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German Pages 144 Year 2013
Band 740
Bernd Schmelz
Die Inka Geschichte und Kultur
Verlag W. Kohlhammer
Alle Rechte vorbehalten © 2013 W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Umschlag: Gestaltungskonzept Peter Horlacher Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH + Co. KG, Stuttgart Printed in Germany ISBN: 978-3-17-021629-7
Inhaltsverzeichnis
1 Einführung: Wer waren die Inka? . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Räumliche Ausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Inka-Forschung in Geschichte und Gegenwart . . . . . 1.3 Quellen zur Erforschung der inkaischen Geschichte .
7 7 8 11
2 Geschichte der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1 Mythologie der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Mythologische Erzählungen und archäologische Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Entstehung und Entwicklung des inkaischen Reiches 2.4 Inka-Herrscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15 19 20 21
3 Staat und Gesellschaft der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . 37 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10
Der herrschende Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Familienverband des Inka – panaca . . . . . . . . . . . Die »Regierung« des Inkareiches . . . . . . . . . . . . . . . . Das allgemeine Volk (hatun runa) . . . . . . . . . . . . . . . . Die Verwandtschaftsgruppe ayllu . . . . . . . . . . . . . . . . Abgaben, Tribute, Arbeitspflichten . . . . . . . . . . . . . . Verwaltungszentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innenpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Außenpolitik – das Mittel der Eroberung . . . . . . . . . Justiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37 41 42 48 48 50 52 53 55 59
4 Die Wirtschaft der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 4.1 4.2 4.3 4.4
Grund und Boden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61 62 67 69
6
Inhaltsverzeichnis
5 Religion der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7
Götter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Priester und aclla . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Huaca . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kalender und Peillinien als Voraussetzung für den Kult Die Opferzeremonie capac cocha . . . . . . . . . . . . . . . . . Coca als religiöse Pflanze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Religionspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
70 73 76 77 79 82 83
6 Alltag und Feste bei den Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 6.1 Lebenszyklus der Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Feste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84 85
7 Militärwesen und Krieg bei den Inka . . . . . . . . . . 89 8 Handwerk und Kunst bei den Inka . . . . . . . . . . . . 96 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Webkunst und Kleidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keramik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Federkunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Metallkunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Architektur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Städtebau der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
97 101 102 103 105 110
9 Das Ende des Inkareiches: Eroberung durch die Spanier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 10 Die Kolonialzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 11 Das Erbe der Inka . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 12 Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 13 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 14 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 15 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
1
Einführung: Wer waren die Inka?
1.1
Räumliche Ausbreitung
Maya, Inka und Azteken sind die bekanntesten Kulturen aus der voreuropäischen Zeit in Mittel- und Südamerika. Sie sind uns bis heute durch ihre herausragenden Kulturleistungen, die sie vollbracht haben, fest im Gedächtnis und Bewusstsein verankert. Ist es in Mittelamerika vor allem die Entwicklung des Kalenderwesens und der Schrift, die Kenntnisse der Astronomie und die gewaltigen Pyramiden, die uns beeindrucken, so ist es in Südamerika bei den Inka die perfekte staatliche Organisation und die kunstvolle Architektur. Die Inka schufen den größten Staat, den es in Amerika vor Ankunft der Europäer gab. Zur Zeit der Ankunft der spanischen Eroberer zu Beginn des 16. Jahrhunderts erstreckte sich das Inkareich von Südkolumbien bis Mittelchile über 4500 Kilometer Länge und einer Breite von etwa 500 Kilometern. Etwa 10 Millionen Menschen, so schätzt man heute, haben in diesem Staat gelebt. Die Inka nannten ihr Reich Tahuantinsuyu, wörtlich »die vier zusammengehörenden Teile«. Diese vier Regionen waren das Chinchaysuyu, das vom heutigen Peru über Ecuador bis in den Süden Kolumbiens reichte. Das Collasuyu, zu dem das südliche Peru, Bolivien, NordwestArgentinien und Nord- und Mittelchile gehörten. Das Cuntisuyu im Westen und das Antisuyu im Osten erstreckten sich in Peru zum Pazifik und in die Ostanden. Mittelpunkt und Schaltzentrale des gesamten Reiches war Cuzco als Hauptstadt und aus Sicht der Inka war ihre Hauptstadt der »Nabel der Welt«.
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1.2
Einführung: Wer waren die Inka?
Inka-Forschung in Geschichte und Gegenwart
Schon die Inka selbst legten großen Wert auf die eigene Geschichte. Vor allem im Rahmen von mündlichen Überlieferungen wurden viele historische Ereignisse von Generation zu Generation weiter gegeben. Viele Taten der Vorfahren wurden glorifiziert, vor allem die einzelner Personen. Die mündlich überlieferte Geschichte war wichtig für die Identität des eigenen Volkes, sie legitimierte die Ausbreitung der Inka und trug wesentlich zu einem Zusammengehörigkeitsgefühl bei. Bei den Inka gab es regelrechte Geschichtsexperten, die sogenannten amauta, die »Weisen«, deren Aufgabe es war, historische Kenntnisse über das eigene Volk, das Wissen über die Entstehung der Welt und die Einbindung der Menschen in den Kosmos an die Jugend weiter zu geben. Von Forschung kann man in dieser Zeit noch nicht sprechen, da das Wissen mehr auf Erfahrung und Wissbegierde beruhte. Die Ankunft der Spanier und die Eroberung des Inkareiches im 16. Jahrhundert bedeuteten einen radikalen Einschnitt in die Geschichte und das Leben im Andengebiet. Die Spanier zeigten von Beginn an ein großes Interesse an der Geschichte der Inka. Schon die ersten Augenzeugen der spanischen Eroberung wie z. B. der Soldat Pedro Cieza de León (1550), hielten wichtige Informationen zur Geschichte der Inka schriftlich fest. Sehr schnell folgten ihm auch spanische Geistliche und Verwaltungsbeamte. Dies bedeutete einen Einschnitt in die Geschichtsschreibung der Inka, da diese bis dahin nicht schriftlich, sondern in erster Linie durch mündliche Tradition festgehalten wurde. Es folgten im 16. und 17. Jahrhundert auch eine ganze Reihe von Autoren indigener Abstammung, wie Titu Cusi Yupanqui (1570), Garcilaso de la Vega (1606), Juan de Santacruz Pachacuti Yamqui (1613) oder Felipe Guaman Poma de Ayala (1615). Hinzu kamen Geistliche, die selbst keine Augenzeugen waren, die aber durch intensive Befragungen und zum Teil auch schon durch Studium vorhandener Quel-
Inka-Forschung in Geschichte und Gegenwart
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len, wie Berichte von Geistlichen, Soldaten oder Verwaltungsbeamten, viele wichtige Details des ehemaligen Inkareichs dokumentierten. Zu nennen sind hier z. B. José de Acosta (1550) und Bernabé Cobo (1553). Bereits hier wird deutlich, dass bei der Auswertung dieser historischen Schriftquellen eine strenge Quellenkritik angesetzt werden muss. Bei jeder Quelle muss man beachten, wer der Autor ist, welchen biografischen Hintergrund er hat und welche Stellung er in der jeweiligen Gesellschaft innehatte. Auch die Intention des Verfassers und an wen die Quelle ursprünglich gerichtet war, gilt es zu hinterfragen. Waren es im 17. und 18. Jahrhundert vor allem Verwaltungsund Missionierungsinteressen, die für wichtige Quelleninformationen über die Kultur der Inka sorgten, so kamen im 19. Jahrhundert ganz neue Forschungsinteressenten hinzu. Mit der beginnenden politischen Unabhängigkeit vom spanischen Reich und der Gründung neuer Nationalstaaten in Südamerika kam es zu einer Öffnung für Forschungsreisende und Wissenschaftler auch anderer europäischer Staaten und der USA. Die Erforschung der inkaischen Geschichte und das Interesse daran profitierten davon. Wichtige Autoren in jener Epoche waren z. B. der US-amerikanische Journalist und Diplomat Ephraim George Squier und der englische Geograph Clements Markham. Ab Beginn des 20. Jahrhunderts gaben in zunehmenden Maße peruanische Historiker und Intellektuelle wie José de la Riva Agüero oder Victor Andrés Belaunde wichtige Impulse in Bezug auf die Erforschung der inkaischen Geschichte. Sie studierten die Chroniken der Kolonialzeit und die Organisation des inkaischen Staates. Belaunde sah im Tahuantinsuyu einen militaristischen und expansiven Staat. Dieses Bild unterschied sich von dem, das der Deutsche Heinrich Cunow (1895) entworfen hatte. Dieser war einer der ersten, der das Funktionieren der inkaischen Gesellschaft studierte und der im Funktionieren des Familienverbandes ayllu einen Ausdruck von Agrarkommunismus sah. Später war es der Franzose Louis
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Einführung: Wer waren die Inka?
Baudin (1928), der das sozialistische Bild von den Inka verbreitete. Atlantischer Ozean
Caracas
Panamá
VENEZUELA
PANAMA
Georgetown Cali
Bogotá
Or
KOLUMBIEN
ino
SURINAME Paramaribo Cayenne
GUYANA
co
FRANZ. GUYANA
Quito
ECUADOR
Belém
nas
Guayaquil
Amazo
Iquitos Cajamarca
PERU Lima
BRASILIEN Machu Picchu Cuzco
Titicacasee
Tiahuanaco
Pazifischer Ozean
BOLIVIEN Brasilia
La Paz Sucre
Rio de Janeiro
PARAGUAY Asunción
São Paulo
CHILE
Santiago de Chile
URUGUAY Buenos Aires
Montevideo
ARGENTINIEN
Atlantischer Ozean
Das Tahuantinsuyu zur Zeit der spanischen Eroberung
Karte 1: Das Tahuantinsuyu zur Zeit der spanischen Eroberung
Quellen zur Erforschung der inkaischen Geschichte
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In den 1920er Jahren beschäftigten sich in Peru die sogenannten Indigenisten mit der indigenen Bevölkerung ihres Landes. Dies gab auch der Erforschung der Inka-Geschichte neue Impulse. In diesem Zusammenhang ragt vor allem der peruanische Historiker und Ethnologe Luis E. Valcárcel heraus, der die Informationen aus den spanischen Chroniken mit den Daten aus archäologischen und ethnologischen Forschungen verglich. So entstand eine neue und auch heute noch wichtige Methode, die inkaische Geschichte zu studieren. Diese Herangehensweise fand ihre Fortsetzung in den Arbeiten auch international bedeutender Historiker wie die der US-Amerikaner John Howland Rowe und John V. Murra oder der peruanischen Inka-Spezialisten wie Franklin Pease G. Y., Waldemar Espinoza Soriano oder Maria Rostworowski de Diez Canseco. Auch in der gegenwärtigen Forschung werden auf möglichst viele Quellengattungen zurückgegriffen. Interdisziplinäres Zusammenarbeiten ist zu einer weltweiten Selbstverständlichkeit geworden. In Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien, alles Länder, in denen das Inkareich seine Spuren hinterlassen hat, gibt es Forscher, die nicht nur in den einheimischen Forschungsinstitutionen tätig sind, sondern auch in internationale Kooperationen eingebunden sind. Archäologen, Historiker, Sprachforscher, Musikwissenschaftler, Botaniker, Zoologen, Mediziner und Ethnologen arbeiten nach den vorhandenen Möglichkeiten projektbezogen zusammen. Bedeutende Inkaforscher gibt es nicht nur in den heutigen lateinamerikanischen Ländern, sondern in allen Teilen der Welt.
1.3
Quellen zur Erforschung der inkaischen Geschichte
Im Gegensatz zu Völkern Mittelamerikas, gab es in Südamerika in voreuropäischer Zeit keine Schrift. Dennoch gab es bei
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Einführung: Wer waren die Inka?
den Inka bestimmte Symbole, wie z. B. die tocapu genannten Zeichen, die auf Textilien oder auch Keramiken immer wieder auftauchten. Ihre Bedeutung ist uns trotz vielfältiger Deutungsversuche, auch als eine Art von Schriftsystem, bis heute verschlossen geblieben. Ein wichtiges Medium für Aufzeichnungen waren die Knotenschnüre quipu. In erster Linie wurden damit bestimmte Mengen registriert. Man vermutet, dass es quipu gab, die auch historische Informationen enthielten. Wie detailliert diese Aufzeichnungen waren, konnte bisher nicht geklärt werden. Obwohl sich etliche quipu aus inkaischer Zeit erhalten haben, konnten solche mit historischen Inhalten noch nicht entsprechend gedeutet werden. So wurden zunächst vor allem mündliche Überlieferungen der Inka und anderer Völker des Andengebiets zu einer wichtigen Quelle zur Geschichte der Inka, die nach der Eroberung durch die Spanier auch schriftlich fixiert wurden. So war man lange Zeit bei der Rekonstruktion der inkaischen Kultur weitest gehend auf die spanischen und indigenen Chronisten des 16. und beginnenden 17. Jahrhundert angewiesen. Erst ab dem 20. Jahrhundert ist man dazu übergegangen, auch andere Quellenarten heranzuziehen. Immer mehr erkannte man die Bedeutung von Verwaltungsakten unterschiedlichster Art. Gemeint sind z. B. Petitionen an die spanische Verwaltung und Kirche, Gerichtsprozesse oder Testamente. Als wichtig stellte sich hierbei auch heraus, dass die Indianer darin selbst zu Wort kamen. Auch die zunehmende Erschließung von Dokumenten, die nicht aus dem zentralen Bereich um Cuzco, sondern aus den Provinzen des Reiches stammten, war von großer Bedeutung. Von den Unterworfenen und von den in das Reich eingegliederten Menschen her gesehen erscheint das Bild des Inkareiches oft anders als von den Quellen, die ihre Angaben von Mitgliedern der inkaischen Oberschicht erhalten haben. Seit einigen Jahrzehnten stehen in verstärktem Maße zudem die Ergebnisse archäologischer Forschungen als Quellen zur Verfügung. Dies ist eine wichtige Ergänzung zu den Schrift-
Quellen zur Erforschung der inkaischen Geschichte
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quellen, da dadurch die Kenntnisse von Geschichtsabläufen und vielen Faktoren der inkaischen Kultur verfeinert werden. Archäologische Befunde können sogar Aussagen in den Schriftquellen widerlegen. Die Archäologie erbringt aber auch unabhängig von den Schriftquellen sehr viele Erkenntnisse, die sich bei diesen gar nicht oder nur sehr rudimentär wiederfinden. Als Beispiel sei hier nur die Siedlungsarchäologie genannt, die in den letzten Jahren entscheidende Erkenntnisse geliefert hat. So wird es in der Zukunft sehr wichtig sein, die archäologische Forschung voranzutreiben. Dies ist aber nicht so einfach, da die archäologische Forschung zumeist sehr aufwendig und kostenintensiv ist. Viele Hinterlassenschaften der Inka befinden sich noch unter der Erde, die es systematisch zu erschließen gilt. Erschwert wird die archäologische Forschung auch durch bauliche Gegebenheiten, wie z. B. in der Stadt Cuzco, in der inkaische Bauten schon in der frühen Entdeckungs- und Eroberungszeit zerstört und mit neuen Gebäuden überbaut wurden. Viele für die Inka wichtigen Plätze und Kultorte gingen so verloren. Dennoch sind unter den später errichteten Bauten und Straßen noch viele Spuren inkaischer Geschichte zu erwarten. Darauf wiesen schon die Pioniere der andinen Archäologie, wie der Deutsche Max Uhle (1856 – 1944) und der Peruaner Julio C. Tello (1880 – 1947) hin. Archäologische Forschung übt auch auf Laien eine große Faszination aus. Viele Dokumentarfilme im Fernsehen und populärwissenschaftliche Publikationen im Buchhandel zeugen davon. Auch die Inka und andere altandine Kulturen sorgten stets für ein großes Interesse. Diese Faszination regte auch immer wieder Autoren zu pseudowisenschaftlichen Überlegungen und Abhandlungen an. Landung von Außerirdischen, Auswanderung von Karthagern und Kelten nach Südamerika, altperuanische »Heißluftballonfahrer«, japanische und polynesische Ozeanüberquerer, die Bandbreite der Überlegungen und Spekulationen ist groß. Auch wenn sich solche Nachforschungen zumeist als Hirngespinste erwiesen, waren sie doch immer auch bereichernd für die Beschäftigung mit
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Einführung: Wer waren die Inka?
vergangenen Kulturen. Sie tragen auf jeden Fall mit dazu bei, das Interesse bei einem größeren Publikum wachzuhalten oder gar erst zu erwecken, das sich nicht von Berufswegen damit beschäftigt.
2
Geschichte der Inka
2.1
Mythologie der Inka
Die Inka pflegten wie alle anderen Völker des Andengebietes eine ausgeprägte orale Tradition. Nach ihrer eigenen Überlieferung waren sie ursprünglich nicht mehr als eine Gruppe verwandter Familien, die nach Cuzco eingewandert waren. Als mythischen Ursprungsort sahen sie Pacaritambo an, das 100 Kilometer südlich von Cuzco lag. Ihren Staat und damit ihre Macht rechneten sie nach unserer Zeitrechnung bis etwa 1200 n. Chr. zurück. Dies war für die Staatsideologie sehr wichtig, da damit eine machtvolle Entwicklung der herrschenden Dynastien demonstriert wurde. Der Ursprung wurde auf einen göttlichen Willensakt zurückgeführt und damit die Verbindung zu den Göttern hergestellt. Deshalb kommt der inkaische Mythe eine wichtige Bedeutung für Selbstverständnis und Selbstbild der Inka zu. Ihr Mythos erzählt, dass die Sonne, die als Gott verehrt wurde, ein Paar aus dem Wasser des Titicacasees steigen ließ: Manco Capac und Mama Ocllo. Der Gott beauftragte das Paar mit einer Wanderung, um einen Ort zu finden, an dem sie ein Zentrum für ein mächtiges Reich gründen konnten. Die Sonne übergab ihnen einen Stab aus Gold, der ihnen helfen sollte, den richtigen Ort auf der Welt zu finden. Manco Capac und Mama Ocllo, die in Begleitung einer Gruppe von Gefolgsleuten waren, unternahmen einen langen Marsch nach Norden. Als sie in Pacaritambo ankamen, fanden sie eine Höhle, wo sie die Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen ordnete Manco Capac an, den Ort zu besiedeln. Dann setzten sie ihren Weg fort und kamen zum Berg Huanacaure, im Tal von Cuzco.
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Geschichte der Inka
Dort blieb der Stab im Boden stecken, das Zeichen, das sie erwartet hatten, um ihr Reich zu gründen. Sie teilten der dortigen Bevölkerung mit, dass sie die Abgesandten ihres Vaters, der Sonne seien. Sie unterrichteten sie in der Kunst des Webens, im Maisanbau, in der Herstellung von Terrassen und Bewässerungskanälen sowie in den Geheimnissen des Kriegswesens. Nach dieser Erzählung waren Manco Capac und Mama Ocllo die großen Kulturbringer in der Region von Cuzco. Durch die Mythe wird demonstriert, dass die ursprüngliche Bevölkerung von Cuzco durch die Inka eine Reihe von typisch andinen Kulturelementen annahm. Aus archäologischen Befunden wissen wir jedoch, dass es in dieser Region bereits vor den Inka wichtige kulturelle Entwicklungen gegeben hat. Elemente wie Architektur, landwirtschaftliche und handwerkliche Fertigkeiten sowie religiöse und weltanschauliche Vorstellungen standen bereits in viel älteren Traditionen. Zumeist geht man davon aus, dass Mythen auf einem gewissen historischen Kern beruhen. Auch von anderen Völkern des Andengebietes wissen wir, dass sie eine ausgeprägte mündliche Überlieferung in Hinblick auf ihre Herrscherdynastien hatten. Namen und Abfolgen bedeutender Persönlichkeiten wurden oft über viele Generationen hinweg weitergegeben. Insofern kann man davon ausgehen, dass die von den Inka überlieferten Namen ihrer früheren Anführer korrekt weitergegeben wurden. Ihre Taten waren sicherlich zu deren Ruhm ausgeschmückt. Manco Capac gilt demnach als der mythische Begründer des Inkareiches. Als Sohn des Sonnengottes, intip churin (»Sohn der Sonne«), hatte er göttlichen Status. Als Inka im eigentlichen Sinne wurden die Herrscher und ihre Nachkommen, die ihre Abstammung auf Manco Capac als mythischen Gründer der Dynastie zurückführten, bezeichnet. Mama Ocllo war die Schwester und Frau von Manco Capac. Diese familiäre und partnerschaftliche Verbindung bei den Herrschern wurde auf ein göttliches Gebot zurückgeführt. Diese Schwesternheirat bei Herrschern gab es auch bei anderen Völkern in den Anden.
Mythologie der Inka
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Abb. 1: Der Sohn eines Inka-Herrschers prostet als Heerführer dem Gott Sonne zu. Zeichnung von Felipe Guaman Poma de Ayala.
Einige Chronisten, wie z. B. Pedro Cieza de León, Felipe Guaman Poma de Ayala und Juan Betanzos, überlieferten noch
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Geschichte der Inka
eine andere mythische Erzählung über den Ursprung der Inka. Demnach soll es in der Nähe von Cuzco, auf dem Berg Tamputoco, drei Fenster oder Höhlen gegeben haben. Aus diesen kamen drei ethnische Gruppen hervor: Die Maras, die Tampus und die Ayar. Aus einer der Höhlen, genannt Capac Toco, kamen vier Brüder: Ayar Uchu, Ayar Cachi, Ayar Auca und Ayar Manco. Sie wurden von ihren Schwestern Mama Rahua, Mama Cora oder Ipacura, Mama Huaco und Mama Ocllo begleitet. Gemeinsam begannen sie mit der Suche nach einem geeigneten Ort, wo sie sich niederlassen konnten. Ihren Weg unterbrachen die Geschwister manchmal für eine Zeit und widmeten sich der Saat und der Ernte, bevor sie weiterzogen. Als sie sich in Guaynacancha aufhielten, wurde Mama Ocllo schwanger. Dort verblieben sie bis zur Ernte und setzten dann ihren Weg fort. Bei ihrem nächsten Halt in Tamboquiro wurde Sinchi Roca, der Sohn von Mama Ocllo und Ayar Manco geboren. Mit der Zeit entstand Neid zwischen den Brüdern und auch Furcht vor Ayar Cachi, der besondere magische Fähigkeiten entwickelt hatte. Mit Hilfe seiner Schleuder konnte er mit einem einzigen Schuss Berge umstürzen und Schluchten bilden. Die Brüder verständigten sich und baten Ayar Cachi zum Berg Tamputoco zurückzukehren, um einige Gegenstände abzuholen, die sie dort vergessen hätten. Als er dort ankam, trat er in die Höhle ein, um den Auftrag zu erfüllen. Er konnte aber nicht mehr heraus, da der Neid seiner Brüder den Eingang mit einem riesigen Stein verschlossen hatte. Die Brüder setzten ihren Weg ohne Ayar Cachi fort und hielten am Berg Huanacaure an. Dort flog Ayar Ucho, dem Flügel gewachsen waren, zur Sonne, um eine Botschaft abzuholen. Die Anweisung war, dass Ayar Manco der Anführer der Brüder sein sollte. Bei der Ankunft auf der Erde verwandelte er sich jedoch auf dem Berg Huanacaure in einen Stein. Die Brüder setzten ihre Suche fort und beschlossen, zwei Stäbe aus Gold zu schleudern und da wo sie stecken blieben, sollte ihr endgültiger Aufenthaltsort sein. Ein Stab blieb an
Mythologische Erzählungen und archäologische Befunde
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einem Ort namens Huaynapata stecken. Daraufhin befahl Ayar Manco seinem Bruder Ayar Auca voranzuziehen und sich den Menschen jenes Ortes vorzustellen. Ayar Auca begann den Flug und beim Berühren der Erde von Huaynapata verwandelte er sich ebenfalls in Stein. Eine weitere Legende sagt, dass an jenem Ort später der Tempel coricancha errichtet wurde. Ayar Manco soll hart mit der Bevölkerung der Gegend gekämpft haben, bis es ihm gelang, sie zu beherrschen und endgültig Besitz von Cuzco zu nehmen.
2.2
Mythologische Erzählungen und archäologische Befunde
Die archäologische Forschung hat sich in den letzten Jahren verstärkt mit mythischen Erzählungen beschäftigt. Ziel ist es, historische Kerne herauszuarbeiten oder auch zu widerlegen. Ausgrabungen südlich von Cuzco ergaben, dass die Inka schon um das Jahr 1000 n. Chr. in dieses Gebiet eingewandert sein müssen. Frühe inkaische Keramik belegt diese Einwanderung und die Ausdehnung des Inkareiches. Kriege und Konflikte sind bisher jedoch kaum nachweisbar, so dass man eher von gegenseitigem Austausch und Handel sprechen muss. Für die Zeit um 1400 stellten die Archäologen größere Veränderungen in der Siedlungsweise und in der materiellen Kultur fest. Es ist der Beginn des sogenannten imperialen Stils der Inka. Sehr ausgeprägt lässt sich dies anhand der Tonwaren feststellen. Die keramischen Produkte änderten sich von einer eher einfachen Machart hin zu einer hochwertigen mehrfarbigen Ware mit den für die Inka typischen Formen. Besonders bekannt wurden große Gefäße, die Amphoren gleichen. Diese, aríbalo genannt, hatten einen nach außen geschwungenem Ausguss und Griffe, die manchmal Lamaköpfen nachempfunden sind. Auch kunstvoll bemalte Holzbecher (kero) und sehr fein gearbeitete Textilien waren ab dieser Zeit besonders typisch für das kunsthandwerkliche Schaffen der Inka. Ihre
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Geschichte der Inka
Arbeiten in Ton, Metall, Holz und Stein zeugen in ihrer Klarheit und Eleganz für ein ausgeprägtes ästhetisches Gefühl.
2.3
Entstehung und Entwicklung des inkaischen Reiches
Bereits in den Quellen des 16. und 17. Jahrhunderts wird über den Ursprung des Inkareiches spekuliert. Nach Felipe Guaman Poma de Ayala liegt Cuzco dort, wo es vor den Inka eine Siedlung namens Acamama gab, zwischen dem Fluss Huatanay und dem Fluss Tullumayo. Dort hätten die Lares, die Poques und die Huallas gesiedelt. Sie hätten heftigen Widerstand gegen die inkaische Vorherrschaft geleistet. Auch andere Gruppen wie die Alcavizas, die Copalimaytas, die Ayamarcas und die Culumchimas hätten die inkaische Vormachtstellung nicht so einfach akzeptiert. In vielen Auseinandersetzungen und auch durch das geschickte Eingehen von Bündnissen setzten sich die Inka nach und nach durch. Mit der Zeit konsolidierten sich immer mehr als die Ethnie, die die Gegend um Cuzco beherrschte. Heute geht man davon aus, dass die inkaische Herrschaft in Cuzco um das Jahr 1200 begann. Die Ausweitung des Herrschaftsgebietes war mit einer gewissen Eroberungspolitik verbunden. Die Übergänge von einfachen Raubzügen, bei denen Beute gemacht und von den Besiegten Tribut eingefordert wurde, bis hin zu einer dauerhaften Unterwerfung waren vermutlich fließend. Je größer das Herrschaftsgebiet wurde, desto aufwendiger wurden die Mechanismen der Kontrolle und Verwaltung. In diesem Stadium war es notwendig, Verwaltungsfunktion und Sicherheit sicherzustellen, der Anfang des inkaischen Staates ist daher gerade in diesen beiden Anforderungen zu sehen. Ursprünglich waren die Inka wie ihre Nachbarn in Form eines Häuptlingstum oder Kazikentum, wie man diese politische Organisationsform in Bezug auf das Andengebiet nennt, organisiert. Ein Kazike war ein politischer Machthaber eines Stam-
Inka-Herrscher
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mes oder Volkes, dessen Macht auf gut funktionierenden Familienstrukturen basierte. Die Bezeichnung Kazike stammt ursprünglich aus dem zirkum-pazifischen Raum und wurde erst durch die Spanier im 16. Jahrhundert im Andengebiet eingeführt und verbreitet. Die ursprüngliche Bezeichnung war curaca. Ein wichtiger Unterschied zwischen der Organisationsform eines Kazikentums und eines Staates liegt in der Art der Besetzung der Funktionärsposten. Beim Häuptlingstum wurden diese in erster Linie vererbt und basierten auf der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Verwandtschaftsgruppe. Der Macht des obersten Anführers waren dadurch gewisse Grenzen gesetzt. In der Organisationsform Staat weitete sich die Macht des Herrschers aus. Er hatte nun die Möglichkeit, von sich aus und von ihm abhängige Funktionäre einzusetzen. Es bildete sich eine Art Funktionärsbürokratie, die notwendig wurde, weil sich der Machtbereich so ausgeweitet hatte, dass die eroberten Gebiete nicht mehr ausschließlich mit eigenen Familienmitgliedern oder mit Angehörigen der eigenen Ethnie verwaltet und besiedelt werden konnten. Mit der zunehmenden Ausweitung des eigenen Territoriums durch Eroberungen wurde der oberste Anführer, der Häuptling, der curaca der Inka, immer mächtiger. Auch wenn der Übergang vom Häuptlingstum zum Staat in Bezug auf den obersten Führer sicherlich ein Prozess war, kann man doch davon ausgehen, dass der Herrscher immer mehr zu einem Symbol des Reiches wurde. Er war der Sohn der Sonne, der unangefochtene Ideen- und Befehlsgeber eines zentralistisch geführten Staatswesens.
