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German Pages 236 [240] Year 1971
DIE K I R C H E N D E R WELT . B A N D IX DIE K I R C H E DER B R Ü D E R
DIE K I R C H E N DER WELT BAND
IX
Herausgeber D . H A N S HEINRICH HARMS DR. HANFRIED KRÜGER DR. G Ü N T E R W A G N E R D. DR. H A N S - H E I N R I C H W O L F
DIE KIRCHE DER B R Ü D E R Vergangenheit und Gegenwart
Herausgegeben von
D O N A L D F. D U R N B A U G H
W EVANGELISCHES
VERLAGSWERK
STUTTGART
Übersetzung aus dem Englischen von Irmingart Günsch
I S B N 3 7715 0119 9 Erschienen 1971 im Evangelischen Verlagswerk, Stuttgart © Alle Rechte, einschließlich dem der Übersetzung, vorbehalten Gesamtherstellung: Union Druckerei GmbH., Stuttgart Printed in Germany
INHALT
Einleitung: Die „Kirche der Brüder"
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1. Frühe Geschichte: Donald F. Durnbaugh
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2. Neuere Geschichte: Donald F. Durnbaugh
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3. Glaubenssätze: VernardEller
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4. Liturgie: Dale W. Brown
70
5. Verfassung: Warren F. Groff
88
6. Erziehungsarbeit: Desmond W. Bittinger
101
7. Soziales Engagement: Roger E. Sappington
123
8. Mission: B. Merle Crouse
142
9. Ökumenische Beziehungen: Edward K. Ziegler
168
10. Statistiken und Anschriften: Donald F. Durnbaugh
185
1 1 . Dokumente: Donald F. Durnbaugh
192
Anmerkungen
214
Literatur
220
Mitarbeiter
229
Register
230
E I N L E I T U N G : DIE „KIRCHE DER B R Ü D E R "
Die „Kirche der Brüder" (Church of the Brethren) ist eine der ältesten Kirchen mit freikirchlicher Tradition. Sie entstand 1708 als Sekte innerhalb der pietistischen Erneuerungsbewegung der deutschen reformierten und lutherischen Kirche. Wegen religiöser Unterdrückung und wirtschaftlicher Bedrängnis in Europa wanderten die Brethren, in den Jahren zwischen 1719-1735, nach Amerika aus. Hier wurden sie wegen ihrer Taufweise durch Untertauchen „Dunkers" genannt. Ihre deutsche Kultur, ihre strikte Moral und ihre pazifistische Haltung begünstigten ihre Abgeschlossenheit vom amerikanischen Leben bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein. Ihre Mitglieder hat die Kirche heute hauptsächlich in Pennsylvanien, Maryland, Virginia, Ohio, Indiana, Illinois, Kansas und Kalifornien. Es finden sich auch einige Gemeinden in anderen Staaten; in Neu-England und im tiefen Süden hat sie keine Mitglieder. Seit 1876 schicken die Brethren Missionare in mehrere Teile der Welt. Heute bestehen große Gemeinden in Indien und Nigerien und kleinere in Ekuador. All diese aus der Missionsarbeit entstandenen Gemeinden sind heute in die Vereinigten Kirchen der jeweiligen Länder integriert. Zur Zeit der kommunistischen Machtübernahme in China gab es dort mehrere tausend einheimische Mitglieder der „Kirche der Brüder", mit denen jedoch in jüngerer Zeit kein Kontakt mehr besteht. Die Zahl der erwachsenen Mitglieder der Gesamtkirche belief sich 1968 auf 215000 in 1 1 2 0 Gemeinden. Gegenwärtig spielt die „Kirche der Brüder" in der ökumenischen Bewegung eine aktive Rolle sowohl durch ihre Beteiligung an den Kirchenräten auf Gemeindeebenen als auch durch Vertretungen im „Nationalrat der Kirchen" und im „Ökumenischen Rat der Kirchen". Sie unterhält ein Büro beim „Ökumenischen Rat der Kirchen" in Genf in der Schweiz und hat ihr eigenes Hauptbüro in Elgin, Illinois. Die Brethren sind besonders tätig in überkonfessionellen Hilfsorganisationen für Flüchtlinge oder andere Notleidende, wie dem Church World Service, Christian Rural Overseas Program und Heifer Project Incorporated. Theologisch gesehen bekennen sich die Brethren seit jeher zu den grundlegenden Lehren des Protestantismus. Sie stehen weder im Gegensatz zu
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Einleitung
den zentralen Lehrsätzen der religiösen Orthodoxie noch bestehen sie dogmatisch darauf. Die Brethren betrachten die Bibel als das Wort Gottes und lehren Gehorsam gegen dieses Wort. Die meisten Brethren halten das Neue Testament für die höhere und vollständigere Offenbarung als das Alte Testament, obgleich sie die Einheit der Schrift bejahen. Obwohl sie die Dogmen des Nicänums und das Apostolische Glaubensbekenntnis bejahen, fordern sie doch kein formelles Festhalten an beiden. Sie sind „nicht bekenntnisgebunden" oder besser gesagt, sie ziehen es vor, das Neue Testament selbst zu ihrem Glaubensbekenntnis zu machen, da sie fürchten, daß die traditionellen Bekenntnisse erstarren und die Wirklichkeiten, auf die sie hinweisen, verdrängen. Kirchliche Bräuche werden vorzugsweise als „Ordnungen" bezeichnet (Gebote des Herrn) statt als Sakramente. Z u diesen gehören die Taufe durch dreimaliges Untertauchen derjenigen, die alt genug sind, Christus zu bekennen, ein Liebesmahl oder Abendmahlsgottesdienst, zu dem auch eine Fußwaschung als Sinnbild der Dienstbereitschaft gehört, ein Gemeinschaftsmahl (Agape-Mahl), das die brüderliche Verbundenheit symbolisieren soll und eine Gedächtniseucharistie, die das Heilsgeschehen symbolisiert. Die Brethren üben die Krankenölung zur Gesundung von Körper und Geist. Im Laufe ihrer Tradition haben sie das „einfache Leben" betont, das lange Zeit im Tragen einer bestimmten Kleidung - dem „schlichten Gewand" bestand. Dies wird seit 1 9 1 1 nicht mehr verlangt, doch halten einige Gemeinden in Pennsylvanien noch immer daran fest. Die Kirchenverwaltung ist eine Kombination von kongregationalistischer und presbyterianischer Ordnung. Die Ortsgemeinden wahren eine beträchtliche Eigenständigkeit, aber die Jahreskonferenz der Vertreter der Gemeinden entscheidet letztlich über „procedure, program, polity, and discipline". Die Gemeinden sind zu Distrikten zusammengefaßt - zur Zeit gibt es davon 27 in Nordamerika und 3 in Übersee - gewöhnlich mit einem hauptamtlichen geschäftsführenden Mitarbeiter. Die Ordinierung der Pastoren geschieht durch den Distrikt. Ein Rat von 25 Mitgliedern General Board (Oberster Kirchenausschuß) - ist die oberste Verwaltungsstelle. Er beruft die Mitarbeiter für die kirchliche Arbeit im Hauptbüro. Als eine der drei historischen Friedenskirchen ist die „Kirche der Brüder" an einem weltweiten Programm für Hilfsdienst, Wiederaufbau und Wohlfahrtsaufgaben als einer positiven Alternative zum Militärdienst beteiligt. (Mitglieder, die zum Militärdienst gehen, werden nicht ausgeschlossen). 1948 wurde ein Programm des freiwilligen Dienstes eingerichtet, das jungen Männern und Frauen, und im geringeren Maße auch
Die „Kirche der Brüder"
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älteren Erwachsenen die Möglichkeit gibt, ein bis zwei Jahre ihres Lebens sozialen Dienst zu Hause oder in Übersee zu leisten. Dies gilt allgemein als Vorläufer des US-Friedenscorps. Zwar war die „Kirche der Brüder" im Lauf ihrer Geschichte zumeist nicht sehr geneigt, sich politisch aktiv zu beteiligen, doch hat sie in den letzten Jahren ihre Meinung zu Öffentlichkeitsfragen auf verschiedenen Regierungsebenen kräftig bekundet. Die Brethren unterhalten sechs staatlich anerkannte Colleges (Hochschulen) und ein Theologisches Seminar. Das alle 14 Tage erscheinende Organ der Brethren ist der Messenger. Eine unabhängige, wissenschaftliche Fachzeitschrift, Brethren Life and Thought, wird für die Kirche herausgegeben. Es gibt verschiedene Absplitterungen der Brethren: Die Old German Baptist Brethren, gegründet 1881 mit 4000 Mitgliedern; die Brethren Church (Ashland, Ohio) seit 1883 mit 18000 Mitgliedern; und die National Fellowship of Brethren Churches (Grace Brethren) seit 1939 mit 28000 Mitgliedern.
Kapitel i FRÜHE
GESCHICHTE
DONALD F . DURNBAUGH
er historische Überblick, der in den beiden ersten Kapiteln gegeben wird, dient zwei Zielen. Erstens soll allgemein ein informativer Hintergrund für die nachfolgenden, mehr ins einzelne gehende Erörterungen gegeben werden. Daher werden bestimmte Dinge, die noch näher auszuführen sind, hier nur kurz gestreift. Zweitens soll über die Entstehung und Ausbreitung der Bewegung, die als die „Kirche der Brüder" bekannt wurde, berichtet werden. Dabei ergeben sich einige Probleme. Einmal wurden große Teile ihrer Geschichte unvollkommen aufgezeichnet. Frühere Generationen hielten wenig vom Aktensammeln und von der Geschichtsschreibung, denn, so meinten sie, dies verleite zum Müßiggang und zur Selbstverherrlichung. Aus dem gleichen Grunde weigerte man sich, Statistiken zu führen, so daß, mit der wichtigen Ausnahme von 1770, keine genauen Unterlagen über die Mitgliederzahlen oder die Anzahl der Gemeinden vor 1882 vorliegen. Anders als die Quäker entwickelten die Brethren keine Tradition des Tagebuchschreibens und der Reiseberichte, die so sehr viel über das innere Leben jener bedeutenden Bewegung zeigen. Obwohl für Leute von dem begrenzten Bildungsstand der Brethren bemerkenswert aktiv in der Herausgabe von erbaulichem Schrifttum, war es für diese doch typisch, ihre Gesangsbücher und Gedichtssammlungen ohne Erwähnung des Dichters oder des Komponisten herauszugeben. Ihr Hang zur Demut ging so weit, daß die ersten Brethren nur die Initialen ihrer Namen auf die Grabsteine - einfache Feldsteine - setzen ließen. Ein weiteres Problem betrifft die Benennung. Die Bewegung war wenig geneigt, sich selbst einen Namen zu geben, und erhielt dadurch von Außenstehenden verschiedene Bezeichnungen. Die Mitglieder begnügten sich damit, einander Brethren (Brüder) zu nennen, ähnlich der - allerdings nicht zu ihnen gehörenden - Gruppe des 19. Jahrhunderts, die als die Plymouth Brethren oder Darbysten bekannt wurde. In Europa nannte man die Brethren (wie wir sie nennen wollen) „Neue Täufer" oder „Schwarzenauer Baptisten", zum Unterschied von den „Mennoniten" (Alte Täufer), mit denen sie sehr viel gemeinsam hatten. Auch die Bezeichnung Brethren ist irreführend, denn viele andere Bekenntnisse führen
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Donald F. Dumbaugh
diesen biblischen Namen. Obgleich die Brethren in Verbindung zu den mährischen Brüdern standen, zu den Brethren in Christ (River Brethren) und den United Brethren (Evangelische Gemeinschaft), sind sie mit keiner dieser Gruppen zu verwechseln. Jede für sich bildet eine besondere Einheit. 1836 beschlossen die Brethren, die offizielle Bezeichnung Fratemity of German Baptists zu führen und änderten diese 1871 in German Baptist Brethren. Dadurch wurden sie sogleich wieder zur Baptistenbewegung in Beziehung gebracht. Das erscheint logisch, denn die auffälligste Übung der Brethren ist ihr Taufen erwachsener Gläubiger durch Untertauchen (obgleich dies durch dreimaliges Untertauchen vorwärts geschieht und nicht durch einmaliges Untertauchen nach rückwärts wie bei den Baptisten). Diese Form der Taufe trug den Brethren ihren gebräuchlichsten Spitznamen ein - Dunkers (abgeleitet von dem deutschen Wort „tunken" = untertauchen). Dieser Spitzname wurde oft abgeändert zu Dunkards, und unter dieser Bezeichnung sind die Brethren in manchen Teilen der Vereinigten Staaten noch heute bekannt. Seit 1908 lautet der offizielle Name der Kirche: Church of the Brethren.
Europäische Anfänge Der Pietismus als Reformbewegung innerhalb des deutschen Protestantismus ist ein wohlbekanntes Phänomen und wird in den Annalen der Kirchengeschichte entsprechend berichtet. Viele Untersuchungen analysierten die pietistischen Versuche zur Erneuerung der Kirche, die darauf abzielten, den Inhalt der Reformation zurückzugewinnen, und eine verhärtete und streitsüchtige Scholastik zu durchbrechen. Weniger Beachtung fand eine gleichzeitige Entwicklung im späten 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts, die am besten als radikaler Pietismus zu bezeichnen ist. Sie trug vielfach die gleichen Züge wie der Pietismus, war jedoch darüber hinaus gekennzeichnet durch ihre Abhängigkeit von der mystischen Theologie Jakob Böhmes (1575-1624) und ihre separatistische Haltung gegenüber den Staatskirchen. Das historische Verständnis der radikalen Pietisten wurde durch den Gelehrten Gottfried Arnold (1666 bis 1714) geprägt, der sie von der Notwendigkeit überzeugte, die frühchristliche Kirche als ihren Maßstab zu wählen und ihnen zugleich die Dekadenz der institutionellen Karchen ihrer Tage vor Augen führte. Dies Selbstverständnis ließ den radikalen Pietismus antagonistisch gegen kirchliche Strukturen sein, und doch bildeten sich aus ihm verschiedene Bewegungen. Eine unter diesen, die die Gelehrten interessierte, war die
Frühe Geschichte Wahre Inspirations-Gemeinschaft
(Community ofTrue
13 Inspiration),
gegrün-
det 1 7 1 4 . Sie ging ursprünglich aus der Kamisardenbewegung der unterdrückten Hugenotten i m Frankreich des ausgehenden 1 7 . Jahrhunderts hervor. D i e Inspirierten beschworen aus den Reihen der T h e o l o g e n einen wortreichen B u c h - und Flugschriftenkrieg herauf. Dies v o r allem w e g e n ihrer erstaunlichen Behauptung, daß ihre Führer (J. F. R o c k und E. L . Gruber) die Gabe hätten, unter direkter göttlicher Eingebung zu sprechen. So markante Persönlichkeiten w i e A . H . Francke und Graf Zinzendorf ließen sich durch die Behauptung dieser neuen Propheten beeinflussen, die bis in die Niederlande und in die Schweiz reisten. I m 19. Jahrhundert wanderten ihre letzten Anhänger nach A m e r i k a aus, w o sie zuerst in B u f f a l o , N e w Y o r k , und später in A m a n a in I o w a kommuneartige Ansiedlungen bildeten. A u s dem radikalen Pietismus entstand zur gleichen Zeit, w e n n auch ganz eigenständig, die Brethren-Bewegung.
Obgleich zahlenmäßig größer als
die Inspirierten, blieben die Brethren praktisch v o n der W e l t der Gelehrten unbeachtet. Einzelne Verurteilungen in Synodalprotokollen
und in
Dokumenten der Verwaltungsarchive, einige kritische Anmerkungen unter den Schriften radikaler Pietisten, das ist so ziemlich alles, was die Forschung bis heute zutage fördern konnte. A b e r anders als die AmanaB e w e g u n g , die heute eine A r t religiöses Fossil ist, sind die Brethren zur Zeit eine, w e n n auch kleine, so doch aktive Freikirche mit weltweiten Verpflichtungen und Verbindungen. Zählt m a n alle Z w e i g e der BrethrenFamilie zusammen, so k o m m t m a n auf einige 270000 erwachsene M i t glieder, v o r w i e g e n d in Nordamerika, aber auch in Asien, A f r i k a und Lateinamerika. D a f ü r , daß so w e n i g über die Entstehung der Brethren schriftlich fixiert ist, gibt es gewisse Gründe. Erstens gehörten die Brethren zu den Leuten, die man als die „Stillen i m L a n d e " bezeichnet. Sie lebten f ü r sich und fielen niemandem lästig. Gemeinhin wurden sie v o n den Behörden nur gelegentlich ihrer T a u f e n durch Untertauchen bemerkt, die zuweilen öffentliches Ärgernis erregten (ähnlich der Frühgeschichte baptistischer Neubekehrter i m 19. Jahrhundert in Deutschland), oder sie fielen durch ihre W e i g e r u n g , zum Militärdienst einzurücken, auf. D i e Brethren waren, so weit sich das feststellen läßt, sehr eifrig darauf bedacht, ihren Glauben zu verkündigen sowohl in A m e r i k a als auch in Europa, doch blieben sie stets zurückhaltende, freundliche und unauffällige Leute. Ein Historiker i m Amerika der Kolonialzeit sagte v o n ihnen: „ E s sind bescheidene und f r o m m e Christen; und mit Recht werden sie als harmlose Tunker bezeichnet 1 ." Ein weiterer bedeutsamer Grund ist, daß sie innerhalb 25 Jahren nach
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Donald F. Durnbaugh
ihrem Entstehen den alten Kontinent verließen und nach Amerika auswanderten. W i e sie sich entwickelt hätten, wenn sie in Europa geblieben wären, läßt sich unmöglich sagen. Tatsache ist, daß sie auswanderten, und dadurch ist ihre Geschichte hauptsächlich auf die Vereinigten Staaten beschränkt. Der Hauptgrund für ihre Spurlosigkeit in Europa ist vielleicht, daß die Brethren, als sie sich zur Gemeinde formierten, viele Gedanken und A n sichten der radikalen Pietisten aufgaben. Dazu gehörten der Böhmismus, der Kommunismus, das Zölibat, die Weigerung zu arbeiten, der Antisakramentalismus und die lautstarke Kritik an der Obrigkeit. Man muß sich die frühen Brethren als eine Gruppe radikaler Pietisten vorstellen, die sich anabaptistische Anschauungen der Kirche aneigneten. Sie betonten die Gläubigenkirche, die Gemeindezucht, die Gewaltlosigkeit sowie eine Theologie des Gehorsams. Freilich bewahrten sie gewisse Merkmale ihrer pietistischen Herkunft, aber sie waren für Außenstehende kaum von den Mennoniten zu unterscheiden. Diese Nachfahren der Anabaptisten des 16. Jahrhunderts hatten sich eine widerwillige Toleranz als solide Bauern in der Pfalz und als tüchtige Handwerker in anderen Teilen Deutschlands erworben. Darum hielt man vielerorts neu auftauchende Brethren für Mennoniten, und sie erfreuten sich ähnlicher Duldung. Viele Brethren stammten aus der Pfalz, und daher ist es notwendig, die Situation dort zu Beginn des 18. Jahrhunderts kurz darzustellen. Das Gebiet hatte sich kaum von den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges erholt, als immer wiederkehrende französische Invasionen während des Krieges der augsburgischen Liga erneut Unheil brachten. N i m m t man die Unterdrückung durch einen gefühllosen Regenten, einen lasterhaften H o f , eine überhebliche Bürokratie verbunden mit immer wiederkehrenden Mißernten hinzu, so versteht man, daß die Leute unruhig waren. U n d so viele wanderten damals in andere Länder aus, daß der Begriff Pfälzer zur Nationalitätsbezeichnung für deutsche Einwanderer in Amerika wurde. In der religösen Sphäre herrschte ebenfalls Aufruhr. Unter dem „ S i m u l taneum" (1698) wurde denjenigen Pfälzern Schutz gewährt, die während der französischen Besetzung römisch-katholisch geworden waren. D a in der Kurpfalz (die wiederholt ihre offizielle Religion nach dem Prinzip cuius regio, eius religio - wes die Herrschaft, des der Glaube - änderte) auch einige Lutheraner lebten, gab es unausgesetzte Streitigkeiten zwischen den Konfessionen. Das Konsistorium rief seine Geistlichkeit wiederholt wegen ungebührlichen Verhaltens, wie Trunkenheit bei Begräbnissen, zur Ordnung. Jedenfalls war das kirchliche Leben auf einem Tiefstand. Viele der wirklich Frommen hungerten nach geistlicher Nahrung.
Frühe
Geschichte
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Einige von ihnen fanden diese in den Lehren des Ernst Christoph Hochmann von Hochenau (1670-1721), eines führenden radikalen Pietisten. Als Adliger geboren, studierte Hochmann an verschiedenen Universitäten und schien einer vielversprechenden Laufbahn im Rechtswesen entgegenzugehen. Aber nach seiner Bekehrung unter Francke in Halle schlug er attraktive Positionen aus, um den Rest seines Lebens als Wanderprediger radikaler Färbung zu verbringen. Jung-Stilling bezeichnet ihn zusammen mit Dippel als „die Haupttriebfedern der Schwärmerey, des Pietismus, des Separatismus, und mit unter auch warlich des wahren Christenthums in Teutschland". Nach Goebel widmete Hochmann sein Leben seiner eigenen Bekehrung und der „gründlichen Erweckung und Bekehrung seiner Brüder in Christo". Dadurch geriet er in Gegensatz zu den Behörden, vor allem als er die Loslösung von „ B a b y l o n " - den Staatskirchen - als Voraussetzung für eine wahre Erlösung predigte. Alle Berichte stimmen darin überein, daß er eine stattliche und gewinnende Persönlichkeit war, und daß er schnell Freunde und Anhänger bei hoch und niedrig zugleich fand. 2 1706 wurde Hochmann nach Schriesheim nördlich von Heidelberg eingeladen. Dort hielt er Versammlungen in der Mühle des Alexander Mack (1679-1735), einem Angehörigen einer wohlhabenden Familie reformierten Glaubens. Mack wurde einer der engsten Mitarbeiter Hochmanns und begleitete ihn auf seinen Reisen. Die Pietisten in Schriesheim predigten den Leuten, wenn sie von der Arbeit auf den Feldern heimkamen, und bald kam die Nachricht von ihrem T u n auch der örtlichen Behörde zu Ohren. Die Soldaten, die ausgeschickt wurden um sie zu inhaftieren, berichteten, daß die Gruppe aus der Gegend verschwunden sei, aber Hochmann und seine Nachfolger wurden im nahen Mannheim gefangen genommen und zu Zwangsarbeit verurteilt. Mack selbst verkaufte lieber seinen Besitz und verließ mit Frau und Kindern die Heimat, als seine Zugehörigkeit zu den verbotenen Konventikeln aufzugeben. Ahnliches geschah in Straßburg, im Gebiet um Basel, und in Württemberg mit etwa gleichen Ergebnissen. Diejenigen, die nicht bereit waren, sich in die staatskirchliche Ordnung zu fügen, mußten ihre Heimat verlassen, und oft wurden ihr persönliches Eigentum und ihr Grundbesitz eingezogen. Hochmann hatte schon früher in Wittgenstein gelebt und zweifellos wies er seine Anhänger darauf hin, daß dort eine gewisse religiöse Freiheit möglich war. Die abgeschiedene und nicht sehr große Grafschaft in dem Gebiet zwischen Eder und Lahn wurde bald berüchtigt als Zuflucht für religiöse Sektierer. Der Schwerpunkt war Schwarzenau an der Eder,
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Donald F. Durnbaugh
der Landsitz der Familie Sayn-Wittgenstein. Graf Henrich Albrecht (1658-1723) und seine Schwestern schockierten ihre Standesgenossen dadurch, daß sie mit diesen gewöhnlichen Leuten auf ganz familiärer Basis verkehrten. Wie zu erwarten war, entstanden heiße Diskussionen unter den mehreren hundert Flüchtlingen, die sich in Schwarzenau und den umliegenden Bergen zusammenfanden, über den wahren Glauben. Einige ließen sich entmutigen und kehrten in ihren früheren Heimatort und zu den alten Glaubensformen zurück. Anderen mißfiel der extreme Individualismus vieler radikaler Pietisten. Die Frage, um die es schließlich zur Auseinandersetzung kam, war die Tauffrage. Als die Radikalen von Wittgenstein das Neue Testament und das Leben der ersten Christen studierten, beeindruckte sie der biblische Befehl, getauft zu werden auf ihren Glauben, als „Bitte an Gott, daß er uns ein gutes Gewissen schenke, durch die Auferstehung Jesus Christus". (1. Petr. 3, 21.). Manche waren überzeugt, daß eine gewisse Form von Bruderschaft oder Gemeinde notwendig sei, wenn man vollkommen dem Neuen Testament folgen wollte. Ein Besuch zweier „ausländischer Brüder", die vielleicht holländische Kollegianten waren, machten die wachsenden Bedenken deutlich. Man beschloß, einen offenen Brief an ihre Bekannten zu senden, in dem die Absicht bekundet wurde, die Taufe vorzunehmen. Man hatte schon früher Hochmann um seine Meinung befragt; er stimmte zu, daß Taufe mit Wasser biblisch geboten sei, mahnte jedoch, daß man nicht in Sektierertum verfalle und die Taufe von jedermann verlange. Der offene Brief lautet in Auszügen: „ S o hat sich die Freude in uns vermehrt. Und wir sind gestärkt worden in dem Herrn, nicht nachlässig zu sein, in der Furcht Gottes zusammenzukommen . . . Und weil wir einhellig fanden, daß wir in diesem hohen Werke in einem Geist wohl übereingestimmt haben, haben wir beschlossen, unsern lieben Brüdern kundzumachen durch eine Schrift, ob sie auch in ihrem Gewissen überzeugt wären, dieses hohe Werk helfen zu bestätigen, zu Lob und Ruhm unserm Heiland Jesus Christus und dem Anfänger und Vollender des Glaubens nachzufolgen . . . So dann nun . . . einige Brüder mehr hierinnen mit uns wollen dieses hohe Werk - Taufe antreten, so tun wir zu wissen nach unserer Einfalt, daß wir beisammen im Gebet und Fast vor Gott anhalten .. . 3 " Im Spätsommer 1708 nahmen fünf Männer und drei Frauen an der Taufzeremonie in der Eder teil, und dies war der Anfang der Brethren-Bewegung. Ein ungenannter Bruder taufte Mack, den Führer, der nun seinerseits jenen taufte, von dem er getauft worden war, und dann die anderen Männer und die Frauen. Die Nachricht von diesem Ereignis verbreitete sich rasch, obgleich es in
Frühe Geschichte
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aller Stille vor sich gegangen war. Kritik wurde von zwei Seiten laut von den Landesherren der benachbarten Gebiete, die in der Gruppe ein Wiederaufleben der Herrschaft der Wiedertäufer von Münster aus dem Jahre 1535 sahen, und von Seiten der radikalen Pietisten, darunter auch Hochmann, die in der Entwicklung einen unglücklichen Rückfall in die Institutionalisierung des Irrtums, sahen, was sie in der etablierten Kirche erlebt hatten. Henrich Albrecht gelang es, die Angriffe von außen abzuwehren, und Mack schrieb mehrere Abhandlungen als Entgegnungen gegen religiöse Kritiker. Dadurch wurde Zeit gewonnen für die kleine Schar, sich zu entwickeln und auszubreiten. Unverzüglich ging man daran, den neugewonnenen Glauben zu bezeugen und gewann Neubekehrte unter den Einwohnern von Wittgenstein. Die Zusammenkünfte in Schwarzenau wurden so stark besucht, daß kein Gebäude die Menschen alle fassen konnte, und so traf man sich unter freiem Himmel. Dann schickten sie mehrere der ihren auf Reisen in die Schweiz, in die Pfalz, nach Hamburg-Altona und anderswo hin, um neue Gemeinden zu gründen. Die wichtigste unter diesen Tochtergemeinden entstand in der Gegend von Marienborn bei Büdingen, wo ebenfalls beträchtliche religiöse Toleranz geübt wurde. Doch mußte dieser Zweig 1715 das Gebiet verlassen und ging nach Krefeld, wo einige Mitglieder ihre Tätigkeit fortsetzten, sehr zum Mißfallen der dortigen reformierten Geistlichkeit. Ein verärgerter Beamter mokierte sich über den religiösen Pluralismus dort, den er höchst widerwärtig fand, in folgendem Vierzeiler : „Lutheraner, Mennoniten, Katholiken, Israeliten, Kalvinisten, Neue Baptisten Alle nun in Krefeld nisten 4 ." Berichte über diese ersten Jahre sind mager, aber man weiß, daß oft Missionare und ihre Neubekehrten ins Gefängnis geworfen, mit Geldstrafen belegt oder anderweitig bestraft wurden. Das bemerkenswerteste Geschehnis in dieser Hinsicht betraf sechs Männer aus Solingen, die dem reformierten Glauben angehörten, und die in der Wupper getauft wurden. Man inhaftierte sie, bis mehrere theologische Fakultären wegen einer geeigneten Bestrafung um Rat gefragt worden waren. Das mildeste Urteil lautete auf lebenslängliches Zuchthaus mit Zwangsarbeit und dieses Urteil wurde vollstreckt. Die sechs wurden in die Grenzfestung von Jülich geschickt, wo sie sehr zu leiden hatten, bis sie schließlich nach vier Jahren, dank der Intervention einiger holländischer Adliger, die von ihrem Schicksal gehört hatten, freigelassen wurden. Ein anderer Bruder,
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Christian Liebe, w u r d e auf die Galeeren verbannt, weil er i n B e r n gepredigt hatte, aber auch er k a m schließlich mit holländischer Hilfe wieder frei. A u s der Krefelder Gemeinde wanderte die erste Gruppe nach Übersee aus, und zwar i m Jahr 1 7 1 9 nach Pennsylvanien. Gewisse interne Schwierigkeiten der Gemeindezucht kamen zu den wirtschaftlichen und religiösen Bedrängnissen, unter denen die Brethren zu leiden hatten, hinzu. D i e erste größere Gruppe v o n Deutschen, die nach Pennsylvanien auswanderten, w a r auch aus Krefeld g e k o m m e n und es ist k a u m verwunderlich, daß sich die Brethren der v o n Quäkern regierten K o l o n i e zuwandten, in der sie auf religiöse Freiheit und wirtschaftliche Unabhängigkeit hoffen durften. D i e Pfarrer der reformierten Kirchen v o m Distrikt Moers berichteten über die Emigration der Brethren. D i e Generalsynode bekundete ihre Befriedigung darüber, daß diese Emigration stattgefunden hatte, und ermahnte die Pastoren „sich sehr in acht zu nehmen, damit nicht ähnliche Enthusiasten sich in der Z u k u n f t entflammen könnten" 5 . D i e eigentlichen „Schwarzenauer B r ü d e r " verließen Wittgenstein 1 7 2 0 , ob jedoch w e g e n religiöser Unterdrückung oder aufgrund schlechter wirtschaftlicher Gegebenheiten ist unklar. Sie gingen nach Friesland, w o sie sich in einer Marschkolonie mit d e m N a m e n Surhuisterveen ansiedelten. Mitglieder der holländischen Kollegianten unterstützten sie, als sie sich in den Niederlanden seßhaft machten, und einige aus diesen konventartigen Vereinigungen schlössen sich ihnen an. 1 7 2 9 führte Alexander M a c k auf D r ä n g e n der Krefelder Gruppe, die schon früher ausgewandert w a r , eine große Anzahl nach Pennsylvanien. Andere Gruppen verließen Europa in den 1730er Jahren, so daß bis 1 7 4 0 die meisten Brethren ausgewandert waren. In den Jahren nach 1740 finden sich gewisse Hinweise auf in Europa verbliebene Brethren,
doch scheinen diese entweder in
völligen Separatismus zurückgefallen, oder sich befreundeten G e m e i n schaften, w i e den Mennoniten, angeschlossen zu haben. Es gibt keine genauen Zahlen darüber, w i e stark die
Brethren-Bewegung
in Europa war, aber es dürften k a u m mehr als einige Hundert gewesen sein. Eine Aufstellung aus dem Jahre 1899 gibt eine Gesamtzahl v o n 250 an. W i e dem auch sei, die Brethren wandten der ungastlichen alten W e l t den Rücken und suchten ihr Heil in der Neuen.
Das Amerika der Weihnachten
1723
Kolonialzeit
kennzeichnet die Wiederbelebung
der
Brethren-
B e w e g u n g in Amerika. N a c h A n k u n f t der ersten G r u p p e v o n Einwanderern 1 7 1 9 waren die N e u a n k ö m m l i n g e zunächst damit beschäftigt,
Frühe Geschichte
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sich eine Existenz in und um Germantown und weiter im Inland zu schaffen. Unter diesen gab es einige Handwerker - vor allem Weber viele aber wurden Landwirte, da Grund und Boden billig waren. 1722 begannen Peter Becker (1687-1758) und zwei andere, die zerstreuten Brethren zu besuchen, und sie teilten ihnen ihre Absicht mit, im folgenden Herbst mit regelmäßigen Zusammenkünften zu beginnen. Der Vorschlag wurde bereitwillig aufgenommen, und es fanden Versammlungen in Germantown statt, bis das schlechte Winterwetter das Reisen zu schwierig machte. Dieses erneute Interesse blieb bis 1723 wach und bald baten einige, die die Versammlungen besuchten, darum, in die Reihen der Getauften aufgenommen zu werden. Die Leute in Pennsylvanien schrieben nach Friesland, um sich Rat zu erbitten, was zu tun sei; die Antwort lautete, sie sollten einige geeignete Personen als „Diener des Wortes" auswählen und die Taufe vornehmen. Becker, der für seine Frömmigkeit und sein inniges Gebet bekannt war, wurde als erster „Diener am W o r t " in Amerika erwählt; die Taufzeremonie und das anschließende Liebesfest fanden am 25. Dezember 1723 statt. Damit begann eine beachtliche Erweckung vor allem unter den jungen Menschen, die sich rasch ausbreitete. Dies Ereignis lag zeitlich kurz vor der bekannten großen Erweckungsbewegung, die die gesamten amerikanischen Kolonien erfaßte und einen nachhaltigen Einfluß auf die Entwicklung der Religion Nordamerikas hatte. Später schrieb ein gut informierter Beobachter, daß wohl die Aktivität der Brethren als erste von mehreren Wellen der Erweckungsbewegung zu betrachten sei, von denen die deutschstämmige Bevölkerung der Kolonien erfaßt wurde. Im Herbst 1724 gingen alle männlichen Mitglieder (14 an der Zahl) der Gemeinde von Germantown auf Evangelisationsreise in die Wildnis der „Penns Woods". Ihre Expedition führte zur Gründung zweier neuer Gemeinden in Coventry und Conestoga. Die Aussichten für eine Ausbreitung des Zeugnisses der Brethren schienen günstig, aber es drohte auch eine ernste Spaltung. Einer der Neugetauften in Conestoga war Konrad Beissel (1690-1768). Er hielt sich für einen religiösen Genius, der er in gewisser Hinsicht zweifellos war. Er stammte aus Eberbach am Neckar und war dort als Bäckergeselle in der Pfalz und in der Wetterau mit dem Pietismus in Berührung gekommen. 1720 kam er nach Amerika, in der Hoffnung, sich der Kelpischen Gemeinde, bekannt als The Woman in the Wilderness (die Frau in der Wildnis - OfF. 12, 6) anschließen zu können. Z u seiner Enttäuschung stellte sich heraus, daß sie sich schon vor seiner Ankunft aufgelöst hatte. Er blieb ein Jahr lang als Weberlehrling bei Peter Becker, ehe er mit einem Gefährten in die Wälder ging, um als Einsiedler zu leben.
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Nach seiner Taufe machten Beissels offensichtliche Begabungen ihn zum unbestrittenen Leiter der neuen Gemeinde von Conestoga. Unglücklicherweise für die Brethren war Beissel entschlossen, seinen eigenen Weg zu gehen. Sehr bald führte er solche Dinge ein, wie direkte Offenbarung (als der heiligen Schrift überlegen), die Notwendigkeit des Zölibats und gewisse jüdische Gebräuche, darunter die Heilighaltung des Sabbattages als Tag der Anbetung. Diese Neuerungen verursachten bald Schwierigkeiten mit den Brethren von Germantown und 1728 kam es zum endgültigen Bruch. Auch die Bemühungen um eine Aussöhnung, die Mack nach seiner Ankunft 1729 in Amerika unternahm, hatten keinen Erfolg, und vermochten Beissel nicht von seinem Ziel abzubringen. Seine neuen Bewunderer folgten ihm als er weiter in die Wildnis zog, im heutigen Lancaster-County. Man baute sich dort einfache Hütten rund um sein Blockhaus nach dem Vorbild der frühen ägyptischen Mönchsgemeinschaften. Gegen Ende der dreißiger Jahre des 18. Jahrhunderts, war ein regelrechtes protestantisches Kloster entstanden mit großen Gebäuden und drei Orden (Mönchen, Nonnen und „Haushaltern", das heißt, Familien, die in der Nähe wohnten und der Gemeinde angehörten). „Ephrata", wie die Niederlassung sich nannte, wurde nicht nur wegen ihrer klösterlichen Formen, sondern auch wegen ihrer kulturellen Errungenschaften berühmt. Gesang, Buchdruck und Bilderhandschrift und Fraktur erreichten einen hohen Stand der Vervollkommnung. „Ephratas" Ruhm drang auch über den Atlantik und es erschienen Berichte in kirchlichen Zeitschriften in Deutschland. Sogar Voltaire hörte von diesen Leuten und nannte sie die einzigartigsten Christen ihrer Zeit. In seiner höchsten Blüte umfaßte „Ephrata" 350 Mitglieder. Beissels Tod, das immer stärkere Vordringen der Zivilisation rings um das Kloster und der hingebungsvolle Dienst der Gemeinschaft, die aus der Einrichtung während des Unabhängigkeitskrieges ein Lazarett machte, trugen zur Auflösung bei. Die letzten Angehörigen des Klosters starben im 19. Jahrhundert, aber einige der Gebäude blieben bis heute als historische Erinnerungsstätte erhalten. Trotz der starken Abwanderung zu Beissel fuhren die Brethren fort, weitere Gemeinden in den Kolonien zu gründen. 1770 gab es bereits fünfzehn in Pennsylvanien und eine in N e w Jersey. Viele der Brethren oder ihre Nachkommen zogen aus, um geeigneteres Land zu finden, und bis zum Jahre 1770 entstanden weitere siebzehn Gemeinden in Maryland (die erste 1743), in Virginia (1752), in Nord Karolina (1742), in SüdKarolina (1748), und vermutlich in Georgia. Eine sorgfältige Zählung von 1770, zusammengestellt von dem baptistischen Historiker Morgan Edwards, gibt über 1500 getaufte Mitglieder und 42 „Diener des Wor-
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tes" an. Edwards schätzte, daß die Zahl derjenigen, die den Brethren nahestanden, etwa fünfmal so groß wie die eigentliche Mitgliederzahl war. Er wies darauf hin, daß es wenige Versammlungshäuser gab, da man es vorzog „sich hin und her in den Häusern zu treffen in Nachahmung der Urkirche". Das erste Versammlungshaus war das von Germantown, das vor 200 Jahren (1770) erbaut wurde und heute noch steht, wenn auch in umgebauter Form. Das älteste, unveränderte Gebäude ist das Versammlungshaus in Pricetown in Pennsylvanien, ein schlichtes Feldsteingebäude, das 1777 errichtet wurde. Die Brethren und die Mennoniten ließen sich häufig in den selben Gebieten nieder, aber die Beziehungen zwischen den beiden verschwisterten Gruppen waren, wegen der Neigung einzelner Mennoniten, sich den Brethren anzuschließen, nicht harmonisch. Nach zeitgenössischen Berichten fanden sie stärkeres geistliches Leben bei den pietistisch gefärbten Brethren. Die Taufe durch Untertauchen sagte darüber hinaus den bibelbewußten Mennoniten zu. Die Quäker, die Besitzer der Kolonie, in der die meisten Brethren lebten, hatten starken Einfluß auf sie, das zeigte sich vor allem in der Art sich zu kleiden und in der architektonischen Gestaltung der Versammlungshäuser, sowie in einigen Teilen der kirchlichen Verwaltung (die Bezeichnung „Jahresversammlung", und für die Geschäftsordnungspunkte, die vor der Versammlung zur Sprache gebracht werden, das Wort „Query", sind Beispiele dafür). Eine unmittelbare Veranlassung für regelmäßige Jahresversammlungen war durch die Synoden in den Jahren 1742/43 unter der Schirmherrschaft des Grafen Zinzendorf gegeben. Der mährische Kirchenführer war nach Amerika gekommen mit dem Plan, alle deutschen Gemeinschaften zu vereinigen zu einer Gesamtheit unter dem Namen Congregation of God in the Spirit (Gemeine Gottes im Geist). Abgeordnete der Brethren nahmen an den ersten Sitzungen teil, zogen sich jedoch später zurück. Ihre Gründe waren: Ihnen hatte der Graf ein zu starkes Übergewicht, die Verwendung des Loses für alle Entscheidungen schien ihnen fragwürdig und sie sahen in der Synode selbst einen verkappten Versuch, alle Deutschen zu mährischen Brüdern zu machen. Als Zinzendorf indianische Neubekehrte durch Besprengen taufte, sagten sich die von der Taufweise durch Untertauchen angetanen Brethren endgültig von ihm los. Einzelne Brethren fühlten sich jedoch zu den mährischen Brüdern hingezogen. Einer von ihnen, Andreas Frey, begleitete den Grafen zurück nach Europa, kam jedoch später wieder und schrieb eine vielmals gedruckte Enthüllung über das Verhalten der mährischen Brüder während der sogenannten „Zeit der Sichtung" in Herrnhaag bei Büdingen. Einige der Publikationen der Brethren im 18. Jahrhundert waren pole-
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mische, meist als Entgegnungen auf Angriffe entstandene Schriften. Alexander Mack Jun. (1712-1803) war der profilierteste Verfasser der Brethren in den Kolonien. Seine „Apologia" (1788) gilt als beste Verteidigungsschrift der Gebräuche und Gedanken der Brethren jener Tage. Auch durch seine große Zahl von Liedern und Gedichten wurden er und manche andere bekannt. Einige dieser Kompositionen finden sich in Gesangbüchern, wie etwa dem „Davidischen Psalter" (1744), der auch von Gruppen und Gemeinschaften benutzt wurde, die nicht zur Bruderschaft gehörten. Historiker haben oft die Erzeugnisse der Christoph-Sauer-Presse (1695 bis 1758) als Publikationen der Brethren bezeichnet, dies ist jedoch aus zwei Gründen unrichtig. Die Druckerei war ein privates Unternehmen und Sauer war nie Mitglied der Brethren, obgleich er mit ihren Anschauungen stark sympatisierte. Sein gleichnamiger Sohn (1721-1784) allerdings wurde Ältester der Brethren und führte die Druckerei seines Vaters, eine der größten an der ganzen Atlantikküste, weiter. Die Sauers dürfen für sich in Anspruch nehmen, die erste erfolgreiche deutschsprachige Zeitung, die ersten Bibeln in europäischer Sprache, die erste religiöse Zeitschrift und den ersten Druckstock in Amerika geschaffen zu haben. Der jüngere Sauer wurde einer der reichsten Männer von Pennsylvanien, aber im Unabhängigkeitskrieg verlor er seine gesamte Habe. Er und die anderen Brethren genossen Vorrechte und Freiheiten unter der britischen Herrschaft, und sie waren daher nicht daran interessiert, die politischen Verhältnisse geändert zu sehen. Vor allem aber waren die Brethren Pazifisten oder besser gesagt gegen die Anwendung von Gewalt und konnten nicht mit einer kriegerischen Revolution gemeinsame Sache machen. Ihre Haltung wurde von den Aufständischen nicht gebilligt, und die Folge war viel Leiden. Die Haltung der Brethren kommt am deutlichsten in der Bittschrift zum Ausdruck, die sie 1775 gemeinsam mit den Mennoniten an die Pennsylvanische Assemhly schickten: „Den Rat (der Assemhly) an jene, die sich in ihrem Gewissen nicht frei fühlen, mit der Waffe zu kämpfen, daß sie denen helfen sollten, die in Not sind und sich in verzweifelten Umständen befinden, nehmen wir mit Wohlwollen gegen alle Menschen ganz gleich welchen Standes sie sein mögen, an - es ist ohnehin unser Grundsatz, die Hungrigen zu speisen und die Durstigen zu tränken. Wir haben uns der Aufgabe geweiht, allen Menschen in jeder Weise zu dienen so weit dies zur Erhaltung ihres Lebens beitragen kann, aber wir sind nicht bereit, für irgendwelche Dinge, durch die Menschenleben zerstört oder geschädigt werden zu spenden, zu wirken oder Beistand zu leisten. Wir ersuchen alle jene um Nachsicht, die glauben, daß wir in diesem Punkte irren 6 ."
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Die Brethren waren bereit, Steuern zu zahlen, aber sie wandten die Kirchenzucht gegen jene an, die sich mustern ließen oder bereit waren, den Treueid auf die neue Regierung zu schwören. Obgleich die Belastungen der Revolution von manchen Historikern übertrieben wurden, besteht kein Zweifel, daß viele Angehörige der Bruderschaft durch die ihnen auferlegte Behandlung in ihrer Uberzeugung bestärkt wurden, sich aus weltlichen Angelegenheiten herauszuhalten.
Das frühe l g. Jahrhundert Weit davon entfernt, das „dunkle Zeitalter" oder die „Periode in der Wüste" in der Brethren-Gescbichte zu sein, wie dies oft behauptet wird, war die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ein entscheidender Zeitabschnitt im Leben der Kirche. Das erste halbe Jahrhundert der nationalen Ära sah die Ankunft der ersten Brethren an der pazifischen Küste, die erste systematische theologische Darstellung einer Brethren-Lehxe, ausgedehnte Publikationstätigkeit und das Auftreten einiger der hervorragendsten Führer in der gesamten Geschichte der Brethren. Es war schon ein großer Erfolg, die Kirche trotz der erheblichen Zerstreuung über den ganzen Kontinent zusammenzuhalten. In dieser Periode geschah die Konsolidierung der Brethren zu dem Gebilde, das sie fast bis zum Ende des Jahrhunderts blieben, allerdings nicht ohne ernste Auseinandersetzungen. Mallott bemerkt mit Recht: „Man hat dazu geneigt, für diesen Zeitraum Entschuldigungen vorzubringen und die stärkere Verstädterung und den größeren Intellektualismus der Enkel als Anzeichen der Aufwärtsentwicklung zu betrachten. Wir sehen uns jedoch der Tatsache gegenüber, daß die Grundlagen der bestehenden Kirche in jener Periode gelegt wurden. Die damals gegründeten Gemeinden waren es, die sich durch Teilung und Ausbreitung vermehrt haben; die Mitgliederschaft auf diesem Boden hat sich vervielfältigt. Die Kirche von 1950 ruht auf den Grundpfeilern, die im wesentlichen 1850 gebaut wurden 7 ." Die negative Seite dieser Konsolidierung war ein gewisses Sich-Verlassen auf Gerechtigkeitsdenken, das den gesunden Glauben mit der Ablehnung der „ W e l t " gleichzusetzen drohte. Viele Protokolle der Jahresversammlungen aus dem 19. Jahrhundert lesen sich wie ein Verbotskatalog: Z u den Dingen, die zu meiden waren, gehörten: Glocken, Teppiche, Lebensversicherungen, Blitzableiter, Photographien, alkoholische Getränke, Musikinstrumente, bezahlte Pastoren, Geheimbünde, Ausstellungen und Jahrmärkte, Tabak und geblümte Tapeten. Wenn auch solche Verbote leicht lächerlich erscheinen mögen, so zeigen sie doch den
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Versuch, ein schlichtes und ordentliches Leben als gute Haushalter materieller Besitztümer zuführen. Man darf annehmen, daß diese Brethren ein erfülltes Leben hatten, wenn auch wesentlich anspruchsloser als man es heute für nötig halten würde. Von ausschlaggebender Bedeutung war die Aufrechterhaltung der Einheit der Bruderschaft durch gegenseitige Übereinkunft. Die Ausbreitung der Brethren quer über den Kontinent folgte der allgemeinen Bewegung nach Westen oder ging ihr in manchen Fällen sogar voraus. In einigen Gebieten von Ohio, Indiana und Illinois waren Brethren die ersten Siedler. Mitglieder gab es auch in Kentucky, Tennessee und Missouri im Jahre 1800, in Iowa 1844 und sogar in Oregon 1850. Zwei Jahre später entstand eine Gemeinde in Kalifornien. Jahresversammlungen wurden zum ersten Mal in Ohio 1822, in Indiana 1848 und in Illinois 1856 abgehalten. Diejenigen, die nach Westen zogen, benutzten vor allem drei Hauptwege. Der eine verlief im Norden den Eriekanal entlang und über BufFalo. Der meistbefahrene ging über Pittsburgh, dann entweder zu Land mit Planwagen oder mit dem Flachboot den Ohio hinab. Der dritte führte durch Cumberland nach Kentucky und Indiana. Die Geschichte der Familie Wolfe steht hier stellvertretend für viele. George Wolfe Sen. zog im Jahre 1787 über die Alleghenies nach Fayette County in Pennsylvania. Im Juli 1800 bauten er und seine Familie ein Flachboot und reisten den Monogahela hinunter zum Ohio und von dort nach Logan County in Kentucky. George Wolfe Jun. erkundete zusammen mit seinem Bruder Jakob die Wälder von Illinois und übersiedelte zuerst nach Union und später nach Adams County. Der jüngere Wolfe hatte großen Einfluß auf die staatlichen Belange von Illinois und zugleich wurde er Ältester der Dunker und spielte eine große Rolle in dem Bestreben, die Sklaverei diesem Teil des Territoriums fernzuhalten. Ein Neffe von Wolfe Jun., ebenfalls mit Namen George Wolfe, erreichte 1856 über Panama die Westküste. Sehr oft zogen Gruppen von Brethren-Umsiedlem als Gemeinschaften aus und ließen sich nahe beieinander nieder, um sich gegenseitig beistehen zu können. Unverzüglich begannen sie, sich zur Andacht in den Häusern hin und her zu versammeln. Die Häuser wurden häufig gleich so gebaut, daß durch das Zurückschieben von Faltwänden große Räume entstanden. Die Brethren gewannen neue Anhänger dadurch, daß sie ihren Glauben lebten, und nicht durch öffentliche Evangelisationen. Die Nachbarn sahen ihre Aufrichtigkeit und wurden zuweilen dadurch allein so beeindruckt, daß sie sich ihnen anschlössen. Natürlich vollzog sich ein Großteil der Ausbreitung der Brethren im Osten, als sich die Familien vergrößerten und die Kinder meist Mit-
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glieder wurden. Gewöhnlich warteten die jungen Leute mit der Taufe, bis sie heirateten und einen Haustand gründeten. Als die Gemeinden wuchsen, teilten sie sich, so daß die ursprünglichen Gemeinden viele Tochterkolonien bildeten. Da es üblich wurde, mehrere Versammlungshäuser im Bereich der Gemeindebezirke zu bauen, konnte man leicht neuen Gruppen Häuser für ihre Zusammenkünfte zuweisen. Die Gemeinde in Conestoga ist oft als Beispiel für diese Art des Wachstums genannt worden. U m diese Zeit etwa kam auch eine klarere Formulierung der kirchlichen Amter zustande. Zu diesen Amtern gehörten Diakone (und Diakonissen), „Diener des Wortes" und Älteste, die auch manchmal „Bischöfe" genannt wurden. Gemeindeleiter wurden durch die Gesamtheit der Mitglieder (Männer und Frauen) einer Gemeinde in Gegenwart der Ältesten benachbarter Gemeinden gewählt. Dies Verfahren gewährleistete gewöhnlich die fähigste, sicherlich aber die ernsthafteste Führung. Die Gemeinden schätzten eine gute Rednergabe, machten sie jedoch nicht zur Bedingung. Da eine Gemeinde meist mehrere „Diener des Wortes" hatte, kamen verschiedene Begabungen ins Spiel. Einige waren als ausgezeichnete Seelsorger und Verwalter der kirchlichen Angelegenheiten bekannt, während man andere wegen ihrer Predigten schätzte. Die Prediger erhielten kein Gehalt, und obgleich ihnen ihre Auslagen ersetzt werden konnten, verlangten sie dies doch selten. Die Gemeindemitarbeiter wurden auf Lebenszeiten gewählt. Die Wahl zum Ältesten brachte ein weiteres Opfer mit sich, denn damit waren zahlreiche Reisen zu anderen Gemeinden verbunden. Meistens hatten diese Männer eine geringe Schulbildung, aber sie gaben sich dem Studium der Heiligen Schrift hin und bedienten sich der Bücher, die sie besaßen, mit ausgezeichnetem Erfolg. Manchmal entwickelten sie einen sehr geschliffenen Redestil und eine gute Kenntnis der Theologie, soweit dies dem Urteil gelegentlicher Besucher zu entnehmen ist. Ihre moralischen Ermahnungen wurden durch ihren Lebenswandel vor den Augen ihrer Herden unterstrichen. Sie scheuten sich nicht, im Stil der alten Propheten zu urteilen, da man ihnen kein Gehalt entziehen konnte, das sie ohnehin nicht bekamen. Zwei Einrichtungen hielten die weit zerstreuten Brethren als Kirche zusammen: die Reisetätigkeit der Ältesten und die Jahresversammlungen. Die Besuche erfolgten auf Einladungen einzelner „Diener des Wortes" oder örtlicher Kirchenleute hin, und bei einer solchen Reise wurden meist mehrere Gemeinden besucht. Der Älteste Jakob Leatherman (1787-1863) marschierte mehr als zehntausend Meilen im Laufe seiner Predigttätigkeit in Maryland. Das bemerkenswerteste Beispiel war John Kline (1797 bis
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1864) aus Virginia, der im Laufe seines Lebens hunderttausend Meilen zu Pferd zurücklegte, wobei er dreißigtausend davon seine Lieblingsstute „Neil" ritt. Kline erledigte auf seinen Reisen geschäftliche Angelegenheiten, versorgte Kranke und überbrachte Nachrichten zusammen mit seiner erbaulichen Verkündigung des Evangeliums. Er wurde wohl die behebteste Persönlichkeit in der Geschichte der Brethren. Die Geschichte seines Lebens läßt sich seinem, im Druck erschienenen, wenn auch stark überarbeiteten Tagebuch entnehmen. Die Jahresversammlungen, die zu Pfingsten gehalten wurden, vereinigten fast alle Ältesten und viele gewöhnliche Mitglieder. Es war eine Gelegenheit zu häufigem Predigen (den heutigen Zeltversammlungen nicht unähnlich aber ohne die emotionalen Exzesse). Die Versammlungen wurden auch von vielen besucht, die keine Brethren waren. Alle, die an den Versammlungen teilnahmen, wurden gastfreundlich bewirtet und von der gastgebenden Gemeinde, die große Mengen Fleisch und Vorräte beizusteuern hatte, um die Gäste zu beköstigen, untergebracht. Die Versammlungen fanden oft in Scheunen statt, da diese die größten verfügbaren Gebäude waren, obwohl gelegentlich auch besondere Bauwerke aufgeführt oder Zelte errichtet wurden. Ein Ausschuß der Ältesten, der die Bezeichnung Ständiger Ausschuß erhielt, bereitete die Geschäftsordnung vor, die der Versammlung vorgelegt werden sollte. Entscheidungen wurden einstimmig getroffen. Wenn irgendwelche gegenteiligen Ansichten bestanden, stellte man die Angelegenheit auf ein Jahr zurück. Die Versammlung leitete ein Moderator, der eine kräftige Stimme haben und allgemeinen Respekt innerhalb der Bruderschaft genießen mußte. 1856 beschloß man, Distriktsversammlungen von je fünf oder mehr Ortsgemeinden abzuhalten, um Angelegenheiten von begrenzter Bedeutung zu entscheiden, damit die Zeit der Jahresversammlungen für wichtige Entscheidungen frei blieb. Mehr als alles andere trug dieses System der Konferenz dazu bei, die Eigenständigkeit der Brethren zu prägen. Das machte Henry Kurtz deutlich, der aus dem lutherischen Pastorenstand kommend zu den Brethren stieß: „Diese (unsere jährliche) Versammlung war uns etwas völlig Neues, wenn wir einmal von den üblichen Ratsversammlungen (auf Gemeindeebene) absehen, die wir schon vorher kennengelernt hatten. Diese unsere gewöhnlichen Ratszusammenkünfte hatte ich als praktische Schulen für christliche Weisheit und christliche Ethik schätzen gelernt, wobei die Grundsätze des Evangeliums auf Einzelfälle angewendet wurden, w o jede christliche Tugend, wie Liebe, Demut, Geduld, Verträglichkeit usw. geübt wurden, und w o jedes moralische Übel in sein wahres Licht gerückt wurde, so daß es ausgemerzt werden konnte. Und eine solche
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Schule, so stellte ich nun fest, war auch die Jahresversammlung, nur in einem größeren und höheren Rahmen .. . 8 " Die Gottesdienste der Brethreti waren zwanglos (low church) und lang. Männer und Knaben, Frauen und Mädchen, saßen auf verschiedenen Seiten des schlichten Gemeindehauses auf niedrigen lehnenlosen Bänken. Die Prediger saßen ihnen gegenüber an einer, auf Böcke gelegten Tischplatte, die in gleicher Höhe mit den Bänken der Gemeinde stand, um anzudeuten, daß zwischen Geistlichkeit und Laien kein Unterschied bestehe. Ein Diakon machte gewöhnlich den Anfang des Gottesdienstes, indem er ein Lied bekannt gab, das er dann „zeilte". Das bedeutete, daß er die ersten ein oder zwei Zeilen las, worauf die Gemeinde sie sang, dann las er die nächsten beiden Zeilen, worauf wieder Gesang folgte, und in dieser Weise wurde fortgefahren, bis das Lied zuende war. Man verfuhr so, weil es an Gesangbüchern fehlte, doch auch als genügend Gesangbücher vorhanden waren, blieb man dabei. Nachdem ein Bibelabschnitt gelesen und ein langes Gebet (immer mit dem von der Gemeinde mitgebeteten „Vater Unser") gesprochen war, kam die Zeit für die Predigt. Die Prediger gaben einander den Vorrang, bis schließlich einer aufstand, um zu sprechen. Man erwartete, daß der Heilige Geist einem den rechten Text und auch die dazugehörige Auslegung eingeben werde. Die Predigt bestand gewöhnlich aus Exegese und ethischer Anwendung. Nach Schluß der Predigt kommentierten auch die anderen Prediger den gleichen Text und bemühten sich, die guten Gedanken, die der erste Redner vorgebracht hatte, neu hervorzuheben oder ihre eigenen Überlegungen hinzuzufügen. Ein Gebet und Lied beschlossen den Gottesdienst. Das Fehlen musikalischer Instrumente tat dem sicheren Gesang der Gemeinde keinen Eintrag, sondern erhöhte seine Wirkung. Das Liebesmahl war der Höhepunkt des Kirchenjahres, ihm ging jeweils der jährliche Besuch der Diakone in jedem Haus voraus. Folgende Fragen wurden dabei gestellt: „Beharrt ihr noch im Glauben an das Evangelium, wie ihr es gelobt habt, als ihr getauft wurdet ? Seid ihr, so weit euch bekannt ist, in Frieden und in Einheit mit der Kirche? Wollt ihr euch weiterhin mit den Brethren bemühen um ein Wachstum in der Heiligung, sowohl bei euch selbst als auch bei anderen 9 ?" Förderte der Besuch irgendwelche Bedrückung oder Unstimmigkeiten zutage, so wurde das Liebesfest verschoben, bis das Problem gelöst war. Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurden Erweckungsversammlungen oder „anhaltende Versammlungen" üblich. Man glaubte, daß Entscheidungen, die unter emotionalem Druck getroffen wurden, nicht stand-
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halten könnten, wenn dieser Druck nachließ. Der Beitritt zur Kirche war der wichtigste Schritt im Leben eines Menschen und er sollte ernsthaft und nüchtern erwogen und überlegt sein. „Bedenke den Einsatz" (Luk. 14) war ein sehr beliebter Text. Durch diese Einschränkung verloren die Brethren eine große Zahl von Anhängern an andere Erweckungsgemeinschaften, darunter auch die Brethren in Christ, die Evangelical Association und die Church of God (Winebrennerianer). Andere bedeutende Verluste gingen zur gleichen Zeit an die Universalisten und die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage. Der Universalismus („Wiederbringung aller"), der sehr hoch im Kurs stand in Amerika nach dem Unabhängigkeitskrieg, betonte den Glauben, daß ein Gott der Liebe nie Menschen zu ewiger Strafe verdammen könne. Die Versöhnung Christi war ausreichend für die ganze Menschheit. Die radikaleren Anhänger dieser Lehre lehnten überhaupt den Gedanken an irgendwelche Strafen oder irgendwelchen Lohn in einem späteren Leben ab. Da die Brethren in ihren Anfängen eine gemäßigte Form des Universalismus akzeptiert hatten, waren sie sehr anfällig für diese aggressive Bewegung. Ganze Gemeinden in Nord- und Südkarolina gingen zu den Universalisten über. Aus diesen Familien ging ein Großteil der Führung des südlichen Zweiges der Universalisten hervor. In Kentucky, Indiana und Missouri waren es die „Jünger Christi" (Disciples of Christ), die Mitglieder abzogen. Eine Theologie die den im Grenzland Siedelnden ansprach, die redegewandte Führung eines Alexander Campbell und Barton Stone und die Betonung der christlichen Einheit waren deren Hauptmerkmale. Hunderte von Brethren, praktisch die gesamte Mitgliedschaft in Kentucky, ging zu ihnen über. Der Aktivste in diesem Prozeß war der frühere Brethren-Prediger Joseph Hostetier (1797-1870). Der Alteste Benjamin Bowman (1754-1829), schrieb schon früh eine Lehrabhandlung mit dem Titel „A Brief and Simple Exhibition of the Word of God" (1823) (Eine kurze und schlichte Darlegung des Wortes Gottes). Diese Abhandlung las ein, von Lutheranern abstammender methodistischer Klassenlehrer mit Namen Peter Nead (1797-1877), der davon so beeindruckt war, daß er die Brethren in Virginia aufsuchte und sich von ihnen taufen ließ. Er war überzeugt, daß sie den Geboten des Neuen Testamentes genauer folgten, als irgendeine andere kirchliche Gruppe. Nachdem er Prediger geworden war, schrieb er ein mehrbändiges Lehrbuch über die Theologie der Brethren. Sie wurde in einem Band mit dem volkstümlichen Titel „Nead's Theology (1850) zusammengefaßt. Sie erlangte große Bedeutung für die Festlegung der Glaubenssätze der Bruderschaft und wurde häufig dazu verwendet, neu Hinzugekommene mit den Brethren vertraut zu machen.
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Beim Ausbruch des Bürgerkrieges (1861-1865) wurden die Brethren hart betroffen, doch brachte der Konflikt keine Spaltung mit sich, wie dies in fast allen anderen Bekenntnissen der Fall war, deren Mitglieder auf beiden Seiten der Mason und Dixon Linie lebten. Dafür waren zwei Gründe verantwortlich: Erstens hatten die Brethren ihren Mitgliedern niemals gestattet, Sklaven zu halten, und zweitens bemühte man sich sehr, die Verbindung über die Kampflinien hinweg trotz des Krieges aufrecht zu halten. John Kline, der in diesen Kriegsjahren als Moderator wieder gewählt wurde, spielte hier eine wichtige Rolle. Er unternahm mehrfach Reisen von seinem Heimatort in Virginia aus nach den Nordstaaten. Diese Reisen, obgleich in rein kirchlichen Geschäften, machten ihn den Konföderierten als Spion des Nordens verdächtig. Er machte kein Hehl aus seiner Überzeugung gegen die Sklaverei, und es ist vielleicht kaum verwunderlich, daß ein paar heißblütige dortige Soldaten der Konföderierten ihm 1864 auflauerten und ihn ermordeten. Schon vorher hatte er in Harrisonburg, wegen seiner Bemühungen, Brethren und junge Mennoniten vom Militärdienst zu befreien, im Gefängnis gesessen. Die Gemeinden im Süden litten schwerer unter dem Krieg als die im Norden. Einmal wegen ihrer Ablehnung der Sklaverei und zweitens, weil die Konföderierten dringender alle verfügbaren Männer brauchten als die Unionstruppen. Obgleich es im Norden wie im Süden möglich war, sich vom Militärdienst durch Zahlung einer hohen Ablösung (drei bis vierhundert Dollar) befreien zu lassen, wurde die behördliche Freistellung im Süden wesentlich regelloser gehandhabt. Brethren wurden zum Militärdienst in der Armee der Südstaaten gepreßt; und man mißhandelte sie, wenn sie sich weigerten, auf den Feind zu schießen. Manche flüchteten daher in die Nordstaaten, um diesem Schicksal zu entgehen. Während andere sich längere Zeit versteckten. Die Gemeinden beider Seiten legten zusammen, um die Gebühren für ärmere Mitglieder zahlen zu können. Einige der im Süden wohnenden Brethren verloren ihr Heim, ihre Höfe, ihre Herden und ihre Ernten, als die Armeen aus dem Norden die Kampfweise der verbrannten Erde anwandten. Große Geldsummen wurden nach dem Kriege im Norden gesammelt, um den notleidenden Brethren im Süden zu helfen. Wichtig war, daß die Brethren aus dem blutigen Kampf als ein geeintes Volk hervorgingen, und daß sie beharrlich an ihrem Grundsatz der Gewaltlosigkeit festhielten. Es besteht kein Zweifel, daß die schwierigen Zeiten das Wachstum der Kirche stark behinderten. Schätzungsweise gab es 1865 etwa 20000 Mitglieder in ungefähr 200 Gemeinden über das ganze Land verstreut. Doch sollte die zweite Hälfte des Jahrhunderts der Bruderschaft einschneidende Veränderungen bringen.
Kapitel 2 NEUERE
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ie Brethren des 19. Jahrhunderts waren als „wunderliche L e u t e " bekannt, stießen sich aber nicht an dieser Bezeichnung. Ihre besondere Art sich zu kleiden, ihre unauffällige Lebensweise und ihre energisch verteidigten Ordnungen trugen dazu bei, sie von der Welt abzusondern. W i e die ersten Christen, die ihnen Vorbild waren, hielten sie sich praktisch für einen dritten Menschenstamm, in dieser Welt aber nicht von der Welt; als Pilger unterwegs in ein besseres Land. Im Sprachgebrauch der Religionssoziologen waren die Brethren Sektierer. Ellsworth Faris, der als erster das Wesen des religiösen Sektierertums untersuchte, nannte die Brethren als Beispiel für eine Sekte par excellence. Er lenkte die Aufmerksamkeit seiner Kollegen auf die Untersuchung dieser Dunkers: „ D i e religiöse Sekte, und v o r allen Dingen die moderne isolierte Sekte, hat gegenüber der Ethnographie viele V o r z ü g e . . . , wenn die Soziologen sich ebenso sorgfältig und eingehend mit der Untersuchung der Fußwaschung der Dunkers befaßten..., w i e sie die Totemtänze der Australier oder die Tabus der Bantus erforschen, so fänden sie die Materie nicht nur eben so interessant sondern höchstwahrscheinlich noch ergiebiger 1 ." Faris wußte nicht, daß zu seiner Zeit (1928) sich die Brethren bereits merklich von ihren früheren Eigenarten entfernt hatten, doch sein Hinweis auf die Brethren als „eine moderne isolierte Sekte" ist eine zutreffende Beschreibung für sie während der vorausgegangenen Zeit. Untersuchte ein Soziologe heute die „Kirche der B r ü d e r " , so fände er vermutlich noch immer den Brauch der Fußwaschung (obgleich einige Gemeinden ihn nicht mehr üben), aber er fände wohl kaum die isolierte Sekte, die Faris so beeindruckte. Heute leben, kleiden und verhalten sich die Brethren im wesentlichen wie andere weiße Mittelstandsprotestanten in Amerika (es gibt jedoch einige wenige Anhänger von Minoritätengruppen) wenn auch im großen und ganzen noch immer mehr v o n deutsch-ethnischer Herkunft als von angelsächsischer. Ein aufmerksamer Beobachter könnte noch gewisse, überdauernde Merkmale des sektiererischen Erbes feststellen: Das Eintreten für das historische Friedenszeugnis, Predigten über „das einfache Leben", ein enges, gleichsam familiäres
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Gefühl der Zusammengehörigkeit innerhalb der Kirche, Ablehnung v o n Glaubensbekenntnissen und starkes Interesse an sozialen Belangen. E r fände begrenzte Gebiete (Ost-Pennsylvanien, Maryland und des Südosten) in denen sich alte Verhaltensweisen erhalten haben und, etwas gönnerhaft, v o n der Gesamtkirche respektiert werden. Eine überzeugende G r u p p e junger Kirchenmitglieder zeigt zunehmend Wertschätzung f ü r einige dieser traditionellen W e r t e zur Lösung v o n Gegenwartsproblemen. Dennoch hat sich ganz offensichtlich innerhalb der „ K i r c h e der B r ü d e r " in weniger als einem Jahrhundert eine große W a n d l u n g
vollzogen.
Manche Beobachter schätzen, daß sich die Brethren in kürzerer Zeit stärker verändert haben als irgend eine andere vergleichbare Gemeinschaft. O b das nun wirklich zutrifft oder nicht, selbst ein flüchtiger B l i c k auf die jüngere Geschichte der Brethren zeigt radikale und schnelle Veränderungen. Welches waren die Einflüße, die einen derartigen W a n d e l mit sich brachten ? Verschiedene soziologisch orientierte Untersuchungen sind geschrieben worden, u m die zugrunde hegenden sozialen Faktoren zu analysieren. Eine größere Bevölkerungsdichte, allgemeine Schulpflicht, Eheschließungen mit Angehörigen anderer Kirchen, der Einfluß neuer Informationsmedien - dies alles, heißt es, hat einen homogenisierenden E f f e k t auf partikularistische Gruppen. M a n sagt, die einzigen religiösen Gemeinschaften, die sich diesem Prozeß erfolgreich widersetzten, sind die ,,Hutterischen B r ü d e r " und die Anhänger Jakob A m m a n n s (Amish), und diese haben sich praktisch aus der Gesellschaft zurückgezogen. Manche sprechen v o n der W i r k u n g des „ S e k t e n - Z y k l u s " . W e n n Sektierergruppen einen gewissen Punkt der Reife erlangen, übernehmen sie mehr und mehr Gebräuche der institutionellen Kirchen, aus denen sie sich abgespaltet haben. Ihnen liegt immer mehr an der Erbauung als an der Bekehrung, mehr an ausgebildeter Geistlichkeit als an charismatischen Laienpredigern, mehr an Einfluß in der Gesellschaft als an Absonderung v o n der Gesellschaft. Strenge Z u c h t bringt wirtschaftlichen Fortschritt und wirtschaftlicher E r f o l g eine Hebung des sozialen Status mit sich, und eine Veränderung des sozialen Status stellt gewisse bisher vertretene A n schauungen der Kirche in Frage. Manche wieder messen wirtschaftlichen Einflüßen größere Bedeutung zu. Sie sagen, in der Industrialisierung ist der Schlüssel zur Veränderung zu sehen. Als A m e r i k a während und nach dem Bürgerkrieg mehr und mehr industrialisiert wurde, betraf dies alle Teile der Bevölkerung. Eine bisher überwiegend landwirtschaftliche Bevölkerung (und die Brethren waren i m 19. Jahrhundert fast nur bäuerlich), zog in die aufstrebenden Städte. Als die Massenproduktion die Güter in größerem U m f a n g e anbot, über-
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lebten sich offensichtlich überkommene Lebensformen (und die sie betreffenden kirchlichen Regeln). „ D e r Älteste der Dunkers kaufte ein Auto und trat aufs Gaspedal; aus dem Fenster flog sein breitrandiger Hut, gefolgt v o m Schutenhut seiner Frau, dem wiederum sein Backenbart folgte 2 ." Vielleicht lassen sich diese verschiedenen Erklärungen zusammenfassen unter der Rubrik „kulturelle Anpassung". Die religiöse Bruderschaft der Einwanderer, die solange durch die Sprache, durch ihre hohen Moralbegriffe, durch enge Familienbande, durch ihr Selbstverständnis als ein „herausgerufenes" Volk abgesondert gebheben war, begann allmählich in der amerikanischen Kultur heimisch zu werden. Man kann sagen, daß alle Strömungen, die das amerikanische religiöse und nationale Leben beeinflußten auch auf die Brethren einwirkten, wenn auch oft erst einige Jahrzehnte später. U n d je näher die Gegenwart rückt, desto kürzer wird die Verzugszeit. Das gilt für theologische Richtungen wie für architektonische Stilrichtungen, für liturgische Entwicklungen wie für soziale Fragen. Die missionarische Betätigung der Brethren im Ausgang des 19. Jahrhunderts ist dafür ein Beispiel. Die Missionsbewegung der Brethren durchlebte die selben Stadien und Schwierigkeiten, wie die der anderen religiösen Gruppen zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Doch war ihre Reaktion auf die verschiedenen Einflüße durch ihre eigene besondere Herkunft geprägt. Auf bestimmten Gebieten, vor allem in sozialen Fragen, waren die Brethren nicht nur Nachfolger, sondern sie übernahmen zuweilen im Protestantismus die Führung. Es ist bezeichnend, daß der durchschnittliche amerikanische Protestant, auf die Brethren angesprochen, zuerst an ihre Neuerungen im Bereich der sozialen Wohlfahrt denkt. Ein Schlüssel zur Frage der kulturellen Anpassung w a r der Prozeß der Umstellung v o m überwiegenden Gebrauch der deutschen Sprache i m Gottesdienst und zu Hause auf das amerikanische Englisch der Nachbarn. In den wenigen Stadt- und Vorstadtgemeinden der Brethren, wie in Germantown oder Baltimore ging diese Veränderung bald und schnell v o r sich. Schon kurz nach 1800 fing man in diesen Gemeinden an, die Gemeindeakten auf Englisch zu führen. Auf dem Lande vollzog sich der Wandel sehr viel langsamer. Der Fortschritt der Umstellung läßt sich sehr gut am Sprachgebrauch in vielgelesenen kirchlichen Veröffentlichungen, wie den Gesangsbüchern ablesen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts w a r es üblich geworden, englische und deutsche Gesangsbücher herauszugeben und zu einem Buch zu binden, denn es gab in der selben Gemeinde Mitglieder die nur deutsch und solche die nur englisch sprachen. In dem Laienprediger („free ministry") System jener Zeit predigten manche nur
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in deutsch und manche nur in englisch, manche allerdings sprachen beide Sprachen. Mit dem Schwinden der deutschen Sprachkenntnisse zu Ende des 19. Jahrhunderts ging der Gebrauch des Deutschen bei öffentlichen Anläßen rapid zurück. Damit wurde der Weg frei für das Eindringen der Lebensweise und der Maßstäbe der umgebenden Gesellschaft. Bemerkenswert ist, daß die „ProgressivenSret/ire«" vor der Spaltung von 1881 bis 1883 einen Teil ihrer schärfsten Kritik an die Adresse der „unwissenden Ältesten" richteten, die Englisch weder korrekt schreiben noch sprechen konnten. Der Sprachwechsel erhöhte die Spannungen insofern, als die Sprache zum Symbol für Offenheit gegenüber neuen Gedanken oder für starres Festhalten an alten Traditionen wurde. Der Umstellungsprozeß wird auch an der offiziellen Bezeichnung der Brethren deutlich. Erst 1836 erfolgte durch Konferenzbeschluß eine offizielle Namensgebung; die Bezeichnung lautete The Fraternity of German Baptists (Die Bruderschaft der deutschen Baptisten). 1871 wurde sie geändert in The German Baptist Brethren (Die deutschen Baptisten Brüder). Nach langer Diskussion beschloß im zweihundertsten Jahr (1908) nach der Gründung die Jahreskonferenz, den Namen in The Church of the Brethren (Die Kirche der Brüder) zu ändern. Eine der Begründungen für den neuen Namen lautete, daß das Wort „German" nicht mehr zutreffe, da Deutsch in öffentlichen Versammlungen nicht mehr gebraucht werde, und die Mitgliederschaft keineswegs auf diesen ethnischen Herkunftsbereich begrenzt sei.
Die zweite Hälfte des ig. Jahrhunderts Der Zug der Brethren nach Westen, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts so stark gewesen war, setzte sich auch in der zweiten Hälfte fort. Im wesentlichen wurden nun die leeren Stellen ausgefüllt, die während des großen Trecks zur Westküste frei gebheben waren. Als 1856 in Oregon eine Gemeinde gegründet wurde, entstand im gleichen Jahr auch die erste Gemeinde in Kansas. In diesem Staat breitete sich die Kirche, vor allem in den Jahren nach 1883 rasch aus, als die Zahl der Gemeinden sich innerhalb von sechs Jahren vervierfachte. Nebraska gründete seine erste Gemeinde 1872, Washington 1876, Colorado 1877 und Idaho 1878. In den Jahren nach 1880 entstanden einige Gemeinden in den südwestlichen Staaten, wie Texas und Louisiana, doch blieben sie immer isoliert. Nord-Dakota wurde nach 1890 besiedelt. 1908 gab es bereits 298 Gemeinden, 816 Pastoren und etwa 15 500 erwachsene Mitglieder in 19 der 21 Staaten westlich des Mississippi. Ein großer Teil dieser Mitglieder war
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jedoch aus Brethren-Gemeinden im Osten und mittleren Westen ausgewandert und nur ein geringer Teil waren Neubekehrte. Ein neues Element war der Einfluß der transkontinentalen Eisenbahnen. Nachdem die Gesellschafter mit Erfolg ihre Strecken quer über den Kontinent eingerichtet hatten, war man nun daran interessiert, Siedler zu gewinnen. Diese Neuankömmlinge waren zunächst ein Geschäft, wenn sie umsiedelten, und sie wurden zugleich Kunden für den Versand landwirtschaftlicher Erzeugnisse zu den Märkten. Deutsche religiöse Gruppen wurden besonders umworben, denn sie pflegten in großer Zahl auszusiedeln, und standen in dem Ruf, von beständigem Charakter und gute Landwirte zu sein. Was die kirchliche Führung betraf, so war sie in der Lage, die geistliche Motivierung zur Förderung der wirtschaftlichen Anwerbungen der Zuggesellschaften zu finden. Die Kolonisierung des Westens bot sich als ein Mittel an, das Zeugnis der Kirche auszudehnen, wurde argumentiert; außerdem hoffte man, dort Inseln der Moral zu errichten, um den schmalen Pfad religiöser Wahrheit fortsetzen zu können. Der übervölkerte Osten bot zahllose Verführungen. Die Einstellung der Brethren-Fühmng kommt in einem Leitartikel aus einer kirchlichen Zeitschrift von 1906, als die Kritik an den Kolonisierungsbemühungen immer stärker wurde, deutlich zum Ausdruck: „Die Eisenbahnen, obschon seelenlose Einrichtungen, werden auf wunderbare Weise vom Herrn zur Ausbreitung seiner Kirche benutzt. Wenn es auch zutrifft, daß die Agenten der Eisenbahngesellschaften aus dunklen Motiven die Leute sehr stark drängen zu gehen, sich zu überzeugen und sich niederzulassen, so hindert das Gott und die, die wirklich seine Kinder sind, doch nicht daran, Vorteil zur Verherrlichung seines Namens aus diesen Möglichkeiten zu ziehen... Heute ernten diese Eisenbahnen vielleicht reichen Lohn finanzieller Art aus ihrer aggressiven Tätigkeit. Schön und gut. Diese Adern unserer Nation haben es möglich gemacht, daß die Hand der Kirche dort tätig werden konnte, w o sie, wären jene nicht gewesen, die Kirche heute nicht sein könnte 3 ." Eine weitere Blüte in der gleichen Periode erreichte die Einführung von höheren Schulen. Nahezu vierzig Bildungsanstalten im Rang von Oberschulen oder höher wurden zwischen 1852 und 1923 von den Brethren begonnen, jedoch die meisten hatten nur kurzen Bestand. Aus diesen Versuchen blieben sieben bis heute bestehen. Viele Gründe wurden für die Errichtung von Schulen, die von Brethren unterhalten wurden, angegeben. Kinder aus Brethren-Familien gingen ohnedies zur Schule, und man argumentierte, daß sie der Kirche verloren gingen, wenn nicht Einrichtungen zur Verfügung ständen, in denen sie ihre Ausbildung in einer den Wertmaßstäben der Brethren entsprechenden Atmosphäre erhalten konnten.
