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German Pages 196 [202] Year 1969
HANDBUCH ZUM ALTEN TESTAMENT HERAUSGEGEBEN VON OTTO E I S S F E L D T E R S T E
REIHE
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i>ic $ünf mcgiítofí) Huit), b a s R e l i t t i , ie Junf nTcgiliott) als Sammlung Als Pergament-Rolle (megilla) Y-AR E£O%I)V wird das Buch Esther bezeichnet. Es ist neben der Tora das einzige a t Buch, das bis in die Gegenwart die Rollenform behalten hat. Entsprechend der liturgischen Verwendung von Esther zum Purim-Fest (am 14. und 15. Adar) wurden auch die Bücher: Hohes Lied, Ruth, Klagelieder, Prediger mit bestimmten Festen verknüpft und mit Esther von der Synagoge (im 6.-9. J h . n. Chr.) zu den „fünf Rollen" zusammengefaßt. Der Talmud kennt die Bezeichnung „Kleine Schriften" (Cj®p C"2in3), rechnet zu diesen jedoch nur Hhld, Pred und Klgl, da er R u t h wegen der davidischen Genealogie (Ruth 4,17 ff.) vor die (David zugeschriebenen) Pss, und Est, das durch Artaxerxes datiert wird, hinter das Buch Dan stellt (Baba Batra 14b). Die seit dem 12. J h . n.Chr. nachweisbare liturgische Verwendung der Megilloth verbindet Hhld mit Passah (die Naturschilderungen innerhalb der Hochzeitslieder weisen auf die Frühlingszeit), R u t h als Ernteidyll mit dem Wochenfest, Klgl mit dem 9. Ab im August (Gedächtnis der Tempelzerstörung), Pred mit dem Laubhüttenfest (ob im Hinblick auf Pred 9,7ff?) und Est mit dem Purim-Fest (im 10. Monat). In der Leningrader Handschrift B 19A = B H K 3 ist die Reihenfolge: R u t h , Hhld, Pred, Klgl und Est. Die Anordnung in der griechischen Bibel kennt, obschon sie bis ins 2./3. Jh. n.Chr. noch teilweise in Rollenform existierte, keine besonders zusammengestellten Festrollen. R u t h wird zu Ri (wegen l,i) gestellt, Klgl zu Jeremia (Zerstörung des Tempels in den letzten Tagen des Propheten) und Est steht am Schluß der geschichtlichen Bücher. © folgt damit einer älteren Überlieferung. Zum palästinischen und alexandrinischen Kanon cf die Einleitungen in das AT und insbesondere A. Jepsen, Zur Kanonsgeschichte des Alten Testaments, ZAW 71, 1959, S. 114-136.
Inhalt Die fünf Megilloth als Sammlung Ruth (von Ernst Würthwein)
III 1
Das Hohelied (von Ernst Würthwein)
25
Der Prediger (von Kurt Galling)
73
Die Klagelieder (von Otto Plöger)
127
Esther (von Ernst Würthwein)
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Hutl) Artur Weiser zum 75. Geburtstag Einleitung 1. Inhalt Vor l a n g e r Zeit — d a s A m t d e r R i c h t e r b e s t a n d n o c h -— v e r a n l a ß t e eine H u n g e r s n o t d e n b e t h l e h e m i t i s c h e n B ü r g e r E l i m e l e c h m i t seiner F a m i l i e z u r E m i g r a t i o n n a c h Moab. D o r t s t a r b er, d o r t n a h m e n seine Söhne, M a c h i o n u n d K i l j o n , m o a b i t i s c h e F r a u e n , O r p a u n d R u t h . Als a u c h die Söhne f r ü h d a h i n s c h e i d e n , m a c h t sich N a e m i in die H e i m a t auf, u n d ihre S c h w i e g e r t ö c h t e r wollen sie begleiten. I h r e n d r i n g e n d e n Vorstellungen, d o c h in ihre F a m i l i e n z u r ü c k z u k e h r e n , f o l g t O r p a , R u t h a b e r v e r b i n d e t sich f ü r L e b e n u n d T o d m i t ihrer S c h w i e g e r m u t t e r . Als diese i n B e t h l e h e m m i t N a e m i , die „ L i e b l i c h e " , b e g r ü ß t wird, weist sie h i n auf i h r e n b i t t e r e n L e b e n s w e g : N e n n t m i c h Mara, d . h . die „ B i t t e r e " ( K a p . 1). Z u r Zeit d e r G e r s t e n e r n t e a n g e k o m m e n , b e g i b t sich R u t h alsbald z u m Ä h r e n lesen u n d g e r ä t d a b e i auf d a s F e l d des Boas, d e r als V e r w a n d t e r der F a m i l i e sie besonders fürsorglich b e h a n d e l t . Auf seine E i n l a d u n g h i n h ä l t sich R u t h w ä h r e n d der g a n z e n Lesezeit auf seinen F e l d e r n auf ( K a p . 2). •—• N a e m i will R u t h eine H e i m s t a t t schaffen, u n d auf i h r e n R a t b e g i b t sich die j u n g e F r a u z u r N a c h t z e i t auf die T e n n e des B o a s u n d b i t t e t i h n u m die L e v i r a t s e h e : „ D e n n d u b i s t L ö s e r " . B o a s sieht in d e m , w a s R u t h t u t , d e n A u s d r u c k i h r e r T r e u e (~on) u n d v e r s p r i c h t , seine Lösepflicht z u erfüllen, w e n n ein a n d e r e r b e v o r r e c h t e t e r Löser n i c h t einlöst. So sind die b e i d e n F r a u e n gewiß, d a ß er i h r e S a c h e zu einem g u t e n E n d e f ü h r e n wird ( K a p . 3). •— B o a s b r i n g t die Angelegenheit i m „ T o r " z u r E n t scheidung. E r e r i n n e r t den b e v o r r e c h t e t e n L ö s e r a n sein V o r k a u f s r e c h t , a b e r a u c h a n die P f l i c h t , R u t h in einer L e v i r a t s e h e zu ü b e r n e h m e n . Als dieser wegen d e r b e s o n d e r e n A u f lage v e r z i c h t e t , ü b e r n i m m t B o a s v o r d e n Zeugen d a s B e s i t z t u m des E l i m e l e c h u n d seiner Söhne u n d zugleich R u t h , d a m i t d e r N a m e d e r T o t e n lebendig e r h a l t e n werde. So w i r d R u t h des B o a s Weib. Sie s c h e n k t einem S o h n d a s L e b e n , d e r v o n N a e m i a d o p t i e r t wird, so d a ß m a n sagen k a n n : der N a e m i ist ein S o h n geboren (4 17). Dieser S o h n e r h ä l t n a c h d e m h e u t i g e n T e x t d e n N a m e n O b e d u n d w u r d e d e r G r o ß v a t e r D a v i d s . Mit d e m S t a m m b a u m des Perez, d e r ü b e r O b e d zu D a v i d f ü h r t , schließt d a s B ü c h l e i n (Kap.4).
2. Einheit Die E r z ä h l u n g b i l d e t eine geschlossene E i n h e i t . N o t , i n die eine F a m i l i e v e r s t r i c k t wird, s t e h t a m A n f a n g u n d w ä c h s t i m m e r m e h r . A m E n d e a b e r ist, d a n k d e r T r e u e d e r m o a b i t i s c h e n Schwiegertochter u n d des e h r e n h a f t e n V e r w a n d t e n Boas, alles z u m G u t e n g e w e n d e t , u n d N a e m i , die in 1 20 f. i h r b i t t e r e s L o s b e k l a g t , h a t schließlich in i h r e m A d o p t i v s o h n e i n e n S t a m m h a l t e r u n d Versorger ihres Alters. 1
Handb. AT 1/18: Megilloth
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Zu dieser Erzählung will nicht passen, daß sie mit einem Stammbaum abgeschlossen wird. Es herrscht denn auch Übereinstimmung darüber, daß die Verse 4 18-22 angehängt sind. Offenbar ist dieser Stammbaum auf eine sehr äußerliche Art zugefügt worden. Der Name Boas begegnet an zwei Stellen im AT: im Buch Ruth und im Geschlechtsregister des Stammes Juda 1 Chron 2 3ff. (dort in V nf.). Indem die beiden Träger des Namens Boas, die ursprünglich nichts miteinander zu tun hatten, identifiziert wurden, konnte aus 1 Chron 2 3 ff. ein Stammbaum rekonstruiert werden, der mit Rücksicht auf R t 4 12 bis Perez geführt wurde, aus dem Mißverständnis heraus, Perez werde dort als Vorfahr des Boas erwähnt. Aber jene Identifizierung hat noch eine folgenreichere Wirkung gehabt. Da jener Boas von 1 Chron 2 ein Urahn Davids ist, mußte auch Ruth durch die Identifizierung der beiden Boas zur Ahnfrau Davids und ihr erstgeborener Sohn, der eigentlich — sollte das Ziel der Leviratsehe erreicht werden •—• in den Stammbaum des Elimelech und Machion gehört, zum Großvater Davids werden und den für den Sohn des Boas in 1 Chron 2 feststehenden Namen Obed erhalten. So wurde von dem angehängten Stammbaum aus auch in den ursprünglichen Abschluß des Buches Ruth eingegriffen. Daraus erklärt sich die Diskrepanz, die in V17 zwischen der Begründung des Namens — „geboren ist ein Sohn der Naemi (der Lieblichen)" — und dem Namen Obed (Diener, Knecht) besteht. Um des Stammbaums willen wurde der ursprüngliche Name und damit die Verbindung mit dem Kontext beseitigt. Ist aber 4 17b in seiner heutigen Form sekundär, so bedeutet das: „Die Ruth-Erzählung hat von Haus aus mit David überhaupt nichts zu tun, sondern ist erst durch einen sekundären Eingriff zu einer Erzählung von Davids Vorfahren gemacht worden" (Eißfeldt, Einleitung, 2 1956, S. 590, 3 1964, S. 649)1). Für die Ursprünglichkeit von V 17 b sind in neuerer Zeit mehrere Kommentatoren eingetreten. Hertzberg anerkennt zwar, daß „der Name Obed (der Dienende)" „in d i e s e m Zusammenhang nicht motiviert ist" und stellt für eine „Vorform des gegenwärtigen Textes" den Namen Ben-Noam zur Erwägung (S. 280), meint aber dann doch, die Zufügung des Stammbaums sei nur zu verstehen, wenn die Beziehung zum Hause Davids bereits vorhanden war, wie das jetzt am Schluß von 4 17 tatsächlich der Fall ist (S. 257). Aber in welcher Form soll das gewesen sein, wenn die jetzige nicht als ursprünglich gelten kann? Für Hertzberg hat jedoch die Verbindung mit David in 4 17b keine wesentliche Bedeutung, da dafür die Bemerkung „doch zu unbetont und für das Ganze zu unwesentlich" sei (S. 257). Im Unterschied zu Hertzberg sieht Rudolph den ganzen V 17 — nach Streichung von Dtf in 17a und Herstellung von Kip'l oder Klpni in 17b —• als ursprünglich an. 17a habe mit der Namengebung nichts zu tun, während in 17 b die Erzählung ihren Höhepunkt erreiche: „Die Landfremde und Kinderlose wird Ahnfrau des größten Königs von Israel und damit des regierenden Herrscherhauses, weil sie sich unter die Fittiche Jahwes begab" (S. 71). Demgegenüber muß man mit Hertzberg doch festhalten, daß dieser „Höhepunkt" zu beiläufig behandelt wäre, auch darf das Thema nicht im Anschluß an 2 12 bestimmt 1) In einer neueren Abhandlung (Wahrheit und Dichtung in der Ruth-Erzählung, Sitzungsber. d. Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-hist. Kl., 110, 4, 1965) hat Eißfeldt seine oben zitierte Auffassung revidiert. Danach waren „dem Verfasser der Ruth-Erzählung Boas, Ruth und Obed als historische Größen, nämlich als Vorfahren Davids, gegeben". Den Namen Obed habe der von Ruth geborene Sohn als „Löser", als „einer, der die Noomi bedienen kann" (vgl. Basil M.Vellas, To Biblion tes Routh, S. 54), erhalten (S. 27). Jedoch scheinen mir die oben vorgetragenen Gründe wie die Gattung des Buches nach wie vor dafür zu sprechen, daß 417 b seine heutige Form erst erhielt, als der Boas des Buches Ruth mit dem Boas von 1 Chron 211 f. identifiziert und das Geschlechtsregister 4 18-23 angehängt wurde.
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werden. Wenn Rudolph weiter feststellt: „Daß man dem größten und gefeiertsten König von Israel, dem Prototyp des Messias, eine moabitische Urgroßmutter angedichtet hätte, ist ausgeschlossen. Deshalb muß dieser Hauptpunkt der Erzählung geschichtlich sein, auch wenn 1 Sam 22 3f. zu Unrecht als Beweis für verwandtschaftliche Beziehungen zum Moabiterland ins Feld geführt wird", so vermengt er historische Erwägungen mit der literarischen Analyse. Der Erstgeborene aus der Ehe Boas - Ruth ist — sonst ist die ganze Leviratsehe sinnlos — nicht der in der Genealogie 1 Chron 2 3ff.stehende Obed. Er gehört vielmehr, da er den Namen des Elimelech und Machion lebendig erhalten soll, in deren Genealogie hinein. Da dies ein Hauptpunkt der ganzen Erzählung ist, ist dem alten Erzähler nicht zuzutrauen, daß er an diesem Punkt völlig inkonsequent wird. Ob es eine Tradition gab, die David verwandtschaftliche Beziehung zu Moab zusprach (vgl. 1 Sam 22 3 f.) und die eine solche Änderung in n b sowie die Zufügung von 4 isff. begünstigte, ist der Erwägung wert, aber nicht zu beweisen. Auf eine solche Tradition baut Gerleman sein Verständnis des Buches auf. Sie sei der zwingende Grund gewesen, „der den Ruth-Erzähler veranlaßt hat, seine Geschichte zu erzählen", weil sie „sehr bald als eine schwere Belastung empfunden worden" sei (S. 8). „Es ist hier der Versuch gemacht worden, die harmvolle und zählebige Moabiter-Tradition, die der davidischen Herkunft anhaftete, zu beschönigen und unschädlich zu machen" (S. 8). Gegenüber einer weitergehenden Verbindung mit Moab stelle die Erzählung fest, daß nur Davids Urgroßmutter Moabiterin gewesen sei und judaisiere diese wie den Erbbesitz der Davidsfamilie. „Die Ruthgeschichte will den Nachweis erbringen, daß der moabitische Einschlag in der Abstammung Davids von Jahwe selbst gewollt und bewirkt ist. Angesichts dieser Tatsache müssen alle Bedenken wegen der Herkunft Davids verstummen" (S. 10). Diese Moabitertradition ist in dieser Ausweitung eine reine Konstruktion. Selbst wenn sie historisch nachweisbar wäre, wäre nicht einzusehen, wie sie durch die Rutherzählung unschädlich gemacht wird. Daß Jahwe den moabitischen Einschlag bewirkt habe, müßte schon deutlicher gesagt werden, wenn es die, die Anstoß daran nahmen, überzeugen sollte. Immerhin ist Gerleman konsequent. Denn wenn die Erzählung von Anfang auf 4 17 b hin angelegt war, dann bedeutet das bei der Rolle, die David spielte, daß die Interpretation diesen Punkt ständig im Auge behalten muß. Aber das ist doch nur in sehr gekünstelter Weise möglich. Die Beiläufigkeit und Unmotiviertheit, mit der die Verbindungslinie zu David gezogen wird, spricht gegen eine solche Interpretation. Wer schließlich argumentieren wollte, darin liege eben ein besonderer Kunstgriff des Erzählers, daß er seine größte Überraschung bis zum Schluß aufbewahrt hätte, würde aus der Not eine Tugend machen. Es scheint mir sicher, daß 17 b in seiner heutigen Form auf späterer Konstruktion beruht und nicht haltbar ist. 3. Die Gattung Die Gattung dieser Erzählung wird gern mit „Novelle" bezeichnet. Handelt aber die Novelle von einem „unerhörten Ereignis" (vgl. S. 167), hinter dem die Personen ganz zurücktreten, so kann man dieser Einordnung kaum zustimmen. Denn das Buch Rt ist gerade an Personen und ihrem Verhalten interessiert. Das gilt zunächst für Ruth, die mit Recht dem Buch den Namen gegeben hat. Schon Kap. 1 hebt überaus stark und dichterisch betont ihre Entschlossenheit hervor, sich mit Naemi, ihrem Volk und ihrem Gott aus Treue zu der Familie ihres verstorbenen Gatten zu verbinden. Immer wieder wird auf diese lobenswerte Tat hingewiesen (2 11 3 10f.). In Kap. 2 nimmt, eben angekommen, Ruth die Gelegenheit der Ernte wahr, für den Unterhalt der beiden Frauen mit nüchterner Tatkraft zu sorgen. In Kap. 3 nimmt es Ruth, wieder aus Treue zur Familie und in Ge1*
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horsam gegen ihre Schwiegermutter, auf sich, sich dem offenbar älteren Boas zur Leviratsehe anzutragen, der denn auch diese Tat als Beweis eines besonderen i c n würdigt (3iof.). Und im 4. Kap. legt der Erzähler abschließend den Frauen um Naemi in den Mund, wie er R u t h beurteilt haben will: „Deine Schwiegertochter, die dich lieb hat, die besser f ü r dich ist als sieben Söhne" (415). Aber auch Boas und sein Handeln zeichnet der Erzähler mit spürbarer Anteilnahme. Mit welcher Güte begegnet er R u t h in Kap. 2, nicht weil er auf den ersten Blick in sie verliebt wäre •— dieser Gesichtspunkt f ü h r t völlig in die Irre —, sondern weil er richtig einzuschätzen weiß, was sie getan hat, als sie ihr Volk und ihre Verwandtschaft aufgab, um sich einem fremden Volk und Gott anzuvertrauen, und weil er nun diese Treue mit der eigenen Treue gegen die neue Sippengenossin, auch wenn sie ausländischer H e r k u n f t ist, beantwortet. Daß er ein Mann der Fürsorge, Rechtlichkeit, Tatkraft, vor allem aber der Familientreue ist, bringt der Erzähler auch dadurch zum Ausdruck, daß er Naemi ihn zu dem erwählen läßt, dem sie ihre und ihrer Schwiegertochter Zukunft anvertraut, obwohl er nicht der Nächstverwandte ist. In 3 18 spricht der Erzähler aus, was von Boas zu halten ist: „Der Mann wird nicht ruhen, bis er noch heute die Angelegenheit zu Ende gebracht h a t " . Aber nicht nur gegen die beiden Frauen ü b t Boas die Pflicht, die ihm zukommt, auch dem ungenannten Löser gegenüber weiß er sich an Loyalität und Recht gebunden. R u t h und Boas sind offensichtlich als vorbildliche Personen gedacht. Das wird noch dadurch unterstrichen, daß sie beide Gegenfiguren erhalten, von deren „normalem" Verhalten sich das ihre um so leuchtender abhebt. Ist auch Naemi vom Erzähler als vorbildlich gedacht? Hier ist die Antwort auf den ersten Blick nicht so eindeutig. Sie ist, bei aller Tatkraft, mit der sie in Kap. 3 die Leviratsehe ins Werk setzt, mehr Objekt als Subjekt des Handelns: I n Kap. 1 setzt sich R u t h gegen sie durch, in Kap. 3 und 4 müssen R u t h und Boas handeln. Was sie tut, ist dies, daß sie klugen R a t gibt (2 22 3 1 ff.). So kann die alte Frau, die nicht mehr selbst handeln kann, sich durch ihren R a t als nützlich erweisen. Und die Jungen t u n gut daran, einem solchen R a t einer erfahrenen F r a u zu folgen. Man hat freilich hervorgehoben, welch heikle Situation sie durch ihren Plan in Kap. 3 schafft. Aber man muß hier in Rechnung stellen, daß die alte Zeit das, was da geschah, nicht so anstößig fand, wie wir das tun. An keinem der Beteiligten bleibt ein Makel haften. Es ist deutlich, daß Naemi aus dem Interesse an dem Weiterleben der Familie, für das jeder Israelit Verständnis hatte, ihren Plan faßt. I n diesem Zusammenhang darf auch noch darauf verwiesen werden, daß Naemi sich in Kap. 1 nur von der Fürsorge f ü r ihre Schwiegertöchter und nicht von eigenem Interesse leiten läßt. So darf also die Vorbildlichkeit der Personen nicht übersehen werden. An ihnen, nicht an einem Ereignis, das geschildert wird, haftet das eigentliche Interesse. Es ist nun weiter zu beachten: die handelnden Personen sind einfache Menschen in einem einfachen bäuerlichen Milieu. Es ist nicht von ungefähr, daß die Handlung in eine weit zurückreichende Zeit verlegt wird (vgl. zu 1 1). Patriarchalische Verhältnisse herrschen, in denen alles seinen guten, geraden Gang geht, und wo man sich, auch wenn man vielleicht persönlich anders möchte, an den durch Recht und Sitte gewiesenen klaren Weg hält. I s t f ü r die I d y l l e kennzeichnend „die Ausrichtung nach einem idealen unschuldsvollen Z u s t a n d . . . und patriarchalischen Verhältnissen sowie das Auftreten weniger, meist vorbildlicher einfacher Charaktere" 1 ), so haben wir in R t einen typischen Vertreter dieser Gattung, wie schon Goethe gesehen h a t („das lieblichste kleine Ganze..., das uns episch und idyllisch überliefert worden ist", West-Ostlicher Diwan, Noten und Abhandlungen).
1) Der große Brockhaus, 161954, Bd 5, S. 617. Vgl. besonders auch, was Fr. Schiller in seiner Schrift „Über naive und sentimentalische Dichtung" über die Idylle schreibt.
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4. Der Zweck Mit der Gattungsbestimmung „Idylle" ist gegeben, daß wir an R u t h nicht die Frage nach der historischen Glaubwürdigkeit stellen dürfen. Die Erzählung ist nicht aus dem Interesse entstanden, historische Ereignisse zu überliefern. Aber ihr Vf. schreibt auch nicht nur aus der Lust am Erzählen und zur Unterhaltung seiner Hörer oder Leser. E r h a t einen Zweck im Auge. Dieser ist gern dahin bestimmt worden, daß der Vf. mit seiner Erzählung von der treuen u n d tüchtigen Moabiterin gegen die rigorose Praxis des Esra und Nehemia in der Mischehenfrage (Esra 9 f. Neh 13 iff. 23 ff.) protestieren wolle. Aber diese Tendenz t r i t t nirgends so stark hervor, daß m a n R t als Tendenzschrift in diesem Sinne erklären könnte. Der Erzähler der Idylle stellt, der Gattung entsprechend, ein Idealbild aus alter Zeit vor seine Zeitgenossen. Was ist das für ein Ideal, worin besteht die Vorbildlichkeit der Charaktere? Hier kann die Antwort nicht zweifelhaft sein: was R u t h , was Boas, was im Grunde auch Naemi auszeichnet, ist dies, daß sie die Treuepflicht gegenüber ihrer Sippe zum Leitstern ihres Handelns machen. Diese Treuepflicht gegenüber einer Gemeinschaft, in die man gestellt ist, bezeichnet der Hebräer mit TDH1). Es ist nicht zufällig, daß R u t h s Handeln zweimal mit diesem Begriff (1 8 3 10) charakterisiert wird und daß auch des Boas Verhalten, folgt man der Auslegung von Glueck und H u m b e r t (vgl. S. 16 1 ), in 2 20 als non verstanden wird. Wenn auch die Beziehung auf Boas in 2 20 nicht sicher ist, so kann doch kein Zweifel bestehen, daß das, was Boas gegenüber den beiden Frauen und den Toten, aber auch gegenüber dem unbekannten Löser t u t , unter den Begriff 1DPI fällt. U n d nicht anders verhält es sich mit Naemi, wenn sie sowohl auf die Versorgung der ihr verbundenen Schwiegertöchter wie auf die Weiterführung ihrer Familie bedacht ist. So werden in dem kleinen Büchlein Leitbilder der ersten israelitischen Tugend, wie sie von Propheten und Weisheitslehrern gefordert wird (vgl. N. Glueck, Das Wort hesed, BZAW 47,1927, S. 21 f.), gezeichnet. Wenn das, was echter "icn ist, zunächst in Sippenbeziehungen aufgezeigt wird, so entspricht dies einmal der Bedeutung der Sippe in Israel, zum anderen der Beobachtung, daß i c n sich zunächst in dem kleinen Kreis, dem jeder verhaftet ist, bewähren muß. Und wenn eine Ausländerin als eine der Hauptpersonen figuriert, so deshalb, weil sich gerade an diesem Grenzfall aufzeigen läßt, was echter nan bedeutet: ncn gegenüber der Familie ihres Mannes konnte sie nur so erfüllen, daß sie alles aufgab, was f ü r einen Menschen Bindung und Bergung bedeutet. Und andererseits wurde von Boas selbstverständlich die Treuepflicht gegen diese Sippengenossin anerkannt, auch wenn sie ausländischer H e r k u n f t war. Ein solcher Grenzfall macht Wesen und Bereich des ncn besonders deutlich. Echter i c n aber wandelt die Welt. Wie sein Fehlen Chaos im Gemeinschaftsleben herbeiführt, ja das Naturleben verstört (Hos 4 1-3), so bedeutet sein Vorhandensein Glück und Gedeihen. So ist es für den hebräischen Menschen ganz natürlich, daß unter der Ausübung eines solchen i c n der Weg von bitterem Anfang zu glücklichem Ende führt. Gott selber wacht über diesem Weg: insofern kann man von einer „Führungsgeschichte" sprechen, aber doch nicht in gleichem Sinne wie bei Abraham oder Joseph, wo Gott t r o t z menschlichen Versagens und der Bosheit der Brüder das Geschehen dem von ihm gesteckten Ziele zuführt. Wo ist eine solche Beispielerzählung von echtem ncn zu Hause? Wenn auch bei den Propheten die Forderung des ncn eine große Rolle spielt, so wird man den Ursprung dieser Erzählung doch nicht in ihren Kreisen suchen. Eine solche Idylle, die ein Leitbild entwirft, paßt eher zu dem erzieherischen Anliegen der Weisheitslehrer. Sie rufen immer wieder zur Übung von non auf (vgl. Prov 3 3f. 1117 19 22). „Wer nach npnü und n~n strebt, findet 1) P. Humbert hat nachdrücklich darauf hingewiesen, daß IDn als Thema der Ruth-Erzählung anzusehen ist.
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Leben " und E h r e " (Prov 21 21, Str. npi2t 2 ). J a , er verbreitet um sich eine Sphäre von Glück und Gedeihen. D a f ü r bietet die Erzählung von R u t h eine eindrucksvolle, künstlerisch durchkomponierte Illustration. Die H e r k u n f t aus Kreisen der Weisheit m a c h t auch begreif lieh, daß man so unbefangen von der Moabiterin und ihrem vorbildlichen Handeln sprechen kann, war doch die Weisheit ihrer Herkunft wie Geisteshaltung nach nicht nationalistisch ausgerichtet.
5. Die Zeit Die Erzählung t r ä g t kein bestimmtes Zeitkolorit. Die zeitlichen Ansätze der Forscher gehen denn auch weit auseinander. Nichts •— auch nicht die oft angeführten Aramaismen •— spricht entscheidend gegen eine Ansetzung in vorexilischer Zeit. Anderseits ist sie auch nicht sicher zu erweisen. I m Grunde konnte jede Zeit, die den Verlust eines die Gemeinschaft tragenden Ideals schmerzlich empfand, aus diesem Ungenügen an der Gegenwart heraus das Bild einer Zeit und Welt entwerfen, in denen einfache Menschen dieses Ideal vorbildlich verwirklichten. Allerdings darf man, da jede Spur des Nomismus fehlt, nicht zu weit in die nachexilische Zeit herabgehen. — Aus der Exilszeit— „als ein Wort des Trostes f ü r das Volk in all seiner Hoffnungslosigkeit" (S. 427) — will Jepsen das Buch R t herleiten. Aber die Hauptmotive lassen sich nicht aus der exilischen Situation erklären 1 ).
Literatur in Auswahl2) 1. K o m m e n t a r e : E . B e r t h e a u (KeH 6), 1845, 2 1883. - P.Cassel, J . P . Langes Bibelwerk, 1865, 2 1887. S . ö t t l i (SZ 8), 1889. - A. Bertholet (KHC 17), 1898. - W.Nowack ( H K 4,1), 1902. J.C. Gasser, Erläuterungen z. AT, Calw 1913. - H.Greßmann (SAT 1/2), 1914, 2 1922. P. Joüon, R u t h . Commentaire philologique et exegetique, 1924 (Neudruck 1953). - A. Schulz (HS 2, 4—5), 1926. - G.Smit (TU), 1930. - M. Haller (HAT 18), 1940. - R.Tamisier (Pirot & Clamer 3), 1949. - G. A. F. Knight (Torch-B), 1950. - J.Slotki (Soncino-B), 1946, 2 1952. - L.Smith - J.Cleland (IB 2), 1953. - J.Fischer (Echter-B), 1950, 2 1955. - J . de Fraine (BOuT 3, 2), 1956. - A.Vincent (Jerusalem-B), 1952, 2 1958. - H . W . H e r t z b e r g (ATD 9), 1953, 2 1959. - G.Gerleman (BK 18,1), 1960. - W.Rudolph (KAT 17, 1), 1939, 2 1962. - V. M. Vellas, To Biblion tes R o u t h (Ermeneia Palaias Diathekes, 6) Athen 1964. 2. Z u m T e x t : A. Rahlfs, Studie über den griechischen Text des Buches R u t h (NGW 1922, S. 47 bis 164). - A. Saarisalo, The Targum of the book of R u t h (StOr 2, 1928, S. 88—104). A. Sperber, Wiederherstellung einer griechischen Textgestalt des Buches R u t h (MGWJ 81, 1937, S. 55—65). - R . Abramowski, Eine spätsyrische Überlieferung des Buches R u t h (Bulmerincq-Gedenkschrift, 1938, S. 7—19). - Th.C. Vriezen, Two Old Cruces (OTS 5, 1948, S. 80—88). - R.Thornhill, The Greek Text of the Book of R u t h ; a Grouping of MSS according to Origen's Hexapla (VT 3, 1953, S. 236—249). 1) Auch Gorgulho leitet in einer allegorisierenden Auslegung (Machion = Reich Juda; Kiljon = Nordreich etc.) das Buch Ruth aus der Theologie des Exils und der Restauration her. 2) Vgl. auch W. Rudolph (KAT 17,1),»1962, und O. Eißfeldt, Einleitung in das AT, s 1964.
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Einleitung
Ruth
3. L i t e r a r k r i t i k u n d - g e s c h i c h t e : K.Budde, Vermutungen zum „Midrasch des Buches der Könige" (ZAW 12, 1892, S. 37—51). - J.A.Bewer, Zur Literarkritik des Buches R u t h (ThStKr 1903, S. 502—506). - W.Caspari, Erbtochter und Ersatzehe in Ruth 4 (NKZ 1908, S. 115—129). - L.B. Wolfenson, The Character, Contents and Date of R u t h (AJSL 27, 1911, S. 285—300). H.Gunkel, Ruth (Reden und Aufsätze, 1913, S. 65—92). - Ders., Art. Ruth (RGG 2 IV, 1930, Sp. 2180). - L.Köhler, R u t h (SThZ 37,1920, S. 3—14). - J . Keulers, Het Book Ruth, 1932. - W.E.Staples, The Book of Ruth (AJSL 53,1936, S. 145—157). - P.Humbert, Art et legon de l'histoire de Ruth (RThPh 26,1938, S. 257—286 = Opuscules d'un Hébralsant, 1958, S. 88—110). - A. Jepsen, Das Buch Ruth (ThStKr N F 3, 1937/38, S. 416—422). A.Vis, Enkele Opmerkingen over den Stijl in het Boek Ruth (NThT 28, 1939, S. 44—54). - M. Burrows, The Marriage of Boaz and Ruth (JBL 59,1940, S. 445—454). - M. David, Het Huwelijk van Ruth (Uitgaven vanwege de Stichting voor Oud-semietische, Hellenistische en Joodsche Rechtsgeschiedenis gevestigd te Leiden. 2,1941). - H. A.Brongers, Enkele Opmerkingen over het Verband tussen Lossing en Levirat in R u t h IV (NedThT 2,1947/48, S. 1—7). - M.B.Crook, The Book of Ruth. A new Solution (JBR 16,1948, S. 155—160). E.Robertson, The Plot of the Book of Ruth (BJRL 32, 1950, S. 207—228). - D. van Maanen, Het Boek Ruth en zijn perspectieven, 1952. - G. von Rad, Predigt über Ruth 1 (EvTh 12,1952/53, S. 1—6). - J.Myers, The Linguistic and Literary Form of the Book of Ruth, 1955. - S.B.Gurewicz, Some Reflections on the Book of R u t h (ABR 5,1956, S. 42 bis 57). - A. Jepsen, Der Begriff des „Erlösers" im AT (Festgabe für R.Hermann, 1957, S. 153—163). - S.Segert, Vorarbeiten zur hebr. Metrik III. Zum Problem der metrischen Elemente im Buche Ruth (ArOr 25,1957, S. 190—200). - S. Sierra, Il libro di Ruth (Scritti in onore di G.Furlani, 1957, S. 357—369). - G. S. Glanzmann, The Origin and Date of the Book of Ruth (CBQ 21, 1959, S. 201—207). - O.Loretz, The Theme of the R u t h Story (CBQ 22, 1960, S. 391—399). - J.Fichtner, Art. Ruthbuch (RGG 3 V, 1961, Sp. 1252 bis 1254). - H.H.Rowley, The Marriage of Ruth (The Servant of the Lord. Essays on the OT, 2 1965, S. 169—193). - L.-B. Gorgulho, Ruth et la »Fille de Sion« mère du Messie, RThom LXIII/IV, 1963, S. 501-514. - O. Eißfeldt, Wahrheit und Dichtung in der Ruth-Erzählung, Sitzungsber. d. Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-hist. KL, 110, 4, 1965.
Ruth 1 1-22
Naemis Auszug und Heimkehr
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1,1—22 a Naemis Auszug und Heimkehr 1 1 3 u ber Seit, ba bie S t i f t e t noch ihr Sinti übten 1 , herrfdjte einmal eine Hungersnot im ßanbe. S a sog ein 2Jiann auá ©ethlehem in Suba mit feiner g r a u unb feinen beiben Söhnen aué, um fidj até ©djufebürger in bem (Sefilbe oon SRoab aufsuhalten. 2 S e r 9Jlann Ejiefe Grlimeledj, feine g r a u 9laemi unb feine beiben ©oíjne 9Karf)Ion unb fttíjon, ©phratiter auä SBethlehem in Suba. Die lamen in bas ©efilbe oon ®Joab unb blieben bort. 3 S a ftarb ©lüneletf), ber Sliann ber 9taemi, fo bafe fie mit ihren Söhnen allein ftanb». 4 Sie nahmen fidj moabittfdje g r a u e n ; bie eine (liefe Drpa, bie anbere SRutf). ©0 weilten fie bort etwa sehn Safjre. 5 S a n n ftarben audj bie beiben, SJiadjlon unb Ätljon, unb bie g r a u blieb allein übrig, o£)ne ihre beiben Äinber unb ohne ihren SJlann. e S a madjte fie fid^ famt ihren ©djmiegertöchtern auf unb lehrte aus bem ®efilbe oon Sßoab l)eim, benn fie hatte im (Sefilbe SRoabS gehört, bafe Safjtoe ficf) feines Solóles angenommen unb ihm (roieber) fflrot gefchenlt hatte. 7 ©0 sog fie, oon ihren beiben ©chmie» gettödjtern begleitet, oon bem £)rt aus, an bem fie fich aufgehalten hatte. 91IS fie nun auf bem f>eimweg in baS ßanb Suba bahinwanberten, 8 fpradj 9laemi su ihren beiben Schwiegertöchtern: „®ef)t, lehrt um, eine jebe in baS §>auS ihrer ÜUlutter. 'SJlöge' Sohioe euch Sireue ermeifen, tote ihr fie ben £oten unb mir ertoiefen habt. 9 Sahme gebe euch, bafe ihr eine öeimftatt 8 finbet, eine jebe im £>auS ihres 9JlanneS". Damit lüfete fie fie; fie aber fingen an, laut su weinen 10 unb fpracfjen ju i h r : „Kein», mir wollen mit bir su beinem Sßolfe heim» lehren". n 9laemi aber erwiberte: „Sehrt um, meine Södjter! ©abe ich etwa nodj ©ohne in meinem ßeibe, bafó fie eure SJtänner werben lönnten? 12 Sehrt um, meine Z o s t e r , geht, benn ich bin su alt, um nocí) einem SJiann ansugehören. SBenn ich auch bädjte: es ift noch SluSfidjt f ü r mich, unb ich würbe heute nacht einem SJiann angehören unb fogarSöhne gebären - 1 3 wolltet ihr 'auf biefe' warten, bis fie erwachfen wären? SBolltet ihr 'ihretwegen* enthaltfam leben unb leinem 9Jlanite angehören? Klein, meine föchtet! Sanb fich gegen mich erhoben h i t " . 14 S a fingen fie oon neuem an, laut su meinen. S a n n gab Drpa ihrer ©djmiegermutter einen (9lbfchiebS)lujs, 9tuth aber hängte fich an fie. 15 @ie aber fprach: „©iehe, beine ©chmägerin ift umgelehrt su ihrem 33olf unb ihren (Söttern, fehre bu mit beiner ©¿hroägerin heim". ie Da gab SRuth sur Slntmort: „Dränge mich nicht, bidj su oerlaffen, mich oon bir su wenben! Senn wo bu hingehft, will auch t) abgeschnittenen und gebündelten Getreide 1 ) sammeln, ja man soll sogar Ähren für sie liegen lassen (15-16). Den Knechten, die vom Erzähler wohl als um die Verwandtschaft zwischen Boas und N a e m i - R u t h wissend gedacht sind, mag diese Bevorzugung selbstverständlicher erschienen sein als der ahnungslosen R u t h . So verhilft Boas der Moabiterin R u t h zu einem glücklichen Anfang in der ihr fremden Welt: als sie gleich auf dem Felde die gesammelten Ähren ausklopft, ergibt sich ein Tagesertrag von einem E p h a (17) — nach dem ganzen Zusammenhang offenbar eine erfreulich große Menge, deren exakte Bestimmung nach modernen Maßsystemen leider nicht möglich ist (de Vaux I, S. 314ff.). 2 18-23: R u t h s B e r i c h t t r ö s t e t N a e m i Freudig kehrt R u t h zu ihrer Schwiegermutter heim, überbringt ihr den E r t r a g des Tages und berichtet— wie aus dem Segenswunsch der Naemi in 19 aß hervorgeht—, welch freundliche Behandlung sie gefunden hat (is). Voll Spannung fragt Naemi, bei wem sie gearbeitet hat, und segnet im voraus den unbekannten Wohltäter (19a). Als sie den Namen Boas hört (i9b), löst sich zum ersten Male ihre Bitterkeit und gewinnt der Glaube an J a h wes Treue wieder R a u m in ihrem Herzen: sie gilt noch den Lebenden und den Toten (20). Und erklärend fügt sie hinzu: der Mann ist mit uns verwandt und gehört zu unseren Lösern, d. h. zu denjenigen, die sich unser in der Not anzunehmen haben (Näheres vgl. S. 20 f.). Wieso kann ihr das, was R u t h erlebt hat, zu einem Zeugnis von Jahwes Inn werden ? Zwei Dinge sind hier hervorzuheben: 1) Es ist für sie Jahwes Fügung, daß R u t h auf den Acker des Boas geführt wurde. 2) Sie sieht in dem, was Boas getan, mehr als das humane Verhalten eines gütigen Menschen; vielmehr hat ein Verwandter R u t h als Sippengenossin anerkannt und aufgenommen. Gerade das mochte Naemi zweifelhaft sein, wie sich die Sippe, in die sie heimgekehrt, zu der jungen Moabiterin stellen werde. Würde sie diese nicht als Fremde ablehnen, ihr die Gemeinschaft und Hilfe verweigern, auf die sie als Witwe eines Sippengenossen Anspruch hatte? Boas hat nichts von Verwandtschaft gesagt, aber er hat als Verwandter der Toten ihren hinterbliebenen Frauen gegenüber g e h a n d e l t . Das zer1) Vgl. auch BRL, Sp. 184: „Das zur Reife gelangte Getreide wurde mit einer Hand-Sichel geschnitten, wobei der Schnitt naturgemäß wesentlich höher lag als bei dem mit der Sense geübten Schnitt... Die mit der Rechten gesichelten Halme wurden in der Linken gesammelt und, war diese gefüllt, seitwärts niedergelegt. Dem Schnitter folgte der Sammler — me'ammer — (es konnten wie Ruth 2 8 zeigt, auch Mägde bei der Ernte tätig sein), der die losen Ähren — sebatlm — band." — Nach P. Humbert, ZAW 62, 1949/50, S. 206 f. bezeichnet sebatim das mit der linken Hand gehaltene Bündel.
Ruth 3 1-18
Boas wird gebeten, Ruth zu „lösen"
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streut alle Sorgen und Zweifel und eröffnet einen neuen hoffnungsvollen Aspekt für die Zukunft. In dem "ton des Boas aber darf man Jahwes non am Werk sehen, der sich in ihm ein Werkzeug geschaffen 1 ). Die Einladung, von der Ruth berichten kann, die ganze Erntezeit auf des Boas Feldern zu lesen (21), soll Ruth befolgen, weil sie dort den Schutz hat, den sie anderswo entbehren würde (22). So verbringt Ruth die Gersten- und anschließende Weizenernte auf den Feldern des Boas, um dann daheim zu bleiben (23). Wochen hindurch sieht Boas sie an der Arbeit und weiß, mit wem er es zu tun hat. So schafft der zweite Akt die Voraussetzungen für das folgende Geschehen: er macht Naemi gewiß, daß Boas sie und Ruth als Verwandte anerkennt und die damit gegebenen Pflichten wie selbstverständlich auf sich nimmt. So darf sie mit ihm rechnen, als sie für sich und Ruth eines „Lösers" bedarf. Ruth aber hat in den Wochen der Ernte, da sie sich außer Haus bewegt, Gelegenheit, sich in ihrer neuen Heimat so zu bewähren, daß alle ihre Tüchtigkeit anerkennen (3 11). So ist die Bitte, die in Kap. 3 von den Frauen an Boas herangetragen wird, keine bloße Zumutung, sondern sachlich vorbereitet.
3,1—18: Boas wird gebeten, Ruth zu „lösen" 3 1 Da fpradj iljre ©djwiegermutter 9taemi 3U if)t: „ÜMne Xodjter, idj bin auf ber ©udje nadj einem £>eim für bidj, wo eé bir gut gel)t. 2 Unb nun ift ia 33oaé, bei beffen SJlägben bu warft, ein 3krwanbter oon uñé; fieíje, beute nadjt worfelt er bie ®erftentenne. 3 @o wafdje unb falbe bidj, lege beinen Umrourf a um unb ßeije su ber £enne hinunter. Slber jetge bidj bem SRann nidjt, efie er mit (äffen unb SErinlen fertig ift. 4 SBenn er fidj bann nieberlegt, merfe bir, wo er fidj Einlegt, unb geíje íjin, betfe ben su feinen Süßen auf unb lege bidj i)in. Dann wirb et bir felber fagen, toas bu tun follft". 5 Sie antwortete itjr: „Sllleé, was bu fagft, will id) tun". e So ging fie hinunter sur 5£enne unb tat gan$ fo, wie ifjre ©djwiegermutter fie geljeifeen fjatte. 7 2113 SSoaé gegeffen unb getrunien (jatte unb guter Dinge war, ging er E)in, um fidj am fkanbe beé ©etreibefiaufené fdEilofcn su legen. Da (am fie íjehnlidj Ijersu, bedte auf unb legte fidj ju feinen güfeen. 8 Um 2JHtternadjt fdjredte er auf; unb alé er fidj eorbeugte, fielje, ba lag eine grau su feinen güfeen. 9 ©r fragte: „SBer bift bu?". Unb fie antwortete: „3dj bin beine SDJagb 9tutf).S3reite bein ©emanb a über beine 9JJagb, benn bu bift ßöfer". í o D a f p r a d j e t : ,Me° fegnet feift bu eon Safjwe, meine £od)ter. Diefer leiste ©rweié betner Xreue ift nodj gröfeer alé ber erfte, inbem bu ntd)t ben jungen 9Jiännern, ob arm ober retdj, nachgelaufen bift. 11 @o forge bidj nidjt, meine S o f t e r ! Sllleé, waé bu wünfdjeft, werbe idj bir tun, wiffen bodj alle ßeute im £ o t \ bafe bu eine tüdjtige g r a u bift. 12 %un bin idj in ber 2 a t ßöfer, aber eé ift nod) ein ßöfer ba, ber näi)er oerwanbt ift alé idj. 13 ©leibe Ijeute bie Statut über Ijier; aber am SJJorgen foll eé fo fein: wenn er bidj löft, gut - bann mag er eé tun. Sßenn er bidj aber nidjt löfen will, fo werbe idj bidj löfen, fo waljr Safiwe lebt, ßege bidj nieber bié sum SJiorgen". 14 Da legte fie fidj bié 3uin Sftorgen su feinen güfeen nieber unb ftanb auf», beoor ein 9Jienfd) ben anberen er= lernten tonnte. Denn er badjte: eé foll nidjt befannt werben, bafo bie g r a u sur Senne gefommen ift. 15 Sann fagte er: „®ib baé Umfdjlagtudj, baé bu umfjaft, unb f)alte eé í)tn". ®ie íjielt eé t)in, unb er mafe fed)é (SUafe) ©erfte ab unb lub eé tf)t auf. é o ging 'fie' in bie ©tabt. 1) Sehr erwägenswert ist auch die Auffassung von N. Glueck, Das Wort hesed, BZAW47, 1927, S. 6 f., der unter Hinweis auf 2 Sam 2 5 den Satz licn mj! sb lti>N in 2 20 auf Boas und nicht auf Jahwe bezieht. „Sie (Naemi) erblickte in seinem Verhalten Ruth gegenüber die den Pflichten der Familie entsprechende Verhaltungsweise. Durch seine Freundlichkeit gegen Ruth hatte Boas den verstorbenen Verwandten geehrt und seine Pflicht erfüllt. Deswegen segnete ihn Naemi". Daß das, was Boas im ganzen Buch Rt den Frauen gegenüber tut, als "tcn zu bezeichnen ist, leidet keinen Zweifel. Vgl. auch Humbert, der in 2 20 Gluecks Auffassung folgt.