2.4
Inka-Herrscher
Über das Leben und die die Taten der ersten sieben Herrscher gibt es verschiedene mündliche Überlieferungen der Inka die im 16. und 17. Jahrhundert auch aufgezeichnet wurden. Die Angaben zu den einzelnen Persönlichkeiten haben jedoch eher legendären Charakter.
22
Geschichte der Inka
1) Manco Capac Manco Capac war der mythische Gründer des Inkareiches. Sein eigentlicher Name soll Ayar Manco gewesen sein. In der mythologischen Geschichtsüberlieferung der Inka spielte er eine herausragende Rolle. Über sein Geburtsjahr, seine Vorfahren und seine Herkunft lassen sich über die orale Tradition hinaus keine gesicherten Aussagen treffen. Ihm wird es zugeschrieben, sich in Cuzco niedergelassen, sich dort gegen andere Völker durchgesetzt und den Ort zum Mittelpunkt der Welt gemacht zu haben. Einen ebenso hohen Bekanntheitsgrad wie Manco Capac erreichte seine Schwester und Hauptfrau Mama Ocllo. Die beiden waren für die Inka das reale Ursprungspaar ihres Reiches. Alle späteren Herrscher leiteten ihre Verwandtschaft von ihnen ab. 2) Sinchi Roca Sinchi Roca war der Sohn von Manco Capac und den Überlieferungen nach von Mama Huaco. Sinchi Roca soll von seinen zahlreichen Söhnen der Zweitgeborene und der Lieblingssohn seines Vaters gewesen sein. Daher soll der Inka selbst ihn als Nachfolger bestimmt haben. Die Legenden berichten sogar, dass Manco Capac seinen erstgeborenen Sohn schon im Kindesalter den Göttern geopfert haben soll, um Sinchi Roca besonders zu stärken. Sinchi Roca soll im Alter von 20 Jahren auf den Inka-Thron gelangt sein. Als er Inka geworden war, nahm er seine Schwester Chimbo Urma als Hauptfrau. Es wird berichtet, dass er schon zuvor mit einer weiteren Frau, Mama Coca, der Tochter eines lokalen Herrschers verheiratet gewesen sein soll. Der Sohn der beiden soll aber geistig behindert gewesen sein und kam daher als möglicher Nachfolger nicht in Frage. In den Überlieferungen wird ebenfalls erzählt, dass Sinchi Roca sehr geschickt im politischen Verhandeln mit den Nachbarethnien war. Er soll sehr großen Wert auf die Weiter-
Inka-Herrscher
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entwicklung landwirtschaftlicher Techniken gelegt haben. Auf ihn soll auch die Tradition zurückgehen, dass zum Hauptpriester, villac umu, ein Bruder des Herrschers ernannt wurde. Sinchi Roca soll erst in sehr hohem Alter gestorben sein 3) Lloque Yupanqui Sohn des Sinchi Roca und Enkel von Manco Capac. Seine Mutter war Chimbo Urma. Er soll von seinem Vater selbst sehr sorgfältig erzogen worden sein. In den mündlichen Überlieferungen wurden sogar die Bereiche, die in jener Zeit für die Ausbildung als sehr wichtig erachtet wurden festgehalten: Militärwesen, Staats- und Regierungskunde sowie religiöse Traditionen. Als Lloque Yupanqui an die Macht kam, machte er seine Schwester Mama Cora zu seiner Hauptfrau. Den Legenden nach soll sie sehr schön, aber auch sehr neidisch und eifersüchtig gewesen sein. In den Erzählungen wird berichtet, dass sie sogar für die Beseitigung der wichtigsten Brüder von Lloque Yupanqui verantwortlich gewesen sein soll, damit sie ihm den Thron nicht streitig machen konnten. So finden sich schon in Bezug auf die ersten Herrscher der Inka Hinweise auf Streitigkeiten und Probleme um die Nachfolge und den Thron. Auch die Bedeutung von Visionen für die Inka wird in den mündlichen Überlieferungen schon bei Lloque Yupanqui deutlich. Ihm soll beim Gebet im Sonnentempel der Gott Sonne in Form von Manco Capac erschienen sein. Lloque Yupanqui soll großen Wert auf die Erneuerung und den Ausbau der Tempelanlagen in Cuzco gelegt haben. 4) Mayta Capac Mayta Capac war der Sohn von Lloque Yupanqui und Mama Kachua. Nach den mündlichen Überlieferungen der Inka konnte er aufgrund seines kindlichen Alters noch nicht die Regierungsgeschäfte ausüben, als er auf den Thron kam. Sein Vater Lloque Yupanqui hatte daher kurz vor seinem Tod zwei
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seiner Brüder als vorläufige Regenten eingesetzt. Diese ware auch für seine Erziehung und Ausbildung verantwortlich, bis er selbst das Herrscheramt ausüben konnte. Die Erzählungen berichten auch, dass er in seiner Jugend sehr aggressiv gewesen sein soll. Überliefert ist auch seine Heirat mit Chimbo Mamayachi Urma. Als herrschender Inka soll er sich vor allem der Konsolidierung des Reiches im Süden und im Osten gewidmet haben. Es wird ihm auch eine Neuordnung des Heeres und Gesetze gegen Faulpelze, Lügner, Diebe, Ehebrecher und Mörder zugeschrieben. Für ihn soll der wichtigste Gott Viracocha, der Schöpfergott, gewesen sein. Er galt als Philosoph und Hellseher. 5) Capac Yupanqui Capac Yupanqui gilt als dritter Sohn von Mayta Capac und Kuru Yaya. Er soll erst nach heftigen Kämpfen um den Thron an die Macht gekommen sein und dabei die Tötung neun seiner Brüder in Auftrag gegeben haben. Aus seiner Regierungszeit wird vor allem von kriegerischen Auseinandersetzungen mit den mächtigen Völkern der Chanca im Hochland nördlich von Cuzco und den Colla im südlichen Hochland berichtet. Beide galten wie die Inka als expandierende Staatsgebilde. Capac Yupanqui konnte deren Expansionsdrang aufhalten, diese aber noch nicht endgültig unterwerfen. Die oralen Traditionen der Inka berichteten auch einiges über dessen Liebesleben. Seine erste Hauptfrau, Mama Chimbo, starb bereits in jungen Jahren an einer Krankheit. Ihre Nachfolgerin als Hauptfrau wurde Kusi Chimbo. Eine andere Frau, Kori Ilpay Kahua, die Tochter eines lokalen Führers aus Ayamarka, galt allerdings aufgrund ihrer außergewöhnlichen Schönheit als Lieblingskonkubine des Herrschers. Aus großer Eifersucht soll Kusi Chimbo schließlich Capac Yupanqui vergiftet haben.
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6) Inca Roca Inca Roca war ein Sohn von Capac Yupanqui. Manche Erzählungen behaupten, dass er zusammen mit seiner Mutter Kusi Chimbo in die Vergiftung seines Vaters verwickelt gewesen sein soll. Nach dem Tod des Vaters soll er seine Mutter auch geheiratet haben, was den Verdacht des gemeinsamen Komplotts verstärkte. Direkt nachdem er an die Macht gelangt war, sorgte er den Legenden nach für einige grundlegenden Änderungen in der Hauptstadt Cuzco. Cuzco war schon in jener Zeit nach inkaischer Dualität in zwei Hauptzonen eingeteilt: Ober-Cuzco und Unter-Cuzco. Hatten die bisherigen Herrscher ihren Hauptwohnsitz in Unter-Cuzco, so ließ Inca Roca nun einen mächtigen Palast in Ober-Cuzco bauen. Es wird ihm zugeschrieben, die Stadt Cuzco insgesamt verschönert zu haben. Vor allem in der Innenpolitik soll er wichtige Reformen durchgeführt haben. Er galt als ein sehr gutherziger Familienvater. Wie auch schon früher üblich, besetzte er wichtige Positionen des Heeres mit eigenen Söhnen. Auf ihn soll auch die Gründung von Schulen (yachay huasi) für Kinder inkaischer Adliger in Cuzco zurückgehen. Dort wurde Geschichte, wirtschafliche und politische Verwaltung sowie Kriegsführung unterrichtet. Inca Roca soll erst in sehr hohem Alter an der Entzündung einer Kriegswunde gestorben sein. Erst über die nun folgenden Inkaherrscher liegen aufgrund der Quellenlage verlässlichere Informationen vor. 7) Yahuar Huacac (Titu Cusi Huallpa) (ca. 1380–ca. 1400) Unter Inca Roca scheinen die Inka ihre Herrschaft in und um Cuzco endgültig gefestigt zu haben. Er unterwarf schon Orte, die von Cuzco weiter entfernt lagen. Dennoch gab es immer wieder Auseinandersetzungen mit den unmittelbaren Nachbarn, so z. B. mit den in der Nähe von Cuzco lebenden Ayarmaca. Diese hatten seinen Sohn Titu Cusi Huallpa ent-
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führt. Die Legende berichtet, der kleine Prinz habe darüber blutige Tränen geweint und sei deshalb Yahuar Huaca, »das göttliche Blut«, genannt worden. Schließlich schloss man ein Bündnis, indem man die Tochter des Anführers der Ayarmaca mit Yahuar Huaca verheiratete. Yahuar Huacac war der älteste Sohn von Inca Roca. Seine Mutter war Mama Mikay. Er dehnte in seiner Regentschaft den Herrschaftsbereich der Inka weiter aus. So unterwarf er die mächtigen Colla in der Nähe von Puno am Titicacasee. 8) Hatun Topa (Viracocha Inca) (ca. 1400 – 1438) Eine erhebliche imperiale Ausweitung des Herrschaftsgebietes der Inka erfolgte unter dem achten Herrscher Hatun Topa, der später Viracocha Inca genannt wurde. Um 1400 drang er bis nach Pisac im Urubamba-Tal vor. Er verfügte über ausgezeichnete Heerführer. Interessant ist, dass er sich in erster Linie auf die Unterstützung des Schöpfergottes Viracocha berief, da dieser ihm erschienen sein soll. Nach inkaischen Mythen und spanischen Quellen wurden die Inka von den Lupaqa und den Colla, die in der Nähe des Titicacasees lebten, in einem Konflikt um Hilfe gebeten. Als Hatun Topa mit seinem Heer eintraf, war die Auseinandersetzung schon zu Gunsten der Lupaqa entschieden. Hatun Topa nutze die Gelegenheit, um mit ihnen eine Allianz einzugehen. Seine Abwesenheit von Cuzco wurde aber schnell ausgenutzt. Die Chanca, alte Rivalen der Inka um die Vorherrschaft in Cuzco, überfielen die Hauptstadt und die angrenzenden Provinzen der Inka. Viracocha Inca selbst kehrte nicht in seine Hauptstadt zurück, sondern zog sich von da an auf seinem Landsitz Caquia Xaquixaguana zurück. Diese inkaische Siedlung, deren Ruinen im heutigen Distrikt Calca im Department Cuzco liegen, wird in der Gegenwart als Juchuy Coscco, »Klein Cuzco«, bezeichnet.
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9) Pachacutec Inca Cusi Yupanqui (1438 – 1471) Ein jüngerer Sohn von Viracocha Inca, Pachacutec Inca Cusi Yupanqui, nahm den Kampf gegen das Volk der Chanca auf. Die Chanca bildeten ein expandierendes Reich, das vor allem in den heutigen peruanischen Departments Apurímac, Ayacucho und Huancavelica lag. Zunächst schaffte es Inca Cusi Yupanqui zwar, deren Vormarsch der Chanca aufzuhalten, nicht aber sie vom inkaischen Territorium zu vertreiben. Daraufhin soll sich ein alter Priester namens Topa Huanchire einen Trick ausgedacht haben. Er ließ einige große Steine mit Waffen aufstellen, so dass die Chanca von weitem glaubten, es würde sich um eine Verstärkung der inkaischen Truppen handeln. Zudem trat der Gott Inti, die Sonne, in Aktion. Vor dem Kampf mit den Chanca soll er Inca Cusi Yupanqui erschienen sein und ihm Mut zugesprochen haben. Zudem hätte er die aufgestellten Steine in Krieger verwandelt. Daraufhin flüchteten die Chanca. Inti habe ihm aber nicht nur den Sieg über die Chanca vorausgesagt, sondern ihm in einem Spiegel all die Länder gezeigt, die er einmal erobern werde. Diese Geschichte zeigt die enge Verzahnung von weltlichen Problemen mit religiösen und magischen Vorstellungen. Die Inka standen dabei in einer langen andinen Tradition. Inca Cusi Yupanqui gelang letztendlich der Sieg und er konnte Cuzco wieder zu neuem Glanz bringen. Damit erreichte er großes Ansehen beim inkaischen Adel und konnte so von seinem Vater an seinem älteren Bruder Urcon vorbei zum neuen Herrscher der Inka gekrönt werden. In der inkaischen Geschichte war dies ein Novum und blieb ein Einzelfall, dass ein Sohn noch zu Lebzeiten des Vaters von diesem die Herrschaftsinsignien übernahm. Man geht davon aus, dass Pachacutec etwa um 1438 die Macht ergriffen hat. Mit ihm endet die größtenteils noch legendäre Phase der ersten Herrscher; die inkaische Geschichte kann ab diesem Zeitpunkt chronologisch gesehen viel exakter eingeteilt werden werden.
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Einen deutlichen Hinweis auf die autoritäre Macht des herrschenden Inka gibt das Schicksal des Heerführers Capac Yupanqui. Ihm war aufgetragen, im nördlichen Hochland bis zu einem bestimmten Punkt vorzustoßen; er hielt sich jedoch nicht daran, sondern überschritt die ihm gesetzte Grenze. Außerdem bekam er Schwierigkeiten mit dem Hilfskontingent, das die jüngst unterworfenen Chanca stellen mussten. Die Chanca flüchteten in die Waldgebiete östlich von Huánuco. Weil er den ihm gegebenen Befehl nicht beachtet hatte und weil es ihm nicht gelungen war, die Fahnenflucht der Chanca zu verhindern, wurde Capac Yupanqui nach seiner Rückkehr in Cuzco zur Rechenschaft gezogen und hingerichtet. Mit der zunehmend erfolgreichen Herrschaftsausweitung erreichte Inca Cusi Yupanqui immer mehr Prestige bei den lokalen Führern. Er nutze die Situation und ging einige Allianzen mit den curaca, den politischen Anführern der umliegenden Zonen von Cuzco ein. Inca Cusi Yupanqui baute Cuzco zu einer mächtigen Hauptstadt und Zentrum des Reiches aus. All dies war möglich, da die benachbarten curaca, seine Verbündeten, Arbeitskräfte und Soldaten zur Verfügung stellten. Diese wiederum erwarteten eine Reihe von Zugeständnissen im Rahmen der »Gegenseitigkeit«, die sie verband. Inca Cusi Yupanqui konzentrierte sich zunächst auf Eroberungszüge im südlichen Peru und überließ dann die Kriegsführung seinen Brüdern und später seinen Söhnen. Unter deren Führung eroberte das Heer der Inka das zentrale Peru und die Region um den Titicacasee. Auch das Hochland im heutigen Bolivien wurde dem Inkareich einverleibt. Nach der Festigung des Machtbereichs im Süden wandte sich Pachacutec Inca Cusi Yupanqui Richtung Norden. Mit seinem Heer marschierte er bis Cajamarca und unterwarf alle Gruppen, die bis dahin auf dem Weg lagen. Als einer der größten Erfolge im Norden gilt der Sieg gegen das mächtige Reich der Chimú, an der Küste Perus gelegen, die ebenfalls ein ausgeklügeltes Staatssystem unterhielten.
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Zwischen 1000 und 1470 regierten die Chimú das größte Reich an der Küste Perus. Ihr Gebiet reichte von Túmbes im Norden bis zum Chillón-Fluss an der Zentralküste. Die Hauptstadt Chan Chan, nahe der heutigen Stadt Trujillo, zählt zu den größten Anlagen monumentaler Lehmziegelbauten der Welt. Sie nahm eine Fläche von 20 km² ein und umfasste eine Vielzahl an Palastanlagen, Verwaltungsbauten und Handwerkervierteln. Schon die Chimú errichteten wie später die Inka in verschiedenen Teilen des Landes Verwaltungszentren, die auch Werkstätten zur Herstellung von Luxusgütern beherbergten. Deren Produktion und Umverteilung stellte ein wichtiges Mittel zur Machtsicherung dar. Zu den Prestigegütern zählten neben Gold- und Silberobjekten feine Holz- und Muschelarbeiten, reich verzierte Textilien und schwarz gebrannte Keramik für zeremonielle Zwecke. In den größeren Zentren residierten die politischen Machthaber der Region. Auch die dortigen Anlagen besaßen administrative und zeremonielle Architekturkomplexe. Auch die Chimú galten als ein Staat von Eroberern. So hatten sie z. B. die mächtigen Fürstentümer der LambayequeKultur in der nördlichen Küstenregion des heutigen Peru in ihr Staatsgebiet integriert. Diese kontinuierliche Einverleibung in ein Reich von neuen Machthabern kann man an einigen Ruinenstätten auch heute noch deutlich erkennen. In Túcume, einem bedeutenden Zeremonialzentrum der Lambayeque-Kultur, sieht man auf der sogenannten »langen Pyramide« deutlich den Bau eines Tempels im Chimú-Stil. Als die Inka diese Kultstätte eroberten, überbauten sie wiederum diesen mit einem eigenen Tempel. Die Eroberung des Chimú-Reiches, das sich über 700 km Länge erstreckte, gelang den Inka um 1470 vor allem dadurch, dass sie im Gebirge den Zufluss des lebensnotwendigen Wassers sperrten. Den König Minchancaman nahm man gefangen und brachte ihn als Geisel nach Cuzco. Neben der Aufgabe Chan Chans und der Entmachtung der Chimú-Elite kam es zu Plünderungen, hohen Tributforderungen und zur Umsied-
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Abb. 2: Ausgrabung eines Inka-Tempels auf dem Monumentalbau Huaca Larga in Túcume, Peru. In den freigelegten Löchern wurden Skelette von geopferten Frauen gefunden
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lung ganzer Bevölkerungsgruppen. Handwerker wie Metall-, Textil- und Keramikspezialisten waren besonders gefragt und wurden nach Cuzco oder in die Provinzen geschickt. Um die neu unterworfenen Gebiete definitiv in das Reich einzubinden, zogen die Söhne von Inca Cusi Yupanqui, Topa Inca Yupanqui und Huayna Capac erneut in diese Regionen, um die Herrschaft abzusichern. Die großen Erfolge von Inca Cusi Yupanqui führten dazu, dass er Pachacutec genannt wurde. Der Name bedeutet so viel wie »Verwandler der Erde« oder in modernen Worten »Reformator«. Pachacutec galt als der große Organisator des Tahuantinsuyu und als der eigentliche Begründer des inkaischen Staates. Ihm schreibt man die Ordnung des Reiches in vier Regionen (suyos) zu. Die Hauptstadt Cuzco gehörte zu keiner der Regionen, sondern war das Zentrum, der Mittelpunkt der Welt. Pachacutec begann mit der Errichtung des Straßennetzes, mit dem alle eroberten Gebiete vereint wurden. Er richtete Verwaltungszentren und große Vorratslager im ganzen Andengebiet ein. Damit legte Pachacutec die organisatorische Basis für die weitere expansive Entwicklung des Inkareiches. Er erreichte bei den Inka den Status eines großen Kulturheros. Während sich Pachacutec mit fortschreitendem Alter immer mehr auf die innere Organisation des Staates und den Um- und Aufbau von Cuzco konzentrierte, drangen die inkaischen Heere unter Führung seines Sohnes Topa Inca Yupanqui weiter vor. Der designierte Thronfolger stieß bis zum mittleren Hochland des heutigen Ecuadors vor und wandte sich dann der Küste zu, wo er allerdings auf erfolgreichen Widerstand stieß. 10) Tupac Inca Yupanqui (Topa Inca Yupanqui Amaru, Inca Yupanqui) (1471 – 1493) Tupac Yupanqui war der erfolgreichste der Söhne des Inca Pachacutec. Er übernahm 1463 den Oberbefehl über das inkaische Heer. 1471 folgte er seinem Vater als Herrscher. Er regierte bis zu seinem Tod im Jahre 1493. Tupac Inca Yupanqui wählte eine seiner Schwestern als Hauptfrau. Damit
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setzte auch er auf die Tradition seiner mythische Vorfahren Manco Inca und Mama Ocllo. Die Chronisten schreiben Tupac Yupanqui die meisten inkaischen Eroberungen zu. Als er noch jung war und sein Vater Pachacutec herrschte, begann er die zentrale Küste zu erobern. Im Süden gelang es ihm, einen Aufstand der Völker um den Titicacasee niederzuschlagen. Man sagt, dass er sich seiner Macht so sicher war, dass er vor dem Zuge zur Eroberung der südlichen Anden Inti, dem Gott Sonne, versprach, nicht eher zurückzukehren, bis er das Ende der Welt erreicht habe. Damit war in seinem Selbstverständnis die andine »zivilisierte« Welt gemeint. Ihm wird es zugeschrieben, den inkaischen Machtbereich bis zum Rio Maule im heutigen Chile und südlich der heutigen Stadt Mendoza in Nordwestargentinien sowie über das Hochland des heutigen Boliviens ausgeweitet zu haben. Einer seiner berühmtesten kriegerischen Auseinandersetzungen war der Beginn der Eroberungswelle gegen die Chachapoyas, ein Volk im Nordosten Perus, das sich der inkaischen Eroberung hart widersetzte. Um sie zu kontrollieren, eliminierten die Inka deren traditionellen Führer. Viele Chachapoyas wurden ihren Orten entzogen und in entfernte Zonen umgesiedelt, wie z. B. an den Titicaca-See. Später setzte Tupac Yupanqui die Expansion nach Norden fort. Tupac Yupanqui wirkte aber auch auf die innere Struktur, die Organisation des Reiches. Vor allem auf den Gebieten der Verwaltung und der Justiz perfektionierte er die von seinem Vater Pachacutec gelegten Basis. Besonders das System der mitmaccuna, der Zwangsumsiedlung ganzer Dörfer und Ethnien baute er weiter aus. 11) Huayna Capac (1493 – 1525) Auf Tupac Inca folgte gegen 1493 Huayna Capac, der zunächst nur dem Namen nach herrschte, da die eigentliche Macht von seiner Mutter Mama Ocllo ausgeübt wurde. Diese hatte denselben Namen wie die aus der Ursprungsmythe bekannte
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Urahnin der Inka. Erst nach deren Tod um 1500 führte Huayna Capac seine ersten eigenständigen Kriegszüge. Überliefert ist von ihm auch eine ausgedehnte Inspektionsreise durch den Süden des Reiches bis in das heutige Chile. Wichtigste Herausforderung des neuen Herrschers war es, das riesige Reich mit all seinen Eroberungen unter Kontrolle zu halten und einen wirtschaftlichen Erfolg zu gewährleisten. Unter Huayna Capac hat das Tahuantinsuyu seine größte Ausdehnung erreicht. Dabei markierten das Reich nicht überall feste Grenzlinien wie man sich das bei einer heutigen Staatsgrenze vorstellt. Oft trennten gewisse Grenzräume das Inka-Reich von seinen Nachbarn, wie z. B. im heutigen Bolivien, wo eng gestaffelte Festungen und Dörfer von Wehrbauern das Innere gegen Angriffe aus dem Tiefland schützten. In vielen Gebieten gab es Garnisonen, von denen aus mögliche feindliche Bewegungen der Nachbarn beobachtet werden konnten. Huayna Capac musste die Erfahrung machen, dass dem inkaischen Machtstreben natürliche Grenzen gesetzt waren. Es gelang ihm ebenso wenig wie seinen Vorgängern, die östlichen Urwaldregionen dem Reich einzuverleiben. Er und seine militärischen Führer unternahmen mehrere Vorstöße dorthin. Man musste sich aber immer wieder schnell in das vertraute Hochland zurückziehen, da das dortige feuchtwarme Klima der größte Gegner war und für die Inka nur schwer zu ertragen war. Auch hatten die Inka enorme Probleme mit den ständigen Überfällen der Urwaldindianer, die sich nicht zu einer offenen Feldschlacht stellten, sondern aus dem Hinterhalt und überraschend angriffen. In den mündlichen Überlieferungen der Inka wurden diese regelmäßigen Rückzüge aus dem Amazonasgebiet im eigenen Sinne verklärt: »Man sei es leid, diese zurückgebliebenen und armseligen Völker zu unterwerfen.« Auch die mittleren und nördlichen Küstengebiete im heutigen Ecuador konnten von den Inka trotz intensiver Versuche nicht erobert werden. Ab etwa 1515 hielt sich Huayna Capac im Norden des Reiches auf. Im Hochland des heutigen Ecuador weitete
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Huayna Capac die Grenzen des Reiches nach langen und verlustreichen Kämpfen bis zum Rio Angasmayo im südlichen Kolumbien aus. Huayna Capac ließ im Norden ein neues administratives Zentrum aufbauen – Tumipampa (Tomebamba, Tumibamba). An dieser Stelle liegt heute die Stadt Cuenca im heutigen Ecuador. Seine Idee war es, die Stadt mit Steinen auszustatten, die man aus Cuzco gebracht hatte. Tumipampa sollte so symbolisch zu einem zweiten Cuzco gemacht werden, das heißt zu einem Verwaltungszentrum von vitaler Bedeutung. Tumipampa war von großer strategischer Bedeutung für die Inka, da der Ort Huayna Capac als Ausgangspunkt zur weiteren Eroberung des Nordens und als wichtiger Regierungssitz diente. Für die inkaischen Eroberungen der Gebiete im Norden nimmt die Forschung heute eine Dauer von zehn Jahren an. Huayna Capac erhielt auch schon Nachrichten von fremden Menschen, die an der Küste aufgetaucht waren. Es handelte sich um Francisco Pizarro und seine Gefolgsleute, die sich immer mehr dem Inkareich näherten. Huayna Capac starb wahrscheinlich um 1525 in seiner Lieblingsresidenz in Tumipampa. Über seinen Tod sind mehrere Versionen überliefert. Er soll ein Opfer der Pocken geworden sein. Diese Krankheit gab es in voreuropäischer Zeit in Amerika nicht. Sie breitete sich wie die Masern und die Grippe mit der Ankunft der ersten Europäer sehr schnell in Form von Epidemien aus und kostete vielen Ureinwohnern das Leben. Es gibt aber auch Überlieferungen, nach denen Huayna Capac vergiftet worden sein soll. Nach dem Tod von Huayna Capac kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen über die Thronfolge. Thronfolgewirren hat es sehr oft im Verlaufe der inkaischen Geschichte gegeben, da es fast immer mehrere Söhne gab, die als Prätendenten auftraten. Durchsetzen konnte sich schließlich jeweils derjenige Erbe, der über den größten Rückhalt beim Hochadel verfügte.