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Anzeigen betonten die Sorgfalt, die darauf verwendet werden sollte, eine förderliche Situation zu schaffen, die die Lehren von Familie und Gemeinde unterstützen würde. Die Brethren machten sich um diese Zeit (wenn auch gegen beharrlichen Widerstand) die sich allgemein in der Nation durchsetzende Anschauung zu eigen, daß Bildung der Schlüssel zu künftigem Glück und sozialem Erfolg sei. Besonders interessant ist, daß die Brethren zunächst sorgfältig darauf bedacht waren, religiöse Erziehung als solche aus dem Lehrplan der Schulen herauszuhalten, denn man war der Meinung, daß dies einzig und allein das Vorrecht von Kirche und Familie sei. Bibelkurse, so meinte man, wären der erste Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines Predigerseminars und dann wäre einer Geistlichkeit der „Mietlinge" Tür und Tor geöffnet. Ein weiterer Grund für den Wunsch nach Schulen war die Tatsache, daß hier eine vertretbare Möglichkeit für finanzielle Investitionen geboten war. Wohlhabende Brethren konnten sich an dem, was ein einträgliches Unternehmen zu werden versprach, beteiligen und taten zur gleichen Zeit damit etwas Gutes. Wirklich blühend im geschäftlichen Sinne waren aber nur sehr wenige Schulen und viele Investierende verloren große Summen. Die Chroniken dieser Schulen berichten von den Opfern der Gründer wie der Lehrerschaft. Der Wunsch vieler kleinerer Städte, in denen Brethren lebten, eigene Schulen zu bekommen, hatte sie zu dem Unterfangen angeregt. Gewöhnlich wurden Bauplätze und oft auch Gebäude für diese Zwecke von den Stadtvätern bereitgestellt. Hand in Hand mit der Entwicklung der Bildung, und zumeist unter dem Einfluß der gleichen Leute, entstand ein Aufschwung im Zeitschriftenwesen. Obgleich als private Geschäftsunternehmungen begonnen und weitergeführt, wurden diese Zeitschriften Namens der Kirche herausgegeben und unterlagen deren Kritik und teilweisen Kontrolle. Henry Kurtz (1796-1874) war der Pionier unter den Herausgebern der BrethrenZeitschriften mit seinem Monthly Gospel Visitor 1851. Ein von deutschen Eltern abstammender ehemaliger lutherischer Pastor in Pennsylvanien und hochgebildet, zog Kurtz im Jahre 1827 in den Nordosten von Ohio. Kurtz schien eine Kirchenzeitschrift unerläßlich, um die Einheit der weitverstreuten Bruderschaft zu gewährleisten, und sie bot zugleich eine praktische Möglichkeit für die Lösung dogmatischer und praktischer Probleme als Sprachrohr für Erkenntnisse und Schlüsse. Er sah weiterhin in der Zeitschrift eine Möglichkeit, gewisse Werte und Ideale, die seiner Meinung nach wichtig waren, zu fördern. Er hatte damit großen Erfolg, denn er war normalerweise taktvoll genug, um keine starke Opposition hervorzurufen. Sachverständige sehen in der Kurtzpresse den Angelpunkt der Geschichte der Brethren. Angelegenheiten der höheren Bildung, der
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Mission, des theologischen Schrifttums, Verfassungsreform, Hilfe für Bedrängte in abgelegenen Orten und weniger beschränkte Anschauungen, fanden ihr erstes Forum in den Druckspalten des Gospel Visitor. Kurtz fand einen tüchtigen Gefährten für sein Verlagsunternehmen in James Quinter (1816-1888), der später Eigner des Visitor und führender Erzieher und Kirchenführer seiner Zeit unter den Brethren wurde. In jenen Tagen, als es üblich war, gegensätzliche Ansichten durch Debattieren an die Öffentlichkeit zu bringen, wenn auch nicht immer zu klären, war es Quinter, der, wenn auch zögernd, zum Wortführer der Sache der Brethren wurde und das Land bereiste, um über die besonderen Lehren und Gebräuche der Brethren mit Kirchenleuten anderer Bekenntnisse zu diskutieren. Viele dieser Debatten wurden mitstenographiert, so daß sie später veröffentlicht werden konnten. Der Gospel Visitor blieb nicht lange die einzige Zeitschrift der Brethren. Viele andere entstanden. Nahezu 60 verschiedene Publikationen sind in den Jahren 1851 - 1 9 0 0 festgestellt worden. Im Verlauf vieler Zusammenschließungen blieb schließlich Quinters Blatt das Hauptorgan, das nach mehreren Vereinigungen mit anderen Blättern 1883 den Namen Gospel Messenger erhielt. 1897 kam das Blatt unter direkte Kirchenkontrolle und ist seither und bis heute das offizielle Hausorgan der Kirche. Es heißt jetzt The Messenger (Der Botschafter) und erscheint in Elgin, Illinois, w o auch das Verlagshaus der Brethren ist. Eine andere Art der Journalistik wurde von einem Angestellten von Kurtz, Henry R. Holsinger (1833-1905), eingeführt. Er brachte ein W o chenblatt, The Christian Family Companion (1864), und ein Jugendblatt (1870) heraus, ferner druckte er vollständige Berichte der Jahreskonferenzen, Diskussionen und das erste Gesangbuch mit Noten. Holsinger ging aggressiver an sein Verlagsunternehmen heran als sowohl Kurtz als auch Quinter. Diese Männer waren darauf bedacht, der Kirche die Initiative zu lassen, und wollten nur den nächsten Schritt vorschlagen und Unterstützung anbieten. Holsinger wollte die Kirche zur Reform drängen und wandte Polemik, Satire und persönliche Kritik an, um seine Zwecke zu erreichen. Er bot die Spalten seiner Zeitschrift als ein Forum für Kommentar und Kritik von Seiten der Leser an. Holsinger richtete seine ungeduldigen Angriffe auch auf die vorwiegend ältere Führung innerhalb der Konferenz. Er trat also für einen bis ins einzelne gehenden Kongregationalismus in Verfahrensfragen ein, der eine raschere Veränderung herbeiführen würde. Neue Methoden für die kirchliche Arbeit, darunter auch Erweckungsbewegungen, bezahlte Pastoren, Sonntagsschulen und lebensnahe Literatur erklärte er für nötig. Diese Einstellung beunruhigte einige konservative Älteste, zumeist im
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südlichen Ohio beheimatet, die beschlossen, sich für die Erhaltung „der alten Ordnung" des kirchlichen Brauchtums zusammenzuschließen. Ihr Anführer war der Älteste Peter Nead, der bekannteste Theologe der Brethren in der Mitte des Jahrhunderts, sowie Neads Schwiegersohn, Samuel Kinsey (1832-1883), der Herausgeber der konservativen Zeitschrift The Vindicator (1870). Diese Konservativen, die man die Miami Valley Eiders nannte, waren ganz eindeutig besorgt, die Führung und Überwachung der Gesamtkirche zu verlieren. Sie sandten wiederholte Bittschriften an die Jahreskonferenz mit dem Ersuchen, die Neuerungsbewegung zu unterbinden. Obgleich sie anfangs Erfolg hatten, blieb auch die andere Seite, die „Progressiven", nicht untätig, so daß die Auseinandersetzung wach gehalten wurde. 1880 entgegnete die Konferenz auf eine Bittschrift der Konservativen: „ W i r erklären uns zwar für konservativ in der unveränderten Aufrechterhaltung dessen, das mit Recht als die Grundsätze und Besonderheiten unserer Bruderschaft betrachtet werden darf, aber wir sehen auch das Gebot und die Notwendigkeit, unsere Arbeit und unsere Grundsätze so den religiösen Erfordernissen der Welt anzupassen, daß unsere Arbeit und unsere Grundsätze so wirkungsvoll als nur möglich die Verbesserung der Welt, die Erbauung der Kirche und die Verherrlichung Gottes fördern. Daher sind wir zwar konservativ aber zugleich auch fortschrittlich. (Unterstreichung durch den Herausgeber.)4 Dies schien eine endgültige Absage an den konservativen Flügel, und dieser sandte der folgenden Jahreskonferenz praktisch ein Ultimatum, das auf dem Verfahrenswege abgelehnt wurde, da es, wie es hieß, nicht ordnungsgemäß eingereicht worden war. Der Flügel der „Old Order" mit etwa viertausend Anhängern zog sich daher zurück und gründete 1881 die als Old German Baptist Brethren bekannte Gemeinschaft. Der Name soll ihre Uberzeugung zum Ausdruck bringen, daß sie die wahren Nachfahren der ursprünglichen Brethren seien. Die Spaltung, die dadurch hervorgerufen wurde, führte zur Spaltung von Gemeinden und sogar einzelnen Familien und zu Auseinandersetzungen über die Verwaltung von Kircheneigentum 5 . Zusätzüchen Schmerz bereitete eine ähnliche Abspaltung des progressiven Flügels. Viele Vertreter der Mitte waren erbittert über Holsingers und seiner Freunde Drängen nach Reformen und verlangten, daß ein Komitee der Jahreskonferenz, gebildet aus Ältesten, Holsinger in seiner Heimatgemeinde in Berlin, Pennsylvanien, aufsuchen sollte. Ein Streit über eine Verfahrensangelegenheit hinderte das Komitee daran, mit der Gemeinde über die eigentlich anstehenden Fragen zu diskutieren, trotzdem bezeichnete es Holsinger als aus der Gemeinschaft ausgeschlossen, bis die
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nächste Konferenz eine endgültige Entscheidung träfe. Der Beschluß des Komitees wurde scharf angegriffen und verteidigt während der folgenden Monate vor der Konferenz von 1882, die in einer Atmosphäre höchster Spannung begann. Viele Stimmen mahnten zu Geduld und Nachsicht in dieser Frage, und Holsinger selbst bot eine Entschuldigung an, aber die Mehrheit war für einen Verweis. Das Komitee wurde bestätigt und Holsingers Ausschluß beschlossen. Diejenigen, die nun zu dem progressiven Führer übergingen, kamen überein, einen neuen Zweig der Kirche, die Brethren Church genannt, zu bilden. Damit wartete man jedoch bis 1883, um zu sehen, ob eine Aussöhnung mit der Hauptkirche möglich sei, was jedoch nicht gelang. Etwa 6000 Mitglieder standen auf Seiten Holsingers, da die meisten, die eine Reform wünschten, diese innerhalb der kirchlichen Struktur zu verwirklichen hofften und nur ungern noch mehr Uneinigkeit verursachen mochten als bereits geschehen war. Tatsächlich wurden die meisten Veränderungen, für die Holsinger gekämpft hatte, bald eingeführt. Demnach wäre wohl die zweite Spaltung vermeidbar gewesen, hätte man auf progressiver Seite taktvoller gehandelt und auf Seiten der Konferenzleitung mehr Nachsicht gezeigt. Die Brethren Church wurde im Laufe der Jahre konservativer in theologischen Fragen als die Mehrheit, wohl weil sie anfangs aufgeschlossener für moderne theologische Strömungen, darunter auch den Fundamentalismus, war als die Church of theBrethren. Zwischen 1936 und 1939 ergab sich eine scharfe doktrinäre Auseinandersetzung, die zur Bildung der National Fellowship of Brethren Churches, (Winona Lake, Indiana) und der Brethren Church (Ashland, Ohio) führte. Beide Gruppen unterhalten eigene Colleges, theologische Hochschulen, Missionsbehörden und Zeitschriften und sind heute praktisch zwei getrennte Institutionen, obgleich sie offiziell gesehen noch immer eine Kirche bilden. Erstaunlicherweise erlebte die Mutterkirche trotz der inneren Schwierigkeiten Anfang der 1880er Jahre einen bemerkenswerten Aufschwung nach der Spaltung. Der größte zahlenmäßige Zuwachs an Mitgliedern kam in der Zeit zwischen 1890 und 1930. Dies erklärt sich vielleicht am besten daraus, daß nach dem Austritt sowohl der konservativen, als auch der progressiven Extreme eine ziemlich einheitliche Gruppe zurückblieb, die nun ihre Interessen ungehindert nach außen richten konnte. Evangelisten wie I. J. Rosenberger (1848-1923) wurden in dieser Zeit durch ihre vielen Bekehrungserfolge bekannt. Die Entwicklung auf dem Gebiet der auswärtigen Mission beweist diese neue Kraft. Die Mission war früher immer wieder als Anliegen der Brethren genannt worden, aber ohne viel Erfolg bis 1876, als ein maze-
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donischer Ruf aus Dänemark kam. (Henry Kurtz hatte während seines Europabesuches 1839 in der Schweiz gepredigt und getauft, doch war dies eine rein persönliche Initiative.) Ein Däne, Christian Hope (18441899), der nach Amerika ausgewandert war, u m religiöse Freiheit zu finden, las von den Brethren, suchte sie auf und schloß sich ihnen an. Sie schienen ihm am eindeutigsten das apostolische Christentum zu vertreten. Er schrieb aus seiner neuen Heimat in Illinois an Freunde in Dänemark und sorgte für die Veröffentlichung einiger Traktate in dänischer Übersetzung. Diejenigen in Dänemark, die er dadurch erreichte, baten, daß jemand komme, um sie zu taufen. Hope trug dieses Anliegen dem örtlichen Distrikt vor, der ihn zum Prediger ordinierte und beschloß, ihn mit zwei anderen 1876 nach Dänemark zu schicken. Man sah dies jedoch als ein Unternehmen auf Distriktsebene an und die Bruderschaft reagierte kaum auf ihre Bitte um weitere finanzielle Unterstützung. Nach 1884 wurden die Missionsanliegen neu geordnet und stärker unterstützt. Als die Missionsbehörde 1884 ihre Arbeit aufnahm, stand ihr ein Arbeitsetat von 8,69 Dollar zur Verfügung. 1 9 1 3 betrugen die jährlichen Einnahmen über 100000 Dollar und der Gesamtvermögensstand belief sich auf nahezu 1 Million Dollar. Die Mission als der „große vorrangige Auftrag der Kirche" wurde das Schlagwort der Kirche. So lautet auch der Titel eines Buches von Wilbur S. Stover (1866-1930), einem unermüdlichen Vorkämpfer des Missionsgedankens und ersten Brethren Missionar in Indien. Als weitere Missionsgebiete hinzukamen, wurden freiwillige Missionare die Helden der Kirche, und ihre Rückkehr auf Heimaturlaub gestaltete sich zu einem triumphalen Empfang. Die jährliche Konferenz von 1 9 1 9 in Winona Lake, Indiana brachte allein durch eine Sammlung 150000 Dollar für die Mission zusammen. D . L . Miller ( 1 8 4 1 - 1 9 2 1 ) , ein wohlhabender Kaufmann und Erzieher, setzte sich unermüdlich dafür ein, den Gesichtskreis der Brethren durch seine Berichte von seinen Weltreisen und durch seine Mitarbeit in der Missionsbehörde zu erweitern.
Das 20. Jahrhundert Das 20. Jahrhundert brachte den Brethren noch weitere Veränderungen. Mehr als nur symbolische Bedeutung gewann die „Kleidungsfrage"; nämlich die Auseinandersetzung darüber, ob es sinnvoll sei für die G e meinschaft, weiter auf dem Tragen des schlichten Gewandes zu bestehen. Die Angelegenheit war immer wieder aufgebracht worden, auch nach der Dreiteilung der achtziger Jahre. Ein Repräsentativausschuß wurde ersucht „einen klaren und umfassenden Überblick unserer Position in
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dieser verwickelten Frage" der Konferenz von 1910 vorzutragen. Ein sorgfältig formulierter und wohlbegründeter Bericht wurde erstellt, den die Konferenz annahm, doch wurde ein weiterer Ausschuß um einen ergänzenden Bericht gebeten. Der zweite Bericht griff" die starken Argumente für eine einheitliche Kleidungsvorschrift des Berichts von 1910 wieder auf, konnte jedoch die Kleidungsfrage nicht zu einem Teil der Kirchenzucht machen. Den Gemeinden war es freigestellt, sich über den vorhergehenden Konferenzbeschluß hinweg zu setzen. Dies ermöglichte bald die Abschaffung des besonderen Gewandes. Eine kleine Schar, geführt von B . E. Kesler (1861-1952) trat 1926 aus Protest gegen diese Wendung aus. Eines der Argumente gegen die Beibehaltung der besonderen Kleidung war, daß die Brethren freier sein sollten, sich den Bedürfnissen der Welt zuzuwenden. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts wird eine klare Neigung zu größerer allgemeiner Beteiligung mit dem Schwerpunkt zunächst auf der Unterstützung solcher Anliegen, wie der Bekämpfung des Alkoholismus und der Schlichtung internationaler Auseinandersetzungen erkennbar. Die Kirchenleitung war bemüht, Einrichtungen und Bewegungen, die eine soziale Verbesserung oder moralische Stärkung betrieben, durch das Gewicht ihrer Vollmacht namens der Mitgliedschaft zu fördern. Die Brethren wurden angehalten, gute Bürger zu sein und zu ÖfFentlichkeitsfragen Stellung zu nehmen. Ein Prediger der Brethren, Martin G. Brumbaugh (1862-1930), wurde 1915 Gouverneur von Pennsylvanien. Dadurch wurde die Reaktion der Brethren auf die Anforderungen, die der Erste Weltkrieg mit sich brachte, kompliziert. In früheren Kriegen war die Position der Brethren eindeutig gewesen; die Mitglieder konnten Steuern zahlen, wenn die Regierung es verlangte, sie konnten sogar ein Wehrgeld zahlen, wenn dies von ihnen verlangt wurde, um sich vom Militärdienst zu befreien, aber sie konnten nicht zum Militärdienst einrücken. Als 1917 die Vereinigten Staaten Männer zum Militärdienst einzogen, stellten sich einige Kirchenführer auf den Standpunkt, daß konsequente Gewaltlosigkeit nicht länger vertretbar sei. Sie argumentierten, daß, da die Brethren sich ja nun als Staatsbürger beteiligten und die nationalen Rechte genössen, man dem Lande nun in Kriegszeiten auch nicht den Dienst verweigern könne. Sie empfahlen, daß die zum Militärdienst eingezogenen Brethren in der Armee nicht mit der Waffe dienen sollten, eine Möglichkeit, die durch das Musterungsgesetz für solche gegeben war, die aus religiösen Gründen nicht töten wollten. Die Bundesregierung zögerte ein Jahr lang mit ihrer Entscheidung, welche Art von Militärdienst als waffenlos zu betrachten sei. Die end-
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gültige Entscheidung umfaßte wie erwartet das Sanitätskorps, aber auch die Fouriertruppen und die Pioniere. Das war für viele Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen unannehmbar. In der Zeit zwischen der Kriegserklärung und dieser administrativen Regelung wurden viele junge Brethren zur Armee eingezogen. Die meisten von ihnen mußten für sich selbst entscheiden, wie weit sie mit ihrer Eingliederung in die Armee gehen konnten, obgleich man versuchte, Brethren-Ältcste als Besucher und Berater in die Ausbildungslager zu schicken. Diejenigen Brethren, die sich weigerten, eine Uniform zu tragen und militärische Befehle auszuführen, erfuhren eine sehr rauhe Behandlung. Ausbildungsoffiziere versuchten, ihren Willen durch Quälereien und Brutalität zu brechen und hatten zuweilen auch Erfolg. Diejenigen, die fest blieben, wurden vor ein Kriegsgericht gestellt. Viele der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen, baten um Versetzung nach Übersee als Sanitätskraftwagenfahrer und ähnliches, aber nur wenige hatten damit Erfolg. Manche bekamen Landwirtschaftsurlaub, und damit war ihnen eine annehmbare Alternativlösung geboten. Unterdessen wurde 1918 eine Sonderkonferenz nach Goshen, Indiana, einberufen. Ihr Ziel war es, Einstimmigkeit hinsichtlich der Haltung der Brethren zum Weltkrieg und zu den Anforderungen des Militärdienstes zu schaffen. Die Teilnehmer setzten eine umfassende Erklärung auf, bestehend aus Resolutionen, die an die Regierungen geschickt werden sollten, sowie eine stichhaltige theologisch fundierte Rechtfertigung für die Weigerung Waffen zu tragen, und einen Entwurf für eine Organisation, die die Kirche in dieser Angelegenheit vertreten sollte. Die Erklärung von Goshen wurde gedruckt und an die Gemeinden verteilt. Bald fand die Erklärung ihren Weg auch in die Büros des Verteidigungsministeriums in Washington, da Neurekrutierte sie als Antwort auf die Frage, warum sie nicht kämpfen wollten, vorlegten. Die Bundesregierung drohte, die Vorsitzenden der Konferenz wegen Hochverrats zu belangen und damit erzwang sie die Zurücknahme der Erklärung. Von den Kirchenführern wurden dadurch gerichtliche Verfolgungen und Inhaftierungen abgewendet, aber um den Preis eines praktischen Widerrufs der offiziellen Friedenshaltung. Einige der jüngeren Männer, die die Probleme der Kriegserfahrung erlebten, beschlossen, ihr Leben der Sache des Friedens zu widmen und gingen daran, die Friedenshaltung unter den Brethren zu stärken. Namhafte Männer unter ihnen waren Dan West (1893-1971) und M. R. Zigler (geb. 1891). Sie beteiligten sich intensiv am Leben der Gesamtkirche, Zigler vor allem bekleidete mehrere höhere Ämter. Sie fanden viele, die ihre Friedensbestrebungen unterstützten. Dank dieser Bemühungen
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waren die Brethreti, als der Zweite Weltkrieg ausbrach, besser gerüstet und einiger in ihrer Haltung, wenn auch nicht alle Mitglieder auf dieser strikt pazifistischen Linie standen. Es gab nur eine Minderheit während des Zweiten Weltkrieges, die unbeirrt zur Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgriinden stand. Diese Führer der Pazifistenbewegung sind als theologisch liberal zu bezeichnen zusammen mit anderen, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen Schlüsselpositionen in der Kirche inne hatten. Viele von ihnen hatten in Crozer, Yale und Vanderbilt studiert und sahen die Aufgabe der Kirche im sozialen Bereich. Das rief Widerstand sowohl von Seiten konservativer Brethren, die mehr zurückgezogen bleiben wollten, als auch von Seiten derer hervor, die durch ein Wiederaufleben des Fundamentalismus beeinflußt waren. Pennsylvanien wurde zum Zentrum dieses theologischen Konservativismus. Juniata College unter der Präsidentenschaft von Charles C. Ellis (1874-1954) errichtete sein eigenes Predigerseminar, das konservativer war als die Bethany Bible School in Chicago (später Bethany Theological Seminary). Bethany wurde 1905 von Albert Cassel Wieand (1871-1954) und Emmanuel B . HofF (1860-1928) gegründet. Als die Bibelschule in Chicago 1925 Eigentum der Kirche wurde und das Predigerseminar in Pennsylvanien seinen Betrieb einstellte, konnte eine drohende Spaltung der Kirche vermieden werden. Unter Führung von Wieand und D. W . Kurtz (1879-1949) entwickelte sich das Seminar zu einer gemäßigt liberalen Institution. Das Problem des Fundamentalismus wurde 1941 akut, als die Brethren durch Konferenzbeschluß auf Empfehlung des Council of Boards, einer koordinierenden Gruppe von Brethrenbehörden, Mitglied im Federal Council of Churches wurden. Auch der Mitgliedschaft im Ökumenischen Rat der Kirchen nach dessen Gründung stimmte man zu. Da man mancherorts der Ansicht war, daß die Konferenz dem Beitritt ohne ausreichende Voruntersuchung zugestimmt habe, wurde gefordert, diese Entscheidung nochmals zu beraten. Seitdem protestiert eine lautstarke Minderheit gegen die Mitgliedschaft in ökumenischen Zusammenschlüssen, deren Leitung sie Modernität und unpopuläre politische Anschauungen vorwirft. Die Frage des Fundamentalismus führte in zwei Gemeinden in Pennsylvanien zu einer bedauerlichen Spaltung, obwohl der gerichtliche Beschluß dahin ging, das Eigentum in Händen derjenigen Parteien zu belassen, die auf Seiten der Gesamtkirche geblieben waren. Obgleich die Brethren, seit sie aktiv in politischen Angelegenheiten wurden, dazu neigten, republikanisch zu wählen, brachten die Folgen der Depression in den dreißiger Jahren hier einige Veränderungen. Eine Er-
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hebung des Liberalen. Kirby Page, 1934, zu militärischen, politischen und internationalen Fragen umfaßte auch eine große Gruppe von Brethren. Ein Fünftel (über 500) Brethren-Pastoren, denen er seine Fragebogen zuschickte, antworteten. Etwa die Hälfte von ihnen verlangte einen „drastisch reformierten Kapitalismus" als sichersten W e g zu einem kooperativen Staatenbund und ganze 25 Prozent waren für Sozialismus. Einzelne Brethren interessierten sich immer mehr für Fragen der wirtschaftlichen Gerechtigkeit, obgleich noch 1941 die Jahreskonferenz den Mitgliedern zur V o r sieh bei der Beteiligung an Gewerkschaftstätigkeiten riet. Z u dieser Zeit waren die Brethren stark an der Sonntagsschulbewegung beteiligt. Diese Form der christlichen Unterweisung, die im 19. Jahrhundert nur zögernd akzeptiert worden war, erlangte nach der Bildung eines eigenen Sunday Advisory Board 1896 große Bedeutung. 1921 wurde in den Listen der Sonntagsschulen eine Beteiligung von 1 3 9 9 1 5 berichtet. Das Blatt Brethren Teacher's Quarterly, das 1899 erstmals erschien, erreichte eine hohe Auflage und basierte auf den International Lessons. Auf diesem Gebiet bestand früher und in stärkerem Maße Zusammenarbeit mit anderen Glaubens-Gemeinschaften als in anderen Bereichen. Der Begriff „ I m m e r g r ü n " („Evergreen") bezeichnete die Gemeinden, die alle Altersgruppen in ihr Sonntagsschulprogramm einbezogen und das ganze Jahr über in Betrieb waren. Eine weitere wirksame Neuerung im Leben der Kirche war der Beginn der Sommerlager. Das erste dieser von Brethren geleiteten Lager w a r wohl das in Nebraska, 1916, obwohl andere Lager in Indiana und Pennsylvanien zu den ersten permanenten Sommerlagern gehörten. Bald bemühten sich die meisten Distrikte um eigene Lager als Örtlichkeiten für intensive Unterweisung. Leitende Persönlichkeiten erweckten bei ihren Besuchen viele Kinder und Jugendliche für Möglichkeiten und lohnende Aufgaben des kirchlichen Dienstes. Das schien wirksamer, Werte zurecht zu rücken und Verpflichtungen zu zeitigen, als die christliche Erziehung, die innerhalb der Heimatgemeinden geübt wurde. 1939 gab es 29 verschiedene Jugendlager der Brethren in 13 Staaten der U S A und in Kanada.
Die Mitte des 20. Jahrhunderts Die Folgen des Zweiten Weltkrieges lenkten verstärkt die Mitarbeit der Brethren auf die Anliegen der Gesellschaft. Das zeigt sich v o r allem im Leben einiger Brethren, die während dieser Zeit nationale Bedeutung erlangten. In dieser Hinsicht ragen zwei Persönlichkeiten heraus, Kermit E b y und Andrew Cordier.
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E b y (1903-1962) w u r d e als Erzieher, G e w e r k s c h a f t s f ü h r e r u n d intellektueller R e f o r m e r bekannt, s o w i e als der beste Interpret des Erbes der Brethren. G e b o r e n u n d a u f g e w a c h s e n i m bäuerlichen N o r d e n v o n Indiana i n der N ä h e v o n Elkhart, besuchte er das „ M a n c h e s t e r C o l l e g e " u n d die Universität v o n C h i k a g o , ehe er Lehrer i n A n n A r b o r , M i c h i g a n w u r d e . D o r t lernte er f ü h r e n d e Persönlichkeiten des Congress of Industriell Organization k e n n e n , der die A r b e i t e r i n den A u t o f a b r i k e n v o n M i c h i g a n i n G e w e r k s c h a f t e n z u s a m m e n f a ß t e . E r w u r d e 1942 v o n der G e w e r k s c h a f t s b e w e g u n g als Leiter ihres nationalen A u s b i l d u n g s p r o g r a m m s nach W a s h i n g t o n berufen, d o c h w u r d e i h m schließlich klar, daß die G e w e r k schaften k e i n O h r m e h r f ü r die N ö t e der kleinen L e u t e hatten. N a c h 1948, als u n a b h ä n g i g e r Professor der Universität v o n C h i k a g o , w u r d e K e r m i t E b y als S t i m m e des Gewissens bekannt, die sich z u allen G e g e n w a r t s f r a g e n z u W o r t meldete. W o h i n er k a m , forderte er die E i n f ü h r u n g solcher T u g e n d e n w i e A u f r i c h t i g k e i t , Unbestechlichkeit, Fleiß u n d v o n menschlichen B e z i e h u n g e n , w i e sie i h m aus seiner H e r k u n f t als
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vertraut w a r e n . Eine Persönlichkeit v o n ähnlicher H e r k u n f t ist D r . A n d r e w W . C o r d i e r (geb. 1901), ehemaliger Präsident der C o l u m b i a Universität u n d l a n g jähriger Mitarbeiter der V e r e i n t e n N a t i o n e n . G e b ü r t i g aus einer Brethrenfamilie i n O h i o , besuchte C o r d i e r das „ M a n c h e s t e r C o l l e g e " u n d die Universität v o n C h i k a g o , ehe er als Professor f ü r Geschichte u n d politische Wissenschaften f ü r nahezu 20 Jahre nach Manchester z u r ü c k k e h r t e . W ä h r e n d dieser Z e i t w u r d e er z u m E x p e r t e n f ü r internationale B e z i e h u n g e n u n d Berater des einflußreichen U S - S e n a t o r s A r t h u r V a n d e n b e r g . C o r d i e r k a m als Planer einer internationalen A g e n t u r f ü r internationalen Frieden nach K r i e g s e n d e ins U S - A u ß e n m i n i s t e r i u m . A l s die V e r e i n t e n N a t i o n e n entstanden, trat C o r d i e r als höherer amerikanischer B e a m t e r in ihren D i e n s t u n d w u r d e Direktionsassistent der beiden ersten G e n e r a l sekretäre u n d Untersekretär f ü r A n g e l e g e n h e i t e n der V o l l v e r s a m m l u n g . In dieser Eigenschaft schickte m a n i h n o f t i n Krisengebiete überall i n der W e l t , u m die U N - V e r t r e t u n g d o r t z u leiten. Einige Brethren meinten, daß er sich i n dieser Position v o n den ursprünglichen Friedenslehren d e r K i r c h e entferne, aber C o r d i e r selbst verstand seine T ä t i g k e i t als A u s ü b u n g der Versöhnungslehre, die er auf K o n f e r e n z e n der Brethren u n d bei ihren Liebesmahlen gelernt hatte. S c h o n v o r d e m Z w e i t e n W e l t k r i e g w a r e n die Brethren an V e r s u c h e n z u r B e i l e g u n g v o n W e l t k o n f l i k t e n beteiligt, o b g l e i c h sie sich g e w ö h n l i c h m e h r auf die L i n d e r u n g der L e i d e n B e t r o f f e n e r konzentrierten. N a c h d e m Ersten W e l t k r i e g brachten die Brethren einen g r o ß e n G e l d b e t r a g f ü r die A r m e n i e r auf. D e r B ü r g e r k r i e g in Spanien u n d die japanische Invasion
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in China riefen die Urethren zur Hilfe auf. Es bestand eine enge Zusammenarbeit mit dem American Friends Service Committee (Amerikanische Gesellschaft der Freunde) bei verschiedenen solchen Projekten, und die Brethren schienen in die Fußstapfen der Quäker zu treten, als sie ihr Betätigungsfeld erweiterten. Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Brethren ihrer eigenen Einrichtung zur Hilfe und Rehabilitation den Namen Brethren Service Committee (1939) gaben. Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges machte die Arbeit in Übersee großenteils unmöglich, obgleich die Planung weiterging. Das Brethren Service Committee richtete sein Hauptaugenmerk auf das Civilian Public Service Program. Dies war ein kooperatives Programm der historischen Friedenskirchen (Brethren, Mennoniten und Quäker) und der Bundesregierung, um zivile Arbeitsmöglichkeiten „von nationaler Bedeutung" für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zu schaffen. Die Friedenskirchen hatten über eine Lobby versucht, uneingeschränkte Freistellung für alle Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen zu erreichen, deren Aufrichtigkeit durch Zivilrechtsverfahren nach britischem Vorbild erwiesen werden konnte. Dies gelang ihnen jedoch nicht, und so beschlossen sie, bei der Leitung von Lagern für diesen zivilen Dienst mitzuwirken. Junge Männer, die dem Civilian Public Service beitraten, mußten ebenso lange dienen, wie die Männer im Militärdienst und ihr Unterhalt sollte von den Kirchen bestritten werden. Die Regierung gab ihnen Arbeit, vor allem in den staatlichen Naturparks und bei Naturschutzbehörden, und stellte auch die Vorgesetzten. Die Übereinkunft war ein gewaltiges Unternehmen für die drei kleinen Kirchen, vor allem da sie alle Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen gleich welcher Herkunft unterhalten sollten. Die Brethren allein gaben in den Jahren von 1942 bis 1946 über 11250000 Dollar zur Unterstützung des CPS Programms für 3000 Männer aus, die insgesamt 2500000 Arbeitsstunden leisteten. Die schwierige Verwaltung des Programms lag hauptsächlich in den Händen eines jungen ehemaligen Pastors aus West-Virginia, W . Harold R o w (geb. 1912). In den Ausbildungslagern ergaben sich viele Probleme, aber die Errichtung von „Sonderprogrammen" für Pfleger in Heilanstalten, für Molkereiprüfer und für Versuchspatienten, die sich großenteils selbst trugen und sozial sinnvoller waren, erwiesen sich als hilfreich. Außerdem trugen sie dem Plan im großen und ganzen eine positive Reaktion der Öffentlichkeit ein. Nach Beendigung der Feindseligkeiten gewann das Brethren Service Committee neues Leben und die Kirche konzentrierte sich auf die Beschaffung von Sachspenden und Nahrungsmitteln für die Millionen Kriegsgeschädigten in aller Welt. Man darf wohl sagen, daß das Interesse am
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Brethren Service die Mission als zentrales Anliegen der Kirche verdrängte, obgleich sie auch weiterhin stark unterstützt wurde. 1948 arbeiteten die Brethren in Osterreich, China, Ekuador, England, Äthiopien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan, Polen und einigen anderen Ländern. Junge Hochschulabsolventen verbrachten mehrere Jahre i m freiwilligen Dienst in diesen Ländern, w o b e i sie P r o g r a m m e durchführten und die Gemeindemitglieder zu Hause vertraten, die diese Hilfe gespendet hatten. Einige v o n Brethren unterhaltene Einrichtungen gewannen überkonfessionelle Unterstützung und viele Brethren wurden als Personal in ökomenische Organisationen berufen. N e w W i n d s o r in Maryland, ein ehemaliges Brethren College, w u r d e Z e n t r u m einer weltweiten Hilfstätigkeit v o n g e waltigem Ausmaß. Das P r o g r a m m besteht weiter, w e n n sich auch die Notstandsgebiete v o n Europa nach A f r i k a und Asien verlagert haben. D i e Nachkriegszeit w a r auch eine Zeit der Neuorganisation und R e f o r m in der Verfassung und der Kirchenverwaltung. In den 1920er und 1930er Jahren hatte man üblicherweise unabhängige Ausschüsse geschaffen, v o n denen das General Mission Board (der Generalmissionsausschuß) der weitaus mächtigste war, u m die Arbeit der Kirche durchzuführen. In den Kompetenzen dieser Ausschüsse gab es o f t Überschneidungen und zuweilen fanden sie sich i m Wettbewerb u m die nötigen Gelder. Dadurch w u r d e man an der Schaffung eines einheitlichen Planes interessiert, der größere operative Wirksamkeit und eine bessere Nutzung kirchlicher Fonds erreichte. Ein Komitee v o n 1 5 Mitgliedern entwickelte einen u m fassenden Bericht über die kirchliche Verfassung, der 1946 angenommen und 1947 durchgeführt wurde. Ein General Brotherhood Board (Hauptkirchenrat) mit 25 Mitgliedern w u r d e gebildet, das die bisherigen A u s schüsse in fünf Komissionen zusammenfaßte. Dieser Kirchenrat arbeitete als administrativer Z w e i g der Kirche gemäß den v o n der Jahreskonferenz festgelegten Verordnungen. Kirchliche Mitarbeiter unterstanden der Aufsicht des Kirchenrats, dessen Mitglieder in fünf in dem Bericht festgelegten geographischen Gebieten gewählt wurden. Das ergab eine neue Verwaltungsebene neben den Distrikten, die bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gebildet worden waren. Diese Organisation bestand bis zum S o m m e r 1968, als ein Neuordnungsplan angenommen wurde. D e r neue Plan verlangt ein General Board (Hauptausschuß), unterteilt in drei Kommissionen - World Ministries (Dienste an der Welt), Parish Ministries (Dienste an der Gemeinde) und General Services (Allgemeine Aufgaben). Drei beigeordnete Generalsekretäre stehen diesen Kommissionen v o r mit einem koordinierenden Generalsekretär. Z w e i grundlegende Prinzipien dieses neuen Planes sind,
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daß die kirchlichen Beamten als Teams zusammenarbeiten und die Möglichkeit haben sollen, neue Aufgaben zu übernehmen, je nach dem sich die Problemstellung ändert und daß die Hauptbüros der Kirche mehr die Ortsgemeinden konsultieren sollen statt Programme zu entwickeln, die „von oben" an die Lokalgemeinden weitergereicht werden. Die Zentrale der Kirche stellt Mittel bereit, die der Gemeinde bei der Durchführung ihrer örtlichen Missionstätigkeit an die Hand gegeben werden. Die Mitte des 20. Jahrhunderts ist gekennzeichnet durch den praktisch ausschließlichen Einsatz hauptamtlicher Pastoren in allen Gemeinden, die sich eine solche Führung leisten können. Intensive Anstrengungen sind gemacht worden, um diesen Männern eine ausreichendere Vergütung zukommen zu lassen (entsprechend einem, von der Kirche genehmigten Besoldungsplan, der jedoch für die Gemeinden nicht verbindlich ist) und einen professionelleren Status. Der gegenwärtige Mangel an ausgebildeten Pastoren hat zu einer Reihe von Gemeindezusammenlegungen geführt, sodaß ein Pastor mehrere Gemeinden zu bedienen hat. Mehr und mehr werden die Gemeinden der Brethren mit Gemeinden anderer Bekenntnisse zusammengelegt (Yoked Parish). In den letzten zwei Jahrzehnten wird eine immer stärkere Gewichtsverlagerung auf örtliche Angelegenheiten hin sichtbar, wobei die Bedürfnisse der Gemeinde die frühere Ausrichtung auf Mission oder Brethren Service zu verdrängen drohen. Die Einführung des vereinigten Etats gleichzeitig mit der Reorganisation im Jahre 1946, war teilweise ein Versuch, das allgemeine Interesse an diesen beiden Anliegen in die richtige Bahn zu lenken. Nach 1947 spielten Pastoren eine immer entscheidendere Rolle in der Festsetzung von Richtlinien durch den Hauptkirchenrat. Zwischen 1930 und 1950 waren es vor allem Lehrer gewesen, die man als Vorsitzende der Kirche gewählt hatte. Nach i960 beherrschten die Pastoren dies Amt, das als höchstes Amt der Kirche gilt. Die zunehmend zentrale Rolle des bezahlten Pastors ging Hand in Hand mit dem Rückgang der Bedeutung des traditionellen Amtes der Ältesten. Diese Funktion wurde denn auch in Frage gestellt, und nach mehrjährigen Untersuchungen und Erörterungen wurde die Einrichtung bei der Jahreskonferenz von 1967 abgeschafft. Diejenigen Männer, die zu Altesten auf Lebenszeit ordiniert worden waren, behielten diesen Status. Großes Interesse und reichliche Unterstützung fand in den Jahren von 1950 bis i960 der Neubau des Hauptbüros der Kirche und des theologischen Seminars. Die Büros und das Verlagshaus bezogen 1959 ein modernes Gebäude am Stadtrand von Elgin, Illinois. Das Seminar fand ein größeres Gelände für seinen Komplex in Chikagos westlichem Vorort Oak Brook, Illinois, und zog 1963 in den Neubau um. Einige waren
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gegen, diese letztere Verlegung, da sie darin ein Ausweichen vor den Nöten der Innenstadt sahen, aber die Mehrheit der Kirche unterstützte die Empfehlungen der Seminarverwaltung und bestätigte die Weisheit und Notwendigkeit der Verlegung. Während dieser Jahre wurde intensiv an der Ausdehnung der Kirche gearbeitet und man versuchte, neue Gemeinden in den wachsenden Großstädten zu gründen. Eine 1958 beschlossene Erklärung zur kirchlichen Ausbreitung verpflichtete die Brethren, im Einvernehmen mit anderen Kirchen zusammenzuarbeiten. U m Mitglieder aus anderer kirchlicher Herkunft zu gewinnen, sollten die Brethren diese durch Übertragung ihrer Mitgliedschaft aufnehmen, ohne von ihnen die Taufe zu verlangen, und Abendmahlsgottesdienste am Sonntagmorgen, entsprechend der üblichen protestantischen Gepflogenheit einrichten. Das war ein großer Schritt vom traditionellen Brei/iren-Brauch weg und wurde nur auf der Basis akzeptiert, daß der Beschluß nicht für alle Gemeinden bindend sei. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es einen Aufschwung im Kirchenneubau. Das brachte oft ein Abweichen von der bisherigen Form mit der Kanzel in der Mitte des Altarraumes mit sich. Diese Anordnung hatte ihrerseits die Form des alten Versammlungshauses abgelöst, in welchem der Tisch der Prediger in Richtung der Längsachse des Hauses, auf gleicher Höhe mit der Gemeinde stand. Nun war man für ein Lesepult auf der einen und die Kanzel auf der anderen Seite des Altarraums und einen Abendmahlstisch mit oder ohne Kreuz als Andachtszentrum in der Mitte. Die Architekten, die sich oft an traditionellen protestantischen Stilrichtungen orientierten, umschlossen den Altarraum mit einem Gitter. Wenig Rücksicht wurde in architektonischer Hinsicht auf das bei den Brethren geübte Liebesmahl genommen, das dadurch oft in das Untergeschoß oder in den Gemeindesaal verlegt werden mußte. Chromglitzernde Küchen boten die Möglichkeit, bei geselligen Anläßen die ganze Gemeinde zu bewirten. Äußerlich zeigten die Gebäude oft wirkliche oder nur angedeutete Kirchtürme in Anlehnung an die kongregationalistischen Kirchenbauten Neu-Englands. Dieser Wandel in der Architektur kennzeichnet zugleich einen Wandel im Selbstverständnis der Kirche, der mehr empfunden als offen ausgesprochen wurde. U m zur Klärung ihres Standpunktes beizutragen, wurden zwei sorgfältig vorbereitete theologische Konferenzen gehalten, eine i960 und die zweite 1964. Das Thema der ersten lautete „Nature und Function of the Church" (Wesen und Funktion der Kirche). Es gab Vorträge, Gastredner und intensive Diskussionen. Die Stimmung der ersten Konferenz läßt sich zusammenfassen in der Erklärung, daß die Brethren
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sich mehr identifizieren sollten mit einer „Transformationsstrategie in ihrer Beziehung zur Welt". Die zweite Konferenz, die das Thema wählte „The Meaning of Membership in the Body of Christ" (Die Bedeutung der Gliedschaft am Leib Christi) wurde gebildet aus einer breiten, representativen Gruppe, die sowohl die Diskussion förderte, als auch befriedigende Entscheidungen der dort zutage tretenden Probleme hinderte. Der Bericht der Konferenz fand kein einigendes Thema, das die vielschichtige Mitgliedschaft der Brethren umschreiben konnte. Ein Kommentar sprach von einer „Identitätskrise", da die Brethren das Ausmaß ihres Wandels von einer ehemals sektiererischen Haltung erkannten, ohne in der Lage zu sein, Klarheit über mögliche zukünftige Zielsetzungen zu erreichen. Die gleiche Ambivalenz trat anläßlich der Frage einer uneingeschränkten Beteiligung an der Consultation on Church Union (COCU) auf gesamtkirchlicher Ebene zutage. Die C O C U stellte den ernsthaftesten Versuch des 20. Jahrhunderts dar, größere protestantische Gemeinschaften in den Vereinigten Staaten zu einer Kirche zu vereinigen, die „wahrhaft reformiert, wahrhaft katholisch und wahrhaft evangelisch" sein sollte. Seit 1963 nahmen Brethren als „beratende Beobachter" an den jährlichen COCU-Zusammenkünften teil. 1965 erging eine besondere Einladung an die „Kirche der Brüder", regelrechtes Mitglied zu werden. Nach einem Jahr intensiver Erörterungen in Gemeinden, Distrikten und Zeitschriften entschied sich die Jahreskonferenz von 1966 dafür, von einer uneingeschränkten Beteiligung Abstand zu nehmen. Gleichzeitig bekräftigten die Delegierten erneut ihre Verbundenheit mit dem ökumenischen Prinzip wie es in konziliaren Verbindungen und in der Zusammenarbeit der Kirchen untereinander geübt werde. 1968 stimmte die Konferenz gegen eine Wiedererwägung der Frage. In dieser Periode begann die Vielschichtigkeit organisierte Formen anzunehmen. Ein konservativer Teil gründete 1959 die Brethren Revival Fellowship. Diese vorwiegend aus dem Osten stammende Gruppe drängte die Brethren durch Schrifttum und Versammlungen, größeres Gewicht auf Evangelisation, biblische Autorität und Lehre und weniger auf soziales Zeugnis und Engagement zu legen. Die Mitgliedschaft im National Council of Churches und der Liberalismus in kirchlichen Publikationen und Unterrichtsmaterial wurden scharf kritisiert. Von ganz anderem Geist waren Brethren Action Movement und Brethren Peace Fellowship, die sich um 1968 bildeten. Sie verlangten stärkere Aktivität in der Friedenserziehung und in Projekten gegen den Krieg. Sie bildeten nur locker miteinander verbundene Gemeinschaften im ganzen Lande, um diese Ziele zu erreichen und bemühten sich vor allem, Brethren-Studenten anzusprechen.
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Obgleich diese Gruppen das kirchliche Programm, für unzureichend hielten im Bereich des sozialen Handelns, ist doch deutlich, daß die Brethren als Gesamtkirche einer engagierteren Haltung in bezug auf gegenwärtige soziale Anliegen zusteuerten, Das läßt sich durch einen Vergleich der kirchlichen Thematik der Periode nach dem Zweiten Weltkrieg zeigen. Das Thema für 1946/47 war „Christus, die Hoffnung der Welt"; für 1949/50 „Vertiefung des geistlichen Lebens". 1962-1965 war daraus „Die Zerschlagenen heilen" geworden, und für 1965-1970 „Also hat Gott die Welt geliebt..." Die Interpretation der Themen ließ keinen Zweifel daran, daß man beabsichtigte, den Blick der BrethrenGemeinden auf die Nöte in der Welt ringsum zu richten. Eine kirchliche Aktion für diesen Zweck lief unter dem Namen „Mission One" und die kirchliche Literatur berichtete über Phasen „sozialen" Engagements in Ubereinstimmung mit dem Thema. 1969 wurde ein „Fund for the Americas" gebildet, um größere Geldsummen für Minderheitsgruppen aufzubringen. Gleichzeitig bestand großes Interesse an Persönlichkeitsentwicklung innerhalb der Kirche. Viele der gruppendynamischen Methoden wurden angewendet in Arbeitsgemeinschaften, Schulungen, gruppenerzieherischen und anderen Rüstzeiten. Das „Mission 7W/fe"-Programm führte kleine Gruppen aus mehreren Gemeinden in drei Wochenendrüstzeiten zur intensiven Schulung in zwischenmenschlichen Beziehungen zusammen. Man hoffte, daß diese Teams nach ihrer Rückkehr in ihre örtlichen Gemeinden als Quellen der Erneuerung und Belebung derselben wirken würden. Mit Besorgnis sah man den Stillstand der Mitgliederzahlen in den Gemeinden nach 1945. Und nach 1963 wurden die Zahlen der Mitglieder und des Kirchenbesuchs sogar leicht rückläufig. Wirkliches Wachstum konnte nur Nigerien verzeichnen, w o sich die Jahre geduldiger Arbeit seit 1922 nun durch einen starken Zustrom von Afrikanern bezahlt machten, die um Aufnahme in die Kirche baten. Einige Grundlagen für den Rückgang der Mitgliedschaft in den Vereinigten Staaten lauteten wie folgt: Konferenzbeschlüsse die das Streichen von passiven Mitgliedern in den Kirchenbüchern begünstigten, das verstärkte Eingreifen der Kirche in den umstrittenen Fragen der Bürgerrechte und des Friedens, die größere Beweglichkeit der Familien, der Zug aus den ländlichen Gebieten in die Städte und das allgemeine Nachlassen des religiösen Interesses in den Vereinigten Staaten. Eine dritte theologische Konferenz wurde im Juli 1969 gehalten. Das Thema lautete: „Faithfulness in Change" (Beständigkeit im Wandel) und befaßte sich mit der Vielschichtigkeit und dem Pluralismus sowohl in
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der Kirche als auch in der sie umgebenden Gesellschaft. Ein Beobachter bemerkte hierzu, daß man im Gegensatz zu der Konferenz von 1964 viel weniger verlegen war um ein Selbstverständnis der Kirche. Der Pluralismus wurde als Tatsache, ohne Beschämung, akzeptiert. Man schien mehr geneigt, in die Zukunft zu blicken als bei der Vergangenheit zu verweilen. Das Thema der Konferenz kann gut und gerne als Zusammenfassung der Probleme wie der Hoffnung der „Kirche der Brüder" gelten, wenn sie ins letzte Drittel des zwanzigsten Jahrhundert geht. Es steckt ein gewisser Realismus hinter der Tatsache, daß man die Veränderung als gegeben hinnimmt. Es gibt auch Anzeichen für eine starke Verpflichtung zu B e ständigkeit unter den Brethren. W i e sich Beständigkeit im Angesicht des Wandels am besten verwirklichen läßt, findet unterschiedliche A n t w o r ten in der Kirche von heute. Die Zukunft wird zeigen, ob und wie weit diese von den Brethren gegebenen Antworten die richtigen sind.
Kapitel 3 GLAUBENSSÄTZE VERNARD ELLER
an sollte erwarten, daß dieses Kapitel sich mit der Lehre und der Theologie der Brethren befaßt. In einer Hinsicht trifft das auch zu, doch die Themen, die hier behandelt werden sollen, sind nicht das, was wir normalerweise unter „einer Theologie" verstehen. Der zentrale Faktor im Brethrenismus ist, wie wir meinen, eine Verpflichtung, Christus in „radikaler Jüngerschaft" zu folgen. Damit wird die Richtung des Denkens der Brethren sogleich vom Begrifflichen, Theoretischen, Systematischen, dem Theologischen hinweg auf das Praktische, Anwendbare, das Existenzielle gelenkt. Die Einstellung der Brethren deckt sich mit der Kierkegaards: „ D i e Wahrheit in dem Sinne, in dem Christus die Wahrheit war, ist nicht eine Summe von Sentenzen, nicht eine Definition von Konzepten usw., sondern ein Leben... Also christlich verstanden besteht die Wahrheit nicht im Wahrheit-Kennen, sondern im Wahrheit-Sein... N u r dann kenne ich die Wahrheit wirklich, wenn sie Leben wird in m i r . . . 1 " „ W o r a n ich interessiert bin, ist das ,Wie', die persönliche Bekräftigung der Proklamation; ohne sie ist Christentum nicht Christentum 2 ." Infolgedessen zeigten die Brethren nie großes Interesse am Theologisieren. Mit ziemlicher Selbstverständlichkeit übernahmen sie die allgemeinen Lehren des orthodoxen evangelischen Protestantismus, wahrten jedoch innerhalb dieser Grenzen große Flexibilität und Divergenz. Bei vielen theologischen Fragen ist es einfach unmöglich von einem „Brethren"Standpunkt zu sprechen; die Frage lautet vielmehr: „Welcher Art ist dein Einsatz und deine Jüngerschaft ?" Das soll nicht heißen, daß die Brethren in bezug auf die Lehre nachlässig waren und meinten, es sei gleichgültig, was jemand glaube, oder daß man das Evangelium so oder ebenso gut auch anders betrachten könne. Sie haben weder irgendwelcher Unvernunft noch einem Bildungshaß das W o r t geredet. Ihre Haltung kann vielleicht am besten als Anti„Intellektualismus" charakterisiert werden, als ein Verlangen nach einem lebensbezogenen christlichen Glauben (ausgerichtet auf die ganze Hingabe einer sehr persönlichen Beziehung, nämlich Jünger-Meister), und nicht rein denkbezogen (Intellekt-Dogma).
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Eine unmittelbare Folge dieser Ausrichtung ist die Weigerung der Brethren, sowohl die historischen Glaubensbekenntnisse der Kirche zu übernehmen, als auch eigene richtungsgebende Glaubensbekenntnisse zu formulieren. Man betonte stets, daß das Neue Testament selbst eine ausreichende Definition des Glaubens sei, und daß der Versuch, Menschen auf die engeren und genaueren Definitionen der Glaubensbekenntnisse festzulegen, eine Abweichung vom wahren Werk des Christentums sei. Erstens ist das Drängen nach einer auf Glaubensbekenntnissen fundierten Orthodoxie dazu angetan, den Glauben vom existenziellen Erleben zu einem rein intellektuellen Wahrnehmen zu verzerren. Zweitens neigen Glaubensbekenntnisse dazu, den Christen vom neutestamentlichen Ruf zur Jüngerschaft abzulenken, und seine Aufmerksamkeit allein auf spätere Stadien kirchlicher Entwicklung und kirchlichen Denkens zu richten. Drittens erheben Glaubensbekenntnisse einen Anspruch auf Endgültigkeit des Verständnisses, das dem Wirken des heiligen Geistes als einem immer weiter Lehrenden entgegenwirkt und den Glaubenden, ermutigt, sich mit bestehenden Formulierungen des Glaubens zu begnügen, anstatt nach tieferem Verständnis zu streben, wie es einmalig seiner Zeit und seiner Welt entspräche. Und viertens ist im Lauf der Kirchengeschichte das Bestehen auf Glaubensbekenntnissen Anlaß und Entschuldigung für viel schändliche Bigottrie, Disziplinierung, Zwang und sogar Blutvergießen seitens der Kirche gewesen. Die Betonung der Jüngerschaft gibt dem Glauben der Brethren auch eine gewisse eschatologische Ausrichtung - wie das bei radikalen christlichen Gruppen ganz allgemein der Fall zu sein scheint. Dies wird nicht immer (was vielleicht nicht ungewöhnlich ist) deutlich, doch werden wir an verschiedenen Punkten in der nun folgenden Erörterung die Wirkung dieser Tatsache festhalten. Der Zusammenhang ist natürlich: Jüngerschaft heißt, dem Herrn nachfolgen, während er seinen W e g geht. Und wenn dieser Herr Jesus ist, dann ist das Ziel seines Weges ganz offensichtlich das Reich Gottes. Die eschatologische Orientierung Jesu muß damit zur Orientierung seiner Nachfolger werden.
Ein Überblick über die Glaubenssätze der Brethren Als Aufstellung dessen, woran die Brethren hauptsächlich glauben, bieten wir einen Überblick und sogar ein Diagramm. Obgleich die Zeichnung, auf der das Diagramm beruht, gewisse bedeutsame historische Hintergründe hat, soll sie hier nur zur besseren gedanklichen Einteilung dienen. Diese Aufstellung ist nichts Festgelegtes, Offizielles, Traditionelles oder
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Jüngerschaft: „Anti-Intellektualismus"; Anti-Credalismus; freiwillige persönliche Entscheidung; innere Verpflichtung; Andachtserleben (des gegenwärtigen Herrn)
'Gemeinschaft:
Frucht bringen: Dienst und Verkündigung; gewaltlose Liebe; Üechtschaffenheit; das schlichte Leben; Reinheit; Fleiß; Haushalterschaft Die Ordnungen: Taufe durch dreimaliges Untertauchen der Gläubigen; Liebesmahl und Abendmahl Fußwaschung; Agape Mahl; Brot und Wein; Krankenölung; Handauflegen
Die Ordnungen
enge, familiäre Gefühle innerhalb der Gemeinde; Gleichheit von Geistlichkeit und Laien; Zusammenarbeit mit und Wissen um Zugehörigkeit zur Gesamtkirche; Bruderschaft mit allen Menschen; Allversöhnung (Wiederbringung aller) Nonkonformität mit der Welt: Mut, zur eigenen Überzeugung zu stehen; Wertmaßstab gemäß dem Evangelium und nicht der Gesellschaft entsprechend; Achtung vor dem Gewissen; keine Furcht davor, als sonderlich zu gelten
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Gutgeheißenes; sie ist reine Erfindung des Verfassers. U n d auch als solche ist sie ein wenig irreführend, denn sie läßt vermuten, daß das Denken der Brethren sehr viel festgelegter, geordneter und systematischer sei, als dies wirklich je der Fall war. Die Zeichnung wurde nach einem Siegel angefertigt, das, soweit man weiß, zum erstenmal 1753 verwendet wurde. Vermutlich entwarf es Alexander Mack Jun. und wohl mit der Absicht, daß es der Kirche der Brethren insgesamt gehören sollte. Immerhin haben in den letzten Jahren manche Brethren dieses Sinnbild wieder aufgegriffen und in diesem Sinne verwendet. Das zentrale Element ist ein Kreuz, das allgemein anerkannte Symbol des christlichen Glaubens, Jesu Christi und seines Weges. Darüber gezeichnet ist ein Herz, das Treue, Einsatz und restlose Hingabe des eigenen Ich „ v o n Herzen" bedeutet. Das dritte Element, die Weintrauben, erinnert an den Abschnitt (Joh. 15): „Ich bin der rechte Weinstock . . . bleibet in mir . . . darin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringet und werdet meine Jünger." D i e Beschriftung wurde hinzugefügt, wodurch die Zeichnung zu einer Darstellung des Glaubens und der Lehre der Brethren wird. Im Zentrum, im „Herzen" des Glaubens, hegt die Verpflichtung zu völliger Jüngerschaft, das heißt, Gehorsam gegen Christus. „Radikal" verstehen wir in seinem etymologischen Sinne als „das, welches direkt auf die Wurzel zutreibt" und „Jüngerschaft" ist „nachfolgen". Es ist unsere Nachfolge Christus nach, der der Führer und Herr ist und seinen W e g geht (der der W e g ist auch für sein Volk) durch die Welt zum Reich Gottes. Es muß bemerkt werden, daß nach dem Verständnis der ersten Brethren diese Jüngerschaft nicht in dem bestand, was man tat, um gerettet zu werden (das wäre Werkgerechtigkeit), sondern sie ist Folge der Tatsache, daß man gerettet worden ist oder wird. Erlösung ist Gottes befreiendes Handeln am Menschen, das sie befähigt, eine neue Gemeinschaft zu bilden, das ihnen einen Führer und Herrn gibt und sie auf den rechten W e g bringt. Jüngerschaft ist demnach die Antwort, die Gottes Erlösung ermöglicht und nicht das Bemühen des Menschen, die Erlösung zu erlangen. Wenn, u m Kierkegaard zu zitieren, „die Wahrheit in dem Sinne, in dem Christus die Wahrheit ist, ein Leben" ist, dann heißt Christus nachfolgen, in der Wahrheit sein, und in der Wahrheit sein ist, was wir mit Erlösung meinen. Einige vorrangige Bedingungen für radikale Jüngerschaft sind oben auf dem Blatt aufgeführt. Z w e i davon - den Anti-„Intellektualismus" und den Anticredalismus - haben wir bereits besprochen. Eine dritte und sehr wichtige Bedingung ist die, daß eine so weitreichende und bindende
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Verpflichtung wie die radikale Jüngerschaft unbedingt die freiwillige, unabhängige, ganz bewußte Entscheidung des Glaubens sein muß. O b gleich die Brethren die letzten wären, die leugnen wollten, daß Jesus Christus seine Liebe auch Säuglingen und Kindern zuwenden kann, sind sie doch der Überzeugung, daß neutestamentliches Christentum (nämlich der Ruf zu radikaler Jüngerschaft) nur diejenigen angehen kann, die ein Alter voller Zurechnungsfähigkeit erreicht haben. Diese Verpflichtung muß auch beinhalten, was Kierkegaard „nach innen gewandt sein" oder „Subjektivität" genannt hat. Es ist ein Unterfangen von so großem Risiko, derartigen Konsequenzen und solcher Endgültigkeit, daß es den ganzen Menschen ergreifen muß; es muß die ganze Tat eines ganzen Menschen „von Herzen" sein, wie es das Diagramm andeutet. Es ist klar, daß eine Verpflichtung von diesem Ausmaß nicht mit der Bestätigung eines Glaubensbekenntnisses gleichgesetzt werden darf, oder mit der Mitgliedschaft in einer Institution, mit dem Ablegen eines gesprochenen Bekenntnisses, dem Vollziehen eines Ritus oder etwas ähnlichem. Hier gibt man freiwillig das eigene Leben in eines anderen Hand. Es ist klar, daß ein solches Verhältnis nur entstehen kann, wenn der Jünger die tatsächliche, wirksame und bleibende Gegenwart dessen, der sein Führer und Herr ist, erfährt. Das nennen wir „unmittelbares Andachtserleben" ; und der Brethrenismus ist - wohl als Erbteil der pietistischen Bewegung, aus der er hervorging - durch ein solches Bewußtsein gekennzeichnet. Das zeigt sich besonders in der Gottesdienst-Tradition den Gesängen, Gebeten und Gedichten - der Kirche, ist jedoch auch ein starkes Moment im kirchlichen Gemeinschaftsverständnis und sogar in ihrem Wirken in Dienst und Amt gewesen.
Die neutestamentliche Basis Rings um das Herz, die radikale Jüngerschaft umschließend, stehen in der Zeichnung die Worte: Das Neue Testament - Unsere Richtschnur für Glauben und Leben. Die radikale Jüngerschaft ist das Bestreben, Christi Willen zu ergründen und zu leben. Christi Wille ist am deutlichsten geoffenbart, findet seinen normativen Ausdruck in den Seiten des Neuen Testaments. Das Neue Testament wird damit zum vermittelnden Faktor zwischen der Verpflichtung zur Jüngerschaft und dem spezifischen Handeln im Leben der Jüngerschaft. Diese Verbindung ist es, die die Zeichnung verdeutlichen soll. Die „Kirche der Brüder" verdankt ihre Entstehung dem Studium der Bibel und sie kann ihrem ursprünglichen Wesen nur dann treu bleiben,
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wenn sie sich auch weiterhin auf das Studium der Bibel gründet. Doch muß hinsichtlich dieses Studiums noch einiges gesagt werden. Zunächst ist wichtig, daß unser Abschnitt „das Neue Testament" und nicht „Die Bibel" betont. Die Brethren vertreten durchweg diese Ansicht. In keiner Hinsicht zielt dies auf eine Ablehnung des Alten Testaments ab. Es wird dadurch vielmehr beabsichtigt, zu bestätigen, daß Christi Wille für den Glaubenden Norm, Zentrum und Autorität ist; daß im Neuen Testament Christi Wille am deutlichsten zum Ausdruck kommt; und daß der Wert des Alten Testaments darin besteht, daß es den Kontext und Hintergrund für Christi Willen bildet. Die Bibel selbst hat einen Mittelpunkt und der hegt im Neuen Testament. Daraus ergibt sich eine weitere wichtige Überlegung. Die grundlegende Beziehung, durch die man Christ wird, ist die sehr persönliche und lebendige Bindung eines Nachfolgers an seinen Herrn und nicht kleinlicher und toter Gesetzesglaube an ein Lehrbuch. Die Bibel muß so gelesen werden, daß sie zum Sprachrohr des lebendigen Herrn wird, daß das Fleisch gewordene W o r t durch das gedruckte W o r t spricht. Jede Lesung muß mit Hingabe geschehen; der Jünger liest nicht in erster Linie um „zu wissen" sondern um „zu tun"; schon vor dem Lesen verpflichtet er sich, dem zu gehorchen, das er als Christi Willen entdeckt. Jedes Lesen muß „ein Neues" sein, und der Lesende sucht dabei Christi Willen für sich zu erkennen; er darf sich nicht auf traditionelle Auslegungen und Verständnisse verlassen, auch wenn diese „offiziell" sanktioniert worden sind. Bei jeder Lesung muß man sich auf die Hilfe des Heiligen Geistes verlassen, als auf den Interpreten, der einen in alle Wahrheit leitet. Dieser Gedanke greift bereits unser nächstes Thema auf, aber die Brethren sind überzeugt, daß für die beschriebene Art, die Bibel zu lesen, die Gemeinde, die intime Glaubensgemeinschaft, der richtige Rahmen ist. Damit soll natürlich nichts gegen das sehr wichtige Bibellesen des einzelnen in der Zurückgezogenheit gesagt werden, wenn er den Willen Gottes für sein eigenes Leben zu erkennen trachtet. Doch auch dieses Lesen wird bereichert, wenn man die Gelegenheit hat, sich den Brüdern mitzuteilen, und seine Erkenntnisse mit ihren zu vergleichen, wenn man sich dem gemeinsamen Suchen anschließt und dem Wirken des Geistes in der Gemeinschaft Raum gibt. Gemeinschaft Als sich die Brethren zu radikaler Jüngerschaft verpflichteten und im Neuen Testament deren Gehalt suchten, stießen sie auf Lehren, die unter den vier Hauptgedanken zusammengefaßt werden können, die auf den
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vier Armen des Kreuzes verzeichnet sind. Betrachten wir zuerst den rechten A r m des Kreuzes und die dort aufgeführten Untertitel. Gemeinschaft ist ein deutsches W o r t für das es keine gute englische Übersetzung gibt. Man versteht darunter das intime Bewußtsein der Einheit, das entsteht, wenn eine Gruppe eine tiefe Verpflichtung gemeinschaftlich eingeht. Die Brethren haben erfahren, daß die Verbundenheit als Volk des Herrn, die Nachfolge auf seinem W e g zum Reich Gottes, die tiefste Gemeinsamkeit schafft, die es gibt und so die Quelle der höchsten Gemeinschaft ist, die Menschen kennen; nicht ganz zufällig sind die Brethren einfach als „Die Brüder" bekannt geworden. Diese Gemeinschaft hat eine gewisse eschatologische Ausrichtung, weil die Gemeinde (und die Kirche als Ganzes) verstanden wird als eine Karawane, eine enge Gemeinschaft von Reisenden, die sich zusammen getan haben, u m gemeinsam einem gemeinsamen Ziel zuzustreben, und nicht als ein „Kommissariat", i. e., eine Institution, die berechtigt ist, gewisse Wohltaten an die Gesamtheit ihrer Mitglieder zu verteilen. Die Gemeinschaft der Brethren ist demnach eine der „Viatoris", derer, die zusammen unterwegs sind. Sie zeichnet sich aus durch ein verstärktes Bewußtsein gegenseitiger A b hängigkeit; und dadurch, daß jeder Mensch integrierter Teil dieser „Mission Gottes" ist. Diese Gemeinschaft bei den Brethren zeigt sich vor allem in der familiären Atmosphäre in der Gemeinde, und diese Atmosphäre durchdringt nicht nur die Gemeindezusammenkünfte zu Gottesdienst, Geselligkeit und Geschäftssitzungen, sondern erstreckt sich auch auf andere Aspekte des Zusammenlebens (Besuche von Familien untereinander, Nachbarschaftshilfe, Gebets- und Bibellesegruppen, usw.). U n d diese Gemeinschaft wirkt nicht nur als eine Quelle gegenseitiger Freude sondern auch zur gegenseitigen Kirchenzucht. Zugegeben, in manchen Epochen der Geschichte der Brethren degenerierte diese Art von Kirchenzucht zu oft sehr unmenschlicher Reglementierung - gegenwärtig ist man von der Gemeindezucht fast völlig abgekommen - doch i m guten Sinn konnte gerade in der engverbundenen Gemeinde der Bruder dem Bruder in Christus wirklich Seelsorger und Hirte sein, auch in einer Ausnahmesituation, die strenge Disziplinierung erforderte. Die Tatsache, daß bei den Brethren so wenig W e r t auf die Unterscheidung zwischen Geistlichkeit und Laien gelegt wird (der Unterschied besteht lediglich in der Funktion), ist eindeutiges Merkmal für die Bedeutung der Gemeinschaft und dies wird durch Einzelheiten in den folgenden Kapiteln über Liturgie und Verfassung noch deutlicher. Dies Familiengefühl reicht über die örtliche Gemeinde hinaus und u m schließt die ganze Gesamtkirche (Bruderschaft). W i e das Kapitel über
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die Verfassung zeigt, bildet die Bruderschaft eine Familie bestehend aus Gemeinden; darüber hinaus haben die einzelnen Brethren denen gegenüber ein Gefühl enger Verbundenheit gezeigt, die weit verstreut im großen Gebiete der Bruderschaft leben. Die Jahreskonferenz ist immer wie ein großes FamilientrefFen. Natürlich wird diese Art von Gemeinschaft durch die verhältnismäßig kleine Mitgliederzahl der Kirche ermöglicht, und manche behaupten, daß gerade der Genuß dieser Gemeinschaft die Kirche selbstzufrieden und im evangelistischen Werk nachlässig gemacht hat. Ob nun ein solcher Vorwurf berechtigt ist oder nicht, das Gefühl brüderlicher Zusammengehörigkeit unter den Brethren hat ein größeres Echo gefunden, das zu vermerken wäre. Immerhin war es wohl ein erweitertes Verständnis der Gemeinschaft mit anderen Christen, das die „Kirche der Brüder" veranlaßt hat, in der ökumenischen Bewegung aktiver zu sein als die meisten Kirchen gleicher Größe. Die Brethren sind Gründungsmitglieder sowohl im Ökumenischen Rat der Kirchen als auch im National Council of Churches und eine neuere Untersuchung läßt erkennen, daß im Verhältnis die Brethren mehr Führungskräfte und Verwaltungspersonal für die ökumenische Arbeit stellen, und zwar auf örtlicher wie auf staatlicher und nationaler Ebene in den Vereinigten Staaten, als irgendeine andere Kirche. Außerdem führten sie die Interkommunion und die Aufnahme neuer Mitglieder durch Glaubensbezeugung vor einigen anderen Denominationen dieser Art ein. Weiterhin kommt Gemeinschaft mit allen Menschen in der von jeher bestehenden Weigerung, Militärdienst zu leisten, und im positiven Dienst an den Mitmenschen zum Ausdruck (beide Anliegen werden unter einer eigenen Überschrift genauer erörtert). In dieser Hinsicht ist am eindruckvollsten aber vielleicht die Tatsache, daß die Brethren bei der Entstehung der Kirche im achtzehnten Jahrhundert die Lehre vertraten, daß alle Menschen letztlich Erlösung erlangen - eine Lehre, die außer von den radikalen Pietisten jener Tage nur von wenigen vertreten wurde. Obgleich diese Ansicht in der Kirche später verschwand, gibt es doch erneut Anzeichen für eine, wenn auch unterbewußte, Tendenz in diese Richtung. Alles zusammen genommen haben die Brethren im großen und ganzen mehr die offene als die geschlossene Gemeinschaft geübt.
Nonkonformität Am Kopf des Kreuzes trät unser Diagramm das Wort „Nonkonformität mit der Welt". Dies ist eine direkte Konsequenz der radikalen Jüngerschaft. Da in der Welt ganz offensichtlich andere Beweggründe herrschen
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als der Wunsch, Christus vollkommen zu gehorchen, müssen jene, die Christi W e g wählen, zwangsläufig sich im Gegensatz zur Welt finden. Nonkonformität ist ganz einfach der Grundsatz, in allen derartigen Situationen Gott mehr gehorchen zu müssen als Menschen; radikale Jüngerschaft läuft vor allem darauf hinaus, daß kein Mensch zwei Herren dienen kann. Außerdem sollten wir die Verbindung zu unserem vorhergegangenen Thema beachten. Wenn ein Mensch sich in der Gesellschaft absondern, all ihrem Drängen zur Konformität hin widersetzen soll, dann ist es beinahe unumgänglich, daß er eine Gemeinde von Brüdern hinter sich haben muß, die ihn in seinem Bemühen unterstützt und ermutigt. Und andererseits führen Opposition und Ablehnung, die einem von Seiten der Welt zuteil werden, unvermeidlich zu einem tieferen Erleben der Gemeinschaft Gleichgesinnter. Nonkonformität kann als ein sich Zurückziehen von der Welt, als ein sich Abschließen in klösterlicher Frömmigkeit verstanden werden. Und es läßt sich nicht leugnen, daß es in der Geschichte der Brethreti Zeiten einer solchen Fehldeutung gegeben hat. Dagegen hilft jedoch die Erkenntnis, daß der W e g Christi den einzelnen zwangsläufig in die Welt hinein führt, als Diener, als Nachbar, als Zeuge und als Evangelist. Ferner läßt die eschatologische Ausrichtung des Glaubens erkennen, daß der W e g Christi die ganze Menschheit in das Reich Gottes hineinführt. Und so entsteht eine dialektische Spannung zwischen der „Nonkonformität" und dem folgenden Thema „Frucht bringen", und es wird verhindert, daß die Nonkonformität ein Zurückweichen und eine Flucht wird. Eine weitere Versuchung, der die Brethren zeitweise erlagen, ist die Gesetzlichkeit, in der man die Nonkonformität zu einer Reihe von äußerlichen Vorschriften reduzierte. Nonkonformität wurde dann definiert als: nicht rauchen, nicht trinken, nicht tanzen, nicht Karten spielen, nicht ins Theater gehen, keine Kosmetika verwenden, das Heim nicht ausschmücken oder kein Photo von sich selbst machen lassen. Eine Zeitlang bestand Nonkonformität sogar hauptsächlich darin, eine besondere Kleidung zu tragen, die den einzelnen sichtbar von der Welt unterschied. Obgleich manche dieser Dinge echte Merkmale wahrer christlicher Nonkonformität sein mögen, ist doch klar, daß die Gesetzlichkeit als Ziel etwas ganz anderes ist, als die dynamische Beziehung der Jüngerschaft zu einem lebendigen Herrn. Für moderne Brethren hat sich jedoch die Versuchung ins Gegenteil verkehrt. Teils als Reaktion auf frühere Fehlanwendungen der Lehre und teils wegen der heutigen nachdrücklichen „Hinwendung zur W e l t " (und man darf mit Fug behaupten, daß diese nicht erkannt hat, worum es Bon-
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hoeffer ging), ist das Anliegen der Nonkonformität einem beträchtlichen Teil der Kirche verloren gegangen, und die Lehre wird als ein veraltetes Überbleibsel betrachtet. Es gibt gewisse Anzeichen dafür, daß die Kirche im Begriff steht, die ursprüngliche Absicht wiederzuentdecken, doch es wäre verfrüht, schon Gewisses hierüber sagen zu wollen. Die Ausgewogenheit zwischen dem „in der Welt aber nicht von der Welt sein" ist keineswegs leicht aufrecht zu erhalten, obgleich in ihren Anfängen - und als Ideal - die Brethren die Konzeption des Neuen Testaments erkannt zu haben scheinen. Nonkonformität bedeutet, daß der Christ (und die Gemeinde) Normen und Werte dadurch gewinnt, daß er auf Christus und das Evangelium schaut und nicht in erster Linie auf die Kultur, in der er sich befindet. Wie es der ungenannte Vater der frühen Kirche formuliert, der die „Epistel an Diognet" schreibt: „Sie (die Christen) leben wie es der Zufall will, entweder in griechischen oder in nicht griechischen Städten; sie folgen dem örtlichen Brauch in ihrer Kleidung, ihrer Ernährung und ihrer Lebensweise und doch zeigen sie ein bewundernswertes und zugegebenermaßen seltsames Zusammenleben innerhalb ihrer Gesellschaft. Sie leben in ihren eigenen Geburtsorten, aber als ob sie Fremde wären. Sie beteiligen sich an allem als Bürger, und doch kommen sie ihren Verpflichtungen wie Ausländer nach. Jede fremde Stadt ist ihnen Heimat und jede Heimatstadt ein fremdes Land 3 ." Aus diesem Standpunkt rührt der starke Anspruch der Brethren auf die christliche Gewissensentscheidung her, und zusammen mit der „Gesellschaft der Freunde" (Quäker) und den Mennoniten machten sie ihren Einfluß geltend und gewannen dem Staat Sonderrechte der Gewissensfreiheit ab, die heute in Amerika anerkannt sind. Hand in Hand mit einer solchen Berufung auf das eigene Gewissen muß natürlich der Mut zu eigener Überzeugung gehen, und man muß bereit sein, die Konsequenzen der Nonkonformität auf sich zu nehmen. Die Geschichte der Brethren kennt eine Anzahl heroischer Beispiele in dieser Hinsicht. V o r allem erfordert Nonkonformität die Bereitschaft, sich für „wunderlich" halten zu lassen, „das Kreuz auf sich zu nehmen" und dem Meister zu folgen - nicht so sehr in dem Sinne, daß man Schmerzen erduldet, sondern in der vielleicht sogar schwierigeren Forderung aus Hebräer 12, 2, daß man „der Schande nicht achtet". Die Nonkonformität der Brethren hat einiges mit der heutigen N o n konformität des studentischen Protests und der neuen Linken gemeinsam. Der entscheidende Unterschied zeigt sich jedoch in der Antwort auf eine unausweichliche Frage: „ W e n n du Konformität mit einer korrupten Gesellschaft ablehnst, womit gehst du dann k o n f o r m ? " Der Christ ant-
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wortet: „Ich strebe nach Konformität mit dem Geist Christi", während der säkulare Nonkonformist nur sagen kann: „Konformität gibt es für mich nur mit dem, was ich im Augenblick in mir selbst finde."
Frucht bringen Die bisher behandelten Themen - Anti-, .Intellektualismus", AntiKredalismus, innere Verpflichtung, Andachtserleben, Forschen im Neuen Testament, Gemeinschaft, Nonkonformität mit der Welt - sind notwendige Bedingungen, Hintergrund und Voraussetzung für radikale Jüngerschaft. Nun, mit dem „Frucht bringen" kommen wir zu dem AnHegen, das unser Diagramm selbst im Symbol der Trauben aufgreift. Es geht um das wirkliche Ergebnis oder „die Frucht" der Jüngerschaft. In einer Hinsicht sind wir damit am Kern des Brethrenismus, bei dem, worum es beim Glauben überhaupt geht. Doch kann man keine Frucht ernten, ohne zuvor seine Aufmerksamkeit auf das Pflanzen und Pflegen des Weinstocks zu richten. Über dem Eifer, ans Ernten der Früchte zu kommen, darf man das zuvor Besprochene nicht abtun und je mehr die Brethren heute geneigt sind, so zu verfahren, desto mehr sind sie in der Gefahr, eine wesentliche Erkenntnis ihrer Vorväter kurz zu schließen. Eigentlich ist dies eine Fortsetzung unserer Erörterung der Nonkonformität, dahin zielend, in welchen besonderen Phasen ihrer Tätigkeit die Brethren erfahren haben, daß Jesus Herrschaft über ihr Leben sie in Gegensatz zu den gesellschaftlichen Gegebenheiten bringt. Als erstes steht da auf unserer Liste der „Dienst". Drei Kapitel dieses Buches - über die Erziehungsarbeit, die Sozialarbeit und die Mission behandeln dieses Thema; und gerade das zweite Thema, Sozialarbeit, hegt den Brethren besonders am Herzen und ist nach dem Verständnis der meisten Menschen „Dienst". Dieser Gedanke ist sehr wichtig für den Brethrenismus, weil der Meister, auf den die radikale Jüngerschaft ausgerichtet ist, selbst „Knechtgestalt annahm" und „nicht kam, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene" und „gebe sein Leben für viele"; er „umgürtete sich mit einem Tuch und fing an, den Jüngern die Füße zu waschen" - ein Akt, den die Brethren in ihrer Feier des Liebesmahls beibehalten haben als Symbol dafür, daß der Weg Christi ein Weg des selbstaufopfernden Dienstes ist. Weiteres Gewicht erhält dies Anliegen durch die eschatologische Überlegung, daß die Menschheit nur insofern in Richtung auf ihre wahre Bestimmung gelenkt werden kann und das Reich Gottes verwirklicht wird, als Christen sich als Werkzeuge Gottes zum Dienst an der Welt gebrauchen lassen.
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Die ersten Brethren suchten der Armut der deutschen Einwanderer zu begegnen, die nach Philadelphia kamen. Sie richteten ein Altersheim ein und waren schon früh auf dem Plan als Gegner des Sklavenhandels. Aus dieser Tradition entwickelte sich im Lauf der Jahre ein ziemlich weitverzweigtes Programm des Brethren-Dienstes - darunter auch die Arbeit, die durch die Organisation gleichen Namens (Brethren Service Commission) getan wurde und viele andere. Auch gehörte die „Kirche der Brüder" zu den Kirchen, die erkannten, daß die auswärtige Mission als Dienst getan werden sollte (und ebenso die Evangelisation, der größte Dienst den man seinem Mitmenschen tun kann) und nicht aus dem imperialistischen Wunsch heraus, den Herrschaftsbereich der Kirche auszudehnen. Schließlich beinhaltet der Brethrenismus etwas, das sehr real und doch schwer nachzuweisen ist, da es nicht als Projekt oder Programm in Erscheinung tritt. Es ist die Einstellung, daß das Berufsleben, die Arbeit und Betätigung des einzelnen Christen dem Dienst am Mitmenschen geweiht sei. Die Brethren haben mit Bonhoeffer erkannt, daß ihr Herr und Meister vor allem „der Mensch für andere" war, und daß sie als seine Jünger die gleiche Eigenschaft haben müssen.
