Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des »Absolutismus«: Die Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät für die brandenburgisch-preußischen Territorien 1675–1710 [1 ed.] 9783428465859, 9783428065851


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German Pages 212 [214] Year 1989

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Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des »Absolutismus«: Die Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät für die brandenburgisch-preußischen Territorien 1675–1710 [1 ed.]
 9783428465859, 9783428065851

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PETER-MICHAEL HAHN

Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des "Absolutismus"

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 44

Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des "Absolutismus" Die Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät für die brandenborgiseh-preußischen Territorien 1675-1710

Von Peter-Michael Hahn

Duncker & Humblot · Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Hahn, Peter-Micbael:

Die Gerichtspraxis der altständischen Gesellschaft im Zeitalter des ,,Absolutismus": die Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät für die brandenburgisch-preussischen Territorien 1675- 1710 I von Peter-Michael Hahn. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zur Rechtsgeschichte; H. 44) ISBN 3-428-06585-9 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten

© 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: lrma Grininger, Berlin 62

Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-06585-9

Vorwort "Die liebe Justicie lasset Euch in allen Eweren Landen hochliehen befallen sein, undt sehet dahin, damitt so woll den Armen als Reichen ohneansehungder persohn, recht verschaffet werde, undt das die processen beschleuniget, undt nicht aufgehalten werden mogen . .. ", riet Kurfürst Friedrich Wilhelm seinem Nachfolger im politischen Testament aus dem Jahre 1667. 1 Weder er noch sein Nachfolger Friedrich III. haben jedoch in dieser Richtung ernsthafte Anstrengungen unternommen, welche im Rahmen der Rechtspflege sichtbare Spuren hinterließen. Wie so oft in der Geschichte erliegt man bei diesem Anspruch eines Potentaten der Gefahr, ihn als markanten Ausdruck einer zeitgeistigen Anschauung zu betrachten, was tatsächlich ein seit alters von seiten der hohen Obrigkeit liebevoll gehegter und gepflegter Topos ist. Statt dessen haben sich z.B. die Juristenfakultäten des Alten Reiches gerade auf dem Gebiet der Gerichtspraxis bedeutende Verdienste um eine rechtsförmliche und unparteiische Rechtsprechung erworben. Auch die vorliegende Veröffentlichung gehört trotz ihres rechtsgeschichtlichen Hintergrundes zu den Bemühungen der sozialgeschichtlichen Forschung, welche zum Ziel haben, den Zusammenhang der allgemeinen Verwaltungstätigkeit mit der Sozialstruktur und dadurch deren Wirksamkeit im Alltag der altständischen Welt aufzuhellen. Ihr Thema sind daher die unmittelbaren Aufgaben auf dem weiten Feld des Straf- und Zivilrechts, welche an die Organe der Rechtspflege herangetragen wurden, bzw. diejenigen Anliegen, welche die Untertanen in Stadt und Land bewogen, ein Gericht anzurufen. Das Schwergewicht liegt dabei auf den "mittleren Provinzen" der Hohenzollernmonarchie. Allerdings darf man auf Grund des erheblichen Rückstandes der sozialgeschichtlichen Forschung in Deutschland gegenüber dem angelsächsischen Raum von dieser Studie keine vergleichbare Breite und Präzision der Ergebnisse und deren Zuspitzung auf gesamtgesellschaftliche Phänomene erwarten, wie sie dort beispielsweise für den Bereich einer "historischen Kriminologie" schon seit Jahren erarbeitet worden sind. 2 1 Vgl. Die politischen Testamente der Hohenzollern ... , Bd. 1, hrsg. von G. Küntzel und M. Haß, Leipzig-Berlin 1911, S. 47. 2 Als Beispiel sei nur auf den Beitrag von D. Hay, War, Dearth and Theft in the eighteenth Century, in: Past & Present 95 (1982), S. 117-160, hingewiesen. Hierzu vgl. jetzt auch D. Blasius, Kriminologie und Geschichtswissenschaft. Bilanz und Perspektiven interdisziplinärer Forschung, in: Geschichte und Gesellschaft 14 (1988), S. 138-146.

6

Vorwort

Anstoß für diese weitgehend auf bisher nie herangezogenem Archivmaterial basierende Publikation war das Unbehagen des Autors gegenüber einer Forschung, welche das Rechtsleben in Brandenburg-Preußen fast ausschließlich anband normativer Quellen glaubte analysieren und darstellen zu können, was letztlich dazu führte, den wirklichen Anteil und die Gestaltungsmöglichkeiten des Landesherrn auf dem Gebiet der Innenpolitik zu überschätzen. 3 Auch wenn z.B. im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts in Brandenburg-Preußen der quantitative Umfang der Polizeigesetzgebung sprunghaft anstieg4 oder die fortwährende Verstrickung der Hohenzollernmonarchie in militärische Konflikte außerhalb ihrer eigenen Grenzen den Weg für einen rigiden Fiskalismus ebnete, so wirkt doch die Schlußfolgerung etwa von Gerhard Oestreich aus diesem Vorgang zumindest für das Reich und seine Glieder überzogen. Damals "... konsolidierte sich der frühmoderne Staat als bürokratischer Verwaltungsstaat auf der zentralen und regionalen Ebene ruckartig. " 5 Selbst in Brandenburg-Preußen ließ die Vielgestaltigkeit des "Absolutismus" als "politischer Lebensform" genügend Platz für ein tätiges Nebeneinander sehr heterogener Kräfte auf fast allen Ebenen der Herrschaftsordnung.6 Durch die Vielzahl der in dieser Studie vorgelegten Tabellen, die als Ersatz für eine zeitgenössische beschreibende Verwaltungsstatistik betrachtet werden können, soll dies auf breiter Grundlage anschaulich zum Ausdruck gebracht werden. Das Institut der Aktenversendung ermöglichte nämlich vor allem den Mediatgewalten in ihren "kleinen Welten" auch unter erhöhten Anforderungen an die Qualität der Rechtsprechung ein weitgehend unabhängiges "Regiment". Ohne die lebhafte Unterstützung von verschiedenen Seiten hätte diese Untersuchung nicht vollendet werden können. Besonderen Dank schulde ich den Beamten des Niedersächsischen Staatsarchivs Wolfenbüttel. Herzlich danke ich Herrn Comelius C. Goeters, der meine Fragestellungen in die Computersprache übersetzte und des Nachts den Rechner bediente, sowie Fräulein Ingrid BoehmTettelbach, welche die Reinschrift des Manuskriptes und vor allem der schwie3 So mancher wird in dieser Studie vergeblich nach den bekannten, vornehmlich älteren Publikationen zur brandenburgisch-preußischen Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte Ausschau halt~n. Im Rahmen unserer Fragestellungen erschienen sie samt und sonders weitgehend entbehrlich. Zum heutigen Erkenntniswert dieser Arbeiten vgl. die einleitenden Ausführungen des Verfassers in seiner Habilitationsschrift, Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, masch. Berlin 1986 (sie wird demnächst in der Einzelschriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin veröffentlicht werden). 4 Zu den Grenzen der Wirksamkeit dieses Faktors vgl. P.-M. Hahn, "Absolutistische" Polizeigesetzgebung und ländliche Sozialverfassung, in: JGMOD 29 (1980), S. 13-29. 5 Vgl. G. Oestreich, Vom Herrschaftsvertrag zur Verfassungsurkunde, in: Die geschichtlichen Grundlagen der modernen Volksvertretung, Bd. I, hrsg. von H. Rausch, Darmstadt 1980, 270. 6 Um den Umfang der Studie möglichst zu begrenzen, wurde sowohl für den Bereich der Orts- und Landesgeschichte als auch flir den der Verwaltungsgeschichte auf ausgiebige Literaturverweise verzichtet. Im Vordergrund steht allein die Auswertung der Helmstedter Konsilien als sozial- und rechtsgeschichtliche Quelle.

s.

7

Vorwort

rigen Tabellen anfertigte. Für das entgegengebrachte Interesse an dem Werk

gilt mein Dank Herrn Prof. Dr. Johannes Kunisch, Universität Köln und

Herrn Prof. Dr. Friedrich Ebel, Freie Universität Berlin. Dank gebührt auch dem Verlag Duncker & Humblot, der die Arbeit in die Reihe "Schriften zur Rechtsgeschichte" aufnahm. Sehr viel schließlich verdanke ich meiner Frau, die mir bei allen Arbeiten unermüdlich geholfen hat. Berlin, im Frühjahr 1988

Peter-Michael Hahn

Inhaltsverzeichnis

I. Grundlagen . . . . • • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

a) Quellen und Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13

b) Die Helmstedter Juristenfakultät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

c) Land und Herrschaft

36

II. Vor Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

a) Die Organe der Rechtspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

b) Adlige, Stadtbürger und Landleute als Prozeßparteien . . . . . . . . . . . .

89

c) Der Gegenstand der Gutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101

III. Formen der Kriminalität in Stadt und Land . . .. . . .. . . . . .. . .. . .. .. ..

118

a) Die Organe der Strafrechtspflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

118

b) Straftäter und Delikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

137

c) Das Strafwesen

148

Zusammenfassung

158

Anhang

Tabellen zur Gutachtertätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät 16751710 (Nr. 19 bis Nr. 73) . . .. . .. .. . . . .. • .. . .. . .. .. . . .. .. .. . .. . .. .

163

Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • • • . • .

203

Orts- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

208

Tabellenübersicht A. Im Text

Nr. I. Empfänger von Gutachten im Jahresdurchschnitt 1675-1709 Nr. 2. Der Empfängerkreis der Konsilien im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Nr. 3. Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Rechtsbereiche . . . . . . . . . . . . . Nr. 4. Ausgewählte Konsulenten in Helmstedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

Nr. 5. Bearbeitungsdauer in Helmstedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 6. Empfänger und Art des Konsiliums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

Nr. 7. Bevölkerungsdichte um 1700 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

Nr. 8. Stadt-Land-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 9. Der weibliche Anteil unter dem Gesinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

Nr. 10. Verarbeitete und umgeschlagene Getränke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

Nr. 11. Die Bewohner der entfernteren Territorien als Konsulenten in Helmstedt

74

Nr. 12. Herkunft der Amtleute in Helmstedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 13. Die Tätigkeitsfelder städtischer Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

85

28 30 35

64

78

Nr. 14. Gegenstand und Art des Konsiliums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 15. Bearbeitungsdauer in Helmstedt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

Nr. 16. Das System der Strafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1SI

Nr. 17. Jährliche Besoldung der Bedienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

153

Nr. 18. Die Bestrafung von Dieben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . .

156

87

B. Im Anhang N r. 19. Gutachten für Brandenburg, Magdeburg, Halberstadt und sonstige Territorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . .

164

Nr. 20. Die territoriale Herkunft der Empfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165

Nr. 21. Herkunftsorte: Städte und Kleinstädte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

166

Nr. 22. Herkunftsorte: Rittersitze, Burgorte, Dörfer und Flecken . . . . . . . . . .

167

Nr. 23. Empfänger von Gutachten im Jahresdurchschnitt 1676-1710, nach Territorien geordnet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

168

Nr. 24. Zeitliche Verteilung der für Brandenburg, Magdeburg und Halberstadt erteilten Gutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 25. Territoriale Herkunft der Empfänger aus der Mark Brandenburg . . . Nr. 26. Die prozentuale Verteilung der Gutachten der entfernteren Provinzen

168 169 169

Tabellenübersicht

II

Nr. 27. Räumliche Entfernung der Empfänger der Gutachten

170

Nr. 28. Räumliche Entfernung der Gutachtenempfänger in Fünfjahresschritten

170

Nr. 29. Stände und Institutionen als Empfanger der Gutachten . . . . . . . . . . .

171

Nr. 30. Empfänger der Gutachten einschließlich Mehrfachnennungen . . . . . . Nr. 31. Empfänger der Gutachten in Brandenburg, Magdeburg und Halberstadt 1675-1710 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172 173

Nr. 32. Sachliche Tätigkeitsbereiche einiger Helmstedter Professoren . . . . . . .

