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German Pages 95 [100] Year 1927
Veröffentlichungen des Seminars für Sprache and Kaltar Japans an der Hambnrglschen Universität Nr. l.
Die Gedichte Hitomaro's aus demManyöshü in Text und Übersetzung mit Erläuterungen von
Alfred Lorenzen
Hamburg Kommissionsverlag L. Friederichsen & Co. 1927
Vorliegende Arbeit wurde als Dissertation der philosophischen Fakultät der Hamburgischen Universität eingereicht.
Druck Ton J. J. Angnstin in Glücketadt und Hamburg.
I n h a l t s v e r z e i c h n i s. i. Ubersetzung der Gedichte Hitomaro's II. Einzelbetrachtungen zu den Gedichten Hitomaro's. Hitomaro und das Manyöshü Allgemeines aus dem Leben Hitomaro's Die Stellung des Kaiserhauses Über Inhalt, Motive und Aufbau der Langgedichte Stilistische Besonderheiten Die Kurzgedichte Vergleiche mit chinesischen Gedichten Die Makura-kotoba und die Jo Parallelismus Animismus Totenvorstellung und Totenbestattung Verzeichnis der bei Hitomaro vorkommendsn Makura-kotoba Die Lesungen
7
51 52 53 56 62 65 67 75 78 82 83 89
Literaturverzeichnis. 1. 2. 3. 4.
5. 6. 7.
Es wurden benutzt: Die kommentierten Textausgaben: Manyöshü-kogi, M. Fujihara. Tökyö 1891. Manyöshü-ryakuge, E. Tachibana. Tökyö 1903. Manyöshü-shinkö, D. Tsugita. Tökyö 1925. Die Manyöshü-Ausgabe von Origuchi mit Übersetzung in modernes Japanisch. Ferner an europäischer Literatur: K. Florenz, Geschichte der japanischen Literatur (2. Ausgabe). Leipzig 1909. — Literaturen des Ostens in Einzeldarstellungen Bd. X. K. Florenz, Nihongi, III. Teil. Tökyö 1892. — Supplement der Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Ostasiens, Bd. V Suppl. II. K. Florenz, Die historischen Quellen der Shinto-Religion. Göttingen und Leipzig 1919.
Übersetzung der edichte Hitomaro'
I. I 24: Naga-uta. Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als er an der verfallenen Hauptstadt in ömi vorüberging. *1 Tamadasuki 15/16 Wie wird (der Kaiser) sich das 2 Unebi-no-yama no gedacht haben, 3 Kashihara no 11/12 als er Yamato , das einst vom Himmel erblickt war, verließ 4 hijiri no mi-yo yu 5 aremashishi 13/14 und die Berge von Nara, dem 6 kami no kotogoto Grünerdigen, überschritt, *7 tsuga no ki no 6 obgleich die Gesamtheit der gött8 iya tsugi-tsugi ni lichen Kaiser, 9 ame no shita 5 die geboren waren 10 shiroshimeshishi wo 4 seit dem Zeitalter der Sonnenregierung *11 sora-ni-mitsu 12 Yamato wo okite 3 von Kashihara, 1/2 das in der Nähe des Edelstein*13 awoniyoshi 14 Nara-yama wo koye band-tragenden Hals-UnebiBerges liegt, 15 ika sama ni 16 omohoshimese ka 9 das Reich *17 amazakaru 10 (dort in Yamato) regiert hatten, 18 hina ni wa aredo 8 aufeinander folgend *19 ihabashiru 7 wie (die Zweige des) Tsuga20 Afumi no kuni no Baumes. *21 Sasanami no 27 Der Palast 22 Ohotsu no miya ni 25/26 des göttlichen Herrschers, 23 ame no shita 23 der das Reich 24 shiroshimeshikemu 22 im Palast von ötsu 25 sumerogi no 21 bei Sasanami 26 kami no mikoto no 20 im Lande Ömi, 27 oho-miya ha 19 wo Meeresschaum über die Felsen 28 koko to kikedomo läuft, 24 regiert haben soll, 29 oho-tono ha 30 koko to ihedomo 18 trotzdem es Provinz war, 31 harukusa no 17 die himmelweit entfernt lag, 32 shigeku ohitaru 27 dieser Palast *33 kasumitatsu 28 ist hier, so höre ich zwar, Anmerkung. Die Makura-kotoba (abgek.: m. k., vgl. S.75ff. und Verzeichnis am Schluß)sind durch * gekennzeichnet.
8 34 *35 36 37
harubi no kireru momoshiki no oho-miya-dokoro mireba kanashi mo
29 und die große Halle 30 ist hier, so erzählt man zwar, 36/37 wenn ich aber den Ort des Palastes, 35 der hundertfach aufgeschichtet war, sehe, 32 überwuchert von Frühlingsgräsern, 34 vom Nebel des Frühlingstages, 33 wo der Dunst aufsteigt, verhüllt, 37 ach, wie betrübt bin ich da!
Eine andere Version für Zeile 31—34 lautet: 31/32 Aber ist denn der Frühlingstag 31 kasumitatsu so neblig ? 32 harubi ka kireru 33 oder das Sommerkraut 33 natsukusa ka 34 so dicht gewachsen ? 34 shigeku narinuru 35/37 Ach, wie betrübt es mich, wenn ich den Ort des Palastes sehe. I 24: 2 Hanka I *1 Sasanami no 2 Shiga no Karasaki 3 sakiku aredo 4 oho-miya-bito no 5 fune machi-kanetsu *1 2 3 4 5
II Sasanami no Shiga no oho-wada yodomu to mo mukashi no hito ni mata ahame ya mo
2 Wenn auch das Karasaki von Shiga 1 bei Sasanami 3 ruhig dalag, 4/5 habe ich dooh die Schüfe der Höflinge nicht erwarten können. 1/3 Sind auch (die Wasser) in der großen Bucht von Shiga bei Sasanami still, 4 mit den Leuten der vergangenen Zeit 5 werde ich niemals zusammentreffen !
Anmerkung. I m alten Japan wurde aus Scheu gegen die Toten von jedem neuen Herrscher eine neue Hauptstadt gewählt. Fast alle diese Stätten lagen innerhalb der Provinz Yamato, die schon einst in mythischer Zeit der Gott Nigi-haya-hi „vom Himmel her erblickt" hatte, (darauf bezieht sich das m. k. sora-ni-mitsu), und die der erste Kaiser, Jimmu, der ein Nachkömmling und Beauftragter der Sonnengöttin war, (worauf dadurch angespielt ist, daß seine Herrschaft hijiri „Sonnenregierung" genannt wird), sich für die Anlage seiner Residenz auswählte. Diese erste Hauptstadt soll in Kashihara angelegt worden sein. Die Daten, die für diese Überlieferung in den alten Annalen angegeben werden, sind nicht zuverlässig. Wie uns im Nihongi unter dem 17. April 667 berichtet wird, brach der Kaiser Tenji mit der Tradition, in Yamato eine Hauptstadt zu gründen. Er verlegte
9 seine Hauptstadt nach der Provinz Ömi, das im Gedicht amazakaru zubenannt ist, „himmelweit entfernt von den Plätzen, die sonst für die Anlage von Hauptstädten bevorzugt waren". Für diese Anordnimg mögen innen- und außenpolitische Bücksichten, besonders auf China, maßgeblich gewesen sein, das gerade damals anfängt, eine große Rolle in der japanischen Politik zu spielen. Berichtet wird, daß die Bevölkerung mit der Verlegung der Hauptstadt keineswegs einverstanden war und „viele sollen indirekt dagegen Einspruch erhoben haben. Es wurden Spottgedichte verfaßt, jeden Tag und jede Nacht kamen (als böse Vorzeichen) Brände vor" (vgl. Florenz, Nihongi 27. Buch, S. 19). Trotzdem wurde der neue Palast dann in Otsu errichtet. I n den kriegerischen Unruhen im Jahre 672, die der Thronbesteigimg des nächsten Kaisers vorausgingen, wurden die Anlagen vollständig zerstört. Der Kogi-Kommentar verändert den Text des Gedichtes an einigen Stellen. Entgegen den chinesischen Zeichen ^ ¿H" tjjij£ ^ j " soll demnach, wohl unberechtigter Weise, in Zeile 18 hina ni ha aranedo gelesen werden. Nach einem andern Text liest er Zeile 16 omohoshikeme ka. Das hanka 2 schließt im Original mit eiher rhetorischen Frage: „Werde ich wieder zusammentreffen mit den Leuten vergangener Zeiten?". Karasaki = „Kap von K a r a " Ortsname im Distrikt Shiga der Provinz Ömi.
II. 1 28: Naga-uta Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als die Kaiserin Jitö nach Yoshino ging. 6 Obgleich es viele *1 Yasumishishi 5 Lande gibt 2 wago oho-kimi no 4 im Reiche, 3 kikoshiwosu 2 das unsere große Fürstin, 4 ame no shita ni 1 die in Frieden herrscht, 5 kuni ha shi mo 3 regiert, 6 saha ni aredomo 14 richtet man 7 yama kaha no 13 die Palastpfeiler auf 8 kiyoki kafuchi to 12 im Felde von Akitsu, Herbstfeld, *9 mi-kokoro wo 11 wo im Herbste die Blumen fallen, 10 Yoshinu no kuni no 10 im Lande Yoshino, *11 hana chirafu 9 dem ihr Herz sie zuneigt 12 Akitsu no nobe ni 8 als einem Lande, das umflossen 13 miyabashira von Strömen, 14 futo-shikimaseba *15 momoshiki no 7 von Bergen und Flüssen 16 oho-miyabito ha 18 hell glänzt. 17 fuñe namete 16 Da reihen die Höflinge des großen 18 asa kaha watari Palastes, 19 funagihoi 15 der hundertfach aufgeschichtet ist, 20 yufu kaha wataru 21 sono kaha no 17 ihre Schiffe aneinander 4 und rudern am Morgen über den 22 tayuru koto naku Fluß; 23 kono yama no 24 iya takakarashi 19 im Wettstreit der Boote
10 *25 ihabashiru 26 tagi-no-miyako ha 27 miredo akanu ka mo
I 28: Hanka 1 Mireda akanu 2 Yoshinu no kaha no *3 toko-name no 4 tayuru koto naku 5 mata kakeri-mimu
20 überschreiten sie am Abend den Fluß. 21/22 Unaufhörlich fließt dieser Strom, 24 immer höher erscheinen 23 die Berge. 27 Ich kann meine Blicke nicht losreißen 26 von der Hauptstadt neben dem Wasserfall, 25 der über die Felsen dahinläuft. 3 2 4 5
Wie die ständige Glätte im Bett des Yoshino-Flusses ewig ist, möchte ich ewig zurückkehren, um (Yoshino) zu sehen, 1 von dem ich meine Blicke nicht losreißen kann.
III. 1 29: Naga-uta Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als die Kaiserin Jitö nach Yoshino ging. 2 Unsere große Fürstin, *1 Yasumishishi 1 die ruhig regiert, 2 wago oho-kimi no 8 errichtete, 3 kamu-nagara 3 in göttlicher Majestät 4 kamu-sabi sesu to 4 göttlich handelnd, 5 Yoshinugaha 7 die große Halle 6 tagi tsu kafuchi ni 6 in dem von Strömen umflossenen 7 takatono wo Land beim Wasserfall 8 takashirimashite 5 des Yoshinogawa: 9 nobori-tachi 9 da sie hinaufsteigt und stehend 10 kuni-mi wo sureba 10 das Land betrachtet, *11 tatanadzuku 13 bringt der Berggott 12 awo-gaki-yama no 11 der vielfach aufgeschichteten 13 yama-tsu-mi no Berge, 14 matsuru mi-tsuki to 12 die wie ein grüner Zaun sich 15 harube ha herumlagern, 16 hana kazashi-mochi 14 als Tribut 17 aki tateba 15/16 im Frühling Blumen, die er sich 18 momidji-ba kazari ins Haar steckt, 19 Yufu-kaha no 17/18 und wenn der Herbst anbricht, 20 kami mo schmückt er sich mit bunten 21 oho-mi-ke ni Blättern. 22 tsukahematsuru to
11
23 24 25 26 27 28 29
1 2 3 4 5
kami-tsu-se ni u-kaha wo täte shimo-tsu-se ni sade sashi-watashi yama kaha mo yorite tsukafuru kami no mi-yo ka mo
I 29: Hanka Yama kaha mo yorite tsukafuru kamu-nagara tagi-tsu kafuchi ni funa-de sesu ka mo
20 19 23 24 25 26 22 21 29 27 28
Auch der Gott des Yü-Flusses fängt im Oberlauf mit Kormoranen Fische und stellt im Unterlauf Netze über den Fluß, um beizutragen zur kaiserlichen Speise. o göttliches Zeitalter wo Berge und Flüsse sogar dienend herbeikommen.
3 0, in göttlichem Gepränge 5 macht (die Fürstin) eine Bootfahrt 4 im,.Landzwischen den Strömen" am Wasserfall, 1 wo selbst Berg und Fluß 2 herbeikommen und dienen.
Anmerkung. Gedicht II und III (III übersetzt Florenz, Gesch. d. jap. Literatur S. 94f.) gehören eng zusammen. Die Kaiserin Jitö war eine Tochter des Kaisers Tenji und die Gemahlin seines Bruders, des Kaisers Temmu. Sie übernahm die Regierung im Jahre 686 und pflegte während ihrer Regierungszeit häufiger den Palast von Yoshino zu besuchen. In Gedicht II ist in Zeile 9 und 10 ein Wortspiel gebildet mit yoshi von yosu näherkommen lassen. Mi-kokoro wo yoshi das Herz näherkommen lassen, das Herz zuneigen. Yufu-kaha (Gedicht III) soll ein alter Name für den. Oberlauf des Yoshino-gawa sein.
IV-VI. I 30: Tanka 1 2 3 4 5
Gedichte aus der Zeit, als die Kaiserin Jitö nach Ise ging. 4 Wird in den Saum der schönen Ago no ura ni Kleider funa-nori suramu wotomera ga 3 der Mädchen, tama-mo no suso ni 1 die am Ufer von Ago shiho mitsuramu ka 2 ins Schiff gestiegen sein werden, 5 die Seeflut hineingedrungen sein ?
I 31: Tanka *1 Kushirotsuku 2 Tabushi no saki ni
4 Werden die Höflinge des großen Palastes
12
3 ima mo ka mo 4 oho-miyabito no 5 tama-mo karuramu
3 jetzt wohl 5 das Seekraut schneiden 2 am Kap von Tabushi?
Anmerkung: Nicht übersetzt ist das m. k. kushiro-tsuku Armband anlegen.
1 2 3 4 5
I 32: Tanka Shihosawi ni Irago no shimabe kogu fune ni imo noruramu ka araki shimawa wo
4 Wird meine Geliebte eingestiegen sein, 5 trotz der rauhen Inselbucht, 3 in das Schiff, 2 das an der Inselküste von Irago 1 im Meerestosen rudert?
Die obigen drei Gedichte wurden verfaßt von Hitomaro, als er in der Hauptstadt zurückblieb. Anmerkung: Ago und Tabushi im Lande Shima. Die Insel Irago wird wohl in der Nähe der Landzunge von Mikawa, die sieh Shima entgegenstreckt, zu suchen sein.
VII. I 35: Naga-uta. Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als der Prinz Karu auf dem Felde von Aki rastete. 2 Unser großer Fürst *1 Yasumishishi 1 der ruhig regiert, 2 wago oho-kimi 4 der erlauchte Sohn der Sonne, *3 takahikaru 4 hi no miko 3 die hoch herabscheint, 7/8 verläßt die festgefügte Haupt5 kamu-nagara stadt 6 kamu-sabi sesu to 5 in göttlicher Majestät 7 futo-shikasu 8 miyako wo okite 6 und göttlichem Gebaren. 12 Die rauhen Bergwege *9 komoriku no 10 Hatsuse no yama wa 10 der Berge von Hatsuse, 11 ma-ki tatsu 9 des verborgenen Landes, 12 ara-yama-michi wo 11 die bestanden sind von Hinoki13 iha ga ne no Bäumen, 14 shimoto oshi-nabe 16 überschreitet er am Morgen, 15 wenn die Vögel über die Hügel *15 sakatori no 16 asa koye-mashite fliegen, 13/14 indem er die Büsche des Fels*17 kagirohi no 18 yufu sari-kureba bodens beiseite biegt.
13 19 20 21 22 *13 24 25
18 17 21 22 20 19 24 23 25
mi-yuki furu Aki no oho-nu ni hatasusuki shinu wo oshi-nabe kusamakura tabi-yadori sesu inishihe omohite
Und wenn der Abend kommt, wo die Sonne glühend untergeht, tritt er die Hatasusuki und den Shino-bambus herunter auf der weiten Ebene von Aki, wo der tiefe Schnee fällt, und bereitet sich das Reiselager auf den Kissen von Gras, vergangener Zeiten gedenkend.
1 2 3 4 5
I 35: 4 Hanka I Aki no no ni yadoru-tabibito uchi-nabiki i mo nurame ya inishihe omofu ni
1 2 3 4 5
II Mi-kusa karu ara-nu wa aredo momijiba no suginishi kimi ga katami to zo koshi
1 2 3 4 5
III Himugashi no no ni kagirohi no tatsu miete kaheri-mi sureba tsuki katamukinu
1 2/3 4 5
Am östlichen Felde zeigt sich die aufgehende Sonne, und wenn ich zurückblicke, neigt sich der Mond herab.
1 2 3 4 5
IV Hinameshi no miko no mikoto no uma namete mi-kari tatashishi toki ha ki-mukafu
5 1/2 3 4
Jetzt kommt jener Zeitpunkt, an dem der Prinz Hinameshi, die Pferde aneinanderreihend, einst zur Jagd aufgebrochen ist.
2 Wird der Reisende, 1 der auf dem Felde von Aki sich ruht, 3 (auf sein Lager) hingestreckt, 4 tief schlafen, 5 wenn er vergangener Zeiten gedenkt? 2 Trotzdem es nur ein rauhes Feld ist, 1 auf dem man Susuki-Gras schneidet, 5 bist du wahrlich hierher gekommen in dem Gedanken, daß es hier noch eine Erinnerung geben könnte 4 an den Herrn, der dahingeschieden ist, 3 wie bunte Herbstblätter fallen.
Anmerkung: . Der Prinz Karu, später als Kaiser Mommu Tennö genannt, war ein Sohn des Prinzen Hinameshi. Dieser war wiederum ein Sohn des Kaisers Temmu und seiner Gemahlin, die später als Kaiserin Jitö den Thron bestieg. Der Prinz Hinameshi starb im Jahre 689. Nach dem Gedicht besucht der Prinz Karu ein
14 Jagdgebiet, auf dem er früher mit seinem Vater zusammen gewesen war. (Ergibt sich besonders aus Hanka II u. IV). Hitomaro hatte schon früher im Dienste des Prinzen Hinameshi gestanden. Das „große Feld von Aki" befindet sich in Yamato im Distrikt Uda.
VIII. II 46: Naga-uta Zwei Gedichte nebst Hanka von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als er im Lande Ihami von seiner Frau Abschied nahm, um zur Hauptstadt zu gehen. (4/6) Die Leute werden 1 Ihami no mi 2 die Bucht von Mitsunu 2 Mitsunu no ura-mi wo I am Meer von Ihami 3 ura nashi to 4 hito koso mirarne 4/6 sicherlich daraufhin ansehen, 5 kata nashi to 3 daß dort keine (gute) Küste 6 hito koso mirarne wäre, 7 yoshi-e-ya-shi 5 daß dort kein (guter) Strand 8 ura ha naku to mo wäre. 7/8 Ob da auch keine (gute) Küste 9 yoshi-e-ya-shi ist, 10 kata ha naku to mo *11 isanatori 9/10 ob da auch kein (guter) Strand 12 umi-be wo sashite ist, 13 Watadzu no 16 wird doch das schöne Seegras, 14 ar'iso no uhe ni das Tiefseegras, 15 ka-awo naru 15 das grün gewachsen ist, 16 tama-mo oki-tsu-mo 12 an die Küste des Meeres, 17 asa hafuru II wo man Walfische fängt, 14 auf das wilde Ufer 18 kaze koso ki-yose 19 yufu hafuru 13 von Watazu 20 nami koso ki-yose 18 herangetragen von dem Winde, 21 nami no muda 17 der des Morgens weht, 22 ka yori kaku yoru 20 herangetragen von den Wellen, *23 tama-mo nasu 19 die des Abends wogen. 24 yori-neshi imo wo 23 So wie das schöne Seegras *25 tsuyu shimo no 22 sich bald so bald so 26 okite shi kureba 21 den Wellen anschmiegt, 27 kono michi no 24 habe ich aneinander angeschmiegt 28 ya-so kuma goto ni geschlafen mit der Geliebten. 29 yorodzu tabi 25/26 Weil ich die Geliebte, ach, zurück30 kaheri-mi suredo gelassen habe, wie (die Nacht) Tau und Reif zurückläßt, und 31 iya toho ni hier entlang komme, 32 sato ha sakarinu 30 blicke ich mich um 33 iya taka ni 29 zehntausendmal 34 yama mo koye-kinu 27/28 an jeder der achtzig Krüm : *35 natsu-kusa no mungen dieses Weges. 36 omohi-shinayete
15
37 shinuburamu 38 imo ga kado mimu 39 nabike kono yama
II 45: 2 Hanka I Ihami no ya Takatsunu-yama no ko-no-ma yori aga furu sode wo imo mitsuramu ka II Sasa ga ha ha mi-yama mo saya ni sawagedomo are wa imo omofu wakare kinureba
31 Aber trotzdem bin ich immer weiter 32 vom Dorfe entfernt, 33 bin ich immer höher 34 hinauf in die Berge gekommen 38 Ich möchte das Tor (des Hauses) der Geliebten sehen, 35/36 die von Trennungsschmerz wie Sommergras gebeugt, 37 sich nach mir sehnen wird. 39 (Drum) beugt euch herab ihr Berge!
5 Die Geliebte wird wohl gesehen haben, 4 wie ich mit dem Ärmel gewinkt habe 3 aus der Lichtung der Bäume 2 des Takatsunu-Berges 1 ach — von Ihami. 1 Obgleich von den Blättern des Bambusgrases 2 der Berg sogar raschelnd 3 rauschte, 4 sehnte ich mich nach der Geliebten; 5 weil ich vom Abschied kam.
Eine andere Variante von Hanka I : Ihami naru Ach, die Geliebte wird wohl gesehen Takatsunu-yama no haben, ko-no-ma yo mo 4 wie ich mit dem Ärmel winkte aga sode furu wo 3 aus der Lichtung der Bäume imo mikemu ka mo 2 des Takatsunu-Berges, 1 der sich in Ihami befindet. Eine andere Variante des Naga-uta lautet: II, 48 1 Ihami no mi 4/6 Die Leute werden 2 Tsunu no urami wo 2 die Bucht von Tsunu 3 ura nashi to 1 am Meer von Ihami 4 hito koso mirame (4/6) sicherlich daraufhin ansehen, 5 kata nashi to 3 daß dort keine gute Küste wäre, 6 hito koso mirame 5 daß dort kein guter Strand wäre. 7 yoshi-e-ya-shi 7/8 Ob da auch keine gute Küste ist,
16
8 9 10 *11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 *23 24 *25 26 *27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 *39 40 41 42 43
1 2 3 4 5
ura ha naku to mo yoshi-e-ya-shi kata ha naku to mo isanatori umibe wo sashite Nigitadzu no ar'iso no uhe ni ka-awo naru tama-mo oki-tsu-mo ake kureba nami koso ki-yose yufu sareba kaze koso ki-yose nami no muda ka yori kaku yoru tama-mo nasu nabiki aga neshi shikitahe no imo ga tamoto wo tsuyu shimo no okite shi kureba kono michi no ya-so kuma goto ni yorodzu tabi kaheri-mi suredo iya toho ni sato sakari-kinu iya taka ni yama mo koye-kinu hashiki-ya-shi aga tsuma no ko ga natsu-kusa no omohi-shinayete nagekuramu Tsunu no sato mimu nabike kono yama
Dazu 1 Hanka Ihami no mi Takatsunu-yama no ko-no-ma yori aga furu sode wo imo mitsuramu ka
9/10 ob da auch kein guter Strand ist, 16 wird doch das schöne Seegras, das Tiefseegras, 15 das grün gewachsen ist 12 an die Küste des Meeres, 11 in dem man Walfische fängt, 14 auf das wilde Ufer 13 von Nigitadzu 18 herangetragen von den Wellen, 17 wenn die Morgendämmerung anbricht, 20 herangetragen vom Winde, 19 wenn der Abend kommt. 23 So wie das schöne Seegras 21 sich mit den Wellen 22 bald so bald so 24 anschmiegt, habe ich mit der Geliebten geschlafen 25/26 deren Ärmel, aus vielfach geschichtetem Tuch, ich jetzt zurücklasse, 27 wie (die Nacht) Tau und Reif zurückläßt, 28 und weil ich hier —ach — entlang komme, 32 blicke ich zurück 31 zehntausendmal 30 an jeder der achtzig Krüm29 dieses Weges. [mungen 33/34 Aber ich bin immer weiter vom Dorfe entfernt, 35/36 bin immer höher in die Berge hinaufgekommen. 37/38 Ach — du meine liebe Gemahlin, 40 du wirst voller Sehnsucht gebeugt (dastehen) 39 wie das Gras (in der Hitze) des Sommers 41 und wirst seufzen. 42 Ich möchte das Dorf Tsunu sehen, 43 beugt euch herab ihr Berge! 5 4 3 2 1
Wird die Geliebte gesehen haben, wie ich mit dem Ärmel winkte aus der Lichtung der Bäume des Takatsunu-Berges am Meer von Ihami?
