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German Pages 103 [104] Year 1974
ALTDEUTSCHE
TEXTBIBLIOTHEK
Begründet von Hermann Paul Fortgeführt von Georg Baesecke Herausgegeben von Hugo Kuhn Nr. 43
Die Lieder Walthers von der Vogelweide Unter Beifügung erhaltener und erschlossener Melodien neu herausgegeben von
Friedrich Maurer 1. Bändchen Die religiösen und die politischen Lieder 4., durchgesehene Auflage
MAX NIEMEYER VERLAG TÜBINGEN 1974
1. Auflage 1955 2. Auflage I960 3. Auflage 1967
5 4 3 Geb. Ausgabe I S B N 3 - 4 8 4 - 2 0 0 8 0 - 4 K a r t . Auegabe I S B N 3 - 4 8 4 - 2 0 0 1 7 - 0 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1974 Alle Rechte vorbehalten ' Printed in Germany Satz: H. Laupp j r Tübingen Druck: fotokop wilhelm weihert kg, Darmstadt Einband von Heinr. Koch Tübingen
Inhalt Vorwort
Seite VII
Abkürzungen
XV
I. D i e r e l i g i ö s e n L i e d e r
1
1. Der Leich 2. Das Palästinalied (mit Melodie) 3. Das Kreuzlied 4. Absage an die Welt 5. Der „Altereton" 6. Reue
1 7 10 13 14 16
II. D i e p o l i t i s c h e n L i e d e r
10
7. Der Reichston (mit Melodie) 8. Der erste Philippston 9. Der Wiener Hofton (mit Melodie) 10. Der erste Atzeton (sogen. 2. Thüringer Ton; mit Melodie) 11. Der zweite Philippston (mit Melodie 12. Der Leopoldston (2. Atzeton, sogen. 1. Thüringer Ton) 13. Der Ottenton (mit Melodie) 14. Der Meissner Ton 15. Der Unmutston 16. Der König Friedrichston (mit Melodie) 17. Der Bogenerton 18. Der Kaiser Friedrichs- (und Engelbrechts-)ton . . . 19. Der König Heinrichston (Rügeton) 20. Die „Elegie" 21. Aufforderung zum Kreuzzug 22. Herrendienst 23. Tegernsee 24. Einst und Jetzt 25. Rechte milte 26. Kinderzucht I I I . Anhang 1: Zusatzstrophen zu den echten Liedern A. Zusatzstrophen zum Palästinalied B. Zusatzstrophen zu den politischen Liedern
. . .
19 22 26 33 35 37 41 44 46 53 58 61 64 66 68 69 70 70 71 71 73 73 74
VI
INHALT Seite
a) b) c) d) e)
zum Wiener Hofton zum zweiten Philippston zum König Friedricheton zum Bogenerton zu „Kinderzucht"
IV. Anhang 2 : Zweifelhaftes 27. Schlechte Zeiten 28. Jugendspiegel 29. Herren und Gaukler 30. Schlimme Zeiten Konkordanz zu Lachmaans Ausgabe Verzeichnis der Strophenanfänge
74 75 76 80 81 82 82 83 83 84 84 85
Vorwort Es lag nahe, meinen Versuch zur Herstellung der „politischen Lieder" Walthers auch in einer reinen Textausgabe vorzulegen ; es geschieht hier. Da es zugleich reizvoll und nützlich schien, die Formuntersuchungen von den politischen Liedern auch auf die übrigen auszudehnen, werden in diesem Bändchen zunächst die religiösen Lieder hinzugefügt; ein späteres soll die Liebeslieder und die Naturlieder enthalten. Es scheint mir das nicht nur eine äußerlich praktische Aufteilung, sondern auch eine innerlich begründete; stehen doch religiöse und politische Lieder vielfach in enger Verbindung, wie man etwa schwanken kann, in welche der beiden Gruppen die „Elegie" einzuordnen sei. Ich stelle sie, wie auch die „Aufforderung zum Rreuzzug", zu den politischen Liedern, da mir Werbung im Dienste Friedrichs hier das Hauptanliegen zu sein scheint; wie ich auf der andern Seite „Kreuzlied" und „Palästinalied" nach ihren Grundanliegen zu den religiösen Liedern setze. Bei den Liedern an die Frau Welt bleibt es manchmal zweifelhaft, ob sie hier oder dort ihren Platz haben sollen; ich bringe die meisten im späteren Bändchen. Das Lied ,,Nieman kan mit gerten" habe ich den politischen Liedern angereiht. Die Begründung für die hier