173

Nr. 33. Ausgewählte Tätigkeitsbereiche einiger Helmstedter Professoren . . . .

174

Nr. 34. Räumliche Verteilung der Konsulenten einiger Helmstedter Professoren

174

Nr. 35. Die Konsulenten einiger Helmstedter Professoren . . . . . . . . . . . . . . . .

175

Nr. 36. Bearbeitungsdauer von Urteilen und Responsa . . . . . . . . . . . . . . . . . .

175

Nr. 37. Die Art des Gutachtens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176

Nr. 38. Die zeitliche Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

176

Nr. 39. Rechtsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

177

Nr. 40. Gegenstandsbereich der Gutachten (einschließlich Mehrfachnennungen)

178

Nr. 41. Rechtsbereiche der für Brandenburg, Magdeburg und Halberstadt bestimmten Gutachten .. .. ............. . • .. ..........·. . . . . . . . .

178

Nr. 42. Ausgewählte Gutachtengegenstände in Fünfjahresschritten (einschließlich Mehrfachnennungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179

Nr. 43. Gegenstand der Gutachten für die Mark Brandenburg, Magdeburg und Halberstadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 44. Gegenstand der Gutachten für die Mark Brandenburg, Magdeburg und Halberstadt (Empfänger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 180

Nr. 45. Tätigkeitsfeld der Herrschaftsorgane nach Rechtsbereichen (Brandenburg, Magdeburg, Halberstadt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

180

Nr. 46. Zusammensetzung der Prozeßparteien nach Territorien . . . . . . . . . . .

181

Nr. 47. Gerichtsstätte und sozialer Status . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 48. Rechtsbereiche und sozialer Status der Prozeßparteien . . . . . . . • . . . .

182

Nr. 49. Sozialer Status der Prozeßparteien und Gegenstand des Verfahrens .

184

Nr. 50. Gegenstand des Verfahrens ausgewählter Prozeßparteien . . . . . . . . . .

185

Nr. 51. Gerichtsstätte ausgewählter Prozeßgegner 1675-1710 . . . . . . . . . . . .

186

Nr. 52. Gerichtsstätte für ausgewählte Prozeßgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

186

Nr. 53. Prozeßgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187

Nr. 54. Prozeßgegner ausgewählter Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

188

183

Nr. 55. Prozeßparteien in Fünfjahresschritten . . . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . . .

189

Nr. 56. Höhe des Streitwertes bei ausgewählten Prozeßparteien . . . . . • . . . . .

189

Nr. 57. Höhe des Streitwertes und sozialer Status der Prozeßparteien . . . . . . Nr. 58. Territoriale Herkunft der Prozeßparteien und Höhe des Streitwertes Nr. 59. Höhe des Streitwertes in Fünfjahresschritten . . . . . . . . . . • . . . . . . . . .

190 191 192

12

Tabellenübersicht

Nr. 60. Bearbeitungsdauer von Kriminalfällen in Helmstedt . . . . . . . . . . . . . .

192

Nr. 61. Straftatbestände (einschließlich Mehrfachnennungen) . . . . . . . . . . . . .

193

Nr. 62. Zeitliche Verteilung der Straftaten nach Jahrfünften . . . . . . . . . . . . . .

194

Nr. 63. Verteilung der Straftäter auf die kurfürstlichen und ständischen Gerichte

195

Nr. 64. Zeitliche Verteilung der Straftäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 65. Gegenstand der Strafrechtsgutachten für die mittleren Provinzen . • .

195 196

Nr. 66. Territoriale Verteilung der Straftäter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196

Nr. 67. Gegenstand strafrechtlicher Gutachten für landesherrliche und ständische Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197

Nr. 68. Formen der Kriminalität in Stadt und Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 69. Verteilung der Straftäter nach Geschlecht in Stadt und Land . . . . . . .

197 198

Nr. 70. Bestrafung einzelner Delikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199

Nr. 71. Zeitliche Verteilung der Strafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200

Nr. 72. Die Bestrafung einzelner Delikte im Verhältnis zur Gesamtverteilung aller Strafen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nr. 73. Bevölkerungsstruktur der brandenburgischen Territorien um 1700 (Tabelle in 2 Teilen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 201

I. Grundlagen a) Quellen und Methode Das im Staatsarchiv Wolfenbüttel lagernde Archiv der 1810 geschlossenen Universität Helmstedt enthält eine umfangreiche Sammlungvon Urteilsbüchern ihrer J uristenfakultät. 1 Sie gewähren Einblick in das Rechtsleben fast sämtlicher Territorien des Heiligen Römischen Reiches nördlich der Mainlinie. Es ist nicht wahrscheinlich, daß der von uns ausgewählte Bestand, der in 53 Bänden die Jahre von 1675-1710 umfaßt, größere Lücken aufweist. 2 Nureinige der Urteilsbücher lassen vergleichsweise geringe Verluste- kaum mehr als einige Dutzend Seiten- vermuten. 3 Es istjedoch anzunehmen, daß bereits in der Zeit eine Reihe von Entscheidungen verloren gegangen sind: ehe sie nämlich aus der Hand des Bearbeiters in die Werkstatt des Buchbinders gelangten. Bei der Durchsicht der Bände zeigte sich nämlich, daß man zwei Typen der Überlieferung deutlich gegeneinander abgrenzen kann. Zum einen diejenigen Bände, welche des öfteren in spätmittelalterliche Pergamentblätter eingebunden und beschriftet sind. Sie enthalten die Gutachten und Urteile, welche unter dem Dekanat eines auf der Außen- oder Innenseite des vorderen Deckels mit genauer Datumsangabe genannten Professors angefertigt wurden. 4 Dementsprechend umfassen diese Bände in der Regel den Zeitraum eines Jahres, aber gelegentlich führte man sie fort. Für sämtliche Dekanate liegen solche Urteilsbücher allerdings nicht vor. Zum anderen stehen über die fragliche Zeit verteilt 16 teilweise sehr umfangliehe Bände zur Verfügung, die häufig ohne Angabe des Dekans oder Bearbeiters einen Abschnitt von zwei bis neun Jahren abdecken. 5 Von alter Hand ist auf einigen dieser Bände, die ursprtrnglich mit einem grauen, auch bei Büchern benutzten Pappdeckel eingebunden waren, eine grobe Datumsangabe 1 Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1837-2251 (1586--1810). NurftirdieerstenJahrederHelmstedter Spruchtätigkeit (Nr. 1837-1847) liegt ein von Herrn v. Glümer um 1930 angelegtes Inventar vor. Im übrigen mußte jeder Band Blatt für Blatt durchgesehen werden, um sich einen Eindruck von dessen Inhalt zu verschaffen. · 2 Ausgeschieden wurden von den Bänden Nr. 1913-1968 der Band Nr. 1919, der allein einen Mordfall in der Familie der Grafen von Mansfeld behandelt, und der Band Nr. 1946, der keine verwertbare Datumsangabe enthält. 3 Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1922, 1924, 1951, 1964. 4 Z.B. Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1917,1921, 1923,1924, 1925, 1926,1931,1932,1934,1936, 1937, 1939 u.ö. s Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1913,1915,1918,1922,1927,1929,1930,1933,1938,1942,1945, 1948, 1950, 1954 (mit dem Vermerk von alter Hand "complett"), 1956, 1965.

I. Grundlagen

14

gemacht. 6 Die Urteilsbücher lassen vermuten, daß zur Niederschrift der Konsilien Lagen von sechs oder acht mit einer Fadenheftung (?) versehene Bögen verwendet wurden, wobei jedes Blatt eine Größe von 17 x 20,5 cm hatte. 7 Von diesen Lagen kamen wohl sehr bald einige abhanden, so daß aus den verbliebenen Papieren diese Sammelbände erstellt wurden, deren Zusammengehörigkeit sich nicht nur aus der Chronologie ergibt, sondern auch aus der Tatsache, daß sie jeweils nur der Hand eines oder zweierSchreiberzuzuordnen sind. Die Qualität der Handschriften und des Papiers erwies sich bei der Auswertung der Konsilien als ein zentrales Problem. Der überwiegende Teil der Schriftstücke zeichnet sich durch eine flüchtige Hand aus; außerdem ist der Text mit zahlreichen Einfügungen, Verbesserungen und Streichungen übersät. Auf dem braunen, teilweise verfleckten Papier trägt die durchschimmernde beiderseitige Beschriftung ebenfalls nicht wenig zur Irritation des Lesers bei. Nur einige der Urteilsbücher könnte man als Reinschrift betrachten.8 Mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts steigt die Lesbarkeit der Bände spürbar. Die Bearbeitung der Akten wurde auch dadurch erschwert, daß es bei der Formulierung der Konzepte nicht zwingend erforderlich war, präzise Angaben zur Person des Adressaten zu machen, so daß diese Worte besonders nachlässig an den Rand oder in den fortlaufenden Text gesetzt wurden. Nicht immer fügte man dem Gutachten ein Datum bei, was manche zeitliche Zuordnung bezüglich des Wochentags oder Monats unsicher erscheinen läßt. 9 Wenn das Jahr 1675 mit einer gewissen Willkür als Ausgangspunkt unserer Untersuchung gewählt wurde - für diesen Zeitpunkt spricht aus verwaltungsgeschichtlicher Sicht in erster Linie die Tatsache, daß zumindest die brandenburgiseben Kernlandschaften für längere Zeit letztmalig von der Kriegsfurie heimgesucht wurden 10 -,so besteht für das Jahr 1710 als Endpunkt der Nachforschungen ein zwingender Anlaß. Seit dem frühen 18. Jahrhundert häuften sich die Fälle, bei denen der Schreiber darauf verzichtete, dem Urteil oder Gutachten ein Datum und Angaben zur Person des Empfangers hinzuzusetzen. 11 Außerdem mußte bei der Festlegung des zu bearbeitenden Zeitraumes bedacht werden, daß die Auswirkungen des Anfalls des Erzbistums Magdeburgan Brandenburg und der Gründung der Universität Halle 1693, der in der rechtsgeBei Nr. 1945 ist z.B. der orig. Pappeinband noch vorhanden. In der Regel weist jedes Blatt eine Kriechspur auf, welche den Schreiber mahnen sollte, einen 4,5 cm breiten Rand auf der Außenseite freizulassen. 8 Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1947, 1949 und 1958. 9 Dann konnte man sich nur an dem nächstliegenden Datum orientieren. Es findet sich jedoch kein zwingender Beweis, daß die undatierten Bescheide an dem zuletzt genannten Tag ebenfalls ausgefertigt wurden. 10 Der Durchzug starker, zumal feindlicher Truppenverbände dürfte ebenso wie der Ausbruch von Seuchen die Verwaltungstätigkeit wesentlich eingeschränkt haben. 11 In wachsendem Umfang gilt dies für die Zeit nach 1704 (Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1959 ff.). 6 7