Gewaltlosigkeit „Widerstandslose Liebe oder Gewaltlosigkeit" (nach dem Gebot Jesu „daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel") sind ältere und genauere Begriffe zu dem Teil der Brethren-Lehie, den man heute gemeinhin unter dem Begriff „Pazifismus" zusammenfaßt. Die Terminologie ist wichtig, denn sie unterstellt eine ganz andere Motivierung und Vorstellung. Seit ihrer Gründung im Jahre 1708 lehnt die „Kirche der Brüder" die Anwendung von Gewalt und Militarismus und Krieg im besonderen ab. „Pazifismus" (im allgemeinen Sprachgebrauch und im vorherrschenden Sprachgebrauch der Brethren heutzutage) kennzeichnet eine klug durchdachte soziale Methode zur Lösung von Konfliktsituationen und zur Erlangung bestimmter sozialer Ziele; er wird zu einem Mittel, mit dem die Gesellschaft beeinflußt werden kann - selbstverständlich auf „gute" Ziele hin. „Gewaltlose Liebe" weist in eine ganz andere, sehr viel theologischere und daher ungleich radikalere Ordnung, als der „Pazifismus". Vor allem ist nun das Hauptmotiv die Jüngerschaft, d. h. der Gehorsam gegen Christus und zwar ein Gehorsam äußerst radikalen Charakters. Es sind durchaus Situationen denkbar, in denen der Christ hoffend und vertrauend einen Weg sieht, wie seine gewaltlose Liebe wirken kann, um das erwünschte Ergebnis zu zeitigen, aber unter der Dynamik der Jünger-
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schaff muß er auch dann den W e g der Gewaltlosigkeit wählen, wenn er die Konsequenzen nicht absehen kann - und sogar dann, wenn er mit unerfreulichen Folgen rechnen muß. Das Paradigma hierzu ist Jesu Tod am Kreuz. Dieser Tod erwies sich als endgültiger Sieg über das Böse, die wünschenswerteste Folge, die denkbar ist. Doch es bedurfte einer Auferstehung, um aus diesem Sterben einen Sieg zu machen - und die Auferstehung kennzeichnete die Einführung eines qualitativ neuen Elements, das unmöglich aufgrund des Kreuzes selbst zu erwarten, ja das nach menschlichem Ermessen überhaupt nicht denkbar war. Jesus ging nicht ans Kreuz in der Erwartung, auf diese Weise den Sieg zu erlangen; er ging ans Kreuz aus Gehorsam, und Gott krönte diesen Gehorsam mit dem Sieg. Mit der Gewaltlosigkeit ist es wie mit aller Jüngerschaft, obgleich das Unerhörte der Weigerung, sich zu verteidigen, die Ordnung deutlicher macht: christliche Gewaltlosigkeit geht von einem eschatologischen Glauben aus. Die Zukunft der Menschheit ist das Reich Gottes. Daß es sich um die Königsherrschaft Gottes handelt, bedeutet, daß es sich nach seinem Plan und nicht nach unserem richtet. Er kann dieses Reich also nur verwirklichen, wenn wir unsere eigenen Überlegungen aufgeben und den Schritt zu schlichtem Gehorsam tun - zu einem Gehorsam, der bis zum Tod am Kreuz führen kann - im Vertrauen darauf, daß Gott diesen Gehorsam gebrauchen kann und will, auch wenn ein so drastisches Eingreifen wie eine Auferstehung hierzu erforderlich werden sollte. Jesus ging so vor, daß er das Böse erschöpfte und auslöschte, indem er sich ihm widerstandslos stellte, alle Angriffe in sich absorbierte, anstatt das Böse in die Welt zurückzuwerfen, indem er sich ihm verschloß oder sich wehrte. Dies ist der W e g des Kreuzes, doch durch die Gnade Gottes kann das Kreuz selbst der W e g zur Auferstehung werden. Dies ist Jesu W e g zum Reich Gottes und es muß auch der W e g seiner Jünger werden. Dadurch wird klar, daß Gewaltlosigkeit sehr viel mehr ist als ein Standpunkt gegenüber dem Militärdienst allein. Hier geht es um die Haltung des Christen und der Kirche gegenüber der Welt und allem Bösen in der Welt überhaupt. Integrität Was die Brethren unter „Integrität" verstehen, läßt sich an dem Satz ablesen, der in jener Zeit gebräuchlich war, als man die Brethren an ihrem besonderen Gewand erkennen konnte. „Eines Dunkers W o r t ist so gut wie sein Pfand." Das war mehr als ein Schlagwort; in den Orten, in denen Brethren bekannt waren, akzeptierten Banken und Geschäftsleute tat-
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sächlich die Aussage eines Dunkers an Stelle von Pfändern, Unterschriften oder Verträgen usw. Man kann am wahrhaftigsten und hilfreichsten für andere da sein und der Gemeinschaft dienen, wenn man vollkommen vertrauenswürdig, direkt und ehrlich in all seinem Tun ist. Die Brethren glaubten sich durch ihre Jüngerschaft dazu verpflichtet. In direktem Zusammenhang mit der Integrität steht das Bemühen der Brethren, dem Verbot Jesu gemäß keinen Eid zu leiten. Die Lehre der Brethren fragt: 1. ob der Staat sowohl zuständig als auch berechtigt ist, Eide im Namen Gottes zu fordern (und das ohne Rücksicht darauf, ob sowohl derjenige, der den Eid leistet, als auch derjenige, der ihn abnimmt, an Gott glaubt); 2. ob einem Eid irgendwelche Macht innewohnt, die dazu beitragen könnte, daß man die Wahrheit sagt, oder daß das, was man aussagt, garantiert die Wahrheit ist. 3. ob die Eidesforderung überhaupt legitim ist, nämlich daß Integrität nur unter besonderen Voraussetzungen obligat ist. Die Verpflichtung des Christen zur Integrität geht Hand in Hand mit seiner Verpflichtung zur Jüngerschaft und seine Integrität ist nur durch die Hilfe Christi möglich; dem Eid irgendwelchen Rang einräumen, heißt, diese Gegebenheit verfälschen. Brethren erklären stets bereitwillig vor Gericht, daß sie sich bemühen wollen, die Wahrheit zu sagen; sie lehnen es ab, dem Eid hier eine besondere Bedeutung beizumessen. „Eure Rede sei ,Ja, ja und nein, nein* was darüber ist, ist vom Übel"(Matth. 5, 37). Das schlichte Leben „Das schlichte Leben" ist ein Begriff der Brethren, der die Beziehung des Christen zur Welt der Dinge und vor allem zu seinem Besitz umreißt. Er bezeichnet das Bemühen, den Lebensstandard zu finden, der Gottes Segnungen anerkennt, die er dem Menschen durch die „Güter" zukommen läßt, die er geschaffen hat, ohne daß diese Güter die hohen Werte des Glaubens aus dem Blick rücken dürfen. Soweit die Erfordernisse des Lebens „erforderlich" sind, gelten sie als Gaben Gottes. Sobald sie das Interesse eines Menschen zu beherrschen drohen, beeinträchtigen sie seine Verpflichtung zur Jüngerschaft. Das schlichte Leben schließt auch den Wunsch ein, einen Lebensstandard zu genießen, der der großen Masse der Menschheit zugänglich ist, und es gehört die Bereitschaft dazu, die eigenen Luxusgüter zu opfern, um dem Bruder das Notwendige zu schaffen. Es ist klar, daß dies keine Askese ist, den es nur um die Kasteiung des Leibes zum besten der Seele geht, und auch keine Verherrlichung einer Armut, die das Leben unwürdig und billig macht. Es ist vielmehr der
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Versuch, ein Gleichgewicht zu finden, das sich nicht definieren oder bestimmen läßt, eine Ausgewogenheit, bei der geistige Werte Vorrang haben und das Gute, das Gott geschaffen hat, bewahrt wird, ohne daß man das Gute an Gott selbst verliert. Im 19. Jahrhundert drohte die Verfälschung dieser Lehre, als man versuchte, das einfache Leben durch gesetzliche Verordnungen jedermann aufzuzwingen. Im 20. Jahrhundert besteht die Gefahr, daß die Lehre vollkommen verloren geht. D e m kann natürlich nur durch eine Gesamtbewegung zu radikaler Jüngerschaft hin entgegen gewirkt werden.
Reinheit W e n n ein Mensch wirklich „ f ü r andere" da sein soll, darf er zweifellos weder sein eigenes Leben noch das Leben anderer vergeuden, verzetteln oder verkürzen. Ein Mensch gehört sich nicht selbst, er gehört seinem Herrn, zum Besten seiner Brüder. „Reinheit" ist der Wunsch der Brethren, alles und jedes zu meiden, das einen Christen in seiner Fähigkeit und Wirksamkeit beeinträchtigen könnte und wodurch er nicht zu dem würde, das er sein könnte. Theoretisch bezieht sich „Reinheit" also auch auf so alltägliche Dinge, w i e zu reichliches Essen, zu viel Arbeit, Mangel an Muße und körperlicher Betätigung. Im Verlauf der Geschichte ist mehr Nachdruck gelegt worden auf Enthaltsamkeit von Dingen wie Alkohol, Drogen, Tabak, Pornographie und Liederlichkeit. W i e das „einfache Leben" gehört auch die „Reinheit" zu den Brethren Anliegen, die durch das moderne Leben untergraben werden. Der Genuß alkoholischer Getränke ist ein Beispiel. In der Vergangenheit war die Kirche stolz darauf, „die älteste Anti-Alkoholiker-Gesellschaft in A m e rika" zu sein. Diese Einstellung hat sich geändert. Aber ob nun das Eintreten der Kirche für völlige Abstinenz immer richtig war oder nicht, das Argument für radikale Jüngerschaft gilt heute noch ebenso wie bisher. W e n n ganz allgemein die Wirkung des Alkohols dem menschlichen Leben innerhalb der Gemeinschaft abträglich ist - und Statistiken über Alkoholismus, Verkehrsdelikte, Arbeitsversäumnis und Ehezerrüttung zeigen dies deutlich - dann muß ein Christ nach wie vor gegen dieses Übel dadurch protestieren, daß er den Genuß verweigert, wie er gegen den Militarismus dadurch protestiert, daß er sich weigert, dort mitzutun - und so geht es auf der ganzen Linie weiter.
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Fleiß „Fleiß" kennzeichnet Werte wie harte Arbeit, Verantwortlichkeit, Initiative und Sparsamkeit. Die Brethren schätzen sie seit jeher als Bestandteil des guten Lebens, das Gott dem Menschen zugedacht hat und als eine weitere Möglichkeit, seinem Mitmenschen zu dienen. Zweifellos kommt dieser Lehre beträchtlicher christlicher Wert zu. Das Problem jedoch, dem sich die Brethren (zusammen mit Kirche und Welt) gegenüber sehen, ist die Bewahrung dieser Werte im technologischen Zeitalter, das uns zwingt, den Arbeitsbegriff neu zu definieren und vielen Menschen Verantwortung und Initiative in der gewohnten Weise zu üben vorenthält. Ob die Lehre angepaßt werden kann an die Gegebenheit von Freizeit, Zerstreuung, kulturellen Bestrebungen und künstlerischer Betätigung, muß sich noch zeigen. Haushalterschaft „Haushalterschaft", der richtige und sorgfältige Gebrauch, den der Mensch von den materiellen Möglichkeiten macht, die Gott ihm zur Verfügung gestellt hat - ist ein weiteres Anliegen der Brethren, das kritischer Neubewertung bedarf. Haushalterschaft bedeutet oft einfach, daß man seine Zeit, seine Energie und vor allem seine Finanzkraft in den Dienst der Kirche und der Mitmenschen stellt - und das ist natürlich richtig. Aber für die Brethren beinhaltet Haushalterschaft noch eine weitere Verpflichtung. Bis vor sehr kurzer Zeit lebten die Brethren hauptsächlich in ländlicher Ordnung und Brethren-Landwirte waren sich bewußt, daß ihre Verpflichtung zur Jüngerschaft Verantwortung - ja sogar hebevolle Fürsorge - einschloß für das Land, das Gott ihnen anvertraut hatte. Sie waren aus religiösen Gründen auf Erhaltung der Natur aus, und damit in engem Zusammenhang standen ihr bereits erwähntes einfaches Leben und ihr Fleiß. Wenn die Brethren nun konsequent sein wollen, muß ihre Lehre ausgeweitet werden, andere Gebiete des Naturschutzes einzuschließen. Die Verschmutzung von Luft und Wasser, die Städteplanung, die Ausbeutung der Bodenschätze, der Wälder, der Erholungsgebiete usw. wären hier zu nennen. Da die ganze Erde des Herrn ist, und hier sein Reich erstehen soll, muß sich christliche Haushalterschaft so verstehen, daß sie sich der ganzen Erde anzunehmen hat.
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In unserer Zeichnung kommen wir nun zum Stamm des Kreuzes und entnehmen diesem die letzte Hauptüberschrift „Die Ordnungen". Unter dieser Rubrik erscheint, was man sonst die Sakramente nennt, doch die terminologische Abweichung weist direkt auf eines der wichtigsten Merkmale im Glauben der Brethren hin. Da dieses Thema im nächsten Kapitel dieses Buches eingehend untersucht wird, soll hier nur erwähnt werden, daß diese Ordnungen ein wesentlicher und lebenswichtiger Bestandteil des hier gezeichneten Gesamtbildes sind. Die Vorväter der Brethren taten diesen Schritt und wählten den Begriff „Ordnungen" absichtlich, um gewisse Folgerungen aus dem kirchlichen Begriff „Sakramente" zu vermeiden. Erstens glaubten sie nicht, daß den Elementen, die bei diesen Riten verwendet werden, irgendwelche sakramentalen Werte innewohnen. Die Brethren haben daher nie Verwendung für irgendeine ex opere operato Lehre gehabt (den Glauben, daß der Ritus eine Wirkung allein durch seinen Vollzug hat), für eine Lehre einer wirklichen Gegenwart von Christi Leib und Blut in Brot und Wein, für eine Lehre einer Wiedergeburt durch die Taufe, die das Wasser bewirkt. Zweitens lehnten die Brethren die „religiöse" Bedeutung des Sakraments ab und glauben nicht, daß der Vollzug dieser Riten Gott irgendwie beeinflussen und ihn veranlassen kann, seine Gnade anders zu verteilen, als ohne Vollzug des Ritus. Die Brethren üben ihre Ordnungen vielmehr als Handlungen des Gehorsams (der Jüngerschaft), als ein Drama, das von der Gemeinde sozusagen zu ihrer eigenen Auferbauung dargestellt wird. Gott hat ja bereits gnädig in Jesus Christus gehandelt und darin, daß er seinen Heiligen Geist gab. Sein Reich kommt, es wird in unserer Mitte verwirklicht, und seine Macht steht jetzt und hier zur Verfügung. Es ist also kaum angebracht, daß der Mensch Riten vollzieht, um Gott zum Handeln zu veranlassen. Der Mensch muß vielmehr viel aufmerksamer, aufgeschlossener und bereitwilliger werden, um die Gnade, die schon jetzt ohne System, Losung, Priester oder Sakrament frei erreichbar ist, anzunehmen. Die Ordnungen der Brethren sind „Gemeinde-Dramen", die der Herr unter seinen Jüngern eingesetzt hat, daß die Gemeinde vor ihren eigenen Augen und zu ihrem eigenen Besten die Quelle, und die Wirksamkeit, sowie das Wesen ihrer Verpflichtung zur Jüngerschaft im Gottesreich bildlich entstehen lassen könnte. Also suchen sich die Brethren in ihren Ordnungen daran zu erinnern, wer sie sind, wer ihr Herr ist, und welchem Reich sie als ihrem Ziel zustreben; sie wollen die Gnade, die sie in der Jüngerschaft erfahren haben, feiern und für diese Gnade danken; sie
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wollen ihre Verpflichtung zu ihrem Herrn und untereinander vertiefen; sie wollen sich auftun für neue Erleuchtung, neue Kraft, für eine bessere Nachfolge auf dem W e g ihres Herrn zu seinem Reich. Daß die Beschreibung der Glaubenssätze der Brethren nur oberflächlich möglich war, Heß sich nicht vermeiden. Die nachfolgenden Kapitel werden diesem Gerippe etwas mehr Fleisch verschaffen. Kehren wir jedoch zum Ausgangspunkt zurück: „Glauben" war für die Brethren nie ein theologisches System, sondern es geht dabei u m eine Entdeckungsfahrt in die Jüngerschaft hinein, u m den Versuch, herauszufinden, was es bedeutet, eine Karawane zu sein, die dem Kundschafter folgt auf dem W e g in das kommende Reich.
Kapitel 4 LITURGIE DALE W .
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ie Art der Liturgie der Brethren ähnelt dem neutestamentlichen Gebrauch dieses Wortes. Es geht dabei nicht nur um die Art der A n betung der christlichen Gemeinde sondern gute W e r k e und Taten der Nächstenliebe sind eingeschlossen (2. Kor. 9, 1 2 ; Phil. 2, 30). Das sakramentale Leben findet im Alltag statt. Das wahre Mysterium ist die Gegenwart des Geistes Jesu Christi im gesamten Leben seines Volkes. Symbole, Ordnungen und Bräuche werden sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kirchengebäudes gepflegt. Beispielsweise ist der Ritus der Taufe nach innen verlegt worden, doch das früher übliche Untertauchen in Flüssen, Bächen und Seen bleibt als gültiges Erbe. Die Krankenölung kann in einer Wohnung oder in einem Krankenhaus vollzogen werden. D i e Weigerung, einen Eid zu leisten, wird in bezug auf den Staat sichtbar. Heute nennt man Gebäude zur Anbetung und Zusammenkunft Kirchen, aber als frühere Generationen mit den Versammlungen aus den Wohnungen in schlichte Gebäude umzogen, verwendete man den Begriff „ V e r sammlungshaus". Man vermied den B e g r i f f , , K i r c h e " und „Altarstätte", da diese W o r t e der Beschreibung der Aktivität des Volkes Gottes v o r behalten waren. Das V o l k Gottes geht nicht in die Kirche, es ist die Kirche. Diese Theologie des Versammlungshauses war der Hinweis darauf, daß das ganze Leben heilig ist; man kam in einem Haus zusammen, u m diese Wahrheit zu zelebrieren. Die Brethren zögerten lange, ehe sie sich dem Zyklus des Kirchenjahres unterwarfen. Ihre Reaktion auf eine scharfe Trennung zwischen religiösen Feiern und der Anwendung auf das Leben führte zu einem Vorurteil gegenüber den üblichen Festzeiten w i e Advent, Weihnachten, Heiligenfesten und der Passionszeit. Eine bemerkenswerte Ausnahme machte Pfingsten, das schon früh als Zeitpunkt für die großen jährlichen Versammlungen (Jahreskonferenz) gewählt wurde. Man hat behauptet, Katholiken und Anglikaner gingen zur Andacht und zum Gottesdienst in die Kirche, und Angehörige der reformierten Tradition, u m im W o r t Gottes belehrt zu werden, die Brethren aber versammelten sich, um einander zu sehen. Man darf wohl sagen, daß dies eine
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allzu große Verallgemeinerung jeder der genannten Traditionen ist, denn den Brethren geht es vor allem um das paulinische Gebot, sich zu versammeln, sowohl um gemeinschaftlich Anbetung zu pflegen, als auch zu korrekter biblischer Interpretation und Instruktion. Man glaubt jedoch, daß oft etwas Sakramentales bei der Begegnung von Angesicht zu Angesicht gegenwärtig zu sein scheint. Wegen dieser herzlichen Zwanglosigkeit und dem „Low Churck"-Charakter mancher Sonntagsgottesdienste, entstand oft der Eindruck, daß die „Kirche der Brüder" nicht sehr liturgisch sei. Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch eine reiche liturgische Tradition mit vereinigender Dynamik inmitten einer Vielfalt von Formen. Ordnungen Die Brethren weichen vom sakramentalen Sprachgebrauch ab, wenn sie in bezug auf ihre vielen durch ihren Bund besiegelten Handlungen von Ordnungen sprechen. Das könnte auf ihr Bestreben zurückzuführen sein, dem Neuen Testament zu folgen, das das Wort Sakrament oder Gnadenmittel nicht verwendet, dennoch aber auf Handlungen hinweist, die von Christus eingesetzt und von den Aposteln empfohlen wurden. In ihrem Wunsche, den Geboten Jesu zu gehorchen und dem Vorbild der neutestamentlichen Gemeinde zu folgen, verstanden sie Ordnungen als in die Tat umgesetzten Gehorsam. Liturgischen Bräuchen innerhalb und außerhalb des Kirchengebäudes kommt besonderer Rang zu, wenn sie in irgendeiner Weise zu einer neutestamentlichen Begebenheit in Beziehung stehen. Obgleich nicht immer erfolgreich, haben sich die Brethren bemüht, eine sklavische Gesetzlichkeit zu vermeiden. Alexander Mack, der Führer der frühen Bruderschaft, lehrte, daß „Nicht um der Tauf willen, sondern nur dem Glauben an Christum das ewige Leben verheißen ist." Dennoch wird ein Glaubender von selbst den Wunsch haben, dem Gebot zur Taufe zu gehorchen1. Ein Verfasser des 19. Jahrhunderts spricht von dem biblischen Gebot, einander mit dem heiligen Kuß zu begrüßen, meint jedoch, daß der förmliche Kuß nie und nimmer an sich schon Erfüllung der apostolischen Absicht sei. „Mehr als äußere Form muß vorhanden sein, um ihn zu heiligen 2 ." Dennoch haben fruchtlose Formalität und Gesetzlichkeit zuweilen die Bruderschaft heimgesucht. Zeitenweise lehrte man, daß die Gebote einfach darum zu befolgen seien, weil sie im Neuen Testament stehen. Zu anderen Zeiten verhieß man besonderen Lohn für diese Art von Gewissenhaftigkeit. Doch die Brethren waren nicht legalistisch in der Festlegung einer genauen
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Anzahl von Ordnungen. Protestantisch ist ihre Betonung von Taufe und Liebesmahl (zu dem auch die Eucharistie gehört) vor anderen Riten. Aber hinsichtlich anderer Bräuche ähneln sie mehr den Katholiken. Dazu gehören die Fußwaschung, das Agapemahl, die Krankenölung, das Auflegen der Hände, der heilige Kuß, das Bedecken und Entblößen des Kopfes, die Ablehnung des Eides und des Rechtsstreits. Sie betonen ferner die Heiligkeit der Familie und die eheliche Treue und lehnen die Ehescheidung ab. Durch die Reaktion auf die Gesetzlichkeit, ein schwindendes Interesse an einigen der obengenannten Ordnungen und zunehmende Verbindung mit anderen Protestanten, bezeichnen viele heutige Brethren Taufe und Abendmahlsgottesdienst als Sakramente. Viele nennen diese Handlungen noch immer „Ordnungen", während viele andere nach einer geeigneteren Bezeichnung suchen. So unterschiedlich die Brethren heute die Begriffe wählen, so verschiedenartig ist auch ihr theologisches Verständnis dieser Handlungen. Praktisch alle würden es bestreiten, daß die Elemente wie Wasser und Brot an sich sakramentalen Wert besitzen. Viele wären mit Zwingli der Auffassung, daß die Elemente Symbole sind, die auf religiöse Wahrheiten hinweisen sollen. Manche sehen auch wie Paul Tillich in diesen Akten machtvolle Symbole, die nicht nur über sich hinausweisen, sondern an jener Realität teilhaben, auf welche sie hinweisen. Andere betonen die wahre Gegenwart Christi in seinem Leibe, dem Volk, mehr als in den Elementen. Dieser Pluralismus theologischer Deutungen ist in gewisser Hinsicht typisch für die Brethren, die an gemeinschaftlichen Handlungen der Tradition teilnehmen, ohne dogmatische Formulierungen zu besitzen.
Die Taufe Die Namen, die man den ersten Brethren gab - „Täufer", „Neutäufer" und „Tuncktäufer" - deuten auf ihre Identifizierung mit dem anabaptistischen Zweig der Reformation und auf ihre Taufweise durch Untertauchen hin. Zur typischen Brethren-Tauie gehören folgende Handlungen. Der Gläubige nimmt im Wasser eine kniende Haltung in Gegenwart der Gemeinde ein. Nach einem öffentlichen Bekenntnis des Glaubens und einem Gelöbnis der Treue zu Jesus und seinen Lehren und zur Gemeinde, wird der Täufling dreimal untergetaucht: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes." Dann legt ihm der Pastor die Hände aufs Haupt und betet um die Vergebung der Sünden und die Gegenwart des Heiligen Geistes. Im Schrifttum früherer Brethren finden
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sich sehr viel mehr Hinweise auf die Taufe als in den letzten Jahrzehnten. Eine Karikatur der Predigt der Brethren im 19. Jahrhundert ging dahin, daß ganz gleich welcher Text gewählt worden sei, der Ausleger immer auf die Taufe zu sprechen komme. In den Pioniergebieten Amerikas ging es in vielen öffentlichen Debatten in Schulhäusern zwischen BrethrenÄltesten und Vertretern anderer Traditionen um diesen Ritus. Die Apologeten der Brethren verteidigten die Gläubigentaufe energisch gegen die Kindertaufe. Sie zitierten die Kirchenväter und Luther als Verteidiger der Taufe durch Untertauchen gegenüber dem Besprengen und Begießen, das in anderen Bekenntnissen üblich ist. Und sie hatten viele Argumente für das dreimalige Untertauchen nach vorwärts gegenüber dem einfachen Untertauchen nach rückwärts bei anderen BaptistenGruppen. Diese Debatten über Einzelheiten verdrängten oft die tiefere Bedeutung und die eigentlichen Anliegen. Wichtiger als die Form war stets die zugrunde hegende Theologie der Taufe. Hier geht es um die Beziehung von Christ und Gemeinde zur Gesellschaft. Die Brethren gehörten wegen ihrer Ablehnung jeglichen Gedankens an ein Corpus Christianum und jeder bedingungslosen Gefolgschaft gegenüber irgendwelchen Obrigkeiten als der Herrschaft Christi und der biblischen Norm zu den Anabaptisten. Der Glaube muß die freie Antwort voll verantwortlicher Menschen sein. Alexander Mack Jun. schrieb, daß taufgesinnte Menschen ihre Kinder nicht taufen lassen, weil „sie festiglich glauben, daß der Bund Gottes unter der Haushaltung des neuen Testaments lauter freywillige Liebhaber Gottes und seiner Wahrheit fordert" 3 . Mit dieser Betonung der Freiwilligkeit, der religiösen Freiheit und der Trennung von Kirche und Staat gehören die Brethren zur breiteren freikirchlichen Tradition. Andere haben die Brethren hier oft eines einseitigen Individualismus und der Werkgerechtigkeit beschuldigt. Ihr Eintreten für die Verpflichtung und Entscheidung des Einzelnen schien der früheren und wichtigeren Betonung der Gnade Gottes zu widersprechen. Wie man diesen Angriffen begegnete, läßt sich den ähnlichen Ansichten von Alexander Mack Sen. hinsichtlich der Kindertaufe entnehmen. „Also wenn ein Kind stirbt ohne die Wassertaufe, so schadet es ihm gar nichts ... Die Kinder sind in Gnaden um des Verdienstes Jesu Christi willen, und werden aus Gnaden selig 4 ." Brethren-Familien weihen ihre kleinen Kinder in Gegenwart der Gemeinde dem Herrn um die Priorität der Gnade Gottes und ihre Übermittlung durch die Gemeinde darzutun. In den letzten Jahren werden immer häufiger Gemeinde-Pateneltern gewählt, die den Eltern zur Seite stehen, um dies Anliegen der Liebe zum Ausdruck zu bringen. Auch auf andere Weise ist man bemüht, die Kinder von der Liebe der Gemeinde
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durch Unterweisung, Andacht und Gemeinschaft umschließen zu lassen. Aber der Akt der Taufe selbst und die biblischen Metaphern von Wiedergeburt, Sterben und Auferstehen weisen auf das Zusammenwirken von göttlicher Gnade und Glaubensantwort des einzelnen Gläubigen hin. Die freiwillige Glaubensantwort des Gläubigen bedeutet nicht nur Freiheit von politischer und kirchlicher Herrschaft, sondern weist auch auf eine lebendige Verbindung zur Gemeinde hin. Vor der Taufhandlung werden oft die Stellen aus dem 18. Kapitel des Matthäus-Evangeliums gelesen und besonders hervorgehoben, in denen von der Beilegung von Streitigkeiten und der Notwendigkeit, dem Bruder zu vergeben, die Rede ist. Der Taufhandlung folgt die „Bestätigung", das Auflegen der Hände. Obgleich man Anschauungen wie die der Wiedergeburt durch die Taufe ablehnt, daß also der Ritus der Kirche errettet, legen die Brethren doch großen Wert auf eine enge Verbindung zwischen der Taufe und der Mitgliedschaft in der Gemeinde. Ein Unterschied zwischen ihnen und den River Brethren (den heutigen Brethren in Christ) zu Ausgang des 18. Jahrhunderts, kann dazu beitragen, die ekklesiologische Bedeutung der Taufe zu verdeutlichen. Die River Brethren gingen aus der pietistischen Erweckungs- und Evangelisationsbewegung im Amerika der Kolonialzeit hervor. Sie übernahmen die Tauf weise der Brethren, weigerten sich jedoch, auch das Handauflegen mit der Bitte um den Heiligen Geist zu übernehmen. Für sie dokumentiert sich das Wirken des Geistes am stärksten in der Bekehrung, die der Taufe voraus ging und diese nach sich zog. Aber die Vorläufer der heutigen „Kirche der Brüder" hielten sich an den Bericht im 8. Kapitel der Apostelgeschichte und an die Bekehrung des Paulus selbst, bei der nach der Taufe und der Vision, in der Christus dem Paulus auf dem Weg nach Damaskus erschien, die Hände aufgelegt wurden. Ohne daß man das Wirken des Geistes vor der Taufe verneinte, glaubte man doch, daß der Heilige Geist sich in besonderer Weise in der Gemeinschaft der Gläubigen bekundet. Die Kirche ist nicht nur ein freiwilliger Zusammenschluß bekehrter Christen, sie ist ein Vermittler des göttlichen Erlösungswerks. Im Auflegen der Hände wird angedeutet, wie Gottes Gnade durch das Leben anderer Menschen, durch die Gemeinde vermittelt wird. Mehr und mehr kommt man zu einem erneuten theologischen Verständnis, wonach die Taufe eine Ordination zum allgemeinen Priestertum ist. Das Vorbild ist die Taufe Jesu, die mit dem Beginn seines öffentlichen Auftretens und seiner wirklichen Identifizierung mit dem Sünder zusammen fiel. Peter Miller, der den Brethren der Kolonialzeit nahe stand, definierte die Taufe Jesu als „eine Weihung zu seinem Mittleramt" 5 . Wir sind berufen, an dieser Aufgabe Jesu mitzuwirken. In der Taufe nehmen
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wir unsere Erwählung an. Durch die Taufe werden wir nicht für den Himmel sondern von unserer Ich-Bezogenheit erlöst, damit wir Menschen für andere sein können. Damit soll der Dienst an der Welt beginnen. Heute wird weniger Wert auf die äußere Form der Taufe gelegt, obgleich man in ihrer Durchführung kaum davon abweicht. Die Urethren haben eine offene Mitgliedschaft, sie nehmen Menschen aus anderen Bekenntnissen aufgrund ihrer bereits erfolgten Taufe und des Bekenntnisses ihres Glaubens auf. Manche meinen, die meisten grundlegenden Unterschiede seien verschwunden, da die Kinderweihe bei den Brethren im wesentlichen der Kindertaufe und die Taufe der Brethren der Konfirmation in anderen Traditionen entspricht. Andere kritisieren, daß man praktisch zur Kindertaufe übergehe, da das Taufalter immer mehr herabgesetzt wird vom späten Jünglingsalter auf zwölf Jahre oder in manchen Fällen sogar noch früher. Man glaubt, dadurch den Grundsatz der Freiwilligkeit zu verletzen, wenn man zur Taufe in einem Alter auffordert, in dem die Zustimmung leichter gegeben wird. Man sähe lieber eine Rückkehr zur früher geübten Gläubigentaufe, die in den meisten Fällen zeitlich mit der Persönlichkeitskrise zu Ende des Jünglingsalters zusammenfiel. Heute erteilt man oft Vorbereitungsunterricht auf die Kirchenmitgliedschaft vor oder zu Beginn des Jünglingsalters, und dieser geht der Taufe voran.
Das Liebesmahl Historisch gesehen ist das Liebesmahl der Höhepunkt des liturgischen Lebens der Brethren. Zur Vorbereitung auf das Liebesmahl pflegten die Diakone den jährlichen Gemeindebesuch in jeder Familie der Gemeinde zu machen, um zu fragen, ob die Mitglieder noch im Glauben ständen, in Frieden und Einigkeit mit der Gemeinde lebten, und noch immer bereit waren, mit den Brethren nach einem Zunehmen an Heiligung zu streben. Die Familie bekam Gelegenheit, der Gemeinde solche Anliegen zur Kenntnis zu geben, von denen sie glaubte, daß sie für deren Wohlergehen und ihren Dienst von Bedeutung waren. Wenn die Mitglieder in genügender Eintracht waren, wurde der Tag für das Liebesmahl bekanntgegeben. Große Menschenmengen, darunter auch Brethren aus benachbarten und weiter entfernten Gemeinden und oft zahlreiche Besucher, versammelten sich, um die unentgeltliche Gastfreundschaft von Verpflegung und Unterkunft der gastgebenden Gemeinde zu genießen. Mit einer Predigt am Sonnabend bereitete man sich auf das drei bis fünf Stunden dauernde Liebesmahl vor, das am Samstag Abend begann. Das
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Wochenende wurde beschlossen mit Gesang, Gebeten und Ermahnungen am Sonntagmorgen und mit einem gemeinsamen Essen. Das Wochenende des Liebesmahles gab der Jugend Gelegenheit, sich zu treffen. Für die Brethren war es ein großes geselliges Ereignis, aber häufig auch Attraktion für pöbelhafte junge Männer, die die Festlichkeiten störten; schließlich jedoch die Möglichkeit zum Zeugnis der Gemeinde vor Kindern, Gästen und Unruhestiftern. Im 20. Jahrhundert ist das Liebesmahl am Wochenende von kürzeren Gottesdiensten abgelöst worden, die oft am Weltabendmahlssonntag und am Gründonnerstag der Karwoche stattfinden. Neben zwei Liebesfesten haben manche Gemeinden zusätzliche Abendmahlsgottesdienste, ähnlich wie andere protestantische Gottesdienste, bei denen nur Brot und Kelch im Sonntagmorgengottesdienst gereicht werden. Der alljährliche Besuch der Diakone ist durch einen kurzen Gottesdienst, der der Selbstprüfung dient und dem Liebesmahl vorangeht, ersetzt worden. Durch diese Gottesdienste hat man versucht, die hauptsächlichen Ereignisse des letzten Abendmahls neu zu beleben. Das Liebesmahl beruht auf einem buchstabengetreuen Nachvollziehen des biblischen Berichts vom letzten Abendmahl. Der erste Teil des Gottesdienstes geht vom 13. Kapitel im Johannes-Evangelium aus. Jesus wusch seinen Jüngern die Füße und gebot ihnen, ebenso zu handeln. Der zweite Teil des Liebesmahles geht auf ein einfaches Agapemahl zurück, eine gemeinsame Mahlzeit, die am Tisch eingenommen wird. In der ßrei/iren-Uberheferung bildeten Männer und Frauen jeweils eigene Tischgemeinschaften. (Gelegentlich macht man es heute so, daß Familien zusammen sitzen können, und in diesem Falle wird die Fußwaschung in angrenzenden Räumen vorgenommen.) Am Tisch sitzend ißt man gemeinsam vom Brot und trinkt aus dem Kelch und setzt so den Brauch der Mehrheit der Christen fort. Während des ganzen Liebesmahles werden Choräle gesungen, Gebete gesprochen, Zeiten der Stille eingehalten, Bibelabschnitte gelesen und ausgelegt und vom Pastor und von verschiedenen Mitgliedern der Gemeinde Zeugnisse und Ermahnungen gegeben. Das Ganze ist das Liebesmahl. Mit dem Abendmahl meint man gewöhnlich nur die Mahlzeit. Heiliges Abendmahl und Eucharistie sind die gebräuchlichsten Bezeichnungen für den Teil, in dem Brot und Kelch gereicht werden. Die drei Teile, Fußwaschung, gemeinsames Mahl und Kommunion, haben sich im großen und ganzen durchgehend erhalten. Aber die Abweichungen in Einzelheiten sind unzählig. Alexander Mack Jun. berichtet, daß die Brethren die Fußwaschung ursprünglich nach dem Gemeinschaftsmahl und der Abendmahlsfeier übten, und später nach dem Gemeinschaftsmahl. Schließlich, als man von einem Bruder, der grie-
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chisch konnte, entsprechend belehrt worden war, nahm man die Fußwaschung zuerst vor 6 . Mehrere Jahrzehnte hindurch unterschieden sich die Brethren im Osten der Vereinigten Staaten von denen im Westen dadurch, daß die ersteren das „Doppelverfahren" (Double Mode) übten (einer wusch und ein zweiter trocknete die Füße jeweils mehrerer Brethren), während sich die letzteren an die heute gebräuchliche Form hielten, daß man sich vom Nachbarn auf der einen Seite die Füße waschen läßt und dann seinerseits dem Bruder auf der anderen Seite die Füße wäscht. Im allgemeinen tauscht man nach der Fußwaschung den brüderlichen Kuß. Eine Zeitlang gab es den besonderen Brauch den Bund der Bruderschaft dadurch zu besiegeln, daß man zwischen dem Gemeinschaftsmahl und dem Abendmahl den Friedenskuß tauschte. Dieser Brauch hat sich nur bei den Old German Baptist Brethren, einem Zweig der Kirche, erhalten. Die landwirtschaftlichen Gegebenheiten brachten einen Wechsel vom biblischen Hammelfleisch zu dem in der amerikanischen Landwirtschaft üblicheren Rindfleisch als Hauptbestandteil der Mahlzeit mit sich. Heute sind die Speisen von Gemeinde zu Gemeinde sehr verschieden. Die Temperenzbewegung in Amerika führte zu einem Wechsel vom biblischen Wein zum Traubensaft und Gründe der medizinischen Hygiene ließen die Einführung des Einzelkelchs an Stelle des Gemeinschaftskelches vernünftig erscheinen. Gelegentlich versuchte man, die Fußwaschung durch das Putzen der Schuhe oder das Abtragen des Geschirrs eines für den anderen als Zeichen des Dienstes zu ersetzen. Das traditionelle sauerteigfreie Brot und den Traubensaft versuchte man in einigen Gottesdiensten durch Elemente zu ersetzen, die zu einer gewöhnlichen Mahlzeit verwendet werden, wie Tee, Milch, Kaffee, Brötchen oder Kekse. Obgleich vielfach Neues versucht wird und große Freizügigkeit gegenüber Neuerungen herrscht, gehören zum Liebesmahl nach wie vor die Fußwaschung, ein Gemeinschaftsmahl, ein besonders gebackenes, ungesäuertes Brot und Traubensaft. Theologisch sehen die Brethren in der Liturgie des Liebesmahles die sichtbare Bestätigung eines ihrer fundamentalen Anliegen, den untrennbaren Zusammenhang zwischen den beiden Hauptgeboten. Gottes Liebe zu uns und unsere Liebe füreinander gehören zusammen. Die Theologie des Johannes ist hier die Grundlage: „Wenn wir einander lieben, bleibt Gott bei uns" (i. Joh. 4, 12). Der Ritus der Fußwaschung und das Gemeinschaftsmahl deuten auf die Liebe zum Bruder, zum Nächsten und zur Welt hin. Die Eucharistie symbolisiert das Leiden Gottes durch Christus für die Welt. Doch diese saubere Abgrenzung läßt sich nur schwer aufrecht erhalten; denn die Dreiheit der Teile bekundet die Realität der
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Gegenwart Gottes in der Gemeinde, die sein Leib ist. Im Liebesmahl feiern, bezeugen und beteiligen sich die Menschen an der Gemeinschaft und an der Mission des Leibes Christi. Die Fußwaschung wird mit der Lesung des 13. Kapitels des JohannesEvangeliums eingeleitet. Es wird oft das Symbol oder Sakrament der Knechtschaft genannt, aber auch die Auffassung des Johannes, daß die Waschung der Reinigung diene, ist Teil der Bedeutung. W i e die Taufe auf unsere Rechtfertigung und Wiedergeburt hinweist, so sehen viele Brethren in der Fußwaschung eine immer wiederkehrende Reinigung ohne welche man, wie Petrus, keinen Anteil an Jesus hat. Vergebung, Reinigung und Heiligung sind immer aufs neue nötig. Darüber hinaus sollte jeder Mensch bereit sein, zu dienen und sich dienen zu lassen, u m die Sünde der Selbstgefälligkeit, des Stolzes und des Machtstrebens zu bekämpfen. Darum sollte sich jeder die Füße waschen lassen. Auch hat jeder nötig, einem anderen die Füße zu waschen; denn dadurch werden wir gleichgestellte Glieder am Leib Christi, und beugen uns der N o t wendigkeit, die Rolle der Knechtschaft gegenüber der Welt auf uns zu nehmen. Als Liturgie mag das Waschen der Füße des Bruders zuweilen als unschön, unpassend und unästhetisch empfunden werden, aber gerade diese Eigenschaften haften oft den Dienstleistungen an, zu denen man durch sie geführt wird, nämlich Bettschüsseln zu leeren, Hungrige zu speisen, Nackte zu kleiden und offene Wunden zu verbinden. Manchen Brethren ist es peinlich, sich mit einem solchen Gottesdienst im Amerika des 20. Jahrhunderts zu identifizieren; andere meinen, daß die Art und Weise der Ausführung oft mehr Stolz als Demut erzeugt. Aber für viele Brethren ist die Fußwaschung nach wie vor ein wesentlicher und sinnvoller Bestandteil des ganzen Liebesmahles. Das Abendmahl der Brethren ist das Agapemahl, das zurückgeht auf die letzte Mahlzeit Jesu mit seinen Jüngern und die Hinweise, die Paulus dazu gibt (1. K o r . 1 1 , 2 0 - 2 1 ) . Andererseits ist das Mahl mehr als ein gesetzestreuer Versuch, den biblischen Bericht buchstabengetreu zu wiederholen. Das kommt bei Alexander Mack Jun. klar zum Ausdruck: „ D a n n Christus hat nicht gesagt, dasz man am Fuszwasschen, oder am B r o d brechen, seine Jünger solte kennen, sondern er sagte: Darbey wird Jedermann erkennen dasz ihr meine Jünger seyd, wann ihr Liebe unter einander habt 7 ." Darum hat man das Mahl auch oft als Symbol oder Sakrament der Brüderlichkeit bezeichnet. Das Mahl ist mehr als nur ein Beisammensein; es ist Beisammensein als göttliches Geschenk und als eschatologische Erwartung. Manche Brethren deuten in der Vorbereitung und im Verlauf des Liebesmahles das Mahl als Vorgeschmack des mes-
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sianischen Festmahls. Aus Gnaden darf die Gemeinde einen Vorgeschmack des Friedensbundes, den Gott letzten Endes der ganzen Menschheit zugedacht hat, genießen. Wenn sie das Brot mit dem Bruder brechen, es gemeinsam genießen und den Kelch trinken, zeigen die Brethren viel Gemeinsamkeit in Verfahren und Theologie mit anderen Kirchen. Man gedenkt und hat Anteil am Tod, der Erlösung und dem auferstandenen Leib Jesu. Das Brechen des Brotes bedeutet zerbrochen sein inmitten einer Gemeinschaft, die offen ist für die heilende Liebe. Der wahre Auftrag der Kirche liegt in ihrem eins werden mit dem Leib und Blut Christi, geopfert für die Welt. Die Brethren glauben weder an die Transsubstantiation der Elemente noch an das völlige Fehlen der wirklichen Gegenwart ihres Herrn. Immer häufiger kommt die Meinung zum Ausdruck, daß die wirkliche leibliche Gegenwart unseres Herrn im Leben der Seinen im Abendmahl erfahren wird. Andere Ordnungen Es gibt andere Traditionen, die aus den Ermahnungen des Neuen Testaments stammen. Die wörtliche Befolgung einiger davon hat manche veranlaßt, in den Brethren ein neutestamentliches Pharisäertum zu sehen, die Schaffung eines neuen Gesetzes aus den Geboten und Gebräuchen der frühen Kirche. Doch eine genauere Untersuchung dürfte symbolische Bedeutungen enthüllen, ähnlich der Bedeutung liturgischer Farben, Gottesdienstordnungen und besonderer Ornate in anderen Traditionen. Wenn Religion Leben ist, dann finden sich liturgische Handlungen in ethischem Kontext. Viele Brethren des 20. Jahrhunderts meinen, daß einige dieser Bräuche als adiaphora anzusehen seien, als Handlungen, denen keinerlei besonderer Wert oder Unwert innewohnt. Andere hingegen werten sie höher wegen ihres symbolischen und erzieherischen Wertes und ihrer biblischen Herkunft. Einige dieser Bräuche finden heute keine Förderung mehr durch eingehende Predigten und Belehrungen. Viele junge Leute und Mitglieder lernen sie nur durch ihre Familien oder ihre eigenen Erfahrungen kennen. Die Krankenölung geht auf Jak. 5, 1 4 - 1 6 zurück. Entsprechend dem biblischen Gebot geht die Initiative zumeist vom Kranken selbst aus. Gewöhnlich handelt es sich dann um mehr als nur eine leichte Krankheit, obgleich derjenige nicht in Lebensgefahr schweben muß. Manchmal wird dieser Dienst vor einer Operation erbeten. Früher führten zwei Alteste oder Pastoren die Ölung aus. Heute begleitet ein Altester oder ein anderes Gemeindemitglied den Pastor. Z u Hause oder im Krankenhaus
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wird, oft in Gegenwart einiger enger Freunde oder Familienmitglieder eine schlichte Andacht gehalten. Der Abschnitt aus dem Jakobus-Brief wird gelesen, Gelegenheit wird gegeben, die Sünden und den Glauben zu bekennen; ein kurzes Lied, ein Gebet oder ein Schriftabschnitt folgen, dann nimmt der Pastor Ol auf die Fingerspitzen und salbt die Stirn des Kranken dreimal - zur Vergebung der Sünden, zur Stärkung des Glaubens und zur Wiederherstellung des ungebrochenen Leibes. Dann legen die beiden Diener des Wortes dem Gesalbten die Hände aufs Haupt und beide sprechen ein Gebet. Kurze Abschiedsworte der Liebe und Ermutigung beenden gewöhnlich die Andacht. Zumeist suchen die Brethren zu vermeiden, daß der Glaube zu einem Werk gemacht wird, das körperliche Gesundheit garantiert, oder die Andacht zu einer manipulativen Handlung, deren Ziel es ist, Gott für die eigenen Zwecke zu gebrauchen. Auf der anderen Seite reden die Brethren auch nicht einem Naturalismus das Wort, der jede Möglichkeit eines wunderbaren göttlichen Wirkens ausschließt. Die Gebete sind so gehalten, daß sie dem Geist dessen entsprechen, der betete: „Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst" (Matth. 26, 39). Die Brethren haben Heilungen nie sehr publik gemacht. Sie hielten sich vielleicht oft zu wörtlich an das Gebot Jesu: „Sage es niemand" (Luk. 5, 14); und manche meinen, man sei oft sogar soweit gegangen, daß man die Mitglieder und die größere Gemeinde vom Wesen und Gebrauch der Ölung nicht ausreichend in Kenntnis gesetzt habe. W i r haben v o m Auflegen der Hände nach der Taufe und nach der Krankenölung gesprochen. Dieser Brauch wird auch bei der Ordinierung für das Predigtamt oder den Seelsorgedienst nach dem einjährigen Lizenziat geübt. Auch bei besonderen Einsegnungen zur Bevollmächtigung von Mitarbeitern im Hilfsdienst, Missionaren und Seelsorgern während der Schlußversammlung einer Jahreskonferenz kommt dieser Brauch zur Anwendung. Im 19. Jahrhundert tauchte die Frage auf, ob Diakone durch Handauflegen oder einfach durch Austausch von Kuß und Händedruck in ihr Amt einzuführen seien. In jüngster Zeit hat man bei verschiedenen Gelegenheiten im Zusammenhang mit besonderen Aufgaben und Gaben im Leben der Kirche und der Welt das Handauflegen geübt. Nach der theologischen Deutung in der Apostelgeschichte symbolisiert der Ritus, daß dem zum Dienst Ausgesonderten die befähigende Kraft des Heiligen Geistes gegeben ist. Für die Brethren steht diese Kraft in Zusammenhang mit der Liebe, Erwählung und Unterstützung der Gemeinde. Jahrzehnte lang hielt man es für unpassend, nach dem Predigeramt zu streben. Man glaubte, der Heilige Geist mache sich in der Berufung durch die Gemeinde deutlicher kund. In den letzten
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Jahrzehnten hat man jedoch die Berufung des Einzelnen, wie die Erwählung durch die Gemeinde für gleichwertige Kundgebungen des Heiligen Geistes angesehen. Wegen der vielen biblischen Hinweise auf die kniende Haltung beim Beten, nahmen die Brethren oft diese Stellung ein, allerdings in früheren Jahren sehr viel häufiger als in den letzten Jahrzehnten. Sie suchten auch den besonderen Anweisungen des Paulus zu folgen (i. Kor. n , 3-15) wonach die Frauen, wenn sie weissagen oder beten, den Kopf bedecken, die Männer aber den Kopf entblößen sollen. In einigen Teilen der Bruderschaft tragen noch immer alle Frauen einer bestimmten Gemeinde zum Gottesdienst einheitlich das traditionelle kleine, weiße Organdyhäubchen. In anderen Gemeinden wird es nur von einzelnen getragen, während bei vielen Gemeinden der Brauch praktisch verschwunden ist. Gegenwärtig herrscht in dieser Hinsicht große Freiheit und Rücksichtnahme auf die Gefühle und Gepflogenheiten anderer. In einigen Gemeinden erscheinen Gebetshäubchen in größerer Zahl während des traditionellen Liebesmahles. Im Gebiet der Pennsylvania Dutch, w o Mennoniten, amische Mennoniten und andere „schlichte Leute" leben, werden Gebetshäubchen und sonstige einfache Kleidung bei allen Beschäftigungen während der Woche getragen. Das Beachten der Vorschrift des bedeckten und unbedeckten Hauptes war nicht nur eine Folge des Bestrebens, den Lehren des Paulus zu gehorchen, sondern symbolisierte zugleich die Achtung vor Gott und dem Leben. Außerdem wurde dadurch oft das Verständnis der richtigen oder christlichen Rollenverteilung in der Berufung von Mann und Frau zum Ausdruck gebracht. Größtenteils verschwindet das religiöse Gewand, das für die Mitglieder der Gemeinde im ausgehenden 18., während des 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts charakteristisch war. Bei jeder Jahreskonferenz sind unter den Anwesenden weniger bärtige Brethren ohne Krawatten und mit breitkrempigen Hüten und gerade geschnittenen, schmucklosen Röcken und immer weniger schlicht gekleidete Schwestern in schwarzen Schutenhüten, Kleidern in gedeckten Farben und schwarzen Strümpfen. Tatsächlich war dies Gewand einmal ein mächtiges Symbol, das nicht nur auf die Hauptanliegen der Brethren, die Nonkonformität, Schlichtheit in Leben und Kleidung und das allgemeine Priestertum hinwies, sondern ein Teil davon war. Die Herkunft dieser Tracht ist unklar. Einige vermuten, daß sie bei den frühen Quäkern entlehnt wurde, um sich in der Friedensbewegung des Commonwealth von Pennsylvanien mit ihnen zu identifizieren. Heute kleiden sich die Brethren wie andere Leute. In einer Gesellschaft, in der der Militarismus dominiert, identifizieren sich jedoch einige Jugendliche, oftmals zum Leidwesen ihrer Eltern, mit den Frie-
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densbewegungen ihrer Zeit, indem sie eine andersartige Haartracht und Kleidung übernehmen. Wie bei den anderen neutestamentlichen Geboten nahmen die Brethren auch die fünf Hinweise in den Episteln, einander mit dem heiligen Kuß zu begrüßen, ernst. Der Kuß, verbunden mit einem herzlichen Händedruck zwischen Bruder und Bruder und Schwester und Schwester, ist kennzeichnend für die enge Verbundenheit der Bruderschaft. Im 19. Jahrhundert lehrte man, der Kuß sei eine Bekräftigung von Taufe, Fußwaschung und Ordination. Ein Mensch der gerade getauft oder ordiniert worden war, wurde mit Kuß und Händedruck oder nur mit einem Händedruck von Seiten der Gemeindemitglieder begrüßt. Folgende Erklärung erschien 1852 im Monthly Gospel Visitor: „In der Taufe begegnen wir unserem Bruder zum erstenmal auf dem himmlischem Weg als einen Glied am Leib Christi ... Bei der Fußwaschung zeigen wir durch den Kuß, daß die Liebe uns veranlaßt, diesen demütigen Dienst an einander zu tun ... Bei der Einsetzung eines Diakons, eines Lehrers usw. grüßen wir einen Bruder zum erstenmal in diesem Amt und zeigen unsere Bereitschaft, ihm die Last, die wir ihm auferlegt haben, dann auch tragen zu helfen 8 ." Großenteils ist der Kuß durch den freundlichen Handschlag als Begrüßungsform ersetzt worden, aber als Bestandteil der Fußwaschungszeremonie wird noch immer der Kuß getauscht. Die herzliche Begrüßung, die Mitglieder Neuhinzugekommenen und Pastoren entbieten, ist oft auf diesen Brauch zurückzuführen. Der Bergpredigt und dem Jakobus-Brief (5, 12) entnahmen die Brethren das Verbot hinsichtlich der Eidesleistung. Nicht nur Fluchen, sondern auch das Schwören von bürgerlichen Eiden war verboten. Vor Gericht haben die Brethren im Lauf ihrer Geschichte die Einstellung der Quäker und Anabaptisten geteilt, die es unsinnig fanden, auf ein Buch schwören zu sollen, das eben dies Schwören verbietet. Aus diesem Grunde nimmt man bei vielen öffentlichen Behörden Rücksicht auf diejenigen, die feierlich erklären oder versprechen, die Wahrheit zu sagen, anstatt sich einer Vereidigung bei der Unterzeichnung eines Rechtsdokuments und bei Erscheinen vor Gericht zu unterziehen. Wiederum ging es hier um mehr als nur die buchstabengetreue Einhaltung des Wortes. Grundsätzlicher war der pädagogische und symbolische Wert, auf ein grundsätzlich integres Verhalten zu verweisen, auf eine höhere Bindung als die an eine staatliche Obrigkeit und auf die Weigerung, das Sakrale vom Säkularen zu trennen. Die strikte Ablehnung von Eiden führte folgerichtig zu einem Vorurteil gegenüber geheimen, durch Eid gebundenen Gesellschaften. Obgleich
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Christen, zum Dienst an allen Menschen berufen sind, betonte man doch, daß sie nicht „am ungleichen Joch zusammen mit den Ungläubigen" (2. Kor. 6,14) ziehen sollten. Christen müssen völlig offen sein; sie dürfen nichts verbergen; sie sollen keine Bindungen eingehen, die diese völlige Aufrichtigkeit gegenüber ihren Brüdern beeinträchtigen könnte. Unter allen gegen eidgebundene Gemeinschaften vorgebrachten Gründen war der wichtigste wohl das Widerstreben, eine Form des Gemeindelebens preiszugeben, dessen Bindung Vorrang hatten und wonach Gemeinde als Musterbeispiel von Gottes Plan für die ganze Menschheit verstanden wurde. Vielleicht waren die Brethren hinsichtlich geteilter Loyalitäten zu argwöhnisch. Heute stellt die Zugehörigkeit zu einer eidgebundenen Gesellschaft die Kirchenmitgliedschaft nicht mehr in Frage, obgleich noch immer gegen derartige Bindungen gelehrt wird. Die Kirche betrachtete das Verfahren in Matthäus (Kapitel 18) als Richtlinie für die Beilegung von Streitigkeiten. Man sollte sich zuerst dem Bruder stellen, dann andere hinzu ziehen und, wenn nötig, die gesamte Gemeinde. In diesem Zusammenhang bestanden die Brethren auf dem von Paulus betonten Grundsatz (1. Kor. 6, 1-7), nicht vor Gericht zu gehen. Ein Bruder sollte nicht gegen einen anderen Bruder klagen. Er kann vor Gericht erscheinen, wenn er als Zeuge geladen wird. Er darf auch die Rechte anderer verteidigen. Aber er darf nicht vor ein weltliches Gericht bringen, was im Lebensbereich der Gemeinde beigelegt werden sollte. Er muß sich nach Kräften bemühen, mit allen Menschen in Frieden zu leben. Hier findet die Rolle des „leidenden Knechts" ihre bescheidene Verkörperung. Die Grundhaltung im Leben ist nicht die eines Menschen, der seine Rechte und Interessen verteidigt, sondern die eines Dienenden.
Versammlung zum Gottesdienst Obgleich den ersten Brethren Gebet und Unterweisung im Hause ein ernstes Anliegen waren, hatten sie nicht die Absicht, die regelmäßigen Zusammenkünfte zu gemeinsamem Gottesdienst zu vernachlässigen. Sie hielten den Sabbat oder den Tag des Herrn nicht so streng wie ihre puritanischen Nachbarn, doch wurde es zur Gewohnheit, bestimmte Zeiten für kirchliche Versammlungen und gesellige Zusammenkünfte festzulegen. In der Kolonialzeit und bis ins 19. Jahrhundert hinein kam man in vielen Teilen der Bruderschaft abwechselnd in den Häusern von Mitgliedern zusammen. Einige Mitglieder bauten in ihren Bauernhäusern Schiebetüren zwischen einigen Räumen ein, um die sich zum Gottesdienst versammelnde Gemeinde aufzunehmen. Große Versammlungen
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wie das Liebesmahl und die Jahresversammlungen hielt man oft in großen Scheunen. Der erste Kirchenbau wurde 1770 von der Muttergemeinde in Germantown errichtet. In anderen Gebieten hießen die ersten Bauten Liebesmahlhäuser und waren mit Küchen zur Zubereitung des Agapemahls und Dachstöcken für Übernachtungsgäste eingerichtet, wobei eine Wand den Frauen- vom Männertrakt trennte. Die Notwendigkeit, Küchen einzurichten, legte manchen die Vermutung nahe, daß diese durch die Brethren eingeführte Neuerung einen wesentlichen Anteil an dem typisch amerikanischen Phänomen der Bedeutung von Küche und Gemeinschaftsmahlzeiten im Leben der Protestanten hat. Die große Schlichtheit der Architektur und die Bezeichnung Versammlungshaus für das Gebäude, spiegelt das gleichheitliche ekklesiologische Verständnis der Gemeinde sowie die Unzufriedenheit mit der mehr institutionellen und förmlichen Gestaltung der Gottesdienste der großen Kirchen. Das Versammlungshaus hatte gewöhnlich zwei Eingänge, die Männer traten durch den einen, die Frauen durch den anderen ein. Die unbequemen Bänke hatten oft eine Rückenlehne, die sich herumklappen Heß, so daß sie bei den Liebesmahlen als Tischplatte dienen konnte. Die Wände waren kahl, es gab nur Haken, an denen die breitkrempigen Hüte und die schwarzen Schutenhüte während der Versammlung aufgereiht hingen. Holz befeuerte Öfen standen oft in der Mitte des Raumes. Es gab keine Kanzel, kein Lesepult und keinen Altar. Längs der Breitseite des Raumes standen lange Tische, an denen die Ältesten und Prediger saßen, die die Versammlung leiteten. Im amerikanischen Pioniergebiet mieteten die Brethren Schulhäuser, wenn sie öffentliche Debatten mit anderen über Lehrfragen führen, oder Singschulen und Evangelisationsversammlungen abhalten wollten. Je mehr sie jedoch in Ortsgemeinden Fuß faßten, desto mehr entwickelten sich die Versammlungshäuser zu Kirchen, deren Architektur mehr und mehr ein Abbild der protestantischen Nachbarkirchen wurde. Mit dem Entstehen des bezahlten Pastorats im 20. Jahrhundert trat die im Mittelpunkt auf einem erhöhten Podest stehende Kanzel an die Stelle der langen Tische. Heute trifft man immer häufiger den offenen Altarraum mit der Kanzel auf der einen und dem Lesepult auf der anderen Seite und einem Tisch in der Mitte, der manchmal Altar, manchmal auch Abendmahlstisch oder Anbetungszentrum genannt wird. Die Einführung der Sonntagsschulen gegen Ende des 19. Jahrhunderts machte Klassenräume für die christliche Unterweisung und einen Gemeinschaftsraum für besondere Zusammenkünfte und Mahlzeiten nötig. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bauten viele Brethren Gemeinden schöne Gebäude, die wie Kirchen aussahen und starken Andachtscharakter tragen. Das Haupt-
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merkmal zeitgenössischer Brethren-Architektur ist eine große Vielfalt der Größen und Stilrichtungen. Es gibt noch viele schlichte, kleine Versammlungshäuser, die eine gewisse Verbindung zur Vergangenheit vermitteln. Daß auch die Atmosphäre nicht verloren ging, beweisen die vielen geräumigen Gemeindeküchen, Gemeinschaftsräume und großen Foyers, w o man nach dem Gottesdienst zu zwanglosem Gespräch verweilt. Die anfängliche Gottesdienstordnung war durch Ungezwungenheit gekennzeichnet, indem die Ältesten einander aufforderten „fühlt euch frei, Brüder". Oft aber verständigte man sich vorher rasch oder die Prediger bereiteten ihre Ansprache im Voraus vor. O f t ergab sich ein Schriftwort als das Thema, über das verschiedene Prediger mit Bezug auf die Erläuterungen, die ein Bruder zuvor gegeben hatte, sprachen. Ein amerikanischer baptistischer Historiker, Morgan Edwards, gibt in seiner B e schreibung der frühen Brethren (1770) einige Hinweise auf ihre Gottesdienstform : „Ihre Kirchenführung und Zucht sind die gleiche wie die der englischen Baptisten, außer, daß jeder Bruder in der Gemeinde aufstehen darf, um durch Ermahnung oder Auslegung zu sprechen; und wenn sich dabei zeigt, daß ein Mann wegen seiner Kenntnisse und seiner Lehrfälligkeit auffällt, so wählen sie ihn zum Diener des Wortes und ordinieren ihn durch Auflegen der Hände unter Fasten und Beten und bekräftigen dies durch Handschlag. Sie haben auch Diakone; und alte Witwen als Diakonissen; und Ermahner, denen bescheinigt wird, daß sie ihre Gabe in besagter Weise gebrauchen dürfen. Sie bezahlen ihre Diener des W o r tes nicht, es sei denn durch Geschenke, obgleich sie das Recht haben, sie zu bezahlen. Auch bestehen die Diener des Wortes nicht auf diesem Recht, da sie Geben seliger halten als Nehmen. Ihre Vertrautheit mit der Bibel ist bewundernswert. Mit einem Wort, es sind rechtschaffene und fromme Christen, und sie tragen mit Recht die Bezeichnung .harmlose Tunker' 9 ." Im 19. Jahrhundert wurde der Gottesdienst durch die Prediger vermutlich mehr geleitet und bestimmt, als dem obigen Zitat zu entnehmen ist. 1887 schuf Henry B . Brumbaugh The Brethren s Church Manual containing the Declaration of faith, Rules of Order, how to conduct Religious Meeting etc. 1 0 (Das Brethren-Kirchcnhundbuch, das die Glaubenserklärung, die Ordnungsregeln wie eine religiöse Zusammenkunft abzuhalten ist, usw. enthält). Das letzte solcher Handbücher, Book ofWorship: Church of the Brethren11 konzentriert sich mehr auf liturgische Hilfen und weniger auf Lehrsatzaussagen. Heute findet man eine breite Verwendung von Material und Ideen aus anderen Kirchen und die Wahl, Gebetbücher
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und liturgische Handbücher vieler verschiedener Herkunft zu benutzen. Das beständigste Merkmal der Brethren Gottesdienste heute ist ihre immer größere Vielfalt. Es stimmt, daß einige Gemeinden sich sklavisch an den typisch protestantischen Gottesdienststil halten, wie er vor einigen Jahrzehnten üblich war. Andere sind vielleicht der Gewohnheit verfallen, jeder neuen Richtung zu folgen. Im großen und ganzen wird immer mehr von anderen Quellen geborgt und mit neuen Formen experimentiert. In einigen Gemeinden gab es eine Bewegung für hochkirchliche Liturgie mit Gemeindebeteiligung und großem Chor. Durch die Beliebtheit der Sommerlager der Brethren, der Zellgruppenbewegung und die Möglichkeit zu „ R ü c k sprache" nach dem Gottesdienst, hat sich jedoch die zwanglose Ordnung erhalten. Einige Beobachter im Amerika der Kolonialzeit hielten die Brethren für eifriger und feuriger als andere sektiererische Gruppen. Da die Brethren friedfertig und ordentlich in ihrem täglichen Leben waren, bezogen sich solche Bemerkungen zweifellos auf ihr Singen. Sie hatten zweifellos Anteil am pietistischen Erbe der Andacht, der erbaulichen Schriften und der Schaffung neuer Lieder. Die Solinger Brethren schufen viele neue Lieder, während sie im Gefängnis saßen. Im Vorwort des ersten BrethrenGesangbuches, Geistreiches Gesang-Buch12, wird die Absicht bekundet, daß „diese Lieder auch können dienen zur Erweckung und Freude desz Hertzens auf Jesum den Anfänger und Vollender desz Glaubens immer beständiger zu sehen" 1 3 . Die ersten Gesangbücher, die in Amerika gedruckt und fleißig gebraucht wurden, waren Die Kleine Lieder Sammlung (1826) und das englische Gesangbuch, A Choice Selection ofHymns (1834). Das letztere weist auf die notwendig gewordene Anpassung hin, die sich aus dem Ubergang von der deutschen zur englischen Sprache im 19. Jahrhundert ergab. Ursprünglich sangen die Brethren a capella, Orgeln und Klaviere gelangten erst in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in die Kirche. Die große Auswahl von Liedern und liturgischen Hilfen im heute gebräuchlichen Brethren Hymnal (Gesangbuch), weist auf die ökumenische Form des heutigen Brethren Gottesdienstes hin, denn das gegenwärtige Gesangbuch enthält eine große Anzahl von Social-Gospel-Songs, klassischen Chorälen des Protestantismus, Gospel-Songs aus der Zeit der Erweckungsbewegung und ältere und neuere ausgewählte Lieder von Dichtern und Komponisten aus Kreisen der Brethren1*. Die Gedichte und Lieder, die von Brethren geschrieben wurden, enthalten viele Hinweise auf Jesus. Sätze wie „Schaue auf Jesus", „Liebe zu Jesus" und „Jesu Schönheit" könnten auf eine Jesusmystik hinweisen. Die am
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häufigsten gebrauchte christologische Anrede, die Alexander Mack sen. verwendete, war „Herr Jesus". Eine solche Andacht widerspricht nicht dem Glauben an die Göttlichkeit Christi, sondern sie weist vielmehr auf eine starke Betonung seiner Herrschaft hin. Die Brethren haben sich oft mit dem Motiv der imitatio Christi der christlichen Frömmigkeit identifiziert. Diese Identifizierung mit dem Sinn und Geist des Jesus der Evangelien ist wohl eine der grundlegenden theologischen Folgerungen, die man aus dem Andachts- und dem liturgischen Schrifttum der Brethren ziehen kann. Die Brethren haben kein gemeinsames Glaubensbekenntnis, kein Gebetbuch oder liturgische Anweisungen. Die besitzen eine gemeinsame Tradition von Riten oder Ordnungen, gemeinsame ethnische Bande und eine jährliche Zusammenkunft zu Gemeinschaft, Inspiration und Abwicklung der Geschäfte. Ihr Gemeinschaftsdenken und Gemeinschaftsverhalten bildet die Grundlage für ihr theologisches und liturgisches Leben. Doch basiert ihre Tradition auf geistiger Aufgeschlossenheit für sich wandelnde Formen und Bräuche und für neue Erkenntnisse, die sich daraus entwickeln, daß sich die Gesamtmeinung aus dem Verständnis der Schrift bildet. Und inmitten der daraus folgenden Pluralität von Bräuchen und Lehren findet man sowohl die Spannungen als auch die Einheit der Bruderschaft.
Kapitel 5 VERFASSUNG W A R R E N F. G R O F F
ie „Kirche der Brüder" weiß um die Notwendigkeit definitiver Strukturen der KirchenVerwaltung. Diese Strukturen müssen den neutestamentlichen Richtlinien entsprechen. Sie müssen zugleich dem kirchlichen Leben und Auftrag dienen. Organisationsformen sind wichtig, aber sie sind nicht so heilig, daß sie über Kritik oder Veränderung erhaben wären. Verfahren müssen sich eindeutig dem Wert und den B e dürfnissen des Menschen unterordnen. Sie müssen mit Gottes Maßstab gemessen werden, der in Christus zutage trat „als ein Ratschluß, wenn die Zeit erfüllt wäre, daß alle Dinge zusammengefaßt würden in Christus, beides was im Himmel und auf Erden ist" (Eph. i , 10).
Definitionen Eine Verfassung besagt, wie sich eine Kirche für ihren Auftrag rüstet im Gehorsam gegen Christus und in dem Bemühen, der Welt nach Kräften zu dienen. Sie beschreibt die organisatorischen Verfahren, die sich aus dem ergeben, was die Kirche ist, und aus dem, wozu die Kirche berufen ist. Jesus selbst ernannte Jünger, die sich an seinem Auftrag beteiligen sollten (Mark. 3, 13-19). Er sandte sie auch zu dem Leben der Dienstbarkeit aus (Luk. 10, 1 - 1 2 ) . Eine Verfassung enthält sowohl formelle wie nicht formelle Elemente. Es gibt Versammlungen mit delegierten Vertretern sowie erwählten Ausschüssen und Komitees. Manche Mitarbeiter sind ehrenamtlich. Andere bekleiden bezahlte Posten. Außerdem wird eine bestimmte Tradition gewöhnlich durch den Einfluß charismatischer einzelner und ad hoc gebildeter Gruppen zusammengehalten und für bestimmte A u f gaben vereinigt werden. Solche Zellen spontaner Führung werden oft übernommen und zum Bestandteil offizieller Strukturen gemacht. Unser Thema kann ähnlich behandelt werden. Eine Verfassung bestimmt die Ausübung von Autorität innerhalb und im Interesse einer Gruppe. W e r hat die Macht, Entscheidungen zu treffen und auszuführen ? Das ist die Autoritätsfrage. Alle Mitglieder einer Kirche leisten einen wichtigen
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Beitrag als lebendige Glieder am „Leib Christi" (Joh. 1 5 , 1 , 1 1 ; Rom. 12, 4-5). Es gibt mancherlei „Gaben", die den Gesamtorganismus stärken und die Gläubigen rüsten „zum Werk des Dienstes" (Eph. 4, 12). Jede dieser Gaben ist wichtig für die Erhaltung des Glaubens und des Lebens der Nachfolge in der Welt. Die Gemeinde erkennt diese Gaben sowohl auf formelle als auf informelle Weise an, wie auch die Autorität von einzelnen und Gruppen, die besondere Verantwortung im Interesse der Gesamtgemeinschaft tragen (1. Kor. 16, 15-18). Wir können die folgenden Hauptgruppen der kirchlichen Organisation unterscheiden: Kongregationalismus: Die örtliche Gemeinde ist die höchste Autorität unter Gott. Presbyterianismus: Repräsentative Einzelne und Gruppen ernannter Laienvertreter sind die höchste Autorität unter Gott. Episkopalismus: Der Bischof ist die höchste Autorität unter Gott. Die bestehenden Traditionen zeigen diese Typen selten in reiner Form. Gewöhnlich sind alle Tendenzen in unterschiedlicher Intensität vorhanden. In jedem Falle vermischen sich individuelle und kommunale Aspekte der Autorität. Historische Erkenntnisse Außenstehende bescheinigten ¿enBrethren gewöhnlich strikten Kongregationalismus. Aber die Verfassung der „Kirche der Brüder" vereinigt schon immer verschiedene Tendenzen miteinander. Leitende Persönlichkeiten aus den eigenen Reihen sagen das sehr deutlich. I. D. Parker schreibt wie folgt: „Was ist also neutestamentliche Kirchenverfassung? ... Man kann sie eine ecclesiastische Demokratie, eine Herrschaft des Volkes durch das Volk und für das Volk nennen. Sie vereinigt mehrere Formen: 1. Sie ist demokratisch insofern, als die höchste Autorität bei den Mitgliedern liegt. 2. Sie ist republikanisch insofern, als die Kirche Repräsentanten wählt, die ihren Willen ausführen. 3. Sie ist kongregationalistisch in örtlichen Angelegenheiten aber gesamtkirchlich in allen Fragen der Lehre und Angelegenheiten mit allgemeinem Charakter. Die ,Kirche der Brüder' vertritt in bezug auf die Kirchenverfassung diese Meinung . . . 1 . " Sogar episkopale Züge sind zuweilen erkennbar. Vor allem im 19. Jahrhundert wurden einflußreiche Alteste gelegentlich Bischöfe genannt. V o m Bereich ihrer eigenen Ortsgemeinde erstreckte sich ihr Einfluß auf be-
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nachbarte Gemeinden. Gewöhnlich dienten sie als Vorsitzende bei verschiedenen Versammlungen. Im 20. Jahrhundert verlor das A m t des Altesten durch die häufige Tätigkeit v o n Laienvorsitzenden und die größere Rolle der Pastoren an Einfluß. Sogar der Brauch, Personen für das Altestenamt zu ordinieren, wurde aufgegeben, und es bleiben nur zwei Stufen der Auserwählung zum Dienst des Wortes: I. Der Prediger mit Lizenz und 2. der ordinierte Pastor. Doch anerkennt man auch heute noch die Gegenwart und Autorität besonders begabter Personen, deren Einflußsphäre innerhalb der Bruderschaft sehr weit reicht. Gleichzeitig neigen die Urethren als Gesamtkirche mehr zu rationalisierten und durchorganisierten Verwaltungsformen. Seit den ersten Anfängen gibt es Anzeichen für ein Bruderschaftsbewußtsein. Sogar 1723 erbaten dieBrethren in Germantown, Pennsylvanien, den Rat ihrer Glaubensgenossen, die noch in Europa waren, ehe sie einen Taufgottesdienst hielten. Es gab regelmäßige gegenseitige Besuche v o n Gemeinden untereinander zu gegenseitiger Erbauung, Beratung und Kirchenzucht. Es war üblich, Älteste aus benachbarten Gemeinden zu solch wichtigen Anlässen wie der W a h l von Dienern des Wortes, Gemeindeversammlungen und Liebes- und Abendmahlsgottesdiensten einzuladen. Im Lauf der Jahre kennzeichnet die Verfassung der Brethren das Gleichgewicht zwischen örtlicher Initiative und gesamtkirchlicher Verantwortlichkeit. Schon 1742 bildete die Bruderschaft feste Strukturen heraus. In jenem Jahr wurde erstmals eine Jahresversammlung gehalten (in neuerer Zeit wird sie als Jahreskonferenz bezeichnet und diese Bezeichnung soll hier weiter verwendet werden). Bald zeigte sich, daß die „Jahreskonferenz die höchste Autorität der ,Kirche der Brüder' in allen Angelegenheiten von Verfahren, Lehre, Verfassung und Kirchenzucht ist" 2 . Das gewährleistete eine dynamische Wechselwirkung zwischen örtlichen und gesamtkirchlichen Autoritätsformen. 1856 stimmte man der Bildung von Distrikten zu „ z u m Z w e c k e gemeinschaftlicher Versammlungen mindestens einmal im Jahr zur Beilegung von Unstimmigkeiten usw., um so die Geschäftsordnung unserer jährlichen Generalversammlung zu entlasten" 3 . Das war eine doppelte Versicherung, daß örtliche Gemeinden ins Joch gespannt wurden mit anderen Gemeinden eines bestimmten Gebietes zur gegenseitigen Ermahnung und Erbauung und zum Dienst. In welchem Maß die „Kirche der B r ü d e r " eine Verfassung hat, die Elemente örtlicher Autorität mit gesamtkirchlicher Autorität verbindet, wird oft diskutiert. Diese Frage hatte besonderes Gewicht bei einer der Hauptspaltungen innerhalb der Kirche. Im 19. Jahrhundert spalteten sich
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die Old German Baptist Brethren (Old Order) v o n der weiterbestehenden G r u p p e ab. Ihre Unzufriedenheit w a r teils damit begründet, daß es der Kirchenleitung nicht gelungen w a r , solche Neuerungen w i e Sonntagschulen, gefühlsbetonte Evangelisationsversammlungen, die Bekehrungen zu erzwingen drohten, die Abweichungen in der religiösen Tracht und die Entstehung v o n Institutionen f ü r höhere Bildung zu verhindern. Sie verlangten, daß die Entscheidungen der Jahreskonferenz f ü r alle verbindlich durchgeführt werden müßten, w e n n auch nur zur Verteidigung der bestehenden Ordnung. Auf der anderen Seite glaubten die Progressive Brethren, w i e man sie nannte, daß die Jahreskonferenz Neuerungen zu langsam durchsetzte. Sie traten f ü r eine ausgebildete Predigerschaft ein. Sie meinten auch, man solle sich weniger mit Fragen der Kleidung und des kirchlichen Ritus befassen. W e i l sie fortschrittliche R e f o r m e n wollte, neigte diese Gruppe dazu, örtliche Unabhängigkeit zu stärken und aufrecht zu erhalten. Sie w u r d e eine eigene B e w e g u n g , die als Brethren Church bekannt ist. Jede dieser abweichenden Gruppen ist überzeugt, der wahre N a c h f o l g e r der ursprünglichen Absichten der Schwarzenauer Brüder zu sein. U n d jede v o n beiden hat seit der Spaltung mit dem Verhältnis v o n örtlichen und gesamtkirchlichen Autoritätsformen zu kämpfen gehabt. M a n könnte auch sagen, die Old Order Brethren traten f ü r eine starke gesamtkirchliche V e r w a l t u n g mit geringer Freiheit f ü r örtliche Neuerungen ein. Wenigstens in ihren A n f ä n g e n betonten die Progressive Brethren die örtliche Initiative und lehnten stärkere Einflußnahme v o n seiten der größeren Versammlungen ab. In welchem Maße machte dies die eine G r u p p e f ü r Kontinuität mit der Vergangenheit empfänglich und die andere f ü r eine radikalere A b w e n d u n g v o n der Tradition ? Diese Frage w ä r e einer näheren Untersuchung w o h l wert. D i e Verfassung der Gruppe, die w i r auch weiterhin als Kirche der Brüder bezeichnen, spiegelt deutlich eine Wechselwirkung v o n Geben und N e h m e n zwischen örtlicher A u t o n o m i e und Verantwortlichkeit gegenüber der Gesamtkirche. W a s heute allgemein üblich ist, entstand bereits 1 9 1 1 . In jenem Jahr stand die Frage nach einheitlicher religiöser Tracht erneut v o r der Jahreskonferenz. M a n entschied, daß die altehrwürdigen W e r t e der Einfachheit und der A b k e h r v o n der W e l t in der Kleidung auch weiterhin aufrechterhalten werden sollten. Es w u r d e aber viel Spielraum gelassen f ü r örtliche Abweichungen v o n diesem Beschluß. D i e Jahreskonferenz erreichte einen Wendepunkt in ihrem Verhältnis zu den Distrikten und Gemeinden. Gemeinschaftliche Beschlüsse sollten mit Aufgeschlossenheit gegenüber der Heiligen Schrift und der Führung des Heiligen Geistes angenommen werden ohne starre Maßnahmen zu ihrer
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Durchführung und ohne demgegenüber, was in örtlichen Gemeinden vorging, gleichgültig zu werden. Entscheidungen der Gesamtkirche mußten ihre eigene Überzeugungskraft besitzen und die Gegebenheiten des Lebens und Wirkens der Kirche widerspiegeln. Darin bestand ihr wahrer Anspruch auf Autorität. Der gleiche Geist herrscht noch immer, wie einige Abschnitte aus einer Erklärung über die Verfassung zeigen sollen, die erst kürzlich von der Gesamtkirche angenommen wurde: „Die Jahreskonferenz ist die höchste Autorität der .Kirche der Brüder' in allen Fragen des Verfahrens, der Aufgaben, der Verfassung und der Kirchenzucht. Die Autorität der Konferenz beruht auf den, durch die Ortsgemeinden und Distrikte gewählten Delegierten, die als beratende Körperschaft unter der Leitung des Heiligen Geistes zusammen kommen. Die Beschlüsse der Konferenz sind Richtlinien für das gesamte Leben der Kirche und ihre Durchführung wird innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes erwartet. Diese Durchführung hängt nicht davon ab, daß sie nötigenfalls durch Erlaß erzwungen wird. Vielmehr sind Unterweisung, Beratung und Geduld die Merkmale der Brethren-Verfassung. Gruppen und einzelnen stehen Wege zur Revision offen, wenn Entscheidungen der Jahreskonferenz in Frage gestellt werden. Es ist wichtig, daß gegenseitiges Vertrauen und gemeinsame Verantwortlichkeit zwischen Ortsgemeinde, Distrikt und Gesamtkirche herrschen 4 ."
