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German Pages [648] Year 1999
BAUSTEINE ZUR SLAVISCHEN P H I L O L O G I E U N D KULTURGESCHICHTE NEUE FOLGE Begründet von HANS-BERND HARDER (f) und HANS ROTHE Herausgegeben von KARL GUTSCHMIDT, ROLAND MARTI, PETER THIERGEN und LUDGER UDOLPH
Reihe A: SLAVISTISCHE FORSCHUNGEN Begründet von REINHOLD OLESCH ( f ) Band 27
Die handschriftlichen Kantionale des Franziskus Valentin Ruthen
(1674 - 1734)
Untersuchungen zu Quellen und Aufbau katholischer Gesangbücher des späten Barock in Pomereilen
Von
Arnd Wöhler
§ 1999
B Ü H L A U V E R L A G K Ö L N WEIMAR W I E N
Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG W O R T
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Wöhler, A r n d : Die handschriftlichen Kantionale des Franziskus Valentin Ruthen (1674 - 1734): Untersuchungen zu Quellen und Aufbau katholischer Gesangbücher des späten Barock in Pomereilen / von Arnd Wöhler. - Köln ; Weimar ; Wien : Böhlau, 1999 (Bausteine zur slavischen Philologie und Kulturgeschichte : Reihe A, Slavistische Forschungen ; N.F., Bd.27) Zugl.: Bonn, Univ., Diss. 1997 ISBN 3-412-02299-3 © 1999 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Alle Rechte vorbehalten Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Druck und Bindung: Strauss Offsetdruck GmbH, Mörlenbach Printed in Germany ISBN 3-412-02299-3
Inhaltsverzeichnis Vorwort
IX
1.
Einleitung
1.1
Religion und Frömmigkeit in Polen zu Beginn des 18. Jahrhunderts Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen Evangelische Drucke Katholische Drucke Forschungsbericht
1.2 1.2.1 1.2.3 1.3 2.
Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
2.1 2.2 2.3
Autor Geburtsort Werke
3.
Die handschriftlichen Kantionale
3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.4 3.3
Auswahl für die Untersuchung Beschreibung der Codices Pars Secunda Cantionalis (b) Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda (c2) Cantionale Scriptum, Pars I (d) Druga Cz§£c Pieini Naboznych (e) Beziehung der Codices zueinander
4.
Die Texte
4.1. 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.6.1 4.6.2 4.6.3 4.6.4 4.7 4.7.1
Textbestand nach Liedkapiteln Ausgewählte Textgruppen Melodieverweise Strophenformen Verschiedene Textredaktionen Texte in mehreren Sprachen. Übersetzungen Texte in zwei Sprachen Texte in drei Sprachen Verteilung auf die Codices Verzeichnis der Übersetzungen Sprachliche Analyse der polnischen Texte Phonetik
1 4 4 7 12
19 22 28
31 33 33 37 40 43 46
52 61 71 74 77 79 80 82 83 85 110 111
VI
Inhaltsverzeichnis
4.7.2 4.7.3 4.7.4 4.8 4.8.1 4.8.2 4.8.3 4.8.4
Morphologie Lexik Zusammenfassung Barocke Elemente in den polnischen Texten Stilistik Motive und Themen Barocke Ästhetik Sarmatismus
5.
Die Quellen
5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.4 5.2 5.2.1
Quellenverweise Ruthens 144 Quellen in polnischer Sprache 145 Quellen in lateinischer Sprache 151 Quellen in deutscher Sprache 158 Zusammenfassung 161 Weitere mögliche Vorlagen 167 Werke bis zum Abschluß der Kantionale Ruthens (bis 1733) 169 Werke in polnischer Sprache 169 Werke in lateinischer Sprache 200 Werke in deutscher Sprache 209 Werke nach Abschluß der Kantionale Ruthens (nach 1733). 222 Werke in polnischer Sprache 223 Werke in deutscher Sprache 232 Zusammenfassung 236
5.2.1.1 5.2.1.2 5.2.1.3 5.2.2 5.2.2.1 5.2.2.2 5.2.3
119 123 126 127 128 135 138 140
6.
Einordnung der Codices in die polnische Kantionalliteratur
6.1
Adressat, Verwendungszweck und Textauswahl
242
6.2
Bedeutung als hymnologische Quelle
247
Schlußbemerkung
252
Literaturverzeichnis 1. Hymnologische Quellen 1.1 Manuskripte des F. V. Ruthen 1.2 Quellen in polnischer Sprache 1.3 Quellen in lateinischer Sprache 1.4 Quellen in deutscher Sprache 2. Sonstige Quellen 3. Nachschlagewerke und Bearbeitungen
255 255 256 263 264 266 266
Inhaltsverzeichnis
VII
Anhang I.
Edition ausgewählter Texte
281
1.1 1.2 1.3
Texte in polnischer Sprache Texte in lateinischer Sprache Texte in deutscher Sprache
282 297 301
Π.
Incipitarium
309
II. 1 11.2 11.3
Texte in polnischer Sprache Texte in lateinischer Sprache Texte in deutscher Sprache
310 467 560
ΙΠ.
Melodieverzeichnis
625
111.1 111.2 111.3
Polnische Melodieincipits Lateinische Melodieincipits Deutsche Melodieincipits
626 628 631
Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde in den Jahren 1992-1996 erstellt und im Wintersemester 1996/97 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn als Dissertation angenommen. Behandelt werden die Gesangbuchhandschriften aus dem Nachlaß des aus Weyhersfrei in Pomerellen (später Neustadt in Westpreußen, poln. Wejherowo) stammenden katholischen Geistlichen Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734). Die in diesen Codices enthaltenen Texte (polnisch, lateinisch und deutsch) sind Abschriften aus fremden Quellen. Der Textnachweis nach entsprechenden zeitgenössischen Gesangbüchern und damit die Ermittlung der entsprechenden Vorlagen für die Kantionale Ruthens sind daher die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit. Dabei stehen Untersuchungen zum polnischen Textrepertoire im Vordergrund. Darüberhinaus werden im Anhang einige polnische, lateinische und deutsche Liedtexte, die anderweitig nicht nachweisbar waren, in diplomatischer Form ediert. Das Incipitarium erschließt den außerordentlich reichen Textbestand der Codices gemeinsam mit möglichen Quellennachweisen. Hiermit soll ein weiterer Beitrag zur Dokumentation des polnischen Kirchenliedes, insbesondere des katholischen Liedgutes des Barock, geleistet werden. Diese Aufgabe hat auch das Melodieverzeichnis, das die in den Manuskripten vorhandenen Melodieverweise erfaßt. Mein herzlicher Dank gilt an erster Stelle meinem akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Hans Rothe, für seine umfangreiche fachliche und vor allem persönliche Unterstützung bei der Erstellung der vorliegenden Dissertation. Die Untersuchungen erforderten umfangreiche Forschungsaufenthalte, vornehmlich in polnischen Bibliotheken und Archiven. Hier sei vor allem Herrn Prof. Dr. Stanislaw Borawski (derzeit Pädagogische Hochschule in Zielona Gora/Grünberg), gedankt, der mir während der Anfangsphase stets hilfreich zur Seite stand. Gedankt sei weiterhin Frau Mgr. Danuta Zagartowska, Bibliothekarin an der Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) in Komik bei Posen, für ihre freundliche Hilfe. Meinen besonderen Dank möchte ich Priester Prof. Dr. Anastazy Nadolny, Direktor des Diözesanarchivs Pelplin, sowie Priester Dr. Henryk Mross, Direktor der Bibliothek des Höheren Geistlichen Seminars zu Pelplin, für ihre stetige Unterstützung während meiner dortigen Forschungsaufenthalte aussprechen. Weiterhin gilt mein aufrichtiger Dank Herrn Prof. Dr. Leszek Moszynski (Universität Danzig), der sich freundlicherweise als Mentor für einen Forschungsaufenthalt in Danzig zur Verfügung stellte. Gedankt sei gleichfalls Herrn Prof. Dr. Jerzy Treder (Universität Danzig) für seine freundliche Mithilfe bei der sprachlich-dialektologischen Analyse der polnischen
χ
Vorwort
Liedtexte. Herzlich danken möchte ich zudem Priester Prof. Dr. Karol Mrowiec CM (Pfarre Krzyz in Warschau), der mir umfassenden Einblick in seine private Sammlung polnischer Kantionaldrucke gewährte. Herrn Mgr. Jan Micha! Krzemmski, Bibliothekar an der Danziger Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften (PAN) in Danzig, bin ich für seine fürsorgliche fachliche und private Hilfe an dieser Stelle ganz besonders dankbar. Allen Bibliotheken, Archiven und Forschungseinrichtungen danke ich für die freundliche Bereitstellung des für die Untersuchung benötigten Materials. Das Dissertationsvorhaben wurde durch mehrere Stipendien unterstützt: 1. einer Beihilfe zu einem Forschungsaufenthalt in Polen (1992) durch den Johann-Gottfried Herder-Forschungsrat Marburg e.V. (Stipendium aus dem Hermann-Aubin-Fond); 2. einem Promotionsstipendium (1992-1994) der Rheinischen FriedrichWilhelms-Universität Bonn nach dem Graduiertenförderungsgesetz Nordrhein-Westfalen GrFG NW; 3. einem Kurzstipendium des Ministeriums für Nationale Bildung der Republik Polen (= Auslandsstipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes für Graduierte) für einem Forschungsaufenthalt in Polen (1995). Den Stipendiengebern sei für ihre umfangreiche Förderung gedankt, die eine kontinuierliche Durchführung der Untersuchungen ermöglichte. Die Drucklegung dieser Arbeit konnte durch umfangreiche Druckkostenbeihilfen der Universität Bonn sowie der Verwertungsgesellschaft Wort GmbH reibungslos vonstatten gehen, wofür ich an dieser Stelle meinen herzlichen Dank aussprechen möchte. Bonn, im April 1999
1.
Einleitung
1.1
Religion und Frömmigkeit in Polen zu Beginn des 18. Jahrhunderts
Die Entstehung der Handschriften des Franziskus Valentin Ruthen fällt mit dem beginnenden 18. Jahrhundert in eine kulturgeschichtliche Epoche Polens, in der der römische Katholizismus die Oberhand über alle anderen bisher gleichfalls bedeutsamen Geistesströmungen gewonnen hatte. Die Machtstellung der katholischen Kirche im gesamten öffentlichen und politischen Leben Polens war seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts vollends gefestigt. Angehörige anderer Konfessionen hatten im öffentlichen Leben mit erheblichen Einschränkungen zu rechnen.1 Der Katholizismus hatte in der polnischen Adelsrepublik den Rang einer "Staatsreligion" eingenommen.2 Seine Macht ruhte im politischen Bereich im Wesentlichen auf drei Säulen: der päpstlichen Nuntiatur, dem Episkopat und dem Königshaus.3
1
Die ersten offiziellen restriktiven Maßnahmen gegen eine nichtkatholische konfessionelle Gruppe trafen die Sozinianer (Arianer, Antitrinitarier, Polnische Brüder). Nach der bereits während der 30er und 40er Jahre des 17. Jahrhunderts erfolgten Schließung mehrerer sozinianischer Gemeinden erging nach dem Sejmbeschluß vom 10. Juni 1658 schließlich der Ausweisungsbefehl. Ab 1668 wurde die Abkehr vom katholischen Glauben allgemein mit Ausweisung geahndet. Die Entwicklung Polens zu einem konfessionell einheitlichen Staat dokumentieren weitere Sejmbeschlüsse gegen die Angehörgien fremder Konfession: Verbot der Erhebung von Nichtkatholiken in den Adelsstand (1673); Verbot des Kirchenbaus für nichtkatholische Gemeinden (1716; in einzelnen Diözesen jedoch bereits wesentlich früher praktiziert); Ausschluß von Nichtkatholiken aus der Abgeordnetenkammer des Sejm (1718). - s. hierzu Klocz 104. 2 Völ 280. 3 Über die 1556 am Königshof eingerichtete päpstliche Nuntiatur konnte die Kurie wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung der polnischen Innen- und Außenpolitik nehmen, so ζ. B. bei der Königswahl zugunsten des Hauses Wettin (1697). Die Könige ihrerseits sahen sich spätestens seit der Regierung Zygmunts III. Wasa (1587-1632) als Verteidiger des katholischen Glaubens. Insbesondere unter der Regentschaft der sächsischen Könige August II. (1697-1733) und August III. (1733-1763) erlebte der "Staatskatholizismus" in Polen seinen Höhepunkt. Die Krone Polen wurde so zur Hauptstütze des Katholizismus in Osteuropa, (s. Völ 281-282). Die politische Macht des Primas ist spätestens seit der Bestimmung des Erzbischofs Jakob Uchariski zum Zwischenregenten (Interrex) nach dem Tode Zygmunt Augusts gesichelt (Ernennung auf dem Konvokationsreichstag vom 6. Januar 1573). Der Primas galt seither als Vizekönig Polens. Er war gemeinsam mit dem Episkopat - sämtlich hochadeliger Abstammung und daher ohnehin von bedeutendem politischen Einfluß - der wichtigste Machtfaktor im Senat und in dieser Funktion bestimmend in allen innenpolitischen Fragen.
2
Einleitung
Während der seit Mitte des 17. Jahrhunderts unablässig über Polen hereinbrechenden Kriege (Aufstand der Zaporoger Kosaken 1648-1654; Polnisch-Moskowitischer Krieg 1654-1667; Erster Nordischer Krieg 16551660; Türkenkriege 1671-1699; Zweiter Nordischer Krieg 1700-1721), die mit den sie begleitenden Epidemien und Hungersnöten schließlich zum vollständigen wirtschaftlichen und kulturellen Verfalls des Landes führten, bildete die kirchliche Hierarchie das einzig beständige Element. Durch straffe Organisation der einzelnen Pfarren und deren strenge Kontrolle durch die Bischöfe der jeweiligen Diözesen übernahm die Kirche praktisch die Verwaltung des Landes anstelle des zerfallenden Staatswesens.4 Hierdurch wurde die Bekämpfung reformatorischer Strömungen und damit die straffe Rekatholisierung des Landes erheblich gefördert. Beteiligt waren an dieser Aufgabe sowohl der Diözesanklerus als auch die geistlichen Orden, wobei letztere das Hauptgewicht im Kampf um die konfessionelle Vereinheitlichung trugen. Zu nennen sind hier vor allem die Jesuiten (ab 1564), deren kämpferischen Bestrebungen der durchschlagende Erfolg der Gegenreformation in Polen zu verdanken ist. Sie beherrschten das religiöse Empfinden in Polen von der Basis bis hinauf in die höchsten Kreise (Beichtväter der polnischen Könige). Im 17. Jahrhundert kamen andere Gruppierungen hinzu. Das Klosterleben, das sich im 16. Jahrhundert im Niedergang befunden hatte, erlebte im 17. Jahrhundert durch eine Fülle von Neugründungen einen ungeheuren Aufschwung. Neue Orden und Priesterkongregationen, deren Hauptziel in der Aufrichtung und Erhaltung einer strengen Glaubensdisziplin im Volke bestand, errichteten überall im Land ihre Niederlassungen. Es entstanden Kollegien der Bernhardiner, Theatiner, Lazaristen (Missionare), Augustiner, Oratorianer, Karmeliter, Redemptoristen, Kamedulensereremiten, Franziskaner-Reformaten, Kapuziner, Piaristen sowie zahlreiche Neugründungen der Dominikaner und Franziskaner.5 Unter diesen Gruppierungen konkurrierten vor allem Jesuiten und Piaristen um die geistige Vorherrschaft im Land: in den Händen dieser beiden 4 Klocz 109. Die Zahl der Pfarren in den polnischen Diözesen stieg von 3.938 gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf 5.079 zur Zeit der Ersten Polnischen Teilung 1772 (a.a.O. 117). 5 Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren die einzelnen Orden und Gruppierungen mit folgenden zahlenmäßigen Anteilen am geistlichen Leben Polens vertreten (die Zahlen beziehen sich auf das gesamte Gebiet der Krone Polen, Litauens und die Ukraine): Bernhardiner: 56 Klöster; Dominikaner: 162 Klöster; Lazaristen (Missionare): 20 Priesterseminare und 32 Missionshäuser; Karmeliter: 56 Klöster; Piaristern: 38 Kollegien; Franziskaner: 48 Klöster; Franziskaner-Reformaten: 61 Klöster; Kapuziner: 20 Kollegien; Trinitarier: 5 Kollegien; Kamedulensereremiten: 7 Klöster; Oratorianer: 3 Klöster. An Zahl und Wirkung übertroffen wurden alle genannten Gruppierungen jedoch durch die Societas Jesu. Sie unterhielt zu diesem Zeitpunkt 51 Kollegien, 18 Residenzen, 60 Missionsstationen, 66 Schulen, 15 Adelskonvikte, 2 Priesterseminare und 2 Akademien (s. hierzu Brückner, Aleksander, Tysi^c lat kultury polskiej. Τ. I., III. wydanie. Paris 1955, S. 973-974).
Religion und Frömmigkeit in Polen zu Begin des 18. Jahrhunderts
3
Orden lag um die Mitte des 17. Jahrhunderts größte Teil des Schul- und Bildungswesens auf dem Gebiet der Krone Polen und im Großfürstentum Litauens. Die polnische Geisteskultur dieser Zeit wurde so entscheidend durch Geistliche dieser Orden geprägt. Mit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam die Priestervereinigung der Missionare (Congregatio Missionis, Lazaristen) hinzu, die die Leitung eines Großteils aller Priesterseminare übernahm. Die Seminare entließen ihre Absolventen meist als überzeugte Gegner anderer Konfessionen.6 Das Gedankengut vornehmlich dieser drei geistlichen Organisationen gelangte so über die Diözesangeistlichkeit bis in die einzelnen Pfarreien. Auf literarischem Gebiet erfolgte eine starke Hinwendung zum sakralen Schrifttum, das thematisch an mittelalterliche Traditionen anknüpfte. Gepflegt wurden die religiöse Erbauungsliteratur, Predigten, asketische Werke, Gebetssammlungen und Heiligenlegenden, oft in Form von Übersetzungen nach ausländischen Vorbildern. Populäre Werke der religiösen Literatur dieser Zeit waren beispielsweise: Wielkie zwierciadlo przykladow (Sammlung von Heiligenlegenden und Anekdoten, erstmals 1612), eine Übersetzung des in Krakau wirkenden Jesuitenpaters Szymon Wysocki (1542-1622) nach dem lateinischen Magnum speculum exemplorum des niederländischen Jesuiten Johannes Major (gest. 1608); Przerazliwe echo trqby ostatecznej (erstmals 1670), die in Liedform abgefaßten Meditationen über Tod, Fegefeuer und Hölle des Posener Franziskaner-Reformaten Klemens Boleslavius (gest. 1689). Allein die Übersetzungen der Werke des Münchner Jesuiten Jeremias Drexel (1581-1639) erreichten während der Regierungszeit König Wtadyslaws IV. (1632-1648) eine für die damalige Zeit enorme Auflagenhöhe von etwa 170.000 Exemplaren.7 Mit Hilfe der Orden und Priesterkongregationen wurde die neue Frömmigkeit in der gesamten Bevölkerung verbreitet. Die Gläubigen wurden damit fest an die katholische Konfession gebunden. Diese Bindung wurde über die eigentliche Meßfeier hinaus durch eine Vielzahl von außerliturgischen Veranstaltungen gefestigt (Volksmissionen, Wallfahrten, Prozessionen, Heiligen- und Marienfeste, Kreuzwege), die vor allem das persönliche religiöse Erleben der einzelnen Gläubigen fördern sollten.8 6
a.a.O. 972 a.a.O. 968 - s. zu den genannten Autoren und Werken auch: PSB II, 248; Estr XIII, 241243 (Klemens Boleslavius) - Jöch III, Sp. 56 (Johannes Major) - SPTK IV, 486-487 (Szymon Wysocki) - Jöch II, 218; Koch I, Sp. 455 (Jeremias Drexel). 8 Klocz 138. - Besonderer Popularität erfreuten sich die an vielen Orten der Krone und in Litauen entstehenden Kalvarienberge als Wallfahrtszentren. Das erste religiöse Zentrum dieser Art und Vorbild für spätere Einrichtungen waren die von Michal Zebrzydowski gestifteten und 1605 fertiggestellten Kalvarienstationen in der Nähe von Krakau (die sog. 'Kalwaria Zebrzydowska'). 7
4
Einleitung
Aus dem Bereich des paraliturgischen Brauchtums treten in Polen seit der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts zwei religiöse Kulte (spezielle Gottesdienste und Wallfahrten) besonders hervor: die Marienverehrung, die nach der Verteidigung des Klosters Jasna Gora gegen die schwedischen Truppen (1655) einen ungeheuren Aufschwung erlebte, und der Kultus der Passion Jesu Christi. Darüberhinaus traten viele Gläubige geistlichen Bruderschaften bei, die von einzelnen Orden betreut wurden und oft noch in der kleinsten Pfarre eine Niederlassung hatten. Die Bruderschaften widmeten sich der Verehrung bestimmter Heiliger (Bruderschaft der Hl. Anna), der Pflege des Rosenkranzgebetes und der Marienverehrung (Bruderschaft vom Hl. Rosenkranz) oder übten während geistlicher Prozessionen die mittelalterliche Praxis des Geißeins (Kapuzinerbruderschaft). Die äußeren Katastrophen, die das Land ab Mitte des 17. Jahrhunderts in Form kriegerischer Auseinandersetzungen und den mit ihnen einhergehenden Hungersnöten und Epidemien regelmäßig heimsuchten, schufen darüberhinaus in fast allen Bevölkerungsschichten eine "Angstfrömmigkeit". Sie war der Nährboden für alle denkbaren Arten von Aberglauben, der seinen Ausdruck zum Beispiel in Hexenprozessen fand, die gerade um die Wende des 17. und 18. Jahrhunderts fast überall in Polen zu beobachten waren. 9 Vor dem kulturellen Hintergrund dieser Epoche erfolgte die Niederschrift der Liedsammlungen des Franziskus Valentin Ruthen.