a) Quellen und Methode

15

schichtliehen Literatur große Aufmerksamkeit geschenkt wurde, auf die Helmstedter Spruchtätigkeit eindeutig zu bestimmen waren. Bei Beginn der Arbeiten an den Helmstedter Urteilsbüchern 1981 war nicht an eine Auswertung im Rahmen eines EDV-Programmes gedacht worden. Auf Grund der Literatur über die Konsiliensammlungen war nicht vorherzusehen gewesen, daß die Helmstedter Professoren in so großem Umfang für die Obrigkeiten und Bewohner brandenburgisch-preußischer Territorien tätig geworden waren. 12 Die überraschend hohe Zahl der Gutachten eröffnete aber eine Möglichkeit, in die innere Verwaltung des hohenzollernschen Landesstaates in einem Umfang Einblick zu gewinnen, wie dies an Hand der Gerichtsunterlagen der Empfanger nach den Aktenkassationen des 19. Jahrhunderts wohl nicht mehr geschehen kann. 13 Mit den traditionellen Arbeitsmitteln ließ sich der Informationsreichtum der 2864 Gutachten in seinen vielfältigen Bezügen nicht annähernd beschreiben und wiedergeben. Immerhin verteilte sich deren Inhalt selbst bei einer Beschränkung auf Wesentliches auf über 100 Einzelmerkmale. Insgesamt speicherte der Rechner etwa 30 000 Daten, deren Zahl sich durch die Verknüpfurig von Merkmalen zu neuen Rechengruppen noch einmal erheblich steigerte. 14 Um eine überschaubare "Behördenstatistik" zu erstellen, war es notwendig, die Merkmalsdifferenzierungen in engen Grenzen zu halten. Es mußten Prioritäten gesetzt werden, die insbesondere der Rechtshistoriker bedauern mag. So mußte eine genauere Analyse des Prozeßrechtes beispielsweise zugunsten einer Betrachtung des Adressatenkreises der Gutachten und der Parteien bei Zivilprozessen zurückstehen. In den Mittelpunkt der Studie wurde die räumliche und quantitative Verteilung der Gutachten auf die zahlreichen Herrschaftsträger in den Territorien der brandenburgischen Monarchie gerückt, um ein wirklichkeitsnahes Bild sowohl von der hoheitlichen Tätigkeit der Obrigkeiten als auch von den Berührungs12 Die Hinweise bei A. Schikora, Die Spruchpraxis an der Juristenfakultät zu Helrnstedt, Göttingen 1973, S. 267 ff., sind alles andere als erhellend. Auch die Ausführungen von G. Buchda, Die Spruchtätigkeit der hallischen Juristenfakultät in ihrem äußeren Verlauf, T. I, in: ZRG GA 62 (1942), S. 236--240, vermögen kein Licht in das Dunkel zu bringen. 13 Dies betraf vor allem die Akten der Hochgerichtsbarkeit (vgl. R. van Dülmen, Theater des Schreckens, München 1985, S. 220, Anm. 22 und 23). Für die Kurmark vgl. F. Beck u.a., Übersicht über die Bestände des brandenbg. Landeshauptarchivs Potsdam, Bd. I, Weimar 1964, S. 316--403. -Der überwiegende Teil der im Geheimen Staatsarchiv lagernden Akten älterer Gerichtsbehörden verbrannte 1945. 14 Zur Frage des Computer-Einsatzes vgl. statt vieler W. 0. Aydelotte, Quantiflzierung in der Geschichtswissenschaft, in: Geschichte und Soziologie, hrsg. von H.-U. Wehler, Köln 1972, S. 259 ff., L. Kern, Zur Verwendung von Konzepten des Operation Research in der rechts- und sozialgeschichtl. Forschung, in: Soziologie und Sozialgeschichte, hrsg. von P.-Chr. Ludz, Opladen 1972, S. 185 ff. Zur Neuorientierung der rechtsgeschichtl. Forschung vgl. H. Schlosser, Situation, Zielsetzung und Perspektiven der rechtshist. Forsch. zum Zivilprozeß, und F. Ranier~ Die Inanspruchnahme des Reichskammergerichtes in den ersten Jahrzehnten seiner Tätigkeit, in: Zeitschr. f. Neuere Rechtsgesch. 4 (1982), S. 72 ff., 113 ff. (mit weiterführenden Nachweisen), sowie H . Schlosser, Mittelalterliche Rechtsbücher als Primärquellen der Rechtswirklichkeit, in: Zeitschr. f. Hist. Forsch. 8 (1981), S. 323 ff.

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I. Grundlagen

punkten der Untertanen in Stadt und Land mit ihrer Gerichtsherrschaft vor dem Leser auszubreiten. Was auf den ersten Blick als eine eher schematische Arbeit erscheinen mag, verlangte umfangreiche Nachforschungen, denn es fehlt allenthalben an Untersuchungen zur regionalen und lokalen Verwaltungsgeschichte des Alten Preußen. 15 Die durchweg ohne Sorgfalt, mit wechselnder Orthographie am Rand vermerkten Adressen ließen sich, abgesehen von den bekannten Verwaltungszentren in den Groß- und Mittelstädten, nicht ohne weiteres dem Herrschaftsbereich der brandenburgischen Kurfürsten zuordnen. Zwar fügten die Schreiber der Konsilien den für landesherrliche Amtsträger und Behörden bestimmten Gutachten das Prädikat "kurftirstl. brandenburgisch" oder später "königl. preußisch" hinzu, es unterblieb jedoch jeder Hinweis aufdie territoriale Zugehörigkeit. Aber wer kennt noch die zahlreichen Burgorte und Landstädte in den Territorien, die über Jahrhunderte ein lokales Verwaltungszentrum bildeten? Wer vermag ohne Mühe die zahlreichen Angehörigen der Ritterschaften Brandenburgs, Halberstadts, Hohensteins, Magdeburgs, Mansfelds, Mindens und Pommerns eindeutig zu bestimmen? Schließlich findet sich der Name ihrer Rittersitze nicht selten auf keiner Karte verzeichnet. Überdies kommen etliche Ortsnamen nicht nur einmal auf deutschem Boden vor. Ganz zu schweigen von der häufig wechselnden Schreibweise der Ortsnamen, welche ebenfalls kein geringes Hindernis bildete, vor allem kleinere, selten erwähnte Gemeinwesen bei der Durchsicht der Akten mit sicherem Blick zu identifizieren. Letztlich verteilte sich der Empfangerkreis auf nahezu 200 Burgen, Dörfer, Flecken und Städte!6 Bei einem Umfang von ca. 35000 Seiten bearbeiteten Archivmaterials kann indes nicht ausgeschlossen werden, daß man, obwohl Vollständigkeit angestrebt wurde, eine gewisse Anzahl von Gutachten überlesen hat. Nur die Angaben zur territorialen bzw. örtlichen Herkunft der Empfanger wurden dem Rechner unverschlüsselt eingegeben. 17 Alle sonstigen Daten mußten unter Verwendung eines Zahlenschlüssels umgeschrieben werden. Welche Probleme daraus erwuchsen, muß wohl nicht näher ausgeführt werden. Was man an Übersichtlichkeit hinzugewinnt, an Rechenzeit durch EDV-Einsatz spart, wird häufig durch eine aufwendige und anstrengende Fehlersuche zunichte gemacht, bis man endlich einen in sich stimmigen Datensatz vorliegen hat. 15 Hierzu vgl. die knappe Literaturübersicht bei P.-M. Hahn, Fürstliche Territorialhoheit und lokale Adelsgewalt, masch. Habilitationsschr. FU Berlin 1986, S. 17 ff. 16 Neben altem u~d neuerein Kartenmaterial, Müllers Ortslexikon und dem Handbuch der Hist. Stätten Deutschlands mußten vor allem die bekannten topographischen Werke des 18. Jh. herangezogen werden. 17 Zur Auswertung der Materialien wurde auf das SPSS-Programm zurückgegriffen. AusfUhrlieh wird jetzt die Arbeit mit dem Computer diskutiert von F. Ranieri, Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption. Eine rechts- und sozialgeschichtliche Analyse der Tätigkeit des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert, T. I, Köln-Wien 1985, S. 64 ff., 255 ff.

a) Quellen und Methode

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Bei der Klassifizierung des Gegenstandes eines Urteils oder Responsums konnte zumeist nicht ein in den Quellen vorkommender Begriff verwandt werden. Grundsätzlich handelt es sich aber bei der Komplexität vieler Konsilien um einen subjektiven Annäherungswert, der keineswegs Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. So zwang die Vielzahl der Verfahrensweisen zu Reduktionen aller Art. Es wurde nicht zwischen Leuterung und Oberleuterung, zwischen Appellation und Revision unterschieden. Selten auftretende Fälle von "Arrest- und Deductionssachen" wurden nicht separat ausgeworfen. Im Bereich der Strafrechtspflege ließ sich mit der aus der theoretischen Literatur bekannten Unterscheidung von General- und Spezialinquisition selten arbeiten. Gelegentlich hatte ein Gutachten die Frage der Einleitung der Spezialinquisition zum Gegenstand; im allgemeinen sprachen die Helmstedter Professoren auch bei der Anwendung der Tortur nur von "inquisitionssachen". Ferner bereitete es Schwierigkeiten, diejenigen Fälle einzugrenzen, welche über das, was man als "dieberey" einstufte, hinausgingen. Der Begriff Raub schien kaum in Gebrauch gewesen zu sein. Nicht anders ist es um Tötungsdelikte bestellt. Auch hier fehlte es in den Quellen oft genug an einer eindeutigen Klassifikation. 18 Auf dem weiten Feld des Zivilrechtes bestand von Beginn an die Absicht, die Zahl der Einstufungskriterien möglichst niedrig zu halten. Der zeitliche Arbeitsaufwand wäre nämlich beträchtlich angestiegen, wenn man die Urteile einschließlich der weitschweifigen "rationes decidendi" darauf hätte sorgfaltig prüfen wollen, ob ein Fall - nach heutigem Verständnis - eher unter dem Sachen- oder Schuldrecht zu rubrizieren wäre. Im übrigen ist bei zahlreichen Rechtsmittelverfahren nicht ersichtlich, welcher Sachverhalt Ursache des Verfahrens war, weil man sich in den Urteilen allein auf prozeßleitende Gesichtspunkte stützte. Im Rahmen unserer vornehmlich herrschafts- und sozialgeschichtlich ausgelegten Fragestellungen sind d,iese Probleme jedoch ohne größeren Belang. Als besonders heikel stellte sich die Einstufung all der Prozess~ heraus, bei denen im weitesten Sinne die "jura publica sive feudalia" berührt wurden. Zu ihrer Beschreibung wurden Kategorien gewählt, die ein breites Spektrum von Möglichkeiten umschlossen. Bei der .Bearbeitung dieser Fälle wäre natürlich 18 Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, daß die Konsilien vor allem dann eine Rekonstruktion des Tatbestandes erlauben, wenn das Spruchkollegium dem untersuchenden Gericht einen Fragenkatalog zusandte, der dem Beschuldigten vorgelegt werden sollte. Häufig zog man den Straftatbestand mit dem Namen des Beschuldigten in dem einleitenden Satz ohne jede nähere Angabe zusammen. Diese Zeilen zählen überdies regelmäßig zu den unleserlichsten Teilen der Gutachten, weil man an dieser Stelle noch Verbesserungen etc. einfügte. Auch die Einbeziehung der in der Carolina vorgenommenen Differenzierungen zu Diebstahl, Raub und Totschlag trägt wenig zur Aufhellung dieses Problems bei (vgl. hierzu die Beiträge von G . Radbruch, der Raub in der Carolina, und F. Schaffstein, Die Carolina in ihrer Bedeutung für die strafrechtliche Begriffsentwicklung, in: Die Carolina, hrsg. von F .-Chr. Schroeder, Darmstadt 1986, s. 10 ff., 35 ff.).