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Huayna Capac hatte als seinen Nachfolger Ninan Coyuchi ernannt, der aber das Amt nicht antreten konnte, da er ebenfalls starb. Ein weiterer Kandidat war Huascar, der die Unterstützung einiger adliger Familien in Cuzco hatte, die Verwandte früherer Herrscher (panacas) waren. Aber diese rechneten nicht mit dem Norden. In Tumipampa war Atahualpa verblieben, der ebenfalls als Aspirant einen Anspruch darauf erhob, Inka-Herrscher zu werden. Er war sehr beliebt bei den Adeligen, die Huayna Capac geholfen hatten, den Norden zu erobern und die Völker zu beherrschen, die sich in der Region gegen die Inka erhoben hatten. Es standen sich zunächst zwei fast gleich mächtige Gruppierungen gegenüber. Die traditionelle Elite Cuzcos, zu der die einflussreiche Priesterschaft der Hauptstadt gehörte, erhob Huascar auf den Thron, während das in den nördlichen Teilen des Reiches stehende Heer, das gerade den Caranqui-Krieg siegreich beendet hatte, Atahualpa, zum Inka ausrief. Zwischen den beiden Thronanwärtern und deren jeweiliger Gefolgschaft entstand ein heftiger Bürgerkrieg. Keiner von beiden verfügte über ein geschlossenes Gebiet, da ihre jeweiligen Anhänger in Teilgebieten über das Reich verstreut waren. 12) Huascar (1525 – 1532) Nach dem Tod von Huayna Capac gelang es seinem Sohn Huascar, sich in Cuzco zum neuen Herrscher ausrufen zu lassen. In den Chroniken der frühen Kolonialzeit wird das Verhalten von Huascar aber als ungeeignet für einen Inka beschrieben. Er verteilte nicht die Geschenke, die einige Herren verdient hatten, verteilte Güter nicht zufriedenstellend und vernachlässigte das Netz der Gegenseitigkeit und der Verwandtschaft mit den Familienverbänden (ayllus) von Cuzco. So verlor er die Unterstützung eines Teils des Adels und förderte damit den Bürgerkrieg mit seinem Halbbruder Atahualpa. Zu Beginn der Auseinandersetzungen mit Atahualpa war Huascar siegreich, der sich unter anderem auf Tumipampa und
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die umliegende Region stützen konnte. Atahualpa wurde dort sogar gefangen genommen, konnte aber aus der Gefangenschaft entfliehen. Die Truppen Atahaulapas nahmen ihrerseits Huascar gefangen, der später, wahrscheinlich auf Befehl Atahualpas, getötet wurde. 13) Atahualpa (1532 – 1533) Atahualpa wurde um 1500 als Sohn von Huayna Capac und einer Adeligen aus dem Norden des Reiches geboren. Nach dem Tod von Huayna Capac erhob die traditionelle Elite Cuzcos mit der einflussreichen Priesterschaft der Hauptstadt Huascar auf den Thron. Atahualpa hatte sich im Norden bei Huayna Capac aufgehalten und verfügte über dessen erfahrene Truppen und Heerführer. Das im Norden stehende Heer rief Atahualpa zum Oberhaupt der Inka aus. In einer entscheidenden Schlacht unter dem Kommando der Generäle Quizquiz, Calcochima und Rumiñahui siegten die Truppen Atahualpas in einer Schlacht beim CotabambaFluß. Anschließend zog man in Cuzco ein und verwüstete es schwer. Atahualpa wollte sich gerade auf den Weg in die Hauptstadt machen, als er die Nachricht erhielt, an der Küste seien Fremde aufgetaucht, die mit ihm verhandeln wollten. Es waren die Spanier unter Führung von Francisco Pizarro. 1532 traf Atahualpa schließlich in Cajamarca auf Pizarro. Der spanische Priester Vicente Valverde versuchte mit ihm zu kommunizieren. Als Atahualpa die ihm gereichte Bibel zu Boden warf, erfolgte im Handstreich Atahualpas Gefangennahme. Er bot Gold und Silber für seine Freilassung an und ließ den Raum, in dem er sich befand, mit Goldobjekten füllen. Anhaltende Gerüchte über einen Inka-Aufstand veranlassten Francisco Pizarro, ihm den Prozess zu machen. Nachdem Atahualpa sich hatte taufen lassen, um dem Feuertod zu entgehen, wurde er im Juli 1533 in Cajamarca hingerichtet. Sein Tod löste in Spanien scharfe Kontroversen aus, bedeutete aber das faktische Ende des Inka-Reiches.
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Staat und Gesellschaft der Inka
Vor allem unter Huayna Capac hatte das Reich in seiner politischen und gesellschaftlichen Organisation die Struktur entwickelt, die die Spanier bei ihrer Ankunft vorfanden. An der Spitze des Staates und der Gesellschaftspyramide stand der regierende Inka, unter ihm die Hochadeligen, zu denen die nahen Verwandten des Herrschers gehörten. Ihnen folgten die Mitglieder der Familienverbände (panaca) der früheren Herrscher.
3.1
Der herrschende Inka
Der Inka-Herrscher hatte eine herausragende Funktion im Inkareich, da er aufgrund seines religiösen Status der Mittler zwischen der Welt der Götter und der Menschen war. Für den Inka war es selbstverständlich und legal, Ehen mit verschiedenen Frauen zu haben. Er konnte sich mit den Töchtern oder Schwestern eines Adeligen oder eines lokalen Anführers (curaca) verheiraten, um diesen zum Verwandten zu machen. Genauso konnte er seine Schwestern oder Töchter mit einem curaca verheiraten. So entstanden durch die Hochzeiten Bündnisse und Gegenseitigkeitsbeziehungen, die zu wechselseitiger Hilfe verpflichteten. Der Inka demonstrierte durch sein Geben von Geschenken, dass er die größte Macht innehatte. Diese Gaben waren ein Teil der Wiederverteilung, zu der der Inka gegenüber all seiner Verbündeten verpflichtet war. Im Gegenzug erhielt er Arbeitskraft und Hilfe bei Auseinandersetzungen. Die Inka-Herrscher wurden zwar von ihren Untertanen ehrerbietig und fast wie Gottheiten behandelt, aber sie mussten
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Staat und Gesellschaft der Inka
Abb. 3: Ein festlich gekleideter Inka-Herrscher (Gemälde aus dem 18. Jahrhundert).
sich ständig um Unterstützung im Reich und beim Inka-Adel bemühen, um ihre Politik durchsetzen zu können. Bei seiner offiziellen Einführung als Inka heiratete der Herrscher im Idealfall eine nahe Verwandte wie z. B. eine Halbschwester. Diese galt als seine Hauptfrau (coya) und genoss
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wie er, der sapan inca (»der einzige Inka«), eine religiöse Verehrung. Aus ihrer Ehe sollte im Idealfall der Erbe und Nachfolger hervorgehen. Die coya hatte eigene Besitztümer und verfügte über eigenes Land. Ihre Ressourcen konnte sie beliebig nutzen. Der Inka verfügte über einen Hofstaat, der ihm völlig unterworfen war. Fremde durften ihn nicht direkt ansprechen, auch nicht während einer Audienz. Alle ihn Umgebenden saßen mit gesenkten Augen da, denn sie durften ihm nicht direkt in die Augen blicken. Seine besondere Kleidung bestand aus einem gewebten Kopfband (mascaypacha oder borla), in das Federn gesteckt wurden. Eine breite Quaste bedeckte seine Stirn und besonders große Schmuckscheiben zierten seine Ohrläppchen. In der Hand hielt er einen Stab, der mit kleinen Federn bedeckt war und in dessen Ende drei große Federn steckten. In seinem Besitz befanden sich außerdem eine goldenen Keule und eine bemalte Standarte als Zeichen dafür, dass er der oberste Feldherr war. Wenn der Inka die Hauptstadt verließ, begleitete ihn stets eine ganz bestimmte Gruppe von Personen. Ganz besonders wichtig waren Musiker, Tänzer und Soldaten. Dies ist schon wie ein ritueller Ablauf zu sehen. Den Inka konnte man immer schon auf den ersten Blick erkennen. Er war fein gekleidet und wurde auf einer Tragesänfte getragen. Die Mumie des verstorbenen Inka (mallqui) Wenn der Herrscher starb, wurde sein Körper mumifiziert. Trotz seines Todes war er in der Welt der Lebenden gegenwärtig und er erfüllte weiterhin eine wichtige Funktion in der Gesellschaft. Er nahm weiter am Leben teil, wohnte in seinem Palast und bezog Einkünfte aus seinen Ländereien. Der verstorbene Herrscher behielt sein Eigentum, das er im Leben erworben hatte. Die Angehörigen seines Familienverbandes, der panaca, die alle hohe Adelige waren, hatten die Aufgabe, seine Bedeutung zu erhalten und für seine Rechte zu sorgen. Seine panaca hatte die volle Verantwortung für die
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Staat und Gesellschaft der Inka
Abb. 4: Auftritt der Mumie eines verstorbenen Inka-Herrschers bei einem Fest. Zeichnung von Felipe Guaman Poma de Ayala.
Der Familienverband des Inka – panaca
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Mumie. Dieser Familienverband besaß im Staat spezielle Ländereien, die nicht nur für den Unterhalt, sondern auch für das System der Wiederverteilung und Gegenseitigkeit der Mumie bewirtschaftet wurden. Die Beziehungen und persönlichen Verpflichtungen, die der Inka zu Lebzeiten erworben hatte, wurden weiter fortgeführt. Die Mumien der verstorbenen Inka-Herrscher wurden als Gottheiten betrachtet. Sie wurden weiterhin sehr sorgfältig mit feinen Textilien gekleidet und das Gesicht mit einer Webarbeit bedeckt. Den Mumien wurde die besondere Fähigkeit zugesprochen, Orakel zu sein. Sie galten als Wächter des staatlichen Wohlergehens. Im öffentlichen und zeremoniellen Leben spielten sie eine herausragende Rolle und nahmen an allen wichtigen Festen und Prozessionen in Cuzco teil. Auf dem Platz Aucaypata begleiteten sie den aktuell herrschenden Inka und empfingen Speisen, Getränke und Geschenke. Es gehörte zu den Zeremonien, vor der Mumie ein Feuer zu entfachen, um dort Speisen und chicha als Opfergaben zu hinterlegen.
3.2
Der Familienverband des Inka – panaca
Jeder Inka gründete einen neuen Familienverband, eine panaca, so dass es zur Zeit Huayna Capacs außer seiner eigenen bereits zehn weitere gab. Die Mitglieder der panaca trugen in den durchbohrten Ohrläppchen eine Schmuckscheibe und wurden deshalb orejones, »Großohren«, genannt. Dieser Ausdruck stammte von den Spaniern, die von den langgezogenen Ohrläppchen beeindruckt waren. Diese waren durch die Schwere der Ohrgehänge entstanden. Die Mitglieder des Hochadels lebten meist auf Landgütern in der Nähe der Hauptstadt. Sie besaßen aber auch einen Palast in Cuzco selbst. Ihren Unterhalt bezogen sie aus persönlichen oder aus familieneigenen Ländereien und aus den staatlichen Speichern. Sie waren die Führungsschicht des Reiches und genossen den größten Wohlstand.
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Staat und Gesellschaft der Inka
Die panaca waren untereinander aber auch Rivalen um Einfluss und Ämter. Ihre Angehörigen stellten die höchsten Führungskräfte in der Verwaltung und beim Militär. Die panaca hatten deshalb eine große politische Bedeutung. Der Inka war zwar die höchste Autorität, aber er konnte nicht ohne die Zustimmung und Hilfe der Familienverbände regieren. Sie nahmen Einfluss auf die Auswahl seines Nachfolgers und auf die gesamte Politik des Reiches. Vor allem für die Eroberungspolitik und die Wirtschaftspolitik waren sie mitverantwortlich.
3.3
Die »Regierung« des Inkareiches
An der Spitze der Verwaltungshierarchie in Cuzco und im gesamten Inkareich stand der Inka-Herrscher. Ihm standen unmittelbar ein Sekretär (Yncap cimin quipococ), der die Worte des Inka festhielt, und ein Schatzmeister (Tahuantinsuyo runa quipoc Yncap), der die Übersicht über die Anzahl der Menschen und der Güter des Reiches führte, zur Seite. Die Regierung bildete der Inka mit dem Rat der vier apu. Die apu waren die obersten Führer der vier Reichsteile (suyu). Jeder dieser apu war gegenüber dem Inka für sein jeweiliges Reichsgebiet verantwortlich. Auch dem Rat der apu stand ein Sekretär zur Verfügung. Dies war praktisch der Kern der zivilen Inkaregierung. Allerdings gab es auch religiöse Verflechtungen, in die die Inkaregierung fest eingebunden war. So gehörten auch der oberste Priester, der villac umu, und die höchsten religiösen Funktionäre in Cuzco und im Reich zur Inkaregierung. Die Oberschicht der staatlichen Beamten Im Staatsdienst nahmen die Mitglieder des Hochadels, die orejones, die wichtigsten Stellen ein. Sie stellten die vier in Cuzco residierenden Repräsentanten der vier Reichsteile. Diese Persönlichkeiten mussten, außer dass sie Verwandte des Inka waren, diesem ihre absolute Treue beweisen. Die orejones stellten auch die Gouverneure, tocricoc, der Provinzen.
Die »Regierung« des Inkareiches
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Diese waren in den Provinzhauptorten ansässig. In Cuzco und auch in Tumipampa vertrat den Inka-Herrscher bei dessen Abwesenheit ein naher Verwandter (in seiner Stellvertreterfunktion als incapranti bezeichnet). Eine andere bedeutende Persönlichkeit war der tucuyricuc, der, »der alles sieht«. Er ist vergleichbar mit einem Inspekteur, da er alle Daten über das Funktionieren des Reiches sammelte. Auf Grund seiner Funktion war er ständig im Reich unterwegs. Er hatte eine besondere Bedeutung bei der Kontrolle der Arbeitskraft im Inkareich und vermittelte bei Konflikten. Die tucuyricuc nahmen von Zeit zu Zeit die Provinzverwaltungen in Augenschein. Sie standen an der Spitze der Heere, wenn der oberste Herrscher nicht anwesend war. Sie besetzten die höheren Posten in der Priesterhierarchie, an deren Spitze der villac umu, stand, der ein Bruder oder naher Verwandter des Herrschers war. Die mittlere Schicht staatlicher Beamter Eine mittlere Schicht staatlicher Beamter setzte sich aus den »ernannten Inka« zusammen. Das waren Mitglieder ethnischer Gruppen, die ehrenhalber zu Inka erklärt wurden. Bei der kontinuierlichen Ausweitung des Reiches standen irgendwann nicht mehr genug Mitglieder des Hochadels, orejones, zur Verfügung, um alle wichtigen Stellen zu besetzen. Die »ernannten Inka« wurden z. B. als Führungskräfte in Festungen eingesetzt, mit denen besonders gefährdete Grenzen geschützt werden sollten. Auch der Adel aus den eroberten Gebieten konnte eine angesehene politische und soziale Position erreichen. Wenn er sich mehr oder weniger freiwillig unterworfen hatte, wurde er zumeist in seinen Ämtern belassen. Erschien dies den Eroberern nicht als vorteilhaft, wurde ein Sohn oder anderer Verwandter als Nachfolger bestimmt, wenn nicht ein verdienter inkaischer Offizier als lokaler Führer, curaca, eingesetzt wurde. Durch die Eingliederung in das Tahuantinsuyu verloren die ursprünglichen curaca teilweise ihre Verfügungsgewalt in
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politischer und wirtschaftlicher Hinsicht. Sie wurden aber innerhalb eines gewissen Rahmens dafür entschädigt. So erhielten sie im Rahmen des inkaischen Austauschsystems Geschenke, z. B. feine Webwaren, Lamas oder es wurden ihnen vom Inka Frauen von vornehmer Herkunft zugeteilt. Ernennung eines Funktionärs Bei der Ernennung eines wichtigen Funktionärs musste dieser eine Reihe von Ritualen in Cuzco durchlaufen. In einem feierlichen Rahmen bot der Inka ihm Chicha, Coca, Textilien und Güter von rituellem Wert an. Mit diesem Akt des rituellen Schenkens war der Pakt der zukünftigen Gegenseitigkeit geschlossen und der Funktionär konnte sein Amt antreten. Der Anführer curaca Die Basis des Inkareiches bildeten die Familienverbände, ayllu. Jeder ayllu war in zwei Hälften geteilt und jede wurde von einem curaca angeführt. So gab es in jedem ayllu zwei curaca. Der curaca erfüllte wesentliche religiöse, wirtschaftliche und politische Funktionen für das gemeinschaftliche Leben. Im religiösen Bereich war er der Verantwortliche für den lokalen Kult, besonders für den Kult für die Vorfahren und die Rituale in Bezug auf den Ursprungsort (pacarina) des mythischen Vorfahren. In wirtschaftlicher Hinsicht hatte er die Aufgabe, den Familien ihr Land zuzuteilen. Traditionellerweise übergab oder erneuerte er jedes Jahr symbolisch die Übergabe des Landes an jede Familieneinheit, damit diese es bearbeiten und ihren Lebensunterhalt erwirtschaften konnte. Der curaca war auch für die lokale Gemeinschaftsarbeit und die Austauschnetze verantwortlich. Er organisierte die gemeinschaftlichen Arbeiten und sorgte für die Gegenseitigkeit, besonders um die wirtschaftlichen Bedürfnisse des ayllu abzudecken. So war er auch für den Güterumlauf zuständig. Der curaca musste die Erfüllung der Pflichten innerhalb des ayllu überwachen. Die curaca hatten eine Schlüsselposition innerhalb
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der inkaischen Organisation inne, da er für alle Forderungen, die der Inka den Orten auferlegte, verantwortlich war. Der curaca war somit eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Inka und dem ayllu. Einteilung der gesamten Bevölkerung Das Reich gliederte sich um 1530 in etwa 80 Provinzen. Ein hoher curaca herrschte über eine Provinz sowie zumeist noch über eine der Untereinheiten (saya). Alle Untereinheiten hatten religiöse, und politische und wirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen. Sie wurden jeweils von einem curaca geleitet. Diese unterstützten und überwachten sich gegenseitig. Innerhalb der Untereinheit, saya, war die Bevölkerung in Dezimaleinheiten aufgeteilt, die 100 Haushalte (pachaca), 1000 Haushalte (huaranga) und 10 000 Haushalte (hunu) umfasste. Diese Einteilung diente vor allem zu statistischen Zwecken, zur Abgabenerhebung und zur Erfassung von Arbeitskräften. Diese Einheiten ließen sich leicht auf die Knotenschnüre, quipu, übertragen und waren so verwaltungstechnisch hervorragende Maßeinheiten. Der Experte für die Knotenschnüre (quipucamayoc) Unter den staatlichen Ämtern ragte auch das des quipucamayoc heraus. Er war der Experte für die Knotenschnüre, die quipu, die wichtige Informationen über das Reich enthielten. Der quipucamayoc war bedeutend für die Wirtschaft, da er die Daten über die Güter in den Lagern und die Ressourcen, über die der Staat verfügte, verwaltete. Er war auch verantwortlich für das Bewahren von Geschichten und Berichten über das Inkareich sowie das Verwalten von Daten über die Bevölkerung des Tahuantinsuyu. Die Knotenschnüre dienten dazu, Informationen zu speichern. Ein quipu konnte Angaben über die Menge von Gütern, Personen oder Arbeitskraft enthalten. Ganze Bevölkerungsstatistiken wurden damit geführt. Gezählt wurden Menschen, Tiere, Ländereien, Textilien, Keramiken und andere Hand-
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werksprodukte. Dies war maßgeblich für die Festlegung der geforderten Arbeitsleistung und die Abgabe von Steuern. Ein quipu konnte auch an historische Ereignisse erinnern. Jeder quipu bestand aus Schnüren in einer oder mehreren Farben mit Knoten. Die Menge der Knoten, die Farben und die Form des Geflechtes bildeten die Informationen, die nur von einem quipucamayoc gelesen werden konnte. Die quipu waren ein bedeutendes administratives Mittel für den Staat, da damit die Arbeitskraft einer jeden Gruppe registriert werden konnte. Man hatte durch sie auch stets einen Überblick über die in den Speichern gelagerten Güter.
Abb. 5: Ein erhaltener quipu, eine inkaische Knotenschnur zur Übermittlung und Speicherung von Informationen
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Ein quipu war so aufgebaut, dass an einem quer verlaufenden Hauptstrang Nebenstränge angeknüpft waren. In diese waren Knoten geknüpft, die in Gruppen angeordnet waren. Der Aufbau folgte dem Dezimalsystem. Die Gruppe, die dem Hauptstrang als nächstes lag, bildete die Tausender, dann kamen die Hunderter, dann die Zehner und schließlich die Einer Viele Schlüsselinformationen sind hierzu nach der spanischen Eroberung verloren gegangen und können wahrscheinlich nie mehr rekonstruiert werden. Die Dienenden yanacuna Die Gruppe der yanacuna nahm eine Sonderstellung innerhalb des Inkastaates ein. Als yanacuna bezeichnete Menschen, frei übersetzt »Dienende«, wurden aus ihrem ursprünglichen Familienverband, dem ayllu, herausgelöst. Mit der Herausnahme aus ihrem ayllu fielen sie unter die direkte Verantwortung des Inka. Sie standen dem Inka für besondere Dienste zur Verfügung. Der Inka hatte die Macht, sie zu behalten, sie seiner Hauptfrau, der coya, den königlichen Familienverbänden, panaca, oder einem curaca zu übergeben. Dies ist als eine Form der Konsolidierung von Beziehungen im Rahmen der Gegenseitigkeit zwischen dem Inka und bedeutenden Persönlichkeiten zu verstehen. Yanacuna waren keine Sklaven, sondern konnten auch in einflussreiche Positionen aufsteigen. Dies war vor allem dann der Fall, wenn sie sich als besondere Vertrauenspersonen für den Inka erwiesen hatten. Es gab sogar welche, die in das Amt eines curaca eingesetzt wurden. Die Aufgaben, die sie durchzuführen hatten, konnten ansonsten sehr unterschiedlich sein. Es gab yanacona, die Mais für den Inka anbauten, wie z. B. die Cañari, die aus dem Gebiet des heutigen Ecuador nach Cuzco versetzt wurden. Andere arbeiteten für die panacas in Cuzco oder waren für die Mumie eines verstorbenen Herrschers zuständig. Manche yanacuna waren Handwerker, die wegen ihrer Spezialfähigkeiten nach Cuzco gebracht wurden. Auch auf Heiligtümern und in Tempeln konnten yanacona eingesetzt werden.
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Für den Inka bedeuteten sie eine wichtige Arbeitskraft, da sie nicht unter das System der Gegenseitigkeit fielen. Er musste sie nicht bitten, um sich ihre Arbeit zu sichern und auch keine Gegenleistung für ihre Arbeitskraft erbringen. Der Status der yanacuna vererbte sich.
3.4
Das allgemeine Volk (hatun runa)
Das Volk, als hatun runa (wörtlich übersetzt »Groß Mensch«), bezeichnet, war hauptsächlich mit Landwirtschaft, Hirtentum, Fischfang und verschiedenen Handwerkszweigen beschäftigt. Die Menschen waren die Hauptarbeitskraft für den Staat. Sie mussten die turnusgemäße Arbeitspflicht (mita) erfüllen. Ein Mann gehörte zum hatun runa, wenn er die Verpflichtung hatte, für eine Familie zu sorgen. Deswegen war die Heirat der Moment, in dem er die Verantwortlichkeit gegenüber seinem ayllu und dem Staat erlangte. Mit der Gründung einer Familie begannen die Verpflichtungen, aber schon von klein an erfüllten die Mitglieder einer Familie gewisse Aufgaben. Schon Kinder mussten auf die Tiere aufpassen oder Brennholz sammeln.
3.5
Die Verwandtschaftsgruppe ayllu
Der ayllu ist eine Gruppe von Verwandten, eine Einheit von Personen, die sich als verwandt betrachtet. Es ist eine Art von großer Familie, die als Basis für die wirtschaftliche, politische, soziale und religiöse Organisation der Völker im voreuropäischen Peru diente. Ein ayllu bestimmt sich also durch soziale Beziehungen und Kontakt und ist nicht als reales Dorf zu verstehen, seine Größe konnte daher sehr unterschiedlich sein. Die ayllu, die besonders viele Mitglieder hatten, galten als besonders einflussreich, weil sie wirtschaftliche Macht und soziale Kontrolle ausüben konnten.
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Um zu einem ayllu zu gehören, musste man von den Personen, die diesen bildeten, als Verwandter anerkannt sein. In vielen Fällen war es eine Blutsverwandtschaft, aber in manchen Fällen war eine mythische Verwandtschaft möglich. Diese wurde so bezeichnet, da sich jeder ayllu mit einer Mythe identifizierte, die seinen Ursprung erklärte. In Übereinstimmung mit der andinen Mythologie war die Gründung eines jeden ayllu das Werk einer Persönlichkeit, die von der anderen Welt aus einer Höhle, einem See oder einem Berg gekommen war. Von diesem ersten Mitglied stammten alle ab, die Teil des ayllu waren. Dieser Gründer definierte die gemeinsame Verwandtschaft. Letztendlich heißt das, dass alle Mitglieder von demselben Vorfahren abstammten. Für den ayllu hatte der Ursprungsort des Gründers einen heiligen Charakter. Diesen Ort nannte man pacarina. Er war sehr bedeutend für die Mitglieder des ayllu, da er Teil der lokalen Religiösität war und die Mitglieder überzeugt waren, dass er für sie eine Schutzfunktion hatte. Daher war der Kult für diesen Ort von grundlegender Bedeutung. Die Tatsache, zu einem ayllu zu gehören, bedeutete für die Mitglieder die Verpflichtung, sich gegenseitig zu helfen. Diese gegenseitige Hilfe wird in der Fachliteratur auch als Reziprozität bezeichnet, sie war eine wichtige Basis des Lebens im Andengebiet. Es war letztendlich ein Austausch von Diensten zwischen Personen. Wenn jemand z. B. das Dach seines Hauses decken wollte, musste er dies nicht alleine tun. Er konnte die Mitglieder seines ayllu um Hilfe bitten, die in der Pflicht waren, dem nachzukommen. Derjenige, der die Hilfe erhielt, musste die Helfer mit Essen versorgen. Außerdem war er verpflichtet, ebenfalls Hilfe zu leisten, wenn die Gelegenheit dazu kam. Die Hilfe wurde sozusagen zurückgegeben. Diesen Austausch von Hilfe zwischen Personen desselben ayllu nannte man ayni. Es war dies eine stillschweigende und selbstverständliche Übereinkunft. Gegenseitigkeit oder Reziprozität bedeutete auch, dass die Mitglieder des ayllu Gemeinschaftsaufgaben übernahmen, wie die Reinigung von Bewässerungskanälen oder den Bau und
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den Unterhalt von Brücken. Diese Arbeit zum Wohl von allen nannte man minca. Für diese Aufgaben bereitete man auch gemeinschaftliches Essen und Trinken. Am Ende spielte man Musik und feierte in einem gemeinsamen Fest die Erfüllung der Arbeit. Deswegen waren die Gemeinschaftsarbeiten ein wichtiges Element für die Einheit und die gegenseitige Verbundenheit unter den Mitgliedern eines ayllu. Bei Aufgaben größeren Ausmaßes lag die Organisation in staatlichen Händen. Hierbei hatten die lokalen Führer (curaca) eine große Verantwortung. Der Boden war gemeinschaftliches Eigentum des ayllu. Die Menschen, die die landwirtschaftlichen Flächen bearbeiteten, waren nicht die Eigentümer des Landes. Um eine ordnungsgemäße Bearbeitung zu gewährleisten, wurde jedes Jahr den Familien, die zum ayllu gehörten, ein Stück Land zugewiesen. Für einen ayllu war es vorteilhaft, Ländereien in verschiedenen Höhenlagen bewirtschaften zu können, um so eine größere Vielfalt an Produkten anbauen zu können. Ziel der Inka war es, eine möglichst große Auswahl an Früchten und Pflanzen zur Verfügung zu haben. Für einen ayllu mit einer größeren Anzahl an Mitgliedern war es leichter, Ländereien in unterschiedlichen Höhenlagen zu unterhalten.