1.2
Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen
1.2.1
Evangelische Drucke
Der hier zu behandelnde geographische Raum Pomerellen/Kulmer Land innerhalb des Königlichen Preußen 10 wurde im 16. Jahrhundert nahezu 9
a.a.O. 140. - Eine ausführliche Bearbeitung dieses Themas mit Auszügen aus zeitgenössischen Quellen enthält: Nietolerancja i zabobon w Polsce w XVII i XVIII w. Wyboru imdei dokonali i wst^pem opatrzyli: Bohdan Baranowski i Wladysiaw Lewandowski, Warschau 1987. 10 In deutschsprachigen Publikationen der Epoche auch benannt als 'Ober-Preußen' oder 'Polnisches Preußen' (s. Zed XXIX, 363). Gemeint sind diejenigen Gebiete, die durch den Zweiten Thomer Frieden von 1466 als sog. 'Preußen Königlichen Anteils' der Krone Polen unterstellt wurden. Es handelte sich bei diesen im einzelnen um das Michelauer sowie das Kulmer Land mit der Stadt Thorn, Pomereilen mit Danzig, dazu die Kreise Elbing und Marienburg sowie das Bistum Ermland (s. Hoen 86). Die deutsche Bezeichnung 'Königliches Preußen' entspricht inhaltlich dem in polnischen Publikationen auch gebräuchlichen Begriff 'Prusy Krölewskie', und sowohl der deutsche wie auch der polnische Name bezeichnen das
Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen
5
vollständig von der Reformation erfaßt. Der volkssprachliche Kirchengesang war hierbei das wichtigste Medium zur Verbreitung evangelischen Gedankengutes im kirchlichen Gottesdienst und in der häuslichen Andacht. Auf dem Gebiet des Kirchenliederdrucks waren daher die untereinander rivalisierenden reformatorischen Konfessionen von Beginn an führend. In den überwiegend vom evangelischen Bürgertum geprägten Städten im Königlichen Preußen entstanden zahlreiche neue Druckereien, die in hoher Auflagenstärke evangelische Drucke in polnischer und deutscher Sprache herausbrachten. Einheitsgesangbücher mit verbindlichem Textrepertoire für die einzelnen Konfessionen und Regionen ermöglichten eine weitgehende Standardisierung der nach ihnen erstellten Druckauflagen. Die bedeutendsten Druckzentren für den Norden Polens waren vom ausgehenden 16. Jahrhundert bis weit ins 17. Jahrhundert zunächst die Druckereibetriebe in Königsberg, Thorn und Elbing.11 Das größte Verdienst bei der Verbreitung des evangelischen Kirchenliedes im Königlichen Preußen gebührt jedoch den Offizinen der Stadt Danzig. Hier erschienen die wichtigsten polnisch- und deutschsprachigen evangelischen Gesangbücher für den gesamten Raum Pomereilen, Ermland und auch für das Herzogliche Preu-
gleiche Gebiet (vgl. WEP IX, 496). Kirchenrechtlich handelt es sich bei den hier untersuchten Gebieten um das Archidiakonat Pomereilen der Diözese Wloclawek/Leslau sowie um die benachbarte Diözese Chelmno/Kulm (s. LTK VI, 658). - Die Mehrzahl der in der vorliegenden Untersuchung auftretenden Namen von Städten und Ortschaften im damaligen 'Preußen Königlichen Anteils' wird in deutscher und polnischer Form angegeben. Dabei werden nach Möglichkeit diejenigen deutschen Namen verwendet, die bereits für die Zeit der Zugehörigkeit dieses Gebietes zur Krone Polen (bis 1772) üblich waren. Ausgenommen von dieser zweisprachigen Namensnennung sind die Städte Danzig, Thorn, Elbing, Marienburg sowie alle anderen außerhalb des Königlichen Preußen liegenden Städte der damaligen polnischen Kronlande und des Großfürstentums Litauen. Diese treten mit ihrer deutschen Bezeichnung auf (Bsp.: Krakau, Warschau, Wilna). 11 Zwar befand sich die Stadt Königsberg in der hier behandelten Epoche im 'Herzoglichen Preußen' und damit außerhalb der 1466 der Krone Polen unterstellten Gebiete. Als Zentrum des evangelischen polnischen Gesangbuchdrucks jedoch war Königsberg in der Region von enormer Bedeutung und sollte deswegen nicht getrennt von den im Königlichen Preußen liegenden Städten Danzig, Thorn und Elbing betrachtet werden. - Die wichtigsten ' Druckereibetriebe: Königsberg: Johann Weinreich ab 1523, Alexander Augezdecki ab 1549, Kaspar und Jakob Felbinger ab 1564 bzw. 1595 sowie die Familie Johann Reussner ab 1639 - Thorn: Melchior Nering ab 1581, Augustin Ferber ab 1609, Friedrich Schnellboltz ab 1623, Johann Balthasar Bresler ab 1690) - Elbing: Samuel Preuss ab 1696 (s. DrukP, 217-221, 432-435, 100-103 sowie im gleichen Werk die gesonderten Artikel zu den o.g. Verlegern nach dem dortigen Namensregister). Die Aufzählung der einzelnen Druckereibetriebe ist keinesfalls vollständig. Angeführt wurden nur diejenigen Offizinen, die vorrangig mit der Herausgabe von Gesangbüchern befaßt waren.
6
Einleitung
ßen.12 Die in diesen Betrieben hergestellten Drucke waren in überwiegender Mehrheit evangelisch, auch wenn deren Verleger nicht unbedingt dieser Konfession entstammten.13 Unter den evangelischen Gesangbüchern hatte das unter dem Titel Cantional: Albo Piesni Duchowne 1578 erstmalig in Thom erschienene lutherische Gesangbuch des Petrus Artomius (poln.: Krzesichleb) (1552-1609) die größte Bedeutung. Es wurde in Thorn in dieser Fassung in mehreren Auflagen nachgedruckt, allerdings unter dem leicht veränderten Titel Kancyonat, t.i. Piesni Chrzescianskie ku Chwale BogaM Ab 1607 erschien das Werk auch in Danzig, es folgten dort mehrere Neuauflagen.15 Mit der Ausgabe von 1638, unter dem Titel Cantional, To jest: Piesni Krzescianskie bei Schnelltboltz in Thorn erschienen, kündigte sich der Bruch zwischen Reformierten und Lutheranern an. Das Werk erschien nun in reformierter Fassung weiterhin in Thorn: 1646 (in zwei Auflagen) und 1648 (bei Karnall), 1672 und 1697. Die lutherische Kirche dagegen ließ ihre Ausgaben jetzt vornehmlich in Danzig drucken: 1640, 1644 (bei Hünefeld). Die überarbeitete Danziger Fassung von 1646 faßte als sog. Großes Thorner Gesangbuch den Großteil des bisher erschienenen evangelischen Liedrepertoires zusammen. Mit ihr sollte ein einheitliches polnisches evangelisches 12
An erster Stelle ist hier die Druckerei von Andreas Hünefeld (Betrieb ab 1608) zu nennen, die ab 1652 von Simon Reiniger d.Ä. und dessen Nachkommen noch bis zum Jahre 1712 weitergeführt wird (a.a.O. 117. Nach Ben 74 soll der Hünefeld'sche Betrieb erst 1656 von der Familie Reiniger übernommen worden sein.). Für das ausgehende 17. bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts sind die Druckereien von David Friedrich Rhete und Erben (1655-1695) sowie von Johann Zacharias Stolle (Betrieb von 1685-1720) von Bedeutung, mit dem dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts kommen die Offizinen von Christoph Andreas Schimmel (ab 1723) und Thomas Johannes Schreiber (ab 1724) hinzu (s. DrukP 117125 sowie Ben 72-75). - Einen Gesamtüberblick über die Danziger Druckereien und die in diesen Betrieben herausgegebenen polnischen Kantionale enthält: Pawlik, Hanna, Gdarisk jako osrodek produkcji polskich kancjonalöw w XVI-XIX wieku. Praca magisterska wykonana pod kierunkiem doktora Zbigniewa Nowaka w latach 1975/1977 Danzig (maschinenschr.). 13 Simon Reiniger d.Ä. beispielsweise (vgl. Anm. zuvor) war katholischer Konfession. In seiner Offizin erschienen in geringem Umfang auch katholische Devotionaldrucke. Deren Anzahl und Auflage war gegenüber den von ihm verlegten evangelischen Gesangbüchern jedoch verschwindend gering. Zudem wurde das Erstellen katholischer Druckausgaben in Danzig durch entsprechende Auflagen des Rates der Stadt erheblich eingeschränkt bzw. gänzlich behindert (s. DrukP 64; hierzu auch Kor 63, Anm. 11). Als Parallelbeispiel kann der evangelische Drucker und Verleger Kaspar Weingärtner angeführt werden, der in den Jahren 1636 bis 1658 als Inhaber der Braunsberger Offizin unter dem Patronat des örtlichen Jesuitenkollegs Druckaufträge für das Bistum Ermland ausführte (s. Kor 17-18 u. 30 sowie Ben 56). 14 1596, 1601 (bei Kotenius), 1620 (bei Ferber) und 1624 (bei Schnellboltz) - s. hierzu Hlaw 174 u. 175. 15 1619, 1632,1636 (a.a.O. 176).
Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen
7
Liedgut geschaffen werden.16 Parallel dazu stellte die reformierte Kirche eigene Gesangbücher zusammen. Die Bemühungen, auch hier ein Einheitsgesangbuch zu schaffen, mündeten in dem 1628 in Danzig gedruckten reformierten Kancyonal, to jest Ksifgi Psalmow, Hymnow y Piesni Duchownych. Dieses erste offizielle Gesangbuch der polnischen Reformierten faßte das Repertoire mehrerer bereits im 16. Jahrhundert und anfangs des 17. Jahrhunderts entstandenen Kantionale zusammen. Bis zum Jahre 1706 wurde es in 16 Auflagen nachgedruckt, darunter nur die Auflage von 1676 in Thorn, alle übrigen in Danzig. Wie die lutherischen Gesangbücher der Artomius-Reihe wurde es dabei mehrfach ergänzt.17 Für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts muß folgendes Gesangbuch genannt werden: Piesni Polskie Panu Bogu na chwalq (Hrsg. Jan Moneta), erschienen in Danzig in den Jahren 1710 und 1723 (bei Stolle) sowie 1728 (bei Schreiber).18
1.2.3
Katholische Drucke
Das volkssprachliche Kirchenlied erhielt seinen offiziellen Einzug in die katholische Kirche Polens erst im Mai 1577 auf der Provinzialsynode von Petrikau (Verbindlichkeit der Beschlüsse des Trienter Konzils 1545-1563 für die polnische Geistlichkeit).19 Eine liturgische Funktion innerhalb der Messe war diesen Liedern jedoch nicht zugedacht. Die Texte hatten 'katholisch, alt [d.i. vorreformatorisch] und von der Kirche gebilligt' zu sein. 20 Im Gegensatz zur Entwicklung des evangelischen Kirchenliedes 16
Erfolgreich waren diese Bemühungen allerdings nur für den Norden der polnischen Kronlande und das angrenzende Herzogliche Preußen. In den evangelischen polnischsprachigen Gemeinden des Herzogtums Schlesien wurden die Thorner und Danziger Ausgaben beispielsweise nicht anerkannt. Dort arbeitete man auf der Grundlage des sog. Brieger Kantionais (1670) und nach dem Breslauer Doskonaly Kancyonal Polski (1673) (ebd.). 17 Danzig: 1628, 1630, 1636, 1646 (zwei Auflagen), 1647, 1648, 1649, 1653, 1656, 1661, 1662, 1684, 1700, 1702, 1706 - Thorn: 1676. (a.a.O. 189; 190, dort auch Anm. 115). 18 Die Aufzählung evangelischer Gesangbuchdrucke ist keineswegs vollständig. Sie soll lediglich einen Überblick über das zahlenmäßig überlegene Verhältnis evangelischer Drucke gegenüber den nachfolgend beschriebenen katholischen verdeutlichen. 19 PEK XXXI-XXXII, 131 (Stichwort: 'PieSni koscielne'); a.a.O. XXXVII-XXXVIII, 3 lOff. (Stichwort: 'Synody kosciola katolickiego w Polsce') 20 So die Beschlüsse der Ermländer Synode 1575 auf Betreiben des Bischofs Stanislaw Hosius: 'nullas cantilenas vulgares in ecclesiis a populo cantari volumus, nisi quae sint catholicae et antiquae et ab ecclesia approbatae' (zit. nach PEK XXXI-XXXII, 131 aus den Decretales II, 419). Zur Etablierung des volkssprachlichen katholischen Kirchenliedes in Polen allgemein s. Bob 15-19. Zu ihrer offiziellen Billigung im Königlichen Preußen (Synoden von
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blieb somit kein Raum für zeitgenössische Dichtungen. Die Lieder hatten der katechetischen Unterweisung oder der privaten Erbauung der Gläubigen zu dienen. Ein mit einem Katechismus versehenes offizielles Liederbuch, das zumindest auf der Ebene der Diözesen eine Standardisierung des polnischen katholischen Kirchenliedgutes ermöglicht hätte, wurde jedoch nicht erstellt. Die Edition polnischer katholischer Kirchenliederbücher erfolgte bis zum Ende des 17. Jahrhunderts nur sehr vereinzelt und in geringer Auflage. Zweisprachige Ausgaben (lateinisch/polnisch) waren dabei die Regel. Die bis zur Mitte des Jahrhunderts erschienenen Werke umfaßten entsprechend den Petrikauer Beschlüssen nur das mittelalterliche polnische und lateinische Textrepertoire und waren dabei auf eine bestimmte Thematik - meist die Geburt des Herrn (Weihnachten), den Marien- und Passionskult - begrenzt. Die gleichen thematischen Einschränkungen gelten für die in diesem Zeitraum gedruckten Sammlungen von Hymnenübersetzungen (Hymnen des Missale und des Breviers, bestimmt für den paraliturgischen Gebrauch).21 Die Herausgabe katholischer Gesangbücher erfolgte vornehmlich in den durch die Gegenreformation geprägten Regionen Klein- und Großpolen und im Großfürstentum Litauen, später trat Masowien (hier vor allem Warschau) als Druckzentrum hinzu. Im hier behandelte Raum Pomerellen/Kulmer Land war die Konkurrenz der in Königsberg, Thorn, Elbing und vor allem in Danzig aufgelegten evangelischen Drucke geradezu übermächtig. Die Stützpfeiler des Katholizismus in der Region waren das überwiegend katholisch gebliebene Ermland und, in unmittelbarer Nachbarschaft zum evangelischen Danzig, die Zisterzienserabtei Oliva. Zwar wurde bereits 1589 in Braunsberg eine Offizin eingerichtet, die unter dem Patronat der seit 1564 dort wirkenden Jesuitenpatres sowie im Auftrag des Bischofs von Ermland arbeitete. Sie sollte den Bedarf an katholischer Literatur im Ermland und im angrenzenden Königlichen Preußen decken, wozu sie allerdings technisch nicht in der Lage war. Die einzige Lösung bestand zunächst darin, auf die klein- und großpolnischen Druckereien auszuweichen bzw. die dort bereits erschienenen Werke zu übernehmen. So erteilte beispielsweise die Zisterzienserabtei in Oliva zahlreiche Aufträge an die Druckerei des Jesuitenkollegs in Krakau. Die Geistlichkeit des Ermlandes bezog Literatur von den Kollegien in Posen und Kalisz. Aus diesen Quellen stammte bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts die Mehrzahl der katholischen Drucke
Chelmno/Kulm 1583 u. 1604, Danzig 1585, Wloclawek/Leslau 1641, Ermländer Synoden 1575 u. 1582) s. Czaplewski, P.: Muzyka i spiew koscielny w diecezji cheimmskiej w ustawodawstwie synodalnym. In: Muzyka Koscieina, Posen 1933, S. 64-66. 21 Die Übersetzung lateinischer Hymnen ins Polnische begann bereits im 15. Jhdt., die Hauptarbeit auf diesem Gebiet leistete jedoch das 16. Jhdt. Eine Druckausgabe aus vortridentinischer Zeit sind vier Hymnenübersetzungen in: Balthasar Opec, Zywot Pana Jezu Krysta, Krakau 1522 (SLS 286).
Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen
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für den gesamten Norden der polnischen Kronlande.22 Um dieser umständlichen Praxis ein Ende zu bereiten, nahm im Jahre 1672 eine durch die Zisterzienser im Kloster Oliva eingerichtete Druckerei ihren Betrieb auf. 23 Gedruckt wurden Gebetbücher, Predigten, theologische Abhandlungen und Polemiken, zunächst nur in lateinischer Sprache, ab 1678 auch in polnischer Sprache. Auftraggeber waren in erster Linie die Jesuiten des Kollegs in Altschottland bei Danzig. Gesangbuchdrucke erschienen in Oliva jedoch nicht. Die polnische katholische Kirche im Königlichen Preußen verfügte bis zum Ende des 17. Jahrhunderts über kein eigenes offizielles Kirchengesangbuch. Der erste katholische Gesangbuchdruck in diesem Raum überhaupt war ein Braunsberger Druck des Jahres 1623 in deutscher Sprache, der 1639 unter dem Titel Himmlischer Harffenklang in der Offizin Kaspar Weingärtners erneut in Braunsberg aufgelegt wurde. 24 Das Fehlen katholischer polnischer Liedtexte für den Meßgebrauch wird schließlich auch von offizieller Seite in den Visitationsdekreten einzelner Bischöfe und in Synodalbeschlüssen beanstandet. Für den hier behandelten geographischen Raum ist dies im Visitationsdekret des Weihbischofs von Chehnno/Kulm Jan Malachowski aus dem Jahre 1678 faßbar. 25 Aus diesem Zeitraum (etwa um 1660) stammt auch der erste offizielle katholische Katechismus für die Diözese Chelmno/Kulm mit dem Titel Sposob spiewania polskiego na mszach swigtych.26 Dieses Werk gilt als der vermutlich älteste Zyklus polnischsprachiger Meßlieder.27 Der nächste katholische Liederdruck im Raum Pomereilen ist ein vermutlich 1717 erstmalig aufgelegtes Lieder- und Gebetbuch für die Wallfahrt zu den Kalvarienstationen von Weyhersfrei/Wejherowo Droga do Nieba przez dobra mgki Jezusowej,28 22
Kor 10 u. 62, Anm. 7-8. Der Druckbetrieb wurde 1744 eingestellt. - DrukP 64-67. 24 Kor 30; zum Inhalt s. Bäum III, 26-27. 2 -> SLS 583; Hinz, Edward, ders., Zarys historii muzyki koscielnej, Pelplin 1987, 136. 26 Mit diesem Werk - für den Geistlichen als Leitfaden und nicht für die Gemeinde bestimmt - sollte der Abwanderung der katholischen Gläubigen zu den in polnischer Sprache singenden evangelischen Gemeinden entgegengewirkt werden. Die heute nicht mehr nachweisbare Erstauflage erschien vermutlich bereits unter dem Vorgänger Malachowskis, Weihbischof Andrzej Olszowski (1661-1674). Die einzig nachweisbare Auflage - ein Thorner Druck des Jahres 1696 - enthält polnische Übersetzungen der lateinischen Ordinariumsgesänge sowie einen katechetischen Teil. - s. hierzu S. 35, Anm. 13. 27 Weitere Zyklen polnischsprachiger Meßlieder dieser Zeit sind: Nieradzki, Hieronim, Katechizm katolicki, Krakau 1661; Grocholicki, Piotr Aleksandr, Katechizm katolicki, Krakau 1684; Brzezanski, Stanislaw, Owczarnia w dzikim polu, Lemberg 1717 (s. SLS 584). 28 Droga do Nieba przez dobra m?ki Jezusowej przepadaj^ca. (Druckort n. bek., ab 1718 auch in deutscher Sprache). Die Erstauflage ist heute nicht mehr nachzuweisen (s. hierzu: Kustusz, Alfons Gaudenty: Wejherowskie modlitewniki kalwaryjskie. In: Studia Pelplinskie (1976), S. 27-42). Vgl. S. 229, Anm. 171. - Zu Weyhersfrei/Wejherowo sowie zu den genannten Kalvarienstationen s. S. 27. 23
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Das Werk war jedoch für außerliturgische Anlässe vorgesehen. Durch diese thematische Einschränkung wie auch durch seine begrenzte regionale Bestimmung war der Druck als Kirchengesangbuch nicht verwendbar. Die Mehrzahl der im Königlichen Preußen gebräuchlichen katholischen polnischen Gesangbücher wurde daher noch bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts weiterhin aus Klein- und Großpolen bezogen. Es handelte sich dabei vornehmlich um Werke der Jesuitenkollegien in Krakau, Kalisz und Posen sowie um Druckerzeugnisse des Kollegs der Piaristen in Warschau. Die folgende Auflistung katholischer Drucke berücksichtigt nur diejenigen Werke, die nicht allein für die Meßfeier, sondern auch zu außerliturgischen Anlässen als Liederbücher Verwendung finden konnten. Aus der Niederlassung der Jesuiten in Krakau entstammen für den Zeitraum vom Ende des 16. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts folgende wichtigen Gesangbücher: Rhythmy ο Pannie Maryey (1598), Piesni nabozne na swi^ta uroczyste (1681), Rozaniec Przenayswiqtszey Panny Maryey (1703).29 Unter den ebenfalls in Krakau erschienenen Liedsammlungen einzelner Autoren der Societas Jesu oder zumindest aus dem Kreis der diesem Orden nahestehenden Autoren sollten erwähnt werden: die Werke des Stanislaw Grochowski (1542-1612): Hymny, prozy y kantyki koscielne (1598) sowie dessen Wiersze y insze pisma co przebraüsze (1607 u. öfter); die Harfa duchowna (1588 u.1612) des Jesuitenpaters Marcin Laterna (1552-1598), ein Gebetbuch mit Übersetzungen lateinischer Meßhymnen; die Symfonie anielskie (1630 u.ö.) des Jan ζ Zabczyc (gest. nach 1629) bzw. des Jan Karol Dachnowski (~1590-~1654);30 die Piesni katolickie noworeformowane (-1638 u.1695) des Stanislaw Jagodynski (15907-1644?).31 Aus der Druckerei des Posener Jesuitenkollegs stammen die Gebets- und Liedsammlungen des bereits erwähnten Franziskaner-Reformaten Klemens Boleslavius (gest. 1689): Przerazliwe echo trqby ostateczney (1670) sowie dessen Hymnen-Übersetzungen unter dem Titel Rzewnoslodki gtos labqcia umierajqcego (1664).32 Die Auflagenzahl all dieser Werke war jedoch nicht annähernd so hoch wie die der evangelischen Drucke. Erst die Synoden von Wilna 1717 und Posen 1720 forderten katholische volkssprachliche Kirchenliederbücher mit standardisiertem und für ein größeres Publikum bestimmtem Repertoire. Fast unmittelbar im Anschluß daran wurden in den Niederlassungen der Jesuiten in Posen, Kalisz und Krakau sowie im Kolleg 29
Ol, 260-268; Estr XXIV, 265. - Die hier folgende Übersicht katholischer Drucke erhebt ebenfalls keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie berücksichtigt in erster Linie Werke, deren damaliger Bekanntheits- und Verbreitungsgrad ihre Verwendung als Quelle für die Handschriften Ruthens möglich macht. 30 Die Autorenschaft ist nicht eindeutig geklärt (s. zu diesem Werk S. 173). 31 Auch bei diesem Werk bestehen Zweifel hinsichtlich des Verfassers (s. zu diesem Werk S. 175). 32 Estr XIII, 241; Estr XVIII, 257.