gewählte Form der politischen Lieder gibt das eben erschienene kleine Buch (Tübingen 1954); die Begründung für den Text der religiösen Lieder, besonders des Leiche und des Palästinalieds, erscheint im Euphorion, Band 49,1. Diejenigen Strophen, die ich als Zusätze zu Waithers echten Liedern betrachte, sind im ersten Anhang beigefügt. Von den „zweifelhaften" Liedern sind im zweiten Anhang nur diejenigen aufgenommen, für die die Autorschaft Walthers noch diskutierbar ist oder nach der Qualität ernsthaft in Anspruch genommen werden könnte. Danach sind als zweifellos unecht die folgenden Stücke nicht aufgenommen : Von den in Lachmanns Text stehenden: der sogen. „Fürst-enspiegelton", L. 36, 11-37, 23; ferner „König Heinrich" (nach Wilmanns-Michels), L. 106, 17-107, 16; „Totenklage", L. 107,17-108,5 ; von den „Neuen Liedern und Sprüchen", die in der neunten Auflage von Lachmanns Ausgabe hinzugefügt worden sind: . . . sin henne genomen S. X X V I I I / X X I X ; Einen tiuvel ich besumor S. X X I X ; aus Lachmanns Anmerkungen sind nicht aufgenommen: L. 140 Swelch man diu jar hat ane muot; L. 148, 16ff. Oehovet, verhovet und ungehovet (-150, 90) ; L. 153 Der weite voget, des himels künec, ich lob iuch gerne; L. 165/6 Got welle sone welle. Von den „unechten Liedern" aus Lachmanns Vorrede gehört keines zu den religiösen oder den politischen.
Vili
VORWORT
Die politischen Lieder sind meist nach dem Ton benannt; ich habe auch sonst, soweit sachlich möglich, die Namen der Lieder nach dem bisherigen Brauch gewählt, um das Zitieren zu erleichtern. Daß ich mich auch sonst bemüht habe, den Zusammenhang mit den Handschriften und der Lachmannschen Ausgabe, damit aber auch die Verbindung zu den andern Ausgaben zu wahren, zeigen die Verweise am rechten Rand der Texte. Die Lesarten berücksichtigen die sämtlichen Abweichungen der Handschriften außer den orthographischen Varianten ; der Apparat setzt sich außerdem stete mit der grundlegenden Edition von Lachmann-Kraus auseinander. Dagegen wurden nicht sämtliche Vorschläge anderer Herausgeber aufgenommen. Daß ich die Melodien in einer Form beigeben konnte, die den Gedanken über die sprachlich-rhythmische Strophengestalt entspricht, verdanke ich der freundlichen Mitarbeit von Herrn Dr. G. Birkner ; er hat sich in der Vorrede meines oben genannten Buchs selbst dazu geäußert. Die Melodie zum Palästinalied hat er hier beigefügt, und zwar nach der Form, die H. Husmann vorgeschlagen hat. Auch für diejenigen, die meiner These der liedhaften Einheit der sog. „Sprüche" nicht zustimmen, wird, so hoffe ich, die vorliegende Ausgabe keine Nachteile, wohl aber manchen Vorzug haben. Ist doch die hier versuchte sinnvolle Ordnung jedenfalls nicht schlechter als der bisher übliche Verzicht auf jede Ordnung; und hat doch wohl der Versuch, die Töne in einer zeitlichen Folge zu geben (an Stelle ihrer zufälligen Verteilung innerhalb der großen Ausgaben, die Lachmanns Anordnung folgen), ebenso seinen Wert wie die Gruppierung der Lieder nach den drei großen Bereichen: religiöse, politische, Liebeslieder. Vor allem aber hoffe ich, in der formalen Wiedergabe der Strophen, die von der Textgestalt bis zur Zeichengebung der großen Kunst des Dichters im Ineinander von Gedanke, Satzführung und rhythmisch-melodischer Gestalt Rechnung zu tragen bemüht ist, vieles Neue zu bieten und zur Diskussion zu stellen. S. Gutenbrunner habe ich für freundliche Hilfe bei der Korrektur zu danken. Freiburg i. Br., 4. August 1954