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IX. II 47: Naga-uta. Überschrift wie oben (VIII). *1 Tsunusahafu 5 Auf den Meeresfelsen 2 Ihami no umi no 4 am Kap von Kara *3 kotosahegu 1/2 am Meere des moosbewachsenen 4 Kara no saki naru Fels-Ihami 5 ikuri ni zo 6 wächst wahrlich das Tiefseegras, 6 fukamiru ofuru 7 am wilden Ufer 7 ar'iso ni zo 8 wächst das schöne Seegras. 8 tamamo ha ofuru 12 Indem ich meine Liebe vertiefe, *9 tamamo nasu 11 tief wie das Tief seegras, liebe 10 nabiki-neshi ko wo ich zwar *11 fukamiru no 10 das Mädchen, mit dem ich ge12 fukamete mohedo schlafen habe angeschmiegt, 13 sa-neshi yo ha 9 wie sich das schöne Seegras an14 ikuda mo arazu schmiegt. *15 hafutsuta no 13 Doch der Nächte, in denen wir 16 wakare shi kureba engbeieinander schliefen, *17 kimomukafu 14 waren nicht viele. 18 kokoro wo itami 16 weil ich — ach — vom Abschied 19 omohitsutsu komme, 20 kaheri-mi suredo 15 wo man sich trennt, wie Efeu21 ohobune no ranken voneinander sich trennen, 22 Watari-no-yama no 18 ist mein Herz zerbrochen, 23 momidji-ba no 20 deshalb blicke ich zurück 24 chiri no midari ni 19 in beständiger Sehnsucht. 25 imo ga sode 25 Aber trotzdem ist der Ärmel 26 saya ni mo miezu meiner Geliebten *27 tsumagomoru 24 im Gewirr der herabfallenden 28 Yakami-no-yama no 23 farbigen Blätter 29 kumo-ma yori 22 des Watari-Berges 30 watarafu tsuki no 26 nicht klar sichtbar; 31 woshikedomo 31 wie traurig es auch sein mag, 32 kakurohi-kureba 32 er verbirgt sich langsam *33 amadzutafu 30 wie der Mond, der dahingeht 34 iri-hi sashinure 29 zwischen den Wolken 35 masurawo to 28 des Yakami-Berges, der hoch 36 omoheru are mo über den Häusern ragt, *37 shikitahe no 27 in denen die Frauen verborgen 38 koromo no sode ha leben, 39 tohorite nurenu 34 und untergehend scheint die Sonne, 33 die das Himmelsgewölbe umwandelt. 35/36 Da ist selbst bei mir, der ich 2 Lorenzen.
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mich für einen Helden gehalten habe, 38/38 der Ärmel des Gewandes aus vielfach geschichtetem Tuch 39 durchfeuchtet (von Tränen). 2 Hanka 1 2 3 4 5
Awo-koma ga agaki wo hayami kumo-wi ni zo imo ga atari wo sugite kinikeri
4 3 5 1 2
Ich habe das Haus meiner Geliebten schon in Wolkenferne hinter mir gelassen, weil mein Schecke auf schnellen Füßen dahinrennt.
1 2 3 4 5
II Aki-yama ni chirafu momodji-ba shimashiku ha na chiri-midari zo imo ga atari mimu
2 1 4 3 5
Ihr fallenden Blätter des herbstlichen Berges fallt doch nicht so verwirrend herab für eine kurze Weile, ich möchte das Haus der Geliebten sehen.
Anmerkung: _ I m alten J a p a n herrschte Polygamie. Aus vielen Gedichten des Manyöshü ergibt sich, daß der Mann, der sonst von seiner F r a u getrennt lebte, diese n a c h t s besuchte, u m a m f r ü h e n Morgen wieder v o n ihr Abschied zu nehmen. I n diesen beiden Gedichten handelt es sich, wie sich aus der Überschrift ergibt, u m einen Abschied auf längere Zeit, wahrscheinlich von einer Nebenfrau, anläßlich einer Reise. Hitomaro, der wohl längere Zeit in I h a m i weilte, h a t t e sich dort, weitverbreiteter Sitte gemäß, eine zweite F r a u genommen. Gedicht XV scheint anläßlich des Todes der H a u p t f r a u geschrieben zu sein, während XIV wohl auf den Tod einer anderen Nebenfrau gedichtet ist. I h a m i ist eine der Provinzen des Sanindö. Mitsunu u n d W a t a d z u sind Ortschaften im Distrikt N a k a . Der Takutsunu-Berg liegt im Distrikt Mino, der Watari-Berg u n d der YakamiBerg im D i s t r i k t Öchi. Das K a p von K a r a soll im Distrikt Nima liegen, alle in Ihami, (Angaben nach Kogi). Der Ausdruck awogoma wird durch das K o t o b a no I d z u m i mit dem chinesischen Zeichen J ^ ^ graues Pferd, Schecke, erklärt. Nicht übersetzte m. k . : Zeile 3 koto-sahegu. Zeile 17 kimo-mulcafu.
X. II 76: Naga-uta. Gedicht von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, verfaßt, als der Prinz Hinameshi begraben wurde. 1 Arne tsuchi no 2 Am Anfang von 2 hajime no toki shi 1 Himmel und Erde *3 hisakata no 5 waren die achthundert,
19 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 *25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 *41 42 *43 44 45
ama-no-gahara ni ya-ho-yorodzu chi-yorodzu kami no kamu-tsudohi tsudohi-i-mashite kamu-agachi agachishi toki ni ama-terasu hiru-me no mikoto ame wo ba shiroshimesu to ashi-hara no midzu-ho no kuni wo ame tsuchi no yori-ahi no kihami shiroshimesu kami no mikoto to ama-kumo no ya-he-kaki waltete kamu-kudari i-mase-matsurishi taka-hikaru hi no miko ha Asuka no Kiyomi no miya ni kamu-nagara futoshikimashite sumerogi no shikimasu kuni to ama-no-hara iha-to wo hiraki kamu-nobori nobori-imashinu waga oho-kimi miko no mikoto no ame no shita shiroshimeshi seba haru-hana no tafutokaramu to mochitsuki no tatahashikemu to ame no shita
6 die tausend mal zehntausend Götter, 7 in göttlicher Versammlung 8 versammelt 4 in der Flußebene des Himmels, 3 der wie ein Kürbis geformt ist; 9 und als sie-' in göttlichem Ratschlag 10 ratschlagten, (14) dachte man daran, daß 12 Ihre Hoheit die Sonnenfrau, 11 die vom Himmel scheint, 13 den Himmel 14 regiert, 26 und ein Sohn der Sonne, 25 die hoch herabscheint, 23/24 stieg göttlich herab, 21/22 indem er den achtfachen Zaun der himmlischen Wolkenzerteilte, 20 als göttliche Hoheit, 16 die das Land der frischen Ähren 15 des Schilfgefildes 19 regiert, 18 bis einst 17/18 Himmel und Erde zusammenfallen. 26 Ein (anderer) Sohn der Sonne, 25 die hoch herabscheint, 29/30 richtete göttlich sich ein 28 im Palast von Kiyomi 27 in Asuka 36 und ist hinaufgestiegen 35 in göttlicher Auffahrt, 34 indem er das Felsentor öffnete 33 zur Himmelsebene, 31/32 als einem Land, das vom Herrscher zu regieren ist. 38 „Wenn Du mein Prinz, 37 mein hoher Fürst, 39 das Reich 40 regieren wirst, 42 wird es prächtig werden 41 wie Frühlingsblumen 44 und üppig-voll 43 wie der Vollmond". Diesem Gedanken 48 vertrauten 45 im Reiche
20
46 *47 48 *49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65
yo-mo no hito no ohobune no omohi-tanomite ama tsu midzu afugite matsu ni ika sama ni omohoshimese ka tsure no naki Mayumi no woka ni miya-bashira futoshiki-i-mashi mi-araka wo takashirimashite asa goto ni mikoto tohasazu tsuki hi no maneku narinure soko yue ni miko no miya-bito yuku he shirazu mo
46 die Leute aller Himmelsrichtungen 47 wie einem großen Schiff. 50 Während die Leute wartend aufblickten 49 wie nach himmlischem Regen, 51 wie hast Du es Dir (da wohl) 52 gedacht, 55 als Du die Palastpfeiler 56 fest aufstelltest 57 und den Palast 58 hochaufrichtetest 54 auf dem Mayumi-Hügel, 53 wohin keiner Dir folgt. 61 Weil der Monde und Tage 62 viele geworden sind, 59 in denen Du niemals am Morgen 60 Deine Befehle gabst, 64 wissen die Palastleute des Prinzen 65 nicht, wohin sie gehen sollen.
2 Hanka 1 2 3 4 5
hisakata no ame miru gotoku afugi-mishi miko no mikado no aremaku woshi mo
*1 2 *3 4 5
II Akanesasu hi ha teraseredo nubatama no yo waturu tsuki no kakuraku woshi mo
5 Ach, wie bedauerlich ist es, daß 4 der Palast des Prinzen verfallen wird, 3 zu dem man aufblickte 2 wie zum Himmel, 1 der wie ein Kürbis geformt ist. 1 Wenn auch die rotstrahlende 2 Sonne scheint, (5)so ist es bedauerlich, 3 wenn der die kohlrabenschwarze 4 Nacht durchwandernde Mond 5 sich verbirgt.
Anmerkung; ImKojiki und Nihongi wird uns berichtet, wie in mythischen Zeiten die Götter sich berieten, wer das „Land der frischen Ähren des Schilfgefildes" regieren sollte und wie dann nach einigen Hindernissen zuletzt der Enkel der Sonnengöttin Hiko-ho no Ninigi no Mikoto vom Himmel herabstieg. Der Kaiser, der in Asuka regierte, war Temmu Tennö. Der Prinz Hinameshi, ein Sohn des Kaisers Temmu, ist früher schon erwähnt worden, er wurde auf dem Mayumi-Hügel begraben. In Hanka n beziehen sich die Zeilen 1 und 2 auf die Kaiserin Jitö, die nach Temmu zur Regierung gelangt, die übrigen Zeilen auf den vorher zumKronprinzen ernannten Hinameshi, der vorzeitig gestorben war. (Das Gedicht wurde auch übersetzt von Florenz, Geschichte der japanischen Literatur S. 95f.)
21 XI. II 100: Naga-uta. Gedicht von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, das der Prinzessin Hatsusebe überreicht wurde, nebst Tanka. *1 Tiibotori no (4) Das Seegras, 3 das im Oberlauf 2 Asuka-no-kaha no 2/4 des Asuka-Flusses wächst, 3 kami-tsu-se ni 6 fließt dahin 4 ofuru tama-mo ha 8 im Unterlauf. 5 shimo-tsu-se ni 7 So wie dieses Seegras 6 nagare-furafu 9 schmiegte sich *7 tama-mo nasu 10 dein Gemahl an, 8 ka yori kaku yori 8 bald so bald so. 9 nabikahishi 14 Weil du jetzt schläfst, 10 tsuma no mikoto no 12 ohne daß auch die weiche Haut *11 tatanadzuku (10) des Gemahls 12 nigi-hada sura wo 11 dicht zusammengefügt *13 tsurugi-tachi (14) sich anschmiegt an den Körper 14 mi ni sohe-neneba 13 wie die Klinge des Schwerts, *15 nubatama no 16 wird das Lager 16 yo-toko mo aruramu 15 in kohlrabenschwarzer Nacht 17 soko yue ni (16) verödet sein. 18 nagusame-kanete 17 Deshalb 19 kedashiku mo 18 bist du trostlos 20 afu ya to 21 omohoshite 21 und hoffst 19 vielleicht *22 tamadare no 20 kommen wir noch einmal zu23 Wochi no ohonu ni sammen, 24 asa-tsuyu ni 23/29 und reist — ach — auf das 25 tama-mo ha hidzuchi große Feld von Wochi 26 yufu-giri ni (29) und schläfst dort 27 koromo ha nurete 28 auf Kissen aus Gras, *28 kusa-makura 24 wenn im Morgentau 29 tabi-ne ka mo suru 25 das schöne Gewand naß ist, 30 ahanu kimi yue 26 und wenn im Abendnebel 27 das Kleid durchfeuchtet ist — 30 um des Gemahls willen, den du nicht triffst. *1 2 *3 4 5
Hanka Shikitahe no sode kaheshi kimi tamadare no Wochinu ni suginu mata ahame ya mo
1/2 Der Gemahl, mit dem du gegenseitig die vieltuchigen Ärmel umschlungen hast, 4 ist fortgegangen über das Feld von Wochi. 5 Wirst du je wieder mit ihm zusammentreffen ?
22 Anmerkung: Der Gemahl der Prinzessin Hatsusebe war ein Sohn des Kaisers Tenji namens Kahashima. Er starb im Oktober 691 und wurde auf dem Felde Wochi begraben. Nicht übersetzte m. k.: Naga-uta Zeile 22 1 . , undHanka „ 3 f tamaaare no Der Asuka-Fluß fließt in Yainashiro.
XII. II 102: Naga-uta Gedicht von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, verfaßt, als der Prinz Takechi begraben wurde. 1 Kakemaku mo 1 Um es in Worte zu bringen, 2 yuyushiki ka mo 2 ist es zu ehrfurchtgebietend. 3 ihamaku mo 3 Will man es aussprechen, 4 aya ni kashikoki 4 ist es seltsam ehrfurchterweckend ! 5 Asuka no 6 Makami no hara ni 14 Mein großer Fürst, *7 hisakata no 13 der ruhig regiert, 8 ama tsu mikado wo 6 hat sich in der Makami-Ebene 9 kashikoku mo 5 von Asuka 8 den Himmelspalast 10 sadametamahite 11 kamu-sabu to 8 ehrfurchterweckend 12 iha-gakurimasu 10 eingerichtet, *13 yasumishishi 11/12 und hat sich zwischen Felsen göttlich verborgen. 14 waga oho-kimi no 15 kikoshimesu 17/18 Er hatte (einst) die mit schönen Bäumen bestandenen 16 soto-mo no kuni no 17 ma-ki tatsu Fuha-Berge 18 Fuha-yama koete 16 im nördlichen Lande (Außen*19 komatsurugi bezirk), 20 Wazamiga hara no 15 das von ihm zu regieren war, 21 kari-miya ni 18 überschritten, 22 amori-i-mashite 22 und war hinabgestiegen 23 ame no shita 21 in die Pfalz 24 wosametamahi 20 von Wazami-ga-Hara. 25 wosu kuni wo 24 Er regierte 26 sadametamafu to 23 das Reich *27 tori ga naku 25 und wollte die zu verwaltenden 28 Adzuma no kuni no Lande 29 mi-ikusa wo 20 zur Ruhe bringen. 30 meshitamahite 30 Er rief 29 das Heer 28 des östlichen Landes, 27 wo die Hähne des Morgens zuerst krähen, (34) und sprach: 32 „Beruhigt
23
*31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 *55 56 57 58 59 60 61 62 *63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74
chihayaburu hito wo yahase to matsurahanu kuni wo sadame to miko-nagara maketamaheba oho-mi-mi ni tachi tori-obashi oho-mi-te ni yumi tori-motashi mi-ikusa wo adomohitamahi totonofuru tsudzumi no oto ha ikadzuchi no koe to kiku made fuki-naseru kuda no oto mo adamitaru tora ka hoyuru to moro-hito no obiyuru made ni sasagetaru hata no nabiki ha fuyugomori haru sari-kureba nu goto ni tsukite aru hi no kaze no muda nabiku ga gotoku tori-motaru yu-hazu no sawagi mi-yuki furu fuyu no hayashi ni tsumuji ka mo i-maki-wataru to omofu made kiki no kashikoku hiki-hanatsu ya no shigekeku oho-yuki no midarete kitare matsurohazu tachi-mukahishi mo
31 34 33 35
die herumtobenden Menschen, bringt zur Ordnung die unbotmäßigen Lande." Weil ihm in seiner Eigenschaft als Prinz 36 also der Auftrag gegeben ward, 37/38 umgürtete sich (Prinz Takechi) mit dem Schwert, 40 nahm den Bogen in seine erlauchten Hände 41/42 und führte das kaiserliche Heer. 43/44 Das Geräusch der Trommel, (die die Leute) zusammenrief an ihren Platz, 45/46 hörte sich an wie die Stimme des Donners. 47/48 Beim Ton der kleinen Flöte, die man erschallen ließ, 51 meinten alle Leute 52 verwirrt, 49/50 es brüllt wohl ein angreifender Tiger. 53/54 Breitete die hochgehaltene Fahne sich aus, (58) so war es, als ob das Feuer 59/60 im Winde aufflackert, 57/58 das auf allen Feldern entzündet wird, 56 wenn der Frühling kommt, 55 wo sich regt, was der Winter umschlossen. 61/62 Der Lärm der in der Hand gehaltenen Bogenkerben 68 war derart furchtbar anzuhören, 67 daß man denken konnte: 63/64 Im tief verschneiten Winterwald 65 kommt wohl ein Sturm 66 vorübergewirbelt; 71 und wie dichter Schnee 70 kam die Masse der abgeschossenen Pfeile 72 durcheinanderwirrend heran. 73/74 Während die Unbotmäßigwiderstehenden ,
24 *75 76 *77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 *91 92 93 94 95 96 *97 98 99 100 101 102 103 104 *105 106 107 108 *109 110 *111 112
tsuyushimo no kenaba kenubeku yuku tori no arasofu hashi ni Watarahi no ihahi no miya yu kamu-kaze ni i-buki-madohashi ama-gumo wo hi no me mo misezu toko-yami ni ohohitamahite sadameteshi midzu-ho-no-kuni wo kamu-nagara futoshikimasu yasumishishi waga oho-kimi no ame no shita mawoshitamaheba yorodzu yo ni shika shi mo aramu to yufuhana no sakayuru toki ni waga oho-kimi miko no mikado wo kamu-miya ni yosohi-matsurite tsukahashishi mikado no hito mo shirotahe no asagoromo kite Haniyasu no mikado no hara ni akanesasu hi no kotogoto shishi jimono ihahi-fushitsutsu
76 mag (das Leben) auslöschen, wenn es dahinschmilzt 75 wie Tau und Reif, 78 wetteiferten 77 wie dahinfliegende Vögel, 82 da blies es 81 wie Götterwind 79/80 von dem Enthaltsamkeitstempel von Watarahi her, (die Feinde) verwirrend, 83/86 und deckte die Himmelswolken 85 zu ständiger Finsternis 84 (über) die Sonne, daß diese nicht zu sehen war, (87) und (das Land) wurde geordnet. (94) Weil die Geschäfte 93 des Reiches 92 unserer großen Fürsten, 91 die ruhig regieren, 87 die das so geordnete 88 Land der frischen Ähren 89 göttlich 90 gefestigt hatten, 94 (der Prinz) übernahm, 96 dachte man: So wird es sein 95 bis in zehntausend Generationen. 98 (Aber) in der Zeit 97 als er wie Yü-Blumen blühte, 100 schmückte man den Palast des Prinzen, 99 meines großen Herrn, 101/102 als Palast für Götter aus 103 und die bediensteten 104 Palastleute 105/106 zogen weißtuchige Hanfkleider an. 108 In der Ebene des Palastes 107 von Haniyasu 112 lagen sie beständig betend am Boden 111 wie die Hirsche 110 Tag für Tag, 109 wenn die Sonne rotstrahlend schien,
25
*113 114 115 116 *117 118 119 120 *121 122 123 124 125 126 *127 128 129 130 *131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 *147 148 149
nubatama no yufu-be ni nareba oho-tono wo furi-sake-mitsutsu udzura nasu ihahi-motohori samorahedo samorahi-kanete haru-tori no samayohinureba nageki mo imada suginu ni omohi mo imada tsukineba kotosahegu Kudara no hara yu kamu-hafuri hafuri-i-mashite asamoyoshi Kinohe no miya wo toko-miya to sadamematsurite kamu-nagara shidzumarimashinu shikaredomo waga oho-kimi no yorodzu yo to omohoshimeshite tsukurashishi Kaguyama no miya yorodzu yo ni sugimu to mohe ya ame no goto furi-sake-mitsutsu tamadasuki kakete shinubamu kashikokeredomo
116 und sie ließen die Blicke schweifen 115 über die große Halle, 113 wenn die kohlrabenschwarze 114 Nacht kam. 118 Sie liefen hin und her 117 kriechend wie die Wachteln und beteten, 119 aber, obgleich sie dienten, 120 konnten sie (ihm) keine Dienste leisten. 123 Während ihr Seufzen 124 noch nicht erschöpft war, 122 weil sie noch klagten 121 wie die Frühlingsvögel, 125 und während ihre Sehnsucht 126 noch nicht zu Ende war, 129/130 zog (der Prinz) im göttlichen Beerdigungszug 128 von der Ebene von Kudara 134/132 und man bestimmte ihm den Palast von Kinohe 133 zum ewigen Palast, 135 wo (der Prinz) göttlich 136 ruhte. 137 Doch 142 der Palast von Kaguyama, 141 den der Prinz gebaut, 139 und den er sich für zehntausend Generationen 140 gedacht hatte, 143 wird der in zehntausend Generationen 144 (erst) vergehen 1 so denke ich 146 und wenn ich meine Blicke darüber schweifen lasse 145 wie über den Himmel, 148 möchte ich tief traurig werden; 149 trotzdem es so ehrfurchtgebietend ist.
2 Hanka I *1 Hisakata no 2 ame shirashinuru 3 kimi yue ni
5 Ach — in Sehnsucht lebe ich dahin, 4 ohne der Tage und Monde zu achten,
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4 tsuki hi mo shirani 5 kohi-wataru ka mo II Haniyasu no ike no tsutsumi no komori-nu no yuku he wo shirani toneri ha madofu
3 um deinetwillen, 2 der du den Himmel regierst, 1 der wie ein Kürbis geformt ist. 5 Die Höflinge irren umher, 4 ohne zu wissen, wohin sie gehen sollen 1/2/3 wie (die Wellen) des vom Deiche des Sees von Haniyasu eingeschlossenen Gewässers.