Boas wird gebeten, Ruth zu „lösen"
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Ruth 3 1-18
i6 fie ju itirer ©djtmegermutter ïant, fragte biefe: „211s roaé ïommft bu a , meine Z o s t e r ? " ®a etäöfiUe fie i£)t alleê, voaä ber ÜJlottn iijr getan tiatte 17 unb fptaiij : „2)iefe fctftê (SJÎafe) ®erfte fjat et mir gegeben. $enn er fogte: bu follft niänben ju beiner ©djtoiegermuttet ïomtnen". 18 Do erroiberte fie: „Söarte, meine ïodjter, bis bu erfäijrft, wie bie @adje ausfällt. ®enn ber Üillann wirb nidjt ruijen, bis er fie n o i tjeute jum Slbfdjlufe ge= bradât ijat". 3 a 1K; Q plur. — 9" Wörtlich: „Deinen (Gewand-)Zipfel". —11 tt Wörtlich: „das ganze Tor meines Volkes". — 14" ins 'nana „auf sein Geheiß" (Rudolph)? — 15 1 0 mit MSS©33 XZF,1 pr „und er ging". —16" Wörtlich: „Werbistdu?".
3,1—18: Boas wird gebeten, Ruth zu „lösen" Kap. 3 ist kunstvoll als Einheit aufgebaut. Die drei Szenen — im Hause der Frauen, auf der Tenne, wieder im Hause —• sind eng miteinander verbunden, indem jeweils die folgende Szene Züge der vorhergehenden nachholt: so bringt die Hauptszene erst das Stichwort „Löser", das zum rechten Verständnis der Eingangszene unentbehrlich ist, und die Abschlußszene den bedeutungsvollen Gruß des Boas an Naemi, von dem ein pedantischer Erzähler bereits in der Hauptszene sprechen würde. Jede Szene berichtet nur knapp das für sie Charakteristische ; erst die Zusammenschau der drei Szenen läßt alle f ü r das Geschehen wichtigen F a k t e n erkennen. Das heißt aber, daß in der Ausdeutung einer Szene u . U . auf die folgende Szene vorgegriffen werden muß. 3 1-5: N a e m i s P l a n Die beiden ersten Kapitel haben R ü t h und Boas ins schönste Licht gesetzt. Aber die soziale und rechtliche Lage der beiden Frauen, besonders der R u t h , ist unverändert prekär. D a r u m will Naemi R u t h einen festen gesicherten Platz, eine „Heimat", verschaffen (1). H a t sich R u t h ihr ganz verbunden, so weiß sie ihrerseits sich f ü r ihr Wohlergehen und ihre Zukunft verantwortlich. Sie denkt aber auch daran, daß die Familie am Verlöschen ist. U m sie neu aufzubauen, bedient sie sich der Institution des „Lösers", ohne daß indes in dieser vorbereitenden Szene der Begriff fällt (in 2a ist er mit „unser Verwandter" angedeutet). Aber er muß mitgedacht werden, um nicht aus dem Plan der Naemi eine K u p pelei zu machen. — Auf den bisher bewährten und hilfreichen Boas b a u t Naemi ihren Plan auf. E r ist f ü r sie „der" Verwandte, obwohl noch ein anderer, näherer, da ist (3 12); nach allem, was die Frauen mit Boas erlebt haben, ist er d e r Mann ihres Vertrauens. Aber seine Stellung als „Löser", die hier zugleich die Leviratspflicht einschließt, ist nicht so, daß er die Initiative ergreifen könnte oder müßte. Ein anderer ist näher am Zug, und das respektiert er. Der Erzähler will ihn auch in dieser Beziehung in den durch Sitte und Recht gesteckten Grenzen gesehen wissen. Psychologische Erwägungen, die begreiflich machen sollen, weshalb Boas, trotz seiner Zuneigung zu R u t h , sich nicht zur Leviratsehe von sich aus entschließen konnte, sind hier fehl am Platze (gegen Rudolph). Die Art, wie der Erzähler Naemi die Initiative ergreifen läßt, wird Boas erneut Gelegenheit geben, sich als Ehrenmann zu erweisen. Sie weiß, daß er am Abend, wenn der Wind vom Meer her weht, sein Getreide worfeln wird, um die Körner von der Spreu zu sondern, und daß er anschließend auf der Tenne übernachten wird (2). So will sie, daß sich ihm R u t h zur Nachtzeit, wenn die Drescharbeit beendet ist und er sich niedergelegt hat, nahe, gesalbt und angetan wie zur Hochzeit, um ihn an seine Löserpflicht zu erinnern ( 3 - 4 ) . R u t h erklärt sich ohne jede Einrede bereit, so wie bei einer normalen israelitischen Eheschließung die Kinder hinnehmen, was die Eltern über sie beschließen (5). — Daß R u t h bei dem Plan der Naemi in eine zweideutige Situation gerät und Naemi wie eine Kupplerin erscheint, ist 2
Handb. AT 1/18: MegUloth
Ruth 3 1-18
Boas wird gebeten, Ruth zu „lösen"
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ein Anstoß, der sich von unserem modernen Empfinden aus ergibt. Für die Frauen, insbesondere für Ruth, handelt es sich um ein pflichtmäßiges Vorgehen, durch das der Name eines Verstorbenen wieder aufleben soll (4 s. 10). Freilich kann man fragen, ob nicht ein anderer Weg als der über das nächtliche Zusammensein auf der Tenne zum Ziel geführt hätte. Aber man muß dem Erzähler die Freiheit lassen, die Szenen zu erfinden, wie es ihm richtig erscheint. Offenbar lag ihm daran, Boas als einen dem Recht und der Zucht verpflichteten Ehrenmann zu erweisen — auch in einer heiklen Situation, die er leicht und ohne Zeugen hätte ausnützen können. 3 e-15: Z u r N a c h t a u f d e r T e n n e Ruth begibt sich zu der —• tiefer als die Ortschaft liegenden — Tenne von Bethlehem (e), wo sich Boas nach Arbeit und Stärkung niedergelegt hat, und kauert sich zu seinen Füßen (7). Um Mitternacht entdeckt er, aufschreckend, die Frau zu seinen Füßen, ohne sie zu erkennen (s) 1 ). Nun bittet ihn Ruth, er möge sie mit seinem Gewandzipfel bedecken, d.h. eine Handlung vollziehen, die symbolhaft die Eheschließung mit einer Frau ausdrückt (Ez 16 8). Sie trägt sich ihm also zur Ehe an. Schließt der Wunsch Ruths ein, daß die Ehe gleich vollzogen werden möge? Man wird ernstlich daran denken müssen. Darum hat sich Ruth hochzeitlich geschmückt, nicht aber um Boas in der Dunkelheit, da er sie nicht einmal erkennt, zu gefallen (gegen Gunkel, Rudolph u.a.). Auch die von Naemi gewählte nächtliche Szene spricht dafür, ohne daß man sie freilich als „Überrumpelung" (so Rudolph) bezeichnen sollte, weil damit Boas in den Augen der Naemi zu gering eingeschätzt würde 2 ). Mit Ruths Begründung „denn du bist Löser" (9) wird die Szene versachlicht und ihr für israelitisches Empfinden alles Laszive und Anstößige genommen. R u t h folgt nicht ihrem eigenen Interesse (obwohl das nach dem Willen Naemis eingeschlossen ist, 3 1), erst recht nicht ihrer Begehrlichkeit, sondern dem Interesse der Familie. Das läßt der Erzähler durch Boas noch ausdrücklich festhalten: wäre Begehrlichkeit Motiv ihres Handelns, so hätte sie sich an die jungen Männer gehalten. Ihr aber geht es jetzt wie schon früher darum, daß ncn geschehe, d. h. die Treue, die sie der Familie ihres Mannes seit der Heirat schuldet und von der sie sich, wie ihr ganzes bisheriges Verhalten zeigt, durch den Tod ihres Mannes nicht entbunden betrachtet (10). Auch im Tor, wo die Männer der Stadt sich zu Gespräch, Beratung und Entscheidung zusammenfinden, wird ihr Verhalten gebührend gewürdigt (11). Trotz allem, was also dafür spricht, Naemis Wunsch und Ruths Bitte zu erfüllen und obwohl das Vorgehen der Frauen geradezu eine Entscheidung zu erzwingen scheint, —• sie fällt in dieser Szene nicht, weil sich Boas nicht zu ihr berechtigt weiß. Sie liegt vorläufig, was Naemi übersehen hat, bei einem näheren Verwandten, dessen Vorrecht Boas in loyaler Weise achtet. Er denkt nur daran, daß Recht geschieht, ohne Rücksicht auf sein eigenes Herz, das, wie es scheint, der Erzähler in der 1) Die Bedeutung des Wortes ÜB1? in v. 8 ist unsicher. Gegen die gewöhnliche Übersetzung „sich vorbeugen", die „zwar nicht dem Wortlaut nach, aber der Situation entsprechend richtig" ist (Rudolph; Hertzberg: „warf sich herum"), tritt Loretz (Studies Presented to A.L.Oppenheim, Chicago 1964, S. 155-158) für die Bedeutung „anfassen, abtasten bzw. nach etwas greifen" (vgl. Ri 16 19) ein. Die Situation stellt sich ihm dann so dar: „ R u t nähert sich dem schlafenden Boaz, deckt seine Beine auf und legt sich dort zu ihm hin. Als in der Mitte der Nacht der vor Kälte zitternde Boaz erwacht und mit seinen Händen sich abtastet (LPT Niph), um sich wieder zuzudecken, stößt er mit seinen Händen unwillkürlich an die bei ihm liegende Rut" (a.a.O., S. 156). Man sieht: Auch bei dieser Deutung geht es nicht ohne Phantasie. Die Bedeutung ,,Gegend zu den Füßen" für ni'jJIB ist nicht anzufechten (gegen Loretz u.a.), vgl. GK §§ 85e. 86e. 2) Auf das doppelsinnige Vokabular hat Hertzberg, S. 275 hingewiesen.
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Die Lösung
Ruth 4 1-22
zarten Fürsorge für Ruth und in dem bestimmten Versprechen, ihre Sache zu führen und sie, wenn es sich so fügt, zu lösen und das heißt: zur Frau zu nehmen, sprechen läßt (13). Auch das offenbar reiche Geschenk für Naemi (v 15.17) •— drei Sea (Rudolph) oder drei Omer (Gerleman) 1 ?) — kann in dieser Richtung, als eine Art Ehepfand oder Brautgeschenk (Haller), verstanden werden2). Die Sorge um ihren guten Ruf, um derentwillen Ruth vor Tage die Tenne verläßt, ergibt sich freilich aus der rechtlichen Situation, die unnötig kompliziert würde, würde die nächtliche Zusammenkunft, aus der beide untadelig hervorgehen, in all ihrer Zweideutigkeit bekannt (14). 3 16-18: W i e d e r bei N a e m i Die Schlußszene läßt in der erwartungsvollen Frage der Naemi: „wie steht es nun mit dir" (wörtlich: „als welche [Zustandsakkusativ] bist du d a ? " ; vgl. zuletzt Rudolph, anders Gerleman) noch einmal die starke Spannung der Hauptszene nachklingen (ie). Das wichtige Gespräch mit Boas wird vom Erzähler nur ganz allgemein rekapituliert, die Worte, mit denen das Geschenk an Naemi begleitet war, werden jetzt, angesichts der eigentlichen Empfängerin, nachgeholt — gleichsam eine versteckte Botschaft von Boas an Naemi (17), die diese in der Überzeugung bestärkt, daß bei Boas ihre Angelegenheit in den besten Händen ist und daß der angebrochene Tag mit seiner energischen Hilfe die Entscheidung bringen wird (is). Ihr Wunsch von 1 wird also bald erfüllt sein. Daß allerdings zwei verschiedene Männer, von denen sie den einen gar nicht kennt, für Ruth in Frage kommen, ohne daß sie selber ein Wort dazu zu sagen hat, berührt uns eigenartig und zeigt den weiten Abstand unserer Eheauffassung von der israelitischen. Wie wird die Entscheidung über Ruth ausfallen?
4 , 1 — 2 2 : Die Lösung 41 S3oftl ober war sumXor Ejinauégegangen unb tjotte fidj bort niebergelaffen. 91IS nun ber ßöfer gerabe eorbei fam, oon bem SBoaé gefprodjen fjatte, rief er: „Äomm, jefe bidj Ejterljer, ©ounbfo". $ a fam er (»er unb feijte fitf). 2 darauf bolte er 3ci)n SRänner oon ben #lteften ber ©tabt unb fpradj: „©efet eud) Ejicrtjcr", unb fie fefeten fidj. 3 9ìun fpradj er ju bem ßöfer: „9iaemi, bte aué bem ©efilbe TOoabä jurüffgefefjtt ift, ift entfdjloffen", baé ©tunbftüd unfereé SBerwanbten ©limeledj su oerfaufen. 4 felber badjte, idj will eé bit mitteilen unb oor= fdjlagen: Saufe es in (Gegenwart ber (Ejier) ©üjenben unb in ©egenwart ber Slteften meineé SSolfeé. SBift bu gewillt su löfen, fo löfe ; bift 'bu' eé nidjt, fo teile eé mir mit, bomit id) SBefdjeib weife. Denn niemanb aufeer bir ift 3um ßöfen öerpfHdjtet, unb idj nadj b i r " . ® a fpradj er: ,,3d) will felber löfen". 5 $ a erwiberte SSoaé: „Sin bem Sage, an bem bu baé gelb aué ber §>anb ber 9ìaemi erwirbft, erwirbft 'bu' 'audj' bie SRoabiterin iRuti), bte grau beé Xoten, um ben Flamen beé Sßerftorbencn auf feinem ©rbbefüs wieber aufleben au laffen". e $ a fpracfj ber ßöfer: „Dann fann idj eé nidjt für mici) löfen, um nidjt meinen ©rbbefiis su fdjäbigen; löfe bu für bidj, waé idj su löfen fjätte, benn idj oermag nidjt su löfen".7 9iun war bieé oor 3eiten in Sfrael beim ßöfen ober beimXaufdjgefdjäft OBraudj), um irgenbeine 2lbmadjung ju beftätigen: ein SUann sog feinen anb ber Sftaemt er= roorben f)obc. 10 Daju tjobe tdj bie SJioabiterin SRutf), bie g r a u bes SUadjIott, mir jur grau er= tcorben, um bett Tanten be£ S3erftorbenen auf feinem ©eftfttum aufleben ju laffen, bamit ber SJtame be§ Serftorbenen nicfjt amlgelöfdjt werbe aus bem Sltete feiner SBolfSgenoffen unb aus bem £or feiner ßrtftfjaft - (bafür) feib if»r fteutc 3eugen". 11 Da fpradj alles SBolf, bas firfj im £ore befanb, unb bie Öllteften: „(2Bir ftnb) 3eu0en! SlJöge 3af)tt>e bie grau, bie in bein £>au3 einjtebt, matten rote SRaljel unb ßea, roeldje beibe ba£ §auS Sfrael erbaut ijaben, ba= mit bu su ®iacf)t fommft in @t>^rata unb bu 'beinen' Flamen befannt madjft in SBetljleijem! 12 Deine gamilie möge werben wie bie gamilte beS $erej, b e n i a m a r bem 3uba gebar, burdj bie Sßadjiommenfdjaft, bie Saijwe bir tum biefer jungen §rau fiienfen mögel". 13 @o nafim ©oa§ 9tutf), unb fie würbe feine g r a u ; er wofjnte itjr bei, unb Safiroe fdjenfte iijr ©djwangerfdjaft, unb fie gebar einen ©oi)n. u Da fpradjen bie grauen su 9taemi: „®e= priefen fei Safiwe, ber bir freute einen ßöfer nic^t fjat fehlen laffen; fein 9lame werbe au£ge= rufen inSfrael! 15 @r wirb bir wieber ßeben geben unb bidj oerfotgen im Sllter, benn beine ®djwiegertodjter, bie bidj lieb fiat, ^at tfm geboren — fie, bie beffer für bid) ift, als fieben @öf)ne". i6 Dann nat)m 9taemi baS Äinb, legte es auf iijren ©tfiofe unb würbe feine Pflegerin. 17 Deshalb® riefen bie Barbarinnen * ' : „Der Sßaemi ift ein 6of)n geboren". Unb 'fie nannte it)«* [Dbeb; baS war ber 33ater Sfaie, be£ S3aterS DaüibS]. 18 Dies ift ber Stammbaum be£ $ e r e j : $erej jeugte Cejron; 19 Cesran jeugte 9iam; 31 am jeugte Slmminabab; 20 Slmminabab jeugte 9alabt ii)t ßefefjen, ben idj oon fersen liebe?" 4 Äaum mar idj an iijnen Borbet,
ba fanb idj, ben idj oon ganzem fersen Itebe.
fafete iljn, Hefe if|n nidjt los, bi§ idj iijn bradjte ins f>au3 meinet SKutter, in bie Cammer betet, bie midj ßebat.
Das Hohelied 3 6-11
Auf dem Weg zur Heimholung der Braut 5
48
beftfjroöte eudj, Xödjter SerufalemS, bei ben ©ajellen ober ¿tnbinnen bei g l u r : 2öeüfte gegen bie (sdjretfen ber SRädjte. 9 @ine «Sänfte" liefe ber Äönig ' ' fidj bauen aus 2ibanoni)ölsern. 10 3ijre ^Sfoften Hefe er madjen aus Silber, ifire ßeiinen aus ®olb, iijren ©itj aus Purpur, innen» eingelegt mit '©benijolj'.
Auf dem Weg zur Heimholung der Braut
49
Das Hohelied 3 6-11
11 3f)t Söcfjter SerufalemS, fommt t)erau3 unb fet)t " ben ÄöntB ©alomo mit ber Ärone, mit ber feine SRutter i£)n frönte am l a g feiner §odjseit, am J a g feiner £>erjensfreube. 7 dl mit Haller, Rudolph „siehe Salomos Sänfte" (gl zu fV1B8 v. 9). — 8 a Zu 2"in ^n« vgl. GK § 50f. — b Zu nonba „Waffe" vgl. Driver, JQR XXXVII, 1946/47, S. 85. — 9* fVIBK wahrscheinlich aus gr. rpopslov1). — dl HöStt* mit Rudolph m c (Ergänzung aus v. 11 ). — 10» 131J1 = innen (Rudolph). — 1 CJ^n pr „Liebe"; ziehe D^tPIT nun zu v. 11. — 11 dl |T>2t niJSalsgl.
Vier Strophen, die erste mit vier, die zweite bis vierte mit je sechs Halb Zeilen (Rudolph). Die jüdische Hochzeitsfeier beginnt mit der Heimholung der B r a u t durch den Bräutigam und seine Freunde. Dabei wird die unbescholtene B r a u t in einer Sänfte getragen, die der Bräutigam mit seinen Freunden umringt (Bill. I, S. 505). In dem vorliegenden Gedicht wird geschildert, wie die jungen Männer mit der Sänfte zum Hause der B r a u t ziehen, um diese abzuholen. Deshalb ist noch nicht von der Braut, sondern nur von dem Bräutigam die Rede. Die erste Strophe beginnt mit einer Spannung erregenden Frage: Was zieht da herauf von der Wüste (ns7 •|p ist mit Robert-Feuillet u.a. neutrisch zu fassen, vgl. auch G K §§ 37. 137)? Noch sieht man nichts als eine Rauchsäule, die durch wohlriechendes Räucherwerk wie Myrrhe und Weihrauch erzeugt wird. Schon diese Erwähnung weist auf einen Hochzeitszug, bei dem der Gebrauch von Wohlgerüchen üblich war (Bill. I, S. 505), hin. Schwierig ist das „aus der Wüste". Man könnte daran denken, daß man den Einholungszug außerhalb Jerusalems begann, so daß der Eindruck erweckt werden konnte, er komme von weither. Die kultmythische Deutung auf die Unterwelt wäre nur bei Bejahung dieser Auffassung im ganzen akzeptabel (vgl. dazu S. 29 f.). Erwägenswert ist Rudolphs Vermutung, daß „auch hier die allegorische Deutung auf den Einzug Israels in K a n a a n aus der Wüste (2)) eingewirkt und den ursprünglichen Ausdruck verdrängt h a t " . -— Die zweite Strophe schildert die Beteiligten: um den noch, nicht erkennbaren Mittelpunkt herum befinden sich viele — 60 ist eine runde Zahl — junge Männer, die poetisch übertreibend „Helden" gen a n n t werden, weil sie ein Schwert tragen gegen die Schrecken der Nacht, d. h. gegen die Gefährdungen, denen die Brautleute von Seiten eifersüchtiger Dämonen ausgesetzt sind (Tob 6 14, vgl. Bertholet, Kulturgeschichte Israels, 1919, S. 137). Zwei dieser jungen Leute werden ja die N a c h t — vielleicht auch aus diesem Grunde-— in der Nähe des Brautpaares verbringen (Bill. I, S. 500; Krauss II, S. 43). •— Die dritte Strophe gibt endlich Antwort auf die am Anfang gestellte Frage: eine Sänfte wird herangeführt. Wozu sie bestimmt ist, weiß jeder. Der Bräutigam, hier als „König Salomo" bezeichnet, h a t sie sich aus kostbarem Material — man wird dabei auch poetische Übertreibung in Rechnung stellen müssen •—• zur Heimführung der B r a u t anfertigen lassen. — Die vierte Strophe lenkt den Blick auf den Bräutigam, der, von seiner Mutter bekränzt, der stolzen Stunde der Heimholung entgegengeht. Die Aufforderung an die Töchter Jerusalems, aus den Häusern zu treten und ihn zu bewundern, ist durchaus sinnvoll, weil es sich sonst f ü r ein Mädchen nicht ziemte, sich auf der Straße zu zeigen (vgl. J.Jeremias, Jerusalem zur Zeit Jesu, 3 1962, S. 395 ff.). 1) Gerleman versteht das hap leg als ägyptisches Lehnwort im Sinne von „Thronhalle". Dann aber wäre in v. 10 zu erwarten „geht hinein", nicht: „kommt heraus". 4 Handb. AT 1/18: Megilloth
Das Hohelied 4 1 - 7
Du bist schön, meine Freundin!
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Eine Hochzeit aber ist ein besonderer Anlaß. „Die Bewohner des Ortes eilen in Scharen herbei, dem Brautpaar ihre Aufmerksamkeit zu erweisen; der Hochzeitspauke läuft auch noch die Alte nach. Denn es galt als ein hochverdienstliches Werk, einer Braut das Geleit zu geben." (Bill., ebd). Die Deutungen auf die Thronfahrt eines Gottes (Kuhn), auf Jahwes Theophanie vom Sinai (Ringgren für 6-s), auf eine aus der wasserlosen Steppe zurückkehrende Vegetationsgottheit (Haller) sind zu weit hergeholt. Rudolphs Deutung auf die Einholung selber leidet darunter, daß sie mit einem Textausfall — Begegnung von Braut und Bräutigam — nach v. 10 rechnen muß.
4,1—7 Du bist schön, meine Freundin! 4 1 30, bu bift fdjön, meine greunbin, ja, bu bift fcfjön! Deine Slugen finb wie 'bie* ber Rauben f)inter beinern Sdjleier tjeroor ; bein S>aat ift einer 3k0enijerbe gleidj, bie 00m ©ebirge ©Ueab ijerabsieljt. 2 Deine 3cii)ne gleiten einer £>erbe frifdj gefrorener (Sdjafe), bie aus ber ©djwemme fteigen; fie alle fiaben ¿willinge, ber Sungen beraubt ift feines oon iljnen. 3 2Bie ein* Äarmefinfaben finb beine Sippen, Ueblidj ift, roaé bu rebeft. ©iner (äranatapfelfdjeibe gleist beine ©djläfe t)inter beinem ©Fleier fieroor. 4 2ßie ber Daoibsturm ift bein ©als, fdjidjtweife» gebaut; taufenb ©djilbe finb bran aufgehängt, alles SKunbfdjilbe tton gelben. 5 Deine beiben SBrüfte finb jwei ©ajellen" gleidj, Spillingen beS ®aseilenweibdjenS, bie in ben ßilien roeiben, e Sßenn ber Slbenbwinb wef)t, unb bie ©djatten ftcfj längen", werbe idj jutn SRtjrrfienberg geljen unb jum ffieil)rauc()f)ügel. 7 9llleS an bir ift fdjön, meine greunbin, unb fein SJlafel finbet fid) an bir. 11 BVrt'S (haplogr). — 3" Im Hebräischen steht, im Unterschied zum Deutschen, beim Vergleich gewöhnlich der Artikel (GK § 126 o.); es darf deshalb aus der Determination nicht geschlossen werden, daß der Dichter hier an einen ganz bestimmten Faden denkt (gegen Gradwohl, Die Farben im AT, BZAW83, 1963, S. 78). — 4» KBL „[in] Steinschichten"; Rudolph „rund"; Schneider nach33 „mit Steinvorsprüngen versehen". — 5 a mit Driver, Bertholet-Festschrift, 1950, S. 135. — 6» Zur Übers, vgl. Rudolph zSt.
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Du bist schön, meine Freundin!
Das Hohelied 4 1-7
Einleitung und Schluß (ia und 7) entsprechen sich und umschließen sechs Strophen mit vier Halbzeilen; in 5 b sind zwei Hebungen ausgefallen, v. 6 ist in seiner Ursprünglichkeit umstritten, da dem Beschreibungslied die Handlung ursprünglich fremd ist und der Vers an 2 17 erinnert. „Man muß aber eben in lebendiger Tradition immer mit Gattungsmischung rechnen" (W.Herrmann, ZAW 75, 1963, S. 185). Daß die Verse 5 b. e eine ursprüngliche, später als anstößig empfundene Beschreibung von Leib und Vulva ersetzt hätten (Horst), ist nicht zu erweisen; sie kann von Anfang an vermieden worden sein. Wir haben in diesem Gedicht ein gutes Beispiel des im alten Orient — BabylonienAssyrien, Ägypten, Kanaan (Ugarit) — weitverbreiteten Beschreibungsliedes (vgl. auch 6 4 - 7 7 1 - 6 . 7 - 1 0 ) . Durch den Rahmen, der das Thema angibt und zusammenfaßt, erweist es sich als kunstvoll komponiert. Das Thema wird in sechs Strophen entfaltet. Die Beschreibung verweilt besonders ausführlich beim Kopf und nennt dann Hals und Brüste. Der Verfasser preist die Schönheit der Freundin mit Hilfe von Vergleichen, wobei die erste, zweite, f ü n f t e Strophe die Körperteile, die dritte und vierte Strophe den Vergleichsgegenstand vorausstellen. Mehrere Züge machen wahrscheinlich, daß hier die B r a u t gepriesen wird (gegen Rudolph). Der in v. 1 und 3 erwähnte Schleier wurde höchstwahrscheinlich von der Braut in Gegenwart ihres künftigen Gatten getragen, während die Verschleierung der Frau zu andern Zeiten nicht bezeugt ist (D.R.Mace, Hebrew Marriage, 1953, S. 180) x ). Nur die B r a u t h a t t e das Haar auf ihrem feierlichen Hochzeitszuge als Symbol ihrer Jungfräulichkeit gelöst (v. 1, s.u.), während dies sonst streng verpönt war (Krauss I, S. 195). Dazu kommt, daß der Talmud ausdrücklich die Sitte bezeugt, die B r a u t zu r ü h m e n ; b . K e t . F o l . 16b. 17: „Die Rabbanan lehrten: Wie erfolgt der Tanz (dh. was dabei zu sprechen u. vorzutragen ist) vor der Braut? Die Schule Sammajs sagt, je nach der Beschaffenheit der Braut. Die Schule Hillels sagt, [man spreche:] Schöne B r a u t und liebreiche!" etc. (zitiert nach L. Goldschmidt, Der bab. Talmud V, 1931). Die erste Strophe (1) beginnt mit den Augen, die mit den lebhaften Perlaugen der Tauben verglichen werden; da Auge und Schläfe (3) hinter dem Schleier sichtbar sind, ist ein leichter, durchsichtiger Schleier vorausgesetzt. Das schwarze volle Haar erinnert den Dichter, der überhaupt Vergleiche aus dem Tierleben liebt, an eine Herde der langhaarigen schwarzen Bergziegen des ostjordanischen Gilead, die, einer schwarzen Woge vergleichbar, sich vom Gebirge herab bewegt. Der Vergleich läßt an lose herabhängendes H a a r denken, wie es die jungfräuliche B r a u t trug, nicht an Zöpfe (gegen Dalman, AuS V, S. 335). — Die Zähne (2) blitzen schneeweiß, wie frischgewaschene Schafe mit dem neuen hellen Wollansatz. Die Ebenmäßigkeit der unteren und oberen Zahnreihe ( = Zwillinge) und ihre Lückenlosigkeit wird besonders hervorgehoben. Die Paronomasie von und ist kunstvoll beabsichtigt. — Die Lippen (3 a) sind rot und schmal, nicht schwulstig (vgl. auch Krauss I, S. 249). ist wohl nicht Instrumentalnomen ( = Mund), sondern Aktionsnomen ( = Reden, KBL): der Dichter denkt nicht nur an die äußere Schönheit, sondern auch an das, was über die Lippen kommt, nicht nur an das Sinnliche, sondern auch an das Geistige (vgl. schon im ägyptischen Liebeslied die Hervorhebung der „Lippen, die süß sprechen", Schott, Altägyptische Liebeslieder, 1950, S. 39). Der Vergleich der Schläfe (3b) mit einer Scheibe des Granatapfels geht wohl auf die zarte rötliche Farbe. Daß s t a t t der Schläfe der Innenmund gemeint sei, was Rudolph im Anschluß an A. Hazan erwägt, ist nicht wahrscheinlich. — Der Hals (4) wird mit dem „Davidsturm" verglichen, von dem wir nichts Näheres wissen (er
1) Die Verhüllung des Gesichts dürfte wie in Griechenland ursprünglich magischen Sinn gehabt haben: sie soll „in der entscheidenden Stunde die Einwirkung böser Geister abwehren usw." (J. Leipoldt, Die Frau in der antiken Welt und im Urchristentum,21955, S. 43). 4*
Das Hohelied 4 8
Komm vom Libanon, o Braut!
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ist nicht mit dem heutigen Davidsturm identisch). Es soll hervorgehoben werden, daß er schlank emporragt, was der ganzen Erscheinung ein stolzes Gepräge gibt. Ein schöner, nicht gedrungen kurzer Hals gehört auch zum Schönheitsideal des Talmud (Krauss I, S. 249). Über die n'i'^bfl ist viel gerätselt worden. Trifft unsere Übersetzung (im Anschluß an KBL) das Richtige, so ist wohl an die Verjüngung des Halses gedacht und damit seine Schlankheit besonders hervorgehoben. Wie Türme (und Mauern) mit Schilden geschmückt wurden (Ez 27 n 1 Makk 4 57), so trägt auch der damit verglichene Hals reichen (1000!) Schmuck, was wiederum auf die Hochzeit weist (vgl. S. 42 f.). — Die „wohlgeformten, gleichmäßigen Brüste" (Rudolph) erinnern an äsende Junggazellen, deren Rücken aus der blühenden Wiese herausragen (5). — Zur Abendstunde wird der Bräutigam, dem das Lied in den Mund gelegt ist, zum „Myrrhenberg" und „Weihrauchhügel" gehen (e). Diese Bezeichnungen können natürlich in diesem Zusammenhang nicht geographisch gemeint sein, sondern müssen sich auf die Braut beziehen. Wie immer man die Bilder konkret deutet — wahrscheinlich haben sie bewußt etwas Schwebendes, die Köstlichkeit des Erwarteten Andeutendes —, gemeint ist das Zusammensein mit der Braut zum Vollzug der Ehe. Mit der Zusammenfassung „alles an dir ist schön, du bist untadelig" schließt das Beschreibungslied, das kaum für ein bestimmtes Individuum bestimmt war. Es zeichnet vielmehr ein allgemeines Schönheitsideal, dem zu entsprechen man — im Sinne der Schule Hillels — einer Braut auch dann zugesteht, wenn der Augenschein es nicht ganz rechtfertigt.
4, 8 K o m m v o m L i b a n o n , o B r a u t ! 8 'Siomtn' oom ßibanort, 0 ©taut, 'fontm' öom Stbonon, fomm herein. Steige ijetab 00m ©ipfel be3 Slmatta, üom ©tpfel beS Senir unb £>eroton, üon ben Serftecien bet ßöroett, tum ben bergen bet Sßantijer. 8 Punktiere c ©£@S3 ™ pr „mit mir". Sechs Halbzeilen. Der Vers ist sehr schwer zu deuten, vielleicht nur Fragment eines Gedichtes. Die in 8b genannten Orte „umschreiben den Antilibanon in seiner ganzen Ausdehnung" (Rudolph), der zusammen mit dem Libanon (8 a) das Palästina im Norden begrenzende Hochgebirge bildet und durch seinen Reichtum an Löwen und Panthern als besonders gefahrvoll gelten mochte (8 c). Die Namen wollen aber wohl nicht einen geographischen Bezirk bezeichnen, sondern den Bereich des Gefahrvollen. Ihn zu fliehen, wird die Braut aufgefordert. Rudolph deutet ihn auf „die Widrigkeiten und Gefahren des Lebens". Aber war ein jüdisches Mädchen, im Elternhaus streng gehütet, diesen ausgesetzt? — Eine andere Deutung bezieht v. 8 auf die Sitte des Brautversteckens in Wüste oder Bergen, wo sie der Bräutigam suchen muß. Gordis versteht den Vers als Fragment eines Liedes, in dem der Liebhaber, der in den nördlichen gebirgigen Gegenden Nordisraels wohnt, nach seiner Geliebten ruft. Bertholet sieht darin eine in die profane Liebesdichtung übernommene Anspielung auf die Legende des Tammuz, der mit seiner Geliebten in die Libanonberge floh und dort umkam (ähnlich Haller). Schmökel deutet unter Streichung von n ^ j und
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Du hast mich gebunden!
Das Hohelied 4 9-11
Herstellung maskuliner Formen auf den von Iätar und einem Frauenchor gesungenen Lockruf, der „den unmittelbaren Auftakt zum Einzug des göttlichen Brautpaares bildet". Keine dieser Deutungen, am wenigsten die zuletzt erwähnte, ist einigermaßen sicher. Buddes Feststellung, daß sich aus dem Bruchstück kein Sinn gewinnen läßt, gilt noch immer.
4, 9—11 Du hast mich gebunden! 9 ®u fiaft mitfj flebunben", meine ©djtoefter S t a u t , mit einem (S3Iid) au3 betnen Sluflen, mit einer Stette oon b einem £>al3b! 10 SBie f i ö n , meine ©djtoefter SBraut, ift beine ßiebe; mteoiel beffer al3 2Bein ift beine ßiebe unb ber S u f t beiner Salben als jeglidjer SBalfam. 11 ftonigfeim triefen beine ßippen, 0 SBraut. Öontg «nb SIHld) ift unter beiner Sunge. $ e r ®uft beiner Äleiber ift wie ber ®uft beS ßibanon». 9» Zur Bedeutung izb = binden vgl. A.Cohen, AJSL XL, 1923, S. 174f.; Krauss II, S. 125 = das Herz umbinden. — »1 c © 'A 2 et)t meinen ©arten, bafe feine SBotjlgerüdje ftrömen. fomme mein (beliebter in feinen (Sorten hinein unb geniefce feine föftlidjen grüßte!" 5 1 „3dj iomme in meinen ©arten fjinein, meine ©djmefter SBraut, pflüde meine 9Jlt)trl)e mit meinem SBalfam, effe meine SBabe fomt meinem Coniß, trinfe meinen SBein famt meiner SJHlcf)!" @fet, greunbe, trinlt unb berauf^t eudj an ber ßiebe! 1) A.Hermann hat aus Tempelbildern des Mittleren und Neuen Reiches den ursprünglichen Vorgang der Darbringung der Menitkette (ms mnjt) erschlossen. Die Trägerin der Kette „greift dabei mit einer Hand von innen her in die Kette hinein und schiebt diese so weit nach vorn, bis die Menit über der Schulter erscheint. Der der Frau gegenüberstehende Mann berührt die ihm zugeschobene Kette dann mit der rechten Hand... Die Handlung ist der Ausdruck einer besonderen Gunsterweisung und drückt von Seiten der Frau gesteigerte Zärtlichkeit aus. Sie kann kaum einen anderen Sinn haben als den intimen Wunsch, eine geliebte Person in der Kette gleichsam
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Mein Liebster komme in seinen Garten!
Das Hohelied 4 12-5 l
121 c mit MSS Edd Vers f? pr „Welle". — 13" 1 vnbtf pr „deine Gewächse"; die Bedeutung „Gewächse" für D'n^B* ist nicht sicher. — b dl „Hennablüten samt Narden". —16 1 73 pr „Gärten". — dl „und". — a Am Ende von v. 15 scheint ein Stichus zu fehlen; oder ist der ganze Vers zugefügt (Horst, BH 3 )? Sechs Strophen mit je vier Halbzeilen. Ein Dialog zwischen Bräutigam und B r a u t vor der copulatio carnalis mit einem Schlußwort des Dichters. In 12-15 vergleicht der Bräutigam die Braut mit einem paradiesischen Garten und einem Quell mit lebendigem Wasser. Aber der Garten ist verschlossen, der Quell versiegelt. I n v. 16 nimmt die Braut das Bild vom Garten auf: er soll all seine Herrlichkeit entfalten f ü r den Geliebten, der zum Betreten und Genießen des Gartens eingeladen wird. Freudig folgt er der Einladung. Mit einem Wort des Dichters an die Liebenden schließt das Gedicht. Die — wie im Ägyptischen — mit „Schwester" angeredete B r a u t wird einem Garten und Quell verglichen (v. 12). Daß der Garten verschlossen, der Quell versiegelt ist, bedeutet, daß die Braut bislang dem Bräutigam verwehrt ist (Gordis; Rudolph u . a . deuten auf Verschlossenheit für andere Männer). Die Verse 13 und 14 beschreiben den Garten näher in seiner Pracht. Es ist ein wirklich „paradiesischer" Garten (DT]B, persischer H e r k u n f t = Baumgarten), bestanden mit Pflanzen und Bäumen, die, außer dem Granatapfelbaum, in Palästina gar nicht vorkommen, ja die nirgendwo nebeneinander in e i n e m Garten anzutreffen sind. Narde (T]3 von Sanskrit naladä), Gilbwurz (D'iSIS von Sanskr. kurkuma, Curcuma longa L, nickt Safran [Crocus sativus L] SDB VI, 1960, Sp. 1304), Würzrohr und Aloe (nibr™ von Sanskr. aghal) kommen aus Indien, Zimt (pöjp, indisches, malayisches? Fremdwort, KBL) aus Ceylon, aus Südarabien, z.T. auch aus Somaliland, Würzrohr, Weihrauch, Myrrhe (Gus.W. Van Beek, Francincence and Myrrh, BA X X I I I , 1960, S. 70—95). Es handelt sich also um einen „Phantasiegarten" mit durchweg sehr kostbaren exotischen Aromata, und man hat den Eindruck, daß dem Dichter mehr an den D u f t stoffen als an den Pflanzen gelegen ist. Die Aufzählung „ h ä u f t die Namen der kostbarsten und seltensten Aromata, u m die einzigartige Schönheit der B r a u t hervorzuheben" (Robert). Sie ist kaum aus einem volkstümlichen Milieu zu verstehen, sondern eher gelehrter Natur (Herkunft aus Onomastikon-Tradition?). Daß den einzelnen Aromata auch eine erotische Bedeutung zugeschrieben wurde, ist zu vermuten. — v. 15 f ü h r t das in v. 12 angeschlagene Motiv vom Quell weiter aus. Auch hier wird seine Kostbarkeit betont: er f ü h r t lebendiges Wasser, das in seiner Frische, Reinheit und Fülle dem Wasser gleicht, das vom Libanon strömt. — Die B r a u t nimmt das Bild vom Garten auf (16): Winde sollen alle seine herrlichen Düfte entfalten für den Geliebten, der zum Betreten seines (!) Gartens und Genießen der Früchte eingeladen wird. Damit ist der Höhepunkt erreicht: dem Bräutigam wird der bisher verschlossene Garten geöffnet. Freudig folgt er der Einladung zum Genuß der herrlichsten Früchte (5 1)1). Wieder erstaunt die Zusammenstellung: Myrrhe, Balsam, Honig, Wein, Milch. Der Dichter will damit einen Eindruck von der Köstlichkeit, die den Bräutigam erwartet, erwecken. Er selber schließt das Gedicht mit einem Zuruf an die Liebenden: genießt die Liebe in vollen Zügen bis zur Berauschung! mit einzuschließen. In einigen Fällen, wo die Hatborkuh die Menitkette trägt, kommt es vor, daß die Kette gleichzeitig um ihren und um den Hals des vor ihr stehenden Königs herumgeführt ist, sie ihn also tatsächlich mit,einhalst'." (A.Hermann, aaO, S. 20f.). 1) Als Antwort auf die Einladung von v. 10 besagt das Perfektum 1riX3: ich bin im Begriff zu kommen. Es ist durch nichts nahegelegt, zwischen 4 12 und 5 1 die Brautnacht anzunehmen und 5 1 als Erzählung von dieser an die Freunde des Bräutigams aufzufassen (so zuletzt Rudolph).
Das Hohelied 5 2 - 6 3 Vom Traum der Sehnsucht zur Wirklichkeit der Erfüllung
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D a s Gedicht m a l t die S t i m m u n g der B r a u t l e u t e u n m i t t e l b a r v o r der Vereinigung. Sie ist, wie w e n n e i n p a r a d i e s i s c h e r G a r t e n , b i s h e r v e r s c h l o s s e n , g e ö f f n e t w i r d , u n d d i e köstlichsten F r ü c h t e genossen werden dürfen. E i n e volle B e j a h u n g des Liebeserlebnisses von B r a u t u n d B r ä u t i g a m , d u r c h d e n abschließenden Zuruf des Dichters noch unterstrichen, kennzeichnet das Gedicht. T r o t z d e m Sitte u n d E l t e r n r e c h t bei der Eheschließung eine e n t s c h e i d e n d e R o l l e s p i e l t e n , w e i ß m a n o f f e n b a r i m A l t e n T e s t a m e n t s e h r w o h l u m das ganz individuelle Liebeserlebnis.
5, 2—6, 3 Vom Traum der Sehnsucht zur Wirklichkeit der Erfüllung (Komposition) 2 gdfj lag i m et3 w a r wadj. §orc(j! m e i n ßiebfter podjte: „ ö f f n e m i r , meine ©djroefter, meine g r e u n b i n , meine £ a u b e , meine 9JlaleIlofe a . ®enn mein £>aupt ift 00II S a u , meine ßoden üoll t r o p f e n her Sßadjt." 3 „3dj ijabe m e i n Ä l e i b ausgesogen, wie follte idj'g raiebet anjiefien? 3tij Gabe meine güfee geraafdjen, wie follte idj fie wieber befdjtnufeen?" 4 SJlein ßiebfter ftrecEte feine £>anb b u r $ bie Öffnung, unb m e i n Snnereö bebte feinetroegen. 5 3äni>e troffen tum 3Jit)rri)e, meine Ringer tum flüffiger 9Jiqrr£je. 6 öffnete meinem ßiebften aber m e i n ßiebfter w a r gegangen, uerfdjttmnben. SJlir fdjroanben bie Sinne®, bafe er ftcf) abgewanbt. 3aar ift einet 3iegettf)etbe gleidj, bie ooti (Mcaö Ijerabjieljt. e Deine 3äf)ne gletdjen einer f>etbe oon HRttttetfdjafen, bie ou§ ber Srfjroemme fteigen; fie alle Gaben ¿roillinge, ber Sungen beraubt ift feines oon tfjnen. 7 ©tner ©ranatapfelfdjeibe gleist beine ©djläfe ijinter b einem ©djleiet tjeroor.] 4® ni'jrij ist unsicher. Obige Übersetzung leitet es von „Banner" ab. Rudolph versteht das Wort wegen v. 10 (wo es jedoch kaum ursprünglich ist) von Himmelserscheinungen („Himmelsbilder"), Gerleman — im Anschluß an akk. dagälü „sehen" — von der „Fata Morgana" („Trugbilder"). Die Änderung in *J{fl33 „wie Nergal", den babylonischen Unterweltsgott, (Jeremias, Haller, Schmökel u.a.) unterliegt schweren Bedenken.
Das Hohelied 6 8-10
Die Vielen und die Eine
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Die Verse 4.5a bringen einen neuen, sonst im H L nicht begegnenden Gedanken: die Freundin ist nicht nur schön, sondern schrecklich. Dazu will die Fortsetzung 5b-7, die einige Zeilen des Beschreibungsliedes 4 1-7 mit nur zwei unbedeutenden Änderungen enthält, nicht recht passen. Die dort beobachtete Einteilung in Strophen ist durch diesen Auszug verdorben. Obwohl die Verwendung festgefügter Formeln in verschiedenen Gedichten durchaus denkbar ist, geht die Parallelität hier zu weit, als daß man an Unabhängigkeit denken könnte. M.E. bilden die Verse 4-sa eine ursprüngliche Einheit (vgl. auch Landsberger, J B L 73, 1954, S. 209), der die Verse 5b-7 aus 4 i f f . aus nicht mehr durchschaubaren Gründen beigeschrieben wurden. Der Vergleich der schönen Geliebten mit einer Stadt klingt israelitischen Ohren nicht so fremd wie uns. Klgl 2 15 nennt Jerusalem Stadt von „vollkommener Schönheit", „Wonne der ganzen E r d e " (vgl. Ps 48 3). Danach ist es wohl verständlich, daß Jerusalem in diesem Zusammenhang genannt wird. Schwieriger steht es mit Thirza, das bis zur Gründung des Stadtstaates Samarien durch Omri (878—871) Residenz des Nordreiches war (1 Kön 14 17 16 23f.; vielleicht identisch mit dem seit 1946 durch de Vaux ausgegrabenen teil el-fär'a, R B 54ff., 1947ff.; Jochims, ZDPV 76,1960, S. 73ff.). Ist hier Thirza, wie vielfach angenommen wird, als Residenz Jerusalem gegenübergestellt, so würde das auf E n t stehung des Gedichtes im 9. J h . hinweisen. Sicher ist dieser Schluß jedoch nicht: der Vergleich kann auf gelehrter Reflexion beruhen, und f ü r das nachexilische J u d e n t u m war Samaria so verhaßt, „daß als israelitische Residenz, die man der judäischen an die Seite stellen konnte, nur das alte Thirza übrigblieb" (Rudolph), das man mit der Wurzel nan „Gefallen h a b e n " in Verbindung bringen mochte. Der Gedanke, daß die Geliebte nicht nur schön ist, sondern schrecklich, daß ihre Blicke in Schrecken setzen, kann spielerisch spaßhaft verstanden werden als Metapher f ü r die bezwingende Macht der Geliebten, wie sie auch in einem ägyptischen Liebesgedicht ausgesprochen wird. Ein ähnliches Motiv findet sich, so gebraucht, in 4 9. Es kann sich darin aber auch die psychologische Beobachtung niederschlagen, daß Schönheit nicht nur Bewunderung, sondern auch Furcht erregen kann (Landsberger ebd.). Schließlich darf auch daran erinnert werden, daß Furcht und Grauen vor der Frau schon in der antiken Literatur, aber auch darüber hinaus ein weitverbreitetes Motiv bildet (Peuckert, Ehe, 1955, S. 140ff. u.ö.). Ist das Motiv ernst gemeint, so ist bezeichnend, daß es im H L nur an dieser Stelle begegnet.
