Die Numerusmarkierung des Substantivs im gesprochenen Französisch 9783111328300, 3484520639, 9783484520639


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German Pages 115 [116] Year 1976

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INHALT
Vorbemerkung
1. Einleitung
2. Textanalyse
3. Zusammenfassung und Ausblick
4. Anhang
5. Benutzte Literatur
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Die Numerusmarkierung des Substantivs im gesprochenen Französisch
 9783111328300, 3484520639, 9783484520639

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BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE PHILOLOGIE B E G R Ü N D E T VON GUSTAV G R Ö B E R F O R T G E F Ü H R T VON WALTHER VON WARTBURG H E R A U S G E G E B E N VON K U R T B A L D I N G E R

Band 158

J Ü R G E N ESCHMANN

Die Numerusmarkierung des Substantivs im gesprochenen Französisch

MAX N I E M E Y E R VERLAG T Ü B I N G E N 1976

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Eschmann , Jürgen Die Numerusmarkierung des Substantivs im gesprochenen Französisch. - 1. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1976. (Zeitschrift für romanische Philologie : Beih. ; Bd. 158) ISBN 3-484-52063-9

D 29 ISBN 3-484-52063-9 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany Satz: Rothfuchs Dettenhausen Einband: Heinr. Koch, Tübingen

INHALT

VORBEMERKUNG

VII

1. 1.1. 1.2 1.2.1. 1.2.2. 1.2.2.1. 1.2.2.2. 1.2.2.3. 1.2.2.4. 1.2.2.5.

EINLEITUNG Die Kategorie N u m e r u s im heutigen Französisch Die Darstellung der Numerusmarkierung im français In Grammatiken Einzeldarstellungen zum T h e m a E. Tanase G. Moignet J. Dubois Q.I.M. Mok M. Csécsy

1 1 5 5 9 10 12 13 18 21

2. 2.1 2.1.1. 2.1.2. 2.1.3. 2.1.4. 2.2. 2.2.1.

TEXTANALYSE Arbeitsmethode Grundsätzliche Fragen Die Zusammensetzung des Korpus Die Methode der Untersuchung Einschränkung von Fehlerquellen Ergebnisse der Textaus Wertung In der gesprochenen Sprache morphologisch differenzierte Substantive Morphologisch differenzierte Adjektive Artikelwörter Verwendung Das Verhältnis von Substantiv und Artikelwort Bindung V o r k o m m e n der Bindung Die Bindung als alleinige Numerusmarkierung Verbum Personalpronomen als Subjekt Sonstige f o r m a l bzw. syntaktisch eindeutige Substantive Die Anzahl der Markierungen Einfache Numerusmarierung Zweifache Numerusmarkierung Drei- und mehrfache Numerusmarkierung . . . . Substantive o h n e Numerusmarkierung Überblick Substantive mit nicht-eindeutigen Artikelwörtern Substantive nach Quantitätsangaben

2.2.2. 2.2.3. 2.2.3.1. 2.2.3.2. 2.2.4. 2.2.4.1. 2.2.4.2. 2.2.5. 2.2.6. 2.2.7. 2.2.8. 2.2.8.1. 2.2.8.2. 2.2.8.3. 2.2.9. 2.2.9.1. 2.2.9.2. 2.2.9.3.

parlé

23 23 23 26 32 48 49 49 52 53 53 55 56 57 60 61 63 63 64 64 65 66 67 67 68 69 V

2.2.9.4.

Substantive in festen Ausdrücken, Wortzusammensetzungen, Kennzeichnungen 2.2.10. Weitere Substantive ohne Numerusmarkierung 2.2.10.1. Überblick 2.2.10.2. Substantive nach Pausen und in Appositionen 2.2.10.3. Substantive nach au, aux 2.2.10.4. Substantive nach leur, leurs 2.2.10.5. Substantiv + Präposition + Substantiv 2.2.10.6. Verbum + de + Substantiv 2.2.10.7. De + Adjektiv + Substantiv 2.2.10.8. Wochentage 2.2.10.9. Vous und OK 2.2.10.10Marler + Substantiv, au point de vue + Substantiv 2.2.10.1 l.Sans + Substantiv, avec + Substantiv 2.2.10.12.Bezug auf ein anderes Wort 2.2.10.13.Übrige Fälle 2.2.11. Zwei oder drei Numeri? 2.2.12. Exkurs: Der Numerus in der geschriebenen Sprache 2.2.13. Wozu "gehört" der Numerus? 2.2.14. Singular und Plural in aufeinanderfolgenden Substantiven

70 73 73 74 75 76 77 78 78 79 79 79 79 80 80 81 84 85 86

3. 3.1. 3.2.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK Zusammenfassung der Ergebnisse Ausblick

88 88 90

4. 4.1. 4.2.

ANHANG Schreibkonventionen und Kurzbeschreibung der Programme Tabellen

92 92 96

5.

BENUTZTE LITERATUR

VI

104

Vorbemerkung

Die vorliegende Arbeit versucht, ausgehend von einer distributioneilen Analyse, das Problem des Numerus vom Hörer her zu untersuchen. Die Untersuchung beruht in erster Linie auf der Analyse eines Textkorpus. Herrn Professor H. Kuen, meinem Lehrer, und Herrn Professor A. Stefenelli, seinem Nachfolger, danke ich für ihre Anregungen und Hilfestellungen. Weiterhin gilt mein Dank allen, die mir bei der Benutzung der Rechenanlage behilflich waren, vor allem dem Personal des Rechenzentrums der Universität Erlangen-Nürnberg, und nicht zuletzt den Informanten, ohne deren Unterstützung die Untersuchung nicht möglich gewesen wäre.

VII

1.

Einleitung

1.1.

Die Kategorie des Numerus im heutigen Französisch

Jensen weist darauf hin, daß der Numerus bisher nur selten zum Gegenstand allgemeiner vergleichender Untersuchungen gemacht worden ist 1 . Auch für das Französische gibt es nur wenige Untersuchungen über den Numerus des Substantivs, die zudem in einigen Punkten zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Bereits die Definition der Kategorie Numerus ist nicht einheitlich. Meist wird davon ausgegangen, daß im heutigen Französisch zwei Numeri zu unterscheiden sind, nämlich Singular und Plural. So schreibt z.B. Grevisse: Il y a en français deux nombres : le singulier et le pluriel. Un nom est au singulier quand il désigne un seul être ou objet o u un seul ensemble d'êtres ou d'objets : Une plume, une bande (de voleurs). Il est au pluriel quand il désigne plusieurs êtres ou objets ou plusieurs ensembles d'êtres ou d'objets : Des plumes, des bandes (de voleurs) .

Moignet sieht in der Unterscheidung Singular / Plural eine «discrimination fondamentale de l'un et du multiple» 3 . Dubois nimmt ebenfalls zwei Numeri an, ohne daß sie in ihrer Bedeutung näher festgelegt werden 4 . Es ist jedoch anzunehmen, daß er einen ähnlichen Ausgangspunkt hat wie z. B. Grevisse und Moignet. Eine binäre Unterscheidung der Numeri von ganz anderer Art wird von Damourette und Pichon eingeführt 5 . Diese Autoren sehen in dem, was traditionell mit Numerus bezeichnet wird, eine Differenzierung nach continu und discontinu:

1 2 3 4

H. Jensen, Die sprachliche Kategorie des Numerus (1952). M. Grevisse, Le Bon Usage (1964), 215. G. Moignet, Le problème du nombre, français ( 1 9 6 4 - 6 5 ) , 4 6 3 . J. Dubois, Grammaire structurale du français, N o m et pronom (1965), 1 7 . - Gleiches gilt für J. Dubois, F. Dubois-Charlier, Eléments de linguistique française: syntaxe (1970), 67; vgl. jedoch unten. 5 J. Damourette, E. Pichon, Des Mots à la Pensée, I (1968).

1

Le répaititoire en vertu duquel chaque substantif français a deux formes, dont l'une est pourvue d'un [(z)] final, est le répartitoire de blocalité : quand le français dit du mouton comme quand il dit un mouton, quand il dit du pain comme quand il dit un pain, le français considère des substances sans aucune brisure [ . . . ] : c'est la phase continue. Des moutons, trois pains, sont la phase discontinue 6 .

Sten diskutiert die verschiedenen Auffassungen über die Kategorien Singular und Plural und kommt zu dem Ergebnis, daß der Numerus sowohl die Einzahl und die Mehrzahl als auch continu und discontinu unterscheiden kann 7 . In einem Diagramm stellt er seine Auffassung anschaulich dar:

A: discontinu - continu B: grande quantité - petite quantité 8 .

Einige Autoren gehen dagegen nicht von einer binären Opposition Singular / Plural im Französischen aus. Dubois / Dubois-Charlier nehmen zwar prinzipiell eine Opposition Singular / Plural an, halten es gegebenenfalls aber für sinnvoll, im Französischen auch von der Kategorie Dual zu sprechen 9 . Sie vertreten dabei die Meinung, der Dual sei eine Unterkategorie des Plurals. Eine Erläuterung, wann man nach ihrer Ansicht von einem duel und wann man von einem plural sprechen könne, fehlt leider. Vielleicht haben Dubois / Dubois-Charlier eine ähnliche Differenzierung im Auge wie Togeby, der zwischen singulier, pluriel und collectif unterscheidet. Er kann allerdings für diese dreifache Unterscheidung nur drei Beispiele angeben, nämlich: singulier oeil pluriel ceiis collectif yeux

ciel ciels deux

aïeul aïeuls aïeux10.

6 Damourette / Pichon, Des Mots à la Pensée, I, 349. Erläuterungen zu den Termini: répartitoire : système de classement grammatical concernant le nombre, le genre, la voix de personne etc. phase : division intravocabulaire dans une classification grammaticale. (Nach: Damourette / Pichon, Des Mots à la Pensée, Compléments, Glossaire (1971), s.v. répartitoire, phase.) 7 H. Sten, Le nombre grammatical (1949), 4 7 - 5 9 . 8 Sten, Le nombre grammatical, 57. 9 Dubois / Dubois-Charlier, Eléments, 67. 10 K. Togeby, Structure immanente de la langue française (1965), 134.

2

In allen anderen Fällen gilt jedoch auch bei Togeby eine binäre Opposition Singular / Plural. Wir können diese Einteilung von Togeby außer acht lassen, da sie sich einmal nur auf ganz wenige Fälle beschränkt und zum anderen zu fragen wäre, ob die Formen nicht auch innerhalb einer Zweieropposition zu erklären wären, wenn andere Faktoren, wie z.B. Alter der Sprecher, soziale Schicht, Sprechsituation, lexikalische Differenzierungen, herangezogen werden. Mok 11 weist nach, daß Togebys Auffassung nicht in allen Fällen aufrechterhalten werden kann. Eine Opposition anderer Art als die zwei vorgenannten scheint neuerdings mehr in den Mittelpunkt der Diskussion zu treten, nämlich die Differenzierung zwischen Singular, Plural und einem dritten indifferenten Numerus. Die Grammaire Larousse du français contemporain schreibt einerseits: La notion de nombre grammatical est constituée en français par l'opposition du SINGULIER et du PLURIEL. Les substantifs sont au singulier quand la substance (être ou objet) qu'ils désignent est considérée comme constituant, au moment où l'on parle, une seule unité. Ils sont au pluriel quand cette substance constitue, lors de leur emploi, au moins deux unités [ . . . ] 1 2 .

Andererseits heißt es dort auch: On peut envisager la quantité d'une substance non plus du point de vue du nombre, mais du point de vue de la masse : on oppose alors un boeuf ou des boeufs, qui marquent tous le nombre, à du bœuf, qui marque la masse. Cette opposition est réalisée au moyen de l'article 1 3 .

Hier wird masse als eine Art Numerus eingeführt. Diese Kategorie wird aber nicht mehr näher erläutert. Deutlicher wird Bonnard in der Grammaire française des lycées et collèges. Er spricht davon, daß das Substantiv ohne nombre réel auftreten kann, z. B. in Aimez-vous la viande de ciieval ? oder Un fer à cheval14 Während die bisher genannten Autoren vom Französischen ganz allgemein sprechen, gehen die nachfolgenden Autoren auch speziell auf die gesprochene Sprache ein und kommen dadurch zu teilweise anderen Ergebnissen. Bally be-' klagt, daß das geschriebene Französisch bei jedem Substantiv eine Entscheidung für Singular oder Plural fordere, was häufig nicht der Sprachwirklichkeit entspreche 1 5 . Der Franzose habe bei manchen Wendungen das Empfinden für Singular und Plural verloren. Zwanenburg bezieht sich auf Bally und führt dessen Überlegungen weiter. Er schreibt: 11 Q . I . M . Mok, Contribution à l'étude des catégories morphologiques du genre et du nombre dans le français parlé actuel ( 1 9 6 8 ) , 1 1 2 - 1 1 5 . 12 J. Chevalier et al., Grammaire Larousse du français contemporain (1964), 170. 13 J. Chevalier et al., Grammaire Larousse, 170. 14 H. Bonnard, Grammaire française des lycées et collèges (1968), 58. 15 Ch. Bally, Linguistique générale et linguistique française (1965), 256.

3

Quels nombres faut-il distinguer? Comme nous l'avons vu, nous croyons distinguer pour les substantifs, à côté du singulier et du pluriel, une troisième possibilité, l'indifférence à l'égard du nombre 16 .

Eine ähnliche Auffassung finden wir bei Csécsy. Sie schreibt: «[...] singulier et pluriel se définissent l'un et l'autre par opposition à l'état zéro qui est le nom sans déterminant aucun» 17 . Aus dieser Behauptung und aus dem Kontext geht jedoch nicht ganz eindeutig hervor, wie der état zéro genau definiert ist und welche Beziehung er zu Singular und Plural hat. Die Position von Mok ist dagegen eindeutig. Er spricht von einer «indifférenciation en nombre de la très grande majorité des substantifs [...] sémantique aussi bien que formelle» in der gesprochenen Sprache 18 . Wenn ein déterminatif vorhanden ist, gibt es durch seine Form der "Gruppe", und nicht dem Substantiv, den "semantischen Wert" Singular oder Plural19. (Zur "Gruppe", s. u. Kap. 1.2.2.4.). Wir sehen, wie vielfältig die Meinungen und die Definitionen der Kategorie Numerus im Französischen sind. Manche Neuansätze wurden versucht, keiner kann bisher voll befriedigen. Wir werden uns deshalb in unserer Arbeit an der traditionellen Einteilung der Numeri in Singular und Plural orientieren, so wie sie von Grevisse gegeben und oben zitiert wurde. Die Probleme und Schwierigkeiten, die sich bei dieser binären Einteilung ergeben, sollen dabei jedoch keineswegs übersehen werden. (Vgl. unten bes. Kap. 2.2.11.) Beim Hören von gesprochenem Französisch können wir den Numerus eines Substantivs oft nicht mit Hilfe von formalen Kriterien bestimmen, daher sind wir gezwungen, uns in Zweifelsfällen nach dem Urteil kompetenter Sprecher/ Hörer zu richten. Es bleibt dabei unser Ziel, nach Hinweisen zu suchen, die uns Auskunft über den Numerus des Substantivs geben, auch wenn sie auf den ersten Blick nicht deutlich zu erkennen sind. In welchem Maße das heutige gesprochene Französisch (zur Definition siehe unter Kap. 2.1.1.) solche Hinweise enthält und welcher Art sie sind, wird im folgenden untersucht werden. Dabei sollen uns weniger die unterschiedlichen "Bedeutungen" interessieren, die man den Numeri zuschreiben möchte, vielmehr steht die Kategorie Numerus unter ihrem morphologischen und syntaktischen Aspekt im Mittelpunkt unseres Interesses.

16 M.W. Zwanenburg, Genre et nombre grammaticaux dans les substantifs en français moderne (1966), 667. 17 M. Csécsy, Les marques orales du nombre (1968), 44; Nachdruck (1971), 95. 18 Mok, Contribution, 127. 19 Mok, Contribution, 1 3 2 - 1 3 3 .

4

1.2.

Die Darstellung Gier Numerusmarkierung im français parlé

1.2.1.

In

Grammatiken

Die Mehrzahl der Grammatiken sieht in der Numerusmarkierung des französischen Substantivs allenfalls ein graphisches Problem, sie beschränken sich also auf das geschriebene Französisch. Vergleichen wir dazu eine ältere Grammatik: Geschieden ist in der französischen Sprache zunächst noch die Zahlform oder der N u m e r u s . Die Mehrzahl unterscheidet sich im Allgemeinen von der Einzahl durch ein flexivisches s (oder x). Dieser Flexionsbuchstabe, welcher im Altfranzösischen auch dem Nomin. Sing, der Maskulina zukommt, erklärt sich weder aus dem Keltischen 20 noch aus dem Althochdeutschen .

und eine moderne Grammatik, die im Untertitel die Angabe trägt «langue parlée, langue écrite» : REGLE GENERALE : le pluriel des noms communs se marque, en général, dans l'écriture, par l'addition d'un s final : un livre, (des) livres. On ne prononce pas cet s, sauf dans les cas de «liaison», où il a la valeur d'un Z [.. .

Es erstaunt, daß eine vom Ansatz her so moderne Darstellung des Französischen wie die generativ-transformationelle Syntax von Dubois und DuboisCharlier im Grunde kaum von dem traditionellen Schema abweicht. Dort heißt es: La règle d'accord consistera, une fois réécrit No par sing ou plur, à procéder à une transformation affixale [ . . . ] L'affixe pluriel est de la forme s qui, en combinaison avec le morphème le, donne les, cheval donne chevaux, tout donne tous, ce donne ces, autre donne autres. L'affixe singulier est de la forme 0 [ . . . ] 2 2 .

20 E. Mätzner, Französische Grammatik mit besonderer Berücksichtigung des Lateinischen (1877), 99. 21 G. Mauger, Grammaire pratique du français d'aujourd'hui (1968), 20. Ähnliches finden wir z. B.auch bei: G. Lücking, Französische Grammatik (1883), 41. - E. Borel, Grammaire française à l'usage des Allemands (1888), 78. - L. Clédat, Grammaire raisonnée de la langue française (1896), 100. - P. Plattner, Lehrbuch der französischen Sprache, Grammatik (1948), 1 0 6 . - R. Schiedermair, H. Zettner, Französisches Unterrichtswerk für höhere Lehranstalten, Schulgrammatik (1951), 5 7 - 5 8 . - B. Kreuzberg, A. Scheffbuch, Français Moderne IV: Grammaire de la langue française (1958), 101. - R. Mülhause, Grundprobleme der französischen Grammatik (1966), 130. - I. LeilandLonguet, La langue parlée (1969), 3 1 6 - 3 1 7 . - J. Dubois, R. Lagane, La nouvelle grammaire du français (1973), 5 1 - 5 6 . (In der letztgenannten Grammatik hat sich kaum etwas von Dubois' Untersuchungen zu diesem Punkt in der Grammaire structurale du français, Nom et pronom, s.u. Kap. 1.2.2.3., niedergeschlagen.) 22 Dubois / Dubois-Charlier, Eléments, 6 7 - 6 8 .

5

Es fehlt ein Hinweis darauf, wie der Hörer von der Oberflächenstruktur der Sprechsprache, die eine regelmäßige Affigierung nicht kennt, auf die Tiefenstruktur schließen soll. Er wäre umso nötiger, als sich die GT-Grammatik ja nicht einseitig als Sprechergrammatik verstehen will 23 . Einige, vor allem neuere, Grammatiken beschränken sich nicht darauf, lediglich das Französische in seiner geschriebenen Form darzustellen, sondern sie gehen auch auf das gesprochene Französisch ein, wobei die Probleme der geschriebenen Sprache jedoch weiterhin im Vordergrund bleiben. Die Unterschiede in der Breite der Darstellung und im Inhalt sind erheblich. Einige Beispiele sollen die verschiedenen Standpunkte illustrieren. Mehrere Grammatiken orientieren sich bei ihrer Beschreibung des gesprochenen Französisch offenbar an der schriftlichen Form des Französischen und gehen davon aus, daß sich Singular und Plural in der gesprochenen Sprache durch die Endungen "Null" und /z/ unterscheiden, wobei jedoch eingeräumt wird, daß das /z/ im allgemeinen nicht gesprochen wird. Am ausführlichsten und nachdrücklichsten wird diese Meinung vertreten von Damourette / Pichon: Il y a d'abord un cas général, qui englobe la très grande majorité des noms et au regard de qui les divers cas particuliers que nous aurons à étudier sont numériquement insignifiants. La loi de ce cas général est la suivante: Le pluriel se forme en ajoutant un [(z)] à la muance préconsonantique du singulier. Ex. Enfant, [à: fà:] devant consonne, pluriel [â: fâ: (z)] enfants. loi, [lwà] devant consonne, pluriel [lwà(z)] lois. croix, [krwâ:] devant consonne, pluriel [krwâ(z)] croix. croc, [kro:] devant consonne, pluriel [krô(z)] crocs24

Das /z/ zeigt sich in der gesprochenen Sprache also nur in der Bindung. Wir werden später jedoch sehen, daß im heutigen gesprochenen Französisch die Bindung nach dem Substantiv in keiner Weise als «cas général» der Pluralmarkierung bezeichnet werden kann, daß gerade dieser Fall «numériquement insignifiant» ist. (Vgl. unten Kap. 2.2.4.1.) Auch andere Autoren geben ein in der Bindung gesprochenes /z/ als Pluralzeichen an, so Mauger 25 , Togeby 2 6 , der von einem «-s latent» spricht, und Moignet, der erläutert:

23 Vgl. z.B. N. Chomsky, Aspekte der Syntaxtheorie (1970): «Um ein hartnäckiges Mißverständnis auszuschalten, lohnt es die Mühe, zu wiederholen, daß eine generative Grammatik kein Sprechermodell und kein Hörermodell ist.» (S. 20) 24 Damourette /' Pichon, Des Mots à la Pensée, I, 324. Muances : suites phonétiques différentes sous l'aspect desquelles peut se présenter un même mot. (Nach: Damourette / Pichon, Des Mots à la Pensée, Compléments, Glossaire, s.v. muances.) 25 Mauger, Grammaire pratique, 20. 26 Togeby, Structure, 135.

6

Un morphème inaudible dans la parole n'en reste pas moins un morphème existant en pensée : il suffit que sa réalisation soit possible, si rare soit-elle effectivement. [ . . . ] D'autre part, la forme écrite du langage a pris une telle importance dans une langue de haute civilisation comme le français, et dans la pensée d'un peuple à qui la graphie de la langue a été enseignée avant toute autre chose, que les morphèmes graphiques du pluriel, -s, -x, -nt s'intègrent plus ou moins, selon les individus, à l'image mentale des mots, et sont donc psychiquement présents même s'ils ne correspondent à rien de réalisé dans la parole 2 . Zu klären bliebe dann natürlich die Frage, w i e ein Hörer wissen soll, o b er, n a c h M o i g n e t , an das S u b s t a n t i v ein ( e v e n t u e l l latentes) -s b z w . -x anhängen soll, das i h m A u s k u n f t über d e n N u m e r u s g e b e n k ö n n t e . (Sie wäre allenfalls dann z u b e a n t w o r t e n , w e n n m a n v o n e i n e m S p r e c h e r m o d e l l der G r a m m a t i k ausgeht u n d b e i m Hörer v o n einer A n a l y s e durch S y n t h e s e . D i e s e Möglichk e i t w o l l e n wir hier n i c h t b e h a n d e l n . ) A u ß e r d e m ist die graphische N u m e r u s markierung a u c h n i c h t ganz so p r o b l e m l o s , w i e es auf den ersten Blick s c h e i n e n mag. ( S i e h e u n t e n , Kap. 2 . 2 . 1 2 . ) . P o t t i e r sieht d e n Plural im g e s p r o c h e n e n F r a n z ö s i s c h durch ein diskontinuierliches M o r p h e m markiert: C'est le contexte (article, indéfinis, possessifs, démonstratifs) qui détermine l'emploi des monèmes -s, -x, zéro, etc . . . On lit souvent à ce sujet que le pluriel français se forme au moyen d'un élément préfixé : chat Les chats Le (la - sa) : (le - sa) Cette solution simpliste est fausse. Il s'agit au moins d'un morphème discontinu : la - (sing) / le [z] [z] (plur.) car on dit, ou on peut dire : (la-sa a m â z e ) / (le sa-z-5 mâze) (1-âfâ a zwe) / (le-z-âfâ- (z) -5-zwe) (Le chat a mangé ; l'enfant a joué). En outre, le fait qu'on peut "préfixer" en français un nombre très élevé d'éléments (I'infinitude des nombres, et les variables des catégories énumérées ci-dessus) permet mal une assimilation aux procédés des langues négro-africaines. Le polymorphisme du préfixe et surtout la liaison empêchent de parler de pluriel préfixé 2 8 . W e n n P o t t i e r die N ä h e d e s F r a n z ö s i s c h e n z u afrikanischen N e g e r s p r a c h e n 2 9

u. a.

m i t d e m H i n w e i s auf die B i n d u n g a b l e h n e n will, s o wäre das nur gerechtfertigt, w e n n er vorher die R o l l e der B i n d u n g im F r a n z ö s i s c h e n geprüft hätte. Eine

27 Moignet, Le problème, 464. 28 B. Pottier, Systématique des éléments de relation (1962), 1 0 3 - 1 0 4 . (Offensichtliche Druckfehler in der phonetischen Umschrift des Zitats wurden korrigiert.) 29 Offenbar sind damit die Bantusprachen gemeint. Vgl. dazu z.B. H. Wendt, Sprachen (1961), bes. 2 1 - 2 2 . - Jensen, Die sprachliche Kategorie, 1 4 - 1 5 . - J. Lyons, Einführung in die moderne Linguistik (1971), bes. 2 8 8 - 2 8 9 . Ausführlicher wird der Vergleich mit den Bantusprachen behandelt in U. Maas, Le genre et le nombre en français (1971), 1 8 7 - 1 8 8 . 7

Überprüfung (siehe unten Kap. 2.2.4.) ergibt jedoch, daß man wegen der Seltenheit von Bindungen am Wortende dieses diskontinuierliche Morphem nicht oft beobachten kann. Auf der anderen Seite werden wir sehen (siehe unten Kap. 2.2.3.), daß wir eine kleine Klasse von "vorangestellten Elementen" vorfinden, die in erster Linie den Numerus anzeigen. Von echten Präfixen kann jedoch nicht gesprochen werden, da die "vorangestellten Elemente"mit dem Substantiv nicht fest verbunden sind. Älmlich wie später Dubois und Mok nimmt auch Pottier an, daß das Substantiv selbst keinen Numerus hat. Der Kontext gibt den Numerus an. Pottier betrachtet jedoch nicht die Fälle, in denen der Kontext keinen Aufschluß über den Numerus gibt. Das Problem scheint von seinem Ansatz her für ihn weniger interessant zu sein. Die meisten Autoren sind der Meinung, daß dem Substantiv vorausgehende Morpheme den Numerus des Substantivs bestimmen. Dabei sind die Abgreit zung der Morpheme und die Terminologie nicht einheitlich. Das einfachste System stellt uns Rheinfelder vor: Die Unterscheidungen zwischen Singular und Plural werden jetzt durch Präfixe vorgenommen, die wir - einstweilen noch - Artikel nennen 30 .

Gougenheim 31 und Sauvageot 32 sprechen von uéterminatifs. Er schreibt:

Ebenso Grevisse.

Pour l'oreille, la véritable marque du pluriel des noms est, non pas dans la terminaison, mais dans l'article ou dans les mots déterminatifs : Un livre, des livres. Ce tableau, ces tableaux3*.

Häufig finden wir die Bezeichnungen prédéterminants34 und déterminants. Martinet sagt zum Numerus des Substantivs in der gesprochenen Sprache: «II s'exprime en priorité par des modifications formelles apportées aux déterminants du substantif [.. ,]» 3S . Auch die Grammatik von Cayrou, Laurent und Lods 36 spricht von den déterminants, die im allgemeinen den Numerus bestimmen.

30 H. Rheinfelder, Altfranzösische Grammatik, II (1967), 5 - 6 . 31 G. Gougenheim, Système grammatical de la langue française (1938), 5 7 - 5 8 . 32 A. Sauvageot, Français écrit, français parlé (1962), 73, 76. - A. Sauvageot, Analyse du français parlé (1972), 75, 76. 33 Grevisse, Le Bon Usage, 216. 34 Vgl. z.B. H. Mitterand, Observations sur les prédéterminants du nom (1963), 1 2 6 134. - J.-C. Chevalier, Eléments pour une description du groupe nominal (1966), 241-253. 35 A. Martinet, Eléments de linguistique générale (1964), 164. 36 G. Cayrou, P. Laurent, J. Lods, Le Français d'aujourd'hui, Grammaire du bon usage (1948), 63.

8

Brunot und Bruneau geben an: «C'est donc l article, ou tout autre motoutil placé devant le nom, qui constitue la véritable marque du pluriel» 37 . Sie geben jedoch keine ausdrückliche Erklärung dessen, was sie unter motsoutils verstehen. Aus den Beispielen, die sie anführen, läßt sich erkennen, daß sie offenbar die Artikel, die Possessivpronomen und die Demonstrativpronomen (jeweils in adjektivischer Form) dazu zählen. Demgegenüber werden in der Grammatik von Klein und Strohmeyer nur Artikel und Possessivpronomen erwähnt 3 8 . Weniger terminologische Schwierigkeiten als sachliche Unterschiede stellt man bei der Frage fest, welche Relevanz die Bindung für unser Problem hat. Wie wir oben gesehen haben, messen einige Autoren der Bindung mit /z/ am Ende des Substantivs eine große Bedeutung bei. Dies tun neben den oben genannten Autoren auch Grevisse39 und Cayrou et al. 40 . Gougenheim 41 , Brunot/ Bruneau 42 und Klein/Strohmeyer 43 sehen vor allem eine Relevanz der Bindung am Anfang von Substantiven, die vokalisch anlauten. Sauvageot steht der Numerusmarkierung durcn die Bindung zurückhaltender gegenüber. Während er in Français écrit, français parlé noch schreibt, «le recours à la «liaison» peut rendre de précieux services» 44 , schränkt er diese Aussage in Analyse du français parlé ein, indem er sagt: On a cru voir dans le -z- de liaison une marque de pluriel, mais c'est une pure illusion puisque -z- s'entend dans beaucoup d'autres combinaisons où il ne «marque» nullement le pluriel : il est très habile (trezabil) [.. .] 4 S .

Sauvageot denkt dabei vor allem an die Bindung mit /z/ am Anfang des Substantivs.

1.2.2.

Einzeldarstellungen

zum

Thema

Abgesehen von den bisher erwähnten, im allgemeinen recht kurzen, Bemerkungen zum Problem des Numerus im gesprochenen Französisch gibt es noch ei37 F. Brunot, Ch. Bruneau, Précis de grammaire historique de la langue française (1961), 195. 38 H.W. Klein, F. Strohmeyer, Etudes Françaises, Französische Sprachlehre, 105. Es handelt sich zwar um eine Schulgrammatik, der Herausgeber erhebt im Vorwort aber den Anspruch, «der heute in der Wissenschaft gültigen deskriptiven Methode» zu folgen und «die gute Umgangssprache von heute» einzubeziehen (S. 2). 39 Grevisse, Le Bon Usage, 215. 40 Cayrou et al., Grammaire Larousse, 63. 41 Gougenheim, Système grammatical, 39. 42 Brunot / Bruneau, Précis, 195. 43 Klein / Strohmeyer, Französische Sprachlehre, 158. 44 Sauvageot, Français écrit, 75. 45 Sauvageot, Analyse, 76.

9

nige umfangreichere Untersuchungen, die sich mit dem Thema befassen 46 . Im folgenden wird hauptsächlich nur das grundsätzliche Vorgehen der einzelnen Autoren kritisch beleuchtet. Die Kritik an Einzelpunkten kann erst im zweiten Teil der Untersuchung geschehen, wenn unsere eigene Position aufgezeigt ist und die Ergebnisse der Textauswertung vorliegen. Soweit Rezensionen nicht aufgeführt sind, sind keine vorhanden, oder es waren bis zum Abschluß des Manuskripts keine zugänglich.

1.2.2.1.

E. Tanase, Les moyens d'expression de l'idée de pluriel dans les noms, dans le français parlé (195 7 - 5 8 ) 4 7 .

Nach einigen historischen Bemerkungen und einem Blick auf die zeitgenössischen Grammatiken gibt Tanase eine umfangreiche Beschreibung der Möglichkeiten, die das Französische hat, den Plural in der gesprochenen Sprache auszudrücken. Ausgangspunkt seiner Untersuchung sind folgende Texte: V. Hugo, Quatre-vingt-treize, Stendhal, Le rouge et le noir, Lesage, Le diable boiteux, A. de Musset, Lorenzaccio, S. Prudhomme, Poésies 1866-1872 4 ®.

Aus diesen Werken nimmt er Beispielsätze, die er auf den Ausdruck des Plurals in der gesprochenen Sprache untersucht. Ein Blick auf die Zusammenfassung am Ende seines Aufsatzes gibt uns am schnellsten einen Einblick in seine Methode und die wichtigsten Ergebnisse:

46 Nicht besprochen werden hier: M. W. Zwanenburg, Genre et nombre grammaticaux dans les substantifs en français moderne (1966). Zwanenburg untersucht vor allem die Frage, welche Bedeutungen die Numeri haben können, nicht ihre Morphologie und Syntax. L. Warnant, Esquisse pour un chapitre d'une grammaire structurale du wallon : le nombre (1969). Einerseits handelt es sich um einen Dialekt, das Thema fällt also nicht mehr in den Rahmen der Untersuchung, andererseits bringt der Aufsatz methodisch nichts Neues, da er sich ganz eng an das Vorgehen von Dubois (vgl. unten Kap. 1.2.2.3.) anlehnt. Bis zum Abschluß des Manuskripts war nicht zugänglich: N. Furukawa, La nombre grammatical en français contemporain parlé. Thèse Univ. Paris IV, dép. 1972/73. L. Söll, Gesprochenes und geschriebenes Französisch (1974) erschien erst nach Abschluß des Manuskripts und konnte in den Text nicht mehr eingearbeitet werden. 47 E. Tanase, Les moyens d'expression de l'idée de pluriel dans les noms, dans le français parlé, RLaR 72 ( 1 9 5 7 - 5 8 ) , 2 9 7 - 3 2 9 . 48 Vgl. Tanase, Les moyens, 302, Fußn. 1.