Anmerkung: Kurz vor seinem Tode h a t t e Kaiser Tenji seinen Bruder, den Kronprinzen Ohoama, späteren Kaiser Temmu, zu sich rufen lassen, u m ihm den Kaiserthron zu übertragen. Jedoch waren Intrigen zu befürchten, u n d der Kronprinz entschloß sich zu verzichten. E r b a t , m a n möge den Prinzen Ohotomo, einen Sohn des Kaisers Tenji, zum Nachfolger bestimmen. E r selbst wurde dann Mönch. Als n u n Ohotomo tatsächlich die Regierung nach dem Tode des Vaters in die H ä n d e nehmen wollte, t r a t Ohoama ihm mit einem Heere entgegen. Der sich nun entspinnende Kampf ist in diesem Gedicht zu Anfang geschildert. Takechi h a t t e nämlich als Heerführer in den Wirren auf Seiten Ohoama's eine Rolle gespielt. Zu bemerken ist, d a ß das Nihongi f ü r den Kaiser Temmu, der nachher Sieger wird, von vornherein Partei nimmt, trotzdem den geschilderten Verhältnissen nach dem Prinzen Ohotomo ein Anrecht auf den Thron zustand. Hitomaro stellt sich selbstverständlich, da er zu Takechi in einem Dienstverhältnis stand, auf die Seite des Kaisers T e m m u . So sagt er: 14—16 Die von unserm F ü r s t e n zu regierenden Außenprovinzen m i t Bezug auf Temmu, der legal noch nicht Kaiser war. Ferner ebenso: 21—26 . . . u n d war hinabgestiegen in die Pfalz von Wazamigahara, er regierte das Reich u n d gedachte die zu verwaltenden Lande zur R u h e zu bringen Die Angehörigen der Partei des Ohotomo werden als Rebellen bezeichnet: 31—34 Beruhigt die herumtobenden Menschen, bringt zur Ordnung die unbotmäßigen Lande lautet der Befehl des Ohoama, woraufhin d a n n Takechi, sein Sohn, das Heer a n f ü h r t gegen Ohotomo. Der Prinz Ohoama, der wohl befürchtete, daß ihm von Seiten des Kronprinzen Ohotomo nach dem Tode des Kaisers Tenji Unheil drohte, h a t t e sich von Yoshino, wo er als Mönch lebte, nach Osten zurückgezogen, u n d hier wurden Truppen ausgehoben. Der Hof des Prinzen Ohotomo war noch in Ömi, wo Tenji regiert h a t t e . Auf dem Wege zwischen Ömi u n d dem östlichen Gebiet lagen die Fuha-Berge, die nunmehr auf Befehl von Ohoama durch den Prinzen Takechi gesperrt wurden. Das H a u p t q u a r t i e r von Temmu scheint in Wazami, in der Provinz Mino, gewesen zu sein 18—22 E r (Temmu) h a t t e die Fuha-Berge überschritten, u n d war hinabgestiegen
27 in die Pfalz von Wazamigahara. I n dem folgenden K a m p f e wurde das Heer des Prinzen Ohotomo völlig aufgelöst, der Kopf des Prinzen wurde Ohoama eines Tages überreicht. Das Ereignis, das dem Gedicht zufolge die Entscheidung des Kampfes herbeigeführt haben soll: 73—88 Während die Unbotmäßigwiderstehenden wetteiferten (im Kampfe), da blies es wie Götterwind von dem Enthaltsamkeitstempel von W a t a r a h i her, (die Feinde) verwirrend, u n d deckte die Himmelswolken zu ständiger Finsternis (über) die Sonne, d a ß diese nicht zu sehen war, u n d das Land wurde geordnet, wird im Nihongi nicht berichtet. Die Zeilen 87—90 beziehen sich nun wohl speziell auf Temmu, der das so geordnete Land der frischen Ähren göttlich gefestigt h a t t e . Während diese K ä m p f e sich fast durch das ganze J a h r 672 hingezogen h a t t e n , konnte Temmu im J a h r e 673 endgültig den Thron besteigen. E r starb im J a h r e 686 und wurde in der Makami-Ebene von Asuka begraben (Zeile 5—12.) Ein Sohn der Hauptgemahlin dieses Kaisers, der späteren Kaiserin Jitö, war der Prinz Hinameshi, der auch K u s a k a b e genannt wird. Auf ihn ist die Elegie X gedichtet. E r war zum Kronprinzen eingesetzt worden. Nach dem Zeremoniell m u ß t e jedoch nach dem Tode eines Kaisers eine dreijährige Trauerzeit verflossen sein, bevor der Nachfolger den kaiserlichen Thron besteigen durfte. Hinameshi s t a r b aber schon im Alter von 28 J a h r e n am'13. Tage des 4. Monats des Jahres 689, also noch während der Trauerzeit f ü r den Kaiser T e m m u , so daß er nicht als Kaiser aufgeführt wird. I m J a h r e 690 übernahm daraufhin die Kaiserin J i t ö die Regierung, nachdem sie schon, wie das Nihongi berichtet, gleich nach dem Tode ihres Gemahls Temmu ,,ihre Befehle als kaiserliche geltend gemacht h a t t e " . Sie war, wie erwähnt, eine Tochter des Kaisers Tenji. Die Kaiserin scheint eine hochbegabte D a m e gewesen zu sein, die ihrem Gemahl in den Wirren von 672 mit R a t u n d T a t zur Seite gestanden h a t . Der Prinz Takechi, ein Sohn des Kaisers T e m m u von einer Nebenfrau, wurde unter ihrer Regierung Dajödaijin (Reichsver weser) u n d Kronprinz: 91—94 Weil die Geschäfte des Reiches unserer großen Fürsten (speziell Jitö), die ruhig regieren (der Prinz) übernahm, Aber auch er starb im 7. Monat des Jahres 696, ohne Kaiser geworden zu sein. Die Kaiserin J i t ö d a n k t e im J a h r e 697 zu Gunsten des Kaisers Mommu ab, der wie vorher erwähnt ( V I I Anmerkung), ein Sohn des Prinzen Hinameshi war. (Vgl. V. 37—72 übersetzt von Florenz, Gesch. d. jap. Lit., S. 96). Nicht übersetzte m. k.: Zeile 7 hisakata no ,, 19 koma-tsurugi ,, 127 koto-sahegu „ 131 asa-mo-yo-shi ,, 147 tama-dasuki
28 XIII. II 101: Naga-uta. Gedicht von Kakinomoto no Asomi Hitomaro verfaßt zur Zeit des Begräbnisses der Prinzessin Asuka in Kinohe. 3 Am Oberlauf *1 Tobutori no 2 des Flusses von Asuka 2 Asuka-no-kaha no 4 ist aus (nebeneinandergereihten) 3 kami-tsu-se ni Steinen eine Brücke gelegt, 4 iha-bashi watashi 5 am Unterlauf 5 shimo-tsu-se ni 6 ist (aus Brettern) hinüber6 uchi-hashi watasu geschlagen eine Brücke gelegt. 7 iha-bashi ni 9 Wenn die schönen Algen, 8 ohi-nabikeru 8 die angeschmiegt an der 9 tama-mo mo zo 7 steinernen Brücke wachsen, 10 tayureba ofuru 10 auch vergehen, wachsen sie doch 11 uchi-hashi ni (wieder), 12 ohi-woworeru 13 wenn die Flußalgen, 13 kaha-mo mo zo 11 die an der hinübergeschlagenen 14 karureba hayaru Brücke 15 nani shi ka mo 12/14 üppig wachsen, auch vertrock16 waga oho-kimi no nen, so wachsen sie doch (wieder). 17 tataseba 15 Ach — warum nur, 18 tama-mo no gotoku 16 meine hohe Fürstin, 19 korofuseba 24 vergißt Du am Morgen 20 kaha-mo no gotoku 23 den Palast, 21 nabikahishi 26 kehrst Du am Abend Dich ab 22 yoroshiki kimi ga 25 von dem Palast 23 asa miya wo 22 des wohledlen Herrn, 24 wasuretamafu ya 21 an den Du Dich anschmiegtest, 25 yufu miya wo 18 wie schöne Algen 26 somukitamafu ya 17 wenn Du aufrecht dastandst, 27 utsusomi to 20 wie Flußalgen 28 omohishi toki 19 wenn Du Dich niederlegtest? 29 haru-be ha 28 In der Zeit, die mir in der Er30 hana wori-kazashi innerung steht 31 aki-tateba 27 als die, wo Du noch in dieser 32 momidji-ba kazashi Welt warst *33 shikitahe no 30 brachst Du 29) im Frühlingsfeld (30) die Blumen ab und stecktest sie ins Haar, 31 und wenn der Herbst kam, 32 stecktest Du bunte Blätter ins Haar. 33 Tuch auf Tuch
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34 *35 36 *37 38 39 40 41 42 *43 44 45 46 *47 48 49 50 *51 52 *53 54 *55 56 *57 58 *59 60 61 62 63 64 65 66 67 68
sode tadzusahari kagami nasu miredomo akani mochidzuki no iya medzurashimi omohoshishi kimi to toki-doki idemashite asobitamahishi mikemukafu Kinohe-no-miya wo toko-miya to sadametamahite adjisahafu me-goto mo taenu shikare ka mo aya ni kashikomi nuedori no kata-kohi-shitsutsu asatori no kayohasu kimi ga natsukusa no omohi-shinaete yufudzutsu no ka yuki kaku yuki ohobune no tayutafu mireba nagusamuru kokoro mo arazu soko yue ni semu sube shirani oto nomi mo na nomi mo taezu ame tsuchi no iya toho-nagaku
34 die Ärmel vereinigt, 40/41 gingst Du wieder und wieder hinaus mit dem wohledlen Gemahl, 36 den Du unersättlich ansahst, 35 unersättlich wie man in einen Spiegel blickt, 39 nach dem Du Dich sehntest 38 weil Du ihn mehr und mehr für bewundernswert hieltest 37 wie den vollen Mond, 42 und Ihr gingt (damals) vergnüglich 44 zum Palast von Kinohe, 43 wo man Wein in Krügen als Speise für Götter darbietet, 46 den Du Dir (jetzt) bestimmtest 45 zum Palast für die Ewigkeit. 47/48 Es hat aufgehört, daß Ihr, wie die Krickenten zusammenlebend, einander anseht, 49 ach, weil das so ist, 50 weil das so seltsam, so furchtbar ist, 52 lebt der Gemahl in einsamer liebe 51 wie ein Nue-Vogel 54 und streift umher 53 wie die Vögel am Morgen. 56 Er ist von Sehnsucht gebeugt 55 wie das Sommergras (von der Sonnenglut) 57 und wie die Venus (bald im Osten bald im Westen scheint), 58 geht er hierhin und dorthin; 60 weil ich sehe (wie er unruhigen Gemüts) hin- und herschwankt 59 wie ein großes Schiff, 62 habe ich nicht den Mut, 61 ihn zu trösten, 63 deshalb 64 weiß ich nicht, was zu tun sein wird. 65 Nur der Klang, 66 nur der Name hört nicht auf zu existieren: 67/68 Solange Himmel und Erde bestehen
30 69 70 71 72 73 74 75
69 71 70 72
wird man liebevoll hingehen zu dem Asuka-Fluß, der Deinen Namen trägt und bis zu zehntausend Generationen 75 diesen Ort zu einer Gedächtnisstätte (machen) 73 meiner geliebten 74 hohen Fürstin.
shinubi-yukamu mi-na ni kakaseru Asuka-gaha yorodzu yo made ni hashiki-ya-shi aga oho-kimi no katami ni koko wo
2 Hanka 1 2 3 4 5
Asuka-gaha shigarami watashi sekamaseba nagaruru midzu mo nodo ni ka aramashi
1 2 3 4 5
II Asuka-gaha asu sähe mimu to omohe ya mo waga oho-kimi no mi-na wasure-senu
1 3 2 5 4
Hätte man den Asuka-Fluß aufgehalten und ein Wehr hinübergeführt, so würde es ruhig gewesen sein, das dahinfließende Wasser!
2 Morgen werde ich sogar 1 den Morgenduftfluß, den Asukagawa, sehen, 3 so denke ich — ach 5 niemals vergesse ich den Namen 4 meiner erlauchten Fürstin.
Anmerkung: Die Prinzessin Asuka war eine Tochter des Kaisers Tenji. Sie starb im 4. Jahre des Kaisers Mommu (700). Sie war die Gemahlin des Prinzen Osakabe, eines Sohnes des Kaisers Temmu. Es wird vermutet, daß sie ihren Namen nach ihrem Wohnort am Asuka-Fluß trägt. Nicht übersetzte m. k.: Zeile 1 tobu-tori no.
xi y. II 105: Naga-uta. Zwei Gedichte nebst Tanka in Trauer verfaßt von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, nachdem seine Frau gestorben war. *1 Amatobuya 2 Weil am Wege von Karu, 2 Karu no michi ha 1 wo die Wildgänse am Himmel 3 wag'imo-ko ga dahinfliegen, 3/4 das Dorf meiner Geliebten liegt, 4 sato shi areba 5/6 würde ich aus tiefstem Herzen 5 nemogoro ni wünschen, es zu sehen. 6 mimaku-hoshikedo 7 yamazu yukaba 7 Aber, wenn ich unaufhörlich 8 hito-me wo ohomi dorthin gehe, 9 maneku yukaba 8 sehen es viele Menschen, 9 gehe ich häufig dorthin,
31 10 *11 12 *13 14 *15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 *25 26 *27 28 *29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 *43 44 45 46
hito shirinubemi sanekadzura nochi mo ahamu to ohobune no omohi-tanomite kagirohi no iha-gaki-buchi no komori nomi kohitsutsu aru ni wataru hi no kure-yuku ga goto teru tsuki no kumo-gakuru goto oki-tsu-mo no nabikishi imo ha momidji-ba no sugite inishi to tamadzusa no tsukahi no iheba adzusayumi oto nomi kikite ihamu sube semu sube shirani oto nomi wo kikite ari-eneba aga kofuru chi he no hito he mo nagusamoru kokoro mo are ya to wag'imo-ko ga yamazu ide-mishi Karu no ichi ni waga tachi-kikeba tamadasuki Unebi no yama ni naku tori no koe mo kikoezu
10 würden die anderen Menschen es merken können, 14 und deshalb vertraute ich sehnsuchtsvoll darauf, 13 wie auf ein großes Schiff, 12 daß wir später einmal zusammen kommen würden, 11 wie die Ranken des wilden Weins später sich wieder vereinigen, 18 und liebte beständig 17 nur in verborgener (Tiefe) 16 versteckt wie die eines felsenumgebenen Brunnens; (18) und während ich so lebte, 28 sagte mir ein Bote 27 mit Edelstein geschmücktem Adzusa-Stab: 19 Wie die (den Himmel) umwandelnde Sonne 20 sich verdunkelt, 21 wie der glänzende Mond sich in Wolken verbirgt, 24 ist die Geliebte, die sich anschmiegte 23 wie Seegras der Tiefsee, 26 dahingeschwunden 25 wie bunte Blätter (des Herbstes). 30 Da ich nur die Nachricht hörte, 29 die klingt wie das Surren des Adzusa-Bogens, 31/32 wußte ich nicht, was ich sagen und tun sollte. 34 Da ich das Leben nicht mehr ertragen konnte, 33 nachdem ich nur diese Botschaft gehört hatte, 42 brach ich auf 41 nach dem Orte Karu, 39 zu dem meine Geliebte 40 wieder und wieder hinausgegangen ist und den sie betrachtet hat, 37/38 und ich dachte, daß esdortTrost geben würde 36 für einen tausendsten Teil 35 meiner Sehnsucht. (42) Während ich hinhorchte 44/46 ließ sich die Stimme, die klang
32
*47 48 49 50 51 52 53
tamaboko no michi yuku hito mo hitori dani nite shi yukaneba sube wo nami imo ga na yobite sode zo furitsuru
48 47 49/50 51 52 53
wie die eines singenden Vogels des Unebi-Berges, nicht hören, und von den Menschen, die auf dem Wege gingen, der wie ein Speer sich dahinerstreckt, ähnelte auchkein einziger (meiner Geliebten). Weil es deshalb keine Hilfe gab, rief ich den Namen meiner Geliebten und schwenkte den Ärmel.
2 Hanka 1 2 3 4 5
1 2 *3 4 5
Aki-yama no momidji wo shigemi madohinuru imo wo motomemu yama-dji shirazu mo
II Momidji-ba no chirinuru nabe ni tamadzusa no tsukahi mireba ahishi hi omohoyu
5 Ach — ich kenne den Bergweg nicht, 4 wo ich nach der Geliebten suchen möchte, 3 die sich verirrt hat, 2 weil die roten Blätter so dicht sind 1 auf dem herbstlichen Berge. 1/2 Weil ich zusammen mit den bunten Blättern, die herabgefallen sind, 4 den Boten mit Edelstein geschmücktem Adzusa-Stab sehe, 5 werde ich erinnert an die Tage, wo ich sie getroffen habe.
Nicht übersetzte m. k.:
Zeile 43 tama-dasuki Der Ort Karu Hegt in Yamato im Distrikt Takechi.
XV. II 106: Naga-uta 1 Utsusemi to 2 omohishi toki ni 3 tadzusahite 4 aga futari mishi 5 hashiri-de no 6 tsutsumi ni tateru 7 tsuki-no-ki no 8 kochi-gochi no e no 9 haru no ha no 10 shigeki ga gotoku
11 12 10 9 8
Obgleich du die Geliebte bist, nach der ich mich gesehnt habe so häufig (wie die Zahl) der Frühlingsblätter an den durcheinanderstrebenden Zweigen 7 des Tsuki-Baumes, 6 der auf dem Deich stand 5 in der Nähe des Ausgangs (des Hauses)
33
11 12 13 14 15 16 *17 18 *19 20 21 22 *23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 *35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 *45 46 47 48 49
3
omoherishi imo ni ha aredo tanomerishi kora ni ha aredo yo no naka wo somuki shi eneba kagirohi no moyuru ara-nu ni shirotahe no ama-hire-gakuri tori jimono asa tachi-i-mashite iri-hi nasu kakuri-nishikaba wag'imo-ko ga katami ni okeru wakaki ko no kohi-naku goto ni tori-atafu mono shi nakereba wotoko jimono waki-basami-mochi wag'imo-ko to futari aga neshi makuradzuku tsuma-ya no uchi ni hiru ha mo ura-sabi-kurashi yoru ha mo ikidzuki-akashi nagekedomo semu sube shirani kofuredomo afu yoshi wo nami ohotori no Hakahi no yama ni aga kofuru imo ha i-masu to hito no iheba
Lorenzeo.
3/4 und den wir Hand in Hand zusammen betrachtet haben 2/1 als du noch am Leben warst, (11) obgleich du die Geliebte bist, (12) nach der ich mich gesehnt habe, 14 obgleich du das Kindchen bist, 13 zu dem ich Vertrauen hatte, 16 konntest du doch nicht brechen 15 mit (den Naturgesetzen) dieser Welt. 22 Deshalb bist du am Morgen hinausgegangen 21 wie ein Vogel 18 auf das wilde Feld, 17 wo die flackernden Feuer brennen, 19/20 in den durch weiß tuchige Himmelsfahnen abgetrennten Bezirk, 24 und hast dich verborgen 26 wie die untergehende Sonne. 30 Ich habe gar nichts, 27 was ich dem kleinen Kinde, 25 das meine Frau 26 mir als Andenken zurückgelassen hat, 29 geben könnte 28 so oft es verlangend weint, 31 deshalb nehme ich es in der (ungeschickten) Art der Männer 32 auf den Arm und drücke es an meine Seite. 36 In dem Ehe-Gemach, 35 wo die Kissen aufgestellt sind, 33 in dem ich mit meiner Frau 34 zu zweien geschlafen habe, 38 bringe ich in innerer Einsamkeit 37 den Tag hin, 40 lasse ich unter Seufzen 39 die Nacht aufdämmern. 41 Obgleich ich klage, 42 weiß ich keine Hilfe, 43 obgleich ich mich sehne, 44 gibt es kein Mittel zusammenzukommen. 49 Da sagen die Menschen: 46 auf dem Hakahi-Berge 47/48 ist meine geliebte Frau.
34 50 51 52 53 54 *55 56 57
iha-ne sakumite nadzumi-koshi yokeku mo zo naki utsusemi to omohishi imo ga kagirohi no honaka ni dani mo mienu omoheba
51 50 52 54 53 56 55 57
Deshalb ging ich mühsam, auf Felsen tretend, dahin; doch war es umsonst! denn meine Geliebte, die ich mir vorstellte, als ob sie noch lebte —, selbst nicht einmal so undeutlich wie den Glanz einer Libelle, konnte ich sie sehen.
3 Hanka 1 2 3 4 5
I Kozo miteshi aki no tsuku-yo ha teraseredo ahi-mishi imo ha iya toshi sakaru
*1 2 3 4 5
II Fusumadji wo Hikite no yama ni imo wo okite yama-ji wo yukeba ikeri to mo nashi
4 Weil ich den Bergweg entlang gehe, 3 nachdem ich die Geliebte zurückgelassen habe 2 auf dem Hikite-Berg, 5 ist mir, als ob ich nicht mehr lebte.
1 2 3 4 5
III Ihe ni kite aga ya wo mireba tama-doko no to ni mukahikeri imo ga ko-makura
1 2 4 3
2 Wenn der Mond der Herbstnacht 3 auch scheint, 1 wie wir ihn im vergangenen Jahr sahen, 4 so trennt sich die Geliebte, mit der ich ihn betrachtete, 5 mit den Jahren immer mehr und mehr von mir.
Ich komme nach Hause und sehe unser Zimmer. Da steht zur Seite gestellt außerhalb des Bettes der Verstorbenen 5 das Holzkopfkissen meiner Geliebten
Anmerkung. Was unter ama-hire „Himmelsschärpen" zu verstehen ist, ist nicht sicher. Vielleicht Fahnen, die um den Sarg herum aufgestellt waren und mit denen man den Raum um den Sarg absperrte. Nicht übersetzte m. k.: Naga-uta Zeile 17 kagirohi no „ „ ,, 45 ohotori no. Hanka II „ 1 Fusumadji wo
Eine Variante zu Gedicht XV: 1 Utsusomi to 2 omohishi toki ni
Die veränderten Zeilen lauten: 12 Obgleich du die Geliebte bist; 11 nach der ich mich gesehnt habe
35 3 te tadzusahi 4 aga futari mishi 5 ide-tachi no 6 momo e tsuki no ki (?) 8 kochi-gochi ni (8) eda saseru goto 9 haru no ha no 10 shigeki ga gotoku 11 omoherishi 12 imo ni ha aredo 13 tanomerishi 14 imo ni ha aredo 15 yo no naka wo 16 somuki shi eneba *17 kagirohi no 18 moyuru ara-nu ni *19 shirotahe no 20 ama-hire-gakuri 21 tori j imano 22 asa tachi-i-yukite 23 iri-hi nasu 24 kakuri-nishikaba 25 wag'imo-ko ga 26 katami ni okeru 27 midori-ko no 28 kohi-naku goto ni 29 tori-makasu 30 mono shi nakereba 31 wotoko jimono 32 waki-basami-mochi 33 wag'imo-ko to 34 futari aga neshi *35 makuradzuku 36 tsuma-ya no uchi ni 37 hiru ha 38 ura-sabi-kurashi 39 yoru ha 40 iki-dzuki-akashi 41 nagekedomo 42 semu sube shirani 43 kofuredomo 44 afu yoshi wo nami 45 ohotori no 46 Hakahi no yama ni 47 naga kofuru 48 imo ha i-masu to 49 hito no iheba 3*
10 9 8 (8) 6
so häufig wie die Zahl der Frühlingsblätter, wie die hierhin und dorthin sich verzweigenden Äste des hundertzweigigen TsukiBaumes 5 am Ausgang des Hauses, 3 den wir Hand in Hand 4 zusammen betrachtet haben.
(11) (12) 14 13
Obgleich du die Geliebte bist, nach der ich mich gesehnt habe, obgleich du die Geliebte bist, zu der ich Vertrauen hatte.
30 Ich habe gar nichts, 27 was ich dem kleinen Kinde 29 übergeben kann. 46 Auf dem Hakahi-Berge 47/48 ist deine geliebte Frau. 54 denn meine Geliebte, die ich mir vorstellte 53 als ob sie noch lebte —, 55 ist zu Asche geworden.
36
50 51 52 53 54 55
iha-ne sakumite nadzumi-koshi yokeku mo zo naki utsusomi to omohishi imo ga hahi nite maseba
Dazu 2 Hanka I 1 Kozo miteshi 2 aki no tsuku-yo ha 3 wataredomo 4 ahi-mishi imo ha 5 iya toshi sakaru *1 2 3 4 5
II Fusumadji wo Hikite no yama ni imo wo okite yama-ji omofu ni ikeri to mo nashi
2 Wenn der Mond der Herbstnacht 3 auch weithin (scheint),
4 Wenn ich des Bergpfads gedenke, 2 nachdem ich die Geliebte auf dem Berge Hikite 3 zurückgelassen habe, 5 ist mir, als ob ich nicht mehr lebte.
Nicht übersetzte m. k.: Hanka II Zeile 1 fusuma-dji wo.
XVI. II 107: Naga-uta Trauergedicht auf den Tod der Hofdame aus Shigatsu. 2 Die Geliebte (deren Wangen) *1 Aki-yama no rot glühten 2 shitaberu imo 1 wie (die Blätter) des herbstlichen *3 nayotake no Berges, 4 towoyoru kora ha 4 das Kindchen, das schmiegsam 5 ika sama ni war 6 omohimase ka 3 wie biegsamer Bambus, *7 takunaha no 5 wie 8 nagaki inochi wo 6 hat sie sich das gedacht ? 9 tsuyu koso ha 7 WTie die Schnur aus Maulbeer10 ashita ni okite fasern 11 yufu-be ni ha 8 so lang hätte das Leben sein 12 kiyu to ihe können, aber trotzdem 13 kiri koso ha 9 Der Tau, 10 der sich am Morgen gesetzt hat, 11 (muß bis zum) Abend 12 vergehen, so sagt man; 13 und der Nebel,
37 14 15 16 *17 18 19 20 *21 22 *23 24 *25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
yufu-be ni tachite ashita ni ha usu to ihe adzusayumi oto kiku wäre mo hono mishi koto kuyashiki wo shikitahe no ta-makura makite tsurugidachi mi ni sohe-nekemu wakakusa no sono tsuma no ko ha sabushimi ka omohite nuramu kuyashimi ka omohi-kofuramu toki narazu suginishi kora ga asa-tsuyu no goto ya yufu-giri no goto ya
14 der des Abends aufsteigt, 15 (muß bis zum) Morgen 16 sich verlieren, so sagt man. 18 Ich, der ich die Nachricht höre, 17 die klingt wie das Geräusch eines Adzusa-Bogens, 20 selbst ich bin traurig um des Umstands willen, 19 daß ich sie nur flüchtig gesehen habe. 26 Aber der Gemahl 25 der jung ist wie das Gras, 24 der neben ihr geschlafen haben wird, 23 wie man die Klinge des Schwertes neben sich legt, 2 1 / 2 2 indem er ihren betuchten Arm zum Kopfkissen machte, 28 wird er wohl sehnsuchtsvoll schlafen 27 in Einsamkeit ? 30 wird er sehnsuchtsvoll lieben 29 in Traurigkeit ? 32 Das Mädchen — 31 das zu früh dahingeschieden — 33 ist wie der Morgentau! 34 ist wie der Abendnebel!
2 Hanka *1 2 3 4 5
Sasanami no Shigatsu no ko-ra ga makarinishi kaha-se no michi wo mireba sabushi mo
5 4 2 1 3
Wie einsam fühle ich mich, wenn ich den Weg am Fluß sehe, auf dem das Mädchen aus Shigatsu bei Sasanami den letzten Gang angetreten hat.
*1 2 3 4 5
II Sorakazofu Ohotsu no ko ga ahishi hi ni oho ni mishikaba ima zo kuyashiki
5 2 3 4
Oh wie traurig bin ich jetzt, weil ich das Mädchen aus Ohotsu am Tage, als ich ihr begegnete, nur flüchtig gesehen habe.
Nicht übersetzte m. k.: Hanka II Zeile 1 sorakazofu.
38
XVII. I I 108: Naga-uta. Gedichtet beim Anblick eines Toten am Ufer der Insel Sami im Lande Sanuki. *1 Tamamoyoshi 3 Wohl wegen der Gestaltung des 2 Sanuki no kuni ha Landes 4 kann man sich nicht satt sehen 3 kuni-kara ka 4 miredomo akanu 2 an dem Lande Sanuki, 5 kami-kara ka 1 wo schönes Seegras wächst, 6 kokoda tafutoki 5 wohl weil es ein Gott ist 6 ist es so sehr ehrfurchtgebietend. 7 ame tsuchi 8 hi tsuki to tomo ni 14 Ich komme entlang gerudert 9 tari-yukamu 13 und lasse mein Schiff 10 kami no mi-omo to schwimmen 12 vom Hafen von Naka her, 11 tsugite koshi 12 Naka no minato yu 11 das in der Überlieferung auf uns 13 fune ukete gekommen ist 10 als Gesichter von Göttern, 14 aga kogi-kureba 7 die zusammen mit Himmel und 15 toki tsu kaze Erde, 16 kumo-wi ni fuku ni 8 mit Sonne und Mond 17 oki mireba 9 schöner und schöner sich voll18 shiki-nami tachi enden werden. 19 he mireba 15 Während der Gezeitenwind 20 shira-nami sawagu 16 in den Wolken weht, *21 isanatori 17/18 erheben sich, wenn ich auf die 22 umi wo kashikomi hohe See blicke, die gehäuften 23 yuku fune no 24 kadji hiki-worite Wellen, 19/20 lärmen, wenn ich zum Ufer 25 wochi-kochi no hinblicke, die weißen Wogen. 26 shima ha ohokedo 22 Weil das Meer, *27 na-guhashi 21 auf dem man Walfische fängt, 28 Sami no shima no (22) so schreckenerregend ist, 29 ar'iso-mi 24 zieht man an den Rudern 30 ihorite mireba 23 des fahrenden Schiffes, daß sie 31 nami no to no 32 shigeki hama-be wo sich biegen, 25/26 und obgleich hier und dort *33 shikitahe no viele Inseln sind, 34 makura ni nashite 30 wohne ich in einer Hütte 35 ara-toko ni 29 an der wilden Uferbucht 36 korofusu kimi ga 27/28 der wohlberühmten Insel Sami und blicke mich um. (30)/36 Da sehe ich den Mann, (36) der sich hingekauert hat 35 auf das rauhe Bett
39 37 38 39 40 *41 42 43 44 45
ihe shiraba yukite mo tsugemu tsuma shiraba ki mo tohamashi wo tamaboko no michi dani shirazu obohoshiku machi ka kofuramu hashiki tsuma-ra ha
33 und, als sei es aus gehäuftem Tuch, 34 zum Kissen 32 das Ufer sich genommen, das erfüllt ist 31 vom Rauschen der Wogen. 37 Wüßte ich sein Haus, 38 so würde ich hingehen und die Nachricht bringen, 39 wenn seine Frau es wüßte, 40 so würde sie (den Weg) erfragend kommen. 42 Aber sie weiß nicht einmal den Weg, 41 der wie ein Speer sich dahiner streckt. 43 Im Ungewissen 44 wird sie wohl sehnend ihn erwarten, 45 die geliebte Frau.
2 Hanka 1 2 3 4 5
Tsuma mo araba tsumite tagemashi Samine-yama no no he uhagi suginikerazu ya
1 2 *3 4 5
II Oki tsu nami ki-yoru ar'iso wo shikitahe no makura to makite naseru kimi ka mo
1 Wenn deine Frau auch (hier in der Nähe) wäre, (2) so würde sie 4 die Uwagi auf den Feldern 3 des Samine-Berges 2 gepflückt und gegessen haben. 5 (Aber) sind nicht die Uwagi dahingewelkt ? 5 Ach — der Herr, der dort geschlafen hat 1/2 und sich das wilde Ufer, wo die Meereswellen heranschlagen, 3 zum vielfach geschichteten 4 Kopfkissen macht.