3.6
Abgaben, Tribute, Arbeitspflichten
Die Bevölkerung wurde statistisch erfasst, um die Arbeitspflichten für den Staat festlegen und verteilen zu können. Dem Staat stand ein Teil des Landes zu und die Bevölkerung war verpflichtet, dieses zu bearbeiten. Die Erträge hiervon mussten in die dafür vorgesehenen Speicher geliefert werden. Betroffen waren hiervon alle Produktionszweige. Den Einwohnern wiederum wurden Rohstoffen wie Wolle, um Garn zu spinnen und Stoffe zu weben, zugewiesen. Ein Teil der Endprodukte musste dann abgeliefert werden. Die Bevölkerung war dafür zuständig, Straßen und Brücken instand zu halten und die tambos, die Rasthäuser und Unter-
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künfte an den Straßen, zu unterhalten. Für den Staffeldienst zur Nachrichtenübermittlung mussten Läufer abgestellt werden. Manche Menschen wurden längerfristig von ihrer Heimat abgezogen, um in der Hauptstadt oder in einer anderen großen Stadt Bauten zu errichten. Wenn der Inka Arbeitskraft benötigte, lud er die bedeutendsten curaca nach Cuzco ein. Dort nahmen sie an großen Festen teil und empfingen Geschenke. Auf dieses Ritual folgte die Bitte des Inka um Hilfe. Diese Bitte war aber als eine klare Forderung nach Bereitstellung von Arbeitskräften zu sehen. Die Arbeitspflicht mita Die Forderung nach Arbeitsleistung ging letztendlich an die Familienverbände, den ayllu. Die Bevölkerung musste die sogenannte mita erbringen, einen Arbeitsturnus zum Wohl des Staates. Dank dieser mita konnte der Inka auf Mais, Coca, Webarbeiten und andere Produkte zurückgreifen, die es ihm wiederum erlaubten, seine Verpflichtungen der Gegenseitigkeit bzw. Wiederverteilung zu unterhalten. Er konnte damit auch neue Verwandtschaftsbeziehungen anstreben und neue Eroberungszüge planen. Er war dadurch auch in der Lage, Terrassen (andenes) für den landwirtschaftlichen Anbau, Straßen, Brücken, Vorratslager und ganze Verwaltungszentren einzurichten. Während der mita für den Inka sorgte der Staat für die Ernährung und Kleidung der Arbeiter. Ebenso stellte man die Materialien und Arbeitswerkzeuge, die benötigt wurden, zur Verfügung. Die mita bedeutete einen zeitlich absehbaren Arbeitseinsatz, einen Turnus, innerhalb dessen eine ganz bestimmte Aufgabe erfüllt werden musste. Auch Frauen waren von der Arbeitspflicht betroffen, z. B. bei Arbeiten auf öffentlichen Ländereien oder bei der Herstellung von Textilien.
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3.7
Staat und Gesellschaft der Inka
Verwaltungszentren
Die Inka legten in den Anden ein Netz von Verwaltungszentren bzw. Stützpunkten an. Manche dieser Orte wurden neu gegründet, andere befanden sich bei vorhandenen Siedlungen. Solche Verwaltungszentren orientierten sich nach einem einheitlichen Plan. In der Mitte befand sich ein großer Platz, zumeist mit einer kleinen Plattform, auf der ranghohe Vertreter des Staates Platz nehmen konnten. Von dort aus wurden Ansprachen an die Bevölkerung gehalten und religiöse Zeremonien durchgeführt. An den Plätzen wurden oft Bauten errichtet, die für Versammlungen und Feste sowie als Unterkünfte für durchreisende Staatsbeamte und Soldaten dienten. Bei wichtigeren Orten befand sich im Zentrum ein Sonnentempel. In allen Verwaltungszentren gab es Speicher, die in Reihen auf den Hügeln um den Ort angelegt waren. Sie dienten dazu, Lebensmittel, Kleidung, Waffen und auch andere Güter aufzunehmen, die aus der umliegenden Gegend geliefert wurden. Die Verwaltungszentren erfüllten so wichtige politische, wirtschaftliche und auch religiöse Funktionen. In ihnen pflegte man die Beziehungen der Gegenseitigkeit und führte die entsprechenden Rituale durch, die die Beziehung zum Staat untermauern sollten. In diesen Stützpunkten siedelten wichtige Verwaltungsbeamte und zuverlässige mitimaes. Die übrigen Bewohner der Stützpunkte bestanden aus der in der jeweiligen Region ansässigen Bevölkerung. Die Vorratslager collca Die staatlichen Vorratslager, collca, dienten dazu, eine große Vielfalt von Gütern zu lagern. Dies konnten Nahrungsmittel, Werkzeuge, Kleidung und Schmuck sein. Vorzugsweise wurden sie in hohen und trockenen Zonen angelegt. Es gab verschiedene Typen von Vorratslagern, die collca des Staates, deren Zweck die Wiederverteilung der Güter war; die der ayllu
Innenpolitik
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und die collca für den religiösen Kult. Auch für die notwendigen Rituale war damit stets vorgesorgt. Die Abgaben der Steuerpflichtigen wurden zumeist in den Verwaltungszentren eingelagert. Die Waren wurden von dort aus im Rahmen der Wiederverteilung weitergeleitet. Die Produkte dienten auch dem Unterhalt der Verwaltung, des Heeres und den religiösen Anlagen. Besondere Luxusgüter wurden oft von weither bis nach Cuzco gebracht, Lebensmittel, wie Kartoffeln, Mais oder Fleisch wurden aus den näherliegenden Provinzen in die Hauptstadt gebracht. Die gesammelten Waren dienten im Normalfall nicht dem Unterhalt des Volkes. In besonderen Notfällen, wie wetterbedingte Missernten, konnten Bedürftige unterstützt werden. Im Allgemeinen gehörte die soziale Fürsorge nicht zu den Pflichten des Staates, sondern war Aufgabe der ayllu. Diese hatten dafür zu sorgen, dass kranke und alte Menschen nicht hungern mussten.
3.8
Innenpolitik
Eines der schwierigsten Probleme für den inkaischen Staat war es sicherlich, aus einer Vielzahl verschiedener ethnischer Gruppen auch in kultureller Hinsicht einen einheitlichen Staat zu formen. Wesentliche Voraussetzungen hierfür war die Einführung des Quechua als Verwaltungs- und Verkehrssprache und des Sonnenkultes als Staatsreligion. Damit demonstrierten die Inka ihre politische, religiöse und kulturelle Vormachtstellung, da sie nach ihrer eigenen Auffassung den Gipfelpunkt der Zivilisation erreicht hatten. Ihre Eroberungspolitik wurde auch mit diesem Kulturauftrag gerechtfertigt. Unter Linguisten gibt es eine Diskussion, ob Quechua auch die Ursprungssprache der Inka gewesen sei. Die Region um Cuzco war bei der vermuteten Ankunft der Inka wohl eher Aymara sprachig. Einige Forscher sind der Meinung, dass die ursprüngliche Sprache des inkaischen Volkes Puquina gewesen sein könnte. Bei manchen Chronisten der frühen Kolonialzeit
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Staat und Gesellschaft der Inka
findet sich ein Hinweis auf eine »Geheimsprache« der höchsten Inka-Adligen. Hierbei handelte es sich aber wohl nicht um eine eigene Sprache, sondern wohl eher um einen speziellen Wortschatz, dem nur einem besonderen Kreis von Personen bekannt war. In Süd- und Mittelamerika ist dies nichts Außergewöhnliches. Bei den K´ich´e-Maya in Guatemala verwenden die Spezialisten für traditionelle religiöse Zeremonien noch heute einen Wortschatz, der nur von ihnen selbst verstanden wird. Dies wird dort nicht als Geheimsprache angesehen, sondern als eine Tradierung von archaischen Fachbegriffen, deren Kenntnisse sich nur bei den Experten erhalten haben. Ähnliches dürfte auch für die Inka gelten. Als die Spanier zu Beginn des 16. Jahrhunderts ins Andengebiet vordrangen, trafen sie auf das Inkareich in seiner größten Ausdehnung. Zu jener Zeit gab es im gesamten Staatsgebiet der Inka eine beträchtliche Zahl von größeren und kleineren Sprachgemeinschaften. Schon die ersten spanischen Chronisten stellten fest, dass es hierbei einige wenige Hauptsprachen gab, die in ein größeren Gebiet als Verständigungsmittel dienten. Die bedeutendste dieser »allgemeinen Sprachen« oder Verkehrssprachen war das Quechua. Sie wurde von den Spaniern als »allgemeine Sprache der Inka« oder die »Sprache von Cuzco« bezeichnet. Weitere »allgemeine Sprachen«, aber keine offiziellen Staatssprachen, waren zu jener Zeit Aymara und Puquina. Wichtigste Verkehrssprache an der zentralen und nördlichen peruanischen Küste war das Muchik. Mit Ankunft der Spanier setzten sich Quechua und Aymara in noch viel stärkerem Maße als allgemeine Verkehrssprachen im Andengebiet durch. Die beiden Sprachen wurden auch zu wichtigen Missionssprachen und schon in der frühen Kolonialzeit entstanden die ersten Wörterbücher und Grammatiken.
Außenpolitik – das Mittel der Eroberung
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Außenpolitik – das Mittel der Eroberung
Bei der Eroberung eines Gebietes durch die Inka lassen sich grundsätzlich zwei Phasen unterscheiden. In der ersten versuchte man, die Anführer einer außerhalb des Herrschaftsgebietes liegenden Region durch Geschenke, oft Luxuswaren, wie z. B. feinste Gewebe, zu einem Bündnis zu bewegen. Derartige Angebote wurden auch zumeist erwidert, denn ein solches Vorgehen entsprach dem Muster der im ganzen Andengebiet üblichen Gegenseitigkeit. In früheren Zeiten blieben die Ethnien bei solchen Bündnissen weitgehend selbstständig. Im Gegensatz dazu fassten die Inka, spätestens seit Pachacutec, das Akzeptieren der Geschenke als Unterwerfung auf. Sie entsandten Truppen und Verwaltungsbeamte in das Gebiet des Partners, um diesen in ihr Staatsgebiet einzugliedern und zur Abgabe von Steuern heranzuziehen. Oft erhob sich nach Abzug des inkaischen Heeres Widerstand und der inkaische Stützpunkt stand zunächst auf verlorenem Posten. Die Inka sahen in solch einer Reaktion dann einen Aufstand, den es mit Waffengewalt niederzuschlagen galt. Mit diesen, im inkaischen Sinne gerechten, Strafaktionen wurde nun die zweite Phase der endgültigen Eroberung und Eingliederung in das Inkareich eingeleitet. Der Eroberungskrieg gegen die Chimú Manche Völker wehrten sich heftig gegen die Inkaherrschaft. Reiche wie das der Chimú hatten kein Interesse an einem Bündnis mit den Inka. Und sie waren auch nicht einverstanden mit der vorgeschlagenen Verteilung der Waren und Güter, die man ihnen angeboten hatte. Die Chimú befanden sich selbst im Prozess der Expansion ihres Reiches. Nach den Chroniken bot Tupac Yupanqui dem Herrscher der Chimú, Minchancaman, an, ein Teil des Tahuantinsuyu zu werden und gegenseitige Beziehungen aufzunehmen. Minchancaman
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lehnte dies ab und begann mit einer militärischen Auseinandersetzung. Die Chimú wurden besiegt und Minchancamán nach Cuzco gebracht, um dort den Triumph der Inka anzuerkennen. Die Eroberung dieses Volkes bedeutete für die Inka, auf Spezialisten der Metallbearbeitung zählen zu können. Die Fertigkeiten der Kunsthandwerker wurden so sehr geschätzt, dass sie nach Cuzco gebracht wurden, um für den Inka zu arbeiten. Der Eroberungskrieg gegen die Caranqui Die Eroberungsphasen konnten sehr langwierig sein, wie das Beispiel der Caranqui im Hochland des heutigen Ecuador nördlich von Quito zeigt. Nachdem die Caranqui in einem langjährigen Krieg endgültig besiegt waren, verpflanzten die Inka Teile der Bevölkerung, zum Teil tausende Kilometer weit, in das Innere ihres Reiches. Bekannt ist z. B. die Umsiedlung nach Cuzco, Jauja, die Gegend von Huanta im heutigen Department Ayacucho und zum Titicacasee. Aus dem südlichen Andengebiet wurden im Gegenzug Neuansiedler in das Gebiet der Caranqui gebracht. In den eroberten Gebieten richteten die Inka militärische Stützpunkte ein, an denen Truppenteile ständig untergebracht waren. Man baute Tempel zu Ehren des Sonnengottes und einen Palast, in dem der leitende Verwaltungsbeamte residieren konnte. Die Anführer (curaca) aus den eroberten Gebieten Die curaca aus den eroberten Gebieten mussten zeitweise in inkaischen Städten leben, und die wichtigsten unter ihnen waren verpflichtet, ihre Söhne nach Cuzco zu senden, die dort im yachayhuasi, dem »Haus des Wissens«, eine Ausbildung in inkaischer Geschichte, Religion und Sprache erhielten. Die Söhne der curaca hatten sicherlich gleichzeitig eine Art Geiselfunktion. Sie sollten das Wohlverhalten ihrer Väter beeinflussen. Die Töchter der curaca lebten oft als Ehefrauen oder
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Konkubinen im Haushalt des Herrschers oder inkaischer Adeliger. Zwangsumsiedlung – das System der mitimaes Die mitimaes oder mitmaqkuna waren Gruppen von Personen, die zumeist aus entfernten Regionen stammten und in ein für sie neues Gebiet verpflanzt wurden. Sie wurden zu verschiedenen Aufgaben herangezogen. Viele waren damit betraut, Brachland zu kultivieren, in Zonen mit Terrassen zu arbeiten oder Mineralien zu gewinnen. Zu den Aufgaben konnte auch das Lehren einer Handwerkskunst gehören, die Verbreitung inkaischer Bräuche und der Staatssprache Quechua. Die mitimaes waren für lange Zeit ihrem ayllu entzogen. Die mitimaes wurden mit ihrer Familie versetzt, aber trotz ihrer Entfernung zum ayllu verloren sie nicht ihre Verwandtschaftsbeziehungen. Um ihre Identität zu wahren, war es ihnen untersagt, die ursprüngliche lokale Kleidung zu wechseln oder die Symbole ihres Herkunftsortes aufzugeben. Wenn ihre vorgesehene Zeitspanne zu Ende war, kehrten sie zu ihrem ayllu zurück. Genauso verhielt es sich mit ihren Nachkommen, da ihr Einsatz als mitimae auch mehr als eine Generation in Anspruch nehmen konnte. Eine wichtige Aufgabe für die Umsiedler hat sich in den letzten Jahrzehnten des Inkareiches herauskristallisiert. Dies war die Versorgung des Heeres durch Anbau von Mais und anderen Nutzpflanzen in den jeweils klimatisch geeigneten Regionen. Mitimaes hatten in diesem Fall die Aufgabe, nur für den Staat zu produzieren. Um für ihren eigenen Unterhalt zu sorgen, bewirtschafteten sie nebenbei auch eigene Felder. Daneben gab es auch andere Spezialisten unter den mitimaes, wie Töpfer, Metallhandwerker und Bergleute, die ebenfalls nur für den Staat tätig waren. Das System der zwangsweisen Umsiedlung von Teilen der Bevölkerung aus einer Region in eine andere, diente den Inka vor allem dazu, neu eroberte Gebiete zu sichern und Aufruhr möglichst zu verhindern. Das System der Zwangsumsiedlung
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von Teilen der Bevölkerung traf die Unterworfenen sehr hart. Aber auch Gruppen aus dem Inneren des Reiches, die in die neu eroberten Gebiete verlegt wurden, dürfte die Umstellung sehr schwer gefallen sein. Das System der zwangsweisen Umsiedlung führte dazu, dass es zur Zeit der spanischen Eroberung im gesamten Gebiet des Inkareiches Gruppen fremder ethnischer Herkunft unter der ursprünglichen Bevölkerung gab. Ein Beispiel dafür, wie weit Angehörige einer Ethnie verstreut gewesen sein konnten, sind die Cañari. Ihre Heimat waren die heutigen Provinzen Cañar und Azuay im Hochland von Ecuador. Viele von ihnen lebten zur Zeit der spanischen Eroberung in Cuzco und im YucayTal. In der Hauptstadt, wohin sie von dem Inkaherrscher Topa Yupanqui verbracht worden waren, dienten sie unter anderem als Elitetruppe, die die Palastwache stellte und auf Kriegszügen als Vor- und Nachhut kämpfte. Den Quellen nach zu schließen könnten es mehr als 15 000 Männer und ihre Frauen gewesen sein. Andere Cañari waren im Hochland Perus an verschiedenen Orten angesiedelt worden, z. B. in den Gebieten von Cajamarca, Huamachuco, Jauja, Huánuco und Ayacucho. In den Bergen des heutigen Küstendepartments Lambayeque gibt es bis in die Gegenwart einen Ort namens Cañaris. Dort wird wie im Nachbarort Incahuasi bis heute Quechua gesprochen. Es sind dies zwei aus der Inkazeit übriggebliebene Ortschaften, die einst durch Zwangsumsiedlung entstanden sind und die sich bis heute ihre Muttersprache Quechua erhalten haben. In der Gegend, in der die beiden Orte liegen, wurde ursprünglich die Sprache Muchik gesprochen. Es hat offensichtlich eine enorme Anzahl von mitimaes gegeben. Man kann davon ausgehen, dass die meisten sich nicht sehr glücklich in ihren neuen Aufenthaltsorten gefühlt haben, da große Teile von ihnen sofort nach der spanischen Eroberung versuchten, in die Heimat zurückzukehren.
Justiz
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3.10 Justiz Ein Staat kann nur funktionieren, wenn ein Justizsystem etabliert ist. Die Inka perfektionierten dieses wie ihre gesamte Verwaltung im Laufe der Zeit immer mehr. Besonders geahndet wurden Vergehen gegen die Stabilität und die Sicherheit des Staates. Hierzu gehörten Aufstand, Verrat, Mord oder versuchter Mord an einem Herrscher, seinen Familienangehörigen oder an irgendeinem Adligen. Geringschätzung oder Beleidigung einer Leistung, Werk, Tat oder eines Wortes des Inka oder eines Führers curaca wurden besonders geahndet. Die Strafen bei diesen Vergehen waren stets sehr hart, meistens die Todesstrafe. Als schwere Vergehen galten Diebstahl oder Unregelmäßigkeiten in Bezug auf das Eigentum des Inka und der Adligen. Generell war der Raub oder Schaden an Objekten, Pflanzen, Tieren oder Frauen ein großes Verbrechen, das den Tod unter Folter nach sich zog. Andere Strafen waren das öffentliche Auspeitschen, die Amputation von Körperteilen oder die Verwandlung in den Status eines Sklaven. Auch Vergehen gegen die Religion des Staates wurden geahndet. Schwerwiegend war z. B. die Nichtausübung des Kultes an die Götter, Inti (die Sonne), Killa (der Mond), Viracocha (der Schöpfer) und auch anderer, niedrigerer Gottheiten, die von den Inka eingeführt worden waren. In diesen Bereich fällt auch das Nichteinhalten des Fastens bei religiösen Festen, fehlender Respekt gegenüber dem höchsten Priester (villac umu), den Priestern geringeren Ranges, den Tempeln und Heiligtümern im Allgemeinen. Übeltätern drohte hier die Todesstrafe unter Folter, manchmal auch der ganzen Familie. Der Kampf gegen Raub, Faulheit und die Lüge basierten auf einem wichtigen Moralprinzip, nach dem das Verhalten der Mitglieder der inkaischen Gesellschaft ausgerichtet war. Ama sua, ama qella, ama llulla, du sollst kein Dieb sein, du sollst kein Faulpelz sein, du sollst kein Lügner sein, war ein ungeschriebenes Gesetz im Inkareich. Vergehen dagegen wurden hart bestraft.
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Staat und Gesellschaft der Inka
In ein acllahuasi, dem Haus der auserwählten Frauen, einzudringen und sich an einer der Frauen zu vergehen, war ein großes Verbrechen. Es wurde als ein Vergehen gegen den Gott Sonne und den Inka angesehen, denn es war eine Verletzung eines heiligen Raumes. Die dort lebenden Frauen wurden als ausschließliches Eigentum der Sonne und des Inka angesehen. Allein der Versuch galt als ein schweres Verbrechen und wurde mit dem Tode bestraft. Auch Vergehen des Ehebruchs wurden verfolgt. Die Verbindung von Mann und Frau in Form einer ehelichen Verbindung galt als vom Inka oder den oberen Anführern geschlossen. Sich diesem Mandat zu widersetzen oder Ehebruch zu begehen, bedeutete den Tod der Schuldigen: Steinigung der Frau und Erhängung des Mannes. Sollte die Anschuldigung nicht bewiesen werden können, drohte dagegen dem Ankläger die Todesstrafe. Eine besonders strenge Strafverfolgung wurde unter dem Herrscher Pachacutec Inca Cusi Yupanqui (1438 – 1471) eingeführt. Bei der Bestrafung spielte der Status des Betroffenen eine große Rolle. Bei Sklaven und Besiegten wurde die Todesstrafe besonders rasch verhängt. Handelte es sich um Adelige war die Strafe eher Gefängnis, Verbannung oder Folter. Kleinere Delikte wurden mit öffentlicher Anprangerung, körperlicher Züchtigung oder Gefängnis geahndet.
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Die Wirtschaft der Inka
Wichtigste Basis für die inkaische Wirtschaft war der Landbesitz. Man kann drei unterschiedliche Arten von Land unterscheiden: das des Staates und der Elite von Cuzco, das der Sonne und der Heiligtümer (huacas) und das der Familienverbände ayllu.
4.1
Grund und Boden
Land des Staates Die Ländereien des Staates konnte man im ganzen Gebiet des Tahuantinsuyu finden. Ihre Bebauung diente dazu, die Vorratslager des Inka zu füllen. Die Produkte wiederum waren für die spätere Wiederverteilung und dem Unterhalt derjenigen, die für den Staat arbeiteten, vorgesehen. Diese Ländereien wurden im Rahmen der Arbeitspflicht mita bearbeitet. Die InkaHerrscher und die panaca, deren Familienverband, hatten persönliches Eigentum an Land. Diese Ländereien erhielten sie, wenn sie ihr Amt als Inka antraten. Nach ihrem Tod blieb es erhalten und diente dem Unterhalt der Mumie und der panaca. Diese Ländereien waren der Hauptunterhalt für diesen Familienverband. Land der Sonne und der Heiligtümer Die inkaischen Gottheiten hatten ihre eigenen Ländereien, deren Größe von ihrer Bedeutung abhing. Dies gilt ebenso für die dort zur Verfügung stehende Arbeitskraft. Auch diese
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Die Wirtschaft der Inka
Ländereien wurden im Rahmen der Arbeitspflicht, der mita, bearbeitet. Einige wurde durch die Gruppe der sogenannten »Dienenden«, den yanacuna, unterstützt. Die dort produzierten Güter wurden zum Unterhalt für die religiösen Funktionäre, für die Durchführung des Kultes und alle Aktivitäten in Bezug auf die jeweilige Gottheit verwendet. Die wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte, die auf diesen Ländereien angebaut wurden, waren der Mais und die Coca. Land des ayllu, der Verwandtschaftsgruppe Dieses Land war Eigentum der ganzen Verwandtschaftsgruppe. Das Recht, es benutzen zu können, war an die Bedingung gebunden, Mitglied des jeweiligen ayllu zu sein. Jährlich teilte man jedem Paar ein Stück zu, um es zu bearbeiten und davon den Lebensunterhalt zu bestreiten. Von diesen Ländereien reservierte man einen Teil für den Anführer, den curaca, der das Recht hatte, dass es von Mitgliedern des ayllu im Rahmen der Arbeitspflicht für ihn bearbeitet wurde. Die Produkte diente dazu, ihn zu unterhalten und zu gewährleisten, dass er seine Verpflichtungen im Rahmen der Gegenseitigkeit nachkommen konnte. Einen Teil dieser Produktion lagerte man daher ein, um ihn später an die Mitglieder des ayllu verteilen zu können.
4.2
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft war die wichtigste wirtschaftliche Aktivität im Inkareich. In hohen und kalten Lagen war die Kartoffel (Solanum tuberosum), in niedrigeren und wärmeren Lagen war der Mais (Zea mays) die wichtigste Anbaupflanze. Während die Kartoffel das alltägliche Nahrungsmittel war, stand der Mais eher in Verbindung mit der Oberschicht und den religiösen Aktivitäten. Man geht heute davon aus, dass es vor allem die Inka waren, die in der Zeit ihrer Herrschaft den Maisanbau im Andengebiet intensivierten.
Landwirtschaft
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Außerdem wurden Knollenfrüchte wie Oka (Oxalis tuberosa; auch knolliger Sauerklee oder peruanischer Sauerklee genannt), Mashua (Tropaeolum tuberosum; auch knollige Kapuzinerkresse genannt) und Ulluco (oder olluco; Ullucus tuberosus; auch Knollenbaselle genannt) angebaut. Daneben wurden Wurzeln von Knollenfrüchten wie Arakacha (oder arracacha; Arracacia xanthorrhiza), Achira (Canna edulis) und Yacón (Polymnia sonchifolia) kultiviert. Wichtig waren die Getreidearten Quinoa (Chenopodium quinoa), Kañiwa (oder cañahua; Chenopodium pallidicaule) und in den hohen Zonen der getreideähnliche Amarant, Quihuicha oder Kiwicha genannt (Amaranthus caudatus) sowie die Hülsenfrucht Tarwi (Lupinus mutabilis; auch als Anden-Lupine bekannt). An der Küste ragten der Kürbis, die Baumwolle, die Paprikaart Ají (Capsicum annuum) und verschiedene Bohnenarten heraus. Die meisten Menschen in den Anden lebten als Bauern und Hirten, manche als Fischer oder Handwerker. Man wohnte verstreut in kleinen Siedlungen,die wichtigste soziale Einheit war in erster Linie die Kernfamilie. Diese stand in direkter Verbindung mit dem Verwandtschaftsverband ayllu. Die Familien versorgten sich mit allem Nötigen direkt. Im Hochland betrieb man Ackerbau und Viehzucht auf verschiedenen Höhenlagen, um die zur Verfügung stehenden ökologischen Ressourcen optimal auszunutzen. Höhenlagen, in denen der Maisanbau möglich war, also zwischen 2000 und 3500 Metern, waren besonders beliebt. Auf den in einer Höhe von etwa 3300 bis 3900 liegenden Feldern widmete man sich dem Anbau von Kartoffeln und anderen Knollenfrüchten. Auf den Hochebenen über 4000 Meter ließ man Lama und Alpaka weiden. Und auf den tiefer gelegenen Feldern in den Tälern baute man Chili, Bohnen und Früchte an. Landwirtschaftliche Technologie Die schwierigsten Probleme der andinen Landwirtschaft waren die der Bewässerung, der Umgang mit dem Wüstenklima an Teilen der Küste sowie die Einbindung und Nutzbarmachung
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Die Wirtschaft der Inka
der verschiedenen Höhenstufen. Schon die Völker in Zeiten vor den Inka suchten und fanden Lösungen in Bezug auf die Anbaumethoden in hohen Lagen. In jeder Zone wurden eigene Strategien entwickelt, um kultivierbares Land zu gewinnen. Um dieses zu bearbeiten, benutzte man als Werkzeuge vor allem die chaquitaclla (Trittgrabscheit) und die rancana (Handpflug). Zugtiere standen für den Ackerbau nicht zur Verfügung. Zur Düngung der Erde verwendete man Guano (Vogeldung) und die Exkremente von Lama und Alpaka. Landwirtschaftliche Arbeitswerkzeuge Die chaquitaclla ist in ihrer Grundform ein Stab aus Holz, der in einer Spitze endete. Dieses Gerät variierte in seiner Form je nach der Zone, in der es angewendet wurde. Mit der chaquitaclla wurde der Boden aufgelockert und sie war ein Hilfsgerät bei der Saat und der Ernte. Auch bei der Reinigung der Bewässerungskanäle kam dieses Arbeitsgerät zum Einsatz. Unter den Handpflügen und Hacken, gab es eine Vielzahl, die alle sehr ähnlich waren. Die cazuna, ein »Instrument um zu brechen«, bestand aus einem Griff, verbunden mit einem Stein oder Stück Metall, und diente dazu, Erdklumpen zu lösen. Eine Variante war die raucana, mit der man Knollenfrüchte ausgrub. Die chincha war ein Hirschhorn, das ebenfalls zum Ausgraben von Früchten diente. Das Anlegen von Terrassen Durch das Anlegen von Terrassen, den andenes, konnte viele landwirtschaftliche Anbauflächen dazugewonnen werden. Sie wurden an Bergabhängen gebaut und mit Steinmauern befestigt. Sie waren mit einem eigenen Bewässerungssystem versehen. Das Wasser wurde durch Kanäle verteilt. Auf den Terrassen wurde vor allem Mais angebaut. Aber auch Kartoffeln, Oka, Ulluco und Quinoa konnten als Anbauprodukte archäologisch nachgewiesen werden. An den Ostabhängen der
Landwirtschaft
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Anden wurde zudem Coca kultiviert. Sogar innerhalb einzelner Familienverbände baute man Felder auf unterschiedlichen Höhenlagen an, um das jeweilige Mikroklima ausnutzen.
