsnahe Bereiche einen Schwerpunkt des Einsatzes der Prozesskostenrechnung bilden285. Von großer Bedeutung sind dagegen die Einschränkungen bei der Schaffung einer verlässlichen Datenbasis aufgrund eines nicht (vollständig) planbaren Produktionsprogramms. Hier zeigt sich, vor allem bei stark differenzierten Produktionsstrukturen, ein möglicher Widerspruch zur Zielsetzung der Prozesskostenrechnung, einen Beitrag zur Verbesserung der Kosteninformationen zu leisten. 7.2.3. Bestimmung der Planprozessmengen durch Schätzung Liegen die zur Ableitung der Prozessmengen aus dem geplanten Absatzprogramm erforderlichen Voraussetzungen nicht vor oder würde die Anwendung des Verfahrens zu unverhältnismäßig hohem Aufwand führen, bleibt nur die Möglichkeit, auf Erfahrungswerte der Vergangenheit zurückzugreifen. Auf deren Grundlage sowie unter Einbeziehung der wahrscheinlichen Entwicklung der Produktionsprogrammstruktur sind Schätzungen der Prozessmengen vorzunehmen. Je differenzierter das eingesetzte Schätzverfahren, insbesondere zur Aufdeckung der Zusammenhänge zwischen Produktionsstrukturvariablen und Prozessmengen286, ist und je geringer die erwarteten Veränderungen des Produktionspro283 Zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Einsatzes der Prozesskostenrechnung vgl. Cooper, R., Activity-
Based Costing - Wann brauche ich ein Activity-Based Cost-System und welche Kostentreiber sind notwendig, in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 5, S. 272. 284 Vgl. Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 338 f. 285 Ein weiterer Schwerpunkt liegt in den (reinen) Verwaltungsbereichen. Siehe dazu Kapitel "Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung". 286 Die Abschätzung des Zusammenhangs gestaltet sich bei den sog. volumenunabhängigen Prozessmengen deutlich schwieriger als zwischen Produktionsvolumen und den volumenabhängigen Bezugsgrößen. Zur allgemeinen Problematik der volumenunabhängigen Bezugsgrößen siehe Kapitel "Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung".
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Planung der Prozessmengen
gramms sind, desto eher können die Ergebnisse als realistische Planwerte angesehen werden. Ein ex post-Vergleich der Plan- mit den tatsächlich realisierten Prozessmengen kann wichtige Anhaltspunkte zur Verbesserung der Planungsmethodik liefern und somit zu besseren Ergebnissen für die folgenden Perioden beitragen. Die Gewinnung von Plan- aus Vergangenheitswerten ist, je nach gewähltem Schätzverfahren, zwar mit geringeren Kosten als die exakte Ableitung aus dem Produktionsprogramm verbunden, birgt aber insbesondere bei einer noch nicht ausgereiften Planungsmethodik die Gefahr von Fehlschätzungen mit den entsprechenden Folgen für die darauf basierenden Kosteninformationen. Daher sind die Ergebnisse der Prozesskostenrechnung zumindest während der Aufbauphase mit großer Vorsicht zu betrachten. 7.2.4. Ableitung der Planprozessmengen für den Verwaltungsbereich Die für den Fertigungsbereich schon eingeschränkten Möglichkeiten zur Bestimmung der Prozessmengen erfahren bei der Anwendung der Prozesskostenrechnung in Verwaltungsbereichen noch weitere Beschränkungen. Wegen der größeren Ferne zum Fertigungsbereich sowie der daraus resultierenden geringen Kopplung zwischen Fertigungs- und Verwaltungsbereich287 kann zur Ableitung der Prozessmengen nicht auf das geplante Produktionsprogramm als verlässliche Grundlage zurückgegriffen werden. Die erforderlichen Informationen müssen somit durch Schätzungen gewonnen werden, die stärker noch als im Fertigungsbereich mit Unwägbarkeiten belastet sind. Insbesondere wenn im Rahmen der Prozesskostenrechnung erstmals eine mengenorientierte Planung im Verwaltungsbereich vorgenommen wird und somit ein Rückgriff auf Erfahrungswerte ausscheidet, sollten die Ergebnisse nicht überbewertet werden. Systematische Untersuchungen288 tragen zwar zu einer Verbesserung der Informationsbasis bei, sind aber als ausschließlich auf die Zwecke der Prozessko-
287 Die im Fertigungsbereich ablaufenden Prozesse haben keinen direkten Einfluss auf die für den Verwaltungs-
bereich spezifischen Prozesse.
288 Siehe dazu Kapitel "Aktivitäten- und Prozessanalyse".
Planung der Prozessmengen
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stenrechnung ausgerichtete Verfahren häufig zu aufwendig289. Eine Möglichkeit, die benötigten Daten ohne größeren Zusatzaufwand zu erhalten, ist gegeben, wenn auf das Datenmaterial anderer, unabhängig von der Prozesskostenrechnung durchgeführter Untersuchungen, z. B. einer Gemeinkosten-Wertanalyse, zurückgegriffen werden kann290. 7.2.5. Fazit Als kurzes Fazit bleibt festzustellen, dass bereits bei der Bestimmung der Prozessmengen erhebliche Bedenken gegenüber der Prozesskostenrechnung angebracht erscheinen. Diese wiegen umso schwerer, als auf die Kenntnis der Prozessmengen, sei es zur Bestimmung des Prozesskostensatzes oder der geplanten Kostenstellenkosten, nicht verzichtet werden kann.
289 Dies gilt insbesondere für die Einführungsphase der Prozesskostenrechnung, die auch als Test für die "Güte"
des Verfahrens dient. Da die dauerhafte Einführung der Prozesskostenrechnung in diesem Stadium noch nicht sicher ist, wird ein hoher Aufwand gescheut, obwohl gerade hier nur verlässliche (und damit "teure") Daten als Input der prozessorientierten Kostenrechnung eine gesicherte Beurteilung ihrer Leistungsfähigkeit sicherstellen. Anders fällt die Beurteilung aus, wenn die Informationen zusätzlich für weitergehende Anpassungsmaßnahmen, z. B. der Prozessstruktur oder der Aufbauorganisation, herangezogen werden. Siehe dazu Kapitel "Zielsetzung und Aufgaben der Prozesskostenrechnung". 290 Allerdings sind auch damit Probleme verbunden. Siehe dazu Kapitel "Aktivitäten- und Prozessanalyse" und "Gemeinkostenmanagement mit der Prozesskostenrechnung".
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
8.
93
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
8.1. Vorbemerkungen 8.1.1. Abgrenzung des Einsatzbereichs Um die Bedeutung der Prozesskostenrechnung im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung zu zeigen, sind zunächst diejenigen Kostenbestandteile, die prinzipiell nach dem Verfahren der Prozesskostenrechnung auf die Kalkulationsobjekte verteilt werden können, zu bestimmen. Entgegen der Auffassung einiger US-amerikanischer Autoren, dass nur die Kosten nicht genutzter Kapazitäten (Leerkosten) sowie die der Forschungs- und Entwicklungsbereiche aus dem Verrechnungsverfahren der Prozesskostenrechnung auszuschließen seien291, erfordert es die Konzeption der Prozesskostenrechnung zwingend, ein weitaus größeres Kostenvolumen im Rahmen der Kalkulationsfunktion der Prozesskostenrechnung nicht zu berücksichtigen. Die Abbildung VII zeigt das der Prozesskostenrechnung zugängliche Kostenvolumen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Einteilung der Kosten in Einzelund Gemeinkosten hier aus der Perspektive einer einzelnen Produkteinheit erfolgt. Demnach sind alle Kosten als Gemeinkosten anzusehen, die, der bekannten Sichtweise folgend, nicht mit der Erstellung einer Produkteinheit direkt und ausschließlich verbunden sind292.
291 Vgl. Cooper, R., und Kaplan R. S., Measure Costs Right: Make the Right Decisions, in: Harvard Business Re-
view, Vol. 66, September/October 1988, S. 101 f.
292 Vgl. bspw. Scherrer, G., Kostenrechnung, 2. Aufl., Stuttgart 1991, S. 23 ff.
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Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Gesamtkosten
gesamte Gemeinkosten
Gemeinkosten fertigungsferner Bereiche
gesamte Einzelkosten
Gemeinkosten fertigungsnaher Bereiche
Gemeinkosten der nicht-repetitiven Prozesse
Gemeinkosten der repetitiven und homogenen Prozesse Einsatz der der Einsatz Prozeßkostenrechnung
Prozesskostenrechnung
Abb.VII: VII:Kostenvolumen Kostenvolumenbei bei Kalkulation Kalkulation mit Abb. mit Prozeßkostensätzen Prozesskostensätzen
Von den gesamten Kosten erfasst die Prozesskostenrechnung ausschließlich den Gemeinkostenanteil. Die Einzelkosten werden dagegen, vergleichbar dem Vorgehen in der traditionellen Vollkostenrechnung, an der Prozesskostenrechnung vorbei den Produkten direkt zugerechnet. Ein davon abweichendes Verfahren wäre auch nicht sachgerecht, da alle anderen Verfahren, einschließlich der Prozesskostenrechnung, nicht die Genauigkeit der unmittelbaren Zurechnung aufweisen können, so dass als Folge die Qualität der Kosteninformationen sinken müsste. Allerdings kann bei (vernachlässigbar) geringer Bedeutung der direkt zurechenbaren Kosten eine Behandlung der Einzelkosten wie Gemeinkosten (unechte Gemeinkosten) aus kostenwirtschaftlichen Gründen dann angebracht sein, wenn der zusätzliche Erfassungs- und Zurechnungsaufwand einer direkten Verrechnung den daraus erwarteten Nutzen verbesserter Kosteninformationen übersteigt293. 293 Vgl. Zimmermann, G., Grundzüge der Kostenrechnung, 4. Aufl., München/Wien 1992, S. 34.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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Bei den Gemeinkosten ist aufgrund der Besonderheiten der Prozesskostenrechnung eine zweifache Differenzierung vorzunehmen294. Zum einen sollten von den Gemeinkosten nur solche den Produkten zugerechnet werden, für die Bezugsgrößen ermittelbar sind, die plausible Zusammenhänge zwischen den Kalkulationsobjekten und den Kosten herstellen. Da für die Gemeinkosten der fertigungsfernen Bereiche295 keine schlüssigen Bezugsgrößen zum Zwecke der Kostenverrechnung zur Verfügung stehen, stellen die Kosten der fertigungsfernen Bereiche kein geeignetes Verrechnungsobjekt im Rahmen der Prozesskostenrechnung dar. Zum anderen sind die noch verbleibenden Kosten der indirekten Bereiche, die eine große Nähe zum Fertigungsbereich aufweisen, daraufhin zu untersuchen, ob sie Abhängigkeiten von der Anzahl der Wiederholungen der in diesen Bereichen ablaufenden Handlungen (Handlungsvolumen) aufweisen oder nicht296. Nur wenn ein (möglichst direkter) Zusammenhang zwischen dem Handlungsvolumen und der Höhe der Gemeinkosten besteht, ist es auch möglich, eine Verrechnung der Kosten auf Kalkulationsobjekte entsprechend dem Grundprinzip der (prozessanalogen) Kalkulation297 vorzunehmen. Die wegen der oben genannten Gründe zu fordernde Ausgrenzung eines Teils der Gesamtkosten aus den zu verrechnenden Kosten würde allerdings gegen das Grundprinzip der Vollkostenrechnung, alle anfallenden oder angefallenen Kosten auf die Kostenträger zu verrechnen, verstoßen. Daher schlagen Horvath und Mayer vor, die vom Handlungsvolumen unabhängigen Kosten proportional zu den "leistungsmengeninduzierten Kosten"298 auf die Prozesse zu verrechnen299. 294 Das ursprüngliche Verfahren, so wie es in den USA noch häufiger anzutreffen ist, verzichtet auf eine weitere
295 296
297 298
299
Differenzierung. Vgl. bspw. Cooper, R., The Rise of Activity-Based Costing – Part One: What is an ActivityBased Cost System? in: Journal of Cost Management, o. Vol., Summer 1988, S. 45-54. Damit werden die weiter unten angesprochenen Probleme noch verstärkt. Dazu zählen bspw. die Personal-, Marketing- und Kostenrechnungsabteilung sowie der zentrale Einkauf. Horvath und Mayer bezeichnen die von der Anzahl der Wiederholungen einer Handlung abhängigen Kosten als "leistungsmengeninduzierte", die davon unabhängigen Kosten als "leistungsmengenunabhängige Kosten". Vgl. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 217. Die Autoren sehen demnach in einer Handlung eine Leistung. Gegen die Verwendung des Begriffs "Leistung" in diesem Zusammenhang spricht, dass leicht Verwechslungen mit dem Leistungsbegriff der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre möglich sind. Einer Handlung fehlt die, für die betriebswirtschaftliche Leistung begriffsnotwendige, Gutseigenschaft. Um den von Horvath und Meyer angesprochenen Sachverhalt richtig zu erfassen, müsste von handlungsabhängigen und handlungsunabhängigen Kosten gesprochen werden. Siehe Abschnitt "Grundprinzip der (prozessanalogen) Kalkulation". Die Verwendung des Begriffs "leistungsmengeninduziert" kann allerdings nicht die Tatsache verdecken, dass es sich bei einem Teil auch dieser Kosten, aus der Perspektive der Kalkulationsobjekte betrachtet, um Fixkosten handelt. Vgl. Betz, S., Gemeinkostencontrolling auf Basis der Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 39. Jg. (1995), H. 3, S. 144. Vgl. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 217.
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Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Somit würden auf die Kalkulationsobjekte entsprechend ihrer spezifischen Prozessinanspruchnahme auch "leistungsmengenunabhängige Kosten" entfallen. Wird diesem Vorschlag gefolgt, trifft die Prozesskostenrechnung der gleiche Vorwurf, den ihre Vertreter gegen die traditionelle Vollkostenrechnung erheben. Denn ein Teil der Kosten würde dann nicht, wie gefordert, über direkte und wertunabhängige Größen, sondern über indirekte und wertabhängige Bezugsgrößen auf die Kalkulationsobjekte verrechnet300. Die Folge sind, auch nach den Maßstäben der Prozesskostenrechnung, verzerrte Kosteninformationen, wobei die Verfälschungen mit steigendem Anteil "leistungsmengenunabhängiger" Kosten zunehmen301. Welcher Anteil der Gesamt- und auch der Gemeinkosten letztlich durch die Prozesskostenrechnung im Rahmen der Kalkulationsfunktion abgedeckt werden kann, ist von den konkreten Bedingungen abhängig. Insbesondere kommt dem Anteil der repetitiven und homogenen Handlungen am gesamten Handlungsvolumen dabei große Bedeutung zu. Je größer dieser Anteil, umso stärker setzen sich c. p. die spezifischen, je nach Betrachter positiven oder negativen, Wirkungen der Prozesskostenrechnung auf die Kalkulationsergebnisse durch. Zu beachten ist aber, dass der Anteil nicht nur zwischen verschiedenen Unternehmen eines Industriezweiges, sondern auch innerhalb einzelner Betriebe große Spannbreiten aufweisen kann302. Jedem geplanten Einsatz der Prozesskostenrechnung sollte daher eine Untersuchung der Tätigkeiten auf Wiederholungshäufigkeit und Homogenität vorangehen. Im Fall eines geringen Anteils repetitiver und homogener Tätigkeiten im vorgesehenen Einsatzbereich dürften häufig kostenwirtschaftliche Gründe gegen die Anwendung der Prozesskostenrechnung sprechen, sofern diese konsequent auf das ihr zugängliche Tätigkeitsvolumen beschränkt werden soll. Würde aber 300 Vgl. Kloock, J., Prozesskosten als Rückschritt und Fortschritt der Kostenrechnung, in: Kosten-
rechnungspraxis, 36. Jg ., H. 4, 1992, S. 188.
301 Reichling, P., und Köberle, G., Gemeinkosten-Controlling mit der Prozesskostenrechnung, in: Spremann, K.,
und Zur, E. (Hrsg.), Controlling, Wiesbaden 1992, S. 501.
302 Über die heutige Bedeutung und die weitere Entwicklung der Bedeutung derartiger Tätigkeiten herrscht in der
Wissenschaft kein einheitliches Meinungsbild. Striening geht von einem deutlichen Übergewicht der repetitiven, gut strukturierten Tätigkeiten im indirekten Bereich aus. Vgl. Striening, H.-D., Prozess-Management ..., a.a.O., S. 20. Dagegen sehen Picot/Rischmüller einen Bedeutungsverlust der repetitiven Tätigkeiten. Vgl. Picot, A., und Rischmüller, G., Planung und Kontrolle der Verwaltungskosten in Unternehmen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 51. Jg. (1981), S. 333. Somit ist auch von dieser Seite her die zukünftige Bedeutung der Prozesskostenrechnung nicht eindeutig abschätzbar.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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die Prozesskostenrechnung auch auf solche Tätigkeiten ausgedehnt, die nicht den genannten Bedingungen entsprechen, um den Aufbau einer Prozesskostenrechnung mit dem Argument eines weiten Einsatzbereichs zu rechtfertigen, spräche die dann zu erwartende mangelnde Aussagefähigkeit der Kosteninformationen um so stärker gegen den Einsatz der Prozesskostenrechnung. 8.1.2. Strategische Kalkulation In der modernen Kostenrechnungsliteratur ist weitgehend unbestritten, dass für kurzfristige Entscheidungen im Rahmen gegebener und unveränderlicher Kapazitäten und somit konstanter Fixkostenlasten ausschließlich die durch eine Produkteinheit veranlassten (zusätzlichen) Kosten für kurzfristige Produktionsprogramm- sowie Preisentscheidungen Relevanz besitzen. Im Widerspruch dazu verrechnet die Prozesskostenrechnung im großen Umfang fixe Gemeinkosten auf die Kalkulationsobjekte. Um nicht schon von daher den gleichen (berechtigten) Vorwürfen wie die traditionelle Vollkostenrechnung ausgesetzt zu sein, bezeichnen die deutschen Befürworter der Prozesskostenrechnung die nach den Prinzipien der Prozesskostenrechnung durchgeführte Kalkulation als "strategische Kalkulation"303. Damit soll zum einen darauf verwiesen werden, dass der Betrachtungszeitraum der Prozesskostenrechnung nicht mehr auf den für bisherige Kostenrechnungssysteme üblichen Zeithorizont von höchstens einem Jahr beschränkt bleibt, sondern auch darüber hinausgehende Wirkungen erfasst werden sollen304. Zum anderen betont das Adjektiv "strategisch" den Anspruch der Prozesskostenrechnung, schlüssige Daten für bedeutende Produktentscheidungen zu liefern, wozu die bestehenden Kostenrechnungssysteme nicht in der Lage seien305. Rechtfertigen die meisten US-amerikanischen Vertreter der Prozesskostenrechnung die Einbeziehung der kurzfristig fixen Kosten in die Kalkulation recht undifferenziert mit der Feststellung, langfristig seien alle Kosten variabel und da303 Coenenberg/Fischer sehen in der strategischen Kalkulation das Fundament einer "strategischen Neuorientie-
rung" der gesamten Kostenrechnung. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th., Die Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 21 ff.
304 Damit ist die bisher gebräuchliche Arbeitsteilung zwischen Kostenrechnung und Investitionsrechnung aufge-
hoben. Vgl. zur Abgrenzung zwischen Investitions- und Kostenrechnung Kilger, W., Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 9. Aufl., Wiesbaden 1988, S. 16.
305 Vgl. Müller, A., Gemeinkosten-Management – Vorteile der Prozesskostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 60.
98
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
her auch auf die Produkte zu verrechnen306, verdient das Argument, dass kürzere Produktlebenszyklen die Einbeziehung auch der fixen Kosten erfordern, eine nähere Betrachtung. Zunächst wird zu Recht darauf verwiesen, dass die durchschnittliche Lebensdauer insbesondere von technischen und modischen Produkten infolge der gewandelten Bedingungen auf den Absatzmärkten im Vergleich zu früheren Zeiten zum Teil stark abgenommen hat307. Damit verbunden ist eine Verkürzung der pay-off-Perioden, die den Unternehmen zur Verfügung stehen, um ihre "Vorleistungen" sowie einen als angemessen betrachteten Gewinn über die Markterlöse zu realisieren. Die starke Berücksichtigung der kurzfristigen Preisuntergrenze bei Preisentscheidungen, wie sie für die Deckungsbeitragsrechnung charakteristisch ist, birgt bei kurzer wirtschaftlicher Produktlebensdauer die nicht zu vernachlässigende Gefahr, dass die über den Produktlebenszyklus kumulierten Markterlöse nicht zur vollständigen Deckung des Blocks der fixen Kosten ausreichen könnten308. Verstärkt wird das Problem noch durch die infolge der heutigen Produktionsbedingungen große quantitative Bedeutung der Fixkosten. Um der daraus resultierenden Gefahr der Unterdeckung der gesamten Lebenszykluskosten zu begegnen, halten es die Befürworter der Prozesskostenrechnung für gerechtfertigt, auch die fixen Kosten bei der Produktkalkulation zu berücksichtigen309. Der so begründeten Einbeziehung der Fixkosten in die Produktkalkulation liegt zumindest implizit die Vorstellung zugrunde, langfristige Preisuntergrenzen zu bestimmen, deren Beachtung zu einer Abdeckung der gesamten Lebenszykluskosten führen soll. Im Rahmen der bisher gebräuchlichen Verfahren der Kostenrechnung ist die Ermittlung langfristiger Preisuntergrenzen nur für Einproduktunternehmen eindeutig möglich310. Im praxisrelevanten Fall der Ferti306 Vgl. Johnson, H. T., und R. S. Kaplan, The importance of longterm product costs, in: The McKinsey Quar-
terly, Autumn 1987, S. 36.
307 Vgl. Eversheim, W., Schuh, G., und Caesar, C., Neue Ansätze ..., a.a.O., S. 75. 308 Bei einer strengen Bindung der Preisforderung an die kurzfristige Preisuntergrenze würden ausschließlich die
variablen Kosten gedeckt und es entstünde am Ende des Produktlebenszyklus ein Verlust in Höhe der fixen Kosten.
309 Vgl. Ames, C. B., und Hlavacek, J. D., Vital Truth ..., a.a.O., S. 142. 310 Dazu müssen Informationen über die Höhe der variablen und fixen Kosten sowie über die erwartete Absatz-
menge vorliegen, die auf Schätzungen beruhen. Auf die daraus resultierenden Schätzprobleme soll nur hingewiesen werden. Sie verstärken noch die unten genannte Kritik.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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gung mehrerer Produkte, die zumindest einen Teil der betrieblichen Ressourcen gemeinsam nutzen, besteht nach vorherrschender Auffassung keine Möglichkeit, die Fixkosten der betroffenen Potentiale eindeutig den einzelnen Produkten zuzurechnen. Somit können auch nicht, wie im Fall der Einproduktunternehmen, objektive langfristige Preisuntergrenzen bestimmt werden. Dagegen deutet das Verrechnungsprinzip der Prozesskostenrechnung darauf hin, dass Fixkosten über die Zwischenschaltung von Prozessen und mit Hilfe neuer und bisher nicht gebräuchlicher Bezugsgrößen auf Produkte verrechnet und somit auch langfristige Preisuntergrenzen bestimmt werden können. Allerdings räumen auch Befürworter der Prozesskostenrechnung ein, dass nicht alle Kosten über die Prozesskostenrechnung den Produkten zurechenbar sind311. Daraus folgt, dass bei einem Preis, der in seiner Höhe der so ermittelten langfristigen Preisuntergrenze entspricht, selbst dann, wenn bei diesem Preis am Markt entsprechende Mengen abgesetzt werden könnten, nicht automatisch sämtliche Lebenszykluskosten abgedeckt sind. Da zudem keine Aussage möglich ist, wie weit die mittels der Prozesskostenrechnung ermittelte Preisuntergrenze von der zutreffend ermittelten abweicht312, muss fraglich bleiben, ob der Prozess-Kostenpreis eine verlässlichere Orientierungsgröße der betrieblichen Preispolitik als die kurzfristige Preisuntergrenze darstellt. Einen anderen Weg, die Prozesskostenrechnung als Kalkulationsinstrument zu begründen, stellt der Vorschlag da, sie in das System der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung zu integrieren313. Legt man die Interpretation von Einzelkosten nach Riebel zugrunde, dürften Kosten im nennenswerten Umfang nur einer Mehrzahl von Prozessen eindeutig zuordenbar sein. Eine Weiterverrechung auf einzelne Prozesse und damit die Bestimmung eines Prozesskostensatzes durch (einfache) Division der Kosten durch die Prozessmenge verstößt in den meisten Fällen gegen den Grundsatz der Einzelkostenrechnung, dass Kosten und Leistungen (Prozesse) auf eine gemeinsame Entscheidung zurück zu führen sein müssen.
311 Beispielsweise plädiert Fröhling für den Aufbau einer "Prozesskostenrechnung auf Teilkostenbasis". Nicht be-
rücksichtigt werden sollen die Kosten von Arbeitskräften, die zur Aufrechterhaltung der Leistungsprozesse notwendig sind. Vgl. Fröhling, O., Thesen zur Prozesskostenrechnung, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 62. Jg (1992), H. 7, S. 726. 312 Dies kann sicher erst ex post festgestellt werden, wenn alle tatsächlichen Werte vorliegen. 313 Rogalski, M., Prozesskostenrechnung im Rahmen der Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 40. Jg. (1996), H. 2, S. 91-97.
100
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Diese schon aus Sicht der Prozesse problematische Einstufung von Kosten als Einzelkosten wird noch fragwürdiger, wenn bei der Prüfung der Kosteneigenschaft auf die letztlich maßgeblichen Kalkulationsobjekte abgestellt wird. Auch wenn von der These der prozessabhängigen Kosten (Prozesseinzelkosten) ausgegangen wird, so zeigen doch die in der Literatur dargestellten Beispiele, dass es sich bei den einbezogenen Kostenarten tatsächlich um Fix- und somit aus der Perspektive eines Kalkulationsobjektes um Gemeinkosten handelt314. Somit ist eine wie zumindest implizit unterstellte verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten objektiv nicht möglich.
8.2. Kalkulationsformen 8.2.1. Prozessanaloge Kalkulation Die konsequenteste Umsetzung der Philosophie der Prozesskostenrechnung im Rahmen der Kalkulation betrieblicher Leistungen stellt die "prozessanaloge"315 oder "prozessspezifische"316 Kalkulation dar. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sämtliche Gemeinkosten ausschließlich über die Zwischenschaltung von Prozessen auf die Kalkulationsobjekte verrechnet werden sollen. Hierbei handelt es sich allerdings um einen theoretischen Sonderfall, der in der betrieblichen Praxis so gut wie nie vorliegen dürfte, da die Voraussetzungen zur Verrechnung nach den Prinzipien der Prozesskostenrechnung bei einem (mehr oder minder großen) Teil des Kostenvolumens regelmäßig nicht erfüllt sind317. Bedeutung besitzt die "reine Form" der Kalkulation nur für die unverfälschte Darstellung sowie die Analyse der sich daraus ergebenden spezifischen Ergebnisse. Daher soll den Ausführungen der nächsten Kapitel, sofern nichts anderes vermerkt, nur jener Teil der Gemeinkosten zugrunde liegen, der über Prozesskostensätze und somit – bezogen auf diesen Kostenanteil – prozessanalog den Kalkulationsobjekten zurechenbar ist.
314 Vgl. Ebbeken, K. und M. Ebbeken, Prozessorientierte Centerkostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 45
Jg. (2001), H. 3, S. 175.
315 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 127. 316 Vgl. Ziegler, H., Prozessorientierte Kostenrechnung im Hause Siemens, in: Betriebswirtschaftliche Forschung
und Praxis, 44. Jg. (1992), H. 4, S. 307.
317 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 127.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
101
8.2.2. Prozessorientierte Kalkulation Bei der "prozessorientierten (Zuschlags-)Kalkulation" handelt es sich um ein Verfahren, das nur bei der Bestimmung der Zuschlagsätze einige Besonderheiten im Vergleich zur differenzierenden Zuschlagskalkulation der traditionellen Vollkostenrechnung aufweist318. Nicht mehr die bekannten Wertgrößen Lohn- und Materialeinzelkosten bilden die Grundlage zur Ermittlung der Zuschlagsätze, sondern prozessuale Aspekte wie bspw. die Anzahl der von einem Produkt durchlaufenen Prozesse oder dessen, durch die Anzahl der verbauten Einzelteile gemessener, Komplexitätsgrad. Hierzu erfolgt zunächst die Einteilung der Produkte anhand der genannten Kriterien in (weitgehend) homogene Gruppen, für die dann ein einheitlicher Zuschlagsatz gilt. Produkte, die einer Produktgruppe angehören, die im Vergleich zu anderen Produktgruppen eine größere Anzahl von Prozessen oder aufwendigere Prozesstypen aufweisen, werden mit einem vergleichsweise höheren (prozessorientierten) Zuschlagsatz belastet. Damit soll zumindest in grober Form dem Leitgedanken der Prozesskostenrechnung gefolgt werden, Produkte entsprechend ihrer spezifischen Beanspruchung betrieblicher Ressourcen mit Gemeinkosten zu belasten. In Abhängigkeit von der jeweiligen Ausgestaltung des Verfahrens spricht gegen die prozessorientierte (Zuschlags-)Kalkulation entweder der geringe Informationsgewinn oder die Unwirtschaftlichkeit des Verfahrens. Dominiert bei der Ausgestaltung der prozessorientierten (Zuschlags-)Kalkulation das Ziel, ein einfach zu handhabendes Verfahren aufzubauen, muss nach verbreiteter Meinung ein weitgehend homogenes Produktionsprogramm vorliegen, das nur einige wenige Produktgruppen mit unterschiedlicher Ressourcenbeanspruchung umfasst319. Denn nur dann bestehe die Möglichkeit, mit einer überschaubaren Anzahl von Produktgruppen und Zuschlagsätzen auszukommen. Zunächst verwundert es vor dem Hintergrund des Anspruchs der Prozesskostenrechnung, ein Verfahren darzustellen, das der Unterschiedlichkeit der Ressourcenbeanspruchung eines ausdifferenzierten Produktionsprogramms angemessen ist, wenn eine prozessorientierte Kalkulation auch für Unternehmen mit weitgehend homogenen Produktionsstrukturen vorgeschlagen wird320. 318 Vgl. ebenda, S. 127. 319 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 34. 320 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 127.
102
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Darüber hinaus sind Zweifel angebracht, ob die bei solchen Gegebenheiten gewonnenen Kosteninformationen von denen der traditionellen Zuschlagskalkulation abweichen321 und somit prinzipiell neue Erkenntnisse beinhalten können. Weitgehend identische Ergebnisse sind dann zu erwarten, wenn zwischen den Zuschlagsbasen beider Verfahren eine (hohe) positive Korrelation besteht. Aufgrund des dann geringen Nutzens dürfte die Abwägung von Nutzen und Kosten eher gegen den Einsatz der Prozesskostenrechnung zu Kalkulationszwecken sprechen. Für den Fall, dass die prozessorientierte (Zuschlags-)Kalkulation bei heterogener Produktionsstruktur, wie sie bei den heutigen Bedingungen in der Praxis häufig anzutreffen sein dürfte322, eingesetzt werden soll, stößt das Verfahren schnell an seine Grenzen. Bei einer der Heterogenität entsprechenden großen Anzahl unterschiedlicher Zuschlagsätze gerät die Kostenwirtschaftlichkeit des Verfahrens in Gefahr. Wird aus diesem Grunde stattdessen auf eine starke Differenzierung der Zuschlagsätze verzichtet, sind im Sinne der Prozesskostenrechnung verzerrte Kosteninformationen wahrscheinlich. 8.2.3.