6, 8—10 Die Vielen und die Eine 8 ©edjsig finb ber Königinnen, adjtstß ber Stebenfrauen unb bie Sftäbcfjen nidjt 31t äätjten. 9 ©injig ift fie, meine £aube, meine SRafellofe.' ' a Sfläbdjen fallen fie unb ^tiefen fie, Königinnen unb ÜJtebenfrauen unb rühmten fie: 10 „SBet ift bie, bie IjerabblicEt wie ffltorgenrot, fdjön tme ber 9Jlonb, Hat wie bie ®onne?" ' ' 9" dl „die Einzige ist sie ihrer Mutter, rein der, die sie gebar" als dem Zusammenhang fremd. — 10 dl „furchtbar wie Bannerscharen (?)" als Zusatz aus v. 4, der in dem Preis der Frauen nicht am Platze ist.
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Zum Nußgarten stieg ich hinab.
Das Hohelied 6 1 1 - 1 2
Drei Strophen mit je drei Halbzeilen. Das P r e i s l i e d besingt die Einzigartigkeit der Geliebten. Die erste Strophe skizziert in wenigen Stichworten das Bild eines großen Harems: viele Hauptfrauen, zahlreiche Nebenfrauen, noch mehr Anwärterinnen. Da nabo im AT niemals für eine israelitische Königsgemahlin verwendet wird, ist es durchaus möglich, daß hier nicht an den Harem eines israelitisch-judäischen Königs, etwa Salomos, gedacht ist, sondern an irgendeinen Königsharem. — Der „Masse" der Haremsdamen, in der die einzelne trotz Schönheit und Gepflegtheit nicht zählt, stellt die zweite Strophe die Geliebte gegenüber, die für den Liebenden die Einzige und Unvergleichliche ist. Hier wird in einer Welt, in der dergleichen nicht selbstverständlich war, der hohe Rang eines individuellen Verhältnisses, in dem das Gegenüber gerade nicht austauschbar ist, gesehen. Aber die Logik der Liebe will die Einzigartigkeit nicht subjektiv, sondern objektiv: sie wird sogar von den vorher genannten Frauen selber anerkannt — in seiner Unwahrscheinlichkeit das höchste Lob, das zu vergeben ist. Sie preisen (3. Strophe) die hoheitsvolle Erscheinung („blickt herab"), die den Erscheinungen des Himmels selber gleicht. Diese Vergleiche, die in einer mythologischen Welt erwachsen sein mögen, sind hier so wenig mythologisch gemeint, wie im Preis des Hohenpriesters Simon (Sir 50 5-7; Rudolph), wo sie ebenfalls das hoheitsvolle Auftreten charakterisieren sollen. — Auch dieses Lied bringt die bewundernde Bejahung der Braut, die für den Bräutigam „einzigartig" ist, zum Ausdruck.
6,11—12 Zum Nußgarten stieg ich hinab... 11 3 « m 9iufeßarten ftieg idj i)inab, mid) ju freuen an ben énofpen be£ Xa\é, ili feilen, ob ber SBeinftotf getrieben, bie (Stanatäpfel in SBlüte. 12 Som £>ören! 9 $ a £ ©leidje, was mar, baS wirb fein, unb, was gefrfjaE), baS gefd)iei)t, unb fo gibt eä nichts 9leue£ unter ber Sonne. 10 Kommt einmal etwas, uon bem einer fagt: „Siel) f)in, ba3 ift neu!", tängft mar es in ben Seiten, bie oor uns waren. 11 gibt nur iein ©rinnern an bie früheren, j a audj an bie ftmteren werben fidj b i e nicfjt erinnern, bie nodj foäter fein werben. 6 1 pt pr perf. — a Akzentuierung: BH S — 7 a wörtl.: „es wird nicht voll(er)" •— Dtt* als Richtung (Gen 2 8 Jer 19 14) — 8 1 n^s; pr b?!1. Die Sentenz ist eine Einheit und hat e i n e n Skopus. I n 4-7 ist von jederzeit zu beobachtenden Phänomenen die Rede, die in 8 zu einer grundsätzlichen Erkenntnis der Existenz hinleiten, deren Logik durch die Verneinung möglicher Einwände in 9-11 nachgewiesen wird. Ein Abschluß in 8 (so LoG) verschiebt den Aussagegehalt. Bei den in 4-7 beschriebenen Phänomenen hat nicht die Ordnung als solche, sondern deren „ewige" Wiederholung den Akzent. Das jeweils dritte Glied der Aussage begründet die Dauer (Ell, S. 189). Die wesensgemäße Wiederkehr der Phänomene muß demjenigen quälend erscheinen, der sie als Analogon zum menschlichen Dasein ins Auge faßt. 4 Auf eine dahingehende Generation nur hier in Pred) folgt ausnahmslos eine andere, die heraufkommt. Diese Feststellung basiert auf der Erkenntnis, daß die Erde durch alle Zeiten hindurch besteht. Deshalb darf man hier nicht die Vergänglichkeit der Menschen mit der „Ewigkeit" der Erde kontrastieren (gegen He). Die Abfolge der Geschlechter ist Wiederholung, auf Tod und Geburt der Individuen liegt h i e r kein Akzent. 5 Die Sonne — als Naturphänomen (nicht als Element: Feuer; s.Einl.) — geht immer wieder ihren Weg (cf die mythisch gefärbte Aussage in Ps 19 ef.), j a sie schmachtet (flsW) geradezu ihrem Aufgangsort entgegen. Durch die Beschreibung in 6 ist völlig klar, daß
D e r P r e d i g e r 1 1 2 - 2 11
D i e 2. S e n t e n z
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rtn (wie in 11 4 — im Gegensatz zu 8 8 11 5 12 7) ganz konkret den W i n d meint. Die Richtungen Süd und Nord stehen als Beispiel für alle Windrichtungen (cf Jer 49 36 Ez 37 9 Sach 2 10 65): aller Nachdruck liegt darauf, daß das Umschlagen des Windes zum immerwährenden Kreislauf zurückweist. Auch bei den Bächen 7 ist die unaufhörliche Repetition der entscheidende Skopus. Wie bei der Sonne 5 ist D1pp der Ausgangsort. Verstünde man 7 dahin, daß die Bäche im gleichen Bett immer in der gleichen Richtung fließen, so wäre nicht nur die Feststellung, daß sich der Pegel des Meeres nicht ändert, eine selbständige Aussage (welch' Wunder!), sondern auch die Begründung in 7b hätte dann keinen logischen Bezug. Vielmehr kehren, so hat man es sich vorgestellt, die Wasser der Bäche unterirdisch zu ihrem Quellort zurück, so daß der Kreislauf kein Ende hat. Die Konsequenz, die Q. in 8 für den Menschen zieht, ist in ihrer Prägnanz nicht leicht zu erhellen. Sieht man zunächst von sau ab, so wird in 3 kurzen Sätzen eine Aussage vom Reden, Sehen und Hören des Menschen gemacht. Parallel der in 4-7 an den Naturphänomenen beschriebenen unaufhörlichen Wiederholung werden das Auge und das Ohr von unabgegrenzten Eindrücken überfallen, und so kommt es auch nicht zu einem gültigen Abschluß. Dergestalt vermag auch das Reden nichts endgültig zu fixieren. Weil dieses Sagen-wollen (Sagenmüssen) für den Weisen vor der Beobachtung den Vorrang hat, wird es von Q. in sa thematisch akzentuiert (sao und saß sind ein Parallelismus). O1"^" bezieht sich nicht auf die in 5-7 genannten Gegebenheiten, die sich abmüden (bei der Geschlechterfolge in 4 wäre das von vornherein unsinnig), sondern darauf, daß der Mensch die Unabgeschlossenheit seiner Reflexionen erkennt. B1"!?^ korrespondiert mit 13"]^. Das Unvermögen im Reden soll nicht allgemein darauf verweisen, daß der Mensch die Ungesättigtheit menschlicher Sprache („in der Unaussagbarkeit des von der Sprache zu sagen Begehrten") entdeckt (Zimmerli, Weisung, S. 6), sondern darauf, daß Beobachtung, Erfahrung und Rede niemals zu einem Ziel kommen. Das wird unpersönlich statuiert, ist aber zugleich persönliches Bekenntnis Q.s, erwachsen aus einem an Erfahrung überreichen Leben. Zwar wird auch in der Widerlegung möglicher Einwände eine Ich-Aussage umgangen, aber das nur hier anzutreffende Suffix der 1. pl („vor uns") in 10 gibt den Aussagen in 9-11 einen existentiellen Bezug. Im Wechsel von P r ä d i k a t — Subjekt 9ao und Subjekt — Prädikat 9 aß wird das Urteil gesichert, daß das Zukünftige mit dem Vergangenen koinzidiert. So k a n n es hier auf Erden nichts Neues geben. Eine denkbare Gegenaussage 10 ist ein Irrtum, zu der man nur kommen kann, weil man das Kontinuum der Zeit übersieht. Dem einmaligen Plural n ^ t y (cf Jenni, ZAW 65,1953, S. 23f., der an einen Graecismus denkt) korrespondieren die beiden darauf zu beziehenden Ausdrücke und D^insb. Sie zielen nicht auf Personen, sondern auf Zeitabschnitte. Sowohl für die gegenwärtige Generation besteht die Unkenntnis vom Vergangenen als auch für die zukünftige Generation vom Späteren. 10 begründet die These von 9. Das Thema vom Nachruhm (so 2 ie) spielt h i e r nicht hinein (anders Zi, He, LoG). Kr sieht in 4-11 „ein Spiegelbild der hoffnungslosen politischen und geistigen Stagnation im Palästina der Ptolemäerzeit", was bei Q. zu der Überzeugung von der prinzipiellen Unveränderlichkeit des Geschehens führe. Diese Ableitung der „Philosophie" Q.s ist mehr als fraglich! Die Sentenz 4-11 ist ein echtes Wort Q.s (gegen LoG). QR 1 hat sie um ihrer grundsätzlichen Bedeutsamkeit willen bewußt den Konfessionen Q.s (Ich-Aussage) vorgeordnet (cf Zi, der jedoch 1 3 als Skopus hinzunimmt).
1 , 1 2 — 2 , 1 1 Die 2. Sentenz 12
üoiielet, w a r Söntg übet Sftael in Setufalem.
13 3 d j n a f ) t n m i t t i o t , j u e r f o t f d j e n u t t b m i t 2 B e i ö i j e i t 511 e t ß t ü r t b e n a l l e s , w a § g e f d j i e f c t u t t t e t bem Gimmel. (Sine f d j t e i f l i d j e ' Q u a l ' l u b @ o t t b e n SDlenfdjen a u f , f i d j b a m i t 3u p l a g e n 1 1 .
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Die 2. Sentenz
Der Prediger 1 12-2 n
14 3dj fai) an olle l o t e n , ine unter ber Sonne getan werben: Unb ftefje, alles war nit^tia unb ein ©afdjen nadj 2Btnb! 15 „(SefrümmteS 'löfet fidj nid)t Breden' unb SRanßel ift nidjt ' j u füllen'". 16 fpradj bei mir felbft: gdj erwarb bodj unb fammelte SBeiäfjett tneijt als alle, bie oor mir 'in' Serufalem waren, nnb mein SBerftanb gewann in Sülle SBeiSljeit unb ©rfenntniS. 17 ©o will idj meinen ©inn barouf ridjten, ju oerfteljeu SBeiSljeit 'unb ©rienntniS', Xorljeit unb 33erftanb! Unb idj erfafete: audj bie§ ift ein winbiges Streben; 18 benn „3e meljr 2ßeiäE)eit, je metir Shtmmer, unb 'wer ©rfenntny f)äuft', fjäuft ©djmerä." 2 i Sdj fprad) ju mir felb(t: 'SBoljIon, idj Will'S' mit ber greube oetfudjen, geniefee 6aS ©lüd! $odj fieije: audj bieS war nidjtig. 2 33om ßadjen faßte 8llbernf)eit ift es! unb oon ber grenbe: SßaS wirft fie? 3 Sdj nal)m mir öor, meinen ßeib mit SBein au laben*, wobei idj felbft bie 2öei£ljeit baju antrieb, unb bie iorljeit ju ergreifen, bis bafe idj fälje, wo baS ®lüd für bie HRenfdjen ift, baö fie fidj oerfdjaffen unter bem Gimmel in ii)rem beßrensten ßeben. i 3aufe ©eborene 'befafe idj', ijatte jubem oiel SHeljbeftanb - 9Unber unb Sdjafe mef)t als alle, bie oor mir in Serufalem waren. 8 Sdj fammelte mit ©ilber unb ©olb ' ' » , Siönigsfdjäfee «nb "9leid)tum ber $roeinjen', oerfdjaffte mir ©änßer unb ©änßerinnen,''" b a l ©rgöfeen ber SDlenfdjen - oiele grauen. 9 Unb idj würbe reidjer unb reidjer als alle, bie oor mir in Serufalem waren, audj ftanb mir meine 2ßei3f)eit ju $ienften. 10 9Mdjt3 oon bem, was meine Slugen roünfdjten, oerweljrte idj iljnen, oerfaßte mir aud) feinerlei greube, ja mein f>ers blieb froij gegenüber all' meinem Slufwanb, unb bieö war mein Xeil gegenüber all' meinem Slufwanb. 11 ®a wanbte idj midj ju all meinen SEBerten, bie meine £>änbe gefdjaffen, unb su bem Slufwanb, ben idj barouf oerwenbet fjatte: Unb fieijc, alles war nidjtig unb ein §afdjen nadj SSinb unb eS gibt feinen (Gewinn unter ber Sonne. 1 13 1 abs pr es. — » njy III (KBL) — 15 1 ¡prinb (oder pu? [Driver, S. 225]) pr inf qal. — 1 nl7BnS pr „gezählt werden". — 16 1 "3 pr „über". — 171 fljn) pr „und zu erkennen". — 18 1 pt qal pr impf hif. 2 1 1 H3S3N (Bi) pr „ich wills bei dir mit der Freude versuchen" — 3" so auch im Arabischen (Driver, S. 225). — 6 dl c @B jl „Bäume". — 7 1 pl pr sg. — 8 a explikatives, nicht additives 1 — 1 nun» pan (Zi). Die durch Wiederaufnahme in ie 2 l. 3 zusammengehaltene i n e i n s zu nehmende Sentenz (Ell) bildet darin eine Einheit, daß Q. hier— und nur h i e r — als König redet. Sie ist die umfangreichste Sentenz in Pred. Daß in 12 zu der Ich-Aussage der Eigenname (Apposition) gestellt wird, läßt vermuten, daß wir eine ursprünglich gesonderte Komposition vor uns haben. Für QR 1 ergab sich wohl von daher die Notwendigkeit, sie soweit als möglich nach vorn zu ziehen. Im Midrasch Qohelet wird vermerkt, daß 12 eigentlich der Anfang des Buches sei (Wünsche, S. 19; Cohen, S. 37f.). Die Orts- und Zeitbestimmung „ich war König ..." hat weder etwas mit der jüdischen Legende zu tun, der sündig
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gewordene Salomo (cf 1 Kön 11) habe als Entthronter die Lande durchzogen (Wünsche, S. 19f.; Cohen, S. 38), noch ist das ,rr;n dahin zu interpretieren, daß der in Q. wiedererweckte Salomo auf sein der Geschichte verfallenes Königtum zurückblicke (De). Die praeteritale Formulierung: „ich war König" macht die Fiktion deutlich. Daß diese Stilform ägyptischer Weisheitstradition entlehnt wurde, ist wahrscheinlich. Beachtung verdient in dieser Frage, daß selbst das junge demotische Weisheitsbuch (Pap. Insinger), obschon kein „Fürstenspiegel", in der Schlußnotiz (35 15) als „Königsbuch" bezeichnet wird. Q. hat das literarische Spiel auf eine, allerdings umfangreiche und alle entscheidenden Themen umfassende Sentenz beschränkt. Die fiktive Selbstvorstellung Q.s 12 als König über Israel in Jerusalem verträgt keine zeitliche Fixierung. Erst QR 2 hat aus diesem „Königs-Text" geschlossen, daß man in Q. den Sohn Davids ( = Salomo) sehen solle. Weisheit und Einsicht bilden das Thema in 13-17, und über Reichtum, Schätze und Ansehen des Königs Q. handeln 2 4-11. In 16 und 2 7. 9. könnte die „Königsformel" bei Salomo (2 Chr 112) im Hintergrund stehen, von der aber nur der Vergangenheitsaspekt aufgenommen wird (das entspricht 1 Chr 29 25): „mehr als alle, die vor mir in Jerusalem waren". Der D3n Q. wendet sich 13a der gründlichen Erforschung (zwei Verben!) dessen zu, was von den Menschen zeit ihres Lebens „unter dem Himmel" (steht dem „unter der Sonne" parallel) getan wird. In 13b wird nicht über dieses Tun geurteilt, sondern über die Last des Fragens (cf 3 10); 13b ist eine zwischengeschaltete Parenthese: Das jn das Gott den Menschen 1a zudiktiert hat, ist ein qualvolles Fragen nach dem Sinn der Existenz. Indem Q. unter dieser Frage auf menschliches Tun zurückblickt, ergibt sich ihm 14a eine negative Antwort: es ist nichtig und ein „Haschen nach Wind" (cf Hos 12 2). Zur Begründung seines von der Tradition abweichenden Urteils zitiert Q. in geistvoller Ironie ein Sprichwort 15. Mit dem Gekrümmten ist der gekrümmte Rücken des Greises (cf 7 13; AbothÖ2i) gemeint, und beim Mangel dürfte an die „Länge" gedacht sein, der der alte Mann keine Elle zusetzen kann (cf Mt 6 27). Für Q. bildet das metaphorisch genommene Sprichwort eine Bestätigung eines Existenzverständnisses, das am unabwendbaren und unberechenbaren Tod orientiert ist. In Wiederaufnahme (16) vergewissert sich Q. seines in 13-15 abgegebenen Urteils mit einer kritischen Kontrolle seiner Weisheitsbemühungen. 16 hebt das Unentwegte des Weisheitsstrebens hervor und wäre daher als ,Eigenlob' Q.s völlig mißverstanden. In 17 polemisiert Q. indirekt gegen die Schultradition, für die es bei jedem Tun ein klares Gegenüber von Weisheit und Torheit gibt (cf Spr 3 13 ff.). Die Doppelung der Termini ist ein (intensivierendes) Hendiadyoin. Als ein windiges, d. h. dem Wind nachjagendes Streben (cf 4 ie), mithin als ein letztlich Sinnloses, erscheint das Bemühen um Weisheit. Q. begründet das mit einem Sprichwort. Dies zielte primär auf den Schulunterricht: „Haftet Torheit im Herzen des Knaben, die Rute der Zucht entfernt sie daraus" (Spr 22 15 c f l 3 24). Davon wußte man auch in Ägypten (H.Brunner, Altägyptische Erziehung, 1957, S. 56f.) und Babylonien (A. Falkenstein, Der Sohn des Tafelhauses, WO I, 1947/52, S. 174). Für Q. hat das Sprichwort den Hintersinn, daß gerade mit steigender Erkenntnis das Leiden an der Weisheit wächst. Die Stichworte „Kummer"/„Schmerz" in 18 involvieren die Gegenworte „Freude" und „Glück", die Q. antithetisch zu den Aussagen in 2 1-3 leiten. Das Urteil über die (naive) Lebensfreude ist keineswegs in allen Sentenzen Q.s das gleiche. Er kann den Jüngling dazu aufrufen, sein Brot mit Freuden zu essen (97), und er weiß, daß ein Sich-Freuen-Können von Gott gewährt wird (2 26 5 19 8 15); er kann sich freilich auch fragen, ob Kummer nicht besser sei als Lachen (7 4). Hier (21) zielt die Ich-Aussage geradezu auf ein Experiment: „Konnte ich mir im Lebensgenuß Freude und Glück verschaffen?" ib nimmt das Resultat in der Formel „auch dies war nichtig" vorweg. Indem Q. den flüchtigen Augenblick des Lachens und der Freude im Nachhinein wertet, muß er von Albernheit sprechen und davon, daß es kein greifbares (bleibendes) Ergebnis der Freude gibt. Die Freude wird ganz konkret durch
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den Weingenuß illustriert, in dem so viele sie suchen, „solange ihre Tage zählen" (5 n 612). Wie kam Q. dazu, im Weintrinken die Torheit zu ergreifen? Darauf antwortet der Zwischensatz: 3b „wobei ich selbst die (sc meine) Weisheit dazu antrieb". Das ist nicht auf das Resultat hin als Korrektiv zu interpretieren, wie bei De, der von „einem durch Weisheit temperierten Torenleben" spricht. Das geht schon deswegen nicht, weil es sich in diesem Falle um ein Scheinexperiment gehandelt hätte. Q. will vielmehr sagen (zu JHJ mit 3 des Objektes cf Jes 11 e): „ich selbst veranlaßte die mir zugehörende Weisheit zum Experiment der im Resultat hernach herauskommenden Torheit, um zu der E r f a h r u n g durchzustoßen, daß der Genuß für niemanden ein e c h t e s Gut bildet." Die in 4-10 gebotenen Selbstaussagen sind kein Rückblick auf eine Situation Q.s, die ihm unter den Augen der Ptolemäer eine feudal-kapitalistische Lebensweise ermöglichte. Kr, der in Q. einen vornehmen Ratsherrn (ijbb?!) über Israel in Jerusalem zu sehen erwägt (a.a.O., S. 5) hält das in dieser Sentenz dargelegte für eine wahrheitsgetreue, autobiographische Aussage, spricht jedoch, wie andere vor ihm, auch von einem „sichtlich ,salomonisch' geschilderten Aufwand" (S. 126). Das letztere dürfte richtig sein, wenn daraus auch nicht zu folgern ist, daß sich Q. in 112 ff. speziell mit Salomo identifiziert! Aus dem Bild, das von Salomo in 1 Kön 3—11 dargeboten wird, läßt sich letztlich nur das von 1 Kön 10 (Besuch der Königin von Saba und Salomos Reichtum) vergleichen. Der Parallelismus von „Gärten" und „Parkanlagen" 5 macht deutlich, daß D^ns (persisches Fremdwort) nicht mehr einen Jagdpark, sondern einen Ziergarten — mit seltenen Bäumen — meint (cf die Gadatas-Inschrift aus der Zeit Darius' I: Ed. Meyer, Die Entstehung des Judentums, 1896, S. 19f.). Solche Gärten lassen sich nur durch Teiche oder Brunnen bewässern. Der im Süden des Südosthügels von Jerusalem gelegene „königliche Garten" (2 Kön 25 4 Neh 3 15) erhielt sein Tränkwasser von der Gichon-Quelle. Der sog. Siloa-Teich wird in Neh 2 14 „Königsteich" genannt. Seinen großen Besitz kann ein König natürlich nicht allein bewirtschaften, dazu bedarf es der Sklaven und Sklavinnen. In Parallele dazu — in gleicher Weise fiktiv —- ist von Hausgeborenen die Rede (cf Gen 15 2f. 17 i 2 f . ) . Auf den Krongütern Davids gab es nach 1 Chr 27 29ff. zahlreiches Groß- und Kleinvieh, das für den Hof benötigt wurde. In 8 ist zu beachten, daß zu den Realien mit einem explikativen 1 ( = im Sinne von: „das heißt") jeweils die Wertungen angefügt werden. Der Sprecher hatte Silber und Gold in solchem Maß, wie es Könige besitzen und wie es sich in Provinzen (hier wohl = Satrapien; cf Est und Dan) findet. Zum königlichen Lebensstil gehört auch eine Hof kapelle 8 b. Zur Illustration kann man auf den freilich um 4 Jahrhunderte älteren Bericht des Assyrerkönigs Sanherib und auf assyrische Reliefdarstellungen verweisen: 701 v.Chr. wurden Töchter des Königs Hiskia und Palastdamen, auch Musikanten und Musikantinnen, nach Assur entführt (AOT, S. 354; AOB, Abb. 151 f.). Eine solche Hofkapelle wird „das Ergötzen der Menschen" genannt. Das in der Ableitung umstrittene nlTIp] rnttf ist in jedem Falle ein sekundäres Interpretament: zumeist verweist man dazu auf die Konkubinen Salomos (cf 1 Kön 1 1 1 - 3 ) . 9b bereitet noch nicht die Peripetie vor, denn der angeblichen Normsetzung der Weisheit folgt in 10 noch eine unbefangene Schilderung des Freudenlebens. Daher meint 9b wohl nichts anderes, als daß die dem König zu Diensten stehende Weisheit seinen Reichtum mehrte. Die unbefangene Hingabe an die Freude — anders zu sehen als das Experiment des Genießens in 1-3 —• läßt Q. froh bleiben (lt5M"!73(p = im "Vergleich zu meinem Aufwand). „Und dies war mein Teil"! p^n ist für Q. geradezu terminus technicus für den der menschlichen Existenz zugewiesenen Raum (cf 3 22 5 17). Erst in 11 kommt es zur Peripetie. Das Fazit aus den Werken und dem Aufwand wird in nbß gezogen, dem die Nichtigkeitsaussage vorangeht: es gibt keinen den Tod überdauernden Gewinn „unter der Sonne" (cf 1 8 3 9 10 11).
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Die 3. Sentenz
12 Unb idj wanbte midj, bie SBeiätjcit 511 feljen im S3crf)öltniö äu 5 2:orIjeit uitb Unoerftanb, "2Baä wirb ber 9Jlenfdj tun', ber hinter 'mir' folgt? toaS man immer fdjon tat? 13 Unb id) faf), bafe ein SSorsug ber SBeiöijeit oor ber StorEieit befteljt, genau wie ber be§ ßidjteg gegenüber ber Sinfternis. 14 „®er SBeife £jat feine Slugen im ftopf, aber ber 2 o r tappt im ginftern umljer". Slnbererfeitö erfannte idj audj: ein unb baSfelbe ®efdjibema, unb ein Sßorjug beS 2Jienfd)en cor bem 33ie£) befielt ni$t, benn alles ift nichtig. 20 9lUe geijen an ben Ort, alle finb aus Staub geworben unb alle ief)ten jum Staub jurüi. 21 28er weife benn, 'ob' ber Döetn be3 SJJenf^en na$ broben fteigt unb 'ob' ber ßbem Öe3 S3ie£)ä fjinuntergefjt jur Unterwelt? 22 Unb idj fafi, bafe eä nidjts SBeffereS gibt, al§ bafe ber Sölenfdj fid) bei feinem Xun freue, benn ba§ ift fein Xeü, benn wer tonnte if)m baju eerljelfen ju feijen, waä nadjijer fein wirb? 16 1 5>B>SH pr „der Frevel". — 17 ins c Yerss 1. —18 ins Num 16 22 27 16 (KBL, Nr. 1). — 211 — 1ITITH.
— 19 1 0 Verss st cstr. — 8 zu nil of
Ob in 3 16-22 e i n e Sentenz vorliegt oder ob mit 18 eine neue Sentenz einsetzt, ist nicht eindeutig zu beantworten. I n ief. geht es u m eine allein bei Menschen anzutreffende Situation, während in isff. der auch sonst bei Q. begegnende Todesaspekt von einer unerwarteten (nach 21 wohl durch eine von außen an Q. herangetragene Fragestellung ausgelösten) Antithese: Mensch — Vieh bestimmt wird. Schwerlich trifft Si das Richtige, wenn er für ief. zum Recht bei Menschen den Kampf ums Dasein beim Vieh stellt, um einen Übergang zu 18 zu finden. „Kampf ums Dasein" ist eine These des X l X . J h . s ! Auch die Überschrift bei H e 2 : „Die Rechtlosigkeit in der Welt weist auf einen Ausgleich beim Tode — aber gerade dieser bringt den Q. ebenfalls lediglich zum Grundsatz der Freude", verrät die Unsicherheit. F ü r einen „Ausgleich im Tode" hätte ein omnes eodern cogimur genügt, ohne daß vom Vieh und dem, was nach dem Tode mit dem Odem, der n n (des Menschen / des Viehs) geschieht, die Rede zu sein brauchte. Man darf dem Spruchdichter Q. das Auffallende nicht vorwerfen. Das ity in 16 ist kein (singulärer) Anknüpfungspartikel („weithin"), sondern reines adv. „immerzu wieder" = allenthalben. Der Parallelismus variiert und p"]5t, so sollte man auch zwei Subjekte „Frevel" und „Bosheit" nebeneinander stellen, s t a t t zweimal „Frevel" zu wiederholen. Q. beklagt hier nicht ein korruptes System, sondern statuiert, daß es je und dann Fälle falscher, wodurch auch immer hervorgerufener Rechtsentscheidungen gibt. I n einer speziell vom Königsgericht handelnden Sentenz (8 2 ff.) wird die Belastung des dort Klagenden darin gesehen, daß der Mensch BS^tji fls, d.h. die r e c h t e Stunde f ü r die Auseinandersetzung n i c h t kennt. Und darauf tendiert auch die Aussage Q.s in 17b: für jede Aktion, f ü r jedes Tun gibt es eine determinierte Zeit (dies bildet bei der Zusammenstellung der Sentenzen den Anknüpfungspunkt an 3 1-15). Gleichwohl entschuldigt das nicht den, durch den das Ärgernis geschieht (Mt 18 7). Die in der herkömmlichen Weisheit vorherrschende Antwort ist von Q R 2 als Korrektur Q. in den Mund gelegt: Gerechte und Frevler richtet Gott. Ist dabei an ein Gottesgericht i n der Todesstunde gedacht (He)? Da wir aus der Zeit Q.s keinen Beleg für eine dem Ägyptischen vergleichbare Vorstellung von einem Toten-
Die 8. Sentenz
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Der Prediger 4 1-3
gericht haben, ebensowenig an ein eschatologisches Gericht zu denken ist, müßte man den Gerichtsentscheid Gottes gegenüber dem guten und dem bösen Rechtssprecher in deren Leben verankert sehen (cf 12 14). Das aber widerspricht einer Grunderkenntnis bei Q.: der Frevler stirbt nicht früh, und der Gerechte lebt nicht lange (8 14). Q. sucht nach einer Lösung auf s e i n e Weise. Die Prägnanz in 18 erschwert freilich die Erklärung. Nach Zi zielt das Aussondern der Menschen auf eine Erprobung: Gott gibt dem Menschen Rätsel auf und will dann sehen, ob der Mensch sich demütig seiner Kreatürlichkeit bewußt bleibt, oder ob er in eine gegen Gott protestierende Anklage ausbricht. Das hat keinen Anhalt an der Entfaltung in isb (explikatives 1). Ohne isb zu berücksichtigen, sieht He im brutum factum des Todes ein ständiges „Aussondern des Menschen durch Gott", der jeweils den Todestag bestimmt. Da im nachexilischen Schrifttum (1 Chr 7 40 9 22 16 41) mit "112 die Erwählung zu einem besonderen (heiligen) Dienst gekennzeichnet wird, dürfte Q. u.E. in der ironischen Aufnahme des Stichwortes seine Polemik bekunden. 18 wird von 19 b her deutlicher beleuchtet. Man vermeinte, beim Menschen im Unterschied zum Vieh darin etwas Aussonderndes, etwas Besonderes zu sehen, daß nur die nn des M e n s c h e n beim Tode dem „Himmel" zustrebt (cf Ps 104 29 146 4 Hi34i4f.). Bei der gleichen Geschöpflichkeit (Gen2 7.is) ist aber auch der Tod bei Mensch und Vieh gleich 20. Der Zweifel Q.s in 21 ist absichtlich als rhetorische Frage formuliert, einem etwaigen Diskussionsgegner die Beweisführung zuschiebend. Gut ein Jahrhundert n a c h Q. setzt sich die zuvor schon vereinzelt (Jes 26 19) zu belegende Anschauung von der Auferweckung verstorbener Menschen durch: Dan 12 2. Daher haben die Masoreten des 8. nachchr. Jh.s die Skepsis von 21 nicht gelten lassen. Sie änderten die Fragepartikel in den Artikel und das gab 21 einen n e u e n Sinn: niemand kennt dem Wesen nach den zum Himmel aufsteigenden Geist des Menschen und den zur Unterwelt hinabsteigenden Geist des Viehs. 22 b — absichtlich auch als rhetorische Frage formuliert — unterstreicht die absolute Todesgrenze. Der Aufruf zum Lebensgenuß im Angesicht des Todes ist ein weitverbreiteter Topos. So in Babylonien (Gilgamesch: AOT, S. 194) und in Ägypten (Harfnerlied: AOT, S. 29. Cf auch HO I, 2, 1952, S. 199). Ähnlich sagt es die griechische Gnomik (Theognis, 567ff.): „Voll Freude an der Jugendzeit treibe ich mein Spiel, denn habe ich mein Leben erst verloren, so werde ich lange drunten liegen, wie ein Stein, ohne Stimme. Das liebliche Sonnenlicht werde ich verlassen, mag ich auch ein Edler sein, ich werde dennoch nichts sehen." Die kürzeste Formel stellt das auf Grabsteinen seit der hellenistischen Zeit oft begegnende #dg(Tt - ovdeig ä&dvarog (— „Lebe unbesorgt, niemand ist unsterblich!") dar, das dem am Grabe Vorübergehenden gilt. 4 , 1 — 3 Die 8. Sentenz 4 1 Sunt anbeten roanbte ttfj meinen SSUcf auf all' bic Unterbrüifungen, bie unter ber ©onne flefdjefyen. @iei) ijiti: Tratten ber Unterbrüdten! llnb nietnanb tft, ber fie tröftet! Söon iijren Unterbrücfern gefdjieljt itjnen ®enmlt, unb nietnanb ift, ber fie tröftet! 2 $ a pries idj a bte üoten, bie längft üöerftorbenen üor ben ßebenben, bie nocf) leben müffen, 3 unb ftöijer als betbe ben, ber erft gar nidjt ins $afein tritt, ber nidjt ju fefjen braudjt baä üble treiben, baS unter ber ©onne gefdjieijt. 2® inf abs mit Subjektsnomen GK § 113gg. Im Thema mit 3ieff. verwandt und daher wohl hier angeschlossen, statuiert Q., wie es in der Welt aussieht. Während sich die prophetische Kritik der Unterdrückungen (Am 3 9) an das vor Jahwe verantwortliche Israel wendet, k e n n t — so meint Kr (S. 137) — 7
Handb. AT 1/18: Megilloth
Der Prediger 4 4-6
Die 9. Sentenz
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Q. nur noch „die Fremdherrschaft mit ihrer Korruption der Beamtenschaft in der H a u p t stadt einer fernen Provinz; eine ausweglose Lage seit Jahrhunderten, in der der persönliche Protest die einzige Möglichkeit bleibt". Es fehlt u . E . jeglicher Beweis dafür, daß Q. hier politisch engagiert urteilt. Man wird besser sagen, daß Q. das menschliche Versagen in einer nun einmal auf Macht gestellten Welt beklagt, speziell, daß sich niemand findet, der den Unterdrückten sein Mitleiden (Dnj) in Wort und Tat bezeugt. Daß Q. die Toten und die Ungeborenen gegenüber den Gequälten glücklich preist, widerspricht der Wertung des Lebens als eines Gottesgeschenkes. Gese (Krisis, S. 147) verweist auf Ps 22 lof. 71 6 143 5 und Jes 44 2.24 46 3. „Hiobs Verfluchung des Tages seiner Geburt (3 2 ff.) zu Beginn seiner Klagen und die Jeremias (20i4ff.) am Ende seiner Monologe müssen demgegenüber ebenso ketzerisch gewirkt haben wie Koheleths Preis der Toten und der Ungeborenen." I n den Mahnsprüchen des Ipuwer (im 1. Gedicht: AOT, S. 53) heißt es: „Es ist doch so: Groß und Klein sagen: Ich wollte, daß ich sterben könnte. Kleine Kinder sagen: „ H ä t t e er (sc. Gott) mich doch nicht ins Leben gerufen!" Nicht nur in Ägypten, sondern auch in der griechischen Welt wird das J a zum Tode bei einem nicht mehr lebenswert erscheinenden Leben ausgesprochen (Herodot I, 31; Sophokles, Oid. Kol. 1224—27). Bei Theognis (425ff.) heißt es: „Am allerbesten ist für den Erdenmenschen, nicht geboren zu sein und nicht die Strahlen der brennenden Sonne geschaut zu haben; ist er aber geboren, möglichst schnell die Tore des Hades zu durchschreiten und tot zu hegen unter viel darüber gehäufter E r d e . " 3b wendet zum Eingang zurück: „das üble Treiben", das dem Ungeborenen erspart wird, meint den Mißbrauch der Macht und das Versagen des Mitleids.
4 , 4 — 6 Die 9 . S e n t e n z 4 Unb id) betrachtete alles ©Raffen unb alle Xüdjtißfeit: $af)inter fteljt ber SHeib be§ einen auf ben anbeten! Sludj bieg i(t nicfjttg unb ein £>afdjen nad) SBtnb. 5 „®er Üor legt feine f>änbe sufammen unb jeiirt t>om eigenen gleifdj" e „©effer e i n e £>anb t>oll 'unb babei Ühitje' a B b e i b e f>änbe öoll 'unb babei' nur Sirbeit" unb ein £>afd&en nad) SSinb. 61 nnj;. — ins l.
Hinter dem in der Schultradition positiv gewerteten, berechtigten Streben des Menschen nach Erfolg und Gewinn sieht Q. nur ein neidisches Gegeneinander. Homo homini Iwpus. Die (doppelte) Nichtigkeitsaussage erfolgt deswegen, weil f ü r Q. das neidvolle Streben das Unsinnige der menschlichen Existenz erkennen läßt. Dem Einwand, daß der Mensch doch zum Leben der Arbeit bedarf (cf Spr 10 4 f.), begegnet Q. dadurch, daß er zwei Sprichwörter nebeneinander stellt: Der Tor hat seine Faulheit am eigenen Leibe zu büßen (cf Spr 6 9 - n 24 33) und — dies ist der Sinn von 6 — „Besser Genügsamkeit am täglichen Brot als unentwegtes Schaffen"! Dies, so fügt Q. aus Eignem hinzu, ist Haschen nach Wind. Es ist vergeblich, weil es ja doch keinen bleibenden E r t r a g gibt. Wenn Q. in 5 f. der Tradition folgend den relativen Wert der Tätigkeit anerkennt, so berechtigt das nicht, die Antithese von Arbeit und Ruhe in 6 mit 3 1-8 in Zusammenhang zu bringen (so He), weil die Providenz in der Zeit nur dort, nicht aber hier, den Skopus bildet.
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Die 10. Sentenz — Die 11. Sentenz
Der Prediger 4 7-16
4, 7—12 Die 10. Sentenz 7 3 u m anberen roanbte irfj meinen SJIicf auf eine Sßidjtigfeit unter ber ©onne: 8 Da gibt'3 einen, ber f)at leinen ©efäfjrten, i)at auti) feinen ©ofjn unb ieinen SBruber, unb feine Slrbeit f)at fein @nbe unb babei wirb 'fein Sluge' be£ Sleidjtums nidjt fott. Slber: §ür wen arbeite ief) unb oerroeljre mir felbft ben ©enufe? bies ift nichtig unb roai)rf)aft ein fd)limmeä '©efdjäft'! 9 Söeffer finb $wei bron als einer, weil fie guten ßof)n in iljrer Slrbeit f)aben. 10 3 a , wenn ber eine 'fällt', fann Uijtn' fein ®enoffe aufhelfen. $odj wefie» bem, ber allein ift, wenn er fällt, wo fein ©enoffe ba ift, iijm a u f h e l f e n . 11 gerner: ßiegen jwei sufammen, fo wirb ifjnen warm; aber bem, ber allein ift, wie foltte iljm warm werben? 12 SBermag man aucf) ben, ber allein ift, su überwältigen, bie jweie galten einem ftanb, unb erft: „@ine breifatfje ©djnur reifet nidjt fo balb!" 81 sing(Q). — 1 abaprcstr. — 101 b1®?(plene; cf 10b) — U m pr nst — »BLe652a(andersKBL).
Das Thema von dem einen, der allein ist, leitet Q. vorweg mit der negativen Wertung (S?n) ein. I n der Nebeneinanderstellung von Gefährte, Sohn und Bruder, wo man eine umgekehrte Reihenfolge erwarten würde, kündet sich schon die Fortsetzung in 8 ff. an. Zunächst aber wird das Unsinnige eines rastlosen Schaffens f ü r den, der allein ist, geschickt als oratio directa in der rhetorischen Frage herausgestellt. Wo zwei sind (fp 31B), ist der Arbeitsertrag gesichert 9, eine These, die durch drei Bilder erläutert wird: auf schlüpfrigem P f a d (cf Ps 73 2. is) kann dem Stürzenden sein Genosse aufhelfen, im Nachtquartier können sie sich wärmen (cf Lc 17 34), und beim Überfall auf einsamen Wegen ist der einzelne verloren, aber zwei können das abwehren, und — Assoziation einer Zahlenreihe (G.Sauer, Die Sprüche Agurs, BWANT V, 4, 1963, S. 79f.) — erst recht sind drei unüberwindlich (zur dreifachen Schnur cf Dalman, AuS V, 1937, S. 67 ff.). Zu 10f vgl. M. Dahood, Biblica, 1968, S. 243. Daß es sich in 9-12 nicht um Exempel f ü r den Wert eines treuen Zusammenhaltens in Familie und Freundschaft (so Kuhn) handelt, bedarf keiner Widerlegung. Entgegen Si ist 9-12 nicht als späterer Zusatz zu der pointierten Aussage Q.s in 7f. erweisbar, die Verse sind vielmehr Komplement zu der Negation in 7 f. und vielleicht traditionell. „Lohn" begegnet in Pred nur noch in 9 5 (hier Wortspiel zu "DJ?).
4,13—16 Die 11. Sentenz 13 Keffer ein Süngling, arm aber weife, als ein greifet aber töridjter ftönig, ber feinerlei SBarnung mef)t annimmt! 14 3a, au3 bem ©efängnis fam einer Geraus! jur ÄönigSljerrfdjaft, obwofjl er unter jenes ©ertfifjaft arm geboren würbe. 15 ©efefien fiabe idj alle ßebenben, bie unter ber ©onne wanbeln, auf ber Seite *' beS 3weiten, ber an feine ©teile tritt. 16 ©nbloS ift bie S3olf£menge bei jebem, ber ifjnen oorangefjt '2lnbererfett§ aber': bie Späteren freuen fiel) feiner nidjt! Slurfj bieg ift nidjtig unb ein £>afdjen nadj SBinb.
15 dl "6'ri — 16 1 DJl für „auch". 7»
Der Prediger 4 17-5 8
Die 12. Sentenz
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Den Eingang bildet eine Beispielerzählung der traditionellen "Weisheit, bei der ebensowenig wie in 9 i3ff. an ein geschichtliches Ereignis gedacht ist. Das zeigen schon die verschiedenen Konkretisierungen in den Kommentaren: Saul und David, Salomo und Jerobeam, Astyages und Kyros oder die Wirren am Seleukidenhof (zuletzt Schunck, VT 9, 1959, S. 192ff.). Es handelt sich um Pseudohistorie (Meyer, Ursprung und Anfänge des Christentums II, 1921, S. 39). H e verweist auf Joseph, wobei er in 15 als Stellvertreter (cf Gen 41 38 ff.) versteht, also doch eine Art geschichtliche Reminiszenz substituiert. Eine Szene gleicher Art —• mithin als Typus — nennt Sir 11 s: „Nicht selten haben Unterdrückte einen Thron bestiegen, und die, an die man nicht gedacht hatte, haben eine Krone getragen." Nach Ell (S. 228 ff.) kommt in 15 die kritische Position Q.s zu Wort, die von einem n e u e n König spricht. Der Zweite wäre dann der nächste König. Das ist einleuchtend. Da aber bei einem solcherart substituierten Thronwechsel das Alter des neuen Königs ohne Belang ist, wird man das „der Jüngling" als erklärende Glosse zu „an seiner S t a t t " anzusehen und zu streichen haben. Das baS in 16 ist nicht Apposition zu Djn SpS, vielmehr substituiert Q. eine zunächst begeisterte Menge b e i j e d e m , der ihr Führer geworden ist. leb ist die Peripetie. Daher schließt die Sentenz mit der Nichtigkeitsaussage.