Abb. 6: Terrassierung im Colca-Tal
Am Rand des Titicacasees konstruierte man Plattformen mit Böden, camellones oder waru waru, die von Wasserkanälen umgeben waren. Diese camellones boten den Pflanzungen Schutz vor Überschwemmung. Lama, Alpaka und Vicuña Lama und Alpaka waren zwei wichtige domestizierte Kamelidenarten im Andengebiet. Das Lama war in der inkaischen Wirtschaft und Gesellschaft sehr bedeutend, da es vielfältige Verwendung fand. Die Wolle wurde zur textilen Herstellung genutzt und sein Fleisch war ein wichtiges Nahrungsmittel. Dieses wurde in die Sonne gelegt und ihm damit Flüssigkeit entzogen. So wurde es zum Dörrfleisch, charqui genannt. Aus Lamafell stellte man Sandalen her und seine Exkremente waren ein wichtiger Dünger.
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Die Wirtschaft der Inka
Große Bedeutung hatte das Lama im Inkareich als Lasttier. Es bewegte sich leicht auf den andinen Wegen und konnte bis zu 40 Kilogramm tragen. Innerhalb der Religion wurde es zudem für Opfergaben verwendet. Schon der Fötus des Tieres spielte hierfür eine wichtige Rolle. Die Priester nutzten die Eingeweideschau der Lunge als Orakel.
Abb. 7: Auch heute noch sind Lamas in Machu Picchu zu finden.
Das Alpaka wurde hauptsächlich als Lieferant von Wolle genutzt. Diese war feiner als die des Lama, aber nicht so
Ernährung
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sehr wie die des Vicuña. Vicuña und Guanaco waren weitere Kamelidenarten, die frei in den Anden lebten und nur zu bestimmten Zeiten gejagt wurden. Die Vicuñas wurden gefangen, geschoren und dann wieder freigelassen. Die Faser des Vicuña war sehr geschätzt, da man damit sehr feine Gewebe herstellen konnte, die für den Staat wichtig waren. Das Guanaco war dagegen ein wichtiger Fleischlieferant.
4.3
Ernährung
Im Inkareich gab es eine Vielzahl an landwirtschaftlichen Produkten, wie die bereits erwähnten Nutzpflanzen Oka, Mashua, Ulluco, Arrakacha, Achira, Yacón, Tarwi und Kañiwa, die eine wichtige Ernährungsgrundlage bildeten. Herausragend war die Kartoffel, von der man etwa 4000 Varietäten kannte. Im Laufe der inkaischen Geschichte gewann der Mais in zunehmenden Maße ein privilegierte Stellung in der Ernährung und spielte auch im Kult eine große Rolle. Das aus verschiedenen Mais-Arten gegorene Getränk Chicha war bei religiösen Ritualen unerlässlich. Andere hochwertige Nahrungsmittel waren Quinoa, Kiwicha, Maca (Lepidium peruvianum) und Früchte wie Cherimoya (oder chirimoya; Annona cherimola), Guanábana (Annona muricata) und Lúcuma (Lucuma obovata). Durch den Zugang zum Meer und zu Flüssen stellten Fische, Krebse und Meeresfrüchte wichtige Nahrungsalternativen dar. In den Häusern befanden sich gewisse Vorräte an Mais, an konservierten Kartoffeln, chuño, und Quinoa. Den Mais röstete oder kochte man in einem Tontopf (cazuela). Ein wichtiges Gericht hieß pisqui, das aus Quinoa und dem getrockneten Lamafleisch charqui hergestellt wurde. Locro hieß ein Eintopf aus frischen oder konservierten Kartoffeln und der Paprikaart Ají.
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Die Wirtschaft der Inka
Die konservierte Kartoffel chuño Chuño nannte man die Kartoffel, der das Wasser entzogen wurde, und so für längere Zeit haltbar gemacht wurde. Sie konnte aus verschiedenen Kartoffelarten hergestellt und dann eingelagert werden. Die Kartoffeln legte man tagsüber in die Sonne, um sie der Hitze auszusetzen. In der Nacht verblieben sie unter freiem Himmel, nun der Kälte ausgeliefert. Anschließend drückte man die Flüssigkeit aus und legte sie wiederum zum Trocknen aus. Die wichtigste geografische Zone für diesen Prozess der Konservierung war und ist bis heute die Puna-Region. Dort herrscht ein besonders starker Temperaturwechsel zwischen Tag und Nacht. Tagsüber scheint sehr intensiv die Sonne und in der Nacht sinken die Temperaturen auf Minusgrade. Durch die Möglichkeit, dieses Nahrungsmittel jahrelang lagern zu können, war es in Zeiten schlechter Ernten eine wichtige Reserve.
Abb. 8: Die konservierte Kartoffel Chuño wird bis heute produziert
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Handel
4.4
Handel
Auch wenn der Güterumlauf im Inkareich durch die Abgaben und das System der Wiederverteilung von der Administration sehr stark reglementiert war, gab es weiterhin einen lokalen und regionalen Handel. Märkte waren für den Warenaustausch wie schon in vorinkaischer Zeit im ganzen Andengebiet sehr wichtig. Im Inkareich gab es so auch den Berufszweig der Händler. Besonders bekannt waren die Händler von Chincha. Diese hatten zwei Routen, einen nördlichen Seeweg bis Puerto Viejo und Mantas im heutigen Ecuador sowie einen Landweg, auf dem die Waren mit Lamas bis nach Cuzco und in das übrige Hochland gebracht wurden. Wichtig war für sie vor allem der Export von Kupfer in die nördlichen Küstenregionen des Reiches, von wo aus sie dann Spondylus-Muscheln, von den Inka mullu genannt, mitbrachten. Besonders die SpondylusMuschel wurde aufgrund ihrer Begehrtheit und Seltenheit zu einem Zahlungsmittel. Aus dem Gebiet des heutigen Ecuador sind auch T-förmige Kupferplättchen bekannt, die als Geld dienten und manchmal wie Geldscheine gebündelt waren. Sie waren schon in vorinkaischer Zeit in Gebrauch.
5
Religion der Inka
5.1
Götter
Die Welt der Götter war bei den Inka sehr vielfältig, da im Laufe ihrer Geschichte unterschiedliche Vorstellungen zusammengekommen und verschmolzen sind. An der Spitze standen der Sonnengott Inti und der Schöpfergott Viracocha. Der Schöpfergott war in den letzten Jahrzehnten des Inkareiches in den Hintergrund getreten. Wichtig waren zudem Illapa, die Blitz- und Donnergottheit, und Mama Killa, die Mondgöttin. Im ganzen Andengebiet wurde die Mutter Erde, Pachamama, verehrt. Besonders in den Küstenregionen spielte Mamacocha, die Mutter Meer, eine große Rolle. Eine wichtige Bedeutung hatte bei den Inka die Verehrung von heiligen Orten, Bergen oder Steinen, alles das, was sie als huaca bezeichneten. Sie stellten sich diese als von Geistseelen belebt vor. Jedem der übernatürlichen Orte oder Wesen waren Priester zugeteilt. Inti, der Gott Sonne Wurde ein neuer Inkaherrscher gewählt, musste dieser durch die Sonne bestätigt werden. Der Kult für den Gott Inti war eng mit der inkaischen Oberschicht, sprich dem inkaischen Adel, verbunden. Dieser Kult kann eindeutig mit der staatlichen Macht identifiziert werden. Besonders seit den Zeiten von Pachacutec kann der Bedeutungswandel von Viracocha zugunsten von Inti als höchste Gottheit festgemacht werden. Die Sonne nahm seitdem den höchsten Rang in der Hierarchie der Gottheiten ein. Die Inka bauten in allen wichtigen Städten zentrale Tempel zu seinen Ehren. Der
Götter
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Hauptsonnentempel hieß corichancha. Nach Berichten der Chronisten im 17. Jahrhundert soll sich dort eine Figur in Menschengröße aus Gold befunden haben, was allerdings nicht bewiesen ist. Ferner wird berichtet, dass in diesem Tempel Darstellungen des Mondes, als seine Frau, und von Sternen, seinen Kindern, den Gott Inti begleiteten. Sonne und Mond ergänzten sich in der Kosmovision als Mann und Frau gegenseitig. Viracocha Viracocha galt in weiten Teilen des Andengebiets als Schöpfergott. Bei den Inka nahm er eine wichtige Stellung ein, da er in den wichtigsten Zeremonien und Ritualen immer präsent war. Viracocha konnte auch in das tägliche Leben eingreifen. Die Bevölkerung rief ihn an und bat ihn durch Gebete und Gesänge um Unterstützung. Diese Bitten wurden in Ritualen wiederholt, besonders in Zeiten von Krieg und Naturkatastrophen. In den Gebieten um Cuzco gab es verschiedene Tempel zu Ehren von Viracocha. Besonders berühmt ist der Tempelkomplex von Racchi in Cuzco, der in der Zeit des Herrschers Pachacutec errichtet wurde. Nach den bisherigen archäologischen Erkenntnissen hatte er eine wichtige zeremonielle Funktion für Opferungen. Außerdem war war dieser Ort eine sehr bedeutende Produktionsstätte für besondere Textilien, die für den Kult bestimmt waren. Der ganze Komplex bestand aus einem herausragenden Tempel, runden Speichern und einem Bad für den obersten Inka. Unter Forschern ist die Stellung von Viracocha als oberste Schöpfungsgottheit nicht ganz unumstritten. Manche sehen in dieser Interpretation eine spätere und einseitige Deutung durch vom Christentum geprägte Chronisten.
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Religion der Inka
Illapa Die Blitz- und Donnergottheit Illapa war schon vor der InkaHerrschaft im Andengebiet weit verbreitet. Illapa wurde als ein Mann interpretiert, der in der linken Hand eine Keule und in der Rechten eine Schleuder hielt. Sein Körper war durch drei Sterne geformt. Man war der Überzeugung, dass immer dann ein Blitz erschien, wenn Illapa einen Stein mit seiner Schleuder schoss und sein Auf- oder Einschlagen den Donner erzeugte. Die drei Elemente, Donner, Blitz und Blitzschlag waren eng miteinander verbunden. Illapa wurde die Macht zugeschrieben, Regen und Unwetter zu erzeugen. Deswegen bat man ihn, regelmäßig Regen zu senden, aber Hagel und Unwetter von der Ernte fernzuhalten. Pachamama Pachamama, die »Mutter Erde«, ist eine Gottheit, die auch heute noch in den Anden eine große Rolle spielt. Auch zu den Zeiten der Inka war sie im ganzen Andengebiet weit verbreitet. Man kann davon ausgehen, dass sie auch bei den Völkern in vorinkaischer Zeit eine große Verehrung fand. Pachamama symbolisierte die Fruchtbarkeit, da man glaubte, in ihrem Inneren lebten alle menschliche Wesen, Tiere und Pflanzen, mit dem Ziel, geboren zu werden. Die Gottheit Mutter Erde stand in direkter Verbindung mit der Landwirtschaft, mit der Saat und der Ernte. Es waren vor allem die Bauern, die sie verehrten. Man brachte ihr Opfer auf den Feldern dar, um sie gnädig zu stimmen. Pachacamac Ein bereits zu Inkazeiten alte und bedeutende Gottheit an der mittleren Küste war Pachacamac. Zu seinem Heiligtum, nahe bei Lurín, kamen Menschen aus dem ganzen Inkareich, um Opfer darzubringen. Berühmt und gefragt war diese Gottheit für ihre Prophezeiungen. Die Inka integrierten sie in ihre
Priester und aclla
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Religion, da Pachacamac als Orakel einen großen Ruf hatte. Auch Inka-Herrscher pilgerten zu dieser heiligen Stätte, um nach Rat zu fragen. Auch Fasten galt eine Form des Opfers, mit der man der Gottheit Respekt zollen konnte. Pachacamac galt als ein sehr temperamentvoller Gott, der die Erde erschüttern ließ, wenn er wütend war. Er galt auch als Regler des landwirtschaftlichen Reichtums und als Verteiler der Macht in Bezug auf die vorhandenen Güter an der mittleren Küste. Pachacamac hatte zunächst eine regionale Macht, die sich in Inkazeiten überregional ausweitete.
5.2
Priester und aclla
Die Priester Priester und Priesterinnen waren zuständig für Feierlichkeiten, Rituale und Opfergaben, die der Kult für jede Gottheit forderte. An der Spitze stand der villac umu, der oberste Priester. Er war vor allem in Verbindung mit allen Zeremonien für den Gott Sonne verantwortlich. Diese Persönlichkeit war mit so einer großen Macht verbunden, die nur noch vom herrschenden Inka übertroffen wurde. Dies hängt auch damit zusammen, dass der oberste Priester ein enger Verwandter des Herrschers war, vorzugsweise ein Bruder. Auf jeden Fall sollte es ein Mitglied aus dem Familienverband des herrschenden Inka sein. Da es in allen Regionen und Städten viele Heiligtümer gab, muss es auch eine große Anzahl an Priestern gegeben haben. Die Priester waren untereinander klar hierarchisch gegliedert. Priester adliger Abstammung hatten entsprechende Führungspositionen inne. Die regionalen Kulte hatten ihre eigenen Priester. Mit der Unterwerfung fremder Herrschaftsbereiche und deren Eingliederung in das Inkareich, kamen auch immer wieder neue Kulte und Gottheit hinzu.
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Religion der Inka
Den Priestern schrieb man die Fähigkeit zu, den göttlichen Willen interpretieren zu können. Sie galten auch als die Experten für die Übergangsrituale eines Menschen im Lebenslauf. Den Jahreszyklus und die damit in Zusammenhang stehenden Rituale und Festlichkeiten kannten sie perfekt. Sie waren die Spezialisten, die in allen Lebenslagen eines Menschen oder auch eines ganzen Ortes um Rat gefragt wurden. Damit hatten sie eine große Verantwortung. aclla – auserwählte Mädchen und Frauen mit Sonderstatus Eine wichtige Gruppe im Inkareich waren die aclla, Frauen, die aus ihrem Familienverband ayllu herausgelöst wurden und in einem acllahuasi, dem »Haus der Auserwählten« lebten. Sie unterstanden dort direkt der Staatsverwaltung und widmeten sich dem Weben feiner Textilien (cumbi) und der Zubereitung von chicha. Diese beiden Produkte waren für den Sonnenkult und für das System der Wiederverteilung des Inka sehr wichtig. Der acllahuasi stand unter der Obhut der mamacuna, älterer Frauen, die auch aclla gewesen waren. Sie bildeten die neuen Bewohner für ihre Aufgaben aus. Hierzu gehörten auch Kochen und die Ausführung religiöser Riten. In allen größeren Städten gab es acllahuasi, die größten jedoch in der Hauptstadt Cuzco. Diese Häuser wurden von Männern streng bewacht. Die Lieferung von jungen Mädchen als aclla im Dienste des Staates, gehörte zu den Pflichten der Dorfgemeinschaften. Sie wurden in einem Alter ab etwa 10 Jahren ausgewählt. Wie groß die Zahl der ausgewählten aclla war und wie oft die Auswahl geschah, ist nicht genau bekannt, da die hierfür zur Verfügung stehenden Quellen unterschiedliche Aussagen treffen. Die Auswahl wurde vor allem von den tucuyricuc, den »Allessehern«, den Inspekteuren die regelmäßig durch das Land reisten, getroffen. Aber auch andere hohe Funktionäre konnten mit der Auswahl betraut werden.
Priester und aclla
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Die schönsten und von ihrer Abstammung her wohl bedeutendsten aclla, genossen zumeist eine Sonderstellung. Sie konnten vom Inka als Nebenfrau ausgewählt oder verdienten Beamten, Offizieren und curacas als Frauen oder Dienerinnen übergeben werden. Die Frauen mit der vornehmsten Herkunft nahmen innerhalb der mamacuna und aclla auch die Führungspositionen ein. Auch bei diesen Frauen gab es eine klare Hierarchie. Jeweils untergeordnete Frauen waren zu strengem Gehorsam verpflichtet. Generell wurden die aclla ab einem Alter von etwa 14 Jahren ihren zukünftigen Aufgaben zugteilt.. Ein Teil der mamacuna und der aclla war mit religiösen Aufgaben betraut, ein anderer mit eher weltlichen Dingen beschäftigt. Die Webereien, die die aclla in den Tempeln herstellten, dienten religiösen Zwecken. Sie waren als Kleidung für die Götter, den Inka, die Priester und als Opfergaben bestimmt. Zudem produzierten sie für die rituelle Opferung große Mengen Chicha und verschiedene Speisen, darunter die aus Maismehl geformten Bällchen zancu. Diese Speisen wurden bei bedeutenden Festen auch an die Teilnehmer verteilt und als Gemeinschaftsmahl verzehrt. Ein Teil der aclla war für den Kult der Inka-Mumien vorgesehen. Besonders herausragend waren ihre Aufgaben in Bezug auf den Sonnenkult. Deswegen wurden sie von den Spaniern oft als »Sonnenjungfrauen« oder »Frauen der Sonne« bezeichnet. Eine besondere Aufgabe war die Entfachung und die Betreuung des Opferfeuers im Sonnentempel in Cuzco. Hierfür wurde eigens ausgewähltes und bemaltes Holz verwendet. Mamacuna und aclla waren bei allen öffentlichen Opferungen für den Sonnengott, aber auch für die Mondgöttin, die als dessen Frau angesehen wurde, anwesend. Ein großer Teil der mamacuna und der aclla war somit eindeutig in das religiöse System eingebunden. Deren besondere Stellung wird auch in der Pflicht zur Jungfräulichkeit deutlich. Auch diesbezüglich unterlagen sie einer strengen Kontrolle. Diese Frauen lebten von der Außenwelt abgeschirmt, ihre Häuser waren von Mauern umgeben, die von Männern bewacht wurden, die kastriert oder schon sehr alt waren.
76
5.3
Religion der Inka
Huaca
Huaca war ein religiöser Begriff, der eine weite Verbreitung im Andengebiet hatte. Er bezeichnete in den Sprachen Quechua und Aymara gleichermaßen etwas Heiliges, ein Heiligtum, eine Tempelanlage oder einen heiligen Ort in der Landschaft. Huaca waren oft besondere Orte in der Gegend, ein Berg, ein Fels, eine Steinformation, ein See oder eine Quelle. In der huaca manifestierte sich eine Gottheit oder allgemein ein übernatürliches Wesen. Ihre Verehrung fand auf ganz unterschiedlichem Niveau statt. Einige waren von überregionaler Bedeutung, andere dienten dem Kult einzelner Familien. Eine huaca war auch der Sitz der mythischen Vorfahren der Gruppe, die sie verehrte. Huaca von überregionaler und regionaler Bedeutung waren auch in Hinblick auf politische und militärische Belange wichtig. Figürliche Darstellungen oder Steine, die zu diesen gehörten, konnten in den Krieg oder zu wichtigen politischen und religiösen Zusammenkünften mitgenommen werden.
Abb. 9: Zeremonialzentrum Huaca Chotuna-Chornancap, Nordperu. Dieses stammt aus der Lambayeque-Kultur (9.–14. Jh. n. Chr.), wurde aber auch noch von den Inka zu Opferzwecken genutzt
Kalender und Peillinien als Voraussetzung für den Kult
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Huaca von lokaler Bedeutung waren für das alltägliche Wohlergehen der Menschen zuständig. Da die Huaca als lebendig, als mit einem Gott oder einem übernatürlichem Wesen beseelt angesehen wurden, konnte mit ihnen auch direkt kommuniziert werden. Wichtigste Mittler zwischen der Huaca und den Menschen waren die zuständigen Priester. Die huaca sprachen zu den Gläubigen direkt in ihren Träumen oder Visionen oder gab die Informationen über ihre Priester weiter. Manche huaca waren als Orakel so bedeutend, dass auch Menschen von weither kamen, um sich dort Rat zu holen. Besonders hohe staatliche Funktionäre, die sich weite Reisen auch leisten konnten, machten hiervon Gebrauch. Manche Orte galten an sich als heilig. Hier ist an erster Stelle das Zentrum der Hauptstadt Cuzco zu nennen. Der innere Bezirk war nicht nur politisches Zentrum, sondern vor allem auch religiöser Mittelpunkt des gesamten Inkareiches. Es war der Sitz des herrschenden Inka, dem Sohn der Sonne; also unmittelbarer Sitz des höchsten Gottes. Auch Vilcanota, galt als heiliges Tal der Inka – in ihm wurde laut der Legenden die Sonne geboren. In den Provinzen des Reiches wurden manche Orte ebenfalls als besonders heilig angesehen. Erwähnt wurde bereits Pachacamac, ein OrakelZentrum an der Küste, das schon lange vor den Inka berühmt war. Andere waren z. B. Catequilla, ein Orakel in Huamachuco an der Nordküste Perus, Wariwillka, eine huaca im Oberen Mantaro-Tal und der Titicacasee im Süden des Reiches.
5.4
Kalender und Peillinien als Voraussetzung für den Kult
Kalender Im alten Amerika wurden vor allem die mesoamerikanischen Völker, allen voran die Maya, aufgrund der Entwicklung präziser Kalender berühmt. Aber auch die Inka waren aus-
78
Religion der Inka
gezeichnete Astronomen und besaßen einen ausgefeilten Kalender für ihre Zeremonien im Jahreslauf und für die landwirtschaftlichen Zyklen. In jeder größeren Stadt befand sich eine intihuatana, eine »Sonnenfessel«. Das war ein Stein, man könnte auch sagen Kalenderstein, mit dessen Hilfe der Sonnenstand ermittelt werden konnte. Sowohl der Verlauf des Sonnenjahres als auch des Mondjahres wurde genau beobachtet. Auch der Stand der Venus war für die Inka bedeutend. Aus den langjährigen Beobachtungen entwickelte sich ein Ritualkalender, der den Priestern vorschrieb, wann sie an den Heiligtümern zu beten und zu opfern hatten. Der gesamte Jahres- und Lebensrhythmus war auf diese Weise in einen rituellen Ablauf eingebunden. Die Inka hatten einen so genannten Peilkalender. Für den inkaischen Kalender war nicht entscheidend, dass die Tage gezählt wurden, sondern die Aufgangs- und Untergangspunkte der Sonne zwischen der Wintersonnenwende und der Sommersonnenwende beobachtet und dokumentiert wurden. Die Inka beobachteten die Sonne, den Mond und die Gestirne von festgelegten Orten aus, um sich im Jahr zu orientieren. Für die genaue Festlegung bestimmter Tage im Jahr hatte man auf den Bergen Beobachtungssäulen aus Stein (sukanka) aufgebaut, mit deren Anpeilung man einen Aufgangspunkt oder Untergangspunkt, gesehen vom Peilzentrum im Mittelpunkt eines bestimmten Platzes, genau festlegen konnte. Peillinien (ceque) Die Peillinien spielten für die Berechnung des Kalenders und für die rituelle Umsetzung im Jahreslauf eine große Bedeutung. Besonders gut sind die Peillinien von Cuzco untersucht. Zentraler Ausgangspunkt und damit Beobachtungzentrum war auf einem Platz vor dem Haupttempel coricancha. Von diesem zentralen Punkt gingen Peillinien aus. Entlang dieser Linien (ceque) waren Heiligtümer angeordnet, die jeweils in der Verantwortung einer bestimmten Verwandtschaftsgruppe ayllu
Die Opferzeremonie capac cocha
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lagen. Diese mussten dort an bestimmten Tagen des Jahres Zeremonien organisieren und Opfer darbringen.
5.5
Die Opferzeremonie capac cocha
Capac cocha war für die Inka eines der wichtigsten Rituale in ihrem religiösen System. Durchgeführt wurde es zumeist zwischen April und Juli und konnte in unterschiedliche religiöse Festlichkeiten eingebunden sein. An erster Stelle stand hierbei inti raymi, das Fest zu Ehren der Gott Sonne. Aber auch beim Fest zu Ehren der Mondgöttin, zu Ehren der Venus oder zu Ehren des Schöpfergottes Viracocha konnte die Opferzeremonie capac cocha durchgeführt werden. Wichtige Anlässe waren auch die Feierlichkeiten bei der Krönung oder dem Tod eines Inkaherrschers. Oder in besonderen Notzeiten, wie Naturkatastrophen, großer Trockenheit, sintflutartigen Regenfällen, Erdbeben oder Vulkanausbrüchen. Es war ein Opferritual des Bittens und der Dankbarkeit. Das Ritual erregt bis heute die Fantasien der Menschen wurden doch beim capac cocha Menschen geopfert, vor allem Kinder. Aus allen Teilen des Reiches wurden sie nach Cuzco gesandt. Sie konnten dort direkt geopfert oder nach den Zeremonien in Cuzco in ihre Heimat zurückgeschickt werden, wo sie für Opferungen im Rahmen der lokalen Heiligtümer zur Verfügung standen. Das capac cocha war somit auch ein wichtiges Ritual, mit dem die Inka die regionalen Gottheiten in ihren Staat einbanden. Auf der lokalen Ebene fanden wiederum intensive Festlichkeiten statt. Archäologische Befunde haben gezeigt, dass die Opferung von Kindern oft an entlegenen Heiligtümern, weit ab in den Bergen stattgefunden haben. Internationales Aufsehen erregte der Fund einer Kindermumie auf dem Nevado Ampato in Peru. Dort hatte der Archäologe Johan Reinhard die Mumie eines Mädchens im Alter zwischen 12 und 16 Jahren gefunden. Sie wurde unter dem Namen »Juanita« bekannt. Ihr Fund wurde sehr gut
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Religion der Inka
dokumentiert. Sie trug sehr feine Textilien mit silbernen Nadeln. Kleine weibliche Figuren aus Gold, Cocablätter und Mais hatte man ihr mitgegeben. Sie war mit einem Schlag auf den Kopf getötet worden. Die ausgewählten Kinder waren meistens zwischen sechs und zwölf Jahre alt und mussten besonders schön und makellos sein. Viele von ihnen waren auch Kinder lokaler Führer. Die Kinder reisten in Begleitung von Priestern und anderen Repräsentanten aus den Dorfgemeinschaften. Die Zeremonien in Cuzco konnten einige Wochen dauern. Dabei wurden rituelle Tänze aufgeführt, Gold- und Silberobjekte und Tiere wie Vögel oder Lamas geopfert. Während der Zeremonie wurden die Kinder als »Kinder der Sonne« quasi heiliggesprochen. Sie erhielten dabei wie der Inkaherrscher besonders feine Textilien, hergestellt von den aclla, den auserwählten Frauen. Jungen und Mädchen wurden im Rahmen der Opferzeremonie auch symbolisch miteinander verheiratet. Hier spielten politische Beziehungen zwischen einzelnen Familienverbänden oder Regionen eine große Rolle.
Abb. 10: Steinobjekte der Inka in Form eines Alpakas und eines Lamas.