Anmerkung: . . Zur Erklärung von Zeile 5—10 mag eine Stelle aus dem Kojiki dienen, die ich nach der Übersetzung von Prof. Florenz mit den betreffenden Anmerkungen hier wiedergebe. Als der Gott Izanagi mit der Göttin Izanami die Inseln erzeugte, heißt es im Text: „Sodann erzeugten sie die Insel Iyo no Futa-na. Diese Insel hat einen Körper, aber vier Gesichter, und jedes Gesicht hat einen Namen. So gibt man dem Lande Iyo den Namen Ye-hime, dem Lande Sanuki den Namen Ihiyori-hiko, dem Lande Aha den Namen Oho-ge-tsu-hime, dem Lande Tosa den Namen Take-yori-wake." Dazu die Anmerkung zu Iyo no Futa-na: ,,d. i. die Insel Shikoku. Wörtlich: ,Die beiden (Provinzen-)Paare der Insel Iyo', nämlich
40 die Provinzen oder Länder Aha und Sanuki einerseits, Iyo und Tosa anderseits. In der folgenden Aufzählung hat das erste Glied jedes dieser Paare einen weiblichen, das zweite einen männlichen Namen". Uwagi ist der alte Name für Yomena (Boltonia cantoniensis).
XVIII. II 109: Tanka. Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro in Iwami in Erwartung des Todes. 5 Die Geliebte wird beständig warten 1 Kamo-yama no 4 ach, wohl weil sie nicht weiß, 2 iha-ne shi makeru 3 daß ich 3 are wo ka mo 1/2 mir gar die Felsen des Kamo4 shirani to imo ga Berges zum Kopfkissen gemacht 5 machitsutsu aramu habe.
XIX. III 1: Tanka. Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro zur Zeit, als die Kaiserin Jitö nach dem Ikadzuchi no woka, dem Donnerberg, ging. 1 Oho-kimi ha 1 Große Fürstin, 2 kami ni shi maseba 2 weil Du ein Gott bist, 3 ama-gumo no 5 bautest Du Dir Dein Haus 4 ikadzuchi no he ni 4 über dem Donner 5 ihori-seru ka mo 3 der Himmelswolken! Anmerkung: Der Ikadzuchi no woka liegt in Yamato im Distrikt Takechi und wird sonst auch Mimoro no Kamunabi oder Kainunabi no Mimoro-yama genannt.
XX. III 5: Naga-uta Gedichtet von Kakinomoto no Asomi Hitomaro, als der Prinz Naga auf dem Felde Karidji jagte. *1 Yasumishishi 8 Auf dem kleinen Feld von Kari2 aga oho-kimi dji, *3 taka-hikaru 7 auf dem man das Komo-Kraut mäht, 4 aga hi no mi-ko no 2 wo mein großer Fürst, 5 uma namete 1 der ruhig regiert, 6 mi-kari tataseru 4 unser erlauchter Sohn der Sonne, *7 wakagomo wo 3 die vom Himmel scheint, 8 kari-dji no wo-nu ni
41
9 10 11 12 *13 14 *15 16 17 18 *19 20 *21 22 *23 24 25
*1 2 3 4 5
shishi koso ha ihahi-worogame udzura koso ihahi-motohore shishi jimono ihahi-worogami udzura nasu ihahi-motohori kashikomi to tsukahematsurite hisakata no ame miru gotoku maso-kagami afugite miredo harukusa no iya medzurashiki waga oho-kimi ka mo
Hanka Hisakata no ame yuku tsuki wo tsuna ni sashi waga oho-kimi ha kimu-kasa ni seri
6 zur Jagd aufbrach 5 mit Pferden in langer Reihe, 9/10 dort kriechen die Hirsche verehrend vor ihm, 11/12 dort kriechen die Wachteln vor ihm herum. 18 Wir dienen ihm 17 weil er so majestätisch ist, 14 daßwirvorihmanbetendkriechen 13 wie die Hirsche, 16 daß wir uns anbetend vor ihm im Staube wälzen 15 wie die Wachteln, 22 und obgleich wir ihn ansehen, 21 wie man in einen Spiegel sieht, (22) zu ihm aufblicken 20 wie zum Himmelsgewölbe, 19 das wie ein Kürbis geformt ist, 24 ist (er) immer herrlicher 23 wie Frühlingsgras, 25 unser großer Fürst! 4 Unser großer Fürst 2 hat den Mond, der am Himmel entlang wandert, 1 der wie ein Kürbis geformt ist, 3 an Seile geknüpft 5 und zum Schutzdach gemacht
Anmerkung: Karidji wohl in Yamato im Distrikt Toichi.
XXI-XXVIII. 1 2 3 4 5
III 12—19: 8 Tanka. Reisegedichte. Mitsu no saki nami wo kashikomi komori-e no fune yose-kanetsu Nujima no saki ni
1/2 Weil die Wellen am Kap von Mitsu furchtbar sind, 3/4 kann das Schiff aus verborgenem Hafen sich nicht nähern 5 dem Kap von Nujima
Anmerkung: Mitsu in Settsu, Nujima im Norden von Awaji.
42
*1 2 2 4 5
Tama-mo karu Minume wo sugi natsu-kusa no Nujima no saki ni fune chika-dzukinu
2 1 5 4 3
Über Minume, wo man das Seegras mäht, nähert sich das Schiff dem Kap von Nujima, auf dessen Feldern das Sommergras wächst.
Anmerkung: Minume zwischen Köbe und Osaka am Strande gelegen.
1 2 3 4 5
Ahadji no Nujima no saki no kama-kaze ni imo ga musuberu himo fuki-kahesu
1/2 Am Kap von Nujima auf Ahadji 4 wird das von meiner Geliebten geknüpfte Band 3 vom Strandwind 5 aufgeweht.
Anmerkung: Die Geliebte hatte als Talisman gegen Unglücksfälle auf der Reise nach alter japanischer Sitte ein Gürtelband mitgegeben. Daß es sich im Winde löst, ist ein böses Vorzeichen.
*1 2 3 4 5
Aratahe no Fudjie no ura ni suzuki tsuru ama to ka miramu tabi-yuku are wo
4 Man wird mich wohl für einen Fischer halten, 3 der Suzuki-Fische angelt 2 am Ufer von Fudjie, 5 mich, der ich auf Reisen bin.
Nicht übersetzte m. k.:
Zeile 1 ara-tahe no. Fudjie in der Provinz Harima im Distrikt Akashi.
1 2 3 4 5
Inabinu mo yuki-sugi-gate ni omohereba kokoro kohoshiki Kako no shima miyu
2/3 Während ich glaubte mich schwer trennen zu können 1 von Inabinu, 5 zeigt sich die Insel Kako, 4 nach der mein Herz verlangt.
Anmerkung: Inabinu-Inami, ein Distrikt von Harima, ebenso Kako, die Insel Kako wohl dort in der Nähe.
*1 2 3 4 5
Tomoshibi no Akashi oho-to ni iramu hi ya kogi-wakarenamu ihe no atari mizu Nicht übersetzte m. k.
3 Zur Zeit, wo wir hineinfahren werden 2 in die große (Meeres)enge von Akashi, 5 sehe ich wohl die Umgebung des Hauses, 4 von dem wir fortrudernd Abschied genommen haben werden, nicht (mehr). Zeile 1 tomoshi-bi
no.
43 *1 2 3 4 5
Ama-zakaru hiña no naga-dji yu kohi-kureba Akashi no to yori Yamato-shima miyu
3 Ich komme sehnsuchtsvoll 2 den langen Weg vom Lande her, 1 das himmelweit von der Hauptstadt entfernt ist, 4/5 da zeigt sich von der Enge von Akashi ab die (heimatliche) Insel Yamato.
1 2 *3 4 5
Kehi no umi no niha yoku arashi karigomo no midera-idzu miyu ama no tsuri-bune
1/2 Die See desMeeres vonKehi scheint ruhig zu sein, 4 man sieht sie herauskommen, 3 durcheinander gewirrt wie geschnittenes Gras, 5 die Angelboote der Fischer.
Anmerkung: Das Kehi no umi bei Echizen kommt hier wohl kaum in Frage, wenn die acht Gedichte sich auf ein und dieselbe Reise beziehen; Lage dann nicht feststellbar.
XXIX. I I I 21: Naga-uta. Dem Prinzen Nihitabe überreicht. *1 Yasumishishi 2 Mein großer Fürst, 2 waga oho-kimi 1 der ruhig regiert, *3 taka-hikaru 4 erlauchter Sohn 4 hi no mi-ko 3 der vom Himmel scheinenden 5 shikimasu Sonne, 6 oho-tono no he ni 5/6 so wie über der von Dir be*7 hisakata no wohnten Halle 8 amadzutahi-kuru 7/8/9 der Schnee, vom Himmel, der 9 yuki jimono wie ein Kürbis geformt ist, 10 yuki kayohitsutsu herabkommt 11 iya shiki-imase 11 sich mehr und mehr aufhäuft — 10 in beständigem hin und her — 11 mögest Du dort immer und immer wohnen. 1 2 3 4 5
Hanka Yatsuri-yama ko-tachi mo miezu furi-midaru yuki ni sawagite mawiraku yoshi mo
4/5 Wie schön ist es lärmend dahinzugehen im Schnee, 3 der wirr herabfällt, 1/2 daß man die Bäume des YatsuriBerges nicht sehen kann.
Anmerkung. Der Sinn des Gedichtes wird vielleicht durch die Angabe erklärt, daß der Prinz am Yatsuri-Berg eine Villa hatte, die ihm zu zeitweiligem Aufenthalt diente. Der Dichter wünscht, daß Nihitabe noch auf lange Zeit die Villa bewohnen und sie häufig „in beständigem hin und her" von der Hauptstadt aus besuchen möchte. Yatsuriyama wahrscheinlich in Yamato im Distrikt Takechi.
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XXX. III 23: Tanka Gedichtet als Kakinomoto no Asomi Hitomaro von Ömi her in die Nähe des Udji-Flusses kam. 2/3/4 Die Wellen, die vor dem Holz 1 Mononofu no (des Rahmens) der Fischfang2 ya-so-Udji-gaha no körbe des Udji-Flusses sich 3 ajiro-gi ni stauen, 4 isayofu nami no 5 wissen nicht, wohin sie gehen 5 yuku he shirazu mo sollen. Anmerkung: Mononofu no yaso udji sind die 80 Familien (d. i. vielen Familien) der Waffentragenden. Dieser Ausdruck ist wortspielend zu udji in „Udjigaha" gesetzt. Der Udji-Fluß ist ein Zufluß des Yodogaha und fließt durch Yamashiro.
XXXI. 1 2 3 5 4
III 25: Tanka Afumi no mi yufu-nami-chidori naga nakeba kokoro mo shinu ni inishihe omohoyu
2 1 3 5 4
Chidori-Vögel auf den Abendwellen des Meeres von Afumi! wenn ihr singt erinnere ich mich vergangener Zeiten, daß das Herz mir bricht.
Anmerkung: Dieses Gedicht bezieht sich wohl ebenso wie I auf die alte Hauptstadt des Kaisers Tenji. (Übersetzt von Florenz, Geschichte der japanischen Literatur, S. 97).
XXXII. III 62 und 63: Tanka. Zwei Gedichte verfaßt als Hitomaro zur See nach Tsukushi ging. 2/3 In den Wellen der Tiefsee des *1 Naguhashiki Meeres von Inami, 2 Inami no umi no 1 das wohl berühmt ist, 3 oki tsu nami (4) verbirgt sie sich tausendfach 4 chi he ni kakurinu 5 die Insel Yamato. 5 Yamato-shima-ne ha
XXXIII. 1 Oho-kimi no 2 toho no mikado to 3 ari-gayofu
4 Wenn ich die Engen zwischen den Inseln sehe, 3 die ich wieder und wieder durchfahre
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4 shima-do wo mireba 5 kami-yo shi omohoyu
2 mit dem Ziele: nach dem ferngelegenen Regierungsgebäude 1 des Kaisers, 5 kommt mir das Götterzeitalter in den Sinn.
Anmerkung: Zeile 5 bezieht sich wohl auf die Weltenschöpfung durch die Götter Izanagi und Izanami, die die Inseln geschaffen haben sollen. Vergl. Anm. XVII.
XXXIV I I I 169: Tanka Trauergedicht, verfaßt alsHitomaro einen Leichnam amKagu-Berg sah. * 1 Kusamakura 3 Wessen Gemahl hat wohl 2 tabi no yadori ni 2 auf der Reise rastend 1 auf Graskissen 3 taga tsuma ka 4 kuni wasuretaru 4 seine Heimat vergessen? 5 ihe matanaku ni 5 Während man ihn zu Hause erwarten möchte. Anmerkung: Kagu-Berg in Yamato.
XXXV. I I I 171: Tanka Gedichtet als der Leichnam der Hidjikata in den Bergen von Hatsuse verbrannt wurde. *1 Komoriku no 3/4 Die Wolke, die in dem Berg2 Hatsuse no yama no Zwischenraum 3 yama no ma ni 2 zwischen den Bergen von Hatsuse, 4 isayofu kumo ha 1 dem verborgenen Lande steht, 5 imo ni ka mo aramu 5 wird wohl die Geliebte sein! Anmerkung: Die Berge von Hatsuse in Yamato, Distrikt Shiki.
XXXVI. I I I 172 und 173: Tanka Gedichtet als der Leichnam des Mädchens von Idzumo, das ertrunken war, in Yoshino verbrannt wurde. 1 Yama no ma yu 2 Ist das Mädchen von Idzumo 2 Idzumo no ko-ra ha 1 wo die Wolken zwischen den Bergen heraufsteigen 3 kiri nare ya 4 Yoshino no yama no 3 zu Nebel geworden? 5 mine ni tanabiku 5 Sie breitet sich aus über den Gipfeln 4 der Berge von Yoshino.
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XXXVII. *1 2 3 4 5
Yakumosasu Idzumo no ko-ra ga kuro-kami ha Yoshino no kaha no oki ni nadzusafu
3 2 1 5 4
Das schwarze Haar des Mädchens von Idzumo, wo die vielen Wolken aufsteigen, schwimmt in Mitten des Flusses von Yoshino
XXXVIII. IV 11—14: Tanka 1 Mikumanu no 2 ura no hama-yufu 3 momo he nasu 4 kokoro ha mohedo 5 tada ni ahanu ka mo
4 Obgleich mein Herz sich nach Dir sehnt 3 hundertfach wie das Hamaytl 1/2 (aufgeschichtet ist) am Ufer von Mikumanu 5 kommen wir nicht unmittelbar zusammen — Oh!
XXXIX. 1 2 3 4 5
Inishihe ni arikemu hito mo aga goto ka imo ni kohitsutsu i ne-gatenikemu
1/2 Werden auch die Menschen vergangener Zeiten 3 wohl so wie ich 4 in beständiger Sehnsucht nach der Geliebten 5 schwer haben schlafen können 1
XL. 1 2 3 4 5
Ima nomi no waza ni ha arazu inishihe no hito zo masarite ne ni sähe nakishi
1 2 3 4 5
Momo he ni mo ki-shikanu ka mo to omohe ka mo kimi ga tsukahi no miredo akazaramu
2 Es ist nicht etwas, das nur der jetzigen Zeit angehört, 3/4 Menschen vergangener Zeit haben sogar, mich darin übertreffend. 5 mit lauter Stimme geweint.
XLI. 3 Oh weil ich sehnsuchtsvoll denke: 1/2 „Ach möchte er doch hundertfältig kommen" 5 werde ich mich nie satt sehen 4 an deinem Boten.
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XLII. IV 18—18: Tanka 1 Wotomera ga 2 sode Furuyama no *3 midzu-gaki no 4 hisashiki toki yu 5 omohiki wäre ha
5 4 3 1/2
Ach ich, der ich mich sehne seit langer Zeit, so lang wie der Tempelzaun dasteht auf dem Winkeberg, wo liebliche Mädchen mit dem Ärmel winken.
Anmerkung: Midzu-gaki ist ein frischer Zaun (lebende Hecke), wie er sich bei Shintö-Tempeln findet. Der Furuyama liegt im Distrikt Yamanobe in Yamashiro.
XLIII. Natsu-nu yuku wo-shika no tsunu no tsuka no ma mo imo ga kokoro wo wasurete mohe ya
5 Vergesse ich je 4 das Herz der Geliebten 3 auch nur einen Augenblick, von einer Spanne 2 wie die Länge des Geweihes der Hirsche, 1 die auf dem sommerlichen Felde gehen.
Anmerkung: Es ist darauf angespie't, daß das Geweih der Hirsche zu Beginn des Sommers sehr kurz ist.
XLIV. *1 2 3 4 5
Ari-kinu no sawi-sawi shidzumi ihe no mo ni mono ihazu kite omohi-kanetsu mo
Um (das Klagen, das da klang wie) 1/2 das Rascheln gewebter Kleider, zu beruhigen, 4 bin ich hierher gekommen, ohne mich auszusprechen 3 mit der Geliebten — 5 unerträglich ist meine Sehnsucht.
Einzelbetrachtungen zu den Gedichten Hitomaro's
4 Lorenzen.
Hitomaro und das Manyoshu. In welcher Weise schon in frühester Zeit von China aus nach Japan Austausch kultureller Güter stattgefunden hat, läßt sich nicht feststellen, da exakte Berichte erst nach der Aufnahme der chinesischen Schrift in Japan überliefert werden konnten. Nach dem Nihongi fanden nacheinander in den Jahreu 404 und 405 zuerst die beiden Koreaner Achiki und Wani am japanischen Hof als Lehrer und Übermittler der fremden Kultur Einlaß. Damit wurden zum ersten Mal Männer, welche die chinesische Schrift und Literatur kannten, in Japan um dieser ihrer Kenntnisse willen aufgenommen, zum ersten Mal bemühten sich Japaner selbst, in die Gelehrsamkeit, welche China zu vermitteln hatte, einzudringen. Es ist nun verständlich, daß die sich von da ab entwickelnde japanische Literatur in ihrer ganzen Gestaltung stark abhängig bleibt von dem Stand der Entwicklung, den jeweils die chinesische Literatur selbst erreicht, und im Zusammenhang mit der frühen japanischen Dichtung darf man daher, so die einzelnen Entwicklungsstufen verstanden werden sollen, nicht vergessen, einen Streifblick auf den damaligen Stand der chinesischen Poesie zu werfen. Im Jahre 530 wurde es in der chinesischen Literatur zum ersten Mal von dem Prinzen Siao-t'ung von Liang unternommen, Einzelstücke verschiedener Kategorien der Dichtungen zu sammeln, und sie, nach aesthetischen Gesichtspunkten ausgewählt, in dem Werke Wen-hsüan herauszugeben. Es ist sicher anzunehmen, daß diese Anthologie in hervorragendem Maße von einzelnen, sich um chinesische Bildung bemühenden Japanern des 7. Jahrhunderts studiert wurde, und daß die im 8. Jahrhundert fertiggestellte Sammlung japanischer Gedichte, das Manyöshn, in dessen vier ersten Bänden die Gedichte Hitomaro's enthalten sind, das Wen-hsüan zum Vorbild hat. Hitomaro selbst gilt als einer der bedeutendsten Dichter der ManyöZeit, die ungefähr von der Mitte des 7. bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts reicht. Neben ihm wäre noch Akahito zu erwähnen, dann in einigem Abstand folgen Yamanoe no Okura und Ohotomo no Yakamochi, welch letzterer auch als Kompilator der Sammlung des Manyöshü gilt. (Vergl. Florenz, Geschichte der jap. Literatur, S. 75ff). Von diesen Dichtern werden zwei Gedichtformen vorzüglich gebraucht, die des Naga-uta und die des Mijika-uta, letzteres mit chinesischem Ausdruck Tanka genannt. Beim Naga-uta „Langgedicht" wechseln Verse von 5 und 7 Silben miteinander ab. Diese Gedichte sind von beliebiger Länge. Das Tanka, „Kurzgedicht", dagegenhat nur fünf Verse mit den Silbenzahlen 5 7 5 7 7. (Näheres über die Gedichtformen: Florenz, Geschichte der japanischen Literatur, S . U f f ) . 4*
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Das Kurzgedicht wurde in den nächsten Jahrhunderten, welche der Kompilation des Manyöshü folgten, die fast einzig und allein benutzte Form der Dichtung, während die Naga-uta nahezu vollständig verschwanden. Die Zahl der Verse schwankt in den Naga-uta von Hitomaro zwischen 11 und 149 in den einzelnen Gedichten, zu denen dann noch ein, zwei, drei oder vier Hanka treten. Diese letzteren haben dieselbe Form wie die Tanka und pflegen meist irgendetwas, das im Hauptgedicht angedeutet ist, aufzugreifen, um es von besonderer Seite noch einmal zu beleuchten. Außer 16 Langgedichten mit zusammen 30 Hanka sind uns noch 28 Kurzgedichte von Hitomaro im Man}'5shü erhalten.
Allgemeines aus dem Leben Hitomaro's. Bei mangelnder Überlieferung läßt sich nur wenig über das Leben unseres Dichters sagen. Kakinomoto no Hitomaro, wie er mit vollem Namen heißt, soll nach unzuverlässigen Nachrichten im Jahre 662 in Yamato geboren sein. Wir wissen weder, wer sein Vater noch wer seine Mutter gewesen sind. Mit etwa 26 Jahren ist er in den Dienst des Prinzen Hinameshi eingetreten (vgl. Ged. X), nach dessen Tod war er Gefolgsmann des Prinzen Takechi (vgl. Ged. XII), gestorben soll er um 710 sein. Vergleicht man die in den Gedichten angedeuteten historischen Ereignisse mit den Datierungen des Nihongi, so ergibt sich folgende Übersicht : Zerstörung von Ötsu 672 (Gedicht I) Regierungsantritt der Kaiserin Jitö 686 (Gedicht II u. III; X I I Anmerkung). Tod des Prinzen Hinameshi 689 (Gedicht X ) Tod des Prinzen Kahashima 691 (Gedicht XI) Tod des Prinzen Takechi 696 (Gedicht XII) Tod der Prinzessin Asuka 700 (Gedicht XIII). Zum näheren Verständnis manchen Gedichtes wäre es sicherlich erwünscht, etwas mehr über das Leben des Dichters zu wissen. Hitomaro's Gedichte sind nämlich eigentlich restlos mit den Ereignissen seines Lebens und seiner nächsten Umgebung verknüpft. Fast ausschließlich sind es zwei Momente, die ihn zum Schaffen veranlaßt haben: einmal seine Reisen, und zweitens Todesfälle im Kreise seiner nächsten Vorgesetzten oder Bekannten. Auf Reisen wurden die Gedichte II und III verfaßt, als Hitomaro die Kaiserin Jitö, die im Palast Fudjihara-no-miya zu Yamato in der Gegend zwischen den drei Bergen Unebi, Kagu und Miminashi residierte, nach ihrer Pfalz in Yoshino begleitete; VII und X X entstanden, als er mit Prinzen zur Jagd gegangen war. Die Gedichte X X I — X X V I I I werden ausdrücklich als Reisegedichte bezeichnet. Der Dichter fährt zu Schiff von der Gegend von Osaka aus in westlicher Richtung. Am weitesten entfernt vom Ausgangspunkt ist unter den erwähnten Orten die Insel Kako, die wir wohl in der Nähe des Kako-gaha in Harima zu suchen
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haben (Genaueres über die Lage der Insel ist nicht bekannt.) In Gedicht XXVII gibt er, wohl auf der Rückfahrt, seiner Freude darüber Ausdruck, daß er seine Heimat Yamato bald wieder ereicht haben wird. (Über die Lage des Meeres von Kehi (Gedicht XXVIII) vgl. Anmerkung zum Gedicht). Auf einer Reise, die ihn noch weiter südwestlich führte, im Lande Sanuki (Nankaidö) auf der Insel Sami, die zu einer Inselgruppe im Meer von Tadotsu gehört, verfaßt er das Gedicht XVII auf den Toten am Strande. Besonders scheint sein Leben mit dem Lande Ihami verbunden gewesen zu sein, wo eine seiner Nebenfrauen lebte (Gedicht VII und VIII). Nach Gedicht XVIII ist er dort verstorben. Nicht immer sind es selbstunternommene Reisen, die ihn zum Dichten veranlassen. In IV, V und VI beklagt er die Damen und Kavaliere der Hofgesellschaft, die die Kaiserin auf einer Fahrt begleiten mußten, während er selbst zurückblieb. Wie in dem zuletztgenannten Falle ist ein wesentlicher Teil seiner Dichtungen Personen des kaiserlichen Hofes gewidmet. Mehrfach sind es Prinzen, Prinzessinnen oder Hofdamen, deren Leben zum Inhalt der Dichtungen gemacht worden ist, und der Moment, an den er anknüpft, ist gewöhnlich der Tod der Betreffenden. Derart sind die Gedichte X und XII auf den Tod der Prinzen Hinameshi und Takechi; in XI und XIII versucht er die Empfindungen der verwitweten Prinzessinnen, bezw. des trauernden Prinzen darzustellen. In XIV und XV beklagt er den Tod seiner Frau.
Die Stellung des Kaiserhauses. Als Gefolgsmann der Prinzen Hinameshi und Takechi und als Hofmann im Rang eines Ason ist Hitomaro von früh an mit den Interessen des kaiserlichen Hauses verbunden, dessen Wohl oder Wehe ein großer Teil seiner Gedichte gewidmet ist. Es dürfte deshalb angebracht erscheinen, in Kürze die allgemeinen Anschauungen über das Kaiserhaus soweit zu charakterisieren, als sie für die Gedichte Hitomaro's von Belang sind. Im alten Japan spielten die Geschlechter (udji) in der sozialen Struktur des Volkes eine maßgebende Rolle. Jede Familie hielt an der durch geheiligte Tradition überkommenen Stellung in der Gesellschaft fest. Genealogische Beziehungen haben also auf das praktische Leben des einzelnen den allergrößten Einfluß gehabt, so stark, daß die ganze Götterwelt und damit die Entstehung des Kosmos hineinbezogen wurden in die Familienzusammenhänge. Selbstverständlich führten die vornehmsten Familien ihren Ursprung auf die angesehensten Gottheiten zurück: die kaiserliche auf die Sonnengöttin. Familiengeschichte zu treiben war zugleich das Mittel, rechtliche Ansprüche zu verteidigen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, wenn wir gleich am Anfang der japanischen Literatur, etwa gleichzeitig mit dem Manyöshü, zwei Geschichtswerke finden, die die Geschichte der kaiserlichen Familie wiedergeben, das Kojiki und das Nihongi. Auch die Einseitigkeit dieser Berichte, die
54 von der Entstehung des Weltalls sich zuspitzen zu einer Geschichte dieser prominentesten Familie, wird verständlich, wenn man bedenkt, daß beide Werke im Gegensatz zu jeder möglichen anderen Familiengeschichte geschrieben sind, um den Primat derjenigen festzustellen, die sich unmittelbar von der Sonnengöttin ableitet, die den Himmel regiert (X, 11—20). Die anerkannte Hoheit des Fürsten und die tiefe Ehrfurcht vor der Person des Kaisers werden ausgedrückt durch die ständig wiederholten Worte: wago oho-kimi taka-hikaru hi no miko
Unser großer Fürst, der Sohn der Sonne, die hoch herabscheint.