4,17—5, 8 Die 12. Sentenz 17 Sldjte auf 'beinen ftufe', wenn b« jum §aufe ©otteS geljft. 9tai)en, um ju £)ören ift meijr als ein äRaijlopfer ber l o t e n ; benn fie tonnen als Unwiffenbe audj etwas $erfef)rteoljen waßt ein Oö&eter unb 'über beiben ein Sllletf)ödjitet\ 8 *2BaS für einen 33otjug' foll bei aliebem für baS ßanb bebeuten: wenn ein Äönig nur für ben beftellten 2lier ba ift? 17 1 c Q mit MSS et Verss sg pr pl. — 3 ins 11?. — 6 ins Sa?. — 1 "13 pr „und Worte". — 7 » BBtfa pnjtl hendiadyoin. — 1 Dn^JiQ Cn32 ¡1331 pr „und die Hohen über ihnen." — 8 1 "^."¡H? pr „und ein Vorzug." Daß in 4 i« ein Abschluß vorliegt, läßt die volle Nichtigkeitsformel klar erkennen. Dergestalt ist der Einsatz einer neuen Sentenz in 17 völlig sicher. Schwieriger ist es, deren Abschluß zu bestimmen. Zwar wird in 5 12 durch die Erfahrungsaussage (... ich
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Die 12. Sentenz
Der Prediger 4 17-5 8
sah...) ein Neuansatz markiert, aber es bleibt die Frage, ob man nicht 4 n — 5 6 (Thema: Kultus) von 5 7 trennen soll. Stilistisch gehörten jedoch 7f. in der Anrede (Ratschlag) mit dem Vorangehenden zusammen. Als Maschal (Aussageform) folgen erst mit 9 ff. drei Sätze, die vom fraglichen Wert des Reichtums handeln. Die Ermahnung in 417 wäre mißverstanden, wollte man sie als (indirekte) Warnung vor dem Tempelbesuch ansehen. Daß im Gegenüber zum Mahlopfer das Hören auf die mündliche Weisung des Priesters das Prae hat, ist ein Urteil, das Q. um so näher liegen mußte, als a u c h die Chokma Weisung (Thora) erteilt: „Wenn einer sein Ohr abwendet von der Weisung, so ist auch sein Gebet ein Greuel" (Spr 28 8 cf 28 4.7). Nahen, um zu hören •— im Sinne von „richtig hinhören", findet sich als Aufruf in Jes 48 ie, und es ist keineswegs zwingend mit Kr anzunehmen, daß Q. an Dtn 5 27, die situationsgebundene Aufforderung Jahwes an den Mittler Moses denkt. Das ¡1? in 17 ist trotz fehlendem 310 komparativisch zu verstehen (cf 1 Sam 15 22). Von einer grundsätzlichen Ablehnung des Mahlopfers durch Q. kann keine Rede sein. Q. betont nur, daß auch Toren — und das sind solche, die nicht auf Weisung (des Priesters oder des Weisen) hören — Opfer bringen können. 17 b statuiert die Möglichkeit verkehrten Tuns. Dezidierter wäre die Abwertung der Toren, wenn man (hapl des ü) Jl1ti>j^D liest: „Denn sie wissen nichts anderes als Verkehrtes zu tun." Die Aufforderung zur Zurückhaltung im Reden, wie sie die Weisheit empfiehlt (Spr 10 19), zielt in 1 auf Klage und Bitte im Gebet an heiliger Stätte. Nicht in Anlehnung an Dtn 4 39, wo von Gottes Allwirksamkeit im Himmel und auf Erden die Rede ist, sondern mit eigenständigem Akzent stellt die Begründung in ib die Distanz zwischen Gott und Mensch heraus. In dem angefügten Sprichwort in 2 hat die zweite Aussage den Akzent. 3 f. nimmt in fast wörtlichem Bezug eine priesterliche Weisung auf, wie sie in Dtn 23 22-24 vorliegt. Das Nichteinhalten des Gelübdes wirkt ein Verschulden. Q. spricht charakteristischerweise von einem solchen des Toren (cf 4 17). In Sir 18 22f. heißt es: „Versäume nicht dein Gelübde zu bezahlen und warte nicht bis zum Tode, seiner ledig zu werden. Überlege dein Gelübde und sei nicht wie ein Mensch, der Gott versucht" (cf auch Spr 20 25 Mc 7 11). Ob in dem angeschlossenen Rat in 5f. noch an das Gelübde oder an eine andere Zungensünde gedacht ist, läßt sich nicht entscheiden. (in Pred 10 5 von einem voreiligen Erlaß) bezieht sich in der Priesterschrift (Lev 4 s . i 8 Num 15 24fr.) auf eine rituelle Verfehlung, ein unbeabsichtigtes Versehen. Ist der „Bote" ein Priester (cf Mal 2 7) oder ein Tempeldiener, der vorschnell zugesagte Gaben (Gelübde?) eintreiben soll? Die Voreiligkeit ist eine Verschuldung und ruft Gottes Zorn hervor (rhetorische Frage wie in 7 17). Die positive Forderung steht in 6b. Das „Fürchte Gott!" korrespondiert mit dem Anfang in 417a. U.E. stellt 56a eine Paraphrasierung von 2 dar. Mit Ell kann man wegen des ungewöhnlichen Plurals D^yn (sonst nur in 1 2 und 12 s) eine Glosse von QR 1 sehen. Man wird Kr zustimmen, wenn er in den Weisungen Q.s zum Kultus als Positivum die Ehrfurcht vor Gott heraushört. Höchst fraglich ist es aber, wenn er aus diesem J a zum Kultus den Schluß zieht: „Hier will Qohelet kein Weiser sein!" Als ob es jeweils vom Thema abhängen könnte, was Q. sein will? Abwegig ist es auch, wenn Kr zu 2 bzw. 6 auf die Traum-Träumer (die falschen Propheten) in Dtn 13 2ff.hinweist, die zu Fremdkult verführen. Träume sind für Q. Exaltationen der Phantasie. Wer sich ihnen hingibt, verläßt den dem Weisen allein gemäßen nüchternen Blick auf die Wirklichkeit. Kritisch und zugleich resignierend ist 7 die Mahnung Q.s, sich über die Ungerechtigkeiten im politischen Bereich nicht zu ereifern (zum Rechtsentzug cf Jes 10 2). bezeichnet die von eingesetzten Statthaltern verwaltete Provinz (Juda) konkret als Rechtsbezirk, fgin ist die Aktion der Machthaber. Die Ämterhierarchie wird n i c h t als ein Positivum gegenüber einer Anarchie gewertet (so Kr), sondern der Satz besagt, daß die sich kontrollierenden Instanzen sich zugleich decken. So wird in 8 auch der Blick auf den (fernen) König verständlich. 8 ist allenfalls ein Potentialis denkbar: „Schön wäre es,
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Die 13. Sentenz
wenn . . . " Die graphisch leichte Änderung in 8 (B am Schluß von 7 repetiert -f- 1 am Anfang von 8 = HO) ergibt zur Sache deutlicher eine rhetorische Frage. Der Satz ist ganz verschieden interpretiert worden, doch dürfte bei dem bearbeiteten Feld von der Situation des 3 . J h . s am ehesten an Königsgut oder Königslehen gedacht sein. Das Interesse des Königs ist auf den für ihn (!) bearbeiteten Acker (yrj ßacnfaxrj) beschränkt und daher wäre ein Appell an den König wegen einer Privatsache ganz sinnlos.
5 , 9 — 1 9 Die 1 3 . Sentenz 9 SBet S i l b e r liebt, w i r b beS S i l b e r ! nidjt fatt, u n b w e r '3teicfjtum' liebt, nidjt be3
©intommenS.
Sludj bieä ift n i d j t i g ! 10 2JieEjrt f i d j b a s © u t , m e h r e n fidft a u d j b i e S k t j e f i T e r , u n b b e r SBefiijer i)at n i d j t s b a o o n a l s beti Slnblicf! 11 „ S ü f e i f t b e r S c h l a f b e $ S l r b e i t e r S , ( j a b e e r w e n i g o b e r r e i d j l i d j j u a b e r b e r Ü b e r f l u f e b e ä S t e i g e n läfet i i j n l e i n e n ( S c h l a f
effe«,
finben".
12 © 3 g i b t e i n f c f j t i m m e S Ü b e l , b a S i t ^ f a l j u n t e r b e r S o n n e : SReidjtum g e f i l t e r t f ü r f e i n e n SJefiljer - sunt U n g l ü t f . 13 ® e f ) t n ä m ü d j j e n e r S M t f j t u m o e r l o r e n b u r d j e i n w i b r i g e ! u n b e r Ijotte e i n e n S o i j n , fo b l e i b t b e m nicfjtä i n f e t n e r
'©efdjäft',
©anb.
14 3 B i e a e r a u s f e i n e r S R u t t e r ß e i b f j e t B o t g i n g , n a t f t m u f e e r w i e b e r b a l j i n , w i e e r g e f o m m e n , u n b n i d ^ t ö Etat e r B o n f e i n e r S l r b e i t " , b a f e e r e § m i t n ä h m e . 15 3 a , g e r a b e b i e $ i f t e i n f d j l i m m e ! Ü b e l : ' f o w i e * e r f a m , f o g e i j t e r , u n b w a s o e r b l e i b t if)tn b a o o n , bafe e r fidj m ü l j t e - f ü r b e n
SBinb?
16 S o f i n b a l l ' f e i n e J a g e ' i n b u n f l e r S S e t r ü b n i S ' ,
unb finb Biel 'Äummer unb oerbriefeUdje Äranfijeit'! 17 S i e i ) e , w a s i d j f a i ) a l s b a s © e f t e u n b S d j ö n f t e : b a f e e i n e r ifet u n b t r i n l t u n b f i d j l g u t f e i n l ä f e t i n a l l ' f e i n e r S l r b e i t , m i t b e r er fidj m ü f j t u n t e r b e r S o n n e , f o l a n g e b i e i t j m o o n ® o t t zugeteilten ßebensStage b a u e r n , b e n n b a S ift fein 18 © 0
XtW.
i m m e r ©Ott e i n e m EJlenfdjen iReidjtum u n b S d j ä f c e g i b t ,
u n b e r b e f ä h i g t xf)n, f i e } u g e n i e f e e n u n b b a r a n u n b fidj a n f e i n e r Slrbeit » j u
teilhaben
freuen:
S e t i i m g ©otteS ift b a S .
19 9tidjt gebenft er bann nodj Biel feiner ßeben£tage, benn ®ott 'ijält iijn befdjäftigt' burdj bie g r e u b e feines
Wersens.
MT richtiger. — » = 9 1 |10n pr „in Reichtum" (ditt). — 13 1 abs. — 14» Qumran N1? = Ertrag der Arbeit. — 16 1 c Veras JISJ?1? 13 pr „ganz entsprechend". —• 16 1 c © pr „in der Finsternis isst er". •— 1 l!?ni DJ?5] pr „und er ist bekümmert und seine Krankheit". — 18 a cf 14 ». — 1 9 1 c Versa n^'lj (c suff) von III (KBL). Das Trügerische des Reichtums ist ein verbreiteter Topos der Weisheit (cf Spr 11 28 Hi 31 24f. Ps 49 7 52 9 62 11). Q. sieht 9 in dem „schrecklichen Hunger nach Gold" (Vergil, Aeneis I I I , 57) die eigentliche Gefahr. Der Maschal in 10 zielt auf die Angehörigen der Sippe und (fragwürdige) Freunde: „Denn wo ein Aas ist, da sammeln sich die Geier" (Mt 24 28): dem alt gewordenen (?) Besitzer verbleibt nur das Ansehen. 11 ist sicher ein Sprichwort, dessen Schwergewicht auf der zweiten Aussage liegt. Ist dabei an die Sorgen des Reichen gedacht oder an Völlerei? Ein sumerisches Sprichwort ( E . L . Gordon, Sum. Proverbs, 1959, S. 97) sagt: „Der, der zu viel ißt, wird nicht imstande sein, zu schlafen."
Die 14. Sentenz
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Der Prediger 6 1-6
Das Unglück 12, das einem Reichen durch ein negativ ausgegangenes Geschäft (anders He: durch ein böses Ereignis — aber ¡ys> ist in Pred niemals ein bruturn factum) begegnen kann, trifft besonders den im Reichtum seines Vaters aufgewachsenen Sohn, der dann vor dem Nichts steht. Das Stichwort „nichts in seiner H a n d " löst den Gedanken an den Tod aus. 14 bezieht sich auf den Herrn des Reichtums (12), nicht auf den arm gewordenen Sohn (13). Die Formulierung in 14 berührt sich mit H i 1 21 aufs engste. 15 unterstreicht das in 14 Gesagte. Die Erkenntnis klingt in einer rhetorischen Frage auf mit dem für Q. kennzeichnenden nr ( S (cf „Haschen nach Wind"). Die Tage des Reichen ie sind überschattet von Sorge und aus ihr erwachsener (?) Krankheit. Die Gegenthesen 17ff. verweisen den Menschen auf das Hinnehmen des Tages in einer naiven Existenz. Das ist sein Teil (cf 2 10), und zwar als Gewährung Gottes. Ist 18 Interpretament zu 17? 19 greift jedenfalls auf 17 zurück: Die begrenzten Lebenstage sind dem Menschen von Gott in ihrer Begrenzung zugeteilt — aber daran soll der Mensch nicht denken in den Augenblicken der Freude, mit der Gott ihn beschäftigt sein läßt.
6,1—6 Die 14. Sentenz 6 1 ©S g i b t e i n b ö f e S ' ß e i b e n ' , b a ä itfj u n t e r b e r S o n n e u n b fdjraer laftet es a u f b e m
faf),
aJlenfdjen.
2 S o t t g i b t e i n e m S l a n n SJteidjtum, ©djäfee u n b
Slnfeijen,
u n b eS feijlt n i d j t s f ü r f e i n S e r l a n g e n n a d j a l l e m , b a S e r fidj a b e r ©Ott e r m ä c h t i g t i i ) n nicfjt, ö a u o n j u fonbern ein SluSlänber oerjet)rt baS ift nidjtig u n b ein f d j l i m m e s 3
ffienn unb
es, ßeiben.
e i n S R a n n 1 0 0 *@öf)ne' j e u g t e u n b l e b t e i e l e f 0
lange feine ßebenSjeit
roätjrt
er fein redjteS SöegräbniS
f o f a g e i d j : S B e f f e r a l s e r Ejat e s e i n e 4 j)enn, fie K o m m t a l 3 9lidjt3 u n b u n b m i t ®unfel^eit ift il)r 9 l a m e 5 audj fieljt fie n i e m a l s e Unb unb
ge&lgeburt!
fie gel)t i n s
Dunfel
bebetft, nidjts,
jener.
w e n n einer aurf)a j w e i m a l 1000 S a l j r e iönnte fidj nidjts ©uteS erfeijen
mufe nidjt a l l e s a n einen D r t
fättigen:
fänbe,
b i e S o n n e u n b weife
a b e r fie f)at m e f i r 9tuf)e a l s
Saljre,
-
l a n n a b e r f e i n V e r l a n g e n a n b e n © i i t e m " nic^t "Selbft wenn'
wünfdjt,
geniefeen,
lebte
-
gefien?
1 ins 0 nonn MSS nS'in (cf 2). — 3 B'ja ist sachlich hinzuzudenken. — a njltsn ist coli sg. — 1 xb = 1*5 (Gordis). — 6 a Qumran: XlS DK1. 1-6 ist von Q R 1 thematisch an die vorangehende Sentenz, genauer gesagt, nur an 5 1 2 - 1 6 , angeschlossen, h a t aber ihren eigenen Skopus (Antithese zu 5isf.?). Gott gewährt Reichtum, Schätze und Ansehen (diese Trias auch 1 Kön 3 3 2 Chr 1 12), aber Krankheit (& übersetzt aQQ(oaxia = ein langdauerndes Leiden) verhindert das Genießen. Der Kinderlose, der vorzeitig stirbt — beides darf man aus dem 2. Spruch in 3-5 erschließen — muß seinen Besitz einem vi:?3, einem Nichtjuden, will sagen einem Beamten der Ptolemäer in Jerusalem überlassen. Logischer wäre in 2 eine causative Formulierung: einen Ausländer läßt er (Gott) es verzehren (cf 2 26), aber dies ist wegen des Terminus wohl absichtlich vermieden. umschreibt in 2 und 3 das Verlangen (KBL, Nr. 8). Die negative Feststellung in 3: „auch findet er nicht ein (sc. angemessenes) Begräbnis"
Der Prediger 6 7-9
Die 15. Sentenz
104
(3Ji) müßte als Hinweis auf ein pietätloses Verhalten der vielen Söhne gelten, richtiger ist es (mit der angeführten Vokalisationsänderung) in 3 eine ironische Feststellung zu sehen (Kr). Bildet Hi 3 i 3 - i e die Vorlage zu der Antithese ([Fürsten-] Grab-Fehlgeburt) ? Zu 5 a cf Ps 58 9. In einer Steigerung greift 6 auf 1-3 zurück, um herauszustellen, daß das Ende für alle, wie lange sie auch immer gelebt haben, die Stätte des Todes, das Grab ist: omnes eodern cogimur (cf 3 20).
6, 7—9 Die 15. Sentenz 7 Siile Sirbett be§ Slenfdjen ßefrfjiefct für feinen SRunb, boti) ber junger wirb niemals gefüllt. 8 SBeldjen ¿orteil Ijat ba ber SBeife oor bem £oren? 'SBatum oerftefie idj bann', oor ben ßebenben 511 wanbeln? 9 33effer man geniefet, roaä oor Singen !ommt alé bai)in su gelten! Sludft baé ift nichtig unb ein £>afdjen nadj 2Binb. 8 1 V111
nsS (Ell, ZThK60,1963, S. 12) pr: „Was der Arme, der weiß...".
Das Stichwort verknüpft diese kritische Reflexion mit 1-6. Da „Mund" und 7 in Parallele stehen, wird man das zweite konkret vom Hunger zu verstehen haben (tttaj bedeutet ursprünglich „Kehle" [cf L.Dürr, Z A W 4 3 , 1925, S. 262 ff. ; A. Murtonen, Studia Orientalia 23, 1, 1958, S. 68ff.]). Der immer neu entstehende Hunger treibt den Arbeiter zur Arbeit an, wie Spr 16 26 statuiert (auch hier und "'S parallel). Durch die rhetorische Frage sa klärt sich -— im Blick auf die Befriedung des Hungers —, daß der Weise k e i n e n Vorteil gegenüber dem Toren hat. Schwierig ist die Interpretation von 8b (cf Fr.Eilermeier, ZThK 60,1963, S. 1—20). D^nn U j heißt „vor den Lebenden", da sich D™n mit Artikel in Pred (4 2.15 9 4. 5) auf Menschen — nur in 6 12 mit 2 = „im Leben" — bezieht. Das Wandeln v o r den Lebenden umschreibt eine exemplarische Lebenshaltung. Ist der ""iy (so SDÌ) der A r m e , der dies versteht und praktiziert, ein Dritter neben dem Weisen und dem Toren, oder ist er identisch mit dem Weisen (Q. gebraucht für den Armen in 4 13 915 fspp nicht ^v!)? Bei einem sa analogen Parallelismus könnte man auch hier eine Antithese erwarten: was für einen Vorteil hat der wissende Weise (der sich wissentlich Bescheidende?) v o r einem, der exemplarisch wandelt (^i?iino). Das geht aber, von der Textänderung abgesehen, deswegen nicht, weil ini 1 bei Q. niemals absolut steht. Entsprechend 2 15: „Wozu bin ich denn weise geworden, 'wenn es keinen Nutzen bringt'?" ist 8b als quaestio directa zu übersetzen: Warum verstehe ich (im Sinne von Erkennen u n d Handeln), vor den Lebenden exemplarisch zu wandeln, wenn es im Vitalen doch keinen Effekt hat? Vor der Nichtigkeitsaussage 9b steht 9a ein „Besser-als"-Spruch. In ihm ist das erste klar: es meint das Ergreifen des im Augenblick Freude Bereitenden ( c f l l 9 a ) . Das einmalige ß^-Tjbn dürfte (t£>BJ = Person) eine Umschreibung des Sterbens sein, da bei Q. an anderen Stellen prägnant auf das „Dahin-gehen" (zum Tode) zielt (3 20 5 i 4 f . 6 4 9 i o ) . 9 a korrespondiert mit der kritischen Selbstbefragung in 8 b. Die unbeschwerte naive Existenz wird in den Komm, verschiedentlich einem „mit (Besitz?-)Gier leben" konfrontiert, aber dem widerspricht die Nichtigkeitsaussage, die sich bei Q. niemals auf ein törichtes Verhalten bezieht. Ell. interpretiert tttei-^n mit „auf-etwas-aus-sein" ( = weiter fragen), also in direktem K o n t a k t mit 8b. Das stellt jedoch etwa im Vergleich zu 8 17 eine sehr weit vorangetriebene Abstraktion dar.
105
Die 16. Sentenz — Die 17. Sentenz
Der Prediger 6 10-12 7 1-14
6,10—12 Die 16. Sentenz 10 S B a S i m m e r g e f d j i e l j t , l ä n g f t i f t e S m i t 3 t a m e n
genannt,
« n b e s iit feftgefefct, w a s e i n jeher f e i n toirb. 9tidjt f a n n er redjten m i t ' b e m , b e r f t ä r f e r ift' a l s
er!
11 S e n n , t u o e i e l e S B o r t e f i n b , b a o e r m e E j r e n f i c n u r b i e 9 ü d E ) t i 0 f e t t . S B a S t)ot b e r SKenfif) b a o o n ? 12 g a , w e r w e i f e ü b e r h a u p t , w a s f ü r b e n S K e n f d j e n © l u d i f t i m ß e b e n
-
i n f e i n e n öodf) a b g e s ä g t e n n t t f j t i g e n ' ' J a g e n , b i e a er o e r b r i n g t w i e S c h a t t e n » ? ' S a ' , w e r l a n n b e m SJlenfdjen f a g e n , w a s n a d j tf)m f e i n w i r b u n t e r b e r
Sonne?
10 1 (Q)- — 12 dl „des Lebens" (cf 7 15). — » 1 im Werte eines Relativsatzes. — » @ liest „im Schatten". — "ltMjl ist begründend; da man an ein „dieweil" keine rhetorische Frage anschließen kann, ist es mit „ja" übersetzt (De). Die Vorherbestimmung des Daseins ist das Thema dieser kritischen Reflexion und die damit gegebene Unfreiheit des Menschen. Wenn LoG in 10 a ein Wort vom Vergessen sieht und in 10 b an Unbilligkeit vor Gericht denkt, so verkennt er die Zielsetzung der einheitlichen Sentenz. Der Name (10) schafft die Wirklichkeit (cf Gn 2 19), nur das Benannte kann gerufen werden (Jes 40 26). Festgelegt ist auch die Existenz des Menschen. Die beiden Statuierungen sind wohl absichtlich passivisch formuliert, aber, daß G o t t das Subjekt der Determination ist, läßt 10b eindeutig erkennen. Der Mensch kann nicht gegen Gott streiten (cf Jes 45 9 Jer 12iff.), wie es Hiob t a t (Hi 9). Darauf scheint Q. direkt anzuspielen. Da alles Glücksverlangen des Menschen auch auf die Zukunft ausgerichtet ist, er jedoch von der bereits die Entschlüsse der Gegenwart bestimmenden Zukunft nichts weiß — und das wird an einem abgezählten Dasein in schattenhafter Undurchsichtigkeit deutlich — so kann der Mensch genauso wenig das Wesen des Glückes präzisieren, wie das, was nach seinem Tode auf Erden geschieht. Hier mag an das Leben der Nachkommen und an den Besitz gedacht sein (cf 2 isff.). Da Q. weithin traditionelle Sprüche aufgreifend in 7 1ff.zu sagen weiß, was das Bessere ist, so kann man schwerlich 6 10-12 als Einleitung einer größeren Komposition ansehen (so He).
7,1—14 Die 17. Sentenz 7 1 S 3 e f f e r e i n g u t e r S J t a m e a l s g u t e Ü R a r b e u n b b e r J a g best J o b e S e o t b e m b e r
®eburt.
2 S ß e f f e r i f t b e r SB e g i n s J r a u e r i j a u S a l s b e r i n s § a u S b e S g e f t e S " , w e i l b i e s b a s @nbe j e b e s 9Jlenfdjen ift. U n b b e r ß e b e n b e b e b e n i e 4 „ $ a S £>ers b e r S B e i f e n f)at f e i n e n iSlats i m
moljl:
JrauertjauS,
a b e r b a S b e r J o r e n i m £>auS b e r g r e u b e ! " 3 S e f f e r i f t S u m m e r a l s ßad&en, b e n n b e i t r a u r i g e r SJtiene i f t b a S § e r s
redjt.
5 SBeffer b e n J a b e l e i n e s S B e i f e n f j ö r e n , a l s w e n n e i n e r b e m ß i e b b e r J o r e n
laufdjt,
e b e n n w i e b a s Ä n i f t e r n ber ¡Dornen u n t e r m X o p f ift b a S ß a d j e n ber J o r e n . Sludj b i e S ift nidjtig, 7 baft © r p r e f f u n g b e n S B e i f e n s u m J o r e n m a d j t u n b SBeftedjung b i e ( S e f i n n u n g 8 SBeffer m i t 9 t e b e n " a u f h ö r e n a l s b a m i t beffer bebädjtig als
oerbirbt.
anfangen,
aufbraufenb!
9 ß a f e bttE( n i d j t £ ) i n r e t f e e n j u m ® r g e r , b e n n B ü r g e r
rooljnt
in ber ©ruft ber Joren.
10 © a g e n i d j t : S B i e f o m m t ' S , b a f e b i e f r ü h e r e n J a g e b e f f e r w a r e n a l s b i e j e t z i g e n ? , b e n n nidjt a u s SBeiS^eit f r a g f t b u fo.
Der Prediger 7 1-14
Die 17. Sentenz
106
11 Sßeffer ift SBeiäEjeit - 'alä ijcrgicidöättictfc' ©rbbefife unb ein Vorteil benett, bie bie Sonne f l a u e n ; 12 benn im ©djatten ber SöeiäEjcit ift'g wie im ©Ratten beS @ilber£, ober ber SBorsug 'be§' SBiffenS ift, bafe bie 2Bei3t)eit if)ten ©efiljer am ßeben erhält. 13 Sief) bir an ba£ £un ®otte$: „SBer tan« gerabe matten, waö er gefrümmt ijat?" 14 Slm Xoge be£ ©lüdeS fei glütflicfj unb am Xage bes Unglück merle bir: 2iud) biefen fjat ®ott g e m a l t wie ienen, in 3lnfef)ung beffen, bafe ber SJlenfdj (lerna^" auf nidjtä mefir trifft! 2» Qumran „Haus der Freude (cf 4). — 7 a cf GK § 145 o. — 8« "Ii-} nicht = „Sache". — 111 D¥P (s. Erkl.). — 12 1 c art. —14» „hinter ihm", d.h. „nach seinem Tode". I n diesem vornehmlich durch die Yergleichsskala: „besser-als" zusammengehaltenen Spruchgefüge werden Aspekte deutlich, die weithin in der Tradition zu Hause waren. Das aber ist kein Grund, die konventionell erscheinenden Aussagen als sekundären Einschob anzusehen (gegen Si, Wö). Ell gliedert in 8 Absätze (l. 2 + 4 . 3 . 5 - 7 . 8 . 9 . 1 0 . 1 1 - 1 4 ) und bleibt — von der Umstellung von 3 und 4 abgesehen — bei der überlieferten Abfolge. Besser — so sagt ia — ist ein ruhmvoller Name (cf Spr 22 1) als gutes, kosmetisches Öl (9 6). ib legt es nahe, beides von der Totenfeier aus zu verstehen: nicht die Kostbarkeit der Narde ([¡je? —ist ein Wortspiel), die man bei der Bestattung verwendet (cf 2 Chr 16 14 Mc 16 i), sondern der gute Name ist das Entscheidende (Sir 31 11-13!). Dieser traditionelle und in Spannung zu 2 i« stehende Aspekt erhält in ib einen für Q. kennzeichnenden Akzent: grundsätzlich steht der Tag des Todes vor dem der Geburt (cf 4 2). In 2 a bildet das Haus des Trinkens als Haus der Hochzeitsfeier (cf Hhld 2 4 E s t 7 8 Jer 16 s) das Gegenüber zum Trauerhaus, in dem man das Trauerbrot ißt (cf Jer 16 5ff.). Der Zusammenhang von 1 mit 2 + 4 ergibt sich durch den konkreten Hinweis auf das Trauerhaus. I n 2b/s fehlt ein Objekt. Man ergänzt gewöhnlich ein „es" — das memento mori ist dann im antithetischen Paraüelismus doppelt gesagt. Ell sieht das Objekt in dem Zitat in 4. Das konkrete Thema von 2 a wird in 4 aus der Wertskala zu einer scharfen Antithese abgewandelt. 3 ist mit seiner Wertskala ein allgemeiner Weisheitstopos (cf Spr 14 13 Pred 10 19). Dys ist in 3 die Haltung des Kummers, wie in 118, es kann aber auch die Aufregung und den Arger kennzeichnen, wie in 9 (cf 2 23). 3 ist keine Empfehlung eines Pessimismus, entscheidend ist vielmehr bei dem Komparativ die Antithese zum (oberflächlichen) Lachen. So schließt sich der Spruch in 5 sinnhaft an. Zu 5 cf Spr 15 31 25 12 29 9. Erläutert wird 5 durch das Bildwort in 6. Das Aufflackern der Dornen ist trügerisch und wertlos: nicht anders steht es mit dem Lachen der Toren ( c f 2 i - 3 ) . Schwierigkeiten bereitet eb. Die Nichtigkeitsaussage kann sich hier ja nicht auf das Verhalten des Weisen beziehen (so Zi), sondern nur auf das des Narren. Ist aber die Abwertung eines närrischen Verhaltens eindeutig herausgestellt, so erübrigt sich die für Q. sonst doch immer gewichtige San-Aussage. Darum wird man (mit Od und Ell) eb als Einleitung zu 7 nehmen. Daß im Qumran-Ms zwischen 6 und 7 eine Lücke ist, besagt nicht, daß einmal ein „Zwischensatz" existiert hat, sondern nur, daß der Schreiber die Nichtigkeitsaussage in 6b als Abschluß von 5b ansah. Sieht man in 7 einen begründenden Nachsatz, so müßte ein Vordersatz ergänzt werden, für den man nach De zumeist Spr l ö s : „Besser eine Handvoll [zum Leben] mit Gerechtigkeit, als zwei Hände voll [zum Leben] mit Unrecht" vorschlägt. Aber warum sollte ein derartiger Maschal ausgefallen sein? Warnt 5 davor, der Erziehung auszuweichen, so stößt 7 unmittelbar in den Bereich des Ethischen vor: Der sach- und schriftkundige Weise, der sich beim Rechtsverfahren Geld geben läßt (Dtn 16 19 E x 23 s), wird zum Toren: das ist im Rahmen
Die 18. Sentenz
107
Der Prediger 7 15-22
der „Weisheit" ein ausreichendes Verdikt! Aus dem Parallelismus von 8a zu 8b ergibt sich, daß mit nvrTjlK und nivn^a nicht auf den Langmütigen im Gegenüber zum Hochmütigen gezielt ist, sondern auf die auch in Spr 22 24 greifbare, aus Amenemope bekannte, Antithese zwischen dem Schweigenden und dem Hitzigen (AOT, S. 39. 41). Die Termini sind demgemäß zu übersetzen. D a n n aber bezieht sich 8 a auch nicht auf Anfang und Ausgang einer Sache, sondern sieht den Bedacht beim Reden (cf J a c 1 19) im r e c h t z e i t i g e n Schweigen. In 9 f. folgen zwei Warnungen in der F o r m der Anrede. 9 empfiehlt die Selbstbeherrschung (cf Spr 25 28) — thematisch also 8 nahe. 10 verwehrt eine voreilige Kritik am Heute. Ob sich dies auf eine individuelle Situation oder auf eine Veränderung im Politischen oder Ökonomischen (Teuerung) bezieht, wird nicht deutlich, jedenfalls urteilt Q. nicht als Politiker wie Theognis, der von seinem aristokratischen Aspekt aus die verderbte Gegenwart kritisiert (Galling, ThR 1934, S. 365). Da 11b, ähnlich 12 b, von einem Vorzug spricht, wird man 11a in eine fi? 21b Aussage zu verbessern haben. D a m i t wird der (agrarische) Erbbesitz als solcher nicht abgewertet. I n 12 a stehen Weisheit und transferierbare Münze in Parallele, doch h a t die Weisheit den flirr;, weil sie weiterhilft, wenn das Geld verloren ist. Man darf auf Flüchtlingssituationen in Europa zwischen 1933 und 1946 verweisen. Diese Hochwertung der Weisheit sieht Q. in der Allbestimmtheit der Existenz des Menschen durch Gott in ihre Grenzen gewiesen. Das Bildwort in 13 b scheint auf den Rücken des Hochbetagten zu weisen (cf 1 15). Der R a t zum Hinnehmen auch des beschwerlichen Tages (cf 12 ib) bekommt sein Gewicht durch den Hinweis auf das nihil post mortem (cf 11 s).
7,15—22 Die 18. Sentenz 15 Leibes® Ijabe idj ocfeben in meinen nidjtigen 2agen: $ a geijt ein ©eredjter ¿ugrmtbe trofe feiner ©erecfjtigfeit, ba lebt ein $reület lange troft feiner ©oStjeit! iß @ei nidjt allsu geredjt unb nidjt übertrieben weife: Sßarum willft bu bidj jugrunbe ridjten? 17 ftreole nidjt alljufefir unb fei fein 91arr: SBarum nullit bu fterben oor beinet Bett, 18 „(Uut ift'3, wenn bu ba§ eine feftljältft unb audj oon bem anberen bie £>anb nidjt abjieljft", benn ber ©otteöfürdjtige tut Leibern ©enüge». 19 Die 2Bei£i)eit 'gibt bem SBeifen meljr Äroft' als fie äei)n 9J?adjtljaber befiften, bie in ber Stabt regieren. 20 Siein SKenfi auf (Srben ift fo geredjt, bafe er nur ®ute£ täte unb niemals fehlte. 21 Sludj auf alles ®erebe, ba$ man rebet, gib nidjt adjt, bafe bu nidjt l)örft, wie bein ©Haue bidj oermünfdjt; 22 benn bu wirft wiffen oon Bielen 9J!alen, ba audj bu anbere oerwünfdjteftl 15» "js in der Antithese zweier Fälle. — 18 a so ist zu übersetzen (Gordis). — 19 1 c @ "rn'tjJP. Das Fragwürdige einer im Leben erkennbaren distributiven Gerechtigkeit (cf 2 26) wird hier thematisch behandelt. Q. spricht 15 von einer Erfahrung in den Tagen seiner Nichtigkeit, das will sagen, in einem Leben, das grundsätzlich von der Erkenntnis der Nichtigkeit bestimmt ist. Obschon jemand ordnungsgemäß handelt nicht: „durch seine Gerechtigkeit") stirbt er eines jähen und frühen Todes, wie — umgekehrt — ein Frevler trotz seiner Bosheit lange lebt! Q. ist nicht der einzige, der dies statuiert (cf J.Pedersen, Scepticisme israelite, R H P h R 10, 1930, S. 348ff.), auch in der griechi-
Der Prediger 7 23-8 1
108
Die 19. Sentenz
sehen Gnomik wird derartiges ausgesprochen. So lautet bei Theognis (377ff.) der bittere Vorwurf an Zeus: „Wie kannst du es über dich bringen, Kronide, Frevlern und Gerechten das g l e i c h e Schicksal zuzuteilen, mag ihr Sinn sich zur Besonnenheit wenden oder zur Überheblichkeit bei Menschen, die verbrecherischem Tun nachgehen? . . . " Für die Weisheit der Spr — und bei Q. — ist der Weise der Gerechte und der Frevler der Narr (cf Sprondel, S. 59—82), doch statuierte diese, daß die Gerechtigkeit des Weisen in der TatFolge-Relation stehe, was Q. hier gerade in Zweifel zieht. In 16 wird der Weise davor gewarnt, seine Aktivität auf eine ja doch fragliche Lebenssicherung hin zu übersteigern und durch Ängstlichkeit und Enge das Leben zu verfehlen. 17 warnt analog vor übertriebenem Freveln. Das k a n n zu unzeitigem Tode führen (zu ^By i^a cf die Inschrift auf dem Sarkophag des sidonischen Königs Eschmunazar [ K A I Nr. 14]: T » sSa). Das möchte sagen: der übertrieben Törichte ruiniert sein Leben selbst (cf Ps 34 22 Spr 6 23 10 21), es k a n n aber auch sagen: ein Strafgericht Gottes ist nicht ausgeschlossen. Die sprichwörtliche Wendung in 18 hat im Zusammenhang mit 17 natürlich keinen blasphemischen Akzent, wie De meint („übrigens fordert 18a in gewissem Sinne ein geflissentliches Freveln"), sondern zielt in der Mahnung zu einem /irjdev äyav auf den verständigen Weg des Weisen, der sich freilich keinen Illusionen hingibt. Der Gottesfürchtige tut beidem Genüge, indem er die Extreme vermeidet. Da der Gottesfürchtige als Weiser angesehen wird, ist 18b nicht zu streichen (gegen Bu, Ga 1 ) und nimmt auf ief., nicht auf 15, Bezug (anders He 2 ). Die an dieser Stelle auffallende Erläuterung in 19 ist wohl dahin auszudeuten, daß bei der Machtsituation der fremden Herren eine vorsichtige Anwendung der Weisheit hilfreich sein kann. 19 bildet also ein Exempel für 16. F ü r die zehn Machthaber hat man auf „die ersten Zehn" unter den Archonten innerhalb der hellenistischen Stadtverwaltung hingewiesen (cf Schürer I I 1, S. 172). Richtiger dürfte es sein, auf die seit Ptolemäus' I I . bestehenden Wandergerichte der Chrematisten (cf Aristeas § 111) hinzuweisen. Ein derartiges Zehn-Männer-Gericht (Laokriten) paßt jedenfalls in die Zeit Q.s (cf zu diesem Amt: H. J.Wolff, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Roman. Abtlg. 70,1953, S. 32ff.). 20 wehrt einer Selbstüberschätzung des Weisen (Bezug zu 17?). Zur Sündhaftigkeit der Menschen cf P s 143 2 1 Kön 84« —• und im Rahmen der Weisheit: Spr 20 9. Das wird am Beispiel des Verwünschens als eines durch alle Schichten hindurchgehenden Lasters belegt.
7, 2 3 — 8 , 1 Die 19. Sentenz 23 S l l l b i e é í ) f l b e i d j o e r f u d j t m i t 2 0 e i é f ) e i t , b a ^ t e id) w i l l w e i f e w e r b e n ! - a b e r f i e b l i e b m i r
idj,
fern!
24 g e r n i f t , w a s g e f d ) i e i ) t , u n b g a n j i n b e r l i e f e : w e r t o n n t e eä 25 " 3 d j
roanbte
finben?
midj' j u erfennen, j u erfotfdjen unb j u fudjen SBetéljeit unb
u n b j u e r f e n n e n , w i e e é fte£)t u m , , © o 3 f ) e i t - 9 l a r r t ) e i t " u n b 26 $ a
©tgebnil,
„Xortjeit-Unoerftanb".
f i n b e id} b i t t e r e r o t é b e n £ o b b i e g r a u
i n f o f e r n i t ) r § > e r s 9 t e i s w e r f a u n b 9tet$ i f t u n b geffeln iljre iöänbe! S B e r ( S o t t g e f ä l l t , e n t f o m m t i i ) t , w e r i£|r m i f e f ä l l t , w i r b o o n i t j r g e f a n g e n .
27 $ieS ift'é, was idj gefunben - 'so sprach Qohelet' einé jum anbeten, um ein ©rgebnié ju finben, 28 S S a S i d j f t ä n b i g g e f u g t , a b e r n i d j t g e f u n b e n
tjabe:
„ © i n e n SJlenfdjen f a n b idj u n t e r X a u f e n b , eine g r a u u n t e r eben fo Bielen
nidjt!"
109
Die 19. Sentenz
Der Prediger 7 23-8 l
29 S t i l e i n , f i e f j e b i e 3 t ) a i > e i d j g e f u n b e n , bafe (Sott b i e S J i e n f ^ e n » r e d j t f R a f f e n
ntadjte,
o b e r fic fudjen oiele Äünjte. 8 i S B c r ift ' f o l t f j e r a r t w e i f e ' u n b w e r weife b i e D e u t u n g b e S
SBorteS?
„ ® i e S B e i ä ^ e i t e i n e s SDienfdien m a d ) t l e u d j t e n f e i n S l n t l i f e , bodj b e t £ r o l s f e i n e r 3 ü g e "entftellt if)n'".
25 1 c mit MSS 273133 'S1??. — 26» coli pl (KBL „Fangseil", Ges. Buhl „Netz"). — 271 nbnpn 10K (of 12 8).— 29» coli sg. — 11 Dan n: ^ (He) pr „wer ist wie der Weise?". — 1 US3#; c suffpr pass. Wegen der verschieden erscheinenden Thematik hat man (Zi, LoG) 23f. von 25-29 getrennt, aber die beiden Stichworte „finden" und „Ergebnis" zeigen, daß hier eine einheitliche Reflexion vorliegt. In 23 ist „All dieses" nicht zurückweisend (De, He) sondern wie 8 9 vorweisend: Auf alle nur mögliche Weise hat Q. versucht, die Wahrheit in den Griff zu bekommen. Aber niemand kann sie finden, auch wenn das die Tradition vermeint (Spr 8 17). Die Raum-Bilder in 24 lassen vermuten, daß Q. das Gedicht von der verborgenen Weisheit in Hi 28 1-27 gekannt hat. In 25 liegt der Nachdruck auf der Verknüpfung von Weisheit und Ergebnis. „Ergebnis" hieße, die Weisheit handhaben können und so Irrwege meiden. An einem Beispiel macht sich Q. das deutlich: mehr noch als der den Menschen überfallende Tod, der die Grenze der Weisheit aufweist, tritt die Ohnmacht der Weisheit bei der Begegnung mit der Frau auf. Völlig abwegig ist die These von Volz, hinter dieser Aussage ständen Eheerfahrungen Q.s. He schließt aus dem singulär gebrauchten Partizip Xltlö mit Recht, daß hier ein bestimmtes Exempel anvisiert wird. Die Bilder in 26, die die Frau als Verführerin zeichnen, gelten der „fremden Frau", die den zu Erziehenden von der Weisheit abbringt (Spr 5 1ff.7 6 ff. 23 26 ff. Sir 9 1-9) wie G.Boström, Proverbiastudien (LUÄ NF I, 30, 3, 1935) und P. Humbert (Opuscules d'un hebraiisant par P. Humbert, 1958, S. 111 ff.) des näheren dargelegt haben. Es handelt sich um einen auch sonst in der Erziehungsliteratur begegnenden Topos, so bei Ptahhotep, 275 ff. (ANET, S. 413), bei Ani III, 13ff. (ANET, S. 420) und in Assyrien im „Pessimistischen Zwiegespräch" VIII (ANET, S. 438). Das Besondere bei Q. ist, daß die Abirrung mit der Determination (cf 2 2s) verbunden wird. 26 b als Glosse zu streichen (so Barton, Bu u.a.), würde aus 26a so etwas wie eine moralische Diskriminierung der Frau machen, aber das ist nicht der Skopus der Aussage. Merkwürdig ist die Einschaltung „so sprach Qohelet" in 27. Sie kann nicht von Q. selbst stammen, aber auch nicht von QR 1 , der sich ja bei der Edition jeglicher Distanzierung enthält. Abwegig ist die Meinung von Zi (S. 145), hier läge ein Fragment einer (Rahmen-) Erzählung vor. U.E. stammt der Einschub von QR 2 , der die Thesen Q.s ausdrücklich als Privatmeinung herauszustellen wünscht. 28 zieht unter Verwendung eines Sprichwortes (so Kr) das Fazit. Unter Tausend gibt es vielleicht einen Menschen, wie er sein sollte, aber das ist kein Weib. Auf den Schöpfer fällt dies nicht zurück: er hat — und dies gilt für alle Generationen — die Menschen gerade gemacht, aber sie haben durch Leidenschaften und Spekulationen ihre Bestimmung verraten. Das von abzuleitende rtotfn ist gewählt, um die Verknüpfung mit 25 a und 27 (fla^n) klarzustellen. Die Verfehlung des Menschen 29 b ist seine Entscheidung. Das gilt — unaufgelöst — neben der Determination 26b. Da 8 2 mit der Sentenz vom König neu einsetzt, muß 8 1 noch zu 7 23-29 hinzugehören. Der nachgenannte Maschal der Tradition ist als Erziehungshinweis durchaus einleuchtend, aber, so will es wohl die Frage ausdrücken: Wer zieht aus der Deutung ("I#B nur hier im AT) die Folgerung, in solcher Weisheit sich praktisch zu bewähren?
Der Prediger 8 2-8
Die 20. Sentenz
110
8, 2—8 Die 20. Sentenz 2 'Den ©prudj besl SümigS' bebenle rooijl, unb in Slnfetjung beS ©otteäeibeS 3a übereile bidj nidjt»! ®ef) lieber fort oon il)m, beftefje nidjt auf einer roibrigen ©adje, 4 bietoeil bes ÄönigS SBort ®eroalt ijat unb nientanb iijm fagen !ann: „2Baj? (Bi) pr „Frevel".
Der Skopus der verschiedene Sphären berührenden Sentenz ist die Determination (cf 3 1-15. X 6 i r . ) . Am Beispiel des Königsgerichts verdeutlicht Q., daß die Stunde entscheidet, ob man in einer schwierigen ( d a s bedeutet V~>) Sache vor Gericht durchkommt. Die völlige Offenheit des Königsspruches soll man sich vorher klarmachen. Von einer Warnung vor politischer Intrige ist keine Rede. Q. wird konkret an ein Königsgericht in Jerusalem durch Laokriten (cf 7 19) gedacht haben. Der zu Beginn des Prozesses ausgesprochene Gotteseid besagt, daß man sich dem Urteil unterstellt (Fr. Horst, Gottes Recht, 1961, S. 297). Oder ist beim Gotteseid an einen ÖQXog ßaoifaxog zu denken (Galling, ZAW 1932, S. 294f.)? Nicht die Mahnung, mit dem Prozessieren zurückzuhalten (cf Spr 20 3), ist das Anliegen Q.s, sondern der Hinweis auf die grundsätzliche und darum unberechenbare Freiheit des Machthabers (cf Hi 9 12 von der Freiheit Gottes). Ähnlich sieht der weise Achiqar (Zeile 105: AOT, S. 459; ANET, S. 429a) die Situation: „Rechtet Holz mit Feuer? Fleisch mit dem Messer? Der Mann mit dem König"? Das vorgeführte Exempel gibt Q. Anlaß zu einem umfassenderen Aspekt: für j e d e s Vorhaben (fSO wie 3 1 5 7) gibt es einen xaiqög, einen Entscheidungsmoment, tastfpi rrs ist Hendiadyoin, wobei ny das tragende Wort ist. Die richtige Zeit aber ist dem Menschen verborgen. I n 5 liegen zwei Einschübe von QR 2 vor. VT moralisch mißinterpretierend, stellt er fest, daß der Fromme, der (Gottes) Gebot bewahrt, keine b ö s e Sache kennt, und da für ihn der Fromme und der Weise identisch sind, stellt er konsequenterweise in 5b auch gleich zu 6f. seine Gegenthese auf. Die Stichworte „Zeit" und „Macht" führen Q. in 8 noch zu vier neuen Exempeln. Der Mensch h a t keine Gewalt über die n n , das hier Wind bedeutet, wie die Glosse zeigt. Unverschiebbar ist der vorbestimmte Tag des Todes. Die nur f ü r das israelitische Aufgebot geltende Möglichkeit (Dtn 20 5 ff.) einer Entlassung aus dem Kriege gibt es bei der fremden Obrigkeit nicht, und wo die Macht regiert, n ü t z t auch einem Reichen sein Reichtum zur Rettung nichts. 9Ji sagt: „Der Frevel gibt den Täter nicht frei", was immanent interpretiert dem Sprichwort: „Untreue schlägt ihren eignen H e r r n " (De) vergleichbar wäre .aber nach dem Aufbau unwahrscheinlich ist. Daß hier darauf hingewiesen werde, daß Gott alle Sünde heimsuche, läßt sich nicht unter den Obersatz in e subsumieren (gegen He).