Kombination beider Kalkulationsverfahren
8.2.3.1. Notwendigkeit der Kombination Die Kombination der Verrechnung von Gemeinkosten sowohl prozessanalog über Prozesskostensätze als auch über Zuschlagsätze, die entweder prozessorientiert bestimmt werden323 oder aber nach den Verfahren der traditionellen Vollkostenrechnung ermittelt sein können, drängt sich aus mehreren Gründen auf. Zunächst ist es, wie dargelegt, nicht möglich, das gesamte Gemeinkostenvolumen prozessanalog auf die Kalkulationsobjekte zu verteilen, weil bspw. für einen Teil der Gemeinkosten keine plausiblen direkten Bezugsgrößen zur Weiterverrechnung auf die Produkte vorhanden sind. Um aber einen Verstoß gegen das Grundprinzip der Vollkostenrechnung zu vermeiden, das eine Verrechnung des gesamten Kostenvolumens auf die Kalkulationsobjekte vorsieht, bedarf die
321 Die Unterschiede in den ausgewiesenen Stückkosten dienen den Vertretern der Prozesskostenrechnung als
Begründung für deren Einsatz. Vgl. bspw. Cooper, R., und Kaplan, R. S., Activity-Based Costing: Ressourcenmanagement at its best, in: Harvard Manager, 13. Jg. (1991), H. 4, S. 90 f.
322 Vgl. dazu Kapitel " Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen". 323 Vgl. Ziegler, H., Prozessorientierte ..., a.a.O., S. 308.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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prozessanaloge Kalkulation der Ergänzung durch die traditionelle oder die prozessorientierte Zuschlagskalkulation. Des Weiteren spricht für eine Beschränkung der Anwendung der prozessanalogen Kalkulation auch bei Prozessen, die prinzipiell der Prozesskostenrechnung zugänglich sind, das Bestreben, den Aufwand zu begrenzen, der insbesondere im Aufbaustadium der Prozesskostenrechnung durch die Aktivitäten- und Prozessanalyse ausgelöst wird. Beide genannten Gründe, die gegen die ausschließliche Anwendung der prozessanalogen Kalkulation sprechen, veranlassten Coenenberg und Fischer sowie Franz zu dem Vorschlag, grundsätzlich nur für die wichtigen Hauptprozesse324 Prozesskostensätze zu ermitteln, also die prozessanaloge Kalkulation anzuwenden. Die verbleibenden Kosten sollten entweder mit Hilfe der traditionellen Zuschlagskalkulation325 oder der prozessorientierten Zuschlagskalkulation326 auf die Kostenträger verrechnet werden. Da nach diesem Vorschlag auch die Praxis üblicherweise verfährt, soll auf die damit verbundenen Probleme im nächsten Abschnitt eingegangen werden. 8.2.3.2. Kritik des Verfahrens Das von Coenenberg/Fischer sowie von Franz vertretene Verfahren erscheint zunächst durchaus plausibel. Denn es trägt zum einen der Tatsache Rechnung, dass nur ein Teil der Kosten prozessanalog verrechenbar ist, und zum anderen stellt es den kostenwirtschaftlich vertretbaren Einsatz des Systems der Prozesskostenrechnung sicher. Zudem erscheint das vorgeschlagene Kriterium zur Auswahl derjenigen Prozesse praktikabel, deren Kostenvolumen prozessanalog weiterverrechnet werden soll. Darüber hinaus vermittelt das Auswahlkriterium den Eindruck, in den besonders wichtigen Bereichen den Grundsätzen der Prozesskostenrechnung zu genügen und somit die (vorgeblichen) Vorteile der Prozesskostenrechnung zu nutzen. Trotz der angesprochenen Vorteile, die das Verfahren insbesondere für die Praxis attraktiv erscheinen lassen, kann das Kriterium "Wichtigkeit der Prozesse für das betriebliche Geschehen" nicht überzeugen. Denn nicht die Wichtigkeit eines 324 Hauptprozesse sind zum einen dann wichtig, wenn sie für das Ergebnis des gesamten Vorgangs von entschei-
dender Bedeutung sind, und zum anderen, wenn sie einen Großteil der Vorgangskosten veranlassen.
325 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 34. 326 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 127.
104
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Prozesses entscheidet darüber, ob dessen Kosten prozessanalog verrechnet werden können. Dafür sind ausschließlich die Prozessmerkmale Wiederholungshäufigkeit, Homogenität und Bestimmbarkeit schlüssiger Bezugsgrößen ausschlaggebend. Falls sich die prozessanaloge Kalkulation für bedeutende und kostenintensive Prozesse als nicht geeignetes Verrechnungsverfahren erweist und nur für unbedeutende Prozesse mit geringen Kostenvolumen prinzipiell zur Verfügung steht, müssen die diskutierten Vorzüge der Prozesskostenrechnung bereits an dieser Stelle in Frage gestellt werden. Weiterhin ist die Tatsache, dass die Kalkulationsergebnisse auf die kombinierte Wirkung zweier Verrechnungsverfahren zurückgehen, unüblich. Zudem wird die Interpretation der Ergebnisse dadurch erschwert, dass der Anteil der beiden Verfahren am ausgewiesenen Ergebnis wenig transparent ist und überdies von Produkt zu Produkt stark schwanken kann. Es ist somit nicht unwahrscheinlich, dass die bestehende große Interpretationsunsicherheit nicht ohne Einfluss auf alle Entscheidungen bleiben wird, denen derart ermittelte Kosteninformationen zugrunde liegen.
8.3. Grundprinzip der (prozessanalogen) Kalkulation 8.3.1. Direkte (prozessanaloge) Kalkulation Dem Grundgedanken der Prozesskostenrechnung folgend besteht zunächst die Aufgabe darin, Kosten mit Hilfe von Bezugsgrößen (cost driver) auf Prozesse zu verrechnen. Im Prozesskostensatz kommt nach Auffassung der Befürworter der Prozesskostenrechnung der Verbrauch betrieblicher Ressourcen infolge der Durchführung eines Prozesses wertmäßig zum Ausdruck. Die anschließende Weiterverrechnung von im klassischen Sinne Gemeinkosten auf die Kalkulationsobjekte erfolgt wiederum über Bezugsgrößen, die als Maßstab zur Bestimmung der produktindividuellen Prozessinanspruchnahme dienen und für die (Prozess-)Kostensätze ermittelt werden. Die für beide Rechenschritte notwendigen Informationen über die am Herstellungsvorgang beteiligten Prozesse, deren Kostentreiber sowie die Anzahl der
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
105
Wiederholungen eines Prozesses und die Höhe der Gemeinkosten wurden bereits in den davor liegenden Analyseschritten ermittelt327. Das prinzipielle Vorgehen der prozessanalogen Kalkulation lässt sich wie in Abbildung VIII dargestellt zusammenfassen.
beansprucht
Ressource Verrechnung der Kosten über cost driver
beansprucht
Prozeß Prozess
Kalkulationsobjekt Verrechnung der Kosten über cost driver
Abb. Abb.VIII: VIII:Prinzip Prinzipder derprozessanalogen prozeßanalogenKalkulation Kalkulation Die einem Kalkulationsobjekt328 insgesamt angelasteten Kosten setzen sich zusammen aus den Einzelkosten der Fertigung und anderen Sondereinzelkosten329 und den aufsummierten Kosten aller Prozesse des indirekten Bereichs, die vom Kalkulationsobjekt während seines Herstellungsprozesses beansprucht wurden330.
327 Bei der Anzahl der Wiederholungen und der Höhe der Gemeinkosten kann es sich, je nach Einsatzzweck der
Prozesskostenrechnung, um Ist- oder Plangrößen handeln. Im weiteren wird auf eine diesbezügliche Unterscheidung verzichtet, da sie zu keinen verschiedenen Aussagen führen würde. 328 Kalkulationsobjekte können sowohl Marktleistungen als auch innerbetriebliche Leistungen sein. Im zweiten Fall dient die Prozesskostenrechnung als Instrument der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Vgl. Bauer, M., Prozesskostenrechnung als Instrument der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung in der chemischen Industrie, in: Kostenrechnungspraxis, 39. Jg. (1995), H. 3, S. 171 ff. Das prinzipielle Vorgehen bei der Kalkulation ist in beiden Fällen identisch, so dass eine getrennte Betrachtung nicht erforderlich ist. 329 Bei Zukaufteilen tritt der Einkaufspreis an die Stelle der Einzelkosten. 330 Auf den Fall, dass mehrere Produkte gemeinsam einen Prozess veranlassen, wird im Abschnitt "Indirekte (prozessanaloge) Kalkulation" gesondert eingegangen.
106
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Die mit einer Prozessart verbundenen Kosten bestimmen sich dabei durch Multiplikation des jeweiligen Prozesskostensatzes mit der Anzahl der Wiederholungen des Prozesses, die für die Herstellung einer Kalkulationseinheit notwendig sind. Insgesamt lassen sich die einem Kalkulationsobjekt zuzurechnenden Kosten wie folgt bestimmen:
Kosten des Kalkulationsobjekts = Einzelkosten + Summe der Prozesskosten Porzeßkosten == n PSK i * WKo,i
Einzelkosten + i=1 PSK
i
WKo,i
Prozessart = Prozesskostenzusatz Prozeßkostensatz derder Prozeßart i i
= Wiederholung Wiederholung der der Prozessart Prozeßart i zur zur Erstellung Erstellungeiner einerEinheit Einheitdes desKalkulationsobjekts Kalkulationsobjekts
Abb.IX: IX:Stückkosten Stückkostenbei beidirekter direkter(prozessanaloger) (prozeßanaloger)Kalkulation Kalkulation Abb. Um bspw. die Kosten der Bestückung von PC-Platinen mit Chips den Kalkulationsobjekten anzulasten, könnte die Kalkulation wie folgt aussehen: (1) Bestimmung des Prozesskostensatzes auf der Grundlage vorhandener Daten - Kosten im Zusammenhang mit dem Prozess "Platinen bestücken" (Abschreibungen, Wartungs-, 1.000.000 € Reparatur-, Steuerungskosten) -
-
Prozessmenge cost driver: Anzahl der Bestückungen (abgeleitet aus dem geplanten Produktionsprogramm)
2.000.000 Wiederholungen
Prozesskosten 1.000.000 0,5 € Prozesskostensatz = –––––––––––– = –––––––– = ––––––––––– Prozessmenge 2.000.000 Wiederholung
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
107
(2) Weiterverrechnung auf die Kalkulationsobjekte Die Bestimmung des Gemeinkostenzuschlags je Einheit einer PC-Variante erfolgt in einfacher Weise durch Multiplikation der für eine Einheit benötigten Anzahl Chips mit dem Prozesskostensatz. Auf die Anzahl der Chips wird zurückgegriffen, da sie der Anzahl der produktindividuellen Bestückungsvorgänge (cost driver) entspricht und den Vorteil aufweist, ohne großen Aufwand aus den Bauplänen der PC-Varianten entnommen werden zu können. Wird der nicht unplausiblen Annahme gefolgt, dass komplexer aufgebaute und daher komplizierter zu fertigende PC-Varianten auch eine größere Anzahl an Chips aufweisen als vergleichsweise einfach aufgebaute Varianten, entspricht das Verrechnungsverfahren der Absicht der Prozesskostenrechnung, komplexere Produkte stärker mit Gemeinkosten zu belasten als bspw. Standardprodukte331. 8.3.2. Indirekte (prozessanaloge) Kalkulation Auf die indirekte (prozessanaloge) Kalkulation ist zurückzugreifen, wenn von einem Prozess gleichzeitig mehrere Kalkulationsobjekte profitieren. Bspw. kann eine Bestellung mehrere Einheiten umfassen, denen die Prozesskosten des Prozesses "Bestellung" zugerechnet werden sollen332. Der gleiche Sachverhalt liegt auch bei der Produktion eines Loses vor, wenn die Kosten des Prozesses auf die einzelnen Einheiten des Loses zu verteilen sind. Charakteristisch für die genannten Beispiele ist, dass die Anzahl der Kalkulationsobjekte, für die ein Prozess ausgeführt wird, nicht durch den Prozess fest vorgegeben ist. Dies hat zur Folge, dass es nicht möglich ist, einen direkten Zusammenhang zwischen einem einzelnen Kalkulationsobjekt und dem betreffenden Prozess über einen (wertunabhängigen) Kostentreiber herzustellen. Da somit auch der Anteil eines einzelnen Kalkulationsobjekts an den Prozesskosten nicht objektiv feststellbar ist, kann die gewünschte Weiterverrechnung nur derart erfolgen, dass alle Kalkulationsobjekte, für die der Prozess durchge331 Auf die Frage, ob die im Verrechnungsverfahren enthaltene Annahme, dass die Kosten der Bestückung pro-
portional zur Anzahl der verbauten Chips steigen, zutrifft, wird im Zusammenhang mit der Kritik des Verfahrens eingegangen.
332 Von einer indirekten Kalkulation wird auch dann gesprochen, wenn zunächst die mit der Beschaffung und La-
gerung verbundenen Kosten von Zukaufteilen wie unten dargestellt ermittelt und zum Einkaufspreis hinzugerechnet werden. Dem produktspezifischen Bedarf entsprechend gehen dann diese Kostenbestandteile in die Stückkosten des eigentlichen Kalkulationsobjektes ein. Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing, in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 6, S. 348 f.
108
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
führt wurde, gleichmäßig mit Prozesskosten belastet werden. Das Verfahren entspricht formal der einfachen Divisionskalkulation der Vollkostenrechnung. Die einem einzelnen Kalkulationsobjekt zuzurechnenden Kosten lassen sich wie folgt bestimmen:
Kosten des Kalkulationsobjekts = Einzelkosten +
Prozesskosten Prozeßkosten Anzahl der Kalkulationsobjekte
Abb.X:X:Stückkosten Stückkostenbeibei indirekter (prozeßanaloger)Kalkulation Kalkulation Abb. indirekter (prozessanaloger)
8.3.3.
Kombinierte direkte und indirekte Kalkulation
8.3.3.1. Verfahren Die Verrechnung von Prozesskosten sowohl direkt über Prozesse als auch indirekt über die Zwischenschaltung eines weiteren Bezugsobjekts (Los, Bestellung, Variante) wird für den Fall vorgeschlagen, dass ein Teil der Prozesskosten direkt vom Produktionsvolumen abhängt und für die übrigen Prozesskosten direkte Abhängigkeiten nur von einem der genannten Bezugsobjekte vorliegen. Das hierzu in der Literatur vorgestellte Beispiel betrifft die Kalkulation von in mehreren Varianten gefertigten Produkten (Variantenkalkulation)333. Im Grundsatz ist so vorzugehen, dass zunächst die gesamten Kosten eines Vorgangs in so genannte "volumenabhängige" und "variantenabhängige" Kosten aufzuspalten sind. Die Verrechnung der volumenabhängigen Kosten erfolgt direkt über den Vorgang auf die Kalkulationsobjekte. Bei den variantenabhängigen Kosten hat zunächst eine Verteilung auf die gefertigten Varianten zu erfolgen, von denen aus sie dann auf die Produkteinheiten der jeweiligen Variante weiterverrechnet werden. Die Variantenkalkulation bietet nach Ansicht der Befürworter der Prozesskostenrechnung die Möglichkeit, den bisher vernachlässigten Einfluss der Varian333 Die Grundlagen des Verfahrens wurden von Horvath und Mayer entwickelt. Vgl. Horvath, P., und Mayer, R.,
Prozesskostenrechnung – Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz und wirkungsvolleren Unternehmensstrategien, in: Controlling, o. J., 1989, H. 4, S. 218 f.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
109
tenvielfalt auf die Gemeinkosten zu verdeutlichen und in den Stückkosten zu berücksichtigen334. Dies gilt gleichermaßen für Industrie- als auch für Dienstleistungsunternehmen mit einem zahlreiche Varianten umfassenden Leistungsangebot, wie es beispielsweise für Krankenhäuser typisch ist335. Das prinzipielle Vorgehen wird in Abbildung XI zusammengefasst.
variantenabhängige Kosten
indirekte Kalkulation
Vorgang
Variante Gesamtkosten des Vorgangs Produkt direkte Kalkulation
Vorgang
volumenabhängige Kosten
Abb. XI: Verfahren bei Variantenkalkulation
334 Vgl. Müller, A., Gemeinkosten-Management – Vorteile der Prozesskostenrechnung, Wiesbaden 1992,
S. 119 f.
335 Chen, R., und Zimmermann, V., Prozesskostenrechnung im Krankenhaus, in: Scheer, A.-W. (Hrsg.), Rech-
nungswesen und EDV, Heidelberg 1995, S. 523 ff.
110
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Abgesehen von den Einwänden, die grundsätzlich gegen eine Divisionskalkulation zu erheben sind, führt die Trennung der Kosten in produktionsvolumenabhängige, d. h. beschäftigungsvariable, und in variantenabhängige Kosten zu weiteren Problemen. Denn die den Produkten zugerechneten Gemeinkosten können als Folge der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Kostenverrechnung eine nicht unbeträchtliche Spannbreite aufweisen. Ein einfaches Beispiel soll die Ansatzpunkte sowie die Auswirkungen der Ergebnisbeeinflussung verdeutlichen. 8.3.3.2. Beispiel einer Variantenkalkulation336 Den Produkten der Varianten A und B sollen die im Beschaffungsbereich (Vorgang V1: "Lieferanten auswählen und Bestellung abwickeln") sowie die in der Kundendienstabteilung (Vorgang V2: "Reklamationen bearbeiten") anfallenden Gemeinkosten nach den Grundsätzen der Prozesskostenrechnung zugerechnet werden. Die beiden Vorgänge unterscheiden sich durch ihre Abhängigkeit vom Produktionsvolumen. Weisen beide Varianten in etwa die gleiche Fehleranfälligkeit auf, ist die Annahme plausibel, dass ausschließlich die Gesamtzahl gefertigter Produkte die Anzahl zu bearbeitender Reklamationen bestimmt. Die Verrechnung der mit diesem Vorgang verbundenen Kosten kann somit auf direkte Art erfolgen. Dagegen bestehen bei dem Vorgang "Lieferanten auswählen und Bestellungen abwickeln" sowohl Abhängigkeiten zur insgesamt gefertigten Produktmenge als auch zur Anzahl aufgelegter Produktvarianten. Ein Grund für die Variantenabhängigkeit eines Teils der Gesamtkosten des Vorgangs besteht darin, dass sich die Varianten durch spezifische Teile (z.B. Schiebedach oder Antiblockiersystem bei Automobilen) auszeichnen, die von Spezialzulieferunternehmen bezogen werden. Während bei der volumenabhängigen Kostenkomponente wiederum auf das direkte Kalkulationsverfahren zurückgegriffen werden kann, sind die übrigen Kosten mit Hilfe des Kostentreibers "Variantenzahl" auf die Produkte zu verrechnen.
336 Das Beispiel ist, was die unterstellten Bedingungen betrifft, dem von Horvath und Mayer vorgestellten nachgebildet. Vgl. Horvath, P., und R. Mayer, Prozesskostenrechnung - Der neue Weg ..., a.a.O., S. 218. Die Ausgangsdaten sowie die Ergebnisse sind in Abbildung XII "Beispiel einer Variantenkalkulation" zusammengestellt.
111
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Die Ausgangssituation dokumentiert der Fall 1 in der Abbildung XII, anhand dessen das von Horvath und Mayer vorgeschlagene Verfahren zur Zurechnung der Gemeinkosten beschrieben werden soll. geschlüsselte Gemeinkosten je Produkteinheit Anteil der Kosten in Variante A Variante B Abhängigkeit von 10.000 Einheiten 1.000 Einheiten Prozess- Prozesskosten- Volumen Varianten volumen- varianten- volumen- variantenFall menge (PM) satz (PKS) (a) (1-a) abhängig abhängig abhängig abhängig
Vorgang V1: Lieferanten auswählen und Bestellungen abwickeln cost driver: Produktionsvolumen Variantenanzahl V2: Reklamationen bearbeiten; cost driver: Produktionsvolumen
den Produkten insgesamt zugeschlüsselte Gemeinkosten
1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5
50 50 50 50 50 100 100 100 100 1.000
1.250 1.250 1.250 1.250 1.250 750 750 750 750 750
30% 70% 100% 0% 30% 100% 100% 100% 100% 100%
70% 30% 0% 100% 70% 0% 0% 0% 0% 0%
1,70 2,19 3,98 0,94 5,68 0 0 3,13 1,70 2,19 6,82 0 6,82 0 6,82 0 6,82 0 68,18 0 10,71 11,74 12,50 9,95 72,07
1,70 21,88 3,98 9,38 5,68 0 0 31,25 1,70 21,88 6,82 0 6,82 0 6,82 0 6,82 0 68,18 0 30,40 20,18 12,50 38,07 91,76
Abb. XII : Beispiel einer Variantenkalkulation
(1) Verrechnung der volumenabhängigen Kosten
Der Verrechnungssatz der Kosten des Vorgangs V2 (Kvol,V2) besitzt für die Varianten beider Produkte Gültigkeit, da ausschließlich das Produktionsvolumen die Anzahl der Wiederholungen des Vorgangs (Prozessmenge, PM) bestimmt und die Ressourcenbeanspruchung durch einen einzelnen Vorgang nicht davon abhängig sein soll, aus welcher Variante das reklamierte Produkt stammt. Durch Division des Produkts aus Prozessmenge (PMV2) und Prozesskostensatz (PKSV2)337 durch die Summe der Produktionsmenge beider Varianten bestimmt sich der Verrechnungssatz des Vorgangs. PMV2 * PKSV2
100 * 750 =
Kvol,V2 = xA + xB
= 6,82 10.000 + 1000
337 Das Produkt stellt das gesamt durch die Wiederholungen des Vorgangs veranlasste Kostenvolumen dar.
112
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Nach dem gleichen Verfahren ist der Verrechnungssatz der vom Volumen abhängigen Kosten des Vorgangs V1 zu bestimmen (Kvol,V1)338. Allerdings bilden hier nicht die gesamten Vorgangskosten die Verrechnungsbasis, sondern nur der mit a bezeichnete Anteil der Gesamtkosten dient als Basis, der durch (subjektive) Schätzungen festgelegt werden muss. PMV1
*
PKSV1 * a
50 * 1.250 * 0,3 = 1,70.
=
Kvol,V1 = xA + xB
10.000 + 1000
(2) Verrechnung der variantenabhängigen Kosten
Der variantenabhängige Teil der Gesamtkosten, der mit (1-a) bezeichnet ist, wird gleichmäßig auf die Varianten verteilt339 und daran anschließend in Form einer einfachen Divisionskalkulation den einzelnen Produkteinheiten einer jeden Variante zugerechnet und ergibt beispielsweise für die Variante A PMV1 * PKSV1 * (1-a) Kvar,V1,A
50 * 1.250 * 0,7 =
=
= 2,19. 10.000 * 2
xA * 2
(3) Bestimmung der insgesamt verrechneten Kosten
Die insgesamt einer Produkteinheit zugerechneten Kosten setzen sich aus den volumenabhängigen Kosten der beiden Vorgänge V1 und V2 sowie den über die Varianten abgerechneten Kosten des Vorgangs V1 zusammen. Bspw. entfallen auf eine Produkteinheit der Variante A zugerechnete Gemeinkosten in Höhe von PMV2 * PKSV2 KA
PMV1 * PKSV1 *a +
= xA + xB
=
6,82
PMV1 * PKSV1 * (1-a) +
xA + xB +
1,70
xA * 2 +
2,19
= 10,71.
338 Dieser ist wiederum aus den genannten Gründen für beide Varianten gleich. 339 Damit wird implizit unterstellt, dass der Vorgang bei jeder Wiederholung die betrieblichen Ressourcen gleich
beansprucht und somit auch Kosten in gleicher Höhe veranlasst.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
113
8.3.3.3. Willkürlichkeit der Variantenkalkulation Abgesehen von den bereits angesprochenen Fragwürdigkeiten der Prozesskostenrechnung als Kalkulationsinstrument weist die von Horvath und Meyer vorgeschlagene Variantenkalkulation weitere spezifische Probleme auf. Diese lassen sich darauf zurückführen, dass bisher kein Verfahren existiert, mit dessen Hilfe die Trennung der Vorgangskosten in volumenabhängige und variantenabhängige Bestandteile auf objektive Weise erfolgen könnte. Der daher unvermeidliche Rückgriff auf subjektiv geprägte Erfahrungen340 sowie die unterschiedlichen Interessenlagen der Entscheidenden sind Ursachen voneinander stark abweichender Kostenaufteilungen341. Die Auswirkungen auf die Kalkulationsergebnisse sollen anhand zweier gegensätzlicher Fälle gezeigt werden. Dem bereits betrachteten Fall 1 des Beispiels liegt die Annahme zugrunde, 70 % der gesamten Gemeinkosten seien variantenabhängig. Spiegelbildlich soll im Fall 2 des Beispiels von einer Dominanz der volumenabhängigen Kosten ausgegangen werden342. Die Verrechnung der Gemeinkosten nach den Prinzipien der Prozesskostenrechnung ergibt im Fall 2 des Beispiels für Produkte der in größerer Stückzahl gefertigten Variante A einen Gemeinkostenzuschlag von 11,74 Geldeinheiten (GE) und für Produkte der in geringerer Stückzahl gefertigten Variante B in Höhe von 20,18 GE. Die Unterschiede bei den Gemeinkostenzuschlägen sind jedoch deutlich höher, wenn unterstellt wird, der Anteil der variantenabhängigen Kosten des Vorgangs V1343 sei 70 %. Produkte der Variante A werden dann mit 10,71 GE und Produkte der Variante B mit 30,40 GE Gemeinkostenaufschlag belastet. Die Unterschiede sind darauf zurückzuführen, dass die Verrechnung höherer Gemeinkostenanteile als volumenabhängige Gemeinkosten auf eine gleichmäßigere Belastung der Produkte beider Varianten hinwirkt344, hingegen als vari-
340 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 125. 341 Glaser bezeichnet die Ergebnisse daher wohl nicht zu Unrecht als "Zufallsprodukte". Vgl. Glaser, H., Rech-
nungswesen ist kein Strategieersatz, in: Blick durch die Wirtschaft vom 18.3.1992, S. 1.
342 Siehe Abbildung XII "Beispiel einer Variantenkalkulation". 343 Die Kosten des Vorgangs V werden in beiden Fällen ausschließlich volumenabhängig verrechnet. 2 344 Sind im Extremfall alle Gemeinkosten volumenabhängig, wie im Fall des Vorgangs V unterstellt, führt die 2
Verrechnung zu einer vollkommen gleichmäßigen Belastung aller Produkte.
114
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
antenabhängige Gemeinkosten zu einer ungleichen Verteilung von Gemeinkosten auf die Produkte der beiden Varianten führt345. Die Folgen der unterschiedlichen Einstufung und Festlegung volumen- und variantenabhängiger Kostenanteile werden besonders deutlich, wenn eine rein produktionsvolumenabhängige Vorgangskostenverrechnung (Fall 3 des Beispiels) einer ausschließlich variantenabhängigen (Fall 4 des Beispiels) gegenübergestellt wird. Für die Produkte der in größerer Stückzahl gefertigten Variante A bedeutet das genannte Vorgehen eine Kostenentlastung von 20,4 %, wohingegen die Produkte der in geringerer Stückzahl gefertigten Variante B eine um 204,6 % höhere Gemeinkostenbelastung zu tragen haben. An Bedeutung gewinnt dieser Effekt noch, wenn die kostenmäßige Bedeutung von Vorgängen mit variantenabhängigen Kostenbestandteilen (im Beispiel Vorgang V1) in Relation zu den gesamten Kosten aller Vorgänge zunimmt, da dann die auf eine Gleichverteilung der Kosten hinwirkende Verteilung der volumenabhängigen Kosten (im Beispiel Vorgang V2) an Gewicht verliert346. Mit Hilfe der letztlich willkürlichen Festlegung der volumen- und variantenabhängigen Kostenanteile, die die Produktstückkosten determiniert, ist es möglich, gezielt in die Entscheidungen über die Fortführung einzelner Varianten einzugreifen. Verfolgt bspw. die Unternehmensleitung das (unausgesprochene) Ziel, die Anzahl der gefertigten Varianten zu verringern, könnte diese Strategie mit Hilfe der als objektiv herausgestellten Ergebnisse der Prozesskostenrechnung untermauert werden. Zu diesem Zweck müsste, wie oben beschrieben, der Anteil der variantenabhängigen Kosten besonders hoch angesetzt werden, so dass c. p. eine höhere Kostenbelastung von Produkten auflagenschwacher Varianten entsteht, die bei unveränderten Erlösen zu entsprechend niedrigeren Stückgewinnen führt. Bei Heranziehung des Entscheidungskriteriums Stückgewinn im Rahmen der Produktionsprogrammpolitik fallen somit (wie gewünscht) die Varianten mit geringerer Stückzahl eher aus dem Produktionsprogramm. Auch wenn keine bewusste Manipulation der Ergebnisse vorliegt, die letztlich kein Kostenrechnungssystem verhindern kann, bleiben die Ergebnisse der Va345 Je größer die Unterschiede in den Mengen zwischen beiden Varianten und je höher das zu verteilende Kosten-
volumen, umso ausgeprägter sind auch die Abweichungen der Zuschlagsätze.
346 Die entgegengesetzte Wirkung tritt bei einer Erhöhung der volumenabhängigen Kostenkomponente ein, wie
der Fall 5 des Beispiels zeigt. Zur Verdeutlichung wird der Quotient aus den je Stück verrechneten der Variante B und denen der Variante A herangezogen. Im Fall 1 beträgt der Wert 30,40/10,71 = 2,8. Die gleichmäßigere Belastung zeigt Fall 5 mit einem Quotienten von 91,76/72,07 = 1,3, da hier die ausschließlich volumenabhängigen Kosten des Vorgangs V2 von 75.000 auf 750.000 gestiegen sind.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
115
riantenkalkulation weitgehend fragwürdig. Die möglichen großen Abweichungen in den Ergebnissen sind darauf zurückzuführen, dass es bisher nicht gelungen ist, klare Maßstäbe zur Aufteilung der Gemeinkosten in varianten- und volumenabhängige Kosten zu finden.