So lautet bei Hitomaro gewöhnlich die Anrede an den Kaiser. Hinzu tritt häufig noch yasumishishi, ein Wort, das seiner sprachlichen Bildung nach schwer zu erklären ist. Auf alle Fälle ist yasu „ruhig" darin enthalten und die Bedeutung des ganzen Ausdrucks muß sein: „ruhig regieren". In dazu passender Weise finden wir ähnliche Ausdrücke in Verbindung mit den Geschäften des Kaisers in den Norito, den alten Ritualen: yo mo no kuni wo yasu-kuni to tahirakeku shiroshimesu (Toshigohi no matsuri) „das Land der vier Himmelsrichtungen als ruhiges Land friedlich regieren". Aga sume-mi-ma no mikoto ha toyo-ashi-hara no midzu-ho no kuni wo yasu-kuni to tahirakeku shiroshimese to kotoyosashimatsuriki (Oho-harahi) „man vertraute es ihm an, indem man sagte: Unser souveräner Enkel soll das Land der frischenÄhren des üppigen Schilfgefildes (Ausdruck für Japan) als ruhiges Land friedlich regieren". Im übrigen wird bei Hitomaro nur der Glanz der souveränen Stellung zum Ausdruck gebracht in Vergleichen, die der Natur und der materiellen Welt entnommen werden: Der Prinz, zu dem man aufblickt wie zum Himmel, der wie ein Kürbis geformt ist. X Hanka 1 Und obgleich wir ihn ansehen, wie man in einen Spiegel blickt, zu ihm aufblicken, wie zum Himmelsgewölbe, das wie ein Kürbis geformt ist, ist er immer herrlicher wie Frühlingsgras, unser großer Fürst! XX, 19—25 In X Hanka 2 werden die Herrscher mit Sonne und Mond verglichen. Die Beispiele zeigen, wie stark der japanische Geist an das Sinnfällige der Natur gebunden ist, um sich ausdrücken zu können. Seit der Taikwa-Reform (645) war die Macht, die früher zum großen Teil in den Händen der einzelnen Häupter der Geschlechterverbände gelegen hatte, nach chinesischem Vorbild mehr und mehr in der Hand
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des Kaisers zentralisiert worden. Überhaupt verschob sich damals mit dem großen fremden Kultureinfluß das Bild der sozialen Struktur derart, daß auch das Empfinden des einzelnen nach und nach verändert wurde. So finden wir bei Okura, der lange Zeit als Gesandter in China gelebt hatte, daß viel mehr bürgerliche Interessen und bürgerliche Sphäre die Oberhand gewannen. An die Stelle des begeisterten Elans eines Hitomaro trat bei ihm eine solide utilitaristische Behäbigkeit. (Man vergleiche das folgende Gedicht Okura's aus dem 5. Buche des Manyöshü). Ehrfürchtig blickt man auf Vater und Mutter, liebend sieht man auf Frau und Kind; so ist es vernunftgemäß in dieser Welt, so ist es festgelegt, fest wie mit Leim gefangene Vögel. Der Mensch, von dem man sagt, daß er einhergeht alles achtlos von sich werfend wie jemand die zerrissenen Schuhe fortwirft, weil er sein Reiseziel nicht kennt, dieser Mensch, ist er denn aus Steinen und Bäumen hervorgegangen ? Deinen Namen nenne. Wenn du zum Himmel gehst, magst du alles nach deinen Wünschen treiben, wenn du aber auf der Erde bist, so wohnt da der Kaiser und der regiert das innere Land, das unter Sonne und Mond liegt, und das begrenzt ist dort, wo die Wolken sich herabneigen und wo die Talkröte bis nahe ans Wasser kriecht. So wie du dieses und jenes gedankenlos dir wünschst, so darf es doch wohl nicht sein. Hanka
Der Himmelsweg ist weit. Kehre du nur nach Hause zurück ruhigen Herzens und betreibe dein Handwerk.
Aus diesem Gedicht, dessen näherer Anlaß uns nicht bekannt ist, spricht eine Weltanschauung, die unter chinesischem Einfluß erworben ist: Feste Normen, für die der Einzelne einzutreten hat, regeln das Verhältnis von Mensch zu Mensch, seien es Vater, Mutter, Frau oder Kind, seien es die Mitmenschen im allgemeinen. Jeder möge sich um seinen Beruf kümmern und die Bahnen gehen, die der Herrscher vorschreibt. Nüchtern nehmen sich diese Worte aus in ihrer Selbsteingenommenheit.
56 Eine ungeheure Kluft gähnt zwischen dem gleißenden Schimmer, mit dem Hitomaro seinen Fürsten umgibt, mit dem er ihn in tatenloser Begeisterung verherrlicht, und Okura's Bestimmtheit, durch die er den Kaiser mit den ethischen Normen verbindet.
Uber Inhalt, Motive und Aufbau der Langgedichte. Die Auswahl des Motivs, des Erlebnisses, das gestaltet werden soll, ist in erster Linie natürlich von Temperament, Charakter und geistiger Einstellung des Dichters abhängig. Bei Hitomaro herrscht in den Dichtungen das Melancholische absolut vor. Immer wieder wählt er die Trauer über einen Todesfall im Kreise seiner Umgebung, trübe Erinnerungen an vergangene Zeiten zum Thema. Im Zusammenhang mit seinen Reisen schildert er die Unbillen, unter denen er zu leiden hat, sowie Trennungsschmerz und Sehnsucht. Dabei ist er in seinen Schilderungen durchaus an Tatsächliches gebunden. Immer ist das, was er zur Darstellung bringt, Erlebtes aus seinem allernächsten Wirkungskreis, das meist in einfacher Schilderung, seltener verbunden mit einer symbolisch übertragenen Bedeutung, dargestellt wird. Überhaupt steht für den Japaner der Manyö-Zeit die Natur, die ihn unmittelbar umgibt, im Vordergrund. Trotzdem gerade damals, durch China und den Buddhismus vermittelt, eine Fülle literarisch überlieferter ausländischer Quellen, deren Material Anregung hätte geben können, hinzuströmen, sind es immer wieder die Blüten des Frühjahrs, die bunten Blätter des Herbstes, die Flüsse und Berge seiner Heimat, von denen der Manyö-Dichter spricht, die den Schauplatz seiner Dichtungen umrahmen. Da wir von Hitomaro kein Gedicht, das sich rein auf die Natur bezieht, besitzen, sondern da bei ihm immer andere Motive das eigentliche Thema ausmachen, flechte ich zur Schilderung japanischen Naturempfindens ein Gedicht des Mannes ein, der in späterer Zeit als sein Nebenbuhler um den höchsten Ruhm in der Dichtkunst jener alten Tage galt, nämlich Akahito. (Buch III, 78). Fort und fort, so oft wie die Tsuga-Bäume dicht gewachsen sind, die ihre 500 Zweige ausstrecken auf dem Kaminabi-Berge von Mimoro, unaufhörlich wie der Efeu rankt, werde ich unablässig hergehen, so lange ich lebe, zur alten Hauptstadt von Asuka, wo die Berge hoch sind und die Flüsse weithin glänzen.
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In der Frühlingssonne mögen die Berge sich zeigen, und in der Herbstnacht glänzen (im Mondlicht) die Flüsse, in den Morgenwolken ziehen Kraniche in Haufen, und im Abendnebel lärmen die Frösche. Jedesmal wenn ich dies alles sehe, muß ich mit lauter Stimme weinen, vergangener Zeiten gedenkend. Benutzen wir dieses Gedicht des weiteren zu Vergleichen mit der Dichtweise Hitomaro's. Abgesehen davon, daß Akahito ganz besonders als Sänger der Natur hervortritt, die Hitomaro eigentlich nur als Schmuckmittel benutzt, finden wir eine große Anzahl Ähnlichkeiten in den Gedichten. Wie die Variante des Gedichtes XV (ähnlich auch im Hauptgedicht XV) mit einem Vergleich beginnt, der an den Tsuki-Baum anknüpft, so bildet Akahito im Anfang einen ähnlichen Vergleich mit dem Tsuga-Baum: So häufig wie die Zahl der Frühlingsblätter, wie die hierhin und dorthin sich verzweigenden Äste Fort und fort, so oft des hundertzweigigen Tsuki-Baumes wie die Tsuga-Bäume dicht gewachsen sind, Auch Gedicht I die ihre fünfhundert . . . aufeinanderfolgend Zweige ausstrecken . . . wie (die Zweige des) Tsuga-Baumes... (Tsuki-Baum und Tsuga-Baum werden übrigens wortspielend so verwandt: tsuku bedeutet anheften, tsugu fortsetzen). In Gedicht XIII heißt es: Solange Himmel und Erde bestehen, wird man liebevoll hingehen zu dem Asuka-Fluß... . . . unaufhörlich (tayuru koto naku) Ferner Hanka zu Gedicht II wie der Efeu rankt, Wie die ständige Glätte im Bett werde ich unablässig hergehen des Yoshino-Flusses, zur alten Hauptstadt von Asuka. ewig (tayuru koto naku) möchte ich zurückkehren... Ferner Gedicht II: . . . als einem Lande, . . . wo die Berge hoch sind das umflossen von Strömen, und die Flüsse weithin glänzen. von Bergen und Flüssen hell glänzt...
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Die Schlußworte des Gedichts von Akahito beziehen sich auf die verfallene Hauptstadt des Kaisers Temmu in Asuka no Kiyomi-no-hara und erinnern an die Gedichte I und XXXI. Wie die obige vergleichende Aufstellung es andeuten mag, sind es immer wieder dieselben Bilder, die von den Dichtern bevorzugt werden; in zahlreichen Variationen werden die alten Motive kombiniert, so daß die schöpferische Tätigkeit verhältnismäßig gering ist. Bild an Bild ist in dem Gedicht von Akahito nebeneinandergereiht. Besonders nach den beiden einleitenden Vergleichen, die selbst schon auf die Landschaft anspielen, finden wir im eigentlichen Hauptteil nicht weniger als sechs Einzelszenen, die dem Landschaftsbild entnommen sind. Ein derartiges Gedicht zeigt am klarsten, wie der Japaner aus mosaikartig zusammengesetzten Einzeldarstellungen seinen Eindruck wiederzugeben versucht. In engster Verbindung mit solchem. Nebeneinandersetzen steht auch die sprachliche Bildung der einzelnen Sätze, die meist parallel zueinander gebaut sind. Für Hitomaro's Dichtungen steht der Mensch im Zentrum. Wie Akahito aus einer Landschaft Bild an Bild aneinanderfügt, so begleitet Hitomaro Episode für Episode die Menschen durchs Leben. Nun könnte das Aneinanderreihen einzelner Moments aus dem Leben zur Epik, zur Ballade führen. Aber alle epische Dichtung schildert inneres Streben oder Wollen, das zur Umwelt in einem Spannungsverhältnis steht. In den Gedichten Hitomaro's findet sich jedoch nirgends eine Spaltung der Kräfte, nirgends Spannung, niemals kommt eigentlich Dynamisches zum Ausdruck, immer nur das Nacheinander, an dessen Ende der Tod steht, mit dem jedes epische Gedicht notwendig schließen müßte. Aber gerade da erst konzentriert sich das Naga-uta auf das eigentliche Thema. Alles, was über das Leben der Verstorbenen gesagt wurde, war Vorbereitung, Vorrede, die zur Trauer der Hinterbliebenen, also zu einem rein lyrischen Thema, hinleiten sollte. Die Weltauffassung in den Gedichten ist ungemein passiv, apathisch, trotz aller Leidenschaftlichkeit des Temperaments. Ich möchte die Gedichte mit jenen primitiven Bildern vergleichen, die man so häufig, wohl in allen Kulturen, findet, in denen man das Leben eines Mannes irgendein historisches Ereignis, das sich über eine gewisse Zeit hinerstreckt, dadurch wiederzugeben versucht, daß man einzelne, zeitlich verschiedene Punkte aus der Geschichte herausgreift und sie im Bilde nebeneinandersetzt, so daß sie in einer einzigen Landschaft mit immer verändertem Hintergrund stehen. Die Makura-kotoba, die Vergleiche, wie sie in den Gedichten Hitomaro's vorkommen, mögen in solchen Bildern ihre Entsprechung finden in ornamentalen Linien, die aus stilisierten Blumenblättern, Vögeln oder Tieren gebildet sind. Besonders die Gedichte auf geschichtliche Persönlichkeiten bieten Anlaß zu langen Erzählungen. Etwa in Gedicht XII, auf den Kronprinzen Takechi, beginnt der Dichter mit einer langen häufenden Aufzählung von Tatsachen, ohne irgendeinen epischen Schluß zu finden. Vielmehr gleitet er im letzten Teil (ab Zeile 95) in eine Reihenfolge lyrisch abgestimmter Bilder hinüber, die durch die weiteren Vorgänge
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im Zusammenhang mit der Beerdigung des Prinzen zusammengehalten werden und mit der symbolisch gefaßten Andeutung auf den Verfall des Palastes abschließen. Für die Aufeinanderfolge der einzelnen Glieder solcher kettenartiger Häufungen lassen sich je nach dem Thema verschiedenartige Schemata aufstellen, die nicht sehr streng befolgt werden, aber immerhin nachweisbar sind. Besonders leicht läßt sich die Tendenz beim Aufbau der Gedichte dort verfolgen, wo die Japaner unter ein und derselben Überschrift zwei oder mehr Gedichte verfaßt haben. So gehören II und III, VIII und IX, XIV und XV zusammen und behandeln bei ungefähr gleicher Länge im selben Rhythmus mit wenig verändertem Inhalt das jeweilige Thema. Aber auch die beiden Langgedichte X und XII, von denen das letztere übrigens das längste Gedicht der alten japanischen Poesie überhaupt ist, zeigen grundsätzlich denselben Aufbau. Beide beginnen mit einer auf historische, bezw. auf mythologische Verhältnisse eingehenden Vorrede X, 1—36, XII, 1—34; gehen dann auf die Persönlichkeit des verstorbenen Prinzen ein X, 37—50, XII, 35—96; beziehen sich in X, 51—62, XII, 97—136 auf die Beerdigung, bezw. das Grab. In Gedicht XII finden wir zum Schluß noch einige Worte über den Palast, in dem der Prinz gewohnt hat, der in einem andern Zusammenhang auch in Hanka X, 1 behandelt wird, während Anspielungen auf die Verlassenheit der Höflinge X, 63 bis 65 sich in den Hanka XII, 1 und 2 finden. Für X Hanka 2, das hauptsächlich allerdings nur Vergleiche bringt — es wird die Kaiserin mit der Sonne, der Prinz mit dem Mond verglichen — läßt sich in XII keine Parallele finden. Es erhellt daraus einerseits, daß in einem und demselben Thema grundsätzlich die gleichen Motive behandelt werden, eine Tatsache, die sich auch bei anderen Dichtern des Manyöshü nachweisen läßt. Eine große Anzahl von Gedichten sind derart aufgebaut, daß sie als Variationen einer theoretisch anzusetzenden Hauptform gelten können. Andererseits bekommt man einen Einblick in die enge Zusammengehörigkeit von Hanka und Hauptgedicht. Es mag für manches japanische Gedicht ein chinesisches Vorbild maßgeblich gewesen sein und dasjenige, was in dem danach verfertigten japanischen Gedicht keinen Platz mehr fand, wurde im Hanka nachgetragen, wie ich es an einem Beispiel später zeigen möchte. Hier sei jedoch erwähnt, daß Hanka in der chinesischen Poesie in derselben Art wie in der japanischen nicht üblich sind. Wohl aber sollen dieselben Worte ^JC im Chinesischen als Bezeichnung für Gedichte vorkommen, die man im Anschluß an eine am Grabe gehaltene Trauerrede vorträgt. (Mitgeteilt durch Prof. Tsai Yüan-pei). Eine vergleichende Betrachtung aller Gedichte Hitomaro's, die eine schmerzliche Stimmung ausdrücken, ergibt, daß dem zweiten Teil, der eine gegenwärtige Trauer behandelt, ein anderer vorausgeht, der eine Vergangenheit schildert, die von einer andersgearteten — also nicht trüben — Stimmung beherrscht wird. Dabei bringt der erste Teil über-
60 wiegend Tatsächliches, gewissermaßen das, was sich abgelagert hat, der zweite Teil die Empfindung, das Wollen und Wünschen. Durch den zweiten Teil zieht sich leicht angedeutet die in der Zeit fortschreitende Erzählung vom ersten her hindurch, und ständig anschwellend bricht die im ersten Teil verhaltene Stimmung leidenschaftlich hervor. Es ist nun zu berücksichtigen, daß es einen besonderen Grenzfall darstellt, wenn in einem Gedicht einer in Bezug auf eine bestimmte Person glücklichen Vergangenheit eine in Bezug auf dieselbe Person traurige Gegenwart gegenüber gestellt wird. Häufig ist es der Fall, daß der zuerst geschilderte glücklichere Zustand keineswegs direkt gegensätzlich zu dem steht, was im zweiten Teil geschildert wird, wie etwa in Gedicht I, VII oder X V I I . Überall sind es nur einzelne Bilder, die vom Dichter rein äußerlich zusammengesetzt werden. Dabei sind dann auch kompliziertere Bildungen möglich: In Gedicht X I I I sind Vergangenheit und Gegenwart doppelt einander gegenüber gestellt. Zuerst Zeile 15—23 und 24—26, dann 27—42 und 43—64, wohl um dadurch zuerst die Empfindung des Dichters und dann die des Gemahls, für den er dichtet, zum Ausdruck zu bringen. Ähnlich auch in Gedicht X V I (1—4 und 17—20, dann 21—26 und 27—30). An und für sich findet sich die Gegenübersetzung von Vergangenheit und Gegenwart auch bei andern Dichtern, wie etwa bei Okura, von dem ic h hier ein Gedicht folgen lasse; jedoch betont Okura im ganzen die Handlung, deren Intensität fiebernd steigt. Die Anordnung ist auch bei ihm rein chronologisch. Was sollte ich tun mit den sieben Arten von Schätzen, die die Menschen ehren, um die sie bitten ? Wenn wir am dämmernden Morgen, wenn der Morgenstern leuchtete, mit unserem Sohn Furuhi, den wir liebten wie weiße Edelsteine, der in unserer Mitte geboren, zusammen spielten, stand er bald auf und bald legte er sich hin, ohne die Nähe des Bettes zu verlassen. Wenn am dunkelnden Abend der Abendstern schien und es hieß „Nun gehe schlafen", führten wir ihn an der Hand. Dann sagte er herzlich: „Vater! Mutter! entfernt euch nicht aus meiner Nähe,
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in eurer Mitte will ich doch schlafen", da dachte ich: wann denn wohl wird er ein Mann geworden sein, daß er Böses und Gutes sehen wird, und wie auf ein großes Schiff habe ich mich verlassen auf ihn. Da unerwartet kam es wie Wirbelwind plötzlich beschattend. Ich wußte keine Hilfe, hing die Ärmelstützbänder aus weißem Tuch um, nahm den hellen Spiegel in meine Hände, und aufblickend zu den Göttern des Himmels betete ich, niederkniend vor den Göttern der Erde beugte ich meinen Nacken, mögen sie helfen oder nicht, es sei nach dem Willen der Götter. Aber obgleich ich voller Unruh so betete, gab es auch nicht für eine kurze Weile Besserung. Langsam schwand er dahin. Morgen für Morgen schweigt er, und sein Leben ist beendet. Ich tanze vor Schmerz und reibe die Füße aneinander, werfe mich zu Boden und blicke zum Himmel, es stöhnt die Brust. — Das Kind, das ich auf den Arm getragen, ist von dannen geflogen. — Das ist der Weg dieser Welt. In diesem Gedicht schildert die erste Hälfte bis und wie auf ein großes Schiff habe ich mich verlassen auf ihn" die glückliche Zeit, der Schluß das Unglück. Das Gedicht zerfällt nahezu in der Mitte in zwei Teile. Wir sehen so, daß bei bestimmtem Thema, dem Trauerfall, die Gedichte der Manyö-Zeit an ein Schema gebunden sind.
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Stilistische Besonderheiten. Dieses Schema setzt sich selbst dort klar durch, wo andere Gesichtspunkte die Gestaltung des Gedichts beeinflussen, z. B. i n X I I I und X I V , wo Vergangenheit und Gegenwart, wie schon erwähnt, doppelt einander gegenüber gestellt sind, um dadurch gewisse gesellschaftliche Verhältnisse zum Ausdruck zu bringen, nämlich daß Hitomaro für den Gemahl der Verstorbenen das Gedicht verfaßt hat. Neben derartig persönlichgesellschaftlichen Einflüssen, die die Form mitbestimmen, kommen auch noch allgemein-soziale Momente in der Gestaltung mit zum Ausdruck; sie beeinflussen vor allen Dingen den Stil. Gedichte an noch lebende Kaiser oder dem Kaiser nächstverwandte Prinzen beginnen mit den Worten „mein großer Fürst, der ruhig regiert, der Sohn der Sonne, die hochherabscheint". Andere Gedichte, die sich auf verstorbene Prinzen oder die alte Hauptstadt beziehen, beginnen mit Einzelheiten aus der Mythologie oder der Geschichte. Neben diesen etwas steifen und vornehmen Wendungen sind die einleitenden Worte der Gedichte auf den Tod eines Ehegatten (ich verstehe darunter die Gedichte X I , X I I I , X I V , XV, XVI), die Anspielungen auf die Natur enthalten, reich an parallelistischen Bildungen sind und sich auf die glückliche Zeit vor dem Trauerfall beziehen, in ganz anderer Weise von lebendigem Rhythmus erfüllt. Bei intimerem Verhältnis zu dem Verstorbenen, wie etwa bei dem Tode des Ehegemahls, ist im zweiten Teil der Trauernde, also der Gatte, bezw. der für ihn eintretende Dichter, der Träger der Bewegung, dessen Empfindungen unmittelbar zum Ausdruck gelangen. Bei den Gedichten auf den Tod der Prinzen Hinameshi und Takechi tritt der Dichter als Leidtragender sehr viel weniger in den Vordergrund, wohl um den Abstand zu wahren. Neben dieser, durch die gesellschaftliche Konvention beeinflußten Differenzierung in der Anlage der Gedichte läßt sich eine andere unterschiedliche Gestaltung, die mehr auf religiöse Motive und ihren Zusammenhang mit dem Kaiserhaus zurückgeht, feststellen. Sobald nämlich die Gedichte sich auf den Kaiser oder Kronprinzen beziehen, lehnt Hitomaro sich häufig an die Worte der Norito an, dieser alten urjapanischen Rituale des Shintö, zu dessen Grundanschauungen die Theorie der Abkunft des Kaisers von der Sonnengöttin gehört und dessen oberster Kultherr der Kaiser selbst ist. So finden wir in Gedicht X starke Anklänge an den Stil und den Wortlaut des Oho-harahi, des Rituals der großen Reinigung. Man vergleiche das Folgende mit den durch Zahlen bezeichneten Versen des Gedichtes: 4 Takama no hara ni kamu-dzumarimasu Sumera-ga-mutsukamu-rogi kamu-romi no mikoto mochite
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5 6 7 8 9 10
ya-ho-yorodzu no kami-tachi wo kamu-tsudohe tsudohe-tamahi kamu-hakari hakari-tamahite aga Sume-mi-ma-nomikoto ha 15 Toyo-ashi-hara-no16 midzu-ho-no-kuni-wo yasu-kuni to tahirakeku 19 shiroshimese to 21 ame no 22lya-he-kumo wo (idzu no chi-waki ni chi-wakete 23 ama-kudashi yosashi-matsuriki 55 miya-bashiva 56 futo-shiki-tate 57 mi-araka 58 tsukahematsurite ama tsu kami ha 34 iha-to wo oshi-hiraki Übersetzung:
8 5/6 4 7 10 9
Auf Befehl des souveränen göttlichen Herrschers und der souveränen göttlichen Herrscherin, versammelten sich die 800 mal 10000 Götter in der Himmelsebene in göttlicher Versammlung und ratschlagten in göttlichem Ratschlag und sagten „Unser souveräner erlauchter Enkel regiere das Land der frischen Ähren, des üppigen Schilfsgefildes ruhig
¡
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als ein friedliches Land". Das Land wurde ihm anvertraut und er stieg hinab vom Himmel, indem er sich einen Weg bahnte erhabenem Zuge 21/22 | in durch die achtfachen Wolken des Himmels 23
55 Die Palastpfeiler 56 wurden festaufgerichtet 57 und der Palast 58 erbaut. Die Götter des Himmels 34 stoßen das Felsentor auf. In den Norito wird die Konjunktion „to" außerordentlich häufig verwandt. Auch in den Gedichten Hitomaro's ist zu bemerken, daß er bei Schilderungen, die mit der Mythologie und dergleichen in Verbindung stehen, sehr oft ,,to" gebraucht, während er in Gedichten auf den Tod eines Ehegemahls meist die Partikel ,,-ba" satzverknüpfend bevorzugt. Im Gegensatz zu dieser Anlehnung an altjapanisch-schintoistische Formeln stehen gewisse Worte in Gedicht XV und XVI, die wohl chinesisch-buddhistischen Ursprungs sind. Die beiden erwähnten Gedichte beziehen sich auf Personen bürgerlicher Lebensstellung, und durch die Anlehnung an solche, ihrer Herkunft nach bekannte, stehende Redewendungen ist ein Gegensatz charakterisiert zwischen der starren exklusiven Tradition des Kaiserhauses und dem beweglichen, fremden Einflüssen viel mehr zugänglichen Geist der bürgerlichen Gesellschaft. Die betreffenden chinesisch-buddhistischen Stellen sind: XV
XVI
obgleich du das Kindchen bist, zu dem ich Vertrauen hatte, k o n n t e s t du doch nicht brechen mit den ( N a t u r g e s e t z e n ) dieser Welt. Der Tau, der sich am Morgen gesetzt hat, (muß bis zum) Abend vergehen, so sagt man; und der Nebel, der des Abends aufsteigt (muß bis zum) Morgen sich verlieren, so sagt man.