111
Die 21. Sentenz
Der Prediger 8 9-15
8 , 9 — 1 5 Die 2 1 . Sentenz 9 3111* bie§ faf) idj, als td) mein Ciers ridjtete auf alles £un, basi man unter bei Sonne tut, Sur Seit, ba ein SOtenfdj bie 3J!adjt t)at übet einen anbeten ju beffen ©djaben. 10 Unb fo faf) idj, bafe greeler "firiö nafien" unb Ijersutreten, aber t>on ijeiliger Stätte müffen geljen unb werben oergeffen in ber ©tabt, bie bas Sterte taten. Wuä) bicä ift ni^tig! 11 Söcit nirfjt fofort ba§ Urteil oollftrecft wirb bei böfer Xat, raädjft ben ÜJIenfdien ber ffllut, SBöfeS 3u tun. 12 „9JJag ftfjon ein ©ünber ijunbertmal freöeln, fo lebt er bodj lange!" Aber ich weiß auch, daß es gut gehen wird den Gottesfürchtigen, die sich vor ihm fürchten. i 3 Kein Glück ist dem Freyler beschieden und nicht wird er seine Tage verlängern wie der Schatten, da er sich nicht vor Gottes Angesicht fürchtet. 14 &ä gibt ein SßidjtigeS, bas auf dtben gefdjiefct: $>a finb ©eredjte, bie trifft ein (Sefdjict, baS bem Xun ber greoler entfpridjt, unb ba finb greoler, bie trifft ein ® e f $ i i , bas bem 2un ber ©eredjten entfpridjt. fage: auä) bieS ift nichtig. 15 ®a t>rie£ idj bie greube, »eil nidjts beffer ift für ben 9Jlenfd)en als ju effen unb ju trinfen unb fröt)lidj ju fein. Das lann ii)n begleiten in feiner Slrbeit feine ßebenStage fjinburdj, bie iljm ®ott unter ber Sonne gemährt. 10 1
D1?1i?
P r ».sie werden begraben und sie kommen" (pf).
Verschiedentlich wird 9 noch zur vorangehenden Sentenz gerechnet, aber die konkrete Beobachtung in io bedarf einer Einleitung, die zunächst auf die Grundfrage nach dem Gebrauch der Macht hinleitet (cf 10 s). Zu io hat es die verschiedensten Textkorrekturen gegeben, die durch D'HSp „Begrabene" 50? hervorgerufen wurden. Dann müßte die heilige Stätte dem „reinen Ort" (der Totenstadt) entsprechen, das ist zwar eine in Ägypten mögliche Aussage, aber sie paßt nicht in den jüdischen Bereich, dem die Sphäre des Grabes immer unrein erschien (gegen Bu, Ga 1 ). Den Frevlern, die im Hause Gottes einund ausgehen — es kann sich demnach nicht um Ausländer der fremden Oberschicht handeln — , stehen diejenigen gegenüber, die das Rechte taten, aber gleichwohl in der Stadt (Jerusalem) keinen Platz hatten und trotz ihrer guten Werke vergessen wurden. Da LoG die Nichtigkeitsaussage auf ein Verblassen des menschlichen Rühmens bezieht — er ändert das „sie wurden vergessen" in „sie rühmten sich" wie es einige MSS und die Verss. haben) — , so sieht er in io eine geschlossene Aussage über die Frevler, die sich ihrer pharisäischen Frömmigkeit rühmen. Aber das scheitert an der Fortsetzung, die auf der Antithese von Frevlern und Gerechten basiert. Liegt in io eine Kritik im öffentlichen Verhalten vor, so wird man auch n auf die Verzögerung eines Urteils der Machthaber (cf 9) zu beziehen haben. Das Lehnwort DjriE bezeichnet (hebr. E s t 1 20 und aram. Esr 6 11 Da 4 14) den Urteilsspruch eines weltlichen Herrn. Sieht man mit K r in 12a ein Zitat derjenigen, die die Verzögerung der Verurteilung zum Ausbleiben einer distributiven Gerechtigkeit (Gottes) überhöhen, so kann 12a mit 11 kombiniert werden. Anders steht es mit 12b. 13. Nähme man diese Aussagen über das Glück des Frommen und die Kurzlebigkeit des Frevlers als Meinung Q.s, so müßte man die gegenteilige Position in 14 als falsch deklarieren und sie Q. absprechen. Aber das ist natürlich unmög-
Der Prediger 8 16-9 10
Die 22. Sentenz
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lieh. 14 ist für Q. in jedem Bezug typisch, nicht nur durch die zweimalige Nichtigkeitsaussage, sondern auch in der Bestreitung eines Tat-Folge-Ergehens. Man hat sich so zu helfen versucht, daß man zu „Aber ich weiß auch" ein „daß man allgemein so redet" hinzunahm, aber, wenn Q. dies meinte, hätte er es ja auch sagen können (? "iD^ü l^S). Zudem ist die Erkenntnisaussage Q.s niemals ein bloßes: „ich bin nicht unwissend" —• hier in bezug auf die orthodoxe Lehrmeinung. Außerdem müßte 14 dann mit einem „aber" oder „doch" einsetzen wie Nötscher, Kr, He annehmen, obwohl nicht dasteht. So muß man in 12 b. 13 eine Glosse von QR2 sehen, der die ihm frivol erscheinende Aussage in 12 bestreitet und damit dann freilich 14 desavouiert. Möglicherweise hat er das „es gibt eine Nichtigkeit" als Hinweis auf seltene Ausnahmefälle (!) verstanden und so s e i n e Position und die von Q. als divergierend, aber sich nicht ausschließend angesehen. Der Nichtigkeitsaussage am Schluß von 14 folgt ein — allem zum Trotz möglicher — Ausblick auf die Lebensfreude (cf 2 17 3 12 f.). Einmalig ist das Bildwort vom „begleiten", wichtig dabei der Modalis' „es k a n n ihn dies begleiten bei seiner b^y in den von Gott gewährten Lebenstagen"!
8 , 1 6 — 9 , 1 0 Die 22. Sentenz 16 Snbem ttf) mein £>ers borouf ricfjtctc, SBeiäEjeit 51t erfennen unb boä ¿reiben ju burdjfdjauen, baS auf ©rben gefdjieht felbft, wenn man Sog unb 9ladjt feinen ©djlaf ju feljen befommt 17 ba mufete idj erfennen am ©ansen be3 göttlichen SBerfeS, bafe ber SJlenfdj eä nidjt ergrünben fann, nämlich baS ©efdjeijen, ba3 untei ber Sonne gefdjieht, roie auch ein 9Jlenfdj ftdj müht, eä ju erforfdjen - er ergrünbet est nidjt. 3a, felbft ein SBeifer fann eä nidjt ergrünben, wenn er auch meint, es ju oerftehen. 9 1 ®enn 'auf' aU' biefeS richte idh* mein petj' unb aus all' bem 'erfah idj', bafe bie (Serechten unb bie äöeifen unb ihr £un in ber £>anb ®otte§ finb. ©ei'3 ßiebe, fei'3 f>afe, ber SRenfdj weife nichts öon alle bem, wa£ ihm" beeorfteht, 2 was* aber 1 allen jufommt, ift ein ©efdjitf, bem Gerechten unb bem greoler ' b e m Sieinen unb bem Unreinen, bem, ber opfert, unb bem, ber nidjt opfert. SBie bem ®uten, fo geht'3 bem ©ünber, wie bem, ber fdjwört, fo bem, ber baä ©djwören meibet. 3 ®aö ift 'baä ©djlimmfte' bei allem, rnaä unter ber ©onne gefdjieht, bafe eä für alle ein ©efdjitf gibt, Auch ist das Herz der Menschheit voller Schlechtigkeit und Torheit wohnt in ihren Herzen, so lange sie leben unb jwar 'ihr @nbe' bei ben SEoten! 4 Denn, wer noch 'sugefellt ift' bem Äreiä ber ßebenben, ber hat Hoffnung, benn: „@in lebenber f)unb ift beffer bran aU ein toter ßöwe". 5 Sa, bie ßebenben wiffen, bafe fie fterben muffen, bodj bie Xoten wiffen gar nichts. ©3 gibt für fie feinen ßohn mehr, benn ihr Slnbenfen ift oergeffen. 6 3hr ßieben unb ihr ©äffen unb audj ihr ©ifern, ba§ ift längft bahin unb feinen Steil haben fie jemals wieber an aU' bem, was unter ber ©onne gefdjieht. 7 SBohlan, ife mit greube bein SBrot unb trinfe frohen §>er$en£ beinen 3Bein, benn längft hat Sott foldj' £un oon bir gebilligt. s SUlejeit feien beine Äleiber weife, unb beinern Raupte fehle e§ nicht an ö l ! 9 ©eniefe bas ßeben mit ber $rau, bie bu lieb h«»ft, alle £age beineS flüchtigen $afeinS ' ' benn ba$ ift bein l e i l am ßeben unb für beine SRühe, mit ber bu bidj mühft unter ber ©onne.
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Die 22. Sentenz
Der Prediger 8 ie-9 10
was bit tiot bie €>anb lommt su tun, ba3 tue mit Äraft*, benn eä gibt webet SBitien nodj planen, webet GsrlenntniS nod) 2Bei£i)eit in bet Unterwelt, wotiin bu auf bem 23eße bift.
10 %lleä,
11 bx pr njt. — 1 n» pr bx. — 1 c Veras rm1] pr „zu sichten". — »zu Dnx — DiTJB1? cf GK § 145. — 2 • = alles, wie für alle" (statt I^S? wohl besser lli'ij). — dl „dem Guten", Glosse zu „dem Gerechten". — 31 c art J?nn. — 1 OJI^nNI pr „und hinter ihm". — 4 1 c Q "I21T pr „er erwählt". — 9 dl „welche er dir zuteilt unter der Sonne" Glosse zu dl „alle Tage deiner Nichtigkeit" (ditt). — 10» Akzente nach MSSW. Da der Aufruf zur Lebensfreude in 15 deutlich, einen Abschluß bildet, gehören ief. zur neuen Sentenz (gegen LoG, He 2 ). Die Undurchsichtigkeit von Gottes Tun, das auch kein Weiser enträtseln kann, wird in 9 iff. konkretisiert, daher können auch 8 ief. nicht als ein selbständiger Zweizeiler interpretiert werden, obschon es solche gibt: 3 ief. 6 7f. 9 nf.). Das singuläre Bild vom „Nichtsehen des Schlafes" ist f ü r die Nacht unter gegebenen Umständen verständlich, aber: wer sucht des Tages den Schlaf? Der Satz zielt offensichtlich auf die Q. ständig umtreibende, ihn niemals loslassende Unruhe. Zur R u h e käme das Nachdenken des Weisen, wenn sich aus der Korrelation zwischen Verhalten und Ergehen des Menschen ein Sinn ergäbe. So wie es in Spr 10 28 gesagt wird: „Die Hoffnung der Gerechten bringt Freude, aber die Erwartung der Frevler wird zunichte." Die in ib als Objekt vorangestellten Worte „Liebe" und „ H a ß " können aktivisch verstanden werden (so De, He 2 ). Die Menschen wissen nicht einmal, w a n n bei ihnen die inneren Motionen auftauchen (cf dagegen Lv 19 i7f.), richtiger könnte es sein, sie passivisch zu interpretieren. D a n n wäre an Widerfahrnisse gedacht, die unversehens dem Menschen von anderen zukommen. Die Fortsetzung zeigt jedoch, daß hier -—• absichtlich unpräzise (Kr) — an Affekte Gottes gedacht ist (cf Ps 11 5 P r v 15 9). Was unbedingt feststeht, ist, daß a l l e Menschen der Tod trifft (cf Sir 41 3f.). Da ist auch kein Unterschied — hinsichtlich der Lebenslänge (cf Prv 15 24) — zwischen den Frommen und den Sündern. Zu den im einzelnen genannten Kategorien al3 solchen nimmt Q. keine Stellung. Das gilt vom Opfern und Nichtopfern ebenso wie vom Schwören und Nichtschwören. I n 3b liegt eine Einschaltung von Q R 2 vor. Hier wird eine M o t i v a t i o n f ü r das verdiente Todesgeschick der Menschen gegeben. Gegenüber dem Todeszustand ist das Leben, auch wenn es ein Wissen um den unausbleiblichen Tod einschließt, ein Positivum 4 f. Das verdeutlicht Q. in einem Sprichwort. Der Lebende kann hoffen, daß seine Todesstunde noch fern ist. I n 5 b scheint ein Wortspiel (13^/13T) vorzuliegen. 6 a kann passivisch oder aktivisch verstanden werden. Was den Menschen an Liebe, H a ß und Neid begegnet, ist nun dahin (Ga 1 , Kr). Es kann aber im Zusammenhang mit 6 b auch besagen: alle Affekte enden im Tod, wie auch die Toten keinerlei Bezug mehr zu dem haben, was hernach auf Erden geschieht. Der Aufruf zum Leben in Freude 7ff.wird hier durch die Anrede besonders akzentuiert. Das Sich-am-Dasein-freuen ist im zuvor von Gott gebilligt. I m GilgameschEpos, Taf X, 3 6-13 heißt es: „Du, Gilgamesch — dein Bauch sei voll, ergötzen magst du dich Tag und Nacht! Feiere täglich ein Freudenfest! Tanz und spiel bei Tag und N a c h t ! Deine Kleidung sei rein, gewaschen dein H a u p t , mit Wasser sollst du gebadet sein! Schau den Kleinen an deiner Hand, die Gattin freu' sich auf deinem Schoß" (A. Schott, Das Gilgamesch-Epos, 1958, S. 77f.; cf AOT, S. 194; ANET, S. 90a). Das ist Topos und besagt natürlich nicht, daß Q. etwas vom Gilgamesch-Epos gewußt hat. Das gleiche gilt auch von den ägyptischen Parallelen. Die in Grabkammern aufgezeichneten Lieder des Neuen Reiches, besonders der Ramessidenzeit (ca 1300—1100 v.Chr. die im Blick auf den Tod zum Lebensgenuß auffordern, waren, wie E. F. Wente (JNES X X I , 1962, S. 118ff.) gezeigt hat, nicht f ü r Totenfeiern gedichtet, sondern hatten ihren eigentlichen Platz bei weltlichen Festen. Bei der Totenfeier werden sie vom Harfner als Abschieds8 Handb. AT 1/18: Megilloth
Der Prediger 9 11-12
Die 23. Sentenz
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gesang ein letztes Mal gesungen (H. Brunner, JNES XXV, 1966, S. 130f.). In der Überlieferung der XIX. Dynastie (Papyrus Harris 500) lautet der betreffende Passus: „Folge deinem Herzem solange du lebst. Leg Myrrhen auf dein Haupt und kleide dich, in feines Linnen. Salbe dich mit den echten Wundern der Gottesdinge (d.h. mit der feinen, den Gottesbildern zukommenden Salbe). Vermehre dein Gutes noch, laß dein Herz [nicht] ermatten. Folge deinem Herzen und deinem Vergnügen (?). Verrichte deine Sachen (?) auf Erden, und quäle dein Herz nicht, bis jener Tag des Wehgeschreis zu dir kommt." (AOT, S. 29; ANET, S. 467). In einem thebanischen Grab (Nr. 50) lesen wir: „Feiere den schönen Tag, Gottesvater (Titel des verstorbenen Priesters)! Bring Balsam und öl zusammen an deine Nase. Kränze von Lotos und Liebesfrüchte an deinen Leib, indem deine 'Schwester' (d.h. Frau), die du liebst, neben dir sitzt. Laß dir Gesang und Harfenspiel sein. Kümmere dich nicht um all das Schlechte, sondern denk nur an Freudiges. Bis jener Tag kommt, wo man landet in dem Lande, das das Schweigen liebt." (A.Hermann, Altägyptische Liebesdichtung, 1959, S. 158). Zur Lebensfreude gehört, so sagt es Q. in 10, auch das Tun des jeweils Nötigen. In der Unterwelt (blxttf in Pred nur hier) hat der Mensch ja keine Möglichkeit mehr zum Planen und Wirken (cf Joh 9 4). 10a setzt offensichtlich auch den Erfolg des Handelns voraus. Das ist der traditionelle Aspekt der Weisheit. 9,11—12 Die 23. Sentenz 11 3«m anbern 'fai| idj' unter ber Sonne, bafe nidjt bie ©djnellften® ben ßauf gemimten unb ni#t bie £apfet?ten ben Stieg, audj nidjt bie SBeifeften Öa3 ©rot, nodj bie Älügften SReidjtum, nocf) bie 33erftänbig?ten Slneriennnng, oielmetir 3eit nnb ®efdji) gekennzeichnet werden. Es ist ähnlich wie „Zeit und Entscheidung" in 8 6f., ein Doppehvort, das von der „Zeit" her bestimmt ist. Man erwartet, daß der höchsten Leistung auch der höchste Erfolg zukommt. Das erste Beispiel handelt vom Wettlauf (cf 1 Kor 9 24). Der älteste Beleg für ein Gymnasium begegnet freilich erst in 1 Macc 1 i4f., aber es ist durchaus denkbar, daß griechische Sportübungen in den Städten zu Beginn des 3. Jh.s den Juden bekannt waren. Der Sport und der Krieg sind in der körperlichen Leistung anschaubar, aber für den Lehrer Q. sind die nächsten Beispiele von größerem Gewicht. Die 3 Stichworte in 11: Byv, CW, B^pan bezeichnen eine Menschengruppe. Man müßte erwarten, daß sie sich ihren Unterhalt verdienen (doch cf 9 15), zu Besitz kommen und — beides zusammengenommen? —• auch Anerkennung finden (cf Spr 3 i6f.), aber in allen Fällen entscheidet der xaioog, der unberechenbare Moment (cf 3 1-15). Das Stichwort „Zeit" läßt Q. an den ebenso unberechenbaren Zeitpunkt des Todes denken, den er mit den Bildern vom Fischfang und Vogelfang verdeutlicht.
115
Die 24. Sentenz — Die 25. Sentenz
Der Prediger 913-16 917-10 20
9 , 1 3 — 1 6 Die 24. Sentenz 13 9lud) bieS fall idj an ber 3Bei£f)eit unter ber ©onne, unb fdjroetnriegenb erfiijien tä 'mir': 14 Do ift eine Heine €>tabt mit wenig ßeuten, unb oor fie fommt ein gtofeer Äöntg, ber umzingelt fie unb baut gegen fie gewaltige '9J2afif)inen'. 15 '9lun finbet f W in if)r ein armer 'unb' meifer Sölann, ber tjätte bie Stabt burij feine 2Mä£)ett retten tonnen, aber niemanb backte an biefen armen SOlann. io ®a fagte : 2Bei$t|eit ift beffer als ©tärfe, aber bie SBeiöfjeit beS Slrmen ift oeradjtet unb auf feine äBorte Ijört man nidjt. 18 1 ib pr „zu mir" (bü ditt). — 14 1 c 2 MSS et Verss nn^l? pr „Netzwerke". — 15 1 N5T0J1 pr „und er findet". — ins c mit MSS et Verss 1. Die Verknüpfung mit der vorigen Sentenz ist darin gegeben, daß Q. hier ein Exempel für die Nichtanerkennung des Weisen bietet, der besonders als Armer in der Stadt keine Beachtung findet. Was Q. in i4f. erzählt, ist kein historisches Ereignis, sondern eine Beispielerzählung im Unterricht, die Q. jedoch im entscheidenden Punkt abbiegt (cf Galling, ZAW 50, 1932, S. 286). Positiv gesehen, müßte das Exempel dem in Prv 21 22 entsprechen: „Eine von (sc vielen) Kriegern verteidigte Stadt ersteigt ein Weiser und stürzt das Bollwerk, auf das sie sich verließ." Für Q. ist das völlig irreal! Im entscheidenden Moment (!) dachte niemand an den nicht zur Oberschicht gehörenden Weisen (cf Sir 13 22). Die irreale Statuierung erübrigt auch die Frage, worin das Genie des Weisen (als eines Vorläufers von Leonardo da Vinci?) die Rettung gesehen hätte. Belagerungsmaschinen (14) hat es schon in vorgriechischer Zeit gegeben (2 Chr 26 15).
9,17—10, 20 Die 25. Sentenz 17 SBorte ber SBeifen in SRufje gehört, finb meljr als ba3 ©efdjrei eines §errfdjer£ unter ben £oren. 18 Söeffer ift SBeiSljeit als KriegSgerät unb 'eine 33etfel)lung' ridjtet oiel ©uteä jugrunbe. 10 1 '©ine fliege, bie e e r e n b e t ' ' m a d j t ftinfenb ba§ £>l beö ©albenmifdjerä. 3JJei)r als SBeisijeit, unb 'als Slnfefien', wirft ein wenig S£orf)eit. 2 ®er Sßerftanb beS SBeifen ift ju feiner SRedfjten, aber ber bes £oren ju feiner ßinfen. 3 Stuf wetdjem SBege 'ber Sftarr' aud) gefjt, ber S3erftanb fefjlt i£)m, unb fagt fo allen, er fei ein 9tarr! 4 5Lobt be§ 9Jiadöti(atierS Unmut gegen bidj, eerlafe beinen Soften nidjt, benn ®elaffen£)eit bringt grofee S3erfet)lungen sur flluije. 5 gibt ein Übel, baS icfj unter ber ©onne faf|, einer Übereilung gleich, bie 00m Sölädjtigen ausgebt: 6 '$er 2or' ift auf E^oEjen Soften geftellt unb Steide fifeen in ÜKiebrigfeit. 7 3dj falj Sllaoen tjodj jn 9toft unb durften, bie ju gufe gingen ' ' . 8 SBer eine ®rube gräbt, fann tjineinfaiten, unb wer eine SRauer einreifet, ben fann bie ©djlange beifeen. 9 SBer Steine bridjt, fann fidj babei wegtun, wer £>olj [paltet, bringt fiel) bamit in ©efafjr. 8*
Der Prediger 9 17-10 20
Die 25. Sentenz
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10 2Benn baS @ i f e n ftumpf w i r b , unb m a t t fcf)leift bie S d j n e i b e nid)t, mufe m a t t bie G r ä f t e o e r b o p p e l n . ' ® i b t es b a einen G e w i n n u n b Sßorteil o o n 3BeiSl)eit'? 11 ©eifet bie S o l a n g e o o r b e t Sefcfjtoötung, fo Ejat b e r S9efdj w ä r e t feinen Söortetl! 12 © o r t e a u s b e m STCunbe e i n e s SBeifen b r i n g e n ® u n f t , a b e r bie S i p p e n beS Sporen r i e t e n if)n felbft a u g r u n b e . 13 D i e SBorte feines SJlunbeS beßinnen m i t 2 o r f ) e i t , feiner Siebe ©djlufe ift a r g e i i a r r t j e i t . 14 ® e r 2 o r m a d j t öiele SBorte, (ni(f)t weife b e r SUienfdj, w a s fein w i r b , unb w a s nad) if)m i o m m t , w e r fönnte e s if)m i ü n b e n ? ) 15a D i e 9Jiüi)e 'beS X o r e n , w a n n e r m ü b e t fie i ^ n ' ? ig SBefje b i r " , ß a n b , beffen Ä ö n i g ein Ä n a b e ift, 15b b e r nidjt e i n m a l s u t S t a b t j u gefjen weife, unb beffen d ü r f t e n fdjon a m SJlorgen t a f e l n ! 17 £ e i l b i r a , ß a n b , beffen Ä ö n i g ein © b l e r ift, e i n e r i n g e f t i g f e i t unb nidjt i m X r i n f e n " , u n b beffen S u r f t e n j u t r e g t e n 8 « i t t a f e l n ! 18 ® u r d ) grofee g a u l i ) e i t a fenlt fid^ baS föebalf u n b b e i löffigen § ä n b e n t r i e f t baS £>auS. 19 3 u r © e l u f t i g u n g o e r a n f t a l t e t m a n ein 3Kaf)l u n b b e r SBein erweitert baS ß e b e n , unb f ü r (Selb ift a l l e s j u ijaben. 20 ©elbft a u f beinern ß a g e r " oerwünfdje einen Ä o n t g ttid^t unb i n b e i n e m ® e m a d j feinen S t e i g e n ; b e n n b e r SSogel beS R i m m e l s t r ä g t bie S t i m m e w e i t e t , unb b e r G e f l ü g e l t e B e t r a t b e i n SBort.
18 1 Koni pr „ein sich Verfehlender". — 1 1 nfflj SOJ pr „Fliegen des Todes". — dl c 2 Hier SB y\3; ditt. — 1 c mit MSS © Hier 9} 1133!??. — 8 1 c Q SjB^p. — 6 1 c Veras SjBn pr „die Torheit". — 7 dl „wie Sklaven" (Glosse). — 10 1 [1UV111""?^? pr „und ein Vorteil des 'Gelingenmachen' (?)". — 15 1 '{10 (Eh) pr „die Toren (pl) — sie (fem sg) ermüdet ihn". — 16 B cf BLe 652a. — 17" cf BLe 253 u. — " trsp 17bß ante 17ba. — 18» Dual als Verstärkung. — 20» 1 sg pr pl (Driver, S. 233).
Die freie Kompilation verschiedener Sprüche, die man mit Eißfeldt (Einl., S. 668) und Ell. als eine Einheit wird zusammennehmen können (entgegen Ga 1 ), zeigt weithin traditionelles Gut. Stammen die Sprüche und die beiden kritischen Reflexionen in 10 5-7. 12-15 aus einer früheren Sentenzenzusammenstellung Q.s, die die Formel der Nichtigkeit noch nicht besaß? Trotz formaler Unterschiede ist diese Zusammenstellung am ehesten 7 1-14 vergleichbar. Wir teilen mit Ell wie folgt: 9 1 7 . 1 8 . 10 1. 2f. 4. 5 - 7 . 8. 9. 10.11.12-15.16f. 18.19.20. Die Worte der Weisen 9 17 werden nicht nur mit Bedacht gehört, sondern natürlich auch mit Bedacht ausgesprochen. Kr statuiert ein toleratives Nif und übersetzt: „sie ertönen in Ruhe." So käme jedenfalls der Gegensatz zu dem Geschrei eines Herrschers unter den Toren (SgHn meint hier kein politisches Amt; ob Wortspiel mit b^lj ?) klarer heraus. Der Maschal in 9 18 kontrastiert Weisheit und Dreinschlagen mit Waffen, und als zweites wird eine Verfehlung genannt, die großen Schaden anrichtet (cf 4). Auch das personenhafte nt£lm (SSI) meint nicht einen Sünder, auch nicht einen Gott Mißfälligen (cf 2 26), sondern einen, der unweise handelt. Da die Parfümsalbe in kleinen Gefäßen aufbewahrt wird, kann schon eine verendete Fliege die Qualität der Salbe verderben ia. Schwierigkeiten macht ib. Nach Spr 3 15 wäre mit „wertvoller als" zu übersetzen, aber: wie kann man die kleinste Torheit höher werten als Weisheit und Ansehen? Ironisch kann der Spruch sicher nicht verstanden werden. Die sonst so eng an dem hebr. Text orientierte griechische Übersetzung hat hier bewußt geändert (im Unterschied zu 53!). „Köstlicher ist ein wenig Weisheit als der Glanz von
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Adel Torheit." Abwegig wäre es, diesen Text ins Hebräische zu übertragen! Seit De faßt man als „gewichtig", was besagen will: Einschneidender in der Wirkung der "Weisheit ist die Torheit (Nötscher: Torheit wirkt mehr als Weisheit). Dem toyp könnte auch (cf BH) ein TMob (Hi 36 3i) gegenüberstehen: hier Weisheit in Fülle, dort eine einzige (geringe) Torheit. Nicht der gemeinte Sachverhalt, sondern die Wortwahl von macht die Übersetzung so schwierig (LoG läßt den Vers einfach aus). Mit Si, Za und Ga 1 könnte man erwägen, statt des Komparativs eine Aussage mit dem Verbum 13« p t hif TZl^p zu substituieren: Was an der Weisheit wertvoll ist, v e r d i r b t schon die kleinste Torheit (cf 9 is) 10 3a betont, daß sich der Narr in der Öffentlichkeit decouvriert: si tacuisses, fhilos(yphus mansisses. 3 b kann bedeuten: Er, (der Narr) sagt von jedem, d e r sei ein Narr!, doch wäre dann wohl eher eine oratio directa zu erwarten. So wird es richtiger sein, (mit De) zu interpretieren: er, der Narr, sagt mit jedem seiner Worte zu allen, d.h. gibt es so allen zu erkennen, daß er ein Narr ist. i ist, wie Spr 16 14 zeigt, ein Topos für den aus der Weisheitsschule kommenden Beamten eines Machthabers. Ähnlich heißt es in der ägyptischen Weisheit: „Antworte nicht einem wütenden Vorgesetzten, halte dich abseits. Sage Süßes, wenn er Bitteres zu jemandem sagt, und beruhige sein Herz" (Lehre des Anii [NR] cf Fr. v. Bissing, Altägyptische Lebensweisheit, 1955, S. 77). Dem R a t in 4 folgt eine kritische Reflexion 5-7. Es verdient Beachtung, daß Q. seine Beobachtung (7) mit einer übereilten Fehlentscheidung eines legitim amtierenden Machthabers v e r g l e i c h t . Wo die Ordnung zerbricht, kommt es zu einer Umschichtung der Stände und Klassen. Vergleichbar sind die Aussagen in den sog. Mahnworten des Ipuwer (um 2000 v.Chr.): „Es ist doch so: Geringe sind zu Besitzern von Kostbarkeiten geworden, und der, der sich keine Sandalen machen konnte, zu einem Besitzer von Schätzen... Die Vornehmen sind in Trauer und die Geringen freuen sich... Kinder von Großen werden auf die Straße geworfen. Der Wissende sagt: ja, der Dumme sagt: nein. Dem, der es nicht weiß (der König?), erscheint es schön..." (H.Ranke in AOT, S. 52f.). I n Spr 30 21-23 werden vier Dinge genannt, die das Land nicht ertragen kann, daß ein Sklave König wird, ein Tor Brot die Fülle hat, eine Verschmähte (cf Dtn 24 1-4) geheiratet wird und eine Magd ihre Herrin verdrängt. Dergestalt stellen die Statuierungen Q.s etwas Typisches dar. Ob Q. derartiges erlebt hat, entzieht sich unserer Kenntnis. Bemerkenswerter ist, daß Q. an 7 keine Nichtigkeitsaussage anschließt (anders 4 1-3). In 8f. werden Möglichkeiten der Gefährdung (GK §107r) genannt. Bei der Grube (Zisterne-Brunnen?) ist n i c h t an eine Falle für andere gedacht (Spr 26 27 Sir 27 26). Bei der Mauer handelt es sich nicht um die eines verfallenen Hauses, das wäre Vp (vgl. cf Am 5 19), sondern um eine Feldgrenzungs-Mauer. 8f. sind keine indirekten Mahnungen zur Vorsicht, aber auch kein Hinweis darauf, daß alle menschlichen Voraussetzungen eitel sind (so He 2 ); die Exempel wollen vielmehr den Schüler darauf aufmerksam machen, daß auch bei rein manuellem Tun nachgedacht werden muß. 10 stellt eine weitere handwerkliche Notwendigkeit heraus. Die angeschlossene rhetorische Frage will im Rahmen der Tradition besagen: Ist dies nicht ein unmittelbar einleuchtendes Beispiel dafür, daß Nichtbeachtung der Weisheit Nachteile bringt (cf 7 11 f.)? So fügt sich als neues Beispiel 11 an. Reagiert der Schlangenbeschwörer (cf Jer 8 17 Ps 58 5f. Sir 12 13) zu spät, so hat er das Nachsehen, d.h. er findet den Tod. In 12-15 steht zunächst die traditionelle Weisheit im Vordergrund. Der Weise erfährt wirklich Gunst (anders 9 11) und der Tor bringt sich selbst ins Verderben. „Denn die Zunge des Dummen und Törichten ist sein Schwert, womit er sein Leben abschneidet" (Pap. Insinger 4 5, cf Spr 10 8.21 18 7). In 14b begegnet ein kritischer Einwand. Insofern die Vielrederei auf die Zukunft gerichtet ist, kommt es zu vermeintlichem Wissen (cf 8 7). Wie es nach seinem Tode auf der Welt sein wird, darüber kann der Mensch keine Antwort geben. Das ist 612b sehr ähnlich und u.E. eine später eingefügte Randnotiz von Q. (oder QR 1 ?). Die Polemik gegen den Toren
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spitzt sich 15a in der rhetorischen Frage zu, die besagen will: er ist der einzige, der von seinem Geschwätz nicht müde wird! „Laß dich nicht 'Tor* genannt werden wegen der Müdigkeit, die deine Worte verursachen" (Pap. Insinger 3 s). In der Kontrastierung von Klage und Preisung ief. enthält der Doppelspruch eine Aussage über gut und schlecht Regiment. Er nennt nicht zufällig neben dem König die Beamten, so daß es sich indirekt auch um eine Erziehungsweisheit für (den König und) die Beamten des Hofes handelt. In 16 und 17 stehen sich 1SJ und B^'n-ja gegenüber. 153 ist ein junger Mann (kein Kind. Das hieße 1SJ cf 1 Sam 20 35 2 Kön 2 23 Jes 11 e). Das wird außer durch Ri 8 14 durch das Siegel: „Eljakim, IUI des Jokim" aus Teil bet mirsim und Beth Schemesch eindeutig bewiesen. Da die Preisung drei Glieder umfaßt, wird man für die Klage auch drei Glieder anzusetzen haben, und so empfiehlt es sich, den in 15 schlecht passenden Vers 15b hier einzuschalten. Ein 1S3 kann schon bei einfachen Diensten als Bote versagen (Spr 26 6b). Der 13?3, der hier als ungenügend Gebildeter angesehen wird, versteht sein Königsein dann als ein Leben in Saus und Braus mit seinen Beamten und Kumpanen. Um das Rechtsprechen trunkener Ratgeber steht es dann ebenso schlecht wie um das Regiment des Königs (cf Jes 5 22 Spr 31 4f.). „Groß ist ein Großer, dessen Große groß sind; stark ist ein König, der einen (sc zuverlässigen) Hof hat, und herrlich ist der, welcher reich an Großen ist. Du sollst die Gerechtigkeit in deinem Hause aussprechen, damit die Großen, die über dem Land sind, sich vor dir fürchten" (Lehre des Merikare, A.Volten, Zwei altägyptische politische Schriften, 1945, S. 21). Der aus dem Kreis der bereits im Amt Bewährten stammende D1l.1n"|3 (KBL) weiß, was sich gehört. Er braucht deshalb mitsamt seinen Räten nicht asketisch zu leben (cf das Urteil Jeremias über Josia: Jer 22 15). Da die Kontrastierung auf Typisches zielt, darf man in ief. keine zeitgeschichtliche Anspielung sehen. Der allgemeiner gehaltene Maschal in 18 setzt das gewalzte Flachdach des palästinischen Hauses voraus, das unter der Wucht der Winterregen leidet und ständig erneuert werden muß (cf Spr 19 13). 19 ist nicht Vorwort für 20, sondern steht für sich. Haben wir hier einen Zecherspruch vor uns? Jedenfalls handelt es sich um eine einfache Statuierung. Hätte sie Q. kritisch gesehen wissen wollen, so würde eine Nichtigkeitsaussage folgen. 20 ist ein Rat an den noch zu Erziehenden, mit der Kritik gegenüber der Obrigkeit und den Reichen auch dann zurückzuhalten, wenn er es in den intimen Räumen seines eigenen Hauses äußert. Die Wände haben Ohren. Das Bild vom Vogel begegnet auch in den Sprüchen Achiqars: „Schwatze nicht übermäßig..., bei dem, was du hörst, sei hartherzig ( = verschwiegen), denn ein Vogel ist das Wort" (Zeile 96ff. AOT S. 458; ANET, S. 428b), und im Pap. Insinger 4 4 steht die Warnung: „Sprich nicht Worte über den König und den Gott in Gottlosigkeit, wenn du wütend bist". Daß in diesem Klugheitsrat der Gedanke zum Ausdruck komme, man dürfe g r u n d s ä t z l i c h gegen eine schlechte Obrigkeit nicht opponieren, hieße den Text überfordern. Auch dieser Spruch steht im Rahmen der Tradition.
1 1 , 1 — 6 Die 26. Sentenz 1 1 1 ©ib beiit S3rot f)in" auf bie SSafferfläiije nadj Dielen Xageit nodj fannft bu es ttrieberfinben. 2 ®ib Slnteil 7 ober 8 Beuten - bu weifet nidjt, roaS an Unheil fommt über ba€ ßanb. 3 SSettu fitf) bie SBolfen füllen, leeren fie Siegen aus auf bie ©rbe, gällt ein S3aum im Süben ober fällt einer im Horben: an bem ^ßlats, an bem bet SBaum fallen foll, bort ftürst a et! 4 SBer immer auf ben 3Binb adjtet, fommt nidjt jum ©äen, wer immer nadj ben SBolfen fdjaut, fommt nidjt jum ©rnten.
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5 @o w e n i g b u w e i f e t , w i e b e t D b e m "in* b i e © e b e i n e i m ß e i b b e r S c h w a n g e r e n
tommt,
g e n a u f o w e n i g weifet b u 0 0 m 2 u n (SotteS, b e t a l l e s tut. e 2 l m b o r g e n f ö e b e i n e S a a t u n b s u m Slbenb ijin m a g b e i n e £>anb nidjt r u t j n : b u w e i f e t nid^t, o b b i e f e s g e l i n g t o b e r j e n e s g e l i n g t , o b e r o b b e i b e s w i e e i n e s g l ü t f f i a f t i f t .
1» zu nbv = geben cf 1 Kön 20 34 (ZAW 76,1964, S. 188ff.). —8» «l.T von Hin I (KBL). — 6 1 c mit MSS £ *J>! pr „wie die Gebeine". Mit Volz und Ell wird man (gegen De, He und Ga 1 ) 7f. zur Schlußpassage (11 7-12 s) stellen, da allein in der Beschränkung auf 1-6 ein einheitlicher Skopus zu Tage tritt. Die Exegese bei 1 f. hat — unter Absehen von 3-6 — zu Mißdeutungen geführt. Hieronymus sieht in 1 eine Ermahnung zur Wohltätigkeit. So sieht es auch Luther unter Verweis auf Spr 19 17 und Staerk hält dies für die einzig richtige Erklärung. Dabei soll dann 2 dahin verstanden werden, daß "Wohltun an einer Gruppe von Notleidenden zukünftigen Lohn verbürge (Lc 16 9). Cf die ausführliche Widerlegung bei Ell, S. 256—259. Die neuere Deutung, besonders seit De, versteht lf. als Mahnung zum Wagnis beim Seehandel, aber auch zur Besonnenheit. Die von Levy vorgeschlagene Kombination mit der selbständigen Sentenz in 10 20 greift Kr auf: „Der Warnung vor der Denunziation folgt die Mahnung, vor deren Folgen wie überhaupt in der rechtsunsicheren Lage das Vermögen jenseits der Grenzen verteilt in Sicherheit zu bringen. Diese Aufforderung, sich für jeden Notfall durch rechtzeitige Kapitalflucht den 'Schatten des Silbers' zu sichern, fügt sich dem Bild ausgezeichnet ein." Ein merkwürdiges und unrichtiges Bild Q.s, das hier von Bankiersratschlägen aus entworfen wird, wobei erschwerend hinzukommt, daß bei solcher Exegese das Gegenüber von 2 zu 1 unbeachtet bleibt! In b e i d e n Fällen handelt es sich um substituierte Situationen, wie auch die Anrede keinen echten R a t darstellt. Gesetzt den Fall, du tust etwas Sinnloses — es endet in einer positiven Überraschung 1. Gesetzt den Fall, du tust etwas Durchdachtes, deponierst vorsichtshalber dein Geld an mehreren Stellen (vom Ausland ist schlechterdings keine Rede! 7 oder 8 Leute meint einfach: mehrere [cf Mi 5 4]), aber irgendeine •—• absichtlich unbestimmt bleibende — Katastrophe im Lande macht alle Vorsicht zunichte: a l l e Schuldner sind davon betroffen und das Vermögen ist dahin! Die Fortsetzung in 3ff., die (gegen Vischer) nicht ausgeklammert werden darf, zielt auf gleichartige, dem menschlichen Berechnen unzugängliche Widerfahrnisse: Regen kommt, wenn und das heißt zugleich wann die Wolken gefüllt sind, ein Baum, wo er auch steht — ob im Süden oder im Norden irgendeines Baumgartens: soll er fallen (so richtig Ell), dann stürzt er entwurzelt nieder. Ob Sturm oder Erdbeben: die Ursache zu erfragen, ist ohne Belang 3b. An der vom Säen und Ernten bestimmten bäuerlichen Situation macht Q. deutlich, daß man bei dauernder Vorsicht zu nichts kommt 4, aber dies ist beileibe nicht in einen Aufruf zu unreflektierender Aktivität umzumünzen. Das i n ? tib von 5 steht bereits bei 4 im Hintergründe. Daß in 5 a eine thematisch einheitliche Aussage vorliegt, also nicht vom Weg des Windes und daneben von dem der Gebeine des Embryos in dem Leib der Schwangeren die Rede ist (anders He), wäre auch dann sicher, wenn man gemäß SSI „wie ( = analog) die Knochen" läse; denn auch 5 b stellt e i n e Aussage dar. Vom Geheimnis der Menschen werdung im Mutterleibe spricht Hi 10 8ff.;dort ist detaillierter von Haut und Fleisch, Knochen und Sehnen und dem Lebensodem die Rede (cf auch 2 Macc 7 22). Stärker mythisch gefärbt sind die Beschreibungen in Ps 139 i3ff. (Jahwe's Augen sehen das Embryo [nS-i], das in den Tiefen der Erde bunt gewirkt wurde). Wenn man schon dies eine Geheimnis nicht aufhellen kann 5a, wie sollte es beim allumfassenden Wirken Gottes gelingen 5b? Dergestalt kann 6 nicht ein Aufruf der Menschen zu tätiger Existenz (so noch Ga 1 ) sein, „nach Kräften das Seinige zu tun, um sein Werk zum guten Ende zu führen" (Kr). Wie 1 f. durch
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3-5 erläutert wird und in l f. das eigentliche Anliegen der Reflexion zur Sprache kommt, so greift 6 auf diesen Einsatz zurück und rundet das Gesagte ab (Ell). 6 a zielt mithin nicht auf eine vom Morgen bis zum späten Abend durchgehende Bauernarbeit (cf Ps 127 2 a), sondern nennt zwei zu verschiedener Zeit geübte und verschiedenen Zwecken zugewandte Arbeiten. Bei ihnen bleibt es völlig offen, bei welcher Arbeit sich die Erwartung erfüllt. Das „Du weißt nicht" ist •— wie in 5 — die entscheidende Feststellung. Das ändert sich auch nicht durch die Schlußpassage 6bß. Weil alles offen ist, können auch einmal beide Arbeiten glückhaft ausgehen, aber — so darf man im Sinne der Sentenz hinzufügen: das vermag der Mensch durch größere Kraftanstrengung nicht zu sichern!
11, 7—12, 6. 7 f. Die 27. Sentenz 7 SBafjrlidj: füfe ift baers weift, unb wonadj beine Slugen 'fdjauen', wisse aber, daß in betreff all dieses dich Gott ins Gericht bringt. io ßafo S u m m e r fern fein beinern Serben unb fjalte bir ttbleS Dom ßeibe, denn Jugendblüte und dunkles H a a r sind nichtig, 12 i und denke a n deinen 'Schöpfer* in den Tagen deines Jungseins, e£)e benn bie Sage üoller ttbel fommen, unb fidj bie Satire nafjen, oon benen m a n fagen mufö: fie finb mir nidjtS nüfee! 2 @tie benn ficfj eerfinftert bie Sonne, unb baS ßic^t be§ SJlonbeS unb ber Sterne, unb nur nodj SBoIfen fommen nadj bem Siegen. 3 $ a § ift bie Seit, reo be3 Kaufes Ritter gittern unb bie ftarfen 9Jlänner fidj frümmen, unb bie 9Jiai)lmägbe müfötg gefien, weil e£ nur nodj wenige finb, unb fidj oerfinftern, bie burdj baS genfter f l a u e n wollen, 4 unb fidj bie Xüt nadj braufeen fdjliefet, wäfirenb baof|en 'färbtet er' ficft unb 'erfdiriift felbff oor glattem SSege, unb ber äUanbelbaum blüljt a , bie £>eufdjret fidj baijm unb bie Äaper jerplafet". 3 a ber SRenfdj mufe in fein ewigem £>au£, wäfirenb bie fflagenben braufeen baoor ftefien. e ®t)e benn ber filberne S t r i d 'jerreifet' unb bie golbene S ^ a l e 'jerbrid&t', unb ber Ärug am ü u e l l r a n b jerfdjellt unb bie SBinbe 'über' ber 8ifterne jerbrtdjt. 7 Und der Staub 'kehrt zurück' 'zur' Erde, 'wo' er war, aber der Odem kehrt zu Gott zurück, der ihn gegeben hatte. 8 SSolliommene iJiicfjtigfett, fpradj Qof)eIeta, 'bolliommene Uiidjtigleit'! 3llle§ tft nidjtig 1 9 1 3B1.! pr hif c suff. — 1 es sg pr pl. — 1 1 sg pr „deine Schöpfer". — 4 1 blp D'Tl (Pod) pr „und es (?) erhebt sich zur Stimme". — » coli sg. — 5 1 sg pr pl. — 1 D'iinPp nn:i pr „und Schrecknisse". — » ¡-Sj; = w ; (p:; cf GK § 73 g). — b intr (KBL). — 6 1 pfir pr „entfernt wird". — 1 ¡»1CIJ nif pr qal. — 1 7V pr „in". — 7 1 — 1 c mit MSS et Verss — 1 pr „wie er war". — 8» nbcipn (defectiv). — ins c 5 MSS © ut 1 2 D ^ n bsn.