Leitprinzipien Die Verfassung, wie sie in der „Kirche der Brüder" verstanden und angewendet wird, unterliegt gewissen Grundrichtlinien. Die folgenden wurden von einem Untersuchungsausschuß ausgearbeitet und durch gesamtkirchlichen Beschluß angenommen: „ i . Die höchste Autorität ist Gott, geoffenbart in Jesus Christus. Alle menschliche Autorität ist nach diesem höchsten Maßstab zu werten. 2. Autorität wird formell durch organisatorische Strukturen und dazu berufene Personen ausgeübt, und nicht formell durch spontane Gruppierungen und natürliche Führerschaft. Diese Autorität wird ausgeübt in Rücksicht auf das Gewissen des einzelnen, auf Aufgeschlossenheit für neue Erkenntnis, auf die Annahme von Kritik und auf die Bereitschaft, sich von Beschlüssen aufgrund ihres tatsächlichen Wertes überzeugen zu lassen. 3. Die Autorität ist der Gemeinde Rechenschaft schuldig, die ihrerseits eifrig bemüht ist, den ,Sinn Christi' durch Bibelstudium, durch das Ge-
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sprach mit dem Bruder und durch ihre Bereitschaft für die Führung des Heiligen Geistes zu ergründen. 4. Der Grundsatz der .Freiwilligkeit' der Mitgliedsschaft und des Glaubens und der .Religion ohne Z w a n g ' , die beide fest in unserer Tradition wurzeln, lassen uns willkürliche Formen der Durchsetzung vermeiden, durch die die Freiheit einzelner oder ganzer Gruppen verletzt wird. 5. Der Brauch, daß sich der Bruder dem Bruder stelle, ist wesentlich für unseren Dienst in der .Priesterschaft eines für den anderen'. Unser anabaptistisches Erbe lehrt, daß .kein Mensch in das Reich Gottes gelangt ohne seinen Bruder'. Daher lehnen wir einen uneingeschränkten Individualismus ab, der der Gemeinde ihre Bedeutung für die Gestaltung des Lebens des einzelnen in der Nachfolge abspricht. 6. Offenheit gegen den Bruder reicht von der Ortsgemeinde über den Distrikt und die Gesamtkirche bis in die ökumenische Kirche hinein. Administrative Strukturen müssen beständig nach dieser N o r m überprüft werden: Ermöglichen sie den vollen und freien Austausch zwischen den Brüdern in Christus als ein kollektives Mittel, zur Erkenntnis des Willens Gottes für seine Kirche 5 ? " Ein kurzer Kommentar zu den vorangegangenen Abschnitten soll die Bedeutung der Verfassung noch weiter ausführen: 1 . Die Anerkennung Gottes als höchste Autorität ist eine Glaubenshaltung, die von allen christlichen Gruppen geteilt wird. Dieser oberste Grundsatz bestimmt den Tenor aller anderer Erwägungen. 2. Hier wird auf früher Gesagtes über die formellen und nicht formellen W e g e der Autorität eingegangen. Als zeitgenössisches Beispiel für spontane Gruppierung, wie sie sich hin und wieder bildet und wichtige Führerschaft für die ganze Bruderschaft stellt, sei die Brethren Action Movement genannt. Diese Bewegung ist erst kürzlich entstanden. Sie führt keine Mitgliederliste. Sie hat keinen offiziellen Status als ein Teil der normalen kirchlichen Struktur. Ihr zentrales Anliegen ist die Förderung verschiedener direkter Aktionen und von Selbstdisziplin, um das Zeugnis der Gesamtkirche für Frieden und Gerechtigkeit in der heutigen Welt sichtbar zu machen. O b ihr Charakter nun mehr oder weniger formell ist, muß die Autorität Einzelner und ganzer Gruppen durch Rücksichtnahme auf andersartige Standpunkte, Aufgeschlossenheit für neue Erkenntnis, Annahme brüderlicher Ratschläge und die Bereitschaft, beispielhaft und überzeugend den eigenen Standpunkt zu vertreten, eingeschränkt werden. 3. Die Autorität muß durch die Gemeinschaft der Gläubigen überwacht und geprüft werden. Aber die Gemeinschaft der Gläubigen ist nicht das
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Höchste. Dieser Rang gebührt Gott allein. Die Gemeinde ist nur in dem Maß verantwortlich, als sie offen bleibt für Christus und die Führung des Heiligen Geistes. Das wiederum verlangt eine ehrliche Konfrontation mit der Bibel und dem betreffenden Bruder. 4. Der Glaube ist ein freiwilliger Akt. Er setzt die umwandelnde Kraft Christi und seines lebendigen Geistes voraus. Er wird auch gefördert durch die Gemeinschaft der Gläubigen, die als historischer Übermittler der Gnade von einer Generation zur anderen dient. So gesehen ist Glaube zuerst Gabe, dann Aufgabe. Aber er ist kein automatischer Besitz. Er kann nicht durch obrigkeitlichen Erlaß übertragen werden. Glaube ist freie Antwort eines verantwortlich Handelnden. Darum gehören Erwachsenentaufe und Freiwilligkeit zusammen. In der Taufe wird das vorausgegangene Wirken Christi und seines Geistes gefeiert. Sie ist ein Gemeinschaftsereignis, in welchem ein Mensch seine Absicht bekundet, die A n forderungen der Jüngerschaft auf sich zu nehmen. Sie ist ein A k t der Erwählung zu dem Amt, das allen Gläubigen gemeinsam ist. „Freiwilligkeit" steht in engster Verbindung zu dem Grundsatz „Religion ohne Z w a n g " . Darum ist es besonders wichtig, daß die Beeinträchtigung der Freiheit einzelner oder ganzer Gruppen vermieden wird. Dieses regulative Ideal ist nicht zu trennen von dem Grundsatz, daß sich Verfassungsentscheidungen aufgrund ihres inneren Wertes und ihrer Überzeugungskraft empfehlen sollen statt durch willkürliche Maßnahmen erzwungen werden. 5. Die „Kirche der Brüder" fördert von je her persönliche Freiheit und örtliche Initiative. Gleichzeitig wird grenzenloser Individualismus in Frage gestellt. W i e kann ein Glied gedeihen, wenn es nicht teil hat an den lebensspendenden Kräften des ganzen Leibes ? W i r gelangen zusammen mit unserem Bruder und nicht als isolierte, sich selbst genügende Wesen ins Reich Gottes. W i r sind berufen, „Priester für einander" zu sein. Das ist ein sehr aktives Mandat. Mein Bruder ist ein auserwählter Mittler der Gnade Gottes an mich. Dafür bin ich meinerseits beauftragt, meinem Bruder auf seiner Pilgerfahrt zu reifer Jüngerschaft zu verhelfen. So sind individuelle Freiheit und Leben in der Gemeinschaft keine unvereinbaren Gegensätze wie Wasser und Öl. Sie vermengen sich und unterstützen einander, wenn Christus, dem Haupt des Leibes, wirklich als dem Herrn der Kirche gedient wird. 6. Gegenseitige Abhängigkeit des Bruders v o m Bruder zieht immer weitere statt engere Kreise. W e i l ich meine Freiheit in der Beziehung zu anderen Menschen finde, für die Christus auch gestorben ist, ergibt sich daraus, daß der Nächste in der Ferne wie auch der in der Nähe mein Bruder ist. Das weist den einzelnen von sich w e g auf alle jene, für die
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Christus sein Alles gegeben hat. U n d in diesem Sinn blickt die Ortsgemeinde auf den Distrikt, die Gesamtkirche, die ökumenische Kirche und schließlich auf jene größere Welt, die Gott so geliebt hat, daß er für sie seinen Sohn gab (Joh. 3, 16). Da Christus unsere Aufmerksamkeit nach außen richtet, unterliegen administrative Strukturen der Beurteilung durch eine eindeutige Norm. Verbinden uns diese Strukturen im weitest möglichen Sinne mit unseren Brüdern ? Sind sie genügend auf den Willen Christi abgestimmt, daß sie ein Ausbrechen aus der ihnen von Hause aus anhaftenden Neigung zu Engstirnigkeit und Beschränktheiten gestatten ? N u r dann ist ein Bruder frei einem anderen Mittel der Gnade zu sein. N u r dann sind wir ermächtigt, Gottes Willen für seine Kirche und seine Welt zu erkennen und zu befolgen. Strukturen der Kirchenverfassung U m bestimmte Strukturen der Verfassung innerhalb der „Kirche der Brüder" zu umreißen, beginnen wir am besten mit der örtlichen Gemeinde. Hier berühren Zweck und Vorrechte der Kirche das Leben des einzelnen am direktesten. Hier werden Gottes Wort und Gottes Liebe verkündigt und jedem angeboten, der ihrer bedarf. Hier werden die Anforderungen der Jüngerschaft - Fürsorge, Rechtschaffenheit und Vertrauen - gelehrt und zu eigen gemacht. Hier begeht man die Ordnungen und nimmt an ihnen teil. Hier werden Menschen durch die Taufe hineingenommen in den T o d und die Auferstehung Christi und dadurch zum Priestertum aller Gläubigen ordiniert. Hier werden die Gaben des Geistes erkannt und angewendet w o immer sich die ganze Gemeinde zum Dienst an der Welt verpflichtet. Das geistliche Amt ist in erster Linie eine Aufgabe, an der jedes Mitglied teilhat. Es gehört zum Vorgang der Musterung und Anwendung aller Gaben für die Mission der Kirche, daß einigen Menschen besondere Aufgaben im Interesse der Gesamtkirche übertragen werden. Hierzu gehören vielleicht geeignete Gottesdienste der Zulassung und Ordinierung für besondere Ämter. W i r haben gesehen, wie eine örtliche Gruppe dynamisch verbunden ist mit den breiteren gesamtkirchlichen Strukturen. Verantwortungsbewußtes Zuhören ist auf beiden Seiten erforderlich. Jede Gemeinde soll ihren eigenen organisatorischen Aufbau und ihre Verfahren in Übereinstimmung mit der Distrikts- und gesamtkirchlichen Verfassung entwickeln. Es herrscht keine Neigung dazu, allen örtlichen Gemeinden eine völlig einheitliche Verfassung oder Statuten aufzuzwingen. Die Gemeinden werden angehalten, ihre eigene Glaubenserklärung und
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Zielsetzung zu entwickeln. Die „Kirche der Brüder" hat kein offizielles Glaubensbekenntnis, dem sich alle unterwerfen müssen. Die Jahreskonferenz von 1964 stimmte einigen Richtlinien für die Organisation der Ortsgemeinden zu. Die folgende Glaubenserklärung wurde zu Annahme oder Abwandlung durch jeweilige Gruppen angenommen. Diese Gemeinde: 1. gründet sich auf den Glauben, daß es nur einen Gott gibt, einen persönlichen Gott und Vater, der in heiliger Liebe alles erschafft, erhält und bestimmt; 2. bekennt Jesus Christus als den Herrn der Kirche und allen Lebens; 3. glaubt, daß der Heilige Geist an Herzen und Sinnen der Gläubigen wirkt und so die Kirche durch das Evangelium schafft und erhält, indem er Weisung und Trost gibt und die Gläubigen mit ihrem Herrn und untereinander verbindet; 4. hält dafür, daß das Neue Testament das einzige Glaubensbekenntnis und Richtschnur des Glaubens ist. In der Heiligen Schrift ist Gottes Suche nach dem Menschen aufgezeichnet, die ihren Höhepunkt findet in Gottes Erlösungstat in und durch Christus. Gott spricht noch immer durch sein heiliges Wort und setzt sein Erlösungswerk durch dasselbe fort; 5. glaubt, daß das Evangelium die Frohe Botschaft ist, daß Gott in Christus war und die Welt mit ihm selbst versöhnt hat. Im Evangelium werden Gottes erhabener Wille und Christi erlösende Gnade geoffenbart; 6. hält dafür, daß die Kirche der Leib Christi ist und unter dem Auftrag des Herrn steht, getreu zu sein in der Annahme und Weitergabe der Frohen Botschaft in Wort und Werk; 7. ist sich bewußt, daß alle Mitglieder der Gemeinde, der Gemeinschaft der Gläubigen, verantwortlich sind für den Gesamtauftrag der Kirche; 8. nimmt den Auftrag der Kirche an, nämlich die Verkündigung und Erfüllung der Frohen Botschaft allen Menschen nah und fern, und die Unterweisung der einzelnen Gläubigen in christlichem Glauben und Leben 6 . Die Richtlinien der Gesamtkirche klären auch die Beziehung zwischen der Gemeinde und der gesamten Kirche Christi. Die Bemühungen auf lokaler Ebene werden nicht nur innerhalb der Gesamtkirche sondern auch mit allen übrigen christlichen Kirchen integriert. Hier gibt sich wieder das Bild des sich immer weiter ausbreitenden Kreises. Der einzelne Nachfolger Christi wird nach außen, auf seinen nächsten Nachbarn und auf seinen fernsten Nächsten hingewiesen. So richtet der Herr der Kirche auch die einzelnen Gemeinden auf jene anderen Gruppen aus, die zur ökumenischen Glaubensgemeinschaft gehören. Ja, die Haltung radi-
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kaier Aufgeschlossenheit richtet den Blick der Gemeinde auf jene Welt, die Christus gehebt hat, und für deren Erlösung er starb. W i r brauchen nicht alle Artikel und Bestimmungen anzuführen, die ein örtlicher Organisationsplan enthalten kann. Doch ist noch ein wichtiges Gebiet zu nennen. Die „Kirche der B r ü d e r " tritt heute grundsätzlich für eine offene Mitgliedschaft ein. Folgende Verfahren werden empfohlen: Mitglieder können aufgenommen werden (a) wenn sie ihren Glauben bekennen und durch dreimaliges Untertauchen getauft werden, wie es in der „Kirche der B r ü d e r " üblich ist; (b) wenn sie einen Überweisungsschein von einer anderen Gemeinde der „Kirche der B r ü d e r " oder von irgendeiner anderen evangelischen Kirche haben; oder (c) wenn sie erneut ihren Glauben bekennen. Die Mitgliedschaft in der Ortsgemeinde steht allen Menschen ungeachtet ihrer Rasse, ihrer Nationalität und ihres Standes offen 7 . Weiterhin gehört zur heutigen Verfassung der Brethren die Einteilung in Distrikte. 1856 genehmigte die Jahreskonferenz diese Einrichtung. Zehn Jahre später wurden folgende Richtlinien für ihre Verfassung und Verwaltung festgelegt: 1 . Eine geeignete Anzahl von Distrikten soll entsprechend den geographischen Gegebenheiten und Erfordernissen für wirkungsvollen Dienst gebildet werden (die Zahl änderte auch i m Lauf der Jahre und in jüngster Zeit geht der Trend zur Konsolidierung und Wiedervereinigung früher getrennter Einheiten). 2. Jede Gemeinde muß proportional vertreten sein (zunächst waren es weniger, heute sind je vier Abgeordnete für jede Gemeinde mit bis zu zweihundert Mitgliedern zugelassen und ein weiterer Deligierter für jedes weitere angefangene Hundert). 3. Distriktsversammlungen sollen sich eines einfachen Verfahrens ähnlich dem der Gemeindeversammlungen bedienen. 4. Keine Angelegenheit sollte vor die Distriktsversammlung gebracht werden ehe sie in der Gemeinde behandelt worden ist, aus der sie kommt. 5. Die Distrikte sollen nach Möglichkeit lokale Fragen selbst zu klären suchen. 6. Angelegenheiten, die die Gesamtkirche betreffen, sollen der Jahreskonferenz als sorgfältig formulierte AnHegen zugeleitet werden. Jeder Distrikt kann eine eigene Verfassung und eigene Bestimmungen aufstellen. Eine klare Zielsetzung, klarer organisatorischer Aufbau und Maßnahmen werden erwartet. Diese müssen mit den Zielen und der Verfassung der Gemeinden und der Gesamtkirche übereinstimmen. Trotz großer Freiheit zu unterschiedlicher Entwicklung in den einzelnen Distrikten, besteht eine wachsende Tendenz zu grundsätzlicher Uber-
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einstimmung und Vereinfachung von Formen und Bezeichnungen. Dies bezieht sich vor allem auf die Zusammensetzung der Konferenzdelegierten, die Aufgaben von Mitarbeitern und Ausschüssen, die Ernennung von Distriktsabgeordneten für den ständigen Ausschuß der Jahreskonferenz, die Beschaffenheit des Distriktausschusses, die Bezeichnungen und Aufgaben von Kommissionen und ständigen Ausschüssen, sowie auf die Unterteilung von Distrikten in kleinere Arbeitseinheiten. Seit 1936 war die Bruderschaft außerdem in fünf regionale Gebiete unterteilt. Jedes dieser Gebiete hatte eine zweckmäßige Organisarion mit einem Ausschuß, einem Exekutivkomitee und bezahlten Mitarbeitern. Die regionale Einteilung und ihr Wirkungskreis wurden zum Teil durch ihre eigene Leistungsfähigkeit überflüssig. Innerhalb der gesamten Kirche ist die Wirksamkeit der Distriktarbeit stärker geworden. Viele Distrikte sind bereits konsolidiert oder befinden sich zur Zeit in verschiedenen Stadien der Neuordnung. Fast alle beschäftigen bevollmächtigte Hauptleiter. Regionale Grenzen werden auch weiterhin bei so begrenzten Zwecken wie der W a h l von Abgeordneten zum Hauptausschuß der Gesamtkirche, der W a h l des Tagungsortes der Jahreskonferenz und der Unterstützung eines Colleges beachtet. Ein weiterer Z w e i g der Kirchenverfassung betrifft die Jahreskonferenz. Die erste gesamtkirchliche Versammlung dieser Art geht zurück auf das Jahr 1742. Nach 1830 werden die überlieferten Protokolle vollständiger. Seit 1877 sind die Namen aller wichtigen Konferenzmitarbeiter bekannt. Die Jahreskonferenz behandelt die Ansuchen, die aus den Gemeinden und Distriken kommen. Sie setzt Ausschüsse ein und nimmt Berichte entgegen, die sich mit allgemeinen Problemen im Leben der Gesamtkirche befassen. Sie erwählt Vertreter der Kirche bei anderen kirchlichen Körperschaften und in der Konziliarbewegung. Sie überprüft die gesamtkirchliche Arbeit, die von verantwortlichen Kommissionen und Ausschüssen ausgeführt wird. Die stimmberechtigte Körperschaft setzt sich zusammen aus den Delegierten, die direkte Abgeordnete aller Mitgliedsgemeinden sind. Außerdem werden auch Delegierte v o n den verschiedenen Distrikten ernannt. Die letzteren bilden den Ständigen Ausschuß, der ermächtigt ist, in besonderen Fällen zwischen den Jahreskonferenzen im Namen der Gesamtkirche zu handeln. Der Ständige Ausschuß bearbeitet Angelegenheiten, die als Tagesordnungspunkte der Vollversammlung vorgetragen werden sollen, empfiehlt Antworten auf Anliegen, entscheidet welche Angelegenheiten eine Verfahrensänderung mit sich bringen und somit eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten erfordern, und fungiert auch als Konferenznominierungsausschuß. Ein bevollmächtigter Ausschuß, der
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Zentralausschuß der Jahreskonferenz, arbeitet eng mit dem Ständigen Ausschuß bei der Durchführung seiner Aufgaben zusammen. Der Zentralausschuß hat vor allem die Aufgabe, die Programmplanung und allgemeine Vorbereitung der Jahreskonferenz auszuführen. Die Jahreskonferenz hat eine wichtige erzieherische und richtungsweisende Funktion. Hier kommen nicht nur die offiziellen Delegierten zusammen, denn die Teilnehmerzahl umfaßt gewöhnlich rund zehntausend Personen. Alle Altersgruppen sind in den verschiedenen Veranstaltungen während dieser W o c h e vertreten. Diese Zusammenkünfte tragen den Charakter großer Familientreffen. Predigten, Ansprachen, Bibelstunden und zahlreiche besondere Interessengruppen gehören dazu. All dies trägt dazu bei, das Bewußtsein der Zugehörigkeit zu einer Gesamtbruderschaft zu vertiefen. Die Berichte von Vertretern der Gesamtkirche bei anderen christlichen Körperschaften und bei nationalen und weltweiten Organisationen ökumenischer Zusammenarbeit halten das Bewußtsein der Einheit mit der gesamten Kirche Christi wach. Viele Punkte auf der Konferenztagesordnung dienen dazu, den Auftrag und die Anforderungen wirksamer Mission in der heutigen Welt zu fördern. Die Jahreskonferenz wählt einen Hauptausschuß von fünfundzwanzig Mitgliedern für eine begrenzte Amtszeit, der die verschiedenen Zweige der gesamtkirchlichen Aufgaben verwaltet. Die Aufgaben des Hauptausschusses werden ihrerseits von einem Generalsekretär und drei beigeordneten Generalsekretären durchgeführt. Die drei letzteren sind zugleich Hauptbevollmächtigte für: den Dienst in den Gemeinden, den Dienst an der Welt und Allgemeine Dienste. Der Hauptausschuß untersteht direkt der Jahreskonferenz. Er berichtet dieser regelmäßig über alle Belange der kirchlichen Arbeit. V o r allem durch die Jahreskonferenz wird das Bewußtsein der Zugehörigkeit des einzelnen, der Gemeinde und des Distriktes zur Gesamtkirche gestärkt. Der Einfluß dieser Struktur auf die Gruppe kann nicht genug betont werden. Die Einigkeit der „Kirche der Brüder" beruht nicht auf einem festgelegten Glaubensbekenntnis, abgesehen von der allgemeinen Berufung auf das Neue Testament als „einzige Richtschnur für Glauben und Leben". Weder ein sakramentales Priestertum noch eine kirchliche Hierarchie hat den Bestand der Gemeinschaft durch die Jahre garantiert. Auch die klassische protestantische Betonung der rechten Predigt des Wortes oder des getreulichen Spendens der Sakramente hat die Brethren nicht zusammengehalten. Gemäß der freikirchlichen Tradition bildet die Begegnung zwischen Bruder und Bruder den Kern. Der historische Bestand ist ein Geschenk an die Gemeinschaft der Gläubigen, die berufen ist, als der in Gehorsam erwählte Mittler der Liebe und Gnade
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von einer Generation zur anderen zu dienen. Darum kommt dem Brauch, sich regelmäßig als Vertreter der breiteren Kirchenfamilie zu versammeln, so große theologische und soziologische Bedeutung zu. Gott teilt seine lebensspendende Kraft und seinen Willen mit, wenn sich in immer größer werdendem Kreis Bruder mit Bruder auseinandersetzt, aufgeschlossen für Gottes Wort und für den „Sinn Christi". Dadurch werden die Gläubigen zugerüstet zum Dienst in und an Gottes gesamter Schöpfung.
Kapitel 6 ERZIEHUNGSARBEIT DESMOND W .
BITTINGER
I
n Berichten über die mehr als 200jährige Geschichte der Bildungsarbeit der „Kirche der B r ü d e r " wird meistens das Auf und A b dieses Unternehmens dargestellt. Es wird behauptet, daß nach einer Periode der B e geisterung für die Bildungsarbeit die Brethren eine ganze Kehrtwendung machten und sich mißtrauisch und ablehnend zur Bildung stellten. Auf diese negative Haltung folgte wieder eine übergroße Bereitschaft Bildungsstätten zu errichten, bis die Brethren deren so viele hatten, daß sie sie nicht mehr alle unterhalten konnten. Dr. John S. Flory, einer der hervorragenden Führer der Kirche im Erziehungswesen während eines halben Jahrhunderts, schrieb dazu 1 9 2 5 : „ D i e Bildungsgeschichte unserer Kirche ist voll von Gegensätzen. A n fänglich gehörten wir zu den glühendsten Verfechtern höherer Bildung und besaßen einen guten Teil davon unter unseren eigenen Mitgliedern. W i r förderten Erziehungseinrichtungen mit einem Eifer, der jedem Volk zur Ehre gereichte. Später sanken wir ins Gegenteil zurück und brachten uns selbst in den R u f , aller höheren Bildung abgeneigt zu sein. Nach einer gewissen Zeit lebte unser früherer Eifer für die Pflege des Intellekts wieder auf und heute haben wir wieder unseren Platz unter den vernünftigen Förderern einer höheren Bildung in diesem L a n d 1 . " In der „Kirche der B r ü d e r " wurde - von ihren Anfängen bis zur Gegenwart - das Interesse an Bildung betont, was dem Gesamtauftrag sowie dem Ziel der Kirche, wie sie individuell und gesamtkirchlich verstanden wurden, förderlich war. Bildungsmethoden und Bildungsmittel wandelten sich mit den kulturellen Gegebenheiten, die sich den Brethren boten, aber das Grundanliegen ging weder verloren, noch wurden Kraft und Zielsetzung der Bildungsarbeit stark vermindert. Eines der Grundziele der Kirche, das sie durch die wechselhaften Schicksalsfälle ihrer Geschichte hindurch beständig lehrte, waren die Unantastbarkeit und Würde des einzelnen, sein Recht auf Gewissensfreiheit, sein Recht, das Neue Testament zu benützen und auszulegen als sein Glaubensbekenntnis und die Grundlage seines Verhaltens, und die untrennbare Verbindung seines Glaubens mit seinem Alltagsleben. Lebte er in einer kulturellen Umwelt, die ihn gelten Heß, konnte er seine Kinder dies in
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einer bestimmten Weise lehren; zwangen ihn die Verhältnisse oder Widrigkeiten dazu, oder wechselte er aus eigenem Entschluß in eine andere U m w e l t und kulturelle Gegebenheit, so mußte er dies auf andere Weise lehren. So änderten sich im Lauf der Jahre seine Bedürfnisse für seine Haltung zu Bildungsanstalten, gedrucktem Lehr- und Lernmaterial, Klassen und Lehrmitteln, aber das Grundanliegen seiner Erziehung - w o immer und wie immer sie sich vollzog - blieb in seinem Kern relativ konstant.
Frühe Erziehungsinteressen und Anliegen D e r tatsächliche Bildungsstand jener acht Personen, die unmittelbar an der Gründung der „Kirche der B r ü d e r " beteiligt waren, läßt sich mit den Maßstäben heutiger Bildung nicht in dem Sinne vergleichen, daß man sagen könnte, sie hatten eine Oberschule oder eine Hochschule absolviert. Bekannt ist jedoch, daß sie lernbegierige Leute waren, die sich bereitwillig zusammenfanden, u m ihr Lehrbuch, die Bibel, eingehend zu studieren, und daß ihre Bildung ausreichte, um eigene Schlüsse aus dem Gelernten zu ziehen. Führende moderne Erzieher sehen darin ein Zeichen wahrer Bildung, mehr als in der Anhäufung von akademischen Titeln. Ihr Führer und andere, die mit ihnen während der ersten Jahre in Deutschland zusammen waren, hatten Kenntnis einiger der bedeutenden wissenschaftlichen Werke ihres Landes und ihrer Zeit 2 . Alexander Mack sen., der erste Diener des Wortes, veröffentlichte noch in Deutschland bestimmte Vorschläge und Richtlinien. Diese wurden v o n den Mitgliedern zusammen mit den Evangelien, die auch weiterhin ihre vornehmliche Richtschnur blieben, studiert. Z u diesen Schriften gehörten Kurze und einfältig Vorstellung der ... Rechten und Ordnungen des Hauses Gottes und Eberhard Ludwig Grubers Grundforschende fragen ... nebst heygefügten kurzen und einfältigen Antworten. Schriften erschienen 1 7 1 3 und 1 7 1 5 . Alexander Mack schrieb und veröffentlichte auch anderes, einschließlich Gedichte und Lieder 3 . Macks kleine Schrift Rechte und Ordnungen fand weite Verbreitung im frühen Leben der Kirche. Christoph Sauer jun. besorgte 1774 in Amerika eine Neuauflage. Englische Ausgaben erschienen 1 8 1 0 in Philadelphia und 1860 in Ohio. Diese letztere Ausgabe erlebte Neuauflagen in den Jahren 1888, 1919, 1939 und 1954. Eine neue Übersetzung erschien 1958 4 . Auch andere in jener ersten Schar waren an Bildung und Schrifftum interessiert. Da sie in Deutschland verfolgt wurden, erlangten sie ihre Bildungsstreben und Ziel erst nach ihrer Ankunft in Amerika. Natürlich
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waren nicht alle, die sowohl in der ersten als auch in der zweiten Auswandererwelle nach A m e r i k a kamen, gebildete Leute. Diejenigen unter ihnen, die gebildet und an Bildung interessiert waren, betätigten sich bald auf diesem Gebiet. N a c h d e m sie sich in G e r m a n t o w n und i m benachbarten Ost-Pennsylvanien angesiedelt hatten, fand dies Anliegen in Veröffentlichungen, in der Förderung v o n Schulen und in anderen gemeinschaftlichen Unternehmungen i m eigenen als auch i m Interesse anderer innerhalb der Ortsgemeinden, in denen sie lebten, seinen Niederschlag. Obgleich nicht alle frühen Brethren gute Prosa oder schöne Gedichte schreiben konnten, zollten sie ihren gebildeten Vorstehern hohe Achtung und erwarteten v o n ihnen Richtlinien und Mittel f ü r die Erziehung der Jugend. M a n w a r auch daran interessiert, andere der Gemeinschaft zuzuführen. Dementsprechend wandte man sich den derzeit verfügbaren Erziehungsmethoden zu und schuf seine eigenen, soweit sie unzureichend waren. S o gründete man Tagesschulen, und brachte eine große Z a h l und Vielfalt v o n Veröffentlichungen i m D r u c k heraus. Elhanan Winchester schreibt 1803 über die Brethren: „ E s sind fleißige, nüchterne, mäßige, freundliche, gütige Leute, die weder den Großen neiden noch die Geringen verachten. Sie lesen viel, sie singen und beten viel; sie sind regelmäßige Besucher der Gottesdienste. Ihre Wohnhäuser sind samt und sonders Stätten des Gebets. Sie wandeln in den Geboten und Ordnungen des Herrn untadelig in der Öffentlichkeit und privat. Sie erziehen ihre Kinder in der Furcht und i m Gehorsam gegen den H e r r n 5 . " Z u den führenden deutschen Einwanderern gehörte Christoph Sauer (Sower) sen. Z w a r w a r er kein Mitglied der Brethren, aber er hielt enge Freundschaft mit ihnen und hatte bedeutenden Einfluß. (Sein gleichnamiger Sohn w u r d e Ältester der Brethren.) 1 7 3 8 gründete er in G e r m a n t o w n die erste deutsche Druckerei in Amerika. M i t Hilfe dieser Druckerei gelang es Sauer, einen Teil der deutschen Kultur in die neue W e l t zu verpflanzen. E r verwendete als erster deutsche Drucktypen und redigierte und druckte die erste erfolgreiche deutsche Zeitung in Amerika. O f f e n sichtlich wollte Sauer mit seinen Veröffentlichungen breite Gesellschaftsschichten erreichen. E r druckte sein M o t t o in den größten und schönsten Buchstaben, die er besaß, und hängte es als Wandschmuck in seiner Werkstatt auf. Es lautete: „ Z u r Ehre Gottes und des Nächsten Besten 6 ." Martin G . B r u m b a u g h , einer der bekannten Historiker der frühen Brethren, schreibt, daß Christoph Sauer ein produktiver Schriftsteller w a r : „Seine Zeitung und seine Almanache enthalten zahlreiche Artikel über so wichtige T h e m e n w i e :
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.Gebrauch und Mißbrauch von Branntwein', ,Der Indianer', .Schulen und Schulmeister', ,Der Geist der Zeit', ,Über den Krieg', ,Ein Protest gegen den Krieg', ,Gegen das Glückspiel', ,Die High School von Philadelphia', ,Der Gebrauch von Feuerwaffen', ,Gegen gemietete Kirchenbänke', .Wettrennen und anderer Aufruhr', ,Ein Plädoyer für das Hospital von Pennsylvanien', ,Die alberne Kleidung der Frau', ,Die B e handlung von Immigranten', ,Gegen die Theater', ,Die Staatsversammlung', ,Die Pflichten der Christen gegenüber den Indianern', .Gegen die mährischen Brüder' und viele ähnliche Themen, die sich auf das religiöse, erzieherische, industrielle, soziale und bürgerliche W o h l der Deutschen im Amerika der Kolonialzeit bezogen 7 ." Brumbaugh fährt fort, daß Christoph Sauer jun., der die Nachfolge seines Vaters als Erzieher und Verleger antrat, in Obigem sogar noch weiter ging: „ E r schrieb klug und umfassend über .Die Gerichtshöfe', .Die Religion der Eskimos', ,Der Unterschied zwischen einem klugen Menschen und einem Narren', .Gegen das Kartenspiel', ,Die Ausbeutung der Armut', .Ermahnung zur Buße', ,Die Wiederkunft Christi', .Gegen Sklaverei und Sklavenhandel', ,Über Krieg und Frieden', ,Das Ende der Welt', ,Unterschiede zwischen natürlicher und geistiger Geburt', ,Der Ursprung des Bösen', .Gegen Glaubensbekenntnisse', .Anmerkungen über die G e sundheit', ,Das Papsttum und sein menschlicher Ursprung', und viele andere Themen von gleichem zeitgenössischen W e r t 8 . " 1754 gab Christoph Sauer jun. eine Abhandlung mit dem Titel Christian Education Exemplified (Beispiele zur christlichen Erziehung) heraus. Neben^diesen Veröffentlichungen verlegten die Sauers einen Almanach, der das Wetter vorhersagte, die besten Zeiten zum Pflanzen und ähnliches angab. Dieser erschien erstmals 1738 und trug den Titel Der HochDeutsch Americanische Calender. Er erschien alljährlich unter Sauer, dann unter dessen Sohn und unter seinem Enkel 49 Jahre lang. Er wurde zum A B C und Lesebuch der Brethren und anderer deutschstämmiger Menschen in Amerika. Einmalig aber, und von größter Bedeutung zugleich war die Herausgabe der deutschen Bibel. Heute haben diese Bibeln, von denen nur wenige noch existieren, einen großen Wert. Die erste Ausgabe wurde auf Papier gedruckt, das Sauer im wesentlichen selbst hergestellt, und mit Druckerschwärze, die er selbst gemacht hatte. Die erste Auflage erschien 1743 und wurde zum meistgelesenen Buch in vielen deutschen Familien. 1763 brachte Christoph Sauer jun. eine zweite und 1776 eine dritte Auflage heraus. Christoph Sauer jun. war ein Schüler des berühmten Schulmeisters
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Christoph Dock, der eine einzigartige Lehrmethode entwickelte. Sauer sen. gelang es, Dock dazu zu bringen, sie schriftlich niederzulegen; sie wurde im „Sauer Verlag" 1770 herausgegeben und nimmt unter den ersten Erziehungsschriften eine bevorzugte Stellung ein. Der jüngere Sauer war als Erwachsener sehr an Erziehung interessiert. Als einer der stärksten Förderer der „Germantown-Akademie", die 1759 gegründet wurde, stiftete er großzügig Gelder und verwaltete sie als Treuhänder zwanzig Jahre lang. Manche behaupten, die Brethren seien Vorkämpfer der ersten Sonntagschulen in Amerika gewesen. Eigentlich waren die Versammlungen der Brethren, die sie sonntags in Germantown hielten, pietistische Konventikel zur gegenseitigen Erbauung, die einem anderen Ziel dienten, als die späteren Sabbatschulen. Ludwig Hoecker entwickelte in Ephrata, was man als Sonntagschule bezeichnen könnte, doch kann dies nicht eigentlich eine Einrichtung der Brethren genannt werden. Der vornehmste Brethren-Autoi der Kolonialzeit war Alexander Mack jun. Er war zugleich Dichter und Verfasser von Lehrschriften. Seine Schriften erschienen zu seinen Lebzeiten und in jüngster Zeit, nachdem seine Manuskripte wieder entdeckt wurden. Das wichtigste seiner Feder entstammende Werk war seine Apologia (1788) eine Verteidigungsschrift über die Bräuche und Glaubenssätze der Brethren. Die vorangegangenen Abschnitte zeigen eingehend, wie stark die ersten Brethren an der Bildungsarbeit beteiligt waren. Sie hatten die Absicht, ihr Wissen um und ihren Gehorsam gegen ihre Lehren zu erhalten und einen heilsamen Einfluß auf einander und auf die Gesellschaft, in der sie lebten, auszuüben. Allerdings herrschte nicht immer Einstimmigkeit in der Gemeinde der Brethren. Eine der größten Abspaltungen bewirkte Konrad Beissel, der in Ephrata in Pennsylvanien eine Gemeinschaft gründete, die als „Siebenten Tags Baptisten" bekannt wurde. Beissel war ein religiöser Mystiker, Mathematiker, Schriftsteller, Komponist, Lehrer von Fraktur und Bilderhandschrift und Selbsterbauung. Er komponierte nicht weniger als eintausend geistliche Lieder. 441 seiner Lieder und 66 seiner Abhandlungen wurden gedruckt. Die Druckerei, die in Ephrata entstand, stellte eine Konkurrenz für Sauers Unternehmen dar. Einige Brethren verließen Germantown und schlössen sich Beissel an. So entstanden zwei Bildungseinrichtungen nahe beieinander. Nach Beissels Tod löste sich das Unternehmen bald auf. Es kann nicht als den Brethren zugehörend bezeichnet werden, da es eine Abspaltung von den Brethren war, aber es beeinflußte viele Brethren in theologischer und erzieherischer Hinsicht.
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Kulturelle Veränderungen beeinflussen die Brethren Diese schöne, blühende, brüderliche Gemeinschaft der Brethren, die sich vom Zentrum in Germantown westwärts ausdehnte, hatte wohl mit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen, als die Geschichte verrät. Aber dennoch war es offenbar eine Gemeinde oder eine Anzahl von Gemeinden mit beträchtlichem kulturellem Zusammenhalt, erzieherischem Unternehmungsgeist, gutem Familienleben und gesunden gesellschaftlichen Beziehungen. Es muß ein ermutigender und befriedigender Gegensatz zu den Verfolgungen und Spannungen gewesen sein, derentwegen die Brethren ihre ursprüngliche Heimat in Deutschland verlassen hatten. Geographisch und zahlenmäßig verdoppelte sich die Kirche in diesen ersten Jahren. Bald erlebte man auch hier ähnliche Verfolgungen, wie man ihnen in Europa ausgesetzt gewesen war. Auch die Gründe waren zum Teil die gleichen. Die offene Opposition der Brethren gegen den Krieg und ihre Weigerung, darüber zu schweigen, lenkte bald die Aufmerksamkeit derjenigen auf sie, die am wachsenden Widerstand gegen England und an der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung beteiligt waren. „Ihre Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, brachte den Brethren strenge Kritik von Seiten der englischen Kolonisten ein, so daß die kulturelle Spaltung zwischen den Englischen und den Deutschen tief und dauerhaft wurde 9 ." Während des Unabhängigkeitskrieges wurden Sauers Druckerei und sein persönliches Eigentum wegen seiner Opposition gegen den Krieg und seiner Weigerung, seiner Treue zur englischen Krone abzuschwören, von der neuen amerikanischen Regierung eingezogen. Andere Brethren litten auch unter dem revolutionären Aufruhr, aber nicht in dem Maße wie die wohlhabende Familie Sauer. Damit begann eine Zerstreuung der Brethren. Ablehnung und Verfolgung veranlaßten viele Brethren zu einer Wanderung ähnlich der, die später von den Mormonen unternommen wurde, als auch sie ihre religiöse Freiheit suchten. Da die Brethren tüchtige Landwirte waren, suchten sie Gebiete mit gutem Boden. Dadurch gelangten sie in das Tal des Shenandoah in Virginia, über die Berge in die Täler von Kentucky, nach Ohio, Indiana und Illinois. Als es möglich wurde, den Mississippi zu überqueren, fanden sie gutes Land in Iowa und Kansas und ließen sich dort nieder. Einige Historiker, die aus dieser Zeit berichten, nennen sie die „dunklen Zeiten" der Kirche. F. D. Dove schrieb: „Fast ein Jahrhundert lang fehlte der ,Kirche der Brüder' jeglicher aktive, erzieherische Einfluß in ihren Reihen, und je länger dieser Zustand
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dauerte, desto weniger ausgebildete Prediger und Lehrer fanden sich unter ihnen. Sogar der Sonntagsschulgedanke wurde während dieser Periode scholastischen Tiefstandes aufgegeben 10 ." Er behauptet ferner, daß nach einer gewissen Zeit eine Art kulturelle Reaktion einsetzte und man ausgesprochen abgeneigt war gegen höhere Bildung und die daraus sich ergebende Kultur. D. L. Miller betonte ebenfalls : „Höhere Bildung hielt man schließlich für einen Fallstrick des Teufels, mit dem er versuchte, die schlichten Nachfolger Christi zu umgarnen und zu Stolz und Verweltlichung zu verführen." Man nimmt an, daß diese Periode etwa ein dreiviertel Jahrhundert umfaßte und „der kulturelle Verlust, den die Kirche in diesem Zeitraum ihrer .dunklen Zeit' erlitt . . . nicht zu ermessen" sei11. Weitere Überlegungen im Licht des heutigen Verständnisses der Kulturund Bildungsprozesse jener Jahre gestatten eine gemäßigtere Interpretation. Während der Jahre in Germantown bildeten die Brethren einen anerkannten und führenden Bestandteil der deutschen Kulturgemeinschaft. Sie fanden sich inmitten anderer, die ebenso wie sie um der religiösen Freiheit willen nach Pennsylvanien gekommen waren. Sie setzten ihre Bildungsmaßnahmen und ihre Beteiligung an kommunalen Angelegenheiten fort und verbesserten sie noch. Nun, in der Zerstreuung, fehlte die deutsche Kulturgemeinschaft. Die deutsche Sprache paßte nicht mehr in die neuen Gemeinwesen. Die Nachbarn sprachen kein Deutsch und waren oft sogar mißtrauisch gegen Deutsche oder gegen Leute aus anderen Ländern, die sich nicht mit aller Macht darum bemühten, das Neue in der neuen Welt zu lernen. Andere Kirchengemeinschaften zogen in die selben Täler, in denen die Brethren sich eben ansiedelten. Die Besiedelung war dünn und so suchte jede Kirchengemeinschaft die Neuhinzugekommenen ihrer Gemeinschaft einzugliedern, um auf diese Weise neue Kirchen bauen und unterhalten zu können. Die Brethren konnten dadurch sogar ihre eigenen Kinder als Mitglieder verlieren. Manche betrachteten die Brethren wohl mehr als mißtrauisch, weil sie sich nicht am Unabhängigkeitskrieg beteiligt hatten, der Amerika die Freiheit gebracht hatte, die nun ihnen allen gehörte. Folglich glaubten die Brethren, ihrer Erziehungsarbeit eine andere Richtung geben zu müssen. Wenn sie sich wenigstens die Mitgliedschaft ihrer eigenen Kinder sichern wollten ohne ihre Identität innerhalb dieser Pioniergemeinden und den veränderten kulturellen Gegebenheiten zu verlieren, dann mußte sich ihre Bildungsform entscheidend ändern. Ihr Schwerpunkt mußte im häuslichen Bereich liegen. Sie mußte von denen überwacht und geleitet werden, die durch die Verfolgung gegangen waren, denen die Lehren der Vergangenheit, wie Sauer, Mack und andere
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sie verbreitet hatten, bekannt waren. Man glaubte, man dürfe sich nicht mit „der Welt" vereinigen. In diesem soziologischen Sinne war die „Welt" jeder geworden, der nicht zu den Brethren gehörte. Das wurde auch für diejenigen Brethren bestimmend, die nicht dem Zug in die Wildnis folgten. Erzieherische Anliegen und Bestrebungen nahmen Züge an, wie sie den Erziehungsprozessen nomadischer oder wandernder Völker und jeder verfolgten Gruppe eigen sind. Sie ähnelten den von den Juden geübten Gepflogenheiten, wenn sie von Ort zu Ort zogen. Die Erziehung erfolgte ununterbrochen; sie war familienbezogen; sie dauerte vom frühen Morgen bis in die späte Nacht. Die Eltern sollten ihre Kinder „vom Aufstehen bis zum Schlafengehen" unterweisen; bei jeder Gelegenheit schrieben sie die anerkannten Lehren der Jugend in Herz und Sinn; irgendwelche andersartigen Lehren suchten sie so weit als möglich auszuschalten. So wurden alle Eltern und älteren Geschwister zu Lehrern. Ein großer Teil der Unterweisung hatte keine feste Form, doch enthielt jeder Tag auch seine formelle Lehrzeit. Die Familienandacht bot Gelegenheit zum Lesen der Bibel und zur Unterweisung. Man förderte das Auswendiglernen von Bibelabschnitten. Die „Brethren-Auslegungen" wurden sorgfältig gelehrt. Die Brethren waren nicht die einzigen, die so unterrichteten. Andere Glaubensrichtungen auf der Wanderschaft bedienten sich ähnlicher Methoden. Zur Unterstützung ihrer besonderen Lehre und ihres Glaubens und um den Brethren das Erkennen anderer Brethren zu erleichtern, hielt man sich weiterhin an die Art der Kleidung, die zu Beginn der Zerstreuung allgemein in Mode war. Und schon wurde die Kleidung zu einem ihrerLehrsätze und zum Merkmal und Zeugnis ihres Glaubens. Man schloß von der äußeren Kleidung auf den in ihr wohnenden Geist. Sich „weltlich" kleiden hieß, „Stolz" anlegen; davor suchten sich die Brethren zu hüten. Daß diese Form der Erziehung Erfolg hatte, beweist die Tatsache, daß es den Brethren durch die Jahre der Verfolgung und Isolierung gelang, sich als Kirche zu behaupten. Sie überlebten nicht nur, sondern brachten es auch fertig, einige ihrer Lehren verhältnismäßig unverändert zu bewahren. Ihr Verlangen nach dem einfachen Leben, ihr Festhalten an den gültigen Formen der Taufe, des Abendmahls und anderer kirchlicher Bräuche, ihr Eintreten für die Gewaltlosigkeit und ihr Begriff von der Untrennbarkeit von Religion und Leben, folgten aus dieser eifrigen und unausgesetzten Erziehung. Und wenn sie sich vielleicht auch nicht allzu sehr am formellen Gemeinwesen beteiligten, so hieß es doch von ihnen dort, wo sie seßhaft wurden, daß „ihr Wort so gut ist wie ihr Pfand". Mit anderen Worten, ihre Lebensweise in Kentucky, Tennessee, Indiana,
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Illinois, Kansas, Iowa oder wo immer sie hinkamen, war für sie ebenso chrakteristisch, wie es in und um Germantown gewesen war. Zielstrebige und intensive Erziehung zu Hause und bei kirchlichen Zusammenkünften konnte allein dazu führen. Allmählich lebten die Brethren geographisch weniger isoliert. Straßen entstanden, man besuchte sich gegenseitig auch über große Entfernungen hinweg. Gelegenheiten zu solchen gegenseitigen Besuchen konzentrierten sich zunächst um die Liebesmahle. Sie fanden ein- oder zweimal jährlich statt. Ganze Familien reisten mit Planwagen viele Meilen weit, um zwei oder drei Tage lang Gemeinschaft mit weit entfernt wohnenden Brethren zu pflegen. Manche Brethren-Führer opferten viel Zeit ohne Vergütung, reisten zu Pferde von Gemeinde zu Gemeinde und amtierten bei Liebesmahlen oder vollzogen Trauungen, Beerdigungen und andere Amtshandlungen, die zum Leben einer Kirche gehören. Solche Zusammenkünfte, denen die Kinder beiwohnen mußten, waren nicht so sehr erzieherische Tiefpunkte oder dunkle Zeiten als kulturelle und erzieherische Höhepunkte. Einige der Diener des Wortes waren eindrucksvolle Persönlichkeiten, die sich autodidaktisch eine ganz erstaunliche Bildung angeeignet hatten, und deren Rednergabe und oratorisches Können unübertroffen sind in der gesamten Geschichte der Brethren. Im eigenen Kreis und für die eigenen kulturellen Bedürfnisse kam also der Bildungsprozeß keineswegs zum Stillstand, sondern erreichte einen hohen Wirkungsgrad während dieser „Jahre in der Wildnis". Es war eine Erziehung, die den Anforderungen dieser besonderen kulturellen Phase entsprach, die ein sich entwickelndes Land und eine sich entwickelnde Kirche durchlebten. Die Zusammenkünfte zur Gemeinschaft und zum Liebesmahl wurden ergänzt durch das zunehmende Verlangen, die verschiedenen kirchlichen Gemeinden zu einem größeren Verband oder einer Bruderschaft zusammenzuschließen. Eine solche Gesamtkirche konnte Anträge und Fragen von den Gemeinden entgegennehmen und ihnen darauf Antwort geben. Diese Rolle übernahm die Jahresversammlung der „Kirche der Brüder". Um zu diesen Versammlungen zu kommen, mußte man oft eine Woche lang oder länger unterwegs sein. Die Jahresversammlungen dauerten etwa eine Woche. Die ganze Familie, vom Kind bis zu den alten Großeltern, nahm teil an den Andachten, den geselligen Zusammenkünften und an dem gesamten erzieherischen Vorgang.
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Als die Brethren weitere Reisen unternahmen, um einander zu besuchen, und als sich durch die Jahresversammlungen ihr Bekanntenkreis und ihre gemeinsamen Interessen vergrößerten, erwogen einige Kirchenleiter die Möglichkeit, durch Druckschriften die Verbundenheit noch mehr zu stärken. 1850 war die „Kirche der Brüder" auf das drei- bis vierfache ihrer früheren Größe angewachsen und ihre Mitglieder lebten in einem etwa zehnmal so großen geographischen Gebiet zerstreut. Schon 1822 waren so viele Brethren über die Berge gezogen, daß die Jahresversammlung zum ersten Mal jenseits des atlantischen Küstengebirges stattfand. Einige Verleger, die den Brethren nahestanden, wie zum Beispiel die Leiberts in Germantown, die Baumanns in Ephrata und die Salas in Canton, Ohio, hatten für die Bruderschaft gedruckt. Doch war es der Älteste, Henry Kurtz aus Poland, Ohio, der, obwohl als Privatunternehmen, die erste Zeitschrift für die Kirche heraus gab. Sie hieß der Monthly Gospel Visitor (1851). Als die Arbeit an dieser Monatszeitschrift im Brunnenhaus der Farm von Henry Kurtz begann, gab es einige, die dagegen waren, weil sie damit die Einführung einer Bildungsform befürchteten, die dem Glauben abträglich sein könnte. Anträge wurden daher an die Jahresversammlung wegen dieses Blattes gerichtet, ob es sein Erscheinen fortsetzen dürfe, und später, ob man es in irgend einer Weise als offizielles Organ der Kirche betrachten könne. Die Brethren kämpften sich durch diese Jahre, in denen Bildungsprozesse zu akzeptieren waren, die über Gemeinde und Haus hinaus reichten. Sie überwanden diese Zeit der Kämpfe zwar ziemlich schnell, doch nicht ganz schmerzlos. Ein Vierteljahrhundert nach dem von Kurtz gemachten Anfang gab es mehrere Verlage innerhalb der Kirche. Man sagt, im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts hätten die Brethren ein Aufleben ihrer Bildungs- und Literaturtätigkeit wie kaum eine andere Bevölkerungsgruppe erfahren. Z u den fruchtbarsten Verfassern jener Zeit gehörten so hochgebildete Leute wie H. R. Holsinger, James Quinter, Henry Kurtz, Peter Nead, Abraham Cassel, Daniel Hays, Isaac Price, S. Z . Sharp undD. L. Miller. Sie schrieben nicht nur Artikel im Monthly Gospel Visitor und anderen Zeitschriften, sondern auch Traktate und umfangreiche Bücher über Theologie, wie die von Peter Nead. Die Traktate waren oft gedruckte Berichte über Debatten, die nun zwischen Brethren-Leitem. und Vertretern anderer Kirchen gehalten wurden. Jeder der Gesprächsteilnehmer vertrat die besonderen Lehren seiner Kirche; man hielt sie für wichtig
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genug, um sie als Bildungsmaterial zu drucken. Erneut kam anderes Schrifttum als die Bibel selbst als Bildungsmittel in der Kirche in U m lauf. Die Kirche glaubte von Zeit zu Zeit, die Verfasser wegen ihrer Artikel ermahnen zu müssen. Die Jahreskonferenz sagte in dieser Zeit: „Mit Bezug auf die umstrittenen Artikel, die in unseren religiösen Zeitschriften veröffentlicht werden, raten und ermahnen wir unsere Brüder ..., nichts in ihren Zeitschriften zu veröffentlichen, das der Ausübung der Lehren und Ordnungen des Evangeliums, wie sie uns von Christus und den Aposteln überliefert sind, widerspricht. Mißachtet ein Bruder diesen Rat, so muß er sich dem Tadel der Kirche unterstellen 12 ." Einige der Zeitschriften, die in dieser Zeit entstanden, waren The Primitive Christian, The Brethren at Work, The Pilgrim und The Brethren's Messenger. Schließlich wurden sie alle zum The Gospel Messenger (1883) zusammengefaßt, der noch heute das offizielle Organ der „Kirche der Brüder" ist. Heute ist er bekannt unter dem Namen Messenger. Eine bedeutsame Entwicklung erzieherischer Art in dieser Zeit war die Einführung der Sonntagsschule. Solche Schulen wurden in verschiedenen Gemeinden nach dem Belieben der jeweiligen Gemeinde abgehalten. Gewöhnlich wurden einige Traktate und kirchliche Zeitschriften Hintergrund und Hilfsmittel für biblische Auslegung und Unterweisung. Aber die Kirche war der Ansicht, daß diese Schulen der Aufsicht der Gesamtkirche unterstellt sein sollten. Von Zeit zu Zeit wurden in diesem Sinn Anträge an die Jahresversammlung gerichtet. Eine der Entgegnungen der Jahreskonferenz lautete wie folgt: „In bezug auf die Sabbatschulen halten wir es für unbedingt notwendig, sich gegen die Art zu verwahren, in welcher die Schulen gegenwärtig abgehalten werden; wir warnen die Brüder, die sich damit befassen, Festlichkeiten oder irgendetwas zu veranstalten, das nicht mit dem christlichen Geist vereinbar ist, den solche Schulen zu fördern gedacht sind. Man trage Sorgfalt, damit nicht Stolz statt Demut gelehrt werde und daß dadurch nichts gefördert werde, das mit der bestehenden Ordnung und Eigenart der Brethren unvereinbar ist, und daß Sorge getragen werde, damit diese Dinge den Brüdern nicht zum Anstoß werden 1 3 ." Man hielt nun auch neben den regulären sonntäglichen Predigtgottesdiensten auch Gebetsversammlungen. Da hier Lehrer neben den erwählten Dienern und Ältesten der Kirche beteiligt waren, richtete man erneut an die Jahreskonferenz die Frage, wie sich die Gesamtkirche zu diesen Gebetsversammlungen stelle. Die Konferenz wies in ihrer Antwort darauf hin, daß sie derartige Versammlungen gut heiße, ersuchte jedoch,
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daß es vor allem biblische Unterweisungen und nicht so sehr gesellige Zusammenkünfte sein sollten, und daß man sich um die Beachtung der Ordnungen und Lehren der Kirche bemühen solle. Man warnte davor, diese Versammlungen dort zu schnell einführen zu wollen, wo ihre Einrichtung Verwirrung oder Schwierigkeiten innerhalb der Gemeinden heraufbeschwören könnte. Man kann sagen, daß die Konferenz den Wunsch hatte, die Kirche, die so weit über den Kontinent verstreut war, möge ihre Praktiken nicht schneller ändern, als es in den jeweiligen Gegenden tragbar schien. An diese Überlegung hält man sich bis heute. In den letzten zehn Jahren spürt man eine gewisse Unzufriedenheit mit dieser Überlegung, daß kulturelle Veränderungen gebietsweise anzupassen sind. Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts hatte die amerikanische Kultur so tiefgreifende Veränderungen erfahren, daß der Schwerpunkt der Erziehungsarbeit aus dem häuslichen in einen formellen Bereich verlagert wurde. Die Brethren wandten sich rasch dieser Bildungsform zu. Nun stand der Gründung kirchlich geleiteter Oberschulen und Hochschulen nichts mehr im Weg.
Höhere Bildung Die Brethren haben von jeher dem Kind und dem jungen Menschen großes Interesse entgegen gebracht. Deren gründlicher Erziehung widmeten die Brethren nicht wenige Überlegungen. Als in Amerika das öffentliche Schulwesen entstand und als die Ausbildung der Kinder teilweise außerhalb der Familie erfolgen sollte oder mußte, erwachte natürlich auch bei den Brethren - in ihrer Eigenschaft als Eltern wie als Kirchenmitglieder - das Interesse an der Art dieser Unterweisung. Ja, da die Brethren wirtschaftlich festeren Fuß gefaßt hatten, ergab sich, daß sich nicht alle jungen Leute auf den Farmen der Väter niederlassen würden. Der Beruf des Schullehrers schien den jungen Leuten in der BrethrenKirche nahezuliegen. So verfolgte man mit dem Interesse an der allgemeinen Schulbildung zwei Ziele zu gleicher Zeit: Brethren konnten auf die Unterweisung ihrer eigenen Kinder Einfluß nehmen, und Brethren bot sich eine bezahlte Berufsmöglichkeit. Die Schulerziehung fand Befürwortung von den im Verlagswesen der Brethren Tätigen. Henry Kurtz, Abraham Cassel, R. H. Miller, S. Z. Sharp, James Quinter, D. L. Miller und andere wurden zu immer eifrigeren und dringlicheren Verfechtern von Erziehungseinrichtungen unter der Leitung von Brethren. Dieses Interesse an höherer Bildung fand bald seinen Ausdruck in einer Anfrage an die Jahreskonferenz.
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Die Antwort der Konferenz lautete: „Das heißt, sich der Welt gleichstellen. Der Apostel Paulus sagt: .Wissen bläht auf, aber die Liebe macht demütig 1 4 .'" Doch konnte dies die Entstehung von Schulen nicht verhindern. 1852 gründete Jacob Miller in Buffalo Mills, in Pennsylvanien eine Schule. 1859 wurde das Cedar Grove Seminary in Broadway in Virginia eröffnet. 1861 gründete man das Kishacoquillas Seminary in Mifflin County in Pennsylvanien und im gleichen Jahr die New Vienna Academy in N e w Vienna, Ohio. Seit 1870 nannte man die neuen Schulen Colleges. Die erste Schule, die von Bestand war, wurde 1876 unter dem Namen Huntingdon Normal School and Collegiate Institute in Huntingdon, Pennsylvanien, gegründet. Sie wurde zu einer der führenden Lehranstalten der Brethren und heißt heute Juniata College. Fast jeder dieser Schulen war eine Oberschule oder eine Akademie angeschlossen. In den Colleges wurde vor allem Pädagogik und Lehramtsvorbereitung gelehrt, daher der Name „Normal School". Die biblische Unterweisung sollte Zentralanliegen in der Akademie wie in der normal school sein. Die Gründer der Schulen waren tief religiöse und selbstlose Menschen. Oft dienten sie ganz ohne oder für ein sehr kleines Gehalt, und ihre Mitarbeiter verpflichteten sich zu gleichem Dienst. Manchmal verloren nicht nur der Gründer der Schule, sondern auch seine Lehrer all ihre Ersparnisse durch das Unternehmen, auch wenn es der Schule gelang, die Arbeit fortzusetzen. Von den ersten Schulen gingen viele nach wenigen Jahren wieder ein. Das Schulgeld wurde niedrig gehalten, denn man hoffte, daß alle Studenten, die studieren wollten, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen sollten, auch wenn sie finanziell sehr schlecht gestellt waren. Die Jahreskosten an einer solchen Schule einschließlich Schulgeld, Unterkunft und Verpflegung betrugen 120 bis 140 Dollar. Arbeitsmöglichkeiten innerhalb der Schule gaben den Studenten außerdem die Möglichkeit, in manchen Fällen den größeren Teil dieses Betrages selbst aufzubringen. Die Studenten halfen beim Zubereiten der Mahlzeiten und hielten die Gebäude und Anlagen in Stand. Sie wurden auch zu Neubauarbeiten herangezogen, wenn dies erforderlich wurde. Die Einrichtung des College war bescheiden und schlicht; die Klassenräume dienten verschiedenen Zwecken. Einige Lehrer mußten von Zeit zu Zeit fast jedes Fach auf dem Lehrplan unterrichten. Etwa vierzig verschiedene Bildungsstätten der einen oder anderen Art wurden in den Jahren von 1852 bis 1923 gegründet. Sieben davon bestehen noch heute als höhere Bildungsanstalten. Wie bereits erwähnt, konnte sich das Juniata College als erstes behaupten.
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1879 eröffnete das Ashland College in Ashland, Ohio. (Später ging es bei der Spaltung der Kirche an den Teil, der als Progessive Brethren bekannt ist. Das war 1882.) 1879 wurden das Mount Morris Seminary und Collegiate Institute in Mount Morris, Illinois, gegründet. Diese Anstalt wurde in späteren Jahren aufgelöst und mit dem McPherson College und dem Manchester College zusammengelegt. 1880 entstanden die Spring Creek Normal School und das Collegiate Institute in Virginia, und aus ihnen ist das heutige Bridgewater College hervorgegangen. 1888 entstand das McPherson College in McPherson, Kansas, das heute noch unter dem gleichen Namen besteht. 1891 wurde das Lordsburg College in Kalifornien gegründet (jetzt La Verne College)-, 1895 das Manchester College und die Bible School in North Manchester, Indiana (jetzt Manchester College); und 1900 das Elizabethtown College in Elizabethtown in Pennsylvanien. 1905 entstand in Chicago, Illinois, die Bethany Bible School, heute Bethany Theological Seminary. Neben diesen Bildungsanstalten innerhalb der Vereinigten Staaten gründeten die Brethren Grundschulen, höhere Schulen, Lehrerbildungsanstalten und in einigen Fällen pädagogische und theologische Hochschulen in anderen Gebieten der Welt in Verbindung mit der Außenmissionen. Einige dieser Schulen haben sich vergrößert und gingen später in das Eigentum der nationalen Staaten über. Gebiete, in denen derartige B i l dungseinrichtungen gegründet wurden, sind China, Afrika, Indien und Südamerika. Es war unvermeidlich, daß man sich darüber Gedanken machte, was in diesen neuen Schulen gelehrt werde. Aus diesen Überlegungen folgte, daß die Kirche Einblick in die Lehrbücher und Lehrpläne und eine gewisse Oberaufsicht darüber haben wollte, was gelehrt wurde und werden Unterricht gab. Dazu war ein gewisser organisatorischer Aufbau nötig. Das Verhältnis der Kirche zu den neuentstehenden Colleges und Bildungseinrichtungen wurde in den kirchlichen Organen, in besonderen Traktaten und Flugblättern, vor der Jahreskonferenz und in den G e meinde- und Distriktsversammlungen erörtert. 1890 schlug der Ständige Ausschuß der Jahreskonferenz die Ernennung von je drei Ältesten für jede Brethren-Schule vor, die in der Nähe dieser Schule lebten und mit der Aufgabe betraut wurden „über die Moral und den religiösen Einfluß in dieser Schule zu wachen". Die Altesten sollten ihr A m t jeweils drei Jahre ausüben 1 5 . A b 1900 ernannte man diese Ältesten zu allgemeinen Beratern in Sachen der Schulen, und damit sie helfen sollten, Probleme zu lösen, die den Schulen aus ihrer Bindung an die Kirche entstehen mochten. 1908 fand man diese Organisation unzureichend und gab einem Gesamtbeirat für
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sämtliche Colleges den Vorzug vor den einzelnen Ausschüssen für jedes einzelne College. Die Jahreskonferenz von 1908 berief daraufhin einen Bildungsausschuß v o n sieben Mitgliedern, dem die Aufsicht über das Erziehungswerk der Kirche übertragen wurde. Die Mitglieder dieses Ausschusses wurden jeweils auf fünf Jahre gewählt. H . C . Early wurde Vorsitzender dieses Bildungsausschusses und leitete ihn viele Jahre hindurch hervorragend. Bald stellte sich heraus, daß die Behörde die Arbeit der Colleges nur dann wirksam und sinnvoll koordinieren konnte, wenn die Präsidenten der verschiedenen Colleges ebenfalls Mitglieder dieses Ausschusses w u r den. Dies wurde später durch Konferenzbeschluß angenommen. Der Präsident des theologischen Seminars war auch Mitglied dieses Hauptbildungsausschusses. Der Ausschuß sollte sich mit Angelegenheiten die Lehrer, Lehrbücher, Studienpläne, des Sports, kirchliche Aufsicht, Moral und Religion betrafen, befassen. Doch ihre Hauptaufgaben waren weitreichender und bedeutsamer. Die Jahreskonferenz definierte sie wie folgt: „ 1 . Es sind Mittel und W e g e zu finden, wodurch unsere Bildungsanstalten geeignete Menschen rekrutieren und ausbilden können, die als Laien, als geistliche oder missionarische Mitarbeiter in der ,Kirche der Brüder' später leitende Stellungen innehaben werden. 2. In den Gemeinden soll ein größeres christliches Bildungsstreben entwickelt und gefördert werden. 3. Eine engere Zusammenarbeit und größere Übereinstimmung in der Durchführung zwischen unseren Bildungsanstalten ist zu fördern. 4. Allen unseren Bildungsanstalten soll bei der Durchführung von Werbeaktionen für Stiftungen und Verbesserungen geholfen werden, damit sie höchste erzieherische und geistliche Wirksamkeit erreichen 1 6 ." Dieser Auftrag der Konferenz und des Hauptbildungsausschusses rückt einige Probleme in den Blick, die die Hochschulbildung mit sich brachte. Er läßt auch erkennen, daß die Kirche eifrig bestrebt war, hier zu helfen. Ein Problem war die zu große Zahl der Colleges i m Verhältnis zur Mitgliederzahl der „Kirche der B r ü d e r " . Gab es eine zahlenmäßig ausreichende Studentenschaft und ausreichende finanzielle Unterstützung? Ein weiteres Problem war die Anwerbung v o n Professoren, die akademisch ausgebildet, und die wenigstens zum größeren Teil Brethren waren oder den Brethren nahe standen. Ein weiteres dringliches Anliegen war, das akademische Niveau der Colleges zu heben. Während ihres Bestehens erreichte der Hauptbildungsausschuß viel für die Ziele der höheren Bildung innerhalb der Kirche. V o r dem Zustandekommen dieses Ausschusses hatte es eine ziemlich große Konkurrenz
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zwischen den Colleges um die verhältnismäßig wenigen Studenten gegeben. Nun traf man Absprache darüber, in welchem Gebiet jedes College kirchliche Unterstützung und die Mehrzahl seiner Studentenschaft suchen sollte. Diese Gebietsaufteilung für die Colleges reichte über die gesamten Vereinigten Staaten vom Atlantik bis zum Pazific und vom Norden bis zum Süden. Als H. C. Early den Vorsitz des Ausschusses aufgab, folgte ihm D. W . Kurtz, der Präsident des McPherson College. Auch er arbeitete viele Jahre mit Energie und großem Erfolg. In den 1920er Jahren wurde J. S. Noffsinger Sekretär des Hauptbildungsausschusses. 1925 vollendete er seine Doktorarbeit und veröffentlichte sie unter dem Titel „A Program for Higher Education in the Church of the Brethren" (Ein Programm zur Hochschulbildung in der „Kirche der Brüder"). Seine Untersuchungen zeigten, daß die Kirche zu viele höhere Bildungsanstalten besaß, als daß sie die Brethren ausreichend hätten unterstützen können. Er verglich in dieser Hinsicht die „Kirche der Brüder" mit anderen Gesamtkirchen und schlug eine Zusammenlegung von Bildungsanstalten vor. Zur selben Zeit sagte F. D. Dove, der ebenfalls eine Doktorarbeit über ein ähnliches Thema schrieb: „Entweder müssen weitere Konsolidierungen von Brethren Colleges stattfinden, damit die Wirksamkeit einiger zentral gelegener Schulen vermehrt und deren Unterhalt besser gewährleistet werden kann; oder es werden einige durch das immer stärker werdenden Bestreben nach konkurrenzfähigem Niveau notgedrungen schließen müssen 17 ." Zusammenlegung oder irgend eine andere Lösung schienen unvermeidlich. In den Jahren bis 1950 berieten die Colleges untereinander und mit der Kirchenleitung wegen der Förderung der Colleges. Es kam zu einigen Zusammenlegungen. Mount Morris vereinigte sich mit Manchester; Daleville wurde in die Anstalten von Bridgewater einbezogen; Blue Ridge vereinigte sich mit Elizabethtown und Bridgewater. Die verschiedenen Gruppen von Alumnen und Collegeverwaltungen sahen es natürlich nicht gern, wenn ein College geschlossen wurde und unternahmen gewaltige Anstrengungen, um jedes College weiterzuführen. Man suchte nach Alternativlösungen zum Zusammenbruch der Anstalten. Die Colleges fingen an, über den Rahmen der Kirche hinaus nach Studenten und nach finanzieller Unterstützung Ausschau zu halten. Damit wurden die Colleges bald „Regional Colleges". Der Prozentsatz an Brethren Studenten an den Colleges ging zurück, und die kirchliche Unterstützung war nicht mehr Haupteinnahmequelle. Diese Entwicklung Heß die kirchliche Oberaufsicht immer weniger geeignet erscheinen. Als der größere Prozentsatz der Studentenschaft nicht mehr aus Brethren-Kreisen
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k a m , mußten einige typische Brethren-Gewohnheiten geändert werden. D i e Möglichkeit einer w e n n auch nur nominellen Einflußnahme auf die Lehrpläne seitens der Kirche verschwand i m m e r mehr, als die Colleges staatlich und regional anerkannt wurden und Lehrbefähigungsnachweise und Vorbereitungskurse f ü r medizinische, juristische, zahntechnische und andere Universitätsausbildung ermöglichten. Fast unbeabsichtigt wechselte die Oberaufsicht über den Lehrplan der Colleges aus der H a n d der Kirche in die allgemeinere der Gesetze des jeweiligen Staates und der Erfordernisse der beruflichen und beglaubigenden Gremien ihres Gebietes oder ihres Staates. D i e Colleges waren sich dieses Wandels durchaus bewußt. Sie suchten die Verbindung mit der Kirche zu halten, u m Studenten f ü r B e r u f e in der wachsenden und sich wandelnden Kirche heranzubilden. Ebenso begrüßten sie die finanzielle Unterstützung nicht nur v o n den Gemeinden ihres unmittelbaren E i n zugsgebietes, sondern einige erhofften sich größere finanzielle Unterstützung v o n der Gesamtkirche, w i e dies in anderen Bekenntnissen ü b lich ist. Als der Hauptbildungsausschuß zusammen mit anderen Ausschüssen der Kirche zu einem einzigen, dem General Brotherhood Board (Hauptkirchenausschuß) (1946), zusammengelegt wurde, ging die Verbindung der Kirche zu ihren Einrichtungen f ü r höhere Bildung an den Ausschuß f ü r christliches Erziehungswesen über, einem der fünf Komitees des Hauptkirchenausschusses. Es w u r d e eine verhältnismäßig unbedeutende A u f gabe dieses Ausschusses. Z w e i allgemeine Konferenzen über christliches Erziehungswesen wurden jährlich gehalten, denen die sechs Collegepräsidenten, der Präsident des Seminars und der Sekretär des christlichen Erziehungsausschusses beiwohnten. Größere Geldzuwendungen der Bundesregierung f ü r Collegeneubauten und Regierungsdarlehen und Studienbeihilfen f ü r Collegestudenten machten die Colleges v o n der unbedingten N o t w e n d i g k e i t einer f o r t gesetzten Unterstützung größeren Ausmaßes v o n Seiten der Kirche unabhängig. D e r Hauptkirchenausschuß gab eine nominelle Beihilfe und größere Unterstützungen kamen weiterhin v o n den Gemeinden i m jeweiligen Bereich eines Colleges. Als der Haushaltsplan der Colleges v o n einigen tausend Dollar auf einige hunderttausend Dollar und dann auf einige Millionen stieg, w u r d e der Prozentsatz des gesamten Beitrags seitens der Gemeinden i m m e r geringer. N u n , da die „ K i r c h e der B r ü d e r " ihr 260. Jahr vollendet und ins letzte Drittel des 20. Jahrhunderts geht, darf m a n sagen, daß alle Colleges ein W a c h s t u m verzeichnen: M e h r Einschreibungen, höheres akademisches N i v e a u , größere Vielfalt an Ausbildungsmöglichkeiten und mehr A n -
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erkennung und Ansehen auf dem gesamten Gebiet der akademischen Bildung. Es bleibt noch ein Wort über das Seminar zu sagen. Das Seminar, dessen Gründung eine Eingebung von A. C. Wieand und E. B . Hoff war, wurde 1905 unter dem Namen Bethany Bihle School in Chikago gegründet. Hier sollten die leitenden Mitarbeiter für alle Amter der „Kirche der Brüder" ausgebildet werden, einschließlich Sonntagsschullehrer, Pastoren, Missionare und anderer, deren Dienst ein Bibelstudium dienlich sein konnte. Das Seminar hatte, wie die Colleges, eine wechselvolle Geschichte. Es mußte wie jene um seine Anerkennung und Unterstützung durch die Kirche kämpfen und erreichte dies 1925. 1963 konnte das Seminar in Oak Brook, Illinois, neue Gebäude in freundlicher Umgebung beziehen. Aus der einfachen Bibelschule wurde das theologische Studienseminar, das heute als Bethany Theological Seminary Hochschulstatus hat. Es genießt unter den Seminaren einen sehr guten Ruß; es bietet eine umfassende Ausbildung; seine Professoren sind hervorragend gebildet. Es genießt im allgemeinen großzügige Unterstützung der Kirche seit seiner Gründung; es hat Beachtliches geleistet nicht nur im Dienst an den Brethren, sondern auch im ökumenischen, theologischen und weltweiten Bereich. Andere Bildungseinrichtungen Wie bereits gesagt, wurden mit dem Wiederaufleben der Verlagstätigkeit, der Verbreitung gedruckter Traktate, der Gebetsversammlungen und der allgemeinen Tendenz zu einem Schulwesen hin, Sonntagsschulen im Leben der Kirche eingeführt. Als die Kirche die Verantwortung für die Sonntagsschulen übernahm, verlangte sie die Aufsicht über die dort verwendete Literatur. Man übertrug die Verantwortung dem Missionary and Tract Committee (Missions- und Traktatenausschuß). 1895 ernannte die Jahreskonferenz einen Ausschuß, der den Missions- und Traktatenausschuß in seinen wachsenden Verpflichtungen unterstützen sollte. Dieser erweiterte Ausschuß erhielt den Auftrag, statistische und informative Unterlagen über die Arbeit der Sonntagsschulen zu beschaffen. Er sollte die Herausgabe der Sonntagsschul-Literatur überwachen und auf gründliche Unterweisung achten. 1 9 1 1 wurde der Traktatausschuß von dem Sonntagsschulausschuß, der fünf Mitglieder umfaßte, abgelöst. Dieser Sonntagsschulausschuß überwachte das Sonntagsschulschrifttum und war für Ausbildungskurse zur Vorbereitung der Sonntagsschullehrer verantwortlich. Diese Ausbil-
Erziehungsarbeit
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dungskurse sollten in den Ortsgemeinden gehalten werden. Der Ausschuß sollte mit den Colleges in der Ausbildung junger Leute für die Sonntagsschularbeit zusammenarbeiten. Später wurde dieser Ausschuß in Allgemeiner Sonntagsschulausschuß umbenannt. Nach und nach versuchte der Sonntagsschulausschuß, die vielen Erziehungsbewegungen, die während des ersten Drittels des 20. Jahrhunderts entstanden, zusammen zu bringen. Z u diesen gehörten Ferienbibelunterweisung, besondere Jugendarbeit, Vereine für Mütter und Töchter, Väter und Söhne und Arbeitsgemeinschaften, christliche Arbeiterversammlungen und ähnliche Organisationen. 1926 gab es 1 1 8 0 Sonntagsschulen mit 2 1 2 1 festen Klassen und einer Schülerzahl von 131000. Die Teilnehmer der Lehrerausbildungskurse erhielten Zeugnisse für absolvierte Kurse. 1930 allein wurden 1788 Zeugnisse von der Gesamtkirche verzeichnet. Während dieses Jahres wurden auch 193 Ferienbibelschulen für Kinder durchgeführt. 1924 berief man einen Allgemeinen Wohlfahrtsausschuß, dem die Wahrnehmung kirchlicher Anliegen wie Friede, Bekämpfung des Alkoholismus, Kinderwohlfahrt und ähnliches übertragen wurde. (Ein Friedenskomitee war bereits 1 9 1 1 ernannt worden.) 1 9 1 7 ernannte man einen Musikausschuß, der sich um die Zusammenstellung von Kirchengesangbüchern, die Einrichtung von Singstunden und um die Vorbereitung der Kirchenmusik für die Jahreskonferenz kümmern sollte. 1928 wurden diese einzelnen Ausschüsse zum Ausschuß für religiöse Erziehung zusammengefaßt, dem die Aufsicht und Abstimmung der Arbeit oblag, die zuvor von den verschiedenen Komitees und Ausschüssen getan worden war. Das Jugendwerk der Kirche wurde bald unter dem Namen Brethren Young People's Department ( B Y P D ) bekannt. Es entwickelte sich schnell; 1930 wurde ein nationaler Jugendsekretär ernannt. Das Jugendwerk nahm sich begeistert der Campingbewegung an. Campingplätze wurden gemietet oder gekauft und eingerichtet in Wald- oder Seengebieten von einem Ende der Vereinigten Staaten bis zum anderen. 1920 gab es 26 dieser Camps. Die Lager dauerten von fünf bis zu zehn Tagen und wurden insgesamt von mehreren tausend Jugendlichen besucht. Die Campingbewegung weitete sich aus und ihr gehörten nicht nur Jugendliche sondern auch Jungverheiratete und Erwachsene an. Lager für Mitarbeiter, Familien, Jugendlager für verschiedene Altersgruppen entstanden. Einige der Lagerplätze wurden im Lauf der Jahre vergrößert und sind zu großen Erholungsgeländen oder Anstalten mit Speiseräumen, Schlafsälen, Seen, Lagerfeuern, Schwimmbädern, Bibliotheken und ähnlichem geworden. Andere Lager werden weiterhin als offene Waldgebiete ohne viele Gebäude oder viel Anstaltswesen geführt.
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Die Jugendbewegung mit ihren Lagern und wöchentlichen Versammlungen, ihren Arbeitslagern und anderen Betätigungen war ein bedeutsamer Teil des gesamten Bildungswerkes der „Kirche der Brüder". Ihre direkte Wirkung auf die Jugend der Kirche dürfte die früher führende Rolle der Colleges beim Aufruf der Jugend zu kirchlichen Berufen ersetzt oder ergänzt haben. Der Bref/iren-Freiwilligen-Dienst entstand aus diesem großen Interesse der Jugend und ihrer Eltern am Werk der Kirche. Er wurde nach seiner formellen Gründung im Jahre 1948 von der Kirche begeistert gefördert und finanziert. Durch den Brerfiren-Freiwilligen-Dienst widmeten junge Männer und Mädchen freiwillig und unentgeltlich ein, zwei oder mehr Jahre dem Dienst der Kirche. Die Kirche unterhielt sie, bildete sie für die Vielfalt der Anforderungen des freiwilligen Dienstes aus und schickte sie in verschiedene Teile von Amerika und der Welt im Dienst am Nächsten. Dies wurde durch die Regierung anerkannt als gültiger Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. Die Bewegung erreichte ihren Höhepunkt nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Jugendlichen überall in der Welt an Wiederaufbau und Notlinderung mitarbeiteten. Ein Teil dieses Dienstes bestand in der körperlichen Arbeit bei Beseitigung von Kriegsschäden, aber ein Teil davon war Rehabilitation an jenen, die durch den Krieg und durch Kriegseinwirkungen geschädigt worden waren. Der Brei/zrert-Freiwilligen-Dienst ist zu einem der wichtigsten erzieherischen Unternehmen der Kirche geworden. Aus ihm gingen wie früher aus den Colleges führende Mitarbeiter und Persönlichkeiten in der Kirche hervor. Pastoren, Professoren, Lehrer, kirchliche Mitarbeiter und Missionare begannen ihre außerhäusliche Ausbildung im B V S . Der Bfei/iren-Frciwilligcn-Dienst weitete sich später aus und erfaßte außer Jugendlichen auch ältere Erwachsene. Diese Freiwilligen-Bewegung besteht heute noch. Ende 1970 werden mehr als 3000 Freiwillige an diesem Programm teilgenommen haben. Ein weiteres wichtiges Bildungswerk der Kirche ist ihr Austauschprogramm. Jugendliche und Erwachsene aus anderen Ländern werden nach Amerika eingeladen, um ein Jahr in einem Brethren College oder einer Brethren Familie, oder in beiden zugleich zu verbringen. Ein Teil dieses Programms wird direkt von der Kirche finanziert, ein anderer Teil in Zusammenarbeit der Kirche mit anderen Organisationen. Entsprechend gehen Jugendliche und Erwachsene der „Kirche der Brüder" ins Ausland. Ein College Junior Year in Deutschland oder Frankreich wird seit 1962 gemeinsam von den Colleges finanziert. Durch diese Unternehmungen sind der Gesichtskreis der „Kirche der Brüder" und ihr Empfin-
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den für die Nöte und Denkweise anderer Völker erweitert und vertieft worden. Diese Unternehmungen werden als Bestandteil des Dienstes und der Erziehungsarbeit der „Kirche der Brüder" fortgeführt.