2Hahn

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I. Grundlagen

interessant zu wissen gewesen, in welchem Umfang territoriales Rechtsgut von Kleve bis Stargard in die Beurteilungsgrundlagen der Helmstedter Professoren eingegangen war. Dieser Aspekt konnte nicht ausreichend erforscht werden, weil in den Urteilen selten auf fürstliche Polizeigesetze oder sonstige Verordnungen ausdrücklich Bezug genommen wurde. 19 Es ist daher fraglich, ob die Helmstedter Juristen überhaupt mit den territorialen Rechtsordnungen im einzelnen vertraut waren bzw. ob deren Kenntnis zur Lösung territorialer Konflikte aller Art überhaupt unbedingt erforderlich war. 20 Bedauerlicherweise ermöglichen die in den Konsilien gemachten Angaben auch keine genauere sozialgeschichtliche Untersuchung der Prozeßparteien oder der Straftäter. In den Gutachten wurden keine regelmäßigen Angaben zu deren Beruf, Stand oder Wohnort gemacht. Erst im 18. Jahrhundert gingen die Helmstedter Juristen dazu über, Landleute als Ackermann oder Kossäten, Bürger als Kaufmann oder Handwerker zu kennzeichnen. 21 Nur Adlige, städtische und landesherrliche Amtsträger lassen sich durch ihre Titulaturen eindeutig klassifizieren. Mit anderen Worten: Wenn nicht der Prozeßgegenstand oder die Gerichtsinstanz eine soziale Einstufung plausibel erscheinen läßt, haftet unserer ständischen Zuordnung eine gewisse Unsicherheit an. Dieser Mangel fallt vor allem bei den Prozessen ins Gewicht, die vor den Amtleuten der Domanialgüter der Fürstentümer Halberstadt und Magdeburg sowie vor den westfälischen Landgerichten geführt wurden. Zu deren Gerichtssprengeln gehörten häufig eine oder mehrere Ackerbürgerstädte, so daß eine Unterscheidung dieses Stadtbürgertyps von den Bauern des Umlandes schwer zu treffen war. 22 Trotz der vielfaltigen Einschränkungen vermittelt uns die Spruchtätigkeit der Helmstedter Juristenfakultät im Gegensatz zu den bisher in der Literatur herangezogenen Akten der Berliner Zentralgewalt einen ebenso anschaulichen wie umfassenden Eindruck von den breitgefächerten Aufgabenfeldern sämtlicher Herrschaftsträger des stark gegliederten brandenburgisch-preußischen Landesstaates,23 um so mehr, als sich hinter den wenigen Zeilen eines Gutachtens zu 19 Z.B. Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1948, bl. 123-126; 1949, bl. 227 f.; 1952, bl. 60f.; 1958, bl. 256 f.; 1961, bl. 43~; 1963, bl. 149 f.; 1965, bl. 19-22, 549 f. lll In Göttingen trug man Sorge dafür, daß eine Gesetzessammlung der deutschen Territorialstaaten angelegt wurden (vgl. E. Klugkist, Die Göttinger Juristenfakultät als Spruchkollegium, Göttingen 1952, S. 87). Zu Duisburg vgl. T. Ahrens, Aus der Lehr- und Spruchtätigkeit der alten Duisburger Juristenfakultät, Duisburg 1962, S. 109 f.- Ob dies auch in Helrnstedt geschah, ist im Augenblick nicht zu ermitteln. Das Universitätsarchiv enthält nur Material aus dem 18. Jh. Die Bibliotheksrechnungen setzen erst 1724 ff..ein (Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 3031-3116). 21 Vgl. Nds. StA Wfb. 37 Alt, Nr. 1958, bl. 388 f.,408 f.; 1959, bl.49;247; 1960, bl. 24-27 f., 77; 1961, bl. 31 f., 56-59, 100 f.; 1965, bl. 111 f. 22 Auf Grund unserer völlig unzureichenden Kenntnisse über die Sozialstrukturen und die Bevölkerungsentwicklung in der zweiten Hälfte des 17. Jh. sind diese Lücken auch nicht durch anderweitige Beobachtungen zu schließen.

a) Quellen und Methode

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einem Streit über Weiderechte, einer Injurie, einer Erbteilung oder einer Straftat regelmäßig ein umständliches und zeitraubendes Agieren der Verwaltungskräfte verbarg. In die Helmstedter Bescheide flossen Zeugenprotokolle, Ortsbesichtigungen, Beschwerden, Abmahnungen, peinliche Befragungen und vieles mehr ein. So betrachtet stellen die End- und Zwischenurteile der Helmstedter Professoren ein gebündeltes und zeitlich verdichtetes Abbild hoheitlicher Tätigkeit der Herrschaftsträger in den brandenburgischen Provinzen dar. 24 Solange obrigkeitliches Handeln auf allen Gebieten des ,.öffentlichen und privaten" Lebens ungeschieden in der Hand weniger Institutionen wie den Regierungen, Magistraten, domanialen und adligen Ämtern vereinigt war, kam der Gerichtsbarkeit für die Herrschaftsausübung gegenüber der Untertanenschaft entscheidende Bedeutung zu. 2s Zu guter Letzt stellt sich noch wie beijeder anderen mit statistischen Verfahren arbeitenden Untersuchung die ,.Gretchenfrage" nach der tatsächlichen Aussagekraft der für den Leser in sich schlüssig wirkenden Tabellen und Zahlenreihen. In unserer von den Naturwissenschaften und der Technik beherrschten Lebenswelt ist man häufig geneigt, und das nicht nur an Wahlabenden, sich von der Magie der Zahlen berauschen zu lassen. Im Gegensatz zu schillernden Wortinterpretationen erscheinen sie im Rahmen des Erkenntnisprozesses als Garanten für Gewißheit und Eindeutigkeit. Um wieviel weniger eine solche Wertschätzung im Rahmen einer historischen Analyse allerdings berechtigt ist, wird im folgenden noch zu erwägen sein. Nach der Repräsentativität unseres Materials in Gänze oder auch in Teilen zu forschen, wie man dies in der Demoskopie zu tun pflegt, dürfte bei unserem Thema nicht zum Ziele führen, weil sich die Gesamtheit der Akten weder theoretisch noch praktisch rekonstruieren läßt. Wieviele Aufzeichnungen von ständischen und landesherrlichen Gerichten, die einst nach Hunderten zählten, mögen seitdem vom Zahn der Zeit zernagt worden sein? Hinzu kommt, daß wir über den unbedingt erforderlichen anderen Bezugspunkt für sämtliche Überlegungen, welche in diese Richtung führen, ebenfalls nichts Genaues wissen: nämlich die zahlenmäßige Zusammensetzung der brandenburgischen Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Schließlich dachte damals niemand daran, für die Nachgeborenen entsprechendes Zahlenmaterial zu erstellen. 26 23 In dem Zusammenhang ist auch nicht von Gewicht, ob nun das Gutachten der Helmstedter Juristen letztendlich zum Zuge kam oder ob ein in Leipzig, Halle oder Frankfurt/Oder angefordertes Konkurrenzgutachten der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt wurde. 24 Im allgemeinen vgl. hierzu H. Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. neubearb. und erg. Aufl. München 1980, S. 56fT. 25 In den klassischen Werken zur Rechtsverwaltung und Rechtsverfassung in BrandenburgPreußen von Adolf Stölzel (1888) oderEdgar Loening (1914) sowie Otto Hintze wird dieser Aspekt kaum beachtet. Daher erübrigt sich im folgenden auch eine Auseinandersetzung mit den Ergebnissen dieser Autoren weitgehend. Deren etatistische, entwicklungsgeschichtlich orientierte Sichtweise det Materie hatte gänzlich andere Erkenntnisziele im Blickfeld. 26 Auf die in dem Zusammenhang immer wieder in der Literatur zitierten Zahlen bei Otto

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I. Grundlagen

Statt dessen könnten wir aus Gründen der Plausibilität unsere Zuflucht zu Gedanken wie den folgenden nehmen: Wegen der komplizierteren sozialen und wirtschaftlichen Verflechtung mit ihrer Umwelt hatten die wohlhabenderen Teile von Adel und Stadtbürgertum ein stärkeres Interesse an rechtlichen Regelungen aller Art als Bauerntum und Unterschichten. Mithin dürfte, prozentual betrachtet, der Anteil der Erstgenannten an gerichtlichen Auseinandersetzungen den der übrigen zahlenmäßig stärkeren Bevölkerungsgruppen weit überstiegen haben. Eine gewiß richtige Aussage, aber vor dem Hintergrund des augenblicklichen Wissensstandes bietet sich an dieser Stelle kein Ansatzpunkt für weitere ertragreiche Forschungsinitiativen. Als erfolgversprechender erweist sich dagegen eine an der Herrschaftsordnung orientierte Interpretation unserer statistischen Angaben. Ist z.B. in dem vorliegenden Datensatz die Vielheit der neben- und übereinander angeordneten Sozialkörper und Verwaltungsinstitutionen, welche in der altständischen Gesellschaft ein beherrschendes Element ausmachten, angemessen wiedergegeben? Ohne Zweifel trifft dies auf die Altmark, Halberstadt und Magdeburg, d.h. die Helmstedt am nächsten gelegenen Territorien, zu. 27 In diesem Bereich kann eine Reihe von Differenzierungen etwa zu den Tätigkeitsfeldern der verschiedenen Organe vorgenommen werden. Bei den übrigen Territorien (Hohnstein, Kleve, Mansfeld, Mark, Minden, Pommern und Ravensberg) stammtenjedoch die zum Verspruch gelangten Akten überwiegend aus dem Bereich der fürstlichen Obergerichte. Daher eignen sie sich weit weniger zu Verallgemeinerungen über die gesamte territoriale Verwaltungspraxis. Davon ausgehend ergibt sich eine Reihe von Einschränkungen und Perspektiven bei der statistischen Auswertung der Helmstedter Urteilsbücher. Die geringsten Probleme stellen sich bei der Beobachtung und Analyse schwerer Formen der Kriminalität in Stadt und Land ein. Wegen der im Reichs- und Landrecht zwingend vorgeschriebenen Einschaltung von Schöffenstühlen und Juristenfakultäten bei "Malefiz- und peinlichen Sachen" ist gewährleistet, daß sich in dem Datensatz die gesamte Vielfalt strafrechtlicher Verfahren widerspiegelt. Natürlich fehlen die zahllosen Bagatellfalle, welche von den Stadt- und Landgerichten an Hand der in den Polizeiordnungen festgelegten Bußen rasch abgetan wurden. Auch die hohe Zahl der registrierten Zivilprozesse gibt Anlaß zu der Hoffnung, daß es sich um einen breiten Querschnitt durch das Rechtsleben zumindest von Adel und Stadtbürgertum handelt, der insbesondere auch Rückschlüsse auf die Konfliktstoffe in der altständischen Gesellschaft erlaubt. Indes ist der Behre (1905) und Gustav Schmoller ( 1872 ff.) einzugehen, ist nicht erforderlich, weil sie keine Differenzierungen erlauben. 21 Bedenken ließen sich nur in einem Punkt erheben. Unter den Rechtsnehmem fällt dem Sachkundigen der geringe Anteil des altmärkischen Kleinadels auf. Vielleicht wandte er sich zumeist an den Brandenburger Schöffenstuhl oder übertrug schwierige Prozesse anderen Herrschaftsträgern.

a) Quellen und Methode

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Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß zumindest Streitigkeiten einzelner Gruppen wie der Kaufleute oder der Handwerker untereinander teilweise ausgespart blieben, weil man bemüht war, durch Schiedsverfahren der Gilden oder Zünfte Auseinandersetzungen beizulegen.28 Ähnliches gilt auch partiell für die Ritterschaft, die häufig durch aus Standesgenossen gebildete Kommissionen einen Interessenausgleich herbeizuführen beabsichtigte. 29 Abschließend sollen noch zwei Gesichtspunkte, die sich zumindest auf den ersten Blick aufzudrängen scheinen, berücksichtigt werden. Ermöglichen die sehr unterschiedlichen Häufigkeitsverteilungen der Inanspruchnahme der Helmstedter Juristenfakultät durch einzelne Herrschaftsträger, die bei einer individuellen Betrachtungsweise sichtbar werden, auch Aussagen über deren relativen Beschäftigungsgrad im Rahmen der Territorialverwaltung? Mit anderen Worten: Bietet unser Zahlenwerk einen sicheren Hinweis auf die soziale Wirkungsmächtigkeit der verschiedenen Herrschaftsträger im Vergleich zu anderen? Diese spannende Frage läßt sich im Augenblick nicht eindeutig beantworten. Zumindest für die drei durch eine dichte Überlieferung ausgezeichneten mittleren Provinzen der Hohenzollernmonarchie dürfte eine Aussage, die sich aus dem Nebel der Spekulation entfernt, denkbar und möglich sein. Ein anderer, nicht weniger interessanter Themenbereich rankt sich um die zeitliche Verteilung der Gutachten zwischen 1675 und 1710. In 35 Jahren kann und mag sich vieles verändert haben. Auf den ersten Blick schon stellt der aufmerksame Leser markante Veränderungen in den Zahlenreihen fest, auch wenn durch die Wahl von Fünf-Jahres-Intervallen einzelne jährliche Abweichungen in ihrer Gewichtung deutlich gemindert werden. Auch hier dürfte bei der Interpretation Zurückhaltung am Platze sein, weil zu viele nicht kontrollierbare Variablen auf das Spiel der Zahlen eingewirkt haben können. So dürfte die Einschaltung der Helmstedter Juristen von ihrem momentanen Ansehen bei Amtsträgern und Privatpersonen abhängig gewesen sein. Landesherrliche Maßnahmen zugunsten der Landesuniversitäten können ebenfalls Wirkung gezeigt haben, aber deren Erfolg dürfte in der vorliegenden Zeit von den meisten Forschern überschätzt worden sein. 30 Daneben spielten gewiß Straßenverhältnisse und Wetterbedingungen, Krieg und Pest eine nicht unwesentliche Rolle. 28 Zu den zünftigen Verfahren vgl. einige Hinweise bei D. Peitsch, Z~nftgesetzgebung und Zunftverwaltung Brandenburg-Preußens in der frühen Neuzeit, Frankfurt/M.-Bern 1985, S. 95 ff. Im übrigen fehlt es an konkreten Hinweisen auf die praktische Bedeutung etwa von Kaufmannsgerichten. 29 Die wesentliche Bedeutung dieser Verfahrensweise zur Regulierung sozialer Konflikte in der frühen Neuzeit ist bisher in der Forschung kaum gewürdigt worden. Dies mag auch daran liegen, daß sich über Schiedsverfahren nur Akten in den Archiven der unmittelbar betroffenen Parteien, d.h. vornehmlich in Familienarchiven, erhalten haben dürften. 30 Vgl. E. Wohlhaupter, Die Spruchtätigkeit der Kieler juristischen Fakultät von 1665-1879, in: ZRG GA 58(1938), S. 763; G. Buchda, wieAnm. 12,S. 238f.;E. Klugkist, wie Anm. 20, S. 13; G. Schubart-Fikentscher, Hallesche Spruchpraxis, Weimar 1960, S. 9 f. (= Thomasiana H. 3); T. Ahrens, wie Anm. 20, S. 81; J. Haalck, ZurSpruchpraxis der Juristen-