8.4. Auswirkungen auf die Kalkulationsergebnisse 8.4.1. Abweichungsursache In der zur Prozesskostenrechnung vorliegenden Literatur nimmt die Gegenüberstellung von Prozess- und traditioneller Kostenrechnung breiten Raum ein. Bei einem Vergleich der Kalkulationsergebnisse beider Verfahren sind zum Teil nicht unerhebliche Abweichungen zu beobachten. Als deren Ursachen identifizieren Coenenberg und Fischer die Allokations-, Degressions- und Komplexitätseffekte347 der prozessanalogen Kalkulation, auf die im Folgenden näher einzugehen ist. Die Verteilung der Gemeinkosten erfolgt sowohl nach traditioneller Vollkostenrechnung als auch im Rahmen der Prozesskostenrechnung proportional im Verhältnis der zur Gemeinkostenschlüsselung herangezogenen Größen. Die Abweichungen in den Kalkulationsergebnissen beruhen auf der Unterschiedlichkeit der Produktmerkmale, die der Verteilung der Gemeinkosten auf die Kalkulationsobjekte zugrunde liegen. Die Zusammenhänge verdeutlicht das in Abbildung XIII dargestellte Beispiel. Die Verrechnung der Gemeinkosten kann bei Verwendung der traditionellen Vollkostenrechnung auf der Basis des Produktmerkmals "Materialeinzelkosten" erfolgen. Die diesbezüglichen Merkmalsausprägungen der Produkte P1 bis P4 verhalten sich wie 10:10:3:3. Dagegen lautet die Relation beim Merkmal "Anzahl unterschiedlicher Teile", das im Rahmen der Prozesskostenrechnung zur Verteilung der durch die Materialvielfalt veranlassten Kosten herangezogen wird, 2:6:2:5. Ein Vergleich beider Relationen zeigt unmittelbar, dass die Verteilung der in beiden Fällen gleich hohen Gemeinkosten auf die Produkte in Abhängigkeit vom gewählten Kostenrechnungsverfahren zu unterschiedlichen Ergebnissen führen muss.
347 Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 31 ff.
116
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Produktions- Materialeinzel- Anzahl gefer- Anzahl Teile je menge kosten (gesamt) tigter Lose Produktart 10 600 1 2 100 6.000 4 6 10 180 1 2 100 1.800 4 5 220 8.580 10 15 5.000 4.000
Produkt 1 Produkt 2 Produkt 3 Produkt 4 Summe Gemeinkosten (gesamt)
Kalkulation nach dem Verfahren der traditionellen Zuschlagskalkulation Verteilungsgrundlage:
Materialeinzelkosten
Verrechnungssatz:
9.000 / 8.580 = 1,05
Zugeschlüsselte Gemeinkosten:
Produkt 1: Produkt 2: Produkt 3: Produkt 4:
(600 * 1,05) / 10 (6.000 * 1,05) / 100 (180 * 1,05) / 10 (1.800 * 1,05) / 100
= = = =
63 63 18,9 18,9
Prozeßanaloge Kalkulation Prozessanaloge Kalkulation Produkt Gemeinkostenursache
P1
P2
P3
P4
Los Verrechnungssatz: 5.000 / 10 = 500
( 500 * 1 )/10 = 50
( 500 * 4 )/100 = 20
( 500 * 1 )/10 = 50
( 500 * 4 )/100 = 20
Anzahl Teile Verrechnungssatz: 4.000 / 15 = 266,67
( 266,67 * 2 )/10 = 53,33
266,67 * 4 )/100 = 10,67
Summe der zugeschlüsselten Gemeinkosten
103,33
30,67
103,33
33,33
Differenz zur traditionellen Kalkulation = "Allokationseffekt"
40,33 64%
-32,33 -51%
84,43 447%
14,43 76%
(266,67 * 2 )/10 ( 266,67 * 5 )/100 = 53,33 = 13,33
Abb.XIII: XIII:Allokationseffekt Allokationseffekt Prozeßkostenrechnung Abb. derder Prozesskostenrechnung
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
8.4.2.
117
Effekte
8.4.2.1. Allokationseffekt Die numerische Differenz zwischen den Kalkulationsergebnissen auf der Grundlage der traditionellen Vollkostenrechnung und der Prozesskostenrechnung wird im so genannten "Allokationseffekt der Prozesskostenrechnung"348 erfasst und geht, wie oben bereits dargestellt, auf die unterschiedlichen Verteilungsgrundlagen der beiden Verfahren zurück. Die Abbildung XIII zeigt für ein Beispiel die numerische Bestimmung des Allokationseffekts. Die Verwendung des Begriffs "Allokation" in diesem Zusammenhang ist allerdings ungewöhnlich und trifft den Sachverhalt nur ungenau, denn es handelt sich nicht um einen Verteilungs-, sondern um einen Umverteilungseffekt. Mit der Verwendung des Begriffs "Allokation" wird aber auch der Anspruch erhoben, dass die Ergebnisse der prozessanalogen Kalkulation dem tatsächlichen Ressourcenverbrauch der Kalkulationsobjekte entsprechen und sich somit von denen der traditionellen Kalkulation grundlegend unterscheiden. Auf diese Weise wird der Sachverhalt, dass es sich nach wie vor um eine Gemeinkostenschlüsselung handelt, verwischt. Erst eine weiterführende Analyse des Allokationseffekts zeigt die für seine Entstehung ursächlichen Einflussfaktoren auf. Zum einen können die Abweichungen eine Folge des "Degressionseffekts" und zum anderen des "Komplexitätseffekts" sein oder auf eine Kombination beider Effekte zurückgehen. Beide Effekte werden in den nächsten Abschnitten behandelt. 8.4.2.2.
Degressionseffekt
8.4.2.2.1. Ursache und Ermittlung Die Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kalkulationsobjekte erfolgt im Rahmen der klassischen Zuschlagskalkulation in Form eines bei allen betroffenen Kalkulationsobjekten gleichen prozentualen Aufschlags zur gewählten Verteilungsgrundlage, bspw. den Lohneinzelkosten. Bestehen keine (wesentlichen) Unterschiede bei den Einzelkosten von Kalkulationsobjekten verschiedener Aufträge – dabei kann es sich sowohl um Bestellungen (Bestellaufträge)
348 Vgl. ebenda, S. 32.
118
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
als auch um Lose (Fertigungsaufträge) handeln –, bewirkt die bekannte Vollkostenrechnung eine nahezu gleichmäßige Belastung mit Gemeinkosten. Dieses Ergebnis der traditionellen Vollkostenrechnung entspricht aber offensichtlich dann nicht mehr den tatsächlichen Produktionsbedingungen, wenn die einzelnen Aufträge voneinander (stark) abweichende Produktionsumfänge aufweisen, die zur Fertigung des Auftrags notwendigen Planungs-, Steuerungs- und Kontrollaktivitäten unterschiedlich aufwendig sind oder Kombinationen der beiden Gegebenheiten vorliegen. Die Prozesskostenrechnung versucht den genannten Divergenzen dadurch zu entsprechen, dass die im indirekten Bereich durch die Fertigung oder Abwicklung eines Auftrags veranlassten Kosten zunächst dem dazu notwendigen Vorgang, unabhängig von den vom Vorgang betroffenen Produkteinheiten, angelastet werden. Die Weiterverrechnung auf die einzelnen Einheiten, die der Vorgang umfasste, erfolgt dann in Form einer Division der Prozesskosten durch die Zahl dieser Einheiten, also gleichmäßig auf alle Objekte, so dass die Belastung eines einzelnen Kalkulationsobjekts mit Gemeinkosten bei zunehmender Zahl der Einheiten sinkt (Degressionseffekt). Dem in Abbildung XIV dargestellten Beispiel liegt zum einen die Annahme einer bestimmten Losanzahl und damit verbunden eines gegebenen Volumens an – von der Zahl der Lose abhängigen – Gemeinkosten zugrunde. Darüber hinaus wird unterstellt, dass die Produktionsmenge über alle Lose konstant ist und lediglich die Aufteilung der Produktionsmenge auf die einzelnen Lose variiert werden kann.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
119
Stückkosten 600
+
500 400 + 300 200
+ .
.
.
+.
.
. +
. +
.
.
.
+
+
+
100
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 . Produktionsvolumen/Los (bei bestimmter Losanzahl) +
prozessorientierte prozeßorientierte KostenKosten
traditionelle . Selbstkosten
Einzelkosten: 100 Zuschlagsatz bei traditioneller Vollkostenkalkulation: 100% Prozesskosten Los: 1.000 Prozeßkosten je je Los: 1.000
Abb. Abb.XIV: XIV:Degressionseffekt Degressionseffektder derProzesskostenrechnung Prozeßkostenrechnung Unter den genannten Bedingungen führt die traditionelle Vollkostenrechnung zu einer gleichmäßigen Belastung aller Produkte mit Gemeinkosten, unabhängig davon, wie viele Einheiten das Los umfasst, innerhalb dessen das einzelne Produkt gefertigt worden ist. Dagegen bewirkt die prozessanaloge Kalkulation bei Produkten aus kleineren Losen eine vergleichsweise höhere Gemeinkostenbelastung der Produkte als die traditionelle Vollkostenkalkulation (im Beispiel bis zu einem Produktionsvolumen von 10 Einheiten) und bei Produkten aus größeren Losen eine vergleichsweise geringere Gemeinkostenbelastung (im Beispiel ab einem Produktionsvolumen von 10 Einheiten). Die Abweichungen in den Kalkulationsergebnissen für verschiedene Aufträge sind, wie das Beispiel zeigt, umso ausgeprägter, je mehr sich die Losgrößen unterscheiden. Weichen die Losgrößen dagegen kaum voneinander ab und ist zudem die Spannbreite der
120
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Einzelkosten gering, dürften die Kalkulationsergebnisse von traditioneller und prozessanaloger Kalkulation kaum auseinander fallen. Der mit zusätzlichen Kosten und kaum neuen Erkenntnissen verbundene Einsatz der Prozesskostenrechnung erscheint bei derartigen Bedingungen aus kostenwirtschaftlichen Gründen nicht lohnenswert. Bei den mit dem Begriff "Degressionseffekt" bezeichneten und von ihren Befürwortern stark herausgestellten Kostenwirkungen handelt es sich keineswegs um neue Erkenntnisse der Prozesskostenrechnung. So zeigen schon seit langem in der Betriebswirtschaftslehre bekannte Verfahren zur Bestimmung der optimalen Losgröße/Bestellmenge die Abhängigkeit der Stückkosten von der Losgröße/Bestellmenge. Auch im Rahmen der stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung kommt es zur Kostendegression, wenn zum Zwecke des Ausweises der Vollkosten eines Kalkulationsobjekts die stufenfixen Kosten durch die Produktionsmenge der betrachteten Stufe dividiert werden. Neu ist lediglich, dass bei der Kalkulation nicht nur die bekannten Fälle degressiver Stückkosten (Bestellungen, Lose) Berücksichtigung finden, sondern auch alle gleich gelagerten Fälle, bei denen von einem Vorgang gleichzeitig mehrere Kalkulationsobjekte betroffen sind. 8.4.2.2.2. Implikationen Der Degressionseffekt bestätigt rechnerisch die Aussage der Vertreter der Prozesskostenrechnung, dass die traditionelle Vollkostenrechnung Kalkulationsobjekte, die Aufträgen mit geringer Auftragsgröße angehören, zu Lasten der Kalkulationsobjekte von größeren Aufträgen mit zu niedrigen Gemeinkostenanteilen belastet. In Unternehmen mit hoher Heterogenität der Auftragsgrößen bewirken die prozessanalogen Kosteninformationen eine, im Vergleich zu den Ergebnissen der traditionellen Kalkulation, völlig andere Beurteilung der Auftragsgrößenstruktur sowie der damit verbundenen Produktions- und Bestellstrukturen349. Auch wenn das Verfahren der prozessanalogen Kalkulation kritisch beurteilt wird, ist kaum zu bestreiten, dass die traditionelle Vollkostenrechnung die Kalkulationsobjekte kleinerer Auftragsgrößen zu Lasten der Kalkulationsobjekte größerer Aufträge begünstigt. Denn das System der (Voll-)Kosten- und Erlösrechnung ordnet zwar 349 Die folgenden Aussagen berücksichtigen ausschließlich kostenrechnerische Aspekte. Daneben wären für eine
umfassende Beurteilung der Vor- und Nachteile unterschiedlicher Auftragsgrößen weitere, außerhalb der Kostenrechnung liegende Gegebenheiten – bspw. Erlösverbundenheit zwischen Produkten hoher und niedriger Auftragsgrößen – stets mit zu berücksichtigen.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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die Erlöse den Produkten weitgehend richtig zu, nicht aber die Kosten. Mit den Produkten kleinerer Auftragsgrößen sind im Vergleich zu den Massenprodukten häufig höhere Stückerlöse zu erzielen, da sie besser den speziellen Kundenwünschen angepasst werden können. Im Gegensatz zur eindeutigen Zuordnung der Erlöse verrechnen die traditionellen Vollkostenrechnungssysteme jedoch einen Teil der durch die Fertigung kleiner Auftragsgrößen bewirkten zusätzlichen Kosten im indirekten Bereich auf die Produkte größerer Aufträge mit der Folge einer sachlich nicht gerechtfertigten Kostenentlastung der in geringer Anzahl hergestellten Produkte zu Lasten der in großer Stückzahl produzierten Standardprodukte. Die Ursache dafür liegt in den zur Verrechnung herangezogenen Verteilungsgrundlagen der traditionellen Vollkostenrechnung, die nicht in der Lage sind, die Beziehungen zwischen Produkten verschiedener Auftragsgrößen und den jeweiligen Ressourcenbeanspruchungen mit den daraus folgenden Kosten zu erfassen und im Rahmen der Kalkulation zu berücksichtigen. So ist es nicht verwunderlich, dass bei einer Gegenüberstellung von Erlösen und (Voll-)Kosten bei traditioneller Vollkostenrechnung die Produkte kleiner Auftragsgrößen höhere Gewinnspannen aufweisen als die in großer Auflagenzahl gefertigten. Entscheidungen auf der Grundlage derart ermittelter "Gewinnspannen" haben mit zur Reduktion der Auftragsgrößen und zur Zersplitterung des Produktionsprogramms sowie dem daraus resultierenden Gemeinkostenanstieg beigetragen. Die Ergebnisse der Prozesskostenrechnung legen dagegen eine Abkehr von der lange Zeit verfolgten Strategie der Auftragsgrößenverkleinerung nahe. 8.4.2.3.
Komplexitätseffekt
8.4.2.3.1. Ursache und Erfassung Neben der Auftragsgröße kommt der Komplexität der Produkte und Produktionsprozesse eine zentrale Bedeutung für die Erklärung des Gemeinkostenwachstums zu350, das nicht auf die Produktionsmenge zurückgeführt werden kann351. Die Kosteneinflussgröße "Komplexität" gehört zur Gruppe der, von den Vertretern der Prozesskostenrechnung besonders hervorgehobenen, volumenunabhängigen Kosteneinflussgrößen. Komplexität liegt vor, wenn in großer 350 Vgl. Turney, P. B. B., und B. Anderson, Accounting for Continuous Improvement, in: Sloan Management Re-
view, Vol. 30, Winter 1989, S. 44.
351 Vgl. Cooper, R., und R. S. Kaplan, How Cost ..., a.a.O., S. 27.
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Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Zahl auftretende Elemente (z. B. Baugruppen) in vielfältigen und verschiedenartigen Beziehungen zueinander stehen, die zudem noch zeitlichen Schwankungen unterworfen sind352. Nicht nur die Eigenschaften der Produkte sind dafür verantwortlich, dass der Komplexitätseffekt entsteht. Er entsteht auch bei identischen Produkten, wenn sich die bei der Produktion eingesetzten Technologien unterscheiden353. Die sich aus der Sicht der Prozesskostenrechnung daraus ergebenden Konsequenzen stimmen mit denen überein, die ihre Ursache in den unterschiedlichen Komplexitätsgraden der Produkte haben. Die Beachtung der Komplexität als Kosteneinflussgröße354 wird auch von den Kritikern als Verdienst der Prozesskostenrechnung gewürdigt355. Allerdings ist weniger die Tatsache, dass die heutigen Produkte komplexer aufgebaut und als Folge davon auch ihre Produktionsprozesse komplexer sind356, als solche für die Interpretation der Ergebnisse der prozessanalogen Kalkulation von entscheidender Bedeutung. Vielmehr ist es, wie bei der Auftragsgröße schon gezeigt, die Inhomogenität, hier also der Unterschied in den Komplexitätsgraden der in einem Unternehmen gefertigten Produkte und der ablaufenden Prozesse, die zu den (nicht nur nach Ansicht der Prozesskostenrechner) falschen Kosteninformationen infolge der Anwendung der traditionellen Vollkostenrechnung führt357. Es besteht keine Möglichkeit, die Komplexität unmittelbar als Kostentreiber zu berücksichtigen, da es sich bei dem sehr abstrakten Begriff um eine nicht quantifizierbare Größe handelt und somit die für die Funktion als Kostentreiber unabdingbare Voraussetzung der mengenmäßigen Erfassbarkeit nicht erfüllt ist. Da Komplexität unmittelbar nicht zu bestimmen ist, müssen quantifizierbare Ersatzgrößen zur mittelbaren Messung der Komplexität herangezogen werden. Die Ersatzgrößen erfüllen dann die Funktion der Kostentreiber, über die die Verrechnungen der komplexitätsabhängigen Kosten auf die Kalkulationsobjekte erfolgen. 352 Baecker, D., Komplexität und Chaos im Betrieb, in: Blick durch die Wirtschaft vom 2.4.1992, S. 7. 353 Baier, J., Link, E., und J. Schwarz, Die Anwendung des Activity Based Costing in der mechanischen Fertigung
einer Nutzfahrzeuggetriebeproduktion, in: Kostenrechnungspraxis, 46. Jg. (2002), H. 6, S. 374.
354 Auf die Notwendigkeit der Erfassung und Verrechnung von komplexitätsabhängigen Kosten verweisen schon
Cooper, R., und R. S. Kaplan, Measure Costs ..., a.a.O., S. 97.
355 Vgl. Franz, K.-P., Die Prozesskostenrechnung, a.a.O., S. 132. 356 Vgl. O. V., Logistik prägt das Denken der Unternehmer, in: Blick durch die Wirtschaft vom 18.10.1991, S. 1. 357 Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing: A Need, Not an Option, in: Accountancy, Vol. 106, September
1990, S. 88.
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Als Größen zur Erfassung der Komplexität können bspw. die Anzahl der Arbeitsgänge je Produkt, die Zahl der Bestückungen oder die Zahl verbauter Einzelteile herangezogen werden. Informationen zu diesen Größen können in den Unternehmen für die Zwecke der Prozesskostenrechnung ohne großen zusätzlichen Aufwand aus den Arbeits- und Konstruktionsplänen übernommen werden358. Die aus kostenwirtschaftlichen Gründen gewünschte Einfachheit der Maßgrößen kann u. U. zu einem Verlust an Genauigkeit hinsichtlich der Abbildung der tatsächlich gegebenen Komplexität führen. So ist z. B. die Maßgröße "Anzahl der Arbeitsgänge" sicher dann kein genauer Indikator für die Komplexität, wenn bei mehreren verschiedenen Arbeitsgängen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und somit auch Ressourcenbeanspruchungen gegeben sind. In einem solchen Fall wären die Arbeitsgänge in (weitgehend) homogene Gruppen zu unterteilen, für die dann jeweils spezielle Prozesskostensätze zu bestimmen wären. Trotz möglicher Probleme, geeignete Maßgrößen der Komplexität mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu finden, dürfte es in der Mehrzahl der Fälle keine Schwierigkeiten bereiten, zumindest eine Einteilung der Produkte nach Komplexitätsgraden in verschiedene Gruppen vorzunehmen. Als Kalkulationsverfahren käme hier allerdings nur die prozessorientierte Kalkulation in Betracht359, deren Genauigkeitsgrad unter dem der prozessanalogen Kalkulation liegt360. Am schon früher vorgestellten Beispiel der Bestückung von Platinen mit Chips bei der Computerfertigung lässt sich die Wirkung der Einbeziehung von Maßgrößen der Komplexität im System der Prozesskostenrechnung auf die verrechneten Gemeinkostenanteile leicht zeigen. Bei Verwendung der Anzahl verbauter Chips361 als Maßstab der Komplexität werden einer komplexeren Variante, die 20 Chips aufweist, im Vergleich zur einfacheren Variante mit 10 Chips Gemeinkosten in doppelter Höhe zugerechnet. Coenenberg spricht hier vom "Komplexitätseffekt der Prozesskostenrechnung"362. Dieser ist der numerische Ausdruck der Berücksichtigung von Komplexitäts-Maßgrößen in der Kalkulation.
358 359 360 361 362
Vgl. Ziegler, H., Prozessorientierte Kostenrechnung ..., a.a.O., S. 306. Zur Unterscheidung der Kalkulationsarten der Prozesskostenrechnung siehe Abschnitt "Kalkulationsformen". Siehe dazu Abschnitt "prozessanaloge Kalkulation". Die Anzahl der Chips entspricht wiederum der Anzahl der Bestückungsvorgänge. Vgl. Coenenberg, A. G., und Fischer, Th. M., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 32.
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Untersuchungen in der Praxis scheinen den Komplexitätseffekt zu belegen. So zeigen die empirischen Erhebungen am Beispiel der Logistikkosten, dass die Kosten kaum in Abhängigkeit der traditionellen Bezugsgröße „Gewicht“ variieren. Vielmehr wirken die vom Kunden in Auftrag gegebenen zusätzlichen Aktivitäten während des Umschlagsprozesses auf das Kostenniveau ein363. Leistungen, die über die Standardleistungen des Unternehmens hinausgehen, sind als Faktoren anzusehen, die den Komplexitätsgrad erhöhen. Denn zusätzliche Kosten entstehen nicht nur durch die Einzelkosten der zusätzlichen Leistungen, sondern auch dadurch, dass diese Leistungen in den Standardprozess integriert werden müssen und Anpassungsaufwand verursachen. Somit ist eine in Abhängigkeit vom Komplexitätsgrad unterschiedlich hohe Kostenzurechnung mit den entsprechenden Konsequenzen für die Preisbildung aus praxisorientierter Sicht nachvollziehbar. 8.4.2.3.2. Implikationen Bei einem Vergleich der Kalkulationsergebnisse nach traditioneller und prozessanaloger/prozessorientierter Vollkostenrechnung treten wie im Fall des Degressionseffekts deutliche Abweichungen auf. Denn bei verschieden komplexen Produkten streuen die Kalkulationsergebnisse für die einzelnen Produkte bei der prozessanalogen/prozessorientierten Kalkulation unter Umständen deutlich stärker als bei traditioneller Zuschlagskalkulation. In den voneinander abweichenden Kalkulationsergebnissen spiegeln sich die unterschiedlichen Unterstellungen über die Beanspruchung der Ressourcen des indirekten Bereichs durch die Produkte. Während die traditionelle Vollkostenrechnung eine weitgehend gleichmäßige Inanspruchnahme der Ressourcen durch die einzelnen Produkte unterstellt, geht die Prozesskostenrechnung grundsätzlich von Unterschieden bei der Ressourcennutzung durch heterogene Produkte aus. Liegt der Fall unterschiedlich komplexer Produkte vor, der in der heutigen Unternehmenspraxis von großer Bedeutung sein dürfte, führt die traditionelle Kalkulation unausweichlich zu verzerrten und daher nicht aussagefähigen Kosteninformationen364. Wie schon im Fall der Auftragsgrößen führt Unterschied363 Vgl. Czenskowsky, T., Poussa J., und U. Segelken, Prozessorientierte Kostenrechnung in der Logistik, in: Kos-
tenrechnungspraxis, 46. Jg. (2002), H. 2, S. 75 -86.
364 Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing ..., a.a.O., S. 271.
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lichkeit – hier in Form verschiedener Komplexitätsgrade – zur vergleichsweise geringeren Belastung komplexer Produkte mit Gemeinkosten zu Lasten relativ einfach aufgebauter Produkte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass komplexe Produkte i. d. R. einen höheren Bedarf an komplementären internen Dienstleistungen aufweisen, die traditionell nur selten genau erfasst und den Verursachern zugerechnet werden. Vielmehr gehen die mit den internen Dienstleistungen verbundenen Kosten herkömmlich in den Gemeinkostenblock ein und werden dann mit Hilfe der bekannten Schlüsselgrößen der gebräuchlichen Vollkostenrechnungen auf alle Kalkulationsobjekte verteilt, so dass auch Produkte, die keine oder nur in vergleichsweise geringem Ausmaß interne Dienstleistungen beanspruchen, einen Teil der Dienstleistungskosten der komplexen Produkte tragen müssen. Dagegen scheint die Prozesskostenrechnung die Komplexität wertmäßig besser abzubilden365, denn die Vermutung, dass komplexere Produkte höhere Gemeinkosten veranlassen als die weniger komplexen, wird durch die prozessanaloge Kalkulation, die zu einer entsprechenden Mehrbelastung der vergleichsweise komplexen Produkte führt, bestätigt366. Als Folge der (Um-)Verteilung der Gemeinkosten durch die Prozesskostenrechnung kommt es bei unveränderten Absatzpreisen nicht nur zum Ausweis geringerer "Deckungsbeiträge" der komplexen Produkte, sondern häufig auch zu einer anderen Rentabilitätsrangfolge. Es zeigt sich dann, dass nicht, wie von der traditionellen Kalkulation ausgewiesen, die komplexen Produkte besonders profitabel sind, sondern die nur mit geringen Deckungsbeiträgen ausgewiesenen einfachen und relativ einzelkostenintensiven Standardprodukte. 8.4.2.3.3. Kritik Dem Verfahren der Berechnung der komplexitätsabhängigen Kosten liegt implizit die Annahme eines linearen Zusammenhangs zwischen Komplexitätsgrad und Gemeinkostenhöhe zugrunde. Für den kurzfristigen Bereich ist hier auf die grundsätzlichen Einwände gegenüber der prozessanalogen Kalkulation zu verweisen. Hieraus folgt für den speziellen Fall, dass bei kurzfristiger Betrachtung
365 Vgl. Lenz, U., Integriertes Logistik-Controlling für die Stärkung im Wettbewerb, in: Blick durch die Wirt-
schaft vom 24.6.1992, S. 7.
366 Es wird an anderer Stelle noch gezeigt, dass es nicht möglich ist, Unterschiede in der Ressourcen-
beanspruchung objektiv zu quantifizieren.
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Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
und gegebenen Kapazitäten kein plausibler Zusammenhang zwischen Komplexität und Gemeinkosten besteht367. Bei längerfristiger Betrachtung ist ein Zusammenhang zwischen Komplexität und Gemeinkosten dagegen prinzipiell möglich. Allerdings bestehen hier Zweifel an der Proportionalität der Beziehung. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass es sich bei den verwendeten Maßgrößen um einfache Indikatoren der Komplexität handelt, die für sich genommen nicht alle kostenbestimmenden Faktoren hinreichend genau erfassen können. Zudem folgt aus der Definition des Begriffs Komplexität, dass Schwankungen in den Beziehungen der Elemente auftreten, womit die für homogene repetitive Prozesse erforderliche Stabilität der Zusammenhänge um so eher gefährdet ist, je größer die Dynamik innerhalb und außerhalb des Unternehmens ist. Schwierigkeiten bestehen darüber hinaus bei der Erfassung der Kosteneinflussgröße "Technischer Fortschritt". Die Prozesskostenrechnung versucht zwar, die komplexitätssteigernden Wirkungen des technischen Fortschritts in den Kalkulationsergebnissen angemessen zu berücksichtigen, beachtet aber zu wenig die durch den technischen Fortschritt sich eröffnenden vielfältigen Möglichkeiten zur Reduzierung der Komplexität. So wird mit Recht darauf hingewiesen, dass die modernen Produktionsverfahren die Kosten der Komplexität stark verringern könnten, indem bspw. die Rüstzeiten zwischen den einzelnen Fertigungsschritten, die bei komplexeren Produkten zahlreicher sind, deutlich reduziert werden. Die Folge der vielfältigen Wirkungen des technischen Fortschritts ist, dass die einmal ermittelten Zusammenhänge zwischen Komplexität und Gemeinkosten, wie sie in den Prozesskostensätzen ihren Niederschlag finden, nicht mehr gelten, da sie ständigen Wandlungen unterworfen sind. In extremen Fällen kann dies dazu führen, dass nicht nur die Höhe des Prozesskostensatzes den aktuellen Gegebenheiten nicht mehr entspricht, sondern sogar der gewählte Kostentreiber nicht mehr repräsentativ für den Zusammenhang zwischen Komplexität und Gemeinkosten ist. Um aktuell immer aussagefähige Kostentreiber zu verwenden, wären in kurzen Zeitabständen erfolgende Untersuchungen der ihnen zugrunde liegenden technischen Gegebenheiten erforderlich, die aber in der Praxis wegen hoher personeller und finanzieller Aufwendungen eher die Ausnahme sein dürften.
367 Vgl. Glaser, H., Rechnungswesen ..., a.a.O.,, S 1.
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8.5. Auswirkungen auf die Produkt- und Produktionsprogrammpolitik Die neuen Kosteninformationen und somit das Instrument Prozesskostenrechnung können nur dann von Nutzen sein, wenn sie zur Überprüfung der Produktund Produktionsprogrammpolitik sowie der eingesetzten Produktionsverfahren herangezogen werden und darüber hinaus zu entsprechenden Anpassungsmaßnahmen führen. (1) Anpassung des Produktionsprogramms In einem ersten Schritt wäre zu überprüfen, ob die Markterlöse der komplexen Kalkulationsobjekte zur Deckung der nun höher ausgewiesenen Stückkosten noch ausreichen. Sollte sich dabei eine Unterdeckung ergeben, könnte als erste Anpassungsmaßnahme eine Erhöhung der Absatzpreise in Erwägung gezogen werden. In dem Fall, dass Preissteigerungen aufgrund der Marktgegebenheiten nicht durchsetzbar sein sollten oder es sich trotz Preissteigerungen und daraus resultierender verbesserter Deckungsbeiträge nicht lohnt, das komplexe Produkt weiter im Produktionsprogramm zu belassen, da es weiterhin niedrigere relative Deckungsbeiträge als die weniger komplexen Produkte aufweist, wäre das Produkt bei Vorliegen von Engpässen aus dem Programm zu nehmen. Mit der Einstellung der Produktion eines komplexen Produkts vermindert sich nicht nur die Anzahl der durchzuführenden Prozesse im indirekten Bereich, sondern es sinkt gleichzeitig der durchschnittliche Komplexitätsgrad der Prozesse, da komplexe Produkte i. d. R. auch komplexe Prozesse benötigen. Allerdings erfolgen die damit möglichen Gemeinkosteneinsparungen nicht automatisch, sondern erfordern administrative Eingriffe, die einen Abbau oder eine anderweitige Verwendung der nicht mehr benötigten Ressourcen zum Ziel haben. (2) Verringerung des Komplexitätsgrads Eine weitere Alternative, die Kosten der Komplexität zu senken, besteht in der Vereinfachung der Produkte sowie der Produktionsabläufe. Die Maßnahmen zur Umstrukturierung der Produktionsabläufe greifen dabei auf die Ergebnisse der Prozessanalyse zurück. Die prozessanalogen Kosteninformationen dagegen haben nur die Funktion, auf die Produkte hinzuweisen, bei denen "Handlungsbedarf" besteht. Änderungen an bestehenden Produkten mit dem Ziel, durch konstruktive Anpassungen deren Komplexität und somit die Gemeinkosten zu senken, dürften eher die Ausnahme sein. Auch wenn die Möglichkeit bestünde, die Komplexität zu verringern, ist es wahrschein-
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Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
lich, dass die Kosten der dazu notwendigen Prozesse, bspw. im Planungsbereich sowie durch die eventuell erforderlichen Umstrukturierungen im Fertigungsbereich, die Kostensenkungen infolge der Komplexitätsreduktion mehr als kompensieren. (3) Konstruktionsbegleitende Kosteninformationen Setzte die Handlungsbegleitung durch eine Kostenrechnung lange Zeit erst mit dem Produktionsbeginn ein, widmet sie sich heute auch der vorausgehenden Konstruktionsphase. In ihr werden nicht nur wesentlich die Produktmerkmale bestimmt, sondern auch ein großer Teil der zukünftig durch das Produkt veranlassten Kosten368. Daher sind besonders in dieser Phase der Produktentwicklung Kosteninformationen für die vornehmlich technisch orientierten Entscheidungsträger von zentraler Bedeutung. Die mit Hilfe der Prozesskostenrechnung ermittelten Kosten für Prozesse, die von dem neuen Produkt im indirekten Bereich ausgelöst werden, verdeutlichen den Konstrukteuren die (vermutlichen) Kostenwirkungen ihrer Entscheidungen, insbesondere die Kostenunterschiede aufgrund verschieden komplexer Lösungen. Unter der Prämisse gleicher Produkteigenschaften kann bei verschiedenen Alternativen diejenige ausgewählt werden, die mit den geringsten komplexitätsabhängigen Kosten verbunden ist369. So könnte bspw. der Fremdbezug die Eigenfertigung, die eine Vielzahl von Prozessen auslöst, ersetzen oder eine kompaktere Bauweise die Transportvorgänge erleichtern und damit weniger komplex gestalten370.