Gesangbuchliteratur im Königlichen Preußen
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der Piaristen in Warschau einige katholische Gesangbücher aufgelegt, die in Titel, Format, Umfang und Inhalt deutliche Übereinstimmungen zeigten. Dies waren: Piesni nabozne wedlug obrzqdu kosciola katolickiego (Hrsg. Jan Darnowski), Kalisz 1719 33 ; Kancyonal piesni naboznych, auch bezeichnet als Kantyczki, Posen 1720 34 ; Piesni nabozne na swigta uroczyste, Krakau 1720 35 ; Kancyonal piesni naboznych (Hrsg. Jan Matyaszkiewicz), Krakau 1721 36 ; Kantyczka swiqt rocznych (Hrsg. Jan Thiczkiewicz), Warschau 1726 37 . Diese fünf Drucke dokumentieren für die ersten drei Jahrzehnte des 18.Jahrhundertsfür den aktuellsten Stand der polnischen katholischen Kirchenlieddichtung. Angesichts der geringen Anzahl vorhandener Druckausgaben wird verständlich, daß die katholische hymnographische Literatur im gesamten Gebiet der polnischen Kronlande und des Großfürstentums Litauen seit früher Zeit eine ausgesprochene handschriftliche Tradition hat.38 Das Anlegen handschriftlicher hymnographischer Textsammlungen mit eng begrenztem Wirkungskreis war während des gesamten 18. Jahrhunderts, teilweise sogar bis ins 19. Jahrhundert durchaus üblich. Verfaßt wurden die Manuskripte von einzelnen Klöstern oder von geistlichen Bruderschaften, welche die von ihnen benötigten Gesangbücher ohnehin grundsätzlich selbst erstellten.39
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Estr XV, 55. Ol 281; Estr verzeichnet das Werk nicht. 35 Ol 268. 36 ebd.; s. hierzu auch MrowK 169-184. 37 Ol 288. 38 Bereits die beiden ersten bekannten polnischen katholischen Kantionale Kancjonal Kornicki (1551-1555) und Kancjonal Pulawski (1551) sind handschriftlich (s. NowKor I, 233). 39 Hier sind folgende wichtige Codices zu nennen: Kantionale der Benediktinerinnen von Staniqtki bei Krakau (a. 1598-1700, b. 1705-1758); Kantionale der Benediktinerinnen von Sandomierz (1721-1750); Handschriften der Klarissinnen in Krakau (Ende 17. Jhdt./l. Hälfte 18. Jhdt.); Kantional der Karmeliter in Krakau (1721) (Sammlung des Adolf Chybinski); Kantionale der Barfüßerkarmeliterinnen in Krakau (1722) (s. Encyklopedia Koscieina 382383); Kantional 'Comu copiae' der Literatenbruderschaft an Sw. Jan in Warschau (1668) sowie dessen Nachfolgekantional 'Cantionale Missarum' 1723 - zu den beiden letztgenannten Bruderschaftskantionalen s. S. 180 und S. 192. Angaben zu den übrigen Codices in: Krzyzaniak, Barbara, Kantyczki ζ r^kopisöw karmelitadskich (XVII-XVIII w.), Krakau 1977 (Bibliographie); dies., Kantyczki karmelitanskie. R^kopis ζ XVIII wieku, Krakau 1980 (Bibliographie); Nir, Roman: Rekopismienne zabytki muzyczne w niektorych polskich bibliotekach klasztornych. In: Muzyka, R. XXIII (1978), Nr. 3/90/, S. 95-110. 34
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Gesangbuchhandschriften wurden darüberhinaus von einzelnen Geistlichen für die ihnen unterstellten Pfarreien oder auch für den Privatgebrauch abgefaßt. 40 Dieser Tradition sind wohl auch die hier behandelten handschriftlichen Kantionale des Franziskus Valentin Ruthen zuzurechnen.
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Forschungsbericht
Die vorhandenen Arbeiten zum Kirchenlied in Polen und zur polnischen Kantionalliteratur lassen folgende Tendenz erkennen: Die Epoche vom Beginn der mittelalterlichen polnischen Kirchenlieddichtung bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wird in den verschiedenen Disziplinen eingehend untersucht, während das 17. und frühe 18. Jahrhundert weitaus seltener behandelt werden. 41 Ein wichtiger Grund für dieses ungleiche Verhältnis liegt in der unterschiedlichen Quellenlage bezüglich der beiden genannten Epochen. Die Mehrzahl der im 16. Jahrhundert entstandenen Werke aller Konfessionen liegt im Druck vor und ist dementsprechend erfaßt, wogegen für die Zeit des Barock die Quellenlage wesentlich lückenhafter ist 4 2 Hier allerdings muß nach den einzelnen Konfessionen differenziert werden: Während die umfangreiche evangelische Kantionalliteratur des 17. und 18. Jahrhunderts entsprechend gesichtet und dokumentiert ist, steht ihr auf katholischer Seite eine weitaus geringere Zahl an Drucken und eine große Menge an ungesichtetem und nicht erfaßtem handschriftlichen Quellenmaterial gegenüber, letzteres vor allem in den Bibliotheken der polnischen Klöster und Geistlichen Seminare. Diese Ausgangsbedingungen bestimmen Forschungsgegenstand und Charakter der vorhandenen Arbeiten. Für das polnische Kirchenlied fehlt allgemein ein Gesamtverzeichnis der Werke (mit Standorten) und der einzelnen Liedtexte, wie es für das deutsche 40 So z.B. das Kantional aus dem Kirchspiel Pszczyna/Pitschen in Schlesien 1684-1711; s. hierzu Kühnast, Ludwig: Die Pitschener Handschrift. In: Evangelisches Gemeindeblatt, Jg. 13, Nr. 37, S. 161-162. 41 Der folgende Überblick bezieht sich in erster Linie auf quellenkundliche und textkritische Arbeiten aus den Disziplinen Philologie, Theologie und Musikologie. 42 s. MrowP, S. 240 u. 242. Der Aufsatz von Mrowiec gibt einen allgemeinen Überblick über Forschungen zum polnischen Kirchenlied (ohne bibliographische Angaben). - Über Arbeiten zum Kirchenlied der polnischen Reformation informiert die ausführliche Bibliographie in folgender Studie: Krukowski, Teresa Maria: Das protestantische Kirchenlied in Polen im 16. Jahrhundert. In: Schweizer Jahrbuch für Musikwissenschaft 4/5 (1984/85), S. 81-124. Zur Literatur der polnischen Reformation ist zudem folgende Reihe zu nennen: Reformacja w Polsce. Organ Towarzystwa do Badania Dziejow Reformacji w Polsce. Pod redakcj^ St. Kota, Warschau 1922 ff. In diesen Publikationen findet vor allem auch die geistliche Literatur im Königlichen Preußen entsprechende Beachtung.
Forschungsbericht
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Kirchenlied in Form der Arbeiten von Koch, Wackernagel, Bäumker und Fischer bzw. Fischer/Tümpel (Texte, Melodien und Quellenhinweise) sowie in Gestalt des DKL (Drucke und Standorte) vorliegt.43 Zum evangelischen polnischen Kirchenlied des 16. Jahrhunderts ist ein Liedverzeichnis von Theresa Krukowski in Vorbereitung.44 Für den Nachweis der nach deutscher Textvorlage übersetzten evangelischen polnischen Kirchenlieder von der Reformationszeit bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts sind die Arbeiten von Ludwig Kühnast ein unverzichtbares, wenn auch schwer zugängliches Hilfsmittel (Vorlage und Übersetzung, Autoren, Quellennachweis nach zeitgenössischen Drucken) 45 Als Teilgebiet der deutsch-slavischen Literaturbeziehungen werden polnische Übersetzungen deutscher evangelischer Kirchenlieder auch in der Arbeit von Peter Drews behandelt 46 Die Darstellung basiert auf der Grundlage der Arbeiten von Kühnast und aktualisiert in einigen Fällen die dort gewonnenen Ergebnisse zur Frage der polnischen Übersetzer. Entsprechend der umfassenden Thematik des Werkes, vor allem jedoch auf Grund der mangelnden Zugänglichkeit der betreffenden Drucke erfolgt der Quellennachweis für die polnischen Texte in eingeschränktem Maße. 47 Da für das ka-
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Wackernagel, Philipp, Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. Leipzig 1844-1877; Koch, Eduard Emil, Geschichte des Kirchenliedes und Kirchengesangs der christlichen, insbesondere der deutschen evangelischen Kirche, Stuttgart 1866-1876; Bäumker, Wilhelm, Das katholische Kirchenlied in seinen Singeweisen. Freiburg i. Br. 1883ff; Fischer, Albert Friedrich Wilhelm, Kirchenliederlexikon, Gotha 1878/79; ders. u. Wilhelm Tümpel, Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Gütersloh 1904-1916; Das deutsche Kirchenlied. DKL. Kassel-Basel-Tours-London 1975 (s. im Abkürzungs- und Literaturverzeichnis der vorliegenden Untersuchung unter Bäum; DKL; Fi; FiTüm; Koch; Wack). 44 Die Autorin berichtet auf S. 81 u. S. 103 der hier bereits genannten Studie (vgl. Anm. 42) über dieses Verzeichnis. Es soll 1481 einstimmige und 85 mehrstimmige Incipits des 16. Jahrhunderts enthalten, ergänzt von Texten des 17. und 18. Jahrhunderts. Die Herausgabe ist in der Serie Β des Repertoire International des Sources Musicales (RISM) in München vorgesehen. Nach Auskunft des Verlagshauses (Internationales Quellenlexikon der Musik e.V., Zentralredaktion an der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt) ist dieses Verzeichnis in Vorbereitung, der genaue Zeitpunkt der Publikation jedoch noch nicht bekannt. 45 Kühnast, Ludwig, Deutsche Kirchenlieder in Polen, Bd. I-III, Rastenburg 1857-1858 (im Literaturverzeichnis unter Kü). 46 Drews, Peter, Deutsch-slavische Literaturbeziehungen im 18. Jahrhundert (= Slavistische Beiträge, Bd. 337), München 1996 (im Literatzurverzeichnis unter Dre), hier: S. 31-37 sowie 176-205 (Verzeichnis der deutschen Vorlagen und ihrer polnischen Übersetzungen). 47 Dre 32-33, Anm. 6 u. 9. Benutzt wurden die ev. polnischen Gesangbuchdrucke Königsberg (Wasianski/Haberkant) 1744 und Brieg 1838 (= 15., unveränderte Auflage der Ausgabe Brieg (Bockshammer) 1776, s. Dre 406, 407.
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tholische polnische Kirchenlied keine deutschen Vorlagen bekannt sind, wird es bei Drews nicht behandelt.48 Eine Bibliographie evangelischer polnischer Gesangbuchdrucke in Großpolen, im Königlichen und Herzoglichen Preußen sowie in Schlesien von der Mitte des 16. bis ins 20. Jahrhundert (Werke und Standorte) liegt in den Arbeiten von Wladyslaw Chojnacki vor.49 Einen Überblick in deutscher Sprache über evangelische Drucke vom 16. bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhundert enthält ein Aufsatz von Karol Hlawiczka.50 Für die katholischen Drucke und Handschriften müssen derartige Verzeichnisse noch erstellt werden. Informationen über die Quellen (gedruckt und handschriftlich) finden sich in einzelnen Aufsätzen. 51 Bemerkenswert ist hierbei, daß auch die im Druck vorliegende katholische Gesangbuchliteratur dieser Zeit nur ungenügend Beachtung findet. Ausgangspunkt für Forschungen zum polnischen katholischen Kirchenlied des 17. und frühen 18. Jahrhunderts, zu den Liederdichtern und einzelnen Werken ist daher immer noch Ephraim Oloffs Polnische Liedergeschichte aus dem Jahre 1744.52 Die geringe Kenntnis des vorhandenen handschriftlichen Quellenmaterials zum polnischen katholischen Kirchenlied der Barockzeit bestimmt die vorrangigen Aufgaben für entsprechende Forschungsarbeiten. Wichtige Arbeitsschritte sind zunächst Sichtung und Kommentierung (Erstellen von Incipitarien und Katalogen einzelner Liedsammlungen mit Standorten) und schließlich die Edition einzelner Quellen, zumal es sich bei diesen meist um Unikate handelt, die nur in seltenen Fällen durch Mikroverfilmung oder ähnliche Verfahren gesichert sind.53 Der Forschungsgegenstand der meisten 48
a.a.O. 45. Chojnacki, Wladyslaw, Bibliografia polskich drukow ewangelickich ziem zachodnich i polnocnych 1530-1939. Warszawa 1966 (s. im Literaturverzeichnis unter Chojn); ders.: Polskie kancjonaly na Slqsku w XVII - XX wieku. Spis bilbiograficzny. In: Rocznik Bibliograficzny. R. 2 (1958), z. 1/2, S. 189-226 50 Hlawiczka, Karol: Zur Geschichte der polnischen evangelischen Gesangbücher des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Jahrbuch fürLiturgik und Hymnologie (JLH) 15(1970), S. 169-191 (im Literaturverzeichnis unter Hlaw). 51 z.B Kühnast, Ludwig: Die Pitschener Handschrift. In: Evangelisches Gemeindeblatt, Jg. 13 (1858), Nr. 37, S. 161-162; Mrowiec, Karol: Zaginiony kancjonal piesni naboznych ζ 1721 r. - odkryty. In: Roczniki Teologiczno-Kanoniczne, Bd. 24 (1977), H. 4, S. 169-184 (im Literaturverzeichnis unter MrowK); Nir, Roman: R^kopismienne zabytki muzyczne w niektorych polskich bibliotekach klasztornych. In: Muzyka, R. XXIII (1978), Nr. 3/90/, S. 95-110. 52 Diesen Sachverhalt bemängelt bereits Günther Kratzel in seiner 1963 erschienenen Dissertation über das Kantional des Petrus Artomius von 1578 (s. Kra 2). - Oloff, Ephraim, Polnische Liedergeschichte von Polnischen Kirchen-Gesängen und derselben Dichtern und Übersetzern nebst einigen Anmerckungen aus der Polnischen Kirchen- und Gelahrten-Geschichte, Danzig 1744 (Nachdruck Leipzig 1976) (im Literaturverzeichnis unter Ol). 53 MrowP 243. 49
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vorhandenen Arbeiten zum katholischen Kirchenlied in Polen - auch derjenigen neueren Datums - ist daher die Inventarisierung und Beschreibung bzw. die Edition einzelner Quellen.54 Für die Mehrzahl der existierenden handschriftlichen Quellen stehen diese Arbeiten noch aus. Kritische Textausgaben, die das polnische katholische Kirchenlied in seiner Gesamtheit, also unabhängig von Gattung und Thematik, beinhalten, behandeln meist den Zeitraum vom Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts.55 Auch die Editionen einzelner Liedgruppen gehen nicht über diesen Zeitraum hinaus. Im Mittelpunkt steht dabei die Thematik der Texte, die oft als geschlossene Gruppe aus dem Zusammmenhang der jeweiligen Quellen herausgelöst und publiziert werden. Die weitaus populärste thematische Abteilung sind hierbei die Weihnachtslieder (kolqdy und pastoralki).56 Darüberhinaus sind die Passionslieder zu nennen.57 Editionen und Abhandlungen aus verschiedenen Disziplinen zum katholischen Kirchenlied in Polen beziehen zwar die Epoche des Barock mit ein, beschränken sich aber gleichfalls auf die zuvor genannten Liedgruppen.58 54
Krzyzaniak, Barbara, Kantyczki karmelitanskie. R^kopis ζ XVIII wieku, Krakau 1980 (Edition der 1922 von Adolf Chybmski entdeckten Handschrift aus d. J. 1721); Swierczek, Wendelin: Katalog kancjonalow stani^teckich i pieSni. In: Archiwa, Biblioteki i Muzea Koscielne, Bd. 41, Lublin 1980, S. 129-189; Maciejewski, Tadeusz; Zasob utworöw ζ ksiqg Archikonfraternii Literackiej w Warszawie 1668-1829 (= Silva Medii et Recentioris Aevi I), Warszawa 1972. 55 Surzynski, Jozef, Polskie piesni kosciola katolickiego od najdawnieszych czasow do konca XVI. stulecia, Posen 1891; Bobowski, Mikoiaj, Polskie pieSni katolickie od najdawniejszych czasow do konca XVI. w. (= Rozprawy AU Wydzial Filologiczny, Serie II.), Krakau 1893 (im Literaturverzeichnis unter Bob); Sredniowieczna piesn religijna polska. Opr. Miroslaw Korolko, Breslau-Warschau-Krakau-Danzig 1980 (im Literaturverzeichnis unter SredP). 56 Boze Narodzenie. Antologia. Warschau 1961, vor allem aber: Kol^dy polskie. Pod redakcjq J. Nowaka-Dluzewskiego. Sredniowiecze i wiek XVI. Teksty ζ r?kopisow i starych druköw przygotowal S. Nieznanowski. Warschau 1966 (Bd. I: Texte; Bd. II: Melodien) (im Literaturverzeichnis unter KolP). Ein dritter Band zum Liedgut des Barock ist angekündigt (s. DobK 293). 57 Polskie piesni pasyjne. Sredniowiecze i wiek XVI. Zebra! i opracowal Miroslaw Korolko, Warszawa 1967. 58 Zu nennen sind hier in erster Linie die grundlegenden Arbeiten Dobrzyckis zum Weihnachtslied: Dobrzycki, Stanislaw: Najdawniejsze kol^dy polskie. In: ders., Ζ dziejow literatury polskiej, Krakau 1907; ders., Ο kol?dach, Posen 1923; ders., Kol?dy polskie i czeskie, ich wzajemny stosunek, Posen 1930 - im Literaturverzeichnis unter DobK und DobKP. Weiterführende Literatur zur Gattung 'kol?da' im Literaturverzeichnis von DobK 291-294; Mrowiec, Karol: Kol?dy w osiemnastowiecznych r?kopisach Bibliotheki Klasztoru Sw. Andrzeja w Krakowie. In: Muzyka (1970), Nr. 3, S. 29-50. Eine neuere Veröffentlichung zum Weihnachtslied des polnischen Barock Krzyzaniak, Barbara, Kantyczki ζ r?kopisow karmelitanskich (XVII-XVIII w.), Krakau 1977 (hier eine umfangreiche Bibliographie verschiedener Forschungsdisziplinen zum Thema 'kol?da'). Auch die jüngste Edition einer
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Einleitung
Eine Ursache für die zurückhaltende Bearbeitung barocker Texte sieht der polnische Musikologe Prof. Karol Mrowiec im Forschungsgegenstand selbst begründet: Barocke Kirchenlieddichtung, insbesondere die im Druck zugängliche, gelte eher als schlichte Gebrauchslyrik und sei daher wegen ihres niedrigeren literarischen Niveaus kein attraktives Forschungsobjekt. 59 Der Grund für den geringeren künstlerischen Wert der Mehrheit der barocken polnischen Kirchenliedtexte liegt nach Meinung des Musikwissenschaftlers Miroslaw Korolko in den ideologischen Erfordernissen ihrer Zeit: Die Gegenreformation förderte die Massenproduktion religiöser Lieder für den liturgischen bzw. paraliturgischen Gebrauch während des Gottesdienstes. Lieder zur außerliturgischen Verwendung fanden dagegen selten die Billigung der kirchlichen Zensur. Die Mehrheit dieser Dichtungen ist daher trotz ihres oft höheren künstlerischen Weites nur in handschriftlicher Form überliefert und somit entsprechend wenig erforscht. 60 Die Herkunft des polnischen Liedrepertoires des Barock und damit die Frage nach eventuellen ausländischen Vorbildern ist auf Grund fehlender Kenntnis der zahlreichen handschriftlichen Quellen ebenfalls noch wenig geklärt. Auch hier sind die Forschungen zum Mittelalter und zum 16. Jahrhundert - insbesondere zum Liedgut der polnischen Reformation - auf einem weitaus höheren Wissensstand.61 Die dort bereits geleisteten Arbeiten müssen auf dem Gebiet des barocken Kirchenliedes in Polen sowohl für die vorhandenen Drucke als auch für die handschriftlichen Quellen noch durchgeführt werden. Zu Franziskus Valentin Ruthen und seinen Werken liegen in deutscher Sprache keine Arbeiten vor. Weder in älteren noch in neueren überregionalen biographischen Lexika für den polnischen und deutschen Sprachraum findet er Erwähnung. 62 Die einzige Abhandlung, die sich mit Ruthen und Liederhandschrift des polnischen Barock ist der Gattung des Weihnachtsliedes gewidmet (s. die zuvor unter Anm. 10 bereits genannte Arbeit von Barbara Krzyzaniak). Weitere Gruppen, die in der polnischen Forschung Beachtung finden, sind Osterlieder und sog. 'hejnaly' (spezifisch polnische Form des Morgenliedes, die sowohl in der religiösen wie nichtreligiösen polnischen Dichtung auftritt. In polnischen Gesangbüchern ist sie unter den Adventsund Weihnachtsliedern vertreten- s. SLS 260-261): Nowak-Dluzewski, Jan: Staropolska piesn wielkanocna. In: Slowo Powszechne R. 26(1972); Hernas, Czeslaw, Hejnaly polskie. Studium ζ historii poezji melicznej (= SSPIX) Breslaul961. 59 MrowP 240. 60 Korolko, Miroslaw: Piesn religijna. In: SLS 585. 61 Es sei hier noch einmal auf die reichhaltige Bibliographie in der Studie von Theresa Krukowski verwiesen (s. o. S. 12, Anm. 42). 62 Kein Eintrag in: ADB; Jöch; Dun; IBN; PSB; SPTK; Zed. - Dem Redaktionskomitee des aktuellsten biographischen Nachschlagewerks für den Raum Pomereilen (Slownik Biograficzny Pomorza Nadwislanskiego, hrsg. unter der Red. von Zbigniew Nowak durch das Gdanskie Towarzystwo Naukowe (GTN) und die Universität Danzig, Danzig 1992 ff.), lagen bisher ebenfalls keine Angaben zur Person des Franziskus Valentin Ruthen vor.