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Die Kurzgedichte. Daß das Tanka in Japan die beliebteste und verbreitetste Gedichtform geworden ist, bleibt eine Tatsache, die nur aus den Eigentümlichkeiten japanischen Geistes zu erklären ist. In einunddreißig Silben in der Zeilenordnung von 5, 7, 5, 7, 7 Silben dichten zu müssen, ist ein Zwang, der seine Wirkungen auf den Inhalt ausüben mußte. Wollte man eine möglichst große Anzahl von Bildern schaffen, dann war es nötig, den Inhalt in äußerstem Maße zu konzentrieren. Diese Tendenz äußert sich nun in späteren Perioden, zur Zeit der Sammlung Kokinshü, darin, daß man durch Wortspiele die Beziehungen, und damit die Bedeutungen des einzelnen Wortes oder der einzelnen Silbe, vervielfältigt. Immerhin beschränkte die knappe Form den Ausdruck und vereinseitigte die Gestaltungsmöglichkeiten, denn auch derartige Wortspiele ließen sich nicht bis ins Unendliche variieren, sondern man war bald darauf angewiesen, altes wieder zu gebrauchen. Da die japanische Sprache weder klanglich durch den Reim wegen der Monotonie der immer gleichlautenden Endsilben, noch dynamisch durch Akzent, lange oder kurze Silben, rhythmisch sich gestalten läßt, hat man wohl das ursprüngliche einfache Zählen der Silben bei beliebiger Länge des Gedichts in der Form straffer zu spannen gewußt durch eine Beschränkung auf ein Minimum an Raum, wodurch die Form geschlossen und mit großer Schärfe bestimmt wurde. Daß gerade dieser Weg beschritten wurde, gründet sich eines Teils auf Willkür und andern Teils auf eine spezifische Veranlagung zu Miniaturbildungen beim japanischen Volke überhaupt. Zum Inhalt eines Tanka wird bei Hitomaro, wie wir es auch schon in den Naga-uta gesehen haben, fast ausschließlich das Melancholische, das trübe Schicksal, sei es das eigene oder das anderer Menschen. Das Empfinden wird häufig unmittelbar genannt, also: Ach es ist bedauerlich (daß der Palast verfallen wird) X Hanka I Ach in Sehnsucht lebe ich dahin XII ,, I Ich werde (in trüber Weise) erinnert an die Tage, wo ich sie getroffen habe XIV ,, II Wie einsam fühle ich mich (wenn ich es sehe) XVI ,, I Ach ich, der ich mich sehne XLII Unerträglich ist meine Sehnsucht XLIV In anderen Fällen wird die Empfindung umschrieben, wie etwa: Sie haben mit lauter Stimme geweint Werden wir je wieder zusammentreffen ? Es ist mir als ob ich nicht mehr lebte Sie wissen nicht, wohin sie gehen sollen
XL I Hanka II XV „ II XXX
Diese Zeilen stehen immer an fünfter Stelle. Vorangeht eine Schilderung der Umstände, aus denen dieses Empfinden resultiert, oder irgendwie 5 Lorenzon.
66 eine nähere Bestimmung, z. B. durch einen Vergleich. In den allermeisten Fällen ist nur ein ka mo = Ach! von solchen letzten Zeilen übrig geblieben, oder das Empfinden ist überhaupt nicht ausgesprochen, so daß das Gedicht nur die Komponenten dazu enthält. In den wenigen Worten vermag allerdings dann eine Fülle von Perspektiven sich zu eröffnen. Z. B. in Gedicht XXII
Über Minume wo man Seegras mäht, nähert sich das Schiff dem K a p Nujima, auf dessen Feldern das Sommergras wächst,
liegt nicht nur die Reise, das einfache Sich-fortbewegen von Station zu Station, von Ort zu Ort im Inhalt des Gedichts ausgedrückt, sondern die hinzugefügten Makura-kotoba Zeile 1 und 3 (in der Übers. Z. 2 u. 5) ergeben durch die nur kurzen Anspielungen auch ein anschauliches Bild des Reiseweges. XXIII Am K a p von Nujima auf Ahadji wird das von meiner Geliebten geknüpfte Band vom Strandwind (mir) aufgeweht. Das Ufer am K a p (Ahadji bedeutet auch Schaumweg!) ist die rauhe stürmische Fremde, der gegenüber steht die Heimat, die Geliebte, die treusorgend an den Dichter gedacht hat. XXXI
Chidori-Vögel auf den Abendwellen des Meeres von Afumi, wenn ihr singt. erinnere ich mich vergangener Zeiten brechenden Herzens.
Hier zeichnen die ersten drei Zeilen ein naturalistisches Bild. In unübertrefflicher Kürze ist dort eine ganze Landschaft gestaltet, und die Melancholie der Abendstimmung, das Rauschen der Wellen, das Schreien der Vögel, leiten zur Stimmung über, die die letzten beiden Zeilen ausdrücken. Häufig schwingt fast jedes einzelne Wort der Tanka doppelt mit: Der Hofmann auf Reisen, armselig, durch die Umgebung herabgedrückt, unterscheidet sich nicht von den Leuten des Landes, an denen er vorübergeht. Den Fischer wählt er zum Vergleich, um seine unbehaglichen Empfindungen auszudrücken, aber der Fischer ist es, der uns gleichzeitig die äußere Umgebung, in der der Reisende weilt, in weitem Maße charakterisiert. (Gedicht X X I V ) .
67 So werden Einzelheiten der Umwelt durch die Gesetze, die Denken und Sprache zu Grunde liegen, verbunden und durch die abstrahierte Form des Gedichtes dem Geiste eingefügt. Die Weite der Natur wird als Mikrokosmus aus den Tiefen der Seele wiedergeboren.
Vergleich mit chinesischen Dichtungen. Wenn die chinesische Sammlung Wen-hsüan Vorbild für die Anlage des Manyöshü gewesen ist, so werden wahrscheinlich auch die einzelnen Dichtungen nicht unbeeinflußt geblieben sein. Es ist nun leicht festzustellen, daß die Themata für einzelne Gedichte häufig in beiden Sammlungen, d. h. sowohl im Wen-hsüan als auch im Manyöshü, dieselben sind. Ich möchte deshalb zur Vergleichung hier zwei Motive herauswählen, nämlich Dichtungen auf den Tod der Gattin und auf die verfallene Hauptstadt, welche beide in der chinesischen Sammlung und bei Hitomaro vorkommen.
Drei Gedichte auf den Tod der Gattin. 1.
A. Langsam sind Winter und Frühjahr vergangen, Plötzlich wechselten Kälte und Wärme. Meine Frau ging hinab zu den untersten Quellen, Schichten von Erde versperren auf ewig die dunkele Welt. B. Wer kann meinen Gedanken folgen? Was kann es nützen, hier zu verweilen ? Ich raffe mich auf und gehorch dem Befehl des Kaisers, Kehr ab mich von Trauer und gehe ins Amt zurück. C. Seh ich das Haus, so gedenke ich ihrer, Tret ins Zimmer ich ein, denk an Vergangenes ich. Unverändert scheint noch der Vorhang des Bettes; Was einst sie geschrieben, liegt noch dort. Ein feiner Duft ist noch nicht entschwunden, Verlassenes Schmuckstück hängt an der Wand. Vom Schmerz betäubt, vermein ich du lebst noch, Doch voller Unruh schrecke trostlos ich auf. D. Ich bin wie der Vogel, der den Wald durchfliegt, Stets zu zweien sieh ruht und eines Morgens allein ist. 5*
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Ich gleich dem Fisch, der im Wasser spielt, Stets den Gefährten im Auge und inmitten des Weges von ihm getrennt wird. Es pfeift der Wind im Frühling durch die Spalte der Tür. Es tropft das Wasser des Morgens vom Dachrand herab. E. Werd ich im Schlaf oder Wachen sie je vergessen? Nein, tiefster Schmerz häuft täglich sich auf. Zum Glück kommt die Zeit, wo alles endet, Da kann auch ich die Trommel des Chuang-tse schlagen. 2.
A. Glänzend im Fenster bescheint Der Mond im Süden mein Zimmer. Frischer Wind mit dem Herbste kommt, Und die Schwüle verebbt mit der Jahreszeit. B. Kühl steigt kalter Wind herauf, Da empfind ich, wie die Sommerdecke zu leicht. Wie könnt ich sagen, ich hätte nicht schwerere Decken, Doch wer teilte mit mir die Kälte des Jahres 1 Die Kälte des Jahres teilt niemand mit mir, Was sucht da der leuchtende Mond noch zu glänzen ? C. Ich drehe herum mich und blicke auf Kissen und Decke, Doch immer noch auf der Bambusmatte das Lager ist leer. Das Lager ist leer, feiner Staub häuft sich auf, Das Haus ist leer und der Wind kommt klagend. D. Ich bin allein, habe nicht die Kunst des Li, Daß auch flüchtig nur ich deine Gestalt könnte sehn. Das Gewand zerknittre ich und seufze tief, Ich acht nicht der Tränen, die mir die Brust benetzt. Die Brust ist benetzt, wie könnt ich es enden? Trübes Sinnen quillt aus dem Innern hervor. Im Schlafen und Wachen steht deine Gestalt mir vor Aiigen, Der Klang deiner Stimme liegt mir noch im Ohr. Ich werde beschämt von Wu aus Tung-men, Ich muß erröten vor Chuang-tse aus Mong.
69 E. In Liedern möchte ich sagen was mich bewegt, Doch was mich bewegt, ist schwerlich zu schreiben. Schicksal ist es, wo wäre Hülfe, Ich erniedrige mich selbst durch tiefe Trauer. 3.
A. Der Sonnengott dreht das Himmelsgewölbe Und vierfach wechseln die Zeiten und gehn. Kalt ist es, des Morgens gefriert der Tau, Fürchterlich abends der Sturmwind braust. B. Was hilft es, meine Frau zu betrauern? Ihre edle Gestalt ist auf ewig mir fern. Ich erinnere mich als sei es gestern gewesen, Wer weiß, daß ein Jahr schon verflossen? Dem Befehl des Kaisers folg ich, leg ab die Trauerkleider, Doch im trauernden Herzen bleibt rechtes Verhalten. C. Im alten Zimmer, wo Kissen und Bettvorhang ausgebreitet, Bracht am Anfang, zur Mitte des Monats die Opfer ich dar, Dein Opfer — ist's so lange schon her ? Vom Anfang zur Mitte des Monats, wie schnell ist die Zeit doch dahin. Sind die Laken des Totenbettes erst einmal fortgeschafft, Werden sie in tausend Jahren nicht wieder gebraucht. D. Unermüdlich vollenden sich Monde, Und Trauer auf Trauer häuft sich mehr. Bei jeder Erinnerung naht schmerzliches Sehnen, Mit jeder Empfindung fallen die Tränen. Ich gehe hinaus, hinauf zum östlichen Hügel Und sehe das Grab, in Sehnsucht krampft sich das Herz. D. Ich gehe hin und her am einsamen Grab, Ich möchte fort und kann es nicht; Ich gehe hin und wieder und kann nicht fort, Ich trete auf und nieder und meine Schritte verzögern sich wieder. Gefallene Blätter sich häufen am Grabesrand, Verwelktes Gras umschlingt die Ecken.
70 Verlassene Seelen sind einsam, alleine, Wie wüßte ich, ob es Geister gibt oder nicht. E. Hingebenden Herzens will den Befehl des Kaisers ich ehren, Und trockne die Tränen, mich aufraffend geh ich zum Wagen. Wer sagt, daß der Weg zum Hofe des Kaisers weit sei? Der Weg hat ein Ende, doch meine Trauer nie. Diese Elegien des P'an An-jen (4. Jahrh. n. Chr.) behandeln, genau so wie wir es auch schon bei Hitomaro erkannt haben, bei ungefähr gleicher Länge, im selben Rhythmus, mit wenig verändertem Inhalt das gleiche Thema in drei Einzeldichtungen — bei Hitomaro gehörten häufiger zwei Gedichte zusammen —, die durch vertikale Querschnitte geteilt werden können. Dann ergeben sich bei den chinesischen Gedichten bei allen dreien gleichmäßig wiederkehrende Abteilungen. A. Die einleitenden ersten Verse enthalten bei Hitomaro ebenso wie bei P'an An-jen Anspielungen auf die Natur, nur daß der Japaner an einen bestimmten, begrenzten Ort, nämlich denjenigen, an dem die Geliebte oder die Frau gelebt hat, anknüpft, während der Chinese sich in kosmischer Weite verliert. Da die chinesischen Gedichte sich anscheinend alle drei auf dieselbe Gattin, auf denselben Todesfall beziehen, wird es möglich, Tatsächliches über die drei Gedichte verteilt zu erzählen. Wir finden daher nur in der Einleitung von Gedicht 1 direkt angegeben, daß die Gattin gestorben ist. B. Dann wird allgemein, gebunden an Ort und Situation, in der der Dichter sich befindet, das Gefühl der Einsamkeit, der Trauer ausgedrückt. Zur Situation gehört es, wenn der Dichter in Gedicht 1 sagt, daß er beabsichtige, sein Amt wieder aufzunehmen, in Gedicht 3 wird davon gesprochen, daß das Trauerjahr abgelaufen ist, während dessen man sich offizieller Tätigkeit zu enthalten hatte. C. Im nächsten Abschnitt schließt sich der Ausdruck der Trauer ganz eng an das Zimmer, in dem er mit seiner Frau gewohnt hat, und die dort befindlichen Gegenstände an, die an die Verstorbene erinnern. Besonders ist auch auf die Schlafstelle angespielt. Die dabei geschilderte Situation erklärt sich wohl dadurch, daß der Zustand des Totenzimmers während des Trauerjahres so erhalten wurde, wie in der letzten Lebenszeit der Verstorbenen. Auf gleiche Sitte ist übrigens auch in einem der japanischen Gedichte angespielt: Man vergleiche XV Hanka 3, das einen schmerzlichen Ausruf darüber enthält, daß im Totenzimmer etwas verändert ist. Ich komme nach Hause Und sehe das Zimmer, Da s t e h t zur S e i t e g e s t e l l t Außerhalb des Bettes der Verstorbenen Das Holzkopfkissen meiner Geliebten.
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Die Sitte, das Trauerzimmer eine Zeitlang unberührt zu lassen, findet sich besonders in Gedicht 1 von P'an An-jen angedeutet. Auch in Gedicht 3 bezieht sich die Zeile „Sind die Laken des Totenbettes einmal fortgeschafft ", nämlich nach Ablauf der Trauerzeit, wenn das Zimmer geräumt wird, auf diesen Brauch. Ein gewisse Ähnlichkeit der Motive dieses Abschnitts der chinesischen Gedichte läßt sich auch mit Gedicht XV feststellen: In dem gemeinsamen Ehegemach, Wo die Kissen aufgestellt sind, In dem ich mit meiner Frau Zu zweien geschlafen habe, Bringe ich in innerer Einsamkeit Den Tag hin, Lasse ich unter Seufzen dann Die Nacht aufdämmern. Ferner XVI Aber der Gemahl, Der jung ist wie das Gras, Der neben ihr geschlafen haben wird Wie man die Klinge des Schwerts neben sich legt, Indem er ihren betuchten Arm zum Kopfkissen machte, Wird er wohl sehnsuchtsvoll schlafen In Einsamkeit ? Wird er sehnsuchtsvoll ihrer gedenken In Traurigkeit ? D. Der folgende Abschnitt versucht nun wieder die Stimmung allgemein auszudrücken, und zwar durch Vergleiche aus der Natur, durch Schilderung von Gedanken und Empfindungen, eventuell Anspielungen aus der Philosophie und Geschichte. In diesem Abschnitt bedarf die Zeile „Ich bin allein und habe nicht die Kunst des Li, daß auch flüchtig nur ich deine Gestalt könnte sehn" (2) einer Erklärung. Sie spielt auf die Konkubine Li Fu-jen des Kaisers Wu der Han-Dynastie an. Als diese Nebenfrau gestorben war, trauerte der Kaiser sehr um sie. Da erbot sich der Zauberer Li Shao-chün, die Gestalt der Frau noch einmal erscheinen zu lassen. Das geschah und zwar durch Schattenspiel. Gewisse Einzelheiten dieses Abschnitts lassen sich mit dem Gedicht XV vergleichen, so die Verse Gedicht 1: „Vom Schmerz betäubt vermein ich du lebst noch", oder Gedicht 2: „Im Schlaf oder Wachen steht deine Gestalt mir vor Augen" mit den Versen 53/54 bei Hitomaro: „Meine Geliebte, die ich mir vorstelle, als ob sie noch lebte". In Gedicht 2 bezieht sich eine Anspielung auf den Philosophen Wu, von dem erzählt wird, daß er beim Tode seines Sohnes nicht geweint hat. Die Zeile „Ich muß erröten vor Chuang-tse aus Mong" bezieht sich auf folgende Erzählung: Als die Frau dieses Philosophen gestorben war, fand man ihn wie er mit ausgestreckten Beinen auf dem Boden saß, auf einer Schüssel
72 trommelte und sang. Einer seiner Schüler wunderte sich über dieses Benehmen. Chuang-tse aber antwortete: „Als sie eben gestorben war, (denkst du), daß mich da der Schmerz nicht auch übermannt habe? Aber als ich mich darüber besann, von wannen sie gekommen war, da erkannte ich, daß ihr Ursprung jenseits der Geburt liegt; ja nicht nur jenseits der Geburt, sondern jenseits der Leiblichkeit; ja nicht nur jenseits der Leiblichkeit, sondern jenseits der Wirkungskraft. Da entstand eine Mischung im Unfaßbaren und Unsichtbaren, und es wandelte sich und hatte Wirkungskraft; die Wirkungskraft verwandelte sich und hatte Leiblichkeit; die Leiblichkeit verwandelte sich und kam zur Geburt. Nun trat abermals eine Verwandlung ein, und es kam zum Tod. Diese Vorgänge folgen einander wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter, als der Kreislauf der vier Jahreszeiten. Und nun sie da liegt und schlummert in der großen Kammer, wie sollte ich da mit Seufzen und Klagen sie beweinen 1 Das hieße das Schicksal nicht verstehen. Darum lasse ich ab davon". (Übersetzung nach R. Wilhelm). E. Der Schluß aller drei Gedichte spricht, mehr oder weniger philosophisch verbrämt, den Gedanken aus, daß es unmöglich sei, von der Trauer irgendwie Erlösung finden zu können, es sei denn durch den eigenen Tod. Gedicht 2 enthält eine Anspielung auf eine Stelle aus den Gesprächen des Konfuzius, die hier nach der Übersetzung von Legge wiedergegeben sei: „The superior man is satisfied and composed; the mean man is always füll of distress". D I. In Gedicht 3 folgt hinter dem Absatz D, der bis zu der Zeile „Bei jeder Empfindung fallen die Tränen" reicht, noch ein besonderer Abschnitt, der sich auf das Grab bezieht und der mit dem Schluß von XV verglichen werden kann. Trotz der Ähnlichkeiten, die sich besonders mit Gedicht XV feststellen lassen, wäre es voreilig, irgendwelche Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Denn es ist klar, das für die gleiche Situation diese ganz allgemeinen Gedanken und Schilderungen überall wiedergefunden werden können. Vielmehr ist angebracht, grundlegende Unterschiede festzustellen zwischen japanischer und chinesischer Dichtungsweise. Während das japanische Gedicht der Zeit folgend Tatsache nach Tatsache schildert, folgt das chinesische Gedicht dem Ablauf der inneren Empfindung, die, nur wechselnd im Material des Ausdrucks, in den Anknüpfungspunkten, bald im weiteren, bald im engeren Kreise, an der Natur oder an den Gegenständen des Zimmers, anknüpfend an philosophische Gedankengänge oder Überlieferungen aus der Geschichte, dargestellt wird. Auf alle Fälle ist äußere Handlungsfolge, die in der Zeit abläuft, im chinesischen Gedicht nicht allein für den Aufbau maßgebend, wie denn auch das Tatsachenmaterial aus dem Zusammenhang gerissen und auf alle drei Gedichte verteilt wurde. Vergleichen wir ein anderes Gedicht des Wen-hsüan mit einem von Hitomaro. Ts'aoChih, der von 192 bis 232 lebte, hatte in der Hauptstadt Lo-yang gewohnt, die im Jahre 190 von Tung Cho zerstört worden war, worauf der Kaiser nach Chang-an übersiedeln mußte. Ts'ao Chih verfaßte darauf ein Gedicht auf die verfallene Hauptstadt, welches Thema
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sich auch bei Hitomaro findet, der sich auch in Einzelheiten an das chinesische Gedicht anschließt. Man vergleiche das folgende Gedicht mit I von Hitomaro. Ich steige den Po-mang-Hügel hinauf und blicke weit hinüber zu den Bergen von Lo-yang. Lo-yang! Wie ist es so einsam und öd', Paläste und Häuser sind alle verbrannt, die Wälle und Mauern gestürzt und zerrissen, Dornen wachsen zum Himmel. Ich sehe nicht mehr die Alten von damals, ich sehe nur Jünglinge, andere als damals. Die verwüsteten Felder sind nicht mehr bebaut, kein Weg führt hindurch, zur Seite lenk ich den Fuß, ein Reisender bin ich, lange schon nicht zurückgekehrt, ich kenne den Kreuz- und den Querweg nicht mehr. Wie einsam ist es inmitten der Felder, auf tausend Meilen steigt kein Rauch von Stätten der Menschen empor, ich erinnere mich meines altgewohnten Hauses, es bedrängt mein Herz, ich kann nicht sprechen. Ts'aoChihwie Hitomaro erwähnen den Ort des Palastes, dessen Mauern zerfallen sind, die Stätte, wo einst die große Halle gestanden hat und wo jetzt die Gräser dicht zum Himmel wachsen. Dieses Bild scheint die gemeinsame Abkunft beider Gedichte aus einer Tradition zu verraten. Im chinesischen Gedicht ist von den alten Bewohnern, vielleicht von Hofleuten, die Rede. Das japanische erwähnt im Hanka „die Leute des großen Palastes", „die Leute vergangener Zeiten", auf die der Dichter nicht mehr warten kann, die er wohl niemals wieder treffen wird. Wir sehen hier deutlich, wie gewisse Einzelheiten des chinesischen Gedichts im japanischen in das Hanka hinübergewandert sind. Wichtig scheint es mir zu sein, daß Hitomaro eine in der Zeit fortschreitende Handlungsfolge, wie wir sie als charakteristisch für das japanische Gedicht schon öfters erwähnten, dadurch mit in sein Gedicht hineinbringt, daß er die Geschichte des Kaiserhauses mit hineinverflicht, so daß der Verfall der Hauptstadt sich als der Endpunkt einer bestimmten historischen Entwicklung ergibt. Nach dieser Vergleichung chinesischer und japanischer Gedichte wird es möglich sein, über das Verhältnis der beiden Dichtungen zueinander Grundsätzliches auszusagen. Die charakteristische Einstellung des chinesischen Geistes auf das seelische Erleben gestattete es diesem Volke, aus sich heraus in der Dichtung Endgültiges und Vollendetes zu leisten. Aus den Vorbildern, die der Chinese spontan schuf, abstrahierte der auf das Geistig-konkrete eingestellte Japaner die Themata, die sich eben dadurch bei beiden Völkern immer wieder finden. Aber der Japaner benutzt von dem chinesischen Gedicht nur noch gewisse reale Beziehungen, die durch das Thema gesetzt werden, genau so, wie
74 er auch den japanischen Mythos nur in einer imaginären Tatsächlichkeit begreift, die den Unterbau für die soziale Struktur des Volkes lieferte. Bei derartig materialistischer Auffassung kann Überlegenheit, die rein äußerlich aus dem Mythos resultiert, zum Ausdruck des Erhabenen werden, wie die Gedichte Hitomaro's überall dort, wo im Zusammenhang mit dem Kaiserhaus auf den Mythos, auf die Abkunft von der Sonnengöttin, angespielt ist, Beispiele dafür bieten. Aus der gleichen Einstellung zum Objektiven wird die rein äußerlich geschilderte Handlung, die in der Verzweiflung der Trauer vorgenommen ist, auch letztmöglicher Ausdruck der Trauer selbst. Aber rethorisch noch so geschickt geschilderte Handlungsfolge an und für sich führt zu keiner Dichtung, weil das Seelische fehlt. Die Art und Weise, wie das Seelische vom Dichter erfaßt wird und wie es die Gestaltung des Gedichts beherrscht, ist bei beiden Völkern durchaus verschieden. In den chinesischen Gedichten auf den Tod der Frau ist das Gefühl der Trauer das Mittel zur Synthese einer Kette von Ressentiments, die an der Umwelt erlebt werden. Alle diese Ressentiments, die in den Gedichten einzeln in je einem Doppelvers ausgedrückt werden, sind dem Grundton der seelischen Stimmung, der Trauer, untergeordnet und empfangen durch ihn erst ihr Leben. Dieser Grundton ist ganz innerlich und infolgedessen zeitlos. In dem Gedicht allerdings vermag er nur im Zusammenhang mit dem objektiven Tatbestand ausgedrückt zu werden, durch den er einst ausgelöst wurde, so daß zeitliche Bestimmung wohl zum Gedicht, nicht aber eigentlich zu dem Grundton gehört, der gewissermaßen schon apriori vorhanden ist. Infolge dieser Einstellung steht der dichtende Chinese der Außenwelt vollkommen passiv gegenüber. Immer knüpft er an tote Gegenstände, bestehende Sitten an, aber nie schildert er fremde Menschen, fremdes Leben in seiner Eigenbewegung, weil das Einzigsichfortbewegende der Strom des inneren Erlebens des Dichters ist. Ganz anders die Einstellung des Japaners. Dieser geht von dem Trauerfall aus, oder eigentlich von dem unmittelbaren Ressentiment, das ihn beherrschte, als er die Trauerbotschaft hörte, als er den Toten am Strande liegen sah, u. s. f. Zu diesem ganz momentanen Ereignis gehört eine Reihe anderer, die zu ihm hinführen; der momentanen inneren Erschütterung geht eine ganze Reihe seelischer Zustände voraus, die alle der Stimmung nach irgendwie anders als diese abgestimmt sind. Aber gerade erst im Kontrast zu ihnen wird die Erschütterung ausgelöst. Nun bedeutet es sicherlich etwas ganz anderes für das Empfinden, ob etwa der Kronprinz, als unmittelbarer Vorgesetzter, auf den man größte Hoffnungen setzte, stirbt, oder die Geliebte, oder ob man am Strande nach langer beschwerlicher Fahrt einen Toten liegen sieht. So ist das Ressentiment abhängig von irgendeiner Vorgeschichte, und zwar wird dabei der Zusammenhang durch persönlich-zufällige Erlebnisse des Dichters bestimmt. Diese Vorgeschichte hängt also nicht mit einer freien, innerlichen Entwicklung des Dichters zusammen, sondern sie ist nur äußerlich aufgenommen. Da wird es möglich, wie etwa in Gedicht XII, das Leben eines anderen Menschen in seiner
75 ganzen Eigenbewegung mitzuschildern, weil der Dichter es in der Erinnerung hat und dadurch das Ressentiment beim Todesfall in ganz bestimmter Weise erregt wird. Mit der Vorgeschichte des Ressentiments gehören auch seine Folgen in eine Linie. Der zweite Teil der Gedichte schildert infolgedessen die Handlungen und Gedanken, die sich aus der momentanen Erregung ergeben. Besonders im Anschluß an Todesfälle ist an dieser Stelle durch die Zeremonien und sonstige Vorgänge bei der Beerdigung reiches Material geboten. Hier kann eine leidenschaftliche Aktivität nach außen zum Durchbruch kommen, die dem chinesischen Gedicht unbekannt ist, weil dieses eben nur innere Entwicklung wiedergibt. Bei allen Gedichten, die eine schmerzliche Stimmung zum Inhalt haben, die sich ganz rein nur aus der Erinnerung, aus Gedanken, also nicht aus einem äußeren Ereignis ergibt, schmilzt dieser zweite Teil zu einer einfachen Andeutung allgemeinster Art zusammen, wie etwa Gedicht VII die Schlußzeile „vergangener Zeiten gedenkend", oder in dem vorher erwähnten Gedicht von Akakito die letzten Verse „Jedesmal, wenn ich dies alles sehe, muß ich mit lauter Stimme weinen, vergangener Zeiten gedenkend". Diese Gedichte kommen einer bestimmten Form des Tanka in ihrer Gestaltung außerordentlich nahe. Auch das Kurzgedicht enthält meist in der letzten Zeile eine allgemeine Andeutung der Empfindung. Häufig wird im Tanka das, was wir bisher beim Naga-uta Vorgeschichte genannt haben, derart reduziert, daß es keine eigene Bewegung mehr enthält, sondern nur noch Einzel-Daten bringt, die erst im Zusammenhang mit der letzten Zeile einen Sinn bekommen. Ein solches Gedicht gibt dann ganz rein nur das Ressentiment wieder, und zwar werden zuerst äußere Tatbestände und dann die allgemeine Richtung der Empfindung, die dadurch angeregt wird, geschildert. Keiner von den beiden Teilen enthält an und für sich den Sinn, und das ganz bestimmte Ressentiment, das angeregt werden soll, resultiert eigentlich erst jenseits vom Wortlaut des Gedichts. So ist das Tanka zweifellos vom aesthetischen Standpunkt die reinste und einheitlichste Form, in der ein momentanes Ressentiment angedeutet werden kann.