368 Schätzungen des Anteils der bereits in der Konstruktionsphase festgelegten späteren Produktkosten reichen bis
zu 70 %. Vgl. Schimank, C., Prozesskostenmanagement in der Forschung & Entwicklung, in: IFUA Horvath & Partner GmbH (Hrsg.), Prozesskostenmanagement, München 1991, S. 105. Bei den Kosten für Forschung & Entwicklung handelt es sich weitgehend um fixe Gemeinkosten mit 50 – 70 % Personalkostenanteil. Vgl. die Zusammenfassung empirischer Untersuchungen bei Strecker, A., Prozesskostenrechnung in Forschung und Entwicklung, München 1991, S. 26. 369 Vgl. Wäscher, D., Prozesskostenrechnung als Instrument zur Reduzierung von Beständen, Logistikkosten und Durchlaufzeiten, in: Kostenrechnungspraxis, o. Jg., Sonderheft 1/1992, S. 54 f. 370 Vgl. Franz, K.-P., Moderne Methoden der Kostenbeeinflussung, in: W. Männel (Hrsg.), Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 1498.
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
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8.6. Prozesskostenrechnung und Leistungsentsprechungsprinzip Wie bereits aus der Abgrenzung des Einsatzgebiets hervorgeht, handelt es sich bei der Prozesskostenrechnung um ein Verfahren zur Verrechnung der nicht von der Leistungsmenge (Produktionsmenge) direkt abhängigen, größtenteils fixen, Kosten auf die Kalkulationsobjekte. Die Forderung, dass dem Verrechnungsverfahren die individuelle Beanspruchung der betrieblichen Ressourcen durch die Kalkulationsobjekte zugrunde liegen soll, charakterisiert die Prozesskostenrechnung als eine Variante des von H. Koch vorgeschlagenen "Leistungsentsprechungsprinzips"371. Der Kostenverrechnung nach dem Leistungsentsprechungsprinzip geht die Festlegung von Maßgrößen der Kapazitätsinanspruchnahme durch die Kalkulationsobjekte voraus. Dieser Schritt entspricht der Bestimmung der cost driver im Rahmen der Prozesskostenrechnung. Die sich daran anschließende Ermittlung der auf eine Maßgrößeneinheit entfallenden Kostensumme erfolgt in beiden Fällen nach dem "Prinzip der statistischen Durchschnittsbildung" in Form einer Division der Kosten durch die in Maßgrößeneinheiten quantifizierte Kapazität372. Auch das Vorgehen bei der Weiterverrechnung auf die Kalkulationsobjekte zeigt die grundsätzliche Übereinstimmung beider Verfahren. In beiden Fällen werden die Kalkulationsobjekte proportional zur jeweiligen Kapazitäts- bzw. Prozessinanspruchnahme mit Kosten belastet. Abgesehen von den terminologischen Unterschieden weisen beide Verfahren somit die gleichen Grundsätze auf. Der einzige sachliche Unterschied ist darin zu sehen, dass dem Leistungsentsprechungsprinzip eine kostenstellenbezogene, der Prozesskostenrechnung dagegen eine über eine Kostenstelle hinausgehende Betrachtungsweise zugrunde liegt. Angesichts dieser weitgehenden Übereinstimmung kann die Prozesskostenrechnung nicht als "neues Kostenrechnungssystem" bezeichnet werden. Die Charakterisierung der Prozesskostenrechnung als spezifische Form des Leistungsentsprechungsprinzips erlaubt aber eine grundsätzliche Beurteilung des Verfahrens der prozessanalogen Kalkulation. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass alle von der Prozesskostenrechnung vorgeschlagenen Kostentreiber als gemeinsames Merkmal auf die Heterogenität der Kalkulationsobjekte zurückgehen und eine in der jeweiligen Heterogenitätsursache entsprechende Konkretisierung erfahren. So lässt sich der von den 371 Vgl. Koch, H., Grundprobleme der Kostenrechnung, Köln/Opladen 1966, S. 63 ff. 372 Grundlagen der Kapazitätsbestimmung können sowohl die technische als auch die unter bestimmten Bedin-
gungen realisierbare Maximalkapazität sein. Im Rahmen der Prozesskostenrechnung wäre die maximale oder die realisierbare Anzahl von Prozesswiederholungen anzusetzen.
130
Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Vertretern der Prozesskostenrechnung besonders herausgestellte Kosteneinflussfaktor "Komplexität der Produkte" vollkommen mit dem Begriff Heterogenität erfassen. Die Verrechnungslogik der Prozesskostenrechnung verdeutlicht somit, dass es auf den Tatbestand der Komplexität gar nicht ankommt, sondern vielmehr darauf, dass sich die Produkte unterscheiden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei den Produkten um mehr oder um weniger komplexe Produkte handelt oder ob sich die grundsätzlich komplexen Produkte nur darin unterscheiden, dass die Ursachen der Komplexität durch unterschiedliche Faktoren bestimmt werden373. In allen genannten Fällen ist das gemeinsame Merkmal die Heterogenität. Auch die Argumentation, dass die Produkte je nach der Größe des Produktionsloses unterschiedlich mit Gemeinkosten zu belasten seien (Degressionseffekt), kann mit Hilfe des Begriffes Heterogenität geführt werden. Da das Kriterium der Kostenzurechnung (Los) keine Unterscheidung zulässt, ist es konsequent, jedem Los den gleichen absoluten Gemeinkostenbetrag zuzuweisen. Die Weiterverrechnung auf die einzelnen Produkte innerhalb eines Loses führt bei unterschiedlichen Losgrößen zu zwischen den Losen abweichenden anteiligen Stückkosten, da das Zurechnungskriterium (Anzahl der Produkte je Los) Heterogenität aufweist. Wie schon Koch betont, ist bei Heterogenität der Kapazitätsbeanspruchung lediglich die Aussage zulässig, dass verschiedene Heterogenitätsgrade zu unterschiedlich hohen Belastungen mit (fixen) Gemeinkosten der Kalkulationsobjekte führen müssen374, wobei allerdings das Ausmaß der Unterschiedlichkeit nicht objektivierbar ist. Die mangelnde Objektivierbarkeit ist darauf zurückzuführen, dass ein zur Messung der Heterogenität herangezogener Kostentreiber nur eine Ursache der Heterogenität und diese eventuell auch nur unzulänglich erfasst. Da aber die Heterogenität auf eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen zurückgeht und die Zusammensetzung der Ursachen bei den Kalkulationsobjekten i. d. R. voneinander abweicht, bestimmt die subjektive Auswahl des heranzuziehenden Kostentreibers die Verteilung der Kosten. Somit kann die prozessanaloge Kalkulation nicht, wie ihre Befürworter behaupten, als "verursachungsgerechtere" Kalkulation bezeichnet werden, denn eine Ursache setzt einen objektivierbaren Tatbestand voraus.
373 So mag die Komplexität eines Produktes in der Vielzahl der Bearbeitungsgänge begründet sein, die eines an-
deren Produktes durch die Vielzahl der Einzelkomponenten.
374 Vgl. Koch, H., Grundprobleme ..., a.a.O., S. 77.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
131
9. Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung 9.1. Einleitung Gelten die Rationalisierungspotentiale im Fertigungsbereich auch infolge des Einsatzes moderner und leistungsfähiger Teilkostenrechnungsverfahren375 als weitgehend ausgeschöpft, bestehen in den Gemeinkostenbereichen376 noch größere Rationalisierungspotentiale. Die Realisierung der damit verbundenen Möglichkeiten zum Abbau von Gemeinkosten besitzt angesichts der heutigen Konkurrenzsituation für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen immer größere Relevanz377. Zudem hat der Strukturwandel zu einer wachsenden Bedeutung von Dienstleistungen und damit verbunden zur Entstehung eines hoch differenzierten Wirtschaftszweiges geführt. Da Dienstleistungsunternehmen häufig eine Kostenstruktur aufweisen, für die ein hoher Anteil der Gemein- an den Gesamtkosten charakteristisch ist, erscheint die Prozesskostenrechnung gerade für diesen Wirtschaftszweig als Verfahren zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten ein viel versprechender Ansatz378. Die hauptsächlich für den Einsatz im Fertigungsbereich konzipierten Kostenrechnungssysteme sind nach weit verbreiteter Auffassung kaum in der Lage, die mit dem Gemeinkostenwachstum verbundenen Fragestellungen unternehmenszielgerecht anzugehen. Auch die zur Verbesserung der Kosten- und Leistungstransparenz sowie zur Bekämpfung des Gemeinkostenanstiegs entwickelten Methoden der Gemeinkosten-Wertanalyse379, der Administrativen Wertana375 Plaut, einer der führenden Vertreter der Grenzplankostenrechnung, berichtete 1984, bereits in ca. 400 Indust-
376 377 378 379
riebetrieben das Rechnungswesen auf Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnungen umgestellt zu haben. Vgl. Plaut, H. G., Grenzplankosten- und Deckungsbeitragsrechnung als modernes Kostenrechnungssystem, in: Kostenrechnungspraxis, 28. Jg., H. 1, 1984, S. 20. Unter Gemeinkosten sollen, wie bereits an anderer Stelle betont, alle Kosten verstanden werden, die nicht direkt auf Marktleistungen sowie innerbetriebliche (Dienst-)Leistung zurechenbar sind. Siehe dazu Abb. II "Wettbewerbsdruck und Kostenentwicklung". Vgl. Serfling, K., und Jeiter, V., Gemeinkostencontrolling in Dienstleistungsbetrieben auf Basis der Prozesskostenrechnung, in: Kostenrechnungspraxis, 39. Jg. (1995), H. 6, S. 321-329. Das Verfahren der Gemeinkostenwertanalyse geht auf die von McKinsey entwickelte "Overhead Value Analysis" zurück. Vgl. Huber, R., Gemeinkostenwertanalyse, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1987, S. 36. In Deutschland wurde das Verfahren als Gemeinkosten-Wertanalyse 1975 von McKinsey eingeführt. Vgl. Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse, Erfolgreiche Antwort auf den wachsenden Gemeinkostendruck, in: Zeitschrift für Führung + Organisation, 51. Jg. (1982), H. 5/6, S. 249-253. Inzwischen zählt das Verfahren, z. T. unter anderen Namen, zum Angebotsprogramm der meisten Unternehmensberatungsgesellschaften. Vgl. Mariniok, W.D., und Saval, G., Die Grenzen der Gemeinkostenwertanalyse, in: Personalwirtschaft, 16. Jg. (1989), H. 7, S. 30.
132 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
lyse nach DIN 69 910380 und des Zero-Base Budgeting381 können zwar Erfolge aufweisen, sind aber mit einer Reihe unerwünschter und die Zielerreichung gefährdender Probleme verbunden. In den Ausführungen zum Einsatz der Prozesskostenrechnung zu Kalkulationszwecken wurde darauf hingewiesen, dass die eingeschränkte Aussagefähigkeit der Kalkulationsergebnisse hauptsächlich auf den fragwürdigen Zusammenhang zwischen Prozessen und Kalkulationsobjekten zurückzuführen ist. Dagegen erscheint der von der Prozesskostenrechnung unterstellte Zusammenhang zwischen Gemeinkosten und Prozessen bei Betrachtung längerer Perioden nachvollziehbar. Daher bietet es sich an, auf die mit Problemen behaftete Weiterverrechnung von Prozesskosten auf Kalkulationsobjekte zu verzichten und stattdessen die Prozesskostenrechnung, wie vor allem im deutschsprachigen Raum vorgeschlagen382, zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten einzusetzen.
9.2. Voraussetzungen zur Anwendung der Prozesskostenrechnung 9.2.1. Auswahl der Einsatzbereiche Wie bereits betont, erfasst die Prozesskostenrechnung ausschließlich Gemeinkosten als (Ver-)Rechnungsgegenstand. Alle Bereiche mit hohem Gemeinkostenanteil stellen daher mögliche Einsatzgebiete der Prozesskostenrechnung als Verfahren zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten dar. Den folgenden Ausführungen liegt allerdings eine Beschränkung des Einsatzgebiets der Prozess380 Das Konzept geht auf die von L. D. Miles für den Einkaufsbereich von Unternehmen entwickelte "value ana-
lysis" zurück. Vgl. Lück, W., Betriebswirtschaftliche Perspektiven der Rationalisierung, in: Der Betrieb, 37. Jg. (1984), H. 19, S. 999. Die Wertanalyse wurde zu einem auch im Verwaltungsbereich anwendbaren Verfahren weiterentwickelt. Hierzu wurde vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) 1973 (revidiert 1987) das Verfahren in der DIN-Norm 69 910 formalisiert. Vgl. Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung mit ZeroBase Budgeting (ZBB), in: Kostenrechnungspraxis, 34. Jg. (1990), H. 5, S. 288, sowie: Deutsches Institut für Normung e. V., DIN 69 910, Wertanalyse, o. O. 1987, S. 8. 381 Das von A. Pyhrr entwickelte Verfahren wurde Ende der 1960er Jahre bei Texas Instruments zunächst für die strategische und später auch für die operative Planung erstmals in einem Unternehmen eingesetzt. Vgl. MeyerPiening, A., Zero-Base Budgeting, Planungs- und Analysetechnik zur Anpassung der Gemeinkosten in der Rezession, in: Zeitschrift für Führung + Organisation, 51. Jg. (1982), H. 5/6, S. 259 f. In Deutschland wird das Konzept hauptsächlich von der Unternehmensberatung A. T. Kearney propagiert. Vgl. Heinen, E., Industriebetriebslehre, 8. Aufl., Wiesbaden 1985, S. 1035. 382 Dagegen stellt die Kostenrechnung in den USA nach wie vor die Marktleistung als Kostenträger in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Vgl. Küting, K., und Lorson, P., Grenzplankostenrechnung ..., a.a.O., S. 1422. Doch auch dort wird der Einsatz der Prozesskostenrechnung zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten empfohlen. Vgl. Turney, P. B. B., How ..., a.a.O., S. 30 f.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
133
kostenrechnung auf den Verwaltungsbereich383 zugrunde. Dafür sprechen sowohl formale als auch sachliche Gründe. Aus formalen Gründen erfolgt die Beschränkung auf den Verwaltungsbereich, um eine deutliche Trennung der Aufgaben der Prozesskostenrechnung im Zusammenhang mit der Kalkulation betrieblicher Leistungen einerseits und den in diesem Kapitel besprochenen Aufgaben im Bereich der Planung und Kontrolle von Gemeinkosten andererseits vorzunehmen. Die Verschiedenheit der Ansatzpunkte zur Beeinflussung von Gemeinkosten384 in fertigungsnahen indirekten Bereichen und den fertigungsfernen Verwaltungsbereichen begründet sachlich die Beschränkung der Anwendung der Prozesskostenrechnung zum Zwecke der Gemeinkostenkontrolle auf den Verwaltungsbereich. Die bisherigen Ausführungen in den Kapiteln "Wandel in den Bedingungen des Tätigwerdens von Unternehmen" und "Produktkalkulation mit der Prozesskostenrechnung" konnten die Annahme der Prozesskostenrechnung, dass das Gemeinkostenwachstum eine Folge der heutigen Produkteigenschaften (z. B. Komplexität) und Fertigungsgegebenheiten ist, für die fertigungsnahen indirekten Bereiche im Grundsatz bestätigen. Maßnahmen zur Beeinflussung der Gemeinkosten fertigungsnaher indirekter Bereiche sollten daher vornehmlich an den Produkteigenschaften und den Fertigungsgegebenheiten ansetzen. Produktbezogene Maßnahmen scheiden dagegen zur Kontrolle der Gemeinkosten fertigungsferner Bereiche weitgehend aus, da die im Verwaltungsbereich dominierenden Personalkosten385 kaum auf produktbezogene Maßnahmen reagieren. Eine Beeinflussung der Verwaltungsgemeinkosten muss somit direkt an den im Verwaltungsbereich ablaufenden Prozessen ansetzen. Die Aufgaben der Prozesskostenrechnung bestehen in diesem Zusammenhang darin, die mit den Prozessen verbundenen Kosten zu planen, Planabweichungen festzustellen sowie die Grundlagen zur Beeinflussung der Gemeinkosten zu schaffen. 383 In der Literatur ist der Verwaltungsbereich nicht einheitlich abgegrenzt. So zählt Kilger alle Abteilungen, die
zur "kaufmännischen Leitung gehören und betriebswirtschaftliche Aufgaben der Planung und Kontrolle, der Organisation, des betrieblichen Rechnungswesens, der Finanzierung oder sonstige kaufmännische Verwaltungsaufgaben erfüllen", zum Verwaltungsbereich. Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 532. Die weite Abgrenzung erscheint der zu behandelnden Problematik angemessen, da alle in den genannten Bereichen anfallenden Kosten die gleichen Planungs- und Kontrollprobleme aufweisen. 384 Unter dem Begriff Kontrolle kann, wie hier angenommen, die Beeinflussung von Tatbeständen, bspw. von Gemeinkosten, verstanden werden. Daneben beinhaltet Kontrolle noch die Gegenüberstellung von Plan- und Istgrößen. Auf die Auswirkungen der beiden möglichen Interpretationen im Zusammenhang mit der Gemeinkostenkontrolle wird weiter unten noch ausführlicher eingegangen. 385 Vgl. Huber, R., Gemeinkosten-Wertanalyse, 2. Aufl., Bern/Stuttgart 1987, S. 114. Auch die Sachkosten werden wesentlich von den Personalkosten beeinflusst. So löst die Einstellung eines zusätzlichen Mitarbeiters Sachkosten für die Anschaffung der benötigten Geräte, wie Schreibtisch, Terminal usw. aus.
134 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
9.2.2. Auswahl geeigneter Prozesse Den zentralen Baustein der Prozesskostenrechnung bilden auch bei Verwendung zur Planung und Kontrolle von Verwaltungsgemeinkosten die Prozesse, auf die die Kosten der zu analysierenden Bereiche zu beziehen sind. Wie gesehen, ist der Einsatz der Prozesskostenrechnung zu Kalkulationszwecken auf die fertigungsnahen Bereiche beschränkt, denn nur hier können direkte Bezugsgrößen mit doppelter Funktion ermittelt werden386. Diese Anforderung müssen die Kostentreiber bei Verwendung der Prozesskostenrechnung zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten nicht erfüllen. Über die Kostentreiber muss lediglich eine plausible Beziehung zwischen Prozessvolumen und Gemeinkostenhöhe und nicht, wie im Falle der Kalkulation, auch zwischen Prozessvolumen und den für den Markt bestimmten Leistungen herstellbar sein. Dass die Prozesskostenrechnung prinzipiell dieser Forderung entspricht und somit geeignet ist, die geforderten Planungs- und Kontrollaufgaben sachgerecht zu erfüllen387, zeigt die weitgehende (verbale und inhaltliche) Übereinstimmung der Kostentreiber der Prozesskostenrechnung mit den von Kilger für den indirekten Bereich vorgeschlagenen Bezugsgrößen388. Da deren Eignung sowohl zur Leistungsmessung als auch zum Vergleich von Soll- und Istkosten unbestritten ist, erstreckt sich das Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung im Rahmen des Gemeinkostenmanagements abweichend zur Kalkulationsfunktion auch auf die fertigungsfernen Bereiche. Die Anwendung der Prozesskostenrechnung für die genannten Einsatzzwecke ist ebenso wie im Rahmen der Kalkulationsfunktion auf homogene, also bei jeder Wiederholung gleichartig ablaufende, repetitive Prozesse beschränkt. Vor dem Aufbau einer Prozesskostenrechnung ist daher zu prüfen, ob die Routinetätigkeiten im geplanten Einsatzbereich eindeutig dominieren. Nur dann ist sichergestellt, ein begonnenes Projekt der Einführung der Prozesskostenrechnung nicht bereits wegen mangelnder Voraussetzungen in einem späteren Stadium abbrechen zu müssen. Innovative und kreative Prozesse, deren Prozessmerkmale und somit auch deren (unverzichtbare) Kostentreiber kaum planbar sind, kommen als Objekte der 386 Siehe dazu Abschnitt "Abgrenzung des Einsatzbereichs" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskos-
tenrechnung" sowie Kapitel "Kostentreiber im System der Prozesskostenrechnung".
387 Selbst Autoren, die der Prozesskostenrechnung ansonsten kritisch gegenüberstehen, halten sie zum Zwecke
der Planung und Kontrolle von Gemeinkosten für geeignet. Vgl. Pfohl, H.-Chr., und Stölzle, W., Anwendungsbedingungen ..., a.a.O., S. 1293.
388 Vgl. Kilger, W., Flexible ..., a.a.O., S. 327.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
135
Prozesskostenrechnung nicht in Frage. Die Anwendung der GemeinkostenWertanalyse oder des Zero-Base Budgeting zur Kontrolle der Kosten innovativer Prozesse389 kann daher nicht durch prozessorientierte Kosteninformationen unterstützt werden.
9.3.
Planung der Verwaltungsgemeinkosten
9.3.1.
Bestimmung von Planwerten
9.3.1.1. Probleme der traditionellen Vorgehensweise Die von der traditionellen Kostenrechnung nicht sachgerecht zu lösenden Probleme im Bereich der Verwaltungsgemeinkosten sowie die wachsende Bedeutung dieser Kostenkomponente führten zur Entwicklung spezieller Methoden zur Planung und Kontrolle der Verwaltungsgemeinkosten. Sie können in statistische und analytische Verfahren unterschieden werden. Den zu den statistischen Verfahren zählenden Streupunktdiagrammen, Trendberechnungen und Regressionsanalysen ist gemeinsam, dass zur Ermittlung der Planwerte auf Daten der Vergangenheit zurückgegriffen wird390. Zuverlässig können die Werte allerdings nur bei einer Konstanz der Kosteneinflussfaktoren sein, wovon bei der heute vorherrschenden starken Dynamik inner- und außerhalb der Unternehmen nicht auszugehen ist. Zudem ist die angestrebte Wirtschaftlichkeitskontrolle kaum möglich, da die Unwirtschaftlichkeiten der Vergangenheit mit in die Planwerte übernommen werden391. Die Übertragung der für den Fertigungsbereich entwickelten analytischen Kostenplanungsverfahren auf den Verwaltungsbereich wäre die theoretisch exakte Methode der Kostenplanung. Allerdings stellt die im Fertigungsbereich gebräuchliche Orientierung am Produktionsprogramm keine geeignete Vorgehensweise der Planungsaktivitäten für den Verwaltungsbereich dar392. Für den Verwaltungsbereich bieten sich vielmehr spezifische Bezugsgrößen als Planungsgrundlage an.
389 390 391 392
Vgl. Horvath, P., Controlling, 6. Aufl., München 1996, S. 284. Vgl. Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung ... a.a.O., S. 289. Vgl. ebenda, S. 289. Vgl. ebenda, S. 289..
136 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
Findet die Verwendung verwaltungsspezifischer Bezugsgrößen im Budgetierungsprozess allgemeine Zustimmung, so wird jedoch verschiedentlich bezweifelt, dass direkte Bezugsgrößen für den Verwaltungsbereich gefunden werden können. Dieser Einwand trifft zwar auf die abstrakten und innovativen Leistungen zu, für die repetitiven Leistungen lassen sich aber auch im indirekten Bereich Bezugsgrößen finden, so dass für eine bezugsgrößenorientierte Planung, wie von der Prozesskostenrechnung angestrebt, in Teilbereichen der Verwaltung die erforderlichen Rahmenbedingungen vorliegen dürften. 9.3.1.2. Vorgehensweise der Prozesskostenrechnung Mit der Planung der Gemeinkostenbudgets werden verschiedene Zwecke verfolgt. Primäre Aufgabe der Planung ist es, Kenntnisse über die wahrscheinlichen Kosten der Planungsperiode im Verwaltungsbereich zu erlangen. Des Weiteren stellen Plankosten, neben den tatsächlich angefallenen Kosten (Istkosten), die Grundlage beabsichtigter Kontrollmaßnahmen dar. Darüber hinaus können die geplanten Verwaltungsgemeinkosten als Ausgangsdaten für andere Planungszwecke, bspw. der Finanzplanung, Verwendung finden. Im Rahmen der Prozesskostenrechnung erfolgt für jede Kostenstelle, die mit einem eigenen Budget ausgestattet werden soll, die Ermittlung der Budgethöhe in drei Schritten. In einem ersten Schritt sind die von der Kostenstelle zu erbringenden Leistungen nach Art und Menge zu planen (Planprozessmengen). Danach erfolgt die Bestimmung der mit jeder Leistungsart verbundenen Ressourcenbeanspruchung. Abschließend wird durch die Bewertung des Ressourcenverbrauchs der Prozesskostensatz bestimmt. Auf der Grundlage der beiden Größen Prozessmenge und Prozesskostensatz erfolgt die Ermittlung der Budgetvorgabe einer Kostenstelle, indem für jede zu erbringende Leistungsart das Produkt aus Prozessmenge und Prozesskostensatz gebildet wird und die so ermittelten leistungsartspezifischen Teilbudgets durch Addition zum Gesamtbudget zusammengefasst werden393. Gegenüber der in der Praxis vorherrschenden Festlegung der Gemeinkostenbudgets im Rahmen von Verhandlungen394 zeichnet sich das Vorgehen der Pro393 Im Fall der verbundenen Produktion von Verwaltungsleistungen könnte den bei der Ermittlung von Teilbud-
gets zwangsläufig entstehenden Problemen dadurch begegnet werden, dass für das zusammenhängende Leistungsbündel ein gemeinsames Budget ermittelt wird.
394 Vgl. Steiner, T. E., Activity-Based Accounting for Total Quality, in: Management Accounting, Vol. 72, Octo-
ber 1990, S. 39.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
137
zesskostenrechung durch ein größeres Maß an theoretischer Fundierung aus. Nicht mehr Verhandlungsgeschick und Machtposition des Kostenstellenleiters sind entscheidend bei der Festlegung der Budgets, sondern quantifizierbare und somit auch leichter nachvollziehbare Planungsgrößen in Form von Bezugsgrößen (cost driver), die eine realistischere Vorstellung über die Kostenstellenleistung vermitteln395. Die Kopplung der Budgethöhe an Kostentreiber ist des Weiteren von Vorteil, wenn während der Budgetperiode bei Entscheidungsparametern wesentliche Änderungen im Vergleich zum Planungszeitraum eintreten, die eine Budgetanpassung erfordern. Denn die Orientierung am Leistungsvolumen einer Kostenstelle ermöglicht eine schnellere und nachvollziehbarere Anpassung der Budgethöhe an die tatsächlichen Verhältnisse (flexible Budgets) als im Rahmen der traditionellen Budgetierung396. Der aus theoretischer Sicht zu begrüßenden leistungsmengenvariablen Budgetierung steht allerdings das Problem der Planung der Prozessmengen gegenüber. Hier sei auf die bereits im Kapitel "Planung der Prozessmengen" genannten Schwierigkeiten der Ableitung von Prozessmengen für den Verwaltungsbereich verwiesen397. Es ist offensichtlich, dass bei der Ableitung der Prozessmengen unterlaufende Fehler unmittelbar zu falschen Budgetvorgaben führen müssen. Die den bekannten Verfahren vorgeworfene Subjektivität bei der Bestimmung der Budgethöhe trifft auf die nach dem Verfahren der Prozesskostenrechnung vorgenommene (rechnerische) Ermittlung nicht zu, kann allerdings für die vorausgehende Ableitung der Prozessmengen nicht ausgeschlossen werden. 9.3.2. Planungsmethoden zur Beeinflussung der Verwaltungsgemeinkosten 9.3.2.1. Traditionelle Kostenrechnungssysteme Gänzlich ungeeignet sind Informationen auf der Grundlage traditioneller Vollkostenrechnungen für Überlegungen zur Gemeinkostensenkung im Verwaltungsbereich. Würde der Verrechnungslogik der Vollkostenrechnung gefolgt, alle Kosten, also auch die Verwaltungsgemeinkosten, zum Ausweis von Stück-
395 Vgl. Pfohl, M.CH., Prozessorientierte Budgetierung, in: Die Betriebswirtschaft, 60. Jg. (2000), S. 279. 396 Vgl. Johnson, H. T., und Kaplan, R. S., Relevance Lost ... , a.a.O., S. 230 f. 397 Siehe dazu speziell den Abschnitt "Ableitung der Plan-Prozessmengen für den Verwaltungsbereich".