F. M.
Vorwort zur zweiten Auflage Überraschend schnell ist die zweite Auflage dieses Bändchens nötig geworden, so schnell, daß die geplante erneute Durcharbeitung aller Voraussetzungen und Grundlagen noch nicht möglich war; sie muß noch folgen. Hier wird lediglich eine Anzahl von Besserungen und Zusätzen eingefügt, die sich mir inzwischen nebenbei ergeben haben. Für eine ganze Reihe umfangreicher und inhaltvoller kritischer Besprechungen der ersten Auflage habe ich zu danken 1 . Ich hoffe, bald an anderer Stelle in eine fundierte Auseinandersetzung eintreten zu können. Die am tiefsten eingreifende Änderung der zweiten Auflage betrifft die Umstellung des „König Friedrichstons" hinter den „Unmutston". Es ist mir inzwischen deutlich geworden, daß die scharfen Angriffe gegen die Kurie zwischen 1213 und 1216 nicht im Dienste Friedrichs erfolgt sein können. Infolgedessen muß der „König Friedrichston" hinter den „Unmutston" gesetzt werden; dieser liegt fest für die Jahre 1213/14 ( v o r der Schlacht von Bouvines) ; mir ist der Sommer 1213 die wahrscheinlichste Zeit. Der „König Friedrichston" ist bald nach 1214 entstanden. Auch darüber an anderer Stelle mehr. Die im zweiten Bändchen angekündigte und schon durchgeführte Gesamtnumerierung der Lieder wird jetzt auch im ersten durch die religiösen und politischen Lieder hindurchgezählt. Bei zwei Liedern habe ich die Interpretation der Melodien korrigiert: Beim Palästinalied habe ich mich von Husmanns Prinzip der Silbenzählung getrennt, dessen Deutung der Melodie sich G. Birkner angeschlossen hatte. Ich halte es von der sprachlich-rhythmischen Form her für unmöglich, lebe und (geJschehen je zwei gleich lange Notenwerte zu geben wie den andern Silben. Beim ersten „Atzeton" habe ich ebenfalls vom Sprachlichen her mehrere Änderungen vorgenommen. Am Ende der Stollen mußte je ein „Takt" verschwinden. In den Zeilen 9-11 ist am Ende jeweils ein „Takt" mehr anzusetzen ; die klingenden Kadenzen und der sprachlich-rhythmische Fluß verlangen schweres swaérè usw. Dagegen wird in Zeile 12 mit Pause abgeschlossen, der stumpfen Kadenz entsprechend. Die Wirkung des Lieds 1 H. de Boor, (Tübinger) Beiträge 78 (195Θ), 160ff.; A. Kracher, ebenda 195ff.; K. H. Halbach, Z. f. dt. Ph. 76 (1957), 1 0 7 - 1 2 3 ; G. Jungbluth, Euphorion 51 (1957), 212-220; H.Moser, Euphorion 52 (1958), 229ff.; F . R . S c h r ö der, G. R. M., N. F. 6 (1956), 405ff.; H. Thomas, Dt. Vjschr. 33 (1959), 324 bis 334.- Zu den Ausführungen von R. Gruenter (AfdA. 69, 60ff.) muß ich das Folgende richtigstellen: Gruenter behauptet, Hugo Kuhn habe meine These „im Prinzip . . . vorweggenommen" und ich hätte versäumt, ihn zu zitieren. Tatsächlich ruhen die von Gruenter zitierten Äußerungen Kuhns (Annalen der dt. Lit. 138), wie er mir freundlich selbst bestätigt, auf meinem Aufsatz Dt. Vjschr. 23 (1949), 278f.