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In der von QR 1 bewußt an den Schluß gestellten Sentenz klingt zunächst noch einmal der in Pred mehrfach begegnende Topos vom „Leben im Aspekt des Todes" auf. Das Leben ist schön — zu 7 b cf Euripides, Iphigen. Aul. 1218 fjdv yäq xo s Xevaoeiv. Auch bei einem langen Leben, in dem es gewiß unterschiedliche Situationen gibt, freut sich der Mensch in summa aller ihm gewährten Zeit, weil das Hernach ein nichtiges Dunkel ist. 7 f. stellen — gegen De, He, Ga 1 •— nicht den Abschluß der vorangehenden Sentenz dar, sondern bilden den Eingang für die Reflexion über Jugendblüte und Greisenalter. Daß Q. hier den jungen, kraftvollen, unverheirateten Mann (Wf) anredet und dazu aufruft, unbekümmert den Weg der Lebensfreude zu gehen und loa alles Widrige zu meiden, weist bereits auf die Antithese: Jüngling— Greis hin. Der Greis ist kraftlos (cf Ps 71 9.18), und vielfältig sind die Beschwerden des Alters. Für das Verständnis von 12 l b—5 ist Sir 411-3 zu beachten. In der Gegenüberstellung des bitteren Todes für den in Glück und Frieden lebenden Mann und des willkommenen Todes für den, der das äußerste Alter erreicht hat, wird von jenem gesagt: er sei noch im Stande zu genießen, von diesem, er sei bedürftig, seine Kraft nehme ab, und er strauchele überall und stoße überall an. Der greise, David um Entlassung bittende Barsillaj sagt: „Ich bin jetzt 80 Jahre, kann ich da noch schmecken, was ich esse und was ich trinke? Kann ich noch der Stimme von Sängern und Sängerinnen lauschen?" (2 Sam 19 36). Ausführlicher begründet der Weise Ptahhotep seinen Wunsch nach Ablösung von seinem Amt." Das Greisenalter nähert sich, die Altersschwäche kommt. Die Glieder werden hinfällig, die Schwäche tritt immer von neuem auf. Die Kraft verfällt wegen der Müdigkeit des Herzens. Der Mund ist verschlossen, er kann nicht mehr sprechen. Die Augen sind schwach und die Ohren sind taub. Das Herz ruht aus, da es den ganzen Tag müde ist. Der Geist hat Bewußtseinstrübung, er ist nicht mehr imstande, sich an Vergangenes zu erinnern. Die Gebeine leiden wegen der Länge des Lebensalters. Das, was gut war, ist schlecht geworden. Jeder Geschmack ist vergangen. Was das Altern dem Menschen antut, ist etwas in jeder Beziehung Schlechtes. Die Nase ist verstopft und kann nicht mehr atmen. Wegen der Schwäche (?) ist jegliche Tätigkeit voller Mühe" (Z.Zaba, Les maximes de Ptahhotep, 1956, S. 69f.). Der nach Palästina geflüchtete ägyptische Hofbeamte Sinuhe klagt: Altersschwäche hat mich ereilt. Meine Augen sind schwer, meine Arme sind schwach, (170) meine Füße versagen dem müden Herzen den Dienst." Im offiziellen Brief schreibt Sesostris dem in der Fremde weilenden Sinuhe: „Du hast ja heute (ioo) begonnen alt zu werden und hast deine Manneskraft verloren; denke an den Tag des Begräbnisses und des Geleitens zur Ehrwürdigkeit..." (Übersetzung von E.Edel in TGI 2 ). Im demotischen Weisheitsbuch (Pap. Insinger, 17nff. heißt es: Wenn einer 60 Jahre überschritten hat, so ist alles vor ihm vorübergegangen. Wenn sein Herz Wein liebt, kann er nicht trinken bis zur Trunkenheit. Wenn er Speise wünscht, kann er nicht in gewohnter Weise essen. Wenn sein Herz eine Frau wünscht, kommt nicht mehr ihre Zeit (des Gebärens) an" (Übersetzung nach E.Erichsen, mündlich). Der Aufruf an den Jüngling in 9: „Wandle, wohin dich dein Herz weist und wonach deine Augen schauen... ehe denn die Tage voller Übel kommen", wäre mißverstanden, wenn er als ein Aufruf zu einem „Sichausleben" aufgefaßt würde. Immerhin gab die so unlimitiert erscheinende Aufforderung an den Jüngling QR2 den Anlaß zu grenzsetzender Korrektur (9b. 10b. 12 ia). Als erstes weist er auf die Verantwortung vor Gott hin. Die Formel „ins Gericht bringen" steht auch in dem von QR2 stammenden 2. Epilog (12 14). Unter Akzentverschiebung des von Q. oft gebrauchten Sjn betont 10b das Allzuflüchtige der Jugendjahre. Es ist bemerkenswert, daß @ und Targum das hap. leg. (wohl = dunkles Haar) mit Torheit (Vergnügungssucht) umschreiben, wie auch das Vermeiden des Üblen (vi) zu einem solchen der Schlechtigkeit moralisiert wird, ia motiviert die Verantwortung des Jünglings vor Gott mit seiner Geschöpflichkeit: er soll sich seines
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Die 27. Sentenz
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Schöpfers — gerade (?) — in den Tagen seines Jungseins bewußt werden. Der auffallende Plural im „Deine Schöpfer" mag von den Masoreten in Übereinstimmung mit dem pluralis majestaticus QTiVft gesehen worden sein. Mit sing. Suffix begegnet das Wort „Schöpfer" außer an dieser Stelle nur noch in den Elihu-Reden (Hi 32 22 36 3). I m Midrasch Qohelet (Wünsche, S. 152; Cohen, S. 299) werden f ü r diesen schwierigen Passus drei Lesungen nebeneinander genannt: Gedenke deines Brunnens d . h . des Mutterschoßes, aus dem du kamst; gedenke deiner Grube (I7I2), d.h. des Grabes, wohin du gehst, und „Deines Schöpfers" (2Ä) — dabei auf 10b Bezug nehmend. Das „ehe denn", das in ib und 2 die negativen Aussagen vom Greisenalter einleitet, findet sich noch einmal in e. Es ist nicht zu bezweifeln, daß 6 an falscher Stelle steht, da 5b abschließend (!) vom Begräbnis spricht. Andererseits kann man « mit seinen einprägsamen Bildern schwerlich einer anderen H a n d als Q. zuschreiben (s.u.). Der ursprüngliche Platz von 6 dürfte hinter 2 gewesen sein. E r wurde durch die anders orientierten Aussagen in 3 ff. verdrängt. Bei 1 b ist im •parallelismus membrorum von der „Finsternis" des Todes — eine auch in Ägypten bezeugte Aussage (cf A.Erman, Zwei Grabsteine griechischer Zeit, Festschrift Sachau, 1915, 103ff.) die Rede. Die übliche Übersetzung von ib „(die Jahre), sie gefallen mir nicht", ist (nach W.E.Staples, J N E S 24, 1965, S. llOff.) anders zu verstehen: es geht um die Jahre, in denen der Mensch nichts wirken kann (cf J o h 9 4). I n 2 wird m a n entsprechend @ (so bei He 2 ) das Licht nicht neben die Trias stellen, sondern mit Mond und Sternen zusammennehmen (cf Gordis). Wie 2 b zeigt, will 2 a nicht eine eschatologische Stunde beschreiben (cf Jes 13 10), sondern gehört mit ab zusammen: im Bild des winterlichen Dunkels und der ständigen Wiederkehr der oft starken Winterregen (Palästinas) wird das Hoffnungslose des dem Tode vorangehenden Greisenalters unterstrichen. Allegorische Ausdeutung von 2 —- Sonne = Geist, Licht = Denken, Mond = Seele, Sterne = die fünf Sinne, Wolken = Kranksein (De) — ist reine Phantasie und wohl nur dadurch veranlaßt, daß in 3 allegorische Aussagen einsetzen. Das 01'3 ist nach der Akzentuation für sich zu nehmen. I n 3a sind die schwach gewordenen Arme und der gekrümmte Rükken des Altgewordenen die Sachgegebenheiten. Die Mahlmägde 3 b meint die wenigen Zähne, die dem Greis noch geblieben sind und die das Essen erschweren, abß zielt auf die halbblinden Augen, 4ao auf die Taubheit der Ohren (cf Ptahhotep). Die müde und leise gewordene Stimme des Greises ist in 4aß umschrieben, und 4b zeichnet ein Neues: den Verzicht auf das im Orient besonders vom Manne geübte Singen. In 5aa scheint die Allegorie verlassen: es wird von einem „ m a n " (pl) bzw. (sg) „er" gesprochen, der sich nicht mehr ins Freie traut, saß stellt dazu 3 Naturbeobachtungen. I n 5aa könnte man prima vista eine rein beschreibende Aussage sehen (cf Sir 41 2?): der Greis t r a u t sich — wegen seiner körperlichen Schwäche und der mangelnden Sehkraft seiner Augen •—• nicht mehr auf die Straße, aber von diesen Schwächen ist bereits in den allegorischen Aussagen in 3 die Rede. Ist 5a eine Art Auflösung der Allegorie? Der anstoßreiche Weg, von dem in Sir 35 20 spricht, könnte auch im übertragenen Sinne verstanden sein (cf Sir 9 5). — Die aus drei Bereichen gewählten Naturbeobachtungen h a t man mit der f ü r den Greis irrelevant gewordenen schönen Jahreszeit (Frühling, Frühsommer) kombiniert. De h a t die verschiedenen Versuche einer allegorischen Interpretation zusammengestellt, wobei die Nennung der Kaper, die als Aphrodisiakum bekannt war, eine besondere Rolle spielt. He, der die allegorische Interpretation ablehnt, gesteht freilich zu, daß bei der Kaper m i t daran gedacht sein könnte, daß dem alten Menschen kein Stimulans mehr nützt. Zu 5a bemerkt Wi mit Recht: „Die Dunkelheit des Sinnes kann möglicherweise in der Absicht des Verfassers gelegen haben, die Dinge andeuten zu wollen, die man nicht gern bei Namen n e n n t . " I n 5b leitet das "'S eine jedermann geltende Feststellung ein. Die letztlich auf Ägypten zurückgehende Bezeichnung des Grabes als „ewiges Haus" findet sich in hellenistischer Zeit auf punischen und palmyrenischen Grabin-
Zwei Nachworte
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Der Prediger 12 9-14
ZAW 64, 1952, S. 211—217 — c f a u c h Ps 49 12 Tob 3 «). In Kontrakten aus Murraba 'at (DJD II, 20 7 2112) wird das Sterben umschrieben als ein Hineingehen ins Haus der Ewigkeit, sbß spricht vom Totengeleit der Klagemänner (gleichwohl darf man die üblicherweise dazu genannten Klagefrauen [2 Chr 35 25] nicht ausschließen). In 6 — ursprünglich hinter 2 geplant — ist bei Silberkette und Goldschale (zu n^J cf Sach 4 2) an den von der Decke (eines hellenistischen Raumes) herabhängenden L e u c h t e r gedacht (Wi). Stürzt er herab, so verlöschen seine Lampen. Gerade das Verlöschen der Lampe ist ein geläufiges Bild für den Tod (Spr 13 9 20 20 Hi 18 e 2117). Wo das Wasser zum Leben fehlt, oder wie hier konkreter gesagt wird, wo die Geräte fehlen, es zu gewinnen, kommt der Tod (zur Brunnenwinde cf Dalman, AuS I, S. 654). Daß in 7 in unmittelbarem Anschluß an sb das tröstliche Lied der Klagemänner zitiert wird (Kr), ist eine abwegige Interpretation. In 7 liegt vielmehr eine Nachbemerkung von QR 2 vor. Sie unterscheidet (cf Ps 104 29 146 4 Hi 34 i4f.) zwischen dem zu Staub verfallenden Körper des Toten und dessen von Gott heimgeholten Geist (nn). Diese Aufgliederung in Verwesliches und Unverwesliches darf nicht mit einer die Ganzheit des Individuums betreffenden Auferstehungshoffnung, wie sie in Dan 12 2 vorliegt, gleichgesetzt werden. Die in 7 vorliegende Anschauung ist als solche auch Q. bekannt, wie 3 21 zeigt, aber dort stellt er die negativ zu beantwortende rhetorische Frage, ob man etwas über den Himmelsweg der nn aussagen könne. Daher kann 7 nicht von Q selbst stammen. An die ursprünglich mit sb endende Schlußsentenz fügt QR 1 — den Eingang in 1 2 aufnehmend — die Nichtigkeitsaussage als Zitat an und gibt so der Sentenzensammlung den Rahmen. Ob man daraus, daß hier wie in 7 27 im Gegensatz zu 9 (im Nachwort von QR 1 ) Qohelet mit dem Artikel (Berufsbezeichnung?) genannt wird, Folgerungen ziehen kann, läßt sich nicht sagen. Ist der Artikel sekundär? Für QR 1 ist nbnfs jedenfalls ein Eigenname. S c h r i f t e n (cf
12, 9—14 Zwei Nachworte 9 9iadjäutragen ift nodj: Qofjeiet tuar ein SBetfer, allezeit lehrte er ba§ SSolf ©rienntni§, er toog ab, prüfte unb formte* bieie ©prüdje. 10 ©l tradjtete Qofieiet banacf), borantret&enbe Sßorte ju finben, unb 'er fdjrieb' redE)ten§ auf SBorte ber 2Baf)rf)ett. u „SBorte ber SBetfen finbroieSietbftacfjel unb wie emgefdjlagene -Kögel bte ber ©ollegienleiter". «Sie finb bon einem 'Sfreunbe' überliefert. 12 Nachzutragen ist darüber hinaus: Laß dich warnen, mein Sohn! Das viele Büchermachen findet kein Ende, und das viele Studieren ermüdet den Leib. 13 Als Schluß ' ' das Ganze wollen wir hören*: Fürchte Gott und halte seine Gebote, denn das gilt für jeden Menschen. 14 Ja, jegliches Tun bringt Gott ins Gericht richtet* in betreffb alles Verborgenen, es sei gut oder böse! 9 * Daß ||5il auf eine metrische Gestaltung der Sprüche Q.s zielt, ist fraglich. Die Belege aus 1 Q Hod I 27-31 (vgl. Eißfeldt, Einl., S. 989, 4) haben nichts mit Poesie (Metrik) zu tun! (Vgl. Revue de Qumran 5,1964—66, S. 437, Anm. 16). — 1 0 1 Sinai pr „und Geschriebenes". — 1 "ins nyiB- —
1 3 trsp
post nj 1? et 1 1 2 1 (Bu). — * @ (cf h ß i a g d f e d e r Einleitung 1. Das Buch, sein Name und seine Stellung im Kanon Das Buch der Klagelieder, das entsprechend der Kapitelzahl aus fünf Gedichten oder Liedern besteht, trägt in den hebräischen Handschriften die allerdings wohl spätere Überschrift n2\x („Ach!"), die für die sonst r;:1^ (Kina) genannte Leichenklage bezeichnende Eingangsformel, womit die Kapitel 1, 2 und 4 beginnen. Die Wahl dieses Wortes als Überschrift folgt der Gepflogenheit, die Bücher des hebräischen Kanons jeweils nach dem ersten Wort des Buches zu benennen. Daneben hat sich die wohl ältere und für das Leichenlied charakteristische Bezeichnung n r p bzw. nlJ'p nicht nur erhalten, sondern scheint auch der in der jüdischen Tradition übliche Name für unser Buch gewesen zu sein, bisweilen erweitert („Buch der Klagelieder", „Rolle der Klagelieder"), von den Übersetzungen übernommen und bereits vom Propheten Jeremia hergeleitet (@: fiQfjvoi sc. 'IeQefjiiov, 93 threni, id est lamentationes Jeremiae prophetae), worüber noch unter 3. zu sprechen ist. Unterschiedlich ist die Stellung des Buches im Kanon des AT. Während die Übersetzungen (©£©23 und damit auch Luthers Übersetzung) die Herleitung vom Propheten Jeremia voraussetzen und unser Büchlein dem Jeremiabuch anfügen, es also den prophetischen Schriften, dem 2. Teil des Kanons, zuordnen, befindet sich das Buch in der hebräischen Bibel unter den D^W? („Schriften"), die den 3. Teil des Kanons bilden. Innerhalb der 11 Bücher dieses dritten Teiles zunächst an siebenter Stelle stehend, erhält mit der Vereinigung der 5 Megillot, der „Festrollen" für die 5 jüdischen Hauptfeste, durch die Massora unser Büchlein bald den dritten, bald den vierten Platz (so auch BH 3 ), je nach der Anordnung der 5 Megillot, teils nach dem vermeintlichen Alter (Ruth, Hoheslied, Prediger, Klagelieder, Esther), teils nach der Kalenderfolge jener 5 Hauptfeste, denen die 5 Bücher zugewiesen worden waren, wobei unser Büchlein für den Erinnerungstag an die Zerstörung des Tempels durch Titus, (70 n. Chr. im Monat Ab=Mai) an dritter Stelle steht (nach Hoheslied-Passahfest, Ruth-Pfingstfest und vor Prediger-Laubhüttenfest und Esther-Purimfest).
2. Text und Form Der hebräische T e x t der Klagelieder, dem neben Robinson (ZAW 51,1933, S. 255 bis 259; 52, 1934, S. 308—311) Rudolph eine besondere Studie gewidmet hat (ZAW 56, 1938, S. 109—122), befindet sich in einem relativ guten Zustand. Textverderbnisse beschränken sich auf ein erträgliches Ausmaß. Der strophische Aufbau der Lieder 1, 2 und 4 läßt Glossen größeren Umfanges gut erkennen, doch fehlt es gelegentlich nicht an kleineren Ergänzungen (vgl. die textkritischen Anmerkungen nach der Übersetzung).
Die Klagelieder
Einleitung
128
Ein ähnliches Bild ergeben die Übersetzungen, die nur bisweilen — und hier besonders irfdjen, bie feine SBeibe finben unb ftaltloS taumeln oor bem f)äfcfter. 7 benft Serufalem an bie Seiten iftrer 9tot unb iftrer Sölüftfal ' alé iftr Sßoli geriet in geinbeéftanb unb fie feinen Reifet ftatte. Sftre (Segnet faften es, fie l a b t e n über iftren Sluégang». 8 ©cfjwer gefünbigt ftat Serufalem! S o würbe fie ¿um Unflat 4 . Siile iftre Sßereftrer oeradjten fie, ba fie iftre SBlöfee faften, unb fie felbft ftöftnt auf unb feftrt fid) ab. 9 Sftre Unreinfteit ftaftet an iftrer ©djleppe; fie bebaute nidjt iftr @nbe, unb fo ftürste fie ftftretflidj, oftne einen Xröfter j u finben. „©iefte, Saftwe, mein® (Slenb! $ e n n grofe tut ber g e i n b . " 10 ¿ e i n e ö a n b legte ber (Segner auf alle iftre ©djätse. in iftr Heiligtum eintreten, S a , fie faft bie Reiben obwoftl bu iftnen «erboten ftatteft, fidft bir su naften in ber ©emeinbe. 11 Siile iftre ßeute jammern auf ber ©udje natft ©rot, fie ftaben iftre ©(ftäfte" geopfert, um lebenb su bleiben, „©ieft, Saftwe, fcftau bodj fter, wie oeracfttet idj b bin! 12 [2Boftlan] tt alle, bie iftr oorübergeftt, fdjaut fter unb feftet, ob tè einen ©djmers gibt wie ben meinen, ber mir angetan ift, womit Saftwe 'tntd)' b betrübt ftat am J a g e feiner 3orne§gIut! 13 Slu§ ber ©öfte warf er getter in mein ©ebein unb sertrat e§», legte au3 ein Sftei} an meinen Süfeen, liefe mitft rüdwärt^ ftolpern, madjte mitft junicftte, ftinfällig für immer! 14 ©cftwer" ift baé 3odj meiner ©ünben, burtft feine £>anb gewirft. S i e reicftten bis an meinen § a l é , eä serbradj meine Äraft! begeben ftat miti) ber £>err in bie § ä n b e berer b , benen itft nicftt wiberfteften fonnte. 15 Verworfen ftat alle meine gelben ber £>err in meiner SDWtte, rief gegen micft ein Slufgebot, um su eerniiftten meine HJlannfdjaft. ®ie Äelter trat ber t>err ber jungfräulidjen 11 £odjter 3 u b a . 16 «darüber mufe iift weinen, mein Slug ' ' jerrinnt in Xränen ; benn fern ftält fid) oon mir ein Sröfter, ber mitft erquicfen fönnte. ©rftarrt finb meine Äinber; benn su ftarf ift ber geinb. 17 Sluégebreitet ftat 3ton iftre § ä n b e , oftne einen Xröfter 31t finben.
Die Klagelieder
Kapitel 1
134
Stufgeboten fiat SaEiwe (legen Safob feine SFtadjbarn als feine (Segner, würbe 3erufalem jum ©fei mitten unter if)nen a . 18 ®eredjt ift 3 a b w e ; benn feinen Geboten fjabe idj midj wiberfeljt. Oöret bodj, iEjr Sölfer alle, unb betradjtet meinen ©djrners! SJieine äJiäbdjen unb jungen SJJänner gingen in bie ©efangenfdjaft. 19 berufen f)abe idj nadj meinen greunben; bodj fie oerrieten mtd). Meine ^riefter unb SÄlteften famen um in ber ©tabt, als fie fidj 9laf)tung fugten, "um tf)r ßeben ju ert)alten a . 20 ©ietie, Sabwe, wie bang mir ift! ÜJicin SmiereS frampft fidj cor ©djmerj. ©¡3 btebt m um mein § e r s in mir, weil idj fo wiberfefelidj war. 9Jladjt broufeen ba§ ©djwert JinberloS, fo* brinnen ber £ob. obne einen £röfter su bflben! 21 £>örea, wie idj aufftöbne, 9UIe meine geunbe borten jubelnb" mein Unheil, bafe bu e§ getan f)aft. ßafe fommen c ben J a g , ben bu anbrobteft, bafe fie werben wie icfj! 22 (omme alle iijre 33oSi)eit oor bicfi! S a n n tjanbele an ifjnen, wie bu mir getan baft wegen aller meiner Sünben! ®enn äafjlreid) finb meine klagen unb mein §>era ift matt." 1 1 » Der die Klage einleitende Ausruf gehört zum Text, wird jedoch zugleich eine Überschriftähnliche Bedeutung besitzen. — 2 a Wörtlich: „und ihre Träne". — 3 a a Sinn des Verses ist mehrdeutig, vgl. die Auslegung. — 4 a Zur Form vgl. GKa § 87 e. — b pt ni von HJ1; Budde, Haller u.a. denken an eine Form von HJn „seufzen". — 7 dl „an alle ihre Herrlichkeiten, die ihr von alters her gehörten", da eine Verszeile überschüssig zu sein scheint (Rudolph, Haller entfernen 7ba, Weiser behält 2Ji bei). — a Eine Ableitung von r a r (Rudolph, Weiser) ist empfehlenswerter als eine Herleitung von "QIP (so nach Oettli Haller, Kraus). — 8 " leg r n ; pr „Unstetheit" (vgl. BH 8 , Haller); Rudolph: „Kopfschütteln" (abgel. von HJ). — 9» Die Lesart ,TJ» (vgl. B H 3 ) „ihr Elend" ist insofern erwägenswert, als Jerusalem selbst erst ab 12 das Wort ergreift; auch in 10 redet der Dichter Jahwe an, doch vgl. n Anm. — 11 a leg c Q C^^Dnip (vgl. loa). — •> Die Lesart nrm (im Zshg „wie verachtet sie ist") würde wiederum den Dichter die Aufforderung an Jahwe richten lassen; ihr Vorzug, Jerusalem erst mit 12 reden zu lassen (vgl. 9 Anm. a ), ist nicht zu unterschätzen. — 1 2 a Die unverständliche Wendung O? 1 ^ NlS „nicht zu (für) euch (bestimmt)" wird meist durch 12b „wohlan!" ersetzt; zum Verständnis des vermutlich als Randglosse eingedrungenen Versanfanges vgl. Rudolph. — b leg c @ V.^ri pr „er hat betrübt". — 1 3 a Ableitung von n~n ist textgemäßer (so Haller, Kraus); besser freilich wäre IT^in (vgl. B H 3 , Nötscher, Weiser) „in meine Gebeine ließ er es fallen"; Rudolph: njT")'l\ — 14 a leg c £ ¡71^3; erwägenswert bleibt eine Ableitung von "Ipt?, was etliche Veränderungen nach sich ziehen würde: wachsam ist über mir ('by Ipl^J) meine Sündenschuld, von seiner Hand gewirkt als Joch (bj> pr l1?^) an meinem Halse; es zerbrach meine Kraft. — 6 Änderung in D"T3 (vgl. BH 3 , Haller) unnötig; zur Konstr. vgl. GKa § 130d. — 15 a Wörtlich: „der Herr der Jungfrau, der Tochter Juda", eine appositionelle Näherbestimmung (Rudolph); Budde, Haller streichen nbina. — 1 6 a Entgegen der alphabetischen Folge in Kap. 2—4 ist hier die -Strophe vorangestellt worden. — dl "O'S (dittogr). •— 17 a Vielleicht besser Drprya („in ihren Augen"), so Delitzsch, Rudolph. — 19 a a © ergänzt xai O$x EÜQOV; leg oder tJ'OJ, vgl. 1 1 (Weiser). — 20 a Gewöhnlich wird die auffallend stehende Vergleichspartikel gestrichen; ob mit Perles, Rudolph an akk. kamutu („Gefangenschaft") zu denken ist, bleibt unsicher. — 21 a leg c @ pr „sie haben gehört". — b Adverbielle Ubersetzung empfiehlt sich eher als ein Streichen eines der beiden Verben. — c leg c beginnende Strophe (ie) der B-Strophe (17) vorangestellt. Dieser sog. akrostichische Aufbau — auch sonst im AT zu beobachten; das bekannteste Beispiel dürfte Ps 119 sein — mag als ein mnemotechnisches Hilfsmittel eine praktische Bedeutung gehabt haben, galt aber auch als Zeichen einer Kunstfertigkeit, die dem Dichter einen leichten Zwang auferlegte, hier allerdings dadurch gemildert, daß nur die Strophe, nicht bereits jede Zeile die alphabetische Ordnung zu beachten hatte. Der Aufbau der je dreizeiligen Strophe scheint nur in 7 gestört zu sein. SDi hat in jeder Strophe den trennenden Akzent bald nach der ersten Zeile, häufiger jedoch nach der zweiten Zeile gesetzt; die abweichende Stellung des Atnach in 1 wird man entsprechend verändern dürfen. Das Versmaß in jeder Zeile bedient sich des Fünfers oder des Doppelzweiers, doch sind auch längere Zeilen (Doppeldreier) zu beobachten; ob hier Texteingriffe notwendig sind, sollte angesichts der Gattungsmischung weniger vom Versmaß als vom Wortlaut des Textes abhängig gemacht werden. Ist auch ein zielstrebiger Gedankenfortschritt nicht unmittelbar in die Augen springend, so ist dem Kapitel doch insofern ein gewisser Aufbau eigentümlich, als zunächst eine Klage über Jerusalem angestimmt, Jerusalem also in der 3. pers. sing, angeredet wird ( 1 - 1 1 ) , während von 12 ab Jerusalem selbst das Wort ergreift in zweimaligem
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Kapitel 1
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Anlauf, getrennt durch den referierenden Vers 17. Allerdings wird schon vorher, am Ende von 9 und 11, Jerusalem redend eingeführt, eine dem Stil des Klageliedes durchaus angemessene Variation, die gleichwohl leicht störend wirkt, weshalb die Korrekturen, die auch hier den Dichter Jahwe anreden und Jerusalem erst ab 12 das Wort ergreifen lassen, nicht ohne eine gewisse Berechtigung sind. In der einführenden Klage, die der Dichter über Jerusalem anstimmt ( 1 - 1 1 ) , dienen die ersten sechs Verse der Darstellung des Unglücks. Zwar wird in 5 bereits Jahwe als der Bringer des Unheils genannt wie auch die Ursache der Katastrophe in der Sünde Jerusalems gesehen wird, doch erscheint diese Bemerkung hier beiläufig und wird erst als Thema des folgenden Unterabschnittes (7-11) ausführlicher entfaltet. Die Klage hebt an mit dem für das Leichenlied kennzeichnenden (Jes 1 21 J e r 48 17) und beschreibt in dem für die Totenklage ebenso charakteristischen Kontrast des Gestern und Heute die große Veränderung, die nach drei Seiten entfaltet wird: die Einsamkeit der einst volkreichen Stadt, die witwenhafte Schutzlosigkeit der einst Mächtigen, die Versklavung der früheren Herrin. Damit ist das Bedürfnis geweckt, sich der vom Unglück Betroffenen selbst zuzuwenden (2). Als Weinende wird sie gezeichnet, die keinen Tröster h a t ; damit scheint das Thema genannt zu sein, das in allen Unterteilen des Kapitels immer wieder auftaucht: 9.16.17.21, hier allerdings bezogen auf die treulosen Liebhaber, die zu Feinden geworden sind. Mag bei rvnnx die in einigen Prophetenschriften (man vgl. nur Hos 2 3) anzutreffende Beziehung auf die jahwefeindlichen Baalim leise anklingen, so ist hier doch in erster Linie an die treulosen Bundesgenossen gedacht, die Jerusalem im Stich gelassen haben. Doch die Klage verweilt nicht bei einer ausführlichen Zeichnung der trauernden Stadt, sondern wendet den Blick nach allen Seiten, um an drei oder vier Punkten, die untereinander locker verbunden sind, die Größe des Unglücks auszumalen. So wird in 3 J u d a genannt, die Landschaft um Jerusalem, die trotz des gemeinsamen Schicksals von der Hauptstadt häufig abgehoben wird; doch ist die Deutung des Verses nicht ohne Schwierigkeit. Durchweg ist bei dem Wort nS: an eine Deportation zu denken, wie es Rudolph, Kraus, Weiser u.a. mit gutem Recht tun und in der Exilierung das Ende einer langen notvollen Geschichte Judas sehen. Immerhin läßt die Wendung „weggeführt aus Not und hartem Dienst" nicht nur an eine Verschlimmerung einer schlechten Lage denken, und so meinen ältere Ausleger (Budde, Lohr, Haller unter Hinweis auf E z 12 3) für nbi die Bedeutung „fliehen" vorschlagen zu können, indem sie an eine Auswanderung eines Teiles der Bevölkerung Judas vor allem nach Ägypten denken. Es bleibt allerdings schwierig, eine Situation zu finden, auf die alle Aussagen des Verses zutreffen. Darf man im Nachgang zu 2 fragen, ob die Landschaft J u d a allen Anlaß hatte, die Treulosigkeit der Bundesgenossen lebhaft zu beklagen? Vielleicht, daß sich die judäische Bevölkerung im Hinterland der die Hauptstadt belagernden feindlichen Armee besonders harten Dienstverpflichtungen ausgesetzt sah, denen sie sich zu entziehen suchte, ohne bei den näheren Nachbarn Ruhe zu finden und dem Schicksal der Gefangenschaft zu entgehen? Auch so wird man dem Text nicht völlig gerecht; doch scheint insgesamt der Vers das zwar zunächst anders gelagerte, aber schließlich doch mit Jerusalem gleichartige Schicksal der Landschaft J u d a wiedergeben zu wollen. •— Der Blick zurück von der Landschaft zur Stadt umfaßt die öden, unsicher gewordenen Straßen, auf denen einst Festpilger einherzogen (4). Das ist Anlaß, kurz und doch eindrucksvoll des daniederliegenden kultischen Lebens zu gedenken, der Priester, die es geleitet, der Mädchen, die es verschönt haben; daß dies nicht mehr sein kann, umschreibt die ganze Bitterkeit, die Jerusalem erfüllt. Die Zeichnung will und kann nicht vollständig sein, aber sie ergänzt die düstere Seite durch den grellen Kontrast des gegnerischen Triumphes (5). Doch erinnert der Dichter, indem er sogleich auf Jahwe als den Bringer des Unheils und auf Jerusalems Schuld verweist, an die prophetische Vorstellung, daß
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Die Klagelieder
auch, der triumphierende Gegner das Werkzeug Jahwes ist, allerdings ein grausames Werkzeug, das auch die Kinder das Los der Gefangenschaft spüren läßt. Vielleicht gehören auch schon diese Kinder zu dem Schmuck, der von der Tochter Zion gewichen ist, gemeinsam mit den Edlen, den hohen Würdenträgern (e), die in einem kontrastreichen Bilde von einst bewunderungswürdigen, jetzt aber kraftlos taumelnden Hirschen ihrem Los entgegenziehen. Jedenfalls scheint mit 6 ein gewisser Abschluß in der Darstellung erreicht zu sein; die Klage Jerusalems wird im zweiten Unterteil ( 7 - 1 1 ) zwar fortgesetzt, und es fehlt auch nicht an ausmalenden Einzelzügen, aber die Blickrichtung ist doch leicht geändert: die Wendung zu Jahwe wird vorbereitet. Man wird bei 7 den Zwang des strophischen Aufbaues berücksichtigen müssender diesen Vers mit den anderen auf eine Stufe stellt; aber 7 hat keine selbständige, sondern nur eine einführende Bedeutung und will überleiten zu jener Feststellung, die mit Nachdruck in 8a getroffen wird, paraphrasierend: Jerusalem gedenkt der notvollen T a g e . . . , damals als ihr Volk in Feindeshand fiel..., während die Gegner es sahen und über ihr Ende jubelten: gesündigt, gesündigt hat Jerusalem! Das ist offenbar Gegenstand ihres Gedenkens. Nur Unverständnis konnte in 7 a^ einen Glossator dazu verleiten, Jerusalem über die verlorenen Kostbarkeiten trauern zu lassen. Anders versuchen Rudolph, Haller Weiser das Gleichmaß der Strophe zu erhalten, indem sie die Zeile 70 als glossarische Anknüpfung an 7 a entfernen. Doch die Feststellung, daß Jerusalem schwer gesündigt hat, wird nicht weiter entfaltet; denn die kurze Bemerkung, daß sie zum Unflat wurde (sa), dient nur dazu, die spöttische Verachtung ihrer früheren Verehrer zu begründen (sb), denen die Entehrte nichts anderes entgegenhalten kann als ihre stöhnende Abkehr (sc). Wie es scheint, will 9a auf 7 rückverweisen: daß Jerusalem das „respice finem", das alles enthüllende Ende, nicht bedacht hat, hat zur Folge, daß auch über das in 7 a erwähnte Gedenken Jerusalems zunächst ein ,,Zu spät" zu setzen ist. So bleibt nur die Feststellung ihres tiefen Sturzes, der sie keinen Tröster finden läßt (9 b), unterstrichen durch den kurzen Aufschrei der vom Unglück Betroffenen, der als ein Stilelement eines Klagepsalmes durchaus den unerwarteten Personenwechsel erklären kann. Doch mag auch die leichte Textänderung in 9 c, „ihr Elend" statt „mein Elend" zu lesen und somit den Dichter Jahwe anreden zu lassen, eine gewisse Berechtigung haben, wenn man es für richtiger hält, Jerusalem nicht schon in einigen vorlaufenden Stoßseufzern, sondern erst ab 12 zusammenhängend reden zu lassen. In jedem Falle will die Schlußbemerkung vom übermütig handelnden Feind (9 c) einen Gedanken vorbereiten, der in 10 zwar nur kurz, aber doch zu sagen gewagt wird. Ungehindert kann der Feind nach allem greifen, was ihn reizt ( 1 0 a ) ; es mag schon (mit Rudolph, Haller u.a.) eine gewisse Bedeutung haben, daß in 10b von einem Eindringen des Feindes ins Heiligtum, und d.h. wohl von einer Plünderung, nicht aber expressis verbis von einer Zerstörung des Heiligtums die Rede ist, was jedenfalls für diesen Vers eher an die Situation von 598 v.Chr. denken läßt. Der Nachdruck des Verses liegt indessen auf dem von Jahwe selbst erlassenen, nun aber von ihm außer Kraft gesetzten Gebot, daß Fremde, die nicht einmal in die Jahwegemeinde aufgenommen werden können ( D t 2 3 4.8f.), auch das Heiligtum nicht betreten dürfen (Ez 44 7). Diese Bemerkung vermag die Schwere der Sünde Jerusalems zu veranschaulichen, derzufolge Jahwe eine Übertretung seiner Anordnung ungestraft sein läßt; sie enthält zugleich aber einen leisen, vorwurfsvollen Appell an Jahwe, der allerdings nur angedeutet und sogleich in 11 von einem allgemeiner gehaltenen Einzelzug abgelöst wird: das Volk gibt alles dahin, was es besitzt, um sein Leben zu fristen! Das Suchen nach Jahwe, zu dem die Propheten so oft aufgerufen haben, ist nun abgelöst durch die verzweifelte Suche nach Brot. Auch für 11c gilt die gleiche Erwägung wie für 9, ob nicht durch eine leichte Textänderung Jahwe durch den Dichter aufgefordert wird, die Erniedrigung Jerusalems doch nicht zu übersehen. Setzt man sich über den strophischen
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Aufbau hinweg, mag man mit Haller die ab 12 anhebende Klage Zions bereits mit 110 beginnen lassen; doch bleibt der doppelte, an verschiedene Adressaten gerichtete Imperativ in 110 und 12a gleichwohl etwas störend. H a t die einführende Klage des Dichters ein zwar nicht vollständiges, aber doch anschauliches Bild von der Lage Jerusalems entworfen, dabei auch bereits die als wichtig empfundenen Themen dieser besonderen Klage angedeutet, daß nämlich Jerusalem in diesem selbst verschuldeten Jahwegericht keinen Tröster findet, so wird nun der vom Unglück Betroffenen selbst Gelegenheit zur Klage gegeben, die, durch 17 unterbrochen, in zwei Liedern (12-10.18-22) vorgetragen wird. Der Anfang der ^-Strophe in 12 ist korrupt und wird meist durch ein 13*7 „wohlan!" oder wb „her zu mir!" ersetzt. Diese Aufforderung an die Vorübergehenden mit den gehäuften Imperativen ist ein Stilmittel der Leichenklage, aber hier wohl rein metaphorisch zu verstehen. Denn die Unvergleichbarkeit des Schmerzes, der Jerusalem zugefügt worden ist, beruht ja darin, daß Jahwe es gewesen ist, der dieses Leid verursacht hat (12 c), eine Feststellung, die von den Angeredeten nicht unmittelbar bestätigt werden kann. Die Wendung „Tag seiner Zornesglut" (ähnlich Jes 13 13) hat einen eschatologischen Klang und erinnert an die Uminterpretation des glanzvollen Jahwetages in einen Gerichtstag für Israel, die die Unheilspropheten vorgenommen haben. Der Entfaltung des Leides dienen die nächsten Strophen. Der Dichter scheint nicht ungeschickt vorgegangen zu sein, indem er zunächst das Handeln Jahwes in der einzig möglichen Form von verschiedenen Bildern vorführt (13), dann eine Begründung des Handelns folgen läßt (14), um abschließend Wendungen zu gebrauchen, die das Handeln näher an das wirkliche Geschehen einer kriegerischen Katastrophe heranführen (15). Mit Weiser sollte man die Metapher vom vernichtenden Feuer (13a) nicht näher ausdeuten wollen; es ist ein Element des Jahwetages und durch die Wendung „Tag seiner Zornesglut" herbeigeholt worden, während das zweite Bild vom Fangnetz (13b) eher im individuellen Klagepsalm beheimatet ist; die dritte Zeile könnte an eine Krankheit denken, will aber zugleich abschließend im Sinne eines von Jahwe verursachten dauernden Siechtums verstanden sein. Die Begründung für dieses Zorneshandeln wird in der Sünde Jerusalems gesehen (i4ab), bereits in 5. 8 angedeutet, hier aber insofern von Gewicht, als diese Feststellung im Munde Jerusalems einem Eingeständnis, einem Sündenbekenntnis, gleichkommt. H a t 9Di mit dem Gebrauch von npB> eine Vereinigung zweier Bilder im Auge, daß die geschehene Sünde „wachsam", nachwirkend war, also zu einem von Jahwe gewirkten Verhängnis wurde, das Jerusalems K r a f t endgültig lähmte? Die üblicherweise und auch in der Übersetzung vorgenommene Veränderung ist zweifellos eine Vereinfachung. Sehr wirkungsvoll ist in 14 c auf eine Weiterführung des Bildes verzichtet und, wohl veranlaßt durch das Dahinschwinden der Kraft, die Wirklichkeit des Geschehens lapidar aufgezeigt: der Herr hat mich in die Hände derer gegeben, denen ich nicht widerstehen konnte. Diese Wirklichkeit steht mit zwei Einzelzügen in 15 im Mittelpunkt. Sowohl die Starken in 15a, die Jahwe verworfen, d.h. zu Feiglingen gemacht hat, so daß sie unfähig sind, ihrer Aufgabe gerecht zu werden, als auch die Jungmannschaft in 15 b, zu deren Vernichtung Jahwe ein feindliches Aufgebot bestellt hat, stehen synonym zueinander und beziehen sich wohl auf bestimmte Formationen des Heeres (vgl. Am 2 14ff.), während 15 c noch einmal der Landschaft Juda gedenkt, die ebenfalls Jahwe selbst im Bilde eines Keltertreters (Jes 63 1 ff. J o 4 13) vernichtet hat. Der die erste Klage Jerusalems abschließende Vers 18 scheint mit deutlichem Bezug auf den Anfang der einführenden Klage formuliert zu sein; man vgl. etwa i«a mit 2a, ieb mit 2b, wie auch in iec an das Bild von der Witwe in ia gedacht sein könnte. Insgesamt wird die Bedeutung dieser ersten Klage Jerusalems darin zu sehen sein, daß bestimmte und nicht näher ausgeführte Einzelzüge der einführenden Klage des Dichters (Jahwe als Bringer des Unheils, 5b; Jerusalems Sünde als Ursache des Unheils, 5b. 8a)
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nun im Munde Jerusalems ihre ausdrückliche Bestätigung finden und auch eine breitere Entfaltung erfahren. I n der Zwischenstrophe (17), die die beiden Klagen Jerusalems voneinander trennt, ergreift der Dichter selbst das Wort, wobei er auf die verzweifelte Gebärde der Klagenden verweist, die keinen Tröster h a t ; selbst in dieser kurzen Zwischenstrophe wird dieses Motiv vermerkt ( 1 7 a ) . Zugleich wird mit dem Rest des Verses in dem Verhältnis Jerusalems •—• synonym gebraucht mit Jakob, u m an Gesamtisrael geschehen zu lassen, was an Jerusalem geschieht — und ihrer zu Feinden gewordenen Nachbarn das Thema angerührt, das stärker als bisher im Mittelpunkt der zweiten Klage Jerusalems stehen wird, nur durch Einzelzüge einer Situationsschilderung unterbrochen. Indem das eindeutige Bekenntnis Jerusalems betont an den Anfang gestellt wird (isa), zugleich vorgetragen als ein öffentliches Bekenntnis unter Hinweis auf die Folgen des Ungehorsams (18 b), ermöglicht es die von 20 ab zu beobachtende Hinwendung zu Jahwe und die am Schluß der Klage vorgetragene Bitte. Zunächst jedoch werden Einzelzüge vorgeführt, die, anknüpfend an 18b, die Größe des Leides veranschaulichen sollen: die Jugend muß in die Gefangenschaft (18c), die Alten und Priester können k a u m ihr Leben fristen (i9bc), unterbrochen durch den vergeblichen Hilferuf Jerusalems an die früheren Freunde (19 a). Dann erfolgt die B i t t e an Jahwe ( 2 0 a ) , noch motiviert durch die Größe des Jammers angesichts des Sterbens drinnen und draußen (20 bc); indem aber in 21a mit dem wiederherzustellenden Imperativ „höre!" die Bitte wiederholt und mit der schon häufig getroffenen Feststellung, daß Jerusalem keinen Tröster habe, verbunden wird, erwacht der Gedanke, daß der, der das verdiente Unheil gebracht hat, auch allein zu trösten imstande ist. Diese geradezu reformatorische Wendung, den richtenden und den tröstenden Gott in eins zu sehen, wendet sich, angesichts des feindlichen Jubels durchaus begreiflich und wohl auch „gut alttestamentlich" (Haller), auch deshalb den Gegnern zu, weil sie zwar darüber jubeln können, daß Jerusalems Gott selbst das Gericht vollzogen h a t ( 2 1 b ) , aber nicht an Jahwe appellieren können, wenn über sie der Tag des Unheils einst kommen wird. Da sich der „Tag seiner Zornesglut" (12) an Jerusalem ausgewirkt hat, der in seiner Universalität auch den anderen Völkern gilt, ergeht in 22a die Bitte, auch an den Gegnern ihre Bosheit heimzusuchen, wenn anders Jerusalem f ü r die eigenen Sünden das Strafgericht h a t empfangen müssen (22 c). Der Stoßseufzer am Ende des Verses greift in seiner Formulierung auf den Anfang der Bitte zurück und betont damit die Gewichtigkeit dieses Teiles innerhalb der zweiten Klage Jerusalems: diese Bitte, ermöglicht durch das offene Bekenntnis, h a t darin einen besonderen Klang, daß die so o f t getroffene Feststellung, Jerusalem habe keinen Tröster, nun Jahwe vorgetragen und er damit indirekt als der angesprochen wird, der allein zu trösten vermag. Die Frage nach der zeitlichen Ansetzung des Liedes läßt sich vom Text her nicht zweifelsfrei entscheiden; doch kommen nur die beiden Katastrophen vom J a h r e 598/7 und 587 v. Chr. in Frage. Rudolphs Beobachtung, daß die Zerstörung der Stadt und des Tempels keinen Gegenstand der Klage bilde, verdient durchaus Beachtung. Ob deshalb das ganze Kapitel aus der Zeit nach 597 hergeleitet werden muß, bleibt gleichwohl fraglich; denn es wird immerhin in 10b von einem Eindringen der Feinde ins Heiligtum, vielleicht also von einer Plünderung, gesprochen, und 4 b erwähnt die zerstörten Tore. Auch die Notizen über die in Mitleidenschaft gezogene Landschaft J u d a (3.15c) treffen für den Feldzug des Jahres 598 nicht völlig zu, da es zu größeren K a m p f h a n d lungen damals k a u m gekommen zu sein scheint und auch eine Verkleinerung des judäischen Territoriums mit Sicherheit nicht anzunehmen ist (zur Würdigung der damaligen Ereignisse vgl. Noth ZDPV 74/2, 1958, S. 133—157). Angesichts der zu vermutenden Normalisierungsbestrebungen des 597 neu eingesetzten Königs Zedekia, die immerhin Jerusalem in den Stand setzten, ein Jahrzehnt später der babylonischen Macht mehrere
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Monate hindurch zu trotzen, bleibt für eine Klage im Rahmen einer kultischen Gedenkfeier wenig Raum, weil man sich fragen kann, ob der in seiner Stellung noch nicht sehr fest im Sattel sitzende neue Herrscher, den die „Babylonische Chronik" einen König nach dem Herzen Nebukadnezars nennt (Noth ZDPV 74/2, 1958, S. 134), eine solche offizielle Veranstaltung begrüßt haben würde. So könnte man die Frage erwägen, ob das ganze Kapitel nicht doch schon die Katastrophe von 587 voraussetzt, nach einem gewissen Abstand von den Ereignissen die beiden Niederlagen von 598 und 587 zu einer Katastrophe zusammenzieht und ihrer unter einem bestimmten Thema gedenkt, deshalb aber auch auf Vollständigkeit der Darstellung verzichten kann. Dieses Thema, die Hinwendung der keinen Tröster findenden Frau Jerusalem zu Jahwe, scheint trotz der „verteilten Rollen" von einer Hand gestaltet zu sein, was auch durch die inhaltliche Übereinstimmung der einzelnen Bestandteile des Kapitels nahegelegt wird. Mit ganzem Herzen an Zion hängend, zugleich aufgeschlossen für die Gerichtsbotschaft der Propheten, mag dieser Dichter durchaus nach dem Vorbild früherer kultischer Veranstaltungen eine „Klagekomposition" entworfen haben, die ein Bild dessen wiedergibt, was im Jerusalem nach der großen Katastrophe an Empfindungen und Vorstellungen lebendig war. Daß im Verlauf der Exilszeit, als eine gewisse Normalisierung des Lebens eingetreten und damit auch die Errichtung bestimmter Gedenktage nach der Art, wie sie etwa in Sach 8 18 f. erwähnt werden, durchaus möglich war, diese und ähnliche Klagen dem kultischen Gebrauch zugänglich gemacht worden sind, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Doch handelt es sich allerdings bei den in Sach 8 erwähnten Gedenktagen nicht nur um solche um das zerstörte Heiligtum; andere Begebenheiten, etwa die Ermordung Gedaljas, scheinen ebenfalls eine Rolle gespielt zu haben.