138 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
kosten auf Marktleistungen zu verrechnen, müssten Maßnahmen zum Gemeinkostenabbau398 an der Produktionsmenge ansetzen. Es dürfte heute unbestritten sein, dass die von der Vollkostenrechnung unterstellten unmittelbaren Zusammenhänge zwischen Gemeinkostenhöhe und Produktionsvolumen nicht bestehen. Auch wenn aus den genannten Gründen auf eine Weiterverrechnung der Verwaltungsgemeinkosten verzichtet würde, könnte die traditionelle Vollkostenrechnung keinerlei Ansatzpunkte für Kostensenkungsmaßnahmen liefern. Denn im System der Vollkostenrechnung erfolgt keine Ermittlung der für den Verwaltungsbereich wesentlichen Kosteneinflussgrößen, deren Kenntnis die Grundlage für Gemeinkostensenkungsmaßnahmen bildet. Im Gegensatz zur traditionellen Vollkostenrechnung trägt die Grenzkostenrechnung – bspw. in der Form der Grenzplankostenrechnung nach Kilger und Plaut – dem Charakter der Verwaltungskosten Rechnung, denn die Fixkosten werden nicht auf die Produkte weiterverrechnet, sondern als Block in das Betriebsergebnis übernommen. Allerdings ist auch im ursprünglichen Konzept der Grenzplankostenrechnung eine weiterführende Analyse dieser Kostenbestandteile nicht vorgesehen, so dass differenzierte Kosteninformationen zur Ableitung von Ansatzpunkten für Kostensenkungsmaßnahmen fehlen. Die Erweiterung der Grenzkostenrechnung zur stufenweisen Fixkostendeckungsrechnung liefert für einige Fixkostenbestandteile zwar Anhaltspunkte, auf welcher Stufe sie entstanden sind und entsprechende Maßnahmen anzusetzen hätten, die Kosten des Verwaltungsbereichs werden jedoch immer der höchsten Hierarchiestufe zugerechnet, so dass auch mit dem abgewandelten System der Grenzplankostenrechnung keine zusätzlichen Informationen zu erlangen sind. Erst die Berücksichtigung weiterer, über die Beschäftigung als Kosteneinflussfaktor hinausgehender Größen, die den spezifischen Leistungen des Verwaltungsbereichs gerecht werden, erlaubt eine genauere Kostenanalyse. Problematisch bleibt allerdings, dass es sich um eine kurzfristige Betrachtung handelt, die von bestehenden Kapazitäten ausgeht und so wesentliche Rationalisierungspotentiale, die auf Kapazitätsanpassungen beruhen, von der Grenzkostenrechnung nicht aufgedeckt werden. 398 Beeinflussung von Gemeinkosten, so die diesem Abschnitt zugrunde liegende Interpretation von Kontrolle, ist
in aller Regel mit Gemeinkostenabbau gleichzusetzen.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
139
Wesentlich aussagefähiger könnten die Kosteninformationen auf der Grundlage von relativen Einzelkosten sein, die im Sinne Riebels unter Beachtung des Identitätsprinzips ermittelt werden. Bei Verwendung einzelner Verwaltungsleistungen als Bezugsgrundlage wäre die Kostenwirkung einer Entscheidung zu ermitteln399. Allerdings ist der Informationsgehalt von der angewandten Bezugsgrößenhierarchie abhängig, deren Erstellung für einzelne Verwaltungsleistungen mit Schwierigkeiten verbunden sein kann400. 9.3.2.2.
Methoden der Praxis
9.3.2.2.1. Gemeinkosten-Wertanalyse Bei der Gemeinkosten-Wertanalyse dominiert das Ziel der Kosteneinsparung401. Eine Steigerung der Transparenz im Gemeinkostenbereich wird zwar ebenso als Ziel genannt402, besitzt aber allenfalls den Charakter eines untergeordneten Nebenziels. Die vorgesehene Kostenreduktion soll durch den Abbau von Leistungen sowie die rationellere Erstellung der für einen reibungslosen Ablauf der betrieblichen Prozesse notwendigen Leistungen erfolgen403. Aus der einseitigen Ausrichtung der Gemeinkosten-Wertanalyse auf Kostensenkungen404 resultiert das systemimmanente Problem, dass der Nutzen der abgebauten Leistungen, vor allem unter strategischen Gesichtspunkten, nicht näher untersucht und daher häufig unterschätzt wird405. Ein weiteres wichtiges Problem der Gemeinkosten-Wertanalyse sind die erheblichen Widerstände der betroffenen Mitarbeiter406. Denn die angestrebten
399 Vgl. Gaitanides, M., Ansätze zur kostentheoretischen und rechnungstechnischen Erfassung von Verwaltungs-
leistungen, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 50. Jg. (1980), H. 6, S. 683.
400 Vgl. ebenda, S. 683 f. 401 Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung ..., a.a.O., S. 288. 402 Vgl. McDonald, J. G., und Roever, M., Runter mit den Gemeinkosten, in: Manager Magazin, 5. Jg. (1975),
H. 11, S. 69.
403 Vgl. Dieterle, W., Zentrale Verfahren des Gemeinkosten-Management im Vergleich, in: Kostenrechnungs-
praxis, o. Jg., H. 4, 1984, S. 185.
404 Vgl. Westermann, B., Gemeinkostenwertanalyse in der Praxis, in: Datenverarbeitung, Steuer, Wirtschaft,
Recht, 16. Jg. (1987), H. 7, S. 136.
405 Vgl. Stamm, M., Gemeinkosten-Wertanalyse, in: Controller Magazin, 9. Jg. (1984), H. 1, S. 26 f. 406 Bereits die Ankündigung, eine Gemeinkosten-Wertanalyse durchführen zu wollen, löst erfahrungsgemäß Un-
ruhe im Unternehmen aus. Vgl. Carl, P., Wenn McKinsey kommt, in: Manager Magazin, 11. Jg. (1981), H. 9, S. 110.
140 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
deutlichen Kosteneinsparungen407 dürften i. d. R. nicht ohne personelle Anpassungen realisierbar sein408. Darin liegt neben dem hohen Aufwand für die Durchführung der Gemeinkosten-Wertanalyse ein Grund, dass das Verfahren nur in relativ großen Zeitabständen wiederholt werden kann und sich somit nicht zum kontinuierlichen Gemeinkostenmanagement eignet. 9.3.2.2.2. Zero-Base Budgeting Im Gegensatz zur Gemeinkosten-Wertanalyse steht beim Zero-Base Budgeting nicht die Kostenreduktion im Vordergrund der Analyse, sondern eine effizientere Allokation der Ressourcen im Gemeinkostenbereich409. Ob und in welchem Ausmaß Kostensenkungen erreicht werden sollen, ist davon abhängig, wo der Budgetschnitt410 vollzogen wird. Erfolgt der Budgetschnitt derart, dass merkliche Einsparungen die Folge sind, ist ebenso wie bei der GemeinkostenWertanalyse mit massiven Widerständen zu rechnen411. Daneben besteht die nicht zu unterschätzende Gefahr taktischen Verhaltens beim Rangordnungsprozess412, wodurch das Ziel der Reallokation der Ressourcen gefährdet würde. Obwohl als Planungsinstrument für den kontinuierlichen Einsatz im operativen Bereich konzipiert, führt die mit dem Verfahren verbundene hohe Arbeitsbeanspruchung in der Praxis zu einem nur unregelmäßigen Einsatz des Zero-Base Budgeting413. Daher erfolgt nach der einmaligen Anwendung des Zero-Base Budgeting die Ermittlung der Budgetvorgaben der folgenden Perioden wie bisher üblich auf der Grundlage der Ist-Werte vorangegangener Perioden414, in denen bereits wieder Unwirtschaftlichkeiten enthalten sein können.
407 Die Mitglieder des Analyseteams sollen am Ende der Analysephase Rationalisierungsvorschläge unterbreiten,
408 409 410
411 412 413 414
die zu Kosteneinsparungen in Höhe von (häufig unrealistischen) 40 % führen. Vgl. Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse, Erfolgreiche Antwort auf die Gemeinkosten-Problematik, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 50. Jg (1980), H. 6, S. 689. Wie viel davon letztlich realisiert wird, ist abhängig von den Entscheidungen der Unternehmensleitung, welche Maßnahmen in welcher Intensität tatsächlich durchgeführt werden. In der Einsparung von Mannjahren sieht Stamm das ausschließliche Ziel der Gemeinkosten-Wertanalyse. Vgl. Stamm, Gemeinkosten-Wertanalyse, a.a.O., S. 26. Vgl. Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung ..., a.a.O., S. 287. In diesem letzten Arbeitsschritt im Rahmen des Zero-Base Budgeting werden den zu Entscheidungseinheiten zusammengefassten Leistungen entsprechend ihrer Priorität die bewilligten Mittel gegenübergestellt und somit die zu realisierenden Entscheidungspakete bestimmt. Vgl. Freimuth, J., Varianten und Tendenzen des Gemeinkostenmanagements, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 16. Jg. (1987), H. 2, S. 102. Vgl. Jehle, E., Gemeinkosten-Management, in: Die Unternehmung, 36. Jg. (1982), H. 1, S. 66. Vgl. ebenda, S. 65. Vgl. Marettek, A., Arbeitsschritte zur Durchführung der Zero-Base Budgeting-Analyse, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, 11. Jg. (1982), H. 6, S. 258. Vgl. Marx, G.-R., Zero-Base Budgeting, in: Die Unternehmung, 33. Jg. (1979), H. 3, S. 237.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
141
9.3.2.2.3. Administrative Wertanalyse nach DIN 69 910 Die Administrative Wertanalyse nach DIN 69 910 verfolgt, ähnlich wie das Zero-Base Budgeting, das Ziel, das Kosten-Leistungs-Verhältnis der im Verwaltungsbereich erbrachten Leistungen zu optimieren415. Zur Zielerreichung können sowohl Kostensenkungen bei gleichem quantitativen und qualitativen Leistungsumfang beitragen als auch Verbesserungen des quantitativen und qualitativen Leistungsumfangs bei unverändertem oder sogar steigendem Kostenvolumen. Auch wenn die veranlassten Maßnahmen zu einer relativen Kostensenkung durch die Verbesserung des Kosten-Leistungs-Verhältnisses beitragen, besitzt das Ziel Kosteneinsparung für die Administrative Wertanalyse nach DIN 69 910 geringere Bedeutung als für die bereits genannten Methoden. Bei der Anwendung der Administrativen Wertanalyse nach DIN 69 910 besteht die Schwierigkeit, die "Soll-Funktionen"416 der Leistungen des Verwaltungsbereichs zu ermitteln417. Zudem ist es, im Gegensatz zu den beiden genannten Verfahren, aus praktischen Gründen nicht möglich, den gesamten Verwaltungsbereich in das Verfahren einzubeziehen418, da die Personalkapazitäten für eine gleichzeitige Analyse aller Teilgebiete häufig nicht ausreichen419. Ist die Anwendung der Administrativen Wertanalyse nach DIN 69 910 aus kostenwirtschaftlichen Gründen gelegentlich auf Teile des Verwaltungsbereichs zu beschränken, liegen die Gründe für den partiellen Einsatz der Prozesskostenrechnung in den genannten verfahrensimmanenten Besonderheiten420, die bewirken, dass bestimmte Bereiche der Prozesskostenrechnung prinzipiell nicht zugänglich sind.
415 Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung ..., a.a.O., S. 288. 416 Die "Soll-Funktionen" können entweder aus den Ist-Funktionen abgeleitet oder aber ohne Berücksichtigung
417 418 419 420
des Ist-Zustandes unter Beachtung der Ziele formuliert werden. Vgl. Kargl, H., Ansätze zu einer Wertanalyse von Verwaltungstätigkeiten, in: Rechnungswesen, Datentechnik, Organisation (RDO), 15. Jg. (1969), H. 12, S. 356. Vgl. Glaser, H., Rationalisierungsplanung, in: Szyperski, N. (Hrsg.), Handwörterbuch der Planung, Stuttgart 1989, S. 1702. Vgl. Letsch, M., Methoden ..., a.a.O., S. 87. Vgl. Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse, in: Kostenrechnungspraxis, 29. Jg. (1985), H. 1, S. 20. Siehe dazu Abschnitt "Voraussetzungen zur Anwendung der Prozesskostenrechnung" in diesem Kapitel.
142 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
9.3.2.2.4. Prozesskostenrechnung als Ergänzung der in der Praxis eingesetzten Methoden Bei der Darstellung der in der Praxis zur Senkung der Gemeinkosten eingesetzten Methoden blieb offen, wie die als Grundlage benötigten Kosteninformationen ermittelt werden. Die bisherige Praxis der Kostenermittlung im Verwaltungsbereich421 spricht dafür, dass die zur Verfügung stehenden Kosteninformationen, insbesondere bei Anwendung der traditionellen Vollkostenrechnung, nur bedingt als Ausgangsdaten für die gebräuchlichen Methoden zur Gemeinkostensenkung geeignet sein dürften. Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob die Prozesskostenrechnung in der Lage ist, die genannten Methoden mit den benötigten Kosteninformationen zu versorgen. Voraussetzung dafür ist, dass die für die Prozesskostenrechnung grundlegenden Eigenschaften mit denen der Verfahren zur Gemeinkostensenkung vereinbar sind. Wie schon mehrfach betont, stellt die an Prozessen orientierte Betrachtungsweise des Unternehmensgeschehens ein wesentliches Merkmal der Prozesskostenrechnung dar. Für die Beurteilung der Prozesskostenrechnung als Verfahren zur Informationsgewinnung ist somit das Ausmaß an Prozessorientierung der mit Informationen zu versorgenden Verfahren entscheidend. Auf die Berücksichtigung prozessualer Aspekte im Rahmen von GemeinkostenWertanalysen, Zero-Base Budgeting und Administrativen Wertanalysen deutet der von mehreren Autoren unterbreitete Vorschlag hin, deren Erkenntnisse beim Aufbau einer Prozesskostenrechnung als Grundlage für die Durchführung der Aktivitäten- und Prozessanalyse zu nutzen422. Ob die Prozessorientierung allerdings den Grad erreicht, der eine Übernahme der (prozessorientierten) Kosteninformationen der Prozesskostenrechnung erlaubt, soll anhand wichtiger Verfahrensbestandteile der genannten Methoden überprüft werden. Zero-Base Budgeting und Prozesskostenrechnung weisen bei der Analyse der im Untersuchungsbereich ablaufenden Vorgänge Gemeinsamkeiten auf423. Die den beiden Verfahren zugrunde liegende Prozessorientierung kommt besonders dadurch zum Ausdruck, dass nicht nur die Teilhandlungen, aus denen sich die
421 Siehe dazu Abschnitt "Traditionelle Budgetierung" in diesem Kapitel. 422 Vgl. bspw. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung ... a.a.O., S. 216. 423 Vgl. Lemke, H.-J., Mit Wertkettenanalyse und Zero-Base Budgeting zum marktorientierten Unternehmen, in:
Kostenrechnungspraxis, 36. Jg. (1992), H. 5, S. 273. Siehe dazu auch Kapitel "Aktivitäten- und Prozessanalyse".
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
143
Prozesse zusammensetzen, isoliert, sondern auch die Beziehungen der Teilhandlungen untereinander einer weitergehenden Analyse unterzogen werden. Weiterhin zeigen Prozesskostenrechnung und Zero-Base Budgeting Gemeinsamkeiten bei den Objekten, denen Kosten zugewiesen werden. Das Zero-Base Budgeting kann die Funktion als Budgetierungsinstrument nur dann erfüllen, wenn den definierten Entscheidungspaketen424 in einem weiteren Verfahrensschritt Kosten zugewiesen werden425. Da hinter den Entscheidungspaketen Vorgänge stehen, führt das Verfahren zur Ermittlung von "Prozesskosten". Es weist somit ein großes Maß an Übereinstimmung mit einer auf Planwerten beruhenden Prozesskostenrechnung auf. Nicht nur die Prozesskostenrechnung sieht in der Aufdeckung und Eliminierung von Aktivitäten, die für die Durchführung von Prozessen nicht notwendig sind und keine oder sogar negative Wirkungen auf die Prozessergebnisse ausüben (non-value-activities426), ein bedeutendes Potential zur Senkung der Gemeinkosten. Auch Zero-Base Budgeting427 und Administrative Wertanalyse nach DIN 69 910428 verfolgen das Ziel, für den ungestörten Betriebsablauf verzichtbare Funktionen offen zu legen und abzubauen. Ebenso wird dieses Ziel mit der Gemeinkosten-Wertanalyse verfolgt429. Allerdings ist das Auswahlverfahren meist weniger systematisch und prozessorientiert, da das Ziel der Gemeinkosten-Wertanalyse, möglichst schnell Erfolge durch Kosteneinsparungen vorzuweisen, aus Zeitgründen oft detaillierte Funktionsanalysen verhindert. Falls eine genaue Funktionsanalyse unterbleibt, besteht die Gefahr, dass für den langfristigen Unternehmenserfolg bedeutsame Funktionen dem Kosteneinsparungsziel zum Opfer fallen. Ferner erlaubt es die mangelnde Prozessorientierung kaum, Schwachstellen im Prozessablauf an den Schnittstellen zwischen den Aktivitäten aufzudecken, deren Beseitigung nicht
424 Dabei handelt es sich um konkrete Niveaus der Leistungserfüllung - das Zero-Base Budgeting sieht hier drei
Stufen vor – der im Rahmen des Zero-Base Budgeting gebildeten Entscheidungseinheiten. Vgl. MeyerPiening, A., Zero-Base Budgeting ..., a.a.O., S. 261.
425 Jedes Leistungsniveau kann meistens mit mehreren Alternativen und damit Prozessabläufen, die mit unter-
426 427 428 429
schiedlicher Ressourcenbeanspruchung verbunden sind, erreicht werden. Vgl. Letsch, M., Methoden ..., a.a.O., S. 38. Daher ist die jeweils kostengünstigste Alternative auszuwählen. Vgl. Meyer-Piening, A., Gemeinkosten senken - aber wie? in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 50. Jg. (1980), H. 6, S. 693. Der Begriff "non-value activities" wurde im Zusammenhang mit der Prozesskostenrechnung erstmals von Johnson gebraucht. Vgl. Johnson, H. T., Activity-based ..., a.a.O., S. 25. Vgl. Hitschler, W., Verwaltungsgemeinkostenplanung ..., a.a.O., S. 290. Vgl. Jehle, E., Gemeinkostenmanagement, in: Männel, W. (Hrsg.), Handbuch Kostenrechnung, Wiesbaden 1992, S. 1518. Vgl. Roever, M., Gemeinkosten-Wertanalyse, Erfolgreiche Antwort auf den wachsenden Gemeinkostendruck, a.a.O., S. 253.
144 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
unbeträchtliche Rationalisierungspotentiale eröffnen könnte430. Die vergleichsweise schwach ausgeprägte Prozessorientierung ist allerdings weniger im Verfahren selbst als vielmehr in der praktischen Durchführung der Analysen begründet und könnte durch entsprechende Maßnahmen, insbesondere zeitaufwendigere Analysen, behoben werden. Als Fazit des Vergleichs bleibt festzuhalten, dass die an Vorgängen orientierte und somit kostenstellenübergreifende Betrachtungsweise nicht nur für die Prozesskostenrechnung charakteristisch ist, sondern auch für die genannten Verfahren. Die große Übereinstimmung bei der Prozessorientierung spricht daher für den Einsatz der Prozesskostenrechnung als Lieferant von Kosteninformationen. Darüber hinaus stellt die Prozesskostenrechnung eine sinnvolle Ergänzung der in der Praxis eingesetzten Methoden zur Kontrolle des Erfolgs im Anschluss an die Durchführung Gemeinkosten senkender Maßnahmen dar. Dass die Prozesskostenrechnung allerdings wie teilweise gesehen, die anderen genannten Verfahren des Gemeinkosten-Controllings ersetzten kann431, ist jedoch nicht zu erwarten. Dagegen erfasst die traditionelle Vollkostenrechnung Gemeinkostensenkungen nur in globaler Form. Daher besteht wie im Fall ihres Einsatzes zur Planung der Verwaltungsgemeinkosten das Problem, dass sie nicht den spezifischen Anforderungen des Verwaltungsbereichs entspricht und somit keine genauen und differenzierten Kosteninformationen ermittelt werden können. Diese sind aber als Voraussetzung für eine genaue Zuordnung der Gemeinkosteneinsparungen auf einzelne Maßnahmen notwendig, die wiederum die Grundlage dafür schafft, die Wirksamkeit der durchgeführten Maßnahmen beurteilen zu können. 9.3.2.3. Anpassung der Organisationsformen Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Rationalisierungs- und somit auch Kostensenkungspotentiale durch bessere horizontale Abstimmung der Erstellung von Teilkomponenten der Verwaltungsleistungen, die traditionell in organisatorisch weitgehend selbständigen Bereichen erbracht werden, zu nutzen. Zu diesem Zweck bietet es sich an, Daten der Prozesskostenrechnung als Grundlage zu verwenden, um eine prozessorientierte Umgestaltung der Organisationsformen 430 Vgl. Gutzler, E. H., Beim Kostensenken Strategie nicht aus den Augen verlieren, in: Blick durch die Wirt-
schaft vom 4.12.1992, S. 1.
431 Vgl. Rau, M., Fabig, C., und M. Walther, Prozesskostenrechnung in der Telekommunikation, in: Kostenrech-
nungspraxis, 46. Jg. (2002), H. 4, S. 254.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
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vorzunehmen. Dabei wird allerdings weniger auf die ermittelten Kosteninformationen zurückgegriffen als vielmehr auf die im Rahmen der Aktivitäten- und Prozessanalyse gewonnenen Erkenntnisse. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der Ausrichtung der Leistungen auf die Anforderungen der "weiterverarbeitenden" Stellen zu. Durch die nachfragegerechte Ausführung von Leistungen könnten zeitintensive Nachbesserungen, die zu einer beträchtlichen Verlängerung der Durchlaufzeiten führen können432, weitgehend entfallen. Die freiwerdenden Kapazitäten könnten dann in anderen Verwendungen effizienter eingesetzt oder mittelfristig mit gemeinkostensenkender Wirkung abgebaut werden. Um die stärkere Beachtung horizontaler Zusammenhänge auch in der Aufbauorganisation zu verankern, empfiehlt es sich, die Stelle eines Prozessverantwortlichen (process owner) einzurichten433. Die Aufgaben des Prozessverantwortlichen434 bestünden darin, die sachgerechte Ausführung des gesamten Prozesses435 kostenstellenübergreifend sicherzustellen und zu verantworten436. Dadurch könnte die bisher übliche und nicht zu einem Gesamtoptimum führende Optimierung isolierter Teilhandlungen auf Kostenstellenebene überwunden werden. Trotz der logisch nachvollziehbaren Argumentation, dass mit der Anpassung der Organisationsstrukturen und des damit verbundenen effizienteren Ressourceneinsatzes unter dem Gesichtspunkt der Rationalisierung positive Wirkungen auf das Gemeinkostenniveau zu erwarten sind, fällt die Quantifizierung und eindeutige Zurechnung der Erfolge der Umgestaltung auf einzelne Maßnahmen schwer, so dass auch der Nachweis der Zielwirksamkeit der Prozesskostenrechnung nur bedingt möglich sein dürfte. 432 Dagegen ist es im Fertigungsbereich möglich, fehlerhafte Leistungen auszusondern und nicht weiter zu bear-
433
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beiten. Obwohl das Aussondern fehlerhafter Leistungen die Herstellung größerer Leistungsmengen erfordert, ist die Durchlaufzeit für den gesamten Produktionsprozess i. d. R. geringer als im Fall (zeitaufwendiger) Nachbesserungen fehlerhafter Leistungen. Vgl. Striening, H.-D., Prozessmanagement im indirekten Bereich, a.a.O., S. 326 f. Bei sehr komplexen Prozessen kann die Aufteilung der Prozessverantwortung auf mehrere Personen (Teilprozess-Verantwortliche) angebracht sein. Allerdings erfordert die Sicherstellung des ungestörten Ablaufs des gesamten Prozesses insbesondere an den Schnittstellen einen (Gesamt-)Prozessverantwortlichen. Die Bestimmung des Prozessverantwortlichen erfolgt aus dem Kreis derjenigen, die für die einzelnen Teilprozesse verantwortlich sind. Ein Auswahlkriterium könnte die Anzahl der vom Teilprozessverantwortlichen kontrollierten Ressourcen sowie deren Bedeutung für die sachgerechte Ausführung des Gesamtprozesses sein. Vgl. Kieninger, M., und Sommerfeldt, H., Prozesskostenrechnung mit ..., a.a.O., S. 44. Bei an Funktionen ausgerichteten Organisationsformen liegt die Gesamtverantwortung für einen Prozess meistens erst auf höheren Hierarchiestufen vor, die vornehmlich dispositive Aufgaben wahrnehmen, so dass die für die operative Durchführung eines Prozesses notwendigen Detailkenntnisse häufig nicht vorhanden sind. Vgl. Wildemann, H., Zeitgewinn in Produktion und Forschung, in: Blick durch die Wirtschaft vom 7.7.1992, S. 7.
146 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
9.3.2.4. Wirkungen der Prozesskostenrechnung Zum einen wird in der Praxis mit der Prozesskostenrechnung die Hoffnung verbunden, schon die Ankündigung, eine Prozesskostenrechnung einführen zu wollen, wäre mit vorauseilenden gemeinkostensenkenden Wirkungen verbunden437. Derartige Wirkungen sind allerdings nicht spezifisch für die Prozesskostenrechnung, denn gleichartige Ankündigungseffekte werden auch von der Gemeinkosten-Wertanalyse berichtet. Zum anderen wird argumentiert, dass die Vorgabe von Prozessmengen im Vergleich zur Vorgabe von Kostenwerten ohne Leistungsbezug eine verständlichere Orientierungsgröße für die Betroffenen darstelle und die Mitarbeiter zu rationalerem Verhalten veranlasse, das sich in sinkenden Gemeinkosten niederschlagen soll438. Die letztgenannte Wirkungskette könnte dazu führen, dass die dauerhaft einsetzbare Prozesskostenrechnung langfristig wirkungsvoller den Gemeinkostenanstieg im Verwaltungsbereich dämpfen könnte als die nur in größeren Zeitabständen anwendbaren Methoden der Praxis. Die möglichen Wirkungen auf das relative Gemeinkostenniveau zeigt in idealtypischer Form Abbildung XV. Nach Abschluss der Analysephase und erfolgter Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen in t0 sind bei den in der Praxis eingesetzten Verfahren bereits nach kurzer Zeit gemeinkostensenkende Wirkungen zu beobachten. Dagegen fallen die kurzfristigen Effekte bei einem zum gleichen Zeitpunkt erfolgten Einsatz der Prozesskostenrechnung vergleichsweise gering aus. Denn die Umsetzung der prozessorientierten Kosteninformationen zum Zweck, bei den Mitarbeitern wirtschaftlichere Verhaltensweisen zu bewirken, benötigt i. d. R. längere Zeiträume. Zudem sind die Wirkungen von Verhaltensänderungen moderater als die zum Teil massiven Einschnitte bspw. der Gemeinkosten-Wertanalyse.
437 Die ohnehin schon schwierige Quantifizierung der Ankündigungswirkungen wird im Fall der tatsächlichen
Anwendung der Prozesskostenrechnung noch fragwürdiger, da eine Aufteilung des Erfolgs auf Ankündigung und Einsatz der Verfahren objektiv nicht möglich ist.
438 Vgl. Lohmann, U., Prozesskostenrechnung, a. a. O., S. 268.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
147
Gemeinkostenniveau
Zeit t0
t1
t2
t3
traditionelle Verfahren Prozesskostenrechnung Prozeßkostenrechnung
ohne Maßnahmen Abb. XV: Wirkungen auf das Gemeinkostenniveau
Dem Vorteil der gebräuchlichen Verfahren des Gemeinkostenmanagements, kurzfristig gemeinkostensenkend zu wirken, steht allerdings der Nachteil gegenüber, dass kurz nach deren Anwendung als Folge der innerbetrieblichen Dynamik der Gemeinkostenanstieg erneut und oft unvermindert einsetzt und somit das Ausgangsniveau in verhältnismäßig kurzer Zeit wieder erreicht wird (t2)439. Soll der einmalige Erfolg dagegen dauerhafter Natur sein, müssten die Verfahren in kurzen Zeitabständen wiederholt eingesetzt werden. Dagegen sprechen, neben den bereits genannten Gründen, vor allem die mit jeder Durchführung verbundenen hohen Kosten, die die Wirtschaftlichkeit der Verfahren stark in 439 So kompensiert nach Meinung Wäschers die innerbetriebliche Dynamik in sehr kurzer Zeit die Absenkung der
Gemeinkosten durch eine Gemeinkosten-Wertanalyse. Vgl. Wäscher, D., Prozesskostenrechnung als Instrument ..., a.a.O., S. 51.
148 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
Frage stellen. Sofern die Anwendungsvoraussetzungen erfüllt sind, verspricht der dauerhafte Einsatz der Prozesskostenrechnung eine wirkungsvollere Dämpfung des Gemeinkostenanstiegs als die nur einmalig mögliche Anwendung der konkurrierenden Verfahren440. Die oben genannten Thesen zum Einfluss der Prozesskostenrechnung auf das Gemeinkostenniveau haben sich, wie aus Schilderungen über "Erfolge" der Prozesskostenrechnung in der Literatur zu entnehmen ist, in der Praxis bisher weitgehend noch nicht bestätigt441. Eine wesentliche Ursache für die kaum messbaren Wirkungen auf die Gemeinkostenhöhe dürfte darin zu suchen sein, dass die Prozesskostenrechnung kein quantifiziertes Rationalisierungsziel definiert. Das Fehlen einer Zielgröße beeinflusst die Motivation der Mitarbeiter negativ, gemeinkostensenkende Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Daher erscheint der alleinige Einsatz der Prozesskostenrechnung zum Zweck der Dämpfung des Gemeinkostenanstiegs im Verwaltungsbereich nicht die erhofften Wirkungen zu bringen. Deutlich besser geeignet ist die Prozesskostenrechnung dagegen zur Verbesserung der Informationsgrundlagen und zur Wirkungskontrolle der in der Praxis entwickelten und eingesetzten Verfahren442.
9.4. Kontrolle der Verwaltungsgemeinkosten Zur Bestimmung von Planabweichungen greift die Prozesskostenrechnung auf das im Rahmen der Grenzplankostenrechnung ergänzend angewandte Instrument der Nutz- und Leerkostenanalyse zurück443. Auf die Besonderheiten der Prozesskostenrechnung übertragen, handelt es sich bei der Nutz- und Leerkostenanalyse um eine Untersuchung der von der Anzahl der Durchführungen einer Prozessart (Prozessmenge = PM) unabhängigen Kosten444, wie sie für den Verwaltungsbereich in Gestalt der Personalkosten typisch sind. Denn es gilt, zumindest bei kurzfristiger Betrachtung, auch hier, dass eine Verminderung der Prozessmenge nicht automatisch zu einer entsprechenden Kostensenkung führt.
440 Im Schaubild ist die Prozesskostenrechnung ab dem Zeitpunkt t den anderen Verfahren überlegen. 3 441 Vgl. Cooper, R., Activity-Based Costing: The Right Approach for You? in: Accountancy, Vol. 107, January
1991, S. 72.
442 Siehe Abschnitt "Methoden der Praxis" in diesem Kapitel. 443 Vgl. Kilger, W., Flexible ... , a.a.O., S. 653 ff. Zur Durchführung der Nutz- und Leerkostenanalyse vgl.
Scherrer, G., Kostenrechnung, 2. Aufl., Stuttgart 1991, S. 504 ff.
444 Gegenstand der Betrachtung im Rahmen der Grenzplankostenrechnung sind die von der Beschäftigung unab-
hängigen Kosten.
Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
149
Die Analyse beginnt mit der Bestimmung des anschließend in Nutz- und Leerkostenanteile aufzuspaltenden Kostenvolumens. Dazu ist es zunächst erforderlich, die bei geplanter Ausnutzung vorhandener Kapazitäten maximal mögliche Anzahl von Durchführungen einer Prozessart pro Periode (PMmax) zu ermitteln. Das Kostenvolumen ergibt sich dann in der bekannten Weise durch Multiplikation der (maximalen) Prozessmenge mit dem zugehörigen Prozesskostensatz, der im Rahmen einer vorhergehenden Aktivitäten- und Prozessanalyse gewonnen oder aus der Vorperiode übernommen wurde445. Die Höhe der Nutzkosten als Maßstab der Beanspruchung der Ressourcen der Kostenstelle durch die Prozessart bestimmt sich durch Multiplikation der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Prozesse (PMtat) mit dem Prozesskostensatz. Die nicht genutzte Kapazität spiegelt sich in den Leerkosten wider, die rechnerisch aus der Differenz zwischen dem Kostenvolumen bei Vollauslastung und den Nutzkosten bestimmt werden. Die Zusammenhänge zeigt Abbildung XVI. Neben der Betrachtung von Wertgrößen kann auch auf eine ausschließlich an Prozessmengen orientierte Betrachtung abgestellt werden. Im letzten Fall entfiele zum einen die mit Problemen behaftete Bewertung des von den Prozessen veranlassten Ressourcenverbrauchs446. Zum anderen könnten die daraus resultierenden Folgeprobleme vermieden werden, die aus einer ausschließlichen Verwendung von nicht nach Kostenarten differenzierten Prozesskosten als Ausgangspunkt für Maßnahmen zum Abbau der Leerkosten resultieren. Denn in einem solchen Fall liefern die Prozesskosten keinerlei Informationen darüber, bei welchen Kostenarten Möglichkeiten zur Reduktion der Leerkosten bestehen447. Abgesehen von den genannten Problemen können die mit der Prozesskostenrechnung gegebenen Möglichkeiten als geeignet angesehen werden, die als Folge der Leistungserstellung im Verwaltungsbereich bewirkte Ressourcenbeanspruchung sowie Abweichungen zwischen Plan- und Istwerten aufzuzeigen.
445 Die Übernahme von Prozesskostensätzen der Vorperiode birgt die Gefahr, dass sie aufgrund zwischenzeitlich
eingetretener Veränderungen nicht mehr den aktuellen Gegenbenheiten entsprechen.
446 Auch Riebel, der ansonsten der Prozesskostenrechnung äußerst kritisch gegenübersteht, sieht in den Prozess-
mengen einen geeigneten Ansatzpunkt für Planungs- und Kontrollaufgaben. Vgl. Riebel, P., Einzelkosten und ..., a.a.O., S. 706.
447 Vgl. Brühl, R., Informationen der Prozesskostenrechnung als Grundlage der Kostenkontrolle, in: Kostenrech-
nungspraxis, 39. Jg. (1995), H. 2, S. 79.
150 Gemeinkostenplanung und -kontrolle mit der Prozesskostenrechnung
fixe Gemeinkosten
Leerkosten
Nutzkosten PM PM ist
PM max
Abb.XVI: XVI:Prozessorientierte Prozeßorientierte NutzNutz- und und Leerkostenanalyse Leerkostenanalyse Abb.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
151
10. Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung 10.1. Herausforderungen Die öffentlichen Hände sehen sich einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber. Die finanzwirtschaftlichen Probleme zeigen sich zum einen in den defizitären Haushalten und zum anderen in strukturellen Problemen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite. Auch wenn es einigen Kommunen und Ländern in absehbarer Zeit gelingen wird, ausgeglichene Haushalte vorzulegen und sogar Mittel zum Abbau der Staatsverschuldung zur Verfügung stehen, bleiben die strukturellen Probleme weitgehend bestehen. Obwohl die strukturellen Probleme vielfältige Gründe haben, ist eine Hauptursache dafür in der veralteten Methode der Haushaltsplanung und -steuerung zu sehen. Diese traditionelle Haushaltswirtschaft wird mit dem Begriff „Kameralistik“ umschrieben, deren Wurzeln bis in die Zeit des Merkantilismus zurückreichen. Zu den System bestimmenden Merkmalen der kameralen Haushaltswirtschaft zählen die Verwendung von Einnahmen und Ausgaben als Rechengrößen sowie die Steuerung der Verwaltung ausschließlich durch die Vorgabe der Inputfaktoren Personal, Sachmittel und Investitionen. Durch die Verwendung von Einnahmen und Ausgaben können zwar die Finanzströme im Sinne einer Finanzrechnung abgebildet werden, nicht jedoch der Zufluss und der Verbrauch der Ressourcen nach betriebswirtschaftlichen Methoden korrekt erfasst werden. Damit fehlen wesentliche Informationen für sachgerechte Entscheidungen im öffentlichen Bereich. Auf keinem anderen Gebiet werden die daraus resultierenden Probleme deutlicher als bei der Versorgung der Pensionäre. Nach dem bestehenden System der Beamtenversorgung erhalten die pensionierten Beamten nach ihrem Ausscheiden eine an ihren letzten Bezügen orientierte Alimentierung, deren Höhe des Weiteren maßgeblich von der Zahl der anrechenbaren Dienstjahre bestimmt wird. Dem System der betrieblichen Altersversorgung der Privatwirtschaft entsprechend steigt der Pensionsanspruch mit der Zahl der Dienstjahre.
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
Da der Anspruch während der aktiven Tätigkeit entsteht und lediglich die Auszahlung auf die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst entfällt, wären nach betriebswirtschaftlichen Standards in der aktiven Phase Rückstellungen zu verbuchen und somit ein Ressourcenverbrauch auszuweisen. Diese Absicherung ist allerdings im öffentlichen Bereich lange nicht vorgenommen worden, da es sich bei den entstehenden Ansprüchen nicht um Auszahlungen handelt, die im Haushalt demnach auch nicht abzubilden sind. Erst wenn eine Person in den Ruhestand eintritt, fallen Zahlungen an, die dann im kameralen Haushalt zu veranschlagen sind. Das bestehende System hat dazu geführt, dass die „wahren“ Personalkosten zu Lasten folgender Perioden über Jahrzehnte nicht offen gelegt wurden und somit bei anstehenden Personalentscheidungen auch nicht berücksichtigt wurden. Im Ergebnis hat diese Praxis dazu geführt, dass für die meisten Beamten keine materielle Absicherung ihrer Pensionsansprüche vorhanden ist448. Dies stellt für die zukünftigen Haushalte ein besonderes Problem dar, da die Zahl der Pensionäre und damit auch die Pensionsausgaben stark steigen werden. Es zeichnet sich ab, dass die geplanten Einspareffekte durch Stellenkürzungen von den wachsenden Pensionsausgaben kompensiert werden. Welche Belastung auf die öffentliche Hand und damit zukünftige Generationen an Steuerzahlern zukommt, kann man daran ermessen, dass die Verpflichtungen aufgrund von Pensionen drei Mal so hoch sind wie die reinen Geldschulden der öffentlichen Hand. Das bestehende Verfahren hat es erleichtert, die wahren Belastungen zu verschleiern und zukünftigen Entscheidungsträgern die Lösung des Problems zu überlassen. Wäre dagegen die öffentliche Hand verpflichtet gewesen, auch die zukünftigen Belastungen aus Pensionszusagen (öffentlich) in den Haushalten darzustellen, hätten wahrscheinlich schon wesentlich früher Anpassungen vorgenommen werden müssen. Auch beim Erhalt des staatlichen Vermögens zeigen sich die Schwächen der Einnahmen- und Ausgabenrechnung deutlich. Denn systembedingt beinhaltet eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung keine Erfassung der Vermögens448 Erst seit kurzer Zeit besteht die Verpflichtung für die öffentliche Hand, Vorsorge für neu verbeamtete Mitarbeiter durch die Bildung von Versorgungsstöcken zu treffen. Damit ist ein erster Schritt unternommen, einen Vermögensstock aufzubauen, um die zukünftigen Pensionsansprüche abzudecken. Die Bildung von Rücklagen ist jedoch ein der Kameralistik systemfremdes Element; eine systemkonforme Erfassung der Pensionslasten in Form von Rückstellungen ist nur mittels des kaufmännischen Rechnungswesens möglich.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
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werte. Die im öffentlichen Bereich vorhandenen Vermögensübersichten sind Sonderrechnungen, die sich jedoch nur auf ausgewählte Vermögensgegenstände, hauptsächlich auf Gebäude, beschränken, und die somit aufgrund ihrer Unvollständigkeit keinen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Einblick gewähren. Auch dort, wo Vermögenswerte erfasst sind, entsprechen die ausgewiesenen Werte nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Denn die Aufstellungen enthalten regelmäßig nur die Anschaffungswerte und nicht die aktuellen Zeitwerte, da die Kameralistik systembedingt keine Abschreibungen als Ausdruck des Ressourcenverbrauchs kennt. Die Unkenntnis der Abschreibungen führt nicht nur zu einem falschen Ausweis der erfassten Vermögenswerte, sondern gefährdet die Erhaltung der öffentlichen Vermögenssubstanz. Da der Vermögensverbrauch in Form von Abschreibungen in der kameralen Haushaltswirtschaft keine Berücksichtigung findet, besteht auch kein Anreiz für die Entscheidungsträger, Investitionen in den Erhalt der Substanz vorzunehmen. Vielmehr verführt das kamerale System dazu, auf Investitionen zu verzichten, da diese im Gegensatz zu den nicht zahlungswirksamen Abschreibungen die Haushalte belasten449. Investitionen in die Vermögenssubstanz werden häufig erst dann vorgenommen, wenn die Schäden ein Ausmaß erreicht haben, die zu einem merklichen Funktionsverlust führen, der über die politische Ebene zu Handlungen zwingt. In vielen Fällen dürften die dann anfallenden Aufwendungen höher sein als diejenigen von kontinuierlich vorgenommenen Maßnahmen zum Erhalt der Vermögenssubstanz. Das traditionelle Rechnungswesen hat in Verbindung mit einer nicht wirksamen Regelung zur Begrenzung der Schuldenaufnahme zu den derzeitigen Problemen bei der Verschuldung des Staates beigetragen. Der heutige Schuldenstand450 bewirkt nicht nur eine Belastung zukünftiger Generationen, sondern mindert durch
449 Um diesen Mangel zu beheben wird vorgeschlagen, die Kameralistik um Sonderrechnungen zu erweitern, die
eine Aktualisierung der Vermögenswerte ermöglichen soll. („erweiterte Kameralistik“). Dabei handelt es sich allerdings nur um eine partielle Verbesserung des Systems, ohne dass die grundlegenden Mängel angegangen werden. Der konsequente Weg wäre die Umstellung auf die kaufmännische Rechnungslegung. Nur sie stellt eine integrierte Erfassung des Ressourcenverbrauchs und die Fortschreibung der Vermögenswerte sicher. 450 Der Schuldenstand aller öffentlicher Hände der Bundesrepublik Deutschland belief sich Ende 2005 auf 1.448 Mrd. €; am stärksten belastet war der Bund mit 873 Mrd. €.
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
die hohen Zinslasten den heutigen politischen Spielraum deutlich, insbesondere was die strategisch wichtigen Investitionen in Infrastruktur und Bildung betrifft. Nach Art. 115 Grundgesetz dürfen Bund und Länder neue Schulden bis zur Höhe der Ausgaben für Investitionen aufnehmen451. Hinter dieser Regelung steht die Vorstellung, die Lasten der Finanzierung von Investitionen auf die Nutzer zu verteilen. Allerdings ist dies nur dann gewährleistet, wenn die aufgenommenen Kredite auch tatsächlich mit Abgaben getilgt werden, die während der Nutzungsdauer erhoben werden. Die Tatsache, dass bisher in jedem Jahr neue Schulden aufgenommen wurden, zeigt jedoch, dass lediglich die alten Schulden durch neue ersetzt wurden, eine Tilgung demnach nicht erfolgt. Eine wirksame Begrenzung der Schuldenaufnahme ist nur dann zu erwarten, wenn die für Investitionsmaßnahmen aufgenommenen Kredite auch tatsächlich zurückgezahlt werden. Um eine Tilgungen der aufgenommenen Kredite zu erreichen wäre sicherzustellen, dass für die während der Nutzung entstehenden Kosten in Form von Abschreibungen eine finanzielle Deckung hergestellt ist. Dies wiederum ist an die Erfüllung folgender Bedingungen gebunden. Zum einen müsste die Verpflichtung bestehen, den Haushalt in Erträgen und Aufwendungen und nicht in Ausgaben und Einnahmen auszugleichen. Dies ist zweitens nur dann möglich, wenn das Rechnungswesen die benötigten Informationen bereitstellt; Voraussetzung ist demnach die Einführung eines Rechnungswesens auf Basis der kaufmännischen Buchführung.452 Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert, dass die Innenminister der Bundesländer im Rahmen der Reform der Haushaltsordnungen der Kommunen beschlossen haben, dass zukünftig die Kommunen einen Haushaltsausgleich in Erträgen und Aufwendungen herbeiführen müssen453, entsprechende Regelungen für den Bund und die Bundesländer sind dagegen bis heute nicht in der Diskussion. Ein weiterer Mangel der traditionellen Haushaltswirtschaft der öffentlichen Hände wird darin gesehen, dass die Ergebnisse des Verwaltungshandelns in den Haushaltsplänen nicht verankert sind. Der Exekutive wird über das Haushalts451 Dass auch diese Begrenzung kaum Wirksamkeit entfaltet, ist auf die weit gefasste Ausnahmeregelung zurück-
zuführen. Diese erlaubt eine höhere Verschuldung zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts; mangels verbindlicher Kriterien ergeben sich bei der Feststellung einer Störung keine besonderen Probleme. 452 Vgl. Brixner, H., Die vergessene Reform, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.4.2004, S.20. 453 Vgl. ebenda.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
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gesetz vorgegeben, über welche Einsatzfaktoren sie verfügen kann und wie viel Geld sie dafür ausgeben darf; welche Leistungen sie damit konkret zu erbringen hat, ist jedoch seitens des Gesetzgebers nicht festgeschrieben. Diese Art der Steuerung der Verwaltung durch die Legislative wird als Inputsteuerung bezeichnet. Versteht man unter politischem Handeln, Ziele vorzugeben und mit geeigneten Mitteln umzusetzen, dann stellt die Inputsteuerung keinen geeigneten Ansatz dar. Denn rationales Handeln setzt voraus, dass klare Zielvorgaben existieren. Fehlen diese wie bei der Inputsteuerung, ist auch ein wirtschaftlicher Einsatz der finanziellen Mittel nicht zu gewährleisten.
10.2. Konsequenzen 10.2.1. Neue Verwaltungssteuerung Die aus den unbestrittenen Mängeln der kameralistischen Haushaltswirtschaft gezogenen Konsequenzen sind zwiespältig. Während auf der kommunalen Ebene als Folge des Beschlusses der Innenminister die Einnahmen- und Ausgabenrechnung durch eine am Vorbild der Privatwirtschaft orientierte Rechnungslegung454 in absehbarer Zeit ersetzt wird, fehlen entsprechende Bestrebungen beim Bund vollkommen; bei den Ländern ist nur Hessen dabei, auf ein kaufmännisches Rechnungswesen umzustellen455. Ausgangspunkt der Umstellung ist die Erkenntnis, dass die traditionelle Steuerung nicht mehr den heutigen Anforderungen von Bürgern und Wirtschaft an eine staatliche Verwaltung gerecht wird. Als wesentliche Mängel des alten Systems werden folgende Punkte angeführt:
454 Eine vollkommene Übertragung der Vorschriften des HGB auf die Rechnungslegung ist nicht vorgesehen.
Anpassungen werden vor allem aufgrund der Besonderheiten des Vermögens der öffentlichen Hand für notwendig erachtet. Beispielsweise könnte ein Großteil des Infrastrukturvermögens nach den gängigen Regeln der Rechnungslegung nicht berücksichtigt werden, da keine Einzelveräußerbarkeit gegeben ist. Damit würde unter dem Gesichtspunkt der Aufgaben des Staates ein unzutreffendes Bild der Vermögenslage gegeben. 455 Die rechtlichen Möglichkeiten sind mit § 33 a des „Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder“ geschaffen worden. Danach „kann die Buchführung zusätzlich nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung in sinngemäßer Anwendung der Vorschriften des HGB erfolgen“.
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
¾ Inflexibilität der Organisation Die Inflexibilität von öffentlichen Verwaltungen hat eine Reihe von Ursachen. So führt die hohe Arbeitsteilung zu Bruchstellen in der Bearbeitung von Vorgängen, wodurch die Fehleranfälligkeit und die Bearbeitungszeiten steigen. Auch die ausgeprägte Hierarchie mit ihren starren und langen Entscheidungswegen behindert die effektive und effiziente Vorgangsbearbeitung. Hierzu trägt auch die starke Reglementierung der Arbeitsverrichtung bei, die zudem das Aufspüren innovativer Methoden behindert. ¾ Defizite bei der Motivation der Mitarbeiter Die öffentliche Verwaltung ist geprägt durch eine Vielzahl von Kontrollinstanzen, die einer eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung entgegensteht. Damit fehlt ein wesentlicher Faktor, die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter positiv zu beeinflussen. Auch das starre Tarifund Besoldungssystem setzt keine Anreize, da Leistungsaspekte bei der Vergütung keine Rolle spielen. ¾ Fehlen betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente Traditionell dominieren in der Verwaltung rechtliche Aspekte. Anreize für einen effizienten Ressourceneinsatz fehlen, da wirtschaftliche Verhaltensweisen bei der Beurteilung der Arbeitsleistung bisher keine Rolle spielen. Das System belohnt im Gegenteil unwirtschaftliche Verhaltensweisen, wie das klassische Beispiel des „Dezemberfiebers“ deutlich zeigt. Auch fehlt es der öffentlichen Verwaltung an langfristigen Zielen für ihr Handeln, so dass Wechsel- und Folgewirkungen von Maßnahmen zu wenig beachtet werden. Aber auch wenn der Wille zum wirtschaftlichen Handeln besteht, fehlen die dafür notwendigen betriebswirtschaftlichen Informationen, da die Kameralistik diese nicht bereitstellen kann.
Die genannten Mängel des bürokratisch zentralistischen Steuerungssystems haben zur Entwicklung eines neuen Steuerungssystems geführt, das als „Outputsteuerung“ bezeichnet wird. Die wesentlichen Merkmale dieses Systems sind in der folgenden Graphik der bisherigen „Inputsteuerung“ gegenübergestellt.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
Inputsteuerung
Outputsteuerung
Einsatzfaktoren
politische Ziele werden vorgegeben Zielerreichung durch Produkte = Output Produkte verursachen Kosten Produktkosten Finanzierung über Produktbudget durch Legislative
Personal Sachmittel Investitionen
werden festgelegt Finanzierung Ausgabenbewilligung durch Legislative Ergebnisse = Output/Outcome spielen keine Rolle
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Abb. XVII: Steuerungsprinzipien Der neuen Planungslogik liegt das Prinzip des Ziel-Mittel-Ansatzes zugrunde. Ausgehend von Zielen werden Mittel eingesetzt, die im Verwaltungsbereich den Produkten entsprechen, um diese politischen Ziele zu erreichen. Im Vordergrund dieses Planungsansatzes steht also die Frage nach der Effektivität, das heißt nach der wirksamen Aufgabenerledigung. Erst in einem zweiten Schritt schließt sich die Überlegung nach einer wirtschaftlichen Erstellung der eingesetzten Mittel (Produkte) an. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt darin, dass er der Logik des politischen Handelns besser entspricht als eine unmittelbar auf Wirtschaftlichkeit abzielende Methode. 10.2.2. Ziel- und Produktdefinition In der konkreten Unsetzung haben sich allerdings auch die Probleme dieses Ansatzes gezeigt. Sie beginnen bereits bei der Festlegung der Ziele. Verwaltungen weisen im Gegensatz zu privaten Wirtschaftsunternehmen eine Vielzahl von sich zum Teil widersprechenden Zielen auf. Hinzu kommt, dass die Bildung
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
operationaler Zielgrößen oft auf große Schwierigkeiten stößt. So ist es nicht verwunderlich, dass die ersten Zielsysteme einer Landesverwaltung nicht den Kriterien genügen456, die an Zielsysteme zu stellen sind. Insbesondere fehlt es den Zielen an einer genauen Bestimmung der Zielbestandteile „Zielausmaß“ und „zeitlicher Bezug“. Somit können sie in der bisherigen Form auch nicht die Funktionen der Steuerung und Kontrolle erfüllen. Während der Anfangsphase der Produktdefinition zeigten sich die im Kapitel „Prozess- und Aktivitätenanalyse“ beschriebenen Probleme in besonderem Maße. Diese resultierten aus der für öffentliche Verwaltungen typischen komplexen Aufgabenstruktur. Hinzu kam, dass für diesen Zweck kaum auf verwertbare vorhandene Informationen zurückgegriffen werden konnte. In einem vorausgehenden, sehr aufwendigen Verfahren mussten zunächst die Arbeitsabläufe erfasste werden. Dies erfolgte mit Hilfe einer „Leistungslandkarte“. Damit wurden in einem ersten Schritt die Leistungsbeziehungen zwischen der eigenen Organisationseinheit mit den „Lieferanten“ und den „Kunden“ als den Abnehmern der eigenen Leistung systematisch erfasst. In einem zweiten Schritt erfolgte daraufhin eine Konsolidierung der Leistungen, die als kleinste Einheiten die Grundlage für die Zusammenfassung von Leistungen zu Produkten bildeten. Auch die Bildung der Produkte gestaltete sich angesichts des schon theoretisch schwierig zu lösenden Problems der optimalen Gliederungstiefe nicht einfach und sie wurden im Zeitablauf mehrfach angepasst. Es musste ein Ausgleich zwischen zwei sich widersprechenden Zielen gefunden werden. Auf der einen Seite wollte man möglichst genaue Kosteninformationen gewinnen; dazu wäre eine tiefe Untergliederung des Verwaltungsgeschehens notwendig gewesen. Auf der anderen Seite sollte das System leicht anwendbar und beherrschbar bleiben; diese Forderung liefe auf eine geringe Gliederungstiefe mit nur wenigen Produkten hinaus. Die gegenwärtig verwendeten Produkte lassen den Schluss zu, dass sich das Ziel der operationalen Handhabungen durchgesetzt hat. Einen Eindruck der Prozessstruktur vermittelt folgendes Schaubild:
456 Vgl. bspw. Einzelplan 03 des Haushaltsplans des Landes Hessen für 2007, S. 5f.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
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Innenministerium
Oberziel
Innere Sicherheit, Brand- und Katastrophenschutz
Fachziel
Freiheitsrechte und Handlungsfreiheit der Bürger schützen…
Produkt
Moderne Verwaltung und E-Government
Sport
Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung wirksam abwehren
Verfassungsschutz
Abb. XVIII: Ziel- und Produktstruktur
Für die notwendige Erfassung der Produktkosten eignen sich derart umfassend definierte Produkte jedoch nicht. Daher erfolgt zum Zwecke der Kostenerfassung, aber auch zur internen Steuerung der Leistungen eine weitere Unterteilung der Produkte in Leistungen. Das Prinzip zeigt folgendes Beispiel:
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
Gefahrenabwehrende Maßnahmen Produkt
Produktebene
Leistungsebene 1
Schutz von Personen Leistung 1
Leistungsebene 2
EinsatzVorbereitung Teilleistung 21
Schutz von Objekten Leistung 2 EinsatzDurchführung Teilleistung 22
Schutz von Veranstaltungen Leistung 3 EinsatzLeitung Teilleistung 23
Abb. XIX: Produkthierarchie
Die in der Verwaltung durchgeführten Prozess- und Aktivitätenanalysen haben als weiteres Ergebnis zur Standardisierung von Produkten und Prozessen geführt. Hiervon waren Aufgaben betroffen, die in allen Behörden auszuführen sind. Die Bildung der Standardprozesse erfolgte in Anlehnung an das aus dem Benchmarking bekannte Verfahren. Die als optimal identifizierten Abläufe wurden als Standardprozesse vorgegeben. Die Standardisierung eröffnete zudem die Möglichkeit, eine einheitliche Software zur Unterstützung der Abläufe einzusetzen, wodurch Kosten verursachende Schnittstellenprobleme vermieden werden können. 10.2.3. Kostenstruktur Obwohl die öffentlichen Haushalte, mit Ausnahme einiger Kommunen, die bereits auf das kaufmännische Rechnungswesen umgestellt haben, nur Einnahmen und Ausgaben ausweisen, ist es gleichwohl möglich, die Kostenstruktur zu beschreiben. Dazu ist eine Überprüfung der Ausgaben dahingehend erforderlich,
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ob sie auch mit einem Ressourcenverbrauch zur Erstellung der Verwaltungsleistungen im jeweiligen Haushaltsjahr verbunden sind. Zudem sind Kosten hinzuzurechnen, bei denen es sich nicht um Ausgaben handelt. Die folgende Abgrenzung kann nur als eine annährende Darstellung der Kostenstruktur gesehen werden, da die Haushaltspläne aufgrund ihrer anderen Zielsetzung keine umfassende betriebswirtschaftliche Betrachtung erlauben. Bei den in den Haushaltsplänen ausgewiesenen Ausgaben handelt es sich zum Teil nicht um Kosten, da ihnen kein Ressourcenverbrauch gegenübersteht. Dies betrifft zunächst die Investitionsausgaben, aber auch die Ausgaben für Übertragungen an andere öffentliche oder private Aufgabenträger für Investitionen oder andere Aufgaben. Des Weiteren sind die Tilgungsausgaben und die „besonderen Finanzierungsausgaben“, die hauptsächlich aus Zuführungen zu Rücklagen resultieren, nicht als Kosten zu klassifizieren. Nicht im Haushaltsplan enthalten sind alle Kosten, die nicht zu Ausgaben führen. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um die Abschreibungen, aber auch um (unterlassene) Rückstellungen für zukünftige Pensionszahlungen. Umgekehrt enthalten die Personalausgaben laufende Zahlungen für Pensionen, bei denen es sich betriebswirtschaftlich nicht um Kosten handelt und die demnach auszuklammern sind. Bei den verbleibenden Ausgaben, die mit Kosten deckungsgleich sind, handelt es sich überwiegend um Fixkosten. Dies zeigt schon der hohe Anteil der Personalausgaben, bei denen es sich aufgrund der Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Bereich vollständig um fixe Kosten handelt. Lediglich in den „sächlichen Verwaltungsausgaben“ sind Ausgaben enthalten, die variable Einzelkosten sein könnten; eine genaue Klassifizierung ist allerdings aufgrund fehlender Informationen nicht möglich. Wird in einer Schätzung großzügig davon ausgegangen, dass 50 % der „sächlichen Verwaltungsausgaben“ variable Kosten darstellen, stellt sich die Kostenstruktur bspw. des Landes Hessen wie folgt dar457:
457 Vgl. Haushaltsplan des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2007, „Gruppierungsübersicht“.
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
Ausgaben ohne Kosteneigenschaft; 13.997; 61 %
Ausgaben mit Kosteneigenschaft; 9.195; 40 %
Sachausgaben, fix; 1.387; 6%
Zinsausgaben; 1.387; 6%
Sachausgaben, variabel; 1.206; 5 % Angaben in Mio. €
Personalausgaben; 5.216; 22 %
Abb. XX: Kostenstruktur des Landes Hessen 2007
Auch wenn die Betrachtung sicherlich einige Unschärfen ausweist, so ist dennoch offensichtlich, dass es sich bei den Kosten im öffentlichen Bereich überwiegend um Gemeinkosten handelt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass überall dort, wo der öffentliche Haushalt auf einen „Produkthaushalt“ umgestellt wurde oder dies beabsichtig ist, das Prinzip der Prozesskostenrechnung zur Anwendung kommt. 10.2.4. Ermittlung prozessbezogener Produktkosten Die Zurechnung von Kosten erfolgt auf die Leistungen der niedrigsten Hierarchieebene. Die Kosten der Prozesse höherer Ebenen ergeben sich dann durch Addition der Kosten aller zugehörigen Teilprozesse. Wie schon in den vorangegangenen theoretischen Ausführungen dargestellt, können nicht alle Kosten direkt auf die Prozesse verrechnet werden, da nicht alle Kosten mit dem gewählten Kostentreiber in einer proportionalen Beziehung stehen. Als Kostentreiber und somit als „Ursache“ für die Kostenentstehung kommt für Verwaltungsleistungen die Arbeitszeit in Betracht. Sie kann als Indikator für die Unterschiede in der Komplexität verschiedener Verwaltungsleistungen angesehen werden; eine direkte Messung der Komplexität scheitert bisher an operationalen Maßgrößen.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
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Nach der Logik der Prozesskostenrechnung ist es angezeigt, einen hohen Anteil von den Gesamtkosten direkt auf die Prozesse zu verrechnen, also eine prozessanaloge Verrechnung durchzuführen. Da im Bereich der öffentlichen Verwaltungen die Personalkosten dominieren, bilden sie den Kern der Kostenverrechnung. Allerdings besteht auch bei den Personalkosten die Einschränkung, dass nur die Kosten der Personen direkt verrechnet werden können, die direkt an der Leistungserstellung mitwirken; die übrigen Kosten sind gesondert zu behandeln. Zur Verrechnung der leistungsabhängigen Kosten458 wird eine Zeitaufschreibung herangezogen. Die Zeiterfassung erfolgt dabei für die für jede Kostenstelle individuell ermittelten Leistungen durch jeden Mitarbeiter. Die Ermittlung der Kosten erfolgt daraufhin durch das unterstützende Software-System, indem auf die gespeicherten personenbezogenen Daten zurückgegriffen wird. Die Genauigkeit der Kostenzurechnung wird demnach wesentlich von der Güte der Zeiterfassung bestimmt. Diese wiederum wird wesentlich dadurch bestimmt, ob die vorgegebenen Leistungen das Arbeitsfeld des Mitarbeiters zutreffend beschreiben und ob der Mitarbeiter in der Lage ist, seine Arbeitszeit ohne größere Probleme den vorgegebenen Produkten zuzuordnen. Des Weiteren wird die Güte davon abhängen, ob der Mitarbeiter hinter der Zeiterfassung eine (verdeckte) Leistungsüberwachung vermutet. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Mitarbeiter aufgefordert ist, Leerlauf als „nicht produktive Zeiten“ zu erfassen. Zudem dürfte sich der mit der Zeitaufschreibung für den Mitarbeiter verbundene Erfassungsaufwand auf die Motivation auswirken, die Arbeitszeiten akkurat zu erfassen. Im Gegensatz zu den leistungsabhängigen Personalkosten spielen Sachkosten, die direkt einem Prozess zugeordnet werden können, eine geringe Rolle. Vorstellbar sind hier Kosten für spezielle Verbrauchsgüter oder mit Prozessen verbundener Verbrauch von Büromaterial. Alle übrigen Kosten müssen den Prozessen über Schlüsselgrößen zugerechnet werden. Zu diesen Kosten zählen alle in der Kostenstelle anfallenden Kosten, die keinen direkten Bezug zur Leistung haben. Dazu zählen beispielsweise die Kosten des Leiters der Kostenstelle und die meisten Sachkosten, insbesondere die Abschreibungen der eingesetzten langlebigen Wirtschaftsgüter. 458 Nach der üblichen Terminologie der Prozesskostenrechnung handelt es sich um „Leistungsmengen induzierte
Kosten“.