Forschungsbericht
17
seinen Schriften befaßt, ist ein Aufsatz in polnischer Sprache von Alfons Madkowski aus dem Jahre 1938, der eine Biographie sowie eine Übersicht aller erhaltenen Handschriften aus dem Nachlaß Ruthens gibt. 63 Kurze Angaben zur Person Ruthens enthalten einige ältere Arbeiten zur Geschichte einzelner Regionen des Königlichen Preußen.64 Ruthens Werke bleiben dabei unerwähnt. Hinweise auf die Schriften Ruthens enthält ein Verzeichnis der Handschriftensammlungen in polnischen Bibliotheken und Museen. 65 Der Katalog altpolnischer Handschriften in der Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Kornik bei Posen enthält eine Beschreibung der dort aufbewahrten fünf Handschriftenbände aus dem Nachlaß Ruthens (Incipitarien und Quellennachweise). 66 Sonstige Vermerke beschränken sich auf Fußnoten in einzelnen Aufsätzen sowie in Kurzdarstellungen zur Kirchenmusik in Polen. 67 Die jüngste Erwähnung Ruthens und eines Teils seiner Schriften findet man in einer Arbeit über die Büchersammlungen der Pfarreien im Archidiakonat Pomereilen (Diözese Wloctawek/Leslau) vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, die 1993 von Krzysztof Maciej Kowalski am Historischen Institut der Universität Danzig erstellt wurde.68 Nach den dort gewonnenen Ergebnissen ist die umfangreiche literarische Sammeltätigkeit des Franziskus Valentin Ruthen eine seltene Ausnahme unter der katholischen Geist63
Marikowski, Alfons: Ks. Franciszek Walenty Ruthen. Jego zycie i praca pismiennicza (1674 - 1734). In: Miesi?cznik Diecezji Chelmmskiej (Pelplin) Bd. 10 (1938), Nr. 11/12, S. 818 - 838 (im Literaturverzeichnis unter ManR). 64 Schweng 166, 263; Schultz 258, 309. In DCh 749 wird Ruthen als 'verdienter Pfarrer' ('zasluzony proboszcz') genannt. In der bisher einzigen geschlossenen Abhandlung zur Geisteskultur im Königlichen Preußen findet Ruthen allerdings keine Erwähnung (s. Mocarski, Z., Kultura umyslowa na Pomorzu. Zarys dziejow i bibliografia, Thorn 1931). Eine neuere Arbeit zur Kulturgeschichte dieses geographischen Raumes beschränkt sich wiederum nur auf die Literatur der Reformationszeit und des beginnenden 17. Jahrhunderts (Verfasser und Werke): Nadolski, Bronislaw, Ze studiow nad zyciem literackim i kulturq umyslow^ na Pomorzu w XVI-XVII w. (= SSP 23), Breslau 1969. 65 Zbiory r?kopisow w bibliotekach i muzeach w Polsce. Opr. Danuta Kamolowa. Warschau 1988, S. 72 und 184. 66 Katalog R?kopisow staropolskich Biblioteki Kornickiej XVI-XVIII w. Tom I., opracowali Ryszard Marciniak, Michal Muszynski, Jacek Wiesiolowski, Breslau-WarschauKrakau-Danzig 1971, S. 36-159 (im Literaturverzeichnis unter KRKor). Auf die nachweisbaren Codices aus dem Nachlaß Ruthens wird in Kap. 2. 3 der vorliegenden Untersuchung gesondert eingegangen. 67 Buchwald-Pelcowa, Paulina: Piesn Ocknij si? Lechu'. Przemiany tekstu i jego rola w literaturze i zyciu spolecznym. In: Pami?tnik Biblioteki Kornickiej 9-10 (1968), S. 78, Anm. 50; Hinz, Edward, Zarys historii muzyki koScielnej. Pelplin 1987, S. 179, Anm. 375. 68 Kowalski, Krzysztof Maciej, Ksi?gozbiory parafialne archidiakonatu pomorskiego w XVI-XVIII w. Studium ζ dziejow kultury intelektualnej Prus Krolewskich, Gdansk 1993, S. 79 (im Literaturverzeichnis unter Kow).
18
Einleitung
lichkeit dieser Region. Untersuchungen zu seiner Person und seinem Werk sind somit ein Desiderat zur Dokumentation der polnischen Geisteskultur im damaligen Königlichen Preußen.69
69
a.a.O. 73.
2.
F r a n z i s k u s V a l e n t i n Ruthen und s e i n e S c h r i f t e n
2.1
Autor
(1674-1734)
Franziskus Valentin Ruthen wurde am 9. Oktober 1674 in Weyhersfrei/Wejherowo als Sohn des aus Putzig stammenden städtischen Geschworenen und Organisten Johannes Franziskus Ruthen und dessen Frau Anna Maria Becker, einer 'Danziger Witwe', geboren.1 Von den unmittelbaren Familienangehörigen Ruthens ist weiterhin der Name seiner älteren Schwester Agnes überliefert.2 Darüber hinaus sind drei weitere männliche Familienmitglieder zu belegen, die das Amt eines Geistlichen ausübten: Ruthens leiblicher Bruder Theodor sowie Anton Karl Ludwig und Konstantin Ruthen. Zu den beiden letztgenannten ist nicht bekannt, in welchem verwandtschaftlichen Verhältnis sie zu Franziskus Valentin Ruthen standen.3
1 MatW 69, Pos. 831. - Zur Herkunft der Eltern s. a.a.O. 226. - Zur Ortsbezeichnung Weyhersfrei/Wejherowo s. nachfolgend Kap. 2.2.2. 2 Getauft am 13. Februar 1668 in Weyhersfrei/Wejherowo (s. MatW 57). Mankowski belegt die Namensnennung der Schwester nur aus den Kirchenbüchern der Pfarre Subkowy/Subkau für die Jahre 1720 und 1721 (ManR 818. - Die Metriken von Subkowy/Subkau gelten seit Kriegsende als verschollen (Auskunft des Bischöflichen Zentralarchivs Regensburg vom 12. März 1994). Von einem Bruder Ruthens erwähnt Mafikowski nichts (ebd.). Auch die Durchsicht der oben erwähnten Taufregister erbrachte keinen Hinweis auf weitere Familienmitglieder. 3 Die Stelle, an der Theodor Ruthen namentlich genannt wird, ist die Chronik des Reformatenklosters St. Anna in Wejherowo (s. Chron 332 - Im Diözesanarchiv Pelplin, dem Aufbewahrungsort dieser Chronik, befinden sich zudem eine Abschrift dieser Quelle (maschinenschr., o. Sign.), angefertigt durch den Franziskanerpater o. Pius Turbariski im Jahre 1985, sowie von gleicher Hand eine Übersetzung ins Polnische aus dem Jahre 1991 (O. Grzegorza Gdanskiego, Kronika klasztoru sw. Anny Zakonu Braci Mniejszych Reformatow w Wejherowie, maschinenschr., o. Sign.,) sowie von gleicher Hand eine polnische Übersetzung (ebenfalls maschinenschr.). Zititert werden die Eingaben Ruthens auf dem Provinizialkapitel des Reformatenordens in Weyhersfrei/Wejherowo am 13. Juni 1713: Ruthen ersucht darum, die Pfarrstelle in Wejherowo mit seinem 'Bruder Theodor' ('Frem. meum Theodorum') zu besetzen (Chron 332, Pos. 1). An anderer Stelle wird ein weiteres Mal auf P[arochus?, Pater?]. Theodoras Ruthen verwiesen (a.a.O. 333, Pos. 1). - Auf den Titelblättern von vier Drucken, die zusammen mit Ruthens Handschrift Nauka Chrzesciariska (1703) eingebunden sind (aufbewahrt im Diözesanarchiv Pelplin, sign. L VIII), befindet sich folgendes Exlibiris: 'Antonii Caroli Ludovici Ruthen, Francisci Valentini Ruthen Presbyteri, Congreg. Miss. Domus S. Adalberti.' Zum Missionshaus in St. Adalbert s. S. 34, Anm. 10. Konstantin Ruthen wird auf dem Titelblatt einer von ihm verfaßten Handschrift aus dem Jahre 1685 genannt (Phrases poeticae, aufbewahrt in der Bibliothek des Geistlichen Seminars in Pelplin, o. Sign.); das Werk wird genannt bei: Kow 206).
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Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
Seine erste schulische Ausbildung durchläuft der junge Ruthen an der Klosterschule in Weyhersfrei/Wejherowo, die von den Priestern des ortsansässigen Konvents der Franziskaner-Reformaten geleitet wird.4 Im Anschluß daran beginnt er im Jahre 1691 am Kolleg der Piaristen in Wielun bei Kalisz das Studium der Theologie, welches er dann am Warschauer Piaristenkolleg fortsetzt und dort im Jahre 1693 beendet.5 Die Priesterweihe erhält er im Jahre 1698, möglicherweise am Geistlichen Seminar der Missionarpriester (Congregatio Missionis/Lazaristen) in Warschau.6 In den Jahren 1699-1700 versieht er zunächst das Amt eines Vikars in Lauenburg/L^bork und Bialogard/Belgard, anschließend ist er als Vikar und Prediger an der Kirche der Benediktinerfräulein in Zamowiec/Zarnowitz tätig. Am 25. Januar 1705 erhält er die Pfarrstelle in Weyhersfrei/Wejherowo. 7 Darüber hinaus betreut er die Gemeinde im benachbarten Gora/Gohrau, und am 22. Dezember 1706 kommt auch die Pfarrei in Reda hinzu. Zu dieser Zeit versah er offenbar auch das Pfarramt in 6w. Wojciech/St. Adalbert bei Danzig.8 Am 8. März 1713 gründet Ruthen an seiner Pfarrkirche St. Trinitatis in Weyhersfrei/Wej hero wo eine Rosenkranzbruderschaft. Ständige Kompetenzstreitigkeiten mit den ortsansässigen Reformatenpriestern des Klosters St. Anna, insbesondere um die Zuständigkeit für das Schulwesen und den Sündenablaß, führen schließlich am 31. Januar 1718 zu Ruthens Rücktritt von seinem Amt als Stadtpfarrer. Am 2. Februar 1718 wird er in sein neues Amt in der Pfarrei in Subkowy/Subkau bei Dirschau/Tczew eingeführt, zu der auch die Tochtergemeinde im benachbarten Gorz^dziej gehört.9 Am 25. August des gleichen Jahres gründet Ruthen auch in Subkowy/Subkau eine Rosenkranzbruderschaft ('Bruderschaft vom Heiligsten Namen Jesus und der Heiligsten Jungfrau Maria'), welche dem Konvent der Prädikantenpriester in Dirschau/Tczew unterstellt wird. Zur weiteren Missionierung der ihm unterstellten Gläubigen bemüht der neue Pfarrer auch Lazaristenpriester aus deren Niederlassungen in Wloclawek/Leslau und St. Adalbert/Sw. Wojciech
4
Schultz 252. ManR818. 6 So vermutet Madkowski (ebd.). Belegt ist nur der Zeitpunkt der Priesterweihe: Ruthen unterschreibt auf dem Titelblatt seiner Handschrift 'Dieta salutis' (1701) als Presbyter mit der Datumsangabe des 1. September 1698. 7 In der Diözese Kulm/Chelmno, Pfarre ab 1643 (SGKP XIII, 193-195). 8 In den Metriken für die Pfarre Klodawa/Kladau/Kladau findet sich folgender handschriftlicher Eintrag Ruthens: 'Ego F. V. Ruthen, Weyheropoliens. et Gorens. Ecclia. Parochus, postquam Ao. 1712 d. 21. Juni acquisiverim [...] Praeposituram ad S. Adalbertum prope Gedanum' (LibK 375). 9 Diözese Wloclawek/Leslau, Pfarre seit 1300 (SGKP XI, 519; an dieser Stelle auch eine namentliche Erwähnung Ruthens). 5
Autor
21
bei Danzig in seine Pfarrei. 10 Zunehmende Unstimmigkeiten in der Gemeinde enden am 5. Mai 1725 wiederum mit der Amtsaufgabe Ruthens. Er führt seine Arbeit jedoch noch bis zum Januar 1727 gemeinsam mit dem von ihm bestimmten Nachfolger fort. Anschließend hält er sich in Weyhersfrei/Wejherowo auf, bevor er im März 1727 seine nunmehr dritte Pfarrstelle in Klodawa/Kladau antritt, die ihm bereits am 8. Mai 1726 zugewiesen worden war.11 Gleichzeitig übernimmt er damit die Aufsicht über die Nachbargemeinde in Wielkie Trqbki/Groß Trampken. Wiederum gründet Ruthen in der von ihm neu besetzten Pfarrei eine Laienbruderschaft, und da in Klodawa bereits eine Rosenkranzbruderschaft bestand, verlegt er diese nach Wielkie Tr^bki/Groß Trampken und führt am 25. Juni 1730 eine Bruderschaft vom heiligen Skapulier an der Pfarrkirche in Klodawa/Kladau ein. Sein Amt als Pfarrer versieht Ruthen dort noch weitere vier Jahre. 1734 stirbt er in Klodawa/Kladau, als Todestag kann der 15. oder 16. März angenommen werden. 12 Die Frage der Nationalität des Franziskus Valentin Ruthen ist nach dem bisherigen Kenntnisstand nicht zu klären. Auf Grund der Herkunft seiner Mutter läßt sich möglicherweise das Deutsche als - im direkten Wortsinn "Muttersprache" Ruthens annehmen. Sein Aufwachsen in einer vom polnischen Katholizismus geprägten Umgebung (seine Erziehung in der Klosterschule der Franziskaner-Reformaten von St. Anna und sein späteres Studium an Priesterseminaren in Zentralpolen) geben jedoch Grund zu der
10 ManR 822. Der Autor verweist hierbei auf die inzwischen verschollenen Kirchenbücher von Subkowy/Subkau. 11 Im Kreis Danzig, Diözese Wloclawek/Leslau, gehörte als Pfarrdorf ursprünglich zum Zisterzienserkloster in L^d (SGKP IV, 181). 12 Bezüglich des genauen Todesdatums sind verschiedene Angaben zu finden. Mankowski gibt als Todestag den 10. März 1734 an und beruft sich dabei auf eine Aufschrift auf einem Porträt Ruthens in der Kirche Sw. Jakub in Klodawa/Kladau (ManR 824). Das Porträt ist im Inventar der Metriken von Klodawa/Kladau zwar verzeichnet (s. Inventarium Ecclesiae Klodaviensis (1735). In: LibK, vom Ende des Bandes aus rückwärts paginiert, S. 10). In der Kirche ist es heute nicht mehr vorhanden, über seinen Verbleib ist nichts bekannt. Als Todesdatum nennt Georg Schwengel den 19. März 1734 (Schweng 166). Das gleiche Datum findet sich bei Johannes Borck (Borck 620). Die Kirchenbücher der Pfarrei Klodawa/Kladau enthalten zum Jahr 1734 folgende Angaben: Der letzte persönliche Taufeintrag Ruthens erfolgt am 24. Januar; die folgenden Einträge fremder Hand sind bis einschließlich des 14. März mit dem Vermerk 'idem baptizavit1 versehen, was sich nur auf Ruthen beziehen kann, da ein anderer Name nicht genannt wird. Am 16. März findet sich schließlich der Eintrag: 'Klodawa post Obitum p.m. Walentinum Franciscum Ruthen Parochum Klodaw. Baptizavit die 16. Martii adm. Rnd. Andreas Reyss Parochus Langz.' (LibK, an dieser Stelle nicht mehr pag., hier unter der Jahreszahl 1734).
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Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
Annahme, daß Ruthen keiner der beiden Nationen eindeutig zugerechnet werden kann. Aus den von ihm hinterlassenen Manuskripten geht hervor, daß er - wie für einen Bewohner des damaligen Pomerellen durchaus üblich - das Polnische wie das Deutsche gleichermaßen beherrschte. Ihn schlichtweg als Deutschen oder als Polen zu charakterisieren, wie dies an einigen Stellen dennoch geschieht, erscheint zu einseitig, zumal die betreffenden Autoren ihre Annahme nicht begründen.13 Ob es sich bei dem Familiennamen 'Ruthen' eventuell um einen Hinweis auf die geographische Herkunft seiner Vorfahren handelt ('ruthenus' = Ukrainer), läßt sich gleichfalls nicht belegen. 14 Ruthen benennt sich selbst an einer Stelle als patriota wejheropoliensis.15 Dies ist die einzige schriftlich fixierte Aussage, die er bezüglich seiner Herkunft macht. Seine enge Bindung an den polnisch-katholischen Kulturkreis ist allerdings nicht von der Hand zu weisen.
2.2
Geburtsort
Ruthens Heimatstadt WeyhersfreiAVejherowo, in der der Autor seine Kindheit und Jugend und später die ersten 13 Jahre seiner Amtszeit als Pfarrer verbrachte, nahm sowohl hinsichtlich ihrer Anlage als auch im Hinblick auf ihre geistige und kulturelle Entwicklung eine Sonderstellung unter den
13
Im Handschriftenkatalog der Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Kornik wird Ruthen als Pole geführt (KRKor 36). Friedrich Schultz identifiziert ihn als Deutschen. Er sieht die Einsetzung Ruthens in sein Pfarramt als Zugeständnis an die deutschen Bewohner der damaligen Stadt Weyhersfrei/Wejherowo an, deren Amts- und Umgangssprache das Deutsche war (Schultz 309; 311-313). Auch nach Alfons Mankowski ist Ruthen deutscher Herkunft (MafiR 818). Der Autor gibt allerdings zu bedenken, daß der spätere Pfarrer von Weyhersfrei/Wejherowo seine theologischen Studien nicht an den nahegelegenen Kollegien der Jesuiten in Thorn oder in Altschottland/Stare Szkoty bei Danzig absolvierte, wo der deutsche kulturelle Einfluß ungleich stärker gewesen wäre, sondern mit den Orten Wieluri, Kalisz und Warschau Seminare in Zentralpolen auswählte (ebd.). Das Umgehen der nahegelegenen Lehrinstitute der Societas Jesu und das Ausweichen auf andere Seminare liegt eventuell darin begründet, daß seit Mitte des 17. Jahrhunderts auch unter der katholischen Bevölkerung Polens eine erhebliche Abneigung gegenüber dem Jesuitenorden bestand (s. Völ 225-226). 14 Ruthen selbst notiert seinen Familiennamen stets in der Form 'Ruthen', und zwar unabhängig von der Sprache, in der er die entsprechende Eintragung vornimmt. Sowohl in polnischen und deutschen als auch in lateinischen Texten verwendet er niemals die latinisierte Form 'Ruthenus'. 15 So zitiert Mankowski aus den inzwischen verschollenen Kirchbüchern der Pfarre Subkowy/Subkau (ManR 818).