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VORWORT
gewinnt dadurch beim Vortrag sehr, und auch das dabei in Str. 1 entstehende Enjambement ergibt eine höchst wirkungsvolle Spannung. Sprachlicher Rhythmus, Gedankenführung und Melodie fügen sich bei diesem Lied besonders schön ineinander, was sehr f ü r Fr. Gennrichs Zuweisung der Melodie zu diesen Strophen spricht. Auch diesmal habe ich G. Birkner für freundliche Beratung zu danken. Die unechte Strophe L. 29, 15 des „König Friedrichtons", die ich aus dem Text entfernt, aber versehentlich dann nicht unter den Zusatzstrophen aufgeführt hatte, steht jetzt als Strophe 15 an ihrem Platz im Anhang 1. Ebenso habe ich in Strophe 6 des „Leopoldstons" den ersten Stollen im Anschluß an H. Naumanns Anregung eingefügt; Kracher h a t das Übersehen mit Recht moniert, es war mir schon selber zuvor zum Bewußtsein gekommen. In einer Reihe anderer Fälle habe ich Krachera textkritische Hinweise verwerten können ebenso die G. Jungbluths. Wenn ich nur z w e i Grundgedanken meiner Auffassung der „politischen Lieder" noch einmal betonen darf, auf die es mir besonders a n k o m m t : Der erste : Ich bin nach wiederholter eindringender Bemühung um Walthers Strophenkunst mehr denn je der Überzeugung, daß es unmöglich ist, die verschiedenen Spruchtöne zu den gleichen Zeiten nebeneinander anzusetzen ; jeder Ton hat seine Zeit. Vor allem erreicht Waither bestimmte Formen erst zu bestimmten Zeiten, so daß es ζ. B. gänzlich ausgeschlossen ist, Strophen der Friedrichstöne bereits um 1200 anzusetzen, weil Walther erst viel später die kunstvollen Formen dieser Töne bauen lernt. Diese mit Sicherheit zu gewinnende Einsicht sollte jenen immer neu unternommenen Vorschlägen ihre Grenzen ziehen, die glauben, Strophen der Spätformen nach inhaltlichen Beziehungen mit frühen Strophen zusammenstellen zu können. Nicht die meist so vagen und deshalb so sehr verschieden bewerteten inhaltlichen Bezüge, sondern eine gut fundierte Einsicht in die geschichtliche Entwicklung der Strophenbaukunst hat hier die Entscheidung. Und das zweite : Die bis zu höchster Feinheit entwikkelte Kunst des Ineinanders von Rhythmus, Gedankenführung und Melodie, die die großartige Fugungs- und Pausentechnik zur Voraussetzung hat, gibt uns wertvolle Kriterien für die Textkritik und Textgestaltung an die Hand. Zweifellos gibt es Stellen in den Strophen, an denen eine gewisse Freiheit des Baues in Auftakt usw. besteht; aber ebenso sicher ist es, und das ist das höchst Bedeutsame und Folgenreiche, daß in bestimmten gefugten „Ketten", die als geschlossene musikalische Glieder zu erkennen sind, die Auftaktverhältnisse fest geregelt sein müssen. Gelingt es den Bauwillen des Künstlers in dieser Hinsicht zu erkennen, dann ergeben sich wertvolle und eindeutige Hinweise für die Entschei-
VORWORT
XI
dung von Echtheitsfragen wie auch für die Textgestaltung und Beurteilung der Überlieferung; und jener erkannte und erwiesene Zusammenklang von rhythmisch-musikalischem und gedanklich-syntaktischem Bau der Strophen gibt darüber hinaus wichtige Hinweise für das Verständnis des Sinnes, für Interpunktion und Gliederung. Diese beiden Erkenntnisse haben mein Verständnis der Walthertexte erheblich gefördert; von ihnen her habe ich versucht, die langen und verdienstlichen Bemühungen der früheren Herausgeber und Interpreten Walthers ein kleines Stück weiter zu führen. Merzhausen bei Freiburg i. Br., 15. 1.2. 1959