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1) Les mots-outils qui indiquent le pluriel du nom sont en général les articles. Etant donné leur grande précision, tant au point de vue du genre que du nombre, ils déterminent sans ambiguïté le nombre du nom qu'ils précèdent, - seuls les articles contractés y faisant parfois exception. 2) A côte* des articles, une place importante est celle des adjectifs déterminatifs : possessifs et démonstratifs qui, eux aussi, comportent une grande précision dans la détermination du nombre de leur déterminé. Les adjectifs relatifs et les indéfinis et même les adverbes de quantité ont besoin eux les premiers d'être déterminés pour qu'on puisse connaître leur nombre. 3) Les verbes, malgré leur précision, rendent peu de service en cette matière: c'est qu'en général avant le verbe c'est déjà quelque déterminant qui marque le nombre du nom. C'est seulement lorsque le nom apparaît sans déterminant, ou avec des déterminants qui eux non plus ne peuvent dire le nombre du nom, que le verbe peut y apporter la précision désirée, et encore, seulement par certains de ses temps. 4) A côté des noms qui ont l'article ou un adjectif déterminatif, il y a aussi un bon nombre de cas où le nom apparaît sans aucun déterminant. Le nombre du nom est alors marqué par le sens de l'expression dont il fait partie, par le sens de la phrase ou, en dernière analyse, il ressort du contexte tout entier. 5) En ce qui concerne la proportion entre les divers déterminants du nom, on vient de le voir, l'article occupe la première place, avec une bonne moitié des cas ; les divers adjectifs déterminantifs y sont pour un quart des cas, l'autre quart revenant aux noms sans déterminant aucun 49 . (Zu Punkt 1 vgl. unten Kapitel 2.2.3., " " 2 " " " 2.2.3., 2.2.9.2., 2.2.9.3., " " 3 " " " 2.2.5., " " 4 " " " 2.2.9., 2.2.10., " " 5 " " " 2.2.3., 2.2.8.) Tanases Stellung zur Bindung als Numeruszeichen ist nicht einheitlich. Einerseits schreibt er, daß die Bindung eher dazu diene, den Hiat zu vermeiden als den Plural anzuzeigen: Aussi croyons-nous que, puisque les noms français n'ont pas tenu en général à garder leur -s pour marquer le pluriel, les liaisons ont de leur côté le rôle d'empêcher l'hiatus dont le français a horreur - plutôt que de noter ledit pluriel 50 . Dabei bezieht sich seine Aussage anscheinend nicht nur auf die Bindung am Ende des Substantivs, wie man an einer anderen Stelle seines Aufsatzes erkennen kann 5 1 . Andererseits mißt er unter bestimmten Umständen der Bindung eine entscheidende Bedeutung für die Numerusmarkierung bei:

49 Tañase, Les moyens, 327-328. 50 Tañase, Les moyens, 299, Fufin. 1. 51 Tañase, Les moyens, 302.

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Ce n'est que devant les noms commençant par une voyelle que les relatifs quels et quelles peuvent marquer le nombre du nom, du fait de la liaison de l's final avec la voyelle qui suit [.. .J 52 .

(Zur Bindung vgl. unten Kap. 2.2.4.). Abgesehen von manchen Einzelpunkten seiner Untersuchung, die einer Korrektur oder zumindest einer Ergänzung bedürften, berechtigt Tanases Vorgehen zu grundsätzlicher Kritik. Seine Bestandsaufnahme ist im Vergleich zu dem, was vorher über das Thema geschrieben worden ist, sehr ausführlich und umfangreich. Seine Untersuchung setzt sich zwar zum Ziel, die gesprochene Sprache zu untersuchen, nimmt als Ausgangspunkt aber geschriebene Texte, die ausnahmslos nicht dem 20. Jahrhundert angehören. Um beispielsweise über die Bindung und ihre Relevanz in den angegebenen Texten überhaupt Aussagen machen zu können, wären umfangreiche Voruntersuchungen nötig. Ein Hinweis auf diese Untersuchungen fehlt aber in dem genannten Aufsatz. Vermutlich hat der Autor die eigene Aussprache fremder Texte behandelt. Der Autor stützt sich auf ausgewählte Beispiele, sagt aber nicht, nach welchen Kriterien er diese ausgewählt hat. Völlig ungeklärt ist in seiner Untersuchung auch prinzipiell das Verhältnis zwischen gesprochener und geschriebener Sprache und auch zwischen Umgangssprache und Literatursprache. (Zu dieser Problematik, vgl. unten Kap. 2.1.1.) Diese Differenzierungen wären umso nötiger gewesen, als auch Poesie als Grundlage fur die Untersuchung genommen wurde. Es wäre interessant, neben den Prozentzahlen seiner kleinen Statistik zumindest noch die Auswahlkriterien für die Stichprobe zu finden, damit man sich ein Bild davon machen kann, auf welchen Grundlagen seine Statistik aufbaut. Unter den gegebenen Umständen lassen sich die Schwankungen der Werte zwischen den einzelnen untersuchten Texten nicht interpretieren. 1.2.2.2.

G. Moignet, Le problème du nombre, français (1965) 53 .

Der Aufsatz von Moignet wurde oben bereits erwähnt. Moignet antwortet teilweise auf einen Fragebogen zum Problem des Numerus. Der Fragebogen wurde für die Réunions de Linguistique, offensichtlich eine Art Ringvorlesung, erstellt, in der die Vertreter der linguistischen Fächer der Universität Straßburg Anfang 1964 über Le problème du nombre ihrer jeweiligen Fächer berichteten 54 . Weil Moignet weitgehend dem vorgegebenen Schema folgen muß, wird der Wert seiner Untersuchungen fur unsere Zwecke etwas beeinträchtigt. Moignet sieht Singular und Plural nicht gleichberechtigt nebeneinander:

52 Tanase, Les moyens, 310. 53 G. Moignet, Le problème du nombre, français, BFS 43 ( 1 9 6 4 - 6 5 ) , 4 6 3 - 4 7 9 . 54 Le problème du nombre, [préface,] 443—445.

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Dans l'opposition singulier / pluriel, l'un des termes est basial, le singulier, et l'autre se définit en contraste avec lui, le pluriel. C'est donc le pluriel qui est marqué en signes, et les morphèmes du nombre sont les morphèmes du pluriel; l'absence de morphème signifie le singulier 55 .

(Zur Kritik dieser Auffassung, s. u. die Stellungnahme zu Dubois, der die gleiche Meinung vertritt.) Moignet scheidet zwischen Pluralzeichen in der geschriebenen und in der gesprochenen Sprache. In der geschriebenen Sprache tauchen selten Probleme auf, dort wird der Plural der Substantive durch -s oder -x gekennzeichnet. In der gesprochenen Sprache ist das System uneinheitlicher. Moignet stellt fest: «les déterminants, et en premier lieu l'article, sont les porteurs de tout ce qui définit la catégorie du substantif en langue, ses caractères formels» 56 . (Vgl. dazu unten Kap. 2.2.3.) Wie wir oben gesehen haben, mißt Moignet auch der möglichen Bindung mit /z/ am Ende des Substantivs eine große Bedeutung bei 5 7 . Neben den bisher genannten Zeichen, die den Plural markieren, kann auch das Verb in beschränktem Umfang den Numerus eines Substantivs ausdrücken, allerdings mit vielen Ausnahmen, denn die Übereinstimmung zwischen Subjekt und Verbum gehorcht nicht immer einer strengen Gesetzmäßigkeit 58 . (Vgl. auch Kap. 2.2.5.) Er weist darauf hin, daß viele Substantive en principe nur im Singular oder Plural vorkommen können, bei verändertem Sinn seien Ausnahmen jedoch relativ häufig 5 9 . (Vgl. unten Kap. 2.2. 10.14.) Der Aufsatz Moignets bringt gegenüber dem bis dahin gültigen Forschungsstand wenig Neues. Neu eingeführt in die Diskussion wird die explizite Annahme, daß die geschriebene und die gesprochene Sprache zwar zu trennen sind, die geschriebene Sprache aber auch beim Ausdruck des Numerus auf die Sprechsprache wirke 60 . Wir können im Rahmen dieser Untersuchung diese These weder eindeutig bestätigen noch ablehnen, werden sie aber nicht als Grundlage unserer Untersuchung akzeptieren. (Vgl. Kap. 2.1.1.) 1.2.2.3.

J. Dubois, Grammaire structurale du français. Nom et pronom. (1965) 6 1 .

J. Dubois behandelt die Numerusmarkierung des Substantivs ausfuhrlich in seiner Grammatik. Von 180 Seiten sind allein 34 diesem Thema gewidmet 62 . 55 56 57 58 59 60 61 62

Moignet, Le problème, 463. Moignet, Le problème, 464, vgl. auch 474. Moignet, Le problème, 464, 571. Moignet, Le problème, 4 7 8 - 4 7 9 . Moignet, Le problème, 4 7 5 - 4 7 7 . Moignet, Le problème, 464. J. Dubois, Grammaire structurale du français, Nom et pronom, Paris 1965, bes. 1 7 - 5 1 . Die wesentlichen Gedanken finden wir bereits ein Jahr früher: J. Dubois, Analyse de la distribution des marques de nombre et de genre dans un énoncé minimal en français moderne et étude des systèmes de marques, AEHE-HPh 1 9 6 4 - 6 5 (1964), 3 7 9 - 3 9 2 , bes. 3 7 9 - 3 8 9 , 392.

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Wie Moignet geht auch Dubois davon aus, daß der Singular der nicht markierte Fall ist: En français, un système binaire, où l'absence de marque s'oppose à la présence d'une marque formelle, est exploité plus que tout autre pour traduire l'opposition sémantique singularité / pluralité : l'absence de marque est appelée singulier ; la marque est appelée plurier3. Zur Methode seines Vorgehens schreibt er: La méthode consistera à comparer systématiquement des énoncés (macrosegments ou «grands signes») qui ne présenteront de variation sémantique que sur le seul point du nombre, où peut s'exercer le choix, c'est-à-dire la décision du locuteur ; on étudiera successivement : la distribution des marques et leur nature. (A * L'ensemble formera les réglés codiques du nombre . Als Grundlage seiner Untersuchung soll ein Korpus dienen. Er erläutert dies im Vorwort seiner Grammatik folgendermaßen: La langue qui est considérée se définit comme la moyenne des emplois actuels, une fois rejetés les écarts les plus grands. [...] Le français étudié est alors dit «neutralisé», puisqu'il représente dans sa totalité un cas non marqué, par opposition aux cas marqués que sont les français régionaux, littéraire ou populaire. Les énoncés répondant à cette norme formeront le corpus 65 . Dubois vergleicht anhand von vielen Einzelsätzen die gesprochene und die geschriebene Sprache und versucht festzustellen, w o sich in dem jeweiligen Kode Hinweise auf den Numerus finden. Z.B.: les

livres sont

ouverts

[le

livr

s5-t-uver] 66

uder: leurs fils

63 64 65 66 67

Dubois, Dubois, Dubois, Dubois, Dubois,

14

Nom Nom Nom Nom Nom

dorment

et et et et et

pronom, pronom, pronom, pronom, pronom,

[lœr fis

17. 17. 5. 19. 18.

dorm]

(Die Pluralmarkierung zeigt Dubois mit + an, hat ein Segment keine entsprechende Markierung, steht o.) Er vergleicht die Zahl der Markierungen in der geschriebenen Sprache und der gesprochenen Sprache und kommt anhand zahlreicher Beispiele zum Ergebnis: [...] si l'on désigne par n le nombre de marques du code parlé, on peut énoncer la loi que m (nombre de marques dans le code écrit) est égal ou supérieur à « [ . . . ] : m^n68.

Diese Beobachtung erklärt er u.a. mit Hilfe der Kommunikationstheorie. Da der geschriebenen Sprache die suprasegmentalen Elemente fehlen, müssen redun dante Markierungen für den Zusammenhalt der Rede sorgen. Da es viele Möglichkeiten der Markierung gibt, stellt er fest: Un examen, même superficiel, des schémas de distribution nous convainc immédiatement que n'importe quel segment peut, dans la phrase considérée, porter la marque formelle de nombre, et, en même temps, que cette marque redondante intéresse non seulement le segment, mais toute la phrase; l'incidence de la marque se fait sur tout le macrosegment. La variation singulier / pluriel n'est finalement pas celle d'un élément, mais celle de la phrase ou du syntagme, même si la décision (le choix) sur le plan sémanti que a porté sur un des éléments du message. La distribution des marques formelles est variable, l'information sémantique reste la même. Cela veut dire aussi que ce n'est pas le substantif et le verbe en tant que formes qui ont un pluriel, mais le syntagme ou la phrase 6 9 .

(Zu dieser Ansicht wird unten kritisch Stellung genommen.) Das Hauptgewicht der Numerusmarkierung liegt für Dubois bei den déterminants10. Die Veränderlichkeit der Substantive spielt keine größere Rolle. Er weist darauf hin, daß von den 25 000 Substantiven des Petit Larousse nur 3 0 der veränderlichen Klasse -al/-aux angehören und diese zudem eine geschlossene Klasse bilden 71 . Dem Verbum dagegen schreibt er eine größere Bedeutung zu als die meisten anderen Autoren: [...] on constate très vite que les occurrences de formes marquées sont beaucoup plus nombreuses que les occurrences de formes non marquées (toujours dans la langue parlée) L'utilisation des semi-auxiliaires (venir de, aller suivi de l'infinitif, être sur le point de, etc.) accroît encore le nombre des formes variables 72 .

Diese Auffassung bekräftigt er im zweiten Band seiner Grammaire structurale du français, die dem Verbum gewidmet ist. Dort schreibt er dazu: «eile [d.h. die Opposition zwischen Singular und Plural] est très forte dans le verbe, puisqu' 68 69 70 71 72

Dubois, Nom et pronom, 21. Dubois, Nom et pronom, 22. Vgl. Dubois, Nom et pronom, 23. Vgl. Dubois, Nom et pronom, 2 3 - 2 4 . Vgl. Dubois, Nom et pronom, 24.

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est présente dans les six premières conjugaisons que nous avons dégagées et puisqu'elle se retrouve toujours au futur» 7 3 . (Vgl. dazu unten Kap.2.2.5.). Auch die Bindung spielt für Dubois eine große Rolle. Er nennt /z/ «un son de transition», den man weder dem vorausgehenden noch dem folgenden Wort zuordnen könne. Le fait de considérer comme une marque du pluriel le son de transition [-z-] est confirmé, d'une part, par la diversité des ligatures possibles à la jonction de l'adjectif et du substantif (postposé) et, d'autre part, par l'univocité de la marque [-z-] : un grand effort [dé grô-t-efor] un léger inconvénient [œ lege-r-êk5venjâ] [sic!] Au contraire, on aura : de grands efforts [da grä-z-efor] de légers inconvénients [da lege-z-ëk5venjâ] [sic!] En face de [-t-] et [-r-], qui assurent une fonction de cohésion, le son [-z-] est aussi une marque morphologique. Il est impossible de comparer ce système à celui que nous avons dégagé dans les déterminants ; il y avait une diversité des formes non marquées en face de l'unicité des formes marquées du pluriel 7 '. Die Bedeutung der Bindung wird noch dadurch unterstrichen, daß es in der Zusammenfassung des Abschnitts über den Numerus heißt: A côté des systèmes principaux de marques, il existe des suppléances (comme [-z-]) qui interviennent au moment où cette marque essentielle fait défaut 75 . Aoer /z/ ist eine marque de suppléance, die nicht auf der gleichen Ebene steht wie die anderen Numerusmarkierungen. In Dubois' schematischer Schreibweise wird deshalb differenziert zwischen den eigentlichen Markierungen und der Markierung durch die Bindung. Z.B. les

tapis

les

+

o

+

leurs enfants oz

0

beaux tapis »

leurs petits 0

oz

enfants 0

(Seine Aufassungen von der Bindung werden unten, Kap. 2.2.4. kritisch besprochen.) Dubois' Untersuchung über die Numerusmarkierung ist wesentlich systematischer und zeigt das System der Markierungen in der gesprochenen Sprache 73 74 75 76

J. Dubois, Grammaire structurale du français : le verbe, (1968), 190. Dubois, Nom et pronom, 45, vgl. auch 32. Dubois, Nom et pronom, 51. Dubois, Nom et pronom, 43, 44.

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viel ausfuhrlicher auf als die früheren Untersuchungen. Vor allem die strikte Scheidung von gesprochenem und geschriebenem Kode wurde in den bis dahin vorliegenden Untersuchungen nicht in gleichem Maße deutlich. Manches bleibt unklar, z.B. was "Markierung" bedeutet. Wie wir gesehen haben, gilt der Plural für ihn als cas marqué, der Singular als cas non marqué. Dubois differenziert aber nicht zwischen dem Bezeichneten und dem Bezeichnenden. Unausgesprochen geht er offenbar davon aus, daß sich (Oberflächen-)Struktur und Inhalt der Sprache entsprechen. Völlig unklar bleibt, wie nach Dubois' Ansicht ein Substantiv zu betrachten ist, das offensichtlich eine Mehrzahl meint, aber keine "Markierung" im Sinne von Dubois erkennen läßt. Er bringt ein derartiges Beispiel in seiner Grammatik: de [da

bons b5

livres livr]

Der Plural als cas marqué (nach seiner Definition, vgl. oben) hat hier keine formale Markierung, ist in diesem Sinne also non marqué. Offensichtlich bezeichnet Dubois mit ' Markierung" nicht immer dasselbe. Bei der Behandlung der Verben (s.o. Zitat S. 15) stellt er offensichtlich die formes marquées den formes variables gleich und sieht sie im Gegensatz zu den im Numerus undifferenzierten Formen 7 8 . Seine Arbeitsmethode weist einige entschiedene Schwächen auf. Er will von einem Korpus ausgehen. «Ce corpus une fois défini, est considéré comme intangible. On suppose alors que l'échantillon de langue recueilli est représentatif de l'ensemble de la langue [.. .J» 79 . Tatsächlich hat Dubois, wie wir oben gesehen haben, jedoch eine so vage und breite Definition des Korpus, daß er es unmöglich überblicken kann. Die Aufnahmen zum Français Fondamental erwähnt er zwar, verwendet aber offenbar nur die fertigen Ergebnisse und nicht die Texte selbst 80 . Folglich interpretiert er nicht mehr die sprachlichen Äußerungen aus einem als unantastbar angesehen Korpus, wie er es sich selbst zum Ziel gesetzt hat, sondern er konstruiert Sätze, und er erliegt der Gefahr, nur solche Sätze zu untersuchen, die seinen Theorien entsprechen. Seine Beispiele bestehen nahezu alle aus einem Substantiv mit Artikel (und allenfalls einem Adjektiv) und i. allg. einem Verbum. Objekte kommen fast nie vor. Es wäre wünschenswert gewesen, daß zumindest das Objekt wenigstens in einem Hinweis erwähnt worden wäre. Wenn man auch das Objekt in die Überlegungen hineinnimmt, muß

77 78 79 80

Dubois, Nom et pronom, Dubois, N o m et pronom, Dubois, N o m et pronom, Vgl. z . B . Dubois, N o m et

44. 24. 6. pronom, 23, 46.

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Dubois' Theorie, daß sich der Numerus auf den ganzen Satz bezieht, neu überdacht werden; denn wenn man das Objekt betrachtet, entfällt die Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat, der Numerus kann sich nicht mehr auf den ganzen Satz beziehen. Lediglich ein Bezug auf das Syntagma wäre ggf. zu vertreten. Unklar bleibt, wie Dubois das Verhältnis zwischen geschriebener und gesprochener Sprache ansieht. Wir werden unten (Kap. 2.2.1.) sehen, daß es nicht genügt, die geschriebene Sprache als transcodage81 der gesprochenen zu definieren. Eine genauere Abgrenzung wäre unbedingt nötig. Auch seine Erläuterung in der Einleitung 82 kann kaum weitere Hilfe bieten. Die Kritik an Dubois ist in den uns zugänglichen Rezensionen 83 i. allg. äußerst positiv. Lediglich Sainte-Marie, die in ihrer Kritik auf den Auffassungen Chomskys basiert, wirft ihm vor, er vernachlässige Gegebenheiten der Tiefenstruktur und sei in seiner Terminologie allzu häufig unklar und uneinheitlich. Boysen macht darauf aufmerksam, daß Dubois' Definition der Markierung nicht klar ist. 1.2.2.4.

Q. I.M. Mok, Contribution à l'étude des catégories morphologiques du genre et du nombre dans le français parlé actuel (1968) 8 4 .

Eine wesentlich andere Zielsetzung und ein anderes methodisches Vorgehen als bei Dubois finden wir bei Mok. Seine grundsätzliche Frage lautet: Faut-il soutenir qu'en dehors d'une série fermée de substantifs qui maintiennent, formellement et sémantiquement, l'opposition singulier - pluriel : /amiral/ (amiral) - /amiro/ (amiraux), /vitraj/ (vitrail) - /vitro/ {vitraux), etc. et qui sont à considérer comme des vestiges d'un état antérieur de la langue, les substantifs du français parlé actuel sont indifférenciés en nombre, non seulement du point de vue formel, mais aussi du point de vue sémantique? Ou faut-il, par contre, admettre que, malgré l'identité formelle qu'elle présente dans la très grande majorité des cas, l'opposition sémantique «singulier» - «pluriel» persiste dans toute la classe des substantifs ? 8 5 .

Mok bespricht die bisher zu diesem Thema vorliegende Literatur. Dort wird i. allg. angenommen, daß auch in der gesprochenen Sprache jedem Substantiv ein Numerus zukomme. Dagegen setzt er seine eigene Meinung: 81 Dubois, Nom et pronom, 5. 82 Dubois, Nom et pronom, 5. 83 S. Galopen(ia-Eretescu, RRLing 10 (1965), 5 4 4 - 5 4 6 . - R. Ostrâ, SPFFBU XV (A14), 1966, 2 1 7 - 2 2 0 . - H. Bonnard, J psych norm path 64 (1967), 247. - G. Boysen, RRom 2 (1967), 1 8 6 - 1 8 8 . - K. Togeby, Lingua 19 (1968), 3 2 5 - 3 3 1 . M. Sainte-Marie, Linguistique 7 (1971) 1, 1 0 3 - 1 1 4 , bes. 1 0 3 - 1 0 7 . 84 Q.I.M. Mok, Contribution à l'étude des catégories morphologiques du genre et du nombre dans le français parlé actuel. Paris, The Hague 1968; zum Numerus bes. 100-149. 85 Mok, Contribution, 1 0 0 - 1 0 1 . 18

La survivance de l'opposition singulier - pluriel dans certains substantifs ne permet nullement de conclure que cette opposition persiste également dans les substantifs où son expression au moyen d'un aspect catégoriel de la forme de ceux-ci fait défaut. Ce n'est pas la tâche du linguiste d'imposer un système aux faits linguistiques, si séduisant de simplicité que puisse devenir le résultat final de la description, mais de dégager ce système de faits, et de tous les faits que l'examen de cas concrets de l'usage de la langue lui présente 8 6 .

In einem vorher erschienen Aufsatz 87 schneidet er bereits das Thema an. Er untersucht dort die Sätze Je ne sais pas quel projet il a fait und Je ne sais pas quels projets il a fait und hält sie fur «absolument identiques non seulement quant à la forme, mais aussi au contenu. L'information sur le nombre [ . . . ] l'auditeur ne pourra l'obtenir que par son interprétation de la phrase dans une situation donnée» 8 8 . Für Mok hat das Substantiv normalerweise keinen Numerus: « [ . . . ] les substantifs de la langue parlée sont, à de rares exceptions près, anumériquesy>m. Der Numerus ist ein "semantischer Wert"; dieser Wert gehört aber, ähnlich wie bei Dubois, nicht zum Substantiv oder zum Artikel, sondern zum Satz 90 oder zur "Gruppe" 91 . Eine, wenn auch nicht befriedigende, Erläuterung des Begriffs "Gruppe' gibt Mok in dem schon erwähnten früheren Aufsatz: Le groupe à travers lequel «plus d'un . . . » vient à la connaissance de l'auditeur, ne se compose pas nécessairement d'un article ou d'un pronom suivi d'un substantif. Il peut être formé aussi d'un substantif masculin précédé ou suivi d'un adjectif en aux (sg. -al), p. e. [zankônèpadômnôrmô] (Je ne connais pas d'hommes normaux) cp. [zsnkônèpadomnôrmal] (Je ne connais pas d'homme normal) [ za nkônèpadfamnôrmal] (Je ne connais pas de femme(s) normale(s)), ou d'un pronom personnel de la 3 e personne et d'un verbe conjugué, p . e . [ilsâtrô] (ils chanteront) 92 cp. [ilsatra] (il chantera)

Im Gegensatz zu den Substantiven, die ja i. allg. "anumerisch" sind, können die déterminatifs (d. h. Artikel und adjektivische Pronomen) den Numerus ausdrücken. Mok stellt ein vollständiges Verzeichnis der in Frage kommenden For-

86 87 88 89 90 91 92

Mok, Contribution, 104. Q . I . M . Mok, Le rôle de la liaison en français moderne (1966). Mok, Liaison, 29. Mok, Contribution, 127. Mok, Contribution, 30, 140. Mok, Contribution, 128, 140, 148. Mok, Liaison, 3 4 - 3 5 .

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men der Determinative auf. Es fehlen jedoch die Pronomen, die wir später mit "andere Artikelwörter" bezeichnen werden (d. h. einige adjektivische Pronomen, vor allem Indefinitpronomen und die Kardinalzahlen), mit Ausnahme von quel und quelque. Die Bindung mit /z/ vor einem vokalisch anlautenden Substantiv betrachtet er ebensowenig als Pluralzeichen wie die Bindung mit /z/ nach dem Substantiv vor einem vokalisch anlautenden Folgewort 93 . Stattdessen nimmt er für die Adjektive verschiedene Formen an, je nachdem, ob sie vor einem Substantiv mit vokalischem Anlaut oder in einer anderen Stellung stehen 94 . Die Frage, die Mok an die genannten Überlegungen anschließt, «il reste à savoir quelle est la valeur sémantique qui se cache derrière les étiquettes singulier et pluriel» 95 , interessiert uns in diesem Zusammenhang nicht, wir werden nicht näher darauf eingehen. Moks Untersuchung über den Numerus soll in erster Linie seine These untermauern, daß das Substantiv "anumerisch" sei. Er zeigt viele Beispiele auf, mit denen er seine Interpretation begründen will. Das führt gelegentlich zu einer unmittelbaren Gegenüberstellung verschiedener Thesen, wie beispielsweise bei der Untersuchung der Bindung: Est-ce le besoin de conserver autant que possible l'expression de l'opposition qui a mené Gougenheim à découper les groupes des enfants, les enfants, nos enfants, etc., de la façon dont il l'a fait ? Quoi qu'il en soit, en procédant ainsi il méconnaît le fait incontestable que l'indifférenciation en nombre, formelle et sémantique, du substantif est un des traits par lesquels le français parlé se distingue du français écrit 96 .

Moks These ist nicht so unbestreitbar, wie er sie in dem obigen Zitat darstellt. Sie bedarf einer näheren Prüfung. Daß es prinzipiell möglich ist, im Französischen von drei Numeri auszugehen, hat Mok gezeigt. Es bleibt zu untersuchen, ob diese ternäre Einteilung der Numeri für die Beschreibung der heutigen französischen Sprache günstiger ist als die traditionelle binäre Einteilung in Singular und Plural. Die Frage wird in einem späteren Kapitel (Kap. 2.2.11.) untersucht werden. Die zugänglichen Rezensionen97 gehen, abgesehen von denen von Maas und Spence, in erster Linie auf seine Untersuchung des Genus ein. Einige Rezensenten kritisieren, daß Mok Singular und Plural als äquipollente Opposition 93 94 95 96 97

Mok, Liaison, 36. - Mok, Contribution, 1 0 6 - 1 0 9 . Mok, Contribution, 110. Mok, Contribution, 129. Mok, Contribution, 1 0 8 - 1 0 9 . H. Bonnard, FrMod 38 (1970), 6 3 - 6 6 . - R. A. Hall jr., Language 46 (1970), 4 5 7 459. - P. Th. van Reenen, Levende Talen 1970, 3 8 0 - 3 8 4 . - N.C.W. Spence, French Studies 24 (1970), 4 2 9 - 4 3 0 . - W. Zwanenburg, Lingua 24 (1970), 3 9 5 - 4 0 1 . U. Maas, Le genre et le nombre en français, A propos du livre de Q. I. M. Mok, RRom 6 (1971), 1 6 9 - 1 9 0 . - V.E. Scetinkin, VJa 1971, 2, 1 4 4 - 1 4 6 .

20

darstelle, so Zwanenburg, Scetinkin und Bonnard, und bieten selbst andere Lösungen an, die aber nur kurz angedeutet werden. Maas kritisiert vor allem den formalisme rigoureux und die rigidité gratuite98 neben methodischer Inkonsequenz 9 9 . Diese Kritik betrifft vor allem die Behandlung des Genus und die semantische Analyse des Numerus. Auf Moks Ansichten zur Numerusmarkierung geht Maas jedoch nicht ausführlich ein. Lediglich Spence geht in seiner Rezension hauptsächlich auf die Frage der Markierung ein, beschränkt sich hier im wesentlichen aber auf die Feststellung: «I cannot accept his solution of the problem». In einem späteren Aufsatz 1 0 0 erläutert er seine Auffassung ausführlicher. Er wendet sich dort vor allem gegen Moks Auffassung vom substantif anumérique: [lœr 3œn fis M 3 ] , par exemple, est-il au singulier ou au pluriel ? Si l'on ne tient compte que du «code oral» considéré comme quelque chose de purement abstrait, en dehors de toute situation concrète, on ne saura répondre à cette question : la phrase est bien formellement indifférenciée en nombre. La question, on l'a vu, est de savoir si elle est également indifférenciée en nombre sémantiquement. Qu'on essaie de situer cette phrase dans un véritable échange ayant lieu dans une situation concrète. 11 semble évident 1° que le locuteur saura s'il parle d'un fils ou de plusieurs, et que sa remarque ne sera que formellement «anumérique», et 2° que l'allocuteur saura probablement aussi s'il s'agit d'un garçon ou de plusieurs, grâce à sa connaisance de la situation. Evidemment, l'absence de variation entre singulier et pluriel peut créer une mésentente, mais il semble raisonnable de prétendre qu'il n'arrivera ni au locuteur ni à l'allocuteur de se dire que la phrase est indifférenciée en nombre, non pas seulement formellement mais sémantiquement. Le locuteur, clairement, emploie le singulier ou le pluriel, et sait duquel il s'agit ; l'allocuteur peut être induit en erreur dans son interprétation du message par les défaillances du code, mais lui aussi ne considérera la remarque que comme formellement indifférenciée 1 0 1 .

Da das Substantiv i. allg. den Numerus nicht ausdrückt, sondern dieser meist durch andere Mittel ausgedrückt wird, möchte Spence von einem "indirekten Plural des Substantivs sprechen 1 0 2 . 1.2.2.5.

M. Csécsy, Les marques orales du nombre ( 1 9 6 8 ) 1 0 3 .

Im selben Jahr wie die Untersuchung von Mok erschien ein kürzerer Aufsatz von Csécsy über die «marques orales du nombre». Csécsy stellt noch stärker als andere die déterminants in den Mittelpunkt der Untersuchung:

98 99 100 101 102 103

Maas, Le genre et le nombre, 185. Maas, Le genre et le nombre, 1 7 2 - 1 7 4 . N . C . W . Spence, Nombre et genre en français parlé, RLiR 36 (1972), 1 1 2 - 1 2 8 . Spence, Nombre, 1 1 5 - 1 1 6 . Spence, Nombre, 1 2 7 - 1 2 8 . M. Csécsy, Les marques orales du nombre, FrMonde 57 (1968), 4 3 - 4 8 ; Nachdruck in: La grammaire du français parlé, Paris 1 9 7 1 , 9 3 - 1 0 4 . Im folgenden werden die Seitenzahlen des Nachdrucks in Klammern angegeben.

11

[ . . . ] l'expression du nombre repose exclusivement sur l'élément grammatical qui le précède : article défini, article indéfini ou contracté, adjectif démonstratif ou possessif (dits adjectifs grammaticaux), tous ces déterminants du nom s' excluant mutuellement en français (on ne peut dire *le mon ni *ce mon ni *ce le)m. Daraus folgt: Le singulier n'est pas, en français, le terme non marqué, le zéro, le point de départ de l'analyse, qui dit nombre ne dit pas forcément pluriel. Singulier et pluriel se définissent l'un et l'autre par opposition à l'état zéro qui est le nom sans déterminant aucun105. Der Bindung räumt sie nur nach aux und leur(s) eine Bedeutung ein 1 0 6 . Aus ihren Ergebnissen zieht sie Schlüsse für die Sprachpädagogik: Il faut avoir reconnu l'invariabilité numérale réelle du nom pour justifier l'emploi obligatoire de l'article en français107' Sie leitet daraus auch die Notwendigkeit ab, beim Lehren des Französischen besonders auf die Opposition /a/ — /e/ einzugehen, die aus den genannten Gründen für das Französische von großer Bedeutung ist 1 0 8 . Der Aufsatz von Csécsy läßt viele Fragen unbeantwortet. Ausfuhrlich wird von ihr nur die Rolle der déterminants behandelt. Auch bleibt offen, was sie mit dem état zéro genau meint.