2 i 21$, es oertiängt mit SBolfen8 in feinem 3orn bet £>err bie Zoster 3ion, fjcxt öom Gimmel sut @tbe gefcfjleubett 3ftaelS $ t a $ t unb nidjt mefit gebadjt beS ®cijemels feinet güfee am Xag feines 3ornett ofjne 9JHtleibb olle Shten SafobS, tife ein in feinem Stimm bie Leitungen ber £odjter 3uba, ftiefe auf bie ©rbe, entweihte £>errfüttec, jerftörte feinen geftplaij. 2lufi)ören liefe Safiwe in 3ion geiet unb ©abbat unb oerwarf im (Stimm feines 3otneS ffönig unb ^rieftet. 7 ©s oerwarf bet £>ert feinen Slltar, entweiljte fein Heiligtum, gab preis in geinbesfianb "bie SDIauern feiner ©djlöffer». ßärm gab es im &aufe SatjweS wie an einem gefttag. 8 @s etfann Sa^we ju jerftören bie 9Hauer ber Xo$ter 3ion, fpannte aus eine ®lefef$nur, jog ni$t surüd feine £>anö oom Sßerntdjten, ma$te trauern SJorwerf unb ÜJlauer, gemeinfam oetfiel es.
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9 ®§ fanlen in bie @rbe ifjre l o t e , ifjre Stiegel äerbradj er * ' . 3f)r Siörtig unb ifjre Surften finb bei ben Reiben, nitftt gibt eä meijr SBeifung; a u $ itjre $rot>f)eteii l)aben lein SBort® met)r öon Saljwe erhalten. 10 S t u m m fifcen am S3oben bie Sitten ber S o f t e r 3 i o n , ftreuten ©taub auf iijr C>aut>t, gegürtet mit Süden. S i n a b 3ur @rbe fenlten ifir ©aupt bie Xödjter 3erufalem3. 11 ¿ r ü b finb geworben" in ¿ t ö n e n meine Slugen, mein i n n e r e s eerframpft fid); au^gegoffen j u Stoben ift meine ßeber" über ben Stur« ber £odjter meinet SBolteS, als eerfdjmadjteten 0 Äinb unb Säugling auf ben ^lüften ber S t a b t . 12 3 u itiren SJJüttern tiefen fie: „SBo ift S3tot unb ® e t r ä n f a ? " , als fie wie etfdjlagen üerfdjmadjteten auf ben ^ßläfeen ber S t a b t , a l s fie iijr ßeben auät)aud^ten im Sdjofe ifirer ®iütter. 13 2öa3 foll id) an S i l b e r n bir nennen», womit bicfj uergleidjen, J o d j t e r Serufalem? SBaä bir gleidjftellen, um bid& su tröften, Sungftau S o f t e r 8 i o n ? ®enn weit wie baS SReer ift bein tlnglüdi! 3ßer iönnte bir Ijelfen? 14 $ e i n e $rot)fjeten e r b a u t e n bir ßug unb S3etrug a ; bodj nidjt legten fie blofe beine Sdjulb, um bein Sdjidfal j u wenben b , unb gaben bir falfdje unb trtefüijrenbe SluSfunft 0 . 15 6 s ilatfdjtcn über bicf) in bie £>änbe alle, bie oorübergingen, pfeifenb fdjüttelten fie ii)r ?>aupt über bie S o f t e r Serufalem: „Sft baä bie S t a b t , bie man bie öolllommeneS^önljeit nennt [, ffionne ber ganjen SBelt] a ?". io a l§ä fperrten über bidj ii)ten SRunb auf alle beine geinbe. S i e pfiffen unb jeigten bie 3äl)ne, fdjrieen: „2Bir Gaben'¡2 g e f i i a f f t ! " @nbiidj c Gaben ben 2 a g wir erreicht, erlebt, auf ben wir gewartet Ijaben!" 17 @ä führte 3af)We au3, wag er erfonnen ijatte, eollftredte fein 3Bort, baä er fdjon lange angebrol)t fiatte; er rife ein otjne Sdjonung unb Hefe über bidj jubeln ben geinb, tjob i)orf) ba§ §>orn beiner (Segnet. 18 Sdjrete* sunt f>errn, Weltlage", £odjter 3 i o n ! ßafe Xränen fliefeen wie einen SBadj, £ a g unb Sftadjt! ßafe bir feine 9tul)e c ! ßafe nidjt j u f a l l e n 4 ' ' bein 9luge! 19 Stelj a u f ! Sammere in ber 9ladjt tum SJeginn ber 9tadjtwadjen a n ! ®iefe aus wie SBaffer bein £>ers üor bem Oertn! §>eb auf au iljm beine ©änbe um be£ ßebenö beiner Slinber willen ' ' ! " . 20 „Siel), Saljwe, unb fdjau bodj fier, wem bu fcIc^eS angetan l)aft! ®ütfen grauen ifjrc (ßeibeä=)Srudjt effen, särtlidj geliebte Äinbet? ¡Dürfen erfdjlagen werben im Heiligtum be§ S>errn Sßriefter unb t r o p f t e t ? 21 ßä lagen am SBoben auf ben Aloisen Äinber unb ©reife. SJJeine SJiäbdjen unb jungen Spännet fielen butdj'S Sdjroert. (Setötet l)aft bu am £ a g beine§ 3orneS, gemetjelt oi)ne Sdjonung! 22 J)u riefft», al§ fei eä ein gefttag, bie mitfj e r f i r e d t e n " ringsum, unb es gab am 5£ag bes 3ai)wesotnes Weber (Gerettete nod) ©ntronnene. ®ie id) liegte unb pflegte, mein geinb rieb fie auf." 2 1» @ liest perf., angleichend an die folgenden Verbformen, die jedoch Einzelhandlungen aufzählen, während das einleitende impf, den Zustand des noch andauernden Zornes beschreibt. — 2 a vgl. 5. — b leg xSl vgl. B H 3 . — 3 a leg pi statt „und er (oder es) brannte". — b dl „wie ein Feuer" (?), vgl. B H 3 . — 4 a Änderung unnötig; gedacht ist an die Unbeweglichkeit bzw. Treffsicherheit der zielenden Rechten. — dl „wie ein Bedränger", metrischer Ausgleich durch B?!1? (•); B H 3 schlägt Umstellung der beiden Worte vor. — b - b die Umstellung empfiehlt sich, da durchweg das Verb am Anfang der Zeile steht, vgl. B H 3 . — 5 a leg VTIJDIX statt „ihre Schlösser", vgl. B H 3 . — 6 a „gewalttätig handeln", auf Jahwe übertragen, ist hart, aber anschaulich; ob in Verbindung mit nicht Cb"|sl zu lesen ist? — 6 Änderung scheint unnötig, da das Bild der Wirklichkeit des Krieges entnommen und auf den Tempel übertragen sein könnte. — c 13D pr „seinen Zaun" (Ut5>)> e i n e Verschreibung, die durch ¡5 verständlich sein könnte; andere Vor-
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schlage s. BH S . — 7 a ~ a leg V^lUBIK statt „ihrer Schlösser", da an die „Prachtbauten" (Haller) Jahwes, d.h. an den Tempel, gedacht ist. Rudolph (und mit ihm Kraus und Weiser) liest JTipn nlrii"lJ£k „das Köstliche ihrer Schätze" und denkt an die Plünderung ihrer Tempelschätze; 7b legt indessen nahe, doch an ein lärmendes Zerstören von Mauern und Wänden zu denken. — 9 dl "I3X „er rottete aus" (Haller). — a Wörtlich: „Gesicht". •— 11® Wörtlich: „es sind vergangen". —• b Die Lesart "H33 „meine Ehre" (vgl. BH 3 ) vermutet hier offenbar einen Ausspruch Jerusalems. — c Statt der kontrah. ni - Form könnte auch f]!S3/3 (vgl. BH 3 ) gelesen werden. — 12 a Wörtlich: „Wein"; das geläufige Wortpaar (vgl. Ri 19 19) darf hier entsprechend abgeändert werden. — 13" Die in B H 3 genannten Textänderungen scheinen unnötig zu sein. — 14® Wörtlich: „Tünche" (Ez 13ioff.). — b legcQ nm>. —»Wörtlich: „Orakel". — 1 5 » N u r aus metrischen Erwägungen könnte es sich empfehlen, die Schlußworte zu streichen; Haller entfernt 1"1DX,B', vgl. BH 3 . — 16 a Die Umstellung der Ji-Strophe (17) vor die E-Strophe (16), analog der alphabetischen Anordnung von Kap. 1, empfiehlt sich aus inhaltlichen Gründen nicht. — b Wörtlich: „wir verschlangen", besser ohne Suffix (doch vgl. BH 3 ). — c Wörtlich: „fürwahr, das ist der Tag, auf den...". — 18» leg •^S"1p3>5i P r „es schrie ihr (plur.) Herz"; Rudolph fügt xSd ein (nach J e r 4 s ) . — b leg 1DH pr „Mauer". — 0 st. cstr.? Besser plur Ilto®. — a Wörtlich: „schweigen, stille stehn". — dl f D („Tochter des Auges", Augapfel; sonst 1133, s. Rudolph z.St.); ob nicht analog isa ein Eigenname ausgefallen ist? •—• 19 dl „die vor Hunger umkommen an allen Straßenecken", eine den dreizeiligen Strophenbau erweiternde Erläuterung (vgl. n . 12). — 22 a Tempuswechsel (impf) wird durch die alphabetische Ordnung (n) bestimmt sein. — b Die Übersetzung „meine Schrecken" ist durchaus angebracht; doch läßt sich im Blick auf 22b p^X) mit Rudolph u.a. die persönliche Fassung (vgl. BH 3 ) ebenfalls vertreten (ähnlich 1 17).
Auslegung Kapitel 2 Kap. 2 ähnelt in seiner äußeren Gestalt dem ersten Kapitel; es enthält 22 Strophen in alphabetischer Anordnung, dem vorangehenden Kapitel entsprechend; nur ist im Gegensatz zu Kap. 1 die E-Strophe (16) der Ji-Strophe (17) vorangestellt worden. Dieser leichte Unterschied könnte darauf verweisen, daß für Kap. 2 ein weiterer Verfasser anzunehmen ist, dem eine andere Anordnung des Alphabets geläufig war; doch scheint mir die abweichende Reihenfolge in Kap. 1 eher vom Inhalt bestimmt zu sein: die 5?Strophe in 1 16 eignete sich besser als Abschluß der ersten Klage Jerusalems, während die B-Strophe in 1 1 7 die beiden Klagen im Munde Jerusalems voneinander trennen konnte. — Auch in Kap. 2 besteht jede Strophe aus drei Zeilen; eine Störung in 19 kann am ehesten durch Entfernung der letzten Zeile beseitigt werden. Das Versmaß ähnelt dem von Kap. 1; auch hier gibt es vereinzelt überlange Zeilen, die wie etwa in 15 c Kürzungen ratsam erscheinen lassen. Das Kapitel selbst ist wesentlich einfacher aufgebaut. Es besteht aus einer Darstellung des Dichters, die bis 19 reicht und in den drei Schlußversen (20-22) von einer Klage Jerusalems abgelöst wird. Beide Teile lassen in ihren Einzelzügen die Nähe der Ereignisse des Jahres 587 v.Chr. noch gut erkennen. Doch ist die breite Darstellung des Dichters keineswegs monoton, sondern vermutlich absichtlich variiert: in den ersten acht Versen wird von Zeile zu Zeile in immer neuen Formulierungen Jahwe als der vorgeführt, der das Strafgericht an Jerusalem selbst vollzogen hat, ohne daß Jerusalem angeredet wird; erst von 9 ab richtet sich der Blick auf die vom Unglück Betroffenen: Stadttore, König und Beamte, Priester, Alteste usw. Diese veränderte Blickrichtung von Jahwe weg zu den Unglücklichen hin veranlaßt in 11 den Dichter, ergriffen von Schmerz, zu einer Selbstzeichnung, mit der er sich in die Schar der Unglücklichen einreiht
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und dabei in n c einen Einzelzug hervorhebt, der in 12 ausführlicher entfaltet wird und den Anlaß gibt zu den Fragen, die in 13 an Jerusalem gerichtet werden. Damit ist die von 14 ab zu beobachtende Änderung vorbereitet; denn nun wird Jerusalem ala Femininum angeredet, wenn auch die darstellende Form des ersten Teiles bisweilen noch durchschlägt (vgl. etwa den eine knappe Deutung der Ereignisse enthaltenden 17). Diese an Jerusalem gerichtete Vergegenwärtigung des Jahwegerichtes mündet aus in den sechs Aufforderungen (so auch isa, ohne 19a) an Jerusalem, selbst die Klage zu beginnen. Das wird in knapper Form in den Versen 20-22 ausgeführt, durchaus in Übereinstimmung mit dem ganzen Kapitel, daß es sich nämlich bei der Katastrophe um ein Jahwegericht handelt, zugleich aber jenen Einzelzug hervorhebend, der in 110 den Schmerz des Dichters hervorgerufen hatte. Mit diesem im Vergleich zu Kap. 1 leicht abgewandelten Aufbau ist zugleich ein inhaltlicher Unterschied angedeutet: jene Erkenntnis, die in Kap. 1 zwar unbestritten ist, jedoch erst allmählich in den Vordergrund gerückt wird, daß sich nämlich Jahwes Strafgericht an Jerusalem vollzogen hat, beherrscht Kap. 2 vom ersten bis zum letzten Vers, und zwar dergestalt, daß für ein Schuldbekenntnis Zions noch kein Raum vorhanden zu sein scheint; lediglich im Munde des Dichters wird in 14 kurz darauf verwiesen, jedoch die Schuld in der Botschaft der Heilspropheten gesehen. Insgesamt ist eine im Vergleich zu Kap. 1 selbständige, jedenfalls näher an die Katastrophe heranführende Entstehung des zweiten Kapitels zu vermuten. Die wiederum im Stil eines Leichenliedes beginnende, sogleich aber diese Klageform in ihrer Jahwebezogenheit abweisende Darstellung setzt mit einem eindrucksvollen Introitus ein, der bereits im ersten Satz die beiden Hauptpersonen einander gegenüberstellt. So wird man in „Tochter Zion", „Israels Pracht" (ib), „Schemel seiner Füße" (ic) synonyme Bezeichnungen zu sehen haben, Würdenamen, die nun durch Jahwe selbst ihrer Bedeutung entkleidet worden sind. Dieser Kontrast beherrscht den ersten Vers. Der Theophanietraditionen (Weiser) entnommene Zug eines Verhängens mit Wolken, sonst Zeichen eines gnädigen Verhüllens der Gegenwart Jahwes, charakterisiert am „Tage des Jahwezornes" diese Theophanie als ein Erscheinen zum Gericht. Vielleicht ist in ib ein astralmythologischer Zug, der Sturz eines Gestirnes, aufgegriffen worden, aber doch nur als Metapher, um die Tiefe des Sturzes zu veranschaulichen, während die Aussage von 10 differenzierter ist und an die Lade bzw. allgemeiner an den Tempel denken mag als an den Ort, an dem die Erwählung ihren sichtbaren Ausdruck gefunden hat, wie ja auch das „Nicht-mehr-Gedenken" im Zusammenhang mit dem Tempel betont wieder in eb aufgenommen wird: vergessen gemacht hat Jahwe in Zion Festtag und Sabbat! So enthält 1 das Thema des Kapitels, die unbegreifliche Tatsache, mit der sich Israel auseinanderzusetzen hatte, daß nämlich an die Stelle der Erwählung die Verwerfung getreten ist. Ähnlich wie in Kap. 1 richtet sich der Blick zunächst auf die Jerusalem umgebende Landschaft, auf die verwüsteten Auen Jakobs (2 a), auf die zerstörten Festungen Judas, die z.T. erst wie Aseka und Lachis nach längeren Kämpfen fielen (2b) und dann den Zusammenbruch des Reiches einleiteten (20). In den folgenden Strophen wird häufig das der Anschauungswelt der alten Jahwekriege entstammende Bild vom kriegerischen Gott beschworen, der aber jetzt seine sonst gegen den Feind gerichtete Rechte zurückgezogen hat (3b), um sie als Gegner (4a. 5 a) gegen Israel selbst zu wenden. Mit Recht verweist Kraus (S. 37) darauf, daß die prophetische Vorstellung vom Feind Israels als Werkzeug Jahwes völlig verdrängt ist von dem Bild des zürnenden Gottes, der selbst den Vernichtungskrieg gegen sein Volk und Land geführt hat. Eine leichte Unebenheit liegt lediglich in 4 c vor; will man nicht bei der Wendung „er goß aus wie Feuer seinen Grimm in das Zelt der Zionstochter" an das Heerlager denken, was wohl nicht wahrscheinlich ist, so wird eher Zion selbst, der Tempel, gemeint sein, dem sich aber erst von 6 ab die Aufmerksam-
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keit zuwendet. Doch, bestellt kaum eine Handhabe, diese Unausgeglichenheit durch eine Textänderung zu beseitigen. Entbehrt auch die Darstellung von der Verwüstung des Landes Juda nicht der Anschaulichkeit, so ist sie doch so gehalten, daß sie sich als eine Schilderung nach Berichten verstehen läßt. Dagegen erweckt die Darstellung der zerstörten Stadt und des verwüsteten Heiligtums eher den Eindruck einer Wiedergabe eines Augenzeugen. Zunächst ist der Blick in 6f. auf das geschändete Heiligtum gerichtet. Entschließt man sich dazu, in 6 a den Vergleich mit dem verwüsteten Garten beizubehalten, ein Vergleich, der die Rohheit des Zerstörens ausdrücken will und der Wirklichkeit einer belagerten Stadt entnommen sein mag, so will die Wahl eines solchen Vergleiches vermutlich das Frevlerische einer solchen Zerstörung andeuten, das, von Jahwes Hand verursacht, nur im Sinne einer Verwerfung aufgefaßt werden kann, die der Dichter in 7 o nicht ohne eine bittere Ironie wiedergibt, wenn er das Lärmen der Sieger mit dem Jubel der Festtage vergleicht. Die Verwerfung der heiligen Tage (eb), der mit dem Heiligtum so eng verbundenen königlichen und priesterlichen Dynastie (ec), der heiligen Stätten (7 a), alles dies veranlaßt ihn, in 8 a kurz und nachdrücklich Jahwe als den zu nennen, der das Vernichtungswerk geplant und durchgeführt hat, wie wohl auch das Bild der Meßschnur (sb vgl. 2 Kön 21 13 Jes 34 11) das „Planvolle" dieser Zerstörung ausdrücken will, eine Bannmeile der Vernichtung! Häufig werden in den Versen 7 und 8 die Mauern erwähnt, die der Zerstörung zum Opfer gefallen sind, ein nahezu profaner Zug einer erschauernden Bewunderung, daß es möglich gewesen ist, diese die Unantastbarkeit von Stadt und Heiligtum so sichtbar garantierenden Schutzanlagen zu zerbrechen! Der Rückblick auf das lärmende Zerstörungswerk hebt sich scharf ab von dem Anblick der stummen Zeugen der Vernichtung, der in den Erdboden gesunkenen Tore (9a), der trauernden Ältesten und Mädchen (10). Es mag die Unsicherheit und Sinnlosigkeit des Lebens veranschaulichen, wenn nicht nur das Fehlen der in Feindeshand befindlichen Obrigkeit, sondern auch das Ausbleiben jeder Weisung aus Priester- und Prophetenmund kurz vermerkt wird (sbc); auch ein Jeremia wird angesichts eines solchen Zusammenbruches nicht sogleich ein Trostwort bereitgehalten haben, so daß der Gedanke an ihn die Aussage von 9 0 keineswegs unglaubwürdig macht. Wie es in Zeiten großen Sterbens immer wieder zu erfahren ist, daß nämlich an einem Einzelzug die Schwere einer Katastrophe besonders eindrücklich gezeichnet werden kann, so ist es hier der Blick auf die Hilflosen, auf die im Schoß ihrer Mütter verschmachtenden Kinder (11c. 12), der den Dichter überwältigt (nab), so daß er die bisher innegehaltene Distanz verläßt und sich einreiht in den Kreis der Trauernden. So ist die formale Änderung von der Darstellung zur Anrede motiviert, die von 13 ab zu beobachten ist. Doch wird nicht verheimlicht, daß auch diese Abwandlung der explicatio zur applicatio eine Lösung im Sinne eines aufrichtenden Trostes nicht zu geben vermag ( 1 3 b ) , es sei denn, daß die rückhaltlose Darlegung des inkommensurablen Zusammenbruches bereits einen Schritt vorwärts bedeuten könnte. So wird „endlich" (Haller) die Schuldfrage aufgeworfen, aber unter Hinweis auf das Versagen der Propheten nicht weiter verfolgt. Ihre Schuld bestand darin, daß sie ihre in Mi 3 8 so klar umrissene Aufgabe, Israels Schuld aufzuzeigen, ignoriert haben, Risse übertünchten und so die Katastrophe vergrößerten. Wenn überhaupt — so wird man über 15 f. hinweg 14 mit 17 verbinden können — , dann wäre eine Kundgabe dessen, was Jahwe zu tun geplant hatte, von ihnen zu erwarten gewesen, da ja das Wissen um den Jahweplan ihre eigentliche Aufgabe umfaßt. Doch haben auch die Zwischenverse 15 und 16 ihre besondere, weil verschärfende, Bedeutung: was den Propheten, als es noch an der Zeit war, nicht gelang, weil sie es nicht tun wollten, das gelingt nun, da es zu spät ist, allerdings dem Spott der Nachbarn (15) und dem Hohn der Feinde, die übermütig meinen konnten, es endlich geschafft zu haben (16), so daß der
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Kapitel 2
Die Klagelieder
Hinweis von 17 a, Jahwe selbst h a t ausgeführt, was er längst geplant hatte, noch wie ein Trost wirken kann, wenn er auch bitter genug ist. Eines der Hauptthemen von Kap. 1, daß nämlich Jerusalem keinen Tröster habe, wird auch hier in anschaulicher Gründlichkeit kundgetan; wird aber dort die Hinwendung zu Jahwe allmählich vorbereitet, so wird hier in 18 und 19 diese Hinwendung übergangslos als der einzige Ausweg geradezu befohlen von dem, der zu trösten nicht in der Lage ist, so daß sich dieser Ausweg als der einzig mögliche Trost anbietet. Wieder ist es der Einzelzug, der in 11 den Dichter überwältigt werden ließ und nun als erleichternde Begründung f ü r das Gebet an Jahwe an den Schluß gesetzt wird: um des Lebens deiner Kinder willen! Das kurze Gebet der Frau und Mutter Jerusalem ( 2 0 - 2 2 ) , die K e t t e der Imperative in 18 f. mit einer an .l 11 c erinnernden Wendung fortsetzend, greift auf den Schluß der vorhergehenden Strophe in einem Wortspiel zurück — £1*5 Vly), wobei die letzte Zeile von 19 mit den meisten Auslegern zu entfernen ist. Die vorwurfsvolle Frage: „wem du solches angetan h a s t ? " ist weniger als eine Anklage zu verstehen (so Jahnow, S. 181), sondern enthält den berechtigten Zweifel an dem auf der Erwählung basierenden Glauben, dem Jerusalem bisher vertraut hatte. Begründet ist diese Frage durch die Nennung zweier extremer Fälle, die die Größe des Unheils umfassen und zugleich auf die unbegreifliche Verhaltensweise Jahwes verweisen wollen, der die von ihm selbst gesetzte natürliche (20 b) und kultische (20 c) Ordnung ungültig gemacht hat. (Daß den verzweifelten Müttern ihre bereits verschmachteten Kinder als Nahrung gedient haben, wird auch in 4 10 vorausgesetzt und gilt nach 2 Kön 6 28 f. als Zeichen der größten Hungersnot, wie auch Josephus, Bell. J u d . VI 3 4, von einem ähnlichen Fall während der Belagerung Jerusalems durch die Römer zu berichten weiß; ausführlicher Rudolph, S. 37). Doch läßt die Erwähnung dieser beiden Vorkommnisse das Anliegen des Gebetes völlig unausgesprochen und mündet aus in einer knappen Schilderung des unterschiedslosen (21a K n a b e und Greis; 21b junge Männer und Mädchen) und umfassenden (22b kein Geretteter noch Entronnener) Gerichtes. Ohne tröstlichen Abschluß bleibt die klagende Schilderung, die bei aller Kürze R a u m läßt für Wortmalerei ( i n r a — r i n a isb) und Wortspiel (Finna 21 c — 1 ringt? 22 c), ja einer gewissen bitteren Ironie nicht entbehrt (22a; vgl. 115), im R ä u m e stehen, als erwarte sie keine Antwort mehr! — Man wird im Blick auf das hier gezeichnete unterschiedslose und umfassende Gerichtshandeln Jahwes die Auffassung einer späteren Zeit verständlich finden, die J u d ä a und Jerusalem als eine entvölkerte Wüstenei zu sehen geneigt war. Es wird in den verschiedenen Kommentaren in großer Einmütigkeit auf das wichtige Thema dieses Kapitels verwiesen, daß nämlich Jahwe selbst es ist, der dieses Strafgericht herbeigeführt hat. I n der Tat scheint auch der A u f b a u des Kapitels daraufhin angelegt zu sein, daß nach der breit ausgeführten Schilderung des Dichters nun Jerusalem dem zuzustimmen willens ist, jedoch in der Form eines Gebetes, das nicht die Abkehr von Jahwe, sondern die Hinwendung zu ihm bekundet. Mehr scheint diese Vergegenwärtigung der noch nahe genug zurückliegenden Ereignisse auch nicht erreichen zu wollen. Nur spärlich sind in diesem Kapitel die Ansätze, die sich an eine Deutung des Geschehens herantasten, weshalb kein Raum ist f ü r eine ausführliche Trostbotschaft, die stets ein tieferes Erfassen unheilvoller Begebenheiten voraussetzt. Und doch wird damit die Bereitwilligkeit geweckt zu einer zunächst schmerzhaften, aber nüchternen Unbestechlichkeit, vergleichbar der Arbeit jener „deuteronomistischen Geschichtsschau", die in umfassender Weise einige Jahrzehnte später die Vergangenheit Israels als eine Geschichte des Abfalls zu verstehen sucht und ähnlich abschlußlos endet, aber eine Erziehungsarbeit leistet, die weiter und tiefer zu wirken pflegt als eine vorschnelle Tröstung.
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H a n d b . A T 1/18: Megilloth
Die Klagelieder
Kapitel 2
146
3 i Scfj bin ber SJiann, ber ©lenb fafj burch ben (3udjt=)©toanb l a g um Sog. 4 @r madjte weif mein Sletfdj unb meine ©out, serbrach meine ©ebeine. 5 »9UngSum umgab er mich mit giftiger SJlühfal». 6 3 m ginftern liefe er mitfj Raufen wie bie eroig Xoten. 7 @r ftflofe mtdj ein, ringsum unb ausweglos, fdjlug midj in ©ifenfeffeln. 8 »9ludj wenn ich gellenb fdjrte», "oerfdjlofe er fidj meiner SBitte". 9 @r fperrte meine Sßege ab mit ü u a b e r n , liefe in bie 3 r r e gehen meine $ f a b e . 10 ©in lauernber S3är war er mir, ein ßöwe» im SSerftei. 11 »@r machte unfiijer meine Sßege unb lät)mte mich», machte micfj erfdjroden. 12 @r trat feinen Sogen unb naf)m mitf) a l s 3ielfd)eibe a für ben $ f e i l . 13 @r liefe in meine Bieren gelangen »feine Pfeile®. 14 Sdj würbe jum erä ritzte, weswegen ich ftoffc: 22 (nämlich) auf 3ilfe. 27 ®ut ift eS für jeben, wenn er trägt ein 3odj in feiner Sugenb. 28 @r möge abfeits fifeen unb fcfjweigen, wenn es ihm auferlegt ift. 29 ©r möge in ben ©taub neigen fein £>aupt; oielleidjt gibt es Hoffnung! 30 @r möge bem, ber it)n frfjlagen will, bie SBange bieten, fatt werben an ©djmadj. 31 ®enn nidjt oerftöfet für immer ber £>err»; 32 oielmehr, hat er betrübt, bann jeigt er ©rbarmen nach feiner grofeen § u l b » ; 33 benn nidjt gern betrübt unb befümmert» er bie ÜJtenfdjenfinber. 3 4 a „ 3 u jertreten unter bie güfee alle ®efangenen beS ßanbeS, 35 j u beugen bas SJienfdjenrecljt öor bem SlntHfe beS £>öihften, 36 j u f ^ a b e n bem SJienfdjen im SRedjtSftreit baS alles hat ber £>err nidjt gefehen?"». 37 SBer ift es, ber befahl, unb es gefdjat) unb ber £>err ijat es nid|t oeranlafet? 38 ®el)t nirfit aus bem SRunbe beS ©öthften SBöfeS unb S u t e s ? » 39 2Bas (alfo) murrt ber (nodj) lebenbe» ÜJlenfdj, "ein SJJann über feine © ü n b e ? " 40 Söir wollen unferen SBeg» "forgfältig prüfen" unb j u 3t idj baB zu lesen „und er legte mich lahm". — 12 a Aram. Bildung, nach Hi 1613 „Ziel". — 1 3 W ö r t l i c h : „die Söhne seines Köchers". — 14 a Die plur Lesart ist durch plur suff in Dnj^J veranlaßt und denkt an die Situation Israels unter den Völkern. — 16 a Der Gebrauch seltener Worte ist bemerkenswert. — 17 Wörtlich: „und du verstießest vom Heil meine Seele"; die Anrede an Jahwe sollte nicht geändert werden (© „und er verstieß", ie S t i n f o t b n u n g
olle feine ^ßolaftoberften
unb
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feiner
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5ur@djau. sSJladjbiefenSagen bot ber K ö n i g berganjenS3ewof)nerfdjaft 5 u m Kleinften
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M a g n a t e n
w a r e n geloben. 4 ¡Dabei ftelltc er 'ifjnen' b e n SReidjtum
K ö n i g S f j e r r l i d j f e i t u n b ® l a n s u n b ^ßrarfjt f e i n e r S B ü r b e m a n d j e n l a g —
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9 S l u d j b i e K ö n i g i n S3oftf)i EjieXt e i n g e f t f ü r b i e g r a u e n
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gehörte.
1) Daß die Festbeschreibung im Hinblick auf das Purimfest gegeben werde und die ihrem Gemahl ungehorsame Vasthi als Gegentyp zu der ihrem Vormund (!) gehorsamen Esther gezeichnet werde (Bardtke), erscheint gesucht, erst recht der Satz (mit Schildenberger): „Vasthi ist die Gerufene und Nichterscheinende, später ist Esther die Ungerufene und doch Erscheinende, die für das Leben ihres Volkes eintritt" (S. 290).
Esther 1 10-15
Königin Vasthis Weigerung
176
1 3 ins 1lt!>l ante Vit; 2K „das Heer derMeder und Perser"; Meder und Perser für: Untertanen des Perserkönigs, cf 1 14 10 2 Da 6 9, scheint nach Greßmann (Messias, 1929, S. 444 Anm.) auf ägyptische Redeweise zurückzugehen. — 41 DHipna pr „als er zeigte". — 6" ¡JV3 nur hier vorkommendes Wort (akkad. Lehnwort, cf KBL, s. v.). — 6 " 501 „goldene und silberne Polster"; nach X ist an die Bettstellen, nicht an die Gewebe zu denken. — 6 Zu den verschiedenen Textilien und Gesteinen cf Galling (BRL, S. 139; Wildeboer z.St.); die verschiedenen Gresteine sind nicht sicher zu deuten. —• 7 a Bardtke versteht „königlich" nicht von der Menge, sondern von der Qualität des Weines. — 8 a DJS „drängen"; Aramaismus; falsch „abwehren". Getreu dem Stil der Legende beginnt die Erzählung mit historischen Angaben über Zeit, Personen und Lebensumstände. Das Reich des Ahasveros ' AfrzaieQ^rjC,', gemeint ist grieeh. Xerxes; pers.: Khaschajärschä; akkad.: Achschiwarschu) reichte wirklich von Indien (pers.: Hidhu-, sanskr.: Sindhu) bis nach Oberägypten, und es dauerte wirklich drei Jahre, bis er in den vollen Besitz der Macht gelangt war (Tod des Darius 485; Beginn der Rüstungen gegen Hellas 483; cf Ed.Meyer, Gesch. d. Altertums III, S. 130 und 353). Das Perserreich war in Satrapien eingeteilt (Herod. III, 89 = 20, Da 62 = 120; liegt in Esth und Da historische Ungenauigkeit vor oder wird das Wort „Satrapie" für eine kleinere Verwaltungseinheit gebraucht? Porteous, Daniel, ATD, z.St.), und sein Mittelpunkt war Susa (Ed.Meyer, a.a.O., S. 28). Die Organisation, durch Darius I. geschaffen, war eine feudale und wies dem hohen Adel eine führende Stelle zu (Ed.Meyer a.a.O., S. 33f.). — Dieser gut historischen Gestalt des persischen Großkönigs legt die Legende freilich sogleich den Mantel des Märchens um. Er ist umgeben von Glanz und Pracht ohnegleichen, sein Krönungsfest dauert 180 Tage (4), und 7 Tage lang hält er die gesamte Bürgerschaft seiner Residenz zu Gaste (5), wobei ein gut orientalischer Luxus an Stoffen, edlen Metallen und Gesteinen (e), aber auch an Speise und Trank (7f.) entfaltet wird 1 ). Seltene Fremdwörter und Plerophorie der Ausdrücke (4. 7) versuchen, das Erdrückende dieser Königsherrlichkeit stilistisch zum Ausdruck zu bringen (Striedl, S. 85). Auch die Frauen, die nach orientalischer (freilich nicht persischer) Sitte sich von den Zusammenkünften der Männer fernzuhalten haben, kommen diesmal nicht zu kurz (9). So wird der Leser gleich mitten in eine bunte Märchenwelt hineingestellt, mit König, Königin, Königsprunk und königlicher Freigebigkeit, wie das Volk es liebt und fordert.
1 , 1 0 — 1 5 Königin Yasthis Weigerung 10 Slm fiebenten Xag nun, als beS Königs Stimmung 00m SBein angeheitert war, ijiefe et S3iftf)a, f>arbona, SSigtfja unb 2lbagti)a,@etf)at unb Spartas!", bie fieben ©unucfjen, bie ben $ienft bei Sönig Mfyaävnoä oerfafjen, 11 bie Königin SBaftlji in bet StönigStiara junt Äontg bringen, um S o l l unb dürften ihre Sdjönfjeit ju äeigen; benn fie mar oon grofeer ©djönheit. 12 ®ie Königin SSaJtfji aber weigerte fid), auf ben burdj bie ©unudjen überbrachten SönigSbefehl hin ju fommen, worauf ber Sönig heftig erjürnt unb in flammenber ©mpörung 13 ju ben SBeifen, bie 'bie ®efe(je' fennen, fpradj — benn fo pflegte man bie iöniglidjen Angelegenheiten ben 9tedjt3» unb ©efelse^funbigen oorjulegen, 14 oon benen bem Äönxg am nädjften ftanben ßhatfchena, Sethar, Slbmatha, 2harfi§, SDlereä, SJlarfena, 3J2etnuchan, bie fie= a2Jief)uman,
1) Eine Illustration zu diesem Festmahl bildet das von Assurnasirpal II. bei der Einweihung des neuen Palastes in der Stadt Kall}u 879 v.Chr. veranstaltete, bei dem nach einer 1951 gefundenen, jetzt in Mosul aufbewahrten Stele 69574 Gäste bewirtet worden sein sollen (Vgl. D.J. Wiseman, Iraq 14,1952, S. 31f.; E.Vogt, Bibl 38,1957, S. 374f.).
Königin Vasthis Verstoßung
177
Esther 1 16-22
ben Siebet« unb ^terferfüTjten", bie boä Slntlift beä Königs fdjouen «nb bem üleitfje oorfteljen — : 15 ' ' „2Sapt Ejatte, 7 unb mar ätormunb ber £>abaffa — audj ©ftfjer genannt — ber £0(fiter feines Dtjeimö; benn biefe tjatte Weber $ater nodj ÜJlutter, war aber ein fcfjön geworfenes unb woblgeftalteteS 9Röbd)en; SJiorbodjai Ejatte fie beim £obe üjrer ©Item als Xodjter angenommen. 6 d l „ d i e m i t d e m K ö n i g J e c h o n j a v o n J u d a w e g g e f ü h r t w o r d e n w a r e n " ; @ o m n^jn'CV.
Nach Kennzeichnung der Lage unterbricht der Erzähler für einen Augenblick seinen Bericht, der mit 2 8 weiterläuft, um die Hauptpersonen der ganzen Geschichte einzuführen, auch dies in gut historisch klingendem Stil; zunächst den Mann, aus dessen Stammbaum einige Glieder genannt werden, um ihn als Nachkommen des Kis, des Vaters König Sauls, zu kennzeichnen. Aus dem Geschlecht König Sauls selber stammt er nicht, da sonst Saul erwähnt wäre (Anderson). Aus der Rolle fällt der Erzähler nur, wenn Mordochai dabei als Exulant des Jahres 586, ja nach einer Glosse sogar 597 bezeichnet wird; daß der Relativsatz sich auf den Urgroßvater bezieht, ist unwahrscheinlich. Mordochai ist Benjaminit; sein Name aber ist gut babylonisch: „Verehrer Marduks" (griech.: MaQdoxaToi;; s.S. 169). Er ist nicht Typus des palästinensischen Exulanten, sondern des in der Diaspora aufgewachsenen und heimischen Juden, der in dem Königspalast von jeher eine angesehene Stellung einnimmt und sich deren freut; hat er doch seinen Platz im königlichen Palast, wo nur Beamte und Würdenträger Zugang haben (19). — Neben Mordochai steht seine Base und Mündel, die schöne Hadassa (deutsch: Myrthe; cf Jes 4119 Sach 1 s) oder Esther (pers.: sitareh = Stern, oder akkad.: Istar). Der Familiensinn des Juden bewährt sich in der Fürsorge Mordochais für die Tochter seines Oheims, die er genau wie sein eigenes Kind hält. Der Doppelname Esthers dürfte ähnlich zu erklären sein wie die Umnennung Daniels und seiner Freunde (Da 1 7)1).
2 , 8 — 1 4 Die Brantschau 8 9113 ber Sefdjlufo unb ba$ ®ebot be§ Köntg3 nun betannt würben unb man bie Sftenge ber 9Jläbdjen in ber 39urg ju®ufa unter berSIuffidjt £>egatä eerfammelte, ba mürbe aud) ©ftljer nadj bem SJönigSfdjlofe unter bie Sluffidjt Legate, beS ©aremSauffe^erS, gebraßt. 9 !Da£ SJläö» djen erregte fein 3Bof)lgefallen unb fattt bei ifjm in ®unft, fo bafe er iljr fdjleunigft bie geeignete 1) B a r d t k e f ü h r t die b e i d e n N a m e n der E s t h e r a u f die v o n i h m a n g e n o m m e n e n Mordochaiu n d E s t h e r t r a d i t i o n e n zurück, die in v . 7 v e r k n ü p f t w o r d e n s e i n sollen. 12*
Esther 2 15-20
Esthers Erhöhung
180
S t f l ö n f e e i t S p f l e g e u n b e i n e j u f a g e n b e SFtafjrung j u w a n b t e , u n b ifer b i e f i e b e n a u S e r w ä f j l t e f t e n ¡ D i e n e r i n n e n b e s i l ö n i g s f d j l o f f e s o e r f d j a f f t e ; b a j u liefe e t f i e u n b i £ ) r e £ i e n e r f < i ) a f t b i e f ß ö n j t e n (Semädjer beS § a r e m S b e j i e l j e n . io
S o l l u n b i f ) t e £ ) e r f u n f t o b e r featte ( S i t z e t n i d j t a n g e »
g e b e n , b a ifer 3 J i o r b o c f ) a i g e b o t e n I j a t t e , e ä n i d j t j u t u n . n X a g f ü r l a g [ p a r i e r t e 2 J l o r b o < f j a i c o r b e m £ > a r e m S i j o f a u f u n b a b , u m j u e r f a h r e n , o b e s @ f t l j e r roai)l e r g e b e u n b w a s m i t U j r ge» fcfteijen w e r b e . 12 S S e n n n u n b i e 9tei£)e a n i e b e S b e r 9 J l ä b c ^ e n ( a m , n a d j b e m f i e b e n f ü r g r a u e n geltenben SBeftimmungen
raäijrenb
jwdlf
9J!onaten
unterworfen
gewefen,
oor
ben
Sönig
S H j a S o e r o S j u t r e t e n — f o o i e l 3 e i t b e a n f p r u t J j t e i f j r e S d j ö n f i e i t s p f l e g e , n ä m l i d ) fed&S S J l o n a t e m i t 3 J ! i ) t r t ) e n ö l u n b f e d j s S J l o n a t e m i t S ö a l f a m e n u n b w e i b l i d j e n S d j ö n f i e i t S m i t t e l n ; 13 e r j t b a n n b u r f t e b a S SJläödjen o o r ben Ä ö n i g treten — , b a pflegte m a n if)t a l l e s , w a s fie begehrte, a u s b e m | > a r e m i n s S ö n i g S f c f j l o f e m i t j u g e b e n ; 14 a m S l b e n b b e g a b f i e ficfj I j i n u n b a m ÜRorgen fetjrte fie 'raieber' in ben ' ' § a r e m j u r ü d 'unter' bie 2luffii)t beS föniglidjen ©nnudjen S a a s g a s , b e S 9 l u f f e f | e r S b e r S i e b s w e i b e r ; o o r b e n Ä ö n i g b u r f t e f i e n i d j t m e t j r fommen, bafe b e r E ö n i g a n i£)r G e f a l l e n g e f u n b e n u n b f i e a u S b r ü i f l i d j b e f o h l e n i j ä t t e .
es fei benn,
14 1 rr;# pr „zweiter". — 1 "'JJ pr „zu". Der Erzähler nimmt den 2 4 verlassenen Faden wieder auf und führt aus, wie von dem Erlaß des Ahasveros betreffend die Jungfrauen seines Reiches auch die Jüdin Esther nicht ausgenommen ist (8), ohne daß dabei etwas anderes zum Ausdruck käme als die Freude, daß sich einer solchen eine solch unerhörte Chance biete. Nicht als eine Schmach, sondern als eine Ehrung empfindet er die Möglichkeit einer Verbindung mit dem blutfremden König; von dem Geiste, der im Buch Esra herrscht (cf Esr 9 1 bis 10 17), ist hier nichts zu spüren. Ebensowenig wird — im Gegensatz zu Daniel (Da 1 8ff.) — an der Verunreinigung mit heidnischer Speise Anstoß genommen. Vielmehr: je höher die Stellung, die der Jude im fremden Lande einnimmt, desto größer der Glanz, der davon auf das Judentum zurückfällt (cf Da 1 19 2 1-6 u.a.m.). Und doch schämt sich der Jude wieder seines Andersseins, das ihn auszeichnet, aber auch brandmarkt (cf 3 s) und dem Hasse der Umwelt preisgibt. Deshalb sucht Mordochai solange als immer möglich die Herkunft seiner Schutzbefohlenen zu verbergen (10), um ihr nicht von vorneherein den Weg zum Glück zu versperren. Dem Juden, so ist vorausgesetzt, steht also seine Volkszugehörigkeit für gewöhnlich im Wege; um so größer der Ehrgeiz, dennoch zu Amt und Ehren zu gelangen (11). — Das (2 3) vorgesehene Verfahren erscheint dem Erzähler so interessant und für den Leser offenbar so wichtig, daß er es nochmals eingehend schildert: die Vorbereitung mit allen raffinierten Schönheitskünsten des üppigen Orients (12), die Vorführung beim König (13), der naturgemäß die Überweisung in den Harem, also eine mehr oder minder deutliche Abwertung und Ausmusterung zu folgen pflegt (14).