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I. Grundlagen

Ungeachtet unserer zahlreichen Bedenken muß abschließend noch einmal betont werden, daß die Gleichartigkeit und die ungewöhnliche Geschlossenheit der Überlieferung Anlaß zu der Feststellung geben, daß der bearbeitete Fundus an Helrostedler Konsilien einen - betrachtet man die denkbar ungünstigen Zeitläufte - umfassenden Einblick in das Rechtsleben und die Rechtswirklichkeit der brandenburgischen Territorien im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts gewährt.

b) Die Helmstedter Juristenfakultät Zu den Besonderheiten des Rechtslebens in den Reichsterritorien zählte seit dem 16. Jahrhundert gewiß die Spruchtätigkeit der Juristenfakultäten. Rechtlich abgesichert durch die Caro1ina, die Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V., und mehrere Reichsabschiede, nämlich die von 1570, 1600 und 1654, bildete die Aktenversendung an sie zum Spruch Rechtens ein unverzichtbares Element des territorialen Gerichtswesens. Stadt- und Adelsgerichte, fürstliche Amtsträger und Kollegien wandten sich ohne Unterschied an die hohen Fakultäten mit der Bitte um Rechtsbelehrung. 31 Die organisatorische Gestaltung des Verfahrens, die Bearbeitungsweise durch das Spruchkollegium sowie der daran beteiligte Personenkreis sind nicht allein für die Helmstedter Fakultät eingehend untersucht worden·12 , sondern auch für die Universitäten Duisburg, Erlangen, Frankfurt/Oder, Göttingen, Halle, Mainz, Rostock und Wittenberg.33 An Studien, welche sich mit der Rolle der Aktenversendung im Rahmen der territorialen Gerichtspraxis, d.h. in der Rechtswirklichkeit, befaßt haben, mangelt es allerdings. 34 Daher nimmt es nicht wunder, daß in der Literatur über einen fakultät Frankfurt/Oder, in: Heimatkunde und Landesgeschichte ..., hrsg. von F. Beck, Weimar 1958, S. 152, und A. Schikora, wie Anm. 12, S. 93 f. 31 Im allgemeinen vgl. W. Ebel, Über die Spruchtätigkeit der Juristenfakultät, in: ders., Memorabilia Gottingensia, Göttingen 1969, S. 36 ff.; G. Baumgärtel, Die Gutachter- und Urteilstätigkeit der Erlanger Juristenfakultät, Erlangen 1962, S. 13 ff., und A. Hegler, Die praktische Thätigkeit der Juristenfakultäten des 17. und 18. Jh. ... , Freiburg usw. 1899, S. II ff. 31 Vgl. A. Schikora, wie Anm. 12, S. 95-251. 33 Vgl. T. Ahrens, wie Anm. 20, S. 74-120; G. Baumgärtel, wie Anm. 31, S. 32-60; J. Haalck, wie Anm. 30, S. 156 ff.; E. Klugkist, wie Anm. 20, S. 25-94; G. Buchda, wie Anm. 12, S. 224-294; N. Hasselwander, Aus der Gutachter- und Urteilstätigkeit an der alten Mainzer Juristenfakultät, Wiesbaden 1956, S. 21-48; J. Haalck, Die Rostocker Juristenfakultät als Spruchkollegium, in: Wiss. Zeitschr. d. Univ. Rostock 8 (1958/59), S. 404-414, und H. Lück, Die Spruchtätigkeit der Juristenfakultät und des Schöffenstuhls zu Wittenberg, in: Jahrbuch f. Regionalgeschichte 12 (1985), S. 86 ff. 34 Teilweise mag dies mit der schwierigen Quellenlage zusammenhängen, denn nur wenige Universitätsarchive wie· Göttingen, Helmstedt und Rostock verfugen noch über größere Bestände an Urteilsbüchem. Aber nicht zu übersehen ist auch in der Vergangenheit das geringe Interesse der Rechtshistoriker an der Frage, wie man mit den in Prozeß-, Kriminal- und Zivil-

b) Helmstedter Juristenfakultät

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wesentlichen Bestandteil der Aktenversendung zum Spruch Rechtens nach wie vor Unklarheit herrscht: War ein Gericht an das ihm übersandte Konsilium bei seiner Urteilstindung gebunden? 35 Die von uns bearbeiteten Akten bieten hierzu ebenfalls keinen Aufschluß. Deshalb soll nur die Stimme eines erfahrenen Praktikers und Rechtslehrers, Jakob Friedrich Ludovici, zu diesem Themenkreis gehört werden. Bevor er als Professor an die Universität Halle berufen wurde, hatte er sich in Vorpommern als Gerichtshalter auf Ämtern und Rittergütern mit der Rechtspflege vertraut gemacht. 36 Seine 1707 fertiggestellte "Einleitung zum Civil- und CriminaiProzeß" zählte zu den ersten Büchern dieser Art, welche statt in lateinischer in deutscher Sprache abgefaßt waren. So erklärt es sich wohl, daß der ersten Auflage bereits 1709 eine weitere folgte. Bis 1750 erschienen von dem mehrfach überarbeiteten und ergänzten Werk nochmals zehn Auflagen. Auf Grund dessen ist anzunehmen, daß die Arbeit von Ludovici im brandenburgisch-sächsischen Raum, für den sie primär bestimmt war, weit verbreitet war. 37 Wegen ihrer Anhänge "Von der Art die Acten und Registraturen zu verfertigen, auch die Acta zu excerpiren und zu referiren" sowie der Instruktion für einen Gerichtshalter auf dem Lande dürfte Ludovicis Abhandlung vor allem diejenigen angesprochen haben, welchen die Ausübung der Gerichtsbarkeit in Stadt und Land übertragen war. Natürlich enthält das Buch ein Kapitel zur Aktenversendung38 , welche der Autor auf mehrere Wurzeln zurückführte. So sei es in Sachsen und im Herzogtum Magdeburg üblich, daß die Untergerichte der Ämter, Städte und des Adels ihre Prozeßakten zum Spruch Rechtens verschickten. Außerdem könnte dies auf Wunsch der Betroffenen geschehen. Darüber hinaus sei es denkbar, daß der Richter von sich aus eine Juristenfakultät einschaltete. 39 Den streitenden Parrechtsordnungen niedergelegten Bestimmungen in der Verwaltungspraxis umzugehen pflegte. Eine bemerkenswerte Detailstudie, welche die hohe Bedeutung der Aktenversendung für die städtische Gerichtsbarkeit unterstreicht: W. Ebel, Studie über ein Goslarer Ratsurteilsbuch des 16. Jahrhunderts, Göttingen 1961, S. 29 ff. 35 Vgl. J. Haalck, wie Anm. 30, S. 169; T. Ahrens, wie Anm. 20, S. 75-77; G. Baumgärtel, wie Anm. 31, S. 41-46, und W. Ebel, wie Anm. 31, S. 47 f. 36 J. F. Ludovici wurde arn 19.9.1671 in der Nähe von Treptow/Pommern geboren. Im Jahre 1704 ernannte man ihn in Halle zum ao. Prof. und 1711 zum ord. Prof. Später war er in Gießen tätig, wo er arn 15.12.1723 verstarb. 37 Im folgenden wird das Werk nach der Ausgabe zitiert: J .F. L. Ludovici, Einleitung zum Civil-Prozeß. Darinnen Wie sich der Kläger bey Anstellung und Fortsetzung der Klage, der Beklagte bey seiner rechtmäßigen Verantwortung, ingleichen der Richter beym decretiren, in allen und ieden Arten der vorkommenden Rechtfertigungen, den gantzen Prozeß hindurch zu verhalten habe, von Stück zu Stück, ohne Einmischung theoretischer und zum Prozeß nicht gehörigen Fragen, deutlich gezeiget, und dabey der Sächsische und gemeine, wie auch der in vielen Provintzen vorkommende sonderliche modus procedendi in iedem Capitel gegen einander gehalten wird; . . . Vorietzo Mit vielen Anmerckungen ... von Johann Gerhard Schlitte, 12. Aufl. Halle 1750. 38 Vgl. J. F. Ludovici, a.a.O., S. 290--303. 39 Vgl. J. F. Ludovici, a.a.O., S. 291 f.

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I. Grundlagen

teien stand es frei, sofern sie sich nicht auf eine Universität zu einigen vermochten, bis zu drei von der Wahl durch das Gericht auszuschließen. Vonseiten des Stargarder Hofgerichtes und der Klever Regierung wurden nach Ludovici bei der Aktenversendung besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um die Geheimhaltung der angeschriebenen Fakultät gegenüber den Prozeßparteien sicherzustellen.40 Zur rechtlichen Gewichtung des eingeholten Urteils bemerkte Ludovici, daß er im Gegensatz zu dem von 1653-1672 in Frankfurt/Oder tätigen Pandektisten Johann Brunnemann, welcher den Konsilien der Juristenfakultäten keinerlei bindende Kraft beimaß, diese unter bestimmten Voraussetzungen als gegeben ansah. Dies war insbesondere dann der Fall, wenn die Aktenversendung entweder auf Wunsch der Prozeßparteien oder vom Richter .,ex officio" angeordnet worden sei. Außerdem war nach Ludovici erforderlich, daß den Prozeßparteien durch Zitation die Inrotulation der Akten bekannt gemacht wurde. 41 Unwirksam war ein Urteil freilich dann, wenn ein Richter die Akten .,bloß vor sich, ohne Ansetzung eines ordentlichen irrotulation-Termins" verschickte.42 Berücksichtigt man, in welchem Umfang die Universitäten vonden Gerichten aller Art in Anspruch genommen wurden, denn nicht allein in Helmstedt wurden .,preußische" Angelegenheiten verhandelt, sondern auch in Frankfurt/Oder, Wittenberg, Halle, Leipzig und Rostock, um nur einige Hochschulen zu nennen, so erscheint die Vermutung, daß die Abschiede der Juristenfakultäten nicht richtungweisend für die Ausübung der Gerichtsbarkeit gewesen seien, von vornherein als gegenstandslos. Ein anderer Themenkomplex, der für die Breitenwirksamkeit der Aktenversendung ebenfalls von zentraler Bedeutung ist, wirft ungleich mehr bislang ungelöste Fragen auf. Wie erklären sich die Schwankungen des Umfanges, die bei der Analyse der Helmstedter Spruchtätigkeit in den Jahren von 1675-1710 für die brandenburgisch-preußischen Territorien sichtbar werden? 43 Da es im Augenblick wohl keine direkte Antwort auf diese Frage gibt, können wir nur einige Beobachtungen an Hand unseres Datenmaterials hierzu anstellen. Insbesondere läßt sich mangels geeigneter Quellen folgende Frage nicht genauer ergründen: In welchem Maße hing die Zahl der Prozesse in den Territorien mit der demographischen und wirtschaftlichen Gesamtentwicklung zusammen? Zumindest liegt der Verdacht nahe, daß bei intensiveren sozialen und wirtschaft.o Vgl. J. F. Ludovici, a.a.O., S. 300.