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Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
Diese eigenen Kostenstellenkosten werden in einer Verrechnungskostenstelle gesammelt. Hinzu kommen die Kosten, die der Kostenstelle von anderen Kostenstellen im Wege der innerbehördlichen Leistungsverrechnung weiterbelastet werden. Die gesamten Kostenstellenkosten werden anschließend auf die Prozesse der Kostenstelle verrechnet. Nach dem üblichen Verfahren der Prozesskostenrechnung soll dies auf Basis der leistungsmengenabhängigen Kosten erfolgen. Im speziellen Fall erfolgt die Verrechnung dagegen in Abhängigkeit der auf die Prozesse entfallenden Arbeitszeiten. Dieses Verfahren ist nach der Logik der Prozesskostenrechnung sogar besser begründet, da der Verrechnung der Kostentreiber Arbeitszeit zugrunde liegt und somit auf „volumenabhängige Größen“ verzichtet wird, die nach Auffassung der Prozesskostenrechnung keine Aussagekraft besitzen. Das Verrechnungsverfahren ist in der folgenden Graphik zusammengefasst:
eigene Kosten der Kostenstelle leistungsabhängige nicht leistungsabKosten hängige Kosten
nach Verwendung
Sachkosten
Sachkosten
interne Dienstleister
Personal- Gebäudekosten, Fahrer, kosten Abschreibungen Personalrefera t
Kostenstellen-Kosten
Leistung 1
Leistung 2
Umlage auf Basis der verbuchten Arbeitsstunden
nach Zeitaufschreibung
Personalkosten
verrechnete Kosten VerrechnungsKostenstellen
Abb. XXI: Prinzip der Prozesskalkulation in der Verwaltung
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
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10.2.5. Haushaltsplanung mit Prozesskostensätzen Die ermittelten Prozesskostensätze sollen zum einen im Rahmen der internen Kostenrechnung dafür herangezogen werden, Kostenbudgets für definierte Verantwortungsbereiche zu berechnen. Des Weiteren sollen auf Basis der Prozesskostensätze zukünftig die Ansätze im Haushalt ermittelt werden. Da der letztgenannte Zweck aus finanzwirtschaftlicher Sicht von besonderer Bedeutung ist, soll auf die damit verbundenen Implikationen eingegangen werden. Bei der Würdigung des Verfahrens sind sowohl betriebswirtschaftliche Aspekte als auch Aspekte, die sich aus dem Haushaltsrecht ergeben, zu berücksichtigen. Die Planung, Bewirtschaftung und Kontrolle der öffentlichen Haushalte ist im starken Maße rechtlichen Normen unterworfen. Im Grundgesetz459 sowie den jeweiligen Landesverfassungen sind grundsätzliche Anforderungen definiert, die insbesondere das Verhältnis der Legislative zur Exekutive betreffen. Die konkreten Grundsätze für das Haushaltsrecht enthält das Haushaltsgrundsätzegesetz460, aus dem die Haushaltsordnungen für den Bund und die Länder abgeleitet sind. Ein wichtiges Prinzip der öffentlichen Haushaltswirtschaft ist die Bindung der Exekutive an den (politischen) Willen der Legislative. Um dies zu erreichen ist im Haushaltsplan festgelegt, wie viele Mittel für definierte Zwecke maximal von der Exekutive verausgabt werden dürfen. Dieses Prinzip wird als Zweckbindung oder sachliche Spezialität bezeichnet. Obwohl die Zweckbindung mit einer Reihe von Problemen verbunden ist und deshalb heute eine Vielzahl von Ausnahmen existiert, ist der Grundsatz der Bindungswirkung des Haushaltes für die Exekutive aufgrund der unveränderten verfassungsrechtlichen Regelungen weiterhin zu beachten. Da im neuen System461 nicht mehr die Ausgaben die Steuerungsgröße für die Verwaltung darstellen, musste die sachliche Spezialität neu definierte werden. Als Ansatzpunkt dafür boten sich die Produkte an, also die Ergebnisse des Ver459 Im Grundgesetz sind die Vorschriften im Abschnitt „Das Finanzwesen“, Art. 104 a – 115, enthalten. 460 Das „Gesetz über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder – Haushaltsgrundsätzege-
setz (HGrG) wurde 1969 im Zuge einer umfassenden Haushaltsreform erlassen und gilt bindend für den Bund und die Länder; für die Kommunen gelten eigene Haushaltsordnungen, die von den jeweiligen Ländern erlassen werden. 461 Die Umstellung auf das neue System war erst nach der 1997 erfolgten Anpassung der HGrG zulässig. Die Ergänzungen ermöglichen alternativ zu dem bestehenden Verfahren ein System der dezentralen Ressourcenverantwortung (§ 6 a HGrG) und eine Buchführung und Bilanzierung nach den Grundsätzen des Handelsgesetzbuches durchzuführen (§ 33 a HGrG).
166
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
waltungshandelns, die im Konzept der Outputsteuerung die Steuerungsgröße darstellen. Die konkrete Regelung sieht vor, dass der Verwaltung im Haushaltsplan vorgegeben wird, wie viele Einheiten sie von den jeweiligen Produkten maximal erstellen darf; eine Überschreitung der Mengen ist auf Ausnahmefälle beschränkt und unterliegt prinzipiell den gleichen Vorschriften wie bisher die überplan- und außerplanmäßigen Ausgaben. Vor diesem Hintergrund ist die Bestimmung der Haushaltsansätze zu würdigen. Es ist vorgesehen, die aus den Kostenwerten und den Produktmengen im Wege der einfachen Divisionskalkulation ermittelten Prozesskostensätze der Planung der Budgetansätze zugrunde zu legen. Zu planen im eigentlichen Sinne sind nur die im Planjahr zu erstellenden Produktmengen. Das Produkt aus (historischem) Prozesskostensatz und (geplanter) Produktmenge ergibt dann den neuen Haushaltsansatz. Die Planungsmethode entspricht dem Vorgehen bei der flexiblen Plankostenrechnung auf Vollkostenbasis; und damit verbunden sind auch die bekannten Probleme dieses Verfahrens. Das grundsätzliche Problem besteht darin, dass durch die Art der Verrechnung fixe Kosten proportionalisiert werden und Abweichungen zwischen geplanten und tatsächlichen Kosten in Folge von Unterschieden zwischen geplanter und tatsächlicher Menge, die als Beschäftigungsabweichung bezeichnet wird, zu erwarten sind. Eine auf der Gegenüberstellung geplanter und tatsächlicher Kosten beruhende Zuweisung von Kostenverantwortung muss damit zu falschen Ergebnissen führen. Ein weiteres schwerwiegendes Problem resultiert aus der Verwendung historischer Prozesskostensätze. Denn diese Prozesskostensätze spiegeln die Situation, insbesondere hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung wider. Ihre Verwendung zu Planungszwecken führt demnach dazu, dass in früheren Perioden vorhandene Unwirtschaftlichkeiten in die neuen Ansätze übertragen werden. Damit sind die Planansätze nicht als Vorgabewerte zu verstehen, denn sie verlangen von den Kostenverantwortlichen keine besonderen Anstrengungen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit.
Anwendung im Bereich der öffentlichen Verwaltung
167
10.3. Würdigung der Prozesskostenrechnung im Verwaltungsbereich Die Umstellung der Planung von der tradierten Methode der Kameralistik, die in der neuern Fachliteratur als ungeeignet angesehen wird, auf eine betriebswirtschaftliche Vorgehensweise ist prinzipiell zu begrüßen. Insbesondere die Vorgabe von Zielen und die Überlegung, welche Produkte zu deren Umsetzung erforderlich sind, dürfte die Rationalität der Planung verbessern. Allerdings, dies hat der vorangehende Abschnitt gezeigt, weist auch das gewählte Verfahren der prozessorientierten Planaufstellung einige grundlegende Mängel auf. Diese sind systemimmanent und nicht durch Verfeinerungen des Verfahrens zu beseitigen. Daher weisen die Planansätze nicht die für Aussagen über die Zukunft typischen Unwägbarkeiten aus, sondern sie sind auch aus kostenrechnerischer Sicht mit Vorsicht zu interpretieren. Eine genauere Einschätzung über die Güte der Planwerte wird erst dann möglich sein, wenn die ersten abgerechneten Haushalte auf Basis der neuen Planungsmethodik vorliegen. Gleichwohl hat die Prozesskostenrechnung auch positive Effekte ausgelöst. Die Beschäftigung mit Prozessen hat außerhalb der Verwendung im Rahmen der Prozesskostenrechnung zu einer intensiven Beschäftigung mit den Prozessen beigetragen. So wurden die bestehenden Prozesse daraufhin überprüft, ob sie überhaupt notwendig zur Aufgabenerfüllung sind. Des Weiteren wurden die Prozessabläufe einer kritischen Überprüfung und Optimierung unterzogen und in einigen Bereichen Standardprozesse definiert, die eine einheitliche und wirtschaftliche Aufgabenwahrnehmung ermöglichen. Insofern dürfte die Prozesskostenrechnung, obwohl sie nicht auf allen Feldern überzeugende Lösungen bietet, insgesamt zu einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit im öffentlichen Bereich beitragen.
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 169
11. Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 11.1. Erkenntniswert praktischer Erfahrungen Seit dem Aufkommen der Prozesskostenrechnung haben viele Unternehmen geprüft, ob dieses neue Verfahren für sie Vorteile im Sinne verbesserter Kosteninformationen bedeutet. Die Erfahrungen, die Unternehmen mit der Prozesskostenrechnung gewonnen haben, sind in zahlreichen Beiträgen dokumentiert. Allerdings eignen sich die meisten Schilderungen nur eingeschränkt dazu, den Beurteilungen seitens der Kostenrechnungstheorie gegenübergestellt zu werden sowie als "Anleitung" für andere Unternehmen zum Aufbau einer Prozesskostenrechnung. Denn die zur Beurteilung notwendigen Angaben zur Auswahl der Einsatzbereiche und zu den dort vorzufindenden Bedingungen, zum Umfang und zur Struktur der zu verrechnenden Kosten und zum konkreten Ergebnis sind in den Schilderungen häufig nicht vollständig dokumentiert. Für ein Projekt, das in einem deutschen Chemieunternehmen462 durchgeführt wurde, sollen die Eignung der Prozesskostenrechnung als Grundlage der Gemeinkostenplanung und -kontrolle überprüft und darauf aufbauend allgemeine Aussagen abgeleitet werden.
11.2. Informationsgrundlage der Anwendung Wie in fast jedem Unternehmen der Industrie weist der Gemeinkostenbereich der Chemie AG ein starkes Wachstum auf, wodurch sich die Probleme mit der bis dahin gebräuchlichen Kostenrechnung verstärkten. Mit Hilfe der vorhandenen Kostenrechnung wurden die Gemeinkosten auf Bereiche und weiter auf Produkte verteilt. Der Informationsgehalt der so gewonnenen Kostendaten wurde aber (zu recht) stark in Frage gestellt. In der auf dem "Kongress Kostenrechnung 1989" als "neues Kostenrechnungssystem" vorgestellten Prozesskostenrechnung sahen die Mitarbeiter einen den Veränderungen der Kostenstruktur angemessenen Lösungsansatz zur Erhöhung 462
Im Folgenden kurz als Chemie AG bezeichnet.
170 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
der Kostentransparenz in den indirekten Bereichen. Das mit der Ausarbeitung eines einsatzfähigen Verfahrens beauftragte Projektteam wertete zur Informationsbeschaffung die zum damaligen Zeitpunkt vorliegende deutschsprachige Literatur aus, die wesentlich von Horvath bestimmt wurde. Somit verwundert es nicht, dass das später realisierte Verfahren in wesentlichen Punkten der von Horvath vorgeschlagenen Konzeption entspricht. Trotz der einseitigen Literaturauswertung – englischsprachige sowie einige deutschsprachige Quellen blieben unberücksichtigt – waren die grundlegenden Prinzipien der Prozesskostenrechnung bekannt, die im Verlauf des Projektes aufgetretenen Schwierigkeiten beruhen somit nicht auf einem Informationsdefizit.
11.3. Zielsetzung Das mit der Prozesskostenrechnung zunächst verfolgte Zielbündel umfasste die – – – – – –
Steigerung der Kostentransparenz im Gemeinkostenbereich, Gemeinkostenplanung, Gemeinkostenkontrolle, Ermittlung der Effizienz von Prozessen, Aufdeckung von Ansatzpunkten für Rationalisierungsmaßnahmen, verursachungsgerechte Kalkulation.
Im Laufe des Projektes erfolgte eine Beschränkung der Zielsetzung auf die Einzelziele – Ermittlung der Prozesskosten mit anschließendem Vergleich konkurrierender Prozessarten und – Aufdeckung von Ansatzpunkten für Rationalisierungsmaßnahmen. Die Begrenzung der Zielsetzung wurde zum einen wegen der beschränkten Kapazität des Projektteams erforderlich. Zum anderen war sie auch die Folge der sich mit fortschreitendem Erkenntnisstand abzeichnenden Probleme, die insbesondere einen Verzicht auf die Weiterverfolgung des Ziels "verursachungsgerechte Kalkulation" nahe legten. Die verbliebenen Ziele charakterisieren die ausgewählte Form der Prozesskostenrechnung als Grundlage der Gemeinkostenplanung und -kontrolle.
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 171
11.4. Auswahl geeigneter Analyseobjekte Der Auswahl der Analyseobjekte lagen andere als die genannten Hauptkriterien "hohe Wiederholungsanzahl" und "Homogenität der Prozesse"463 zugrunde. Zwei Motive determinierten den Auswahlvorgang. Zunächst bestimmte der Wunsch, möglichst schnell bemerkenswerte Ergebnisse vorweisen zu können, die Entscheidung, als ersten Vorgang die "Beschaffung von Reparaturmaterial" zu betrachten. Hier bestand die subjektive Vermutung, dass die Durchführung mit starken Ineffizienzen verbunden sei, die aufgedeckt werden sollten. Darüber hinaus stellte die Einschätzung, ob und wie leicht an die zur Durchführung der Prozesskostenrechnung unerlässlichen Daten zu gelangen war, ein wichtiges Auswahlkriterium dar. Hier sprachen für den genannten Prozess, dass zeitlich parallel eine Gemeinkostenwertanalyse, die auch den Beschaffungsbereich betraf, im Unternehmen durchgeführt wurde, auf deren Ergebnisse zurückgegriffen werden sollte, und die guten persönlichen Kontakte des Leiters der Kostenrechnung mit den Leitern einiger der Kostenstellen, die Leistungen zum Prozess "Beschaffung von Reparaturmaterial" erbrachten. Diese sollten zum Abbau vorhandener Ängste gegenüber neuen Rationalisierungsverfahren und den daraus resultierenden Widerständen sowie zur Durchführung von Vorerhebungen im Rahmen der Aktivitäten- und Prozessanalyse genutzt werden. Somit wurde ein Bereich ausgewählt, der auch in den meisten vom Projektteam herangezogenen Literaturquellen als Beispiel vorgestellt wird. Es spricht einiges für die These, dass gerade dieser Bereich gute Voraussetzungen für den Einsatz der Prozesskostenrechnung bietet. Obwohl also der Auswahlentscheidung nicht die theoretisch zu fordernden Kriterien zugrunde lagen, wiesen die in die Analyse einbezogenen Prozesse des Beschaffungsbereichs sowohl die wünschenswerte hohe Anzahl von Wiederholungen als auch, mit einer Einschränkung, die erforderliche Homogenität auf, wie die im Anschluss durchgeführte Aktivitäten- und Prozessanalyse ergab.
463 Siehe dazu Abschnitt "Abgrenzung des Einsatzbereichs" des Kapitels "Produktkalkulation mit der Prozesskos-
tenrechnung".
172 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
11.5. Aktivitäten- und Prozessanalyse 11.5.1. Aufgaben Der umfangreiche Aufgabenkatalog der Aktivitäten- und Prozessanalyse, dem Kernstück der Prozesskostenrechnung, beinhaltete – die Ermittlung sämtlicher mit dem Vorgang "Beschaffung von Reparaturmaterial" anfallender Aktivitäten über alle betroffenen Kostenstellen, – die Zusammenfassung der Aktivitäten zu größeren Handlungseinheiten (z. B. Teilprozesse), – die Ermittlung aussagekräftiger Maßgrößen der Kostenveranlassung (Kostentreiber), – die Ermittlung der Anzahl der Prozessdurchführungen und – die quantitative Bestimmung der Ressourcenbeanspruchung. 11.5.2.
Analyseschritte
11.5.2.1. Aktivitätenanalyse Aktivitäten stellen die kleinsten, in sich geschlossenen Handlungseinheiten dar, die für den betrachteten Vorgang auf Kostenstellenebene durchgeführt wurden. Um lückenlos alle Aktivitäten zu erfassen, war es zunächst notwendig, die von der Durchführung des Vorgangs betroffenen Kostenstellen zu ermitteln. Hierzu konnten die benötigten Informationen aus vorhandenen Organisationsplänen entnommen werden. Als weitaus schwieriger erwies sich allerdings die Erfassung der in den Kostenstellen für den Vorgang erbrachten Aktivitäten. Das vorhandene Informationsmaterial reichte trotz der kurz zuvor durchgeführten Organisationsuntersuchung nicht aus. Die Ermittlung der Aktivitäten einiger Kostenstellen konnte erst nach Befragung der betreffenden Kostenstellenleiter erfolgen. Allein der Umstand, dass offensichtlich keine Klarheit darüber bestand, welche Aufgaben von einigen Kostenstellen überhaupt wahrgenommen wurden, zeigt mit aller Deutlichkeit die mangelnde Transparenz im analysierten Teil des Verwaltungsbereichs und begründet die Forderung, den Schwerpunkt der Aktivitäten des internen Rechnungswesens auf diesen Bereich zu verlagern. Denn die Unkenntnis der Gegebenheiten im Beschaffungsbereich erlaubte es sicherlich
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 173
nicht, dass die Kostenrechnung ihrer Aufgabe, die tatsächlichen Verhältnisse kostenmäßig zu erfassen und abzubilden, gerecht werden konnte. Schon die erste Grobgliederung der Aktivitäten deutete darauf hin, dass die Wiederholungen des Vorgangs "Beschaffung von Reparaturmaterial" nicht gleichförmig abliefen, also Inhomogenität vorlag. Ursächlich dafür war, dass einem Teil der Bestellungen Rahmenvereinbarungen mit den Lieferanten zugrunde lagen und dann der Vorgang eine andere Zusammensetzung aus Aktivitäten aufwies als im Fall der Bestellungen ohne Rahmenvereinbarungen. Daher wurde der Vorgang in die beiden neuen Vorgänge "Beschaffung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Bestellung)" und "Beschaffung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Rahmenabkommen)" zerlegt, die je für sich betrachtet der Forderung nach (weitgehender) Homogenität entsprachen. 11.5.2.2. Prozesshierarchie und Prozessanalyse Die hierarchische Strukturierung der Aktivitäten erforderte zunächst die Definition einer Prozesshierarchie. Zur Erfassung aller wesentlichen Merkmale der beiden Vorgänge stellte sich eine, wie in Abbildung XXII schematisch dargestellt, vierstufige Untergliederung als angemessen heraus.
174 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
Vorgang
Kostenstellen übergreifend
Hauptprozesse Bildungskriterium: Kostentreiber
Teilprozesse Ermittlung von Kostentreibern
auf Kostenstellenebene
Aktivitäten
Abb. XXII: Prozesshierarchie der Chemie AG
In einem ersten Schritt mussten die Aktivitäten, für die eine Ermittlung von Kostensätzen aufgrund ihrer Vielzahl464 und der geringen Arbeitsinhalte aus Gründen der Kostenwirtschaftlichkeit nicht in Frage kam, zu größeren Handlungseinheiten (Teilprozessen) zusammengefasst werden. Kriterium für die Verkettung sollte die durchführende Kostenstelle sein. Aufgrund ihrer Bedeutung wurde das Arbeitsvolumen der Kostenstellen Einkauf und Magazin in je zwei Teilprozesse gespalten, das der übrigen Kostenstellen jeweils in einem Teilprozess erfasst465. So setzte sich der Vorgang "Beschaffung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Bestellung)" aus sieben Teilprozessen zusammen. Entgegen den in der Literatur geäußerten Befürchtungen traten bei der Bestimmung der Kostentreiber der Teilprozesse keine gravierenden Probleme auf. Beispielsweise konnten für den Vorgang "Beschaffung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Bestellung)" die drei Kostentreiber
464 Der Vorgang "Bestellung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Bestellung)" bestand aus 34 Aktivitäten. 465 Aktivitäten von Kostenstellen, die nur einen sehr geringen Beitrag zur Durchführung des Vorgangs leisteten
(z. B. Hauspost), wurden nicht separat erfasst, sondern den übrigen Kostenstellen zugeordnet.
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 175
– Anzahl der Bestellungen, – Anzahl der Wareneingänge und – Anzahl der Buchungen ermittelt werden, wobei jeder Kostentreiber bei zwei Teilprozessen auftrat. Keine plausible Maßgröße konnte lediglich für den Teilprozess "Betreuung der Lieferanten" gefunden werden, der unabhängig vom Volumen der übrigen Teilprozesse anfiel und daher der gängigen Terminologie folgend als "leistungsmengenunabhängig" zu klassifizieren war. Dem Grundgedanken der Prozessorientierung folgend, bestand der nächste Arbeitsschritt darin, die auf Kostenstellenebene ablaufenden Teilprozesse zu kostenstellenübergreifenden Hauptprozessen zu verdichten. Dazu sollten Teilprozesse mit gleichen Kostentreibern zusammengefasst werden. Diese Art des Vorgehens stellte sicher, dass jeder Hauptprozess nur eine (repräsentative) Kosteneinflussgröße aufwies und daher die bei Vorliegen mehrerer Kosteneinflussgrößen unerlässliche und nur subjektiv mögliche Abschätzung des Einflusses jeder einzelnen Größe auf die Kostenhöhe entfallen konnte. Die Teilprozesse des Vorgangs "Beschaffung von Reparaturmaterial (Abwicklung mit Bestellung)" konnten somit zu drei "leistungsmengenabhängigen" Hauptprozessen und einem "leistungsmengenunabhängigen" Hauptprozess verbunden werden. Als Beispiel ist die Prozesshierarchie des Vorgangs "Beschaffung von Reparaturmaterial (mit Bestellung)" in Abbildung XXIII zusammengefasst.
176 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
Beschaffung von Reparaturmaterial (mit Bestellung) Bestellbearbeitung
Abwicklung Wareneingang
Anzahl Bestellungen
Anzahl Wareneingänge
Bestellungen
Bestellungen
Ware
Wareneingang
auslösen
bearbeiten
einlagern
bearbeiten
Anzahl
Anzahl
Anzahl
Anzahl
Bestellungen
Bestellungen
Wareneingänge
Wareneingänge
Bedarfsfeststellung Pendelkarte bearbeiten Pendelkarte an Einkauf weitergeben
Posteingang Lieferantenauswahl Bestellschreibung Eintragung Bestelldaten Druck Bestellung Weitergabe zur Unterschrift interne Verteilung Rücklauf Auftragsbestätigung Rückgabe Pendelkarte an Magazin Terminüberwachung
Qualitätskontrolle Rücksendung Wareneingangspapiere Einlagerung
Anlieferung Ware Eingabe Liefermenge/ akzeptierte Menge Druck Wareneingangspapiere Weiterleitung Ware Korrektur akzepierte Menge Abzeichung Wareneingangsschein Ablage Wareneingangsschein Eingabe DIM-Menge
Rechnungsabwicklung
Betreuung
Anzahl Rechnungen
kein Kostentreiber
Rechnungen prüfen Anzahl Rechnungen
Zahlungen abwickeln Anzahl Rechnungen
Rechnungseingang maschinelle Bearbeitung Korrektur von Abweichungen Ablage Unterlagen Weiterleitung an Kosten- und
Prüfung Zahlungsziel und Lieferantenskonto Zahlungsfreigabe/ Scheckschreibung Scheckversand an Lieferant Scheckrücklauf
Betreuung kein Kostentreiber Kontrolltätigkeiten Betriebsbuchhaltung
Leistungsrechnung
In kursiver Schrift sind die Kostentreiber angeführt. Die verschiedenen Schriftgrößen repräsentieren die unterschiedlichen Prozessebenen.
Abb XXIII: Ergebnisse der Prozessanalyse des Praxisbeispiels
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 177
11.5.2.3. Quantifizierung Zur Ermittlung von Prozesskostensätzen waren nach Abschluss der Aktivitätenund Prozessanalyse noch die Bestimmung der Anzahl der Wiederholungen der Teilprozesse (Prozessvolumen) und die Ermittlung der Ressourcenbeanspruchung durch die Teilprozesse erforderlich. Der zu diesem Zweck entwickelte Fragebogen sollte aus organisatorischen Gründen ausschließlich von den betroffenen Kostenstellenleitern als "Sachverständigen" beantwortet werden. Um die Bereitschaft zur Mitarbeit sicherzustellen, legte das Projektteam großen Wert auf Verständlichkeit der Fragen und Beschränkung auf unbedingt notwendige Fragenkomplexe. Zur Vereinfachung der Datenerfassung und -verarbeitung wurde ein für alle Kostenstellen gültiges Grundmuster verwendet. Der Fragebogen gliederte sich in zwei Blöcke, wobei der erste zur Ermittlung der Ressourcenbeanspruchung sowie der Prozessvolumina und der zweite zur Erfassung der Durchführungszeiten der Aktivitäten der einzelnen Teilprozesse diente. Der erste Block enthielt allgemeine und spezielle Fragen zum Arbeitsvolumen der jeweiligen Kostenstelle. Das wiederum bei allen Kostenstellen gleichartige Vorgehen verdeutlicht beispielhaft der Fragebogen der Kostenstelle "Rechnungsprüfung". Da das Aufgabengebiet der Kostenstelle nicht nur im Prüfen von Rechnungen bestand, wurde als erstes erfragt, wie viele Mitarbeiter im Durchschnitt mit der Prüfung von Rechnungen beschäftigt sind und wie viel Prozent ihrer Arbeitszeit dabei auf das Prüfen von Rechnungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Reparaturmaterial entfällt. Entsprechend dem obigen Vorgehen, zunächst allgemeine und daran anschließend spezielle Aussagen zum analysierten Vorgang abzufragen, wurden im Rahmen der Bestimmung der Prozessmengen zuerst Angaben zur Anzahl der insgesamt geprüften Rechnungen erbeten, um danach die Anzahl der Rechnungen (Kostentreiber des Teilprozesses "Prüfung der Rechnungen") in Verbindung mit dem Vorgang "Beschaffung von Reparaturmaterial" zu erfragen. Die zur Ermittlung der Prozesskostensätze benötigten Kostendaten wurden aus der bestehenden, nach Kostenarten gegliederten Kostenstellenrechnung entnommen.
178 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
11.5.3. Probleme der Datenermittlung Mit dem vorgestellten Verfahren konnten die zur Ermittlung der Prozesskostensätze benötigten quantitativen Daten nur in unzureichender Qualität ermittelt werden, wobei die nachfolgend genannten Gründe besonders ins Gewicht fielen. – Die Befragung ausschließlich der Kostenstellenleiter lieferte nicht die wie erwartet exakten Angaben. Aufgrund der Vielzahl der von den Kostenstellen (auch für andere Vorgänge) erbrachten Leistungen verfügten die Kostenstellenleiter über keine vollständigen Informationen insbesondere über die Anzahl der Durchführungen der Aktivitäten und mussten daher Schätzungen vornehmen. Genauere Ergebnisse hätten den Einsatz von Befragungen oder Beobachtungen der einzelnen Mitarbeiter verlangt, die jedoch vergleichsweise aufwendig und mit Widerständen der Betroffenen verbunden gewesen wären. – Die Befragung lieferte nur Ergebnisse einer Momentaufnahme. Die von den Kostenstellenleitern angegebenen (Schätz-)Werte wurden wahrscheinlich stark von den zum Zeitpunkt der Befragung vorliegenden Bedingungen geprägt, so dass deren Allgemeingültigkeit zumindest mit Zweifeln verbunden sein musste. Zuverlässigere Informationen hätten längerfristig angelegte Untersuchungen der Kostenstellen erfordert, deren sachgerechte Durchführung in reinen Verwaltungsbereichen aber, wie die konkrete Untersuchung gezeigt hat, nur in den seltensten Fällen möglich sein dürfte. – Das Arbeitsvolumen der Kostenstellen wurde nicht komplett analysiert. Im Zuge der Befragung wurden nur diejenigen Aktivitäten erfasst, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den beiden analysierten Vorgängen standen. Da die Kostenstellen regelmäßig auch Aktivitäten im Rahmen anderer Prozesse durchführten, konnte mit dem beschriebenen Vorgehen nur ein Teil des gesamten Arbeitsvolumens der einbezogenen Kostenstellen erfasst werden. Für die Kostenstellenleiter bestand somit leicht die Möglichkeit, Werte für Durchlaufzeiten und Ressourcenbeanspruchung anzugeben, die geringer als die tatsächlichen Werte waren, um auf diese Weise eine geringere Belastung ihrer Kostenstelle zu erreichen. Denn diese orientiert sich, dem Grundprinzip der Prozesskostenrechung entsprechend, an der Ressourcenbeanspruchung. Eine Verschiebung von Arbeitsvolumina von untersuchten zu nicht untersuchten Vorgängen hätte nur dann verhindert werden können,
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 179
wenn mit Hilfe aufwendigerer Befragungsverfahren das gesamte Arbeitsvolumen der Kostenstellen erfasst worden wäre. – Die Gültigkeit der aus einer anderen Untersuchung übernommenen Daten wurde nicht überprüft. Der an manchen Stellen erfolgte Rückgriff auf Daten einer zeitlich kurz vorher durchgeführten Organisationsuntersuchung beschleunigte den Prozess der Datenbeschaffung erheblich. Die nicht vorgenommene Abstimmung der Untersuchungsziele und -methoden sowie die daraus resultierende nicht immer übereinstimmende Abgrenzung der Untersuchungsobjekte begründeten allerdings Zweifel an der Gültigkeit der ohne weitere Überprüfung übernommenen Daten. – Die Ergebnisse besaßen nicht den Charakter von Vorgabewerten. Bei den erhobenen Prozessmengen und Zeitangaben handelte es sich um IstWerte, die die zum damaligen Zeitpunkt bestehenden Unwirtschaftlichkeiten enthielten. Die Ermittlung von Sollwerten, die sich an einer wirtschaftlichen Durchführung der Prozesse orientiert hätten, unterblieb, so dass eine Überprüfung der Effizienz des Ressourceneinsatzes nicht durchführbar war.
11.6. Bestimmung der Prozesskostensätze 11.6.1. Personalkostensatz Der Bestimmung der Teilprozesskostensätze lag die Ermittlung von nach Personal- und Sachkosten getrennten Minutenkostensätzen zugrunde. In einfacher Weise konnten die Personalkosten durch Division der im Kostenbogen ausgewiesenen Kostenstellen-Personalkosten und der kostenstellenspezifischen Jahresarbeitszeit (in Minuten) errechnet werden. Unterschiedlich hohe Personalkostensätze466 der Kostenstellen lagen darin begründet, dass in den Abteilungen "Einkauf" und "Kunden- und Lieferantenkontokorrent" (KLK) Mitarbeiter mit höherem Qualifikationsniveau und entsprechend höheren Gehältern beschäftigt waren als in den Abteilungen "Wareneingang" und "Magazin".