F. M.
Vorwort zur dritten Auflage Für die dritte Auflage sind die zahlreichen neuen Beiträge zum WaltherText ausgewertet worden ; die Titel werden in dem Verzeichnis der „neueren Literatur" aufgeführt. Der Auswahl-Ausgabe von Wapnewski verdanke ich einige Vorschläge. Zur Überlieferungsgeschichte der „Elegie" vergleiche man jetzt Beyschlags Abhandlung, Beiträge (Tübingen) 82 (1960) 120ff. Eine wesentliche Veränderung betrifft das Palästinalied: Ich habe mich, durch die Ausführungen meines Schülers V.Schupp 1 überzeugt, dazu entschlossen, die Strophe L. 15, 20 (Do er sich wollt über uns erbarmen) aus den Zusatzstrophen auf S. 73 herauszunehmen und als Strophe 4 auf S. 9 einzufügen. Merzhausen, im August 1967
1
F.M.
V. Sch., Septenar und Bauform. Berlin, 1964, S. 101 ff., bes. S. 134 f. (= Phil. Studien und Quellen 22).
Vorwort zur vierten Auflage Die letzten sechs Jahre haben wieder zahlreiche, auch gewichtige neue Beiträge zu den religiösen und den politischen Liedern Walthers gebracht; ich habe mich bemüht, sie einzuarbeiten, soweit sie dem Text zugute kommen. Die Titel erscheinen in dem Literaturverzeichnis auf S. X I V . Die neue Ausgabe von Joerg Schaefer (vgl. S. X I I I ) , in der ich viel Gemeinsames mit der meinen finde, habe ich genau verglichen; ich verdanke ihm eine Reihe von Besserungen. Auch auf die gerade erschienene neu durchgesehene 3. Auflage meines Buches über die „Politischen Lieder Walthers" darf ich verweisen; ebenso auf meine Ausgabe der Lieder mit nhd. Prosaübersetzung (München, 1972). In besonderem Maß hat das Interesse der Elegie, dem Alteraton und den großen politischen Liedern, besonders dem Wiener Hofton gegolten. Für ihn (wie auch für den Unmuts- und den Kaiser Friedrichton) ist die Strophenfolge mehrfach erörtert worden. Dabei ist es für mich auch eine Freude zu sehen, daß hier öfter nicht die liedhafte Einheit, sondern die Folge der Strophen diskutiert wird; Schaefer, Scholz, auch ich selbst haben neue Vorschläge gemacht. Es ist selbstverständlich, daß darüber noch Manches zu sagen ist. Das kann nicht hier, sondern muß und soll an anderer Stelle ausführlicher geschehen ; das Gleiche gilt für das Problem der unechten Strophen und die Kriterien für ihre Athetierung. Besonders lebhaft waren auch die Bemühungen um die Elegie. Das geht bis zu dem Versuch A. Mundhenks, das Lied Walther überhaupt abzusprechen1. In der Gestaltung des Textes stehen sich die Extreme gegenüber: Fortführung des philologischen Bemühens, mit z.T. weitgehenden bessernden Eingriffen dem ursprünglichen Text Waithers möglichst nahe zu komm en und anderseits möglichst engen Anschluß an die (doch eindeutig mangelhafte) Überlieferung zu halten. Die Arbeiten von U. Pretzel, W. Hoffmann, R. Wisniewski, McLintock (s. S. X I V ) sind hier zu nennen. Der inhaltvolle Aufsatz von Ulrich Pretzel entzieht sich einer Einarbeitung in meinen kritischen Apparat; er enthält so viele und so eingreifende kritische Beiträge zum Text, daß er nur im Ganzen durchgearbeitet und in seinen eingehenden Begründungen aufgenommen werden kann. Die andere Position ist neuerdings besonders von R. Wisniewski vertreten worden, zuerst in einem Vortrag auf der Versammlung der Germanisten in Bonn (s. S. X I V ) . Eine vermittelnde Haltung nimmt W. Hoffmann ein (s. S. X I V ) in seinem Aufsatz „Walthers sogenannte Elegie" ; 1
D V j s . 44 (1970) 613-54.