Zusammenfassung Die Bildungsbewegung in der „Kirche der Brüder", die in diesem Kapitel dargestellt wurde, läßt sich folgendermaßen zusammenfassen. Sie nahm ihren Anfang in europäischen Familien gefolgt von den ersten regelrechten Zusammenkünften im Haus des Alexander Mack, wo die Väter der Kirche die Bibel lasen und um Erleuchtung rangen. Direkte Unterweisung und die Herausgabe von Flugschriften und Traktaten verbreitete die Lehre. Das Erziehungswerk nahm in der Brethren-Gemeinde und über sie hinaus in Germantown seinen Fortgang. Das Verfahren blieb das gleiche: häusliche Unterweisung, Predigt und Schriften. Die erzieherischen Bestrebungen reichten schon damals über das bloße Interesse an der Bibel hinaus; die Schriften und Lehren befaßten sich mit allgemeinen Zeitproblemen. Das Eintreten der Brethren für Gewaltlosigkeit und ihre Weigerung, sich am Krieg zu beteiligen, brachte Verfolgung und ihre Zerstreuung in die Täler und Ebenen des Südens und Westens mit sich. Hier in der Isolierung mußten Familie und Ortsgemeinde, soweit sie sich versammeln konnte, die Hauptlast der Erziehungsarbeit leisten. Das war eine wirksame Erziehung; sie hielt die Kirche und den Kern ihrer Lehre durch fast ein Jahrhundert des Pionierdaseins lebendig. Als es den Pioniergemeinden wirtschaftlich besser ging und öffentliche Schulen entstanden, beteiligten sich die Brethren erneut an der formelleren Bildung außerhalb der Familie. Sie suchten ihre eigenen Führungskräfte in eigenen Schulen heranzubilden und ihre Jugend auf den Lehrberuf und andere Berufe vorzubereiten. Mehr Colleges, als die Kirche erhalten konnte, entstanden; ein theologisches Seminar wurde gegründet. Die Colleges mußten anerkannt und finanziell unterstützt werden. Studenten, die nicht aus Brethren-Kreisen kamen, begannen dort zu studieren, und so lösten sich die Colleges aus der engen Bindung an die Kirche. Auch das Seminar ist sehr mit der allgemeinen theologischen Gemeinschaft verbunden. Diese Anstalten leisten der Kirche einen guten Dienst, der aber in vieler Hinsicht über den Rahmen der Kirche hinaus reicht. Die Sonntagsschule, das Erwachsenenbildungswerk, das Jugendwerk, die Bref/irerc-Freiwilligen-Bewegung und der Studentenaustausch sind weitere Erziehungswerke der Kirche, um die Mitglieder zu fördern, Füh-
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rungskräfte auszubilden und Menschen zum Dienst am Nächsten in der Welt zu rüsten. Der Wunsch der Kirche, ihre Jugend zu erziehen, hält das Interesse am Erziehungswerk der Kirche wach, und wenn man sich den kulturellen Veränderungen durch zweieinhalb Jahrhunderte auch anpassen mußte, so war man sich doch der Verpflichtung getreu und behielt das Ziel im Auge. Es steht zu erwarten, daß das Erziehungswerk der Kirche diesen Vorgang von Anpassung und Fortschritt weiterführen wird.
Kapitel 7 SOZIALES
ENGAGEMENT
ROGER L . SAPPINGTON
I
m ersten und zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts hat sich die Einstellung der Brethren zum sozialen Engagement beachtlich gewandelt. Diese Veränderung wird verständlich im Licht gewisser Entwicklungen in der vorhergehenden Phase der Geschichte dieser Kirche. Seit ihren Anfängen im Jahre 1708 sahen sich die Mitglieder der Kirche immer wieder von anderen Teilen der Gesellschaft angegriffen, vornehmlich vom Staat wegen der Opposition der Brethren gegen einige vom Staat für wichtig erachtete Dinge. Da die meisten Untertanen die Gesetze des Staates achteten und gut hießen, fanden sich die Brethren auch in der Opposition gegen die Mehrheit der Gesellschaft. Dies Verhältnis der Brethren zur Gesellschaft ganz allgemein und zum Staat im besonderen veranlagte die Brethren, sich abzusondern und eine introvertierte Gruppe zu bilden. Sie sorgten für einander und hielten es im 19. Jahrhundert für unrecht, daß ein Mitglied der Brethren in das staatliche Armenhaus kam. Schon früher hatte die Gemeinde in Germantown im 18. Jahrhundert Spenden von ihren Mitgliedern eingesammelt, um den ärmeren Gemeindegliedern zu helfen. Mancherlei Verfolgungen mußten die Brethren während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges erdulden, da sie sich weigerten, Militärdienst zu leisten. Infolgedessen zogen viele aus Pennsylvanien weg nach dem Süden und Westen, und sie vermieden auch so weit als möglich jegliche Beteiligung an gesellschaftlichen und staatlichen Unternehmungen. In gewissem Sinne bewirkten sie eine ungeschriebene Übereinkunft, wonach man sie in Ruhe lassen sollte und auch sie andere in Ruhe lassen wollten. Die Brethren und das Alkoholverbot Die Jahreskonferenz tat bei vielen Gelegenheiten im 19. Jahrhundert ihre Meinung kund und verbot den Brethren jeglichen Handel mit Alkohol. Alkoholische Getränke durften Brethren weder herstellen, noch vertreiben oder selbst trinken. Diese Bestimmung beruhte wohl auf dem Gedanken, daß die Kirche für ihre Mitglieder verantwortlich sei, denn
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die Jahreskonferenz v e r w e i g e r t e a u c h ihre Z u s t i m m u n g z u r Z u s a m m e n arbeit m i t der organisierten „ T e m p e r e n z - B e w e g u n g " , die in den Jahren n a c h d e m B ü r g e r k r i e g entstand. 1900 bestätigte die Jahreskonferenz eine frühere W e i g e r u n g „ e i n G e s u c h an die O b e r s t e B u n d e s r e g i e r u n g
zu
senden, daß ein Gesetz erlassen w e r d e , das die Herstellung alkoholischer G e t r ä n k e u n d deren E i n f u h r in die V e r e i n i g t e n Staaten v e r b i e t e 1 " . N o c h 1913 w a r n t e die Jahreskonferenz i n A n t w o r t auf einen A n t r a g , Womens
Christian
der
Temperance Union das A b h a l t e n v o n V e r s a m m l u n g e n
i n einer Brethren-Kirche
z u gestatten, m a n m ö g e „sehr vorsichtig i n
unserer V e r b i n d u n g m i t anderen O r g a n i s a t i o n e n u n d in der Ö f f n u n g unserer A n d a c h t s r ä u m e z u i h r e m G e b r a u c h sein 2 ." D o c h w a r die K i r c h e bereit, ihre eigene „ T e m p e r e n z - B e w e g u n g " ins L e b e n z u rufen, u n d 1907 w u r d e ein „ T e m p e r e n z - A u s s c h u ß " z u r V e r b r e i t u n g v o n I n f o r m a t i o n u n d zur U n t e r s t ü t z u n g der örtlichen G e m e i n d e n gebildet. N a c h diesen Beschlüssen, die sich f o l g e r i c h t i g aus der A b s o n d e r u n g der Brethren aus der Gesellschaft ergaben, bedeutete ihr V e r f a h r e n b e z ü g l i c h des A l k o h o l v e r b o t s (das V e r b o t der R e g i e r u n g , m i t A l k o h o l z u handeln) zwischen
1915 u n d
1920 eine entscheidende W e n d u n g .
Hauptanlaß
scheint 1915 die W a h l M a r t i n G . B r u m b a u g h s z u m G o u v e r n e u r v o n P e n n s y l v a n i e n g e w e s e n z u sein. Er w a r ein p r o m i n e n t e r Pastor der Brethren, hatte als Professor f ü r P ä d a g o g i k an der Universität v o n P e n n sylvanien gelehrt, w a r B e a u f t r a g t e r f ü r das Erziehungswesen i n P u e r t o R i c o u n d Schulinspektor i n Philadelphia g e w e s e n . G o u v e r n e u r B r u m b a u g h setzte sich f ü r einen g r o ß e n T e i l der S o z i a l g e s e t z g e b u n g ein, darunter a u c h f ü r ein lokales O p t i o n s - G e s e t z „als einen ersten Schritt z u einer raschen A b s c h a f f u n g des legalen Handels m i t berauschenden G e t r ä n k e n aus unserer N a t i o n " . D i e Jahreskonferenz v o n 1915 l o b t e ihn u n d seine R e g i e r u n g „ f ü r die h o h e n Z i e l e , die er i n allen moralischen Fragen g e steckt h a t " , darunter auch seine Einstellung z u m A l k o h o l v e r b o t 3 . D i e Brethren k a m e n n u n m e h r dahin, sich dieser B e w e g u n g , die das g a n z e L a n d erfaßt hatte, anzuschließen. Z u m Beispiel faßte die Jahreskonferenz 1 9 1 7 einen B e s c h l u ß , ein G e s u c h direkt an die B u n d e s r e g i e r u n g z u richten, u n v e r z ü g l i c h Schritte z u unternehmen, „ u m die V e r w e n d u n g j e g licher N a h r u n g s m i t t e l zur Herstellung v o n alkoholischen G e t r ä n k e n u n d d e n V e r t r i e b solcher G e t r ä n k e f ü r die D a u e r dieser Krise z u v e r b i e t e n " . U n t e r d e m allgemeinen D r u c k der Ö f f e n t l i c h k e i t erließ die R e g i e r u n g ein solches V e r b o t . D a n n , 1918, b e k u n d e t e n die Brethren ihre „ v o l l s t e U n t e r s t ü t z u n g f ü r die A n n a h m e eines Zusatzantrages zugunsten eines b u n d e s w e i t e n A l k o h o l v e r b o t s " u n d a u c h dieser A n t r a g w u r d e ratifiziert u n d erhielt als „ A c h t z e h n t e r Z u s a t z der V e r f a s s u n g der V e r e i n i g t e n S t a a t e n " Gesetzeskraft 4 .
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W i e sich an ihrem Eingreifen in der Frage des Alkoholverbots erkennen läßt, hatten die Brethren also in den Jahren vor 1920 eine Reihe von Schritten unternommen, die ihre stärkere Beteiligung an Gesellschaftsfragen beweist. Sie taten den Schritt von der sektiererisch-engen Verantwortlichkeit für die eigenen Mitglieder in die größere Verantwortlichkeit für die Gesellschaft insgesamt. Dieses Gefühl der Verantwortung veranlaßte sie, den Grundsatz anzunehmen, dringende soziale Verbesserung über den W e g der Gesetzgebung zu erreichen.
Die Brethren und der Staat W i e in der Frage des Alkoholverbots verhielten sich die Brethren im 19. Jahrhundert auch gegenüber dem Staat. Sie suchten eine abgeschlossene Gemeinschaft zu bleiben, die für ihre eigenen Bedürfnisse Sorge trug. So war es den Brethren verboten, vor Gericht Klage zu erheben oder Schulden einzutreiben. Außerdem durften sie nicht wählen oder politische Ämter bekleiden. W e n n sich hier auch gegen Ende des 19. Jahrhunderts eine liberale Haltung durchsetzte, so hielt doch noch 19x2 die Jahreskonferenz an dem Gedanken fest, daß der Christ hier auf Erden ein Pilger sei und ein Bürger i m Himmelreich. In diesem Sinne waren die Brethren gehalten, „sich nicht in die Politik verwickeln zu lassen, noch sich für Dinge zu interessieren, die ihr Streben nach dem Heil ihrer Seele vermindern oder ihren Nutzen für die Kirche beeinträchtigen könnte". Man riet ihnen, weder „ihre Stimme abzugeben, noch irgendein A m t zu übernehmen, es sei denn, sie wären überzeugt, dadurch ihren Auftrag in der Welt gegenüber sich selbst, ihren Mitmenschen und gegen Gott besser erfüllen zu können". Schließlich wurden die Brethren angehalten, jegliches A m t zu vermeiden, „zu dessen Pflichten die Anwendung körperlicher Gewalt erforderlich wäre, oder das in irgendeiner Weise den Grundsatz der G e waltlosigkeit des Evangeliums Christi verfälschen könnte 5 ". Eine so konservative Einstellung zu den Pflichten des Christen gegenüber dem Staat konnte in Zeiten rascher Veränderungen nicht lange bestehen, doch ging die Jahreskonferenz erst 1918 von ihrem Grundsatz ab. Die Konferenz bestätigte erneut ihre traditionelle Haltung zur Gewaltlosigkeit und weigerte sich, zuzustimmen, daß „ihre Mitglieder Ämter bekleideten, wenn diese sie zwingen könnten, den Grundsatz der G e waltlosigkeit aufzugeben". Die Konferenz w a r jedoch bereit, anzuerkennen, „daß es in einer Demokratie nicht falsch ist, wenn Brethren, ihrer Gemeinde- oder Stadtverwaltung dienen, um Tüchtigkeit und Ehrlich-
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keit im sozialen und bürgerlichen Leben zu fördern, sofern dadurch der Grundsatz der Gewaltlosigkeit und die neutestamentliche Lehre über das Ablegen von Eiden nicht verletzt werden 6 ". Damit schien die Frage der politischen Betätigung der Brethren durch Stimmabgabe und der Amtsübernahme geklärt, denn es hat offenbar keine weiteren Erörterungen hierüber auf der Jahreskonferenz gegeben. Wiederum ist klar, daß sich diese Einstellung von einem strikten Verbot und einer eindeutigen A b lehnung derartiger Betätigungen zu einem gemäßigten Standpunkt mit geringfügigen Grenzen und Einschränkungen entwickelte. Der Erste Weltkrieg von 1 9 1 4 bis 1918 war eine harte Prüfung für den immer wieder bezeugten Pazifismus der Brethren, der sie als eine der historischen Friedenskirchen kennzeichnete. Seit dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges 1865 hatte der Pazifismus für die Brethren keiner besonderen Hervorhebung mehr bedurft, und sie hatten sich währenddessen hauptsächlich mit Evangelisation und kirchlicher Ausdehnung befaßt. Der Eintritt tausender neuer Mitglieder hatte ein Gedankengut mit sich gebracht, das dem traditionellen Separatismus der Brethren entgegengesetzt w a r ; ein Zeichen dafür war die Namensänderung 1908 v o n German Baptist Brethren zu Church of the Brethren, nachdem nun viele der Kirche angehörten, die nicht deutscher Abstammung waren. Z u den betroffenen Lehren gehörte auch der Pazifismus. Eine Folge der Verschmelzung war, daß auch die Kirchenleitung sich nicht einig war darüber, welchen Standpunkt die Kirche angesichts des Eintritts der U S A in den Krieg 1 9 1 7 und der daraus folgenden allgemeinen Mobilmachung einnehmen sollte. Z u m Beispiel erkannte Otho Winger, der konservative Präsident eines Brethren College, des Manchester Colleges in Indiana, daß die Brethren solch aktiven Anteil an der Politik der vergangenen Jahre genommen hatten, daß es auch nicht „die geringste Entschuldigung oder Grund gab, freigestellt zu werden" von der Verletzung eines kirchlichen Grundsatzes durch den Eintritt in ein militärisches Ausbildungslager. Auch D . M . Garver, der dreimal als V o r sitzender der Jahreskonferenz fungierte, glaubte, daß „unsere Brüder im Fall der Einberufung einen waffenlosen Dienst annehmen sollten". Er glaubte, dies sei die einzige allgemein vertretbare Haltung der Brethren7. Andererseits war die einzige offizielle Erklärung, die die Kirche während des Krieges abgab, das Ergebnis einer gesondert einberufenen Jahreskonferenz im Januar 1 9 1 8 : „Weiterhin beschwören wir unsere Brüder, sich zu keinen Diensten einberufen zu lassen, die in irgendeiner Weise unsere altehrwürdige Haltung zum Krieg kompromittieren könnten; und ferner (beschwören wir sie), das Tragen von Uniformen jeglicher Art zu vermeiden." Diese Erklärung ging von der Tatsache aus, daß „die
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Lehren unserer Kirche militärische Ausbildung verbieten, sowie das Erlernen der Kriegskunst zusammen mit der Teilnahme an irgendwelchen Handlungen, die zur Vernichtung von Menschenleben führen könnten" 8 . D a bereits seit dem vorhergegangenen September Männer eingezogen wurden, lobte die Konferenz jene Brethren, die sich geweigert hatten, „an Kriegshandlungen" teilzunehmen. D i e meisten Brethren, die sich geweigert hatten, zum Militär zu gehen, wurden mit Gefängnis bestraft, obgleich die Behandlung in den Ausbildungslagern unterschiedlich war. Daß die Brethren erst im Januar 1918 ihre Haltung formulierten, und daß nicht alle Brethren dieser Haltung zustimmten, zeigt, wie unsicher die Brethren in dieser Frage waren; der Unsicherheit der Brethren in dieser Frage entsprach jedoch die Unsicherheit der US-Regierung, wie sie mit den Pazifisten verfahren sollte. Das Wehrdienstgesetz v o n 1 9 1 7 erlaubte Kriegsdienstverweigerern aus Gewissensgründen die Befreiung v o m Militärdienst, aber sie gab keine Richtlinien wie das durchzuführen sei. Als nun im September 1 9 1 7 die ersten Brethren in den Ausbildungslagern eintrafen, wußten die Kommandanten nicht, was sie mit diesen Pazifisten anfangen sollten. Die Regierung zögerte mit ihrer Entscheidung über ein geeignetes Verfahren. Im Februar 1918 schrieb Präsident Wilson auf die Erklärung der Brethren v o m Januar hin, daß der Kongreß die E m p fehlung des Verteidigungsministers erwäge, alle Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen für zivile Beschäftigungen, darunter auch für die Landwirtschaft, zu beurlauben, und daß der Verteidigungsminister „sich darum bemühe, mehr waffenlose Beschäftigungen in direkter Verbindung mit der Armee zu schaffen 9 ". Beide Maßnahmen brachten schließlich eine Klärung, doch gestaltete sich die Lage für die Brethren zweifellos auch dadurch so schwierig, daß die Regierung fast ein Jahr zwischen der Verabschiedung des Gesetzes und seiner Auslegung bezüglich der Brethren verstreichen ließ. Der letzte Beweis der Unentschlossenheit und des Zögerns der Regierung bezüglich der Brethren war der Beschluß der Militärgerichtsabteilung i m Verteidigungsministerium, die Brethren nach dem Spionagegesetz v o m 15. Juli 1 9 1 7 und dem Zusatzgesetz v o m 16. M a i 1918 anzuklagen. Offenbar glaubte die Regierung, daß die von der besonderen Jahreskonferenz i m Januar 1918 herausgegebene Erklärung „verschwörerische Absichten zur Behinderung" des Wehrdienstgesetzes einschloß, indem die Brethren dadurch aufgefordert wurden, den Dienst zu verweigern. Die Anklage wurde zurückgezogen, als sich die Brethren bereit erklärten, die Erklärung zurückzuziehen 10 . In dem Bestreben, jegliche Deutschfreundlichkeit in den Vereinigten Staaten zu ersticken, sah sich die Regierung sogar ver-
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anlaßt, an die Verfolgung einer harmlosen religiösen Minderheit mit langjähriger Ablehnung des Militärdienstes zu denken. Die Drohung einer gerichtlichen Verfolgung seitens der Regierung ließ die offiziellen Verfechter der kirchlichen Einstellung zum Militärdienst umfallen. Für den Rest des Krieges entschieden sich die jungen Männer, die eingezogen wurden, auch weiterhin selbst, welche Art des Dienstes ihnen annehmbar erschien; die Mehrheit ging zum Militär, obgleich es immer wieder einige gab, die sich weigerten, die Uniform zu tragen oder in irgendeiner Weise militärischen Befehlen zu gehorchen. In diesem Sinne hatten sich die Brethren gewandelt, denn sie hatten ihre in früheren amerikanischen Kriegen kompromißlos beobachtete Weigerung, Soldaten zu werden, aufgegeben; sie waren keine Separatisten mehr, sondern Leute, die bereit waren, mit der Regierung zusammen zu arbeiten. Als 1940 die Regierung erneut ein Wehrdienstgesetz (Selective Service) erließ in Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg, konnten sich Brethren und Regierung auf die früheren Erfahrungen stützen. Mit den Quäkern und Mennoniten gemeinsam unterhielten die Brethren in Washington eine Lobby, die versuchen sollte, die Verabschiedung eines Gesetzes über eine allgemeine Wehrpflicht in Friedenszeiten zu verhindern, und, falls das nicht gelang, die günstigsten Bedingungen auszuhandeln. Es zeigte sich, daß es gelang, in das endgültige Gesetz eine Klausel für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen für alle Arten des militärischen Dienstes aufzunehmen und für sie ein ziviles Ersatzdienst-Programm zu schaffen. M . R. Zigler, einer der Brethren in der Washingtoner Gruppe, sprach von „dem gewaltigen Zugeständnis, das man machen will". Sicherlich wäre das endgültige Gesetz ohne das eifrige Bemühen der Brethren, der Quäker und der Mennoniten ganz anders ausgefallen, und man hätte keine so große Toleranz für Kriegsdienstverweigerer erreicht. Die Regierung war nicht nur bereit, die Organisation eines zivilen Ersatzdienst-Programms zuzulassen, sie verlangte auch, daß die Kirchen die volle Verantwortung für die Arbeit und die Finanzierung eines solchen Programms übernahmen. M. R. Zigler, der für die Brethren die Verantwortung für dieses Programm übernehmen sollte, gab zu, daß er sich Sorgen machte, ob die Kirche in der Lage sei, so große Belastungen zu tragen. Allerdings war die Regierung bereit, Unterstützung zu leisten durch die Bereitstellung von aufgelassenen Arbeitslagern (Civilian Conservation Corps)11, Werkzeuge und Ausrüstung und von Verwaltungspersonal, damit die Kriegsdienstverweigerer sich an national wichtigen Programmen zur Bodenkonservierung und Forstarbeit beteiligen konnten. Die Kirchen mußten für den Unterhalt und alle Bedürfnisse der
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jungen Männer aufkommen und die allgemeine Leitung und Organisation der Lager übernehmen. Das Ergebnis dieser Vereinbarung zwischen der Regierung und den Kirchen, darunter auch der „Kirche der Brüder", war die Errichtung der Civilian Public Service (CPS) Lager. Im Mai 1941 zogen die ersten Rekruten in das bei Lagro, Indiana, gelegene erste Lager der Brethren ein. Während des Zweiten Weltkrieges richteten die Brethren mehrere solcher Lager ein, um solchen Kriegsdienstverweigerern zu helfen, die jeglichen Dienst mit der Waffe ablehnten. Dies einzigartige Programm verwaltete das Brethren Service Committee (BSC), später in Brethren Service Commission umbenannt. Es war 1939 ins Leben berufen worden und erhielt 1941 die Bestätigung durch die Jahreskonferenz. Neben den land- und forstwirtschaftlichen Arbeitslagern wurden einige weitere Möglichkeiten für die Mitarbeit von Kriegsdienstverweigerern an zivilen Aufgaben von nationaler Bedeutung geschaffen. Diese Männer waren jederzeit sehr daran interessiert, Hilfs- und Wiederaufbaudienste in Ubersee zu leisten, doch gab die Regierung keine Einwilligung für einen solchen Einsatz. Es gelang den Brethren, ein Team auszubilden und nach Puerto Rico zu schicken, das ein Krankenhaus einrichten und einen bedeutsamen Dienst in einem Notstandsgebiet der Insel leisten konnte. Auch einige Sonderprojekte wurden ermöglicht und eine größere Zahl von Leuten arbeitete als Pfleger in Heilanstalten für Geisteskranke. Ein ungewöhnliches Projekt, an dem diese Männer mitarbeiteten, war ein Experiment in menschlicher Aushungerung an der Universität von Minnesota. Die Sonderprojekte waren für die Kirche sehr wertvoll, denn die Männer waren überzeugt, lebenswichtige Dienste zu leisten, und diese Art von Projekten, die sich im großen und ganzen selbst trugen, erleichterten etwas die finanzielle Belastung. Die Brethren gaben für das gesamte CPS-Programm fast zwei Millionen Dollar aus, davon brachte die Kirche selbst zwei Drittel auf, der Rest wurde von einzelnen oder Gruppen gezahlt, die sich der Dienste des Brethren Civilian Public Service bedienten. Der Civilian Public Service-Plan, den die historischen Friedenskirchen während des Zweiten Weltkrieges entwickelten, war zweifellos ein Fortschritt verglichen mit der Verwirrung und Unsicherheit während des Ersten Weltkrieges, doch waren besonders die Brethren entschlossen, Verbesserungen anzustreben, falls sich wieder die Gelegenheit dazu bot. Das Wehrdienstgesetz verlor 1947 seine Gültigkeit, doch mußte infolge des Kalten Krieges 1948 die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt werden. Kriegsdienstverweigerer wurden davon ausgenommen, da nur eine begrenzte Anzahl von Männern eingezogen wurde. Die Jugend der
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Kirche der Brüder empfand die Ungerechtigkeit dessen, daß sie übergangen wurde, während andere junge Leute eingezogen wurden, und sie übte genügend Druck auf die Jahreskonferenz von 1948 aus, um das Brethren Volunteer Service-Programm für junge Männer und Mädchen durchzusetzen. Für diese jungen Leute wurden die verschiedensten Projekte geschaffen. Sie konnten in den Lagern der Wanderarbeiter, in städtischen Elendsvierteln, in Altenheimen, in der Verpackung von Sachspenden zum Versand in alle Welt und in vielen Ländern in Übersee im Rahmen von Hilfs- und Wiederaufbauaktionen arbeiten. Das Programm besteht nun seit zwanzig Jahren, und konnte sowohl denen, die darin arbeiteten, als auch denen, denen dadurch gedient wurde, viel Gutes tun. Als die US-Regierung das Friedenscorps einrichtete, übernahm sie nicht wenige der Züge dieses Programms. Als das Wehrdienstgesetz 1951 infolge des Ausbruchs des Koreakrieges im Jahr zuvor erweitert wurde, um auch Kriegsdienstverweigerer zu erfassen, erwirkte die Kirche die Zustimmung der Regierung, ihr Brethren Volunteer Service-Programm Kriegsdienstverweigerern zugänglich zu machen. Außerdem standen jetzt diesen Männern viele außerkirchliche Projekte offen. Während des ersten Jahres seiner Wirksamkeit, das im Juni 1953 endete, stellte die Kirche 160 Männer in ihrem eigenen weltweiten Programm ein und half 74 Brethren in anderen Arbeitsprojekten unterzukommen. Dieses Programm hatte den Vorteil, daß es anpassungsfähiger war als das im Zweiten Weltkrieg von der Kirche entwickelte. Es blieb bis in die sechziger Jahre hinein bestehen, um die verhältnismäßig kleine Zahl von jungen Brethren zu betreuen, die den Kriegsdienst verweigern. Sicherlich kommen auf jeden jungen Mann der Kirche der Brüder, der seit 1940 als Kriegsdienstverweigerer diente, mindestens drei andere, die zum Militärdienst gingen. Daraus läßt sich schließen, daß der Separatismus und das Mißtrauen, so chrakteristisch für die ersten Brethren, von ihren Nachkommen im 20. Jahrhundert überwunden wurde.
Weltweite Brefhren-Hilfe Eines der dramatischsten Ergebnisse des Ersten Weltkrieges war für die Brethren ihr neugewonnenes Interesse an der Hilfe für Kriegsopfer, ganz gleich, wer sie waren, woher sie kamen, oder woran sie glaubten. Mit anderen Worten, nach dem Kriege entwickelte man eine große Anteilnahme für Notleidende außerhalb der Gemeinschaft der Brethren. 1 9 1 7 machte man die Jahreskonferenz auf die N o t der Armenier aufmerksam, und die Konferenz stimmte Sammlungen in den Gemeinden „zur Hilfe
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für diese unglücklichen Bedrängten" 1 3 zu. Man fühlte sich zu diesen Leuten besonders hingezogen, da es Christen waren, die von NichtChristen unterdrückt wurden. Die frühen Missionsbestrebungen der Brethren hatten sich auf dieses Gebiet gerichtet. Die Brethren hatten große Schwierigkeiten bei der Einrichtung einer zufriedenstellenden Hilfsorganisation für Hilfsprogramme in Übersee. Auch verlor man viel Zeit damit, zu entscheiden, w o man arbeiten wollte und mit was für anderen Organisationen - wenn überhaupt - man zusammenarbeiten sollte. Unter der Führung von J. E. Miller beschlossen die Brethren schließlich 19x9 250000 Dollar für die Armenienhilfe aufzubringen, da „unsere Leute großzügig für dieses Volk spenden". Miller machte im Frühjahr 1919 im Auftrag des American Committee for Relief eine Erkundungsreise in den Nahen Osten und kehrte mit der Überzeugung zurück, daß die Brethren hier auf vorübergehender Basis einen wertvollen Dienst leisten könnten: „ W i r können hier auf humanitärem Wege ein wunderbares Werk tun. Es würde etwas geschehen, das bisher keine Organisation versucht hat." Das vorgeschlagene Projekt umfaßte die Unterstützung von Waisenhäusern und Schulen und den Wiederaufbau von Weingärten, Gemüsegärten, Gebäuden und Wohnungen. Die Mitglieder der Kirche reagierten mit Begeisterung auf diesen Vorschlag. Die Brethren waren vor allem aus dem Grund sehr bereit, ein so großes Projekt in Angriff zu nehmen, weil sie heftig angegriffen wurden, sie hätten während des Krieges nicht ihre Pflicht getan. So übertrafen die Brethren noch das selbstgesteckte Ziel und hatten bis zum Ende der Aktion 1921 insgesamt 267265,48 Dollar für die Hilfe an Armeniern und Syrern aufgebracht. Das war wirklich eine beträchtliche Spende für eine Kirche, die sich noch nie zuvor in etwas Ahnlichem versucht hatte. Auch erweiterte die Erfahrung zweifellos den Horizont der Brethren. J. E. Miller gab dieser neuen Haltung Ausdruck als er schrieb, er erkenne nun „wie nie zuvor" die große Verantwortung, die auf der Kirche liege. Und so mußte, wie er sagte, die Kirche „das Werk erkennen, das andere tun, und das zu tun wir versäumt haben", sowohl in kirchlichen als auch in nationalen Anliegen. Obgleich das neuentdeckte Interesse der Brethren an Hilfsprogrammen für Kriegsgeschädigte in den 20er Jahren der Rückkehr der amerikanischen Allgemeinheit zur „Normalität" zum Opfer fiel, bot sich in den 30er Jahren erneut die Möglichkeit zur Hilfe für jede Gruppe, die an solcher Arbeit interessiert war. Auch hatten die Brethren ein wenig ihre Exklusivität aufgegeben, die sich darin zeigte, daß sie die Zusammenarbeit mit den Quäkern in der Hilfstätigkeit während und nach dem Ersten Weltkrieg verweigerten; in den Jahren nach 1920 und 1930 arbeiteten die beiden
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Kirchen gemeinsam an verschiedenen Projekten zur Befriedung der Welt. Als in den 30er Jahren das Schwertgerassel in Europa aufs neue laut wurde, verdoppelten diese Kirchen ihre Bemühungen, um die Vereinigten Staaten aus dem Krieg heraus zu halten, und gingen daran, den Opfern des spanischen Bürgerkrieges Hilfe zu leisten. Zwischen Januar und Juni 1937 entwickelten die Brethren ein Verfahren der Zusammenarbeit mit den Quäkern und den Mennoniten, wonach Brethren-Mitarbeiter nach Spanien geschickt wurden, um auf beiden Seiten der Front zu arbeiten, und das finanzielle und materielle Hilfe bereitstellte. Das spanische Hilfsprogramm erwies sich als eine wertvolle Erfahrung für die drei gemeinsam arbeitenden Kirchen, denn es war eine Vorbereitung auf die enge Zusammenarbeit, die bei der Errichtung des Civilian Public SemVe-Programms während des Zweiten Weltkrieges nötig wurde. Außerdem leisteten die drei Kirchen natürlich den Opfern des erbitterten und blutigen Bürgerkrieges in Spanien wertvolle Hilfe. Dan West, der Mitarbeiter des kirchlichen Hauptbüros war und als erster kirchlicher Helfer nach Spanien ging, berichtete nach einem Besuch in Washington im Herbst 1938, daß der Sekretär des amerikanischen Roten Kreuzes sehr erfreut sei „über unsere gemeinsame Arbeit an den spanischen Kindern", daß man im Außenministerium „mit großer Wertschätzung von unserer Arbeit in Spanien spricht", und daß der spanische Botschafter erklärt habe, „daß die Arbeit unseres Ausschusses in Spanien das einzige Zeichen christlicher Tätigkeit dort sei". Augenscheinlich war die Arbeit auch für die „Kirche der Brüder" von großem Wert, sie schuf sich dadurch einen guten Ruf in der Gesellschaft, in der sie lebte und gewann die Überzeugung, daß sie in derartigen Projekten einen guten Beitrag leisten konnte. Fast zur gleichen Zeit als die Brethren ihre ersten Helfer nach Spanien schickten, brach im September 1937 in China der Krieg zwischen Japanern und Chinesen aus. Die Brethren hatten seit fast 30 Jahren Missionare in China und waren an dem Geschehen dort äußerst interessiert. In der Kirche herrschte bald weitgehende Übereinstimmung darin, daß man den Kriegsopfern in China zu Hilfe kommen müsse, und unverzüglich wurden Pläne für Sammlungen und für die Entsendung von Hilfspersonal für diese Aufgabe gemacht. Angehörige der Missionsstationen, die bereits dort waren und die Landessprache beherrschten, wurden entsprechend eingesetzt. Als sich das Programm in China entwickelte, fanden die Brethren Gelegenheit zur Zusammenarbeit mit den Quäkern und den Mennoniten, die ebenfalls im Fernen Osten arbeiteten, und mit dem Church Committee for China Relief (Kirchliche China-Hilfe), in dem alle an der Missionsarbeit in China beteiligten protestantischen Kirchen ver-
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einigt waren. So verstärkte sich das Interesse der Brethren an kooperativem Einsatz. Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Brethren in China eines der ungewöhnlichsten unter allen Hilfsprojekten, die v o m Brethren Service Committee in der ganzen Welt betrieben wurden, einrichten. In Z u sammenarbeit mit der United Nations Relief and Rehabilitation Administration ( U N R R A ) schickten die Brethren fünfzig junge Männer als Traktorfahrer und Mechaniker nach China, um die Chinesen im Gebrauch und der Wartung amerikanischer Traktoren zu unterrichten, die von der U N R R A als Ersatz für die vielen im Krieg vernichteten Zugtiere gespendet wurden. Die Idee stammte von K . S. Sie, dem ehemaligen Dekan des College of Agriculture and Forestry der Universität Nanking und späteren Vertreter der chinesischen Regierung bei der U N R R A . Die Brethren waren an Sies Vorschlag sehr interessiert, und nun begannen die langwierigen Verhandlungen zwischen den Brethren, der chinesischen Regierung und der U N R R A . Im April 1946 reiste Sie nach China, um die endgültige Zustimmung seiner Regierung einzuholen, und im gleichen Monat warben die Brethren die 50 Mann an. Die Erklärung, die dieses Projekt bekannt gab, gab der Hoffnung Ausdruck, daß dies „der Anfang eines Unternehmens sein möge, das ein Schritt auf dem W e g zu einer Beseitigung der Hungersnöte sein könnte, die China seit Generationen heimgesucht haben". Die 50 Mann waren bald gefunden, und nach einer Ausbildung in den Vereinigten Staaten fuhren sie zwischen September 1946 und Februar 1947 in vier Gruppen nach China. Dieses Projekt gab den Brethren erneut Gelegenheit zu zeigen, daß sie jederman ungeachtet seiner politischen, rassischen, religiösen oder nationalen Zugehörigkeit dienten. Leland Brubaker, der Mitarbeiter, dem das Projekt unterstellt war, betonte, daß dies „zur Tradition im Brethren Service Committee bei aller Hilfstätigkeit in der ganzen W e l t " geworden sei. Außerdem gab er zu verstehen, daß die Brethren entweder die ganze Gruppe oder einzelnes Personal zurückziehen würden, wenn einige oder alle „in politischen oder fragwürdigen Situationen zum Vorteil irgendeiner Gruppe gegenüber einer anderen" in dem Krieg zwischen Nationalisten und Kommunisten ausgenützt würden. W . J. Green, der U N R R A Beauftragte, an den Brubaker dies schrieb, ließ wissen, daß diese N e u tralität „ v o l l und ganz mit den Prinzipien der U N R R A übereinstimmt", und er versicherte Brubaker, daß die Gruppe nicht in eine politische oder kriegerische Auseinandersetzung hineingezogen werden würde. So lange die UNRRA-Bref/irett-Einhcit in China war, sprachen U N R R A Beauftragte in China immer wieder davon, wie sehr sie die Männer selbst und ihre wertvolle Arbeit schätzten. W . J. Green schloß, „daß
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die M ä n n e r ausgezeichnete A r b e i t leisten, ihre Persönlichkeit u n d ihre A b s i c h t e n sie b e i j e d e r m a n n beliebt m a c h e n , u n d ihr V e r h a l t e n s o w o h l als einzelne als a u c h als G r u p p e ü b e r jeden Z w e i f e l erhaben ist". H a r l a n C l e v e l a n d , der D i r e k t o r der U N R R A i n C h i n a , bestätigte diesen E i n d r u c k v o n d e n M ä n n e r n u n d w e r t e t e die B e d e u t u n g ihrer A r b e i t , i n d e m er darauf hinwies, daß in e i n e m Jahr 50 M ä n n e r u n d 1 1 3 6 T r a k t o r e n „ e s fertig gebracht haben, e t w a 400000 M e u (1 M e u = 674,45 m 2 Land) z u k u l t i v i e r e n u n d 1000 C h i n e s e n a u s z u b i l d e n " . E r w a r sich deutlich der W o h l t a t e n b e w u ß t , deren sich „ H u n d e r t t a u s e n d e v o n C h i n e s e n Jahr u m Jahr i n Z u k u n f t erfreuen w e r d e n d a n k der sorgfältigen u n d selbstlosen B e m ü h u n g e n einer k l e i n e n G r u p p e v o n M ä n n e r n , die tausende v o n K i l o m e t e r n in ein G e b i e t unermeßlicher N o t reisten, u m Z e u g n i s a b z u l e g e n v o n ihrer Ü b e r z e u g u n g , daß alle M e n s c h e n B r ü d e r sind". E i n weiteres P r o j e k t i n C h i n a , das v o n der U N R R A ebenso l o b e n d b e urteilt w u r d e , w a r die E n t s e n d u n g v o n ]ungkuhen(heifers).
Das
Heifer
Project w a r eine Idee v o n D a n W e s t , der es nach seinen E r f a h r u n g e n i m Hilfseinsatz i n Spanien f ü r einfacher u n d praktischer hielt, K ü h e statt M i l c h z u versenden. D i e K i r c h e schloß sich seinen V o r s c h l ä g e n an, u n d so w u r d e n (und w e r d e n n o c h i m m e r ) tausende S t ü c k V i e h in alle W e l t verfrachtet. A l s F. H . L a G u a r d i a , der Generaldirektor der U N R R A d a v o n hörte, daß die Brethren J u n g k ü h e f ü r C h i n a spenden w o l l t e n , schrieb er, daß „dies die erste Schiffsladung V i e h ist, die nach C h i n a abgeht, u n d eine der w i c h t i g s t e n Spenden, die U N R R A je g e g e b e n w u r d e n " . E r e r innerte an die tausende S t ü c k V i e h aus Spenden der Brethren, m i t deren H i l f e B a u e r n i n der T s c h e c h o s l o w a k e i , i n Griechenland, Italien u n d P o l e n „ d i e E r n ä h r u n g der B e v ö l k e r u n g - auf d e m Lande u n d i n der Stadt - i n diesen L ä n d e r n verbessern k o n n t e n , i n denen w ä h r e n d des Krieges ü b e r 50 P r o z e n t des Viehbestandes v e r l o r e n g i n g " . L a G u a r d i a f ü g t e hinzu, daß „ d e r echte Geist praktischen C h r i s t e n t u m s u n d der G l a u b e , d e n Ihre K i r c h e b e w i e s e n hat, f ü r uns alle beispielhaft sind in dieser Z e i t , da w i r , o h n e G l a u b e n , nicht v o r a n k o m m e n k ö n n e n " . Er w u ß t e u m die b e scheidenen A n f ä n g e des Heifer Project, dessen Geist u n d W e r k sich j e d o c h n u n überall i n der W e l t ausbreiteten. „ Ü b e r die G r e n z e n der Nationalität u n d der religiösen Ü b e r z e u g u n g e n h i n w e g hat es A n g e h ö r i g e vieler B e kenntnisse e i n b e z o g e n u n d gezeigt, w a s erreicht w e r d e n kann, w e n n Ü b e r z e u g u n g , entschlossener U n t e r n e h m u n g s g e i s t u n d echte christliche F r e i g e b i g k e i t einander e r g ä n z e n . " W i e L a G u a r d i a andeutete, w a r e n die Brethren sehr daran interessiert, H i l f e auf jede n u r denkbare A r t den europäischen L ä n d e r n z u k o m m e n z u lassen, die der K r i e g überrollt hatte. Tatsächlich betrieben die Brethren i n fast allen v o m K r i e g b e t r o f f e n e n Ländern, sofern sie nicht hinter d e m
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Eisernen Vorhang lagen, Hilfsaktionen; und sogar dort hatten die Brethren Personal in Polen, das jedoch im August 1949 ausgewiesen wurde. Als die Brethren ihre Arbeitsbereiche zusammenlegten, konzentrierten sie ihre Arbeit hauptsächlich auf Deutschland und Osterreich. Hier war es auch für freiwillige Hilfsorganisationen wie die Brethren Service Commission in der Zeit unmittelbar nach dem Kriege am schwersten, Einreiseerlaubnis zu erhalten, da die alliierten Militärbehörden derartige Organisationen dort nicht wünschten. Im Februar 1946 erzwangen das beständige Drängen der Kirchen und die Erkenntnis bei den Militärs, welch gewaltige Aufgabe hier zu lösen war, den Eingang nach Deutschland. Die Brethren kamen ganz bescheiden als Mitglied des Council of Relief Agencies Licensed to Operate in Germany (CRALOG), der als koordinierende Organisation für die gesamte kirchliche Hilfstätigkeit in Deutschland arbeitete. Die meisten Sachspenden wurden zur Unterstützung der Flüchtlinge verwendet, von denen etwa zehntausend pro Tag aus Ostdeutschland in die amerikanische Besatzungszone flüchteten, und von denen die meisten aus den westdeutschen Städten ausgewiesen wurden, in denen es keine Lebensmittel gab. Obgleich die Brethren einsahen, daß direkte materielle Hilfe in Deutschland notwendig war, lag ihnen ebenso sehr daran, in Deutschland irgendeine Form dauernder Rehabilitation einzuleiten, wie sie es in den meisten anderen europäischen Ländern getan hatten, in denen Brethren arbeiteten. Die ersten Versuche wurden von den Militärbehörden vereitelt, doch gelang es den Brethren 1947, der Evangelischen Kirche bei der Errichtung eines Werkes bei Bremen zu helfen, in dem Kriegsversehrte und Vertriebene umgeschult wurden. Hier konnte man Schneiderei, Schuhmacherei, Schreinerei, Weben und die Herstellung von Prothesen lehren und sich der seelischen und erzieherischen Bedürfnisse der Menschen annehmen. In Zusammenarbeit mit dem C V J M (Christlicher Verein junger Männer) mit dem die Brethren während des Krieges in einem Kriegsgefangenen-Projekt in England gearbeitet hatten, stellten die Brethren eine begrenzte Anzahl von Personal und Material für die Rehabilitation einer Gruppe von gefährdeten Jugendlichen auf der Burg Kaltenstein bei Stuttgart. Hier wurden berufliche, erzieherische und religiöse Hilfe geleistet und Freizeitgestaltung geboten. Das erste der vielen B S C (Brethren Service Commission) geförderten internationalen Aufbaulager wurde 1948 gehalten. In diesen Lagern trafen sich junge Leute, vor allem Studenten, aus zehn oder zwölf verschiedenen Ländern, die praktische Aufbauarbeit für Flüchtlinge und andere bedürftige Personen leisteten. Eines der dramatischsten Projekte der Brethren ergab sich im Herbst 1949,
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als die Brethren fast 100 deutschen Oberschülern ein Studienjahr in Amerika ermöglichten. Die amerikanische Militärregierung gab die Gelder und war froh, daß sich die Brethren der Verwaltung annahmen und die Familien stellten, in denen die Schüler leben sollten. Dies Programm fand weit über die „Kirche der Brüder" hinaus in Amerika wie auch in Europa großen Anklang als ein wertvoller Beitrag zur Überwindung von internationalen Antipathien und Gegensätzen. Die Brethren selbst waren beeindruckt von der Unterstützung, die sie bei militärischen und Regierungsstellen in Deutschland fanden, die sich offenbar davon überzeugt hatten, daß der Brethren Service in Deutschland wirklich nur dienen wollte. 1950 kamen nahezu 200 deutsche Studenten nach U S A . Dies sehr erfolgreiche Programm wurde später zur ständigen Einrichtung als der überkirchliche International Christian Youth Exchange (Internationaler christlicher Studentenaustausch). Eine weitere Phase in der Entwicklung des Brethren Service in Deutschland bestand darin, Angehörige des neuen Brethren Volunteer Service als Brethren Service-Mitarbeiter in Europa einzusetzen. Man plante den Einsatz einer Gruppe dieser Freiwilligen in einem Projekt bei Kassel, das durch amerikanische Bombenangriffe zu 75 Prozent zerstört worden war, und dringende Hilfe zum Wiederaufbau und zur Betreuung der vielen tausend Flüchtlinge in diesem Gebiet brauchte. Die ersten sechs Freiwilligen kamen im Herbst 1949 dorthin; als erstes halfen sie einer Gruppe von Flüchtlingen, eine orthopädische Klinik fertigzustellen und arbeiteten auf der Kinderstation dieser Klinik. Außerdem sorgten sie für die freizeitlichen und geselligen Veranstaltungen der Patienten und bauten ein Jugendheim in der Nähe der Stadt wieder auf. Die Arbeit wurde erweitert, als im Mai 1950 weitere Freiwillige hinzukamen, und man berichtete, daß „in vielen Gebieten in HICOG-Büros und in weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung der Freiwilligendienst nicht nur anerkannt, sondern sogar erbeten wird". M. R. Zigler, der nun Direktor des Brethren Service in Europa war, meinte, daß „sich die Freiwilligenbewegung jetzt als sehr erfolgreich erweist und zur ständigen Einrichtung wird, die als dauerhaft für kommende Jahrhunderte angesehen werden darf". Und wirklich tut der Brethren Volunteer Service seit dem Jahr 1949 in Europa einen bedeutsamen Dienst. Im benachbarten Osterreich umfaßte das Hilfswerk der Brethren drei verschiedene Projekte: die Zusammenarbeit mit dem Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in Österreich bei der Verteilung von Spenden, ein landwirtschaftliches Rehabilitationsprogramm und materielle Unterstützung und Hilfe bei der Ansiedlung der vertriebenen Volksdeutschen. Die Brethren stellten dem örtlichen Hilfswerk beträchtliche Sachspenden
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und Personal zur Verfügung. Die obersten Kirchenräte der Kirchen augsburgischen und helvetischen Bekenntnisses, zu denen 95 Prozent der Protestanten in Osterreich gehören, waren den Brethren für die geleistete Arbeit sehr dankbar. Ganz besonders schätzten sie, daß, wie zwei ihrer Sprecher sagten: „Ihre Hilfe nicht nur in vielen tausend Fällen große N o t gelindert hat, sondern uns auch das Gefühl brüderlicher Verbundenheit gegeben hat. Ihre Hilfe hat uns den Mut gegeben, unseren Glauben und unsere Haltung in diesem Außenposten der Evangelischen Kirche zu wahren." Im Rahmen des landwirtschaftlichen Wiederaufbaus in Osterreich half die Brethren Service Commission bei der Beschaffung von Zuchtbullen für ein künstliches Befruchtungsprogramm als Teil des Heifer Project. B S C half auch der Geflügelzucht in Österreich wieder auf die Beine durch die Einfuhr von 1200 Küken im Frühjahr 1947. Diese Küken wurden sehr sorgfältig an ausgesuchte Hühnerzüchter verteilt. Beide Projekte wurden offensichtlich mit großem Erfolg durchgeführt. A b 1955 wurden auch Jungküken an Flüchtlinge gegeben. Schließlich konzentrierte sich das gesamte Brethren-Piogiamm in Osterreich auf die Hilfe für Vertriebene und Flüchtlinge, die oft nicht wußten, wohin oder an wen sie sich wenden sollten. Die Brethren nahmen sich vor allem der Volksdeutschen Vertriebenen an, die von der U N R R A und deren Nachfolgeorganisation, der International Refugee Organization (Internationale Flüchtlingshilfe) nicht betreut wurden, da sie Deutsche und somit nicht „alliierte" Vertriebene waren. Auch die Ecumenical Refugee Commission (Ökumenische Flüchtlingskommission) des Ökumenischen Rats der Kirchen und die amerikanische interkonfessionelle O r ganisation, Church World Service, waren vor allem an den „alliierten" Vertriebenen interessiert. So kam es, daß sich außer der Brethren Service Commission zunächst niemand der Volksdeutschen annahm. Das 1948 von der US-Regierung erlassene Vertriebenengesetz war nicht auf die Volksdeutschen anwendbar. Doch arbeiteten die Brethren mit der Regierung zusammen, um die notwendigen Papiere für über 1000 Vertriebene zu beschaffen, die in den Vereinigten Staaten angesiedelt werden sollten. Als das Gesetz 1950 auf die Volksdeutschen erweitert wurde, konnten die Brethren die Papiere für die Umsiedlung von 1 1 5 solcher Familien nach den Vereinigten Staaten bereitstellen, ehe die Quote für diese Gruppe erschöpft war. Vor 1950 hatten die Brethren ein Hilfs- und Rehabilitationsprogramm für die Volksdeutschen in der Nähe von Linz in Österreich geschaffen. Dazu gehörten ein Berufsbildungswerk für Jugendliche, eine Ausgabe für Spenden, Englischkurse und ein Krankenhaus mit Ambulanz. Wohl der größte Beitrag war die Hilfe, die der
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österreichischen Regierung bei der Errichtung eines Sanatoriums für Tuberkulosekranke in Thalham bei St. Georgen geleistet wurde. So taten die Brethren alles, um den Volksdeutschen zu helfen, ihre Lage sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten zu verbessern. Ein weiteres Projekt, das Beachtung fand, war das ständige Aufbaulager (in Zusammenarbeit mit den Mennoniten errichtet), das die berühmte evangelische Karlsschule in Wien wieder aufbaute. Schließlich errichtete der Ökumenische Rat der Kirchen noch unter der Leitung von Brei/ire«-Mitarbeitern ein weiteres Hilfswerk in Griechenland, das Beachtung verdient. Nordgriechenland war während und nach dem Zweiten Weltkrieg sehr durch Kämpfe verwüstet worden, und da die griechisch-orthodoxe Kirche Mitglied im Ökumenischen Rat ist, war dieser darauf bedacht, zu helfen. Doch war es sehr schwierig, die Genehmigung für die Entsendung eines protestantischen Einsatzteams nach Griechenland zu bekommen, wegen der Empfindlichkeit der griechischen Kirche. Man bat die Brethren, die Arbeitsmöglichkeiten in Griechenland zu erkunden, da diese wegen ihrer unparteiischen Dienstbereitschaft bekannt waren, und im November 1949 entsandte der Ökumenische Rat M . R. Zigler nach Griechenland. Zigler erwartete wohl kaum, um die Entsendung eines Teams nach Griechenland gebeten zu werden, denn bisher war noch kein Protestant darum ersucht worden, doch zu seiner Überraschung schickte der Erzbischof am Tag nach Ziglers Abreise ein Gesuch um Hilfe ab. Nun sahen sich Brethren Service Comtnission und Ökumenischer Rat gedrängt, auf die Bitte zu reagieren. Nach schwierigen Verhandlungen in Genf und in Amerika, die sich über die nächsten zwölf Monate erstreckten, traf im Herbst 1950 der Leiter des Bret/zrett-Hilfsteams in der Gegend von Ioannina in Nordgriechenland ein. Obgleich auch einige dringend benötigte Sachspenden zur Verfügung gestellt wurden, lag das Hauptgewicht auf langfristigem Wiederaufbau der Landwirtschaft. Neben der Verteilung von Küken, Vieh, Werkzeugen und Geräten brachte die Einführung von Samen einer hochgezüchteten Maissorte reichere Ernten. Dieses Projekt des Ökumenischen Rats in Griechenland, das die Brethren leiteten und ermöglichten, wurde allgemein sehr gerühmt. Das höchste Lob kam wohl vom griechischen Erzbischof, der schrieb, daß „die Arbeit, die von diesen feinen jungen Leuten getan wurde ... äußerst wertvoll und wirkungsvoll ist und in naher Zukunft den Dorfbewohnern eine gute Ausbildung ermöglichen wird dank der Methoden, die Ihre Gruppe sie gelehrt hat". Darüber hinaus war er „überaus dankbar für diese großartigen Erfolge, die einen beständigeren und konkreteren Geist christlicher Solidarität zeigen", und er war „höchst zufrieden mit der
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Zusammenarbeit und dem Beweis brüderlicher Liebe, den die Kirche durch die Errichtung solcher Programme zum besten der Allgemeinheit gegeben hat". Auch in den Jahren nach 1950 und i960 blieben die Brethren wach für die Not leidender Menschen überall in der Welt, ob diese Not nun durch Kriege oder durch Naturkatastrophen verursacht worden war. 1966, 25 Jahre nach der Gründung der Brethren Service Commission arbeiteten 432 Mitarbeiter in fünfzehn Ländern in Übersee und in einundzwanzig Staaten der U S A . Das Programm ist vereinfacht worden, und die Arbeit geschieht heute umfassender durch ökumenische Organisationen. Ein Beispiel dafür ist die International Voluntary Services Agency (IVS) mit Mitarbeitern im Nahen Osten und in Asien. Das Hauptgewicht scheint sich auf die Soforthilfe durch die Verteilung von Sachspenden verlagert zu haben. Sozialarbeit in den Vereinigten Staaten Unter diese Überschrift gehören einige der Programme, die in den Vereinigten Staaten von den Brethren unternommen wurden. Die jungen Leute, die in dem 1948 begonnenen Brethren Volunteer Service arbeiteten, waren besonders daran interessiert, sich für den sozialen Dienst zur Verfügung zu stellen, und die Kirche fand Wege, ihre Bereitschaft zu nutzen. Ein solches Projekt, das diesen jungen Leuten offen stand, war in Falfurrias, Texas, w o sich schon 1918 die Brethren der Nöte der mexikanischamerikanischen Bevölkerung an der Grenze angenommen hatten. John Stump, ein Pastor der Brethren, der von Indiana nach Texas gezogen und im Viehgeschäft reich geworden war, stellte die Mittel für eine Farm und eine Schule für mexikanische Kinder zur Verfügung. Das Projekt kam nicht recht vorwärts und wurde schließlich nach 1940 vom Brethren Service Committee übernommen. Das Programm war besonders für die Erfordernisse des Freiwilligendienstes geeignet, und während der ersten 20 Jahre wurde eine beträchtliche Anzahl von Freiwilligen nach Falfurrias geschickt. Sie unterstützten die religiösen Gemeindeveranstaltungen der mexikanisch-amerikanischen Bevölkerung, führten ein großzügiges Bau- und Rehabilitationsprogramm durch, und ermöglichten allmählich eine restlose Bebauung der Felder. Sich um die religiösen und sozialen Nöte der vielen Wanderarbeiter entlang der Atlantikküste von Florida bis Delaware zu kümmern, war ein weiteres natürliches Einsatzgebiet für den Brethren Volunteer Service. Myron Miller, der Leiter der Friedensarbeit im südöstlichen Bereich der Kirche, erkannte die Möglichkeiten und schuf ein ganzjähriges Programm
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in Paliokee, Florida. Vor allem wurden Kindertagesstätten eingerichtet, in denen die Kinder betreut wurden, während ihre Eltern auf den Feldern arbeiteten. Es zeigte sich, daß die Arbeit in den Lagern der Wanderarbeiter dringend erforderlich war, und so wurde sie fortgesetzt. Seit langem lag den Brethren das amerikanische Negerproblem am Herzen. Vor dem Bürgerkrieg wurde Sklavenbesitzern die Mitgliedschaft in der Kirche verweigert, und die Protokolle der Jahreskonferenzen enthalten unzählige Hinweise auf die Weigerung von Brethren, irgendetwas mit Menschenhandel zu tun zu haben. Gleichzeitig erwies es sich für die Neger als ziemlich schwierig, sich dem Kulturseparatismus der Brethren einzugliedern, und so sind nur wenige Neger Mitglieder der Kirche geworden. Im 19. Jahrhundert entstanden einige Negergemeinden. In den ersten beiden Jahrzehnten unseres Jahrhunderts begannen die Brethren zwei Arbeitsprojekte unter den Negern in Arkansas und Colorado, die jedoch beide nicht von langer Dauer waren. Es scheint dabei mehr um die Bekehrung der Neger als um die Linderung ihrer körperlichen und sozialen Nöte gegangen zu sein. Später, in den 40er Jahren, gab es erneute Bestrebungen zur rassischen Integration örtlicher Gemeinden und zur Errichtung von besonderen Projekten für die Neger in den südlichen Landesteilen, in denen es keine Brethren-Gemeinden gibt, doch blieben beide Versuche in ihren Ausmaßen begrenzt. Angehörige des Brethren Volunteer Service wurden bei einigen gemischtrassischen und Negerprojekten eingesetzt, aber auch diese Seite der Arbeit an den Negern entwickelte sich nicht so, wie man es erwartete. Am erfolgreichsten unter den Projekten, bei denen Freiwillige eingesetzt wurden, waren Projekte in den Städten Baltimore und Washington. Obgleich sich einzelne Brethren an bedeutenden gemischtrassischen Projekten beteiligt hatten, ist es für die Kirche gewöhnlich sehr schwierig gewesen, wirklich tragende Projekte dieser Art zu schaffen. Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten in der Arbeit an den Negern entwickelten die Brethren während des Zweiten Weltkrieges ein hilfsreiches Projekt für die Amerikaner japanischer Abstammung, die von der U S Regierung aus ihrer Heimat entlang der pazifischen Küste zwangsumgesiedelt wurden. Ralph Smeltzer, ein junger Hochschulabsolvent und Mitglied der Brethren, begann, zusammen mit dem American Friends Service Committee eine Arbeit in einem Umsiedlungslager in Kalifornien. Unter seiner Leitung richtete man mit Brethren-Unterstützung in Chicago und New York Heime ein, die 1500 japanisch-amerikanischen Bürgern bei der Neuansiedlung in jenen Gebieten behilflich waren.
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Schluß A m offensichtlichsten ist die phänomenale Veränderung in der sozialen Einstellung der Brethren im 20. Jahrhundert. Aus einer durch sektiererische Merkmale gekennzeichneten Bevölkerungsgruppe entwickelten sich die Brethren in ihrem sozialen Engagement, bis sie viele Formen und Verfahren anderer protestantischer Kirchen übernahmen. Sie übernahmen den Gedanken, daß sie auch für die Menschen außerhalb ihrer Kirche ungeachtet deren Rasse, Nationalität oder Religion verantwortlich sind. Einer der hervorragenden Propheten, der aus der „Kirche der Brüder" hervorgegangen ist, Dan West, erkannte 1947, daß „wir uns in den letzten 30 Jahren so weit und so rasch entwickelt haben, daß mein eigener Vater, kehrte er heute zurück, wohl kaum seine eigene Kirche, zu der er einmal gehörte, wiedererkennen würde". Er zitierte einen Beobachter, der nicht zur „Kirche der Brüder" gehörte, und der feststellte, daß die Brethren „schneller als jede andere Kirche in Amerika" voran kämen. Die meisten dieser Veränderungen, so meinte West, hätten „die schöpferische Kraft der Brethren in die Tat umgesetzt" gezeigt. Zum Beweis nannte er Entwicklungen wie die Brei/irew-Unterstützung des American Friettds Service Committee im spanischen Bürgerkrieg, als die Brethren „die einzige Gruppe mit Helfern auf beiden Seiten, und zwar während der ganzen Zeit" waren, das Heifer Project, in dem katholische und lutherische Mitarbeiter zusammenarbeiteten, das UNRRA-Programm, das durch Vorschläge und Mitarbeit der Brethren abgeändert wurde, und den Church World Service, der „ohne die Brethren vielleicht nicht zustande gekommen wäre". West hatte zweifellos darin recht, daß die neue Einstellung zu sozialem Engagement, die sich in der „Kirche der Brüder" herausgebildet hatte, einen entscheidenden Einfluß auf andere christliche Kirchen und auf die Gesellschaft insgesamt gehabt hat.
Kapitel 8 MISSION B . MERLE CROUSE
ie Brethren sind für die Mission aufgeschlossene Leute. Besondere Schlüsseltexte der Brethren sind der Missionsbefehl (Matth. 28, 19-20), das 18. Kapitel des Matthäusevangeliums, das 13. Kapitel bei Johannes und der Brief des Jakobus. Zeitweise diente der Text des Missionsbefehls mehr zur Verteidigung der Taufe durch dreimaliges Untertauchen als dafür, Gottes Volk in die Welt zu senden, doch wurde bis zu einem gewissen Grad die beständige Verpflichtung zu missionarischem Tun immer wahrgenommen. Die Geschichte der Brethren ist reich an missionarischen Bestrebungen. Sehr ernsthaft hat man sich an der Bewegung der protestantischen Auslandsmission beteiligt. Die Mission ist zum wesentlichen Bestandteil des Glaubens geworden und hat im gegenwärtigen Leben der „Kirche der Brüder" eine Vorrangstellung. Die transzendentalen Segnungen, die die Neugeburt in Christus mit sich bringt, nehmen nicht immer den ersten Platz ein. Als Christ ein neues Leben in dieser Welt zu leben, ist nicht notwendigerweise von größerer Bedeutung, doch wird darin etwas Wichtiges für den Christen gesehen und in der traditionellen Botschaft der Brethren darauf stärkeres Gewicht gelegt. Die Brethren waren immer überzeugt, daß sie einen christlichen Auftrag unter den Völkern zu erfüllen haben. U m die Definition dieses Auftrags muß offenbar heute mehr gerungen werden als in vergangenen Zeiten, da offenkundige menschliche Nöte dringender werden und das Neue Testament weniger gelesen wird. Das Auf und Ab der Geschichte hat dem missionarischen Anliegen der Brethren im Lauf der Jahre unterschiedliches Gewicht gegeben. Dieses Kapitel geht kurz auf die verschiedenen Stadien der Geschichte der Brethren-Mission ein. Missionarische Haltung und Tätigkeit der ersten Brethren in Europa (1708-1733) Die ersten Brethren in Europa waren wegen ihres missionarischen Eifers bekannt. Sie wurden einerseits geachtet wegen ihrer Aufrichtigkeit und andererseits abgelehnt wegen ihrer beständigen und ärgerlichen Be-
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kehrungen unter dem Kirchenvolk der Landeskirchen. Sie waren davon überzeugt, daß Gott sie ausersehen hatte, der Welt ihre Botschaft zu bringen. Alexander Mack jun. läßt in seinem Vorwort zur ersten (1774) amerikanischen Ausgabe der Schriften seines Vaters diese dringliche Berufung zum Zeugnis und zum Wachstum anklingen, zu der sich die ersten Brethren aus Anlaß ihres die Kirche begründenden Taufgottesdienstes berufen fühlten. „ S o wurden sie alle acht getauft in der frühen Morgenstunde. Nachdem sie aber alle aus dem Wasser gestiegen waren, und sich wieder angekleidet hatten, so wurden sie auch zugleich inwendig mit großer Freudigkeit angezogen, und wurde ihnen durch die Gnade wesentlich eingedruckt dies nachdenkliche Wort: ,Seyd fruchtbar and mehret e u c h ! 1 ' " Die ersten acht Brüder von Schwarzenau waren bereits Christen und Mitglieder der Landeskirchen vor ihrer Taufe in der Eder gewesen. Von den Männern war einer Lutheraner und vier waren reformiert. Sie alle hatten zu geistlicher Pilgerfahrt ihre Kirchen verlassen und waren im Kreis der radikalen Pietisten von Schwarzenau zusammengekommen. Durch ihre erneute Taufe lösten sie sich nun von den Pietisten und wurden zu einer eigenen sektiererischen Bewegung. Ihre Gründe dafür, eine neue Kirche zu bilden, offenbaren ihre missionarische Absicht und die Quelle ihres Eifers. Sie glaubten, daß mit dem geistlichen Niedergang, der sich in den Landeskirchen zeigte, das wahre Christentum verloren gegangen sei. Sie trachteten nach der Wiederherstellung der Urkirche, indem sie gleichgesinnte, erweckte Christen zu einer neuen Gemeinschaft vereinigten, die frei war von traditionellen Glaubensbekenntnissen und Riten und nur den Lehren und Gebräuchen des Neuen Testaments verpflichtet, wie sie diese nach eingehendem Forschen und gemeinsamem Studieren der Schrift verstanden. Alexander Macks Brief an den Herzog Karl August, geschrieben 1 7 1 1 , enthält eine klare Erklärung seiner missionarischen Botschaft und Überlegung: „Was aber nun mein Verbrechen ist, will ich's bekennen frei und öffentlich, daß Jesus Christus, der König aller Könige und Herr aller Herrn, dasjenige, was wir tun, also haben will, daß der Sünder solle Buße tun und an den Herrn Jesum glauben und solle auf seinen Glauben sich taufen lassen im Wasser. Und solle dann alles suchen zu halten, was Jesus befohlen und in seinem Testament öffentlich hinterlassen. Tun wir nun hierin Unrecht wider das geoffenbarte Wort heiliger Schrift, es sei in Lehr, Leben und Wandel, so wollen wir uns ja gerne weisen lassen. Kann uns aber niemand dieses erweisen mit Grund der Heiligen Schrift und
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man uns doch verfolget, so wollen wir zwar gerne alles leiden und dulden um der Lehr Jesu Christi willen 2 ." V o r der Taufe 1708 in Schwarzenau, die als Geburtsstunde der „Kirche der B r ü d e r " anzusprechen ist, widmete Alexander Mack viel Zeit mit seinem engen Freund, dem radikalen Pietisten Ernst Christoph Hochmann von Hochenau, dem Studium. Eine Zeit lang hielt Hochmann eindringliche missionarische Predigten für die Juden und ermahnte sie, sich zu Christus zu bekehren im Hinblick auf seine nah bevorstehende W i e derkunft. Mack begleitete Hochmann oft auf seinen Missionsreisen durch Deutschland. Sie predigten Erweckung und Bekehrung unter ihren zu den Landeskirchen gehörenden Landsleuten und legten Zeugnis ab für ein geheiligteres Leben, eine engere Gemeinschaft der Gläubigen untereinander und für geistliche Gemeinschaft mit Gott. Später leitete Mack die missionarischen Bemühungen der Brethren. Sie zogen aus, u m zu lehren, zu evangelisieren und Neubekehrte zu taufen und in ihre Gemeinschaft aufzunehmen. Ihr Missionsfeld beschränkte sich auf die christliche Welt ihrer Tage. Sie gewannen ihre Anhänger unter Reformierten, Lutheranern, Separatisten und Mennoniten. Sie sprachen jede Gruppe anders an, aber ihre Absicht war stets die gleiche: Werkzeuge zu sein für die Schaffung einer getreuen und gehorsamen Kirche nach dem Vorbild der neutestamentlichen Gemeinde. Die Botschaft für Reformierte und Lutheraner war, neues Leben in Christus für eine geistlich erstarrte Kirche. Die Separatisten hatten neuen W e i n gewonnen, boten aber keine neuen Schläuche, u m ihn darin zu fassen. A n sie erging der Ruf, die sichtbare Kirche in Ubereinstimmung zu bringen mit der unsichtbaren, geistlichen Kirche, der sie bereits angehörten. Mit den Mennoniten stimmten die Brethren im wesentlichen überein, außer mit ihrer Art zu taufen. Die Mennoniten tauften auch nur Erwachsene, doch die Brethren behaupteten, das Besprengen sei nicht die biblische Form. Biblische Beweisführung und Eifer überzeugten eine große Anzahl von Mennoniten, sich von den Brethren erneut durch dreimaliges Untertauchen taufen zu lassen. Der missionarische Erfolg der Brethren wurde von Seiten der Landeskirchen, von den radikalen Pietisten und von den weltlichen Obrigkeiten angegriffen, denen ganz und garnicht daran gelegen war, die empfindliche religiöse Situation gestört zu sehen. Die Gruppen, die dadurch Einbußen erlitten, hielten das für aggressives Proselytentum, während die Brethren darin ein echtes und notwendiges missionarisches W e r k wahrer Bekehrung für Christus sahen. Die Brethren erlebten ein Wachstum ihrer Kirche in Europa. Die G e meinde in Schwarzenau wurde unter der Obhut Alexander Macks wohl-
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HS
organisiert u n d sehr aktiv. A u s dieser G e m e i n d e w u r d e n P r e d i g e r ins Rheintal u n d bis in die S c h w e i z gesandt. Einzelne B e k e h r t e w u r d e n in der Pfalz, i n der G e g e n d v o n M a r i e n b o r n u n d in W i t t g e n s t e i n getauft. D i e G e m e i n d e in M a r i e n b o r n z o g z u m ü b e r w i e g e n d e n T e i l schließlich nach K r e f e l d . D i e K r e f e l d e r Brethren tauften sechs M ä n n e r aus Solingen, deren Standhaftigkeit u n d G l a u b e n als G e f a n g e n e i n Düsseldorf u n d Jülich d e n h e r v o r r a g e n d e n Geist der ersten Brethren besonders zeigt. A b 1 7 1 9 führte die i m m e r stärkere V e r f o l g u n g u n d wirtschaftliche B e drängnis der Brethren zur E m i g r a t i o n aus Deutschland. 1720 z o g die S c h w a r z e n a u e r G e m e i n d e n a c h Surhuisterveen i n Westfriesland. W ä h rend ihres n e u n j ä h r i g e n Aufenthalts i n W e s t f r i e s l a n d schlössen sich nach B r u m b a u g h z w ö l f H o l l ä n d e r der G e m e i n d e an 3 . D i e Z a h l der M i t g l i e d e r i n E u r o p a variiert v o n d e n 255 v o n B r u m b a u g h 4 z u s a m m e n g e t r a g e n e n N a m e n bis z u einer, v o n e i n e m späteren Leiter genannten Z a h l v o n 1000 5 . Letztere S c h ä t z u n g dürfte sicherlich übertrieben sein, w ä h r e n d B r u m b a u g h s A u f s t e l l u n g k a u m vollständig ist. V e r m u t l i c h g a b es insg e s a m t e t w a 300 getaufte Brethren in E u r o p a .