466 Die Spannweite betrug 36% um den Mittelwert.
180 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
11.6.2. Sachkostensatz Analog zur Verrechnung der Personalkosten wurden die Sachkosten auf die in den jeweiligen Kostenstellen angefallene Arbeitszeit (in Minuten) bezogen, um so den Sachkostensatz zu bestimmen. Die Spannbreite der Sätze war deutlich höher als bei den Personalkostensätzen. Ein Vergleich der Sachkostensätze ergab, dass der höchste Satz das Vierfache des niedrigsten Satzes betrug. Die Unterschiede resultierten aus der ungleichen Kapitalausstattung der Kostenstellen und den verschieden langen Abschreibungszeiträumen. So konnte der hohe Sachkostensatz der Kostenstelle Magazin auf das im Lager gebundene hohe Kapitalvolumen zurückgeführt werden. Unerwartet wies die Abteilung Kunden- und Lieferantenkontokorrent (KLK) den höchsten Sachkostensatz auf, was zum einen in der hohen Kapitalbindung der Datenverarbeitungsanlagen und zum anderen in deren relativ kurzen Nutzungszeiten begründet lag, die zu entsprechend hohen Abschreibungsbeträgen führten. Noch entscheidender als die relativ große Spannweite der Sachkostensätze war der hohe Anteil der Sachkosten an den Gesamtkosten. Das Verhältnis von Personal- und Sachkostensätzen in den einzelnen Kostenstellen zeigte, wie in Abbildung XXIV dargestellt, dass die Sachkosten im konkreten Fall keineswegs eine untergeordnete Bedeutung besaßen. Daraus resultierte eine Reihe von Problemen, die den Aussagewert der ermittelten Prozesskostensätze betreffen467.
467 Siehe dazu Abschnitt "Probleme des speziellen Verfahrens".
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 181
Kostenstelle
Verhältnis Personal-/Sachkostensatz
Einkauf
2,1
Wareneingang
2,2
Magazin
1,0
Rechnungsprüfung
2,6
KLK
0,7
Abb. XXIV: Verhältnis Personal- zu Sachkosten
Nur in den Kostenstellen Einkauf, Wareneingang und Rechnungsprüfung dominierten die Personalkosten, die Kostenstelle Kunden- und Lieferantenkontokorrent zeichnete sich sogar durch einen Überhang der Sach- über die Personalkosten aus. Für den gesamten betrachteten Bereich betrug das Verhältnis 1,8 und dokumentierte somit den so nicht erwarteten Sachkostenanteil an den Gesamtkosten. Daher konnte dem von Horvath und Mayer als Vereinfachung vorgeschlagenen Verfahren, bei Dominanz der Personalkosten ausschließlich diese genau zu planen468, im konkreten Fall nicht gefolgt werden. 11.6.3. Prozesskostensätze Zur Ermittlung der Teilprozesskostensätze waren folgende Rechenschritte durchzuführen. Zunächst erfolgte die Addition der Durchführungszeiten aller den jeweiligen Teilprozess bildenden Aktivitäten zur Bearbeitungszeit des Teilprozesses. Die Summe der Produkte aus Bearbeitungszeit und Personalkostensatz beziehungsweise Sachkostensatz ergab dann den jeweiligen Teilprozesskostensatz.
468 Vgl. Horvath, P., und Mayer, R., Prozesskostenrechnung ..., a.a.O., S. 217.
182 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
Um die Kostensätze der nächsten Prozesshierarchie, der Hauptprozesse, zu erhalten, mussten nur die Kostensätze der zugehörigen Teilprozesse addiert werden. Analog ermittelte sich der Kostensatz für den kompletten Vorgang durch Addition der entsprechenden Hauptprozesskostensätze. Die Rechenschritte sind in Abbildung XXV zusammengefasst:
j ∑ Bearbeitungszeit Aktivität i i=1
Bearbeitungszeit Teilprozess k
*
Teilprozess k
Personalkostenkostensatz k
Kostensatz =
+ Bearbeitungszeit Teilprozess k
Bearbeitungszeit =
Teilprozess k
Sachkostensatz k
l ∑ Kostensatz Teilprozess k k=1
=
Kostensatz
m ∑ Kostensatz Hauptprozess n n=1
=
Hauptprozess n Kostensatz Vorgang
Abb. XXV: Ermittlung der Prozesskostensätze Wie das oben beschriebene Verfahren zeigt, erfolgte die Ermittlung der Prozesskostensätze, ohne dass Prozessmengen berücksichtigt wurden, und somit ausschließlich auf der Grundlage der Bearbeitungszeiten. Dieser Umstand, der auch dem Projektteam zunächst nicht bewusst war, verdeutlicht eindrucksvoll, dass
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 183
im Verwaltungsbereich der Zeit als Leistungs- und Kostenveranlassungsmaßstab überragende Bedeutung zukommt. Auf Prozessmengen in Form geplanter Werte (Planprozessmengen) hätte dagegen nicht verzichtet werden können, wenn die Prozesskostenrechnung als zukunftsbezogene Planungsrechnung zur Ermittlung von Gemeinkostenbudgets herangezogen worden wäre. Deren Ermittlung erfolgt, wie bereits im Rahmen der Darstellung der Prozesskostenrechnung als Instrument der Gemeinkostenplanung und -kontrolle gezeigt, durch Multiplikation des Prozesskostensatzes mit der Planprozessmenge. 11.6.4. PC-Umsetzung Die Einfachheit der Berechnung erlaubte die weitgehend problemlose und schnelle Umsetzung auf der Basis einer gebräuchlichen TabellenkalkulationsSoftware in ein PC-lauffähiges Programm. Das Leistungsspektrum des eigen entwickelten Programms unterschied sich nur unwesentlich von den heute auf dem Markt speziell zur Umsetzung der Prozesskostenrechnung angebotenen Programmen. Veränderte Daten von Kostenwerten und Bearbeitungszeiten hätten ohne großen Aufwand berücksichtigt werden können. Lediglich die Aufnahme zusätzlicher Aktivitäten oder die Streichung von Aktivitäten sowie die Änderung der Zusammensetzung von Teil- und Hauptprozessen hätten größere Programmänderungen hervorgerufen. Hier liegen die Vorteile der käuflichen Software, die komfortablere und weniger aufwendige Verfahren zur Programmanpassung anbietet. Beschränkt sich die Anwendung der Prozesskostenrechnung, wie im vorliegenden Fall, auf abgegrenzte Bereiche, deren Prozessstruktur relativ stabil ist, kann i. d. R. auf den Kauf von speziell zur Umsetzung der Prozesskostenrechnung entwickelter Software verzichtet werden. Die ohne großen Aufwand zu entwickelnden unternehmensinternen Programme weisen den nicht zu unterschätzenden Vorteil auf, die unternehmensindividuellen Verhältnisse genauer berücksichtigen zu können, als dies mit käuflicher Software möglich ist.
184 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
11.7. Probleme des speziellen Verfahrens Die im Rahmen des Aufbaus einer Prozesskostenrechnung für den Bereich "Beschaffung von Reparaturmaterial" aufgetretenen Probleme lassen sich in solche spalten, die bei entsprechender Anpassung zu beseitigen wären, und solche, die grundsätzlicher Natur sind. Zur ersten Gruppe zählen ungenaue Ergebnisse, die die Folge der Methode zur Bestimmung der in den Kostenstellen angefallenen Arbeitszeiten waren. Zurückzuführen war dies einmal darauf, dass der Ermittlung nicht die effektive jährliche Arbeitszeit, sondern die eines ausgewählten Monats, die auf das Jahr hochgerechnet wurde, zugrunde lag. Zum anderen wurde versäumt, die Fehlzeiten von der rechnerisch ermittelten Jahresarbeitszeit abzuziehen mit der Konsequenz, dass die Prozesskostensätze im Vergleich zur tatsächlichen Ressourcenbeanspruchung als zu niedrig ausgewiesen wurden469. Von grundsätzlicher Bedeutung ist dagegen die Art und Weise der Einbeziehung der Sachkosten. Schon bei der Bestimmung der Höhe der Kosten, die mit Hilfe der Prozesskostenrechnung verrechnet werden sollten, traten erste Schwierigkeiten auf. Beispielsweise argumentierte die Abteilung Kunden- und Lieferantenkontokorrent nicht zu unrecht über eine zu hohe anteilige Belastung mit Kosten der zentralen Datenverarbeitungsanlage. Denn als Basis der Verrechnung wurden die gesamten Sachkosten der Abteilung Datenverarbeitung herangezogen, obwohl die kostenintensivsten Anlagen überhaupt nicht von der Abteilung Kunden- und Lieferantenkontokorrent genutzt wurden. Die Abteilung hätte somit bei Realisation der vorgesehenen Verrechnungsmethode die für andere Abteilungen aufgebauten und genutzten Kapazitäten subventioniert. Zur Vermeidung dieser Verzerrungen hätte eine für jede Anlage differenzierte Verrechnung vorgenommen werden müssen, die jedoch in keinem vertretbaren Verhältnis zum erwarteten Nutzen gestanden hätte. Der Ermittlung der Sachkosten-Minutensätze lagen die gleichen Zeiten wie der Bestimmung der Personalkosten-Minutensätze zugrunde, womit implizit angenommen wurde, die jeweiligen Teilprozesse nutzten die sachlichen Ressourcen im gleichen Umfang und in gleicher Intensität wie die personellen.
469 Der Prozesskostensatz steigt bei Verringerung der Arbeitszeit überproportional, z. B. steigt der Satz um 25%
an, wenn die Arbeitszeit lediglich um 20% verringert wird.
Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels 185
Diese Annahme war nicht das Ergebnis von Beobachtungen, sondern es handelte sich vielmehr um eine Notlösung, auf die zurückgegriffen werden musste, da einerseits keine Daten zur Ressourcenbeanspruchung ermittelt worden waren, andererseits aber die Sachkosten in nachvollziehbarer Form auf die Teilprozesse verteilt werden sollten. Das Projektteam erwog angesichts der Probleme, die mit der Einbeziehung der Sachkosten verbunden waren, deren Ausklammerung bei der Bestimmung der Prozesskostensätze. Da aber bei Nichtberücksichtigung der Sachkosten die Höhe der Prozesskostensätze auf ca. 2/3 der ursprünglichen Werte gesunken wäre und so nicht mehr die beabsichtigte Aufmerksamkeit beim Management sicher gewesen wäre, wurde an der Einbeziehung der Sachkosten festgehalten. Zudem wäre gegen das Grundprinzip jeder Vollkostenrechnung, alle Kosten auf Kostenträger zu verrechnen, verstoßen worden. Das zentrale Problem der gewählten Verrechnungsmethode lag darin, einen plausiblen Zusammenhang zwischen den Sachkosten und der Anzahl der Prozessdurchführungen herzustellen. Auch wenn die Betrachtung auf längerfristige Beziehungen beschränkt wurde, blieb der Zusammenhang zwischen dem Prozessvolumen auf der einen Seite und den Sachkosten auf der anderen Seite weitaus fragwürdiger als der entsprechende Zusammenhang bei den Personalkosten. Bei der Betrachtung der Beziehungen zwischen Prozessvolumen und Personalkostenhöhe kann realistischer Weise davon ausgegangen werden, dass als Folge einer dauerhaften Reduktion der Prozessmengen auch Personalkosten abgebaut werden können, sofern ein genügend großes Arbeitsvolumen entfällt und keine vertraglichen Vereinbarungen dem Personalabbau entgegenstehen. Dagegen ist eine (merkliche) Senkung der Sachkosten unwahrscheinlich. So könnten im Zuge eines Personalabbaus bspw. auch die ausschließlich von den Mitarbeitern genutzten PC abgebaut werden, wodurch aber i. d. R. keine nennenswerte Sachkostensenkung möglich sein dürfte, da es sich hierbei nicht um die sachkostenintensiven Anlagen, wie bspw. das Rechenzentrum, handelt, die zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs auch bei geringerem Prozessvolumen unverzichtbar sind. Die mit Hilfe der Prozesskostenrechnung gewonnenen Kosteninformationen sind vor diesem Hintergrund umso fraglicher, je höher der Sachkostenanteil ist und die Sachkosten in die Prozesskostensätze einfließen. Den tatsächlichen Be-
186 Anwendung der Prozesskostenrechnung anhand eines Praxisbeispiels
dingungen besser entsprechende Ergebnisse wären zu erwarten, wenn Sachkosten- und Personalkostensätze getrennt ausgewiesen würden, wobei die Sachkosten als "prozessmengenfixe Kosten" und die Personalkosten im Sinne einer längerfristigen Betrachtung als "prozessmengenvariable Kosten" anzusehen wären. Im vorgestellten Fall begründeten die mit der Ermittlung von Prozesskostensätzen verbundenen Probleme sowie die fragwürdige Aussagekraft der prozessorientierten Kosteninformationen die Zweifel an der Anwendbarkeit der Prozesskostenrechnung in reinen Verwaltungsbereichen und führten zu der Entscheidung, die Prozesskostenrechnung als Kostenrechnungsinstrument nicht mehr weiter zu verfolgen.
Gesamtwürdigung der Prozesskostenrechnung
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12. Gesamtwürdigung der Prozesskostenrechnung Nachdem die Prozesskostenrechnung mittlerweile über 20 Jahre in Deutschland bekannt ist, ist nicht nur eine Beurteilung aus theoretischer, sondern auch aus betrieblicher Sicht möglich. Viele Unternehmen haben aufgrund der “Versprechungen” der Prozesskostenrechnung, angesichts der heutigen Kostenstrukturen die besseren Informationen geben zu können, Projekte gestartet, um von den Vorteilen dieses “neuen” Kostenrechnungssystems zu profitieren. Die dabei gewonnenen Erfahrungen sind stark vom Einsatzzweck der Prozesskostenrechnung abhängig. Unternehmen, die die Prozesskostenrechnung zur Verbesserung ihrer Produktkalkulation verwenden wollten, sind in der Regel von der Leistungsfähigkeit der Prozesskostenrechnung enttäuscht worden. Denn neue Erkenntnisse konnte die Prozesskostenrechnung nicht liefern. Mit ihrer an (leistungsmengenunabhängigen) Bezugsgrößen orientierten Kostenverrechnung zeigt sie sich als eine weit weniger fundierte Variante der bekannten Grenzplankostenrechnung nach dem Vorbild Kilgers. Diesem Original ist sie aus Sicht der Theorie der Kostenrechnung unterlegen, da sie keine Unterscheidung der Kosten nach zeitlicher Beeinflussbarkeit vornimmt. Der Hinweis der Prozesskostenrechner, langfristig seinen alle Kosten variabel, zeigt, dass die Prozesskostenrechnung über einfache Erklärungsansätze der Kostenentstehung nicht hinwegkommt. Zudem stellte sich in vielen Unternehmen heraus, dass sie, ohne es so zu nennen, bereits Kosten prozessorientiert verrechneten, wobei sich die betrieblichen Lösungen häufig durch eine größere kostenrechnerische Fundierung auszeichneten als die in der Literatur dargestellten Beispiele. Für diese Unternehmen war die Prozesskostenrechnung eine Bestätigung, dass sie schon seit längerer Zeit nach “modernen” Grundsätzen Kosten verrechneten. Lediglich Unternehmen, die noch nach der ursprünglichen Form der Vollkostenrechnung vorgingen oder die überhaupt noch keine Kostenrechnung im eigentlichen Sinne einsetzten, wie z. B. öffentliche Dienststellen470, konnten von der Prozesskostenrechnung im Vergleich zur Ausgangssituation profitieren.471 470 So zum Beispiel die Bundeswehr, deren Rechnungswesen noch stark kameralistisch geprägt ist. Vgl. Wolf-
ram, J., und Dunkel, T., Prozessorientierte Kosten- und Leistungsverrechnung für die Bundeswehr, in: Kostenrechnungspraxis, 41. Jg. (1997), H. 2, S. 101-106. 471 Siehe vorheriges Kapitel.
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Allerdings wäre auch diesen Unternehmen die Einführung der Grenzplankostenrechnung anzuraten, da sie wesentliche Schwachpunkte der Prozesskostenrechnung nicht aufweist. Deutlich positiver fällt dagegen das Urteil über die Prozesskostenrechnung aus, wird sie zum Management der Gemeinkosten verwendet, ohne den fraglichen zweiten Schritt der Weiterverrechnung auf Produkte anzuschließen. Als positiv werden die verbesserte Transparenz der Leistungsströme im Unternehmen sowie die mittelfristig von der Neustrukturierung der Vorgänge ausgehenden Kostenreduktionen gewertet. Analysiert man die Berichte über positive Wirkungen der Prozesskostenrechnung genauer, fällt auf, dass es eigentlich nicht um das Element Kostenrechnung geht. Vielmehr sind alle positiven Wirkungen auf an Prozessen orientierte Tätigkeitsanalysen zurückzuführen472. Dieses Instrument ist allerdings keine Entwicklung, die von der Prozesskostenrechnung ausging. Wenn somit nicht die Prozesskostenrechnung als Kostenrechnungssystem für diese positiven Wirkungen verantwortlich ist, ist es dennoch ihr Verdienst, der prozessorientierten Tätigkeits- und Leistungsanalyse das Gewicht zu verleihen hat, das ihr im Rahmen der Optimierung der betrieblichen Entscheidungen zukommt.
472 Vgl. Männel, W., Prozessorientiertes Ressourcencontrolling, in: Kostenrechnungspraxis, 41. Jg. (1997), H. 2,
S. 115.
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Index
203
Index Administrative Wertanalyse 131 Ziele der 141 Aktivitätenanalyse 142,145,172 Definition 50 Funktion der 50 Allokationseffekt 115,117 Bereich, fertigungsferner 95,133 Bereich, indirekter 26,45,64,95,105,118,124,134,170 Beschäftigungsabweichung 166 Bestelldispositionen 33 Bezugsgröße 47,134 Bezugsgröße, Prozessorientierte 73,75,76 Bezugsgröße, verwaltungsspezifische 136 Bezugsgröße, volumenabhängige 74 Budgetierung, leistungsmengenvariabel 137 Budgetvorgabe 85 CIM 66 cost driver 63,129 als Kostenursache 63 Degressionseffekt 115,118,120 Dienstleistung 35 Faktor, gemeinkostentreibender 19 Fertigungssysteme, flexible 22 Fixkosten 78,138 Bedeutung der 98 Berücksichtigung der 38 Einbeziehung der 98 Fixkostendeckungsrechnung 27,120,138 Gemeinkostenbudget(s) 136 Festlegung des 137
Gemeinkostenmanagement(s) Prozessorientierung der Verfahren des 142 Verfahren des 61 Gemeinkostenschlüsselung 71,73,110,115,117 Gemeinkosten-Wertanalyse 91,131 Prozessorientierung der 143 Ziele der 139 Gliederungstiefe Vorgabe der 58 Grenzplankostenrechnung 27,87,138 Handlung Komplexität der 52 Handlung, homogene 56,96 Handlungsebenen 49,51 Haushaltsausgleich 154 Hierarchiestufen Bildung von 51,53 Inputsteuerung 156 JIT-Konzeption 23,36 Kalkulation, prozessanaloge 95,100,103,105 Beurteilung der 129 Ergebnisse der 117,119 Kalkulation, Prozessorientierte 123 Kalkulation, Prozessspezifische 100 Kalkulation, strategische 81,97 Kameralistik 151,167 Kameralistik, Mängel der 155 Käufermärkte 28 Komplexität 26,55,121,126 als Kostentreiber 122 des Produktionsprogramms 74 Verringerung der 127
204
Index
Komplexitätseffekt 115 Kosten, komplexitätsabhängige 122,125,128 Kosten, leistungsmengeninduzierte 95,163 Kosten, leistungsmengenunabhängige 96 Kosten, produktionsvolumenabhängige 110 Kosten, sprungfixe 78 Kosten, variantenabhängige 108,110,112 Kosten, volumenabhängige 108,111 Kosten, volumenunabhängige 31 Kostenantriebskräfte 63 Kosteneinflussgröße, volumenunabhängige 121 Kostenplanungsverfahren, analytische 135 Kostenplanungsverfahren, statische 135 Kostenrechnungssystem(s) Zweck des 43 Kostenremanenz 81 Kostenstruktur 24 Einflussfaktor der 26 Kostentreiber 57,63,174 als Bezugsgröße 64 als Kostenbestimmungsfaktor 63 als Maßstab der Kostenveranlassung 76 Anzahl 70 Instrument zur Leistungsbeurteilung 67 Instrument zur Verhaltensbeeinflussung 66,71 zur Planung und Kontrolle von Gemeinkosten 134
Kostenzurechnungsobjekte der Prozesskostenrechnung 44 traditionelle 44 Kundenbedürfnisse 34 Lebenszykluskosten 98 Leistungsentsprechungsprinzip 129 Nachfrage, innerbetriebliche(n) Gegenstand der 59 non-value activities 51,74,143 Nutz- und Leerkostenanalyse 148 Objekt(e) Homogenität der 59 Objekt(s) Merkmale des 56,57 Objekte Unterschiedlichkeit der 56 Organisationsplan 60 Outputsteuerung 156 Personalkostensatz 179 Plankosten 45 Planung, Engpassbezogene 87 Preisuntergrenze, langfristige 98 process owner 145 Produktdefinition 158 Produkte(n), Standardisierung von 160 Produktionsprogramm(s) Anpassung des 127 Planung des 44 Produktionsprogramm, heterogenes 102 Produktkomplexität 27,74 Produktkosten 159,162 Produktlebenszyklus 38,98 Prozessanalyse 127,142,145,173 Bedeutung der 48 Definition 47
Index
Prozesse(n) 24 als Kostenzurechnungsobjekt 47 Verbesserung von 37,46 Prozesse, homogene 65 Prozesse, innovative 134 Prozesse, repetitive 89,126 Prozesskostenrechnung als Instrument der Organisationsanpassung 144 als Instrument des Gemeinkostenmanagements 66,132,169,170 als Kalkulationsinstrument 66,102,113 als Lieferant von Kosteninformationen 142,144 als Rationalisierungsinstrument 62,170 Aufbau der 62,69 Einsatzbereiche der 89,90 Kalkulationsfunktion der 93 Kostenwirtschaftlichkeit der 88,102,120 Theorie der 18,19 zugängliches Kostenvolumen der 93 Prozesskostensatz(es) 85,104,165,166 Bestimmung des 106,177,182 Prozessmenge 71,72,78,182 als Vorgabe 146 Bestimmung aus dem Absatzprogramm 87 Bestimmung aus dem Produktionsvolumen 86 Bestimmung der 85 Funktionen der 83 Planung der 136
205
Schätzung der 89,90 sukzessive Planung der 88 Prozessmengen Planung der 137 Prozessorientierung 61 Prozessverantwortlicher 145 Prozessvolumen 72,76,80 Qualität Bedeutung der 36 Kosten der 37 Ressource(n) Beanspruchung der 55,57,121,124,136,149 Verbrauch von 65,151,161 Sachkostensatz 180 Schuldenaufnahme, Begrenzung der 154 Service -Kosten 35 -Leistung 35,39 Spezialität, sachliche 165 standards of performance 87 Stellenbeschreibung 60 Technischer Fortschritt 126 Technologien, neue 22 Teilkostenrechnung Aussagefähigkeit der 21 total quality control 24,37 Transaktionen als Ursache der Gemeinkosten 15 value activities 51 Varianten Anzahl der 40,73 Variantenkalkulation 77,108,113 Verkäufermärkte 28 Vermögen(s), Erhalt des 153 Verwaltungsbereich 45,74 Einsatzgebiet der Prozesskostenrechnung 133
206
Verwaltungsgemeinkosten 135 Planung und Kontrolle der 134 Vielfalt 28,42 als Kosteneinflussgröße 31 der Produkte 74 der Teile 32,74 der Varianten 30,108 Kosten der 31 Vielfaltsformen 29 Vollkostenrechnung, traditionelle(n) Divisionskalkulation der 108 Grundprinzip der 95 Versagen der 17,21,26,42,137 Wettbewerb(s) -Druck 40 Globalisierung des 39 -Vorteil 38
Index
Wettbewerbsfähigkeit 36 Zero-Base Budgeting 132 Prozessorientierung des 142 Ziele des 140 Ziele, politische 157 Ziel-Mittel-Ansatz 157 Zuschalgskalkulation, traditionelle 103 Zuschlagsatz, Prozessorientierter 101 Zuschlagskalkulation, Prozessorientierte 101 Zuschlagskalkulation, traditionelle 101,103
Schriftenreihe Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Band
1 Gerhard Kobel: Die Interdependenz zwischen Wirtschaft und Technik. Eine sozialökonomische Analyse. Ludwigsburg 1991.
Band
2 Roland Raff: Informationstechnologien und Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Ludwigsburg 1991.
Band
3 Markus Jirikovsky: Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Indien. Ludwigsburg 1991.
Band
4 Françoise Dorison: Produktbezogener technischer Fortschritt. Darstellung und Messung. Ludwigsburg 1992.
Band
5 Armin Müller: Informationsbeschaffung in Entscheidungssituationen. Ludwigsburg 1992.
Band
6 Dorothea Kalleicher: Ausgewählte Instrumente zur Reduktion von KFZ-Abgasemissionen. Ludwigsburg 1992.
Band
7 Dietmar Bönke: Computer Integrated Manufacturing – Gestaltungsmöglichkeiten und Strategien. Ludwigsburg 1992.
Band
8 Hans Kluvich: EG-Binnenmarkt – Kooperation und Konkurrenz. Ludwigsburg 1992.
Band
9 Iven Graf von Reventlow: Neue Wege der Bonitätsprüfung – Das Kreditgespräch als Instrument zur Beurteilung der Unternehmerpersönlichkeit. Ludwigsburg 1992.
Band
10 Hans-Martin Beyer: Das Vorsorgeprinzip in der Umweltpolitik. Ludwigsburg 1992.
Band
11 Reinhard Hauke: Kriminalität im Management von Banken. Erscheinungsformen und Ursachen wirtschaftskrimineller Handlungen und Verhaltensweisen von Leitungspersonal im Bankwesen. Ludwigsburg 1992.
Band
12 Eberhard Seidel / Philipp Pott (Hrsg.): Ökologieorientierte Forschung in der Betriebswirtschaftslehre. Ludwigsburg 1993.
Band
13 Markus Kerber: Verteidigung, Wirtschaft und internationaler Status. Ludwigsburg 1993.
Band
14 Christiane Hinzmann: Neukonzeption staatlicher Rechnungslegung. Ludwigsburg 1993.
Band
15 Monique Rüdell: Konsumentenbeobachtung am Point of Sale. Ludwigsburg 1993.
Band
16 Walter Reinhardt: Controlling von F & E-Projekten. Ludwigsburg 1993.
Band
17 Wolfgang Merz: Volkswirtschaftliche Planspiele im Hochschulunterricht. Ludwigsburg 1993.
Band
18 Günter Reuhl: Forschung und Entwicklung zwischen Politik und Markt. Ludwigsburg 1994.
Band
19 Karl-Georg Thomas: Die mittelständische Unternehmung im Entwicklungsprozeß. Ludwigsburg 1994.
Band
20 Susanne Parlasca: Kartelle im Profisport. Ludwigsburg 1993.
Band
21 Bernd Eggen: Familie der Gesellschaft. Kontinuität im Wandel. Ludwigsburg 1994.
Band
22 Stephan Braun: Die Prozesskostenrechnung. Ein fortschrittliches Kostenrechnungssystem? Sternenfels, 4. Aufl., 2007.
Band
23 Karsten Füser: Untersuchung der Prognosequalität eines synergetischen Kapitalmarktmodells. Ludwigsburg 1994.
Band
24 Wolfgang Bader: Neues Menschenbild für die Ökonomie. Ludwigsburg 1994.
Band
25 Monika Bosold: Ökologisch orientierte Preisbildung in öffentlichen Unternehmen. Ludwigsburg 1994.
Band
26 Udo Neugebauer: Unternehmensethik in der Betriebswirtschaftslehre, 2., überarb. Aufl., Sternenfels 1998.
Band
27 Dietrich Emmert: Planung von Investitionsprogrammen. Ludwigsburg 1994.
Band
28 Matthias F. Lachmann: Entscheidungsunterstützung mit OR-Methoden. Ludwigsburg 1995.
Band
29 Thomas Quiehl: Wissenschaftsstädte. Ein neues Instrument zur Innovationsförderung? Ludwigsburg 1995.
Band
30 Michael Pförtner: Das Nordamerikanische Freihandelsabkommen. Eine realwirtschaftliche Analyse. Ludwigsburg 1995.
Band
31 Dunja Grettenberger: Umweltschutz und Umweltbewußtsein. Ansatzpunkte einer effizienten Umweltpolitik. Sternenfels 1996.
Band
32 Stephan W. Schusser: Eurostrategische Unternehmensführung. Eine situativ-integrative Analyse. Sternenfels 1996.
Band
33 Peter Steiner: Messung und Bewertung öffentlicher Leistungen – Der Krankenhausoutput. Sternenfels 1997.
Band
34 Jochen H. Brinkmann: Betrieblicher Innovationsprozeß und Innovationserfolg am Beispiel medizinisch-technischer Hilfsmittel. Sternenfels 1997.
Band
35 Lars Dieterle: Künstliche neuronale Netze in der Finanzprognose. Security Selection basiert auf Parameterschätzungen künstlicher neuronaler Netze. Sternenfels 1999.
Band
36 Manfred Klier: Die Zukunft der Arbeit. Informationstechnologien – Arbeitsorganisation – Weiterbildung. Sternenfels 1999.
Band
37 Hans-Ulrich Vollmer: Umweltqualität und Wohnungsmarkt. Ein Verfahren zur Ermittlung von Nachfrageelastizitäten auf der Grundlage der „Neuen Nachfragetheorie“. Sternenfels 1999.
Band
38 Ansgar Peiß: Nachhaltige Entwicklung und Internationalisierung in der Energiewirtschaft. Sternenfels 1999.
Band
39 Andrea Lauterbach: Revision im Informationsmanagement. Sternenfels 1999.
Band
40 Michael Schulz: Aktienmarketing. Eine empirische Erhebung zu den Informationsbedürfnissen deutscher institutioneller Investoren und Analysten. Sternenfels 1999.
Band
41 Silvio Andrae: Geld im tropischen Regenwald. Sternenfels 2000.
Band
42 Michael Bernecker: Bildungsmarketing. Ein dienstleistungsorientierter Ansatz für kommerzielle Bildungsanbieter unter besonderer Berücksichtigung strategischer Aspekte. Sternenfels 2001.
Band
43 Folke Axel Rauscher: Hybrider Prognoseansatz zur Wechselkursanalyse. Kombinationsmöglichkeiten von multivariater Kointegration, Neuronalen Netzen und Multi-Task Learning. Sternenfels 2001.
Band
44 Martin Erhardt: Nachfolge im Familienunternehmen. Eine steuerliche Analyse. Sternenfels 2001.
Band
45 Korbinian Dominic Ibel: Bankenkrisen und Liquiditätsrisiko. Sternenfels 2001.
Band
46 Claus Lucke: Investitionsprojekte mit mehreren Realoptionen. Bewertung und Analyse Sternenfels 2003.
Band
47 Ulf Ausprung: Der technische Wandel im evolutorischen Paradigma. Sternenfels 2003.