Die Opferzeremonie capac cocha
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Die Opfer galten als Botschafter oder Gesandte an die Götter. Diese Botschafter waren die Träger der Opfergaben und zur gleichen Zeit selbst eine Opfergabe. Sie hatte die Aufgabe, den Göttern die Bitten des Volkes zu überbringen. Bei der Opferung waren die Kinder mit Chicha und Coca in einen Rausch versetzt. Sie konnten zum Sterben ausgesetzt, lebendig begraben oder auch durch einen Schlag auf den Kopf getötet werden. Die Menschenopfer waren immer von einer Anzahl an Objekten unterschiedlicher Art begleitet jeweils abhängig von der geografischen Region abhängig. Dies konnten Tongefäße, Textilien oder Miniaturfiguren von Tieren und Menschen aus Metall sein. Es wurden nicht nur Kinder, sondern manchmal auch Erwachsene geopfert. Besonders waren hiervon Kriegsgefangene betroffen.
Abb. 11: Menschen- und Tierfiguren der Inka aus Silber, SpondylusMuschelschale und Gold, die zur Opferung bestimmt waren.
Die Menschenopfer waren ein wichtiges Element huamander Zeremonie capac cocha, aber nicht das einzige. Mit den Delegationen aus den Provinzen reisten auch Objekte wie ein Stein oder eine repräsentative Figur aus einem Heiligtum nach Cuzco. Die regionalen huaca wurden damit in das rituelle
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Religion der Inka
Austauschsystem der Inka einbezogen. Das symbolisch angereiste Heiligtum gab Informationen, Ratschläge und Weissagungen an den Inka weiter. Im Gegenzug erhielt die huaca Opfergaben wie Cocablätter, Mais, Lamas und Textilien. Die Opfer sollten vor allem das Wohlergehen des Reiches sichern. Deswegen waren der Tod eines Herrschers und die Inthronisierung eines neuen Regenten die aller wichtigsten Anlässe für ein capac cocha. Wie in vielen anderen altamerikanischen Kulturen galt der Mensch als das höchste Opfergut, das man einem Gott darbringen konnte.
5.6
Coca als religiöse Pflanze
Die Blätter der Coca (Erythroxylum coca) waren im Andengebiet schon immer sehr geschätzt. Ihr Anbau stand im Inkareich in Verbindung mit der religiösen Macht. Coca kam bei Ritualen und als Opfer zum Einsatz. Wichtig war sie für Orakel und für medizinische Heilungsrituale. Cocablätter wurden zusammen
Abb. 12: Blätter der Cocapflanze
Religionspolitik
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mit Kalk oder Asche von verbrannten und gemahlenen Knochen in den Mund genommen und gekaut. Spanische Chroniken berichten, dass die indianische Bevölkerung dadurch lange marschieren und härteste Arbeit aushalten konnte. Gefühle der Erschöpfung und des Hungers wurden durch das Cocakauen unterdrückt. Coca wurde vor allem in warmen und feuchten Gebieten angebaut. Der Inka-Herrscher besaß Coca-Felder, die unter der Obhut seiner Dienenden, den yanacona, standen. Diese kümmerten sich um die Saat und das Einsammeln der Blätter, die getrocknet wurden. Dann holten die Arbeitspflichtigen mitayos die Ernte ab und brachten sie in die Verwaltungszentren des Staates. Coca war bei den Inka in erster Linie eine heilige Pflanze. Zur Droge wurde die Pflanze erst im 19. Jahrhundert gemacht, als es gelang, aus ihr Kokain zu isolieren.
5.7
Religionspolitik
Die Religion war ein wichtiges und unverzichtbares Element des inkaischen Staates. Eine geschickte Religionspolitik war für die komplexe Staatsorganisation essentiell. Auch wenn der Kult für den Gott Sonne, Inti, an erster Stelle etabliert war, versuchten die Inka die religiösen Überzeugungen ihrer Untertanen so weit wie für sie möglich, zu respektieren. Wenn diese die inkaische Herrschaft akzeptierten, wurden wichtige Heiligtümer anerkannt und in den Staatskult einbezogen. Man gewährte ihnen Güter und finanzierte Priester, die sich ihrer Verehrung widmen konnten. Gottheiten der eroberten Völker wurden von den Inka zumeist in den eigenen Pantheon aufgenommen. So erreichten sie ein Höchstmaß an religiöser Einbindung der neu in das Reich hinzugekommenen Völker.
6
Alltag und Feste bei den Inka
6.1
Lebenszyklus der Menschen
Jeder Mensch im Inkareich durchlief eine bestimmte Altersstufe, die an eine Aufgabenstellung gebunden war. Die erste Stufe betraf das Baby, das von der Mutter noch in einem Umschlagtuch auf dem Rücken getragen wurde. Zwischen dem ersten und dem fünften Lebensjahr galten die Kinder als Kleinkinder. Ab fünf Jahren galten sie schon als Kinder, die spielerisch lernen konnten. Mit neun Jahren übernahmen sie einfache Arbeiten, wie das Hüten von Tieren, das Verjagen der Vögel von den Feldern, das Helfen im Haushalt, das Tragen einer Amphore mit Wasser oder das Aufpassen auf jüngere Geschwister. Mädchen waren mit zwölf Jahren schon heiratsfähig. In diesem Alter hatten sie schon gelernt, zu spinnen, zu weben und einen Haushalt zu führen. Die Jungen lernten den Umgang mit den Lamaherden und die Landwirtschaft. Mit 25 konnten junge Männer ins Heer eingezogen werden oder in ihrem Dorf Ämter übernehmen. Bis zu einem Alter von 50 Jahren waren sie volle Steuerzahler und mögliche Soldaten. Danach galt man im Inkareich als alter Mensch. Man war dann vor allem als Ratgeber und erfahrener Helfer gefragt. Alte, kranke und nicht arbeitsfähige Menschen wurden vom Familienverband mitversorgt.
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Feste
6.2
Feste
Feste waren in den Lebenslauf eines Menschen eingebunden, in den Dorfgemeinschaften und innerhalb des Staates waren sie unverzichtbare Bestandteile der inkaischen Lebenswelt. Alle Feste waren in der Religion verankert. Rein zivile Feste gab es nicht. Religiöse Vorstellungen waren ein ständiger Begleiter des Alltags. Die meisten Feste standen mit der Landwirtschaft in Verbindung, dienten Feste anlässlich zur Saat und zur Ernte vor allem dazu, die Gottheiten um Schutz für das landwirtschaftliche Gut und das wirtschaftliche Wohlergehen zu bitten. Herausragende Feste waren im Inkareich das Inti Raymi im Juni, das in Verbindung mit der Wintersonnenwende stand, und das Capac Raymi im Dezember, das mit der Sommersonnenwende zusammenhing. Der indianische Chronist Felipe Guaman Poma de Ayala identifizierte zwölf herausragende Feste im Jahreslauf, deren Datum sich jeweils an dem Verlauf und Stand der Sonne orientierte: – Januar: Capac Raimi; die Hauptfestlichkeit; Monat des Ausruhens. – Februar: Paucar Uarai; bei diesem Fest opferte der Inka große Mengen an Gold, Silber und Tieren an die wichtigsten Götter. – März: Pacha Pucui; Fest der Reife, Opferung schwarzer Lamas. – April: Inca Raimi; Festlichkeit des Inka, Opferung bemalter Lamas. – Mai: Hatun Cusqui Aymoray Quilla; Monat der Maisernte. – Juni: Haucai Cusqui; Monat der Kartoffel-, Oka- und Olluco-Ernte. – Juli: Chacra Conacuy; Monat der Landverteilung. – August: Chacra Iapui; Monat der Feldbestellung. – September: Coia Raimi; Fest des Mondes und der Reinigung. Aussaat des Maises. – Oktober: Oma Raymi; Fest des Wassers; Bitte um Regen – November: Aia Marcai; Fest für die Toten.
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Alltag und Feste bei den Inka
– Dezember: Capac Inti Raymi; Großes Fest für den Gott Sonne; Opferung von Gold, Silber und auch Kindern.
Abb. 13: Das Fest Capac Inti Raymi in einer Zeichnung von Felipe Guaman Poma de Ayala.
Feste
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Guaman Poma de Ayala ist aber nur eine von vielen Quellen für den Festkalender der Inka. Andere Chroniken und Dokumente des 16. Jahrhunderts bieten zahlreiche Varianten und Abweichungen hierzu. Die auffälligstes Abweichung ist das Capac Raymi, das von Guaman Poma auf den Januar gelegt wurde. Capac Inti Raymi Das wohl wichtigste Fest des Jahres war das Capac Inti Raymi im Dezember, das beim Einsetzen der Regenzeit zur Sommersonnenwende abgehalten wurde. Während dieser Zeremonie durchliefen die adeligen jungen Männer einen Pubertätsritus, der für sie ein Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen war. Bei diesem Fest wurde viel gegessen und getrunken, gesungen und getanzt. Inti Raymi Ein weiteres wichtiges Fest war Inti Raymi, mit dem die Sonne, der Gott Sonne, geehrt wurde. Es wurde immer zum Zeitpunkt der Wintersonnenwende der südlichen Hemisphäre im Juni vollzogen. Nach drei Tagen des Fastens und der sexuellen Enthaltsamkeit kam der Inka zum Platz aukaypata und wartete dort mit seinen Untertanen auf das Erscheinen der ersten Sonnenstrahlen. Als dies geschah, kauerten sich die Menschen, die zu diesem Fest zu Ehren der Sonne gekommen waren, nieder und öffneten die Arme, um zu beten. Der Inka-Herrscher begann mit der Zeremonie, indem er einen goldenen Becher mit Chicha in der rechten Hand hochhielt. Dann goss er den Becher in eine Schüssel mit Abfluss aus, die er in Richtung des Sonnentempels coricancha hielt. Dann trank er aus dem Becher, den er in der linken Hand hielt. Anschließend gingen der Inka und die Menschen, die die Zeremonie begleiteten, zum coricancha, wo sie ihre Opfergaben, zumeist aus Gold und Silber, übergaben. Dann kehrte
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Alltag und Feste bei den Inka
man zum Platz Aucaypata zurück, um ein Lama zu opfern. Danach gab es die Zeremonie des heiligen Feuers, bei der der Priester die Sonnenstrahlen mit seinem Armreif empfing und eine Baumwollflocke entzündete. Zum Abschluss des Festes führte man typische Tänze aus den verschiedenen Regionen des Reiches auf. Es gab Bankette mit gebratenem Fleisch und Bällchen aus Mais. Die Zeremonie endete mit einem allgemeinen Chicha-Umtrunk. Das Inti Raymi ist heute weltweit das bekannteste inkaische Fest – es wurde 1944 wiederbelebt. 1572 hatte es der spanische Vizekönig Francisco de Toledo verboten, da er es für heidnisch und dem katholischen Glauben abträglich hielt. Es waren indigene Künstler, Wissenschaftler und Politiker, denen es gelang das Fest in Form von theatralischen Inszenierungen wieder auferstehen zu lassen. Dank der Schilderungen des Chronisten Inca Garcilaso de la Vega (1606) war es möglich, dieses Ritual historisch zu rekonstruieren. In der Gegenwart wird diese Feierlichkeit jeden 24. Juni durchgeführt und ist ein Ereignis mit großer touristischer Anziehungskraft, national wie international. Wichtigste Bühne des heutigen Inti Raymi ist die Festung Sacsayhuaman, im Norden der Stadt Cuzco. Coya Raymi Von herausragender Bedeutung war auch das Coya Raymi, das Fest der Frau des Inka-Herrschers, das Ende September stattfand. Es handelte sich um eine Reinigungszeremonie, situa, die zur körperlichen und seelischen Reinheit führen sollte. Wichtig waren hierbei Prozessionen, die entlang der rituellen Pilgerwege stattfanden. Diese endeten mit einem zeremoniellen Bad in einem Fluss.
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Militärwesen und Krieg bei den Inka
Zu den Pflichten der Bevölkerung gegenüber dem Staat gehörte der Militärdienst. Personen unterschiedlicher ethnischer Herkunft bildeten die Inkatruppen, die Mehrheit als zeitweise Verpflichtete, mitayos. Während des Militärdienstes wurden die Truppen vom Inka ernährt und gekleidet. Sie marschierten auf den Straßen und ruhten sich in Herbergen, den tambos, aus. Dort wurden sie von Bediensteten des Staates versorgt. Da die Soldaten aus verschiedenen Familienverbänden (ayllu) stammten, die alle ihre eigenen Verpflichtungen hatten, durfte der Militärdienst für den Einzelnen nicht allzu lange dauern. Besonders in der Landwirtschaft war die Arbeitskraft der Männer schwer entbehrlich. Auch Frauen wurden im Rahmen einer Arbeitsverpflichtung (mita huarmi) zum Heer eingezogen. Sie waren für die Verpflegung der Soldaten und deren Kleidung zuständig. Waffen Zu den Angriffswaffen gehörten Schleudern, Äxte, Schleuderkugeln, Lanzen, Pfeile und Keulen. Zur Verteidigung benutzte man einen Schild aus Holz und einen hölzernen mit Stoff gefütterten Helm. Für die Soldaten war es wichtig, sich mit größter Agilität beim Kampf Mann gegen Mann bewegen zu können. Der Körper wurde mit Hemden, die mit Baumwolle verstärkt waren, geschützt. Die Inka begannen zunächst auf kurzer Distanz mit der Schleuder und der Schleuderkugel zu kämpfen. Danach kämpften sich die Soldaten Mann gegen Mann immer weiter vor. Hierbei diente ihnen die Keule als Hauptwaffe.
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Militärwesen und Krieg bei den Inka
Die Keule bestand aus einem Holzgriff, auf den oben ein Stein oder ein Stück Metall aus Kupfer oder Bronze in runder oder sternenförmiger Form aufgesetzt war. Im Allgemeinen hatte der sternförmige Kopf der Keulen sechs Punkte. Er war aus Stein, Kupfer oder Bronze gefertigt. Die Keulen waren bis zu einem Kilogramm schwer und das Ziel des Angriffs war der Kopf des Gegners. Die Äxte wurden aus Stein- oder Kupferblättern hergestellt. Auch sie wurden im Kampf Mann gegen Mann eingesetzt. Die Schleuder wurde über dem Kopf auseinandergezogen, damit das Projektil mit Kraft abgeschossen werden konnte. Sie war aus Wolle oder geflochtener Faser hergestellt und hatte eine Länge bis zu zwei Metern. Die Schleuderkugeln warf man mit Wucht in Richtung Hals, Beine oder Arme des Gegners.
Abb. 14: Waffen der Inka
Militärwesen und Krieg bei den Inka
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Gepolsterte Baumwollhemden und ein um den Körper gewickeltes Tuch waren ein wirksamer Schutz gegen die traditio-
Abb. 15: Die Inka im Krieg. Zeichnung von Felipe Guaman Poma de Ayala
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Militärwesen und Krieg bei den Inka
nellen Waffen im Andengebiet. Sogar die Spanier übernahmen sie zum Teil als Ersatz für ihre schweren Rüstungen. Rituale des Krieges Für die Inka gehörten zu den kämpferischen Auseinandersetzungen wichtige Rituale, die beachtet werden mussten. Kämpfe begannen stets mit Zeremonien, bei denen auch Tänzer auftraten. Erst dann konnten die Soldaten losziehen. Zur traditionellen Form des Krieges gehörte es auch, den Feind zu fesseln oder auf seinen Überresten zu tanzen. Taktiken des Krieges Die Inka waren in ihrer Geschichte aus militärischer Sicht sehr erfolgreich. Ihnen kam ihr hervorragendes Organisationsgeschick sehr zu gute. Besonders auf eine genaue Vorbereitung legten sie großen Wert. Hierzu gehörten der Bau von Straßen, das gezielte Auffüllen der Vorratsspeicher und die Spionage. Auch das politische Geschick der Inka wurde zu einem Erfolgsgaranten. Sie bemühten sich, ihre Gegner von Verbündeten zu isolieren und boten ihnen gute Behandlung und die Vorteile des Inka-Staates an, wenn sie sich friedlich unterwarfen. Ein großes und gut ausgerüstetes Inka-Heer hatte wohl für so manches Volk eine abschreckende Wirkung. Die Festungen pucara Als wichtige Stützpunkte der inkaischen Macht etablierten sich die Festungen, genannt pucara, an strategisch günstig gelegenen Orten und in den Grenzregionen. Ihre Besatzungen stellten Wehrbauern, die in der Nähe auf enteigneten Ländereien lebten. Jeweils eine Gruppe verrichtete im Turnus den Wachtdienst in den Festungen. In den Festungen wurden Soldaten stationiert, auf die sich der herrschende Inka absolut verlassen konnte. Angeführt wurden sie zumeist von hoch stehenden Funktionären oder Adeligen.
Militärwesen und Krieg bei den Inka
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Abb. 16: Die Überreste des Pucará de Tilcara (Argentinien)
Eroberungskriege Die Inka hatten im Andengebiet einen Ruf als sehr grausame Feldherren. Manche Kriegszüge wurden mit großer Brutalität durchgeführt. Andere dauerten manchmal Jahrzehnte, bis der endgültige Erfolg sich einstellte. Es kam vor, dass angegriffene Orte und Gegenden hinterher nur noch aus Kindern und alten Menschen bestanden. Ein See erhielt z. B. den Beinamen Yaguarcocha, Blutsee, weil sich sein Wasser durch das Blutvergießen und die vielen Toten rot gefärbt haben soll. Ein erobertes Volk ging in der mündlichen Überlieferung als »die Gehängten« ein, da als Vergeltungsmaßnahme fast alle Männer von den Inka aufgehängt worden waren. Der lokale curaca von Cinto, in der Region der heutigen Stadt Chiclayo an der Nordküste Perus, berichtete den Spaniern, dass von 5000 Männern, die er hatte, 4000 von den Inka getötet und 600 Frauen unter dem Militär aufgeteilt worden wären. Der spanische Chronist Pedro Cieza de León berichtet,
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Militärwesen und Krieg bei den Inka
dass dieses Tal einstmals sehr bevölkert gewesen sei, durch die vergangenen Kriege aber nicht mehr viele Menschen da seien. Aus diesen Informationen wird deutlich, dass die Inka in den eroberten Gebieten gefürchtet und mit ziemlicher Sicherheit nicht gut angesehen waren. Diese Kriege hinterließen tiefe Spuren, die auch noch lange Zeit später in mündlichen Überlieferungen verarbeitet wurden. Ein Beispiel für einen besonders langwierigen Krieg, war der gegen die Caranqui im Norden, mit dem der Inka-Herrscher Huayna Capac mindestens zehn Jahre beschäftigt war. Schon sein Vorgänger Tupac Inca Yupanqui hatte diese besiegt, aber nach dem Abzug des Heeres hatten sie sich wieder erhoben. Die inkaischen Heere erlitten gegen die Caranqui mehrfach Niederlagen und so große Verluste, dass zeitweise die Moral der inkaischen Soldaten stark sank. Mit dem Versprechen wertvoller Geschenke und Gegenleistungen gelang es dem Herrscher seine Soldaten zum Weiterkämpfen zu animieren und letztendlich zum Sieg zu führen. In diesem Krieg zeigte sich eine hervorragende militärische Taktik der Inka. Sie schlossen das Gebiet der Caranqui mit einer Reihe von Ringwallfestungen (pucara) ein. In diese zog sich das Heer nach den Schlachten immer wieder zurück. Erst nach einem Jahrzehnt dauernder Schlachten war der Widerstand gebrochen. Am bereits erwähnten Yahuarcocha, dem Blutsee, wurden die Caranqui nun endgültig besiegt. Die Inka ließen wegen des langen Widerstandes und wegen der vielen eigenen Verluste grausame Rache an den Besiegten walten. Es wurden so viele erwachsene Männer von den Inka getötet, dass die Caranqui noch lange Zeit huambracuna, Kinder, genannt wurden. Um ein erobertes Gebiet auch langfristig abzusichern, nutzten die Inka ihr System der Zwangsumsiedlung. Dies wurde auch zu militärischen Zwecken eingesetzt. So hatten z. B. die Huayacuntu aus der Gebirgsregion im heutigen Department Piura mit tausend Soldaten im inkaischen Heer an der Niederwerfung der Caranqui teilgenommen. Teile von ihnen verpflanzte der Inka-Herrscher in die Region der
Militärwesen und Krieg bei den Inka
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heutigen Stadt Quito, um sie im Falle von Erhebungen schnell einsetzen zu können. Dies war eine wichtige Sicherheitsmaßnahme, die von den Inka oft praktiziert wurde.
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Schon lange vor den Inka gab es im Andengebiet Handwerkskünste, die einen hohen technologischen und künstlerischen Entwicklungsstand aufwiesen. Ob Stein, Holz, Ton oder Metall – viele Materialien wurden meisterhaft verarbeitet. Auch bei den Inka waren das Handwerk und die materielle Kultur sehr bedeutend. Spezialisierte Handwerker standen hoch im Kurs und konnten sich bei sehr guten Leistungen eine herausragende Stellung in der Gesellschaft erarbeiten. Besonders geschätzt waren die Produkte, die schwer herzustellen waren und die die meiste Arbeitszeit benötigten. Dies war zumeist bei der Herstellung von Schmuck der Fall, der für den Adel bestimmt war. Als besonders wertvoll galten z. B. Ketten, die sehr sorgfältig aus Muscheln gearbeitet waren. Das dafür notwendige Material, wie bestimmte Muscheln oder Schneckengehäuse, musste manchmal von sehr weit her nach Cuzco importiert werden. So wurde z. B. die SpondylusMuschel von der Nordküste aus dem heutigen Department Piura geholt. Sie spielte bei religiösen Zeremonien eine wichtige Rolle. Die Inka hatten einen sehr ausgeprägten Kunststil, der sich im Rahmen der Expansion ihres Reiches immer weiter im Andengebiet verbreitete. Sie prägten so mit ihrer Herrschaft eine überregionale Kunst, die teils bis heute in veränderter Form weiterlebt. Dies gilt sowohl für die Handwerkskunst als auch für die Architektur. Die Kunsterzeugnisse vermitteln ein ausgeprägtes ästhetisches Gefühl in ihren Materialien. Der inkaische Stil ist von großer Klarheit und fast schon Strenge geprägt.
Webkunst und Kleidung
8.1
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Webkunst und Kleidung
Die Webkunst diente nicht nur zur Herstellung von Kleidungsstücken, sondern sie erfüllte auch wichtige wirtschaftliche, soziale und religiöse Funktionen. Die spanischen Chronisten berichteten voller Überraschung, dass sie in den inkaischen Vorratslagern eine große Anzahl von Webarbeiten vorfanden. Für den Staat, und allen voran für den Herrscher selbst, war die Produktion von Webarbeiten eine sehr bedeutende Aktivität. Die Führung von Cuzco nutzte die Textilien, um das Netz ihrer politischen Bündnisse zu unterhalten und das System der Wiederverteilung zu pflegen. Durch die Arbeitsverpflichtung mita war es dem Staat möglich, auf viele Weber zurückzugreifen. Die Webarbeit gehörte zu den wichtigsten Gütern der Wiederverteilung. Die Textilien hatten auch einen religiösen Wert. Man hat sehr feine Webarbeiten an heiligen Orten und als Grabbeigaben für die Toten gefunden. Textilien waren Opfergaben in verschiedenen Ritualen. Sie waren auch ein Symbol für die soziale Schicht, dem die Person angehörte. Die Qualität der Stoffe und die Ornamentik deuteten auf den jeweiligen Status in der inkaischen Gesellschaft hin. Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Webarbeiten unterscheiden: die einfache und die feine. Die erste Art wurde in einfachen Webgeräten hergestellt und war vor allem ein häusliches Produkt. Die feineren Webarbeiten wurden gewöhnlich von Spezialisten aus einer Kombination von Fasern aus Alpaka- und Vicuña-Wolle produziert. Die feineren Webarbeiten (cumbi) ragten durch die Qualität des Materials, die Farbigkeit und die Perfektion der Muster heraus. Einige dieser Stücke wurden mit dünnen Plättchen aus Gold und Silber bedeckt. Man verwendete auch Spondylus-Muscheln und Federn als ergänzende Dekorations- und Symbolelemente. Der Besitz eines besonders feinen Gewebes zeigte an, dass es sich um eine bedeutende Person der Gesellschaft handelte.
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Abb. 17: Eine feine Webarbeit der Inka
Der Inka-Herrscher fiel schon äußerlich durch seine außergewöhnliche Kleidung auf. Auf dem Kopf trug er ein gewebtes Band, in das Federn eingesteckt waren. Seine Stirn war durch eine breite Quaste bedeckt. Am Ohrläppchen trug er große Ohrringe, die aus Schmuckscheiben bestanden. In der Hand hielt er einen Stab, der mit vielen kleinen Federn bedeckt war und an dessen Ende sich drei große Federn befanden. Als Zeichen seiner Funktion als oberster Heeresführer besaß er eine goldene Keule und eine bemalte Standarte. Die einzelnen Dörfer und Regionen unterschieden sich auch durch die verschiedene Art sich zu kleiden. Die Kleidung bestand in wärmeren Regionen aus Baumwolle, sonst meist aus Alpakawolle. Männer kleideten sich mit einem Lendenschurz und einem kurzen Hemd (uncu), das einer Tunika ähnlich war. Dazu kamen ein Umhang aus einer Art Decke (llacolla) und eventuell noch ein Täschchen für Cocablätter oder
Webkunst und Kleidung
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Kräuter. Frauen trugen eine längere Tunika (acsu oder anacu), wie ein Wickelkleid, das an der Schulter von Metallnadeln und an der Taille von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Ihren Umhang (lliclla) steckten sie auf Brusthöhe mit einer größeren Nadel (tupu), oft aus Silber, fest. Herstellung der Textilien Als Basismaterial schätzte man die weiße und braune Baumwolle sowie die Wolle von Alpaka und Vicuña. Die Fasern der Vicuña waren jedoch ausschließlich für die Elite reserviert. Auch Binse und aus der Agave gewonnene Fäden wurden für die Textilien verwendet. Nach der Auswahl der Fasern wurden diese gesponnen und gefärbt. Von der Auswahl des Färbungsmittels hing die Farbigkeit Stücks ab. Hierfür gab es eigene Spezialisten, die tanti camayoc. Sie waren die Experten für die Zubereitung von Farben. Für die Herstellung verwendete man neben Kräutern z. B. Achiote, eine Frucht des Annattostrauches, für Orangetöne, Indigo für Blautöne, die Früchte des Tarabaums für Schwarz und die Blüten des peruanischen Pfefferbaums molle für Gelb. Rot wurde aus der Cochenilleschildlaus gewonnen. Webgeräte Es gab verschiedene Arten von Webgeräten. Das Rückenbandwebgerät war das gebräuchlichste und kam vor allem im häuslichen Umfeld zum Einsatz. Es bestand aus zwei Holzstäben von 70 oder 75 cm Länge. Einer von ihnen war an der Weberin mit einem Band befestigt, während der andere an einer Wand oder an einem Pfosten angebunden war. Die Person arbeitete normalerweise im Sitzen. Die Weberin nutzte ihren Körper, um den Stoff zu spannen.
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Abb. 18: Ein fein gewebtes Inkahemd
Andere Webgeräte bestanden aus einem Gestell, das vertikal oder horizontal angeordnet sein konnte. Das horizontale war wie ein Podest, das ein paar Zentimeter über dem Boden auf Pfosten gestellt war. Bei diesem Typ Webgerät blieb die
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Keramik
Spannung beim Weben konstant, was beim Herstellen von gleichen und breiten Webarbeiten von Vorteil war. Die vertikalen Webgeräte wurden in den Häusern der auserwählten Frauen aclla gefunden. Sie waren zum Weben der besonders feinen Textilien bestimmt und mussten von zwei Weberinnen bedient werden. Sie waren so groß, dass man mit ihnen viel breitere und längere Webarbeiten herstellen konnte, als mit den anderen Webgeräten.