Missionarische
Tätigkeit und Ausdehnung der Brethren
in der Kolonialzeit
(1719-1778)
Es v e r g i n g einige Z e i t , bis die Brethren sich niedergelassen u n d ihren missionarischen A n t r i e b w i e d e r g e w o n n e n hatten, der sie i n E u r o p a g e kennzeichnet hatte. D i e E i n w a n d e r e r u n d Peter B e c k e r k a m e n 1 7 1 9 n a c h Philadelphia u n d zerstreuten sich bald v o n G e r m a n t o w n aus i n die U m g e b u n g auf der Suche n a c h L a n d u n d A r b e i t . D i e s c h w e r w i e g e n d e n M i ß verständnisse der G e m e i n d e i n K r e f e l d w a r e n sicherlich dafür verantw o r t l i c h , daß unter diesen f r ü h e n M i t g l i e d e r n eine gewisse V o r s i c h t u n d ein Nachlassen des Eifers z u b e o b a c h t e n sind. D i e neue H e i m a t w a r f r e m d u n d unbekannt, u n d m a n m u ß t e sich erst in das L e b e n der n e u e n W e l t v o n P e n n s y l v a n i e n hineinfinden. N a c h vier Jahren i n den K o l o n i e n f a n d e n sich die Brethren a m W e i h n a c h t s t a g 1723 w i e d e r z u s a m m e n , es w u r d e n sechs M i t g l i e d e r g e t a u f t u n d ein Liebesmahl gefeiert. D i e Brethren hatten sich w i e d e r organisiert, d o c h es geschah n o c h m e h r . Sie erfuhren eine E r n e u e r u n g ihrer Freude u n d ihres Eifers, die zerstreuten Brethren i m Hinterland aufzusuchen, u n d auch anderen i n den deutschsprachigen G e m e i n d e n Z e u g n i s z u g e b e n v o n d e m n e u e n L e b e n . Sie w u r d e n ü b e r w ä l t i g t v o n einer E r w e c k u n g , die ihre Schar rasch w a c h s e n ließ u n d den Geist ihrer N a c h b a r n i m w e i t e n U m k r e i s b e w e g t e . A m 23. O k t o b e r 1724 z o g e n die 14 m ä n n l i c h e n M i t g l i e d e r der G e -
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meinde von Germantown auf eine Missionsreise, um die Brethren in der Diaspora zu stärken und anderen die Erweckung zu predigen. Die Reise führte sie nach Skippack, Falckners Swamp, Oley und nach Coventry am Schuylkill, w o sie die zu Weihnachten getauften neuen Brethren besuchten. In Coventry wurden zwei weitere Mitglieder getauft, am 8. November wurde ein Liebesmahl gehalten, und die zweite Brethren-Gemeinde aus neun Mitgliedern wurde gegründet. Ursprünglich war geplant worden, daß die Missionsreise nur bis zum Schuylkill gehen sollte. Doch erhielten sie die Nachricht, daß im Conestoga-Gebiet einige neubekehrte Leute seien, und daß ihr Dienst dort gebraucht werde. Die „Ephrata Chronik" berichtet über wichtige Einzelheiten des Besuchs in Conestoga: „Bei Hohns wurde am folgenden Tage, dem 12. November, eine Versammlung gehalten, bei der der Superintendent (Conrad Beissel) anwesend war. In dieser Versammlung bekundete sich eine außergewöhnlich starke Erweckung. Die Brüder sprachen mit solcher Vollmacht über die Taufe und die göttliche Absicht mit dem gefallenen Menschen, daß nach Schluß der Versammlung fünf Menschen um die Taufe baten, nämlich der bereits genannte Höhn, dessen Frau, John Mayer und seine Frau und Joseph Shäfer, die sogleich nach der Weise der Apostel von Peter Becker im Pequea-Fluß getauft wurden. Bald folgte diesen als sechste Veronica, die Frau des Isaac Frederick 6 ." In dem gleichen Gottesdienst wurde auch Conrad Beissel getauft, der später die klösterliche Gemeinschaft in Ephrata gründete und viele Brethren dazu brachte, sich abzuspalten. A m Abend fand in Hohns Haus ein Liebesmahl statt. A m folgenden Sonntag wurden Sigmund Landert und seine Frau getauft und die erste Gemeinde von Lancaster County gegründet, für die Conrad Beissel als verantwortlicher Prediger gewählt wurde. Die Ordnungen der Taufe und des Liebesmahles und ihre Bedeutung für die Brethren bildeten den Schlüssel zu ihrer Botschaft und Methode. Die Taufe besagte, daß das alte Leben der Anpassung an die Welt nun für immer begraben war. Sie bedeutete Reinigung und Verpflichtung zu einem geheiligten Leben des Gehorsams, wie Jesus in der Bergpredigt fordert. Der Vollzug der Taufe selbst war ein erster Schritt des Gehorsams. Die Taufe war eine Ordnung, die von der Gemeinde zugelassen und vollzogen wurde, nämlich von der Gemeinschaft der Gläubigen und nicht von einem geweihten Geistlichen. Täuflinge wurden von der Gemeinde zugelassen, und der Taufgottesdienst war ein äußerst wichtiger und freudiger Gottesdienst der gesamten Gemeinde. Die Taufe war äußeres Symbol einer inneren Realität für den Gläubigen. Die Taufe
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schnitt den Bekehrten von vielen früheren Verbindungen ab und machte ihn zum Glied einer neuen Familie mit Christus als ihrem Herrn und den anderen getauften Mitgliedern als Brüdern. Mit der Taufe wechselte man von einer in eine andere Welt über. Das Liebesmahl war die Feier der Grundelemente in der neuen Welt des Gläubigen. Die Fußwaschung war Symbol und Erlebnis des Dienstes und der Erniedrigung, eine Erneuerung der Bereitschaft der Gemeinde, einander zu heben und Christus zu gehorchen. Das gemeinsame Mahl bestätigte die brüderlichen Bande der Brethren. Der Empfang von Brot und Wein erneuerte die Taufgelübde und band den Gläubigen fester an seinen Herrn. Die Verkündigung der Brethren stand in engem Zusammenhang mit diesen Riten. Die Gründung neuer Gemeinden wurde mit der Feier des Liebesmahles besiegelt. Zumeist kamen die Gemeinden der Kolonialzeit im Haus eines Mitglieds zusammen, und oft wechselten die Versammlungen von Haus zu Haus ab. Viele Brethren berücksichtigten schon beim Bau ihrer Häuser und Scheunen die Versammlungen der Gemeinde. Das erste schlichte Versammlungshaus wurde 1770 von der Gemeinde in Germantown errichtet. Die Gemeinde von White Oak feierte 1736 ihr erstes Liebesmahl und hatte bis 1859 ihre Versammlungen in den Häusern von Mitgliedern. Gemeindeversammlungen in den Häusern sorgten für einen herzlichen, geselligen Anstrich innerhalb der Gemeinschaft. Die kirchliche Führung der Gemeinde wurde unter den getauften Männern entwickelt und aus ihnen gewählt, die eine Art Lehrzeit in der Gemeinde durchmachten. Wer Begabung zeigte, Menschen verstehen zu können und den Glauben verstehen und lehren zu können, wurde von der Gemeinde erwählt und von anderen ordinierten Vorstehern ordiniert. Zwei Arten missionarischer Arbeit bestimmten die Ausbreitung der Brethren von Germantown aus durch die Kolonien nach Süden und Westen. Die „Haus-Gemeinde-Mission" war für das rasche Wachstum der Brethren in der Kolonialzeit verantwortlich. Dazu gehörte die Verkündigung durch Mitglieder und Leiter der Gemeinden unmittelbar an ihren Wohnorten und in der umhegenden Nachbarschaft. Wenn entfernte Mitglieder eine Gruppe von acht oder mehr Getauften bilden konnten und wenn sich auch Führung fand, wurde eine neue Gemeinde gegründet. Die Haus-Gemeinde-Mission wirkte wie eine im Zellgewebe wachsende und sich teilende Zelle und bildete neue Gemeinschaften, die ihrerseits ermuntert wurden, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren. Das zeigt sich besonders deutlich an der Gemeinde in Conestoga. Die Gemeinde wurde 1724 gegründet, sie spaltete sich 1732, als sich die
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Gruppe um Beissel nach Ephrata zurückzog. J. G. Royer spricht v o m Wachstum in Conestoga 1908 wie folgt: „Conestoga war eine der ersten organisierten Kolonialgemeinden. 1730 hatte sie bereits 35 Mitglieder. 1748 waren es 200, 1770 zählte die Gemeinde zwar 400 Aufnahmen, hatte jedoch nur 86 getaufte Mitglieder. V o n Anfang an wurde die Gemeinde in Conestoga durch Wegzug gemindert und dann wieder aufgefüllt und gestärkt durch die getreuliche und ernsthafte Anwendung der Haus-Gemeinde-Mission. Was läßt sich heute über das Conestoga der Kolonialzeit sagen ? - denn es ist noch immer unter uns. Sein Gebiet ist immer wieder geteilt und unterteilt worden, und heute gibt es in dem Gebiet innerhalb der ursprünglichen Grenzen 20 Gemeinden mit einer Gesamtmitgliederzahl von nahezu 5000 Seelen 7 ." In einem neueren Bericht über die Gemeinde von Conestoga heißt es: „Infolge dreier Teilungen, 1772, 1864 und 1897 und nachfolgender erneuter Teilungen ist Conestoga die Muttergemeinde aller Gemeinden in den Bezirken von Lancaster, Dauphine, Lebanon, Berks und Schuylkill geworden, und eigentlich der meisten Gemeinden, die heute den östlichen Distrikt v o n Pennsylvanien bilden 8 ." 1969 zählte die Gemeinde Conestoga 494 Mitglieder 9 . Die „Emigrations- oder Kolonisationsmethode" begann mit der U m siedlung deutscher Gemeinden innerhalb Deutschlands und später in die Kolonien und nach Westfriesland. Auch die Ausdehnung der Kirche nach dem Westen, die dem Unabhängigkeitskrieg folgte, verlief nach diesem Schema. Die Kirche der Kolonialzeit dehnte sich bis Maryland und weiter in den Süden aus, als Brei^ren-Familien auswanderten und in den neuen Territorien Gemeinden bildeten. Morgan Edwards gab Statistiken aus der Zeit um 1770 über die Brethren in Maryland und weiter südlich heraus. Seinen Nachforschungen zufolge muß es in Maryland fünf Gemeinden mit 452 Mitgliedern, eine G e meinde in Virginia mit 36 Mitgliedern, drei Gemeinden in N o r d C a r o lina mit 100 Mitgliedern und drei Gemeinden in Süd Carolina mit 100 Mitgliedern gegeben haben. Z w e i der letztgenannten Gemeinden waren englischsprachig, und eine zählte einen Neger zu ihren Mitgliedern, der im Januar 1 7 7 0 getauft wurde. Edwards gibt an, daß es in den Kolonien von N e w Jersey bis Süd Carolina 28 Gemeinden mit zusammen 1505 Mitgliedern gab 1 0 . Weiterer Zuzug nach Virginia kam 1775. Die Missionsgeschichte der Brethren in der Kolonialzeit verzeichnet auch die Herausgabe der Lutherübersetzung der Bibel durch Christoph Sauer sen. 1743. Sein Sohn, Christoph Sauer jun., ein Brethren-Ältester, besorgte 1763 und 1776 Nachdrucke der Bibel. Damit stand die Bibel
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fast der ganzen deutschen Bevölkerung der Kolonien zur Verfügung. Andere Veröffentlichungen der Druckerei Sauer versorgten die Deutschen mit praktischem, frommen christlichen Schrifttum zu Fragen des Glaubens, der Politik und des Alltagslebens. Die Konfiszierung der Sauer-Druckerei 1778 bezeichnet das Ende der Kolonialzeit für die Brethren. Missionarischer Geist und Ausweitung der Brethren in der inneren Mission von iy78-ig68 Der Krieg beschleunigte den Auszug der Brethren aus Pennsylvanien nach Niederlassungen im Pioniergebiet. D o v e analysiert die Gründe für die Wanderung der Brethren wie folgt: „ 1 . Religiöse Intoleranz der wachsenden Bevölkerung anderer Sekten gegenüber separatistischen Deutschen wie die Brethren weckte in ihnen den Wunsch, im unentwickelten Grenzland Abgeschlossenheit zu suchen. 2. Die rasche Entwicklung der Kolonie Pennsylvanien ließ die Grundstückspreise steigen, und der Verkauf von Land im östlichen Pennsylvanien brachte einen guten Ertrag. 3. Fruchtbares Land war in den unentwickelten Gebieten billiger zu erwerben als im östlichen Pennsylvanien. 4. U m Siedler anzulocken, wurden übertriebene Berichte unter den deutschen Farmern von Pennsylvanien über die Möglichkeiten im Grenzland in Umlauf gebracht. 5. Missionarischer Eifer bestimmte Brethren, ihre Religion und Kultur in neue Gebiete zu t r a g e n 1 1 . " Die Folge dieser Wanderung w a r eine schnelle kirchliche Entwicklung in anderen Territorien. Die Brethren aus Ostpennsylvanien zogen in das mittlere und westliche Pennsylvanien und südwärts durch Maryland und Virginia nach N o r d Carolina, Tennessee und nach Westen ins Tal des Mississippi. Trotz Krieg und Indianerüberfällen verdoppelte sich die Mitgliederzahl bis 1825. Ohio und Indiana wurden zu Schwerpunkten der „Kirche der Brüder". Die erste Gemeinde in Indiana wurde 1809 gegründet. Bis 1866 gab es in diesem Staat drei Distrikte mit insgesamt 55 Gemeinden 1 2 . 1882 war die Mitglieder zahl auf etwa 58000 angewachsen, und die Ausbreitung folgte dem Vorrücken der Pioniergebiete auf die Westküste zu. Die ersten Mitglieder, die sich im äußersten Westen niederließen, kamen 1850 aus Indiana nach Oregon. 1850 hatte die Kolonisation der Brethren ihre weiteste Ausdehnung erfahren, doch ging die Wanderung nach
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Kansas, Nord Dakota, dem Nordwesten, Kanada, Kalifornien und Florida weiter. Gemeinden entstanden durch den verstärkten Verkauf von Land, manchmal auf Betreiben von Urethren, in anderen Fällen auf Betreiben von Eisenbahngesellschaften und Grundstücksmaklern, die der Ausbreitung der Brethren und Mennoniten mit Interesse gefolgt waren. Die BrethrenGemeinden von Nord Dakota, Montana, Idaho und dem Staat Washington verdanken ihre Existenz großenteils den geschäftstüchtigen Grundstückshändlern der Great Northern Railroad, der Oregon Short Line und der Northern Pacific Railway (Eisenbahngesellschaften). Für Brethren-Niederlassungen in Westkanada war die Canadiern Pacific Railroad verantwortlich. Die missionarische Ausdehnung der Brethren durch Landerwerb und Kolonisation endete mit dem Jahr 1918. Später zogen noch einige Brethren nach Florida und bildeten dort ländliche Gemeinden. Eine kleine Kolonie bestand einige Jahre lang in Kuba, kehrte jedoch schließlich auf das Festland zurück. Die Ausdehnung der Brethren in Europa wurde vor allem durch die Einstellung der jeweiligen Landesregierung zur religiösen Freiheit bestimmt. In den Vereinigten Staaten wurde sie bis zum Ersten Weltkrieg vom Angebot fruchtbaren Bodens bestimmt. Während der ersten 50 Jahre des 19. Jahrhunderts neigten die Brethren dazu, sich von anderen abzuschließen. Die deutsche Lebensweise und Sprache wurden durch die englische Sprache und die entstehende amerikanische Kultur bedroht. Brüderliche Verbindungen mit anderen Kirchen lehnte man ab. Bildung war verdächtig, weil sie dem eitlen und weltlichen Leben Tür und Tor öffne. Das Gemeinschaftsbewußtsein, das die Brethren verband, wurde noch gestützt durch ernstes Bibelstudium, neigte jedoch mehr zu traditioneller sektiererischer Einheit als zur Entdeckung von grundlegenden, individuell erfahrenen geistlichen Wahrheiten. Die Protokolle vieler Jahreskonferenzen lassen eine defensive Haltung und verlegenen Protektionismus erkennen. Und doch wuchs die Kirche zusehends. A b 1850 begann sich die „Kirche der Brüder" zu wandeln. Man gewann Interesse und Verlangen nach Bildung, nach Publikationen und nach missionarischer Tätigkeit. Das Leben und Werk des John Kline aus Virginia nimmt sich wie eine Rückkehr zu jener Anschauung aus, die den jüngeren Christoph Sauer zu einem großen christlichen Führer in der Kirche und in seiner Umgebung werden ließ. Kline war Landwirt und medizinischer Autodidakt. Er unternahm Reisen und korrespondierte mit kirchlichen und politischen Führern wegen seiner Opposition gegen die Sklaverei und wegen seiner Bemühungen, die Einheit der Nation und der
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Kirche durch den Bürgerkrieg hindurch zu retten. Er w a r ein eifriger Missionar, der viele tausend Meilen zu Pferd reiste, predigte und neue Gemeinden gründete. Er w e c k t e in der Kirche ein neues missionarisches Bewußtsein und schlug vor, daß die Kirche z w e i Männer nach O r e g o n senden sollte, u m die verstreut lebenden Brethren dort zu Gemeinden zu sammeln. M . R . Z i g l e r beschreibt Klines evangelistischen Eifer: „ E r n a h m den Missionsbefehl der Bibel sehr ernst, den er und die Brethren jener T a g e so verstanden, daß sie kleine Einheiten nahe bei der M u t t e r gemeinde beginnen sollten, die beständig zu pflegen waren, bis aus diesen Einheiten Gemeinden wurden, die sich ihrerseits i m Sinne des Missionsbefehls nun ausbreiteten. Dieser Ruf zur V e r k ü n d i g u n g führte ihn weit über den Bereich seiner eigenen Gemeinde und über den Staat Virginia hinaus. Es ist klar erkennbar, daß er i m m e r wieder eingeladen wurde, u m kleinen, neu entstehenden Gruppen organisatorischen Rat und
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munterung zu geben . . . Bis zu seinem T o d e besuchte er Kranke und erteilte geistlichen Rat, besuchte Gemeindeversammlungen, predigte, leitete Liebesmahle und betete mit anderen. Besondere und befriedigende Aufmerksamkeit w i d m e t e er den Mitgliedern seiner Heimatgemeinde in Linville C r e e k . A l l e diese Tätigkeiten führten zu einer aktiven T e i l nahme an den Jahresversammlungen. Er schloß sich der Gemeinschaft der leitenden Brethren an, in d e m B e m ü h e n u m gemeinsame A k t i o n e n der Gesamtkirche mit ihren 20000 Mitgliedern und für die E n t w i c k l u n g eines
gesamtkirchlichen
Planes
zur D u r c h f ü h r u n g
des
Missionsbe-
fehls 1 3 ." John Kline gehört zu den Kirchenführern aus der Mitte des 19. Jahrhunderte, die in bezug auf die Kirche prophetischen W e i t b l i c k besaßen. W ä h r e n d seiner Zeit begann die Kirche höhere B i l d u n g zu fördern und The Gospel Visitor w u r d e herausgegeben. John S. Flory berichtet, w i e sich erstmals der W u n s c h nach äußerer Mission regte: „1852 k a m aus Virginia eine A n f r a g e an die Jahreskonferenz, m a n m ö g e einen Plan für äußere Missionstätigkeit erwägen. Bruder K l i n e unterstützte das Anliegen auf das stärkste und dringlichste. Z w a r faßte die K o n f e r e n z keinen Beschluß, doch w u r d e später ein Ausschuß ernannt, d e m er angehörte, der das Anliegen erwägen und der K o n f e r e n z Bericht erstatten sollte. Er w a r sehr daran interessiert, der ganzen W e l t das Evang e l i u m v o n Christus zu v e r k ü n d i g e n 1 4 . " D i e Jahreskonferenz v o n 1853 empfahl, daß Mitglieder, die nach d e m W e s t e n gingen, sich dort niederlassen möchten, w o es die Kirche f ü r a m nötigsten hielt. 1860 ernannte die K o n f e r e n z James Quinter und Daniel P . Sayler als Sekretär und Schatzmeister eines Ausschusses, der Mitarbeiter anwerben sollte, u m die Mitglieder in O r e g o n und Kalifornien zu
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stärken. 1870 ernannte man zwei Pastoren aus Indiana, Jacob Miller und Daniel Sturgis, für die Arbeit im Westen, und man übernahm auch die Kosten der Mission. Bitten um Missionare für den Staat Maine und für Alabama und Tennessee wurden 1872 und 1875 an die Kirche gerichtet. 1885 begann man mit der Stadtmission in Chicago. Im Ausland war die erste Station 1876 Dänemark. Durch die Ernennung eines Missionsausschusses 1880 wurde die Missionstätigkeit koordiniert. Eine neue Ära der Mission war für die Brethren angebrochen, in deren Verlauf die Kirche ihre Energie neuen Missionsfeldern zu Hause und im Ausland zuwandte. 1882 zählte die „Kirche der Brüder" zwischen 55000 und 60000 Mitglieder 15 . 1916 hatte sich die Mitgliedschaft verdoppelt. 30 Jahre später erreichte sie 182000 und 1966 gab es über 190000 Mitglieder in Nordamerika 16 . U m die Tätigkeit der inneren Mission seit dem Ende des 19. Jahrhunderts und bis zur Gegenwart bemühen sich hauptsächlich gesamtkirchliche und Distrikt-Organisationen. Das steht im Gegensatz zum früheren Verfahren, als man neue Gemeinden durch die Erweiterung der Gemeindeaktivität gründete. In den letzten 40 Jahren entstanden mit der Verstädterung Amerikas die Gemeinden der inneren Mission auch in den Städten. Zwischen 1940 und i960 wuchs die Zahl der in Städten wohnenden Mitglieder der „Kirche der Brüder" rasch. Der Bericht des Hauptausschusses vor der Jahreskonferenz von 1968 mit dem Titel „An Urban Ministry for Today's People" (Stadtmission für die Menschen von heute) nennt 336 Stadtgemeinden, das ist fast ein Drittel aller Gemeinden der Kirche. Der Bericht stellt eine positive Haltung und Planung für die Mission der Gemeinden in den Städten dar 17 . Es ist klar, daß das fernere Wachstum der „Kirche der Brüder" in den Vereinigten Staaten von der Arbeit in den städtischen Gemeinwesen abhängt.
Äußere Mission in der „Kirche der Brüder" nach 1876 1. Skandinavien Das wachsende Bewußtsein der Verpflichtung zu äußerer Mission begann greifbare Formen anzunehmen, als 1876 Christian Hope, ein Däne, in sein Geburtsland als erster Missionar der Brethren im Ausland geschickt wurde. Er war Lutheraner gewesen, bis ihn seine Suche nach einer Kirche, die sich zu den Grundsätzen des Neuen Testaments hielt, der Gemeinde in Hickory Grove, Illinois, im Jahre 1874 zuführte, w o er getauft wurde. Hope hatte einen Freund in Dänemark, Christian Hansen, der ebenfalls das Verlangen hatte, einer Kirche wie die der Brethren anzuge-
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hören. A m 1 2 . November 1875 fand in der Cherry Grove Kirche eine besondere Versammlung des Distrikts von Nord-Illinois statt, auf der der Antrag Christian Hopes, Missionare nach Dänemark zu entsenden, behandelt wurde. Die Delegierten faßten folgenden Beschluß: „Diese Versammlung soll einen Bruder zum Dienst berufen, der in dänischer Sprache predigen kann, und zwei weitere Brüder erwählen, die ihn nach Dänemark begleiten. Einer der beiden soll die Deutsche Sprache sprechen können . . . D e m stimmte die Gemeinde zu und wählte einen Diener des Wortes, wobei alle Anwesenden an der Abstimmung teilnahmen. Das Los fiel auf Bruder Christian Hope. Dann erwählten die Delegierten zwei Brüder, wie bereits gesagt. Die W a h l fiel auf die Brüder Enoch E b y und Paul W e t z e l 1 8 . " Die Familie Hope erreichte Dänemark im Februar 1876. Im Mai des selben Jahres wurden Christian Hansen und ein Mädchen getauft. Bis Mitte 1877 hatten sich sechs weitere Personen den Brethren angeschlossen. Im Oktober 1877 kamen Enoch E b y und Daniel Fry in Dänemark an, u m die Gemeinde zu organisieren, eine dänische Gemeindeleitung zu ordinieren und die neue Gemeinschaft der Gläubigen zu ermutigen. C . C . Eskildsen wurde ordiniert und erhielt die offizielle Aufsicht über die dänische Kirche. 23 Jahre lang stand Christian Hope mit der Arbeit in Dänemark in Verbindung. Andere Missionare führten sie weiter und erlebten schließlich die Ausdehnung der Kirche bis nach Schweden. Z u einem Zeitpunkt zählte die „Kirche der B r ü d e r " in Skandinavien 61 Mitglieder in den beiden dänischen und 1 7 1 in fünf schwedischen Gemeinden. Es gab drei dänische und zehn schwedische Diener des Wortes. Nach 50 Jahren berief die Kirche in Amerika ihre Missionare ab und begann, ihre Unterstützung allmählich zu verringern. Auswanderung verminderte die Zahl der skandinavischen Mitglieder. Das offizielle Jahrbuch von 1955, das als letztes Brethren-Mitglieder in Skandinavien angibt, vermerkt 15 Mitglieder in Dänemark und 29 in Schweden. V o n November 1875 bis M a i 1880 unterstand die skandinavische Mission dem bahnbrechenden Distrikt von Nord-Illinois. Danach ernannte die Jahreskonferenz einen gesamtkirchlichen Ausschuß für innere und äußere Mission, der die Sorge für das W e r k übernahm. 2. Türkei Das Foreign and Domestic Missions Board (Ausschuß für äußere und innere Mission) wurde 1884 durch das General Church Erection and Missionary Committee (Hauptkirchenbau- und Missionsausschuß) ersetzt. D e r
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Älteste D . L. Miller hatte weite Reisen in das Land der neutestamentlichen Gemeinden unternommen und eine Beschreibung der gegenwärtigen Situation des Christentums in West-Kleinasien veröffentlicht. Das Interesse, das dieser Artikel weckte, veranlaßte den Hauptmissionsausschuß im Februar 1895 den Beginn einer Missionsarbeit in jenem Teil der Türkei zu beschließen. G . J. Fercken, der aus jener Gegend gebürtig war, wurde als erster Missionar erwählt. Er stieß zur „Kirche der Brüder", nachdem er zehn Jahre lang Pastor der Episkopalkirche gewesen war. Sein holländischer Vater und seine französische Mutter hatten ihn Griechisch, Arabisch, Französisch und Englisch gelehrt. Jahrelang hatte er als Linguist in Izmir (Smyrna) und anderen Gebieten des Nahen Ostens gearbeitet. Der Distrikt v o n Nord-Illinois, in dem er Mitglied war, empfahl ihn für die Arbeit in der Türkei und 1895 wurde er von der Konferenz ernannt. Die hohen Ziele der Brethren für diese Arbeit sind in einer Ankündigung zu spüren, die Mitte 1895 im Gospel Messenger erschien. „ D i e Mission in Kleinasien wird begonnen; nie bot sich der „Kirche der B r ü d e r " ein vielversprechenderes Missionsfeld. Es heißt ganz einfach, das Urchristentum unter den sieben in der Offenbarung genannten K i r chen wieder aufrichten. ,Seven Churches of Asia von D . L . Miller gibt einen umfassenden Bericht über dieses Missionsfeld. Das Buch wird zugunsten dieser Mission vertrieben; und die Anfangskosten sind bereits voll gedeckt . . . Alle Erträge gehen an diese Mission 1 9 ." Die Familie Fercken traf am 13. Juli 1895 in der Türkei ein. Izmir wurde als Missionszentrum gewählt. Sie erhielten die Erlaubnis der türkischen Regierung, christliche Arbeit zu tun und gingen an ihre Aufgabe. Zehn Monate später war Fercken von einigen Brethren-Vertretern aus Amerika zum Ältesten ordiniert worden, mehrere Menschen waren getauft, eine Gemeinde gegründet, ein Pastor und ein Diakon gewählt, zwei Liebesmahle gefeiert und ein Waisenhaus eingerichtet worden, das bis 1900 25 Kinder beherbergte. 1897 begann der Älteste Fercken eine Missionsstation in Aydin, einer Stadt mit 45000 Einwohnern, etwa 80 Kilometer südöstlich von Izmir nicht weit von den Ruinen von Ephesus. A y d i n war ein Arbeitsgebiet der Kongregationalistischen Kirche gewesen, die dort einige Mitglieder hinterließ, als sie die Arbeit aufgab. Die Missionsstation der Brethren wurde 1897 eröffnet, als zwei armenische Kongregationalisten getauft werden wollten. 1898 wurde in A y d i n eine Gemeinde gegründet. M o y e r sagt: „Ferckens Bericht Ostern 1898 nach einer Tätigkeit von zwei Jahren und neun Monaten wies zwei Gemeinden und eine Außenstation mit insge-
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samt 39 Mitgliedern, einem Ältesten, drei Pastoren und einem Diakon auf. 13 waren während des Jahres getauft worden, und eine neue Außenstation war in Alastheir (dem Philadelphia der Offenbarung) mit fünf Mitgliedern, von denen einer ein Pastor war, eröffnet worden. Die Mitglieder der kleinasiatischen Mission waren Armenier oder Griechen, die sich schon vorher zum Christentum bekannten, und die Mission arbeitete ausschließlich unter diesen Leuten 2 0 ." Die Armenier, die zur ihrer eigenen Kirche gehörten, hatten die Mission der Brethren in den ersten Jahren, vor allem wegen des Waisenhauses und des Dienstes an bedürftigen armenischen Kindern, begrüßt. Als 1898 mehrere der Waisen getauft wurden, nahmen sie eine unfreundliche Haltung ein. Durch ihren Einfluß auf die islamische türkische Regierung erregten sie deren Feindschaft gegen Fercken, der das Land verlassen mußte. Mit seiner Abreise begann der Rückgang der blühenden Brethren-Arbeit. Der Ausschuß erhielt einen eingehenden Bericht von D . L . Miller und vier weiteren Brethren, die die Lage erkundet hatten. Die Entscheidung des Ausschusses, andere Missionare zu senden und die Arbeit fortzusetzen, wurde nie wirksam durchgeführt. Eingeborene Leiter arbeiteten mit amerikanischer Unterstützung bis nach 1909 weiter, als eheliche Schwierigkeiten des leitenden Pastors zu seiner Trennung von der Kirche und zur Schließung der Mission führten.
3. Schweiz und Frankreich Der Hauptmissionsausschuß bat auf seiner Sitzung im Januar 1899 G . J. Fercken, die Schweiz als mögliches Missionsgebiet zu prüfen und, wenn es angezeigt erscheine, dort eine Arbeit zu beginnen. Wieder ging die Arbeit rasch aufwärts. Im Juni 1899 fing man in Lancy, einem kleinen Dorf bei Genf, eine Sonntagsschule an. Bis September wurden mehrere Schweizer und ein Franzose getauft und eine schweizerische Gemeinde gebildet. Im Oktober taufte Fercken eine Gruppe in Ayannax in Frankreich, und gründete die erste Gemeinde in diesem Land. Ein Diener des Wortes und ein Ältester wurden in der französischen Gemeinde gewählt. Ende 1899 gab es zwei Gemeinden, je eine in jedem der beiden Länder, und ungefähr 30 Mitglieder. Mit amerikanischen Mitteln wurde 1900 in Lancy ein Versammlungshaus gebaut, aber in einer so ungünstigen Lage, daß der Ausschuß 1901 dem Verkauf zustimmte. Die Gemeinde versammelte sich weiterhin in einem gemieteten R a u m in Genf. Bis Juni 1904 gab es 57 Mitglieder in beiden Ländern. 1905 suchte der Ausschuß einen weiteren Missionar, der nach Frankreich gehen sollte, doch fand sich niemand bereit. 1906 ging Fercken von den Brethren zum
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Swedenborgischen Glauben (Kirche v o n Neu-Jerusalem) über. D i e w e i tere Geschichte über die Aktivität der Brethren in diesem Gebiet schreibt Moyer: „ D i e Gemeinden in Frankreich und der Schweiz w u r d e n nun Adrian Pellet, einem Schweizer, anvertraut, der v o n der Heilsarmee einige Jahre z u v o r zu den Brethren g e k o m m e n und schon mehrere Jahre Diener des W o r t e s gewesen w a r . Im S o m m e r 1906 w a r in Nantua, Frankreich, eine neue Station eröffnet w o r d e n . D i e Berichte dieses Jahres geben für die Schweiz 40 Mitglieder und für Frankreich 19 Mitglieder an. Pellet hatte sein Hauptquartier in Genf und arbeitete v o n dort aus mit Geschick und Erfolg. D o c h w u r d e 1907 die Mission in Genf geschlossen, und Pellet übersiedelte nach A y a n n a x in Frankreich 2 1 ." 1909 gab es ernsthafte Schwierigkeiten mit d e m Schweizer Pastor. 1911 gingen Paul M ö h l e r und seine Frau L u c y als Missionare v o n A m e r i k a nach Frankreich. M ö h l e r stellte fest, daß die Arbeit durch Pellets V e r fehlungen ernstlich Schaden g e n o m m e n hatte, und daß die Mission in so schlechtem Ruf stand, daß eine W e i t e r f ü h r u n g undenkbar schien. D e r Ausschuß beschloß, das Feld aufzugeben und berief i m A u g u s t 1912 Möhlers zurück. Dies w a r der letzte Versuch der Brethren, unter Leuten zu arbeiten, die d e m N a m e n nach Christen waren, bis z u m B e g i n n der Missionsarbeit in Ekuador 1946. D i e Arbeit in der Türkei, in Frankreich und in der S c h w e i z schien gute Aussichten auf Erfolg gehabt zu haben, aber scheiterte, weil feste Führung fehlte, und vermutlich auch, weil den Missionaren und einheimischen Mitarbeitern die Unterstützung einer mittragenden G e meinschaft fehlte. Sie hatten keine Mitarbeiter, mit denen sie sich hätten beraten oder v o n denen sie sich in ihrer schwierigen A u f g a b e hätten stärken lassen können. D i e Leute mit .Brei/irai-Tradition in A m e r i k a scheinen n o c h nicht bereit gewesen zu sein, die Heimat zu verlassen als Preis für das W e r k , zu dem sich die Kirche verpflichtet hatte.
4. Indien D i e Missionserfahrungen in der T ü r k e i und in Europa bereitete
die
Brethren für die Arbeit i m nicht-christlichen, asiatischen R a u m v o r . W i l b u r B . Stover, seine Frau, M a r y E m m e r t Stover und Bertha R y a n gründeten 1894 die Mission in Indien. D i e Brethren wählten ein Gebiet nördlich v o n B o m b a y mit d e m Z e n t r u m in Bulsar, in d e m Gujarati und Marathi gesprochen w u r d e . D i e Verkündigungsarbeit begann i m M ä r z 1895, und es w u r d e in der Eisenbahnbücherei in Bulsar gepredigt und gelehrt. I m A p r i l 1897 w u r d e n die ersten elf Neubekehrten in Indien g e -
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tauft. Im darauffolgenden September fanden fünf weitere Taufen statt. Andere Missionare schlössen sich im gleichen Jahr dem Team an. Ende 1899 zählte die indische Kirche 45 Mitglieder. Die Gemeinde in Bulsar wurde im Februar 1899 gegründet. 1901 kamen weitere Gemeinden in Jalalpor und Anklesvar hinzu, die im First District of India zusammengefaßt wurden. Von 1896 bis nach 1900 wurde Indien von der Beulenpest und großen Hungersnöten heimgesucht. Die Brethren richteten Waisenhäuser ein und verteilten an tausende notleidender Familien Lebensmittel. Einmal sorgte die Mission für 600 Waisenkinder. Während der Hungersnot waren viele bereit, Christen zu werden. Die Beweggründe waren oft nicht eindeutig. Die Gefahr, ,,Reis"-Christen aufzunehmen, war nicht gering. Die Mission taufte vorsichtig, nahm jedoch hunderte neuer Mitglieder auf, von denen viele, als die Krise vorüber war, zu ihrer früheren Religion und zu ihrer Kaste zurückkehrten. Einige jedoch wurden zu überzeugten Christen. Die Waisen erhielten eine Berufsausbildung und biblische Unterweisung. Viele von ihnen wurden Christen, und einige gingen ins Predigtamt und dienten der indischen „Kirche der Brüder". 93 Missionare hatten bis zum Jahre 1929 in Indien gearbeitet, und die Kirche zählte 3944 Mitglieder, 30 Diakone und 15 Pastoren. Die Gemeinde in Vyara war die größte Gemeinde, die die Brethren je irgendwo gehabt haben, und zählte 1590 Mitglieder 22 . Die 15 Gemeinden waren in den Gujarati-sprechenden Ersten Distrikt und den Marathi-sprechenden Zweiten Distrikt unterteilt. Den höchsten Mitgliederstand erreichte die indische Kirche 1956 mit 9481 Mitgliedern. Seither sind die Zahlen in Indien rückläufig mit 8628 im Jahre 1968. 1917 gab es drei indische Pastoren. 1966 hatten 24 der 25 Gemeinden hauptamtlich oder auf Teilzeitbasis beschäftigte Pastoren. Von den 40000 Rupien, die 1967 in der indischen Kirche für Pastorengehälter aufgewendet wurden, brachten die Inder 36000 Rupien selbst auf. Bald können die indischen Christen ihre Arbeit selbst finanzieren. In den Anfängen umfaßte die Arbeit in Indien medizinische Betreuung, Schulunterricht und andere soziale Dienste neben der Verkündigungsarbeit. Die Pest und die Hungersnot erzwangen die medizinische Hilfe der ersten Jahre. Dr. O. H. Yereman, ein Bekehrter vom türkischen Missionsfeld, kam 1903 als erster Arzt und Missionar der Brethren nach Indien. 1954 gab es zwei Kliniken in Bulsar und Dehanu, von denen jede 25 000 Patienten während eines Jahres behandelte, die meisten von ihnen waren keine Christen 23 . Die Erziehungsarbeit begann in den Waisenhäusern und weitete sich zu einem System von 90 Grundschulen, einigen Pensionaten und Jugend-
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heimen, einer Lehrerbildungsanstalt, einer Bibelschule und einem Landwirtschaftlichen Ausbildungszentrum aus. In den von der Mission betreuten Grundschulen wurden 1951 5300 Kinder unterrichtet. Schulunterricht, der von christlichen Lehrern erteilt wurde, erwies sich als Schlüssel zur evangelistischen Verkündigung. Jetzt hat die indische Regierung den Unterhalt und die Betreuung der meisten Grundschulen übernommen. Verbesserungen in der Landwirtschaft und wirtschaftlicher Fortschritt waren seit jeher Teil des Anliegens vieler Missionare in Indien. Unter der Leitung eines indischen Landwirtschaftsexperten wurde 1952 in Anklesvar das Rural Service Training Center eröffnet. Dies rein gujaratsprachige, interkonfessionelle Zentrum bildet zur Zeit eine ansehnliche Gruppe landwirtschaftlicher Außendienstleute aus, die sich um die Verbesserung von Bodenfrüchten und Saatgut und um die günstigere Nutzung des Bodens kümmern sollen. Die Studenten werden zu „gram sevaks", Entwicklungshelfern in den Dörfern, ausgebildet. Das Landwirtschaftszentrum hält die Verbindung zu ihnen aufrecht und gibt ihnen ein Gefühl von Zusammengehörigkeit und ein Ziel für ihre Arbeit. Auf dem indischen Missionsfeld sieht man zum ersten Mal auf breiter Basis die Früchte des beständigen missionarischen Bemühens der Brethren von 1900 bis zur Gegenwart, und der Investierung beträchtlicher Mittel der Mission im sozialen Dienst. Die Sozialarbeit bildet neben dem anhaltenden evangelistischen Zeugnis eine ergänzende Form der Verkündigung der Frohen Botschaft. Die Kirche in Indien überwindet nun allmählich ihren „Compound Complex" (Klosterkomplex) und sucht das Engagement in der säkularen indischen Umwelt. Die Unabhängigkeitsbewegung erhielt wenig oder gar keine Unterstützung von Seiten der Brethren in Indien, die sich bisher von nationalen Angelegenheiten isolierten. Nun wachsen junge indische Brethren nach, deren Ausbildung und Motivierung sie zu dynamischen kirchlichen und gesellschaftlichen Führern machen würde, wenn die Kirche mit Aufgaben an sie heranträte, in denen sie ihr „Indertum" zum Nutzen der Kirche auswerten und ihr Christentum auf die Entwicklung Indiens anwenden könnten. Die indischen Brethren sind im Begriff, sich der Church of North India, einer Vereinigung von Christen verschiedener Bekenntnisse, anzuschließen. Daher werden die indischen Mitglieder der „Kirche der Brüder" 1970 Teil einer Schwesterkirche werden.
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5. China 1908, 200 Jahre nach der Entstehung der Kirche in Deutschland und 14 Jahre nach dem Beginn des Werkes in Indien, begannen die Brethren mit der Missionsarbeit in China. Im September des gleichen Jahres gingen fünf Missionare in Schanghai an Land. Die erste Missionsstation wurde 1910 in der Stadt Ping Ting Chow in der Provinz Schansi eröffnet. Im April dieses Jahres wurden die ersten beiden Brethren getauft. Im Februar 1912 eröffnete man eine weitere Station in Liao Chow. A m ix. September 1912 wurden die beiden Stationen zu Gemeinden organisiert, wobei Ping Ting acht und Liao neun Mitglieder hatte. Die evangelistische Arbeit in Nordchina erstreckte sich auch auf andere Ortschaften, so daß es 1939 2670 Mitglieder in fünf Gemeinden gab. Es gab drei ordinierte chinesische Pastoren und 48 besoldete Evangelisten, darunter 29 Frauen 24 . Eine 1948 durchgeführte Schätzung, nachdem die Gemeinden zwei Jahre lang ohne Missionare gewesen waren, ergab 3075 Mitglieder unter den chinesischen Brethren im Norden. Auf Initiative von Moy Gwong Han, einem Mitglied der Brethren Chinese Fellowship in Chikago, entstand 1918 in Südchina ein weiteres Missionsfeld. Zwischen 1918 und 1948 arbeiteten in dem Dorf On Fun in der Kwang-Tung Provinz drei unverheiratete Frauen aus Amerika und drei chinesische Christen von der Chikagoer chinesischen Gemeinde. In 55 verschiedenen Ortschaften hatte die Kirche zusammen 340 Mitglieder und eine Grundschule mit 270 Schülern. 1948 und 1949 besuchten Vertreter der amerikanischen Kirche Südchina und sorgten für einen Anschluß der On Fun Gemeinde an die Synode der Church of Christ in China in Kwang-Tung 2 5 . 1 9 1 1 wurde eine Grundschule in Ping Ting eröffnet. 1912 gründete man ein Waisenheim für Knaben. 1924 betrieb die Mission 27 Schulen mit 1030 Schülern. Darunter auch vier Bibelschulen und zwei Oberschulen. Auch die Erwachsenenbildung wurde berücksichtigt. Die ärztliche Tätigkeit wurde 1914 aufgenommen und erreichte 1924 mit drei Krankenhäusern und großen ambulanten Kliniken und öffentlicher Gesundheitspflege ihren Höhepunkt. Drei Missionsärzte und drei chinesische Ärzte wurden damals beschäftigt. 1917 und 1918 wurde fast das gesamte Missionspersonal eingesetzt, um einer Lungenpest-Epidemie Herr zu werden. Hilfe in Zeiten von Hungersnot war ein regulärer Bestandteil der Arbeit durch viele Jahre. 1921/22 waren alle Missionare in der Hungerhilfe tätig, für die die Brethren in Amerika 150000 Dollar aufbrachten und das Internationale Rote Kreuz und andere Organisationen große Beiträge leisteten.
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Politisch waren die Jahre der Brethren-Arbeit in China unruhig und stürmisch. 1 9 1 1 wurden alle Missionare für drei Monate während der chinesischen Revolution aus ihren Stationen evakuiert. Während des chinesischen Bürgerkrieges zogen sich 1927 die Missionare für zehn Monate zurück. 1936 wurden drei Missionare von den Japanern getötet, und 1940 wurde für sechs Jahre das gesamte Missionspersonal wegen der japanischen Besetzung und wegen des Zweiten Weltkrieges evakuiert. Als die Kommunisten die Macht übernahmen, mußten 1949/50 erneut die Missionare das Land verlassen. Seither war ihre Rückkehr nicht möglich. Im September 1953 wurde der Etat für China abgeschlossen und jegliche missionarische Tätigkeit der „Kirche der Brüder" in bezug auf China eingestellt. Über die gegenwärtigen Verhältnisse der chinesichen Brethren ist wenig bekannt. Die Kirche in China durchlebt eine Zeit des Leidens und der Läuterung. Sie ist sicherlich auch chinesischer in ihrem Denken und ihren Äußerungen geworden, als dies unter ausländischer Führung der Fall gewesen wäre. Wenn die Gemeinschaft eines Tages wieder möglich sein wird, werden die chinesischen Christen ihren Brüdern im westlichen Teil der Welt viel zu sagen haben. Hilfs- und Rehabilitationstätigkeit gehört zur Geschichte der Brethren in China. Neben dem großen Einsatz während der Pest und während der Hungersnöte wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ein Hilfswerk für die Flüchtlinge und zur Bereitstellung von Lebensmitteln durchgeführt. Das Heifer Project brachte 2400 Jungrinder nach China. Die Brethren Service Comtnission arbeitete mit der United Nations Relief and Rehabilitation Administration ( U N R R A ) und mit der chinesischen Regierung zusammen, indem Freiwillige aus Amerika nach China geschickt wurden, um verödetes Land wieder zu bebauen und Chinesen im Gebrauch von Landmaschinen zu unterrichten. Diese Arbeit fand Anerkennung bei den nationalistischen wie den kommunistischen Behörden, bis die Machtergreifung der Kommunisten sie beendete. 6. Nigerien 14 Jahre nach dem Beginn der Mission in China gingen A. D. Heiser und H. Stover Kulp nach Nigeria und begannen dort ein Brethren-Missionswerk. Sie faßten im März 1922 in Garkida am Hawal-Fluß in der Provinz Bornu in Nordostnigerien Fuß. In diesem Gebiet lebten animistische Stämme, die von Moslems beherrscht wurden. Aufgrund eines Abkommens erhielt die Mission der „Kirche der Brüder" die Verantwortung über ein Gebiet in Bornu und in der Provinz von Adamawa, w o
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sie unter Bura, Margi, Higi, Whona und Chibuk sprechenden Gruppen arbeitete. Das Gebiet ist 250 Kilometer lang und 80 Kilometer breit und wird heute von 600000 Menschen bewohnt. Während der ersten vier oder fünf Jahre blieb die missionarische Tätigkeit auf Garkida beschränkt. 1927 wurde in Lassa unter dem Stamm des Margi eine neue Station errichtet. Mit Hilfe der Regierung und der Amerikanischen Lepra-Mission begann 1929 in Garkida eine Lepra-Arbeit. 1951 hatte die Leprakolonie 1700 Patienten aus 45 Stämmen. Die Kirche der Leprakolonie zählte 170 Mitglieder und die Schule dort 300 Schüler. Neue Missionsstationen wurden in Marama, Chibuk, Wandali und in vielen anderen Dörfern errichtet, und oft lebte dort auch eine Missionarsfamilie. Im Zentrum der dörflichen Arbeit wurde die Verkündigung gewöhnlich mit einer Klinik und einer Grundschule verbunden. Die Brethren-Mission in Nigerien begann, Klassen in religiösem Unterricht in den Dörfern einzurichten. Diese Klassen gewannen viele Menschen für Christus und sind wichtige Basis der Gemeinden geworden. In den acht nigerianischen Gemeinden gab es 1951 1053 Mitglieder. 1961 waren es 6649 Mitglieder und 24 Gemeinden. 1968 war die Mitgliederzahl auf 1 8 4 1 2 in 41 Gemeinden gewachsen. In den letzten Jahren begann eine Massenbewegung im Gebiet der Brethreti in Nigerien, wobei sich jährlich 2500 Menschen der Kirche anschlössen. Die Schwierigkeit für die Kirche besteht darin, schnell genug Führungskräfte heranzubilden, um eine so große Zahl von Menschen in die Gemeinden zu integrieren, um sich um die tausenden älterer Mitglieder kümmern und zugleich weitere Kreise zum Christentum zu führen. 1951 begann ein Lehrgang für Pastoren in Chibuk. In Zusammenarbeit mit mehreren Bekenntnissen wurde 1959 das Theological College of Northern Nigeria begonnen; vor wenigen Jahren wurde die „Kulp-Bibelschule" gegründet. Die Lehrerbildungsanstalt in Waka und einige Höhere Schulen helfen bei der Ausbildung von Laien. Der Bericht aus Nigerien von 1966 sagt zu dem Problem der leitenden Kräfte: „1966 ist das größte Problem der Kirche der Mangel an Führungskräften. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß die nigerianische Kirche auch weiterhin rasch anwachsen wird. Nehmen wir beispielsweise an, in den nächsten Jahren kommen jährlich 2000 Menschen neu hinzu, was wird dann an Führung gebraucht? Gegenwärtig gehen aus der Kulp Bihle School jährlich etwa 15 Laienmitarbeiter hervor und durchschnittlich ein oder zwei Mann vom Theological College of Northern Nigeria. Das bedeutet, daß wir für je 128 Neubekehrte nur eine Führungskraft hervorbringen. Damit sind noch nicht die 12000 versorgt, die bereits in der Kirche sind. Wir bekommen auch Männer und Frauen von der Lehrerbildungsanstalt
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und aus den Höheren Schulen, die uns in der Führungsarbeit helfen. Man muß jedoch bedenken, daß nur ein kleiner Prozentsatz der Absolventen der Kulp Bible School hauptamtlich für die Kirche arbeitet. Wie man die Sache auch betrachtet, es läßt sich kaum sagen, daß die Kirche mit der Bereitstellung von Führungskräften Schritt hält, von einem Mehr ganz zu schweigen. Wir müssen unsere Ausbildungsmöglichkeiten erweitern. Wir haben gegenwärtig einmal im Jahr einen Kurs in religiöser Unterweisung für bereits in Dienst gestellte Mitarbeiter, eine Rüstzeit für Pastoren und mehrere Lehrgänge für Frauenarbeit, Mädchen- und Jungenkreise usw. Weitere Programme müssen in diesem Gebiet geschaffen werden 2 6 ." Das medizinische Programm wies 1966 einen Arzt für den allgemeinen Gesundheitsdienst in den Dörfern aus. Es gab drei Krankenhäuser, die viel Arbeit hatten: das „Lassa Hospital" mit 64 Betten und 72312 Fällen pro Jahr, das „Garkida Hospital" mit acht Betten und 363840 Fällen, und das „Lepraspital" mit 86 Betten. Über 530 Patienten lebten im Lepradorf; weitere 1397 Patienten wurden ambulant in Außenkliniken unter Aufsicht des Personals des Leprakrankenhauses behandelt. Die Mission hat sechs Apotheken und andere Erste-Hilfe-Stationen, die 26880 neue Patienten im Jahr behandelten und 265000 medizinische Behandlungen durchführten. Dem kleinen medizinischen Stab in Chibuk ist es zuzuschreiben, daß eine Gehirnhautentzündung-Epidemie in diesem Gebiet in Schach gehalten werden konnte. Es wurden 379 Fälle behandelt, wobei die Zahl der Todesfälle auf 32 beschränkt blieb. Die Bildungsarbeit der Mission der „Kirche der Brüder" in Nigerien ist ein wichtiger Bestandteil der Verkündigung und nimmt im staatlich öffentlichen Erziehungswesen einen wichtigen Platz ein. In Waka gibt es eine Lehrerbildungsanstalt mit 341 Studenten und die Höhere Schule, die 1966 205 Schüler hatte. Die meisten Lehrer sind Brethren, während die Regierung fast den gesamten Etat bestreitet. 1966 hatten die Brethren 36 Grundschulen mit 195 Lehrern und 6658 Schülern. Davon sollten 1967 26 Schulen der Regierung übergeben werden, doch sollten sie im Rahmen der Regierungsverordnung weiterhin religiöse Bildungsstätten bleiben. Ein landwirtschaftliches Entwicklungsprogramm verstärkt seinen Einfluß bei den nigerianischen Bauern immer mehr. Man hilft ihnen und ermutigt sie, die Handarbeit durch leistungsfähigere Geräte zu ersetzen, sowohl durch Ochsengespanne als auch durch Traktoren. Sie erhalten neues Saatgut, verwenden industriellen Dünger und bessere Anbaumethoden. 1966 leisteten 16 Schüler der „Kulp-Bibelschule" Außeneinsatz bei Landarbeiterfamilien.
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Die Arbeit in Nordostnigerien wird jetzt gemeinsam getan von der Church of the Brethren in America, der dynamischen nigerianischen Kirche mit Brethren-Erbe, bekannt als Ostlicher Distrikt (Lardin Gabas) der Church of Christ in the Sudan, der „Brethren Church of Ashland, Ohio" und der „Basler Mission". Ivan Eikenberry beschreibt die Kirche in Nigerien als brodelnd und unter Volldampf stehend: „Fast im gesamten Bereich der Kirche haben wir das, was man eine Volksbewegung nennt. Es scheint die Fülle der Zeit für die Gemeinde zu sein; der Funke hat gezündet. Jahre der Saat tragen nun Früchte. Jahre stiller Liebestätigkeit im christlichen Gemeindedienst geben nun lautstark Zeugnis. Die Mitgliederzahlen wachsen explosionsartig an 27 . Das missionarische Zeugnis der Brethren hat Feuer geschlagen aus der Verdorrtheit hungernder Seelen, und in einer veralteten Gesellschaftsordnung in Nigerien, die reif ist für Erneuerung." 7. Ekuador Ekuador wurde den Brethren während des Zweiten Weltkrieges zur Aufgabe. Zunächst wurde 1943 ein Jugendwerk in der Innenstadt von Quito eröffnet und bis zum Ende des Krieges von einer Gruppe der Brethren Service Männer betreut. Später ging die Arbeit in die Hände der Regierung über. Die Arbeit des Brethren Service während des Krieges in Ekuador und Puerto Rico führte der „Kirche der Brüder" die Not Lateinamerikas vor Augen. Sie erkannten in Ekuador, einem dem Namen nach römischkatholischen Land, ein Feld, das für das Zeugnis der Brethren reif war. Benton Rhoades und Familie gingen 1946 nach Ekuador und begannen ihre Arbeit in Calderón Valley, einer indianischen Ansiedlung 20 Kilometer nördlich von Quito. Landwirtschaftliche und kommunale Entwicklung, Gesundheitsdienst und ärztliche Hilfe, Bildungs- und Verkündigungsarbeit wurden zu einem wirksamen Programm vereinigt. 1953 entstand die erste Gemeinde in Calderón mit 13 indianischen Mitgliedern. Ein indianischer Diener des Wortes wurde als Pastor berufen und eingesetzt. Im folgenden Jahr kamen weitere 20 Mitglieder hinzu, von denen elf Mestizen aus der nicht-indianischen Kultur in Ekuador waren. 1959 wurde eine neue Arbeit in Las Delicias, einem Dorf im Dschungelgebiet bei Santo Domingo, begonnen. Ein internationales Aufbaulager war der evangelistische Anstoß, der eine neue Gruppe von Gläubigen hervorbrachte. Der erste Taufgottesdienst fand i960 statt, und die Gemeinde in Las Delicias wurde 1962 organisiert. Bis Juli 1965 gründeten
B. Merle Vrouse die Brethren zwei weitere Gemeinden im Bereich von Santo Domingo und eine im Norden von Calderón. Damals schlössen sich die BrethrenGemeinden und ihre zweihundert Mitglieder mit einigen Gemeinden anderer Bekenntnisse zur United Evangelical Church of Ekuador zusammen. Diese junge Kirche ist klein an Zahl aber groß an Gedanken und Plänen. Sie ist eine nationale Organisation, die jetzt in Partnerschaft mit der Church of the Brethren, der United Andean Indian Mission (einem Gemeinschaftsunternehmen der United Presbyterian Church in the United States of America, der Presbyterian Church in the United States, der United Church of Christ und der United Methodist Church) und dem Board of Missions of the Methodist Churches of Latin America zusammenarbeitet. Die United Evangelical Church of Ecuador kämpft tapfer darum, ihren eigenen Stil zu entwickeln und die verschiedenen in ihr vereinigten Traditionen in sich aufzunehmen. Es gab Schwierigkeiten. Missionare und Ekuadorianer mußten es lernen, in ihrem Gespräch miteinander nicht nur an der Oberfläche zu bleiben und ihre Vorurteile und Beziehungen von Grund auf zu ändern. Diese Anpassung war zuweilen schmerzhaft, doch zeigen sich nun gute Fortschritte. Die Kirche nimmt zahlenmäßig und an Reife zu. Die Missionare finden allmählich ihren Platz in der kirchlichen Arbeit und Gemeinschaft. Die United Evangelical Church of Ecuador wurde 1965 mit 305 Mitgliedern gegründet. Anfang 1969 hatte sie über 500 Mitglieder in 13 Gemeinden. Die kirchliche Arbeit wird durch Missionare und finanzielle Mittel von den drei zusammenarbeitenden Missionsausschüssen unterstützt. Die Kirche arbeitet zur Zeit ernsthaft daran, die Arbeit in den Gemeinden durch Erziehung zur kirchlichen Haushalterschaft, Planung und regelmäßiges Spenden selbst zu unterhalten. Die Kirche gründete 1966 das Center of Theological Studies, eine Bildungsstätte für Laienführer und für das Predigtamt. Das Center hat 200 ordentliche Studenten in den verschiedenen Lehrgängen. Dazu gehören Fortbildungskurse für Pastoren, Lehrgänge für Chorleiter und Grundlehrgänge für den Gemeindedienst, die auf zwei Stufen geboten und in regionalen Zentren für Tagesschüler und Teilzeit-Studenten erteilt werden. Mit dem Außenprogramm versucht man, Kirchenleitern am Ort eine bessere theologische Ausbildung zu ermöglichen. Dieses Programm hat sich in den letzten fünf Jahren in einigen lateinamerikanischen Staaten rasch durchgesetzt. Das Center of Theological Studies wird zur Zeit zum Gemeinschaftsprojekt der Evangelical Covenant Church in Ecuador, und man darf erwarten, daß sich in Zukunft auch andere ekuadorische Kirchen daran beteiligen und die Arbeit unterstützen werden.
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Die missionarischen Bemühungen der Brethren verdanken ihren Erfolg in der Grundschulausbildung ihrer indianischen Schule in Calderón und in der höheren Schulbildung Stipendien. Diese Schule wird nun teilweise von der Regierung finanziert und wird schließlich ganz in die Hände der Regierung übergehen. Die Arbeit zur Beseitigung des Analphabetentums und die Berufsschulen erreichen ältere Jugendliche und Erwachsene. Arztlicher Dienst wurde bereits im ersten Jahr unter Rhoades geleistet. Drei Ambulanzen im Gebiet um Calderón arbeiten mit hauptsächlich ekuadorianischem Personal. Auf dem Gebiet der Geburtenregelung auf nationaler Ebene hat Dr. John Horning bahnbrechende Arbeit geleistet, indem er mit Hilfe der evangelischen Kirchen, ekuadorianischer Ärzte und leitender Persönlichkeiten die Erziehung zu verantwortlicher Familienplanung und Geburtenkontrolle förderte und durchführte. Die Brethren Foundation ist die Hilfsorganisation in Verbindung mit der Brethren Mission, die für die Hilfsdienste auf dem Gebiet der Erziehung, der Medizin und der Wirtschaft verantwortlich ist. Die Stiftung betätigt sich an einem wachsenden Programm zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sowohl in den Hochanden als auch im Gebiet der tropischen Dschungelwälder, die gegenwärtig erschlossen werden. Der missionarische Ruf der Brethren wie der meisten Protestanten in Ekuador ergeht an Menschen, die dem Namen nach Katholiken sind, zum wahren Christentum, wie es im Neuen Testament bezeugt ist, zurückzukehren. Es ist der Ruf, den lebendigen Christus zu suchen und ihm als dem Herrn und Erlöser das Leben zu weihen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil reagieren die Katholiken mit viel größerer Aufgeschlossenheit, als es bisher möglich war. Die Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche sind in raschem Wandel begriffen. Die United Evangelical Church of Ecuador bestürmt ihre evangelischen Schwesterkirchen zugleich mit der Botschaft, daß die Mauern der evangelischen Gettos fallen müssen, und daß der Glaube nicht nur die Rettung der Seelen, sondern auch die Umwandlung und Verbesserung der Lebensbedingungen des Menschen in dieser Welt beinhaltet. Die United Church hat auch den mitarbeitenden Kirchen Nordamerikas etwas zu sagen, vor allem durch ihren Eifer und ihren Wagemut, große Pläne zu machen und umfangreiche Programme zu betreiben trotz ihrer zahlenmäßig geringen Stärke. Die United Church protestiert ferner gegen die Tendenz der Kirchen aus dem Norden, sich mit einem säkularen Sozialwerk zufrieden geben zu wollen, das keine rechte Beziehung zu den ekuadorischen Kirchen hat und drauf und dran ist, ein kirchlich unterstützter Fürsorgedienst zu werden. Die United Church meint, daß ein solcher Sozialdienst der Kirche schadet und den Dienst abwertet, weil dadurch Ungläubige
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gegen die Botschaft des Evangeliums immunisiert werden, und sie weniger erhalten, als sie brauchen und ersehnen. Jeder christliche Dienst hat Bezug zu Gottes Erlösungstat, aus der er entspringt, und er sollte i m Menschen Hoffnung auf und Sehnsucht nach dem neuen Leben in Christus wecken. 8. Indonesien Das jüngste Missionsfeld der Brethren ist Indonesien, in dem seit den 50er Jahren gearbeitet wird. Das Christentum war dort Jahrzehnte bevor die Brethren kamen, und die Brethren-Missionare haben auch keine neue A r beit errichtet. Sie werden wohl auch kaum eine neue Arbeit dort beginnen, weil das Vorgehen in Indonesien einmalig ist in der Geschichte der Brethren-Mission. In Zusammenarbeit mit anderen nicht-indonesischen Kirchen verstärken die Brethren dort die bestehenden indonesischen evangelischen Kirchen durch die Entsendung von Missionspersonal, das sorgfältig definierte, dringend benötigte Aufgaben erfüllt, bei denen die Indonesier Hilfe brauchen. Eine Familie arbeitete für eine bestimmte Zeit in der theologischen Ausbildung an einem indonesischen Seminar. Eine andere Familie arbeitet zur Zeit im ärztlichen Dienst in Krankenhäusern mit kirchlichem Personal im Gebiet von Minahasa.
Partnerschaftsmission: Missionarische Haltung und Strategie der Brethren für unsere Zeit Partnerschaftsmission wie im Falle der indonesischen Arbeit, also arbeiten als Teil eines Programms oder vorhandener Strukturen bestehender, einheimischer Kirchen, w i r d für die Missionstätigkeit der Brethren in den kommenden Jahren bestimmend sein. Die Jahreskonferenz der „Kirche der B r ü d e r " definierte 1955 diese Strategie wie folgt: „Eine einheimische Kirche ist nicht nur selbsterhaltend, sich selbst vermehrend und selbstverwaltend, sondern - soweit es die christlichen Grundsätze erlauben - identifiziert sie sich auch mit der Kultur des Landes, dem sie z u g e h ö r t . . . Es ist unser Grundsatz, diese neuen Kirchen zu ermutigen, die finanzielle und administrative Verantwortung für ihre Gemeinden so schnell als möglich zu übernehmen. Damit sie in nichtchristlichen Ländern ein wirksameres Zeugnis geben können, empfehlen wir ihnen, sich mit der stärksten protestantischen Kirche ihres Gebietes zu vereinigen . . . Unsere nigerianische Kirche hatte aktiven Anteil an der
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Bildung der Gemeinschaft der Churches of Christ in the Sudan. Unsere Kirche in Ekuador ist Teil der Evangelical Church in Ecuador. Wenn unsere Bemühungen um die Bildung einheimischer Kirchen im Ausland Erfolg haben, sollten wir natürlich auch damit rechnen, daß diese Kirchen immer unabhängiger werden von der amerikanischen Kirche hinsichtlich der Finanzen, der Verwaltung und der Mitarbeiter. Es kann sein, daß die Zeit kommt, wo sie nicht mehr administrativ an uns gebunden sind, sondern sich der allgemeinen protestantischen Kirche ihres Landes anschließen. Wenn dies geschieht, ist zu erwarten, daß die Gemeinschaft zwischen unserer Kirche in Amerika und ihren Gemeinden dort bestehen bleibt, was den Austausch geistlicher Fürhung und des Gedankengutes betrifft. Die Kirchen im Ausland werden vermutlich auch weiterhin finanzielle Unterstützung für ihre Einrichtungen von der Mutterkirche brauchen. Sie werden wahrscheinlich auch weiterhin die Hilfe gut ausgebildeter christlicher Mitarbeiter aus Nordamerika begrüßen und sogar erbitten . . . Wenn wir diese jungen Kirchen lehren, so lassen wir unser Brot übers Wasser fahren (Prediger). Wenn unsere Arbeit wohlgetan ist, wird sie nicht leer zu uns zurück kommen. Wichtig ist, daß Christus geboren werde in ihnen, und daß sie das Zeugnis von ihm weitertragen 28 ." Die Brethren sind noch immer Pazifisten, noch immer taufen sie durch dreimaliges Untertauchen, feiern sie ihr Liebesmahl mit der Fußwaschung. Das bedeutet, sie sind noch immer eine Sekte. Aber sie sind rücksichtsvoller und ökumenischer in ihren Beziehungen zu anderen Kirchen geworden. Ihr missionarisches Anliegen jetzt und in der Zukunft kann sich weit von ihrem überkommenen Erbe entfernen, wenn sie nicht mit großer Aufgeschlossenheit für die neutestamentlichen Werte den unsicheren und widersprüchlichen Pfad ihrer Wahl wandeln, den einer sektiererischen Theologie mit ökumenischer Ausrichtung. Möge ihre Geschichte in Zukunft stärker von schöpferischem und getreuem ChristSein als von Kompromissen geprägt sein.
Kapitel 9 ÖKUMENISCHE
BEZIEHUNGEN
EDWARD K . ZIEGLER
ie „Kirche der Brüder" von heute glaubt an die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit anderen Kirchen und beteiligt sich herzhaft und verantwortlich an vielen gemeinschaftlichen christlichen Bewegungen. Doch der gegenwärtige Standpunkt der „Kirche der Brüder" gegenüber anderen Kirchen stellt eine fast völlige Umkehr ihrer früheren Haltung dar. Als die Kirche 1708 in Deutschland gegründet wurde, war sie der Ausdruck eines heftigen Protests gegen viele Gebräuche und Lehren der führenden Kirchen jener Tage in Europa. Ihre Haltung zu anderen Kirchen war streitbar und auf Proselytismus ausgerichtet. Die frühe Geschichte der Brethren zeigt, daß ihre Führer oft eingesperrt und verschiedentlich bestraft wurden wegen ihrer scharfen Angriffe gegen die Staatskirchen und ihres Bestehens auf der Neutaufe Bekehrter aus anderen Kirchen. Mit dieser Haltung standen sie nicht allein. Es herrschten allgemeines Mißtrauen und Zwietracht. Die etablierten Kirchen waren intolerant gegenüber anders Denkenden oder Bewegungen zur Erneuerung innerhalb der Kirchen. Weder die etablierten Kirchen noch ihre unerwünschte Nachkommenschaft zeigten viel Verständnisbereitschaft. Als die Brethren in die amerikanischen Kolonien auswanderten, durchdrang der friedfertigere Geist der Quäker in Pennsylvanien, die ihnen Raum gewährten, allmählich die Kirche. Z w a r hielten sich die Brethren wie die meisten deutschen Sekten von den Englisch sprechenden Gruppen möglichst fern, doch bestand größere Toleranz und stärkerer Austausch der Meinungen zwischen den religiösen Gemeinschaften, als dies in Europa möglich gewesen war. Ein höchst bedeutsames Ereignis in der Geschichte der Brethren war deren Teilnahme an den von dem Leiter der „Mährischen Brüder", dem Grafen Nikolaus Ludwig Zinzendorf, einberufenen Synoden. Die „Unitas Fratrum" oder „Mährische Brüder", in Deutschland als „ H e r m huter Brüdergemeine" bekannt, war eine Bewegung mit stark mystischen und missionarischen Zügen, die sich aus der frühen Hussitischen Gemeinschaft von Christen entwickelt hatte. Viele Herrnhuter kamen als Ver-
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Beziehungen
folgte und angezogen von der Verheißung religiöser Freiheit etwa zur gleichen Zeit wie die Brethren in die amerikanischen Kolonien. Graf Zinzendorf hatte vom Beginn seiner Verbindung mit den „Mährischen Brüdern" eine breite ökumenische Weltanschauung. Ihm schwebte eine Wiedervereinigung der verschiedenen Gesamtkirchen zu einer Föderation, einer „Gemeine Gottes im Geist" vor. Er wollte nicht eine monolithische Kirche, sondern eine Vereinigung unter dem Motto „in Hauptsachen vereint, in Nebensachen verschieden, vor allem aber in Liebe", schaffen. Zinzendorf glaubte, die Herrnhuter Brüder seien besonders geeignet, eine solche Bewegung zu leiten, und Pennsylvanien mit seiner Atmosphäre religiöser Freiheit und seinen vielen deutschen Sektierern sei der geeignetste Ort, sein kühnes Experiment zu beginnen. Angeregt durch die Anwesenheit Zinzendorfs und auf seinen Rat lud 1741 Henry Antes, ein reformierter Pastor allgemein zu einer Synode ein, die am Neujahrstag 1742 in Germantown tagen sollte. Zweck der Synode war, über den gemeinsamen Glauben und über die Interessen der Kirchen zu beraten und nach Wegen zu engerer Zusammenarbeit zu suchen. In den nächsten Monaten wurden wiederholt Synoden gehalten, bei denen man sich aufrichtig um Grundlagen für eine Einheit und einen endgültigen Zusammenschluß der Sekten bemühte. Führende Brethren wurden zu diesen Synoden geladen und nahmen mindestens an dreien teil. Doch zogen sich die Brethren besorgt wegen, ihrer Meinung nach, synkretistischer Tendenzen und abgestoßen durch die recht überhebliche Führung des Grafen zurück. Eine Folge dieser Berührung mit ökumenischen Erwägungen von weitreichender Bedeutung war die Entscheidung der Brethren, 1742 ihren eigenen Great Council (Großen Rat) zu halten. Aus diesem Rat entstanden die Jahreskonferenzen der Brethren, die bis heute die oberste Versammlung der „Kirche der Brüder" sind 1 . In den nachfolgenden 150 Jahren finden sich nur wenige Hinweise in der Geschichte und Literatur der Brethren auf Interesse an ökumenischen Beziehungen. Sie arbeiteten allerdings örtlich mit anderen Gruppen hinsichtlich der Benutzung von Versammlungshäusern und Friedhöfen zusammen. Sie machten auch bei ihren Anträgen an die Behörden, ihre pazifistische Haltung anzuerkennen, mit den Mennoniten gemeinsame Sache. Doch gab es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Periode, während der ihre Isolierung von einer Reihe hitziger Debatten mit Vertretern anderer Kirchen, vor allem der Baptisten und der Disciples, unterbrochen wurde. Der in mehreren Bänden veröffentlichte Text dieser Debatten beweist einen Geist starker Polemik und das Bemühen beider Seiten zu zeigen, daß die Disputanten die alleinigen Bewahrer der
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zur Erlösung unbedingt nötigen göttlichen Wahrheit darstellten. Diese Debatten waren typisch für den Geist in den meisten Kirchen kurz vor der Zeit, die als Anbruch der ökumenischen Ära gelten kann.
Erste ökumenische Kontakte Erst als der amerikanische Protestantismus durch das mächtige Gären der Missions- und Sonntagsschulbewegung beeinflußt wurde, begannen die Brethren behutsame Schritte in Richtung auf die Ökumene zu tun. Als die Brethren 1894 die ersten Missionare nach Indien schickten, wurden diese ermuntert, in engem Kontakt mit anderen Missionaren zusammenzuarbeiten. Von Anfang an hielt man sich an den Grundsatz, das engere Missionsgebiet in Einvernehmen mit anderen Kirchen zu wählen (comity). Überall, wohin die Missionare der Brethren kamen, waren sie Wegbereiter ökumenischer Tätigkeit. Natürlich hatten ihre ökumenische Erfahrung und Einstellung großen Einfluß auf die eigene Kirche. Es kann wahrheitsgemäß gesagt werden, daß das Anliegen der äußeren Mission der „Kirche der Brüder" Bahnbrecher für ökumenische Interessen und Anliegen gewesen ist. Lange ehe die Gesamtkirche an der Zusammenarbeit mit anderen Kirchen interessiert war, begannen die Leiter der christlichen Erziehungsarbeit derartige Kontakte zu nutzen. Jahrelang schon planen Brethren-Schiiitleiter gemeinsam mit ihren Kollegen die Internationalen Sonntagsschullektionen und andere Teile des Lehrplans. Anfangs, als die Sonntagsschulbewegung begann, wurde den Brethren abgeraten, an den beliebten Sonntagsschultagungen teilzunehmen. Doch 1908 besuchten Brethren die internationale Sonntagsschul-Tagung in Jerusalem, und von da an wurde die Teilnehmerzahl an internationalen Tagungen immer größer. 1916 schrieb J. H. B . Wilhams, damals zweiter Sekretär des Hauptmissionsausschusses der „Kirche der Brüder" (ihr einflußreichster Ausschuß viele Jahre hindurch) an den Federal Council of Churches (amerikanischer Kirchenrat) und fragte an, welche Schritte die „Kirche der Brüder" unternehmen müsse, um Mitglied des Rates zu werden. Offenbar glaubte er, die Kirche habe sich weit genug von ihrer früheren separatistischen Stellung entfernt, um eine solche Mitgliedschaft wenigstens in Erwägung zu ziehen. Etwa zur gleichen Zeit, als sich die Wolken des Ersten Weltkrieges drohend über der Welt zusammenzogen, erreichten Brethren, Quäker und Mennoniten ein gewisses Maß an Zusammenarbeit und intensivem Dialog hinsichtlich gemeinsamer Probleme als Friedenskirchen in Kriegszeiten.
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1919, nach dem Ersten Weltkrieg, bereiteten einige der großen protestantischen Kirchen in Amerika einen Feldzug zur Nutzung des wachsenden Interesses vieler Christen an sozialen Anliegen und internationalen Problemen vor. Sie begannen ein großartiges ökumenisches Unternehmen unter dem Namen „Interchurch World Movement". Führende Brethren nahmen an den vorbereitenden Sitzungen teil, und die Ausschüsse der Kirche stimmten dafür, daß sich die Gesamtkirche ganz an dieser Bewegung beteilige. Als dieser Beschluß jedoch der Jahreskonferenz zur Abstimmung vorgelegt wurde, stieß man auf starken Widerstand und Ablehnung. Die Ausschüsse wurden beauftragt, sich von der Bewegung zurückzuziehen. Die „Kirche der Brüder" zahlte in voller Höhe ihre Beiträge an die Bewegung, die bald darauf zusammenbrach. Die Brethren waren, wie andere auch, von der Begeisterung für eine mutige neue Welt mitgerissen worden, die charakteristisch für die Bewegung war, aber die Stimmung der Gesamtkirche war ängstlicher. Während dies teure Unterfangen das ökumenische Denken der Brethren um 20 Jahre zurückgeworfen haben dürfte, blieb der Kirche doch die Genugtuung, daß die unglückliche Bewegung einen mächtigen Einfluß auf die Gerechtigkeit in der Beilegung des berühmten Stahlarbeiterstreiks gehabt hatte und menschlichere Arbeitsbedingungen für die Metallarbeiter erreicht wurden.
Beziehungen zur ökumenischen Bewegung In den letzten 30 Jahren bestand die Beteiligung der „Kirche der Brüder" an ökumenischen Angelegenheiten in der konziliaren Bewegung. 1936 ernannte der Hauptausschuß der Kirche M . R. Zigler zum Vertreter der „Kirche der Brüder" bei der Oxforder Weltkirchenkonferenz für Praktisches Christentum und der Edinburgher Weltkirchenkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung, die beide im Sommer 1937 gehalten wurden. Zigler brachte den Ausschüssen begeisterte Berichte zurück, die nun ein starkes Komitee ernannten, das die Brethren zu diesen Bewegungen in Verbindung bringen sollte. Zigler blieb Vertreter der Brethren bei den Beratungen christlicher Führer aus aller Welt, die sich um die Bildung eines Weltrates der Kirchen bemühten. Während der gleichen Zeit wurde die Frage einer Beteiligung der Brethren am Federal Council of Churches (Amerikanischer Kirchenbund) eingehend untersucht. 1938 beschloß der Hauptausschuß: 1. daß verschiedene Abteilungen, die für das kirchliche Programm verantwortlich sind, ermächtigt werden sollen, mit entsprechenden Abteilungen des
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Kirchenbundes zusammenzuarbeiten, vor allem auf den Gebieten des Friedens, des Alkoholverbots, der Sozialhilfe, der Mission und der Evangelisation usw. 2. daß der Hauptausschuß Zuwendungen aus den Haushaltsplänen der in Frage kommenden Ausschüsse für den Kirchenbund genehmigen solle; und 3. daß der Hauptausschuß bei den bevorstehenden zweijährlich stattfindenden Sitzungen des Kirchenbundes eine Vertretung der Brethren nur als Besucher genehmige. Wieder wurde M. R. Zigler als Vertreter der Brethren ernannt. Bis 1941 war man in der Zusammenarbeit weit genug und hatte genügend Erfahrung hinsichtlich der Tätigkeit des Kirchenbundes gesammelt, daß der Hauptausschuß mit folgender Erklärung die volle Beteiligung der „Kirche der Brüder" im Kirchenbund und im Ökumenischen Rat der Kirchen (damals im Entstehen) empfehlen konnte: „Da die .Kirche der Brüder' seit einigen Jahren teilweise am Programm des Kirchenbundes durch inoffizielle Vertretung in bestimmten Abteilungen des Kirchenbundes beteiligt ist; und da die Jahreskonferenz offiziell bei den Weltkirchenkonferenzen von Oxford und Edinburgh im Jahre 1937 vertreten war; und da große Fortschritte in Richtung auf einen Weltkirchenrat (Ökumenischen Rat der Kirchen) hin gemacht worden sind, der dem Protestantismus eine gewichtige Stimme in den vielen strategischen Situationen geben soll, die jetzt in der Welt bestehen; und da der Weltkirchenrat wie auch der Kirchenbund aktiven Anteil nimmt an Friedensbewegungen größeren Ausmaßes und sich vor allem mit den Problemen der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen befaßt, was seit mehr als 200 Jahren ein wichtiges Anliegen der .Kirche der Brüder' ist, empfiehlt der Hauptausschuß der Jahreskonferenz von 1941, volle Mitgliedschaft sowohl im Weltkirchenrat als auch im Kirchenbund zu genehmigen und Schritte zur Ernennung offizieller Vertreter zu den Beratungen beider Körperschaften zu unternehmen, sobald unsere Mitgliedschaft von den entsprechenden Stellen offiziell bestätigt worden ist. Es versteht sich, daß die .Kirche der Brüder' nicht durch irgendwelche Beschlüsse dieser Kirchenräte verbunden ist und in keiner Weise durch diesen Beschluß ihre Lehrsätze gefährdet. Diese Ermächtigung wird aus dem Wunsch heraus erteilt, an der größeren Gemeinschaft der protestantischen Welt teilzuhaben, und anderen christlichen Gemeinschaften in jenen großen Bewegungen für den Frieden und die Versöhnung der Welt, zu der wir alle in Christus gleichermaßen verpflichtet sind, bessere Gefährten sein zu können 2 ." Die Jahreskonferenz von 1941 stimmte dieser Empfehlung mit sehr großer Mehrheit zu und ernannte als ihre offiziellen Vertreter zum Kirchenbund M. R. Zigler, D. W . Kurtz, Rufus D. Bowman, Paul H. Bowman
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sen. und Edward K . Ziegler. Delegierte für den Ökumenischen Rat der Kirchen wurden zu einem späteren Zeitpunkt ernannt. Auf diesen epochemachenden Beschluß gab es starke Rückwirkungen in der Kirche, und es wurden wiederholt Anträge an die Jahreskonferenz gestellt, daß sich die Kirche von den ökumenischen Kirchenräten zurückziehen solle. Eingehende Debatten über die Mitgliedschaft in beiden Räten fanden 1945 und 1968 statt. Jedesmal wurde die Stellung der Kirche zu einer vollen und verantwortlichen Mitgliedschaft in den Räten bestätigt und zwar mit immer größerer Mehrheit. Als die erste Versammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (1948) stattfand, sandten die Brethren ihre Delegierten vollzählig zu der geschichtlich wichtigen Versammlung nach Amsterdam. In der Zwischenzeit entsandte man zu allen Sitzungen des Kirchenbundes Vertretungen in voller Stärke. Brethren hatten aktiven Anteil an den Tätigkeiten wichtiger A b teilungen des Rates. Die Brethren arbeiteten auch in anderen interkonfessionellen Organisationen mit wie etwa der Foreign Missions Conference, dem Home Missions Council, dem Stewardship Council, dem Student Volunteer Movement for Foreign Missions, und dem International Council of Christian Education. Als sich diese und andere Organisationen mit dem Kirchenbund 1950 zusammenschlössen und den National Council of Churches of Christ in the U.S.A. (Nationalrat der Kirchen) bildeten, stimmte die „Kirche der B r ü d e r " v o n Anfang an zu und beteiligte sich uneingeschränkt. Ökumenische Betätigung Bis in neuere Zeit hinein leisteten die Brethren keinen entscheidenden Beitrag zum theologischen Denken der erweiterten Kirche. Der Schwerpunkt ihres Interesses schien auf dem Gebiet des Friedens, sozialer A n liegen und Teilnahme, Hilfsaktionen und auf spezialisierten Phasen der Außenmission zu hegen. In den 30er und 40er Jahren wurde der ökumenische Beitrag stark geprägt von den Interessen und Fähigkeiten derjenigen, die man zur Vertretung der Kirche gewählt hatte. M . R . Zigler, zu jener Zeit Hauptvertreter der Brethren in der ökumenischen Zusammenarbeit und erster Vertreter der Brethren in den beiden Kirchenräten, war kein Theologe, sondern ein Kirchenmann mit starken humanitären Anliegen. Er drängte die Kirchenräte unaufhörlich, sich in die Bemühungen um den Weltfrieden einzuschalten und in jene humanitären Unternehmungen, die nicht nur die Wunden vergangener Kriege verbinden halfen, sondern auch zukünftigen Kriegen vorbeugen konnten. D o c h waren dies nicht nur Ziglers persönliche Überzeugungen, sondern B e -
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standteil des Brethren-Verständnisses des Evangeliums und seiner B e deutung für die moderne Welt. In seinem Eintreten für diese praktischen Anliegen unterstützte ihn die Kirche, die ihn ausgesandt hatte, kräftig, und zugleich fand er Unterstützung bei seinen Kollegen, die mit ihm die „Kirche der Brüder" in der ökumenischen Bewegung vertraten. In früheren Jahren half Zigler ein starkes Interesse an ländlichen Gemeinden im Nationalrat der Kirchen zu wecken, und eine Reihe von nationalen Tagungen über Stadt- und Landgemeinden ins Leben zu rufen, die viele Jahre hindurch die Leiter der Landgemeinden-Bewegung zusammenbrachten. Nach dem Zweiten Weltkrieg verbrachte Zigler elf fruchtbare Jahre in Europa als Leiter des großen Brethren-Hilfs- und Wiederaufbau-Programms und als Verbindungsmann zum Sitz des Ökumenischen Rats der Kirchen in Genf. Er verwaltete nicht nur ein weitreichendes Programm für die Brethren, sondern erlebte auch die Entwicklung des Heifers for Relief Program und half bei der Errichtung des weltweiten Hilfsdienstes des Ökumenischen Rats für Flüchtlinge und Katastrophengeschädigte. Ziglers eigene Tüchtigkeit und die Rolle, die die „Kirche der Brüder" hier gespielt hatte, wurden dadurch anerkannt, daß man ihm einen Sitz im machtvollen Zentralausschuß des Kirchenrates gab, den er bis 1961 inne hatte. Auch N o r m a n J. Baugher, der von 1953 bis zu seinem frühen Tode 1968 Generalsekretär des Hauptausschusses der „Kirche der Brüder" war, diente während einer Amtsperiode von 1961 bis zu seinem Tode dem Zentralausschuß. Obgleich die „Kirche der Brüder" wohl eine der kleineren Kirchen im Ökumenischen Rat ist, nimmt sie ihre Mitgliedschaft doch sehr ernst, entsendet ihre Delegierten vollzählig zu allen Sitzungen und war an den Phasen des Programms des Ökumenischen Rats, die dem Geist der „Kirche der B r ü d e r " besonders entsprechen, maßgeblich beteiligt. Auch an den Aufgaben des Nationalrates der Kirchen arbeiten die Brethren tatkräftig und verantwortlich mit. Im Verhältnis zu ihrer Größe hat die Kirche dem Rat schon eine beträchtliche Zahl von führenden Mitarbeitern gestellt. Norman J. Baugher war zwei Amtsperioden lang Vizepräsident des Rates und hatte großen Einfluß auf die Friedensarbeit und richtunggebende Vorausplanung. Auch Andrew W . Cordier, langjähriger führender Mitarbeiter in der Verwaltung der Vereinten Nationen und ehemaliger Präsident der Columbia Universität, war ebenfalls Vizepräsident des Nationalrates der Kirchen. Besonders einflußreich waren Brethren in den Abteilungen für Frieden, Gottesdienst, Verkündigung, Rassenbeziehungen und christliche Haushalterschaft. Der Church World Service, die Abteilung des Nationalrates, die Spenden und Hilfeleistungen
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der Kirchen an die Hungernden und Obdachlosen überall in der Welt weiterleitet, verdankt den Brethren nicht nur viel Initiative und Führung, sondern hat die Verwaltung all ihrer Sammel- und Versandstellen für Sachspenden der Brethren Service Commission der „Kirche der B r ü d e r " anvertraut. Ferner sind die Brethren in der konziliaren Bewegung auf staatlicher und lokaler Ebene verantwortlich beteiligt. Die „Kirche der B r ü d e r " stellt für diese Kirchenräte eine erstaunliche Anzahl an freiwilligen und hauptamtlichen Führungskräften. In Connecticut, Massachusetts, Pennsylvanien, Virginia, Illinois, Kansas, Arizona und Washington haben Brethren führende Stellungen in den Kirchenräten dieser Staaten innegehabt. Das Gleiche gilt für regionale und örtliche Kirchenräte. In den meisten G e bieten, in denen es Brethren gibt, nehmen sie intensiv an den Tätigkeiten des Kirchenrates teil. Bereits erwähnt wurde die beträchtliche Beteiligung der Brethren an der ökumenischen Arbeit in den Ländern, in denen sie Missionen unterhalten. Hier folgt ein kurzer Überblick in dieser Hinsicht. In Indien sind BrethrenMissionare und einheimische Kirchenleute seit langem tätig in christlichen konziliaren Verbänden auf nationaler und regionaler Ebene, als Autoren und Übersetzer und in jüngerer Zeit auch bei der Bildung der Church of North India. Diese Kirche, die 1970 oder wenig später gebildet werden soll, vereinigt Anglikaner, Baptisten, Brethren, Disciples (Jünger Christi), Methodisten und Presbyterianer. Die „Kirche der B r ü d e r " in Indien hat sich für eine vollständige Vereinigung mit dieser kommenden Kirche ausgesprochen. In Nigerien drängten die Brethren schon früh auf die Bildung einer United Church of the Sudan, und sind auch weiterhin die stärkste Gruppe in dieser Bewegung. Inzwischen arbeiten sie uneingeschränkt an solchen Einheitsbestrebungen mit, die die Kirche in Nigerien unterstützen kann. Solange in China missionarische Arbeit noch erlaubt war, waren BrethrenMissionare und chinesische Pastoren führend in Bestrebungen um eine vereinigte, einheimische chinesische christliche Kirchc. Die in Ekuador von den Brethren gegründeten und unterhaltenen Gemeinden trugen sehr zum Entstehen der United Church of Ecuador bei. Statt in Indonesien die Gründung einer „Kirche der B r ü d e r " zu betreiben, unterstellten sich die dortigen Brethren-Mission&re der Church of Indonesia und arbeiteten freudig unter der Leitung indonesischer Kirchenführer. W o h l den wichtigsten Beitrag zur ökumenischen Bewegung in den Missionen in Übersee hat die „Kirche der B r ü d e r " auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Missionen geleistet. Viele Brefßrew-Missionare waren selbst in einer ländlichen christlichen U m w e l t aufgewachsen, waren gut
Edward K. Ziegler vorgebildet für die Arbeit mit den Menschen auf dem Lande und nahmen großen Anteil am Los der vielen Millionen Landbewohner in den Ländern, in denen sie dienten. Sie trugen zur Errichtung landwirtschaftlicher Missionsprogramme bei, die außergewöhnlich gut auf die Bedürfnisse der Menschen zugeschnitten waren und von den nationalen Führern hoch geschätzt wurden. So verwundert es nicht, daß das Rural Missions Cooperating Committee und Agricultural Missions Inc., die wichtigste ökumenische Abfertigungsstelle und das Ausbildungszentrum für die landwirtschaftliche Mission, unter starker Brethren-Führung steht. Ira W . Moomaw, ein weltbekannter Vorkämpfer auf dem Gebiet der landwirtschaftlichen Ausbildung und der Probleme des Hungers, war mehrere Jahre lang geschäftsführender Leiter dieser Weltorganisation nach einer sehr hervorragenden Laufbahn als Missionar in Indien. Sein Nachfolger wurde J. Benton Rhoades, ebenfalls Brethren-Mitglied und Landwirtschaftsexperte. Moomaw schrieb eine Reihe aufrüttelnder Bücher über Hunger in der Welt und landwirtschaftliche Ausbildung. Ein weiterer Brethren-Missionar und Pastor, Edward K. Ziegler, schrieb über Gottesdienst in ländlichen Gemeinden und über die Ausbildung für Gemeindedienst in ländlichen Gebieten. Seine Bücher sind in Seminaren und ländlichen Gemeinden in der ganzen Welt sehr gefragt. Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren die Brethren aufgeschlossen und bereit zur Zusammenarbeit mit anderen, die ihre tiefe Sorge um die Position der Christen zu Krieg und Frieden, und die Probleme der Kriegsdienstverweigerer teilten. Diese Sorge teilten am stärksten die Quäker, die Mennoniten und andere Brethren-Kirchen, aber auch in anderen Kirchen gab es viele, die zu gemeinsamer Arbeit und Planung bereit waren. Es gelang Raymond Wilson von den Quäkern, Orie Miller von den Mennoniten und M. R. Zigler zusammen mit anderen Führern der Friedensbemühungen, ein Programm für Kriegsdienstverweigerer zu entwickeln, in dem sie unter kirchlicher Aufsicht „Arbeiten von nationaler Bedeutung" leisten durften, das der US-Wehrdienstbehörde annehmbar war. Ein National Service Board für Religious Objectors wurde organisiert. Trotz einiger Kritik und Enttäuschungen an diesem Programm für Kriegsdienstverweigerer war es damals der beste Plan, der geschaffen werden konnte, um jenen jungen Menschen die Möglichkeit zu sinnvoller dienender Tätigkeit zu schaffen, so daß sie nicht ins Gefängnis gehen oder ihre Überzeugung aufgeben und in den sogenannten Militärdienst für Nicht-Waffentragende eintreten mußten. Die Brethren sind auch heute noch führend auf dem Gebiet der Beratung für Kriegsdienstverweigerer und in der Verwaltung von Unternehmen, in denen diesen zu dienen erlaubt ist. Viele Jahre lang lag die Führung
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für dies Anliegen sowie für das ganze Gebiet des Hilfsdienstes und der Friedenstätigkeit in der ökumenischen Bewegung in Händen des tatkräftigen Leiters der Brethren Service Commission, W . Harold Row. Die Anregung zu einem genialen Angriff auf das Hungerproblem kam von einem Mitarbeiter im jBrei/iren-Hilfswerk, Dan West, während er in der Flüchtlingshilfe in Spanien tätig war, als in dem Land der unselige Bürgerkrieg tobte. Ihm kam der praktische Gedanke, junge Zuchtkühe in jene Länder zu senden, in denen Milch und Vieh knapp waren. Dies von den Brethren angeregte Programm fand bald seine ökumenische Erweiterung, und im Lauf der Jahre sind so einige 100000 Rinder, Ziegen, Schafe und andere Nutztiere an verarmte Völker gesandt worden. Fähige Leiter stellten die Brethren auch für C R O P (Christian Overseas Relief Program), durch das die Kirchen ihre Nahrungsmittelspenden für den Hunger in der Welt weiterleiten. Das bisher Beschriebene hat größtenteils mit dem Engagement der „Kirche der Brüder" im Bereich Praktisches Christentum des ökumenischen christlichen Anliegens zu tun, und tatsächlich sind die Brethren hieran besonders interessiert, und sie haben eine gewisse Erfahrung und Kompetenz. Neuerlich gibt es auch eine Brei/irerc-Beteiligung in der Abteilung für Glauben und Kirchenverfassung durch Warren F. GrofF, den Dekan des Bethany Theological Seminary.