41 Darunter verstand man die häufig in Gegenwart der Prozeßparteien durch den Richter bzw. den Sekretarius vorgenommene Versiegelung der an die Fakultät zu sendenden Akten. 42 Auch in dem späteren Kommentar wurde die Möglichkeit, daß ein Urteil zu kassieren war, wenn territoriales Recht nicht beachtet worden sei, nur bedingt eingeräumt. Dem Kammergericht wäre in dem Fall erlaubt, die Akten an eine andere Fakultät zu verschicken (vgl. J. F. Ludovici, a.a.O., S. 301). 43 Vgl. auch A. Schikora, wie Anm. 12, S. 56.

25

b) Helmstedter Juristenfakultät

Tabelle Nr. I

Empfänger von Gutachten im Jahresdurchschnitt 1675-1709 1675-79

1680-84

1685-89

169o-94

1695-99

1700-o4

1705-09

Landesherrliche Organe

16,0

20,0

47,0

30,2

69,2

45,0

38,2

Ständische Gerichte u. Privatpersoncn

20,2

24,0

49,4

41,0

72,6

48,6

41,4

Iichen Beziehungen der Menschen die Prozeßhäufigkeit anstieg, was sich mittelbar auch auf den Beschäftigungsgrad der Juristenfakultäten hätte auswirken können. 44 Seit 1677 wuchs die Zahl der in Helmstedt angeforderten Gutachten rapide. Waren es 1675 noch ganze fünf Entscheidungen, welche die Professoren fällten, 5 Dieser rasche Anstieg findet eine so belief sich 1678 ihre Zahl bereits auf plausible Erklärung in dem allmählich einkehrenden Frieden. Es mag seine Zeit gedauert haben, bis sich Bevölkerung und Herrschaftsträger von dem Einbruch der schwedischen Kriegsvölker in den Nordosten des Reiches erholt hatten, denn so schnell werden marodierende Söldner und fouragierende Reiterregimenter, die keine Rücksicht auf die Bedürfnisse der Landleute nahmen, nicht aus dem Bild der Landstraßen, Dörfer und Flecken, die ihnen wehrlos ausgeliefert waren, verschwunden sein.

11:

Nach dem Abklingen der kriegerischen Ereignisse, die aus der Sicht der Zivilbevölkerung eben nicht mit dem Ende der Kampfhandlungen gleichzusetzen waren, dürfte ein starker Wunsch, gar die Notwendigkeit bestanden haben, Gerichtstage anzusetzen, um die Hypothek der Vergangenheit abzutragen.46 Entsprechend vermehrte sich der Bedarf an rechtlichen Entscheidungshilfen und Urteilen im Lande. In den Jahren 1682-1684 gingdie Anzahl der jährlich in Helmstedt bearbeiteten Gutachten dramatisch zurück. Zu dieser Zeit grassierte im mittleren Elbraum die Pest. Wurden im Januar 1682 noch sieben Konsilien angefertigt, so wurden im folgenden Monat nur zwei an Rechtskonsulenten aus den Territorien der Hohenzollernmonarchie verschickt. 47 Mit Ausnahme der Monate Oktober 44 Auf Zusammenhänge dieser Art geht Ch. Wollschläger, Zivilprozeß-Statistik und Wirtschaftsentwicklung in Preußen im 18. und 19. Jh., in: Zeitschr. f. Neuere Rechtsgesch. 3 (1981), S. 16 ff., ein. 45 Vgl. Tabelle Nr. 19. 46 Einige Beispiele zur Wirkung des Krieges auf den Verwaltungsalltag des platten Landes bei P.-M. Hahn, wie Anm. 15, S. 165 ff., 174 ff., 196 ff., 209 ff. 47 Während des Februars des V01jahres bearbeitete man nicht weniger als 15 Konsilien.

26

I. Grundlagen

und November 1683 sowie März 1684 verblieb die monatliche Rate der Gutachten bis zum September 1684 auf einem ähnlich niedrigen Niveau. 48 Im Jahre 1685 setzte sich dann der in den späten siebziger Jahren schon beobachtete Aufwärtstrend fort. Gegenüber dem Vorjahr verdreifachte sich die Zahl der Aktenversendungen. Betrachtet man die Geschehnisse unter räumlichen Gesichtspunkten, so fällt ins Auge, daß sich in den Jahren 1682 und 1683 vor allem die Zahl der Konsulenten aus der Mark Brandenburg und dem Herzogtum Magdeburg verringert hatte, während die Bescheide für das Fürstentum Halberstadt nur unbedeutend abgenommen hatten. Für 1684 stieg dagegen die Häufigkeit der magdeburgischen Rechtsgesuche in Helmstedt sprunghaft an, während sich die Märker weiterhin in Zurückhaltung übten. 49 Bemerkenswert ist ferner, daß in diesen Jahren der Anteil der übrigen preußischen Territorien im Nordosten bzw. Westen des Reiches ebenfalls deutlich zurückgegangen war. so Ohne ein leistungsfähiges Boten- bzw. Postwesen war die Spruchtätigkeit der Juristenfakultäten nicht durchführbar. 51 Die Unbilden des Wetters und des Krieges dürften dieses Kommunikationssystem ernsthaft bedroht haben; in Pestzeiten mußte es allerdings vollends zusammenbrechen, weil sich jeder hütete, einen Reisenden aus einem von der Seuche gefährdeten Gebiet zu verpflegen oder gar zu beherbergen. So brach die Stadt Magdeburg bereits im September 1680 jeden Kontakt mit den Städten Leipzig und Burg ab, weil dort die Pest ausgebrochen war. Zur jährlichen Magdeburger Heermesse wurden zahlreiche Kaufleute aus dem sächsisch-anhaltinischen Gebiet, aber auch aus NeuhaldensIeben dieserhalb nicht eingeladen. Dagegen gestattete man den Krämern aus den braunschweigischen Landen, u.a. auch aus Helmstedt, den Zugang zur Messe. Auf verschiedene Gerüchte hin sperrten im November 1680 die Regierungen zu Wolfenbüttel und Celle vorübergehend die Grenzen zum Magdeburgischen. Im April des folgenden Jahres erneuerte man diese Maßnahme. Aller Vorsicht zum Trotz brach während des Sommers 1681 die tödliche Krankheit in der Stadt an der Eibe aus, um im November langsam abzuklingen. Im April des kommenden Jahres hob die brandenburgische Regierung die für den Magdeburger Raum erlassenen Beschränkungen des Reise- und Handelsverkehrs auf. Allerdings besserte sich die Lage nicht grundlegend, weil zu dieser Zeit die Pest in der Altmark ihren Einzug hielt. Daher erlaubte die Celler Regierung im Mai und die Wolfenbütte1er Regierung erst im November 1683 den Bewohnern des Magde48 In den genannten Monaten stieg die Anzahl auf 6 bzw. 4 und 5 Gutachten an. Im Verlauf von sechs nicht aufeinander folgenden Monaten verließ Helmstedt kein Konsilium an einen Empfänger in den "preußischenw Territorien. Vergleichbares ereignete sich erst 1708 und 1709 wieder. 49 Vgl. Tabelle Nr. 19. so Erst 1686 stieg deren Zahl wieder merklich an. 51 Vgl. A. Schikora, wie Anm. 12, S. 218 ff.

b) Helmstedter Juristenfakultät

27

burgiseben wieder die Durchreise und den Handel in ihren Hoheitsgebieten. 52 Es bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen, um die Annahme zu erhärten, daß unter diesen Umständen kein überörtliches Verwaltungshandeln, welches Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche überstieg, vollzogen werden konnte. Bis 1707 sollte sich der Beschäftigungsgrad der Helmstedter Fakultät durch landesherrliche Amtsträger und Institutionen, durch Mediatgewalten und Privatpersonen aus den Territorien der Hohenzollernmonarchie auf einem verglichen mit den Jahren 1675-1684- hohen Niveau bewegen. Zwar gab es auch gelegentliche Einbrüche, so 1691 und 1693. In beiden Fällen dürften Ereignisse mit territorialem Hintergrund diese Veränderung ausgelöst haben. So war 1691 die Zahl der Gutachten aus der Mark Brandenburg, 1693 die der Gutachten aus dem Herzogtum Magdeburg ungewöhnlich zurückgegangen. 53 In dem Quinquennium von 1695-1699 strebte die Tätigkeit der Helmstedter Juristen jedoch ihrem Höhepunkt zu. Fast ein Viertel aller Gutachten, die zwischen 1675 und 1710 die Universität für "preußische" Empfänger verließen, erstellte man in diesem Zeitraum. Allein im Jahre 1699 fertigten die Helmstedter Gelehrten 215 Gutachten für Bewohner und Institutionen Brandenburg-Preußens aus. Seit 1708 riß der Strom der jährlich in der Land- und Universitätsstadt am Elm einkommenden Akten abrupt ab. Belief sich deren Zahl 1707 noch auf 105, so konnten die Professoren im folgenden Jahr nur 41 Konsilien für "preußische" Konsulenten abfassen. 1709 sank die Zahl der Responsa und Urteile auf28, um 1710 erneut auf 33 anzusteigen. Ob sich hinter der im Laufe der Jahrfünfte schwankenden Inanspruchnahme der Helmstedter Juristen durch die Gerichte der brandenburgisch-preußischen Territorien ein verändertes Rechtsbedürfnis bzw. ein Wandel des Empfängerkreises verbarg, wollen wir im folgenden aufzuhellen versuchen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen sind die 2370 Gutachten, welche zwischen 1675 und 1710 in die Mark Brandenburg, nach Halberstadt und nach Magdeburg verschickt wurden. Einige aufschlußreiche Beobachtungen ergeben sich beispielsweise, wenn wir die Gutachten, welche in den Pestjahren 1682-1684 in Helmstedt einkamen, denen des Jahres 1699 bzw. denen des gesamten Zeitraumes gegenüberstellen. So zeigt sich bei der Untersuchung der räumlichen Herkunft der Absender der Gutachten, daß in der Pestzeit der Rückgang der Konsilien sich auf Adelsdörfer, Klein- und Mittelstädte sowie Großstädte gleichermaßen erstreckte, d.h. deren jeweiliger Anteil an der Gesamtheit der Konsilien blieb gegenüber "normalen" Zeitabschnitten gleich. Ähnliches wird bei der Analyse des Jahres 1699 in umgekehrter Weise sichtbar; damals wiesen sämtliche Bereiche einen Anstieg der rechtlichen Aktivitäten auf.~ 52

Vgl. F. W. Hoffrnann, Geschichte der Stadt Magdeburg, Bd. 3, Magdeburg 1850,

53

Vgl. Tabellen Nr. 19 und Nr. 24.

s. 314-320.