104 105 106 107 108

Csécsy, Csécsy, Csécsy, Csécsy, Csécsy, 22

Les Les Les Les Les

marques marques marques marques marques

orales, orales, orales, orales, orales,

43 43 45 45 46

(94). (94). (97); vgl. dazu auch unten Kap. 2.2.4.2. (98). (98-99).

2.

Textanalyse

2.1.

Arbeitsmethode

2.1.1.

Grundsätzliche

Fragen

Die Kategorie Numerus soll im folgenden Singular und Plural umfassen. Ein dritter Numerus ("Kollektiv", "indifferenter Numerus" o. ä.,vgl. oben Kap. 1.1.) wird nicht angenommen. Allerdings werden wir später (Kapp. 2.2.9. und Kap. 2.2.10) alle Substantive überprüfen, deren Numerus formal nicht eindeutig markiert ist. Bei dieser Gelegenheit wird die Frage noch einmal aufgeworfen, ob es sinnvoll ist, einen weiteren Numerus zu postulieren (Kap. 2.2.11.). Singular und Plural werden von uns als auf gleicher Ebene stehend betrachtet, denn wir haben gesehen (Kap. 1.2.2.3.), daß die Deutung des Plurals als "markierter Fall" zu Schwierigkeiten führen kann. Der Begriff "Markierung" wird im folgenden rein formal verstanden. Ein Singular oder Plural ist dann markiert, wenn im Text ein eindeutiger formaler Hinweis auf den Numerus vorliegt. Wir sprechen dann von einem eindeutigen formalen Hinweis, wenn aus der Lautform eines oder mehrerer Segmente der chaîne parlée eindeutig auf den Numerus des betreffenden Substantivs geschlossen werden kann. Es ist fur uns ohne Bedeutung, ob sich die Markierung auf die "Gruppe" (Mok, s. o.) oder auf das Syntagma (Dubois, s. o.) bezieht, oder ob es sich um einen "indirekten nominalen Plural" (Spence, s. o.) handelt, denn alle Autoren sind sich offenbar darin einig, daß sich die Numerusmarkierung sinngemäß auf das Substantiv bezieht. Formal nicht markierten Substantiven wird der Numerus zugeordnet, der ihnen durch das Sprachgefühl kompetenter Sprecher/Hörer gegeben wird. Gegenstand der Untersuchung soll die gesprochene Sprache sein. Dabei wird unter "gesprochener Sprache" nicht die Stilebene verstanden, sondern der Kode der mündlichen sprachlichen Äußerung. Als "gesprochen" gilt grundsätzlich jede mündliche Äußerung. Besonderes Augenmerk soll dabei auf die sprachlichen Äußerungen gelegt werden, die spontan gesprochen werden, also nicht vorher schriftlich fixiert worden sind und auch nicht in der Absicht gesprochen werden, einmal schriftlich fixiert zu werden. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß ein Teil der mündlichen Äußerungen der heutigen Sprache zuerst genau 23

oder in Stichworten niedergeschrieben wurde (z. B. Reden und Rundfunknachrichten). Um den gesprochenen Kode zu erfassen, gehen wir von gesprochenen Texten aus, die wir näher untersuchen. Ein «kontrastives Analysieren von phonisch und graphisch realisierten Texten» 1 0 9 , wie es von Dubois (vgl. Kap. 1.2.2.3.) bereits durchgeführt wurde, halten wir für weniger geeignet. Bei der letztgenannten Arbeitsweise müßten Sätze für einen systematischen Vergleich eigens konstruiert werden. Die Problematik eines solchen Vorgehens wurde bereits besprochen. Eine andere Möglichkeit wäre der systematische Vergleich von "Übersetzungen" aus der gesprochenen Sprache in die geschriebene und umgekehrt. Die "Übersetzung" ist jedoch ebenfalls keine annehmbare Lösung, da die Frage, in welchem Maße die "Übersetzung" "frei" oder "wörtlich" zu sein hat, noch nicht befriedigend gelöst werden kann. Eine "wörtliche Übersetzung" in den anderen Kode wäre lediglich eine Umkodierung, und es könnte durchaus möglich sein, daß eine derartige Äußerung im Zielkode normalerweise nicht vorkommt. Die Untersuchung würde dann das geschriebene Französisch einem français oraliséna gegenüberstellen, bzw. das gesprochene Französisch einem "niedergeschriebenen gesprochenen Französisch". "Freiere" Übersetzungen werden jedoch nicht immer als zur gleichen Stilebene gehörend betrachtet. Es ist anzunehmen, daß der Unterschied zwischen geschriebener und gesprochener Sprache auch eine Frage des Stils ist 111 . Wir werden daher nicht kontrastiv vorgehen, um das gesprochene Französisch zu beschreiben, sondern werden es als weitgehend eigenständig betrachten und uns bemühen, es für sich selbst zu untersuchen. Das geschriebene Französisch wird möglichst wenig in die Untersuchung einbezogen. Die Untersuchung wird eingeschränkt auf die untersuchten Texte und die von ihnen repräsentierte Sprachform. Unsere grundsätzliche Frage wird lauten: "Woran erkennt man den Numerus der Substantive in der heutigen gesprochenen Sprache? ". Es handelt sich also um eine Grammatik, die vor allem vom Hörer her fragt. Es gibt mehrere 109 K.-D. Schneider, Was ist français parlé? (1973), 1 9 8 - 1 9 9 ; vgl. auch J. Peytard, Oral et scriptural (1970). 110 W. Bufe, U. Dethloff, Zur Integration der gesprochenen Sprache in den Fremdsprachenunterricht der Hochschule (1972), 3, 6. 111 Vgl. B. Hesse, H. Kleineidam, Code Oral oder Langue Parlée? (1973), 6 2 - 6 8 . E. Genouvrier, J. Peytard, Linguistique et enseignement du français (1972) gehen zwar von einer Umkodierung eines Verses von Baudelaire aus (S. 18), ziehen dann aber auch Tatsachen in die Unterscheidung von code parlé und code oral hinein, die üblicherweise eher als Stilmerkmale betrachtet werden (S. 24). Die sehr umfangreiche und präzise Begriffsklärung bei Söll, Gesprochenes und geschriebenes Französisch (bes. S. 1 1 - 4 3 ) konnte hier nicht mehr berücksichtigt werden, da das Manuskript beim Erscheinen dieses Buches bereits abgeschlosser; war. Wenn wir die Terminologie von Söll verwenden, betrachten wir in unserer Untersuchung den code phonique, wobei jedoch unser Hauptaugenmerk beim code oral liegt.

24

Möglichkeiten, eine solche Grammatik aufzustellen. Die erste finden wir in der schon erwähnten Grammatik von Dubois. Er konstruiert Sätze, die er dann näher untersucht. Damit erhält er die Möglichkeit, innerhalb des von ihm selbst bestimmten Rahmens alle Kombinationen ausschöpfen zu können. Abgesehen von den oben erwähnten Einwänden ist dieses Verfahren nur sinnvoll bei relativ kurzen Sätzen. Längere Sätze würden zu einer unübersehbar großen Zahl von Kombinationsmöglichkeiten fuhren. Außerdem müßten entweder die Regeln, die der Konstruktion zugrunde liegen, schon bekannt sein, oder die mit provisorischen Regeln hergestellten Sätze müßten von kompetenten Sprechern überprüft werden. Es ist jedoch problematisch, ausschließlich von der Befragung von native speakers auszugehen, weil die Gefahr besteht, daß ihre Antworten nicht die Wirklichkeit der Sprache widerspiegeln, sondern das, was sie für Wirklichkeit halten 112 . Ein Sprachwissenschaftler, der sich selbst befragt, läuft Gefahr, nur Antworten zu geben, die seiner Theorie entsprechen, bzw. nur Fragen zu stellen, die zu den entsprechenden Antworten führen. Andere Personen könnten leicht geneigt sein, das zu antworten, wovon sie glauben, daß es korrekt sei. Da gerade das französische Schulsystem eine normative Haltung gegenüber der Muttersprache fördert, bestreiten Franzosen häufig, nach Eigenheiten ihrer Muttersprache gefragt, Wendungen zu gebrauchen, die sie in Wahrheit täglich im Munde fuhren. Eine zuverlässige Überprüfung der Kompetenz von Sprechern wäre mit großen Schwierigkeiten verbunden. Auch von Seiten der generativen Transformationsgrammatik wird neuerdings wieder darauf hingewiesen, daß die Betrachtung der Kompetenz allein nicht genügt. Gerade auf dem Gebiet der Sprachanalyse müsse der Performanz eine große Bedeutung beigemessen werden. Jedoch: «wie ein Performanzmodell aussieht und insbesondere wie es mit einem Kompetenzmodell zusammenhängt, ist in der Linguistik noch weitgehend ungeklärt» 113 . Eine Aufstellung aller grammatisch richtigen und akzeptablen Sätze, bzw. eines Regelsystems, das alle grammatisch richtigen und akzeptablen Sätze generiert, wäre unbefriedigend, und sei es auch noch so ausfuhrlich, noch so klar gegliedert und noch so gut durch Überprüfung durch wirklich kompetente Sprecher/ Hörer abgesichert. «Es gibt nämlich unendlich viele grammatisch richtige Sätze, viele von ihnen sind aber nicht gebräuchlich» 114 .

112 Vgl. dazu auch W. König, Kontextuell bedingte Neutralisation und Lautwandel (1973). König spricht von «Demonstrationslautungen», «die im Kontext einer linguistischen Befragung nach dem System der Minimalpaarmethode erzeugt werden und verschieden sind von den entsprechenden auf der Darstellungsebene erzeugten» (S. 159). Der Aufsatz behandelt zwar ein phonologisches Problem, es ist jedoch nicht auszuschließen, daß ähnliche Erscheinungen auch auf dem Gebiet der Morphosyntax gefunden werden können. 113 I. Bätori, Transformationelle Sprachanalyse (1972), 40, vgl. bes. auch 32-33, 4 0 - 4 5 . 114 Bätori, Transformationelle Sprachanalyse, 40.

25

Um den genannten Schwierigkeiten zu entgehen, wird im folgenden von einer Reihe von tatsächlich gesprochenen Texten ausgegangen, die näher untersucht werden. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß die darin vorkommenden Formen mehr oder weniger zufällig auftauchen können, während andere zufällig ganz fehlen. Der große Vorteil dieses Vorgehens ist es jedoch, daß wir einerseits feststellen können, welche Formen gebräuchlich sind, und daß wir andererseits uns allen für unser Thema relevanten Formen stellen müssen. Damit kann weitgehend ausgeschlossen werden, daß wir nur das erläutern, was einer bestimmten (vorgegebenen) Theorie entspricht. (Absolute "Objektivität" ist natürlich nicht möglich, da ja die Fragestellung, die Auswahl des Materials und die Auswertungsmethode bereits auf bestimmte Antworten hinzielen.) Um die Nachteile einer Untersuchung zu vermeiden, die sich allein auf ein Korpus stützt, werden auch andere Beispiele herangezogen, wobei diese dann einen anderen Stellenwert in der Untersuchung haben müssen. Gegebenenfalls sind, mit aller Vorsicht, auch Auskünfte von native Speakers einzuholen.

2.1.2

Die Zusammensetzung

des

Korpus

Für unsere Untersuchung werden 31 Texte mit insgesamt 6400 Substantiven ausgewertet. Die Texte beruhen auf eigenen Tonbandaufnahmen, die im Sommer des Jahres 1968 gemacht wurden. Ein tabellarischer Überblick über Personen und Art der Texte ergibt folgendes Bild: Erläuterungen der Abkürzungen: Art: E = Eigenaufnahme, R = Aufnahme einer Radiosendung 1 = primär gesprochen 115 , 2 = primär geschrieben, 3 = Nachrichten. Personen: a) Beruf, b) Alter (in Jahren), c) Geburtsort, d) Wohnorte, e)Schulbildung, f) Fremdsprachenkenntnisse, g) Herkunft der Eltern, h) zuerst gelernte Sprache, wenn nicht Französisch 116 .

115 «Primär gesprochen wird hier die Sprachform genannt, bei der schriftliche Aufzeichnung nur Kodifizierung oder Imitation gesprochener Sprache darstellt; primär geschriebenes Deutsch [bzw. Französisch] hat dagegen keine gesprochene Vorlage, sondern ist als eigenständige Umformung der eigentlichen gesprochenen Sprache aufzufassen.» W. Winter, Relative Häufigkeit als Mittel zur Abgrenzung von Stilarten (1961), 215, Fußnote. 116 Dieser Fragebogen entspricht weitgehend dem, der 1966 für die Umfrage eines Séminaire de recherche bei Prof. B. Quémada in Besançon verwendet wurde. Die Numerierung der Texte erfolgte i. allg. in der Reihenfolge der Bearbeitung.

26

Nr. 1

Art

Thema

Personen

E 1

Interview: Ferien, Maiunruhen (101 Substantive)

Sekretärin 27 Paris 14 e Bondy (Seine-St-Denis) BEPC, BEC (2J.), Brevet professionnel (secrétariat) f) 9 Jahre Englisch («j'en sais plus rien») g) V: Bondy (Seine-St-Denis) M: Montfermeil (Yvelines)

2

E 1

Interview: Maiunruhen (102 Substantive)

a) ajusteur-mécanicien b) 72 c) Digoin (Saône-et-Loire) d) Digoin etwa 30 Jahre, Paris etwa 30 J., Chelles (Seineet-Marne) etwa 10 J. e) Certificat d'Etudes f) keine g) V, M: Digoin

3

R1

Literarische Diskussion (393 Substantive)

4

E 1

Interview: Allgemeines, Maiunruhen (144 Substantive)

5

R 2

Feuilleton: Turenne (109 Substantive)

6

R 3

Nachrichten (135 Substantive)

7

E 1

Interview: Maiunruhen (344 Substantive)

a) b) c) d) e)

a) b) c) d) e) f) g)

ajusteur-mécanicien 71 Paris Paris Certificat d'études keine V, M: Paris

a) b) c) d)

Studentin 19 Paris 12 e Paris 3 J., Le Bousquet d'Orb (Hérault) 3 J., dann Paris e) Baccalauréat, Licence d'allemand f) deutsch g) V: Hérault, M: Haute Loire

27

Nr.

Art

Thema

Personen

8

El

Interview: Maiunruhen (237 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

El

Diskussion: Maiunruhen (341 Substantive)

1 a) b) c) d) e)

9

Student 22 Rennes (Ille-et-Vilaine) Rennes, 1964-68 Erlangen Baccalauréat, Studium (Lettres) deutsch V, M: Bretagne

Studentin 20 Rennes Rennes, 1967-68 Erlangen Baccalauréat, Studium (Deutsch, Linguistik) f) deutsch g) V: Massif Central M: Compiègne 2 Gleiche Person wie in Text 8 3 a) b) c) d)

Studentin 19 Freiburg/Br. Freiburg/Br. 1 J., Tübingen 2 J.„ Koblenz 3 J., Vernon 5 J., 5 J. dann Paris f) deutsch g) V: Carjarc (Lot) M: Leutkirch (Allgäu) h) schwäbisch 10

28

El

Interview: Maiunruhen (168 Substantive)

1 a) Studentin (hat auch als Sekretärin gearbeitet) b) 28 c) Henslaye (Basses Pyrénées) d) Genève 2 J., St-Quentin 8 J., Nice 2 J., Frasnes (Doubs) 2 J., Aix-en-Provence 1 J., Montpellier 1 J., Paris 3 J., Calw, Nürnberg 1 J., dann Erlangen e) Baccalauréat, Studium (Lettres) f) deutsch, englisch g) V: Korsika M: Région parisienne

Nr.

Art

Thema

Personen

2

Gleiche Person wie Text 7

11

R 3

Nachrichten (188 Substantive)

12

El

Interview: Ferien (121 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

pépiniériste (m.) 27 Vinneuf (Yonne) Vinneuf 2 J., CheUes 25 J. Diplome d'horticulture keine V, M: Seine-et-Marne

13

El

Interview: Ferien, Maiunruhen (110 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

ouvrier-paysagiste 25 CheUes Noisy-le-Grand (Seine-St-Denis) CEP, Diplome d'horticulture keine V: Slowakei, M: Auvergne

14

El

Interview: Ferien (43 Substantive)

a) ouvrier-paysagiste b) Mitte 20 Übrige Angaben fehlen

15

El

Interview: Maiunruhen (82 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

Hausfrau 33 Paris Banlieue parisienne Certificat d'études keine Angabe fehlt

16

R 3

Nachrichten (560 Substantive)

17

R 2

Fernseh-"Magazinsendung" (98 Substantive)

18

El

Interview: Maiunruhen (147 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

dans le commerce (m.) 52 Région parisienne Région parisienne Certificat d'études keine V: Beauce, M: Auvergne

19

El

Interview: Maiunruhen (46 Substantive)

etwa 45-jähriger Mann, übrige Angaben fehlen

29

Nr.

Art

Thema

Personen

20

R3

Nachrichten (120 Substantive)

21

E 1

Allgemeine Konversation in der Küche (175 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

22

E1

Interview: Ferien, Maiunruhen (123 Substantive)

1 a) b) c) d) e)

Hausfrau 43 Paris 14 e Rosny s/ Bois, Chelles Brevet, infirmière keine V, M: Paris

Sekretärin, Buchhalterin 62 Perreux-sur-Marne Région parisienne Brevet d'études, Diplôme d'école commerciale f) keine g) V, M: Oise

a) b) c) d) e) f) g)

Hausfrau 65 Beauvais (Oise) Région parisienne Certificat d'études keine V: Normandie, M: Nord cheminote 73 Paris Région parisienne Certificat d'études keine V, M: Paris

23

El

Interview: Ferien, Maiunruhen (130 Substantive)

a) b) c) d) e) f) g)

24

El

Allgemeine Konversation bei Tisch (106 Substantive)

Gleiche Person wie in Text 21

25

El

Fortsetzung von Text 24 (123 Substantive)

Gleiche Person wie in Text 21

26

R2

Feuilleton (349 Subst.)

27

Wegen schlechter Tonqualität nicht ausgewertet. Die Unbrauchbarkeit des Textes stellte sich allerdings erst im Laufe der Arbeit heraus, so daß die Numerierung der Lochkarten nicht mehr geändert werden konnte.

30

Nr.

Art

Thema

28

R 2

Feuilleton (204 Subst.)

29

R 1

Diskussion über Schulprobleme

Personen

(628 Substantive) 30

R 2

Fernsehspiel (149 Substantive)

31

R 2

Fernsehnachrichten (503 Substantive)

32

R 2

Feuilleton (321 Substantive)

Bemerkungen zu der obigen Aufstellung Bei den Rundfunknachrichten hat der Sprecher in Frankreich i.allg. eine größere Freiheit als in Deutschland, was man z.B. an Selbstkorrekturen erkennen kann. Aus diesem Grunde lassen sich die Nachrichten weder eindeutig der primär geschriebenen noch der primär gesprochenen Sprache zuordnen. Bei den Texten 24 und 25 handelt es sich um allgemeines Geplauder am Kaffeetisch, ohne daß irgend ein Anstoß von unserer Seite erfolgte oder eine aktive Teilnahme an der Unterhaltung. Wegen der Richtcharakteristik des Mikrofons konnten bei Unterhaltungen häufig nicht alle Gesprächsbeiträge mit der gleichen Qualität aufgezeichnet werden. Um ggf. einen Vergleich zwischen verschiedenen Sprechsituationen zu ermöglichen, wurden in den Texten 21, 24 und 25 stets die Äußerungen der gleichen Person ausgewertet. Die eigenen Aufnahmen wurden mit einem tragbaren Tonbandgerät in Chelles (Seine-et-Marne) und in Erlangen gemacht. Für die Aufnahmen 1, 12, 13,14 befragten wir Angestellte und Arbeiter eines Gartenbaubetriebes in Chelles. Die Informanten der Aufnahmen 2, 4, 15, 18, 19, 22, 23 wurden auf der Straße, im allgemeinen beim Spazierengehen, angesprochen. Die Aufnahmen 21, 24, 25 entstanden in der Wohnung einer französischen Familie. Zu den Aufnahmen 7, 8, 9, 10 wurden französische Gaststudenten in Erlangen herangezogen. Eine Befangenheit der Sprecher vor dem Mikrofon ist nicht auszuschließen. Die meisten Informanten glaubten, wir wollten ihre Meinung zu bestimmten Themen wissen, bzw. uns einen Einblick in den französischen Lebensstil verschaffen. Allenfalls wurde vermutet, es komme auf bestimmte "Wörter" an. Eine Beeinflussung der Informanten und damit eine Änderung ihres sprachlichen Verhaltens durch die Gegenüberstellung mit einem Ausländer ist im allgemeinen nicht zu erkennen gewesen. Eine gewisse Ausnahme bildet der Text 23, wo die Informantin anfangs zum Teil unvollständige Sätze verwendete. Inwieweit es sich jedoch um eine persönliche Eigenart der befragten Person handelt, die auch in anderen Situationen vorkommt, und nicht nur in Gegenwart von Ausländern, bzw. vor dem Mikrofon, ließ sich nicht feststellen. 31

Es zeigte sich schon bei den ersten Aufnahmen, daß weniger gebildete Leute oft nicht fähig sind, zusammenhängend über ein Thema zu sprechen. Um dennoch möglichst ausführliche Antworten zu erhalten, wurden Bereiche angesprochen, über die jeder sprechen kann: Freizeit, Ferien und vor allem die Maiunruhen des Jahres 1968. Diese lagen zur Zeit der Aufnahmen noch nicht lange zurück und bewegten die Franzosen damals erheblich. Es darf angenommen werden, daß die Informanten sich zu diesem letzten Thema ziemlich spontan äußerten, zumal sie alle mehr oder weniger emotional engagiert waren. Die Tonbandaufnahmen wurden später in normaler Orthographie niedergeschrieben und mit Anmerkungen über die Besonderheiten der Aussprache (z.B. Bindung, Aussprache des t in fait, but) versehen. Von einer Niederschrift in phonetischer oder phonologischer Umschrift wurde abgesehen, da sich durch sie keine wesentlichen Vorteile ergeben hätten. Bei einer Auswertung durch herkömmliche Auszählungsmethoden wäre die Arbeit durch das ungewohnte Schriftbild erschwert worden. Auch für die Auswertung mit Hilfe einer EDV-Anlage wären neue Schwierigkeiten entstanden, da eine Umsetzung der phonetischen bzw. phonologischen Zeichen auf den Zeichenvorrat der EDV-Anlage nötig gewesen wäre. Das Fehlerrisiko wäre bei beiden Auswertungsarbeiten beträchtlich gestiegen. Pausen und Versprecher wurden ebenfalls niedergeschrieben, nicht aber unartikulierte Laute. Der größte Teil der Texte wurde von Franzosen mit den Tonbandaufnahmen verglichen und nachkorrigiert. Dabei ergaben sich an den fiir unsere Fragestellung relevanten Stellen jedoch nur vereinzelte Korrekturen. 2.1.3.

Die Methode der Untersuchung

Wie bereits erwähnt, liegen der Untersuchung 31 Texte zugrunde. Die Texte haben unterschiedliche Längen (zwischen 43 und 628 Substantiven). Voraussetzung für die Untersuchung ist das Verständnis der Texte. Diese Forderung ist nicht aus der Luft gegriffen, da die französische Sprache nur in geringem Maße Grenzsignale kennt 117 . Fehldeutungen sind leicht möglich. Man vergleiche Stilblüten französischer Schüler118 oder auch die im französischen Sprachraum beliebten Wortspiele119. Das Verständnis der Texte wird zunächst nur zur 117 Vgl. dazu z.B. E. Giilich, Makrosyntax der Gliederungssignale im gesprochenen Französisch (1970). Die dort aufgeführten Gliederungssignale reichen jedoch keineswegs aus, um einen gesprochenen französischen Text so weit zu segmentieren, wie es für die vorliegende Untersuchung nötig gewesen wäre. 118 Vgl. z.B. in Jean-Charles, La Foire aux Cancres (1972). 119 Z. B. «Gali, amant de la reine, alla, tour magnanime, galammant de l'arène à la Tour Magne à Nîmes.» Das Beispiel zeigt, wie eine Lautfolge auf zwei völlig verschiedene Weisen interpretiert werden kann. Zur Problematik vgl. z. B. auch Pottier, Systématique, 23.

32

Segmentierung herangezogen. Darüberhinaus spielt die Semantik als Ausgangspunkt keine Rolle. Wir werden jedoch sehen, daß vielen Substantiven nur dann ein bestimmter Numerus zugeordnet werden kann, wenn auch die Semantik (und damit die Unterscheidung von Homonymen) berücksichtigt wird. Der Sinn quantitativer Methoden in der Sprachwissenschaft wird heute kaum noch bestritten, wenn auch ihr Wert recht unterschiedlich eingeschätzt wird. War die Sprachwissenschaft für Guiraud noch die «science statistique type» (i960) 1 2 0 , so ist man heute zurückhaltender. Man kann annehmen, daß quantitative Methoden am ehesten Zugang zur sprachlichen Norm (im Sinne Coserius 121 ) geben. In welchem Maße Häufigkeiten sprachlicher Erscheinungen zur langue bzw. zum "System" zu zählen sind, ist nicht ganz geklärt. Während z. B. Muller 122 und Altmann 123 das zu bejahen scheinen, ist für Heger die Häufigkeit eine Sache der Xparole, nicht der langue124. Andere Autoren ordnen bestimmten Eigenarten der Sprache Häufigkeiten zu, so Dubois, der in Markierung und Nichtmarkierung auch eine Frage der Häufigkeit bzw. Wahrscheinlichkeit sieht 125 . Mânczak zeigt an einer Anzahl von Beispielen, daß eine Verbindung zwischen der Häufigkeit des Vorkommens von bestimmten Erscheinungen und der Sprachentwicklung besteht 1 2 6 . Altmann sieht sogar einen Zusammenhang zwischen der Generativen Transformationsgrammatik, wie sie Chomsky darstellt, und der quantitativen Linguistik. Nach seiner Meinung könnte Chomskys Auffassung, daß es verschiedene Grade der Grammatikalität eines Satzes gebe 1 2 7 , dahingehend interpretiert werden, daß die Grammatikalität einer Form auch von ihrer Häufigkeit abhänge 128 . Eher könnte man wohl annehmen, daß sich die Akzeptabilität in Quantitäten niederschlägt 129 . Solange die Beziehungen zwischen Sprache und Häufigkeit nicht geklärt sind 130 , gehen wir mit Hockett 131 davon aus, daß der Hörer, der einige Wörter eines Satze gehört hat, gewisse Erwartungen über den noch unbekannten Satz hat. Dies dürfte auch für die Erkennung des Numerus gelten, die ja nach Sauvageot häufig nur durch ein «raisonnement latent» 132 möglich ist. 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129 130 131 132

P. Guiraud, Problèmes et méthodes de la statistique linguistique (1960), 15. E. Coseriu, System, Norm und 'Rede' (1970). Ch. Muller, Réflexions sur la fréquence des mots (1964), bes. 2 8 - 2 9 . G. Altmann, Status und Ziele der quantitativen Sprachwissenschaft (1972). K. Heger, Monem, Wort und Satz (1971), Kap. I, bes.S. 19 J. Dubois, Distribution, ensemble et marque dans le lexique (1964), 7. - J. Dubois, Nom et pronom, 4 9 - 5 0 . W. Mânczak, Fréquence et évolution (1966). - Vgl.z.B. auch A. Martinet, Eléments, 190-199. Chomsky, Aspekte, bes. 188-195. Altmann, Status und Ziele, 7. Zur Grammatikalität vgl. Chomsky, Aspekte, 23. Einen Überblick über wichtige Aspekte der heutigen Diskussion gibt z. B. A. Roceric, Eléments linguistiques de la linguistique statistique (1973). C.F. Hockett, Grammar for the Hearer (1961), 220-227. Sauvageot, Analyse, 82.

33

Für die Erwartungen des Hörers dürften Wahrscheinlichkeiten, und damit Häufigkeiten, eine Rolle spielen. Diese These wird z. B. durch eine lexikalische Untersuchung von Aborn und Rubenstein gestützt, die nachweisen, daß Versuchspersonen in der Lage sind, das wahrscheinlichste Wort in einem gegebenen Kontext anzugeben 133 . Wir können vermuten, daß das Ergebnis entsprechend auch für morphologische und syntaktische Erscheinungen gilt. Quantitative Untersuchungsmethoden bieten sich auch deshalb an, weil wir auf die Frage, woran der Hörer den Numerus französischer Substantive erkennen kann, nicht nur eine einzige Antwort finden können. Das zeigt sich auch in der vorhandenen Literatur zum Thema, wo wir Formulierungen wie "meistens" und "in erster Linie" finden. Wir wollen versuchen, gefühlsmäßige Eindrücke durch konkrete, überprüfbare und ggf. revidierbare Daten zu ersetzen. Die Statistik wird uns helfen, dort Tendenzen aufzuteigen, wo wir keine deterministischen Regeln finden können. Es soll also versucht werden, mit Hilfe des quantitativ aufbereiteten Materials Zugang zu den Erwartungen des Hörers und zur Norm (im Sinne Coserius) zu finden. Inwieweit ein Zugang zur langue gefunden werden kann, bleibt noch offen. Die Statistik versucht aufgrund einer Stichprobe auf die Grundgesamtheit zu extrapolieren. Voraussetzung ist eine für die Grundgesamtheit repräsentative Stichprobe. Quel que soit d'ailleurs le soin avec lequel l'échantillon est choisi, l'extrapolation comporte toujours un risque d'erreur : aussi les conclusions générales d'une étude fondée sur des échantillons sont-elles toujours probables, jamais certaines 134 .

Eine so umfangreiche Befragung von Personen, daß wir Auskunft über das sprachliche Verhalten aller Franzosen unter allen inner- und außersprachlichen Bedingungen erhalten könnten 1 3 5 , ist uns nicht möglich. Auch wenn unser Korpus als Stichprobe nicht repräsentativ für das heutige gesprochene Französisch insgesamt ist, so können wir doch Vermutungen ableiten, die auf jeden Fall genauer sind als die bisherigen, meist auf subjektivem Eindruck beruhenden, Aussagen. Eine weitere Voraussetzung für eine quantitative Untersuchung ist die genaue Definition der Elemente, die untersucht werden sollen.

133 M. Aborn, H. Rubenstein, Perception of Contextually Dependent Word-Probabilities (1958): « [ . . . ] words perceived as being more probable in a given context tended to be those actually occurring with greater probability in that context [...]» (S. 422). Die Meßverfahren, mit denen die Autoren die Wahrscheinlichkeit des Auftretens in einem bestimmten Kontext prüfen, müßten nach unserer Meinung allerdings noch verbessert werden. 134 Y. Lebrun, Linguistique quantitative (1966), 107. 135 Vgl. z.B. Ch. Muller, Einführung in die Sprachstatistik (1972), 1 8 - 1 9 .

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Un critère de définition d'un phénomène linguistique, en vue d'une étude statistique, doit avoir trois caractéristiques essentielles : [re caractéristique : La définition doit correspondre, le mieux possible à la réalité linguistique. C'est bien évident. 2e caractéristique : Le critère doit être le plus simple possible et comprendre le plus petit nombre de règles possibles, une seule au mieux. 3e caractéristique : Le critère doit être précis et éliminer tout besoin d'interprétation. Une machine devrait pouvoir l'utiliser. Toute possibilité d'interpréter la définition de plusieurs façons possibles fait que l'on ne travaille plus dans un ensemble puisqu'il n'est possible de savoir si deux objets sont ou non différents. [...] Or, dans l'état actuel de la linguistique, à l'exception des graphèmes, il n'existe pas, à ma connaissance, d'unités linguistiques ayant une définition faisant l'unanimité et conforme à cette troisième caractéristique 136 .

Die in dieser Untersuchung verwendeten Definitionen sollen später gegebenwerden. Ein großer Teil der vorliegenden Untersuchung wurde mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) ausgeführt. Der Einsatz der EDV bietet sich aus folgenden Überlegungen an: Das relativ große Datenmaterial (6400 Substantive) für eine sprachliche Auswertung von Hand zu ordnen und zusammenzustellen gestaltet sich äußerst schwierig und zeitraubend, wobei außerdem die Übersichtlichkeit immer zu wünschen übrig lassen wird. Eine Datenverarbeitungsanlage jedoch bewältigt große Datenmengen ohne Schwierigkeiten und arbeitet mit fast absoluter Zuverlässigkeit gemäß dem eingegebenen Programm. Man kann vor allem jedes beliebige Wort, jede Zeichenfolge, jede Merkmalkombination schnell auffinden. Auch lassen sich Wörter mit bestimmten Merkmalkombinationen übersichtlich zusammenstellen. Das ist sehr wichtig für Einzelanalysen zu bestimmten Fragen und auch für die Auffindung von Fehlern, die bei der Aufbereitung des Datenmaterials entstanden sind. Die Korrekturen dieser Daten bereiten keine Schwierigkeiten. Was zunächst von der Arbeit mit der EDV abhalten könnte, ist die relativ lange Vorbereitungszeit. Bevor mit der Auswertung begonnen werden kann, müssen die Programme entworfen und ausgetestet werden und die einzelnen Daten auf Datenträger, die für die Maschine lesbar sind, übertragen werden. Die Daten wurden ausgewertet auf dem Rechner CD 3300 des Rechenzentrums der Universität Erlangen-Nürnberg. Da dort ein Klarschriftleser nicht zur Verfügung stand, wurden Lochkarten als Datenträger verwendet. Als Programmiersprache wurde FORTRAN IV benutzt (einschließlich der

136 R. Moreau (1966), 1 2 6 - 1 2 7 . - Vgl. z.B. auch Muller, Einführung, 17 und G. Clauß, H. Ebner, Grundlagen der Statistik (1968), 2 5 - 2 6 .