Die Makura-kotoba und die Jo. Die japanische Poesie hat auf eigentümliche Art und Weise das Spiel der Phantasie anzuregen versucht und diese Freiheit zugleich in stereotypfeste Formen gebracht. Ich meine die Makura-kotoba. Diese Kunstworte knüpfen häufig nur an den Laut einer Silbe in anderer Weise an als der Sinnzusammenhang im Gedicht es erfordert, um so das Gesamtbild der Dichtung zu beleben. Die Makura-kotoba sind am Schluß der Arbeit erklärt. Wo sie im Gedicht selbst übersetzt wurden, geschah es vollkommen frei in ungefährer Anlehnung an die Worte, die nach japanischen Autoritäten etymologisch sie zusammensetzen. Viele der Makura-kotoba sind erstarrt und ihre Bedeutung ist schon längst ver-
76 gessen, so daß sie in der Dichtung nur noch die Bedeutung einer klanglichen Kombination vor einem bestimmten Wort haben. Zur selben Kategorie der Kunstformen gehören die Jo, Vorreden, die aus ganzen Sätzen bestehen und in ihrer Formulierung nicht unbedingt feststehen, wie das bei den Makura-kotoba der Fall ist. Sie enthalten meist Vergleiche, z. B . steht in Gedicht I X zu woshi ,,es ist bedauerlich" als Jo. Der Ärmel verbirgt sich langsam und das ist bedauerlich wie wenn der Mond, der dahingeht zwischen den Wolken des Yakami-Berges . . . sich verbirgt. Die Vergleiche, die die Dichtungen in so reichem Maße schmücken und zu denen ja teilweise auch schon die Makura-kotoba gehören, sind überwiegend der „sichtbaren" Natur entnommen, also Vergleiche, die sich auf Farbe oder Bewegung beziehen. Als Vergleichsmittel dienen Pflanzen, Blätter, Blüten, Schnee, Tau, Reif, Feuer, Sonne und Mond, seltener Tiere wie Vögel, Hirsche. Ferner wird das Heulen des Windes, das Rollen des Donners, das Brüllen des Tigers lautvergleichend herangezogen. Die letzten beiden deuten auf den Schrecken hin, den die Kriegsmusik erzeugen soll. (Gedicht XII). Traurige Stimmung erweckt das Magende Singen des Chidori-Vogels. Der Nue-Vogel ist Symbol der Einsamkeit. Die Makura-kotoba werden gern gehäuft, und zwar in einigen Gedichten so, daß fortlaufend fast jede zweite Zeile eins enthält. Gedicht X I I I :
adjisahafv, me-goto mo taenu shikare ka mo aya ni kashikomi nuedori no kata-kohi-shitsutsu asatori no kayohasu kimi ga natsukusa no om ohi-shinaete yufvdzutsu no ka yuki kaku yuki ohobune no tayutafu mireba . . .
Gedicht X I V : sanekadzura nochi mo ahamu to ohobune no omohi-tanomite kagirohi no iha-gaki-buchi no
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komori nomi kohitsutsu aru ni wataru hi no kure-yuku ga goto terv, tsuki no kumo-gakuru goto oki-tsu-mo no nabikishi imo ha momidji-ba no sugite inishi to tamadzusa no tsukahi no iheba adzusayumi oto nomi kikite . . . Das letzte Beispiel enthält geradezu einen Wust von Vergleichen, Makura-kotoba und Jo. Die dichterische Bedeutung dieser Makura-koroba, Vergleiche usw. ist nicht ohne weiteres verständlich. Es ist klar, daß sie an und für sich keine Empfindung schaffen, sondern nur als Einzelpartikeln irgendwie in der Spannung, die dem Gedicht zugrunde liegt, mitschwingen. Da aber stört es, daß sie sich nur in seltenen Fällen dem Thema, der Stimmung des Gedichts einfügen lassen. Eine Analyse zeigt, daß diese Schmuckmittel wesentlich in zwei Richtungen weisen. Einmal auf die ganze zufällig sinnlich-gegebene Umwelt, denn sie beziehen sich auf Material, Farbe, Bewegung, oder was es sonst sein mag, irgendwelcher Gegenstände, oder benutzen auch nur den Klang eines Wortes dazu, irgendeine sinnliche Nebenvorstellung dem Gedicht miteinzufügen. In zweiter Linie weisen sie unmittelbar auf die Person, deren geistiges Sein die betreffende Kombination ermöglicht. Wenn die Makura-kotoba etc. in der Sprache zusammen mit dem Wort, zu dem sie gehören, als Kombination auftreten, so besteht ihre innere Aufgabe jedoch vielmehr in der Zergliederung einer Vorstellung. Es wird etwa ein bestimmter sinnlicher Eindruck oder irgendetwas Wahrgenommenes, aus dem Gedicht herausgelöst und dadurch in zwei Teile zerlegt, daß es einmal konkreter Verbindung mit den Tatsachen des Gedichts, das zweite Mal dagegen in einem andern Zusammenhang vorgestellt wird, der durch das Schmuckwort gegeben ist. Etwa in Gedicht X I V ist zu oto Nachricht, Wort das m. k. adzusayumi, Bogen aus Adzusa-Holz gesetzt. (Man vgl. die Liste der Makura-kotoba). Der eben geschilderte Fall scheint mir eine charakteristische Mittelstellung einzunehmen. Tatsächlich gibt es auf der einen Seite eine Reihe von Makura-kotoba, die sich dem Sinn des Gedichts recht gut einfügen, etwa wenn sugu „dahingehen, sterben" zu momidjiba no „wie bunte Blätter" (des Herbstes) gesetzt wird. Erst wenn man den Akzent auf die sinnliche Vorstellung legt, erscheint auch diese Bildung eine Zergliederung zu bezwecken. Andererseits berichtet das Makura-kotoba
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selbst dort, wo es überhaupt schon unverständlich geworden ist, eine Zerteilung des Wortes, zu dem es gesetzt ist, wenn die beiden nur in konstanter Verbindung aus der Erinnerung — also geistig — geläufig sind. Die Wortverbindung in ihrem Lautbestand, als akustische Gegebenheit, ist dann die zweite Vorstellung. Dadurch, daß dieser Zergliederungsprozeß als ein rein geistiger bestimmt ist, erlöst er von der Schwere, die das Gedicht durch lange Aufzählung von Tatsachen allzusehr nach außen in die materielle Welt zieht. Daß man zu derartigen künstlichen Mitteln griff, um dichterische Wirkung zu erzielen, ist ein deutliches Zeichen dafür, daß der Japaner es sehr wohl empfand, wie sehr ihm jene seelische Synthese, jenes zusammenfassende innere Empfinden fehlte, das den chinesischen Gedichten die Tiefe gab. Gerade durch die geschilderten Kunstmittel ist der „geistige Ort" der japanischen Dichtung scharf gekennzeichnet. An der einen Grenze steht die sinnlich-gegebene Welt, die anknüpfend an das Ausdrucksmedium des Gedichts, die Sprache, in bunter chaotischer Fülle gezeigt wird. Die unmittelbare Berührung mit dieser Umwelt führt zu Einzelempfindungen, die in den Einzelbildern oder Wortkombinationen der Gedichte angedeutet sind. Sie führt auch in bestimmten Zusammenhängen, die die Aufbaulinie des Gedichts werden, zu momentanen seelischen Erschütterungen, die wir Ressentiments genannt haben. Das Ressentiment ist die andere Grenze, — die größte Tiefe dieser Dichtung. Diese Empfindungswelt, von momentanen, ganz persönlichen von außen kommenden Erregungen, beherrscht die Gedichte so stark, daß vor ihr der logische Charakter des einzelnen Wortes im großen Zusammenhang des Gedichts zurückweicht. Aber erst dadurch, daß bei den Makura-kotoba das Logische zurücktritt, wird das sinnliche Bild in den Vordergrund geschoben und die eigentliche Einstellung des Dichters gekennzeichnet.
Der Parallelismus. Als poetische Kunstform ist ferner der Parallelismus beliebt. Parallelistische Wendungen beginnen immer mit einer fünf silbigen Zeile. Zu einer fünf- und einer siebensilbigen Zeile werden die beiden nächsten fünf- und siebensilbigen Zeilen parallel gesetzt, und zwar derart, daß je das erste Wort der beiden fünf silbigen Zeilen zwei Extreme eines Ganzen umschließen, so daß weder die ersten beiden, noch die zweiten beiden jede für sich den Sinn enthalten. Dabei werden die Worte in den beiden Doppelzeilen gewechselt, häufig aber ein Wort beibehalten (Beispiel 3, 6, 8, 9; in 7 10, 12, 13 sind zwei Worte beibehalten.) Die grammatischen Partikeln bleiben meist in der oberen Doppelzeile dieselben wie in der unteren (Beispiel 9 nicht). 1) h i r u ha mo ura-sabi-kurashi y o r u ha mo ikidzuki-akashi
XV, 37—40
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2) asa-tsuyu ni tama-mo ha hidzuchi yufu-giri ni koromo ha nurete X I , 24—27 3) a s a miya wo wasuretamafu ya y u f u miya wo somukitamafu ya X I I I , 23—26 4) h a r u b e ha hana wori-kazashi a k i tateba momidji-ba kazashi X I I I , 29—32 5) haru-be ha hana kazashi-mochi a k i tateba momidji kazari III, 15—18 6) k a m i tsu se ni u-kaha wo täte shimo tsu se ni sade sashi watasu III, 23—26 7) oki mireba shiki-nami tachi he mireba shira-nami sawagu XVII, 17—20 Neben diesem zergliedernden Parallelismus kommt häufig eine andere Form vor, die verschiedene Begriffe für Dinge wesentlich gleicher Art oder Gattung einander gegenüberstellt. 8) s h i s h i koso ha ihahi-worogame u d z u r a koso ihahi-motohore X X , 9—12 9) n a g e k i mo imada suginu ni omohi mo imada tsukineba XII, 123—126 10. y a m a z u yukaba hitóme ohomi m a n e k u yukaba hito shirinubemi XIV, 7—10 11) oho m i y a ha koko to kikedomo oho t o n o ha koto to ihedomo I, 27—30 12) o m o h e r i s h i imo ni ha aredo tanomerishi kora ni ha aredo XV, 11—14
80
13) akiyama no shitaberu imo nayotake no towoyoru k o r a ha 14) chihayaburu hito wo yahase to matsurohanu k u n i sadame to
XVI, 1—4
XII, 31—34
An einzelnen Stellen kommt Parallelismus vor bei fortschreitendem Sinn des Satzes. ihe shiraba yukite mo tsugemu tsuma shiraba ki mo tohamashi wo XVII, 37—40 sakatori no asa koyemashite kagirohi no yufu sari-kure-ba . . . VII, 15—18. In Gedicht I kommt es vor, daß der Parallelismus der Form nach kaum zu erkennen ist und nur dem Sinn nach die Sätze parallel gestellt sind. kasumitatsu harubi ka kireru natsukusa ka shigeku narinuru Des weiteren kommen auch doppelte und noch kompliziertere Gruppen von parallelistischen Wendungen, besonders in den einleitenden Worten der Gedichte auf den Tod eines Ehegemahls, vor. Gedicht VIII: ura nashi to hito koso mirame kata nashi to hito koso mirame yoshi-e-ya-shi ura ha naku to mo yoshi-e-ya-shi kata ha naku to mo In Gedicht I X werden zwei der parallelistisch gegenübergestellten Worte noch einmal wieder aufgenommen und zu Vergleichen benutzt, die zu verschiedenartigen Satzteilen (Objekt und Prädikat) ein und desselben (Neben)satzes gehören. ikuri ni zo f u k a m i r u ofuru ariso ni zo t a m a m o ha ofuru
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t a m a m o nasu nabiki-neshi ko wo f u k a m i r u no fukamete mohedo In Gedicht X I I I heißt es: 1) k a m i tsu se ni 2) s h i m o tsu se ni i h a b a s h i watashi u o h i h a s h i watasu 3) i h a b a s h i ni 4) u c h i h a s h i ni ohi-nabikeru ohi-woworeru t a m a m o mo zo k a h a m o mo zo tayureba ofuru karureba hayuru 5) nani shi ka mo waga oho-kimi no 6) tataseba 7) korofuseba t a m a m o no gotoku k a h a m o no gotoku . . . Ich habe hier die parallelistischen Gruppen so aufgelöst, daß der obere Teil in der ersten senkrechten Kolonne steht, der jeweils parallelistisch dazu gebildete untere Abschnitt in der zweiten Kolonne. Man sieht dann, daß jede zweite wagerechte Gruppe an ein aufgefangenes Wort einer ersten Gruppe angeschlossen ist, und zwar derart, daß zuerst ein Wort einer siebensilbigen Zeile in einer fünfsilbigen der nächsten Gruppe wieder erscheint, (wie übrigens auch in dem Beispiel aus Gedicht IX), und dann ein Wort einer fünfsilbigen Zeile in einer siebensilbigen. In Gedicht X I I Zeile 43 bis 72 sind unvollkommen durchgeführte parallelistische Konstruktionen häufig, ebenso Zeile 109 bis 118: 1) akanesasu 2) nubatama no hi no kotogoto yufube ni nareba — ohotono wo furi-sake-mitsutsu shishi jimono udzura nasu ihahi-fushitsutsu ihahi-motohori In Gedicht XVI haben wir Perioden von vier Zeilen: tsuyu koso ha kiri koso ha ashita ni okite yufube ni tachite yufube ni ha ashita ni ha kiyu to ihe usu to ihe Dasselbe Gedicht enthält die Schlußzeilen: suginishi kora ga asa-tsuyu no goto ya yufu-giri no goto ya Von größtem Einfluß auf den Parallelismus der Gedichte des Manyöshü ist sicherlich die Fünfsieben-Zählung der Silben gewesen. Es war erforderlich, die Fünf- und die Sieben-Zeile zusammenzufassen, um rhythmisch gleiche Perioden einander gegenüberstellen zu können. Anderer6 Lorenzen.
82 seits erforderte die Caesur innerhalb einer so gebildeten zwölfsilbigen Zeile ein doppeltes Auswechseln der Worte, so daß die fünf silbigen wie auch die siebensilbigen Zeilen einander harmonisch entsprachen. Viel primitiver und weniger lebendig sind die Beispiele für Parallelismus, die in den Norito vorkommen. Es seien hier einige aus dem Oho-harahi aufgeführt: ame no mi-kage hi no mi-kage to ama tsu kanagi wo moto uchi-kiri sue uchi-tachite ashita no mi-kiri yufube no mi-kiri wo asa-kaze yufu-kaze no fuki-harafu ohobune wo he toki-hanachi tomo toki-hanachite oho-wata no hara ni oshi-hanatsu koto no gotoku ne no kuni soko no kuni ni i-buki-hanachitemu Eine Caesur weist aber schon folgendes Beispiel aus dem Ritual zum Toshigohi no matsuri auf: ashita ni ha mikado wo hiraki-matsuri yufube ni ha mikado wo tate-matsurite
Animismus. Wo immer die Außenwelt in die Erscheinung tritt, erregt sie in uns jene Spannungen, die unser Bewußtsein vom Leben ausmachen, und diese Empfindung vom Leben ist es, die Göttern, wenn in diesem Begriff sich der Mensch das Wirken der Natur erklärt, ihr eigenes Leben gibt. In gegenseitiger Durchdringung schaffen des Menschen Bild als Symbol des inneren Erlebnisses und die im Gleichnis des Menschen vorgestellten Wandlungen des Naturgeschehens die Götter der animistischen Religion. Wie im Prisma zerlegt, erscheint nun die Umwelt im doppelten Licht. Der Gott des Berges schmückt sich, der Gott des Flusses bringt Fische dar, und dann wieder: Berge und Flüsse kommen und dienen (Ged. III).
83 Tote Materie wird aufgefaßt als lebendiger Geist und wird so dem menschlichen Empfinden nähergerückt. Als Götter dienen Berge und Flüsse der Person der Kaiserin, von der es heißt: Große Fürstin, weil Du ein Gott bist, bautest Du Dir Dein Haus über dem Donner der Himmelswolken! (Gedicht X I X ) .
Totenvorstellung und Totenbestattung. Von der Sonnengöttin stammen die Herrscher Japans ab. Es war ihr Enkel Ninigi (X, 15—25), der vom Himmel herabstieg und dem „das Land der frischen Ähren des Schilfgefildes anvertraut wurde bis dereinst Himmel und Erde wieder zusammenfallen", die durch die Scheidung des hellen und dunklen Elements, die die Weltenschöpfung einleitet, entstanden waren. Die verstorbenen Kaiser steigen wieder hinauf zum Himmel „indem sie das Felsentor des Himmels öffnen" (25—36). Animistischer Vorstellung entsprechend werden die Körper der Verstorbenen beseelt vorgestellt. In Gedicht X V wird die Beerdigung der verstorbenen Frau geschildert: Du bist am Morgen hinausgegangen wie ein Vogel auf das wilde Feld, in den durch weißtuchige Himmelsfahnen abgetrennten Bezirk und hast dich verborgen wie die untergehende Sonne. Ganz ähnlich heißt es in dem Gedicht, das der Prinzessin Hatsusebe beim Tode ihres Gemahls überreicht wurde: Der Gemahl ist fortgegangen über das Feld von Wochi. (Gedicht X I Hanka) Im Gedicht auf den Tod des Prinzen Hinameshi finden wir die Stelle: Wie hast Du es Dir (da wohl) gedacht, als Du die Palastpfeiler fest aufstelltest und den Palast hoch aufrichtetest auf dem Mayumi-Hügel, wohin keiner Dir folgt. 6*
84 Weil der Monde und Tage viele geworden sind, in denen Du niemals am Morgen Deine Befehle gabst . . . (Gedicht X). In Gedicht XII heißt es mit Bezug auf den Kaiser Temmu: Mein großer Fürst, der ruhig regiert, hat sich in der Makami-Ebene von Asuka den Himmelspalst ehrf urc hter wec kend eingerichtet, und hat sich zwischen Felsen göttlich verborgen... Im allgemeinen waren es nur die Kaiser, die nach dem Tode in den Himmel kamen. Aber auch der Kronprinz Takechi wird, nachdem er gestorben war, als Gott bezeichnet: Sein Wohnsitz Kaguyama no miya (XII142) genannt, wird „als Palast für Götter ausgeschmückt". Während der Prinz in seiner Wohnung aufgebahrt war, hielten sich in der Umgebung des Palastes die Hofleute auf, die in weiße Hanfgewänder gekleidet waren (Ged. XII): Die. bediensteten Palastleute zogen weißtuchige Hanfkleider an. In der Ebene des Palastes von Haniyasu liegen sie beständig betend am Boden wie die Hirsche Tag für Tag wenn die Sonne hellstrahlend scheint, und sie lassen die Blicke schweifen über die große Halle, wenn die kohlrabenschwarze Nacht kommt. Sie laufen hin und her kriechend wie die Wachteln und beten, aber, obgleich sie dienen, können sie ihm keine Dienste leisten. Nach einiger Zeit bricht dann der Beerdigungszug nach dem Grab auf: Der Prinz zieht im göttlichen Beerdigungszug von der Ebene von Kudara,1) und man bestimmt ihm den Palast von Kinohe zum ewigen Palast, wo der Prinz göttlich ruht. x ) Kudara lag auf dem Wege zwischen Kaguyama und Kinohe, wo das Grab angelegt war. Die Ebene von Haniyasu war in der Nähe von Kaguyama.
85 Nach dem Tode der Prinzen wurden ihre Wohnsitze verlassen und verfielen (XII 137—148). Im Hanka des Gedichts auf den Tod des Prinzen Hinameshi heißt es deshalb: Ach wie bedauerlich ist es, daß der Palast des Prinzen verfallen wird. Die Kaiser setzten nach dem Tode ihre Regierung im Himmel fort. Mit Bezug auf den Kaiser Temmu heißt es in Gedicht X: Er ist hinaufgestiegen in göttlicher Auffahrt zur Himmelsebene, als einem Land, das vom Herrscher zu regieren ist. Ähnlich so in Bezug auf den Prinzen Takechi in XII Hanka: In Sehnsucht lebe ich dahin um deinetwillen, der du den Himmel regierst. Die Höflinge und Verwandten wohnten ein Jahr lang in der Nähe des Grabes. Gedicht XI: . . . und reist — ach — auf das große Feld von Wochi und schläfst dort, wenn im Morgentau das schöne Gewand naß ist und wenn im Abendnebel das Kleid durchfeuchtet ist — um des Gemahls willen, den du nicht triffst. Es ist die Prinzessin Hatsusebe, die sich zum Grabe ihres Gemahls begeben hat. In der Nähe der Begräbnisplätze wurden Hütten errichtet und die Trauernden hielten während der vorgeschriebenen Zeit dort Totenwache. Darauf spielen auch die letzten Zeilen des Gedichts X an: Weil der Monde und Tage viele geworden sind, in denen Du niemals am Morgen Deine Befehle gabst, wissen die Palastleute des Prinzen nicht, wohin sie gehen sollen. In Buch II des Manyöshü findet sich ein Gedicht der Prinzessin Nukada auf den Kaiser Tenji: Am Kagami-Berg in Yamashina, wo man das ehrfurchtgebietende Grab meines großen Fürsten, der ruhig regierte, gebaut hat,
86 werden dort (schon) die Höflinge des großen Palastes, der vielfach aufgeschichtet ist, fortgegangen sein? (die Höflinge) die dort waren und Nacht für Nacht die ganze Nacht und Tag für Tag den ganzen Tag mit lauter Stimme beständig weinten? Die Prinzessin beklagt, wie schnell die Zeit dahingeflogen; schon ist die Jahresfrist, während der die Hofleute am Grabe offiziell zu trauern haben, vorüber. Wenn in den höheren Religionen, in denen eine metaphysische Welt, ethische Ideen, die größte Rolle spielen, Himmel und Erde sich in der Vorstellung scharf trennen, so finden wir im Animismus, der sehr stark an das Irdische gebunden ist, dessen Erscheinungsformen durch Geister und Götter beseelt werden, die Tendenz, den Himmel herabzuziehen, ihn der Erde und irdischen Verhältnissen anzupassen, so daß die Grenzen verschwimmen. Handelt es sich um Kaiser oder um Prinzen, die als Götter zum Himmel ziehen, finden sich folgende Ausdrücke für das Grab oder die Aufbahrungsstätte, wo der Leichnam ruht: mi-araka kamu-miya toko-miya ama-tsu-miya ama-tsu-mikado
erlauchte Wohnstätte göttlicher Palast ewiger Palst Himmelspalast Himmelspalast.
Es finden sich in den Gedichten des Manyöshü reine Jenseitsformulierungen, in denen von Palästen gesprochen wird, die im Himmel wohl den Göttern als Wohnungen dienen sollen. (Buch II, 104 Gedicht von Akisome no Adzumahito). Weil Du mein großer F ü r s t . . . als Gott göttlich im Himmelspalast wohnst . . . Dazu das Hanka
Mein großer Fürst wird sich verbergen hinter den 500 Schichten der Himmelswolken, weil er ein Gott ist.