Geburtsort
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Städten im kaschubischen Teil Pomerellens ein. 16 Als eine der jüngsten Gründungen in diesem Raum unterschied sie sich ihrem Charakter nach deutlich von den durch das evangelische deutschsprachige Bürgertum geprägten Städten dieser Region. Die Stadt Weyhersfrei geht zurück auf die Errichtung einer Kirche zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit und des Hl. Franziskus (vollendet 1643, geweiht 1644), die der Adlige Jakob Weyher (? - 1657), Wojewode von Marienburg, zur Erfüllung eines Gelübdes auf seinen Erbgütern bei Smiechowo/Schmechau im Kreis Puck/Putzig erbauen ließ. 17 Für die in der Umgebung der Kirche entstehende Ansiedlung ('colonia') ergeht im Jahr der Fertigstellung der Kirche auch der Lokationsakt Weyhers (1643). 18 Im Jahre 1650 erteilt König Jan Kazimierz (1648-1688) auf Bitten Weyhers der Siedlung das Fundationsprivileg nach Kulmer Stadtrecht, im Jahre 1655 erneuert Weyher den Lokationsakt für die nunmehr als 'Bürger' bezeichneten Einwohner.19 Nach dem Tode Jakob Weyhers im Jahre 1657 blieben die gesamten Besitztümer gemeinsam mit der Stadt Wejherowo bis 1676 in den Händen der Familie. Sie waren danach in Folge im Besitz der Magnatenfamilien der Radziwill, Sobieski und Przebendowski, wobei letz-
16
Gemeint ist das sich nördlich der Linie Chojnice/Konitz - Danzig bis zur Ostsee erstreckende und außerhalb der Städte überwiegend von kaschubischer Bevölkerung besiedelte Gebiet. Strenggenommen müssen diesem Bereich auch die Kreise Bytöw/Büthow und Lauenburg/L?bork hinzugerechnet werden (s. Dej 235-236), obwohl diese sich seit 1460 beim Hzm. Pommern und somit ab 1657 bei Brandenburg befanden und daher nicht mehr der polnischen Krone unterstanden. - Pomerellen, in deutschsprachigen Nachschlagewerken der damaligen Zeit auch 'Pomerellien' oder 'Klein-Pommern' (s. Zed XXVIII, Sp. 1365), unterstand seit 1466 als Teil des 'Preußen Königlichen Anteils' der Krone Polen. Die üblichen polnischen Bezeichnungen für dieses westlich des Weichselunterlaufes gelegenen und nördlich der Netze bis zur Ostsee reichenden Gebietes sind 'Pomorze Gdanskie' (dt. etwa 'Danziger Pommern') oder 'Pomorze Nadwislanskie' (dt. etwa 'Weichselpommern') (s. WEP IX, 267-268). 17 Die Zuwanderung der fränkischen Adelsfamilie Weyher nach Pomerellen soll bereits während der Regierungszeit Kaiser Karls II. des Kahlen (875-877) erfolgt sein (s. SGKP XIII, 194). Fast alle männlichen Mitglieder der Familie waren Offiziere in Königlich Polnischen Diensten. Weitere Angaben zur Geschichte der Familie bei Zed LV, 1199-1200 (Stichwort 'Weyher'). - Das Rittergut Smiechowo, das später der Pfarrgemeinde Weyhersfrei angegliedert wurde, befand sich seit 1576 im Besitz der Familie Weiher (s. MP I, 402 - An anderer Stelle wird das Gut erst für das 17. Jhdt. als Weyher'scher Besitz belegt (s. SGKP X, 874, Stichwort 'Smiechowo'). - Jakob Weiher war als Offizier unter König Wladyslaw IV. (1632-1648) während des Feldzugs gegen die Moskowiter in Weißrußland im Jahre 1634 schwer verwundet worden und hatte im Falle seiner Genesung den Bau einer Kirche zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit und des Hl. Franziskus gelobt (ebd., sowie Prutz 198). 18 Schultz 242. 19 Fundationsprivileg vom 13. Januar 1650 (Prutz 198); erneuter Lokationsakt vom 18. August 1655 (Schultz 242).
24
Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
tere die Grundherrschaft noch bis in die Zeit nach der Ersten Polnischen Teilung (1772) ausübten.20 Die Lokationsurkunden der Jahre 1643 und 1655 wie auch das 1650 erlassene königliche Gründungsprivileg garantierten für die neuen Siedler ausdrücklich die Freiheit der Religion und der Nation.21 Dies trug einerseits den damaligen konfessionellen Verhältnissen im Putziger Kreis Rechnung, welcher im 16. Jahrhundert vollständig von der Reformation erfaßt worden war. 22 Andererseits sollte die in fast unbesiedeltem Gebiet direkt am Verkehrsweg von Lauenburg/L^bork in Richtung Danzig gegründete Ortschaft nach dem Plan ihres Stifters zu einem aktiven - und damit einträglichen - Zentrum für Handel und Gewerbe erwachsen.23 Die in den Gründungsurkunden festgeschriebenen Toleranzklauseln sollten die Anwerbung von Neusiedlern unterstützen. Die von Weyher garantierten Freiheiten boten insbesondere für die deutschsprachigen und zumeist evangelischen Bürger der umliegenden pomerellischen Städte und Ortschaften einen Anreiz, sich in der neuen Ortschaft niederzulassen. Die meisten Neusiedler stammten aus dem nördlichen Pomereilen, dabei vor allem - wie auch im Fall der Eltern des Franziskus Valentin Ruthen - aus den Städten Putzig und Danzig. Belegt sind auch Siedler aus dem Ermland. 24 Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts dürfte der Anteil der deutschsprachigen evangelischen Bürger an der Gesamtbevölkerung der Stadt gegenüber der aus dem Umland stammenden katholischen polnischen und kaschubischen Bevölkerung recht
20
1657 gelangte die Stadt mit sämtlichen Weyherschen Gütern laut Testamentsbeschluß in den Besitz der zweiten Ehefrau Weyhers, Janina Kazimiera geb. RadziwiH. Nach deren Tod (1665) ging der Weyhersche Besitz an beide Töchter Weihers über, die ihn 1676 an Fürst Micha} Kazimierz RadziwiH veräußern. Nach dem Tode Radziwills (1681) kam der Besitz an dessen Ehefrau Katarzyna, geb. Sobieska, die ihn im Jahre 1685 ihrem Bruder Jan, seit 1673 bereits als Jan ΙΠ. Sobieski polnischer König, vermachte. Nach dem Tode Jans III. Sobieski (1696) erben dessen Nachkommen die ehemaligen Besitztümer Weyhers. Ein Teil der Güter gelangt gemeinsam mit der Stadt durch Verkauf im Jahre 1720 an den Grafen Piotr Przebendowski. Im Familienbesitz der Przebendowskis verbleiben Stadt und Güter noch in preußischer Zeit, nämlich bis zu ihrem Verkauf an den englischen Konsul in Danzig, Baron Alexander Gibsone, im Jahre 1782 ( s. SGKP XIII, 194-195). 21
Schultz 241-242; Prutz 118. Zwar war der damalige Starost von Putzig, Ernst Weyher (gest. 1600), Onkel des o.g. Jakob Weyher, bereits im Jahre 1585 zum katholischen Glauben zurückgekehrt. Der Putziger Adel und die deutschsprachige Bevölkerung Putzigs sowie der umliegenden Orte Heia und Rumia blieben jedoch evangelisch. Sie bildete damit gegenüber der polnischsprachigen katholischen Bevölkerung in diesen Ortschaften die Mehrheit. - s. Klemp 86 sowie SGKP IX, 272 (Stichwort 'Puck'). 23 Lab 25 u. 26. 24 Schultz 309; MP 1,402. 22
Geburtsort
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hoch gewesen sein. 25 Die Gesamtzahl der Einwohner der Stadt wird für das Jahr 1660 auf 400-480 Personen geschätzt. Genauere statistische Angaben zur Bevölkerung liegen erst für die Zeit nach der Ersten Polnischen Teilung (1772) vor. 26 Seit Gründung der Ansiedlung war der Ortsname in polnischer, lateinischer und deutscher Fassung in Gebrauch. Die deutsche Bezeichnng Weyhersfrei (in Anlehnung an die Toleranzklausel in den Gründungsurkunden 1643, 1650 und 1655) war gleichwertig mit ihrer polnische Entsprechung Weyherowska Wola.21 Gegen Ende des 17. Jahrhunderts findet sich die polnische Benennung Weyherowo, dementsprechend auch die deutsche Bildung Weyherau.2& In lateinischer Fassung waren die Bezeichnungen Civitas Weyheroviensis, Weyheropolitana und Weyheropolis geläufig, was zur deutschen Übersetzung Weyherstadt (in Publikationen des 18. Jahrhunderts auch Weicherstadt) führte.29 Franziskus Valentin Ruthen verwendet in seinen Handschriften ausschließlich die lateinischen Bezeichnungen Weyheropolis und Weyherovia\ nur in einem einzigen Fall tritt das von der polnischen Be-
25
Nach Schultz war noch im ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhundert die Nationalität der Stadtbürger fast durchweg deutsch. Das Deutsche war Amtssprache des Gerichtes und des Stadtrates. Dementsprechend sieht Schultz auch die Amtseinsetzung Ruthens in Weyhersfrei/Wejherowo allein unter dem Gesichtspunkt der Nationalität, nämlich als Zugeständnis an die deutschsprachigen Einwohner der Stadt. Er benennt ihn gar als letzten deutschen Pfarrer in polnischer Zeit, d.h. bis zur Ersten Polnischen Teilung 1772 (a.a.O. 309; 311-313). Immerhin war der Anteil deutschsprachiger Bürger derart hoch, daß in polnischer wie in preußischer Zeit die Beherrschung des Polnischen und des Deutschen als für das Amt eines Parochialgeistlichen in Wejherowo vorausgesetzt wurde (s. Klemp 86). - Laut Miasta Polskie 1965-67 stellte die polnisch/kaschubische Bevölkerung in der Stadt stets die Mehrheit. Die Zahl der aus Putzig zugewanderten deutschstämmigen Einwohner wird mit 100 Personen angegeben, allerdings ohne Hinweis auf den betreffenden Zeitraum und ohne Vergleich mit der Zahl der Gesamtbevölkerung (MP I, 402). 26 Die Schätzung für das Jahr 1660 stammt von Gerard Labuda (Lab 25). Schultz macht nur Angaben über die Wohnverhältnisse: für das Jahr 1692 nennt er '22 ganze und 22 halbe Feuerstellen', für 1732 gibt er '71,5 Wohnstätten' an (Schultz 296). MP I, 402 nennt für das Jahr 1772 eine Zahl von 568 Einwohnern. In preußischer Zeit ist für das Jahr 1776 die Zahl von 736 Einwohnern belegt (Lab 26). 27 a.a.O. 29, Anm. 26. 28 Der 1890 ff. erschienene Slownik Geograficzny Krolestwa Polskiego verwendet die Schreibweise Wejrowo (SGKP ΧΙΠ, 193 ff.). Die heutige amtliche polnische Benennung ist 'Wejherowo'. 29 Schultz zitiert 'Weyherstadt' aus Gerichtsakten der Jahre 1650, 1680 und 1685 (Schultz 260); 'Weicherstadt' in Zedlers Enzyklopädie 1741 (Zed XXIX, Sp. 148-149, Stichwort 'Praetorius, Matthäus').
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Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
Zeichnung Weyherowo abgeleitete Adjektiv Weyherowski auf.30 Darüberhinaus waren, ausgehend von der lateinischen Bezeichnung Nova Colonia, seit der Frühzeit auch die Namen Neustadt bzw. Neustädtchen sowie deren polnische Entsprechung Nowe Miasto gebräuchlich. Diese Namen fanden nach der Ersten Polnischen Teilung 1772 ihren Niederschlag in der amtlichen preußischen Bezeichnung Neustadt in Westpreußen,31 Die Grundherrschaft repräsentierte stets das polnisch-katholische Element in der Stadt, und bereits die Weihe der Pfarrkirche durch den Abt von Oliva am 4. Oktober 1644, dem Tag des Hl. Franziskus, macht deutlich, welcher Konfession in der neugegründeten Ansiedlung der Vorrang gegeben werden sollte. Für die Bevölkerung evangelischer Konfession dagegen waren weder ein eigenes Gotteshaus noch ein eigener evangelischer Geistlicher vorgesehen.32 1648 erfolgte mit der Grundsteinlegung zur Kirche der Hl. Anna die Gründung eines Klosters der Franziskaner-Reformaten. 1649 bezogen die aus Großpolen stammenden Patres dieses streng gegenreformatorisch gesinnten Ordens das Kloster in Weyhersfrei.33 Sofort nach ihrer Ankunft in der Stadt beginnen die Reformaten mit der Bekehrung der ortsansässigen Lutheraner. Die bereits erwähnte Chronik des Klosters von St. Anna enthält ein Verzeichnis aller in den Jahren 1648 bis einschließlich 1736 zum katholischen Glauben konvertierten Personen (reconciliati). Aufgeführt werden dort insgesamt 596 Stadtbürger und Anwohner aus der Umgebung. Die meisten Familiennamen sind offenbar deutschen Ursprungs; sie tragen sämtlich den Zusatz lutheranus bzw. lutherana,34 Uber
30 Die Namen 'Weyheropolis' und 'Weyherovia' werden in den hier behandelten Codices durchgängig verwendet. 'Weyherovia' ist dabei allerdings seltener; 'Wejherowo' und 'Weyherowski' auf dem Titelblatt des nachfolgend mit e benannten Bandes (s. S. 43). 31 SGKP XIII, 193, Schultz 260, Lab 29, Anm. 26. Schultz berichtet zudem, daß Weyhersfrei im Jahre 1703 während des Zweiten Nordischen Krieges (1700-1721) zeitweilig schwedische Einquartierung erhielt und die Stadt dabei in den entsprechenden schwedischen Dokumenten als 'Nystad' geführt wird (ebd.). 32 Zum Abhalten evangelischer Gottesdienste mußte jeweils der Geistliche aus der evangelischen Gemeinde des benachbarten Bolszewo anreisen. Dies bedurfte allerdings der Zustimmung des katholischen Pfarrers von Weyhersfrei (s. Klemp 89). 33 Grundsteinlegung der Kirche am 4. Mai 1648; Ankunft der Mönche am 3. Oktober 1649; Schultz gibt als Mutterkloster Osiek in Großpolen an, jedoch ohne genauere geographische Eingrenzung (Schultz 250). An anderer Stelle wird Goruszki (heute: Miejska Gorka) bei Rawicz in Großpolen genannt (SGKP XIII, 194 - Angaben zu dieser Ortschaft s. SGKP II, 710, Stichwort 'Gorka miejska'). 34 Chronica 275-285. Laut Aleksander Klemp ist kein Konvertiten Verzeichnis der Reformaten in Polen so umfangreich wie das der Patres in Weyhersfrei/Wejherowo (Klemp 90). Zu Beginn des 18. Jahrhunderts nehmen die Zahlen der Konvertiten deutlich ab: für den Zeitraum 1702-1718, in den auch die Amtszeit Ruthens fällt, sind 16 Namen genannt, d.h.
Geburtsort
27
die 1651 eröffnete Schule, die auf Anordnung Weyhers an das Kloster angeschlossen war, kontrollierten die Mönche von St. Anna zudem das Bildungswesen in der Stadt. 1649 wurde auf Wunsch Jakob Weyhers mit dem Bau von 25 Kalvarienkapellen begonnen ('Kalwaria Wejherowska'). Die Kalvarienstationen, deren Berühmtheit die Stadt ihre spätere Bezeichnung Kaschubisches Jerusalem verdankte, wurden nach ihrer Fertigstellung im Jahre 1655 von ihrem Stifter ebenfalls der Obhut der Franziskaner-Reformaten übergeben. 35 Damit lag 12 Jahre nach der Gründung das geistige Leben der Stadt fast vollständig in den Händen dieses Ordens, wenn man von der Stadtpfarre, die dem Diözesanklerus unterstand, absieht. Durch die Schulaufsicht, die Sündenablässe an den Kalvarienstationen und die zudem in der Klosterkirche St. Anna abgehaltenen Gottesdienste standen die Reformatenpatres zwar in ständigem Konkurrenzverhältnis mit der Stadtpfarre zur Hl. Dreifaltigkeit/Sw. Trojcy. Der Widerstand des jeweiligen Parochialgeistlichen gegen die Franziskaner scheint allerdings wenig wirkungsvoll gewesen zu sein, wie im Fall des Franziskus Valentin Ruthen deutlich wird.36 Auch Weyher selbst konnte sich dem Einfluß der Patres nicht entziehen. Auf Druck der Reformaten, insbesondere des seit 1652 amtierenden Guardians Pater Gregor aus Danzig, hob der Grundherr von Weyhersfrei im Jahre 1657 buchstäblich auf seinem Sterbebett alle in den Gründungsakten festgelegten Toleranzklauseln gegenüber dem Augsburger Bekenntnis auf. Mit sofortiger Wirkung waren den in der Stadt verbliebenen Lutheranern die Errichtung einer eigenen Gemeinde, der Kirchenbau sowie alle Gottesdienste am Ort untersagt. Gestattet war lediglich die Totenfeier (nicht öffentlich) und die Bestattung auf einem eigenen Begräbnisplatz an der Pfarrkirche. 37 Verschärft wurden diese Bestimmungen im Jahre 1682 durch einen Kontrakt der Weyher'schen Erben mit dem neuen Grundherren Fürst Michal
im Durchschnitt eine Konversion pro Jahr (Chron 285). Vom Jahre 1724 an lag die Bekehrung Andersgläubiger ganz in den Händen der örtlichen Pfarrgeistlichkeit (Klemp 90). 35 Zur Bezeichnung 'Kaschubisches Jerusalem' vgl. Kustusz, o. Alfons Gaudenty: Kaszubska Jerozolima (Wejherowo). In: Przewodnik Katolicki R. 63(1973), Nr. 13, S. 116-117. - Zu den Kalvarienstationen s. folgende Monographien: Wi?ckowiak, J., Kalwaria wejherowska. Dzieje, sztuka i architektura, Wejherowo 1982; Kustusz, o. Alfons Gaudenty, Swi?te Gory Wejherowskie, Gdynia/Gdingen 1991. 36 Die Kompetenzstreitigkeiten zwischen der Stadtpfarre und dem Reformatenkloster lassen sich aus den Anträgen und Forderungen ablesen, die Franziskus Ruthen in seiner Eigenschaft als Priester von Sw. Tröjcy/St. Trinitatis auf dem am 13. Juni 1713 in Weyhersfrei/Wejherowo abgehaltenen Provinzialkapitel der Franziskaner-Reformaten vorbrachte. Diese wurden von Seiten des Klostervorstandes sämtlich abgelehnt (Chron 332). 37 Prutz 130; Klemp 89. Für die enge Bindung Jakob Weyhers an die Reformaten spricht auch die Tatsache, daß er in deren Klosterkirche von St. Anna beigesetzt wurde und nicht in der von ihm gestifteten Stadtkirche Sw. Tröjcy/St. Trinitatis.
28
Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
Kazimierz Radziwill, welcher die römisch-katholische Konfesseion als einzig mögliches Bekenntnis für die Bürger der Stadt festlegte.38 Weyhersfrei war durch die ortsansässigen Reformaten zu einem Zentrum der Gegenreformation im nördlichen Pomerellen umgestaltet worden. Angstfrömmigkeit und Aberglaube, wie sie im ausgehenden 17. Jahrhundert in ganz Polen zu beobachten waren,39 hielten auch in Weyhersfrei ihren Einzug. Mitte der 60er Jahre des 17. Jahrhunderts begannen in der Stadt Inquisition und Hexenprozesse, und während des Nordischen Krieges (1700-1721) war der Kreis Weyhersfrei im gesamten Danziger Raum auf diesem Gebiet führend.40 In eben diese Epoche fällt die dreizehnjährige Amtszeit des Franziskus Valentin Ruthen als Priester an der Stadtpfarre zur Hl. Dreifaltigkeit/Sw. Trojcy.
2.3
Werke
Franziskus Valentin Ruthen hinterließ nach bisherigem Kenntnisstand ausschließlich handschriftliche Codices. Von den ursprünglich 16 Bänden aus seinem Nachlaß sind 15 Bände nachweisbar.41 Acht Bände beinhalten Vorlesungsnachschriften Ruthens aus seiner Studienzeit an den Kollegien der Piaristen in Wielun bei Kalisz und in Warschau. Einige dieser Bände verzeichnen darüber hinaus vermischte Notizen aus den verschiedensten Wissensgebieten. Diese acht Codices entstanden in den Jahren 1698-1704 sowie im Jahre 1727 4 2 38
Schultz 308. s.o. S. 4. 40 Prutz 133, 151. Der Niedergang des geistigen und kulturellen Niveaus in Weyhersfrei/Wejherowo am Beginn des 18. Jahrhunderts wird von Prutz zusammengefaßt: 'Die auch der Zahl nach hinschwindende Bevölkerung versank immer tiefer in Armut und Noth, in wirtschaftliche Verkommenheit, in Rohheit und Unbildung und in völlige geistige Indulgenz und Trägheit.' (ebd.). 41 Die vollständige Auflistung bei ManR 826-838. 42 Alle Bände im Oktavformat; Aufbewahrungsort ist die Bibliothek des Geistlichen Seminars in Pelplin (Sign. 585-590 (Pos. a.-e.), 592 (Pos. g.) und VI L a 8 (Pos. h.). Inhaltsangaben dieser Bände bei ManR 826-838. Der dort auf S. 828 angeführte erste Teil des Bandes 'Bursae Pauperum. Partis primae. Divisio prima', fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1727, ursprünglich ebenfalls in den Beständen des Pelpliner Diözesanarchivs mit der Sign. 591, ist nach Angaben des Archivdirektors, Herrn Prof. Dr. Nadolny, verschollen (mdl. Auskunft vom 26. September 1992). Alle hier genannten 15 Bände (Pos. a. - h. und 1.7.) gingen nach dem Tode Ruthens in den Besitz der Missionare (Lazaristen, Vinzentiner) im Missionshaus Sw. Wojciech/St. Adalbert bei Danzig über (Exlibris jeweils auf dem Titelblatt: 'Exlibris Congr[egationis], Miss[ionis], domus S[ancti], Adalberti'). Dort befanden sie sich bis zum Abriß des Hauses im Jahre 1820 (s. S. 34, Anm. 10). 39
Werke
29
a. Dieta Salutis [...], lateinisch, Warschau 1698 und Zarnowiec/Zarnowitz 1701 (359 S., enthält Leitlinien für Prediger). b. Decennium Rhetoricum [...], Pars /., lateinisch, Niederschrift in Lauenburg/Lebork 1699 (300 S.,Vorlesungen des Jahres 1693 am Warschauer Kolleg). c. Decennium Rhetoricum [...], Pars II., überwiegend polnisch, daneben lateinische Texte, ebenfalls Lauenburg/L?bork 1699 (226 S., Inhalt s.o.). d. Thesaurus Eloquentiae [...], lateinisch und polnisch, Zarnowiec/Zarnowitz 1700 (294 S., Leitfaden zur Rhetorik für staatliche, geistliche und weltliche Würdenträger). e. Eruditiones variae [...], lateinisch, polnisch und deutsch, begonnen in Lauenburg/L^bork 1699, fortgesetzt in Zarnowiec/Zarnowitz 1703 (244 S., Sammlung verschiedener Informationen zu den Themen Geschichte und Geographie, politischsatirische Verse und Sentenzen) f.