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speziellen FORTRAN-Vereinbarungen an der CD 3300) 137 . Alle Programme wurden selbst geschrieben138. Die Lochkarten, die für die Auswertung der Texte benutzt wurden, tragen 22 Angaben, die im folgenden aufgezählt und erläutert werden. 1. Textnummer 2.

Sprechemummer

3. Wortnummer Laufende Nummer in jedem einzelnen Text. 4. Wort Hier wird das Substantiv in seiner schriftsprachlichen Form aufgeführt. Problematisch sind dabei die Abgrenzungen eines Wortes in der ciiaîne parlée. Da der Begriff "Wort" in der Literatur bisher noch nicht in einer allgemein verbindlichen und akzeptablen Definition festgelegt ist, soll eine für diese Arbeit praktikable Konvention gefunden werden. Wir können uns weitgehend an Muller anschließen: Wenn die Abgrenzung des Wortes im Französischen verhältnismäßig wenig Probleme aufwirft, dann deshalb, weil uns die orthographische und typographische Tradition eine Lösung bietet, die in der großen Mehrheit der Fälle für den Linguisten annehmbar ist. Wenn man «graphische Einheit» die Gruppe von Zeichen nennt, die von den benachbarten Gruppen durch eine Lücke oder ein Satzzeichen getrennt ist, kann man im großen und ganzen die Äquivalenz graphische Einheit = Wort akzeptieren (was für eine Sprache wie das Deutsche bei weitem nicht zutrifft) 1 3 9 .

Da wir aber die gesprochene Sprache als Gegenstand der Untersuchung gewählt haben, müssen wir, um die obige Definition zu übernehmen, voraussetzen, daß sich die geschriebene und die gesprochene Sprache in Bezug auf die Wortgrenzen weitgehend entsprechen. Das gilt zumindest für die sprachlichen Einheiten, die üblicherweise als Substantive bezeichnet werden. Es soll hier keineswegs versucht werden, eine allgemeine Definition des Begriffs "Wort" zu geben. Es kann auch nicht Sinn dieser Arbeit sein, für jede einzelne vermutete Einheit eine gesonderte Untersuchung anzustellen, ob sie wirklich als Einheit betrachtet werden darf, vielmehr wird eine fur unsere Zwecke praktikable Lösung des Problems der Segmentierung angestrebt. 137 Vgl. z. B. W. Lucklum, G. Teichman, D. Weiß, Fortran-Programmierung für die Rechenanlage CD 3300 (1971). 138 An einzelnen Punkten war ich zur Erstellung der Programme auf die Hilfe von Personen angewiesen, die einen tieferen Einblick in die Möglichkeiten des Programmierens haben. Es waren dies das Aufsichtspersonal des Rechenzentrums und einige andere Benutzer. 139 Muller, Einführung, 176.

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Der Apostroph gilt für uns i. allg. als Wortgrenze (jedoch nicht in maind'œuvre und hors-d 'œuvré). Der Bindestrich heißt für uns in der Regel nicht, daß beide Einheiten als eine einzige betrachtet werden müssen. Die Fälle, in denen ein Bindestrich vorkommt, werden gesondert überprüft. In einigen Fällen weichen wir von der obigen Definition ab. Zunächst einmal ist die Rolle der Zusammensetzung zu klären. Wenn wir das geschriebene Französisch als Richtschnur für die Wortsegmentierung nehmen, so müssen wir z.B. pomme de terre oder fil de fer als aus zwei Substantiven bestehend betrachten. Die Problematik eines derartigen Vorgehens ist offensichtlich, da diese beiden Wortgruppen offensichtlich von der Mehrheit der Franzosen als Einheit empfunden werden. Für pomme de terre kann umgangssprachlich auch das Wort patate gesetzt werden; fil de fer wird meist nur durch fil ausgedrückt. Zudem kommen gelegentlich "falsche" Bindungen wie fils de fer-zépars (Text 7) und pommes de terre-z-à l'anglaise vor, die darauf hinweisen, daß beide Zusammensetzungen als Einheit empfunden werden. Die Alternative, derartige Ausdrücke als Einheit zu betrachten, hätte aber den schwerwiegenden Nachteil, daß es keine eindeutigen und praktikablen Kriterien dafür gibt, wann wir es mit einem zusammengesetzten Wort und wann mit einer einmaligen Verkettung von einzelnen Wörtern zu tun haben. Damit auch diese Überlegungen berücksichtigt werden können, werden die Substantive einer Zusammensetzung von uns zwar einzeln gewertet, gleichzeitig wird jedoch auf den Lochkarten die Rubrik Feste Fügung vorgesehen. Im neueren Französisch werden Zusammensetzungen häufig durch Nebeneinanderstellen von Substantiven gebildet, ohne daß eine Präposition auf die Art der Beziehung zwischen den beiden Wörtern hinweist. Häufig, aber nicht immer werden diese Komposita mit Bindestrich geschrieben. (Komposita ohne Bindestrich werden nach unserer Konvention immer als einzelne Wörter betrachtet.) Dagegen könnte man vermuten, daß die Substantive, die in der geschriebenen Sprache durch einen Bindestrich verbunden sind, eher als Einheit aufzufassen sind als solche, die graphisch nicht verbunden sind. Es herrscht tatsächlich jedoch eine solche Uneinheitlichkeit bei der Setzung des Bindestrichs 140 , daß die Prüfung jedes einzelnen Falles nötig ist. Wir gehen hier davon aus, daß Komposita aus zwei Substantiven und mit Bindestrich normalerweise als zwei Wörter behandelt werden. Andere Zusammensetzungen mit Bindestrich gelten als ein einziges Wort. Folgende Bildungen in unseren Texten, die mit Bindestrich verbunden sind, gelten als ein Wort: ajusteur-mécanicien, amour-propre, Anglo-Saxon, après-midi, avant-veille, bas-côté, beau-frère, beau-père, belle-mère, bla-bla-bla, blue-jean, cabine-cruiser, Coca-Cola, compte-rendu, demi-heure, deux-chevaux, garde-chasse, histo-embryologie, hors-d'œuvre, jardinier-paysagiste, main-d'œuvre, 140 Vgl. dazu z. B. Chr Rohrer, Die Wortzusammensetzung im modernen Französisch (1967), 6 2 - 1 6 4 .

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porte-voix, quasie-unanimité, rendez-vous, sit-in, sud-ouest, vingt-deuxième, visà-vis. (Die Liste wurde mit Hilfe des Programms ZWEIWORT, s.u. im Anhang zusammengestellt.) Als mehrere Wörter gelten dagegen alle übrigen Bildungen mit Bindestrich in unseren Texten, so z. B. tête-à-tête, interview-événement. Partikeln an den Substantiven, wie -même, -là, -ci werden bei der Auswertung nicht in die Wo/t-Spalten übernommen, da sie nicht als zum Substantiv gehörig betrachtet werden. In einigen Fällen werden auch solche Zusammensetzungen als ein Wort gewertet, die in der Schreibung nicht verbunden sind, nämlich fait divers, (la) der des der, die jeweils eine Einheit darstellen (der kommt nicht allein vor141 ), Panhard 25 CT, pour cent, für das auch das Zeichen % eintreten kann, und statu quo. Ausgewertet werden in unseren Texten alle Substantive, gleichgültig in welcher Funktion, und alle Wörter, die als Substantive gebraucht werden. Da die Kategorie "Substantiv" so weit gefaßt ist, zählen für uns auch substantivierte Adjektive (z.B. pauvre petite) und substantivierte Pronomen (z.B. c'est le tien) ebenso wie d'accord (vgl. en parfait accord), d'abord (vgl. au premier abord), au revoir (vgl. jusqu'au revoir). Die Substantive, die im Einzelfall als Adjektive gebraucht werden 142 (z.B. in un effet bœuf) gelten weiterhin als Substantive, ebenso Substantive, die als Adverb (z. B. il est venu lundi) oder als Präposition verwendet werden (z.B. grâce à). In Zweifelsfällen können die Angaben des Petit Larousse oder die der Wörterbücher von Robert 143 als Richtschnur dienen. In den Fällen, in denen die Schreibung zeigt, daß die Substantive ihre ursprüngliche Autonomie verloren haben, wird angenommen, daß das gleiche in der gesprochenen Sprache gilt. In quelquefois, longtemps, enfin, toujours kommen Substantive in unserem Sinne nicht vor. Wir nehmen aber an, daß man z. B. in tout le temps, sur le coup durchaus noch das Empfinden für ein Substantiv hat. A huis clos erscheint im heutigen Französisch als eine archaische Wendung, deren genauen Sinn viele, vielleicht sogar die meisten, Franzosen nicht mehr erkennen. Huis als Substantiv gehört nicht mehr der heutigen Sprache an und wird deshalb nicht gezählt. Reine Eigennamen sind nicht Gegenstand unserer Untersuchung (z. B. Poulette, Allemagne). Länder-, Provinz- und Städtenamen sind immer als Eigennamen zu werten und zählen nicht für die Auswertung; dagegen zählt z.B. aber le Grand Palais, das zwar ein bestimmtes und einmaliges Gebäude bezeichnet, aber von jedem, der davon noch nie etwas gehört hat, zunächst als "der große Palast" aufgefaßt wird, was ja auch nicht völlig falsch ist. Zu dieser letzteren Gruppe gehören damit auch die Ausdrücke, die heute häufig 141 Vgl. Le petit Robert (1972), s.v. dernier. 142 Vgl. z.B. J. Marouzeau, Entre adjectif et substantif (1954), 170-71. - Rohrer, Die Wortzusammensetzung, 107-113, 174-176. 143 Es wurden folgende Ausgaben verwendet: Le petit Robert, 9 e éd. (1972). - Le Robert (1960-70). - Petit Larousse, 20 e tirage (1965).

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als "Kennzeichnungen" bezeichnet werden 144 . Obwohl Eigennamen an sich immer einen bestimmten Gegenstand bezeichnen, kommen sie gelegentlich auch in einer pluralischen Form vor. In diesem Fall, wenn sie also als Appellativa gebraucht werden, zählen sie zu den Substantiven in unserem Sinne (z. B. les deux Allemagne(s), trente-sept belles Helènes (Text 28)) I 4 S . Warennamen (z. B. Coca-Cola), Typennamen (z. B. Caravelle) und Eigennamen, die Personengruppen bezeichnen (z.B. les Allemands), gelten als Substantive, da sie durchaus wie eigentlich Substantive gebraucht werden. Demgegenüber zählen Monatsnamen nicht zu den untersuchten Wörtern. Sie bezeichnen in unseren Texten immer bestimmte Monate, so daß sie den Eigennamen sehr nahe kommen. Ihr Gebrauch weist außerdem eine Reihe von Besonderheiten auf, die sie von den anderen Substantiven deutlich absetzen. Ihre Pluralformen werden durch Umschreibung gebildet (z.B. les mois de mai). Vor den Monatsnamen zeigen Kardinalzahlen keinen Plural an, wie bei den anderen Substantiven (z. B. treize jours ist Plural, 13 mai dagegen Singular). Die Ergebnisse unserer Untersuchung treffen nur teilweise auf die Monatsnamen zu. Diese würden eine gesonderte Untersuchung erfordern. Da Monatsnamen in unseren Texten nicht sehr häufig vorkommen, und sie dabei Eigennamen nahe kommen, können wir keine hinreichend begründeten Aussagen über die Numerusmarkierung dieser Wortart machen. Die Namen der Wochentage entsprechen in ihrem Gebrauch weitgehend den Substantiven und werden als solche gewertet, auch wenn sie im Einzelfall adverbial verwendet werden. Aus dem gleichen Grunde wird heure stets als Substantiv gewertet, auch in der Angabe der Uhrzeit (z.B. dix heures ont sonné). Grand-chose ebenso wie (ne ...) personne gelten nicht als Substantive. Offensichtliche Versprecher, bei denen sich der Informant selbst korrigierte ohne das Wort vollständig ausgesprochen zu haben, werden nicht mit ausgezählt. In den anderen Fällen werden auch Sprech- und Sprachfehler bei der Auswertung berücksichtigt. 5. Numerus Es wird unterschieden zwischen "Singular' , "Plural", "wahrscheinlich Singular" und "wahrscheinlich Plural". Unsichere Fälle wurden von französischsprachigen Sprechern noch einmal überprüft. Nur wenn ein Wort auch nicht von einem native speaker aufgrund seines Sprachgefühls als Singular oder Plural festzulegen war, wurde es als "wahrscheinlich Singular" oder "wahrscheinlich Plural" klassifiziert. Es ist nicht auszuschließen, daß in Einzelfällen verschiedene Informanten zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. 144 Vgl. dazu z.B. G. Gabriel, Kennzeichnung und Präsupposition (1971), 27. - W. Kamiah, P. Lorenzen, Logische Propädeutik (1967), 103. - H. Schleichen, Identifikation und die Semantik von Eigennamen (1971). 145 Vgl. auch E. Coseriu, El plural en los nombres proprios (1955).

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6. Genus Dieser Angabe kommt vor allem bei den Artikelformen au und aux Bedeutung zu. 7. Morphologische Markierung des

Substantivs

Hierzu gehören alle die Fälle, in denen auch in der gesprochenen Sprache ein Unterschied zwischen Singular und Plural deutlich ist, z. B. oeil/yeux, monsieur/ messieurs usw., und auch bonhomme/bonshommes, Maximum wird hierzu nicht gezählt, da sowohl ein Plural maximums als auch ein Plural maxima vorkommt. So sind der Singular maximum und der Plural maximums in der gesprochenen Sprache nicht markiert, die Pluralform maxima (die im Korpus nicht vorkommt) ist dagegen morphologisch eindeutig festgelegt. Abweichend von unserem Grundsatz, Homonyme nicht gesondert zu behandeln, wird travail als morphologisch markiert betrachtet, da der Plural travails "Zwangsställe, Zwangsstände" in unseren Texten kaum zu erwarten ist. Bœuf, oeuf, but, fait usw. und ihre Plurale werden hier nicht gezählt, da nicht immer ein Unterschied in der Aussprache zwischen den Numeri gemacht wird. Das geschieht, obwohl manche Autoren, die das Thema "Numerus des Substantivs" behandeln, sie zu diesem Kapitel zählen 146 . Wir werden sie gesondert untersuchen. Fremdsprachliche Plurale in Fremdwörtern, z. B. spaghetti, graffiti, aristoi zählen wir nicht zu den morphologisch markierten Fällen. Es ist anzunehmen, daß sie nur von den Personen als Pluralformen verstanden werden, die die entsprechenden Sprachen beherrschen. Dieser Personenkreis dürfte jedoch sehr klein sein. 8. Morpiiologische Markierung durch das zum Substantiv gehörige 9. Bindung am Anfang des

Adjektiv

Substantivs

Es werden zwei Gruppen von Bindungen unterschieden, solche mit /z/ und andere Bindungen. [ . . . ] il y a liaison quand, dans des conditions syntaxiques à déterminer pour chaque cas, un mot, devant un mot commençant par voyelle ou semi-voyelle, se termine par une consonne (n, t, z, rarement k, l, p) qui ne se présente pas ailleurs ni n'est remplaçée par une autre consonne ailleurs 147 .

Im Gegensatz zu der obigen Definition stellt fur uns cet enfant keine Bindung dar, (wohl aber bon enfant), da wir cet als morphologische Variante von ce ansehen. Wir wählen diesen Weg, weil die Alternative, in Verbindungen vom Typ 146 Z.B. Chevalier et al., Grammaire Larousse, 173. - Csécsy, Les marques orales, 46 (100). - Damourette / Pichon, Des Mots à la Pensée, 3 2 6 - 3 2 8 . - Gougenheim, Système grammatical, 58. - Moignet, Le Problème, 469. - Sauvageot, Analyse, 76. 147 M.W. Zwanenburg, La liaison du français moderne comme problème morphologique et syntaxique (1968), 1414.

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/setäfä/ oder /stäfä/ eine Bindung mit /t/ zu sehen, die Beschreibung erheblich verkompliziert hätte. Häufig ist es zudem kaum möglich, die lautliche Realisierung von cet enfant einer der beiden oben genannten Aussprachevarianten zuzuordnen. (Wir finden z.B. [s:t], [sat], [s't], [s e t], die von verschiedenen Hörern als zu verschiedenen Phonemen gehörig aufgefaßt werden können. Eine besondere Untersuchung zur Aussprache von cet wäre nötig. Eine rein regionale Differenzierung, wie sie uns die Karten des ALF 148 vermuten lassen könnten, dürfte nicht ausreichend sein.) Ähnliches gilt für vieil ami, wo vieil als morphologische Variante von vieux angesehen wird. Manchmal kann man durch das Fehlten einter Bindung mit /z/ auf den Numerus des Substantivs schließen. Um dieser Tatsache im Rahmen des Auswertungsschemas Rechnung zu tragen, wird in diesem Fall beim Substantiv eine "andere Bindung als mit /z/" angenommen, auch wenn das nicht mit der oben gegebenen Definition übereinstimmt; so ist z. B. leur enfant durch das Fehlen einer Bindung mit /z/ eindeutig als Singular markiert. Beispiel: les

recents^evenements.

10. Bindung am Anfang des

Adjektivs

Es sind hiermit die attributiven Adjektive gemeint. Definition der Bindung wie unter Nr. 9. Beispiel: certains

camarades^etrangers.

11. Bindung am Ende des Beispiel: certains

camaradesjtrangers.

12. Bindung am Ende des Beispiel: les

Substantivs

Adjektivs

recentsjevenements.

Wie die Beispiele zu Nr. 9 und 12 einerseits und zu Nr. 10 und 11 andererseits zeigen, schließen sich die Bindungen gegenseitig nicht aus. 13. Artikel und adjektivische

Pronomen

Die Diskussion über die Semantik der Artikel 149 kann hier übergangen werden, es kommt allein auf ihre Funktion innerhalb unseres Themas an. Daher wird

148 Besonders die Karten 44, 460, 549. 149 Vgl. z. B. E. Tanase, Y a-t-il trois espèces d'articles en français? (1972). - U. Figge, Der französische Artikel - ein Possessivpronomen (1971).

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z.B. bei des und du nicht zwischen der Kontraktion von de + les bzw. de + le und dem Teilungsartikel differenziert. Da der bestimmte Artikel zusammen mit der Präposition a drei Oppositionspaare ergibt, nämlich a /' / aux, ä la / aux, au / aux, zeigt aux bei vokalisch anlautenden Substantiven oder bei weiblichen Substantiven einen Plural an. Wir müssen also bei der Auswertung unterscheiden, ob das unmittelbar folgende Substantiv männlich oder weiblich ist und ob es vokalisch anlautet oder nicht. Die Entscheidung ob /o/ im Einzelfall als Markierung gezählt werden kann oder nicht, wird vom Rechner getroffen. Die wenigen Fälle, in denen zwischen aux und dem Substantiv ein vokalisch anlautendes Adjektiv steht, können aus technischen Gründen nicht berücksichtigt werden. Ledit usw. wird dem Artikel le usw. gleichgesetzt. Da vom heutigen Sprachgebrauch ausgegangen wird, gilt des in dem Ausdruck des fois als eine Form des Artikels, obwohl es historisch aus teKtalem abgeleitet ist, wie Orr nachgewiesen hat 150 . Neben den Artikeln zählen zu dieser Kategorie die adjektivischen Demonstrativ- und Possessivpronomen. Die Aussprache /not/ für notre, /vot/ für votre und /st/ für cet, cette wird nicht eigens berücksichtigt. (Vgl. dazu auch Nr. 9.) Leur und leurs werden, obwohl sie in ihrer gesprochenen Form, außer in der Bindung, keinen Hinweis auf den Numerus geben, ebenfalls vermerkt. Bei der Auszählung werden sie gesondert aufgeführt, jedoch nicht als Numerusmarkierung gewertet. (Bindungen bei leur und leurs werden bei der Auswertung der Bindungen gezählt.) Gelegentlich bezieht sich ein Artikel zugleich auf zwei Substantive (z. B. des grilles et fourchettes de m«de(Text 17)). In solchen Fällen wird der Artikel dann bei beiden Substantiven aufgeführt. Auf der Lochkarte ist in der Sparte Bemerkungen (s. u. Nr. 22) ein entsprechender Hinweis angebracht. Un, une wird je nach Bedeutung zu den Artikeln oder zu den Kardinalzahlen (s.u. Nr. 14) gerechnet. Im Zweifelsfall gilt es als unbestimmter Artikel. 14• Sonstige Artikelwörter Als Artikelwörter lsl sollen in unserer Arbeit, außer den Artikeln selbst, die Wörter bezeichnet werden, die an die Stelle eines Artikels treten können, d.h. einige adjektivische Pronomina und die Kardinalzahlen. Die Pronomina, die wir zu den Artikelwörtern rechnen, sind die unter Nr. 13 aufgeführten und die unten genannten. Manche dieser Wörter können aneinandergereiht bei ein und demselben Substantiv verwendet werden. Die unter Nr. 13 angegebenen Ar-

150 J. Orr, Une survivance en français populaire : des fois (1951). 151 Vgl. R. Rath, Zur syntaktischen Analyse nominaler Gruppen der deutschen Gegenwartssprache (1966), 10, Fußn. 7. 42

tikel und Pronomen schließen sich jedoch auf jeden Fall aus. Über die Austauschbarkeit der übrigen Artikelwörter liegt ein umfangreiches Untersuchungsmaterial v o r l s 2 . Folgende Artikelwörter, neben den unter Nr. 13 genannten, drücken auch in der gesprochenen Sprache eindeutig den Numerus aus: Singular: chaque, aucun, nul. Aucun und nul kommen in der primär gesprochenen Sprache offenbar nicht im Plural vor. Zumindest ist kein Gegenbeispiel bekannt; in der Schriftsprache sind Plurale dieser beiden Pronomen möglich 153 , besonders bei Wörtern, die keinen Singular haben. Plural: plusieurs, certains, divers, différents. Certains kommt in der geschriebenen Sprache, aber nicht in der gesprochenen Sprache auch singularisch vor. Ein Beispiel für einen Singular in der gesprochenen Sprache ist nicht bekannt. Singular oder Plural: quelque, tout, n'importe quel, je ne sais quel und ähnliche, tel und zu all diesen die jeweiligen Feminin- und Pluralformen. Autre(s) wird trotz einiger Bedenken 154 auch als (nicht eindeutiges) Artikelwort gewertet, ebenso wie d'autre(s), da nicht auszuschließen ist, daß beide zuweilen als Artikelwörter verwendet werden. Es wird darauf hingewiesen, daß einige der oben aufgeführten Artikelwörter auch als Adjektive vorkommen, z. B. un certain jour. In diesem Fall gelten die oben in diesem Kapitel gemachten Beobachtungen nicht. Die Artikelwörter, die in der gesprochenen Sprache nur einen bestimmten Numerus ausdrücken, gelten in diesem Zusammenhang als "eindeutige Artikelwörter". Einige Zahlwörter lassen sich als Substantive betrachten, erfüllen aber ähnliche Funktionen wie die Kardmalzahlen. Dazu gehören die Sammelzahlen (]vingtaine, trentaine usw.) und million, milliard usw. Ihrer doppelten Funktion entsprechend verwenden wir für diese Zahlen folgende Konvention: Die genannten Zahlwörter selbst werden als Substantive betrachtet und erhalten folglich eigene Lochkarten. Ein folgendes Substantiv wird so behandelt, als ob sein Numerus durch eine Kardinalzahl markiert wäre. Beaucoup de und assez de, die für Dessaintes 155 als Artikel gelten, werden, in Übereinstimmung mit den meisten anderen Autoren, nicht zu den Artikel152 Vgl. z.B. H. Mitterand, Observations sur les prédéterminants du nom (1963). V. Hoïejsi, A propos des expressions nominales françaises et de leurs déterminatifs (1966). - J.-C. Chevalier, Eléments pour une description du groupe nominal, Les prédéterminants du substantif (1966). - M. Arrivé, Aspects de la structure morphologique des déterminants français (1968); zum großen Teil gleichlautend mit: Arrivé, Les formes des déterminants et des substituts (1968); nachgedruckt 1971. - Grevisse, Le Bon Usage, 3 3 4 - 4 0 2 . - Chevalier et al., Grammaire Larousse, 2 0 9 - 2 8 0 . 153 Vgl. Arrêté relatif à la simplification de l'enseignement de la syntaxe française, 26 février 1901. Abgedruckt in: Grevisse, Le Bon Usage, 1 1 2 2 - 1 1 2 7 , hier 1125. 154 Vgl. Chevalier et al., Grammaire Larousse, 3 4 - 3 7 . 155 M. Dessaintes, La catégorie de l'article en français moderne (1964), 29.

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Wörtern gezählt. Sie fallen in die Kategorie Quantitätsangaben (s. u. Nr.19). Da auf den Lochkarten nur Raum für ein einziges "sonstiges Artikelwort" ist, es jedoch nicht ausgeschlossen ist, daß zwei oder mehr "sonstige Artikelwörter" bei einem Substantiv stehen, muß in diesem Fall eine Angabe unter den Bemerkungen gemacht werden. 15. Abstand In dieser Rubrik wird vermerkt, wieviele Wörter zwischen dem Artikelwort (wenn mehr als eines vorhanden ist, zwischen dem letzten Artikelwort) und dem Substantiv stehen. Wenn das Substantiv unmittelbar auf das Artikelwort folgt, wird der Abstand 0 (Null) eingesetzt. Als zweiter Wert wird notiert, wieviel Adjektive zwischen Artikelwort und Substantiv stehen. (Beispiel: la plus grande maison: Abstand 2/1). 16. Verbum Es wird differenziert zwischen Verbformen, die den Numerus in der gesprochenen Sprache eindeutig bezeichnen und solchen, deren sprechsprachliche Form nicht auf den Numerus des Subjekts schließen läßt. Die Rubrik findet Berücksichtigung, wenn das Verb im gleichen Satzteil steht wie das Substantiv, nicht aber, wenn das Verbum in einem anderen Satzteil steht oder das entsprechende Subjekt durch ein Pronomen neu aufgenommen wurde. Gewertet wird es jedoch in Relativsätzen, in denen das Relativpronomen Subjekt ist (z. B. l'homme qui chante) und bei den volkssprachlichen Wendungen, in denen das Subjektspronomen sozusagen als prädeterminierendes Personenkennzeichen dem Verbum vorausgestellt wird. Beispiel: Tu vois cet homme-là, il chante bien wird nicht gewertet; cet homme i(l) chante bien wird gewertet. Eine Trennung zwischen beiden Fällen ist nicht immer eindeutig möglich. Im Zweifelsfall wird das Verbum gewertet. Stehen zwei Verben bei einem Substantiv und mindestens eines der beiden gibt den Numerus in der gesprochenen Sprache eindeutig an, so gilt der Numerus des Substantivs in der gesprochenen Sprache als durch ein Verbum eindeutig markiert. Beispiel: ... ma sœur qui a deux petits enfants ne pouvait pas ...

(Text 10).

Gehören zu einem Verbum zwei Substantive, als Subjekt und als Prädikatsnomen, bzw. als doppelter Nominativ, so wird für jedes dieser Substantive das Verbum gewertet. Beispiel: . . . cette interdiction

de visite(s) a été ... le premier prétexte

...

(Text 8).

Wird die formale Übereinstimmung im Numerus zwischen Subjekt und Prä44

dikat aus irgendeinem Grunde durchbrochen 156 , so wird bei den Bemerkungen ein Vermerk angebracht. Die Rubrik Verbum bleibt dann offen. Beispiel: ...un

mouvement

dominant.

. . qu'ont donné certains slogans. . . (Text 8).

Das gleiche gilt, wenn zwei Substantive im Singular sich auf ein Verbum im Plural beziehen. Beispiel:... parce que le mari de madame et mon mari sont compagnons ... (Text 22).

Ebenfalls nicht berücksichtigt werden die Wendungen c'est und on est (und die entsprechenden Tempusformen dazu), die im heutigen Sprachgebrauch für beide Numeri verwendet werden. C'est kann beinahe zu den Partikeln gerechnet werden. Ce sont wird in der Rubrik Verbum gewertet, da sont hier durchaus noch verbalen Charakter hat. 17. Feste Fügungen Wir verstehen unter Fester Fügung feste Zusammensetzungen von zwei Substantiven, feste Ausdrücke und Kennzeichnungen (s. u.). Bei diesen festen Fügungen beobachten wir häufig, daß keine Numerusmarkierung der Substantive zu finden ist. Da wir auch untersuchen wollen, woran ein Hörer den Numerus eines formal nicht markierten Substantivs erkennt, wird es für uns von Bedeutung sein, ob ein Substantiv in einer festen Fügung steht oder nicht. 1. Zusammensetzung von zwei Substantiven Das bestimmende Substantiv der Zusammensetzung wird auf der Lochkarte gekennzeichnet (z. B. fer in rideau de fer). Die Abgrenzung des Begriffs "Zusammensetzung" erweist sich im Einzelfall als außerordentlich schwierig. Man kann als Grundlage die Definition des "Synthems" von Martinet verwenden: [...] nous avons proposé d'appeler synthème tout signe susceptible d'être considéré comme formé de deux ou de plus de deux éléments sémantiquement identifiables et qui, en tous points, se comportent syntaxiquement comme les signes minima avec lesquels il commute 1 5 7 .

Eine andere Definition, die von der Semantik ausgeht, gibt z. B. Phal. Im Ergebnis decken sich beide Definitionen aber weitgehend. Phal weist darauf hin, daß es häufig von den Sprechern abhängt, ob eine Wortfolge als Zusammensetzung erscheint oder nicht l s 8 . Eine zuverlässige Aussage darüber, ob eine 156 Vgl. z.B. Tanase, Les moyens, 313. - Moignet, Le problème, 4 7 8 - 4 7 9 . 157 A. Martinet, Syntagme et synthème (1967), 14. 158 A. Phal, Les groupes de mots (1964), 47, 52.

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Wortfolge als eine Zusammensetzung aufgefaßt werden kann oder nicht, ist also nicht ohne weiteres möglich. Dazu wäre in jedem einzelnen Fall eine lexikologische Untersuchung nötig. Auch native speakers können i. allg. erfahrungsgemäß keine sicheren Aussagen darüber machen, ob man im Einzelfall von einer Zusammensetzung ausgehen soll oder nicht. Gewisse Anhaltspunkte finden wir in Wörterbüchern; die Angaben schwanken jedoch in den verschiedenen Werken erheblich. Auch bei ihnen macht sich das Fehlen einer präzisen Definition bemerkbar. Also können wir häufig nur vermuten, ob wir in einem konkreten Fall von einer "Zusammensetzung" ausgehen sollen oder nicht. Eine Auswertung mit Methoden der Prüfstatistik ist daher strenggenommen nicht möglich, weil kein zuverlässiges Kriterium existiert, Wortfolgen der Menge der Zusammensetzungen zuzurechnen oder nicht. Als ungefährer Anhaltspunkt kann diese Kategorie aber von Nutzen sein. 2. Feste Ausdrücke und Wendungen Unter "festen Ausdrücken" und "Wendungen" verstehen wir die festen Wortfolgen, die nicht zu der Kategorie "Zusammensetzung von zwei Substantiven" und nicht zu den "Kennzeichnungen" gehören. Hier gilt grundsätzlich dasselbe wie fur "Zusammensetzungen": eine genaue und praktikable Definition ist kaum möglich. Guiraud gibt folgende Merkmale eines festen Ausdrucks an: [ . . . ] unité de forme et de sens; écart de la norme grammaticale; valeurs métaphoriques particulières 159

Davon ist nur das erste Merkmal Voraussetzung für einen festen Ausdruck. Die beiden anderen sind zwar häufig zu finden, aber nicht notwendig, damit man von einem festen Ausdruck sprechen kann. Sehr häufig fehlt bei festen Ausdrücken der Artikel vor dem Substantiv, vor allem nach dem Verbum avoir (z. B. avoir peur) und nach Präpositionen (z. B. voyager par mer). Da die Präposition en bei vielen festen Ausdrücken steht, werden feste Ausdrücke mit en auf den Lochkarten besonders verschlüsselt. 3. Kennzeichnungen Wir verstehen unter "Kennzeichnungen" solche Wörter und Wortfolgen, die einen einmaligen, für den Sprecher bekannten, Gegenstand (auch Person oder Abstraktum) benennen. Auch der nicht eingeweihte Hörer kann aus den einzelnen Wörtern der Kennzeichnung entnehmen, worum es sich ungefähr handelt, z. B. Grand Palais, Halle aux vins160.

159 P. Guiraud, Les locutions françaises (1967), 6. 160 Siehe oben Fußnote 144.

46

Kann ein Wort gleichzeitig als Teil einer Kennzeichnung und als Teil einer Zusammensetzung von zwei Substantiven betrachtet werden, so wird es nur als erstere verschlüsselt. In die Rubrik Feste Fügungen wird i. allg. nur dann ein Eintrag gemacht, wenn das Substantiv durch keine eindeutige formale Numerusmarkierung in der gesprochenen Sprache gekennzeichnet ist, da sie nur in diesen Fällen eine relevante Information für uns darstellt. Aus diesem Grunde wird z.B. auch bei monsieur, madame, mademoiselle kein Eintrag in die Rubrik Feste Fügungen gemacht, obwohl sie i. allg. zu "Kennzeichnungen" gehören. 18. Bezug Wenn der Numerus in der gesprochenen Sprache nicht eindeutig markiert ist, wird hier eingetragen, ob er durch einen Bezug dieses Substantivs auf ein vorausgehendes oder folgendes numerisch markiertes Wort geklärt werden kann. Die Kategorie ist als Hilfe für die Einzelauswertung der Fälle gedacht, in denen der Numerus nicht formal markiert ist. Eine genauere Überprüfung ist nicht möglich, da die Bezugssysteme innerhalb der Texte zu kompliziert sind, als daß sie hier bewältigt werden könnten. 19.