87 Indessen könnte man das Folgende eine Diesseitsformulierung nennen : Mein großer Fürst hat sich in der Makami-Ebene von Asuka den Himmelspalast ehrfurchterweckend eingerichtet und hat sich zwischen Felsen göttlich verborgen. (Gedicht XII). Weil es der Leichnam ist, dem die Erinnerung an vergangenes Leben die Seele wiedergibt, verbinden sich Diesseits und Jenseits. In einem Gedicht Yakamochi's wird eine Beerdigung folgendermaßen geschildert (Buch III, 210): . . . Nach dem Wadzuka-Berg brichst Du im Wagen zur Beerdigung auf und regierst den Himmel, da fallen wir zu Boden . . . Und weiter im Hanka Der Wadzuka-Berg! auf dem man Holz schlägt, und den ich mir nur oberflächlich angesehen habe, weil ich nicht daran dachte, daß Du, mein großer Fürst, den Himmel regieren würdest. Wenn es in Gedicht X heißt, daß der Kaiser „hinaufstieg in göttlicher Auffahrt, indem er das Felsentor öffnete zur Himmelsebene", so mögen sich verschiedene Ideen assoziieren. Das Oho-harahi erzählt, daß die Götter des Himmels sich die Ritualworte anhören werden, indem sie das Felsentor des Himmels öffnen und die achtfachen Wolken des Himmels durchbrechen. Andererseits heißt es im III. Buch des Manyöshü mit Bezug auf das Grab des Prinzen Kafuchi (Buch III, 165 Verfasser Prinzessin Tamochi): Indem Du das Felsentor des Kagami-Berges im Land Toyo zugeschlossen hast, verbargst Du Dich wohl, und obgleich ich auch warte, kommst Du nicht. Sicherlich wird das Felsentor, das der Kaiser öffnete, auch eine Anspielung auf die großen Felsen enthalten, aus denen die mächtigen Gräber der alten Herrscher zusammengefügt waren. Für die Leute aus dem Volk kam mit dem Buddhismus gerade um die Nara-Periode eine neue Art der Bestattung von Indien über China nach Japan: nämlich die Verbrennung, und damit wurden die Seelen-
88 Vorstellungen um eine vermehrt: die Seele wird mit dem Rauch identifiziert, der bei der Einäscherung aufsteigt. Darauf spielen die Gedichte X X X V und X X X V I an. Die gleiche naheliegende Auffassung wird auch aus China berichtet. Alle dichterischen Formulierungen religiöser Anschauungen lassen keine unmittelbaren Schlüsse zu auf die dogmatischen Überlieferungen, die ihnen zugrunde liegen mögen. Gerade hier stellt sich das Problem der Form anders. Während der Dichter nur an die reine Harmonie, also nur an vollkommen abstrakte Formgebung gebunden ist und alles Erleben frei in Symbolen auszudrücken vermag, bannt der religiöse Dogmatiker gerade das Leben in Formen und setzt es in vorgeschriebenen Beziehungen zum Weltall in ein bestimmtes Verhältnis.
Verzeichnis der bei Hitomaro vorkommenden Makura-kotoba. adjisahafu Krickenten sammeln sich zahlreich, zu me als Kontraktion aus mure Haufen. X I I I , 47. adzusa-yumi Bogen aus Adzusa-Holz (Catalpa-h.), zu oto Geräusch, Laut; Geräusch wie ein Bogen aus Adzusa-Holz es beim Abschuß verursacht. X I V , 29; X V I , 17. akane-sasu rotstrahlend, zu hi Sonne, akane Krapp, zum Rotfärben benutzt; sasu strahlen. X Hanka 2; X I I , 109. aki-yama no wie Herbstberge zu shitabu schön rot gefärbt sein. X V I , 1. ama-dzutafu über den Himmel hinschreiten zu iri-hi die untergehende Sonne. I X , 33. ama-tobu-ya am Himmel fliegend, zu Kam (Ortsn.) in Anlehnung an kari Wildgans. X I V , 1. ama-tsu-midzu himmlisches Wasser zu afugu, aufblicken wie nach Regen. X , 49. ama-zakaru himmelweit entfernt (von der Hauptstadt) zu hina Land im Gegensatz zu Hauptstadt. I , 17; X X V I I . ara-tahe no aus grobem Tuch, zu fudji, Name einer Pflanze, aus deren Bast grobe Trauerkleider verfertigt wurden. X X I V (nicht übers.). ari-kinu no wie (schöne, neue) Kleider, zu sawi-sawi (Rascheln), X L I V . ari-kinu auch gleich oritaru kinu gewebtes Kleid. asa-mo-yo-shi. asa-mo Hanfkleid, yo und shi Ausrufpartikeln (vgl. tamamoyo-shi X V I I , 1; awoni-yo-shi I, 13); zu ki anziehen in Kinohe (Ortsn.). X I I , 131 (nicht übers.). asa-tori no wie Vögel am Morgen zu kayofu sich hin- und her bewegen. X I I I , 53. awo-ni-yo-shi. yo und shi sind Ausruf partikeln (vgl. asamo-yo-shi). Die Erklärung von awo-ni macht Schwierigkeiten. Nach Motowori setzt sich das Wort aus aivo grün ni Erde zusammen und deutet auf einen Farbstoff, den man in alter Zeit in den Narabergen gefunden hat. Nach Mabuchi ist awoni aus iya-ho-ni „vielhundertfache Erde" zusammengezogen und ist zu Nara (Ortsn.) gesetzt in Anlehnung an das Wort narasu einebnen: Die vielen Erdschichten einebnen (für den Hausbau). Nach dem KogiKommentar wäre yoshi entstanden aus neyashi kneten und awoniyoshi wäre: grüne Erde kneten. I, 13. (übers. Grünerdige). chi-haya-buru sich wild gebärden, zu hito X I I ; 31, ichi-haya wild. fusuma-dji wo. fusuma Bett, dji Schlinge (nach Kimura an beiden Seiten des Bettes angebracht) zu hiki ziehen in Hikite (Ortsn.), Variante XV, H. 2 (nicht übers.).
90 fuyu-gomoru vom Winter eingeschlossen, zu haru Frühling in Anlehnung an haru sich ausbreiten, ausdehnen, anspielend auf die Natur. XII, 55. hafu-suta no Kriechender Efeu, zu wakare Trennung. Vergleich mit den Ranken der Pflanze, die voneinander abzweigen. IX, 15. hana-chirafu Blumen fallen, zu ahi Herbst in Akitsu (Ortsn.) II, 11. haru-hana no wie Frühlingsblumen, zu tafutashi schön, prächtig. X, 41. haru-kusa no wie Frühlingsgras, zu medzurashi außerordentlich schön. X X , 123. haru-tori no wie Frühlingsvögel, zu samayofu klagen, seufzen. XII, 121. hisakata no zu ame Himmel. Das Wort wird verschieden erklärt: I. zusammengezogen aus hi-sasu-kata Sonnen-Strahl-Seite. I I . hi-sakaru kata Sonnen-Ferne-Seite. I I I . aus hisashi(ki) lange Zeit, alt und kata Seite, weil der Mythologie nach der Himmel lange vor der Erde entstanden sein soll. IV. hi-saka-tari höchste Vollkommenheit der Sonne. V. hisago-kata wie ein Kürbis geformt (Mabuchi). X , 3; X Hanka 1; XII, 7 (nicht übers.); XII, Hanka 1; X X , 19; X X Hanka 1, X X I X , 7. iha-bashiru, über Felsen laufen, zu aha Schaum in Afumi (Ortsn.) I, 19; zu tagi Wasserfall. II, 25. iri-hi-nasu wie die untergehende Sonne zu kakuru sich verbergen. XV, 23. isana-tori Walfisch fangen, zu umi Meer. VIII, 11; XVII, 21. kagami nasu wie (in einen) Spiegel, zu miru, sehen. XIII, 35. kagirohi no nach dem Kotoba no Idzumi zusammenhängend mit kagirohi flimmernder Dunst der Frühlingstage. Zu yufu Abend. VII, 17; zu moyuru brennen. XV, 17; zu honoka flüchtig. XV, 55; zu iha Stein. XIV, 15, letzteres wegen der Funken, die ein Stein sprüht, wenn er mit Metall angeschlagen wird( ?) kari-gomo no wie geschnittenes Komo-Kraut, zu midare in Verwirrung sein. XXVIII, 3. kasumi-tatsu der (feine Frühlings)nebel steigt auf, zu haru Frühling. I, 33. kimo-mukafu der Leber gegenüber liegen, zu kokoro Herz. IX, 17 (nicht übers.). koma-tsurugi Schwert aus Koma, einem koreanischen Staate. Die Schwerter aus Korea sollen am Griff einen besonderen Ring gehabt haben, daher zu wa Ring in Wazami-ga-Hara (Ortsn.) XII, 19 (nicht übers.). komorihu, no zusammengezogen aus komori-kuni (von Bergen) verborgenes Land, oder ko-mori-ku mit Bäumen gefüllter Ort, zu Hatsuse. VII, 9; X X X V , 1. koto-sahegu kauderwelschen zu Kara, Ort in Japan, in Anlehnung an Kara-Korea oder China, wo man eine unverständliche Sprache spricht vom Standpunkt des Japaners, IX, 3 ; auch zu Kudara, Ort in Japan, und Name eines koreanischen Staates. XII, 127. (Beide nicht übers.).
91
kusa-makura Graskissen, zu tabi Reise, wo man auf Graskissen sich lagert, V I I , 23 ; X I , 29; X X X I V , 1. kushiro-tsuku Armband anlegen, zu ta Hand in Tabushi (Ortsn.) V, 1 (nicht übers.) makura-dzuku Kissen aufstellen zu tsuma-ya Ehegemach. X V , 35. maso-kagami =» ma-sumi-no-kagami wahrhaft klarer Spiegel, zu miru sehen. X X , 21. midzu-gaki no frischer Zaun zu hisashi lange Zeit, soll abgeleitet sein aus dem Namen des Palastes des Kaisers Süjin „Midzugaki no miya", der auf dem Furu-yama lag. Der Kaiser regierte vor langer Zeit, im grauesten Altertum, daher mit hisashi verbunden XLII. mi-ke-mukafu erlauchte Speise darbieten zu ki Wein, in Kinohe (Ortsn.) Wein, den man als Speise den Göttern opfert. X I I I , 13. mi-kokoro wo zu yoshi nähern in Yoshino (Ortsn.) das Herz nähern, zuneigen. I I , 9. mi-yuki-furu, tiefer Schnee fällt, zu fuyu Winter. X I I , 63. mochi-tsuki no wie der volle Mond, zu medzurashi schön, X I I I , 37, zu tatahashi vollendet sein. X , 43. momidji-ba no wie bunte Blätter (im Herbst) zu sugu vergehen. X I V , 25. momo-shiki no hundertfach geschichtet zu mi-ya Palast; der aus vielen Steinschichten errichtet ist. I, 35; I I , 15. mono-no-fu no Krieger zu ya-so-udji, 80, d. i. viele Familien (das ganze wortspielend zu Udjigaha (Name eines Flusses) gesetzt): X X X , 1 (nicht übers.). na-guhashi der Name ist schön, wohlberühmt, zu Sami und Inami, vgl. auch hana-guhashi wo schöne Blumen sind. X V I I , 27; X X X I I , 1. natsu-kusa no wie Sommergras, zu shinayu gebeugt sein wie das Gras in der Sommerhitze, V I I I , 35, zu nu (contr. aus nayu schwach, kraftlos sein) in Nujima (Ortsn.) X X I I , 3. nayo-take no wie schwanker Bambus zu towoyoru schmiegsam. X V I , 3. nubatama no wie Nubatama, Früchte des Karasu ögi, die schwarz sind, zu yo Nacht. X , H 2; X I , 15 oder yufu Abend. X I I , 113. (übers, kohlrabenschwarz). nuedori no wie ein Nue-Vogel; von dem man sagt, daß er klagend nach seinem Weibchen schreit, daher zu kata-kohi einseitige Liebe. X I I I , 51. oho-bune no wie ein großes Schiff, zu tanomu vertrauen wie auf ein großes Schiff. X , 47; X I V , 13; tayutafu schwanken, X I I I , 59; wataru überschreiten in Wataruyama (Ortsn.) I X , 21 (letzteres nicht übers.). oho-tori no wie (die Flügel) eines großen Vogels zu ha Flügel in Hakahi (Ortsn.). X V , 45 (nicht übers.). saka-tori no Vögel, die schon am frühen Morgen Hügel und Berge überfliegen zu asa der Morgen. V I I , 15. sa-ne-kadzura eine Art wilder Wein, dessen Ranken später (nochi) sich immer wieder vereinigen, zu nochi. X V , 11. Sasanami no beiSasanami(Ortsn.) zu Ohotsu, 1, 21; Shiga, I, H 1 und 2 ; Shigatsu, X V I , H 1, (Ortsnamen) in der Provinz ömi am Biwa-See.
92
shiki-tahe no übereinander geschichtetes oder ausgebreitetes Tuch, zu koromo Kleid, IX, 37; tamoto Ärmel, VIII, Variante 25, sode Ärmel, XI Hanka 1, XIII, 33; makura Kissen, XVI, 21; XVII, 33; Hanka 2. shiro-tahe no aus weißem Tuch zu asa-goromo Hanfkleid. XII, 105. shishi jimono wie Hirsche, zu hahi (in den Knien liegend) kriechen in ihahi anbeten. XII, 111; XX, 13. sora-kazofu etwas ungefähr errechnen, zu oho groß in Ohotsu (Ortsn.). XVI Hanka 2, 1 (nicht übers.). sora-ni-mitsu vom Himmel erblickt, zu Yamato, das einst in mythischer Zeit der Gott Nigi-haya-hi vom Himmel her gesehen hatte. taka-hikaru hoch herab scheinen, zu M Sonne. VII, 3; X, 25.; XX,3; XXIX, 3. taku-naha wo wie eine Schnur ausMaubeerfasern; zu nagashi lang. XVI, 7. tama-boko no Juwelen-Speer zu mi Klinge in michi Weg, XIV, 47; XVII, 41 in der Übersetzung: Weg, der wie ein Speer sich dahinerstreckt. tama-dasuki Edelstein-(besetzte) (Ärmel)-Schurzbänder (die um den Nacken getragen wurden), daher zu une Hals in Unebi (Ortsn.), I, 1; XIV, 43; zu kakele im Herzen hängend, wohnend, in kakete shinubu, anlehnend an kaku umhängen, tragen XII, 148. tama-dare no Band aufgereihter Perlen, zu wo Schnur in Wochi (Ortsn.). XI, 22; Hanka 3 (nicht übers.) tamadzusa no Edelsteinbesetzter Adzusa-Holzstab zu tsukahi Bote; die Boten sollen in alter Zeit Holzstäbe als Erkennungszeichen getragen haben. XIV, 27; XIV Hanka 2. tama-mo-karu wo man schönes Seegras mäht, zu mi—umi Meer in Miname (Ortsn.) XXII, 1. tama-mo-nasu wie schönes Seegras, zu nabikv, sich zur Seite beugen. VIII, 23; IX, 9. tama-mo-yo-shi Oh! Seegras, zu Sanuki (Ortsn.) weil dort besonders viel Seegras wachsen soll. XVII, 1. tatana-dzuku aufgefaltet-zusammengefügt zu awo-gaki-yama Wall grüner Berge, III, 11; nigi-hada weiche Haut. XI, 11. tobu-tori no fliegender Vogel zu Asuka; nach dem Kogi-Kommentar anspielend auf ashi-karu leichtfüßig. XI, 1; XIII, 1 (nicht übers.). tornoshi-bi no wie leuchtendes Feuer zu Akashi (Ortsn.) anlehnend an akashi hell. XXVI, 1 (nicht übers.). tori-ga-naku die Hähne krähen; zu Adzuma, der Provinz, die im Osten liegt, wo die Hähne des Morgens zuerst schreien. XII, 27. tsvga-no-ki no wie der Tsuga-Baum, zu tsugi-tsugi fort und fort (Tsuga anlehnend an tsvgu fortsetzen). I, 7. tsuma-gomoru wo die Frauen verborgen sind, zu ya Limmer in Yakami (Ortsn.) IX, 27. tsunu-sahafu tsunu Efeu, sahafu contr. aus saha-hafu dicht kriechen (Kogi) oder sashi-hafu dahinkriechen (Moribe), zu iha Fels in Ihami (Ortsn.). IX, 1. tsurvgi-dachi Schwert, zu mi Klinge, wortspielend mit mi Körper. XI, 13; XVI, 23.
93 tsuyu-shimo no wie Tau und Reif, zu oku sich setzen, wortspielend zu oku in der Bedeutung verlassen, zurücklassen. V I I I , 25; V I I I Variante I , 27 zu kiyu auslöschen. X I I , 75. udzura-nasu wie die Wachteln, zu hafi herumkriechen. X I I , 117X X , 15. waka-gomo no junges Komo-Kraut, zu karu mähen in Karidji (Ortsn.). X X , 7. waka-kusa no junges Gras zu tsuma Gemahl. X V I , 25. ya-kumo-sasu (viele) Wolken steigen auf, zu idzu herauskommen in Idzumo (Ortsn.). X X X V I I , 1. yasumishishi ruhig regieren zu wago oho-kimi unser großer Fürst. I I , 1; I I I , 1; V I I , 1; X I I , 13; X I I , 91; X X , 1; X X I X , 1. yufu-hana no wie Yufu-Blumen, zu sakayuru blühen. X I I , 97. yufvdzutsu no wie der Abendstern (die Venus), die bald im Osten bald im AVesten scheint, zu ka yuku kaku yuki hierhin und dorthin gehen. X I I I , 57. yuku-tori no wie dahinfliegende Vögel, zu arasofu wetteifern. X I I , 77.
Die Lesungen. Infolge der verwickelten Schreibweise der Liedertexte im Manyöshü, wobei die chinesischen Zeichen bald phonetisch in der japanischen oder chinesischen Aussprache benutzt, bald dem Sinne nach verwendet werden, bestehen häufig unter den japanischen Gelehrten Meinungsverschiedenheiten über die Lesung der Gedichte. Hinzukommt, daß die Gedichtsammlung in Kursivschrift überliefert war, wodurch sich neue Unsicherheiten ergaben. In Folgendem möchte ich die.abweichenden Lesungen der beiden kommentierten Ausgaben Manyöshü-ryakuge und Manyöshü-kogi einander gegenüberstellen.
1,11 I , 16 I , 18 I , 19 I I I , 10 I I I , 18 I I I , 26 V VI V I I , 22 VII, H 1 VIII, 8 V I I I , 10 V I I I , 18 V I I I , 20 VIII, H 3
Ryakuge sora ni mitsu omohoshimese ka aredo ihabashi sureba kazaseri watashi kushirotsuku shimawa shinu wo yadoru nakedomo i t
yoseme yore sawagedomo
Kogi soramitsu omohoshikeme ka aranedo ihabashiru sesureba kazashi watasu kushiromaku shimama shinu ni yadoreru naku to mo y y
yose yose midaredomo
94
I X , 32 XII, 110 X I I , 134 XIII, 48
XV, 27 XV, H 2 XV, H 3 XVI, 6 XVI, 7 XVI, 29/30 XVII, 11 XXI
XXIX, H
kureba kururu takaku matsurite megoto (Augen und Worte, d. h. einander sehen, miteinander sprechen) midoriko ikeri to mo nashi hoka ni mukahikeri omohi wore ka takudzuna (fehlt) tsugite kuru fune kogu kimi ga yuki ka Nushima ni (wird der Herr, der das Schiff rudert, kommen nach Nushima) yuki hatara naru ashita yoshi mo
kitsutsu kotogoto sasamematsurite me-koto (Sehenssache s. Übers.) wakaki ko ikeru to mo nashi to ni mukahikeri omohi mase ka takunaha kuyashimi ka omohi-kofuramu ihi-tsugeru fune yose-kanetsu Nushima no saki ni
yuki ni sawagite mawiraku yoshi mo
Abweichende Lesungen nach der Manyoshu-Ausgabe der Sammlung Nihon-kagaku-zensho. I, 1 1
19 H II, 5 II, 12 III, 3 III, 11 III, 18 H I, 3 VII, 21/22 H I, 1 VIII, 2
12
13
18
20
sora-mitsu ihabashi no mata mo ahame yamo . . . nube ni kami-nagara tatanaharu . . . kazaseri kaminagara hatazusuki shino wo . . . aki no nu ni ura-ma wo unabi wo Nigitadzu no kaze koso yorame (Das Seegras) wird sich nähern mit dem Winde . . . nami koso ki-yore
kommt mit den Wellen heran ka yori kaku yori 22 Takatsu no yama no H I, 2 Sasa no ha ha H II, 1 2 sawagedomo H I Variante 2 Takatsu no yama VIII Variante 2 (fehlt 12 unabi wo sashite 18 nami koso ki-yore 20 kaze koso ki yore 22 ka yori kaku yori sa-nuru yo ha I X , 13 ikura mo arazu 14 chiri no magahi 24 sugite kinikeru H I, 5 shimaraku H II, 3 na chiri-midare zo 4
95 X 35/36 53 61/62 XI, 3 5 6 12 21 26 H I, 5 XII, 24 30 34 47 57 60 61 65 89/90 134 XIII, 6 36 40 50 52 54
61 64 75 H II, 2 XIV, 4 20 30 37 38
kamu-agari agari-i-mashinu tsure mo naki hl tsuki no maneku narinuru nobori-se ni kudari-se ni nagare-furabahe yaha-hada sura wo omohite Wochi no ohonu no mata moahameyamo wosametamahishi meshitamahitsutsu kuni wo wosamu to funaseru nube goto ni nabikeru gotoku tori-moteru arashi ka mo kami no ma ni futoshikimashite takaku matsurite . . . watashi . . . akazu kimi to wori-wori aya ni kanashimi kata-kohi-dzuma kayohishi kimi ga Gemahl, dessen Liebe einseitig ist (nicht erwidert wird) nagusamoru sube shiramashi ya katami ka koko wo asu dani mimu to sato ni shi areba kurenuru ga goto oto ni kikite nagusamoru kokoro mo are ya to
XV, 27 XVI, 6 7 12
29 30 33 34 H I, 3
midori-ko omohi wore ka takutsunu no kienu to ihe | (fehlen)
asa-tsuyu no goto yufu-giri no goto makaridji no (der Flußweg, der der) Beerdigungsweg war ahishi hi wo H II, 3 ar'iso-wa ni XVII, 29 kite mo tohamashi wo 40 Sami no yama H I, 3/4 nu no he no uhagi shirazu to imo ga XVIII, 4 ikadzuchi no uhe ni XIX, 4 fune kogu kimi ga XXI, 4/5 yuku ka Nushima ni vgl. Ryakuge (S. 89). Minume wo sugite XXII, 2 Nujima ga saki ni 4 XXIII, 4 imo ga musubishi Fudjie ga ura ni XXIV, 2 Akashi no ode ni XXVI, 2 XXVII, 2 hina no naga-dji wo XXVIII, 4 midare-idzuru miyu X X I X , 10 yuki-kitsutsu mase 11 yorodzu yo made ni X X I X , 14 yuki hatara naru ashita tanushi mo es ist schön am Morgen, wenn der Schnee lose (nicht dicht) fällt, XXXII, 4 chi he ni kakurenu XXXVIII, 3 momo he naru naki sähe nakishi XL, 5 ki oyoberu ka mo to XLI, 2 tama-ginu no XLIV, 1
Nachwort. Die Anregung zur Ubersetzung der Gedichte Hitomaro's empfing ich in den Kollegs von Professor Florenz an der Hamburgischen Universität, in denen ein großer Teil der Bücher des Manyöshü gelesen und erklärt wurde. Auch einige der hier vorliegenden Gedichte wurden schon dort übersetzt. Diese Arbeit wurde mir deshalb zur besonderen Aufgabe, weil außerordentlich häufig in unserer Zeit Übertragungen japanischer Gedichte erscheinen, deren Verfasser der japanischen Sprache nicht mächtig sind, sondern aus zweiter H a n d schöpfen, wobei ihnen meist Florenz' Geschichte der japanischen Literatur als Hilfsmittel dient. Die so hergestellten Nachdichtungen lassen dann in der neuen Form wenig von dem Charakter des Originals übrig.
Veröffentlichungen über China und Japan. Bröring, Dr. Theodor, Laut und Ton in Süd-Schantung. Mit Anhang: Die Töne in Nordostschantung, Peking, Sötschuen, Shanghai, Amoy und Canton. (Heft 2 der Veröffentlichungen des Seminars für Sprache und Kultur Chinas an der Hamburgischen Universität.) Gr. 8°. IV u. 62 Seiten. 1927. Geheftet RM 4.50. Florenz, Prof. Dr. Karl, Wörterbuch zur altjapanischen Liedersammlung Koklnshu. (Band 18 der Abhandlungen aus dem Gebiete der Auslandskunde, herausgegeben von der Hamburgischen Universität.) 4o. XI und 215. Seiten. 1925. Geheftet RJt 16.—. Forke, Prof. Dr. Alfred, Geschichte der alten chinesischen Philosophie. (Band 24 der Abhandlungen aus dem Gebiete der Auslandskunde, herausgegeben von der Hamburgischen Universität.) 4°. Etwa XVI u. 564 Seiten. Geheftet etwa RJt 30.—. Im Druck. Forke, Prof. Dr. Alfred, Der Ursprung der Chinesen auf Grund ihrer alten Bilderschrift. 4°. 30 Seiten. 1926. Geheftet RJi 4.—. Franke, Prof. Dr. O., Studien zur Geschichte des konfuzianischen Dogmas und der chinesischen Staatsreligion. (Band 1 der Abhandlungen aus dem Gebiete der Auslandskunde, herausgegeben von der Hamburgischen Universität.) 4«. VIII und 329 Seiten mit 11 Tafeln. 1920. Geheftet RM, 15.—. Hackmack, Adolf, (Tientsin), Der Chinesische Teppich. 2. vermehrte Auflage 1926. 8°, 3 farbige und 33 schwarze Tafeln, 5 Abbildungen im Text und 1 Landkarte. Geheftet RJH 12.—, geb. RJC 15.—. Ku Sui-Lu, Dr. rer. pol., Die Form bankmäßiger Transaktionen im Inneren chinesischen Verkehr mit besonderer Berücksichtigung des Notengeschäfts. (Heft 1 der Veröffentlichungen des Seminars für Sprache und Kultur Chinas an der Hamburgischen Universität.) Gr. 8°, 77 Seiten. 1926. Geheftet RX 5.—. Lorenzen, Dr., Die Übersetzung mit für Sprache und 96 Seiten. 1927.
Gedichte Hitömaro's aus dem Manyäshfl in Text und Erläuterungen. (Heft 1 der Veröffentlichungen des Seminars Kultur Japans an der Hamburgischen Universität.) Gr. 8°. Geheftet RJt 6.—.
Rüdenberg, Werner^ Chinesisch-Deutsches Wörterbuch. 6400 Schriftzeichen mit ihren Einzelbedeutungen und den gebräuchlichsten Zusammensetzungen. 4°. 687 Seiten. 1924. In Ganzleinen gebunden R Ji 42.—. Nachtrag zu Rudenbergs Chinesisch-Deutschem Wörterbuch im Haikkaund Kantondialekt. Von D. C. A. Kollecker. 4. 75 Seiten. 1925. In Ganzleinen gebunden R.Ä 22.—.
Verlag von L. Friederichsen & Co., Hamburg 1. Druck von J . J . Augustin In Gllickstldt und Hamburg.