8.2
Keramik
Die Keramik bestand aus einigen wesentlichen Grundformen wie spitzbodigen Amphoren, weiten Gefäßen, Schalen und Bechern, die zumeist in geometrischen Mustern farbig bemalt waren. Sie wurden in die neu eroberten Gebiete importiert
Abb. 19: Ein getöpferter inkaischer Krug
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Handwerk und Kunst bei den Inka
und dort dann weiter kopiert. Hierbei ergaben sich vielfach Mischformen, die stilistische Eigenheiten des ursprünglichen und des inkaischen Stils verbanden. Der Kunststil der Inka zeichnet sich im Allgemeinen durch einheitliche Muster aus, bei denen geometrische Motive, wie Kreise, Dreiecke, Rauten und Stäbe hervorstechen. Auch zoomorphe Elemente wie etwa katzenähnlichen Wesen kommen häufig vor. Bei den Farben verwendete man oft braune Töne, kombiniert mit rot, orange, schwarz und weiß. Kero – Becher mit langer Tradition Der zeremonielle Gebrauch von Bechern, kero, war schon lange vor den Inka im Andengebiet verbreitet. Der für Zeremonien verwendete Becher war bei den Inka aus Holz, Keramik oder Metall. Interessanterweise behielten diese Gegenstände in der Kolonialzeit ihre Bedeutung, da sie zu einem repräsentativen Element der indigenen Aristokratie wurden. Allerdings veränderten sich die Motive. Waren es bei den Inka noch vorrangig die erwähnten Muster, dominierte in der Kolonialzeit Holzbecher, auf die Szenen gemalt wurden, die an die inkaische Vergangenheit erinnerten.
8.3
Federkunst
Nicht nur der herrschende Inka, sondern auch andere bedeutende Persönlichkeiten wurden auf Sänften getragen und von Sonnenschirmen geschützt. Diese Schirme waren eines der herausragenden Beispiele für die inkaische Federkunst. Außerdem wurden auch Hemden, Decken und Fächer mit Federn gearbeitet. Die Federobjekte fallen durch ihre lebendigen Farben auf und waren bei den Inka wichtiger Teil ihres Schönheitsideals. Die Vielfalt der Federn zeigt, dass die Inka Zugang zu den Vögeln des Amazonasgebietes hatten. Die farbenprächtigen Federn der Papageien aus dem Amazonastiefland galten als besonders kostbar. Sie wurden vor durch
Metallkunst
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Abb. 20: Ein kunstvoll bemalter Holzbecher (kero)
Tauschhandel erworben. Die langen Transportwege dieser Rohmaterialien und der hohe Arbeitsaufwand für ein mit vielen Federn gearbeitetes Luxusobjekt dürften zu ihrem hohen Wert beigetragen haben.
8.4
Metallkunst
Für die spanischen Eroberer war im 16. Jahrhundert das Gold eine der größten Antriebskräfte für ihre Entdeckungszüge im
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Andengebiet. Für die Inka hatte das Gold jedoch einen anderen Stellenwert als für die Europäer, es war ein Gut neben vielen anderen wie Silber, Federn, Muscheln oder Salz. Diese Rohmaterialien wurden oft weit gehandelt. Die Endprodukte galten als Luxusgüter, die zuletzt als Beigaben in reiche Gräber gelangten. Diese Objekte hatten für die Inka nicht nur eine materielle, sondern auch eine symbolische und rituelle Bedeutung. Gold stand in ritueller Hinsicht in enger Verbindung mit dem Sonnengott Inti. Da der Inka-Herrscher als Sohn der Sonne galt, durften nur Adelige Gold tragen. In der Metallurgie wurde mit Gold, Silber und metallene Verbindungen wie Bronze gearbeitet. Zum Schmelzen des Metalls verwendete man Brennöfen aus Ton, die als huayra bezeichnet wurden. Die Inka beherrschten viele Techniken, wie die Verlötung, das Auswalzen, das Behämmern und eingelegte Verzierungen. Aber auch hier stand man in einer langen, auch vorinkaischen, andinen Tradition. Silber bildete im dualen Weltbild der Inka eine wichtige Ergänzung zum Gold. Silber wurde symbolisch der Mond-
Abb. 21: Goldkette der Chimú
Architektur
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göttin Quilla, der Frau des Sonnengottes Inti, zugerechnet. Obwohl es in den Anden reiche Silbervorkommen gab, war die Gewinnung reinen Silbers sehr schwierig, da es zumeist mit anderen Mineralien verbunden ist. Die Produkte wurden gewöhnlich aus natürlichen Silberlegierungen oder versilberten Kupferlegierungen hergestellt. Die Inka verstanden es, hervorragende Handwerksmeister besiegter und unterworfener Völker an den eigenen Staat zu binden. Als die Inka die Chimú erobert hatten, versetzten sie eine Gruppe von Goldschmiden nach Cuzco, um dort herausragend schöne Stücke für den obersten Adel herzustellen. Die Chimú waren zu Zeiten der Inka berühmt für ihre goldverarbeitende Kunst. Ohrschmuck, Nasenringe, Armreifen, Ringe, Ketten, Pinzetten, Nadeln und Brustschmuck, die Bandbreite des Bedarfs war groß. Ein anderes Beispiel sind die Silberschmiede aus Huancavilca, einer Zone im heutigen Ecuador, die als »Dienende«, yanacuna, nach Zurite in der Nähe von Cuzco gebracht wurden.
8.5
Architektur
Die Architektur der Inka ist mit ihrem allgemeinen künstlerischen Schaffen vergleichbar. Sie ist neben ihrer rein praktischen Seite ein Teil der inkaischen Kunst. Ihre Konstruktionen zeichneten sich durch Stabilität, Monumentalität und Schlichtheit aus. Monumentale Bauten hatten im Andengebiet schon lange vor den Inka eine weite Verbreitung. Die Inka entwickelten und perfektionierten jedoch einen eigenen Stil, der unverwechselbar ist. Auch heute noch ist man von der perfekten Monumentalbauweise der Inka fasziniert. Durch die Konstruktion von städtischen Verwaltungszentren und ein systematisch angelegtes Straßensystem war man in der Lage relativ schnell mit der Hauptstadt Cuzco zu kommunizieren. Alle Städte wurden sorgfältig geplant und wurden so zu einem
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Handwerk und Kunst bei den Inka
wichtigen Symbol für die Anwesenheit des Inkastaates in der jeweiligen Region. Grundsätzlich kann man zwischen einem polygonalen Stil, bei dem große Blöcke in unregelmäßiger Form zusammengefügt sind, von einem rektangulären Stil unterscheiden, bei dem exakt rechteckige Steine verwendet wurden. Im Hochland bauten die Inka mit Stein und an der Küste adaptierte man teilweise die dort traditionelle Bauart mit luftgetrockneten Lehmquadern, die man adobe nennt und bis heute nicht nur im Andengebiet, sondern auch in Mittelamerika und dem Süden der USA in Gebrauch sind. Wichtige religiöse oder repräsentative Gebäude wurden aber auch dort möglichst aus Stein errichtet.
Abb. 22: Adobe-Wand in Incahuasi, Nordperu
In der Küstenregion wurden typische Inkabauten außerdem in der dort üblichen Pirca-Bauweise errichtet. Bei dieser bestehen die Mauern aus in Lehm gebetteten unbearbeiteten Steinen, die mit einem Putz versehen und bemalt waren. Oft wurden bei einem Gebäude verschiedene Techniken nebeneinander verwendet.
Architektur
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Die Inka erwiesen sich als hervorragende Meister der Steinbearbeitung. Besonders eindrucksvoll ist die Konstruktion der Mauern, die zum Teil aus tonnenschweren Steinen bestanden. Auch die Präzision ruft bis heute Bewunderung hervor. Die Steine wurden so genau bearbeitet, dass sie perfekt passten und ohne Mörtel zusammenhielten. In den Fugen verblieben keine Zwischenräume. Zum Zuschlagen verwendete man Steinhämmer, zum Sägen und Polieren genügten Wasser und Sand. Der Transport erfolgte durch hölzerne Rollen unter Einsatz zahlreicher Arbeitskräfte. Wichtige Erkennungsmerkmale für die inkaische Architektur waren trapezförmige, oft in sich gestufte Nischen und Fenster sowie ein rechteckiger Grundriss. Besonders in Gegenden, in denen die ursprüngliche Bevölkerung in runden Häusern lebte, ist dies ein deutlicher Hinweis auf InkaArchitektur. Die Häuser der allgemeinen Bevölkerung bestanden aus Stein oder Lehmquadern, waren mit Stroh gedeckt und einfach eingerichtet. Darin befanden sich Decken und Kleidung, Geräte und Werkzeuge aus Holz und Stein, sowie Kochtöpfe und Essgeschirr sowie Mahlsteine. Gekocht wurde in einem Ofen aus Lehm, dessen Feuer auch zur Erwärmung des Hauses und zur Beleuchtung diente. Straßen Die Inka gelten als die größten Straßenbauer im alten Amerika. Ihr Netz aus gepflasterten Straßen und Trampelpfaden war systematisch ausgebaut und wurde sorgfältig gepflegt. Die Straßen wurden sogar ineiner Höhe von bis zu 5000 Metern über dem Meeresspiegel angelegt. Hängebrücken überspannten tiefe Schluchten und Meilensteine markierten den Weg. Die Straßen waren für die wirtschaftliche und administrative Organisation des Inka-Staates ganz wesentlich. Durch das Straßennetz konnte man den Kontakt und die Überwachung des riesigen Reichsgebietes gewährleisten. Brücken, Raststätten und Vorratslager waren bedeutende Bestandteile dieses
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Netzes. Über die Straßen bewegten sich die Truppen, die Botenläufer, die Arbeitskräfte, die Händler, die Funktionäre und sogar der Herrscher selbst, wenn er auf Reisen war.
Abb. 23: Ein Stück erhaltener Inkaweg
Architektur
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In erster Linie waren es die Verwaltungszentren, die miteinander durch Straßen verbunden waren. Eine wichtige Straße lief entlang der Küste vom südlichen Ecuador bis ins heutige Chile. Eine zweite Hauptstraße zog sich durch das gesamte Hochland von den heutigen Staaten Ecuador bis Chile und Argentinien. Zwischen den Hauptrouten gab es Verbindungen und Abzweigungen in die Provinzen. Das Bild der Straßen ist nicht einheitlich, man passte sich den jeweiligen geografischen Gegebenheiten an. In den Bergen waren die Straßen teilweise gepflastert und an steilen Abschnitten mit Stufen versehen. Über tief eingeschnittene Täler der großen Flüsse in den Anden führten Hängebrücken. Dammstraßen überquerten sumpfige Gebiete, in Gegenden mit Wüstenklima bestand die Straße aus Steinmarkierungen. Nur in der Nähe von größeren Orten waren die Straßen breiter und befestigt. Ansonsten handelte es sich um eher schmale Wege für Fußgänger oder Karawanen mit Lamas. Vermessungen und Berechnungen haben ergeben, dass das Straßensystem der Inka eine Länge von insgesamt ca. 40 000 Kilometer erreichte. Brücken Auch bei den Brücken passte man sich den geografischen Gegebenheiten an. Manchmal reichten Baumstämme, um kurze Entfernungen, wie z. B. bei Bächen zu überbrücken. Wesentlich aufwendiger und eine technische Meisterleistung war die Konstruktion einer langen Hängebrücke. Hierfür wurden zuerst viele dicke Seile aus einem speziellen Gras geflochten. Dann wurden Holzlatten miteinander verbunden und so der Brückenboden geschaffen. Dann spannte man die hergestellten Seile über die Schlucht und befestigte sie zu beiden Seiten an Steinblöcken. Weitere Seile dienten als Geländer und wurden in der ganzen Länge mit dem Brückenboden verbunden.
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Die Raststätten tambos Entlang der Straßen befanden sich in regelmäßigen Abständen Raststätten bzw. Unterkünfte, tambos, für Reisende. In ihnen lagerte man eine Reihe von Produkten, wie Kleidung und Nahrungsmittel, die der Inka im Rahmen der Wiederverteilung weitergab, wenn es ihm notwendig erschien. An wichtigen Routen waren chasqui, Botenläufer, stationiert. Botschaften wurden in kurzen mündlichen Mitteilungen oder in Form der Knotenschnüre quipu von einem Läufer an den nächsten übergeben. Nachrichten konnte so aus über weite Entfernungen sehr schnell übermittelt werden.
Abb. 24: Überreste der Inkafestung Tambo Real an der Nordküste Perus.
8.6
Städtebau der Inka
Cuzco Der Ort Cuzco war schon in vorinkaischer Zeit besiedelt. Bedeutend wurde er erst durch die Inka, die dort das Zentrum ihres Reiches einrichteten. Für die Inka war ihre Hauptstadt
Städtebau der Inka
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das Zentrum der Welt. Von hier aus wurde regiert und von hier aus zog man in die Welt, um diese zu erobern. Die Stadt war von den Inka sehr genau geplant und aufgebaut worden. Cuzco war weit mehr als der Sitz des Herrschers, Cuzco war eine heilige Stadt, die den Kosmos der Inka widerspiegelte. Im Zentrum befand sich der Tempel coricancha, in dem ein figürliches Bildnis des Gottes Sonne stand. Von diesem Tempel aus führten viele Pilgerpfade in das gesamte Reich. An diesen Wegen befanden sich Altäre und Sakralbauten, die regelmäßig aufgesucht und an denen Zeremonien durchgeführt wurden. Der coricancha, der »vergoldete Tempel«, war das wichtigste Gebäude von Cuzco. Sein Name könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Wände des Tempels mit Goldplatten versehen waren. Besonders das Gold wurde schon mit der ersten Ankunft der Spanier in Cuzco geplündert. Ursprünglich war der coricancha eine große Anlage, zu der nicht nur der Tempel selbst, sondern auch Innenhöfe und andere Gebäude zählten. Man muss sich unter dem coricancha also eher einen Tempelkomplex vorstellen, der von großen Mauern umgeben war. In der Hauptstadt gab es noch viele weitere Tempel, die den unterschiedlichsten Gottheiten gewidmet waren. In einem Innenhof einer solchen Tempelanlage befand sich ein goldener Brunnen sowie ein legendärer Garten, in dem Maispflanzen aus Gold und Silber arrangiert gewesen sein sollen. Dominiert wurde die Stadtmitte von zwei großen Plätzen. Der eine hieß aukaypata und war für öffentliche Zeremonien, also vor allem für Auftritte des Inka und für die Präsentation der Mumien verstorbener Herrscher reserviert. Im heutigen Cuzco befindet sich dort der Platz Plaza de Armas. Der zweite große Platz war der cusipata, der in der Gegenwart von dem Platz Plaza de Regocijo überbaut ist. Das Stadtzentrum war als Wohnort ausschließlich für hohe Adlige reserviert. In unmittelbarer Nähe zum Tempel coricancha befand sich hatunkancha, ein großer Palast mit zentralem Eingang und einem weiträumigen Gelände, das mit Mauern
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Abb. 25: Reste des coricancha, des »vergoldeten Tempels« in Cuzco.
geschützt war. Auf diesem inneren Gebiet befanden sich mehrere Gebäude, darunter auch ein acllahuasi, das Haus der auserwählten Frauen aclla. In der Kernstadt sollen etwa 20 000 Einwohner gelebt haben. Das gemeine Volk lebte dagegen außerhalb der Stadtmitte. Mit all seinen Außenbezirken kam die inkaische Hauptstadt sicherlich auf etwa 100 000 Einwohner. Durch die Stadt liefen zwei parallele Hauptstraßen, die von weiteren Straßen gekreuzt wurden. Viele Wege waren gepflastert. Unter den gepflasterten Straßen verliefen zum Teil auch Wasserkanäle. Als der große Erneuerer der Hauptstadt Cuzco gilt Pachacutec Inca Yupanqui. Er ließ die alte Stadt komplett renovieren und konzipierte eine ganz neue Stadtanlage. Dies fiel zeitgleich mit dem Beginn des imperialen Zeitalters der Inka zusammen. Auch hier bewies sich Pachacutec Inca Yupanqui als der große Reformator der Inka. Es waren vor allem moderne Strukturalisten und Symbolanalytiker des 20. Jahrhunderts, die in der Form der Stadtanlage von Cuzco einen Puma zu erkennen glaubten. Sie
Städtebau der Inka
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glauben, dass der Kopf des gedachten Pumas mit dem Ort Sacsayhuaman, der Platz zwischen den Vorder- und den Hinterbeinen mit dem Platz aucaypata und der Schwanz des Pumas mit dem Platz poma chupan (»Schwanz des Pumas«) zusammenfällt. Diese symbolhafte Bauweise wird dabei Pachacutec Inca Yupanqui zugeschrieben. Es gibt des Weiteren auch Forscher, die der Meinung sind, Cuzco sei an sich das Symbol eines Pumas – die in der Stadt lebenden Menschen seien der Körper und der Inkaherrscher der Kopf gewesen. Beide Hypothesen lassen sich allerdings nicht beweisen, die starken baulichen Veränderungen haben zu wenig Informationen übrig gelassen, als dass bisher eine endgültige Entscheidung möglich wäre. Zweifellos war Cuzco aber in ein Ober-Cuzco (Hanan Cuzco) und ein Unter-Cuzco (Hurin Cuzco) eingeteilt. Dies entsprach der grundsätzlichen Struktur einer inkaischen Stadt bzw. eines Dorfes. Die Rekonstruktion der verschiedenen Bebauungszustände in der Geschichte der Stadt Cuzco ist sehr schwierig. Dies gilt auch für die Endphase des Inkareiches. Als die Spanier die Stadt 1533 eroberten, begann sofort deren Zerstörung. Paläste und Tempel wurden eingerissen, neue Gebäude darauf errichtet oder anderen Verwendungen zugeführt. Auf dem Haupttempel coricancha wurde ein spanisches Kloster gebaut. 1650 richtete zudem ein schweres Erdbeben große Zerstörungen an. Sacsayhuaman Sacsayhuaman, oberhalb von Cuzco gelegen, hatte für die Hauptstadt eine wichtige Funktion. Der Ort war eine Verteidigungsanlage, ein großes Vorratslager und ein Zeremonialzentrum. Geschützt wurde er von einer Zickzackmauer mit riesigen Ausmaßen im typisch inkaischen Architekturstil. Nach heutigem Forschungsstand bestand Sacsayhuaman aus drei großen Zonen. Im Norden befand sich ein großes Wasserreservoir mit einem Netzwerk von Kanälen. Hierzu gehörte auch eine Reihe von Gebäuden, die aus sehr fein bearbeiteten
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Steinen gebaut wurden. In der Mitte der Festungsanlage gab es unterirdische Wasserbehälter, Wasserleitungen, Terrassen, Treppen, Innenhöfe und einige kleinere Gebäude. Als dritte Zone interpretiert man den sogenannten »Thron des Inka«, eine großzügige Anlage mit Sitzen und Treppen aus Stein.
Abb. 26: Festung Sacsayhuaman
Ollantaytambo Ollantaytambo gilt als ein Musterbeispiel für inkaische Stadtkonzeption. Es war einmal mehr Pachacutec Inca Yupanqui, der für die Planung und die Erbauung verantwortlich war. Nach der Eroberung der Region durch die Inka wurde Ollantaytambo unter Pachacutec Inca Yupanqui einerseits ein zeremonielles Zentrum, andererseits aber für den InkaStaat auch eine Festung, die strategisch sehr wichtig war, da sie sich am Eingang zum Urubamba-Tal befand. Die Tempelanlage weist eine sehr feine Steinbearbeitung auf. Berühmt sind die Wände des Tempels, die aus riesigen Steinblöcken bestehen und bis zu vier Meter hoch sind. Der Ort, der auch zahlreiche
Städtebau der Inka
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Terrassen besaß, bot zudem eine wichtige Raststätte für Reisende, Boten und Lamakarawanen.
Abb. 27: Die Festung Ollantaytambo.
In der spanischen Kolonialzeit machte Ollantaytambo von sich reden, da die Stadt zeitweise zum Hauptstützpunkt von Manco Inca Yupanqui bei dessen Aufstand gegen die spanische Herrschaft wurde. Machu Picchu Eine weitere Stadt, die Mitte des 15. Jahrhunderts von dem mächtigen Herrscher Pachacutec Inca Yupanqui als religiöses Zentrum und Ruhesitz erbaut wurde, ist Machu Picchu. In ihrer Blütezeit bestand sie aus 216 Tempeln, Palästen und anderen Gebäuden. Damals lebten dort bis zu 1000 Menschen, die der Führungsschicht des Inkareiches angehörten. Kam der Inka in seine Residenz, konnte sich die Anzahl der Menschen, die es aufzunehmen galt, schnell verdoppeln. Zu den ständigen Bewohnern gehörten neben inkaischen Adligen auch Landwirte und Hirten, die sich um die Versorgung der Stadt kümmerten.
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Handwerk und Kunst bei den Inka
Die Errichtung von Machu Picchu ist systematisch durchgeplant. Der Felsen, auf dem die Stadt gebaut wurde, besteht aus Granit. Die Auswahl ihrer Lage spricht für eine strategische Sichtweise, da die Stadt von drei Seiten vom Urubamba-Tal geschützt wird. Sie ist von drei Bergen umgeben, die alle als heilig angesehen wurden: Huayna Picchu, Machu Picchu und Putucusi. Aus Sicherheitsgründen umgab die Siedlung eine Außenmauer, die nur ein Zugangstor hatte. Dieses wurde über ein Wächterhäuschen kontrolliert. Die innere Schutzmauer trennte den Wohnsektor vom landwirtschaftlichen Bereich. Auch hier gab es nur ein Zugangstor, hinter dem sich Lagerhäuser und Ställe für die Tiere befanden. Der urbane Sektor war wie in anderen inkaischen Städten in einen oberen und in einen unteren Bereich eingeteilt. Die Haupttempel und der Palast des Inkaherrschers befanden sich im oberen Teil. Ein weiterer wichtiger Aspekt für die günstige Lage der Stadt war die Verfügbarkeit von Wasser. Die Einrichtung eines perfekten Wasserleitungssystems gilt als herausragende Ingenieursleistung in Machu Picchu. Ein Wasserkanal führte von der Quelle über ein exakt geplantes Gefälle in den Brunnen des obersten Bereichs des Palastes. Der Herrscher hatte somit das frischeste Wasser. Von diesem Brunnen führte ein weiterer Kanal in den unteren Siedlungsbereich. Machu Picchu kann auch als Stadt der Brunnen bezeichnet werden, da sie sehr zahlreich und wichtige Elemente der gesamten Wasserversorgung der Stadt sind. Forscher haben herausgefunden, dass die Brunnen so angelegt sind, dass durch die Geschwindigkeit des fließenden Wassers eine Amphore in kürzester Zeit aufgefüllt werden kann. Ingenieure und Steinmetze mussten die Wasserleitungsanlage in Schuss halten und sie weiter ausbauen. Auf der höchsten Ebene von Machu Picchu befand sich das Sonnenobservatorium intihuasi. Dort befand sich der Sonnenstein, ein Sonnenmesser, der intihuatana genannt wurde, in wörtlicher Übersetzung der »Sonnenfessler«. Dies war ein aus dem Fels geschlagener Stein mit vier Kanten, der zum jeweiligen Stand der Sonne einen entsprechenden Schatten warf.
Städtebau der Inka
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Dort wurde die Uhrzeit bestimmt und Kalenderberechnungen angestellt. Es war ein idealer Punkt für die Beobachtung des Himmels und der Gestirne, so dass man vermuten kann, dass Machu Picchu auch eine Hochburg für die inkaischen Astronomen war.
Abb. 28: Machu Picchu von oben
Ein großer Platz, der heute Sonnenplatz genannt wird, bildete den Übergang zwischen der Oberstadt und der Unterstadt. Befanden sich in der Oberstadt eher die religiösen Gebäude, lagen in der Unterstadt vor allem die zahlreichen Wohnhäuser. Auch die Totenhöhlen gehörten zur Unterstadt. Die bisherigen archäologischen Befunde haben ergeben, dass in Machu Picchu auch eine große Anzahl der auserwählten Frauen aclla und mamacuna lebten und arbeiteten. Es fällt auf, dass ihre Häuser, die acllahuasi, mehrfach zweistöckig waren. Dies war eine Besonderheit in der Stadt. Alles spricht dafür, dass Machu Picchu eine Stadt des Reichtums war. 1562 wurde sie niedergebrannt und 1572
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Handwerk und Kunst bei den Inka
endgültig verlassen. Für die Forscher bleiben heute noch viele Fragen offen: Welche Bedeutung hatte die Stadt im Inkareich? Warum wurde sie nach Ankunft der Spanier so schnell aufgegeben? Und gibt es dort noch verborgene Schätze, wie z. B. Grabanlagen, die man bis heute noch nicht gefunden hat? Machu Picchu zählt gegenwärtig zu den faszinierendsten archäologischen Städten der Welt. 1983 nahm die UNESCO die Stadt in die Liste des Weltkulturerbes auf. 2007 wurde Machu Picchu in einer privaten Internetumfrage, an der sich weltweit 70 Millionen Wähler beteiligt haben sollen, zu einem der sieben neuen Weltwunder gewählt. Auch wenn dieses Ergebnis keinen offiziell anerkannten Charakter hat, wurde es in Peru doch mit großer Begeisterung aufgenommen und gefeiert. Schon legendär ist der nationale und internationale Tourismus nach Machu Picchu. Seine Intensität gefährdet aber den Erhalt der Ruinen, so dass ständig Kompromisse zwischen dem Denkmalschutz, der Wissenschaft und dem Kommerz gefunden werden müssen. Tumipampa Tumipampa (oder Tomebamba) war die wichtigste inkaische Stadt im Norden des Reiches, im heutigen Ecuador gelegen. Sie lag im Gebiet der Cañaris, die von Tupac Inca Yupanqui erobert und in den Inka-Staat eingegliedert worden waren. Der Inkaherrscher heiratete eine Tochter des Häuptlings der Cañari und begann mit dem Bau eines prunkvollen Palastes pumapunku (»Tor des Puma«). Tumipampa wurde für die Inka von da an zu einem wichtigen strategischem Stützpunkt, von wo aus die weiteren Eroberungen im Norden fortgeführt wurden. Als Huayna Capac an die Macht kam, wurde Tumipampa weiter ausgebaut und galt zu der Zeit als die zweite Hauptstadt des Reiches. Spanische Chronisten berichteten fasziniert, dass die Gebäude in dieser Stadt zu den prachtvollsten und reichsten in ganz Perus gehört hätten. Die Wände der Paläste seien mit
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Gold überzogen und mit Mosaiken aus Spondylus-Muscheln dekoriert gewesen. Das große Vorbild bei der Anlage der Stadt sei Cuzco gewesen. Für die Errichtung der Tempel sollen sogar Steine aus der Hauptstadt nach Tumipampa gebracht worden sein. Dies ist vor allem symbolisch zu sehen: Durch das Verwenden heiliger Steine aus der heiligen Stadt Cuzco wurde die Bedeutung von Tumipampa auch in sakraler Hinsicht unterstrichen. Tumipampa galt das als Lieblingsstadt von Huayna Capac und war für viele Jahre seine wichtigste Residenz. Während des Bürgerkrieges zwischen Huascar und Atahualpa erlitt die Stadt schwere Schäden. Nach der endgültigen Zerstörung durch die Spanier wurde an gleicher Stelle 1557 die heutige Stadt Cuenca gegründet.
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Das Ende des Inkareiches: Eroberung durch die Spanier
Die Ankunft von Christoph Kolumbus Ende des 15. Jahrhunderts in Amerika hatte einen folgenreichen Einfluss auf die weitere Weltgeschichte. Die Eroberung der Spanier von Mittel- und Südamerika bedeutete den Untergang vieler Völker und den Beginn eines neuen Zeitalters in Amerika. Nach der Eroberung von Mexiko, besonders der Azteken und Teile der Maya, zog es die Spanier schnell nach Südamerika auf die Suche nach weiteren Reichen mit bedeutenden Reichtümern, vor allem Goldschätzen. Die indigenen Völker Amerikas hatten sehr schnell gemerkt, dass die Europäer vor allem auf der Suche nach Gold und Silber waren. Die Brutalität mit der so mancher Eroberungszug einherging, hinterließ einen traumatischen Eindruck bei den Völkern. Viele sahen sehr schnell einen Vorteil darin, sich mit den Spaniern zu verbünden. Im Andengebiet gab es schon lange vor den Inka eine reiche Tradition der Goldverarbeitung. Auch im nördlichsten Südamerika, noch außerhalb des Inka-Territoriums, waren der Reichtum und der Prunk der Inka bekannt. So wundert es nicht, dass die Spanier schon bei ihrer ersten Ankunft an der südamerikanischen Küste auf die Inka aufmerksam gemacht und weiter nach Süden verwiesen wurden. Es war nur eine kleine Truppe unter der Führung von Francisco Pizarro, die im November 1532 den Inka-Herrscher Atahualpa in Cajamarca gefangen nahm. Die zentrale Macht des Inkastaates war zu jenem Zeitpunkt durch den Bruder- und Bürgerkrieg zwischen Huascar und Atahualpa empfindlich geschwächt. Die Spanier standen nicht einem so starken Staat gegenüber, wie dies noch unter der Führung von Huayna Capac der Fall gewesen wäre.