Ökumenische Gespräche Ein weiteres Gebiet ökumenischer Beziehungen sind die Gespräche, die geführt werden, um eine engere Gemeinschaft mit anderen christlichen Körperschaften zu fördern, wodurch unter Umständen die Vereinigung mit anderen Kirchen erreicht werden könnte. Wichtig ist nun, zu untersuchen, was für Fortschritte die Brethren in dieser Hinsicht im ökumenischen Leben gemacht haben. Hier wird der Standpunkt der Brethren unvermeidlich durch ihre Geschichte bedingt und durch ihr Verständnis vom Wesen der Kirche. Seit dem Beginn der Brethren-Aibeit in Deutschland gibt es starke separatistische Tendenzen in der Kirche. Da die „Kirche der Brüder" in den vergangenen 50 Jahren mehr in den Sog protestantischen kirchlichen Lebens hineingekommen ist, ist ihre ökumenische Haltung in großem Maße einer sorgfältigen Prüfung unterzogen worden. Ein besonders empfindliches Gewissen haben die Brethren in ihren Beziehungen zu anderen ßrei/ire«-Gemeinschaften, die sich von der Hauptgemeinschaft der Gesamtkirche losgelöst haben. 1881 verließ eine be-
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sonders konservative Gruppe (Old German Baptist Brethren) die Kirche und ist eine Insel sozialen und kirchlichen Konservatismus gebheben. I m darauffolgenden Jahr spaltete sich eine weitere und größere Gruppe ab, die aggressiver und fortschrittlicher als die Hauptgemeinschaft w a r . I m Lauf der Jahre ist diese letztere, schlicht als Brethren Church bekannte Gruppe theologisch konservativer geworden als die „ K i r c h e der B r ü d e r " . V o r rund 30 Jahren spaltete sich diese Gruppe über der modernistischfundamentalistischen Auseinandersetzung und erzeugte eine fundamentalistische Gruppe, die sich „National Fellowship of the Brethren Churches" nennt. D i e „ K i r c h e der B r ü d e r " hofft und betet, daß die unglückliche Trennung innerhalb der Brethren-Familie selbst irgendwie überwunden werde. In bezug auf die Old German Baptist Brethren einerseits und die fundamentalistische Fellowship of Brethren Churches andererseits scheint es wenig H o f f n u n g auf eine mögliche Versöhnung mit der „ K i r c h e der B r ü d e r " zu geben. Z u r Brethren Church jedoch bahnt sich eine immer engere Beziehung und Zusammenarbeit an. Eine Reihe v o n Jahren hindurch w u r d e ein gemeinsames Missionsprogramm in Nigerien durchgeführt. U m diese B e ziehung aufrecht zu erhalten und zu pflegen, hat die „ K i r c h e der B r ü d e r " seit Jahren ein Fraternal Relations Committee (Bruderschaftsausschuß). V o n Zeit zu Zeit werden mit dieser Gruppe freundschaftliche Gespräche g e führt, w o b e i Unstimmigkeiten behoben, neue Erkenntnisse mitgeteilt und Möglichkeiten f ü r weitere Zusammenarbeit erkundet werden. D o c h scheint eine organische Wiedervereinigung dieser beiden Gruppen in naher Z u k u n f t unwahrscheinlich. Vermehrte ökumenische Kontakte in gemeinsamen Unternehmungen haben das Interesse der Kirche an Gesprächen, die zu einer möglichen organischen Vereinigung mit anderen kirchlichen Gemeinschaften führen könnten, wachsen lassen. Das Fraternal Relations Committee, das 1 9 3 4 zu einem ständigen Ausschuß der Jahreskonferenz der Kirche wurde, regte derartige Gespräche an oder w u r d e v o n der Jahreskonferenz ermächtigt, auf Gesprächsangebote anderer Gesamtkirchen einzugehen. U m die G e samtkirche mit Wesen und Reichweite dieser Gespräche vertraut zu machen, hat das Fraternal Relations Committee der Jahreskonferenz bei vielen Gelegenheiten Vertreter oder Besucher aus den verschiedenen Gemeinschaften, mit denen Gespräche geführt wurden, vorgestellt. D e r Ausschuß hat sich ferner darum bemüht, Material und Voraussetzungen f ü r eine ökumenische Erziehung bereitzustellen. W o i m m e r der A u s schuß feststellte, daß seine ökumenischen Kontakte gemeinsames H a n deln und P r o g r a m m erforderten, hat er seine Anliegen d e m entsprechenden Ausschuß oder Komitee der Kirche zur Ausführung weitergeleitet.
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Z u den fruchtbarsten und wertvollsten Kontakten mit anderen Kirchen, die das Fraternal Relations Committee pflegt, gehören die beständigen G e spräche mit anderen Gemeinschaften der freikirchlichen Tradition. D i e vielen gemeinsamen Anliegen mit Mennoniten und Quäkern haben zu einer Reihe v o n formellen Beratungen mit diesen geführt. 1964 und 1968 fanden Konferenzen statt, auf denen mehrere Z w e i g e der Brethren, der Quäker und der Mennoniten ihre Erfahrungen und Anliegen austauschten. D i e jüngste dieser Beratungen, die i m N o v e m b e r 1968 in N e w Windsor, Maryland, stattfand, führte 60 Vertreter aus neun Gruppen der freikirchlichen Tradition zusammen, die drei T a g e lang die Rolle der Friedenskirchen in der heutigen W e l t diskutierten. Diese Beratungen sind nicht dazu gedacht, eine Vereinigung herbei zu führen; aber sie sind eine Gelegenheit, über Anliegen, Erfahrungen, gemeinsames Glaubensgut und Unterschiede sehr ernsthaft und eingehend zu sprechen. D i e Beziehungen zwischen diesen Gruppen, die so viel an gemeinsamem Erbe und Anschauung haben, sind weiter gefestigt w o r d e n anläßlich zweier Konferenzen über die „Gläubigen Kirche", die kürzlich stattfanden. A n diesen Konferenzen beteiligten sich auch Baptisten, Adventisten, Jünger Christi und andere Gemeinschaften mit freikirchlicher Tradition. D i e Begriffe v o n Kirche der Gläubigen und radikaler Jüngerschaft erwiesen sich als eine starke Interessenbindung und als Grundlage für ernsthafte ökumenische Gespräche. Eine einflußreiche Gruppe v o n BreArert-Kirchenleuten und T h e o l o g e n glaubt, daß die ökumenische Z u k u n f t der Brethren in immer stärkeren Beziehungen innerhalb jener Kirchen liegt, die diese Begriffe als die wichtigsten ansehen. D i e „Kirche der Brüder", noch immer eingedenk ihres Erbes i m linken Flügel der Reformation und ihrer W u r z e l n in pietistischer und anabaptistischer Tradition, verspürt H e m m u n g e n in jeglicher B e w e g u n g auf eine V e r einigung mit Kirchen hin, die diese Anschauungen nicht vertreten. Unter den Mennonitengruppen finden die Brethren die engsten und praktischsten Beziehungen zur General Conference Mennonite Church. 13 Jahre lang, v o n 1945-1958, teilten sich das Mennonite Biblical Seminary und das Bethany Biblical Seminary in Räumlichkeiten, Professoren und Unterricht. Diese fruchtbare Beziehung endete, als sich die Mennoniten entschlossen, auf ein vereinigtes mennonitisches Ausbildungsprogramm für den Gemeindedienst in Elkhart und Goshen, Indiana, hinzuarbeiten, und die Brethren es für notwendig befanden, in neue Räumlichkeiten in einem westlichen V o r o r t v o n C h i k a g o zu ziehen. Die Brethren haben auch mit einigen kleineren Gemeinschaften ö k u m e nische Gespräche geführt. Unter diesen war die General Eldership of the Church of God in North America. Diese Gruppe mit einigen 38000 M i t -
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gliedern findet sich am häufigsten in den Gebieten, in denen auch die Brethren am stärksten vertreten sind und hat mit der „Kirche der Brüder" viele Interessen und Bräuche gemein. Nach einigen Jahren des Gesprächs und einer Reihe von Konferenzen auf breiter Basis zwischen Laien und Pastoren beider Kirchen kam man überein, daß eine Vereinigung zwischen den beiden kein gangbarer ökumenischer Weg für beide sei. Kurze Gespräche wurden auch mit der Church of God (Anderson, Indiana) geführt. Mit dieser Gruppe hat die „Kirche der Brüder" gewisse Publikationsinteressen gemein. Fruchtbare Gespräche laufen noch mit der Evangelical Free Church of North America. Die intensivsten und ernsthaftesten Gespräche über eine mögliche Vereinigung werden seit acht Jahren mit der American Baptist Convention (vormals Northern Baptist Convention) geführt. Mit dieser Kirche sind die Gespräche so weit gediehen, daß bereits Grundlagen für einen möglichen Plan der Kirchenvereinigung erarbeitet werden, die mit großer Sorgfalt von den Gemeinden sowohl individuell als auch auf örtlicher und staatlicher Ebene in beiden Kirchen geprüft werden. Besonders sorgfältig werden die kirchlichen und theologischen Fragen studiert, die geeignet sein könnten, die Kirchen einander näher zu bringen oder sie einander zu entfremden. Die größten Unterschiede bestehen hinsichtlich der Kirchenverfassung und der Bedeutung der Friedensfrage. Die Baptisten haben eine gemeindebezogene Kirchenverfassung, während die Brethren eine Art repräsentative Verfassung genießen. Die Baptisten unterstützen die Militärgeistlichkeit, während die Brethren auf das schärfste in Opposition zu dieser Form des Dienstes an Angehörigen der Streitkräfte stehen. Theologisch ähneln sich die beiden Kirchen stark. Anfang 1969 einigte man sich dahingehend, nicht auf eine Vereinigung in naher Zukunft zu drängen, sondern sich vor allem auf gemeinschaftliches Vorgehen in der christlichen Mission zu konzentrieren. Eine besondere ökumenische Ehre ist der freundschaftliche gegenseitige Besuch von Brethren und Angehörigen der russisch-orthodoxen Kirche. Diese Beziehung, entstanden aus dem Wunsch der russischen Kirche, mit einer auf Frieden bedachten amerikanischen Kirche Gespräche auszutauschen, geht zurück auf die Begegnung von russischen und BrethrenDelegierten anläßlich der dritten Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Neu Delhi in Indien im Jahre 1961. In den folgenden Jahren wurden 1963 und 1967 gegenseitige Besuche von Delegationen ausgetauscht. Beim letzteren Besuch wurde die russische Delegation von dem Metropoliten Nikodim von Leningrad und Ladoga geführt, dem Vorsitzenden der Abteilung für äußere kirchliche Angelegenheiten im Moskauer Patriarchat. Die Brethren-Delegation führte W . Harold Row.
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Dieser christliche Dialog durch den „Eisernen Vorhang" hindurch ist gegründet auf der Hoffnung, daß der Friede im 20. Jahrhundert in die von Kriegen zerrissene Welt einziehen möge, und die feste Überzeugung, daß die Kirchen einen W e g zu gerechtem und dauerhaftem Frieden zeigen können. In Europa sind die Brethren an zwei Bewegungen von großer ökumenischer Bedeutung beteiligt. Die eine ist eine Serie von Tagungen, die von den Friedenskirchen und dem „Internationalen Versöhnungsbund" gefördert werden, in denen ihre Vertreter am Dialog mit Theologen anderer europäischer Kirchen teilnehmen. Diese Tagungen tragen den Namen „Puidoux-Konferenzen" nach dem Tagungsort der ersten solchen in der Schweiz. Diese Zusammenkünfte, die ursprünglich auf Anregung M. R . Ziglers zustande kamen, sind durch das hohe wissenschaftliche Niveau ihrer Debatten und Diskussionen gekennzeichnet. W . Harold R o w und andere Brethren beteiligten sich ferner aktiv an den „Christlichen Friedenskonferenzen" in Prag, internationalen Zusammenkünften bedeutender Gruppen von Theologen und Kirchenmännern auch aus Kirchen aus dem kommunistischen Bereich, aus dem Westen und aus der dritten Welt. Diese Konferenz gewinnt durch den Tagungsort eine besondere Bedeutung. Z w a r ist die amerikanische Beteiligung erwünscht, aber sie überwiegt nicht auf dieser Konferenz. Die Teilnehmer aus Brethren-Kreisen berichten von einer besonders herzlichen Aufnahme. Die heftigste Debatte über die Ökumene wurde in den letzten Jahren in der „Kirche der Brüder" durch die Consultation on Church Union ( C O C U ) ausgelöst. Im Dezember 1961 hielt Dr. Eugene Carson Blake, Stated Clerk der United Preshyterian Church in den U S A , auf Einladung des damaligen Bischofs der Episkopalkirche, James A . Pike, in der Grace Cathedral in San Franzisko am Vorabend der alle drei Jahre stattfindenden Versammlung des Nationalrats der Kirchen eine Predigt, in der er für die Bildung einer neuen vereinigten Kirche plädierte, die da sei „wahrhaft evangelisch, wahrhaft katholisch und wahrhaft reformiert". Dieser machtvolle Aufruf, ursprünglich an die Protestant Episcopal Church, die United Preshyterian Church, die Methodist Church und die United Church of Christ gerichtet, zog bald auch andere Gesamtkirchen an, und seit jener Zeit vereinigen sich zu den jährlichen Beratungen zehn Kirchen als vollberechtigte Mitglieder (seit Bildung der United Methodist Church sind es neun). V o n Anfang an waren auch andere Kirchen, die noch nicht zu vollberechtigter Beteiligung in C O C U bereit sind, eingeladen und willkommen als beobachtende und beratende Teilnehmer. Während zunächst diese Kirchen mehr Beobachter als Berater waren, spielen sie nun eine immer wichtigere Rolle bei den Diskussionen. Seit der ersten Z u -
182
Edward K. Ziegler
s a m m e n k u n f t w a r e n beratende B e o b a c h t e r der „ K i r c h e der B r ü d e r " anwesend. 1965 w u r d e n die Brethren u n d andere g e f r a g t , o b sie z u diesem Z e i t p u n k t eine E i n l a d u n g b e g r ü ß e n w ü r d e n , v o l l b e r e c h t i g t e T e i l n e h m e r an den B e r a t u n g e n z u w e r d e n . N a c h e i n e m Jahr eingehenden Studiums u n d nach der V e r ö f f e n t l i c h u n g v o n beträchtlichem Material z u diesem T h e m a s t i m m t e i m Juni 1966 die Jahreskonferenz der „ K i r c h e der B r ü d e r " m i t ü b e r w ä l t i g e n d e r M e h r h e i t f ü r die Fortsetzung des B e o b a c h t e r - B e r a t e r Verhältnisses u n d g e g e n die A n n a h m e der v o l l b e r e c h t i g t e n M i t g l i e d schaft. Seit Jahren hat w o h l keine Frage, die sich der „ K i r c h e der B r ü d e r " stellte, die K i r c h e so stark b e w e g t u n d so sehr gespalten. M a n c h e l e g t e n d e n K o n f e r e n z b e s c h l u ß , d u r c h den die M i t g l i e d s c h a f t in C O C U
ab-
gelehnt w u r d e , als eine Flucht i n engstirniges Sektierertum aus oder als eine U n t e r w e r f u n g unter einen w i e d e r erstarkenden Fundamentalismus. A u f der anderen Seite zeigte die D e b a t t e deutlich, daß die lautstärksten u n d überzeugendsten G e g n e r einer V e r b i n d u n g m i t C O C U diejenigen w e r d e n , n a c h deren M e i n u n g die „ K i r c h e der B r ü d e r " e i n e m anderen H e r r n T r e u e schuldeten. Sie sahen die „ K i r c h e der B r ü d e r " als einen V e r f e c h t e r der freikirchlichen T r a d i t i o n u n d der radikalen Jüngerschaft. Sie sahen die R o l l e der K i r c h e nicht i n der Isolierung, sondern als die k r a f t v o l l e S t i m m e einer M i n d e r h e i t innerhalb der allgemeinen K i r c h e , gestützt d u r c h eine starke K i r c h e n g e m e i n s c h a f t , die i n d e n K i r c h e n räten W e g w e i s e r u n d P r o p h e t ist u n d uneingeschränkt u n d vertrauensv o l l m i t anderen christlichen G r u p p e n zusammenarbeitet. Freilich, eine M i n d e r h e i t innerhalb der K i r c h e unter F ü h r u n g einer G r u p p e , genannt die Brethren Revival Fellotvship, w a r g e g e n jegliche F o r m der Z u s a m m e n arbeit außer m i t entsprechend k o n s e r v a t i v e n G r u p p e n . Diese
Gruppe
t r u g dazu bei, den W i d e r s t a n d g e g e n C O C U w a c h s e n z u lassen. Eine nüchterne Ü b e r l e g u n g w ü r d e zeigen, daß die W e i g e r u n g
der
Brethren, die v o l l e Mitgliedschaft in C O C U einzugehen, aus d e m W u n s c h der K i r c h e entsprang, ihr starkes Friedenszeugnis aufrecht z u halten u n d eine F o r m der radikalen Jüngerschaft, die i n der aus d e n B e r a t u n g e n entstehenden K i r c h e nach ihrer M e i n u n g nicht erwartet w e r d e n k a n n . D o c h bleibt die M ö g l i c h k e i t eines Anschlusses an C O C U n a c h w i e v o r o f f e n . Z w e i Jahre n a c h der einschneidenden D e b a t t e über dieses A n l i e g e n erörterte die Jahreskonferenz erneut die Frage der A n g l i e d e r u n g .
Nach
einer w e i t e r e n lebhaften D e b a t t e stimmte die K o n f e r e n z erneut g e g e n W i d e r r u f der Entscheidung, d o c h w a r die M e h r h e i t diesmal kleiner als 1966. D i e Z a h l der B e o b a c h t e r - B e r a t e r w u r d e j e d o c h v o n z w e i auf v i e r heraufgesetzt, die m a x i m a l v o m V o r s t a n d der B e r a t u n g e n zugelassene T e i l n e h m e r z a h l . Es ist M ö g l i c h , daß sich die „ K i r c h e der B r ü d e r " i m
Ökumenische
Beziehungen
183
Lauf der Zeit unwiderstehlich zu einer vereinigten und sich vereinigenden Kirche, die unter Gott entstehen kann, hingezogen fühlt. Die gleiche Jahreskonferenz, die so entschieden gegen die Mitgliedschaft in C O C U stimmte, beschloß einen etwas anderen ökumenischen W e g einzuschlagen: „Die Jahreskonferenz stimmte für (a) Wiederbestätigung unserer festen und tiefen Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit unseren Brüdern in Christus in örtlichen, staatlichen, nationalen Kirchenräten und dem Weltkirchenrat und mahnt die Brüder durch ihre örtlichen Gemeinden zu verantwortlicher Teilnahme an diesen Kirchenräten; (b) eine so schnell als möglich betriebene Erkundung möglicher Vereinigungen unserer Kirche mit jenen Kirchen oder Kirchengruppen, die uns in Lehre, Verfassung und Mission ausreichend ähnlich sind, um eine Vereinigung ratsam und wirksam zu machen. W i r sehen die ,Kirche der Brüder' unter Gott als dazu ausersehen, Brücke zu sein, die aktiv die Zusammenarbeit und mögliche Vereinigung mit einer solchen Konstellation von Kirchen fördert, die uns in Lehre und Verfassung nahe stehen, und mit denen w i r die Begriffe des Missionsauftrags gemein haben, wie wir es jetzt als Willen Gottes in unserer Zeit erkennen 3 ." Wegen der zunehmenden Größe der Aufgaben, die dem Fraternal Relations Committee anvertraut wurden und dem Richtungswechsel, der sich im Beschluß der Jahreskonferenz von 1966 zeigte, wurde der Hauptausschuß der Kirche gebeten, eine neue Struktur für ökumenische Anliegen zu studieren. Nach zweijährigen Untersuchungen wurde das Fraternal Relations Committee durch das Interchurch Relations Committee ersetzt, das sowohl der Jahreskonferenz als auch dem Hauptausschuß der Kirche verantwortlich ist, und etwas weitreichendere Befugnisse als das frühere Komitee hat. Dieses neue Komitee beschäftigt sich weiterhin mit der Erkundung neuer ökumenischer Wege für die „Kirche der Brüder", mit tiefgehenden Gesprächen mit der Commission on Christian Unity der American Baptist Convention, und arbeitet mit dem Hauptausschuß zusammen an einer umfassenderen Zusammenarbeit mit anderen Kirchen durch die Kirchenräte. Das Komitee sieht seine Aufgabe vor allem darin, die „Kirche der Brüder" durch diese Zeit zu leiten, wenn alle kirchlichen Strukturen vor Gott geprüft werden müssen, ob sie wirklich teilhaben an Gottes A u f trag in und an der Welt. Daran, daß es Gottes Wille ist, daß seine Kirche sichtbar werde in der Welt, besteht kein Zweifel. Daß die „Kirche der Brüder" der gesamten Kirche Jesu Christi etwas Besonderes zu geben hat, wird fest und demütig geglaubt. Wie jene besonderen Erkenntnisse, die Gott ihr gewährt hat, am besten an die ganze Kirche weiterzugeben
Edward K. Ziegler
sind, ist noch nicht klar. Wenn die „Kirche der Brüder" wie ein Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, wenn es mehr Frucht hervorbringen soll, wirklich ihr Leben verlieren muß, um es zu finden, dann ist die „Kirche der Brüder" bereit, diesen Weg zu wählen. Wie die meisten ihrer Schwesterkirchen macht auch die „Kirche der Brüder" eine Identitätskrise durch. Aber es gibt viele denkende Menschen in der Kirche, die fest daran glauben, daß ihre Bestimmung unauflöslich mit der Bestimmung der gesamten Kirche Christi verknüpft ist. Der Isolationismus ist vergangen und abgetan. Es ist unmöglich, sich heute abgesondert zu halten und weiterhin Kirche zu bleiben. Die „Kirche der Brüder" sucht darum nach göttlicher Führung, damit sie Gottes Ruf getreu sein kann und ein lebendiger und verantwortlicher Teil der allgemeinen Kirche ist. Es wird sicherlich große Umgruppierungen in der ganzen Kirche Jesu Christi geben. Eine wichtige und notwendige Gruppierung wird die derjenigen Kirchen sein, deren Kirchenbegriff, Anabaptismus, Freikirchentum und radikale Jüngerschaft einschließt. Sehr wahrscheinlich wird die „Kirche der Brüder" ihre Bestimmung unter Gott in einer solchen Gruppe finden. Ob eine derartige Gruppe mit einer solchen Anschauung ein Teil der großen Kirche sein kann, die aus der Consultaticm Ott Church Union hervorgehen könnte, ist eine unbeantwortete Frage. Es kann gut sein, daß eine gewisse Vielfalt in heiligem Gehorsam für eine gesunde und wirksame Mission der Kirche notwendig ist. Was der „Kirche der Brüder" anvertraut ist, hat große Bedeutung für Gottes Auftrag in der Welt. Wichtig ist, daß es dort gebraucht wird, wo es am hilfreichsten und wirksamsten mitgeteilt werden kann. Das Gebet der Brethren, wie das ihres Herrn, ist, daß sein Volk ganz eins sei, eins unter Gott, eins, wie Gott der Vater und Christus eins sind, damit die Welt an Gottes Auftrag glaube und sich zu ihm wende und errettet werde.
Kapitel io STATISTIKEN UND ANSCHRIFTEN DONALD F. DURNBAUGH
I. H I S T O R I S C H E S T A T I S T I K E N
(NORDAMERIKA)1
Jahr
Mitglieder
1770 1850 1882 1890 1900 1910 1920 1930 1940 1950 I960
Gemeinden 28 145* 497 720 800* 896 1003 1029 1017 1029 1077
Pastoren
Quellennachweis Morgan Edwards David Benedict Howard Miller U S Zensus Brethren Almanac Missionary Visitor Brethren Yearbook Brethren Yearbook Brethren Yearbook Brethren Yearbook Brethren Yearbook
1505 10000*
43 300* 1701 1622 2379 3012 3265
57749 61101 75 000* 82215 96076 138173 176908 186201 200217
2735 2754 2900 2686
( * geschätzt)
II. N E U E S T E
S T A T I S T I K (30. S E P T E M B E R
Distrikt Florida, Georgia und Puerto Rico Idaho und West Montana Illinois und Wisconsin Indiana, MittelIndiana, NordIndiana, SüdIowa und Minnesota Michigan Mittel-Atlantik Missouri Missouri, Süd- und Arkansas Nord-Atlantik Ohio, NordOhio, SüdOregon-Washington
Gemeinden 14 8 49 37 50 22 43 22 60 13 11 18 58 59 20
Pastoren
1969)2
Mitglieder
Spenden in US-$
11
1590
187278
5 34 25 41 16
954 7290 6202
70343 750126
33 17 46 6 2 18 51 53 18
9774 2786 4961 2588 13663 1030 559 3203 9378 12577 3028
576331 1166574 318684 456739 286889 1181908 75 571 33123 381825 1021390 1258834 299175
l86
Donald F. Durnbaugh
Pazifik, Südwest 38 Pennsylvanien, Ost45 Pennsylvanien, Mittel52 Pennsylvanien, Süd39 Pennsylvanien, West68 Shenandoah (Nord-Virginia) 77 Southeastern 46 Southern Plains 13 Virginia, Erster Distrikt 41 Virginia, Süd40 Western Plains 51 West Marva (Maryland, West Va.) 51 (Zwischenergebnis) (1045) Indien, Erster Distrikt 21 Indien, Zweiter Distrikt 4 Nigerien 41 (Zwischenergebnis) (66) Summe 1111
33 30 36 22 46 47 12 9 27 20 37 21 (716) 20 4 33 (57) 773
898009 7931 15688 1658687 12104 939405 929931 9490 13183 1036239 15482 i147332 176837 3078 1115 100663 8306 580474 6787 331155 6047 561877 295085 6584 (185198) (16720484) 7052 7745 1054 1272 17711 18478* (26510) (26812) 211708 16747296
(* 1968) III. J A H R E S K O N F E R E N Z E N Jahr
Ort
Vorsitzender
1880 1881 1882 1883 1884 1885 1886 1887 1888 1889 1890 1891 1892 1893 1894 1895 1896 1897 1898 1899
Lanark, 111. Ashland, Ohio Milford Junction, Ind. Bismarck Grove, Kans. Dayton, Ohio Mexico, Pa. Pitsburg, Ohio Ottawa, Kans. North-Manchester, Ind. Harrisonburg, Va. Pertle Springs, Mo. Hagerstown, Md. Cedar Rapids, Iowa Muncie, Ind. Meyersdale, Pa. Decatur, 111. Ottawa, Kans. Frederick, Md. Naperville, Illl. Roanoke, Va.
Enoch Eby Enoch Eby Enoch Eby Enoch Eby Enoch Eby John Wise D. E. Price Enoch Eby Enoch Eby S. S. Möhler Enoch Eby Daniel Vaniman Daniel Vaniman D. E. Price Enoch Eby Enoch Eby D. E. Price L. W . Teeter W . R. Deeter L. T. Holsinger
(1880-1970)3 Beruf des Vorsitzenden Lehrer Lehrer Lehrer Lehrer Lehrer Lehrer/Landwirt Landwirt Lehrer Lehrer Landwirt Lehrer Lehrer Lehrer Landwirt Lehrer Lehrer Landwirt Lehrer/Schriftsteller Landwirt Landwirt/Kaufmann
Statistiken und Anschriften
187
Jahr
Ort
Vorsitzender
Beruf des Vorsitzenden
1900 1901 1902 1903 1904 1905 1906 1907 1908 1909 1910 1911 1912
North-Manchester, Ind. Lincoln, Neb. Harrisburg, Pa. Bellefontaine, Ohio Carthage, Mo. Bristol, Tenn. Springfield, 111. Los Angeles, Kalif. Des Moines, Iowa Harrisonburg, Va. Winona Lake, Ind. St. Joseph, Mo. York, Pa. Winona Lake, Ind. Seattle, Wash. Hershey, Pa. Winona Lake, Ind. Wichita, Kans. Hershey, Pa. Winona Lake, Ind. Sedalia, M o . Hershey, Pa. Winona Lake, Ind. Calgary, Alta., Kanada Hershey, Pa. Winona Lake, Ind. Lincoln, Neb. Hershey, Pa. La Verne, Kalif. North-Manchester, Ind. Hershey, Pa. Colorado Springs, Colo. Anderson, Ind. Hershey, Pa. Arnes, Iowa Winona Lake, Ind. Hershey, Pa. Nampa, Idaho Lawrence, Kans. Anderson, Ind. Ocean Grove, N. J. La Verne, Kalif. Asheville, N . C.
D. L. Miller Daniel Vaniman D. L. Miller S. F. Sanger H. C. Early John Zuck S. F. Sanger L. T . Holsinger H. C. Early D. M . Garver H. C. Early D. M . Garver H. C. Early D. M. Garver Frank Fisher H. C. Early I. W . Taylor H. C. Early I. W . Taylor H. C. Early I. W . Taylor Otho Winger I. W . Taylor Otho Winger J . J. Yoder Otho Winger D. W . Kurtz J . W . Lear Otho Winger H. K. Ober James M. Moore Otho Winger D. W . Kurtz Charles D. Bonsack Otho Winger Charles C. Ellis D. W . Kurtz Paul H. Bowman Vernon F. Schwalm D. W . Kurtz Rufus D. Bowman C. Ernest Davis Paul H. Bowman
Kaufmann/Verleger Lehrer Kauf mann/Verleger Kaufmann Landwirt/Kaufmann unbekannt Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Landwirt/Kaufmann Vorst, einer Anstalt Landwirt/Kaufmann Tischler Landwirt/Kaufmann Tischler Landwirt/Kaufmann Tischler College-Präsident Tischler College-Präsident College-Professor College-Präsident College-Präsident Seminar-Professor College-Präsident Pastor Pastor College-Präsident Seminar-Präsident Kirchenleiter College-Präsident College-Präsident Seminar-Präsident College-Präsident College-Präsident Pastor Seminar-Präsident College-Präsident College-Präsident
1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920 1921 1922 1923 1924 1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942
Donald F. Durnbaugh
i88
Jahr
Ort
Vorsitzender
Beruf des Vorsitzenden
1943 1944
McPherson, Kans. Huntingdon, Pa. North-Manchester, Ind. Wenatchee, Wash. Orlando, Fla. Colorado Springs, Colo. Ocean Grove, N. J. Grand Rapids, Mich. San Jose, Kalif. Richmond, Va. Colorado Springs, Colo. Ocean Grove, N. J. Grand Rapids, Mich. Eugene, Oregon Richmond, Va. Des Moines, Iowa Ocean Grove, N. J. Champaign-Urbana, 111. Long Beach, Kalif. Ocean Grove, N. J. Champaign-Urbana, 111. Lincoln, Neb. Ocean Grove, N. J. Louisville, Ky. Eugene, Oregon Ocean Grove, N. J. Louisville, Ky. Lincoln, Neb.
W . W . Peters Charles C. Ellis Warren D. Bowman Rufus Bücher Ruf us D. Bowman Calvert N. Ellis Paul H. Bowman Charles C. Ellis Desmond Bittinger R. W . Schlosser Vernon F. Schwalm William M. Beahm A. Stauffer Curry Paul M. Robinson A. C. Baugher Desmond Bittinger William M. Beahm Edward K. Ziegler Charles E. Zunkel Nevin H. Zuck Harry K. Zeller, Jr. De Witt L. Miller A. Stauffer Curry Dan West* Raymond R. Peters M. Guy West MorleyJ. Mays A. G. Breidenstine
College-Präsident College-Präs. i. R. Pastor Pastor Seminar-Präsident College-Präsident College-Präsident College-Präs. i. R. College-Präsident College-Professor College-Präsident Seminar-Dekan Kirchenleiter Seminar-Präsident College-Präsident College-Präsident Seminar-Dekan Pastor Pastor Pastor Pastor Pastor Kirchenleiter Kirchenleiter Pastor Pastor College-Präsident College-Dekan i. R.
1945 1946 1947 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 i960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970
(*erster zum Vorsitzenden gewählter Laie)
IV.
ANSCHRIFTEN Nord-Amerika
General Offices, 1451 Dundee Avenue, Elgin, Illinois 60120. Generalsekretär, S. Loren Bowman Associate General Secretaries: World Ministries Commission, Joel K . Thompson; Parish Ministries Commission, Earle W . Fike, Jr.; General Services Commission, Galen B. Ogden. Finanzleitung: Robert Greiner Washington Office, 110 Maryland Avenue, N. W . , Washington D. C. 20002 Geschäftsführer, W . Harold Row
Statistiken und Anschriften
189
Übersee Ekuador: Casilla 455, Quito Field Coordinator, George M . Kreps Indien : Dharampur Roads, Bulsar Distrikt, Gujarat State Executive Secretary, Ishwarlal L. Christachari Indonesien : Institut Theologica, Geredja Protestan Maluku, Djl. Tanah Lapan, Ketjil, Amboina Mitarbeiter, Fumitaka Matsuoka Nigerien: C. B. M . Box 626, Jos, Benue-Plateau State Field Secretary, Roger L. Ingold Schweiz: 150 route de Ferney, 1211 Genf 20 Direktor für Europa, Dale O t t
V.
ANSTALTEN
COLLEGES UND THEOLOGISCHE SCHULEN
Nord-Amerika Kalifornien La Verne College, La Verne, Kalif. 91750 Illinois Bethany Theological Seminary, O a k Brook, 111. 60521 Indiana Grace College und Seminar, Winona Lake, Ind. 46590 (Grace Brethren) Manchester College, N o . Manchester, Ind. 46962 Kansas McPherson College, McPherson, Kans. 67460 Ohio Ashland College und Seminar, Ashland, Ohio 44805 (Brethren Church) Pennsylvanien Elizabethtown College, Elizabethtown, Pa. 17022 Juniata College, Huntingdon, Pa. 16652 Virginia Bridgewater College, Bridgewater, Va. 22812 Übersee Ekuador Center of Theological Studies, Casilla 455, Quito (in Zusammenarbeit mit anderen Kirchen) Indien Gujarat United School of Theology, I. P. Mission, Ellis Bridge, Ahmedabad, Gujarat State (in Zusammenarbeit mit anderen Kirchen) Vocational Training College, Anklesvar, Broach Distrikt, Gujarat State
190
Donald F. Durnbaugh
Nigerien Kulp Bible School, Kwarhi, P. O. Box, Mubi, North East State Theological College of Northern Nigeria, Bukuru, via Jos, North East State (in Zusammenarbeit mit anderen Kirchen) Waka Teacher Training College, P. O. Box, via Yola, North East State
KRANKENHÄUSER UND ALTENHEIME
Nord-Amerika Kalifornien Hillcrest Homes, La Verne, Kalif. 91750 Long Beach Brethren Manor, Long Beach, Kalif. 90806 Florida Florida Brethren Homes, Sebring, Fla. 33870 Illinois Bethany Brethren Hospital, Chicago, 111. 60624 The Home, Girard, III. 62640 East Garfield Park Hospital, Chicago, III. 60624 Pinecrest Manor, Mt. Morris, III. 61054 Indiana Timbercrest Home, No. Manchester, Ind. 46962 Iowa Spurgeon Manor, Dallas Center, Iowa 50063 Kansas The Cedars, McPherson, Kans. 67460 Maryland Fahrney-Keedy Memorial Home, Boonsboro, Md. 2 1 7 1 3 Ohio Agape Acres, Ashland, Ohio, 44805 Brethren Home, Greenville, Ohio 45331 Good Shepherd Home, Fostoria, Ohio 44830 West View Manor, Wooster, Ohio 44691 Pennsylvanien Peter Becker Memorial Home, Harleysville, Pa. 19438 The Brethren Home, Neffsville, Pa. 17556 The Brethren Home, N e w Oxford, Pa. 17450 Brethren Home, Windber, Pa. 15963 Morrison Cove Home, Martinsburg, Pa. 16662 Tennessee John M . Reed Home, Limestone, Tenn. 37681 Virginia Brethren Home for Aging, Bridgewater, Va. 22812 Friendship Manor, Roanoke, Va. 24012
Statistiken und Anschriften
191
Übersee Indien Brethren Mission Hospital, Dahanu Road, Thana Distrikt, Maharastra State Nigerien Adamawa Provincial Leprosarium, Garkida, via Yola, N o r t h East State Garkida Hospital, Garkida, via Yola, N o r t h East State Mission Hospital, Lassa, P. O . Mubi, via Yola, N o r t h East State Puerto Rico Castaner Hospital, Castaner, Puerto Rico 00631 HILFSWERK-ZENTREN
Nord-Amerika Kalifornien Church W o r l d Service Center, Modesto, Kalif. 95352 Indiana Church W o r l d Service Center, Nappanee, Ind. 46550 Maryland Brethren Service Center, N e w Windsor, M d . 21776 Texas Church W o r l d Service Center, Houston, Texas 77021 Übersee Indien Rural Service Center, Anklesvar, Broach Distrikt, Gujarat State
VI. H I S T O R I S C H E S A M M L U N G E N U N D
ARCHIVE
Brethren Historical Library, General Offices, Church of the Brethren, Elgin, 111. 60120 Bethany Theological Seminary Library, Oak Brook, 111. 60521 Weitere, siehe Anschriften der Colleges
Kapitel i i DOKUMENTE DONALD F. DURNBAUGH
I. E I N O F F E N E R
BRIEF A N
IN DER PFALZ
DIE
PIETISTEN
(1708)
B e v o r sie ihre erste Neutaufe i m Jahre 1708 vollzogen, sandten die acht Brethren, die daran beteiligt waren, einen offenen Brief an gleichgesinnte Pietisten in der Pfalz. D e r ungenannte Verfasser beschrieb, w i e ihnen das Verlangen nach der T a u f e während des Besuches zweier „ausländischer B r ü d e r " - möglicherweise holländische Kollegianten - b e w u ß t wurde. Das Schreiben läßt die Gründe erkennen, die zur B i l d u n g der Brethren-Bewegung
führten.
„ A l l e n denen in Christus Jesus berufenen Geliebten. Freude z u v o r ! N a c h der Vorsehung Gottes in Christus Jesus d e m geliebten tue ich k u n d und offenbar den in Gott geliebten Brüdern die wunderbare Schickung Gottes, welche sich offenbart hat unter Brüdern durch deren offenbare Bekenntnis v o n der wahren Taufe, welche Jesus Christus unser Heiland laut der Schrift v o n Johann d e m Täufer i m Jordan getauft worden. W e i l aber Johannes sich g e weigert, so hat unser lieber Heiland gesagt, es gebühre sich, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. U n d nachdem er getauft w o r d e n , hat eine Stimme v o m H i m m e l gerufen: dies ist mein lieber Sohn, an d e m ich W o h l g e f a l l e n habe, den sollt ihr hören! U n d Johannes bezeugt, daß der Heilige Geist gleich einer Taube über i h m geschwebet. D a m i t ich aber das w i r i m A n f a n g e berichten: w i e w i r alle einer nach d e m andern in unterschiedenen Jahren her, w o h l einer ungefähr bei fünf Jahren, kräftig in d e m Herzen gewirket worden, ausgesprochen bei unterschiedenen Brüdern: Ihr Männer, liebe Brüder! w i r müssen getauft w e r d e n nach der Lehre Jesu Christi und der Apostel. N a c h d e m aber widersprochen worden, ist es wieder vorbei gegangen, aber nicht gar aus d e m Herzen g e n o m men. N a c h d e m unterschiedene Male durch Gelegenheit v o r Gott und meinem Gewissen wieder sagen müssen, und auch in meinem Herzen versichert gewesen bin, daß es noch geschehen w ü r d e - die andern Brüder bei z w e i Jahren her g e drungen worden, in ihrem Gewissen überzeugt, sie müssen getauft w e r d e n ; w e i l w i r aber keiner v o n d e m andern g e w u ß t und ungefähr mit zwei fremden Brüdern, welche uns besuchten, durch Gelegenheit unsere Herzen sind offenbart worden, so hat sich die Freude in uns vermehrt. U n d sind gestärkt w o r d e n in d e m Herren, nicht nachlässig zu sein, in der Furcht Gottes beisammen gegangen, und ein jedweder seinen Grund des Herzens entdeckt und offenbart. U n d weil w i r einhellig befunden, daß w i r in diesem hohen W e r k e in einem Geist w o h l übereingestimmet haben, haben w i r völlig beschlossen, unsern lieben Brüdern kund zu machen durch eine Schrift, ob sie auch in ihrem G e -
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wissen überzeugt befinden, dieses hohe Werk helfen zu bestätigen, zu Lob und Ruhm unserm Heiland Jesus Christus und dem Anfänger und Vollender des Glaubens nachzufolgen. So haben wir geloset und das Los ist auf den unwürdigsten gefallen. Wollet doch, geliebte Brüder, mit dieser einfältigen Schrift Geduld fassen, wie auch der liebe Heiland und Seligmacher mit uns allen Geduld hat, und uns in seiner Langmut traget und erhält. Habe auch die lieben Brüder erinnern wollen, das, was Christus Jesus gelehrt und getan hat, ohne Scheu und Menschenfurcht öffentlich bekennen müssen, und sich nicht schämen dürfen und darüber alles mit Freuden erdulden und leiden! Freude! Freude! über Freude! Christus wehret allem Leide, Wonne! Wonne! über Wonne, Christus ist die Gnadensonne! Was nun die Taufe anbetrifft, so ist Christus unser Vorgänger, der Erstgeborene, danach die Apostel, und viele tausend Zeugen, welche auch mit ihrem Blut bezeuget haben, daß Jesus Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist. Nun hat Jesus Christus nicht allein gelehret, sondern auch getan und befohlen, zu seinen Jüngern sprechend: gehet hin in alle Welt, und lehret alle Völker, und machet ihnen bekannt Jesum, den Sohn Gottes, daß sie an ihn glauben, daß er derselbe sei, und taufet im Namen des Vaters und des Sohnes und Heiligen Geistes, und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe (Matth. 28). Liebe Brüder! Was ist nun wohl besser, als gehorsam sein und dem Herren Jesu Christo, dem König aller Ehren, seine Gebote nicht verachten, sondern, die wir ausgegangen sind von allen Sekten um der mißbräuchlichen Dinge willen (wegen Kindertaufe und Abendmahl und Kirchenwesen) und einhellig bekennen, daß es gar nicht nach der Lehre Jesu Christi ist, sondern nach Menschen Satzungen und Geboten (und darum taufen wir unsere Kinder nicht und bezeugen, daß wir auch nicht getauft sind), sollen wir aber unseres Taufbundes uns erinnern und bekennen zugleich, daß es Menschen Gebot und Lehre ist, und nach den Satzungen der Welt eingerichtet und nicht einfältig nach der Lehre Jesu Christ. O ! in dem Herrn geliebte Brüder, wir können nicht bestehen dermaleins, wenn der Hausherr kommen wird und den Gehorsam von uns fordert, welchen er uns zu leisten befohlen hat, und wir sind unnütze Knechte gewesen, so wir doch des lieben Herrn Willen erkannt, bekannt und bewußt haben. O ! es ist noch heute Zeit, geliebte Brüder, ehe die Sonne der Gerechtigkeit untergehe und die Zeit anbreche, davon Jesus sagt, daß dann niemand wirken kann. Wäre es nicht hoch nötig, daß wir dem Sohne Gottes entgegen gingen, auf des Herren Wege und ihn küßten, ehe sein Zorn entbrennet? Geliebte Brüder! W i r können ja nicht irren, denn er, der W e g , die Wahrheit und das ewige Leben, gehet vor uns her, und hat seine Lehre, nämlich Jesus Christus, mit seinem Blute versiegelt. Es sind ihm auch seine Jünger treulich nachgefolget, und mit ihrem Blut versiegelt. Es gibt uns der heilige Johannes in seinem andern Briefe treulich zu verstehen, daß viele Verführer in die Welt gekommen, und gibt uns dabei ein Kennzeichen, daß wer nicht in der Lehre Christi bleibe, der habe keinen Gott. W e r aber in der Lehre Jesu Christi bleibet, der habe beide, den Vater und den Sohn. Wenn wir bedenken die ewige Vorsehung Gottes, wie die Lehre Jesu Christi nach dem Buchstaben dennoch so klar
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stehet, ist das nicht allein zu betrachten ein großes Wunder, wie der große Gott Vorsorge hat über uns, daß wir einen sicheren Wegweiser haben und in der Finsternis uns immer das Licht aufgehet. Gott sei ewig gelobet und gepriesen für seine Güte, Gnade und Barmherzigkeit, die er uns noch in dieser Stunde erzeiget. In der Apostelgeschichte am zweiten stehet: als viel Volk durch die Predigt Petri überzeuget worden, daß sie sprachen: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun? da sprach Petrus zu ihnen: tut Buße und lasse sich ein jeglicher taufen auf den Namen Jesu Christi, und saget noch dazu: denn euer und eurer Kinder ist die Verheißung und aller derer, die noch ferne sind, welche unser Herr herzuberufen wird. Nun sind die Apostel einfältig gehorsam blieben und haben nicht darauf gesehen, ob der Heilige Geist vor oder nach der Taufe auf die Menschen gekommen, sondern sind fest geblieben bei dem Befehl ihres Meisters und haben getauft, welche sich bußfertig erzeigt haben. Dieses, geliebte Brüder, braucht nicht viel, zu beweisen, sondern das ganze Neue Testament ist voll davon. Daß es aber keine geringe, schlechte Sache ist, ist leicht zu erachten. Daß man, wie bekannt, alle unordentlichen offenbaren Menschen, wo man nur was von weiß, ohne wahre Reue und Buße kann annehmen zur Taufe, kann unmöglich sein. Es gibt auch eine genaue Verbindung und brüderliche Bestrafung nach der Lehre Jesu Christi und der Apostel, und so einer nach treuer Ermahnung sich nicht bessert, ihn von sich tut und nicht mehr mit kann umgehen als mit einem Bruder. W i r sind herzlich versichert, daß unser Herr Jesus Christus damalen Macht und Gewalt gegeben ist, im Himmel und auf Erden, und unser Anfänger ist - wird das wohl wissen auszuführen, wird auch wohl wissen, herbei zu bringen einen und den andern, dem er Weisheit und Verstand anvertrauen wird, daß die Wege des Herrn ordentlich gebahnet werden, ohne Anstoß und Ärgernis den gottliebendenBrüdern und Schwestern. Der Welt aber ist Christus und seine Jünger ein Anstoß und Fels der Ärgernis, die sich stoßen an das Wort, darauf sie gesetzt sind. Liebe Brüder, es wird zwar nicht viel Beweis mehr dürfen, weil einem jedweden, der von Gott ist, die Salbung alles lehren wird, und die große Wichtigkeit der Taufe wohl begreifen, wie Paulus schreibt (Rom. 6): Wisset ihr nicht alle, die wir in Jesum getauft sind, die sind in seinen Tod getauft, so sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, daß gleichwie Christus ist auferweckt worden von den Toten, durch die Herrlichkeit des Vaters, also sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln. Dieses ist dann der Bund eines guten Gewissens mit Gott, wie Petrus schreibt (i. Petr. 3, 21), und gibt dabei ganz klar, wie daß die große Wasserflut die erste Welt gereiniget, so habe sie bedeutet die Taufe, daß also hinfür alle alte übrige Sünd und Unreinigkeiten sollen durch die Taufe hinweg geschwemmet werden! Denn so wie äußerlich der Mensch gereiniget wird durchs Wasser, so wird der innere Mensch gereinigt durchs Blut Jesu Christi im Glauben, und der Heilige Geist gibt sein Zeugnis dazu. Dieses sind die drei Zeugen auf Erden, wovon der heilige Johannes sagt (1, 7). Ich bin sehr versichert, daß davon geliebten Brüdern der heiligen Worte mehr bekannt seien als mir von Jesus Christus seiner Lehr, Tun, Leben und Wandel, und ihre Herzen werden wohl kräftig mit uns überzeugt sein, daß, wenn ein
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Engel vom Himmel käme lind uns anders würde verkündigen, wir es nicht sollen annehmen. Ich zweifle nicht, so so jemand aus Gott gegründet, ohne Verlustigung seiner Seligkeit diese Ordnung brechen könnte und es nicht für nötig hielte, oder einen eigenen Wahn nach seiner Gefälligkeit machen wollte und nicht so tun, wie unser Herr Jesus Christus getan hätte. So nun Christus, unser Haupt und Pfleger, sich ins Wasser herab gelassen hat, so müssen notwendig die Glieder mit eingetaucht werden. Im übrigen schreiben wir nicht einen Punkt aus der Lehre Christi und der Apostel, nach eines jeden Gewissens Freiheit, es sei denn, daß es uns Gott zu erkennen gebe, wo etwa Vorwitz sollte getrieben werden im Schein des Guten, einfältig arbeiten, und im stillen Wesen sein eigen Brot essen nach der Lehre des heiligen Apostels Paul. So aber Gott einem Bruder andere Arbeit aufleget, welche wohl schwerer sein mag als äußere Arbeit, daß ein jeder sein Werk in der Furcht des Herrn warte, dazu ihn Gott berufen hat. Denn so ich es gerade haben will, wie ich bin, ist sehr betrüglich, denn ein jedweder, darinnen er berufen ist, darinnen wandele er. So dann nun (so eine brüderliche Einigkeit nach Christi und der Apostel Lehre) einige Brüder mehr hierinnen mit uns wollen dieses hohe Werk - Taufe - antreten, so tun wir zuwissen nach unserer Einfalt, daß wir beisammen im Gebet und Fasten vor Gott anhalten und durch Wählung, wie es uns Gott zu erkennen wird geben, welchen der Herr dazu wird stellen, zu taufen. Und so wir dann in des Herrn Jesu seinen Fußstapfen anfangen, nach seinem Befehl zu wandeln, so können wir auch Abendmahl nach dem Befehl Christi und seiner Apostel miteinander halten in der Furcht des Herrn. Nun wünschen wir von Grund unsrer Herzen Gnade, Friede und Liebe allen Brüdern von Gott unserm Vater in Jesus Christus, seinem geliebten Sohne, durch den Heiligen Geist. Der dreieinige Gott wolle seine ewige Wahrheit in unsem Herzen versiegeln, bekräftigen, gründen und stärken, daß wir dasjenige alles, was durch Gott geboten ist, hochhalten und nichts aus unserem Herzen kommen lassen, sondern daran gedenken, davon reden und auch unsern Kindern davon sagen, daß sie auch lernen halten die Befehle und Zeugnisse Gottes. Ja, der Herr unserer Väter Gott, der Gott Abrahams sei gelobt, der Gott Isaacs, der Gott Jakobs, sei hoch erhoben und sein Name ist herrlich bis an der Welt Ende. Amen 1 ." II. B I T T S C H R E I B E N A N D I E P E N N S Y L V A N I S C H E V E R S A M M L U N G (1775) Die Friedenskirchen in Pennsylvanien befanden sich im Jahr 1775 unter starkem Druck, sich dem militärischen Aufstand gegen England anzuschließen. Am 27. Oktober 1775 unterbreitete die religiöse Gesellschaft der Freude (Quäker) der gesetzgebenden Versammlung ein Schreiben, in dem sie sich erneut zu ihrer Friedenshaltung bekannten. Im folgenden Monat überreichten Brethren und Mennoniten eine gemeinsame Bittschrift in derselben Sache.
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„Kurze und Aufrichtige Erklärung. Unserer ehrwürdigen Versammlung und allen anderen in hohen oder niedrigen Ämtern der Regierung, und allen Freunden und Einwohnern dieses Landes, so dieses lesen sollten, seien sie nun Englische oder Deutsche. Fürs erste erklären wir unsere Schuldigkeit gegenüber dem Allerhöchsten Gott, dem Schöpfer Himmels und der Erden, dem einzigen guten Wesen, um ihm zu danken für seine übergroße Güte und mannigfache Gnade und Liebe durch unsern Heiland Jesus Christus, der gekommen ist, die Seelen der Menschen zu retten und der da hat alle Macht im Himmel und auf Erden. Weiters finden wir uns schuldig und dankbar gegenüber unserer vorherigen werten Versammlung in dem, daß sie in diesen beschwerlichen Zeiten so guten Rat erteilt haben für Menschen aller Stände in Pennsylvanien. Insbesondere dafür, daß sie jenen, die sich durch die Lehren unsres Heilandes Jesus Christus in ihren Gewissen überzeugt befinden, ihre Feinde zu lieben um dem Bösen nicht zu widerstehen, erlaubt haben, Gewissensfreiheit zu geniessen. W o f ü r wir, wie auch für all das Gute, das wir unter ihrer Fürsorge genossen haben, dieser werten Versammlung herzlich danken sowie allen jenen in hohen und niederen Ämtern, die diesen friedensvollen W e g befürwortet haben. W i r hoffen und vertrauen darauf, daß sie und alle diejenigen, denen in dieser bisher so gesegneten Provinz Macht gegeben ist, durch denselben Geist der Gnade bewegt würden, der dem ursprünglichen Begründer dieser Provinz, unserem werten verstorbenen Landesherrn Wilhelm Penn innewohnte, Gewissensfreiheit zu gewähren, damit sie an dem großen und denkwürdigen Tag des Gerichts zur rechten Hand jenes gerechten Richters gestellt werden mögen, der ohne Ansehen der Person richtet, und daß sie von ihm die gesegneten Worte hören mögen: Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch bereitet ist... was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan. Zu welchen letzteren (nämlich den geringsten von Christi Brüdern) wir durch Seine Gnade zu gehören hoffen. Jedwelche Milde und Nachsicht gegenüber Nachfolgern dieses unseres gesegneten Heilands, die, wenngleich sie auch schwach sind, eine solche Gewissenshaltung innehaben, wird von Ihm an jenem großen Tage nicht vergessen sein. Den Rat an jene, denen ihr Gewissen nicht erlaubt, zu den Waffen zu greifen, Hilfe zu leisten jenen, die in N o t und Bedrängnis sind, werden wir freudig befolgen gegenüber allen, gleich welchen Standes. Dies umso mehr als es unser Grundsatz ist, die Hungrigen zu speisen und die Durstigen zu laben. W i r haben uns verpflichtet, allen Menschen in allem beizustehen, das dazu beiträgt, Menschenleben zu erhalten, doch geht unsere Freiheit nicht dahin, Abgaben zu zahlen, etwas zu tun oder dabei zu helfen, wodurch Menschenleben zerstört oder verletzt werden. W i r erbitten die Nachsicht aller, nach deren Meinung wir hierin irren. Im Gehorsam zu Christi Befehl an Petrus sind wir allzeit bereit, Abgaben zu zahlen, auf daß wir keinem Anstoß geben. So sind wir auch gewillt, Steuern zu zahlen und dem Kaiser zugeben, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist, obwohl wir uns zu schwach dünken, u m Gott die rechte Ehre zu geben, der voll Geist und Leben ist und wir bloß Staub und Asche.
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W i r sind auch gewillt, uns der Obrigkeit zu unterwerfen und Abgaben zu zahlen, wie uns Paulus ermahnt: Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst, sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe über den, der Böses tut. Dieses Zeugnis bringen wir vor unsere ehrenwerte Versammlung und alle übrigen Regierenden indem wir ihnen kund und wissen tun, daß wir im obigen Sinne dankbar sind und daß uns unser Gewissen nicht die Freiheit gibt, zu den Waffen zu greifen, um unsere Feinde zu besiegen. Vielmehr sollen wir zu Gott, der Macht hat im Himmel und auf Erden, für uns und sie beten. Es verlangt uns auch nach der Nachsicht aller Einwohner dieses Landes; was sie in der Lehre unseres gesegneten Jesus Christus klarer zu erkennen vermeinen, wollen wir ihnen und Gott überlassen, indem wir uns als sehr arm bekennen. Denn Glauben soll aus dem Wort Gottes kommen, welches Leben und Geist ist und eine Kraft von Gott, und unser Gewissen soll durch dasselbe gelenkt werden. Deshalb erbitten wir Nachsicht. Die kleine Gabe, die wir gebracht haben, geben wir jenen, die Macht über uns haben, damit wir sie nicht beleidigen, wie es uns von Christus durch den Zinspfennig gelehrt wurde. Es ist unser inständiges Gebet, daß Gott in den Herzen derer regiere, die uns regieren, seien sie nun hoch oder niedrig, auf daß sie all das Gute bedenken, das zu unserer und ihrer Glückseligkeit führt. Die obige Erklärung, unterzeichnet von einer Anzahl Ältester und Lehrer aus der Gesellschaft der Mennoniten und von einigen der deutschen Baptisten und der ehrenwerten Versammlung am 7. November 1775 unterbreitet, wurde sehr gnädig aufgenommen2."
III. D I E G O S H E N E R E R K L Ä R U N G K R I E G S F R A G E (1918)
ZUR
Im Januar 1918 wurde eine besondere Tagung der „Kirche der Brüder" in Goshen, Indiana, abgehalten, um eine Erklärung über eine angemessene Stellungnahme der Kirchenmitglieder zum Ersten Weltkrieg abzufassen. Der erste Teil enthielt ein Schreiben an führende Regierungsmitglieder der Vereinigten Staaten. Der zweite - hier aufs Neue veröffentlicht - enthielt eine biblische und theologische Abhandlung über das Thema des Krieges. Der dritte Teil war ein Vorschlag für eine Organisation, durch die das Friedensanliegen der Kirche wahrgenommen werden könnte. „Erklärung der Sondertagung der Kirche der Brüder an die Gemeinden und die zum Wehrdienst einberufenen Brüder. Inmitten der Verwirrung, die gegenwärtig auf der Erde herrscht und angesichts der starken Überzeugungskraft der Umstände des jetzigen Krieges und der B e rufung auf Vernunft und menschliche Urteilskraft in bezug auf Gerechtigkeit und Freiheit, sind wir uns der schwierigen Lage wohl bewußt, in die Menschen geraten, wenn sie sich zu einer Stellung und einem Weg entscheiden. Trotz alledem muß uns aber bewußt sein, daß die höchste Vollmacht und Entscheidung nicht in unserem Gefühl oder unserer Beliebtheit zu finden ist, auch nicht
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in der Überzeugungskraft anderer oder unseren eigenen Überlegungen, sondern i m Neuen Testament, das wir f ü r unser Glaubensbekenntnis halten - der Offenbarung des Willens Gottes, einer Richtschnur f ü r menschliches Verhalten im Ethischen w i e im Religiösen. Daher erklären die Teilnehmer dieser Tagung, daß die Kirche der Brüder weiterhin ihren Grundsatz der Gewaltlosigkeit vertreten wird, w i e sie es seit ihrer Gründung im Jahre 1708 getan hat. I. W i r halten dafür, daß Krieg oder jegliche Teilnahme daran unrecht und völlig unvereinbar ist mit dem Geist, Vorbild und den Lehren Jesu Christi; II. Daß uns unser Gewissen nicht erlaubt, irgendwelche Aufgaben durchzuführen oder einen Dienst auszuüben, wodurch Menschenleben zerstört werden. Der Grund unseres Glaubens I. Das Alte Testament wurde in Christus erfüllt, ist daher nicht Richtschnur für den Christen. „Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen" (Matth. 5, 17). „ D e n n Christus ist des Gesetzes Ende; w e r an den glaubt, der ist gerecht" (Rom. 1 , 4). „ A l s o ist das Gesetz unser (der Juden) Zuchtmeister gewesen auf Christum, daß w i r durch den Glauben gerecht würden. N u n aber der Glaube gekommen ist, sind w i r nicht mehr unter dem Zuchtmeister" (Gal. 3, 24, 25). „ D e n n er (Christus) ist unser Friede, der aus beiden eines hat gemacht und hat abgebrochen den Zaun, der dazwischen war, indem er durch sein Fleisch w e g nahm die Feindschaft, nämlich das Gesetz, so in Geboten gestellt war, auf daß er aus zweien einen neuen Menschen in ihm selber schüfe und Frieden machte" (Eph. 2, 14, 15). „ N a c h d e m vorzeiten Gott manchmal und mancherleiweise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er a m letzten in diesen Tagen zu uns geredet durch den Sohn, welchen er gesetzt hat zum Erben über alles, durch welchen er auch die Welt gemacht h a t " (Heb. 1 , 1 , 2). II. Einige Lehren des Neuen Testaments, Richtschnur für christlichen Lebenswandel. 1. Christen sind Diener Christi. „ W e r aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein" (Rom. 8, 9). „ E i n jeglicher sei gesinnt, w i e Jesus Christus auch w a r " (Phil. 2, 5). 2. Liebe ist die bewegende K r a f t im Leben des Christen. „Daran haben w i r erkannt die Liebe, daß er sein Leben f ü r uns gelassen hat; und w i r sollen auch das Leben für die Brüder lassen" (1. Joh. 3, 16). „Ihr habt gehört, daß gesagt ist: , D u sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.' Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen; tut w o h l denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters i m H i m m e l " (Matth. 5, 43-45). „ A b e r ich sage euch, die ihr zuhöret: Liebet eure Feinde; tut denen wohl, die euch hassen; segnet die, so euch beleidigen. U n d w e r dich schlägt auf einen Backen, dem biete den andern auch d a r ; . . . U n d w i e ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, also tut ihnen gleich auch ihr. U n d so ihr liebet, die euch lieben, was für Dank habt ihr davon ? Denn die Sünder lieben auch ihre Liebhaber. U n d wenn ihr euren Wohltätern w o h l -
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tut, was für Dank habt ihr davon? Denn die Sünder tun das auch... Vielmehr liebet eure Feinde; tut wohl ... so wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Rinder des Allerhöchsten sein" (Luk. 6, 27-35). 3. Menschenleben ist heilig. „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: ,Du sollst nicht töten; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein.' Ich aber sage euch: W e r mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Rache! der ist des Rats schuldig" (Matth. 5, 21-22). 4. Körperlicher Widerstand und Rache sind unvereinbar mit christlichem Lebenswandel. „Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: ,Auge um Auge, Zahn um Zahn.' Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel; sondern, so dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den andern auch dar" (Matth. 5, 38-39). „Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Fleißiget euch der Ehrbarkeit gegen jedermann. Ist es möglich, soviel an euch ist, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächet euch selber nicht, meine Liebsten, sondern gebet Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: ,Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.' So nun deinen Feind hungert, so speise ihn; dürstet ihn, so tränke ihn. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln. Laß dich nicht das Böse überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem" (Rom. 12, 17-21). „Da sprach Jesus zu ihm: Stecke dein Schwert an seinen Ort! denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen" (Matth. 26, 52). „Jesus antwortete (Pilatus): Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen, daß ich den Juden nicht überantwortet würde; aber nun ist mein Reich nicht von dannen" (Joh. 18,36). „Denn ob wir wohl im Fleisch wandeln, so streiten wir doch nicht fleischlicherweise. Denn die Waffen unsrer Ritterschaft sind nicht fleischlich, sondern mächtig vor Gott, zu zerstören Befestigungen" (2. Kor. 10, 3-4). 5. Leiden um der Gerechtigkeit willen ist eines Christen Pflicht und Vorrecht. „Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles wider euch, so sie daran lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel wohl belohnt werden. Denn also haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind" (Matth. 5,11-12). „Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die W ö l f e ; darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Hütet euch aber vor den Menschen; denn sie werden euch überantworten vor ihre Rathäuser und werden euch geißeln in ihren Schulen. Und man wird euch vor Fürsten und Könige führen um meinetwillen, zum Zeugnis über sie und über die Heiden. Wenn sie euch nun überantworten werden, so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollt;... Denn ihr seid es nicht, die da reden, sondern eures Vaters Geist ist es, der durch euch redet" (Matth. 10, 16-20). „Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum haßt euch die W e l t " (Joh. 15, 19). „Gedenket aber an die vorigen Tage, in welchen ihr, nachdem ihr erleuchtet wäret, erduldet habt einen großen Kampf des Leidens und zum Teil selbst durch Schmach und
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Trübsal ein Schauspiel wurdet, zum Teil Gemeinschaft hattet mit denen, welchen es also geht. Denn ihr habt mit den Gebundenen Mitleiden gehabt und den Raub eurer Güter mit Freuden erduldet, als die ihr wisset, daß ihr bei euch selbst eine bessere und bleibende Habe im Himmel habt. Werfet euer Vertrauen nicht weg, welches eine große Belohnung hat. Geduld aber ist euch not, auf daß ihr den Willen Gottes tut und die Verheißung empfanget" (Heb. 10, 32-36). 6. Die Rede Johannes des Täufers zu den Soldaten (Luk. 3, 14) und die Anweisung des Herrn, daß die Jünger ihre Kleider veräußern und Schwerter kaufen sollten und seine abschließende Bemerkung, daß zwei Schwerter genug seien sind bei genauerer Untersuchimg des Wortlautes und des Zusammenhangs gegen kriegerischen Kampf als dafür. III. Das Vorbild des Herrn
„Sintemal auch Christus gelitten hat für uns und uns ein Vorbild gelassen, daß ihr sollt nachfolgen seinen Fußstapfen; welcher keine Sünde getan hat, ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden; welcher nicht wiederschalt, da er gescholten ward, nicht drohte, da er litt, er stellte es aber dem heim, der da recht richtet; welcher unsre Sünden selbst hinaufgetragen hat an seinem Leibe auf das Holz, auf daß wir, der Sünde abgestorben, der Gerechtigkeit leben; durch welches Wunden ihr seid heil geworden" (7. Petr. 2, 27-27). „Die Kriegsknechte aber führten ihn hinein in das Richthaus und riefen zusammen die ganze Schar und zogen ihm einen Purpur an, und flochten eine dornene Krone und setzten sie ihm auf, und fingen an, ihn zu grüßen: Gegrüßet seist du, der Juden König! Und schlugen ihm das Haupt mit dem Rohr und verspeiten ihn und fielen auf die Kniee und beteten ihn an. Und da sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Purpur aus und zogen ihm seine eigenen Kleider an und führten ihn aus, daß sie in kreuzigten" (Mark. 15, 16-20, und bis ans Ende des Kapitels). „ U n d als sie kamen an die Stätte, die da heißt Schädelstätte, kreuzigten sie ihn daselbst und die Übeltäter mit ihm, einen zur Rechten und einen zur Linken. Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!" (Luk. 23, 33-34 ,und bis ans Ende des Kapitels). IV. Lehren und Vorbild der apostolinischen
Kirche
Die apostolische Gemeinde und die ersten Kirchenväter erduldeten ohne körperlichen Widerstand die Verfolgungen der Juden und Heiden und hörten nicht auf, zu lehren und getreu den Grundsätzen des Friedens zu folgen. Die Stellung der Kirche gegenüber der Obrigkeit
I. W i r sind loyale Staatsbürger dieser großen Nation, die seit je unsere religiöse Freiheit verbürgt und unseren Besitz und die Unsern beschützt hat. II. Unsere Stellung gegenüber staatlichen Obrigkeiten und Regierenden sollte genau berücksichtigt werden. W i r haben gelernt, daß Obrigkeiten von Gott eingesetzt sind und daß die, die regieren, Diener Gottes sind. Als solchen sollen wir uns ihnen unterwerfen (Rom. 13, 1-7). W i r sind dazu angehalten, für alle, die über uns regieren oder Macht haben, zu beten (1. Tim. 2, 1-2). Das W o r t und die Autorität Gottes müssen jedoch die endgültige und größte
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Gewalt über alle sein. Wenn die Forderungen von Menschen und Obrigkeiten nicht mit dem W o r t Gottes übereinstimmen, dann sind wir ohne Rücksicht auf die Folgen an das letztere gebunden. „Richtet ihr (Vertreter der Obrigkeit) selbst, ob es vor Gott recht sei, daß wir euch mehr gehorchen denn G o t t " (Apg. 4,19). „Petrus aber antwortete und die Apostel und sprachen: Man muß Gott mehr gehorchen denn den Menschen" (Apg. 5, 29). Deshalb fordern wir dringend dazu auf, Erstens, daß unsere Gemeinden unaufhörlich für die beten, die unsere Nation regieren, damit sich unser Land wieder des Friedens erfreuen möge und daß Blutvergießen und Zerstörung zu Ende gebracht würden. Zweitens, daß sie großzügig zur Linderung der Leiden unter den Menschen beitragen mögen, sowohl durch Einsatz von Menschen als Geldmitteln. Drittens, daß sie ihre Dankbarkeit zu Gott für ihre bevorzugte Stellung und Verschonung vor der Zerstörung durch Krieg dadurch bezeugen, indem sie freizügig aus ihren Mitteln beisteuern zu solchen konstruktiven Hilfswerken wie dem Roten Kreuz, dem C V J M , dem Quäker Hilfsdienst und unserem eigenen Hilfskomitee. Viertens. W i r fordern unsere Leute dringendst auf, sich in dieser Weltkrise aufs Äußerste einzusetzen, indem sie mit ihren Händen schaffen, ihre Felder, Gärten und leerstehendes Land bebauen, indem sie nur solche Bodenfrüchte anbauen, die für das Leben wirklich notwendig sind; auch daß sie mit Kleidung und Nahrungsmitteln sparsamst umgehen, sowie mit allen Vorräten, die auf irgendeine Art der Herstellung und dem Versand von Lebensmitteln, Bekleidung und Heizstoff dienen, damit die leidende und hungernde Menschheit bekleidet, erwärmt und ernährt werde. Aufruf zu größerer Anstrengung in Gemeinde- und Missionsarbeit Die gegenwärtige Krise hat den Opferwillen aller Bevölkerungsschichten zum Besten der leidenden Menschheit geweckt. Der Geist der Opferbereitschaft ist unter uns. Unsere Jugend verlangt nach einem Einsatz, der den Opfern anderer entspricht, aber sie müssen es für eine gerechte Sache tun. W i r mahnen dringend dazu, daß die gerechte Sache des Reiches Gottes ihnen so oft und anhaltend vor Augen geführt wird, daß sie sich ihrem Dienst verschreiben. Unsere Jugend soll einsehen lernen, daß es ohne Christentum keinen bleibenden Frieden geben kann und daß das Christentum ohne das heldenhafte, aufopfernde Werk der Mission nicht Wirklichkeit werden kann. Die Welt ist kein sicherer Ort für Demokratie, bis sie es für die Wahrheit ist. Der größte Dienst, den wir der Menschheit leisten können, ist, das Reich Gottes einzubringen. Alle aufgestauten Kräfte der Kirche können hierin auf dem Gebiet der religiösen Erziehung ihren Ausdruck finden, was alle Bereiche christlicher A r beit einschließt. W i r brauchen mehr Pastoren, und die Gemeinden sollten geeignete Brüder zu diesem Werk erwählen und ermutigen. Die Sonntagsschulen haben eine große Aufgabe darin, das wahre Evangelium in die Herzen der Menschen zu pflanzen, besonders in diesem Zeitalter des Materialismus, der Skepsis und des Blut-
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vergießens. W i r mahnen dringend, besondere Bemühungen dahin zu richten, daß sich Freiwillige für unser Missionswerk finden. So w i e andere ihre Söhne hergeben, damit sie in die Schützengräben ziehen, so sollten w i r unsere gehen lassen u m der Errettung der W e l t willen. W e n n sich der Geist der Opferbereitschaft überall bemerkbar macht, dann ist die Zeit reif, die Jugend in den heiligen Dienst der Mission zu ziehen, w o sie ihr Leben als lebendiges O p f e r für jene W e r t e bringen können, welche bleiben. W i r legen es der gesamten Kirche dringend nahe, die Geldspenden für die Sache der Mission zu erhöhen. M e h r g e w i n n als Folge des Krieges sollte zur Förderung des Reiches Gottes abgegeben werden, w o b e i das Missionswerk der wichtigste Teil ist. W i r halten mit D r . [John R.] M o t t und Sherwood Eddy dafür, daß, solange diese Weltkrise anhält, niemand .Schätze auf Erden ansammeln' solle, sondern so viel er kann zur Rettung der W e l t beisteuern. Das Evangelium Jesu Christi ist der Ursprung und Grund aller unserer S e g nungen und die einzige Hoffnung für bleibenden Frieden. Laßt uns daher unser Leben und V e r m ö g e n dazu beitragen, sein Evangelium in der Nähe und in der Ferne zu verkündigen. Andere Richtlinien W i r haben ein Gesuch an die Regierung gerichtet, daß unsere eingezogenen Brüder bei solchen gewerblichen, waffenlosen Diensten eingesetzt werden mögen, die auf eine konstruktive Weise die Bedürfnisse, Gesundheit und das W o h l der hungernden und leidenden Menschheit dies- und jenseits der Grenzen fördern. Weiters ermahnen w i r unsere Brüder, sich zu keinem Dienst zu melden, der in irgendeiner W e i s e unsere althergebrachte Stellung z u m Krieg gefährden könnte; sie sollen auch davon abstehen, U n i f o r m zu tragen. Die Grundsätze der Kirche verbieten militärische Übungen, das Erlernen der Kunst oder Künste der K r i e g führung oder jegliche Handlung, durch die Menschenleben oder Besitz zerstört wird. W i r loben die Brüder in den Lagern, die fest blieben und nicht an den Kriegskünsten teilnahmen. W i r wollen dem Gewissen jener Brüder nicht i m W e g e stehen, die in manchen Lagern Arbeiten gefunden haben, die sie in gutem G e wissen verrichten können, dennoch mahnen w i r sie dringend, nur solche A r beiten zu tun, die nicht der Zerstörung dienen." 3 IV. DIE N E U D U R C H G E S E H E N E GLAUBENSERKLÄRUNG
BRETHREN
(„BRETHREN'S
CARD")
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Z u A n f a n g des 20. Jahrhunderts wurde v o m Traktat-Ausschuß eine kurze Z u sammenstellung
der Brethren-Glaubenssätze
herausgegeben
und
verbreitet.