Quantitatsangaben

Dazu gehören: beaucoup de, un tas de, pas mal de, trop de, un peu de, pas de, davantage de, plus de, tant de, énormément de usw. Sie sind kein eindeutiger Hinweis auf einen Numerus, da alle sowohl von einem Singular als auch von einem Plural gefolgt werden können. Die Wahl des Numerus ist jedoch nicht willkürlich, wie wir sehen werden. 20. Sonstige eindeutige Fälle Der Numerus des Substantivs kann auch durch andere Wörter im gleichen Satz, außer den schon genannten, die sich auf das Substantiv beziehen, markiert werden, z.B. durch das Relativpronomen lequel, Verstärkung durch ein substantivisches Personalpronomen (z.B. les soldats, eux, ne l'ont pas vu), und auch durch das Subjektspronomen, das auf den Lochkarten gesondert verschlüsselt wird (z. B. je suis architecte). 21.

Besonderheiten

Dazu zählen: 1. Abweichungen von der Norm (der präskriptiven Grammatiken), 2. besonders auffällige Beobachtungen. 22.

Bemerkungen

In dieser Rubrik steht ein größerer Platz für (unverschlüsselte) Kommentare und Hinweise zu dem jeweiligen Substantiv zur Verfugung.

47

2.1.4

Einschränkung

von

Fehlerquellen

EDV-Anlagen zeichnen sich, wie schon erwähnt, durch einen sehr hohen Grad an Zuverlässigkeit aus, der bei einer manuellen Bearbeitung der Unterlagen nicht erreicht werden kann. Sofern kein Programmierfehler vorliegt, ist normalerweise nicht damit zu rechnen, daß die Auswertung der Daten fehlerhaft ist. Es bleiben also für unsere Arbeit noch zwei Fehlerquellen bestehen: 1. Bei der Niederschrift der Tonbandaufnahmen. Diese Fehler wurden durch mehrfachen Vergleich der Tonbandaufnahmen mit den Niederschriften, zum größten Teil auch durch französischsprachige Personen, soweit wie möglich reduziert. Viele Textstellen sind undeutlich und z.T. daher nicht eindeutig zu klären. 2. Bei der Verschlüsselung der Daten. Hier dürfte die Hauptquelle für Irrtümer sein, da die sprachlichen Fakten zum großen Teil in Schlüsselzahlen umgesetzt werden müssen 161 . Eine automatische Auswertung ist auf unserem Gebiet bisher nicht möglich. Die Auswertung könnte grundsätzlich in einem höheren Maße automatisiert werden und damit weniger der Gefahr von Irrtümern ausgesetzt sein. Vorbedingungen wären: 1. Ein möglichst vollständiges Lexikon für a. lexikalische Merkmale, die eine Bedeutung für den Numerus der Substantive haben; b. feste Ausdrücke, Wortzusammensetzungen, Namen, Kennzeichnungen. 2. Genaue Kenntnis des Systems der Kongruenzen. 3. Genaue Kenntnis des Systems der Bindungen. Diese Kenntnisse müßten in präzise Regeln umgesetzt und "vom Hörer her" anwendbar sein. Dabei ist jeweils die Vielschichtigkeit der französischen Sprache zu berücksichtigen. Die Segmentierung der chaîne parlée ist in der vorliegenden Untersuchung Voraussetzung für die Arbeit mit dem Rechner, müßte aber auf einer fortgeschritteneren Stufe der automatischen Analyse ebenfalls automatisch erfolgen. Alle Daten wurden durch Kontrollausdrücke überprüft und ggf. korrigiert. Daten, die nicht oder wahrscheinlich nicht zusammenpassen, wurden (durch das Programm IRRTUM) aufgespürt und dann ggf. korrigiert. Ebenfalls wurde geprüft, ob alle Wortkarten in der richtigen Reihenfolge liegen und ob keine Wortnummer ausgelassen wurde. Gesondert aufgelistete Daten, (vgl. die Programmbeschreibungen im Anhang) wurden noch einmal überprüft und ggf. korrigiert. Ungefähr jedes zweite Substantiv wird von einem Artikel, adj. Demonstrativ- oder Possessivpronomen begleitet. Beim Einlesen dieser Daten sind Irrtümer kaum möglich, da sie un161 Vgl. dazu auch R. Busa, Erreurs humaines dans la préparation de l'input pour l'ordinateur (1968).

48

verschlüsselt in ihrer schriftsprachlichen Form eingegeben wurden. Wörter und Zeichenfolgen, die nicht als zu dieser Kategorie gehörend definiert worden sind, wurden vom Rechner aufgezeigt. Die Eingabewerte konnten dann korrigiert werden. (Auch falsche Formen konnten zum großen Teil durch das Programm IRRTUM erkannt werden.) Substantive, die nicht durch Artikel, adj. Demonstrativ- oder Possessivpronomen begleitet werden, treten meist in anderen Listen auf und werden dort noch einmal überprüft. Das größte Fehlerrisiko liegt in der Erfassung der Substantive, bei denen ein (eindeutiges oder nicht-eindeutiges) Verbum steht. Denn wenn das Substantiv durch ein Verbum markiert ist, so finden wir im allgemeinen auch gleichzeitig eine zweite Markierung durch ein Artikelwort. Fehler, die sich auf ein Verb beziehen, finden wir daher in keiner gesonderten Liste wieder, sie fallen damit weniger auf als manche andere. Es ist damit zu rechnen, daß einige Verben übersehen wurden. Eine automatische Überprüfung wäre nur dann möglich, wenn u. a. ein möglichst umfangreiches Lexikon von Verben, einschließlich ihrer verschiedenen Konjugationsformen, zur Verfügung stünde. Obwohl wir annehmen müssen, daß trotz aller Korrekturen eine kleine Anzahl von Fehlern übrig bleibt, bzw. mit den Korrekturen neu entstanden ist 162 , glauben wir doch, daß angesichts des relativ umfangreichen Datenmaterials die Ergebnisse nicht wesentlich verfälscht sind. 2.2.

Ergebnisse der Textauswertung

2.2.1.

In der gesprochenen Sprache morphologisch differenzierte stantive

Sub-

In den untersuchten Texten kommen folgende Substantive (bzw. die entsprechenden Plurale) vor, die sich auch in der gesprochenen Sprache der Form nach im Numerus unterscheiden: monsieur (87 mal) Das Wort ist besonders häufig in den Nachrichtensendungen festzustellen. madame (13 mal), mademoiselle (9 mal) Sie kommen seltener vor als monsieur und finden sich ebenfalls besonders häufig in den Nachrichtensendungen. travail (21 mal) In den Interviews fragten wir Personen u. a. nach ihrem Beruf und ihrer Arbeit. Dies ist wohl der Grund, warum das Wort relativ häufig vorkommt. journal (15 mal) Es läßt sich nicht genau auf eine Textsorte beschränken. Die aufgenommenen Texte beinhalten zum großen Teil Fragen des Tagesgeschehens und der Poli162 Zum Teil sind Fehler ohne unser Verschulden durch technische Defekte in den Lochkartenstanzern entstanden ("Duplizierfehler").

49

tik (Nachrichten, Berichte über die Maiunruhen), dadurch wird das Auftreten dieses Wortes begünstigt. général (14 mal) Die Häufigkeit des Auftretens erklärt sich auch diesmal wieder aus der Thematik der Texte. Zum einen wird in den Nachrichten über einen General gesprochen, der bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen ist, zum anderen wird häufig der General de Gaulle erwähnt, wenn über die Maiunruhen berichtet wird. Seltener sind: mal (7 mal), local (6 mal), œil (6 mal), cheval (5 mal), maréchal (1 mal), rival (1 mal), provincial (1 mal), principal (1 mal) bzw. die entsprechenden Plurale. bonhomme (2 mal) Es wird als ein Wort gezählt, dessen Plural in der gesprochenen Sprache durch das Infix /z/ ausgedrückt wird. Allerdings soll in der Umgangssprache die Tendenz zu beobachten sein, das Infix im Plural aufzugeben, so daß bonhomme nicht mehr unter diese Kategorie fallen würde 163 . In den untersuchten Texten kommt einmal bonshommes /bözam/ vor, die Aussprache /banom/ für den Plural finden wir .nicht. Quantitativ spielt die morphologische Markierung beim Substantiv nur eine sehr geringe Rolle. Lediglich 191 der 6400 Substantive (=2,9%) sind auf diese Weise markiert. In fünf der 31 Texte (Text Nr. 1, 7, 14, 17, 24) kann kein einziges derartiges Substantiv gefunden werden. Der höchste Anteil der so bezeichneten Substantive in einem Text ist 8,1% (T. 30). In diesem Text, einem Fernsehspiel, kommen vor allem die Wörter monsieur, madame und mademoiselle als Anrede häufig vor. Die Beobachtung untermauert, was wir oben bei journal und travail schon andeuteten, nämlich eine Abhängigkeit zwischen dem Thema (oder der Sprechsituation) und der Häufigkeit der morphologisch markierten Substantive. Ein Blick auf die Frequenzliste, die bei der Herstellung des Français Fondamental (1er degré) als Grundlage diente 164 , bestätigt unsere Vermutung. Nach dieser Liste sind die häufigsten Substantive, die in der gesprochenen Sprache morphologisch markiert sind monsieur, madame, travail, cheval, mal, oeil, journal, animal, mademoiselle, bonhomme (geordnet nach fallender Frequenz). Aus semantischen Gründen ist es selbstverständlich, daß diese Wörter nicht in jedem Text vorkommen können. Wenn morphologisch markierte Substantive in einem unserer Texte häufig vorkommen, so liegt das an den Wörtern monsieur, madame, travail bzw. ihren Pluralen. Wird monsieur bei der Zählung nicht berücksichtigt, reduziert sich der Anteil der morphologisch markierten Substantive im Korpus auf 104 (= 1,6% aller Substantive) wird die ganze Gruppe der Anreden (monsieur, 163 Moignet, Le problème, 468. 164 G. Gougenheim et al., L'Elaboration du Français Fondamental (1971), 6 9 - 1 1 3 .

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madame, mademoiselle bzw. die Plurale davon) weggelassen, bleiben lediglich 82 (5 1,3%) morphologisch markierte Substantive übrig. Maximal werden in einem Text 7,4% (T. 30) erreicht, wenn monsieur unberücksichtigt bleibt, 6,6% (T. 12), wenn monsieur, madame, mademoiselle nicht berücksichtigt werden. Ein Plural journals, uer von Sauvageot als hüufig vorkommend bezeichnet wird 165 , kann im Korpus nicht festgestellt werden (wir finden 8 mal den Singular journal, 7 mal den Plural journaux). Auf der anderen Seite finden wir jedoch le travaux (T. 12), bei einem wenig gebildeten pépiniériste. Sollten weitere Untersuchungen ergeben, daß es sich hier nicht um einen vereinzelten Fall handelt, dürften wir travail und travaux nicht mehr, oder nur unter bestimmten Bedingungen, als "morphologisch markiert" betrachten. In der gesprochenen Sprache spielt also die Markierung des Numerus mit morphologischen Mitteln am Substantiv selbst eine äußerst geringe Rolle 166 . Sie ist in der Praxis beschränkt auf eine kleine Anzahl von Substantiven, deren Auftreten von verschiedenen Faktoren des außersprachlichen Kontextes abhängt. Die nähere Untersuchung dieser Faktoren kann nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sein. Es gibt im Französischen einige Substantive, deren Singular- und Pluralformen häufig, aber nicht immer, in der Aussprache unterschieden sind. Sie wurden in die Statistik oben nicht einbezogen. Dazu gehören boeuf, fait, but, œuf, os, nerf, cerf. Es kommen in den untersuchten Texten nur die ersten vier Wörter vor. Für bœuf, but, œuf und ihre Plurale finden wir nur wenige Beispiele: in allen auftretenden Fällen werden Singular und Plural differenziert. Singular Plural bœuf/bœf (2 mal) bœufs /b0/ (2 mal) but /byt/ (1 mal) buts /by/ (2 mal) œuf /oef/ (3 mal) œufs ¡0/ (1 mal) Für fait und seinen Plural steht uns mehr Material zur Verfügung. Wir finden: fait /fet/ (22 mal) faits /fe/ (2 mal) /fe/ (7 mal) /fet/ (1 mal) Zwar wird häufig unterschieden zwischen einem Singular /fet/ und einem Plural /fe/, das gilt jedoch nicht für den festen Ausdruck tout ä fait, in dem wir immer die Aussprache /fe/ finden (6 Beispiele). In en fait wird zwar allgemein /fet/ gesprochen, in einem Fall jedoch (gegenüber 13 anderen in unserem Korpus) finden wir kein [t] am Wortende. Allerdings läßt sich aus der Tonbandaufnahme nicht eindeutig klären, ob es durch einen Knacklaut oder durch ein /t/ ohne Explosion ersetzt wurde oder ob das /1/ ersatzlos geschwunden ist. 165 Sauvageot, Analyse, 81. 166 Nach Dubois, Nom et pronom, 23, gehören nur wenig mehr als 30 Substantive zu dieser Gruppe.

51

Die Behauptung von Dubois, daß die Aussprache /0/ statt /œf/ von einem vorausgehenden Phonem /z/ abhänge 167 , kann wegen Mangel an Beweisen weder eindeutig bestätigt noch eindeutig abgelehnt werden. Bei einer Befragung von mehreren Franzosen ließ sich jedoch feststellen, daß Dubois' Regel zumindest nicht allgemein gilt. Die Tatsache, daß bei bœuf eine Abhängigkeit von einem vorausgehenden Bindungs- /z/ keine Bedeutung haben kann, wir jedoch auch hier eine Unterscheidung zwischen Singular und Plural in der Aussprache häufig antreffen, läßt es als wahrscheinlich erscheinen, daß Dubois' Erklärung nicht ausreicht. Man kann also weiterhin davon ausgehen, daß die Differenzierung in der Aussprache primär vom Faktor Numerus bestimmt ist. Die Aussprache /œf/ beim Plural für einige Wortverbindungen müßte, solange keine genauere Untersuchung dazu vorliegt, als eine Ausnahme betrachtet werden. Obwohl nicht nur gebildete Leute aufgenommen wurden, konnten Aussprachen wie /boef/ und /cef/ im Plural, die es "im Volke" geben soll 168 , nicht beobachtet werden. Eine Erklärung dafür, unter welchen Bedingungen man eine morphologische Numerusdifferenzierung der genannten Substantive finden kann, wird sich erst dann geben lassen, wenn ein größeres Korpus vorliegt. 2.2.2.

Morphologisch differenzierte

Adjektive

Die Numerusmarkierung des Substantivs durch ein zugehöriges Adjektiv ist äußerst selten. Lediglich 33 der insgesamt 6400 Substantive (= 0,5%) sind durch ein Adjektiv eindeutig gekennzeichnet. Es handelt sich in unseren Texten um 22 verschiedene Adjektive mit der Endung -al im Mask. Singular. Keines kommt mehr als dreimal im Gesamtkorpus vor. Deutliche Frequenzunterschiede der verschiedenen Vokabeln, wie z.B. bei den morphologisch markierten Substantiven, lassen sich deshalb nicht feststellen. Die Adjektive, deren Singular und Plural in der gesprochenen Sprache unterschieden sein können, sind mit wenigen Ausnahmen alle diejenigen, deren Singularformen des Maskulinums auf /al/ enden. Ausgenommen sind einige Adjektive, die Fachsprachen angehören und sale169. In der Häufigkeitsliste, die für das Français fondamental (1er degré) erstellt wurde 170 , finden sich nur général, normal, social, national, spécial. Bei weiblichen Adjektivformen werden Singular und Plural nicht unterschieden. Dies dürfte ein Grund dafür sein, daß Adjektive so selten den Numerus des Substantivs, zu dem sie gehören, ausdrücken.

167 168 169 170

Dubois, Nom et pronom, 3 4 - 3 5 . Vgl. Bally, Linguistique générale, 254, Fufcn. 2. - Brunot / Bumeau, Précis, 194. Vgl. A. Juilland, Dictionnaire inverse de la langue française (1965), 1 9 8 - 2 0 4 . Vgl. Gougenheim et al., L'Elaboration, 6 9 - 1 1 3 .

52

2.2.3.

Artikelwörter

2.2.3.1.

Verwendung

Artikelwörter stehen immer vor dem Substantiv, sie stehen aber nicht immer unmittelbar vor dem Substantiv. Ein großer Abstand zwischen beiden Wortarten ist durchaus denkbar, z. B. une très très grande et très très précieuse pierre. (Zum Abstand zwischen Artikelwort und Substantiv s.u.Kap. 2.2.3.2.) Die Tabelle 2 (im Anhang) zeigt, in Übereinstimmung mit den meisten oben besprochenen Autoren, daß der bestimmte Artikel die "Hauptlast" der Numerusmarkierung der Substantive trägt. Bei 46,7% aller Substantive markiert der bestimmte Artikel den Numerus. Er zeigt 42,0% der Singulare und 57,8% uer Plurale an. Derart hohe Anteile werden von keiner anderen Markierung erreicht. (Die Tabelle 2 zeigt außerdem noch, wie oft die einzelnen Formen des bestimmten Artikels vorkommen. Die Angaben sind hier ohne große Bedeutung für uns.) 10,8% der Substantive werden durch den unbestimmten Artikel, 4,0% durch das adjektivische Demonstrativpronomen, 6,3% durch das adjektivische Possessivpronomen gekennzeichnet. Das sind erheblich weniger als durch den bestimmten Artikel. Artikel und adjektivische Demonstrativ- und Possessivpronomen zusammen markieren 68,5% der Singulare, 65,9% der Plurale; das sind 67,7% aller Substantive. Die obigen Werte verlangen jedoch eine nähere Untersuchung. Vergleicht man die Verteilung der Werte für den bestimmten Artikel und für die Summe aus den Artikeln und den oben genannten adjektivischen Pronomen in den einzelnen Texten, so ergibt sich, daß die Einzelwerte für die Summe aus Artikeln und adj. Pronomen mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 60% zufallsbedingten Schwankungen unterliegen, während die Verteilung der Werte für den bestimmten Artikel und für alle Artikel insgesamt mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 1 % zufällig ist. (Artikel und adj. Pronomen x 2 = 22,77; alle Artikel^ 2 = 60,73; best. Artikel: x 2 = 57,26, jeweils bei 30 F. Zum x 2 -Test vgl. unten im Anhang.) Ähnliche Ergebnisse finden sich, wenn die Texte der primär gesprochenen, der primär geschriebenen und der teilweise schriftlich festgelegten Sprache (Nachrichten) jeweils fur sich untersucht werden. Wenn wir prüfen, ob die Differenz der Werte auf zufällige Stichprobenfehler zurückzuführen ist, so erhalten wir:

1. innerhalb der primär gesprochenen Sprache ( 2 0 Texte) a. bestimmter Artikel:

p » » 1%

(x2=36,3)

b. alle Artikel: c. Art. und adj. Pron.:

p < 1% p «s 50%

(?=39,6) ( ^ = 18,41)

jeweils bei 19 F

53

2. innerhalb der primär geschriebenen Sprache (7 T e x t e ) a. bestimmter Artikel:

p «

3%

= 14,76)

b. alle Artikel:

p «

3%

()( 2 = 14,0 )

c.

Art. und adj. Pron.

p « 70%

(x* = 3 , 9 8 )

a.

bestimmter Artikel:

jeweils bei 6 F

3. innerhalb der N a c h r i c h t e n t e x t e (4 T e x t e ) p ~ 80%

( x 2 = 0,9 )

b. alle Artikel:

p > 90%

(/=

c.

p>90%

( ) f = 0,1 )

Art. und adj. Pron.

0,03)

jeweils bei 3 F

Die Unterschiede im Gebrauch der Artikel (best, und unbest. Art.) zwischen den drei genannten Textsorten sind signifikant (p 5 »4%; x 2 = 6 , 7 1 bei 2 F). Die Artikel kommen in der primär geschriebenen Sprache weniger häufig vor als in den beiden anderen Textsorten. Wir erhalten folgende Werte: Textsorte primär gesprochen

Substantive 3664

durch Art. markiert 2159

Prozentsatz 59%

primär geschrieben Nachrichtentexte

1733 1003

927 595

53% 59%

Wenn nur die primär geschriebene und die primär gesprochene Sprache miteinander verglichen werden, ist der Unterschied immer noch signifikant, denn p liegt weiterhin etwas unter 5% (x 2 =5,61 bei 1 F). Aus den Ergebnissen können wir erkennen, daß in der Nachrichtensprache kaum andere als zufällige Abweichungen vorkommen, was wohl auf eine gewisse Formalisierung und Standardisierung dieser Textsorte hindeutet. Wenn wir die beiden übrigen Textsorten betrachten, stellen wir fest, daß der Anteil der Substantive, die durch Artikel oder adj. Demonstrativ- oder Possessivpronomen markiert sind, ziemlich konstant ist, während die Markierung durch den bestimmten Artikel und durch die Gesamtheit der Artikel insgesamt großen Abweichungen von Text zu Text unterliegt (abgesehen von den Nachrichtentexten). Die Gruppe der Artikel und der adjektivischen Pronomen stellt damit nicht nur den größten, sondern auch den stabilsten Faktor in der Numerusmarkierung der französischen Substantive in der gesprochenen Sprache dar. Das gilt auch für einen Vergleich zwischen den drei verschiedenen Textsorten: die Abweichungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit zufällig, also nicht signifikant ( p ^ 9 0 % ; x 2 =0,25 bei 2 F). Aus Jen Ergebnissen könnte man den Schluß ziehen, daß es bei der Beschreibung der französischen Sprechsprache der Gegenwart nicht sinnvoll ist, den bestimmten Artikel in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, da sein Auftreten uurch viele Faktoren von Text zu Text Schwankungen unterworfen zu sein scheint. Wenn man die Gesamtheit aller Artikel in den Mittelpunkt stellt, kann man zwar eine deutliche Abnahme der Häufigkeit bei der primär geschriebenen Sprache feststellen, gleichzeitig erlauben es die starken Abweichungen innerhalb der Textsorten jedoch nicht, von einer konstanten

54

Erscheinung zu sprechen. Ganz anders sieht das Bild aus, wenn wir die Artikel und die adjektivischen Demonstrativ- und Possessivpronomen zusammenfassen: sowohl innerhalb der Textsorten als auch zwischen den Textsorten stellen wir keine Abweichungen fest, die uns veranlassen könnten, dafür andere Gründe als den Zufall zu suchen. Es dürfte günstiger sein, eine einheitliche Kategorie "Artikel und adjektivische Demonstrativ- und Possessivpronomen" anzunehmen, die hauptsächlich den Numerus markiert, und die in ihrem Auftreten offenbar nur zufallsbedingten Schwankungen unterworfen ist. Eine genauere Interpretation dieser Ergebnisse läßt sich erst bei einem wesentlich größeren Korpus geben. Die Ergebnisse wären auch fiir die historische Sprachforschung von Interesse, da gelegentlich angenommen wird, daß sich der Artikel nach dem Verstummen des auslautenden -s als Numeruszeichen für die gesprochene Sprache herausgebildet hat und deshalb im heutigen Französischen so häufig vorkommt 1 7 1 . Die anderen Artikelwörter spielen keine größere Rolle, abgesehen von den Kardinalzahlen, die bei 13,8% der Plurale vorkommen. Bezogen auf alle Wörter (Singulare und Plurale) werden aber nur 4,7% erreicht. Die noch verbleibenden Artikelwörter bleiben bei einem Anteil von unter 1 % aller Substantive. Die Aneinanderreichung zweier Artikelwörter ist bei Pluralen selten (1,2% der Plurale, 0,36% aller Substantive) festzustellen, im Singular kommt sie in unseren Texten nicht vor. Es handelt sich dabei vor allem um die Verbindung des bestimmten Artikels mit Zahlwörtern. In einem Fall findet sich eine Verbindung von drei Artikelwörtern: ces quelques trois heures (T. 16). 2.2.3.2

Das Verhältnis von Substantiv und Artikelwort

Während die traditionellen Grammatiken davon ausgehen, daß Artikelwort und Substantiv als zwei getrennte Wörter angesehen werden, findet man heute manchmal die Meinung, einige Artikelwörter hätten soviel an Selbständigkeit eingebüßt, daß man sie fast als Bestandteile des Substantivs sehen müsse 172 . Man denkt dabei i. allg. an die Artikel und die adjektivischen Demonstrativund Possessivpronomen. Wenn Artikelwort und Substantiv eine Einheit bildeten, so ließe sich feststellen, daß der Numerus im heutigen Französisch nicht durch Suffixe, wie z. B. im Lateinischen, sondern vor allem durch Präfixe ausgedrückt wird. 171 Vgl. z.B. L. Söll, Das Altfranzösische im Staatsexamen (1966), 13. - G. le Bidois, R. le Bidois, Syntaxe du français moderne (1968), 44. - M. Wandruszka, Sprachen, vergleichbar und unvergleichlich (1969), 230. - Rheinfelder, Altfranzösische Grammatik, II, 5 - 6 . - Die Haltung von Dubois in Nom et pronom, 35, ist nicht ganz eindeutig. 172 Vgl. z.B. Bally, Linguistique générale, 2 9 0 - 2 9 6 , b e s . 2 9 0 - 2 9 1 . - Rheinfelder, Altfranzösische Grammatik, 5. - E. Pulgram, Synthetic and analytical morphological constructs (1963), 3 8 - 3 9 .

55

Mehrere Gründe sprechen für diese Auffassung. Man findet häufig, daß Sprecher, die ein Substantiv nicht auf Anhieb finden, aber schon ein Artikelwort ausgesprochen haben, nach einer kurzen Besinnungspause das Substantiv mit dem Artikelwort wiederholen, auch wenn dieses schon beim ersten Versuch richtig gewesen ist. Die Tatsache, daß die meisten Substantive ein Artikelwort bei sich haben, stützt diese Auffassung. (Pottiers Hinweis auf die unübersehbar große Anzahl und den Polymorphismus der "vorangestellten Elemente" 1 7 3 trifft für uns nicht zu, da sich unser Augenmerk nur auf die wohl übersehbaren Artikel und die adjektivischen Possessiv- und Demonstrativpronomen richtet. Die Kategorie, wie wir sie sehen, besteht aus 27 Formen, von denen nur /o/ häufig und /leer/ immer zweideutig ist. Vgl. die Formen der Tabelle 2 im Anhang.) Wir beobachten, daß zwar die Artikelwörter nicht ohne Substantiv stehen können (wenn wir von Ausnahmen, z. B. Versprechern, absehen), daß aber etwa bei jedem dritten Substantiv kein Artikelwort steht. Außerdem findet sich bei etwa jedem zehnten Substantiv mit Artikelwort mindestens ein Wort zwischen Artikelwort und Substantiv. Vorzugsweise stehen Adjektive dazwischen, aber auch andere Wortarten kommen vor. (Vgl. Tabelle 5 im Anhang.) Da das Artikelwort ohne weiteres vom Substantiv getrennt werden kann, und da diese Trennung auch relativ häufig vorkommt, wie wir unseren Unterlagen entnehmen können, kann nicht mehr gesagt werden, daß Artikelwort und Substantiv eine feste Verbindung eingegangen sind. Die Artikelwörter haben mit den Morphemen, die gewöhnlich als Präfixe bezeichnet werden, die Unselbständigkeit gemeinsam, unterscheiden sich aber von ilmen durch die Trennbarkeit. Artikelwörter lassen sich deshalb auch nicht als Numeruspräfixe betrachten 1 7 4 3 . Ob die Entwicklung einmal dazu führen wird, daß die Artikelwörter, bzw. einige von ihnen, zu Substantivpräfixen werden, wie Rheinfelder vermutet 1 7 5 , ist bisher nicht abzusehen und kann im Rahmen dieser Untersuchung nicht diskutiert werden.

2.2.4.

Bindung

Wie wir oben gesehen haben, wird neben den Artikelwörtern die Bindung von manchen Autoren als eine der wichtigsten Pluralmarkierungen überhaupt angesehen.

173 Pottier, Eléments, 104. 174 Rheinfelder, Altfranzösische Grammatik, 5. 174aZu dieser Problematik vgl. z. B. auch K. Baldinger, Post- und Prädeterminierung im Französischen ( 1 9 6 8 ) , bes. 8 9 - 9 2 . 175 Rheinfelder, Altfranzösische Grammatik, II, 5.

56

2.2.4.1.

V o r k o m m e n der Bindung

Betrachten wir zunächst die B i n d u n g m i t / z / z w i s c h e n d e m S u b s t a n tiv u n d d e m f o l g e n d e n W o r t . Dieses /z/ wird m a n c h m a l als das wichtigste Pluralzeichen der Substantive in der gesprochenen französischen Sprache angesehen 1 7 6 . Aus der Tabelle 1 (im Anhang) geht j e d o c h hervor, daß die Bindung m i t /z/ nach einem Substantiv zahlenmäßig einen ganz geringen Anteil (1,1%) an den pluralischen Substantiven hat. (Die einzelnen T e x t e zeigen Schwankungen zwischen 0 % u n d 8,1 % der Plurale). Bei der Auswertung der Texte k o n n t e das erste P h o n e m des auf das untersuchte Substantiv folgenden Wortes aus technischen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden. Es kann daher auch keine Relation zwischen den Fällen aufgestellt werden, in denen das folgende Wort vokalisch anlautet u n d denen, w o bei einem pluralischen Substantiv am Ende eine Bindung steht. Wie die Beispiele u n t e n zeigen, k o m m e n Substantive häufig am Ende von rhythmischen G r u p p e n oder vor Verben vor. In diesen Fällen wird normalerweise nicht gebunden. Man kann daher, u n d u n t e r Berücksichtigung der oben genannten quantitativen Ergebnisse, annehmen, daß in den meisten Fällen, in denen auf ein pluralisches Substantiv ein vokalisch anlautendes Wort folgt, keine Bindung gesprochen wird 1 7 7 . Beispiele aus Text 7: des bagarres | il y avait de temps en temps pour faire virer les étudiants | à la suite d'un sit-in les événements | ont commencé les ouvriers i ont les grèves | ont

Das gilt auch dann, w e n n eine Bindung Mißverständnisse ausschließen würde z.B. Donc ce soir, si vous voulez bien, parlons plutôt étudiants | ou à la rigueur lycéens I et je vous en remercie . . .

Eine rein quantitative Betrachtung ließe aber außer Betracht, daß sich die gen a n n t e A r t der Bindung o f f e n b a r m a n c h m a l ausgeweitet hat auf Fälle, in denen man sie nicht erwarten würde. So k a n n m a n hören: quelques fils de fer-z-épars (T. 7) les chemins de fer-z-algériens178 des pommes de terre-z-à l'anglaise.

176 Vgl. z.B. Damourette / Pichon, Des Mots à la Pensée, I, 322. - Pottier, Systématique, 104. 177 Vgl. z.B. die Angaben über die «verbotenen Liaisons», in H.W. Klein, Phonetik und Phonologie des heutigen Französisch (1966), 1 7 2 - 1 7 4 . - «Cas où on ne fait pas la liaison» in P. Fouché, Traité de prononciation française (1959), 4 3 8 - 4 6 8 . 178 Martinet, Syntagme et synthème, 4.

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Aus den vorhandenen Unterlagen lassen sich viele Fragen, die zu einer Beurteilung wichtig wären, nicht beantworten. Es ist nicht erkennbar, ob die letztgenannten Wendungen im neuesten Französisch häufiger oder seltener werden, es ist nicht zu klären, in welchen sozialen Schichten, Altersgruppen, Regionen, Sprechsituationen usw. sie vorkommen. Bei näherer Betrachtung muß die Bedeutung von solchen, nach traditioneller normativer Grammatik ungerechtfertigten Bindungen jedoch gering angesetzt werden. Pommes de terre-zä l'anglaise und quelques fils de fer-z-epars stehen beispielweise einem de tempsen temps (T. 7) und einem volkssprachlichen le salonsamanger179 gegenüber, wo die Bindung mit /z/ am Ende des Substantivs sicher nicht als Pluralzeichen zu werten ist. In welchem Maße man Bindungen mit /z/ bei Singularen auch in anderen Ausdrücken als den genannten feststellen kann, bleibt zu überprüfen. (In quelques fils de fer-z-epars könnte man das /z/ auch auf das Adjektiv beziehen.) Die Bindung mit /z/ im Auslaut eines Substantivs kann in manchen Fällen also durchaus einen Plural anzeigen, was jedoch relativ selten ist. Wo diese Bindung vorkommt, ist sie zudem nicht immer ein sicherer Hinweis auf den Plural. Deshalb scheint es uns verfehlt, in der genannten Bindung das eigentliche Pluralzeichen französischer Substantive in der Sprechsprache zu sehen. Die Tabelle 1 zeigt, daß die B i n d u n g am A n f a n g eines S u b s t a n t i v s eine größere Bedeutung hat. Wir unterscheiden im folgenden der Einfachheit halber zwischen "richtigen' und "falschen" Bindungen. "Richtige" Bindungen nennen wir Bindungen mit /z/ beim Plural und andere Bindungen als mit /z/ beim Singular. "Falsche" Bindungen sind für uns, umgekehrt, Bindungen mit /z/ beim Singular und andere Bindungen als mit /z/ beim Plural. Zu dieser Bezeichnung veranlaßt uns die Literatur, in der allgemein die Ansicht vertreten wird, daß die Bindung mit /z/ einen Plural markiert, andere Bindungen jedoch einen Singular markieren. Eine "richtige" Bindung am Anfang eines Substantivs liegt bei 440 von 1914 Pluralen vor. Diese 23,0% mögen nicht sehr, viel erscheinen, die Angabe täuscht aber. Man sollte als Grundlage der relativen Häufigkeit nicht alle pluralischen Substantive werten, sondern nur die, die vokalisch anlauten. Dann erkennt man, daß die Bedeutung der Bindung am Wortanfang für vokalisch anlautende Substantive relativ hoch ist. 71,3% aller vokalisch anlautenden Plurale haben eine Bindung mit /z/ am Anfang des Substantivs. (Vgl. Tabelle 4.) Im Singular kommen "richtige' Bindungen am Wortanfang seltener vor. (16,8% der vokalisch anlautenden Singulare.) Es handelt sich dabei vor allem um Bindungen mit /r/, /1/ und /n/. Die Bindung mit einem anderen Konsonanten als /z/ bietet jedoch keine Gewähr für einen Singular. In unseren Texten steht am Anfang eines pluralischen Substantivs manchmal ein /k/, /1/ oder /n/. 179 R. Queneau, Zazie dans le metro (1959), 41. - Vgl. dazu auch E. Kemner, Sprachspiel und Stiltechnik in Raymond Queneaus Romanen (1972).