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Mit der Gefangennahme der göttlichen Führungspersönlichkeit, dem Sohn der Sonne Atahualpa, begann sehr schnell der Zerfall des Inkareiches. Von den Inka unterworfene Völker und auch umgesiedelte Gruppen aus den unterschiedlichsten Regionen verbündeten sich mit den Spaniern. Sogar Adelige aus der Partei von Atahualpas Bruder Huascar boten den Fremden ihre Hilfe an. Dadurch erhielten die Spanier bei ihren Eroberungszügen eine so große Unterstützung, dass sie dem inkaischen Heer hoch überlegen waren. Verstärkt war diese Überlegenheit auch durch den Einsatz von Pferden, Stahlschwertern und Schusswaffen. Vielen Völkern ging es in erster Linie darum, sich mit Hilfe der Spanier vom Joch der Inka-Herrschaft zu befreien. Auch dies zeigt, dass das Reich der Inka alles andere als einheitlich gefestigt war und viele nur auf eine Gelegenheit warteten, von den Inka loszukommen oder sich sogar an ihnen zu rächen. Aber ob Inka oder ein anderes Volk im Andengebiet, am Ende teilte sie alle das gleiche Schicksal, nämlich die Eingliederung in das spanische Reich. Atahualpa wurde nach einem Prozess aus fadenscheinigen Gründen hingerichtet und damit das Ende des Inka-Staates faktisch besiegelt. Nach dem Tod Atahualpas ließ Francisco Pizarro dessen jüngeren Bruder Tupac Huallpa zum neuen Inka-Herrscher krönen. Pizarro war der Meinung, durch einen Schatten-Inka das riesige Reich leichter beherrschen zu können, da auch er die inkaischen zentralen Staatsstrukturen schnell durchschaut hatte. Tupac Huallpa war aber nur wenige Wochen im Amt. Er begleitete Francisco Pizarro auf dessen Zug in die Hauptstadt Cuzco. Bei einem mehrtägigen Halt in der heutigen Stadt Jauja, die bei dieser Gelegenheit als spanische Niederlassung gegründet wurde, starb Tupac Huallpa. Über seinen Tod kursieren verschiedene Vermutungen. Einige Chronisten behaupten, er sei von Calcochima, einem mächtigen Heerführer Atahualpas, vergiftet worden. Andere sind der Meinung, er sei an einer von den Spaniern eingeschleppten Krankheit gestorben.
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Das Ende des Inkareiches: Eroberung durch die Spanier
Francisco Pizarro setzte daraufhin Manco Inca, einen anderen Halbbruder von Atahulapa und Sohn von Huayna Capac als neuen Herrscher ein. Manco Inca löste sich aber bald von den Spaniern und rief seine Untertanen zu einem Aufstand auf, um das Land wieder zu befreien. Es folgten ihm tatsächlich viele Menschen aus allen Teilen des Reiches, da man die Spanier inzwischen offensichtlich als die viel schlimmeren Unterdrücker erkannt hatte. Viele Spanier wurden bei dieser Erhebung getötet und Cuzco zeitweise sogar eingeschlossen. Manco Inca konnte sich letztendlich aber nicht durchsetzen, weil viele Adelige ihn im Stich ließen oder sogar gegen ihn kämpften. Zu seinen Gegnern gehörten auch Verwandte und Mitglieder des inkaischen Hochadels, wie z. B. sein Halbbruder Paullu. Manco Inca konnte sich mit seinen Gefolgsleuten nach Vilcabamba zurückziehen, wo sich noch einige Zeit ein relativ kleines, unabhängiges Reich hielt, das von der Forschung als Neo-Inkareich bezeichnet wird. Dieses erreichte aber keine größere Bedeutung mehr. Eine Rückkehr zu den alten Zeiten des Tahuantinsuyu blieb ihm verwehrt. Manco Inca hatte einigen Spaniern in Vilcabamba Zuflucht gewehrt, die sich selbst inzwischen in einem erbitterten Bürgerkrieg um die Herrschaft in Cuzco befanden. Jene Spanier dankten es ihm schlecht und ermordeten ihn 1544. Die in Vilcabamba verbliebenen inkaischen Adeligen krönten Sayri Tupac, einen Sohn von Manco Inca, zum neuen Herrscher. Bei seinem Amtsantritt soll er erst 10 oder 12 Jahre alt gewesen sein. Rechtlich wurde er zunächst von seinem Onkel Atoq Supa vertreten. Als junger Mann gelang es ihm dann, Frieden mit den Spaniern zu schließen, indem er auf eigene Machtansprüche verzichtete. Er konnte sogar nach Lima reisen, wo er vom Vizekönig und vom Erzbischof empfangen wurde. 1560 starb er unter mysteriösen Umständen im Alter von etwa 26 Jahren. Nachfolger von Sayri Tupac wurde 1560 als dritter Herrscher des sogenannten Neo-Inkareiches oder »Reiches von Vilcabamba« Titu Cusi Yupanqui. Er war ebenfalls ein Sohn
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von Manco Inca. Titu Cusi Yupanqui wurde vor allem durch einen ausführlichen Bericht berühmt, den er an den spanischen König Philipp II. sandte. Darin hebt er vor allem die Leistung seines Vaters Manco Inca und die Ungerechtigkeiten die diesem von Seiten der Spanier widerfahren sind. Dieser Text aus dem Jahr 1570, der 1985 auch in deutscher Übersetzung als Buch mit dem Titel »Die Erschütterung der Welt – Ein Inka-König berichtet über den Kampf gegen die Spanier« erschienen ist, gilt als wichtige Quelle, da er die Ereignisse der damaligen Zeit aus indigener Sicht schildert. Titu Cusi Yupanqui schloss 1566 mit dem spanischen Gouverneur Lope de Castro einen Vertrag über seine zukünftige Stellung und Machtbefugnisse ab. Darin erklärte er sich einverstanden, Untertan des spanischen Königs zu werden. Den Spaniern wurde das Recht zugestanden, Priester nach Vilcabamba zu senden und dort Kirchen zu bauen. Es war zu jenem Zeitpunkt für Titu Cusi Yupanqui die einzige Möglichkeit, sich eine gewisse Selbstständigkeit zu erhalten und nicht vollständig kapitulieren zu müssen. Der vermeintliche Frieden hielt aber nicht lange. Die Spanier vermuteten in der Region von Vilcabamba reiche Gold- und Silberminen und entsandten einen Bergmann und Erzsucher. Nachdem dieser tatsächlich fündig geworden war, ließ Titu Cusi Yupanqui ihn umbringen, da er fürchtete, sein Land bald vollständig zu verlieren. Kurz darauf starb Titu Cusi Yupanqui 1571 selbst unter mysteriösen Umständen. Der inzwischen in Vilcabamba residierende spanische Augustinermönch Diego Ortiz wurde von den inkaischen Adeligen beschuldigt, ihren Herrscher vergiftet zu haben. Er wurde unter schweren Foltern von den Inka ebenfalls umgebracht. Nachfolger von Titu Cusi Yupanqui wurde Tupac Amaru, ein weiterer Sohn von Manco Inca. Der Beginn seiner Amtszeit fiel aber für ihn in extrem ungünstige Begleitumstände. 1569 hatte der neue spanische Vizekönig in Peru, Francisco de Toledo, seine Arbeit aufgenommen. Dieser war bis 1581 im Amt und ging für die Spanier als der große Ordner und Reformator des Vizekönigreichs Peru in die Geschichte ein. Er
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entsandte eine starke Armee nach Vilcabamba, um Tupac Amaru gefangen zu nehmen, und um die letzte Keimzelle inkaischen Widerstandes auszurotten. In der ganzen Provinz Vilcabamba wurde Jagd auf Mitglieder der Familie des Tupac Amaru gemacht. Tupac Amaru wurde schließlich 1572 auf dem Hauptplatz in Cuzco enthauptet. Sein Kopf wurde zur Abschreckung auf einem Pfahl ausgestellt. Dieses Ansinnen der Spanier ging aber nicht auf, da sich immer mehr Indigene versammelten, um den Verstorbenen zu verehren. Der Kopf des Toten musste daraufhin wieder entfernt werden. Mit dem Tod von Tupac Amaru fand das Neo-Inkareich sein Ende. Der Name Tupac Amaru sollte aber in der weiteren Geschichte Perus noch eine gewisse Rolle spielen. 1780 kam es zu einem größeren indigenen Aufstand gegen die spanische Herrschaft. Einer seiner wichtigsten Führer, José Gabriel Condorcanqui, nannte sich in Erinnerung an den letzten Herrscher von Vilcamaba Tupac Amaru II. Er behauptete sogar, ein Nachfahre von diesem zu sein, was aber nicht bewiesen ist. Der Aufstand scheiterte und Tupac Amaru II. wurde 1781 auf dem Hauptplatz in Cuzco gevierteilt. In den 1970er Jahren entstand in Peru eine Untergrundbewegung, die sich Movimiento Revolucionario Tupac Amaru (MRTA), »Revolutionäre Bewegung Tupac Amaru« nannte. Auch hier stand der Name Tupac Amaru für Widerstand. Traurige Berühmtheit erreichte die Gruppe weltweit im Jahre 1996, als ein schwerbewaffnetes Kommando die japanische Botschaft in Lima besetzte und 483 Geiseln nahm. Der damalige peruanische Präsident Alberto Fujimori befahl die Stürmung der Botschaft, bei der alle 14 Geiselnehmer getötet wurden. Dies war das endgültige Ende von MRTA, nachdem bereits 1994 viele Rebellen aufgrund eines Amnestieangebotes des Staates ihre Waffen abgegeben hatten.
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Die Kolonialzeit
Die Völker des Andengebiets, ob sie nun Teil des Inkareiches waren oder nicht, hatten vom 16. bis zum 19. Jahrhundert ein schweres Los in der spanischen Kolonialzeit. Ihr Leben änderte sich radikal. Es galt nicht nur eine neue Herrschaft auszuhalten, sondern sich auf eine ganz neue Kultur, Religion und Wirtschaftsweise einzustellen. Die Formen der Unterdrückung und der Ausbeutung der Arbeitskraft war in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts noch ziemlich willkürlich und unkontrolliert. Erst im Laufe der Jahre hatte sich die spanische Krone auf die auch für sie in diesen Ausmaßen neue Situation eingestellt. Es war vor allem einigen katholischen Geistlichen zu verdanken, dass Gesetze zum Schutz der indianischen Bevölkerung erlassen wurden. Auch spanische Juristen und Staatsrechtler setzen sich für einen gerechten Umgang mit der neu hinzugekommenen Bevölkerung in Übersee ein. Für sie war das Land in Amerika kein Kolonialgebiet, sondern Teil des spanischen Mutterlandes. Die einheimische Bevölkerung galt es von daher in das Reich zu integrieren und nicht wie rechtlose Sklaven zu behandeln. In der Praxis wurden jedoch die Gesetze zum Schutz der Indianer oft nicht entsprechend umgesetzt. Der übriggebliebene Teil des inkaischen Adels, der mit den Spaniern kooperierte, hatte von der ehemaligen Bevölkerung des Inkareiches noch das angenehmste Schicksal. Die Adeligen, die ihre Loyalität bewiesen, erhielten von den Spaniern eine bevorzugte Behandlung. In der Philosophie der spanischen Krone war ein fremder und unterworfener Adel als solcher in seiner durch Geburt oder Verdienst erworbenen Sonderstellung zu akzeptieren. So kam es, dass viele adlige Führer des
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Die Kolonialzeit
Inkareiches, auch in den äußeren Provinzen, von den Spaniern wiederum als Funktionäre eingesetzt wurden, um als Bindeglied zur spanischen Staatsverwaltung und als Verantwortliche für die zu leistenden Abgaben zu fungieren. Bis zur Unabhängigkeit der heutigen andinen Staaten von der spanischen Krone im 19. Jahrhundert kam es zu einer Vermischung der andinen Bevölkerung mit Menschen europäischer und afrikanischer Herkunft. Und dies nicht nur in biologischer, sondern auch in kultureller Hinsicht. Dies führte dazu, dass im Laufe der Jahrhunderte immer weniger zwischen z. B. Inka, Chachapoya oder anderen andinen Völkern unterschieden wurde. Was am ehesten noch verblieb, waren die großen Sprachen des Andengebiets: Quechua und Aymara. Noch heute sprechen etwa 10 Millionen Menschen Quechua und 2,5 Millionen Aymara. Die vielen kleineren Sprachen sind dagegen größtenteils ausgestorben.
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Das Erbe der Inka
Ein Volk der »Inka« gibt es heute nicht mehr. Inka bezeichnet gegenwärtig eher eine glorreiche Vergangenheit, die größtenteils bewundert wird, manchmal aber auch sehr kritisch gesehen wird. Für viele heutige Peruaner sind es vor allem die herausragenden Städtebauleistungen wie Cuzco und Machu Picchu, die eine große Achtung hervorrufen. Auf die vielen Kulturdenkmäler, die nicht nur von den Inka, sondern auch von vielen vorinkaischen Völkern stammen, ist man sehr stolz. Aber sie sind Vergangenheit und in erster Linie ein Teil der Geschichte. Manchmal gibt es Versuche der Wiederbelebungen alter voreuropäischer Kulturelemente. Berühmtestes Beispiel ist das inkaische Fest Inti Raymi, das seit den 1940er Jahren in Sacsayhuaman bei Cuzco zu einem attraktiven Anziehungspunkt für nationalen und internationalen Tourismus geworden ist. Aber auch dieses Fest ist vor allem ein Teil der Erinnerungskultur und keine Wiederkehr der Inka. Auch in Europa und speziell in Deutschland verdanken wir viel den Inka und anderen andinen Völkern. Was wäre die deutsche Küche heute ohne ihre Kartoffel? Sie ist wohl die wichtigste Nutzpflanze, die aus den Anden eingeführt wurde und in ganz Europa Verbreitung gefunden hat. Hohes Ansehen genießt in Deutschland auch die aus Südamerika stammende Quinoa, die in den Anden schon vor 6000 Jahren angebaut wurde. Wegen ihrer hohen Anteile an Mineralstoffen und Eiweiß ist sie auch in unseren Kulturbreiten für die Ernährung sehr geschätzt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte 2013 sogar zum Jahr der Quinoa, was die internationale Bedeutung der Pflanze unterstreicht.
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Das Erbe der Inka
Auch die aus Peru stammende Knollenpflanze Maca ist in Deutschland inzwischen in Tabletten- und Pulverform als Nahrungsergänzungsmittel sehr beliebt. Sie gilt ebenfalls als sehr nahrhaft und wird als Potenzmittel, zur körperlichen und seelischen Energiegewinnung sowie zur Stärkung von Abwehrkräften geschätzt. Von den Tieren haben das Lama, das Alpaka und der Kondor direkten sprachlichen Eingang ins Deutsche gefunden. Und wer kennt nicht das Meerschweinchen als beliebtes Haustier? In Deutschland wäre es undenkbar, dieses zu verzehren. Bei den Inka war es aber ein wichtiges Nahrungsmittel und auch in der Religion und in der Medizin spielte es eine Rolle. Auch in Deutschland ist es vor allem die Stadt Machu Picchu, die für eine große Bewunderung sorgt und die Erinnerung an die Inka wachhält. Das Interesse an der enormen Kulturleistung der Inka ist auch hierzulande sehr groß. Noch sind viele Rätsel in Bezug auf die Kultur und die Geschichte der Inka nicht gelöst. Noch wissen wir zu wenig über die frühe Geschichte der Inka, die Auseinandersetzungen mit ihren Nachbarvölkern und die Voraussetzungen für ihren phänomenalen Aufstieg. Wünschenswert wären auch bessere Kenntnisse über die Siedlungsstrukturen inkaischer Städte außerhalb der Ortskerne, die aufgrund ihrer baulichen Bedeutung bis heute im Mittelpunkt des Interesses stehen. Viele Überreste von inkaischen Bauten, wie Häuser, Tempel und Stützpunktanlagen in den Außenbezirken des Reiches sind noch nicht erforscht. Auch viele menschliche Überreste aus inkaischer Zeit sind noch nicht entdeckt und erforscht wurden. Besonders DNA-Analysen, auf die man vor einigen Jahren noch gar nicht zurückgreifen konnte, versprechen interessante Einblicke in Verwandtschaftsstrukturen. Vor allem von den modernen Methoden der Archäologie, der Naturwissenschaften und der Medizin sind in den nächsten Jahren neue wichtige Erkenntnisse zu erwarten.
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Glossar
Aclla Mädchen und Frauen, die einen Sonderstatus in der inkaischen Gesellschaft hatten. Sie waren aus ihrem Familienverband herausgelöst und unterstanden direkt der Staatsverwaltung. Ein Teil von ihnen arbeitete für den obersten Herrscher oder für Adelige und hohe Funktionäre. Andere hatten religiöse Aufgaben. Acllahuasi Gebäudekomplex, in dem die auserwählten Frauen aclla untergebracht waren. Amauta Ein »Weiser«, ein Experte in Geschichte, Religion und Kultur. Sie waren als Lehrer für die Erziehung und Ausbildung der Kinder des hohen Adels verantwortlich. Aríbalo Große Tongefäße, die Amphoren der europäischen Antike ähneln. Sie hatten einen nach außen geschwungenen Ausguss und gelten als besonders typische Form inkaischer Keramik.
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Glossar
Ayllu Familienverband, Gruppe von Menschen, die sich als verwandt betrachtete. Jeder ayllu identifizierte sich mit einer Mythe, die den Ursprung der Verwandtschaftsgruppe erklärte. Chasqui Botenläufer, die Nachrichten zu überbringen hatten. Collca Staatliche Vorratslager, in denen vor allem Nahrungsmittel, Werkzeuge und Kleidung gelagert waren. Coricancha Tempel des Sonnengottes Inti in der Hauptstadt Cuzco. Coya Hauptfrau des Herrschers. Curaca Führer eines Familienverbandes, einer lokalen Ethnie oder auch einer größeren Provinz. Wichtige politische Machthaber im Inkareich. Hatun runa Wörtlich »Groß Mensch«. Bezeichnung für das Volk im allgemeinen.
Glossar
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Intip churin Wörtlich »Der Sonne ihr Sohn«. Gemeint ist der Inka-Herrscher, der als Sohn des Gottes Sonne angesehen wurde. Kero Becher aus Holz oder Keramik. Mallqui Mumie eines toten Inka-Herrschers. Maskaypacha Stirnband des Inka-Herrschers, das ein Symbol seiner Macht war. Mita Turnusgemäße Arbeitspflicht. Mitimaes Gruppen von Personen, die von einem Gebiet des Reiches in ein für sie neues Territorium dauerhaft umgesiedelt wurden. Orejones Von den Spaniern geprägte Bezeichnung für die Mitglieder des inkaischen Hochadels, die durch das Tragen von schweren Ohrgehängen zu erkennen waren. Panaca Familienverband der Inka-Herrscher.
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Glossar
Quipu Knotenschnüre, die dem Erinnern von Mengen und anderen Informationen dienten. Quipucamayoc Spezialist für die Herstellung und die Deutung der Knotenschnüre quipu. Sapan inca Wörtlich »der einzige Inka«; Bezeichnung für den Inka-Herrscher. Tahuantinsuyu Wörtlich »die vier zusammengehörigen Teile«. Bezeichnung für das Reich der Inka. Tocapu Symbolsystem vom Zeichen und Mustern, das sich auf Textilien und Keramiken findet. Tucuyricuc Wörtlich, der »Alles Seher«. Ein Inspekteur, der ständig Daten über das Funktionieren des Reiches sammelte. Hoher inkaischer Funktionär. Villac umu Der oberste Priester im Reich.
Glossar
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Yachayhuasi »Haus des Wissens«, eine Schule in der Kinder des Adels vor allem in Geschichte, Religion und Kultur unterrichtet wurden. Yanacuna »Dienende«, die aus ihrem ursprünglichen Familienverband ayllu herausgelöst und direkt dem Herrscher oder hohen Adeligen zugeordnet waren.
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Abbildungsverzeichnis
Karte 1: Peter Palm, Berlin Abbildung 2, 9, 22, 24 Bernd Schmelz Abbildung 3, 5, 10 – 11, 14, 17 – 21, Museum für Völkerkunde Hamburg Abbildung 1, 4, 13, 15 Felipe Guaman Poma de Ayala Abbildung 6 Wikipedia/Dr. Eugen Lehle Abbildung 7 Wikipedia/Joseph L. Hartman Abbildung 8 Wikipedia/Eric in SF Abbildung 12 Wikipedia/Stan Porse Abbildung 16 Wikipedia/Fajro Abbildung 23 Wikipedia/Pajaro Abbildung 25 – 28, sowie Umschlag Wikipedia/Håkan Svensson
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Register
acllahuasi 60, 74, 112, 117 Ají 63, 67 Alcavizas 20 Alpaka 63 – 66, 97, 99, 128 amauta 8, 129 aríbalo 19, 129 Atahualpa 35 – 36, 119 – 121 Aucaypata 41, 88, 113 Ayamarcas 20 Ayar Auca 18 – 19 Ayar Cachi 18 Ayar Manco 18 – 19, 22 Ayar Uchu, 18 Ayarmaca 25 – 26 ayllu 9, 44, 47 – 53, 57, 61 – 63, 74, 78, 89, 130, 133 Aymara 53 – 54, 76, 126 Bernabé Cobo 9 Calcochima 36, 121 capac cocha 79, 81 – 82 Capac Raymi 85, 87 Capac Yupanqui 24 – 25, 28 Caquia 26 Caranqui 35, 56, 94 Catequilla 77 ceque 78 Chachapoya 32, 126 Chan Chan 29 Chanca 24, 26 – 28 chaquitaclla 64
charqui 65, 67 chasqui 110 chicha 41, 44, 67, 74 – 75, 81, 87 – 88 Chiclayo 93 Chimbo Mamayachi Urma 24 Chimbo Urma 22 – 23 Chimú 28 – 29, 55 – 56, 105 Chincha 69 Christoph Kolumbus 120 chuño 67 – 68 Cinto 93 Clements Markham 9 Coca 44, 51, 62, 65, 81 – 83 Colla 24, 26 collca 52 – 53 Copalimaytas 20 coricancha 19, 78, 87, 111, 113, 130 coya 38 – 39, 47, 88, 130 Culumchimas 20 cumbi 74, 97 curaca 21, 28, 37, 43 – 45, 47, 50 – 51, 56, 59, 62, 93 Cuzco 7, 12 – 13, 15 – 16, 18 – 20, 22 – 29, 31, 34 – 36, 41 – 42, 44, 47, 51, 53 – 54, 56, 58, 61, 69, 71, 74 – 75, 77 – 81, 88, 96 – 97, 105, 110 – 113, 119, 121 – 122, 124, 127, 130
Register
Diego Ortiz 123 Ephraim George Squier 9 Francisco de Toledo 88, 123 Francisco Pizarro 34, 36, 120 – 122 Garcilaso de la Vega 8, 88 Gold 15, 18, 29, 36, 71, 80, 85 – 87, 97, 103 – 105, 111, 119 – 120, 123 Hatun Topa 26 Heinrich Cunow 9 Huaca 26, 70, 76 – 77, 81 – 82 huacas 61 Huallas 20 Huamachuco 58, 77 Huanacaure 15, 18 Huancavilca 105 Huánuco 28, 58 Huascar 35 – 36, 119 – 121 Huayna Capac 31 – 37, 41, 94, 118 – 120, 122 Huaynapata 19 Illapa 70, 72 Inca Roca 25 – 26 Inca Yupanqui 31, 94, 112 – 115, 118 Incahuasi 58 Inti 27, 32, 59, 70 – 71, 83, 85 – 88, 104 – 105, 127, 130 intihuatana 78, 116 intip churin 16, 131 Jauja 56, 58, 121 Johan Reinhard 79 John Howland Rowe 11 John V. Murra 11
141 José de Acosta 9 José de la Riva Agüero 9 José Gabriel Condorcanqui 124 Juan Betanzos 17 Juan de Santacruz Pachacuti Yamqui 8 Juchuy Coscco 26 Julio C. Tello 13 Kartoffel 53, 62 – 64, 67 – 68, 85, 127 kero 19, 102, 131 Killa 59, 70 Kuru Yaya 24 Kusi Chimbo 24 – 25 Lama 19, 44, 63 – 67, 69, 80, 82, 84 – 85, 88, 109, 115, 128 Lambayeque-Kultur 29 Lares 20 Lloque Yupanqui 23 Lope de Castro 123 Louis Baudin 10 Luis E. Valcárcel 11 Lupaqa 26 Lurín 72 Maca 67, 128 Machu Picchu 115 – 118, 127 – 128 Mais 16, 47, 51, 53, 57, 62, 64, 67, 75, 80, 82, 85, 88, 111 mallqui 39 Mama Chimbo 24 Mama Coca 22 Mama Cora 18, 23 Mama Huaco 18, 22 Mama Kachua 23 Mama Killa 70 Mama Mikay 26 Mama Ocllo 15 – 16, 18, 22, 32
142 Mama Rahua 18 mamacuna 74 – 75, 117 Manco Capac 15 – 16, 22 – 23 Manco Inca 32, 115, 122 – 123 Mantas 69 Maria Rostworowski de Diez Canseco. 11 mascaypacha 39 Max Uhle 13 Mayta Capac 23 – 24 Mendoza 32 Minchancaman 29, 55 mita 48, 51, 61 – 62, 89, 97 mitimaes 52, 57 – 58 mitmaccuna 32 Muchik 54, 58 Mumien 41, 75, 111 Nevado Ampato 79 Ninan Coyuchi 35 orejones 41 – 43 Pacaritambo 15 Pachacamac 72 – 73, 77 Pachacutec Inca Cusi Yupanqui 27 – 28, 60 Pachamama 70, 72 Pedro Cieza de León 8, 17, 93 Pisac 26 Piura 94, 96 Poques 20 pucara 92, 94 Puerto Viejo 69 Puquina 53 – 54 Quinoa 63 – 64, 67, 127 quipu 12, 45 – 47, 110, 132 quipucamayoc 45 – 46 Quizquiz 36
Register
Rumiñahui 36 Sacsayhuaman 88, 113, 127 sapan inca 39 Silber 36, 85 – 87, 97, 99, 104 – 105, 111, 120, 123 Silberobjekte 80 Sinchi Roca 18, 22 – 23 Spondylus 69, 96 – 97, 119 tambos 50, 89, 110 Tamputoco 18 Terrassen 16, 51, 57, 64, 114 – 115 Titicacasee 15, 26, 28, 32, 56, 65, 77 Titu Cusi Huallpa 25 Titu Cusi Yupanqui 8, 122 – 123 tocapu 12 Tomebamba 34, 118 Topa 26 – 27, 31, 58 Topa Inca Yupanqui 31 Túcume 29 tucuyricuc 43, 74 Túmbes 29 Tumibamba 34 Tumipampa 34 – 35, 43, 118 – 119 Tupac Amaru 123 – 124 Tupac Amaru II. 124 Tupac Huallpa 121 Tupac Inca Yupanqui 31, 94, 118 Urcon 27 Urubamba-Tal 26, 114, 116 Vicente Valverde 36 Victor Andrés Belaunde 9 Vicuña 65, 67, 97, 99
143
Register
Vilcabamba 122 – 124 Vilcanota 77 villac umu 23, 42 – 43, 59, 73 Viracocha 24, 26 – 27, 59, 70 – 71, 79 Viracocha Inca 26 – 27
Waldemar Espinoza Soriano 11 Wariwillka 77 yachayhuasi 56 Yaguarcocha 93 Yahuar Huacac 25 – 26 yanacuna 47 – 48, 62, 105