Exercitia grammatices [...], polnisch und lateinisch, verfaßt in Zarnowiec/Zarnowitz 1702-1704 (318 S., Vorlesungen am Kolleg in Wielun 1691).
g. Bursae Pauperum [...] Partis primae divisio secunda, lateinisch, begonnen 1703 in Zarnowiec/Zarnowitz, fortgesetzt in Klodawa/Kladau ab 1727 (296 S., Sammlung von Zitaten, Sentenzen etc. zum Gebrauch für die Predigt). h. Nauka Chrzescianska [...], polnisch, Zarnowiec/Zarnowitz 1703 (72 S., Hinweise zur Vorbereitung von Sterbenden auf den Tod sowie Gebete für die Totenmesse)
Sieben weitere Bände beinhalten Texte für den kirchlichen Gebrauch (Litaneien, Kirchenlieder, Hymnen und Psalmen). Sie wurden in den Jahren 1707-1733 in den Pfarreien von Weyhersfrei/Wejherowo, Subkowy/Subkau und Ktodawa/Kladau niedergeschrieben. Unter diesen Handschriften befinden sich auch die der vorliegenden Untersuchung zugrundeliegenden vier Kantionalbände (nachfolgend Pos. 1.-4.).
30
Franziskus Valentin Ruthen (1674-1734) und seine Schriften
1. Cantionale scriptum (Pars I) [...], begonnen in Weyhersfrei/Wejherowo 1707, fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1732; 388 Seiten Texte + 50 Seiten Register, enthält 227 Texte - Lieder, Psalmen, Litaneien und Gebete - in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. 2. Druga Czqsc Piesni Naboznych [...], begonnen in Weyhersfrei/Wejherowo 1711, weitergeführt und fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1732; 304 Seiten + 30 Seiten Register, enthält insgesamt 323 Texte - Lieder, Psalmen, Litaneien und Gebete in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. 3. Pars Secunda Cantionalis [...], begonnen in Weyhersfrei/Wejherowo 1711, fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1732; 574 Seiten + 64 Seiten Register, enthält 666 Texte - Gattungen s.o. - in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. 4. Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda [...], begonnen in Weyhersfrei/Wejherowo 1711, fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1732; 443 Seiten + Register, enthält 430 Texte in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. 5. Litaniarium Trium Linguarum [...], begonnen in Weyhersfrei/Wejherowo 1709, fertiggestellt ebendort 1715; 635 Seiten; enthält 207 Litaneien und 69 Lieder in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. 6. Litaniarii Pars Tertia [...], begonnen in Subkowy/Subkau 1718, fertiggestellt in Klodawa/Kladau 1733; 339 Seiten + 19 Seiten Index; enthält neben Litaneien auch 46 Texte geistlicher Lieder. 7. Responsorium sive Cantionale [...], begonnen in Klodawa/Kladau 1732, fertiggestellt ebendort 1733; 322 Seiten + 72 Seiten Index (mit Texten vermischt); enthält insgesamt 137 Texte (von Ruthen meist als Hymni bezeichnet).43
43
Die Handschriften Pos. 1.-2. befinden sich ebenfalls in der Bibliothek des Geistlichen Seminars in Pelplin (Sign. 593 und 594). Die übrigen Bände bewahrt die Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Kornik bei Posen mit folgenden Signaturen: Pos. 3.-4.: BK 40, 41; Pos. 5.-7.: BK 38, 39 und 42.
3.
Die handschriftlichen Kantionale
3.1
Auswahl für die Untersuchung
Die vorliegende Untersuchung behandelt die Kantionalhandschriften aus dem Nachlaß Ruthens. Sie beschränkt sich somit auf thematisch geordnete Sammlungen von Texten für den Gebrauch während der Meßfeier und zu außerliturgischen Anlässen. Diese Bedingungen erfüllen von den im vorhergehenden Kapitel unter Pos. 1- 7 genannten Codices nur die Bände 1- 4. Die Litaniarien unter Pos. 5 und 6 sowie das unter Pos. 7 genannte Responsorium enthalten ebenfalls Liedtexte, allerdings in weitaus geringerer Anzahl und nicht thematisch geordnet. Diese Texte sind größtenteils in den Codices Pos. 1-4 bereits enthalten. Diese Bände stehen zudem thematisch wie auch inhaltlich zueinander in enger Beziehung. Es erscheint daher notwendig, sie geschlossen zu behandeln, will man einen einigermaßen umfassenden Überblick über die Kantionalsammlungen des Franziskus Valentin Ruthen erhalten. Der Forschungsgegenstand der vorliegenden Untersuchung sind daher folgende vier Handschriften: 1. Cantionale Scriptum (I. Pars), 2. Druga Cz?sc Piesni Naboznych, 3. Pars Secunda Cantionalis, 4. Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda,1 Der Begriff Kantional wird in der vorliegenden Untersuchung gleichbedeutend mit der Bezeichnung Gesangbuch verwendet und bezeichnet hier allgemein eine Liedersammlung evangelischer oder katholischer Konfession des 16. bis 18. Jahrhunderts. Dieses entspricht der in polnischen Publikationen zur Literatur- und Musikwissenschaft üblichen Verwendung dieses Terminus (poln.: kancjonal).2 Die Bezeichnung Kantional war ursprünglich auf reformatorische (evangelische) Liedsammlungen beschränkt. Sie fand sich auf den Titelblättern fast aller seit der Reformation erschienenen polnischen evangelischen
1
Die Codices erhielten für vorliegende Untersuchung folgende Sigla: b: 'Pars Secunda Cantionalis'; c2: 'Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda'; d: 'Cantionale Scriptum, I. Pars'; e: 'Druga Cz?sc Piesni Naboznych'. Die übrigen Manuskriptbände (s. die Pos. 5-7 auf S. 30 der vorliegenden Arbeit) erhielten die Sigla: f: 'Litaniarium Trium Linguarum'; g: 'Litaniarii Pars Tertia'; h: 'Responsorium sive Cantionale'. Sie verzeichnen in kleiner Menge gleichfalls Texte für den liturgischen Gebrauch. Zum Teil handelt es sich um die gleichen Titel wie in b - c2, allerdings mit detaillierteren Quellenangaben als dort. Daher wurden diese Codices für einzelne hier durchgeführte Untersuchungen ergänzend hinzugezogen. Erforderlich wurde dies beispielsweise bei der Ermittlung der Ruthen vorliegenden Quellen (s. hierzu Kap. 5.1, S. 144ff.). 2
SLS 313-317, Stichwort 'Kancjonal'.
32
Die handschriftlichen Kantionale
Gesangbücher.3 Aus diesem Grunde vermieden es die Verfasser und Herausgeber katholischer polnischer Gesangbücher bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, ihre Werke als Kantionale zu bezeichnen. Eine verbreitete Bezeichnung für katholische Gesangbücher dieser Zeit war Piesni katolickie oder Piesni nabozne,4 Der gleichfalls geläufige Titel Kantyczki war zunächst nur auf katholische Liedsammlungen zur Advents- und Weihnachtszeit eingeschränkt.5 Zur Zeit der Niederschrift der Liedersammlungen Ruthens kam der Terminus Kancyonal auch auf den Titelblättern katholischer Gesangbücher in Gebrauch, insbesondere dann, wenn die betreffende Sammlung neben den Stücken für die eigentliche Meßfeier auch außerliturgische Lieder enthielt.6 Der von Ruthen auf den Titelblättern der Bände b, c2 und h sowie auf dem Buchrücken des Bandes d verwendete lateinische Terminus Cantionale bezeichnet ebenfalls eine Sammlung religiöser Liedtexte zu den verschiedenartigsten Gelegenheiten. Er ist in seiner Bedeutung damit weiter gefaßt als die Bezeichnung cantionale ecclesiasticum eigentlichen Sinne, die nur für liturgische Textsammlungen gebrauchte wurde.7 In dieser erweiterten Bedeutung tritt der lateinische Titel Cantionale auch in anderen Gesangbüchern der Epoche Ruthens auf.8
3
Encyklopedia wiedzy ο ksiqzce. Breslau-Warschau-Krakau 1971, S. 1103, Stichwort 'Kancjonal1. Vgl. auch die bereits genannten evangelischen polnischen Gesangbuchdrucke (S. 6-7). - In deutschen Nachschlagewerken zur Religions- bzw. Musikwissenschaft beschränkt sich die Verwendung des Begriffes 'Kantional' ebenfalls auf evangelische Liedsammlungen, und zwar auf Chorgesangbücher mit feststehender Liedanordnung (Stammlieder, De tempore, Psalmlieder, Katechismuslieder) sowie mit entsprechender musikalischer Notation (meist in vierstimmigem Satz) (s. MGG VII, Sp. 611-612; RGG III, Sp. 1128-1129). Als Gesangbuch werden dagegen alle Liedersammlungen für den gottesdienstlichen Gebrauch bezeichnet, und zwar unabhängig von der jeweiligen Konfession (MGG IV, Sp. 1876). 4 SLS 317 - Vgl. die Auflistung einzelner katholischer polnischer Gesangbuchdrucke des 17. und frühen 18. Jahrhunderts (s. S. 9-11). 5 PEK XIX-XX, 300 (Stichwort: 'Kantyczki'). 6 Encyklopedia wiedzy ο ksi^zce, S. 1103. Die 1720 in Posen und 1721 in Krakau erschienenen katholischen Gesangbuchausgaben beispielsweise trugen den Titel 'Kancyonal' (vgl. S. 11 der vorliegenden Untersuchung). - Die heutige polnische Bezeichnung eines Gesangbuchs für den kirchlichen Gebrauch ist 'Spiewnik koscielny' (entsprechend dem deutschen Terminus 'Kirchengesangbuch'). Verwendet wird dieser Begriff seit Anfang des 19. Jahrhunderts. (Encyklopedia wiedzy ο ksi^zce, S. 1103). 7 PEK XIX-XX, 224 (Stichwort: 'Kancyonal'). 8 So beispielsweise in der aus dem Jahre 1723 stammenden Warschauer katholischen Liederhandschrift 'Cantionale Missarum' (im Literaturverzeichnis unter Cant. Miss. 1723).
Beschreibung der Codices
3.2
Beschreibung der Codices
3.2.1
Pars Secunda Cantionalis (b)
33
Titel: PARS SECUNDA CANTIONALIS. Seu potius CANTIONUM CATHOLICO DEVOTARUM, De Tempore. Ab Adventu, usque ad Festum Corporis Christi, una cum ejusdem Octava inclusive. Quae juxta Ordine Sae. Romanae Orthodoxaeque Ecclesiae Memoratis Temporibus Domini Dominantium Sabaoth decantari assolent, Ex varijs Approbatisque Authoribus COLLECTARUM. Accomodata Uniformiter, ad Universas hujus Regni Ecclesias Conglomerata autem ac Conscripta Weyheropoli PER Franciscum Valentinum Ruthen, Weyheroviensis ac Gorensis Ecclesiae Parochum, Inchoata Anno Dni 1711. Die 29. Octobr. Finita vero Anno a Partu Virginis et Die, quibus infra ad Calcem Libri notabitur. e Tribus Voluminibus, PARS SECUNDA. Aufbewahrungsort ist die Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Kornik bei Posen (Signatur BK 40 - alte Signatur BK 40.1 C 40). Material Papier, im Format 16,5 χ 19,5 cm (in quarto). Einband Pappe, überzogen mit blauem Kunstleder, auf der letzten Seite des Einbandes Aufschrift fremder Hand in schwarzer Tinte: oprawa ζ roku 1874 (Handschrift des 19. Jahrhunderts; in diesem Jahr wurde der Band von der Bibliothek in Kornik erworben.). Auf dem Buchrücken Aufschrift fremder Hand: Cantionalis Latino-Polono-German [...] Pars II. Franc. Valent. Ruthen (schwarze Tinte, beschädigt). Entstehungszeit: Die Niederschrift des Bandes wurde am 29. Oktober 1711 in der Pfarrei Weyhersfrei/Wejherowo begonnen. Nach dem 6. September 1717 wurde die Arbeit unterbrochen und ab dem 1. Februar 1718 in der Pfarrei Subkowy/Subkau fortgesetzt. Aus den Jahren 1719 bis 1729 sind keine Datierungen vorhanden. Es ist daher möglich, daß die Arbeit an Pars Secunda in diesen Jahren ebenfalls unterbrochen wurde. Fortgesetzt wurden die Aufzeichnungen ab dem 13. Februar 1730 in der Pfarrei Klodawa/Kladau und dort nach dem 8. Februar 1733 abgeschlossen. Äußere Gestaltung: Schrift:
Der Codex ist in schwarzer Tinte in Druckschrift abgefaßt: polnische und lateinische Texte in lateinischer Druckschrift, deutsche Texte in stark vereinfachter Fraktur.
34
Die handschriftlichen Kantionale
Die Texte sind auf jeder Seite in zwei Kolumnen angeordnet. Die Liedtitel, zum Teil auch Liednummern und Initialen, sind in roter Tinte ausgeführt. Die Orthographie der polnischen wie der deutschen Texte entspricht zum Teil der damals üblichen Norm, zum Teil ist sie recht eigenwillig. Alle Textzitate aus den vier in der vorliegenden Untersuchung bearbeiteten Handschriftenbänden erfolgen unverändert in der bei Ruthen vorgefundenen Schreibweise.9 Notation:
keine
Umfang der Handschrift und Anordnung der Texte: Der Band hat einen Umfang von 641 Blättern: Blatt 1 - lv.:
Titel, auf der Vorderseite durchgestrichenes Exlibris fremder Hand: Ex libris Congelationis]. Af/ra[ionis]. domus S[ancti] Adalberti (schwarze Tinte, 18. Jahrhundert).10 An gleicher Stelle eine weitere Aufschrift: v. Οstau Lniski /V[esbyter] Lang[enau?]. et 7?os[enberg?]. (schwarze Tinte, Duktus des 19. Jahrhunderts).11
ab Blatt 2:
Beginn der Texte (Lieder, Litaneien und Gebete in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache). Einsetzen der Paginierung von Ruthens Hand mit "1", paginiert wird nach Seitenzahlen. Die originale Paginierung Ruthens ist an vielen Stellen nicht folgerichtig ausgeführt (erstmalig ab S. 147). Dies ist zum Teil bedingt durch Nachträge zu einzelnen Liedtexten, die vom Autor auf Einzelblättern notiert und an entsprechender Stelle in den Band eingeklebt wurden.
9
Zur orthographischen Gestalt der polnischen Texte s.S. 11 Iff. Das Missionshaus Sw. Wojciech/St. Adalbert der Congregatio Missionis wurde im Jahre 1713 durch Felix Konstantin Szaniawski, Bischof von Kujawien und Pomeranien, im Dorf Sw. Wojciech/St. Adalbert bei Danzig gegründet. Es bestand dort bis zum Jahre 1820 (Encyklopedia koscielna. Bd. 14. Warschau 1881, S. 444-445). 11 Josef v. Ostau-Lniski (1788-1837), Pfarrer in L?gowa/Langenau und Rozyny/ Rosenberg. Dieser erwarb nach der Schließung der Missionsstelle in Sw. Wojciech/St. Adalbert im Jahre 1820 fünf Bände aus dem Ruthen'schen Nachlaß. Es handelte sich bei diesen um die fünf heute im Besitz der Bibliothek in Körnik befindlichen Kodices B.K. 38, 39, 40, 41, 42 (im Bestand der Bibliothek seit 1874). - s. hierzu KRKor 36. Die Streichung des ersten Exlibris wurde offenbar durch v. Ostau-Lniski vorgenommen. 10
Beschreibung der Codices
35
Die fehlerhafte Seitenzählung wurde von fremder Hand korrigiert und fortlaufend bis zum Ende des Bandes weitergeführt (Eintragung jeweils mit Bleistift oberhalb der Paginierung Ruthens).12 abS. 368[351]:
S. 464[451] 478 [465]:
S. 575[574] 583[572]: S. 1[573]21 [593]:
S. 22[595]:
12
folgende Seiten unbeschrieben: 368[351] - 373[356]; 379[364] - 391[376]; 401 [386] - 409[396]; 457[444] - 463[450] Eingefügter Druck: SPOSOB SPIEWANIA POLSKIEGO na Mszach Swiqtych, w Kosciolach Katolickich [...] 1696 w Toruniw,13 auf dem Titelblatt dieses Druckes ein Exlibris Ruthens: Francisci Valentini Ruthen, We&[eroviensis]. et Gorens[is]. Parochi. Ao. 1713. d. 24 Aug. unbeschrieben Thematisches Register (Index Generalis). Die Originalpaginierung Ruthens beginnt neu mit "1". Im Register folgende Seiten unbeschrieben: S. 12[584], 14[586], 16[588], 22[594] Alphabetisches Register (Index Alphabeticus) Hierin folgende Seiten unbeschrieben: S. 25[598], 27 [600], 29[602], 31[604], 33[606], 35[608], 37[610], 41[614], 43[616], 45[618], 47[620], 49[622], 51 [624], 53[626], 55[628], 59[632], 61 [634], 63[636], 65[638],
Beim Zitieren aus Kodex b wird die originale Paginierung Ruthens, sofern sie nicht korrekt ist, durch den Zusatz der korrekten Seitenzahl in eckigen Klammern ergänzt (Bsp.: b 266[245]). 13 SPOSOB SPIEWANIA / POLSKIEGO, na Mszach Swi?tych / w Kosciolach Katholickich / Xi?stwu Pruskiemu pogranicznych / Ο Jasnie wielmoznych s. p. Biskupow Chelm. / OLSZOWSKIEGO MALACHOW- / SKIEGO OPALENSKIEGO / approbowany / a Wieleb. XX. Plebanom do uzywania zalecony...Roku Panskiego / 1696. / W TORUNIU, / Drukowal Jan Bälcer Bresler. (15 S., pag., ζ. T. mit Notation). Es handelt sich um den oben auf S. 9-10 bereits genannten katholischen Katechismus für die Diözese Chelmno/ Kulm mit acht polnischen Übersetzungen der lateinischen Ordinariumsgesänge. Der in Band b erhaltene Druck des Jahres 1696 ist das einzige heute nachweisbare Exemplar. - s. hierzu: MafiS 43-55.
36
Die handschriftlichen Kantionale
Mit der letztgenannten Nummer endet die Paginierung Ruthens. Die korrigierte Seitenzählung wird auf den Seiten [639] bis [640] (letzte Seite) weitergeführt. Liedkapitel: Geordnet den Festtagen des Kirchenjahres (Advent bis Fronleichnam). Die Kapitelüberschriften sind in lateinischer Sprache gehalten. Die Numerierung der Texte erfolgt z.T. in römischen, z.T. in arabischen Ziffern. 1. Additamentum Cantionum De Adventu Domini
S. 1 - 36
(Nr. XLII - 82)
2. Supplementum Cantionum De Nativitate Domini
S. 37 - 148
(Nr. XCVII - 270)
3. Additamentum Cantionum De Passione Domini
S. 149[148]355 [336]
(Nr. LVI - 203)
4. Supplementum Cantionum De Resurrectione Domini
S. 354[337] 367[350]
(Nr. XL VI - 72)
5. Additamentum Cantionum De Ascensione Domini
S. 374[357] 378[363]
(Nr. XIII - 24)
6. Supplementum Cantionum De Spiritu Sancto
S. 392[377] 400[385]
(Nr. XXI - 32)
7. Additamentum Cantionum De Sanctissima Trinitate
S. 410[397] 456[441]
(Nr. XXVII - 59)
8. Supplementum Cantionum In Festo Corporis Christi
S. 480[467] 574[563]
(Nr. XXXIX - 146)
Beschreibung der Codices
3.2.2
37
Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda (c2)
Titel: PARTIS TERTIAE CANTIONALIS DIVISIO SECUNDA CONTINENS Cantiones, Hymnos, Litanias, et varias Devotiones, Matutinas, Meridianas, Psalmos, Paenitentiales, Tempore belli, Diverso anni tempore, Quatu[o]r hominum Novissima, Vespertinas. CONCINNATA CONSCRIPTAQUE Per R. Francis. Valentinum Ruthen, antehac Zarnovecensem Ecclesiasten, postea Weyheropoliensi, Gorendens. Sobcoviensem, Gorzqdzinens. Nunc vero Klodaviens. Parochum, Comendar. Trqbcensem. Anno 1711. DIE 29. OCTOBRIS. Aufbewahrungsort ist die Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Komik (Sigantur BK 41 - alte Sign. BK 41.1 C 41). Material Papier im Format 16 χ 19,5 cm (in quarto), Einband weißes Pergament. Auf dem Buchrücken eine Aufschrift von Ruthens Hand: Cantional[i] 5cr//?[ti] IV. Pars In Divers[is] Necessitatibus. (schwarze Tinte). An gleicher Stelle Ergänzung fremder Hand: Cantionalis Partis ΙΙΙ-iae Divisio Il-da (schwarze Tinte, gleicher Duktus wie auf dem Buchrücken von Kodex b). Auf dem Buchdeckel eine unleserliche Aufschrift in schwarzer Tinte. Entstehungszeit: Mit der Aufzeichnung des Bandes wurde am 29. Oktober 1711 in der Pfarrei Weyhersfrei/Wejherowo begonnen. Die Arbeiten wurden nach dem 17. September 1717 unterbrochen und erst ab dem 4. März 1727 in der Pfarrei Klodawa/Kladau wieder aufgenommen. Dort fanden sie ihren Abschluß nach dem 1. August 1732. Äußere Gestaltung: Vgl. die Bemerkungen zu Band b (s. S. 34-35). Umfang und Anordnung der Texte: Der Codex hat einen Umfang von 561 Blättern: Blatt 1:
nicht pag., auf der Vorderseite eine Bleistiftzeichnung: ein auf dem Kopf stehendes Kreuz (barockes Kleeblattkreuz), Rückseite leer
Blatt 2-3:
nicht pag., unbeschrieben
Blatt 4:
Nicht pag., auf der Vorderseite Titel, links oben Numerierung "41" (Handschrift des Autors), Rückseite leer.