VORWORT
XIII
ich verweise ausdrücklich auf seine sorgfältigen Erwägungen zu den meisten der umstrittenen Stellen. Nach der Lektüre des Aufsatzes von McLintock2 habe ich in Strophe 1, Z. 3 der Elegie die Lesart von CE wieder hergestellt; es scheint mir in der Tat das überlieferte iht in Vorder und Nachsatz unentbehrlich. Auch beim Alterston würde es den Umfang der Ausgabe sprengen, wenn die eingehenden Interpretationen von Jungbluth und Bungarten aufgenommen würden (s. S. XIV) ; auch zu ihnen muß an anderer Stelle mehr gesagt werden. Jungbluth und Bungarten behalten die Strophenfolge der Hs. A bei; W. Mohr (s. S. XIV!) schließt sich ihnen an, auch ich neige sehr dazu, konnte mich aber noch nicht zur Änderung meines bisherigen Textes entschließen. Schließlich weise ich noch auf die neue Walther-Bibliographie von M. G. Scholz (1969) und auf die „Reimlisten und Statistiken zu den religiösen und politischen Liedern Walthers" hin, die Rolf Ehnert ir> den Neuphilologischen Mitteilungen Bd. 72 (1971) 608ff. auf Grund der zweiten Auflage dieser Ausgabe veröffentlicht hat. Merzhausen, den 1. September 1973 F. M. 1
Oxford German Studies 4 (1969) 1-12.
Die Abkürzungen im Apparat I. H a n d s c h r i f t e n : A = Heidelberger Hs. Nr. 357 ( = „Kleine Heidelberger Liederhs.") a = späterer Nachtrag in derselben Hs. α = Stadtbibliothek Luxemburg, Hs. Nr. 40 Β = Landesbibliothek Stuttgart, Hs. Nr. Η Β XIII. poet. germ. 1 (= „Weingartner Liederhs.") C = Heidelberger Hs. Nr. 848 (= „Große Heidelberger" oder „Manessische Liederhs.") D = Heidelberger Hs. Nr. 350 E = Universitätsbibliothek München Nr. 731 („Würzburger Liederhs.") k = Heidelberger Hs. Nr. 341 1 = Wiener Hs. Nr. 2677 M = Miineliener Staatsbibliothek Cini 46Ö0 ( H s . der Carmina Burana) η = Ratsbibliothek zu Leipzig Nr. CCCCXXI rep. II fol. 70a o = Staatsbibliothek Berlin Ms. germ. 4° 284, fol. 63 d r = Zentral-Bibliothek Zürich Ma. Ζ XI 302 (= Züricher Schwaben spiegelhs.) t = Staatsbibliothek München cod. germ. 4997 fol. 718 (= „Kolmarer Liederhs.") w* = Landesbibliothek Wolfenbüttel Nr. 404. 9 Nov. 21 Ζ = Staatsarchiv Münster Mscr. VII, 51 („Münstersches Bruchstück"). Zum Näheren vgl. die Literatur, die in der Ausgabe von Lachmann-Kraus, 10. Aufl. (1935) in der Vorrede und in der von Wilmanns-Michels Bd. II4 (1924) S. 13 ff. zitiert wird. II. B e a r b e i t e r : Ba. = Karl Bartsch („Klassiker des Mittelalters" Bd. I, spätere Aufl.) Bririkm. = Hennig Brinkmann („Liebeslyrik der deutschen Frühe" 1951 und Beiträge 63, 1939, 346 f.) = Carl von Kraus, Waither v. d. Vogelweide, Untersuchungen. 1934 Kr. und die neuen Auflagen der Lachmannschen Ausgabe L. = Karl Lachmann in seiner Ausgabe seit 1827 L.-Kr. = die neueren Auflagen dieser Ausgabe = Victor Michels, in der 4. Auflage der Ausgabe von Wilmanns 1924 Mi. = Franz Pfeiffer, Ausgabe in den „Klassikern des Mittelaltere" Pf. Bd. 1 (1864 ff.) R. = Gustav Roethe, ZfdA. 57 (1919) 130 fif. und Prager deutsche Studien 9 (1908) 505 ff. Sch. = Joerg Schaefer, Waither von der Vogelweide. Werke. 1972
A B K Ü R Z U N G E N IM
St. Wa. Wm. W.-M.