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Wir f i n d e n vingtjins

( T . 3 ) , centjins

( T . 7 , T . 3 1 ) , vingt-et-unjiutomobilistes

( T . 4 ) , vingt-cinq^ans ( T . 1 1 ) , dix-hiiiLans

(T.

6),huitteures (T. 22)180. Die

genannten Ausnahmen sind, soweit ersichtlich, auf die Fälle beschränkt, in denen Kardinalzahlen den Substantiven vorausgehen. Für eine Regel, die die Relevanz der Bindung mit anderen Konsonanten als /z/ postuliert, müssen daher latente Phoneme der voraufgehenden Wörter mitberiicksichtigt werden. Die Erscheinung der "falschen" Bindung beim Singular bedarf, auch wenn sie nicht häufig ist (0,2% der Singulare), einer Prüfung. Wir finden folgende Beispiele in unserem Korpus: le gros„oeuvre (T.l) sansjordre (T. 3) sans„essence (T. 7) le plus.important (T. 10) vous etes„etranger (T. 22) sanstarret (T. 24) le plusjetincelant (T. 28) le plusJmmediat (T. 29)

Wenn man die Bindung mit /z/ am Anfang eines vokalisch anlautenden Substantivs als Pluralmarkierung betrachten will, muß man also auch hier die latenten Konsonanten des vorausgehenden Wortes in die Überlegungen einbeziehen. Bindungen stehen auch vor oder nach den zum Substantiv gehörenden A d j e k t i v e n . Die Bindung kann meist auch dem vorausgehenden oder dem folgenden Wort zugeordnet werden. (In diesem Fall wird sie bei uns mehrfach ausgezählt und gewertet.) Wir finden im allgemeinen Bindungen vom Typ: Artikelwort + /z/ + Adjektiv + Substantiv oder Artikelwort + Adjektiv + /z/ + Substantiv oder Artikelwort + Substantiv + /z/ + Adjektiv. Es kommen in den untersuchten Texten, abgesehen von drei Ausnahmen, nur Bindungen mit /z/ vor. 32 Bindungen mit /z/ (-1,7% der Plurale) stehen nach, 24 (=1,3% der Plurale) vor dem Adjektiv. Die Bindung beim Adjektiv stellt also eine sehr seltene Numerusmarkierung dar.

180 Zwar werden i. allg. huit als /ijit/ und cinq als /sëk/ ausgesprochen, wenn sie allein stehen, vor Konsonanten wird i. allg. jedoch kein kein /-t/ bei huit und kein /-k/ bei cinq gesprochen. Es scheint daher gerechtfertigt, bei huit^heures, dix-huit„heures und vingt-cinq^ans eine Bindung zu sehen. Vgl. zu cinq: Fouché, Traité, 479. - L. Warnant, Dictionnaire de la Prononciation française (1964), s.v. cinq. - Zu huit: Fouché, Traité, 479. - Warnant, Dictionnaire, s.v. huit.

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2.2.4.2.

Die Bindung als alleinige Numerusmarkierung

Bei der Behandlung der Bindung muß noch der Frage nachgegangen werden, wie häufig die Bindung die einzige Numerusmarkierung eines Substantivs darstellt. Aus der Tabelle 3 geht hervor, daß dies nur in sehr geringem Maße der Fall ist: 1,09% aller Substantive, 0,78% der Singulare, 1,83% der Plurale sind allein durch die Bindung markiert. Die Zahlen berücksichtigen alle Arten von Bindungen, die den Numerus anzeigen. Wenn ein Widerspruch zwischen dem wirklichen Numerus und dem nach dem Bindungskonsonanten zu erwartenden besteht, wird die Bindung nicht gezählt. Stehen bei ein und demselben Substantiv mehrere Bindungen gleichzeitig, die den Numerus markieren, so wird nur einmal "durch Bindung markiert" gezählt. Es scheint daher auch unter diesem Aspekt als nicht ganz gerechtfertigt, der Bindung eine große Bedeutung bei der Numerusmarkierung zuzuweisen. Es zeigt sich aus .den Texten, daß, wenn überhaupt, vor allem der Bindungstyp "Artikelwort + /z/ + vokalisch anlautendes Substantiv" häufig vorkommt. (Genaue Zahlen liegen nicht vor. Aus technischen Gründen war eine entsprechende Auswertung nicht möglich.) Das Artikelwort selbst gibt aber normalerweise bereits den Numerus an. Man kann daher in der Regel die Bindung nicht als eine eigenständige Numerusmarkierung betrachten, sie erscheint i. allg. vielmehr zusätzlich zu einer Markierung durch ein Artikelwort. Eine Ausnahme bilden vor allem leur(s) und einige der oben aufgeführten "sonstigen Artikelwörter". (Hierher gehört wohl auch ein Beispiel wie chenjimi (T. 28).) Eine Bindung mit /z/ zwischen einem der angegebenen Artikelwörter und dem Substantiv bzw. dem folgenden Adjektiv bedeutet bei diesen eine eindeutige Pluralmarkierung, während ein Fehlen der Bindung mit /z/ ebenso eindeutig einen Singular anzeigt, wenn das folgende Adjektiv oder Substantiv vokalisch anlautet. Aux /o(z)/ steht vor unmittelbar folgenden Substantiven und Adjektiven, die vokalisch anlauten, in Opposition zu à /' und nicht zu au, und zwar sowohl im Maskulinum als auch im Femininum, daher kann bei aux die Bindung nicht als die einzige Numerusmarkierung gewertet werden 181 . Nach dem Gesagten ist also die Meinung von Dubois zur Bindung abzulehnen: A côté des systèmes principaux des marques, il existe des suppléances (comme[-z-]) qui interviennent au moment où cette marque essentielle fait défaut. Ces suppléances sont des facteurs de régularisation qui pallient l'inertie de la langue. On conçoit très bien que, dans l'histoire du français, un système de suppléances puisse devenir le système principal [.. -] 182 . 181 Vgl. Csécsy, Les marques orales, 45 (97). - Vgl. oben auch Kap. 1.2.2.5. 182 Dubois, Nom et pronom, 51. - Ähnliches findet man z.B. bei: Bally, Linguistique générale, 254, Fußn. 1; Warnant, Esquisse, 630; Gougenheim, Système grammatical, 59-60.

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Es trifft nicht zu, daß die Bindung mit /z/ eintritt, "in dem Augenblick, wo die eigentliche Markierung fehlt". Dann dürften nicht so viele Substantive ohne Markierung übrigbleiben, und dann müßte das /z/ der Bindung als alleinige Markierung häufig auftreten und nicht in erster Linie mit den Artikelwörtern, die ohnehin schon den Numerus anzeigen. Es scheint daher auch wenig wahrscheinlich, daß die Markierung mit /z/ vor vokalisch anlautenden Substantiven verallgemeinert werden wird, obwohl man angesichts von Formen wie soixante-z-hôtes (T. 10), entre quatre-z-yeux (sogar von der Académie anerkannt 183 ), quatre enfants/katzäfä/ bzw. /katraäfä/ u.a.m. eine derartige Entwicklung vermuten könnte. Eher kann man Csécsy zustimmen, die über die Bindung mit /z/ schreibt: «La présence de cette consonne n'ajoute cependant rien à l'information, lorsque le déterminant est explicite par luimême» 183 . Nicht zu klären ist fur uns die Frage, ob der Bindungskonsonant in der gesprochenen Sprache phonetisch dem ersten oder dem zweiten Wort zugeordnet werden sollte. Deshalb mußten oben einige Bindungen zweifach, sowohl zum Adjektiv als auch zum Substantiv, gezählt werden. Wir finden sowohl Beispiele, die den einen als auch solche, die den anderen Standpunkt wahrscheinlicher erscheinen lassen: les locaux . . . [Pause] . . . universitaires [lakoz yniv-] (T.31) aux gens . . . [Pause] . . . humbles [03a zêbta] (T. 18) Da die Bindung nach den aus den Texten ermittelten Daten offensichtlich im heutigen Französisch von geringem Ertrag ist, andererseits die Tendenz in der jüngeren Entwicklung offensichtlich eher zu einer Verringerung der Anzahl der Bindungen geht, müßte man sie nach Pottier zur partie en voie de disparition der Sprache rechnen185. Das schließt nicht aus, daß sie in einigen Teilbereichen der Sprache noch sehr lebendig ist und vielleicht auch noch längere Zeit vorkommen wird.

2.2.5.

Verbum

Die Rolle des Verbums für die Numerusmarkierung des Substantivs ist gelegentlich überschätzt worden. Die Tabelle 1 zeigt uns zwar, daß das Verbum bei 533 von 6400 (28,3%) Substantiven den Numerus anzeigt. Häufig steht ein Verbum in Kongruenz mit dem Substantiv, seine Lautform läßt aber keinen Schluß auf Singular oder Plural zu (279 Substantive, = 4,4%). 183 Vgl. z. B. Petit Larousse, s. v. œil. 184 Csécsy, Les marques orales, 45 (97). - Vgl. auch Zwanenburg, Liaison, 1424. 185 Pottier, Systématique, 34. - Zur Bedeutung der Bindung im heutigen Französisch vgl. auch K. Heger, Die liaison als phonologisches Problem (1968).

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Die Bedeutung der Verben für die Numerusmarkierung ist also nicht sehr groß. Sie wird noch dadurch gemindert, daß man von Text zu Text erhebliche Abweichungen des relativen Anteils dieser Markierungsform erkennen kann (0,8% der Substantive in Text 25 gegenüber 16,5% in Text 8). Mit Hilfe der Prüfstatistik läßt sich feststellen, daß Abweichungen der einzelnen Texte mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Zufall beruhen. Nach dem Ergebnis des x 2 -Tests liegt die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Verteilung der Art, wie sie uns in den Texten begegnet, weit unter 0,1% (x 2 = 121,54 bei 30F). Da das Verbum nur dann eine Rolle für die Numerusmarkierung des Substantivs spielen kann, wenn das entsprechende Substantiv sein Subjekt oder sein Prädikatsnomen ist, sind offenbar stilistische Faktoren entscheidend für die Abweichungen. Wenn hauptsächlich Sätze verwendet werden, deren Subjekt ein Substantiv ist, liegt der Anteil hoch. Noch höher liegt er, wenn Prädikatsnomen dazutreten. Er wird dann geringer, wenn als Subjekt ein Personalpronomen erscheint und Objekte verwendet werden. Es kommt hinzu, daß die Verben meistens in Verbindung mit einem Artikel den Numerus bestimmen. Verben markieren zwar bei 8,3% aller Substantive den Numerus (vgl. Tabelle 1), bei 6,8% der Substantive steht aber zugleich noch ein Artikel oder ein adjektivisches Demonstrativ- bzw. Possessivpronomen (vgl. Tabelle 3). Da auch noch andere Markierungen gleichzeitig mit dem Verbum auftreten können, liegt der Anteil der Fälle, wo es allein den Numerus ausdrückt, in jedem Fall unter 1,5% der Substantive des Korpus. Das Verbum kann als Markierungsträger oft dem Substantiv nicht ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden. Denn einmal können Subjekt und eindeutiges Verb in erheblichem Abstand voneinander vorkommen, z.B. Prisonnier en juin 40, il s'évade, un an plus tard s'engage dans la résistance, mais se fait reprendre . . . (T. 16),

andererseits kann sich ein Verbum auf mehrere Substantive beziehen z.B. . . . parce que le mari de madame et mon mari sont compagnons (T. 22).

Ganz abgesehen von Fehlern, z. B. . . . on entend quelques barbus . . . euh . . . échevelés . . . tout qui dit . . . (T. 7).

Bezieht sich das Verb auch auf ein Prädikatsnomen, so ist die Kongruenz nicht in jedem Fall gewährleistet. Heibig und Schenkel führen für das Deutsche den Beispielsatz an: «Ein Bollwerk des Friedens sind wir» 186 . Ähnliche Sätze lassen sich auch für das Französische finden, selbst wenn sie in den untersuchten Texten nicht vorkommen. 186 G. Heibig, W. Schenkel, Wörterbuch zur Valenz und Distribution deutscher Verben (1973), 27.

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Die formale Kongruenz ist nicht mehr gegeben, wohl aber eine semantische Kongruenz 187 , in folgenden Beispielen: Le P. C. ils ont freiné . . . (T. 9). La jeunesse . . . qui ont eu . . . (T. 8). . . . une dizaine de ministres ont . . . (T. 16).

Das Verbum spielt als Numerusmarkierung also keine bedeutende Rolle, da es 1. in der gesprochenen Sprache häufig Singular und Plural nicht unterscheidet, 2. fast nie die einzige Markierung darstellt und der Numerus i. allg. bereits durch andere Markierungen ausgedrückt ist, 3. wegen des verhältnismäßig komplizierten Kongruenzsystems kein zuverlässiges Numeruskennzeichen für das entsprechende Subjekt darstellt. Aus den obigen Überlegungen folgt, daß man wohl besser daran täte, den Numerus nicht, wie z. B. Mok und Dubois, auf den ganzen Satz zu beziehen. Ihre Theorie entspricht auch deshalb nicht in ausreichendem Maße der Sprachwirklichkeit, weil sie die Möglichkeit einer formalen Inkongruenz zwischen Verben und Substantiven unberücksichtigt läßt. (Vgl. auch oben Kap. 1.2.2.3.)

2.2.6.

Personalpronomen

als Subjekt

Das Personalpronomen als Subjekt gibt äußerst selten den Numerus eines Substantivs an (0,4% aller Substantive, 0% der Plurale, 0,5% der Singulare). Es handelt sich dabei vor allem um Konstruktionen vom Typ je suis + Substantiv. (Zu on siehe unten Kap. 2.2.7. und Kap. 2.2.10.9.)

2.2.7.

Sonstige formal bzw. syntaktisch

eindeutige

Substantive

Neben den wichtigsten Markierungsmöglichkeiten, die in den vorausgegangenen Kapiteln besprochen wurden, bestehen noch andere, die offenbar sehr selten vorkommen, und die wahrscheinlich auch nicht alle in unserem Korpus zu finden sind. Diese anderen Markierungen drücken den Numerus mit jeweils unterschiedlicher Sicherheit aus. Das uns vorliegende Material erlaubt uns nicht, allgemeinere Aussagen über einzelne der vorkommenden Markierungen zu machen. Weniger als 0,5% der Substantive unseres Korpus werden auf diese Weise markiert. Es handelt sich dabei um: Das Relativpronomen lequel und seine Formen (8 Fälle), z. B. le doyen Grappin devait publier une lettre ouverte dans laquelle il . . . (T. 3). 187 Vgl. z. B. A. Blinkenberg, Le problème de l'accord en français moderne (1950), bes. 1 7 0 - 1 7 2 . - Sauvageot, Analyse, 83. - Moignet, Le problème, 4 7 8 - 4 8 0 .

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Ein numerisch eindeutiges Subjekt (nicht Personalpronomen) stimmt mit dem Prädikatsnomen überein (3 Fälle), z.B. mes parents ont été ouvriers (T. 17).

Ähnlich muß bewertet werden: on sera tous les deux retraités (T. 21).

(Zur Problematik von on siehe unten Kap. 2.2.10.9) Die Ausdrücke de nombreux (2 mal) und de multiples (1 mal) geben im Unterschied zu den unten (Kap. 2.2.9.3.) behandelten "Quantitätsangaben" den Numerus eindeutig an, z. B. de multiples fraudes (T. 16) de nombreux professeurs (T. 16).

Personalpronomen (nicht als alleiniges Satzsubjekt) und Possessivpronomen können ebenfalls den Numerus anzeigen (je 2 mal). Z. B. les enfants eux-mêmes (T. 32) les étudiants dans leur Sorbonne (T. 7).

Im Satz mon mari travaille chez lui zeigt zwar auch lui den Numerus an, ist aber erst dann ein eindeutiger Hinweis, wenn der Sinn verstanden wurde. (Vgl. mon mari travaille citez eux: eux gibt keinen Hinweis auf den Numerus von mari.) Es wäre also besser, lui in dem oben aufgeführten Satz nicht zu den Markierungen in unserem Sinn zu zählen. Zwar wird im Superlativ vor das nachgestellte Adjektiv ein Artikel gesetzt, der ebenfalls den Numerus angibt, z.B. du côté le plus lourd (T. 13), und der dann ebenfalls als eine Numerusmarkierung gelten kann. Die Markierung ist jedoch nicht zuverlässig, denn wir finden auch une considération des plus flatteuses (T. 26).

2.2.8.

Die Anzahl der Markierungen

2.2.8.1.

Einfache Numerusmarkierung

Die einfache, d.h. einmalige, Markierung des Numerus betrifft etwa 2/3 (66,63%) aller Substantive im untersuchten Korpus. Es handelt sich dabei vor allem um die Markierung mit dem Artikelwort. 64,6% der Singulare sind einfach markiert und 71,3% der Plurale. Dieser Unterschied zwischen Singular und Plural dürfte darauf zurückzuführen sein, daß nicht markierte Substantive häu64

figer im Singular als im Plural stehen (vgl. unten Kap. 2.2.9.1.). Demnach stehen die markierten Substantive (insgesamt, ohne Berücksichtigung der Anzahl der Bindungen) häufiger im Plural als im Singular. Bei den Pluralen zeigt sich ein deutlicher Unterschied der Werte, je nachdem, ob man die Bindung als Markierung zählt oder nicht. Ohne Berücksichtigung der Bindung ist der Anteil der einfach markierten Substantive wesentlich höher (71,3%) als mit Berücksichtigung der Bindung (54,4%). Die Begründung finden wir in der oben (Kap. 2.2.4.2.) schon erwähnten Tatsache, daß die Bindung normalerweise nicht allein als Markierung auftritt, sondern in Verbindung mit anderen Markierungen, vor allem mit Artikelwörtern. Die Werte für einfache Markierung sind in den Texten relativ konstant. Die Abweichungen von Text zu Text entsprechen weitgehend den Werten der X 2 -Verteilung. Sie beruhen mit etwa 70% Wahrscheinlichkeit auf Zufall, wenn man die Bindung nicht wertet (x 2 =25,2 bei 30 F). Mit Berücksichtigung der Bindung beruhen sie mit einer Wahrscheinlichkeit von etwa 30% auf Zufall (X2 =33,95 bei 30 F). Der Wert von 30% ist zwar nicht sehr hoch, legt es jedoch keineswegs nahe, anzunehmen, daß die gefundenen Abweichungen anderen Gesetzen als denen des Zufalls gehorchen. 2.2.8.2.

Zweifache Numerusmarkierung

Wenn man die Bindung nicht berücksichtigt, finden wir bei 9,1% der in den Texten vorkommenden Substantive eine zweifache Markierung; mit Berücksichtigung der Bindung bei 15,1%. Die Abweichungen zwischen den Werten ohne und mit Berücksichtigung der Bindung zeigen sich vor allem bei den Pluralen (10,4% gegen 25,3%). Die Gründe wurden bereits besprochen. Eine Überprüfung der Werte für zweifache Markierung in den 31 Texten des Korpus ergibt, daß die Wahrscheinlichkeit einer zufälligen Verteilung der Art, wie sie sich aus den Texten ergibt, unter 0,1% liegt, also praktisch ausgeschlossen ist. (Ohne Berücksichtigung der Bindung: x 2 =116,5; mit Berücksichtigung der Bindung: x 2 =93,8, jeweils bei 3 0 F . ) Die Ergebnisse müssen gesehen werden im Zusammenhang mit den Ergebnissen für das eindeutige Verbum, denn von den 9,1% zweifachen Markierungen (Wert ohne Berücksichtigung der Bindung) kommt der größte Teil (6,8% 188 ) durch die Verbindung von Artikel oder adjektivischem Pronomen und dem Verbum zustande. Bei Berücksichtigung der Bindung sind die Relationen etwas anders, der Anteil der Kombination Artikel oder adj. Pronomen und Verbum an den zweifach markierten Substantiven ist aber weiterhin hoch. (Vgl. Tabelle 3.) Wir haben oben gesehen, daß der Anteil der Substantive, die durch Ar188 Die Verbindung Artikel + adj. Pronomen k o m m t zwar auch bei den dreifach markierten Substantiven vor, da diese jedoch sehr selten sind (0,33%), können wir sie hier vernachlässigen.

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tikel oder adjektivische Pronomen markiert sind, keinen außergewöhnlichen Schwankungen ausgesetzt ist, wohl aber der Anteil der Substantive, die durch Verben markiert sind. Die ungewöhnliche Verteilung bei den Verben war oben durch stilistische Besonderheiten, die noch nicht geklärt sind, begründet worden. Wir können vermuten, daß auch hier diese besondere Verteilung bei den Verben eine Rolle spielt. Erwähnenswert ist die Auszählung der Fälle, in denen zwei Artikelwörter bei einem Substantiv stehen. Diese Kombination macht 1,2% aller Plurale aus. Wir finden dabei vor allem die Konstruktion Artikel bzw. adjektivisches Pronomen + Kardinalzahl + Substantiv. Das erklärt auch, warum im Singular kein einziger entsprechender Fall im Korpus gefunden werden kann. 2.2.8.3.

Drei- und mehrfache Markierung

Dubois führt den Satz les travaux sont originaux an 189 , in dem der Plural vierfach markiert ist. Theoretisch könnte man jedoch noch eine größere Anzahl von Markierungen in einem Satz finden: 1. morphologisch markiertes Substantiv; 2. morphologisch markiertes Adjektiv (gegebenenfalls auch mehrere bei einem Substantiv; von diesem Fall soll hier abgesehen werden, weil er wohl fast nie auftritt. Im Korpus kommt er nicht vor); 3. Artikel bzw. adjektivisches Demonstrativ- oder Possessivpronomen; 4. Zahlwort oder "anderes eindeutiges Artikelwort" (die Kombination beider ist möglich, z. B. quelques trois feuilles, aber sehr selten); 5. Verbum; 6. sonstige, z. B. Personalpronomen als Subjekt, Relativpronomen lequel; 7. ggf. die Bindung, wenn man sie als Markierung wertet. (Der Rechner wertet auch mehrere Bindungen bei einem Substantiv nur als einzige Markierung, so z. B. in lesjiumblesjiommes. Um die Anzahl der Bindungen festzustellen, hätten die Datenkarten, ggf. auf Kosten anderer Einträge, völlig anders gestaltet sein müssen.)

In den untersuchten Texten finden wir 21 Substantive (ohne Berücksichtigung der Bindung), die dreifach markiert sind (= 0,3%). Diese Substantive sind markiert durch entweder Subst. morphologisch + Art. bzw. adj. Pron. + Verbum oder Adj. morphologisch + Art. bzw. adj. Pron. + Verbum oder Art. bzw. adj. Pron. + Verbum + Pers.-Pron. als Subjekt oder Art. bzw. adj. Pron. + Kardinalzahl + Verbum. Eine vierfache Markierung, wie sie Dubois für möglich hält, oder gar eine 6oder 7-fache, wie wir sie oben konstruiert haben, kommt im Korpus nicht vor. Selbst der Anteil der dreifachen Markierung ist gering. Es ist nach dem in den vorigen Kapiteln gesagten selbstverständlich, daß die Werte z. T. höher liegen, 189 Dubois, Nom et pronom, 20.

66

wenn wir die Bindung in unsere Berechnungen mit einbeziehen. Dann finden wir auch vierfache Markierungen, die jedoch äußerst selten sind (4 Fälle insgesamt, £ 0,06%). Etwa 2/3 der Substantive weisen eine und nur eine Numerusmarkierung auf, die Abweichungen je nach untersuchtem Text im Anteil dieser Substantive an der Gesamtzahl der Substantive sind mit hoher Wahscheinlichkeit zufällig, also nicht signifikant. Alle anderen Markierungshäufigkeiten hängen anscheinend in hohem Maße von den Eigenheiten des jeweiligen Textes bzw. Sprechers ab. Nähere Ursachen können hier nicht festgestellt werden.

2.2.9.

Substantive ohne

2.2.9.1.

Überblick

Numerusmarkierung

Aus dem bisher gesagten ist zu erkennen, daß es zur Numerusmarkierung des Substantivs nicht nur e i n Zeichen gibt und daß oftmals mehrere dieser Zeichen ein Substantiv gleichzeitig markieren können. Andererseits gibt es nun Substantive, die nicht formal markiert sind. Die Tabelle 3 zeigt uns, daß dies bei 23,9%, d.h. bei fast einem Viertel aller im Korpus vorkommenden Substantive der Fall ist. Dabei ist es von geringer Bedeutung, ob man die Bindung als Markierung betrachtet oder nicht. Wenn man sie als Markierung ansieht, reduziert sich der Anteil der nicht markierten Substantive bei Singularen nur um 0,8%, bei den Pluralen um 1,8% bei allen Substantiven um 1,1%. Gewichtiger sind jedoch die Unterschiede zwischen Singular und Plural der nicht markierten Substantive: Singulare ohne Markierung treten signifikant häufiger auf als nicht markierte Plurale. (26,5% der Singulare und 17,8% der Plurale haben keine Markierung; beide Werte ohne Berücksichtigung der Bindung. p90%, x 2 =0,31 bei 3 F.) Als Grund für diese Beobachtung kann man die größere formale Erstarrung der primär geschriebenen und der Nachrichtensprache gegenüber der primär gesprochenen Sprache vermuten. Im folgenden betrachten wir die Substantive ohne eindeutige Numerusmarkierung. Wir versuchen dabei, alle diese Substantive in unseren Texten zu berücksichtigen, indem wir sie ordnen. Andere Texte könnten unter Umständen andere Einteilungen verlangen. Wir beschränken uns darauf, die gefundenen Untergruppen an wenigen Beispielen zu erläutern. Eine statistische Auswertung hat wegen der geringen Anzahl der vorkommenden Fälle keine große Bedeutung. 2.2.9.2.

Substantive mit nicht-eindeutigen Artikelwörtern

Von den nicht-eindeutigen "sonstigen Artikelwörtern" ist quelque(s) das häufigste. In unseren Texten handelt es sich immer dann um einen Plural, wenn nicht der feste Ausdruck quelque chose vorliegt. Quelque im Singular dürfte in der primär gesprochenen Sprache wohl nicht vorkommen, findet sich in unserem Korpus auch nicht in den beiden anderen Textsorten. Beispiele: quelques jours de vacances (T. 3) commencez par quelques questions (T. 9) vent et quelques pluies (T. 20).

Wenn chose auf quelque folgt, finden wir in unserem Korpus immer den festen Ausdruck quelque chose. In einem einzigen Fall geht aus dem Kontext nicht mit eindeutiger Sicherheit hervor, ob es sich um den festen Ausdruck quelque chose "etwas" oder um quelques choses "einige Sachen" handelt: ort a besoin de quelque(s) chose(s) (T. 14). Quelques (außer in quelque chose)

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kommt 21 mal vor, 1 mal ist das zugehörige Substantiv morphologisch markiert {journaux), 5 mal durch eine Bindung. Auch d'autre(s) findet sich fast immer im Plural, z. B. il y avait d'autres quartiers (T. 7) pour se replier sur d'autres positions (T. 16).

Singular ist nach unseren Unterlagen nur der Ausdruck d'autre part, den man wohl zu den "festen Ausdrücken" rechnen kann. Die anderen Artikelwörter kommen selten vor und erlauben keine allgemeinen Aussagen über den Numerus des Substantivs, bei dem sie stehen. Beispiele: dans toute masse (T. 9) toutes sortes de petits comptes (T. 22) nous lui indiquerons quel(s) spécialiste(s) il pourra consulter (T. 11).

2.2.9.3.

Substantive nach Quantitätsangaben

In den untersuchten Texten werden zu der Kategorie der Quantitätsangaben gezählt: pas de, beaucoup de, pas mal de, (un) peu de, un tas de, des tas de, autant de, trop de, plus de, tant de, énormément de, un certain nombre de, suffisamment de, combien de, vingt pour cent de, quantité de, une foule de, deux kilos de, trois kilos de. (Andere, wie z. B. bien de werden hier nicht aufgeführt, da der mit ihnen verbundene Artikel den Numerus bereits ausdrückt.) Aus der Liste läßt sich erkennen, daß die Quantitätsangaben in unterschiedlichem Maße erstarrt sind. Abgesehen von un certain nombre de kann jeder der angeführten Ausdrücke sowohl den Singular als auch den Plural nach sich ziehen. In Verbindung mit den einzelnen Substantiven dürfte der Numerus weitgehend festgelegt sein. Es kann beispielsweise in der Regel ein Singular erwartet werden in: (un) peu d(e)

courage agitation réclame temps peinture.

beaucoup de chaleur bonhomie monde temps

Ein Plural ist wahrscheinlich immer zu erwarten bei: beaucoup d(e)

visites châteaux personnes Allemands sites choses réformes hommes.

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Die häufigsten Quantitätsangaben sind pas de und beaucoup de. Wir finden nach pas de 14 mal den Singular, 12 mal den Plural. (Nach Auskunft unserer französischen Informanten, vgl. jedoch unten Kap. 2.2.11.) Nach beaucoup de finden wir 10 mal einen Singular und 15 mal einen Plural. Alle oben genannten Beispiele stammen aus den untersuchten Texten. Eine ausführlichere Analyse ist nicht möglich, da das Beispielmaterial bei weitem nicht ausreicht. Es ist zu vermuten, daß der weitaus größte Teil der Numeri von Substantiven, die mit Quantitätsangaben verbunden sind, durch ein Lexikon geklärt werden könnte, das lexikalische Merkmale enthält, ähnlich wie sie in der generativ-transformationellen Grammatik verwendet werden. Ein derartiges Lexikon müßte aber erst noch erstellt werden. Es dürfte dabei keineswegs genügen, ein Merkmal [± zählbar] einzuführen, da fast alle Substantive, auch Abstrakta, unter bestimmten Bedingungen zu den "zählbaren" gerechnet werden können und die Einordnung nicht nur vom Wort selbst, sondern auch von der Intention des Sprechers abhängt 190 . Die Intention des Sprechers läßt sich bisher jedoch mit formalen Kriterien kaum feststellen. 2.2.9.4.

Substantive in festen Ausdrücken, Wortzusammensetzungen, Kennzeichnungen

Ein verhältnismäßig großer Teil der nicht markierten Substantive gehört zu den Kennzeichnungen, den Wortzusammensetzungen und den festen Ausdrükken. Auf die Problematik dieser Begriffe wurde oben (Kap. 2.1.3.) bereits eingegangen. Zahlenangaben sind in diesem Kapitel nicht sehr sinnvoll, da die Abgrenzung dessen, was ein fester Ausdruck, bzw. eine feste Zusammensetzung, ist, äußerst schwierig ist und wir mehr oder weniger auf Vermutungen angewiesen sind, solange kein vollständiges und verbindliches Lexikon dieser festen Fügungen existiert. Substantive in K e n n z e i c h n u n g e n sind, sofern sie nicht markiert und nicht bekannt sind, in ihrem Numerus nicht zu erkennen. (Ein Form aux Grands Palais wäre z. B. grundsätzlich denkbar.) Auf der anderen Seite ist ihr Numerus für jeden, der sie kennt, eine Selbstverständlichkeit. Eine allgemeine Behandlung des Numerus bei Kennzeichnungen ist daher vom Standpunkt des Hörers ohne große Bedeutung. Allenfalls ist auf die Tatsache hinzuweisen, daß auch solche Eigennamen, die normalerweise nur ein einziges Wesen oder einen einzigen Gegenstand bezeichnen, unter bestimmten Umständen auch im 190 Vgl. dazu z. B. F. Feydit, Remarques sur l'emploi des articles partitif et défini (1952). - A. Lombard, Les constructions nominales dans le français moderne (1930), bes. 95, 98, 103, 1 6 2 - 1 6 3 , 191. - H. Schmidt, Der Pluralgebrauch im Neufranzösischen (1951), er nimmt an, «daß es wohl kaum ein Abstraktum im Französischen gibt, das nicht auch im Plural vorkommen kann» (S. 100). - R. Zindel, Des abstraits en français et de leur pluralisation (1958).

70

Plural vorkommen können. Im Korpus finden wir: 37 belles Helenes (T. 28). Die Problematik der Semantik von solchen Konstruktionen soll hier nicht behandelt werden 191 . W o r t z u s a m m e n s e t z u n g e n haben i. allg. die Form (Artikelwort +) Substantiv + Präposition + Substantiv. An dieser Stelle wird nur der Numerus des zweiten — bestimmenden — Substantivs behandelt. Als Präposition kommt i. allg. de vor, selten à oder en. Beispiele: faculté de droit (T. 23) arme à feu (T. 16) examen en droit (T. 29).

In einigen Fällen steht keine Präposition. Beispiele: une question piège (T. 29) les services informations (T. 20).

Die Präposition a tritt manchmal in ihrer mit dem Artikel le amalgamierten Form auf: lettre au magnétophone (T. 30) mise au point (T. 16).