38
Die handschriftlichen Kantionale
Blatt 5 (= S. 638) - S. 943 [897]:
S. 944[898]963 [917]:
Texte (Lieder, Litaneien und Gebete in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache). Einsetzen der Paginierung mit "638", links oben Numerierung "41". Paginiert wird nach Seitenzahlen. Auch in diesem Band ist die Originalpaginierung Ruthens zum größten Teil fehlerhaft. Wie in b (s. S. 36-37) wurde sie auch hier von fremder Hand fortlaufend bis zum Ende hin korrigiert.14 Der Codex wurde vom Autor mehrfach durch nachträglich hinzugefügte Einzelblätter ergänzt.
drei eingeklebte Drucke: a) S. 944[898] - 951 [905]: Relation von der grossen Excution b) S. 952[906] - 955 [909]: Stockholmische Feuers=Brunst c) S. 956[910] - 963[917]: Geistliche Lieder15
S. 956[918] 1083[1055]:
Fortsetzung der handschriftlichen Texte
S. 1084[1056] 1114[ 1089]:
unbeschrieben
14
Die Korrektur der Paginierung beginnt auf S. 737, die von Ruthen fälschlich als "777" paginiert wurde. Bei Stellenverweisen zu c2 gilt die oben zu Kodex b beschriebene Zitierweise (s. S. 35, Anm. 12). 15 Es handelt sich hierbei um folgende Einzelwerke: a) RELATION von der grossen EXCUTION, Welche den 7. December 1724. geschehen unter der Christenheit (o. O., o. J., 8 S., n. pag.). Der Druck enthält drei deutschsprachige geistliche Lieder (ohne Melodien). b) Die Am 11. Maji dieses 1723. Jahres höchstgrausam und entsetzlich entstandene Stockholmische Feuers=Brunst, also in Reimen abgefasset / Daß daraus Fast der gäntzliche Ruin der Königl. Residentz / nebst unschätzbaren und unsäglichen Schaden abzunehmen, wobey zuletzt zufinden die Beschreibung und Gelegenheit der Stadt Stockholm / und was darinnen Merckwürdiges anzutreffen. Gedruckt im Jahr 1723 (o.O., 4 S., n. pag.). c) Fünff schöne außerlesene Geistliche Lieder/Gedruckt in diesem Jahr. (o. O., o. J., 8 S., n. pag.). Enthält fünf Texte in deutscher Sprache ohne Melodien. Die drei hier genannten Drucke sind bibliographisch nicht nachweisbar (kein Eintrag in Estr oder DeuB).
39
Beschreibung der Codices
S. 1 [1090] 48[1137]:
S. 49[1138]93 [ 1180]:
Thematisches Register (Index generalis). Die Originalpaginierung beginnt neu mit "1". Hierin folgende Seiten unbeschrieben: S. 3[1092] - 23[1112], 28[1117], 31[1120] - 34[1123], 36[1125], 38[1127] - 42[1131], 44[1133] Alphabetisches Register (Index alphabeticus). Hierin folgende Seiten unbeschrieben: S. 52[1141], 54[1143], 58[1147], 60[1149], 62[1151], 64[1153], 66[1155], 68[1157], 70[1159], 72[1161], 74[1163], 78[1165], 80[1167], 82[1169], 84[1171], 86[1173], 89[1175], 90[1177], 92[1179], 94[1181]. Mit der letztgenannten Seitennnummer endet die Paginierung Ruthens. Die korrigierte Seitenzählung wird von S. [1182] bis zur letzten Seite [1195] fortgesetzt.
Liedkapitel: Geordnet nach den verschiedenen liturgischen und außerliturgischen Anlässen außerhalb der Festtage des Kirchenjahres. Die Kapitelüberschriften sind, bis auf zwei polnische Fassungen, in lateinischer Sprache gehalten. Die Titelnumerierung beginnt in jedem Kapitel neu (ζ. T. römische, ζ. T. arabische Ziffern). 1. Additamentum Cantionum Matutinarum
S. 638 - [658b]
Nr. XXIII - 61
2. Cantiones Meridianae
S. 658 - 680v.
Nr. I - 34 Danach zwei Psalmen ohne Numerierung. Nr. I - LXXVII
3. Psalmi Davidis
S.678 797[757]
4. Psalmy Dawidowe
S. 798[758]837[797]
Nr. I - XL
5. Supplementum Cantionum Poenitentialium 6. Additamentum Cantionum [de] Tempore Belli, ac aliquarum de Poenitaentia
S. 838[798] 897[839] S. 898 [840] 918v.[861]
Nr. XVII-51 Nr. XXI - 41
40
Die handschriftlichen Kantionale
7. Supplementum Cantionum Diversarum
S. 918[862] 963 [917]
Nr. XXXVI- 67 Danach acht Lieder im Druck, nicht numeriert.
8. Continuatio Cantionu Pro Fidelibus Defunctis. Seu: De Quatuor Hominum Novissimis, Morte, Iudicio, Inferno, ac Caelesti Gloria
S. 956[918] 1029[1001]
Nr. LXII - 132 (Nr. 132 nur fragmentarisch)
9. Cantiones Vespertinae
S. 1028[1002] 1021[1047]
Nr. I - 35
10. Piesni Pogrzebowe albo ο S. 1048[1022] Smiertelnosci [Fortsetzung 1083[1055] des 8. Kapitels]
3.2.3
Nr. 132 (Fortsetzung) 171
Cantionale Scriptum, Pars I (d)
Titel: Der ursprüngliche Titel ist nicht bekannt, da die Titelseite des Bandes fehlt. Der Codex wird aufbewahrt im Diözesanarchiv Pelplin (Signatur 593 alte Signatur 459). Papier, gebunden im Format 10,5 cm χ 16 cm (in octavo). Einband weißes Pergament, auf dem Buchrücken Aufschrift von Ruthens Hand in schwarzer Tinte: Cantionale Scriptum, Pars I. Entstehungszeit: Die Niederschrift wurde offenbar im Jahre 1707 begonnen. Das erste von Ruthen notierte Datum ist der 30. August 1707 (Bl. 87, am Anfang des 9. Kapitels). Da Ruthen alle Kapitel parallel bearbeitete, kann zumindest die Jahreszahl als Hinweis auf den Beginn der Arbeit angenommen werden. Das späteste verzeichnete Datum ist der 25. März 1732 (Bl. 43 (= Register)). Äußere Gestaltung: Vgl. die Bemerkungen zu Band b (s.o. S. 34-35). Im Unterschied zu b und c2 erfolgt die Anordnung der Texte in d einspaltig. Defekte: Titelblatt und das erste paginierte Blatt fehlen. Aus diesem Grund fehlt der gesamte Text des Liedes Nr. 1 im ersten Liedkapitel. Nach einem Ver-
Beschreibung der Codices
41
gleich mit dem Register am Ende des Bandes handelt es sich um den Titel Boze wieczny, Boze zywy. Von Lied Nr. 2 fehlen die gesamte erste Strophe sowie zwei Zeilen der zweiten Strophe. Umfang und Anordnung der Texte: Der Codex umfaßt insgesamt 224 Blätter. Blatt 1-3: 16
ohne Text, mit folgenden Notizen: Blatt 1: Ex seminarii clericorum Pelplinensi (roter Buntstift) sowie mit Bleistift die Signatur "593". Blatt 3v.: Aufschrift fremder Hand mit Bleistift: Brak dwoch hart (fyr[utowej]. i /./^.[liczbowanej]), dazu eine Unterschrift und Datum "7/9/62" sowie der Stempel der Bibliothek des Geistlichen Seminars Pelplin.
Blatt 4-193v.:
Lieder, Litaneien und Gebete in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. Die Paginierung beginnt auf Blatt 4 mit "2" und endet auf Blatt 193 mit "194". Gezählt werden die einzelnen Blätter, jeweils auf der Vorderseite. Die originale Zählung ist ab Blatt 56 fehlerhaft: das folgende Blatt 57 ist ebenfalls mit "56" numeriert. Die Originalzählung bleibt nachfolgend daher um jeweils eine Nummer hinter der tatsächlichen Blattzahl zurück. Dieser Fehler wird durch eine erneute fehlerhafte Numerierung wieder ausgeglichen: das auf Blatt "149" [korr.: 150] folgende Blatt wird mit "151" numeriert.
Blatt 194-222:
Register der polnischen, lateinischen und deutschen Texte, vermischt mit weiteren Liedtexten. Paginiert nach Seiten mit der neu einsetzenden Zählung 1-50. S. 1-12: S. 13-16: S. 17-31:
S. 32-50: Blatt 223-224:
Thematisches Titelregister Liedtexte Alphabetisches Titelregister Teil I: S. 17-27 Teil II: S. 28-31 Liedtexte
unbeschrieben
^ Die Seitennummern für diesen Band werden wie folgt angegeben: Die Nennung der Seitenzahl ohne Zusatz benennt die Vorderseite des Blattes, der Verweis auf die Rückseite erhält den Zusatz "v." (z.B. d2A/d 24v.).
42
Die handschriftlichen Kantionale
Sämtliche Texte auf den Blättern 1-89, im ganzen 91 Lieder, wurden von fremder Hand notiert. Der Duktus dieser Texte unterscheidet sich deutlich vom Duktus der nachfolgenden Texte. Aus der Feder Ruthens stammen auf den genannten Blättern lediglich die Kapitelüberschriften und einige Liedincipits.17 Angaben über den Schreiber der genannten Lieder fehlen. Auch im nachfolgend beschriebenen Band e wurde eine Anzahl Texte von fremder Hand aufgezeichnet, wobei in diesem Fall der Schreiber namentlich genannt wird (s. Titelblatt des Bandes e). Die Schriftbilder der beiden fremden Schreiber in den Codices d und e sind jedoch nicht identisch. Wer an der Aufzeichnung des Bandes d beteiligt war, konnte nicht ermittelt werden. Liedkapitel: Die Lieder, Gebete und Litaneien sind dem Kirchenjahr entsprechend geordnet. Trotz der Dreisprachigkeit der im Kantional enthaltenen Texte sind alle Kapitelüberschriften ausschließlich in polnischer Sprache gehalten. Die Texte werden, in jedem Kapitel neu beginnend, mit römischen Ziffern durchnumeriert. Die einzelnen Kapitel enthalten Texte zu folgenden Festen und Gelegenheiten: 1. Piesni Adwentowe
B1.2-7v.
(Nr. I-VII)
2. Piesni ο Naswiqtszey Pannie
Bl. 7v. - 29
(Nr. I-XXIV)
3. Piesni ο Narodezemu Panskim
Bl. 29 - 47
(Nr. I-XXVIII)
4. Piesni ο Mqce Panskiey
Bl. 47v. - 69
(Nr. I-IX)
5. Piesm ο Zmartwychwstamu Panskim
Bl. 69 - 75
(Nr. I-VIII)
6. Piesni ο Swigtym Duchu
Bl. 75 - 79
(Nr. I-V)
7. Piesni na Boze dato
Bl. 79v. - 87
(Nr. I-IX)
8. Psalmy Dawidowe
Bl. 87 - 104
(Nr. I-XI)
9. Piesm Rozmaite
Bl. 104v. - 139v. (Nr. 1-40)
17
Es handelt sich im einzelnen um folgende Kapitel und Lieder: Kap. 1, Nr. II-VII; Kap. 2, Nr. I-XXIV; Kap. 3, Nr. I-XXVIII; Kap. 4, Nr.I-IX (Zu einem späteren Zeitpunkt fügte Ruthen auf Bl. 56 ein Lied hinzu, welches keine Numerierung erhielt und auf einem gesonderten Blatt zwischen Str. 1 und 2 des Liedes Nr. ΙΠ eingeklebt wurde.); Kap. 5, Nr. I-VIII (Auch hier erfolgte eine Ergänzung durch Ruthen: Lied Nr. III wurde durch ein eingeklebtes Textblatt um 2 Strophen ergänzt. Die Ergänzung trägt das Datum des 31. Mai 1731 (Bl. 71)); Kap. 6, Nr. I-V; Kap. 7, Nr. I-IX; Kap. 8, Nr. I, Nr. Π, Str. 1-7. Ab Str. 8 des Liedes Nr. II (Bl. 89v.) folgt dann ausschließlich der handschriftliche Duktus Ruthens.
43
Beschreibung der Codices
10. Piesni ο Wniebowstqpieniu Panskim
Bl. 139v. - 145v. (Nr. I-XII)
11. Piesüi ο Przenaswi&szey Troyce
Bl. 145v. - 158v. (Nr. I-XX)
12. Piesüi ο Swiqtych y Wybranych Panskich
Bl. 158v. - 178
(Nr. V-25)
13. Piesni Pogrzebne, Albo za Bl. 178 - 194v. Dusze Wiernych Zmartych Im nachfolgenden Titelregister (pag.) weitere Texte: S. 13 - 16 S. 32 - 50
(Nr. I- 37)
3.2.4
(Nr. 38-40) (Nr. 41-48)
Druga Czqsc Piesni Naboznych (e)
Titel: DRUGA CZ^SÖ PIESNI NABOZNYCH. NA $WI%TA UROCZYSTE Nasw. Pany Maryi, Mat. Boz. Swigtych Panskich, etc. y na inne dm, czasy, y rozmaite Potrzeby. Ζ Roznych Approbowanych Authorow Wedlug Porzqdku Koscioia Katholickiego ZEBRANYCH. Zacz&e naprzod, y Spisane w Weyherowie. Przez Mlodziemazka Studenta Franciszka Walentyna Goltmana. Roku Panskiego 1711. dnia 30. Stycznia. Dokonczone zas Tamze, Przez Franciszka Walentego Ruthena. Koscioia Weyherowskiego I Gorskiego Rzadcy. Roku od Narodz. Pansk. 1732. dnia zas 6. Miesiqca Marca. Die Handschrift wird aufbewahrt im Diözesanarchiv Pelplin (Signatur 594 - alte Signatur 634). Material Papier, gebunden im Format 10,5cm X 16 cm (Oktav). Einband weißes Pergament, auf dem Buchrücken Aufschrift von Ruthens Hand: Cantional. Scripti II. Pars. De Beata Maria Sanctis, et Necessit. (schwarze Tinte). Entstehungszeit: Die Niederschrift dieses Bandes wurde am 9. Oktober 1711 in der Pfarrei in Weyhersfrei/Wejherowo begonnen, abgeschlossen wurde sie am 6. März 1732 in der Pfarrei in Klodawa/Kladau.
44
Die handschriftlichen Kantionale
Äußere Gestaltung: Vgl. die Bemerkungen zu Band d (s. S. 41), jedoch mit folgender Einschränkung: Die deutschen Texte Nr. V(B1. 2), Nr. IX (Bl. 3v.) und Nr. X (Bl. 4) sind statt in Frakturbuchstaben in deutscher Schreibschrift notiert. Umfang der Handschrift und Anordnung der Texte: Der Band hat einen Umfang von 345 Blättern: Blatt 1-3:
unbeschrieben
Blatt 4-4v.:
Titel, auf Blatt 4 oben die römische Ziffer "I". Auf dem Titelblatt ein Exlibris: Ex libris Congelationis]. Misj[ionis]. domus S[ancti]. Adalberti (schwarze Tinte, identisch mit dem Exlibris auf den Titelblättern des Bände b und c2).
Blatt 5-309v.:
Lieder, Litaneien und Gebete in polnischer, lateinischer und deutscher Sprache. Die Foliierung beginnt auf Blatt 5 mit "1" und endet auf Blatt 309 mit "304".
Blatt 123-128v.:
eingefügter Druck: Etliche Gebetleinn
Blatt 129-309v.:
Fortsetzung der handschriftlichen Texte
Blatt 310-341 v.:
Register der polnischen, lateinischen und deutschen Titel, vermischt mit weiteren Liedtexten. Foliiert mit der Zählung 1-30: Blatt l-9(a): Thematischer Titelindex. Hierin Liedtexte auf den Blättern 4v.-5, 6, 7, 8.
Blatt 342-345:
18
Blatt 9(b)-30: Alphabetischer Titelindex. Hierin Liedtexte auf den Blättern 9b v.-10v., 1 lv., 12v.-16v„ 17v.-19v„ 20v„ 21v„ 23v.- 25v., 26v.28v„ 29v.-30v. unbeschrieben
Etliche wenige / jedoch aber sehr nützliche Gebetlein / als nemlich: Ein täglicher Morgen= und Abendsegen / wie auch Reis=Gebetlein und Gesaenger / für reisende Personen / auf dem Wege / nach Belieben zu gebrauchen. Gedruckt in diesem Jahr. (o.O., o.J., 12 S., pag.). Verzeichnet sind insgesamt sechs Texte: 3 Gebete (Morgen-, Abend-, Reisegebet) und 3 geistliche Lieder (Morgen-, Abend-, Reiselied). Der Druck war nicht nachweisbar (Kein Eintrag in Estr oder DeuB).
Beschreibung der Codices
45
Laut Angaben auf dem Titelblatt war an der Aufzeichnung dieses Bandes neben Ruthen auch ein 'junger Student' namens Franziskus Valentin Goltmann beteiligt (s.o.).19 Von Goltmann stammt die Niederschrift der Texte Nr. I-IV (lateinische Gebete und Hymnen) auf den Blättern 1-2. Die Liednummern und die Initien der Texte wurden von Ruthen ausgeführt und der weitere Text dann von Goltmann niedergeschrieben. Liedkapitel: Die thematische Anordnung erfolgt nach verschiedenen Anlässen außerhalb der Festtage des Kirchenjahres. Die Kapitelbezeichnung ist z.T. in polnischer, z.T. in deutscher Sprache gehalten Die Liednumerierung erfolgt wie in Band d in jedem Kapitel neu: 1. Piesni ο Nayswiqtszey Pannie Maryi
Bl.l-70v.
(Nr. 1-81)
2. Piesni do Swiqtych Panskich
B1.71 - 122v.
(Nr. 1-47)
3. Piesni Poranne
Bl. 123 - 128v.
Bl. 129 - 151v.
(eingefügter Druck: 3 Gebete und 3 geistliche Lieder) (Nr. I-XXIX)
4. Mittags Gesenge
B1.152 - 161v.
(Nr.I-X)
5. Abend Gesänge
Bl. 162 - 174v.
(Nr. I-XXII)
6. Psalmy Dawidowe
Bl. 175 - 196v.
(Nr. I-XVII)
7. Piesni Pokutne
B1.197241(a) v.
(Nr. 1-33)
B1.241(b.) 267(a.) v.
(Nr. 1-35)
B1.268(b.) 304v.
(Nr. 1-29, Str. 1)
8. Piesni Rozmaite 9. Begräbnuß Gesenge
19
Zur Person des hier genannten Goltmann [Goldmann?] liegen keine biographischen Angaben vor. Mitglieder einer aus Weyhersfrei/Wejherowo stammenden Familie mit diesem Namen sind erst für das 19. Jahrhundert biographisch belegt (s. ManR 837, Anm. 39).
46
Die handschriftlichen Kantionale
Fortsetzung des Kapitels im Titelregister:
3.3
B1.4v.-5, 6, 7,8 B1.8, 9v.-10v. Bl.llv.-16 17v. - 19v. B1.21, 23v. 25v. 26 - 28v. 29v. - 30v.
(Nr. 29, Forts.) (Nr. 30) (Nr. 31-34) (Nr. 35-39)
Beziehung der Codices zueinander
Der Zeitraum der Entstehung der vorliegenden Handschriftenbände läßt sich dank der in ihnen zahlreich vorhandenen Datumsangaben gut nachvollziehen. Sie geben genaue Auskunft darüber, wann Ruthen seine Arbeit unterbrach und wann er seine Liedabschriften fortsetzte. 20 So enthält beispielsweise allein der Band b an insgesamt 161 Stellen Datumsangaben (in der Reihenfolge Ort, Jahr, Tag, Monat). Die Kapitel des Bandes b beginnen in den Jahren 1711-1712 bzw. 1716, die des Bandes c2 in den Jahren 17121713 und des Bandes e in den Jahren 1711 und 1717. Die Arbeit an den Codices b, c2 und e wurde kontinuierlich bis zum Ende des Jahres 1732 bzw. Anfang 1733 fortgesetzt und abgeschlossen. Die Arbeit an Band d wurde dagegen im Jahre 1712 unterbrochen und erst im Jahre 1732 fortgesetzt und zum Abschluß gebracht. frühestes Datum:
spätestes Datum:
Band d:
30. August 1707
25. März 1732
Band e:
9. Oktober 1711
6. März 1732
Band c2:
29. Oktober 1711
1. August 1732
Band b:
29. Oktober 1711
8. Februar 1733
20 Am Ende des Bandes d findet sich sogar ein Hinweis auf die Tageszeit, zu der dessen Niederschrift abgeschlossen wurde: 'Hoc Cantionale finivit Klodaviae R. Franciscus Valentinus Ruthen, Parochus Klodaviensis, Anno Domini 1732. Die 25. Martij hora pomeridiana Quarta in Quintam. Cedat ad Majorem Dei Gloriam' (d 50 (= Register)).