1922/23 w u r d e diese Erklärung auf Ersuchen der Delegierten bei der Jahreskonferenz neu durchgesehen und zur Verbreitung freigegeben mit dem V e r ständnis, daß es nicht als Glaubensbekenntnis gelten solle. „ D i e Kirche der Brüder Vormals Dunkers
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1. Diese Gemeinschaft von Christen entstand im frühen 18. Jahrhundert als natürliches Ereignis der pietistischen Bewegung nach der Reformation. 2. Sie glaubt fest daran und lehrt die grundlegenden evangelischen Lehren der Inspiration der Bibel, der Persönlichkeit des Heiligen Geistes, der unbefleckten Empfängnis, der Göttlichkeit Christi, die sündenvergebende Kraft seiner Versöhnung, seine Auferstehung, Himmelfahrt und sichtbare Wiederkunft und die Auferstehung der Gerechten wie der Ungerechten (Joh. 5, 28-29; i- Thess. 4, 13-18). 3. Sie pflegt die folgenden neutestamentlichen Ordnungen: Taufe bußfertiger Gläubiger durch dreimaliges Untertauchen zur Vergebung der Sünden (Matth. 28, 19; Apg. 2, 38); Fußwaschung (Joh. 13, 1-20; 1. Tim. 5, 10); Liebesmahl (Luk. 22, 20; Joh. 13, 4; 1. Kor. 11, 17-34; Judas 12); Abendmahl (Matth. 26, 26-30); den christlichen Gruß (Rom. 16, 16; Apg. 20, 37); angemessenes Äußeres im Gottesdienst (1. Kor. 11, 2-16); Krankenölung zur Heilung im Namen des Herrn (Jak. 5,13-18; Mark. 6,13); Auflegen der Hände (Apg. 8 , 1 7 ; 19, 6; 1. Tim. 4, 14). Diese Ordnungen versinnbildlichen geistliche Werte, die den Leben wahrer Gläubiger innewohnen, und tragen als solche wesentlich zur Entwicklung des christlichen Lebenswandels bei. 4. Sie legt Wert auf tägliche Andacht des einzelnen und Familienandachten im Heim (Eph. 6,18-20; Phil. 4, 8-9); Haushalterschaft von Zeit, Begabungen und Geldmitteln (Matth. 25, 14-30); Fürsorge für Waisen, Witwen ,Arme, Kranke und Alte (Apg. 6, 1-7). 5. Auf Grund der Schrift steht sie in Gegensatz zu: Krieg und Zerstörung von Menschenleben (Matth. 5, 21-26, 43, 44; Rom. 12, 19-21; Jes. 53, 7-12); Anwendung von Gewalt bei persönlichen oder gewerkschaftlichen Auseinandersetzungen (Matth. 7, 12; Rom. 13, 8-10); Maßlosigkeit in allen Dingen (Titus 2,2; Gal. 5, 19-26; Eph. 5, 18); Einleiten von Gerichtsverfahren, besonders gegen unsere christlichen Brüder (1. Kor. 6, 1-9); Ehescheidung und Wiederverheirat mit Ausnahme des einzigen biblischen Grundes (Matth. 19, 9); Eidesleistung jeglicher Art (Matth. 5, 33-37; Jak. 5, 12); Mitgliedschaft in eidlich verpflichtenden Geheimgesellschaften (2. Kor. 6, 14-18); Glücksspiele und sündhafte Vergnügungen (1. Thess. 5, 22; 1. Petr. 2, 1 1 ; Rom. 12, 17); verschwenderische und unzüchtige Kleidung (1. Tim. 2, 8-10; 1. Petr. 3, 1-6). 6. In Gehorsam gegenüber dem Missionsbefehl strebt sie ernsthaft nach der Verkündigung des Evangeliums in aller Welt, der Bekehrung der Menschen zu Jesus Christus und der Nachfolge des Lebens Jesu Christi in jedem Gläubigen (Matth. 28, 18-20; Mark. 16, 15-16; 2. Kor. 3, 18). 7. Sie erkennt das Neue Testament als ihr einziges Glaubensbekenntnis an, und in Ubereinstimmimg damit wurde die obige kurze Erklärung ihrer Glaubenssätze gemacht." 4
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V. E R K L Ä R U N G ZIELSETZUNG
VON
GRUNDSÄTZEN
UND
FÜR KONFERENZDELEGIERTE
(1946)
Die Neuordnung der Kirchenverfassung, die 1946/47 durchgeführt w u r d e , befindet sich ein Abschnitt „Erklärung der Grundsätze und Zielsetzung". Mitglieder des Stehenden Ausschusses der Jahreskonferenz und Konferenzdelegierte werden aufgefordert, dieselben anzuerkennen. Sie k o m m e n daher dem Charakter eines Glaubensbekenntnisses der „Kirche der Brüder" am nächsten. „ 1 . Ich bekenne erneut meinen Glauben an und dankbare Anerkennung Jesus Christus, ,des eingeborenen Sohnes Gottes', als meinen persönlichen Heiland und Erlöser; an die Bibel als Gottes unfehlbares W o r t der Wahrheit und das N e u e Testament als die höchste Richtschnur des Glaubens und Lebens der Menschheit (Jo. 1, 14; 3, 16-36; 12, 47-49; Luk. 21, 33; A p g . 10, 43; 2. T i m . 3, 16). 2. Ich strebe ernstlich danach, in Unterwerfung unter Gottes heiligen Geist mein Leben zu jeder Zeit in Zielsetzung und Ausübung zu einem wahrhaften Ausdruck der Lehren Jesu und seiner Apostel zu machen (1. K o r . 10, 3 1 - 3 3 ; R o m . 12, 1-2). 3. Ich gelobe, meine Treue, mein Leben und meinen Einfluß in den Dienst der Kirche der Brüder und ihrer Lehren und Ordnungen zu stellen, w i e sie durch die Heilige Schrift gelehrt und v o n der Vollversammlung der Kirche gedeutet werden (1. Petr. 1, 1 3 - 1 6 ; 3, 3-4; Jak. 5, 12; Luk. 3, 14; 1. K o r . 6, 1 - 8 ; Joh. 18, 20; 1. Petr. 5, 1 3 - 1 4 ; Joh. 13; x. K o r . 11, 1 - 2 1 ) . 4. Als Delegierte(r) zu der oben genannten Versammlung gelobe ich, aufgeschlossen und lernfreudig alle vorgebrachten Angelegenheiten im Gebet z u erwägen und durch W o r t und Stimmabgabe in gutem Glauben z u m Besten der Kirche zu handeln, damit sie weiterhin ,der Pfeiler und Grundstock der Wahrheit' sein m ö g e (1. Thess. 5, 17; R o m . 14, 22-23)." 6
VI. EINE B O T S C H F T
AN
CHRISTLICHE
IN ALLER W E L T
BRÜDER
1958
Im Rahmen des feierlichen Begehens des 250. Jahres seit der Begründung der „Kirche der B r ü d e r " w u r d e d e m Zentralkomitee des Ökumenischen Rats der Kirchen am 22. August 1958 in N y b o r g (Dänemark) eine Erklärung vorgelegt. Sie w a r an alle Christen gerichtet. „ D i e Kirche der Brüder, v o r 1908 als German Baptist Brethren bekannt, feiert 1958 das 250. Jahr seit ihrer Begründung. In diesem unserem Jubiläumsjahr verlangt es uns danach, Grüße an unsere christlichen Brüder in aller W e l t auszusenden, besonders aber an jene Gemeinschaften, die Mitglieder des Ö k u m e nischen Rats der Kirchen sind. [Hier folgt ein kurzer A b r i ß der Anfangsgeschichte der Brüder, welcher hier ausgelassen wird.] Sie strebten nach Freiheit der Religion und des Gewissens. Sie gestanden keiner menschlichen Obrigkeit die oberste Regierungsgewalt über den menschlichen
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Geist ein. Sie glaubten an Versöhnung unter den Menschen und an den friedlichen Ausgleich i m Zwiespalt der Nationen. Sie verurteilten Krieg und die Zerstörung von Menschenleben. Auf Grund ihrer religiösen Überzeugung verweigerten sie militärische Ausbildung und Wehrdienst. Sie verwarfen Eidesleistung als Widerspruch zu den Lehren des Neuen Testaments und als Beleidigung ihrer Redlichkeit. Sie waren biblische Christen und strebten danach, i m täglichen Leben die Lehren des Evangeliums zu verwirklichen. Die Brethren erkannten die Herrschaft Christi als Hauptgrundsatz ihres Glaubens an. Sie betrachteten ihn als ihren Wegweiser und Erlöser. D a sie Glaubensbekenntnisse und D o g m e n verwarfen, wurde das theologisch Fachliche weniger betont, und sie erlaubten in dogmatischen Angelegenheiten viel größere Freiheit als in jenen, die ihrer Meinung nach die praktischen und dringlichen des täglichen Lebens waren. Die Herrschaft Christi bedeutete f ü r sie vollkommenen Gehorsam ihm gegenüber, der f ü r sie der Herr über alles Leben war. Unter dieser Voraussetzung betrachteten sie das Menschenleben hier auf Erden als vorläufig und vorübergehend und alles Leben kostbar vor Gott. Sie konnten daher keinem Menschen Gewalt antun. Der Mensch, w i e sie ihn sahen, besaß unermeßlichen W e r t und Vorrechte als Gottes Kind, die ihm niemand streitig machen konnte. Die Brethren waren nicht asketisch. Sie entwickelten jedoch eine Lehre Weitabgewandtheit und unterwarfen sich strengen Regeln, die mit den mittelbaren Zielen des Lebens nichts zu tun hatten. Die Brethren bemühten weniger um das körperliche W o h l und die Anhäufung von Besitz als u m tieferen Sinn und die höchste Erfüllung des Lebens.
der unsich den
Die Herrschaft Christi bestärkte auch ihre Lehre betreffs Frieden und NichtWiedervergeltung. Sie strebten nach Einstimmigkeit untereinander und mit ihren Nachbarn. Sie beklagten Streit in der Gesellschaftsordnung und bemühten sich, leidenschaftliche Ausbrüche und gewalttätige Zerwürfnisse zwischen Rassen und Nationen zu beschwichtigen. Sie hielten alle A r t von Krieg f ü r Sünde. Jeder Krieg w a r für sie ein Bürgerkrieg in dem Sinn, daß er Haß, Bitterkeit und Zerstörung innerhalb der Familie Gottes und unter seinen Kindern mit sich brachte. D i e ,Kirche der Brüder', heute eine Körperschaft von 210000 Mitgliedern, hat die Kirche Christi in Indien, Afrika und China unterstützt. V o r kurzem haben w i r die Kirche in Ekuador, Südamerika, begründet als Verkündigungsdienst an den Calderon-Indianern in diesem Land. Unser Hilfswerk von Dienst, Sachspenden, Flüchtlingsumsiedlung und Wiedergutmachung ist auf fünf Erdteile ausgedehnt worden. In Amerika und in anderen Ländern haben w i r uns in Theorie und Praxis dazu verpflichtet, unser Wirkungsfeld grundsätzlich in Ubereinkunft mit anderen Bekenntnissen zu bestimmen (comity) und auf sichtbare Einstimmigkeit bedacht zu sein. W i r haben nicht die Absicht oder den Wunsch, dort Kirchengemeinden zu begründen, w o w i r unser Hilfswerk einsetzen, es sei denn, daß einheimische Gruppen klaren Beweis f ü r die Notwendigkeit eines solchen Dienstes erbringen und es nach einem vorherrschenden Beispiel christlicher Zusammen-
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arbeit durchgeführt werden kann. W i r streben danach, unsem Dienst i m Geist der Ö k u m e n e und im N a m e n unsres Herrn Jesu Christi zu d e m Z w e c k zu tun, daß menschliches Elend erleichtert, Gemeinden und einzelne zu neuem Leben gebracht und das Evangelium in Gebieten geistlichen Rückstands verkündigt werde. D i e .Kirche der Brüder' als Mitglied des Ökumenischen Rats der Kirchen ist auch Mitglied i m Nationalrat der Kirchen der Vereinigten Staaten. W i r g e hören d e m Church World Service an sowie zahlreichen anderen überkonfessionellen B e w e g u n g e n w i e dem National Service Board for
Religious
Objectors
(Nationalhilfskomitee für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen) in den Vereinigten Staaten, der amerikanischen Bibelgesellschaft und d e m Heifer Project, dessen A n f a n g auf Brethren zurückgeht. In diesem 250. Jahr seit unserer Begründung anerkennen w i r in D e m u t unsere Schuldigkeit gegenüber der Vergangenheit. W i r sind die Empfänger der Beiträge der gesamten Kirche und der Jahrhunderte christlichen Gedankenguts und Gottesdienstes, die unserem Anfang vorausgegangen waren. O h n e das unaufhörliche Zeugnis der Apostel und Märtyrer und der Generationen f r o m m e r Männer und Frauen wären w i r Christus nie begegnet. W i r sind uns dankbar der , W o l k e n v o n Z e u g e n ' bewußt, durch die das W o r t des Lebens uns zugänglich gemacht wurde. Wir
bekennen
unsere
Schuldigkeit jenen
Bahnbrechern
protestantischen
Christentums gegenüber, die u m die Reinheit der Kirche und die Wiederentdeckung des Willens Christi gerungen haben und die in ihrem Streben nach der Wahrheit den kühnen Geist der Jünger und Apostel bewiesen. Sie haben beigetragen zu unserem Glauben an die zentrale Bedeutung der Heiligen Schrift, unserer Betonung des praktischen Christentums und unserem Vertrauen auf innere statt äußere Autorität. W i r bekennen, die Gefahr v o n Glaubensbekenntnissen übermäßig betont und den christlichen Glauben in seiner dogmatischen und theologischen Struktur nicht auf positivere W e i s e gestützt zu haben. W i r bekennen dies jedoch, ohne unsere Überzeugung aufzugeben, daß es ein inneres Zeugnis des Heiligen Geistes gibt, das jetzt und zu jeder Zeit Bedeutung für religiöses Gedankengut und Erfahrung hat. W i r verlangen nach der Gemeinschaft mit der weltumfassenden Kirche in ihrer Suche nach dem Grund der Einheit in Christus und als Teil des vielseitigen christlichen Glaubens, mit dem Gott die Glieder seines Leibes ausgestattet hat. A u c h w i r stehen unter der Herrschaft Christi, unseres gemeinsamen W e g b e r e i ters und Erlösers, bekennen unsere Treue zu i h m in allen Gebieten des Lebens, o b w o h l w i r immer wieder ungetreu werden, und empfinden Reue über unsere N e i g u n g zu religiöser Exklusivität. W i r streben nach Aufgeschlossenheit v o n Geist und Herz, damit w i r erkennen mögen, was Gott, der in unserer Geschichte zu uns gesprochen hat, in unserer Zeit zu uns sagt. Es ist unser aufrichtiges Gebet, daß w i r so näher zu Gott k o m men mögen, der uns liebt, zu dem Christus, der unser Herr ist und den M i t gliedern in der Gemeinschaft des Glaubens, die unsere Brüder sind. W i r wären dem Licht, das, w i e w i r glauben, in unsere Herzen gegossen ist,
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untreu, wenn w i r unseren christlichen Brüdern die folgenden Anliegen nicht wenigstens bekannt machten: Erstens: W i r legen es der weltweiten Kirche Christi dringend nahe, in dieser Zeit höchster N o t im Dasein der "Welt und ungeahnter Möglichkeiten für das Reich Gottes, die Wichtigkeit guten Willens und entschlossener Liebe in den Angelegenheiten von Menschen und Nationen zu erkennen. Laßt uns als Christen in der ganzen W e l t unsere Fürsorge und Mitgefühl für notleidende und benachteiligte Menschen aller Rassen beweisen, damit eine Atmosphäre des Vertrauens und der Brüderlichkeit entstehe, in der Friede unter Nationen, Rassen und Völkern wirkliche Aussichten auf Erfolg hat. Zweitens: W i r sind uns der dringenden Notwendigkeit voll bewußt, daß sich Nationen von dem selbstmörderischen Wahnsinn des Krieges und der Kriegsrüstung wegwenden und die Beilegung von Unstimmigkeiten im Geist der Versöhnung anstreben. W i r wissen auch, daß die Grundsätze zur Errichtung von Frieden, Gerechtigkeit und Freiheit, w i e sie in der ökumenischen B e w e g u n g dargelegt worden sind, die breitere Mitgliedschaft der Kirchen noch nicht durchdrungen haben. Deshalb raten w i r dringend zur Erwägung einer weltweiten Versammlung der Kirchen als besondere und gemeinsame Bestrebung, jede ernsthafte Friedensbemühung unter den Nationen zu unterstützen, damit sie dahin gelenkt werden, Sicherheit nicht auf Grund von Furcht und militärischer Übermacht, sondern auf Grund v o n Vernunft, Verständnis und gutem Willen zu suchen. Drittens: W i r bitten die übrigen christlichen Gemeinschaften durch die gemeinsame Stimme des Ökumenischen Rats der Kirchen aufs dringendste, bei den Regierungen in aller Welt die Anerkennung des Rechts auf Gewissensfreiheit und religiöse Uberzeugung in bezug auf Teilnahme an Krieg und Militärdienst anzustreben. Es ist unser Anliegen, daß den Menschen überall die Freiheit gegeben sei, uneingeschränkt und furchtlos dem inneren Licht der Liebe und des göttlichen Willens zu folgen. W i r erflehen f ü r alle solche das Recht, der Menschheit als positive, konstruktive und schöpferische Bürger ihrer jeweiligen N a t i o nen zu dienen. Daß unter den Christen der W e l t echte Einigkeit in Christus unserem Herrn entstehen m ö g e ; daß die Kirche Christi ein Werkzeug der Einheit f ü r das gesamte Leben der Menschheit sei; und daß Rassen, Völker und Klassen näher zusammengebracht werden durch den Einen, den w i r anbeten und dem w i r dienen: dazu versprechen w i r unser unaufhörliches Gebet und unausgesetztes Bestreben und erflehen für unsere Gemeinschaft die Fürbitte der weltweiten Kirche." 6
VII. E R K L Ä R U N G D E R K I R C H E D E R Z U R K R I E G S F R A G E (1970)
BRÜDER
V o n Zeit zu Zeit hat die „Kirche der B r ü d e r " ihre grundsätzliche Einstellung gegen Krieg öffentlich kundgetan, besonders u m ihren Mitgliedern der m i l i tärischen Einberufung gegenüber eine Handhabe zu geben. Die jüngste solche
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Erklärung wurde im Juni 1970 angenommen. Ihre Grundlage ist der Beschluß der Jahreskonferenz von 1948, neu durchgesehen und verbessert in den Jahren 1957. 1968 und 1970. „ D i e ,Kirche der Brüder' beobachtet mit Schmerz und tiefer Sorge die immer wachsende Tendenz unserer Nation zu einer bleibenden militaristischen Weltanschauung. Z w e i verheerende Weltkriege, der Konflikt in Korea, der Krieg in Vietnam und die vielen internationalen Krisen vergangener Jahrzehnte haben eine erschreckende Veränderung in Amerikas Einstellung zu Krieg und Frieden mit sich gebracht. Es kann dazu kommen, daß die amerikanische Bevölkerung es als normal und unvermeidlich hinnehmen wird, daß die Nation jederzeit kriegsbereit sein und jeder junge Mann Militärdienst leisten muß, daß ein überwältigender Anteil unserer hohen Bundessteuern militärischen Zwecken zugeführt wird und daß unser Land jederzeit gewillt sein muß, die militärischen Lasten schwächerer Verbündeter zu tragen, seien diese nun tatsächliche oder nur mögliche Verbündete. Auf Grund unserer völligen Abweichung von den obigen Voraussetzungen ist es erneut Anliegen der .Kirche der Brüder' wie schon früher im Verlauf ihrer Geschichte, ihre grundsätzliche Einstellung zu Krieg und Frieden, Militärdienst und Einberufung, die Verwendung von Steuergeldern für militärische Zwecke, das Recht auf christliche Gewissensfreiheit und der Verantwortlichkeit christlicher Staatsbürger darzutun. 1. Die Kirche und christliche Erziehung Die .Kirche der Brüder' sucht durch die Mittel der christlichen Erziehung und geistlichen Pflege in ihren Mitgliedern eine innere Haltung der Friedfertigkeit und Gewaltlosigkeit zu entwickeln, die in ihrer tiefen religiösen Überzeugung begründet ist. Sie werden aufgefordert, diese Haltung in ihrem täglichen Leben in der Familie, der Schule, dem Beruf und ihrer Wohngemeinde zu üben. Unsere Gottedienste, unser Predigtamt, die sonntäglichen und wochentäglichen Unterweisungen, Seelsorge, unser freiwilliger Hilfsdienst, unsere fortlaufenden Hilfsaktionen und unser ganzes Programm zur Verbreitung der Kirche, sie alle dienen diesem einen Zweck. Jeder einzelne soll hierdurch in solche enge B e ziehung zu Jesus Christus, unserm Herrn, gebracht werden, daß er sich ihm und dem Lebenswandel, den er gelehrt und vorgelebt hat, verpflichtet. W i r sind des Glaubens, daß eine solche Verpflichtung zu dem W e g der Liebe und Gewaltlosigkeit als zentralem Grundsatz eines christlichen Lebenswandels führt, obwohl wir uns wohl bewußt sind, daß wir dabei ebenso der Gewalt ausgeliefert werden können, wie es Jesus geschah. Daß es unterschiedliche Stufen in der Erreichung dieses Ziels sowohl im Leben einzelner wie von Gemeinden gibt, wissen wir wohl. Doch bemühen wir uns, eine tiefe und zunehmende Gemeinschaft unter uns und zwischen uns und unserem Herrn aufrechtzuerhalten, daß wir immer mehr seinen Heilsplan erkennen und seinen Willen tun.
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2. Die Kirche und Gewissensfreiheit Die Kirche ist gleicherweise stets für den Grundsatz der religiösen und der Gewissensfreiheit eingetreten. Unter ihren Mitgliedern achtet die Kirche das Recht des einzelnen, in Gewissensfragen selbst zu entscheiden, und hat nie ein autoritatives Glaubensbekenntnis aufgestellt. Vielmehr hält sie sich an das ganze Neue Testament als Richtschnur für Glauben und Lebenswandel und strebt danach, ihre Mitglieder zu Verständnis und Bejahung von Christi Willen als Leitfaden für ihre Überzeugung und ihren Lebenswandel zu führen. W i r glauben, daß keine Obrigkeit die Gewalt hat, das Recht des einzelnen auf Gewissensfreiheit aufzuheben. ,Man muß Gott mehr gehorchen denn den Menschen' (Apg. 5, 29). Die offizielle Haltung der .Kirche der Brüder, ist, daß jeglicher Krieg Sünde ist und daß wir nach dem Recht auf Ablehnung jeglicher Kriegshandlung aus Gewissensgründen trachten. W i r erbitten keine Sonderrechte von unserer Regierung. Wonach wir für uns streben, erstreben wir für alle - das Recht des einzelnen auf Gewissensfreiheit. W i r erklären, daß sich diese Kriegsdienstverweigerung auf alle Kriege erstrecken kann, seien sie erklärt oder nicht erklärt; auf besondere Kriege; und auf besondere Arten der Kriegsführung. W i r erklären weiters, daß Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen auf einer breiteren Basis beruhen kann als die einer organisierten Kirchengemeinschaft. 3. Die Kirche und Krieg Die .Kirche der Brüder' hat seit ihrem Anfang im Jahre 1708 ihre Einstellung gegen Krieg wiederholt erklärt. Unser Verständnis des Lebens und der Lehren Jesu Christi, wie sie im Neuen Testament offenbart sind, führte unsere Jahreskonferenz 1785 zu dem Beschluß, daß wir uns nicht ,den höheren Gewalten unterwerfen sollen, um uns zu ihren Handlangern im Blutvergießen machen zu lassen'. 1918 erklärten wir in unserer Jahreskonferenz, daß ,wir des Glaubens sind, daß Krieg und jegliche Teilnahme am Krieg unrecht und im Widerspruch zu dem Geist, Vorbild und den Lehren Jesu Christi ist'. 1934 beschloß die Jahreskonferenz von neuem, daß .jeglicher Krieg Sünde ist. Deshalb ist es uns unmöglich, Kriegshandlung innerhalb oder außerhalb unserer Grenzen zu unterstützen, uns daran zu beteiligen oder wissentlich daraus Nutzen zu ziehen. Es ist uns unmöglich, im Kriegsfall Militärdienst zu leisten oder den Kriegsapparat in irgendeiner Weise zu unterstützen'. Diese Überzeugung, die zuerst 1948 und nun wieder neu bestätigt wurde, erwuchs aus solchen Lehren Christi wie den folgenden: .Liebet eure Feinde; tut denen wohl, die euch hassen; segnet die, so euch verfluchen; bittet für die, so euch beleidigen. Und wer dich schlägt auf einen Bakken, dem biete den andern auch dar...' (Luk. 6, 27-29). .Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch. Das ist das Gesetz und die Propheten' (Matth. 7, 12). .Stecke dein Schwert an seinen Ort! denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen' (Matth. 26, 52).
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Donald F. Durnbaugh 4. Die Kirche und Militärdienstpflicht
Die ,Kirche der Brüder' sieht sich durch die Lehren Christi verpflichtet, in ihren Mitgliedern eine Einstellung gegen Krieg zu entwickeln. Die Kirche kann dem Staat das Recht nicht zugestehen, Staatsbürger zu militärischer Ausbildung oder Militärdienst gegen ihr Gewissen einzuziehen. Die Kirche wird auf zweierlei Weise ihre prophetische Aufgabe in dieser Sache zu erfüllen trachten: durch Änderung der politischen Strukturen und Beeinflussung einzelner Mitglieder. Die Kirche wird danach streben, ihren Einfluß geltend zu machen, um das System, welches Personen zwangsweise zu militärischen Zwecken einzieht, abzuschaffen oder grundlegend zu ändern. Die Kirche verpflichtet sich zur Unterstützung und anhaltender Gemeinschaft mit allen unseren jungen Männern im wehrpflichtigen Alter, denen die Einberufung bevorsteht. W i r sind uns bewußt, daß sich manche verpflichtet fühlen, vollen oder waffenlosen Militärdienst zu leisten und achten alle, die eine solche Entscheidung treffen. W i r empfehlen allen jungen Männern im wehrpflichtigen Alter, ihren Eltern, Ratgebern und Kirchenmitgliedern die folgenden Alternativen: 1 . Ausgleichsdienst als Kriegsdienstverweigerer in konstruktiver ziviler Arbeit, oder 2. offener, gewaltloser passiver Widerstand gegenüber dem Zwangsaushebungssystem. Die Kirche verpflichtet sich, ihre Bemühungen zu erneuern und zu verdoppeln, um den Kirchenmitgliedern auf allen Stufen des kirchlichen Lebens diese Alternativen zu erklären, von welchen wir überzeugt sind, daß sie in Einklang stehen mit dem Lebenswandel, der im Evangelium aufgezeigt und im jahrhundertelangen Glauben und Zeugnis unserer Kirche zum Ausdruck gebracht wird. Die Kirche schließt in ihre Fürbitte, geistliche Aufrüstung und materielle Unterstützung alle die ein, die in Kampf und Leiden stehen, um den Willen Gottes vollkommener zu verstehen und ihm besser zu gehorchen. 5. Die Kirche und Ausgleichsdienst Die Kirche verpflichtet sich, jene wehrpflichtigen Mitglieder zu unterstützen, die vor der Einberufung stehen und sich als Kriegsdienstverweigerer für konstruktiven Ausgleichsdienst im zivilen Leben entscheiden. Solcher Dienst kann einschließen die Mitarbeit bei Hilfs- und Wiederaufbauwerken in Kriegs- oder Katastrophengebieten auf der ganzen Welt; technische, landwirtschaftliche, medizinische oder erzieherische Hilfe in Entwicklungsländern; Pflege in Krankenhäusern oder Nervenheilanstalten, in Schulen für Körperbehinderte, Altersheimen und ähnlichen Anstalten; und konstruktive medizinische oder wissenschaftliche Forschung zum Nutzen der Menschheit. Die Kirche wird danach trachten, solche Arbeitsprojekte unter kirchlicher Verwaltung oder in Zusammenarbeit mit anderen privaten Organisationen ins Leben zu rufen, zu verwalten und finanzieren, soweit ihr dazu die Mittel gegeben sind.
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6. Die Kirche und passiver Widerstand D i e Kirche verpflichtet sich, jene wehrpflichtigen Mitglieder zu unterstützen, die v o r der Einberufung stehen und sich als Kriegsdienstverweigerer in offenem passivem Widerstand z u m System der Zwangsaushebung befinden. Menschen, die unter Führung ihres Gewissens diese Stellung eingenommen haben, b e nötigen die Unterstützung der Kirche auf vielerlei Weise. D i e Kirche wird sich bestreben, diese Bedürfnisse zu erfüllen, soweit sie dazu in der Lage ist, indem sie für Rechtsbeistand, finanzielle Unterstützung und Gefängnisbesuch sorgt. U m dem Vertreter des passiven Widerstandes ein Gefühl der Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft zu vermitteln, werden die Gemeinden aufgefordert, A s y l und geistlichen Rückhalt zu gewähren. Alle Mitglieder der Kirche, die den Standpunkt des passiven Widerstandes verfechten, werden ermahnt, einen Geist der Demut, des guten Willens und der Aufrichtigkeit in sich zu bewahren, u m diese A r t mutigen Zeugnisses so wirkungsvoll, gewaltlos und christlich als möglich zu machen.
7. Die Kirche und Ausnahmestellung für Diener des Wortes D i e .Kirche der Brüder' versteht unter d e m Begriff Pastor einen, der nicht V o r recht sucht, sondern das Leben seines Volkes teilt. Deshalb legt die Kirche jenen nahe, die unter dem Wehrdienstgesetz die Möglichkeit zur Zurückstellung haben, solche Ausnahmestellung abzulehnen und die Einberufung auf gleicher Ebene mit den Laien in Kauf zu nehmen. 8. Die Kirche und Unterstützung der Landesverteidigung W i r erklären v o n neuem, daß unsere Mitglieder nicht a m K r i e g teilnehmen, die Kriegskunst erlernen oder K r i e g unterstützen sollen. O b w o h l wir uns dessen b e w u ß t sind, daß fast alle Phasen der Wirtschaft direkt oder indirekt mit der Landesverteidigung in Zusammenhang stehen, legen w i r es unseren Mitgliedern dennoch nahe, sich so weit als möglich v o n direkter Verbindung mit Waffenindustrien durch Arbeitsverhältnis oder Investierung freizuhalten. W i r sehen zwar ein, daß es notwendig ist, die akademische Freiheit z u schützen, doch finden w i r die Rekrutierung durch die W e h r m a c h t an unseren Brethren Colleges in scharfem Gegensatz zur Stellung der Kirche. 9. Die Kirche und die Verwendung von Steuergeldern für Kriegszwecke O b w o h l die Kirche anerkennt, daß es die Verantwortung aller Staatsbürger ist, für konstruktive Ziele der Regierung Steuern zu zahlen, sind w i r dagegen, daß die Regierung Steuergelder zu Kriegszwecken und militärischen Auslagen verwendet. Für jene, die sich aus Gewissensgründen weigern, für solche Z w e c k e Steuern zu zahlen, sucht die Kirche bei der Regierung eine Alternative in der V e r w e n d u n g solcher Steuergelder für friedliche, nichtmilitärische Z w e c k e . D i e Kirche ist sich bewußt, daß ihre Mitglieder in der Ausübimg ihrer Steuer-
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pflicht unterschiedlich denken und handeln, wenn ein wesentlicher Prozentsatz Kriegszwecken und militärischen Auslagen zugeführt wird. Manche werden bereit sein, die Steuern zu zahlen; andere werden sie zahlen, aber der Regierung ihren Protest kundtun; wieder andere werden als christliches Zeugnis und aus Protest sich weigern, den Gesamtbetrag oder einen Teil ihrer Steuern zu zahlen; und manche werden freiwillig ihr Einkommen oder die Benützung steuerpflichtiger Einrichtungen soweit beschränken, daß sie nicht mehr besteuerbar sind. W i r rufen alle unsere Mitglieder, Gemeinden, Anstalten und Ausschüsse auf, die Frage der Steuerabgaben und der Investierung in Staatspapieren, die Krieg unterstützen, aufs genaueste zu studieren. Weiter rufen wir sie auf, in Antwort auf ihre Untersuchungen, der Führung ihres Gewissens und dem Verständnis ihres christlichen Glaubens zu handeln. Ihnen allen verpflichten wir uns zu fortgesetztem Dienst durch Gemeinschaft und geistliche Fürsorge.
1 o. Die Kirche und Staatsbürgertum
Die Kirche hält dafür, daß unsere höchste Staatsbürgerschaft im Reich Gottes ist, jedoch bemühen wir uns, konstruktiven, schöpferischen Dienst in unserem gegenwärtigen Stand zu leisten. W i r ermutigen unsere Mitglieder, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen und öffentliche Amter als Gelegenheit anzusehen, durch die man gute Regierung in Übereinstimmung mit unseren christlichen Werten erreichen kann. W i r sind des Glaubens, daß es in einer Demokratie die Verantwortung der Christen ist, bei der Zustandebringung einer intelligenten öffentlichen Meinung mitzuhelfen, welche eine Gesetzgebung bewirkt, die in Übereinstimmung mit den ewigen Gesetzen Gottes ist. Als christliche Staatsbürger betrachten wir es als unsere Pflicht, allen bürgerlichen Gesetzen zu gehorchen, die diese höheren Gesetze nicht verletzen. W i r sind jedoch bestrebt, über die Forderungen des Gesetzes hinauszugehen, indem wir Zeit, Kräfte, Leben und Besitz dransetzen im Dienst an der leidenden Menschheit, ohne Rücksicht auf Rasse, Religion oder Nationalität. W i r versuchen, verfeindete Menschen oder Gruppen miteinander zu versöhnen, indem wir sie einer vollkommeneren menschlichen Brüderlichkeit unter gemeinsamer göttlicher Gefolgschaft zuführen. W i r glauben, daß sich gutes Staatsbürgertum über die Grenzen unseres eigenen Landes hinaus erstreckt, und dort an der Beseitigung von Kriegsursachen mitwirkt. Aus unserer Überzeugung heraus, daß gute Staatsbürger in einer guten Gesellschaft bessere Mittel finden müssen als Krieg, um internationale Konflikte zu lösen, haben wir in den vergangenen Jahren uns sehr bemüht, solche praktische, wirksame Mittel zu finden. Die Kirche fordert ihre Mitglieder auf, internationale Beziehungen und Außenpolitik zu studieren und ihren Abgeordneten, hohen Regierungsbeamten und anderen einflußreichen Persönlichkeiten diese Angelegenheiten im Licht des christlichen Glaubens nahezubringen. W i r sind sehr auf der Seite von Organisationen, die auf internationaler Zusammenarbeit beruhen; für intelligentes
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Verständnis für das Verlangen der Völker in den Entwicklungsgebieten nach Selbstverwaltung und höherem Lebensstandard; und für eingehenderes Studium und breitere Anwendung der friedlichen und konstruktiven Möglichkeiten der Atomenergie zum Nutzen der gesamten Menschheit. 11. Die Kirche und ihr fortdauerndes Zeugnis Die .Kirche der Brüder' glaubt seit jeher daran, daß Frieden der Wille Gottes ist. In den zweieinhalb Jahrhunderten ihrer Geschichte hat sie immer mehr das entsetzliche Übel erkennen gelernt, das der Krieg der Menschheit und der Gesellschaft bringt. Die Kirche empfindet daher eine zunehmende Verantwortlichkeit, ihre Mitglieder in allen Fragen von Krieg und Frieden sorgfältig zu unterrichten und zuleiten. Sie ist sich auch bewußt, daß dem weiteren Zunehmen des Verständnisses dieser Fragen und der Art, wie die Kirche ihre Erkenntnisse in die Tat umsetzt, keine Grenzen gesetzt sind. Diese Erklärung stellt jenes Stadium der Denkweise und Tat dar, das die,Kirche der Brüder' in ihrem Bestreben, den Willen Gottes für unsere Tage zu erkennen, zu diesem Zeitpunkt erreicht hat. W i r sind in einem fortgesetzten und zunehmenden Zeugnis begriffen und verpflichten uns, neuen Erkenntnissen und besseren Ausdrucksweisen, die sich uns bieten mögen, aufgeschlossen zu sein 7 ."
ANMERKUNGEN
Kapitel 1: Frühe Geschichte M o r g a n Edwards, Materials Towards a History of the American Baptists (1770), zitiert bei D . F. Durnbaugh (Hrsg.), The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), 175. H.Jung-Stilling, Theobald, oder die Schwärmer (Leipzig: W e y g a n d 1784), I. 36; M a x Goebel, Geschichte des christlichen Lebens in der rheinisch-westphälischen evangelischen Kirche (Coblenz: Karl Bädeker 1852), II, 816; Heinz Renkewitz, Hochmann von Hochenau (Breslau: Maruschke und Berendt 1935). D . F. Durnbaugh (Hrsg.), European Origins of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Press 1958), 1 1 5 - 1 2 0 . Ebd., 216. Ebd., 283. A Short and Sincere Declaration (1775), erschienen bei Durnbaugh, Brethren in Colonial America, 363-365. Floyd E. Mallott, Studies in Brethren History (Elgin, 111., Brethren Press 1954), 133-134Henry Kurtz, „ O u r Late Yearly Meeting, & T h e Gospel Visitor", The Monthly Gospel-Visitor, III (Juni 1853), 1 1 . O t h o Winger, History and Doctrines of the Church of the Brethren (Elgin, 111., Brethren Publishing House 1919), 206. Kapitel 2: Neuere Geschichte Ellsworth Faris, „The Sect and the Sectarian", American Journal of Sociology, L X (Mai 1955), 75-89; erstmals erschienen 1928. Zitiert bei Floyd E. Mallott, Studies in Brethren History (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1954), 264. The Missionary Visitor (Februar 1906), 97. Minutes of the Annual Meetings of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1909), 382. Vgl. die kurze Darstellung der Geschichte der Old German Baptist Brethren nach 1881 nach John M . Kimmel, Chronicles of the Brethren (Covington, O h i o : Little Printing C o . 1951), 254-324. Vgl. die Geschichte der beiden Zweige der Progressive-Brethren-Bewegung nach H o m e r A. Kent, Sen., 250 Years... Conquering Frontiers (Winona Lake, Ind.: Brethren Missionary Herald Co. 1958) und Albert T . Ronk, History of the Brethren Church (Ashland, O h i o : Brethren Publishing Co. 1968).
Anmerkungen
215
Kapitel j: Glaubenssätze 1
2
3
Sören Kierkegaard, Training in Christianity, übersetzt von Walter Lowrie (Princeton: Princeton University Press 1944), 200-202. Sören Kierkegaard, Papier, zitiert bei Hermann Diem, Kierkegaard's Dialectic of Existence (Edinburgh: Oliver and Boyd 1959), 145, N. 30. „The Address to Diognetus" in: The Fathers of the Primitive Church, hrsg. von Herbert A. Musurillo (New York: New American Library 1966), 147. Kapitel 4: Liturgie
1
2
Alexander Mack, Sen., „Basic Questions", bei D. F. Durnbaugh (Hrsg.) European Origins of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Press 1958), 331-332. The Monthly Gospel Visitor, II (Oktober 1852), 103.
3
Alexander Mack, Jun., „Apologia", bei D. F. Durnbaugh (Hrsg.), The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), 483.
4
Durnbaugh, European Origins, 352. Durnbaugh, Brethren in Colonial America, 510.
6
Ebd. 467. ' Ebd. 6
8
Monthly Gospel Visitor, II (Oktober 1852), 107. ' Durnbaugh, Brethren in Colonial America, 175. 10
11 12
(Huntingdon, Pa., and Mt. Morris, 111.: Brethren's Publishing Company 1887). (Elgin, 111.: Brethren Press 1964). (Berleburg: Christoph Konert 1720).
13
Durnbaugh, European Origins, 407.
14
(Elgin, 111.: Brethren Press 1951). Kapitel 5: Verfassung
1
I. D. Parker, „Church Polity", bei D. L. Miller (Hrsg.), Two Centuries of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1908), 161.
2
Manual of Brotherhood Organization and Polity (Elgin, 111.: General Offices,
3
O t h o W i n g e r , History and Doctrines of the Church of the Brethren (Elgin, 111.:
4
Minutes of the 182nd Recorded Annual Conference, Church of the Brethren,
Church of the Brethren 1965), 4.
6 6
Brethren Publishing House 1920), 200. June 25-30, 1968. Ebd. Manual of Brotherhood Organization and Polity, 35.
' Ebd. Kapitel 6: Erziehungsarbeit 1
John S. Flory, „A History of Education in the Church of the Brethren", bei W . A . Cable und H. F. Sanger (Hrsg.), Educational Blue Book and Directory
216
Anmerkungen
of the Church of the Brethren, 1708-1923 (Elgin, 111.: General Educational Board, Church of the Brethren [1923]), 23. 2 Donald F. D u m b a u g h (Hrsg.), European Origins of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Press 1958) Kapitel 1-3. 3 Frederick D . Dove, Cultural Changes in the Church of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1932), 51. 4 John S. Flory, Literary Activity of the Brethren in the Eighteenth Century (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1908), 11; Durnbaugh, European Origins, 321-405. 5 Zitiert bei I. D . Rupp, History of All the Religious Denominations in the U. S. (Harrisburg, Pa.: 1844), 94. 6 Flory, Literary Activity, 37-67. 7 Martin G. Brumbaugh, A History of the German Baptist Brethren in Europe and America (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1899), 433. 8 Ebd., 433-434* Dove, Cultural Changes, 69. 10 Ebd., 177. 11 Bei Flory, Literary Activity, I V - V ; Dove, Cultural Changes, 178. 12 Zitiert bei Dove, Cultural Changes, 77. 13 Ebd. 14 Ebd., 177-178. 16 Ebd., 182. 16 Ebd., 105. 17 Ebd., 185, 176. Kapitel 7: Soziales Engagement 1
2 3 4
6 6 7
8
8
10 11
Minutes of the Annual Meetings, 1778-1909 (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1909) Artikel 5, 1900, 719. Minutes of the Annual Meeting, Artikel 8, 1913, 5. Ebd., Resolutions, 1915, 29-30. Minutes of the Annual Conference (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1918), Resolutions 1917, 16; Resolutions 1918, 10. Minutes of the Annual Meeting, Artikel 3, Unfinished Business (1913), 3. Minutes of the Annual Conference (1918), Artikel 13, 5. Nachweise hierfür und für weitere Zitate finden sich bei Roger E. Sappington: „ T h e Development of Social Polity in the Church of the Brethren: 1908-1958" (Ph. D . Dissertation, Duke Universität 1959), veröffentlicht in gekürzter Form als Brethren Social Policy: 1908-1958 (Elgin, 111.: Brethren Press 1961). Minutes of the Special General Conference, 1918 (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1918). Zitiert bei Rufus D . B o w m a n , The Church of the Brethren and War, 1708-1941 (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1944), 183-184. Ebd., 184-189. Das Civilian Conservation Corps war 1933 als ein Teil des „ N e w Deal"
Anmerkungen
217
Präsident Franklin D. Roosevelts eingerichtet worden, u m sinnvolle Beschäftigung für junge Amerikaner zu schaffen. Die Lager befanden sich in ländlichen und waldreichen Gebieten. Minutes of the Annual Conference (1917), 14.
12
Kapitel 8: Mission 1
2 3
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20 21
Alexander Mack, Jun. zitiert bei D. F. Durnbaugh (Hrsg.), European Origins of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Press 1958), 122. Alexander Mack, Sen., zitiert bei Durnbaugh, European Origins, 163. Martin G. Brumbaugh, A History of the German Baptist Brethren in Europe an America (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1899), 54-70. Das Verlagshaus wird von hier an abgekürzt zu „ B P H " . Ebd. 54-70. T . T . Myers, „ T h e Birth of the Schwarzenau Church and Its Activities", bei D . L. Miller (Hrsg.), Two Centuries of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: B P H 1908), 39. Chronicon Ephratense, zitiert bei D . F. Durnbaugh (Hrsg.), The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), 66. J. G. Royer, „ T h e Growth to the Mississippi", bei D . L. Miller, Two Centuries, 78. Guy B. Saylor, Hrsg., History of the Church of the Brethren, Eastern Pennsylvania, 1915-1965 (Lancaster, Pa.: Church of the Brethren, Eastern District of Pennsylvania, 1965), 20-21. Church of the Brethren Yearbook (1970), 82-83. Morgan Edwards, Materials Toward a History of the American Baptists, zitiert bei Durnbaugh, Brethren in Colonial America, 186-191. Frederick D . Dove, Cultural Changes in the Church of the Brethren (Elgin, 111.: B P H 1932), 58. O t h o Winger, History and Doctrines of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: B P H 1919), 77-78. M . R. Zigler, „Elder John Kline - Churchman", Brethren Life and Thought, I X (Sommer 1964), 1 5 - 1 6 John S. Flory, Builders of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: B P H 1925), 94. H o w a r d O . Miller, Record of the Faithful, zitiert bei Floyd E. Mallott, Studies in Brethren History (Elgin, 111.: B P H 1954), 106-107. Mallott, Studies, 111; Church of the Brethren Yearbook (1947 und 1967). „1968 Report of the General Brotherhood Board", Annual Conference Program, Church of the Brethren (Elgin, 111.: 1968), 70-73. Matthew M . Eshelman, The History of the Danish Mission, zitiert bei Elgin S. Moyer, Missions in the Church of the Brethren (Elgin, 111.: B P H 1931), 153. General Missionary and Tract Committee, Gospel Messenger (24. Juli 1895), nach einem Zitat bei Moyer, Missions, 160. Moyer, Missions, 160. Ebd., 167-168.
2l8 22 23
24
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27
28
Anmerkungen
Ebd., 179. Wendell Flory, Brethren Missions in India (Elgin, 111.: Foreign Mission C o m mission 1955), 18. Wendell Flory, „A History of the Brethren Involvement in China", Brethren Life and Thought, XI (Herbst 1966), 35. Ebd., 41. Roger Ingold (Hrsg.), „Church Report", Jahresbericht für 1966, Church of the Brethren Mission, Nigeria, 1-2. Ivan Eikenberry, Which Way in Nigeria? (Elgin, 111.: Church of the Brethren General Offices 1959), 9-10. „Report on the Foreign Mission Program and Policy", Conference Minutes... Annual Conference of the Church of the Brethren (Elgin, 111.: 1955), 67. Kapitel 9: Ökumenische Beziehungen
1
2
3
Donald F. Durnbaugh (Hrsg.), The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), Kapitel 3. Minutes of the Annual Conferences of the Church of the Brethren, 1923-1944 (Elgin, 111.: 1946), 162. Minutes of the 180th Recorded Annual Conference of the Church of the Brethren, June 21-26,1966, 50. Kapitel 10: Statistiken und Anschriften
1
Die historischen Statistiken für Nord-Amerika wurden entnommen: Morgan Edwards, Materials Toward a History of the American Baptists (Philadelphia: Crukshank and Collins 1770fr.), Nachdruck in D. F. Durnbaugh, Hrsg. The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), 1 7 3 - 1 9 1 ; David Benedict, A General History of the Baptist Denomination in America (New Y o r k : Colby and Co. 1848), 913, 959; H o w a r d Miller, Record of the Faithful (Lewisburg, Pa.: J. R. Cornelius 1882), 67; Special Reports, Religious Bodies: 1906 (Washington, D . C . : Bureau of the Census 1910), 22; The Brethren Family Almanac (1901), 27-38; The Missionary Visitor, XII (June 1910), 185; Church of the Brethren Yearbook (Elgin, 111.: i92iff.). Bei der Zusammenstellung der Statistiken war John Price behilflich.
2
Church of the Brethren 1970 Yearbook (Elgin, 111.: 1970), 140-141. Church of the Brethren 1957 Yearbook (Elgin, 111.: 1957), 3-4; Church of the Brethren 1966 Yearbook (Elgin, 111.: 1966), 3. Die Berufsangaben der V o r sitzenden entstammen verschiedenen Quellen.
3
Kapitel 11: Dokumente 1
2
Eine Abschrift des Originalbriefes befindet sich im thüringischen Landeshauptarchiv, W e i m a r ; erschienen in englischer Übersetzung bei D . F. Durnbaugh (Hrsg.), European Origins of the Brethren (Elgin, 111.: Brethren Press 1958), 1 1 5 - 1 2 0 . A Short and Sincere Declaration ... ([Philadelphia: Henry Miller], 1775) Er-
Anmerkungen
219
neut veröffentlicht bei D . F. Durnbaugh (Hrsg.), The Brethren in Colonial America (Elgin, 111.: Brethren Press 1967), 363-365. Minutes of the Special General Conference (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1918). Die Sonderkonferenz wird bei Roger E. Sappington behandelt inBrethren Social Policy, 1908-1958 (Elgin, 111.: Brethren Press 1961), 42-45. H . L. Hartsough et al. (Hrsg.), Minutes of the Annual Conferences of the Church of the Brethren, 1923-1944 (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1946), 7-8. O r a Garber (Hrsg.), Minutes of the Annual Conferences of the Church of the Brethren, 1945-1954 (Elgin, 111.: Brethren Publishing House 1956), 55. Church of the Brethren Gospel Messenger (4. Oktober 1958), 1 2 - 1 4 . Statement of the Church of the Brethren on War (Elgin, 111.: General Offices 1970).
LITERATUR
Hier folgt eine Auswahl der wichtigsten Veröffentlichungen mit Anmerkungen, die sich mit der „Kirche der B r ü d e r " befassen. W e n n nicht anders angegeben, ist der Verlag die Brethren Press, Elgin, Illinois (ehemals Brethren Publishing House). Die Fachzeitschrift Brethren Life and Thought (Oak Brook, Illinois) erhält hier die Abkürzung BLT. Bibliographien Doli, Eugene E., and Funke, Anneliese M . (Hrsg.): The Ephrata Cloisters: An Annotated Bibliography. Philadelphia: Carl Schurz Memorial Foundation, 1944. In zwei Teilen: „Sources for the History of the Ephrata Cloisters", 3 - 8 1 ; „Ephrata: T h e Printing Press of the Brotherhood, 1745-1794", 83 bis 128; mit Index. Durnbaugh, Donald F., and Shultz, L. W . (Hrsg.): „A Brethren Bibliography, 1713-1963". BLT, I X (Winter und Frühjahr 1964), 3-177. Eine Aufstellung von fast 1300 Veröffentlichungen von Brethren Autoren in chronologischer Reihenfolge mit einer Übersicht über die Brethren-Zeitschriften und Verzeichnissen der Autoren und Herausgeber. Durnbaugh, Donald F.: „Supplement and Index to the Brethren Bibliography". BLT, X I (Frühjahr 1966), 37-64. Ergänzungen zu obiger Aufstellung mit einem Verzeichnis der gesamten Bibliographie nach Themen geordnet. Auch gesondert als Broschüre veröffentlicht. Harley, Chester I.: „ A Study of the Yearbook of the Church of the Brethren". Schwarzenau, I (Oktober 1939), 16-31. Mit einem Verzeichnis für die Zeit von 1871-1939. Meynen, Emil (Hrsg.): Bibliography on German Settlements in Colonial North America. Leipzig: O t t o Harrassowitz, 1937. Eine umfassende Aufstellung mit einem Abschnitt über die einzelnen Brethren Gruppen. Sappington, Roger E. (Hrsg.): „A Bibliography of Theses on the Church of the Brethren". BLT, III (Winter 1958), 60-70. Enthält B. D „ M. A. und Ph. D . Dissertationen. Seidensticker, Oswald (Hrsg.): The First Century of German Printing in America, 1728-1830. Philadelphia: Schaefer and Koradi 1893. Viele Hinweise auf Ephrata und die Brethren. Stapleton, A.: „Researches into the First Century of German Printing in A m e rica, 1728-1831". The Pennsylvania-German, V (1904), 81-89, i 8 3 ; VI (1905), 262-263. Ergänzung zu Seidensticker.
Literatur
221
Allgemeine Geschichte: Europa Barthold, Friedrich W . : „ D i e Erweckten im protestantischen Deutschland während des Ausgangs des 17. und der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, besonders die frommen Grafenhöfe." Historisches Taschenbuch, hrsg. von F. von Raumer, Reihe 3, III (1852), 128-320; IV (1853), 169-390. Gute allgemeine Beschreibung, wenn auch ablehnend im Ton. Blaupot ten Cate, Steven: Geschiedenis der Doopsgezinden in Friesland. Leeuwarden: W . Eckhoff 1839. Enthält Material über die Brüder in Surhuisterveen. Brunn, Hermann: 1200 Jahre Schriesheim. Mannheim: Südwestdeutsche Verlagsanstalt 1964. Hinweise auf die Familie Mack. Durnbaugh, Donald F. (Hrsg.): European Origins of the Brethren. 1958, 1967 2 . Eine Quellensammlung mit englischen Übersetzungen der wichtigsten frühen Dokumente. Durnbaugh, Donald F.: The Believers' Church: The History and Character of Radical Protestantism. N e w Y o r k : Macmillan 1968. Durnbaugh, Donald F.: „Brethren Beginnings". Ph. D . Dissertation, Universität von Pennsylvanien 1960. Eine Geschichtsschreibung unter Verwendung aller in den Archiven zugänglichen Materialien. Ensign, C. David: „Radical German Pietism: 1675-1760". Ph. D. Dissertation, Universität Boston 1955. Die umfassendste Untersuchung dieser B e w e gungGoebel, M a x : Geschichte des christlichen Lebens in der rheinisch-westphälischen evangelischen Kirche. Coblenz, Bädeker 1849-1860. Drei Bände. Ein Standardwerk, das sich auf Originialquellen stützt, von denen viele heute nicht mehr zugänglich sind. Daselbst vor allem Abschnitt 3, Band II (S. 681-855) und die Bücher 2 und 3, Band III (S. 235-447). Hadorn, W . : Geschichte des Pietismus in den Schweizerischen Reformierten Kirchen. Konstanz und Emmishofen: Hirsch 1901. Vgl. Buch II: „ D e r unkirchliche Pietismus und die Separation" (S. 125-253). Hartnack, Karl: „Schwarzenau". Wittgenstein: Blätter des Wittgensteiner Heimatvereins, X L I V (1956), 20, 83-93. E i n e Übersicht über Hauptgruppen und Persönlichkeiten in der Schwarzenauer Geschichte unter stärkster Berücksichtigung der Brethren. Hartnack, Karl: „Schwarzenau an der Eder als Zufluchtsort Religionsverfolgter." Archiv für Sippenforschung und Wappenkunde, X V I I (1940), 3, 47-48; 4, 70-75. Wichtig wegen der Namensliste. Müller, Ernst: Geschichte der Bernischen Täufer. Frauenfeld: J . Hübner 1895. Enthält einen eingehenden dokumentarischen Bericht über die Gefangenschaft des Christian Liebe als Galeerensträfling. Nieper, Friedrich: Die ersten deutschen Auswanderer von Krefeld nach Pennsylvanien. Neukirchen (Moers): Erziehungsverein 1940. Neben Renkewitz die wichtigste europäische Veröffentlichung über die Brethren in Europa. Renkewitz, Heinz: Hochmann von Hochenau (1670-1721): Quellenstudien zur Geschichte des Pietismus. Breslau: Maruschke und Berendt 1935, 1969 2 . Die
222
Literatur
vollständigste und am besten belegte europäische Geschichte der Entstehung der Brethren auf der Grundlage sorgfältiger Quellenstudien. Risler, Waither: „Zur Geschichte des bergischen Pietismus im frühen 18. Jahrhundert." Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, L X X V I I (i960), 135 bis 144. Eingehende Untersuchung der „Solinger Brüder". Ritsehl, Albrecht: Geschichte des Pietismus. Bonn/Rhein: Adolph Marcus 1880 bis 18 86. Drei Bände. Obgleich es als Standardwerk des Pietismus gilt, ist es äußerst einseitig. Erwähnung der Brethren (Band II, 366, 374). Schmitt, Jakob : Die Gnade bricht durch. Zweite Auflage. Gießen : Brunnenverlag 1954. Die Erweckungen in Wittgenstein aus evangelischer Sicht. Shultz, L. W. : Schwarzenau Yesterday and Today. Winona Lake, Ind. : Light and Life Press 1954. Mit einer Biographie Macks von Hermann Brunn und einem Aufsatz über Hochmann von Heinz Renkewitz. Thurneysen, Eduard: „Die Basler Separatisten im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts." (Basier) Jahrbuch (1895), 30-78; (1896), 54-106. Über die Brüder Boni und andere Separatisten. Van Slee, J. C. : De Rijnsburger Collegianten. Haarlem: der Erven F. Bohn 1895. Über die holländische, mit den Brethren in Verbindung stehende Gruppe. Vuilleumier, Henri: Histoire de L'Eglise Réformée du Pays de Vaud. Lausanne: Editions La Concorde 1930. Drei Bände. Erwähnt die Tätigkeit der Brethren in Bern. Wernle, Paul. Der schweizerische Protestantismus im 18. Jahrhundert. Tübingen : J. C. B. Mohr 1923. Drei Bände. Standardwerk über den schweizerischen Pietismus, erwähnt Liebe und Boni. Allgemeine Geschichte: Nord-Amerika Ankrum, Freeman: Sidelights onBrethren History. 1962. Interessante Geschichten. Bittinger, Lucy: The Germans in Colonial Times. Philadelphia: Lippincott 1901. Enthält eine Beschreibung der Brethren durch einen gut informierten Außenstehenden. Boyle, Philip: „Baptists or German Brethren", in He Pasa Ekklesia, hrsg. von I. D. Rupp. Harrisburg: Autor 1844. Eine gute Beschreibung der Brethren von einem Ältesten aus Maryland. Mehrfache Neuauflagen. Brumbaugh, Martin G. : A History of the German Baptist Brethren in Europe and America. 1899, 1907 2 , 1961 3 . Ein bahnbrechendes historisches Werk über die Brethren unter besonderer Berücksichtigung der kolonialen Periode. Enthält viele Dokumente der Abraham H. Cassel Sammlung. Church of the Brethren: Two Centuries of the Church of the Brethren. 1908. Eine Sammlung von Ansprachen zur Zweihundertjahrfeier. Cooper, H. Austin: Two Centuries of Brothers Valley, Church of the Brethren. Westminster, Md.: Autor 1962. Verfolgt die Einflüsse einer Gemeinde im westlichen Pennsylvanien. Doli, Eugene E., und Reichmann, Felix (Hrsg.) : Ephrata, As Seen By Contemporaries. Norristown, Pa.: Pennsylvania German Folklore Society 1952. Eine ausgezeichnete Sammlung früher Beschreibungen der Gemeinde Ephrata, enthält viel über die Brethren.
Literatur
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Durnbaugh, Donald F. (Hrsg.): The Brethren in Colonial America. 1967. Eine Quellensammlung der wichtigsten Zeugnisse und Schriften der Brethren des 18. Jahrhunderts. Ernst, James E.: Ephrata: A History, hrsg. von J . J . Stoudt. Allentown, Pa.: Pennsylvania German Folklore Society 1963. Das neueste Geschichtswerk über die Gemeinde Ephrata. Falkenstein, George N . : The German Baptist Brethren or Dunkers. Lancaster, Pa.: Pennsylvania German Society 1900. Ein frühes Geschichtswerk, vor allem über Germantown. Fisher, Virginia: The Story of the Brethren. 1957. Brethren-Geschichte in Anekdotenform für junge Leser. Flory, John: Flashlights from History. 1932. Volkstümlich geschriebene ausgewählte Abschnitte der Geschichte der Brethren. Gibbons, Phoebe: Pennsylvania Dutch and Other Essays. Philadelphia: Lippincott 1874. Mit einem authentischen Bericht über die Brethren. Hark, J . M a x (Übers.): Chronicon Ephratense: A History of the Community of Seventh Day Baptists at Ephrata. Lancaster, Pa.: S. H. Zahm 1889. Einzige englische Übersetzung der Ephrata Chronicle, geschrieben von zwei Mitgliedern von Ephrata. Eine wichtige Quelle für die Geschichte der Kolonialzeit. Heckler, James Y . : Ecclesianthem, or Song of the Brethren. Lansdale, Pa.: A. K . Thomas 1883. Versuch einer Wiedergabe der Geschichte und des Wesens der Brethren in Versen. Holsinger, Henry R . : History of the Tunkers and the Brethren Church. Lathrop, Calif.: Autor 1901, 1962 2 . Eine allgemeine Geschichte, verfaßt v o m Gründer der Brethren Church (Progressive Brethren). Enthält viele seltene Illustrationen und Biographien. Kent, Homer A. Sen.: 25a Years ... Conquering Frontiers. Winona Lake, Ind.: Brethren Missionary Herald 1958. Eine allgemeine Geschichte der Brethren, geschrieben aus der Sicht der Grace Brethren. Kimmel, J . M . (Hrsg.): Chronicles of the Brethren. Covington, Ohio: Little Printing Co. 1951. Von einem Chronisten der Old German Baptist Brethren. Mallott, Floyd E.: Studies in Brethren History. 1954. Eine Brethren Geschichte in Übersichtsform mit besonderem Bezug auf den Einfluß der Industrialisierung auf das veränderte kirchliche Verhalten. Miller, J . E.: The Story of Our Church. 1957. Verbesserung und Erweiterung eines volkstümlichen Geschichtswerkes für junge Leute. Muir, Gladdys E.: Settlement of the Brethren on the Pacific Slope. 1939. Eine mit vielen Dokumenten belegte Geschichte der Brethren-Ausdehnung nach dem Westen. Pochmann, Henry A . : German Culture in America: Philosophical and Literary Influences. Madison, Wis.: Universität von Wisconsin 1957. Eine umfassende Studie. Ronk, Albert T . : History of the Brethren Church. Ashland, Ohio: Brethren Publishing Co. 1968. Eine gründliche Studie der Brethren-Geschichte.
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MITARBEITER
Desmond W. Bittinger Vorstand der Abteilung für Soziologie und Anthropologie, Chapman College, Orange, California Dale W. Brown Professor für christliche Theologie, Bethany Theological Seminary, Oak Brook, Illinois B. Merle Crouse Church Development Consultant, W o r l d Ministries Commission, Church of the Brethren, Elgin, Illinois Donald F. Durnbaugh Professor für Kirchengeschichte, Bethany Theological Seminary, Oak Brook, Illinois Vernard Eller Professor für Religion, La Verne College, La Verne, California Warren F. Groff Professor für christliche Theologie und Dekan, Bethany Theological Seminary, O a k Brook, Illinois Roger E. Sappington Professor für Geschichte u n d politische Wissenschaft, Bridgewater College, Bridgewater, Virginia Edward K. Ziegler Ehemaliger Vorsitzender des Committee on Interchurch Relations, Church of the Brethren, und Pastor, Bakersfield, California
SACHREGISTER
Abendmahl 8, 48, 76t., 108, 193, 195, 203 Absonderung 30f., 123 Ältester 25t., 36,41,47,73,79,85, 89,111,155 Agapemahl 72, 78, 84 Amish 30 f. Alkoholismus 23, 40, 60, 66, 123 fr., 172 A m t 25, 47, 95, 109, 125 £. (öffentliches A m t ) Anabaptismus 14, 72t., 82, 93, 179, 184 Andacht 24, 70, 74, 80, 86, 109, 203 Anglikaner 70, 175 Apostel, apostolisch 39, 71, I i i , 192, 200, 206 A r m u t 63, 65, 104 Auslegung 27, 85, I I I Autorität 49, 57, 88ff., 92t., 200, 206 Baptisten I2f., 73, 85, 169, 175, 179 Bekehrung 15, 31, 38, 91, 144, 203 Bekenntnis 8, II, 31, 5 3 f r . , 75, 87, 96, 101, 104, 143, 192, 203 £., 205, 209 Bekleidung 8, 30, 39t., 6of., 81, 91, 108, 203 Bergpredigt 82, 146 Bibel 8, 22, 25, 35, 56£., 87, 91, 94, 96, 102, 104, 108, 121, 143, 148, 150, 192, 203 f., 206 Bildung 25, 35, 52, 62, 91, i o i f f . , i o s , 107, 151, 165 Bischof 25, 89 Brethren Church 38 Brethren in Christ (River Brethren) 12, 74 Brethren Volunteer Service 130, 136, I39f. Buchdruck 20, 22, 103, 149 Charisma 31, 6s, 881. Civilian Public Service (CPS) 129 Corpus Christianum 73 Darbisten 11 Diakon 27, 75f., 80, 82, 85, 155,157 Diener des W o r t e s 19,2$, 85,90, log, 153,155 Dienst 8, 27, 59L, 62, 83, 88, 9 4 t , 122, 203, 205 fr. Disciples of Christ 28, 169, 175, 179 Dunkers (Tunker) 7, I2f., 24, 30, 32, 44, 64, 85, 202 Ehescheidung 72, 203 Eid 65, 70, 72, 82, 126, 203, 205 Episkopalisten 89, 154, 181 E r b a u u n g 31, 86, 90, 105 E r m a h n u n g 76, 79, 85 Ersatzdienst 128
E r w e c k u n g 15, 19, 27, 36, 74, 86, 145 f. Erziehung 43, i o i f f . , 124, 157, 170, 208 Eschatologie 53, 58, 64, 78 Eucharistie 8, 76f. Evangelisation 19, 24, 49, 60, 63, 74, 91, 126, 144, I58f., 163, 172 Familie 32, 58t., 72f., 75f., 106, 108, 121 Fraternity of German Baptists 12, 33 Freikirche 7, 13, 73, 99, 179, 182, 184 Freiwilligkeit 73, 75, 93 f. Freiwilligendienst 8, 46, 120 Frieden 41, 44,49f., 81, 93,172t., 180,197fr., 205, 207 Friedenscorps 9, 130 Friedenskirche, historische 8,45,126,129,170, 1 7 9 , 1 8 1 , 195 Fundamentalismus 38, 4 2 , 1 7 8 , 1 8 2 Fußwaschung 8, 30, 62, 7 2 , 7 6 f r . , 82, 1 4 6 , 1 6 7 , 203 Gehorsam 7, 14, 55, 63 f., 71, 88, 146 Gemeinschaft 57f., 65, 74, 87, 93, 96,125,147, 150, 160, 200, 210 German Baptist Brethren 12, 33, 126 Gesang 20, 22, 27, 32, 36, 56, 76, 86, 119 Gesetzlichkeit 60, 66, 71 f Gewalt 22, 63, 125, 203 Gewaltlosigkeit 14, 28, 40, 63t., 108, 121, I2jf., 198, 208 Gewissen 22, 41, 61, 101, 192, 196, 204, 208 ff. Gottesdienst 27, 32, 56, 58, 70, 78, 83 fr., 90, 95 Handauflegung 72, 74, 80, 85, 203 Heiliger Geist 27, 57, 69, 72, 74, 80, 91 ff., 96, 1 9 2 f r . , 203 f., 206 Heiligung 27, 75, 78 Herrnhuter Brüdergemeine, siehe Mährische Brüder Herrschaft Christi 56 fr., 87, 205 t. Indianer 21, 104, 149, 163 Individualismus 16, 73, 93 f. Integrität 64t Internationaler Versöhnungsbund 181 Jahreskonferenz (-Versammlung) 8 , 2 1 , 2 4 f r . , 36f., 47, 49, 59, 70, 80, 84, 9 0 f . , 96, 9 8 f r . , 109t., 123, 125, 129t., 140, isoff., 169, 171, 173. 178, 182f., 204, 208f.
232
Sachregister
Juden 20, 108, 144 Jüngerschaft, radikale 52ff., 94f., 179, 182, 184 Jugend 43, 76, 81, 103, 108, I i 9 f . , 129, 202
Neue Täufer 11, 72 Nonkonformität 59ff., 81 N o r m 56L, 73, 95
Katholiken 14, 70, 72, 141, 163, 165 Kinderweihe 73, 75 Kirchenbegriff 179, 184 Kirchenraum 26, 70, 76, 84f., 147 Kirchenverfassung 46, 58, 88 ff. Kirchenzucht 14, 18, 40, 58, 85, 90, 92 Kloster 20, 60
Obrigkeit 14, 73, 82, 94, 144, 197, 200f., 204, 209 Ökumene 7, 46, 49, 59, 86, 93, 95t., 118, 139, 167fr., 206 Ökumenischer Rat der Kirchen 7, 42, 59, 137L, 172fr., 204, 206f. Old German Baptist Brethren (Old Order)
Kolonie (Siedlung) i8f., 25, 34 Konfirmation 75 Kongregationalisten 8, 36, 48, 89, 154 Kopfbedeckung 72, 81 Krankenölung 8, 70, 72, 79f., 203 Krieg 49, 63, 104, 106, 126L, 131, 197fr., 203, 205, 207, 209f. Bürgerkrieg, amerikanischer 29, 31,126,140 Unabhängigkeitskrieg 20, 22, 28, 123 Kriegsdienst 8, 13, 28, 4 0 t , 45, 64, I27f., 197, 208 ff. Kriegsdienstverweigerung 42, 45, 59, I27ff., 172, 176, 205L, 2I0ff. Kultur 61, 67, i o i f , 106L, 122 amerikanische Kultur 32, 112, 150 deutsche Kultur 7, 107, 150 Kuß, heiliger o. brüderlicher 71 f., 77, 80, 82, 203
37, 77, 91, 178, 197, 204 Ordination 8, 80, 82, 95 Ordnungen 8, 30, 68f., 71 f., 87, 95, 146, 203f.
Laie 27, 58, 161 Laienprediger 31 f. Landeskirchen 143 f. Leben, einfaches o. schlichtes 24, 30, 33, 65L, 81, 108, 201, 208 Lehre 28, 49, 52ff., 85, 89, 105, 108, 121, 183, 192ff., 205 Leiden 22, 83, 160, 199 Liebe 26, 63, 70, 73, 77, 80, 96, 139, 169, 198, 206, 209 Liebesmahl 8, 19, 27, 44, 48, 62, 72 Liturgie 32, 58, 70ff., 85 Lutheraner 7, 14, 28, 35, 141, 143 f., 152 Mährische Brüder 21, 104, 168 f. Mennoniten 11, 14, 18, 2 i f . , 28, 45, 61, 81, 128, 132, 138, 144, 150, 176, 179, 195, 197 Methodisten 28, 175 Militarismus 63, 65, 81, 208 Mission 7, i s f f . , 32, 38f., 46t., 58, 62t., 78, 80, 9S, 114, I 3 l f . , I43ff., 167, 170, I72f., 175L, 178, 180, 183 f., 201 ff Moral 25 f., 32, 34, 114L Nachfolge 53 fr., 69, 107, 203 Neger 140, 148
Passiver Widerstand 2 l o f . Pastor 8,23, 33, 3 6 , 4 7 , 7 6 , 7 9 , 9 0 , 1 5 7 , 2 0 1 , 2 1 1 Pazifismus 7, 42, 63, I26f., 167, 169 Pietismus 7, I2ff., 21, 56, 59, 74, 86, 105, 143, 179, 192, 203 Prediger 15, 25, 27, 35, 42, 48, 80, 85, 90, 107, 146, 155, 157 Predigt 25 f r , 75, 121 Priestertum, allgemeines 74, 81, 95 Presbyterianer 8, 175 Pouidoux-Konferenz 181 Quäker 11, 18, 21, 45, 61, 81 f., 128, 1 3 1 t , 168, 170, 176 Rechtsstreit 72, 83, 125, 203 Reformierte 7, 15, 17t., 70, 143L Reinheit 66, 78 Ritus 68, 73 f., 80, 87, 91, 143 Sakramente, siehe Ordnungen Schrifttum 2iff., 36, 39, 49, 72, 87, 105, n o f . , 121, 149, 180 Schulwesen 9, 12, 34, 38, 42, 73, I02f., 105, 107, i n , n 8 f f , 170, 201 Schwarzenauer Brüder 11, 18, 91 Separatismus 15, 18, 126, 128, 130, 140, 177 Sklaverei 24, 29, 63, 104, 140, i s o Sonntagsschule 36, 43, 84, 91, 105, 107, I I I , Ii8ff., 170, 201 Soziales Engagement 9, 62, 123fr, 141, I57f., 165, 171fr. Sozialfragen 31 f., 42, 50 Spaltung 37, 90f.. 105, 147 Staat 70, 73, 123, I 2 5 f f , 210, 212 Staatskirche 12, 15, 168 Steuer 23, 40, 197, 208, 2 l l f . Taufe 7, I2f., 16, 19fr., 25, 48, 68, 70fr., 82, 94, 108, 142fr., 167, 192fr., 203 Kindertaufe 73, 193 Temperenzbewegung 77, 124
Namen- und Ortsregister United Brethren 12 Universalismus 28 Untertauchen 7f., I2f.,21,70,72f., 142,167,203 Verfolgung ioóff, 121, 123, 128, 145 Verpflichtung 43, 51 £ , 56fr, 61, 69 Versöhnung 28, 96, 172, 203, 205
233
Waffenloser Dienst 40, 126, 176, 202, 210 Wiedergeburt 68, 74, 78 Willen Christi 56fr., 206, 208 £. Willen Gottes 93, 95t., 100, 183, 193, 198, 200, 207, 213 Zölibat 14, 20
NAMEN- UND ORTSREGISTER
Adams County 24 Äthiopien 46 Alabama 152 Alastheir 155 Amana 13 Ammann, J. 31 Amsterdam 173 Anderson 180 Anklesvar 157 f. Ann Arbor 44 Antes, H. 169 Arizona 175 Arkansas 140 Arnold, G. 12 Ashland 8, 38, 114 Ayadin 154 Ayannax 155 f.
Bulsar i$6i.
Baltimore 32, 140 Basel 15 Baugher, N. J. 174 Becker, P. 19, 145 f. Beissel, K. igf., 105, 146, 148 Berlin (Pen.) 37 Bern 18 Blake, E. C. 181 Böhme, J. 12 Bombay 156 Bonhoeffer, D. 60, 63 Bowman, B . 28 Bowman, P. H. 172 Bowman, R. D. 172 Bremen 135 Bridgewater 114, 116 Broadway 113 Brubaker, L. 133 Brumbaugh, H. B . 85 Brumbaugh, M. G. 40, I03f., 124, 14s Buffalo 13, 24 Buffalo Mills n 3
Dänemark 39, I52f. Damaskus 74 Dehanu 157 Delaware 139 Deutschland 14, 20, 46, 102, 106, 120, 135ft, 148, 177 Dippel, J. K. 15 Dock, Ch. 105 Dove, F. D. 106, 116, 149 Düsseldorf 145
Burg Kaltenstein 135 Calderón 163 ff. Campbell, A. 28 Cassel, A. 110, 112 Chibuk 161 f. Chicago 42, 44, 47, 114, 140, 152, 179 China 7, 45f., 114, 133fr., I59f-, 175, 205 Cleveland, H. 134 Colorado 33, 140 Conestoga I9f., 25, 146fr. Connecticut 175 Cordier, A. 43 t., 174 Coventry 19, 146 Crozer 42 Cumberland 24
Early, H. C. u s f . Eberbach 19 Eby, E. 153 Eby, K. 43 f. Eddy, S. 202 Eder (Fl.) 15 f., 143 Edingburgh 171 f. Edwards, M. 20f., 85, 148 Eikenberry, I. 163 Ekuador 7, 46, 156, 163fr., 17s, 205 Elgin 7, 36, 47
234
Namen- und Ortsregister
Elizabethtown 114, n 6 Elkhart 44, 179 Ellis, Ch. C . 42 England 46, 106 Ephesus 154 Ephrata 20, 105, 146 Eriekanal 9 Eskildsen, C . C . 153 Falckners Swamp 146 Falfurias 139 Faris, E. 30 Fayette County 24 Fercken, G. J. I54f. Florida 139, 150 Flory, J. S. 101, 151 Franke, A . H. 13, 15 Frankreich 13, 46, 120, 155 Frederick, I. 146 Frederick, V . 146 Frey, A . 21 Friesland i8f., 145, 148 Fry, D . 153 Garkida iöof. Garver, D . M . 126 Genf 7, 156, 174 Georgia 20 Germantown 19fr., 32, 84,90,103,105 fr., 121, 123, I45ff., 169 Goebel, M . 15 Goshen 41, 179, 197 Green, W . J. 133 Griechenland 134, 138 Groff, W . F. 177 Gruber, E. L. 13, 102 Halle 15 Hamburg-Altona 17 Han, M . G. 159 Hansen, Ch. I52f. Harrisonburg 29 Hayes, D . n o Heiser, A . D . 160 Herrnhaag 21 Hickory Grove 152 Hochmann von Hohenau, E. Ch. 15, 17, 144 Hoecker, L. 105 Hoff, E. B . 42, 118 Holsinger, H . R. 36fr., 110 Hope, Ch. 39, 152f. Homing, J. 165 Hostetier, J. 28 Huntingdon 113 Idaho 33, 150 Illinois 7, 24, 39, 106, 109, 175
Indiana 7, 24, 28 f., 43, 106, 108, 139, 149 Indien 7, 114, 156fr., 170, 175L, 205 Indonesien 66f., 175 Ioannina 138 Iowa 24, 106, 109 Italien 46, 134 Izmir 154 Jalapor 157 Japan 46 Jerusalem 170 Jülich 17, 145 Jung-Stilling 15 Kalifornien 7, 24, 114, i j o f . Kanada 43, 150 Kansas 7, 33, 106, 109t., 150, 175 Karl August, Herzog 143 Kassel 136 Kentucky 24, 28, 106, 108 Kesler, B . E. 40 Kiergegaard, S. 52, 55f. Kinsey, S. 37 Kline, J. 25t., 29, I50f. Korea 208 Krefeld I7f., 145 Kuba 150 Kulp, H. S. 160 Kurtz, D . W . 42, 116, 172 Kurtz, H. 26, 35f., 39, n o , 112 Lagro 129 La Guardia, F. H. 134 Lahn (Fl.) 15 Lancaster County 20, 146 Lancy 155 Landert, S. 146 Las Delicias 163 Lassa 161 La Verne 114 Leatherman, J. 25 Liao C h o w 159 Liebe, C h . 18 Linville Creek 151 Linz 137 Logan County 24 Louisiana 33 Luther, M . 73 Mack, A . (jun.) 22, 55, 73, 76, 78, 105, 143 f. Mack, A . (sen.) I5ff., 71, 73, 87,102, 107, 121, 144 Maine 152 Mallott, F. E. 23 Manchester 44, 116 Mannheim 15 Marienborn 145
Namen- und Ortsregister Marienborn b. Büdingen 17 Maryland 7, 20, 25, 31, 148 t. Massachusetts 175 Mayer, J. 146 McPherson 114 Mifflin County 113 Miller, D. L. 39, 107, 110, 112, 154 Miller, J. 113, 1 3 1 , 152 Miller, M. 139 Miller, O. 176 Miller, P. 74 Miller, R. H. 1 1 2 Minhasa 166 Minnesota 129 Mississippi (Fl.) 33, 106, 149 Missouri 24, 28 Moers 18 Möhler, L. 156 Möhler, P. 156 Monogahela (Fl.) 24 Montana 150 Moomaw, I. W. 176 Morama 161 Mott, J. 202 Mount Morris 114, 1 1 6 Moyer, E. S. 154 Nanking 133 Nantua 154 Nead, P. 28, 37, 1 1 0 Nebraska 33, 43 New Delhi 180 New Vienna 1 1 3 New Windsor 46, V]JE New Yersey 20, 148 New York 140 Niederlande 13, 18 Nigerien 7, 50, ióoff., 175, 178 Nikodim, Metropolit 180 Noffsinger, J. S. 116 Nord-Dakota 33, 150 Nord-Karolina 20, 28, 148 f. North Manchester 114 Nyborg 204 Oak Brook 47, 118 Österreich 46, I3Sff. Ohio 7, 24, 35, 37, 44, 102, 106, 149 Ohio (Fl.) 24 Oley 146 On Fun 159 Oregon 24, 33, 149, 151 Oxford 171 £. Pahokee 140 Panama 24 Parker, J. D. 89
235
Pellet, A. 156 Penn, W . 196 Pennsylvanien 7t, i8f., 22, 31, 35, 40, 42t., 81, 103, 107, 123 f., 145, 149, i68f., 175, 195 fPequea (Fl.) 146 Pfalz 14, 17, 19, 145, 192 Philadelphia 63, 102, 124, 145 Pike, J. A. 181 Ping Ting Chow 159 Pittsburg 24 Poland n o Polen 46, 134t. Prag 181 Price, I. n o Pricetown 21 Puerto Rico 124, 129, 163 Quinter, J. 36, n o , 112, 151 Quito 163 Rhoades, J. B. 176 Rock, J. F. 13 Rosenberger, I. J. 38 Row, W. H. 45, 177, i8o£. Royer, J. G. 148 Ryan, B. 156 San Franzisko 181 Santo Domingo 163 Sauer, Ch. (jun.) 22, I02ff., 148fr. Sauer, Ch. (sen.) 22, 103 fr., 148 Sayler, D. P. 151 Sayn Wittgenstein, Graf Henrich Albrecht i6f. Shanghai 159 Schriesheim 15 Schwarzenau 15 fr., 143 f. Schweden 153 Schweiz 13, 17, 39, 145, I55f. Shäfer, J. 146 Sharp, S. Z. 110, 1 1 2 Sie, K. S. 133 Skippack 146 Smeltzer, R. 140 Solingen 17, 145 Spanien 44, 132, 134 Stone, B. 28 Stover, M. E. 156 Stover, W . B. 156 Stover, W. S. 39 Straßburg 15 Sturgis, D. 152 Stump, J. 139 Süd-Karolina 20, 28, 148 t. Surhuisterveen 18, 145
236
Namen- und Ortsregister
Tennessee*24, io8, 149, 152 Texas 33, 139 Thalham 138 Tillich, P. 72 Tschechoslowakei 134 Türkei 153 fr. Union 24 Vandenberg, A . 44 Vanderbilt 42 , j Vietnam 208 Virginia 7, 20, 28£., 106, 148fr., 175 Voltaire 20 Vyara 157 Wandali 161 Washington 33, 150 Washington (D. C.) 41, 128, 132, 140 W e k a 161 West, D . 41, 132, 134, 141, 177 Wetterau 19 Wetzel, P. 153 White Oak 147
W i e n 138 Wieand, A . C . 42, 118 Williams, J. H. 170 Wilson, R. 176 Wilson, W . 127 Winchester, E. 103 Winger, O . 126 Winona Lake 38f. Wittgenstein 15 ff., 145 Wolfe, G. (jun.) 24 W o l f e , G. (sen.) 24 W o l f e G. 24 W o l f e , J. 24 Württemberg 15 Wupper (Fl.) 17
Yale 42 Yereman, O . H. 157 Ziegler, E. K . 173, 176 Zigler, M . R. 41, 128, 136, 138, 151, 171 ff. Zinzendorf, Graf N . L. 13, 21, 168f. Zwingli, H. 72
In der Reihe „ D i e Kirchen der W e l t " sind außerdem erschienen: Band IV
Die Kirche von England und die anglikanische Kirchengemeinschaft Herausgegeben v o n Hans Heinrich Harms 258 Seiten, Leinen DM
32,—
(Subskriptionspreis D M 28,20) . 1966 „Dieser Sammelband vereinigt eine Reihe v o n Aufsätzen anglikanischer T h e o logen, die eigens für diese deutsche Veröffentlichung verfaßt wurden . . . Die 11 in diesem Band vereinigten Beiträge behandeln die Geschichte der Kirche v o n England, ihre gottesdienstliche Tradition, die zentrale Frage v o n apostolischer Sukzession und A m t , die evangelikale und anglokatholische theologische T r a dition, die Ausbildung z u m geistlichen A m t , die anglikanischen Ordensgemeinschaften, die anglikanische Kirchengemeinschaft, das Verhältnis v o n Staat und Kirche, die gegenwärtigen Probleme und Aufgaben der Kirche und die B e ziehungen zu anderen Kirchen. Ein nützlicher statistischer Überblick schließt den Band ab . . . D i e lebendige, selbstkritische und immer die größeren Z u sammenhänge aufzeigende Darstellungsweise der verschiedenen Beiträge bestätigt erneut die besondere Begabung der Engländer, Biographien zu schreiben, auch Selbstbiographien ihrer K i r c h e . "
Lutherische Rundschau
Band V
Die Brüder-Unität Herausgegeben v o n Heinz Renkewitz 288 Seiten, Leinen DM
2g,50
(Subskriptionspreis D M 26,—) . 1967 „ A u f g r u n d des Erscheinens des 5. Bandes dieser Reihe kann den Herausgebern und d e m Verlag nur erneut für eine .Konfessionskunde' dieser A r t gedankt werden. Diese Selbstdarstellungen vermitteln jeweils durch die Mannigfaltigkeit ihrer Beiträge nicht nur ein objektives Bild der einzelnen Kirchen, sondern auch etwas v o n dem Reichtum ihres Lebens und ihrer Geschichte. Das trifft in besonderer Weise für die Brüder-Unität zu, die in der Tat ein .besonderes Phänomen innerhalb des Protestantismus' ist. Es ist lohnend, sich mit dieser zahlenmäßig sehr klein erscheinenden evangelischen Kirche zu beschäftigen, denn ihr ist in der Christenheit bis heute ein einzigartiger und immer wieder neuer A u f trag zuteil geworden, da sie einerseits entscheidende Anstöße zur Mission in der Neuzeit vermittelt hat, andererseits sieht sich die Brüdergemeine nicht erst seit dem ökumenischen Zeitalter z u m .Dienst für die Einheit der Christen' b e r u f e n . . . A u c h die mitabgedruckten Kirchenordnungen können nur z u m sorgfältigen Studium empfohlen werden, da sie wertvolle W e g w e i s u n g enthalten." Wort und Tat
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Band VI
Der Methodismus Herausgegeben von Ernst Sommer 336 Seiten, Leinen DM 32,— (Subskriptionspreis D M 28,20) . 1968 „Diese Darstellung des Welt-Methodismus wird von C. Ernst Sommer, dem Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche Deutschlands, herausgegeben. Die 14 Kapitel geben einen umfassenden Querschnitt durch das reformatorische Erbe, wie es im Methodismus und in den methodistischen Kirchen entfaltet wurde. Wenn das herausragende ökumenische Ereignis des Jahres 1968 die VI. Weltkirchenrat-Vollversammlung in Uppsala war, dann darf daran erinnert werden, daß die Methodisten in der ökumenischen Bewegung keine geringe Rolle gespielt haben . . . Die Aufsätze führender deutscher und amerikanischer Methodisten über das ökumenische Gespräch, über den Gottesdienst, Amt, Mission, Evangelisation, Laiendienst, Diakonie und viele andere Lebensäußerungen dieser Kirche machen deutlich, wie sich die methodistische Tradition in die große ökumenische Bewegung einfügt und welche Aufgaben sie heute in ihrem Rahmen für die christlichen Kirchen und für die Umwelt erfüllen kann." Courier Band VIII
Die Mennoniten Herausgegeben von Hans-Jürgen Goertz 286 Seiten, Leinen DM 32,— (Subskriptionspreis D M 28,20) . 1971 Dieses Buch beschreibt eine Gemeinschaft, die auf die älteste „Freikirche" im Protestantismus zurückgeht: das Täufertum der Reformationszeit. In den mennonitischen Gemeinden lebt der Gedanke fort, den Glauben frei von staatlichem Einspruch oder Zwang, gebunden nur an das Wort und den Geist Jesu Christi zu verwirklichen. In dieses Konzept einer „Gemeinde der Gläubigen" fügen sich als besondere Merkmale die Glaubenstaufe und der christliche Pazifismus ein. Allerdings ist die täuferische Glaubensbewegung bald im Martyrium geschwächt worden, und ihre geistliche Vitalität ist erloschen. Die unruhigen Täufer sind zu den „Stillen im Lande" geworden. — Heute ist im Mennonitentum der bemerkenswerte Vorgang zu beobachten, daß es sich aus dem Geist des Täufertums erneuert. Die Mitarbeiter dieses Bandes versuchen bewußt diesen Prozeß der Erneuerung zu verarbeiten und zu beschreiben. — Daß in den einzelnen Beiträgen dabei ganz gegensätzliche Argumentationen und Urteile zum Ausdruck kommen, erhöht den Reiz dieser Lektüre.
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