Ein Sonderfall ist doctorat ès lettres (T. 29). Wenn die Zusammensetzung nicht bekannt ist, läßt sich der Numerus des bestimmenden Substantivs in vielen Fällen erschließen. Da die weitaus größte Zahl dieser Substantive nach unseren Unterlagen im Singular steht, ist i. allg. ein Singular zu erwarten. Ein Plural steht insbesondere dann, wenn das entsprechende Substantiv sonst meist oder immer im Plural steht 192 , z.B. le diplôme d'études. (T. 16). Andere Substantive erforderten eine gesonderte Prüfung, z.B. centre d'activités (T.29), compagnon de chasse et de beuveries (T. 28).

191 Coseriu, El plural, 1 - 1 5 . 192 Bei einer weitergehenden Untersuchung müßten die Beziehungen der Elemente einer Wortzusammensetzung mitberücksichtigt werden. Eine Liste von Beziehungen finden wir z. B. bei M. Tutescu, Règles transformationnelles et règles syntagmatiques dans une grammaire générative du groupe nominal français (1969). Es konnten bisher kaum Untersuchungen gefunden werden, in denen geprüft wird, in welchem Numerus ein bestimmtes Substantiv normalerweise steht. Ausnahmen sind die in Fußn. 190 aufgeführten Titel und das Frequency Dictionary of French Words von A. Juilland et al. (1970). In den angegebenen Werken wird die Frage jedoch nicht in einer für uns befriedigenden Weise behandelt. Überdies beziehen sie sich nicht auf die gesprochene Sprache.

71

Unter den f e s t e n A u s d r ü c k e n finden wir vor allem zwei Gruppen: Ausdrücke der Form Verbum + (Adjektiv +) Substantiv und Präposition + (Adjektiv +) Substantiv, jeweils ohne Artikelwort. In die zweite Kategorie können die Ausdrücke der Form au(x) + (Adjektiv +) Substantiv einbezogen werden, sofern au(x) nicht eindeutig ist. Auch bei den festen Ausdrücken kann mit großer Wahrscheinlichkeit auf den Numerus geschlossen werden. Substantive in Wendungen der Form Verbum + (Adjektiv +) Substantiv dürften in der Regel zu den festen Ausdrücken gehören. Diese festen Ausdrücke stehen in den untersuchten Texten fast alle im Singular, z. B. avoir peur (T. 2), pendre connaissance (T. 8). Ausgenommen ist in unserem Korpus das Verbum parler, z. B. parlons statistiques (T. 26). In der Verbindung Präposition + (Adjektiv +) Substantiv kommen folgende Plurale vor: entre guillemets (T. 3, T. 29), à flots (T. 32), par petits morceaux (T. 3). Alle anderen vorkommenden Ausdrücke dieser Art stehen im Singular z. B. par exemple (in mehreren Texten), à côté (T. 2), par jour (T. 7). Fügungen der Form en + (Adjektiv +) Substantiv sind i. allg. feste Ausdrücke. Auch liier gilt, daß Plurale die seltene Ausnahme darstellen, z. B. en garde (T. 1), en fait (u. a. T. 3), en principe (T. 4). Als Plurale finden wir nur en vacances (T. 7, T. 8, T. 21), en quelques heures: (T. 3), en quelques jours (T. 8), en blue-jeans (T.7), en pays étrangers (T.23). Die Plurale lassen sich z.T. durch den Einfluß von quelque(s) erklären (s. o. Kap. 2.2.9.2) bzw. dadurch, daß vacances fast nur im Plural vorkommt. Von den 185 Substantiven, bei denen ein nicht-eindeutiges /o/ (au, aux) steht, gehören 91 zu den festen Ausdrücken. Fast alle Substantive mit au(x) in festen Ausdrücken stehen im Singular, z. B. au contraire (T. 1), au grand air (T. 5), lediglich aux petits soins (T. 26) macht eine Ausnahme. Allerdings sind manche der Verbindungen mit au(x) auch in Kontexten denkbar, in denen sie nicht als feste Ausdrücke gewertet werden können, z. B. au cours de: je vais au cours de M. Petit; au mois de: aux mois de mai et juin. (Die Semantik bleibt vorerst außer Betracht.) Eine kleine Gruppe von festen Ausdrücken besteht aus sprichwörtlichen Redensarten, z.B. noblesse oblige (T.26), aus Ausrufen z.B. salut! (T. 32), oder aus präpositionalen Ausdrücken, z. B. grâce à (T. 26, 30). Quelque chose kommt 9 mal im Korpus vor. Es dürfte ohne Zweifel zu den festen Ausdrücken zählen, mit der sehr gewichtigen Einschränkung, daß quelques choses im Plural auch vorkommen kann (vgl. oben Kap. 2.2.9.2.). Demgegenüber dürften autre chose (T. 22), autre part (T. 26) und quelque part in der gesprochenen Sprache wohl kaum im Plural vorkommen. Folgende feste Ausdrücke ließen sich nicht einordnen: d'autres (z.B.T.7), das fast ausschließlich im Plural vorkommt, tout à fait (T. 8), de toute façon 72

(z.B. T. 9, selten liest man auch de toutes façons), hier après-midi (T. 11), de temps en temps (T. 29). In einigen Fällen sind Konstruktionen, die wie die aufgezeigten aussehen, keine festen Verbindungen und keine festen Wortzusammensetzungen, sondern werden als spontane Neubildungen betrachtet. Diese relativ seltenen Fälle (bei denen man die Semantik nicht mehr außer acht lasssen kann) besprechen wir in den folgenden Kapiteln. Ein quantitativer Anhaltspunkt sei folgendes Ergebnis: von 116 festen Ausdrücken (nach der Textwortzählung) des Typs Präposition + (Adjektiv +) Substantiv (ohne au(x), ohne tout de suite, ohne tout à fait) stehen 4 im Plural.

2.2.10.

Weitere Substantive ohne

2.2.10.1.

Überblick

Numerusmarkierung

Wir untersuchen hier insgesamt 6400 Substantive eines Korpus. Nach Abzug der eindeutig markierten Fälle (einschließlich der Markierung durch Bindung) bleiben noch 1461 ( - 22,8%) Substantive ohne Markierung übrig. Wenn wir die oben behandelten Substantive ohne Markierung in festen Ausdrücken, Wortzusammensetzungen, Kennzeichnungen und mit Quantitätsangaben auch noch als im Numerus festgelegt betrachten wollen, bleibt schließlich noch ein Rest von 461 Substantiven ( - 7,2%) übrig. Diese relativ kleine Gruppe nimmt in unserer Betrachtung nahezu denselben Raum ein, wie die größere Gruppe der markierten Substantive. Dies ist gerechtfertigt durch die Tatsache, daß die verbleibenden Fälle breit aufgegliedert und vielschichtig sind, in ihrer äußeren Form und in ihrer Problematik, daß sie sich nicht in ein vorhandenes Schema einordnen lassen. Die breite Auffächerung innerhalb eines zahlenmäßig sehr kleinen Restkorpus erschwert zudem die Verallgemeinerung der Ergebnisse. Ein Vergleich der drei Textsorten (primär gesprochen, primär geschrieben, Nachrichtentexte) ergibt das interessante Ergebnis, daß die Nachrichtensprache ausgesprochen selten keinerlei Hinweise auf den Numerus aufweist, die primär geschriebene Sprache jedoch besonders häufig. Die Werte der primär gesprochenen Sprache liegen etwa in der Mitte. Die Abweichungen sind signifikant. ( p ~ 1 %, X2 =9,51 bei 2 F.) Wir können vermuten, daß sich die Nachrichtenredakteure bzw. -Sprecher bewußt so verhalten, daß sie vom Hörer eindeutig verstanden werden. Mit Hilfe der EDV ist es möglich, eine vollständige Liste aller Substantive des Korpus aufzustellen und auszuwerten, bei denen kein Hinweis auf einen Numerus steht. Die Auswertung soll ungefähr in der Reihenfolge des zahlenmäßigen Gewichts der Kategorien erfolgen. Wir können folgende Feststellungen treffen:

73

2.2.10.2

Substantive nach Pausen und in Appositionen

Substantive, die ohne ein Artikelwort unmittelbar nach einer Pause stehen, sind meistens im Singular. Beispiele: et puis, résultat,... (T.4) vers ... hauteur de premier étage (T. 7) Histoire de se défouler (T. 13) Attention! (T.29) Chapeau! (T.24).

Derartige Formen finden sich häufiger in Aufnahmen aus dem Rundfunk als in Eigenaufnahmen. Wir finden in Rundfunkaufnahmen z.B.: ... instrument de beauté, donc beauté lui-même (T. 17) Collection de fers à repasser (T. 21) Démenti de Sud-Aviation (T. 20) Sport : la Pologne a décidé ... (T. 20) Toute à l'heure, rendez-vous avec ... (T. 11).

In einigen Fällen findet sich nach Pausen auch ein Plural. Beispiele: Un ravitaillement a été compliqué, transports tout ça, oui. (T. 22) D'un côté, appariteurs . . . (T. 11) matrones (Anrede) (T. 32) y a beaucoup de gens qui ont été embêtés en vacances cette année... accidents de voiture, maladies, euh, vols, euh. (T. 21).

Präzise Regeln lassen sich aus den genannten Beispielen nicht ableiten. Es ist zu vermuten, daß bestimmte Substantive nach Pausen und ohne Artikelwort immer denselben Numerus bevorzugen. So steht in dem Satz on travaille à l'intérieur, peinture, papiers, enfin y a pas mal de choses à faire (T. 1) das Substantiv papiers wohl im Plural, weil man i. allg. im Sinne von "Tapeten" nicht von einem Singular papier spricht. (Einige Informanten hielten jedoch einen Singular für möglich.) Da Appositionen häufig nach Pausen stehen, behandeln wir sie in diesem Zusammenhang mit. Sie richten sich nach dem Substantiv, auf das sie sich beziehen und stehen in unserem Korpus meistens im Singular: le professeur X., spécialiste de . . . (T. 11). André X., directeur adjoint de . . . (T. 16).

Beispiele für den Plural: Ici des varlopes de menuisier, oeuvres d'artisans... (T. 17). Ces deux fruits, symboles de fécondité (T. 32).

74

Es ist nicht zu klären, ob die Appositionen signifikant häufiger im Singular oder im Plural stehen. Da die Häufigkeit ihrer Verwendung offensichtlich vom Stil des jeweiligen Textes abhängt, bedürfte es zur Klärung dieser Frage stilistischer Voruntersuchungen. Außerdem kommen Appositionen sowohl als zusätzliche Erläuterungen zu einem Wort vor als auch als Quasi-Adjektive. Vgl. z. B. dans l'Oise ... département de l'Oise (T. 22) gegenüber un avion Caravelle (T. 16). Wenn es sich um eine zusätzliche Erläuterung handelt, geht der Apposition häufig eine kleine Sprechpause voraus.

2.2.10.3

Substantive nach au, aux

Eine weitere große Gruppe der nicht markierten Substantive wird durch die Maskulina gebildet, bei denen der Artikel /o/ au, aux steht. Es wurde oben bereits darauf hingewiesen, daß etwa die Hälfte aller nicht eindeutigen Verbindungen mit au(xj + (Adj. +) Substantiv zu den festen Verbindungen zu zählen sind (Kap. 2.2.9.4.). Im folgenden werden nur die Fälle behandelt, die nicht zu den festen Ausdrücken zu rechnen sind. Während bei Substantiven nach Pausen und in Appositionen meist ein kleiner Kontext genügt, um den Numerus zu erkennen, ist es hier oft nötig, weitaus mehr Faktoren zu berücksichtigen. In einigen Fällen stehen die Substantive üblicherweise nur im Singular. Beispiele: statu quo: on aurait mieux fait rester au statu quo (T. 9). matériel: cette déduction s'appliquera au matériel commandé après le . . . (T. 16). Für die meisten anderen Fälle müssen jedoch außersprachliche Faktoren berücksichtigt werden. Einige Beispiele sollen das erläutern: J'ai un ami au consulat du Portugal (T.3) Es ist anzunehmen, daß der Freund nur bei einem Konsulat Portugals angestellt ist. l'homme aux sourcils croisés (T. 5) Voraussetzung für "gekreuzte Augenbrauen" ist, daß es mindestens zwei geben muß, damit sie sich kreuzen können. Genauso gut könnte man von der menschlichen Anatomie her den Numerus klären. au moment où il arrivait en 1958 (T. 9). Es wird nur von einem einzigen Moment gesprochen, wie der folgende weitere Kontext zeigt. Ah toi tu commences au nouveau lycée (T. 21) Der Numerus ist klar, denn Schüler pflegen nur ein einziges Gymnasium zu besuchen. Le président a annoncé aux journalistes que . . . (T. 16) Aux journalistes muß als Plural gewertet werden, wenn der Präsident bei einer Pressekonferenz gesprochen hat, wie der weitere Kontext erkennen läßt; es wäre Singular, wenn er von einem einzigen Journalisten interviewt worden wäre. J'ai retenu au restaurant (T. 18) On va au restaurant (T. 21) Au restaurant läßt sich in beiden Fällen aus der gesamten Gesprächssituation klären, aus der eindeutig hervorgeht, daß die Familie nicht zu Hause, sondern in einem bestimmten und ihr bekannten Restaurant speisen will.

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Dagegen ist es für Außenstehende unmöglich, den Numerus von cours und magasins in folgenden Sätzen zu bestimmen: nous avions assisté aux cours au Grand Palais y avait beaucoup de monde au cours on est parti aux magasins (alle Text 7). Hier konnte nur die Befragung der Sprecherin Auskunft geben, was gemeint war, da im Text keinerlei Hinweise auf den Numerus zu erkennen sind. Der Numerus von magasins ist z. B. dadurch festgelegt, daß es eine Familiengewohnheit ist, nicht immer in ein bestimmtes, sondern in mehrere Geschäfte zu gehen.

Der Numerus der männlichen, konsonantisch anlautenden Substantive, vor denen das Artikelwort /o/ au, aux steht, läßt sich also nicht durch Regeln mit rein formalen Kriterien bestimmen. Es muß vielmehr der weitere (sprachliche und außersprachliche Kontext herangezogen werden, oder es ist ein Vorwissen nötig, um im Einzelfall über den Numerus zu entscheiden. 2.2.10.4.

Substantive nach leur, leurs

Eine ähnliche Problematik wie bei au, aux finden wir bei leur, leurs. Wiederum erscheinen einige Substantive fast immer im selben Numerus und sind dadurch mit ziemlicher Sicherheit bestimmt. Beispiele: Il faut que les hôteliers renovent leur matériel (T. 12). . . . pour que leurs salaires soient augmentés (T. 9).

Andere Fälle müssen näher erläutert werden: Leurs parents, leurs maîtres, leurs professeurs ont besoin d'informations (T. 29).

Da es sich um Schüler handelt, erscheint parents in der Bedeutung "Eltern" und steht im Plural. Professeurs und maîtres stehen im Plural, denn Schüler haben i. allg. mehrere Lehrer. Kontextuelle und außersprachliche Faktoren, ähnlich wie bei au, aux, bestimmen zum großen Teil den Numerus nach dem Artikelwort /loer/ leur, leurs. Hinzu kommt, daß häufig Singular und Plural gewählt werden können, ohne daß sich der Sinn wesentlich änderte. Wenn von Schülern gesagt wird ils ont retrouvé l'odeur de leur(s) classe(s) (T. 29), so ist es nach der Meinung unserer Informanten gleichgültig, ob für classe(s) ein Singular oder ein Plural gesetzt wird. Ebenso ist in dem Satz les candidats disaient leur nom für nom auch ein Plural möglich, obwohl unsere Informanten den Singular bevorzugen. Es gibt also häufig in einem Satz dieser Art einen bevorzugten Numerus, der jeweils andere kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Man vergleiche dazu auch die Tolérances von 1901, in denen es heißt:

76

Dans toutes les constructions où le sens permet de comprendre le substantif complément aussi bien au singulier qu'au pluriel, on tolérera l'emploi de l'un et de l'autre nombre. Ex. [ . . . ] - ils ont ôte leur chapeau ou leurs chapeaux193.

2.2.10.5.

Substantiv + Präposition + Substantiv

Die nächste große Gruppe besteht aus den Substantiven nach der Präposition in Ausdrücken der Form (Artikelwort +) Substantiv + Präposition + Substantiv, soweit sie nicht bereits oben als Wortzusammensetzung gewertet worden sind. Die Beziehungen zwischen den beiden Substantiven sind vielfältig. Beispiele: ça me fait 53 ans de permis de conduire (T. 2) c'est la suite de réflexions, d'associations d'idées (T. 3) la création de voies rapides ( T . 16) collection de fers à repasser (T. 17).

Der Numerus des zweiten Substantivs kann in gewissem Rahmen wahrscheinlich aus den lexikalischen Merkmalen der beiden Substantive und ggf. ihren Beziehungen untereinander erschlossen werden, wenn ein Lexikon dafür aufgestellt ist. Ein Plural wird im allgemeinen folgen auf: une série de : une salve de : une collection de:

une série de questions (T. 29) une salve de coups de téléphone (T. 29) collection de fers à repasser (T. 17).

Entsprechend kann man mit einem Singular rechnen nach: le rôle de : un symbole de :

le rôle de maîtresse (T. 32) ces deux fruits, symboles de fécondité (T. 32).

In einigen Fällen treten jedoch auch unter französischsprachigen Sprechern/ Hörern Schwierigkeiten auf. So kommt z. B. in Text 8 vor: ... il y a ces histoires de drapeau(x) rouge(s) et de drapeau(x) noir(s), drapeau(x) anarchiste(s), drapeau(x) communiste(s), quoi. Zwei Französinnen, die lange Jahre beide die gleiche Schule besucht hatten, gaben jedoch unterschiedliche Auskünfte über den Numerus von drapeau(x) in diesem Satz. Während die eine der Meinung war, es gehe um die vielen Fahnen, die bei der Demonstration getragen wurden, erklärte die andere, man spreche im allgemeinen von LE drapeau rouge, LE drapeau noir usw.

193 Grevisse, Le Bon Usage, 1122.

77

2.2.10.6.

Verbum + de + Substantiv

Die nächste Gruppe, im Hinblick auf die Häufigkeit, wird gebildet aus den Substantiven in Ausdrücken des Typs: Verbum + de + Substantiv. Abweichungen in der Wortstellung können vorkommen. Es läßt sich eine eindeutige Bevorzugung des Plurals erkennen. Beispiele: un discours qui a été peu suivi de faits (T. 8) de changements y en a jamais eu (T. 9) je n'ai pas à me plaindre, moi, de classes (T. 18) ne te fie pas de promesses (T. 30) monsieur B. a parlé d'actions au niveau européen (T. 31) ornée de guirlandes, de feuilles d'olivier (T. 32).

In einigen wenigen Fällen kommt ein Singular vor: on a parlé d'université d'été (T. 8) (Plural ist möglich!) parler de nourriture (T. 25) les prétendants trépignaient d'impatience (T. 25).

Mehrere der unter dieser Kategorie gefundenen Formen sind verhältnismäßig häufig, aber man kann sie wohl kaum schon zu "festen Ausdrücken" rechnen. 2.2.10.7

de + Adjektiv + Substantiv

Nach de + Adjektiv steht in der Regel das unmittelbar folgende Substantiv im Plural (wenn es sich nicht um das bestimmende Substantiv in einer Zusammensetzung handelt). Beispiele: ils ont de belles choses (T. 2) de bien mauvaises nuits (T. 5) de graves difficultés (T. 8) dans d'affreuses convulsions (T. 11)

Das Wort tout, toute, das sowohl als Adjektiv als auch als Artikelwort auftreten kann, finden wir in de toute façon (T. 7, 8, 9, 19). Normalerweise kann man für das Substantiv im letzten Ausdruck einen Singular annehmen, man sieht aber auch geschrieben de toutes façons, was darauf hinweist, daß zumindest einige Franzosen einen Plural empfinden. Nur ein einziges Mal wird, neben de toute façon, in der gegebenen Konstruktion ein Singular festgestellt: de bon porto (T. 23).

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2.2.10.8.

Wochentage

Wochentage ohne Artikelwort stehen, soweit aus den Texten ersichtlich, immer im Singular. Beispiele: . . . autrement dit, lundi, mercredi et vendredi prochains (T. 11) à partir de lundi (T. 16) . . . qui pourrait avoir lieu vendredi (T. 31).

Ein Gegenbeispiel kommt nicht vor. 2.2.10.9.

Vous und on

Bei vous und on kann ein Prädikatsnomen im Singular oder Plural stehen. Während bei vous der Numerus relativ leicht festgestellt werden kann, wenn man weiß, wer gerade angesprochen wird, ist es bei on schwieriger, festzustellen, ob eine oder mehrere Personen gemeint sind. Hinzuweisen sei noch auf die Tatsache, daß man im neuesten Französisch nach on auch schon Verbformen im Plural findet, z. B. on se demandent194. Entsprechende Belege für die gesprochene Sprache ließen sich im Korpus nicht finden. Beispiele: vous êtes étudiant (T. 19) vous êtes^Allemand (T. 18) (Trotz Bindung Singular!) on a toujours été Parisienne (T. 23) (on = je) on est considéré comme agricoles, en tant que paysagistes (T. 13) (on = nous).

2.2.10.10. Parler + Substantiv, au point de vue + Substantiv Es kommen mehrfach Ausdrücke der Art parler + Substantiv und au point de vue + Substantiv vor. Für beide Konstruktionen lassen sich keine formalen Numerusregeln finden. Man kann lediglich feststellen, daß es auch hier offenbar von Bedeutung ist, in welchem Numerus das Substantiv allgemein vorkommt. Dabei müssen jedoch zusätzlich kontextuelle Faktoren berücksichtigt werden. Beispiele: dès qu'on parle statistiques . . . (T. 26) parlons plutôt étudiants ou à la rigueur lycéens (T. 29). au point de vue étudiants (T. 4) au point de vue courrier (T. 10).

2.2.10.11. Sans + Substantiv, avec + Substantiv Eine weitere Gruppe von Substantiven ohne Numerusmarkierung wird gebil194 «santé à vendre» (1973), 74.

79

det aus den Substantiven nach den Präpositionen sans und avec. Aus den w e nigen vorkommenden Verbindungen mit den beiden genannten Präpositionen (sans: 6 mal, avec: 2 mal) lassen sich jedoch keine Gesetzmäßigkeiten ableiten. 2.2.10.12. Bezug auf ein anderes Wort Das System von Beziehungen innerhalb eines Satzes oder Textes liefert oft Informationen, die für die Deutung eines Substantivs als Singular oder Plural von Bedeutung sind. Beispiele: Il s'agit de routes très semblables aux autoroutes, mais qui appartiendront au département ou à la commune. (T. 16) -

Je suis chauffeur. Qu'est-ce que ça veut dire ? Chauffeur d'engins. (T. 13)

Les débouchés aussi qu'on peut en espérer, évidemment examens et débouchés va de soi. (T. 29).

ça

Eine genauere und ausführlichere Darstellung der Bezugssysteme in den Texten ist im Rahmen dieser Untersuchung nicht möglich. 2.2.10.13. Übrige Fälle Wir finden nur sehr wenige Beispiele, die sich nicht ohne weiteres in die oben gefundenen Kategorien einordnen lassen. Nämlich: Ça en a certainement gêné certains (T. 22) C'est continuation et toujours et toujours (T. 23) . . . il s'appelle révolution dans la mesure . . . (T. 9).

In 6 weiteren Fällen war, vermutlich aus akustischen und aufnahmetechnischen Gründen, die lautliche Umgebung des Wortes nicht klar, der Numerus konnte aber aus der gesamten Gesprächssituation mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erschlossen werden. Uberhaupt keine Klärung des Numerus lassen all die Fälle zu, in denen das Wort selbst keine Numerusmarkierung hat und sein inner- und außersprachlicher Kontext nicht eindeutig ist. In einer lebendigen Gesprächssituation dürfte dieser Fall nur selten auftreten. (Vgl. oben Kap. 2.2.10.3. das Beispiel aller aux magasins.) Eine Unsicherheit in der Einschätzung des Numerus ist sehr selten. Wir finden sie im Korpus nur bei 68 Substantiven (= 1,1%), die von native speakers als "wahrscheinlich Singular" oder "wahrscheinlich Plural" eingestuft wurden. 80

2.2.11.

Zwei oder drei Numeri?

Bisher ist die Frage offengeblieben, ob es nicht angesichts der Schwierigkeiten, den Numerus zu bestimmen, besser wäre, einen dritten, neutralen, Numerus einzuführen, bzw. wie Mok davon auszugehen, das Substantiv sei anumerisch. Ein Blick auf die Tabelle 3 zeigt uns, daß knapp ein Viertel der Substantive keine formale Numerusmarkierung hat. Diese würden also zum état zéro im Sinne von Csécsy195 oder zur indifférence à l'égard du nombre im Sinne von Bally196 und Zwanenburg 197 gehören. Bei einer konsequenten Anwendung dieser Auffassung würde zumindest eine Schwierigkeit auftreten: Wie sind die Substantive zu behandeln, bei denen ein Quantitätsausdruck steht? Es ist eindeutig, daß beaucoup de choses, beaucoup de maisons wohl immer als Plural, beaucoup d'eau, beaucoup de sincérité wohl immer als Singular interpretiert werden, bei beaucoup de verre(s) und vielen anderen Substantiven kann die Interpretation schwanken. (S.o. Kap.2.2.9.3.) Werden die Substantive nach Quantitätsangaben als neutral angesehen oder nicht? Werden sie weder zum Plural noch zum Singular gerechnet, so würde eine derartige Einordnung wohl dem Sprachgefühl kompetenter Sprecher häufig widersprechen. Wenn man sie alle als im Numerus markiert betrachtet, übersieht man die Zweifelsfälle. Es ist jedoch auch unbefriedigend, in einem Fall das Substantiv dem neutralen Numerus zuzuordnen, in einem anderen dem Singular oder dem Plural, denn es lassen sich bisher keine festen Grenzen erkennen. Sinnvoll wäre es allenfalls, einen neutralen Numerus nach pas de anzunehmen in Sätzen wie je n'ai pas de crayon(s) oder nach sans in il est sorti sans clef(s)m. In immer wiederkehrenden Verbindungen (festen Ausdrücken, festen Wortzusammensetzungen) und Kennzeichnungen ist wohl jedem kompetenten Hörer klar, welcher Numerus vom Sprecher gemeint ist. Man könnte sie daher als auf Singular oder Plural festgelegt betrachten. Wenn man die Substantive nach Quantitätsangaben und in festen Verbindungen nicht zum neutralen Numerus zählen will, bleiben noch 7,2% der Substantive, für die kein Hinweis auf einen Numerus zu erkennen ist. Wenn keinerlei Hinweise auf den Numerus vorliegen, muß man sich fragen, ob in diesen Fällen die Zuordnung zu Singular oder Plural relevant für die Verständigung zwischen Sprecher und Hörer ist. Da die Relevanz nicht ohne weiteres gemessen werden kann, da es auch kein absolutes Kriterium gibt, das eindeutig zwischen "relevant" und "nicht relevant" trennen kann, soll das Problem an einigen Beispielen dargestellt werden. Dabei werden z.T. die Beispiele der vorausgehenden Kapitel wieder aufgegriffen.

195 196 197 198

Csécsy, Les marques orales, 4 4 (95). Bally, Linguistique générale, 6 6 7 . Zwanenburg, Genre et nombre, 44. Vgl. z . B . auch Dubois, Le verbe, 1 6 2 - 1 6 4 .

81

. . . et puis, résultat... (T. 4)

Es geht zwar aus dem Kontext hervor, daß der Sprecher ein bestimmtes Ergebnis meint, ein Singular hat aber keine große Bedeutung für die Kommunikation, da eine Umschreibung mit einem Verbum auch möglich wäre, ohne daß sich der Sinn wesentlich änderte. Histoire de se défouler (T. 13)

Histoire steht für on voulait, il s'agissait de o. ä. Auch hier könnte man einen neutralen Numerus ohne Schwierigkeiten annehmen. Appositionen bedürfen nicht der Festlegung auf Singular oder Plural, da sich ihre Bedeutung nach dem Numerus des Wortes richtet, von dem sie abhängen. In Zusammensetzungen von zwei Substantiven ist der Numerus des bestimmenden Substantivs manchmal ohne große Bedeutung, z. B. une maison de parfum(s) (T. 3) teint de soldat (T. 5) droit de visite (T. 9 ) 1 9 9 .

Andere Wendungen lassen eine Interpretation als neutralen Numerus nicht ohne weiteres zu. Unter den vielen möglichen seien hier nur einige wenige Beispiele aufgeführt: une sorte de grande cuvette (T. 32)

Erst der weitere Kontext macht es eindeutig klar, daß es sich um eine Einzahl handelt. Cuvette als Plural aufzufassen oder den Numerus offen zu lassen, würde die Verständigung stören. dépourvu d'estomac et de papilles (T. 2 6 )

Kaum jemand würde dem Menschen nur eine einzige Papille aber mehrere Mägen zugestehen wollen. Le président a annoncé aux journalistes que . . . (T. 16) C'est parti d'événements tout à fait infimes (T. 8)

199 Vgl. auch deutsch Sonnenaufgang, in dem der erste Teil des Substantivs nach der heutigen Grammatik Plural wäre. Historisch gesehen handelt es sich natürlich um eine Flexionsform des Singulars. Vgl. auch Bally, Linguistique générale, 256—290.

82

Auch liier würde ein falsches Verständnis der Wörter journalistes und événements im Sinne eines anderen Numerus als des Plurals die Kommunikation zwischen Sprecher und Hörer empfindlich stören. Vor der Einführung eines dritten, "neutralen" Numerus müßte also geklärt sein, was als Numerusmarkierung anzusehen ist und was nicht. Wir haben oben gesehen, daß es viele Grenzfälle gibt, in denen nach dem derzeitigen Stand der Kenntnisse keine eindeutige allgemeine Aussage gemacht werden kann, ob man das Wort als im Numerus formal markiert anzusehen hat oder nicht, obwohl es über die Frage, ob es im Singular oder Plural steht, kaum einen Zweifel gibt (z. B. nach quelque, in festen Fügungen, nach Quantitätsangaben). Selbst wenn wir diese Schwierigkeiten überwunden hätten, blieben uns immer noch eine Anzahl von Substantiven, die zwar keine formalen Hinweise auf Singular oder Plural bei sich haben, bei denen man mit formalen Mitteln auch nicht die Wahrscheinlichkeit von Singular oder Plural bestimmen kann, die aber nach Auskunft kompetenter Sprecher/Hörer eindeutig einem dieser beiden Numeri zugeordnet werden müssen. Für die Einordnung eines Substantivs in den neutralen Numerus müßten also neben den in dieser Untersuchung behandelten formalen Kriterien noch andere Faktoren des inner- und außersprachlichen Kontextes in die Definition einbezogen werden. Diese sind aber bisher kaum exakt zu erfassen. Die Interpretation der Fälle ohne formale Hinweise auf einen Singular oder Plural als neutralen Numerus im Sinne von Csécsy u. a. kann jedoch in ihrer Konsequenz noch weitere Schwierigkeiten mit sich bringen. Wenn man, wie diese Autoren, von drei Numeri ausgeht, müßte man auch die Beziehungen des dritten Numerus der Substantive zu den beiden Numeri der Pronomen klären, bzw. müßte auch für die Pronomen eine ternäre Numeruseinteilung gefunden werden. Wie diese aussehen sollte, ist bisher noch nicht ausgeführt worden. Es ist wenig wahrscheinlich, daß die Systeme der Substantive und der Pronomen unabhängig voneinander existieren können, so daß sich etwa ein Sprecher beim Substantiv zwischen drei Numeri entscheidet, und sich dann, wenn er sich durch ein Pronomen wieder auf das Substantiv bezieht, von neuem entscheidet, aber nur zwischen zwei Numeri. Was hier zum neutralen Numerus gesagt wurde, gilt im wesentlichen auch für das "anumerische" Substantiv im Sinne von Mok. Immer noch bleibt außerdem die genaue Definition der "Gruppe" unklar (s.o. Kap. 1.2.2.4.), so daß eine detaillierte Kritik kaum möglich ist. Csécsy, Mok und andere haben gezeigt, daß es prinzipiell möglich ist, einen dritten, neutralen, Numerus für das heutige gesprochene Französisch anzunehmen. Es ergeben sich aber erhebliche Abgrenzungsschwierigkeiten zu den beiden anderen Numeri. Außerdem müßte auf anderen Gebieten die Grammatik neu formuliert werden. Solange entsprechende Kriterien nicht zur Verfügung stehen, bzw. die entsprechenden Regeln noch nicht formuliert sind, ist es sinnvoller, auch in der gesprochenen Sprache von Singular und Plural auszugehen. 83

2.2.12.