28

I. Grundlagen

Tabelle Nr. 2 Der Empfängerkreis der Konsilien im Vergleich

1682-84

1699

Kurfürstl. Oberbehörden

8 ( 13,6%)

36 (19, 2%)

I Ge167S-81 samt169S-98 zahl 1700-10 S21 477 (22,S%)

Kurfilrstl.Territorialgerichte

4 ( 6,8%)

17 ( 9, 1%)

141 ( 6,6%)

162

Kurfürstl. Amtleute

7 (II ,9%)

27 (14,4%)

260 (12,2%)

294

Städtische Gerichte

13 (22,0%)

40 (21,4%)

490 (23,1%)

S43

Adlige u. geistl. Gerichte

16 (27,1%)

48 (2S,7%)

S2S (24, 7%)

S89

Sonstige Empfänger

II (18,6%)

19 ( 10,2%)

231 (10, 9%)

261

Insgesamt ·········=.-.=··~-~---·······---

............. ····--------b·-········--·t.·---S9

187

2124

2370

Rückt man den Empfangeckreis in den Mittelpunkt, so wird unsere oben getroffene Feststellung erneut bekräftigt. Auch bei einer differenzierten Betrachtungsweise bleibt die Behauptung somit in ihrer Kernaussage bestehen. Bis auf einen Bereich waren die Herrschaftsträger der drei mittleren Territorien in ähnlicher Weise von den oben geschilderten Trends des allgemeinen Auf- bzw. Niedergangs berührt.~~ Während vornehmlich stadtbürgerliche Konsulenten in eigener Sache trotz Seuchengefahr in Helmstedt anfragten, verringerte sich die Tätigkeit der landesherrlichen Zentralorgane deutlich, sei es, daß sie von niemandem mehr um Recht angegangen wurden, was unter Berücksichtigung des übrigen Zahlenmaterials nicht wahrscheinlich ist, sei es, daß die Herren Räte ihr Heil in der Flucht suchten und die Regierungsgeschäfte verkümmern ließen. So war die Hallenser Regierung bei Einbruch der Pest nach Calbe a.d.S. geflüchtet. Auf die auch unter wechselnden Gesichtspunkten deutlich werdende Gleichförmigkeit unseres Zahlenmaterials wird noch häufiger zurückzukommen sein, weil sie als ein überzeugendes Indiz dafür anzusehen ist, daß sich unabhängig von der jeweiligen absoluten Höhe der verwerteten Daten in unserem Material ein Abbild der historischen Realität wiederfindet. Mit anderen Worten: Die Gleichförmigkeit der Zahlen spricht dafür, daß der durch Reduktion der Wirklichkeit geschaffene Datensatz nicht durch für uns unbestimmbare Faktoren nachhaltig beeinflußt bzw. verzerrt wird.

Vgl. ergänzend Tabelle Nr. 23. ss In dem Zusammenhang erhebt sich die Frage, von welcher Größenordnung an eine Veränderung festzustellen ist. Diese Frage läßt sich nicht methodisch sauber klären. Sie muß weitgehend willkürlich entschieden werden. In der Regel haben wir nur Veränderungen, die eine Größenordnung von 5 Prozent und mehr erreichten, als solche angesehen. Bei der schwierigen Quellenlage erscheint es bedenklich, geringfügigere Schwankungen bereits als Ausdruck von Wandel zu interpretieren. 54

29

b) Hdmstedter Juristenfakultät

Tabelle Nr. 3 Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Rechtsbereiche

1675-79 Recht•lttelverfahren R&!stit. 1.1. etc.

Sonati&e Z1viiverfahren Strafverfahren

z 4,10 z 49,86 z 12,90

168G-84 19,91

5,43 Z 49,32

ll,87 Z 25,34 186 • 100

z

z

221 • 100

z z z

1685-89 26,76 7,88 40,46 24,90 482 • 100

z z z z z

169o-94 20,19 4,96 44,35

z z z

lO,lO l 363. 100

z

1695-99 28,49 6,77 38,08 26,66 709100

z z z z z

17oo-o4 24,63

z

1705-o9 24,12

5,15 Z 45,18 24,84 467 • 100

z z z

4,77

z z

41,96 l 29,15

z

----

·········-··· --···- ····-·· ·-····· -····---·····-··-··

398 • 100 l

1710

lli•••t-

9

693

zahl

2

169

16

1221

II

781

38

2864

~---·

-·-··

Erforscht man die Rechtsbereiche, denen die einzelnen Gutachten zuzuordnen sind, dann treten- wen wundert dies- ebenfalls über dieJahreverteilt Schwankungen zutage. Aber sie sind nicht geeignet, deutliche Veränderungen innerhalb des Aufgabenbereiches der Gerichte anzuzeigen. Insbesondere läßt sich auch kein eindeutiger Zusammenhang zwischen der Zahl der einkommenden Gutachten und deren innerer Struktur ableiten, d.h. trotz abweichender Häufigkeitsverteilungen änderte sich nichts Wesentliches an der Widerspiegelung der gerichtlichen Tätigkeit in den Territorien der Hohenzollern. Nur zwei Gewichtsverlagerungen fallen auf, die jeweils das erste Quinquennium betreffen. Zwischen 1675 und 1679 gelangte eine unterdurchschnittliche Zahl von Rechtsmittelverfahren an die Helmstedter Fakultät. Dagegen mußte sie sich weit intensiver als in den folgenden Jahren mit der Strafverfolgung befassen. Beide Erscheinungen passen sehr gut in das Bild einer noch von den Nachwehen des Krieges gekennzeichneten Landschaft.

Ein weiterer Aspekt, der noch bei der Untersuchung der Auslastung der Helmstedter Juristen durch "preußische" Konsulenten zu prüfen ist, kreist um die Frage, ob vielleicht ein Wandel in der Zusammensetzungder großen Schar der Rechtsnehmer für die Auf- und Abschwünge in unseren Statistiken letztlich verantwortlich ist. In diesem Zusammenhang muß noch einmal auf die protektionistischen Maßnahmen der brandenburgischen Herrscher zugunsten der inländischen Fakultäten zu Frankfurt/Oder und Halle eingegangen werden, weil sie unmittelbar auf das Verhalten der potentiellen Konsulenten abzielten. So erließ der Kurfürst im Juni 1688 ein Reskript, das sämtlichen fürstlichen Amtsträgern und sonstigen Gerichtsobrigkeiten der Neumark und der inkorporierten Kreise gebot, .,in allen Rechtsf75-79

lf>S0-84

lf>85-89

1690-94

1695-99

17G0-04

1705-09

zus.

Kurfürstliche Institutionen u. Amtstrllur

2 (1,55%)

10 (4,.5.5%)

28 (5,00%)

24 (6,74%)

45 (.5,47%)

22 (3,79%)

15 (3,23%)

146

Klerus

4 (3,10%)

8 (3,64%)

17 (3,04%)

10 (2,81X)

31 (3, 77%)

27 (4,66%)

16 (3,4.5%)

113

Adel und Offiziere

24 118 6.5 126 84 33 83 (18,60%) (15,00%) (21,07%) (18, 26%) (15,31%) (14,48%) ( 17,89%)

.533

SudtbUraer

336 194 87 157 453 365 287 (67,44%) (71,36%) (60,00%) (54,49%) (55,04%) (62, 93%) (61, 85%)

1879

Ackerbüraer

4 (3, 10%)

4 (1,82%)

41 45 120 (7,32%) (12,64%) ( 14, 58%)

56 (9,66%)

36 (7,76%)

306

Landleut.,

7 (5,43%)

7 (3,18%)

15 (2,68%)

15 (4, 21%)

43 (5,22%)

22 (3, 79%)

27 (.5,82%)

136

Auslllndiache Amutrlaer

I (0,78%)

I (0,4.5%)

5 (0,89%)

3 (0,85%)

(0,61%)

4 (0,69%)

129 • 100%

220 • 100%

560 • 100%

3.56 • 100%

823 • 100%

.580 • 100%

Inssesamt

........ ············-

5

-

464 • 100%

19

........ --···· ........ ........ ........ .........

3132

~---·

1558 Fllle

Tabelle Nr. 56 Höhe des Streitwertes bei ausgewählten ProzeHparteien Adel-Adel

IUraer-Adel IUraer-IDraer Lendleuca-Lendleuca• aua.



10

95

21

141

3

5

35

2

45

501-1000 Tlr

5

9

27

4

45

1001-2000 Tlr

I

4

12

24

2001-4000 Tlr

4

3

5

12

bh

2.50 Tlr

2.51- 500 Th

,. ..........................................................................

Dbu 4000 Tlr

10

Ineauaac

ll

•ainachl. AckerbUraar

32

X

7

II

III

215

190

Anhang Tabelle Nr. 57 Höhe des Streitwertes und sozialer Status der ProzeHparteien bis 250 Tlr Kurfürstliche Institutionen und Amtsträger Klerus Adel Offiziere Stadtbürger Landleute" Ausländische Amtsträger

Insgesamt

'

251 500 Tlr

501 1000 Tlr

1001 2000 Tlr

2001 4000 Tlr

über 4000 Tlr

zus.

9

3

2

2

I

5

22

10

5

4

-

-

-

19

15

20

31

5:l;Jx

J

21

13

23

123

(18, 7%)

• 100%

4

-

I

I

3

I

10

...::30

84

66,

28

14

18

440

(4, 1%)

• 100%

8~%

62

4

9

-

I

2

346 (49,9%)

················--

I 12 (16,2%)

104 (15,0%)

52

(7. 5%)

xeinschl. Ackerbürger

346 Prozesse

-

-

-

I

31 (4,5%)

48 (6,9%)

75 4 693 • 100%

Tabellen

191

Tabelle Nr. 58

Territoriale Herkunft der ProzeRparteien und Höhe des Streitwertes

I. Stadtbür!lertum

bis 250 Tl r Brandenburg

44

Magdeburg

82

Halberstadt Sonstige Territorien Insgesamt

-

-

-

-

251 500 Tlr

501 1000 Tlr

1001 2000 Tlr

2001 4000 Tlr

26

17

12

8

über 4000 Tlr 7

76,J2% 29

80

34

2

8

230

......,

c

15

10

4

2

87,69% 84

28

14

17

100% 130

~

66

1007. 40

6

85,007. ..........

155 ~

10 19

114 = 1007.

93,55% 24

zus.

1007. 439

aeaacacaaa••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••••acccaaaacaaaaaa=

2. Adel und Offiziere

bis 250 Tlr Brandenburg Magdeburg

251 500 Tlr

-

SOl 1000 Tlr

1001 2000 Tlr

2001 4000 Tlr

über 4000 Tlr

zus.

12

4

13

41

4

2

30

5

3

4

12

7

5

Halberstadt

3

Sonstige Territorien

15

5

12

10

8

9

59

Insgesamt

35

15

21

22

16

24

133

3

•••••••••=••••••a••=•=••••••••••=••••=••••=•••••=•••••=••••==•••••••••==

192

Anhang

Tabelle Nr. 59 Höhe des Streitwertes in Fünfjahresschritten Str~itwerr:

167~-79

1680-84

168~-89

169o-94

1695-99

1700-()4

170~-09

4 (22, 2%)

15 (57,7%)

22 (29, 7%)

II (31,4%)

34 (30,9%)

17 (22,4%)

18 (26,8%)

2

123 (29,9%)

6 (33, 3%)

5 (19,2%)

26 (35,1%)

10 (28,6%)

37 (33,6%)

29 (38, 2%)

19 (28,4%)

2

134 (32,5%)

( 16, 7%)

4 (15,4%)

10 (I 3,5%)

7 (20,0%)

13 (11,8%)

12 (15,8%)

12 (17,9%)

Tlr

3 (16, 7%)

(7. 7%)

I3 (17,6%)

6 ( 17. 1%)

16 (14,6%)

12 (15,8%)

II (16,4%)

über 5000 Tlr

2 (II, 1%)

I (2,9%)

10 (9, 1%)

6 (7,8%)

7 (10,5%)

in Talern

1- 100 Tlr 101-

~00

Tlr

501-1000 Tlr 1001-~000

3

2

-

)

(4,1%)

1710

2

-

ZUI.