Beziehung der Codices zueinander
47
Die Niederschrift aller Texte erfolgte zunächst auf Einzelblättern, die später zusammen eingebunden wurden. Ein Vergleich der Datierungen in den hier bearbeiteten Bänden zeigt, daß alle vier etwa zum gleichen Zeitpunkt begonnen, parallel bearbeitet und fast gleichzeitig abgeschlossen wurden. Die Bände b und c2 sind offenbar Teilstücke einer mehrbändigen Kantionalsammlung. Darauf deuten allein ihre Titel Pars Secunda Cantionalis und Partis Tertiae Cantionalis Divisio Secunda hin, vor allem jedoch der Zusatz auf dem Titelblatt des Bandes b: e Tribus Voluminibus, PARS SECUNDA (s.o.) sowie die Aufschrift auf dem Buchrücken des Bandes c2: Cantional[i]. Scnp[ti]. TV. Pars. (s.o.). Auch die Benennung der Liedkapitel als Additamentum oder Supplementum (s.o.) läßt die Existenz weiterer Liedbände vermuten. An einigen Stellen enthalten b und c2 unter der Liednummer nur das jeweilige Incipit, auf den entsprechenden Text wird mit dem Hinweis Vide I. Parte Cantionalis und entsprechender Seitenangabe verwiesen. Nach den von Ruthen gegebenen Stellenverweisen dürfte dieser erste Teilband einen Umfang von mindestens 459 Seiten gehabt haben. 21 Zudem setzt die Zählung der Texte fast in allen Kapiteln der Codices b und c2 mit einer relativ hohen Nummer ein, wie z.B. im ersten Kapitel des Bandes b mit Nr. XLII oder mit Nr. XXIII im ersten Kapitel des Bandes c2 (s.o.). Wenn die im Band b vorhandenen Numerierungen der einzelnen Texte von Ruthen korrekt (d.h. folgerichtig) aus dem damals existenten I. Teil fortgeführt wurden, kann für diesen Band eine Anzahl von 453 Texten angenommen werden. Darüberhinaus endet die Paginierung des Bandes b auf S. 574[563], in c2 beginnt sie mit der Nummer 638, was auf ein 64 Seiten umfassendes Zwischenstück hindeutet. Bei korrekter Titelzählung in c2 als Fortsetzung der Numerierung aus dem vorhergehenden Band ergibt sich für das Zwischenstück cl eine Anzahl von 154 Texten. Da aus b und c2 keine weiteren Hinweise auf andere Liedbände entnommen werden können, scheinen diese beiden Codices Bestandteile einer ursprünglich vierbändigen Sammlung gewesen zu sein. Die Gesamtmenge der ursprünglich in diesen vier Teilbänden a, b, cl und c2 enthaltenen Texte betrug vermutlich 1.735 Titel. Bei den Bänden d und e handelt es sich offenbar nicht um die fehlenden Teilstücke zu b und c2. Dagegen spricht zunächst ihr abweichendes Format. Bei b und c2 handelt es sich um Quartformat, d und e dagegen sind Oktavbände. Auch die bereits genannten Verweise in b und c2 auf den ersten Teilband (s.o.) decken sich nicht mit den in d oder e an den angegebenen Stellen vorhandenen Texten.
21
Diese Zahl ist die höchste Seitennummer, die Ruthen für den von ihm genannten I. Teil verzeichnet (in c2 55[1144](=Register). Weitere Verweise in b 60, 201; in c2 679, 723, 988[1026], 65f 1154] (=Register).
48
Die handschriftlichen Kantionale
Darüberhinaus schließen auch die Numerierungen der Texte in d und e ihre Verwendung als Zwischenstücke zu b und c2 aus. Die Bände b und c2 sind zudem in lateinischer Sprache betitelt, und auch die Kapitelüberschriften sind lateinisch. In d und e sind die Kapitelbezeichnungen volkssprachlich (z.T. polnisch, z.T. deutsch). Ebenfalls ist der Titel des Bandes e polnisch, und es ist zu vermuten, daß dies auch bei Band d der Fall war. d und e scheinen daher zwei eigenständige Kantionalbände zu sein, und bei allen nachfolgend beschriebenen Untersuchungen werden sich in Inhalt und Konzeption Unterschiede zwischen den Bänden blc2 und die ergeben. Die fehlenden Teilstücke zu b und c2 konnten im Verlauf der Untersuchungen nicht ermittelt werden und sind offenbar verschollen.22 Den vermuteten ursprünglichen Bestand der Kantionalbände Ruthens und deren Zusammenhang zeigt das nachfolgende Schaubild auf S. 49.
22 In den Metriken von Klodawa/Kladau befindet sich ein Inventar der in der Pfarrei vorhandenen Bücher und Schriftstücke, welches nach Ruthens Tod im Jahre 1734 von dessen Stellvertreter, dem Zisterzienserpater Urban Karbohm, angelegt wurde (in LibK: 'Inventarium Ecclesiae', vom Ende des Bandes rückwärts paginiert, S. 8). Dort werden folgende Liedsammlungen genannt: a) zwei dreisprachige handschriftliche Kantionalbände (polnisch, lateinisch, deutsch) für den Chor mit Noten, eine genaue Beschreibung fehlt. Da keiner der für die vorliegende Untersuchung ausgewählten Bände b, c2, d und e mit Notation ausgestattet ist, könnte es sich um weitere Gesangbücher aus der Feder Ruthens handeln. Eventuell waren dies die beiden Ergänzungsbände zu b und c2, die heute allerdings nicht mehr nachweisbar sind. b) ein dritter handschriftlicher Kantionalband 'in rotem Einband' ('in compactura rubra'), ansonsten nicht weiter klassifiziert. c) ein vierter Handschriftenband mit dem Titel 'Lytaniarii pars 2da'. Dieser war offenbar ein Ergänzungsband zu den oben im Kap. 2.3. genannten zwei Litaniarien/und g (s. S. 30, Pos. 5-6). Das von Ruthen selbst angelegte Inventar in den Metriken der Pfarrei Weyhersfrei/ Wejherowo ist unvollständig. 16 Seiten des Inventars wurden herausgeschnitten, auf den verbliebenen werden keine Kantionalbände bzw. Liedersammlungen genannt (MatW 279290).
Beziehung der Codices zueinander
50
Die handschriftlichen Kantionale
Vergleicht man das Liedrepertoire der vier behandelten Codices, so ergeben sich zahlreiche Übereinstimmungen. Dabei scheinen die mehrfach auftretenden Texte überwiegend aus den Teilen b!c2 in die Bände die von Ruthen übertragen worden zu sein. Darauf lassen zumindest die Aufzeichnungsdaten der Lieder schließen. Das Zahlenverhältnis der übereinstimmenden Titel in den einzelnen Bänden zeigt folgende Übersicht: b-c2:
b-d:
polnisch lateinisch deutsch
3 -
polnisch lateinisch deutsch
13 10 1
insgesamt
3
insgesamt
24
-
b -c2 - d-e:
b-e: polnisch lateinisch deutsch insgesamt
4 1
polnisch lateinisch
-
deutsch
-
insgesamt
1
5
1 -
c2 - e:
c2 - d: polnisch
8
polnisch
lateinisch deutsch
1 -
lateinisch deutsch
insgesamt
9
insgesamt
deutsch
36
polnisch lateinisch
15 -
insgesamt
9 51
d-e\
c2 - d - e: polnisch lateinisch
24 18
51
deutsch
43 12 16
insgesamt
71
Nach Abzug der oben aufgeführten Mehrfachbelege verbleiben in den einzelnen an Texten jeweils: b:
d:
polnisch lateinisch deutsch
281 285 97
insgesamt
663
polnisch
102
e:
lateinisch deutsch
244 166 56
insgesamt
466
polnisch
polnisch
43
26
lateinisch deutsch
33 95
167
insgesamt
171
lateinisch
39
deutsch insgesamt
c2:
Beziehung der Codices zueinander
51
Damit reduziert sich die Anzahl aller Texte in b, c2, d und e von ursprünglich 1.675 auf nunmehr 1.461 Titel aller Gattungen (Texte in metrischer und nichtmetrischer Form). Von diesen liegen insgesamt 671 in polnischer, 519 in lateinischer und 271 in deutscher Sprache vor. An reinen Liedtexten enthalten die vier Bände b, c2, d und e insgesamt 950 Titel (475 polnisch, 253 lateinisch, 222 deutsch).23
23
Die in mehreren Bänden gleichzeitig auftretenden Lieder wurden dabei einfach gezählt. Die Zahl bezieht sich auf Kirchenlieder, d.h. Texte in metrisch gebundener Form für den liturgischen sowie außerliturgischen Gebrauch, ausgenommen liturgische Hymnen, Psalmenbereimungen und sonstige Texte in metrischer Form (z.B. Gebete).
4.
Die Texte
4.1
Textbestand nach Liedkapiteln
Die vier Handschriftenbände verzeichnen ein für katholische Liedsammlungen der damaligen Zeit typisches Repertoire, das jedoch auf die einzelnen Bände unterschiedlich verteilt ist. Zudem entspricht die Anordnung der Texte nicht immer der Thematik des jeweiligen Liedkapitels. Insbesondere in den Bänden b und c2 wird die thematische Ordnung der Texte immer wieder durch Ergänzungen und Nachträge unterbrochen. Die folgenden Tabellen geben einen Überblick über die Thematik der Texte in den einzelnen Codices. Die jeweils in der zweiten Tabellenspalte angegebenen Gattungsbezeichnungen entsprechen den bei Ruthen vorgefundenen Angaben. Band b: Kapitel:
Advent
Weihnachten
Passion
Auferstehung
Gattung: Lieder Rosenkranz (Liedzyklus) Hymnen Sequenzen Antiphonen
polnisch: 21 2
lateinisch: -
deutsch: 10
-
-
-
8 1
-
-
Lieder Hymnen Litaneien Gebete (Prosa) Antiphonen
106
-
80 12 1 1
-
-
Lieder Hymnen Psalmen Litaneien Prosen Prozessionen Noktumen Gebete (metr.) Offizien
33 11 1
97 8 1
-
-
1
2 1
-
-
-
Lieder Hymnen Psalmen Prosen Antiphonen
-
-
-
1 -
3
5 1
-
14 4
2
-
-
-
1
-
1
-
1 9 -
1 -
1 36 1 -
-
-
4 -
1 1
Textbestand nach Liedkapiteln [Forts. Band b] Kapitel: Himmelfahrt
Vom Heiligen Geist Zur Heiligen Dreifaltigkeit
Fronleichnam
weitere Titel zu den Themen: Namen Jesu Hl. Kommunion
Gattung: Lieder Hymnen Sequenzen
polnisch: 4 1
Lieder Hymnen Antiphonen
5 1 -
4 1
Lieder Hymnen Lieder nach Evangelientexten Sequenzen Offizien athanas. Glaubensbekenntnis
8 4
-
5
7
-
-
lateinisch: 1 3 1 -
deutsch: 2 -
1 -
1 1
6
-
1
-
-
1
1
-
Lieder Hymnen Litaneien Rosenkranz Sequenzen
24 11 1 2
17 15 2
12
-
-
1
-
Lieder Lieder Hymnen Litaneien Antiphonen
1 3 3 1 12
5 3
2
-
-
-
-
-
-
polnisch: 10
lateinisch: -
deutsch: 3
4
-
-
-
-
Band c2: Kapitel: Am Morgen
Gattung: Lieder Hymnen Psalmen Gebete (Prosa)
-
21
-
2
-
-
-
-
1
-
1
Am Mittag
Lieder
27
Psalmen Davids
Psalmen metrisch nicht metrisch
40
-
-
-
82
2
Lieder Psalmen Gebete (metrisch)
18 7 2
1 2 1
8 5
Bußlieder
-
Die Texte
54 Kapitel: In Kriegszeiten / Büßlieder Verschiedene Hier Titel zu den Themen: Erweckungslied Bittlied Lehre u. Trost In Dürrezeiten In Kriegszeiten Für Sterbende Für die Rosenkranzbruderschaft Reise und Pilgerschaft Begräbnis
weitere Titel zu den Themen: Leere der Welt Hölle und Tod christliches Leben Jüngstes Gericht Ewigkeit Vergänglichkeit Liebe zu Gott sowie: Psalmen Am Abend
weitere Titel zu den Themen: Begräbnis Buße Lehre u. Trost Hölle und Fegefeuer
Gattung:
polnisch:
lateinisch:
deutsch:
Lieder Gebete (Prosa)
20 2
Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder
4 4 4
-
-
2
-
-
-
-
1
-
1 2 3 4
Lieder
1
-
-
Lieder Lieder Hymnen Psalmen
-
1
-
-
-
-
1 8
-
-
19 -
5 3
-
-
3
Lieder Lieder
8 6
1
-
-
-
Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder
5 2 2 3 4
-
-
-
-
4
-
-
-
-
-
nicht metrisch
4
-
-
Lieder Hymnen Psalmen
10
Lieder Hymnen Lieder Lieder
8 8 5
13 4 4
Lieder
3
-
-
5
-
-
-
8
12 1
2
-
-
-
-
-
Textbestand nach Liedkapiteln
Band d: Kapitel: Advent weitere Texte zum Thema: Jungfrau Maria Jungfrau Maria allgemein Wundertätige Marienbilder Weihnachten
Gattung: Lieder
polnisch: 3
Lieder Hymnen
1 2
Lieder Hymnen
9 7
Lieder Lieder hierin auch: Mischlieder (poln./lat.)
lateinisch:
deutsch:
-
-
-
1
-
-
-
-
6
-
2
-
-
16
10
-
2
Passion
Lieder
7
1
-
Auferstehung
Lieder
6
2
-
Heiliger Geist
Lieder Hymnen
2 1
-
-
2
-
Lieder Hymnen
3 3
-
-
3
-
11
-
-
-
3
Fronleichnam Psalmen
(metrisch)
Verschiedene Hier Titel zu den Themen: Auferstehung Lehre und Trost Heilige Am Morgen Am Mittag Am Abend Buße In Kriegszeiten Begräbnis
In Dürrezeiten Fürbitten für das Königreich Polen
Hymnen Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder Lieder Hymnen Sequenzen Gebete (Prosa) Gebete (Prosa)
5 3 1 1 1 1
-
-
1
1
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
-
1
-
1 2
-
2 1
1
-
-
1
2
-
-
-
56
Die Texte [Forts. Band d\ Kapitel: Himmelfahrt
Hl. Dreifaltigkeit (Pfingsten) hier auch: nicaen. Glaubensbekenntnis Heilige Begräbnis
weitere Titel zu den Themen: Hölle und Fegefeuer
Gattung: Lieder Hymnen Sequenzen
polnisch: 3 -
Lieder Sequenzen Hymnen
1
-
deutsch: 3 -
4
3
1 7
-
1
-
1
-
2
-
in Prosa in Liedform
lateinisch: 1 7 1
-
Lieder Responsorien
15
2
2
-
-
-
Lieder Psalmen (Prosa) Hymnen Station an Allerseelen Begräbnisprozession darin: Psalmen (Prosa) Responsorien
3 4
-
4 2
Lieder
2
-
-
1 -
8
-
4 1 1 2
9 4 -
-
-
-
1
Band e: Kapitel: Zur Jungfrau Maria allgemein:
Gattung:
Lieder Hymnen Prosa Litaneien Antiphonen Offizium (Hören) Rosenkranzzyklen
polnisch:
21 4 1 1 2 1 1
lateinisch:
deutsch:
9 8 2 1 7 1
7 3 2 1 1 1
-
-
Textbestand nach Liedkapiteln [Forts. Band e] Kapitel: speziell: Unbefleckte Empfängnis Mariä Himmelfahrt In Pestzeiten Wundertätige Marienbildnisse Heilige
Am Morgen hier auch Titel zu den Themen: Am Abend Reise Katechese
Am Mittag weitere Titel zu den Themen: In Dürrezeiten Psalmen Am Abend
Psalmen Davids
Buße
Gattung:
polnisch:
Lieder
3
Lieder Lieder
1 1
Lieder Lieder Hymnen Litaneien Antiphonen Responsorien Psalmen Gebete Fürbitten Lieder Hymnen
Lieder Lieder Lieder Psalmen Vaterunser Lieder Antiphonen
3 20 1 2 1 1 1 1 1
lateinisch:
1 -
1
deutsch:
1 1 2
-
-
4
10
-
3 1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
4 1
-
12
3
-
-
-
-
-
-
-
3 1
1 1 4
-
-
-
1
-
-
7
-
1
-
Lieder Lieder
1
-
-
-
-
1
Lieder Hymnen Psalmen
1 1 1
-
7
Psalmen metrisch nicht metrisch Lieder Hymnen Psalmen Psalmlieder
9 1
2
-
1
-
-
13
2
1 3 3
-
-
15 1 3 -
-
-
1 2
58
Die Texte [Forts. Band e] Kapitel: Buße weitere Titel zu den Themen: Beichte In Kriegszeiten Verschiedene hier Titel zu den Themen: Jesus Christus
Taufe Nach dem Schlußsegen Lehre und Trost Lob und Dank Fürbitten a) für das Kgr. Polen b) für die kathol. Kirche Erweckungslieder Für Sterbende Für die Rosenkranzbruderschaft In Dürrezeiten Am Morgen Buße Begräbnis weitere Titel zu den Themen: Lehre und Trost Hölle und Fegefeuer Jüngstes Gericht Vergänglichkeit
Gattung:
Lieder Lieder
Lieder Hymnen Antiphonen Lieder Lieder Lieder Lieder
polnisch:
lateinisch:
deutsch:
-
-
-
-
3 3
1
-
-
-
1 2
-
-
1 1 1
-
-
1 4
-
-
1
1
-
-
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
13
1 4 1
-
Lied Lieder
3 1
Lieder Lieder Lieder Lieder
1 1 1 1
Lieder Sequenzen
3
-
-
1
-
-
-
2
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
2
-
2
1
-
Lieder Lieder Lieder Lieder Station an Allerseelen Litaneien Totengeleit Begräbnisprozessionen
2 1 2 1 1
Textbestand nach Liedkapiteln
59
[Forts. Band e] Kapitel:
Gattung: Innerhalb der Prozessionen jeweils: Psalmen Responsorien
polnisch:
lateinisch:
5
4 2
deutsch:
Vergleicht man den Textbestand aller vier Codices, so ist zunächst auffällig, daß blc2 gegenüber die keine Heiligenlieder enthalten. Auch Marienlieder sind in wesentlich geringerer Anzahl vertreten. Man findet sie zwar in b unter den Texten zum Advent, jedoch insgesamt weitaus weniger als die in die verzeichneten Marientexte. Zudem ist ihnen in b kein eigenes Kapitel zugeordnet. Ebenso fehlt in blc2 das Vaterunser, welches die Bände die jedoch enthalten (d 137 / e 129 - polnisch; e 141 - deutsch). Es ist anzunehmen, daß diese Titel in den verschollenen Bänden Α und C1 enthalten waren, da es sich bei b und c2 ja um Teile einer mehrbändigen Sammlung handelt.1 Unter den Glaubensbekenntnissen finden sich in b sowohl das Athanasianum (b 420[407] - lateinisch; b 422[409] - polnisch) als auch das Nicaenum (b 452[439] - polnisch). Band d verzeichnet das Nicaenum in drei Fassungen: d 156v. - polnisch; d 147 - lateinisch; d 152v. - deutsch. Lieder zur Hl. Kommunion treten auf: in lateinischer Sprache in b 556[545], in polnischer Sprache in b 457[488], b 470[457], b 542[531] und in d 86v. Deutsche Lieder zu diesem Anlaß fehlen. Die Bände die enthalten alle in katholischen polnischen Gesangbüchern der damaligen Zeit vorhandenen Textgruppen. Sie bilden somit ein vollständiges Gesangbuch. Der Anteil deutscher Texte ist in den Bänden b, c2 und d im Verhältnis zu den polnischen und lateinischen sehr gering. Eine Ausnahme bildet lediglich der Band e mit 111 deutschen Texten gegenüber 137 polnischen und 75 lateinischen. Unter den Texten zur liturgischen Verwendung sind deutsche Titel relativ gleichwertig repräsentiert: das Nicaenum liegt in Band d in polnischer, lateinischer und deutscher Fassung vor; das Vaterunser findet sich in Band e in polnischer und deutscher Version. Auch Litaneien sind in allen drei Sprachen vertreten: in b eine polnische, eine lateinische und zwei deutsche; in e vier polnische, zwei lateinische und eine deutsche. Unter den liturgischen Hymnen nach dem lateinischen Urtext dagegen treten Texte in deutscher Sprache gegenüber den polnischen deutlich zurück: Band b verzeichnet 31 in polnischer und einen in deutscher Sprache; Band d enthält 16 polnische, jedoch keine deutschen; Band e enthält 7 polnische und 4 deutsche.
1
So enthält das Titelregister des Bandes c2 auf S. 75[1164] das Incipit des deutschen Vaterunser mit einem Verweis auf den nicht nachweisbaren 1. Band der 3. Abteilung der Kantionalsammlung Ruthens (in dieser Untersuchung bennant cl).
60
Die Texte
Fürbitten sind in allen vier Codices nur in lateinischer und polnischer Sprache verzeichnet: lateinische in c2 979[941] und d 113; polnische in d 137 und e 241 v. Neben Texten auf die Feiertage des Kirchenjahres und zu anderen Gelegenheiten finden sich - abgesehen von Hymnen zur Wochen- und Feiertagsliturgie, Gebeten, Psalmen und Litaneien - auch Titel zur Marien- und Heiligenverehrung, darüberhinaus auch Texte zu Anlässen außerhalb der eigentlichen Meßfeier.2 Unter diesen außerliturgischen Texten sind Titel in deutscher Sprache nur in einem einzigen Fall vertreten (s. nachfolgende Übersicht). Gattung: Rosenkränze: Rosenkranzlieder:
Prozession an Palmsonntag: Begräbnisprozession:
Offizien (Stundengebete) zum Leiden Christi zu den Schmerzen Mariens: zur Heiligen Dreifaltigkeit: zur Unbefleckten Empfängnis:
Stelle: b 496[483] b 498[485] b 19 c2 942 [896] e 13 b 230[229]
Sprache: polnisch
c2 1026 [988] dass, in: d 184v.