Exkurs: Der Numerus in der geschriebenen

Sprache

Obwohl sich die vorliegende Untersuchung mit der gesprochenen Sprache beschäftigt, ist ein Blick auf die Problematik in der geschriebenen Sprache auch lohnenswert. Alle Autoren sind sich darin einig, daß die Numerusmarkierung des Substantivs in der geschriebenen Sprache für den Leser kein sehr schwieriges Problem darstellt. Neben den regelmäßigen Pluralbildungen durch Anhängen von -s an die Singularform, außer bei Wörter, die auf -s, -x oder -z enden, gibt es noch eine Anzahl von Ausnahmen, die sich in einer Liste zusammenstellen lassen. Derartige Listen finden sich, mehr oder weniger vollständig, in den gängigen Grammatiken der französischen Sprache 200 . Für eine Grammatik "für den Leser", d. h. für jemanden, der das geschriebene Französisch verstehen will, ist eine derartige Liste i. allg. weniger nützlich. Einige Hinweise und Ergebnisse sollen die Problematik erläutern. Die Listen der Plurale, die nicht auf -s, -x oder -z enden, sind in den Grammatiken relativ umfangreich 201 . Tatsächlich kommen solche Formen aber selten vor: keines der Substantive, die dazu zählen, gehört zu den 1000 häufigsten Wörtern der französischen Sprache, wie man durch den Vergleich mit einer Frequenzliste 202 feststellen kann. Allenfalls könnte après-midi dazu gehören (bei schwankendem Gebrauch 2 0 3 ) und pour cent, das wir als Substantiv zählen. Es ist aus den Frequenzlisten nicht ersichtlich, in welchem Maße die Wortzusammensetzung pour cent bei der Häufigkeit von cent (128. Rang der Häufigkeit bei Juilland 204 , 114. Rang bei Gougenheim 205 ) einen Anteil hat. Die Beobachtungen anhand der (gesprochenen) Texte entsprechen den Erwartungen: von den Substantiven, die graphisch nicht auf -s, -x oder -z enden, stehen 99,5% (4197 von 4217) im Singular. Die wenigen Ausnahmen von der Regel entstehen vor allem durch pour cent, außerdem kommen hors-d'oeuvre und die Fremdwörter grafitti, spaghetti und aristoi je einmal vor. Anders sieht das Bild bei den Substantiven aus, die in unserem Korpus auf -s, -x oder -z enden. 1894 von 2183, d.h. 86,8% stehen im Plural. Die Schwankungen liegen je nach Text zwischen 77,6% und 100%. Mit Hilfe des

2 0 0 Z . B . Grevisse, Le Bon Usage, 2 1 6 - 2 4 4 . - Chevalier et al., Grammaire Larousse, 1 7 2 - 1 7 5 . - Klein / Strohmeyer, Französische Sprachlehre, 1 0 5 - 1 0 9 . 201 Z. B. Grevisse, Le Bon Usage: 28 Seiten; Chevalier et al., Grammaire Larousse: 4 Seiten; Klein / Strohmeyer, Französische Sprachlehre: 4 Seiten. 202 Juilland et al., Frequency Dictionary, 3 8 7 - 4 0 9 , für die geschriebene Sprache. Gougenheim et al., L'Elaboration 6 9 - 1 1 3 , für die gesprochene Sprache. 203 Vgl. z . B . Grevisse, Le Bon Usage, 232. - Klein / Strohmeyer, Französische Sprachlehre, 108. 204 Juilland et ai., Frequency Dictionary, 389. 205 Gougenheim et al., L'Elaboration, 71, 93.

84

X 2 -Tests kann ermittelt werden, daß die Wahrscheinlichkeit derartiger Schwankungen weit über 90% liegt (x 2 = 10,17 bei 30 F); man kann also annehmen, daß sie auf Zufall beruhen. Da in einzelnen Texten fast 1/4 der Substantive, die auf -s, -x oder -z enden, nicht im Plural stehen, wäre auch fur die geschriebene Sprache eine Untersuchung über die Numerusmarkierung sinnvoll, wobei, im Gegensatz zur vorliegenden Untersuchung, die primär geschriebene Sprache im Mittelpunkt der Untersuchung stehen müßte.

2.2.13.

Wozu "gehört" der Numerus?

Traditionelle Grammatiken gehen stillschweigend von der Voraussetzung aus, daß der Numerus zum Substantiv gehört. Moderne Grammatiker, z.B. Dubois und Mok, lehnen das ab und erklären ihrerseits, er betreffe den ganzen Satz bzw. das Syntagma (Dubois 2 0 6 ) oder die "Gruppe" (Mok 2 0 7 ), wobei sie eher das Bezeichnende als das Bezeichnete im Auge zu haben scheinen. (Wir haben oben, Kap. 1.2.2.3., aber bereits gesehen, daß Dubois und Mok offenbar eine weitgehende Übereinstimmung von Form und Inhalt stillschweigend voraussetzen.) Daß sich der Numerus auf den ganzen Satz bezieht, wurde oben in Verbindung mit der Behandlung des Verbs bereits als unbefriedigende Theorie bezeichnet. (Vgl.Kap. 2.2.5.) Sowohl Dubois als auch Mok sind sich darüber einig, daß sich der Numerus sinngemäß auf das Substantiv bezieht. Wenn nun aber das Substantiv selbst keinen Numerus hat, sondern die "Gruppe" bzw. das Syntagma, was meistens dasselbe sein dürfte, so kann man feststellen, daß das Syntagma häufig allein aus dem Substantiv ohne Artikelwort besteht. In diesen Fällen muß man, um die Theorie aufrechtzuerhalten, ein Artikelwort "Null" annehmen, das sowohl für den Singular als auch für den Plural steht, und ggf. auch fur den neutralen Numerus. Wenn man kein Artikelwort "Null" annehmen will, ist man dagegen gezwungen, den Numerus wieder dem Substantiv zuzuordnen. Für welche der beiden angeführten Lösungen man sich entscheidet, hängt wohl davon ab, ob man der Meinung ist, daß ein Substantiv immer mit einem Artikelwort, und sei es das Artikelwort "Null", verbunden sein muß oder nicht. Aus dem Blickwinkel der generativ-transformationellen Grammatik läßt sich das Problem relativ leicht lösen, wenn man annimmt, daß sich der Numerus in der Tiefenstruktur der Nominalphrase immer zeigt 208 , man aber von der Oberflächenstruktur nicht immer auf die Tiefenstruktur schließen kann. Zu diesem Aspekt wären jedoch noch weitere Untersuchungen nötig. 206 Dubois, N o m et pronom, 22. 207 Mok, Contribution, 128, 140, 148. 2 0 8 Dubois / Dubois-Charlier, Eléments, 30.

85

2.2.14.

Singular und Plural in aufeinanderfolgenden

Substantiven

G. Galichet behauptet, daß die Numeri nicht zufällig verteilt sind, sondern daß gern auf einen Singular ein weiterer folgt, bzw. auf einen Plural mindestens ein weiterer Plural. Der Sprecher sei «par moments [ . . . ] dans l'atmosphère du singulier, par moments dans celle du pluriel [.. ,] 2 0 9 ». Wenn diese Behauptung richtig wäre, hätte sie große Bedeutung für die Bestimmung des Numerus in all den Fällen, in denen kein anderes Numeruszeichen vorliegt. Aus den vorhergehenden und den folgenden Substantiven könnte, wenn deren Numerus eindeutig ist, mit einer gewissen, noch zu bestimmenden, Sicherheit auf den bisher unbekannten Numerus geschlossen werden. Man könnte annehmen, daß der Hörer nach seinem Sprachgefühl mit einem derartigen Verhalten des Sprechers rechnet. Leider ist es nicht möglich, genau festzustellen, worauf sich Galichets These stützt, da seine bibliographischen Angaben an dieser Stelle falsch oder zumindest ungenau sind 210 . Es finden sich zwar einzelne Beispiele, die für Galichets Meinung sprechen, z.B. ornée de guirlandes, de feuilles d'olivier (T. 28) avec festins ininterrompus, danses, chants et libations (T. 28) Le Français connaît son pays pas grâce aux sites, mais aux petits endroits accompagnés d'étoiles sur les guides et aux restaurants exhibant plusieurs fourchettes en croix. (T. 26)

Ebenso lassen sich aber auch Beispiele finden, die eher darauf schließen lassen, daß kein Zusammenhang zwischen den Numeri aufeinanderfolgender Substantive besteht: Ces mesures entreront en vigueur le 12 septembre à neuf heures du matin. (T. 17) . . . on hausse les prix. Alors c'est continuation et toujours et toujours, alors des fois on augmente de peut-être cinq du cent, puis les prix augmentent peut-être pas du double . . . (T. 23).

Wegen ihrer möglichen Bedeutung soll Galichets These noch mit folgenden Überlegungen geprüft werden: 209 G. Galichet, Grammaire structurale du français moderne (1970), 39. 210 Galichet zitiert: [Delacroix] «Le Langage et la Pensée, P. 15.» Als einziges Werk, auf das diese Angaben passen, konnte bisher ermittelt werden: Henri Delacroix, Le langage et la pensée, Paris 1924. Seite 15 dieses Buches bringt nicht das erwähnte Zitat. Galichet zitiert noch einmal Le Langage et ta Pensée auf Seite 22 seiner Grammatik. Hier stimmt die Thematik von Delacroix mit dem Zitat überein, das Zitat findet sich jedoch wieder nicht. Die von Galichet zitierten Stellen scheinen jedoch in Stil und Aussage mit dem Text des ermittelten Werkes von Delacroix übereinzustimmen. Eine genaue Überprüfung des gesamten Werkes auf Galichets Zitate hin erscheint nicht sinnvoll, da Delacroix selten konkrete Einzelheiten darüber angibt, wie er zu seinen Behauptungen kommt.

86

Nach Auszählung der Numeri sämtlicher Substantive in den einzelnen Texten läßt sich die theoretische Wahrscheinlichkeit errechnen, mit der ein zufällig aus dem Text herausgegriffenes Substantiv im Singular oder Plural steht. Ebenso läßt sich ohne Schwierigkeiten berechnen, mit welcher theoretischen Wahrscheinlichkeit zwei zufällig aus dem Text herausgegriffene Substantive im gleichen Numerus stehen211. Wir prüfen nun, mit welcher tatsächlichen Wahrscheinlichkeit zwei aufeinanderfolgende Substantive in dem Text im gleichen Numerus stehen. Dabei müßte sich, wenn die These Galichets richtig wäre, eine größere Wahrscheinlichkeit errechnen lassen, als bei zwei zufällig herausgegriffenen Substantiven. Die Tabelle 6 zeigt, daß Galichets These in dieser Form nicht haltbar ist. Zwar stehen in vielen Texten zwei aufeinanderfolgende Substantive häufiger im gleichen Numerus als nach unseren Berechnungen zu erwarten wäre, in anderen Texten stehen jedoch aufeinanderfolgende Substantive weniger häufig rni gleichen Numerus als erwartet. Man könnte annehmen, daß sich die Regel Galichets eher bei einer größeren Zahl aufeinanderfolgender Substantive bewahrheitet. Ein einzelner Text liefert uns die größtmögliche Einheit zusammengehöriger Substantive. Die Anzahl der Singulare und Plurale ist bekannt. Wenn Galichets Regel zuträfe, müßten die einzelnen Texte besonders häufig den einen oder anderen Numerus aufweisen, das heißt, die Verteilung der Numeri müßte je nach Text starken Abweichungen unterliegen. Wir stellen fest, daß zwar erhebliche Schwankungen im Anteil der Numeri vorkommen (56,91% Singulare in Text 22; 85,85% Singulare in Text 24), mit Hilfe des X2-Tests läßt sich jedoch feststellen, daß eine Zufälligkeit der Abweichungen keineswegs ausgeschlossen werden kann (p ~ 75%, x 2 =24,45 bei 30 F). Es soll nicht bestritten werden, daß in Einzelfällen eine atmosphere du singulier oder eine atmosphere du pluriel gefunden werden kann. Diese Erscheinung verdient dann eine stilistische Untersuchung. Man könnte den Begriff "syntagmatische Assimilation" dafür einführen. Genauso ließe sich aber sicher oft auch eine Neigung zum häufigen Wechsel von Singular und Plural feststellen, die man als "syntagmatische Dissimilation" deuten könnte. Als eine sprachliche Regelmäßigkeit kann man diese Erscheinung jedoch nicht deuten.

211 Nennt man die Wahrscheinlichkeit, daß ein Substantiv im Singular steht p, die Wahrscheinlichkeit, daß es im Plural steht q, so beträgt die Wahrscheinlichkeit, daß zwei Substantive im gleichen Numerus stehen p 2 + q . Zur Berechnung vgl. z . B . Müller, Einführung, 4 3 - 4 5 und Clauß / Ebner, Grundlagen, 1 2 0 - 1 2 4 .

87

3.

Zusammenfassung und Ausblick

3.1.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Der Numerus des Substantivs wird in der französischen Sprechsprache nur sehr selten durch eine Veränderung am Wort selbst ausgedrückt. Ob morphologisch markierte Formen vorkommen, ist zudem in hohem Maße abhängig vom jeweiligen Text und seinem spezifischen Wortschatz. Beim weitaus größten Teil der Substantive unseres Korpus wird der Numerus durch einen Artikel oder ein adjektivisches D e m o n s t r a t i v - oder Possessivpronomen ausgedrückt. Diese Art von Markierung findet sich in unseren Texten bei 67,7% der Substantive. Der Prozentsatz ist von Text zu Text nur unbedeutenden Schwankungen unterworfen. Auch zwischen Texten mit primär geschriebener und primär gesprochener Sprache kann kein relevanter Unterschied festgestellt werden. Die Formen der Artikel allein genommen kommen dagegen bei weitem nicht mit einer vergleichbaren Konstanz vor, auch wenn ihr Anteil (57,5%) recht hoch ist. Obwohl beim Substantiv häufig ein Artikel, ein adjektivisches Possessivoder Demonstrativpronomen steht, kann man nicht davon ausgehen, daß diese mit dem Substantiv eine Einheit bilden, da oft andere Wörter zwischen beide treten. Die Bindung erweist sich im heutigen Französisch als ein relativ kompliziertes System, dessen Bedeutung für die Numerusmarkierung noch nicht bis in alle Einzelheiten beschrieben werden kann. Es erweist sich aber aus dem vorliegenden Textkorpus, daß die bisher manchmal vertretene Gleichung Bindung mit /z/ £ Plural keine Bindung bzw. andere Bdg. als /z/ £ Singular nicht immer den sprachlichen Realitäten entspricht. Gültig ist sie jedoch auf jeden Fall, wenn die Bindung zwischen einem Artikel oder adjektivischen Pronomen und dem vokalisch anlautenden Substantiv auftritt. Dann ist sie im allgemeinen jedoch redundant, weil der Artikel, bzw. das Pronomen, bereits den Numerus ausdrückt. Ausnahmen sind das Possessivpronomen leur(s) und einige Indefinitpronomen, die selbst den Numerus nicht ausdrücken können. Die Bindung ist nur sehr selten die einzige Numerusmarkierung des Substantivs.

88

Das V e r b u m kann den Numerus des zugehörigen Subjekts ausdrücken. Seine Markierungsmöglichkeit ist jedoch begrenzt, da die Substantive nicht nur als Satzsubjekte auftreten. Zudem sind längst nicht alle Verbformen eindeutig hinsichtlich des Numerus. Die Bedeutung des Verbums für die Numerusmarkierung wird weiterhin dadurch eingeschränkt, daß es selten allein den Numerus ausdrückt (unter 1,5%) und daß die formale Kongruenz zwischen Subjekt und Prädikat aus verschiedenen Gründen durchbrochen werden kann. Ein Teil der Substantive unseres Korpus weist keine f o r m a l e N u m e r u s m a r k i e r u n g auf. Ihr Numerus kann jedoch oftmals erschlossen werden, ohne daß man auf den "Sinn" des Satzes bzw. Ausdrucks zurückgreifen muß. Das ist meistens der Fall, wenn die Substantive nach Quantitätsangaben stehen, nach den nicht-eindeutigen Indefinitpronomen, in festen Ausdrücken, Kennzeichnungen, festen Wortzusammensetzungen. In diesen Fällen müßte es möglich sein, mit Hilfe eines entsprechenden Lexikons den weitaus größten Teil der bis dahin ungeklärten Fälle eindeutig einem Numerus zuzuordnen. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit kann man annehmen, daß Substantive nach Pausen im Singular stehen, Substantive in der Verbindung Verbum + de + Substaniv im Plural und Wochentage im Singular, wenn sie unmarkiert sind. Es wäre vielleicht sogar möglich, ein Lexikon des "Numerusverhaltens" der Substantive aufzustellen, aus dem man den Numerus des Substantivs in bestimmten Kontexten erschließen könnte. Häufig kann nur die Kenntnis von außersprachlichen Faktoren einen Hinweis auf den Numerus geben. In einigen Fällen ist eine eindeutige Zuordnung zu Singular oder Plural nicht möglich. Singularia tantum und Pluralia tantum spielen eine sehr geringe Rolle, wenn es darum geilt, den Numerus aer nicht markierten Substantive zu bestimmen. Ihr genauer Anteil ist nicht festzustellen, da es kaum Untersuchungen darüber gibt, mit welcher Häufigkeit ein Substantiv im Singular oder im Plural steht. Die A n z a h l der M a r k i e r u n g e n schwankt. Bei den meisten Substantiven steht nur eine Numerusmarkierung (66,6% ohne Berücksichtigung der Bindung, 60,4% mit Berücksichtigung der Bindung.) Aber auch mehrfache Markierungen kommen vor, obwohl sie seltener sind. Öfter als viermal wird kein Substantiv unseres Korpus markiert. Eine t e r n ä r e N u m e r u s d i f f e r e n z i e r u n g bei den Substantiven erweist sich als äußerst problematisch, da weder die Abgrenzung der drei Numeri zueinander noch ihr Verhältnis zum System der Pronomen zu klären ist. Dennoch ist es nicht auszuschließen, daß eine derartige Entwicklung beginnt. Zwar wird im Sprachbewußtsein kompetenter französischsprachiger Sprecher/Hörer allgemein zwischen Singular und Plural unterschieden 212 , wir können jedoch auch einige Fälle finden, wo kompetente Sprecher/Hörer Schwierigkeiten haben, sich für einen Singular oder Plural zu entscheiden. 2 1 2 Es ist nicht auszuschließen, daß es sich hier um die morphosyntaktische Entsprechung zur "Demonstrationslautung" handelt; vgl. oben Fußnote 112.

89

3.2.

Ausblick

Unsere Untersuchung war ein Versuch, ein grammatisches Gebiet, das bisher aufgrund von Eindrücken und mehr oder weniger zufallig gefundenen Beispielen behandelt worden ist, mit Hilfe von empirischen Daten systematisch zu untersuchen. Das Thema konnte nicht erschöpfend behandelt werden, viele Fragen mußten offen bleiben. Die Repräsentativität des Korpus ist fraglich. Das gilt vor allem für die selten beobachteten Erscheinungen. Um diatopische, diastratische und diaphasische Differenzierungen der Ergebnisse zu ermöglichen, müßte der Umfang des Korpus ganz erheblich erweitert werden. Andererseits sind auch die für die Numerusmarkierung relevanten Faktoren nicht bekannt, mit denen wir die verschiedenen Textsorten voneinander abgrenzen könnten. Wie wir gesehen haben, ist die Relevanz der Statistik für die Sprachbeschreibung noch nicht endgültig geklärt. Das gilt sowohl für die Häufigkeit sprachlicher Erscheinungen als auch noch mehr für ihre Verteilungsform in einem Korpus. Wir können an unserem Material die Feststellung machen, daß die Markierung, die die häufigste ist und deren Auftreten so regelmäßig ist, daß wir keine außergewöhnlichen Gründe für Schwankungen annehmen müssen (a.h. die Gruppe der Artikel und der adjektivischen Possessiv- und Demonstrativpronomen), gleichzeitig auch die eindeutigste ist. Sie dürfte damit als Numerusmarkierung nicht nur im Rahmen der Norm (im Sinne Coserius), sondern auch in der langue einen hervorragenden Platz einnehmen. Es wäre zu prüfen, ob ähnliche Beobachtungen auch auf anderen Gebieten der Sprache gemacht werden können und ob sich ein entsprechendes allgemeines Gesetz finden ließe. Was bisher als grammatische Regel bezeichnet wird, d.h. eine Regelmäßigkeit, die unter bestimmten Bedingungen immer eintritt, könnte man als Spezialfall dieses Gesetzes ansehen. Man müßte in der Grammatik also zwischen probabilistischen und deterministischen Gesetzen unterscheiden. Durch eine andere Aufbereitung des Datenmaterials könnte ggf. mehr Aufschluß erzielt werden über die Relevanz der Bindung und über die Kongruenz bei Verben. Die Probleme in diesen beiden Bereichen ergaben sich erst bei der Auswertung, nachdem der Verkodungsschlüssel bereits feststand und nicht mehr geändert werden konnte. Um auch diejenigen Fälle näher untersuchen zu können, in denen der Numerus durch keine Markierung angezeigt ist und fi)r die keinerlei formale Hinweise auf den Numerus vorliegen, bedürfte es, abgesehen von einem wesentlich größeren Korpus, einer Analyse der sprachlichen und außersprachlichen Bezugssysteme der Texte. Wie eine solche Analyse auszusehen hat, ist jedoch bisher weitgehend ungeklärt. Nicht in die Untersuchung einbezogen wurde von uns die Analyse durch Synthese, die es in vielen Fällen erst möglich machen wird, den Numerus ei-

90

nes Substantivs zu erkennen. Diese Analyse wäre nur unter Verwendung eines möglichst ausfuhrlichen Sprechermodells der Grammatik möglich. Da noch zu viele Fragen offen geblieben sind, wurde von uns nicht untersucht, wie etwa eine "Verstehensstrategie" des Hörers im einzelnen aussehen müßte. Es ließ sich in unserem Korpus kein eindeutiges Beispiel dafür finden, daß Sprecher im Einzelfall eine andere Formulierung wählen, damit der Hörer den Numerus eindeutig interpretieren kann. Hörbare Selbstkorrekturen kommen nicht vor, eine gedankliche Desambiguisierung v o r dem Sprechakt läßt sich mit unserer Methode normalerweise nicht nachweisen. Für eine nähere Untersuchung dieser Frage wäre ein anderer Ausgangspunkt nötig gewesen. Auch müßte dazu ausführlicher die Frage geprüft werden, mit welchen Mitteln der Sprecher Einzahl und Mehrzahl unterscheidet.

91

4.

Anhang

4.1.

Schreibkonventionen und Kurzbeschreibung der Programme

Um das h aspiré anzuzeigen, wird *H geschrieben. Die Schreibweise hat Bedeutung, da der Rechner auf diese Weise feststellen kann, ob bei diesem Wort eine Bindung möglich ist oder nicht. Leerstellen innerhalb eines Wortes (z.B. in pour cent, statu quo) werden durch + gefüllt (z.B. POUR+CENT, STATU+QUO). Diese Konvention ist nötig, da im Programm GRAPHEM ein Buchstabe, auf den eine Leerstelle folgt, als Wortende betrachtet wird. Die Programme (Haupt- und Unterprogramme) können an der Rechenanlage CD 3300 des Rechenzentrums der Universität Erlangen-Nürnberg mit einem Namen bezeichnet werden, der aus maximal acht alphanumerischen Zeichen besteht. Der Name kann frei gewählt werden. Im folgenden werden die Programme mit ihrem entsprechenden Programmnamen vorgestellt. ABSTAND (Tabelle 5) Auflistung der Fälle, in denen zwischen Artikelwort und Substantiv mindestens ein weiteres Wort steht. Auszählung, Berechnung der Mittelwerte. ARTIWORT Auflistung sämtlicher "sonstiger Artikelwörter" BESONDER Auflistung folgender Fälle: Unklare Numeri, Besonderheiten, Sonstiges. CHIQ Mehrere Werte für jeden einzelnen Text aus den Tabellen 1 bis 5 werden dem X2 -Test (Chi-Quadrat-Test) unterworfen. Die Überlegung ist folgende: Wir haben als Stichproben Texte in französischer Sprache und wollen wissen, ob für die Schwankungen der Ergebnisse um einen Mittelwert in den einzelnen Texten andere Faktoren als der Zufall verantwortlich gemacht werden müssen, d. h. ob die Abweichungen signifikant sind. Es wird wie folgt vorgegangen: - Man formuliert die Nullhypothese, das heißt, man erwartet keinen Unterschied zwischen den Parametern der beiden Grundgesamtheiten.

92

- Man prüft die empirischen Gruppenunterschiede [ . . . ] - Man fragt, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, bei der Wahl von Zufallsstichproben aus der Grundgesamtheit eine ebenso große oder größere Differenz als die beobachtete zu finden. - Falls eine geringe Wahrscheinlichkeit vorliegt ( p < 0 , 0 5 ) , ist die empirische Differenz bei Gültigkeit der Nullhypothese höchst unwahrscheinlich. Damit ist die Nullhypothese als nicht zutreffend zurückgewiesen: die Differenz zwischen beiden Gruppen kann nicht auf zufällige Stichprobenfehler zurückgeführt werden, sondern ist Ausdruck einer Verschiedenheit beider Grundgesamtheiten 2 1 3 .

Wenn wir die Nullhypothese nicht ausschließen können, haben wir jedoch immer noch keinen Beweis für ihre Richtigkeit. Das Vorgehen wird in der statistischen Literatur auch mit einem «Freispruch aus Mangel an Beweisen» verglichen 214 . Der Wert x 2 wird mit dem Programm CHIQ berechnet. Wir verwenden die Formel: k ^

K

b\

eif

ei

Dabei bedeuten: f b j die beobachtete Häufigkeit f . die erwartete Häufigkeit 215 . ei „ Die entsprechende Wahrscheinlichkeit wird aus einer Tabelle entnommen . Da der x 2 -Test nicht zulässig ist, wenn 20% der theoretischen Werte unter 5 liegen, bzw. ein theoretischer Wert Null ist 2 1 7 , sind nicht alle Werte unserer Tabellen mit diesem Test nachprüfbar. Wir geben die Wahrscheinlichkeit mit p, die Anzahl der Freiheitsgrade mit F an. Außerdem werden die üblichen mathematischen Symbole verwendet, nämlich « "ist ungefähr gleich", < "ist kleiner als", «"ist sehr klein gegen",) "ist größer als",»"ist sehr groß gegen", = "entspricht". GALICHET (Tabelle 7) Überprüfung, ob aufeinanderfolgende Substantive im Numerus voneinander unabhängig sind. (Vgl. Kap. 2.2.14.) GRAPHEM (Tabelle 6) Das Verhältnis des Numerus zum letzten Buchstaben des Wortes wird untersucht. Auflistung der Singulare, die auf s, x oder z enden und der Plurale, die nicht auf s, x oder z enden.

213 214 215 216 217

Clauß / Ebner, Grundlagen, 173. Clauß / Ebner, Grundlagen, 198. Clauß / Ebner, Grundlagen, 197. Wir verwenden die Tabelle in Müller, Einführung, 287. Vgl. Clauß / Ebner, Grundlagen, 197.

93

Auszählung durch den Rechner und Errechnung der Mittelwerte. IRRTUM Überprüfung der Daten auf innere Stimmigkeit. So darf z. B. unmittelbar nach /' kein Substantiv stehen, das mit Konsonant anfängt oder im Plural steht. Überprüfung auf Fehler in der Reihenfolge der Lochkarten. Auflistung der Fehler. KONTR Kontrollausdruck. Sämtliche Angaben auf jeder Wortkarte werden mit Erläuterungen ausgedruckt. LIAISON (Tabelle 4) Überprüfung bei allen Substantiven, die vokalisch anlauten, ob sie am Anfang des Wortes gebunden werden. Auflistung der Fälle, in denen ein vokalisch anlautendes Substantiv nicht gebunden wird. Auszählung von verschiedenen Kombinationen, Berechnung der Mittelwerte. MEHRFACH Überprüfung, wie oft der Numerus eines Substantivs in der gesprochenen Sprache markiert ist. Aufstellung einer Liste der Fälle, in denen das Substantiv formal nicht markiert ist. Eine zweite Aufstellung gibt die Substantive an, die mehr als einmal markiert sind. Auszählung der Häufigkeit von Markierungen und von einigen Markierungskombinationen. Berechnung der Mittelwerte. MORPH Auflistung der Substantive und Adjektive, die als "morphologisch markiert" betrachtet werden. PRONONC Feststellung der Aussprache von but, fait, œuf, bœuf, os in Singular und Plural. Der Rechner sucht die angegebenen Wörter in der Rubrik WORT und druckt dazu neben den Angaben zum Text, die Wortnummer, den Numerus und die Aussprache angaben aus, die bei den Bemerkungen in eckigen Klammern stehen. QUANTI Auflistung der Quantitätsangaben. TABELLE mit Unterprogramm ARTIKEL (Tabellen 1 und 2) Auszählung der verschiedenen Numerusmarkierungen mit genauer Aufschlüsselung der vorkommenden Formen von Artikel, Demonstrativ- und Possessivpronomen. Berechnung der Mittelwerte. VERBINDG Auflistung der festen Ausdrücke, Wortzusammensetzungen, Kennzeichnungen.

94

ZWEIWORT Auflistung der Substantive, die als ein Wort gewertet werden, aber aus mehreren graphisch nicht oder durch Bindestrich verbundenen Buchstabenfolgen bestehen. Die Auflistungen können wegen ihres Umfangs nicht wiedergegeben werden, sie sie sind in den Einzeluntersuchungen dieser Arbeit verwendet. Die Gesamtergebnisse der Auszählungen werden unten aufgeführt 218 . Hinter dem Programmnamen wird auf die entsprechende Tabelle unten verwiesen.

2 1 8 Die Ergebnisse zu den einzelnen T e x t e n wurden bei der Vorlage dieser Untersuchung als Dissertation mit eingereicht und befinden sich im Archiv der Philosophischen Fakultät der Universität Erlangen-Nümberg.

95

4.2. Tabelle 1

Tabellen 6400 Substantive Singular: 4486 (70,09%), davon wahrscheinlich Singular 35 (0,55%) Plural: 1914 (29,91%), davon wahrscheinlich Plural 33 (0,52%)

Singular

Plural

Gesamt

4 3 (2,24%)

191 (2,85%)

14 (0,73%)

34(0,53%)

440 (22,99%)

449 (7,02%)

14(0,73%)

163 (2,55%)

21 (1,10%)

28 (0,44%)

0 (0,00%)

0 (0,00%)

32 (1,67%)

33 (0,52%)

0 (0,00%)

4 (0,06%)

24 (1,25%)

25 (0,39%)

0 (0,00%)

8 (0,13%)

Eindeutige Verben 367 (8,18%) 166 (8,67%) Verben, deren Numerus formal nicht eindeutig ist

533 (8,33%)

158 (3,25%)

279 (4,36%)

Morphologisch: Substantiv 148 (3,30%) Morphologisch: Adjektiv 20 (0,45%) Bindungen mit /z/ vor dem Substantiv 9 (0,20%) andere vor dem Substantiv 149 (3,32%) mit /z/ nach dem Substantiv 7 (0,16%) andere nach dem Substantiv 0 (0,00%) mit /z/ nach dem Adjektiv 1 (0,02%) andere nach dem Adjektiv 4 (0,09%) mit /z/ vor dem Adjektiv 1 (0,02%) andere vor dem Adjektiv 8 (0,18%)

121(6,32%)

Zahlwörter 35 (0,78%) 264 (13,79%) andere Artikelwörter 20 (0,45%) 33 (1,72%) (nicht eindeutig: Singular: 19, Plural: 11, gesamt: 30) Personalpronomen als Subjekt 23 (0,51%) 0 (0,00%) Sonstige formal bzw. syntaktisch eindeutige Fälle 19(0,42%) 11(0,57%)

299 (4,67%) 53 (0,83%)

23 (0,36%)

30 (0,47%)

Die Prozentzahlen der ersten Spalte beziehen sich auf die Singulare, die der zweiten Spalte auf die Plurale. In der dritten Spalte werden alle Substantive zusammen als Grundgesamtheit betrachtet.

96

Tabelle 2 Singular: 4486 1' le la

Plural: 1914

398 (8,87%, 6,22%) 584 (13,02%, 9,12%) 700 (15,60%, 10,94%)

au (nicht eindeutig) 161 du 202 (4,50%, 3,16%)

Gesamt: 6400

les 571 (29,83%, 8,92%) aux (eindeutig) 33 (1,72%, 0,52%) aux (nicht eindeutig) 24 des 503 (26,28%, 7,86%)

Bestimmter Artikel (Summe): Singular: 1884 (42,00%) ce cet cette

103 (2,30%, 1,61%) 23 (0,51%, 0,36%) 79 (1,76%, 1,23%)

Plural: 1107 (57,84%) Gesamt: 2991 (46,73%)

ces 49 (2,56%, 0,77%)

Demonstrativpronomen (Summe): Singular: 205 (4,57%) mon ma ton ta son sa notre votre

56 (1,25%, 40 (0,89%, 9 (0,2.0%, 11 (0,25%, 64(1,43%, 57 (1,27%, 26 (0,58%, 31 (0,69%,

0,88%) 0,63%) 0,14%) 0,17%) 1,00%) 0,89%) 0,41%) 0,48%)

Plural: 49 (2,56%)

Gesamt: 254 (3,97%)

mes 42 (2,19%, 0,66%) tes 3 (0,16%, 0,05%) ses 37 (1,93%, 0,58%) nos 18 (0,94%, 0,28%) vos 6 (0,31%, 0,09%)

Possessivpronomen (Summe): Singular: 294 (6,55%) Plural: 106 (5,54%) (Die Formen leur, 21 mal, und leurs, 15 mal, sind nicht eindeutig.) un une

Gesamt: 400 (6,25%)

330 (7,36%, 5,16%) 360 (8,02%, 5,63%)

Unbestimmter Artikel (Summe): Singular: 690 (15,38%)

Gesamt: 690 (10,78%)

Artikel und adjektivische Pronomen (Summe): Singular: 3073 (68,50%)

Plural 1262 (65,94%)

Gesamt: 4335 (67,73%)

Die erste Prozentangabe bei den Singularen bezieht sich auf alle singularischen Substantive, bei den Pluralen bezieht sie sich auf alle pluralischen Substantive. Wenn eine zweite Prozentangabe vorhanden ist, bezieht sie sich auf alle Substantive insgesamt.

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Tabelle 3 Statt Bezeichnung sollte es besser Markierung heißen. Mehrere Bindungen bei einem Wort werden immer nur als eine einzige Markierung gewertet. Für die Prozentangaben gilt dasselbe wie für Tabelle 1. SINGULAR W.36 PllRSLI191