61 (14,8%) 65 (15,8%) 29 (7,0%)

.............. ........ ........ ....... ········ .....••. ....... ....... '-······'-·····lnl&t!lamt

18

26

74

110

35

76

67

6

412

Tabelle Nr. 60 Bearbeitungsdauer von Kriminalfällen in Helmstedt Männliche Straftäter derselbe Tag

4)

t.'eibliche Straftäter

Jugendliche Straftäter

2I

J"·"

zus. 6

-

3 Tage

94186.55 %

4 -

7 Tage

50

46 25

8 - 14 Tage

15

7

15 - 21 Tage

3

2

5

22 - 28 Tage

2

2

4

über 28 Tage

3

3

6

171

87

I

141

%

75 2

3

24

261x

---------------········-----------------······--·····-··············· xdie übrigen Straftäter ohne Angabe

Tabellen

193

Tabelle Nr. 6/

Straftatbestände (einschließlich Mehrfachnennungen) Männliche Straftäter

Weibliche Straftäter

Jugendliche Straftäter

zus.

-

8

Straffälliges Verhalten bei zivilrechtliehen Verfahren

6

Straffälliges Verhalten bei öffentlich-rechtliehen Verfahren

10

5

-

15

Mord

15 (65,22%)

8 (34,78%)

-

23

Totschlag Körperverletzung Diebstahl Schwerer Diebstahl

2 30,43%

69,57%

104 (94. 55%)

6

37 (92,50%)

2

146 (66,36%)

71 (32,27%)

32 (86,49%)

5

Brandstiftung

7

3

Falschmünzerei

15

6

6

-

Wilderei

(5 , 45%)

-

110

I

40

3

220

-

37

-

-

10 21

-

6

Injurien

66 (75,86%)

19 (21,84%)

2

87

Gotteslästerung/ Zauberei

II

15

26

I

46

-

47

2

280 14 182

Kindestötung Unzuchtdelikte Notzucht Sonstige Delikte (vor allem Exzesse)

Prozeßleitende Hinweise Anwendung der Tortur

13 Hahn

145 (51,79%)

133 (47,50%)

142 (78,02%)

40 (21,98%)

-

757 (67,23%)

361 (32,06%)

8

1126

4

220 123

-

14

156 67 (54,47%)

I

60 56 (45,53%)

I

Anhang

194

Tabelle Nr. 62 Zeitliche Verteilung der Straftaten nach Jahrfünften 1675-79

1680-84

1685-89

1690-94

1695-99

Mord und Totachlag

II 8 19 (14,86%) (12,31%) (12,34%)

Diebstahl

44 20 27 19 29 (27,03%) (29,23%) (18,83%) ( 18,88%) (19,21%

Kindestötung Unzucht Notzucht

Injurien Körperverletzung

4 (5 , 41%)

I (I, 54%)

8 (5,19%)

II 26 (7,69%) (II, 35%

3 (2, 10%)

15 (6,55%)

16 41 10 29 32 (21,62%) (15,38%) (18,83%) (22,38%) (17,90% 3

-

3

2

5

14 29 5 38 (6,76%) (21,54%) (24,68%) (20,2U

37 (16,16%

1700-o4 12 (8,28%)

1705-Q9 14 (8,86%)

22 38 (26,21%) (13,92%) 5 (3,45%) 24 (16,55% I 33 (22,76%

6 (3,80%) 37 (23,42%)

28 (17,72%)

I

3

4

6

6

5

6

10

7

20

20

39

23

31

Zauberei

3

I

3

7

5

2

5

Brandsti ftung

-

I

-

-

8

I

-

~lünzvergehen

-

I

I

I

4

I

9

\.:i lderei

I

-

-

2

2

-

-

Sonstige Straftaten, vor allem Exzesse

Insgesamt

74

···················-~---·····

........ ........ ........ ........ ......•. ......... 65

154

143

229

(einschli~ßl i ch Hehrfachnennun~en)

es fehlen 15 Gutachten des Jahres 1710

145

158

Tabellen

195

Tabelle Nr. 61 Verteilung der Straftäter auf die kurfürstlichen und ständischen Gerichte Männliche Straftäter

Weibliche Straftäter

Kurfürstliche Oberbehörden

41 (70, 7 %)

17 (29,3 %)

Kurfürstliche Landesu. Regionalverwaltung

55 (66,3 %)

27 (32,5 %)

Kurfürstliche Amtleute

128 (65,3 %)

68 (34, 1

Städtische Gerichte

190 (66,2 %)

(32, 8 %)

3 (1,0 %)

287 (26,7 %)

I

291 (68,3 %)

131 (30,8 %)

(0, 9

4

426 (39,7 %)

!

19 (79,2 %)

5 (20,8 %)

Gerichte des Adels und des Klerus

I

Sonstige Gerichte

_t

Insgesamt

724

Jugendliche Straftäter

I (I, 2

58 (5,4 %) 83

%)

(7. 7

-

·o

94

I

zusammen

196 (18,2 %)

%)

-

342

%)

24 (2,3 %)

8

1074 ( 100 %)

········---········-·······-···········································

Tabelle Nr. 64 Zeitliche Verteilung der Straftäter Männliche Straftäter

Weibliche Straftäter

Jugend liehe Straftäter

1675-79

58

(69,0 %)

26

(31,0 %)

-

1680-84

50

(73,5 %)

17

(25,0 %)

I

1685-89

103

(68,2 %)

48

(31,8 %)

-

1690-94

96

(67,1 %)

47

(32,9 %)

-

1695-99

175

(67,3 %)

81

(31,2 %)

4

1700-04

109

(68,1 %)

50

(31,3 %)

1705-09

122

(64,9 %)

64

(34 ,0 %)

1710 Insgesamt

724

(67,4 %)

342

84

(7. 8 %)

68

(6,3 %)

151

(14,1 %)

143

(13,3 %)

(1,5 %)

260

(24,2 %)

I

(0,6 %)

160

(14,9 %)

2

(1, I

%)

188

(17,5 %)

-

9

ll

(31 ,8 %)

zusammen

8

(1, 5 %)

20 (0,8 %)

1074

( 100 %)

····-····••.............. ................ -------················-·-----13•

Anhang

196

Tahel/e Nr. 65

Gegenstand der Strafrechtsgutachten flir die mittleren Provinzen Brandenburg

Magdebur;:

Mord und Totschla;:

14,71 7.

7,76

Diebstahldelikte

17,41 7.

22,97

Sittlichkeitsdelik:;

23,42 7.

19,41 h

" 7,

Halberstadt 7. 92 % 26,87 1. 22,90 %

7,21 7.

2,27

/:

5,29 %

15,91 7.

19,41

/,

12,77 %

Körperverletzung

2,40 7.

5, 18

Gottes läs terung/Z:.-c·:: :-::.

3,60 7.

" 2,59 ;-;

Falschmünzerei

0,60 %

2,27

~

2,64 7.

18, 12

~

17,62 %

Kindestötung Injurien

14,71 7.

Sonstiges

2,20 % 1,76 7.

Tahel/e Nr. 66

Territoriale Verteilung der Straftäter Männliche Straftäter

Weibliche Straftäter

Brandenburg

257 (66,2 %)

127 (32,7 %)

(I, I

%)

388 (36, I %)

Magdeburg

254 (70,0 7.)

106 (29,2 %)

3 (0,8 %)

363 (33,8 %)

Halberstadt

171 (64,3 %)

94 (35,3 %)

(0,4 %)

Sonstige Territorien

42 (73, 7 %)

15 (26,3 %)

724

342

Insgesamt

Jugendliche Straftäter 4

I

8

zusammen

266 (24,8 %) 57 (5,3 %) 1074

(100 %)

~----·====·=····=··-===···-~-~-------···-------~-=-------------

Tabellen

197

Tabelle Nr. 67 Gegenstand strafrechtlicher Gutachten ftir l_~ndesherrliche und ständische Gerichte Landesherr Mord und Totschlag

Städtische Organe

Adel und Klerus

7,97 %

9,06 %

Diebstahldelikte

18,46 %

20,67 %

22,79%

Sittlichkeitsdelikte

19,93 %

21,65 %

22, II %

4,71 %

3,54 %

5,76 %

26,45 %

22,83 %

10,66 %

Körperverletzung

2,54 %

2,36 %

2,36 %

Gotteslästerung/Zauberei

3,26 7.

1,57 %

3,40 %

Falschmünzerei

3,26 %

1,57 %

0,34 %

13,40 %

16,54 %

17,35 %

Kindestötung Injurien

Sonstiges

14,97 %

Tabelle Nr. 68 Formen der Kriminalität in Stadt und Land Großstädte; Hittelstädte I

Mord

4

}10,97%

Totschlag

22

Diebstahl

57 (24,05%

Kindestötung

Unzuchtdei ikte

6 47

Notzucht

("·"'j

6

3

2: II

6

Cottesläs terung/ Zauberei

4

3

3

3

II

I

Wilderei Sonstige Delikte (vor allem Exzease)

14

I

-

47

25

237 • 100 %

~}

9,33%

14 (18,67%) 6

56 (28,87%)

Injurien

Brandati ftung

}14,95%

48 (24,74%)

KörperveT l ~ t zung

Falactnünzerei

(9, 70%)

4 25

Kleinstlldte Adelsdörfer

194 • 100%

5

} 10,68%

56 (27,18%)

51 (24. 76%)

(6,67%)

I

II

75 • 100%

16

175

180 9

3

3

14 70

26

8

26 (34,67%) 2

(7. 22%)

5

17

zus.

(7. 77%)

58

7

27

4

II

-

6

-

39 206 • 100%

13 I

122 712

········-··········· .................•....... ............•....•....... ..... lnageaamt

Anhang

Tabelle Nr. 69 Verteilung der Straftäter nach Geschlecht in Stadt und Land Männliche Straftäter

Weibliche ! Jugendliche Straftäter Straftäter

zus.

GroBstädte

159 (67,7 %)

73 (31, I %)

3 ( 1,2 %)

235

Mittelstädte

129 (69,0 %)

56 (29,9 %)

(1,

2 I %)

187

Kleinstädte

47 (63,5 %)

26 (35, I %)

I (1,4 %)

74

Adelsdörfer

136 (67,0 %)

65 (32,0

2 ( 1,0 %)

203

Sonstige Städte und Dörfer

253 (67,5 %)

122 (32,5 %)

-

375

:o

...... -----------------·-······--·····-----------· ------------

Insgesamt

724

342

8

1074

3

46

232

-

19

31

134

Zauberei u.ä.

Injurien

Sonstige Delikte, vor allem Exzesse

Insgesamt

242

42

5

9

47

12

3

2

-

8

II

-

I

I

-

2

2

-

-

2

-

2

38

4

-

2

3

9

-

-

I

-

-

5

8

5

I

Staupenachläge

28

2

-

I

-

2

10

-

-

-

3

I

5

4

Hinrichtung

135

20

II

3

3

45

4

I

5

-

4

8

867

157

69

21

13

226

28

4

14

4

37

87

165

26

13 29

zua.

5

Freispruch

r:r

:8

:I

"

a.

-l I»

Grundlage 1053 von 1074 StraftOtern

xeinschließlich 2 Festungshaft

--------------·····---------------------------·--·--·-·--------·-·····--··············------···········--·---···---

30

I

I

Notzucht 5

84

34

42

7

4

-

Kindestötung

Unzuchtdelikte

-

-

3

-

Wilderei I

3

5

-

-

Falschmünzerei

-

2

4

2

I

15

29

30x

15

I

-

I

Ruten

Pranger

I

12

Körperverletzung

38

II

I

Verweis

59

5

I

Gefängnis

Brandstiftung

10

Totschlag

I

16

Schwerer Diebstahl

Diebstahl

I

Mord

Geldstrafe

Tabelle Nr. 70 Bestrafung einzelner Delikte

Anhang

200

Tabelle Nr. 71 Zeitliche Verteilung der Strafen*

!1675-79 i 1680-84 II (30,16%)1 19 i 12 (19,67%) I . I!(33,33%); 21 ! 21 (34,43%)

1710

zua.

27 23 87 24 39 (19,66%) (22,50%) (39, 55%) (27 ,08%) (14,91%)

I

232

31 39 46 32 43 (26,50%) (32,50%) (20,91%) (22,22%) (26,71%)

5

238

Cel