= = = =
APPARAT
XV
Walther Steiler, Beiträge 45, 1921, 307 ff. Wilhelm Wackernagel u. Max Rieger, Ausg. v. 1862 Wilhelm Wilmanns, Ausgabe von I860 die 4. Auflage dieser Ausgabe von 1924
III. S o n s t i g e n e u e r e L i t e r a t u r , die m i t d e m N a m e n d e r V e r f a s s e r zitiert ist: B e y schlag: (Tüb.) B e i t r . 82 (1960), 120ff. B o e s c h : Z f d P h . 84 (1965), I f f . B u n g (arten): Z f d P h . 90 (1971) S o n d e r h e f t . 136ff. F r a n t z e n : Neophilologus I, 27f. G u t e n b r ( u n n e r ) I : A r c h i v 198 (1961), 89ff. G u t e n b r ( u n n e r ) I I : Z f d P h . 85 (1966), 50ff. Henschel: Theologia v i a t o r u m 1948/9, 198 H o f f m ( a n n ) : W a i t h e r s sogen. Elegie. Z f d P h . 87 (1968) Sonderheft. 108ff. H u i s m a n : J . A. H u i s m a n , Neue Wege zur dichterischen u n d musikalischen T e c h n i k Ws. v. d. V. U t r e c h t 1950 J u n g b l u t h : (Tüb.) B e i t r . 81 (1959), 43ff. J u n g b l ( u t h ) I I : D t . V j s c h r . 32 (1958) 372ff. K a u f m a n n : Z f d P h . 81 (1962), 316ff. K l e i n : ZfdA. 86 (1955) K r a c h e r : (Tüb.) B e i t r . 78 (1956) K r a l i k : D. v. K r a l i k , Die Elegie Ws. v. d. V . ; Sitzber. der Österreich. Akademie der Wissensch., Phil.-hist. Kl. 228, 1 (1952) ders.: W a l t h e r gegen R e i n m a r . Sitzber. 230, 1 (1955) K r o e s : Neophilologus 33 (1949), 39ff. K u h n : H u g o K u h n , Des Minnesangs Wende. 1953 (zum Leich) u n d „ W a l t h e r s Kreuzlied u n d Preislied" 1936 (zum Palästinalied) Mohr: Altersdichtung W a l t h e r s , S p r a c h k u n s t I I (1971) 352f. N a u m a n n : D i c h t u n g u n d V o l k s t u m 43 (1943) u n d ZfdA. 83 (1951) Plenio: Beiträge 39. 42. 43 Pretzel: Pestschr. f ü r Taylor Starck, London (1964) 223ff. Schm(idt-Wiegand): Z f d P h . 87 (1968) S o n d e r h e f t 154ff. Singer: B e i t r ä g e 44 W a l l n e r : Beiträge 33. 35. 44 Wapn(ewski): Lebende A n t i k e 1966, 74ff. W e h r l i : T r i v i u m 1 (1942) Willson: T h e Modern Language Review 57 (1962), 63ff. Wisn(iewski): W a l t h e r s Elegie. Z f d P h . 87 (1968) S o n d e r h e f t 91 ff.
I. Die religiösen Lieder 1. Der Leich
1,1 (L. 3,1) Got, diner Trinitate, die ie beslozzen hate din fürgedanc mit rate, der jehen wir: mit driunge 5 diu drie ist ein einunge, ein got der hohe here.
1, 2 (L. 3, 7) Sin ie selbwesende ere verendet niemer mere, der sende uns sine lere, die sinne uf mange siinde 5 der fürste uz helle abgründe uns hat verleitet sere. < Hauptteil I )