2,15—20 Esthers Erhöhung 15 SUS n u n b i e S t e i d e a n @ f t i j e r f a r n , b i e £ o d j t e r 2 l b i £ ) a i l S \ b e S D f e e i m S S R o r b o d j a i S , b e r f i e a l s X o d j t e r a n g e n o m m e n tjatte, f i $ j u m Honig j u begeben, b a b e g e h r t e fie n i d j t s , a l s w a s b e r föniglidje @unudj £>egai, b e r £>aremSauffet|eT, ü ) t r i e t ; ö f t r e r a b e r g e f i e l a l l e n , b i e fie fallen. 16 S o m i t w a r b © f t f t e r o o r b e n Ä ö n i g S l f e a S o e r o S i n s Ä ö n i g S f d j l o f e g e b r a d j t i m s e h n t e n S J J o n a t , b e m 9 J l o n a t X e b e t l j , i m f i e b e n t e n S a f e r f e i n e r Ü t e g i e r u n g S j e i t . 17 ¿ e r Ä ö n i g a b e r g e w a n n © f t f i e r lieber a l s a l l e g r a u e n , u n b fie f a n b ® u n f t u n b ® n a b e o o r ifjm, m e i ) t a l s a l l e J u n g f r a u e n , fo bafe e r i f j r e i n e Ä ö n i g S t i a r a a u f s f ) a u t > t fefeen Hefe u n b f i e a n s t e l l e S S a f t l j i S j u r K ö n i g i n erfeob. 18 ¡ D a b e i o e r a n f t a l t e t e b e r Ä ö n i g e i n g r o f e e S fteft f ü r a l l f e i n e d ü r f t e n u n b b i e i n f e i n e m ¡Dienft ©tefeenben, b a s ©ftfeerfeft; b e n ^ r o o i n j e n a b e r g e w ä h r t e er eine Slmneftie u n b oerteilte eine S p e n b e n a d j S l ö n i g s b r a u d j . 19 8 l l s b i e J u n g f r a u e n ' ' o e r f a m m e l t w o r b e n w a r e n , w e i l t e 3JJot»
181
Mordochai als Lebensretter des Königs
Esther 2 21-23
bodjai am Äönig3f)of\ 20 ©ftijer aber Eiotte nidjt£ gefagt oon tf)rer Oer fünft unb ifjretn SSolfe, wie SRorbodjai t£>r geboten t)atte; fie führte 9JJorboif)aiS SBeifungen au£, wie sur Seit, ba fie bei if)m unter feiner Dbbut war. 15» © „Amminadab", ef 2 7 (@) 9 29 (Cant 6 12). — 19 dl „zum zweitenmal" — » Wie H.Wehr (Das „Tor des Königs" im Buche Esther und verwandte Ausdrücke, Islam 39, 1964, S. 247—260) gezeigt hat, ist unter „Tor des Königs" der königliche Palast, der Hof, zu verstehen. Der Erzähler erreicht einen Höhepunkt seiner Geschichte: die Jüdin Esther teilt nicht das ebengenannte Schicksal ihrer Genossinnen. Als sie dank ihrer Schönheit und klugen Anpassungsfähigkeit (15), sowie der besonderen Gunst des Haremsaufsehers (9), zum König (1«) gelangt, gewinnt sie dessen volle Gunst (17) und die Nachfolge der Vasthi; ein solennes Hochzeitsfest besiegelt die Erhebung der J ü d i n zur Königin von Persien, aus deren Anlaß allen Provinzen eine Amnestie (oder ein Steuererlaß?) gewährt wird (18). — Der jetzt durch eine Glosse (JVJtf) entstellte Text von v. 19 will offenbar nachholend zum Ausdruck bringen, daß um die Zeit, da Esther unter den anderen Jungfrauen an den Hof kam, Mordochai Hofdienst hatte (was auch 2 11 voraussetzt) und im königlichen Palast weilte. Dabei bleiben Esthers H e r k u n f t und ihre Beziehungen zu Mordochai, die auch nach ihrer Erhebung fortdauern, nach wie vor verborgen (20). Der Erzähler unterstreicht die Geschichtlichkeit der Ereignisse durch genaue Datierungen (ie), was aber die legendäre Natur der erzählten Vorgänge nicht zu verschleiern vermag.
2, 21—23 Mordochai als Lebensretter des Königs 2 1 3 n jenen Jagen nun, ttmfjrenb 9J!orbodjat eben im töniglidjen $ a l a f t weilte, gerieten bie beiben fönißlid^en ©unu^en S9igti)an unb XtjereS, oon benSc^toellenijütern, in Born unb plan= ten, £>anb an ben Äönig SlijaSoeroS ju legen. 22 ®ie ®adje Belangte jur Stenntniä 9Jtorbodjai3, ber el ber Königin ©fttjer erjätjlte; ©ftfjer wieberum berichtete e§ in SJiorbodjaiä Sluftrag bem Äönig; 23 bie @adje würbe unterfudjt, ridjtig befunben unb bie beiben auf ben ^ßfatjl geftedt; bieä würbe audj im Xagebucf) für ben Siönig niebergelegt. I m knappsten Erzählungsstil, als ob es sich nicht u m einen H a u p t p u n k t seiner Geschichte, das Mordochai-Motiv, handelte, berichtet der Verfasser von einem hochwichtigen Verdienst, das Mordochai sich um den König erwirbt. Offenbar in seiner amtlichen Stellung (s.o. zu 19) entdeckt Mordochai eine Palastverschwörung (21), bringt sie auf dem Umweg über sein Mündel zur Kenntnis des Königs (22) und damit zur Erledigung (23). So ist ein weiterer Faden angeknüpft, dem in der Folge im Gewebe der höfischen Intrigen eine bedeutsame Rolle zugedacht ist. — Warum Mordochais T a t nicht sogleich ihre Belohnung findet, sagt der Verfasser nicht; er bedarf dieses Zuges zur kunstvollen Verknüpfung seiner Erzählung (6 1-3). Daß Xerxes die Namen verdienter Männer zur späteren Belohnung aufschreiben ließ, berichtet auch Herodot (VIII, 90).
Die Haupthandlung 3 , 1 — 9 , 1 9 . Sie gliedert sich in 12 Szenen, in denen die Schicksale Mordochais und Esthers wirkungsvoll in die Handlung der Judenfeinde und die Gegenaktion der bedrohten J u d e n eingefügt sind (3 7-15 89-14 9 1-10. 11-19). Die Erzählung wächst so, ohne daß das Interesse des Lesers von den handelnden Personen abgelenkt würde, zu einem Ge-
Esther 3 1-6
Hamans Erhöhung und sein Konflikt mit Mordochai
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mälde der völkischen Gegensätze im Perserreich heran, das in mancher Hinsicht unverkennbar den Charakter des Erfundenen, d.h. Romanhaften, trägt, aber doch im Hintergrunde ahnen läßt, daß solche Gegensätze frühe schon, d. h. von dem Vorhandensein einer jüdischen Diaspora ab, allerorten hervortraten.
3,1—6 Hamans Erhöhung und sein Konflikt mit Mordochai 3 1 Stadj bieten ©reigniffen beförberte bet ftönig 3lf)o§oeto§ ben Slgagiter f>aman, ben @oi)it Oommabatfjaä, unb gab ifjtn fefjr boben Stang, inbem er feinen ©tubl ijötjer als ben oller dürften am £>ofe ftellen liefe. 2 Sllle löniglidjen Liener, bie am Äänigätjof weilten, mufeten ftrf) mit gebogenem Änie uor ©aman jur @rbe neigen; benn fo war be£ Äönigl SBefeEjI feinetwegen. SJiorbodjat aber beugte fein Snie nitfjt unb oerneigte ficf) nidjt. 3 ®a fpradjen bie föniglidjen Liener, bie am Slönigsbof waren, su SJlorbodjai: „Sßarunt übertrittft bu ben SBefebl beS nigä?" 4 8Uaman würbe oon 3orn erfüllt. 6 $ a e§ ibm aber su wenig war, blofe an SJfotbocbai §>anb su legen, nad)bem man ibm bie SSolijfpgebörigfeit SJJorbodfjais »erraten batte, trottete S>aman banadj, olle 3uben, bie im ganjen 9teid) be3 Slbftäoeroö lebten, 'ba£ ® o l l ' a 9Jiotbod)ai3 su oertilgen. 3 6» „Volk" betont nachgestellt (Striedl). Der Erzähler läßt einige Zeit (nach 3 7 etwa 3—4 Jahre) vergehen, bevor er mit der Haupthandlung einsetzt (1). Es ist in orientalischen Despotien etwas Alltägliches, daß der Herrscher irgendeinen Menschen ohne äußerlich ersichtlichen Grand aus dem Nichts erhebt und zum hohen, ja obersten Würdenträger macht, wie es hier mit Haman geschieht (2). Das Pikante und für den jüdischen Leser Erregende an der Sache aber ist der Umstand, daß es sich dabei um einen Angehörigen des amalekitischen Königsgeschlechtes, der Agagiten, handelt, das dem Stamm und Geschlecht Mordochais, den Sauliden, ganz besonders durch Erbhaß verbunden ist (cf 1 S 15). Daraus erklärt sich denn auch der jüdische Leser ohne weiteres den Trotz Mordochais gegen den königlichen Befehl, Haman die Ehre der Proskynese zu erweisen (3), ein Trotz, der in Wirklichkeit auf die Ablehnung des Juden zurückgeht, Menschen die allein Gott und dem König, den Trägern des göttlichen „mana" (pers. hvarena), zukommende Reverenz zu erweisen (Greßmann, Messias, S. 360). Indessen ist diese ganze Argumentation nicht restlos überzeugend. Der Name von Hamans Vater Hammadatha 'A[iadadr}Q) klingt gut persisch; auch der Hamans selbst läßt sich wohl auf pers. humäjun = „der Große" oder haomadata = „der Haomaspender", oder auch auf den elamitischen Gottesnamen Human zurückführen (Jensen; s.o. Einl., S. 169). So könnte in der Vorlage des heutigen Esther-Buches Agag Angehöriger eines persischen Magnatengeschlechtes gewesen sein. — Anderseits ist zu sagen, daß im alten Israel die Proskynese am fremden Hofe (2 S 14:4) nicht als unstatthaft galt. Sei dem wie ihm wolle — für den Erzähler ist der Konfliktsfall gegeben: Mordochais Judentum kommt an den Tag (4), und der Krieg zwischen den beiden Rivalen um die Gunst des Königs ist erklärt (5); wie bei deren Stellung unvermeidlich, weitet er sich sogleich zu einem Kampf zwischen Weltreich und Judentum aus (e), dessen Sonderstellung an Mordochai beispielhaft sichtbar wird. Das Motiv der rein persönlichen Rache verschlingt sich im folgenden mit dem der Feindschaft gegen das jüdische Volk allgemein.
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Esther 3 7-15
Die Organisation der Judenverfolgung
3, 7—15 Die Organisation der Judenverfolgung 7 3 m erften SRonat —
b . i . b e r Sfflonot 9 H f a n — i m j w ö l f t e n S R e ß i e r u n g g j a f j t Ä ß n i g
o e r o é ' w a r f m a n b a é „ i ! u t " , b . f ) . b a é ß o s , o o r © a m a r t ö o n £ a g j u S l a g u n b o o n © i o n a t 5 « 9J2o= n a t , u n b 'es fiel b a s S o S a u f b e n b r e i j e l j n t e n l a g beé j m ö l f t e n ÜJionats', b . i . b e r SJÌonat S l b a r . s ® a f p r a d j V o r n a n sunt S ö n t g 2li)aét>eroé: „ 6 t n S o l i ift b a , b a s j e r f t r e u t u n b
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u n t e r b e n S B ö l f e t f d j a f t e n o l l e r S ß r o o i n s e n b e i n e é 9 t e i d j e 3 l e b t , b e f f e n © e f e i j e t)on b e n e n SBoIfcS o e r f d j i e b e n f i n b u n b b i e b i e f ö n i g l i d j e n © c f c l j c n i d j t g a l t e n , fo bafe e s @ro. nic^t
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7 ins V p b DV "ifcy n^lStp-Sy Snlari Sb;i post „von Monat zu Monat" (@). — 9 a ad Dnj2 „Schätze", cf K B L s.v. (pers. Lehnwort). — 12® [B"HB>nx pers.: Khschatrapan, griech.: aarodmig, Lehnwort, cf 89 9 3 Esr 836; Satrap. — 13» ni'jtifj inf abs Ni pr vb fin, cf 2 3. — 15 ins 4 3 inter v 15a et 15b.
Ausführlich wird nun die von Haman eingeleitete Aktion dargelegt mit genauer Angabe von J a h r und Tag, die den Eindruck exakter Geschichtsschreibung erwecken soll. Sie beginnt — da v. 7 mit dem Stichwort „Pur", d. h. Los, wohl späterer Zusatz ist (vgl. S. 166) — mit der Denunziation — nicht Mordochais, sondern seines Volkes —• beim König (a), gefolgt und eindrücklich unterstützt durch das Angebot eines Anteils (9) an der Beute des schon damals als sehr reich geltenden Judenvolkes, den der König freilich ablehnt 1 ) ; doch erhält Haman im übrigen die Vollmacht, nach Belieben zu verfahren (xof.) in einer Form, die an die Joseph-Geschichte erinnert (Gn 41 42). Eine besondere Feinheit des Stiles ist es, daß Haman, von nun an mit Nachdruck immer der „Judenverfolger" genannt (3 10 8 1 9 10), von „einem Volk" spricht, dessen Namen aber nicht nennt, wie denn auch ihm, gleichwie dem König, zunächst unbekannt bleibt, daß Esther Jüdin ist (cf 7 4ff.). 1) Man kann jedoch fragen, ob die Worte von v. 11 a so ablehnend gemeint sind, wie sie scheinen. 4 7 und vielleicht auch 7 4 wird vorausgesetzt, daß das Geld doch in die königlichen Schatzkammern kommen soll. Vgl. Daube, J Q R X X X V I I , 1946/47, S. 139ff„ der unter Hinweis auf Gn 23 uff. bemerkt: „The Orient has curious ways of asking for or accepting money" (S. 142). — Daß in 3 9 Haman 10000 Talente Silber anbiete, „to cover whatever expenses are involved" (Gaster, Purim, S. 29), erscheint wenig wahrscheinlich.
Esther 4 1-17
Mordochais Rettungsplan
184
Hier wird nun auch klar gesagt, was die Juden im Reiche Ahasveros' verhaßt macht: ihre Absonderung von der Umgebung nach den Bestimmungen eines besonderen Gesetzes. — Gestützt auf solche königliche Vollmacht erläßt H a m a n die nötigen Ausführungsbestimmungen (12) und befördert sie auf schnellstem Wege (zum persischen Eilbotendienst vgl. Herodot V I I I , 98) in alle Satrapien (13), wo sie sogleich Gesetzeskraft erlangen (14). Auch in der H a u p t s t a d t wird entsprechend verfahren (i5a). Wie begreiflich, erweckt das E d i k t bei der Judenschaft Schrecken und Trauer (4 3); wie wenig aber den König selbst die Sache berührt, zeigt seine Teilnahmslosigkeit (i5b), die sich grell von der Angst und Unruhe in der bedrohten Stadt abhebt. — Auffällig ist die lange Frist zwischen Erlaß und Ausführung des Befehls (12f.); sie ist bedingt durch die weite Ausdehnung des Reiches und die Notwendigkeit gründlicher Vorbereitung; dabei hat der Erzähler freilich außer acht gelassen, daß ein derartiges Unternehmen nur gelingen kann, wenn es schlagartig in Szene gesetzt wird, da sonst dem Gefährdeten Zeit zu eventuellen Gegenmaßnahmen gegeben wird. So in diesem Fall zu
4,1—17 Mordochais Bettungsplan 4 1 9 1 1 3 n u n S D i o r b o d j a i o e r n a E j m , w a g o o r g i n g , b a a e r r i f e S J i o r b o d j a i f e i n e Ä l e i b e r , 50g ® a c t u n b S l f d j e a n , g i n g m i t t e n i n b i e < S t a ö t u n b e r l j o b l a u t e u n b b i t t e r e S i l a g e . 2 © 0 g e l a n g t e e r bis oor ben ÄönigSpalaft; in ben Äöniggpalaft aber batf m a n i m X r a u e r g e w a n b nidjt eintreten. '3' 4 D a i a m e n bie 3 o f e n b e r 6 f t i ) e r u n b itjre © u n u d j e n u n b erjä£)Iten ii)t b a o o n ; ein g e w a l t i g e r © d j r e i e n l a m ü b e r bie Königin, u n b fie f a n b t e (Sewänber, ben SRorbodjai su Heiben u n b it)m b e n © a d a u S j u s i e ^ e n ; a b e r e r n a i j m f i e n i d j t a n . 5 D a r i e f @ftf)er b e n § a t i ) a d j , e i n e n b e r f ö n i g = l i d j e n © u n u d j e n , b e r j u i t j t e m D i e n f t e ' f t a n b ' , u n b b e f a h l i l j m , ' b e i ' ffllorbodjai j u e r f a f i r e n , w a s b a u n b w o j u b i e S gcfd^eEjc. e S a g i n g £ > a t l j a d j j u S J i o r b o d j a t a u f b e n P a f e b e r © t a b t b o t b e m Ä ö n i g § p a l a f t , 7 u n b S R o r b o d j a i b e r i d j t e t e i f ) m ü b e r a l l e ä , w a s tEjti g e t r o f f e n I j a t t e , u n b ü b e r b e n g e n a u e n SBetrag b e 3 S e l b e s , b a s § > a m a n f ü r b e n U n t e r g a n g b e r S u b e n a n b i e i ö n i g l i d j e © d j a f o f a m m e r » e i n ä u j a l j l e n ü e r f p r o d j e n i j a t t e ; 8 a u d ) b i e S l b f d j r i f t b e ä ® e f e f e e § , baatl)adij u n b r i d j t e t e G f t t j e r b i e S B o t f d j a f t S J J o r b o d j a y a u § ; 10 ( g f t f j e r a b e r f a n b t e £ > a t £ ) a d j m i t b e m S B e f d j e i b s u S J i o r b o d j a i : 11 „ 3 e b e t = m a n n a m ?>of u n b i n b e n f ö n i g l i d j e n ^ r o o i n j e n w e i f e , b a f e f ü r a l l e , S J i a t t n o b e r 2 M b , b i e u n g e = r u f e n i n b e n i n n e r e n S J o r f j o f s u m Ä ö n i g o o r b r i n g e n , n u r e i n © e f e i j , b i e J o b e S f t r a f e , b e f t e l j t , eä fei b e n n , bafe i f j m b e r S ö n i g f e i n g o l b e n e S ¿¡epter* e n t g e g e n f t r e c f e ; b a n n m a g er a m ß e b e n bleiben. a b e r b i n n u n f d j o n b r e i f e i g ÜCage n i d ^ t m e E j r j u t n Ä ö n i g g e r u f e n w o r b e n . " 12 U n b " e r b e r i d j t e t e ' b e i n ® i o r b o d j a i b i e S B o r t e b e r © f t f j e r ; 13 S D i o r b o i f j a i a b e r f j i e f e i f j n © f t l j e r j u r ü c t » m e l b e n : „ " D e n l e n u r i a nidjt, bafe b u a l l e i n o o n a l l e n S u b e n m i t b e m ß e b e n b a o o n t o m m e n f ö n n t e f t " , w e i l b u a m l ö n i g l i d j e n f>of b i f t . 14 S B t e l m e E j t , w e n n b u i n f o l d j e r 3 « t w i r i l i d ) f c i j w e i = gen follteft, fo w ü r b e b e n S u b e n o o n einer a n b e r e n S e i t e tjcr B e f r e i u n g u n b Stettung et (teilen; b u a b e r u n b b e i n e S l n g e l j ö r i g e n w ü r b e n u n t e r g e b e n ; w e r weife a b e r , o b b u n i d j t g e r a b e i m O i n b H i a u f e i n e S e i t w i e b i e f e j u r Ä ö n i g s w ü r b e g e l a n g t b i f t ? " 15 D a liefe © f t l j e r b e m 3 J l o r b o = djai bie Slntwort g e b e n : ie „Sei)', o e r f a m m l e alle 3 u b e n , bie fidj i n © u f a finben, u n b galtet u m m e i n e t w i l l e n e i n S a f t e n , ' ' i n b e m t l j r b r e i Z a g e l a n g , S a g u n b S H a d j t , W e b e r e f f e t nodij t r i n i e t ; ' u n b ' a u d j i d j u n b m e i n e D i e n e r i n n e n w o l l e n i n b i e f e r SBeife f a f t e n ; b a n n w i l l idj, b e m ©efefe s u m S r o t j , s u n t S ö n t g i j i n e i n g e f j e n . S i o m t n e i d j u m , f o f o m m e i d j u m ! " 17 D a g i n g S J J o r b o d j a i f o r t u n b t a t g e n a u , w i e ©ftfier ii)m a u f g e t r a g e n .
4 3 cf 3 15. — 5 1 c pr „man hatte ihn gestellt". — 1 -S» pr„auf". — 7» cf ad 3 9. — 11* B1?"!^, cf 5 2 8 4; aramaism. pr hebr. I33?r• — 12 1 "12*1 pr „sie berichteten". — 1 3 W ö r t l i c h : „bilde dir nicht ein in bezug auf dein Leben dich zu retten". — 16 dl „und" ante „esset nicht" et ins ante „auch ich".
185
Esther bei König Ahasveros
Esther 5 1-8
Durch das Vorangehende ist die Lage geschaffen, in der der Erzähler seinen Helden Mordochai sich bewähren lassen k a n n ; denn mit der gesamten J u d e n s c h a f t ist natürlich auch er in Lebensgefahr. Aber wie vorher (2 21 ff.) zur R e t t u n g des Königs, so gedenkt er sieh jetzt zu seiner eigenen des ihm offenstehenden Weges über den H a r e m zu bedienen, indem er zunächst dessen Aufmerksamkeit durch öffentliche (lf.) Ü b u n g von Trauerriten erregt und, nachdem dies gelungen ist (4), durch Vermittlung eines Haremsaufsehers (5 f.) seinem Mündel die nötigen Mitteilungen (7) u n d Unterlagen (s) zukommen läßt. Mordochais Plan geht dahin, seinen Gegnern durch eine unangemeldete Audienz der Königin bei ihrem Gemahl zuvorzukommen, was u m so wirksamer sein muß, als niemand ahnt, d a ß sie J ü d i n ist. Ganz so einfach, wie Mordochai sich die Sache wohl gedacht h a t , geht sie n u n freilich nicht. Esther b e r u f t sich zunächst auf die Hofsitte (iof.), die das unberufene Erscheinen vor dem König mit dem Tode bedroht (Herod. I I I , 140). Auch deutet sie an, daß sie z. Zt. nicht eben in großer Gunst steht. Aber Mordochai bleibt unbeugsam (12 ff.): Esthers Leben ist auf alle Fälle bedroht (13); aber der Weg zum König m i t Umgehung des allmächtigen Günstlings H a m a n , den nur s i e gehen kann, l ä ß t eine Chance f ü r sie u n d die andern offen u n d ist d a r u m allen Bedenken zum Trotz der gebotene (14). Diesen Gründen f ü g t sich schließlich die Königin (isf.), wünscht aber, auf ihrem schweren Gang durch die Gebete •— der Erzähler sagt: F a s t e n ; es handelt sich u m Trauer- u n d Bußriten, hebr. D13C, cf 1 R 21 27 L v 16 29 — der I h r e n u n t e r s t ü t z t u n d getragen zu werden 1 ). Hier erhebt sich der Erzähler, nachdem er durch die anfängliche Weigerung der Esther den Gang der H a n d l u n g wirkungsvoll retardiert u n d d a m i t die Spannung gesteigert hat, zum erstenmal zu einem gewissen Schwung u n d religiösen E r n s t : hinter dem Gang der Dinge waltet eine verborgene H a n d , die nicht genannt, aber vom Leser deutlich empfunden wird; schon bei Esthers E r h e b u n g zur Königswürde ist sie — das „Wer weiß?" ist nicht zweifelnd, sondern suggestiv gemeint — a m Werk gewesen (14)2). Auch der Stil der Erzählung unterscheidet sich durch zunehmende Breite von dem der einleitenden Abschnitte (cf z.B. 2 21 ff.). Die Königin zeigt sich solchen Gedanken zugänglich; auch sie lebt ihr Leben nicht auf eigene H a n d , sondern setzt es bewußt u n d entschlossen f ü r ihr Volk, also letztlich f ü r die Sache, ein, die dieses schicksalsmäßig in einer gottfernen u n d -feindlichen Welt zu vertreten h a t , was sie in einem prägnanten, in der F o r m etwa an Gn 43 14 erinnernden Schlußwort ausdrückt. D a m i t sind die Stellungen bezogen; der nächste A k t m u ß die Entscheidung bringen.
5,1—8 Esther bei König Ahasveros 5 1 9tadj V e r l a u f öon b r e i S a g e n n u n iletbete fidj ©ftljer 'in' i ö n t g l t ^ e n ' S t a a t ' u n b
betrat
b e t t i n n e r e n £>of b e 3 Ä ö n i g i s f d j l o f i e ä , b e m @ d j l o f e g r a b e g e g e n ü b e r , » ä f i r e n b b e r Ä ö n t g e b e n i m ÄönigSfdjlofe, b e m ©ingang gegenüber, auf {einem föniglidjen Xijronfeffel fafe; 2 als n u n
ber
Ä ö n i g b i e K ö n i g i n © f t f j e r i m SOortjof e r b l i c h e , f a n b e r G e f a l l e n a n i & r » , f o b a f e b e r Ä ö n t g © f t l j e r b a § g o l b e n e 3et>ter, b a 3 e r i n f s ä n b e n i)ielt, e n t g e g e n f t r e d t e ; @ftf)er a b e r n ä h e r t e f i d j u n b rührte bie Spitje beä SefterS. 3 $ a
b c
f p r a d j b e r Ä ö n t g a u i i j r : „SBaatnan bei bem geftmaljl erfdjeinen, baS idj SEjnen 'morßen' ju richten ßebenfe; morgen will idj bann naif) ©w. fflJaieftät Sßunfdje tun!" 5 1 ins ITiabp post „Esther" (Rudolph); 511? „kleidete sich königlich". — 2» Wörtlich: „sie fand Gnade in seinen Augen". — 8 ins "inij c © post crib (hapl.); die folgenden Worte dagegen nicht weglassen. Wie sehr der Erzähler sich dessen bewußt ist, daß jetzt die eigentliche Wende eintritt, zeigt er durch die starke Betonung des „Königlichen" im einleitenden Satz (1; s. Striedl, S. 84). — Klug berechnet Esther die Gelegenheit. Während einer Audienzstunde, da der König sich am Königsfenster seines Palastes (Greßmann, F R L A N T 36 I, S. 26) dem Volke zeigt, t r i t t sie als Bittstellerin unter des Königs Augen, der sofort erkennt, daß ein besonderer Fall vorliegt, sie begnadigt (2) und in gut orientalischer Weitherzigkeit, die an das Versprechen des Herodes (Mk 6 23) erinnert, die Bitte, die sie offenbar hergeführt hat, im voraus uneingeschränkt gewährt (3). — Die Formel des Versprechens bildet eines der stilistischen Hauptmotive der Erzählung und wird dementsprechend viermal, jeweils an entscheidender Stelle, mit leichten Variationen wiederholt (5 3. 6 7 2 9 12; cf Hempel, Althebr. Lit., S. 87). — Esthers Wunsch ist zunächst ein erstaunlich naiver und unverfänglicher: eine Einladung an den König und seinen Günstling zu einem Gastmahl im Harem; dies wird, so plant Esther (4), H a m a n sicher und den König neugierig machen. Dieser beeilt sich denn auch, Esthers Wunsch nachzukommen (5), und wiederholt richtig beim Nachtisch seine Frage (e). Aber auch jetzt noch antwortet Esther ausweichend und mit betonter Unterwürfigkeit (7f.); aus Schüchternheit, wie es den Anschein hat, in Wirklichkeit aus kluger Berechnung; es handelt sich darum, einmal Zeit zu gewinnen, dann aber auch die Spannung des Gatten bzw. des Lesers aufs höchste zu steigern. Der Erzähler aber bedarf dieses Aufschubs, um eine Zwischenhandlung, ein Stück aus der Mordochai-Handlung (s.o. S. 119), die dem EstherMotiv parallel läuft, hier einzuschieben. Hamans Sturz ist somit doppelt gesichert: durch Esthers Dazwischenkunft, aber auch durch Mordochais, von Gott wunderbar bewirkte Erhöhung.
5, 9—14 Hamans Hochmut vor dem Fall 9gröljlidj unb guter Dinge ging£>aman an biefemXage fort. 9113 £>aman aber benSRorbo» djaiin bem (önißlidjen$alaft erblitfte, wie er nidjt aufftanb unb {einerleigutdjt oor iljm jeißte, ba erßrimmte f>aman f)eftig über SUorbocfjai. 10®od) tat |>aman firf) ® ewalt an unb ßinß ijeim; bort liefe er f e i n e g r e u n b e ' ' boten; 11 benen fdjwaijte § a m a n oon ber ®röfee feines 9teidjtum§ unb ber SJlenge feinet ©ö^ne unb baoon, wie ber König i f j n ' ' auSßeseidjnet unb iljn übet 'alle' dürften unb 'alle' im$ienfte be£ StönigS erhoben ijabc. 12 ©djliefelidj aber fptaä) Vornan: „gu allem Ijat bie Königin ©ftljer p bem geftmaljl, ba£ fie bereitet Ijatte, aufeer bem König nie= manb gelaben als nur midj; unb aud) für morßen bin idj mit bem König 31t iljt einßelaben. 13 IXnb bod) ßenüßt mir bieg alles nidjt, folanße id) ben ' ' SJlotbodjai im fötüglidjen Sßalaft weilen fefien mufe!" 14 ®a faßten feine ©ema^lin ©eres unb alle feine gteunbe ju ii)m: „ßafe
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Eines Königs schlaflose Nacht und ihre Folgen
Esther 6 1 - 1 3
bodj einen $faf)l oon 50 @llen £>öhe aufricfjten, unb morgen früh forbere eom Sönig, man folle ben SRorbochai auf if)tn pfählen. Dann fannft bu oergnügt mit bem Äönig jum geftmahl gci»cn!" Der 3tat 'gefiel' § a m a n 'tooi»!', unb er liefe ben $faf)l aufritzten. 10 dl „und sein Weib Seres", hier Zusatz (e v 14); die Gemahlin braucht H. nicht holen zu lassen. — 11 dl „alle" ante ins ante „Oberste" et „Knechte". — 13 dl c Gunkel "HVTn (e 6 10 8 7). — 14 1 pr „vor". Haman, in völliger Verblendung bezüglich des Zweckes der Einladung bei der Favoritin und ungeachtet der Geringschätzung, mit der Mordochai ihm nach wie vor begegnet, fühlt sich auf der Höhe seines Ruhmes (9) und empfindet das Bedürfnis, sich darin zu sonnen (iof.). Kunstvoll malt der Erzähler seinen „Hochmut vor dem Fall" (Anderson). Aber der Gedanke an den Gipfel der Ehrungen, die Einladung der Königin (12), bringt ihm wieder seinen steifnackigen Gegner — wie gefährlich dieser für ihn ist, ahnt er freilich nicht •— in Erinnerung (13), dessen sofortige Vernichtung noch vorgängig des allgemeinen Judengemetzels nunmehr auf R a t seiner Gattin ins Auge gefaßt wird (14). •— Die Gefahr steigt damit für Mordochai aufs höchste, und dem Hörer drängt sich die Frage auf: hat Esther durch ihr Zögern nicht alles verspielt? Mit dem sorgfältig vorbereiteten Judenpogrom (3 7-15) hängt diese Handlung nicht zusammen. Es wird hier vielmehr ein Faden wieder aufgenommen, der 2 21 ff. angeknüpft war und der zunächst weiterläuft, ohne sich mit dem Esther-Motiv zu verschlingen.
6 , 1 — 1 3 Eines Königs schlaflose Nacht und ihre Folgen 6 i S n biefer SJtadjt nun floh ben Siönig ber Sdjlaf". @t befahl be£t)alb, ba§ SBudj betDenf» würbigfeiten, ba3 £ a g e b u d j a u bringen, aus bem nun oor bem Äönig oorgelefen würbe. 2 D a fanb fid) oerjeidjnet, bafe 9Jiorbocf)ai bie beiben föniglidjen ©unudjen, ©igtfjana unb Zfyereä*, oon ben Gütern ber ©djwelle, bie Ratten oerfudjen wollen, &anb an ben Äönig Wtyasaexoä su legen, angezeigt Ejatte. 3 Der Äönig fragte: „SBas ift bem 9J!orboaman bei ftdj felber: „2Ben fönnte ber König mel)r j u ehren wünfdjen alä mich?" 7 Unb §>aman fpraifj j u m König: „Sßenn @w. SRajeftät jemanben Sit ehren wünfcfjen, s bann bringe man ein föntglidjeS ®ewanb,ba§ ber König fdjon getragen, unb ein Ütofo, basl ber König fdjon geritten.'' 9 ©ewanb unb 9lojj aber foll man einem oon ben dürften teä Königs, ben @blen, übergeben, bamit 'er' ben ÜDlann, an beffen @£)rung bem König gelegen ift, barein Heibe unb ihn Ejocf) juütofe auf bem§>aupty>laiä berStabt herumreiten laffe, wobei man oor if)m Ejer aufrufen foll: @o wirb bem getan, ben ber König gerne efiren möchte!" 10 D a fprach ber König j u Sarnau: „Stimm fofort ba§ ©ewanb unb ba§ SRojj natij beinem S3or= fdjlag unb tue fo bem Suben SJJorbocijai, ber i m föntgltcfjen Sßalaft weilt; nicfjtä oon bem, wa§ bu eorgefchlagen, follft bu weglaffen!" 1 1 Unb Vornan — holte ©eroanb unb 9tofe unb mufete ben SJiorbodjai Heiben unb auf bem Cmuptplafe ber@tabt herumreiten laffen, wäljrenb man oor ihm her aufrief: „@o wirb bem getan, ben ber König gerne eliren möchte!" 12 Dann ieljrte Sftorbodjai in ben iöniglidjen ^ßaloft jurüci. £>aman aber ging eilenbs nadj f>aufe, trauerooll unb mit oerhülltemRaupte; 13 unb i>aman erjählte feiner ®emahlin@erel unb all feinen greunben alles, waä ihm begegnet war; ba fagten ihm feine 'greunbe' unb feine
Esther 6 1-13
Eines KönigB schlaflose Nacht und ihre Folgen
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©emafjltn SeteS: „Sßenn ber SRorbodjai, oor beut bu ju fallenfceßinnft,wirflidj t)om Stamm bet Suben ift, fo lattnft bu nidjt3 gegen i^n au3Tiaman, be§ ©oEjneS §»ammebatt)a§, töteten fie; aber bie SSeute rührten fie nicht an. 9 9" Die Namen der Söhne Hamans in 7-9 gaben den Schriftgelehrten viel zu raten; Beweis: die seltsame Anordnung in SD? auf zwei weitspationierten Kolumnen = der Anordnung auf dem Richtplatz (!?); @@ z.T. andere Namensformen. Der Erzählung von Esthers Großtat würde die Spitze fehlen, wenn nicht noch über die Ausführung von Mordochais Verordnungen berichtet würde. Dabei verändern sich Stil und Ausdruck so deutlich, daß man beinahe an eine andere H a n d denken möchte, die der Esther-Geschichte den Nachtrag über das Purim angefügt hätte. Allein der Umschwung im Stil beginnt schon gleich nach der Peripetie von 7 10 sich fühlbar zu machen und dürfte damit zusammenhängen, daß die ursprünglich selbständige Esthernovelle nachträglich zur Ätiologie des Puximfestes umgestaltet wurde. Die Geschichte wird langsam aus der Erzählung zur Festtora. — An dem von H a m a n unseligen Angedenkens bestimmten Tage (1) beginnt der Rachekrieg (2), dank der Lähmung, die auf den Gegner gefallen ist, und der wohlwollenden Unterstützung durch die Reichsbehörden (3) ohne allen Widerstand. Alle Dinge müssen dem J u d e n zum Besten dienen (man fragt sich, was denn aus den 3 13 durch H a m a n angeordneten Rüstungen geworden ist?), und „keine Waffe, wider Zion geschmiedet, soll Erfolg haben" (Jes 54 17). Mordochai und d i e S e i n e n stehen auf der ganzen Linie als Sieger da. Die Stadt Susa schwimmt in Blut (e), und Hamans Familie folgt nach orientalischer Gepflogenheit dem Haupte im Tode nach ( 7 - 1 0 ) , wobei aber ausdrücklich an passender Stelle, wie auch später mehrfach ( 1 0 . 1 5 . ie), betont wird, daß die J u d e n das Gut der Ermordeten nicht, wie ihnen in des Königs Namen ausdrücklich erlaubt worden war ( 8 1 1 ) , an sich gezogen ( 1 0 b ) , also nicht aus Raub-
Esther 9 11-19
Der 14. und 15. Adar
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gier, sondern aus Rachgier in Ausübung einer Pflicht, gehandelt hätten —• der einzige einigermaßen versöhnende Zug in dem grauenvollen Gemälde völkischen Hasses, das durch die Gelassenheit, mit der es dargestellt ist, nicht sympathischer wird 1 ).
9 , 1 1 — 1 9 Der 14. u n d 15. Adar 11 Sin biefem Zage fam bie 3af)I ber in ber S3utg ju ©ufa (Getöteten bem Äönig j u t Siennt* ni3, 12 unb ber Äönig fpradj jur Königin ©iti)er: „3n ber SBurg ju©ufa fjaben bte 3uben fünf= tjunbert SRenfdjen getötet unb uernidjtet, unb baju bie @ö£)ne §>aman3; mag fjaben fie woijl in ben übrigen^rotnnjen be£ ÄönigS ausgerichtet?'' 2Bas i(t nun weiter beineSitte? —e§ fei bir gewährt! Unb bein SBegefir? — e§ füll bir erfüllt werben!" 13 £ a antwortete ©ft^er: „SBenn @tt>. Sftajeftät getuEjen, fo foll ben in ©ufa anfäffigen Suben geftattet fein, audj morgen nadj bem für beute erlaffenen ©efetj ju tun, unb man foll bie jeljn ©öfine £>aman3 auf ben $fat)l fteden!" u $ e r Stönig befal)l, bafe bie3 gefdjelje. würbe ein ®efeamansi ftedte man auf 'ben ^ßfatj!'; 15 bie in ©ufa anfäffigen Suben rotteten fidj audj am öierjeijnten Sag beS 9JionatS Slbar sufammen unb töteten in ©ufa breitjunbert ßeute; bie Seilte aber rührten fie nidjt an a . — ie ®te übrigen Suben in ben ^ßrouinsen beS Äönigä or» ganifierten fidj, um fidj itjreä ßebenä ju wehren unb an it)ren geinben '3tadje ju nehmen', unb bradjten oon ifjren Raffern fünfunbfiebjigtaufenb» ßeute um — bie S3eute aber rüfjrten fie nidjt an b — n am breijefjnten Sage be£ SRonats Slbar ; am öierjefjnten aber ruhten fie unb madjten tf)n ¿u einem Zag t>on@elage unb greube. i s $ i e in ©ufa anfäffigen Suben bagegen Ratten fidj am breiseijnten unb oierseijnten sufammengerottet unb ruhten am fünfsefinten unb madjten biefen ju einem J a g oon ®elage unb greube; w barum feiern bie ßanbjuben, bie in ben offenen ©täbten auf bem ßanbe wohnen, ben oierjeijnten be£ ÜJtonatS Slbar alö Zag ber greube unb (Belage unb al£ geiertag unb fdjicfen fidj gegenfeitig ®efdjenfe a , 'wäfirenb biejeni» gen, bie in ben ©täbten wohnen, audj ben 15. Slbar ingrofeer greube feiern, wobei fie bengreun= ben ßedereien sufdjiden'. 12 dl „und" ante „was (ist deine Bitte?)". — 14 ins c aupt jurüifallen unb man 'follte' ihn unb feine ©ohne auf ben $ f a h l fteden. 2« Darum nannte man biefe Sage $urim, natfj bem SBorte J ß u r " . ' ' »SBegen aller ber SBorte biefeé SSriefeé unb beffen, waé fie gefehen hatten'' unb waé ihnen begegnet war, 27 legten fidj bie Suben alé Pflicht auf unb übernahmen für fidj unb ihre SÍadjfommen unb alle ihre ÍSrofeltjten alé unoerbrüdjlidje Überlieferung: man folie biefe beiben Zage, wie ihnen oor» gefdjrieben unb ber 3 « t nadj beftimmt war, alljährlich begehen. 28 Unb jene Jage follten im ©ebadjtnié behalten unb in allen (Generationen, Sippen, sprooinjen, Städten gefeiert werben®; unb biefe Sßurimtage follten unter ber Subenfdjaft nidjt aufhören unb baé älnbenfen baran bei ihren SHadjfommen nidjt fdjwinben. 20 1 "n-ba-ns pr „diese Geschichten". — 21" D;p „für gültig erklären, anordnen", cf 9 27. 29. 3if. Ez 13 6 Ruth 4 7 Ps 119 2 8 . 1 0 6 . — 22 a _ a Zwischensatz; die Inf.-Konstruktion Jlí'nb usw. ( 2 1 ) wird 22b mit nííty!? wieder aufgenommen. — 23 1 l^Sp pr sing cf 27. —• 25 a insen 'oon' Slijo^oeroS S t e i d ) ' 3 1 um btefe ^ßurimtage nad) Ujren beftimmten Sagen feftäufefcen, wie ber Sube SJJorbodjai'' e§ ibnen oor= gefdjrieben unb fie felbft für fidj unb ibre 9ladjfommen bie Sßorfdjriften ber gaften unb ibrer SSe£)flagen befttmmt Rotten. 32 ©ftberS S8efe£)I aber legte biefe $urimt>orfdjrift fcft; unb er würbe in bem SBudje" aufgeäeidjnet. 29 1 "*n F)f3r)-t?3-nyt pr „mit aller Macht". — 29» Rudolph (VT IV, 1954, S. 90) schlägt vor, rv;$n zu streichen. — 30 1 nbi'rn pr „und er sandte (sc. Mordochai)". — ins S ante — om © (gloss) „Worte des Heils und der Wahrheit". — 31 dl „und die Königin Esther". — 31 a oder „in dem Brief"?
Purim wird nicht bloß durch Festmahlzeiten gefeiert, sondern durch Fasten und Wehklagen vorbereitet. Davon sagten Mordochais Purimbriefe nichts. Da man nun auch für diese Seite des Ritus einer historischen Begründung bedurfte, lag es nahe, der Vorschrift Mordochais eine solche der Königin folgen zu lassen (29). Auch sie wendet sich an die gesamte Diaspora (30) und ist bestimmt, diesen Teil der Purimfeier als Brauch festzulegen (31), wobei offenbar gedacht ist, daß das Fasten an das von Esther 4 ie angeordnete Bittfasten erinnern sollte. Durch die Beteiligung der Königin erhalten diese Anordnungen (32) Gesetzeskraft. Wie in anderen Fällen (cf Esr 7 21. 25 und Greßmann, AOT, S. 453) möchte man auch bei Purim die jüdische Kultusordnung durch persisches Reichsrecht gedeckt sehen.
10,1—3 Mordochais Größe 10 1 Der Slöntß Slfiaéoeroé aber legte eine ©teuer auf ßanb unb SReereéfüften. 2 Unb alle ©rweife feiner 3J!acf)t unb £>elbeniraft unb ber genaue SBeridjt über SRang unb SBürben 9Jloröo= djais, raoäu ber Äöntg ifjn etíjob, baé ift belanntlidj befdjrieben im Xagebud) ber Könige oon Siebten unb ^Serfien. 3 Senn ber Sube äTCorbodjai war ber gleite neben Äönig Sibaéoeroé unb mar tjodjangefeijen bei ben Suben unb beliebt bei ber SDlenge feinet SJrüber, weil er baé Söotjl feineé Solfeé fuente unb p m SBeften feineá ganjen Stammeé rebete. Geschichtlich einwandfrei wie der Anfang, so klingt anscheinend der Abschluß der Esther-Mordochai-Erzählung. Von König Aiasveros wird nur noch eine scheinbar beiläufige Einzelheit, eine Besteuerung, berichtet (1). Wird sie erwähnt, weil von ihr in erster Linie die Judenschaft betroffen gedacht wird? Und soll damit zu der Schlußfolgerung geführt werden, daß friedliche Besteuerung mit regelmäßigen Einkünften eine zweckmäßigere Maßnahme darstellt als Plünderung, die nicht wiederholt werden kann (Daube, JQR 37, 1946/47, S. 144f.; dagegen Bardtke, S. 402)? Bei Mordochai erinnert sich der Verfasser aber der Formel (2), deren die Königsbücher sich am Abschluß einer Königsbiographie bedienen (1 R 14 29 u.a.). Ob eine solche jüdische Chronik der Perserzeit bestanden hat, läßt sich nicht ermitteln; damit ist natürlich auch die Verweisung betreffend Mordochai geschichtlich hinfällig. Möglich ist aber auch, daß der Ergänzer an die offiziellen persischen Ann alen denkt, die schon 2 23 und 6 1 erwähnt wurden.